SCHMIDTS JAHRBÜCHER
DER IN- UND AUSLÄNDISCHEN
GESAMTEN MEDIZIN
HERAUSGEGEBEN VON
Professor Dr. H. LEO
IN BONN
JAHRGANG 1913. BAND 317.
(JANUAR BIS JUNI 1913.)
t
BONN 1913
A. MARCUS & E. WEBERS VERLAG
Dr. jur. ALBERT AHN
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Schmidts Jahrbücher
der
in- und ausländischen gesamten Medizin
Band 317 Januar 1913
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A. Originalabhandlungen und Übersichten.
Neuere hämatologische Arbeiten.
Von
Dr. S. Isaac.
in Wiesbaden.
I. Methodik.
1. Bürker, K., Uber Prüfung und Eichung des
Sahlischen Hämatometer und über Verbesserungen der
Methoden der Erythrozytenzählungen und Hämoglobin-
be8timmung. Münchn. med. Woch. 1912. S. 14.
2. G r ü t z n e r, P. v., Zwei einfache Apparate zur
Untersuchung des Blutes. Münchn. med. Woch. 1912.
S. 753.
3. Pappenheim, A., Zur Blutzellfärbung im
klinischen Bluttrockenpräparat nnd zur histologischen
Schnittpräparatfärbung nach meinen Methoden. Folia
haem. Bd. 13. S. 339. 1912.
Bürker (1) berichtet über weitere Verbesse¬
rungen seiner Apparate zur Zählung der Blut¬
körperchen und zur H&moglobinbestimmung.
v. Grützner (2) beschreibt einen von ihm
„Keilhämometer“ genannten Apparat zur Hämo¬
globinbestimmung, bei welchem die zum Ver¬
gleiche dienende Farblösung durch farbige Glas¬
platten ersetzt ist und der infolge seiner Eichung
absolute Hämoglobinmengen anzeigt Ferner gibt
er eine Methode der Blutkörperchenzählung ohne
Zählnetz an, die darauf beruht, daß mittels einer
besonders konstruierten, verschiebbaren Okular¬
blende in der Zählkammer Quadrate von 1 f too qmm
Inhalt abgegrenzt werden können.
Pappenheim (3) empfiehlt als universelle
Färbungsmethode für Bluttrockenpräparate seine
kombinierte May-Giemsamethode. Die Vorschrift
lautet: Fixieren in May-Grünwaldlösung 3 Minuten,
Zufügen von Aqu. dest. ana; nach 1 Minute ab¬
gießen ohne abzuspülen. Nachfärbung mit ver¬
dünnter Giemsalösung 12—14 Minuten. Die Vor¬
schriften für die Anwendung dieser und anderer
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
Methoden bei der Färbung von Schnittpräparaten
der hämatopoetischen Organe müssen im Original
eingesehen werden.
II. Experimentelles.
4. Sehittenhelm, A., W. Weiehardt u.
W. Grieshammer, Eiweißumsatz und Uber¬
empfindlichkeit. I. Mitteilung: Uber den Einfluß par¬
enteral verabreichter Protein Substanzen verschiedenster
Herkunft auf das Blutbild. Zeitschr. f. exper. Path. u.
Ther. Bd. 10. S. 412. 1912.
5. Schlecht, H., u. G. Schwenker, Uber
lokale Eosinophilie in den Bronchien und in der
Lunge beim anaphylaktischen Meerschweinchen. Arch.
f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 68. S. 163. 1912.
6. Brasch, Moritz, Studien zur Verdauungs¬
leukozytose beim Kaninchen und beim Hund. Zeitschr.
f. exper. Path. u. Ther. Bd. 10. S. 381. 1912.
7. Pappenheim, A., n. T. Suzuki, Weitere
Mitteilungen zur Kenntnis der Heinzschen Vergiftungs¬
körperchen. Folia haem. Bd. 13. S. 205. 1912.
8. Hartwich, W., Weitere Beiträge zur Kenntnis
der Heinzschen Vergiftungskörper (Ehrlichsche hämo-
globinämische Innenkörper). Folia haem. Bd. 13.
S. 257. 1912.
9. S u z u k i, T., Weitere Beiträge zur Kenntnis der
Erythrozytenveränderungen bei Pyrodinvergiftung. Folia
haem. Bd. 13. S. 225. 1912.
10. Heuberger, J., u. W. Stepp, Über die
Saponinresistenz der roten Blutkörperchen des Men¬
schen bei verschiedenen Krankheiten. D. Arch. f. klin.
Med. Bd. 106. S. 525. 1912.
11. Pel, L„ Uber die Resistenz der roten Blut¬
körperchen gegenüber hypotonischen Kochsalzlösungen
bei entmilzten Hunden. D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106.
S. 592. 1912.
12. M u 8 s e r, John H., Eine experimentelle
Untersuchung über die Blutveränderungen nach der
Splenektomie. Arch. of int. Med. Bd. 9. S. 592. 1912.
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Isaac, Neuere hämatologische Arbeiten.
13. Bergei, S., Hämolyse, Lipolyse und die Rolle
der einkernigen, ungranulierten, basophilen Zellen.
D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. S. 47. 1912.
Untersuchungen von Schittenhelm,
Weichardt und Grieshammer (4) haben
ergeben, daß intravenöse Injektionen von Eiweiß,
Peptonen und Bakterienoiweiß beim Hunde eine ,
sofort auftretende Leukopenie erzeugen, die in j
ihrer Intensität von der Menge und Art des ein¬
gespritzten Materials abhängig ist. Die stärkste
Leukopenie wird durch Injektionen von Typhus¬
toxin und zerriebenen Tuborkelbazillen hervw-
gerufen. Dem Stadium der Leukopenie folgt eine
wenige Tage dauernde Leukozytose. Nach mehr- 1
fachen Injektionen von Peptonen und bakteriellen
Proteinen nimmt die Leukopenie ab, die Leuko¬
zytose zu. Der nach Eiereiweißinjektionen ana¬
phylaktische Hund zeigt in diesem Zustande stets
hochgradige Leukopenie. Die Ursache der Leuko¬
penie beruht auf einer funktionshemmenden
Wirkung der injizierten Substanzen auf das
Knochenmark; daher erfolgt die Leukopenie aus¬
schließlich auf Kosten der myoloiden Zellen.
Peptone und Bakterieneiweiße bewirken außerdem
eine Reizung des erytliroblastischen Systems, die
sich im Auftreten von Normoblasten und Megalo¬
blasten schon in den ersten Tagen post injectionem
zu erkennen gibt.
Schlecht und Schwenker (5) suchten |
festzustellen, ob im Anschluß an den anaphylak- '
tischen Schok neben der von Schlecht be¬
schriebenen Bluteosinophilie eine lokale Eosino- ,
philie in den Lungen auftritt. Es ergab sich aus i
den Versuchen, daß im Anschluß an die anaphy¬
laktische Lungen blähung schon nach l 1 /* bis j
2 Stunden nach dem Schok eine in den nächsten
Stunden und Tagen weiter zunehmende hoch- |
gradige lokale Eosinophilie sich einstellt. Dio
eosinophilen Zellen befinden sich hauptsächlich in
der Umgebung der kleinen Bronchien, teilweise
auch in der Schleimhaut derselben und im
Alveolargewobe. Nach Ansicht der Vff. tritt die
Eosinophilie überall auch lokal auf, wo das beim
anaphylaktischen Versuch sich bildende, auf die
eosinophilen Zellen chemotaktisch wirkende Toxin
lokal angreift
B r a s e h (6) hat nähere Untersuchungen über
die Verdauungsleukozytose angestellt. Beim
Kaninchen ebenso wie beim Hund tritt auch im
Hungerzustande jedesmal nach genossener Nah¬
rung (Eiweiß, Fett, Kohlehydrat, Nukleinsäure)
eine Verdauungsleukozytose ein. Je nach Art der
verabreichten Nahrung wird sie zeitlich verschie¬
den manifest und erreicht ihren Höhepunkt nach
4—10 Stunden. Beim Kaninchen sind meist die
kleinen Lymphozyten, gelegentlich alle Zellarten
gleichmäßig vermehrt; letzteres ist beim Hunde
die Regel. Die Verdauungsleukozytose ist nicht
als Abwehrerscheinung des Organismus anzu¬
sehen, sondern vielleicht bis zu einem gewissen
Grade als Unterstützung des Transportes der
Nahrungsstoffe. Die Leukozytose nach Injektion
von Eiweiß, Nukleinsäure, Seidenpepton usw., die
sich zum Unterschied von dor Verdauungsleuko¬
zytose beim Kaninchen in einer einseitigen, inten¬
siven Vermehrung der polynukleären Leukozyten
äußert, stellt dagegen eine Sclnitzmaßregel des
Körpers gegen artfremde Stoffe dar.
Pappen heim und Suzuki (7) haben das
Vorhalten der bei Vergiftung mit Methämoglobin
bildenden Blutgiften in den Erythrozyten auf-
tretenden sog. Heinzschen Körperchen bei vitaler
Färbung eingehend studiert. Weiterhin stellten
sie fest, daß diese Körperchen unlöslich in Aqu.
dest., Saponin, Athor, Chloroform. Azeton sind.
Ihre chemische Natur ist noch nicht klar. Die
i Saponinresistenz der in viro vergifteten Erythro-
i zyten beruht auf der Bildung und dem Auftreten
dieser Gebilde, ebenso ist die partielle Hämo-
globinrcsistenz der anämischen Erythrozyten bei
Pyrodinvergiftung in den Heinzschen Körperchen
lokalisiert.
Das chemische Verhalten der Heinzschen Kör¬
perchen wurde von Hart wich (8) an größeren
Mengen dieser Gebilde untersucht. Um letztere
zu erhalten, wurde Blut pyrodinvergifteter Tiere
in Natr. citricum aufgefangen und der Blut-
; körperchonbrei nach Entfernung des Serums in
destilliertem Wasser gelöst. Der jetzt Testierende
Bodensatz, der ausschließlich aus Heinzschen
Körperchen bestand, wurde mehrfach mit Koch¬
salzlösung gewaschen. Die Heinzschen Körper
sind nur löslich in Essigsäure und Pepsinsalz¬
säure. Sie geben positive Peroxydase- und Kata¬
lasereaktionen sowie einige Eiweißreaktionen.
Wahrscheinlich enthalten sie ein eisenhaltiges
Hämoglobinderivat. Der Äther- und Chloroform-
oxtrakt besteht nur aus Fcttsäurenadeln und ent¬
hält kein Cholesterin.
Mit der Frage der Resistenz der roten Blut¬
körperchen beschäftigen sich mehrere Arbeiten.
Suzuki (9) hat die Veränderung der Resistenz
unter dem Einfluß dor eben genannten Blutgifte
studiert. Die Erythrozyten von Tieren, welche
mit Pyrodin-Toluylendiamin-Gemischen vergiftet
waren, zeigten eine deutliche Vermehrung ihrer
minimalen Resistenz gegenüber hypisotonischen
Lösungen und Saponin. Was das Verhalten der
maximalen Resistenz betraf, so war eine komplette
Hämolyse selbst in destilliertem Wasser sowie bei
einem Zusatz von Saponin bis zu 20°/ 0 nicht zu
erreichen. Letztere Erscheinung beruht auf der
Bildung und Anwesenheit der gegenüber allen
lösenden Agentien äußerst widerstandsfähigen
sog. Heinzschen Körperchen in den Erythrozyten.
Die Resistenz der menschlichen Erythrozyten
gegen Saponin wurde von Heuberger und
Stopp (10) untersucht. Ihre Resultate sind
folgende: Die Resistenzgröße der gewaschenen
Erythrozyten gegen Saponin, bezogen auf das
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Isaac, Neuere hämatologische Arbeiten.
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einzelne Blutkörperchen, verhält sich bei den ver¬
schiedenen Krankheiten ziemlich konstant. Es
kann daraus jedoch nicht der Schluß gezogen
werden, daß auch die Lipoidstruktur der Erythro-
zyton unter den verschiedenen Verhältnissen im
wesentlichen die gleiche ist, da nach den Unter¬
suchungen von Schmincke und Flury am
ölsäurevergifteten Hund die Blutkörperchen eine
vermehrte Menge veresterten Cholestoarins ent¬
halten können, ohne daß ihre Resistenz gegen
Saponin vermehrt ist.
Die Veränderungen der Resistenz nach Ent¬
fernung der Milz sind nach Pel (11) folgende:
Nach der Milzexstirpation tritt bei Hunden eine
allmählich zunehmende Steigerung der Erythro¬
zytenresistenz ein. Wodurch diese Resistenz be¬
dingt wird, ist noch unklar.
Musser (12) hat die allgemeinen Blutver¬
änderungen nach Milzexstirpation bei Hunden
studiert. Die Entfernung der Milz verursacht bei
diesen Tieren eine leichte, 2‘/a Monate dauernde
Anämie und eine während mehrerer Monate be¬
stehende Leukozytose. Die eosinophilen Zellen
verschwanden zunächst aus dem Blute, um nach
einigen Wochen in etwas vermehrter Menge
wieder aufzutreten. Die großen Mononukleären
waren kurz nach der Exstirpation vermindert; ihre
Zahl wurde aber einige Zeit nachher wieder normal.
Bergei (13) hat die Beziehungen der ein¬
kernigen basophilen Zellen zur Hämolyse unter¬
sucht. Einige Stunden nach der intraperitonealen
Injektion artfremder Erythrozyten finden sich in
der Peritonealflüssigkeit der Versuchstiere neben
polynukleären Leukozyten hauptsächlich ein¬
kernige ungranulierto basophile Zollen mit großem
runden oder gebuchteten Kern, die eine lebhafte
Phagozytose von roten Blutkörperchen zeigen.
Die Erythrozyten kommen also sofort mit solchen
Zellen in Berührung, welche, wie B. früher nach¬
gewiesen hat, ein Fettspaltungsvermögen besitzen.
Die an den mononukleären Zellen reichen Peri¬
tonealexsudate erlangen früher als das Blutserum
hämolytische Wirkung und werden außerdem
stark lipolytisch. B. glaubt daher, daß die Hämo¬
lyse in Beziehung zu einer Lipolyse stehe und daß
die Lipoide der Erythrozyten als Antigene wirken
und Antikörper erzeugen. Als Quellen für diese
Antikörperproduktion kommen die mit lipolyti-
schen Fähigkeiten ausgestatteten mononukleären
Leukozyten sowie Milz und Lymphdrüsen in Be¬
tracht Weiterhin werden Versuche mitgeteilt,
die das Verhalten der poritonealen Exsudatzollen
sowie die lipolytische Tätigkeit der lymphatischen
Organe nach Injektion von Fetten feststellen.
111. Chemie des Blutes.
14. Bönniger, M„ Chemische Blutuntersuchungcn.
Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11. S. I. 1912.
15. Pf ibram, H., Über den Cholesteringehalt des
Blutes Gesunder and Kranker. Prag. med. Woch.
Nr. 87. S. 205. 1912.
Die Untersuchungen von Bönniger (14)
betrafen das Volumen (Bestimmung mittels des
von B. angegebenen Volumeters), das spezifische
Gewicht, den Eiweißgehalt und den CINa-Gehalt
der roten Blutkörperchen und des Serums bei
Gesunden und Kranken. Die Ergebnisse sind
folgende: Das spezifische Gewicht des Blutserums
ist bei perniziöser Anämie stets herabgesetzt, bei
sekundären Anämien meist normal. In einem
Falle von Polyzythämie fand sich ein auffallend
hoher Wert. Das spezifische Gewicht der Blut¬
körperchen ist bei allen sekundären Anämien sehr
gering, bei der perniziösen Anämie dagegen kaum
gegen die Norm vermindert. Damit stimmt über¬
ein, daß der N-Gohalt der Erythrozyten bei
letzterer Krankheit normale oder gelegentlich er¬
höhte Werte aufweist. Der Cl-Gehalt der Erythro¬
zyten ist in allen Fällen sehr konstant (im Mittel
0,175°/ 0 ) und wird vom CINa-Gehalte dos Serums
nicht beoinflußt.
P f i b r a m (15) hat das Blutserum einer Reihe
von Patienten, die an den verschiedensten Krank¬
heiten litten, auf seinen Cholestearingehalt unter¬
sucht. In der Mehrzahl der Fälle zeigte sich der¬
selbe normal; ein erhöhter Cholestearingehalt fand
sich bei Ikterus verschiedener Genese, bei einigen
Fällen von Polyzythämie sowie im agonalen
Stadium chronisch Kranker. Eine Verminderung
der Cholestearinmenge wurde in 3 Fällen (Nephri¬
tis mit Alkoholismus, 2 Tabiker) festgestellt. Die
bei einzelnen Krankheiten (Tuberkulose, Tetanus,
j perniziöse Anämie) empfohlene Cholestearin-
therapie hat in den Versuchen P.s koine Erfolge
gehabt.
IV. Viskosität des Blutes.
16. Matsuo, J. (Tokio), Über die Viskosität des
j Blutes bei gesunden und anämischen Japanern, mit be¬
sonderer Berücksichtigung der Beziehung derselben zum
Nonnengeräusch. D. Aren. f. klin. Med. Bd. 106. S. 433.
1912.
Die Untersuchungen, die mit dem Viskosi¬
meter von Hess vorgenommen wurden, ergaben
folgendes: Bei gosundon Japanern beträgt die
Blutviskosität bei Männern 4,428, bei Frauen 4,017.
Die Viskosität ist also im Durchschnitt geringer
als bei Europäern. Der Quontient Hämoglobin:
Viscosität ist bei Anämischen niedriger als bei
gesunden Monschen. Das Nonnengeräusch der
Anämischen ist in seiner Stärke umgekehrt pro-
portial dem Viskositätswcrto des Blutes.
V. Morphologie und Physiologie einzelner
Blutbestandteile.
17. Kronberger, H., Zur Frage deT Persistenz
von Kern und Kernresten in den normalen reifen
Erythrozyten der Säugetiere. Folia haem. Bd. 18.
S. 320. 1912.
18. Hertz, R., Über Vorkommen, Natur und Her¬
kunft der Plasmazellen in der Milz. Folia haem. Bd. 18.
; S. 177. 1912.
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Isaac, Neuere hämatologische Arbeiten
19. Luzzatto, A. M., u. F. Ravenna, Über I
die Zahl der vitalfärbbaren roten Blutkörperchen unter |
normalen Verhältnissen und bei anämischen Zuständen.
Folia haem. Bd. 13. S. 102. 1912.
20. Wiehern, H., u. F. Piotrowski, Über I
die Häufigkeit basophil gekörnter und polychromato¬
philer Erythrozyten bei verschiedenen Anämien. D. 1
Arch. f. klin. Med. Bd. 106. S. 533. 1912.
21. Schilling, V. (Torgau), über die „Stab- [
kernigen“ (Neutrophilen) bei der „regenerativen“ und
„degenerativen“ Verschiebung des neutrophilen Blut¬
bildes. Folia haem. Bd. 13. S. 197. 1912.
Kronberger (17) hat durch eine besondere
Färbung (Fixieren der Blutpräparate in Methyl¬
alkohol 1 / z —1 Min., Färben in unverdünntem
Löfflerschen Methylenblau 1—2 Min., Abspülen in
destilliertem Wasser, Differenzierung durch kon¬
zentrierte wässerige Pikrinsäurelösung während
einiger Sekunden) in den Erythrozyten des
Menschen „zentrale Chromatinkörper“ darstellen
können, die als karmoisinroto Gebilde in einer
ungefärbten zentralen Zone der im ganzen dunkel¬
grün gefärbten Erythrozellen liegen. Ob dieses
Zentralchromatin morphologisch und funktionell
den Kern repräsentiert oder ob die genannte
Färbung nur Reste des Kerns und seiner Membran
sichtbar gemacht werden, bedarf noch der Auf¬
klärung.
Hertz (18) kommt zu der Annahme, da3
nicht nur die Lymphozyten der Milzpulpa, son¬
dern auch die verschiedensten Lymphoidzellen
(Splenozyten, Lymphoblasten) zu Plasmazellen
werden können, was für den genetischen Zu¬
sammenhang aller dieser Zellen spricht. Ob diese
Plasmazellen der verschiedenen Zellen alle iden¬
tisch sind, ist noch nicht entschieden.
Nach den Untersuchungen von Luzzatto und
Ravenna (19) ist die Zahl der vital färbbaren
granulierten Erythrozyten beim gesunden Er¬
wachsenen sehr gering (1—2°/ 00 aller Erythro¬
zyten); beim Neugeborenen ist sie zehnmal größer.
Bei den meisten Anämieformen findet sich eine
mehr oder weniger ausgesprochene Vermehrung
der granulierten Erythrozyten als Ausdruck der
regenerativen Tätigkeit des Knochenmarks; bei
den myelophthisischen und apiastischen Anämien
fehlt die Vermehrung. Bei der Bleivergiftung
sind meistens sehr viele granuliorte Erythrozyten
vorhanden; in kachektischen Zuständen können
sie gänzlich fehlen.
Wiehern und Piotrowski (20) vertreten
auf Grund ihrer Untersuchungen bei verschie¬
denen Formen der Anämie und bei Bleivergiftung
die Auffassung, daß das Auftreten der basophil
punktierten sowie der polychromatophilen Ery¬
throzyten als ein Zeichen der Blutregoneration
anzusehen ist. Das Vorhandensein derartiger
Zellen im Blute bei schweren Anämien beweist,
daß das Knochonmark noch die Fähigkeit zur
Blutneubildung besitzt.
Außer den gewöhnlichen stabkernigen, neu¬
trophilen Leukozyten, die eine Zwischenstufe
zwischen Metamyelozyten und segmentkernigen
(polymorphkernigen) neutrophilen Leukozyten dar¬
stellen und auf gesteigerte regenerative Knochen¬
markstätigkeit hinweisen, unterscheidet Schil¬
ling (21) noch einen degenerativen Typus der
stabkernigen Zellen, deren Kerne alle Zeichen der
Degeneration (Hyperchromasie, Saftarmut, Ver¬
flüssigung) zeigen. Sie finden sich hauptsächlich
bei toxischer Leukopenie im Verlaufe des Typhus,
bei Kala-azar und anderen Krankheiten und sie
entstehen infolge mangelhafter Ausbildung und
pathologischer Hemmung der Kornentwicklung
vor Erreichung der Segmentierung.
VI. Bhitplätichen.
22. R e i d, H. S., Die Methoden zur Zählung der
Blutplättchen. Edinb. med. Journ. Bd. 8. S. 432. 1912.
23. Morse, M. E., Die Blutplättchen bei normalen
und schwangeren Frauen, sowie beim Neugeborenen.
Boston med. and surg. Journ. Bd. 116. S. 448. 1912.
24. Port u. A. Kiyama, Klinische Unter¬
suchungen über Blutplättchen. D. Arch. f. klin. Med.
Bd. 106. S. 362. 1912.
25. Freund, H., Uber Fieber durch Blutplättchen¬
zerfall. D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. S. 556. 1912.
R e i d (22) prüft die verschiedenen Methoden
zur Zählung der Blutplättchen. Die besten Ver¬
dünnungsflüssigkeiten sind die von Pratt,
Kemp, van Emden angegebenen. Die Zahl
der Plättchen schwankt beim gesunden Er¬
wachsenen zwischen 4—500 000 im ccm.
Während der Menstruation findet sich häufig
ein Ansteigen der Blutplättchenzahl; ebenso nach
Morse (23) in der letzten Hälfte der Schwanger¬
schaft bei Erstgeschwängerten. Im Puerperium
zeigen sich keine Veränderungen in der Zahl der
Plättchen; auch bei Eklampsie ist letztere normal.
Bei Neugeborenen schwankt die Plättchenzahl;
sie erreicht aber stets am Ende der ersten Woche
normale Werte. Bei Icterus neonatorum ist sie
erhöht.
Port und A k i y a m a (24) nahmen bei den
verschiedensten Krankheiten nach einer genauer
beschriebenen Methode Zählungen der Blutplätt¬
chen vor. Bei den akuten Infektionskrankheiten
(Pneumonie, Erysipel, Typhus, Scharlach) zeigto
sich während des Fiebers eine mehr oder weniger
starke Verminderung der Plättchenzahl, die mit
Abfall der Temperatur von einer reaktiven Ver¬
mehrung gefolgt ist. Bei perniziöser Anämie fand
sich eine deutliche Verminderung der Blutplätt¬
chen, dagegen bei myeloider Leukämie eine er¬
hebliche Vermehrung derselben. Die chronischen
Krankheiten ergaben bezüglich des Gehaltes des
Blutes an Plättchen keine konstanten Ergebnisse.
P. u. A. schließen aus ihren Untersuchungen, daß
die Blutplättchen in keiner direkten Beziehung zu
Erythrozyten und Leukozyten stehen, sondern
präformierte Gebilde des Blutes darstellen. Ihr
konstantes Verhalten bei den Infektionskrank¬
heiten läßt an Beziehungen der Plättchen zu
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Isaae, Neuere hämatologische Arbeiten,
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Immunisierungsvorgängen denken. Der Ort der
Entstehung der Blutplättchen ist noch unbekannt;
ob die Milz als Stätte ihres Zerfalls in Betracht
kommt, konnte durch Versuche an milzexstir-
piorten Kaninchen nicht entschieden werden.
Durch intravenöse Injektion von zerstörten
Blutplättchen läßt sich, wie Freund (25) ge¬
funden hat, bei Kaninchen Fieber hervorrufen.
Es entstehen also beim Blutplättchenzerfall pyro¬
gene Substanzen. Vielleicht findet auch bei In¬
fekten und unter toxischen Einflüssen im Körper
selbst ein Plättchenzerfall statt, der eine all¬
gemeine Erklärungsmöglichkeit für die Fieber¬
entstehung bietet. Bei hungernden Tieren wird
die Fieberwirkung der Blutplättchen nicht ab¬
geschwächt, sondern verstärkt, während die
aseptischen Fieber, nicht aber die bakteriellen
Fieber, im Hungerzustando nicht zustande kom¬
men. Das Blutplättchenfieber ist also dem infek¬
tiösen Fieber vergleichbar.
VII. Anämien.
26. E11 e r m a n n, V., Über das Wesen der essen¬
tiellen perniziösen Anämie. D. med. Woch. 1912. Nr. 18.
S. 842.
27. S c h a u m a n n , 0., Über Initialsymptom und
Pathogenese der perniziösen Anämie. D. med. Woch.
1912. Nr. 26. S. 1228.
28. Bennecke, Über unsere Mißerfolge mit der
Bluttransfusion bei perniziöser Anämie. Miinchn. med.
Woch. Bd. 59. S. 571. 1912.
29. K1 e m p e r e r, G., n. R. Mühsam, Anaemia
splenica, geheilt durch Milzexstirpation. Berl. klin.
Woch. Bd. 49. Nr. 12. S. 1024. 1912.
Die essentielle perniziöse Anämie und die
myeloide Leukämie haben, wie E 11 e r m a n n (26)
darzulegen versucht, viele gemeinsame Züge.
Möglicherweise stellt die perniziöse Anämie die
anämische Form der Leukämie dar. Vielleicht
gilt daher die Infektionstheorie, welche durch die
Tierversuche von E. für die Leukämie bewiesen
ist, auch für die perniziöse Anämie.
Schaumann (27) hat beobachtet, daß bei
zahlreichen an perniziöser Anämie leidenden
Patienten schon längere Zeit vor dem Einsetzen
schwererer anämischer Symptome ein Gefühl von
Wundsein im Mundo, Rachen und Gaumen ein-
tritt Wodurch diese Erscheinung bedingt wird,
bedarf noch der Aufklärung.
Bennecke (28) hat in einigen Fällen von
perniziöser Anämie intravenöse Infusionen de-
fibrinierten Blutes gemacht. Eine Besserung des
Blutbefundes und der übrigon Symptome wurde
nicht beobachtet Bei einzelnen Patienten traten,
auch ohne daß intravitale Hämolyse vorhanden
war, unangenehme Nebenerscheinungen auf, so
daß die intravenöse Blutinjektion bei schweren
Anämien keineswegs als gefahrloser Eingriff an¬
zusehen ist
Klemperer und Mühsam (29) berichten
über einen Söjähr. Mann mit sehr großem Milz¬
tumor und leukopenischer Anämie. Trotz Jod-
und Arsenbehandlung fortschreitende Verschlech¬
terung, weshalb die Milzexstirpation vorgenommen
wurde, die zu völliger Heilung führte.
VIII. Hämolytischer Ikterus; paroxysmale
Hämoglobinurie.
30. Roth, 0., Uber die hämolytische Anämie.
D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. S. 137. 1912.
31. Pel, J., Über familiären hämolytischen Ikterus
nebst einigen Bemerkungen Uber das Vorkommen von
Gallenfarbstoffen im Harn und im Blut. D. Arch. f.
klin. Med. Bd. 106. S. 239. 1912.
32. Lichtwitz, L., Über chronischen acholurischen
Ikterus mit Splenomegalie. D. Arch. f. klin. Med.
Bd. 106. S. 545. 1912.
33. K u m a g a i, T., u. B. Inonye, Beiträge zur
Kenntnis der paroxysmalen Hämoglobinurie. D. med.
Woch. 1912. S. 361.
Roth (30) veröffentlicht 4 Fälle von hämo¬
lytischem Ikterus mit Milztumor und Urobilinurie.
Bei allen 4 Patienten war die Resistenz der Ery¬
throzyten gegenüber hypisotonischer Lösung
j herabgesetzt, nicht aber gegen Saponin. Die mor-
i phologische Untersuchung des Blutes ergab, ab-
1 gesehen von einer leichten Anämie, starke Poly-
chromatophilie und Anisozytose der Erythrozyten.
Das Blutserum hatte koine hämolytische Eigen¬
schaften; es enthielt in 2 der Fälle Autoaggluti-
nine. R. glaubt in Übereinstimmung mit C h a u f -
fard,Widalu. a., daß der Symptomenkomplex
durch eine primäre, in der verminderten Resistenz
sich äußernden Veränderung der Erythrozyten
ist. Infolge der Fragilität der letzteren kommt es
zu vermehrtem Blutuntorgang mit sekundärem
Milztumor und acholurischem Ikterus, sowie zu
einer mit intensiver Blutrogeneration einhergehen¬
den Anämie. R. schlägt für das Krankheitsbild
statt des Namens „Hämolytischer Ikterus" die
Bezeichnung „Hämolytische Anämie“ vor, um da¬
mit zum Ausdruck zu bringen, daß es sich hier um
eine ganz spezielle Form der Anämie handelt, die
mit gewissen, an sich nicht charakteristischen
„hämolytischen“ Symptomen einhergeht.
P e 1 (31) berichtet über 4 Fälle von familiärem
hämolytischem Ikterus, die einer Familie ent¬
stammten. Bei allen war die Resistenz der roten
Blutkörperchen herabgesetzt. Im Blutserum
zweier der Patienten konnte Gallenfarbstoff nach¬
gewiesen werden. Auch im Serum von Leber¬
kranken, die keinen Ikterus hatten, oder bei denen
dieser im Abklingen begriffen war, fand P. Bili-
rubinämie ohne Bilirubinurie.
Von L i c h t w i t z (32) wurden zwei weitere
Fälle dieser Art beobachtet. L. hält es für mög¬
lich, daß infolge des vermehrten Blutkörper¬
zerfalles Zwischenprodukte zwischen Blutfarb¬
stoff- und Gallenfarbstoff im Blute vorhanden
sind und die gelbliche Färbung der Haut be¬
dingen.
Kumagai und I n o u y e (33) konnten bei
20 Hämoglobinurikern im Serum stets das Hämo¬
lysin nachweisen, wenn die sensibilisierten Blut-
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körperchen vor dem Zufügen des Komplementes
zur Entfernung des Hämoglobinuriker-Serums
kalt ausgewaschen wurden, um dessen antikom¬
plementäre Wirkung auszuschalten. K. u. I. fan¬
den das Kälteautohämolysin auch bei einer Reibe
von Patienten mit tertiärer Syphilis und meta¬
syphilitischen Erscheinungen. Weiterhin gibt es
eine latente Form der paroxysmalen Hämoglobin¬
urie, bei der die betreffenden Individuen zwar
ein Hämolysin im Blute haben, aber bei Kälte¬
einwirkung nur mit Abluminurie reagieren.
IX. Leukämie.
34. N e u m a n n , E., Hämatologische Studien.
Leukozyten und Leukämie. Virchows Archiv Bd. 207.
S. 379. 1912.
35. S t e f f 1 e r, E., Uber Myeloblastenleukämien
und das Vorkommen von Myeloblasten bei gewöhnlichen
Leukämien. D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. S. 309.
1912.
36. Barrenscheen, K., Zur Frage der akuten
Leukämie. Wien. klin. Woch. Bd. 25. Nr. 8. S. 293.
1912.
87. Stursberg, H., Zur Differentialdiagnose
zwischen akuter Leukämie und Sepsis, mit besonderer
Berücksichtigung der „Sepsis bei Verkrümmung des
Granulozytensystems“. Med. Klin. Bd. 8. Nr. 13.
S. 520. 1912.
38. P1 e 8 c h, J., Fälle von perniziöser Anämie und
Leukämie mit Thorium X behandelt. Berl. klin. Woch.
1912. Nr. 49. S. 931.
Nach einer kritischen Besprechung der gegen¬
wärtigen Anschauungen über Genese und Ver¬
wandtschaft der einzelnen Leukozytenarten prä¬
zisiert N e u m a n n (34) seinen eigenen Stand¬
punkt dahin, daß er die Berechtigung der Tren¬
nung der Blutzelien in zwei voneinander geschie¬
dene, selbständige Gruppen nicht für erwiesen
hält, sondern einen gemeinsamen Ursprung sämt¬
licher Leukozyten von einer großlymphozytären
Stammzelle annimmt. Die Leukämien teilt er in
lymphozytäre, großlymphozytäre und myelozytäre
oin, je nach der Beschaffenheit der im Blute zir¬
kulierenden Zellen. Letztere ist abhängig vom
Charakter der in den blutbildenden Organen ab¬
laufenden hyperplastischon Prozesse. Von welchen
Zellen der Proliferationsprozeß ausgeht, ist nach
Ansicht N.s noch nicht sichergestelit; er hält es
daher für nicht statthaft, die leukämischen Hyper¬
plasien auf ein bestimmtes System von Zellen
(lymphatisches oder myeloides System) zurückzu¬
führen. Der hyperplastische Prozeß betrifft am
konstantesten das Knochenmark und wahrschein¬
lich sind alle Leukämien myelogenen Ursprunges.
Fälle von rein lienaler und rein lymphatischer
Leukämie hält er für nicht sicher erwiesen.
S t e f f 1 e r (35) berichtet über das Vorkommen
von Myeloblasten bei chronischen myeloiden Leuk¬
ämien, und teilt ausführlich den Fall einer 41jähr.
Frau mit chronischer myeloider Leukämie mit, bei
welcher sub finem vitae wahrscheinlich infolge
forzierter Röntgenbestrahlung eine Myeloblasten¬
leukämie sich entwickelte. Weiterhin berichtet
sie über eine akute Myeloblastonleukämie bei
einem 14jähr. Knaben mit großem Milztumor, zahl¬
reichen Myeloblasten im Blute und hämorrhagi¬
scher Diathese, sowie typischem Sektionsbefund.
Die Mitteilung Barrenscheen« (36) be¬
trifft einen Fall von akuter myeloider Leukämie
bei einer 38jähr. Frau. Geringgradige Vermehrung
der Leukozyten, von denen 43°/ 0 große lymphoide
Elemente waren, dio als Myeloblasten gedeutet
werden konnten. Aus dom Blute wurde Staphylo-
coccus aureus gezüchtet. B. deutet daher den
Fall als Sepsis mit leukämischer Knochenmarks-
roaktion. Bemerkenswert ist, daß mehrere An¬
gehörige der Patientin ebenfalls an Leukämie
litten. Dieses familiäre Vorkommen der Leuk¬
ämie weist auf eine angeborene Minderwertigkeit
des hämatopoetischen Systems hin, welche das
Entstehen leukämischer Veränderungen auf in¬
fektiöse Reize hin begünstigt.
Stursberg (37) berichtet über einen Fall
von akuter lymphatischer Leukämie mit Strepto¬
kokkensepsis bei einem 8jähr. Knaben, sowie über
einen Fall von Stroptokokkensepsis bei einem
41jähr. Manne, der mit hochgradiger Leukopenie
(900 Leukozyten im Kubikmillimeter; davon 97°/ 0
Lymphozyten) einherging. Der eigenartige Blut¬
befund im letzteren Falle wird von St. auf eine
minderwertige Anlage des Granulozytensystems
zurückgeführt.
P1 e s c h (38) berichtet über therapeutische
Erfahrungen mit Thorium X bei 2 Fällen von
Leukämie und Anämie. Der erste Fall betrifft
einen 69jähr. Mann mit chronischer myeloider
Leukämie. Vor der Behandlung hatte er 109 000
Leukozyten mit 30°/ 0 Myelozyten. Nach einer
einmaligen intravenösen Injektion von Thorium X
(3 Mill. Mache-Einheiten) besserte sich das Blut¬
bild allmählich. 53 Tage nach der Injektion fan¬
den sich 4180 Leukozyten, die in ihrer Zusammen¬
setzung, abgesehen von geringer Steigerung der
Mononukleären, ein normales Bild boten. Im
zweiten Fall handelt es sich um eine 30jähr.
Patientin mit perniziöser Anämie, bei der nach
intravenöser Injektion von 20 000 M-E. die Blut¬
körperzahl innerhalb von 14 Tagen von 340 000!
auf 2 270 000 gestiegen war. Diese Wirkung auf
die hämatopoetischen Organe wird verständlich
durch die Ergebnisse von Tierversuchen, denen
zufolge ein großer Teil des Thorium X in Knochen
und Knochenmark abgelagert wird.
X. Blutveränderungen bei einzelnen Krankheiten.
39. Galambos, A., Uber das normale qualitative
Blutbild. Folia haem. Bd. 18. S. 153. 1912.
40. G a 1 a m b o s, A., Das Verhalten der eosino¬
philen Zellen im Blute bei normalen und krankhaften
Zuständen. Folia haem. Bd. 13. S. 269. 1912.
41. Miller, J. A., u. M. A. Reed , Studien über
die Leukozyten bei Lungentuberkulose und bei Pneu¬
monie. Arch. of int. Med. Bd. 9. S. 609. 1912.
42. Ostrowski, St., Die Morphologie des Blutes
bei Rachitis. Folia haem. Bd. 13. S. 305. 1912.
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Isaac, Neuere hämatologische Arbeiten,
7
43. A s c h e n h e i m, E., Die Beziehungen der
Rachitis zu den hämatopoetischen Organen. D. Arch.
f. klin. Med. Bd. 105. S. 470. 1912.
44. Borchardt, L., Über das Blutbild bei Er¬
krankungen der Drüsen mit innerer Sekretion und seine
Beziehungen zum Status thymico-lymphaticus. D. Arch.
f. klin. Med. Bd. 106. S. 182. 1912.
G a 1 a m b o s (39) hat zahlreiche Blutunter¬
suchungen bei normalen Menschen unter den ver¬
schiedensten Bedingungen ausgeführt. Er kommt
zum Ergebnis, daß die Zahl der Mononukleären
und Lymphozyten schon unter normalen Verhält¬
nissen in weiten Grenzen schwankt, so daß er
dem Symptom der relativen Lymphozytose keine
große Bedeutung beimißt.
G a 1 a m b o 8 (40) hat auch das Verhalten der
eosinophilen Zellen im Blute bei normalen und
krankhaften Zuständen studiert. Die Zählungen
der eosinophilen Zellen wurden nach der von
Dünger angegebenen Methode ausgeführt Der
Mittelwert beträgt bei gesunden Männern 2,7 °f 0 ,
bei Frauen 4,5°/ 0 ; es kommen aber bei ganz nor¬
malen Individuen Werte bis zu 10,5°/« vor. Als
Hypereosinophilie sind daher nur Werte über 11 °/ 0
zu bezeichnen. Bei Asthma bronchiale ist wäh¬
rend der anfallsfreien Zeit die Zahl der eosino¬
philen Zellen vermehrt, im Anfalle dagegen ver¬
mindert. Bei 9 Basedowfällen, auch solchen mit
vagotonischen Symptomen, fand sich niemals
Eosinophilie. Bei einer Reihe von Erkrankungen
des Magens, des Darmes, der Leber, des Nerven¬
systems wurden keine verwertbaren Resultate be¬
züglich des Verhaltens der eosinophilen Zellen er¬
halten. Bei unklaren fieberhaften Erkrankungen
scheint Vorhandensein bzw. eine geringe Vermeh¬
rung der Eosinophilen in erster Linie für Tuber¬
kulose zu sprechen, während sich bei Typhus,
Sepsis, Meningitis meist eine Verminderung der
oosinophilen Zellen findet.
Nach Miller und R e e d (41) findet sich bei
vorgeschrittenen Tuberkulosen eine neutrophilo
Leukozytose mit Verschiebung des Blutbildes nach
links, sowie eine Verminderung der Eosinophilen
und der Lymphozyten. Bei der Pneumonie findet
sich in prognostisch ungünstigen wie günstigen
ballen eine neutrophile Leukozytose mit Verschie¬
bung nach links. Sehr hohe Leukozytenwerte
lassen auf eine besonders schwere Infektion
schließen.
Über die Veränderungen des Blutes bei Rachi¬
tis berichten Ostrowski (42) und Aschen¬
heim (43).
In den meisten Fällen unkomplizierter Rachi¬
tis findet sich nach Ostrowski (42) im Blute
Verminderung des Hämoglobins und der Erythro¬
zytenzahl mit Aniso- und Poikilozytose, sowie
häufig geringgradige polynukleäre Leukozytose.
Erythroblasten werden selten gefunden; letztere
treten aber in größerer Zahl auf, wenn ein deut¬
licher Milztumor vorhanden ist. Je größer der
Milztumor ist, desto mehr nähert sich das Blutbild
dem für Anaemia spleniCa infantum charakte¬
ristischen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch
Aschenheim (43), der ebenfalls der Ansicht
ist, daß das Blutbild bei Rachitis und Anaemia
splenica ein durchaus einheitliches ist, und nur
graduelle Unterschiede zwischen den Blutverändo-
rungen bei schwerer Rachitis und bei Anaemia
splenica infantum bestehen.
Beim Morbus Basedowii, sowie bei allen an¬
deren Erkrankungen der Drüsen mit innerer
Sekretion fand Borchardt (44) in Überein¬
stimmung mit anderen Autoren Veränderungen
des Blutbildes im Sinne einer relativen und abso¬
luten Vermehrung der einkernigen Zellen, be¬
sonders der Lymphozyten. In der Hälfte dieser
Fälle ist auch Leukopenie, sowie Eosinophilie vor¬
handen. Dieselben Blutveränderungen werden
auch bei Menschen mit Status thymico-lymphati¬
cus gefunden. Da bei den Erkrankungen der Drü¬
sen mit innerer Sekretion sehr oft gleichzeitig
Status lymphaticus vorhanden ist, so sind auch
die Blutveränderungen bei Morbus Basedowii,
Myxödem, Akromegalie usw. auf den lymphati¬
schen Status zu beziehen. Dieser wird nach An¬
sicht B.s in vielen Fällen erst im Verlaufe der
I genannten Erkrankungen klinisch manifest.
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8
Das chronische Duodenalgeschwür
bearbeitet auf Grund der Literatur der letzten Jahre (1911—1912).
Von
Dr. Eduard Melchior
in Breslau.
1. Affleck, Diskussion zu Caird (10). 1. c.*)
2. A 1 b u , Zur Diagnose und Therapie des Ulcus
duodeni. Ther. d. Gegenw. 1912. S. 241.
3. A s s m a n n , H., u. J. Becker, Zur röntgeno¬
logischen Diagnostik und chirurgischen Therapie der
Duodenalstenose. Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u.
Chir. Bd. 24. S. 444. 1912.
4. Axhausen, Zur Technik der Netzplastik
beim Ulcus duodeni perforatum. Deutsche Zeitschr. I.
Chir. Bd. 107. S. 193. 1911.
5. *Bidwell, Leonard, On the immediate
and nltimate results after gastro-enterostomy for gastric
and duodenal ulcer. West London med.-chir. Soc.
5. Juni 1911. Lancet Bd. 2. S. 96. 1911.
6. Bier, August, Uber das Ulcus duodeni.
Vortrag, gehalten im Verein f. innere Med. 4. März
1912. Deutsche med, Woch. 1912. S. 785 u. 836.
7. Bishop, E. Stanmore, A post-graduate
lecture on the correlation and distinction between cer-
tain Symptoms in some abdominal diseases: based upon
an analysis of 124 operations for gastroduodenal ulcer
and 110 for appendicitis. Brit med. Journ. 1912.
Bd. 1. S. 998.
8. Blad, Klinik und chirurgische Behandlung des
chronischen Duodenalgeschwürs. IX. Versamml. d.
nordischen Chirurg. Vereins in Stockholm. Centralbl. f.
Chir. 1911. Nr. 39. S. 1313.
9. Box, Charles R., Left-sided subphrenic ab-
scess due to perforated duodenal ulcer. Brit. med.
Journ. 1912. S. 889.
10. Caird, F. M., Duodenal ulcer: its diagnosis
and treatment. Edinb. med. chir. Soc. 1. March 1911.
Lancet Bd. 1. S. 739. 1911.
11. Cathcart, Diskussion zu Caird (10). 1. c.
12. Citronbl&tt, A., Zur Klinik und Pathologie
des perforierten Magen- und Duodenalgeschwürs. Deut¬
sche Zeitschr. f. Chir. Bd. 117. S. 120. 1912.
13. D a t i d s o h n, C., Diskussion zu Ewald und
Bier. Deutsche med. Woch. 1912. S. 970.
13a. De war, Diskussion zu Caird (10). 1. c.
14. Dietrich, Statistische und ätiologische Be¬
merkungen zum Ulcus pepticum duodeni. Münchn. med.
Woch. 1912. S, 638.
15. v. Eiseisberg, Diskussion zu Neudörfer.
1. c. Teil 1. S. 192.
16. Enderlen, Diskussion zu Neudörfer. 1. c.
Teil 1. S. 199.
17. Evans, Arthur J., Perforation in dnodenal
nlcer. Liverpool med. Institution 28. March 1912.
Lancet 1912. S. 992. (Diskussion: Murray, Paul, Jean».)
18. Ewald, C. A., Uber Duodenalgeschwüre. Vor¬
trag, gehalten im Verein f. innere Med. 4. März 1912.
Deutsche med. Woch. 1912. S. 785.
19. Federmann, Fall von operativ geheilter
Dnodenalblutung. Verhandl. d. Berl. med. Gesellsch.
3. Juli 1912. Berl. klin. Woch. 1912. S. 1441.
20. Fürbringer, Diskussion zu Ewald und Bier.
Deutsche med. Woch. 1912. S. 970.
21. G i b s o n, Diskussion zu Caird (10). 1. c.
*) Abgeschlossen August 1912.
*) Die mit einem * bezeichneten Mitteilungen sind
im Text unberücksichtigt geblieben.
22. v. Hansemann, Diskussion zu Ewald und
Bier. Deutsche med. Woch. 1912. S. 973.
23. Haudek, Martin, Der radiologische Nach¬
weis des Ulcus duodeni. Med. Klin. 1912. S. 181 u. 224.
24. Henle, Diskussion zu Neudörfer. 1. c. Teil 1.
S. 195.
25. Hertz, An address on investipations of the
motor functions of the alimentary canal hy means of
the x-rays. Brit. med. Journ. 1912. S. 225. Bd. I.
26. Hölscher, F., Zur Operation des perforierten
Magen- und Duodenalgeschwürs. Centralbl. f. Chir.
1912. S. 816.
27. H o f m a n n . A., Zur Behandlung des perfo¬
rierten Duodenalgeschwürs. Centralbl. f. Chir. 1911.
| Nr. 50. S. 1624.
28. I m f e 1 d , L„ über den jüngsten bekannten
I Fall von Ulcus duodeni perforatum. Deutsche Zeitschr.
f. Chir. Bd. 110. S. 468. 1911.
I 29. J o n a s, Pwlcnalstenose infolge Druckes durch
j einen Tumor. Gesellsch. f. innere Med. u. Kinderheilk.
in Wien 15. Kehr. 1912. Wien. klin. Woch. 1912.
S. 395.
30. Kehr, über Duodenalgeschwüre. (Diskussions-
Vortrag, gehalten am 4. März 1912 im Verein f. innere
1 Med. in Berlin.) Münchn. med. Woch. 1912. S. 1307
! u. 1380.
31. Key, E., Diskussion zu Blad (8). 1. c.
32. Klcmperer, G., Diskussion zu Ewald und
j Bier. Deutsche med. Woch. 1912. S. 973.
33. Körte, Diskusion zu Ewald nnd Bier. Deot-
i sehe med. Woch. 1912. S. 970.
j 34. * K ü h n , Zur Pathologie und Therapie des Duo¬
denalgeschwürs. Fortschr. d. Med. 1911. S. 145.
34a. 'Kühn, Zur Diagnose und Therapie des Duo¬
denalgeschwürs. Med. Klin. 1911. S. 92.
35. Kiimncll, Über Indikationen zur chirurgi¬
schen und internen Behandlung der Magenerkrankungen
und deren Dauererfolge. Vortrag im ärztl. Verein zu
Hamburg 7. Nov. 1911. Deutsche med. Woch. 1912.
S. 395 u. 446 (s. spez. S. 447).
35a. Kümmell, Diskussion zu Neudörfer (52).
1. c. I. S. 198.
36. Köttner, Zur Operation des Ulcus duodeni.
Breslauer chir. Gesellschaft 10. Juli 1911. Berl. klin.
Woch. 1911. Nr. 36.
36a. Knttner, Diskussion zu Ewald und Bier.
Deutsche med. Woch. 1912. S. 972.
37. K r e u z f u c h 8 , S., Röntgenbeobachtungen beim
Ulcus duodeni. Wien. klin. Woch. 1912. S. 411.
38. L a n e, A clinical lecture on chronic intestinal
stasis. Brit. med. Journ. Bd. 1. S. 989. 1912.
39. L a u p e r , Znr Operation des perforierten
Magen- nnd Duodenalgeschwürs. Zentralbl. f. Chir.
1912. S. 286.
40. Lecäne, Deux cas d’ulcöre du duodönum.
Bull, et m£m. de la Soc. de Chir. de Paris 1911. S. 317.
41. *Leriche, R., L'exclusion du duod£num.
Lyon m4d. 1911. Nr. 43. S. 823.
42. *M a t h i e u , Un cas d'ulcus vrai du duodlnnra.
Acad4mie de m£decine 30. Mai 1911. Sem&ine m£d.
1911. S. 261.
43. M a u c 1 a i r e , Diskussion zu Lecine (40). 1. c.
S. 326.
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gf Zwei Bände liegen vor, zwei weitere erscheinen noch bis Ende 1912. "Sj
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Verlag: von Gustav Fischer in Jena.
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Seit Januar 1912 erscheint: Jena, November 1912.
Handwörterbuch
der
Naturwissenschaften
Herausgegeben von
Prof. Dr. E. Korschelt-Marburg Prof. Dr. G. Linck-Jena
(Zoologie) (Mineralogie und Geologie)
Prof. Dr. F. Oltmanns-Freiburg
(Botanik)
Prof. Dr. K. Schaum-Leipzig Prof. Dr. H. Th. Simon-Göttingen
(Chemie) (Physik)
Prof. Dr. M. Verworn-Bonn und Dr. E. Teichmann-Frankfurt a. M.
(Physiologie) (Hauptredaktion)
Bis jetzt liegen Tollständig vor:
Band 1. „Abbau—Black“ Mit 631 Abbildungen im Text. Umfang: IX und 1163 Seiten.
Lex.-Form. Preis: 20 Mark, in Halbfranz gebunden 23 Mark.
Band VI. „Lacaze-Duthlers—Myrlapoda“. Mit 1048 Abbildungen im Text. Umfang: VIII
und 1151 Seiten. Lex.-Form. Preis: 20 Mark, in Halbfranz gebunden 23 Mark.
Band II und VII befinden sich im Druck und erscheinen bis Ende 1912.
Die Namen der Herausgeber bürgen für die vorzügliche Durchführung
einer großen Aufgabe.
Mehr als 300 Mitarbeiter sind es, die ihr Bestes dazu beitragen, um
eine Enzyklopädie der Naturwissenschaften in bisher unbekannter Art
zu schaffen. Die einzelnen Artikel sind von Gelehrten verfaßt, die gerade
in dem von ihnen bearbeiteten Spezialgebiet besonders bewandert sind. In
gedrängter Form geben also hier vorzügliche Sachkenner Überblicke über die
einzelnen Wissenszweige der Naturwissenschaften. Die Beiträge sind mit einer
großen Anzahl instruktiver Abbildungen ausgestattet, wodurch die Anschau¬
lichkeit noch wesentlich gehoben wird. Eine kurze Inhaltsübersicht erleichtert
das Auffinden bestimmter Fragen und am Schluß jedes Artikels wird die Lite¬
ratur angegeben, mit deren Hilfe auch ein Eindringen in die Spezialprobleme
möglich ist. Jeder Beitrag ist mit dem Namen des Verfassers unterzeichnet.
Ein Sachregister am Schluß des Werkes wird noch ganz besonders dazu bei-
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tragen, das „Handwörterbuch der Naturwissenschaften“ zu einem Nachschlage¬
werk ersten Ranges zu machen.
Zum ersten Male erscheint hier ein Werk, in welchem das Gesamtgebiet
der Naturwissenschaften so zusammengefaBt wird, daß alle Kreise, die für die
Naturwissenschaften ein Interesse haben, Nutzen davon werden ziehen können.
Es gilt das nicht etwa allein für den naturwissenschaftlichen Forscher,
der sich auf den seiner eigenen Spezialwissenschaft benachbarten Zweigen
Rat zu holen wünscht und der bei den immer mehr sich spezialisierenden
Forschungsrichtungen zu der Erkenntnis gekommen ist, daß er auch von
anderen Gebieten des vielgestaltigen Lebens sich wieder Kenntnis verschallen
muß. In diesem Werke wird er ein Hilfsmittel jederzeit an der Hand haben,
das ihm Uber jede naturwissenschaftliche Frage, die ihm zufällig begegnet,
Aufschluß verschafft.
Neben diesen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften ohnehin schon
tätigen Gelehrten haben aber noch viel weitere Kreise der Gebildeten,
sofern sie das Verlangen nach gediegener und zuverlässiger naturwissen¬
schaftlicher Belehrung empfinden, oft schon nach einem Mittel gesucht, das
ihnen in möglichst brauchbarer Fassung jederzeit dieses Verlangen zu er¬
füllen geeignet ist. Es sind das vor allen Dingen die weitesten Kreise der
Lehrenden, die den Stoff für den Unterricht nirgends so gedrängt und
übersichtlich beisammen finden werden wie hier. Das Handwörterbuch der
Naturwissenschaften wird daher ebensowenig in der Bibliothek aller auf den
Gebieten der Naturwissenschaften Arbeitenden fehlen dürfen wie in den
Bibliotheken aller Anstalten und Schulen, in denen naturwissenschaftlicher
Unterricht gegeben wird. Gerade im Hinblick auf die steigende Bedeutung
des biologischen Unterrichts wird das Werk auf besondere Beachtung in
Schulkreisen rechnen dürfen.
Dann aber sind weiter namentlich auch die auf dem Boden natur¬
wissenschaftlicher Erkenntnis fußenden Techniker und Ingenieure von der
Wichtigkeit einer gründlichen Erkenntnis der biologischen und exakten Natur¬
wissenschaften durchdrungen und können für viele ihrer Aufgaben einer
solchen gründlichen Kenntnis auf die Dauer nicht entraten. Nahe liegt es ferner
für die Mediziner, selbst wenn sie als praktische Ärzte in den Aufgaben des
Tages stehen, daß sie dauernd eine Quelle naturwissenschaftlicher Belehrung
an der Hand haben müssen, weil das Leben ihnen oft genug Fragen dieser
Art im Vorübergehen vorlegt. Auch der Jurist und der Verwaltungs¬
beamte sehen sich angesichts der modernen Reformbewegung und der An¬
forderungen, die das immer verwickelter werdende Wirtschaftsleben an sie
stellt, genötigt, sich über die Dinge aus diesem Gebiete zu orientieren, die
ihnen früher zum großen Teile fremd und gleichgültig waren. Ja es gibt
kaum einen Beruf mehr, der sich nicht häufig Fragen natur¬
wissenschaftlicher Art gegenübersieht, ganz abgesehen da-
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von, daß die Kreise derer, die den Errungenschaften der
modernen Naturwissenschaft Neigung und Interesse ent¬
gegenbringen, sich von Jahr zu Jahr erweitern.
Dieser große Umkreis von Interessen hat die Notwendigkeit der Schaffung
eines H. d. N. erwiesen und hat bei der Ausführung dieser Idee die Richt¬
linien gegeben. Die Überzeugung von der Naturwissenschaft als einer ein¬
heitlichen Wissenschaft, deren Zusammenhang nicht verloren gehen soll,
war es, die eine solche zusammenfassende Bearbeitung geleitet hat. Wir
finden hier — in alphabetischer Reihenfolge, die der leichten Auffindbarkeit
des Gesuchten die denkbar besten Vorteile bietet, — chemische neben
zoologischen, botanische neben mineralogischen, physiologische neben physi¬
kalischen Artikeln. Jedes Gebiet ist in einer solchen stofflich-sachlichen
Abgrenzung gegeben, daß einerseits eine wissenschaftlich abgerundete Dar¬
stellung ermöglicht, andererseits statt langatmiger systematischer Darstellungen
praktisch brauchbare Artikel in größerer Anzahl unter eigenen Stichworten
erzielt wurden. Nur auf diese Weise konnte etwas entstehen,
was über die bisherigen literarischen Bearbeitungen hinaus¬
ging, konnten zusammenfassende Aufsätze geschrieben werden, die ge¬
meinsame Fragen verschiedener, Teilgebiete der Natur¬
wissenschaften unter einheitlichen Gesichtspunkten behan¬
delten und auf diese Weise eine naturwissenschaftliche Enzyklopädie von
eigener Art aufbauten. Es sei da nur an Aufsätze wie diejenigen über Zelle
und Zellbildung, Lebensbedingungen, Bewegung, Bastardieru ng, Absorption,
Potential, Mineralbildung, Leben, Fortpflanzung, experimentelle Morphologie,
Maschinen, Arbeit, und vieles andere erinnert.
Überall in der ganzen gebildeten Welt wird dieses umfassende
Werk auf das größte Interesse rechnen dürfen.
Der erste und der sechste Band liegt fertig gebunden vor (Preis je
20 Mark, geb. 23 Mark); der zweite und der siebente folgt noch bis
Ende 1912. Im Jahre 1913 erscheinen weitere 4 Bände, und noch in der
ersten Hälfte des Jahres 1914 wird das ganze Werk fertig vorliegen.
Zur Erleichterung der Anschaffung des Werkes ist die Ausgabe in Liefe¬
rungen bestimmt, von denen 23 jetzt vorliegen und weitere stets in Abständen
von 2 bis 3 Wochen folgen werden. Das ganze Werk wird etwa 80 Lieferungen
zum Preise von je 1 Mark 50 Pf. umfassen bzw. in 10 Bänden vollständig werden.
Der Gesamtpreis ist mit etwa 200 Mark, gebunden etwa 230 Mark angesetzt.
Zu Bestellungen bitte ich den beigegebenen Bestellzettel zu benutzen
und diesen ausgefüllt derjenigen Buchhandlung zu übergeben, durch welche die
Zusendung gewünscht wird. Die erste Lieferung kann von jeder Buchhandlung
zur Ansicht vorgelegt werden; ein Probeheft (mit 32 Seiten Text) wird
kostenfrei geliefert. Gustav Fischer.
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294
Cephalopoda (Paläontologie)
Anfangswindungen, dann stabfürmig, fT11 rri-
lites Laut., Fig. 20 , S. 280 , (mit -j-Helico-
ceras d’Orb. und ■j-Bostryehoceras Hyatt)
schneckenförmig gewunden, fNipponides
Yabe, anfangs links, dann rechts gewunden.
Aus \ Phylloceras ist auch der große Stamm
der basischen |Aegoce ratidae geworden. Ueber
fEuphyllites Wähn. führt im untersten Lias
der Weg zu demzumTeil nur schwach skulptiertcn,
weitgenabelten -J-Psiloceras Hyatt, Fig, 49 ,
ceratinae des Mittellias-Dogger hervorgehen.
Durch Kielbildung wird aus fpsiloceras vielleicht
auf mehreren Wegen im Unterlias die formen¬
reiche Gattung PArietites Waagen, Fig. 50 ,aus
welcher die ± schlank und oxygastrisch werdenden
f-Amaltheidae (fOxynoticeras Hyatt,
fAmaltheus Montf., — Fig, 26 , S. 281 —
letzterer meist mit „Zopflriel“) des Unter- und
Mittellias sich entwickeln.
Aus f Arietites sind die meist flachen, mit
Sichelrippen verzierten und extern gekielten oder
scharf oxygastrischen fllarpocera tid ae (yHar-
poceras Waag., Fig. 51 , mit zahlreichen Unter¬
gattungen, Mittellias bis Untermalm) abzuleiten,
an welche sich im Dogger und Malm die fOppe-
linae anschließen: Formen mit vielfach kräftiger
Sichelskulptur, zum Teil mit marginalen Knoten,
bei denen ein gezähnelter oder auch in Knoten
aufgelöster Kiel auftreten kann; manche der
Formen sind geohrt, produzieren anomale Wohn-
Fijl. 49 . fPsiloceras planorbisSow. sp. Zum
Teil beschälter Steinkern mit Anaptychus (S.
284 ) in der Wohnkammer; oben Lobenlinie
(unterster Lias; Bebenhausen, Württemberg). |
Aus Zittel.
dessen alpine Formen noch vollkommen phydlocera-
ten Lobentyp zeigen. Durch Variation der Loben-
linien,der Skulpturen und Wachs tu ms Verhältnisse
werden aus f Psiioceras einmal die unteriiasischen Fi - 51 . fHarpoceras (Leioceras) opalinum
fSchlotheimia Rayle, die ,,Angiilaten‘ Rein. sp. (Unterdogger; Teufelsloih b. Boll #
normal mit ventraler Rinne, die die winklig Württemberg). Aus Zittel.
aufeinanderzulaufcnden Rippen unterbricht,
dann die meist grob skulptierten, weitgenabelten
fAegoceras Waagen und die fPolymor- kammern (als fOccotraustes Waag., fCreni-
phinae, aus denen die gekielten tHammato- ceras urld |ii orioceras M.-Ch. grundlos von
der neuestens in viele Untergattungen zerlegten
“** fOppelia Waag, abgetrennt). Glatt werdende,
ungekielteFormen mit flachen, parallelen Flanken,
den Oppelien äußerst nahe stehend, nannte
Zittel f Ilaploceras (Malm, Unterkreide). Mit
diesen sind wohl die kretazischen fDesmo-
ccratidae verwandt, in deren fein verästelter
Lobenlinie die regelmäßige Zweiteilung der
Sättel auffällt; in f Pachydiscus der Oberkreide
produzierten sie die größten Riesen unter den.
Ammoniten.
Auf die fAegnceratidae sind die vom.
Mittellias in die Unterkreide zu verfolgenden
t Stephano cera tid ae zurückzufüliren. Kräftige,
meist gespaltene und an der Spaltungsstelle
häufig mit einem Knoten besetzte Rippen ver¬
zieren die Schale, deren Lobenlinien stark zer¬
schlitzt meist einen großen Externsattel und die
. . Hilfselemente oft zu einem Suspensivlobus an-
Fig. 50 . +Arietites bisulratus Brug. sp. geordnet zeigen. Sie beginnen im Mittellias mit
Von vorn und von der Seite (unterer Lias; den meist strickförmig gewundenen, weitnabeligen
l'öte d’or). Aus Zittel. fCoeloceras Hyatt, deren Nachkommen, wie
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1072
Moose (Lebermoose)
entspringen zahlreiche, chlorophyllhaltige, stände im erwachsenen Zustande auf ihrer
gegliederte und verzweigte Zellfäden (chl), 1 Oberseite (Fig. 48) eine größere Zahl von
welche als Assimilatoren fungieren. Die Punkten erkennen, das sind die Oeffnungen
Thalluslappen wachsen mit einer zwei- j der Höhlungen, in welchen die Antheridien
schneidigen Seheitelzelle, durch deren
Längsteilung wird auch die Gabelung der
Sprosse eingeleitet.
Fig. 47. Längsschnitt durch einen jungen
Antheridienstand (hu) von Marchantia. Nach
Sachs, t Thallus, h Haare, b Bauchschuppen,
u Antheridien.
in Form von eiförmigen, kurz gestielten
„ ....... ™ .. Körpern (Fig. 48) sitzen. Die Antheridien
Ma'rchäntia.^ach Sachs“ A^nitdere Partiea. d! Mitte des Receptaculums sind die
Unterseite mit d. Schuppen b u. Rhizoiden h.
B Randpartie des Thallus, stärker vergr. p farb¬
loses, netzartig verdicktes Parenchym, o Epi¬
dermis. chl chlorophyllhaltige Zellen, sp Spalt¬
öffnungen. s Scheidewände zw. d. Luftkammern.
u untere Rindenschicht mit den dunkel gefärbten
Zellwänden.
Die Geschlechtsorgane stehen (Fig. 48
und 50) auf schirmförmigen Trägern,
welche sich auf ziemlich langen Stielen
über dem Thallus erheben. Diese Frucht-
träger (Receptacula, Carpocephala) sind modi¬
fizierte Thalluslappen. Schon auf ganz
jungen Stadien krümmt sich ein solcher auf¬
wärts, etwa so wie das in Fig. 47 angegeben
ist. Man kann an seiner Basis oben noch
die grünen Gewebe, unten die Rhizoiden
erkennen. Und auch späterhin, wenn der
Stiel sich gestreckt hat, kann man an ihm
zwei Rinnen erkennen, welche Rhizoiden
in größerer Zahl einschließen; ein augen¬
fälliges Zeugnis dafür, daß dieser Stiel
nichts anderes ist, als ein eingerollter Zweig
des Laubes.
Der Scheitel des Fruchtträgers ver¬
breitert sich schon sehr früh und entwickelt
die Sexualorgane auf seiner Oberseite (Fig. j
47). Diese Stellung behalten die Antheridien
auf ihren Trägern dauernd bei; sie werden
zunächst oberflächlich angelegt, dann aber
durch die umliegenden Gewebe umwallt.
So lassen denn die gelappten Antheridien -1
Fig. 48. Männl, Pflanze von Marchantia. Nach
K n 1 Thallus mit Brutbcehern und Antheridien-
ständen (a, b, d) in verschiedenem Alter. V
Vegetationspunkte. 2 Stück eines Längsschnittes
durch den Antheridienstand, a—f Höhlungen mit
den Antheridien. 3 Querschnitt durch den Stiel.
4 junges Rcceptakulum. 5 Zapfenrhizoid.
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„ Einbanddecke (Halbfranz) zu Bd. I—X.
„ Lieferung 1 zur Ansicht.
„ Probeheft des Werkes (kostenfrei).
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
9
44. M a v o, W., Some of the observations of the
disorders of the stomach and duodenum with eapecial
reference to ulcers. Boston med. Journ. 6. April 1911.
(Ref. Zentralbl. f. Chir. 1911. S. 1359.)
45. Melchior, Diskussion zu Neudörfer. 1. c.
Teil 1. S. 196.
46. M e u n i e r , Un Symptome clinique de l’ulc^re
duod^no-pylorique. Presse meid. 1912. Nr. 11. (Ref.
Zentralbl. f. Chir. 1912. Nr. 17. S. 594.)
47. * Moore, The diagnosis of duodenal ulcer.
Southern California practioner 1911. Nr. 2. •
48. M o y n i h a n , Some points in the diagnosis and
treatment of chronic duodenal ulcer. Lancet Bd. 1.
S. 9. 1912.
49. M o y n i h a n , An address on the correlation of
Symptoms and signs in some abdominal diseases. Brit,
med. Journ. Bd. 1. S. 345. 1912
50. M o y n i h a n , Uber das Ulcus duodeni. Wien,
med. Woch. 1912. S. 1039.
51. Murray, R. W., A case of irreducible hernia
and Perforation of the duodenum. Lancet Bd. 1. S. 1349.
1911.
52. N e u d ö r f e r, A., Die Diagnose des chroni¬
schen Duodenalgeschwürs. Verhandlgn. de9 40. Xongr.
der Deutschen Gesellschaft f. Chir. 1911. Teil 2. S. 58.
53. *0 e 11 i n g e r, Symptomatologie de l’ulcöre du
duodenum. Soc. m§d. des Höpitaui 19. Mai 1911.
Semaine m£d. 1911. S. 249.
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of duodenal ulcer with appcndicular disease. Lancet
Bd. 1. S. 97. 1911.
55. Petrin, Gustav, Über Perforation von
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Bd. 72. Heft 2. S. 319. 1911.
56. P i 1 c h e r , J. T., The cause and relief of pain
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60. R o 11 e s t o n , H. D., Left-sided subphrenic
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Journ. Bd. 1. S. 423. 1912.
61. R o w e n , H e n r y S., Some observations on the
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and surg. Journ. 1912. S. 587.
62. Kussel, Diskussion zu Caird (10). 1. c.
63. S c h i a s s i, La gastro-cnt4rostomie de choix,
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Deutsche med. Woch. 1911. S. 692, 731, 784.
65. Shirlaw, J. Thomson, On cases of per¬
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1911. Lancet Bd. 2. S. 1775. 1911.
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Sept. 1911. (Ref. Zentralbl. f. Chir. 1911. S. 1554.)
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68. *Spittel, L., Cases of perforations of the I
stomach and duodenum. Brit. med. Journ. Bd. 1. I
S. 1178. 1912.
69. S t i 1 e 8, Diskussion zu Caird (10). 1. c.
70. T e 1 f o r d, E. D,, and S. B, R a d 1 e y, 0n I
retroperitoneal Perforation of the duodenum. Brit. med. 1
Journ. Bd. 1. S. 1002. 1912.
71. Thornc, R., Antilytic serum in the treat¬
ment of chronic gastric and duodenal ulcer. Brit. med.
Journ. 13. May 1911.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
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72. Umber, Diskussion zu Ewald und Bier. Deut-
i sehe med. Woch. 1912. S. 971.
73. V a u t r i n , L’exclusion du duodenum dans la
| eure du l’ulcöre sous pylorique. Revue de Chir. 1912.
S. 685.
74. Wilms, Umschnürung und Verschluß des
Pylorus durch Faszienstreifen. Deutsche med. Woch.
1 1912. Nr. 3. S. 101.
Während das unkomplizierte chronische Duo¬
denalgeschwür — zumal auf dem Kontinent —
noch bis in das erste Dezennium diesos Jahr¬
hunderts hinein für eine überaus seltene, prak¬
tisch kaum zu diagnostizierende Erkrankung galt,
haben dio Erfahrungen der jüngsten Jahre, be¬
sonders unter dem Einflüsse englischer und
amerikanischer Chirurgen, wie Moynihan und
W. Mayo, einen ganz überraschenden Wandel
in diesor Anschauungsweise herbeigeführt. Früher
fast ein Kuriosum, liegt es heute im Zuge der
Zeit, ein Duodenalgeschwür überaus häufig zu
diagnostizieren — vielleicht gelegentlich auch
dann, wonn de facto keines vorhandon ist; die bis
dahin überaus spärliche Literatur befindet sich
augi?nblicklich in einer wahren nur noch schwer
zu übersehenden Hochflut.
Diesor, man könnte fast sagen etwas über¬
stürzte Entwicklungsgang unserer Kenntnisse des
Ulcus duodeni — denen begreiflicherweise zu¬
meist erst rezentere, noch nicht durchweg als
definitiv aufzufassendo Erfahrungen zugrunde
liegen — macht es nun ohne weiteres verständ¬
lich, daß fast alle hiermit verknüpften Fragen,
wie dio nach der Häufigkeit dieser Erkrankung,
der Symtomatologie, dem Effekt der einzel¬
nen Heilfaktoron usw., sich noch in regem
Flusse befinden und daß schon wenige Jahre
hier manches ändern konnten. Wenn ich zur
Übersicht über diese neueren Erfahrungen mich
im folgenden auf die nach dem Jahre 1910
erschienenen Publikationen beschränken werde,
so geschieht dies deshalb, weil bis zu diesem
Zeitpunkte die ausgezeichnete Monographie von
Moynihan — Duodenal ulcer (Philadelphia u.
London 1910) — reicht; den gleichen Termin be¬
zeichnet eine von mir im Anfänge des Jahres 1911
in den „Ergebnissen der Chirurgie“ von Payr
und K ü 11 n e r erschienene Darstellung.
Zum besseren Verständnis des folgenden Re¬
ferates wird es sich nun empfehlen, einige der bis
dahin geltenden Tatsachen über das chronische
Duodenalgeschwür kurz zu resümieren; bezüg¬
lich aller Detailfragen muß jedoch auf die oben
genannten spezielleren Darstellungen verwiesen
werden.
Das chronische Duodenalgeschwür ist dem typischen
Ulcus ventriculi in soweit an die Seite zu steifen, als
es wie jenes in letzter Linie jedenfalls durch prptische
Einwirkungen zustande kommt. Hierfür spricht mit
aller Entschiedenheit der Umstand, daß das Ulcus duo¬
deni fast regelmäßig oberhalb der Neutralisationszone
des sauren Magensaftes, also diesseits der Papilla duo¬
deni gelegen ist, und zwar zumeist dicht unterhalb des
Pylorus. Stark bevorzugt ist außerdem die vordere
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10
Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
Wand, womit offenbar die auffallende Häufigkeit der
Perforation in die freie Bauchhöhle zusammenhängt.
Als Marke für die Unterscheidung gegenüber den Ge¬
schwüren des Pylorus gilt nach M a y o eine diese
Grenze gut bezeichnende annähernd zirkulär ver¬
laufende Vene (Pyloric vein).
Dem Geschlechte nach werden vorwiegend Männer
befallen. Obwohl das Ulcus duodeni in jedem Lebens- j
alter gelegentlich zur Beobachtung kommt, pflegt das- !
selbe klinisch zumeist gegen Ende des 2. oder während j
des 3. Dezenniums in die Erscheinung zu treten.
Die Symptomatologie ergibt nach Moynihan ]
einen überaus typischen Komplex, der die Diagnose fast
ausnahmslos gestattet. Derselbe setzt sich im wesent¬
lichen aus folgenden Faktoren zusammen:
1. Epigastrischer Schmerz, der spät — ca. I 1 /, bis
3 Stunden — nach der Nahrungsaufnahme cinsetzt. |
Derselbe zeigt dabei die Eigentümlichkeit, daß er unter j
dem Einflüsse erneuter Nahrungsaufnahme gebessert I
oder gänzlich aufgehoben wird (sog. Hungersehmerx). !
Mitunter treten auch die Schmerzparoxysmen besonders I
nachts in die Erscheinung („Nachtsehmerx“). Die
früher vertretene Auffassung, daß dieser späte Schmerz I
zeitlich mit dem Übertritt des sauren Mageninhaltes in
den Zwölffingerdarm zusammenfällt, hat sich als un- i
haltbar erwiesen, da speziell die neueren Röntgenunter¬
suchungen gelehrt haben, daß dieser Übertritt schon
unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme einsetzt. [Siehe !
weiter unten Hertz (25) und Moynihan (48)].
2. Eine ausgesprochene Periodixität der Beschwer¬
den, die typisch wochen-, monate-, ja mitunter selbat ■
jahrelang zu verschwinden pflegen, um dann wieder für j
längere oder kürzere Zeit — mit einer fast „programln- (
artigen“ Regelmäßigkeit in der Art des Auftretens —
zu rezidivieren.
Die objektiven Symptome sind demgegenüber nur
gering. Erbrechen fehlt meist; der Magensaft ist in i
der Regel hyperazide, der Ernährungszustand bleibt oft
lange Zeit hindurch kaum alteriert. Lokal findet sich
öfters eine Druckschmerzhaftigkeit etwas rechts von der
Mittellinie. Ein wichtiges objektives Symptom bildet
der Nachweis okkulter Blutungen.
Die Prognose gilt im allgemeinen als ernst wegen
der stets drohenden Gefahr des Eintritts vitaler Kom¬
plikationen, speziell von Perforationen und Blutungen. ]
Außerdem tritt bei längerem Bestehen des Leidens I
häufig — zumeist unter dem Bilde der Pylorus- !
stenose — eine narbige Verengerung des Darm- I
lumens ein.
Bezüglich der Therapie finden sich zum Teil schroffe
Gegensätze zwischen den Vertretern der inneren Medizin
und Chirurgie. Ob jedoch überhaupt durch interne Ma߬
nahmen wirklich dauernde Heilungen zu erzielen sind,
erscheint noch fraglich. Gute Erfoge werden dagegen in |
einem überwiegenden Prozentsatz durch operative Maß- I
nahmen, speziell der Gastroenterostomie erzielt. Vor¬
bedingung ist hierzu allerdings, daß bei fehlender orga¬
nischer Stenose künstlich eine Verengerung resp. eine :
totale Ausschaltung des Duodenums herbeigeführt wird,
da 6onst die Gefahr besteht, daß der Speisebrei bald ,
wieder den alten Weg einschlägt und somit die er- j
strebte Ruhigstellung des Geschwüres illusorisch wird. |
Von den neueren Publikationen zum Thema
des Ulcus duodeni bringen die zunächst auf- ;
geführten Mitteilungen von Dietrich (14), !
Simmonds (67), v. Hansemann (22) wert¬
volle Beiträge zur Statistik dieser Erkrankung.
Es ergibt sich hieraus, daß in Deutschland
wenigstens das Duodenalgeschwür hinsichtlich
seiner Frequenz entschieden hinter dem Ulcus
ventriculi zurücksteht. Das dem entgegengesetzte
Verhalten in England und Amerika — M a y o
(14), Moynihan (49) — beruht möglicherweise
auf geographisch bedingten Differenzen. Wenu
indessen K ü m m e 11 (35 a) speziell für die
Stadt Hamburg das Vorkommen des Ulcus duo¬
deni als „nur selton“ bczcichnote, so steht dies
in einem gewissen Gegensatz zu den am glei¬
chen Orte gewonnenen Erfahrungen von Diet¬
rich (14).
Nach Dietrich (14), dessen Mitteilung aus
dem pathologischen Institut von E. Fraenkel
in Hamburg hervorgegangen ist, fanden sich dort
unter 8534 in den Jahren 1908—1911 ausgeführten
Sektionen 35 Geschwüre resp. Narben des Duo¬
denums (= 0,4°/ 0 des Gesamtniaterials) gegenüber
99 entsprechenden Befunden am Magen (= 1,1%
des Gesamtmaterials). 23 gehörten dem männ-
lichon, 12 dem weiblichen Geschlechte an. Im
ersten Lebensjahre wurde ein Ulcus duodeni nur
einmal vorgefunden. Im übrigen ergeben die
initgeteiltcn Zahlen, daß jedes Lebensalter von
dieser Erkrankung betroffen wird und daß eine
Bevorzugung einer bestimmten Altersklasse nicht
vorliegt. Die höheren Quoten des 40.—60. Lebens¬
jahres erklären sich ungezwungen dadurch, daß
dieser Altersstufe generell am meisten Todesfälle
zukommen.
Zumeist tritt das Duodenalgeschwür einzeln auf, nur
lOmal fanden sich multiple Ulzera; 4mal bestand eine
Koinzidenz mit UIcub ventriculi. Narben im Duodenum
wurden nur 2mal beobachtet. Der Sitz des Geschwürs
war in 31 Fällen ein suprapapillärer, meist unmittelbar
hinter dem Pylorus, lmal saß cs unterhalb der Papilla,
lmal ging es vom Pylorus auf das Duodenum über;
11 mal war die Vorderwand, ömal die Rückwand als Sitz
angegeben. Der Tiefe nacli reichte es 9mal bis zur
Muskularis, 8mal bis zur Serosa, lömal trug es einen
penetrierenden Charakter. Cmal wurden Arterien arro-
diert, 4mal mit tödlichem Ausgang. In einem dieser
Fälle stammte die Blutung aus der A. lienalis, sonst
waren die A. pancreatico-duodenalis und A. duodenalis
betroffen. 5mal erfolgte die Perforation in die freie
Bauchhöhle mit tödlicher Peritonitis, in 2 weiteren
Fällen erfolgte der Tod erst im Anschluß an hierdurch
entstandene subphrenische Abszesse.
Die größere Malignität des Ulcus duodeni
gegenüber dem Magengeschwür ergibt sich daboi
daraus, daß unter 35 Fällen dieser Kategorie eine
Perforation ebenso oft eintrat als unter 99 Ulcera
ventriculi, nämlich je 7mal; 4 tödlichen Gefäß-
arrosionen im Bereiche des Duodenum stehen
unter dem gleichen Materiale nur 3 seitens des
Magens gegenüber.
Unter 20 tödlich verlaufenen Verbrennungen fand
sich nur einmal ein Duodenalgeschwür, das aber älteren
Datums war. Ebenso wurde bei 310 pädatrophisehen
zur Sektion gekommenen Kindern durchweg ein Duo¬
denalgeschwür vermißt.
7 Fälle, in denen nach Bauch-, Nieren- oder Becken-
operationen frische Duodenalgeschwüre — zum Teil
durch Blutung tödlich verlaufend — auftraten, werden
im einzelnen mitgeteilt. Während es sich hier offenbar
um eine thrombotisch-cmbolische Entstehung handelt,
konnte für die übrigen Fälle ein befriedigendes ätio¬
logisches Moment durch die pathologisch-anatomische
Untersuchung nicht ermittelt werden.
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
11
Simmonds (67) beobachtete in den letzten Paterson (54) fand unter seinem Material
14 Jahren unter ca. 15000 Sektionen des St. Georger von operierten Duodenalgeschwüren in 66°/ 0
Institutes in Hamburg 56mal Ulcera duodeni, gleichzeitige Veränderungen des Wurmfortsatzes,
außerdem 7mal Narben, so daß im ganzen bei Die Gründe dieses Zusammentreffens sind nicht
ca. 0,4°/ o aller Sektionen Geschwüre, bez. deren klar ersichtlich; möglicherweise handelt es sich
Residuen sich im Duodenum vorfanden. DicMagen- hierbei um eine Geschwürsentstehung infolge
geschwüre betrugen an dem gleichen Material einer Resorption von toxischen, in der Appendix
etwa das lOfache, außerdem fanden sich hier weit ; gebildeten Produkten.
häufiger Vernarbungen, so daß der Schluß zu I Nach Laue (38) dagegen, der im übrigen
ziehen ist, daß das Duodenalgeschwür eine weit ebenfalls auf diese Koinzidenz hingewiesen hat,
geringere Tendenz zur Heilung besitzt als das bildet das vermittelnde Glied eine auf dem Boden
Ulcus ventriculi. Die schlechtere Prognose dos I der Appendizitis entstandene chronische Stase im
ersteren orgibt sich außerdem daraus, daß es in J Darmkanal.
40°/« die Todesursache bildete, während die I R ö s s 1 e (59) sieht als ursächliches Moment
Magengeschwüre in der großen Mehrzahl nur der beim Menschen vorkommenden Magen- und
einen zufälligen Nebenbefund darstellten. Die an- Duodenalgeschwüre einen kontinuierlichen Va^us-
gebliche Häufigkeit des Duodenalgeschwürs bei reiz an. Dieser Vorgang führt unter Eintritt eines
atrophischen Säuglingen (H e 1 m h o 11 z) konnte Krampfes der Muscularis mucosae zu einem an-
nicht bestätigt werden. Unter 130 tötlich ver- ämischen oder hämorrhagischen Infarkt der
laufenden Verbrennungen fanden sich 2mal bei Magenschleimhaut, die weitere Umwandlung die-
Kindern gereinigte Duodenalgeschwüre; in einem ser Veränderungen in Geschwüre erfolgt unter
dieser Fälle bestand möglichweise ein kausalor dem Einflüsse einer durch die Vagusreizung
Zusammenhang. ausgelöston Hypersekrotion, während durch den
v. Hansemann (22) fand unter 6220 Sek- | ebenfalls hieraus resultierenden Pylorospasmus
tionen 46 Geschwüre des Magens und 21 des , eine Retention des Mageninhalts eintritt. Das
Duodenum. Von letzteren wurden 4 bei Kindern Zustandekommen der primären Vagusreizung
im Alter von 2 Tagen bis zu 4 Jahren beobachtet, j selbst bleibt hierbei freilich unerklärt.
Die Abgrenzung des Pylorus mittels der von i In einem als Duodenalgeschwür angesproche-
Mayo angegebenen Venen hält v. H. für ganz nen Falle mit hartnäckigen Blutungen wurde
ungeeignet, da diese durchaus variabel sind. Im | von Fürbringer (20) mit Rücksicht auf
Gegensatz zu den häufigen Vernarbungen beim j vorausgegangene Syphilis eine Hg- und JK-Kur
Magengeschwür ließen sich derartige Repara- I eingoleitet, worauf die Blutungen sistierten und
tionsprozesso im Bereiche des Duodenum nie- auch die übrigen Beschwerden fast restlos
mals nachweisen. Die Heilungstendenz dieser schwanden. Es handelte sich hier also mög-
Geschwüro ist also eine sehr wenig ausge- licherweise um ein luetisches Duodenalgeschwür,
sprochene. Die Neigung zur krebsigen Degene- Für die gelegentliche Bedeutung des heredi-
ration ist überaus gering; v. H. hat über- tären Moments spricht die von De war (13a) ge-
haupt erst 2mal echte Duodenalkarzinome ge- machte Mitteilung, daß er das Auftreten des Duo¬
funden, von denen das eine vielleicht sich auf denalgeschwürs in einer Familie durch 3 Gene-
der Basis eines Ulcus entwickelt hatte. Der ge- rationen hindurch verfolgen konnte. Vielleicht
legentlich behauptete Zusammenhang zwischen handelt es sich jedoch zum Teil hierbei auch um
Verbrennung und Duodenalgeschwür sei als Ulcera ventriculi.
„Sage" zurückzuweisen.
Nach Plehn (57) fanden sich unter 9712 in Unter den klinischen Publikationen über das
den lotzten 10 Jahren im Urban-Krankenhaus in chronische Duodenalgeschwür macht sich neuer-
Berlin ausgeführten Sektionen 32 Duodenalulzera, dings ein gowisses Bedenken gegenüber der dia-
also etwa je eines auf 300 Sektionen. gnostischen Unfehlbarkeit des eingangs kurz dar-
gestellton, im wesentlichen auf Moynihan zu-
Die Frage nach der Ätiologie des chronischen rückgehendon Symptomonkomploxes bemerkbar,
Duodenalgeschwürs harrt noch ebenso der Klä- so in den Mitteilungen von C a i r d (10), R o w e n
rung wie die des Ulcus ventriculi — vgl. Di et- (61), Bier (6), Kehr (80), Kümmell (35),
rieh (14). j während Moynihan (48) selbst und v. Eiseis-
Gegenüber den neuerdings von Moynihan borg (15) noch daran festhalten, daß zumeist
(48) gemachten Angaben, daß dieser Erkrankung i schon auf Grund der Anamnese eine sichere
kausal möglicherweise eine primäre Appendizitis Diagnose möglich ist. Speziell gegen die angeb¬
zugrunde liegt — ähnlich auch Paterson (54) liehe Spezifizität des „Hungerschmerzes“ richten
und Lano (38) —, dürfte wohl eine gewisse sich die Auslassungen von Kehr (30), Hau-
Skepsis am Platze sein, zumal wenn man bedenkt, d e k (23), A1 b u (2). Kümmell (35) hält
wozu nicht alles die chronische Appendizitis be- sogar eine prinzipielle Unterscheidung zwischen
reits hat herhalten müssen. Ulzerationen des Pylorus und des oberen Duode-
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12
Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
num für willkürlich, während Bier (16) im
Gegenteil Veranlassung nimmt, erneut auf die
Notwendigkeit einer strikten Differenzierung hin¬
zuweisen. Bezüglich der objektiven Symptome
erscheint bemerkenswert, daß die freie Salzsäure
des Magens mitunter nicht nur nicht vermehrt,
sondern sogar herabgesetzt angetroffen wird, ja
gelegentlich völlig fehlen kann — Ewald (18),
Blad (8). Nach Moynihan (48) beruht
dieses Verhalten vielleicht auf einem zeitlichen
Wechsel in ein und demselben Falle.
Als ein wichtiges objektives Symptom be¬
zeichnet A1 b u (2) eine intermittierende moto¬
rische Insuffizienz.
Ein weiteres bisher noch nicht beschriebenes Sym¬
ptom des hochsitzenden Duodenalgeschwürs besteht
nach Mennier (46) darin, daß nach Einführung von
*/» Liter Milch in den Magen die Schmerzen noch eine
Zeitlang fortbestehen, um dann plötzlich zu verschwin¬
den, wobei — wie das Röntgenbild lehrt — der vorher
spastisch kontrahierte Sphincter pylori nachgibt und der
Mageninhalt in das Duodenum Übertritt.
Gegen die Zuverlässigkeit der eingangs be¬
sprochenen Bedeutung der „Pyloric vein“, dio
nach Moynihan (50) eine Abgrenzung des
Pylorus mit einer Sicherheit von 05°/ 0 gestattot,
hat sieh v. Hansemann (20) gewandt.
Im übrigon kann selbst auf dem Operations¬
tische — einer früheren Mitteilung von W i 1 m s
zufolge — die Erkennung eines Duodenalgeschwürs
Schwierigkeiten begegnen, zumal wenn das Ulcus
der hinteren Wand angehört — Caird (10),
Körte (33), flaudek (23).
Wir lassen dieser summarischen Übersicht ‘
der hauptsächlichsten Punkte die detailliertere
Wiedergabe der hierhergehörigen Publikationen
im einzelnen folgen:
Moynihan (48) verficht in einer neuer¬
lichen Mitteilung den schon früher von ihm ver¬
tretenen Standpunkt, daß fast stets die Diagnose
des chronischen Duodenalgeschwürs allein auf
Grund der anamnestischen Erhebungen gestellt
werden kann.
Die Untersuchung des Magensaftes ergibt dem¬
gegenüber keine einheitlichen Befunde; unter
seinem eigenen Material fand sich eine Hyper¬
azidität in ca. 40°/ o der Fälle, in weiteren 40°/„
entsprach der Salzsäuregehalt der Norm, während
in 20°/o sogar subnormale Werte gefunden wur¬
den. Die Unstimmigkeiten, die über diese Fragen
des Chemismus bestehen, finden jedoch vielleicht
eine Erklärung darin, daß bei der Produktion der
Magensäure überhaupt Momente mitspielen, die
nach den verschiedenen geographischen Terri¬
torien variieren (vgl. Verhandl. des Deutschen
Kongresses für innere Med., Wiesbaden 1909).
Außerdem ist vielleicht der Säuregehalt in den
einzelnen Stadien der Geschwürsbildung selbst
ein verschiedener in dem Sinne, daß während der
floriden Attacke wahrscheinlich zumeist eine
Ilyperchlorhydrie besteht, während in den be-
schwordefreien Intervalion oder bei Ausbildung
einer Stenose der Salzsäuretiter auf normale oder
sogar subnormale Werte herabsinken kann.
Da sich überdies eine Steigerung der freien
HCl häufig auch bei Appendizitis, bei Cholelithiasis
usw. findet — worauf vielleicht gewisse klinische
Ähnlichkeiten in einzelnen Fällen zurückzuführen
sind —. sollte nach Moynihan der Ausdruck
„Hyporchlorhydrie“ als Bezeichnung eines kli¬
nischen Krankheitsbegriffes am besten aufgegeben
werden.
Während der letzten 2 Jahre hat Moynihan
bei fast allen Fällen von Duodenalgeschwür die
Röntgenuntersuchung nach Wismutdarreichung
zur Diagnostik mit herangezogen (Rowden).
Man findet hierbei in der Regel — soweit keine
Stenosen bestehen — eine hochgradig erhöhte
motorische Aktion des Magens. Die Entleerung
nach dem Duodenum zu tritt sofort ein und er¬
folgt in abnorm kurzer Zeit; wenn der Ge¬
schwürsschmerz eintritt, ist der Magen bereits
fast wieder entleert und das Wismut in den
Dünndarm übergetreten. In einigen Fällen konnte
aus dem abnorm langen Verweilen des Wismut¬
breies im Duodonuni die Existenz einer taschen-
artigen, durch das Geschwür verursachten Aus¬
buchtung vorher diagnostiziert werden.
Die Stuhluntersuchung auf Blut gab in 20 suk¬
zessiven Fällen von operativ verifiziertem Duo¬
denalgeschwür nur lOmal einen positiven Befund;
doch glaubt Moynihan, daß man bei Gegen¬
wart von aktiven Geschwüren bei täglich vor¬
genommener Untersuchung wohl konstant Blut
finden würde, wie das C. Moore tatsächlich
angegeben hat.
Die Methode der Wahl in der chirurgischen
Therapie bildet die Gastroenterostomie, die in
361 Fällen zur Ausführung gelangte. In 12 Fällen
von solitärem Geschwür wurde die Exzision mit
gutem Erfolge vorgenommon. Die gesamte ope¬
rative Mortalität betrug ca. l,3°/ 0 ; die Dauererfolge
werden als fast durchweg befriedigend bezeich¬
net. Wegon der Details wird auf die erscheinende
2. Auflage der Moynihan sehen Monographie
verwiesen. Neben der Gastroenterostomie emp¬
fiehlt es sich, das Ulcus selbst überdies durch
Einfaltung zu übernähen, als zweite Schicht
kommen hierüber Nähte, die das große und kleine
Netz über dio erste Nahtreihe raffen.
Eine gleichzeitige Erkrankung des Wurmfort¬
satzes — vgl. oben — findet sich in einem über¬
raschend hohen Prozentsatz. Moynihan ent¬
fernt ihn in ca. a / t0 aller Fälle, in 80°/ o zeigt die
resezierte Appendix hierbei pathologische Ver¬
änderungen; nach seiner Ansicht entsteht in
vielen Fällen das Duodenalgeschwür im Gefolge
einer infektiösen Appendizitis. Möglicherweise
gehen sogar manche im Gefolge der Anastomose
entstehende Jejunalgeschwüre auf die gleiche
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
Quelle zurück (7 Ref.); die Appendix ist daher
in solchen Fällen unbedingt zu entfernen. Der
sogen. Lanesche Klinik besitzt dagegen nur
eine untergeordnete ätiologische Bedeutung für
die Genese des Ulcus duodeni.
Nach einer weiteren Mitteilung von Moy-
n i h a n (49) ist das tatsächliche numerische Ver¬
hältnis vom Magengeschwür zum Ulcus duodeni
hinsichtlich der Häufigkeit ihres Vorkommens
wahrscheinlich wie 1:5. In seltenen Fällen kann
auch das präpylorisch gelegene Ulcus ventriculi
die Erscheinungen eines Duodenalgeschwürs her-
vorrufen; außer der Röntgenuntersuchung (Hyper¬
tonie beim Ulcus duodeni!) ist in diesen Fällen
besonders die Bestimmung der Azidität von
differentialdiagnostischer Wichtigkeit, indem eine
Hyperchlorhydrie für ein Ulcus duodeni, eine Hyp-
azidität dagegen für Ulcus ventriculi (7? — Ref.)
spricht.
Die Gesamtzahl der bis zum April 1912 von
Moynihan (50) operierten Fälle wird auf 389
angegeben. Die klinischen Fehldiagnosen sollen
sich hierbei nur auf 8% belaufen.
Nach v. Eiseisberg (15) ist die Diagnose
des Ulcus duodeni schon meist auf Grund der
Anamnese zu stellen, auch wenn objektiv nur
wenig nachweisbar ist. Die anatomische Unter¬
scheidung gegenüber dem Magengeschwür vermit¬
tels der von Mayo näher bezeichneten Vene ist
praktisch exakt durchführbar. „Die Therapie ist
immer eine chirurgische, sobald die Diagnose nur
zu stellen ist.“ Bei fehlender Stenose kann die
Gastroenterostomie versagen; v. E. sah in einem
auf diese Art wegen Blutung operierten Falle, daß
die Melaena rezidivierte. Vor derartigen Mi߬
erfolgen schützt man sich indessen, wenn man die
von v. E. angegebene Pylorusausschaltung mit
querer Durchtrennung ausführt. Operiert wurde
in 30 Fällen, 9mal mit unilateraler Pylorusaus¬
schaltung, lmal mit Resektion, die übrigen mittels
Anlegung einer Gastroenterostomie. 1 Patient der
ersteren Kategorie starb 3 Monate nach aus-
goführter Operation.
B i s h o p (7) hat eine Liste seiner in den
letzten 6 Jahren wegen „gastro-duodenal lesions“
— eine spezielle Differenzierung wird leider, wie
so oft in der anglo-amerikanischen Literatur, nicht
gemacht — unternommenen Laparotomien zu¬
sammengestellt Omal handelte es sich hierbei
um Geschwürsperforationen mit einer Mortalität
von 2. In 10 von 124 Fällen ergab die Inspek¬
tion der Abdominalorgane, daß die vermuteten
Läsionen fehlten resp. es fanden sich in 7 der¬
selben periduodenale Adhäsionen, aber sonst
keine nachweisbaren Veränderungen am Intesti¬
num selbst In etwa 90°/ 0 dagegen erwies sich
die auf Ulcus duodeni resp. ventriculi gestellte
Diagnose als zutreffend.
Nach K ü m m e 11 (35) ist eine prinzipielle
Unterscheidung zwischen Geschwüren des Pylo-
rus und des oberen Duodenums zumeist eine
willkürliche, in der Regel handelt es sich hierboi
nach seinen Erfahrungen um eine typische Er¬
krankung am Pylorus, die etwas auf das Duo¬
denum übergreift. In den meisten Fällen, in
denen K. auf Grund des als charakteristisch ge¬
schilderten Symptomenkomplexes ein Ulcus duo¬
deni vermutet hatte, fand sich ein Pylorus-
geschwür; umgekehrt mitunter unter der Sym¬
ptomatologie des Magengeschwürs ein Ulcus
duodeni. Die Differentialdiagnose ist daher un¬
gemein schwierig und häufig nur vermutungs¬
weise zu stellen.
Auch Caird (10) bezweifelt, ob es wirklich
jedesmal auf Grund der von Moynihan auf¬
gestellten Symptomatologie mit Sicherheit gelingt,
vor der Operation zu bestimmen, ob ein Ulcus
unmittelbar diesseits oder jenseits des Pylorus
gelegen ist. C. hat Fälle beobachtet, in denen
| trotz der anscheinend typischen Erscheinungen
das vermutete Duodenalgeschwür sich nicht nach-
weisen ließ, während es in anderen Fällen ge¬
funden wurde, ohne daß klinisch irgend ein
Symptom auf dessen Anwesenheit hingewiesen
hätte. In frischen Fällen ist auch eine interne
Therapie aussichtsvoll, obwohl dieselbe durchaus
nicht gegen Rezidive schützt; das gleiche kann
indessen — wenn auch viel seltener — selbst
nach anfangs erfolgreich ausgeführter Operation
Vorkommen. Im übrigen kann noch auf dem
Operationstisch die Konstatierung eines Ulcus
auf Schwierigkeiten stoßen; so sind Fälle be¬
obachtet worden, in denen bei der Operation
nichts' gefunden wurde, während die Sektion
später einen positiven Nachweis des bestehenden
Geschwürs erbrachte. Persönlich hatC. in jedem
seiner Fälle mittels Gastro-jejunostomie einen
vollen Erfolg erzielt. Allerdings war die Operation
in einem Falle unmittelbar von einer schweren,
aber spontan sistierenden Blutung gefolgt.
R o w e n (61) weist seinerseits in einem lesens¬
werten, knappen Aufsatz darauf hin, daß die Dia¬
gnose des chronischen Duodenalgeschwürs sich
nicht immer so einfach gestaltet, wie es Mayo,
Moynihan u. a angegeben haben. Für den
Spezialisten auf diesem Gebiete, der die Fälle
meist erst zu sehen bekommt, wenn auf Grund
der langen Krankengeschichte und kurativen Mi߬
erfolge sich manche andere Affektionen bereits
a priori ausschließen lassen, mag die Diagnose
leichter sein, als für den Praktiker, der die Fällo
frisch und ohne längere Antezedentien zur Be¬
handlung bekommt.
Unter den praktischen Beispielen, mit denen R.
seine Ausführungen erläutert, mögen zwei Fälle von
Magenkarzinom hier genannt werden, welche beide ihrer
klinischen Symptomatologie zufolge zuerst an ein Duo¬
denalgeschwür denken lassen mußten und auch unter
dieser Diagnose laparotomiert wurden. In einem dritten
Falle dieser Art handelte es sich um eine adhäsive
Perityphlitis. In einer weiteren Beobachtung waren die
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
vorhandenen gastrischen Beschwerden auf eine — auch
tatsächlich bestehende — chronische Appendizitis be¬
zogen worden; erst bei der notwendig gewordenen
Relaparotomie wurde das zugrunde liegende Duodenal¬
geschwür entdeckt und die Beschwerden durch Anlegung
einer Gastroenterostomie beseitigt. Es weist diese Be¬
obachtung auf die Notwendigkeit hin, bei Laparotomien
in solchen Fällen stets die gesamte Bauchhöhle zu
irspizieren.
Körte (33) hat 25 subpylorische Duodenal¬
geschwüre (23 2 :) operiert. 18mal wurde die
Diagnose vorher gestellt, 6mal Cholezystitis, lmal
Pylorusstenose angenommen. Unter den Sym¬
ptomen ist der spät auftretonde, periodenweise
rezidivierende Schmerz am markantesten. Von
der Röntgenuntersuchung hat K. nicht viel Gutes
gesehen. Stets wurde die hintere Gastro¬
enterostomie mit Verengerung des Pylorus aus¬
geführt. In 10 Fällen wurde der Sitz des Ge¬
schwürs am Pankreas erst durch digitalo Ab¬
tastung festgcstellt. 2 Patienten starben (1 an
Myokarditis, 1 an Geschwürsperforation). Bei
8 Patienten schwankte die Dauer der bestehen¬
den Heilung zwischen 2 und 11 Jahren, 9 sind
noch unter einem Jahr. Bei 4 Patienten blie¬
ben die Beschwerden resp. sie rezidivierten
nach einiger Zeit. 3mal traton wieder Blu¬
tungen ein, woran 2 Patienton 4 Jahre und
6 Monate p. op. zugrunde gingen; im letzteren
Falle lag möglicherweise Karzinom vor; in einem
dritten Falle wurde wegen einer nach 2 Jahren
auftretenden Blutung nachträglich die Pylorus-
ausschaltung gemacht. K. erinnert daran, daß ja
bei derartigen Operationen das Geschwür über¬
haupt nur indirekt beeinflußt wird. Zur Be¬
urteilung der Dauererfolge ist jedenfalls aber —
auf Grund der obigen Erfahrungen — eine
längere Beobachtung p. op. notwendig. Die
Diagnose ist in lange bcstehendon Fällen nicht
schwierig, dagegen ist man in frischeren Fällen
hei rein subjektiven diagnostischen Momenten
leicht Irrtümern ausgosetzt.
Bier (6) hat in den letzten A 1 /, Jahren in
Berlin 23 Fälle von Duodenalgeschwür operiert.
Im Vergleich mit dem weit größeren Material
englischer und amerikanischer Chirurgen sprechen
diese Zahlen dafür, daß die Erkrankung in
Deutschland wahrscheinlich seltener vorkommt.
Allerdings hat B. im Gegensatz zu M a y o u. a.
solche Geschwüro nicht mehr zu den Ulcera duo-
deni gerechnet, in denen der Pylorusring selbst
in Mitleidenschaft gezogen worden war; immerhin
erkennt er die bei den Amorikanorn übliche Ein¬
teilung als die richtigere an, zumal diese sekun¬
dären Pylorusgeschwüre vielfach ganz andere
Symptome hervorrufen als die autochtonen
Magengeschwüre. B. hat sodann die Erfahrung
gemacht, daß zwar einerseits selbst von Spezia¬
listen mitunter typisch verlaufende Duodenal¬
geschwüre unter der Annahme von Magensaft¬
fluß, Hyperazidität, Neurasthenie usw. verkannt
werden; andererseits sind aber nicht selten die
Symptome keineswegs eindeutig. So fand sich
der „Hungerschmerz“ unter den 23 Fällen nur
13maL
In derartigen Fällen kann die Differential-
diagnose gegenüber dem Ulcus ventriculi ge¬
legentlich sich darauf gründen, daß der Druck¬
schmerz beim Duodenalgeschwür in der Regel
rechts von der Mittellinie lokalisiert ist, hin und
wieder bei gleichzeitiger vermehrter Spannung
des rechten Rectus ahdoininis. Gelegentlich
kann allerdings auch diese Unterscheidung ver-
! sagen.
Aus der Röntgenuntersuchung, die in 10 Fällen
vorgenommon wurde, ergab sich, „daß diese
zwar für die Diagnose wertvoll ist, sie aber lange
nicht in dem Maßo fördert wio bei den Magen¬
krankheiten“. Es liegt dies daran, daß das Duo¬
denum tief von anderen rüntgcnographisch in
die Erscheinung tretenden Hohlorganen (Kolon,
Dünndarm, gefüllter Magen) bedeckt liegt; so-
| dann füllt sich das Duodenum normalerweise
nur in seinem oberen, als Bulbus bezeichneten
Abschnitte. Als konstantester Befund beim Ul-
! cus duodeni erscheint der, daß niemals ein radio¬
logisch normaler Magen gefunden wurde, zu¬
meist handelte es sich um Pt ose; die Ektasie war
dagegen auch bei Duodcnalstenoscn meist auf¬
fallend gering; mehrfach fand sich eine Ver¬
ziehung nach rechts, fast stets zeigte sich die
Peristaltik vermehrt und hoch einsetzend.
i
Im übrigen ist mitunter das Ergebnis der
I Röntgendurchleuchtung nur nach der negativen
| Seite hin verwertbar, indom es die Anwesenheit
von Magengeschwüren mit einiger Sicherheit aus¬
zuschließen gestattet. Als objektive Befunde für
! das Vorhandensein eines Ulcus duodeni sind nach
B. anzusehen: 1. zapfenförmige Ausgüsse der
Duodenalstenose bei normaler Magenkontur, 2. der
konstante Ausguß des Bulbus duodeni vor dem
Geschwür, 3. das durch die bekannte Gasblase
charakterisierte genetrierende Geschwür, 4. die
: Rechtsverziehung des Magens. Außerdem kann
! gelegentlich die richtigo Lokalisation durch
■ Prüfung der Druckschmerzhaftigkeit vor dem
| Röntgenschirm selbst erleichtert werden.
Trotzdem ist man vor Fehldiagnosen keines¬
wegs immer geschützt; bestimmt wurde die
i Diagnose nur in 13 der 23 Fälle vor der Opera-
I tion gestellt.
Auffallend häufig fanden sich Komplikationen,
lömal Mcläna, bez. Hämateraesis, 9mal Stenosen,
i bei 10 Patienten hochgradige Abmagerung. In
| einem Falle war das Ulcus zweifellos in Karzi-
I nom übergogangen. Außerdem gelangte ein Fall
j von Karzinom des unteren Duodenum sowie ein
[ Sarkom des Duodenum zur Beobachtung.
Bezüglich der Indikation zur operativen Be-
1 handlung ist ein abschließendes Urteil noch nicht
möglich, jedenfalls ist aber die chirurgische
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15
Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
Therapie in der Regel von Erfolg begleitet und
nur mit geringer Gefahr verbunden.
Wenn auch die typische Pylorusausschaltung
nach v. Eiseisberg am sichersten die Ver¬
bindung zwischen Magen und Duodenum aufhebt,
so kommt man doch meist auch mit einfacheren
Methoden zum Ziel. Demgemäß hat Bier in
22 Fällen die hintere Gastroenterostomie aus¬
geführt und gleichzeitig den Pylorus — zumeist
nach vorausgegangener Quetschung mit dem
Doyen sehen Ekraseur — mit einem Faden ab¬
gebunden. Wenn auf diese Weise auch kein
absoluter Verschluß geschaffen wird, tritt doch
eine genügende Stenose ein (Röntgenkontrolle), so
daß nur noch unbedeutende Speisomengen den
alten Wog passieren. Die Exzision der Geschwüre
schützt nicht vor Rezidiven. Ein Patient starb
an postoporativer Pneumonie. In der Regel ver¬
schwanden die Beschwerden prompt nach der
Operation. Für Dauerresultate ist die verflossene
Zeit noch zu kurz.
Kehr (30) hat in den Jahren 1904 bis An¬
fang 1912 29 Duodenalgeschwüre operiert, in 2G
weiteren Fällen handelte es sich um Adhäsions¬
bildungen zwischen Duodenum und Gallenblase
( Periduodenitis ), wobei nicht immer zu entschei¬
den ist, ob das ursprünglich erkrankte Organ die
Vesica fellea oder das Duodenum darstellt. Nach
K. ist die Differentialdiagnose in diesen Fällen
oft recht schwierig, da auch im Gefolge der
Cholelithiasis okkulte Blutungen auftreten können,
wenn der entzündliche Prozeß auf dem Wege der
Perforation die Wand des Zwölffingerdarms resp.
des Kolons ergriffen hat. Ebenso wird der
Hungerschmerz auch bei Cholezystitis und Peri-
cholecystitis adhaesiva häufig in der Anamnese
erwähnt.
— K. knüpft hieran einen interessanten Versuch,
das Auftreten des Hungerschmerzes beim Ulcus
duodeni selbst zu erklären. Nach seinen Beobach¬
tungen an Fistelpatienten sammelt sich nämlich
die Galle in der Gallenblase stets nur dann an,
wenn Magen und Duodenum leer ist — der
Mensch sich also im Hungerzustande befindet —,
während unter dem Einflüsse der Nahrungsauf¬
nahme, reflektorisch von der Papilla Vateri aus¬
gelöst, sich die Galle sofort in das Duodenum
entleert. Mit Rücksicht darauf, daß nun auch
beim Ulcus duodeni sehr häufig nach der Gallen¬
blase hinziehende Verwachsungen gefunden wer¬
den, glaubt K., daß der Hungerschmerz in diesen
Fällen auf einer Abknickung der gestauten Gallen¬
blase beruht. —
Andererseits hat K. eine Anzahl von Duodenal¬
geschwüren operiert, bei denen auch die noch
nachträglich ad hoc revidierte Anamnese gerade
die „allertypischsten Symptome“, wie Blutungen,
Periodizität der Anfälle, Hungerschmerz usw. ver¬
missen ließ. Eine richtige Diagnose konnte daher
vor der Operation nur in etwa »/» der Fälle ge¬
stellt werden, die übrigen waren ursprünglich zu¬
meist als Cholezystitis angesprochen worden.
Eine chirurgisch interessante artifizielle Genese
des Duodenalgeschwürs hat K. in ca. 10 Fällen
nach schwieriger Choledochomie beobachten kön¬
nen. Diese Ulzera können entstehen, wenn man
die Serosa vom Duodenum zu weit ablöst und
hierauf ausgiebig tamponiert. Manchmal sind sie
auch auf septisch-hämorrhagische Infarkte zurück¬
zuführen.
Von der Perforation abgesehen, ist für K. die
chirurgische Behandlung des Duodenalgeschwürs
indiziert bei Stenosen, bei rezidivieronden Blu¬
tungen, sowie bei dauernden Beschwerden. Ein
prinzipielles Operieren beim Ulcus duodeni nur
wogen der Möglichkeit einer später eventuell ein¬
tretenden Blutung oder Perforation lehnt K. da¬
gegen als zu weitgehend ab, speziell mit Rück¬
sicht auf die noch immer mit der operativen Be¬
handlung dieses Leidens verknüpfte Mortalität.
Technisch empfiehlt K. besonders dio Gastro-
, enterostnmie verbunden mit der Pylorusausschal¬
tung nach v. Eiseisberg. Ulzera an der
Papille, die Ikterus hervorrufen können, sollen
dagegen, da immer Verdacht auf eine krebsige
' Entartung besteht, möglichst radikal, d. h. in der
Regel durch Exzision ontfernt werden. Die Re-
I Sektion von parapylorischen Duodenalgeschwüren
wurdo 4mal ohne Todesfall ausgeführt. Bei
. Adhäsionen mit der Gallenblase soll die letztere,
| t
auch wenn sie sonst gesund erscheint, prinzipiell
mit entfernt werden, da die einfache Lösung der
Verwachsungen hierbei gewöhnlich nicht zum
Ziele führt.
Ewald (18) hat das früher von Mendel
angegebene Symptom einer umschriebenen Hyper¬
sensibilität am rechten Rippenbogen nicht be¬
stätigen können. Wichtig ist dagegen die bekannte
Periodizität der Beschwerden. Der Hungerschmerz
ist nicht pathognomonisch, da er sich auch bei
Ilyperchlorhydrio und Neurosen findet. Unter
12 Fällen fand sich 7mal eine Hyperchlorhydric,
je lmal normale und subnormale Werte. Meläna
bei fehlendem Blut im Magen ist eines der besten
diagnostischen Kennzeichen. Die von B r i n t o n
empfohlene Cammidgesche Reaktion ist un¬
zuverlässig:
In 6 Fällen war dieselbe 2mal negativ, 3mal
positiv, lmal wechselnd. Andererseits war die¬
selbe auch bei 12 Fällen von Ulcus ventriculi
3mal positiv.
Eine sichere Diagnose zumal gegen Ulcus ven¬
triculi und Cholelithiasis ist nicht immer möglich,
eventuell kommt eine diagnostische Laparotomie
in Betracht.
Bei interner Behandlung wurden von 12 Fällen
4 geheilt, 8 gebessert Allerdings ist die Be¬
urteilung jeder internen Therapie erschwert, weil
die Diagnose öfter unsicher bleibt und der kura¬
tive Erfolg sich im wesentlichen nur auf die sub-
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16
M e ] c h i o r, Das chronische Duodenalgeschwür.
jektiven Angaben der Patienten stützt. In ver¬
alteten Fällen sowie bei Komplikationen (Stenose,
chronischen Blutungen, Pylorospasmus) rät E. zur
Operation.
A1 b u (2) stellt seinen Ausführungen über
das Ulcus duodeni die eigentümliche — die großen
Fortschritte, welche die moderne Chirurgie gerade
in der Diagnostik mannigfacher abdomineller Er- j
krankungen gebracht hat, völlig verkennende — i
Behauptung voran: „Bei den Chirurgen ist es viel- ,
fach üblich geworden, die exakte Diagnose erst j
nach Eröffnung der Bauchhöhle zu stellen“; i
demgegenüber habe natürlich der innere Kü- j
niker und praktische Arzt einen schwereren Stand, j
da von diesen eine Diagnose vor der Operation |
verlangt wird, und bei denen diese Forde- j
rung stets als Grundlage für die Therapie gilt (!). !
Im einzelnen weist A. darauf hin, daß dio !
Symptomatologie des Duodenalgeschwürs keines- ;
wegs immer eine einheitliche und konstante ist
Eine der typischsten Erscheinungen bildot die
eigentümliche Periodizität der Beschwerden, darin
liegt aber gleichzeitig begründet, daß dieses Phä¬
nomen nicht zur Frühdiagnose zu verwerten ist,
da es naturgemäß erst nach längerem Bestehen
der Erkrankung der Erkenntnis zugänglich wird.
Die späten Schmerzen nach der Nahrungs¬
aufnahme, sowie der „Hungerschmerz" kommen
auch bei der idiopathischen Hyperchlorhydrie
— obschon nicht in so intensiver Weise — zur
Beobachtung.
Als eines der wichtigsten objektiven Sym¬
ptome, das A. sogar als pathognomonisch be¬
zeichnet ist eine intermittierende motorische In- !
suffizienz stärkeren Grades anzusehon. Dieselbe
ist durch Pylorospasmus zu erklären, ihr Auf¬
treten korrespondiert mit den Perioden der
Schmerzattacken.
Difforontialdiagnostisch kommen im wesent¬
lichen in Betracht: 1. das Ulcus pylori, 2. die
chronische rezidivierende Cholezystitis, 3. die
gastrischen Krisen bei Tabes, 4. die verschiedenen
Formen der Neurasthenia gastrica.
In diagnostisch gesicherten Fällen ist die
Operation zu empfehlen, wenn die interne The¬
rapie sich als wirkungslos erwiesen hat Daß
dagegen derartige Kranke sich etwa von vorn¬
herein an den Chirurgen wenden, bez. ihnen zu¬
gewiesen werden, ehe der Versuch einer energi¬
schen internen Behandlung gemacht wurde, ist
nach A. zu bedauern. Die interne Therapie be¬
steht in einer mehrwöchentlichen strengen Liege¬
kur in Verbindung mit permanenten heißen Kom¬
pressen und einer quantitativ reichlich bemessenen
Schonungsdiät: Milch, Sahne, Suppen, Eier, Milch¬
reis usw.
Als Beweis für den Erfolg einer derartigen
Therapie wird ein Fall mitgeteilt bei dem diese
Kur ein schnelles Verschwinden der Beschwerden
herbeiführte, nach 5 Monaten hatte dieses Resultat
noch angehalten. Da indessen das Leiden auch
spontan vorher beschwerdefreie Intervalle bis zu
1*/» Jahren aufgewiesen hatte, erscheint mir
— Ref. — diese Beobachtung eine zwingende Be¬
weiskraft für den therapeutischen Effekt nicht zu
besitzen.
Ob die chirurgische Behandlung des Ulcus
duodeni weniger Rezidive aufzuweison haben
wird als dio interne, bleibt nach A. abzuwarten.
Die beste chirurgische Behandlung besteht nach
ihm in der queren Resektion des Duodenum (?);
wenn A. ferner behauptet, daß es der Kunst der
Chirurgen bisher noch nicht gelungen sei, defini¬
tiv und ohne nachträgliche Schmerzerzeugung
den Pylorus undurchgängig zu machen, so wird
damit die bekannte Pylorusausschaltung nach
v. Eiseisberg völlig ignoriert.
Noch recht wenig geklärt ist das Zustande¬
kommen des Hungerschmerzes. Während Kehr
(30) — sieho oben — hiorbei an eine Zerrung der
gefüllten Gallenblase denkt, nimmt P i 1 c h e r (56)
auf Grund von Hundeexperimenten folgenden
Hergang an:
Das Geschwür wird durch den aus dem Magen er¬
folgenden Salzsäurefluß gereizt, reflektorisch wird nun
durch diesen Reiz die HCl-Sekretion des Magens ver¬
stärkt angeregt, und zwar geschieht dies am intensivsten
innerhalb der ersten 5 Stunden nach eingenommener
Mahlzeit, da in dieser Zeit das Duodenum leer ist und
sein spärliches Sekret nicht ausreicht, um die ein¬
fließende Säure abzusättigen. Wird dagegen erneut
Speise in den Magen eingeführt, so wird hierdurch
reflektorisch eine stärkere Absonderung des alkalischen
Duodenalsaftes angeregt, so daß nunmehr eine Neutrali¬
sierung eintritt.
Ob sich jedoch diese am Hunde gewonnenen
Erfahrungen ohne weiteres auf die menschliche
Pathologie übertragen lassen, erscheint schon
deswegen zweifelhaft, daß Hertz (zit. bei Mel¬
chior L c. S. 237) Personen, die an manifesten
Duodenalgeschwüren litten, Salzsäure in der Kon¬
zentration von 0,5% per os einführen konnte,
ohne daß hierdurch Geschwürsschmerzen aus¬
gelöst wurden.
Einen besonderen Ausbau hat in den letzten
2 Jahren die Radiologie des Duodenalulcus er¬
fahren. Vor allem haben sich Kreuzfuchs
(37), H a u d e k (23), Hertz (25) um diesen Zweig
der Diagnostik verdient gemacht.
Haudek (23) gibt an der Hand von 13
eigenen, mittels Anwendung der Wismutmethode
radiologisch untersuchten Fällen folgende Sym¬
ptome als charakteristisch für das Ulcus duodeni
im Röntgenbilde an:
1. Retention von Inhalt im Duodenum mit den
Zeichen einer geringgradigen Duodenalstenose.
2. Die Kriterien einer pathologischen Nische
der Duodenalwand, d, i. ein von der übrigen Duo-
den&lfüllung wohl zu differenzierender, in der
Regel nur sehr kleiner Wismutfleck, der palpa-
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
17
torisch minder beeinflußbar ist und mit einem
Druckpunkt oder einer druckempfindlichen Resi¬
stenz zusammenfällt.
3. Ein exquisiter, umschriebener Druckpunkt,
der sich auf das Duodenum projiziert und sich
mit diesem beim Baucheinziehen verschiebt.
4. Geringe Hypomotilität des Magens.
Für die diagnostische Einschätzung dieser
Symptome ist jedoch zu berücksichtigen, daß in
einer nicht geringen Zahl der Fällo dieselben völlig
fehlen können. Es ist daher nicht statthaft, ein
Ulcus duodeni auf Grund eines normalen Röntgen¬
befundes des Magens oder Duodenums auszu¬
schließen. Am verläßlichsten ist dabei nach
H a u d e k das erste und zweite der obon ge¬
nannten Zeichen, während dem dritten und vierten
nur der Wert von „Verdachtsmomenten“ zukommt.
Generell besteht aber der großo Vorteil des Ver¬
fahrens darin, daß es allein auf Grund der Röntgen¬
untersuchung gelegentlich möglich ist, in Fällen,
bei denen die übrigen Erscheinungen auf eine
Erkrankung des Magens hindeuteten, das Duo¬
denum als Sitz der Erkrankung ansprechen, bez.
vermuten zu können.
Gegenüber Moynihan vertritt Haudek
im übrigen den Standpunkt, daß die reinen Hyper-
aziditäts- und Hyporsekretionsbeschwerden, die
periodisch häufig mit ausgesprochenem Hunger¬
schmerz verlaufen können, nicht durchweg auf
ein Ulcus duodeni bezogen werden können.
Unter den mitgeteilten Fällen ist Nr. 1 dadurch
von Interesse, das hier eine tiefe Duodenalstenose
— hervorgerufen durch einen von der Flexura jejunalis
zu einem Geschwür der kleinen Kurvatur verlaufenden
Adhäsionsstrang — bestand, ohne daß hier das für
diese Fälle sonst charakteristische Symptom des galligen
Erbrechens zu verzeichnen war.
In einem anderen Falle (Nr. 3) hatte dio
Röntgenuntersuchung ein Ulcus der Pars descen-
dens vormuten lassen, während bei der Opera¬
tion äußerlich Veränderungen am Darm nicht
nachweisbar waren. Am anderen Tage folgte
indessen eine profuse Hämatemesis von 2 Litern.
Es lehrt also diese Beobachtung, daß die An¬
sicht von W i 1 m s, daß die Duodenalgeschwüre
nicht immer durch Palpation von außen bei der
Operation erkennbar sind, als zutreffend ange¬
sehen werden muß [vergl. oben Körte (33)].
Nach den Untersuchungen von Kreuz¬
fuchs (37) ist der Röntgenbefund beim Ulcus
duodeni ein ganz typischer, und zwar besteht der¬
selbe in einer Hypertonie, sowie in einer ge¬
steigerten Entleerungsgeschwindigkeit des Magens;
zuweilen findet sich ein persistierender Wismut¬
fleck im Duodenum, meist im obersten Abschnitt
desselben als Zoichen einer daselbst vorhandenen
divertikelartigen Tasche, gelegentlich auch ein
„Sechsstundenrest“ im Magen. Die gesteigerte
Magentätigkeit beruht hierbei, wie K. annimmt,
auf einem Wegfall der vom Duodenum normaler¬
weise reflektorisch ausgelösten Hemmung der
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
Magenentleerung; dieser Ausfall, bez. die Herab¬
setzung des Duodenalreflexes ist bedingt durch
den krankhaften Prozeß im Zwölffingerdarm.
Durch Summation dor Reize, sowie durch die ein¬
tretende Auffüllung des Dünndarms kann schlie߬
lich doch — nach einigen Stunden — noch ein
energischer Verschluß des Pylorus, eventuell mit
konsekutivem Verweilen eines Restes im Magen
über 6 Stunden hinaus zustande kommen. — Kli¬
nisch scheint dabei der sogen. Hungerschmerz
zeitlich mit diesem späten Pylorusverschluß zu¬
sammenzutreffen. — Für die praktische Methodik
ergibt sich aus diesem Verhalten die Forderung,
daß Fälle, die auf Ulcus duodeni verdächtig sind,
unbedingt bei nüchternem Magen untersucht wer¬
den müssen. Die abweichenden Befunde Hau-
d e k s beruhen wahrscheinlich auf einer Unter¬
lassung dieser Vorsichtsmaßregel.
Nach Hertz (25) bildet sogar das Ulcus duo¬
deni die gewöhnlichste Ursache für eine moto¬
rische röntgonographisch nachweisbare Hyper¬
tonie des Magens. Nur wenn eine organische
Stenose eingetreten ist, wird dieses Phänomen
vermißt. Der Nachweis desselben bedeutet daher
ein wichtiges differentialdiagnostisches Moment
gegenüber dem Magengeschwür, bei dem eine
Hypertonie nur selten gefunden wird.
Vor dem Röntgenschirme kommt diese Hyper¬
tonie gewöhnlich schon dadurch zum Ausdruck,
daß nach Füllung des Magens mit Wismutbrei
die große Kurvatur bei vertikaler Körperhaltung
oberhalb der Nabelhorizontale bleibt.
Hinsichtlich der therapeutischen Konsequenzen
sind diese Feststellungen ebenfalls wichtig, da
nach Hertz im Stadium der Hypertonie die
Chancen für die interne Behandlung noch gute
sind, während umgekehrt auch nur der leichteste
Grad von Magendilatation unbedingt die Vor¬
nahme der Gastroenterostomie indiziert.
Im übrigen kommen hypertonische Zustände des
Magens gelegentlich auch bei Erkrankungen der Gallen¬
blase, bei chronischer Appendizitis im Gefolge einer
strengen, mit Bettruhe verknüpften Diät usw. zur
Beobachtung.
Bezüglich der Speiseentleerung hat die Rönt¬
genmethodik ergeben, daß der Nahrungsaustritt
aus dem Magen unmittelbar nach der Einführung
von Speisen beginnt, und daß die weitere Ent¬
leerung bis zur Vollendung ununterbrochen an¬
hält.
Generell sind indessen die Aussichten über
die diagnostische Verwertbarkeit des Röntgen¬
befundes beim Ulcus duodeni heutzutage noch
wesentlich geteilt So verhält sich Körte (33)
dieser Frage gegenüber recht skeptisch, auch
Bier — der in seiner oben referierten Arbeit
eine Reihe von instruktiven Röntgenbildem re¬
produziert — schreibt der Methode nur einen rela¬
tiven Wert zu.
3
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
Auch bezüglich der Frage der zweckmäßigsten
Therapie des chronischen Duodenalgeschwürs be- j
stehen zum Teil noch einschneidende Differenzen.
Ob überhaupt durch interne — i. e. Vorzugs-
weise diätetische — Maßnahmen allein eine
Dauerheilung dieser Krankheit erzielt werden
kann, ist nach Mayo (44) bisher nicht erwiesen;
v. Hansomann (22) und Simmonds (67)
halten ihrerseits vom pathologisch-anatomischen
Standpunkte aus die Heilungsmöglichkeit beim
Ulcus duodeni nur für eine geringe, während
Klemperer (32) genau den entgegengesetzten
Standpunkt vertritt.
Jedenfalls fehlen aber genügend lange Zeit hin¬
durch verfolgte und diagnostisch gesicherte — vgl.
Kuttnor (36a) —, exakt mitgeteilte Beobach¬
tungen seitens jener Autoren, die, wie Albu (2),
Klemperer (32), Rüssel (62), A f f 1 o c k (1),
zugunsten der Wirksamkeit einer rein internen
Tlierapio eingetreten sind. Von Wichtigkeit zur
Beurteilung dieser Sachlage erscheint mir hierbei
die Stellungnahme Ewalds (18), der früher
einen sehr konservativen Standpunkt einnahm,
während er neuerdings prinzipiell bei länger be¬
stehenden und komplizierten Fällen zur Operation
rät. Für Hertz (25) ist die Indikation zum
chirurgischen Elingriff unmittelbar dann gegeben,
wenn aus dem radiologischen Vorhalten das Be¬
stehen einer Magondilatation hervorgeht.
Von chirurgischer Seite scheint nur V a u t r in
(73) dor inneren Therapie das Wort gerodet zu
haben.
Durchweg günstig lauten dagegen die mit der
operativen Therapie — Gastroenterostomie oder
Pylorusausschaltung — gemachten Erfahrungen,
soweit sie sich aus den oben bereits referierten
Mitteilungen von Moynihan (48), Kohr (30),
Bier (6), Körte (33), C a i r d (10), v. E i s e 1 s -
berg (15), sowie denen von Mayo (44), Neu¬
dörfer (52), Melchior (45), Key (31) und
B i d w e 11 (5) ergeben. Immerhin haben speziell
die Erfahrungen K ö r t e s (33) gelehrt, daß man
den Termin für die Annahme einer Dauerheilung
nicht zu kurz bomesson darf, da selbst nach
3—4 Jahren nach anfänglicher Heilung ein Rezidiv
eintreton kann.
Im einzelnen ergibt sich aus den bezüglichen
Mitteilungen folgendes:
A f f 1 e c k (1) sah in vielen Fällen eine voll¬
kommene Heilung durch interne Therapie ein- |
treten, allerdings zeitigen auch die chirurgisch bo- i
handelten Fälle außerordentlich zufriedenstellende
Resultate.
Nach Umber (72) wird die Diagnose des 1
Ulcus duodeni noch zu selten gestellt. Die Mehr¬
zahl der Fälle geht unter der Rubrik: Chole-
lithiasis, Cholezystitis usw. Ein wichtiges patho-
gnomonisches Moment bilden die okkulten Blu¬
tungon. Eine ganze Reihe von Fällon heilt auf
internem Wege, daher soll man erst operieren,
wenn die internen Mittel nicht zum Ziele führen.
Andererseits hat U m b e r 2 Fälle, die er operieren
ließ, an postoperativen Geschwürblutungen vor
loron.
Klomperer (32) kennt „viele Fälle“ von
auf internem Wege geheilten Duodenalgeschwüren,
insbesondere verfügt er über 2 Fälle» deren Dia¬
gnose jeder Kritik standhält, und die seit 10, bez.
12 Jahren keine Symptome mehr gezeigt haben.
Nach der Ansicht von Kl. bietet sogar das Ulcus
duodeni physiologisch ganz ausgezeichnete Mög¬
lichkeiten zur Heilung, vorausgesetzt, daß die
Fälle frühzeitig in Behandlung kommen und daß
die diätetischen Beschränkungen konsequent
durchgeführt werden.
Kuttnor (36a) zweifelt, ob in allen Fällen
von intern geheilten Duodenalgeschwüren die
Diagnose gestimmt habe. Jedenfalls sei nach
seiner Erfahrung die chirurgische Behandlung in
vielen Fällen dor internen weit überlegen.
Rüssel (62) glaubt zwischen akuten Duo¬
denalgeschwüren unterscheiden zu sollen, wie sie
einer bestehenden Hyperchlorhydrie sich zuge¬
sellen können und chronischen. Während die
erstoren selbst bei Blutungen unter interner Be¬
handlung heilen können, kommt für die letzteren
eigentlich nur eine operative Therapie in ETage.
Gibson (21) fand unter seinem Material auf¬
fallend häufig eine Herabsetzung des Salzsäure¬
titers; die von Rüssel — vgl. oben — ange¬
gebene Unterscheidung zwischen akuten und
chronischen Geschwüren hält er für praktisch
schwer durchführbar. Persönlich hält er die
chirurgische frühzeitige Therapie in jedem Falle
für angezeigt; die besten Resultate werden durch
Ausschaltung des Pylorus erzielt.
V a u t r i n (73) bestreitet entschieden die Be¬
rechtigung des von Moynihan und anderen
aufgestellten Grundsatzes, daß jedes Duodenal¬
geschwür chirurgisch zu behandeln sei. Nach
V.s Erfahrungen lassen sich vielmehr in manchen
Fällen auch durch rein interne gegen die be¬
stehende Hyperchlorhydrie gerichtete Maßnahmen
selbst bei blutenden Ulzera Heilungen erzielen:
der Dauereffekt dieser Therapie konnte in ein¬
zelnen Fällen bis zu 8 und 10 Jahren hindurch
verfolgt werden. Bei Versagen dieser Medikation
sowie speziell bei kallösen Geschwüren tritt da¬
gegen die chirurgische Behandlung in ihre Rechte.
Die Gastroenterostomie erfüllt ihre therapeutische
Aufgabe aber nur dann, wenn gleichzeitig eine
Stenose am Pylorus besteht, in anderen Fällon
versagt sie, da der Chymus nach wie vor an
der Geschwürsfläche vorbeipassiert. Blutungen
können unter dieson Umständen sogar verstärkt
werden. Das einzig Rationelle in den nicht
stenosierenden Fällen besteht daher in der Pylorus¬
ausschaltung nach v. Eiselsberg-Doyen;
die sonstigen Versuche, den Pylorus künstlich
zu verengern, stellten nur eine „unzureichende
Go. gle
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
19
Parodie“ dieses Verfahrens dar. Auf eine statisti¬
sche Begründung dieser Anschauung wird ver¬
zichtet, der gute Erfolg der unilatoralen Aus¬
schaltung an einem eigenen durch 10 Monate
hindurch verfolgten Falle illustriert.
W. Mayo (44) hat seit Juni 1906 nicht
weniger als 401 Fälle von Duodenalgeschwür
operiert, in 19 weiteren Fäleln handelte es sich
um die Koinzidens mit Ulcus ventriculi (dem¬
gegenüber nur 201 Fälle von reinem Magen¬
geschwür!). Wie wenig noch in praxi diese Er¬
krankung gewürdigt wird, geht daraus hervor, daß
der Beginn der Erscheinungen durchschnittlich
12 Jahre 7 Monate zurücklag. Die Möglichkeit
einer Heilung des chronischen Duodenalgeschwürs
auf internem Wege sieht M. nicht als erwiesen an.
Zur chirurgischen Therapie genügt in der Regel
die Gastrojejunostomie.
Neudörfer (52) hat unter 73 Operationen
wegen chronischer Geschwürsbildung am Magen
resp. Duodenum 8mal Ulcera duodeni angetroffen.
5 derselben konnten vor der Operation diagnosti¬
ziert werden; nach N.s Erfahrung, welche sich an
die von Moynihan anlehnt, gibt es nur wenige
Krankheiten, welche so typische Symptome
machen wie gerade das Ulcus duodeni. Im Gegen¬
satz zu anderen Erfahrungen [vgl. Bier (6), Hau-
dek (23)] fand N. in allen mit Röntgenstrahlen
untersuchten Fällen „vollkommen normale moto¬
rische Funktion des Magens und Duodenums“.
Als Methode der Wahl ist die Gastroenterostomie
mit Verengerung des Pylorus zu betrachten. Nur
in einem Falle wurde ein operativer Mißerfolg ge¬
sehen, wahrscheinlich weil die künstliche Ver¬
engerung des Pylorus unterblieben war. Ein
Patient, der wegen Blutung operiert werden
sollte, starb noch während des Hautschnittes. In
einem Fall ließ sich das Bestehen eines Ulcus erst
nach der digitalen Austastung dos Duodenum bei
der Operation feststellen.
Nach Melchior (45) bietet die Exzision oder
einfache Einfaltung der Geschwüre nach W i 1 m s \
keinerlei Garantie gegen Rezidive, die radikale
Resektion ist dagegen als operativer Eingriff zu
gefährlich. Unter den indirekten Methoden ist
sicherlich die Ausschaltung nach v. Eiseis¬
berg das idealste Verfahren, praktisch kommt
man jedoch meist schon mit der Gastroenter¬
ostomie zum Ziele, vorausgesetzt, daß ein noch
gut permeabler Pylorus außerdem künstlich ver¬
engt wird. In 5 derartig operierten Fällen der
K ü 11 n e r sehen Klinik, die 6, 4, 3, 1 / t und
1 / 1 Jahr zurücklagen, wurde jedesmal ein voller
Erfolg erzielt.
Blad (8) hat 32 Fälle von Duodenalgeschwür
operiert. Untor seinem Material traten die Blu¬
tungen auffallend frühzeitig in die Erscheinung,
von 14 Fällen überhaupt 5mal gleich nach Beginn
der Erkrankung, 4mal im Laufe des ersten Krank¬
heitsjahres. In 4 Fällen, in denen klinisch nie
Blutungen bostanden hatten, ergab die Unter¬
suchung des Stuhles eine positive Blutreaktion.
In einem autoptisch bestätigten Falle fehlte die
freie HCl, im übrigen ist aber eine Hyperazidität
das gewöhnliche.
Boi fehlender Stonoso muß die Durchgängig¬
keit des Pylorus künstlich aufgehoben werden, für
die anderen Fälle genügt die einfache Gastro¬
enterostomie.
Key (31) oporiorte 13 Duodenalgeschwüre;
6mal handelte es sich hierbei um unkomplizierte
Ulzera, 2mal um Stenoson, 2mal um blutende
Geschwüre, lmal bestanden Zoichen einer drohen¬
den, in einem anderen Falle die der eingetretenen
Perforation, in einem letzten Fall lag die Kom¬
plikation mit einem Ulcus pepticum jejuni vor.
Die hintere Gastroenterostomie retrocolica wurde
8mal ausgoführt, darunter 3mal mit Pylorus-
exklusion; 2mal wurde die Exzision und 3mal die
Resektion vorgenommen. Letztere ist indiziert,
wenn der Geschwürsprozeß auf den Pylorus über¬
greift und somit die Gefahr einer eventuellen
sekundären Krebsbildung besteht. Das ideale Ver¬
fahren bildet die Gastroenterostomie mit Pylorus-
exklusion, nur wenn letztere technisch zu
schwierig wird, soll man sich mit der Gastro¬
enterostomie allein begnügen. Blutende Ulzera
sind möglichst auch lokal anzugreifen. In sämt¬
lichen Fällen wurde ein gutes Resultat erzielt.
B i d w e 11 (5) hat in 180 Fällen von Ulcus
ventriculi s. duodeni (eine zahlenmäßige Differen¬
zierung wird leider nicht gemacht) die Gastro¬
enterostomie ausgeführt, mit einer Mortalität von
7°/ 0 . Es handolte sich bei den Gestorbenen jedoch
zumeist um Fälle, die wegen oiner Hämorrhagie
operiert worden waren. Bei den Überlebenden
wurde in 80°/,, vollkommene Heilung erzielt, 10°/ o
werden als gebessert, weitere 10°/ 0 als im ganzen
ungebessert bezeichnet. Nach B. ist in jedem
Falle von Ulcus duodeni die Operation zu
empfehlen.
Bezüglich der Wahl der operativen Methode
konkurrieren heute praktisch nur noch die Gastro¬
enterostomie mit der Pylorusaussckaltung. Voraus¬
setzung hierbei ist natürlich, daß bei fehlender
organischer Stenose außer der Gastroenterostomie
eine Verengerung des Pylorus vorgenommen wird;
[bezüglich der Methodik vgl. die Mitteilungen von
Bier (6) und Wilms (74)]. Nach den röntgeno¬
graphischen Kontrollen von Bier (0) und
Wilms (74) scheint in der Tat eine derartige
künstliche Pylorusstenose auszureichen, um das
Duodenum genügend auszuschalten; Vautrins
(73) ironische Aburteilung dieses Vorfahrens
(vergl. oben) ist daher unmotiviert. Eine gegen¬
teilige weiter unten referierte Beobachtung von
Assmann und Becker (3) besitzt keine allge¬
meingültige Beweiskraft, da hierbei das Verfahren
unter ungeeigneten Bedingungen zur Anwendung
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
20
gelangte. Sicherer wird allerdings zweifellos die
vollkommene Ausschaltung des Duodenum ver¬
mittels der typischen Exklusion nach v. E i s e 1 s -
b e r g herbeigeführt. Es hat indessen K ü 11 n e r
(36) bereits darauf hingewiesen, daß praktisch
diese Operation bei bestehenden starken Ver¬
wachsungen, Verzerrungen usw. nicht immer
technisch durchführbar ist, wenigstens ohne den
Eingriff zu groß zu gestalten. Tatsächlich hat
sogar v. Eiseisberg (15) selbst diese Operation
nur im kleineren Teil seiner Fälle ausgeführt,
während Mayo (44), Moynihan (48), Körte
(33), Bier (6) von vorneherein meist die Gastro¬
enterostomie bevorzugen.
Daß im übrigen sogar die klassische Pylorus-
ausschaltung keineswegs eine absolute Garantie
für den kurativen Erfolg bietet, lehren die weiter
unten wiedergegebonen Erfahrungen von H e n 1 e
(24), E n d e r 1 e n (16), de Quervain (58). Mir
scheint sogar, daß im Verhältnis zu der relativ
selten ausgeführten Operation die Häufigkeit der
postoperativen Komplikationen eine auffallend
hohe ist.
Wir schließen an diese generellen Vorbemer¬
kungen eine Wiedergabe der hierhergehörigen
Publikationen im einzelnen an:
Während W i 1 m s in einer früheren Mitteilung
als Methode der Wahl in der chirurgischen Be¬
handlung des Duodenalgeschwürs die sogen. Ein-
fallung des Geschwürsgrundes empfohlen hatte,
läßt seine neuerliche Publikation (74) darauf
schließen, daß er nunmehr zu der meist geübten
Ausschaltung des Pylorus übergegangen ist. Um
jedoch die bei entkräfteten Patienten nicht un¬
bedenkliche quere Durchtrennung am Pylorus zu
vermeiden, bez. die eingreifenden technischen
Schwierigkeiten bei starken Verwachsungen, geht
W. so vor, daß er in derartigen Fällen den Pylorus
durch einen der vorderen Wand des Rektus
entnommenen Faszienstreifen zuschnürt und
dann die Gastroenterostomie anschließt. In den ;
2 derartig operierten Fällen zeigte die spätere
Röntgenkontrolle, daß kein Mageninhalt mehr den
Pylorus passierte, sondern sich auf dem Wege der
Enteroanastomose entleerte.
H e n 1 e (24) hat 6 Fälle von typischem
Ulcus duodeni mittels Pylorusausschaltung nach
v. Eiseisberg operiert; 4 blieben geheilt, in
2 Fällen stellten sich jedoch späterhin wieder
vorübergehende Blutungen ein. Es ist daher
nach H e n 1 e wichtig, daß die Ausschaltung noch
im Bereiche des Duodenums selbst vorgenommen
wird, damit der hierbei entstehende untere Stumpf
keine salzsäureproduzierende Magenschleimhaut
mehr enthält
Uber eine eigentümliche Komplikation nach der
Pylorusausschaltung berichtete de Quervain
(58). Bei einem Pat., der wegen blutenden Duo¬
denalgeschwürs vorher vergeblich mittels Gastro¬
enterostomie und mit Ubernähung nach W i 1 m s
behandelt worden war, zessierte zwar die Blu¬
tung nach erfolgter Ausschaltung; es verlor in¬
dessen der Magon seinen Halt und es trat an¬
haltendes Erbrechen ein, das die Bauchnaht zum
Platzen brachte. Der Magen war prall gefüllt, die
kleine Kurvatur lag nach unten (Volvulus), die
vorher durchgängige Anastomose zeigte eine Art
von Ventilverschluß. Die Anlegung einer neuen
Anastomose führte dauernde Heilung herbei
E n d e r 1 e n (16) hat in einem weiteren Falle
trotz Anwendung der Pylorusausschaltung nach
v. Eiseisberg den Pat. am 4. Tage durch
Nachblutung aus dem Geschwür verloren.
Obwohl es sich in dem folgenden von Ass-
m a n n und Becker (3) beschriebenen Fall
von Duodenalstenose nicht um ein stenosie-
rendes Ulcus handelte, erscheint ihre Mitteilung
namentlich mit Rücksicht auf den Röntgenbefund
auch an dieser Stelle — d. h. im Zusammenhang
mit dor technischen Frage der Pylorusausschal¬
tung — der Berücksichtigung wert.
Eine Reihe von Aufnahmen nach Wismutmahlzeit
ergab hier folgendes:
1. Eine Herabsetzung der peristaltischen Funktion
und verlangsamte Entleerung des Magens, der noch
nach 27 Stunden eine nicht unerhebliche Retention
aufwies.
2. Eine zunächst vollständige pralle, später nur
mehr auf den untersten Abschnitt sich erstreckende
Füllung des Duodenums; noch nach 9 Stunden waren
Wismutschatten in ihm nachweisbar.
3. Einen zeitweiligen Rückfluß von Wismutmassen
aus den unteren Abschnitten des Duodenums in die
oberen bis hinauf zum Pylorus.
Es wurde daraufhin eine tiefe Stenose in der Gegend
der Flexura duodeno-jejunalis angenommen, die von
H e n 1 e vorgenommene Operation bestätigte dies, in¬
dem das Duodenum an dieser Stelle sich durch tuber¬
kulöse Drüsen komprimiert erwies. Gastroenterostomie
Pylorus durch 2 Nahtreihen gerafft. Klinischer Erfolg
gut; allerdings ergab eine 3 Wochen später vorgenom¬
mene Aufnahme, daß die anfänglich gut funktionierende
Ausgehaltung wieder Speisebrei tn das Duodenum pas¬
sieren ließ. A. u. B. halten daher die Pylorusausschal¬
tung nach v. Eiseisberg für das vollkommnere
Verfahren.
Ich möchte indessen in bezug auf diese Be¬
obachtung bemerken, daß hierbei an die Haltbar¬
keit der Pylorusinsuffizienz besonders hohe An¬
forderungen gestellt wurden, da die Stenose
nach der klinischen Geschichte des Falles wohl
eine nahezu impermeable war. Es ist daher anzu¬
nehmen, daß die Galle und der Pankreassaft sich
überwiegend rückläufig, also durch den Pylorus
ontleeren mußten; diesem retrograden Druck
waren aber die Raffnähte nicht gewachsen. Es
würde sich daher in derartigen Fällen wohl mehr
empfohlen, außer der Pylorusverengerung noch
eine Duodenojejunostomie — zur Sicherung des
freien Abflusses von Pankreassaft und Galle —
besonders anzulegen.
Uber einen ähnlichen Fall wie den voranstehen-
den hat im übrigen auch Jonas (29) berichtet.
Hier war, wie die Sektion lehrte, die Kompression
des unteren Duodenums durch Drüsenmetastasen eines
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Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
21
Hodentumore erfolgt. Klinisch hatte sich konstant I
Galle im Mageninhalt gefunden, die Austreibungszeit I
des Magens war normal, der Pylorus insuffizient. Die
Röntgenuntersuchung ergab außer einer geringen Er¬
weiterung des Magens, daß von der Wismutmahlzeit
ein Teil in der halbkreisförmigen Schlinge des Duo¬
denums liegen blieb.
Schiassi (63) hat eine Modifikation der
Y-förmigen Gastroenterostomie (Roux) ange¬
geben, die er in 9 Fällen von Ulcus duodeni mit
so gutem Resultate ausführen konnte, daß er die- j
selbe als Methode der Wahl für die operative Be¬
handlung dieses Leidens ansieht. Bei drohender
Perforation ist zweckmäßig noch die Ausschal¬
tung nach v. Eiseisberg hinzuzufügen. |
Bezüglich der Einzelheiten der komplizierten
Technik sei auf die Originalmitteilung verwiesen, i
Stiles (69) sah 2mal nach Gastroenterostomie
wegen vermeintlichen Duodenalgeschwürs einen Ciicu-
lus vitiosus eintreten.
Einen recht hohen Prozentsatz der chirurgisch
behandelton Fälle von Ulcus duodeni bilden die¬
jenigen, in denen der Eingriff als Notoperation
wegen Perforation des Geschwürs in die freie
Bauchhöhle vorgenommen werden mußte.
Leider sind diagnostische Irrtümer unter diesen
Umständen noch immer recht häufig. Neben der
am meisten in Frage kommenden Verwechselung
mit einer Appendizitis — Seyffarth (64) —
sind solche mit einer Bleikolik — Shirlaw(65) —
oder mit einer Brucheinklemmung — Mur¬
ray (51) — unterlaufen. Daß ein derartiger Irr¬
tum prognostisch recht folgenschwer sein kann,
ist leicht begreiflich. Im übrigen scheint die
Prognose des operativen Eingriffes, wie aus den
zahlreichen Mitteilungen unmittelbar hervorgeht,
fast ausschließlich von dem Zeitpunkte der Inter¬
vention abzuhängen. Im ersten Stadium durch¬
aus günstig, sinkt schon nach wenigen Stunden
die Chance in ganz rapider Weise.
Die Art der technischen Versorgung der Rup¬
turstelle scheint demgegenüber durchaus nur eine
sekundäre Bedeutung zu besitzen: die Hauptsache
ist einzig die, daß auf irgendeine Weise ein wei¬
terer Austritt von Darminhalt in die Peritoneal¬
höhle mit Sicherheit verhindert wird.
Nicht unwichtig ist die vieldiskutierto Frage,
ob an den Verschluß der Perforationsstelle prin¬
zipiell die Anlegung einer Gastroenterostomie an¬
geschlossen werden soll oder nicht. Notwendig
scheint dieser Akt im Interesse einer dauernden
Geschwürsheilung — zumal nach den Nachunter¬
suchungen von Short (60) — jedenfalls zu sein;
nur wird man bei ungünstigem Allgemeinzustand
diese zweite Operation lieber selbständig für sich
allein im Intervall, wenn der Patient sich wieder
erholt hat, vornehmen.
Im einzelnen ergibt sich aus den einschlägi¬
gen Publikationen folgendes:
Au 8 der umfangreichen Arbeit von P e t r 6 n
(55) Über die Perforation von Magen- und Duo¬
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s
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denalgeschwüren soll hier nur das berücksichtigt
werdon, was sich speziell auf das Ulcus duodeni
bezieht.
Es wurden von 1894—1909 in der Klinik zu Lund
sowie in einigen südschwedischen Hospitälern 18 Fälle
von Geschwürsperforation des Duodenum beobachtet, in
einem Fall gleichzeitig mit der Perforation eines Ulcus
ventriculi, in 3 Fällen blieb die sichere Lokalisation des
Geschwürs, ob diesseits oder jenseits des Pylorus, un¬
entschieden. Nur 2 von den 18 Fällen gehörten dem
weiblichen Geschlecht an; dem Lebensalter nach ver¬
teilen sich die Perforationen in fast regelmäßiger Werne
vom Ende des 2. bis zur Mitte des 7. Jahrzehnts.
Auffallend häufig war der Geschwürsprozeß bis zum
Eintritt der Perforation latent verlaufen. Für das Zu¬
standekommen des Durchbruches selbst scheinen äußere
Momente (Traumen, Füllungszustand des Magens usw.)
keine ersichtliche Rolle zu spielen. Für die operative
Prognose besitzt außer dem Zeitpunkte des Eingriffes
auch das Lebensalter der Patienten eine wesentliche
Rolle, indem über 45 Jahren die Chance des Erfolges
eine wesentlich schlechtere ist. Die gleichzeitige Gastro¬
enterostomie ist nur unter günstigen Allgemein¬
bedingungen der Versorgung der Perforationsstelle an-
zusehließen. Die nachfolgende Dränage der Bauchhöhle
scheint bei Frühfällen (und zwar innerhalb der ersten
12 Stunden) zum mindesten nicht notwendig zu sein.
Im ganzen starben von 18 im einzelnen aufgeführten
Fällen 14; von den überlebenden 4 waren 2 später
völlig beschwerdefrei, die beiden anderen wiesen nur
noch geringe subjektive Lokalsymptome auf.
Unter 374 Sektionsfällen des Alt-Katharinen-Hospi-
tals in Moskau von 1901—1910, bei denen die Autopsie
die Anwesenheit einer Peritonitis ergab, lag nach
Citronblatt (12) 9mal eine Geschwürsperforation
des Duodenum vor, in 4 Fällen lag die Perforation an
der Grenze zwischen Pylorus und Duodenum; 27mal
fand sich ein Ulcus perforatum ventriculi. Von diesen
Perforationen wurden 22 erst auf dem Sektionstisch als
solche erkannt.
Unter 12 entsprechenden klinischen Fällen gehörte
das Geschwür 2mal dem Duodenum, lmal der Duo-
denum-Pylorusgrenze an. Die Diagnose lautete in diesen
Fällen einmal auf Peritonitis, einmal auf Appendizitis,
im letzten Fall auf Gastritis catarrhalis; die Operation
wurde demgemäß erst nach 24 Stunden, bzw. 5 und
6 Tagen ausgeführt. Daß unter diesen Umständen
keinmal Heilung erzielt wurde, ist begreiflich.
Eine anschauliche Tabelle, die auf Grund ver¬
schiedener Statistiken von C. zusammengestollt
ist, lehrt, daß innerhalb der ersten 12 Stunden
die Mortalität bei einzelnen Operateuren = 0
war, nach 24 Stunden ist dieselbo schon mit ca.
50°/ o zu beziffern, über 48 Stunden hinaus scheint
überhaupt keiner mehr gerettet worden zu sein.
Evans (17) hat innerhalb von 12 Monaten 7 Fälle
von perforiertem Duodenalgeschwür operiert; sämtliche
Patienten waren Männer im Alter von 23—42 Jahren.
In 6 Fällen lag die Perforationsstelle an der vorderen
Wand; 5 wurden geheilt. Die Hauptbedingung des
Erfolges ist an die frilhxeitige Durchführung der Ope¬
ration geknüpft. Die gleichzeitige Anlegung einer
Gastroenterostomie ist nicht empfehlenswert, in erster
Linie wegen der Verlängerung des Eingriffes. Auf¬
fallenderweise gehört die Perforation nicht selten zu
den Frühsymptomen des Ulcus duodeni, das sich bis
dahin klinisch noch nicht manifestierte.
In der daran anschließenden Diskussion trat
Paul zugunsten der primären Gastroentero¬
stomie ein, da dieselbe Rezidive verhütet; den von
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22
Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
E v a u s vertretenen Standpunkt teilten dagegen j
Murray und Jeans.
Das Interesse an dem von I m f o 1 d (28) ope- (
rierten Falle liegt darin, daß die Perforation des
Duodenalgeschwürs sich bei einem erst 15 1 /» Jahre j
alten Jüngling ereignete. Die Diagnose war auf j
Appendicitis porforativa gestellt worden, durch
Übernähung, Spülung und Dränage wurde Hoilung
erzielt, die nach 3 Monaten post operat. noch an¬
hielt. I. hat im Anschluß an diese Beobachtung
die sonst in der Literatur seit 1902 mitgeteilton
Fälle zusammengestellt und findet eine Gesamt¬
zahl von 122 mit einer Mortalität von 37,7%. |
Addiert man hierzu die ältere Statistik von Fr.
Brunner, so erhält man 205 FäJle, wovon 93
(= 45,3°/ 0 ) heilten und 112 = 53,6°/ 0 ad exitum i
kamen.
Cathcart (11) erzielte in 8 Fällen von perforiertem ,
Duodenalgeschwür nur 2mal Heilung. 5 Fälle hiervon '
hatten die typische Symptomatologie des Hunger-
Schmerzes geboten; in den übrigen 3 waren die Er¬
scheinungen die einer chronischen Dyspepsie.
L e c ä n e (40) berichtet über 2 erfolgreich operierte
Fälle von perforiertem Duodenalgeschwür. Der eine
derselben erscheint dadurch besonders bemerkenswert,
daß die Kultur des peritonitischen Eiters den Diplo-
coccu8 pneumoniae in Reinkultur enthielt. In der i
übrigen Literatur finden sich nur wenige Fälle mit
diesem Befunde.
Seyffarth (64) hat 2 Fälle von perforiertem
Duodenalgeschwür operiert; 1 Heilung, im anderen Fall
war irrtümlich eine Appendizitis angenommen worden,
die Perforationsstelle fand sich erst bei der Sektion. In
den Sanitätsberichten der preußischen Armee 1901 bis
1910 figurieren sonst noch 11 derartiger Fälle, nur
einer wurde geheilt, mehrfach wurde die Perforation bei
der Laparotomie nicht aufgefunden.
Unter 70 von Mauclaire (43) operierten Fällen
von diffuser Peritonitis handelte es sich 5mal um die
Perforation eines Duodenalgeschwürs. 2mal konnte die
Diagnose vor der Operation gestellt werden, in den
übrigen 3 Faßen lenkte der Befund eines stark gallig
gefärbten Eiters die Aufmerksamkeit auf das Duodenum.
Sämtliche Fälle starben, wahrscheinlich weil keiner der¬
selben innerhalb der ersten 24 Stunden operiert werden
konnte.
Uber eine eigentümliche diagnostische Ver¬
wechslung eines perforierten Duodenalgeschwürs
mit einer inkarzerierton Hernie berichtet Mur¬
ray (51).
Der Irrtum klärte sich erst auf, als bei der Hemio-
tomie sich Oas und gallige Flüssigkeit aus dem Bruch¬
sack entleerte, während die im Bruch liegenden Darm¬
schlingen nur leicht entzündliche Veränderungen auf¬
wiesen. Die sofort angeschlossene Laparotomie ergab
eine Perforation der vorderen Duodenalwand an typischer
Steße mit enormem peritonitischem Erguß. M. be¬
gnügte sich unter diesen Umständen (warum? — Ref.)
damit, die Inzisionswunden total zu verschließen; Pat.
starb — wie zu erwarten I — 10 Stunden später.
Im Anschluß an eine eigene Beobachtung be¬
richtete S h i r 1 a w (65) über 7—8 Fälle, die als
akute Bleikolik aufgefaßt worden waren, während
die Sektion die Perforation eines Ulcus duodeni
erkennen ließ. Die naheliegende Frage, ob die
chronische Bleivergiftung etwa zur Akquisition
eines Duodenalgeschwürs prädisponiert, erscheint
heute noch nicht spruchreif.
Hölscher (26) hat in 3 Fällen von perfo¬
riertem Duodenalgeschwür — die allerdings unter
günstigen Verhältnissen, d. h. nach 3, bzw. 5 und
6 Stunden, zur Operation gelangten — durch Ge¬
schwürsnaht mit gleichzeitiger Gastroenterostomie
und lokaler Tamponade prompte Heilung erzielt.
H. legt außordem Wert darauf, daß das Ulcus in
die vordere Bauchwand eingenäht wird, um das
offenbleibondc Wundgebiet zu vorkleinern und
eine oberflächlichere Tamponado zu ermöglichen.
Hof mann (27) hat in einem Falle von per¬
foriertem Duodenalgeschwür wegen der Brüchig¬
keit der Wand die Naht nicht ausführcu können,
sondern sich nach Anlegung einer Gastroentero¬
stomie auf ein Tamponnomcut der Perforations¬
stelle beschränkt. Trotzdem erfolgto prompt
Heilung.
Im übrigen ist der mitgeteilto Fall noch da¬
durch von Interesse, daß der durch dio in Höhe
der Papille erfolgto Porforationsstelle ausge¬
flossene Pankreassaft in weiter Umgebung Fett¬
nekrosen erzeugt hatte.
Axhauson (4) hat in einem ähnlichen Falle
sich nach dem Vorgänge von N o u m a n n da¬
durch geholfen, daß er in das perforierte Ulcus ein
zur Bauchwunde hinausgeleitetes Drain einführte,
welches in seinem intraperitonealom Verlauf mit
Netz umhüllt wurde. Die anfänglich resultierende
Fistel schloß sich; trotz einiger postoperativer
Komplikationen (Darmprolaps, Kotfistel) trat
schließlich Heilung ein. Allordings mußto wegen
zunehmender Stenosierung nach 6 Wochen eine
Gastroenterostomie vorgenommen werden.
Nach Lauper (39) besteht die ideale Be¬
handlung des perforierten Duodenalgeschwürs in
der exakten Naht der Perforationsstello unter Hin¬
zufügung einer Gastroenterostomio. Reicht hierzu
der Kräftezustand des Pat. nicht aus, so ist das
zirkuläre Festnähen eines Netzzipfels über die
Perforationsstello plus Tamponade dio Methode der
Wahl. Unter Umständen kann eine einfache An¬
näherung der Goschwürsränder durch eine oder
zwei weitgreifendo Knopfnähto mit sorgfältiger,
lange in situ bleibender Tamponado genügen.
Einheitliche, für alle Eventualitäten gültigo Vor¬
schriften lassen sich jedenfalls nicht aufstellen.
Short (66) hat Nachuntersuchungen bei
Patienten, die wegen Geschwürsperforation am
Magen und Duodenum operiert worden waren
— 58 mit einer Mortalität von 26 — angestellt:
„von 23 Nachuntersuchten blieben zwei mit pri¬
märer Gastrojejunostomie Behandolte dauernd ge¬
heilt, ebenso ein mit Exzision des Geschwürs Be¬
handelter; von den übrigen 20 blieben nur 4 be¬
schwerdefrei; demnach scheint die Hinzufügung
der Gastroenterostomio zur Exzision, falls der
Allgemeinzustand es erlaubt, bessere Dauererfolge
zu versprechen“.
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UNIVERS1TY OF MICHIGAN
23
Melchior, Das chronische Duodenalgeschwür.
Uber die Perforation des Ulcus duodoni in das
retroperitoneale Zellgewebe haben T e 1 f o r d und
R a d 1 e y (70) berichtet. Retroperitonoalo Ge¬
schwürsperforationen können im sogen. 2. Teil
dieses Darmabschnittes eintreten, sowie im unter¬
sten Bezirk des 1. und im Anfang des 3. Teiles.
Derartige Perforationen sind indessen selten, ein¬
mal, weil schon an und für sich die Geschwürs¬
bildung in diesen Abschnitten des Duodenums zur
Ausnahmo gehört, außerdem verhindern gewöhn¬
lich entzündlich plastischo Prozesse in der Um¬
gebung, daß eino Geschwürsperforation wirklich
zum freien Durchbruch nach hinten führt. Die
klinischen Zeichen bestehen in dom plötzlichen
Eintritt von heftigen Schmerzen, die aber ohne
Erscheinung von Bauchfellreizung verlaufen und
denen später die Symptomo der lokalisierten
Abszeßbildung folgen. Dio Propagation der Eite¬
rung kann oine verschiedene sein, dio Erkennung
ihres Ausgangs wird meist erst ermöglicht, wenn
an die Inzision desselben sich die Ausbildung
einer hohen Darmfistel anschließt. Während
Borg für diese Fällo ausschhoßlich die Anlegung
der Gastroenterostomie empfohlen hat, war es
T. u. R, möglich, in einem eigenen Falle die Per¬
foration selbst zu schließen.
Die klinischen Erscheinungen bestanden hier in
einem entzündlichen Tumor (Abszeß) deT rechten Fossa
iliaca, der sich innerhalb von 10 Tagen in akuter
Weise entwickelt hatte. Die Operation ergab eine
retroperitoneale Lage des Abszesses; nach Entlee¬
rung des Eiters stellte sich ein profuser Gallenfluß
ein. Zur Verhütung der Inanition wurde am 5. Tage
die Oberbauchhöhle eröffnet, das Duodenum erscheint
von vorne normal, erst nach Spaltung des hinteren Peri¬
toneums außen von dem absteigenden Duodenal Schenkel
wird die 1 Zoll unterhalb des Beginns des 2. Ab¬
schnitts gelegene Perforationsstelle sichtbar; Über-
nähnng nach Mobilisation des Darmes, Gastroentero¬
stomie. Tod am nächsten Tage.
Trotz des ungünstigen Ausgangs möchten
T. u. R. doch diese Methode in solchen Fällen als
die prinzipiell gegebone ansehen.
Box (9) berichtet über einen linksseitigen subphre¬
nischen Absxeß, der bei einer 23jährigen Frau aus der
Perforation eines dicht unterhalb des Pylorus gelegenen
Geschwürs der vorderen Duodenalwand hervorgegangen
war. Der Tod erfolgte an Peritonitis. Eine Operation
konnte nicht mehr ausgeführt werden, da die Patientin
erst in extremis eingeüefert wurde.
Einen ganz entsprechenden Fall — einen 66jährigen
Mann betreffend — hat RolleBton (60) mitgeteilt.
Der Abszeß wurde von vorn her inzidiert, es bildete sich
hieran anschließend eine Duodenalfistel aus, welcher der
Patient erlag.
Das Interesso dieser beiden Beobachtungen ist
hauptsächlich dadurch begründot, daß es sich um
linksseitige Abszesse handelt, während die große
Mehrzahl der im Gefolge von Geschwürsporfora-
tionen des Duodenum entstehenden subphreni¬
schen Abszesse — im Gegensatz zum Verhalten
beim Ulcus vcntriculi — rechts gelegen sind.
Davidsohn (13) sah ein dem Pankreas
anliegendes Duodenalgeschwür bei einer 50jähr.
Frau, die infolge einer akuten Pancreatitis hae-
morrhagica ad exitum gekommen war. D. ist ge¬
neigt, das Geschwür als das ursächliche Moment
der Pankreatitis anzusprechen.
Thorno (71) hat einen Fall von blutendem
Duodenalgeschwür erfolgreich mit „antilytischem
Serum“ behandelt. Die Zusammensetzung des
Präparats wird nicht mitgeteilt.
ln einem anderen Falle von protahierter Blutung aus
einem Duodenalgeschwür griff Federmann (19)
operativ ein. Der absteigende Teil dieses Darm¬
abschnittes war prall mit Blut gefüllt, das blutende
Ulcus selbst auch bei Austastung von innen her nicht
zu erkennen. Pjlorusausschaltung, promptes Sistieren
der Blutung.
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24
Über Tuberkulose.
Von
Dr. E. Sobotta
in Sehmiedeberg i. R.
(Schluß.)
Vcrlttihtii'/.
287. Köhler, F., Die Arbeitsfähigkeit nach Heil¬
stättenkuren in der Statistik. Zeitschr. f. Tuberk.
Bd. 17. Nr. 4. 1911.
288. Russell, J. F., The treatment of pulmonary
tuberculosis based on the assumption that the dietetic
cause of the disease is lime starvation. New York med.
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Für die Behandlung der Lungentuberlculose
bildet die Anstaltskur immer noch die wesent¬
liche Grundlage. Über günstige Erfolge berichten
Köhler (287), Russell (288), Ben nett
P i e r c e (289), sowie die verschiedenen Jahres¬
berichte von Heilanstalten (290—296). K i 1 -
1 i a n (297) hebt den Wert der Heilanstaltsbehand¬
lung für die Kehlkopftuberkulose hervor. Für die
Lungentuberkulose der Kinder ist nach Hahn
1298) die Heilstättenbehandlung nur dann erfolg¬
reich, wenn es sieh um geschlossene Tuberkulose
handelt. Skinnor Goodall (299) stellte fest,
daß unter den Insassen einer Kinderheilstätte die
besten Erfolge von den Mädchen im Alter von
6—12 Jahren erzielt wurden.
Recht abfällig äußert sich Wolff-Eisnor
| (307) übor die Heilanstaltsbehandlung, besonders
über die Freiluftkuren, von denen er behauptet,
daß sie bei ungünstigen Witterungsverhältnissen
zu „Erkältungen, Influenzen“ (sic!) führen können.
Wolff-Eisner beruft sich dabei auf die, die
„etwas mehr mit den Kranken Fühlung“ haben.
Die behandelnden Ärzte scheinen damit nicht ge¬
meint zu sein, obgleich diese doch die engste Füh¬
lung mit den Kranken haben, und denen wird man
wohl auch die Ausdrücke „Erkältungen und In-
fluenzon“ nicht Zutrauen. Dementsprechend er¬
klärt Wolff-Eisner, daß nicht dio “über¬
triebene Freiluftkur“ eine Forderung einer wissen¬
schaftlichen Tuberkulosebehandlung ist, sondern
daß eines ihrer Hauztziele die „Fernhaltung von
Erkältungen und komplizierenden Infektions¬
krankheiten, von Influonzen usw.“ ist. Dieses
Ziel läßt sich nicht immer im heimischen Klima
erreichen, namentlich nicht im Winter. Kranke
mit feuchten Katarrhen gohören im allgemeinen
nach Ägypten, solche mit trockenen Katarrhen
an die See. Individuelle Idiosynkrasien sind natür¬
lich zu berücksichtigen. Prophylaktiker und
Kranke mit inaktiver Tuberkulose haben Erfolg
von Winterkuren im Hochgebirge zu erhoffen.
Demgegenüber betont Ritter (308) ganz ent¬
schieden die Tatsache, daß die Mehrzahl der
Tuberkulösen die zu ihrer Heilung erforderlichen
klimatischen Bedingungen in den heimischen Heil¬
stätten finden kann, wie aus der Statistik zweifel¬
los hervorgeht. Es liegt demnach keine Ver¬
anlassung vor, die Tuberkulösen in besondere
klimatische Kurorte des Auslandes zu schicken;
das Hochgebirgsklima wird in der Beziehung im
allgemeinen stark überschätzt und ist durchaus
nicht für alle geeignet II i n s d a le (309) stellt
sich, was Amerika betrifft, auf denselben Stand¬
punkt, und erklärt das Klima für das geeignete,
das die Durchführung der hygienisch diätetischen
Kur in reiner Luft ermöglicht.
Die Wirkung des Höhenklimas ist nach Rosse-
1 e t (310) mit der in den höheren Lagen zunehmen¬
den Intensität der ultravioletten Strahlen zu er¬
klären, die sich namentlich im Winter bemerkbar
machen soll. Stäubli (311) und Bürker,
J o o s , Moll und N e u m a n n (312) halten die
durch die Höhenlage verursachte Vermehrung der
roten Blutkörperchen und des Hämoglobins für
das Entscheidende, obgleich nach B a r k o r, der
„dio Blutreaktion als eine Anpassung des sauer¬
stoffübertragenden Apparates an dio verdünnte
Luft“ auffaßt, die Einwirkung des Klimas auf das
Blut bisher offenbar überschätzt worden ist. —
Interessant sind die Vergleiche zwischen den An-
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Sobotta, Über Tuberkulose.
29
gaben über die Wirkung des Höhenklimas und
den Beobachtungen bei Hochfahrten im Frei¬
ballon: wie Flemming (314) mitteilt, verflacht
sich die Atmung mit zunehmender Erhebung, und
die Anzahl der roten Blutkörperchen nimmt ab,
um erst allmählich nach Rückkehr auf den Erd¬
boden wieder zuzunehmen und die frühere Zahl
zu erreichen.
Eine Ergänzung und teilweise einen Ersatz der
Heilanstalten bilden die Fürsorgestellen und Dis-
pensaires, deren Einrichtung Dembrowski
(315) u. a. m. beschreiben. P ü 11 e r (319) schlägt
eine Verbindung der Tuberkulose-Fürsorge mit an¬
deren Fürsorgegebieton (Alkohol-, Krebs- und
Kinderfürsorge) vor. Pringle (320) und
Beardsley (321) erörtern die Frage, ob es
zweckmäßig sei, in den Fürsorgestellen eine Be¬
handlung der Kranken, insbesondere mit Tuber¬
kulin, vorzunehmen, und kommen zu einer Ab¬
lehnung.
Die Behandlung der Tuberkulösen in der
eigenen Wohnung, die in vielen Fällen unvermeid¬
lich, aber, wie S a 1 v i n i (323) auseinandersetzt,
gut durchführbar ist, läßt sich nach Knopf (324)
erleichtern durch Anbringen eines besonders luft¬
durchlässigen Kastens vor einem Fenster zur Ein¬
richtung der Schlafstätte. Günstige Erfahrungen
mit der Tuberkulose-Klasse, namentlich auch hin¬
sichtlich der Überwachung der Mitglieder, werden
von Pra11 (325) mitgeteilt. — Seymour (326)
hat auf einem alten Schiff eine Tages- und Nachts-
Erholungsstätte mit gutem Erfolge eingerichtet
und gleichzeitig damit eine Freiluftschule. Für
diese, bez. die Waldschulen treten ferner ein
Locke (327), Ferreira (328), Fornario
(829), Deläarde (330).
Für die Unterbringung schwerkranker Tuber-
JrulÖser in Krankenhäusern, bez, in gesonderten
Abteilungen von Krankenhäusern sprechen sich
Sternberg (331) und Flick (332) aus.
Größere Anlagen von Spezialkrankenhäusem für
Tuberkulöse geben uns Beyer (333) und Pott-
hoff (334).
Für die spezifische Behandlung der Tuber¬
kulose kann als Grundlage das Lehrbuch von
Bandelier und R o e p k e (335) dienen, von
dem die 6. Auflage erschienen ist Die Tuber¬
kulinbehandlung ist danach als eine Nachahmung
der natürlichen Heilungsvorgänge aufzufassen:
das Tuberkulin ist dem Organismus, dem es ein¬
verleibt wird, nichts Körperfremdes, sondern hilft
nur, die Reaktionsprodukte (Antikörper) zu bilden,
die der Körper von selbst nicht in ausreichender
Menge hervorzubringen imstande ist. Die Heil¬
wirkung des Tuberkulin beruht teils auf der Gift¬
festigung des Organismus, teils auf der lokalen
Hyperämie, die in den tuberkulösen Herden hervor¬
gerufen wird. Die unter der Tuberkulinbehand¬
lung sich bildenden komplementbindenden Anti¬
körper sind dieselben, die man auch bei nicht¬
spezifisch behandelten Kranken mit leichten
Lungenaffektionen nachweisen kann. Die Menge
dieser Antikörper wächst mit der Höhe der ver¬
wendeten Tuberkulindosen.
Daß die komplementbindenden Antikörper
durch Tuberkulinbehandlung gebildet werden und
im Blutserum nachzuweison sind, wird von den
meisten Autoren bestätigt. Möllers (336) er¬
klärt, daß damit eine spezifische Umstimmung
des Organismus zum Ausdruck gelangt, bezweifelt
aber, ob dadurch der Heilungsprozeß günstig be¬
einflußt wird, oder ob daraus ein Rückschluß auf
die Prognose gezogen werden kann. Auch
Bauer (337) hält es für noch nicht erwiesen, daß
diese Antikörper etwas mit der Heilwirkung des
Tuberkulin zu tun haben. Und S c h i e c k (338)
bestreitet, gestützt auf sehr genaue Beobach¬
tungen in der vorderen Augenkammer, direkt, daß
der tuberkulöse Antikörper sich gegen das wirk¬
same Prinzip des Tuberkelbazillus richte.
Die Frage, ob die Tuberkulinreaktion als ein
anaphylaküscher Vorgang aufzufassen ist, wird
von Wolff-Eisner (340) eingehend erörtert
unter Darstellung der verschiedenen Theorien zur
Erklärung der Tuberkulinreaktion. Die Lysin-
Theorie Wolff-Eisners und die Auffassung
über die Anaphylaxie wird von v, C a p e 11 e (341)
bestätigt. Friedberger und Schütze (342)
konnten aus Tuberkelbazillen das für Anaphylaxie
charakteristischeAnaphylatoxinhersteilen. Land¬
mann (343) dagegen führt triftige.Gründe gegen
die Auffassung an, daß Anaphylaxie bei der
Tuberkulinreaktion und der Tuberkulinüberemp-
findlichkeit in Frage komme.
Die Tuborkulinüberempfindlichkeit ist aber
nach S o r g o (344. 345) überhaupt nicht als ein
spezifisch anaphylaktischer Vorgang aufzufassen,
nicht als eine spezifische Allergie, sondern als eine
einfache Allergie „im Sinne dessen, was das Wort
besagt, als eine von der Norm abweichende Reak¬
tionsfähigkeit der Haut, deren Ursache in zellu¬
laren Vorgängen zu suchen sein dürfte“. S o r g o
begründet das damit, daß man nicht nur mit
Tuberkulin, sondern auch mit anderen Toxinen
(Diphtherie-, Typhus-, Choleratoxin) bei der Haut¬
impfung Reaktionen erhält, die der Tuberkulin¬
reaktion gleichen, daß diese mit Tuberkulin und
den verschiedenen anderen Toxinen angestellten
Reaktionen einander parallel gehen, eine Erschei¬
nung, die namentlich bei kachektischen Tuber¬
kulösen zutage tritt: diese reagieren ebensowenig
auf Tuberkulin wie auf Diphtherie- und Dys¬
enterietoxin. Diese Toxine zeigen dieselbe Wir¬
kung auch, wenn man sie durch Erhitzen ent¬
giftet. Man kann ihre Wirkung also nicht als pri¬
märe Giftwirkung auffassen. Vielmehr ist sie,
ebenso wie die Tuberkulinreaktion, zu erklären
mit einer Toxinüberempfindlichkeit der Haut des
tuberkulös infizierten Organismus, und die Tuber-
kulinüberempfindlichkeit ist keine spezifische, von
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30
Sobotta, Über Tuberkulose.
Immunisierungsvorgängen abhängige Erschei¬
nung, sondern nur der Ausdruck dieser all¬
gemeinen Toxinüberempfindlichkeit. — Allerdings
wendet Zieler (34(5) gegen Sorgos Ausfüh¬
rungen ein, daß die Tuberkulinreaktionen mit den
Toxinroaktionen durchaus nicht parallel gehen,
weder in bezug auf ihre Häufigkeit, noch auf den
klinischen Verlauf. Im übrigen können technische
Schwierigkeiten derart im Spiele sein, daß man
auch untor Umständen mit physiologischer Koch¬
salzlösung scheinbare Reaktionen auslösen kann.
Die Mehrzahl der Autoren bcrichtot über gün¬
stige Erfolge der Tuberkulinbehandlung, so Ban¬
delier und Roepke (L c.), Petruschky
(3-19) untor wiederholter Empfehlung der Etappen-
kureu. II old heim (350). Freymuth (L c.),
Curschmann (351), der besonders auf die
guten Dauererfolge hinweist, u. a. m. Dagegen
urteilt nur bedingt günstig P o 1 a c c o (360) und
Meissen (301), der diejenige Beeinflussung des
Krankheitsprozesses, die man von einem wirk¬
lichen Spezifikum erwarten müßte, nicht fest¬
stellen konnte, ferner Rohmor (362), der bei
Kindern trotz langdauernder Behandlung einen
ungünstigen Verlauf nicht immer abwenden
konnte, und Whitmorc (363), der einen Erfolg
der Tuberkulinbehandlung bei der Behandlung
tuberkulöser Philippinen-Eingeborcner überhaupt
nicht feststellcn konnte. K r u s i u s (364) be¬
zweifelt nach seinen Beobachtungen an experi¬
menteller Augentuberkulose ebenfalls, daß die
Tuberkulinpräparate (Alt-Tuberkulin und Bazillen-
cmulsion) eine spezifische Wirkung haben.
Über die zweckmäßige Dosierung des Tuber¬
kulins sind die Ansichten noch geteilt. Während
Bandelier und Roepke (1. c.), Potruschky
(1. c.), Freymuth (1. c.) und andere zu mög¬
lichst hohen Dosen zu gelangen suchen, warnt
R o h m e r (1. c.) vor der Anwendung großer Dosen
bei Kindern und ebenso Fuchs und Neu¬
bauer (366) unter Hinweis auf die nach höheren
Dosen auftretenden Fiebererscheinungen, Appetit¬
losigkeit usw. S o r g o (1. c.) würde die großen
Dosen nur für gerechtfertigt halten, wenn es sich
nachweisen ließe, daß den großen Tuberkulin-
doson eine vermehrte Antikörperbildung ent¬
spräche. Da er aber die Immunisierung durch
Tuberkulin bestreitet, die Heilwirkung dos Tuber¬
kulins nur mit der Einwirkung auf das tuber¬
kulös erkrankte Gewebe erklärt, hält er es nicht
für richtig, die Reaktionsfähigkeit des Organismus
durch Gowöhnung an große Dosen herabzusetzen.
— Eschorich (367) bezweifelt ebenfalls die
Zweckmäßigkeit großer Tuborkulindosen. Er emp¬
fiehlt die „anaphylaktische Methode“, dio wieder¬
holte Einspritzung kleinster Dosen zur Anrogung
der Anaphylaxiiibildung, verspricht sich davon
aber boi Kindern nur dann etwas, wenn das Tuber¬
kulin nicht in vorgeschrittenen Fällen, sondern in
beginnenden und latenten Fällen angowendet
I wird. — L i t z n e r (368) betont die Wichtigkeit
strengster Individualisierung bei der Tuberkulin¬
behandlung: er strebt milde lokale Reaktionen an,
die bei dem einen durch kleinere, bei dem anderen
nur durch größere Dosen ausgelöst werden. Bar-
t e 1 (369) fordert Individualisierung namentlich
hinsichtlich der Auswahl der Fälle. — Blümel
(370), der es als Ziel der individualisierenden Be¬
handlung bezeichnet, „die Ilerdreaktion immer in
heilsamen Grenzon zu halten“, möchte die Tuber¬
kulinwirkung nur vom klinischen Standpunkte
aus würdigen, weil die Frage der Antituberkulin¬
bildung doch noch zu zweifelhaft ist. Für die
Auswahl des unter den zahlreichen Tuberkulinen
zu wählenden Mittels stellt er die Forderung, daß
das Präparat genügend spezifische Stoffe enthalte,
zuverlässig geprüft und gut dosierbar sei. Er teilt
die Tuberkuline in 3 Gruppen ein: 1. die die Gift¬
immunität anstrebonden Präparate, die die Stoff¬
wechselprodukte des Tuberkelbazillus enthalten
(Vertreter Alt-Tubcrkulin); 2. dio eine bakterielle
Immunität hervorrufenden Mittel, die die Leibes¬
substanzen (Endotoxine) des Tuberkelbazillus ent¬
halten (Typus Bazillenemulsion); 3. die beide
Arten von Immunität erzeugenden und beide Sub¬
stanzen enthaltenden Tuberkuline (Beispiel Tuber¬
kulin Böranck). Blümel erklärt, daß wir
damit nun hinreichend Tuberkuline hätten, daß
das Bedürfnis nach aktiven Immunisiorungs-
mitteln erschöpft sei, fügt aber selbst hinzu, daß
wir nicht wissen können, ob „wir je ein ganz
vollkommenes“ (Tuberkulin) erhalten werden.
Das Alt-Tuberkulin Koch und die Bazillen¬
emulsion sind die Tuberkulinpräparate, die in
Deutschland am meisten angewendet werden.
Das Perlsucht-Tuberkulin scheint überhaupt nur
noch wenig gebraucht zu werden. Interesse ver¬
dient indessen der Vorschlag von Warren
Crowe (371) zur Anregung der für die Tuber-
kulosoheilung so wichtigen Autoinokulation Perl¬
suchttuberkulin und Menschentuberkulin (T. R.)
abwechselnd zu geben, und zwar in der Weise,
daß man die Behandlung mit dem einen der ge¬
nannten Präparate beginnt und mit demselben
solange fortsetzt, bis eine deutliche Reaktion ein¬
getreten ist. Alsdann greift man zum anderen
Präparat, durch das man die vorangegangene
Reaktion erheblich abkürzt. Man gibt dieses nun
weiter bis zur nächsten Reaktion und wechselt
dann abermals und so fort. Angeblich sollen sich
damit protrahierte Reaktionen vermeiden und die
Reaktionen selbst milder gestalten lassen.
Auch das Eisentuberkulin scheint nicht häufig
angewendet zu werden. Schellonberg (372)
berichtet über gute Erfolge und rühmt dem Mittel
nach, daß man verhältnismäßig schnell und ohne
stärkere Reaktionen zu dem Ziele, höhere Dosen
zu erreichen, gelangen kann.
Über das Rosenbach sehe Tuberkulin be¬
richtet Rosenbach (374) selbst, daß er bei chir-
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Sobotta, Über Tuberkulose.
31
urgischer Tuberkulose, namentlich bei Gelenk¬
tuberkulose und Lupus, gute Erfolge erzielte. Er
wendot das Tuberkulin nicht nur subkutan, son¬
dern mitunter auch lokal (Injektion in die Herde)
an. Besonders wird die Unschädlichkeit des
Mittels hervorgehoben. Seyberth (375), der
das Tuberkulin bei chirurgischer Tuberkulose, zu¬
meist bei Gelenkerkrankungen, intrafokal anwen¬
dete, bestätigt Rosenbachs Angaben. K o h -
1 e r und Plant (376) haben das Tuberkulin
Rosenbach bei Lungentuberkulose mit gutem
Erfolge benutzt: sie beobachteten Besserung des
Lungenbefundes, Gewichtszunahmen, günstigen
Einfluß auf die Körpertemperatur und auf die
subjektiven Beschwerden. Sio glauben, obwohl
Vergleiche mit anderen Tuberkulinen nicht an¬
gestellt wurden, doch eine Überlegenheit des
Rosenbach sehen Tuberkulins über die an¬
deren Tuberkuline, besonders über das Koch sehe
Alt-Tuberkulin, annehmen zu dürfen. Dagegen
urteilt Schaefer (377) ziemlich abfällig über
das R o s e n b a c h sehe Tuberkulin: er konnte
bei Lungentuberkulose eine Einwirkung auf den
Krankheitsverlauf nicht feststellen und nimmt an,
daß das Präparat „durch den Trichophyton seinen
spezifischen Charakter verloren“ hat oder daß der¬
selbe stark geschwächt ist.
Uber das Endotin (Tuborculinum purum) hat
Hinze (378) Versuche angestellt, die ergaben,
das Endotin zwaar Tuberkulin enthält, „jedoch
in derart geringen Dosen, daß nur bei den sen¬
sibelsten Personen eine positive Kutanreaktion
ausgelöst worden kann“. Auch ist das Endotin
imstande, Allgemeinreaktionen auszulösen. Es hat
vor anderen Tuberkulinpräparaten keinen Vorzug.
Seine „Ungiftigkeit“ beruht nur auf dem geringen
Gehalt an Tuberkulin. Auch V o s (379) konnte
eine Überlegenheit des Endotin über andere Tuber¬
kuline nicht feststellen; er beobachtete wiederholt
Reaktionen und hatte keineswegs gute Erfolge.
Etwas günstiger wird das Endotin von Rayevski
(380) beurteilt.
Ist man somit nicht berechtigt, das Endotin
als ein wirkliches Tuberculinum purum zu be¬
zeichnen, so dürfte ein anderes Tuberkulinprä¬
parat, das von Koch selbst hergeatellte albu-
mosefreie Tuberkulin, eher Anspruch auf diese
Bezeichnung haben. Es wird, wie Ziegler (381)
ausführt, aus Kulturen gewonnen, die auf einem
eiweißfreien Nährboden gezüchtet sind, und ent¬
hält daher nicht die Albumoson, die, wie man
annimmt, in den anderen Tuberkulinen enthalten
sind, und die für einen Teil der unangenehmen
Reaktionserscheinungen verantwortlich gemacht
werden. Es wird dadurch die Möglichkeit ge¬
boten, bei der Tuberkulinkur zu höheren Dosen zu
gelangen und damit bessere therapeutische Erfolge
zu erzielen als mit den übrigen Tuberkulinpräpa¬
raten. J ochmann und Möllers (382) weisen
ebenfalls darauf hin, daß man mit diesem milden
Präparate dio Kuren oft ganz ohne Reaktion bis
zur Maximaldosis in kurzer Zeit durchführen kann.
Zur Entfieberung scheint sich das albumosefreie
Tuberkulin allerdings nicht zu eignon. Unter Um¬
ständen empfiehlt sich eine Nachbehandlung mit
Bazillenemulsion, da die Empfindlichkeit diesem
Präparate gegenüber durch die Vorbehandlung mit
dem albumosefreien Tuberkulin herabgesetzt wird.
Von den sonst zur aktiven Immunisierung vor¬
geschlagenen Mitteln wird nicht viel Erhebliches
berichtet. Besondere Erwähnung verdienen in¬
dessen die Versuche von Much und Deycke
(386), ein Tuberkulin herzustellen, das alle Sub¬
stanzen des Tuberkelbazillus (dio Eiweißsub¬
stanzen und die verschiedenen Fettsubstanzen) in
gelöster Form enthält, ohne daß die immuni¬
sierenden Fähigkeiten verloren gehen. Nachdem
sich das Neurin als ein zwar vollkommenes, aber
zu stark wirkendes Lösungsmittel erwiesen hatte,
scheint es, daß man mit verschiedenen organischen
Säuren (Milch-, Hippur-, Glykuron- und Wein¬
säure) zum Ziele gelangt.
Über die Zweckmäßigkeit der ambulanten
Tuberkulinbehandlung wird noch gestritten. Blü-
mel (387), Meyer (388), Engländer (389)
und Miller (390) sprechen sich unbedingt dafür
aus, während U1 r i c i (391) davor warnt, ein Ver¬
fahren, das aus dem Stadium der Versuche noch
nicht heraus ist, in der Sprechstunde anzuwenden,
und Sobotta (392) besonders Bedenken äußert,
das albumosefreie Tuberkulin, das oft Herdreak¬
tionen ohne fieberhafte Allgomeinreaktionen her¬
vorruft, in der ambulanten Praxis in dem Be¬
streben nach hohen Immunisierungsdosen zu ver¬
wenden.
Die Anwendung des Tuberkulin per os ist nach
den Untersuchungen von Möllers und Heine-
mann (393) nicht ausführbar, weil das Tuber¬
kulin durch die Einwirkung des Pepsins und
Trypsins stark geschädigt wird. Pfeiffer und
Trunk (394) und Pfeiffer, Trunk und
Leyacker (395) bestätigen dies.
Auch kutan, in Form v. Pirquet scher
Impfungen, wird die Tuberkulinbehandlung vor¬
geschlagen. Wallerstein (396) hatte gute Er¬
folge bei chirurgischer Tuberkuloso und bei
Lungentuberkulose und rühmt besonders die Ein¬
fachheit und Harmlosigkeit dieser Behandlungs¬
weise.
Uber die Frage der Serumbehandlung der
Tuberkulose ist zunächst die Arbeit von Sata
(398) zu erwähnen, der von dem Gedanken aus¬
geht, daß die Tuberkulinüberempfindlichkeit nicht
nur durch tuberkulöse Prozesse oder durch lebende
Tuberkelbazillen erworben wird, sondern auch
durch tote Tuberkelbazillen oder durch Tuber¬
kulin hervorgerufen werden kann. Auch die Bil¬
dung der Antikörper läßt sich bei gesunden Tieren
durch Tuberkulinbehandlung erzielen. So läßt
sich ein wirksames Serum hersteilen; ein noch
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32
Sobotta, Über Tuberkulose.
wirksameres läßt sich erwarten, wenn man die
Immunisierung mit lebenden artfremden Tuberkel¬
bazillen vornimmt — Bertarelli und Da11a
(399) konnten ein „antituberkulinisches Serum“
zwar leicht herstellen und fanden auch, daß dieses
Serum einen gewissen Grad von „tuberkulin¬
neutralisierender Wirkung" zeigt — aber selbst in
hohen Dosen vermochte dieses Serum nicht, den
Verlauf der experimentellen Meerschweinchen¬
tuberkulose aufzuhalten oder „die Erscheinungen
zu verringern, welche man bei der Tuberkulin¬
antireaktion bei Tuborkulosekranken beobachtet“.
— Sobotta (401) hatte mit dem Höchster Tuber¬
kuloseserum (von Ruppel und Rickmann herge¬
stellt) einige Erfolge bei Schwerkranken, nament¬
lich bezüglich der Anregung des Appetites.
Bruschettini (402) empfiehlt das von ihm
hergestellte „Impfserum“, das kein einfaches anti¬
toxisches oder bakterizides Serum ist, sondern die
„Vereinigung eines Serums mit einer ganz un¬
abhängig davon präparierten Impfsubstanz“. —
Sanders (403) wendet bei Schwerkranken
zur Bekämpfung der Mischinfektion gleichzeitig
Streptokokken-, Staphylokokken- und Koli-Serum
m it Erfolg an. — Jacob und Chavigny (401)
wendeten bei tuberkulöser Perikarditis die Auto¬
serotherapie mit Erfolg an. — L i v i e r a t o und
Crossonini (405) stellten fest, daß tuberkulöse
Exsudate „eine deutliche schützende und prophy¬
laktische Wirkung gegen die akute Tuberkulin¬
vergiftung bei Tieren“ entfalten. — Livierato
(400) , R o m a n e 11 i (407), R o m a n e 11 i und
M o r e 11 i (408) weisen auf die Tatsache hin, daß
man mit den Extrakten tuberkulöser Organe und
mit eingetrocknetem tuberkulösen Sputum Tiere
gegen Tuberkulose immunisieren kann.
Über Spenglers TuberkiUose-Immunblut-
Behandlung lauten die Urteile noch recht ver¬
schieden. B a u d e 1 i e r und R o e p k e (L c.)
halten daran fest, daß das I.-K. vollständig
wirkungslos sei, daß es weder irgend einen Heil¬
effekt ausübe, noch Schädigungen hervorrufe.
Ebenso äußert sich Koch (1. c.). Starkloff
(410) sah bei 5 von 6 mit I.-K. behandelten Fällen
eine Verschlimmerung des Zustandes. Dagegen
erklären M i n e t und L e c 1 e r c q (411) das I.-K.,
wenn es vorsichtig angewendet wird, für ein wert¬
volles Adjuvans der Tuberkulosebehandlung, das
weit besser vertragen werde als die Tuberkuline.
Fuchs-Wolfring (412) bestreitet jode schäd¬
liche Nebenwirkung des I.-K. und stellt fest, daß
die mit I.-K. erzielten Erfolge die Ergebnisse der
Heilstättenbehandlung und der Tuberkulinbehand¬
lung weit übertreffen. Die Wirkung zeigt sich in
Gewichtszunahme, Entfieberung (sogar in hoch¬
febrilen Fällen), Verschwinden der Tuberkel¬
bazillen aus dem Auswurf, Besserung des Lungen¬
befundes. Hollos (414, 415), der besonderen
Wert legt auf die Feststellung der durch die
j Tuberkulose, auch schon durch latente Herde,
hervorgerufenen Intoxikationserscheinungen, fand
das I.-K. gerade gegen diese besonders wirksam.
Wein (410) stimmt mit Hollos überein und
betont die Überlegenheit des I.-K. über das
' Marmorekserum.
Die operative Behandlung der Lungentuber¬
kulose im Sinne einer Erweiterung der Freund-
schen Brustapertur-Stenose scheint wenig geübt
zu werden. Sauerbruch (417) weist nicht mit
i Unrecht darauf hin, daß die Voraussetzungen für
i eine solche Operation auch kaum gegobon sein
dürften, da man von einer Beseitigung der Stenose
zwar vielleicht erwarten könne, daß die Prädis¬
position der Lungenspitzen beseitigt werde, nicht
aber darauf rechnen könne, daß eine schon aus-
j gebrochene Tuberkulose zum Stillstände komme.
' Die Zweckmäßigkeit wird ferner in Frage gestellt
! durch die Beobachtungen Graus (418), wonach
: der Eintritt der Thoraxstarre im Verlaufe einer
Lungentuberkulose auf dieso einen gowissen Ein-
I fluß im günstigen Sinne ausübt. Nicht die Mobili-
j sierung des starren Brustkorbes, sondern die
! Immobilisierung des normal beweglichen Brust¬
korbes ist das therapeutische Ziel, das aus der
Mehrzahl der Veröffentlichungen sich ergibt. Die
Immobilisierung des Brustkorbes oder Ruhig¬
stellung der erkrankten Lunge wird in erster Linie
durch den künstlichen Pneumothorax angestrebt,
eine Methode, die sich scheinbar immer mohr An-
' bänger gewännt, obgleich gerade jetzt K ö n i g e r
i (419, 420) nachweist, daß die Voraussetzungen,
von denen man ursprünglich bei der Begründung
dieses Verfahrens ausging, nicht ganz zutreffen.
Nahm man doch bisher an, daß die Wirkung des
künstlich angelegten Pneumothorax gleichkäme
der durch ein pleuritisches Exsudat ausgeübten
Druckwirkung; ging man doch bei der ganzen
i Pneumothoraxtherapie von der Beobachtung aus,
daß die Pleuraexsudate, die sich im Verlaufe einer
Lungentuberkulose einstellen, durch ihren mecha¬
nischen Druck auf das erkrankte Lungengewebe
den tuberkulösen Prozeß zum Stillstand bringen,
j Diesen Grundpfeiler der Pneumothoraxlehre reißt
nun K ö n i g e r ein, indem er nachweist, daß der
mechanische Druck des Pleuraexsudates nicht
ausreicht zur Erklärung der Heilwirkung, weil
diese auch in solchen Fällen sich beobachten läßt,
in denen nach Lage und Ausdehnung der Krank¬
heitsherde (Initialfälle) von einer Kompressions-
vdrkung nicht die Rede sein kann; weil die Heil¬
wirkung des Pleuraexsudates auch dann zur
Geltung kommt, wenn es auf der dem tuberku¬
lösen Herde entgegengesetzten Seite sich bildet;
weil die Größe des Exsudates ohne Bedeutung für
die Heilwirkung ist; weil die Entleerung des
Exsudates, trotzdem damit der komprimierende
Faktor fortfällt, den günstigen Einfluß der Pleu¬
ritis nicht hemmt. Vielmehr nimmt Könige r
j an, daß der Einfluß auf die Lungentuberkulose
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Sobotta, Über Tuberkulose.
33
durch chemische, vom Pleuraexsudat ausgehende
Wirkungen ausgeübt wird.
Trotzdem wird von allen Seiten Günstiges über
die Pneumothoraxbehandlung berichtet, und man
schränkt die bisher anerkannten Gegenindika¬
tionen immer mehr ein. Forlanini (422),
Sauerbruch (1. c.), Piöry (425) u. a. m. be¬
richten über die Einzelheiten der Technik.
Die von Wilms vorgeschlagene (Jahresb. 1911,
S. 258) eingreifendere Methode zur Begünstigung
d‘>: Lungenschrumpfung (Rippenresektion) scheint
noch nicht viel nachgeprüft zu sein. Kolb (434)
berichtet über einige günstige Erfolge und stellt
die Indikation: chronisch-indurative oder fibrös¬
kavernöse Oberlappenerkrankungen.
Als Ersatz für die Pneumothoraxbehandlung,
namentlich für diejenigen Fälle, in denen wegen
breiter Adhäsionen die Anlegung des Pneumo¬
thorax nicht ausführbar ist, schlägt Stuertz
(435) die Durchschneidung des Phrenikus vor, um
durch künstliche Zwerchfelllähmung die Aus¬
heilung der Kavernen zu ermöglichen. Hellin
(436) wendet dagegen ein, daß bei einseitiger
Phrenikus-Durchschneidung, wie seine Tierver¬
suche ergaben, die entsprechende Zwerchfellhälfto
nicht stillsteht. Diese Angabe wird aber von
Stuertz (437) erfolgreich widerlegt.
Die Einleitung des künstlichen Aborts bei
tuberkulösen Schwangeren ist nach Petruschky
(438) nicht allgemein zu empfehlen, „sondern nur
unter besonderen Umständen, namentlich dann,
wenn die normale Gewichtszunahme der Gravida
auch unter Anwendung spezifischer Therapie
nicht zu erzielen ist“. Krämer (430) will die
Einleitung des Abortes davon abhängig machen,
ob die Vernarbung oder das Inaktivwerden des
tuberkulösen Prozesses bis zur Niederkunft er¬
reicht wird und ob sich dieses Ergebnis noch in
der ersten Hälfte der Schwangerschaft vorher¬
sehen läßt Auf den Nachweis von Tuberkel¬
bazillen ist dabei weniger Wert zu legen,
v. Bardeleben (1. c.) hält die Unterbrechung
der Schwangerschaft nur dann für zweckmäßig,
wenn keine Tuberkelbazillen in der Plazenta an¬
zunehmen sind, weil von dort aus immer eine
Mobilisierung der Bazillen möglich ist Auf
Tuberkelbazülen in der Plazenta ist nicht zu
rechnen bei unkomplizierten Spitzenkatarrhen bis
zum vierten Schwangerschaftsmonat. In den
anderen Fällen müßte neben der Entfernung der
Frucht die Exzision der Plazentarstelle ausgeführt
werden. K a m i n e r (440) bezweifelt, ob die
Totalexstirpation des Uterus zur Verhütung wei¬
terer Konzeption zweckmäßig sei: der infolge
davon erwartete Fettansatz ist nicht ohne weiteres
als etwas für die Ausheilung der Tuberkulose
Günstiges anzusehen, und die mit einer solchen
Operation verbundenen Gefahren sind für den
Verlauf des Leidens nicht unerheblich. Bezeichnen
doch viele Autoren, so Schröder und Kauf-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
mann (L c.), Tecon (L c.), den künstlichen
Abort schon als einen Eingriff, der den Tuber¬
kulösen nicht ungefährlich ist
Die für die Behandlung der Lungentuberkulose
geeigneten hydrotherapeutischen Maßnahmen wer¬
den von Winternitz (441) und Scherer (442)
zusammengestellt und begründet
Uber die Einwirkung des Radium auf die
Tuberkulose wird verschieden berichtet Pun-
t o n i (448) sah von einer 48 Stunden lang währen¬
den Einwirkung von Radiumemanationen und
Radiationen keinen Einfluß auf Tuberkulose¬
kulturen oder tuberkulöses Material. F1 e m -
m i n g und K r u s i u s (444) fanden, daß die vom
Radium und seinen Verwandten ausgehenden
Strahlenenergien einen abschwächenden Einfluß
auf den Tuberkelbazillus sowie einen roborieren-
den Einfluß auf den infizierten Organismus aus¬
üben, wodurch sich eine Abschwächung des
Krankheitsverlaufes erklären läßt Eine Ver¬
nichtung der Tuberkelbazillen, wie sie durch die
Sonne erfolgt, konnten sie mit Radium nicht be¬
obachten. — Bernheim und Dieupart (445,
446, 447) wenden das Radium als radioaktives
Jodmenthol ( Dioradin ) mit angeblich glänzendem
Erfolge gegen Tuberkulose an: das Dioradin ver¬
mag zwar nicht „sämtliche Formen von schwerer
Tuberkulose zu heilen, aber es führt eine Besse¬
rung selbst bei verzweifelten Fällen herbei“. Das
Dioradin wird intramuskulär jeden 2.-3. Tag ein¬
gespritzt in Serien von 30—40 Einspritzungen. Es
soll Tuberkelbazillen und Streptokokken zerstören,
das Allgemeinbefinden der Kranken und den
Kräftezustand heben, Fieber, Husten, Auswurf
und Nachtschweiß unterdrücken. Die Angaben
Bernheims und Dieuparts finden Bestä-'
tigung durch Baud (448) und Robinson (449).
Die Opotherapie der Tuberkulose wird von
G o u r a u d und P a i 11 a r d (450) auf Grund der
Überlegung vorgeschlagen, daß bei den Tuberku¬
lösen häufig Funktionsstörungen drüsiger Organe
auftreten. Besonders die Behandlung mit Schild¬
drüsen-, Nebennieren- und Leberextrakt wird als
wirksam bezeichnet, während Bayle (451) aus¬
gezeichnete Erfolge mit Milzextrakt hatte, dem er
eine geradezu spezifische Wirkung nachrühmt.
Unter den Medikamenten, die zur Behandlung
der Tuberkulose empfohlen werden, ist das Guaja-
kol und seine Präparate noch viel in Gebrauch.
Gute Erfolge berichten Camphausen (452),
E1 k a n (453), N a p i e r (454), J u n g b I u t (455),
Dorn (456), Burow (457) u. a. m., wenn auch
vorwiegend das Guajakol nicht als ein eigent¬
liches Heilmittel, sondern als wertvolles Unter¬
stützungsmittel der Kur bezeichnet wird.
Uber gute und zum Teil ausgezeichnete Erfolge
der Behandlung mit Quecksilberinjektionen be¬
richten Lisle Wright (459, 460), Squire
(461) und Peters (482). Es wird besonders
bernsteinsaures Quecksilber benutzt
5
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34
Sobotta, Über Tuberkulose.
Auch die Schwefelpräparate werden wieder
zur Behandlung der Tuberkulose herangezogen.
Die sing (463) empfiehlt sein Adrenochrom, die
organische Schwefelverbindung der Nebennieren,
die eine Erhöhung der Venosität dos Gesamtblutes
herbeiführen soll. Werner und Schreiber
(464) erklären die günstige Wirkung der Lipp-
springer Arminiusquelle mit deren Schwefelgehalt,
der hauptsächlich expektorierend wirken soll.
yodoforminjektionen werden von De war (465)
empfohlen, Kampfer von Volland (406), Atoxyl
von Knothe (467), während Blühdorn (463,
469) berichtet, daß Chinosol und Formaldehyd
wirkungslos sind.
Zwei neue Mittel zur Tuberkulosebehandlung
sind im Berichtsjahre vorgeschlagen worden. Das
eine, das Prophylacticum Mallebrein, dient zu¬
nächst prophylaktischen Zwecken, soll aber nach
Mallebrein und Wasmer (472) auch zu
Heilzwecken benutzt werden. Es ist das chlor¬
saure Aluminium, das als Gurgelwasser zur An¬
wendung kommt. Das Aluminium vermag eine
verhältnismäßig große Menge von Chlor- und
Sauerstoffatomon zu binden, und diese werden,
wenn das Aluminiumchlorat mit der Schlei m haut
in Verbindung kommt und sich in Aluminium-
albuminat und Chlorsäure zersetzt, als Chlorsäure
frei, um sofort weiter gespalten zu werden in
Chlor und Sauerstoff. Betrachtet man nun die
Gaumenmandeln als die hauptsächlichen Eintritts¬
pforten des Tuberkelbazillus, so ist es zu er¬
warten, daß durch regelmäßiges Gurgeln mit dem
Aluminium chlorieum eine Desinfektion der
Mandeln erreicht wird, die alsdann vor dem Ein¬
dringen der Krankheitserreger geschützt werden.
Mallebrein nimmt nun aber außerdem noch
eine Tiefen- und Femwirkung des Aluminium und
seiner Salze an, die sich auf pflanzenphysio¬
logische Beobachtungen und das Verhalten des
Aluminiums beim Beizprozeß gründen. Danach
sollen die in der Mundhöhle frei werdenden Chlor-
und Sauerstoffatome in statu nascendi von den
Mandeln aus den Lungen zugeführt werden und
dort auf die Krankheitsherde und die Tuberkel¬
bazillen einwirken. Tatsächlich sollen denn auch
nach W a s m e r s Beobachtungen an Kranken
gute Erfolge erzielt worden sein: Abnahme des
Hustens und Auswurfs, Rückgang der Rassel¬
geräusche, Entfieberung, Appetitzunahme, Ge¬
wichtszunahme.
Das andere, von Finkler und Gräfin v.
Linden (473) vorgeschlagene Tuberkuloseheil¬
mittel wird noch etwas geheim gehalten. Es wird
vorläufig nur angegeben, daß es sich um einen
mit Jod substituierten Anilinfarbstoff und eine
lösliche Chlorkupferverbindung handelt. Diese
Mittel vermögen, ein jedes für sich, die Entwick¬
lung von Tuberkulosekulturen zu hemmen; sie be¬
einflussen die sonst tödlich verlaufende Impf¬
tuberkulose des Meerschweinchens im günstigen
Sinne (Heilung in 75—100"/ o )- Meissen (474)
berichtet über gute Erfolgo in mittelschweren
Fällen von Lungentuberkulose, in denen er lang¬
sames Verschwinden des Fiebers und der Tuberkel¬
bazillen aus dem Auswurfe feststellte. Strauß
(475) sah günstige Wirkung bei äußerer Tuber¬
kulose, besonders bei Lupus.
Für die Behandlung des tuberkulösen Fiebers
wird von M i n n i c h (476) das Eibon (Cinnamoyl-
paraoxyphenylharnstoff) vorgeschlagen, das im
' Organismus in Zimtsäure bzw. Benzoesäure und
i in ein Derivat des Paraoxyphenylharnstoffs zer-
I fällt. Diese Körper besitzen antizymotische und
antipyretische Eigenschaften und führen schneller
j als andere Fiebermittel und ohne lästige Neben¬
wirkungen zur Entfieberung. — Gheza (477)
tritt für das Marctin ein.
Die verschiedenen Behandlungsweisen der
Hämoptoe werden von S t ü h m e r (478) und
Ronzoni (479) zusammengestellt. Wiggers
(480) erklärt für das besto Ilämostyptikum das
Zirbeldrüsenextrakt, weil es das einzige Mittel ist,
das gleichzeitig den Druck im arteriellen System
! erhöht und in den Lungenblutgefäßen herabsetzt.
Focke (481) empfiehlt neben diätetischen Ma߬
regeln als Medikament die Digitalis, die die Ge¬
rinnungsfähigkeit des Blutes erhöhen soll. Focke
geht dabei von der Annahme aus, daß die Lungen¬
blutungen durchaus nicht immer durch das Reißen
einer Gefäßwand verursacht werden, sondern
meist aus der Schleimhaut größerer Bronchien
stammen und durch Kreislaufstörungen und
Stauungen (venöse und kapillare) hervorgerufen
werden, also durch Diapedeso entstehen.
Die Behandlung der Kehlkopftuberkulose wird
von Schröder (482) ausführlich besprochen.
Die besten Erfolge erreicht man durch „die Kom¬
bination der strengen Anstaltsbehandlung mit
einer zielbewußten energischen lokalen Therapie“.
Die spezifische Therapie ist nach Schröder
für die Kehlkopfbehandlung weniger geeignet.
Hutter (483) erklärt dagegen, mit dem Tuber¬
kulin bei Kehlkopf tuberkulöse gute Erfolge er¬
reicht zu haben und gerade durch die Tuberkulin¬
behandlung den Zustand der Kranken häufig
soweit gebessert zu haben, daß Operationen aus¬
führbar wurden oder Spontanheilung von Ge¬
schwüren eintrat. Meyer (484) bestreitet, daß
die klimatische oder Freiluftbehandlung für die
Heilung der Kehlkopftuberkulose ausreicht und
erwartet alles von lokaler Behandlung, unter Um¬
ständen unter gleichzeitiger Anwendung von
Tuberkulin. — Pfannenstill (485, 486) ver¬
sucht eine energische antiseptische Einwirkung
auf die tuberkulösen Kehlkopfaffektionen dadurch
herbeizuführen, daß er das Antiseptikum erst im
erkrankten Gewebe sich bilden läßt. Das in statu
nascendi auftretende Antiseptikum wirkt dadurch
energischer und zeigt eine Tiefenwirkung, die
bei der oberflächlichen Anwendung (Spülungen,
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Sobotta, Über Tuberkulose.
35
Streupulver usw.) vermißt wird. Pfannen¬
still erreicht sein Ziel, indem er Jodnatrium
innerlich gibt, Wasserstoffsuperoxyd äußerlich
(Inhalation) anwendet. Es wird dadurch im er¬
krankten Gewebe Jod frei, das namentlich bei
gleichzeitiger Anwesenheit einer Säure desinfi¬
zierend wirkt. Ein Zusatz von Essigsäure, Wein¬
säure oder Zitronensäure ist daher ratsam. Außer
der Kehlkopftuberkulose hat Pfannenstill
dieses Verfahren auch bei Lupus mit Erfolg an¬
gewendet. Für dessen Behandlung wird von
V e r g e (487) die Applikation einer Tuberkulin¬
salbe empfohlen.
Die Sonnenlichtbehandlung ist nach v. Schröt-
ter (488) besonders für die Behandlung chirurgi¬
scher Tuberkulose geeignet. Außer der Sonnen¬
scheindauer ist dabei die Intensität der Strahlung
zu berücksichtigen. Es ist eine direkte Heil¬
wirkung auf tuberkulöse Herde neben der An¬
regung der vitalen Funktionen anzunehmen. —
Jerusalem (489) berichtet über erfolgreiche
Sonnenbehandlung chirurgischer Tuberkulose, wo¬
durch sich mancher chirurgische Eingriff ersparen
läßt. Jerusalem nimmt weniger eine Tiefen¬
wirkung der Sonnenstrahlen auf tuberkulöse
Herde an, als eine allgemeine Kräftigung des
Organismus, der infolgo davon mit dem Krank¬
heitsherde besser fertig wird. Auch Wilms (1. c.),
der eine kombinierte Therapie (Tuberkulin und
Röntgenstrahlen) empfiehlt, spricht sich für mög¬
lichst konservative Behandlung aus, die durch
klimatische Kuren, Sonne, Seebäder u. dergl. zu
unterstützen ist. Er hebt besonders hervor, daß
der auf operativem Wege von seinen Lymphomen
befreite Kranke weniger gut daran ist als ein
Kranker, dessen Lymphome durch die konser¬
vative Behandlung zurückgegangen sind, weil bei
diesem sich der Organismus während seines
Kampfes mit der Drüsentuberkulose gekräftigt
hat und gegen Neuinfektionen widerstandsfähiger
geworden ist. Hammond (490) empfiehlt die
Seebäder bei tuberkulösen Knochenerkrankungen.
S t o n e (491) tritt für konservative Behandlung
der tuberkulösen Peritonitis ein. Mosberg (492)
schlägt eine Verbesserung der Schmierseife vor,
weil die käufliche Seife ungleichmäßig zusammen¬
gesetzt ist und bisweilen reizend wirkt. Er wendet
diese verbesserte Schmierseife mit Erfolg bei chir¬
urgischer Tuberkulose und skrofulösen Erkran¬
kungen an. C h a p p 1 e (493) nimmt bei schweren
tuberkulösen Gelenkerkrankungen die Ileokolosto-
mie vor, um den Darmabschnitt auszuschalten,
von dem aus am häufigsten die Reinfektion des
Organismus erfolgt. Einige Fälle werden mit¬
geteilt, in denen die Heilung der Gelenkerkran¬
kung erst nach Ausführung dieser Darmoperation
orfolgte. — Raw (494) erklärt die Tuberkulin¬
behandlung für die zweckmäßigste und sicherste
Therapie der chirurgischen Tuberkulose. Raw
wendet Kochs Tuberkuün R an, weil er die chir¬
urgische Tuberkulose auf Infektion mit Typus
bovinus zurückführt; dagegen behandelt er die
durch Typus humanus hervorgerufenen Tuber¬
kuloseerkrankungen (Lungen- und Kehlkopftuber¬
kulose) mit Perlsucht-Tuberkulin.
Für die Behandlung der Nierentuberkulose
stellt Karo (495) den Grundsatz auf, daß jedem
chirurgischen Eingriffe die spezifische Therapie
vorangehen sollte. Diese darf sich aber nicht auf
die schweren inoperablen Fälle beschränken son¬
dern leistet gerade im Anfangsstadium gute
Dienste. Zweckmäßig verbindet man das Tuber¬
kulin mit Chinin bei gleichzeitiger Anwendung
eines Diuretikums (Buccosperin). — W i 1 d b o I z
(490) bezweifelt, daß das Tuberkulin lokale Heil¬
wirkungen bei Nierentuberkulose hervorbringen
kann und sieht den Hauptnutzen des Mittels in
der allgemeinen Giftfestigung des Organismus.
Dementsprechend nehmen die lokalen Beschwer¬
den unter Tuberkulinbehandlung nicht ab, ob¬
gleich sich das Allgemeinbefinden bessert und
das Körpergewicht zunimmt. In vorgeschrittenen
Fällen ist vor der Tuberkulinbehandlung direkt zu
warnen. In leichten Fällen ist vor der Exstirpa¬
tion ein Versuch konservativer (Tuberkulin-) Be¬
handlung angezeigt.
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36
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
B. Auszüge.
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
1. Das Auge vom Renntier; von D. Tret¬
jak oft 1 Tat u. 10 Fig. (Intern. Monatsschr.
t Anat u. Phys. Bd. 29. S. 150. 1912.)
T. hatte Gelegenheit, Augen vom. Renntier zu
untersuchen. Die vorliegenden Mitteilungen be¬
ziehen sich außer allgemeinen Angaben und
Maßen hauptsächlich auf folgende Punkto: Die
sogen. Descemetsche Haut der Kornea endigt nicht
in Gestalt einer einfachen Platte, sondern wird
im Renntierauge nicht nur in der Richtung von
innen nach außen, sondern auch zirkulär durch
die bindegewebigen Achsen der Irisfortsätze
durchsetzt und in einzelne Lamellen gespalten.
Das Gerüst der Kammerbucht (sogen. Ligamentum
pectinatum) ist aus uvealen und skleralen Be¬
standteilen gleichmäßig gemischt.
Die Irisfortsätze des Renntiers haben in erster
Lini e auf anatomischem Wege nachweisbare Be¬
ziehungen zum distalen (vorderen) Teil der Grund¬
platte des Ziliarkörpers. Die hinteren Balken und
das sklerale Gerüstwerk bestehen hauptsächlich
aus dem protoplasmatischen Netz, das die sogen.
Endothelzellen der Fontanaschen Räume bilden,
wobei den Balken wahrscheinlich die spezielle
Aufgabe zufällt, dem Synzytium die nötige Festig¬
keit zu verleihen, obwohl es an und für sich
schon sehr resistent gegen mechanische Ein¬
flüsse ist.
Auf der Sehnervenpapiüe des Renntiers findet
sich ein Zapfen, der aus einem gliösen Gerüst¬
werk, einer bindegewebigen Achse und aus Blut-
kapillaren besteht Eine Fortsetzung in den Glas¬
körper entsendet er nicht Er stellt eine schein¬
bare Fortsetzung der retinalen Venen dar und ist
wahrscheinlich ein rudimentäres Gebilde, das
einen Rest der papillären Anhänge des Nervus
opticus bei seinem Eintritt ins Auge der Reptilien
darstellt Übrigens durchsetzen die Netzhaut¬
gefäße beim Renntier alle Schichten der Haut, auch
die Neuroepithelschicht S o b o 11 a (Würzburg).
2 . Die Entwicklungsgeschichte der Kopf-
arterien von Talpa europaea; von Harry
Sicher. 5 Fig., 3 Taf. (Morph. Jahrb. Bd. 44.
S. 465. 1912.)
S. untersuchte die Entwicklungsgeschichte der
Kopfarterien und speziell die der Arteria stapedia
beim Maulwurf. Während der erste Aortenbogen
zugrunde geht, bleibt vom zweiten eine kleine
Aussackung an seiner dorsalen Ursprungsstelle
erhalten, der sich zur späteren Arteria stapedia
verlängert. Inzwischen hat sich die ventrale
Aorta, die ursprünglich nur bis an den Mandi¬
bularbogen zum Ram. III. Trigemini reichte, bis
in den Oberkiefer verlängert Den Mandibularis
an seiner lateralen Seite kreuzend, gibt sie ihm
die A. alveolaris inferior primaria mit und wendet
sich dann zum Nervus maiillaris und folgt ihm
als Arteria infraorbitalis.
Die Arteria stapedia verlängert sich ziemlich
rasch und teilt sich nach ihrem Durchtritt durch
das Blastem der Steigbügelanlage in ihren oberen
und unteren Ast. Der erstore gibt Hirnhautäste
ab und erstreckt sich durch die Orbita bis zur
lateralen Nasenwand, der untere Ast dagegen
übernimmt das Gebiet der späteren Carotis ex¬
terna. Durch zwei am 2. und 3. Trigeminusast
entlangziehende Anastomosen übernimmt der ge¬
nannte Ast der Arteria stapedia nämlich zuerst
die Arteria infraorbitalis und dann die Arteria
alveolaris inferior, so daß der Carotis externa nur
Lingualis und Auricularis posterior bleiben.
Dieses Gefäß entsteht anfangs als Ast der Arteria
stylomastoidea, die in den frühesten Stadien nach¬
weisbar am Nervus facialis entlang proximalwärts
hinter dom äußeren Gehörgange und der ersten
Kiemenfurche verläuft Wahrscheinlich handelt
es sich bei dieser Arterie um ein Derivat des
ventralen Anteils des II. Aortenbogens.
S o b o 11 a (Würzburg).
3. Über sogenannte atypische Epithel¬
formationen im häutigen Labyrinth. Eine
rudimentäre Macula ncglecta ; von L. S t ü t z. 1 Taf.
(Morph. Jahrb. Bd. 44. S. 403. 1912.)
St beobachtete bei Föten und jugendlichen
Individuen einen Epilhelhügel am Boden und an
der medialen Wand des Utriculus, die er mit der
bei Vögeln und Reptilien dort vorkommenden
dritten Nervenendigung der sogonannten Macula
neglecta vergleicht und mit diesor homologisiert
Bei Erwachsenen fehlt die Bildung meist, was
nach Ansicht von St. mit der Tatsache überein¬
stimmt, daß rudimentäre Bildungen während dos
Fötallebens nur im Kindesalter deutlicher zu sein
pflegen als im erwachsenen Zustand.
S o b o 11 a (Würzburg).
4. Lo sviiuppo delle vie biliar! e del
pancreas in alcuni embrioni umani; per
Antonio Pensa 11 Fig. (Änat. Anz. Bd. 41.
S. 155.)
P. untersuchte bei 7 menschlichen Embryonen
von 4,2—43 mm Länge die Entwicklung der
Gallenwege und des Pankreas. Letzteres nimmt
seinen Ursprung von zwei getrennten Anlagen,
einer dorsalen in Gestalt eines hohlen Divertikels
der dorsalen Darmwand und einer ventralen in
Form einer soliden Epithelknospe des proximalen
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
37
Teils der kaudalen Wand des Leberdivertikels,
aus dem der Ductus choledochus seinen Ursprung
nimmt Die ventrale Anlage ist von Anfang an
unpaar, wenn sich in ihr später auch zwei Höh¬
lungen zeigen.
Was die Bildung der Gallenwege anlangt, so
geht die Bildung der Gallenblase von der ven¬
tralen Portion des Leberdivertikels des Mittel-
darms aus, die des Ductus choledochus von dem
proximalen, die des Ductus hepaticus vom kra¬
nialen Abschnitt des Divertikels. Der schmale
Verbindungsstiel, der die von Anfang an weite
Gallenblasenanlage mit dem Leberdivertikel ver¬
bindet, wird zum Ductus cysticus. Alle Ab¬
schnitte der Lebergänge sind in einem gewissen
Entwicklungsstadium solid; bei Ductus hepaticus
ist das von Anfang an der Fall, bei den übrigen
ist der Verschluß ein sekundärer. Dann tritt zuerst
im Choledochus, dann im Cysticus und zuletzt in
der Gallenblase das Lumen wieder auf.
Sobotta (Würzburg).
5. Der Schädel von La Chapelle-aux-
Saints und die Mandibula des Homo
Heidelbergensis von Mauer. Eine kritische
Betrachtung; von J. Sobotta. 2 Taf., 1 Fig.
(Zeitschr. f. Morph, u. Anthrop. Bd. 15. S. 217.)
5. wendet sich gegen den Versuch des Pariser
Paläontologen Boule, das älteste menschliche
Fossil, den Unterkiefer des Homo Heidelbergensis
von Mauer, mit der geologisch wesentlich
jüngeren Neanderthalrasse (Homo primigenius)
zu identifizieren; insbesondere zeigt S., wie falsch
der Rekonstruktionsversuch von Boule ist, bei
dem er den (stark verzeichnet dargestellten) Hei¬
delberger Unterkiefer an den Schädel des neander- |
thaloiden Fossils von La Chapelle-aux-Saints
anzupassen versucht. Die massige Mandibula
Heidelbergensis paßt weder mit ihrem viel zu
breiten Aste in die Schläfengrube des La Cha-
pelle-Schädels, noch besteht eine auch nur an¬
nähernde Kongruenz zwischen dem Oberkiefer
des letztgenannten Fossils an seinem Zahnbogen
und dem Unterkieferkörper von Mauer. Dieser
ist viel zu lang für die La Chapclle-Maxilla und
hat einem Individuum einer „Menschen"-Rasse an-
gohört, dessen Vorderkopf viel ausgebildeter war
als der der Neanderthalrasse, der also viel affen¬
ähnlicher gewesen sein muß. Ferner macht S.
auf weitere Fohler der Bouleschen Rekonstruk¬
tionsversuche aufmerksam.
Sobotta (Würzburg).
6. Ober aktive Epithel bewegung; von
Albert Oppel. (Anat. Anz. Bd. 41. S. 398.)
0. hat bei den Wundheilungen von Explanta¬
tionsversuchen feststellen können, daß es eine
aktive Bewegung des Epithels gibt. Sie unter¬
scheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der
amöboiden Bewegung, insbesondere kommt es
nicht zum Ausstrecken von Fortsätzen wie bei
dieser, auch geht sie nicht mit einer Isolierung
der einzelnen Zellen einher, sondern sie führt zu
einer flächenhaften Berührung gleichartiger
Zellen. Während die amöboide Bewegung eine
Durch Wanderung andersartiger Gewebe ermög¬
licht, vollzieht sich die Epithelbewegung innerhalb
seines eigenen Gewebes; sie ist auch oft eine
Massenbewegung, indem ganze Zellgruppen sich
infolge von Reizwirkung in derselben Richtung
miteinander bewegen, jedoch mit steter Lagever¬
änderung der einzelnen Zellen untereinander. Im
wesentlichen bleibt dabei die Epithelbewegung
auf die Oberfläche bindegewebiger Flächen be¬
schränkt
Die aktive Epithelbewegung kann durch ab¬
wechselnde Kontraktion und Expansion des Zell¬
körpers entstanden gedacht werden (sogenannte
Kontraktionsbewegung) oder als passive Be¬
wegung des Zellinhalts durch Änderung der Ober¬
flächenspannung wie die amöboide Bewegung.
Nach 0. müßte man nun 4 Formen der Bewegung
unterscheiden: 1. die amöboide, 2. die Epithel¬
bewegung, 3. die Flimmerbewegung, 4. die
Muskolbewegung. Sobotta (Würzburg).
7. Contribution ä l’ätude du fonc-
tionnement des cellules glandulaires. Du
role du chondriame dans la sferetion; par Henri
Hoven. 13 Fig., 2 Taf. (Arch. f. Zellforsch.
Bd. 8. S. 555. 1912.)
H. beschäftigt sich mit dem Stadium der Drüsen¬
funktionen und den Veränderungen der Drüsenxellen
bei deren Sekretion. Mit Hilfe der neuen Mito-
chondrienfärbungen sucht H. die Rolle der sogen.
Ghondriosomen bei der Bildung der Drüsensekrete zu
erforschen. Untersucht wurden Glandulae submaxillaris
und parotis von Kaninchen, Ratte, Katze, Hand, Meer¬
schweinchen, Glandula sublingualis vom Hund; Pankreas
vom Hund, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte, Triton,
Salamander; Magendrüsen von Katze und Hund; Niere
von Meerschweinchen und Frosch; Milchdrüse von
Meerschweinchen, Kaninchen und Ratte, Nebenniere
von Meerschweinchen und Ratte.
H. kommt zu dem Schlüsse, daß alle bisher unter
dem Namen von vegetativen Filamenten, Basalfila¬
menten, Ergastoplasma, Ergastidien und Chondriomen
beschriebenen Strukturen der Drüsenzelle die gleichen
Bildungen darstellen, nämlich Chondriomen. Diese
sind konstante Bildungen der sezernierenden Zellen, sie
stellen die Organbestandteile dar, welche die zur Aus¬
arbeitung der Sekretionsprodukte nötigen Materialien
fixieren. Bei dieser Erscheinung spielen sie eine
hervorragend aktive Rolle. Entweder bilden sich die
Chondriosomen direkt in die Sekretgranula um, wie
das bei manchen Drüsen der Fall ist, oder es geschieht
das weniger auffällig unter Bildung einer Zwischen¬
stufe zwischen Sekretgranulom und Chondriosom.
Dabei bleibt nach Ausstoßung des Sekretes immer eine
Reserve von Chondriosomen unverändert erhalten.
Wahrscheinlich vermehsen sich die Chondriokonten
durch L&ngsteilung. Der Zellkern spielt bei der Bil¬
dung der Sekretgranula keinerlei aktive Rolle. H. be¬
stätigt damit also die Auffassung der großen Mehrzahl
der neueren Untersucher in der Frage der Bildung von
Sekretgranola aus Chondriosomen oder anderen mito-
chondrien&rtigen Bildungen. Sobotta (Würzbnrg).
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38
II. Physiologie.
8 . Beziehungen zwischen Form und
Funktion der Primatenwirbelsäule ; von
Hans Bluntschli. 9 Abb., 1 Tal. (Morph.
Jahrb. Bd. 44. S. 489. 1912.)
Bl. stellt vergleichende Betrachtungen an über
die Beziehungen zwischen Form und Funktion
der Wirbelsäule der Menschen und Affen. Außor
einem niederen Alfen (Macacus) stand Bl. ein
weiblicher Schimpanse jugendlichen Alters mit
vollständigem Milchgebiß, zur Verfügung, der un¬
mittelbar nach dem Tode durch Chloroform unter¬
sucht werden konnte. Die Wirbelsäule wurde in
Ruhelage, in maximaler Vor- und maximaler
Rückbeugung in Gipsform abgegossen und ver¬
glichen. Was das Verhalten des Thorakolumbal-
teils der Wirbelsäule anlangt, so zoigte sich ein
grundlegender Unterschied zweier Flexionstypen
bei Macacus (niederer Affo) einerseits, Schimpanse
und Mensch andererseits. Bei ersterem wurde
ein einheitliches Biegungsverhalten beobachtet,
ferner eine auffallend geringe Biegungsfähigkeit
des obersten Brustwirbolsäulenabschnitts in ven¬
traler, eine relativ große in dorsaler Richtung; bei
Schimpanse und Mensch war das Vorhalten in
letzterer Beziehung gerade das umgekehrte, ferner
besteht hier kein einheitliches Biegungsverhalten,
sondern ein gegensätzliches zwischen Lenden-
(und unterem Brustteil) einerseits und Brustteil
der Wirbelsäule andererseits.
Diesen physiologischen Befunden entsprechen
auch die auf Stellung der Gelenkflächen und Aus¬
bildung der Fortsätze beruhenden anatomischen
Verhältnisse. Bei Macacus findet noch innerhalb
der Brustwirbelsäule ein Wechsel des Wirbeltyps
statt, es ist meist der 10. Brustwirbel ein Wechsel¬
oder antiklinischer Wirbel, beim Schimpansen ist
es erst der 13. Brustwirbel, an dessen unterem
Ende ebenso wie beim Menschen am 12. Rücken¬
wirbel der Lendenwirbeltyp beginnt.
S o b o 11 a (Würzburg).
9. Makroskopisch« Darstellung des
atrioventrikularen VerbindungsbQndels am
menschlichen und tierischen Herzen; von
M. Holl. 4 Taf. (Arch. f. Anat. u. Phys. [anat.
Abt.] S. 62. 1912.)
H. gibt eine ausführliche Darstellung des Ver¬
haltens des sogen, atrioventrikularen Verbindungs¬
bündels der menschlichen Herzmuskulatur, wie sie
sich am menschlichen und tierischen Herzen bei
makroskopischer Präparation darstellt. Dieses
schon Leonardo da Vinci bekannte Bündel,
in dem nouerdings das System der Reizleitungs-
fasern erkannt wurde, verhält sich in bezug auf
Anordnung, Lagerung und Verlauf bei Mensch
und Tier ziemlich gleich, nur die Stärko variiert;
so ist es beim Rind (Kalb), Schaf, Schwein und
Pferd viel stärker und dicker als beim Menschen
und Hund. Auch die Dicke der Faserbündel
wechselt. Bei allen teilt sich in auffälliger Weise
der Stamm des Bündels in Gestalt einer relativ
großen dreieckigen Platte in einen rechten und
linken Schenkel.
Das Bündel beginnt mit einem feinsten Faser-
work in der Wand des Sinus coronarius und
wahrscheinlich auch in den benachbarten Ab¬
schnitten der Wandung des rechten und vielleicht
auch linken Vorhofs. Die so entspringenden
Fasermassen bilden ein Netzwerk, den sogen.
Tawaraschen Knoten. Aus diosem geht der
Stamm des Bündels hervor, der rechterseits am
oberen Randabschnitt des Septum ventriculorum
nach vom zieht, um sich in einen rechten und
linken Schenkel zu teilen. Auf dem Wege intia-
ventrikularer Muskelbalken gelangen die Schen¬
kel zu den Papillarmuskeln, wo sie in oin diese
umspinnendes Netzwerk übergehen. Es wird also
durch das atrioventrikulare Verbindungsbündel
in erster Linie eine Verbindung der Wand des
Sinus coronarius und der Papillarmuskeln her¬
gestellt. Sobotta (Würzburg).
II. Physiologie.
10. Zur Technik der Labyrinthexstir¬
pation und Labyrinthausschaltung bei
Katzen; von A. de Kleijn. (Pflügers Arch.
Bd. 145. S. 549. 1912.)
Es wird erstens eine Methode der Labyrinth¬
exstirpation beschrieben, bei der die Kochlea, das
Vestibulum und die Ampullen der Bogengänge
entfernt werden, die Bogengänge selbst dagegen
unverletzt bleiben, desgleichen Trommelfell und
Fazialis. Der Nervus VIII. wird im Verlaufe der
Operation im Porus acusticus internus freigolegt,
aber ebenfalls geschont. Der Gang der Operation
wird an einer Roihe stereoskopischer Photogra¬
phien und mehrerer Skizzen erläutert, ohne die
eine eingehendere Schilderung zwecklos er¬
scheint
Zwoitens wird eine einfache Anästhesiorungs-
methode mit 20°/ 0 Kokain für das Labyrinth an¬
gegeben, die zu temporärer Ausschaltung des ge¬
samten Organes führt. Das Kokain wird nach
entsprechender vorbereitender Operation entweder
in das Vestibulum und die Kochlea oder (nach
Eröffnung der Bulla) durch das Foramen rotun-
dum direkt in das Labyrinth eingespritzt.
D i 111 e r (Leipzig).
11. Die Abhängigkeit des Tonus der
Extremitätenmuskeln von der Kopfstellung;
von R. Magnus und A. d e £ I e i j n. (Pflügers
Arch. Bd. 145. S. 455. 1912.)
Vorliegende Arbeit enthält den interessanten
Nachweis, daß bei dezerebrierten Katzen, bei
welchen der Einfluß optischer und olfaktorischer
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II. Physiologie.
39
Reize, sowie des Großhirns ausgoschaltet ist, ein
Einfluß der Kopfstellung auf den Tonus der
Gliedmaßen besteht. Jede Bewegung des Kopfes
hat bei einer anderen Lage des Tieres einen an¬
deren Einfluß. Alle hierher gehörigen Erschei¬
nungen lassen sich zurückführen auf die Super¬
position zweier Gruppen von tonischen Reflexen,
von denen die eine vom Halse, die andere von den
Labyrinthen ausgelöst wird.
Die Labyrinthreflexe entstehen dadurch, daß
der Kopf eine bestimmte Lage im Raume ein¬
nimmt. Der Muskeltonus in den 4 Extremitäten
wird durch diese Reflexe stets im gleichen Sinne
geändert. In der Mehrzahl der Versuche war der
Strecktonus maximal, wenn der Schädel unten,
der Unterkiefer oben und die Schnauze 45° gegen
die Horizontale gehoben war; er war minimal,
wenn der Kopf um 180° um die Frontalachse ge¬
dreht wurde. Ein Labyrinth gonügt, um den Ex¬
tremitätentonus auf beiden Körperseiten zu be¬
einflussen.
Die Ilalsreflexe worden ausgelöst durch Ver¬
änderung dor Stellung des Kopfes gegen den
Rumpf. Drehen und Wenden des Kopfes führt zu
gegensinnigen Tonusänderungon in den rochten
und linken Extremitäten. Die Beine derjenigen
Seite, nach der die Schnauze gerichtet ist, werden
gestreckt, die Beine der anderen Seite haben ver¬
minderten Strecktonus. Beugen dos Halses nach
vorn und hinten führt zu gegensinnigen Reak¬
tionen der Vorder- und Hinterbeine. Beim Vor¬
wärtsbeugen wird der Strecktonus der Vorder¬
beine gehemmt, der der Hinterbeine verstärkt,
beim Rüekwärtsbeugen umgekehrt. Dor Tonus
der Beugemuskeln wird hierbei immer im um¬
gekehrten Sinne beeinflußt, wie der der Streck¬
muskeln.
Da bei jeder Lage des Tieres die gleiche Hals¬
bewegung eine andere Stellung des Kopfes im
Raume veranlaßt, so müssen sich bei den ver¬
schiedenen Lagen dos Tieres die Labyrinth- und
Halsreflexe in ganz verschiedener Weise super-
ponieren.
Auch am erwachsenen Menschen (es wurden
pathologische Fällo untersucht, bei denen die
Großhirnfunktion mehr oder weniger ausgeschal¬
tet war), sowie am menschlichen Säugling lassen
sich tonische Reaktionen der Glieder auf Ände¬
rung der Kopfstellung nachweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten aus den Ergeb¬
nissen dor an neuen Tatsachen reichen Arbeit
muß auf das Original verwiesen werden. Es sei
nur noch ausgeführt, daß Extremitäten, deren
zugehörige hintere Wurzeln durchtrennt sind, sich
an den genannten Reflexen noch beteiligen
können. Hierdurch erklären sich hinlänglich die
Tonusbefunde an den Flügeln der Taube nach Hin¬
terwurzeldurchschneidung (Trendelenburg),
die fälschlicherweise als ein myogener Tonus ge¬
deutet wurden. D i 111 o r (Leipzig).
12. Der Einfluß der Vagusreizung auf
den Ablauf der Verdauungsbewegungen;
von Ph. Klee. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 557.
1912.)
Nach Abtrennung von Gehirn und Medulla ob-
longata (Dekapitation nach Shorrington)
wurde bei Katzen mit dem Röntgenverfahren der
Ablauf der Verdauungsbewegungen verfolgt. Die
hierbei zu beobachtenden Bewegungsvorgänge
weichen einigermaßen von den normalen ab und
stimmen im wesentlichen mit jenen überein, die
an der lobenden vagotomierten Katze beobachtet
sind.
Die elektrische Reizung des peripheren Vagus-
stumpfes ruft bei der Rückenmarkskatze abnorm
starke Bewegungen des Magens und des Dünn¬
darmes hervor.
Am Magen besteht die Wirkung der Vagus¬
reizung im Auftreten sehr heftiger peristaltischer
Einschnürungen, die sich auf den ganzen Magen
erstrecken und ihn in mehrere Abschnitte zu
teilen vermögen. Alle Einschnürungen laufen
peristaltisch dem Pylorus zu. Dieser öffnet sich
beim Herannahen einer Welle und schließt sich
nach Entleerung seines Inhaltes wieder. Sind
jedoch mehrere starke Entleerungen erfolgt, so
schließt er sich kürzere oder längere Zeit und
läßt trotz Fortdauer der Vagusreizung und der
Peristaltik nichts mehr passieren.
Die orste Entleerung des Magens in den Darm,
die an der Rückenmarkskatze normalerweise
1—2 Stunden nach der Fütterung erfolgt, kann
durch Vagusreizung schon nach 6—7 Minuten er¬
reicht werden. Die Kardia bleibt, wenn der Öso¬
phagus leer ist, auch bei Vagusreizung fest ge¬
schlossen.
Am Dünndarm treten nach Vagusreizung
ebenfalls sehr ausgedehnte und beschleunigto
peristaltische Wellen auf. Diese können große
Strecken dos Dünndarmes durchlaufen und dabei
erhebliche Mengen Darminhalt vor sich her¬
schieben. Der Einfluß des Vagus auf die unteren
Abschnitte des Dünndarmes ist geringer als auf
die oberen. Es gelingt nur in wenigen Fällen, den
Transport des Ileuminhaltes in das Zökum zu be-
.schleunigen.
Ein direkter Einfluß der Vagusreizung auf die
Bewegungen des Dickdarmes ließ sich bei der
Katze nicht nachweisen. D i 111 e r (Leipzig).
13. Experimentelle Untersuchungen am
Säugetierherzen über Reizbildung und
Reizteitung in ihrer Beziehung zum spe¬
zifischen Muskelgewebe; von Georg Gauter
und Alfred Zahn. (Pflügers Arch. Bd. 145.
S. 335. 1912.)
Vorliegende Untersuchungen befassen sich mit
der Frage nach dem Entstehungsort der Herzreize
unter normalen und unter experimentell geänder¬
ten Bedingungen mit besonderer Berücksichtigung
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40
II. Physiologie.
des spezifischen Muskelgewebes im Sinusknoten I
und im Atrioventrikularknoten. Als Versuchs- {
tiere dienten Katzen, Kaninchen, Ziegen, Hunde '
und Affen; die Herzen wurden in situ untersucht.
Es wurde so vorgegangen, daß zirkumskripte
Gebiete am Herzen durch Wärme in ihrer Funk¬
tion gefördert und durch Kälte partiell oder ganz !
gehemmt wurden. Dabei fand sich bei systema- !
tischem Absuchen der Herzoberfläche am rechten !
Vorhof eine umschriebene Gegend, die auf ver¬
schiedene Temperaturapplikation mit Frequenz¬
änderung des ganzen Herzens reagierte. Dieses
Gebiet erstreckte sich im Sulcus terminalis vom
Herzohr-Kavawinkel bis etwa zur Mitte dor Ein- i
miindungsstellen beiden Hohlvenen und fällt mit |
der anatomischen Ausdehnung des Sinusknotens
zusammen.
Mittels Kälteeinwirkung auf das genannte
Gebiet gelang es, den Sinusknoten in seiner Funk¬
tion soweit herabzusetzen, daß ein zweites, tiefer
gelegenes Zentrum die Führung des Herzens über- ■
nahm, ln diesem Falle schlagen Vorhof und '
Kammer gleichzeitig. Die Frequenz ist dabei stets
erniedrigt. Der Übergang des einen Rhythmus in
den anderen erfolgt bei rascher Kühlung sprung- [
weise, bei langsamer allmählich. In letzterem
Fall geben für kurze Zeit beide Zentren unab- J
hängig voneinander Reize: der Sinusknoten hat !
die Führung über die Vorhöfe, der Atrioventri¬
kularknoten über die Kammer.
Daß nach Ausschaltung des Sinusknotens die
Herzreize im Atrioventrikularknoten entstehen, j
konnte durch direkte Beeinflussung des Tawara-
schen Knotens bewiesen werdon.
Hatte der Sinusknoten die Führung des Her¬
zens, so ließen sich durch Abkühlung des Atrio¬
ventrikularknotens alle Formen der Überleitungs¬
störung hervorrufen. Durch Erwärmung des Ta-
waraschen Knotens konnten diese Störungen
prompt wieder rückgängig gemacht werden.
D i 111 e r (Leipzig). |
14. Über die Beziehungen des Vagus
zu intrakardialen Nervenzellen im Säuge¬
tierherzen; von Fritz Marchand und Arthur
W. Meyer. (Pflügers Arch. Bd. 145. S. 401.
1912.)
Bei lokaler Applikation von Nikotin an der
hinteren und oberen Fläche der Vorhöfe zwischen I
den Einmündungsstellen der Hohlvenen wird am j
Warmblüterherzen eine Unwirksamkeit der Vagus- !
reizung leichter erzielt als an anderen Herzteilen. J
Es ist daher anzunehmen, daß die in dieser !
Gegend im hinteren Abschnitt der Vorhofscheiden¬
wand gelegenen Ganglien die „Umschaltestelle“
des Vagus darstellen. Nach der Ansicht der Vff.
handelt es sich in den genannten Vorhofganglien
wahrscheinlich um ein hemmendes Koordinations¬
zentrum, das beiden Vagis untersteht und von
dem aus eine hemmende Wirkung auf alle Herz¬
teile ausgehen kann. D i 111 e r (Leipzig).
15. Beiträge zur Physiologie der Drüsen.
17. Mitteilung. Die innere Sekretion der Neben¬
niere und deren Innervation; von L. As her.
(Zeitschr. f. Biol. Bd. 58. S. 274. 1912.)
Bei Ausschluß aller Organe, auf welche der
Norvus splanchnicus wirkt, außer der Neben¬
niere, führt Splanchnikusreizung eine beträcht¬
liche Blutdrucksteigerung herbei. Wird der
Splanchnikus, unter Zwischenschaltung von Pau¬
sen, dauernd gereizt, so kommt os zu dauernder
Erhöhung des Blutdruckes. Da Verschluß der
Nebennierenvenen hierbei jede Wirkung der
Splanchnikusreizung aufhebt, so folgt, daB der
N. splanchnicus ein echter sekretorischer Nerv für
die Nebenniere ist. Zugleich wird auf dem be¬
schriebenen Weg ein einwandfreier physiologi¬
scher Beweis für die innere Sekretion der Neben¬
niere geliefert, der vor anderen don Vorzug hat,
daß das körpereigene unveränderte Blut unter
ganz natürlichen Bedingungen zum Adrenalin¬
nachweis verwendet wird.
Die in vorliegender Arbeit von A. benutzte
Methode eignet sich, wio beiläufig bemerkt sei,
auch zur Untersuchung gewisser anderer Fragen
aus dom Gebiet der Kreislaufphysiologie, wie bei¬
spielsweise zur Feststellung der Größenordnung
der Depressorwirkung auf das nicht vom
Splanchnikus versorgte Gefäßgebiet.
Wegen dor Kritik dor Arbeiten von Strehl
und W o i ß, sowie von P o p i e 1 s k i, die sich
mit der inneren Sekretion der Nebennieren be¬
fassen, muß auf das Original vorwiesen werden.
D i 111 e r (Leipzig).
16. Intratracheale Insufflation im phy¬
siologischen Laboratorium; von S.J. Meitzer.
(Zentral«, f. Phys. Bd. 26. S. 161. 1912.)
Es wird die schon anderwärts publizierte
Methode dor intratrachealen Insufflation, bei
welcher die Luftcinblasung mittels einer durch
die Stimmritze bis zur Bifurkation in die Trachea
cingeführte Hohlsonde geschieht, an der Hand
einer Skizzo der Versuchsanordnung besprochen.
Die Methode kann als Ersatz für die bisher ge¬
bräuchliche Methode der künstlichen Atmung
durch eine Trachealkanüle gelten. Ebenso wie
diese eignet auch sie sich für die (Einleitung und)
Unterhaltung einer Narkose. Bemerkenswert er¬
scheint, daß bei der intratrachealen Insufflation,
dadurch, daß dor tote Luftraum oberhalb der
Bifurkation ausgeschaltet wird, ein kontinuier¬
licher Luftstrom dieselben Dienste tut wie der
sonst nötig gewesene periodisch unterbrochene.
In Amerika hat die Methode, wie M. mitteilt,
auch in der menschlichen Chirurgie schon häufige
Verwendung gefunden. D i 111 e r (Leipzig).
17. Über ein neues Verfahren zur Ge¬
winnung des Blutserums; von Y. Saka-
guchi. (Denn. Woch. Bd. 55. S. 875.)
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II. Physiologie.
41
S. entnimmt nach irgendeiner Methode Blut,
fängt es in einem Zentrifugenröhrchen auf und
taucht ein vorher sterilisiertes, gespaltenes, mög¬
lichst trockenes Holzstäbchen oder einen dünnen
Metalldraht mit dem geknickten Ende ein. Nach
der Gerinnung {etwa nach einigen Stunden)
werden die Blutkuchen am Holzstäbchen oder
dem Metalldraht herausgezogen und es bleibt ein
klares Serum zurück. Er hat diese Methode an
mehr als 5000 Röhrchen erprobt.
Frieboes (Bonn).
18. Einfache Methode zur Resistenz¬
bestimmung roter Blutkörperchen beim
gesunden und kranken Menschen; von
Leo v. Liebermann unter Mitwirkung von
Franz Fellinger. (Orvo9i Hetilap 1912.S.256.)
Ein Tropfen (ca. 0,05) frischen, nicht defib li¬
nierten Menschenblutes, 2 Minuten lang mit
5 ccm einer 1 /,proz. Kochsalzlösung schwach ge¬
schüttelt, löst nach Hinzufügen von 5 ccm
U/sproz. Kochsalzlösung kaum oder nur minimal
die Erythrozyten, indem die nach scharfem Zentri¬
fugieren gewonnene obenstehende Flüssigkeit
farblos bleibt, oder nur eine Spur von Hämolyse
zeigt. Etwa 90°/ o der Erythrozyten sind beim
gesunden Menschen gegen eino */,proz. Kochsalz¬
lösung resistent. Die Unterschiede in der Resi¬
stenz der Erythrozyten lassen sich auch zahlen¬
mäßig durch einen Resistenz-Quotienten (R Q)
ausdrücken, was in der Weise geschieht, daß im
obigen Versuch die obenstehende klare Flüssigkeit
abgegossen und mit ebensoviel destilliertem
Wasser ersetzt wird; das Verhältnis des Hämo¬
globingehaltes der beiden Flüssigkeiten ist = RQ.
Mit vorstehender Methodik wurden Resistenz¬
bestimmungen bei verschiedenen Krankheiten
angestellt: es zeigte sich, daß eine Resistenz¬
abnahme unter den verschiedensten pathologi¬
schen Zuständen zu finden ist; auf Grund des
vorliegenden Versuchsmateriales scheint sie ein
Zeichen der allgemeinen Schwäche zu sein. —
Auch manche Gifte, namentlich Alkohol, er¬
niedrigen recht stark die Resistenz der Erythro¬
zyten. — Weitere Untersuchungen sind im Gang.
Rosenthal (Budapest).
19. Zeitmessende Versuche über die
elektrische Registrierung verschiedener
Phasen der Herztätigkeit; von August
Hoffmann und Wl. Selenin. (Pflügers Arch.
Bd. 146. S. 305. 1912.)
Mit Hilfe der von Hoffmann angegebenen
Registriermethoden wird folgendes festgestellt:
der Anfang des ersten Herztones koinzidiert genau
mit dem Ende des absteigenden Schenkels der
R-Zacke des Elektrokardiogramraes, und der
zweite Ton folgt sogleich auf die Zacke T. Der
Anfang der Spitzenstoßkurve geht dem ersten
Ton etwas voran; dem zweiten Ton dagegen ent¬
spricht die negative Welle, welche auch in der
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
Kurve der A. carotis vorhanden ist und offenbar
als Ausdruck einer Rückbewegung des Blutes zu
betrachten ist Der Hauptanstieg des Karotis-
pulses fällt in den Raum zwischen den Zacken R
und T oder auf den aufsteigenden Schenkel der
letzteren. Außerdem ließ sich zeigen, daß (wie
schon von Frödörique und Stassen u. a.
konstatiert wurde) die Systole des rechten Ven¬
trikels jener des linken meist etwas vorangeht.
Aus dieser Tatsache, sowie aus den, von einem
Falle von Hemisystolie gewonnenen Kurven wer¬
den gewisse Eigentümlichkeiten des Elektro-
kardiogramme8 verständlich zu machen gesucht.
D i 111 e r (Leipzig).
20. Zur Technik der Schreibung von
Bewegungsvorgängen in Verbindung mit
dem Elektrokardiogramm; von August
Hoffmann. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 295.
1912.)
H. verwendet zur genauen Bestimmung des
zeitlichen Eintrittes von Bewegungsvorgängen
(Pulskurven, Muskelkontraktionen) das Edelmann-
sche Saitengalvanometer in der Weise, daß er die
Mareyschen Kapseln oder Sehreibhebel mit klei¬
nen Stabmagneten armiert, die sich in Induktions¬
spiralen befinden. Die bei der Bewegung des
Magneten auftretenden Induktionsströme werden
vom Saitengalvanometer angezeigt und photo¬
graphisch registriert. In entsprechender Weise
werden zur Registrierung der Herztöne die von
einem Mikrophon gelieferten Ströme dem Saiten¬
galvanometer zugeleitet. Die vorgeschlagenen
Methoden haben den entschieden praktischen
Vorzug, daß man beim Versuch räumlich ganz
unabhängig wird, da die Versuchstiere nicht un¬
mittelbar vor dem photographischen Registrier¬
apparat postiert zu werden brauchen.
D i 111 e r (Leipzig).
21. Zur physikalischen Analyse des
Elektrokardiogramms; von Wl. Selenin.
(Pflügers Arch. Bd. 146. S. 319. 1912.)
Vorliegende Arbeit diskutiert an der Hand von
photographischen Kurven den Einfluß der Ab-
leitungsart auf die Form des Elektrokardio-
grammos und bringt eine Reihe von Modell¬
versuchen, in denen der Verlauf der normaler¬
weise vom Herzen gelieferten Ströme nach-
goahmt wird. D i 111 e r (Leipzig).
22. Über die Strömung des Blutes in
dem Gebiete der Pfortader. V. Die Blut¬
versorgung des Pförtners und Pankreas; von
R. Burton-Opitz. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 344. 1912.)
Durch Messung des arteriellen Zuflusses wird
ermittelt, daß die Blutzufuhr zum Pylorus bei
mittlerem Blutdruck etwa 0,42 ccm pro Sekunde,
jene des Pankreas durchschnittlich 0,47 beträgt.
Während der Reizung des Plexus gastroduo-
denalis, welche zu einer meist nicht sehr beträcht-
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42
HI. Physiologische und pathologische Chemie.
liehen Steigerung des allgemeinen Blutdruckes
führt, fällt das Sekundonvolumen in beiden Or¬
ganen auf etwa 0,2 ccm ab. D i 111 o r (Leipzig).
23. Über Extrasystolen mit kompen¬
satorischer Pause bei Kammerautomatie
und über die Hemmungswirkung der
Extrasystole; von C. J. Rothberger und
H. Winterberg. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 385. 1912.)
Die sehr umfangreichen, am Hundeherzon
durchgeführten Versuche führten zum Ergebnis,
daß sowohl bei atrioventrikulärer als auch bei
ventrikulärer Automatie Extrasystolen von einer
ochten kompensatorischen Pauso im Sinne En ge 1-
m a n n s gefolgt sein können. Unter besonderen
Umstanden ist eine mehr oder weniger vollstän¬
dige Scheinkompensation der extrasystolischen
Rhythmusstörung durch die Hommungswirkung
der Extrasystole nachweisbar. Diese Hemmungs¬
wirkung hängt von dem Zustand des Herzens ab
und beruht auf einem Mißverhältnis zwischen der
Erregbarkeit des Herzens und der jeweils dispo¬
niblen ReizgTöße. Dittler (Leipzig).
24. The variations of pressure in the
pulmonary artery; by C. J. Wiggers. (Pro-
ceed. of the Soc. f. exper. Biol. and Med. Bd. 9.
Nr. 4. S. 81.)
Mit Hilfe eines sehr empfindlichen Pulsometers
wurde festgestellt, daß beim normal atmenden
Hunde der systolische und diastolische Druck in
III. Physiologische und
26. Über den Purinstoffwechsei des i
Menschen. I. Mitteilung. Sind die Purinkörper \
intermediäre oder terminale Stoffwechselprodukte P
von V. 0. Sivön. (Pflügers Arch. Bd. 145.
S. 283. 1912.)
Vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit
der Frage, ob die Purinstoffe, welche der mensch¬
liche Organismus im Harn ausscheidet, terminale
Produkte darstellen. Es ergab sich, daß von den
Purinen, die mit der Nahrung aufgenoramen wer¬
den (exogene Purine) etwa 50% schon im Ver¬
dauungskanal eine weitgehende Spaltung erfahren.
Der übrige Teil aber, der mit erhaltenem Purin-
kem resorbiert wird und in das Blut gelangt, wird
nicht weiter zerstört, sondern in verhältnismäßig
kurzer Zeit (12—15 Stunden) in der Form der
Harnpurinstoffe (und zwar wie es scheint quanti¬
tativ) durch die Niere ausgeschieden. In den aus
der Kemsubstanz der Körperzellon stammenden
(endogenen) Purinen wird der Purinkern ebenfalls
nicht gesprengt. Der menschlicho Organismus er¬
mangelt also außer in den Verdauungssäften einer
„urikolytischen“ Fähigkeit. Aus den angeführten
Tatsachen ergibt sich unter anderem auch der
wichtige Schluß, daß die endogenen Purine durch
die zugoführten exogenen nicht ersetzt werden,
der Lungenarterie während der Inspiration sank,
währond der Exspiration stieg. Der systolische
Druck betrug durchschnittlich 43,3 mm in der
Exspiration und 31,7 mm in der Inspiration, der
diastolische 20 mm in der Exspiration, 11,9 mm
in der Inspiration. Bei Verlangsamung der Herz¬
tätigkeit sinkt der diastolische Druck, ebenso der
systolische, der aber wieder steigt, sobald eine
gewisse Grenze überschritten ist.
Fischer-Dofoy (Quedlinburg).
25. Der Einfluß der Kopfhaltung auf
die Pulswelle (der Art radialis); von E. Sie¬
ber. (Casopis lökafüv Ceskjch. 1912. Nr. 13.)
Boi der Beugung des Kopfes nach vorn und
rückwärts kommt es zur Kontraktion, bzw.
Relaxation der Halsmuskeln und -faszien, infolge¬
dessen zu Veränderungen der Gefäßlumina und
der Hindernisse für den Blutdruck und daher zu
Veränderungen der Form der Pulswello. Boi nach
rückwärts gebeugtem Kopf bildet der anakrotische
Teil der Pulswello einen gegen die vorangehende
Welle konvexen Bogen (wegen des größeren
Widerstandes in den komprimierten Gefäßen), bei
nach vorn gebeugtem Kopf eine gerade auf¬
steigende Linie (wegen Wegfalls der Widerstände).
Der katakrotische Teil der Pulswelle zeigt bei
rolaxierten Muskeln (Floxion des Kopfes nach
vom) normale Elevationen, während dieselbe bei
rückwärts gebeugtem Kopfe weniger deutlich
entwickelt sind. Mühlstein (Prag).
pathologische Chemie.
I daß also der endogene und der exogene Purin-
I Umsatz im menschlichen Organismus nicht un¬
mittelbar ineinandergreifen. Dittler (Leipzig).
27. Untersuchungen über Purinstoff¬
wechsei; von U. Rinaldi. IX. Über den Ge¬
halt der Muskeln verschiedener Tiere an Purin¬
basen; von V. Scaffidi. (Biochem. Zeitschr.
Bd. 41. S. 49. 1912.)
Der Gehalt an Purinbasen des gestreiften
Muskelgewebes ist bei den verschiedenen Tieren
verschieden, am geringsten bei Polypen, höher bei
Fischen, noch höher bei Säugetieren, am höchsten
bei Vögeln. Der Purinbasengehalt unterliegt
größeren Schwankungen. Infolge des hohen Ge¬
haltes an Purinbasen ist das Vogelfleisch als Nah¬
rungsmittel für Purinstoffwechselkranke wenig
geeignet. Junkersdorf (Bonn).
28. Über den Einfluß des Peptons auf
die Zuckerbeetimmung durch Fehlingsche
Lösung; von Alessandro Bernardi. (Bio¬
chem. Zeitschr. Bd. 41. S. 160. 1912.)
Durch die vorliegenden Untersuchungen wurde
erneut bewiesen, daß die gravimetrische Zucker¬
bestimmung mit Fohlingscher Lösung in eiwei߬
haltigen Flüssigkeiten stets zu hohe Werte liefert
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HE. Physiologische und pathologische Chemie.
43
und daß es aus diesem Grunde zweckdienlich ist,
stets das Kupfer nach V o 1 h a r d zu titrieren.
Junkersdorf (Bonn).
29. Untersuchungen über den Einfluß
einiger Nahrungsmittel auf die Löslichkeit
der Harnsäure; von M. Hindhede. (Skand.
Arch. f. Phys. Bd. 27. S. 87. 1912.)
Nachdem H. in dieser Arbeit eine Reihe von
Substanzen in Nährversuchen hinsichtlich ihres
Verhaltens auf die Harnsäureausscheidung erprobt
hat, glaubt er in einer gemischten Brot-Kartoffel-
Fruchtkost in Verbindung mit einer geringen
Milchmenge eine Nahrung empfehlen zu können,
die für die Harnsäurelöslichkeit am geeignet¬
sten ist. Junkersdorf (Bonn).
30. Weitere Mitteilungen über die
eiweißsparende Wirkung verfütterter Am¬
moniaksalze; von E. Grafe. (Zeitschr. f.
phys. Chem. Bd. 78. S. 485. 1912.)
Aus seinen Versuchen zieht Gr. den Schluß,
daß Ammoniak (in Form von Ammoniumzitrat
verfüttert) Körpereiweiß zu sparen imstande ist.
Es werden verschiedene Möglichkeiten angegeben,
die teils durch Versucho anderer Forscher experi¬
mentell gestützt sind, wie man sich den Vorgang
physiologisch-chemisch erklären kann.
Junkersdorf (Bonn).
31. Über den differenten peptischen
Abbau von Welzen und Hafer; von Max
Klotz. (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
S. 29. 1912.)
Ualerstärke wird durch diastatische Fermente
weit leichter aufgespalten als WeizenstörÄe. Ver¬
suche mit künstlicher peptischer Verdauung da¬
gegen ergaben mit Pepsinsalzsäure sowohl als
auch mit Trypsinsodalösung einen schnelleren
und energischeren Abbau des Weizenmehl» gegen¬
über dem Hafermehl. Junkersdorf (Bonn).
32. Quantitative Eiweißbestimmungen
im Ham und ihre praktische Brauchbar¬
keit ; von Curt Moeves. (Deutsche med.
Woch. 1912. Nr. 22. S. 1035.)
M. untersuchte an einer Reihe von Hamen die
in der Praxis am meisten verwandten neueren
Eiweißbestimmungen auf ihre Genauigkeit und
praktische Brauchbarkeit unter Zugrundelegung
der gewichtsanalytischen Methode nach Scherer
als Genauigkeitsvergleich. Die Modifikation der
Esbachsehen Probe nach T r u c h i y a wird nach
den Ergebnissen als Ersatz für die Esbachsche
Probe abgelehnt. Günstiger sind die Resultate
nach der Schnellmethode nach Aufrecht, doch
ist auch sie nur für eine annähernde quantitative
Bestimmung brauchbar und erfordert zur Aus¬
führung eine Zentrifuge. Ein ziemlich brauch¬
bares Resultat liefert in kurzer Zeit die optische
Bestimmung nach Roberts-Stolnikow, die
nach Angabe M.s am besten nur bei Tagoslicht
ausgeführt wird, da sonst sehr leicht Täuschungen
unterlaufen. Von allen anderen untersuchten
Methoden hat die alte Esbachsehe Methode die
besten Resultate ergeben. Die zahlreichen Modi¬
fikationen derselben bieten keine Vorteile, da
manche scheinbare Verbesserungen auf Kosten
der Genauigkeit zu setzen sind.
Junkersdorf (Bonn).
33. Untersuchungen über die Pankreas¬
exstirpation, I. Die Veränderungen des allge¬
meinen Stoffwechsels bei einem partiell des Pan¬
kreas beraiibten Hunde; von H. Labbö. (Revue
de möd. Bd. 32. S. 257. 1912.)
Stoffwechselversuche an einem durch partielle
Pankreasexstirpation diabetisch gemachten Hundo.
Während der 4monatlichen Dauer der Versuche
verlor der Hund 50°/ o seines Körpergewichts. Bei
einer täglichen Zuckerausscheidung von durch¬
schnittlich 30 g zeigte sich keine stärkere Poly¬
phagie und Polydypsie. Bei Zufuhr von Säure
vermag der diabetische Hund diese durch Ammo¬
niak zu neutralisieren. Die Ausscheidung der
Aminosäuren ist nicht erhöht. Die übrigen Ver¬
sucho betreffen die Resorption der Fette und des
Eiweißes, sowie den Mineralstoffwechsel und
bringen nichts wesentlich Neues.
Isaac (Wiesbaden).
34. On indican in the blood of uremic
patients; by N. B. Foster. (Proceed. of the
Soc. f. exper. Biol. and Med. Bd. 9. Nr. 4. S. 76.)
Zum Nachweise von Indikan im Blute urämi¬
scher Patienten empfiehlt sich die von Ober-
mayer angegebene Methode, die im wesent¬
lichen auf einer Trennung der Proteine vom
Serum durch Alkohol, Verdampfen des Alkohols,
Behandlung des mit Wasser versetzten Alkohol¬
filtrats mit Bleiessig zur Entfernung der Salze und
Entfernung des Bleiessigs mit Natriumphosphat,
schließlich Prüfung des klaren Filtrats auf die
beim Urin übliche Weise mit Obermayers Reagens
beruht Es ist nötig, mindestens 25 ccm Serum
zu benutzen. Die Reaktion ist in vielen Fällen
positiv, zumal wenn das Serum 24—36 Stunden
gestanden hat. Die Obermayersche Methode ist
der Kaolin-Methode sehr überlegen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
35. Untersuchungen über das fett¬
spaltende Ferment des Magensaftes nebst
Angaben zur quantitativen Bestimmung
desselben; von Heinrich Davidsohn.
(Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 24. S. 1132.)
Durch die Arbeiten von Volh ard im Jahre
1901 wurde zum ersten Mal auf das Vorkommen
eines fettspaltonden Fermentes im Magensaft und
sein Verhalten bei verschiedenen Magonerkran-
kungen hingewiesen. Da es bisher an einer für
die klinischen Untersuchungen geeigneten Methode
fehlte, hat D. eine derartige ausgearbeitet. Er
benutzt als Maß für den Ablauf des fermentativen
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44
III. Physiologische und pathologische Chemie.
Vorganges nach den Angaben von Michaelis
und Rona die Änderung der Oberflächenspan¬
nung wässeriger Lösungen von Glyzerinestern und
einfachen Fetten vermittelst der von ihnen be¬
schriebenen Tropfmothode. Da die Größe des aus
einer Kapillare ablaufendon Tropfens von der
Oberflächenspannung abhängt, ist die Zahl der
Tropfen, welche beim Entleeren eines bestimmten
Volumens der Flüssigkeit gebildet werden, gleich¬
falls ein Maß für die Oberflächenspannung. Bei
Verwendung des gleichen Volumens und der
gleichen Kapillare lassen sich für die untersuch¬
ten Flüssigkeiten damit relative Werte erlangen.
Als Substrat für die Fermentwirkung wurde Tri¬
butyrin verwandt, das trotz der äußerst geringen
Löslichkeit in Wasser sich sehr gut dafür eignet,
da geringe Spuren genügen, um die Oberflächen¬
spannung des Wassers sehr stark zu erniedrigen.
Wenn man nämlich Tributyrinlösung mit filtrier¬
tem Magensaft versetzt, so erhält man nach dem
Vermischen nicht den Wert der reinen Tributyrin¬
lösung, sondern den Wert, der das Ende der Spal¬
tung anzeigt. Um ein quantitatives Maß für den
Fermentgehalt des Magensaftes zu erhalten,
müssen die zu untersuchenden Magensäfte soweit
verdünnt werden, daß 0,5—1 ccm der Verdünnung
in 60 ccm Tributyrinlösung einen ganz bestimmten
Umsatz an Tropfen bewirken. Mie Messung kann
mit dem Traubschen Stalagmometer oder mit
einem von D. beschriebenen einfacheren Apparat
vorgenommen werden. Junkersdorf (Bonn).
36. Versuche über die Genauigkeits¬
grenze der galvanometrischen Bestimmung
von Elektrolyten und Harnstoff im mensch¬
lichen Harn; von Wunder. (Münehn. med.
Woch. 1912. S. 1101.)
In einer früheren Arbeit war von W. eine
Methode mitgeteilt worden, nach der man den Ge¬
halt des Harns an Salzen und Harnstoff in der
Weise bestimmt, daß man durch oine kleine Menge
den konstanten Strom hindurchleitet. „Die hin-
durchpassieronde Stromstärke, an einem einge¬
schalteten Milliampörimeter abgesehen, gestattet
an der Hand einer empirisch aufgestellten Tabelle,
direkt den Salzgehalt des Harns festzustellen und
indirekt, durch Abzug des der gefundenen Elektro¬
lytkonzentration entsprechenden spezifischen Ge¬
wichtes vom gesamten spezifischen Gewicht des
Harns auf den Gehalt des letzteren an Nicht¬
leitern (im wesentlichen Harnstoff) zu schließen.“
In der vorliegenden Arbeit wird durch gleich¬
zeitige Bestimmung des Stickstoffs nach K j e 1 -
da hl die Brauchbarkeit dieses indirekten Ver¬
fahrens kontrolliert. Die Bestimmung gestaltet
sich unter Berücksichtigung der hierbei ge¬
wonnenen Erfahrungen folgendermaßen: Zu¬
nächst bestimmt man in dem vorliegenden Harn
galvanometrisch bei 16° C. nach einer mitgeteilten
Tabelle den scheinbaren Elektrolytgehalt, dann
nach dem Straußschen Verfahren den Kochsalz¬
gehalt, und berechnet, wie viel Prozent des schein¬
baren Elektrolytgehaltes der NaCl-Gehalt aus¬
macht; dieser Wert nach einer zweiten Tabelle in
bestimmter Weise korrigiert, ergibt nach einer
weiteren Tabelle vermittelst des spezifischen Ge¬
wichts den Gehalt an Nichtleitern (als Harnstoff
ausgedrückt). J unkersdorf (Bonn).
37. Ein Beitrag zum Purinatoffwechsel
der Affen; von Wilhelm Wiechowski.
(Prag. med. Woch. 1912. Nr. 22. S. 275.)
In früheren Arbeiten hat W. naehgewiesen,
daß bei den Säugetieren ganz allgemein bis zu
den Affen das hauptsächlichste Endprodukt des
Purinstoffwechsels das Allantoin ist. Es beträgt
öO°/ 0 und mehr der Gesamtpurinausscheidung.
Da der Mensch im Gegensatz hierzu etwa 90®/«
in Form von Harnsäure ausscheidet und nur mini¬
male Spuren von Allantoin, untersuchte er den
Harn von Anthropoiden auf den Purinstoff¬
wechsel. Er fand hierbei stets eine reichliche
Ausscheidung von Harnsäure, doch gelang es ihm
nicht, Allantoin nachzuweisen. Dieses Verhalten
ist um so auffälliger, weil die niederen Affen die¬
selben Verhältnisse aufweisen wie die übrigen
Säugetiere. W. sieht in der Tatsache, daß der
Harn des Schimpansen sich in seinem Purin-
bestande genau so verhält wie der des Menschen,
einen weiteren biologischen Beweis für die nahe
Verwandtschaft, in welchen der Mensch zu diesen
Tieren steht. J unkersdorf (Bonn).
39. Die Bedeutung des Lezithins im
Stoffwechsel des Erwachsenen; vonW. Cron-
heim. (Zeitschr. f. phys. u. diät Ther. Bd. 16.
S. 262. 1912.)
Cr. untersucht die Frage, ob der ausgewach¬
sene Organismus einer Zufuhr von Lezithin be¬
darf, oder ob er mit den anderen phosphorhaltigen
Nahrungsmitteln seinen Bedarf decken kann. Er
verfuhr hierboi so, daß er eine Periode mit mög¬
lichst lozithinarmer Kost mit einer mit lezithin-
reicher Kost verglich. Es wurde auf diese Weise
fostgestellt, daß unter dem Einfluß des Lezithins,
wie dies bei Kindern schon öfter bewiesen, stet*
ein erheblicher Ansatz von Stickstoff zu konsta¬
tieren war und daß in dor Lezithinperiode die
Stickstoffausscheidung im Ham beträchtlich ge¬
ringer war. Aus dem Befunde dor angestellten
Versuche zieht Cr. den Schluß, daß auch im Stoff¬
wechsel des erwachsenen Menschen das Lezithin
eine wichtige Rolle spielt und daß es in bestimm¬
ten, nicht geringen Mengen vorhanden sein muß.
Junkersdorf (Bonn).
39. Die Bedeutung des Kreatins für
den Stoffwechsel des Uterus; von W. Rüb-
samen und R. Uusikoff. (Arch. f. Gyn.
Bd. 95. H. 2. 1911.)
R. u. G. fanden, daß die Gebärmutter bei
kräftiger Arbeit mehr Kreatinin oder Kroatin
an ihre Umgebung abgibt als der schwächer
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
45
arbeitende oder ruhende Muskel, daß ferner es
sich nur um chemische Vorgänge in der glatten
Muskulatur der Gebärmutter handeln kann: um
die Spaltung einer lockeren Kreatin-EiweLßverbin- I
düng. Die Ergebnisse dieser in der E. Kehrerschen J
Klinik angestellten Versuche entsprechen dem, i
was S. Weber am Herzen gefunden hat, jedoch
ist die Arbeitsleistung, die Bewegungsintensität
und daher auch die Menge des bei der Arbeit
bzw. Bewegung abgegebenen Kreatins und Krea¬
tinins beim Herzen eine größere als bei der Gebär¬
mutter. Z u r h e 11 e (Bonn).
IV. Mikrobiologie und Serologie.
40. Untersuchungen Ober die Variabilität
der Bakterien; von Ph. Eisenberg. (Zen¬
trale. f. Bakt. Bd. 63. S. 305. 1912.)
Die Frage, ob Mutation oder Variation ist nur
zu entscheiden, wenn man von sogenannten
„reinen Linien“ (Johannsen) seinen Ausgang
nimmt. Erst wenn man mit Sicherheit mit Kul¬
turen von einem reinen Genotyp arbeitet, eine
Population die keimplasmatisch einheitlich ist,
kann man ausschließen, daß lediglich nur die
Selektion eines präexistierenden Typs mittels
äußerer Einwirkung stattgefunden hat, während
der Experimentator glaubt durch Elinwirkung eines
bestimmten Faktors den Arttyp umgewandelt zu
haben. Zum Studium der Variabilitäts- und
Mutationsfragen eignen sich die Milzbrandbazillen
vorzüglich, wegen der leichten Beeinflussung
ihres wichtigsten biologischen Merkmales, der
Sporulation. Durch Züchtung auf Glyzerin- oder
Traubenzuckeragar (andere Autoren erzielten
sporenlose Stämme durch Züchtung bei 42°)
läßt sich eine reine sporogene Basse in eine an¬
scheinend (bis über 500 Generationen) konstante
»sporogene umwandeln. Unsere Laboratorium¬
kulturen enthalten meistens ein Gemisch von
erblich fixierten (Genotypen) sporogenen und
asporogenen Rassen, oder, und zwar seltner, rein
sporogene oder rein asporogene Rassen; durch
ErhitzeD auf 70—90° läßt sich an Mischkulturen
eine Auslese der sporogenen, durch oftes Über¬
impfen junger Kulturen (bis zu dreißigstündig)
eine Auslese der asporogenen Rasse durchführen.
Seitz (Bonn).
41. Contribution ä l’ötude sur l’intoxi-
cation intestinale; par A. Distaso. (Zen¬
tral bl. f. Bakt Bd. 62. S. 433. 1912.)
D. verficht die Anschauung Metchnikoffs,
wonach die chronische Obstipation, wie übrigens
auch die Arteriosklerose, die Folge einer Intoxi¬
kation durch die Gifte der Darmbakterien ist
Albu zeigte zuerst an Bunden, daß die Ent¬
fernung des Dickdarms, bis auf Diarrhöen von
denselben gut vertragen wird. Alb. Laue
machte sodann die Operation am Menschen mit
vorzüglichem E>folg, auch die Diarrhöen stellten
sich nicht immer ein, jedenfalls hob sich das
ganze Befinden in überraschender Weise. D. ver¬
gleicht nun die Darmflora des Menschen vor und
nach der Resektion des Dickdarms. Die Flora
ist bei den Obstipierten absolut sehr vermindert,
die gramnegativen Bakterien sind fast ver¬
schwunden, Sporen massenhaft vorhanden. Nach
der Entfernung des Dickdarms findet eine üppige
Wucherung der Gram positiven statt, die Indol¬
bildner sind in der Minderzahl, es überwiegen
Bac. bifiduB und Bac. acetogenes. Die gebildete
Essigsäure verhindert das Wuchern der Intoxi-
aktions-Bakterien. Die normale Dickdarm-Flora
ist nicht nur für die Verdauung nicht förderlich,
sondern schädlich für den Menschen und Ursache
der verschiedensten Störungen. Seitz (Bonn).
42. Untersuchungen über Mastitisstrepto¬
kokken und ihre Differenzierung von sapro-
phytischen Streptokokken; von A. Gminder.
(Zentralbl. f. Bakt. Bd. 63. S. 152. 1912.)
Die Trommsdorff8che Leukozyteoprobe, fußend
auf der Beobachtung von Bergey, wonach eine
bestimmte Menge von Leukozyten im Milch-
zentrifugat für das Vorhandensein einer Strepto¬
kokkenmastitis spricht, ist nach den Unter¬
suchungen Gm.’s ein wichtiges Hilfsmittel für
Feststellung dieser Erkrankung. Die pathogenen
Milchstreptokokken zeigen häufig eine starke Ab¬
plattung ihrer Einzelglieder, jedoch ist dies kein
ständiges Kriterium; auf morphologischem Wege
ist also eine Trennung der pathogenen und sapro-
phytischen Streptokokken nicht möglich. Ebenso
gelingt dies nicht auf biologischem Wege allein;
die meisten zeigen keine hämolytische Fähigkeit,
und nehmen eine Mittelstellung ein zwischen
Streptococcus mitior und mucosus. Die Virulenz
für weiße Mäuse ist häufig vorhanden, kann aber
auch ebenso häufig fehlen.
Im übrigen gelang es Gm. auch mit sapro-
phytischen Streptokokken eine Mastitis zu erzeu¬
gen ; es scheint demnach also nur von der Menge
der Erreger und den Bedingungen der Infektion
abzuhängen, ob eine Streptokokkenart pathogene
Wirkung entfaltet oder nicht. Seitz (Bonn).
43. Über Modifikationen bei Bakterien;
von G. Bernhardt und N. Markoff. (Zentralbl.
f. Bakt Bd. 65. H. 1—3. S. 1. 1912.)
Die kleine Arbeit ist ein Beitrag zur Frage
der sogenannten „Mutation“ bei Bakterien. Vieles
von dem was gerade in letzter Zeit unter der
Mutations-Flagge segelt, ist imschwer als Variation
zu deuten. In der Tat, das Postulat der Plötzlich¬
keit und der Vererbbarkeit der neuerworbenen
Eigenschaft, welches gestellt werden muß als
Grundlage für den Begriff Mutation, ist häufig
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46
IV. Mikrobiologie und Serologie.
nur scheinbar ganz erfüllt. So gelingt es nicht
selten bei Dyeenteriekulturen, welche scheinbar
Mutationserscheinungen zeigen (Material von dem
Knopfe einer auf Maltose-Agar blau gewachsene
Knopfkolonie gibt weiterhin auf demselben Sub¬
strat rote Kolonien ohne Knopfbildung), bei
Zurückbringung des Erregers unter natürliche
Existenzbedingungen, d. h. Tierpassage, einen
bleibenden Rückschlag in das primäre Wachstum
zu erzielen. Seitz (Bonn).
44. Beitrag zur Bewertung der Emme-
richschen Cholerahypothese; von J. Biber¬
feld. (Zentralbl. f. Bakt. Bd. 65. H. 1—3. S. 1.1912.)
Bekanntlich hat der ausdauernde Verfechter
der heute aufgegebenen Pettenkoferachen epidemi¬
ologischen Hypothese, Emmerich, die Theorie
aufgestellt, daß der Choleravibrio an und für sich
nicht pathogen sei, vielmehr seine pathogenen
Eigenschaften nur auf seiner Fähigkeit beruhten
aus den Nitraten Nitrit zu bilden. Der Tod an
der asiatischen Cholera sei also ein Tod durch
freie salpetrige Säure.
B. hat nun Hunden in den Dünndarm große
Mengen einer Lösung von Natrium uitrosum
mit einer Säure injiziert; die dosis letalis lag
pro Kilogramm Hund zwischen 0,02 und 0,05
salpetriger Säure. Das Sektionsbild war jedoch
demjenigen der Cholera vollkommen unähnlich.
In einer anderen Versuchsreihe erhielten Hunde
in den Dünndarm Natriumnitrat mit Reinkulturen
von Vibrio Nordhafen (starker Nitritbildner) in¬
jiziert. Hier zeigte sich im lebenden Tiere auch
keine Spur von Nitritbildung.
Auch diese Versuche möchten also keine Stütze
für die Nitrithypothese bilden. Seitz (Bonn).
45. Das Schicksal der Milzbrandkeime
in der Stalljauche; von G. Roth. (Zentralbl.
f. Bakt. Bd. 63. H. 4—6. S. 372. 1912.)
Die Stalljauche besitzt hochgradige milzbrand¬
tötende, aber keine sporentötende Eigenschaften,
yrelche mit steigender Temperatur zunehmen;
bedingt sind sie hauptsächlich durch den hohen
Alkaligehalt der Jauche. Während man im all¬
gemeinen annimmt, daß im Tierkörper Sporen
nicht gebildet werden, trifft dies doch nicht zu
für den Darmmilzbrand. Wie Flügge schon sagt,
werden beim Dannmilzbrand der Haustiere Massen
von Dejektionen mit Sporen auf die Weide ge¬
bracht ; in der Tat begünstigt wohl die alkalische
oder neutrale Reduktion des Darminhaltes die
Temperaturverhältnisse und die Anwesenheit von
Sauerstoff die Sporenbildung. Bei dem akuten
Verlauf der Krankheit wird aber eine Ausschei¬
dung der Sporen wohl nur selten beobachtet, da
die Sporenbildung, welche frühestens nach 16 Stun¬
den auftritt, erst dann beginnen kann, wenn in¬
folge anatomischer Veränderungen Blut in den
Darminhalt übergetreten ist R. gelang an Mäusen
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und Meerschweinchen der Nachweis von Milz¬
brandsporen im Darmkanal bei Impfmilzbrand.
Zur Desinfektion der Jauche sind alkalisch
reagierende Desinfektionsmittel, am besten Kalk¬
milch, den Säuren vorzuziehen. Seitz (Bonn).
46. Bakteriologische Blutuntersuchun¬
gen beim Scharlach; von N. Klimenko.
(Zentralbl. f. Bakt. Bd. 65. H. 1—3. 1912.)
Wenn man bei Scharlaehkranken auf der Höhe
der Krankheit genügend große Mengen Blut in
gewöhnliche Bouillon oder Agar einsäet (Verliält-
nis 1:10), so findet man nach K. in 2,1% der
Fälle Streptokokken (vom Typ. Strept longus) in
demselben. Das Vorhandensein der Streptokokken
im Blute macht die Prognose ungünstig; besonders
häufig findet man ihn in den Fällen, wo Pharynx-
und andere Geschwüre aufgetreten sind.
Seitz (Bonn).
47. The cobra venom hemolysis fest in
Syphilis; by W. J. Stone and R. Schott-
staedt. (Arch. of int. Med. July 15. 1912. S. 8.)
Zur Prüfung der Haemolyse bei Syphilis wur¬
den Lösungen von Cobragift in physiologischer
Kochsalzlösung von 1:10 000, 1:15 000, 1:
20 000 und 1:30 000 verwandt Die Technik
entsprach der von Weil angegebenen. Bei 4 Pa¬
tienten mit primärer Syphilis war die Reaktion
nur einmal positiv, dagegen bei 22 mit aktiver
sekundärer oder tertiärer 20 mal ■=■ 90,9 °/ 0 .
In 33 Fällen mit latenter Spätsyphilis gelang die
Reaktion 29 mal — 87,8%; sie blieb aus bei
20 klinisch geheilten Patienten. Aus den Resul¬
taten geht hervor, daß die Cobraprobe bei der
latenten Syphilis der Wassermannschen Reaktion
überlegen ist, und zwar ist sie bei 26 % mehr
Fällen positiv als diese. Sonst stimmten beide
Reaktionen überein in 88,2 % der geprüften Fälle.
Die Übereinstimmung mit der Noguehi sehen
Buttersäureprobe betrug 85,4 %.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
48. Über die Wirkung artfremder Blut¬
seren im Tierkörper nach subkutaner
Zufuhr während des präanaphylaktischen
und des anaphylaktischen Zustandes; von
E. Heilner. (Zeitschr. f. Biol. Bd. 58. S. 333.
1912.)
Nach subkutaner Zufuhr größerer Mengen art¬
fremden Eiweißes wird dieses Eiweiß innerhalb
dreier Tage durch ein im Blute ad hoc gebildetes
spezifisches Ferment völlig verbrannt. Genau die¬
selben Vorgänge spielen sich ab, wenn nach Vor¬
behandlung mit einer anaphylaktisierenden Serum-
eiweißmenge eine subkutane Injektion größerer
Mengen‘von Serumeiweiß einer anderen Tierart
erfolgt. Es wird dann ein zweites spezifisches
Ferment gebildet usw.
Infolge dieser durch die erste Injektion einer
bestimmten Eiweißart ausgelösten Reaktionen ist
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
47
der Organismus (nach H.s Deutung seiner Ergeb¬
nisse) auf jeden Fall befähigt, nach einer zweiten
Injektion derselben Eiweißart das zum Abbau er¬
forderliche Ferment, soweit es nicht schon vor¬
rätig ist, schneller oder aber in wirksamerer Form
hervorzubringen, und zwar gilt dies nach H. so¬
wohl dann, wenn die Reinjektien vor dem Inkraft¬
treten der Überempfindlichkeit, als wenn sie erst
im anaphylaktischen Stadium selbst geschieht. Im
ersteren Falle sind die Versuchsergebnisse sehr
durchsichtig: die Verbrennung des subkutan zu¬
geführten, zur Vorbehandlung verwandten Eiweißes
erfährt eine lebhafte Vermehrung. Im zweiten
Falle hingegen sinkt der Eiweißstoffwechsel unter
Erkrankung des Tieres außerordentlich ab: H.
glaubt dies aber nicht darauf beziehen zu sollen,
daß das spezifische Ferment nicht mehr wirksam
sei oder (wie die heute gangbare Vorstellung will)
daß andere, und zwar giftige Zwischenprodukte
entstünden, die im ersteren Falle nicht zu Btande
kämen. Er ist vielmehr der Ansicht, daß die
Fermentwirkung und die Art des Eiweißabbaues
genau dieselben seien und daß lediglich die Weiter¬
verarbeitung gewisser, für die Zelle erst bei relativ
längerer Einwirkungsdauer schädlicher Zwischen-
jrrodukle im anaphylaktischen Stadium gehemmt
ist. Dafür spricht der Tiefstand des Eiweißstoff¬
wechsels in den vorliegenden Versuchen. „Nicht
die Erzeugung giftiger Zwischenprodukte, sondern
die relative Persistenz sonst rasch weiter verar¬
beiteter Stoffe führt zu den Erscheinungen der
Anaphylaxie“. D i 111 e r (Leipzig.)
49. Die Auslösung von Überempfind¬
lichkeitserscheinungen durch körpereigene
Eiweißsubstanz und ihre klinische Bedeu¬
tung; von Wolf-Eisner und Vertes. (Münchn.
med. Woch. 1912. Nr. 21. S. 1140.)
Bringt Versuche über Auslösung von Ana¬
phylaxie-Erscheinungen durch körpereignes Ei¬
weiß. Bekanntlich gelingt es Anaphylaxie zu
erzeugen durch Linsensubstanz, sowie Sperma.
Aber auch mit arteigner Leber, Niere und Gehirn
gelingt eine Sensibilisierung; allerdings tritt die¬
selbe erst nach mehrmaligen Injektionen auf. Bei
der mikroskopischen Untersuchung der unter den
bekannten anaphylaktischen Erscheinungen (Tem¬
peratur?) ad exitum kommenden Tiere finden
sich Nekrosen in der Niere, Leber, gelegentlich
auch degenerative Prozesse in den Ganglienzellen.
Ähnliche histologische Veränderungen finden
sich auch bei Eklamptischen ; W.-E. u. V. möchten
auch hierhin eine Analogie sehen, welche besteht zwi¬
schen Eklampsie und Anaphylaxie. Seitz (Bonn).
50. Die klinische Bedeutung der Lehre
von der Protein-Überempfindlichkeit; von
v. Behring. (Münchn. med. Woch. 1912.
Nr. 21. S. 1137.
In diesem Vortrag, gehalten in der Friedrich
v. Müllerachen Klinik in München, faßt v. B. die
Tatsachen der Anaphylaxielehre zusammen, so¬
weit sie für die KLinik von Bedeutung sind. Wir
wissen heute, daß sich der Begriff „Immunität“
durchaus nicht immer deckt mit dem der herab¬
gesetzten Empfindlichkeit Wir haben vielmehr
im Immunitätsmechanismus nicht bloß unter-
empfindlich machende Antikörper, wie die Anti¬
toxine, sondern auch überempfindlich machende
Antikörper zu berücksichtigen. Wahrscheinlich
sind so beispielsweise die Spontanimmumsierungen
im Verlaufe von Pocken, Scharlach, Masern usw.
auf die Entstehung anaphylaktischer Antikörper
unter dem sensibilisierenden Einfluß mikropara¬
sitärer Proteine zurückzuführen.
Von therapeutischer Wichtigkeit ist die Er¬
kenntnis, daß auch die erworbene Überempfind¬
lichkeit nicht, wie man früher annahm, auf einer
Umstimmung vitaler Körperelemente beruht, son¬
dern daß die Erkläruug hierfür eine humorale
ist. Die Überempfindlichkeit beruht zum größten
Teile auf einer Veränderung gelöster Bestandteile
im Blute und den Gewebssäften. Seitz (Bonn).
51. Darstellung von Anaphylaxiegiften
in vitro ohne Komplement; von Doerr und
Ruß. (Zentralbl. f. Bakt. Bd. 63. S. 243. 1912.)
Die Versuche berichten über die Erzeugung
in vitro von akut anaphylaktisch wirkenden
Giften mit Hilfe von Eiweißantigenen und homo¬
logen Antiseris ohne Komplement. Die Gift¬
wirkung war nicht auf die primäre Toxizität der
verwendeten Eiweißantigene oder Antisera zu be¬
ziehen. Während von mancher Seite (so Fried-
berger), großes Gewicht auf die Gegenwart
von Komplement (frisches Meerschweinehenserum)
bei der Abspaltung von anaphylaktischem Gift
aus verschiedenartigstem Eiweiß gelegt wird,
konnte von anderer Seite (Ref.) gezeigt werden,
daß die Abspaltung des Giftes auch ohne die
Serum-Komponente, welche wir gewöhnlich Kom¬
plement nennen, gelingt Körper mit Ferment¬
charakter gibt es in dem komplex zusammen¬
gesetzten Blutserum zweifellos mehrere; daß also
nicht unbedingt das Eiweißantigen mit Ferment¬
charakter, Komplement genannt, unbedingt an der
Giftabspaltung beteiligt sein muß, zeigen auch
die Versuche der Autoren. Seitz (Bonn).
52. Die Überempfindlichkeit (Anaphy-
laxie); von W. Silberschmidt (Korr.-BI. f.
Schweizer Ärzte. 1912. Nr. 18. S. G66.)
S. gibt in Form eines Vortrags einen zusammen¬
fassenden Überblick über die Ergebnisse, Aussichten
und Theorien der Anaphylaxie. Hahn (Marburg).
53. L’antianaphylaxie; par Jean Minet
et J. Ledercq. (Echo med. du Nord 1912.
Nr. 27. S. 321.)
Auch beim Menschen kommt es, wie beim
Meerschweinchen, unter Umständen bei einer
zweiten Seruminjektion zu therapeutischen Zwecken
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
48
zu recht bedrohlichen Erscheinungen, die den
anaphylaktischen des Tierversuches vollkommen
entsprechen. Zur Vermeidung dieser Erschei¬
nungen hat man von den verschiedensten Seiten
mit durchweg negativem Erfolge versucht, durch
Veränderung des Serums seine toxischen Eigen¬
schaften bei Reinjektion zu zerstören. Weder die
fraktionierte Erhitzung auf 46°, noch der Zusatz
von Baryumsulfat, Calciumchlorür, Atropin usw.
haben den Ausbruch antianaphylaktischer Er¬
scheinungen verhindern können. Aussichtsreicher
scheint das Vorgehen Besredkas, der durch
Injektion kleinster, steigender Serumdosen eine
Antianaphylaxie ohne stürmische Erscheinungen
hervorrufen konnte. Die darauf folgende Reinjek¬
tion einer größeren Serumraenge zeitigte nur ganz
geringe flüchtige, in anderen Fällen gar keine
anaphylaktischen Symptome. Hahn (Marburg).
54. La reazione die Rivalta introdotta
nell’esame degli espettorati: sua impor-
tanza diagnostisa; per R. Casali. (Rif. med.
1912. S. 817.)
Die von Rivalta angegebene Serum- resp. Blut¬
reaktion, die bisher nur auf Blut, Exsudate mit
Cerebrospinalflüssigkeit ihre Anwendung fand,
wurde in modifizierter Weise auf das Sputum
übertragen. Mit Hilfe dieser Reaktion gelingt es
stete, Fälle von Tuberkulose nachzuweisen, selbst
solche, in denen Bazillen nicht gefunden werden
können, und zwar spielt die Hauptrolle dabei die
Verdünnung der Stammlösung und die ihr ent¬
sprechende Empfindlichkeit des Sputums.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
55. Eine Verbesserung der Meiostag-
minreaktion; von R. Köhler und A. Luger.
(Wien. Min. Woch. 1912. Nr. 29. S. 1114.)
Die Meiostagminreaktion läßt sich erfolgreich
verwerten zur Diagnose maligner Geschwülste.
So zeigt das Serum Karzinomatöser, im Gegen¬
satz zum Serum Gesunder oder anderswie Er¬
krankter, die Eigenschaft in gewissem Mengen¬
verhältnis mit Tumorextrakten zusammengebracht,
eine Erniedrigung der Oberflächenspannung an¬
zuzeigen, welche sich in einer Vermehrung der
Tropfenzahl bei gleichem Volumen äußert Diese
Reaktion von Ascoli und Izar krankt jedoch an
der Labilität und Inkonstanz der Organextrakte
(Tumoren sowie Hunde-, Kalbs- und Rinder¬
pankreas-Extrakte) sowie an der Schwierigkeit
ihrer Herstellung. K. u. L. haben daher versucht
einen künstlichen Extrakt herzustellen, indem sie
Lecithin 24 Stunden mit Aceton extrahierten und
durch Papier filtrierten; dieser Extrakt scheint halt¬
bar zu sein und gab gute Resultate. Seitz (Bonn).
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
56. Zur Frage über den Zerfall der
weißen Blutkörperchen im Blute bei Zäh¬
lung nach der Methode von Thoma; von
S. J. Manuchin. (Russki Wratsch 1912. Nr. 5.
S. 151.)
M. hat gefunden, daß nach dem Zusatz der
*/*proz. Essigsäurelösung 10,0—20,7°/ 0 der weißen
Blutkörperchen zerfallen.
Truschennikoff (Odessa).
57. Zwei Fälle von Dextroposition des
Aortenbogens; von Georg B. Gruber.
(Frankf. Zeitechr. f. Path. Bd. 10. S. 375. 1912.)
Gr. berichtet über 2 Fälle von Dextroposition
des Aortenbogens. Im 1. Falle verlief die auf¬
steigende Aorta an der rechten Seite der Trachea,
gab erst eine Carotis sinistra, dann eine Carotis
dextra und unmittelbar daneben eine Subclavia
dextra ab, und wandte Bich über den rechten
Stammbronchus nach rückwärts. Die Venen des
Herzens waren normal. Im 2. Falle verlief die
Aorta gleich nach Überbrückung des rechten Haupt¬
bronchus nach der medianen Richtung zu. Die
Reihenfolge des Abgangs der großen Gefäße war
hier: Anonyma sinistra, Carotis dextra, Subclavia
dextra. Die Entstehung der Gefäßanordnung im
1. Falle ist durch Erhaltenbleiben des 4. Gefä߬
bogens der rechten Seite, und Wegfall der linken
zu erklären. Die Variante, wie sie der 2. Fall
zeigt, ist offenbar viel seltener. — Bei der holop¬
tischen Sektionsmethode, bei der die Organe der
Brusthöhle (und Bauchhöhle) im Zusammenhang
entfernt und präpariert werden, sind solche Gefä߬
anomalien viel leichter festzustellen, als bei der sonst
üblichen Sektionsmethode. Fischer (Göttingen).
58. Pneumonia simulating localized
peritonitis; by H. F. L. Ziegel. (New York
med. Record May 18. 1912. S. 941.)
Eine Frau von 22 Jahren erkrankte unter den
Zeichen einer akuten Peritonitis mit mutma߬
lichem Sitz im rechten Hypochondrium. Die
Krankheit erwies sich jedoch in der Folge als
Pneumonie des rechten Unterlappens mit Be¬
teiligung der Pleura diaphragmatica.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
59. Das chromoidale Auftreten der Kem-
substanz in den leukämischen Leukozyten
und ihre Bedeutung; von K. Hynek. (Roz-
pravy Ceskö Akad. Bd. 19. Nr. 41.)
Hämatologisch beruht die Leukämie in einer
Läsion des Kerns der wuchernden Elemente; diese
stellen funktionell aberrante Leukozyten dar, die
statt der zum Leben notwendigen Substanzen un¬
vollkommen entwickelte, toxische Sekrete produ¬
zieren. Die Leukämie ist daher keine maligne
progressive Hyperleukozytose, sondern eine Über-
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49
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
schwemmung des Blutes mit speziellen leukämi¬
schen Leukozyten, die den Organismus nicht
schützen, sondern vergiften. Daraus erklärt sich
die Malignität der leukämischen Hyperplasie und
namentlich die Wirkung der Röntgen strahlen, die
speziell den kinetischen Kern zerstören.
Mühlstein (Prag).
60. Über die Bedeutung und Entstehung
der oxyphilen Zellgranulationen; von M.
Goldzieher. (Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 10.
H. 2. S. 174. 1912.)
G. hat im Lubarschschen Institut die Ver¬
suche Stschartnyis nachgeprüft, nach welchem
durch granulären Zerfall von roten Blutkörperchen
und Aufnahme der Granula in Exsudatzellen eine
lokale Eosinophilie erzeugt werden soll.
G. benutzte Meerschweinchen, die mit artfremden
Erythrozyten immunisiert wurden (in Abstand von
8 Tagen in je 1 ccm Erythrozytenaufschwemmung in
die Brusthöhle). Am Versuchstag wurde wieder 1 ccm
eingespritzt, und nach 2, 4, 17 und 24 Stunden das in
der Bauchhöhle gebildete Exsudat, gleichzeitig das Ohr-
venenblut untersucht; nach der 4. Untersuchung wurde
das Tier getötet und Knochenmark, Milz und Netz
histologisch untersucht. Exsudat und Blut wurde in
Querstrichpräparaten mit Osmiumfixierung, Färbung
nach öiemsa, mit Triazid, Hämalaun - Eosin usw.
untersucht.
In dem Peritonealexsudat finden sich anfangs
nur mononukleäre Zellen; oxyphile Zellen nach
2 Stunden nur ganz wenig, am meisten nach
24 Stunden. Während erst zahlreiche Zellen mit
phagozytierten Erythrozyten und Trümmern von
solchen vorhanden sind, verschwinden diese all¬
mählich in dem Maße, wie die oxyphilen Zellen
zunehmen. Im Blute sind weder 2, noch 4 Stun¬
den nach der Injektion, die eosinophilen Zellen
vermehrt; erst nach 17 und 24 Stunden. Da
also das Auftreten oxyphiler Zellen im Peritoneal¬
exsudat eher erfolgt, als die Zunahme dieser
Zellen im strömenden Blut, können sie auch nicht
durch chemotaktischen Reiz aus dem Blut in die
Bauchhöhle gelangt sein, müssen vielmehr lokal
entstanden sein. Durch Injektion von Preßsaft
aus sarkosporidienhaltigem Hammelfleisch gelingt
es ferner, eine diapedetische Blutung in die Bauch¬
höhle, Zugrundegehen von Erythrozyten und Auf¬
treten eosinophiler Zellen im Exsudate, ohne
gleichzeitige Vermehrung der eosinophilen Zellen
des Blutes, zu erzeugen. G. schließt aus seinen
Versuchen, daß die oxyphilen Granula aus dem
Hämoglobin der zerstörten roten Blutkörperchen
entstehen. Als Mutterzellen dieser eosinophilen
Zellen kommen Zellen des Netzes mit rundem,
chromatinreichem Kern, -wohl auch typische Plasmar
zellen, in Frage. Fischer (Göttingen).
61. Über einige seltene zystische und
karzinomatöse Tumoren des Peritoneums;
von Paul Kirchberg. (Frankf. Zeitschr. f.
Path. Bd. 10. H. 2. S. 290. 1912.)
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
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K. berichtet über eigentümliche, im Heidel"
berger (Fall 1 und 2) und Frankfurter (Fall 3)
pathologischen Institut beobachtete Peritoneal-
affektionen. Im 1. Falle (öljähr. Frau) handelte
es 9ich um multiple Cystenbildungen von Steck¬
nadelkopf- bis Nußgröße im Peritoneum und Netz;
Ovarien und Appendix waren frei. Die Zysten
enthielten wasserklare Flüssigkeit, sie waren von
flachen, endothelartigen Zellen ausgekleidet. Es
handelt sich um echte Lymphozyten, und zwar
um zystische Lymphaugiektasie, nicht um Lymph¬
angiom. Im 2. Falle handelte es sich um ein
Carcinoma gelatinosum, bei einer 70jähr. Frau,
im 3. um ein medulläres Karzinom des Perito¬
neum, bei einem 50jähr. Mann. Da an Ovarien und
Appendix im Fall 2 keine Veränderungen be¬
standen , ist ein Pseudomyxoma peritonei auszu¬
schließen; nirgends wurde sonst ein Tumor ge¬
funden, der als Primärtumor aDgesprochen wer¬
den konnte,' so daß nach K. ein primärer Krebs
des Peritoneum anzunehmen ist. Auch im 3. Falle
muß eine primäre Tumorbildung im Peritoneum
angenommen werden; trotz des enormen Zell¬
reichtums der Geschwulst, und der Polymorphie
der Tumorzellen blieb die Geschwulst lediglich
auf die Peritonealserosa beschränkt.
Fischer (Göttingen).
62. Aneurysma spurium bei Aortitis
syphilitica; von Albrecht Steinmeier.
(Frankf. Zeitsehr. f. Path. Bd. 10. H. 2. S. 306.
1912.)
St. berichtet über ein Aneurysma spurium der auf¬
steigenden Aorta. Dieses Aneurysma wölbte sich in
den rechten Ventrikel und die Pulmonalarterie vor und
führte zu einer Insuffizienz und Stenose der Pulmo-
nalis. Das Loch in der Aorta, entsprechend dem Aneu¬
rysma, war etwa pfennigstückgroß, die Wand de6
Sackes 1—2 mm dick, der ganze Sack thrombosiert, in
der Wand schon beginnende Organisationsprozesse. Die
Aortenveränderungen in diesem Falle, mit Nekrosen in
der Media, Defekten der elastischen Fasern, zeitigen
Infiltraten der Adventitia und endarteriitischen Prozes¬
sen der Vasa vasorum weisen darauf hin, daß hier eine
syphilitische Aortitis, keine arteriosklerotische Verände¬
rung des Gefäßes vorliegt, obwohl sonst keinerlei auf
Syphilis zu beziehende Veränderung klinisch und ana¬
tomisch nachgewiesen werden konnte.
Fischet (Göttingen).
63. Über Tracheopathia osteoplastica;
von A. Haslinger. (Frankf. Zeitschr. f. Path.
Bd. 10. H. 2. S. 284.)
H. berichtet über 2 Fälle von sogen. Tracheopathia
osteoplastica bei einem 48iähr. Mann und einem 23jähr.
Mädchen. Im mittleren Teil der Trachea fanden sich
weißliche, meist in der Längsrichtung angeordnete
Kalkplatten in der Schleimhaut. Mikroskopisch findet
man innerhalb der elastischen Längsbänder der Trachea
spongiöse Knochenblättchen, zum Teil mit deutlichen
Wucherungserscheinungen; aber auch isoliert kleine
osteoide Wucherungen zwischen den elastischen Fasern,
die oft Degenerationserscheinungen anfweisen. Anf
den Knppen der Knorpelringe finden sich auch kleine
Ekchondrosen, die mit den Knochenplättchen der
Schleimhaut zum Teil in Verbindung stehen. Diese
brückenartigen Verbindungen sind nach H. jedoch
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oO V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
sekundär, durch Verschmelzung ursprünglich isolierter
Wucherungsherde entstanden. Durch die Reibung, die
die Knochenplättchen der Schleimhaut bei deren Ver¬
schiebung an den Tracheal ringen ausüben müssen,
kann an diesen die Wucherung ausgelöst werden; diese
Verbindungsbrücken wären demnach nicht auf eine
Mißbildung, sondern auf eine durch mechanische Rei¬
nting erzeugte Wucherung zuriiekzuführen.
Fischer (Güttingen).
64. Eine Hernia diaphragmatica-peri- I
cardialis bei einem Hunde; von H. Stoeber. |
(Frankf. Zeitsehr. f. Path. Bd. 10. H. 2. S. 278.
1912.)
Bei einem Hunde fand St. eine eigenartige Hernia
diaphragmatica. Der Boden des Herzbeutels war mit
dem Zwerchfell verwachsen und durch einen kreisrun¬
den Defekt in ihm war ein abnorm gestalteter Leber- |
lappen in den Heuzbeutel eingetreten. Es handelt sich
hier jedoch nicht um eine kongenitale, sondern eine '
im postuterinen Leben erworbene Hernie; auf Entwick¬
lungshemmung beruhte jedoch die abnorme Größe des
Herzbeutels und abnorme Kleinheit der Lunge, welche
Faktoren offenbar zu dieser Hernicnbildung prädispo¬
nierten. Fischer (Göttingen).
65. Übereine bösartige Nierengeschwulst
bei einem kindlichen Hermaphroditen; von
N. Raubitschek. (Frankf. Zeitschr. f. Path.
Bd. 10. H. 2. S. 206. 1912.)
Eine Kombination von Mißbildung des Genital- i
apparates und Tumor der Niere hat R. bei einem j
l'/jjähr. Kinde beobachtet. Der linksseitige Nieren- ;
tumor erwies sich histologisch als eine jener bei Kin- |
dern so häufigen bösartigen Geschwülste, die als I
„Nephrose“ bezeichnet werden. Die Mißbildung der 1
• Genitalien bestand in Hypospadie und Pseudoherma-
phroditismus: es fanden sich Vagina und Uterus, sowie
Tuben; Ovarien fehlten vollkommen. Dafür fand 6ich
rechts rctroperitomal an der Linea forminalis ein boh¬
nenförmiges Gebilde, das nach der mikroskopischen
Untersuchung als rückgebildeter kryptischer Hoden an¬
gesprochen wird. Das Individuum wäre demnach als
männlich zu bezeichnen, da auch bei der mikroskopi¬
schen Untersuchung nirgends Ovarialgewebe aufgefun¬
den wurde. Die Mißbildung des Genitales ist, abge¬
sehen von der Hypospadie, als Resistenz des Müller-
schen Ganges zu bezeichnen. — Nun ist eine Kombina¬
tion von Genital-Mißbildung mit malignem Nephrom
nach den Daten der Literatur eine Rarität: wäre diese
Kombination typisch, so ließe sich aus der Unter¬
suchung vielleicht eine Erklärung für das Auftreten
und die formale Genese dieser Fehlbildungen gewinnen.
Nach R. haben die beiden Prozesse nichts miteinander
zu tun, so nahe auch eine gemeinsame genetische Deu¬
tung liegen mag. Fischer (Göttingen).
66 . Über ein reines Adenom des Pan¬
kreas; von Humbert Rollett. (Frankf.
Zeitschr. f. Path. Bd. 10. H. 2. S. 268. 1912.)
R. beschreibt ein kugliges, 11 mm im Durchmesser
haltendes, im Pankreasgewebe sitzendes, reines Adenom,
das sich als Nebenbefund bei einem 25jähr., an Tuber¬
kulose verstorbenen Mädchen fand. Die Zellen dieseB
Tumors gleichen denen der Langerhansschen Zellinseln
(die Kerne dunkler, als die des übrigen Pankreasgewe¬
bes, das Protosplasma heller). Der Tumor besteht aus
vielfach gewundenen Zellsäulen (Zylinderzellen), ohne
Lumenbildung; er ist abzuleiten aus (nicht völlig aus¬
differenzierten) Zellen der Langerhansschen Zellinseln;
er ist als gutartiges, solides Adenom za bezeichnen.
Der Fall bot keinen Hinweis darauf, daß durch diese
! Tumorbildung etwa Störungen der innersekretorischen
Tätigkeit des Organs eingetreten wären.
Fischer (Göttingen).
67. Fettinfiltration in der Metastase eines
primären Leberzellenkrebses; von P. Prvm.
(Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 10. H. 2. S. 170.
1912.)
P. beobachtete in der Metastase eines malignen
I.eberzellkrebses außer Galleproduktion auch noch
typische Zellinfiltration der Geschwulstzellen; gruppen¬
weis stärker, gruppenweis schwächer ausgebildet. Die
Tumorzellen haben auch in der Metastase weitgehende
Analogie mit den Funktionen der Leberzellen. Wenn
man also die Fettinfiltration als eine solche Funktion
der Leberzellen auffaßt, so beweist der Befund in der
Metastase, daß diese Fettinfiltration nicht an die Zu¬
fuhr von Fett durch den Pfortaderkreislauf gebunden
zu sein braucht. Fischer (Göttingen).
68. Zur elektiven Darstellung der eosino¬
philen Zellen der Hypophyse; von Erik
Johannes Kraus. (Frankf. Zeitschr. f. Path.
Bd. 10. H. 2. S. 161. 1902.)
Zur elektiven Darstellung der eosinophilen
Zellen der Hypophyse verwendet Kr. eine Modifi¬
kation der Lovrain Smith - Dietrichschen Chrom-
hämatnxy 1 i n färbu n g.
Die Objekte sind möglichst frisch in Formol zu
fixieren, besser nicht in Müller-Formol; bei Müllerscher
Flüssigkeit ist langes Auswaschen nötig. Paraffinein¬
bettung. Die Beizung erfolgt bei 37° (mehrere Stun¬
den), in äproz. Kaliumbichromat. Nach Abspülen in
Wasser färben mit essigsaurem Hämatoxylin (Kutt-
s c h i t z k y) 24 Stunden und differenzieren in verdünn¬
ter Weigertscher Boraxferricyankalilösung (15 Minuten
und länger, so lange bis die basophilen Zellen ihre
schwarze Farbe abgegeben haben und nun blaßgelb¬
braun erscheinen). Auswaschen in Wasser.
Bei dieser Methode erscheinen die eosino¬
philen Zellen der Hypophyse dunkelstahlgrau,
mit deutlicher Granulierung, während die baso¬
philen Zellen blaß gelbbraun gekörnt erscheinen.
Es gelingt mit dieser Methode die Darstellung der
| eosinophilen Zellen auch noch da, wo andere
[ Färbungen (z. B. mit Kresofuchsin) versagen.
Fischer (Göttingen).
69. Ein Fall der tropischen Spleno¬
megalie (Kala-azar); von N. W. Petrow.
(Russki Wratsch 1912. Nr. 26. S. 1093.)
Die 38jähr. Beamtin hat sich in Turkestan (Mittel¬
asien) infiziert. Der klinische Verlauf der Krankheit
! sowie der Sektionsbefund entsprachen vollständig dem
Bilde der Kala-azar. In Makrophagen (an der Milz)
wurden der Leishmania Donovani ähnliche Gebilde ge¬
funden. Pathologisch-anatomische Untersuchungen er¬
gaben noch folgende Besonderheiten: seröse Durch¬
tränkung der Milzvenen und Trombosen der Milz-
, venen und durch die Nekrosen zirkumskripte Degene¬
rationen der Leberzellen (und partieller Schwund der¬
selben). Darmgeschwüre sowie Narben im Darme
fehlten. Truschennikoff (Odessa).
70. Anomalie der Arteria subclavia dex-
tra; von B. N, Deniseow. (Russki Wratsch
1912. Nr. 25. S. 1069.)
Nebenbefund bei Autopsie einer Leiche weib-
, liehen Geschlechts. Truncus bicaroticus, Art. subclavia
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
51
deitra et sinistra. Die Arteria subclavia deitra ent¬
sprang von der Aorta thoracica und verlief hinter der
Arteria subclavia sinistra und Ösophagus nach rechts
(weiter normaler Verlauf).
Truschennikoff (Odessa).
71. Die ersten Anfänge der atypischen
Neubildung im Rektum und S romanum;
von W. Libensky. (Öasopis lökariiv öeskych.
1912. Nr. 1—5.)
Polypen mit dünnem Stiel zeigen nur am
Scheitel adenomatöse Wucherung, Stiel und um¬
gebende Mukosa besitzen eine normale Schleim¬
haut Breitaufsitzende Polypen zeigen die ade¬
nomatöse Wucherung außer im Tumor selbst auch
im Stiel und in der Nachbarschaft. Gestielte
Polypen rezidivieren nicht nach ihrer Abtragung;
Polypen mit breitem Stiel müssen samt der be¬
nachbarten Mukosa abgetragen werden; treten trotz¬
dem Rezidive ein, muß die Radikaloperation vor¬
genommen werden. Mühlstein (Prag).
72. Experimentelle Albuminurie und
Nephritis bei Hunden durch Immobilisie¬
rung; von K. Amerling. (Lekarske Rozhledy.
Bd. 19 Nr. 5.)
Bei Hunden, die vor dem Versuche sicher kein Ei¬
weiß im Harn hatten, erzeugte A. durch eine zweistün¬
dige Immobilisierung (im engen, die Bewegung auf
das Äußerste hemmenden Käfig) eine binnen 1—3
Tagen auftretende Albuminurie mit charakteristischem
Zylinderbefund. Als Erklärung nimmt A. eine Läsion
der Nieren durch die bei dem Versuche, sich aus der
unbequemen Lage zu befreien, entstehenden Produkte
der Unskeltätigkeit. Mühlstein (Prag).
73. Recherches sur la räaetion de Ri-
valta; par Prosper Merklen, Michel Rey-
nard et M. Bonvalet (Gaz. des Höp. 1912.
Nr. 73. S. 1077.)
Verf. kamen bei der Nachprüfung der Rival-
taschen-Probe zu folgenden Resultaten.
1. Die Reaktion erlaubt eine sichere Unter¬
scheidung zwischen Exsudaten und Transsudaten.
2. Gibt ein Tropfen der Untersuchungsflüssig¬
keit in destilliertem Wasser ebenso einen Nieder¬
schlag wie in verdünnter Schwefelsäure, so ist
damit die Tendenz des Exsudates zum blutig-
oder eitrig-werden bewiesen.
3. Ebenfalls kann man mit der Rivaltaschen-
Probe die Eiterung renalen Ursprungs von denen
der unteren Harnwege trennen; die Probe ist in
letzterem Falle positiv.
4. Die Reaktion ist an die Anwesenheit von
Leukozyten gebunden. Hahn (Marburg).
74. Third lecture on Unicellula Cancri,
the parasite of cancer; by H. Butlin. (Brit.
med. Joum. April 27. 1912. S. 933.)
Die Krebszelle ist der Parasit des Krebses;
ihr Wandern ist eine der Hauptursachen der
Verbreitung des Tumors. Die Zellen aller Krebs¬
arten wandern und verursachen dadurch Meta¬
stasen. Vermutlich wandern auch die Zellen der
nicht metastasierenden Krebse, wie z. B. des
Ulcus rodens, jedoch finden sie keine Gelegen¬
heit , sich in andern Organen oder Geweben
anzusiedeln. Die Ausdehnung der wandernden
Zellen sowie die Zeit ihres Wandems ist von
Fall zu Fall verschieden. Wesentlich von Ein¬
fluß auf die Metastasierung ist das widerstand¬
leistende Vermögen des Wirtes.
Fischcr-Defoy (Quedlinburg).
75. Theories as to the causation of
monsters; by Ch. J. Kickham. (Boston med.
and surg. Joum. July 4. 1912. S. 6.)
Als Ursachen für die Entstehung von mensch¬
lichen Mißgeburten kommen Insulte der Mutter
wie Trauma und Nervenschok in Betracht; eine
Anzahl kommt durch amniotische Fäden zu Stande.
In den weitaus meisten Fällen aber sind es krank¬
hafte, auf den Embryo oder die Keimzelle ein¬
wirkende Einflüsse, die verantwortlich zu machen
sind. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
76. Congenital absence of thecolon; by
John Morton. (Brit. med. Journ. May 18. 1912.)
M. stellte bei einem 23jähr. Patienten, der im
Intervall wegen appendizitischer Beschwerden operiert
wurde, bei der Operation das völlige Fehlen von Zökum
und Appendix fest. Der Dünndarm ging direkt in das
Rektum über. Es fanden sich ausgedehnte tuberku¬
löse Prozesse der Mesenterialdrüsen.
Fischer (Qöttingen).
77. The pathology of the lungs; byEllia
Kellert. (Albany med. ann. Bd.33. Nr. 6. S. 330.)
In dem Vortrag wird über die Anatomie der wich¬
tigsten tuberkulösen Veränderungen in der Lunge be¬
richtet, unter Demonstration makroskopischer und
mikroskopischer Präparate. Fischer (Qöttingen).
78. Primary carcinoma arising from the
bronchus in a tubercular lung; by M. M’In-
tyre. (Glasgow med. Joum. Bd. 78. S. 95. 1912.)
M. beschreibt ein primäres, von der oberen
Teilungsstelle des linken Bronchus ausgehendes
Karzinom mit vereinzelten Metastasen in der linken
Lunge. Mit dem Karzinom in Verbindung stand
eine tuberkulöse Kaverne. Histologisch handelte
es sich um kubische, in soliden Nestern gelagerte
Epithelien. Walz (Stuttgart).
79. Über die Sekretion und die Fermente
des Magens bei Hunden nach Phosphor¬
vergiftung und bei künstlich erzeugten
Anämien; von D. Minami. (Virchows Arch.
Bd. 208. S. 13. 1912.)
Versuche an Pawlowschen Blindsack hunden,
die mit Pyrodin anämisiert worden waren, er¬
gaben, daß unter dem Einfluß der Anämie die
Magensaftsekretion beim Hund ein ganz unregel¬
mäßiges Verhalten zeigte. Bald zeigte sich eine
Abnahme der Saftsekretion mit gleichzeitiger Ver¬
minderung der Salzsäureproduktion, bald ein An-
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52
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
wachsen der Saftmenge mit Zunahme der Salz¬
säuremenge. Bei phosphorvergifteten Tieren da¬
gegen fand sich, daß stets mit progressiver Ver¬
giftung die Magensaftsekretion immer geringer
wurde und auch die Mengen der produzierten Salz¬
säure immer mehr abnahmen.' Isaac (Wiesbaden).
80. Zur Frühdiagnose der primären
Lungentumoren; von A. Ephraim. (Berl.
klin. Woch. 1912. S. 1167.)
E. teilt 4 Fälle von primären malignen Lungen¬
tumoren mit, bei denen durch die bronchoskopische
Untersuchung und gleichzeitige Probeexzision die rich¬
tige Diagnose frühzeitig gestellt werden konnte. Die
Bronchoskopie erweist sich besonders dann diagnostisch
wertvoll, wenn mittelst Röntgenaufnahme noch keine
Veränderungen nachweisbar sind, oder wenn die Diffe¬
rentialdiagnose zwischen Tuberkulose oder Tumor der
Lunge schwankt. Isaac (Wiesbaden).
81. Kommen die Lungenschwindsucht
und einige andere Krankheiten der Atmungs¬
organe häufiger bei der jüdischen als bei
der christlichen Bevölkerung vor? Beitrag
zu der sogenannten Bassen-Pathologie bearbeitet
auf Grund einer Analyse von 10000 eigenen
Fällen; von Sokolowski. (Zeitschr. f. Tuberk.
Bd. 19. S. 143.)
S. beantwortet in einer ausführlichen Arbeit
die Frage dahin, daß die Bevölkerung semitischen
Ursprungs, die in Russisch-Polen lebt, seltener
von der Lungentuberkulose befallen wird, als die
dort wohnenden Russen, Polen und Littauer und
zwar im Verhältnis der Mortalität der Lungen¬
tuberkulose zur allgemeinen Mortalität, nach seiner
Zusammenstellung für Warschau 11—13°/ 0 Chri¬
sten und 8—10% Juden, was durch die in West¬
europa zusammengestellten Statistiken vollkommen
bestätigt wird. Auf Grund der Erkrankungen an
Lungentuberkulose kommt S. zu demselben Resul¬
tat. Die Juden werden in 45,48% von Lungen¬
tuberkulose befallen gegenüber 40,26% Christen.
Die übrigen Erkrankungen der Atmungsorgane
weisen durchaus keine Sonderheiten der jüdischen
Rasse auf mit Ausnahme der auf nervöser Basis
ruhenden Hustenformen, für welche die Juden
besonders disponiert sind. Krause (Bonn).
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
82. Zur Frage des Salvarsanfiebers ; von
Ladislaus Austerweil. (Orvosi Hetilap
1912. S. 259.)
Auf Grund seiner Erfahrungen bestätigt A. die
Annahme, daß das der Salvarsaninjektion folgende
Fieber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
durch die Keime des zur Verdünnung des Mittels
herangezogenen destillierten Wassers erzeugt wird.
Wurde gewöhnliches destilliertes Wasser ver¬
wendet, so trat regelmäßig eine oft nicht un¬
beträchtliche Temperatursteigerung auf, wogegen in
den Fällen, wo das verwendete destillierte Wasser
frisch bereitet und zuerst durch eine Chamber-
landsche Kerze filtriert wurde, von 75 Fällen nur
6mal Fieber zu beobachten war.
Rosenthal (Budapest).
83. Untersuchungen über die Wirkung
des Mittels 606 auf die Hühnerspirillose;
von A. Hauer. (Zentralbl. f. Bakt. Bd. 62.
S. 477. 1912.)
Die Hühnerspirillose, welche auch Enten,
Gänse und anderes Geflügel in tropischen und
subtropischen Ländern massenhaft befällt, läßt
sich durch Salvarsan dauernd heilen. Schon be¬
fallene Tiere genesen nach einer einmaligen In¬
jektion , die Heilung und erworbene Immunität
ist eine dauernde.
Die Untersuchungen reihen sich den chemo¬
therapeutischen Versuchen von Hata aus dem
EhrlichBchen Institut über dieselbe Frage an.
Seitz (Bonn).
■ 84. A few observations on the action of
salvarsan upon the irritability of nerve and
muscle; by D. R. Joseph. (Stud. fr. the
Rockefeiler Inst Bd. 14.)
Experimente an Fröschen zeigten, daß Sal¬
varsan bei direkter Anwendung auf Muskeln und
Nerven keinen nennenswerten Einfluß ansübt
Übergießt man die Tiere mit alkalischen Lösungen,
so ist keine schädliche Wirkung zu beobachten.
Setzt man sie in eine salzige Lösung vou 1:1000
hinein, so kommt es erst nach 4 Stunden zu
einer Einschränkung der Reizbarkeit In kon¬
zentrierteren Lösungen (1: 250) ist die Irritabilität
schon nach 2% Stunden aufgehoben.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
85. Vorläufige Mitteilung über Salvar-
sanschäden am Gefäßsystem nach intra¬
venösen Injektionen; von K. Wagner. (Allg.
med. Zentralzeit 1912. Nr. 28. S. 359.)
Bericht über einige Versuche an Kaninchen,
denen Salvarsan intravenös eingespritzt wurde,
und die besonders an der Intima der Brust- und
Bauchaorta ausgedehnte entzündliche Verände¬
rungen darboten; ferner fand sich verruköse
Endokarditis. (Die mikroskopische Untersuchung
soll folgen.)
Daß Salvarsan beim Menschen die gleichen
oder ähnliche Erscheinungen (auch Eudarteriitis
der Gehimgefäße) macht, ist nicht auszuschließen, im
Gegenteil sogar wahrscheinlich. Bachem (Bonn).
86. Über den Einfluß des Arsens auf
die Autolyse. U. Mitteilung: Autolyse und
Stoffwechsel; von Ernst Laqueur und Jakob
Ettinger. (Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 79.
S. 1. 1912.)
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53
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
Über den Einfluß des Salizylsäuren
Natriums auf die Autolyse. III. Mitteilung:
Autolyse und Stoffwechsel; von Ernst Laqueur.
(Ebenda S. 38.)
Über den Einfluß des benzoesauren
Natriums auf die Autolyse. IV. Mitteilung;
von Ernst Laqueur und Kurt Brünecke.
(Ebenda S. 63.)
Über den Einfluß von Gasen, im be¬
sonderen von Sauerstoff und Kohlensäure,
auf die Autolyse. V. Mitteilung; von Ernst
Laqueur. (Ebenda S. 82.)
Arsen steigert in bestimmten Dosen und bei
bestimmter Zerkleinerung die Autolyse der Leber.
Größere Dosen führen zur Hemmung derselben.
"Wahrscheinlich beruht letzteres auf einer Zer¬
störung des autolytischen Fermentes. Stark mit
Arsen vergiftete Tiere weisen einen auffallend
geringen Gehalt der Leber an löslichem Stick¬
stoff auf.
Salizylsaures Natrium bewirkt bei kurzer Ein¬
wirkungsdauer Förderung der Autolyse der Leber
und steigert die Stickstoffausscheidung, wenn es
in nicht letalen aber großen Dosen gereicht wird.
Durch große Dosen bei längerer Einwirkungszeit
kommt die Autolyse zum Stillstand.
Benzoesaures Natrium steigert die kurzdauernde
Autolyse, erhöht die Stickstoffausscheidung.
Sauerstoff hemmt, Kohlensäure fördert die
Autolyse. Junkersdorf (Bonn).
87. Beiträge zur Atophanbehandlung;
von H. Bach und E. Strauß. (Münch, med.
Woch. 1912. Nr. 31. S. 1714.)
B. u. Str. führen 3 Fälle von Arthritis urica
an, die 4mal täglich 0,5 Atophan mit Natrium
bicarbon. erhielten. Es wurde festgestellt, daß
die Harnsäureausscheidung durch Atophan er¬
höht wird und zwar in den meisten Fällen am
ersten Atophantage um das Doppelte. Sie sinkt
dagegen am ersten atophanfreien Tage in den
meisten Fällen unter die Norm, um dann wieder
langsam anzusteigen. Der Blutdruck scheint unter
Atophan etwas zu sinken. Nierenreizung oder
Steigerung der Diurese konnte nicht beobachtet
werden, das AllgemeinbeSnden wurde günstig
beeinflußt
B. u. Str. neigen der Ansicht zu, daß der
Angriffspunkt des Atophans in der Niere Belbst
liegt und daß die durch die Niere gehemmte
HarnBäureausscheidung durch Atophan befördert
wird. Bachem (Bonn).
88. Die hohe Bedeutung der Digitalis
titrata und ihre Vergleichung mit anderen
Digitalispräparaten; von Focke. (Ther. d.
Gegenw. 1912. S. 201 u. 249.)
Kritische Betrachtung der verschiedenen im
Handel befindlichen neueren Digitalispräparate
unter besonderer Empfehlung der Fol. Digitalis
titrata und des Digitalysatums. Beide sind kon¬
stant wirksame Präparate. Bachem (Bonn).
89. Chemisch-physiologische und kli¬
nische Studien über Systogen, ein neues
Sekaleersatzpräparat ; von E. Heimsnn.
(Münchn. med. Woch. 1912. H. 25. S. 1370.)
Systogen ist Paraoxyphenyläthylamin bzw.
dessen leichtlösliches salzsaures Salz. Die ge¬
bräuchlichste Lösung ist 0,002 im ccm; diese
Menge entspricht 2 g frischem Mutterkorn. Man
spritzt hiervon meist */,—1 ccm subkutan ein.
Systogen soll völlig ungiftig sein und therapeu¬
tisch sicher wirken. Die Rückbildung des Uterus
geschieht Schneller und energischer als beim
Mutterkorn, ohne daß es zu unangenehmen
Nebenwirkungen kommt. Auch nach Abortaus¬
räumungen und Kflrettements sowie nach Eihaut¬
retentionen waren die Erfolge günstig.
ln der Ambulanz hat sich das Präparat eben¬
falls wegen seiner Sicherheit und Ungiftigkeit
bewährt, zumal eine einmalige Dosis genügen soll.
Bachem (Bonn).
90. Liquor hydrastis Bayer, ein synthe¬
tisch hergestelltes Hydrastinin; von H.
Freund. (Therap. Monatsh. 1912. S. 432.)
Empfehlung eines synthetisch dargeetellten
Hydrastispräparates, welches aus dem Heliotropin
als Ausgangsmaterial dargestellt wird. Der bittere
Geschmack des bekannten Hydrastisextraktes ist
gut korrigiert und das neue Präparat besitzt die
gleiche pharmakologische Wirkung wie das offi-
zinelle Extrakt oder Hydrastinin. Fr. gab von
dem Liquor 15—30 Tropfen 2—3mal täglich.
Er wird gern genommen und gut vertragen.
Indikationen: Menorrhagien, Blutungen infolge
von Endometritis. Atonie des Uterus nach Abort
und Puerperium sowie klimakterische Blutungen.
Bachem (Bonn).
91. £tudes nouveiles sur le gui con-
sidärä comme mödicament hypotenseur;
par R. Gaultier. (Bull. gön. de Ther. 1912.
H. 16 u. 17.)
Klinische Versuche, welche die günstige Wir¬
kung der wirksamen Bestandteile der Mistel bei
vorübergehender und dauernder Blutdrucksteige-
mng dartun sollen. (Diese Versuche sind übri¬
gens von anderer Seite nicht bestätigt worden;
S. Referat Leva Bd. 315. S. 72. Ref.)
Bachem (Bonn).
92. Über Heroinausecheidung und Ge¬
wöhnung; von H. Langer. (Biochem. Zeitschr.
Bd. 45. S. 221. 1912.)
Heroin wird (wahrscheinlich zum größten Teil)
unverändert im Harn ausgeschieden. Ein kleiner
Teil erscheint im Kot als nicht näher charak¬
terisierbares Morphinderivat. Bei Gewöhnung wird
das Heroin im Tierkörper in allmählich steigen-
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54
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
dem Maße zersetzt, so daß schließlich im Harn
und Kot kein Alkaloid mehr nachzuweisen ist.
Bei Hunden tritt Gewöhnung an die narkoti¬
sierende Kraft des Heroins ein, während die
Empfindlichkeit gegenüber der krampferregenden
Eigenschaft unverändert fortbesteht; infolgedessen
ist nur Gewöhnung an unterletale Dosen mög¬
lich, d. h. die Gewöhnung ist eine funktionelle.
Die Dosis letalis hegt für Kaninchen und
Hunde bei 0,15 g pro Kilogramm Körpergewicht.
Die Todesursache hegt in der Krampfwirkung
und nicht in einer zentralen Atemlähmung; denn
wenn die Krämpfe durch Äthernarkose ausge¬
schaltet werden, läßt sich beim Hunde die tät¬
liche Gabe auf das Doppelte erhöhen.
Bachem (Bonn).
93. Die Erfolge der Behandlung des
Gelenkrheumatismus und rheumatischer
Erkrankungen mit Eivasin; von Richter.
(Berl. klin. Woch. 1912. S. 1807.)
Ervasin ist Azetylkresotinsäure und kommt
in Tabletten von 0,5 in den Handel. Man gibt
täglich 2—4 Tabletten. Der Temperaturabfall
setzte schnell ein, auch die Schmerzen ließen bald
nach. Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
Bachem (Bonn).
94. Zur Pharmakologie der Cascara
Sagrada; von Flury. (Berl. Min. Woch. 1912.
Nr. 32.)
Versuche mit einem neuen zweckmäßigen
Präparat, der Cascara-Diefenbach, einem Extrakt,
das nach einem besonderen (patentirtem) Ver¬
fahren gewonnen wird. Tierversuche ergaben,
daß der Magen nach diesem Präparate weniger
gereizt wird, als nach den wässerig-alkoholischen
und Fluidextrakten. Die Wirkung auf den iso¬
lierten Darm äußert sich darin, daß die Darm¬
bewegungen unter dem Einfluß des Cascara-
präparates nach einiger Zeit an Häufigkeit zu¬
nehmen, daß sieh dagegen Ablaufzeit und Intensität
der einzelnen Welle verringern, ebenso wie die
Zeitdauer der zwischen den Einzelkontraktionen
liegenden Ruheperioden.
Nach dem Diefenbachschen Verfahren lassen
sich die wirksamen Bestandteile der Droge in
einen milder und einen drastisch wirkenden Teil
zerlegen. Bachem (Bonn).
95. Über den Einfluß des Adrenalins
auf den respiratorischen Quotienten und
die Wirkungsweise des Adrenalins; von
G. Wilenko. (Biochem. Zeitschr. B. 42. S. 44.
1912.)
I
Adrenalin ändert bei Kaninchen den Nüchtem-
Respirationsquotienten nicht oder nur sehr wenig.
Es setzte in den Versuchen W.s die physio¬
logische Steigerung des respiratorischen Quotienten
nach Zufuhr von Kohlehydraten fast gänzlich herab.
Intravenös eingeführte Glukose erscheint bei Adre¬
nalintieren quantitativ im Harn wieder.
Bachem (Bonn).
96. Zur Anti meristemfrage; von K. Kolb.
(Berl. klin. Woch. 1912. S. 793).
Eine Ablehnung der AntimeristembehandlnDg
auf Grund kritischer Untersuchungen, die in dem
Satz gipfelt: „Das Antimeristem ist kein spezi¬
fisches Mittel gegen Krebs“.
Fritsch (Breslau).
97. The treatment of cancer with sele-
nium ; by Ch. E. Walker. (Lancet Mai 18.
1912. S. 1337.)
Nach langen Versuchen gelang es W., ein halt¬
bares kolloidales Seleniumpräparat herzustellen,
welches im Gegensatz zu Wassermanns Präparat
nicht toxisch ist Ein günstiger Einfluß auf
Mäusetumoren konnte jedoch bei dieser Form
des Selens nicht beobachtet werden.
Walz (Stuttgart).
98. Action de l’uräe sur la söcrötion
rdnale dans les cas d’oligurie; parG. Picot.
(Joum. d’Urol. 1912. S. 203.)
P. zeigt an 3 Fällen von schwerer Oligurie
und beinahe vollkommener Anurie die diuretische
Wirkung des Harnstoffs. Eine einzige Dosis von
25 g Harnstoff führt in allen seinen Fällen nicht
nur eine sehr starke Diurese herbei (bis 4 Liter
pro Tag), sondern auch eine enorme Zunahme
der ausgeschiedenen Harnstoffmenge unter gleich¬
zeitiger Abnahme des Harnstoffgehaltes des Blutes.
Gleichzeitig tritt eine auffallende Besserung in
dem Befinden der Patienten ein.
Asch (Straßburg).
99. Vergleichende Untersuchungen am
Hunde über, die Wirkung verschiedener
Zuckerarten; von G. Sainmont. (Monatsschr.
f. Kinderheilk. Bd. 10. S. 579. 1912.)
Die orale Zufuhr gleicher Zuckermengen (20 g
pro Körperkilo) zeitigte ganz verschiedene Resultate.
Rohrzucker und Traubenzucker erwiesen sich
in der fraglichen Menge als Gifte. Milchzucker
war weit weniger schädlich. Und Galaktose voll¬
kommen indifferent.
Bei den mit Rohrzucker gefütterten Hunden
zeigte die Dünndarmschleimhaut in den oberen
Abschnitten Hyperämie mit Nekrosen, während
es bei den Milchzuckertieren nur zur Hyperämie
gekommen war. Klotz (Schwerin).
100. Zur Methodik des Studiums der
gefäßverengernden und gefäßerweiternden
Substanzen; von J. A. Pisemsky. (Russki
Wratsch 1912. S. 264.)
P. empfiehlt das isolierte Kaninchenohr als sehr ge¬
eignetes Objekt zum Studium der gefäßverengemden
und gefäßerweiternden Substanzen.
Truschenikoff (Odessa).
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VI. Pharmakologie und Toxikologie.
55
101. A scientific System of administe-
ring ether; by Raymond C. Coburn. (New
York med. Record Bd. 81. S. 842. 1912.)
Beschreibung eines nicht sehr komplizierten Appa¬
rates, der die genau dosierte Zuführung von auf elek¬
trischem Wege erwärmten Äther gestattet, außerdem
läßt sich die Konzentration des Sauerstoffs und der
Kohlensäure willkürlich regeln.
Melchior (Breslau).
102. Über die intravenöse Hedonal-
narkose; von G. Muchadse. (Chirurgija
Bd. 31. Nr. 181. Januar 1912.)
M. hat bei 33 Männern und 28 Frauen im
Alter von 8—75 Jahren die intravenöse Hedonal-
narkose angewandt. Die verbrauchte Menge der
0,75 proz. Hedonallösung schwankte zwischen
600—2200 ccm, durchschnittlich wurde im Laufe
einer Stunde 0,16 g Hedonal pro kg Körper¬
gewicht eingeffihrt. Nur in 9 Fällen genügte
eine einmalige Injektion von 300—1200 ccm. In
32 Fällen mußte die Injektion wiederholt werden,
in 12 Fällen wurden 3 und in 6 Fällen sogar
4 Injektionen gemacht Von den 61 Patienten
starben 2 in der Narkose. 10 mal wurde die
Narkose durch Atemstörungen und Zyanose kom¬
pliziert. M. empfiehlt die intravenöse Hedonal-
narkose bei den Kopfoperationen, und wenn die
Äther- oder Chloroformnarkose aus irgendwelchen
Gründen nicht angewandt werden kann; sie ist
bei Operationen in der Mundhöhle kontraindiziert.
Wegen der komplizierten Technik kann die He-
donalnarkose nur in größeren Krankenhäusern an¬
gewandt werden, und wegen der Gefahr für den
Patienten bietet sie keine Vorzüge vor den an¬
deren Narkosen. N. Krön (Moskau).
103. Über die Wirkungen des Eosins
auf Tiere. I. Teil: Fütterungsversuche mit
Eosin und Eosingerste; von C. Titze. (Arb. a.
d. Kais. Gesundheitsamt Bd. 40. S. 143. 1912.)
Seit Oktober 1909 wird die zu Futterzwecken
an das Zollinland eingeführte Gerste durch An¬
färbung mit Eosin, ca. 5 °/ 0 der Körner, gekenn¬
zeichnet, um zu verhindern, daß diese zum er¬
mäßigten Zollsätze abgelassene Gerste als Brau¬
gerste verwendet wird. Bald erschienen Mittei¬
lungen in der Tagespresse, daß die Verwendung
der Eosingerste Übelstände im Gefolge habe. Be¬
sonders die Verfütterung an Schweine sollte
schwere Gesundheitsstörungen und eine Entwer¬
tung des Fleisches und Fettes bewirken und nach
längerer Verabreichung auch eine Rotfärbung des
Fettes und Fleisches hervorrufen. Da diese Mit¬
teilungen in den Kreisen der Interessenten große
Beunruhigung hervorriefen, wurden dahingehende
Versuche angestellt. Es ergab sich daraus, daß
weder die einmalige Verabreichung ungewöhnlich
großer Eosingaben (4—5 g pro kg Körpergewicht),
noch die lange Zeit fortgesetzte Verfütterung
großer Eosingaben (0,5 g pro kg Körpergewicht
täglich bis 85 Tage lang) die geringsten Gesund¬
heitsstörungen bei den zu den Versuchen be¬
nutzten Schweinen hervorgerufen hat. Nur bei
den unmittelbar nach der Eosinfütterung ge¬
schlachteten Schweinen war die Haut und die
Schleimhaut des Magens und Darmes angefärbt,
während Fett und Fleisch frei waren. Versuche
an Rindern, Kaninchen, Hühnern und Tauben
hatten ein gleiches Resultat. Es ergiebt sieh also,
daß die Fütterung an Haustieren mit Gerste, die
zu 5 % der Körner mit Eosin angefärbt ist,
keinerlei Nachteile im Gefolge hat
Koenigsfeld (Breslau).
104. Über die Wirkungen des Eosins
auf Tiere. II. Teil: Pharmakologische Unter¬
suchung des Eosins, mit Berücksichtigung der
Wirkungen des Fluoreszins und Erythrosins; von
E. Rost. (Arb. a. d. Kais.Gesundheitsamt. Bd. 40.
S. 171. 1912.)
Mit Rücksicht auf die Aufsehen erregenden
Mitteilungen Wassermanns über Chemotherapie
bei Mäusetumoren verdienen die vorliegenden
Untersuchungen großes Interesse. Es wurde
festgestellt, daß das Eosin zum bei weitem
größten Teil vom Magendarmkaual aus überhaupt
nicht resorbiert wird, und nur ein kleiner Teil in
den Organismus Übertritt. Es entfaltet bei den
untersuchten Tierarten (Meerschweinchen, Kanin¬
chen, HundeD, Fröschen, Kaulquappen, Fischen)
keine spezifischen, weder örtliche, noch all¬
gemeine Wirkungen, die gestatten würden, es in
bekannte pharmakologische Gruppen einzureihen
oder ihm bestimmte Affinitäten zu einzelnen Or¬
gansystemen zuzuschreiben. Das Eosin besitzt
also keine pharmakologische Verwandtschaft mit
dem ihm chemisch nahestehenden Phenolphthalein,
dem Resorzin oder der Phthalsäure. Auch Salz¬
wirkungen sind beim Eosin nicht zu beobachten
gewesen. Nur bei Einfuhr sehr großer Mengen
in den Magen tritt eine flüchtige Rosafärbung der
Gewebe auf, die auf dem Farbstoffgehalt der die
Gew'ebe durchziehenden Blutgefäße zurückzuführen
ist. In ihren physiologischen Funktionen ge¬
schädigte oder absterbende Gewebe nehmen da¬
gegen leicht den Farbstoff auf. Die Ausscheidung
des resorbierten Eosins erfolgt iu unveränderter
Form. Das Fluoreszin und das Erythrosin ver¬
halten sich im wesentlichen ebenso wie das Eosin,
nur daß das Fluoreszin eine geringere und das
Erythrosin eine größere Wirksamkeit als das
Eosin zeigen. Koenigsfeld (Breslau).
105. The influence of alcoholism on the
offspring; by C. R. Stockard. (Proceed. of
the Soc. f. exper. Biol. and Med. Bd. 9. Nr. 4.
S. 71.)
Meerschweinchen wurden G Tage laiig jede
Woche bis zur fast völligen Intoxikation Alkohol¬
dämpfen ausgesetzt. Solche Meerschweinchen
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56
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
wurden entweder untereinander oder mit normalen
Tieren gepaart Von 25 so erhaltenen Jungen
waren nur 6 normal, 8 waren totgeboren, 7 starben
wenige Tage nach der Geburt an Krämpfen, von
4, die beim Tode der Mntter noch im Uterus
sieh befanden, war 1 deformiert.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
106. Alkohol und Kampferspiritus zu
Verbänden; von Beverley Robinson. (New
York med. Journ. 1912. Nr. 14. S. 693.)
R. berichtet, daß man sich vor Jahren ge¬
wöhnlich und fast ausschließlich der Verbände
mit verdünntem Alkohol oder Kampferspiritus mit
Wasser bei Wunden verschiedenster Art bedient
habe. Seit N e 1 a t o n sei die Anwendung dieser
Medikamente sehr vernachlässigt worden. R.
hat mit Verbänden unter Benutzung von Alkohol
oder Kampferspiritus und Wasser (1 : 3) beson¬
ders auf Wunden, Quetschungen, Verrenkungen
usw. gute Erfolge gehabt. Die Desinfektionskraft
soll eben so stark sein, wie. diejenige des Subli¬
mates oder anderer desinfizierender Lösungen.
Nach wenigen Wochen konnte eine weit aus¬
gedehnte Uleeration ohne operativen Eingriff in
der Nackengegend vollkommen geheilt werden.
Zum Schlüsse fordert R. zu häufigem Gebrauohe
obiger Heilmittel auf. Bei diffuser, septischer
Peritonitis durch Appendicitis wird nach der Rei¬
nigung Doch Ausspülung mit alkoholischen Lö-
sungen (!) empfohlen. Flury (Würzburg).
107. Durch Dinitrochlorbenzol hervor¬
gerufene Hautkrankheit; von M. J. Bern¬
stein. (Lancet 1912. Nr. 4632. S. 1534.)
Wälirend organische Chlorverbindungen die
verscliiedenen toxischen Wirkungen hervorrufen,
äußert sich nach B. die Vergiftung mit Dinitro-
chlorbenzol bei Beschäftigten gewisser Farbstoff¬
fabriken in ganz spezifischen Erscheinungen auf
der Haut und an Schleimhäuten, besonders wenn
die Haut vorher mit AVasser oder mit fettigem
Vehikel benetzt wurde. Gleich nach Berührung
mit der Hautoberfläche ruft die Substanz heftiges,
besonders in der Nachbarschaft der Augen un¬
erträgliches Brennen und Stechen hervor, beim
Riechen leichten Schnupfen. Arbeiter, die mit
genannter Verbindung in Berührung kommen,
leiden bald an einer heftigen Dermatitis mit Ery¬
them, Ödem, gelblicher Färbung, entzündeter Haut
mit zerstreuten Papeln und Bläschen. Wenn die
Patienten kurze Zeit in der Fabrik tätig waren,
litten sie bald an heftigem Jucken, Brennen der
Haut und Schlaflosigkeit. Zuerst werden Vorder¬
arme, dann Hände, Gesicht und Nacken, in
schweren Fällen selbst die Füße in Mitleidenschaft
gezogen. Der Urin ist während der Krankheit
immer normal. B. beschreibt 9 Fälle dieser eigen¬
artigen Erkrankung, die mit Ausnahme eines
Falles, rasch durch Emollienta und Mittel gegen
Juckreiz geheilt werden konnten. Dieser durch
reichlichen Alkoholgenuß verursachte Rückfall er¬
forderte längere Behandlung als die erste Attacke.
Durch einmalige Erkrankung wird eine Art Im¬
munität erzeugt, denn genesene Arbeiter scheinen
nicht mehr von der Krankheit befallen zu werden.
Flury (Würzburg).
108. Intestinal obstruction, treated with
Phenolphthalein and calomel; by P. H.
Markly. (New York med. Journ. 1912. May 4.
S. 930.)
Bei einer an chronischer Obstipation leidenden
öOjähr. Frau, die früher längere Zeit an den Gebrauch
von Opium gewöhnt war, stellt sich ein akuter Darm-
versehluß ein. Da ein maligner Tumor ausziisrliließen
war und es sieh nor um einen dynamischen Ileus han¬
deln konnte, wurde Phenolphthalein in der enormen
Dose von 1 Drachme — 3.7') g in Verbindung mit
ü,ß g Kalomel gegeben und dadurch Wiederherstellung
erzielt. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
109. Scarlet red for granulation; by S. B.
Kositschek. (Therap.Gaz. Bd. 36. S. 323. 1912.)
K. bestätigt die zuerst durch Schmieden be¬
kannt gewordene Eigenschaft des Scharlaclirots die
Epiderinisiernng granulierender Wunden zu beschleu¬
nigen und empfiehlt ihre klinische Anwendung in
Gestalt der gebräuchlichen Spritz. Vaselin-Scharlach-
salbe. Melchior (Breslau).
110. Überunerwünschte Nebenwirkungen
bei Hormonal- und Pituitrininjektionen;
von H. Bovermann. (Münchn. med. Woch.
1912. S. 1553.)
Nach 20 ccm Hormonal (intravenös) Schüttel¬
frost , kleiner Puls, Schweißausbruch, Fieber,
Angstgefühl; dieser bedrohliche Zustand dauerte
etwa 10 Minuten, alsdann schritt die Besserung
langsam fort (Die Wirkung des Mittels war
übrigens eklatant) Trotz der geschilderten Sym¬
ptome möchte B. dennoch nicht auf das wirksame
Mittel verzichten (!).
Als Blutstillungsmittel war Pituitrin (1 ccm)
1 ccm Extr. Secal. com. einer 41jährigen
Patientin injiziert worden. 15 Minuten nach der
Injektion verlor die Kranke das Bewußtsein unter
schweren Kollapserscheinungen (schnarchende
Atmung, Verschwinden der Reflexe, Blässe usw.).
Auf Analeptika und Kochsalzinfusion tritt langsam
Besserung ein. B. sticht die Erklärung hierfür
darin, daß die vasokonstriktorisehe Wirkung beider
Mittel sich bei der bereits bestehenden Gehirn¬
anämie vereinigt hat. Er rät daher, bei aus¬
gebluteten Kranken mit der Anwendung des Pi¬
tuitrins, besonders in Verbindung mit Sekale vor¬
sichtig zu sein. Bachem (Bonn).
111. Die wirksame Substanz des Opium¬
rauches; von P. Pott. (Biochem. Ztschr. Bd. 42.
S. 67. 1912.)
Durch diese Versuche wurde gezeigt, daß
Morphin auch im nicht luftverdünnten Raum
sublimierbar ist, also auch im Opiumrauch ent¬
halten sein kann. Ferner wurde mit Sicherheit
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VII. Innere Medizin.
57
nach gewiesen, daß die Wirkung des Rauehopiums
auf die Gegenwart unzersetzten Morphins im
Opiumrauche zurückzuführen ist, und zwar so¬
wohl durch die charakteristische Beeinflussung
des Atemzentrums beim Kaninchen, als auch
durch die Straub - Hermannsche Morphinreaktion
an der Maus. Bachem (Bonn).
112. Über die Wirkung der wichtigsten
Opiumalkaloide auf den überlebenden
Darm; von Popper und Frankl. (Deutsche
med. Woch. Nr. 28. S. 1318. 1912.)
Diese an Katzen und Kaninchen angestellten
Versuche ergaben in Übereinstimmung mit früheren
Untersuchungen, daß unter den im Opium ent¬
haltenen Alkaloiden die der Phenanthrengruppe
zugehörigen (Morphin, Thebain, Kodein) die
Pendelbewegungen des Darmes erregen und ihren
Tonus erhöhen. Den Alkaloiden aus der Iso¬
chinolinreihe (Papaverin, Narkotin, Narzein) kommt
diese Wirkung nicht zu. Sie wirken nicht nur
nicht erregend, sondern sogar tonusherabsetzend.
Den Körpern der Isochinolinreihe ist somit die
von der Morphium Wirkung abweichende eigentüm¬
liche Wirkung des Opiums und besonders des
Pantopons, auf die Längsmuskulatur züzuschreiben.
Bachem (Bonn).
VII. Innere Medizin.
113. Die Diätbehandlung bei Herz- und
Gefäßkrankheiten ; von H. Strauß. (Med.
Klin. 1912. Nr. 18. S. 723.)
In dem Referate werden die bekannten Grund¬
sätze der Ernährung im allgemeinen erörtert, es
wird vor allen Dingen gewarnt vor einer quanti¬
tativen Überlastung mit Eiweiß, ebenso vor der
Zufuhr von erregenden Nahrungsmitteln wie Kaffee,
Tee, Bouillon, Alkohol. Die Frage der Flüssig¬
keitsreduktion wird eingehend erörtert, vor allen
Dingen auch der Vorteil einer allgemeinen Nah-
rungsreduktion, wie sie in der Karellkur gegeben
ist Letztere wird besonders für vollblütige, fett¬
reiche Patienten aus der Reihe der Arteriosklero-
tiker und der chronischen Nephritiker empfohlen.
Die Kochsalzeinschränkung unterstüzt die Flüssig¬
keitsbeschränkung. Die Huchard’sche Präsklerose
hält er mit Recht für den Ausdruck einer wohl
kompensierten Nierensklerose. In solchen Fällen
wird die von jenem empfohlene Milchdiät gebilligt.
Zum Schluß -warnt er vor Überfüllung des Magen-
und Darmkanals, namentlich auch wie sie durch
stärkere Mahlzeiten oder durch stark blähende
Sachen hervorgerufen wird. Er folgert, daß durch
eine zweckmäßige Diät nicht nur andere thera¬
peutische Maßnahmen erheblich unterstützt werden
können, sondern auch in einzelnen Fällen durch
eine solche einem Fortschreiten des Leidens Ein¬
halt geboten wird. Hoffmann (Düsseldorf).
114. Diät-Therapie bei Herzkrankheiten;
von Aug. Hoffmann. (Albus Sam ml. zwangl.
Abh. a. d. Geb. d. Verd.- u. Stoffwechselkrankh.
Bd. 3. S. 8. Halle 1912. Marhold. 1 Mk. 40 Pf.)
Die Ernährung bei kompensierten Herzkrank¬
heiten, bei relativer und bei absoluter Insuffizienz
des Kreislaufs werden in klarer und ausführlicher
Weise besprochen. Das wichtige Kapitel der
diätetischen Behandlung des Hydrops wird ge¬
bührend berücksichtigt. Die Bedeutung von Al¬
kohol nnd Tabak für das Herz- und Gefäßgelenk
ist besonders betont. Die Arbeit H.s beweist, daß
der alte Satz, es gäbe keine besondere Ernährungs-
therapie für Herzkranke nur insofern richtig ist,
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
als das Herzleiden als solches nicht die Wah
der Ernährungsweise bestimmt, sondern seine
Ursachen und seine Wirkungen. Ist die Herz¬
krankheit Folge einer Stoffwechselstörung, oder
führt sie selbst zu Störungen in den Verdauungs¬
organen, im Wasser- oder Salzstoffwechsel, so
muß die Ernährung diesen Störungen angepaßt
werden. F. Weil (Düsseldorf).
115. A common form of heart disease
(Aurikulär fibrillation); by J. G. Emanuel.
(Brit. med. Journ. March. 9. 1912.)
E. gibt in einem Vortrage über die Form der
Irregularität, welche in Deutschland als P. irre-
gularis perpetuus bekannt ist, Aufschluß. Es
handelt sich um eine absolute Unregelmäßigkeit
des Pulses, bei welcher jede Andeutung eines
regelmäßigen Rhythmus fehlt Durch Cushny
und Edmund ist experimentell festgestellt, daß
Vorhofflimmern zu dieser Pulsform führt Am
besten erkennt man sie aus dem Elektrokardio¬
gramm, aber auch an polygraphischen Kurven
kann man sie erkennen. Es gibt Fälle von
rascher 110 bis 150 p. m. und langsamer, 40
bis 90 p. m. Herztätigkeit. Vorhofflimmern kommt
vor bei Klappenerkrankungen, aber auch ohne die¬
selben. Man kann die Pulsform ohne Apparate
durch Palpation des Pulses und gleichzeitige Aus¬
kultation des Herzens erkennen. Die klinische
Bedeutung dieser Pulsform ist die einer gewissen
Herzschwäche, mitunter aber auch kann das Herz
ebenso leistungsfähig sein trotz der Unregelmäßig¬
keit wie ohne dieselbe. Als Ursache kommt zweier¬
lei in Betracht: Rheumatismus und Degeneration
des Myokards. Für die Prognose hat die Irre¬
gularität keine besondere Bedeutung, sondern sie
richtet sich nach der Grundkrankheit. Was die
Behandlung anbetrifft, so ist diese Form der Irre¬
gularität die einzige, welche auf Digitalis-Verord¬
nung reagiert. Der Puls wird in der Regel durch
Digitalis verlangsamt und man kann so die schnelle
Form in die langsame überführen. Eine kleine
Kasuistik illustriert den Vortrag.
Hoffmann (Düsseldorf).
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58
VII. Innere Medizin.
116. Ober den Einfluß des Geschlechtes
auf die Entstehung und Gestaltung von
Herzkrankheiten; von Max Herz. (Wien,
klin. Woch. 1912. Nr. 7.)
H. untersucht in seinem kurzen Artikel, welche
Rolle das Geschlecht bei der Genese und Sym¬
ptomatologie von Herzkrankheiten spielt, insbeson¬
dere auch im Hinblick auf die Vererbung. Die
Mütter sind im allgemeinen häufiger Ursache der
Vererbung von Herzfehlern und Neurosen als die
Väter. Bei Männern findet sich häufiger die Angina
pektoris vasomotoria als bei Frauen. Die sonstigen
subjektiven Beschwerden stellen sich in beiden Ge¬
schlechtern ebenfalls verschieden dar. (Die größere
Häufigkeit der Aorten - Insuffiziens bei Männern
ist wohl auf luetischer Ätiologie bei den meisten
dieser Fälle zurückzuführen. Das gehäufte Auf¬
treten der Arteriosklerose bei denselben, auf die
das männliche Geschlecht besonders treffenden
Schädlichkeiten Alkohol und Nikotin: Ref.)
Aus dem Artikel bekommt man nicht recht
die Überzeugung, daß abgesehen von „nervösen“
Erkrankungen Herzerkrankungen wegen der ge¬
schlechtlichen Eigentümlichkeiten bei Männern
und Frauen verschiedenartig auftreten und ver¬
laufen, sondern dies ist wohl der Fall wesentlich
nur wegen der verschiedenartigen Schädlichkeiten,
denen das eine oder andere Geschlecht in erhöhtem
Maße ausgesetzt ist. Hoffmann (Düsseldorf).
117. Eine Modifikation der Herzbeutel¬
punktion; von Hans Curschmann. (Therap.
MoDatsh. 1912. H, 5. S. 331.)
C. empfiehlt für gewisse Fälle von Herzbeutel¬
punktion, wie auch schon sein Vater Heinrich
Curschmann die Punktionsstelle nicht zwischen
der Mammilarlinie und vorderen Axilarlinie zu
wählen, sondern wenn sich hinten links unten
eine ausgedehnte Dämpfung zeigt, wie sie bei
größeren Ergüssen namentlich bei jugendlichen
Individuen beobachtet wird, die Punktion vom
Rücken aus zu machen. Wenn man nur über
dicke Troikards verfügt, soll man ebenfalls besser
möglichst weit vom Herzen ab punktieren, ebenso
wenn starke Hautödeme die Richtung für die
Punktionskanüle unsicher machen.
Hoffmann (Düsseldorf).
118. A case of haemopericardium of
traumatic origin. Operation; by Gunson.
(Lancet June 8. 1912.)
Ein 2 1 / 2 jähr. Kind war über einen Stuhl gefallen
und hatte sich dabei eine Nadel in die Brustwand ge¬
stoßen. Es traten Zeichen von Herzschwäche auf und
Vergrößerung und Vertiefung der Herzdämpfung. Eine
wiederholte Punktion des Herzbeutels ergab blutigen
Inhalt desselben. Da die Herzschwäche nicht nachließ,
wurde der Herzbeutel operativ geöffnet und 300 ccm
Blut entfernt. Man fand die Nadelspitze, welche in
ein entzündliches Exudat eingebettet war und den
Herzbeutel durchbohrt hatte. Tod nach 6 Tagen an
Bronchopneumonie. Es fand sich im Herzen eine Endo¬
karditis, Verwachsungen der perikardialen Blätter, der
Bluterguß war aus dem parialen Perikard erfolgt.
Hoffmann (Düsseldorf).
119. On the pathology of the heart; by
Harry S. Bernstein. (Albany med. Ann.
Bd. 33. Nr. 5.)
Eine statistische Zusammenstellung der im
Bender Hygyenic Laboratory vom 4. Oktober 1908
bis November 1911 vorgenommenen 309 Autop¬
sien von Herzkranken. 59 Fälle betrafen das
Perikard, 77 Fälle das Myokard, 25 Fälle endo-
kardiale Erkrankungen, die übrigen Fälle verteilen
sich auf Neubildungen usw.
Hoffmann (Düsseldorf).
120. The treatment of diseases of the
heart; bv Samuel B. Ward. (Albauy med.
Ann. Bd. 33. Nr. 5.)
Es werden therapeutische Vorschläge zur Be¬
handlung des Herzens gegeben. Es werden em¬
pirische Beobachtungen über Digitaliswirkungen
mitgeteilt und die Bäder- und Gymnastik-Behand¬
lung kurz besprochen. Hoffmann (Düsseldorf).
121. Some remarks on dilatation of the
heart; by H. Davy. (Lancet 1912. S. 1683.)
Wenn auch gewöhnlich eine Hypertrophie des
HerzenB bei erhöhtem Blutdruck und fortschreiten¬
der Arteriokapillarfibrosis zustande kommt, so
gibt es doch Fälle von starker Kapillarfibrosis
ohne Dilatation. Zwei solche Fälle eigner Be¬
obachtung werden beschrieben. Dagegen neigen
alte Leute, in deren Familie Gicht heimisch ist, die
schlecht genährt sind, sehr zu Herzerweiterung.
Eine große Rolle bei deren Entstehung bilden auch
die von den Erregern der Infektionskrankheiten
produzierten Toxine, die den Tonus des Muskels
herabsetzen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
122. Resistenzerhöhung gegen Tuber¬
kulose nach dem heutigen Stand der Im¬
munitätsforschung; von Citron. (D. med.
Woch. 1912. S. 937.)
Es empfiehlt sich, die vorhandene natürliche
Resistenz des Menschen gegen Tuberkulose durch
prophylaktische Injektion von Tuberkulin (BE) in
der Kindheit zu erhöhen. In langjähriger Be¬
obachtung muß dann nachgewiesen werden, ob
der Prozentsatz der Erkrankten unter den Ge¬
impften geringer ist, als unter den Nichtgeimpften.
Die Behandlung tuberkulöser Individuen mit Tuber¬
kulin (besonders mit BE) führt auch beim Fehlen
klinisch nachweisbarer Symptome zu starker Anti¬
körperbildung und zur Resistenzerhöhung gegen
die tuberkulöse Infektion. Fränkel (Bonn).
123. Die Autoinokulationsprobe der Tu¬
berkulose; von Warren Crowe. (Brit. med.
Joum. 1912. S. 1229.)
Durch forzierte Respiration soll es zu einer
Autoinokulation mit tuberkulösem Gift bzw. Virus
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VII. Innere Medizin.
59
] n der tuberkulösen Lunge kommen. Dies läßt j
eich, durch Bestimmung des opsonischen Index j
während und nach der Übung zeigen. Auf Grund [
seiner Untersuchungen bei 60 Fällen kommt C. I
zu dem Resultat, daß dieser Methode eine hohe j
Bedeutung für die Frühdiagnose und die prog- j
nostische Beurteilung bei der Tuberkulose zu- 1
kommt Fränkel (Bonn). j
124. Die Hämoptöe, ihre Bedeutung und !
Behandlung bei den Ambulanzen, den Poli¬
kliniken und in der Privatpraxis; von Hawes. ;
(Boston med. and surg. Journ. 1912. S. 735.)
Von 114 Patienten mit Hämoptöe hatten 78 Tuber- j
kulose oder waren tuberkuloseverdächtig, 78 von diesen
kamen nicht wieder und entzogen sich so der Behand¬
lung, 11 wurden ins Krankenhaus aufgenommen.
Zweckmäßiges Handeln kann nur durch Einrichtung
von Tuberkulose-Abteilungen in großen Polikliniken
und Ambulanzen erreicht weiden.
Fränkel (Bonn). I
125. Herstellung eines Sputum-Koch- j
Salzlösung-Filtrates zur Behandlung der i
Lungentuberkulose; von Ho ff mann und
Martin. (Med. Klin. 1912. S. 867.)
In einer „vorläufigen Mitteilung“ wird über gün- >
stige Erfolge bei einem schweren Fall von Lungen- i
tuberkulöse berichtet, die durch Einspritzen eines
15 Tage täglich 1 Stunde lang auf 50—55“ C. erhitz¬
ten Sputum-Kochsalzgemisches erzielt sein sollen.
Fränkel (Bonn).
126. Blutuntersuchungen bei Patienten
mit Lungentuberkulose während der Heil¬
stätten- und Tuberkulinbehandlung; von
Miller, Lupton und Brown. (Amer. Journ.
of med. Sc. 1912. S. 683.)
Hämoglobingehalt, Erythrozyten und Leukozyten¬
zahl, Färbeindex, Blutdruck usw. wurden bei 275 Pa¬
tienten während der Behandlung, zum Teil häufig
untersucht. Ein Zusammenhang zwischen der Therapie
und den Veränderungen ließ sich nicht feststellen.
Fränkel (Bonn).
«
127. Some reasons why incipient pul¬
monary tuberculosis is not diagnosticated;
by J. H. Pryor. (New York med. Journ.
March 23. 1912. S. 582.)
Um Fälle von beginnender Lungentuberkulose
feetzustellen, ist es von größter Wichtigkeit, alle
diejenigen zu untersuchen, die der Möglichkeit
einer Ansteckung ausgesetzt sind. Oft findet man
physikalische Veränderungen, ohne daß auch nur
die geringste Störung des körperlichen Wohl¬
befindens besteht. Eine der wichtigsten Regeln
bei der Frühdiagnose ist es, während des Hustens
zu ausknltieren. Man nimmt dabei feinste Ver¬
änderungen wahr, die sonst der Beobachtung ent¬
gehen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
128. Resultate der Behandlung der
Lungentuberkulose mit dem Alt-Tuberkulin
Koch; von Jaguerod. (Revue möd. de la
Suisse rom. 1912. S. 55.)
Das Alttuberkulin ist ein gut verwendbares Mittel
bei chronischen, fieberfreien, torpiden Tuberku¬
losen, es ist unnütz bei den spontan heilenden
Fällen und zu vermeiden bei fiebernden Kranken.
Frän k el (Bonn).
129. Künstlicher Pneumothorax bei
Lungentuberkulose; von Samson. (Allg.
med. Zentralzeit. 1912. S. 305.)
Vorstellung von 2 Patienten, bei denen der künst¬
liche Pneumothorax wegen Lungentuberkulose mit
gutem Erfolge gemacht wurde. Geeignet für die Be¬
handlung sind alle vorgeschrittenen Fälle ohne Kom¬
plikationen, die vorwiegend einseitig lokalisiert sind.
Fränkel (Bonn).
130. Behandlung der Lungentuberkulose
mit dem künstlichen Pneumothorax (nach
Forlanini); von Geeraerd. (Presse möd. beige
1912. S. 411.)
Von 19 mit dem Pneumothorax behandelten Fällen
liegen 10 bereits einige Monate zurück. Von den
übrigen 9 erhielten 5 einen kompletten Pneumothorax,
4 davon mit gutem Erfolg. Bei 1 Fall mit partiellem
Pneumothorax wurde auch Besserung erzielt, bei 3 Fäl¬
len war die Operation nicht durchführbar.
Fränkel (Bonn).
131. Klinische und therapeutische Unter¬
suchungen über die Behandlung derTuber-
kulose mit dem radioaktiven Jodmethol;
von Bernheim. (Prakt Arzt 1902. S. 161.)
360 mit Dioradin behandelte Tuberkulosefälle
erwiesen die Brauchbarkeit des Mittels. Pat., die
bereits kachektisch sind und solche, die an Nieren¬
störungen leiden, eignen sich jedoch nicht für
diese Art der internen Radiumbehandhmg.
Fränkel (Bonn).
132. Können bei der Behandlung der
Lungentuberkulose im Flachlande ebenso
gute Erfolge erzielt werden wie im Hoch¬
gebirge? von Saugman. (Lancet 1912. S. 1127.)
Es lassen sich im Flachlande im 1. Stadium
der Erkrankung ebenso gute, im 2. und 3. Sta¬
dium noch bessere Erfolge erzielen als im Hoch¬
gebirge. Fränkel (Bonn).
133. Brustmaße bei Lungentuberkulose;
von Narins. (New York med. Record 1912.
S. 1183.)
Das Brustmaß gibt keinen Anhaltspunkt für
die Diagnose der Lungentuberkulose. Flacher
| Thorax ist zwar häufig dabei, wird aber auch
häufig ohne Tuberkulose gefunden.
Fränkel (Bonn).
134. Wird die Frühdiagnose der Lungen¬
tuberkulose zu weit getrieben? von Hawes.
(Boston med. and surg. Journ. 1912. S. 921.)
Vielfach gehen die Ärzte mit der Frühdiagnose
der Lungentuberkulose zu weit. In die Heil¬
stätten kommen infolgedessen eine ganze Anzahl
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60
YD. Innere Medizin.
nicht Tuberkulöser zur Behandlung. Auch viel
soziales Elend kann durch diese Fehldiagnose an¬
gerichtet werden. Fränkel (Bonn).
135. Sonnenbehandlung der Tuberku¬
lose; von Rollier. (Wien. klin. Woch. 1912.
S. 1071.)
Bei einer großen Anzahl von chirurgischen
Tuberkulosen wurde mit konservativer Therapie
durch Sonnenbestrahlung völlige Ausheilung er¬
reicht. Fränkel (Bonn).
136. Über den Einfluß der Sonnen¬
strahlen auf tuberkulöse Sequester; von
Franzoni. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 114.
S. 371. 1912.)
Auf Grund der vortrefflichen Erscheinungen,
die Fr. in der Anstalt von Rollier in Leysin
mit dem Einfluß der Sonnenstrahlen auf die
Sequestrierung und Sequester - Ausstoßung bei
Knochen- und Weichteiltuberkulosen gemacht hat,
empfiehlt er diese Behandlung in allen Fällen, in
denen die ökonomischen und sozialen Verhält¬
nisse des Patienten sie gestatten. Die genauen
Beschreibungen der Sonnentherapie und Kranken¬
geschichten werden durch gute Abbildungen er¬
gänzt. Literaturverzeichnis von 33 Nummern.
Fritsch (Breslau).
137. Über neuere Medikamente und
Nährmittel für die Behandlung der Tuber¬
kulose. Bericht über das Jahr 1911 j von G.
Schröder. (Zeitschr f. Tuberk. Bd. 18. H. 6.)
Was die spezifische, Therapie anbetrifft, so
haben die Arbeiten aus dem Jahre 1911 die Er¬
kenntnis über die Wirkung der Tuberkuline auf
die Tuberkulose nicht wesentlich gefördert Nach
der wieder größer gewordenen Tuberkulin - Be¬
geisterung der letzten Jahre scheint ein gewisses
Abflauen nicht zu verkennen. Das Tuberkulin
kann in der Behandlung der Tuberkulose nur als
Unterstützungsmittel unserer übrigen therapeu¬
tischen Maßnahmen gelten. Auch die theoretische
Erörterung über die Tuberkulinfrage ist nicht
weiter gekommen. Die Anaphylaxiefrage für die
Tuberkulose ist ungelöst. Meinung steht gegen
Meinung.
Sehr, berichtet über eine größere Anzahl von
Einzelarbeiten, über neuere Tuberkuline, über die
klinischen und experimentellen Tuberkulinarbeiten.
Er berichtet, daß auch die passive Immunisierung
und die spezifische Behandlung gegen Rinder¬
tuberkulose nicht nennenswert gefördert worden
ist. Die arzneiliche Behandlung hat unter dem
Eindruck der Salvarsantherapie neue Anregung
erfahren. Neben Arsenpräparaten wurden Eisen¬
arsen , Guajakolarsen ohne Erfolg verwandt.
Kupfer-Azetat, Chinosol, Formaldehyd, Phosphor
und Jodpräparate wurden vielfach probiert. Die
besondere von den Franzosen bevorzugte Kalk¬
therapie hat Nachprüfungen erfahren. Einwands¬
freie Stoffwechseluntersuchungen liegen aber nicht
vor, sodaß die Therapie in der Luft schwebt.
Mit großer Reklame wurde das Dioradin, eine
Kombinatiou von Jodmentol UDd Radiumemanatiou
empfohlen. Einwandsfreie Nachprüfungen fehlen,
sodaß Skepsis am Platze ist. Der Aufsatz ent¬
hält auch sonst noch eine ganze Anzahl von
interessanten Einzelheiten. Krause (Bonn).
138. Muskeltätigkeit und körperliche
Arbeit im Heilplane der Lungentuber¬
kulose; von Chr. Bäu ml er. (Zeitschr. f.
Tuberk. Bd. 18. H. 6.)
Sehr lesenswerte Abhandlung, welche beson¬
ders die Beschäftigungstherapie in der Behand¬
lung in dem Heilplaue der Sanatorien und Volks¬
heilstätten abhandelt. Bei der großen Kenntnis
der einschlägigen Verhältnisse werden auch die
Einrichtungen des englischen Schwindsuchts-
Hospitals in Brompton bzw. des an dieses Ho¬
spital angegliederten Sanatoriums und Genesungs¬
heims in Frimley ausführlich geschildert.
Krause (Bonn).
139. Über die Leistungsfähigkeit der
Pikrinmethode C. Spenglers und Färbung
von Tuberkelbazillen; von G. Kirchen¬
stein. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 1. S. 72.)
K. kritisiert eine Anzahl der Arbeiten, welche
sich mit der Pikrinmethode C. Spenglers be¬
fassen. Besonders polemisiert er gegen eine Mit¬
teilung von Adam; auf Grund von 100 eigenen
Untersuchungen kommt er zu der Ansicht, daß
die Ziehlsche Methode der Pikrinmethode quali¬
tativ in den meisten Fällen nachstehe. Quantitativ
leiste die Pikrinmethode erst recht mehr als die
Ziehlsche. Sowohl die Jugendformen, als die
Vollstäbchen. als auch die Zerfallsformen der
granulierten und segmentierten Stäbchen und
Splitter würden durch die Pikrinmethode gut
dargestellt. Krause (Bonn).
HO. Benzol in der Therapie der Leu¬
kämie; von G. Kirälyfi. (Orvosi Hetilap 1912-
S. 539.)
Ausführlicher Bericht über 8 Fälle von Leu¬
kämie, welche mit der von v. Koninyi inaugurier¬
ten Benzoltherapie erfolgreich behandelt wurden.
Rosenthal (Budapest).
141. Bericht über zehn Fälle soge¬
nannter lymphatischer Pseudoleukämie;
von S. Laache. (D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107.
S. 357. 1912.)
Es werden die Krankengeschichten von 10 Fällen
von Pseudoleukämie mitgeteilt. In 6 Fällen wurde eine
Sektion ausgeführt; es handelte sich in diesen Fällen
um Tuberkulose aller Lymphdrüsen, um Lymphsarkome
und um Driisengranulomatose. I s a a c (Wiesbaden).
142. Zur Kasuistik der Lymphogranulo¬
matose; von K. Barreuscheen. (Wien. klin.
Woch. 1912. H. 8. S. 295.)
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VII. Innere Medizin,
61
Ausführliche Mitteilung eines einschlägigen Falles.
In diesem sowie in zwei anderen kurz erwähnten Beob¬
achtungen konnten bestimmte Anhaltspunkte für die
Ätiologie (Tuberkulose, Lues) nicht gewonnen werden.
Die Untersuchung auf Muchsche Granula ergab eben¬
falls ein negatives Resultat. Isaac (Wiesbaden).
143. Über die ätiologische Bedeutung
psychischer Insulte bei Erkrankungen der
Blutdrüsen; von Arthur Münzer. (Berl.
klin. Woch. 1912. H. 25. S. 1165.)
M. glaubt, daß ein Teil der Erkrankungen der
Blutdrüsen zerebral bedingt ist und die Läsion
der betreffenden Blutdrüse nur eine sekundäre
ist. Er stellt weiterhin die These auf, daß die
Blut- oder Stoffwechseldrüsen wahrscheinlich im
Gehirn durch ein besonderes Projektionsfeld re¬
präsentiert Bind. Isaac (Wiesbaden).
144. Über einen Todesfall an Chlorose;
von H. Fi8eher. (Württemb. Korr.-Bl. Bd. 82.
S. 134. 1912.)
Mitteilung eines Falles von Chlorose, bei dem in¬
folge einer Thrombose der Vena iliaca und hypogastrica
eine Embolie der Lungenarterie mit plötzlichem Exitus
cintrat. Isaac (Wiesbaden).
145. Ein neues Taschen besteck für hä-
matologische Untersuchungen; von C. Siess.
(Münch, med. Woch. 1912. H. 27. S. 1500.)
S. beschreibt einen kleinen Apparat, der gestattet,
die gefüllten Mischpipetten für die Blutkörperchen-
zühlung zu transportieren, ohne das sich die Flüssig¬
keiten in den Melangeuren verschieben oder auslaufen.
Isaac (Wiesbaden).
146. Polyzythämie und Plethora; von
Hans Hirschfeld. (Samml. zwangl. Abh. a.
d. Geb. d. Verd.- n. Stoffwechselkrankh. Bd. IV.
H. 2. Halle. 1912. Carl Marhold.)
Übersichtliche Darstellung des heutigen Standes
der Lehre von der Polyzythämie. Nach einem
kurzen Überblick über die physiologischen Ery¬
throzytosen und die symptomatischen Poly¬
zythämien wird die Pathogenese und Klinik der
idiopathischen Polyzythämie oder Erythrämie aus¬
führlicher besprochen. Dem Werkchen ist ein
150 Arbeiten umfassendes Literaturverzeichnis
beigegeben. Isaac (Wiesbaden).
147. Klinische Notizen über die Blut¬
plättchen; von E. M. Brockbank. (Lancet
1912. S. 1526.)
Br. glaubt, daß die Blutplättchen nicht ein
selbständiges Formelement des Blutes sind, son¬
dern Bich aus normalen roten Blutkörperchen
bilden, wenn diese mit der Luft in Berührung
kommen. Bei primären Anämien mit erhöhtem
Färbeindex treten sie sehr spärlich auf; zahl¬
reicher finden sie sich bei Bekundären Anämien.
Isaac (Wiesbaden).
148. Beitrag zur Thorium X-Behandlung
der perniziösen Anämie; von A. Bickel.
(Berl. klin. Woch. 1912. H. 28. S. 1322.)
B. hat einem Patienten mit perniziöser Anämie
Thorium X nicht injiziert, sondern per os verabreicht.
Der Kranke bekam täglich 50 000 M. E. in drei Por¬
tionen nach den Mahlzeiten zn trinken. Nach 5wöchent-
licher Behandlung stieg die Zahl der Erythrozyten von
960 000 auf 4 010 000, das Hämoglobin von 50
auf 90°/ o . Ebenso besserten sich die übrigen Krank-
heitserseneinungen in eklatanter Weise. Die Beob¬
achtung zeigt, daß nicht nur mit der Injektionstherapie,
sondern auch mit der Trinkkur von Thorium X bei der
perniziösen Anämie ausgezeichnete Erfolge zu erzielen
sind. Da das Thorium X und seine Zerfallsprodukte
im Körper retiniert werden, sind gehäufte Injektionen
ößerer Dosen sehr gefährlich. Diese Gefahr wird aber
i der längere Zeit fortgesetzten Trinkkur mit kleinen
Dosen ausgeschaltet. Isaac (Wiesbaden).
149. Weitere Mitteilungen über die Re¬
sistenzverminderung der Erythrozyten nach
Alkoholgenuß; von F. v. Filii nger. (D. med.
Woch. 1912. H. 21. S. 999.)
Untersuchungen mittelst der v. Lieber man n-
schen Methode der Bestimmung des Resistenz-
; quotienten der Erythrozyten ergaben, daß Verab-
j reichung alkoholischer Getränke eine beträchtliche,
I sehr rasch einsetzende Resistenzverminderung der
roten Blutkörperchen bewirkt, die jedoch mehr oder
weniger schnell wieder vorübergeht.
Isaac (Wiesbaden).
150. Radiologische und klinische Be¬
obachtungen zur Mechanik des Magens;
von K. Sick. (Med. Klin. 1912. Nr. 17.)
Die Arbeit bringt zunächst Beobachtungen am
normalen Magen, besondere von Vorgängen, die an
der Grenze des pathologischen stehen. (Spastische
Kontraktionszustände auf nervöse» Grundlage;
Schmerzen sind nicht abhängig von der Peristaltik,
sondern vielleicht von diesen Spasmen). Ein
frisches, oder flaches Ulkus, das nicht bis zum
Auerbach’schen Plerus vorgedrungen ist, macht
keine motorischen Anomalien, die im Röntgen¬
bilde sichtbar sind. Differentiabdiagnostisch zwi¬
schen nervösen spastischen Magenzuständen und
organischer Pylorusstenose sind die Ermüdungs¬
erscheinungen von größter Bedeutung, kenntlich
an dem Wechsel zwischen Erschlaffung und er¬
höhter Motilität im Gebiet des Antram; nach S.
eine strikte Indikation zur Operation, da diese
Zustände sich der internen Behandlung nicht
mehr zugänglich erweisen.
Weiterhin berichtet S. über eine Reihe von
Fehldiagnosen auf Grund anscheinend charakte¬
ristischer Röntgenbilder (Füllungsdefekte bei Ulcns
und Haudeck’sches Divertikel mit spastischer Ein¬
ziehung bei Karzinom) und illustriert damit die
Grenzen der Verwertbarkeit des Röntgenverfahrens
für die Diagnose der Magenerkrankung.
Fründ (Bonn).
151. Zur Diagnostik der Magen-Darm-
krankheiten mittelst des alten Röntgen-Zeit-
instrumentariums ; von E. Zabel. (D. med.
Woch. 1912. Nr. 18.)
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62
VIII. Kinderheilkunde.
Z. weist Dach, daß zur Abfertigung brauch¬
barer Bilder des Hagendarmtraktus die modernen
Starkstromapparate nicht unbedingt erforderlich
sind. Als Beleg hierfür bringt er eine Reihe
schöner und interessanter Bilder, die mit einem
45 cm Induktor und Quecksilbenmterbrecher auf¬
genommen sind. F r ü n d (Bonn).
152. Über intermittierenden Sanduhrma¬
gen; von E. Klose. (D.med.Woch. 1912.Nr.26.)
Der intermittierende Sanduhrmagen beruht auf
nervöser Ursache, findet sich häufig bei Magen¬
neurosen und Reizzuständen des Magens (Hysterie).
Die Einschnürung kann längere Zeit bestehen
bleiben und täuscht dann leicht organische Affek¬
tionen vor. Um derartige Verwechselungen aus¬
zuschließen, ist Wiederholung der Aufnahme nach
längerer Zeit erforderlich. Fründ (Bonn).
158. Ein Beitrag zur Bewertung der
Röntgenbilder bei der Diagnose von Pan-
1 kreaszysten; von E. Schlesinger. (Med. Klm.
1 1912. Nr. 25.)
Beschreibung eines Falles von Pankreaszyste,
bei dem es gelang, bei Füllung des Magens mit
Wismuth die Lage des Tumors zum Magen durch
die in ihm hervorgerufene Einstellung zu zeigen.
Die Abgrenzung des Tumors gegen die Leber
war möglich, da der Tumor vermöge seines hämor¬
rhagischen Inhalts einen deutlichen Schatten gab.
Fründ (Bonn).
154. Zur Behandlung des Pruritus ani
mit Röntgenstrahlen; von W. Rave. (D.
med. Woch. 1912. H. 16.)
Von 10 Fällen mit Pruritus ani ohne auf¬
findbare Ursache wurden 8 dauernd geheilt. Zur
Anwendung kamen */ 3 bis 1 Sabouraud-Dosis in
3—4 Teildosen verabreicht. Behandlung muß
unter Umständen lange fortgesetzt werden.
Fründ (Bonn).
VIII. Kinderheilkunde.
155. Bronchitis plastica; von P. Schnei¬
der. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 75. S. 34. 1912.)
Im vorliegenden Falle (6jähr. Knabe) bestand seit
1 Jahren eine Bronchitis mit Emphysem, Asthma
und Expektoration von plastischem Sekret. Im Ans¬
wurf befanden sich ferner Curschmannsche Spiralen und
die bekannten .Asthmakristalle.
Die Analyse der ausgehusteten Bronchialausgüsse
ergab die Abwesenheit von Phosphor und einen niederen
Stickstoffgehalt, der zwischen demjenigen von Muzin
nnd Fibrin liegt. Es wurde keine reduzierende Sub¬
stanz abgespaltgn. Im Pepsin-Salzsäuregemisch trat nur
langsame und unvollkommene Verdauung ein. Die aus¬
gehustete Substanz läßt sich also nicht als Muzin, auch
nicht als Alkalialbuminat aus Muzin, Pseudomuzin oder
als Fibrin bezeichnen. Gegen letztere Annahme spricht
der minimale Stickstoffgehalt. Bei dem Kind trat im
Anschluß an Keuchhusten eine unaufhaltsame Ver¬
schlimmerung ein: Aszites, Oligurie, Ödeme; nach zeit¬
weiliger Besserung dieser Stauungserscheinungen Rück¬
fall mit plötzlichem Tod an Herzlähmung. Bei der
Sektion fand sich eine Bronchiektasie der Unterlappen
und des rechten Mittellappens, Emphysem der Lungen,
und neben zahlreichen weiteren Befunden, eine Poly¬
serositis (Obliteration des Herzbeutels, teilweise auch
der rechten Pleurahöhle, Perihepatitis, Pseudocirrhosis
hepatis). Schneider stellt daher die Hypothese
auf, ob die Membranbildung und die Polyserositis nicht
organisch miteinander verknüpft sein könnten, als
Äußerungen einer DiathAse fibreuse im Sinne von
Hanot. Klotz (Schwerin).
156. Wachstum und osmotischer Druck
bei jungen Hunden; von Paul Schulz.
(Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 3. S. 495. 1912.)
Im Widerspruch mit Untersuchungsergebnissen
Salges bei Säuglingen hatte Sch. in früheren
Versuchen gefunden, daß junge Hunde am Ende
der Säugungsperiode trotz ungünstiger Eraäh-
rungsbedingungen imstande waren, die wichtigsten
physikalischen Eigenschaften ihres Blutserums zu
bewahren. Nur „außerordentliche Verlangsamung“,
bzw. „Stillstand des Wachstums“ waren das Re¬
sultat der Ernährungsversuche mit künstlichen
Nährmischungen, nicht dagegen tödliche Schädi¬
gungen, wie wir sie bei menschlichen Säuglingen
so oft zu sehen bekommen. Sch. wiederholte jene
Versuche daher an wesentlich jungen (4 Tage
alten) Hündchen und ernährte sie mit Hafer¬
schleim und Zucker, bzw. Kuhmilch und Schleim.
Die Folgen zeigten sich sehr bald. Der eine
4 Tage alte Hund mußte nach 9 Tagen wieder
der Mutter zurückgegeben werden, ging aber
trotzdem ein, der andere, gleichfalls wieder an¬
gelegt, erholte sich jedoch. Wieder andere, vor
der 3., bzw. 5. Lebenswoche an künstlich er¬
nährte Hunde, wurden bei weitem weniger ge¬
schädigt und erhielten ihr „Milieu interne“ um
so besser, je älter sie zur künstlichen Ernährung
bestimmt wurden. Das Wachstum blieb dagegen
deutlich im Rückstand.
Je jünger also der Organismus ist, um so
rückständiger ist sein Vermögen, die physika¬
lischen Eigenschaften des Blutes konstant zu er¬
halten; eine Warnung, nicht zu große Ansprüche
an diese Fiuiktion zu stellen und die Säugungs¬
periode nicht zu stark abzukürzen.
Klotz (Schwerin).
157. Die Schmerzsymptome der Heine-
Medinschen Krankheit; von E. Tezner.
(Monatssehr. f. Kinderheilk. Bd. 10. S. 630. 1912.)
Im Initialstadium der epidemischen Polio¬
myelitis werden 4 verschiedene Schmerzqualitäten
beobachtet: 1. Hauthyperästhesio, 2. spontane
Schmerzen in den Extremitäten, 3. Schmerzen iin
Rückgrat, besonders bei Bewegungen und 4. Druck¬
schmerzen der Muskeln und peripheren Nerven-
stämme. Hierzu fügt T. noch 5. Schmerzen, die
bei aktiven und passiven Bewegungen eintreten,
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VIII. Kinderheilkunde.
63
■wenn dadurch größere periphere Nervenstämme
gedehnt werden. Bei den neuritischen Formen
der Heine-Medinschen Krankheit, mit Befallensein
der Beine fand sich die 5. Schmerzqualität stets.
Sie erklärt z. B. auch das Ischiasphänomen:
Flexion im Knie bei passiver Beugung des ge¬
streckten Beins in der Hüfte. Hierbei handelt es
sich nicht um meningeale Beizung, wie man an¬
nimmt, sondern um willkürliche Entspannung des
Ischiadikus. Die Tendenz, gespannte Nerven-
stämme zu entspannen, ist überhaupt die Ur¬
sache der typischen Flexionsstellungen bei noch
nicht zu ausgebreiteten Paresen. Die Schmerzen
sind keineswegs bloß ein Initialsymptom, sondern
können bis in das atrophische Stadium sich er¬
strecken. Die Intensität der Schmerzen ist oft
exzessiv und kann noch Wochen nach Ablauf des
akuten Stadiums das klinische Bild beherrschen.
Die Angst vor Schmerzen durch Bewegungen
führt nicht selten zur krampfhaften Gelenkfixa¬
tion, so daß bereits im akuten Stadium Kontrak¬
turen vorgetäuscht werden können. Die Folge
davon ist, daß in den willkürlich kontrahierten
Muskeln regressive Veränderungen einsetzen und
aus der „freiwilligen Fixierung“ eine „echte
Kontraktur“ wird.
Bei der Feststellung der Ausdehnung moto¬
rischer Ausfälle bei Heine-Medinscher Krankheit
muß man also mit diesem Faktor rechnen und
hat bei vorgetäuschten Kontrakturen oft große
Schwierigkeiten (Untersuchung mit Hilfe von
Narkotizis). Klotz (Schwerin).
158. Funktionsstörungen des Blut- und
Lymphgefäßsystems der Haut als Folge des
Scharlachexanthems. Beziehungen der¬
selben zur Scharlachnephritis- und Haut¬
wassersucht; von 0. Kirsch. (Zeitschr. f.
Kinderheilk. Bd. 4. S. 97. 1912.)
Die überaus gründlichen und neue Gesichts¬
punkte auf deckenden Studien verdienen ein ein¬
gehenderes Referat
Der Höhepunkt des Scharlachexanthems be¬
dingt eine entsprechend intensive entzündliche
Dilatation der arteriellen und vermutlich auch der
venösen und Lymphkapillaren der Haut, welche
die Kapillarkontraktilität schwer schädigt Die
Abblassung während der Rekonvaleszenz zeigt die
Rückkehr der Kontraktionsfähigkeit an, die sich
nunmehr zu einer „übermäßigen Verengerung“
des gesamten Kapillargefäßgebietes steigert. Die
postskarlatinöse Hautblässe beruht nur zum Teil
auf wahrer Anämie und hat hauptsächlich in
jener „pseudoanämischen“ Kontraktur der arte¬
riellen Hautgefäßnetze ihren Grund. Auch das
Venensystem beteiligt sich an einzelnen Prädi¬
lektionsstellen an der Kontraktion bis in das Ge¬
biet der venösen Präkapillaren. Die Kapillar-
kontraktur führt häufig zu „Abblassungsblutun-
gen“, bezüglich deren Pathogenese K. folgende
Hypothese entwickelt: Die aus den arteriellen
Kapillaren entweichende größere Blutmenge trifft
auf den Widerstand eines zu engen venösen Ab¬
flußrohres ; infolgedessen kommt es zu Blut¬
austritten im Abschnitt vor dem Hindernis. Ge¬
wisse Prädilektionsstellen, welche zur Hyperämie
neigen (Gesicht, Hals, Brust) oder zu Stauungen
disponiert sind (Gelenkfalten), kommen gleichfalls
in Betracht Ähnlich scheint nach Unna die
„nervöse Purpura“ auf Venenspasmus bei rela¬
tiver Arterienweise zu erklären zu sein.
In der zweiten Hälfte der Scharlachrekon¬
valeszenz (von der 4. Woche ab), besonders aber
bei ableitender Scharlachnephritis besteht eine
pathologische Reizbarkeit der Hautgefäße. Auf
geringfügige Reize hin entstehen intensive Ery¬
theme flüchtiger Natur: vasomotorische Ataxie der
scharlachrekonvaleszenten Haut.
„Die Kontraktilitätsschädigung arterieller, ve¬
nöser und Lymphkapillaren ist wahrscheinlich
auf eine der von Wiesel bei Scharlach fest¬
gestellten, anatomischen Schädigung der Gefäß-
muskulari8 analoge Affektion muskulärer Kapillar¬
elemente zu beziehen.“
Die Nephritis ist der „höchste Grad der Funk¬
tionsschädigung der Hautblutgefäße“; das Ödem
derjenige der Hautlymphgefäße (Spasmus der
Lymphkapillaren). Wenn wir annehmen, daß
auch im normalen Lymphgefäßsystem rhyth¬
mische, der Zirkulation dienende Bewegungen,
vorhanden sind, die auf einer Muskularisierung des
Lymphgefäßsystems beruhen (F1 e m m i n g u. a.),
dann wäre es verständlich, wie eine Tendenz
zum Lymphgefäßspasmus (vasomotorische Ataxie
der Lymphkapillaren) die Neigung zu Hautödem
erklären könnte. Klotz (Schwerin).
159. Säuglingspflege; von St Engel.
(Therap. Monatsh. Mai 1912. S. 318.)
E. erörtert die Frage des Hospitalismus der
Säuglinge. Von den Ursachen hat man auszu¬
schalten verstanden die Infektionen und die Mängel
der Ernährung. Der Ausfall psychischer Momente
in der Krankenhauspflege ist nicht zu hoch zu
bewerten. Darunter leiden vorwiegend die neuro-
pathischen und spasmophilen Säuglinge. Bei den
Einzelheiten der körperlichen Pflege handelt es
sich nicht so sehr um Imponderabilien als um
Mängel, die im Spitalbetrieb nicht ganz zu ver¬
meiden sind, vor allem um mangelnde Ruhe,
Schematismus in der Verabreichung der Nahrung
und der Fürsorge für die Sauberkeit. Nament¬
lich das letztere Moment ist E. mit Rücksicht
auf seine Studien über die Häufigkeit der Urin¬
entleerung des gesunden Säuglings geneigt, nicht
gering anzuschlagen.
Im großen und ganzen brauchen wir den
Hospitalismus bei den Säuglingen nicht mehr
allzusehr zu fürchten, wenn auch die Erfolge der
Anstaltspflege im Vergleich zu denjenigen der
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64
Vin. Kinderheilkunde.
Außen pflege nur durch Aufbieten eines ungewöhn¬
lich hohen Aufwandes erkauft werden können.
Brückner (Dresden).
160. Beiträge zum Nahrungsbedarf und
Eiweißbedarf des Kindes jenseits des
Säuglingsalters; von J. Stargardter. (Areh.
f. Kinderheilk. Bd. 57. S. 305. 1912.)
St ermittelte den Kalorienbedarf rechnerisch
(aus Körpergewicht, Oberfläche und Sauerstoff¬
verbrauch nebst Zuschußkalorien; näheres siehe
Original) und prüfte das Ergebnis im Stoffwechsel¬
versuch auf seine Richtigkeit nach.
Der für die Versuchskinder gerade ausreichende
Nahrungsbedarf war:
I. 5 Jahre 10 Mon. 15 kg Kalorien pro Tag u. kg: 78
U. 6 „ 8 „ 18 „ ... 68
IU. 7 „ 10 „ 20 „ „ „ „ „ „ 68
Im zweiten Teil kommt St. zu dem Schluß’
daß der Eiweißbedarf jenseits des Säuglingsalters
mit 1,5—2,5 g Eiweiß pro Tag und Körperkilo¬
gramm vollauf gedeckt ist Auch ist keineswegs
zu fürchten, daß der geringe Eiweißgehalt der
Kost irgendwie von Schaden sein könne für den
stark wachsenden Organismus. Eis genügt, wenn
sich das Eiweiß mit 10—12°/o an den Oesamt¬
kalorien beteiligt, allerdings müssen die Kohle¬
hydrate dann 2 / s der N-freien Nährstoffe betragen.
Endlich berichtet St noch über interessante
Unterschiede der verschiedenen Zuckerarten in
bezug auf StickstoffeinsparuDg. Obenan steht in
dieser Hinsicht der Malzzucker, dann kommt
Rohrzucker, dann Traubenzucker, endlich am
Schluß: Milchzucker. Klotz (Schwerin).
161. Ist der weiße Lebertran bei der
Behandlung der Rachitis dem gelben
gleichwertig? von Schabad und Sorocho-
witsch. (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 57. S. 276.
1912.)
Die Autoren versuchten durch Stoffwechselunter¬
suchungen an 2 Rachitikern darüber Aufschluß zu er¬
halten, ob beide Lebertransorten — der weiße wird von
Kindern lieber genommen — different auf den Kalk-,
Phosphor- und Stickstoffwechsel einwirken.
Kalk wurde nun, wie sich ergab, gleichgut (einmal
sogar besser) bei weißem und gelbem Tran retiniert.
Auch die Tetanie des einen Versuchskindes reagierte in
gleicher Weise auf weißen Lebertran (Absinken der er¬
höhten mechanischen und elektrischen Erregbarkeit),
wie es vom gelben Lebertran her bekannt ist.
Phosphor- und Stickstoffumsatz verliefen ohne Diffe¬
renz.
Die Fettspaltung war befriedigend.
Dagegen trat trotz günstiger Beeinflussung der
Rachitis bei einem Kinde Seifenstuhl auf.
Seifen-
Prozente
Ohne Behandlung .... 50,2
Mit weißem Lebertran ... 70
„ gelbem „ ... 76
Die Seifenmenge wird also entgegen der Ansicht
Birks nicht gesetzmäßig durch Lebertran vermindert.
Damit ist auch die Hypothese, daß die Heilwirknng
des Lebertrans auf der Verminderung der Kalkseifen
] und dadurch ermöglichter besserer Kalkretention be-
, ruht, hinfällig. Aus einem anderen Versuch mit kalk-
| armer Nahrung ergab sich, daß der Organismus trotz
i minimaler Kalkzufuhr energisch am Kalk festhält und
| positive Bilanzen erzwingt. Klotz (Schwerin).
162. Zur Frage vom Wesen der gün¬
stigen Wirkung des Lebertrans bei Rachitis.
Ist das wirksame Agens des Lebertrans ein
Ferment? von Schabad und Sorochowitsch.
(Monatsschr. f. Kinderheilk. 1912. S. 4.)
Da Sesamöl und Olivenöl nicht die gleiche
günstige Einwirkung auf den Kalketoffwechsel
zeigen wie Lebertran, ist der wirksame Faktor
anscheinend nicht im Fett zu suchen. Die freien
Fettsäuren, die reichlich im Fischtran entlialten
sind, kommen erwiesenermaßen nicht in Betracht.
Sch. richtete sein Augenmerk auf die Möglichkeit
eines Lebertranfermentes. Er suchte daher dies
supponierte Ferment durch Erhitzen des Trane6
(und zwar nur eine Reaktivierung im Magendarm-
kanal auszuschließen, durch wiederholtes, lang¬
dauerndes Aufbochen) zu zerstören und studierte
dann den Kalk- und Phosphorumsatz und den
Stickstoff Wechsel bei Rachitikern unter Verab¬
folgung dieses erhitzten Lebertrans. Das Ergebnis
der Stoffwechselverauche erbrachte keinerlei Stütze
für die Vermutung eines wirksamen Fermentes im
Lebertran. Klotz (Schwerin).
163. Zur Frage über Urobilin- und Uro-
bilinogenurie bei Kindern im ersten Lebens¬
jahre; von S. E. Ostrowsky. (Rußkji Wratsch
1912. Nr. 10. S. 334.)
Die Reaktionen auf genannte Substanzen fallen
nur bei Kindern positiv aus.
Truschennikoff (Odessa).
164. The paths of rheumatic infection
and their protection in children; by J. Roß
Mackenzie. (Brit med. Journ. 1912. June 1.
S. 1232.)
Stets siedelt sich der Micrococcus rheumaticus
dort an, wo er den geringsten Widerstand findet;
sehr häufig ist es der lymphatische Schlundring,
der ihn absorbiert, falls dort irgendeine krank¬
hafte Veränderung vorliegt; er veranlaßt dann
eine allgemeine rheumatische Infektion auf dem
Blutwege. Oder der Ort seines Eindringens sind
die Bronchien : Pneumonie, Polyarthritis und Endo¬
karditis sind die Folgen. Ist der Darm irgend¬
wie geschädigt, so kann der Micrococcus rheu-
maticus Peritonitis und Appendizitis verursachen.
Drei Schutzvorrichtungen kommen, zumal bei
Kindern, gegen die Infektion in Betracht: der
physikalische Widerstand, die schützenden Eigen¬
heiten der Gewebe, und solche des Bluts.
FiBcher-Defoy (Quedlinburg).
165. Sulla trombosi dolle veno nell’
etä infantile; per E. Mensi. (Rif. med. 1912.
S. 823.)
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VIII. Kinderheilkunde.
65
M. berichtet über 3 Fälle von Venentbrombosen
im Kindesalter. Einmal war Otitis, einmal Broncho¬
pneumonie, das dritte Mal MarasmnB die Ursache. In
letzterem Fall — es handelte sich um eine Thrombose
der Vena renalis — fand sich ein beträchtlicher Blut¬
erguß in der freien Bauchhöhle.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
166. The importance of milk stations in
reducing City infant mortality; by A. E. Ho¬
ward. (Boston med. and surg. Journ. 1912.
May 23. S. 773.)
Die durchschnittliche Säuglingssterblichkeit be¬
trägt in Boston 128 auf 1000 Geburten. Ver¬
antwortlich werden besonders Unwissenheit der
Mütter, Armut und falsche Ernährung gemacht.
Die Milk and Baby Hygiene Association hat zur
Fürsorge 10 Schwestern angestellt, die monatlich
2500—3000 Hausbesuche machen und die Mütter
praktisch und theoretisch in allen Punkten der
Säuglingspflege und -emährung anweisen. Sie
suchen möglichst die Ernährung durch Mutter¬
milch durchzusetzen; wo sie nicht durchzusetzen
ist, liefert die Fürsorge einwandsfreie Milch.
Fischer-Def oy (Quedlinburg).
167. Über die Bekämpfung der Tuber*
kulose im Kindesalter; vonv.Leube. (Münchn.
med. Woch. 1912. S. 1697 u. 1760.)
Die kindliche Tuberkulose wird meist erst
nach der Geburt erworben. Erwachsene, die in
der Regel schon durch überetandene Infektionen
einen relativen Tuberkuloseimmunschutz besitzen,
werden meist nur durch eine massive Neuinfek¬
tion oder Autoreinfektion wieder infiziert. Die
Bekämpfung muß sich vor allem gegen die In¬
fektion der Kinder richten. Eheverbot und Still¬
verbot bei Tuberkulösen, Entfernung tuberkulöser
Kranker aus der Familie, langdauernde Tuber¬
kulinkuren beim ersten Auftreten einer positiven
Kutanreaktion nach Pirquet Bind zum Schutze
der Kinder zu empfehlen. Sonderklassen oder
Waldschulen für tuberkulöse Kinder, sowie Kinder¬
heilstätten müssen eingerichtet werden.
Fränkel (Bonn).
168. Über respiratorische Affektkrämpfe
im frühen Kindesalter (das sogenannte
„Wegbleiben“ der Kinder; von J. Ibrahim.
(Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 388.)
Nach einem Überblick über die Literatur teilt
L eine eigene Beobachtung mit, in der Zustände
von Atmungsstillstand auf emotiver Grundlage
schon im frühen Säuglingsalter beobachtet wur¬
den. Speziell durch Prüfung der galvanischen
Erregbarkeit konnte mit Sicherheit ein Zusammen¬
hang mit der Säuglingstetanie (Spasmophilie) aus¬
geschlossen werden. Die Mutter hatte als Kind
an der gleichen Krankheit gelitten.
I. schlägt den Namen „Respiratorische Affekt¬
krämpfe' 1 vor an Stelle der sonstigen Bezeich¬
nungen „Wutkrämpfe“ oder „Wegbleiben der
Kinder“.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
Stete handelt es sich um neuropathische
Kinder. Es bildet sich bei diesen möglicherweise
ein Bedingungsreflex aus, insofern, als durch die
Bewegungsempfindung, die mit dem krampfhaften
Schreien im Affekt verknüpft ist, reflektorisch
eine pathologische krampfartige InnervatioD der
Respirationsmuskeln ausgelöst wird.
Die Paw low sehen Lehren von den bedingten
Reflexen werden näher gewürdigt.
Hauptmann (Freiburg i. B.).
169. Über Rachitis in Deutsch-Ostafrika;
von O. Pieper. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg.
1912. Nr. 12.)
Nach P. ist Rachitis in Deutsch-Ostafrika so¬
wohl bei den Kindern der Einheimischen als der
Europäer äußerst selten. Bei den Negerkindem
sind Verstöße gegen die Diätetik an der Tages¬
ordnung, namentlich Mehlfütterung. Hingegen
spielt sich ihr Leben fast vollständig im Freien
unter dem Einfluß einer starken Besonnung ab.
Das erscheint P. für die Immunität gegen die
Rachitis wichtig. Brückner (Dresden).
170. Das Wesen der Rachitis; von W.
Dibbelt. (Berl. Klin. Juli 1912. 22 S. 60 Pf.)
Nach D. besteht das Wesen der Rachitis in
einer spezifischen Störung des Kalkstoffwechsels
derart, daß die Kalkausscheidung durch den Darm
erhöht, diejenige durch die Nieren hingegen er¬
niedrigt ist. Da die Rachitis bei Brustkindern
seltener ist, als bei Flaschenkindern, liegt es nahe,
die Störung des Kalkstoffwechsels mit einem Nähr¬
schaden in Verbindung zu bringen. D. nimmt
an, daß infolge der vermehrten Kalkausscheidung
durch den Darm der Kalkgehalt des Blutes sinkt
Den Ausgleich sucht der Organismus dadurch
herbeizuführen, daß er nunmehr Ca vom Knochen
abbaut. Die Kohlensäure soll diesen Abbau be¬
wirken, indem sie den Knochenkalk in Lösung
bringt Das Schlußglied der Beweiskette sieht
D. in seiner Ansicht, daß durch Kalkhunger beim
wachsenden Tier Rachitis erzeugt werden kann.
Gegen die Schlußfolgerungen D.s hat u. a. bereits
Zybell den Einwand erhoben, daß die vorliegen¬
den Zahlen Doch so gering sind, um den physio¬
logischen Kalkbedarf des Säuglings mit annähern¬
der Sicherheit zu fixieren. Die Tatsache ferner,
daß nur die Knochen des Rachitikers einen ver¬
minderten Kalkgehalt besitzen, nicht aber die
übrigen Teile, ist mit der D.schen Theorie kaum
vereinbar. Die Beweiskette scheint durchaus nicht
so fest geschlossen, als das D., dessen verdienst¬
volle Arbeiten durchaus anerkannt werden sollen,
anzunehmen geneigt ist. Es ist möglich, daß die
Dinge viel komplizierter liegen, und den Drüsen
mit innerer Sekretion doch ein Anteil am Ent¬
stehen der Rachitis zukommt.
Brückner (Dresden).
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66
IX. Neurologie.
171. Die Lokalisation der Säuglings¬
sterblichkeit in Berlin und ihre Bezie¬
hungen zur Wohnungsfrage; von EL Lief-
mann und A. Lindemann. (Med. Klin. 1912.
Nr. 26.)
Die Säuglingssterblichkeit ist abhängig; 1. von
der Art der Ernährung, 2. von meteorologischen
Faktoren, 3. von der Wohuungsweise und sozialen
Lage. L. und L. suchen den Einfluß des letzteren
Faktors durch statistische Erhebungen in das
rechte Licht zu setzen. Sie verarbeiteten die
Totenscheine der vom Mai an bis September in
Berlin verstorbenen Säuglinge mit Rücksicht auf
die Wohnung (die an angeborener Lebensschwäche
Verstorbenen wurden ausgescldossen) und zeich¬
neten die Todesfälle in einen Stadtplan ein. Es
zeigte sich nun, daß die Verteilung eine sehr
ungleichmäßige war, daß sie in einigen Straßen
ungemein dicht zusammengedrängt erschienen.
Die Sterblichkeit schwankte in den einzelnen
Gebieten zwischen 16 und 49% aller zur gleichen
Zeit Liebendgeborenen. Besonders übel stand es
im Norden, Osten und Südosten der Stadt Es
ließ sich ein deutlicher Zusammenhang der Sterb¬
lichkeit mit der Wohnungsdichte erkennen. L.
und L. verwerten die Ergebnisse ihrer Unter¬
suchungen zu Gunsten der Ansicht, daß die direkte
Hitzewirkung am Zustandekommen der Sommer¬
sterblichkeit wesentlich beteiligt ist.
Brückner (Dresden).
172. Rupture of the kidney in children;
by C. L. Gibson. (Amer. Joum. of the med. Sc.
May 1912.)
G. teilt 4 Beobachtungen von Nierenruptur
bei Kindern unter 12 Jahren mit Er glaubt,
daß das Vorkommnis im Kindesalter häufiger ist,
als man nach den Statistiken annehmen könnte.
G. glaubt, daß der Zustand öfter übersehen wird,
da die Symptome im Vergleich zur Schwere der
Verletzung verhältnismäßig leichte sein können.
Bei allen 4 Kranken machte sich die Nephrek¬
tomie nötig, welche zur Heilung führte.
Brückner (Dresden).
IX. Neurologie.
173. Klinische Formen der tuberkulösen
Meningitis; von Masselot. (Gaz. des HOp.
1912. S. 97.)
Klinische Abhandlung über die tuberkulöse
Meningitis beim Kind, beim Säugling und beim
Erwachsenen. Fränkel (Bonn).
174. Zur Lehre der Splanchnomegalie
bei Akromegalie; von C. Amsler. (Berl. klin.
Woch. 1912. H. 34. S. 1600.)
Mitteilung des Obduktionsbefundes eines Falles
von Tumor des vorderen Hypophysenlappens mit
Akromegalie sowie hypertrophischer und hyper¬
plastischer VergrÖ8serung der inneren Organe.
Wahrscheinlich ist diese Splanchnomegalie ebenso
wie die Akromegalie bedingt durch eine Reizung
und Steigerung der Funktion des hinteren Lappens
der Hypophyse. Dadurch kommt es zunächst zu
einer Verstärkung der Systole und Diastole, Herz¬
hypertrophie, Vergrößerung des Pulsvolumens,
und Erweiterung der Blut- und Lymphgefäße.
Die hieraus resultierende vermehrte Blutzufuhr
zu den Organen bewirkt in letzter Linie ihre
Vergrößerung. I s a a c (Wiesbaden).
175. Gaivanization of the brain; by
R. T. Caesar. (Brit. med. Journ. May 11. 1912.
S. 1063.)
Ein Bergmann, der nach einer Schädelfraktur drei
Monate lang bewußtlos lag, dann an einer Lähmung
des rechten Arms sowie an Konvulsionen, ferner an Seh-
und Sprachstörungen litt, wurde 2 Jahre nach dem Un¬
fall mit dem galvanischen Strom behandelt. Der Strom,
anfangs 2 Milliampere stark, später bis zu 30 gesteigert,
wurde durch das Gehirn geleitet. Eine 6 Wochen,
die Woche zu zwei Sitzungen, dauernde Behandlung
genügte zu einer ganz erheblichen Besserung der Sym¬
ptome. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
176. Die Zellen der Zerebrospinalflüssig¬
keit im ungefärbten Zustande; vou Frenkel-
Heiden. (Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 17. S. 1085.)
In seiner mit iustruktiven Abbildungen ver¬
sehenen Mitteilung berichtet F. über seine Unter¬
suchungen des Liquor cerebrospinalis an unge¬
färbten Präparaten. Er studierte eingehend die
verschiedenen Zellformen. Außer den Lympho¬
zyten unterscheidet er Liquorzellen, Sichelzellen,
endothelioide Zellen und meningeale Zellen. Ver¬
mehrung der kleinen Lymphocyten war charakte¬
ristisch für Tabes und Paralyse, bei Lues spinalis
und Meningitis serosa fand sich ein polymorphes
Bild, bei Meningitis tuberculosa zeigten sich
neben starker Lymphozytose die verschieden¬
artigsten Gewebselemente, während Polynukleose
bald vorhanden war, bald fehlte. Jolly (Halle).
177. Interät clinique de l’äxamen chi-
mique du liquide cäphalo-rachidien. Syn-
drömes präsentäs dans divers ätats patho-
logiques; par M. W. Mestrezatp. (Gaz. des
Höp. 1912. Nr. 53. S. 789.)
Kurze Bemerkungen über die chemische Unter¬
suchung des Liquor cerebrospinalis unter Hinweis
auf eine ausführliche Publikation über dasselbe
Thema. Jolly (Halle).
178. Ober die Fermente des Liquor
cerebrospinalis; von Victor Kafka. (Neur.
Zentralbl. 1912. Nr. 10. S. 627.)
Nach den Untersuchungen an über 80 Geistes¬
kranken ist der Fermentgehalt des Liquor cere-
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IX. Neurologie.
67
bro8pinalis bei Erkrankungen des Zentralnerven¬
systems meist erhöht. Bei der progressiven
Paralyse findet man die höchsten Zahlen für das
lipolytische, diastatische UDd antitryptische Fer¬
ment. Bei Dementia praecox, bei chronischem
Alkoholismus und nichtluetischen organischen
Hirnkraukheiten ist der gesteigerte Gehalt an
diastatischem Ferment bemerkenswert, während
bei luetischen Erkrankungen des Zentralnerven¬
systems das lipolytische Ferment im Liquor vor¬
zuwiegen scheint Jolly (Halle).
179. Acute Poliomyelitis and allied con-
ditions; by E. Farquhar Buzzard. (Lancet
April 6. 1912. S. 922.)
B. rechnet die akute Poliomyelitis zu den
akuten spezifischen Fieberkrankheiten, die ja in
England in besonderen Spitälern behandelt wer¬
den, nicht zu den Nervenkrankheiten. Er be¬
gründet seine Ansicht mit dem Lebensalter der
Erkrankten, den Exazerbationen in bestimmten
Jahreszeiten, dem endemischen und epidemischen
Auftreten der Krankheit, der Immunität durch
einmaliges Überstehen derselben, der Spezifität
des Virus, dem plötzlichen Beginn und dem Ver¬
lauf und schließlich mit der Kontagiosität Bei
Besprechung einiger Punkte aus der Sympto¬
matologie erwähnt B., daß er von dem Kernig-
schen Symptom nichts hält. Jolly (Halle).
180. Über Jucken und Kitrein in Be¬
ziehung zu Schmerzgefühl und Tast¬
empfindung; von Thöle. (Neur. Zentralbl.
1912. Nr. 10. S. 610.)
Th. untersuchte eingehend das Verhalten der
verschiedenen Gefühlsqualitäten bei Rückenmarks-
anästhesie und besonders das Juckgefühl und die
Kitzelempfindung. Ersteres rief er durch Auf-
streuen von Juckpulver hervor, letztere durch
leichtes Überstreichen mit einem feinen Feder¬
bart Nach seinen Versuchen entsteht Juck¬
gefühl durch im Vergleich zum Schmerzgefühl
geringere Reizung normal reagierender Schmerz¬
fasern, oder durch gleich starke Reizung von
vermindert erregbaren Sch merzfasern. Zum Aus¬
lösen von Jucken gehört eine im Vergleich zum
Schmerz geringere Reizung vieler Nervenendigun¬
gen, kein punktförmig angreifender Reiz wie beim
Stich. Kitzelempfindung verhält sich zum Tast¬
sinn wie Juckgefühl zum Schmerzsinn. Fara-
disches Knebeln beniht auf einer komplizierten
Reizung der Fasern des Oberflächen- und Tiefen¬
tastsinns. Jucken, Brennen und Schmerz einer¬
seits , Kitzeln, faradisches Kriebeln und Tast¬
empfindungen andrerseits stehen in nahen Be¬
ziehungen ; sie beruhen auf qualitativ gleichartiger,
quantitativ verschiedener Reizung gleicher bzw.
verwandter Fasern. Jolly (Halle).
181. The defective delinquent dass
differentiating teste; by Guy G. Fernald.
(Amer. Joum. of Ins. 1912. Nr. 4. S. 523.)
Zur Untersuchung und Klassifikation der geistig
minderwertigen Verbrecher schlägt F. eine Reihe
von psychologischen Versuchen vor, die mit jedem
einzelnen derartigen Verbrecher systematisch vor-
zuuehmen wären, um so vergleichbare Angaben
zu erhalten. Um einiges hier anzuführen, prüft
F. das Unterscheidungsvermögen für Gewichte
und für ethische Begriffe, das Wiedererkennungs¬
vermögen , die Willenskraft. Kurze Lebensläufe
von 100 Verbrechern beschließen die Arbeit.
Jolly (Halle).
182. Angeborner einseitiger Defekt sämt¬
licher willkürlicher, vom N. vago-accessorius
versorgter Muskeln (Kernaplasie?); von Paul
Sterzing. (Neur.Zentralbl. 1912.Nr. 10. S. 617.)
Bei einem 25jährigen Bureaubeamten, der
wegen Gesichtsrose ins Krankenhaus kam, wurde
als Nebenbefund folgende angeblich angeborene
Muskelstöruug konstatiert: Auf der rechten Seite
fehlten fast vollständig der M. cucullaris und
sternocleidomastoideus und außerdem fehlten die
Muskeln der rechten Hälfte des Gaumens, Schlun¬
des uud Kehlkopfs. Nur ein kleines aus dem
oberen Teil des M. cucullaris stammendes Bündel
war nachweisbar. Es handelt sich also um einen
Defekt sämtlicher willkürlicher vom X. und
XI, Hirnnerven versorgten Muskeln; das Vor¬
handensein der akromialen Portion des cucullaris
spricht nicht gegen diese Annahme, da sie nach
Ansicht der meisten Autoren von Zervikalnernen
versorgt wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach
handelt es sich um Kernaplasie. Jolly (Halle).
183. Der Status epilepticus; von P. Jö-
dicke. (D. med. Woch. 1912. Nr. 19. S. 884.)
Wenn beim Status epilepticus hohe Einläufe
und Darreichung von Amylenhydrat und zwar
per Klysma oder was auch öfter gelingt per os,
erfolglos sind, wendet J. folgendes Verfahren an:
Je nach der Schwere der Erkrankung läßt er aus
der Medianvene 50 —150 ccm Blut abfließen
und infundiert dann 100—500 ccm Ringerscher
Lösung unterhalb des Bmstmuskels. Seit Ein¬
führung dieser Behandlungsmethode hat J. keinen
Kranken im Status epilepticus verloren, während
das Minimum der daran gestorbenen Fälle in
den letzten 10 Jahren 1 Fall pro Jahr, das
Maximum 7 Fälle betrag. Einige ausführlich mit¬
geteilte Krankengeschichten beschließen die Arbeit.
Jolly (Halle).
184. Eine seltene Trophoneurose „Lipo-
dystrophia progressiva“; von A. Simone.
(Zeitschr. f, d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 29.
1911.)
Eine 21jähr. Choristin erkrankte — angeblich im
Anschlüsse an den plötzlichen Tod ihres Vaters — mit
einer allmählich fortschreitenden Abmagerung des Ge¬
sichtes und der oberen Körperhälfte. Schließlich be¬
stand der Oberkörper bis zu den Hüften nur aus Haut,
Muskeln und Knochen, während der Unterkörper eher
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68
IX. Neurologie.
einen vermehrten Fettbeetand anfwies. 2 ähnliche Fälle
sind bisher von Barraqner, sowie von Pie und
Garre beobachtet worden; auch hier handelte es
eich um weibliche Patienten, bei denen das Leiden in
den Entwicklungsjahren begann. Die Krankheit scheint
eine selbständige Einheit zu sein; sie ist mit dem vor¬
liegenden Fall zum ersten Male in Deutschland be¬
schrieben. Mngdan (Freiburg i. B.).
185. Die nervösen Erkrankungen der
Tabakraucher. — Über den Einfluß des
Tabakrauchens auf die Entstehung von
Nervenkrankheiten; von Fröhlich und
Frankl-Hochwart (Zeitschr. f. Nervenheilk.
Bd. 43. H. 3 u. 4. S. 422.)
Bei den 700 „reinen“ (d. h. mit keinen an¬
deren Affektionen behafteten, nicht luetischen,
nicht übermäßig Alkohol konsumierenden) Nikotin¬
fällen fanden Bich als allgemeine Symptome Kopf¬
schmerzen , Schwindel, Schlafstörungen, Stim¬
mungsanomalien und Bewußtseinsstörungen; unter
den Herd- und HimnervenSymptomen wurde (als
transitorisches Symptom) motorische Aphasie be¬
obachtet, ferner Hemiparästhesien und Hemialgien,
sowie ein Fall von transitorischer Hemianopsie.
Unter den Hirnnerven leidet in erster Linie
der Optikus; Pupillenstörungen sind ziemlich
häufige Vorkommnisse. Zweifelhaft sind totale
PupilleD8tarre, Optikusatrophie und äußere Augen¬
muskellähmungen. Als weitere Krankheitserschei-
uungen wurden diffuse reißende, den ganzen
Körper ergreifende Sehmerzen beobachtet. Ferner
wird nach übermäßigem Bauchen auch Poly¬
neuritis acuta und chronica erwähnt. Von ner¬
vösen Erkrankungen der inneren Organe und der
Haut sind bekannt die Herzerscheinungen in Form
von Tachykardie, seltener Bradykardie. Arythmien
und Anfälle von Pseudoangina pectoris nicotiana,
ferner Atemstörungen, transitorische Glykosurie,
Pollakiurie, Dyspepsia nervosa, Obstipation, Diar¬
rhöe. Von Störungen an der Haut werden Blässe,
Schweißausbruch und Urtikaria beschrieben. Unter
den Kombinationen der Nikotinvergiftungen mit
anderen Schädlichkeiten ist am meisten bekannt
die mit dem Alkoholismus, ferner scheint das
übermäßige Rauchen nicht selten am Auftreten
von Nervensymptomen bei Diabetikern mit Schuld
zu sein. Wichtig ist ferner der Umstand, daß
man unter den Luetikern mit Nervenkrankheiten
fast doppelt so viel starke Raucher findet als
unter den „Normalen“.
Das zweite Referat (Fröhlich) beschäftigt
sich mit der Beurteilung der Giftwirkung des
Tabakrauches. Für diese Wirkung kommt bloß
das Nikotin in Betracht. Die übrigen Bestand¬
teile des Rauches sind entweder ungiftig oder in
zu geringen Mengen im Tabakrauche enthalten,
um schädigend wirken zu können. Auch vom
Nikotin gelangt nur ein begrenzter Teil zur Re¬
sorption und damit zur Wirkung. Akute tödliche
Nikotinvergiftungen durch Tabakrauch kommen
fast nie vor. Länger fortgesetzte Tabak-, bzw.
Nikotinzufuhr führt zu chronischer Vergiftung.
Die hierbei zutage tretende Toleranz des Orga¬
nismus dem Gifte gegenüber ist nur eine be¬
grenzte : Gewöhnung an letale Dosen findet nicht
statt. Im übrigen betrifft die Nikotingewöhnung
fast ausschließlich das vegetative Nervensystem.
Bumke (Freiburg i. B.).
186. Die Syphilisätiologie der Frauen¬
tabes; von K. Mendel und E. Tobias. (D.
Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 43. H. 3u.4. S. 337.
1912.)
M. und T. berichten unter Berücksichtigung
von 151 eigenen Fällen über Ergebnisse bezüg¬
lich der Syphilisätiologie der Frauentabes. Ihre
Resultate sind kurz zusammengefaßt die folgenden:
Für Lues in positivem Sinne verwertbar sind
81°/ 0 der tabisehen Frauen, 67,4% waren sicher
syphilitisch. 83% der Tabesfrauen reagierten
Wassermann positiv. Die Zahl der Kinderlosig¬
keit war eine absolut und relativ sehr hohe.
Bei ihren sämtlichen Fällen konjugaler, infan¬
tiler und hereditärer Tabes war die Syphilis als
Bindeglied zwischen den Eheleuten, bzw. Aszen-
denz und Deszendenz mit Sicherheit nachweisbar.
Wo es sich bei unverheirateten Tabespatien¬
tinnen um Jungfrauen handelte, konnte eine gleich¬
artige Tabesheredität, bzw. eine extragenital er¬
worbene Infektion mit aller Bestimmtheit nach¬
gewiesen werden.
Die Inkubationsdauer der Tabes war am größten
bei den unbehandelten Fällen und nahm mit der
Zahl der Quecksilberkuren ab.
Bumke (Freiburg i. B.).
187. Über die sogenannten Neurorezi-
dive, deren Ätiologie, Vermeidung und
therapeutische Beeinflussung; von Benario.
(D. Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 43. H. 3 u. 6.
S. 250. 1912.)
B. berichtet über 210 Fälle von Nervenaffek-
tionen unter Salvarsanbehandlung. Die Fälle sind
zusammengestellt aus der im Ehr lieh sehen
Laboratorium eingelaufenen Korrespondenz und
aus der Literatur. B. beschäftigt sich zunächst
mit der Frage, ob das Salvarsan indirekt schä¬
digend wirkt, indem es einen Locus minoris
resistentiae schafft, der die Ansiedlung der Spiro¬
chäten begünstigt Er bespricht die durch die
Statistik ermittelten Zahlen bezüglich des Alters
und Geschlechts der Patienten, die mit denen in
früheren Statistiken angegebenen übereinstimmen.
Bezüglich prädisponierender Momente hebt er den
Einfluß des Alkohols und in geringerem Maße
den des Nikotins hervor, und hinsichtlich des
Berufes denjenigen der Schmiede und Schlosser,
der Schiffsbediensteten und auch denjenigen der
Bäcker, Köche und Köchinnen. Was. die Beteili¬
gung der einzelnen Himnerven bei den Neuro-
rezidiven betrifft, so steht an erster Stelle in
bezug auf die Häufigkeit der Akustikus, dann
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IX. Neurologie.
69
folgt der Optikus, weiterhin der Okulomotorius
und Fazialis, eine Seihenfolge, wie sie auch
früher schon von den Autoren angegeben worden
ist Aus dieser Feststellung geht, wie B. betont,
„mit logischer Konsequenz hervor, daß die Causa
agens der syphilitisch« Prozeß und nicht das
Medikament ist“.
Weiter bespricht B. den pathologisch-anato¬
mischen Prozeß, der den klinischen Erscheinungen
zugrunde liegt und verlegt den primären Sitz der
Erkrankung in die perivaskulären Lymphräume
der Gefäße der weichen Hirnhäute. Das Primäre
der Gefäßerkrankung ist die Infiltration der Ad-
ventitia und Media, während sekundär oder
koordiniert die Intima erkrankt. Den sichtbaren
Ausdruck der meist aus Lymphozyten bestehen¬
den Infiltration der perivaskulären Lymphräume
des Gehirns bildet die Lymphozytose des Lumbal-
punktats. Da diese den klinischen Erscheinungen
oft längere Zeit vorausgeht oder noch vorhanden
sein kann, wenn diese bereits abgeklungen sind,
so spricht B. der Lymphozytose des Lumbal-
punktats neben der Feststellung der übrigen
.Reaktionen eine wichtige Rolle für die einzu¬
leitende oder fortzusetzende Therapie zu.
Zum Schlüsse weist B. auf die Notwendigkeit
hin, daß die Dermatologen schon im Frühstadium
der Syphilis den Sinnesorganen erhöhte Beach¬
tung schenken. Bumke (Freiburg i. B.).
188. Ist F. J. Galt an der Entdeckung
des Brocaschen Sprachzentrums beteiligt?
von Froriep. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Paych. Bd. 5. H. 3. 1911.)
Fr. kommt zur Verneinung dieser Frage; Gail
lokalisierte die motorische Aphasie in den Vorder¬
lappen, weil er hierin den Sitz des Wortgedächt-
ni88e8 verlegte, das er mit dem Sprachvermögen
irrtümlich identifizierte. Dagegen steht fest, daß
Bouillaud, der 1825 Zerstörungen im Vorder-
lappen als Ursache für die aphasischen Erschei¬
nungen feststellte, durch die Gallschen An¬
schauungen hierzu angeregt wurde.
Hauptmann (Freiburg i. B.).
189. Beitrag zur Lokalisation der Apraxie;
von v. Stauffenberg. (Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psych. Bd. 5. H. 3.)
Typischer Fall von doppelseitiger motorischer
Apraiie, die drei Jahre lang unverändert bestand, ohne
Agnosie und nennenswerte Intelligenzstörung. Daneben
leichte sensorische Aphasie nebst totaler Agraphie und
Aleiie. Das Sprachverständnis war in einer die Unter¬
suchung durchaus ermöglichenden Weise verschont. Das
richtige Erkennen der Gegenstände, bei deren Hand¬
habung Patient versagte, war erhalten.
Anatomisch fand sich ein Erweichungsherd im Gyrus
supramarginalis links, der die Hemisphärenwand bis
zum Ventrikel durchsetzte.
In der Literatur gibt es nur 3 entsprechende Fälle,
1 von Strohmeier, 2 von Kroll, die kurz be¬
sprochen werden.
Mit allem Vorbehalt schließt S.; Isolierte Läsionen
des Markes des Gyius supramarginalis, die groß genug
sind, die motorische Zone von den hinteren Sinnes-
fetdem abzuschneiden, können das dem Handeln die¬
nende System an einer entscheidenden Stelle treffen.
Da in seinem und den 3 Literaturfällen außer der
Apraiie auch eine Störung des Sprachsystems, charak¬
terisiert durch überwiegende Störung des Schreibens
und Lesens neben Paraphasie bei erhaltenem Sprach¬
verständnis vorlag, rät daran! zu achten, ob dieser
Symptomenkomplex regelmäßig bei Herden im unteren
Scheitelläppchen vorkommt, die unter Schonung des
Gyrus angularis und Temp. I. das Marklager bis nahe
an den Ventrikel hin zerstören.
Hauptmann (Freibnrg i. B.).
190. Härödo-ataxie cäröbelleuse; par F.
Tissot. (Nouv. Iconogr. de la Salp. 1912. Nr. 1.
S. 71.)
Krankengeschichte und Besprechung eines Falles
von zerebraler Heredo-Ataiie, wie sie zuerst von Marie
beschrieben wurde. Die Autopsie bestätigte die klinische
Diagnose. Krilll (Düsseldorf).
191. Was für ein Mittel hat die Therapie
des Zentralnervensystems in dem Ehrlich-
sehen Präparat „Salvarsan“ erhalten ; von
J. A. Brodsky. (Russki Wratsch 1912. Nr. 17.
S. 584.)
Günstige Erfolge bei der Anwendung des Salvarsans
in der Therapie des Zentralnervensystems wurden selten
beobachtet. Die Jod- und Quecksilbertherapie ist vor¬
zuziehen. Salvarsantherapie gleichzeitig mit Jod und
Quecksilbertherapie angewandt, nützt manchmal. (Die
Kranken müssen während Salv&rsanbehandlnng das Bett
hüten und sorgfältig beobachtet werden.)
Trnschennikoff (Odessa).
192. Ober die Beziehungen des obersten
Halsmarks zur Kehlkopfinnervation ; von
Max Rothmann. (Neur. Zentralbl. 1912. Nr.5.
S. 274.)
Bei Hunden und Affen tritt nach gemeinsamer
Ausschaltung der Hinter- und Vorderstränge mit
der zwischen ihnen liegenden grauen Substanz des
obereten Halamarks eine Parese der Adduktoren
der Stimmlippen mit ausgesprochener Heiserkeit
auf. Die Erscheinung bildet sich in der Regel
in Tagen bis Wochen zurück, ist aber bisweilen
noch nach Monaten nachweisbar. Der Nervus
Accessorius epinalis hat mit diesen Kehlkopf¬
störungen nichts zu tun; inwieweit spinale Vagus¬
verbindungen hier in Frage kommen, ist noch
nicht entschieden. Auch beim Menschen scheint
eine derartige Beziehung des obersten Halsmarks
zur Kehlkopfinnervation zu bestehen und dürfte
hier topisch - diagnostisch von Wichtigkeit sein.
Die motorischen Kehlkopfkerne der Medulla oblon-
gata stehen nicht nur unter dem Einfluß der
laryngealen Zentren der Großhirnrinde; auch von
einem bestimmten Abschnitte der Kleinhimrinde
werden diesen Kernen Impulse übermittelt und
es stellt sich heraus, daß auch das oberste Hals¬
mark die laryngeale Innervation zu beeinflussen
imstande ist. Bei diesen weit reichenden Be¬
ziehungen der Kehlkopfinnervationen im zentralen
Nervensystem dürften die Störungen derselben
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70
X. Psychiatrie.
eine immer größere Bedeutung in der neuro¬
logischen Diagnostik gewinnen.
Bumke (Freiburg i. B.).
193. Serum treatment of influenzal
meningitis; by M. Wo 11 st ein. (Stud. from
the Rockefeiler Inst. Bd. 14. Nr. 10.)
I
Injiziert man Affen virulente Kulturen vorn
Influenzabazillus in den Subduralraum, so ent¬
steht eine akute Meningitis, die in ihren Erschei¬
nungen und Folgen genau der beim Menschen
beobachteten entspricht. Sie führt für den Affen
in 36 — 9G Stunden zum Tode. Dadurch, daß
man Ziegen mehrere Monate lang wiederholt
I lebende virulente Kulturen vom Influenzabazillus
injiziert, gelingt es, ein Imraunsenim herzu¬
stellen, das nur bescheidene agglutinierende, aber
große opsonische Kraft besitzt und bei der In¬
jektion in den SubduraLraum erkrankter Affen die
Krankheit zum Stillstand bringt. Man beobachtet
nach der subduralen Einverleibung des Immun¬
serums eine gesteigerte phagozytäre Wirkung,
eine Reduktion der Bazillen, sowie ein Einhalten
ihres Übertrittes ins Blut Zugleich nehmen die
lokalen entzündlichen Vorgänge an Stärke ab und
die Heilung tritt schnell ein. Bis jetzt sind Ver¬
suche am Menschen noch nicht gemacht.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
X. Psychiatrie.
194. Lumina! bei Geisteskranken; von
F. Patzschke. (Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 14.
S. 899.)
Im Gegensatz zu andern Autoren waren die
Erfahrungen P.s. die er bei systematischer Er¬
probung des neuen Schlaf- und Beruhigungsmittels
Luminal machte, nicht besonders günstig. Das
Mittel wirkte individuell sehr verschieden, und
zwar wirkte es in einem Teil der Fälle gar nicht,
in einigen wirkte es aufregend; bei empfänglichen
Kranken wirkte es in Dosen von 0,2 bis 0,3
beruhigend und von 0,4 bis 0,5 schlafbringend.
In nicht seltenen Fällen traten als unerwünschte
Nebenerscheinungen Schwindel, masernähnliches
Exanthem und Erregungserscheinungen auf, be¬
sonders bei Arteriosklei'otikern erschien wegen des
Schwindels große Vorsicht am Platz. Während
von anderer Seite behauptet worden war, das
Mittel könne zum Ersatz für Hyoszin dienen,
kann es nach P.s. Erfahrungen mit diesem in
keiner Weise konkurrieren. Jolly (Halle).
195. A propos des transformations evo-
lutives de la paralysie gdnärale. Les Syn¬
dromes paralytiques de longue duräe; par
P. Hannard. (ficho m6d. du Nord 1912. Nr. 28.
S. 333.)
Die unter anderem von Mabille und Perrens
auf dem französischen Psychiater- und Neurologen-
Kongreß aufgestellte Behauptung, daß die Dauer
der Dementia paralytica sich verlängert habe,
konnte EL an seinem Material, welches die seit
1873 in die Anstalt Begard aufgenommenen
243 Fälle weiblicher Paralyse umfaßt, nicht be¬
stätigen. Er fand aber ebenfalls, wie das ja auch
bei uns meist angegeben wird, eine gewisse aber
nicht sehr beträchtliche Zunahme der einfach
dementen Form auf Kosten der expansiven Form.
Das Alter zur Zeit der Aufnahme zeigte keine
wesentliche Änderung, nur kamen jetzt weniger
Frauen vor dem 30. Lebensjahr zur Aufnahme.
EL teilt die Krankengeschichten von 4 jetzt in
der Anstalt befindlichen Fällen mit einer Dauer
von 8, 9, respektive 10 Jalireu mit, von denen
die ersten beiden sichere Paralysen sind, während
bei den anderen die Diagnose zweifelhaft ist. Die
Lumbalpunktion war nicht ausgeführt worden.
Jolly (Halle).
196. Sexual crimes; by A. Flint (New
York med. Journ. Aug. 3. 1912. S. 207.)
Das Strafgesetzbuch des Staates New York
faßt unter dem Namen „Sodomie“ sowohl eigent¬
liche Sodomie als auch Päderastie und Nekrophilie
zusammen. Sadismus und Masochismus sind nicht
erwähnt. Gerade der Sadismus ist die Form der
sexuellen Perversion, die zu den furchtbarsten
Verbrechen führen kann. Die meisten Lustmörder
und Gewohnheitsmesserstecher (z. B. Jack the
Ripper) sind Sadisten. Es werden zahlreiche
Beispiele für die Extreme des Sadismus gegeben.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
197. Insanity and heredity; by I. B.
Mac Donald. (New York med. Journ. July 27.
1912. S. 165.)
Ein Anwachsen der Zahl der Geisteskranken
ist unverkennbar. Die Erblichkeit spielt dabei
eine hervorragende Rolle. Um die Geisteskrank¬
heiten einzuschränken, ist es daher in erster Linie
notwendig, die Fortpflanzung geistig Minder¬
wertiger zu verhindern. Das kann man durch
gesetzliche Regelung und durch Sterilisation er¬
reichen. Bis jetzt ist in 6 amerikanischen Städten
die Kastration gesetzlich eingeführt, und zwar
wird sie in Gestalt der Vasektomie beim Manne
und der Salpingektomie beim Weibe ausgeführt.
Im Staate Indiana allein hat ein Arzt über 500
geisteskranke Männer kastriert, und zwar mit
besten Erfolgen. Schon vor der gesetzlichen
Regelung haben sich viele Verbrecher freiwillig
kastrieren lassen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
198. A note on the hallucinations in
the manie-depressive psychosis; by E. M.
Pease. (Amer. Journ. of Ins. 1912. Nr. 1 S. 119.)
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X. Psychiatrie.
71
Statistische Untersuchungen über den prog¬
nostischen Wert von Halluzinationen bei 800
Fällen von manisch-depressivem Irresein. Bei
den Erkrankungställen mit Halluzinationen und
den Personen mit Halluzinationen waren die
Geheilten etwas in der Mehrheit; unter den
wiederholt zur Aufnahme Gekommenen waren
etwas mehr Halluzinanten als unter den nur
einmal Aufgenommenen. Halluzinationen gaben
also etwas bessere Prognose für den Anfall und
eine etwas größere Neigung zur Wiedererkrankung.
Mit Recht scheint P. seine Ergebnisse selbst etwas
kritisch anzusehen. Jolly (Halle).
199. The biography of a patient with
paranoid dementia praecox; by Charles
W. Burr. (Amer. Journ. of Ins. 1912. Nr. 1.
S. 107.)
Der mitgeteilte Fall betraf einen immer schon
gegenüber den meisten Angehörigen völlig indifferenten
Kranken, der in den Pubertätsjahren mit noch stärkerem
Hervortreten des Egoismus, mit Verfolgungsideell und
hypochondrischen Vorstellungen erkrankte, als er in
Anstaltshehandlung kommen sollte, einen Arzt mit dem
Revolver verwundete, dann ausgeprägte kalatone Sym¬
ptome zeigte und schnell verblödete.
Jolly (Halle).
2uü. Association in feeble-minded and
delinquent children; by Fredric Eastman
and A. J. Rosano ff. (Amer. Journ. of Ins.
1912. Nr. 1. S. 126.)
Fr. u. R. machten Aseoziationsstudien nach
einem von Kent und Rosanoff (Amer. Jour, of
Ins. 1910.) früher angegebenen Schema bei 253
schwachsinnigen und verbrecherischen Kindern.
Sie fanden oft Ausbleiben der Reaktion (meist
durch Unkenntnis des Reizworts hervorgerufen),
nicht spezifische Reaktionen und ferner bestimmte
individuelle Reaktionstypen; einige Beispiele illu¬
strieren diese Ergebnisse, auf die hier Dicht weiter
eingegangen werden kann. Leider konnten E.
u. R. nur an 30 normalen Kindern Kontroll-
untersuchungen vornehmen. Jolly (Halle).
201. A plan for indexing cases in hos-
pitals for the insane; by William A. White
and Francis M. Barnes, (Amer, Journ. of
Ins. 1912. Nr. 1. S. 97.)
Im wesentlichen auf Kracpeünschcr Nomenklatur
beruhendes Schema zur Einteilung und Benennung der
Geisteskrankheiten. Die Involutionsmelancholie bildet
eine eigene Rubrik. Jolly (Halle).
202. The sociologic aspect of insanity
and allied defects; by Hubert Work. (Amer.
Joura. of Ins. 1912. Nr. 1. S. 1.)
Wegen der großen Zunahme der Geisteskranken
und Geistesschwachen rät W. in seinem besonders
die Ansichten bestimmter amerikanischer Kreise
widerspiegelnden Vortrag zu energischen Ma߬
regeln. Da die Verwahrung in Anstalten wegen
der großen Kosten und wegen des Dazwischen-
retens der Angehörigen sich als praktisch nicht
durchführbar erwiesen habe, sei Sterilisation not¬
wendig. Wo das Leben des Staats bedroht sei,
müßten energische Maßnahmen getroffen werden.
Daß die Hereditätsforschung, wie W. meint, soweit
gediehen sei, um solche Maßnahmen in größerer
Ausdehuung zu rechtfertigen, muß aber noch sehr
bezweifelt werden. Jolly (Halle).
203. The clinical interpretations of the
serological content of the blood and
cerebro-spinal fluid, with some reference
to the cytology and Chemistry of the latter
in mental diseases; by Morris J. Karpas.
(Amer. Journ. of Ins. 1912. Nr. 1. S. 143.)
Unter 100 Fällen von Dementia paralytica
fand sich in 63 positiver Wassermann in Blut
und Lumbalflüssigkeit, in 7 nur im Blut, in IG
nur in der Lumbalflüssigkeit; in 4 Fällen war
Wassermann in Blut und Lumbalflüssigkeit ne¬
gativ. Lymphozytose fehlte in 2 Fällen. Bei
2 Fällen von Lues cerebrospinalis, deren Diagnose
durch die Sektion bestätigt wurde, war Wasser¬
mann positiv im Blut, negativ in der Lumbal-
fliissigkeit, dabei bestand Lymphozytose und Glo-
bulinvermehrung. Unter 22 Epileptikern fanden
sich bei 4 in Blut bzw. Lumbalflüssigkeit auf
Lues hindeutende Ergebnisse, ohne daß eine
syphilitische Anamnese oder sonst etwas von
Syphilis rachgewiesen werden konnte; die Be¬
funde wurden aber nach antisyphilitischer Be¬
handlung normal. Jolly (Halle).
204. An introductory histopathological
study of the paraplexus in the psychoses;
by J. A. F. Pfeiffer. (Amer. Journ. of Ins.
1912. Nr. 1. S. 169.)
Pf. teilt kurz die Resultate anatomischer Unter¬
suchungen des Plexus chorioideus bei einer Reihe
von an den verschiedensten Psychosen erkrankten
Geisteskranken mit. Jolly (Halle).
205. Unterschiede bezüglich der Hämo¬
lysinproduktion zwischen den Seris bei
Dementia paralytica und Dementia praecox;
von Stefan Deäk und Lad. Benedek. (Orvosi
Hetilap 1912. S. 566, 585 u. 600.)
Aus den Untersuchungen von Düngern,
Morgenroth, Schattenfroh n. a. ist uns
bekannt, daß erythrozytenfreie Sera im tierischen
Organismus ebenfalls eine Hämolysinproduktion
auszulösen imstande sind. In den sehr ausführ¬
lichen und mit großer Umsicht angestellten Ver¬
suchen untersuchten D. u. B. zuerst die Frage,
wie sich die Sera von Patienten, die an Dimentia
paralytica, bzw. Dimentia praecox leiden, in Bezug
auf die Hämolysin Produktion verhalten. Die
Kaninchen wurden mit den betreffenden Seris
jeden fünften Tag behandelt (intraperitoneale In¬
jektion von 8—10 ccm Serum). Hierbei zeigte
sich, daß das Paralytikerserum zu einer stark
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72
X. Psychiatrie.
verminderten, das Serum der Dementia praecox-
Paiientcn dagegen zu einer normalen Hämolysin¬
produktion führte. Es war auffallend, daß die
mit Paralytikerserum behandelten Kaninchen zu
einer Gewichtsabnahme von 200—500 g führten,
die mit normalen oder Dementia praecox Serum
behandelten Versuchstiere zeigten dagegeu eine
viel unbedeutendere, oder gar keine Gewichtsab¬
nahme
Zu bemerken ist, daß bei Versuchen, wo
gewaschene rote Blutkörperchen von Paialytikem
und von Praecox-Patienten zur Hämolysinproduk¬
tion herangezogen wurden, keine Unterschiede zu
finden waren. In den ganz eindeutigen Ergeb¬
nissen der Versuche erblicken D. u. B. eine sichere
Grundlage auf welcher sich die klinisch oft un¬
mögliche Differentialdiagnoae zwischen Dementia
praecox wird ausbauen lassen.
Rosenthal (Budapest).
206. Zwei psychoanalytische Theorien;
von L. Erwin Wexberg. (Zeitschr. f. Psychoter.
u. med. Psych.)
Vergleichung der psychoanalytischen Theorien
von Freud und von Adler. Erstere erkläre
die psychischen Vorgänge von der affektiven,
letztere von der funktionellen Seite; da jeder
seelische Vorgang als affektiv und als funktionell
aufgefaßt werden könne, seien die Theorien
Freud’s und Adler’s notwendige Korrelate zu
einander. Jolly (Halle).
207. Some Problems in the study of
heredity in mental diseases; by Henry A.
Cotton. (Amer. Journ. of. Ins. 1912. H. 1.
S. 31.)
Nach einer Übersicht über die letzten die
Heredität der Psychosen betreffenden Arbeiten,
wobei besonders die amerikanischen Autoren ferner
Mott und sehr ausführlich R ü d i n besprochen
werden, bringt C. eine Schilderung der im Trenton
State Hospital eingeführten Methode. Durch „field
workers“, die zugleich das Ergehen der entlassenen
Patienten erforschen, werden auch möglichst ge¬
naue Nachforschungen nach den Familien und
Vorfahren der Krankeu angestellt. Um die
Methodik zu zeigen, sind auf Tafeln die Ergebnisse
der Erforschung von 5 Familien wiedergegeben.
Schlüsse werden aus dem mitgeteilten Material
nicht gezogen und lassen sich wohl auch nur
schwer ziehen. Mit Recht betont C. die großen
Schwierigkeiten derartiger Forschungen, bei denen
besonders auch vermieden werden muß, äußerlich
ähnliche Erscheinungen, z. B. Epilepsie oder
Geisteskrankheiten als einheitliche Begriffe aufzu¬
fassen. Jolly (Halle).
208. Les ömotions afflictives; par J.
Tastevin. (Revue Neur. 1912. H. 12. S. 785.)
Unter ömotions afflictives versteht T. Gefühle,
die auf intellektuellem Gebiet charakterisiert sind
durch den Gedanken an etwas Schlimmes, das
die eigene Person betrifft, und auf affektivem
Gebiet durch ein Gefühl schmerzhafter Zusammen-
zieliung in der regio epigastrica. Unter diesen
Begriff fallen 1. der Kummer und die Traurigkeit,
2. die Ängstlichkeit mit ihren verschiedenen
Graden (Unruhe, Ängstlichkeit, Angst) und Formen
(Furcht, Schrecken), 3. die Eutnervung (enerve-
ment). Auf Gruud klinischer und theoretischer
Erwägungen kommt T. zu dem Schluß, daß die
Basis der affliktiven Gefühle, nämlich das in die
Magengegend lokalisierte Gefühl schmerzhafter
Zusammenziehung auf einem reflektorischen Spas¬
mus des Magens beruhe. Er bespricht dann aus¬
führlicher die einzeln genannten Gefühle und
empfiehlt zur Behandlung schmerzstillende Mittel.
Jolly (Halle).
209. Further observations on Alzheimers
disease; by Solomon C. Füller and Henry
L. Klopp. (Amer. Journ.of. Ins. 1912. H. 17. S. 1.)
Dem kürzlich von F. (Journ. of Nerv, and
Ment. Dis. 1912) mitgeteilten Fall wird ein weiterer
angereiht.
Es handelte sich um eine 56 jährige Frau, die
im Anschluß ah einen Gelenkrheumatismus schwach
und nervös wurde. Es traten Sprachstörungen
auf, ferner Depressionszustände mit Selbstanklagen
und Halluzinationen, sie fürchtete verbrannt zu
werden usw., war zeitlich und örtlich desorientiert.
Nach vorübergehender Besserung kam sie in
Krankenhausbehandlung. Bei der Untersuchung
fand sich das Gehör rechts sehr herabgesetzt, es
bestand allgemeiner grobschlägiger Tremor be¬
sonders aber der Zunge und der Finger. Der r.
Patellarreflex konnte nicht ausgelöst werden. Bei
Prüfung des Rombergschen Phänomens bestand
etwas Schwanken. Noguchi war negativ. Pat.
war ruhelos und ängstlich, sehr mangelhaft orien¬
tiert, verstand kaum was ihr gesagt wurde. Die
Spontansprache war meist incohärent Tod an
Pneumonie. Auf die Resultate der genauen ana¬
tomischen Untersuchung, die die Diagnose be¬
stätigte, kann hier nicht eingegangen werden.
Jolly (Halle).
210. Toxic deliria: report of cases; by
N. A. Pashayan. (Albany med. Ann. Bd. 33.
S. 522. 1912.)
Toxische Delirien sind durch plötzlichen Beginn
charakterisiert. Es wird ein Traumzustand her-
vorgerufen und das Bewußtsein herabgesetzt. Die
das ganze Bild beherrschenden Halluzinationen
können zunächst dadurch zurückgehalten werden,
daß man die Aufmerksamkeit des Kranken fesselt.
Sie betreffen hauptsächlich die Gefühlssphäre und
erat in zweiter Linie Gesicht und Gehör. Fast
immer bleibt während der Delirien ein Rest von
Krankheitsgefühl bestehen. Die Prognose ist gut,
Bobald es gelingt, das toxische Agens zu besei¬
tigen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
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XI. Chirurgie.
7 3
211. Die juvenile Paralyse; von Otto
Klieneberger. (Med. Kliu. 1912. Nr. 38.
S. 1531.)
Kurzer, nichts wesentlich Neues bringender
klinischer Vortrag. Unter juveniler Paralyse ver¬
steht man die auf dem Boden der hereditären
Lues entstandene Paralyse und trennt von ihr die
im jugendlichen Alter ausbrechenden Paralysen
mit vorausgegangener eigener Inlektion als Früh¬
form der Dementia paralytica ab. Jol 1 y (Halle).
212 The prognosis in demenlia praecox;
by A. W. Stearns. (Boston med. and. surg.
Journ. July 18. 1912. S. 158.)
Von 315 Fällen von Dementia praecox, die
in den Jahren 1901—1905 in Anstaltsbehandlung
kamen, sind jetzt 5 % anscheinend gesund zu
Hause; 23,8% sind gestorbeu, und zwar meist
an Luugenleiden. Bei den anscheinend geheilten
Fällen hatte meist eine atypische Depression Vor¬
gelegen. Jolly (Halle).
XI. Chirurgie.
213. Über den Wert der v. Pirquetschen
Reaktion für die Prognose und Therapie
bei den verschiedenen Formen der chir-
urgischen Tuberkulose; sowie einiges über
den diagnostischen Wert der Rhinoreak-
tion; von Marie Hollensen. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 115. H. 5 u. 6. 1912.)
H. faßt das Resultat ihrer Prüfungen über die
v. Pirquetsche Reaktion in mehreren Sätzen zu¬
sammen, aus denen folgendes Wesentliche zu
entnehmen ist Bezüglich der Prognose ist die
starke Reaktion als ein günstiges, die schwache
Reaktion als ein ungünstiges Zeichen anzusehen.
Somit deutet auch ein Schwächerwerden der
Reaktion eine Verschlimmerung der Erkrankung,
ein Stärkerwerden derselben dagegen einen Fort¬
schritt des Heilungsprozesses an. Nach bereits
langer erfolgreicher Tuberkulinbehandlung aller¬
dings läßt ein Schwächerwerden der Reaktion auf
beginnende Immunität des Patienten schließen.
Bezüglich der Therapie glaubt H. nach fol¬
genden Grundsätzen handeln zu müssen: Bei
schwacher oder negativer Reaktion ist Tuberkulin-
behandlung angezeigt, um dem Körper zu einer
Reaktion gegen die Tuberkelbazillen zu verhelfen
und zwar kann ohne Gefahr mit größeren Dosen
begonnen werden, bei starker Reaktion ist Tuber¬
kulinbehandlung nicht unbedingt nötig, findet sie
aber statt, so muß vorsichtig mit sehr kleinen
Dosen begonnen werden. — Der Rhinoreaktion
auf der Schleimhaut der Nase spricht H., wenn
sie erst besser ausprobiert sein wird, eine große
praktische Bedeutung zu. Fritsch (Breslau).
214. Heliotherapy in surgicai tuber-
culosis; by Gertrude Austin. (New York
Med. Record 1912. p. 1974.)
In dem ansprechend geschriebenen Artikel schildert
A. — eine Krankenschwester — ihre bei einem Aufent¬
halt in dem neuerdings neigenannten Sanatorium von
Rolli er in Leysin erfahrenen Eindrücke. Die bei¬
gefügten Photographien zeigen das überraschende Bild
von frisch ausseheoden Kindern, die völlig nackt auf
Bettgestellen der Hochgebirgssonne ausgesetzt Bind,
während draußen die Landschaft in tiefen Sctmee ge¬
hüllt ist, andere Photographien stellen elende abge¬
magerte Kinder mit tuberkulösen Abszessen und Fisteln
vor der Behandlung dar, denen gegenüber auf späteren
Aufnahmen die sonnengebräunten, gut genährten, fröh-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 1.
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lieh dreinschauenden Individuen sich wie ganz neue
Menschen ausnehmen.
Wenn auch die auf diesem Gebiete gewonnenen Er¬
fahrungen vielleicht — wegen der Kürze der bisherigen
Zeit — noch keine entgültige sein können (Ref. hat
hier besondere die Frage im Auge, ob die Zahl der
Rezidivo bei den heliotherapeutisch behandelten Fällen
nicht vielleicht größer sein wird als bei solchen, in
denen die tuberkulösen Herde radikal-operativ entfernt
wurden), so sind doch die bisher erzielten Resultate so
ermutigend, daß eine Vermehrung derartig eingerich¬
teter Institute iu geeigneten Gegenden — nach dem
Vorschläge A.s — durchaus zu begrüßen wäre.
Melchior (Breslau).
215. Ein Fall von mulfipier Sarkoma-
tosis der Knochen bei einem 11jährigen
Mädchen mit langdauerndem Verlaufe;
von S. M. Mi ohne witz. (Chirurgija Bd. 32.
S. 17. 1912.)
Vor 6 Jahren erlitt die lljähr. Kranke beim Fallen
von einer Tonne eine Fraktur des rechten Oberschenkels
dicht über den Kondylen und vor 3 Jahren eine spon¬
tane Fraktur desselben Knochens unterhalb der Tro-
chanteren. Während der letzten Behandlung wurden
an der Unterlippe und an der Zunge kleine, derbe,
rote Knötchen bemerkt, die in der letzten Zeit sich
etwas vergrößerten. Vor l'/ t Wochen spürto sie beim
Gehen Schmerzen in beiden Beinen. Bei der Unter¬
suchung fand man neben den erwähnten Veränderungen
Verdickungen an den Knochenknorpelgrenzen dar 6.,
7., 8. linken Rippe, an einzelnen Fingern der rechten
Hand, an den Epiphysen des rechten Oberschenkels
und den Zehen des rechten Fußes, ausgesprochenes
genu varam beiderseits, Skoliose, bohnengroße Drüsen
am Halse, Ellenbogen und der Leistengegend. Die
Probeexzision der Lippengeschwulst und einer Hals¬
drüse ergab mikroskopisch ein Angiosarkom.
Die Röntgenaufnahmen beider Beine wiesen ein
buntes Bild auf — neben dunklen Stellen fand man
helle zum Teil begrenzte Stellen, die in der Mark- und
Rindenschicht und an solchen Stellen lagen, wo man
objektiv nichts feststellen konnte. Auf Grand dieser
Befunde stellt M. die Diagnose — myologanes Sarkom
der Knochen, welches vor 3 Jahren, als die spontane
Fraktur entstand, sich entwickelte. Das allgemeine
Befinden, der Ernährungszustand, das Gewicht des
Mädchens läßt nichts zu wünschen übrig. Der Fall
hätte au Interesse gewonnen, wenn die Differential¬
diagnose zwischen malignen Lymphen, Knochenzysten
U8w. in Erwägung gezogen würde (Ref.).
N. Krön (Moskau).
216. Die Anwendung des Ochsenhorn
bei der Knochenplastik; von W. Müsch.
(Chirurgija Bd. 32. S. 66. 1912.)
10
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74 XI. Chirurgie.
M. benutzte mit gutem Erfolge das Oehsen-
horn zur Deckung eines Schüdeldefoktes ohne
Duraverletzung und bei einer Osteotomie der nach
einer Fraktur miteinander verwachsenen I’nter-
schenkelknochen, -wobei nur die Tibia gebolzt
wurde. Im dritten Falle nach der Deckung eines
Schädeldefektes mit gleichzeitiger Duraplastik
mußte das Hont entfernt werden, da nach einigen
Tagen Sticheiterung und Fisteln sich bildeten.
Das Horn besitzt nach M. im Gegensatz zu den
anderen Autoren keine Elastizität beim Erwärmen
und ist auf den Röntgenogram men nicht nachweis¬
bar; die Dicke spielt bei den Hornprothesen keine
Rolle, M. benutzte bis 1 cm dicke Hornplatten.
N. Krön (Moskau).
217. Ober Narkosen bei künstlich ver¬
kleinertem Kreislauf nach der Methode von
Klapp; von E. L. Schapiro. (Wellianrinoffs
Arch. f. Chir. 27. S. 364. 1912.)
S. gibt einen kurzen Bericht Ober 500 Narkosen
nach der Klappschen Methode. In allen Fällen
wurde Morphium-Chloroform angewandt. Die Nar¬
kose trat sehr schnell ein (nach 2—6 Min.) und
beanspruchte sehr kleine Chloroformmengen. Die
Kranken erwachten fast stets nach dem Abnohmeu
der Binden. Erbrechen trat seltener als bei den
gewöhnlichen Narkosen auf (15—2Ü°/ 0 aller Fälle)
und nur ein Mal trat eine Thrombose der dorsalen
Arterien der 3, 4, 5 Zehen des linken Fußes auf.
N. Krön (Moskau).
218. The technic of transfusion ; by E. H.
Risley and F. C. Irving. (Boston med. and
surg. Journ. June 27. 1912. S. 856.)
Am wenigsten kompliziert gestaltet sich die
Transfusion, weon man die von Brewer und
Leggett angegebenen paraffinierten Glastuben
benutzt. Bewährt hat sich auch die Hartwellsche
Methode, bei der irgendwelche Kanülen überflüssig
sind und nur Arterie und Vene in genügender
Länge frei präpariert werden müssen. Die Über¬
leitung findet unter Kontrolle eines Hämostaten
direkt von Gefäß zu Gefäß statt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
219. Over buikbanden; voor K.F. L.Kaiser.
(Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1912. H. 1. S. 1884.)
Beschreibung eines neuen Bauchbandes mit Ab¬
bildungen, Form und Stärke der Stahlfedern des Bauch¬
bandes werden für jeden Patient genau berechnet mit
Berücksichtigung des intraabdominalen Druckes und des
Standes des Null-Niveaus. Vorteile sind u. a., daß die
Bauchmu8knlatur nicht außer Funktion gestellt, wird
und also nicht atropbiert, sondern während des Tragens
des Bauchbandes geübt und also kräftiger wird.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
220. Paranephritisch absces na Furun-
culose; voor P. Beyers. (Nederl. Tijdschr.
voor Geneesk. 1912. H. 2. S. 312.)
Kurze Krankengeschichte eines Patienten, der nach
geheilter Furunkulosis eine Pleuritis bekam, später einen
paranephritischen Abszes und nachher noch einen Lungen-
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abszes, welcher zu einer Bronchie durchbrach und ox-
pektoriert wurde. Heilung nach einigen Monaten.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
221. Beiträge zur Behandlung der Haut-
tumoren, besonders des Hautkrebses, mit
Kohlensäureschnee; von G. Nysdröm. (D.
Zeitschr. f. Chir. Bd. 117. S. 536. 1912.)
Mit der schon häufig beschriebenen Technik
hat auch N. gute Resultate bei Naevi, Warzen,
Angiomen und Hautkrehsen erzielt. Unter den
Angiomen eignen sich am lösten die mehr oder
weniger hypertrophischen etwas über die Haut
erhabenen Angiome für diese Methode. Auch bei
Hautkrebsen, selbst schon sehr ausgedehnten, er¬
zielt das Verfahren oft geradezu überraschende
Resultate, was wieder für die Gutartigkeit dieser
Karzinome spricht. Fritsch (Breslau).
222. „Tunnel“ skin grafting: a new
method of covering raw surfaces with
epithelium; by Alex. Mac Lennan. (Glas¬
gow med. Journ. Bd. 78. S. 86. 1912.)
Während die gewöhnlich angewandte Methode
der Hauttransplantation nach Tier sch das Vor¬
handensein einer sauberen Granulationsfläche
gebunden ist, hat L. eine Methode ausgedacht,
die auch ohne diese, nicht selten eine lange Warte¬
zeit bedingende, Voraussetzung zum Ziele führen
kann. Dieselbe besteht darin, daß (in Dimensionen
von Zoll zugeschnittene) viereckige Haut¬
läppchen mittels einer vorher durchgezogenen
Kornzange in die untersten Schichten des Granu¬
lation sgewebes gleichsam eingebettet werden. Je
tiefer diese Implantation geschieht, desto günstiger
sind die Verhältnisse zur Einheilung. Die darüber
befindlichen Schichten des Granulationsgewebes
gehen hierbei allmählich zugrunde.
Ein besonderer Vorteil dieser Methode beruht
im übrigen darin, daß ein direkter Kontakt des
Verbandes mit den eingepflanzten Läppchen gerade
in den ersten kritischen Tagen nicht zustande
kommt, und so die Gefahr, daß beim Verband¬
wechsel die Läppchen mechanisch mit entfernt
werden, eine erhebliche Verringerung erfährt.
Melchior (Breslau).
223. Jodine as a dressing for Operation
wounds; by Frank Cole Madden. (Brit.
med. Journ. 1912. S. 765.)
Jodine as the sole preparation and dres¬
sing for Operation wounds; by Frederick
I. A. Dal ton. (Ibid.)
Beide Autoren berichten — im Anschluß an
eine frühere Mitteilung von Reginald Alcock
(Brit. med. Journ. Febr. 3. 1912) — über günstige
Erfahrungen mit der Anwendung der Jodtinktur
als ausschließlichen poßtoperatdven Wundverband.
In Fällen, in denen es sich nicht um primär
vereinigte Wunden handelt, müssen natürlich, die
Drainöffnungen usw. mit Gaze bedeckt werden.
Melchior (Breslau).
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XL Chirurgie.
75
224. Über operative Behandlung der
Frakturen, mit besonderer Berücksichtigung
des Gebrauchs intramedullärer Bolzen;
von Ernest W. HeyGroves. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 99. S. 631. 1912.)
H. empfiehlt sein Verfahren der intramedullären
Bolzung gegenüber anderen operativen Maßnahmen
wie die Plattenmethode oder die Umhülsung durch
Metallteile. Er hat durch Experimente naehge-
gewiesen, daß die Plattenmethode wie auch die
UmhülBung des Knochens nicht imstande sind,
die Knochen in der gewünschten Lage zu er¬
halten, da der Muskelzug zu stark ist, und daß
ferner die Heilung der Knochen eine langsamere
ist, als bei seiner Methode, bei welchen den
Bruchflächen eine geringe Beweglichkeit gestattet
ist, wodurch schnellere Callusbildung eintritt.
& empfiehlt Bolzen aus Stahl, die mit einer
Rille und 2 Löchern versehen sind, durch welche
ein Draht gezogen wird. In das eine Fragment
wird die eine Hälfte des Bolzens eingelasseu,
dann stülpt man das andere Bruchende über den
herausstehenden Bolzen und drückt durch Anziehen
des Drahtes den Bolzen weiter in das aufgestülpte
Fragment hinein. Beigefügte Röntgenbilder er¬
läutern diesen Vorgang. Der Vorteil liegt in der
kleineren Wunde, der schnelleren Callusbildung,
der guten Adaption der Fragmente und der Stabi¬
lität derselben, und scliließlich in dem un¬
nötigen Gebrauch von Schienen.
Vor schütz (Köln).
225. Beiträge zur Diagnostik organischer
Gehirnerkrankungen; von Max Räthe. (D.
med. Woch. 1912. Nr. 25.)
Di ei Fälle: 1. Querschuß durchs Vorderhirn,
nach dem der Kranke noch 12 Tage lebte, ohne
zunächst irgendwelche Anhaltspunkte dafür zu
bieten, daß die 6 mm Kugel den Knochen über¬
haupt durchschlagen hatte. Exitus schließlich
infolge enzephalitischer Erscheinungen, die sich
am 11. und 12. Tage einstellten. — 2. Faust¬
großer, vermutlich von putrider Bronchitis aus¬
gehender und von der Zentralfurche bis etwa in
die Mitte des Stirnhims reichender Abszeß der
rechten Großhirnhälfte bei 32 jährigem Trinker,
Klinisch zahlreiche epileptiforme Anfälle, — wohl
infolge Drucks auf die Rinde in der Nähe der
Zeutralfurche. Die Anfälle begannen bei dem
zeitweise psychisch gestörtem Manne mit atheto-
tischen kreisenden Bewegungen im linken Arm,
der vorübergehend paretisch war. Die Beteiligung
des Rumpfes an den Krämpfen, Sprachstörungen
(infolge Lähmung des Zungen Zentrums) Fazialis-
störungen und Parese des linken Beins führt R.
auf die zunehmende Vergrößerung des Abszesses
zurück. Die auffallend niedrigen Temperaturen
bis 38 0 erreichten erst sub finem höhere Grade.
— 3. 250 g schweres Endotheliom der Dura
der vorderen Lehne des Türkensattels bei einem
30jährigem Manne, das klinisch zur Diagnose
Taboparalyse geführt hatte. Goebel (Köln).
226. Über einen Fall von retroperito-
nealem Ganglioneurom (Neuroma verum
gangliosum myelinicum nervi sympathici);
von S. Sato. (Arch. f. klin. Chir. Bd- 97.
H. 1. 1912.)
Der 31 jährige Frau wurde wegen Verdachts auf
Riesenzellensarkom der Wirbelknochon laparotomiert.
Retroperitoneal, entsprechend den 1.—3. Leudenwirbel-
körpern linkerseits, fand sich ein 10 cm langer uralter
Tumor, der nach mehrfachen Unterbindungen und Durch¬
schneidungen radikal entfernt werden konnte. Re¬
aktionslose Heilung. Pathologisch-anatomisch entspricht
die Geschwulst dem Bilde der bisher publizierten Gang-
lioneurome. Die Zellen sind dor Größe sowie dem Typus
nach als sympathische Ganglionzellen zu betrachten.
Die Einzelheiten des histologischen Befundes müssen
im Originalo nachgelesen werden.
Bei Ganglioneurom gibt es keine charakte¬
ristischen klinischen Erscheinungen. Nur ist zu
berücksichtigen, daß der Tumor schon im frühen
jugendlichen Alter auftritt, ganz langsam wächst
und gewöhnlich synoptomslos verläuft.
Das vorwiegerude Auftreten des Ganglioncuroms
in und um die linke Nebenniere führte S. zu
der Vermutung, daß folgendes Moment bei der
Entstehung der Geschwulst eine wichtige Rolle
spielen dürfte. Embryologisch entwickelt sich
die Milz zuerst neben der Wirbelsäule auf der
linken Seite zu einem relativ großen Organe,
dann wendet sie sich allmählich nach vom zur
peritonealen Höhle. In diesem Momente könnte
sie einen Deckel bzw. Zerrung auf den angren¬
zenden Grenzstrang oder auf die Nebennieren¬
gegend au8Übeu, und die daraus resultierende
Zellumlagerung könnte zur Uranlage der Ge¬
schwulstbildung werden. Wagner (Leipzig).
227. Über den Totalersatz der Mandi¬
bula; von Rieguer. (Beitr. z. klin. Chir. Bd.75.
H. 1—2. 1911.)
Mitteilung aus der Breslauer chirurgischen Klinik
über 2 Fälle von Exstirpation des ganxen Unterkiefers
wegen Tuberkulose bzw. myelogenem Sarkom. Bei
Totalexstirpation der Mandibula ist dor Medianschnitt
durch die Unterlippe in Verbindung mit dem am inneren
Unterkieferrando geführten Schnitt derjenige, der die
meisten Erfolge verspricht, da er eine vollständige Über¬
sicht über die Gelenkhöhlen gewählt und bei malignen
Tumoren die radikale Entfernung erleichtert. Es emp¬
fiehlt sich zuerst die Anwendung einer bnmediat-
prothese aus Kautschuk und erst nachher das Einsetzen
einer definitiven leichten Prothese aus Metall. Leichte
Prothesen sind beim Totalersatz der Mandibula stets den
schweren vorzuziehen. Wagner (Leipzig).
228. Über Mischgeschwülste der Unter¬
kieferdrüse; von A. Opokin. (Chirurgija
Bd. 31. S. 282. 1912.)
0. entfernte bei dem 46jähr. Pat. eine faustgroße
Geschwulst der 2. Unterkiefergegend, die sich im Laufe
von 10 Jahren entwickelte, von einer Kapsel umgeben
war und nur an einer (der Gl. submaxil. angrenzenden)
Stelle verwachsen war. Bei der mikroskopischen Unter¬
suchung stellte sie Bich als eine Miscbgeschwulst heraus.
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76
XI. Chirurgie.
die aus einem bindegewebigen Stroma bestand, in denen
zerstreut zylindromähnliches Gewebe und hyalines
Knorpelgewebe lagen. N. Krön (Moskau).
229. Zur Frage der chirurgischen Be¬
handlung der Basedowschen Krankheit;
von A. Pulawski. (Wien. klin. Woch. 1912.
Nr. 25. S. 955.)
Die vorurteilsfreie Beobachtung des Verlaufes
der Basedowschen Krankheit drängt bezüglich der
chirurgischen Behandlung zu einem vermittelnden
Standpunkte, den man folgendermaßen formulieren
kann: Der erste Anfall der Krankheit endet
meistens, wenn er nicht zum Tode führt, bei
richtiger Behandlung und auch ohne Behandlung
günstig. Ein kleinerer Teil der Kranken bleibt
von weiteren Anfällen frei. Wenn aber so ein
Anfall trotz der Behandlung nicht abklingt, wenn
nach dem ersten Anfall ein zweiter kommt, muß
man unbedingt den operativen Eingriff in Er¬
wägung ziehen, um dem Kranken den Kräfte¬
verfall zu ersparen und der Kachexie vorzu¬
beugen, die die Operation unmöglich machen kann
oder wenigstens ihren Erfolg vermindert.
Wagner (Leipzig).
230. Die Verwendung des Überdrucks
zur Beseitigung von Trachealstenosen; von
Th. Nägeli. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77. S. 237.
1912.)
Durch Tierversuche hat N. folgende Tatsachen
festgestellt:
1. Eine mechanisch erschwerte Atmung kann
durch Überdruck gehoben werden. 2. Der Über¬
druck wirkt in der Hauptsache mechanisch, die
Zuführung von Sauerstoff spielt eine nebensäch¬
liche Rolle. 3. Das Verfahren eignet sich be¬
sonders für nachgiebige Stenosen. Weniger günstig
sind starre Stenosen. Fritsch (Breslau).
231. Die Eröffnung des vorderen Mittel¬
fellraumes; von F. Sauerbruch. (Beitr. z.
klin. Chir. Bd. 77. S. 1. 1912.)
Die Indikation zu diesen Operationen gibt die
pathologische Vergrößerung der Thymus, Ver¬
letzungen der großen Gefäße des Mittelfell raumes
und am häufigsten bösartige Geschwülste.
Nach den von S. mit der Quertrennung des
Sternums gemachten schlechten Erfahrungen ver¬
wirft er diese ganz und empfiehlt zur Eröffnung
des Mittelfellraumes die Längsspaltung des Ster¬
nums durch einen Schnitt, der von der Mitte des
Jugulums abwärts bis zum Ansatz der 3. Rippe
verläuft und dann in den 4. Interkostal raum aus¬
biegt. Nach dieser Methode (Mediastinotomia ant.
longitudinalis) hat S. 2mal mit Erfolg operiert
und glaubt sie auch zu diagnostischen Zwecken
verwenden zu können, um die Operabilität des
betreffenden Tumors festzustellen.
Fritsch (Breslau).
232. Beiträge zur Klinik und Operation
des Kropfes. I. Indikationen und Technik der
operativen Kropfvcrlayerung; von K. Hensehen.
(Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77. S. 46. 1912.)
Die operative Verlagerung des Kropfes ist ent¬
weder ein die Enukleation, Resektion oder Halb¬
seitenexstirpation primär begleitender Nebeneingriff,
oder sie stellt eine selbständige Operation der
Wahl dar, bei kleinen physiologisch nicht voll¬
wertigen Rezidivstrumen, l>ei wenig voluminösen
Kompressionskröpfen des Voll- und Halbkretinen,
der primären oder sekundären Hypothyreosen,
endlich bei nicht resezierbaren asthmatischen
Kröpfen des wachsenden Körpers und bildet so
für bestimmte Fälle einen ausgezeichneten Behelf,
um den Patienten der Tetanie zu entziehen und
doch die Exothyreopexie zu vermeiden.
Was die Technik anbelangt, so muß der Kropf
immer prämuskulär gelagert werden, damit der
Druck der meist hypertrophischen Halsmuskulatur
ganz ausgeschaltet wird und ferner weit ab von
der Hautnaht unter ein durch Unterminierung ge¬
schaffenes Hautversteck, da sonst leicht durch in
den ersten Tagen nach der Operation auftretende
ödematöse Quellung die Hautnaht gesprengt wird.
Fritsch (Breslau).
233. A case of ligneous thyreoiditis; by
G. R. Murray and F. A. Southam. (Lancet
May 4. 1912. S. 1188.)
Ein Fall von Riedels sogenannter „eisenharter
Strumitis“ betraf einen 23jähr. Mann; das Leiden be¬
gann vor 18 Monaten mit Halsschwellung. Jetzt be¬
standen starke Drucksymptome, paroxysmale Dyspnoe
mit lautem Stridor. Beide Schilddrüsenlappen sind stark
geschwollen und außerordentlich fest. Bedrohliche Sym¬
ptome veranlassen einen Eingriff. Die Konsistenz der
Drüse ist derartig hart, daß ein Einschneiden nur mit
Mühe gelingt. Das drüsige Gewebe ist völlig ver¬
schwunden und durch fibröses ersetzt, was später auch
durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird.
Die Blutung ist mäßig. Es wird der rechte läppen mit
dem Isthmus ganz und vom linken der größere Teil
reseziert. Die Heilung erfolgt glatt, jedoch machen
später einsetzende Ausfallserscheinungen die Verord¬
nung von Schilddrüsenpräparaten notwendig.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
234. An enormous parotid tumour in a
Chinese woman; by Harold Balme. (Brit.
med. Journ. 1912. Nr. 1. S. 1292.)
B. entfernte mit Glück einen enormen, als Myxo-
endotheliom der Parotis angesprochenen Tumor der
Kieferwinkelgegend bei einer 53jähr. Chinesenfrau.
Photographie. Melchior (Breslau).
235. Beitrag zur operativen Behandlung
der gemeinen allgemeinen Epilepsie; von
H. Ito. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 115. H. 5 und 6.
1912.)
I. hat durch Nachuntersuchung festgestellt, daß
unter 58 Fällen von gemeiner Epilepsie 8 geheilt
sind und 15 gebessert sind und hält demnach
die Indikation der operativen Behandlung der ge-
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XL Chimrgie.
77
meinen Epilepsie durch die Xochersche Methode
für wesentlich erweitert Fritsch (Breslau).
236. Sulla cura della tubercolosi pol-
monare col pneumotorace artificiale; per
Mario Ferretti. (Rif. med. 1912. S. 647.)
F. ist bezüglich der von Forlanini inau¬
gurierten Methode der Behandlung der Lungen¬
tuberkulose mittels Anlegung eines künstlichen
Stickstoff-Pneumothoraxes der Technik des Er¬
finders treu geblieben; d. h. es wird der Stick¬
stoff direkt mit der Punktionsnadel, ohne vor¬
herige operative Freilegung des parietalen Pleura¬
blattes in den Brustraum injiziert Das Kriterium
dafür, daß die Nadel wirklich in den freien Pleura¬
raum gelangt ist, bilden die sofort einsetzenden
charakteristischen respiratorischen Oszillationen
des Manometers. Anstelle von größeren ein¬
maligen Lufteinfüllungen werden wiederholte
kleinere Injektionen — 200 — 300 ccm —
bevorzugt. Eine wirkliche Heilung hat F. in
5 derartig behandelten Fällen nicht zu erzielen
vermocht, doch kann er die günstige Wirkung
bezüglich des Sistierens von Hämoptöen sowie der
Reduktion der Expektoration bestätigen. Ein nach¬
haltiger günstiger Einfluß auf die andere erst
ebenfalls erkrankte Lungenseite war jedoch nicht
zu konstatieren. Die Methode ist daher strikte
auf einseitig erkrankte Fälle zu beschränken. Wo
überdies ausgedehntere Adhäsionen ihre Anwen-
. düng illusorisch machen, so ergibt sich, daß der
künstliche Pneumothorax nur in einem kleinen
Prozentsatz aller Fälle verwertbar ist.
Melchior (Breslau).
237. Die palliative Operation bei in¬
operablen Hirntumoren. Drei weitere hierher
gehörig Betrachtungen; von W. Müsch. (Chir-
urgija Bd. 32. S. 71. 1912.)
An der Hand von 3 Beispielen zeigt M. den
therapeutischen Effekt der palliativen Operation
bei Hirntumoren unbestimmter Lokalisation, und
weist auf die Schwierigkeit hin, die Wahl zwischen
den Methoden der dekompressiven Operationen zu
treffen. So wurde in einem Falle die permanente
Dränage nach Mikulicz-Krause erfolglos an¬
gewandt, dagegen brachte die Cushingsche recht¬
zeitige Schläfendekompression im selben Falle
einen heilvollen Effekt. Im zweiten Falle wurde
nur die letzte Methode mit Erfolg angewandt
Im dritten Falle sah M. die subjektiven Symptome
nach dem ersten Momente einer Hypophysis¬
operation wegen Akromegalie schwinden, so daß
der Patient von der zweiten Operation sich ent¬
sagte. N. Krön (Moskau).
238. On the surgical treatment of aneu-
rysm; by H. Barling. (Lancet May 25. 1912.
S. 1399.)
Bewährt hat sich, wie aus einer Übersicht
Über 16 Fälle hervorgeht, bei der operativen Be¬
handlung von Aneurysmen die von Matas an¬
gegebene Endoanorysmorrhaphie; von den 8 Aneu¬
rysmen, die B. behandelte, ist nur ein Aneurysma
der Art. poplitea nach Matas operiert, und zwar
erfolgte die Heilung per primam, ohne daß irgend
eine Beeinträchtigung der Funktion des Beins
zurückblieb. Von den 15 anderwärts nach Matas
operierten Patienten wurden 14 geheilt, nur einer
starb an Sepsis, bei drei Patienten mit Aneurysma
der Art poplitea trat Gangrän ein.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
239. A complicated case of concussion
of the brain treated by lumbar punction;
by W. K. Irwin. (Brit. med. Joura. 1912. S. 121.)
Wiederholte ausgiebige Lumbalpunktionen schienen
in einem Falle von schwerer Hirnkontusion — prolon¬
giertes Koma, Cheyne-Stokessche Atmung, Irregularität
des Pulses — einen wesentlichen Faktor zum Eintritt
der Heilung darzustellen. Melchior (Breslau).
240. Sui criteri direttivi negli interventi
sull Arteria meningea media; per E. Aievoli.
(Gaz. int. di Med. 1912.)
Gedrängte literarische Übersicht über klinische, tech¬
nische und anatomische Tatsachen aus dem Kapitel der
Verletzungen der mittleren Hirnhautarterie, ohne eigent¬
liches Neues zu bieten. Melchior (Breslau).
241. Transplantation of rib for depressed
deformity of the nose; by Harold Hays.
(New York med. Record 1912. S. 1177.)
Bei einem Mädchen mit erworbener Sattelnase —
wahrscheinlich auf Grund von Lues — wurde durch
Einpflanzung eines 2 l L Zoll langen Rippenstückes ein
guter kosmctischor Effekt erzielt. Die Technik des Vor¬
gehens besteht darin, daß man von einem kurzen hori¬
zontalen, in Höhe dor Augenbrauen über der Nasen¬
wurzel angelegten Schnitte aus mit einem Elevatorium
die Haut der Nase bis zur Spitze unterminiert und nun
das periostfreio mittels Resektion gewonnene Rippen¬
stück in die so gebildete Tasche hineinschiebt. Die
kleine Hautwunde wird primär genäht. Nach H. ist
diese Methode von William W. Carter angegeben.
Melchior (Breslau).
242. Entlastungstrepanation oder Balken¬
stich bei Turmschädel mit Hirndruckerschei¬
nungen? von E. D. Schumacher. (Münchn.
med. Woch. 1912. Nr. 42. S. 2282).
Bei einem 3jährigen Jungen mit ausgesprochenem
Turmschädel war der ziemlich schnell auftretenden
HimdruckBymptome wegen der Balkenstich gemacht
worden. Als Ursache des 5 Tage später eintretenden
Todes ergab die Sektion die Thrombose einer die Tre¬
panationsöffnung kreuzenden Vene und des Sinus longi-
tudinalis, aber nichts von dem erwarteten Ventrikelhy-
drops, um dessenwillen der Balkenstich gemacht worden
war. Sch. sieht als Ursache des Himdrucks bei Turm¬
schädel das Mißverhältnis zwischen dem wachsenden
Gehirn und dem durch prämature Nahtsynostose nicht
mehr erweiterungsfähigen Schädel an. Die Dekom-
pressivtrepanation verdient demnach als zweckmäßigerer
Eingriff den Vorzug vor dem Balbenstich, der allenfalls
bei deutlichem Hydrozephalus oder auch bei ausge¬
wachsenen Turrizepbalen mit schnell einsetzenden Druck¬
symptomen einen dauernden Nutzen bringen könnte.
Goebei (Köln).
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78
XII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
243. Diagnostik und Operation der trau¬
matischen Subduralblutung; von Karl Hen-
sehen. (Verh. d. D. Ges. f. Chir. 1912. S. 269.)
Im Gegensatz zu der dank Krö n lein s For¬
schungen zu einem gewissen Abschluß gekom¬
menen Lehre von den extraduralen Hämatomen
müssen unsere Kenntnisse vou den intraduralen
traumatischen Blutungen noch als recht dürftig
bezeichnet werden. Die im Anschluß an normale
und operative Geburten bei Neugeborenen auf¬
tretenden subduralen Blutungen, meist venöser
Natur, können ein Intervall von mehreren Stunden
bis 10 —12 Tagen haben. Sie entstehen durch
Verletzung pialer Venen, aus Tentoriumeinrissen
oder seltener aus Zerreißungen der interverte¬
bralen Gelenkkapseln der Halswirbelsäule. Kleine
Blutungen können durch Schultzesche Schwin¬
gungen verhängnisvoll vergrößert werden. Dia¬
gnostisch kommt ausschlaggebend die Punktion
des Subduralraums vom äußersten Seitenwinkel
der großen Fontanelle aus, therapeutisch die
XII. Gynäkologie
244. Behandlung mancher Frauenkrank¬
heiten mit kühlen Moorbädern; von P.M. Am¬
bro je witsch. (Rus8ki Wratscli 1912. Nr. 23.
S. 999.)
Moorbäder wurden auf 25—26° R. temperiert. Die
Dauer des Bades betrug 20 Minuten. Die Bäder wurden
bei Parametritis. Myomen, Fibromen nsw. angewandt.
Beschreibung von 12 Fällen; günstige Erfolge.
Truschennikoff (Odessa).
245. Schauta-Wertheimsche Operation
(Interpositio uteri vesico - vaginalis) bei
Uterusvorfall ; von J. E. Litelsohn. (Russki
Wratsch 1912. Nr. 28. S. 1184.)
20 Fälle. Günstige Resultate. L. hofft, daß
man nach der Vervollständigung der Technik bis
zu 100% Erfolge haben kann.
Truschennikoff (Odessa).
246. Weitere Untersuchungen über den
Einfluß der Ovarien auf den respiratorischen
Stoffwechsel; von L. Zuntz. (Arch. f. Gyn
Bd. 96. 1912.)
Von drei Frauen, bei denen wegen gynäkologischer
Erkrankung, an denon die Eierstöcke stark beteiligt waren,
diese entfernt werden mußten, zeigte keine in den ersten
Wochen nach der Kastiatiou, nur eine längere Zoit nach
der Kastration, dann aber in sehr ausgeprägtem Maße
eine Herabsetzung des respiratorischen Stoffwechsels.
Zwei wegen Osteomalazie bei relativen gesunden Ovarien
kastrierte Frauen zeigten beide längere Zeit nach der
Operation eine, wenn auch geringe, so doch unzweifel¬
hafte Herabsetzung. Bei zwei Eunuchoiden erwiesen
sich die Werte für den respiratorischen Stoffwechsel
denen gleichaltriger und gleichschwerer Individuen gleich.
Eine Steigerung des Stoffwechsels durch Oophorin konnte
weder bei einer dieser Patientinnen, noch bei den
Kastrierten der ersten Gruppe erzielt werden.
Zurhelle (Bonn).
247. Die Ventrovesicofixatio uteri, ihre
Bedeutung für die Prophylaxe der Darm-
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operative Ausräumung des Hämatoms in Frage,
soweit es über der Konvexität liegt. Die auch
beim Erwachsenen den arteriellen gegenüber
überwiegenden venösen Blutungen lassen sich
einteilen in primäre diffuse Massenblutungen mit
rasch tödlichem Verlauf durch akuten Hirndruck,
und primäre umschriebene Hämatome mit peri-
bulbärem oder infratentoriellem Sitz, auch schnell
tödlich durch Oblongatadruck, oder mit Sitz auf
einer oder seltener beiden Hemisphären. Den
primären Hämatomen stehen die noch nach
wochen- und monatelangen Intervallen auftreten-
den und aus zerfallenden Quetschungsherden im
Gehirn stammenden Spätbhitungen gegenüber.
Therapeutisch kommt in diesen Fällen die ein¬
fache Trepanation und auch bloße Teilausräumung
der hauptsächlichst komprimierenden Kruormas9en
in Frage. Bezüglich der zahlreichen statistischen,
diagnostischen und therapeutischen Einzelheiten
muß auf das ziemlich eingehende Original ver¬
wiesen werden. Goebel (Köln).
und Geburtshilfe.
einklemmung und ihre sonstigen Leistun¬
gen; von H. Fuchs. (Zentralbl. f. Gyn. 1912.
Nr. 20.)
Die beiden Hauptgefahren der ventrofixieren-
den Operationen, Geburtsstörungen und Darm-
einklemmung, werden nach F. durch die Werth-
sche Ventrovesicofixatio vermieden, bei der die
Fossa vesico-uterina völlig verschlossen wird, wo¬
durch die bedenkliche Bauchfellnische zwischen
Blase und ventrofixiertem Uterus ausgeschaltet
wird. F. hatte unter seinen 45 nach dieser
Methode operierten Fällen einen Todesfall an
Peritonitis, im Anschluß an eine schwere Pyo-
salpinxoperation. Unter 43 Fällen nicht dränierter
Bauchwundnaht kam es 41 mal zur primären
Heilung = 95%. Unter 34 Nachuntersuchten
konnte er 33inal normale Uteruslage feststellen.
Die Boobachtungsdauer betrug bei 30 der Frauen
6 Monate bis G Jahre. 8mal bat Schwanger¬
schaft auf nach der Operation, die lmal mit Ab¬
ort und 7mal mit normalen Geburten endete.
Zurhelle (Bonn).
248. Zur Pelvithermie; von L. Prochow-
nick. (Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 20.)
P. hat die von Flatau empfohlene Methode
der Thermotherapie einer eingehenden Prüfung
unterzogen an der Hand von 20 klinischen und
5 Beoliachtungen im Privathause. Die Anwen¬
dung der Apparate ist eine sehr einfache und
kann von den Frauen selbst besorgt werden. P.
hebt vor allem die Schmerzlinderung bei den
chronisch-gonorrhoischen Prozessen, sowie die
Nachwirkung auf die nächste Regel bei Dys-
menorrhoischen hervor. Fieberhafte Erkrankungen
bildeten eine Gegenanzeige gegen die Anwendung;
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XII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
79
doch wurde die Behandlung nach 5, höchstens
6 fieberfreien Tagen in Gang gesetzt und dann
kein Rückfall beobachtet Behandelt wurden
16mal doppelseitige Adnexitis gonorrhoica, dar¬
unter 4 mit primärer Aszendenz, 4mal doppel¬
seitige Adnexitis puerperalis, 2mal größere Häma-
tozelen, 2mal Tuberkuloseverdacht, lmal davon
mit alter Gonorrhöe verbunden.
Zurhelle (Bonn).
249. Über Tamponbehandlung und ihre
Ausfährung unter Anwendung von Sulfo-
formöl ; von Siegfried Bauer. (Zentralbl.
f. Gyn. 1912. Nr. 20.)
Bei chronisch - entzündlichen Prozessen der
Genitalien empfiehlt B. die Anwendung großer
Tampons mit Sulfoformöl, einem synthetisch dar¬
gestellten organischen Schwefelpräparat. Die Tam¬
pons sollen eine genügende Größe haben zur
mechanischen Ruhestellung der Genitalien. Das
Sulfoformöl zeichnet sich durch seine Wirksam¬
keit, Reizlosigkeit und Einfachen in der Anwen¬
dung aus, besonders in den chronischen Fällen
von Parametritis, entzündlichen Adnexerkran¬
kungen und Metritis. Auszuschließen sind akute
und subakute Erkrankungen, sowie die Fälle von
Gonorrhöe, Fluor und Erosio portionis.
Zurhelle (Bonn).
250. Zur Technik der Uterustamponade;
von Siegfried Boxer. (Zentralbl. f. Gyn.
1912. Nr. 21.)
B. hat das Gewicht des Scherbak-Spekulums
in der Weise modifiziert, daß es nicht der Länge
nach, sondern in der Quere an dem Griff der
Rinne hängt. Durch Anbringen federnder Hebel
an den Polen ist es eingerichtet zum Tragen der
Gaze, die um einen Glasstab gewickelt ist und
von unten nach oben abrollt, ohne das Gesichts¬
feld zu beeinträchtigen und ohne das äußere
Genitale zu berühren. Zurhelle (Bonn).
251. Sulla produzione di connessioni
vasali fra ovaio ed ovaia; per Raffaele
Lettieri. (Rif. med. 1912. S. 121.)
L. fand durch Experimente an Hündinnen,
daß, wenn man beide Ovarien eines solchen Tieres
mittels Suturen aneinander fixiert, eine gegen¬
seitige Anheilung erfolgt. Es bilden sich hierbei
Gefäßanastomosen, so daß man durch Injektion
von der einen Arteria utero-ovarica auch das
Ovarium der anderen Seite zum Teil mit der
eingespritzten Farblösung imprägnieren kann.
Immerhin reichen diese Anastomosen nicht dazu
aus, um dem einen Ovarium seine volle Integrität
zu erhalten, wenn man dessen zuführende Arterie
unterbindet. Melchior (Breslau).
252. Inondation peritoneale par rupture
d’un follicule de de Graf; par Daniel J.
C ran well. (Ann. de Gyn. etd’Obst. 1912. S. 226.)
C. laparotomierte mit Erfolg eine 24jährige Frau
wegen einer abundanten Blutung in die Bauchhöhle.
Als Quelle der Blutung fand sich ein geplatzter völlig
normaler Follikel; eine Allgeraeinursache ließ sich nicht
Dachweisen. — Derartige Fälle sind außerordentlich
selten; C. hat nur drei gleiche in ddr Literatur auf¬
finden können. Klien (Leipzig).
253. L’hystärectomie pour cancer de
l’utörus au cours de la grossesse; par
J. L. Fa uro. (Areh. d’Obst. et de Gyn. 1912.
S. 305.)
Bericht über 3 Zervixkarzinome und 1 Korpus¬
sarkom, operiert während der Schwangerschaft. Die
erste Frau mit Karzinom war 32 Jahre alt, im 6. Monat
ihrer 6. Schwangerschaft. 21 Monat post operationem
ohne Rezidiv. Die zweite Frau war 38 Jahre alt und
im 5. Monat ihrer 2. Schwangerschaft; I / 2 Jahr po9t
operationem Rezidiv. Die dritte Frau war 26 Jahre
alt und im 5. Monat ihrer 3. Schwangerschaft. 5 Monate
post operationem Rezidiv. Die Frau mit dem Sarkom
war 33 Jahre alt, im 3. Monat ihrer 3. Schwanger¬
schaft. Nach 21 Monaten noch ohne Rezidiv. — Was
die von F. aufgestellten Indikationen anlangt, so ist
für ihn ein Übergreifen der Wucherung auf die Scheiden¬
gewölbe keine Kontraindikation gegon die Radikal-
operation, da zunächst immer nur die oberflächlichen
Schleinnhautschichtcn ergriffen seien. Sonst decken sich
die Ansichten F.'s mit den üblichen. Ein ganz schlechtes
Zeichen seien Schmerzen, weil diese stets auf ein weit
fortgeschrittenes Stadium schließen ließen. — Beweg¬
liche Karzinome seien stets zu operieren. — Stets sei
die abdominale Operation zu machen, die in der
Schwangerschaft besonders erleichtert sei. Bei steiler
Beckenkocklagerung werde die Vagina von oben leicht
zugänglich. — Bei lebensfähigem Kinde — also jen¬
seits dos 8. Monats — soll der weniger Geübte erst
das Kind mittels Kaiserschnittes und dann erst den
Uterus entfernen. Nur wer sehr schnell und gewandt
operiert, solle den schwangeren Uterus uneriiffnet
exstirpieren. F. beschreibt dann im Einzelnen die
Technik, die von der Wortheim’schen kaum abweicht.
Dabei ist zu bemerken, daß F. bezüglich der Para¬
metrienexstirpation nicht mit genügender Radikalität
vorgeht. — Bezüghch der Zahl der Radikalheilungen
ist F. sehr optimistisch. Die Schwangerschaft an sich
verschlechtere die Prognose nicht, die im Anfang be¬
findlichen Karzinome würden in der Regel definitiv
geheilt! Klien (Leipzig).
254. The treatment of prolapsus of the
uterus with attendant cystocele and recto-
cele; by J. Riddle Goffe. (New York med.
Journ. 1912. S. 1021.)
G. fragt, warum der Uterus von dem allge¬
meinen Gesetz der Baucheingeweide, daß dieso
nämlich aufgehängt sind, nicht aber von unten
her gestützt werden, eine Ausnahme machen solle.
Mit anderen Worten, G. vertritt die Ansicht, daß
die verschiedenen Bänder des Uterus — kein
Organ habe soviel Bänder wie gerade der Uterus
— tatsächlich den Uterus in seiner Lage halten,
daß die Beckenbodenmuskulatur damit nichts zu
tun habe, daß der Levator ani lediglich für das
Rektum da sei und dem Mechanismus der De-
fäkation diene. Allerdings spielten die Zer¬
reißungen der Dammgebilde eine Rolle beim Zu¬
standekommen eines Prolapses, jedoch so, daß
zuerst eine Rektozele entstehe, diese ziehe den
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80
XII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
Uterus nach sich und erst zuletzt komme die
Zystozele zu stände. Dieser Auffassung ent¬
sprechend hat G. seine Prolapsoperationsmcthode
ersonnen, die er seit 9 Jahren mit bestem Erfolg
ausübt. Er feilt die Fälle in zwei Gruppen ein.
Die erste Gruppe wird gebildet von Frauen, die
noch Kinder bekommen können. Hier geht G.
folgendermaßen vor: Ausschabung, Plastik oder
Amputation der Zervix. Querschnitt durch die
vordere Vaginalwand am unteren Rand der Blase
und Abschieben der Blase bis zur Plika. Er¬
öffnung derselben und quere Spaltung des Peri-
tonäums bis zu den Ligg. latis. Sodann wird die
Blase bis zur Urethra hinauf von der Scheiden¬
wand stumpf mittels Zuhilfenahme der Cooper-
schen Schere abgelöst und nun die vordere
Scheidenwand auch der Länge nach gespalten bis
zur Harnröhre. Unter Zurückhaltung von Blase
und Scheide mittels Hebels wird der Uterus vor¬
gekippt, event. Adnexsachen erledigt und je eine
Schleife in den runden Mutterbändern gebildet,
vernäht und auf die Vorderseite des Uterus auf¬
genäht. Nun wurden drei Kaiguiligaturen ange¬
legt, aber vorläufig lang gelassen. Die erste
kommt genau in die Mitte des Corpus uteri, je
eine seitliche durch das Vorderblatt des Lig.
latum dicht neben dem Uterus. Nunmehr wird
ein Punkt an der Basis der Blase aufgesucht,
der, wenn er an die erste im Mittelpunkt des
Uteruskörpers befindliche Ligatur herangebracht
wird, den unteren Teil der Blase samt Urethra
gradlinig streckt. Entsprechend werden auf jeder
Seite etwa 1 Zoll von der Mittellinie entfernt, zwei
weitere Punkte an der Blasenbasis markiert, durch
welche die beiden Ligamentsuturen hindurch ge¬
führt werden. Die mittlere Sutur soll auch den
freien Peritonäalrand der abgelüsten Blase mit¬
fassen. Sind alle drei Ligaturen geknüpft, dann
ist die Basis der Blaße gestreckt und auf dem
Uterus bzw. den Ligamenten befestigt. Resektion
der vorderen Vaginalwand und Naht derselben
vollendet diesen Akt der Operation; eine Kolpo-
perineorrhaphie schließt sich an. Es empfiehlt
sich, in die Naht der vorderen Scheidenwand
einen dränierenden Gazestreifen einzulegen, wegen
etwaiger Nachblutungen. — Die zweite Gruppe,
d. h. die Frauen, die keine Kinder mehr bekommen
können, behandelt G. prinzipiell mit vaginaler
Uterusexstirpation. Dieser schließt er als charak¬
teristischen Akt eine gegenseitige Vernähung der
runden und breiten Mutterbänder in der Mittel¬
linie an, wodurch eine feste Unterlage für die
Blase geschaffen wird. — Bei sehr großen Reklo-
xelen rafft G. die Vorderwand des Rektums der
Länge nach, je nachdem in zwei oder Schichten,
event hinauf bis zur Douglasfalte. — Am Schluß
der Arbeit setzt G. noch die Widersinnigkeit der
Interpositionsoperationen auseinander, wenn sie
bei erschlafften Ligamenten ausgeführt werden.
Klien (Leipzig).
255. Four cases of pelvic abscess secon¬
dary to appendicitis ; by Frances Ivens.
(Joura. of Obst. Bd. 21. S. 220. 1912.)
In 3 von den Fällen gingen die Schmerzanfälle gleich¬
zeitig mit uterinen Blutungen einher, im 4. Fall war
eine Frühgeburt mehrere Monate vorausgegangen. _ In
keinem der Fälle bestand Erbrechen oder Obstipation,
dagegen stets Fieber und unverhältnißmäßig hoher Puls
neben Leibschmerzen. Per vaginanv war eine Vorwöl¬
bung des Douglas zu fühlen. In dem ersten Fall fand
sich neben dem nicht perforierten, aber stark entzündeten,
ein Konkrement beherbergenden Appendix ein doppel¬
seitiger Ovarialabszeß. Im zweiten Fall fand sich neben
dem perforierten Appendix ein rechtsseitiger Ovarial-
abszess. Ira dritten Fall hatte die Perforation zu einem
Douglasabszess geführt. Im vierten Fall war infolge
versehentlicher Darreichung von Rizinusöl eine frische
Peritonitis der großen Bauchhöhle entstanden. Sämtliche
Fälle genasen nach Laparotomie und Entfernung des
Appendix. Die beiden ersten Fälle wurden nicht dräniert,
im zweiten entstand jedoch ein sekundärer Abszess
unter der seitlichen Inzision. Stets wurden die Patien¬
ten nach der Operation in die Fowlersche Lage gebracht
und mittels subkutaner oder rektaler Kochsalzinfusionen
behandelt. — Unter 350 gynäkologischen Laparotomien
erlebte I. 30, in denen der Appendix affiziert war, d. s.
in 87i°/o- Deshalb abdominales Vorgehen, nicht vagi¬
nales. Nie ließ sich das sog. Lig. appendiculo-ovaricum
als Fortleitor der Entzündung konstatieren, sondern stets
das Bauchfell. In den Fällen von Ovarialabszess war
der Sitz der sekundären Infektion wohl meist ein frisch
geplatzter Graafscher Follikel. Klien (Leipzig).
256. Cause and treatment of procidentia
uteri as it occurs in the parous woman;
by E. Hastin gs Tweedy. (Joura. of Obst.
Bd. 21. S. 136. 1912.)
So recht B. S. Schultze damit gehabt habe,
die Anteversionsstelluug alß die Normallage des
Uterus zu erklären, so unrecht habe er mit seiner
Erklärung der Ursachen dieser Lage gehabt
Weder die Ligamente, noch der intraabdorainale
Druck und der der Eingeweide, noch der Levator
ani hielten den Uterus in seiner Normallage, viel¬
mehr sei dies die jüngst von Mackenrodt mit
dem Namen Ligamentum latum transversale colli
belegte subperitoneale Faszie des fibromuskulären
Beckendiaphragmas. Diese, wenn sie zerrissen
ist, wie dies eben beim Prolaps der Fall sei,
wiederherzustellen, sei der wichtigste Akt einer
Prolapsoperation. T. operiert seit Jahren mit dem
besten Erfolge in der angedeuteten Weise. Sein
Vorgehen ist sehr ähnlich dem von Alexandroff,
und wird eingehend beschrieben. Die einzelnen
Akte sind kurz folgende: Vordere Kolpotomie,
Abschieben der Blase bis zur Umschlagsfalte des
Peritoneums. Beiderseitige seitliche Spaltung der
Zervix, event. keilförmige Amputation beider
Lippen; die Naht faßt die Vaginalschleimhaut
nicht mit, die Fäden bleiben lang als Zügel.
Sodann Eröffnung der Plika und Legen zweier
Katgut- oder Silkfäden wie zur Vaginalfixation,
die aber vorläufig nicht geknüpft werden. Schluß
des Peritoneums. Nunmehr wird beiderseits nach
der Seite hin die Vaginalschleimhaut von der
Zervix und ihrer nächsten seitlichen Umgebung
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XIII. Augenheilkunde.
abgeschoben. Es soll dann die oben genannte
Faszie zugänglich werden, die mittels Silkligaturen
vor der Zervix schleifenförmig vereinigt wird.
Man könne auch auf beiden Seiten der Zervix
die Insertion der Faszienbündel durchtrennen und
die Enden für sich zusammen und auf die Vorder¬
seite der Zervix aufnähen. Hierdurch werde die
Zervix in der Gegend des inneren Muttermundes
nach oben und hinten gehoben und fixiert Zum
Schluß Naht der Scheiden Schleimhaut und Kol-
poperineorrhaphie. Diese Operation sei auch die
beste gegen die Zystozele und bei nachfolgenden
Schwangerschaften hat T. keine Störungen erlebt.
Klieu (Leipzig).
257. Further investigations into the
Chemical composition of menstrual fluid
and the secretions of the vagina, as esti-
mated from an analysis of haematocolpos
fluid, together with a discussion of the
clinical features associated with haema¬
tocolpos, and a description of the charac-
ter of the obstructing membrane; by W.
Blair Bell. (Journ. of Obst Bd. 21. S. 209.
1912.)
B. hat im ganzen 12 Fälle von Hämatokolpos
untersucht, Das durchschnittliche Lebensalter
war lß 1 ^ Jahr. Die Hauptbeschwerden waren
Leibschmerzen und Dysurie, mit oder ohne Harn¬
retention. Diese Beschwerden bestanden durch¬
schnittlich seit 3—4 Monaten. Molimina men-
strualia waren in der Hälfte der Fälle vorhanden.
Die chemische Analyse der Hämatokolposflüssig-
keit ergab folgendes: Nie war Harnstoff, stets
war Schleim vorhanden, in zwar wechselnder, aber
immer beträchtlicher Menge. Er stammt aus Zer¬
vix und Vagina. Stets fehlte sowohl Fibrinogen
wie Fibrinferment. B. erblickt in der Abwesen¬
heit des FibrinfermeDts die Hauptsache des Nicht-
koagulirens des Menstrualblutes; er hofft in Bälde
zeigen zu können, daß die Zerstörung des Fibrin¬
fermentes im Menstrualblut auf einer vitalen Tätig¬
keit des Endometriums beruht. Sehr wichtig war
der konstante Befund von Milchsäure , trotzdem alle
Proben bakterienfrei waren. Demnach könne die
saure Reaktion des normalen Scheidensekrets
nicht von der Anwesenheit der Döderleinschen
Scheidenbazillen abhängig sein. Vielmehr scheine
die Scheidenmilchsäure durch die Einwirkung
eines Zellenzymes auf den Schleim hervorgebracht
zu werden. — Der Schleim machte etwa 1 j 3 der
gesamten Flüssigkeit aus; trotzdem enthält die
Gesaintflflssigkeit enorme Mengen von Kalzium,
etwa 6 Mal soviel, wie das normale Blut.
Klien (Leipzig).
XIII. Augenheilkunde,
258. Significance of the group of „hemo-
philic“ bacilll in Conjunctivitis, especially
in that of „trachoma“; by A. W. Williams.
(Proceed. of the New York path. Soc. Bd. 12.
Nr. 1 li. 2. S. 17. 1912.)
Bei 213 Fällen von Konjunktivitis wurden
128mol und bei 16 Trachomfällen 3mal feine
hämoglobinophile Stäbchen isoliert, die in nichts
von Influenzabazillen sich unterschieden. Ganz
junge Kulturen derselben haben eine auffallende
Ähnlichkeit mit Lindners Zentralkörperchen
und Prowazeks Zelleinschlüssen. W. ver¬
mutet, daß die Trachomerreger zur Gruppe der
hämoglobinophile n Bakterien gehören.
Walz (Stuttgart).
259. Untersuchungen über die Farben¬
zeitschwelle; von A. Brückner und R. Kirsch.
(Zeitschr. f. Sinnesphys. Bd. 46. S. 229. 1912.)
Die Erhöhung der Farbenzeitschwelle beson¬
ders für Rot und Grün, wie sie bei den anomalen
Trichromaten oder Farbenschwachen vorhanden
ist, beruht wahrscheinlich auf der verminderten
Unterscheidungsempfindlichkoit für farbigo Lich¬
ter, nicht aber auf einer verminderten Leitungs-
fkhigkeit nervöser Apparate, etwa Sehnerv.
Untersucht wurden sogen. Grünanomale, außer¬
dem zahlreiche Normalo. Festgestellt wurde,
reichen anderen Versuchsergebnisse zeigen, von
welchen Faktoren die Farbenzeitschwelle beim
Normalen abhängig ist, nämlich Pupillenweite,
Vor- und Nachbelichtung usw.
K ö 11 n e r (Berlin).
260. Über die theoretische Bedeutung
gewisser Erscheinungen aus der Farben¬
pathologie; von W. Lehmann. (Zeitschr. f.
Sinnesphys. Bd. 46. S. 129. 1912.)
Die Gesetze der Farbenmischung und vor
allem die Farben-Kontrasterscheinungen können
auch bei pathologischen Vorgängen, die sich rein
im Zentralorgan abspielen, auftreten. So bestä¬
tigt L. z. B. die schon von R e u ß gemachte Be¬
obachtung, daß die Zickzacklinien des Flimmer¬
skotoms in der Komplementärfarbe erscheinen,
wenn der Patient durch ein farbiges Glas sieht
Bei einem Mann mit „Farbenhören“ trat bei
Diphthongen keine Verschmelzung der beiden
Farben ein, sio wurden getrennt nebeneinander
empfunden; dagegen kam es bei Umlauten ö und
ü zum Sehen einer Mischfarbe (z. B. o = gelb,
e = rot, ö = orange). Beachtenswert sei also
die Übereinstimmung der lautlichen Mischung
und der gesehenen Farbenmischung.
Kö 11 n e r (Berlin).
ich wie langer Zeit ein farbiges Pigmentstäb-
len in seiner Farbe erkannt wurde. Die zahl-
Schmidts Jahrb. Bd.’317. II. 1.
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261. Über ein subjektives optisches Phä¬
nomen bei der Betrachtung gestreifter
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82
aLLI. Augenheilkunde.
Flächen; von Gumbert Rollett. (Zeitschr.
f. Sinnesphys. Bd. 46. S. 198. 1912.)
Fixiert man eine Zeitlang ein Muster, das aus
parallelen, engen, gleichbreitcn, abwechselnd
hellen und dunklen Gitter-Streifen besteht, die
schräg ini Winkel von 45° laufen, so bemerkt
man, daß eine Sehneefall-ähnliehc Scheinbewe¬
gung heller und dunkler Punkte auf tritt, die mit
großer Schnelligkeit senkrecht zum Strcifonver-
lnuf über die Fläche hinwegzuoilen scheinen.
Wahrscheinlich handele es sich bei diesem
..Streifenpliänomen“ um elektrische Strome in der
Netzhaut, die so intensiv worden, daß sie zur i
sinnlichen Wahrnehmung kommen.
K ö 11 n e r (Berlin).
262. Der Abfluß der akustischen Energie
aus dem Kopfe, wenn ein Schall durch
die Stimme oder durch den Diapason-Ver¬
tex zugeleitet wird ; von P. M. N i k i f o r o w s k y. j
(Zeitschr. f. Sinnesphys. Bd. 46. S. 179. 1912.)
Bei Bruststimmen (gewöhnlichem Sprechen)
fließt der größte Teil der Schallenergie durch die
natürlichen Öffnungon des Mundes und der Nase
ab. Dabei ist die Menge der von den Ohren ab¬
fließenden Schallenergie relativ groß und übor-
trifft (pro Quadratzentimoter) dio fuston Teile
des Kopfes; letztere ist überhaupt ungefähr lümal
geringer, wie die aus Ohren und den weichen 1
Teilen abfließende (wieder pro Quadratzentimoter ;
berechnet). Bei dem Falsett entweicht die Schall¬
energie meistens durch die Mundöffnung und die !
umgebenden weichon Teile, in sohr geringer
Menge durch die festen Teile des Kopfes. Bei
Versuchen mit der sogen, direkten Knochen¬
leitung lagen die Verhältnisse umgokehrt: feste
Teile pflanzen den Ton besser fort, als weiche. j
K ö 11 n e r (Berlin).
263. Über die Adaptationsfähigkeit der
Fovea centralis; von Rud. Dittler und Izno j
Krike. (Zeitschr. f. Sinnesphys. Bd. 46. S. 166.
1912.) i
Die früher viel umstrittene Adaptationsfähig- i
keit der Fovea centralis konnte in eindringlicher
Weise zur Anschauung gebracht werden. Schon
nach 10—12 Stunden langem Lichtabschluß des
Auges war eine Zunahme der fovealen Licht¬
empfindlichkeit bemerkbar und nahm dann mehr
und mehr zu, blieb aber immer deutlich hinter
derjenigen exzentrischer Netzhautteile zurück.
Nach 30 Minuten z. B. brauchte das Bild für das
dunkeladaptierte Auge nur etwa t / !0 der Licht¬
stärke zu haben, welche das extrafoveale Bild des
Hellauges besaß (die Netzhautbildgröße des foveal
fixierten hellen Punktes betrug i j a mm, Abstu¬
fungen der Helligkeit wurden durch Rauchgläser
erzielt). K ö 11 n e r (Berlin).
264. Über die Helligkeitswerte reiner
Lichter bei kurzen Wirkungszeiten; von
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Alfred Zahn. (Zeitschr. f. Sinnesphys. Bd. 4G.
S. 287. 1912.)
Dio llelligkoifsverteilung übor das Spektrum
für die Fovea des normalen hclladaptierten Auges
wurde nach einer Methode der Mmimalzeithellig-
keiten bestimmt. Das Ergebnis stimmte mit den
bisherigen derartigen Untersuchungen (Methode
der Miiiimalfeldhelligkciten, Peripheriewerte usw.)
überein: hellste Stolle im Orange bei 601 /u/n
Wellenlänge. K ö 11 n e r (Berlin).
265. Ein Beitrag zur Lehre vom Farben¬
gedächtnis; von S. Loeb. (Zeitschr. f. Sinnes¬
phys. Bd. 46. S. 83. 1912.)
L. zeigte Veisuchspersonen farbige Spektral-
lichter und prüfte nach einiger Zeit die Genauig¬
keit. mit welcher die Farben aus dem Gedächtnis
wiedergofunden wurden. Es gibt demnach ein
spezifisches Farbengedächtnis, und zwar werden
die Farben Gelb und Blau schärfer reproduziert
als Rot und Grün (man denke dabei an das Her¬
vortreten von Gelb und Blau gegenüber Rot und
Grün, auch im indirekten Farbensehen und bei
Sehnervenerkrankungen, welche mit Farbensinn¬
störungen einhergehen). K ö 11 n e r (Berlin).
266. Über die syphilitischen Rezidive
am Auge nach Salvarsanbehandlung; von
Oskar Fehr. (Med. Klin. 1912. Nr. 23.)
F. richtete sein Augenmerk bei dem großen
Material, das ihm am Rudolf Virchow-Kranken-
haus zur Verfügung steht, auf die vielbesprochene
Frage der Neurorezidive, ob sie dem Salvarsan
zur Last zu legen seien oder als luetische Rezidive
anzusehen seien?
Von 2636 Patienten mit Lues fanden sich bei
217 luetische Augonveränderungen, gleich 8,23°/„.
In 41 Fällen bestand ohno jode subjektive Stö¬
rung eine frische ausgesprochene Neuritis optica,
bzw. Stauungspapille, in 17 weiteren Fällen
Hyperämie, Trübung und unscharfe Begrenzung
des Sehnerven, das sind zusammen 2,2°/„. Nach
der Salvarsankur konnten 451 Patienten längere
Zeit beobachtet werden. Augenerkrankungen
traten bei ihnen in 32 Fällen auf, 12mal Iritis,
3mal Chorioretinitis, in 11 Fällen Neuritis optica
und in 6 Fällen Augenmuskellähmung. Bis auf
einen Fall kamen die beobachteten Augenmuskel¬
lähmungen im Jahre 1910 oder Januar 1911 vor,
sie wurden also seltener. Von den 32 Fällen von
Augenerkrankungen nach Salvarsan fielen 26 auf
das erste Jahr und nur 6 auf das zweite der Sal¬
varsan ära. F. glaubt, daß diese Beobachtungen
mit dazu beitragen können, die Auffassung der
Nourorezidive als rein luetische Manifestationen
zu stützen und die Aussicht zu bessern, daß die
Rezidive mit der Vervollkommnung der Salvar-
santherapie vermieden werden können.
Schoeler (Berlin).
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XIII. Augenheilkunde.
83
267. Eosinophilie bei Glaukom; -von
ThaddäußKleczkowski. (Wien. klin. Woch.
1912. Nr. 23. S. 877.)
Kl. hatte unlängst den Nachweis erbringen
können, daß das Blutserum der an Glaukom Er¬
krankten eine größere Menge von Adrenalin ent¬
hält. Jetzt stellte er im Blut von 12 Glaukom¬
patienten das Vorhandensein von Adrenalin mit
der Schurschen Probe fest und nahm Zählungen
von Blutkörperchen vor, die nach Jenner ge¬
färbt waren. Die Zahl der neutrophilen Blut¬
körperchen erreichte nur in einem Fall die nor¬
male Menge von 7Q,5°/ 0 , in den anderen schwankte
sie zwischen ßO—66,4 0 / 0 . Die Zahl der eosino¬
philen Körperchen blieb nur in 3 Fällen untor 2°/ 0 ,
betrug sonst 2,4—10,5%. Nun veranlaßt nach
Skörczewski und Wasserberg wie auch
nach Fa 11& und Berterelli eine einmalige
Adrenalin-Einspritzung Neutrophilie bei gleich¬
zeitiger Verringerung der eosinophilen Körper¬
chen. Nur bei wiederholten Adrenalin - Ein¬
spritzungen trat nach Skörczowski und
Wasserberg beim Meerschweinchen Eosino¬
philie ein. In Übereinstimmung damit stehen
S t ä u b 1 i s Experimente, der bei einmaliger Ein¬
spritzung einer abgetöteten Bakterienkultur
neutrophile Leukozytose beobachtete, die aber zu¬
rückging und einer Reaktionseosinophilie Platz
machte.
Zu gleicher Zeit will Kl. die Eosinophilie bei
Glaukom aus einer längeren Einwirkung des
Adrenalins im Blute erklären, wobei er unent¬
schieden läßt, ob sie durch chemische Wirkung
des Adrenalins auf die blutbildenden Organe ent¬
steht oder durch Wirkung auf das sympathische
Nervensystem, wie Eppinger und Hess an¬
nehmen. S c h o e 1 e r (Berlin).
268. Schichtstarbildung durch vier Gene¬
rationen einer Familie; von R Hilbert.
(Mttnchn. med. Woch. 1912. Nr. 23. S. 1272.)
H. konnte drei Generationen dieser Familie
untersuchen und Schichtstar feststellen. Von der
vierten Generation — der Urgroßmutter — nahm
er nach der Schilderung der Tochter an, daß sie
gleichfalls an Schichtstar gelitten habe. Die Ver¬
erbung der Abnormität erstreckte sich nur auf die
weiblichen Mitglieder der Familie. Es hatten
keine Verwandtenheiraten stattgefunden. Krämpfe
waren nie beobachtet worden. Es fanden sich
keine Zeichen von Syphilis oder Rachitis.
S c h o e 1 e r (Berlin).
269. Über Stauungspapille und deren
Palliativbehandlung; von Siegrist. (Xorr.-
BL f. Schweizer Ärzte 1912. Nr. 14 u. 15.)
S. rät dringend, nur solange eine Behandlung
des Grundleidens allein bei Stauungspapille fort¬
zusetzen, wie das Sehvermögen noch gar keine
Schädigung aufweist. Sobald das Sehvermögen
sinkt, so soll eine Druckentlastung vorgenommen
werden, und zwar wiederholte Lumbalpunk¬
tionen, wenn es sich nicht um einen Hirntumor
oder Hirnabszeß zu handeln scheint. Führen die
Lumbalpunktionen nicht zum Ziel oder orgibt sich
die Wahrscheinlichkeit eines Hirntumors oder
Himabszesses, so soll die Trepanation ausgeführt
werden, die unter den von Kocher und
II o r s 1 e y angegebenen Vorsichtsmaßregeln kein
so sehr gefährlicher Eingriff ist.
S c h oe le r (Berlin).
270. Bemerkungen zur internen Jod¬
therapie bei Augenkranken; von A. Dutoit.
(Zeitschr. f. Augenheilk. Bd. 27. S. 418. 1912.)
Das Jod hat einen unverkennbaren Einfluß
auf die Beschleunigung der Resorption von Ent¬
zündungsprodukten. Erfolgreich wird es ange¬
wandt bei Gefäßerkrankungen und Störungen, die
sich davon ableiten, so vor allem bei Glaukom
in der akuten entzündlichen Form; bei allen
syphilitischen Affoktionen; bei akuten und chro¬
nischen Krankheiten der Lederhaut, Regenbogen-
und Aderhaut, der Netzhaut und des Sehnerven.
D. tritt für Anwendung kräftiger Dosen ein, die
zurzeit durch die Geloduratkapseln ermöglicht
werden, ohne daß Intoleranzerscheinungen auf¬
traten. Cords (Bonn).
271. Lipaemia retinalis; von H. Koellner.
(Zeitschr. f. Augenheilk. Bd. 27. S. 411. 1912.)
K. beobachtete bei einem Patienten mit Diabetes
mellitus, dessen Blut 26,25°/ 0 _ Fettsubstanzen enthielt,
einen eigentümlichen für Lipämie charakteristischen
Hintergrundsbefund, den er in einer farbigen Tafel
illustriert, Die Papille sah schokoladenfarben aus, die
Netzhautgefäße fleischrötlichweiß, wobei die Reflex¬
streifen fehlten. Der Befund ging zurück, sodaß im
mikroskopischen Präparat koine Veränderungen mehr
nachweisbar waren. Die Kenntnis dieser Veränderung
ist deshalb wichtig, weil keine anderen sicheren Sym¬
ptome der Lipämie bekannt sind. Prognostisch ist diese
Änderung der Netzhautgefäße sehr ungünstig, da meist
(es handelt sich fast stets am juvenilen Diabetes) bald
das Koma folgt. Cord» (Bonn).
272. De la rdgdneration transparente du
tissu corn6en ; par Bonnefon et A. La¬
coste. (Arch. d’Ophtalm. Bd. 82. S. 65 u. 210.
1912.)
Die wichtigsten Bedingungen für eine Regene¬
ration des Hornhautgewebes mit Erhaltung der
Durchsichtigkeit sind folgende:
1. Die Verletzung darf nicht perforierend sein.
2. Sie muß antiseptisch sein.
3. Sie muß vor pathogenen Keimen durch kon-
junktivale Deckung geschützt werden.
Zuerst regeneriert sich das Epithel, dann das
Gewebe selbst; eine geringe lokale entzündliche
Reaktion klingt bald ab. Beim Kaninchen wird
die Möglichkeit einer vollkommen transparenten
Regeneration durch das Experiment erwiesen.
Eine Transplantation, wie sie Salzer übt, führt
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84
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
niemals zu so günstigen Resultaten, ist aber the¬
rapeutisch zu versuchen.
Wer sich für das Problem der durchsichtigen
Hornhautregeneration interessiert, muß diese durch
Abbildungen reich illustrierte Arbeit, die eine
Fülle von wertvollen Details bietet, lesen.
Cords (Bonn).
273. De i’emploi du vioforme et de
l’iodoforme en ophtalmologie; par J. Beau¬
vieux et L. Muratet, (Arch.d’Ophtalm. Bd.32,
S. 228. 1912.)
Vergleichende Untersuchungen über die Wirksam¬
keit von Vioform und Jodoform auf Bakterienkultuien
und hei klinischer Anwendung führen die Autoren zu
folgenden Schlüssen:
Vioform und Jodoform geben nahezu identische Re¬
sultate; das Vioform hat indes den Vorzug, daß es
geruchlos ist und nicht wie das Jodoform zu Ekzemen
und Erythemen führt. Cords (Bonn).
XIV, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
274. Zur Behandlung der Rhinitis chro¬
nica atrophicans foetida insbesondere mit
Jodival; von Re in sch. (Zeitschr. f. ärztl. Fort¬
bildung 1912. Nr. 8.)
Bei der Rhinitis chronica atrophicans foetida
auf luetischer Ätiologie sieht man von einer
antiluetischen Allgemeinbehandlung (Hg 4- Jod) \
außerordentlich günstige Erfolge.
Auch bei Fällen von Rhinitis chronica atrophi¬
cans foetida auf tuberkulöser Basis erzielt man
durch Darreichung von Jod deutliche Erfolge.
Als Jodpräparat empfiehlt sich vor allem das
Jodival, weil es auch bei längerem Gebrauch
selbst von schwächlichen Personen und Kindern
gut vertragen wird. Die gewünschte Jodwirkung
tritt schnell ein; Jodschnupfen oder Jodakne wird
so gut wie nie beobachtet. Die Jodmedikation
braucht niemals wegen Nebenwirkungen aus¬
gesetzt zu werden, wie dies im Gegenteil hierzu
beim Jodkalium häufig der Fall ist. Außer bei
der Ozaena wurde das Jodival auch in solchen
Fällen verordnet, wo eine schnelle Jodwirkung
erwünscht war: beim Spätstadium der Lues II
und bei Lues III, bei Tuberkulose des Kehlkopfes
und Rachens, bei Lupus der Nase und des
Rachens; jedoch wurde es auch gelegentlich bei
chronischen Pharyngitiden stets mit gewünschter
Jodwirkung gegeben. Bachem (Bonn).
275. De la gymnastique auriculaire et
de son application aux traitement de la
Slirditä; par Ch. Fernet. (Semaine m6d. 1911.
Nr. 11.)
Nach Ansicht F.s wird die ungenügende
Funktion der Muskeln des Ohres in der Therapie
nicht genug berichtigt. Er meint, daß die Stärkung
dieser Muskeln einen wichtigen Heilfaktor be¬
deute. Da er nicht nur den Binnenmuskeln, son¬
dern auch den Muskeln der Muschel eine Rolle
beim Hören zuschreibt, so stärkt er auch diese
durch systematische Übungen in der Weise, daß
der Patient die aktive Beweglichkeit zu erhöhen
angewiesen wird. Die „Binnen muskel" werden
auf dem Wege des Reflexes durch Hörübungen
gestärkt werden. Auch die Durchgängigkeit der
Tube wird durch alle diese Übungen wahrschein¬
lich gebessert, da die Tubenmuskulatur angeregt
wird, sich mit zu bewegen. Lange (Greifswald).
276. Studien und Vorschläge zur Mes¬
sung der Hörschärfe; von G. Gradenigo.
(Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 87. H. 2 u. 3. S. 123.)
G. hat mit S t e f a n i n i zusammen einen
Apparat konstruiert, der es ermöglicht auf ein¬
fache Weise in kurzer Zeit eine exakte Messung
| der Hörschärfe mit Stimmgabeln vorzunehmen.
Die jetzt üblichen Stimmgabeluntersuchungen
tragen hauptsächlich der Tonqualität und nicht
in genügender Weise der Intensität des Tones
Rechnung. G. glaubt die Lösung des Problems
der Hörschärfemessung in einer Weise, die schnell
zum Ziele führt, gefunden zu haben. Er wendet
einen Apparat an, der ermöglicht, die Stimm¬
gabeln mit einer genau bestimmbaren Energie
anzuschlagon. Der Apparat ist nicht kostspielig
und leicht zu bedienen. L ü b b e r s (Greifswald).
277. Über gelbe Flecke am Ende des
Hammergriffes; von P. Gomperz. (Arch. f.
Ohrenheilk. Bd. 87. H. 2 u. 3. S. 212.)
G. meint, daß die von Gruber 1886 beschrie¬
benen gelben Trommelflecke, die Gruber für
eine in dio Substanz des Trommelfelles abgesetzte
Flüssigkeit hielt, nichts weiter als ein Tröpfchen
öl seien, das als Rest von Öleinträufelungen, die
die Patienten häufig vornehmen, in der Tiefe des
Trommelfelltrichters am Umbo zurückgeblieben
sei. Er habe häufig Gelegenheit gehabt, die von
Gruber beschriebenen Bilder zu sehen; der
gelbe Fleck sei stets sofort verschwunden, wenn
er das Trommelfell abgetupft habe.
L ü b b e r s (Greifswald).
278. Akustikus-Tumor. Ein Beitrag %ur
Entstehung der Klein himbrückenwinkeÜum oren ;
von Her man Ivo Wolff. (Passow - Schäfer,
Beitr. usw. 1912. S. 464.)
W. beschreibt einen zufällig bei der Präparation
eines Felsenbeines gefundenen, im Meatus acustieus int
liegenden, kleinen Tumor, der an der Stelle, wo der
obere Ast des Nervus veßticularis in den Knochen hinein¬
geht, innig mit dem Nerven in Verbindung steht. W.
meint, daß die Kleinhimbrückenwinkeltumoren meistens
im Fundus des Parus acusticus internus ihren Ur¬
sprung nehmen; auch Henschen fand in seinen
15 Fällen stets einen Fortsatz oder Ausläufer des
Tumors, der sich bis in den Meatus verfolgen ließ.
Aus dem Sitz ues von ihm beschriebenen Tumors
schließt W., daß derselbe als erste klinische Erschei¬
nung Gleichgewichtsstörungen gemacht haben würde
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XV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
85
und. er sagt, daß man bei einer isolierten Störung der
Vestibularis stets die Möglichkeit einer Tumorbildung
in Betracht ziehen müsse. Eine histologische Unter¬
suchung des Tumors erfolgte nicht, weil das Präparat
nicht geeignet konserviert war. Lü bb e rs (Greifswald).
279. Zur Kenntnis des labyrinthären
Spontannystagmus; von Erwin Jürgens.
(Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 87. H. 2 u. 3. S. 174.)
21 Patienten, die zur Zeit ihres klinischen Auf¬
enthaltes als einziges Reizsymptom von seiten des Laby-
rynthes bei Mitteiohreiterungen spontanen Nystagmus
bei seitlicher Blickrichtung aufwiesen, wurden von J.
nach längerer Zeit (nach 6 Monaten bis l‘/ a Jahren)
nachuntersucht. 2 von diesen Fällen waren encho-
tomiert, 19 radikaloperiert worden. Bei 12 Patienten war
der Spontannystagmus verschwunden, bei 9 Patienten
war er bestehen gehlieben. In keinem Falle waren
post Operationen! Erscheinungen einer serösen oder
eiterigen Lahyrinthitis oder intrakranielle Komplika¬
tionen aufgetreten. In fast allen Fällen trat nach der
Operation eine allmählich zunehmende Hörverschlechte¬
rung ein, in 4 Fällen völlige Ertaubung. J. hält den
Spontannystagmus vor der Operation durch labyrinthären
Reiz infolge von Eiterretention (Druck) erklärt. Wir
sind aber nicht imstande, aus dem Funktionsprüfungs¬
ergebnis vor der Operation oder aus dem Operations¬
befunde selbst sagen zu können, ob in dem einen oder
anderen Falle der Nystagmus nach der Operation ver¬
schwinden wird oder nicht. Lübbers (Greifswald).
280. Beiträge zu den während des Ver¬
laufes von Mitteloh rsuppurationen auf¬
tretenden sekundären Labyrinthaffektionen;
von Chr. Heilskov. (Arch. f.Ohrenheilk. Bd.87.
H. 2 u. 3. S. 134.)
H. berichtet über die an 21 Fällen von Labyrinthi¬
tiden gemachten Erfahrungen. Er spricht über die
Ätiologie, die Symptome und die Diagnose der Laby¬
rinthitis und gibt am Schlüsse seiner Arbeit die Indi-
kationsstellung der Kopenhagener Ohrenklinik zur Laby¬
rinthoperation. Mau ist im allgemeinen konservativ.
Findet man bei einer chronischen Mittelohreitemng eine
Labyrinthfistel, so mache man nur dann eine Laby-
rinthoperation, wenn man aus der Fistel Eiter hervor¬
quellen sieht, oder wenn man die Zeichen einer frischen
und schnell verlaufenden Zerstörung der Funktion des
Nervus acusticus beobachtet hat. Bei einfachen Bogen¬
gangsdefekten läßt man das Labyrinth in Ruhe, auch
dann, wenn man totalen Funktionsausfall des Laby-
rinthes gefunden hat. Auch verhält man sich bei der
postoperativen Labyrinthitis aus der Erwägung, daß
dieselbe fast immer serös ist und mit der Wiederher¬
stellung der Funktion zur Heilung kommt, ab wartend.
Erst wenn sich im Laufe der Nachbehandlung keine
Neigung zum Zurückgeben zeigt, wenn Temperatur-
Steigerungen und die Zeichen einer intrakraniellen
Komplikation auftreten, schreitet man zur Lnbyrinth-
operation. Lübbers (Greifswald).
281. Ober den plastischen Verschluß
persistenter retromuskulärer Öffnungen
nach Antrumoperation; von Erwin Gabe.
(Passow-Scliäfer, Beitr. usw. Bd. 4. H. 5. S 354.)
G. berichtot über die günstigen Erfolge, die in
24 Fallen mit der Passowsehen Plastik erzielt wurden.
Von der Erwägung ausgehend, daß von deu Knochen¬
wänden der Operationshöhle nur sehr geringe Knochen¬
neubildung stattfindet, sondern daß vielmehr in erster
Linie dos Periost für die Knochenneubildung und auch
für die Bildung von Narbengewebe in Betracht kommt,
legt Passow bei Dellen und retroaurikulären Öffnungen
nach Antrnmoperationen zwei Weichteilperiostlappsn,
die er aus der Umgebung der Knochenhöhle bildet, in
die persistente Operationshöhle. Die Oporationshöhle ist
vorher geglättet und von Granulationen usw. gesäubert.
Durch dieses Verfahren erzielte Passow immer in sehr
kurzer Zeit (durchschnittlich in l(» l / a Tagen) vollkom¬
mene Heilung mit gutem kosmetischen Resultate. In
4 Fällen hat Passow dann, wenn bei der ersten Ope¬
ration sehr große Operationshöhlon gemacht werden
mußten, die Plastik gleich bei der ersten Operation mit
gutem Erfolge gemacht. Lübbers (Greifswald).
282. Beiträge zur Klinik der Tonper-
zeptions - Anomalien; von Jörg. Müller.
(Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 65. S. 13.)
M. berichtet über drei Fällen von Tonperzeptions-
Anomalien:
Bei sieh selbst fand er während der Attacken von
Tubenkatarrhen, die durch jahrelange Zwischenräume
getrennt waren, abnorme Resonanzerscheinungen für f*,
die nur bisweilen bis fis' oder e* steigt oder fällt. Neben
diesen Resonanzerscheinungen, die durch Töne von f*
bis herunter zu a 3 ausgelöst wurden, traten subjektive
Gehörerscbeinungen in der Höhe von f* auf.
Der Patient mit Diplakusis wies Tongebiete auf, in
welchem er mit dem einem Ohre die Töne höher als
mit dem anderen Ohre hörte. Diese Gebiete wechselten
ständig. Anfangs hörte er fast die ganze Tonleiter
hindurch mit dem linken Ohre die Töne tiefer als rechts,
später fand man ein paar Gebiete, in denen er statt
tiefer höher hörte. Allmählich stellte sich das normale
Toogehör wieder ein. Auch hier bestand ein Tuben¬
katarrh.
Im 3. Falle handelte es sich um eine Amusie. Bei
einer sehr nervösen Pianistin, die sonst ein gutes ab¬
solutes Tongehör gehabt hatte, trat nach einem chro¬
nischen Kartarrh Ohrensausen und Falschhören ein.
Sie war nicht mehr imstande die Höhe eines Tones
zu erkennen obwohl sie ihn noch als Ton hörte. Ebenso
schwand bei ihr die Melodienkenntnis und nur ganz
bekannte Volkslieder konnte sie ziemlich richtig singen,
ohno daß sie allerdings selbst wußte, ob sie richtig oder
falsch sang. Sie vermochte nicht mehr nach Noten zu
spielen oder Noten zu lesen.
M. glaubt daß es sich um eine Erkrankung des
Zentralorganes für Tonperzeption handele, die wahrschein¬
lich funktioneller Natur ist. Lübbers (Greifswald).
XV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
283. Untoward effects of salvarsan re-
ferable to the eye and ear; by Sidney L.
Olaho. (Therap. Gaz. Bei. 36. Nr. 6. S.S83. 1912.)
Schädigungen des Optikus und Akustikus sind
nach Ehrlich natürliche Erscheinungen bei
frischer Syphilis und als syphilitische Erkran¬
kungen des Nervengewebes, nicht aber, wie von
anderen Autoren angegeben worden ist, als
Zeichen einer Salvarsan Vergiftung anzusehen.
0. steht völlig auf dem Ehrlichschen Standpunkt
i und bezieht sich bei seinen Ausführungen über
diese Streitfrage fast ausschließlich auf die be¬
kannte deutsche Literatur. Plury (Würzburg).
284. On tylosis palmaris et plantaris
with report of three cases; by Lewis
Thatcher. (Edinb. med. Journ. 1912. S. 342.)
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8G
XV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Th. betrachtete bei 3 Geschwistern aus einer Tamil io
von 8 Kindern Hyperkeratose der Handteller und Fu߬
sohlen. Die Krankheit wurde bei allen erst im dritten
Lebensjahr beobachtet, zuerst in Form von kleinen Wärz¬
chen, die allmählich zu größeren Flächen konfluierten.
In der Familie weiter keine Fälle beobachtet.
Z i n s s e r (Köln).
285. Sur l’urticaire pigmentaire (urti-
caria pigmentosa); par Enzo Bizzozero.
(Ann. de Denn. Bd. 2. H. 7. S. 385. 1911.)
B. beschäftigt sich ruit dem mikroskopischen
Befunde eines Falles von Urticaria pigmentosa
bei einem 4jähr. Kinde, das seit dem 4. Lebens-
monate von diesem Leiden befallen war. Es
fehlte die von Unna als charakteristisch be¬
schriebene Abplattung des Papillarkörpers; die
Mastzellen waren ungleichmäßig verteilt, gegen
die Peripherie der Effloreszenzen zu entlang den
Blutgefäßen und zerstreut im Bindegewebe ge¬
lagert, gegen das Zentrum zu in Massen aufgo-
häuft. Diese „Mastzellentumoren“ enthielten aber
auch noch zwischengelagerte Bindegewebszellen,
eosinophile und neutrophile Leukozyten, letztere
zwar in geringerer Anzahl, azidophile aber in
größeren Mengen. Unter Besprechung der Be¬
obachtungen von 34 Autoren wirft B. die Frage
auf, ob es angängig sei, der Verteilung und An¬
zahl der Mastzellen eine solche Bedeutung beizu¬
legen, wie bisher geschehen, wenn nach Gli¬
ch r i s t s Versuchen innerhalb 20 Minuten die
Zahl der Mastzellen ganz beträchtlich variieren
kann. Er verneint diese Frage und stellt die For¬
derung auf, daß eine Klassifikation auf so schwan¬
kender Basis nicht aufgebaut werden dürfe.
Brauns (Dessau).
286. Contribution ä l’etude du traite-
ment des staphylococcies cutanees par
les vaccins de Wright; par Renaud-Badet.
(Bull, de la Soc. fr. de Denn. Bd. 22. H. 4.
S. 150. 1911.)
R.-B. berichtet über Versucho mit Staphylo-
kokken-Vakzine, die er in B a 1 z e r s Klinik an¬
gestellt hat. Verwandt wurde die als wirksamer
als die Strik-Vakzine angesehene autogene Vak¬
zine, die genau nach W r i g h t s Methode her¬
gestellt war. Je nach dem Falle wurden dann
in wöchentlichen Injektionen je 100—600 Mil¬
lionen Staphylokokken appliziert. Pustulöse
Akne besserte sich bereits von der ersten Injek¬
tion ab insofern, als die Suppuration aufhörte,
doch blieben Akneknoten auch nach 3— 4 Wochen
noch bestehen. Ähnlich verhielt es sich mit der
Keloid-Akne, Pustulation und Jucken vorschwan-
don, gogen die Keloide aber mußte zur Radio¬
therapie gegriffen werden. Generalisierte Im¬
petigo heilte nach 5 Injektionen völlig ab; auch
Furunkulose heilte nach gleichviel Injektionen
aus, einige anfänglich neu auftretende Herde zeig¬
ten abortiven Verlauf. Besonders günstig war
die Wirkung bei Sycosis Simplex.
Brauns (Dessau).
287. Pelade chez un acromegalique;
par L. Jacquet et L. Rousseau-Decelle.
(Bull, de la Soc. fr. de Dorm. Bd. 22. H. 4.
S. 126. 1911.)
Es handelt sich um einen 20jähr., weder tuber¬
kulösen, noch syphilitischen jungen Mann, bei dem vor
5 Jahren gleichzeitig mit einer Akromegalie und Akro-
zyauose (Wachstum 30 cm in 3 Jahren) eine Alopezie
einsetzte, die jetzt fast total geworden ist. Gewöhnlich
findet man Akromegalie nicht mit Alopezie, sondern
mit Hypertrichose vergesellschaftet. Gleichzeitig be¬
steht nur ein „hypotonisches Syndrom' 1 : allgemeine
Schlaffheit der Gewebe, große Hypotonie der Haut,
Muskelschwäche, Venen-Ektasien, Neigung zu Hernien,
Verminderung des Haarreflexes; und ferner eine durch-
greifendeStoffwechselstoruDg, gekennzeichnet durch Poly¬
urie, Hyperchlorurie und besonders Hypophosphaturie.
Jacquet und Rousseau-Decelle meinen nun,
daß diese Stoffwechselstörung wohl schon länger be¬
standen haben werde, daß aber durch den mit 15 Jahren
Ginsetzenden Riesenwuchs das Gleichgewicht des Orga¬
nismus gestört worden sei und unter diesem Einflüsse
sich die totale Alopezie entwickelt habe, indem gleich¬
zeitig die eben einsetzende Entwicklung der Pubertäts¬
behaarung zum Stillstand kam. Da auch Schilddrüsen-
Atrophie besteht, so soll entsprechende Organotherapie
angewandt werden, doch legen J. u. R.-D. vor allem
Wert darauf, durch Injektionen von physiologischem
Serum für eine Remmeralisation des Blutes Sorge zu
tragen.
ln der Diskussion empfiehlt Balz er heiße Kopf-
I duschen, Beodier verwirft sie, Ferras pflichtet aber
B a 1 z e r bei, er gibt außerdem Schwefelwässer innerlich.
Brauns (Dessau).
288. Pyodermite impetigineuse verru-
queuse (Impetigo verruqueux); par Gau¬
ch er, Gougerot et Dubosc. (Bull, de la
Soc. fr. de Derm. Bd. 22. H. 4. S. 139. 1911.)
Seit 2 Monaten leidet die 2ljähr. Patientin an einem
typisch als Impetigo beginnenden llautausschlage im
Gesicht und an den Oberextremitäten. Dio Bläschen
heilen jedoch nicht unter den honiggelben Borken glatt
ab, sondern wenn man etwa nach dem 5. Tage die
Borken abhebt, bemerkt man eine feuchtrosarote Ober¬
fläche, körnig, leicht erhoben, oft schon zottig; wenn
man nach einigen weiteren Tagen, überrascht, daß die
honiggelbe Borke nicht abfällt, sie abhebt, findet man
aber eine rote, papulös-zottige, vegetierende, beinahe
papillomatöse Oberfläche. Fällt endlich nach ca. 15 bis
20 Tagen die Krusto selbst ab, so verbleibt eine verru¬
köse Bildung, die in ihrem Aussehen ganz an Tuber-
culosis-verrucosa erinnert.
Diese Verrakome wurden mit Alibourechem Wasser
1 und Kalomeisalbe zum Verschwinden gebracht, die gleiche
Therapie verhütete auch, daß sie sich überhaupt aus den
frischen Impetigobläschen bildeten.
Gegen echte verruköse Tuberkulose spricht das mul-
i tiple Auftreten und die Abheilung unter einfacher anti¬
septischer Therapie. Dagegen hat Brocq ähnliche
| verruköse Bildungen beschrieben, die sich im Anschluß
an Ekthyma entwickelten. Die Verf. sehen in dieser
verrukösen Impetigo eine Streptokokkeninfektion, die
anfänglich oben bullös-krustösen Charakter trägt, dann
aber zu den papillomato-verrukösen Bildungen führt.
In der Diskussion erwähnte B r o d i e r, daß er eine
typische Impetigo unter Alibourschem Wasser und Ung.
Hydrarg. oxyd. flav. hat verrukös werden sehen, daß
Heilung dann unter Jodkollodium erfolgte.
Brauns (Dessau).
289. Psoriasis ancien: Dermatite ex-
foliatrice generalisee secondaire guerie.
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XV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
87
R6cidive de psoriasis nummulaire; par
Gau eher, Gougerot et Guggenheim. (Bull,
de la Soc. fr. de Derm. Bd.22. II.4. S. 144. 1911.)
Für die Entwicklung einer generalisierten ex-
foliativen Dermatitis kommen im wesentlichen
akute und chronische Psoriasis und Pityriasis !
rubra in Betracht; zwischen diesen 3 Erythro-
dermieformen können aber auch noch schwer zu
klassifizierende Übergangsformen Vorkommen.
Der 20jähr. Patient hatte schon früher einige
Attacken von Psoriasis überstanden, als er im i
letzten Jahre seiner Dienstzeit derart schwer er¬
krankte, daß man bei seiner Aufnahme ins Kran- j
kenhaus die Diagnose auf Pityriasis rubra gravis j
secundaria stellte und auch eine prämykotischo \
Eruption in Betracht zog. Wider alles Erwarten |
aber trat unter Fett und reduzierender „Pomade ,
Gaucher“ rasche Besserung und schließlich völlige
Heilung ein. Eine 2 Jahre später neu auftretende '
Psoriasis nummularis schwand wieder bald auf I
Teorsalbe hin. Brauns (Dessau). \
|
290. Soaps and their effets on the skin : |
On analytical research; by Fredrick Gar- 1
diner. (Edinb. med. Jonm. 1912. Nr. 6. S. 514.) i
Auf der Suche nach dem die Haut schädigen¬
den Momont, das bei manchen Leuten in höherem, j
bei anderen in geringerem Grade sich bemerkbar J
macht, hat G. eine große Reihe von verschiedenen |
Seifen untersucht. Es fand sich zunächst eine j
große Differenz im Alkaligohalt, aber nicht etwa j
so, daß die feineren Toilettenseifen weniger und
die gewöhnlichen Waschseifen mehr enthielten,
sondern auch in den einzelnen Gruppen schwankte
der Alkaligchalt beträchtlich.
G. hält den Alkaligehalt nicht für maßgebend j
für die reizonde Eigenschaft der Seife. Die so- I
genannten überfetteten Seifen mögen meistens j
deshalb weniger reizend sein, weil sie, da sie
wesentlich teurer sind, auch sonst die Verwen- \
düng von besserem Material gestatten.
Der vielfach (in England wohl mehr wie bei
uns) beliebte Harzzusatz, der die Seifen härter
machen soll, hat auch keine schädigende Wir- I
kung auf die Haut, wenn nicht etwa schlecht ge- I
roinigtes, terpentinhaltiges Harz verwandt wird, j
Auch die gewöhnlichen Verunreinigungen und !
Beimengungen, wie schwefelsaures und kiesel- '
saures Natron, Alaun, Kartoffelmehl, Stärke, j
Ton, sind keine stark reizenden Substanzen. |
Durchsichtige Seifen enthalten oft 10— 20*70 j
Zucker, Glyzorin und Methylalkohol. Alle mög- j
liehen Sorten von Fetten und ölen tierischen und j
pflanzlichen Ursprungs werden zu Seifen ver¬
arbeitet. Bei billigen Seifen werden alle mög¬
lichen Fettreste verwandt und hier kommt oft
schlechtes, ranziges Material zur Verwendung
und das gibt natürlich schlechte, reizende Seifen.
Besonders Talg, Schmalz, Baumwollsamenöl,
Olivenöl, Knochenfett, die viel verwandt worden,
neigen zum Ranzigwerden und verursachen Schä¬
digungen der Haut. Eine autiseptische Wirkung
haben die Seifen alle nicht und auch der Zusatz
von antiseptischen Mitteln gibt keine direkt des¬
infizierende Wirkung und erhöht eher die rei¬
zende Wirkung der Seifen. Z i n s s e r (Köln).
291. Sebaceous carcinoma and its re-
lation to rodent ulcer; by Louis Sava-
tard. (Brit. med. Jonm. 1912. S. 308.)
Ebenso wie sich der Basalzellenkrebs (Ulcus
rodens) vom Stachelzellenkrebs (Epitheliom)
unterscheidet, so unterscheidet sich auch das
Talgdrüsenkarzinom vom Ulcus rodens sowohl
klinisch wie histologisch. Von den Zellen der
Talgdrüsen kann sich ein Ulcus rodens nicht ent¬
wickeln. Die azinöse Anordnung der Zellen beim
Ulcus rodens hat mehrfach Veranlassung ge¬
geben, seinen Ursprung in den Talgdrüsen zu
suchen. Es ist aber diese Anordnung veranlaßt
durch das Bindegewebe, in das der Tumor
hineinwächst. Unter einer sehr großen Anzahl
von Hautka'rzinomen, die der Vf. untersucht hat,
fanden sieh nur zwei, die als echte Tnlgdrüsen-
karzinome angesprochen werden konnten.
Z i n s s e r (Köln).
292. Systematic study of morbid con-
ditions of the nails; by G. Norman Me¬
schen. (Brit. med. Jonm. 1912. S. 306.)
M. tritt für ein sorgfältiges und systematisches
Studium der Nagelkranklieiten ein, deren Kennt¬
nis noch nicht die verdiente Verbreitung gefunden
habe. Sehr interessant ist die Tatsache, auf die
Hutchinson zuerst aufmerksam gemacht hat,
daß trophischc Störungen an den Nägeln immer
am Daumen am intensivsten auftreten und nach
dem kleinen Finger hin an Intensität nachlassen.
M. stellt noch die Regel auf, daß, wenn auf einer
Seite ein Nagel angegriffen ist (außer bei para¬
sitären Erkrankungen), auch der entsprechende
Nagel auf der entgegengesetzten Seite einen ähn¬
lichen Zustand aufweisen wird.
Zinsser (Köln).
293. The treatment of naevi, based on
more than two thousand cases; by J. L.
Bnnch. (Brit. med. Journ. 1912. S. 296.)
Auf Grund seiner überaus großen Erfahrung
betrachtet B. die Gefrierbehandlung der Gefä߬
nävi als die bei weitem beste. Er zieht sie der
Exzision, dor Ätzung, der Vakzination, der Elek¬
trolyse, der Kauterisation und auch der Quarz¬
lampen- und Radiumbehandlung, die er alle pro¬
biert hat, vor. Er bedient sich zum Gefrieren des
Kohlensäureschnoes oder der flüssigen Luft. Die
flüssige Luft erzeugt viel niedrigere Tempera¬
turen (—190° C.) und erreicht deshalb die Ge-
frierung in kürzerer Zeit, ist dafür aber nicht so
bequem zu applizieren wie die feste Kohlensäure
(—78,2° C.). die sich bequem der Form des Nävus
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88
XV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
anpassen läßt. Die Dauer der Anwendung muß !
man aus eigener Erfahrung erlernen. Bei Säug- 1
lingen wird man vielleicht mit 20 Sekunden soviel
erreichen wie bei Erwachsenen mit 60. Die
Stärko des Drucks, mit dem die Kälte angewandt J
wird, ist auch auf die Wirkung von Einfluß. Die
entstehende Blase sollte geöffnet werden und ein
aseptischer Verband angelegt werden.
Zinsser (Köln).
294. Chronic and recurrent maladies of
the skin in relation to heart disease; by
David Walsch. (Brit. med. Jouru. 1912.
S. 304.)
Viele chronische und rezidivierende Haut¬
krankheiten sind verbunden mit Erkrankungen
des Herzens. Verhältnismäßig häufig findet man
bei Hautkranken einen unvermuteten Herzfehler
und die Prognose der Hautkrankheiten ist oft von
dem Zustande des Herzens abhängig. Deswogen
muß man bei der Behandlung von Hautkrank- :
heiten stets auch den Zustand des Herzens be¬
rücksichtigen. Daraus kann auch in vielen Fällen
die sogenannte Idiosynkrasie ihre Erklärung
finden. Zinsser (Köln).
295. An epidemic of epithelioma (mollus-
cum) contagiosum, with some new obser-
vations concerning the„mo!luscum bodies“;
by M. B. Hart zell. (New York med. Record
1912. S. 1171.)
H. hat eine Epidemie von Molluscum conta¬
giosum in einem großen Institut für junge Männer
beobachtet. Bei 345 flüchtig untersuchten jungen
Leuten waren 5°/ 0 erkrankt. Die Übertragung hat
wahrscheinlich durch Handtücher in der Turn-
anstalt stattgefunden. Ein exzidiertes Körperchen
wurde nach dem Levaditischen Verfahren fixiert
und gefärbt und wies Zellverändorungen auf, die
von den bisher beschriebenen Formen abwichen.
So fanden sich große, unregelmäßig rund ge¬
formte Körper mit doppelkonturierter Wandung
und mit Segmentierungen. Der Zellkern war
meist platt an die Zellwand gedrängt. Eine
zweite seltenere Zellform war oval, hatto dicke
geschichtete Wandungen und enthielt einen ovalen
Zellkern, der an einem Pol der Zelle saß. Die
übrige Zelle war mit einer filzigen fibrillären
Masse angefüllt. Diese ovale Zellen lagen in
manchen Schnitten zum Teil innerhalb von an¬
deren Zellen der ersten Form. Eine dritte Form,
die kleinste, war mit einer dichten Masse von
Fibrillen angefüllt und tief dunkel gefärbt Ein
Kern konnte hier vielleicht wegen der dunklen
Färbung nicht erkannt werden. II. hält alle diese
Zellen für degenerierte Retezellen, wenn er auch
eine andere Deutung nicht für ganz ausgeschlossen
hält. Zinsser (Köln).
296. Ultraviolet light in the treatment
of alopecia; by J. Delpratt Harris. (Lancet
1912. S. 25.)
Bericht über 9 Fälle von Alopecia areata und totalis,
die alle bis auf einen erfolgreich behandelt wurden mit
dem ultravioletten Licht von elektrischen Funken, die
zwischen Eisenelektroden übersprangen. Um Verbren¬
nungen zu vermeiden, wurden zwischen den Berg¬
kristallkompressor und die Haut Scheiben von Eis ge¬
bracht Zinsser (Köln).
297. Salvarsan in various medical dis-
orders associated with a Wassermann re-
action ; by William Titch Cheney. (Calif.
State Journ. of Med. 1912. S. 374.)
Auf Grund seiner Beobachtung einer Reihe
von inneren Erkrankungen, die eine positive
Wassermannsche Reaktion hatten, kommt der Vf.
zu folgenden Schlüssen: 1. Der positive Ausfall der
Wassermannschen Reaktion bedeutet nicht not¬
wendigerweise, daß eine gleichzeitig bestehende
innere Organerkrankung syphilitischer Natur sein
muß. 2. Das Bestehen einer chronischen syphi¬
litischen Infektion, wie sie durch den positiven
Ausfall der Wassermannschen Reaktion mani¬
festiert wird, gewährt keinerlei Schutz gegen
irgendeine andere organische oder infektiöse Er¬
krankung. 3. Die Anwendung von Salvarsan
kann die Wassermannsche Reaktion negativ
machen, ohne die Krankheitserscheinungen gün¬
stig zu beeinflussen. Zinsser (Köln).
298. The abortive treatment of Syphilis;
by Howard Morrow. (Calif. State Journ. of
Med. 1912. S. 369.)
M. empfiehlt zur abortiven Behandlung der
Syphilis: Exzision des Primäraffekts, wenn die
benachbarten Drüsen noch nicht stark infiltriert
sind; intravenöse Injektion von 0,45—0,6 Salvar¬
san, sobald die Diagnose gestellt ist; Wiederholung
der Injektion nach einer Woche, wenn Sekundär¬
erscheinungen aufgetreten sind; daran an¬
schließend Hg-Kur. Er spricht von Heilung, wenn
nach der Behandlung ein Jahr ohne Erschei¬
nungen und mit wiederholt negativer Wasser¬
mannscher Reaktion verstrichen ist.
M. führt 9 Fälle an, vou denen er annimmt,
daß die Frühbehandlung dor Syphilis Einhalt ge¬
tan hat. Zinsser (Köln).
299. On the treatment of Syphilis; by
D’Arcy Power. (Brit. med. Journ. 1912.
S. 1418.)
Eine Empfehlung der kombinierten Behand¬
lung der Syphilis mit Hg und Salvarsan.
Zinsser (Köln).
300. Salvarsan vs. mercury; by Victor
Vecki. (Calif. State Journ. of Med. 1912. S. 371.)
V. publiziert Erfahrungen, die er an 08 mit
Salvarsan behandelten Patienten gemacht hat. Er
tritt für die Kombination mit Hg ein und möchte
kcinenfalls auf Hg verzichten. Zinsser (Köln).
301. The fallibility of salvarsan; by Leon
Joseph Roth. (Calif. State Journ. of Med.
1912. S. 372.)
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89
XVI. Hygiene.
Obwohl das Salvarsan iu manchen Fallen
überraschend gute Erfolge gibt, obwohl es sogar
in manchen Fällen das Hg in der Raschheit seiner
Wirkung übertrifft, so ist doch seine dauernd
heilende Wirkung noch nicht erwiesen und sind
Rückfälle nach einfachen und wiederholten In¬
jektionen beobachtet worden. Auch die abortive
Wirkung ist nicht sicher. Jedenfalls sollte
iu allen Fällen neben der Anwendung von
Salvarsan die chronische intermittierende Queck¬
silberbehandlung ebenfalls eingeleitet werden.
Es besteht die Gefahr, daß das Publikum sich von
der Wirkung des Salvarsans zu viel verspricht.
Z i n s s e r (Köln).
XVI. Hygiene.
302. On the presence of bacteria in
fresh eggs; by Rosenberger. (New York
med. Joum. 1912. H. 19. S. 981.)
Frische Eier sind meistens steril; findet man
Bakterien im Inhalt der Hühnereier, so sind es
Koli-Bazillen, welche durch Manipulationen beim
öffnen der Schale in die Eier gelangt sind. Ein
äußerlich reines Ei bleibt frisch und steril im
Eisschrank mindestens zehn Monate lang.
Seitz (Bonn).
303. Sur la Ventilation des logements
ouvriers (rapport präsente ä la Commission
mädicale locale); par Ch. Nandts. (Belg.
m6d. 1912. H. 19. S. 327.)
N. stellt die Forderung auf, daß in jeder
Arbeiter- oder Bürgerwohnung der Kubikinhalt
Luft für einen Erwachsenen mindestens 15 cbm,
für jedes Kind mindestens 5 cbm, abgerechnet den
durch die Möbel eingenommenen Raum, betragen
müsse. Jedes Zimmer muß zwei Fenster oder
wenigstens ein Fenster und eine Tür haben, die
sich nach dem Freien öffnen. Die Größe eines
Fensters muß mindestens 1 qm für 30 cbm
Zimmerinhalt betragen. Es ist nicht empfehlens¬
wert, Betten in Zimmern aufzustellen, die als
Küche oder Arbeitsstube dienen.
Koenigsfeld (Breslau).
304. Über die Häufigkeit der Bleivergif¬
tung unter den Feilenhauern in Wien; von
Alfred Arnstein, (österr. Sanitätsw. 1912.
Nr. 18.)
Gelegentlich eines Ausstandes der Feilenhauer
wegen Lohndifferenzen bot sich A. im Oktober
1911 Gelegenheit, sich durch genaue Untersuchung
über das Vorhandensein von Symptomen der
Bleivergiftung bei den Feilenhauern zu orien¬
tieren. Für die Untersuchung kamen 78 Feilen¬
hauergehilfen aus 33 Betrieben in Betracht, eine
Zahl, die ungefähr die Gesamtzahl der Feilen¬
hauer Wiens erreicht. Es ergab sich, daß bei
19 Arbeitern, die auf bleifreien Unterlagen ar¬
beiten, keine sichere Bleivergiftung festzustellen
war. Bei 41 Arbeitern, die Bleilegierungon (Blei-
Zinn, Blei-Antimon) als Unterlage benutzen,
konnte viermal, bei 18 Arbeitern, die auf reinem
Blei hauen, einmal sichere Bleivergiftung fest-
gestelt werden. Außerdem waren 8 Arbeiter mit
suspekter Gingiva auf Bleivergiftung verdächtig.
Es wurden also 5 sichere Fälle von Saturnismus
Schmidts Jahrb. Bd. 317. II. 1.
j festgestellt, was bei einer Gesamtzahl von 78 un¬
gefähr 6*/a°/ 0 entspricht.
Aus der weiter beigefügten Tabelle über die
in den Jahren 1908—1911 von Teleky behan-
j delten Feilenhauer geht hervor, daß von der Ge-
I samtzahl 46 der behandelten Feilenhauer 21 an
I Saturnismus erkrankt waren und 16 Erschei¬
nungon boten, die vielleicht auf chronische Blei-
; Vergiftung zurückgeführt worden können (sus-
, pektes Zahnfleisch). Im allgemeinen scheinen die
Bleivergiftungen in Wien seit 1902 in Abnahme
begriffen zu sein.
Zur gründlicheren Bekämpfung der aber
immer noch releativ häufigen Berufskrankheit
| scheint A. vor allem der Übergang von der Hand-
zur Mischinenarbeit wünschenswert und die Ab¬
schaffung reiner Blei- oder bleihaltiger Unter¬
lagen beim Hauen von Feilen und der Ersatz
durch bleifreie Motalle erforderlich.
Koenigsfeld (Breslau).
305. Über die Zunahme des Fettes in
aufbewahrtem Weichkäse und Fleisch mit
Rücksicht auf die Frage der Leichenwachs¬
bildung; von Q. Schütze. (Arch. f. Hyg.
Bd. 76. S. 116. 1912.)
Die Ansichten darüber, ob das Leichenwachs
neugebildetes oder schon präformiertes Fett sei,
waren geteilt. Lehmann und bald darauf
V o i t gelang es zuerst, eine Vermehrung der
höheren Fettsäuren im Fleisch, das sie in fließen¬
dem Wasser, bzw. unter Kalkmilch aufbewahrton,
zu erhalten. Sch. prüfte nochmals nach, ob und
unter welchen Umständen und bis zu welchem
Grade eine Vermehrung der nicht flüchtigen Fett¬
säuren in aufbewahrtem Fleisch und Käse zu
erhalten war. Er fand, daß eine Fettvermehrung
in faulendem Fleisch auftreten kann, daß sie aber
wegen ihrer Kleinheit wohl nur eine Nebenrolle
bei der Lcichenwachsbildung spielt. Sch. hält es
für wahrscheinlicher, daß die großen Fettmengen
der Leichenwachsleichen in erster Linie aus dem
präformierten Fett entstammen. Ob die Ursache
der bei der Fäulnis aus den Muskeln stattfinden-
don Fettbildung in Bakterien- oder Fermenttätig¬
keit zu suchen ist, läßt sich nicht mit Sicherheit
entscheiden, doch spricht vieles für die Not¬
wendigkeit der Anwesenheit von Bakterien bei
dem Prozeß.
Beim Aufbewahren von Quarkkäse nehmen
ebenfalls die höheren Fettsäuren im Anfang zu.
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90
XVII. Gerichtliche Medizin.
Sowohl bei Fleisch wie bei Quark tritt später eine
Abnahme der Menge der nicht flüchtigen Fett¬
säuren auf. Koenigsfeld (Breslau).
306. The result of the past two years’
work in the study of tropical sunlight; bv
P. C. Freer. (Philipp. Journ. of med. Sc. Bd. 7.
Nr. 1. S. 1. 1912.)
Das Klima auf den Philippinen ist für den
Weißen, der sich zu schützen versteht, durchaus
nicht unzuträglich, da die umgebende See alle
Extreme in der Temperatur mildert. Eine große
Anzahl von Tagen zeigen bedeckten Himmel. Es
ist nur nötig, an den heißesten Tagen den Schatten
aufzusuclien, um nicht die schädlichen Wirkungen
der Bestrahlung zu erfahren. Truppen auf dem
Marsch sollen an heißen Tagen tropisch gekleidet
sein. Unangenehme Wirkungen hat hauptsäch¬
lich der schnelle Wasservorlust des Körpers, auf
dessen Ersatz man stets bedacht sein muß. Zwei
Feldflaschen mit Getränk genügen nicht für
Mann und Tag. Die Nächte bringen auf den
Philippinen gewöhnlich genügende Abkühlung, so
daß die Ausstrahlung von Hitze aus dem Erd¬
boden nachts keine große Rolle spielt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
XVII. Gerichtliche Medizin.
307. La röaetion de Wassermann en
m6decine legale; par G. Thibierge et
R. J. WeiBsenbach. (Ann. d’Hyg. Bd. 17.
Nr. 2. S. 81. 1912.)
Th. u. W. besprechen eingehend die Geschichte
und die Bedeutung der Wassermannschen Re¬
aktion und empfehlen ihre Anwendung für die
gerichtliche Medizin bei nötiger Kritik.
Walz (Stuttgart).
308. Un voyage mddico-ldgal en Alle-
magne, Autriche, Dänemark; par T hoi not.
(Ann. d’Hyg. Mars 1912. S. 161.)
Der Verfasser, Inhaber des Lehrstuhles für
gerichtliche Medizin in Paris, unternahm eino
Studienreise, um die Institute für gerichtliche
Medizin in Deutschland, Österreich-Ungarn und
Dänemark zu besichtigon, bevor das entsprechende
Pariser Institut, die Morgue, einem Neubau unter¬
worfen wird. Er berichtet ausführlich über die
gewonnenen Eindrücke. Über die deutschen Ver¬
hältnisse spricht er sich lobend aus, betont die
Güte der Einrichtung, daß der gerichtliche Medi¬
ziner der Universität auch gleichzeitig der Sach¬
verständige vor Gericht ist und hat Worte der
großen Verwunderung, daß die gerichtliche Medi¬
zin in Deutschland nur ein Extraordinariat und
nicht Prüfungsfach ist. Interessenten werden die
Arbeit mit großem Vergnügen lesen.
Nippe (Königsberg).
309. Examen des taches de möconium
en mödicine lögale; par Dervieux. (Ann.
d’Hyg. Mars 1912. S. 213.)
D. u. L. bringen in einer längeren Abhandlung
nichts wesentlich Neues in dor Frage der Meko-
niumuntersuchung zu gerichtsärztlichen Zwecken,
die Arbeit ist aber eine fleißigo Zusammenstellung
des bis jetzt Bekannten und ihre Systematik ge¬
währt einen guten Überblick über das bei der
Untersuchung Erreichbare und lehrt Fehlschlüsse
vermeiden. Einleitend wird die Definition des
Begriffes Mekonium, dessen Bildung, mikro¬
skopische und chemische Zusammensetzung be¬
sprochen.
Ein Beispiel bringt dann die forensische
Wichtigkeit des Mekoniums. Es gelang nach-
zuwoisen in einem Fallo, wo nur Blut- und
Mokoniumflecke vorhanden waren, daß ein min¬
destens nahezu lebensfähiges Kind heimlich hätte
geboren sein müssen. Nach weiterem Besprechen
dos Charakters der Mekoniumflecke und ihr Vor¬
kommen, wird die Methodik ihrer Untersuchung
abgehandelt. 1. Die chemischen Untcrsuchungs-
metlioden (Quellung im sich färbenden Wasser),
die Eiweißproben, Gmelinsche, Pettcnkofcrsche
und dio Cholestcrinreaktion usw. 2. Das spektro¬
skopische Verhalten gibt keine charakteristischen
Aufschlüsse. 3. Die mikroskopische Untersuchung
ist noch am ehesten in Verbindung mit 4. der
Präzipitinreaktion geeignet, Aufschlüsse zu ge¬
währen. D. u. L. geben aber selbst zu, den Be-
I weis der Spezifität auf Mekonium nicht erbracht
i zu haben. Desgleichen versagte 5. völlig die
: anaphylaktische Untersuchungsmethode.
Nippe (Königsberg).
310. Effet des catastrophes sur le
systöme nerveux; von Eduard Stierlin.
(Ann. d’Hyg. July 1912. S. 24.)
St-B. bringt Krankengeschichten von akuten und
chronischen Psychosen anschließend an elementare
Katastrophen. Berücksichtigt sind das Erdbeben von
Valparaiso 1906, das von Messina 1908. die Gruben¬
unglücke von Courrieres 1906 und von Radbod 1908,
dns Eisenbahnunglück in Müllheim 1911 und der Brücken¬
einsturz zu Brail (Schweiz). Nippe (Königsberg).
311. Weitere Untersuchungen über die
forensische Bedeutung der Spektroskopie
und Spektrophotographie im violetten Teil
des Spektrums; von Ziemke. (Vierteljahrsschr.
f. ger. Med. Bd. 43. II. 2. S. 24. 1912.)
Z. hat seine Studien über die Absorptions-
streifen von dünnen Blutlösungen im violetten
! Teil des Spektrums fortgesetzt. Er bediente sich
dabei u. a. des einfachen Bürkerschen Vergleich-
spektroskopes, des für den Praktiker in Frage
kommenden Apparates, der auch gute Photo-
giamme der Spektren gostattet. Die in Frage
kommenden Absorptionsstreifen liegen in der
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XVII. Gerichtliche Medizin.
91
Hauptsache zwischen den Fraunhoforschen Linien
G und K. Z. kommt zu folgenden Resultaten:
Die Violettstreifen der Blutderivato sind ihrer
Lago nach so charakteristisch, daß sio sich zum
Blutnachweis in forensischen Fällen benutzen
lassen. Ihr diagnostischer Wert liegt besonders
darin, daß sie noch in sehr hohen Verdünnungen
mit dem Auge oder auf der photographischen
Platte wahrgenommen werden können. Man wird
ihre Darstellung daher zur Sicherung der Blut¬
diagnose in Fällen versuchen, wo im sichtbaren
Teil dc9 Spektrums keine oder nur schwache
Lichtabsorption gefunden wird.
Der Kohlenoxydhämoglobin-, der Zyanhamo-
chromogen- und der Hämochromogenstrcifen
eignen sich unter den Violettstreifen des Blutes
am besten zum Nachweis des Blutfarbstoffes in
Blutspuren.
Einzelheiten über die Apparatur und Technik,
sowie über die Vermeidung von Fehlerquellen
müssen im Original nachgelesen werden.
Nippe (Königsberg).
312. Gefrierpunktsbestimmungen am
menschlichen Gehirn; von Bohne. (Viertel¬
jahrsehr. f. ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 18. 1912.1
B. hat nach Rcvonstorfs Vorschlag und
Arbeiten fortlaufende Gefrierpunktsbestimmungeil
an Gehirnen unternommen, um durch die Unter¬
schiede der Gofrierpunktserniedrigungen einen
Rückschluß auf das Alter der Leiche zu erhalten.
Er bediente sich des Beckmannschen Apparates.
Die Gefrierpunktscrniodrigung (a) schwankt bei
frischen Gehirnen zwischen 0,58° und 0,92°. Bei
niedrigen Temperaturen kann die Grenze für die
Versuchsfehler sehr beträchtlich sein. B. ist selbst
der Meinung, daß die Methode bis jetzt nur
wissenschaftliches Interesse verdient.
Nippe (Königsberg).
313. Die Bedeutung der physikalischen
Chemie für die gerichtliche Medizin; von
Zangger. (Vierteljahrsehr. f. ger. Med. Bd. 43.
H. 2. S. 3. 1912.)
Z. bespricht die Bedeutung der physikalischen
Chemie für die gerichtliche Medizin für folgende
3 Abschnitte:
1. Kritik und Verbesserung der bestehenden analy¬
tischen üntersuchungsmethoden.
2- Die Anwendung der Üntersuchungsmethoden der
physikalischen Chemie zu speziellen gerichtlichen-medi-
zinischen Zwecken.
3. Verwendung der physikalisch und pliysikalisch-
chemischcn Denkmothodik bei der Behandlung gericht¬
lich-medizinischer Probleme.
Insbesondere werden die Mothodcn zur Be¬
stimmung der Gesamtkonzentration von gelösten
Stoffen besprochen: die Bestimmung des osmoti¬
schen Druckes, die Gefrierpunktdepression, die
Erniedrigung der Dampfspannung. Weiter die
Methoden, welche die Farbe, die Spektralabsorp¬
tion und das Brechungsvermögen verwenden.
schließlich die elektrischen Eigenschaften der
Flüssigkeiten und Lösungon.
Z. belegt alle diese Vorgänge mit Beispielen.
Nippe (Königsberg).
314. Recherches experimentales per
l’origine du ralentissement des pulsations
cardiaques dans la pendaison; par Welsch.
■ (Arch. int. de Mod. July 1912.)
W. stellte Tierexperimente an, um die Ur¬
sachen der Verminderung der Pulsschlägo beim
Eihängungstode zu erforschen.
Er benutzte Kaninchen und Hunde und ging so vor
Unterbindung der Trachea und einer Karotis. Tracheal¬
kanüle um die Atmung zu registrieren. Durchschneiden
der präparierten Karotis. Einsetzen von Kanülen im zen¬
tralen und peripheren Ende, um den Druck registrieren
zu können, einmal den im Kürpergefiißsy stem und dann
den im Gebiet de> Circulus Willisii. Die Registrierung
! erfolgte mit der Ludwig'scheu Trommel mittels Queck-
silbermanometer. Die Abschnürung wurde vorgenommen
mittels eines Griffes, der die lose Schlinge durch Um-
drelicn anzog. W. kommt dabei zu folgenden Schlüssen:
Das asphyktisehe (CO.,) Flut erregt das vaso¬
motorische Zentrum, bewirkt dadurch eine Steige¬
rung des allgemeinen Blutdruckes, deren Wirkung
sich auch fühlbar macht auf den intrakraniellen
Blutdruck, die Abschnürung verursacht also eine
Druckerhöhung im Gobiet des Schiidols. Dieser
erhöhte Gehirndruck verursacht eine Reizung dos
Vaguszentrunis und damit sekundär eine Ver¬
minderung der Herzschläge. Diese Verminderung
geht den Erscheinungen der Asphyxie voraus.
Vv. bestätigt also die Theorie von F r a n c k, daß
das Vaguszentrum nur erregt wird, wenn der all¬
gemeine, also auch der Gehirndruck steigt. Eine
reflektorische Erregung des Vaguszentrums im
Sinne von Kochmann, Eyster und Hook er
kann er nicht bestätigen.
Blieb der Gehimdruek unter dem normalen,
wurde zuweilen eine Beschleunigung der Puls¬
schlägo beobachtet. Nippe (Königsberg).
315. Zur Erklärung des sog. „Brand¬
saum es“ ; von P. E r ä n c k e 1. (Vierteljahrsschr.
f. vor. Med. 1912. H. 2. S. 339.)
F. kommt auf Grund von Leichennahschüssen
mit der Browningpistole und nicht sengondem
Nitropulver zu dem Ergebnis, daß der sogenannte
Brandsaum besser als „Vertrocknungshof“ zu be¬
zeichnen sei, der weniger durch die Pulverflamme
als durch den Druck des Gas- oder Pulverkegels
herrühre. (Ref. sah bei einem Nahschuß durch
das Hemd hindurch eine solche ringförmige Ver-
j trocknung um die Einschußstclle der Haut. Das
Hemd hat sicherlich die Flamme abgehalton,
während die groben Poren dem kegelförmigen
■ Druck der Gase Durchlaß gewährten.)
Nippe (Königsberg).
316. Spontane und traumatische Aorten-
zerreißungen ; von P. Fränckel. (Viertel¬
jahrsschr. f. ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 324.
1912.)
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92
XVIII. Militärmedizin. Armeekrankheiten.
F. beschreibt pathologisch-anatomisch zwei
plötzliche Todesfälle durch Aortenruptur bei kon¬
genitaler Isthmusstenose resp. Obliteration. Die
Isthmusverengerung wird dabei für den vor¬
zeitigen Tod verantwortlich gemacht. In recht¬
licher Beziehung kann die Isthmus3tenose noch
wichtig sein zur Erklärung des plötzlichen Todes
bei Neugeborenen. Weiter werden noch zwei
XVIII. Militärmedizin
317. Vorläufiger Jahreskrankenrapport
über die K. Preuö. Armee. Das XII. und.
XIX. (K. Sachs.) und das XIII. (K. Württ.) Armee¬
korps für das Rapportjahr 1. Oktober 1910 bis
30. September 1911. (D. militärärztl. Zeitschr.
Bd. 41. H. 6. S. 219. 1912.)
Der Gesamtkrankonzug — 581,1°/®« der Kopf¬
stärke — ist gegen 1909/10 (563,8 ®/oo K.) um
25,3 °/ 0 gestiegen. An der Zunahme haben be¬
sonders Anteil die Infektionskrankheiten und
Allgemeinerkrankungen, die Krankheiten der
Atmungs- und Ernährungsorgane. 720 Mann =
1,5% 0 der Behandelten sind gestorben (1909/10:
l>9°/oo)n davon durch Krankheit 633 = l,3 0 /oo,
durch Unglücksfall 54 = 0,ll°/oo. durch Selbst¬
mord 83 = 0,07 ®/oo; außerhalb militärärzlicher
Behandlung verlor die Armee durch Krankheit
23. durch Unglücksfall 122, durch Selbstmord
206 Mann. Die Gesamtzahl aller Todesfälle be¬
trug l,9°/oo K. Zur Entlassung aus dem aktiven
Dienst kamen insgesamt 22 314 Mann, darunter
13 363 Mann wegen Leiden, welche nachweislich
bereits vor der Einstellung bestanden haben.
Widenmann (Danzig).
318. Sanitätsstatistischer Bericht des K.
und K. Heeres für das Jahr 1910; von Myr-
dacz. (Militärarzt Bd. 46. Nr. 14. S. 202. 1912.)
Seit einer Reihe von Jahren ist die Morbidität
des österreichisch-ungarischen Heeres im Steigen
begriffen, 1903 betrug sie 608,6 °/ 00 K., 1910
823,2°/oo K.; die Mortalität hat dabei etwas ab-
genommon, im Quinquonnium 1903—1907 betrug
sie 2,27°/oo K„ 1908—1910 2,04°/ oo K. Die Zu¬
nahme des Krankenzugangs betrifft vorzugsweise
leichtere, massenhaft auftretende Erkrankungen
(Hautkrankheiten, Anginen, Magenkatarrhe), so
daß der Verlust an Diensttagen fast genau gleich
gebliebon ist (18 Tago) und die durchschnittliche
Behandlungsdauer von 16,9 auf 14,9 Tage ab¬
genommen hat. M. meint, daß die Bekämpfung
der leichteren Krankheiten durch Zusammen¬
wirken von Trupponarzt und Truppenbefohlshaber
mit größerem Nachdruck betrieben werden müsse.
Widenmann (Danzig).
319. Bemerkungen über einige Infektions¬
krankheiten, die in Lybien vom Tage der
Okkupation an bis heute geherrscht haben;
von C. Stör za. (Ministerialbl. f. Medizinalange-
legenheiten 28. Aug. 1912. Nr. 35.)
Fälle von Aortenruptur ohne Isthmusverengerung
besprochen, einer verlief sogleich tödlich, der
andere kam nach Ausbildung eines Aneurysma
dissecans nach 4 1 /, Monaten zum Exitus durch
Durchbruch des Aneurysmas in den rechten
Brustfellraum, wobei der gewaltige, schließlich
3 Liter fassende Hämothorax mehrere Tage be¬
standen hatte. Nippe (Königsberg).
Armeekrankheiten.
Die Cholera herrschte in der ersten Hälfte des
Winters 1911/12. Als Infektionsträger dienten
hauptsächlich Fliegen, welche von den Ent¬
leerungen der Kranken in der Oase die Keime
auf Datteln übertrugen, was sich experimentell
nachweisen ließ. Auf in Tripolis gekauften
Datteln fanden sich Keime. Auch in einigen
Brunnen der Oase wurden Choleravibrionen fest-
gestellt. — Malaria, im wesentlichen tertiana und
tropica, trat vom November 1911 bis Januar 1912
in der Stadt und in der Oase epidemisch auf.
Trotz eifrigen Nachforschens gelang es nirgends,
Anopheles aufzufinden. Unter den Mückenlarven
der Brunnen und Zisternen herrschte die Stego-
myia vor. — Typhus abdominalis trat schwerer
als in Italien auf und war häufig mit Malaria
kompliziert. Von Typhus exanthematicus wurden
etwa 30 Fälle beobachtet. Die Übertragung er¬
folgte wahrscheinlich durch Läuse. Recurrens
wurde unter den Soldaten 35mal nachgewiesen.
Sehr wahrscheinlich wird die Krankheit durch
Mücken, Flöhe und andere Insekten übertragen.
Atoxyl und Salvarsan haben sich gegen sie sehr
bewährt. Gallia übertrug die Krankheit mit Er¬
folg auf Hausmäuse und erzielte mit Blutserum
von Geheilten die Agglutination beweglicher
Spirillen. — Trachom ist unter den Eingeborenen
allgemein verbreitet. Bei der Übertragung spielen
die Fliegen die größte Rolle. — In den chronischen
Beingeschwüren der erythräischen Askari fanden
sich Spirochäten noch nicht näher bekannter
Art. — In der Cyrenaika kommt die Lepra (macu¬
losa, mutilans und nervosa) vor, hauptsächlich
bei Arabern, worüber Dr. Aldo M e i eine Mono¬
graphie 191t herausgegeben hat.
Widenmann (Danzig).
320. Über Erkrankungen der Kommando¬
stimme; von Zumsteeg. (D. militärärztl.
Zeitechr. Bd. 41. Nr. 2. S. 41. 1912.)
Bei jüngeren Offizieren treten durch die An¬
strengung des Kommandierens nicht selten Kehl¬
kopfkatarrhe auf, deren geringer objektiver Grad
in auffälligem Mißverhältnis zu den subjektiven
Beschwerden, zu ihrer Hartnäckigkeit bei der
üblichen lokalen Behandlung und der Neigung
zum Rezidivieren steht. Diese „Kommandier¬
schwäche“ ist- eine Störung der Funktion. Nor¬
malerweise liegt die Ruf- oder Kommandostimme
eine Oktave höher als die durchschnittliche Lage
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Lewand owsky. — Bruhn.
9B
(zwischen A und e) der männlichen Sprech-
itimme. Am häufigsten findet man bei den Stö¬
rungen der Kommandostimme eine zu hohe
Kommandierstimmlage. Da die Stimme um so
weiter vernehmlich klingt, je höher sie ist, wird
beim Kommandieren eine abnorm hohe Stimm¬
lage angewendet, d. h. die Spannkraft der Stimm¬
lippenschließer und die Intensität der Anblase¬
kraft abnorm gesteigert. Dies führt zur Über¬
anstrengung und Ermüdung und zur Hyperämio
des Larynxinneren, schließlich zur Lähmung der
Schließmuskeln und zu perverser Aktion der
Stimmlippen. In vielen Fällen kommt es so zur
„hysterischen“ oder „spastischen“ Aphonie.
Die Therapio muß darauf hinzielen, die Reize
auszuschalten und bei mehrwöchiger Stimmruhe
die gestörte Koordination der Kehlkopfmuskulatur
durch neue zu ersetzen, die Stimme zum mühe¬
losen Sprechen in ihren tieferen Lagen zu bringen.
Dazu dienen tiefe Atemübungen (Schreber,
Verlängerung der Ausatmung) und Stimmübun¬
gen mit Faradisation und Vibrationsmassage.
Damit gelingt es in unkomplizierten Fällen in
einigen Wochen die Sprechstimme und Kom¬
mandostimme auf die erforderliche Lage herab¬
zusetzen und widerstandsfähig zu machen. Für
ein „normales“ Kommandieren muß als Regel ge¬
fordert werden: tiefes Inspirieron vor dem Kom¬
mando, weicher Stimmeinsatz und Komman¬
dieren in einer Stimmhöhe, welche nicht zu Un¬
lustgefühl führt. Widenmann (Danzig).
G Bücherbesprechungen.
1. Praktische Neurologie für Ärzte; von Mi.
Lewandowsky. Berlin 1912. J.Springer.
300 S. (Geb. 7 Mk. 60 Pf.)
Der durch seine unermüdliche literarische
Tätigkeit bekannte Berliner Neurologe hat in
seinem Bestreben, quantitativ und qualitativ
Neues zu schaffen, eine Einengung seiner wissen¬
schaftlichen und praktischen Anschauungen in
einem nur 300 Seiten starken Buche niodergolegt
mit folgenden eigenartigen Zielen: Das Buch ist
für den Praktiker geschrieben; es will ihm die
Möglichkeit und Fähigkeit, nervenärztlich zu wir¬
ken, nicht nur belassen, sondern sie noch ver¬
stärken, indem es ihm die geltenden Grundzüge
dieser Disziplin, insebesondere die Diagnostik und
die therapeutischen Indikationen der typischen
Krankheitsbilder, darstellt; in dem L.schen Werke
sind also der Oberbau einer ins speziellste auf¬
steigenden Diagnostik, ebenso die Wiederholungen
alter obsoleter Therapie, zu denen L die Anwen¬
dung der Elektrizität rechnet, ausgeschlossen;
man kennt diesen Standpunkt L.s aus den geist¬
vollen Aufsätzen (Therap. Monatsh. 1909 Mai-
Juni-Heft). Durch diese Beschränkung auf das
Wesentliche und den praktischen Arzt Inter¬
essierende, sowie durch den starken subjektiven
Reiz der Darstellung und durch die Konsequenz
seiner Kritik unterscheidet sich das L.sche
tftmdbuch z. B. von dem in seiner Art umfassen¬
deren, aber auch mehr für den Spezialisten ge¬
schriebenen H. 0ppenheim8chen ZeArbuch der
Nervenkrankheiten; auch die Einteilung des
Stoffes ist subjektiver. So beginnt L. mit der¬
jenigen Frage, die über das Schicksal des Nerven¬
kranken überhaupt entscheidet, mit dem Unter¬
schied zwischen organisch und funktionell; Tabes,
Paralyse und Lues cerebrospinalis werden unter
syphilogonen Nervenkrankheiten zusammengefaßt,
auch ihre Therapie gemeinsam behandelt; ebenso
umfassen die Psychoneurosen: Neurasthenie, ner¬
vöse Organstörungen, Zwangsvorstellungen, Hyste¬
rie, traumatische Nourose. Das Psychogene ist
boi L. Trumpf, a. a. 0. wies Ref. auf die
0. Külpesche Forderung, daß die Psychologie
als Lehr- und Prüfungsgegenstand in der ärzt¬
lichen Vorprüfung Einzug halten solle, hin; dio
Fleinereche Darstellung des Körperlichen — See¬
lischen in der Diagnose und Behandlung („Jahres¬
kurse für ärztliche Fortbildung“ März 1911), die
Veraguthsche Bearbeitung der „Neurasthenie“
(vergL meine Besprechung in der „Ther. d.
Gegenw." Sept. 1010) ziehen in gleichen Bahnen;
ein geistvoller Berliner Kliniker eröffnete die
„Ergebnisse der inneren Medizin und Kinder¬
heilkunde“ (J. Springer 1908) mit einem leider
wenig beachteten Aufsatz „Uber die Abhängig¬
keitsverhältnisse zwischen Seele und Körper in
Fragen der inneren Medizin“; schon die Durch¬
arbeit der riesigen Literatur hätte den gleichen
Autor vor dem mit Unrecht seinerzeit erhobenen
Vorwurf der Unselbständigkeit schützen müssen;
kürzlich wurde sogar das Salvarsanfieber als
möglicherweise psychogen gedeutet (A. Bin ge 1,
Ther. d. Gegenw. Juli-Heft 1912). Auf diese auch
bei L. vorwiegende „Psychoprävalenz“ möge also
hin gewiesen sein; das Lache Buch wird seinen
Weg machen; ein bekanntes Zola-Wort etwas um¬
prägend, könnte man jenes: „die Neurologie ge¬
sehen und geschildert durch ein Temperament“
bezeichnen. Laquer (Wiesbaden).
2. Jahresbericht (32) des Krankenhauses
Sabbatsberg in Stockholm über das
Jahr 1910.
Einige Bemerkungen über die Exaktheit der
klinischen Blutdruckmessungen nebst Beschreibung
eines Sphygmomanometers; von M. Bruhn.
Nach einer Übersicht über den bisherigen Stand der
systolischen und diastolischen Blutdruckmessung am
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Forsnorr. Holmgren. Ehrenberg. Johansson. — Weyl. — Nitzeinadel.
Arteriensystem beschreibt B. eine von ihm vorgenommene
Modifikation am Instrumentarium. Er hat dio v. Reck-
linghausensche Manchette beibehalten, ersetzt aber das
Gebläse durch eine Art von VelozipeUIuftpuinpe, die
mit dem Fuße gehalten und mit der rechten Hand in
Bewegung gesetzt wird. Der Vorteil ist der, daß die
linke Hand für kontinuierliche Pulsbetastung frei bleibt.
Der systolische Druck wird in der üblichen Weise an
einer Manometerskala bestimmt; der diastolische Druck
wird durch diejenige Höhe der Skala angegeben, wo
dio vorher oszillierende Quecksilbersäule eben zur Ruhe
kommt oder nur noch schwache Meniskusschwankungen
zeigt (4 Abbildungen).
Der ganze Apparat ist leicht und sicher zu ver¬
packen. Er kann für 55 Kronen von A. Stille in Stock¬
holm bezogen werden.
Die sogenannten chronischen Endometriten und
ihre Behandlung; von Hjalmar Forsnerr.
F. hält dio chronische Endometritis nicht für ein
einheitliches umschriebenes Xrankheitsbild, sondern für
einen Syinptomenkomplex, in dem Ausfluß und Blutungen
die Hauptrolle spielen. Er wendet sich gegen die schema¬
tische Auskratzung. Letztere hat vor allem diagnosti¬
schen Zweck, um zu sehen, welches Grundleiden vor¬
liegt. Hierzu genügt schon eine geringo Menge Materials.
Therapeutischen Zweck hat die Auskratzung nur dann,
wenn tatsächlich eine Hypertrophie der Schleimhaut
besteht. Im übrigen empfiehlt F. da, wo nicht ein
schweres Grundleiden einen operativen Eingriff nötig
macht, im wesentlichen eine hygienisch-diätetische All¬
gemein behandlung.
Über die Untersuehungsmethoden und die kli¬
nischen Erscheinungen bei den durch eiterige Mittel¬
ohrentzündungen hervorgerufenen Labyrinthaffekr
Honen; von Gunnar Holmgren.
Znsammenfa8sende Übersicht über den heutigen
Stand der Diagnostik auf dem in der Überschrift kennt¬
lich gemachten Gebiete.
Über das pcptülspaltende Vermögen des Magen¬
inhalts und über die Unzuverlässigkeit des von
Neubauer und Fischer angegebenen Fermentdia-
gnostikums; von Lennart Ehrenberg.
E. hat, wie schon die Überschrift ausdrükt, mit dem
Neubauer - Fiseherschen Fermen tdiagnostikum (der so¬
genannten Tryptophanprobe) ungünstige Erfahrungen
gemacht. Er führt dies darauf zurück, daß eine ge¬
wisse Azidität des Magensaftes die Peptidspaltung er¬
schwert oder verhindert, während neutrale oder alka¬
lische Reaktion sie begünstigt Ferner darauf, daß bei
nicht karzinomatösen, aber dennoch positiv reagierenden
Fällen (Aehylien und Hypochytien) peptidspaltender
Darmfermente in den Magen gelangt sind.
Zwei seltene milzchirurgische Fälle; von Sven
Johansson. Kind borg (Bonn).
3. Handbuch der Hygiene; von Theodor
Weyl. 2. Auflage. Leipzig 1912. Joh.
Ambrosius Barth.
Die erste Auflage des Werkes hat sich einen
sohr geachteten Namen zu verschaffen gewußt
und es ist deshalb zu begrüßen, daß jetzt, nach¬
dem ca. 8 Jahre seit Erscheinen des letzten
Bandes vergangen sind, Herausgeber und Vorlag
an eine Neu-Auflage herantreton. Wird doch
kaum eine andere Disziplin der medizinischen
Wissenschaft eine so gewaltige Entwicklung er-
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fahren haben, wie die Hygiene. Da der Heraus¬
geber sich als Mitarbeiter hervorragende Spezia¬
listen auf ihren Gebieten gesichert hat, ist wohl
anzunehmen, daß dio neue Auflage des Hand¬
buches seinen Zweck, ein Führer auf dem weiten
Gebieto der Hygiene zu sein, erfüllen wird. Das
auf 8 Bände berechnete Werk wird in Liefe¬
rungen erscheinen, die auch einzeln zu einem
etwas erhöhten Preis käuflich sind. Bis jetzt sind
erschienen:
Handbuch der Schulhygiene; von Leo Burger¬
stein und August Netolitzky. 6. Band.
1. Abteilung. 548 S. (Subskriptionspreis 20 Mi.,
Einzelpreis 25 Mk.)
Das vorliegende Buch behandelt in ausgezeich¬
neter Weise die schulhygienische Wissenschaft,
wobei die Beziehungen der Verfasser es ihnen er¬
möglicht haben, den Gegenstand fast durchweg
international darzustellon. Von Burgerstein
werden in umfassender anschaulicher Form das
Schulgebäude mit seinen Einrichtungen, Internate
und deren Betrieb, Hygiene des Unterrichts, des
Lehrberufs und der Hygieneunterricht beschrieben,
während Netolitzky die körperliche Er¬
ziehung, die Krankheitszustände in ihren Be¬
ziehungen zur Schule und den ärztlichen Dienst in
der Schule übernommen hat. Beim letzten Kapitel
sind die Fortschritte des Schularztwesens in
Deutschland, die in den letzten 10 Jahren ganz
außerordentlich gewesen sind, zu wenig berück¬
sichtigt worden. Die Darstellung ist ungefähr
dieselbe wie bei der ersten Auflage geblieben.
Bedeutung der Lebensmittelpreise für die Er¬
nährung; von Franz Euienburg. Nahrungs¬
mittel; von Albert Stutzer. 193 S. (Sub¬
skriptionspreis 7 Mk. 20 Pf., Einzelpreis 9 Mk.)
Der erste Teil zeigt, welche Bedeutung die
Preise der Waren für die ganze Art der Lebens¬
haltung haben und wie ein Steigen der Lebens¬
mittelpreise bei gleichbleibendem Einkommen
ausgeglichen werden kann. In den ersten beiden
Kapiteln werden die indirekten und direkten
Methoden zur Erfassung der Bedeutung der
Preise auf die Ernährung behandelt, das dritte
Kapitel bringt die ökonomischen Gesetzmäßig¬
keiten, die sich aus den Untersuchungen der
Wirtschaftsrechnungen ergeben, zur Darstellung.
Der zweite Teil enthält eine Zusammen¬
stellung der tierischen und pflanzlichen Nah¬
rungsmittel, der alkoholischen Getränke und der
Genußmittel, die keinen Alkohol haben. Die Be¬
schreibung ist in ausgezeichneter Weise erfolgt,
wie es bei dem bekannten Namen des Verfassers
auf diesem Gebiet zu erwarten war.
Selter (ßonn).
4. Therapeutisches Jahrbuch; zusammen-
geetellt von Ernst Nitzelnadel. 22. Jahr¬
gang. Leipzig und Wien 1912. Franz Deu-
ticke. 336 S. (5 Mk.)
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Buttersack. — Pfaff.
Das Jahrbuch biotet in seiner handlichen Form
für den vielbeschäftigten Praktiker, der keine
Zeit und Gelegenheit hat, aus der Unzahl von
Zeitschriften das für ihn Wissenswerte sich aus¬
zulesen, in kurzer, aber genügender Form die
Fortschritte auf therapeutischem und diagnosti¬
schem Gebiete. Am Schlüsse sind die noueren
Arzneimittel des letzten Jahres, die sich in Kli¬
niken und in der Praxis bewährt haben, über¬
sichtlich zusammengestellt. Hahn (Marburg).
5. Latente Erkrankungen des Grundge¬
webes, insbesondere der serösen Häute;
von F. Buttersack. Stuttgart 1912. Ferd.
Enke. 139 S. (5 ML)
Dies Buch will originell sein und Anregungen
geben. Geht man davon aus, so hält das Buch
das, was es verspricht. B. möchte erreichen, daß
der Arzt und der Patholog den Erkrankungen des
„Grundgewebes“ mehr Aufmerksamkeit schenke,
als er es meistens tut. Das „Bindegewebe“ ist
nicht bloß ein Füllsel, sondern ein lebendiges
Gewebe, das eine Menge der lebenswichtigsten
Funktionen zu erfüllen hat: es ist als Grund¬
gewebe zu bezeichnen. Es erkrankt nicht nur
selbst in seinen verschiedenen Abschnitten; seino
Erkrankung kann auch zur Erkrankung der
„Funktionsschicht“ und der Epithelschicht füh¬
ren. Die serösen Häute sind nur Teile der großen
Grundschicht. Sie erkranken nicht bloß in der
klinisch und anatomisch nachweisbaren akuten
Form, sondern viel häufiger in latenter Form,
die auch klinisch lange Zeit latent bleiben kann.
Es wird dann im einzelnen ausgeführt, welche
Wichtigkeit der Erkrankung der Bindegewobo-
schicht bei Affektionen der Nerven, der Muskeln,
des Zentralnervensystems zukommt; daß der Zu¬
stand des Bindegewebes bei den Affektionon der
Haut viel zu wenig berücksichtigt wird. Ein
Abschnitt über „Trophoneurosen" fällt eigentlich
aus dem Rahmen des Buches: wenn nicht eben
auch hieran demonstriert werden soll, daß es eine j
Reihe von Erkrankungen gibt, deren Entstehung
und Wesen uns eben noch recht unklar ist. Zum
Schluß kommen noch die praktischen Schlu߬
folgerungen: daß die Krankheiten des „Grund¬
gewebes“ (und die „latenten“ natürlich noch
mehr) möglichst energisch zu bekämpfen seien, 1
und daß eine Krankheit noch lange nicht „aus-
geheilt“ ist, wenn sie bloß keine Symptome mehr
macht. Das „Grundgewebe“ ist erfreulicher- i
weise immer nicht bloß „sedes morbi“, sondern
auch „sedes sanitatis“. In jedem Fall ist es daher
angebracht, nicht bloß lokal, sondern noch viel¬
mehr allgemein einzuwirken, um des Grund¬
gewebe des Ganges zu beeinflussen.
B. bringt zu seinen Ausführungon eine un¬
geheure Menge von Zitaten bei, die ganz über¬
wiegend Werken berühmter und vergessener
Autoren entnommen sind. Und da er eine Fülle
Schall und Heisler. 95
guter und geistvoller Aussprüche alter Ärzte
— zumal der französischen Schule um die Wende
des XVIII. und XIX. Jahrhunderts — anführt, so
ist die Lektüre des Buches mindestens anregend.
Aber viel mehr als das nicht. Und die Gefahr
liegt nahe, daß die Diagnose und Tiierapie allzu
sehr im allgemeinen sich verliert, wenn der
„latenten“, sogar klinisch kaum faßbaren Erkran¬
kung soviel Bedeutung zugemessen wird. Und
wenn ein Autor so gut beschlagen in dor Ge¬
schichte der Medizin ist, so möge er doch nicht
vergessen, daß wir die größten Fortschritte in der
gesamten Medizin denen verdanken, die uns ge¬
lehrt haben, die Ursachen und den Sitz der
Krankheiton zu erforschen, dadurch, daß sie uns
die Veränderungen dieser Organe kennen lehrten.
Fischer (Göttingen).
G. Über neuere Fortschritte in der Zahn¬
heilkunde, besondersauf chirurgischem
und orthodontischem Gebiet; von Wil¬
helm Pfaff. l.Teil. Leipzig 1912. Dyksche
Buchh. 84 S. (3 ML 60 Pf.)
Pf. gibt in seiner klaren knappen Darstellungs-
eise einen Überblick über die noueren Methoden
ihnärztlicher Chirurgie: die Brophysehe Opera¬
tion dor Gaumenspalten, die auch P a r t s c h mit
mehrfachem gutem Erfolg bei Säuglingen von
wenigen Wochen vorgenommen, die Wurzel¬
spitzenresektion, die von Part sch zuerst wissen¬
schaftlich begründet und in die moderne konser-
I vierende Zahnheilkunde eingeführt wurde; die
Behandlung des Kieferhöhlenempyems, wie sie
von P a r t s c h und seiner Schule geübt wird,
desgleichen die Behandlung dor Kieferzysten, wie
sie ebenfalls P a r t s c h und Wester ausüben.
Weiterhin werden die modernen Behandlungs¬
methoden einiger Deformitäten, die mit fehler¬
hafter Stellung der Zähne verbunden sind und
schließlich gewisse orthodontische Maßnahmen
bei Kieferluxationen und Kieferbrüchen beschrie¬
ben. Die Fortsetzung der Arbeit ist für Heft 11
der Vorträge aus dem Gebiete der Zahnheilkunde
angekündigt. J a o h n (Breslau).
7. Nahrungsmitteltabelle zur Aufstellung
und Berechnungvon Diätverordnungen;
von H. Schall und A. Heisler. 3. Auflage.
Wilrzburg. Curt Kabitzsch. 56 S. (2 Mk.
70 Pf.)
Die rasche Aufeinanderfolge der Auflagen be¬
weist, daß sich diese durch Vollständigkeit und
übersichtliche Anordnung vor ähnlichen Zu¬
sammenstellungen ausgezeichnete Tabello gut ein¬
geführt hat Die neue Auflage ist durch Ein¬
fügung der neuesten Kochsalz- und Purinkörper¬
analysen auf der erforderlichen Höhe gehalten.
Sehr brauchbar sind auch die Tabellen über
Veränderungen der Nahrungsmittel durch die
Zubereitung und über ungenießbare Abfälle.
Weil (Düsseldorf).
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96
Tubby. — Langemak. — Salzer. — Basch. — Wagner.
8. Deformities including diseases of the
bones and joints. A iext-book of otho-
paedic surgery; by A. H. Tubby. Second
edition, illustrated by 70 plates and 1000 fig.
In 2 Bänden. Bd. 1 : 883 S-, Bd. 2: 867 S.
(45 sh.)
Das Buch ist nur dem Namen nach eine Neu¬
auflage des vor 16 Jahren erschienenen kleinen
Lehrbuches. Das vorliegende Werk ist unzweifel¬
haft die umfassendste Darstellung der ortho¬
pädischen Chirurgie in englischer Sprache, zumal
die Knochen- und Gelenkkrankheiten sehr viel
ausgiebiger berücksichtigt sind, als es in anderen
Lehrbüchern der orthopädischen Chirurgie üblich
ist. Die Darstellung basiert auf reichem Literatur¬
material, wobei auch das Ausland ausgiebig be¬
rücksichtigt wurde. Die operative und Apparat-
Technik dürfte manchenorts eingehender und
zutreffender beschrieben sein. Unter den Illu¬
strationen finden wir neben alten bekannten etwa
400 Originalbilder. Besonders die Röntgentafeln
sind rühmlich hervorzuheben.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
9. Die Arbeitsstätte der Chirurgen und
Orthopäden; von Langemak. Jena 1912.
Gustav Fischer. 189 S. mit 45 Abbildungen.
(5 Mk.)
Ein originelles und wertvolles Büchlein, das
für den angehenden praktischen Arzt wie für den
Spe 2 ialarzt und seine Privatklinik von großem
Nutzen sein wird. Es ist auf Grund eigener lang¬
jähriger Erfahrungen geschrieben, was die hier
gesammelten Ratschläge besonders kostbar macht.
Ich empfehle die Schrift jedt n Kollegen an¬
gelegentlichst, der sich für die allgemeine oder
die Spezialpraxis einrichten will oder eine Privat¬
klinik betreibt. V u 1 p i u s (Heidelberg).
10. Diagnose und Fehldiagnose von Ge¬
hirnerkrankungen aus der Papilla nervi
optici; von Fr. Salzer. München 1911.
J. F. Lehmanns Verlag. 18 S. mit 29 Abbild,
(1 Mk. 50 Pf.)
Die vorwiegend zu didaktischen Zwecken be¬
stimmte vorliegende Schrift bringt zunächst in
20 Abbildungen eine Darstellung aller derjenigen
Veränderungen des Augenhintergrundes, speziell
der Papilla nervi optici, die als angeborene Ab¬
weichungen von der Norm — Abweichungen der
Färbung, der Begrenzung und des Reliefs — an¬
zusprechen sind. Gegenübergestellt sind diesen
Befunden 9 Abbildungen pathologischer oder
zweifelhafter Hintergrundsbilder, die mit den ge¬
nannten kongenitalen Anomalien verwechselt
werden können. Die Schrift wird zur Vermeidung
von Fehldiagnosen wesentlich betragen können.
Mugdan (Freiburg i. B.).
11. Über Ammenwahl und Am menwechsel
vom Standpunkte einer Physiologie und
Pathologie des Milchapparates; von
Karl Basch. (Sonderabdruck aus Praktische
Ergebnisse der Geburtshilfe und Gynäkologie.
Band 4 ) Wiesbaden 1912. J. F. Bergmann.
49 S. (1 Mk. 80 Pf.)
B. gibt im einleitenden physiologischen Teil
eine umfassende Einführung speziell auch in das
experimentelle Gebiet der Laktation, das er selbst
durch seine Arbeiten wesentlich erweitert hat.
Ausgezeichnete Tafeln in großer Anzahl erläutern
den Text. B. gibt sich der Hoffnung hin, daß es
durch Verabreichung von Plazentasekretin in
einzelnen Fällen noch gelingen dürfte, eine
S schwach sezernierende Brustdrüse zu kräftigerer
Sekretion zu veranlassen und dadurch die Zahl
der Stillfähigen zu erhöhen. In bezug auf einen
anatomischen Punkt: die Alternation von Saug-
und Schluckakt, bin ich in anderen Anschauungen
„befangen“. B. schreibt: „Der Saugakt des Kindes
ist weiterhin noch dadurch kompliziert, daß sich
die Saug- und Atemwege des Kindes kreuzen und
daß der an die Saugbewegung mit Notwendigkeit
sich anschließende Schluckakt die Atmung unter¬
bricht.“ Der Kehlkopf dos Säuglings steht viel
höher als der des Kindes bzw. des Erwachsenen.
Mit fortschreitendem Wachstum verlängert sich
der Hals und steigt der Larynx abwärts. Der
hochstehende Kehlkopf ermöglicht aber dem
Säugling gleichzeitig trinken und atmen zu
können, indem der Milchstrom Unks und rechts
neben dem Aditus laryngis in den Ösophagus
hinabflutet. Klotz (Schwerin).
12. Ein weiterer BeitragzurGiaukomfrage;
von W. Wagner. Berlin 1912. S. Karger.
45 S. (1 Mb. 50 Pf.)
W. gibt eine genaue Beschreibung seiner
eigenen Krankengeschichte bei und zeigt, wie bei
ihm eine Iridektomie die Glaukomanfälle kupierte,
aber 23 Jahre später ein akut auftretendes zen¬
trales Skotom zu völliger Erblindung des be¬
treffenden Auges führte. Der Deutung dieser
letzteren Erscheinung als retrobulbäre Neuritis
kann sich Ref. nicht anschließen, da die Tension
auf 105 mm Hg nach S c h i o e t z stieg, also
zweifellos absolutes Glaukom bestand.
Es folgt eine Besprechung verschiedener
Glaukomtheorien und der Fortschritte unserer
Kenntnis dieser Erkrankung. Therapeutisch tritt
\V. warm für die Iridektomie ein, während ihm
Erfahrungen mit den modernen Operations¬
methoden fehlen. Die Arbeit enthält im wesent¬
lichen allgemeine Bemerkungen in einer gewissen
Breite und läßt leider genaue kasuistische Einzel¬
heiten und statistische Belege vermissen.
Cords (Bonn).
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. H. Leo in Bonn. — Hilforadakteur: Priv.-Doz. Dr. C. Bachem in Boom.
A. Maren« & E. Weben Verlag (Dr. jor. Albert Ahn; in Bona. — Druck von Otto Wigand m. b. H. io Leipiig.
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Schmidts Jahrbücher
der
in- und ausländischen gesamten Medizin
Band 317 Februar 1913
A. Originalabhandlungen und Übersichten.
Über den Kohlehydratstoffwechsel.
Von
Dr. Klotz
Kinderarzt und Anstaltsarzt am Kinderheim Lewenberg in Schwerin.
Literaturverzeichnis.
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klin. Med. Bd. 104. S. 168.
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tiere 1890.
4. Escherich. Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 27.
5. Fuhrmann, Vorlesungen über Bakterien-
enzyme. Jena 1907.
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1909. Deuticke.
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Pharm. Bd. 31.
8. Klotz. Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 8
und 9.
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10. Klotz. Med. Klin. 1911. Nr. 24.
11. Klotz. Münchn. Med. Woch. 1911. Nr. 51.
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13. Klotz. Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 68.
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Halle 1912. Marhold.
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22. W e i n 1 a n d , Beiträge zur Frage nach dem
Verhalten des Milchzuckers im Körper, besonders im
Harn. München 1899. Oldenbourg.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
Wenn man noch vor wenigen Jahren gewagt
hätte, der Darmflora für den Ablauf des Kohle-
hydratstoffwechsels eine hervorragende Bedeutung
zuzuschreiben, so wären die Kliniker über diese
Extravaganz lächelnd zur Tagesordnung über-
i gegangen. Obwohl die interne Medizin auch bei
j dem Studium der Pathologie des Darmtraktus den
| Darmbakterien — insonderheit den pathogenen,
darmfremdon — großes Interesse entgegenbrachte,
so wußte man doch mit der normalen, der physio¬
logischen Darmflora wenig anzufangen. Es kann
gewissermaßen als eine Entschuldigung gelten,
daß dio Physiologen mit wenigen Ausnahmen
ebenfalls die Darmflora als Stiefkind ihrer Wissen¬
schaft betrachteten, weil es bisher nicht gelungen
war, exakte Beziehungen zwischen Wirt und Para¬
sit, feinere lebenswichtige Fäden zwischen Darm¬
flora und intermediärem Stoffwechsel aufzudecken.
Die unrichtige Deutung der Nuttall-Thierfelder-
schen (17) Versuche befestigte diese Anschauun¬
gen noch mehr. Dio Bakteriologie aber, welche
mit Hilfe ihrer eminenten technischen Fortschritte
dieses Gobiot durchforschte, erschöpfte sich in
Systematik und Morphologie, bis erst durch
Sehottelius (21) die Kleinarbeit wieder nach
großen Gesichtspunkten orientiert wurde. Daß
die Pädiater schon von jehor der Darmflora eine
bei weitem wichtigere Bedeutung zuwiesen, blieb
außerhalb dieses Faches wenig beachtet und
wurde nicht ontsprochend bowortet. Für den Er¬
wachsenen hatte die Darmflora — abgesehen von
der Zellulosevergärung — ja nicht im entfern¬
testen die Bedeutung wie für den Säugling, dessen
13
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
98
Klotz, Über den Kohlehydratstoffwechsel.
Tropholabilität, d. h. Abhängigkeit von der Quali¬
tät und Quantität der Nahrung, diese große Rück¬
sichtnahme auf die Darmbakterion ohne weiteres
verständlich machte. Zudem bewegton sich die
bakteriologischen Studien der Kinderärzte auch
vornehmlich auf dem Gebiete der pathologischen
Physiologie der Verdauung. Aber gerade diese
Untorsuchungen pathologischer Zustände wiesen
zwingend darauf hin, auch unter normalen Ver¬
hältnissen die Darmflora nicht rein morphologisch
zu betrachten, sondern biologisch zu bewerten.
Insonderheit waren es die eigenartigen Beziehun¬
gen der Darmbakterien zum Abbau der Getreide-
mehle, welche ein neues Licht auf die Funktion
der Darmflora warfen und ins Gebiet der internen
Medizin: die Therapie des Diabetes hinüber¬
leiteten.
Der Ausgangspunkt dieser Studien lag in den
Rosenfeldschen Arbeiten über die Oxydations-
wege des Zuckers im Organismus. Rosenfeld
(18. 19) nimmt an, daß die Dextrose auf zweierlei
Weise vom Organismus verwertet werden kann:
hepatisch und anhepatisch. Die per os ver¬
abfolgte Dextrose fließt zur Leber und wird trans-
glykogen verwertet, der parenteral zugeführte
Traubenzucker wird dagegen zum großen Teil
nicht von der Leber zu Glykogen transformiert,
sondern anhepatisch verbraucht, und zwar als
Kohlohydratsäure, wie Rosenfeld vermutet.
Die Darmflora ist in diesen Lehren nicht berück¬
sichtigt. Daß die Darmbakterien jedoch für das
Problem dos Zuckerabbaus nicht als belanglos
anzusehen sind, mußte ich aus folgenden Tat¬
sachen schließen.
Schon in meinen ersten Versuchen mit der
Rosenfeldschen Versuchsanordnung stieß ich (8)
auf einige regellose Versager.
Die Rosenfeldsche Versuchsanordnung beruht
auf folgenden Beobachtungen: Läßt man einen
Hund 5 Tage hungern, so hat or am 6. Tage
10—15% Fett in der Leber. Spritzt man Phlorid¬
zin am 6. und 7. Tage ein, so steigt der Fettgehalt
der Leber enorm an. Kombiniert man jedoch dio
Phloridzininjektionen mit Verabreichung von
Traubenzucker per os, so bleibt die Leberver¬
fettung aus und • man extrahiert die normale
Hungerfettquote.
Ich erhielt bei Dextroseverabreichung per os
gelegentlich erhebliche Leberverfettungen. Eine
befriedigende Erklärung hierfür konnte ich nicht
ausfindig machen, sondern brachte nur die von
Rosenfeld (18) festgestellte Tatsache in Erinne¬
rung, daß auch das Glyzerin sowohl hepatisch wie
anhepatisch verwertet werden kann, ohne daß wir
jedoch wissen, welcher Faktor diese Differenz
der Oxydationswege reguliert. Ich deutete aber
damals bereits an, daß wir bei dieser ganzen
Versuchsmethodik schließlich auch noch mit der
Darmflora zu rechnen hätten. „Wir nehmen sie
als normal und gegeben hin und erwarten, daß ihr
kompliziertes Räderwerk jewoils in gleichem
Sinne abläuft, eine Annahme, die anscheinend
nicht immer zutrifft."
In der Vermutung, daß die Darmflora hier
möglicherweise im Spiel sein könne, wurde ich
bestärkt, als ich bei meinen Mehlabbaustudien
ähnliche, ganz aus dem Rahmen fallende Ver¬
sager hatte. Infolgedessen trat ich dieser Frage
in systematischen Untersuchungen näher, indem
ich Versuchstiere (junge Hunde) längere Zeit hin¬
durch teils fleischfrei, teils kohlehydratfroi füttern
ließ. Auf diese Weise gelingt eine Beeinflussung
der Darmbakterien in der überwiegenden Mehr¬
zahl der Fälle. Die Fleischhunde haben eine
Darmflora, in welchor die Sacharolyten in mini¬
maler Anzahl vertreten sind, während die Proteo-
lyten dominieren. Das Umgekehrte gilt von den
mit Milch und Kohlehydraten gefütterten Tieren.
Escherich (4) hat zuerst auf den Antagonismus
von Proteolyten und Sacharolyten aufmerksam
gemacht. Diese These ist im Laufe von 25 Jahren
durch ein überwältigendes Boobachtungsmaterial
zu einer unzweifelhaften Tatsache geworden. Sie
ist in des Wortes eigenstem Sinne grundlegend
geworden für die Künik der Ernährungsstörungen
des Säuglings und jungen Kindes.
Unterwarf ich nun derartig vorbehandelte
Tiere dem Phloridzinversuch, so zeigte sich fol¬
gendes: Die Hunde mit kräftiger sacharolytischer
Darmflora verhielten sich anders wie die fleisch¬
gefütterten Tiere. Bei den ersteren machte sich
die von vornherein zu erwartende Tendenz einer
ausgiebigen Vergärung der verabreichten Kohle¬
hydrate hervorragend geltend. So fand sich unter
8 Hunden, die mit Dextrose per os gefüttert wur¬
den, bereits bei dreien eine Leberverfettung
— also ein Durchbrechen des Rosenfeldschen Ge¬
setzes, daß Dextrose per os hepatisch verwertet
wird. Analoge Befunde ließen sich mit den Ge¬
treidemehlen erheben. Während — um ein Bei¬
spiel herauszugreifen — Kartoffelmehl normaler¬
weise hepatisch verwertet wird, fand sich bei
2 kohlehydratemährten Hunden Leberverfettung.
Ich (11) faßte die Ergebnisse der Untersuchungen
wie folgt zusammen: „Durch systematische Beein¬
flussung der Kost gelingt es, eine Komponente der
Darmflora einseitig so zu vermehren oder aber in
ihrer Entwicklung zu hemmen, daß der normale
Ablauf des Mehlabbaus im Darm aufs ein¬
greifendste beeinflußt, ja unter Umständen sogar
direkt umgekehrt zu werden vermag."
Daß die Darmflora in diesem Falle den aus¬
schlaggebenden Faktor spielen mußte, darf wohl
nicht bezweifelt werden. Es ist bisher nicht be¬
kannt oder bewiesen, daß eine einseitige Fleisch¬
nahrung zu einer Unterfunktion des diastasieren-
den Fermentapparates führt oder andererseits
ausschließliche Kohlehydratkost dieselbe ins Viel¬
fache steigert. Zudem spielen beim Hunde die
Diastasierungsprozesse nach Ellenberger (8)
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Klotz, Über den Kohlehydratstoffwechsel.
99
eine quantitativ geringere Rolle als beim Menschen.
Es machte, wie ich bemerken muß, auch keinen
Unterschied aus, ob der Hund die Mehlspeise an
den Vorsuchstagen mit der Schlundsonde erhielt,
oder spontan fraß.
Daß auch bakterielle Diastasen möglicher- '
weise eine Rolle spielen können, scheint unwahr- j
scheinlich, da schon normalerweise die Darm- I
bakterien keine oder nur geringe diastasierende |
Fähigkeit entwickeln [Fuhrmann (5)].
In diesen Anschauungen, zu denen ich durch
das Experiment gelangte, berühre ich mich aufs
engste mit Gedanken, die Klemperor (Ther.
d. Gegenw. 1911) jüngst ausgesprochen hat.
Klemperor sah, daß schwere Diabetiker bei i
gemischter Kost auf Verabreichung von Dextrose
per os günstig reagierten, sobald dieselbe nach der
Methodik der Haferkur genommen wurde, d. h.
ohne Fleisch und unter Verwendung von Hungor-
bzw. Gemüsetagen.
Wie soll man sich hier den therapeutischen
Ei folg anders erklären, als durch das Eingreifen
der Darmflora? Klemperer weist mit Recht
darauf hin, daß der verabreichte Zucker im Darm
bakteriell zersetzt wird, gärt, und „daß die zur
Resorption gelangenden Stoffe teils für die dia¬
betische Zolle verbrennbar sind, teils die intra¬
zelluläre Zuckorvorbrennung anregen“.
Die Darmflora ist aber abhängig von der Form
der voraufgegangenen Ernährung. „Dio hin¬
dernde Wirkung des Fleisches auf die Zuckerver¬
brennung möchto ich demnach so orklären, daß dio
enterale Fleischflora der Pflanzenflora entgegen- ;
gesetzt ist, bzw. daß dor chemische Abbau des
Fleisches die Entwicklung der Bakterien hindert,
welche die Verarbeitung des Zuckers im Dann-
kanal besorgen. Pflanzennahrung hindert die
Bakterienflora an der Zuckerzersetzung nicht; am
besten reinigt der Hunger den Darmkanal von der
Fleischflora (Klcmpere r).“
Auch das Unberechenbare des Erfolges spricht
nach Klemperer durchaus für die Vergärungs-
hypothese.
Die Klempererschen Beobachtungen am Dia¬
betiker bilden ein förmliches Experimentum cru-
cis meiner Exporimentaluntersuchungen über Ver¬
abfolgung von Dextrose an Hunde mit kräftiger
sacharolytischer Darmflora, und dio Ausführungen
Klemperers decken sich völlig mit den von
mir des öfteren vorgetragenen.
Hungertago reduzieren erfolgreich die infolgo
langdauernder „strengor Kost“ dominierenden
Proteolyten. Die dann folgendo Zuckerverab¬
reichung fördert einseitig in gewünschter Weise
die Sacharolyten. Nicht selten scheint aber dieso
Reaktivierung nur in bescheidenem Maße oder
außerordentlich langsam vor sich zu gehen.
Viel energischer wirken dngogen die Gemüse¬
tage. Sie gewähren den Proteolyten schlechte
Lebensbedingungen, bewirken dagegen eine levee
on masso der Gärungserreger.
Klemperer weist darauf hin, daß die Assi¬
milation des Traubenzuckers oft nicht gleich nach
den ersten Gemüsetagen gelingt; es ist oft längere
vegetarische Vorbereitung dazu nötig. Auch diese
Beobachtung, welche ja so häufig beim Beginn
von Haferkuron gemacht worden kann, erklärt
sich aus der anfänglichen Insuffizienz der Sacharo¬
lyten, die dann langsam unter der Wirkung des
ihnen fortgesetzt günstigen Milieus zu erstarken
beginnen.
Ich möchte hierauf eine Beobachtung v. Noor¬
dens (16) hin weisen. Dieser berichtet, daß in
einer Zuckerfabrik Kiews allen Angestellten be¬
liebiger Zuckergenuß freistoht und daß die neu
eintretenden Arbeiter davon reichlich Gebrauch
machen. Von ihnen scheiden die meiston dann
in den ersten 2 bis 3 Wochen Zucker aus — teil¬
weise bis zu 2°/ 0 . Dann wird der Harn wieder
zuckerfrei, auch wenn die Leute weitor fortfah-
ron, Zucker zu essen.
Ich erblicke in dieser Mitteilung einen weiteren
Beweis für die bisher so wenig beachtete Bedeu¬
tung dor Darmflora für den Abbau dor Kohle¬
hydrate.
Die sacharolytische Komponente der Dann¬
flora steht den einverlcibten großon Zuckermengen
anfäng lich insuffizient gegenüber, erstarkt dann
aber mehr und mehr und bewältigt sie schlie߬
lich durch Vergärung. Ebenfalls hierher gehört
die Beobachtung Lüthjes (15) und anderer Auto¬
ren über die Laktosurie erwachsener, mit viel
Milch gofütterter Hunde. Die Tiere zeigen an¬
fänglich erheblicho Milchzuckorausscheidung, dio
dann aber, ohne daß die Milchkost irgendwie ge¬
ändert wird, nach mehr oder minder kurzer Zeit
verschwindet. Lüthje erklärt das durch Exzi¬
tation der Laktasoproduktion, jenes Fermentes,
das im Darm junger Hunde vorhanden ist, später
aber anscheinend durch die gemischte Kost über¬
flüssig wird und nicht mehr produziert wird.
Gegen diese an sich wohl richtige Theorie spricht
aber dio oben erwähnte analoge Feststellung beim
Menschen. Ich führe daher auch beim Hund das
Verschwinden der Laktosurie auf intestinale Ver¬
gärung dos Milchzuckers zurück.
Ich erinnere fomer daran, daß schon Nau-
n y n — als erster — die Rolle der Darmflora bei
den glücklich verlaufenden Haferkuren und über¬
haupt allen Kohlehydratkuren ins Auge gefaßt
hat. Er wies darauf hin, daß ein beträchtlicher
Teil der Kohlehydrate dadurch der Resorption als
Zucker entgeht, daß er vergoren wird und daß die
Gärungsprodukte sowohl kalorisch als auch ver¬
möge ihrer antiketogenen Qualitäten wertvoll für
den Diabetiker sein können.
Er ließ durch Li petz (14) die Stuhlbakterien¬
menge foststollon, dio sich boi erfolgreichen Hafer¬
kuren vormohrt erwies, während bei mißlungener
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Gen gle
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100
Klotz, Ober den Kohlehydratstoffwechsel.
Kur auch die Vermehrung der Fäzesbakterien
ausblieb.
Es eröffnet sich mit Hilfe der Gärungshypo-
theso auch eine befriedigende Erklärungsmög¬
lichkeit der Versuche von Kausch und S o c i n
(7) über Glykogenbildung aus Milchzucker. Beim
Hund fanden sie Glykogen in der Leber, beim
Kaninchen nicht. Über die Deutung dieser Ver¬
suche wurde seinerzeit viel gestritten.
Der Hund hat als Omnivore in der Regel eine
gemischte Darmflora. Man wird also nicht er¬
warten dürfen, daß die Darmgärung bei ihm in¬
tensiv genug ist, den Milchzucker auf den an¬
hepatischen Weg (Fettleber = glykogenarme
Leber) zu bringen. Und in der Tat fanden
Kausch und S o c i n die Leber glykogenhal¬
tig. (W e i n 1 a n d (22) ebenfalls.) Entgegen¬
gesetzt verhält sich der Kaninchendarm. Dem
Charakter dieses Tieres als Pflanzenfresser ent¬
sprechend, findet sich bei ihm eine gärungs¬
kräftige Darmflora, die den Milchzucker so ener¬
gisch vergärt, daß es zur fettreichen Leber kommt.
Gelingen und Mißlingen der Haferkur oder
aller anderen Kohlehydratkuren erklärt sich unter
dem Gesichtspunkt der Darmflora ohne Zwang.
Damit der Diabetiker Nutzen von den ihm
gereichten Kohlehydraten hat, darf er sie nicht in
der Form der Dextrose resorbieren, die er nicht
verwerten kann. Er kann das Kohlehydrat nur
als aufgespaltene Dextrose utilisieren. Wenn
daher die sacharolytische Komponente der Darm¬
flora kräftig genug ist (und andere günstige Be¬
gleitumstände sich vereinen: Fehlen von Fleisch,
zweckmäßige Vorbehandlung der Mehle, Beigabe
-von Katalysatoren), um die vorabfolgten Kohle¬
hydrate über die Klipp» der Hexose zu bringen,
zu vergären, dann tritt der Erfolg einer Kohle¬
hydratkur mit allen seinen Begleiterscheinungen
zutage. Ist die Darmflora aber der ihr auferlegten
Arbeit nicht gowachson und treffen die Kohle¬
hydrate noch außerdem kein günstiges intestinales
Milieu an, dann gelingt die Vergärung über die
Hexosestufe hinaus nicht, das Kohlehydrat wird
als Dextrose resorbiert und vermohrt nur noch die
Glykosurie.
Ich hatte früher geglaubt, daß nur das Hafer¬
mehl normalerweise als aufgespaltener Zucker zur
Assimilation gelange, die anderen Mehle dagegen
nicht, oder nur in wesentlich bescheidenerem
Maße (Gerste, Roggen). Diese Anschauung habe
ich ändern müssen. Wenn die darm mikrobiellen
Verhältnisse und dio sonstigen Begleitumstände
günstig sind, dann kann jedes Mehl vergärt und
anhepatisch verwertet werden. Immer aber blei¬
ben beim Hafermehl die Chancen für eine inten¬
sive bakterielle Zersetzung die aussichtsvollsten,
denn das Hafermehl übertrifft alle anderen Amy-
lazeen in bezug auf die Leichtigkeit, sich durch
Enzyme und Bakterien aufspalten zu lassen.
Kein Arzt, welcher zu einer Kohlehydratkur seine
Digitized by Goo
Zuflucht nimmt, sollte es versäumen, sich diese
relative Spezifität des Haferstärkekohlehydrates
zunutze zu machen. Die v. Noordensche Haferkur
ist die Kohlehydratkur par excellence.
Wenn Klemperer sich dahin ausspricht:
„Man ist nicht mehr auf Hafermehl und Weizen¬
mehl beschränkt und berechtigt, jede Art von
Kohlehydrat bei schweren Diabetikern versuchs¬
weise zu geben“, so muß ich dem durchaus wider¬
sprechen. Nur in wenigen Fällen hat sich bis
jetzt das Woizenmehl dem Hafermehl als gleich¬
wertig erwiesen, in vielen als unebenbürtig.
Der Abbau der Amylazeen ist also keine ab¬
solute Größe, sondern abhängig von jenen zahl¬
reichen Faktoren, deren ich schon Erwähnung
getan habe, in erster Linie von der Darmflora.
Beim gesunden Menschen, der von gemischter
Kost lebt, wird sich der Abbau aller Kohlehydrate
in der Regel wohl hepatisch vollziehen. Unter
bestimmten Umständen, bei einem gärungs¬
günstigen Milieu, wird aber ebensogut die anhepa¬
tische Verwertung in Frage kommen; insonderheit
bei den leicht aufspaltbaren Amylazeen, wie
Hafer, Gerste. Möglicherweise finden sich auch
beide Abbaumodalitäten kombiniert vor, denn hepa¬
tischer und anhcpatischer Weg stören einander
nach Rosenfeld nicht. Ob diese Kombination
für den Stoffwechsel des Erwachsenen Bedeutung
hat, läßt sich nicht einmal vermuten. In der
Pädiatrie spielt sie aber sicher eine Rolle bei dem
Problem dos zweiten Kohlehydrats. Wir sehen
sehr oft, daß Säuglinge erst zum Gedeihen zu
bringen sind, wenn in ihrer Milchmischung zwei
Kohlehydrate vereint sind. Und zwar ist die Art
dieser Kohlehydrate keineswegs gleichgültig, son¬
dern es hat sich empirisch gezeigt, daß die Kombi¬
nation: Malz-Weizenmehl diejenige ist, welche die
gleichmäßigsten und zuverlässigsten Wirkungen
zeitigt. Wir finden hier also ein leicht und ein
schwer vergärbares Kohlehydrat miteinander ver¬
kuppelt.
Dor Wert der „sauren Reaktion der Nahrung'“
(Biernacki) (2) ist hinlänglich bekannt, und die
Bedeutung dor Gärungssäuren — wenigstens was
die Milchsäure anbelangt — für den Stoffumsatz
erwiesen. Die Darmmikrobon aber sind es, welche
die Gärungssäure lioforn, und daher ist die enterale
Phase des Kohlehydratstoffwechsels von so
großer Wichtigkeit. Trotzdem wir bisher so wenig
über dio Physiologio dieses Vorganges wissen, ist
doch andererseits bereits die pathologische Seito
zu studieren begonnen worden. Ilorter (6) führt
don sogenannten intestinalen Infantilismus auf
eine abnorm starko Kohlehydratgärung zurück.
Alle gärungsfähigen Kohlehydrate werden rapide
zersetzt und neben Buttersäure und ähnlichen nie¬
deren Fettsäuren treten massenhaft Indol, Phenol
und aromatische Oxysäuren auf. Es besteht
neben der Gärung eine ebenso starke Darmfäulnis,
die zu neuro-muskulären toxischen Erscheinungen
Original from
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Klotz, Über den Kohlehydratstoffwechsel.
101
führt. Eine derartige Insuffizienz des enteralen
Kohlehydratstoffwechsels ist kein Phantasiepro¬
dukt, sondern das Krankheitsbild wird auch in der
alten Welt anerkannt — aber anders erklärt,
worauf an dieser Stelle näher einzugehen, ich mir
versagen muß.
Für die Pathologie des Stoffwechsels ist diese
Relativität des Mehlabbaus von höchster Bedeu¬
tung. Wenn eine Reihe von Hilfsmomenten sich
vereint, gelingt es beispielsweise dem diabetischen
Organismus, aus der Labilität des Mehlabbaus
Nutzen zu ziehon, das Stärkekohlehydrat aus¬
schließlich zu vergären und auf anhepatischem
Wege nutzbringend zu verwerten.
Es ist nun eingewendet worden (Baum¬
garten und Grund) (1), daß es mißlich sei, so
weitgehende Aufspaltungen des Kohlehydrates in
den Darm zu verlegen. Nach Versuchen in vitro
ist am Abbau der Kohlehydrate durch die Bak¬
terien über die Kohlehydratsäuren nicht mehr zu
zweifeln. Und es ist nicht einzusehen, warum
man ähnliche Verhältnisse nicht auch für den
Darmkanal des Menschen annehmen sollte.
Rosenfeld (20) glaubt eher an Produkte wie die
Glutarsäure denken zu müssen. Die Kohlehydratsäuren
würden örtlich zu stark reizen.
Noch dazu, wo wir hier die Unterstützung durch
die Hilfskräfte des enzymatischen Apparates in
Rechnung zu setzen haben, und der diastasische
Abbau, die Depolymerisation sich ja so ungemein
schnell vollzieht. Gibt es doch übrigens auch
Fermente, welche die Dextrose bis zu den ein¬
fachsten Oxydationspunkten zerlegen können.
Ich glaube nach alledem ein Recht zu haben, dio
Darmflora als außerordentlich bedeutungsvoll für
den Kohlehydratabbau anzusehen. Für den Dia¬
betiker liegt jedenfalls die wichtigste Phase des
Kohlehydratstoffwechsels intestinal.
Es ist vorerst eine müßige Frage, ob die diasta-
sierenden Fermente oder die Darmbakterien für
den Kohlehydratstoffwechsel höher zu bewerten
sind. Ich glaube, daß den Funktionen beider Fak¬
toren die gleiche Dignität zuzusprechen sein
dürfte.
Wenn wir nun der Darmflora eine so hoho Be¬
deutung beimessen, so drängt sich andererseits
die Frage auf, wie wir eine Konstanz der er¬
örterten biochemischen Leistungen der Darmbak¬
terien, insonderheit also der Sacharolyten, garan¬
tieren, bzw. ihre Funktionen fördern können.
Hierzu stehen uns direkte und indirekte Hilfs¬
mittel zu Gebote. Direkt können wir die Tätig¬
keit der Bakterien durch Salze beeinflussen. Wir
wissen, wie außerordentlich selbst Spuren von
Mineralien Wachstum und Lebensäußerung von
Bakterien fördern. Ich habe in vielen Versuchen
(Klotz, Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 10) und
unter den verschiedensten Gesichtspunkten die
Wirkung zahlreicher organischer und anorgani¬
scher Salze auf die enzymatische und bakterielle
Zersetzung von höher- und niedermolekularen
Kohlehydraten studiert. Wie eingreifend dieser
Einfluß der Mineralsalze ist, und wie wertvoll die
praktische Anwendung dieser Erfahrungen für die
Diabetestherapie ist, geht aus den Untersuchungen
über den Abbau der Kartoffelstärke hervor. Wir
haben liier ein Schulbeispiel dafür, wie sehr durch
geeignete einfachste Maßnahmen der Abbau eines
Kohlehydrates unter unseren Willen gezwungen
werden kann.
Es hat sich nun gezeigt, daß beim Abbau von
J einfachen und komplizierter konstituierten Kohle¬
hydraten Kali- und Kalziumsalze insonderheit in
Verbindung mit Phosphorsäure, aber auch mit
Milchsäure (z. B. Ca lact.) die Vergärung intonsiv
steigern. Es ist also zweckmäßig, die Kohle¬
hydrate in Verbindung mit solchen aktivierenden
Mineralien zu reichen. Speziell käme vielleicht
hier dio Kuhmiichmolke, welche eine natürliche
salzreicho Nährlösung darstellt, als Vehikel in
[ Betracht.
Der a priori einfachste Weg, durch Einführung
von sacharophilen Bakterien per os eine Ansiede-
i lung dorsolben im Darmlumen zu begünstigen, hat
bis jetzt noch nicht zu einwandfreien Erfolgen
geführt. Fast regelmäßig wird die Mehrzahl der
einverleibten Keime im Magen und Dünndarm
wieder vernichtet. Ich erinnere hier an die mit
| so wirkungsvoller Reklame in Szene gesetzte
Yoghurt-Therapie Metschnikoffs. Aus durch¬
sichtigen Gründen tauchen Jahr für Jahr wieder
Mitteilungen auf über die „Umstimmung der
Darmflora“, die „Verdrängung des schädlichen
Bact. coli“ durch die Milehsäurebakterien des
Yoghurts. Es ist längst erwiesen (13), daß sich das
Bact. coli gar nichts aus dem grimmigen Bac.
bulgarus macht. Neben zahlreichen, sehr lebens¬
kräftigen Koli findet man im Stuhl nur wenige
auf dem Felde der Ehre gebliebene Bac. bulgarus-
Leichen. Ausnahmefälle, in denen lebensfähige
Milchsäurebazillon aus dem Stuhl gezüchtet wur¬
den, ändern hieran gar nichts. Auch die empha¬
tisch verkündeteVerminderung der Ätherschwefel¬
säuren wurde von nüchternen Nachprüfern ihrer
Superlativität entkleidet. Sie blieb in mehreren
daraufhin geprüften Fällen überhaupt aus — bzw.
nahm zu —, übertraf jedenfalls das durch ge¬
wöhnliche Milch oder laktovegotabile Kost er¬
reichte Absinken nicht. Uber die Einführung von
sacharolytischen Bakterien per klysma liegen aus-
| reichende Erfahrungen noch nicht vor.
Das aussichtsvollste Mittel, die Darmflora in
dem von uns gewünschten Sinne zu beeinflussen,
! bleibt die Form der Nahrung.
Ich habe schon ausgeführt, daß reine Fleisch¬
kost das sicherste Mittel ist, um die Sacharolyten
auf ein Minimum herabzumindern, während eine
kohlehydratreicho, eiweißarme Nahrung den Gä¬
rungserregern das Existenzoptimum gewährt Be¬
sonders der Diabetiker wird sich mit Vorteil die
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102
Weil, Neuere Arbeiten über Elektrotherapie.
Gemüsetage zunutze machen müssen, um" seine
Darmflora für den anhepatischen Abbau von
Kohlehydraten zu trainieren. Ausschließliche
Milchkost ist nicht völlig zweckmäßig, weil oft
Obstipation einsetzt und die harten, wasserarmen
Seifenstühle für die Gärungserreger einen schlech¬
ten Nährboden abgeben. Diarrhöen, die mitunter
bei Milchkost auftreten, sind andererseits auch
tunlichst zu vermoidon, denn sie haben eine lang
anhaltendo Störung in der Morphologie der Darm¬
flora zur Folge.
Leidor hat die Einwirkung auf die Gärungs¬
erreger mittels geeigneter Kost ihre Grenzen. Es
gelingt in gar nicht so seltenen Fällen nicht, die
Sacharolyten anzureichern. An dieser Tatsache,
für die eine Erklärung bisher fehlt, scheitert so
manche Kohlehydratkur. Ein lehrreiches experi¬
mentelles Beispiel hierfür liefert Versuch 20 und 21
meiner Arbeit in der Zeitschr. f. exper. Path.
u. Ther. Bd. 9.
Ich möchte endlich noch auf einen Punkt
hinweisen, der mit den hier erörterten Fragen
vielleicht Berührungspunkte bietet, der Diabetes
conjugalis. Nicht als ob ich ein infektiöses Agens
annehmen möchte. Aber es liegt gewiß nicht so
abseits aller Vorstellungen, anzunehmen, daß Leute,
die jahrzehntelang miteinander leben und die
gleiche Kost genießen, auch eine Darmflora von
gleichem Charakter haben werden, so daß die den
einen Ehegatten diabetisch machende Noxe auch
beim anderon einen ähnliche Voraussetzungen
darbietenden Boden findet.
Wenn auch vieles von dem hier Vorgetragenen
noch stark hypothetisch und exakter Stütze recht
bedürftig ist, so steht andererseits zu hoffen, daß
die experimentelle Medizin sich dieses Gebietes
erneut annimmt. Man zitiert gern das Wort
Robert Meyers, daß „eine einzige Zahl mehr
wahren und bleibenden Wert hat als eine kost¬
bare Bibliothek von Hypothesen“. Es läßt sich
sehr darüber streiten, ob man ein Recht hat, die
Hypothese als Sekundogenitur zu bewerten. Um
beim Thema zu bleiben, so sei nur an die geniale
Hypothese Escherichs vom Antagonismus
zwischen Gärung und Fäulnis erinnert und an
ihren unerschöpflichen heuristischen Wert für die
Physiologie und Pathologie der Säuglingsernäh¬
rung. Ich hoffe, daß auf dem vielgeschmähten
hypothetischen Boden, den ich bei meinen Aus¬
führungen über das Problem: Kohlehydratstoff¬
wechsel und Darmflora, oftmals beschritten habe,
Früchte reifen werden.
Neuere Arbeiten über Elektrotherapie. 1 )
Von
Dr. Friedrich Weil
in Beuthen.
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103
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frequenzbehandlung der nervösen und organischen Herz¬
störungen. Med. Klin. 1912. 25.
Noch immer schvvankon die Ansichten über
Wert oder Unwert der Elektrotherapie. Begeister¬
ten Anhängern stehen alles negierende Skeptiker
gegenüber und zahlreich sind besonders die
Stimmen derer, die etwaige Erfolge nur als Effekt
einer Suggestion ansehen. So sagt L e wan-
do w s k y (1) in seinem Buch „Praktische Neuro¬
logie für Ärzte“: „Der kritischen Art der Be¬
trachtung der Therapie ist der größte Teil der
Elektrotherapie zum Opfer gefallen, was allerdings
wohl nur noch Mitglieder der älteren Generation
überraschen dürfte. Nachdem die Elektrotherapie
Jahrzehnte lang als die herrschende Methode der
Neurologie gegolten hat, kann es heute kaum mehr
geleugnet werden, daß sie in den meiston Fällen
entweder objektiv gar nichts nützt, oder daß
andere — merkwürdigerweise erst viel später ge¬
würdigte — physikalische Heilmethoden sehr viel
mehr leisten als sie.“
Mehr als durch solche skeptischo Äußerungen
wird das Ansehen der Elektrotherapie durch jene
allzu sehr begoistorten Anhänger geschädigt, deren
Arbeiten und therapeutische Mitteilungen oft jede
Selbstkritik vormissen lassen. Die folgendo Zu¬
sammenstellung wird dartun, daß die Eloktro-
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therapie durch die Fortschritte der letzten Jahre
nicht nur einem materiellen Verständnis näher
gerückt wurde, sondern auch durch hervorragende
technische Leistungen um wertvolle neue Metho¬
den bereichert wurde, daß sie als häufig erfolg¬
reiches therapeutisches Hilfsmittel nicht nur bei
einer „älteren Generation“ fortlebt.
Von zusammenfassenden Darstellungen ist
neben einer Neuauflage dos bewährten und weit
verbreiteten Leitfadens von T o b y C o h n (2) be¬
sonders der therapeutische Teil des großen Hand¬
buches der gesamten medizinischen Anwendungen
der Elektrizität von B o r u 11 a u, Mann (3) usw.
zu erwähnen. Das Handbuch bringt die ver¬
schiedensten Gebiete der Elektrotherapie in aus¬
führlichster, dabei immer interessanter Weise zur
Darstellung und berücksichtigt auch die Elektro¬
therapie aller Spezialfächer. Wohltuend berührt,
daß fast überall eine von Uberschwänglichkoit
freie Bourteilung der Heilerfolge zur Geltung
kommt, obwohl unter den Autoren die verschie¬
densten Nationen vertreten sind.
Über die Ursachen dor therapeutischen Wir¬
kungen dos elektrischen Stromes hat Franken-
häuser (4) seine in früheren Arbeiten nieder¬
gelegten Ansichten noch einmal zusammengefaßt
und gezeigt, daß wir in den elektrischen Strömen
Mittel besitzen, welche bestimmte Wirkungen auf
der Haut und im Innern des Körpers auszuübon
vermögen. Dieso Wirkungen beruhen hei Gleich¬
strom hauptsächlich auf elektrolytischen und
elektronischen Vorgängen, bei Entladungen und
bei Wechselströmen niederer Frequenz auf elektro¬
mechanischen, elektrokonkussiven Vorgängen, bei
Strömen hoher Frequenz auf elektrothermischen.
Alle elektrischen Kräfte wirken auch im Organis¬
mus nur nach physikalisch-chemischen Gesetzen.
Über die Wirkungsweise elektrischer Ströme hat
auch Steffens (5) ausführliche Untersuchungen
angestellt. Er tritt dem oft nachgesprochenen Satz
von Schnöe entgegen, daß der Blutfluß in don
Arterien durch den nach der gleichen Richtung
fließenden positiven Strom beschleunigt werde,
durch den umgekehrt fließenden Strom verlang¬
samt. Steffens weist nach, daß die Ver¬
schiedenheit der Strom richtvng des galvanischen
Stroms keinerlei Einfluß auf die Blutverteilung im
menschlichen Körper hat. Galvanische Ströme
bewirken unabhängig von der Stromrichtyng bei
Schließung und Öffnung eine deutliche Volumen¬
verminderung in muskulären Gebieten durch Er¬
regung von Muskelkontraktionen und dadurch
bedingte Kompressionen der Muskelgefäße. Auch
faradische Ströme bewirken in der Regel unmittel¬
bar nach ihrem Einsetzen ein plötzliches Sinken
der Gefäßfüllung in muskulären Körperteilen.
Der Ansicht von Steffens, daß der Einfluß
des galvanischen Stroms auf den Blutkreislauf ein
sehr untergeordneter sei, tritt E r f u r t h (6) ent¬
gegen. Er hält einen beschleunigten Transport
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104
Weil, Neuere Arbeiten über Elektrotherapie.
der Blutkörperchen des arteriellen Blutes zur
Anode hin für sicher nachgewiesen und sieht den
letzten Grund der Wirkung des galvanischen
Stroms auf den Blutstrom darin, daß das Blut an
der Anode reicher an Sauerstoff, an der Kathode
reicher an Wassergehalt und ärmer an Sauerstoff
werdo (? Ref.). Demgemäß komme es bei der
Anwendung des galvanischen Stroms nicht auf
das bloße Durchströmen eines Organes an, son¬
dern darauf, daß das Organ möglichst bestimmt
unter dem Einfluß eines Poles stehe, praktisch ge¬
sprochen, daß möglichst große Elektrodenflächen
zur Verwendung gelangen. Derartige Über¬
legungen führten zur Konstruktion des elek¬
trischen Matratzenstuhles, Elektromat, eines
trockenen Vierzellenbades, bei dem eine große
Drahtgewebematratzo als Elektrode für den
Rücken und elastische Drahtkörbe als Elektroden
für die Extremitäten dienen. Durch zentrifugale
Schaltung (Extremitäten +, Rücken —) glaubt
Erfurth eine gewisse Regulierbarkeit der Sauer¬
stoffzufuhr zu den inneren Organon erzielen zu
können. Der Elektromat wird auch von A. Eulen¬
burg (8) empfohlen. Um die Übelstände der
Behandlung mit feuchten Plattenelektroden zu
vermeiden und trotzdem ähnliche Schaltungen
wie mit dem Elektromat zu ermöglichen, hat
W e t s c h y (9) ein Fünfzellenbad konstruiert, be¬
stehend aus Arm- und Beinwannen und einer
Sitzbadewanne. Die therapeutischen Erfolge sollen
damit sehr gut sein. Wenn jedoch Wetschy
schreibt: „Diabetes mellitus läßt sich mit diesem
Bado sehr günstig beeinflussen“, so wird dieser
Satz ebenso wie die angeführte Kranken¬
geschichte eines Diabetikers kaum gebilligt wer¬
den können.
Von Neuerungen in der Apparatur sind noch
die erdschlußfreien Universalanschluß-Apparate
zu erwähnen, die unter den Namen „Multostat“,
„Pantostat“, „Universo“ in wenigen Jahren schon
weite Verbreitung gefunden haben. Außer ihrer
übersichtlichen Anordnung haben sie den Vorteil,
die Gefahren des Erdschlusses zu vermeiden, die
von Sehnde (11, 12) und anderen als für Arzt
wio Patient unangenehm und nachteilig hervor -
gehobon wurden.
Die Elektromossage ist um eine neue Methode
bereichert worden, die Elektroetosfomassago, eine
Kombination von Galvanisation oder Faradisation
mit der Elastomassage. Dio letztere wird mit dem
von Sehnde (12) angegebenen Apparat aus¬
geübt, der aus einer Kapsel mit daraus hervor¬
ragenden elastisch beweglichen Metallstempoin
besteht. Die Methode wird auch von Zanie-
towski (13) empfohlen. Bis jetzt hat Ref. dio
Elektroelastomassage zu häufig in Friseur-
goschäften anwonden sehen. Dadurch verliert die
Methode entschieden an psychischem Effekt,
ebenso wie eine andere sonst sehr beachtens¬
werte physikalische Applikationsart, die elek¬
trische Heißluftdusche, die gleichzeitig zum Haar¬
trocknen dient.
Die Kombination von Vibrationsmassage mit
Galvanisation oder Faradisation beschreibt Hör¬
schel (14) unter dem Namen „Elektrovibrations-
massage“. Der Podotherm desselben Autors ist
eine Vibrationsfußbank, deren Fußplatte gleich¬
zeitig als Elektrodenfläche dient. Der Apparat
soll gegen kalte Füße verwendet werden.
Die Jontophorese wird von Reicher und
Lenz (15) zur Erzielung der Adrenalinanämie
als Hautschutz in der Röntgen- und Radium¬
therapie angewandt. Das Adrenalin wird am
positiven Pol eingeführt, und die so anämisierte
Hautstelle wird erheblich widerstandsfähiger
gegen Röntgenstrahlen.
Die sanft entschlafene Elektromagnettherapie
feiert ihre Auferstehung in der elektromagneti¬
schen Reizarsenbehandlung naeh Sprude (10).
Es wird ein kräftiger Elektromagnet mit schnell
in seiner Polarität wechselndem Felde (Wechsel¬
strommagnet) benutzt. Nachprüfungen liegen bis
jetzt noch nicht vor.
Bei der Anwendung des galvanischen Stromes
werden sehr häufig die Änderungen der Strom¬
intensität, die durch Schwankungen des Körper¬
widerstandes bedingt sind, lästig empfunden.
Diesem Übelstand wird nach Sommer (17) durch
die Vorschaltung eines großen Stabilisierungs¬
widerstandes von 8300 Ohm vorgebeugt und so
können viele unangenehme Ereignisse beim Elek¬
trisieren verhütet werden.
Eine neue Art elektrischer Therapie stellt die
Anionenbehandlung von Steffens (18, 19) dar.
Man versteht darunter die Verwendung hoch¬
gespannter negativ elektrischer Ausstrahlungen,
die von dem negativen Pole eines Induktoriums
abgeleitet und durch eine geeignete Vorrichtung
für den therapeutischen Gebrauch passend um-
goformt werden. Diese (in ihrem Charakter den
von den radioaktiven Stoffen ausgehenden, nega¬
tiv elektrischen ^-Strahlen analogen) Effluvien
finden ihre therapeutische Verwendung entweder
in der Form des elektrischen Windes beim Ge¬
brauch der Spitzenelektrode, oder als Funken¬
behandlung vermittels der Kondensatorelektrode.
Bei Vorhandensein einer Röntgeneinrichtung ist
das Instrumentarium ein verhältnismäßig ein¬
faches. Rheumatismus der Muskeln und Gelenke,
Ischias und andore Neuralgien werden nach
Steffens durch die Anionenbehandlung fast
stets sehr günstig beeinflußt. Mit einem ähnlichen
Instrumentarium wie St. treibt auch Kästner
(20) Anionentherapie. Er kann nur Günstiges
über die neue Therapie berichten.
Die Franklinisation hat eine neue Modifikation
erfahren durch die sogenannte Intensiv-Franklim-
sation mit dem Polyelektroid von Fisch (21),
einem dem Arsonvalschen Käfig ähnlichen Ge¬
häuse. Bei der therapeutischen Wirkung dieser
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"Weil, Neuere Arbeiten über Elektrotherapie.
105
Methode soll die sehr starke Ozonentwicklung von
besonderer Bedeutung sein. Eine Modifikation der
Influenzmaschine ist auch die Kondensator¬
maschine von Wommelsdorf (22), die einen
hochgespannten Gleichstrom erzeugt. Sie soll
sich durch die Möglichkeit feiner Abstufung und
genauer Dosierung auszeichnen.
In ganz besonderem Maße hat sich in den
letzten Jahren das Interesse der Elektrothera-
peuten dem Studium der Hochfrequenzströme zu¬
gewendet, die in den verschiedensten Apparaturen
erzeugt, eine immer weitere Verwendung finden.
Zur Orientierung über Technik und therapeutische
Anwendung seien aus der großen Zahl von Mit¬
teilungen besonders die Arbeiten von L a q u e u r
(23) und Kah&ne (24) hervorgehoben. Nach
der Ansicht des letzteren stellen die Hochfrequenz-
stxöme bei richtiger Indikationsstellung einen sehr
wertvollen Heilbehelf dar, und sie können den er¬
zielbaren Erfolgen nach den ersten Rang im Ge¬
biete der Elektrotherapie beanspruchen. Während
in Frankreich besonders die allgemeine, auf dem
Wege der Autokonduktion erzielte Hochfrequenz¬
therapie (Arsonvalisation) verbreitet ist, findet in
Deutschland mehr die lokale, unipolare Appli¬
kation Anklang. Ein noch immer strittiger Punkt
ist die Frage nach der blutdruekerniedrigenden
Wirkung der Arsonvalisation. Doumer (25)
führt die widersprechenden Angaben der Autoren
darauf zurück, daß ganz verschiedene Prozeduren
unter dem Sammelbegriff Hochfrequenz zu¬
sammengefaßt werden ohne Rücksicht darauf,
daß die Apparate verschiedenster Konstruktion
auch verschiedene Wirkungen äußern. Kahane
erwähnt die Herabsetzung pathologisch gesteiger¬
ten Blutdruckes als eine Tatsache, die sich
zwanglos aus der Erweiterung der peripheren und
Hautgefäße erklären läßt. Auch Bursch (26)
konnte ein erhebliches Sinken des Blutdruckes
konstatieren und empfiehlt demgemäß die Arson¬
valisation zur Behandlung der Blutdrucksteigerung
bei Arteriosklerose. Nach B ü h 1 e r (27) wird der
Blutdruck sowohl bei einfacher Arteriosklerose,
wie bei solcher mit Komplikationen von seiten des
Herzens erniedrigt. Von den Franzosen verhalten
sich nur Lacquerriöre und N u y 11 e n (28)
skeptisch gegenüber der Blutdruckwirkung der
Hoehfrequenztherapie, heben aber die im subjek¬
tiven Empfinden des Patienten auftretende Er¬
leichterung hervor. Auf ähnlichem Standpunkt
stehen auch die meisten deutschen Autoren.
Einige haben auch einen Einfluß auf die nervösen
Störungen bei Arteriosklerose gesehen. Nach
v. J a k s c h (29) wird besonders die Schlaflosig¬
keit der Arteriosklerotiker günstig beeinflußt.
M e t c a 1 f e (30) hebt günstige Erfolge bei Neur¬
asthenie hervor.
Die lokale Applikation der Hochfroquenz-
«tröme äußert zwei beachtenswerte Wirkungen,
die schmerzlindernde und die juckreizmildernde.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. II. 2.
Engelen (31) hat mit lokaler Arsonvalisation
auch gute Resultate in der Behandlung lanzi-
nierender Schmerzen gehabt.
Ein gewisses Aufsehen haben die Mitteilungen
von Chr. Müller (32) über die Kombination
von Hochfrequenz und Röntgenstrahlen in der
Behandlung bösartiger Neubildungen erregt. M.
konnte z. B. mit seinor Behandlungsmethode vier
Mammakarzinome vollständig zum Verschwinden
bringen. Am besten beeinflußt wurden Schädel¬
sarkome. Müller glaubt, daß es gelinge, mit der
Hochfrequenzbehandlung die Haut für Röntgen¬
strahlen zu desensibilisieren und so auf Gebilde in
der Tiefe vermehrte Röntgenstrahlenmengen zur
Einwirkung zu bringen. Dem widersprechen aber
Lenz (33) sowie Kästle (34).
Der Hoehfrequenztherapie zuzurechnen ist
auch die jüngste Errungenschaft auf dem Gebiete
der Elektromedizin, die Thermopenetration, die
sich in der kurzen Zeit ihrer Existenz schnelle
Anerkennung verschafft hat. Nur nach der Ent¬
stehung der Ströme zählt die Thermopenetration
(= Diathermie, == Transthermie) zur Hoch¬
frequenztherapie, dem Effekt nach ist sie der
Thermotherapie zuzurechnen. Über die physi¬
kalischen und technischen Grundlagen orientiert
am besten die Arbeit von Simon (36), in der
aber leider nur das Instrumentarium einer einzigen
Firma berücksichtigt ist. Die Konstruktion der
Apparate ist auch in der Arbeit von Kowar-
s c h i k (37) auseinandergesetzt.
Die Thermopenetration stellt, wie Schminke
(35) sagt, die idealste und wirkungsreichste Form
der Wärmeanwendung dar. Als Hauptindikation
wird die Arthritis gonorrhoika bezeichnet. Tele-
mann (38) glaubt nicht, daß die Thermopene¬
tration im Innern des Körpers Schaden anrichten
kann, solange die äußere Haut intakt bleibt, die
wie ein Sicherheitsventil der Überhitzung im
Innern des Körpers vorbeugt. Besonders zu er¬
wähnen sind noch die Arbeiten von Nagei¬
se h m i d t (39) und Stein (40). Stein mahnt
zur Vorsicht bei der Durchwärmung der Bauch¬
organe, hält dagegen die Behandlung der Brust-
organo mit Diathermie für aussichtsreich. Im
Gegensatz zu den anderen Autoren konnte Pri-
b r a m (41) bei gonorrhoischen Gelenkentzün¬
dungen keine glänzenden Erfolge erzielen. Er
möchte die Thermopenetration für die Fälle reser¬
viert wissen, die anderen einfacheren Behand¬
lungsverfahren trotzen. Auch Klumsky (42)
ist mit den Resultaten bei Arthritiden wenige*
zufrieden, als bei Ischias und anderen Neuralgien,
über Diathermiebehandlung bei Herz-, Lungen-
und Nierenkranken berichtet K a 1 k e r (43). Eine
Schädigung irgend welcher Art hat er niemals be¬
obachtet. Was das Verhalten von Puls, Blut¬
druck, Körpertemperatur, objektiv nachweisbare
Veränderungen an Herz, Lungen und Nieren be¬
trifft, so konnte er keine regelmäßig wieder-
14
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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106
Goldstein, Über Aphasie und Apraxie,
kehrenden Effekte feststellen. Bei 4 Fällen von
Angina pectoris wurde in kurzer Zeit ein Ver¬
schwinden bzw. eine Verringerung der Anfälle
beobachtet. Auch Altersbronchitiden und Emphy¬
sem mit Blutdrucksteigerung wurden günstig be¬
einflußt. Uber die Erfolge bei Nierenkranken
kann K. noch nicht abschließend urteilen.
In der Gynäkologie sowie in der Behandlung
der Gonorrhöe wurden einige Versuche mit der
Thermopenetration gemacht, doch vermochte sich
diese Behandlungsmethode nicht einzuführen.
Schittenhelm (44) hat die Thermopenetration
des ganzen Körpors auf einem Kondonsatorbett
und ihren Einfluß auf dio Wärmeregulation zum
Gegenstand eingehender Studien gemacht und ge¬
funden, daß eine nennenswerte Erhöhung der
Körpertemperatur, wie sie unter bestimmten Be¬
dingungen beim Versuchstier auftritt, beim Men¬
schen nicht zu erzielen ist.
Uber die Elektrotherapie spezieller Krank¬
heitszustände berichten die folgenden Arbeiten:
Becker (45) empfiehlt nachdrücklich die Gal¬
vanisation bei Hodenentzündung und berechnet,
daß bei dieser Behandlung die Wiedererlangung
der Arbeitsfähigkeit wesentlich schneller eintritt.
Bei Ischias sah Hiss (46) von Hochfrequenz¬
behandlung sichere Erfolge, nur in ganz akuten
Fällen verwendet er einen sehr milden, galvani¬
schen Strom. Eine innere Galvanisation der
Mundhöhle mit einer speziell dafür konstruierten
Elektrode empfiehlt V i t e k (47) bei Trigeminus¬
neuralgie. Beim Aneurysma sah Albrand (48)
von der Galvanisation einen guten Einfluß auf die
subjektiven Beschwerden. Bei Herzkrankheiten
verdienen die Rumpf sehen oszillierenden Ströme
entschieden mehr Beachtung. Hühnerfauth
(49) hat sie bei den verschiedensten Herzerkran¬
kungen mit viel Erfolg angewandt und bei Ver¬
breiterung des Herzens im Laufe der Behandlung
ein Zurückgehen des Horzschattens beobachtet.
Im gleichon Sinne spricht sich Grabley (50) aus.
Über Aphasie und Apraxie.
Zusammenstellung von Arbeiten aus den Jahren 1906—1911.
Von
L. Goldstein
in Aachen.
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einem Rechtshirner. Zentralbl. f. Nervenheilk. 1908.
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60. Westphal, A., Uber einen Fall von moto¬
rischer Apraxie (mit Sektionsbefund). Med. Klin.
1908. Nr. 9.
61. Liepmann, H., Der weitere Krankheitsver¬
lauf bei dem einseitig Apraktischen und der Gehirn¬
befund auf Grund von Serienschnitten. Monatsschr. f.
Psych. u. Neur. Bd. 19. H. 3. 1906.
62. G o 1 d s t e i n , Kurt, Der makroskopische
Hirnbefund in meinem Falle von linksseitiger moto¬
rischer Apraxie. Neur. Zentralbl. 1909. Nr. 17.
63. Goldstein, Kurt, Über Apraxie. Beiheft
z. Med. Klin. 1911. Nr. 10.
Im Mai 1906 veröffentlichte Pierre Marie (l)
den ersten seiner revolutionierenden Artikel, der
dio Lehre von der Aphasie, wie sie fast ein halbes
Jahrhundert bestanden hatte, stark erschütterte.
Der von B r o c a 1861 behauptete Zusammenhang
der 3. linken Stirnwindung mit der motorischen
Sprachstörung wird als falsch erklärt. Die 3. linke
Stirnwindung spielt keinerlei Rolle in der Funk¬
tion der Sprache. Bei jedem Aphasischen ist das
hervorstechendste Symptom ein Intelligenzdefekt,
und er ist schuld an dem mangelhaften Sprach¬
verständnis der Aphatiker. Der Aphatiker mit
anscheinend intaktem Wortverständnis versagt,
sobald man ihm mehrere Aufträge hintereinander
gibt. Das ist keine Worttaubheit im Sinne Wer-
n i c k e s, sondern ein Intelligenzdefekt.
Seit mehr als 10 Jahren hat der Verf. sich
bemüht, hierfür stichhaltige Gründe bei seinen
zahlreichen Kranken und durch die Autopsie zu
ermitteln. Er stützt daher seine Behauptung
erstens auf die Beobachtung, daß es Fälle gibt, in
denon trotz isolierter Zerstörung der dritten linken
Stirnwindung keine Spur von Aphasie auftrat;
zweitens existieren Fälle von Brocascher Aphasie
bei intakter dritter linker Stimwindung und
drittens ist die Erweichung der dritten linken
Stirnwindung, welche M. in 50°/ 0 seiner Fälle von
Brocascher Aphasie beobachtete, nur Folge einer
zufälligen Obliteration eines Seitenastes der Sylvi-
schen Arterie, die unter anderen umgebenden
Ästen zur dritten Stirnwirdung sich begibt. Die
Erweichung ist also nur von den Dimensionen des
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108
Goldstein, Über Aphasie und Apraxie.
von der Obliteration betroffenen Gefäßbezirkes
abhängig.
Die Wernickesche Aphasie, bei der der Kranke
schlecht spricht und schlecht versteht, bei der
er nicht lesen und schreiben kann, ist nur
ein mehr oder weniger schwerer Intelligenzdefekt.
Bei der Anarthrie — der Folge einer Läsion
im Gebiete dos Linsenkerns und seiner Um¬
gebung — besteht kein Intelligenzdefekt.
Die Brocasche Aphasie, bei der der Kranke
nicht spricht und schlecht versteht, besteht in
einer Anarthrie mit gleichzeitiger Wemickescher
Aphasie. Intelligenzdefekt
Die Wernickesche Aphasie wird durch Läsion
des Gyrus supramarginalis, Pli courbe und
des Fußes der ersten beiden Schläfenwindungen
hervorgerufen.
Auch historisch-kritisch sucht Marie (2) seine
Ansicht zu stützen. Er untersuchte die noch
heute im Musöe Dupuytren zu Paris aufbewahrten
zwei Gehirne, die für Broea die Grundlage
seiner Lehre bildeten. M. fand nun, daß bei dem
einen Falle neben einer Erweichung im F, eine
bedeutend größere Läsion in der Wernickeschen
Region bestand und daß beim zweiten Falle nur
allgemeine Atrophie der Windungen aufzufinden
waren, Broea aber irrtümlicherweise bei ihm
eine Herdläsion in F, angenommen habe.
Als erster trat J. D e j e r i n e (3), der Nestor
der französischen Neurologen, mit aller Entschie¬
denheit gegen die Ansichten Maries in die
Schranken. Die Lehre von der motorischen und
sensorischen Aphasie sei nicht anzutasten. Daß
jeder Aphasische einen Intelligenzdefekt zeige, sei
keineswegs zutreffend. Die Intelligenz sei normal,
wenig alteriert und auch häufig gestört. Aber
diese Störung sei die Folge von dem Fehlen der
Wortbilder. Die Definition der Brocaschen Apha¬
sie als eine Anarthrie + Wemickescher Aphasie
sei falsch; der motorisch Aphasische spreche
nicht, weil er die zum Sprechen nötigen Be¬
wegungen vergessen habe, der Anarthrische und
Dysarthrische dagegen spreche schlecht nach
Maßgabe des Lähmungsgrades seiner zum
Sprechen nötigen Muskeln.
Hinsichtlich der sensorischen Aphasie gebe es
einige Fälle von ungestörter Intelligenz. Kranke
mit hochgradiger Demenz ohne Aphasie seien
häufig.
Zwei mitgeteilte Fälle führt D. zur Stütze
seiner Ansicht bei, daß die Brocasche Aphasie
eine Einheit in klinischer und pathologisch¬
anatomischer Hinsicht darstelle. Ebenso existiere
eine sensorische Aphasie durch Läsion der Wor-
nickeschen Gegend. Mit beiden Formen haben
die Intelligenzstörungen nichts zu tun mit der
von den Kranken dargebotenen Symptomatologie
und bei der motorischen Aphasie sei die Sprach¬
störung von der Anarthrie grundverschieden.
Marie (4) antwortet darauf, daß Dejerine
sich selbst widerspreche, wenn er die Lokalisation
im Frontallappen bald nur als möglich, aber un¬
bewiesen, bald als fest begründet ansehe. Bei
der Frage nach der Mitbeteiligung der Temporal-
lappon oder der aus ihr entspringenden Fasern sei
zu bedenken, daß klinisch immer eine gewisse
Störung im Verständnis des gesprochenen Wortes
und der Lese- und Schreibfähigkeit bei den Broca-
Kranken nachweisbar sei. Das sei auch früher
die Ansicht D e j e r i n e s gewesen. Die beiden
von D. angeführten Fälle läßt M. nicht gelten
und führt im einzelnen deren mangelnde Beweis¬
kraft auf.
Fälle von reiner Worttaubheit gebe es nicht;
es sei kein Fall bekannt, wo die Intelligenz absolut
intakt gewesen wäre. Ein Zentrum für Wort¬
gehörsbilder (W e r n i c k e) gebe es ebenfalls
nicht. Wortblindheit sei dagegen eine sichere
klinische Tatsache; aber ein Zentrum für apha¬
sische Wortbilder existiere nicht. Die Läsionen,
welche Alexie erzeugen, seien nicht im Gebiete der
Arter. fossae Sylvii zu suchen, sondern befänden
sich im Gebiete der Arter. cerebri posterior in der
Gegend des Lob. lingualis und fusiformis.
Bei der subkortikalen oder rein motorischen
Aphasie (Lichtheim) bestehe allein das Un¬
vermögen richtig zu artikulieren. Das sei An¬
arthrie, aber keine Aphasie. Das anatomische
Substrat dafür sei in der Gegend des Linsenkems
zu suchen, einer Zone, die die Insel, die äußere
und innere Kapsel, den Linsen- und Schwanzkern
umfasse.
M. faßt seine Lehre von der Aphasie in fol¬
gende Sätze zusammen:
1. Echte Aphasien (A. intrinsöques). Die Wer-
nickesche Zone, oder die von ihr ausgehenden
Fasern sind direkt betroffen (Brocasche, Wer-
nickescho Aphasie).
2. Unechte Aphasien (A. extrinsöques). Die
Wemickesche Zone ist nicht direkt, sondern nur
durch Läsion der Nachbarschaft beteiligt, ent¬
weder durch einen Herd im Lob. lingualis und
fusiformis — reine Alexie, reine Wortblindheit,
der durch einen Herd im Linsenkern = Anarthrie,
reine motorische Aphasie.
Das eigentliche Sprachzentrum, die Wernicke-
sche Zone, ist nicht ein sensorielles, sondern ein
intellektuelles Zentrum. Die dritte linke Stirnwin¬
dung spielt keine Rolle im Mechanismus der
Sprache. Die erste linke Schläfenwindung ist
kein sensorisches Zentrum für akustische Wort¬
bilder. Die reine subkortikale Worttaubheit exi¬
stiert nicht. Der Gyrus angularis (Pli courbe) ist
kein Zentrum für optische Wortbilder.
J. G r a s s e t (5), der Psychiater von Mont¬
pellier, wendet sich ebenfalls gegen die neue
Aphasielehre Maries. Die Intelligenzstörung
erkläre die Sprachstörung keineswegs, da sie zu
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Gold stein, Über Aphasie and Apraxie. 109
geringfügig und systematisiert sei; außerdem sei
sie immer mit einer Läsion der linken Hemisphäre
verbunden. Daß bei jeder Aphasie Worttaubheit
bestehe, bei der motorischen daneben noch An-
arthrie, läßt er nicht gelten. Verstehe man unter
Anarthrie die Störungen, die durch doppelseitige
Läsionen im Linsenkern und unterhalb desselben
hervorgerufen werden, so sei das Schema
Maries unverständlich und nicht zutreffend.
Was bei der Brocaschen Aphasie zur Worttaub¬
heit noch hinzutrete, sei keine Anarthrie, sondern
ein psychomotorisches, von der Unken Hemi¬
sphäre allein geliefertes Element.
Marie (6) glaubt sich von G r a s s e t mi߬
verstanden und wiederholt seine Ansichten und
Beobachtungen noch einmal. Die Anarthrie, wie
er sie auffasse, sei erzeugt durch Läsion einer
„lentikulären“ Zone, die die Insel, die äußere und
die innere Kapsel, den Linsen- und Schwanzkern
umfasse. Ist diese Zone allein lädiert, so entsteht
das, was der reinen motorischen Aphasie der
klassischen Autoren entspricht. Ist die Wer-
nickesche Zone allein befallen, so entsteht die
einfache reine Wernickesche Aphasie, wobei nur
Störungen der inneren Sprache auftreten; sind
beide Zonen befallen, so entsteht die Brocasche
Aphasie = Wernickesche Aphasie + Anarthrie.
Die deutschen Autoren erkennen das Ver¬
dienst M a r i e 8 an, die Aufmerksamkeit auf die
Unsicherheit, die noch in vielen Punkten der
Aphasielehre herrscht, von neuem gelenkt zu
haben — lehnen aber die von Marie betonte
Einheit von motorischer und sensorischer Aphasie
ab. M. R o t h m a n n (7) macht schon in seinem
Referat über Maries Arbeit darauf aufmerk¬
sam, daß Erscheinungen von motorischer Apha¬
sie ohne Zerstörung der Brocaschen Windung
bei den bekannten Fernwirkungen und funktio¬
nellen Störungen im Gehirn nicht beweisend sind,
und daß auch bei dem vikariierenden Eintreten
der rechten Hemisphäre eine Zerstörung der
Brocaschen Stelle ohne Aphasie nichts gegen den
Zusammenhang beweise.
v. Monakow (8) kann Marie nur in
wenigen Punkten zustimmen. „Der Ersatz der
heutigen Aphasielehre durch eine bessere, mehr
physiologische Betrachtungsweise dieser Störung
wird selbstverständlich erst auf Grund eines um¬
fangreichen, sowohl unter Anwendung der moder¬
nen hirnanatomischen Untersuchungsmethoden
(Serienschnitte) als namentlich durch feinste
(mehr physiologisch gedachte) klinische Analyse
studierten Beobachtungsmaterials möglich sein."
Durch die Einführung des Diaschisisprinzips
in die Aphasielehre hofft v. M. einen fruchtbaren
Gesichtspunkt aufgestellt zu haben. Wir wollen
an dieser Stelle kurz auf die von v. M. aufgestell¬
ten Beziehungen der Diaschisis zur Aphasie ein-
gehen. Die initialen aphasischen Symptome
stellen eine innige Verschmelzung von residuären
Erscheinungen einerseits und von temporären
andererseits dar. Die residuären Erscheinungen
würden darstellen:
1. Läsion der Brocaschen Windung: Verlang¬
samung des Sprechens, erschwerte Wortbildung,
hesitierende Sprache und (bei großer Ausdehnung
des Herdes) Wortstummheit ohne Agraphie —
nicht aber Anarthrie.
2. Läsion dor Wornickeschen Windung: Er¬
schwerung (Verlangsamung) des gesprochenen
Wortes, paraphasische Wortbildung, Logorrhöo,
Persoveration usw. — Erscheinungen der par¬
tiellen Worttaubheit — und bei beiderseitigen
Läsionen der Schläfenwindungen wahrscheinlich
kortikale Taubheit.
Die temporären aphasischen Erscheinungen
werden dargestellt durch die heute kurz als
„transkortikale“ Symptome bezeichneten, aber
auch durch manche kortikale. Dahin gehören die
Vorgänge der Laut- und Klangvokation (Wortfin¬
dung), diejenigen des „Wortverständnisses“
(W e r n i c k e) — kurz die Beeinträchtigungen
der sogen, „inneren Sprache“; ferner die Be¬
ziehungen zwischen Wort und Objekt, der feine¬
ren Bestandteile der Schriftsprache usw.; ferner
agnostische, asymbolische und apraktische Sym¬
ptome und endlich vielleicht auch manche Stö¬
rungen des Intellekts. Diese ihrer Natur nach
vergänglichen, aphasischen Erscheinungen sollen
nun nach v. M. gewöhnlich indirekt, durch eine
! Spaltung der Funktion im Sinne der Diaschisis
(„interkortikale“ Diaschisis) hervorgerufen wer¬
den. v. M. denkt sich, daß durch die örtliche
Läsion physiologisch präformierte Erregungs-
kreiso oder Erregungsbögen höherer Art im
ganzen Kortex, wenn auch in ungleicher (olek-
tiver) Weise, zu temporärem funktionellem Still¬
stand (bzw. Untererregtheit) gebracht werden,
was die harmonische Tätigkeit des Kortex mehr
oder weniger schwer zu schädigen imstande sei.
H. L i e p m a n n (9) beschäftigt sich in seinem
Artikel über die angebliche Worttaubheit der
Motorisch - Aphasischen vorwiegend mit der
Widerlegung der Marieschen Ansichten: Wenn
Marie den Beweis für die Abschwächung des
Sprachverständnisses bei den Motorisch-Aphasi-
schen dadurch zu bringen vermeint, daß diese
Kranken mehrere hintereinander aufgegebene
Aufträge nicht fehlerlos auszuführen imstande
seien, so ist dem entgegonzuhalten, daß zuweilen
dies doch vorkommt und daß vor allem aber dies
gar keine Prüfung auf Sprachverständnis, son¬
dern eine solche auf Merkfähigkeit sei.
Abgesehen aber hiervon gibt es in Wirklich¬
keit Motorisch-Aphasische, die an loichtem Grade
von Worttaubheit leiden, aber cs ist irrig, deshalb
anzunehmen, die Worttaubheit gehöre zum Bilde
der motorischen Aphasie, denn
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UNIVERSITTOF MICHIGAN
110
Gold 8 tein , Über Aphasie und Apraxie.
1. hat ein großer Teil der Kranken, die intra
vitam als motorisch aphasisch gelten, nicht nur
Läsionen im Brocaschen Gebiete, sondern auch
solche des Schlafenlappens; diese Kranken sind
in Wirklichkeit nur a potiori motorisch - apha¬
sisch, nebenher sind sie noch leicht sensorisch
aphasisch. Nun ist es ein ganz gewöhnliches Vor¬
kommnis, was aber sehr häufig übersehen wird,
daß die Worttaubheit der sensorischen Aphasie
sich erheblich zurückbildet, während die Par¬
aphasie, die Schreib- und Lesestörung sehr lange,
oft für immer bestehen bleiben. Tritt nach
einiger Zeit die Worttaubheit nur in geringerem
Maße hervor, so kann es kommen, daß intra vitam
der ganze Fall als motorisch aphasisch gilt. Nur
die selteneren Fälle, in denen nur das vordere
Sprachgebiet lädiert war, dürfen aber zur Beant¬
wortung der Fragen des Symptomenkomplexes
bei Zerstörung des vorderen Sprachgebietes heran¬
gezogen werden.
2. muß man immer bedenken, daß sensorische
Aphasie nicht identisch mit totaler Worttaubheit
und motorische Aphasie nicht identisch mit
schweren Expressivstörungen ist. Hat ein Kran¬
ker einen leidlichen Bestand an, wenn auch ver¬
stümmelten Worten neben einem, wenn auch nur
geringen Grad von Worttaubheit, so ist sofort an
sensorische Aphasie zu denken. Marie und
M o u t i e r (siehe unten) wären über das Fehlen
einer Brocaschen Läsion in ihrem Falle Riout
nicht überrascht gewesen, wenn sie dies bedacht
hätten.
3. wird ein durch große doppelseitige Schläfen¬
lappenherde oder gleichwertige Herdkombina¬
tionen worttaub und wortstumm gewordener (in
Wirklichkeit sensorisch und transkortikal moto¬
risch Aphasischer) oft fälschlich für einen Broca-
Kranken gehalten und
4. endlich liegt in der Dyspraxie vieler moto¬
risch Aphasischer eine Quelle für fälschlich impu-
tierte Worttaubheit. Wenn ein solcher Kranke
bei der Aufgabe zu drohen oder zu winken, ratlos
nichts oder etwas Falsches macht, so kann der
Untersucher, der nicht mit der Dyspraxie rechnet,
leicht auf den Gedanken kommen, Patient habe
ihn nicht verstanden. Es handelt sich dabei aber
nur um eine Schädigung des Worteinnverständ-
nisses, nicht um die grobe Aufhebung des Wort-
faufverständnisses wie beim sensorisch Apha-
sischen.
Richtig ist, daß viele Motorisch-Aphasische
Schnellgesprochenes und Verwickeltes schwerer
auf fassen als Gesunde; zum Teil mag das daran
liegen, daß die einzelnen Komponenten des Wor¬
tes sich gegenseitig stützen, so daß durch Verlust
auch nur einer Komponente die Festigkeit der
anderen erschüttert wird — zum größten Teil
aber fallen diese Störungen unter den Begriff der
Intelligenzschwäche, wie auch bei manchem ge¬
sunden Hörer einer schwierigen Auseinander¬
setzung das Verständnis versagt, ohne daß ihn
jemand für sprachtaub erklären wird. — Wenn
L. hier auch nur auf die allergröbsten Verhältnisse
sich beschränken mußte und auf die vielen Spiel¬
arten des gestörten Wortverständnisses nicht ein-
gehen konnte, so hofft er doch gezeigt zu haben,
daß der Unterschied einer motorischen, durch
Herde im vorderen Sprachgebiet erzeugten und
einer sensorischen, im hinteren Sprachgebiete ver¬
ursachten Aphasie unerschüttert bestehen bleibe.
Von außerdeutschen Autoren wendet sich
G. Mingazzini (10) gegen P. Marie. Er
leugnet nicht, daß es Fälle gibt, in denen man
infolge einer Zerstörung der Wemickeschen Zone
und des linken Nucl. lenticularis bei intakter
3. linken Stirnwindung sensorische und moto¬
rische Aphasie beobachtet. Indessen kann man
P. Marie nicht darin beistimmen, daß die
Brocasche Windung ohne Bedeutung für die Ent¬
stehung der Sprache ist; man kann nur sagen,
daß alle direkten oder indirekten Schädigungen
des antero-lateralen Segments des Putamen und
des vorderen Endes der linken Insel eine moto¬
rische Aphasie zur Folge haben.
L. Bi an c hi (11) weist nach, daß bei der
aphasischen Demenz zum Teil eine schnell aus¬
geprägte Verminderung des Verständnisses, haupt¬
sächlich aber ein Unvermögen, Worte — speziell
Namen — zu reproduzieren, bestehe.
Fioment (12) beobachtete einen Fall, der alle
Zeichen einer totalen Aphasie darbot: Jargonaphasie,
schlechte Lesefähigkeit, Dysarthrie, beeinträchtigtes
Wortverständnis, verworrene Sprache. Autopsie: Graue
Rindensubstanz normal, nur in der Gegend der Insel
kleine gelblich verfärbte Stelle. In der Gegend der
Caps, eitern, alte Hämorrhagie. Äußere Partie des
Nucl. lenticul. mit ergriffen, hintere Partie sehr wenig
überschritten.
Also ein Fall von sensorischer Aphasie und
Dysarthrie = Maries motorischer Aphasie; je¬
doch konnte man die Unterscheidung von senso¬
rischer und motorischer Aphasie leicht bewerk¬
stelligen.
Charles Mills und William Spil-
1 e r (13) untersuchten klinisch und anatomisch
die Linsenkernregion. Hinsichtlich der uns hier
interessierenden Frage der motorischen Aphasie
stellen sie fest, daß echte motorische Aphasie nie¬
mals die Folge einer auf den Linsenkem be¬
schränkten Erkrankung sei, auch wenn dieselbe
noch so empfänglich und deletär sei. Die Insel
in ihrem kortikalen und subkortikalen Teile spiele
für die Sprachvorgänge eine wichtige, von der
Funktion des Linsenkerns und der inneren Kapsel
gänzlich veränderte Rolle, die Insel sei ein Teil
des kortikalen motorischen Sprachzentrums.
Motorische Aphasie könne Vorkommen ohno
Läsion der 3. linken Stirnwindung.
Dercum (14) ist dagegen mehr geneigt, mit
Marie eine Einheit der Aphasie anzunehmen.
Sie bestehe nicht in Worthlindheit oder Worttaub-
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Gold stein, Über Aphasie und Apraxie.
111
heit oder in dem Unvermögen Worte auszu¬
sprechen, sondern in der Schwierigkeit oder dem
Unvermögen der Sprachauffassung, und die sei
durch eine Läsion der Wernickeschen Zone be¬
dingt
Pierre Marie und seine Schule arbeiten
unterdessen eifrig weiter, um die neue Lehre zu
befestigen.
So stellte N. Vaschide (15) an 30 Aphasi¬
schen und 4 Gesunden Untersuchungen über die
Psychologie und das Erinnerungsvermögen der
Aphatiker an. Er kommt zu dem Ergebnis, daß
für sie die Gesetze der Assoziation der Ideen nicht
zu existieren scheinen — sie können auf dem
Wege eines Gedankenaktes (mentalement) Gegen¬
stände und andere Bilder nicht reproduzieren,
auch können sie neue Bilder und Vorstellungen
nur sehr langsam bilden.
Mit Moutier veröffentlichte Marie (16)
2 Fälle, von denen der eine das klinische Bild
einer Brocaschen Aphasie darbot und bei dem
die Sektion die 3. linke Stirnwindung völlig in¬
takt zeigte (siehe oben L i e p m a n n über diesen
Fall), während der andere eine Erweichung des
Fußes der 3. linken Stirnwindung zeigte und außer
Verbigration kein Zeichen von Aphasie darbot.
In einer größeren Arbeit legt dann Francois
Moutier (17) seine Ansichten über die Aphasie
dar und kommt zu dem Resultate, daß kein ein¬
ziger beweisender Fall vorliegt, in dem Brocasche
Aphasio als Symptom einer isolierten Zerstörung
der F, bestanden hätte. Von 84 Fällen hatten
57 Brocasche Aphasie, aber keinen Herd in Fj,
27 keine Aphasie, aber F, war zerstört. Trans-
kortikale motorische Aphasie sei noch in keinem
Falle unwiderlegbar festgestellt.
Kurt Goldstein (18) knüpft an die Kritik
des Moutierschen Werkes sehr beachtenswerte
eigene Ansichten.
Bei der Frage, ob die Brocasche Stelle die
wichtigste für die motorischen Sprachstörungen
ist, muß man sich dahin äußern, daß die bis¬
herige Lokalisation auf den Fuß der dritten Stirn¬
windung wohl immer eine zu enge ist, um
dauernd motorische Ausfallserscheinungen zu er¬
zeugen. Wie weit dies Gebiet reicht, darüber
werden weitere Erfahrungen zu entscheiden
haben. Diejenige Störung, die jedenfalls als
Dauersymptom bei Läsion auch des erweiterten
Brocaschen Gebietes zurückbleibt, ist die svb-
kortikale motorische Aphasie. Diese Anschauung
der französischen Autoren ist aber nicht ab¬
solut neu.
Die klinischen Ausführungen der französi¬
schen Autoren gipfeln in der Aufstellung einer
einzigen Form, die der Wernickeschen Aphasio
(kortikale sensorische Aphasie) entsprechen soll,
da die subkortikale motorische Aphasie für sie
nicht zur Aphasie gehört. Sie bedrohen mit dieser
Aufstellung ernstlich den wahren Kern ihrer
Lehren. Mit Marie-Moutier stimmt G.
darin üborein, daß es sich bei der Aphasie um
eine prinzipiell andero Störung handelt, als bei
der Anarthrio, nämlich um eine Störung der In¬
telligenz — aber er sioht diese Störung der In¬
telligenz nicht in der Wernickeschen Aphasio ver¬
körpert und will don Ausdruck „Intelligenzstii-
rung“ mehr im Sinne einer Problemstellung ver¬
standen wissen. Die falsche Stellung der fran¬
zösischen Autoren gegenüber der Wernickeschen
Aphasio beruht auf ihrer zu woit gehenden Kritik
der Lohre von den sogen. Wortbildern. G.s Auf¬
fassung der sogen. Wortbilder steht etwa in der
Mitte zwischen dem extremen Standpunkt Mou-
t i e r s und dem der klassischen Aphasielehro. *
„Gegenüber letzterer nimmt sie den Wortbildern
die prinzipielle Bedeutung für die Sprache, die
diese ihnen zuerkennt, während sie andererseits
gegenüber Moutier die Notwendigkeit der An¬
nahme entsprechender Erinnerungsbilder betont,
die uns mit den Sprachvorstellungen so gut wie
immer zum Bowußtsein kommen, aber keinen
wesentlichen Bestandteil derselben darstellen.“
In bezug auf die Ablehnung visueller und
graphischer Wortbilder schließt sich G. den fran¬
zösischen Autoren an.
G. unterscheidet zwei prinzipiell verschiedene
Arten von Störungen dos Lesens und Schreibens,
jo nachdem schon die Buchstaben als räumlicho
Gebilde geschädigt sind oder nur die Beziehung
dieser räumlichen Gebilde zu den Sprachvor-
stellungcn lädiert ist. Nur die zweite Art ist als
eigentliche Sprachstörung zu bezeichnen.
Die reine Alexie ist als eine Art Seelenblind¬
heit und ohne Annahme von Buchstabcnbildern
bzw. eines optischen Buchstabonzentrums, eines
sogen. Lesezentrums zu erklären. Ebenso bedarf
die reine Agraphie, die darauf beruht, daß die
intakten Formvorstellungen der Buchstaben durch
Unterbrechung der ableitenden Bahn zum Moto-
rium nicht auf die Muskulatur übertragen werden
können, zu ihrer Erklärung eines sogen. Schreib¬
zentrums. Nicht in dem Maße, wie bei Marie,
tritt bei Moutier die Lehre von der Identität
der Aphasie und Demenz hervor. G. kennzeichnet
seinen Standpunkt in dieser Frage dahin, daß bei
Aphasischen häufig auch Intelligonzstörungen
Vorkommen, daß gewiß auch manche für apha-
sisch gehaltene Störung durch Intelligenzstörung
vorget&uscht wird — aber sicherlich nicht geht
die Aphasie in einer allgemeinen Intelligenz-
Störung auf. Faßt man die aphasischen Stö¬
rungen, besonders diejenigen auf dem Boden der
Läsionon der Wortbegriffe, ferner die reine Alexie,
Agraphie, die transkortikalen Aphasien als In¬
telligenzstörungen auf, so sind es eben solche
ganz eigenartigen Charakters.
Sehr scharf geht H. Liepmann (19) in einem
in der Gesellschaft für Psychiatrie und Nerven-
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112
GoldsteiD, Über Aphasie und Apraxie.
krankheiten- in Berlin (Märzsitzung 1909) ge¬
haltenen Vortrage mit Marie und Moutier
zu Gericht. Gewiß müssen wir die alte Lehre
weiter revidieren, aber eine Revision, wie die
Maries, die an Stelle kleiner Irrtümer größere,
an Stelle noch nicht endgültiger, aber vorwärts¬
führender Ideen Anschauungen setzt, die einen
Riegel vor die Erkenntnis schieben, ist zu ver¬
werfen. Die Lehren Maries (die wir oben
wiedergegeben haben), verzichten von vornherein
auf jedes Eindringon in die Natur des Objektes,
und selbst wenn sie richtig wären, leisten sie ver¬
blüffend wenig, indem sie alle näheren Fragen
abschieben. Nun entspringen sie aber schworen
Mißverständnissen und sind nicht einmal richtig.
Der eigentliche Angelpunkt der Mari eschen
Irrlehre ist seine Auffassung von der Worttaub-
heit. Jeder Aphasische soll Störungen des Ver¬
ständnisses zeigen. Marie und Moutier er¬
eifern sich darüber, daß man von „sensorischer"
Aphasie spricht und von Worttaubheit. Nun hat
aber kein Autor jemals angenommen, daß es sich
um eine buchstäblich sensorische Störung handle.
„Sensorisch“ nennen wir die Wernickesche Apha¬
sie nicht, weil ein Sinn dabei gestört ist, sondern
weil es eine Störung ist, die vorwiegend den
durch den Sinn vermittelten Aufnahmeakt be¬
trifft. Wenn wir das Wort intellektuell im wei¬
teren Sinne fassen, so handelt es sich sicherlich
bei der Aphasie um eine derartige Störung —
aber bei Marie ist die Intelligenzstörung etwas
Engeres: sie herrscht nach ihm nicht nur inso¬
fern, als eben gewisse begrenzte Ausfälle im
Sprachgebiete vorliegen, sondern als eine sehr
ausgedehnte allgemeine Intelligenzverminderung
bestehe. Maries neuere Verkündigung, daß die
Aphasie ein Trouble intellectuel pour le langage
sei, ist ein glatter Rückzug und eine volle Preis¬
gabe des Kerns seiner Lehre. Die ganze Frage:
ob der Aphasische dement ist? hält L. für eine
ebenso falsch gestellte und einheitlich unbeant¬
wortbare, wie die: was kostet ein Haus in Berlin?
Es hängt aber von der Form der Aphasie ab, von
ihrer Intensität und Extensität, es hängt von dem
Zustande der übrigen Elemente des Gehirns ab,
die nicht gerade mit der Sprachfunktion betraut
sind.
Die reine Worttaubheit, die sogen, „subkorti¬
kale“ sensorische Aphasie gibt es nach Marie
überhaupt nicht. Marie leugnet nicht die sub¬
kortikale Lokalisation, wohl aber die klinische
Existenz und beruft sich auf den Fall von
Freund (Hendschel), und dessen Nachweis
einer Labyrihthtaubheit. L. ist nun in der Lage,
durch die neuerdings gemachte Sektion (Freund)
nachzuweisen, daß die reine Sprachtaubheit bei
diesem Falle durch temporalen Herd bedingt war.
Der so oft gegen die Lokalisation der reinen Wort¬
taubheit angeführte Fall zeugt vielmehr für die¬
selbe. In dem, was man Störung des Sprach¬
verständnisses nennt, sieht L. eine ganze Stufen¬
folge von Störungen: 1. Störungen des Wortlaut¬
verständnisses, 2. des Wortsinn Verständnisses,
3. der höheren Funktionen, die aus einer Vielheit
von Worten den Satzsinn ergeben.
Auch die zweite Hauptthese Maries, die Un¬
fähigkeit zur Expressivsprache sei nicht Aphasie,
sondern Anarthrie, ist verfehlt. Mit Anarthrie
oder Dysarthrie soll die bisherige Wortstummheit,
Aphemie oder reine motorische Aphasie bezeich¬
net werden. Nun ist aber bei diesen Aphasischen
der neuro muskuläre Exekutivapparat nicht zer¬
stört, sondern der mnestische Apparat Der
Aphasische kann nicht sprechen und der Pseudo¬
bulbär-An arthrische kann nicht sprechen. Dieser,
weil die Teilfunktionen der Nerven, durch welche
das Wort herausgebracht wird, versagen, ersterer,
weil die bestimmto Verknüpfung von gleich¬
zeitigen und aufeinanderfolgenden Innervationen,
ein Vbungs- und Gedächtnisbesitz, nicht mehr
vorhanden ist. Neuerdings hat freilich Moutier
erklärt: l’aphasique ne sait pas parier, l’anarthrique
ne peut pas parier, und das ist die völlige Preis¬
gabe der neuen Marieschen Lehre und die Wieder¬
einsetzung der alten.
Bei Besprechung der Lokalisationsfrage zeigt
L. zunächst die große Ausdehnung der Marieschen
Linsenkernzone (L.-K.-Z.); sie erweiterte sich mit
der Zeit immer mehr; anfänglich nur aus dem
Linsenkern selbst dem vorderen Schenkel und
Knie der inneren Kapsel und der äußeren Kapsel
bestohend, wurden später noch die Inselrinde, das
Inselmark (Caps, oxtrema), die Vormauer, der
hintere Schenkel der inneren Kapsel, der Schwanz¬
kern, der Talamus und schließlich sogar die
Zentralwindungen in das Bereich der Linsenkern¬
zone hineinbezogen.
Die Zahl der negativen klinischen Fälle (trotz
Zerstörung eines angenommenen Zentrums keine
entsprechenden Ausfälle) schrumpft nach L. bei
näherem Zusehen stark zusammen; stets muß
man aber daran denken, daß die rochte Hemi¬
sphäre bei einer Anzahl Menschen die Sprache
leidlich unterhalten kann. Die Berufung auf
Burckhardts Rindonexzisionen, wonach ex¬
perimentell die Lokalisation der Sprache wider-
I legt sei, ist nicht am Platze, denn L. zeigt, wie
leichtfertig dieser Experimentator mit seinen
Schlüssen zu Wege gegangen ist. „Man hat nicht
die geringste Garantie, daß B. wirklich topisch
da war, wo er zu sein glaubte.“
L. prüft die vorliegenden Lokalisationsfragen
an seinem cigonon Material. Er verfügt über
18 Gehirne, wovon 14 schon in gefärbten Scrien-
schnitten vorliegen. Auf Grund seiner Befunde
kommt L. nun zu der Behauptung, daß L.-K.-Z.-
Herde nur soweit Sprachstörungen machen, als
sie Bahnen jeder Qualität von und zu F, und
unterm Viertel von Central, anterior unterbrechen.
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
113
Herde im Schwanzkern, im Sehhügel, im Liusen-
kern selbst hält er für belanglos für die
Sprache.
Nachdem festgestellt ist, daß die Fälle L.s ent¬
schieden gegen den Satz sprechen, daß die dritte
Stirnwindung gar keine Rolle für die Sprache
spiele, wird von L. die engere Frage geprüft, bei
welchen Fällen ist nun die dritte Stirnwindung
resp. das unmittelbar benachbarte Windungs¬
gebiet betroffen?
L. kommt zum Schlüsse: Im Übergang vom
linken Stirnhirn zur vorderen Zentralwindung vor
den Kernen des Zungen- und Gesichtsnerven
liegt bei 90°/ 0 der rechtshändigen Menschen ein
Windungsgobiet, dessen Zerstörung, wenn sie
Windungsrinde und Windungsmark betrifft, die
artikulierte Sprache aufhebt, so daß sie sich gar
nicht oder nur mangelhaft wieder herstellt. Die
Ausdehnung dieses frontalen oder motorischen
Sprachgebietes läßt sich weder nach Millimetern,
noch nach Furchen scharf abgrenzen. Die Haupt¬
rolle bei den meisten Menschon spielt jedenfalls
die Pars triang. und operc. der unteren Stirn¬
windung. Bei manchen Monsehen greift das
Sprachgebiet auf vordere Teile von C. a., die
untere Kante der zweiten Stirnwindung, vielleicht
auch vordere Partien der Inselrindo über.
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
B. Auszüge.
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
321. Die Müllerschen und Wolffschen
Gänge und die Bildung des weiblichen
Genitaltraktus beim Rind; von Adolf Berg¬
schicker. 38 Fig. (Arch. f. Anat. u. Phys.
[anal Abt] 1912. S. 1.)
B.s Untersuchungen über die Entwicklung des
weiblichen Genitaltraktus beim Rinde erstrecken
sich in erster Linie auf die Wolffschen und Miiller-
achen Gänge. Erstere sind bei Embryonen von
15 mm Nackensteißlänge bereits fertig gebildet,
während die Müllerschen erst in der Anlage be¬
griffen sind. Bei 19 mm langen Embryonen sind
auch die letzteren Gänge angelegt, einschließlich
ihres Ostium abdominale. Bei Embryonen von
31 mm Nackensteißlänge besteht noch eine völlige
Trennung der beiderseitigen Wolffschen Leisten,
deren Zusammenfließen zum Genitalstrang erst in
33 mm langem Stadium erfolgt.
Um diese Zeit haben auch die Müllerschen
Gänge den Genitalslrang bereits erreicht und
wachsen in ihm kaudalwärts so schnell vor, daß
sie schon bei 38 mm langen Embryonen in die
Nähe des Sinus urogenitalis gelangt sind. Hier
schieben sie sich über die Mündung der Wolff¬
schen Gänge hinweg und liegen eine Strecke lang
Ln der Dorsalwand des Sinus, bis ihre soliden
Spitzen mit dem Sinusepithel verschmelzen. Es ist
daher das hinterste Stück der Vagina (= Vaginal-
vestibularübergang mit Harnröhrenmündung) ein
gemeinsames Produkt der Müllerschen Gänge
einerseits und des Sinus urogenitalis andrerseits.
Die im Genitalstrang auswachsenden Müller¬
schen Gänge erhalten in kraniokaudaler Richtung
ein Lumen, das jedoch nicht bis an das Hinter¬
ende reicht, es kommt daher auch nicht zu einer
eigentlichen Mündung der Müllerschen Gänge in
den Sinus urogenitalis in Gestalt einer offenen
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
| Kommunikation, sondern nur zu einer Verklebung
J der vaginalvestibnlaren Übergangspartie, die sich
i erst kurz vor der Geburt löst.
Die Verschmelzung der Müllerschen Gänge be¬
ginnt, wenn sie atn Sinus urogenitalis angelangt
sind, und zwar erfolgt der Prozeß an keinem
scharf zu bestimmenden Punkte zuerst, kann auch
an verschiedenen Punkten beginnen. Auf keinen
Fall aber handelt es sich um die spätere Grenze
von Uterus und Vagina. Bald nach der Ver¬
schmelzung der Gänge setzen sich die beiden so
entstandenen unpaaren Organe (Uterus und Vagina)
scharf voneinander ab (dünnwandige Vagina mit
großer querovaler Lichtung, dickwandiger Uterus
mit kleiner querovaler Lichtung). 2 / 5 des Genital¬
stranges werden zur Vagina^ 2 / 5 bilden den un¬
paaren Teil des Uterus bis zum Beginn der
Hörner.
Gleich nach der Verschmelzung der Müller¬
schen Gänge lassen sich in der Wand des Genital¬
trakts zwei Schichten deutlich trennen; die innere
liefert die zirkuläre Grundmuskulatur des Traktus
und die Mukosa, die äußere alle übrigen Muskel¬
schichten (außer der akzessorischen sub serösen)
und die fibrös-vaskulären Schichten.
Sobotta (Würzburg).
322. Recherches sur la gastrulation et
l’origine de i’hypoblaste du tube digestif
chez l’Arnia calva; par A. Brächet. 1 Taf.
(Zool. Jahrb. Bd. 2. Festschr. f. Spengel. S. 425.
1912.)
Br.s Untersuchungen beziehen sich auf die
Gastrulation und die Bildung des Darmentoderms
bei dem amerikanischen Rnochenganoiden Amia
calva, einer wichtigen Übergangsform in der
Stanimesgeschichte der Wirbeltiere. In den ersten
15
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114
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
Entwicklungsstadien (Furchung) läßt sich bei Amia
das Rudiment einer Furchungshöhle beobachten,
deren Boden beim Auftreten der Höhle kern frei
ist. Später dringen Kerne aus der Randpartie
des gefurchten Keimabschnittes in den Boden der
Höhlung ein uud vermehren sich hier aktiv. Die
Existenz dieses Blastozöls ist nur von kurzer
Dauer, indem von den Kernen des Höhlenbodens
aus zahlreiche Blastomeren in Gestalt kleiner
Knöpfe sich erheben und dann absehniiren, um
sich unter völligem Verschwinden der Höhle der
Zellschicht des Blastozöldaches anzuschließen. Auf
diese Weise entstehen die durch gröbere Dotter¬
kügelchen ausgezeichneten tieferen Lagen der ge¬
furchten Kalotte des Eies.
Während der weiteren Entwicklung (Ende der
Furchungsperiode) dehnt sich der Keimhautrand
mehr und mehr gegen den vegetativen Pol des
Eies hin aus, wobei die oberflächlichen Lagen des
Dotters in große vielkernige Stücke zerlegt wer¬
den. Noch bevor der Keimliautrand auf diese
Weise den Äquator erreicht hat, zerfällt die kom¬
pakte Zellmasse, die den ersteren bildet, in zwei
Lagen eine obere, das Ektoderm und eine untere,
das Entoderra. Letztere liegt auf den großen
syzytialen Dottermassen des Eies unmittelbar auf.
Br. nennt diesen Vorgang Gastrulationsfurchung.
Am Keimhautrand gehen beide Keimblätter in¬
einander über und bilden damit einen virtuellen
Blastoporus.
An der Oberfläche des Ektoderms kommt es
sehr frühzeitig zur Differenzierung einer Deck¬
schicht. Sie setzt sich an der Stelle des virtuellen
Blastoporus in die tieferen Lagen der Entoderm-
zellen fort, die sich durch Größe und Dotter¬
reichtum, sowie den Besitz grober Dotterelemente
lange Zeit hindurch auszeichnen.
Zu einer gewissen Zeit der Entwicklung
kommt der Prozeß der Abwärtsbewegung des
Keimhautrandes zum Stillstand, und zwar erst in
der kranialen, dann in der kaudalen Hälfte des
Eies. Damit entsteht ein reeller Blastoporus, zu¬
erst in der kranialen Hälfte, wo sich auch zuerst
die Urdarmhöhle bildet. Diese Umbildung ge¬
schieht in folgender Weise: Die großen Ento-
dermzellen, die im Bereiche des virtuellen Blasto¬
porus bis an die Eioberfläche gelangen, häufen
sich zu einer kleinen konischen Masse auf, die
sogenannte Urmundverdickung. Sie bleibt gegen
das Eiinnere hin im Zusammenhang mit dem Reste
des Entoderms und oben mit der Deckschicht.
Auf der Spitze des Kegels kommt es zu einer
oberflächlichen Faltung, welche eine Kerbe und
eine vorspringendo Urmundslippe, die kraniale
(dorsale) erzeugt
Gleichzeitig höhlt sich die Urdarmhöhle aus
und damit grenzt sich das definitive Entoderm ab,
aber anfangs ohne direkten Zusammenhang mit
der Urm und kerbe. Dabei teilen sich die großen
Entodermzellen in dotterärmere Elemente, die das
Dach und dotterreichere, die den Boden der Höhle
bilden. Schließlich biegen sich die Zellen der
Urmundverdickung nach innen um, kommen in
die direkte Verlängerung des Urdarmdaches zu
liegen und bilden mit diesem das Darmentoderm.
Von diesem Augenblick an öffnet sich die Ur¬
darmhöhle an der Stelle des Urmundes nach
außen. Sie stellt auf den frühen Entwicklungs¬
stadien stets nur eine enge Spalte dar. Es ent¬
steht das Darmentoderm von Amia calva also in
der tieferen Lage des durch die Gastrulations¬
furchung entstandenen Entoderms. Der Rest dieses
Keimblattes bildet dann die Chordaanlage und das
Mesoderm.
Die Urmundverdickung von Amia ist gene¬
tisch von der Deckschicht verschieden; Bie steht
zu ihr nur in Kontinuitätsbeziehung und hat daher
bei den Ganoiden keine morphologische, sondern
eine rein mechanische Bedeutung.
Durch die Art seines Gastrulationsvorganges
bildet Amia ein wichtiges Mittelglied zwischen den
Amphibien einerseits, den Knochenfischen andrer¬
seits, eine Stellung, die auch durch die Art der
Furchung und der Dotterverteilung gekennzeichnet
wird. Amia hat wie sein nächster Verwandter
Lepidosteus eine totale Furchung, die aber ein
ganz anderes Aussehen hat als die der Amphibien.
Zwar zerfällt die ganze vegetative, mit groben
Dotterkörnern beladene Hälfte des Eies im Seg¬
mente, wenn die Gastrulation einsetzt, aber diese
sind unscharf begrenzt und die Kernteilungen er¬
folgen hier viel schneller als die Zellteilungen,
eine Erscheinung, in der Br. einen Vorläufer der
Bildung des Dottersynzytiums der Knochenfische
und Selachier sieht. Sobotta (Würzburg).
323. Pddicule hypophysaireet hypophyse
pharyngöe chez l’homme et chez le chien
(canal craniopharyngien et canaux basi-
laires); par J. P. Tour neu x. (Journ, de l’Anat.
et de la Phys. Bd. 48. S. 233. 1912.)
T. jun. beschäftigt sich mit embryologiscken
Untersuchungen über die Frage des Hypophysen-
stiels, der Pharynxhypophyse beim Menschen und
Hund und (anhangsweise) ferner mit den der
akzessorischen Kanäle der Schädelbasis des er¬
wachsenen Menschen. Was den ersten Punkt der
Veröffentlichung anlangt, so ergab sich, daß der
hintere Abschnitt des Ilypophysenstiels zur Zeit
der Chondrifikation der Schädelbasis des Menschen
(Embryo von 19 mm Länge) bei seinem Durch¬
tritt durch den Pharyngo-Hypophysenkanal in den
Verknorpelungsprozeß mit einbezogen wird und
dadurch mehr und mehr bis zur völligen Atrophie
resorbiert wird. Der vordere oder pharyngeale Ab¬
schnitt des Stiels, der durch die weichen Wände
des Pharynx verläuft, bildet sich im Laufe des
zweiten Embryonalmonats in einen soliden Strang
um, der seine ursprünglichen Beziehungen zum
Pharynxepithel bewahrt und sich nicht nur wäh-
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
115
rend des ganzen Einbryonallebens verfolgen läßt,
sondern auch beim Kinde und selbst beim Er¬
wachsenen zu finden ist, wo es sich zur Pharynx¬
hypophyse umbildet.
Daher nimmt der pharyngeale Abschnitt des
Hypophysenstiels mit fortschreitender Entwicklung
progressiv an Dick** und Länge zu. Gleichzeitig
wird (Beginn des 3. Embryonalinonats) Bein an
das Pharynxepithel angewachsenes Vorderende in
die Bildung der Scheidewand der Nasengruben
hineinbezogen. Der Stiel durchsetzt dann den
hinteren Band der Nasenscheidewand und kann
selbst bis zum weichen Gaumen reichen.
Beim Hund erhält sich das pharyngeale Ende
des Hypophysenstiels in Gestalt eines dem Ober¬
flächenepithel ansitzenden Bläschens, das bis zur
Geburt bestehen bleibt und sich wie beim Menschen
in eine Pharynxhypophyse umwandelt.
Was die zweite Frage anlangt, die der akxes-
sorischen Kanäle der menschlichen Schädelbasis,
so wird der aus der Persistenz des Pharynx-
Hypophysen kanals hervorgehende und normaler¬
weise im Beginn des 3. Embryonalinonats ver¬
knorpelnde Canalis cramopharyngeus beim er¬
wachsenen Menschen nur ausnahmsweise gefunden
(0,3%), etwas häufiger in unvollständiger Aus¬
bildung. Die Canales basilares zerfallen in Ge¬
fäßkanäle und Chordakanäle. Letztere, die den
homologen Bildungen des Fötus entsprechen,
können doppelt sein (hintere vollständiger, vor¬
derer blinder Kanal). Sobotta (WQrzburg).
324. Lymphatiques de l’articulation sterno-
claviculaire, de la symphyse pubienne, de
l’articulation temperomaxillaire; par J. Gh.
Tanagesco. (Anat. Anz. Bd. 41. S. 1, 415
und 460.)
T. beschäftigt sich mit dem Verhalten der
Lymphgefäße der Gelenke und zwar enthalten
die drei vorliegenden Mitteilungen Angaben über
die Lymphgefäße des Sternoklavikulargelenks, der
Schambeinsymphyse und des Kiefergelenkes. Ain
Sternoklacikulargelenk läßt sich ein periartikuläres
Netz unterscheiden, von dem aus drei flaiipt-
gTuppen von Sammelgefäßen ausgehen und 2
bis 3 akzessorische. Die ersteren zerfallen in
eine obere laterale, welche die Lymphgefäße der
oberen Fläche und der oberen Hälfte der Vorder¬
fläche in 5—7 später zu 1—2 zusammenfließen¬
den Stämmchen aufnimmt und zu 1—2 supra¬
klavikulären Lymphknoten ableitet; in eine untere
laterale Oruppe: zu dieser gehören die Lymph¬
gefäße der Vorder- und Unterfläche des Gelenks
in Gestalt von 3—ö kleinen Zweigen, die zu
einem in eine Azillardrüse abfließenden Stamm
zusammen treten; die hintere Gruppe, die aus
3—5, dann durch Zusammenfluß einem Stamm
besteht, die zu einem im Bauche des 2. Inter¬
kostalraums gelegenen Retrosternalgangliou führen.
Die akzessorischen Abflüsse wechseln. Regionäre
Lymphdrüsen für das Gelenk sind also Supra-
und Infraklavikulärdrüsen, Suprasternal- und vor¬
dere Mediastinaldriisen.
Was die Vorderfläche der Schambeinsymphyse
anlangt, so nehmen aus dem periartikulären Netz
eine doppelte obere uud kleinere untere Gruppe
von Lymphgefäßen ihren Ursprung. Ersterer
bildet erst 3—5, dann einen einheitlichen Stamm
und führt zu einer Subinguinaldrüse des Trigo-
nura femorale (Scarpae); letztere leitet dagegen
ins kleine Becken ab. An der Hinterfläche der
Symphyse finden sich jederzeit 3—5 Sammel¬
gefäße, die zu je einein Stamm konfluieren, der
dann an der Hinterfläche der Symphyse und des
ßectus abdominus in die Höhe zieht uud teils
in eine innere Retrokruraldrilse, teils in eine
Lyinphoglandula iliaea externa mündet. Daneben
kommen akzessorische Abflüsse vor.
Die Lymphgefäße des Kiefergcknks zerfallen
in vier Gruppen von Sammelgefäßeu, für jede
Fläche eine. Sie leiten zu 3 Gruppen von Lymph¬
drüsen ab: in präaurikuläre, mittlere intraparo-
tideale und subdigastrische (submentale).
Sobotta (Würzburg).
325. A comparative study of the struc-
ture and origin of the yolk nucleus; by
J. P. Munson. 6 Taf. (Arch. f. Zellforscli.
1912. S. 663.)
M. veröffentlicht eine rergleirhend-cmbryoloyischc
Abhandlung über die Struktur und die Abstammung
des sogenannten Dotterkerns der Eier von wirbellosen
Tieren iSchnecken. Krebse, Spinnen) sowohl wie von
Vertebraten (Frosch, Fische, Schildkröten, Taube. Katze).
Die Resultate, zu denen die auf breiter vergleichender
Grundlage angestellten Untersuchungen M.'s führten,
sind folgende. Der Begriff des Dotterkerns ist näm¬
lich von jeher ein ziemlich vager gewesen. Mit diesem
Namen wurde bei den Eiern der verschiedenen Tiere
die verschiedensten Bildungen belegt. M. gibt daher
dieser Tatsache dadurch Ausdruck, daß er den Namen
Dotterkern zunächst auf alle die Einschlüsse der In-
ha.tsgehilde das Eizytoplasmas anwendet, die sieh in
irgendeiner Weise von diesem generell unterscheiden
lassen. Bei dieser Definition lassen sich vier ver¬
schiedene Körper unter diesem Begriff zusammen-
fassen: 1. wirkliche, echte Kerne, 2. Karydymphe,
3. Metaplasma, 4. Zentrosphäre oder Dotterkörper.
Eier können nämlich andere Zellen auffressen.
Bei normalem Zustand des Eies lösen sich diese Zellen
ganz auf und hinterlassen keine Spuren, die zur Bil¬
dung des Dotterkerns verwandt werden könnten. Wenn
also echte, als Chromatin färbbare Kerne im Eizyto¬
plasma gefunden werden, so ist das ein Zeichen be¬
ginnender Degeneration und nicht ein normaler, sondern
ein pathologischer Zustand. Solche Kerne sind auch
die Ursache einer Fragmentation der degenerierenden
nicht befruchteten Eizelle.
Was die Karyolymphe anlangt, die im Eizyto-
plasnia in der Umgebung des Kerns oder an einem
seiner Pole gefunden wird, so handelt es sich um den
gleichen Kernsaft, der im normalen Zustand des Kerns
die Maschenraume des Chromatinnetzwerks erfüllt, der
iufolge von Störungen der normalen Kerntütigkeit im
Zytoplasma gefunden wird. In anderen Fällen, wenn
die Karyolymphe mit unassimilierten aufgenommenen
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116
II. Physiologie.
Nahrungsmitteln des Eies wie Zellen (oder anderen
Proteinsubstanzen in der Losung) in Berührung kommt,
so entsteht durch chemische Veränderungen Mela~
plasma. Es legt sich oft in Gestalt eines doppelten
färbbaren Ringes um den Kern, noch häufiger aber
umgibt es die Zentrosphäre, verdeckt sie oder ver¬
größert sie zu einem unregelmäßig gestalteten Körper,
wobei das Metaplasma in der Sphäre liegen kann oder
an ihrer Peripherie, von wo aus es wahrscheinlich mit
den Strömungen der Zytolymphe ins Zytoplasma ver¬
schleppt wird, oder es wird von der Sphäre verdaut.
Die Sphäre ist der organisierte Abschnitt des
Dotterkerns und ein integrierender Bestandteil
der lebenden Substanzen des Eies. Überhaupt
stellt die Zentrosphäre den eigentlichen Dotterkern
oder den Doiterkörper dar; andere von anderen
Autoren so bezeichneten Bildungen sind zufällige
Anhäufungen von Metaplasma, Deutoplasma oder
Dotterbestandteilen in der Nähe des Zentrosoma,
die aber nicht notwendigerweise vom Dotterkern
oder Zentrosora aus entstanden sein müssen.
Typischerweise wird der Dotterkern von einer
Strahlung mit Zentrosom und konzentrischen
Kreis dargestellt wie bei den Leukozyten. Wachs¬
tum des Zytoplasma und des Dotterkörpers gehen
Hand in Hand mit einander, während daneben
auch eine mechanische Expansion durch Dotter¬
anhäufung erfolgt Das Wachstum des Dotter¬
körpere geht von dessen Zentrum aus unter
Resorption von Metaplasma.
Die Beziehungen des Körpers zum Keimbläschen
sind die gleichen wie die von Zentrosom and Chromo¬
somen Dach der Karyokinese; er dient als ein Reser¬
voir, in das die Karyolymphe strömt und wird infolge¬
dessen der Sitz der Assimilations- and Wachstums¬
vorgänge. Während der Dotterkem oder Vitellinkörper
oft als ein vergrößerter Aster mit radiären Fasern und
konzentrischen Körpern gefunden wird, entspricht er
andererseits auch den konzentrischen Lagen weißen
and gelben Dotters im Vogelei und stellt den zentralen
Teil der Anlage des Panderschen Dotterkems des
Vogeleies dar. Es ist also eigentlich nichts anderes,
als das Eizentrosoma, da aus dem Zentrosoma der
sich teilenden Oogonie hervorgegangen ist. Höchstens
kann Motaplasina in ihm seinen Platz finden. Da er
in Gestalt eines einfachen Körperchens auch in den
späteren Stadien der Wachstumsperiode der Oozyte ge¬
funden wird, so muß das Zentrosoma mancher Eier
mehrere Jahre sich erhalten. Hier bedingt es die
Polarität des Eies, die nicht als durch eine chemische
Aktion oder durch die Schwerkraft verursacht angesehen
werden darf. Er bestimmt als Zentrum des Wachs¬
tums den vegetativen Pol des Eies und infolgedessen
auch den Punkt, um den sich die größte Masse von
Dotter ablagert. Er nimmt seinen Ursprung weder
de novo, noch von ausgestoßenem Chromatin, auswan-
dernden Nukleolen, Leukozyten oder gefressenen Zellen,
sondern stellt das morphologische wie physiologische
Zentrum des Zytoplasmas dar, dem Makronukleus der
Infusorien entspricht er nicht. Er kann durch Auf¬
nahme benachbarter Dotterkörner aus wach wen, seine
Schichtung in einzelne konzentrische Zonen kann durch
Vakuolenbildung gestört werden, durch verschiedene
Spannung und Entspannung seiner Radien kann ein
Zytoretikulum entstehen. Sobotta (Würzburg),
II. Physiologie.
326. Studien Ober die Ermüdung der
markhaltigen Nerven des Frosches; von
C. Tigeratedt (Zeitachr. f. Biol. Bd. 58.
S. 451. 1912.)
In der sehr umfangreichen Untersuchung
wurden am markhaltigen Froschnerven folgende
Ermüdungssymptoine festgestellt: Abnahme der
negativen Schwankung bei Tetanisiemng (event.
nach vorangegangener scheinbarer Steigerung),
Verlängerung der refraktären Phase und des La-
tenzstadiums, Dehnung des Einzelaktionsstromes,
Verschwinden der positiven Nachschwanknng,
Auftreten eines Negativitätsrilckstandes nach teta-
nisierender Reizung. Alle diese Ermüdungs-
symptome treten um so eher auf, je größer die
Frequenz der tetaDisierenden Reizung und je
niedriger die Temperatur des Nerven ist
D i 111 e r (Leipzig).
327. Über den Einfluß des Nervus vagus
auf den Dickdarm; von G. Boehm. (Münchn.
med. Woch. 1912. Nr. 27.)
Im Tierversuche wird restgestellt, daß Reizung
des Darmvagus mit faradischen Strömen bei Katze
und Kaninchen zur Verstärkung der antiperi-
Btal tischen Wellen am Dickdarm und zum Auf¬
treten starker tonischer Kontraktionen der Ring-
muskulatur im Bereich des ersten Kolonabschnittes
führt. Beim Kaninchen tritt außerdem eine Ver¬
stärkung der Haustrenbildung ein. Diese Befunde
werden auf die spastische Obstipation des Men¬
schen und insbesondere auch auf die Darmkrisen
der Tabiker angewendet und führen (an der Hand
einiger Röntgenbefunde) zu recht befriedigenden
Vorstellungen über das Wesen dieser Krank¬
heiten. Daß das Atropin die spastische Obsti¬
pation günstig beeinflußt, wies ja schon immer
auf eine Beteiligung des Vagus hin.
Dittler (Leipzig).
328. Über einen neuen eigenartigen Zu¬
stand der Nervenzentra nach langdauern¬
den Reizungen des sensiblen Nerven;
von N. E. Wwedensky. (Russki Wratsch
1912. Nr. 22. S. 949.)
Der sensible Nerv behält Dach künstlicher
Tetanisation sehr lange die Fähigkeit, einen Ein¬
fluß auf des Zentralnervensystem auszuüben.
Nach lange dauernder Reizung erzeugt er im
Zentralnervensystem einen eigenartigen Zustand,
welcher dem Zustande nach Vergiftung mit Strych¬
nin ähnlich ist und mit Aufhebung der Reizung
bald verschwindet Andererseits erinnert das
Bild dieses Zustandes in mancher Hinsicht an
das der Hysterie. Die Versuche wurden au
Fröschen angestellt
Truschennikoff (Odessa).
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H. Physiologie.
117
329. Noch eine Ausnahme von dem Bell*
Magendieschen Gesetze; von A. E. Leh¬
mann. (Russki Wratsch 1912. Nr. 26. S. 1106.)
Die motorischen Fasern des Sphincter ani internus
der Hunde verlaufen nicht immer in den vorderen Wurzeln
der Lumbalnerven. In 3 Fällen (von 6) bei der elek¬
trischen Reizung der hinteren Lumbalwurzeln wurde
Kontraktion des Sphincter ani internus beobachtet (be¬
sondere starke nach Reizung der 3. Lumbalwurzel).
Truschennikoff (Odessa).
330. Experimentelle Beiträge zum Pro¬
blem der Reizleitung im Nerven; von
H Wilke und E. Atzler. (Pflügers Arch.
Bd. 146. S. 430. 1912.)
W. u. A. entwickeln eine akustische, d. h. rein
mechanische Theorie der Reizleitung im Nerven,
welche im ersten Teil der Arbeit mathematisch
begründet wird. Die Abweichungen vom Dubois-
Reymondschen Gesetz der Nervenerregung finden
in der Theorie ihre Erklärung, während der Ein¬
fluß der Temperatur auf die Nervenfunktion sowie
die Erscheinungen der Narkose durch die Änderung
der inneren Reibung erklärt werden. In dem
experimentellen, zweiten Teil der Arbeit werden
Modellversuche an Gelatine besprochen, welche die
Erzeugung von Einzelaktionsströmen und Strom¬
oszillationen in derselben betreffen und die Ana¬
logie im Verhalten des einfachen Kolloides und
des Nerven dartun sollen. Dittler (Leipzig).
331. ÜberdenTemperaturkoeffizienten der
Erregungsleitung im motorischen Frosch¬
nerven; von G. Ganter. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 186. 1912.)
Die Fortpflanzung der Erregung im Nerven
ist eine Temperaturfunktion, die sich nach den
Befunden G.s zwischen 0° und 30° eher als eine
Gerade, denn als eine Exponentialkurve darstellt.
Dies würde heißen, daß die Leistungsgeschwind ig-
leit im Nerven etwa proportionnal der Tempe¬
ratur anwächst. Als Nebenbefund ergab sich, daß,
ebenso wie die Nerven verschiedener Froscharten,
auch diejenigen von Fröschen der gleichen Art
und Vorbehandlung bei gleicher Temperatur ziem¬
lich beträchtliche Verschiedenheiten in der Fort¬
pflanzungsgeschwindigkeit der Erregung aufweisen
können. Dittler (Leipzig).
332. Zur Frage Ober die zentripetalen
Nerven der Arterien; von P. Kaufmann.
(Pflügers Arch. Bd. 146. S. 231. 1912.)
Die Frage, ob von den Körperarterien afferente
Nervenfasern entspringen, welche der Regulierung
des Blutdruckes dienen und ihrer Wirkungsweise
nach dem von der Aortenwurzel entspringenden
Nervus depressor entsprechen, wird auf Grund
Ton Versuchen am Hunde in verneinendem Sinne
beantwortet. Ebne in abgebundenen Stücken der
Xarotis oder Brachialis künstlich herbeigeführte
Drneksteigenmg bis zur doppelten Höhe des nor¬
malen Blutdruckes (360 mm Hg) rief weder einen
Reflex auf das Herz noch auf den allgemeinen
Blutdruck hervor. Dittler (Leipzig).
333. Der Einflußdes Vagus auf die Apnoe;
von W. Eisenhardt. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 447. 1012.)
E. kommt auf Grund von vergleichenden Ver¬
suchen über die Erzeugung und Dauer der Apnoe
bei Tieren mit erhaltenen und solchen mit durch¬
schnittenen Vagis (entgegen der Erfahrungen der
meisten Autoren) zu dem Ergebnis, daß das Zu¬
standekommen der Apnoe allein abhängig ist von
den chemischen Reizen, die das Atemzentrum
treffen, und von der Erregbarkeit desselben. Eine
Vagusapnoe, d. h. ein die forcierte künstliche
Ventilation überdauernder Stillstand der Atmung
existiert seiner Meinung nach nicht. Es sei be¬
tont, daß E. zur Narkose vielfach Morphium ver¬
wendet hat. Dittler (Leipzig).
334. Über die Funktion der Hypophyse;
von B. Aschner. (Pflügern Arch. Bd. 146. S. 1.
1912.)
A. beschreibt eine Methode der reinlichen tota¬
len Hypophysenexstirpation bei Hunden und teilt
die Ergebnisse mit, zu denen seine umfassenden
Beobachtungen an hypophysipriven Tieren geführt
haben. Bei erwachsenen Tieren fanden sich nur sehr
geringe trophische Störungen, zu auffallenden und
charakteristischen Störungen dagegen führte die
Hypophysenexstirpation bei jugendlichen Tieren,
und zwar betrafen sie fast alle Körperorgane. Die
operierten Tiere blieben im Wachstum weit hinter
ihren gesunden Geschwistern zurück, behielten ihr
weiches krauses Wollhaar (Lanugo) und zeigten
starken Fettansatz. Mikroskopisch wies die Haut
dauernd die zarte Struktur des Kindesalters auf.
Anzeichen für Myxödem und Akromegalie fehlten
dabei vollständig. Fernerhin persistierte bei hypo¬
physipriven Hunden das Milchgebiß zeitlebens;
nur kamen gegen Ende des ersten Lebensjahres
hinter dem Milchgebiß einzelne dauernde Schneide-
und Eckzähne, sodaß eine doppelte Zahnreihe ent¬
stand. An den Knochen bedingte die Hypophysen¬
exstirpation dauerndes Offenbleiben der Epyphysen-
fugen, und das Skelett behielt seine kindlich zarten
Proportionen. Das Blutgefäßsyslem entwickelte
sich normal. Die Lymphdrüscn dagegen wurden
in vielen Fällen stark vergrößert gefunden. Alle
beschriebenen Veränderungen wurden durch den
Ausfall der Funktion des Hypophysen- Vorderlappens
bedingt, und traten graduell weniger ausgeprägt
hervor, wenn Reste desselben 6tehen geblieben
waren. Die isolierte Exstirpation des Hinter¬
lappens erzeugte keine Veränderung.
Weiterhin interessierte besonders das Vorhalten der
übrigen innersekretorischen Drüsen. Zirbeldrüse und
Epithelkörperchen zeigten keine nachweisbaren Verände¬
rungen, ebensowenig Müx und Pankreas. Die Schild¬
drüse war in der Regel nicht vergrößert; mikroskopisch
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118
II. Physiologie.
zeigte sie jedoch Erweiterungen der Alveolen durcn
reichlich produziertes Kolloid. In manchen Fällen fand
Bich aueh Vergrößerung der Schilddrüse, und zwar bis
auf das 6fache, mit kolloider Entartung derselben. Es
handelte sich dabei regelmäßig um einen lnanitions- oder
Intoxikationszustand der Tiere durch Hunger, Adrenalin
oder Infektionskrankheiten, sodaß man annehmen muß,
daß die Struma durch Überbeanspruchung der entgiften¬
den Organe, verstärkt durch das Fehlen der Hypophyse,
entstanden ist. Die Thymus blieb bei den im jugend¬
lichen Alter operierten Tieren abnorm lang persistent.
Leber und Niere zeigten mikroskopisch hochgradigste
Fettinfiltration. Die Nebennieren waren an sich nicht
vergrößert, zeigten jedoch deutliche Verdickung der
Rinde auf Kosten des Markes, ein Befund, der eine
Analogie bildet zum Verhalten der Nebennieren nach
Kastration, in der Gravidität, bei Intoxikationen usw.
Die Keimdrüsen endlich blieben bei den Tieren beider¬
lei Geschlechtes erheblich in ihrer Entwicklung zurück,
Bpermatogenese und Follikelbildung zeigten sich außer¬
ordentlich verzögert und blieben immer unvollkommen.
Entsprechend war der Geschlechtstrieb sehr gering.
Bezüglich des Stoffwechsels wurde festgestellt, daß
der Eiweißumsatz der hypophysipriven Tiere bis auf
die Hälfte oder ein Drittel des Normalen herabgesetzt
war. Adrenalin bewirkte nur noch ganz geringgradige
Glykosurien. Die Wirkung des Phloridzins unterschied
sich nicht von derjenigen bei normalen Tieren. Die
Summe der vorliegenden Erfahrungen scheint dazu zu
berechtigen, die Hypophyse bezüglich ihrer Wirkung
auf andere innersekretorische Drüsen und das vegetative
Nervensystem im Eppinger-Rudinger-Faltaschen Dreieck,
welches von A. noch dadurch erweitert wurde, daß er
das Ovarium neben Epithelkörperchen und Pankreas
unterbrachte (näheres siehe Original), an die Seite der
Thyreoidea zu setzen.
Der letzte große Teil der Arbeit ist der An¬
wendung der gewonnenen Erfahrungen auf die
menschliche Pathologie der Hypophyse gewidmet
Es werden die verschiedenen mit der Hypophyse
in Zusammenhang gebrachten Krankheitsbilder
(Akromegalie, Dysplasia adiposogenitalis, Zwerg¬
wuchs und Infantilismua sowie Riesenwuchs) kri¬
tisch beleuchtet, wobei mit möglichster Schärfe
zwischen den wirklichen Hypophysensymptomen
und jenen Symptomen unterschieden wird, welche
auf Grund der Aschnerschen Ergebnisse auf Funk¬
tionsstörung oder Reizerscheinungen von Seiten des
Infundibulum und Tuber cinereum zu beziehen
sind.
Die vorliegende Untersuchung, von deren Reich¬
haltigkeit das Referat höchstens einen leisen Be¬
griff geben kann, dürfte die Physiologie und Patho¬
logie der Hypophyse nahezu erschöpfen. Das
beigegebene Literaturverzeichnis umfaßt zirka
500 Einzelarbeiten. Dittler (Leipzig).
835. Zur Methode des Studiums des
Einflusses verschiedener Substanzen auf
die Kontraktionsfähigkeit des Herzens; von
S. A. Lübenetzky. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 28. S. 1168.)
Modifikation der Methode von Gottlieb und
Magnus. Durchschneidung des Hisschen Bündels
zur Beschränkung der Eigenkontraktionen des
Herzens. Einführung des Ballons in den rechten
Ventrikel. (Wegen der häufigen Insuffizienz der
Aortenklappen des überlebenden Herzens — von
Katzen und Hunden.) Der Ballon wird gewöhnlich
aus einem unelastischen Material gemacht und
bei dem Gebrauch mit Wasser eingefüllt
Truschennikoff (Odessa).
336. Die Wirkung einiger stickstoffhal¬
tiger, in Blut und Ham physiologisch vor¬
kommender, organischer Stoffwechselpro¬
dukte auf den Blutdruck; von E. L. Back¬
mann. (Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 166. 1912.)
Es wird gezeigt, daß Harnstoff Ammonium-
karbamat, Ammoniumkarbonat, Natriumhippurat
und Keatin, sowie Hypoxantin und andere Stoffe
außer auf die Schlagfolge des Herzens einen ziem¬
lich starken Einfluß auf den Blutdruck haben,
und zwar bedingen sie schon in geringen Konzen¬
trationen fast ausnahmslos einen lange anhalten¬
den Anstieg desselben. Nur einzelne der genann¬
ten Substanzen bewirken in bestimmten Konzen¬
trationen eine Herabsetzung des Blutdruckes, die
aber meist sehr rasch vorübergeht. Der summa¬
rische Effekt all* der genannten Substanzen zu¬
sammen ist auch schon bei ganz geringer Höhe
der EiDzelkonzentratiouen demnach eine Blutdruck-
Steigerung von außerordentlicher Größe und Dauer.
Durch diese Feststellungen ist nach B.s Ansicht
vielleicht eine der Ursachen für die Entstehung
der Blntdruckerhöhung und Herzhypertrophie z. B.
bei Gicht und Nephritis gefunden.
Dittler (Leipzig).
337. The excretion of dextrose in the
stomach and the small intestine; by J. S.
Kleiner. (Stud. fr. the Rockefeller Inst Bd. 17.
Nr. 27.)
Kaninchen wurden mehrere Tage lang mit Heu
und Kohl gefüttert und dann getötet. Sofort nach
dem Tode wurde Magen- und Dünndarminhalt auf
Dextrose untersucht. Es fand sich stets eine
geringe Menge, die aber nicht größer wurde, wenn
vorher eine Nephrektomie ausgeführt war. Geht
eine intravenöse Injektion von Dextrose voraus,
so ist die im Magen und Dünndarm Vorgefundene
MeDge größer als sonst, doch wird der größte
Teil des Injizierten durch die Nieren ausgeschie¬
den. Exstirpiert man diese, so ist die gastro¬
intestinale Ausscheidung der intravenös injizierten
Dextrose zwar größer als »ODst, doch nicht so
groß, als man sie im Lichte einer funktionellen
Kompensation betrachten müßte.
Fischer-Defoy (Quedlinburg.)
338. Über die Beziehungen von Neben¬
schilddrüsen und Schilddrüsen; von L.
Beccari. (Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 164.
1912.)
Um die Beziehungen zwischen Schilddrüse und
Nebenschilddrüse festzustellen, untersuchte B. die
Wirkung des Extraktes der Nebenschilddrüsen in
Form des ParathyreoidinB „Vassale“ auf den
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I II . Physiologische und pathologische Chemie.
119
Zirkulationsapparat von Kaninchen und Hunden
und stellte seine Befunde mit den tiber die Wir¬
kung des Thyreojodins bereits vorliegenden in
'Vergleich. Es ergab sich, daß das Extrakt der
Nebenschilddrüse ganz entsprechende Erscheinun¬
gen bewirkt wie das der Schilddrüse selbst,
nämlich nur geringe und flüchtige Veränderungen
des Blutdruckes, eventuell eine mäßige Verlang¬
samung des Herzschlages, dagegen eine wesent¬
liche Steigerung der Erregbarkeit des Herzvagus
und des Nervus depressor. Das vasomotorische
System zeigte ebenfalls eine bedeutende Steigerung
der Reizbarkeit, welche sich vor allem in dem
Auftreten der Schwankungen zweiter Ordnungen
des Blutdruckes offenbarte. Diese Befunde gelten
sowohl für gesunde Versuchstiere als für solche,
denen der ganze thyreo-parathyreoideale Apparat
exstirpiert war. Bei letzteren waren speziell die
vasomotorischen Wirkungen besonders ausgeprägt.
Dittler (Leipzig).
339. Einfluß der Drüsen mit innerer Se-
kretion auf Absonderung der Verdauungs¬
säfte; von A. D. Nürenberg. (Russki Wratsch
1912. Nr. 6. S. 197.)
III. Physiologische und
341. Experimentelle Beiträge zur Physio¬
logie des Darmes; von P. Rona und P. Neu-
kirch. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 371. 1912.)
Nachdem in einer früheren Untersuchung fest¬
gestellt war, das d-Glukose und d-Mannose ge¬
eignet sind, die Tätigkeit isolierter Darmschlingen
in Salzlösung anznregen und zu unterhalten,
wurden in vorliegender Arbeit folgende Sub¬
stanzen auf ihre Darmwirkung geprüft: von den
Hexosen die Sorbose, dann einige Pen tosen, Di-
und Polysaccharide; darnach «- und /9-Methyl-
glykosid; Glyzerin, Mannit, Dulzit; die Zucker¬
säure und Schleimsäure; von stickstoffhaltigen
Körpern Pepton Witte, verschiedene Amido-
säuren und Polypeptide, ferner Harnstoff, Kreatin
und Glukosamin; dann die niederen Fettsäuren
von der Ameisen- bis zur Valeriansäure; die Oxy-
säuren: Glykol-, Milch-, a- und ft-Oxy buttersäure;
von den Ketosäuren die Brenztraubensäure;
schließlich von den Alkoholen Methyl-, Äthyl-
und Amylalkohol. Es ergab sich, daß eine stark
fördernde Wirkung auf die Darmbewegung von all
den untersuchten Körpern nur der Brenxtraubm-
säure lind ihrem Natriumsalz zukommt. Eine ge¬
wisse schwach anregende Wirkung war ferner bei
einigen Salzen der Fettsäurereihe sowie bei der
/?-Oxybuttersäure zu beobachten. Alle anderen
Verbindungen haben in den angewandten Konzen¬
trationen nicht die Fähigkeit gehabt, die Darm¬
bewegung irgendwie anzuregen.
Im zweiten Teil der Untersuchung wurde
festgestcllt, daß die Anwesenheit von Sauer-
Jodthyreoglobulin, eingeführt mit der Nahrung,
vermehrt die Absonderung des Darmsaftes und
ruft Blutungen aus den Darmwänden hervor. Auf
das Pankreas wirkt es auch sekretionsbefördernd.
Tru8chennikoff (Odessa).
340. Der osmotische Druck bei Rana
temporaria während der Entwicklung und
nach dem Ausschlüpfen der Embryonen;
von E. L. Backmann und C. G. Sundberg.
(Pflügers Arch. Bd. 146. S. 212. 1912.)
Der osmotische Druck bei Rana temporaria
während der Embryonalentwicklung steigt nach
dem Ausschlüpfen aus den Gallerlhiillen langsam
und regelmäßig an, um etwa am 30.— 35. Ent¬
wicklungstage seine endgültige Höhe zu erreichen.
Die Werte für den osmotischen Druck und die
von Davenport und Schaper für den Wasser¬
gehalt der Embryonen gefundenen Werte gehen
einander parallel. Der Zuwuchs der Frosch-
embryonen während der ganzen Entwicklung bis
zum 35. Tage ist denn auch in erster Linie der
Wasserimbibition zuzuschreiben und vom osmo¬
tischen Druck abhängig, der die Wasserinibibition
reguliert. Dittler (Leipzig).
pathologische Chemie.
stoff für die Tätigkeit des isolierten Darmes un¬
bedingt erforderlich ist und daß die Darmbe¬
wegungen in Wasserstoff-, Stickstoff- und Kohlen¬
säurelösungen nicht unterhalten werden können.
Obgleich der Dann unter dem Einfluß dieser
Gase sowie des Sauerstoffmangels innerhalb
weniger Minuten zur Ruhe kommt, ließ sich
zeigen, daß der vorhandene Traubenzucker den¬
noch fast mit derselben Geschwindigkeit zerlegt
wird wie bei Sauerstoffgegenwart. Die Gesamt¬
heit der Befunde spricht allerdings dafür, daß
die entstehenden Endprodukte bei der anoxy-
biotischen Zuckerverbrennung andere sind.
Dittler (Leipzig).
342. Über das Vorkommen von Trigo-
nellin und Nikotinursäure im Ham nach
Verfütterung von Nikotinsäure; von W. Acker¬
mann. (Zeitsehr. f. Biol. Bd. 59. S. 17. 1912.)
A. gelang es nach Verfütterung von Nikotin¬
säure an Hunde im Harn neben Nikotinursäure
Trigonellin nachzuweisen. Es muß sich aber im
Organismus dieses im Pflanzenreich weit ver¬
breitete Alkaloid aus der verfütterten Nikotinsänre
gebildet haben. Es läßt sich aus dieser Synthese
ein Schluß auf die Entstehung des Trigonellins
in der Pflanze ziehen. Junkersdorf (Bonn).
343. Schwankungen in der Zusammen¬
setzung der Milch einer Kuh bei verschie¬
dener Ernährung; von K. Helle, P.Th.Müller,
W. Prausnitz (chemischer Teil) und H. Poda
(physikalisch-chemischer Teil.) (Zeitschr. f. Biol.
Bd. 58. S. 355. 1912.)
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120
III. Physiologische und pathologische Chemie.
Es wurden die Schwankungen in der che¬
mischen Zusammensetzungen der Milch einer Kuh
untersticht, welche abwechselnd mit Grünfutter,
Trockenfutter, Kraftfutter, Schlempe, Grünfutter
und Heu ernährt wurde. Der Eiweißgehalt der
Milch schwankte hierbei zwischen 3,5 und 2,8%,
der Gehalt an Fett zwischen 6,5 und 8 %, der¬
jenige an Zucker zwischen 5,0 und 4,7%. An
physikalischen Eigenschaften wurden die ultra¬
mikroskopische Struktur, der osmotische Druck,
die elektrische Leitfähigkeit, die optische Refrak¬
tion des Serums sowie die Verbrennungswärme
untersucht Die hier gewonnenen Ergebnisse
finden sich am Schluß der Arbeit in Tabellen¬
form wiedergegebeo. Dittler (Leipzig).
344. Die Steigerung der Milchsekretion
durch gesteigerte Eiweißernährung; von
W. Liepmann. (Berl. Klin. Woch. 1912. No. 30.)
L. hat den Eindruck gehabt, daß die Verab¬
reichung von Malztropon die Milchsekretion der
Stillenden steigert. Er sucht die Frage durch
Versuche an Ziegen genauer zu beantworten.
Er fand bei 2 Ziegen während der Zufuhr von
100g Malztropon im Tage eine erhebliche Steige¬
rung der Milcliproduktion um 50 und 100%.
Nach Entziehung der eiweißreichen Zukost sank
die Milchmenge wieder ab. L. stellt analoge
Untersuchungen an Btdllenden Frauen in Aussicht.
Brückner (Dresden).
345. Über den Sparwert des Fettes; von
A. Bartmann. (Zeitschr. f. Biol. Bd. 59. S. 375.
1912.)
Das Fett besitzt eine zwar geringe, aber immer¬
hin sicher nachweisbare eiweißsparende Wirkung.
Der maximale Sparwert beträgt etwa 7 %. Drückt
man die erhaltenen Sparwerte al9 Funktion der
Zufuhrgröße aus, so kommt man zu der Wirkungs¬
kurve des Fettes. Diese trennt sich erst bei einer
Zufuhr von ungefähr 50% des Bedarfs von der
Abszisse und erreicht asymptotisch bei annähernd
150% ihre maximale Höhe. Die verschiedent¬
lich beobachtete Steigerung der Stickstoffausschei-
dung bei Zufuhr größerer Fettmengen ist auf eine
Reizerscheinung von seiten des Darms zu beziehen.
Dies wird angedeutet durch die große Kotmenge
und den hohen N-Gehalt des Kotes.
Dittler (Leipzig).
346. Metabolism of scurvy in an adult;
by L. Baumann and C. P. Howard. (Arch.
of int. Med. June 15. 1912. S. 665.)
Aus der Beobachtung des Stoffwechsels eines
Skorbutkranken ergab sich, daß bei Anwendung
von Fruehtsaft die Speisen besser ausgenutzt
werden als sonst Chlor und Natrium wurden
während der Fruchtsaftdiät zurückgehalten, ebenso
Kalium, Kalzium und Magnesium.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
347. Über die Tromm ersehe Probe beim
Harn; von E. Salkowski. (Zeitschr. f. phys.
Chem. Bd. 79. S. 164. 1912.)
Bei Ausführung der Trommerschen Probe ist es nicht
gleichgültig, ob man zuerst zu dem Harn Natronlauge
und daun Kupfersulfat wie üblich, oder umgekehrt zu-
erst Kupfersulfat und dann Natronlauge hinzusetzt. Im
ersteren Falle erhält man eine tiefblaue Lösung, während
bei dem umgekehrten Verfahren ein großer Teil des
Kupferoxydhydrates ungelöst bleibt. S. sieht die Ur¬
sache dieser Erscheinung darin, daß das Lösungsver-
mögpn größtenteils auf vorhandenem Kreatinin beruht,
da Lösungen derselben beträchtliche Mengen von Kupfer¬
hydroxyd in Lösung halten, wenn man sie zuerst mit
Kupfersulfat und dann mit Natronlauge versetzt, nicht
aber umgekehrt. Da nun für die Beurteilung des posi¬
tiven Aasfalls der Trommerschen Probe auch noch andere
Momente zu berücksichtigen sind (z. B. Ausscheidung
des Kupferoxyduls während des Erhitzens oder erst nach¬
her, Menge des vorhandenen Zuckers besonders, wenn
es sich um Spuren von Traubenzucker handelt u. a. m.),
so kann der Fall eintreten, daß die umgekehrte Trommer¬
sehe Probe nach Ansicht S.s unter Umständen sich
als bi auch barer erweist als die normale. S. em¬
pfiehlt für diese Zwecke folgende Ausführung: 5 ccm
Harn, 1 ccm 10°/ 0 Kupfersulfatlösung und ungefähr
das halbe Volum 15% Natronlauge. Von anderen
Modifikationen der Trommerschen Probe werden noch
angegeben: I) Zu 6 ccm 30% Natronlauge werden
8 Tropfen 10% Kupfersulfat gegeben und erhitzt und
dann zu der heißen Lösung 2 ccm Harn gebracht und
nochmals erhitzt. 2) 20 ccm Harn werden im Becher-
gläschen solange mit 20%iger Quecksilberazetatlösung
versetzt, als noch ein deutlicher Niederschlag entsteht,
hierauf gibt man bis zur neutralen oder bleibenden ganz
schwach sauren Reaktion Natriumkarbonatlösung hinzu
und filtriert. Nach dem Ansäuern mit Salzsäure setzt
man zu etwa 10 ccm Filtrat eine starke Messerspitze
gepulvertes Zink, um das Quecksilber zu entfernen, er¬
wärmt und schüttelt gut durch. Nach dem Abfiltrieren
prüft man im Fiitrat mit Salzsäure und Zinnchloriir, ob
dasselbe Quecksilber frei ist, und stellt dann dieTrommer-
sche Probe unter Anwendung des halben Volumens
Natronlauge von 15% und einem kleinen Überschuß
von l0%iger Kupfersulfatlösung an. Merkwürdiger¬
weise wird in der vorliegenden Arbeit eine andere
Modifikation der Trommerschen Probe, die Worm-
Müller'sche Probe überhaupt nicht erwähnt, obschon
gerade diese sich als sehr empfindliche und zuverlässige
Zuckerprobe erwiesen hat. Junkersdorf (Bodd).
348. Zur Frage des toxogenen Eiwei߬
zerfalles; von N. Krasnoyorski. (Arch. f.
exper. Path. u. Pharm. Bd. 69. S. 239. 1912.)
Um die gegenwärtig viel umstrittene Frage,
ob ein toxisches Moment für die febrile Steige¬
rung des Eiweißumsatzes in Betracht kommt zu
entscheiden, hat Kr. den Stickstoffumsatz bei Kanin¬
chen nach Einspritzung verschiedener toxischer
Substanzen untersucht. Die Tiere wurden auf
gleichmäßigen täglichen Stickstoffverlust gebracht
und injiziert Bei einem Teil der Versuche wurden
den Tieren dieKohlehydrate vorenthalten, bei einem
andern wurde durch reichliche Verabreichung der¬
selben versucht den Stickstoffumsatz herabzusetzen.
Die wichtigsten Resultate sind kurz folgende:
Bei der Toxikose ist ein beträchtlicher Eiwei߬
zerfall zu konstatieren, der oei Verabreichung
verschiedener Toxine verschieden stark auftritL
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121
III. Physiologische und pathologische Chemie.
Kohlehydrate vermögen nicht den Eiweißzerfall
auszugleichen. Den Grad des toxogenen Eiwei߬
zerfalles ist kein Maß der Giftigkeit des Toxins.
Junkersdorf (Bonn).
349. Über die Aufgaben dermedizinischen
Chemie in der Geschwulstforschung; von
Ernst Freund. , (Wien. klin. Woch. 1912.
Nr. 27. S. 1035.)
In einem in der Sitzung der k. k. Gesellschaft für
Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit ge¬
haltenen Vortrage sucht Fr. die Frage zu beantworten:
„Was kann die chemische Forschung tun, um den
Kampf gegen das Karzinom zu führen?“ Nach ein¬
leitenden Bemerkungen über das Wenn und die Ursachen
des Karzinoms, wobei nach Ansicht Fr. vornehmlich
dreierlei Ursachen in Betracht kommen — die Krank¬
heit kann angeboren sein, sie kann durch einen Reiz
(Lebewesen oder unorganisiertes Gift) ausgelöst werden
und sie kann eine Folge von Fehlern in der Lebens¬
tätigkeit sein. — werden alle drei Ursachen in der
Richtung in Betracht gezogen, welches die Aufgaben
der chemischen Forschung für den Kampf gegen sie
wären. Was die beiden erstgenannten Ursachen angeht,
so war man schon seit langer Zeit bemüht den „ange¬
borenen oder infizierten Keim“ zu vernichten; sei es
nun durch Ätzmittel, Anilinfarbeninjektion (Mosetig)
durch Yerdauungsfermente, Organextrakte und Organ¬
sekrete, ja selbst durch Karzinomextrakte, durch Cho-
lestearinjektion und schließlich durch Röntgen- und
Radiumstrahlen — leider ohne Erfolg.
Eine weitaus ergiebigere Arbeitsmöglichkeit ergibt
sich für die Chemie bei Beriicksichtigung des dritten
Falles, daß die Karzinomkrankhoit durch einen abnormen
Lebensprozeß des Organismus bedingt sei. Denn einmal
kommt hierbei die Feststellung der Existenzbedingungen
der schädlichen Noxe, dann aber vor allem die Er¬
klärung der Entstehung in Betracht.
Es ergibt sich also, die chemischen Be¬
dingungen dafür zu suchen, (laß nur spezielle
Anteile der Gewebe bzw., daß ein Reiz das Ge¬
webe so beeinflußt, daß es anders als ein normales
zu wachsen beginnt. Die bisher in dieser Rich¬
tung an gestellten Untersuchungen werden ein¬
gehend dargelegt (Arbeiten von Töpfer, Gott¬
lieb und Bonzinsky, von Saxl und Salomon,
Versuche des Verf. und seiner Mitarbeiter) und
die erzielten Erfolge eiuer kritischen Würdigung
unterzogen. Junkersdorf (Bonn).
350. Zur Chemie des Karzinoms; von
Sigmund Fränkel. (Wien. klin. Woch. 1912.
Nr. 27. S. 1091.)
Beim Karzinom sind nicht nur der Fett- und
Zuekerstoffweclisel (Untersuchungen von Hermann
und von Neumann, sowie von Freund), sondern
auch in ganz bestimmter Weise der Eiweißstoff¬
wechsel geändert.
Neben dem schon bekannten Auftreten von Oxy-
proteinsäure im Ham ist es gelungen, bei einem Fall
von Melanosarkom, welcher die Erscheinung der Melan-
urie zeigte, das Melanogen zu isolieren und dieses als
ein Abbauprodukt des Tryptophans zu identifizieren,
das nach der Konstitutionsbestinimung N-Methylpyrro-
lidinoxykarbonsäare sein soll, dio in Form einer Äther¬
schwefelsäure an der einen oder andern sauren Gruppe
amidiert ist. Bei der Melanurie wäre also der Organis¬
mus imstande wohl den Benzolring zu zerstören, nicht
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
aber den Pyrrolring, an dem er, um zu der N-Methyl-
pyrrolidinoxykarbonsäure zu kommen, noch sehr ver¬
schiedene Veränderungen vornehmen müßte. Von Stöber
und Wacker wurde nun schon früher darauf auf¬
merksam gemacht, daß Indol und Skatol, also ebenfalls
Körper, die den Pyrrolring neben dem Benzolring, ent¬
halten und sich ebenfalls vom Tryptophan ableiten, nach
subkutaner Einverleibung imstande sind, das Epithel
der Haut in Wucherung zu versetzen. Es liegt also
nach den vorliegenden Untersuchungen nahe, daß der
Organismus vielleicht dio Fähigkeit verloren hat das
Indolringsystem völlig aufzuspalten, sodaß der Pyrrol¬
ring erhalten bleibt. Diese Substanzen würden dann
im Körper zirkulieren und könnten hierbei gewisse dis¬
ponierte Zellgruppen zu atypischem Wachstum anregen.
Andere experimentelle Untersuchungen von Fasal
sprechen im Gegensatz zu den vorhin erwähnten dafür,
daß das Unvermögen der Aufspaltung des Tryptophans
die Folgeerscheinung dev malignen Wucherung ist. Fasal
fand nämlich, nach Entfernung der verdaulichen Eiwei߬
körper durch Pepsin und Trypsin-Soda in verhornter
Epidermis einen beträchtlichen Gehalt an Tryptophan,
in der Kutis dagegen keine Spur desselben. Bei manchen
Tumoren dagegen gelang es ihm, obwohl diese aus dein
tryptophanreicheu Epithel stammen, eine auffallende
Verringerung des Tryptophangehaltes zu konstatieren.
Der Wert dieser Befunde ist um so höher anzuschlajjen,
als es zudem noch möglich war, aus dein Harne Kar-
zinomatöser eine Substanz zu isolieren, welche reiche
Mengen an Tryptophan enthielt. Bei der eigenartigen
Rolle des Tryptophans unter den Spaltungsprodukten
des Eiweißes für den Eiweißaufbau wäre es also leicht
möglich, daß der Tryptophanstoffwechsel, wie aus den
vorliegenden Untersuchungen hervorgeht, nach den an¬
gedeuteten Richtungen hin bei malignen Tumoren ge¬
stört sein kann. Junkersdorf (Bonn).
351. Der Einfluß der Magenfunktion auf
die Eiweißdissimilation; von H. Benedict
und N. Roth. (Orvosi Hetilap 1912. S. 342.)
Die Versuche B.s u. R.s wurden in der Weise
angestellt, daß sie den Versuchspersonen eine
Standardnahrung bekannter Zusammensetzung ver¬
abreichten und in den darauffolgenden 8 Stunden
den N-Gehalt des Harnes stündlich (nach Kjel-
dahl) bestimmten. Es wurde festgestellt, daß
nach einer stark eiweißhaltigen Nahrung in den
ersten 8 Stunden die N-Ausscheidung einer
typischen Kurve entsprechend ausgeschieden wird.
— In Fällen von Hyperazidität ist die Kurve höher,
erreicht aber das Maximum erst später, als in
normalen Fällen. Das Maximum der Kurve wird
umso später erreicht, je schlechter die Motilität
des Magens ist. Am spätesten wird sie bei or¬
ganischen Pylorus-Stenosen erreicht. In den
untersuchten Fällen von Anazidität zeigt die Kurve
in den ersten 8 Stunden nur eine unbedeutende
Höhe. Es konnte also gezeigt werden, daß Magen¬
störungen die Eiweißdissiinilation deutlich und in
einer charakteristischen Weise beeinflussen; in¬
wiefern diese Versuchsergebnisse praktisch ver¬
wertet werden können, soll in weiteren Versuchen
untersucht werden. Rosenthal (Budapest).
352. Untersuchungen über die Verdau¬
lichkeit der Kartoffeln; von M. Hindhede.
(Skand. Arch. f. Phys. Bd. 27. S. 275. 1912.)
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122
III. Physiologische und pathologische Chemie.
Durch einen 40tägigen Verdaulichkeitsversuch
am Menschen glaubt sich H. zu dem Schluß berech¬
tigt, daß die Kartoffeln vollständig verdaulich seien.
Nach seiner Ansicht beruht die hierbei in Betracht
zu ziehende Behauptung von der Unverdaulichkeit
des Pflanzeneiweißes in vielen Fällen auf einer
verkehrten Berechnung. Junkersdorf (Bonn).
353. Zur Kenntnis der im Nervensystem
physiologisch vorkommenden Lipoide; von
A. Rachmanow, (Zieglers Beiträge Bd. 53.
S. 35.)
Im Anschluß an die Untersuchungen Kawa¬
rn uras hat Rachmanow im Freiburger patho¬
logischen Institute die morphologisch größtenteils
bekannten Lipoidkörper des Nervensystems auf
ihr mikrochemisches Verhalten hin untersucht
Schon normalerweise kommen im Zentralnerven¬
system des Menschen und der Säuger morpholo¬
gisch sichtbare Lipoide vor. Die meisten dieser
Körper sind einfache lichtbrechende, sie geben im
wesentlichen die tinktoriellen Reaktionen der Fett¬
säuren. Solche Körper sind z. B. die sogenann¬
ten „lipochromen“ Pigmente in den Ganglien¬
zellen. Häufig haben die intrazellulären Lipochrome
alier noch eine Lipoidhülle: diese gibt die tink¬
toriellen Reaktionen der Glyzerinester. Doppelt-
brechende Lipoidsubstanzen, die den cholestearinestem
zuzurechnen sind, finden Bich physiologischerweise
in der Umgebung größerer Gefäße; sie liegen
hier intrazellulär.
In den peripheren Nerven hingegen findet
man nur isotrope Lipoide (vom Myelin der Mark¬
scheiden abgesehen), und zwar in den Schwann-
schen Zellen, im Perineurium usw.; typisch kommen
sie auch in den Markzellen vor. Diese Lipoide
der peripheren Nerven geben die Reaktionen der
Fettsäuren.
Bei aseptischer Entzündung, bei Autolyse treten
nur isotrope Lipoidkörper auf, mit den Reaktionen
der Fettsäuren (z. B. in den Köruchenzellen).
Cberhaupt findet man da, wo es sich um Abbau-
und Resorptionsprozesse handelt, in den Früh-
statien regelmäßig Fettsäuren; man kann annehmen,
daß diese zum Aufbau von Glyzerinestern Ver¬
wendung finden. Fischer (Göttingen).
354. Spektrophotographische Untersu¬
chungen des Mekonium; von L. Lewin.
(Pflügers Arch. Bd. 145. S. 392. 1912.)
Es wird eine Methode beschrieben, die zum
spektroskopischen bzw. spektrophotographischen
Nachweis des im Mekonium enthaltenen Farb¬
stoffs und damit das Mekonium selbst verwandt
werden kann. JunkerBdorf (Bonn).
355. Einfluß des Natriumchlorides auf
den Salzsäuregehalt im Magensafte; vou
Samuel Floersheim. (New York med. Record
1912. Nr. 23. S. 1089.)
Es wird allgemein angenommen, daß Kochsalz
in den menschlischen Organismus eingeführt eine
Anreicherung von Salzsäure im Magensäfte zur
Folge hat Kochsalzabstinenz müßte demnach zu
Salzsäure Verminderung führen. Ist diese Voraus¬
setzung richtig, so hat man es jederzeit in der Hand
den Salzsäuregehalt des Magensaftes beliebig zu re¬
gulieren. Bei Salzsäureübe fsehuß bedient man
sich vorübergehend mit Vorteil des Natriumkarbo¬
nates als Gegenmittel. F. hat Versuche angestellt,
um den Einfluß von Kochsalz, das entweder per
os oder als Klystier einverleibt wurde, auf den
Chlorwasserstoffgehalt des Magensaftes zu bestim¬
men. Von 8 zur Untersuchung herangezogenen
Patienten ohne Stoffwechsel-, Zirkulation»- oder
Nervenkrankheiten betrug in vier Fällen der Gehalt
an freier Salzsäure 80°, bei den Übrigen 15°. Die
Patienten erhielten die Ewaldsche Probemahlzeit,
die jeden 4. Tag analysiert worden war. Bei den
Fatien ten mit zu hohem Chlorwasserstoffgehalt
gab man zur Nahrung kein Kochsalz, bei den¬
jenigen mit zu geringem Salzsäuregehalt im
Magensafte wurde Kochsalz per os und als Kly¬
stier ein verleibt, sonst an der gewöhnlichen Lebens¬
weise keine Veränderung vorgenommen. Immer
konnte festgestellt werden, daß bei Hyperazidität
keine wesentliche Verminderung und bei Bypazidi-
tät keine nennenswerte Vermehrung der Salzsäure
eintrat. Bei Einhaltung des umgekehrten Ver¬
fahrens machte sich auch kein starker Einfluß
auf die Salzsäureausscheidung geltend. Nach den
von F. angegebenen Befunden hat die Einführung
von Natriumchlorid keinen besonderen Einfluß auf
die Salzsäureausscheidung im Magen. Es wird
auf Grund obiger Untersuchungen und Ergebnisse
geraten, bei Chlorwasserstoffanomalien des Magen¬
saftes nicht vom gewöhnlichen Salzkonsum abzu¬
weichen. Mit Rücksicht auf die zahlreichen, diesen
Gegenstand behandelnden Arbeiten, insbesondere
die ausführlichen Untersuchungen von H. Leo
(Verh. d. XXI. Kong. f. inn. Med. Bd. 34. S. 469.
1904), welche von F. nicht erwähnt sind, bieten
die obigen Resultate nichs wesentlich Neues.
Flury (Würzburg).
356. Der Glykogenstoffwechsel der Wein¬
bergschnecke (Helix pomatia) im Winter¬
schlaf und beim Auskriechen ; von B. Schön -
dorff. Vorläufige Mitteilung. (Pflügers Arch.
Bd. 146. S. 151. 1912.)
Eingedeckelte Schnecken erhalten im Winter¬
schlaf während der Monate Dezember, Januar,
Februar, März ihren Glykogengehalt konstant, und
zwar beträgt derselbe im Durchschnitt 1,8% der
feuchten Substanz und zirka 9% der Trocken¬
substanz, welche etwa 20% beträgt Die Leber
enthält ungefähr ebensoviel Glykogen wie die
übrigen Organe; es findet also keine Anhäufung
von Glykogen in derselben statt. Gegen Ende
März, wenn die Schnecken anfangen auszukriechen.
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
123
ist der Glykogengehalt auf 1,089% der feuchten
Substanz, bzw. 5,321% der Trockensubstanz ge¬
sunken. Nach dem Auskriechen sinkt er weiter
bis auf 0,3%, bzw. 2,0% und bleibt auf diesem
niedrigen Stande stehen. In diesem letzten Stadium
enthält die Leber etwas mehr Glykogen der übrige
Körper. Dittler (Leipzig).
357. Über das Auftreten von Glykogen
nach Fütterung mit einigen Monosaccha¬
riden, einem Disaccharid und Fett nach
morphologischen Beobachtungen an der
Weinbergschnecke (Helix pomatia); von
H. Ehrhard und F. Ziegel w a 11 n e r. (Zeit-
schr. f. Biol. Bd. 58. S. 541. 1912.)
Sowohl nach Fütterung mit den Monosaccha¬
riden Dextrose, Galaktose und Mannose, sowie
mit dem Disaccharid Laktose tritt im Körper der
Weinbergschnecke Glykogen auf. Der gleiche
Vorgang ließ sich Dach Öl-, Glyzerin- und Stearin¬
säurefütterung beobachten. Abweicheud davon
scheinen sich die mit Palmitinsäure gefütterten
Tiere zu verhalten, welche kein Glykogen oder
nur ganz geringe Mengen enthielten. Die mit
Bern stein säure gefütterten Schnecken endlich
gingen stets nach kurzer Zeit zugrunde.
Dittler (Leipzig).
358. Fettverlust beim Trocknen des Flei¬
sches; von Munemiehi Taraura. (Biocliem.
Zeitschr. Bd. 41. S. 78. 1912.)
Da beim Trocknen und Pulverisieren von
Fleischbrei stets ein mehr oder minder großer
Fettverlust stattfindet, der mit der Dauer der Er¬
hitzung immer mehr zuninunt, empfiehlt es sich
bei Stoffwechseluntersuchungen sich der direkten
Verseifung des wasserhaltigen Materials nach
Kumagava-Suto zu bedienen.
Junkersdorf (Bonn).
359. Ein weiterer Beitrag zur Kumagava-
Sutoschen Fettbestimmungsmethode; von
Rinji Watanabe. (Biocliem. Zeitschr. Bd. 41.
S. 71. 1912.)
W. hat die Kumagava-Sutosche Verseifungs¬
methode bei fast allen Organen und Geweben
nachgeprüft und ihre Ausführung für bestimmte
Substanzen festgelegt Weiter wurde festgestellt,
daß frisches wasserhaltiges tierisches Material
IV. Mikrobiologi
363. Über Auflösung der Tuberkelbazillen
und anderer säurefester Bakterien im
Organismus; von R. Kraus und G. Hofer.
(Wien. klin.Woch. 1912. Nr. 29. 8.1111.)
Bekannt ist, daß Tuberkelbazillen in der Peri-
tonealhöiile tuberkulöser, gelegentlich auch ge¬
sunder Meerschweinchen aufgelöst werden in
Granula, welche Much für identisch hält mit der
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beim Aufbewahren in Verseifungslauge nichts von
seinem Fettgehalt verliert. Junkersdorf (Bonn).
360. Der Einfluß der Galle auf die fer¬
mentative Synthese des Fettes; von A. II am-
s i k. (Rozpravy Ceske Akad. Bd. 19. S. 24. Okt. 2.)
Untersuchungen mit Präparaten aus dem Pan¬
kreas des Schweins, des Rindes und des Hundes
und aus der Darmschleiinhaut vom Schwein er¬
gaben, daß die Galle die unter dem Einflüsse der
Pankreas- und Darmlipase stattfindende Synthese
des Fettes beschleunigt; diese Wirkung kommt
vorwiegend den Salzen der Gallensäuren zu.
Mühlstein (Prag).
361. La nuova reazione dello zolfo nelle
urirte dei cancerosi di Salomon-Saxl ; per
M. Mazzitell i. (Rif. ined. 1912. S. 813. Luglio 27.)
Bei der Nachprüfung der von Salomon und
Saxl angegebenen Schwefelreaktion im Drine
Krebskranker wurde das Perhydrol in einzelnen
Fällen ohne Beeinflussung des Ergebnisses durch
Natrium nitrit ersetzt. DieReaktion war bei 18 Krebs¬
kranken 14mal positiv; in diesen 18 Fällen war
die klinische Diagnose einwandsfrei festgestellt.
Von 26 Kachektischen reagierte der Urin 16mal
nach Salomon und Saxl. Von diesen 16 litten
11 sicher an Krebs, 4 an Tuberkulose. Bei
10 Tuberkulösen gelang die Probe 8mal. M. hält
die Methode für die Diagnose des Krebses für wert¬
voll, wenn man Tuberkulose und Syphilis sicher
ausschließen kann. Fis che r-Defoy (Quedlinburg).
362. Misuradella secrezione pancreatica
col dosaggio dell’amilase fecale; per Liber¬
tin i. (Rif. med. 1912. S. 763. Luglio 13.)
Ist das amylolytische Vermögen des Kotes
bestimmt nach der von Enriquez, Ambard
und Bi net angegebenen Methode, normal oder
annähernd normal, so spricht das mit Wahr¬
scheinlichkeit für- eine ungestörte Funktion des
Pankreas. Ergeben mehrfache Proben, daß das
amylolytische Vermögen herabgesetzt ist, so kann
man daraus mit ziemlicher Sicherheit schließen,
daß die Pankreasfunktion gestört ist oder ein
mechanischer Verschluß der Pankreasausführungs¬
gänge vorliegt. Die Bestimmung der Diastase im
Kot ist nur von geringem Werte für die Be¬
stimmung der Pankreasfunktion.
Fische r-Defoy (Quedlinburg).
» und Serologie.
von ihm beschriebenen Form der granulären
Tuberkelbazillen. Ob nach dem Verschwinden
der säurefesten Substanz diese also auf ver¬
schiedene Weise zu erzielenden grampositiveu
Granula noch vermehrungsfähig sind, muß noch
bewiesen werden. Kr. u. H. fanden nunmehr, daß
das Serum tuberkulöser Tiere die Fähigkeit besitzt,
Tuberkelbazillen in der Bauchhöhle gesunder
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124
IV. Mikrobiologie und Serologie.
Meerschweinchen stärker zu lösen, als das Serum
gesunder. Das wäre also eine Ausdehnung des
Pfeifferschen Vibrionenversuchs auf die säure¬
festen ; ob freilich auch hier bakteriolytische
Antikörper vom Ambozeptortyp, oder spezifische
Fermente im Spiele sind, bleibt noch dahin¬
gestellt. Jedenfalls fanden die Autoren, daß sich
durch Vorbehandlung mit allen möglichen säure¬
festen Bazillen das betreffende Tier eine Auf¬
lösungsfähigkeit für dieselben erhält, welche,
soweit untersucht wurde, auch spezifisch ist
Tuberkelbazillen vom Typus bovinus und huma-
nus verhalten sich gleich. Meerschweinchen mit
einem dieser Typen injiziert, vermag (nach etwa
1 Monat) beide aufzulösen. Der Typus avium
wird nur aufgelöst durch Tiere, welche mit Ge-
fliigeltuherkulose vorbehandelt waren, Kaltblüter¬
tuberkelbazillen im homolog behandelten Tier.
Bei Smegmabazillen und Leprabazillen ließ sich
eine ähnliche Spezifizität konstatieren, wenngleich
die Tiere keine Spur einer Infektion aufwiesen.
Es scheint demnach, daß schon der gesunde
Organismus und nicht nur der spezifisch er¬
krankte, imstande ist, auf Zufuhr von Antigenen
säurefester Art mit einer Produktion von Anti¬
körpern zu reagieren. Sollten die weiter ange-
kftndigten Versuche Kr. u. H. ! s die bisherigen
Befunde erhärten, würden wir in den Besitz einer
wertvollen Methode zur Differenzierung säurefester
Bakterien gelangt sein. Seitz (Bonn).
364. The examination of diphtheria spe-
cimens; by C. Pond er. (Lancet July 6.
1912. S. 22.)
Zur Differenzierung der Diphtheriebazillen
wird folgende Methode vorgeschlagen: Es wird
ein direkter Deckglasabstrich von dem Rachen
gemacht und fixiert; sodann wird ein Tropfen
einer Lösung von Toluidinblau Grübler 0,02 gr,
Eisessig 1 ccm, Alk. absol. 2 ccm und destil¬
liertem Wasser ad 100 ccm auf das Deckglas
gebracht, dieses umgekehrt und der hängende
Tropfen bei sehr starker künstlicher Lichtquelle
unter Öl-Immersion betrachtet. Der Diphtherie¬
bazillus ist matt glitzernd blau mit roter Granu¬
lierung gefärbt, eine Färbung, die sich bei anderen
Organismen nicht findet Die Spirochäte der
Angina Vincenti und der Bacillus fusiformis sind
stark dunkelblau gefärbt, während die anderen
Mikroorganismen eine einheitliche mehr oder
weniger blaue oder rote Färbung aufweisen.
Besonders für die Frühdiagnose soll die Methode
geeignet sein. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
365. Blood and stool examination in a
Company of Philippine scouts; by E. S.
T e n n e y. (Boston med. and surg. Journ. July 4.
1912. S. 4.)
Von 100 eingeborenen Soldaten auf den Phi¬
lippinen wurde Blut und Stuhl auf Parasiten
untersucht. Nur in einer Blutprobe fand sich
Filaria nocturna. Nur 15 Stuhlproben waren
frei von Parasiten. 52 enthielten Asariden,
48 Trichurius, 24 Dncinaria, 1 Trichomonas.
Einer der Soldaten beherbergte alle 4 Parasiten,
15 drei Arten. Das Vorhandensein der Dncinaria
machte sich durch keinerlei Symptome bemerk¬
lieh. Die Untersuchung beweist, daß trotz der
günstigen hygienischen Verhältnisse, in denen
die Leute seit einem halben Jahre lebten, die
Parasiten uuter den Philippinos sehr häufig sind.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
366. A method of estimatingthe strength
of a vaccin by a Standard bacterial emul-
sion; by J. A. Braxton Hicks. (Brit. med.
Journ. April 27. 1912. S. 944.)
Zur Abschätzung der Stärke einer Vakzine
wird eine Standard- Emulsion von bekannter
Stärke herangezogen, die entgegengesetzte Färbe¬
fähigkeit besitzt. Will man z. B. eine Staphylo-
kokken-Emulsion prüfen, so benutzt man eine
auf Gram nicht reagierende Emulsion, also z. B.
von Bacteriura coli, und umgekehrt Man mischt
gleiche Mengen beider Emulsionen und stellt
einen Abstrich her, den man nach Gram unter
Verwendung einer Gegenfärbung färbt. Dann
zählt man in einer Zählkammer etwa 200 bis
300 Bakterien ab, indem man sich die Zahl der
Gram-negativen und die Gram-positiven merkt
Nach der Gleichung Gram -j- : Gram — = x:
Standard-Emulsion kann man sich dann leicht
die Stärke der unbekannten Emulsion berechnen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
367. Über den Typus der Tuberkel¬
bazillen bei der spontanen Tuberkulose
der Affen; von Lindemann. (D. med. Woch.
1912. S. 1921.)
Bei 5 untersuchten Fällen lag 3mal Typus
bovinus und 2mal Typus humanus vor.
Frankel (Bonn).
368. Quantitativ experimentelle Unter¬
suchungen über die Wirksamkeit der
Tuberkulintherapie (TA und BE) bei Augen¬
tuberkulose; von Krusius. (D. med. Woch.
1912. S. 795.)
Selbst eine mehr als zehnfach überschwellige
intrakorneale bovine Tuberkulose-Impfung beim
Kaninchen führt nach anfänglich starker Progre¬
dienz oft zu einer spontanen Narbenbildung, wenn
auch erst nach mehrmonatlichem Verlauf. Die
einschleichende subkutane Tuberkulintherapie mit
AT oder BE läßt keine eindeutige spezifische Heil¬
wirkung erkennen, ist aber völlig unschädlich.
Prophylaktische subkutane BE-Behandlung hat
eine relative Schutzwirkung gegenüber einer
nachherigen überschwelligen intrakornealen Impf¬
tuberkulose. F r ä n k e 1 (Bonn).
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
125
369. Über Tuberkuloseschutzimpfung
mittels toter, in Schilfrohrsäckchen ein¬
geschlossener Tuberkelbazillen ; von Hey-
mans. (D. nied. Woch. 1912. S. 1081.)
Abgetötete Tuberkelbazillen bis zu 1 g in
kollodionierten Schilfrohrsäckchen werden von
gesunden und von tuberkulösen Tieren gut ver¬
tragen. Mitunter zeigte sich dabei eine präventive 1
bzw. kurative Immunisierung gegen Tuberkulose.
Die langsame Dialyse des Inhalts läßt diese
Methode empfehlenswerter erscheinen, als andere |
Impfungen mit Tuberkulin oder mit Tuberkel¬
bazillen. Frankel (Bonn).
370. Sauerstoffzufuhr und Tuberkulose;
von Moore. (Brit. med. Jouru. 1912. S. 108.)
Experimentelle Untersuchungen zeigten, daß
erhöhte Sauerstoffzufuhr die Tuberkulose bei
Tieren langsamer, Aufenthalt in kühlen Räumen
schneller verlaufen läßt. Bei Patienten empfiehlt
sich Wannhalten des Körpers und Kälteapplika-
tion im Gesicht, um die Atmung anzuregen und
dadurch die Sauerstoffzufuhr zu erhöhen.
Fr&nkol (Bonn).
371. Zur Frage der Agglutination nach
L. Michaelis bei Typhus abdominalis und
bei der Pest des Menschen; von J. J. Gri-
gori e w s tepan o w. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 3. S. 81.)
Es scheint, daß für Pestbazillen des Menschen
die Zusammenklebung als auch größere Nieder¬
schläge im Probiergläschen mit einem Gehalt an
H-Ionen von 4,10—s bis 6,10-« sehr charakteristisch
sind. Dieselbon Erscheinungen im Probiergläschen
mit einem Gehalt von 32,10—s bis 34,10—5 an
H-Ionen sind wahrscheinlich charakteristisch für
pestähnliche Bazillen aus der Gruppe dor Erreger
der jauchigen Hämorrhagie. Die Reaktion soll
binnen 24 Stundon eintreten.
Truschennikoff (Odessa).
372. Autoserotherapie von Exsudaten
bei künstlichem oder spontanem Pneumo¬
thorax; von Burnand. (Revue Möd. de la
Suisse rom. 1912. S. 565.)
Bei einem Patienten mit künstlichem Sero-
Pneumothorax wurde mit gutem Erfolge die Auto¬
serotherapie angewendet Die theoretischen Be¬
denken (Verbreitung der im Exsudat enthaltenen
Tuberkelbazilien) treffen in höherem Grade auf
die Anwendung derselben bei spontanem Sero-
Pneumothorax zu. Fränkel (Bonn).
373. Bacillus paratyphi A, seine Lage
in dem System der Paratyphusbazillen ;•
von A. A. Melkich. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 27. S. 1129.)
starben 5). Weil zu derselben Zeit die Ratton
zwecks Austiigung mit Bazillen des Rattentyphus
Danysz infiziert wurden, glaubt M., daß, da die
oben genannten Bazillen sehr nahe verwandt sind,
die Ratten als Infektionsüberträger anzusehen
sind. Die Agglutinationsprobe der Danyszbazillen
mit Paratyphus A-Serum fällt in Verdünnung bis
1: 500 (1 : 600) positiv aus. Die Untersuchungen
des Leitungswassers auf Typhusbazillen resp. auf
I'aratyphusbazillen fielen immer negativ aus.
Truschennikoff (Odessa).
374. Modifizierte Antiforminmethode
(Äthero-azetonmethode) der Untersuchung
des Sputums auf Tuberkelbazillen; von
A. O. M ichay lo w sky. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 25. S. 1074.)
Nachprüfung der Methode von Kaslow. Die
Verfasserin hält diese Methode für die beste.
Truschennikoff (Odossa).
375. Über die Anwesenheit der spe¬
zifischen Antikörper im Blute der mit
Salvarsan geheilten Tiere; von M. N. )l»r-
guljer. (Russki Wratsch 1912. N. 19. S. 641.)
Versuche an Ratton, welche mit Naganatry-
panosomen infiziert wurden. Schwache Heil¬
wirkung der Sera der geheilten Tiere (Antiendo¬
toxine?). Salvarsan an sich, den gesunden
Tieren injiziert, gibt diese Eigenschaft dem Serum
nicht. Truschennikoff (Odessa).
376. Über Antikörperbildung in Kulturen
lebender Körperzellen ; von H. Lüdke.
(Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 22. S. 1034.1
Nachdem Car re 1 in Amerika der Versuch
gelungen, tierische Gewebe in vitro zu kultivieren,
mußte es von großem Interesse sein festzustellen,
ob die biologische Funktion der Antikörperbildung
in diesen überlebenden Geweben erhalten blieb.
Die bekannte Tatsache, daß der Reiz zur Anti¬
körperbildung genügt, um auch in dem aus dem
Organverband des Organismus gelösten Gewobo
dio Bildung der Antistoffe fortzusetzen (trans-
plantierto Milzteile immunisierter Tiere verleihen
dem Blutserum der Wirtstiere agglutinierende und
bakterizide Fähigkeiten), ließ die Annahme als
richtig erscheinen. L. kam im wesentlichen zu
gloichen Ergebnissen wie Carrel; die Versuche
mit Milz, Knochenmark, seltner Lymphdrüsen,
welche in Ringerlösung oder Blutserum bei 37°
aufgehoben wurden, fielen positiv aus in fast der
Hälfte der Fälle. Von den Gewobsteilon wurden
in vitro Agglutinine sowie Hämolysine gebildet;
als Nebonbefund fand sich, daß im Tierkörper die
Antikörperbildung meist 3—6 Tage nach der In¬
jektion des Antigens in den hämatopoetischen
Organen einsetzt.
Bei der Nachprüfung der Versuche C a r r e 1 s,
Bakteriologische Untersuchungen einer Typhus¬
epidemie in Kasan ergaben, daß es sich um eine
Paratyphusepidemie handelte (von 15 Kranken in den in vitro kultivierten Gewebon gegen ein
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126
IV. Mikrobiologie und Serologie.
zugesetztes Antigen, z. B. Hammelblut, spezifische
Antikörper zu erzeugen, hatte L. jedoch weniger
schöne Erfolge. Nur in einem Falle waren spe¬
zifische Gewebsambozeptoren in vitro produziert
worden; interessanterweise verschwand auch bei
diesen Vitroversuchen nach Erhitzen auf 56—60° C
die hämolytische Fähigkeit, wurde aber durch
Zusatz von frischem Komplement reaktiviert.
S e i t z (Bonn).
377. L’examen des taches de sang par
la möthode des särums pröcipitants; par
F. Dervieux et J. Leclercq. (Ann. d’Hyg.
Bd. 17. S. 505. 1912.)
Präzipitierende Sera können nicht gebraucht
werden, um die Gegenwart von Blut zu bestim¬
men; sie zeigen nur an, daß ein bestimmtes Eiweiß
vorhanden ist. Man muß vor Anwendung der
Präzipitierung durch die üblichen Methoden fest¬
stellen, daß tatsächlich Blut vorliegt. Die Reaktion
ist nicht absolut spezifisch, denn Tiere derselben
Familie reagieren in gleicher Weise auf ein prä-
zipitierendes Serum, das für eins von ihnen her¬
gestollt wurde. Da aber mit dem Serum, das
Menschenblut präzipitiort, nur noch das Blut
höhorer Affen reagiert, oin Fehler, den man fast
immer wird ausschalten können, so gibt die
Methode doch in der Praxis, speziell der gerichts¬
ärztlichen, brauchbare Resultate. Die Technik ist
relativ einfach und selbst mit den kleinsten Blut¬
mengen erhält man deutliche Resultate. Schwierig¬
keiten ergeben sich, wenn die Blutlösung trotz
Zentrifugieren und Filtrioren nicht klar wird.
Ferner kann das Blut durch gewisse physikalische
oder chemische Einflüsse so verändert sein, daß os
die Eigonschaft zu präzipitieren verliert. Handelt
es sich um eine Mischung von Eiweiß verschie¬
denen Ursprungs, so gelingt es nur selten, alle
Komponenten durch Präzipitierung festzustellen,
doch wird man sich dann gewöhnlich damit be¬
gnügen können, die Reaktion desjenigen Eiweißes
zu erhalten, dessen Vorhandensein man vermutet.
D. u. L. empfehlen jedenfalls, bei der Deutung
einer positiven Reaktion vorsichtig zu sein.
Koenigsfeld (Breslau).
378. Ober Versuche zur Übertragung
von Hühnerspirochäten auf Mäuse; von
Deutz. (Gyn. Rundschau Bd.22. S. 1017.1912.)
D. impfte Mäuse intravenös durch die Schwanz¬
vene und intraperitoneal mit je 0,5 ccm stark
spirochätenhaltigen Hühnerblutes. Bei intra¬
venöser Applikation gelang es in einzelnen Fällen,
nach 72 Stunden nach der Infektion Spirochäten
im Blute zu finden, während bei intraperitonealer
Übertragung die Spirochäten schon nach 36 bis
40 Stunden aus dem Blute verschwinden. Bei
weiterer Übertragung auf andere Mäuse konnten
höchstens 2 Passagen erzielt werden. Durch die
Mäusepassage scheinen die Spirochäten eine ge¬
wisse Abschwächung ihrer Virulenz für Hühner
zu erfahren. Die Abnahme der Spirochäten im
Mäuseblut beruht auf einer Phagozytose, die in
ihren einzelnen Phasen (Aufnahme der Erreger in
den Phagozyten, Vakuolenbildung, allmähliches
Verschwinden im Protoplasma) beobachtet werden
konnte und im ganzen ca. 3 Stunden in Anspruch
nimmt. Werden mit spirochätenhaltigem Hübner¬
blut vorbehandelte Mäuse neuerdings intraperi¬
toneal infiziert, so ist im Peritonealexsudat Spiro¬
chätenagglomeration zu beobachten. In dem
Serum einer vor längerer Zeit geimpften Maus
verlieren Spirochäten fast momentan ihre Beweg¬
lichkeit. Koenigsfeld (Breslau).
379. Untersuchungen über den dia¬
gnostischen Wert des bakteriziden Reagenz¬
glasversuches bei Typhus; von Mar mann.
(Arch. f. Hyg. Bd. 76. S. 77. 1912.)
Nachdem zuerst Pfeiffer und Kolbe nach¬
gewiesen hatten, daß das Blutserum Typhus¬
krankor, welches gleichzeitig mit Typhusbazillen
Meerschweinchon intraperitoneal injiziert wurde,
einen Zerfall dieser Bazillen bewirkt, versuchten
Stern und Körte dieses Phänomen der Bak-
toriolyse auch außerhalb des tierischen Organis¬
mus in vitro hervorzurufen. M. hat diese von
Stern und Körte begonnenen und später von
verschiedenen Autoren fortgesetzten Versuche
einer genauen Nachprüfung unterzogen. Im all¬
gemeinen wurde bei der Anstellung der Versuche
die von Stern angegebene Technik benutzt
Von dom zu prüfenden, vorher bei 55® im Wasser¬
bade inaktivierten Serum wurden verschiedene
Verdünnungen hergestellt. Dazu wurden 0,5 ccm
einer 5000fach mit steriler Bouillon verdünnten
24stündigen Typhusbouillonkultur und als Kom¬
plement anfangs 0,5 ccm lOfach verdünntes
Kaninchen-, später Meerschweinchenserum zu¬
gefügt. Nach 2—3stündigem Verweilen der Röhr¬
chen im Brutschrank bei 37° wurden jedem
Röhrchen einige ccm verflüssigten und auf 45°
abgekühlten Agars zugesetzt und Platten gegossen,
die nach 16—24 ständiger Bebrütung bei 37® be¬
sichtigt wurden. Als positiv wurde das Resultat
angesehen, wenn eine deutliche Verminderung der
Kolonien gegenüber den Kontrollen wahrnehmbar
war. Mit sämtlichen auf Bakterizidin geprüften
Soris wurde gleichzeitig die Widalsche Reaktion
unter Verwendung einer aus mehreren Stämmen
bestehenden Mischbouillon angestellt. Es gelang
dabei lmal bei negativem und 4mal bei nur
schwach positivem Widal die Diagnose Typhus
durch den bakteriziden Reagenzglasversuch zu
sichern, doch ergab derselbe auch bei sicheren
Typhusfällen einige Male ein negatives Resultat.
Das Resultat verschiebt sich aber sofort zugunsten
des bakteriziden Versuches, wenn man zum Ver¬
gleich die nicht mit einer Mischbouillon, sondern
nur mit einem Typhusstamm vorgenommene
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
127
Agglutination heranzieht Alsdann standen den M. empfiehlt demnach die Widalsche Reaktion
29 positiven Bakterizidieversuchen nur 21 positive mit einer Typhusmischbouillon mehreror Stämme
und 9 schwach positive Widals gegenüber. Aller- vorzunehmen und bei negativem oder Zweifel-
dinge versagte auch hier der bakterizide Versuch haftem Ausfall der Agglutination und Fortbestehen
in 5 Fällen mit positivem Widal, lieferte aber des klinischen Verdachts zur Sicherung der Dia-
dafür in 5 anderen Fällen, in denen die Agglu- gnose den bakteriziden Reagenzglasversuch heran-
tination versagte, ein positives Resultat. zuziohon. Koonigsfeld (Breslau).
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
380. Beiträge zur vergleichenden Patho¬
logie der Niere; von E. Joest, J. Lau¬
ritzen, K. Degen und F. Brücklmayer,
(Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd, 10- H. 2. S. 242.
1912.)
Die Vff. haben sehr ausgedehnte Unter¬
suchungen über die Nierenxysten beim Schweine
angestellt. Bei etwas über 40 000 geschlachteten
Tieren (Dresdener Schlaehthof) wurden Zysten-
bildungen 185mal, also in zirka 0,4°/ 0 der Fälle
beobachtet, und nur ein Fall von typischer Zysten¬
niere. Die Nierenzysten sind in der Regel nur
einseilig, und nur in der Einzahl vorhanden; sie
können erbsen- bis mannskopfgroß 8ein, und finden
sich in der Regel in der Gegend der Nieren-
zy8te, und auf der ventralen Fläche in der Nähe
des Nierenhilus. Sie kommunizieren nie mit dem
Nierenbecken. Die Nieren, in denen sie sich
finden, sind durchaus normal, frei von entzünd¬
lichen Prozessen; höchstens, daß durch den Sitz
und die Größe der Zyste bisweilen ein geringer
Grad von Hydronephrose hervorgerufen werden
kann. Ihr Inhalt ist meist wasserklar und steril.
Der Inhalt hat ziemlich das spezifische Gewicht
des Schweinehams, enthält stets Harnstoff, Harn¬
säure usw,; die Zysten sind als .Harnzysten auf¬
zufassen. Ganz selten fanden sich im Zysten¬
inhalt Mikroorganismen (Kokken oder Bact. coli);
dann kann der Inhalt getrübt ausselien. Bisweilen
finden sich im Zysteninhalt konzentrisch ge¬
schichtete Körperchen, und häufig abgestoßene
kubische Epithelien. Der histologische Bau der
Zysten ist sehr einfach. Die innere Schicht ist
von mehrschichtigem (2—3schichtigem) Epithel
gebildet, es folgt eine fibröse Schicht, die mehr
oder weniger dicht ist und in der sich Leuko¬
zyten und Lymphozyten finden können. Das an¬
grenzende Nierenparenchym zeigt keine Verände¬
rungen, höchstens geringe Rompressionserschei¬
nungen. Makroskopisch kann eine gewöhnliche
NierenzyBte eventuell auch mit einer (uniloku-
lären) Echinokokkenzyste verwechselt werden,
doch bei mikroskopischer Untersuchung findet
man in der letzteren die charakteristische parallel
gestreifte Membran.
Die Entstehung der Zysten ist auf eine Stö¬
rung in der Anlage der Niere zurückzuführen,
wobei der sekretorische Abschnitt keinen An¬
schluß an den abführenden Teil gewonnen hat:
die Zysten sind also (Ham) Retentionszysten; sie
bedingen keine Störung der Nierenfnnktion. Daß
sie bei der Untersuchung von zirka 300 Schweine¬
föten nie makroskopisch uaehzuweisen waren,
liegt vielleicht daran, daß sie noch zu klein
waren, um mit bloßem Auge erkannt zu werden,
Fischer (Göttingen).
381. Aneurismi dei seni di Valsalva;
per T. Car pen ti e ri. (Rif. tned. 1912. S. 841.)
Klinisch bot der beschriebene Fall nur die
Zeichen der Horzdilatation und Asystolie, dabei
ein systolisches Geräusch an der Aorta und ein
präsystolisches an der Spitze, ferner Ödeme, Albu¬
minurie, Froquenz und Irregularität des Pulses.
Bei der Obduktion fanden sich drei Aneurysmen
der an und für sich schon diktierten Aorta ober¬
halb des Ostium. Die Aneurysmen entsprachen
genau den drei Klappen und waren durch Leisten
getrennt, 'die mit den droi Vereinigungsstellen der
Klappen Übereinstimmton.
Fischor-Dofoy (Quedlinburg).
382. Experiments in the treatment of
acute anaemia by blood transfusion and
by intravenous saline infusion; bv V. C.
David and Arthur H. Curtis. (Surg.. Gyn.
and Ohst. Bd. 15. S. 476. 1912.)
Auf Grund vergleichender Versuche an Hunden
gelangen D. u. C. zu folgenden Schlüssen:
1. Die Infusion einer physiologischen Kochsalz¬
lösung führt bei akuter Anämie ein zeitweiliges
Wiederaufleben horbei, diese Wirkung beschränkt
sieh aber auf nur wenige Stunden. Wahrschein¬
lich vermag diese Methode daher nur einen sehr
kleinen Prozentsatz der sonst dem Verblutungs-
todo verfallenen Individuen zu retten. Immor
kann dio Anwendung der Kochsalzinfusion als
temporäre Maßnahme bis zur Einleitung der Blut¬
transfusion von Nutzen sein.
2. Es ist bisher nicht erwiesen, daß die In¬
fusion von frischem oder konserviertem defibri-
niertem Blut empfehlenswert ist.
3. Die Anwendung der direkten Bluttransfusion
bildet die Methode der Wahl in der Behandlung
schwerer Anämien. Dieselbe ist hierbei imstande,
ein sonst verlorenes Leben zu retten, in dem das
fehlende Blut „physiologisch“ ersetzt wird.
Melchior (Breslau^.
383. Ein Fall von primärem Endo-
theliom der Lymphdrüsen; von A. da Gradi
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128
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
und M. de Amicis. (Virchows Arch. Bd. 207.
S. 323. 1912.)
Bei einem 33jährigen Manne beobachteten
da G. u. de A. Tumoren in den Lymphdrüsen dos
Halses, im Mediastinum, in Hals- und Brust¬
muskulatur eindringend, auch die Magenwand von
außen her durchsetzend. Neoplastische Knötchen
in den Pleuren und den Nebennieron. Die Ge¬
schwulst hat überall gleichen Bau. Da der Prozeß
akut verlief und, soweit das überhaupt sich fest¬
stellen ließ, erst in den Lymphknoten begann, und
ein anderweitiger Primärtumor sich nicht fand,
nahmen die Autoren an, daß die Geschwulst
primär von den Lymphknoten ausgehe. Sie be¬
zeichnen sie als primäres Endotheliom ; die Go¬
schwulstzellen liegen in alveolen und kleinen
Schläuchen, sind bisweilen abgeplattet, haben
Neigung sich in konzentrischen Schichten anzu¬
ordnen, ohne daß jedoch eine Verhornung be¬
obachtet wurde. In der Literatur sind einige ähn¬
liche Fälle dieser äußerst malignen endothelialen
Geschwülste der Lymphknoten beschrieben.
Fischer (Göttingen).
384. Über eine Mischgeschwulst des
Nierenbeckens; von Walther Fischer und
K. Murakami. (Virch. Arch. Bd. 208. S. 318.
1912.)
F. u. M. berichten über eine im Göttinger patho¬
logischen Institut untersuchte Nierengeschwulst 1
bei einem 16jährigen Mädchen. Es handelte sich
um eine zottig gebaute Geschwulst des Nieren¬
beckens, die dieses völlig ausfüllte und zu starker
hydroneplastischer Atrophie der Niere geführt
hatte. Bei histologischer Untersuchung erwies sich
die Geschwulst als Mischgeschwulst, mit Binde¬
gewebe, glatter Muskulatur, Drüsenschläuchen und
Fettgewebe. Während die gewöhnlichen Misch¬
geschwülste solche sind, die vom metanephro¬
genen Gewebe abzuleiten sind, hat diese sich aus
der Wand des Nierenbeckens entwickelt. Spuren
des Wolffschen Ganges und des umgebenden
Gewebes müssen das Ausgangsmaterial der Ge¬
schwulst gebildet haben, in der Elemente des
metanephrogenen Gewebes nicht vertreten waren.
Nach dem histologischen Aufbau, wie nach dem
klinischen Verlauf ist die Geschwulst als nicht
maligne zu bezeichnen. (Autoreferat.)
385. Die Cholesterinesterverfettung (Chol-
esterinsteatose) der Kupfferschen Stern¬
zellen, mit Bemerkungen über deren Ver¬
fettung bei Diabetes; von R. Kawamura.
(Virchows Arch. Bd. 207. S. 469. 1912.)
K. konnte in Tokio die Leber eines 65jährigen
Mannes untersuchen, der an Magenkrebs ver¬
storben war. In den Kupfferschen Stern zellen der
Leöbr fanden sich Fetttropfen, die doppeltbrechend
waren und die färberischen Reaktionen der
Cholesterinester gaben (Neutralrotfärbung nega¬
tiv; Nilblaufärbung rötlich; Färbung nach Smith,
Ciaccio, Fischler negativ). Solche Chole¬
sterinester wurden auch in zerfallenden Teilen des
Tumors oder Metastasen gefunden. Dieser Befund
an den Sternzellen ist ungewöhnlich; denn in der
Rogel findet man andere Fettsubstanzen in den
Sternzellen. Die Cholesterinester müssen von den
Sternzellen phagozytär aus dem Blut, das reich an
diesen Stoffen gewesen sein muß, aufgenommen
sein worden. Für gewöhnlich nehmon jedoch die
Sternzellen diese Substanzen nicht auf. In der
Diabetesleber, in der die Sternzellen reichlich Fett
enthalten, sind die Fettsubstanzen Glyzerinester
oder Cholesteringlyzerinestergemische. Die Auf¬
nahme dieser Stoffe erfolgt aus dem Blute in die
Sternzellen, und offenbar liegt eine elektive Tätig¬
keit der Zellen zugrunde: denn in den Nieren sind
bei Diabetes die Fetttropfen stets nur Glyzerin¬
ester, nie Cholesterinestergemische.
Fischer (Göttingen).
386. Über angeborenen Verschluß des
Duodenums; von Fritz Eermauner. (Vir¬
chows Arch. Bd. 207. S. 348. 1912.)
Die Genese der Duodenalstenosen hat in bezug
auf die formale Seite ein größeres Interesse. Bei
diesen Stenosen ist einerseits die Darmanlage in
ihrer Kontinuität nicht unterbrochen, andererseits
aber die Anlage von Leber und Pankreas un¬
gestört. Es muß also die Ursache, die zur Aus¬
bildung der Stenose führt, zu einem einigermaßen
zu besti m menden Zeitpunkt einsetzen: die Körper¬
länge muß mindestens 3—4 mm erreicht haben.
Es wäre wünschenswert, wenn die Fälle von an¬
geborenen Darmstenosen alle in Serien unter¬
sucht würden und auf die topographischen
Beziehungen zu der Umgebung, besonders zum
Pankreas, zum Ductus choledochus und pancrea¬
ticus geachtet würde. Die angeblichen Atresien
würden sich dabei wohl zum Teil als Stenosen
erweisen. Fischer (Göttingen).
387. Ein Fall von Ganglioneurom des
Sympathikus. Gleichzeitig ein Beitrag xur Theorie
der autogenen Entstehung der Nervenfasern; von
Jakob Friedrich. (Frankf. Zeitschr. f. Path.
Bd. 10. S. 456. 1912.)
Fr. untersuchte ein Ganglioneurom des Sym¬
pathikus, in Höhe des 6.—8. Brustwirbels, bei
einer 73jährigen, an epidemischer Zerebrospinal-
meningitis verstorbenen Frau. Ein Bündel des
Grenzstranges tritt am oberen Pol ein, ein eben¬
solches läßt sich unten beim Austritt nachweisen.
Die Geschwulst erwies sich als Ganglioneurom,
mit Ganglienzellen und marklosen Nervenfasern.
In dem Tumor fanden sich zahlreiche verschieden-
gostaltige Kerne, oft mit Ausläufern und kolbigen
Anschwellungen, oft zu Kernketten an geordnet:
sie sind wohl als Schwannsche Kerne anzusehen.
Fr. konnte nun nachweisen, daß die marklosen
Fasern mit diesen Kernen in innigem Kontakt
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V, Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
129
stehen. Er konnte sogar Fasern auffindon, die
2 solcher Kerne miteinander verbinden, und
schließt, zumal aus den Befunden an Bielschowsky-
präparaten, daß diese Fasern aus den Kemenfort-
sätzen von Scluvannschen Kernen hervorgehen.
Wenn dies zutrifft, so spräche der Befund zu¬
gunsten der Zellkettentheorie, die eine multizellu¬
läre, autogene Entstehung der Nervenfasern, im
Gegensatz zur Neuronentheorie, annimmt.
Fischer (Göttingon).
388. Ein Fall von intramedullärer Gra-
witz-Metastase im Lumbaimark; von Prisca
Beiz. (Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 10. S. 431.
1912.)
Bei einem 48jährigen Manne wurden ‘/ 2 Jahr
nach Entfernung eines Grawitzschen Tumors
Metastasen in Leber und Lunge, sowie im Lumbal-
und Sakralteil des Rückenmarks beobachtet; diese
letzteren hatten zur beiderseitigen schlaffen Läh¬
mung der unteren Extremitäten geführt und
klinisch die Erscheinungen einer Myelitis lumbalis
verursacht.
Die histologische Untersuchung der Metastase
im Rückenmark ergab, daß der Tumor auch hier
den Bau der Grawitzschen Tumoren (Hyper¬
nephrosen) besaß. Obwohl diese Tumoren in den
verschiedensten Organen Metastasen zu machen
pflegen, ist eine solche im Rückenmark bis jetzt
noch nicht, bei anderen Tumoren (Sarkomen,
Karzinomen) nur ganz selten beobachtet worden.
Fischer (Göttingen).
389. Über posttraumatische anämische
Leberinfarkte mit Kapselruptur bei absze-
dierender Cholangitis; von Georg B. Gruber.
(Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 10. S. 442. 1912.)
G. teilt die Krankengeschichte und den ana¬
tomischen und histologischen Befund eines Falles
von eitriger Cholezystitis und Cholangioitis mit,
bei einem 43jährigen Buchdrucker. Es fanden
sich außer der eitrigen, primär von der Gallen¬
blase ausgehenden Cholangioitis eine Thrombose,
Thrombophlebitis der Pfortader und in Leber¬
venen, und anämisch-nekrotische Leberinfarkte
mi t Blutungen und Kapselriß. In den nekrotischen
Herden fand sich schon feine kalkige Inkrustation
der Leberzellen. Das Alter dieser Infarkte schätzt
G. auf einige Wochen. Der Patient hatte 26 Tage
vor seinem Tod im Anschluß an eine Faradisierung
Blutbrechen bekommen. G. ist der Ansicht, daß
dieses „Trauma“ des Faradisierens bei dem schon
vorher schwer leberkranken Mann die Blutungen
und die Infarzierung des Lebergowcbes ausgelöst
hat (Losreißen von Thrombusmassen). Die Faradi¬
sierung war von einem herumziehenden „Gaukler“
in einem Biergarten vorgenommen worden; daß
aber dieser „Gaukler“ für den aus seinem Experi¬
ment erwachsenen Schaden juristisch haftbar ge¬
macht werden müßte, wie G. annimmt, wird wohl
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
[ auf gewissen Zweifel stoßen: denn diese Experi¬
mente sind für einen gesunden Menschen harmlos,
und der Nichtmediziner wird schwerlich dem
Patienten seine damals schon bestehende Leber¬
erkrankung im Biergarten angesehen haben.
Fischer (Göttingen).
390. Primary carcinoma of the liver; by
M. C. Winternitz. (Bull, of the Johns Hop¬
kins Hosp. Bd. 33. S. 165.)
W. gibt an der Hand von 6 eigenen Beobach¬
tungen eine kurze pathologische Studie über das
primäre Leberkarzinom.
Diese Form des Leberkrebses ist selten, man
trifft sio nach den verschiedenen Statistiken in
0,28 bis 3°/„ des Sektionsmatcrials; wahrschein¬
lich ist die letztere Zahl zu hoch gegriffen. Die
größte Zahl der Beobachtungen gehört dem er-
' wachsonen Mannesalter an. Klinisch ist es schwer,
das Leiden gegenüber der Leberzirrhose zu unter¬
scheiden; immerhin dürfte ein besonders rapider
1 Verlauf, die Gegenwart einer großen, unregel¬
mäßig knotigen Leber mit hämorrhagischem
Aszites eher fiir Krebs sprechen; in den seltenen
Fällen, wo Metastasen an Stellen, die der Unter¬
suchung besser zugänglich sind, auftreten, ist
natürlich die Diagnose kaum zweifelhaft. In
einem sehr hohen Prozentsatz entwickelt sich
das Karzinom in einer bereits vorher erkrankten
Leber — zumeist auf dem Boden der Zirrhose —,
es kann sich aber auch um chronische Ilebatitis,
die durch Lues, Parasiten usw. hervorgerufen ist,
handeln. Die Geschwulstentwicklung selbst kann
I entweder von den kleineren Gallengängen oder
von den Leberzellen ihren Ausgang nehmen
Ca. cholangiocellulare, Ca. hepatocellulare). Die
erstere Form zeichnet sich gewöhnlich durch
einen tubulären Aufbau mit viel bindegewebigem
Stroma aus, die zweite Form ist trabeculär auf¬
gebaut, an Stelle des Stromas findet sich nur ein
j Kapillarnetz. Man muß bei dieser sekundären
Form des Leberkrebses wohl an eine Art von
einem über das Ziel hinausgohenden, durch den
Ausfall der Funktion angeregten Reparations¬
versuch denken.
Umgekehrt können aber auch sekundär zir-
rhotische Prozesse in der Umgebung primärer
Leberkrebse ausgelöst werden.
Von den benignen Adenomen unterscheiden
sich die autoktonen Leberkarzinome vor allem
durch ihre große Neigung in die Blutgefäße — be¬
sonders die Vena portae — einzubrechen. Es
kann auf diese Weise zur Entstehung zahlreicher
intrahepatischer Metastasen kommen. Diese Tat-
j sache darf indessen nicht zur Annahme eines
I multizentrischen Ursprungs dieser Karzinomo ver-
; leiten, stets wird vielmehr das unizentrische
Wachstum gewahrt, die weiteren isolierten Knoten
kommen rein auf embolischom Wege zustande.
Melchior (Breslau).
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130
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
391. Die kavernöse Umwandlung der
Pfortader; von Emil Emmerich. (Frankf.
(Zeitschr. f. Path. Bd. 10. S. 362. 1912.)
E. beobachtete bei einem 44jährigen Manne
eine fibrös-kavernöse Obliteration des Haupt¬
stammes der Pfortader. Die intrahepatischen Ver¬
zweigungen der Pfortader waren vollkommen
durchgängig; die Vena lienaris in ihrem Mün¬
dungsstück war verschlossen, und die (durch¬
gängigen) Gallengänge (D. cepticus, choledochus
und hepaticus) völlig in Schwartenmassen einge¬
bettet, wie das Mündungsstück der Vena lionaris.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß ein
entzündlicher Prozeß dieser Thrombose und all¬
mählichen karvernösen Umwandlung zugrunde
lag. Die Ursache der Pfortaderthrombose ließ sich
weder aus den klinischen Daten, noch aus dem
histologischen Befund klarstellen. Gegen die An¬
nahme, daß ein geschwulstartiger Prozeß, ein
Hämangion, vorliege, wie Pick in einem Fall
annimmt, sprechen die an der Vena lienaris er¬
hobenen Befunde der Thrombusorganisation. Um
eine Mißbildung, wie B e i t z k e annimmt, kann
es sich auch nicht handeln: vielmehr haben wir
es nach E. mit einem H eilungspiozeü einer alten
Pfortaderthrombose zu tun. Als Kollateralbahnen
waren eingetreten federkieldicke Venen von der
Milzkapsel zum Netz, und Kommunikationen
zwischen Netzvenen und dem kavernösen Gewebe;
außerdem trat wohl auch die erweiterte Arteria
hepatica vikariierend für die Pfortader ein.
Fischer (Göttingen).
392. Ein Fall von Beckensarkom mit
Metastase in der linken Mamma, zugleich
ein Beitrag zur Lehre von der lokalen
Kalkmetastase; von Hermann Plew. (Berl.
klin. Woch. 1912. S. 833.)
Metastatische Neubildungen in der Blutdrüse
gehören zu den größten Seltenheiten. P. berichtet
über einen im Straßburgor pathologischen Institute
untersuchten Fall. Bei einer 66jährigen Frau fand
sich ein großer, vielfach nekrotischer Tumor des
linken Schambeinastes; ein nußgroßer, mit der
Haut nicht verwachsener, beweglicher Tumor der
linken Mamma; die Achseldrüsen frei. Kleine
metastatische Tumorknötchen in den Lungen. Die
mikroskopische Untersuchung ergab in allen
Tumoren den Bau eines Fibrosarkoms. Nach der
Größe des Beckentumors und nach den ausge¬
dehnteren Nekrosen im Beckentumor zu schließen,
ist dieser der primäre Tumor, derjenige der
Mamma sekundär. Infolge der starken Knochen¬
zerstörung war es zu gesteigertem Abbau von
Knochensubstanz und dadurch in den dem
Beckentumor benachbarten Lymphknoten 2 u Ab¬
lagerung von Kalksalzen, also zu lokaler Kalk¬
metastase, gekommen. — P. teilt aus der Literatur
7 Fälle von metastatischen Mammatumoren mit.
Jedoch scheint für diese Fälle die Auffassung,
daß die Mammatumoren sekundärer Natur seien,
der Beweis vielfach keineswegs erbracht zu sein.
In dem von P. mitgeteilten Falle wird die Auf¬
fassung der sekundären Natur der Mamma¬
geschwulst nach dem Befunde ja wahrscheinlich
sein; doch kann ebensogut eine primäre Mamma¬
geschwulst, mit Metastasen in das Becken und in
die Lungen, Vorgelegen haben.
Fischer (Göttingen).
393. Über das Vorkommen doppeltlicht¬
brechender Lipoide in lipomatös verdick¬
ten Mesenterien und Mesenteriallipomen;
von Albert Hirsch. (Frankf. Zeitschr. f.
Path. Bd. 10. S. 409. 1912.)
H. hat mehrere Fälle untersucht, bei denen
sich im verdickten Mesenterium und Lipomen des
Mesenteriums doppeltbrechende Fettsubstanzen
fanden. Diese doppeltbrechenden Substanzen ver¬
schwinden beim Erwärmen des Präparates; bei
Abkühlung finden sich dann an Stelle der nadel¬
förmigen Kristalle Sphärokristalle. Die Färbungen
mit Sudan, mit Nilblausulfat, mit Neutralrot ge¬
statten es, diese Substanzen genauer zu klassi¬
fizieren. Es sind N- und P-freie Lipoide, im
wesentlichen Cholesterinester und Cholesterinester¬
gemische. Die Neutralrotfärbung ergibt negatives
Resultat; mit Nilblausulfat färben sie sich rosa
bis rot.
Den Fällen, bei denen diese Körper beobachtet
wurden, ist gemeinsam, daß entweder allgemeine
oder lokale Adipositas bestand, mindestens irgend
welche Anomalien im Fettstoff Wechsel; ferner
Kreislaufstörungen (lokale Stauung des Blutes
und der Lymphe). Wahrscheinlich kommen auch
noch Lymphdrüsonveränderungen in Frage. Wie
weit Veränderungen des Blutserums (z. B. infolgo
bestehender eitriger Prozesse) für dieAblagerungen
der Substanzen in Betracht kommen, ist schwer
allgemein zu entscheiden. Jedenfalls spielen die
lokalen Verhältnisse, die Schädigung von Gewebs¬
zellen, der Lymphdrüsen usw. eine wesentliche
Rolle, und meistens wird es sich um eine Kom¬
bination verschiedenartiger Momente handeln, die
zur Ablagerung der genannten Lipoide in den
Mesenterien führt. Fischer (Göttingen).
394- Über einen Fall von heterotoper
Magenschleimhaut im Dünndarm; von
Hans Poindecker, (Zentralbl. f. allg- Path.
Bd. 23. S. 481. 1912.)
P. hat einen Dünndarmpolypen untersucht, der
breitbasig an der Mesenterialseite aufsitzend, zu
Darminvagination geführt hatte und operativ ent¬
fernt worden war. Die histologische Untersuchung
dieses gutartigen, adenomatösen Polypen ergab,
daß die Drüsen solchen des Magens entsprachen.
Nach dem Resultat der Feuerfärbung zu schließen,
konnten Schleimhautdrüsen vom Typ der Haupt-
und Belegzellen, sowie Pylorusdrüsen unterschie-
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VI. Pharmakologie und Toxikologie.
131
den werden. Der Fall ist wohl nicht mit anderen
von Heterotopien von Magenschleimhaut (z. B. in
Meckelschen Divertikeln) in Analogie zu bringen.
In diesem Fall sind offenbar besonders qualifi¬
zierte Epithelkomplexe aus der Fötalzeit her
stehen geblieben, und es liegt eine qualitative
Entwicklungsvariante vor. Aber während z. B.
die Entwicklung von Darmdrüsen im Magen nicht
ganz selten ist, ist die umgekehrte Verschiebung,
die Entwicklung von Magenepithel im Darm, ganz
ungewöhnlich. Eine solche „Heterotopie“ soll
nach Schridde nicht Vorkommen: was nach
dem vom Verfasser mitgeteilten Falle demnach
unrichtig wäre. Fischer (Göttingen).
395. Zur Kenntnis der Nebennieren¬
zysten; von W. Nowicki. (Virchows Arcli.
Bd. 207. S. 338. 1912.)
Bei einer an Verblutung verstorbenen 33jähr.
Frau beobachtete N. (als Nebenbefund) multiple
Zysten in beiden Nebennieren, vorwiegend in der
Marksubstanz. Die Zysten waren in allen Größen
vorhanden; manche nur mikroskopisch sichtbar,
die größte maß 22 mm im Durchmesser. Die
Zysten sind von Endothel ausgekleidet, angefüllt
mit serösem Inhalt, der zahlreiche Fetttröpfchen
enthält. Sie liegen stets in der Nähe von venösen
Gefäßen, die oft verdickt sind, und in ihrer Um¬
gebung ist oft kleinzellige Infiltration vorhanden.
N. faßt die Zysten daher als Lymphzysten auf.
Es handelt sich um Erweiterung von Lymph-
räumen und die Ursache hiervon ist vermutlich
die Kompression dieser Lymphdrüsen infolge der
Veränderungen an den venösen Gefäßen (Wand¬
verdickung, Adventitiawucherung). Der Prozeß
der Zystenbildung ist noch im Fortschreiten be¬
griffen. Durch die Zystenbildung war es zu Ver¬
nichtung von Nebennierenmarkgewcbo (und kom¬
pensatorischer Hypertrophien derselben in den
anderen Nebennieren) gekommen. Wegen dieses
Verdrängens von Nebennierengewebe durch die
Zystenbildung kommt dieser untor Umständen
eine große Bedeutung zu; bei retroperitonealen
Zysten soll stets auf die Anwesenheit von Neben¬
nierengewebe in der Zystenwand gefahndet
werden. Fischer (Göttingen).
VI. Pharmakologie
396. Die akute Erblindung durch Methyl¬
alkohol und andere Gifte; von E. Harnack.
(Münchn. med. Woch. 1912. S. 1941.)
Von denjenigen Giften, die akute toxische Er¬
blindung erzeugen können, haben die sonst so
heterogenen Substanzen: Methylalkohol, salpetrige
Säure usw., sowie Atoxyl das eine Moment ge¬
meinsam, daß es sich dabei um die Wirkung akti¬
vierten Sauerstoffes in den nervösen Elementen
des Auges handeln kann. Die Erblindung erfolgt
hier, soweit festgestellt, durch akute entzündlich-
degenerative Prozesse, von denen jene Nerven-
«lemente betroffen werden.
Bei anderen Giften dagegen, namentlich dem
Ohinin, Kokain und wahrscheinlich auch dem
Filix mas, erfolgt die akute Erblindung auf einem
ganz anderen Wege, nämlich durch heftigen
Krampf der retinalen Gefäße, der ähnlich wie die
Embolie der zentralen Arterie zur Gefäßverödung
mit nachfolgender Atrophie der Nervenelementc
führen kann. Bachem (Bonn).
397. Zur Chemie und Toxikologie der
Askariden; von F. Flury. (Arch. f. exper.
Path. u. Pharm. Bd. 67. S. 275.)
Ausführliche und interessante Studie über die
Zusammensetzung und den Stoffwechsel der Aska¬
riden. Über die quantitativen Ergebnisse berich¬
ten eine Reihe von Tabellen. Unter den Mineral¬
substanzen kommen Chloride und Phosphate in
erster Linie in Betracht Die getrocknete Körper¬
substanz besteht zu ca. 50°/„ aus Eiweiß und ähn¬
lichen Stoffen, die bei der Spaltung Leuzin, Tyro-
und Toxikologie.
sin und Hexonbasen liefern. Außerdem waren
noch zahlreiche andere organische Körper zu
finden. Die Kutikula besteht nicht, wie man bis¬
her annahm, aus Chitin, sondern aus Keratin. —
Hinsichtlich der Toxikologie wurde festgestellt,
daß die beim Präparieren der Askariden auftreten¬
den Reizerscheinungen auf Aldehyden, Estern und
flüchtigen Fettsäuren beruhen. Auch dürften
diese bei den Darmerscheinungen der Träger eine
Rolle spielen. Die Störungen des Zentralnerven¬
systems rühren von Bestandteilen der Alkohol¬
gruppe her. Ferner finden sich einige giftige
Basen von atropin- oder koniinartigem Charakter,
sowie ein sepsinartig wirkendes Gift, das bei Tie¬
ren tödliche Darmblutungen macht. Vermutlich
spielen auch ungesättigte Fettsäuren bei der
Askaridenanämie eine Rolle. Eine Eigentümlich¬
keit der Askariden besteht darin, daß sie anoxy-
biotische Darmbewohner sind und nur unvoll¬
ständig ihre Nahrungsstoffe verbrennen.
Bachem (Bonn).
398. Ist der Gebrauch der Kali chloricum-
Zahnpasten gefährlich? von C. Bachem.
(Münchn. med. Woch. 1912, Nr. 40.)
Eine vielfach (auch bei Ärzten) verbreitete
irrige Annahme ist der Glaube an die Gefährlich¬
keit der Kalium chloricum enthaltenden Zahn¬
pasten. Wie aber Versuche ergeben haben, sind
die Verhältnisse beim praktischen Gebrauch der
Zahnpasten solche, daß eine Gesundheitsschädi¬
gung damit ausgeschlossen ist. Der beim Zähne¬
reinigen im Munde verbleibende Rest ist so
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132
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
gering, daß eine resorptive Vergiftung nicht in
Betracht kommt. Wie Versuche an Hunden er¬
gaben, die längere Zeit hindurch mit chlorsaurem
Kalium gefüttert wurden, wirkt das Salz nicht
kumulativ, sondern wird auch nach längerem Ge¬
brauch fast vollständig als solches durch die Nieren
schnell ausgoschieden. Schädigung des Magens
oder der Nieren war bei chronischem Gebrauch
bei Hunden nicht festzustellen, ebensowenig
wurde bei verschiedenen Tierspezies Methämo-
globinbildung beobachtet. (Übrigens sind Ver¬
giftungen mit chlorsaurem Kalium fast nur nach
übergroßen Dosen beobachtet worden. Ref.l)
Bachem (Bonn).
399. Über Kollapswirkung des Hormo¬
nais; von Ü. Zuelzer. (D. med. Woch. 1912.
S. 1233.)
Die Ursache der in letzter Zeit verschiedent¬
lich gesehenen Kollapswirkung bei Hormonal¬
injektionen wurde in einer irrtümlichen Bei¬
mengung von Albumosen erkannt. In Zukunft
wird daher nur ein albumosefreies, unter Z.s
Kontrolle stehendes Präparat abgegeben und das
zurzeit noch im Handel befindliche wird zurück¬
gezogen.
Z. teilt sodann das Ergebnis der Blutdruck¬
messungen bei der Anwendung des reinen Hor¬
monais mit, aus denen hervorgeht, daß die Blut¬
drucksenkung entweder nur gering oder nur kurz
vorübergehend ist Bachem (Bonn).
400. Wie können wir therapeutische
Versager mancher Arzneimittel verhüten?
von H. Januschke. (Wien. med. Woch. 1912.
S. 1947.)
J. berichtet von einem Falle von Herzinsuffi¬
zienz, bei dem die interne Anwendung der Digi¬
talis versagte, dagegen die intravenöse Injektion
von Strophanthin prompt wirkte. Er führt diese
Erscheinung auf die bestehende venöse Stauung
im Pfortaderkreislauf zurück, wodurch die Ein¬
fuhr von Giften in diesen Bezirk verlangsamt
wird. Der Organismus kann das betreffende
Mittel in solchen Fällen so schnell ausscheiden,
ehe es zur Wirksamkeit kommt Der Einfluß
venöser Stauung ist übrigens nach dieser Hin¬
sicht bereits früher von anderen Autoren unter¬
sucht worden. Nicht nur die Stauung als solche,
sondern auch Ödeme können die Gift- resp.
Arzneimittelwirkung abschwächen. Wenn bei
schwerer Herzinsuffizienz übergroße Dosen Digi¬
talis verabfolgt werden, so liegt hierin das Be¬
streben, über Faktoren, welche die Arzneiwirkung
abschwächen (Stauung oder ödem), hinweg¬
zukommen; die alsdann zur Wirkung kommende
Arzneimenge ist natürlich unkontrollierbar.
Bachem (Bonn).
401. Der Jodgehalt menschlicher Ovarien;
von B. Zoeppritz. (Münchn. med. Woch.
1912. S. 1898.)
Der Nachweis von Jod gelang weder in
Schweine- noch in menschlichen Ovarien, auch
dann nicht, wenn die Kranken einige Zeit vor
der operativen Entfernung der Ovarien Lipojodin
oder große Mengen Jodkalium genommen hatten.
Ein elektives Aufnahmevermögen für Jod scheint
also den Ovarien nicht zuzukommen.
Bachem (Bonn).
402. Luminal bei Epilepsie; vonA.Haupt-
mann. (Münchn. med. Woch. 1912. S. 1907.)
Luminal setzt die Zahl und Schwere der epi¬
leptischen Anfälle herab. Es soll in den aller¬
schwersten Fällen mit Erfolg angewandt werden
können, die nicht mehr auf Brom reagieren.
Mittelschwere Fälle werden schon durch Dosen
von 0,15—0,2 pro die anfallfrei gemacht, bei
schwereren braucht man nicht über 0,3 hinaus¬
zugehen. Schädliche Nebenwirkungen sind selbst
nach monatelanger täglicher Anwendung nicht
beobachtet worden, auch keine kumulierende
Wirkung. Es kann Luminal daher auch in
leichteren Fällen das Brom ersetzen.
Bachem (Bonn).
408. Sulfurierung und Thiolan (Schwefel¬
applikationen); von Voerner. (Münchn. med.
Woch. 1912. S. 1909.)
An Stelle der gewöhnlichen Schwefelapplika¬
tion empfiehlt V. die Sulfurierung; diese besteht
darin, daß eine 50proz. Lösung von Schwefelleber
auf die erkrankte Haut aufgetragen wird, worauf
mit einem Gebläse Essigdämpfe auf die be¬
treffende Stelle gespritzt werden. Hierdurch wird
eine Zersetzung des Medikamentes hervorgerufen
und dieses haftet den erkrankten Hautpartien
außerordentlich fest an.
Das Thiolan ist eine Schwefelsalbe, die in
1 kg Fett ca. 2 g Schwefel, 50 g Oleum sulfu-
ratum und ein aus 40—50 g Calcium sulfurosum
(nicht sulfuricumi) gefälltes Präzipitat enthält
Sulfurierung und Thiolan finden bei zahl¬
reichen Hautkrankheiten als Schwefelersatz Ver¬
wendung. Sulfurierung wirkt mehr antihyper-
ämisch und austrocknend, das Thiolan mehr
antiparatitär und erweichend.
Bachem (Bonn).
404. Die Reaktion der KranzgefäBe auf
Arzneimittel; von F. Rabe. (Zeitschr. f. exper.
Path. u. Ther. Bd. 11. S. 175. 1912.)
Die Versuche wurden mit Strophanthin, Supra-
renin, Koffein, Adonidin, Yohimbin, Imidazoläthyl¬
amin und Hypophysenextrakt angestellt. Außer¬
dem gelangten noch zahlreiche andore Substanzen
zur Untersuchung. Verengerung der Kranzgefäße
bewirkten; g-Strophanthin, amorphes Strophan¬
thin, Digitalein, Adonidin, Helleborein, Yohimbin,
Paraoxyphcnyläthylamin, Urethan, Harnstoff,
Chloralhydrat, Atropin, Physostigmin, Natrium¬
nitrit, Pyramidon, Veronalnatrium. Suprarenin
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VI. Pharmakologie und Toxikologie.
133
bewirkte in Blut-Ringer-Lösung Erweiterung, in |
reiner Ringer-Lösung Verengerung; Hypophysen-
auszug bewirkte teils Erweiterung, teils Ver- j
engerung, ebenso Imidazoläthylamin; wirkungslos
waren Koffein, Lezithin, Chinin und Fluornatrium. |
R. ist der Ansicht, daß im allgemeinen die Art
der Herzarbeit ein so mächtiger Regulator für die
Vasomotion der Kranzgefäße darstellt, daß dem¬
gegenüber der Einfluß chemischer Reize zurück¬
tritt. Bachem (Bonn).
405. Stoffwechselversuche bei Atophan-
darreichung; von Skorczewski und Sohn.
(Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. H. S. 254.
1912.)
Verf. beobachtete nach Atophandarreichung:
Auftreten der Diazoreaktion, eine größere Aus¬
scheidung der Purinbasen, die mit der negativen
Phase der Harnsäureausscheidung gleichzeitig
auftritt, ferner Retention der Chloride gleich nach
der Atophandarreichung, die für eine Änderung
der Nierenfunktion sprechen könnte. Außerdem
war die Menge des neutralen Schwefels ge- j
steigert, was eine Vergrößerung der Menge der
Oxyproteinsäure bedeutet. Bachem (Bonn).
406. Chemische Konstitution und Vital¬
färbungsvermögen ; von W. Schulemann.
(Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11 . S. 307.
1912.)
Sch. behauptet von den Chemozeptoren unserer
Farbstoffe, daß sie alle in der gleichen Weise
intramolekular wirkend einerseits den physiko¬
chemischen Grundcharakter bedingen und ferner
maßgebend sind für das Entstehen der Verbin¬
dung zwischen Farbe und Reaktionskörper.
Einzelheiten, u. a. auch Angabe der Konstitutions¬
formeln zahlreicher Farbstoffe, sind im Original
nachzulesen. Bachem (Bonn).
407. Über die Kombination von Arznei¬
mitteln; von M. Kochmann. (D. med. Woch.
1912. S. 1589.)
Aus den Versuchen K.s geht hervor, daß die
Bürgische Ansicht, daß Substanzen, die gleichen
Reihen angehören, bei ihrer Kombination eine
Addition ihrer Wirkungen zeigen und solche aus
verschiedenen Gruppen sich potenzieren, sich als
allgemein gültiges Gesetz nicht aufrecht erhalten
läßt. Die von Bürgi für seine Versuche am
wahrscheinlichsten angenommene Erklärung kann
mit den K.schen Versuchsergebnissen nicht in
Einklang gebracht werden. Eine einheitliche Er¬
klärung für potenziertes Zusammenwirken ist auf
Grund unserer heutigen Kenntnisse nicht mög¬
lich; diesbezügliche Erscheinungen sind nur von
Fall zu Fall festzustellen.
Nach K. hat die kombinierte Anwendung von
Arzneimitteln nur dann einen Sinn, wenn ent¬
weder die zu kombinierenden Körper bei gleicher
Hauptwirkung verschiedene Nebenwirkungen ent¬
falten odor wenn die in Betracht kommende
therapeutische Hauptwirkung durch die Kombi¬
nation potenziert wird, ohne daß jedoch die
toxischen Nebenwirkungen ebenfalls eine gleich¬
große Verstärkung erfahren. Bachem (Bonn).
408. Über Melubrin; von Th. Schrenk.
(D. med. Woch. 1912. S. 1588.)
Bestätigt die gute antirheumatische und anti¬
febrile Wirkung des Melubrins, dem in vielen
Fällen wegen seiner Harmlosigkeit vor Salizyl-
präparaten der Vorzug zu geben ist.
Bachem (Bonn).
409. Therapeutische Versuche mit Melu¬
brin; von Engelen. (Ther. d. Gegen w. 1912.
S. 360.)
E. sieht im Melubrin den langgesuchten Re¬
präsentanten der Antipyringruppe, der hei spezi¬
fischer Wirkung gegen den akuten Gelenkrheu¬
matismus dem Kranken die unangenehmen Sali-
zylnebenwirkungen erspart. Die mittlere Erkran¬
kungsdauer ist kürzer und Komplikationen stellen
sich seltener ein. Bachem (Bonn).
410. Über Narkophin, ein rationelles
Opiumpräparat; von W. Straub. (Münchn.
med. Woch. 1912. S. 1542.)
Str. fand, daß die Wirkung des Morphiums
im Opium durch die Anwesenheit des Narkotins
bedeutend gesteigert wird (Synergismus mit
Potenzierung dei Wirkung). Daher wirkt das
Opium intensiver als das Morphium, aber auch
qualitativ besteht ein Unterschied in der Wir¬
kung der Morphium-Narkotin-Mischung, wie sich
an Katzen zeigen läßt. Auch tritt die dem Mor¬
phium eigene depressive Wirkung auf das At-
mungszentrum bei dem Gemisch Morphium-
Narkotin kaum zutage. Das günstigste Mischungs¬
verhältnis der beiden Alkaloide ist etwa 1 : 1 , d. h.
gleiche Teile Morphium und Narkotin. Das
Doppelsalz, an Mekonsäure gebunden, kommt als
Narkophin in den Handel (Boehringer u. Söhne,
Waldhof) und hat die Zusammensetzung:
C 7 H 4 O 7 . C 17 H 19 NO 3 . CjgHgaNOy -P 4HjO; das Salz
ist kristallinisch und in Wasser und Alkohol leicht
lösüch, der Morphiumgehalt beträgt 38°/ 0 .
Für die Empfehlung dieses Präparates sind
folgende Punkte maßgebend: Konstanz der Zu¬
sammensetzung, gesteigerte narkotische Wirk¬
samkeit und Schonung des Atemzentrums.
Bachem (Bonn).
411. Narkophin, ein neues Morphium¬
ersatzmittel; von Zehbe. (Münchn. med. Woch.
1912. S. 1543.)
(Über die chemischen und physikalischen
Eigenschaften dieses Präparates siehe vorstehen¬
des Referat.) Das Mittel wurde von Z. in den
Fällen angewandt, in denen Opium oder seine
Derivate gegeben zu werden pflegen: auch wurde
es als Ersatz für Sedativa und Hypnotika ge¬
braucht. Die Darreichung geschah in Tropfen,
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134
VI. Pharmakologie und Toxikologie.
Pulver oder subkutan. Meist wurden 15 bis
30 Tropfen in 3proz. Lösung gegeben: die Wir¬
kung trat hier nach ca. 1 Stunde, bei subkutaner
Anwendung (0,03) nach 15 Minuten ein. Die mit
Narkophin behandelten Kranken litten an Stö¬
rungen des Respirations-, Zirkulations-, Magen¬
darm- oder Nervensystems. Seine husten- und
schmerzstillende Eigenschaft trat deutlich in die
Erscheinung, auch wirkte es hinlänglich schlaf¬
erzeugend. Im allgemeinen kamen trotz hoher
Dosen unangenehme Nebenwirkungen nicht zur
Erscheinung. Übelkeit und Erbrechen kam nur
ausnahmsweise vor. Röntgenversuche ergaben
weiter, daß die Darmperistaltik durch Narkophin
verlangsamt wird, also die Aufenthaltsdauer der
Speisen im Darm verlängert.
Mit anderen Opiumpräparaten verglichen
zeigte sich Narkophin dem Pantopon in der Wir¬
kung nahestehend. Es wirkt schwächer husten¬
reizstillend als Kodein. Nachteilig wurde von
einigen der bittere Nachgeschmack empfunden,
der sich noch nach lOstündiger Nachtruhe zeigen
kann. Bachem (Bonn).
412. Über kombinierte Wirkungen einiger
Opiumalkaloide; von E. St. Faust (MüdcIid.
med. Woch. 1912. Nr. 45.)
Die Ergebnisse dieser an Tieren und Men¬
schen angestellten Versuche sind folgende: Zum
Zustandekommen der Opiumwirkung sind nicht
alle im Opium enthaltenen Alkaloide erforderlich;
mit wenigen derselben läßt sich ungefähr dasselbe
erreichen wie mit der Gesamtheit. Unentbehrlich
ist nur das Morphium, und die Opiumwirkung ist
im wesentlichen eine Morphinwirkung. Die In¬
tensität der narkotischen Wirkung des Morphins,
d. h. seiner lähmenden Wirkung auf die sensible
Sphäre des Großhirns wird durch die Kombination
mit den übrigen Opiumalkaloiden nicht herab¬
gesetzt, sondern verstärkt.
Die lähmende Wirkung des Morphins auf das
Atmungszentrum kann durch gleichzeitige er¬
regende Wirkung gewisser Opiumalkaloide, be¬
sonders des Thebains, unterdrückt oder ganz aus¬
geschaltet werden. Es handelt sich in diesem
Falle um eine antagonistische Wirkung der
Nebenalkaloide. Beim Brechzentrum verhält sich
die Sache umgekehrt; dieses wird durch Morphin
erregt, durch einige Nebenalkaloide in seiner
Funktion herabgedrückt.
Narkotin, Narzein und Papaverin scheinen
beim Menschen weder allein noch in Kombination
mit anderen Opiumalkaloiden einen Einfluß auf
Tonus und Entleerung des Magens zu haben.
Im Handel befindet sich eine Mischung von
10 Teilen Morphin, 6 Teilen Narkotin, 1 Teil
Kodein, 2 Teilen Papaverin, */, Teil Thebain
und >/* Teil Narzein unter dem Namen „Lau-
danon I“ (Laudanon II enthält weniger Narkotin,
Papaverin und Narzein). Bachem (Bonn).
413. Zur Opiumwirkung; von H. Schmidt.
(Münchn. med. Woch. 1912. S. 1546.)
Das untersuchte, von G. Frerichs dar¬
gestellte Präparat enthält die in Wasser unlös¬
lichen Teile des Opiums. Es führt nur Spuren
von Morphin und Narkotin und besteht der Haupt¬
menge nach aus harz-, kautschuk- und gummi¬
artigen Stoffen der Droge (sog. Ballaststoffe). Die
Giftigkeit dieses Präparates ist gering, dagegen
wirkte es bei Hunden mit experimentell erzeugtem
Durchfall stopfend, ebenso, wenn auch weniger
deutlich, in einigen Versuchen beim Menschen.
Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu der
bisher vertretenen Ansicht, daß die „Ballaststoffe“
| im Opium wirkungslos seien. Bachem (Bonn).
414. Über ein lösliches Aspirin; von
' R. Bercke. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 1378.)
Dieses Präparat ist das Kalziumsalz des Aspi¬
rins, welches entsteht, wenn man in zwei an-
einandorgelagerton Aspirinmolekülen anstelle der
Wasserstoffatome in den Karboxylgruppen das
zweiwertige Ca einfügt. Entsprechend seiner Zu¬
sammensetzung enthält es 90°/ 0 Aspirin und
ca. 10°/ o Kalzium. Die Gaben sind etwa die
gleichen wie beim Aspirin. Infolge seiner leich¬
ten Löslichkeit kann es mit Vorteil dort verwendet
werden, wo keine Tabletten geschluckt werden
können (Kinder). Das Mittel ist überall dort am
Platze, wo Aspirin indiziert ist, genießt aber in¬
folge seiner physikalischen Eigenschaften (leichte
Wasserlöslichkeit, neutrale Reaktion, relative Ge¬
schmackfreiheit) große Vorzüge vor der Azetyl¬
salizylsäure. In den von B. beobachteten Fällen
löste das Mittel keine Erscheinungen seitens des
Magen darmtraktus aus und schien auf die Nieren
schonender zu wirken. Die Gabe ist etwa die
gleiche wie bei Aspirin. Bachem (Bonn).
415. Das Aspirinum solubile; von O. Leh¬
mann. (Allg. med. Zentralz. 1912. S. 375.)
L. hebt ebenfalls die Vorzüge des Aspirinum
solubile hervor, und sieht in ihm einen guten Er¬
satz des gewöhnlichen Aspirins. Es kommt in
Tabletten k 0,5 g in den Handel und wird von den
Elberfelder Farbenfabriken hergestellt.
Bachem (Bonn).
416. Zur intravenösen Strophanthin¬
injektion; von E. Kraus. (Prag. med. Woch.
1912. Nr. 26. S. 387.)
Die intravenöse Strophanthininjektion (0,001>
wurde mit lebensrettendem Erfolge bei einer
49jähr. Kranken mit paroxysmaler essentieller
Tachykardie angewandt. Die bedrohlichen Sym¬
ptome seitens der Zirkulation besserten sich inner¬
halb einer Stunde soweit, daß Lebensgefahr aus¬
geschlossen war.
Zur Nachbehandlung wurde Digipuratum ge¬
geben. Bachem (Bonn).
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YII. Innere Medizin.
135
VII. Innere Medizin.
417. Die Behandlung der Leukämie mit
Benzol; von Alexander v.-Koränyi. (Or-
voei Hetilap 1912. S. 539.)
Auf Grund der Erfahrungen, die bei Leukämie
mittels Verabreichung steigender Benzoldosen er¬
reicht wurden, bringt v. K. das Benzol für die
Therapie dieser Erkrankung in Vorschlag. — Es
zeigte sich, daß zu Beginn der Behandlung —
oft aber nicht immer — eine Zunahme der weißen
Blut zellen stattfindet; hierauf folgt eine zuerst
langsame, dann immer mehr rapide Abnahme der¬
selben. Es scheint, daß nach einer entsprechend
lang dauernden Behandlung nicht nur die Zahl
der weißen Blutkörperchen abnimmt sondern auch
das qualitative Blutbild dem normalen nahe
kommen kann. Solange es nicht zu einer be¬
deutenden Abnahme der Leukozyten kam, war die
Wirkung nur eine vorübergehende. Später, wenn
einmal die Zahl der weißen Blutkörperchen wieder
normal ist, hält die Wirkung auch ohne Verab¬
reichung von Benzol viele Wochen lang an. Wie
lange diese Wirkung anhält, kann vorderhand
nicht beurteilt werden. In den ersten Wochen
der Benzoltherapie ändern sich die Lymphdrüsen
und Milz nur wenig, dann nimmt die Milz¬
schwellung zuerst langsam, dann immer rascher
ab, die Abnahme ist zumindest so stark, wie bei
der Röntgentherapie. Mit diesen Veränderungen
Hand in Hand wird auch die Temperatur wieder
normal, der bisher das Bett hütende Patient steht
auf, und wird arbeitsfähig. —
Demnach steht es außer jedem Zweifel, daß
Benzol auf die Leukämie eine außerordentlich
günstige Wirkung hat. Vergleichende Versuche
gegenüber der Wirksamkeit der Röntgenstrahlen
fielen, wenigstens bei den bisherigen Versuchen,
zugunsten des Benzols aus. Die Dosierung erfolgt
am einfachsten per os: man verschreibt am besten
100 Dosen chemisch reinen Benzols mit Oliven¬
öl zu gleichen Teilen, so daß eine Gelatinekapsel
je 0,5 g Benzol enthält Die Kapseln werden
womöglich nach den Mahlzeiten verabreicht, und
zwar im Anfang 4 Kapseln (— 2 g), später 3 —}— 2,
dann 4 —|— 2 und schließlich 5 + 2 Kapseln (diese
Dosis ist gleich 5 g). Die Abnahme der weißen
Blutzellen bis ungefähr normalen Werten erfolgt
nach einer 6—8wöchentlichen Verabreichung des
Mittels.
Während der Verabreichung des Benzols ist
es eine wichtige Regel das Blutbild stets unter
Kontrolle zu halten, um in dem Falle, als die
gewünschte Abnahme der weißen Blutzellen bis
zu normalen Werten erfolgt ist, eine weitere Ab¬
nahme zu verhindern. Rosenthal (Budapest).
418. Über Tuberkulinbehandlung; von
Max Klotz. (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
. S- 259. 1912.)
KI. berichtet über eine neue Anwendungs¬
weise des Alttuberkulins zu Heilzwecken. Die
bekannte v. Pirquetsche Kutanreaktion wurde zu
immunisatorischen Bestrebungen benutzt, indem
durchschnittlich 2mal pro Woche 4 Irapfpunkte
gesetzt wurden und diese Behandlung so lange
wie erforderlich fortgesetzt wurde, in einigen
Fällen ein Jahr hindurch. Mehrere schwere
doppelseitige Lungenphthisen zeigten unter dieser
außerordentlich einfachen Therapie eine erstaun¬
liche Besserung des Lungenprozesses verbunden
mit allgemeiner Kräftigung und Körpergewichts¬
zunahme. Die vordem als letal gestellte Diagnose
war bei einem Kinde diametral entgegengesetzt
geworden, so daß ein Pneumothorax, der vordem
als aussichtslos erachtet worden war, nunmehr
angelegt werden konnte. Zur Ausheilung kam
es unter der perkutanen „Vakzinationstherapie“
nicht, wohl aber zu bemerkenswerten Besserungen
und Stillständen. Jedenfalls stellt die Vakzination
mit Alttuberkulin die ungefährlichste Form der
Tuberkulinbehandlung dar. Sie hat niemals irgend¬
welche Schädigungen zur Folge. Vielleicht er¬
weist sich die „Kombinationsbehandlung“ Kl.’s
als noch erfolgreicher. Sie vereinigt Vakzination
und subkutane Injektion. KI. sah bei dieser Koin-
binationsbehandlung keine Tuberkulinschädigungen
und hält sie auch theoretisch für ausgeschlossen.
Dadurch, daß das subkutan injizierte Tuberkulin
die Kutanreaktionsstellen passieren muß und dort
verankert wird, gelangen nur Bruchteile von
Antigen in den Kreislauf. (Autoref.)
419. Der Typus humanus und derTypus
bovinusdesTuberkelbazillus; von E.Meissen.
(Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 1. S. 60.)
M. berichtete in dem Aufsatze über die ein¬
gehende Debatte dieses Themas auf der inter¬
nationalen Tuberkulosekonferenz in Rom, auf dem
Calmette (Lille), Ko8sei (Heidelberg), G.Sims
Woodhead (Cambridge) darüber referierten.
Nach Calmette ist es unmöglich, morphologisch
die Typen zu unterscheiden, die Kulturmethoden
liefern nützliche, aber weder konstante, noch ge¬
nügend genaue Anhaltspunkte zur Unterschei¬
dung. Das beste Verfahren ist die Impfung.
Die Tiere, vor allem das Kaninchen, die Ziegen,
das Rind, das Meerschweinchen, sind für den
Typus bovinus empfänglicher, nur die Affen sind
für beide Typen sehr empfänglich. Der Mensch
kann durch den Typus bovinus infiziert werden,
besonders im Kindesalter. Bei der menschlichen
Lungentuberkulose kommt der Typus bovinus nur
äußerst selten vor. Maßnahmen zum Schutze der
Kinder gegen die Infektion mit Perlsuchtbazillen
sind nicht außer Acht zu lassen (Kontrolle der
Milch). Die Hauptsache sei aber die Unter-
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136
VTT. Innere Medizin.
drückung der Infektion durch den Typus humanus
von Mensch zu Mensch.
Kossel- Heidelberg besprach außer dem
Typus humanus und bovinus auch den Typus
gallinaceus. Die Typen seien stabil. Alle Fälle
von menschlicher Tuberkulose mit dem Typus
hu man ns gehen auf menschliche Infektion zurück,
in solchen mit dem Typus bovinus auf tierische
Infektion. Nach Kossel seien im ganzen
1602 Fälle von Tuberkulose beim Menschen auf
die betreffenden Arten der Tuberkelbazillen unter¬
sucht worden. Es wurden bei 126 d. h. in 8,6 °/ 0
bovine Tuberkelbazillen festgestellt. Bei mensch¬
licher Lungentuberkulose beträgt der Befund des
Typus bovinus unter 7—800 Fällen 0,6 %•
Bovine Infektion ist am häufigsten bei Kindern
in Mesenterialdrüsen und Halsdrüsen, welche
aber sehr selten zur tödlichen Erkrankung führen.
Bei 400 Kinderleichen fand Gaffky und Rothe
durch Verimpfung der Mesenterialdrüsen und
Bronchialdrüsen in 78 Fällen Tuberkelbazillen.
Darunter 4% Rinderbazillen. Unter 246 Kindern,
welche längere Zeit rohe Milch von perlsüchtigen
Kühen mit nachweislich krankem Euter genossen
hätten, seien nur 2 Kinder im Alter von 2 bis
3 Jahren mit dem Typus bovinus behaftet. Auch
Kossel kommt zu dem Schluß, daß man gegen
Milch und Fleisch perlsüchtiger Kühe vorsichtig
eein solle, daß aber bei Bekämpfung der Tuber¬
kulose als Volkskrankheit die erste Sorge auf
die Verhütung der Ansteckung von Mensch zu
Mensch zu legen sei.
G. Sims Wood he ad berichtet über die Er¬
gebnisse der englischen Tuberkulose-Kommission.
Der Menschen- und Rindertypus des Tuberkel¬
bazillus. Die Bazillen sind morphologisch nicht zu
unterscheiden. Der einzige Unterschied in der Kultur
bei glyzerinhaltigen Nährböden ist das schnellere
‘Wachstum des Typus humanus. Der Rinderbazillus
wächst viel langsamer, er ist aber sehr stark virulent
für Kälber, Kaninchen, Schimpansen, Rhesusaffen,
Meerschweinchen, Ziegen und Katzen. Der Typus hu¬
manus ist viel weniger infektiös, namentlich für Kälber
und Kaninchen. Der Typus gallinalus wurde als un¬
wichtig befunden. Bei 20 Lupusfällen wurde 2mal der
Typus humanus, lmal der Typus bovinus nachgewiesen,
ITmal aber abweichende Formen. In England wurde
häufig die Infektion von Kindern mit dem Rinder¬
bazillus nachgewiesen (in ca. 20 °/ 0 ). Die Umbildung
des Menschen und des Rindertypus konnte experimentell
nicht fcstgestellt werden. Die englische Kommission
sieht die Haupttypen selbst als Variation ein und des¬
selben Bazillus an.
Man einigte sich in der Konferenz auf die
Sätze: Die Infektion des Menschen durch den
Perl8uchtbazUlus tritt an Häufigkeit gegenüber
dem Typus humanus zurück. Die Maßnahmen
gegen die Ansteckung durch den Rinderbazillus
sind indessen aufrecht zu erhalten. Das Haupt¬
gewicht bei der Bekämpfung der Tuberkulose
ist auf die Verhütung von Mensch zu Mensch
zu legen, zumal in der Familie.
Orth betonte scharf die unbedingte patho¬
logische anatomische Zusammengehörigkeit der
Tuberkulose durch den Typus humanus und
bovinus. Die Lehre von der Unschädlichkeit des
Typus bovinus für den Menschen sei nicht auf¬
recht zu erhalten. Auch er habe in seinem In-
stitut durch Lydia Ra bi no witsch atypische
Stämme ähnlich der englischen Kommission ge¬
funden. Er rechnet mit der Möglichkeit der
Umwandlung des Typus bovinus und Typus
humanus im menschlichen Körper. Das Über¬
stehen einer bovinen Infektion in der Jugend
könnte für eine spätere Erkrankung an Lungen¬
tuberkulose disponieren. Meissen bespricht
auch kurz die Arbeiten über den Kaltblüter¬
tuberkelbazillus. Nach einer eingehenden Arbeit
von M. Rabinowitsch erzeugen alle 4 Formen
des Tuberkelbazillus ein gleiches Gift und zeigen
ein gleiches Agglutinationsverhalten. Sie seien
daher vegetativer Modifikation ein und derselben
Art Krause (Bonn).
420. Der Einfluß gewisser Substanzen
auf die Sedimentierung der Erythrozyten;
von K. Amerling und B. Prusik. (Casopis
lökaHkv öeskyeh. 1912. Nr. 13.)
Die Geschwindigkeit, mit welcher die Sedimen¬
tierung der Erythrozyten vor sich geht, schwankt
unter pathologischen Verhältnissen beim Menschen
und unter normalen Verhältnissen bei den ver¬
schiedenen Tieren, manchmal bei demselben Indi¬
viduum Ln weiten Grenzen. Defibrinierung des
Blutes verlangsamt die Sedimentierung mehr als
der Zusatz gerinnungshemmender Substanzen. Zu¬
satz von A-Tuberkulin, Bouillon und Glyzerin be¬
schleunigt zumeist die Sedimentierung. Gleich¬
zeitig mit der Beschleunigung der Sedimentierung
verursachen die letztgenannten Substanzen und
das Hirudin eine Agglutination der Erythrozyten
zu Ketten und makroskopisch sichtbaren Haufen
und die Intensität der Agglutination scheint zu
der Schnelligkeit der Sedimentierung bzw. zu der
Beschleunigung in einem bestimmten Verhältnis
zu stehen. Mühlstein (Prag).
421. Sul contenuto in grasso del san-
guee sul potere lipolitico del sierodi sangue
nella leucemia mielocitica; per G. Garin.
(Rivist Osped. 1912. S. 501.)
Bei der myelogenen Leukämie entspricht der
Gehalt des Blutes im Ganzen als auch des Blut¬
serums an freien wie gebundenen Fettsäuren völlig
den normalen Verhältnissen. Nur der Gehalt an
seifigen Fettsäuren ist größer als in der Norm.
Auch das lipolytische Vermögen des Serums be¬
wegt sich in physiologischen Grenzen. In sero¬
hämorrhagischen Exsudaten bei myelogener Leuk¬
ämie kann man dieselben Formelemente wie im
zirkulierenden Blut beobachten. Auch ist der
Gehalt an Fettsäuren und Salzen, sowie das lipo¬
lytische Vermögen nicht von dem Verhalten der
Pleuraexsudate nicht Leukämischer verschieden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
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VII. Innere Medizin.
137
422. A study of erythrocythemia and re-
port of a case, with autopsy; by A. L. Ha¬
milton and M. E. Morse. (Boston med. and
surg. Journ. June 27. 1912. S. 963.)
Besonders bemerkenswert an dem beschriebenen
Falle von Erythrozythämie ist, daß die Behand¬
lung mit Röntgenstrahlen von Erfolg war. Die
erheblich vergrößerte Leber wurde zusehends
kleiner; allerdings war die wahre Ursache, wie
sich später bei der Obduktion herausstellte, eine
Degeneration. Auffällig waren die bisher noch
nicht bei Erythrozythämie beobachteten Erweite¬
rungen der Ösophagus-Venen. Eine Blutung aus
ihnen führte zum Tode.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
423. Die Anzahl der weißen Blutkörper¬
chen bei gesunden Männern und Frauen;
von Axel v. Bonsdorff. (Finska läkaresällsk.
handl. Juliheft 1912.)
Erhebliche Unterschiede zwischen beiden Ge¬
schlechtern wurden nicht gefunden. Die Zahlen
schwankten zwischen 4000 und 8500; doch lagen
die meisten Werte zwischen 4500 und 7500. Früh
morgens fanden sich geringere Leukozytenzahlen
als später am Tage. Werte über 8500 deuten
auf irgend eine Störung des Befindens, sei es
auch nur durch Schnupfen.
Kindborg (Bonn).
424. De l’exophtalmie unilaterale dans
la maladie de Basedow; par G. Worms et
A. Hamant. (Gaz. des Höp. 1912. Nr. 70.
S. 1039.)
W. und H. betonen die relative Häufigkeit des
einseitigen Exophtalmus, von dem sie 112 Fälle
in der Literatur zusammenstellen konnten. Sie
sahen den einseitigen Exophtalmus sowohl als
Früh- wie als Spätsymptom. Bei der Besprechung
der augenblicklichen Ansichten über die Pathoge¬
nese des Exophtalmus entscheiden sie sich für
die muskuläre Theorie, da nach Durchschneidung
des Sympathikus sogar noch eine Gefäßerweiterung
einträte, der Exophtalmus trotzdem schwände.
Da bei einseitigem Exophtalmus nur 2 Todesfälle
beschrieben sind (in denen im Verlaufe der Krank¬
heit der Exophtalmus doppelseitig wurde), so
halten W. und H. die Prognose für günstig.
Hahn (Marburg).
425. Neue Beobachtungen bei der Gicht;
von I. Thomayer. (Öasopis lökafüv öesk^ch.
1912. Nr. 2.)
Skiagramme der Hände und Füße bei einem
Falle von echter Gicht boten bezüglich der Knochen¬
veränderungen eine so auffallende Ähnlichkeit mit
den Bildern bei Tabes dorsalis, daß Th. die Mög¬
lichkeit eines Zusammenhanges zwischen typischer
Gicht und Nervenkrankheiten nicht bestreiten zu
können glaubt. Mühlstein (Prag).
Schmidts Jakrb. Bd. 317. H. 2.
426. Über ein Herzsymptom bei Mete¬
orismus; von Julius Schütz. (Prag. med.
Woeh. 1912. S. 313.)
Eine Verbreiterung der Herzdämpfung im
Stehen, speziell nach rechts, die im Liegen zurück¬
geht, bei Patienten, die an Korpulenz, Zwerchfell¬
hochstand und Meteorismus leiden, ist die Herz¬
vergrößerung oft nur eine anschließende, durch
den Meteorismus bedingte. In diesen Fällen ist
zunächst die Fettleibigkeit zu heben, dann die
Zirkulation im Abdomen zu fördern, endlich der
Meteorismus zu beseitigen.
Schrumpf (St. Moritz).
427. Über „meteoristische Unruhebilder“
und „Unruhe“ im allgemeinen; von Max
Loewig. (Prag. med. Woch. 1912. S. 319.)
Über die Wirkungen von Störungen im Magen-
Darmtraktus auf die Erzeugung nervöser Angst¬
zustände und Phobien bei Psychopathen. Ein-
| gehende Besprechung der unbestimmten inneren
| subjektiven Unruhe und ihrer Ätiologie.
Schrumpf (St. Moritz).
428. Über wiederholte periodische Unter¬
suchungen an chronisch Obstipierten
mittels Röntgenstrahlen; von E. Augstein.
(Prag. med. Woeh. 1912. S. 312.)
Der große Einfluß der Psyche auf die Darm¬
funktion macht es sehr schwierig, sich ein rich¬
tiges Bild von der Darmarbeit zu machen. Bei
der Behandlung der Obstipation ist eine even¬
tuelle Kolitis nicht zu übersehen; vor regel¬
mäßigem Einnehmen von Abführmitteln wird ge¬
warnt. Geeignet sind dünne Salzlösungen, da sie
„durchspülen“. Schrumpf (St Moritz).
429. Glaubersalzwässer bei Nieren¬
leiden; von E. Pflanz. (Prag. med. Woch.
1 1912. S. 310.)
Manche Formen von chronischen Nierenent¬
zündungen (arteriosklerotische und interstitielle
Nephritis, besonders bei bestehender Hypertonie)
werden durch die „Ableitung auf den Darm“
durch Glaubersalzkuren häufig beeinflußt. Kontra-
indiziert ist die Kur bei parenchymatöser Nephri¬
tis mit Kochsalz- und Wasserretention.
Schrumpf (St. Moritz).
430. Die Radioaktivität in der Balneo¬
therapie; von E. Heinrich Kisch. (Prag,
med. Woch. 1912. S. 309.)
K. warnt mit Recht vor der Überschätzung und
kritiklosen Überwertung der Radioaktivität bei
der Wirksamkeit der Mineralwässer als Heil-
agentien, ferner vor dem Streben, an jedem Kur¬
ort, wenn auch nur künstliche, radioaktive Heil¬
anstalten zu schaffen. Ein Parallelismus zwischen
I höherem Grade der Radioaktivität und der
höheren therapeutischen Bedeutung läßt sich
| keineswegs ermitteln. Z. B. hat das gewöhnliche
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138
VII. Innere Medizin.
Brunnenwasser von Mülhausen i. E. einen Ema¬
nationsgehalt von 8 M.-E., während der kalte
Sprudel Franzensbad nur 0,41 M.-E. besitzt.
Schrumpf (St. Moritz).
431. Über die Klimawirkung der Tropen¬
länder auf den Europäer im Vergleich zum
Farbigen; von Daeübler. (D. med. Woch.
1912. S. 656.)
Gesunde Europäer, die in den Tropen leben,
zeigen, auch wenn sie nicht von der sogen.
Tropenkrankheit befallen werden, eine Reihe von
Stimmungen, die bei Einheimischen nicht be¬
obachtet werden, und welche beweisen, daß im
allgemeinen der Europäer einem längeren un¬
unterbrochenen Aufenthalt in den Tropen nicht
gewachsen ist. Die Hauptstörungen sind fol¬
gende: 1. Abnahme der Arbeitsfähigkeit, leichtere
Ermüdbarkeit, allgemeine Depression; 2. infolge
mangelhafter 'Wärmeregulierung Irritation des ge¬
samten Nervensystems, psychische Störungen,
Blutdrucksteigerung, Insomnie; 3. Abmagerung
infolge permanent hoher Schweißproduktion;
4. allmähliche geistige und körperliche Degenera¬
tion bei in den Tropen, geborenen reinen Euro¬
päern, besonders stark hervortretend von der
dritten Generation an, wenn kein frisches euro¬
päisches Blut zufließt; 5. Anämie, Störung der
Herz- und Lebertätigkeit ohne interkurrente
Krankheiten (= Tropenneurasthenie. Ref.).
An allen diesen Störungen ist lediglich das
Tropenklima schuld. Der Wärmeregulierungs¬
apparat der Europäer ist aber der Tropenhitze
nicht angepaßt.
(Vermeiden lassen sich die Tropenstörungen
durch regelmäßigen, wenn möglich mehrmonat¬
lichen Aufenthalt in Europa; besonders geeignet
sind Hochgebirgskuren, da Hochgebirgs- und
Tropenklima Kontrastklimata sind. Ref.)
Schrumpf (St. Moritz).
432. Zur balneologischen Nachbehand¬
lung der Pleuritiden; von Isserlin. (Med.
Elin. 1912. S. 905.)
Sind nach einer Pleuritis Pleuraverwach¬
sungen zurückgeblieben, so lassen sich dieselben
in sehr vielen Fällen durch vorsichtige, aber
systematisch durchgeführte baineologische und
physikalische Prozeduren ganz oder teilweise be¬
seitigen. Die Intensität dieser Prozeduren wird
im Wesentlichen von der Leistungsfähigkeit des
Herzens abhängig sein. Angezeigt ist die pneu¬
matische Behandlung und später gymnastische
Übungen, ferner CO a -Bäder. (Sehr empfehlens¬
wert ist auch das Hochgebirge. Ref.)
Schrumpf (St. Moritz).
433. Der heutige Stand der Entfettungs¬
therapie; von Hirschberg. (Allg. med.
Zentralzeit. 1912. S. 345.)
Empfehlung eines neuen Medikamentes,
„Efucsatabletten“, das neben Sagrada- und Fran-
gulaextrakt besonders ein Extrakt aus Fucus
vesiculosus enthält, in dem das Jod eine ähn¬
liche, aber angenehmere Wirkung entfalten soll,
wie in Schilddrüsenpräparaten.
Weil (Düsseldorf).
434. Ein handliches Kopflichtbad; von
H. Determann. (Med. Klin. 1912. S. 25.)
Statt der bisher üblichen Holzkästen verwen¬
det D. ein mit Stoff umhülltes Drahtgestell, in
dessen Innern 8 elektrische Birnen angebracht
sind. Das Ganze kann auf den Schultern des
Patienten befestigt werden. Das Kopflichtbad
wird mit gutem Erfolg bei Migräne, Neuralgien,
rheumatischen Erscheinungen an Kopf und
Nacken, Katarrhen der Nebenhöhlen der Nase und
zur Kupierung des akuten Schnupfens angewandt.
Weil (Düsseldorf).
435. Der Einfluß der Lichtbäder auf die
Körpertemperatur und den Blutdruck des
Menschen; von V. KuCera (öasopis 16kafüv
Ceskych. 1912. Nr. 23.)
Das Lichtbad bedingt nur eine geringe Zu¬
nahme der Körpertemperatur und des Blutdrucks,
so daß eine Gefahr für den Organismus (Hämor-
rhagie) nicht besteht. Dagegen steigt die Puls¬
zahl beträchtlich (von 90 auf 150) und die Puls¬
welle flacht sich ab. Die Ursache hierfür ist die
Ermüdung, die Insuffizienz des Herzmuskels, die
wiederum durch die Beschleunigung des Blut¬
stroms durch die Haut und die Lungen zum
Zwecke der Thermoregulation bedingt ist Diese
ist sehr ausgiebig und die Ursache für die geringe
Zunahme der Körpertemperatur und des Blut¬
drucks. Mühlstein (Prag).
436. The alimentary hypersecretion of
chronic ulcer as shown by the lactose test
meal ; by D. Roberts. (Amer. Journ. of the
med. Sc. Nov. 1912. S. 715.)
Mit Hilfe dor von ihm schon früher an¬
gegebenen Laktose-Probemahlzeit ermittelte R.,
daß eine alimentäre Ubersekretion starken Ver¬
dacht auf ein Magengeschwür ergibt In einigen
Fällen übertraf die Menge des Magensaftes nur
3mal die des Rückstandes der Probemahlzeit, in
den meisten Fällen war sie noch größer. Bei an¬
deren Affektionen der Verdauungsorgane wurden
nur ausnahmsweise ähnliche Mengen nachge¬
wiesen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
438. Über paradoxe Albuminurie und
Urobilinurie und die Entstehung kardialer
Zirrhosen und „Herzkropf 1 bei organischen
Trikuspidalerkrankungen ; von S t a u n i g.
(Wien. klin. Woch. 1912. Nr. 9.)
Mitteilung zweier Fälle, von denen der erste
infolge eines langdauernden Gelenkrheumatismus
im 10. Lebensjahre und wiederholten späteren
Attacken ein Herzleiden erworben hatte, welches
in einem Vitium der Aorta, der Mitralis und dor
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VII. Innere Medizin.
139
Trikuspidalklappe bestand; daneben Stauungs¬
zirrhose der Leber und Morbus Basedowii. Unter
Digitalis-Medikation trat anfänglich eine starke
Eiweiß- und Urobilinausscheidung ein, dabei
gingen die Erscheinungen der Herzinsuffizienz
nicht zurück. Es erwies sich die Ausscheidung
von Eiweiß und Urobilin als Folge der Digitalis¬
wirkung. Während in der ersten Zeit, wo kein |
Digitalis verabreicht wurde, die Ausscheidung J
beider Substanzen zurückging, vermehrte sie sich
bei erneuter Digitalisverordnung. Im Anschlüsse !
an den Fall wird die Mechanik der Stauung in der
Vena cava und im Pfortadergebiet besprochen und
die Genese der Stauungszirrhose, welche durch |
die Bauersche alimentäre Glykosurie nachge¬
wiesen wurde, erörtert. Die Trikuspidalinsuffi-
zienz wird, da hierdurch die Stauung rückwärts
sich schon im Stadium der Kompensation auf die
Drüsengewebe der Leber und der Nieren fortsetzt,
als Ursache dieser Zirrhose angesehen. Auch die
Schilddrüsenvergrößerung wird durch den posi¬
tiven Venenpuls erklärt, der eine direkte Rück¬
stauung in der Struma begünstigt.
Ein zweiter Fall von Trikuspidalinsuffizionz
zeigt die Erscheinungen einer echten Leberzirrhose
mit Aszites. Trotzdem das Herz nicht insuffiziont
war, wurde Digitalis gegeben und auch in diesem
Falle folgte der Digitalis-Medikation Urobilinurie
und Albuminurie. Die die Herzenergie verstär¬
kende Wirkung der Digitalis erhöht in solchen
Fällen die Schädigung in Leber und Nieren. Es
werden deshalb zunächst Diuretika für die Be¬
handlung solcher Fälle empfohlen.
Hoffmann (Düsseldorf).
■
438. Oxaluria dolorosa; by B. G. R.
Williams. (Med.Record Mayll. 1912. S.890.)
Unter dem Bilde der Nierensteinkolik kann
ein Symptomenkomplex auftreten, der in Wahr¬
heit eine Oxaluria dolorosa darstellt. Der Urin
enthält in solchen Fällen große Mengen von Kal¬
ziumoxalat-Kristallen. Ausschlaggebend bei der
Differentialdiagnose ist die Untersuchung mit
Röntgenstrahlen. Bei der Oxalurie entleert der
Kranke seinen Urin häufig. Es tritt eine rapide
Ilämorrhagie auf, während gewöhnlich beim
Stein nur ein Sickern stattfindet Eiterkörperchen
sind im Urin beim Stein häufig, bei Oxalurie
selten. Die Therapie der Oxaluria dolorosa be¬
steht in der Vermeidung aller Nahrungsmittel, die
Oxalsäure enthalten oder in sie verwandelt wer¬
den können, zumal Orangen, Äpfel, Trauben,
Tomaten, Mohrrüben, Kohl, Spargel, Bohnen,
Zucker usw., ferner in Anwendung von Alkalien,
wie Liqu. kal. acet., sodann in der Verordnung
gewisser saurer Salze, wie Diazidnatriumphosphat,
das die Eigenschaft haben soll, Oxalatsalze aufzu¬
lösen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
439. Syphilis und Schrumpfniere; von
C. Hirsch. (Med. Klin. 1912. S. 1146.)
H. weist auf die Häufigkeit von Schrumpfniere
im Verlaufe einer luetischen Infektion hin, wobei
anatomisch meist nichts für Syphilis Charakte¬
ristisches zu finden ist. Er rät therapeutisch
große Vorsicht an in Fällen, wo wiederholt Kuren
gemacht wurden und sich die Schrumpfniere
schleichend entwickelt hat. Unter den sogenann¬
ten arteriosklerotischen Schrumpfnieren, wo Jod
oft sehr schlecht vertragen wird, basiert sicher
mancher Fall auf syphilitischer interstitieller
Nephritis. Hahn (Marburg).
440. Die Urämie eine Säurevergiftung;
von P o r g e s und Leimdörfer. (Münchn. med.
Woch. 1912. Nr. 16.)
In der Hauptsache Feststellung der Tatsache,
daß sie sich schon vor Straub und Schlayer
mit dieser Frage beschäftigt haben. Sie bedienten
sich der modifizierten Pleschschen Methode.
Als Stichprobe ihrer Versuche geben sie fol¬
gendes Protokoll: Normal gut für die CO s -Span-
nung = 5,5—6,5°/ 0 einer Atmosphäre.
G. Sch. 18 Jahre. Hämorrhagische Nephritis.
Harn-
Kohlen!>äure-
Datum
meDge
spannung
°/o einer
Klinischer Befund
ccm
Atmosphäre
9.1.
250
4,98
hochgradige Ödeme,
Kopfschmerz
10. 1.
300
5,07
11.1.
200
4,75
12.1.
150?
4,77
13. 1.
400
4,91
4,72
15. I.
200
16.1.
Mit Käse
redose
4,46
17. L
800
5,06
Ödeme, Kopfschmerzen
geringer
18.1.
1000
5,71
Ödeme fast geschwunden.
19.1.
900
5,57
keine Kopfschmerzen
I. 20.
?
5,52
Ödeme geschwunden
Hirsch (Göttingen).
441. Über die Behandlung der chro¬
nischen Nephritis; von Roraberg. (D. med.
Woch. 1912. Nr. 23.)
In diesem klaren, kritischen Vortrage zeigt
v. R. vor allem den Wert einer sorgfältigen Über¬
wachung der IVtmereinfuhr und -ausfulir und der
Koc/wa/zaufnahme und Ausscheidung; er warnt
zugleich vor einseitiger Betrachtung. „Der Ge¬
samtorganismus ist stets in seinem Verhalten zu
beachten“
Hinsichtlich des Verhaltens des Blutdruckes
bei chronischer Nephritis betont er besonders die
Erfahrung, daß die Höhe des Blutdruckes gar
keine Beziehung zu der Reichlichkeit der Harn¬
ausscheidung hat. Gerade bei der Urämie können
wir bekanntlich geradezu bedrohliche Zunahme
der Hypertension beobachten. Die Höhe des
arteriellen Druckes ist kein Gradmesser für die
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140
VII. Innere Medizin.
Güte eines therapeutischen Regimes. Im Gegen- !
teil, wir beobachten oft bei Besserung ein Ab¬
sinken des Blutdruckes (bei Ruhe, Diät und
Digitalisdarreichung). Das Bestreben, einseitig
den Blutdruck herabzusetzen (Vasotoninanwen-
dung), muß abgelehnt werden.
Hinsichtlich der Diät bei der chronischen
Nephritis ist vor allem das Prinzip der Schonung
durchzuführen.
Regelung der Stickstoff- und Wasserzufuhr.
Aber keine Durstkur! Tägliche Fleischquantität
100—150 g. Bei Gichtkranken ist jedoch die Zu¬
fuhr purinhaltiger Nahrung einzuschränken.
Die laienhafte Furcht vor schwarzem Fleisch
und vor Wein ist unbegründet.
Die Flüssigkeitszufuhr sollte im allgemeinen
2 1 betragen; man sollte gerade bei der chro¬
nischen Nephritis nicht unter 1*/* 1 heruntergehen.
Zur Ödembildung führt nicht allein Kochsalz-
und Wasserretention, sondern vor allem eine
Schädigung der Gefäßwand im Sinne von
C o h n h e i m.
Alkohol und starke Gewürze sind in den
meisten Fällen zu verbieten. Ebenso ein Über¬
maß von Kochsalz. Eine rigorose Durchführung
einer sog. kochsalzarmen Ernährung (weniger als
5 g NaCl in 24 Stunden) ist unzweckmäßig für
das Allgemeinbefinden. 8—12 g NaCl wird man
gestatten dürfen (der Gesunde nimmt ca. 15 g
pro die).
Vor körperlicher Überanstrengung, vor Schwitz-
Prozeduren ist zu warnen.
Trinkkuren im Sinne einer Durchspülung des
Organismus haben keinen besonderen Nutzen.
Dagegen ist die Ruhe eines Badeortes bei guter
ärztlicher Überwachung oft von Nutzen.
Hinsichtlich der kostspieligen sog. Ägyptenkur
unterschreibe ich durchaus den v. R.schen Satz:
„Die wirkliche Heilung einer chronischen Ne¬
phritis durch Aufenthalt im warmen Klima dürfte
niemals Vorkommen.“ Allerdings wird eine Herab¬
setzung der Eiweißausscheidung in einzelnen
Fällen bcobachtot; das erreicht man aber auch in
europäischen wärmeren Orten (Meran, Riviera).
Besonders interessant, weil manche neue Be¬
obachtung enthaltend, sind v. R.s Ausführungen
über die diätetische und arzneiliche Behandlung
der Niereninsuffizienz; sie stützen sich vornehm¬
lich auf die grundlegenden Untersuchungen seiner
Tübinger Schule (Schlay e r, H e d i n ge r u.a.).
Sehr fein durchgearbeitet erscheint die Dosierung
der Diuretika (Diuretin, Theozin), die Anwendung
der Digitalis.
v. R. beginnt mit sehr kleinen Dosen der
Diuretika. Er gibt vom Diuretika zumeist 2mal
im Laufe des Nachmittags 0,5 g. Bei gering¬
fügiger Urinage oft nur 0,5 g. Er steigert die
Dosis nur, wenn kein Erfolg hinsichtlich der
Diurese. Eventuelle Steigerung bis auf 8mal 0,5.
Das Theozin verteilt er auf den ganzen Tag.
Er beginnt mit 2mal täglich 0,1, steigend event.
bis 4mal 0,2 pro die.
Niemals gibt er das Mittel fortlaufend täglich,
sondern einen Tag über den andern.
Auch eine kontinuierliche Behandlung mit
Diuretika in kleinen Dosen (ähnlich wie bei der
Digitalisbehandlung im Sinne Kußmauls) kann in
einzelnen Fällen von Nutzen sein.
Auch die Digitalis wirkt oft diuretisch durch
Einwirkung auf die Vieren gef äße (nicht aus¬
schließlich /ierzwirkung).
Im allgemeinen kleine Digitalisdosen.
Oft sinkt mit Besserung der Nierentätigkeit der
Blutdruck bei der Digitalisdarreichung (3 —4mal
0,05 Digitalis pro die).
v. R. macht dann auch auf den in Württem¬
berg viel gebräuchlichen sog. Kreuserschen Tee
aufmerksam, der manchmal ausgezeichnet diure¬
tisch wirkt (in der Hauptsache wohl infolge seiner
Scilla Wirkung).
Rp. Flor. Sambuc.. . 2,0
Bulb. Scill.. . . 2,5
Fruct. Junip. . . 5,0
Fruct. Carvi . . 5,0
Fruct. Petroselin, 3,0
Der Aufguß davon in 24 Stunden zu ge¬
brauchen.
Das Kalomel verwirft v. R. in der Therapie
der Nierenkrankheiten mit Recht völlig.
Bei der t/ramiebehandlung hält er — wie wohl
sehr viele — von den sog. ableitenden Verfahren
nichts.
Der Aderlaß ist dagegen oft von sichtbarem
Nutzen neben der individuellen Digitalis- und
Diuretikabehandlung.
Bei urämischem Asthma: Dioxin 0,02, auch
kleine Dosen Morphin (3—20 mg), event in Ver¬
bindung mit Koffein.
Bei lästigem Schweiße: Trockenkost und 3- bis
5mal 5—7 Opium tropfen.
Bei schlechtem, unruhigem Schlaf: Bromkali
(2,0 g am Abend), Veronal oder Adalin 0,5.
Unsere Aufgabe bei der chronischen Nephritis
ist also, im Sinne der Lehre A. Hoffmanns
(Prinzip der Schonung und Übung): „durch mög¬
lichste Schonung der geschädigten Funktion auf
der einen Seite bei Erhaltung eines guten Zu¬
standes des Gesamtorganismus, durch vorsichtige
Inanspruchnahme des erkrankten Organs anderer¬
seits glauben wir unsere Kranken so günstig be¬
einflussen zu können, wie der anatomische Prozeß
und sein Verlauf zulassen. Hirsch (Göttingen).
442. Insuffizienz der Nebennieren bei
Tuberkulösen; von Serge nt. (Gaz, des Höp
1912. S. 1151.)
Die Erkrankung kann sich als Addisonsche
Krankheit oder „formes frustes“ derselben nur in
den Nebennieren lokalisieren, oder sie kann als
Begleiterscheinung bei anderweitiger Tuberkulose
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141
VIII. Kinderheilkunde.
auftreten. Bei der zweiten Form können patho¬
logische Pigmentationen vorhanden sein oder
fehlen. Frankel (Bonn).
443. Erfahrungen mit der Dioradin-
behandlung; von "Wall. (Brit. med. Joum.
1912. S. 109.)
In einzelnen Fällen von Lungentuberkulose
wurde während der Dioradinbehandlung eine
Besserung konstatiert. Frankel (Bonn).
444. Tuberculosis of the spieen; b y
M. C. Winternitz. (Arch. of int Med. June 15.
1912. S. 680.)
Es gelang, aus der Literatur 51 Fälle von pri¬
märer Tuberkulose der Milz zusammenzustellen;
die meisten betreffen das Alter von 20—40 Jahron.
Das erste Symptom ist gewöhnlich Schmerz in
der Milzgegend, zuweilen verbunden mit gastri¬
schen und respiratorischen Störungen. Der Ver¬
lauf kann auch einem infektiösen Prozeß ähneln:
dann beobachtet man Kollaps, Fieber, Frost¬
schauer, Rückenschmorzen usw. Der Blutbofund
ist unbeständig. Die Haut bietet keine Besonder¬
heiten. Die einzige wirksame Therapie ist die
Splenektomie; sie war in 53°/ 0 erfolgreich. Das
Gewicht der Milz betrug meistens zwischen 1 und
2 kg. 80°/ o der Fälle zeigten Beteiligung der
Leber, 40°/o Lungentuberkulose. Auch eine eigene
Beobachtung wird beschrieben. Der Verlauf war
subakut, der Tod trat innerhalb von 3 Monaten
nach dem Bemerken der ersten Symptome ein.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
445. Perturbamenti circolatorii provo-
cati dal lavoro muscolare nel tubercolosi;
per E. Tedeschi. (Rif. med. 1912. S. 757.)
Muskelarbeit hat eine ausgesprochene Wirkung
auf den Gefäßtonus, der durch sie eine vorüber¬
gehende Erhöhung erfährt. Das ist besonders bei
Tuberkulösen der Fall. Das vasomotorische
System unterliegt somit abnormen Reizen, denen
wiederum abnorme und gesteigerte Reaktionen
folgen. Bei Tuberkulösen kann selbst mäßigo
muskuläre Arbeit latente Zustände des Gefä߬
systems zum Ausbruch bringen, zumal eine Er¬
schöpfbarkeit des Myokards, wie sie an eine
funktionelle Insuffizienz gebunden ist, und ein
abnormes Verhalten des Gefäßtonus, das zu vaso¬
motorischen Störungen in Beziehung steht.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
446. Sulla diagnosi della tubercolosi col
metodo di Marmoreck; per V. de Bonis e
G. Renga. (Rif. med. 1912. S. 731.)
Die Marmorecksche Tuberkulinprobe mit dem
Urin versagte bei 11 Fällen von Lungentuberku¬
lose nur in einem, der durch Nephritis kompliziert
war. Bei einem Falle ohne jede klinische Er¬
scheinung war sie positiv; nach einem Monat
ließen sich deutliche Zeichen von Tuberkulose
nachweisen. Von 4 Fällen von chirurgischer
Tuberkulose gelang sie in 3, während sie stets in
dem Urin von Meerschweinchen mit experimen¬
teller Tuberkulose positiv war. Man wird an¬
nehmen müssen, daß ein positivos Gelingen dor
Reaktion einen entschiedenen Wert besitzt, zumal
bei der Frühdiagnose, während ein negativer Aus¬
fall das Vorhandensein einer Tuberkulose nicht
ausschließt. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
447. Zur Bedeutung des Fiebers bei
der Hämoptoe; von V. Kraus. (Casopis
lökarftv öeskyeh. 1912. Nr. 10.)
Gleichzeitig mit der Hämoptoe oder bald nach
derselben stellt sich bei manchen Phthisikern ein
rasch ansteigendes, einige Tage dauerndes und
dann kritisch abfallendes Fieber ein; dasselbe ist
die Folge einer um den Blutungsherd entstandenen
Entzündung, die ein Analogon der bei der Tuber¬
kulintherapie auftretenden herdförmigen entzünd¬
lichen Reaktion darstellt. Sie besitzt eine kura¬
tive Wirkung, da nach ihrem Ablauf eine Besserung
im Befinden des Kranken zu konstatieren ist.
Mühlstein (Prag).
448. Zur Prognose der tuberkulösen
Peritonitis; von E. Sieber. (Casopis lökafüv
öeskyeh. 1912. Nr. 11.)
Auf Grund einer Serie von 39 Fällen von
spezifischer Peritonitis stellt S. die Behauptung
auf, daß überall dort, wo die Distribution dos
Perkussionsschalles nach Thomayer vorhanden
ist, ein leichter Fall vorliegt, der gebessert und
geheilt werden kann; der Prozeß ist nur auf das
Mesenterium und dessen Radix beschränkt. Fehlt
die Distribution, dann hat der spezifische Prozeß
das ganze Peritoneum ergriffen und führt zumeist
zum Exitus. Das Hinzutreten einer Leberzirrhose
verschlechtert in hohem Grade die Prognose der
Peritonitis. Mühlstein (Prag).
VIII. Kinderheilkunde.
449. Ostäomyölite du nourrisson ; par
Haller. (Gaz. des Höp. 1912. p. 625.)
Während die akute infektiöse Osteomyelitis
bei Kindern im allgemeinen selten ist, zeigt das
erste Lebensjahr, die Säuglingszeit eine ausge¬
sprochene erhöhte Disposition für diese Erkran¬
kung. Da auch klinisch diese Fälle gegenüber
dem späteren Typus gewisse Besonderheiten auf¬
weisen , erscheint es berechtigt, geradezu von
einer Osteomyelitis der Säuglinge zu sprechen.
Während die Osteomyelitis der älteren Kinder
häufiger bei Knaben vorkommt, läßt das Auf¬
treten der Säuglingsosteomyelitis keine Diffe¬
renzen hinsichtlich der Beteiligung der Geschlechter
erkennen. Als Eingangspforte für die Infektion
kommen Nabeleiterungen in Betracht,. Entzün-
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142
VIEL Kinderheilkunde.
düngen. des Zahnfleisches bei erschwerter Den¬
tition, Derraatitiden, Enteritis usw.; in Ausnahme¬
fällen erfolgte dieselbe durch Vermittlung der
Plazenta von der Mutter her (Erysipel), oder auch
direkt von einer Laktationsmastitis aus. Bakterio¬
logisch finden sich in bemerkenswertem Gegen¬
satz zu der meist durch Staphylokokken hervor¬
gerufenen Osteomyelitis adolescenti um überwiegend
Streptokokken; mehrfach wurden auch Pneumo¬
kokken beobachtet. Ebenso weist die Lokalisation
des Herdes gewisse Besonderheiten auf, indem
am häufigsten der Oberschenkelknochen erkrankt
In etwa 20°/ o der Fälle finden sich überdies
multiple Herde. In etwa einem Drittel der Er¬
krankungen kommt es zur Infektion der benach¬
barten Gelenke, am häufigsten des Hüftgelenks.
Eine weitere typische Komplikation bilden die
Epiphysenlösungen, deren Frequenz auf zirka 50%
geschätzt wird. Die klinischen Erscheinungen sind
meist wenig charakteristisch und werden von dem
Bilde der schweren Allgemeininfektion dominiert.
Die lokalen Symptome (bestehend in aktiver Un¬
beweglichkeit, Schwellung, Schmerzhaftigkeit)
werden gewöhnlich erst gefunden, wenn beson¬
ders darauf gefahndet wird. Bei einer mehr
torpide einsetzenden Erkrankungsweise können
differentialdiagnostische Schwierigkeiten gegenüber
der Tuberkulose oder Syphilis entstehen. Unter
den lokalen Komplikationen sind von besonderem
Interesse die eventuell auftretenden Spontan¬
luxationen (vor allem der Hiifte), von sonstigen
Komplikationen sind praktisch die häufigen
Bronchopneumonien von besonderer Bedeutung.
Über die Prognose lassen sich allgemeingültige
Angaben kaum machen. Die Therapie ist eine
rein chirurgische und besteht in einer möglichst
frühzeitigen Entleerung des Eiters durch Inzision.
Sequestrotomien sind nur in den seltensten Fällen
erforderlich.
Umfangreiche Bibliographie (67 Nummern).
Melchior (Breslau).
450. Zur Diätetik der Skrofulöse; von
Moro. (MonatS8chr. f. Kinderheilk. 1912. S. 21.)
M. vertritt in Gemeinschaft mit Escherich
die Ansicht, daß die Skrofulöse als Krankheits¬
begriff daseinsberechtigt ist und zwar weil er
nicht eine zufällige Kombination zweier patholo¬
gischer Einheiten: exsudative Diathese und Tuber¬
kulose (Czerny) sei, sondern eine gesetzmäßige.
Nur auf dem Boden der lymphatischen-exsudativen
Diathese entwickelt sich unter dem Einfluß des
Tuberkulosevirus die charakteristische Skrofulöse.
Die erhöhte Reaktionsbereitschaft der Kutis und
Mucosa des Kindes mit exsudativer Diathese wird
durch den Reiz des Tuberkulosevirus im Organis¬
mus dauernd in Aktion gehalten und zeitigt jenes
bekannte Bild des skrofulösen Habitus. Also
nicht die alimentäre Noxe (Czerny), sondern die
infektiöse ist der Punkt, auf den es ankommt.
Czerny hat darauf hingewiesen, daß jede
Mästung die exsudative Diathese verschlimmert,
daß also auch sogeuannten „skrofulösen“ Kindern
durch Mästung nicht nur nicht genützt, sondern ge¬
schadet wird. Dagegen führt eine Diät, welche jede
Überernährung (insonderheit mit Milch und Eiern)
vermeidet, also lediglich anti exsudativ orientiert
ist, zum Abflauen und schließlich zum Ver¬
schwinden des skrofulösen Äußeren. Man hat
alsdann „blühende Kinder mit Tuberkulose“ vor
sich. Heubner trat dieser Lehre bei. Und nun
setzt M. seinen Namen gegen jene beiden Meister
ein. Er machte das umgekehrte Experiment,
suchte „skrofulöse“ Kinder, die zurzeit frei von
exsudativen Erscheinungen waren, durch eine
Nachkur wieder skrofulös zu machen, Haut oder
Schleimhäute wieder mit Reizerscheinungen auf
die verpönte Kost reagieren zu lassen. Aber der
Versuch mißlang. Und weitere Versuche führten
M. zu der bestimmten Überzeugung, die Bedeutung
der alimentären Noxe für die Entstehung der skro¬
fulösen Erscheinungen abzulehnen. Manifesta¬
tionen der exsudativen Diathese bei Tuberkulösen
weichen sogar neben reichlicher Milch-Eierkost ab.
Nach M. wird durch die Mästung der Organismus
in seinen vegetativen Funktionen gekräftigt, er
wird Herr der Tuberkulose. Und sobald der
ständige Reiz des Tuberkulosevirus fortfällt, er¬
lischt auch die erhöhte Krankheitsbereitschaft und
ihre Manifestation auf Haut und Schleimhaut.
M. kennt außer diesem Weg (der Mastkur)
noch weitere zwei, die zum gewünschten Ziele
führen: die Tuberkulinkur und „Licht, Luft and
Sonne“. Daß die außerordentliche Bedeutung des
letzten Faktors: Herausbringen des „skrofulösen
Gesindels“ (Pott) aus seinem traurigen un¬
hygienischen Milieu vielleicht von der Czerny-
schen Schule nicht genug betont worden ist, wenn
er natürlich auch hoch bewertet wurde, ist zu¬
zugeben. Jedenfalls ist durch M. die ganze skro¬
fulöse Frage, die man glücklich für ein Prinzip
erledigt betrachten konnte, wieder akut geworden.
Sache der Kliniker aber bei der einfachen durch¬
sichtigen Sachlage auch jedes Praktikers wird es
sein, erneut zu prüfen, ob die Bedeutung der Er¬
nährung für die Entstehung und Abheilung des
Habitus scrophulosus nur sekundär’ ist
Klotz (Schwerin).
451. Beitrag zur Kenntnis der Urotropin-
Sekretion und Resorption im Liquor cere¬
brospinalis und die Bedeutung desselben
für die Hydrozephalus-Frage; von E. Wein-
rich. (Monatsschr. f. Kinderheilk. 1912. S. 38.)
Die Sekretion und Resorption von Urotropin,
ist den Gesetzen der Osmose unterworfen. Wenn
Urotropin beim Hydrozephalus verzögert resorbiert
wird, so erklärt sich das rein mechanisch, und es
ist „bis zum Beweis des Gegenteils ein spezifischer
Unterschied zwischen wachsendem und stabilem.
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VIII. Kinderheilkunde.
143
Hydrozephlus nicht wahrscheinlich“. Hiermit
stellt sich W. also in Gegensatz zu Ibrahim,
der das längere Verweilen des Urotropins im
Liquor cerebrospinalis als Zeichen erschwerter
Resorption und für wachsenden Hydrozephalus
charakteristisch betrachtete, während bei stabilem
Hydrozephalus diese Verlangsamung fehlen sollte.
W. geht in der Negation dieser Ibrahim sehen
Behauptung noch weiter, indem er erklärt, daß
ein positiver Urotropingehalt nach 3x24 Stunden
nicht nur nicht ohne Bedeutung sei, hinsichtlich
der Qualität des Hydrozephalus, sondern ob über¬
haupt ein Hydrozephalus vorliege.
Spinalpunktionen sollen im allgemeinen die
Resorption erleichtern. W. fand, daß im Gegenteil
die Spinalpunktion auf das Verschwinden des
Urotropins im Liquor ungünstig einwirkte.
Klotz (Schwerin).
452. Behebung von Durchfällen der
Säuglinge durch Korrektur ihrer Nahrung
mit Buttermilch; von K. Stolte. (Monats-
schr. f. Kinderheilk. 1912. S. 49.)
Bei Säuglingen, welche auf Milchverdilnnungen
mit Wasser oder Mehl- bzw. Schleimsuppen mit
dünnen Stühlen reagieren, fand St. die Bntter-
milchsuppe als vorzügliches Styptikum. Diese
auf den ersten Blick befremdende Tatsache er¬
klärt sich dadurch, daß die Buttermilch fettarm
aber kalkreich ist, mithin zur Bildung von Kalk¬
seifen besonders geeignet ist; sie ist ferner
eiweißreich, wodurch die Kohlehydratgärung im
Darm eingeschränkt wird. Indessen erweist es
sich als empfehlenswert, von der üblichen Zu¬
bereitungsart der Buttermilchsuppe (15 g Mehl,
75 g Zucker pro Liter Buttermilch) abzugehen
und in den erwähnten Fällen dünner Stühle
— ohne schwerere Allgemeinerscheinungen —
die löslichen Kohlehydrate ganz fortzulassen und
statt dessen 2—3—5°/ 0 Mondamin (Maisstärke)
zuzusetzsn. Höhere Konzentrationen der Butter-
milch-Mondaminsuppe sind technisch nicht mög¬
lich. Es ist unleugbar ein Fortschritt, daß man
durch die geschilderte Anwendung der Butter-
milchsuppe (Ersatz von 1—3 Mahlzeiten den
Durchfall auslösenden Nahrung durch entspre¬
chend große von Buttermilch-Mondaminsuppe) der
Notwendigkeit behoben wird, die Nahrung aus¬
zusetzen , Tee zu geben und dann vorsichtig
wieder mit kohlehydrathaltiger Kost (natürlich
kann man in diesen Fällen auch Eiweißmilch ver¬
wenden, die aber schwer selbst hergestellt werden
kann und daher besser aus der Fabrik bezogen
wird) zu beginnen oder langsam die Fetttoleranz
zu prüfen.
St. macht darauf aufmerksam, daß seine Be¬
handlungsmethode ihre nicht sehr weiten Grenzen
hat. Sobald der Einfluß auf die Stuhlbildung
nicht prompt erfolgt, wenn gar Flatulenz, Meteo¬
rismus und Diarrhöe zunimmt, dann ist die
Buttermilchsuppe sofort fortzulassen, weil sie die
Kolilehydratgärungen vermehrt, statt sie zu be¬
heben. Klotz (Schwerin).
453. Eine Demonstration des Einflusses
der Reaktion auf den Umsatz von Kalk
und Phosphorsäure im Dickdarm des
Säuglings; von K. Blüh dorn. (Monatsschr.
f. Kinderheilk. 1912. S. 68.)
Stark saure Reaktion verhindert die Ausfällung
von Kalkphosphat, während alkalische, schwach
saure oder neutrale Reaktion unlösliches Kalk¬
phosphat zur Ausflockung kommen läßt. Nur in
wenigen Fällen scheint stärker saure Reaktion
nicht vor der Ausflockung zu schützen, wie um¬
gekehrt ganz vereinzelt alkalisches Milieu nicht
zur Bildung von Kalkphosphatniederschlag führte.
Die Kolloide haben auf die geschilderten Ver¬
hältnisse keinen Einfluß. Die Versuchsbedingungen
waren so, daß Kalziumchlorid und Natriumphos¬
phat mit einander im Milieu verschiedener Kot¬
extrakte reagieren gelassen wurden.
Die praktische Nutzanwendung der Bischen
Untersuchungen ist die, daß Kalk und Phosphate,
die im Darm bei alkalischer oder schwach saurer
Reaktion Zusammentreffen, nicht resorbiert werden
können. Klotz (Schwerin).
454. Über die quantitative Ausscheidung
von Urotropin in der Frauenmilch; von
Karol Rieder. (Monatsschr. f. Kinderheilk.
1912. S. 80.)
0,5—1,0 Urotropin, per os eingenommen, sind
1 Stunde darauf in der Milch nachzuweisen, und
zwar ist die Urotropinkonzentration in dieser Zeit
die maximale. Nach 13 Stunden ist die Kon¬
zentration Null oder fast Null. Ähnlich fanden
Haid und Wein rieh auch im Liquor cere¬
brospinalis die höchste Urotropinkonzentration
nach s / i Stunden, die innerhalb von 5 Stunden
nur wenig abnahm, dann aber rapide herunterging.
Die absolute Urotropinmenge, die zuerst in
der Brustmilch erscheint, ist nun aber außer¬
ordentlich spärlich, 1,5 mg! Und innerhalb von
13 Stunden werden von 1,0 g per os verabfolgten
Urotropins etwa 2—3 cg in der Milch aus¬
geschieden. Auch bei Steigerung der Dosierung
gelingt es nicht, die Frauenmilch mit Urotropin
anzureichern, es bleibt höchstens die maximale
Konzentration der ersten Stunde längere Zeit
gewahrt. Damit ist therapeutischen Bestrebungen
— etwa in dem Sinne, daß man mittels der
Brustmilch dem Säugling Urotropin zuführen
will — eine so enge Grenze gesetzt, daß dieser
Weg zwecklos erscheint. Aber auch ein anderer
guter Gedanke, Mastitiden durch Urotropinein¬
nahme behandeln zu wollen, scheitert an der
Tatsache des Übergangs nur homöopathischer
Dosen in die Milch. Klotz (Schwerin).
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144
VIII, Kinderheil Jrunde.
455. Zur Klinik und Therapie des Pleura¬
empyems bet Säuglingen; von Fritz Zy-
bell. (Monatsscbr. f. Kinderheilk. 1912. S. 93.)
Z. verbreitet sich an Hand des Materials der
Säuglingsabteilung des Magdeburger altstädtischen
Krankenhauses in sehr wertvollen Darlegungen
über die wichtigsten Erfahrungen, die er unter
Leitung Thiemichs bei der Behandlung der
eitrigen Pleuritis gemacht hat. Das wichtigste
Ergebnis sei vorweggenommen. Es ist die Ab¬
kehr von der Rippenresektion. Schon seit längerer
Zeit wurden hier und da gleichlautende Stimmen
hörbar. Die Mortalität der eitrigen Pleuritis bei
Säuglingen (mit Rippenresektion behandelt) war
so groß, 30—50%) daß man an der Nützlich¬
keit des Eingriffes zu zweifeln begann. Z. er¬
bringt nun Beweise, daß die einfache Punktions-
behandlurg besseres leistet. Es erübrigt sich ein
Eingehen auf die verschiedenen rein äußeren
Momente, die von vornherein für die Punktion
sprechen. Sie stellt keine hohen Ansprüche an
die Widerstandsfähigkeit des Organismus und ver¬
meidet die Kollapsgefahr durch Schok und grobe
DruckschwaDkungen wie bei der Resektion. Der
Pneumothorax ex resectione schaltet eine große
Atemfläche aus, welche der Säugling schwer zu
kompensieren vermag. Er kann normalerweise
die Atmung nur mangelhaft vertiefen und muß
zum Ausgleich die schon an sich erhöhte Fre¬
quenz der Atemzüge verstärken. Bestehen nun
noch, wie so häufig, Ausschaltungen der verfüg¬
baren Restatmungsfläche durch pneumonische
Infiltrate, dann ist die Respirationsinsuffizienz
drohend nahe gerückt.
Die einfache Punktion regt die natürliche
Resorptionskraft der Pleura an, wie aus der in¬
ternen Medizin sattsam bekannt ist. Z. punktiert
mit Trokarkanülen, nicht mit dünnen Hohlnadeln.
Die Punktion kann erforderlichenfalls häufig ohne
Schaden wiederholt werden. Sollte man wider
Erwarten keinen Dauererfolg haben, dann kann
schließlich auch noch breit indiziert werden.
Da mittlerweile das eitrige Exsudat abgekapselt
ist, hat dann die Eröffnung der Pleurahöhle ihre
Gefahr verloren. Ist die Schwere der Infektion
von vornherein klar ausgeprägt, dann wird natür¬
lich auch die Punktionsbehandlung oft den töd¬
lichen Ausgang nicht verhindern können.
Z. rät ferner, auch kleine umschriebene Em¬
pyeme zu punktieren und nicht zu lange auf
Spontanresorption zu hoffen. Er bringt eine
außerordentlich lehrreiche Beobachtung als Beweis
für diesen Standpunkt. Bei dem betreffenden
Fall blieben neun Punktionen resultatlos ; erst bei
der zehnten gelang es, den kleinen abgekapselten
Herd zu treffen und 2, später noch einmal 1 ccm
Eiter zu entleeren, worauf das Fieber sistierte
und die Besserung einsetzte.
Bei 3 Kindern verlief übrigens die eitrige
Pleuritis afebril bzw. subfebril (38°). Analoga
Bind aus der Säuglingspathologie ja mehrfach be¬
kannt, z. B. der gelegentlich fieberlose Verlauf
der Impfung, der Sepsis. Als Erreger des Em¬
pyems fanden sich fast ausschließlich Pneumo¬
kokken. Klotz (Schwerin).
456. Über das sogenannte Kochsalz¬
fieber; von S. Samelson. (Monatsschr. f.
Kinderheilk. 1912. S. 125.)
An die Mitteilung von Schaps, daß sub¬
kutane Einverleibung von Kochsalzlösung Fieber
im Gefolge hatte, knüpfte eine große Anzahl von
Publikationen aus pädiatrischen Kreisen an. Die
Schapsschen Befunde wurden bestätigt, erweitert,
ihre Erklärung umstritten. Man gewann der
Frage immer neue Seiten ab. schuf immer kom¬
pliziertere Versuchsbedingungen, türmte Hypo¬
these auf Hypothese, und bedurfte monographischer
Publikationen, um sie zu begründen. Und nun
kommt eine knappe, kurze Arbeit und entzieht
der Mehrzahl der Kochsalzfieberpublikationen den
Boden. S. verwendete bakterienfreies Wasser zu
den subkutanen Injektionen und sah, daß nun¬
mehr kein Fieber eintrat, keine Schmerzen, keine
Magen-Darmstörungen, keine Gewichtsstürze. So¬
bald er aber „destilliertes“ Wasser gewöhnlicher
Provenienz aus der Apotheke verwendete, trat
auch der bekannte Komplex: Fieber, Unruhe,
Gewichtsabnahme usw. wieder auf. Ja, sobald
er seine einwandfreien Wasserlösimgen nur
5 Minuten lang offen im Kolben stehen ließ, kam
es zu Fieber. Also des Pudels Kern: der „Wasser¬
fehler“. „Es gibt kein Kochsalzfieber nach sub¬
kutanen Kochsalzinfusionen bei jungen Säuglingen.
Das als solches beschriebene Phänomen hat seine
Ursache nicht in dem zur Infusion verwandten
Kochsalz, sondern in den in der Salzlösung ent¬
haltenen Bakterientoxinen, nach deren Beseitigung
auch die Fieberreaktion verschwindet.“
Klotz (Schwerin).
457. Untersuchungen am Hunde über
die Wirkung des Rohr- und Milchzuckers;
von P. Heim. (Monatsschr. f. Kinderheilk.
1912. S. 134.)
H. verabreichte Kohrzucker und Milchzucker per os
an junge Hunde und fand, daß 20 g der betreffenden
Disaccharide pro Körperkilogramrn keinen Einfluß auf
das Körpergewicht hatten, obwohl Diarrhöen anftraten,
deren Intensität beim Milchzucker größer war. H.
glaubt also im Gegensatz zu Sainmont, über dessen
Versuche kürzlich berichtet wurde, daß dem Rohr¬
zucker keine Fettwirkung im intermediären Stoffwechsel
zukommt. Klotz (Schwerin).
458. Über den Mechanismus psycho¬
gener Erkrankungen bei Kindern; von
Franz Hamburger. (Wien. klin. Woch. 1912.
S. 1773.)
H. schlägt vor, die von Pawlow eingeführte
Bezeichnung „bedingter Reflex“ durch „psycho¬
gener“ Reflex zu ersetzen. Es läßt sich darüber
streiten, ob die Pawlowsche Namengebung einer
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IX. Neurologie.
145
Korrektur bedarf. Insofern paßt die Bezeichnung
psychogen-bedingter Reflex auch nicht völlig, als
die Psyche auf den Ablauf bestimmter „unbe¬
dingter“ Reflexe gewissen Einfluß besitzt. Die
von Czerny inaugurierte Anwendung der Paw-
lowschen Lehren auf die Physiologie und Patho¬
logie des Kindesalters hat bereits das Wichtigste
au neuen Erkenntnissen auf diesem Gebiete ein¬
geerntet. Was H. abhandelt, ist nicht neu, bis
auf eine Auffassung, die Enuresis als psychogene
Erkrankung anzusehen. Diese Theorie scheint
dem Ref. nicht zuzutreffen. Sie basiert auf dem
Fundament, daß die Enuresis als Folge eines
Traumes aufzufassen ist. Nach H. soll „kein
Mensch daran zweifeln“, daß auch Somnambulis¬
mus und Pavor nocturnus auf Träumen beruhen,
und zwar Pavor auf unangenehmen, Somnambu¬
lismus auf angenehmen Trauinsensationen. Das
ist doch zum mindesten recht unvorsichtig defi¬
niert. Lady Macbeths Empfindungen während
des Schlafwandelns dürften kaum angenehme ge¬
wesen sein. Die von H. breit geschilderten „halb¬
willkürlichen“ Reflexe sind ebenfalls nicht neu.
Wir finden sie bereits von Fürstenheim vor
mehreren Jahren in einer Abhandlung über Enu¬
resis erwähnt. Klotz (Schwerin).
IX. Neurologie.
459. Deux cas de pseudo-tumeur c6r6-
brale; meningite sdreuse et hydrocdphale
acquise; par G. Marinesco et M. Gold¬
stein. (Nouv. Iconogr. de la Salp. 1912. Nr. 1.
S. 47.)
M. und G. konnten 2 Fälle der zuerst von Nonne
beschriebenen Krankheit Pseudo-tumor cerebri beob¬
achten. Besonders interessant war es, daß es sich bei
dem ersten Fall um eine Meningitis serosa, die die
Gehirnoberfläche betraf, handelte, während die Menin¬
gitis im zweiten Falle auf die Basis und die Ventrikel
beschränkt blieb, und dadurch einen beträchtlichen
Hydrocephalus verursachte. Die Krankengeschichten
werden ausführlich auf geführt und daran anschließend
eine Zusammenstellung der Ansichten über Entstehung
der Erkrank nng angegliedert. Die Untersuchung des
Liquor cerebrospinalis wird bei der Feststellung der
Diagnose stets von Bedeutung sein. So fand sich im
Liquor des einen der beobachteten Fälle eine starke
Vermehrung der Leukozyten. M. und G. neigen zu der
Ansicht, daß es sich bei der Meningitis serosa um einen
entzündlichen Prozeß handelt, der aber nicht bis zur
Eiterbildung fortschreitet. Die Symptome der Er¬
krankung wechseln natürlich, je nachdem Basis und
Ventrikel oder die Zertikalis befallen ist.
K r ü 11 (Düsseldorf).
4ö0. Dystrophies osseuses post-trauma-
tiques; par A. Haliprß et Jeanne. (Nouv.
Iconogr. de la Salp. Nov.— D6c. 1911. S. 472.)
Nach einfachen Knochentraumen, wobei die Nerven-
•.tämme völlig unversehrt blieben, beobachtet man öfters
eine Entkalkung des Knochens, eine wirkliche Knochen¬
atrophie, des verletzten Teiles, die sich auch auf die
benachbarten Skelettteile fortsetzen kann. Die Schwere
des Traumas spielt dabei keine Rolle. Diese Atrophie
ist wohl gleich den „Amyotrophies abarticulaires“,
nervösen Einflüssen zuzuschreiben, es handelt sich um
trophische Störungen. Bei Abschätzung der Erwerbs-
boschränkung durch den Unfall ist diese Knochen-
atTophie, die im Röntgenbild gut erkennbar ist, in
Rechnung zu setzen. Drei einschlägige Kranken¬
geschichten mit Röntgenbildern sind beigefügt.
K r ü 11 (Düsseldorf).
461. Anterior metatarsalgia and Mor¬
tons disease; by A. 31. Forbes. (Boston med.
and surg. Joum. 1913. June 13. S. 890.)
Bei Mortons Krankheit besteht das Hanpt-
symptom in heftigen, lanzinierenden Schmerzen
in der Gegend des IV. Metatarso-Phalangeal-Ge-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
lenkes, die dadurch, daß der V. Metatarsus lateral
auf die digitalen Aste des Nervus plantaris ex-
temus drückt, ausgelöst werden. Die Krankheit
ist nicht identisch mit der Metatarsaglia anterior,
bei der der Schmerz dutnpf und gleichmäßig ist.
Bei Mortons Krankheit kann der Schmerz jeder¬
zeit durch einen Druck auf das Caput meta-
tarsi IV. hervorgerufen werden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
462. Les reflexes d’automatisme me-
dullaire et les phenomönes des raccour-
cisseurs; par Pierre Marie et Cli. Foix.
(Rev. Neurol. 1912. Nr. 10. S. 657.)
Von den sehr eingehenden theoretischen Be¬
trachtungen können hier nur einige Punkte kurz
mitgeteilt werden. M. u. F. betrachten die so¬
genannten Hautreflexe der unteren Extremität
nicht als Abwehrreflexe, sondern als automatische
Gehbewegungen. Sie sind keine Hautreflexe,
weil sie außer durch Reize der Oberflächen¬
sensibilität, ebenso durch Reizung der Knochen-,
Gelenks- und Muskelsensibilität hervorgerufen
werden können. Der Typus der Bewegungen
richtet sich nach dem gereizten Segment, indem
Reizung eines distalen Segments Verkürzung des
Beins, Reizung eines proximalen Segments Ver¬
längerung (Streckung) des Beins bewirkt; manch¬
mal bewirkt letzterer Reiz auch Verkürzung.
Jolly (Halle).
463. Differential diagnosis-acute suppu-
rative labyrinthitis, chronic suppurative la-
byrinthitis and cerebellar tumor; by Wil¬
lis B. Potter. (Phys. and Surg. 1912. Nr. 2.
S. 70.)
Kurze Bemerkungen über die Differential¬
diagnose zwischen akuter eitriger Labyrinthitis
und Kleinhirntumor. Von letzterem ist aber nur
wenig die Rede. Jolly (Halle).
464. Zur Symptomatologie der Gehirn¬
tumoren; von J. Thormayer. (Sbornik Kii-
nicky. Bd. 13. H. 1. 1912.)
Bei einem Gliom des rechten Stirnlappens mußte
der Kranke den Kopf und Rumpf exzessiv nach vorn
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146
IX. Neurologie.
flektieren, um die Kopfschmerzen zu lindern. Hierbei 1
trat eine Pulsakeleration auf. Bei einem Sarkom des
Wurms und der Hemisphären des Kleinhirns erzielte '
der Kranke nur durch Dorsalflexion des Kopfes eine
Linderung; dieser Kranke zeigte sehr deutlich eine
orthostatische Tachykardie. Mühlstein (Prag), j
465. Zur Pathogenese und Symptoma¬
tologie der sogenannten Kompressivmye-
litis; von L. Syllaba. (Sborofk Klinicky. Bd. 13.
H. 1. 1912.)
In dem publizierten Falle gelangten die Frühstadien
des myelitischen Prozesses zur histologischen Unter¬
suchung. Nach kaum 14tägiger Dauer der Krankheit
trat Exitus ein. Die Sektion eTgab eine tuberkulöse
Pachymeningitis externa ohne Ostitis der Wirbelsäule.
In der Medulla waren die Blutgefäße und Lymphbahnen
unverändert, der pathologische Prozeß war von den
Blutgefäßen unabhängig und in den dem Druck gegen¬
überliegenden Partien am deutlichsten ausgesprochen.
Es handelte sich demnach um einen degenerativen
Prozeß, der durch den mechanischen Druck auf die
Medulla verursacht war. Mühlstein (Prag).
466. Über die Ursache der rheumati¬
schen Facialislähmung; von E. Jendrassik.
(Orvosi Hetilap. 1912. S. 465.)
Nach der Ansicht S.s besteht die Ursache
derselben in keiner Neuritis, wie vielfach an¬
genommen wird, sondern in einer durch Druck
erzeugten Degeneration. Dieselbe entsteht da¬
durch, daß im Canalis Fallopii eine Schwellung
des Periostes entsteht, wodurch der Nerv einem
Druck ausgesetzt wird. Es wäre recht schwer
eine Entzündung etwa durch Infektion aus der
Mundhöhle des in einen Knochenkanal verlaufen¬
den Nerven anzunehmen, da andere freiliegende
Nerven von demselben ätiologischen Moment nicht
gleichzeitig erkranken und stets nur der Gesichts¬
nerv betroffen wird. Ferner gehen die meisten
Facialisparesen mit einem Schmerz in der Schläien-
gegend einher: dieselbe ist auch auf Druck emp¬
findlich. Einen weiteren Beweis für die An¬
nahme S.s stellt die Tatsache vor, daß diese
Lähmungen schließlich heilen, was schwer an¬
zunehmen wäre, wenn entzündliche Vorgänge die
Nerven lädiert hätten. Dementsprechend könnte
auch die diesbezügliche Annahme Neumanns
gedeutet werden, wonach das Leiden auf einer erb¬
lichen Disposition beruht; offenbar besteht diese
in einem relativ engen Canalis Fallopii.
Rosenthal (Budapest).
467. Über eine merkwürdige Reflex¬
bewegung. (Over een merkwaardige reflex-
beweging) ; voor G. C. Bolten. (Nederl. Tijdschr.
voor Geneesk. 1912. Eerste Helft Nr. 21.
Bei einem Patienten, der nach einer Schuß Verletzung
vollkommen bewußtlos war, wurde von B. der folgende
merkwürdige Reflei beobachtet. Wenn man diesen voll¬
kommen bewußlosen Patienten Milch einflößte und da¬
bei einige Tropfen auf das Kinn fielen, so folgte auf
die Schluckbewegung ganz regelmäßig ein Säubern des
Kinnes und der Lippen mit der Zunge, worauf er mit
der linken Hand Kinn und Lippen sorgsam abwischte
und seinen Schnurrbart mit Sorgfalt aufdrehte. Es ist
bekannt, daß Saug- und Sehluckreflex ohne Großhirn¬
funktion zustande kommen können. Hemizephale Säug¬
linge nehmen die Brust ebensogut wie normale Kinder.
Aus obigem Falle geht hervor, daß auch ganz kompli¬
zierte Reflexe, wie das Aufdrehen des Schnurrbartes,
wenn sie von einem Individuum als Folge eines be¬
stimmten Reizes anfangs wiederholt mit Bewußtsein
ausgeführt werden, später rein subkortikale Reflexe
werden können. de K1 eyn (Utrecht).
468. Übereine der Pseudosklerose nahe¬
stehende bisher unbekannte Krankheit (ge¬
kennzeichnet durch Tremor, psychische
Störungen, bräunliche Pigmentierung be¬
stimmter Gewebe, insbesondere auch der
Hornhautperipherie, Leberzirrhose; von
Bruno Fleischer. (D. Zeitsclir. f. Nerven-
heilk. Bd. 44. S. 179. 1912.)
Nach den wenigen hMier publizierten Fällen
(je einer von Kayser, Sulus, zwei von Flei¬
scher; ferner gehört vi, ] leicht der Fall von
Völsch hierher; auch steht in Fall von West-
phal lind Gallus vor der Veröffentlichung)
handelt es sich um ein sein >e!u ; ,es Leiden. In
einem Falle stellte F. eingehende ! Y.tersuchungen
über die Natur des Pigments an, ues zunächst
sehr wahrscheinlich machten, daii -s sich um
Silberpigment handle; diese Al:i;i!ii .<• wurde aber
durch die negative Anamnese, di«* 1‘. i lentierung
der Augen und das Zusammentrefi"n mii ier eigen¬
artigen Allgemeinerkrankung hinfällig. Weitere
Überlegungen führen F. zu der Ansicht, d.iß man
es bei der Pigmentierung mit dem Xhiirvschlag
von Stoffen zu tun hat, welche durch die be¬
fallenen Gewebe reduziert werden und dein :;: gy-
rotischen Pigment ähnliche Reaktionen geben.
Ein definitives Ergebnis hat also die Untersuchung
des Pigments hisher Dicht ergeben.
Das Krankheitsbild bei den 3 Fällen von K •' y » <■ r
resp. Fleischer war im wesentlichen fok > ndes:
Hochgradiger Tremor des ganzen Köipers, brüitlieh-
grünliche Verfärbung der Hornhautperipherie, dri Teil¬
erscheinung einer in bestimmten Bindegewebsartei des
ganzen Körpers sich findenden Pigmentierung ist. in
2 Fällen bestand eine psychische Erkrankung mit Ab¬
nahme der Intelligenz. In den beiden sezierten Fällen
fand sich eine Leberzirrhose, geringe Milzvergrößerimg
und chronische Nephritis. Das Zentralnervensystem
zeigte außer zirkumskripter Leptomeningitis keine
pathologischen Veränderungen. Der eine war Diabe¬
tiker, der andere hatte zeitweise Glykosurie.
Jolly (Halle).
469. On delirium due to bromide: with
notes to a case; by Henderson. (Edinb.
med. Journ. Bd. 8. S. 507. 1912.)
Der Patient, über den H. berichtet, hatte seit
7 Jahren geringe Bromdosen genommen. Wegen ge¬
häufter Attacken von Petit Mal nahm er dann 3 Wochen
lang ca. 15 g Bromkali täglich. Sein Gang wurde
taumlig, er verlor die Orientierung, sprach verwirrt und
mit lallender Stimme, hatte Gesichts- und Gehörshallu¬
zinationen. Bei der Untersuchung erweckten die träge
Pupillenreaktion, die undeutliche Sprache, die gesteiger¬
ten Sehnenreflexe und der starke Tremor im Verein mit
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X. Chirurgie.
147
dem psychischen Zustand, der auch noch durch Größen¬
ideen kompliziert wurde, den Verdacht auf progressive
Paralyse, der aber durch den negativen Ausfall der
Lumbalpunktion ausgeschlossen werden konnte. Es be¬
stand eine starke Bromakne. Nach Entziehung des
Broms trat baldige physische und psychische Wieder¬
herstellung ein. Die Annahme eines epileptischen Däm¬
merzustandes glaubt H. — ob mit Recht erscheint frag¬
lich —■ ausschließen zu können und zwar besonders,
» r eil Fatient fast immer nur an Petit Mal litt, nur ein¬
mal einen ausgebildeten Krampf gehabt hatte, und ähn¬
liche Zustände nie vorgekommen waren.
Jolly (Halle).
470. Infantilism in pituitary disease; by
Albion Walther Hewlett. (Areh. of intern.
Med. Bd. 9. S. 32. 1912.)
Der erste der drei mitgeteilten Fälle, ein 27jähr.
Mann, hatte die Vorgeschichte eines Hirntumors, es
fand sich primäre Optikusatrophie mit Blindheit, zu¬
rückgebliebenes Wachstum, Hypogenitalismus, Fettsucht
und Diabetes insipidus. Der zweite Fall, ein 40jähr.
Mann, hatte seit dem 13. Lebensjahr periodische Kopf¬
schmerzen mit Erbrechen; die Untersuchung ergab ge¬
ringen Hypogenitalismus, Größe und Statur eines Jüng¬
lings, bitemporale Hemianopsie mit primärer Optikus¬
atrophie und Knochenveränderungen in der Gegend der
Sella turcica auf dem Röntgenbild. Der Infantilismus
war in beiden Fällen verschieden, in dem ersten han¬
delte es sich um Stehenbleiben auf kindlicher Entwick¬
lungsstufe (B r i s s a u d scher Typus), in dem zweiten
auf der Stufe der Pubertät (L o r a i n scher Typus). In
dem dritten Fall handelte es sich vielleicht um eine
milde Form von Hypopituitarismus.
Jolly (Halle).
471. The curability of idiopathic epi-
lepsy, with report of twenty-nine eures; by
L. Pierce Clark. (Arch. of intern Med. Bd. 9.
S. 1. 1912.)
Bei den 29 Fällen, deren Krankengesellichten
kurz mitgeteilt werden, sind die Anfälle 2 bis
17 Jahre lang ausgeblieben; der jüngste Patient
war bei Ausbleiben der Anfälle 8 Jahre alt, der
älteste 48 Jahre; in */ g der Fälle waren die ersten
Krämpfe vor dem 15. Lebensjahr aufgetreten ; die
Behandlung hatte beim Aufhören der Anfälle 3
bis 8 Jahre gedauert C. legt besonderen Wert
auf eine allgemeine hygienische Behandlung mit
festem Stundenplan, sowie auf Regelung des Stuhl¬
gangs. Die Darreichung von Brom schränkt er
möglichst ein. Jolly (Halle).
472. Troubles mentaux dans un cas de
mäningite sereuse; par Nathalie Zylber-
last. i Revue neur. 1912. Nr. 8. S. 535.)
Bei einer 30jähr. Kranken, die seit langer Zeit
während der Menses an Migräneanfällen mit Erbrechen
litt, steigerte sich ein derartiger Anfall von ungewöhn¬
lich langer Dauer bis zur Bewußtlosigkeit. Später
traten, drei Wochen nach Beginn der Krankheit, deut¬
liche psychische Störungen auf in Gestalt einer de¬
pressiven Erregung mit Gehörs- und Gesichtshallu¬
zinationen, die nach 36 Stunden wieder abklangen.
Die körperliche Untersuchung hatte beiderseitige
Stauungspapille und Steigerung der Patellarreflexe er¬
geben; diese Erscheinungen verschwanden mit den
Kopfschmerzen und dem Erbrechen. In den 5 folgen¬
den Monaten trat kein Migräneanfall mehr auf, der
Augenhintergrund blieb normal. Z. ist der Ansicht,
daß sich in ihrem Fall zu der gewöhnlichen Migräne
eine Reizung der Meningen gesellt hat in Form einer
serösen Meningitis und bespricht die ähnlichen Fälle
der Literatur. Jolly (Halle).
473. The diagnosis and treatment of
sciatica. With a note on tlie metliods in use
at Harrogate; by W. Bertram Watson. (Brit.
med. Jonrn. 1912. April 27. S. 946.)
Ausführliche Beschreibung der bei Ischias in
Anwendung kommenden Behandlungsmethoden
unter besonderer Berücksichtigung derjenigen,
welche in dem besuchten englischen Badeort
Harrogate in der Grafschaft York geübt werden.
Jolly (Hallo).
474. Weitere Untersuchungen über die
seuchenhafte Gehirn-Rückenmarksentzün¬
dung (Bornasche Krankheit) des Pferdes,
mit besonderer Berücksichtigung des In¬
fektionsweges und der Kerneinschlüsse;
von E. Joest. (D. Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 44.
S. 205. 1912.)
Die im Titel genannte Krankheit ähnelt
pathologisch-anatomisch der Poliomyelitis des Men¬
schen. Die Infektion erfolgt nach den mitge-
teilten Untersuchungen von der Nasenhöhle aus
durch Vermittlung der zum N. olfactorius ge¬
hörigen Lymphbahnen. Die Kerneinschlüsse seien
wahrscheinlich Produkte der Reaktion der Gang¬
lienzellen auf die Invasion eines organisierten,
parasitären Agens, das den Chlamydozöen nahe¬
stehe. Jolly (Halle).
X. Chirurgie.
475. Treatment of fractures; by Frank
B.Walker. (Phys. and Surg. Bd.34. S. 1. 1912.)
Kurze allgemeine Leitlinien für die moderne
Frak tu reu behänd 1 ung. Bei der Verfolgung des
idealen Zieles — Heilung der Fragmente in völlig
normaler Stellung — darf nicht vergessen wer¬
den, daß eine gute Funktion durch Anpassung
nicht selten auch bei Konsolidation in leichter
Winkelstellung erreicht wird. Die operative
Frakturbehandlung erscheint von vornherein nur
bei den Brüchen der Patella, des Olekranons,
sowie des Unterkiefers indiziert; in anderen
Fällen bleibt sie zweckmäßig für diejenigen reser¬
viert, die sich gegenüber den konservativen Ma߬
nahmen refraktär verhalten. W. selbst hat in
den letzten 2 Jahren 11 Fälle operativ behan¬
delt ohne Mortalität mit gutem kurativen Erfolg;
zwei hiervon laborieren indessen noch an Fisteln.
Melchior (Breslau).
476. The hastening of wound healing
by means of skin grafting and the use
of certain organic coloring matters; by
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148
X. Chirurgie.
J. St. Davis. (Boston med. and Burg. Joum.
June 13. 1912. p. 891.)
Frische, der Naht unzugängliche Wunden
heilen schnell, wenn möglichst bald nach dem
Entstehen nach irgend einer der bekannten Me¬
thoden Haut übergepflanzt wird, entweder in einem
oder in mehreren Stücken. Dm den Wund¬
sekretionen freien Lauf zu lassen, sind Öffnungen
nach Art von Knopflöchern vorzusehen. Um einen
Druck der transplantierten Fläche zu vermeiden,
wird diese durch ein gefaltetes, überragendes
Drahtnetz geschützt, das der Luft freien Zutritt
läßt. Weiterhin machte D. Versuche über die
Wundheilung bei Anwendung von Farbstoffen.
Bei Benutzung von Wasserfarben wurde oft Ab¬
sorption und Exkretion durch die Nieren be¬
obachtet, bei Anwendung organischer Farbstoffe,
abgesehen von einem Falle, bei dem die behan¬
delte Fläche sehr groß war, nie. 8proz. Amido-
azotoluol-Salbe zeigte sich der 8proz. Scharlach¬
rot-Salbe überlegen, doch waren auch die Erfolge
dieser sehr günstig. Bei dieser tritt zuweilen
bei unvorsichtiger Anwendung eine Hautreizung
ein, bei jener niemals. Während eine rote Salben¬
grundlage für gewöhnliche Hautdefekte günstig
ist, erwies sich eine blaue bei syphilitischen
Geschwürsflächen als vorteilhaft. Irgendwelche
toxischen Erscheinungen wurden nicht beobachtet.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
477. Leukemic tumors of the breast
mistaken for lymphosarcoma; von Glarence
L. Mc Williams und Frederic M. Hanes.
(Amer. Journ of the med. Sc. Bd. 143. S. 513.
1912 .)
Bei einer 38jähr. Frau wird ein kleiner anscheinend
gutartiger Tumor der rechten Mamma exzidiert und auf
Grund der histologischen Untersuchung als „Lymphom“
angesprochen. Innerhalb der nächsten 5 Monate ent¬
wickelten sich Rezidivknoten in der Umgebung mit Be¬
teiligung der Achseldrüsen, ähnliche Knoten auch in der
linken Mamma. Die typische Amputation beider Brüste
wird vorgenommen, die Diagnose lautet nunmehr: Rand¬
zellensarkom. Eine erst jetzt vorgenommene Blutunter¬
suchung ergibt ein typisch leukämisches Blutbild (117000
weiße Blutkörperchen, darunter 90% Lymphozyten).
Diese Veränderungen schritten weiter fort, die Milz
wurde fühlbar, Retinalblutungen usw. Der Tod trat be¬
reits 3 Wochen nach der letzten Operation ein. Die
Sektion ergab das Bestehen einer universellen lympha¬
tischen Leukämie.
Es mag im Anschluß an diese Beobachtung,
die hauptsächlich diagnostisch von Interesse ist,
erwähnt werden, daß W. V. Simon kürzlich
eine wohl in eine ähnliche Kategorie gehörende
Beobachtung eines Chloroms der Mamma mitge¬
teilt hat. Melchior (Breslau).
478. Der Kropf auf Grund des Materials
der chirurgischen Hospitalsklinik der Mos¬
kauer Universität; von M. Kostenko. (Chir-
urgija Bd. 31. p. 293. 1912.)
Während der letzten 9 Jahre wurden 102 Stru¬
men (bei 91 Frauen und 11 Männern) in der im
Titel angegebenen Klinik beobachtet. Von den
77 mikroskopisch untersuchten Strumen fand K.:
Str, colloid, —48,7%, Str. cystic. —19,2%,
Str. parenchym. — 15,3%. 36,27% der Fälle
hatten keine Begleiterscheinungen, in 28,47%
wurde eine Disthyreosis, in 26,47% wurden
Druckerscheinungen, in 3,92% Hyperthyreosia,
in 0,97% Hypothyreo8is und in 1,96% der Fälle
wurden Basedow-Symptome beobachtet. Nach
folgenden Methoden wurde operiert: Enukleation
(70 Fälle — 68,6%), Resektion (lGFälle —15,6%),
Enukleation und Resektion (4 Fälle — 3,9%),
keilförmige Resektion Dach Mikulicz (9 Fälle
— 8,8%), Inzision mit nachfolgender Tamponade
(1 Fall), Arterienligatur (1 Fall), partielle Ent¬
fernung (1 Fall von bösartigem Kropf). In 97,1%
wurde die allgemeine Narkose angewandt Tempo¬
räre Tetanie trat 3mal (2,9%) auf. 2 Patienten
starben (1,96%), einer am Operationstage, der
andere 15 Tage nach der Operation an Herz¬
insuffizienz. 24 Patienten, die eine längere Zeit
nach der Operation beobachtet wurden (1 Jahr
— 6 Fälle, 3—5 Jahre —18 Fälle) sind geheilt.
Auf Grund seiner Materialien kommt K. zu
folgenden Schlüssen: Bei der Klassifikation der
Kröpfe muß man die Erscheinungen des Hypo-,
Hyper- und Disthyreosis berücksichtigen. Kröpfe
mit den letzteren Erscheinungen, oder solche, die
mechanische Störungen hervorrufen, müssen nach
erfolgloser interner Therapie sofort operiert und
nach der Operation beobachtet werden; sind die
Erscheinungen nach der Operation nicht gewichen,
so ist eine entsprechende therapeutische Behand¬
lung einzuleiten. Die beste Operationsmethode
ist die Enukleation, da man mit derselben den
N. recurrens und die Epithelkörperchen am besten
schonen kann; ist die Resektion nicht ausführbar,
so ist die keilförmige Resektion nach Mikulicz
zu empfehlen. N. Krön (Moskau).
479. Breite Freilegung der Himventriket,
namentlich des vierten; von Fedor Krause.
(Verh. d. D. Ges. f. Chir. 1912. S. 418.)
Mitteilung von 4 hierher gehörigen Fällen, von
denen die beiden ersten ziemlich übereinstimmen. Bei
einem 10- und einem 7jährigen Mädchen waren im
Anschluß an die schweren Geburten spastische Extre¬
mitätenlähmungen aufgetreten, die zwar bis zu einem
gewissen Grade zurückgingon, an die sich aber nach
einigen Jahren jackson-epileptische Anfälle anschlossen.
Die Freilegung der Zentralregion ergab in beiden Fällen
eine große Zyste, die sich nach Eröffnung der milli-
ineterdieken Zystenwand als der offene, mächtig er¬
weiterte Seitenventrikel entpuppte. Die motorische
Region war zur narbig degenerierten Zystenwand ge¬
worden. Der Ventrikel wurde durch Duraplastik und
primäre Vemähung des Hautknochenlappens unter Ver¬
meidung der Dränage verschlossen. Nach langdauern¬
der Liquorfistel und schwerem Verlauf schließlich
Heilung, Ausbleiben der Krämpfe und — sonderbarer¬
weise — auch Besserung der spastischen Lähmungen.
Im 3. Falle, bei einem 12jährigen Mädchen, fand sich
als Ursache der schweren klinischen Erscheinungen,
Kopfschmerzen, Gangstörungen, Erbrechen, Stauungs-
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X. Chirurgie.
149
papille usw. eine den Wurm und den anstoßenden
Teil der rechten Kleinhirnhemisphäre durchsetzende
und mit dem 4. Ventrikel kommunizierende Zyste. Vor
Eröffnung der Schädelhöhle trat eine 40 Minuten
dauernde Atemlähmung bei guter Herztätigkeit und er¬
haltenem Bewußtsein ein. Der Eingriff wurde 14 Tage
später vollendet, die hintere Zystenwand entfernt, Dura¬
lappen zur Dränage in die Höhle eingeschlagen und
die Haut nach Entfernung des Knochenlappens ver¬
näht. Von da ab gesund. Im 4. ein 30jähriges Mäd¬
chen betreffenden Falle hat K. zur Entfernung einer
Geschwulst des Wurms die Decke des 4. Ventrikels
(Velum med. post.) weggenommen. Zum Verchluß
des offenen 4. Ventrikels wurden die beiden Kleinhirn¬
hälften zusammen mit den Pedunculi cerebelli a. med.
oblong, von der Seite her zusammengelegt, der Dura¬
lappen darübergelegt und der Hautmuskellappen ver¬
näht. Nach langer Rekonvaleszenz, die durch schwere
Erscheinungen von Seiten des Kleinhirns beeinflußt
wurde, Heilung bis auf einzelne Restsymptome.
Goe bei (Köln).
480. Traumatische Ventrikelzyste,
Deckung des eröffneten Ventrikels durch
Faszie; von Hans v. Haberer. (Arch. f.
klin. Chir. Bd. 99. H. 1.)
Bei einem 11jährigen Knaben bestand im Anschluß
an eine mehrere Jahre zurückliegende schwere Kopf¬
verletzung, Sturz aus 10—11 m Höhe, ein ausgedehnter
Defekt des rechten knöchernen Schädeldachs im Gebiet
der Zentralregion, der klinisch zu spastischen Läh¬
mungen, epileptiformen Anfällen und schweren Kopf¬
schmerzen führte. Die zur Losung etwaiger Hirn-
Verwachsungen unternommene Operation eröffnete eine
große, nur von Narbengewebe gedeckte Zyste, die sich
nach Wegnahme der Narbendecke als der mächtig er¬
weiterte Ventrikel erwies. Da jegliches Material zur
Deckung des großen Defektes in der Ventrikelwand
fehlte, wurde ein etwa handflächengroßer Faszienlappen
in die aogefri3chten Duraränder vernäht. Glatte Ein-
beilung des Implantats über dem liquorerfüllten Ven¬
trikel. Klinisch wesentliche Besserung, zwar kein
Rückgang der spastischen Paresen, der bei dem Defekt
der Zentralregion auch nicht zu erwarten war, aber
Schwinden der Kopfschmerzen und Ausbleiben der
Krampfanfälle, wenigstens für das halbe Jahr der Be¬
obachtang. Goobei (Köln).
481. Zur Frage des Hirndrucks; von
Ti 1 mann. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 88.)
Unter normalen Verhältnissen herrscht in der
Schädel- und Rilckenmarkshöhle kein gleich¬
mäßiger und konstanter Druck, derselbe ist viel¬
mehr nach der Körperhaltung ein verschiedener.
Dieselben Verhältnisse bestehen auch bei patho¬
logisch gesteigertem Hirndruck. Man kann also
aus der Lumbalpunktion wie aus der Hirnpunktion
keine absoluten sondern nur relative Schlu߬
folgerungen über den bestehenden Hirndruck
machen.
Viele Gründe sprechen dafür, daß die Seh¬
nervenatrophie und die Stauungspapille in vielen
Fällen durch den direkten Druck des gedehnten
dritten Ventrikels bei Hydrozephalus auf das
Chiasma nervorum opticomm bedingt ist.
Endlich lassen einzelne Beobachtungen den
Schluß zu, daß es nicht nur einen pathologisch
gesteigerten, sondern auch einen pathologisch
herabgesetzten Himdruck gibt (Autoreferat.)
482. Case of cancer of the throat treated
by radium ; by J. S. M’Kendrick and J. H.
Teacker. (Glasgow med. Journ. B. 78. H. 4.
S. 241. 1912.)
Auf ein inoperables Pharynxkarzinom übte Radium
einen recht günstigen Einfluß aus. Der Tumor wurde
zerstört durch seine Einwirkung, die Clzeration ver¬
schwand und an seiner Stelle bildete sich Narben¬
gewebe. Es gelang jedoch nicht, gewisse septische
Prozesse in der Umgebung der Geschwulst aufzuhalten,
so daß der Exitus des 60jährigen Patienten nicht ver¬
hindert wurde. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
483. Een geval van phlebitis en throm-
bose van den sinus transversus. (Ein Fall
i von Phlebitis und Thrombose des Sinus trans¬
versus ); von A. von Mens. (Nederl. Tijdschr.
v. Geneesk. 1912. Nr. 24.)
Fall von acuter Otitis media mit Mastoiditis und
Phlebitis mit Thromboseformung am Sinus transversus,
übergehend auf den Bulbus jugularis. Wiederholte
Operation. Heilung. A. Kleyn (Utrecht).
484. Colecisto-gastrostomia per occlu-
sione cronica del coledoco, funzione e
contenuto gastrico normali dopo due anni
due anni e mezzo; per Carlo Mariani.
(Rif. med. 1912. S. 371.)
M. führte an einer Pat., der wegen Cholecystitis —
wahrscheinlich mit gleichzeitiger entzündlich-narbiger
Struktur des Choledochus — eine provisorische Zysto-
stomie angelegt worden war, Cholecysto-gastro-ana-
stomose mit gutem Erfolge ans. Die 2 1 /, Jahre später
vorgenommene funktionelle Magenuntersuchung ergab
völlig normales Verhalten bei absolutem Fehlen von
Galle. M. ist daher der Ansicht, daß — angesichts der
Unwahrscheinlichkeit einer wiederhergestellten spon¬
tanen Durchgängigkeit des Choledochus — die in die
regio praepylorica einfließende Galle sofort in das
Duodenum Übertritt
Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß jedoch auch
bei tief angelegten Gastroenterostomien später regel¬
mäßig Galle im Mageninhalt angetroffen zu werden
pflegt, erscheint vielleicht die Annahme zulässig, daß
die Anastomose in Wirklichkeit überhaupt mit dem
Dnodenum bewerkstelligt wurde; daß eine derartige
topographische Verwechselung in operatione leicht mög¬
lich, lehren ja die die neueren Erfahrungen über das
Ulcns duodeni, welches früher meist als pylorisch an¬
gesprochen wurde (Ref.). Melchior (Breslau).
485. L’ascesso del fegato; per D. Gior-
dano. (Rif. med. 1912. S. 561.)
G. hat im Bürgerepital von Venedig seit 1894
die stattliche Anzahl von 125 Leberabszessen be¬
obachtet. Nur in 2 oder 3 Fällen handelte es sich
hierbei um Individuen, die sich in den Tropen
bzw. in Ägypten aufgehalten hatten, die übrigen
Fälle waren dagegen einheimischen Ursprungs.
Fast ausschließlich waren die Patienten aus¬
gesprochene Alkoholiker, hierzu kommt nach
Giordano der häufige Konsum von allerhand
Seetieren wie Mollusken und Krustazeen, viel¬
leicht auch von direkt verdorbener Nahrung.
Nur 9mal waren Frauen erkrankt Von 84 bak¬
teriologisch untersuchten Fällen war 59mal der
Eiter steril, 12mal fanden sich Protozoen (Amöben),
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150
X. Chirurgie.
8mal Bazillen, 5mal Kokken. Nähere Angaben
über die Art dieser Mikroorganismen werden nicht
mitgeteilt 46 = 36% der Operierten erlagen
dem Eingriffe. In wenigen Fällen stellten sich
Rezidive kurze Zeit nach der Operation ein; in
manchen Fällen konnte die dauernde Heilung über
10—15 Jahre hindurch verfolgt werden.
Die Symtomatologie und die chirurgische Be¬
handlung dieser Abzesse bieten gegenüber den
tropischen Formen keine Besonderheit. Für die
Therapie der häufig bestehenden Diarrhöe wird
das Decoctum Quassiae empfohlen.
Ätiologisch scheint dagegen diese Kategorie
von Leberabzessen, deren Häufigkeit in dieser
Gegend kaum allgemein bekannt sein dürfte, noch
wesentlich der Klärung zu bedürfen (Ref.).
Melchior (Breslau).
486. Pancreatic lymphangitis; by John
B. Deaver and Dämon B. Pfeiffer. (Amer.
Journ. of the med. Sc. Bd. 143. S. 473. 1012.)
Nach Annahme D. u. Pf.s beruhen die Ent¬
zündungen des Pankreas, und zwar sowohl die
akuten wie die chronischen Formen auf einer
bakteriellen Infektion. Als Vertikel dienen hier¬
bei die Lymphbahnen, die Eintrittspforte der
Bakterien ist im Gebiete der Gallenblase und der
Pylorusgegend (Magenausgang, oberes Duodenum),
welche durch Lymphbahnen mit dem Pankreas¬
kopf innig in Verbindung stehen, zu suchen.
Ein Beweis für diese Theorie soll dariD bestehen,
daß die Entzündungen des Pankreas gewöhnlich
zuerst das Caput betreffen; außerdem finde man
nicht selten bei Operationen die hinteren pan-
creatico-duodenalen Lymphdrüsen bereits zu einer
Zeit geschwollen, in der das Pankreas selbst noch
kaum verändert ist Melchior (Breslau).
487. Resultate der chirurgischen Be¬
handlung des Magenkrebses; von Gar.
(Chirurgija Bd. 31. S. 523. 1912.)
G. hat in den letzten 5 Jahren wegen Magen¬
krebs 18 Magenresektionen, 30 Gastroentero¬
stomien und 7 Probelaporatomien gemacht. Von
den 18 Resektionen endeten 5 (28%) letal; einer
starb an Magenblutung am 3. Tage, 2 an Peri¬
tonitis am 10.—11. Tage, 1 an Kollaps am
2. Tage, 1 an Kachexie am 9. Tage. 13mal
wurde die Resektion nach Billroth II mit
nachfolgender Gastroenterostomie nach Hacker-
Braun ausgeführt, bei allen handelte es sich um
Pyloruskrebs, von ihnen starben 3, nur lmal
entwickelte sich eine Fistel. In 3 Fällen befand
sich der Krebs an der hinteren (2 Todesfälle) und
in 2 Fällen an der vorderen Magengegend, in
diesen Fällen wurde der Magen vor der Re¬
sektion mobilisiert, nur in einem Falle mußte G.
den Magen der Länge nach spalten, um das
Krebsgeschwür zu entfernen, derselbe endete mit
einer tödlichen Blutung.
Von den 13 geheilten Fällen rezidivierten 2
(einer von ihnen starb nach 6, der andere nach
2 Jahren); 1 ist 4 Jahre, 2 sind 3 Jahre, 2 sind
2 Jahre, 1 ist 1 % Jahr, 3 sind l*Jahr 5 Monate
und 1 ist 2 Monate rezidivfrei.
Von den 30 Gastroenterostomien starben 6
( 20 %).
Aus der kurzen statistischen Arbeit zieht G.
folgende Schlüsse: Die Magenresektion ist tech¬
nisch nicht schwer und sie wäre nicht so ge¬
fährlich, wenn die Kranken früher zur Operation
kämen. Die Ursachen der Rezidive sind bis jetzt
nicht aufgeklärt, doch kann man mit Bestimmt¬
heit behaupten, daß sie in manchen Fällen nicht
von dem Grade der Verbreitung des Magenkrebses
abhängen. N. Krön (Moskau).
488. Zur Kasuistik der harten Mesen¬
terialgeschwülste; von N. Krön. (Chirurgija
Bd. 31. S. 538. 1912.)
Kr. beschreibt einen Fall von einem kleinzelligen
Sarkome des Mesenterium, welches sich in den letzten
2 Monaten bei dem 38j:<hr. Manne entwickelte und keine
besonderen Erscheinungen hervorrief. Mit der Diagnose
eines malignen Tumors der Bauchhöhle wurde zur Ope¬
ration geschritten; es wurden eine zweifaustgroße, am
Radi* mesenterii frei bewegliche, höckrige Mesenterial¬
geschwulst und die der Geschwulst entsprechende, 8 cm
vom Duodenum entfernte Dünndarmschlinge in einer
Länge von 65 cm entfernt.
An der Hand dieses und 30 aus der Lite¬
ratur gesammelten Fällen (17 gutartige, 14 bös¬
artige Geschwülste) kommt Kr. zu dem Schlüsse,
daß die Diagnose der Mesenterialgeschwülste sehr
schwierig ist, und daß solche Geschwülste so
früh als möglich operiert werden müssen, da die
gutartigen Mesenterialgeschwülste insbesondere in
der Jugend einen malignen Charakter annehmen
können. Die Sterblichkeit bei Sarkomen ist 42,8%
(von 14 starben C), bei gutartigen Mesenterial-
tnmoren ist sie 23,53% (von 17 starben 4). Bei
gleichzeitiger Resektion einer Darmschlinge ist die
Mortalität bei gutartigen Mesenterialtumoren 9,1%
(von 11 starbeD 1), bei bösartigen Tumoren 50%
(von 8 starben 4). Ohne Darmresektion starben
bei gutartiger Geschwulst 3 von 6 (50%), bei
bösartiger Geschwulst 2 von 6 (33,3%).
(Autoreferat.)
489. Die Aufgaben der chirurgischen
Behandlung der Gastroptose und der
Magenerweiterung; von S. Derujinsky.
(Chirurgija Bd. 31. S. 333. 1912.)
An der Hand von 7 geheilten Fällen empfiehlt
D. die Pylorusresektion bei der Gastroptose mit
atonischer Magenerweiterung. Bei dieser Methode
wird die freie Beweglichkeit des Magens und der
Nahrung mehr den physiologischen Anforde¬
rungen entsprechen. 3 Jahre Dach der Operation
konnte D. an (beigefügten) Röntgen ogrammen
Dachweisen, daß der Magen %—1 Stunde die
Speisen zurückhalten konnte. In den Fällen, wo
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X. Chirurgie.
151
eine Pylorusresektion nicht möglich ist (bei
starken Verwachsungen mit der Leber, Pankreas),
ist man gezwungen, eine Gastroenterostomie zu
machen, die jedoch nicht am Fundus, sondern in
der Nähe des Pylorus angelegt werden muß.
N. Krön (Moskau).
490. Über eine Pankreaszyste; von F.
Duchanin. (Chirurgija Bd. 31. S. 557. 1912.)
Vor 4 Monaten traten bei der 48jähr. Frau Schmer¬
zen in der Gegend des linken Rippenbogens auf und
allmählich entwickelte sich 4 fingerbreit unter dem¬
selben eine fluktuierende Geschwulst. In den letzten
5 Jahren machte die Pat. folgende Krankheiten durch:
eine akute Blinddarmentzündung, Leberkoliken mit
Ikterus und eine schwere Dysenterie. Bei der Unter¬
suchung wurden 9—10% Zucker und Spuren von Ei¬
weiß im Harn gefunden. Die Diagnose einer Pankreas¬
zyste wurde per exclusionem gestellt.
D. legte die Zyste durch einen linken pararektalen
Schnitt frei, und entleerte aus derselben 8 Glas Flüssig¬
keit, in welcher degenerierte Epithelzellen, Fettsäure¬
kristalle und Cholesterinkristalle sich befanden; die
mit den Nachbarorganen nicht verwachsene Zyste hat
D. in die Bauchwunde eingenäbt und drainiert. Beim
Wechseln des Drains fand D. traubenförmige Bildungen
an demselben, die den Umfang des Schlauches ver¬
doppelten. Am 9. Tage Eutfemung des Drains. Nach
2 Xionaten verließ die Pat. das Krankenhaus mit einer
stecknadelkopfgroßen Fistel. Nach 6 Monaten war die
Fistel geschlossen. N. Krön (Moskau).
491. Zur Frage über die Behandlung
der durch das Ulcus ventriculi hervorge¬
rufenen epigastrischen Schmerzen mittels
der Gastroenterostomie; von N. Sawkof.
(Chirurgija Bd. 31. S. 352. 1912.)
In 10 Fällen (6 Männer, 4 Frauen) von Ulcus
ventriculi erreichte S. sehr gute Resultate mit
der Gastroenterostomia post, und Enteroenterosto-
mose der mit dem Magen vereinigten Schlinge.
9mal operierte er im chronischen Stadium und
lmal im akuten Anfalle. In der Mehrzahl log
das Geschwür im fast stenosierenden Pylorus,
daher war auch der mit den Nachbarorganen
adhärente Magen in fast allen Fällen erweitert.
In allen Fällen verschwanden die Schmerzen und
das subjektive Befinden besserte sich.
N. Krön (Moskau).
492. Zur Kasuistik der Leberresektion;
von W. Onokof. (Chirurgija Bd. 31. S. 551.
1912.)
0. beschreibt zwei Fälle keilförmiger Resektion von
Lebergummata. ln beiden Fällen wurde die Diagnose
nnch der Operation gestellt. Im ersten Falle klagte der
48jähr. Bauer übeT heftige Schmerzen in der Magen-
ge>;end , Singult ns, Obstipation. Operativ wurde eine
walnußgroße Geschwulst palpiert. Ähnliche unbestimmte
Erscheinungen waren im zweiten Falle bei dem 30jähr.
Arbeiter; die anfallsweise heftigen Schmerzen hielten
2 Jahre an; die exstirpicrte Geschwulst war hühnerei-
groß. In beiden Fällen wurden die Wundrfinder der
Leber durch Katgutnähte vereinigt; eine vorherige Um¬
stechung und nachfolgende Tamponado wurde nicht ge¬
macht; die Bauch wunde wurde geschlossen, ln beiden
Fällen trat Heilung ein. Nach 0. hat bei der Ent¬
wicklung der Technik die Exstirpation der Leber-
gumtnata ihre Berechtigung; 0. empfiehlt die in diesen
Fällen angewandte Methode, da bei den Lebergummata
durch die gleichzeitig bestehende interstitielle Hepatitis
die Blutung gering ist. N. Krön (Moskau).
493. Die Netzplastik bei der einzeitigen
Dickdarmresektion; von W. Müsch. (Chir¬
urgija Bd. 31. S. 3C3. 1912.)
M. benutzte die Netzplastik an einem Stiele
in 2 Fällen von zirkulärer Dickdarmnaht Im
ersten Falle wurde bei dem 45jähr. Patienten das
S Roman um wegen eines Krebses reseziert. Am
10. Tage bildete sich eine Fistel, die sich aber
bald schloß. Im zweiten Falle wurde bei einer
önjähr. Frau eine Kotfistel geschlossen, welche
nach einer schweren Messerstichwunde sich ent¬
wickelte. Auf Grund dieser Fälle empfiehlt M.
die Netzplastik nicht nur bei normalem, sondern
auch bei entzündlich verändertem Netze.
N. Krön (Moskau).
494. Die Sicherung großer und über¬
großer Bruchpforten durch Ein- oder Auf¬
nähen feiner Periostlappen; von H. Hen-
schen. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77. S. 24.
1912.)
Nach literarischen Studien und eigenen Ver¬
suchen und Erfahrungen kommt H. zu dem
Resultate, daß feine Periostlappen ein ausgezeich¬
netes Material sind zur intarsialen Deckung von
Bauchwand defek ten wie zur Sicherung und Ver¬
stärkung schichtenarmer mechanisch insuffizienter
Bauchwandfelder. Fritsch (Breslau).
495. Zur Technik der operativen Hei¬
lung großer Bauchbrüche und Mastdarm¬
prolapse; von H. Brun. (Beitr. z. klin. Chir.
Bd. 77. S. 257. 1912.)
Br. hat durch Aufnähen von Silberringnetzen
auf die Faszie zwei übergroße Narbenbauchhernien
zu idealer Heilung gebracht und empfiehlt dieses
Verfahren nach seiner genau angegebenen Technik.
Bei einem Mastdarmprolaps hat Br. ebenfalls mit
gutem Erfolg anstatt des Thierschschen Silber¬
ringes einen Streifen der Fascia lata des Ober¬
schenkels eingezogen. Fritsch (Breslau).
496. Beiträge zur transpleuralen Lapa¬
rotomie; von Schumacher. (Beitr. z. klin.
Chir. Bd. 77. S. 96. 1912.)
Diese Operation ist indiziert bei kombinierten
Verletzungen intrathorakaler und intraabdomiualer
Organe. Bei der Erweiterung der Zwerchfell¬
wunde ist auf die Schonung wichtiger Phreuicus-
äste zu achten, deshalb ist die Wunde, falls sie
nicht in den Randpartien liegt, nicht in der
Muskelfaserrichtung, sondern wenigstens auf der
linken Seite stets quer zu dieser zu erweitern.
Krankengeschichten zweier einschlägiger Fälle, die
beide durch die Operation geheilt wurden.
Fritsch (Breslau).
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152
X. Chirurgie.
497. The ultimate result of a double
nephrectomy and the replantation of one
kidney; by A. Carrel. (Stud.. from the Rocke¬
feiler Inst. Bd. 14. Nr. 15.)
Ein weiblicher Hund, dem nach doppelter Nephr¬
ektomie die eine Niere wieder eingesetzt war (vgl.
Arcb. f. klin. Cbir. 1909. 8. 372), der sich seit der
Operation der besten Gesundheit erfreute und mehr¬
mals Junge warf, starb plötzlich 2 1 /, Jahre nach der
Operation an Ileus. Bei der Obduktion konnten keinerlei
Spuren, selbst keine Narben von der Operation an Niere
und Gefäßen nachgewiesen werden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
498. Differential diagnosis of pancreatic
affections and gallstones; by John F. Erd¬
mann. (New York med. Journ. 1912. S. 972.)
Unter den Ausführungen E.s über die Diffe-
rentialdiagnose zwischen den Erkrankungen der
Gallenblase und denen des Pankreas sind be¬
sonders die von ihm mit der Cammidgesehen
Reaktion gemachten Erfahrungen von Interesse:
Yon 26 Patienten mit erkranktem Pankreas wurde
17mal die Reaktion vor der Operation angestellt; nur
6 hiervon gaben ein positives Resultat.
Von 74 Fällen, in denen dagegon eine Beteiligung
des Pankreas auszuschließen war, ergab die 26mal vor
der Operation angestellte Reaktion lßraal einen positiven
Ausfall. 5 Tage nach der Operation wurden alle 74 Fälle
untersucht, dabei fand sich 21 mal eine positive Reaktion.
Selbst unter einer Gruppe von 17 anscheinend gesunden
Individuen (Ärzten des Krankenhauses) wurde 5mal
ein positiver Ausfall beobachtet.
E. schließt aus diesen Versuchen, daß die auf
Grund der Cammidgeachen Reaktion als solcher
eich ergebenden Resultate als wertlos und sogar
als irreführend für die Diagnostik angesehen
•werden müssen. Melchior (Breslau).
499. Widening the pylorus without Ope¬
ration; by Max Einhorn. (New York med.
Journ. 1912. S. 970.)
E. hat sich zur Aufgabe gestellt, nicht nur
den funktiouellen Pylorospasmus, sondern auch
organische gutartige Stenosen des Magenausgangs
durch uublutige Dehnung zu behandeln. Er sucht
diese Idee mit einer biegsamen Magensonde zu
verwirklichen (natürlich etwas verlängert), die
nahe ihrem Ende 2 isoliert aufblasbare Ballons
trägt, von denen der eine den Pylorus vom Duo¬
denum, der andere vom Magen aus erweitern
soll. Daß die Sonde wirklich in das Duodenum
gelangt ist, läßt sich entweder diaphanisch (mittels
einer am Sondeuknopf befindlicher elektrischer
Lampe) oder durch Bestimmung des experierten
Inhalts verifizieren.
In 2 Fällen (einer mit leichter Stenose und
Pylorospasmus, der andere mit Pylorospasmus auf
der Basis eines Ulkus) würde unter Anwendung
dieser Methode eine ersichtliche Besserung erzielt.
E. empfiehlt daher in allen Fällen diese Behand¬
lung zu versuchen, ehe man sich zu einem chir¬
urgischen Eingriff entschließt.
Melchior (Breslau).
500. Perforated enteric ulcer; Operation,
recovery; by William Washburn. (Brit
med. Journ. 1912. S. 1292.)
Ein lOjähr. Knabe, der sich in der 5. Woche eines
Typhus abdominalis (Widalsche Reaktion) befindet, kolla¬
biert plötzlich unter Ansteigen des Pulses und Sinken
der Temperatur und klagt über Schmerzen in der
rechten Bauchseite. Bauchdeckenspannung. Laparotomie
*/ 4 Stunden später. Perforation im Ueum 3 Zoll ober¬
halb der lleozökalklappe. Seröser intraperitonealer Er¬
guß. Übernäbung der Perforationsstelle, Bauchwunde
bis anf ein kleines Drain, das nach 24 Stunden entfernt
wurde, geschlossen. Prompte Heilung.
Das Bemerkenswerte dieser Beobachtung liegt
in dem raschen energischen Handeln, wodurch
eine Operation zu einer Zeit ermöglicht wurde,
als eine Infektion dsr Bauchhöhle wohl noch nicht
eingetreten war. Melchior (Breslau).
501. Volvulus des Magens bei Karzinom;
von H. v. Habe rer. (D. Zeitsclir. f. Chir. Bd. 115.
H. 5 u. 6. 1912.)
Mitteilung eines einschlägigen Falles mit kritischer
Beleuchtung der Literatur. H. kommt zu dem Schluß,
daß nicht nur gutartige, sondern auch bösartige Tumoren
zu dieser in ihrer Pathogenese sehr unklaren Erkrankung,
die dann durch das Grundleidon völlig verschleiert sein
kann, (kein Ileus) führen können. Die Drehung des
Organes findet entweder um die mesenteriale, oder um
die Organlängsachse statt. Die Therapie ist eine chir¬
urgische, trotzdem eine Spontanheilung nicht ausge¬
schlossen ist. Fritsch (Breslau).
502. Das Karzinom an dar Papilla duo-
denalis; von Clara Oppenheimer. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 115. H. 5 u. 6. 1912.)
Literarische Studie mit Hinzufügung eines einschlä¬
gigen Falles. Das Karzinom der Papille duodeDalis geht
entweder von der Choledochusmündung aus oder vom
unteren Teil des Choledocbus oder von der Darmschleim¬
haut, oder endlich von versprengten Pankreasteilen.
Von den drei Methoden der Operation: Tran «duodenale
Operation, Extraduodenale Resektion des Choledocbus
und Resektion en bloc hat die erstere die besten Er¬
folge, ist aber auch nur im Beginn des Karzinoms aus¬
führbar. Der neumitgeteilte Faß ist diesen zuzurechnen
und endete mit Heilung der Patientin.
Fritsch (Breslau).
508. Über Uretralsteine; von A. Britnef.
(Welliaminoffs Arch. f. Chir. Bd. 27. S. 368. 1912.)
In den letzten 10 Jahren (1901—1910) hatte
B. die seltene Gelegenheit 24 Uretralsteine zu
beobachten, von denen nur 2 primäre waren; bei
einem von den letzten Fällen lag der Stein am
Ductus paraurethralis. Der größte Teil der Kranken
waren Kinder im Alter bis 8 Jahren (16 Fälle).
Am häufigsten wurden Phosphate gefunden (11
Fälle). N. Krön (Moskau).
504. Contribuzioni alla chirurgia dei
polmoni e del diaframma; per E. Aievoli.
(Gaz. int» di med. 1911.)
Kurzer Bericht über 7 -— zum Teil mit Thora¬
kotomie behandelte — Fälle von Verletzungen des
Brustkorbes. Melchior (Breslau).
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X. Chirurgie.
153
505. Fatal Pneumothorax following ex-
ploratory puncture; by Hughes Dayton.
(Amer. Journ. of the med. Sc. Bd. 144. S. 241.
1912.)
In 2 Pallen von schwerer Erkrankung der einen
Longe wurde nach regulärer Probepunktion der anderen
fast allein funktionierenden Lunge das Auftreten eines
Pneumothorax beobachtet, der unter diesen Umständen
begreiflicher Weise rasch zum Tode führte. Eine (evtl,
mögliche! — Ref.) chirurgische Therapie des entstehen¬
den iSpannungspneumotorax wurde nicht versucht D.
rät unter den oben skizzierten Verhältnissen mit pro-
batorischen Punktionen der gesunden Lungenseite äußerst
zurückhaltend zu sein. Melchior (Breslau).
506. Appendicitis in private and public
hospitals for the insane; by J. F. Briscoe.
(Brit med. Journ. 1912. S. 118.)
Nach Angabe von B. scheinen in den öffentlichen
und privaten Irrenanstalten Fälle von Appendizitis ziem¬
lich selten zu sein. B. möchte dieses Verhalten darauf
zurückführen, daß in derartigen Anstalten auf die vege¬
tativen Vorrichtungen (Darmentleerang, Nahrungsauf¬
nahme usw.) besonders geachtet wird, und glaubt, daß
es bei einer allgemeinen Verbreitung dieses „Indestinal
drill“ gelingen würde, dem Entstehen der Appendizitis
überhaupt wirksam vorzubeugen.
Melchior (Breslau).
507. Pyloroplasty. Wilh after-histories of
forty-tkree cases; by G. Grey Turner. (Surg.
Gyn. and Obst. Bd. 14. S. 537.)
Bekanntlich ist die Heineke-Mikuliczsche
Pyloroplastik heutzutage fast allgemein zu Gunsten
der Gastroenterostomie verlassen worden. Um
die Berechtigung dieser ablehnenden Stellung
gegenüber der Pyloroplastik nachzuprüfen, hat T.
Nachuntersuchungen über 43 nach diesem Modus
operierte Falle, die zumeist längere Zeit —
10 Jahre und darüber zurückliegen, angestellt.
In 13 Fällen handelte es sich nm eine rein
narbige Pylorusstenose, 4 Patienten starben später
aus anderer Ursache, 7 Bind gesund, 1 gebessert,
1 Rezidiv.
In 7 Fällen mit gleichzeitigem floridem Ulcus
trat dagegen 4mal ein Rezidiv ein.
Von 5 Fällen von Pylorospasmus wurden
4 geheilt, 1 gebessert.
Ein Fall von Duodenalgeschwür wurde ge¬
bessert
Von 16 Fällen „in denen eine pathologische
Laesion nicht zu finden war“, wurden 2 be-
sehwerdefrei, 1 gehemmt, 13 blieben ungeheilt
Es ergibt sich hieraus, daß bei unkomplizierter
Pylorusstenose — wie übrigens bekannt! — die
Pyloroplastik gute Erfolge zu zeitigen vermag;
nach T. ist sie ebenso bei bestehendem Pyloro¬
spasmus als Methode der Wahl anzusehen.
Melchior (Breslau).
608. Sulla laparo-ectomia complemen-
tare nell’ erniotomia ombelicale etc.; per
E. Aievoli. (Gaz. int. di Med. 1911.)
Kurze Übereicht über die neueren operativen Me¬
thoden der Radikaloperation der Nabelhernieu, die als
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
nicht unwesentlichen Faktor das gemeinsam haben, daß
außer der eigentlichen Omphalektomie eine ausgiebige
Partie von Haut und subkutanem Fettgewebe mit ent¬
fernt wird. Melchior (Breslau).
509. Traitement de l’hömarthrose du
genou par la ponction et la marche
immbdiate. (Methode du professeur Willems
de Gand); par L6on Kendirdjy. (Presse med.
beige 1912. S. 315.)
Während früher die Blutergüsse das Knie¬
gelenk im Allgemeinen konservativ und mit mög¬
lichster Ruhestellung behandelt wurden, hat
Willem8 empfohlen diese Hämatome möglichst
frühzeitig durch Punktion zu entleeren und nach
Anlegung eines einfachen Bindenverbandes sofort
die Bewegungsaufnahme folgen zu lassen. K. hat
diese Methode an der Abteilung von R e c 1 u s in
Paris mit gutem Erfolg durchgeführt. Interessant
ist hierbei, daß trotz frühzeitiger Punktion eine
Atrophie des Quadrizeps meist nicht völlig ver¬
mieden wird. Angaben über das spätere Verhalten
der Gelenke nach längerer Beobachungszeit werden
leider nicht mitgeteilt. Melchior (Breslau).
510. Ein Fall von doppelseitiger Anky¬
lose der Hüftgelenke; von A. Kunajef.
(Chirurgija Bd. 31. S. 222. 1912.)
Der 27jähr. Bauer aquirierte vor 10 Jahren einen
doppelseitigen Hüftgelenkrheumatismus; als er nach
3 Jahren genas, entwickelte sich bei ihm eine doppel¬
seitige Hiiftkontraktur. Bei dieser merkwürdigen Kon¬
trakturstellung ging er 7 Jahre mit Hilfe eines Stockes
umher; da ihn dieser Gang defrimierte, beschloß er
sich einer Operation zu unterwerfen, ln zwei Sitzungen
resezierte K. nach der v. Volkmannschen Methode beide
Hüftgelenke. Bei der Entlassung aus dem Krankeu-
hause konnte der Kranke auf beiden Beiden stehen,
das obere Ende beider Oberschenkel glitt aus der ge¬
bildeten Pfanne nach oben in das Darmbein, er konnte
bequem sitzen. Sein Gang erinnerte an den Gang bei
kongenitaler Hüftgelenkluxation. Bei der Nachunter¬
suchung nach einem Jahre trat keine Ankylose auf,
der Pat. konnte die Treppen mit Hilfe eines Stockes
leioht besteigen. N. Krön (Moskau).
511. Ober Zysten der Röhrenknochen;
von N. Kulebjakin. (Chirurgija Bd.31. S. 215.
1912.)
K. entfernte bei einer 25jahr. Frau eine mannskopf-
große Knochengeschwulst, welche sich im Laufe eines
halben Jahres entwickelte und vom Epincond. intern,
des linken Schenkelbems ausging. Die Geschwulst be¬
stand aus zahlreichen, mit Kolloid gefüllten Hohlräumen.
K. betrachtet dieselbe als eine Knochenzyste, die durch
den Zerfall eines Knochenmarksarkoms sich entwickelte.
N. Krön (Moskau).
512. Über die Varizen der unteren Ex¬
tremitäten; von A. Zancani. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 96. S. 1. 1911.)
Aus seinen experimentellen und klinischen
Untersuchungen glaubt Z. folgende Tatsachen fest¬
stellen zu können: In der Wandung von Varizen
der unteren Extremitäten herrschen die regressiven
Veränderungen der funktionierenden Elemente vor.
20
4_e r.
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154
X. Chirurgie.
Die Vereinigung der Art femoral. des Hundes
mit der gleichnamigen Vene verursacht, obschon
sie eine Druckzunahme auf die Gefäßwand her¬
vorbringt, keine repressiven Veränderungen der
Grundeleraente, sondern im Gegenteil eine Ver¬
mehrung derselben in Folge der vermehrten Funk¬
tion , die durch die guten Nahrungsbedingungen
begünstigt wird. Folglich müssen die an den
Wänden der varikösen Venen beobachteten re¬
pressiven Veränderungen von solchen Ursachen
herrühren, die ganz verschieden von denjenigen
sind, die auf die Venen der Hunde wirken:
a) Von der durch die Schwerkraft, wegen der
Klappeninsuffizienz, bewirkten mechanischen Ge¬
wichtswirkung, die die Elemente ertragen müssen
(physisches Agens), und die wahrscheinlich zuerst
die Ermüdung der funktionierenden Elemente,
dann ihre Atrophie oder ihre Degeneration ver¬
ursacht; b) von der schlechten Ernährung der
Gefäßwand (biologisches Agens) wegen vermin¬
derter Schnelligkeit des Blutes in den Venen
infolge ihrer Ektasie, und weil dieses Blut reich
an Ausscheidungsprodukten des Stoffwechsels statt
an Nährstoffen ist. Die einzige in den Varizen
beobachtete Veränderung progressiven Charakters,
die in der bindegewebigen Zunahme besteht, kann
als das Resultat eines Ausbesserungsprozesses
angesehen werden, dem sich nach den heutigen
Anschauungen die sklerosierende Wirkung che¬
mischer, im Blute kreisender Stoffe hinzufügen
dürfte. Dasselbe Agens, das die Gefäß Verände¬
rung hervorbriDgt, kann auch eine Ursache zur
Bildung der Klappeninsuffizienz sein. Der Dmck
bei Varizen einer bestimmten Stelle der unteren
Extremität muß sehr wahrscheinlich dife gleiche
sein, sowohl wenn die Saphena suffizient, als
wenn sie insuffizient ist Folglich müssen zur
Behandlung der Varizen solche operative Methoden
die rationellsten sein, die den doppelten Zweck
haben , einerseits die Blutsäule, die vom rechten
Herzen bis zum Sitz der Varizen zieht, mittels
Unterbindung der Saphena interna an ihrer Mün¬
dung, und andererseits die Verbindung zwischen
dem oberflächlichen und dem tiefen venösen
System der unteren Extremitäten durch Unter¬
bindung der V. communicantes zu unterbrechen
Wagner (Leipzig).
513. Contribution ä l’ötude des lösions
cartilages semi-lunaires du genou et de
leur traitement chirurgical; par Gary. (Arch.
de Med. et de Pharm, mil. Bd. 39. S. 401. 1912.)
Auf Grund seiner Beobachtungen — 6 Fälle
werden ausführlich mitgeteilt — kommt G. zu
der Ansicht, daß in Frankreich Verletzungen der
Semilunarknorpel viel häufiger Vorkommen, als
man nach den bisherigen Veröffentlichungen an¬
nehmen müßte. Er empfiehlt bei allen frischen
und alton Kniegelenksverletzungen eine ein¬
gehende Untersuchung nach dieser Richtung hin,
da ein Nichterkennen oder eine nicht sachgemäße
Behandlung für die Funktion des betreffenden
Gelenks schwere Folgen hat. Er unterscheidet
Läsionen der Insertionen der Menisken und Ver¬
letzungen der Knochen selbst. Auch wird in den
anatomischen Verhältnissen eine Begründung für
das häufigere Vorkommen der Verletzungen des
inneren gogonüber dem äußeren gefunden. Ala
prädisponierende Ursache dient jeglicher Sport,
die die Verletzung auslösende Ursache bilden
Traumen der verschiedensten Art, sehr selten
aber direkte. Die ersten Symptome sind plötz¬
licher, lebhafter Schmerz im betroffenen Gelenk,
der oft von einem Krachen begleitet ist, mehr
mehr oder weniger ausgesprochene Beweglich¬
keitsbeschränkung, oft Unfähigkeit, das Knie zu
strecken. Intensiver Druckschmerz in der Höhe
des Gelonkspaltcs und ein Hervorragen oder eine
Vertiefung an dieser Stelle sichern die Diagnose.
Später stellen sich periodische Gelcnkergüsse ein.
Bei frischen Fällen ist konservative Behand¬
lung am Platze, die, energisch durchgeführt,
definitive Heilung sichern kann. Der luxierte
Meniskus ist zu reponieren. Darauf folgt
2 Wochen Ruhigstellung des Knies bis zum Ver¬
schwinden des Ergusses, sodann Massago- und
Bewegungstherapie. Läßt sich der Meniskus
nicht reponieren, so muß operiert werden. Die
chronische, traumatische Entzündung des Menis¬
kus, die sich durch eine umschriebene Verdickung
am Rande desselben kundgibt, ist mit Massago
zu behandeln. Die anderen Verletzungen des
Meniskus, oft als „rezidivierende Luxationen“ be¬
zeichnet, sind zu operieren. Die Meniskopexie
ward nur für wenige Fälle in Betracht kommen,
wo eine abnorme Beweglichkeit des Meniskus
durch Erschlaffung seiner Ansätze bedingt ist.
Sonst wird die Exstirpation, dio häufig nur eine
teilweise sein wird, zur Anwendung gelangen
müssen. Diese Operation ist leicht, ungefähr¬
lich und von gutem Erfolg begleitet.
H a n e 1 (Danzig).
514. Operative Resultate bei den nicht
ulzerativen Varizen der unteren Extremi¬
täten; von N. Athanasescu. (Spitalul Bd. 14.
S. 386. 1910.)
Große Varizen, die wahre Tumoren bilden und
schmerzhaft sind, müssen operiert werden. Die
beste Methode ist die Ligatur oder Resektion der
Venen, verbunden mit der Ausschneidung eines
Hautstreifens, wie er von Schwarz und Aigiave
angegeben worden ist. Die Resultate sind aber
nicht immer die gleichen, denn sie hängen nicht
nur von dem Zustande der oberflächlichen Venen,
Bondern auch von dem der tiefen ab, die oft
ebenfalls weitgehende Veränderungen in der Be¬
schaffenheit ihrer Wand darbieten. Schaltet man
nun ein großes oberflächliches Gebiet des Blut¬
abflusses aus, 60 wird die Überlastung der tieferen
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X. Chirurgie.
150
Bahnen eine um so größere sein. Außer der
chirurgischen, muß in allen Fällen auch eine
hygienische Behandlung durchgefiihrt werden.
To ff (Braila).
515. Verschluß der Art. tibialis antica
durch Endarteriitis bei freier Art. tibialis
postica. Nervenquetschung. Gritti; von
Riedel. (Arch. f. khn. Chir. Bd. 95. H.3. 1911.)
Bei seniler Gangrän an den Beiuen handelt 1
es sich gewöhnlich um eine Erkrankung beider
großen Unteischenkelarterien; dementsprechend
setzt der Brand an den distalen Teilen des Fußes,
d. h. den Zehen ein, höchstens einmal an der
Ferse. Ganz anders liegt die Sache, wenn die
größere der beiden Schlagadern, die Art. tibial.
post, durchgängig bleibt und nur die antica ob-
literiert. Dann werden die Zehen nicht gangränös,
wohl aber treten infolge mangelhafter Ernährung
der Hautnerven des Unterschenkels schwere tro-
phische Störungen an seiner Haut auf, so daß
schließlich das Bein doch amputiert werden muß,
obwohl seine Motilität wenig oder gar nicht ge¬
schädigt ist.
Eine solche isolierte Verstopfung der Art. tibial. ant..
die ganz akut, also wohl durch Thrombose, erfolgte, hat
R. bei einem 63jähr. Kollegen beobachtet. In den ersten
Tagen war der Vorderfuß kalt und taub, aber Schmerz
fehlte; sodann setzte letzterer ein vorwiegend im Ge¬
biete des N. saphenus maior, sodann aber auch in dem
des N. peroneus superficial. Der Schmerz entstand
durch mangelhafte Ernährung der genannten Nerven in
ihrem Verlaufe auf der Innenseite des Unterschenkels,
und zwar nur bei horizontaler Lage des Beines. Auch
die zirkumskripten Nekrosen der Haut hatten einen
ganz absonderlichen Charakter. Erst nach 7 Monaten
starb die Haut in der Umgebung der Geschwüre rasch
ab; letztere vereinigten sich, wurden bald mehr als
handtellergroß, so daß das sonst noch ganz intakte Bein
nicht mehr zu erhalten war. Amputation nach Gritti;
der N. ischiadieus wurde durchgequetscht. Die Unter¬
suchung des Beines ergab kompletten Verschluß der
Art. tibial. ant. von oben an ; während die Postika zwar
auch krank, aber doch bis unten hin durchgängig ge¬
blieben war. Wagn er (Leipzig).
516. Über Exostosen an der oberen
Fläche des Kalkaneus; von Scharf. (Münchn.
med. Woch. 1912. S. 1222.)
Eine "Warnung, das häufig vorkommende und
bereits von Rosenmtlller 1804 entdeckte Os
trigonum, das unmittelbar hinter dem Processus
post tali liegt, für eine Exostose des Kalkaneus
zu halten. Fritzsch (Breslau).
517. Die Anästhesierung des Plexus
brachialis in den Achselhöhlen bei opera¬
tiven Eingriffen in der oberen Extremität;
von G. Hirschei. (Münchn. med. Woch. 1912.
S. 1218.)
Um die durch ihre Pulsation leicht festzu¬
stellende Axillaris werden meist nur Von einer
Einstichöffnung 30—40 ccm 2proz. Novocain¬
lösung mit 4—5 Tropfen Suprarenin 1,0 :1000,0
injiziert, die nach ca. 10 Minuten eintretende
Anästhesie ist vollkommen für alle Operationen
an Arm und Hand, höchstens die Finger bleiben
manchmal sensibel. H. bevorzugt seine Methode
vor derjenigen K ulen kampffs (Injektionsstelle
in der Supraklavikulargrube), weil die letztere
bei Operationen an der Hand bisweilen im Stich
ließ. Fritzsch (Breslau).
518. Beitrag zur tabischen Osteo-Arthro-
pathie; von K. Kawannura. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 115. S. 308. 1912.)
Sehr ausführliche Wiedergabe von zwei radio¬
logisch und histologisch genau untersuchten
Fällen von tabischer Knochen- und Gelenkerkran¬
kung.
Die Ansichten der Autoren über die Ent¬
stehung der Osteo-Arthropathie der Tabischen
sind noch immer sehr geteilt. K. nimmt eine
Mittelstellung ein und glaubt, daß zur Entstehung
der Osteo- und Arthropathien außer dem etwaigen
Nerveneinfluß noch ein anderes Moment erforder¬
lich ist, d. h. Prädisposition. Daß traumatische
Einflüsse sowohl für den Beginn als für den
weiteren Verlauf der Affektion daneben eine ge¬
wisse Rolle spielen, kann nicht bezweifelt werden.
Die Ataxie hält K. zur Entstehung der Gelenk¬
affektion nicht für absolut notwendig, dagegen
übt die Analgesie sehr nachteiligen Einfluß aus.
Wagner (Leipzig).
519. Grundzüge der modernen Frak¬
turenbehandlung; von H. Zuppinger (Berl.
Klin. 1912. Nr. 287.)
Die Behandlung der subkutanen Knochen-
brttehe hat in den letzten Dezennien sehr ge¬
wechselt. In der letzten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts beherrschte der Gipsverband fast
allein sämtliche Formen. Die Nachteile des Gips¬
verbandes sind jedoch, seitdem wir durch das
Röntgenbild die Stellung der Fragmente kon-
trolieren können und hierbei die manchmal recht
mangelhafte Reposition erkannt haben, neben
anderen Schäden der Muskelatrophie, der Immo¬
bilisation der Gelenke so stark, daß er bei dis¬
lozierten Frakturen überhaupt nicht mehr ge¬
braucht werden sollte. Die blutige Methode hat
leider den Nachteil der Gefahr einer Infektion,
wird sich aber bei Abrißfrakturen vorspringender
Knochenstücke, so bei fractura olecrani, Kalkaneus-
frakturen mit starker Dislokation, Patellarfrakturen
usw. kaum verdrängen lassen. Im Gegensatz
zum Gipsverband hat Lucas Championiöre
die frühe Mobilisation, verbunden mit Massago
und aktiven und passiven Bewegung inauguriert,
jedoch wird diese Methode dem Bestreben einer
guten anatomischen Stellung zu wenig Rechnung
getragen, wodurch manchmal eine schlechtere
Funktion des Gliedes resultieren muß. Beiden
Übeln, der absoluten Inmobilisation und der Ver-
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156
X. Chirurgie.
kürzung der Fragmente, entgegen zu arbeiten,
-wird die permanente Eitension nach Barden-
heuer gerecht, indem durch Heftpflasterung
eine absolut feste Lage des Gliedes herbeigeführt
und die Verkürzung durch permanenten Zug be¬
hoben wird. Jedoch wurden auch hier manch¬
mal Schäden der Muskulatur bemerkt, die dadurch
herbeigeführt sind, daß bei gestrecktem Glied,
bei Überspannung einer Muskelgruppe extendiert
wird. In neuerer Zeit trägt Bardenheuer
auch diesem Übel Rechnung, indem er bei ge¬
beugten Gliedern extendiert. Z. hat nun eine
Methode angegeben, die er wissenschaftlich be¬
gründet, indem bei entspannter Muskulatur durch
die Schwere des eigenen Gliedes permanent ex¬
tendiert wird. Nach einem kurzen Rückblick auf
verwandte frühere Methoden, so die von Pott,
Mojeisowics, Mideldorpf, Lorrinser,
Hennequin, Borchgrevink, Schiatter,
bespricht er die Physiologie der Muskelspannung,
als deren Ausdruck seine Methode ihre Berech¬
tigung findet und kommt zum Schluß kurz auf
die Technik derselben, nachdem er der Methode
Steinmann kurze Worte gewidmet hat.
Vorschütz (Köln).
520. Blutige Behandlung der subkutanen
Knochenbrüche; von F. Stein mann. (Beih.
z. Med. Klin. 1912. Nr. 3. S. 57.)
St. behandelt in kurzen Zügen die bisherigen
blutigen Methoden zur Heilung von Knochen¬
brüchen und hebt die Vorteile bzw. Nachteile der
verschiedenen Methoden hervor. Mit der Ver¬
vollkommnung unserer Asepsis hat im allgemeinen
die Neigung des blutigen Vorgehens stark an
Umfang zugenommen und findet ihre enthusiasti¬
sche Vertretung in der Methode Lambottes,
die auf dem letzten französischen Chirupgen-
kongresse begeistert aufgenommen wurde. Die
Wahrheit liegt jedoch wie immer, auch in der
Behandlung der Knochenbrüche in der Mitte.
Kann man mit unblutigen Methoden auskommen
und das ist in vier Fünftel aller Knochenbrüche
immer der Fall, dann soll man diese Methode
verwerten, soll sie aber nicht zu Gunsten eines
Prinzips überall verwerten wollen. An der Hand
der einzelnen detaillierten Methoden werden Bilder
beigegeben, die dieselben deutlich demonstrieren.
Kurz erwähnt St. sein Verfahren der Nagel¬
extension, auf welches er des weiteren nicht ein¬
geht, sondern auf seine Monographie in der „neuen
Deutschen Chirurgie“ verweist
Vorschütz (Köln).
521. Ein weiterer Fall von Spontan¬
fraktur des Oberschenkels an typischer
Stelle bei Knochenatrophie; von Fromme.
(Bruns Beitr. Bd. 78. S. 496.)
Mitteilung eines Falles von Spontanfraktur supra
condylua am Oberschenkel, die in letzter Zeit als typische
Brüche von H&getnann in Ehringhaus bei Knochen¬
atrophie beschrieben worden sind. In obigem Falle
bandelt es sich um einen Kniefungus. Ein Röntgen¬
bild ist beigegeben. Vorschütz (Köln).
522. Über Spiralfrakturen des Ober¬
schenkels; von Smoler. (Bruns Beitr. Bd. 78.
S. 499.)
Beim Telemarkschwung der Skiläufer kommt
eine Spiralfraktur im oberen Drittel des Ober¬
schenkels vor, wie sie von Bockenheimer,
Lern per und v. Saar beschrieben worden ist.
Sm. beschreibt zunächst den Telemarkschwung
als solchen und kommt auf Grund von Experi¬
menten an der Fibula und Holzstäben bezüglich
der Entstehung der Fraktur zu dem Resultat,
daß, wenn ein langer Röhrenknochen über seine
Elastizitätsgrenze hinaus gedreht wird, er stets
in der Ruhe des best fixierten Endes bricht.
Eine solcher Spiralbruch bei einem Kegelschieber
mit ankylosiertem Kniegelenk dicht oberhalb des
Knies wird als Beweis herangezogen.
Vorschütz (Köln).
523. Über die Spondylitis ancylopoetica;
von B. Dollinger. (Orvosi Hetilap 1912. S. 236.)
D. beschreibt einen von ihm beobachteten Fall von
Spondilitis ankylopoetica. Die Beiuhwerden des 49jähr.
Pat begannen vor 6 Jahren in Gestalt von „rheuma¬
tischen 1 ' Schmerzen in der unteren Extremität. Vor
4 Jahren begann sich der Rücken nach vorn zu krümmen;
die Beweglichkeit der Wirbelsäule nahm progressiv, bis
zu einer beinahe fixirten Haltung ab, so daß dieselbe
einen nach vorn gekrümmten unbeweglichen Bogen
vorstellt.
Die radiologische Untersuchung (welche sich nur
schwer durchführen ließ) zeigt, daß die Konturen ein¬
zelner Wirbel verschwommen sind. Da mit dem von
W ullstein empfohlenen Redressement selbst W.
keine Erfolge sah, wurde an einen sukzessiven Aus¬
gleich durch einen Gipsverband gedacht. Da dieser
indessen zu einer schweren Dyspnoe führte, mußte der
Verband entfernt werden. Weiteren therapeutischen
Versuchen entzog sich der Patient. Es ist daher wichtig,
eine womöglich frühzeitige Diagnose zu stellen, und es
dürfte durch entsprechende frühzeitig angelegte fixie¬
rende Verbände möglich sein, die Progression des Leidens
günstig zu beeinflussen. Rosenthal (Budapest).
524. Indications for arthrodesis and
arthrolysis; by A. Lorenz. (New York med.
Record Juue 22. 1912.)
L. äußert sich uDgemein zurückhaltend, sowohl
hinsichtlich der Arthrodese wie der operativen
Mobilisierung. Für die untere Extremität zieht
er den Apparat der Arthrodese unbedingt vor,
dagegen empfiehlt er die Operation durchaus für
die Schulter, eventuell auch für das Handgelenk.
Die operative Mobilisierung scheint ihm nur für
das Ellenbogengelenk angezeigt, im übrigen zieht
er ein steifes, schmerzloses Gelenk in guter
Stellung vor. V u 1 p i u s (Heidelberg).
525. The rotation treatment of scoliosis;
by Forbes Mackenzie. (New York med.
Journ. July 6. 1912.)
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XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
157
M. gründet seine Behandlung auf den Zu¬
sammenhang zwischen Seitenbeugung der Wirbel¬
säure und Rotation. Er lagert den Patienten in
einem besonderen Apparat mit gebeugtem Rumpf,
und gipst den Rumpf in Rotationsstellung ein,
so zwar, daß der Arm mit Hilfe des Serratus
antions die konkavseitige Brustkorbhälfte nach
vorne zieht. Der Gipsverband wird reichlich ge¬
feuchtet, in 6 wöchentlichen Intervallen erneuert.
Es sollen gute Erfolge, wenn auch keine
Heilung erzielt werden. Vulpius (Heidelberg).
526. Fingerfrakturen; von G. Hohmann.
(Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 33.)
Dm Deviationen zu vermeiden, empfiehlt es
sich, einen gebrochenen Finger stets an seinen
Nachbarn anzubandagieren.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
527. Der Klauenhohlfuß; von Bibergeil.
(Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 33.)
Die Ätiologie dieser Deformität ist zumeist unklar.
Eine eigene Beobachtung läßt vermuten, daß bisweilen
eine Spina bifida Occulta zugrunde liegt.
Yulpius (Heidelberg).
528. Erfolge der modernen Orthopädie;
von Max Böhm. (Beiheft Nr. 8 der med. Klin.)
B. gibt, so weit dies auf einem Druckbogen
möglich ist, einen Überblick über die modernen
Behändlungsprinzipien der Orthopädie und ihre
Resultate bei den wichtigsten Erkrankungen. Eine
Reihe von Bildern zeigen Erfolge, welche zumeist
bei ambulanter Behandlung erzielt wurden.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
529. Über Absprengungsfrakturen am
vorderen und hinteren Abschnitt des dista¬
len Endes der Tibia mit Berücksichtigung
der Rißfrakturen; von Sussmann König.
(Arch. f. klin. Chir. Bd. 99. S. 656. 1912.)
Die Absprengungsbrüche an der vorderen und
hinteren Kante des unteren Tibiaendes sind seit
langem in der Literatur bekannt und von alten
XI. Gynäkologie
532. ÜberToxinresorption ausder Bauch¬
höhle und über intraperitoneale Narkose;
von 0. Hoehne. (Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 9.)
Frühere Experimente H.s und inzwischen ge¬
machte Erfahrungen am Menschen haben ergeben,
daß eine durch z. B. lOproz. Kampheröl erzeugte
aseptische Peritonitis sowohl die Vermehrung, wie
die Resorption von in die Bauchhöhle einge-
brachten Streptokokken verhindert. Nunmehr hat
H. Experimente an Kaninchen darüber angestellt,
ob jene aseptische Peritonitis auch gegen eine
peritoneale Intoxikation Schutz gewährt. Er be¬
nutzte Diphtherietoxin, Rizin uud Krotin. Gegen
die Resorption von Diphtherietoxin bot die vor-
Chirurgen schon vor der Röntgenzeit diagnostiziert
worden. Dieselben kommen zu stände, indem bei
starker Dorsalflexion oder Plantarflexion des Fußes
die Talusrolle in der Frontalebene sich gegen die
Tibiakante anstemmt und nun einen Teil des
Knochens absprengt. Seltener sind die Abri߬
frakturen, welche durch zu starke Abduktion
bezw. Adduktion des Fußes zustande kommen.
Auch hier kann bei der Abduktion des Fußes die
mit gehende Talusrolle den Mall. ext. abbrechen
und bei weiterer Gewalteinwirkung kann das
Ligamentum tibiofibulare einen Teil an der vor¬
deren Kante der Tibia abreißen. Umgekehrt kann
bei Adduktion eine Abrißfraktur an der hinteren
Tibiakante entstehen. Das abgerissene Stück kann
an guter Stelle einheilen ohne Bewegungsbe¬
schränkung, es kann aber auch fehlerhaft zur
Verheilung kommen und später zur Arthritis im
Fußgelenk, ja sogar zur Versteifung Veranlassung
geben. Deshalb würde unter Umständen die
Therapie eiue operative sein müssen, während
man jedoch im allgemeinen wohl mit einer un¬
blutigen Behandlung auskommt. Einige Röntgen¬
bilder demonstrieren die Typen solcher Fraktur-
formen. Vorschütz (Köln).
530. Plattfußbehandlung mit pneu¬
matischen Sohleneinlagen nach Tauber;
von Ko der. (Militärarzt Bd. 46. H. 10. S. 150.
1912.)
Empfehlung der Tauberschen regulierbaren
elastischen Gummieinlagen (fluktuierender Luft¬
kissen), welche nach v. Eiseisberg eine Art
modellierender Massage auf das Fußgewölbe aus¬
üben. Widenmann (Danzig).
531. Beitrag zur Behandlung mit Nagel¬
extension nach Steinmann; von Eltester.
(D. militärärztl. Zeitschr. Bd. 41. H. 10. S. 378.
1912.)
Beschreibung und Empfehlung des Verfahrens
auf Grund mehrerer eigener Beobachtungen.
Widenmann (Danzig).
und Geburtshilfe.
herige Reizbehandlung des Bauchfelles keinerlei
Schutz, gegen die Resorption von Rizin und
Krotin so gut wie keinen. H. machte des
weiteren in der Absicht, einen Ersatz für die
intravenöse Äthernarkose zu finden, Versuche mit
intraperitonealer Einspritzung von Äther-Alkohol-
Kochsalzlösung. Es gelang, mit 1 ccm Äther plus
etwa 1 ccm Alkohol pro Kilogramm Kaninchen,
eine zu einer Laparotomie ausreichende Narkose
zu erzielen. Bei größeren Dosen gingen die Tiere
meist sehr bald, seltener erst nach einigen Tagen
zugrunde. Genau dieselben Resultate bzw. der
Resorption ergaben „geölte“ Tiere. Also wirkt
eine peritoneale Reizbehandlung auf die Resorp-
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158
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
tion gelöster Substanzen nicht hemmend oder gar
hindernd. — Mit diesen experimentellen Ergeb¬
nissen stehen die klinischen Erfahrungen im Ein¬
klang: es gibt Todesfälle bei Peritonitis an Toxin-
ämie, sowohl wie an Bakteriämie. Die Bedeutung
der prophylaktischen Reizbehandlung des Perito¬
neums vor unreinen Bauchoperationen liegt also
in drei Punkten: in der Fixierung der Bakterien
in der Bauchhöhle, in der Wachstumshemmung
derselben und in der baldigen Vernichtung der¬
selben. — Die Gefahr einer bereits bestehenden
Peritonitis liegt in der fortdauernden Resorption
toxischer Substanzen aus dem giftstrotzenden
massigen Exsudat der Bauchhöhle. Dieses Ex¬
sudat muß daher schonend entleert werden, wobei
die Resorption reichlicher Bakterien- und Gift¬
mengen durch frische. Wunden zu vermeiden ist
Klien (Leipzig).
538. Die Beziehungen der Fortpflan¬
zungsvorgänge zu den Geschwülsten der
weiblichen Geschlechtsorgane; von A.Theil-
haber und H. Edelberg. (Arch. f. Gyn. Bd. 96.
1912.)
Bei dem Zustandekommen des Kollumkarzi-
noms spielt die Hauptrolle nach Ansicht Th.s
und E.s die schlechte Ernährung des Gebärmutter¬
halses, die die Folge ist der zahlreichen Narben,
die sich in demselben infolge der Entbindungen
bilden. Der Krebs der Portio tritt im Durch¬
schnitt in jüngeren Jahren auf als der Krebs der
Zervixschleimhaut Ein Einfluß des Geschlechts¬
verkehrs ließ sich von Th. und E. bei ihrem
Material nicht nachweisen. Das Wochenbett soll
nach Ansicht Th.s und E.s durch Hyperämie
noch eine Zeit lang einen Schutz gegen die Ent¬
stehung des Krebses bilden. Entgegen den be¬
stehenden Meinungen ist bei einer Krebsoperation
in der Schwangerschaft die Aussicht auf Radikal¬
heilung nicht schlechter als sonst Am Korpus-
karziuom erkranken im Gegensatz zum Kollum-
karzinom die älteren Frauen, und vor allem unter
-diesen die Nulliparen. Ebenso betrifft das Tuben¬
karzinom hauptsächlich Frauen, die garnicht oder
■einmal geboren haben. Th. und E. erklären dies
daraus, daß die Tube infolge ihrer geschützten
Lage vor einem bo häufigen Faktor der Karzinom¬
entstehung wie es das Trauma ist, bewahrt bleibt,
sodaß die Tubenkrebse meist auf dem Boden einer
ehronischen Entzündung, und zwar natürlicher¬
weise häufig bei der chronischen gonorrhoischen
Entzündung entstehen, die ja ihrerseits häufig
Sterilität oder Einkindersterilität bedingt. Auch
der Krebs des Eierstocks soll sich häufiger bei
Frauen finden, die nicht oder nur selten geboren
haben. Ebenso verhält es sich mit dem Brust-
drüsenkarzinom. Unter den Frauen mit Uterus¬
myom sind 36°/o steril. Je mehr Geburten, je
seltener das Myom. Auch die Entstehung des
Sarkoms soll die Sterilität begünstigen, genau so
verhält es sich mit dem Ovarialkystom. Reiche
Frauen und Jüdinnen disponieren in geringerem
Grade zum Karzinom der Zervix, in höherem
Grade zum Karzinom der Mammae und zum Uterus¬
myom. — Die Prophylaxe des Uteruskarzinoms
sieht Th. weniger in der primären Naht von
Geburtsverletzungen der Zervix, als vielmehr in
der Ausschaltung der bei der Geburt gequetschten
Partie in der Mitte der Muttermundslippen (Exstir¬
pation des ganzen intravaginalen Zervixparenchyms).
Zur helle (Bonn).
534. Ein Beitrag zur Adenomyositis uteri
et recti ; von Hermann Renisch. (Zeitschr.
f. Geb. u. Gyn. 70. Bd. 1912.)
Bei einer ßljähiv Frau wurde ein etwa apfelgroßer,
knolliger, ziemlich harter Tumor entfernt, der au der
Hioterfläche der Portio saß und dem hinteren Seheiden¬
gewölbe anflag. Die mikroskopische Untersuchung er¬
gab, daß das fibromyomatös geschwulstartig verdickte
rektozervikale Zwischengewebe durchsetzt war von einer
adenomartigen Wucherung, die sich als ein zusammen¬
hängendes Netzwerk von epithelialen Räumen im Tumor
selbst wie im Zervix und Rektum ausbreitete. Es handelte
sich um eine Epithelheterotopie mit gleichsinniger fibro¬
muskulärer Hyperplasie entsprechend den fibrcepithelialen
Mischgeschwülsten. Dabei zeigte der ganze Tumor den
Zustand einer intensiven chronischen Entzündung. Dia
epithelialen Einschlüsse des Tumors stammten Dach R.
von der Serosa des hinteren Douglas, wofür auch die
Befunde am Uterusdorsum sprachen. Es handelt sich
nicht um ein echtes Blastom, sondern um einen ent¬
zündlichen hyperplastischen Vorgang im rektozervikalen
Zwischengewebe mit Übergreifen der adenomatösen Be¬
standteile auf das Rektum, dieses auch zur Hypertrophie
seiner Muskulatur veranlassend. R. bezeichnet diesen
Prozeß mit R. Meyer als Serosaadenomyositis ub-ri et
recti. Trotz der physiologischen Grenzüberschreitung
kann man keinesfalls von Karzinom sprechen, infolge¬
dessen wäre auch anzunehmen gewesen, daß nach Ex¬
stirpation des Uterus und der Geschwulst mit Erhaltung
der Mastdarmwand die Infiltration der letzteren sich
zurückgebildet hätte. Zurhelle (Bonn).
585. Zur Physiologie und Pathologie der
Ovarialfunktion; von Ludwig Adler. (Arch.
f. Gyn. Bd. 95. 1911.)
A. schließt aus den klinischen Beobachtungen
beim Menschen und aus seinen Tierversuchen,
daß der Ausfall der Eierstöcke die Blutgerinnung
zu verzögern imstande ist. Daraus zieht er den
Schluß, daß die bei Amenorrhöe und bei Genital¬
hypoplasie häufig beobachtete Gerinnungsverzöge¬
rung, wenn nicht auf den Ausfall der Ovarial-
tätigkeit, doch auf eine Hypofunktion der Eier¬
stöcke zurückzuführen ist Weiterhin ergibt sich,
daß die durch Ausfall der Ovarialtätigkeit hervor¬
gerufene Herabsetzung des Kalkstoffwechsels mit
einer Verminderung des Kalkgehaltes im Blute
einhergehen kann. A. zeigt, daß zwischen Ovarial¬
funktion, Blutkalkgehalt und Blutgerinnung innige
Beziehungen bestehen, die sich darin äußern, daß
nach Ausfall oder bei Hypofunktion der Eierstöcke
häufig eine Verzögerung der Blutgerinnungszeit
auftritt, die in einer Reihe von Fällen mit absolut
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XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
159
oder relativ niedrigen Kalkwerten im Blute einher¬
geht Die Tatsache, daß wir es bei der Ge¬
rinnungsverzögerung mit einer objektiv nachzu-
weisen den Ausfallserscheinung zu tun haben, ist
geeignet, den Wert dieses Symptoms als Zeichen
einer Hypofunktion der Eierstöcke zu erhöhen.
Das Ovarium verhält sich entgegengesetzt der
Schilddrüse in bezug auf die Blutgerinnungszeit
und auf die Adrenalinglykosurie, in letzterem
Punkte auch entgegengesetzt dem chroniaffinen
System und der Hypophyse. Weiterhin besteht
eine gleichsinnige Beeinflussung der Gerinnungs¬
zeit und des Blutkalkgehaltes durch die Epithel¬
körperchen und durch das Ovarium. — Ferner
hat A. festgestellt, daß Ovarialausfall oder Hypo¬
funktion der Eierstöcke imstande ist, den Sym-
pathikustonus zu erhöhen. Auch im Blutbilde
fand A. einen Gegensatz zwischen der Wirkung
der Eierstöcke und der des chromaffinen Systems,
eine Ähnlichkeit in der Wirkung von Eierstöcken,
Pankreas und Epithelkörperchen. In Fällen #on
erhöhter Reizbarkeit des autonomen Nervensystems
fand A. ein entgegengesetztes Verhalten zu den
Fällen, bei denen man sicher mit Ausfall oder
Unterfunktion der Eierstöcke zu tun hat, was
wohl den Gedanken an eine Hyperfunktion der
Eierstöcke aufkommen lassen kann. Auffallend
ist nach A. das relativ häufige Vorkommen von
Blutungen bei vagotonischen Individuen. — In
Vitro wirken wäßrige Ovarialextrakte und Ovarial-
preßsaft gerinnungsverzögernd, während dem Corpus
luteum Preßsaft diese Eigenschaft nicht zukommt.
W'eder Preßsäfte noch wäßrige Extrakte sind im¬
stande die Blutgerinnung zu verhindern. Es kann
daher nicht ausgeschlossen werden, daß Blutdruck¬
senkungen nach Injektion dieser Substanzen auf
intravasale Gerinnselbildung zurückzufahren sind.
Ovarialpreßsäfte besitzen eine blutdrucksteigernde
Wirkung. Wäßrige Extrakte von Corpus luteum
und Eierstock scheinen überhaupt keine Wirkung
auf den Blutdruck zu haben. Wäßrige Extrakte
von Ovarien und Ovarialpreßsäfte erzeugen intra¬
venös injiziert Hyperämie der Genitalien; wäßrige
Extrakte und Preßsäfte von Corpus luteum er¬
zeugen nur leichte oder gar keine Genitalhyper¬
ämie. Die intravenöse Injektion von Ovarin Poehl
bleibt ohne Wirkung auf den Blutdruck. Beim
Menschen wirkt nach A.s Beobachtungen das
Ovarin nicht nur hyperämisierend auf die Geni¬
talien, sondern geht in den Kreislauf über und
ist imstande, jene anatomischen Veränderungen
der Gebärmutterschleimhaut hervorzurufen, die
uns berechtigen, die Genitalblutung als menstruelle
zu bezeichnen. Eine genaue Abgrenzung der
einzelnen funktionierenden Elemente im Ovarium
bleibt noch zukünftigen Untersuchungen Vor¬
behalten , wohl der Kombination von makro¬
skopischen und mikroskopischen Untersuchungen
und funktionellen Prüfungen.
Zurhelle (Bonn).
536. Des ruptures de la voüte du vagin
pendant le travail; par Jules Rouvier.
(Ana. de Gyn. et d’Obst. 1912. S. 193.)
R. gibt eine zusammenfassende Darstellung
der sogenannten Kolpoaporrhexis, die er in kom¬
plette und inkomplette, in spontane und trauma¬
tische einteilt. Letztere sind die häufigeren,
erstere ereignen sich besonders bei engem Becken,
ungünstigen Lagen und Mißgeburten. Ausdehnung
und Sitz variieren. Erstere schwankt zwischen
einer kleinen oft nicht einmal penetrierenden
Perforation bis zur völligen zirkulären Abreißung.
Diese kann aber auch auf irgend eines der vier
Vaginalgewölbe beschränkt sein. Am häufigsten
sind die Zerreißungen des hinteren Scheiden-
gewülbes, sie machen schon 2 /s der Fälle aus.
Die Symptome ähneln denen der Uterusruptur.
Vor allem bemerkenswert ist der plötzliche ein¬
malige Schmerz, die Blutung und der Schok,
doch braucht keines dieser Symptome deutlich
ausgebildet zn sein, weswegen es vorgekommen
ist, daß die Diagnose erst auf dem Sektionstisch
gestellt worden ist, oder im Wochenbett an den
eingetretenen späten Folgeerscheinungen wie Kot-
und Urinfisteln. Die Mortalität betrug in der
vorantiseptischen Zeit 95 %, hat sich aber seither
bedeutend gebessert. Die Prognose ist u. a.
abhängig von dem Sitz der Abreißung. Ab-
reißung des hinteren Vaginalgewölbes ist günstiger
als die der seitlichen oder des vorderen; hier
sind schwere Blutungen bzw. Blasenverletzungen
deletär. Schlimm ist im allgemeinen auch der
Austritt des Kindes in die freie Bauchhöhle.
Blutung, Peritonitis und Sepsis sind die Früh¬
gefahren , Komplikationen seitens der verletzten
Nachbarorgane, Beckenphlegmonen, Narben sind
die Spätgefahren. — Prophylaktisch ist eine sach¬
verständige Geburtsleitung besonders bei räum¬
lichen Mißverhältnissen das wichtigste. Die
Therapie hat verschiedene Aufgaben, je nachdem
die Zerreißung erkannt wird vor der Geburt des
Kindes oder der Plazenta oder unmittelbar nach¬
her, oder endlich erst im Wochenbett. Im ersten
Fall hat man sofort zu entbinden, entweder per
vias naturales oder — bei Austritt des Kindes
in die Bauchhöhle — per lap&rotomiam meist
mit nachfolgender Exstirpation des Uterus. Der
Riß selbst ist, wenn die Entbindung per vias
naturales von statten ging, am besten teilweise
zu uähen und die Restöffnung zu dränieren. Bei
sehr ausgedehnten Zerreißungen wird man jedoch
auch in diesen Fällen besser laparotomieren.
Nachfolgende Fisteln sind natürlich chirurgisch
zu behandeln. Betreffs der Diagnosenstellung
verlangt R, daß in jedem Fall nach einer schwe¬
ren Dystokie vaginal untersucht wird. Auf diese
Weise ist es ihm einmal gelungen, eine nicht
vermutete Kolpoaporrhexis festzustellen. Von vier
ausführlich mitgeteilten Fällen starben drei.
Klien (Leipzig).
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160
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
537. Notes on uterine haemorrhage.
With special reference to the abuse of thecurette; by
Beckwith Whitehouse. (Lancet 1912.S. 1123.)
In einer sehr lehrreichen Arbeit behandelt W.
diejenigen 20 °/ 0 der Fälle von sog. chronischer
Endometritis bezw. Metritis, in denen erfahrungs¬
gemäß durch die Ausschabung eine definitive Be¬
seitigung der Blutungen nicht statt hat. Was die
Ätiologie dieser Fälle anlangt, so kommen zunächst
bakterielle Infektionen in Betracht. Abgesehen
vom Gonokokkus konnte W. durch kulturelle
Untersuchung des steril aufgefangenen Uterinblutes
des öfteren das Bact. coli oder verwandte Arten
darin nachweisen, eventuell in Gesellschaft mit
Eiterkokken. In solchen Fällen kann durch eine
Ausschabung die Infektion in das Parametrium
hiueingetrieben -werden. Solche Fälle erfordern
längere intrautenine Behandlung mit Wasserstoff¬
superoxyd. — Weiter führt W. die auf Arterien-
degeneration beruhenden Fälle von Blutungen an,
die meist im Beginn der Menopause auftreten;
hier helfe meist nur die vaginale Totalexstirpation.
Auch syphilitische EndarUriilis bewirke gelegent¬
lich uterine Blutungen. Diagnostisch komme für
solche Fälle die Wassermannsche Reaktion, thera¬
peutisch Hg und Jod in Frage. Ferner könne
erhöhter Blutdruck Menorrhagien bewirken. Dieser
finde sich an sich gelegentlich in der Menopause,
kann aber auch auf konstitutionellen Erkrankungen,
besonders auf chronischer Nephritis beruhen. In
ersteren Fällen bewährten sich Nitroglyzerin,
Digitalis und Purgantien. Auch Stauungen im
Pfortadersystem kommen in Betracht; ja es scheine,
als ob mitunter an Stelle von hämorrhoidalen
Blutungen uterine auftreten können. Bei der
Leberzirrhose ereignen sich gelegentlich geradezu
paroxysmale Blutungen, gegen die Purgantien emp¬
fohlen werden. Endlich kommen außer den
echten Blutdyskrasim Störungen des Kalkstoff¬
wechsels in Frage. Das Auftreten von Urtikaria
während der Menorrhagien deutet auf einen ver¬
minderten Kalkgehalt des Blutes bin. Man reiche
Kalziumlaktat Als letzter Faktor kommen Stö¬
rungen in der Funktion der Schilddrüse in Be¬
tracht, die event. mit Schilddrüsensubstanzdar¬
reichung zu heilen sind. Für alle diese Möglich¬
keiten führt W. selbst beobachtete und mit Er¬
folg behandelte Fälle an. — Die Lehre, die aus
Vorstehendem zu ziehen ist, ist die, daß man bei
uterinen Blutungen stets den Gesamtkörper unter¬
sucht, in den angegeben Richtungen, also: Leber,
Nieren, Blutdruck, Gefäße, Syphilis und andere
konstitutionelle Leiden, Kalkhaushalt, Herz, Lungen,
Schilddrüse, Bakteriengehalt des Uterusblutes. Dann
wird man auch den größten Teil jener 20 °/ 0
heilen. K1 i e n (Leipzig).
538. Die Vakzinebehandlung der weib¬
lichen Gonorrhöe; von Bodo Slingenberg.
(Arch. f. Gyn. Bd. 96. H. 2.)
Es wurde mit 2 Vakzins gearbeitet. Das eine
wurde aus einem Gonokokkenstamm aus einer
männlichen Urethra bereitet. Die Gonokokken durch
Erhitzen getötet. Zwei Verdünnungen, eine von 5
und eine von 50 Millionen pro ccm. Das zweite
enthielt mehrere Stämme, teils durch Erhitzen,
teils durch 1 / 2 proz. Karbolsäure abgetötet. Das
Prinzip der Vakzinetherapie beruht auf dem Aus¬
beuten der unverbrauchten immunisierenden Kräfte
der nicht infizierten Gewebe. Aussicht auf Er¬
folg haben besonders die örtlichen Infektionen,
alle Bakterien müssen vom Lymphstrom erreicht
werden. Anwendung bei 1. Vulvovaginitis bei
Kindern, 2. Vulvovaginitis bei Frauen, 3. chro¬
nischen Adnextumoren. Die Dosis variiert zwi¬
schen Yj und 20 Millionen. Zunächst kurzes
Sinken des Index (negative Phase), dann Stei¬
gung (positive Phase). Bestimmung des Index
sehr schwierig und mühevoll. Beobachtung der
Temperaturkuren notwendig, ebenso wie des kli¬
nischen Bildes. Die Kinder wurden poliklinisch
behaudelt, die Temperatur konnte also nicht stetig
beobachtet werden, daher unsichere Erfolge.
Ausgezeichnete Resultate bei klinischer Be¬
handlung; bei Vulvovaginitis der Frauen konnte
Sl. kein abschließendes Urteil über den Nutzen
der Anwendung bekommen, dagegen bieten chro¬
nische Adnextumoren das dankbarste Feld für
das Vakzin. Mit der ersten Dosis muß man vor¬
sichtig sein, um nicht unangenehme Zufälle wie
hohe Temperaturen zu erleben.
Bezüglich der Technik wurde bei Kindern mit
i/j Million, bei Erwachsenen mit 3 Millionen be¬
gonnen. Nach 2 Tagen, wenn sich Pat. wohl¬
befand, neue Inokulation mit 1, bzw. 4 Millionen,
sonst wurde gewartet, bis die Erscheinungen ab¬
geklungen waren. Bei 5, bzw. 10 Millionen wird
die Behandlung jeden 10. Tag während einiger
Monate fortgesetzt; schließlich Erhöhung bis 30,
bzw. 60 Millionen. Wird dies vertragen, so hört
die Behandlung auf. Heim an n (Breslau).
539. Zur Kenntnis des Amnionepithels
in normalem und pathologischem Zustande ;
von Olow H. Forssell. (Arch. f. Gyn. Bd. 96.
H. 3.)
Zunächst Zusammenfassung sämtlicher Theo¬
rien betreffs der Herkunft des Fruchtwassers,
sowie der Ursachen des Hydramnioos und des
akuten HydramnioDS bei eineiigen Zwillingen.
F. hat 3 Fälle von Hydramnion bei eineiigen.
Zwillingen bezüglich Plazenta, Eihäute, Nabel¬
schnüre und Organe der Föten genau untersucht,.
Er fand bei Fall 1 eine Endarteriitis in der
Mehrzahl der mittelgroßen Zotten. Das Epithel
fehlte am plazentaren und peripheren Amnion.
Fall 2 und 3 wiesen ähnliche Befunde auf. Die
Nabelschnüren zeigten nichts Pathologisches;
ebenso nur geringe Befunde an den Organen-
Ferner hat F. Amnion und Plazenta in einer
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XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
161
ganzen Reihe von Fällen bei normaler Geburt,
akutem und chronischem Hydramnion, bei ein-
nnd zweieiigen Zwillingen untersucht. Jedes Mal
■wurden bei akutem und chronischem Hydramnion
‘Veränderungen des Amnionepithels, sowie eine Stase
im plazentaren Venensystem wahrgenommen. Daraus
schließt F., daß das Fruchtwasser, wenigstens nach
Bildung der Plazenta, von der Plazenta größten¬
teils abgesondert wird. Hierfür spricht auch der
verschiedene Bau des Amnionepithels an der
Plazenta und am peripheren Amnion. Am Ende
der Gravidität scheiuen auch nach F.s Ansicht
die peripheren Ei häute Fruchtwasser abzusondern.
Beschreibung der klinischen Fälle.
Heimann (Breslau).
540. Zur Pathologie der Ovarialtuberku-
lose; von Franz Cohn. (Arch. f. Gyn. Bd. 96.
EL 3.)
Untersuchung von 14 Ovarien, die sehr ge¬
naue mikroskopische Befunde darbieten. Zu¬
sammenfassend kommt C. zu folgenden Schlüssen:
Die häufig reaktiv verdickte Albuginea hindert,
daß die tuberkulöse Infektion von der Oberfläche
in die Tiefe geht, sodaß die Erkrankung auf
eine tuberkulöse Perioophoritis beschränkt bleibt.
Sprungstellen in der Oberfläche, durch das Platzen
von Follikeln hervorgerufen, können als Eingangs¬
pforten vom Peritoneum her dienen; ungeplatzte
Follikel werden gewöhnlich nicht infiziert Hämato¬
gene Infektion scheint selten zu sein, auf dem
Lymphwege kann das Ovarium von der tuberku¬
lösen Tube her durch den Hilus infiziert werden.
Miliare und käsige Form können nebeneinander
Vorkommen. Enthält bei der Operation nur die
Oberfläche Knötchen, so sollen die Ovarien er¬
halten werden; ist die Infektion jedoch ins Innere
vorgedrungen, dann sollen sie entfernt werden.
Heimann (Breslau).
541. Zur Lehre von den Ursachen und
der Behandlung der Karzinome der weib-
liehen Genitalien ; von A. Theilhaber. (Arch.
f. Gyn. Bd. 96. H. 3.)
Statistisch fand Th., daß das Genitalkarzinom
bei Frauen 60mal häufiger vorkommt als bei
Männern. Bezüglich der Ätiologie steht Th. auf
folgendem Standpunkt. Ausgedehnte Stenosierung
der Gefäße wirkt disponierend, allerdings müssen
noch gewisse Veränderungen der Säftemasse mit-
wirken. Wo keine ausgebreiteten Stenosen der
Gefäße Vorkommen, also besondere in Narben,
chronischen Entzündungen usw., entstehen nach
Th. auch keine Karzinome. So liegen die Ver¬
hältnisse an der Zervix. Beim Korpus ist es
insofern etwas anderes, als hier Geburtsnarben
fehlen, und Schwangerschaft und Menstruation mit
ihrer Blutüberfüllung das Qewebe gut ernähren.
Erst wenn im Klimakterium bei chronischer
gonorrhoischer Schleimhautentzündung die Stenose
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
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der Gefäße auftritt, besteht die Disposition zum
Karzinom.
Therapie. Beim Korpuskarzinom wird man sich
gewöhnlich auf die einfache vaginale Totalexstir¬
pation beschränken. Beim Karzinom, das von der
zervikalen Schleimhaut ausgeht, wird man meist
die Entfernung des ganzen Uterus mit Exstir¬
pation der Parametrien vornehmen. Wenn das
Karzinom auf den unteren Teil der zervikalen
Schleimhaut beschränkt bleibt, ist eventuell eine
isolierte Exstirpation der Zervix berechtigt. Bei
Portiokarzinomen macht Th. teils partielle, teils
totale Exstirpationen.
Bei den palliativen Operationen ist Wert auf
die Anwendung des Glüheisens zu legen.
Heimann (Breslau).
542. Beiträge zur Kasuistik der gynäko¬
logischen Peritonitis; von Franz Horn¬
stein. (Arch. f. Gyn. Bd. 97. H. 1.)
H. beschreibt 5 Fälle mit genauer Krankengeschichte
und Befund. Sämtliche Fälle sind operiert worden, dabei
kam eine Patientin ad exitum. An jeden Fall schließt
H. eine kurze Epikrise an. Heimann (Breslau).
543. Untersuchungen zur Morphologie
der interstitiellen Eierstocksdrüse des Men¬
schen ; von Elisabeth Wolz. (Arch. f. Gyn.
Bd. 97. H. 1.)
Der Arbeit geht ein ausführlicher geschicht¬
licher Überblick voraus. Es wurden 10 Ovarien
von Frauen aus allen Stadien der Gravidität und
7 Ovarien von nicht graviden Osteomalazischen
untersucht. Bis auf eins wurden sie durch Ope¬
ration gewonnen. Zusammenfassend kommt W.
zu folgenden Schlüssen: Die Theca intema-Zellen
haben eine doppelte.Funktion, da sie einmal zur
Ernährung der Granulosa dienen, zweitens als
innersekretorische Drüse funktionieren. Am An¬
fang der Gravidität kommt die Ernähre ngsfunk-
tion mehr zur Geltung, später tritt die innere
Sekretion mehr in den Vordergrund, daher ist
auch die von Seitz als „atypisch“ bezeichnet«
Follikelatresie zu verstehen. Ist die allmählich
von der Nahrungszufuhr abgeschnittene noch sehr
lebenskräftige Granulosa imstande, sich auf andere
Weise Nahrung zu verschaffen, so tut sie dies
durch Vaskularisation, infolgedessen degeneriert
sie auch nicht Die zystische und die ohlite-
rierte Form der Atresie sind als zwei Grade,
nicht zwei verschiedene Formen aufzufassen.
Erstere ist eine Vorstufe der letzteren. Oblite-
rierte atretische Follikel können zu mehreren ver¬
schmelzen. Eine Verwechslung mit der Corpora
lutea ist leicht unter diesen Umständen möglich.
Die Theca interna bildet nicht die Matrix für die
bindegewebige Invasion in den gelben Körper.
Bei der Rückbildung der interstitiellen Drüse
werden die Theca lutein-Zellen nicht wieder zu
Stromazellen, sondern gehen schrumpfend zu¬
grunde. Heimann (Breslau).
21
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162
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
544. Der unmittelbare Einfluß derOvario-
tomie auf die Menstruation, gleichzeitig
Beiträge zur Frage der Ovulation und
Menstruation; von Oscar Vörtes. (Gyn.
Rundsch. 1912. H. 8 u. 9.)
Verwertet wurden nur solche Fälle, wo unter j
Beibehaltung des Uterus bei der Operation ein |
oder beide Eierstöcke entfernt wurden. Nur die
Fälle, die genaue anaranestische Daten aufwiesen,
wurden berücksichtigt. Meist wurde auch die
darauffolgende Periode noch beobachtet. Tabelle
von 67 Fällen.
V. kommt zu folgenden Schlüssen; Liegt zwi¬
schen letzter Menstruation und Operation ein Zeit¬
raum von mehr als 12—13 Tage, so tritt bald
nach der Operation eine Blutung, übrigens ge¬
ringen Grades, auf, die als „anteponierende“
Menstruation angesehen werden kann. Ist der
Zeitraum kürzer als 12 Tage, so kommen die
postoperativen Perioden später. V. erklärt diese
Verspätung dadurch, daß eben jetzt ein Ovarium
die Funktionen übernehmen muß, in die sich
früher beide Eierstöcke geteilt haben. Allmählich
wurde die Verspätung immer geringer, bis die
Norm wieder eintritt Ist aber gerade das ovu-
lierende Ovarium bei der Operation zurückge¬
lassen worden, so setzt die Periode pünktlich ein,
es werden sich dann erst später die Unregel¬
mäßigkeiten einstellen. Das Ovarium spielt bei
der Genese der Uterusblutungen eine große Rolle,
da sonstige Blutungen, wenn ihre Ursache im
Ovarium liegt, nach Entfernung desselben auf¬
hören. Sturapfexsudate verursachen keine Blutung.
Nach beiderseitiger Ovariotomie tritt auch nach
der Operation noch eine Blutung auf, wenn zwi¬
schen letzter Menstruation udd Operation ein Zeit¬
raum von mehr als 13—14 Tage liegt.
Hei mann (Breslau).
545. Ober die histologischen Verände¬
rungen der Gewebe des Uterus unter der
Wirkung von als uteruskontraktions-
erregend betrachteter Substanzen; von
Felice La Torre. (Gyn. Rundsch. 1912.
H. 10.)
Angewendet wurde die Ramön y Cajalsche
Färbemethode (Silbernitrat und Hydrochinon), da¬
nach färbt sich Bindegewebe gelb, elastisches Ge¬
webe etwas dunkler, Muskulatur rötlichbraun,
Kerne und Nerven schwarz. Die Untersuchungen
beziehen sich auf Gebärmütter von Hündinnen
in verschiedenen Perioden des geschlechtlichen
Lebens, ein Teil wurde mit kontraktionserregenden
Substanzen behandelt Angewendet wurde 1. dia-
lysiertes Ergotin, 2. Hydrastinin, 3. Styptizin,
4. Viburnum pruuifolium, 5. Metranodin, 6. Gela¬
tine. Im allgemeinen wurden sehr hohe Dosen
angewendet, um starke mikroskopische Verände¬
rungen hervorzurufen. Die Resultate sind folgende:
Das Ergotin wirkt auf die Gesamtheit der Musku¬
latur und bewirkt eine Kontraktion oder Retrak¬
tion in zentrifugaler Richtung, und zwar handelt
es sich um Dauerkontraktion, die Gefäßlumina
sind dilatiert. Liegt Gravidität oder ein patho¬
logischer Prozeß vor, so wirkt das Ergotin stärker
als an der normalen Gebärmutter. Das Styptiziu
wirkt ausschließlich auf die Muskulatur der Ge¬
fäße und bewirkt durch Kontraktion derselben
einen Verschluß der Gefäße.
Trotz der verschiedenen Wirkung dieser beiden
Mittel ist die therapeutische Erscheinung dieselbe,
nämlich eine Hämostase; beim Ergotin durch die
Einwirkung der Uterusmuskulatur auf die Gefäße,
beim Styptiziu durch Einwirkung auf die Gefä߬
muskulatur, direkt wird der Blutzufluß nach der
Schleimhaut beschränkt. Hydrastinin, Viburnum
und Gelatine haben wenig charakteristische Wir¬
kung. Das Metranodin bewirkt eine leichte Redu¬
zierung der Muskelmasse, besonders der inneren
Schicht, so daß die Blutung aufhören muß.
Ausgezeichnete Abbildungen veranschaulichen
die oben erwähnten anatomischen Veränderungen.
Hei mann (Breslau).
546. Uterusmyom, Sterilität und Fertili¬
tät; von Abraham Proell. (Monatsschr. f.
Geb. u. Gyn. Bd. 35. H. 5. 1912.)
Vor der Pubertät ist noch kein Myom nach¬
gewiesen worden. Ebenso haben wir keinen
Anhaltspunkt, welche Zeit von der Entstehung
eines Myoms bis zur Diagnostizierbarkeit ver¬
geht. Von Pr. sind 4 Fälle mitgeteilt worden,
wo es möglich war, eine Maximalzeit festzu¬
stellen. Bei Myompatientinnen tritt die Periode
früher auf als bei gynäkologischen Patientinnen.
Das hängt nicht von bereits in sehr jungen
Jahren vorhandenen Myomen ab. Gewöhnlich
bekommen kräftig gebaute Frauen sehr früh ihre
Periode, ebenso ist bei solchen die Myomfrequenz
recht groß. Die frühmenstruierten Mädchen
haben also dennoch größere Aussicht, später
Myome zu bekommen.
Pr. hat das Material aus der Frauenklinik zu
Lund vom Jahre 1898—1908 durchgesehen be¬
züglich der Frage Myom-Sterilität, und ist zu
folgenden Resultaten gekommen. Die meisten
Myompatientmnen sind 0-parae; bei Frauen, die
niemals konzipiert haben, trifft man häufiger
Myome als bei Frauen, die schwanger gewesen
sind. Je häufiger eine Frau geboren hat, um so
seltener trifft man bei ihr Myome, also primäre
Sterilität und geringe Fertilität stehen in enger
Beziehung zur MyombiLdung.
Ist eine Frau nach einer Geburt sehr lange
steril, so wird man mit Wahrscheinlichkeit ein
Myom bei ihr finden, also auch die sekundäre
Sterilität scheint mit der Myombildung in Zu¬
sammenhang zu stehen, da die Fertilität bei
diesen Frauen viel niedriger ist als unter den
übrigen verheirateten Frauen in demselben Alter.
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XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
163
Früher wurde das Myom als ein Befruchtungs¬
hindernis angesehen. Es sprechen Gründe da¬
gegen, z. B. die Menge unverheirateter steriler
Frauen unter den Myompatientinnen. Außerdem
gibt es eine große Anzahl Fälle, wo Myome bei
Gravidität nachgewiesen worden sind, und man
muß ferner bedenken, daß Myome selten in dem
Alter angetroffen werden, aus welchen die Steri¬
lität bei den fraglichen Patientinnen datiert. Bei
sehr vielen steril verheirateten Myompatientinnen
haben die Myomsymptome sich erst viele Jahre
nach Eingehung der Ehe gezeigt. Man kann aus
alledem scldießen, daß Unfruchtbarkeit für die
Entwicklung von Myomen disponiert. Und dies
läßt sich auch vom biologischen Standpunkt er¬
klären. Der Uterus besitzt eine Tendenz zu
wachsen. Physiologisch kommt diese in der
Schwangerschaft zum Ausdruck. Tritt keine Be¬
fruchtung ein, so macht sich die Tendenz auf
eine pathologische Weise, durch Myombildung
geltend.
Natürlich können die Myome auch konzeptions¬
hemmenden Einfluß haben, sie können durch
ihren Sitz das Zusammentreffen von Sperma und
Ei hindern. Auch die Entwicklung der Fracht
kann durch derartige Geschwülste gestört wer¬
den ; schließlich setzen auch Blutungen die Mög¬
lichkeit der Konzeption herab.
Heimann (Breslau).
547. Der Wert der Radikaloperationen
der Kollumkrebse nach den letzten Wert¬
hei mschen Angaben im Lichte der Kritik;
von A. Markowsky. (Monatsschr. f. Geb. u.
Gyn. Bd. 35. H. 6. 1912.)
Kritik der Wertheimschen Monographie: Die
erweiterte abdominale Operation bei Carcinoma
colli uteri, umfassend 500 Fälle. M. geht zu¬
nächst statistisch auf die Todesfälle, Kompli¬
kationen bei den Operationen, Rezidive usw. bei
diesen 500 Fällen ein.
Vor der Operation Reinigung des Karzinom¬
herdes durch Exkochleation und Paquelinisierung,
sodaß möglichst eine Infektion der Abdominal¬
höhle von dem Herd aus vermieden wird. Beim
Absetzen des Uterus wird die Vagina zwischen
zwei Scheidenklemmen dissoziert. M. hält die
späte Durchtrennung des Scheidenrohrs für un¬
wichtig, da bei vaginaler Karzinomoperation
dauernd im infizierten Gewebe gearbeitet wird,
ohne daß die Resultate schlechter sind.
Bezüglich der Ureterfrage werden als wesent¬
liche Vorzüge bei der abdominalen Methode fol¬
gende Eigenschaften angesehen: bessere Über¬
sichtlichkeit und vollkommnere Versorgung der
Ureteren, d. h. die Entfernung des um den Ureter
herumliegenden karzinomatösen Bindegewebs. M.
macht darauf aufmerksam, daß unter diesen Um¬
ständen man entweder gezwungen sei karzinoma-
iöses Gewebe zurückzulassen oder den Ureter auf
große Strecken frei zu präparieren, was häufig
Resektion, Nekrosen oder Fisteln zur Folge hat.
Weiterhin kommt M. auf die Verletzungen des
Ureters mit seinen Folgen durch die Operation
zu sprechen. Ein Vergleich der Zahlen mit den
Resultaten andrer Methoden, operative Behandlung,
also vaginal (v.Ott, Schauta) ergibt, daß bei der
abdominalen Methode 3mal häufiger narbige Ver¬
letzungen Vorkommen ; ja bei v.Ott ist die Prozent¬
zahl der OberhamwegeVerletzungen gleich 0.
Ein Teil der Ureterfisteln sind durch Ureter¬
nekrose entstanden. Wenn also von einer größeren
Ureterisolierung abgeraten wird, dann leidet die
Radikalität der Operation.
Auf 500 Operationen hatte Wert heim
50 Blasen Verletzungen, v. Ott hatte bei der ein¬
fachen Vaginalexstirpation 0%, Scb auta bei der
erweiterten vaginalen von 445 Fällen nur 25. Ähn¬
lich verhält es sich mit den Rektumverletzungen.
Schließlich kommen bei der Wertheimschen
Methode auch Verletzungen größerer Gefä߬
stämme vor.
Bezüglich der Frage über die Entfernung der
Lymphdrüsen bemerkt Wertheim, daß nur
hypertrophische Drüsen exstirpiert werden. M.
meint, daß auch unvergrößerte Drüsen karzino-
matös werden können, was man ja allerdings vor
der Operation nicht entscheiden könne. Ferner
ließe sich ja nur die erste Etappe der Drüsen
entfernen, niemals die höher liegenden. Häufig
sei das Entfernen überhaupt unmöglich, da sie zu
fest mit den Gefäßen verbacken seien. M. hält
die Entfernung der Drüsen also nicht für einen
Vorgang der abdominalen Methode gegenüber der
vaginalen.
Nach Wertheim läßt die abdominale Me¬
thode eine größere Operabilität bei vernach¬
lässigten Fällen zu. Auch dieser Punkt wird
von M. zahlenmäßig widerlegt; ja manche Probe¬
laparotomien We r t h e i m 8 hätten nach Schauta
noch vaginal ganz gut beendet werden können.
Wertheim selbst hat 21 Fälle vaginal operiert
wegen schlechten Herzens, Kachexie, Adipositas
usw.: trotzdem nur einen Todesfall gehabt, der beste
Beweis, wie M. meint, daß die Vaginalmethode
hinsichtlich der primären Mortalität gefahrloser ist.
Wertheim hat auf 500 Operationen 97 Exitus
= 19,4%, bei der einfachen vaginalen Exstir¬
pation hat v. Ott 7%, bei der erweiterten
Schauta 8,9%.
Schließlich erwähnt M. noch die bei Wert¬
heim häufiger vorkommenden Vereiterungen der
Bauch wand, Nachteile, die nur der abdominalen
Operation anhaften.
M. schließt aus diesen Untersuchungen, daß
die Nachteile des abdominalen Vorgehens (große
primäre Mortalität, Verletzungen der Nachbar¬
organe, Vereiterung der Bauchwand usw.) recht
groß sind, die Vorzüge (bessere Dauerresultate)
mit jedem Jahr unbedeutender werden.
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164
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
In beigelegten Tabellen sind die Vorteile und
Nachteile der drei Methoden (Wertheim: ab¬
dominale erweiterte Methode; Schauta: vaginale
erweiterte Methode; v. Ott: einfache vaginale Me¬
thode) zahlenmäßig sehr deutlich veranschaulicht.
Hei mann (Breslau).
548. Two cases of pneumoccal Vulvo¬
vaginitis in children; by H. Chapple. (Lancet
June 22. 1912. S. 1685.)
Eine Vulvovaginitis kleiner Mädchen kann auch
durch Pneumokokken zustande kommen, ln 2 Fällen
glückte es aus dem Eiter Pneumokokken zu kulti¬
vieren. In dem einen Falle gelang die Heilung
durch autogene Vakzine. Die klinischen Er¬
scheinungen entsprachen völlig der gonorrhoischen
Form. Der Pneumokokkus ist in der Scheide
häufiger anzutreffen als man vermutet Da eine
Pneumokokkenperitonitis bei Mädchen nicht ganz
selten ist, muß man eventuell an eine von unten
auf steigende Infektion denken und daher die
Vulvovaginitis möglichst energisch bekämpfen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
549. Recent view on inflammation of the
endometrium and „endometritis“ ; by G. T.
Frank. (Proceed. of the New York path. Soc.
Bd. 12. S. 29. 1912.)
Im Anschluß an die Arbeit von Hitschmann und
Adler schlägt Fr. für die histologische Praxis vor, den
Befund des prämeostriellen, menstruellen und Intervall¬
stadiums als normales Endometrium mit Beifügung des
Stadiums zu bezeichnen. Finden sich Plasmazellen, dann
sollte die Diagnose lauten „Eudometrium mit chronischen
Entzündungserscheinungen“ unter Beifügung des Sta¬
diums wie oben. Ausgesprochene Drüsonhyperplasie,
Hyperplasie nach der Menopause usw. kann als solche
unter Vermeidung des Wortes Endometritis bezeichnet
werden. Walz (Stuttgart).
550. Hodgkins disease involwing the
uterus. Plasmacelltumor of the tongue;
by W. E. D. Je88up. (Proceed. of the New York
path. Soc. Bd. 12. S. 3. 1912.)
J. berichtet über einen Fall von Hodgkins disease, in
welchem sich neben Lymphdriisenschwellungen völlige
Durchsetzung des Uterus durch sklerosierendes lym¬
phatisches Gewebe fand. Weiterhin teilt er einen Fall
von Flasmazytom der Zunge bei einem 45jähr. Mann mit.
Walz (Stuttgart).
551. Complete absence of the vagina:
regurgitation of menstrua! blood through
the fallopian tube into the peritoneal cavity.
wiih notes of an unusual case; by W. M. Fordyce.
(Edinb. raed. Joum. Bd. 9. S. 123. 1912.)
Es handelte sich um ein 19jähr. in jeder Beziehung
etwas zurückgebliebenes Mädchen, welches seit ihrem
14. Lebensjahr monatlich wiederkehrende starke Schmerz¬
attacken im Leib hatte, die häufig mit epileptischen An¬
fällen kombiniert waren. Nach vergeblichen Versuchen,
zu dem vorhandenen Uterus eine künstliche Vagina von
außen her zu schaffen, wurden im gauzen 3 Lapa¬
rotomien ausgeführt. Dabei zeigte sich, daß während
jeder Menstruation Blut durch die eine Tube in die
Bauchhöhle austrat. Hierdurch die Schmerzaufäfle. Die
Entfernung der Ovarien hielt die Blutung in den Ute¬
rus nicht auf, es mußte eist dieser selbst entfernt
werden, ehe die Beschwerden aufhörten. — F. wirft
die Frage auf, ob Dicht gewisse Fälle von Dysmenorrhöe
auf den jedesmaligen Austritt von Blut durch die Tuben
in die Bauchhöhle zu beziehen seien. Einen hierfür
beweisenden Fall führt er an. Auch eine besonders
starke Blutung aus einem geplatzten Graaf sehen Follikel
könne wohl gelegentlich peritoneale Schmerzen hervor-
rufen. Klien (Leipzig).
552. The limitations and scopa of Office
treatment in gynecology; by Geo. Erety
Shoemaker. (Therap. Gaz. Bd. 36. S. 457.
1912.)
Eme Mahnung, in der Sprechstunde einer¬
seits eine exakte Diagnose zu stellen — sich z. B.
nicht mit der Diagnose „nervöse Beschwerden“
zu begnügen, — andererseits auch Kleinigkeiten
sorgfältig zu behandeln. Man könne es dem
Publikum sonst nicht verdenken, wenn es zum
Kurpfuscher ginge. Nach den Ausführungen
S.s scheint man in Amerika Polypragmatiker
nicht zu kennen. Klien (Leipzig).
553. Zur Frage der konservativen The¬
rapie der Eklampsie; von Max Steiger.
(Korr,-Bl. f. Schweizer Ärzte 1912. Nr. 17.
S. 617.)
Bezugnehmend auf die heutzutage immer mehr
Anklang findende Behandlung der Eklampsie nach
Stroganoff schildert S. die Methode zur Be¬
kämpfung der Eklampsie, die er während eines
längeren Aufenthaltes in England bei Tweedy
in Dublin sah, der 9,09°/ 0 mütterliche Mortalität
hat, bei konservativer, exspektativer Behandlung.
— Sobald ein oder einige Anfälle aufgetreten
sind, leitet Tweedy seine Behandlung nach
folgenden Gesichtspunkten ein; 1. Lange Geburts¬
dauer ist schädlich für die Mutter, und deshalb
soll das Kind, sobald der Muttermund genügend
erweitert ist, entwickelt werden. 2. Tweedy
faßt den Symptomenkomplex der Eklampsie als
den Ausdruck einer Vergiftung auf, verursacht
durch Anhäufung von Toxinen infolge des ver¬
mehrten Stoffwechsels der Schwangerschaft. 3. Die
Organe, die diese giftigen Stoffwechselprodukte
ausscheiden, sollen bei Eklamptischen defekt sein
(Leber, Nieren, Därme und Haut). Aus diesen Punk¬
ten leitet Tweedy seine Maßnahmen folgender¬
maßen ab:
1. Entbindung, wenn sich die mütterlichen
Weichteile genügend erweitert haben. (Kein
Accouchement forcö.)
2. Vermeidung vermehrten Stoffwechsels.
3. Unterstützung der Exkretionen.
4. Symptomatische Behandlung, allein durch
Morphiumdarreichung (mit Atropin).
Tweedy, dessen Behandlungsmethode sehr
an die Stroganoff’sche Methode erinnert, legt
großen Wert auf vollständige Entleerung des
ganzen Intestinaltraktus, durch Rizinusöl sowie
Magen- und Darmspülungen. Zur Förderung der
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XL Gynäkologie und Geburtshilfe.
165
Diurese, die er für sehr wichtig hält, gibt er
etwa 2 Liter Natrium-bikarbonatlösung subkutan,
ohne gleichzeitigen Aderlaß, dem er eine schäd¬
liche Wirkung auf das Herz zuschreibt. Nahrung
■wird weder per os noch per Rektum gegeben.
Solange die Patientin bewußtlos ist, wird sie in
Seitenlage gehalten, damit der Speichel aus dem
Munde fließen kann, zur Vermeidung des Lungen¬
ödems. Bei Zeichen von Herzschwäche wird
Digalen subkutan gegeben. Auf die Nierengegend
kommen warme Kataplasmen, die alle 2 Stunden
erneuert werden. Zurhelle (Bonn).
554. Klinische und bakteriologische Bei¬
träge zur Lehre vom Abort; von Oskar
Bondy. (Zeitschr. f Geb. u. Gyn. Bd. 70.
S. 417. 1912.)
Die Behandlung des Aborts soll eine möglichst
individualisierende sein. Der scharfen Ablehnung
der Kürette durch Traugott, Fromme u. a.
schließt eich B. nicht an. Aus theoretischen
Gründen, wegen der dadurch gesetzten Wunden
und der Schädigung des Granulationswalles,
möchte er in den Fällen, wo eine digitale Aus¬
räumung leicht durchführbar ist, von der nach-
herigen Verwendung der Kürette Abstand nehmen.
Mit Prochownick, Küstner, Opitz u. a.
hält aber auch B. in manchen Fällen die Kürette
für schonender als den Finger, wobei es natür¬
lich auch sehr auf ihre richtige Anwendung an¬
kommt Beide Behandlungsmethoden haben ihre
Berechtigung nebeneinander. — Von der voll¬
kommen abwartenden Methode möchte B., be¬
sonders beim Abort im Gange, wieder mehr Ge¬
brauch gemacht wissen; ob sie allerdings beim
septischen Abort die richtige Behandlung ist,
können erst weitere Erfahrungen lehren. Jeden¬
falls ist, was auch aus B.s bakteriologischen
Uterusinhalt ein möglichst schonendes Vorgehen
das beste. Das Schicksal der schlecht ausgehen¬
den Fälle ist nach B.s Ansicht schon entschieden,
wenn sie in unsere Hände kommen, da sie fast
durchweg schwer infiziert zur Ausräumung kom¬
men. Eine Sonderung der Fälle nach Art der
Keime ist hierbei kaum möglich.
Zurhelle (Bonn).
555. Pyelonephritis of pregnancy; by
Henry Russell Andrews. (Brit med. Journ.
1912. Nr. 2681. S. 1112.)
Die Arbeit enthält für den deutschen Fachmann
nichts Neues. Im Gegenteil vermißt man völlig die
Verwendung der Zystoskopie und den Ureterkatheteris-
mns sowohl in diagnostischer wie in therapeutischer
Beziehung. Es werden kurz 19 selbstbeobachtete Falle
mitgeteilt. 13 davon wurden bakteriologisch untersucht.
7mai fand sich der Bact. coli com. 5mal ein Bact. coli-
formis, lmal der Streptokokkus albus (? Ref.) und der
Diphtheriebazillus. In einem Fall kam es zur spontanen
Fehlgeburt im 5. Monat, die Frau starb am anderen
Tag; die Sektion ergab rechts eine Pyelonephritis, Links
eine Pyonephrose. Einmal nur wurde die Frühgeburt
künstlich eingeleitet Außer Bettruhe und innerer
Medikation wird besonders Erhöhung des Fußendes des
Bettes empfohlen als schmerzstillende Maßnahme. —
A. geht dann noch auf die Pyelonephritis im Puer¬
perium ein, die erst recht oft nicht diagnostiziert oder
falsch gedeutet wird. Man solle bei jedem Fieber,
welches am Ende der ersten Woche post part. auftritt,
an Pyelitis denken. Bemerkenswert in differential¬
diagnostischer Hinsicht ist das Gutbleiben des Allgemein¬
befindens trotz hoher Temperaturen und Pulszahlen bei
der Pyelitis gegenüber puerperalen Prozessen.
Klien (Leipzig).
556. L’operation cösarienneconservatrice
cervicale transpöritoneale; parG.Heinricius.
(Arch. d’ObsL S. 416. 1912.)
H. hat 15mal hintereinander den transperi¬
tonealen zervikalen Kaiserschnitt ausgeführt wegen
verschiedener Indikationen und hat dabei keine
Mutter verloren. Nur 4 der Frauen waren vor¬
her innerlich nicht untersucht. Der Schnitt im
Uterus war nie länger als 10 cm. Das Köpfchen
ließ sich stets leicht mit der Hand entwickeln.
Das Uterusperitoneum wurde etwas nach den
Seiten hin abgelöst, der Uterusschnitt in zwei
Etagen mit Katgut vernäht. Die Umgebung des
Uterusschnittes wurde vorher mit Servietten gut
abgestopft, die Schnittränder nach der Entwick¬
lung des Kindes mittels Pinzette in die Höhe
gehoben. Die Operation läßt sich besonders auch
im Beginn der Geburt mit Vorteil ausführen,
man braucht dann mit dem unteren Ende des
Uterusschnittes nicht sehr tief hinabzugehen.
4mal unter 5 Fällen bewährte sich eine Injektion
von 1 ccm Pituitrin in die Uterusmuskulatur vor
Anlegung des Schnittes. Im allgemeinen vindi-
ziert H. der tiefen Inzision gegenüber der hohen
mehr Vor- als Nachteile. Als letztere dürfte
eine geringere Resistenz der Narbe bei folgenden
Geburten bestehen, ferner könnte eine Infektion
der Zervix bzw. des unteren Uterinsegmentes
verhängnisvoller sein als beim hohen Schnitt.
Auf jeden Fall erfordert aber der tiefe Schnitt
mehr Übung und bessere Assistenz. Im Interesse
des Kindes sollte die Operation öfter ausgeführt
werden. Klien (Leipzig).
557. Deux observations d’accouchement
provoquö thörapeutique chez des diabe-
tiques; par Voron et L. Foliiet. (Lyon
m6d. 1912. S. 873.)
Kranken- und Geburtsgescbichten werden ausführ¬
lich mitgeteilt. Beide Frauen litten seit Jahren, 4 bzw.
9, an Diabetes; die eine hatte 10—50’ g, die andere
30— 60 g Zucker im Liter Harn. Bei beiden war der
Zuckergehalt in der Schwangerschaft gestiegen. Bei
beiden wurde die künstliche Frühgeburt im 8. Monat
eingeleitet, mit gutem Erfolg für die Mütter, während
die Kinder bald starben. Klien (Leipzig).
558. A study of the integrity of the
uterine scar after cesarean section; by
I. A. Har rar. (Bull, of the Lying-in-Hosp. of
New York 1912. Nr. 3. S. 93.)
Bei wiederholten Kaiserschnitten wurde die
Uterusnarbe einer eingehenden Untersuchung unter-
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166
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
zogen. Unter 50 solchen Fällen -war die Narbe
42mal in gutem Zustande, 4mal war sie erschlafft,
2mal war an der Stelle der Narbe eine partielle
Kuptur eingetreten, und 2mal handelte es sich
um totale Ruptur des Uterus. Die Prognose der
Narbe ist ungünstig bei Frauen, die sehr lange
gekreißt haben, bei denen der Uterus rupturiert
ist oder bei denen eine Infektion vorliegt. Bei
wiederholten Kaiserschnitten ist es ratsam, die
alte Narbe zu exzidieren, da sonst bei Anlegung
eines zur Narbe parallelen Schnittes das Segment
zwischen beiden Narben erschlafft Bei der Nach¬
behandlung einer Uterusnaht nach Kaiserschnitt
sind intrauterine Spülungen zu meiden. In allen
Fällen von wiederholtem Kaiserschnitt ist es
dringend notwendig, daß der Arzt in seinem
Vorgehen möglichst die alte Krankengeschichte
berücksichtigt. Die Naht ist lieber zu tief anzu¬
legen als zu oberflächlich.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
559. Über spätere Geburten nach Heb¬
osteotomien auf Grund von 17 Fällen aus
der kgl.Charitä-Frauenklinik; von Paul Deus.
(Gyn. Rundschau 1912. H. 11 u. 12.)
Eingehen auf die Geschichte der Hebosteo¬
tomie. Schilderung der Technik. Für die Er¬
zielung eines dauernd erweiterten Beckens nach
der Hebosteotomie ergeben sich folgende Aus¬
sichten.
Die Heilung der Knochenwunde ist zuerst
bindegewebig, später inkrustiert sich die Narbe
mit Kalksalzen, bis sie knöchern wird. Ist der
Kallus noch nicht kuöchern, so kann unter der
Geburt eine Auflockerung und Dehnung der knorpe¬
ligen Partie zustande kommen.
Die Inkrustation der Narbe dauert jahrelang;
bleibt sie bindegewebig, so kommt es zu Geh¬
störungen und Hernien. Bei knöcherner Ver¬
wachsung hängt die Beckenerweiterung von der
Breite des Kallus ab. Zunahmen der Conj. vera
um 1—1% cm sind bewiesen. Der Versuch,
Knochenstücke wie Fremdkörper einheilen zu
lassen, mißglückte. Die Pelvioplastik erhöht die
Gefährlichkeit Die Dauer der Operation hat aber
relativ gute Resultate.
Zusammenstellung der Fälle aus der Literatur,
wo nach Hebosteotomien spontane Geburten statt¬
fanden und wo operative Eingriffe nötig waren.
Schilderung der Fälle der kgl. Charitö.
Zusammenfaesend kommt D. zu folgenden
Schlüssen: In 31,8% lieferte die Hebosteotomie
ein gutes Resultat. In 35,5% war keine oder
nicht genügende Erweiterung eingetreten. In
17.5% fehlen nähere Angaben. Es muß hinzu-
gefügt werden, daß unter diesen 35,5% auch
die Fälle mit eingerechnet sind, wo künstliche
Frühgeburt eingeleitet wurde, die Möglichkeit
einer Spontangeburt also vorweg genommen wurde.
Heimann (Breslau).
560. Kreislauf und Schwangerschaft;
von Jaschke. (Med. Klin. 1912. Nr. 8. S. 303.)
J. referiert hier über verschiedene von ihm
und anderen vorgenommene Röntgenologische
Untersuchungen an schwangeren Frauen. Er
konnte feststellen, daß die Zunahme der Trans¬
versaldimension der Herzfigur annähernd dem
Grade des Höhertreten6 des Zwerchfelles ent¬
spricht, so daß die Größenzunahme des Herzens
in der Gravidität wohl nur ganz geringfügig ist.
Was den Puls anbetrifft, so wurde eine gesteigerte
Labilität beobachtet. Bei Wöchnerinnen fand er
eine gewisse Neigung zu Arrhythmien und zur
Bradykardie. Letztere führt er auf die größere
körperliche und psychische Rühe nach der Ge¬
burt, ferner auf Vagusreizung zurück. Die Blut¬
druckmessung gibt namentlich in der zweiten
Hälfte der Gravidität eine Neigung zur Steigerung,
welche ihm darauf hinzuweisen scheint, daß die
Schwangerschaft eine gesteigerte Herzarbeit mit
sich bringt Von Einzelheiten ist noch hervor¬
zuheben, daß bei Schwangerschafts-Nephritis sich,
die höchsten Blutdruckwerte finden.
Der Einfluß der Schwangerschaft auf kranke
Herzen -wird kurz erörtert. Leidende an Er¬
krankungen, welche schon zur Insuffizienz neigen,
werden durch die Schwangerschaft besonders ge¬
fährdet. Ungünstig ist der Einfluß derselben auf
Kyphoskoliosen. Der Herzfehler als solcher wird
durch die Geburt und Schwangerschaft kaum be¬
rührt Eine Statistik von 1548 Graviditäten bei
Klappenfehlern ergab eine Mortalität von noch
nicht 4%. Der Herzfehler als anatomische Er¬
krankung muß also als Gefahr für die Schwanger¬
schaft au8scheiden; der Grad der mit ihm ver¬
bundenen funktionellen Schädigung ist das Aus¬
schlaggebende. Hoffmann (Düsseldorf).
561. Zur Technik der Embryotomie; von
E. A. Belorutschew. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 27. S. 1140.)
Die Vorzüge der Embryotomie. B. empfiehlt
zur Vereinfachung der Embryotomie die Brust¬
organe zu entfernen.
Truschennikoff (Odessa).
562. Vorliegen und Vorfall der Nabel¬
schnur; von W. J. Süssen. (Russki Wratsch
1912. Nr. 20. S. 691.)
Auf 57125 Geburten (von 1897—1908) wurde
Nabelschnurvorfall 353mal (0,62% der Fälle)
beobachtet Eingehende statistische Daten.
Truschennikoff (Odessa).
563. Anwendung des Pituitrins in der
Geburtshilfe; von N. S. Schirokow. (Russki
Wratsch 1912. Nr. 20. S. 1108.)
3 Fälle. Günstige Resultate. Sch. hat Pituitrin
intragluteal eingespritzt (keine Lokalsymptome). Er
warnt vor Reinigung der Spritze mit Alkohol (Alkohol
wirkt auf Pituitrin zersetzend).
Truschennikoff (Odessa).
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XL Gynäkologie und Geburtshilfe.
167
564. Pituitrin als Wehenmittel im Privat¬
hause nicht zu empfehlen; vou Rieck.
(Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 15.)
In dem von ß. beschriebenen Falle hatte das Pitu¬
itrin zwar Kontraktionen der Uterusmuskulatur hervor¬
gerufen, aber es trat keine richtige Erschlaffung der¬
selben mehr ein, vielmehr blieb die Muskulatur dauernd
mehr oder weniger kontrahiert. Nicht nur der Mutter¬
mund war völlig unnachgiebig, sondern auch die gesamte
Muskulatur des Uterus war starr kontrahiert, ß. hatte
7,5 Teilstriche der neuen starken Lösung von Parke,
Davis & Co. injiziert. R. verweist auf die Ähnlichkeit
mit den Schädigungen durch vorzeitige Gaben von Mutter¬
korn. Zurhelle (Bonn).
565. Pituitrin in der Geburtshilfe; von
E. Hirsch. (Münchn. med. Woek. 1912. Nr. 18.
S. 984.)
Die Freundsche Hebammenschule in Strassburg
wandte das Pituitrin in 32 Fällen an. Es gelang
nicht, mit Pituitrin allein den Abortus oder die
künstliche Frühgeburt einzuleiten, weil es kein
direkt Wehen anregendes Mittel ist. Es kann
jedoch die durch Metreuryse oder Zervixtamponade
angeregten Wehen in ausgezeichneter Weise ver¬
stärken. Ist die -Geburt bereits im Gange (Er¬
öffnungsperiode), dann vermag es, in den meisten
Fällen wenigstens, sistierende Wehen wieder an¬
zuregen oder zu schwache Wehen zu verstärken
und zu verlängern, um dann in der Austreibungs¬
periode seine größte Wirksamkeit zu entfalten.
— Die Anwendung des Pituitrin empfiehlt H.
vor der Sectio caesarea wegen seiner günstigen
Wirkung auf die Kontraktionsfähigkeit der Uterus¬
muskulatur. Für die Nachgeburtsperiode besitzen
wir im Sekakomin ein verläßliches und dem
Pituitrin überlegenes Mittel. Zurheile (Bonn).
566. Über ein Frühsymptom der
Extrauteringravidität; von G. Bertolini.
(Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 17.)
An Hand von 3 Fällen bestätigt B. das von
S o 1 o w i j angegebene Frühsymptom der Ex¬
trauteringravidität, bestehend in einer teigigen
Resistenz im Douglas, die dort bei der ersten
Untersuchung fehlt und erst bei den folgenden
täglichen Kontrollnntersuchungen zur Beobachtung
kommt. B. nimmt an, daß die eigenartige teigige
Beschaffenheit des Douglas von einer Ansammlung
manchmal ganz kleiner Blutmengen resultiert, die
als erstes Zeichen der obengenannten Kompli¬
kationen ein sehr zuverlässiges und frühzeitiges
Symptom der Extrauteringravidität ergeben. B.
glaubt, daß sich bei fleißigen Beobachtungen der¬
selbe Befund auch im Cavum utero-vesicale er¬
heben lassen wird, wenn auch vielleicht weniger
häufig wegen der geringen Tiefe dieser Höhle.
Zur helle (Bonn).
567. Verblutung während der Geburt
infolge Ruptur eines Aneurysma der Milz¬
arterie; von W. Wesenberg. (Zentralbl. f.
Gyn. 1912. Nr. 15).
Eine 32jährige 4-para starb etwa eine Viertelstunde
nach der Geburt eines toten Kindes nach plötzlichem
Kollaps. Die Obduktion ergab, daß die Blutung aus
einem am Milzhilus gelegenen Aneurysma der Milz-.
arterie stammte, das eine deutliche Bupturst§lle trug.
Bisher ist dut ein analoger Fall in der Literatur be¬
schrieben von Smith. Zurhelle (Bonn).
568. Inwieweit hat bisher die Einführung
der Asepsis und Antisepsis die puerperale
Infektionsmortalität ganzer Länder beein¬
flußt? vod F. Ahlfeld. (v. Volkmanns Samml.
klin. Vortr. 1912. Nr. 651.)
In den hygienisch gut geleiteten Teilen Deutsch¬
lands und einiger Nachbarländer sterben zurzeit
von 10 000 Entbundenen durchschnittlich 40—
50 Frauen an den Folgen der Geburt. Zweifel¬
los muß man in der Abnahme der Zahl der
Todesfälle im Wochenbett hauptsächlich die
Wirkung aller gegen die genitale Infektion ge¬
richteten Maßnahmen, also besondere die Wirkung
der Asepsis und Antisepsis sehen. Nach A. ist
der Erfolg zu bemerken seit den Jahren 1885—
1895. Die von A. angefütrten Statistiken er¬
geben eine wesentliche Schuld des Hebaramen¬
personals, wenigstens für die neuere Zeit, nicht,
aber die Autoren der verschiedenen Berichte sind
darin einig, daß den Ärzten ein nicht geringer
Teil der Schuld an dem nicht genügenden Ab¬
fall der Infektionstodesfälle im Wochenbett zu¬
komme. A. hält es für außer Zweifel, daß die
inneren Eingriffe zwecks Entfernung der Nach¬
geburt oder von Nachgeburtsresten zugenommen
und sehr ominös auf das Sterblichkeitsverhältnis
an Kindbettfieber eingewirkt haben. In einzelnen
Bezirken wurde festgestellt, daß fast in der Hälfte
der Fälle dem Zurückbleiben von Nachgeburts¬
resten die Schuld an der Erkrankung gegeben
wurde. Deshalb betont A. nochmals, wie wichtig
die Behandlung der Nachgeburtsperiode auch bei
normalen Geburten in Bezug auf Verhütung des
Kindbettfiebers ist. Zur helle (Bonn).
569. Über den Einfluß des Alters auf
die erste Schwangerschaft, Geburt und
Wochenbett; von Richard Marek. (Gyn.
Rundschau 1912. H. 14 u. 15. S. 514.)
In einer sehr sorgsamen Zusammenstellung
kommt M. zu dem Resultate, daß wohl sicher
ein Einfluß des Altere auf die erste Schwanger¬
schaft, Geburt und Wochenbett besteht Fehl¬
geburten sind bei Erstgebärenden gering, Früh¬
geburten dagegen häufig, namentlich bei alten
Erstgebärenden. Unangenehme Komplikationen
kommen bei „zu jungen 11 Erstgebärenden, d. h.
bis zum 17. Jahr kaum vor, höchstens einmal eine
atonische Nachblutung, es gibt also keine „zu
jungen“ Erstgebärenden. Nierenerkrankungen sind
häufiger bei älteren Erstgebärenden, daher auch
bei diesen das häufigere Vorkommen von Eklampsie,
obwohl das Mortalitätsprozent bei den jüngeren
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168
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
größer ist. Die günstigste Zeit für die Erst¬
geburt ist bis zum 23. Jahre, und hier sehen wir
auch die geringste Anzahl von Komplikationen
auftreten. Zwischen dem 21. und 23. Jahr kom¬
men die meisten normalen Geburten vor, nachher
häufen sich regelwidrige Geburten. Als die beste
Zeit für die erste Geburt hält M. die Zeit zwischen
dem 18. und 23. Jahr. Aus ethischen und sozial-
ökonomischen Gründen ist die Zeit vor dem
18. Jahr nicht für die Erstgeburt geeignet.
Mit der Zunahme des Alters mehren sich auch
die Komplikationen bei der Geburt, die besonders
in der Trägheit der Gebärmuttermuskulatur und
der Rigidität der weichen Geburtswege bestehen.
Eine Folge dieser Eigenschaften sind u. a. schlechte
Wehen, vorzeitiger Blasensprung, Häufigkeit der
operativen Eingriffe und erhöhte Mortalität der
Mütter und Kinder. Die Geburten bei alten Erst¬
gebärenden müssen besonders gut geleitet werden,
ärztliche Aufsicht ist unbedingt erforderlich. In
Anstalten hält sich die Morbidität bei allen Erst¬
gebärenden fast auf derselben Höhe, wenn auch
bei den älteren der Krankheitsverlauf immer ein
ernsterer ist.
Ältere Erstgebärende bringen nach M. mehr
Knaben als Mädchen zur Welt, die pathologischen
Lagen worden häufiger; es werden mit dem zu¬
nehmenden Alter mehr tote und mazerierte Früchte
geboren; auch die Zahl der in den ersten Lebens¬
lagen gestorbenen Neugeborenen erhöht sich.
Heimaun (Breslau).
570. Über kindliche Oberarmfrakturen
bei Spontangeburten in Schädellage ; von
Franz Jäger. (Gvn. Rundschau 1912. H. 14.
S. 511.)
Beschreibung zweier Fälle. Im ersten Falle
handelt es sich um eine vollkommen normale
Spontangeburt, über die Entstehung der Oberarm¬
fraktur konnte nichts eruiert werden. Lues war
nicht nachzuweisen.
Beim zweiten Falle wird das Kind am Kopf
in die Höhe gezogen um die hintere Schulter zu
entwickeln; dabei findet die Fraktur statt.
In den meisten Fällen ist der Bmch wohl
auf diese Weise zustande gekommen, eine gewisse
Brüchigkeit der Knochen braucht garnicht vor¬
handen zu sein. Die Symptome sind typisch:
völliges Stillhalten des gebrochenen Armes,
Schmerzäußerung bei Bewegungen, Krepitation.
Die Prognose ist günstig. Verband nach Art des
Desault Heimann (Breslau).
571. Beitrag zur Kenntnis des Lipoid¬
gehaltes der Plazenta; von Bianca Bienen¬
feld. (Monatsschr. f. Geb. u. Gyn. Bd. 36.
S. 158. 1912.)
Es wurden untersucht reife Plazenten, solche
aus den ersten Monaten, ferner solche von Lue¬
tischen und Eklamptischen.
Die Plazenten wurden nach bestimmten Ver¬
fahren zu Pulver verarbeitet und mit Petroläther
extrahiert. Die Gesamtmenge des Extraktes wurde
auf 100 ccm eingeengt, in 10 ccm dieses Ex¬
traktes wurde der Gesamtgehalt an Neutralfett
und Lipoiden bestimmt; in weiteren 10 ccm
wurde der Gehalt an P nach Neu mann oder
’Woy, an N nach Kjeldahl und an Chole¬
sterin nach Windaus bestimmt. B. kommt
zu folgenden Resultaten: der Petrolätherextrakt
schwankt zwischen 3,59 und 8,59 g auf 100 g
Trockensubstanz, bei Frühgraviden ist die höchste
Zahl zu verzeichnen, weniger bei Eklamptischen,
dann folgen normale und luetische Plazenten. Der
Gehalt an freiem CholesteriD bewegt sich zwischen
0,155 und 0,495 g auf 100 g Trockensubstanz.
Die Reihenfolge ist hier Frühgravide, normale und
luetische (gleich), eklamptische. Bei an Ester ge¬
bundenem Cholesterin, bei dem der Gehalt zwi¬
schen 0,06 und 0,751 Cholesterin schwankt, ist
die Reihenfolge Frühgravide, Eklamptische, Nor¬
male und Luetische (gleich).
Phosphor läßt sich bei weicheu Plazenten nur
in Spuren nachweisen, bei denen Frühgravider,
Eklamptischer und Luetischer war eine starke
Vermehrung.
Bezüglich des Lipoidgehaltes geben die Pla¬
zenten Frühgravider die höchsten Werte, dann
folgen die Luetischer, schließlich haben normale
Plazenten und die Eklamptischer gleiche Werte;
die Vermehrung ist bei den Luetischen auf einen
größeren Gehalt an Lezithin, bei den Frühgraviden
ebenfalls darauf und auf eine Vermehrung des
Cholesterinester zu beziehen.
Die Menge des Neutralfettes in der Plazenta
nimmt während der Schwangerschaft ab. Eklamp¬
tische Plazenten zeigen einen etwas höheren,
luetische einen etwas geringeren Gehalt als die
normalen Plazenten. Heimann (Breslau).
572. Über manuelle Lösung der Pla¬
zenta; von M. Rogoff. (Monatsschr. f. Geb.
u. Gyn. Bd. 36. S. 176. 1912.)
R. bespricht zunächst die Behandlung der
Nachgebartsperiode; er selbst steht auf streng
abwartendem Standpunkt. Das Material der Mos¬
kauer Kaiserlichen Gebäranstalt, das R. in den
Jahren 1901—1911 bearbeitet hat, bietet fol¬
gende Ergebnisse. Unter 52 011 Geburten wurde
1243mal die Nachgeburt manuell gelöst, d. h. in
973 Fällen die Plazenta, in 270 Fällen nur die
Eihäute. Bei den 973 Fällen handelte es sich
in 267 Fällen um Aborte (bis zur 1. Hälfte
mens. VH), in 232 Fällen um Frühgeburten (bis
zu mens. X) und 474mal um rechtzeitige Ge¬
burten. Als Indikation diente meist sehr starke
Blutung. Als Regel wurde nach der Lösung eine
Spülung mit desinfizierender Flüssigkeit vorge¬
nommen. Eine Kranke starb an Peritonitis,
39 Wöchnerinnen fieberten, allerdings müssen
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XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
169
hiervon 14 abgezogen werden, die bereits draußen
behandelt wurden, fieberten usw.
Auch bei den Frühgeburten und rechtzeitigen
Geburten handelte es sich bezüglich der Indi¬
kation meist um Blutungen. In 20 % der Fälle
geschah die Lösung nach einem operativen Ein¬
griff. Auch hier wurden stets nachher des¬
infizierende Uterusspülungen gemacht.
Der Verlauf des Wochenbettes war in 68 %
der Fälle ein glatter, die Morbidität betrug 30%,
die Mortalität 20 %.
Bezüglich der Morbidität konnten auch hier
wieder eine Anzahl von Fällen nicht mitgerechnet
werden, da bereits Komplikationen bestanden,
so daß nur eine Morbidität von 19% heraus¬
kommt. Auch bei der Mortalität sind einige
Fälle abzurechnen, die bereits pulslos zur Zeit
der Lösung waren usw. Es ist daun nur eine
Mortalität von 1,27 % zu verzeichnen.
Als Indikation zur manuellen Lösung der Ei¬
häute dienten Blutungen und Verhaltung.
89% fieberfreier Verlauf. 11% Morbidität.
Eine Patientin starb an einer Bronchopueu-
monia tuberculosa.
Auf Grund dieser Erfahrungen schließt R.,
daß die Operation der manuellen Plazentalösung
nicht so lebensgefährlich und folgenschwer ist,
wie allgemein angenommen wird.
Sorgfältige und pflichtgetreue Pflege und rich¬
tige Therapie (Ausspülung der Gebärmutter nach
der Lösung, Eis, Spülung usw.) sind allerdings
unumgängliche Bedingungen für den guten Ver¬
lauf des Wochenbettes. Hei mann (Breslau).
573. Secacornin; von Otto v. Herff und
Luis Hell. (Arch. f. Gyn. Bd.97. S.329. 1912.)
Das Präparat wurde von ihnen vor der Geburt
angewendet obwohl in neuerer und neuester Zeit
fast sämtliche Autoren vor dieser Anwendung
warnen; zunächst wurde Secacornin (Hoffmann-
La Roche) nur bei Wehenschwäche der Aus¬
streckungsperiode gegeben, um das Kind jederzeit
entwickeln zu können, später wurde es auch in
der Eröffnnng8periode, ja auch zur Einleitung der
Geburt verabreicht. Zur Kontrolle wurde Pituitrin
imd Pituglandol, zuweilen auch abwechselnd mit
Secacornin bei derselben Frau, gegeben.
Zunächst wurde Secacornin bei zu seltenen
und zu schwachen Wehen gegeben. Dosis % ccm
subkutan, meistens nur einmalig. Die Nachgeburts¬
periode verlief immer ohne Störung iin Gegensatz
zu Pituitrin, wo man häufig starke Blutung erlebt
hat. Niemals wurde Tetanus Uteri oder eine
Schädigung des Kindes beobachtet.
Beim Secacornin langsamer Anstieg, langsamer
Abstieg der Wehenkurve, bei längerer Gesamt¬
dauer der Wirkung, bei Pituitrin bzw. Pituglandol
sehr rascher Anstieg mit verhältnismäßig baldigem
Abnehmen der Wirkung. Bei entfalteter Zervix
Schmidts Jahrb. ßd. 317. H. 2.
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wurde mit Secacornin kein Versager gesehen,
wohl aber im Anfang der Eröffnungsperiode.
Einige Kurven erläutern die Wirkirngsstärken
von Secacornin und Pituglandol am überlebenden
Kaninchenuterus.
Bezüglich der Dosierung scheint die Grenz¬
dosis zur Erzeugung normaler Wehen bei Seca¬
cornin 4—5 fach geringer zu sein als bei Pitu¬
glandol. Beide Mittel wirken in der Schwanger¬
schaft im ersten Beginn der Geburt gleichmäßig
unsicher; je weiter die Geburt vorgeschritten ist,
um so besser wirken beide Mittel.
In der Nachgeburtsperiode wird Secacornin
nach wie vor das Mittel der Wahl sein. Doch
ist nach H. und H. auch das Pituglandol bei
schweren Atonieen unentbehrlich, weil es viel
schneller wirkt als Secacornin.
Das Kind wird durch Darreichung der üb¬
lichen Mengen nicht geschädigt, weder durch
Secacornin noch durch Pituglandol, wenn nicht
ein „Wehensturm“, ein Tetanus eintritt, eine Ge¬
fahr, die bei Pituglandol größer ist als beim Seca¬
cornin. Für die Mütter ist Pituglandol häufiger
unangenehmer als Secacornin, da es Neben¬
erscheinungen, Ohrensausen, Herzklopfen usw.
hervorruft.
Die Anwendung von Pituglandol ist teurer
als die von Secacornin.
Beide Mittel gehören zu den besten Wehen¬
mitteln. Das Secacornin ist dem Pituglandol in
mancher Beziehung noch etwas überlegen.
Hei mann (Breslau).
574. Über Eklampsie und ihre Behand¬
lung auf Grund von 551 Fällen; von R.
Freund. (Arch. f. Gyn. Bd. 97. S. 390. 1912.)
Die von den meisten Forschern anerkannte
Hypothese ist die folgende: In jeder Gravidität
erfolgt vom Ei aus eine plazentare Aufnahme (für
die Masse) blutfrerader Stoffe. Nur durch den
vollständigen Abbau dieser Stoffe verläuft die
Gravidität ungestört. Anderenfalls häufen sich im
Blute heftige Eiweißzerfallsprodukte, die Organ¬
schädigung und Stoffwechselstörung veranlassen.
Eine kausale Therapie fehlt (die Serumtherapie
läßt noch kein Urteil zu), daher muß man zu den
Palliativmitteln, Frühentbindung, Aderlaß mit und
ohne Infusionen von Kochsalz, Betäubungstherapie,
eventuell Lumbalpunktion seine Zuflucht nehmen.
Die kausalste Palliativraaßnahme ist die möglichst
frühe und rasche Entleerung des Uterus, da sie
den zur Eklampsie führenden schwangeren Zu¬
stand beseitigt. Um die Wirkung der Frühentbin¬
dung beurteilen zu können, müssen zukünftige
Statistiken des Zeitintervall zwischen 1. Anfall
und vollendeter Nachgeburtsperiode berechnen,
nicht aber die Zahl der dem Partus voraufge¬
gangenen Anfälle. Die Wochenbettseklampsien sind
danach eo ipso auszuschalten, es hat hierfür eine
besondere Statistik einzusetzen. Nach einer Schnell-
22
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UNIVER5ITY OF MICHIGAN
170
XI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
entbindung, die natürlich ebensogut eine Früh-,
wie eine Spätentbindung sein kann, müssen pro¬
gnostische Hilfsmittel angewendet werden, z. B.
die von Zinsser angegebene Nierenfunktions¬
prüfung auf Chlorausscheidung. Obwohl man nie¬
mals den Verlauf einer Eklampsie ante partum
wird voraussetzen können, so kann nur jedoch
diese Nierenfunktionsprüfung wichtige Fingerzeige
über die Notwendigkeit etwaiger weiterhin vorzu¬
nehmender Maßnahmen geben. Der Aderlaß war
von Fr. wegen seiner blutverwässernden und
druckherabsetzenden Wirkung namentlich bei post¬
portalen Eklampsien mit gutem Puls sehr em¬
pfohlen. Mit der von Stroganoff angegebenen
Betäubungstherapie hat Fr. keine Erfolge gesehen.
Die statistischen Zahlenwerte müssen im Original
nachgelesen werden. Hei mann (Breslau).
575. Ober Geburtsleitung beim engen
Becken. Ein klinischer Versuch; von M. Fetzer.
(Arch. f. Gyn. Bd. 97. S. 596. 1912.)
Die klinische Geburtsleitung hat den Zweck,
Mutter und Kind möglichst vor Geburtaschädi-
gungen zu bewahren, bzw r . diese auf ein Mini¬
mum zu reduzieren, dabei muß man sich bemühen,
mit den wenigst eingreifenden Mitteln auszu¬
kommen. F. verfügt über ein Material von 230
engen Becken, die von Anfang an klinischer Ge¬
burtsleitung unterstellt waren. Als enges Becken
wurde nur ein solches angesehen, dessen Vera
höchstens 10 cm betrug. Künstliche Frühgeburt,
prophylaktische Wendung, Hebosteotomie wurde
nicht angewendet, dagegen extraperitonealer Uterus-
schnitt und die übrigen üblichen Operationen
(Zange, Wendung usw.). Ein Hauptwert wurde
auf genaueste Beckenmessung gelegt; natürlich
wurde die Geburt dann weiter beobachtet, also
Wehenkraft uDd besonders Größe und Konfigura-
bilität des Schädels. Der Versuch der Impression
des Schädels wurde nicht bloß in der Schwanger¬
schaft, sondern auch in der Geburt geübt. Das
Material wurde in 3 Gruppen geschieden: 1. Spon-
taugeburt aussichtslos. 2. Spontangeburt zweifel¬
haft; hier wurden nur Schädellagen berücksichtigt.
3. Hier befanden sich alle Lageanomalien, bei denen
nach Herstellung einer Längslage die Geburt eines
lebenden Kindes per vias naturales nicht für un¬
möglich gehalten wurde.
Gruppe 1 sollte durch extraperitonealen Uterus¬
schnitt entbunden werden, so früh wie möglich.
Bei Gruppe 2 sollte zunächst Spontangeburt an¬
gestrebt werden. Gelang dies nicht, so sollte bei
erhaltener Asepsis der Uterusschnitt gemacht
werden; im übrigen waren für den weiteren Ver¬
lauf die allgemeinen Indikationen bestimmend.
Bei Gruppe 3 sollte versucht werden, eine Schädel¬
lage herzustellen, um eine spontaue Entbindung
abzuwarten. Gelang dies nicht, so waren auch
hier die allgemein aufgestellten Indikationen
maßgebend.
Von den 230 Fällen war bei 47 Kunsthilfe
nötig = 20°/ o . 80°/ 0 sind spontan zu Ende ge¬
kommen. 2 Mütter starben, eine infolge hoch¬
gradiger Hypoplasie des Gefäßsystems, die andere
vielleicht infolge der Lumbalanästhesie. Von
230 Kindern sind 8 gestorben, davon 3 während
oder kurz nach der Geburt, so daß eigentlich nur
diese mit der Geburt in Zusammenhang stehen.
Das Ziel einer idealen Geburtsleitung ist alBO
mit größter Annäherung erreicht worden. Die
zur Spontangeburt untauglichen Fälle wurden
sämtlich genügend zeitig erkannt, um durch
Schnitt entbunden zu werden. Natürlich kann
dieses Resultat nur in der Klinik erreicht werden.
Heimann (Breslau).
576. Zur Kasuistik und Genese der
traumatischen Verletzungen der weichen
Geburtswege; von Vogelsberger. (Arch.
f. Gyn. Bd. 97. S. 474. 1912.)
V. beschreibt eine Anzahl vou nicht allzu¬
häufigen Verletzungen der weichen Geburtswege.
Die erste Gruppe (4 Fälle) umfaßt hauptsäch¬
lich Verletzungen des Scheideneinganges, besonders
Zerreißungen der Harnröhre, bei 2 Fällen war
die Zerreißung durch Tamponade bei Placenta
praevia, bei den beiden anderen Fällen bei der
Pubeotomie zustande gekommen. Ferner beschreibt
V. einen Fall, bei dem es sich um eine schwere
Verletzung im mittleren und unteren Drittel des
Scheidenrohres handelt, entstanden bei einer
Wendung bei Placenta praevia. Schließlich Doch
Beschreibung von 3 Fornixrupturen. Die erste
Verletzung entstand bei einer schweren Wendung
nach Braxton-Hicks, die Verletzung im
zweiten Falle mußte auf eine Perforation, bzw.
auf Extraktions- und Wendungsversuche zurück¬
geführt werden! Im dritten Falle war die Ätio¬
logie unklar. Es konnte sich um eine Spontan¬
ruptur handeln, andererseits mußte auch an eine
kriminelle Läsion gedacht werden.
Heimann (Breslau).
577. Über Eklampsie und die Erfolge
der Nierendekapsulation bei Eklampsie^
von Albert Sippe 1. (Zeitschr. f. Urol. Bd. 3.
S. 259. 1912.)
Nach einer einleitenden Polemik gegen Poten
(Zeitschr. f. Urol. Bd. 2. H. 2.) setzt S. in scharfsinniger
Weise auseinander, daß einer der Haupteffekte der
eklamptischen Krämpfe eine mehr oder weniger hoch¬
gradige aktive venöse Hyperämie sei. Diese müsse um
so stärker werden, je länger der durch keine Inspi¬
rationsbewegungunterbrochene tonisch-klonische Krampf¬
zustand der Expirationsmuskulatur bei gleichzeitigem
krampfhaften Verschluß der Stimmritze dauert. S. er¬
innert an das blauschwarze Aussehen der Frauen. In¬
folge der Blutrückstauung komme es dann zu Hämor-
rhagien in einer Reihe von Körperorganen, so besondere
im Gehirn, sowie zu einem ödem der Arachnoidea
(Koma). Während das gesamte Blut vom linken Ven¬
trikel in den großen Kreislauf hineingepumpt werde,
sei gleichzeitig der Abfluß nach dem Thorax und dem
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XII. Augenheilkunde.
171
rechten Vorhof versperrt. Dadurch müßten besonders I
die dicht unter dem Herzen einmündenden Lebervenen
gestaut werden, aber auch die der Nieren, die ja auch
nicht weit vom Herzen in die Kava münden. Hier
wird das Kapillarsystem der Tubuli contorti gestaut,
infolgedessen treten Sekretionsstörungen durch Schädigung
der Epithelien ein. Der venöse Überdruck pflanzt sieh
fort auf das Vas efferens, wodurch die Wassersekretion
im Glomerulus gestört wird. Das erweiterte Vas efferens
muß wiederum an der gemeinsamen Aus- und Eintritts¬
stelle durch die Bowman’sche Kapsel das Vas efferens
komprimieren. Durch die Anfüllung des Gefäßkniiuels
wird die Spannung innerhalb der Kapsel gesteigert,
und es müssen jetzt ähnliche Verhältnisse eintreten,
wie in einer eingeklemmten Hernie mit kleinem straffen
Brachsack. Hier dürfte höchstwahrscheinlich das Moment
liegen, welches nach dem Anfall plötxlieh Anurie her¬
beiführt, also ein rein mechanisches Moment und dieses
selbe Moment, wenn es fortbesteben bleibt, erklärt auch
das in manchen Fällen bis zum Tode dauernde Fort¬
bestehen der Anurie. Daß durch derartige Stauungs¬
und Stasezustände natürlich auch die Ausscheidung
des hypothetischen Eklampsiegiftes, soweit hierfür die
Nieren, aber auch die Leber in Frage kommen, auf
ein Minimum beschränkt werden wird, ist einleuchtend.
Der Circulus vitiosus ist fertig. (S. bemerkt, daß sich
im Lichte dieser Auffassung auch die in vielen Fällen
eintretende günstige Wirkung der StroganofFschen Be¬
handlungsweise erklären lasse. Durch Unterdrücken
der Anfälle werden deren sekundäre Schädigungen ver¬
hütet oder abgeschwächt, die Stauungen; es setzt sogar
I in den Pausen die Zirkulation wieder ein und das Gift
bann zum Teil wieder eliminiert werden). Wenn man
diese gewiß sehr plausible mechanische Erkläiung ak¬
zeptiert, dann wird man auch der Nierendekapsulation
ihre Berechtigung nicht absprechen können, vorausgesetzt
daß sie, wie das S. fordert, nur in den Fällen gemacht
wird, wo die damiederliegende Hamsekretion schwere
Zirkulationsstörungen in den Nieren anzeigt. Dann aber
ist, wie das 8. stets beobachtete, der Effekt der De-
kapsulation der, daß alsbald die Hamsekretion wieder
in Oang kommt — falls nicht zu spät operiert wurde,
wenn es schon zu irreparablen Schädigungen der Nieren-
epithelien gekommen war. — Übrigens beweise der
Fall von Bossi, der bei einer bis dahin erfolglos be¬
handelten Schwangerschaftsnephritis das Eiweiß schwin¬
den und kommen sah, je nachdem die Patientin 24
Stunden lang die Bauchlage eingenommen hatte und
wieder aufstand, daß es auch rein mechanische Momente
sein können, welche zur Schwangerschaftsniere bzw.
-nephritis führen, z. B. Haraleiterkompression. — Bei
der Eklampsieforschung sei den geschilderten Verhält¬
nissen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. — Jeden¬
falls stehe fest, daß dauernde Anurie bei einer Eklamp-
tischen zum mindesten nicht leichter zu nehmen sei,
wie bei anderen Menschen (Urämie), und da wir kein
Mittel besitzen, welches die Nierensekretion so rasch
und ausgiebig anregt, wie die an sich ungefährliche
Nierendekapsulation — solange die Nierenepithelien noch
regenerationsfähig sind und die Herzkraft eine genügende
— so sei die Dekapsulation bei anurischen Eklamp-
tischen indiviert. Klien (Leipzig).
XII. Augenheilkunde.
578. Augenschädigung durch Beobachten
der Sonnenfinsternis; -von W. Feilchenfeld.
(D. med. Woch. 1912. Nr. 20. S. 953.)
Augenerkrankungen durch Sonnenblen¬
dung; vod Isakowitz. (D. med. Woch. 1912.
Nr. 24. S. 1143.)
Lösions oculairesconsöcutives äl’öclipse
du 17 avril 1912; par M. W i b o. (Presse möd.
beige Mai 19. 1912. Nr. 20.)
Die Sonnenfinsternis bei wolkenlosem Him¬
mel hat diesmal zahlreiche Opfer an Augon-
erkrankungen gefordert, trotz der vielfachen War¬
nungen in der Presse, die allerdings zum Teil auch
unrichtige Ratschläge zur Verhütung einer Schä¬
digung der Augen verbreitet hatten. So fand sich
mehrfach der Rat, ein Kartenblatt zu durch¬
lochen und durch dieses Loch die Sonne zu be¬
obachten. Wenn diese Durchlochung nicht mit
feinster Nadel geschieht und die Beobachtung
6ich nur auf die verdunkelten Teile der Sonne
oder auf ihre Korona erstreckt, so treten auch
dabei Schädigungen auf, wie mehrfach beobach¬
tet werden konnte. Das über der Flamme rauch¬
geschwärzte Glas ist der einfachste und beste
Schutz. Die Schädigungen bestanden meist nur
in subjektiven Beschwerden, Sehen von schwar¬
zen oder farbigen Flecken, Herabsetzung der Seh¬
schärfe, Ausfallen einzelner Buchstaben oder
ihrer Teile beim Lesen, zentralen oder parazen-
tialen Dunkelflecken verschiedener Größe. Auch
periphere Gesichtsfeldeinengung, Kopfschmer¬
zen und Schwindel wurden beobachtet. In schwe¬
reren Fällen gesellten sich zu den subjektiven
Symptomen ophthalmoskopisch nachweisbare
Veränderungen. Hauptsächlich werden sie be¬
schrieben als dunkelrote oder kirschrote Färbung
der Gegend der Fovea centralis, in der sich bis¬
weilen ein kleines, zentrales, weißes oder graues
Herdchen fand, das Isakowitz für ein Ex-,
sudat in der kongestionierten Netzhaut hält.
Dann wurde Hyperämie der Netzhaut und der
Papille beobachtet W i b o fand kleine streifige
Blutungen zwischen Makula und Papille und in
einem Falle ein papilläres Netzhaut-Exsudat von
einer Mächtigkeit, daß es eine Stauungspapille
vorzutäuschen schien. Auffallend ist die Be¬
obachtung von Isakowitz, der in einem
Falle an beiden Linsen im durchfallenden Licht
(Planspiegel mit +20,0 D) einen zarten Staub
sah, der dicht unter dem Kapselepithel oder in
ihm gelagert schien. Er schien sich aus un¬
zähligen Punkten zusammenzusetzen, die beson¬
ders dicht das Pupillargebiet erfüllten. Feil¬
chenfeld spricht auch von Konjunktivalhyper-
ämie, die aber bald geschwunden sei, während
W i b o jede Schädigung des vorderen Augen¬
abschnittes vermißt und daraus, wio aus der Un¬
wirksamkeit der gelben Gläser den Schluß zieht,
daß es nicht die ultravioletten Strahlen sein
können, die diese Schädigung hervorrufen, da
deren Wirkungsweise auf den vorderen Augen¬
abschnitt bekannt sei, sondern die chemisch wirk¬
samen. Schoeler (Berlin).
Llitf »'
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172
XJI. Augenheilkunde.
579. Über den Einfluß der Massage auf
die Tension normaler und glaukomatöser
Augen; von Paul Knapp. (Klm. Honatsbl. f.
AugeDheilk. Bd. 50. S. 691. 1912.)
Historische Einleitung über den Wert der
Massage bei Augenkrankheiten überhaupt. Dieses
Heilverfahren wird zurzeit zu sehr vernachlässigt,
wenn es auch bei manchen chronischen Erkran¬
kungen der Lider, Keratitis parenchymatosa,
Pannus, Skleritis, Cataracta traumatica, Embolie
und Thrombose der Zentralgefäße sehr gute Resul-
tate zeitigte.
Unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Fehler¬
quellen untersuchte K. den Einfluß der Massage
auf den Augendruck mittels des Schioetzschen
Tonometers. Er stellte fest, daß es durch eine
etwa eine viertel Stunde fortgesetzte Massage un¬
schwer gelingt, bei normalen Augen den Druck
ganz erheblich herabzusetzen; er normalisierte
sich indes in 3 / i Stunden allmählich wieder durch
Zufluß normalen nicht eiweißreichen Kammer¬
wassers. Ganz anders bei Glaukom. Bei akutem
Glaukom ist die Wirkung fast gleich Null und
auch bei anderen Glaukom formen nur vorüber¬
gehend. Nur nach Glaukomoperationen ist die
Wirkung oft eine gute, da die Fistuliemng der
Narbe besser erhalten bleibt Interessant ist
schließlich, daß nach K. auch das Holokain den
Druck in geringem Maße herabsetzt.
Cords (Bonn).
580. Ein einfacher Demonstrationsaugen¬
spiegel im umgekehrten Bilde für zwei Be¬
obachter; von K. Wessely. (Arch. f. Augen-
heilk. Bd. 71. S. 267. 1912.)
W. konstruierte einen einfachen nur zu didaktischen
Zwecken dienenden Demonstrationsaugenspiegel, der es
ermöglicht, daß der Student und der Demonstrator gleich¬
zeitig das ganze dargebotene Bild zu überblicken ver¬
mögen. Im wesentlichen besteht das Instrument aus
zwei horizontalen, senkrecht zueinander orientierten
Stangen mit Lupen und Beleuchtungsvorrichtung, in
deren Mitte eine senkrechte plan parallele Glasscheibe
angebracht ist. Angefertigt wird der Apparat von Zeiß
in Jena. Cords (Bonn).
581. ZurChemie der Cataracta senilis; von
Ad. Jeß. (Arch. f. Augenheilk. Bd. 71. S. 259.
1912.)
J. prüfte die Untersuchungen von Reiß über das
Ausbleiben der Farbenreaktion mit Nitroprussidnatriura
and Ammoniak bei der kataraktösen Linse nach nnd
fand sie bestätigt. Bei nur sklerosierten, nicht kata¬
raktösen Linsen war die Reaktion vorhanden. Durch
Analyse der nach Moerner in der Linse vorhandenen
4 Eiweißkörper stellte J. fest, daß bei dem unlöslichen
Albuminoid der Linse von Rind und Mensch die Nitro-
prussidreaktion ausbleibt, während das o-Kristallin sie
schwach, das ^-Kristallin intensiv gibt. Cords (Bonn).
582. Über die Regeneration der Kanin¬
chenhornhaut; von Fritz Salzer. (Arch.
f. Augenheilk. Bd. 71. S. 221. 1912.)
Bei Schnittwunden der Hornhaut liegen genau
dieselben Verhältnisse vor, wie bei größeren De¬
fekten , nur in kleinerem Maßstabe. Mit keiner
der verwendeten Färbemethoden, auch nicht mit
der Ranvierschen Vergoldung ließen sich aktive
Erscheinungen an den fixen Hornhautkörperchen
nachweisen; auch waren keine Zellen zu sehen,
die als Produkt einer etwaigen Proliferation auf¬
zufassen waren. Im Gegenteil gingen die fixen
Hornhautkörperchen in ausgedehntem Maße zu¬
grunde.
Die mit schönen Abbildungen ausgestattete
Arbeit, die auch eine kritische Würdigung der
bisherige» Literatur enthält, zeigt wiederum die
unermüdliche Ausdauer S.s in der Bearbeitung
des Problems der Hornhautregeneration.
Cords (Bonn).
583. Die Behandlung des Ulcus corneae
serpens mittels großer Serummengen; von
Gebb. (Arch. f. Augenheilk. Bd. 71. S. 144 u.
191. 1912.)
G. erzielte durch subkutane, bzw. intravenöse
Injektion von mehreren Hundert Kubikzentimetern
des Roemer - Ruppelsehen Pneumokokkenserums
ausgezeichnete Erfolge bei kriechendem Hornhaut¬
geschwür. Waren in diesem Pneumokokken als
Erreger nachgewiesen, so quoll es 24 Stunden
nach der Injektion auf und reinigte sich inner¬
halb 3 Tagen unter Hinterlassung einer auf¬
fallend zarten Narbe. Die intravenöse Injektion
ist von unangenehmen Nebenwirkungen (Schüttel¬
frost, Albuminurie) begleitet, nach der subkutanen
(unter die Bauchhaut) traten nur geringe Tempe¬
ratursteigerungen auf. G. hält das Verfahren für
die zurzeit beste Therapie beim Ulcus serpens.
Cords (Bonn).
584. Episcleritis periodica fugax; by
Albert C. Snell. (Transact. of the Amer.
ophth. Soc. Bd. 12. H. 3. 1911.)
Besprechung des Krankheitsbildes an der Hand
zweier Fälle. Bei dem ersten, einer 42jähr. Frau,
bestanden interessante Beziehungen zur Menstrua¬
tion , bei beiden nervöse Disposition. Die von
Fuchs angeführten ätiologischen Faktoren, Gicht,
Rheumatismus, Rhinitis uud Malaria waren in
den Fällen auszuschließen, sodaß S. zu dem
Schlüße kommt, es handle sich um eine lokale
vasomotorische Störung im Grunde auf einem
überreizten Nervensysteme beruhe.
Cords (Bonn).
585. Köratite ponctuöe löpreuse ; par
Trantas. (Arch. d’Ophtalm. Bd. 32. S. 193.
1912.)
Der Autor unterscheidet drei Arten punkt¬
förmiger Keratitis bei Lepra: die subepitheliale,
die epitheliale und die tiefe. Zur Diagnose ist
eine Abrasio corneae wertvoll; es gelingt da¬
durch häufig Leprabazillen nachzuweisen. Auch
bei der makulo-anästhetischen Form der Lepra
ist eine oberflächliche Keratitis nicht so selten,
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173
XIII. Augenheilkunde.
wie man bisher annahm. Zum Schlüsse be¬
spricht Tr. kurz die ophthalmoskopischen Ver¬
änderungen bei der Lepra, welche meist die Form
kleiner weißer und roter Herdchen haben und
nahe der Ora serrata gelegen sind.
Cords (Bonn).
586. Contribution ä l’&tude de la scler-
ectomie avec ou sans iridectomie; par
M. Teulieres. (Arch.d’Ophtalm. Bd. 32. S.287.
1912.)
Ausführliche Krankengeschichten von 12 mit ver¬
schiedenen fistulierenden Verfahren operierten Fällen.
Die besten Resultate gaben die einfache Sklerektomie
und die Sklerektomie mit peripherer Iridektomie. In
allen Fällen wurde der Druck auf die Norm gebracht,
auch wenn eine vorhergegangene Iridektomie nur einen
vorübergehenden Nutzen gebracht hatte. Bedingung
der Rettung des Auges ist eine dauernde Fistulation.
Cords (Bonn).
587. Le nystagmus volontaire; par L.
Weekers. (Arch. d’Ophtalm. Bd. 32. S. 16.
1912.)
An der Hand eines Falles von willkürlichem Nystag¬
mus, der durch gleichzeitig auftretende Entrundung und
Verengerung der Pupillen eigentümlich ist, bespricht
W. die früher beschriebenen Fälle. Er stellt folgende
Charakteristika für den Nystagmus volontarius auf:
1. Die Oszillationen stehen völlig unter dem Ein¬
fluß des Willens.
2. Der willkürliche Nystagmus steht in keiner Be¬
ziehung zu einer peripheren Läsion.
3. Die Oszillationen sind horizontal.
W. glaubt, daß es sich um einen direkten Einfluß
der zerebralen Hirnteile auf die supranukleären Zentren
der Augenbewegungen handelt. Cords (Bonn).
588. Über die Durchlässigkeit der Iris
für Licht bei der diaskleralen Durchleuch¬
tung im normalen und kataraktösen Auge;
von Eugen Riibel. (Gräfes Arch. f. Ophthalm.
Bd. 82. S. 317.)
Umfangreichere Untersuchungen mit Durch¬
leuchtung des Auges mit der Sachssehen Lampe
führten zu folgenden Ergebnissen: die Hauptrolle
bei der Durchlässigkeit der Iris für Licht spielt
Beschaffenheit und Bau des Stromes. Ein
wesentlicher und direkter Einfluß des Pigment¬
epithels bestehe nicht. Durch die Befunde können
auch die Blendungserscheinungen erklärt werden,
welche Helläugige bei hellem Sonnenlicht emp¬
finden. In kataraktlosen Augen nimmt die
Durchlässigkeit der Iris für Licht zuweilen zu.
Hier handelt es sich aber uin eine senile Atro¬
phie des retinalen Pigmentblattes. Bei abnormer
Vermehrung einer derartigen Durchlässigkeit muß
man bei der Staroperation auf Komplikationen
gefaßt sein, da hier häufig der Glaskörper ver¬
flüssigt ist, ohne daß vor der Operation ander¬
weitige Anzeichen dafür vorhanden sind.
K ö 11 n e r (Borlin).
589. Über die Antikörper der Hornhaut;
von Martin Zade. (Gräfes Arch. f. Ophthalm.
Bd. 82. S. 183.)
Die normale Hornhaut (nicht immunisierter
Kaninchen) enthält Opsonine (Staphylokokken
und avirulente Pneumokokken), aber in viel ge¬
ringerem Maße wie das Blutserum. Die Opsonine
spielen bei Überwindung von Hornhautinfektioneil
keine hervorragende Rolle, da sie bei Immuni¬
sierung koine Änderung erfahren. Im lieizzustand
des Auges nehmen die Opsonine zu, am meisten
bei Kammerjmnktion. Der Komplementgehalt der
Kornea ist dagegen sehr gering. Artfremdes
Serum geht in die normale Kornea entsprechend
vorbehandelter Kaninchen über (frühestens nach
2 l / s Stunden). Subkutane Einverleibung steht
wesentlich an Wirksamkeit zurück hinter intra¬
venöser Injektion. Im Reizzustand des Auges
findet schnellerer und stärkerer Übergang statt.
Die normale Hirnhaut entsprechend vorbehandel¬
ter Kaninchen nimmt Teil am Auftreten von Prä¬
zipitinen, Agglutininen, Hämolysinen, Antitoxinen
(Tetanus) und wahrscheinlich auch Bakterio-
lysinen. Wieder nahmen die Antikörper am ge¬
reizten Auge, besonders bei der Kammerpunktion,
zu. Die Kornea ist in bezug auf den Übergang
von Antikörpern erheblich günstiger gestellt, wie
das normale Kammerwasser. Köllner (Berlin).
590. Über eine besondere Art prolife-
rierender Chorioiditis; von E. V. L. Brown.
(Gräfes Arch. f. Ophthalm. Bd. 82. S. 300.)
Bei einem Manne, welcher vor 35 Jahren eine
Verbrennung mit flüssigem Eisen erlitten hatte,
welche zu Narbonpterygium führte, ergab die
anatomische Untersuchung des inzwischen er¬
blindeten Auges einen interessanten Befund:
a) eine gewöhnliche fibrinoplastische Uveitis mit
Sekundärglaukom, b) eine besondere Art prolife-
rierende Chorioiditis, ähnlich der sympathisieren¬
den (ebenfalls mit Riesenzellen usw.), gleichzeitig
aber mit Nekrose des Infiltrates sowie einzelner
| normaler Partien der Retina und Chorioidea.
c) außerdem bestand eine frische eitrige End¬
ophthalmitis, ausgolöst durch diese Nekrosen.
Die Nekrosen erklären sich nach B.s Ansicht
durch die Neigung des Infiltrates in die Gefäße
einzubrechen und diese zu verstopfen.
Köllner (Berlin).
591. Tuberkulose als Ätiologie der Peri¬
phlebitis retinalis adolescentium ; von J.
Igersheimer. (Gräfes Arch. f. Ophthalm.
Bd. 82. S. 215.)
Vier klinische Mitteilungen von der juvenilen Glas¬
körperblutung mit vorwiegender Beteiligung der Netz-
l hautvenen, bei denen Tuberkulose als Ursache sehr
wahrscheinlich ist, und die somit sich den zahlreichen
von anderer Seite gemachten Betrachtungen gleicher
Art anreihen. Eine Tuberkulinkur leistet nach 1.8 An¬
sicht in derartigen Fällen mindestens ebensoviel, wie
eine andere Behandlungsmethode, ist jedoch kein zu¬
verlässiges Heilmittel. Köllner (Berlin).
592. Die Prognose der Keratomalazie;
von W. Kapuscinski. (Gräfes Arch. f. Oph¬
thalm. Bd. 82. S. 229.)
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174
XIII. Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
Die Beobachtung an 31 Fällen von Kerato-
malazde bei Kindern mit schweren Ernährungs¬
störungen lehrte, daß die Prognose nicht so
schlecht ist, wie im allgemeinen angenommen
wird; es blieben 17 Kinder am Leben. Auffällig
ist, daß eine große Anzahl der Kinder an Lungen¬
komplikationen zugrunde ging.
Köllner (Berlin).
593. Zur Therapie der Netzhautabhe¬
bung; von A. Birch-Hirschfeld. (Ärch. f.
Ophthalm. Bd. 82. S- 241.)
B. versuchte die Behandlung der spontanen
Netzhautablösung mittels Aspiration der subreti¬
nalen Flüssigkeit und Injektion in den Glaskörper.
Von 19 Fällen, die mindestens ein Jahr lang unter
klinischer Behandlung standen, wurde 8mal eine
wesentliche und dauernde Besserung mit Wieder¬
anlegung der Netzhaut erzielt. Eine vorüber¬
gehende Reizung und Entzündung des Auges, die
(»mal nach der Injektion auftrat, brachte keine
dauernden Schädigungen für das Auge. Zur In¬
jektion wurde benutzt entweder die subretinale
Flüssigkeit oder 0,8 °/ 0 Kochsalzlösung oder ein
Gemisch beider. Ansaugung und Injektion soll
mit einer Spritze mit nicht zu enger Kanüle er¬
folgen. Der Einstich in die Sklera erfolgt schräg.
Köllner (Berlin).
XIII, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
594. Über die Behandlung der Kehl¬
kopftuberkulose; von Gustav Killian. (D.
med. Woch. 1912. Nr. 13. S. 585.)
K. erwähnt zunächst den Einfluß, den die
Verbesserung der Untersuchungsmethoden des
Larynx, die Untersuchung mit dem Reichertschen
Haken, mit dem von Brünings angegebenen ver¬
größernden Kehlkopfspiegel, die direkte Laryngo¬
skopie auf die Diagnose und Therapie der Kehl¬
kopftuberkulose gehabt haben. Wenn ein Tuber¬
kulöser heiser ist, braucht die Heiserkeit nicht
immer durch eine spezifische Erkrankung des
Larynx bedingt zu sein, sie kann durch irgend
«ine andere Ursache hervorgerufen sein. Auch
abgeheilte tuberkulöse Prozesse können Stimm¬
störungen hinterlassen, die man durch längere
.Stimmübungen therapeutisch zu beeinflussen
vermag.
Es gibt in seltenen Fällen eine Spontanheilung
der Kehlkopftuberkulose; K. sah sie meistens bei
Leuten, die durch ihren Beruf viel zum Aufent¬
halt im Freien genötigt waren. Nicht jede
spezifische Erkrankung des Larynx muß sofort
typische Symptome machen, sie kann aber jeden
Augenblick zu schweren Symptomen führen. Es
ist daher erforderlich, jeden Kranken mit tuberkel¬
bazillenhaltigem Auswurf in bestimmten Abstän¬
den zu laryngoskopieren, wenn man nicht die
Anfangsstadien einer Larynxtuberkulose über¬
sehen will.
Frühformen der Larynxtuberkulose bedürfen
nicht unbedingt einer lokalen Behandlung. Infil¬
trate von mittlerer Ausdehnung können durch
eine einfache Heilstättenkur, die durch eine
Schweigekur unterstützt wird, zur Ausheilung
kommen. Da K. glaubt, daß absolutes Schweige¬
verbot zu harte Anforderung an den Patienton
stellt und deshalb in den meisten Fällen nicht
befolgt wird, erlaubt er das Sprechen in Flüster¬
sprache. Neben der Schweigekur läßt er Men-
tliolölinjektionen in den Laiynx machen. Wenn
auch das Sonnenlicht nach den Tierversuchen
von Brünings und A1 b r e c h t wenig Einfluß
auf die tuberkulösen Herde der Kehlkopfschleim¬
haut hatte, so empfiehlt K. die Sonnenlicht¬
behandlung der Larynxtuberkulose doch wegen
ihres eminenten psychischen Einflusses auf den
Kranken. Uber die Wirkung der Röntgenstrahlen
auf tuberkulöse Herde im Larynx kann noch kein
abschließendes Urteil gegeben werden, weil die
Methode noch zu wenig ausgearbeitet ist.
Kleine Infiltrate, die nach diesen Behandlungs¬
methoden nicht weichen, werden am besten gal¬
vanokaustisch behandelt.
Bei geschwürigen Prozessen ist die lokale Be¬
handlung am meisten angezeigt. Kleine flache
Ulzerationen können durch Einblasungen von
Pulvern — am wirksamsten ist Jodoform —,
durch Ätzungen mit Milchsäure zur Heilung ge¬
bracht werden. Bei größeren Ulzerationen kommt
die Behandlung mit der Doppelkurette und dem
galvanischen Tiefenstich in Frage. Wegen der
ab und zu auftretenden starken Reaktion nach
dem galvanischen Tiefenstich ist es nicht rat¬
sam, mehr als 2 bis 3 Stiche in einer Sitzung
zu machen.
In fortgeschrittenen Fällen von Erkrankung
des Kehldeckels kann die Amputation der Epi-
glottis von Nutzen sein.
Bei der Panlaryngitis tuberculosa, bei der die
Infiltrationen und Ulzerationen den ganzen Larynx
befallen, kann die Behandlung nur eine sympto¬
matische sein. Die Spontan- und Schluck¬
schmerzen bekämpft man wirksam mit Ein¬
blasungen von Orthoform und Anästhesin. Gegen
diese Schmerzen leisten am meisten die von
Hoffmann angegebenen Alkoholinjektionen
an die oberen Kehlkopfnerven. In ganz ver¬
zweifelten Fällen kann man die Durchschneidung
dieser Nerven versuchen.
Wenn man auch nicht leugnen kann, daß die
Tracheotomie in einigen Fällen auf tuberkulöse
Larynxprozesse einen günstigen Einfluß hat, so
vertragen doch im allgemeinen Tuberkulöse die
Tracheotomie schlecht. Da man nicht Voraus¬
sagen kann, in welchen Fällen die Tracheotomie
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175
XIII. Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
günstig wirken wird, empfiehlt K. die Tracheo¬
tomie nur bei ausgesprochenen Larynxstenosen.
Bei ausgedehnten Erkrankungen dos Larynx
hat man boi günstigem Lungenzustando und
gutem Allgemeinbefinden durch Larynxfissur die
erkrankten Partien zu entfernon gesucht, man hat
aber im allgemeinen nur wenig Verteil davon ge¬
sehen. L ü b b e r s (Greifswald).
595. Über einen Fall von primärer
Tuberkulose des Warzenfortsatzes mit
tuberkulöser Sinusphlebitis; von K.Lübbers.
(Passow-Schäfer, Beitr. usw. Bd. 5. S. 317.)
Mitteilung eines sowohl durch klinische Beobachtung
als durch Obduktion sicher gestellten Falles von pri¬
märer Tuberkulose des Warzenfortsatzes, der mit tuber¬
kulöser Sinusphlebitis einherging und an einer tuber¬
kulösen Meningitis starb. Außer den tuberkulösen Her¬
den am Ohr und den fortgeleiteten Herden an den
Meningen wurde trotz genauster Untersuchung kein
weiterer tuberkulöser Herd im Körper gefunden. Die
tuberkulöse Infektion des Ohres ist auf hämatogenem
Wege erfolgt. (Autoreferat.)
596. Über chronische Mittelohreiterung
und Cholesteatom; von P. Manasse. (D.med.
Woch. 1911. Nr. 25. S. 1172.)
Nach Erklärung des Begriffes Cholesteatom
geht M. des näheren auf die Theorien ein, die
über die Genese des Mittelohrcholesteatoms auf¬
gestellt sind.
Zur ersten Theorie, daß das Cholesteatom im
Felsenbein genau so als primärer Tumor ent¬
stehe wie an anderen Orten, sagt M., daß das
Cholesteatom in der Tat als primärer Tumor im
Felsenbein vorkommt. M. erwähnt die in der
Literatur bekannten Fälle von Cholesteatomen,
die ohne Otitis media auftraten und teilt dann
die Krankengeschichten von zwei Fällen dieser
Art mit, die er persönlich behandeln konnte.
Die zweite Theorie sagt, daß das Cholesteatom
zustande komme infolge Einwanderung von
Epidermis ins Mittelohr. Zum Beweise der
Richtigkeit dieser Theorie bildet M. mehrere
mikroskopische Präparate ab, die das Einwandern
der Epidermis vom Gehörgang oder Trommelfell
durch die Perforation des Trommelfells zeigen.
Die dritte Theorie, daß es sich bei den Mittel¬
ohrcholesteatomen gar nicht um richtige Tumoren
handele, sondern um einen entzündlichen Desqua¬
mativprozeß, entstanden durch eine Epithelmeta-
piasie der chronisch entzündeten Mittelohrschleim¬
haut, lehnt M. von vornherein ab, da er bei
ausgedehnten mikroskopischen Untersuchungen
niemals etwas gefunden hat. was für eine der¬
artige Metaplasie gesprochen hätte.
L ü b b e r s (Greifswald).
597. Ein Papilloma durum der Siebbein-
und Keilbeingegend mittels der Denker-
schen Operation entfernt; von B. Hanne-
man n. (Zeitsckr. f. Ohrenheilk. Bd. 65. H. 1. S. 1.)
Mitteilung eines Falles von Papilloma durum, das
von dem Gebiet der hinteren Siebbeinzellen und der
vorderen Keilbeinhöhlenwand seinen Ursprung nahm.
Das Papillom blieb nach der Operation bis zur letzten
Nachuntersuchung, die zehn Monate post operationem
erfolgte, rezidivfrei. Das Papilloma durum ist im all¬
gemeinen ein gutartiger Tumor und die Zerstörungen,
die dieser Tumor macht, sind solche mechanischer Natur,
Druckatrophie der benachbarten Teile. Es sind aber
auch Fälle hekannt, in denen diese relativ gutartigen
Tumoren karzinomatös entarteten.
L ü b b o r s (Greifswatd).
598. Die Erkrankung des Nervus octavus
bei Parotitis epidemia; von 0. Mauthner.
(Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 87. S. 223.)
M. teilt die Ohrenerkrankung bei Mumps rach
dem klinischen Bilde in drei Gruppen ein:
1. Fälle mit dauernder Aufhebung der Funk¬
tion. Die Erkrankung des Ohres erfolgt bei diesen
Fällen meistens am dritten oder vierten Tage nach
der Mumpsinfektion. Sie beginnt mit heftigem
Ohrensausen, dem nach einigen Stunden oder
Tagen starker Schwindel folgt, der durch das
Auftreten oder Stärkerwerden bei Lageverände¬
rungen und durch Drehbewegungen als vestibu¬
lärer Schwindel gekennzeichnet ist. Meistens
klingt der Schwindel bald ab, er kann aber, mit
Erbrechen verbunden, Tage lang dauern. Gleich¬
gewichtsstörungen können Monate lang bestehen
bleiben. Ausgang dieser Fälle ist Mumpstaubheit
mit erhaltener oder erloschener Erregbarkeit des
Bogengangsapparates.
2. Hochgradige Störungen mit vorübergehender
Aufhebung der Funktion oder mit vorübergehen¬
der schwerer Schädigung der Funktion. Das
klinische Bild dieser Fälle unterscheidet sich im
Beginn der Erkrankung nicht von dem der ersten
Gruppe; diese Fälle kommen' aber meistens nach
einigen Wochen zur restitutio ad integrum.
3. Geringgradige Störungen, die meist nur
durch die kontinuierliche Tonreihe und durch
exakte Vestibularisprüfung sicher nachweisbar
sind.
Die klinischen Zeichen aller drei Gruppen
nähern sich am meisten dem Bilde der akuten
toxischen und infektiösen Neuritis des Nervus
octavus. L ü b b e r s (Greifswald).
599. Die Entfernung von Fremdkörpern
aus der Kieferhöhle von der Nase her;
von Röthi. (Wien. med. Woch. 1912. S. 194G.)
Fremdkörper kommen in der Kieferhöhle
durch die Alveole hindurch, wenn zur Dränage
oder zum Verschluß einer Alveolarfistel Gummi-
drains oder Stifte durch die Alveole eingeführt
werden. Um diese Fremdkörper zu entfernen,
schlägt R. vor, zunächst auf die schonenste Art,
durch Irrigation usw. den Fremdkörper durch den
Weg. durch welchon er cingedrungen ist, heraus¬
zubefördern; gelingt jedoch dieser Versuch nicht,
dann soll man den Fremdkörper auf endonasalein
Wege entfernen. Man legt zu diesem Zwecke
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176
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
eine möglichst große Öffnung in der medialen über die Bedeutung des mit den Bogengängen
Kieferhöhlenwand an, zunächst im unteren Nasen- verbundenen Vestibularapparates, der sowohl als
gang; genügt diese aber nicht, soll man sie nach Erhalter der Körperstabilität und zur Tonusregu-
oben bis in den mittleren Nasengang erweitern, lierung der Körpermuskulatur, als auch zur
L ü b b e r s (Greifswald). akustischen Funktion herangezogen wird.
Die Otosklerose ist wohl histologisch gut fun-
600. Gelöste und ungelöste Aufgaben der jjert, aber ätiologisch noch sehr unklar und the-
Ohrenheilkunde; von A.Passow. (Berlin 1912. rapeutisch noch so gut wie völlig unbeeinflußbar.
Aug. Hirschwald.) j m Gegensatz hierzu ist die Erkenntnis und The-
Dio Ohrenheilkunde ist erst in den letzten rapie des Cholesteatoms, der Labyrintherkran-
Jahrzehnten zu einem Zweig der allgemeinen j kungen und der endokraniellen Komplikationen
Medizin geworden, der sich den anderen würdig der Ohrenerkrankungen, alles Dinge, die früher
anroiht. Dios ist mit Hilfe der Chirurgen und als unbeoinflußbar galten, sehr weit vorgeschritten
Physiologen, doch in der Hauptsache durch die und hat vielen Menschen Leben und Lebensfreude
Arbeit der Otologen geschehen. Diesen letzteren j erhalten.
verdankt os die Ohrenheilkunde, daß sic sich als Wichtig für den Otologen sind allgemeine
selbständige Spezialwissenschaft eingeführt und medizinische Kenntnisse. Der Konnex der Ohren-
behauptot hat, und zwar teils durch den Ausbau heilkunde mit ihrer Nachbarschaft, der Nasen-
der Otochirurgie, teils durch die Fortschritte in und Augenheilkunde, ist besonders innig. Wich-
der Erkenntnis der chirurgisch nicht angreifbaren tiger als Heilung ist die Verhütung. Die Prophy-
Krankheitsprozosse. Trotz aller Erkenntnis ist laxe muß im Kindesalter einsetzen, hauptsächlich
noch manches Rätsel zu lösen. auf seiten der Nase und des Nasenrachens.
Die Helmholtzsche Resonanztheorie reicht Aus neuerer Zeit stammt dio Kenntnis der
nicht aus, der Modus der Schalleitung ist noch Beziehungen zwischen Stimme und Ohr. Bei der
nicht genügend geklärt, über die Funktionsart, besseren Fürsorge für Taubstumme ergaben sich
wie die Schallwellen in der Schnecke sich weiter oft überraschend große, noch vorhandene Hör¬
umsetzen, ist man sich noch nicht einig. Die reste solcher Kranker. Wieweit diese Hörreste
Fortschritte in der Erkenntnis der Bogengangs- zum Taubstummenunterricht herangezogen wer-
funktionen haben der Labyrinthchirurgie viel ge- den können, bedarf noch weiterer Klärung,
nützt, aber es besteht noch eine Lücke im Wissen Thiel (Danzig).
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
601. On sporotrichosis ; by Lueien de auf. de B. unterscheidet 1. disseminierte gum-
Beurmann. (Brit. med. Joura. 1912. S. 289.) möse Sporotrichosis, 2. disseminierte, subkutane,
de B. berichtet ausführlich über die von ihm gummöse Sporotrichosis mit Ulzerationen, 3. ge-
zuerst beim Menschen beschriebene und studierte mischte Formen, 4. lokalisierte Sporotrichosis
Sporotrichosis. Der Erreger der Krankheit, die (sporotrichotischer Schanker, Sporotrichosis der
bald unter dem Bilde der Syphilis, bald der Tuber- Lymphbahn. Ferner Sporotrichosis der Schleim-
kulose oder einer Kokkeninfektion der Haut ver- häute, der Muskeln, der Knochen und Gelenke,
läuft, ist ein sporentragender Fadenpilz, Sporo- konjunktivale Sporotrichosis, Sporotrichosis dos
trichum Beurmanni, mit einigen Variationen. Nebenhodens und Hodens, der Nieren und der
Die ersten Veröffentlichungen fanden bald aus Lunge. Die Diagnose ist dadurch erschwert, daß
allen Weltteilen ihre Bestätigung, doch bleibt die die Sporotrichosis vielen charakteristischen Krank-
Kiankheit immer ziemlich selten. Das Sporo- hoitsbildern gleichen kann. Die disseminierte
trichum Beurmanni wächst in der Natur sapro- gummöse Form gleicht der gummösen Syphilis,
phytisch, läßt sich auf allen möglichen Nähr- der Tuberkulose, der Lepra und selbst der Lipo-
medien leicht züchten, ist sehr unempfindlich matosis, die ulzerierte Form sieht tuberkulösen
gegen Temperaturschwankungen und findet sich un d skrofulösen Geschwüren ähnlich. Um so
hauptsächlich auf Gemüseabfällen. Daher sind mehr wird die Diagnose erschwert, als die Krank-
auch mehrere Infektionen gerade bei Gemüse- heit au f J°d gut reagiert. Als besondere klinische
handeln beobachtet worden. Der Eintritt in den Merkmale werden angeführt: Die große Zahl der
Körper erfolgt meistens durch eine Hautver- Läsionen bei gutem Allgemeinbefinden; die napf-
letzung, kann aber auch vom Magendarmkanal förmige Erweichung der anfangs harten Knoten;
aus erfolgen. Die letztere Form der Invasion führt anfängliche kleine Ulzeration, die sich nachträg-
zu disseminierter Sporotrichosis. Die Verbreitung lieh vergrößert; unregelmäßige, blaurote, unter¬
erfolgt auf dem Wege der Blutbahn und der Lymph- minierto Ränder mit subkutanen Ausbuchtungen,
bahnen. Die Infektion wird durch eine geschwächte in denen sich Eiter ansammclt; kleine Ulzeration
allgemeine Körperkonstitution begünstigt. Kli- im Vergleich zur Größe des Knotens, aus dem sie
nisch tritt die Krankheit in verschiedenen Formen hervorgeht; gleichzeitiges Bostehen mehrerer zu-
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XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten
177
sammenhängender Ulzerationen, die durch dünne
blaurote Hautbrücken getrennt sind; schleimig
Eiter oder zitronengelbe seröse Ausscheidung;
leichte Autoinokulabilität; „kalte“ schmerzlose
Entwicklung; Vernarbung der Haut, während
noch ein Abszeß darunter besteht; weiche elasti¬
sche Narben mit unregelmäßigen Rändern; keine
Drüsen Schwellung; günstige Beeinflussung durch
Jodtherapie. Der direkte Nachweis des Sporo-
trichuras im Eiter und im Gewebe ist meist
schwierig. Die Kultur auf Glukosepeptongelatine
bei Zimmertemperatur gelingt leicht. Am 4. bis
12. Tage, je nach der Temperatur des Zimmers,
entwickeln sich auf den Kulturen anfangs weiße,
dann bräunliche, dann schokoladebraune Kolo¬
nien mit gehirnwindungsartig gefältelter Ober¬
fläche. Das Aussehen der Kultur ist charakte¬
ristisch und die mikroskopische Untersuchung zur
Diagnose entbehrlich. In Fällen, wo Impfmaterial
nicht erhältlich ist, kann dio Diagnose auch ge¬
stellt werden durch Sporoagglutination oder durch
Komplementbindung mit Sporotrich. Beurmanni
als Antigen oder durch die von Bruno Bloeh
angegebene intradermale Reaktion. Die Injektion
einer sterilisierten Kochsalzemulsion von Sporo-
trichinen gibt nach 24—48 Stunden eine ausge¬
sprochene Reaktion. Ein negativer Ausfall der
Reaktion gestattet Sporotrichosis auszuschließen,
eine positive ist nicht absolut beweisend, da sie
auch bei anderen Mykosen Vorkommen kann.
Ohne Behandlung ist die Dauer der Sporotrichosis
unbegrenzt. Die Jodbehandlung, bestehend in
innerer Verabfolgung von 6 und mehr Gramm
Jodkali täglich, führt immer zur Heilung. Nicht
ganz so günstig ist dio Prognose, wo die Schleim¬
häute des Rachens und der oberen Luftwege er¬
griffen sind und wo die Sporotrichosis tuber¬
kulöse Individuen ergriffen hat. Die chirurgische
lokale Behandlung ist kontraindiziert.
Zln ss er (Köln).
602. Über Toilette und Schminkpuder;
von J. F. Kapp. (Denn. Woch. Bd. 54. S. 458.
1912.)
K. bespricht die einzelnen, am besten ge¬
eigneten Bestandteile dieser Puder. Er kommt
zu dem Ergebnis, daß vegetabilische Puder stets
die Haut schädigen; relativ am unschädlichsten
sei Amylum oryzae, am schädlichsten sei Amyl.
Marantae, Farina amygdalarum und Farina faba-
rurn. Gut sind dagegen mineralische Puder. Am
einwandfreiesten seien Zinc. oxydat., Tale, veno-
tian., Magnes. carbonic. praecipit. und Baryum
sulfuric. F r i e b o e s (Bonn).
603. Xanthoma tuberosum multiplex;
von S. Pollitzer und Udo S. W i 1 e. (Denn.
“Woch. Bd. 54. S. 421. 1912.)
Boi dem jetzt 32jähr. Patienten bestanden schon
einige kleine Xanthome in frühester Kindheit, die all¬
mählich an Zahl und Größe Zunahmen. Einige von
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 2.
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den Geschwülsten wurden histologisch untersucht, ln
den jüngsten Herden glaubt er den Ursprung der Xan-
thomzellen aus den Endothelzellen wahrscheinlich ge¬
macht zu haben. Bei älteren Herden besteht keine
Möglichkeit mehr, eine direkte Beziehung zu den Blutge¬
fäßen nachzuweisen. An Osmiumsäure|iräparaten konnte
er interessante Bilder über die Verteilung der fettartigen
Substanz um und in Xanthomatosen Zellen auffindin.
Im allgemeinen ist die Arbeit eine Bestätigung der
neueren Arbeiten über die Biochemie der Xanthome.
Frieboes [Bonn).
604. Über die Unbrauchbarkeit der
Arbeitshypothese „Endotheliom“; von Joh.
Fick. (Derm. Woch. Bd. 54. S. 488. 1912.)
F. setzt in einer größeren Arbeit die Gründe,
warum der Begriff Endotheliom zu verwerfen sei,
auseinander und weist auf die verschiedenen
Widersprüche in den Auffassungen bestimmter
Tumorgruppen durch die verschiedensten Autoren
hin. Einwandfrei habe noch nie jemand ein
Endotheliom beschrieben und er schlägt daher
vor, den Endofheliombegriff endgültig aufzugeben.
Frieboes (Bonn).
605. Über Entstehung von Gefäßer¬
weiterungen und abnormer Hautreaktion;
von F. Luithlen. (Denn. Woch. Bd. 54.
S. 485. 1912.)
Ein an Psoriasis leidender Patient erkrankt an Urti¬
karia und Asthma. An einer Hautstelle, wo vor 4 Jahren
eine erythematöse Röntgendermatitis aufgetreten war
und welche Stelle bisher frei von Psoriasis geblieben
war und auch sonst ganz normal erschien, tritt infolge
der Urtikaria starke Schwellung und Rötung der Haut
auf. Nach dem Abklingen dieser Symptome bleiben
genau im Bereich der früheren Röntgendermatitis dauernd
Gefäßerweiterangen bestehen. Für das Zustandekommen
der letzteren nimmt er an, daß durch die Röntgenbe¬
strahlung vor 4 Jahren eine dauernde Veränderung
der Gefäße bewirkt wurde und daß die toxischen Stoffe
der Urtikaria diese geschwächten Gefäße zur dauernden
Dilatation brachten. Frieboes (Bonn).
606. Diseases of the skin; by C. Mor¬
ton Smith. (Boston med. and surg. Journ.
1912. Nr. 17.)
Konferenz zur Besprechung der von Schulärzten
| festgestellten Krankheiten der Schulkinder über Haut¬
krankheiten. Bei 42 750 in Boston untersuchten Kindern
wurden 11 691 mal Hautkrankheiten festgestellt. 5ö°( 0
hiervon litten an ansteckenden Hautkrankheiten näm¬
lich in erster Linie an Pediculosis, ferner an Skabies,
Herpes tonsurans und Impetigo contagiosa.
Zinsser (Köln).
607. Erythema infectiosum; voor J. W. M.
Indeman. (Nederl. Tijdschr. voor Geneesk
I 1912. S. 178.)
Beschreibung einer ziemlich ausgebreiteter Epidemie
von Erythema infectiosum Maostricht im Anfang
von 1912. Die Patienten waren größtenteils Kinder
von 7 bis 12 Jahren. Nach einem Prodomalstadium
von 4—7 Tagen entstand plötzlich das Erythem mit
der typischen Lokalisation im Gesicht und an der Streck¬
seite der Extremitäten. Hellrote, mauchmal zyanotische,
stark infiltrierte 8tellen , die nicht abschuppen. Dauer
der Krankheit 4—7 Tage; kein Fieber; keine Kompli¬
kationen; kein ursächlicher Zusammenhang mit Masern,
Scharlach und Rubeolae. Die Gefahr der Ansteckung
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178
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
schien nicht sehr groß zu sein. Alle Kinder wurden
geheilt. Eine Therapie war nicht nötig. Besprechung
der Differentialdiagnose.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
608. Ursprung der Lepra; von C. Engel-
breth. (Denn. Woch. Bd. 54. S. 700 u. 723.)
E. glaubt, daß die Lepra von don Ziegon auf
don Menschen übertragen worden sei und noch
werde; er sucht diese seine Ansicht durch histo¬
rische Studien über das Abhängigkeitsverhältnis
zwischen Auftreten der Lepra und Vorhandensein
großer Ziegenherden zu erhärten. Es ist erwieson,
daß bei der Ziege neben der gewöhnlichen Tuber¬
kulose noch eine besondere Form der „Tuber¬
kulose“ vorkommt, die in eigenartigen abge¬
kapselten bazillenreichen Knoten besteht. Diese
Form soll, auf den Menschen übertragen, Lepra
erzeugen. Frieboes (Bonn).
609. Zwei Fälle von Lepra mit tuber-
kuloiden Gewebsveränderungen. Lepra¬
bazillennachweis in denselben mittels des
Antiforminverfahrens; von E. Merian. (Denn.
Woch. Bd. 54. S. 637.)
Nach kurzer Einleitung über die Frago, inwie¬
weit man bei einer klinisch sicher leprösen Affek¬
tion trotz Nichtauffindens von Leprabazillen die
Diagnose Lepra aufrecht erhalten könne, teilt er
zwei eigene Fälle mit. Sie zeigten einen tuber-
kuloiden Aufbau mit zahlreichen Riesenzellen.
Leprabazillen ließen sich nach der Ziehlschen
Methode nicht nachweisen, wohl aber bei pro¬
longierter Gramfärbung von mit Antiformin vor-
behandeltom Material. Der Nachweis dor Lepra¬
bazillen in den Schnitten gelang ihm auch noch
bei einfacher Färbung mit Karbolfuchsin allein,
ferner mit der von Unna angegebenen Mothode
mit Thymenviktoriablau und Tanninorange¬
mischung. Frieboes (Bonn).
610. Über den sogenannten Lichen
albus von Zumbusch; von Vignolo-Lutati.
(Derm. Woch. Bd. 54. S. 661.)
V.-L. beschreibt ausführlich einen von ihm be¬
obachteten Fall des sogenannten Lichen albus, bespricht
die einschlägigen Angaben in der Literatur und kommt
nach allem und besonders anf Grund eingehender histo¬
logischer Untersuchung seines Falles zu dem Ergebnis,
daß der Lichen albus von Zumbusch ein besonders
gut ausgebildeter Typ der Sklerosen Form des Lichen
Wilson ist. Frieboes (Bonn).
611. Ein Fall von Parakeratosis varie-
gata (Unna) — Exanthema psoriasiforme
lichenoides (Jadassohn) — Parapsoriasis
en gouttes (Brocq); von Menabem Hodara.
(Denn. Woch. Bd. 55. S. 848.)
H. beschreibt einen von ihm in der kais. med. Ges.
zu Konstantinopel vorgestellten Fall, dessen seit Jahren
bestehende Hautaffektion, die in makulösen, leicht papu¬
lösen und einigen lichenoiden Effloreszenzen besteht,
den ganzen Thorax, den RückeD, in größerer Menge
den Hals, in geringerer die Ober- und Unterextremitäten
einnimmt. Die Affektion entspricht genau dem Typus
Paraproriasis en gouttes. Ferner eingehende Besprechung
der hierhergehörigen Veröffentlichungen. Histologische
Untersuchung dreier von ihm exzidierter Effloreszenzen.
Frie boes (Bonn).
612. ÜberCancer en cuirasse mit Blasen¬
bildung und Lokalisation an der Haut des
rechten Oberschenkels und des Unter¬
bauches; von M. Neustadt. (Derm. Zeitschr.
Bd. 19. S. 487.)
N. beschreibt ausführlich einen Cancer en cuirasse
des Oberschenkels und der Bauchhaut, der nicht von
der Epidermis der Haut ausging, sondern von unten
gegen die Epidermis wuchs, hier und da bis an dieselben
reichte, ohne irgend welche Beziehung zu ihr zu haben.
Es handelt sich also um einen sekundären Hautkrebs;
der Primärtumor ließ sich nicht feststellen. Dieser an
sich äußerst seltene Befund eines metastatischen Haut¬
krebses war noch besunders durch Blasenbildungen
charakterisiert; diese Blasen hatten sich in der Epi¬
dermis selbst durch Auseinanderweichen der Epidermis-
zellen gebildet und reichten nur an denjenigen Stellen,
wo größere Blasen vorhanden waren, bis zum Papillar¬
körper. Die Ausbreitung des Prozesses ging sehr rasch
vor sich, es tritt rascher Zerfall der krebsigen Stellen
ein und unter zunehmenden Erscheinungen von Broncho¬
pneumonie, Herzschwäche und allgemeinem Kräftever¬
fall tritt der Tod ein. Sektion verweigert.
Frieboes (Bonn).
613. Beitrag zur pathologischen Ana¬
tomie der Dermatitis papillaris capillitii
(Kaposi), Folliculitis nuchae sclerotisans
(Ehrmann); von W. Schmidt und F. Wag¬
ner . (Derm. Zeitschr. Bd. 19. S. 581.)
Zwei Fälle der vielfach benannten Affektion des
Nackens haben Sch. u. W. genau histologisch unter¬
sucht und haben in kritischer Weise ihre Befunde mit
den in der Literatur niedergelegten verglichen; auch
gehen sie genauer auf die Ätiologie usw, der Krankheit
ein. Näheres ist im Original einzusehen.
Frieboes (Bonn).
614. Beitrag zum Studium der Sklero-
dermia circumscripta; von Vignolo Lutati.
(Derm. Zeitschr, Bd. 19. S. 592.)
15jähr., sonst gesundes Mädchen weist in der oberen
Rückengegend mehrere kleine bis 1 cm, ja einmal 6 cm
Durchmesser betragende weiße, zentral eingesunkene
pergamentartige Flecke auf. die V.-L. auf Grund der klini¬
schen Merkmale und der histologischen Untersuchung
für Sklerodermia circumscripta ansieht. Eingehende Be¬
sprechung der differentialdiagnostisch in Frage kommen¬
den und verwandten Affektion [Lichen sclerosus, Lichen
albus (Zumbusch), White spot disease].
Frieboes (Bonn).
615. Zur Kasuistik seltener Nageier-
krankungen. X. Zur Pathogenese der Ony-
cholusis; von F. Heller. (Denn. Zeitechr. Bd. 19.
S. 609.)
27jähr. Patientin erkrankte vor 4 Jahren an allen
Fingernägeln mit Ausnahme der Danmennägel. Die
Nagelplatten fingen ohne nachweisbare Ursache an, eich
am vorderen freien Nagelrand abzulösen; die Ablösung
erfolgte an allen Nägeln gleichmäßig stark. Die Ab¬
lösung machte einige Millimeter vor der Lunula halt.
Wenn es soweit gekommen war, begann neuer Nagel¬
wachstum , wobei dann die Nagelplatten wieder ganz
normal befestigt waren. Manchmal kam es auch zum
Abfallen der Nagelplatten. Die Kranke leidet an feuchten,
schweißigen Händen. Außerdem besteht Akrozyanose
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XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
179
der Hände. Ein Zusammenhang zwischen letzterer,
bzw. der Angioneurose und der Onycholysis scheint H.
wahrscheinlich. Zum Schluß wird noch kurz ein in der
Lesserscheu Klinik in Berlin beobachteter ähnlicher Fall
(34jähr. Mann) mit Zyanose an Händen und Füßen und
Onycholysis der Fingernägel erwähnt.
Frieboes (Bonn).
616. Die Frage der Vakzinetherapie
und Vakzinediagnose der Gonorrhöe; von
Guggisberg. (Münchn. med. Woch. 1912.
Nr. 22. S. 1207.)
G. beschäftigt sich mit der Prüfung der Ver¬
wendbarkeit der Vakzinediagnose und -thorapie
bei der weiblichen Gonorrhöe. Gemäß den
Wrightschen Lehren eignet sich die Gonorrhöe be¬
sonders gut zur Vakzinebehandlung, da es sich
meist um einen lokalen Prozeß mit Erniedrigung
des opsonischen Index handelt. Der Gonokokkus
bildet keine echten Toxine, eine Immunität
— weder natürliche, noch erworbene — kommt
nicht vor.
Für die praktische Diagnose ist allerdings die
Prüfung der Herabsetzung des opsonischen Index
wegen seiner Abhängigkeit von dem Komplement¬
gehalt und wegen des irregulären Verhaltens des¬
selben, sowie wegen der technischen Schwierig¬
keiten nicht brauchbar, aber G. fand doch in der
klinischen Beobachtung nach Vakzineinjektion
ein für die Diagnose verwertbares Verfahren, da
das Auftreten einer Herdreaktion , nämlich
Schmerzen im Krankheitsherde, vermehrter Aus¬
fluß mit Erscheinen der vorher fehlenden Gono¬
kokken und Blutungen, nach der diagnostischen
Injektion ein sicheres Zeichen der Erkrankung ist.
Weniger zuverlässig dagegen sind Lokalreak¬
tionen (Rötung, Schmerzhaftigkeit, ödem der In¬
jektionsstelle) und Allgemeinreaktionen, da diese
auch bei Nicht-Gonorrhoikern häufig waren.
Für die Vakzinetherapie eignen sich nur lokali¬
sierte Prozesse, möglichst im chronischen Sta¬
dium, auf jeden Fall aber nur in abgeschlossenen
Herden.
Allgemeinerscheinungen, vor allem Tempe¬
ratursteigerungen, sind eine strikte Kontraindika¬
tion gegen die Vakzinotherapie. Die Behandlung
ist bis zur dauernden Erhöhung des opsonischen
Index fortzusetzen. Am geeignetsten ist Auto-
vakzine, doch ist diese nach dem oben gesagten
in den meisten Fällen nicht herzustellen. G. ver¬
wandte eine polyvalente Vakzine von Merk. Er
fand im allgemeinen die theoretischen Erwar¬
tungen beseitigt durch die praktischen Erfolge.
B o o h m e (Leipzig).
617. Syphilis du corps thyroide; par
Antonin Ponces et Ren 6 Leriche. (Gaz.
des Höp. 1912. H. 63. S. 945.)
Die Patientin, die seit etwa 5 Jahren an einer un¬
behandelten Syphilis litt, zeigte eine 4 Monate bestehende
holzharte Schwellung der Thyreoidea. Ein Traitement
mixte bewirkte ein anfängliches Zurückgehen der Er¬
krankung, doch war weder hierdurch, noch durch
Röntgenbestrahlung und teilweise Exstirpation der Drüse
vollkommene Heilung zu erzielen. Erst durch Sklerosen
konnte diese erreicht werden. Boehme (Leipzig).
618. Diagnostic de la syphilis cöröbro-
spinale par les moyens de laboratoire;
par Charles Foix et Marcell Bloch. (Gaz.
des Hüp. 1912. H. 74. S. 1091.)
Die Arbeit behandelte die Bedeutung der mikrosko¬
pischen, chemischen und serologischen Untersuchung
von Blutserum und Liquor cerebrospinalis für die Dia¬
gnose der syphilitischen Nervenerkrankungen.
Boehrne (Leipzig).
619. La syphilis pulmonaire et son
traitement; par P. Bourgy. (Bull. gön. de
Ther. 1912. H. 21. S. 801.)
B. teilt diese klinisch so außerordentlich
schwer zu diagnostizierenden Erkrankungen ein
in die Lungonsyphilis der Neugeborenen und die
Lungensyphilis der Erwachsenen, Die erste Form
ist als isolierte Gummen und als weiße Pneu¬
monie klinisch und pathologisch-anatomisch be¬
kannt genug. Die zweite Form dagegen tritt
vollkommen maskiert auf und kann unter allen
Symptomen der akuten und chronischen Lungen¬
ei krankungen verborgen sein. Die angegebenen
differentialdiagnostischen Momento: häufige Ein¬
seitigkeit des Prozesses, Fehlen von Tuberkel¬
bazillen, sehr langsamer Verlauf, Nachweis einer
Lues überhaupt, sind ganz unzuverlässig. Es
bleibt also nur die Diagnose ex juvantibus. Die
Behandlung ist die übliche spezifische in Ver¬
bindung mit einer lokalen Inhalationsbehandlung
der verschiedenen Balsamika.
B o e h m e (Leipzig).
620. On the clinical recognition of
syphilities; by William W. Graves. (New
York raed. Record 1912. Nr. 8.)
Die Entwicklung der klinischen Methoden zur Er¬
kenntnis der latenten Syphilis hat mit der der Labora¬
toriumsmethoden (Spirochätennachweis, Wassermann,
Nonne, Appelt, Luetinreaktion) in den letzten Jahren
nicht gleichen Schritt gehalten. Dabei regen die Er¬
gebnisse besonders des serologischen Syi.hilisnachweises
gerade zu einer genaueren klinischen Untersuchung und
zur Forschung nach Symptomen und Anhaltspunkten
der latenten Syphilis an. Die äußeren Manifestationen
sind entschieden in deD letzten Jahrzehnten vielleicht
unter dem Einfluß der besseren Behandlung oder der
Durchseuchung weniger intensiv geworden und damit
kommen schwere Haut- und Knochensymptome, die in
früheren Zeiten in zahlreichen Fällen unverwischbare
Spuren hinterließen, seltener vor. Leider kann man
dasselbe nicht von der viszeralen Syphilis, der Syphilis
des Nervensystems und der Parasyphilis sagen, die eher
in der Zunahme begriffen zu sein scheinen. Unsere
Kenntnis der latenten Syphilis leidet auch durch unsere
zu optimistische Auffassung von der Heilbarkeit der
Syphilis. Man ist auch allzusehr geneigt,. Syphilis aus¬
zuschließen bei negativei Anamnese. Die Überschätzung
des Wertes der negativen Syphilisanamnese hat lange
Zeit der allgemeinen Anerkennung der syphilitischen
Ursache der Tabes und der Paralyse hindernd im Wege
gestanden. Die Zahl der Kranken, die Svphilis hatten,
ohne es zu wissen, ist viel größer als allgemein ange-
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180
XV. Hygiene.
nommen wird. Aber auch die positive Anamnese muß
mit Kritik aufgenommen werden. Es müssen deshalb
bei der Aufnahme der Anamnese alle Momente ein¬
gehend berücksichtigt werden und auch auf die Familien-
anamnese genau eingegangen werden. Man bedenke
immer, daß der Syphilitiker (sei es, daß er seine Syphilis
in utero oder später erworben hat) eine verminderte
Resistenz gegen Schädigungen hat, daß eine vollkom¬
mene Wiederherstellung der Gesundheit meist nicht
mehr erreicht wird. Unbedeutende, oder leichtere oder
schwerere vage Beschwerden werden fast immer be¬
obachtet Kopfschmerzen, Ermüdbarkeit, Nervosität
Magenbeschwerden, „rheumatische 11 Schmerzen an ver¬
schiedenen Körperatrllen besonders in zyklischem Auf¬
treten sind in vielen Fällen auf Syphilis zurückzuführen.
Alle diese Symptome können natürlich nicht mit Sicher¬
heit als syphilitische angesprochen werden. Selbst Herd-
manifestation der Syphilis, wie vorübergehende Augen¬
muskellähmungen, Iritis, Chorioiditis. Tic douloureux,
Interkostalneuralgie, Knochen- und Gelenkerscheinungen,
Leber- und MilzschwelluDg usw. können auf Grund der
Anamnese nicht ohne weiteres als Syphilis angesprochen
werden, aber sie geben Veranlassung zu genauerer
Untersuchung. Außer für Haut und Knochen hat das
syphilitische Gift namentlich zu dem Gefäß- und Nerven¬
system eine besondere Affinität Als Folge davon be¬
obachtet man bei Syphilitikern häufig zunächst neben
einer auffallenden Blässe der Haut, ohne daß das Blut¬
bild der Anämie vorläge, eigentümliche Pigmentierungen,
namentlich am Halse, wo sie an das Leukoderma er¬
innert und an der Stirn. Auch an den oberen Augen¬
lidern und auf der Haut der Unterlippe werden der¬
artige Pigmentierungen oft beobachtet die zu der Blässe
der übrigen Haut und des Lippenrots auffallend kon¬
trastieren. Jedenfalls unterscheidet sich die Pigmen¬
tierung bei latenter Syphilis durch Anordnung und
Lokalisation von den analogen Zuständen bei Thyreoi-
dismus, Addison, Arsenvergiftung und Diabetes.
Bei weitem die häufigste und wichtigste Ursache für
Gefäßerkrankungen ist die Syphilis. Daß die frische
Syphilis die Blutgefäße in Mitleidenschaft zieht erkennt
mau schon an den Hyperämien und an dem Zustande
der Gefäße im Primäraffekt und in sekundären Mani¬
festationen. Ferner ist bekannt die Häufigkeit der
Aortitis syphilitica. Arteriosklerose wird gewöhnlich vor
dem 40. Lebensjahr nicht erwartet und deshalb nicht
erkannt UDd wenn man sie findet ist man geneigt sie
anderen Ursachen zuzuschreiben. Nach dem 40. Lebens¬
jahr wird sie gewöhnlich dem Alter zugeschrieben.
Deswegen wird von den Ärzten meist nicht an die
Syphilis als Ursache der Arteriosklerose gedacht. Bei
der Schwere der syphilitischen Erkrankungen der Aorta
und anderer großer Gefäße kann man von vornherein
auch Veränderungen an den peripheren Gefäßen er¬
warten. Man findet auch in der Tat gerade bei Syphi¬
litikern etwa vom 5. Jahr nach der Infektion an und
bei kongenitaler Syphilis schon im 10. Lebensjahr kli¬
nische Anzeichen von Arteriosklerose: ungewöhnlich
deutliche Palpierbarkeit der Arterien, sichtbare Pulsa¬
tion, geschlängelten Verlauf, akzentuierte zweite Herz¬
töne und relative Vergrößerung des Herzens. Von
Symptomen von seiten des Nervensystems wird zu¬
nächst Ungleichheit der Pupillen, besondere Enge der
Pupillen und Trägheit des Pupillarreflexes hervorgehoben.
FernerSensihilitätsstörungen: Ermüdungsgefühl, Glieder¬
schmerzen, Kreuzschmerzen, Analgesie und Hypalgesie.
Wenn nur der Tastsinn geprüft wird, können Sensi¬
bilitätsstörungen leicht übersehen werden. In den näm¬
lichen Gegenden, wo bei Tabes Störungen der Schmerz¬
empfindung gefunden werden, kann man oft dieselbe
bei latenten Syphilitikern finden, bei denen sie durch
die Behandlung beeinflußt werden können. Schließlich
finden sich auch bei latenten Syphilitikern, bei denen
eine Tabes anzunehmen noch kein Grund vorliegt.
Herabsetzung und Ungleichheit des Patellarreflexes oder
Steigerungen dieses Reflexes. Zinsser (Köln).
XV. Hygiene.
621. Die Fürsorge von Schwindsucht be¬
drohten Kindern; von F. Wolf. (Zeitschr. f.
Tuberk. Bd. 19. H. 2. S. 190.)
W. betont, daß der Schutz der Kinder vor der
Tuberkulose-Ansteckung durch Entfernung Schwer¬
kranker nicht erreicht wird. Denn nur unter
ganz besonders günstigen Umständen würde ein
TuberkulöskraDker frühzeitig anfgefunden, ehe er
Beine Umgebung angesteckt habe.
W. befürwortet die Aufnahme von kranken
Kindern in Kolonien, und zwar für viele Monate,
ja jahrelang. Er denkt sich die Sache so, daß
ein Gut erworben wird, welches sich selbst durch
Bewirtschaftung mit 2—3°/ 0 verzinst Das Wohn¬
haus soll möglichst groß sein, damit sofort viele
Kinder ohne große Kosten untergebracht werden
können. Die Kinder sollen zu Frucht- und Ge¬
müsebau herangezogen werden. Die Durchführung
einer solchen Kolonie steht in Sachsen nahe be¬
vor. Es ist eia Gut bei Chemnitz erworben
worden (Kosten der Neubauten inklusive Ein¬
richtung 16 000 Mark), welches 25 Kinder auf-
nehmeu kann. Das Gut liegt in einem Dorfe,
welches frei ist von Industrie. Durch die Nähe
von Chemnitz ist es leicht erreichbar. Die Lage
ist windge8chützt und hygienisch einwandfrei.
Das Gut liefert gute Ernteergebnisse und ist be¬
sonders für Fruchtbau sehr geeignet. Das Gut
kostet reichlich 92 000 Mark und wird sich vor¬
aussichtlich mit 3°/ 0 verzinsen. Was die Kinder
an Nahrungsmitteln aus dem Gute beziehen, muß
bezahlt werden. Die Ernährung der Kinder wird
aber dadurch billiger, da die Kosten des Zwischen¬
handels fortfallen. Es soll durchaus vermieden
werden, daß die innere Einrichtung der Kolonie
der eines Sanatoriums entspricht. Der ganze
Lebenszuschnitt, ebenso der innere Betrieb soll
so eingerichtet werden, daß die Bänder in Ver¬
hältnissen aufwachsen, welche sie auch später
vor sich haben. Es soll jede häusliche Arbeit
frühzeitig erlernt werden, z. B. Ofen anschüren,
Lampenputzen usw. Die Möbel, Betten sollen
nicht anders beschaffen sein als wie sie in der
Wohnung besserer Arbeiter vorkommeij. Der
Unterricht soll von den Lehrern des Dorfes er¬
teilt werden. Es wird erstrebt, Kinder von
kranken Eltern aufzunehmen, um sie aus ihrer
gefährdeten Umgebung herauszubringen. Wie
weit in der Praxis sich diese Vorschläge be¬
währen werden, wird die Erfahrung lehren müssen.
Hoffentlich hat der sächsische Verein, welcher
mit großer Hoffnung an die Einrichtung heran¬
gegangen ist, vollen Erfolg.
Paul Krause (Bonn).
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XV. Hygiene.
181
622. Die obligatorische Wohnungsdes¬
infektion als Maßregel zur Tuberkulose¬
bekämpfung; von Alfred Linde mann.
(Zeitschr. f. Tuberk. ßd. 19. H. 2. S. 105.)
L. empfiehlt in einer sehr ausführlichen Arbeit
die obligatorische Wohnungsdesinfektion bei Tuber¬
kulose. Die Zwangsdesinfektion müsse Platz
greifen in allen Fällen offener Tuberkulose, da es
unter diesen Bedingungen zu einer Verstreuung
von Krankheitserregern kommt. Es sollen nur
staatlich geprüfte Desinfektoren mit der Reinigung
betraut werden. Die Errichtung einer größeren
Zahl von Desinfektionsanstalten in großen und
mittleren Städten, sowie die Beschaffung von
transportablen Apparaten sei unbedingt zu er¬
streben.
Ferner sei die laufende, Desinfektion in der
Umgebung des Phthisikers notwendig.
Als Forderung werden aufgestellt:
1. Eine genaue Befolgung der Bauordnung
soll die Errichtung einwandsfreier Wohnungen
mehr und mehr fördern.
Bau von Ledigenheimen mit besonderen Kranken¬
abteilungen.
2. Ausdehnung der Krankenversicherung auf
die Familienmitglieder, welche fortlaufend in den
Tuberkulosefürsorgestellen nach Meldung eines
Krankheitsfalles zu kontrollieren sind. Strenge
und regelmäßige Durchführung der ärztlichen
Fabrik- und Gewerbeinspektion, welche Neuinfek¬
tionen oder event. verheimlichte Fälle zu eruieren
und erkannte Bazillenspender aus der Nähe der
gefährdeten Umgebung zu entfernen hat.
3. Aus dem Berufe der Ammen, Hebammen,
Wochenpflegerinnen, der Kindermädchen, der
Lehrer, sowie aus dem Nahrungsmittelgewerbe
sind Bazillenspender unbedingt entfernt zu halten.
4. Eine Evakuierung gesutuler Kinder und
Unterbringung derselben in staatlichen Heimen
oder tuberkulosefreien Familien sei anzustreben,
wenn tuberkulöse Angehörige vorhanden sind.
5. Absonderung der Bazillenausscheider von
ihrer Familie bei Arbeitsunfähigkeit im Kranken¬
haus, bei erhaltener Arbeitsfähigkeit durch Be¬
schaffung von hygienisch einwandsfreier Arbeits¬
gelegenheit, für unheilbare Tuberkulöse in be¬
sonderen Heimen.
L. rechnet aus, daß für die nach diesen Vor¬
schlägen durchzuführende Desinfektion in Berlin
jährlich wenigstens 100 000 Mark ausgegeben
werden müßten. Eine sehr beträchtliche Summe,
wenn man bedenkt, daß man dafür bei 4% Ver¬
zinsung ein Kapital von 2 */ 2 Millionen zur Ver¬
fügung hätte, es scheint mir sehr viel wünschens¬
werter, für Sanierung der Wohnungen alljährlich,
diese Summe von 2—3 Millionen auszugeben und
auf diese Weise die schlechten Wohnungen all¬
mählich zum Verschwinden zu bringen.
Paul Krause (Bonn).
623. Einige Wurzeln des gesundheit¬
lichen Aberglaubens in England; von Ernst
Schnitze. (Hyg. Rundschau Bd. 22. S. 1085
u. 1157. 1912.)
Der hygienische Aberglauben steht in vielen
Fällen in enger Beziehung zur Religion. Auch
politisch hat der Aberglaube in England speziell
in der Form des Glaubens an die Heilkraft der
Person des Königs, eine große Rolle gespielt.
An der Hand einer Fülle von interessantem Einzel¬
material gibt Sch. in großen Zügen ein Bild des
gesundheitlichen Aberglaubens in England von der
frühesten Zeit bis jetzt. Heute vermag dort der
Aberglauben wenigstens auf staatliche Maßnahmen
gegenüber Krankheiten und Seuchen einen direkten
Einfluß nicht mehr auszuüben. Im Privatleben
ist er aber immer noch stark verbreitet, und zwar
mehr als in Deutschland. Wenn es nach Mei¬
nung Sch.s auch kaum gelingen dürfte, diese
Übelstände vollständig auszurotten, so wird es
in England doch wohl möglich sein, noch ganz
erhebliche weitere Verbesserungen zu erzielen,
wenn erst das Volksbildungswesen sich in seiner
vollen Wirksamkeit entfalten wird.
Koenigsfeld (Breslau).
624. DieTrinkerkinder unter den Schwach¬
begabten Schulkindern; von Eugen Schle¬
singer. (Milnchn. med. Woch. 19l2. S. 649.)
Von den mannigfachen ursächlichen Fak¬
toren, die beim Zustandekommen einer schwachen
Begabung mitwirk*en, ist im Sinne der Vererbung
in erster Reihe die neuropsychopathische Kon¬
stitution der Eltern, in zweiter Reihe die Trunk¬
sucht derselben zu nonnen. Schl, fand bei der
Untersuchung von annähernd 200 Schwachbegab¬
ten Kindern der Hilfsschule in 30°/«, zugestandener¬
maßen Trunksucht der Eltern in größerem oder
kleinerem Maße. Im Gegensatz zu der neuro-
psychopathischen Belastung hegt diejenige durch
Alkoholismus der Eltern vorwiegend auf seiten
des Vaters (38:3). Das ist nur teilweise durch
die stärkere Verbreitung der Trunksucht unter
den Männern begründet; der tiefere Grund liegt
in der besonders geringen Vitalität der Nach¬
kommenschaft der Trinkerinnen, von denen nach
S u 11 i v a n und A r r i v 6 in 55°/ 0 die Kinder tot¬
geboren werden oder in den ersten beiden Lebens¬
jahren sterben.
Der körperlichen Konstitution nach waren
unter den Trinkerkindern nur 33°/ 0 als gut zu
bezeichnen, 57«/„ waren mäßig, 9°/ 0 mangelhaft
und schlecht entwickelt. Bei Schwachbegabten
Schulkindern nüchterner Eltern waren dagegen
50®/ 0 gut genährt und gut gebaut, 36°/ 0 in leid¬
licher und 8°/ 0 iu mangelhafter Verfassung. In
denselben Altersstufen der Elementarschulen fand
Schl. 58°/ 0 gut konstituierte, 40«/® mittelmäßige
und nur 2% schlecht entwickelte Kinder.
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182
XVI. Gerichtliche Medizin.
Sehr häufig wiesen die Trinkerkinder „Stig- 8 stärkere Charakterfehler hatten und 4 ausge-
rnata“, Bildungsfehler auf, wie Asymmetrie an sprochene Verbrechernaturen waren, waren von
Schädel- und Gesichtsformen, fliehende oder nie- 42 geistig rückständigen Trinkerkindern 21 ohne
dere Stirn mit starken Supraorbitalwulsten, Ab- erhebliche Charaktereigentümlichkeiten, 16 stark
flachung des Hinterhaupts, Hydrozephalus, Turm- psychopathisch und 5 ausgesprochene Verbrecher,
schädel, Prognathie und Progenie, Besonderheiten
der Ohrmuschel.
Vor allem liegen aber die Eigentümlichkeiten
der Trinkerkinder im Verhalten ihres Zentral¬
nervensystems. Mehr als die Hälfte der Kindor
litt im ersten Jahre an Krämpfen (Tetanie, Spas-
mophilie); später waren beständige oder vorüber¬
gehende Erregungszustände häufig, Unruhe, Zit¬
tern, Grimassenschneiden, Gestikulieren, Tics con-
vulsifs. Einige Kinder ütten an echter Epilepsie.
Bei den Intelligenzdefekten finden sich alle
Abstufungen der geistigen Minderwertigkeit. Be¬
sonders ungünstig liegen die Verhältnisse, wenn
in der Aszendenz Potatorium und Geisteskrank¬
heiten Zusammentreffen, was nicht selten der
Fall ist.
Besonders ausgesprochen ist bei den schwach- Italiemsche Austernzüchtung und
begabten Kindern aus Trinkerfamilien im Gegen- Darmkrankheiten ; von J. Ban di. (Zentralbl.
satz zu solchen von nüchternen Eltern der ere- 62. S. 212. 1912.)
thische, erregte Typus (21%) mit beständig wech- Die hygienischen Verhältnisse der Austern-
selnder, bald hierhin, bald dorthin gerichteter züchtereien in Italien sind fast durchweg sehr be-
Aufmerksamkeit, Gedankenflucht und sprung- denklich. Insbesondere sind die Aufbewahrungs-
haftera Denken, während nur 10% den torpiden, teiche meist stark verunreinigt. Das „kleine
apathischen Typus zeigten. Meer“ bei Taranto, die größte Austernzüchterei,
Ebenfalls deutlich unterscheiden sich schwach- bildet eine Kloake für 30000 Menschen. Es besteht
begabte Trinkerkinder von anderen Debilen auf hier eine ernste Gefahr für die öffentliche Gesund¬
ethischem Gebiet. Während von 32 schwach- heit. Eine Abhilfe ist allerdings schwer zu treffen,
begabten Kindern aus nüchternen Famiüen 20 ohne die Industrie erheblich zu schädigen,
keine psychischen Besonderheiten aufwiesen, W al z (Stuttgart).
XVI. Gerichtliche Medizin.
626. Versuch zur Erweiterung des ge- leuchtend rote Farbe aus. St. streift dann die
richtsärztlichen Blutnachweises; von Her- Benzidinprobe, welche er auch wegen der riesigen
mann Stoll. (Habilitationsschrift. Tübingen Empfindlichkeit als Vorprobe bezeichnet Er
1912. H. Laupp.) kommt dann auf die Blutkristalle zu sprechen.
St. bringt unter Berücksichtigung der Literatur bezeichnet die Puppe sehe Modifikation der
eine Kritik und Modifikationen bekannter Metho- Hämochromogenkristalle als wertvolle Bereiche-
den des gerichtsärztlichen Blutnachweises. In rung und hobt u. a. die Mögüchkeit des spektro-
der Einleitung vergleicht St. die gerichtsärztlichen skopischen Nachweises des Hämoehromogens ent-
und klinischen Erfordernisse bei der Unter- gegen den Teichmannschen Kristallen hervor. Es
suchung auf Blut. Beide Parteien arbeiten besser folgen Beschreibung und Mikrophotogramme von
mit dem Blutfarbstoff als mit dem mehr oder Hämoehromogenkristallen dargestellt mit Pyridin
minder verunreinigtem Blut (z. B. mit Kot). Zur und Natriumhydrosulfit aus analysenreinem Hä-
Isolierung des Blutfarbstoffes aus der Blutspur matin und Hämin aus dem oben beschriebenen
wird eine Modifikation der Weberschen Probe Eisessig-Äther-Extrakt. Das wegen seines Ge-
empfohlen: Die mit kochendem Eisessig extra- ruches unangenehme Pyridin auszuschalten ist St.
hierte Blutspur wird mit der doppelten Menge nicht gelungen, die erforderlicho Natriumhydro-
Wasscr versetzt, dann mit Äther ausgeschüttelt, sulfitlösung stellte er sich täglich frisch her. Es
Einige Tropfen Alkohol klären den sauren Äther- wird weiter das optische Verhalten der so dar-
extrakt des Hämatins. Zur Reduktion des sauren gestellten Hämochromogenkristalle, die Rolle,
Hämatins verwendet St. Natriumhydrosulfit, von welche das Pyridin dabei spielt und die Möglich-
dem wenige Körnchen zur Reduktion von 5 ccm keit, sie mit den Kristallen gewisser roter Farb-
Lösung genügen. Das so entstehende Hämo- Stoffe zu verwechseln, besprochen. Die Darstel-
chromogen zeichnet sich durch seine besonders lung der Eisessig-Äther-Hämochromogenkristalle
Unter den ausgesprochenen Charakterfehlern fin¬
den sich Faulheit, Eigensinn, Widersetzlichkeit,
Frechheit, Roheit, Lügen und Stehlen, besonders
häufig aber und als hervorstechende Eigentüm¬
lichkeit vieler Trinkerkinder Schulschwänzen und
Vagabundieren. Ferner ist noch der Hang zur
Trunksucht zu erwähnen, wobei besonders auf¬
fällt, daß Trinkerkinder oft eine merkwürdige
Empfindlichkeit gegenüber dem Alkohol auf¬
weisen und schon durch kleine Mengen Wein,
Bier oder Schnaps rasch berauscht werden.
Eine frühzeitige Fürsorgeerziehung in einer
geschlossenen Anstalt erscheint aus manchen
Gründen empfehlenswert.
Koenigsfeld (Breslau).
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XVII. Militärmedizin.
183
bewährt sich am meisten bei größeren, aber
stark verunreinigten Blutproben. Bei kleinsten
Blutmengen vorsagt sie.
Der 2. Teil der Arbeit bringt Studien über die
Absorptionen im violetten Teil des Spektrums
durch Hämoglobin uend seine Derivate. St. be¬
nutzte dazu die Spektrographie mit Eisenbogen¬
licht im Bürkerschen Apparat Die schönen
Spektrograrame sind der Arbeit beigefügt. Die
Spektrographie läßt einen Blutnachweis bis zu
Verdünnungen von 1:60 000 objektiv führen.
Über diesen Teil müssen Einzelheiten in der
Arbeit selbst nachgelesen werden.
Nippe (Königsberg).
XVII, Militärmedizin.
627. Vor 100 Jahren. Die ärztlichen
Heroen der napoleonischen Epoche; von Iwan
Bloch. (Med. Klin. Bd. 8. S. 1176. 1912.)
Die Erinnerungen an das Jahr 1812 finden
ihren Niederschlag auch in der medizinischen
Literatur. Große Zeit gebiert große Männer. Die
französische Revolution und die welterschüttem-
den Ereignisse der napoleonischen Periode brach¬
ten auch den Naturwissenschaften und der Medi¬
zin neue Ideen und frische tatkräftige Männer,
welcho mit schöpferischer Hand die dogmatisch
erstarrto Medizin zu neuem Leben entfalteten.
B. erinnert in seiner ansprechenden Skizze an
drei solcher prominenten Persönlichkeiten aus der
Umgebung Napoleons, an seine Leibärzte und
Armeechefärzte Desgenettes, Larrey und
Percy, alle drei Männer der Tat und Männer
der Feder, welche die Medizin in lebendige Ver¬
bindung mit dem Erfordernis des Tages gebracht
und einen weitgehenden Einfluß auf den medi¬
zinischen Nachwuchs ausgeübt haben.
Obenan steht Larrey, der Schöpfer der
modernen Kriegschirurgie und des Kriegssanitäts¬
wesens überhaupt, eine einschneidende Persön¬
lichkeit und Charaktergröße, den Napoleon selbst
als „l’homme le plus vertueux“ bezeichnete. Er
hat den Kaiser in 25 Feldzügen, 60 Schlachten und
mehr als 400 Gefechten begleitet und wurde von
ihm in seinem Testament mit einem Legat von
100 000 Fr. bedacht („il a laissä dans mon esprit
l’idäe du väritable homme de bien“). Mit univer¬
seller Bildung und genialem Blicke ausgestattet,
hat er in allen Lagen die Medizin den Heeren
seines Kaisers nutzbar gemacht, ebenso in der
praktischen Kriegschirurgie, wie in der Seuchen¬
bekämpfung und in der Ausbildung einer
modernen Krankenfürsorge. Er schuf die fliegen¬
den Feldlazarette und die „Sanitätsdivisionen“
und führte die ersten Krankentransportwagen ein.
In der Restaurationsperiode war Larrey als Pro¬
fessor der Chirurgie am Höpital des Invalides
noch bis ins hohe Alter ein berühmter Kliniker.
(VgL auch H. Kritzler, Jean Dominique Larreys
Memoiren und das Sanitätswesen des französi¬
schen Heeres unter Napoleon Bonaparte, D. mili-
tärärztl. Zeitschr. 1911. Nr. 1. S. 7.)
Desgenettes war mit Napoleon in Ägypten,
wurde Chefarzt der Orientarmoe, 1804 General¬
inspekteur des Militärsanitätswesens und Pro¬
fessor an der Ecole de santä, machte später die
Feldzüge in Preußen, Spanien und Rußland mit,
wo er gefangen wurde. Er entfaltete auch später
noch durch Wort und Schrift, als Lehrer und
Inspekteur eine große Tätigkeit. Er schrieb die
berühmt gewordene Histoire mödicale de l’arm6e
de l’Orient.
Percy, „le Görcke de I’armöe francaise“, wie
er sich selbst dem König von Preußen 1807 vor-
stellto, war ebenso Arzt wie Organisator, ein
wahrhaft humaner Mensch, als Schriftsteller
ebenso berühmt wie Larrey. Der von ihm er¬
fundene Kastenwagen „le Wurst“ war der Vor¬
gänger von Larreys Krankentransportwagen mit
eingehängten Tragen.
Widenmann (Danzig).
628. Mit Napoleon in Rußland; von
H. v. Roos. Herausgegeben von Paul Holz¬
hausen. (Stuttgart. Rob. Lutz. Memoiren¬
bibliothek.)
Die Memoiren des württembergischen Militär¬
arztes Heinrich von Roos sind eine neue
Ausgabe seiner im Jahre 1832 erschienenen
„Denkwürdigkeiten aus dem Kriege des Jahres
1812“, welche Paul Holzhausen mit einer
einleitenden geschichtlich-kritischen Darstellung:
„Die Tragödie des großen Heeres“ versehen hat.
Der junge schwäbische Arzt Dr. Roos war im
Jahre 1800 in den Heeresdienst seines Heimats¬
landes eingetreten und hatte schon die napo-
leonischon Kriege gegen Österreich und Preußen
1805—1809 mitgemacht. Als Oberarzt eines
württembergischen Reiterregiments zog er 1812
von der Donau nach Rußland, wurde an der
Beresina gefangen und in russische Kriegsdienste
übernommen.
Das Buch bringt wenig Medizinisches und
auch dieses Wenige meist in Form einzelner Er¬
zählungen ungewöhnlicher Fälle von chirurgischen
Verletzungen, von der Not an Arznei- und Ver¬
bandmitteln und von dem gräßlichen Zustand der
unversorgten Verwundeten. Nur selten findet man
ein zusammenhängendes Urteil über Fragen des
Sanitätsdienstes, über die Folgen der unzureichen¬
den Ernährung und Kleidung oder einen Vergleich
der Leistungsfähigkeit der Truppen der verschie¬
denen Kontingente. Es bringt auch nichts odor
wenig über strategische Fragen, wie es nicht ver¬
wunderlich ist bei einem Manne, welcher im
Rahmen seiner Truppe weitergeschoben wird, nur
gerüchtweise von den Absichten der Heeresleitung
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184
XVII. Militärmedizin.
erfährt und mit den Sorgen des Alltagslebens
schwer belastet ist. Was dem Buche seinen Reiz
verleiht, das ist die schlichte Darstellung des
Lebens und Leidens der Truppe und seiner
eigenen Person mit allen ihren sympathischen
Zügen und manchen kleinen Schwächen. Schon
die Schilderung des Marsches des jungen lebens¬
frohen Regiments durch die deutschen Gaue bis
zum Njemen, |>is wohin sich das Regiment in
so guter Verfassung befand, daß R. nur einen
Kranken an Pneumonie verlor und eine Hydro- j
zelenOperation zu machen hatte, ist sehr an¬
ziehend. Beim Vormarsch befand sich das Regi¬
ment in der Avantgarde Murats in einer ge¬
mischten Kavalleriedivision, kam an der Düna,
bei Witebsk (Ostrowno), bei Jukowo und Borodino
ins Gefecht, ritt durch Moskau durch und sah
die große Stadt aus der Feme brennen. Hatte das
Regiment bis dahin schon durch Hunger, Krank¬
heit und Verwundungen die Hälfte seiner Leute
verloren, so wurde es in den nächsten Wochen
am Flüßchen Tschcrnischnja durch fast unaus¬
gesetzte Angriffe der Kosaken Kutusows, durch
die „zum Erbarmen kümmerliche Lebensweise“
und den Mangel an Schutzmitteln in den bitter¬
kalten Nächten des Oktobers fast vollkommen auf¬
gerieben. Nachts legte man sich auf das Stroh,
welches man am Morgen den Pferden zum Futter
vorwarf, und die Nächte waren zum Teil so kalt,
daß man beim Erwachen das Stroh mit Tau und
Reif so zusammengefroren fand, daß man es bei¬
nahe brechen mußte. Die mageren Pferde waren
mit Tau und Reif bedeckt, bis die erwärmende
Sonne diesen schmolz. Salz wurde durch Schieß- \
pulver ersetzt, Butter durch Talg oder Talg¬
lichter. Und nun kam erst vom 18. Oktober ab
nach der Vereinigung mit den aus Moskau her¬
ziehenden Truppen der Rückzug aus Rußland,
den R. als stellvertretender Generalchirurg im
Stabe des Grafen von Scheler mitmachte. Seit
Eintritt der strengen Novemberkälte ging R o o s
zu Fuß und hatte Mühe, sein erschöpftes Pferd
nachzuziehen, bis er es bei Orscha preisgab und
auch seinen Pelz an der Straße liegen ließ; un¬
fähig, seine Last noch zu tragen, zog er „lumpig
und halb verbrannt wie die meisten um und neben
mir die Straße einher“. Am 26. Nov. kam er bei
Studjenka an die Beresina. Bei dem unglaub¬
lichen Gedränge der Menschen, Tiere, Geschütze
und Bagagen, welches an dem Flusse sich ein¬
stellte, waren seine Versuche, an die Brücke zu
kommen, vergeblich, an welche zunächst nur
Streitbare, welche noch Waffen trugen, zugelassen
wurden, Roos hat die Brücke nie erreicht, ja
nicht einmal gesehen. Am 3. Tage wurde er an
der Beresina von einem Kosaken ausgeplündert
und so ausgeraubt, daß ihm nur eine Schere, seine
Tabakspfeife, einige Mittel zum Verband und
etwas Kaffeepulver blieben. Nach all dem
Jammer und den Entbehrungen dieses Feldzuges
— er machte in der Gefangenschaft noch den
Kriegstyphus durch — gestaltete sich sein wei¬
teres Schicksal wieder freundlicher. Während er
zu Hause totgesagt worden und seine Trauer¬
anzeige veröffentlicht worden war, fand er in
russischen Diensten wohlwollende Menschen und
wurde im Frühjahr 1813 in die Kreisstadt Boris-
sow an das dortige Haupthospital versetzt. Er
blieb auch später als Zivilarzt in Rußland und
gelangte in Petersburg zu angesehener Stellung.
Widenmann (Danzig).
629. Le Service de sant6 des armöes
, fran^aises et les övacuations par eau de
; de 1743 & 1832; parFerson. (Arch. de Möd.
et de Pharm, mil. Bd. 59. S. 455. 1912.)
Die erste Evakuation von Verwundeten in der
französischen Armee fand im Jahre 1743 statt,
einem Jahre, das sich auch noch dadurch aus¬
zeichnet, daß in ihm zwischen dem Engländer
S t a i r und dem Franzosen Maurice de
N o a i 11 e s ein Vertrag geschlossen wurde, nach
dem die Hospitäler, ihr Personal und die Ver¬
wundeten unverletzlich sein sollten. Seit dieser
Zeit ist der Abschub der Verwundeten auf dem
Wasserwege in allen Kriegen Frankreichs aus¬
geführt worden, besonders in den Napoleonischen
j Feldzügen, von denen F. zahlreiche Beispiele
nennt. Uns Deutsche interessieren naturgemäß
diejenigen am meisten, welche unser Vaterland
! betreffen. So wurden nach der Schlacht bei Jena
j französische Verwundete auf dem Main nach
Würzburg und von da zum Rhein bis nach Dat-
tingen geschafft. Im Feldzuge 1807 benutzte man
ebenso wie später 1813 das Frische Haff, die
Weichsel, den Bromberger Kanal und die Warthe,
um Verwundete von Königsberg nach Berlin zu
überführen. Auch von Stettin wurden Verwun¬
dete auf dem Wasserwege — Oder, Finowkanal,
Havel — nach Spandau und weiter auf der Elbe
bis nach Mitteldeutschland gebracht. Auf digse
Weise gelangten im Juni und Juli fast 12 000
kranke und verwundete Franzosen und Russen,
im August mehr als 13000 Franzosen und Alliierte
vom Kriegsschauplatz nach Sachsen, besonders
nach Magdeburg. Sehr ausführlich werden die
Schwierigkeiten geschildert, welche die mit Ver¬
wundeten beladenen Kähne hatten, wenn sie von
Norden kommend an dem von den Franzosen be¬
lagerten Graudenz, oft von den Kanonen der
Festung beschossen, vorüber mußten. Ein ernster
Unfall ereignete sich indessen nicht, trotzdem die
Zahl der Fahrzeuge, welche hier die Weichsel
aufwärts fuhren, mehr als 1500 betrug. Allerdings
litten diese Evakuationen außerordentlich darunter,
daß sie den Charakter des Improvisierten trugen,
kein ärztliches oder Verwaltungspersonal mit sich
führten und vor allem keine Verpflegungsmittel
hatten. Deshalb organisierte Napoleon bei Beginn
des Feldzuges von 1812 einen regelrechten Eva-
kuationsdienst auf den Flüssen Ostdeutschlands.
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XVII. Militärmedizin.
185
Neben einer Verbesserung des Bromberger Kanals 1
und der Schiffahrt auf der Netze und der Warthe
wurden 100 Pontons und 100 offene (Oder-) Kähne
für den Abschub der Verwundeten eingerichtet
und mit Marinesoldaten bemannt. Leider fehlt in
der sehr lesenswerten Beschreibung eine Angabe,
wie sich diese Einrichtung bewährt hat, es läßt
sich aber wohl annehmen, daß der oben erwähnte
Abtransport der Verwundeten vom Frischen Haff,
auf der Weichsel usw. bis nach Mitteldeutsch¬
land — 2000 km im ganzen mit einer durchschnitt¬
lichen Tagesgesclnvindigkoit von 20 km — mittels
dieser von Napoleon geschaffenen Art der Eva-
kuation stattgefunden hat.
Hammerschmidt (Danzig).
630. Eine neu aufgefundene Weih¬
inschrift eines altrömischen Militärarztes;
von Haberling. (D. militärärztl. Zeitschr. J
Bd. 41. S. 130. 1912.)
Seinen 1910 in Heft 42 der Veröffentlichungen
aus dem Gebiete des Militärsanitätswesens zu-
sammengostellten Inschriften, die von römischen
Militärärzten handeln, fügt H. eine neue hinzu.
Aus einer Inschrift auf einem kleinen Sandstein¬
altar, der am Ufer des Au-Baches gefunden wurde,
geht hervor, daß der Arzt T i t. F1 a v. Pro-!
c e s s u s von der Deutzer Kundschaftertruppe !
zur Zeit des Kaisers Gordian (238—244) dem
Genius der Lazarettgehilfen (Capsarii) einen
Denkstein weihte. H. schließt aus dem Funde,
daß der Denkstein in einem Militärlazarette ge¬
standen habe. Hammerschmidt (Danzig).
631. Veröffentlichungen aus dem Ge¬
biete des Militär-Sanitätswesens. Heraus-
gegebeu von der Med, Abt, des Köm gl. Preuß.
Kriegsministeriums. H. 51. 52. (Berlin 1912.
Hirschwald.)
Über Sauerstoffatmungsgeräte im Ileeres-
Sanitätsdienste; von Landgraf und F. Kraus.
Nach eingehenden therapeutischen Erörterun¬
gen kommen beide Autoren zu dem Schluß, daß
für alle Lazarette die Beschaffung von Sauerstoff- j
apparaten nicht notwendig sei — bei 69 Vergif¬
tungen mit Kohlenoxyd in der Armee in den letz¬
ten 10 Jahren sind nur 4mal Sauerstoff-Inhala¬
tionen angewendet worden (1 ist gestorben), bei
Pneumonien versagt die Sauerstofftherapie, zur
Hebung von Dyspnoe stehen andere palliative
Mittel zur Verfügung —, wohl aber sollten für ge¬
wisse Dienstzweige, Festungs - Pionier - Kompag¬
nien und Luftschiffer-Abteilungen, solche bereit¬
gehalten werden. Als einfacher, sehr leistungs¬
fähiger Apparat wird für diese Zwecke der von
Brat empfohlen. In größeren Lazaretten sind
Sauerstoffbomben mit Reduktionsvontil, Spar¬
beutel und Maske für Vergiftungen mit Hämo¬
globingiften, zur Bekämpfung akuter Anämien
und akuter Kreislaufschwäche aufzustellon, in
kleinen Garnisonen dürften Vereinbarungen mit
Apotheken, Feuerwehr usw. empfehlenswert sein.
Kraus schlägt der Heeresverwaltung vor, Appa¬
rate zu prüfen, welche den Sauerstoff erst im
Augenblick des Bedarfs aus Chemikalien ent¬
wickeln und für bestimmte Zwecke (vor allem für
Flugapparate wegen des Gewichtes der Bomben)
in Betracht kommen. (Sitzungsbericht des
wissensch. Senats bei der Kaiser Wilh. Akademie
vom 11. Nov. 1911).
Uber die Möglichkeit von Zinnvergiftungeu
beim Gebrauch verzinnter Eisenblechkannen für
Kaffee; von Strunk.
R ö h r i g (Bericht über die Tätigkeit der che¬
mischen Untersuchungsanstalt der Stadt Leipzig
1908) hatte anläßlicli der Tatsache, daß die den
städtischen Arbeitern verabfolgten, längere Zeit
in verzinnten Kannen aufbewahrten Kaffeeauf¬
güsse neben einem schlechten Geschmack Übel¬
keit und leichtes Unwohlsein hervorzurufen im¬
stande gewesen waren, gefunden, daß fertiger, ge¬
kochter Kaffee, selbst wenn er aus koffeinfreiem
Kaffee bereitet war, metallisches Zinn aufzulösen
vermag. Str. hält es nach einer Reihe von Ver¬
suchen für unmöglich, daß unter gewöhnlichen
Verhältnissen, wie sie für die Aufbewahrung des
Kaffees in Betracht kommen, eine Löslichkeit des
Zinns großer Kannen eintreten kann. Denkbar ist
nur, daß die im Kaffeedampf vorhandenen Säuren
das Eisen stark angreifen und daß durch den sich
vom Blech abhobenden Rost auch Zinnteilchen
mitgerisson werden, deren Menge aber als un¬
bedenklich anzusehen ist. Geräte aus verzinntem
Eisenblech, wie sie bei den Sanitätsformationen
und beim Lazarottzug vorgesehen sind, düruen
für Kaffeeaufgüsse wenig geeignet sein, da, wenn
die Verzinnung schadhaft geworden ist und das
Eisen freiliegt, das Getränke leicht einen unange¬
nehmen metallischen Geschmack annimmt, Ge-
sundheitssehädigungon aber können daraus nicht
entstehen. Muß man derartige Kessel für Her¬
stellung größerer Mengen von Kaffoe im Felde
benutzen, so soll man das Getränk möglichst bald
in die zum Trinken eingerichteten Deckel der
Aluminiumkochgeschirre verteilen.
Uber die Ursache der Fleckenbildung
auf geschwärztem Aluminiumkochgeschirr; von
Strunk.
Bei einer Anzahl von Kochgeschirren, welche
in einem angeblich nicht feuchten Keller auf¬
bewahrt wurden, zeigten sich auf den geschwärz¬
ten Flächen kleine weiße Ausscheidungen und sich
rauh anfühlondo Flecken. Als Ursache fand sich
Salzsäure, welche zum Behandeln des Alumi¬
niums behufs Schwärzung verwendet worden war,
und die, wie bereits bekannt, das Metall löst, be¬
sonders wenn etwas Kochsalz hinzugefügt wird
und die umgebende Luft feucht ist Dadurch
wird das Aluminium in Tonerde übergeführt.
Praktisch ergibt sich die Forderung, Aluminium-
Sehmidts Jahrb. B<1. 317. II. 2.
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186
XVLI. Militärmedizin.
kochgeschirre möglichst trocken aufzubewahren,
und der Wunsch, beim Schwärzungsverfahren
Salzsäure und Schwefelsäure mit ihren Salzen zu
vermeiden.
Uber Rumuntersuchungen ; von Strunk.
Beim Vorkauf 30 Jahre alten Rums erzielte ein
Proviantamt wesentlich niedrigere Preise, als für
frischen Rum bezahlt worden war, da die Liefe¬
ranten und Aufkäufer der Ansicht waren, daß der
Alkoholgehalt des Rums während des Liegens er¬
heblich abnehme und die Güte desselben nach
10—15 Jahren sich verschlechtere. Das Ergebnis
der Untersuchung war, daß der Alkoholgehalt in
den gut verschlossenen Flaschen sich während
der 30 Jahre nur um Bruchteile eines Volum¬
prozentes vermindert hatte und daß die ältesten
Proben hinsichtlich des Geruchs und Geschmacks
am angenehmsten waren. Fremde Riechstoffe,
welche diesen Befund beeinflussen konnten, fehl¬
ten bei allen.
Uber feldbrauchbare Packungen neuerer Arz¬
neimittel zur örtlichen und zur Rückenmarks¬
betäubung, sowie über Suprarenin und Supra-
renin-Lösungen des Handels; von Budde.
Die in den Handel gebrachten Tabletten von
Novokain mit Supraronin und von Tropakokain
mit Suprarenin sind nur zum Teil keimfrei (Hof f-
mann, Kutscher), auch zersetzen sie sich
leicht in wenigen Monaten, selbst wenn sie in un-
angebrochener Packung liegen. Die Versuche,
das Pulver in zugeschmolzener Röhre unter Koh¬
lensäure bei 100° keimfrei zu machen, sind iben-
falls gescheitert. Darnach bleibt nichts anderes
übrig, als die Mischungen der Betäubungsmittel
in haltbarer Packung aufzubewahren und kurz
vor dem Gebrauch durch 5 Minuten langes Er¬
hitzen in Wassor keimfrei zu machen. Es wird
folgendermaßen verfahren: Tropakokain, die mit
Salzsäure ausgespülten und getrockneten Gläser
und der Achatmörser werden im Exsikkator
24 Stunden getrocknet, darauf Tropakokain und
Suprarenin im Achatmörser gemischt und sofort
in den Glasröhren zu geschmolzen. 10 solcher
Röhren mit je 0,05 Tropakokain und 0,0001 Supra¬
renin werden in einer Pappschachtel verpackt;
der Inhalt eines Röhrchens ist in 1 ccm Wasser
zu lösen und vor dem Gebrauche aufzukochen.
Für die örtliche Betäubung werden 0,5 Novokain,
0,001 Suprarenin und 0,6 Natrium chlor, verwen¬
det. Herstellung und Behandlung ist die gleiche,
nur daß der Inhalt eines Röhrchens in 100 ccm
W'assor gelöst wird. Die mit beiden Mischungen
in verschiedenen Armeekorps angestellten Ver¬
suche sind noch nicht abgeschlossen.
Die von den Farbwerken vorm. Meister Lucius
& Brüning in den Handel gebrachte Suprarenin-
Normallösung enthält einen Zusatz von durchaus
nicht harmlosem, tertiärem Trichlorbutylalkohol,
die von Borroughs, Wellcome & Co., London, her¬
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gestellte Nebennierenzubereitung Epirenin nicht
weniger als l,5°/oo freie schweflige Säure. Zur
Herstellung einer haltbaren Suprareninlösung in
zugeschmolzener Röhre ist ein keimwidriger
Körper nicht erforderlich, wenn Salzsäure zu¬
gesetzt wird. Die Vorschrift einer solchen
Lösung lautet:
Suprarenin bas. crystalL 0,05
Ac. hydrochlor. n/10 3,75—4,0 ccm
Natr. chlorat. 0,45
Aq. dest. ad 50,0
Die in Glasröhren gebrachte Lösung ist im
Wasserbade zu erhitzen, mit heißem Inhalt zuzu¬
schmelzen und eine Stunde im Dampfe keimfrei
zu machen.
Uber Veränderungen der Jodtinktur beim
Lagern, ihre Verhütung und die Aufbewahrung
der Jodtinktur in den Sanitälsbehältnissen; von
Budde.
Beim Aufbewahren und Lagern der Jodtinktur
spielen sich Oxydationsvorgänge ab, es bilden
sich Jodwasserstoffsäure, Essigsäureäthylester
und Aldehyd, außerdem kommt es zu einem Rück¬
gang des Jodgohaltes, der in 9 Monaten 20°/ 0 be¬
trägt. Die Umsetzungen der Jodtinktur sind am
stärksten in den ersten 8 Tagen. Durch Zusatz
von Jodkalium odor Jodnatrium in Mengen von
3,5 g auf 10,0 g Jod können diese Oxydations-
vorgängo zwar aufgehalten, aber nicht dauernd
verhindert werden. Jodtinktur für chirurgische
Zwecke soll daher nicht älter als 6 Monate sein.
Brauchbare Aufbewahrungsgefäße sind Glas-
gefäßo mit Glasstopfenverschluß in einem mit
Asbest ausgelegten Blechkasten, dessen Asbest
einen jodbindenden Körper (Natriumthiosulfat)
enthält. Für Feld- und Friedonsverhältnisse sind
zu geschmolzene Glasröhren eingeführt, die 10,0 g
Jod und 3,5 g .Jodkalium enthalten. Der Inhalt
wird in 90 Teilen Weingeist aufgelöst, soll aber
nicht länger als 6 Monate aufbewahrt werden; die
Herstellung erfolgt in den Sanitätsdepots.
Hammerschmidt (Danzig).
632. Die Pirquetsche Formel; von Dan-
nehL (D. militflrftrztl. Zeitschr. Bd. 41. S. 210.
1912.)
Pirquet, ein französischer Militärarzt, hat
eine aus dem Verhältnis von Körperhöhe, Aus¬
atmungsbrustumfang und Gewicht berechnete
Zahl als Hilfsmittel für die rasche Beurteilung der
Körperrobustizität aufgestellt: Pirquetschen Index
= Körperhöhezahl weniger (Ausatmungszahl 4-
Gewichtskilogrammzahl). Niedrige Zahlen (unter
10) bodouten sehr stark, 10—20 gut, 26—30
schwach, 35 völlig unzureichend. Die bisherigen
deutschen Nachprüfer (Schwiening an einem
Material von 52 066 zum einjährig-freiwilligen
Dienst berechneten Leuten, Ott, Seyfarth)
waren zu der Auffassung gekommen, daß bei der
Anwendung des Verfahrens auf große Massen ihm
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XVII. Militärmedizin.
187
in der Tat ein Wert für die Beurteilung der durch¬
schnittlichen körperlichen Kräftigkeit und Wider¬
standsfähigkeit zukomme, daß im Einzelfall aber
nur die niedrigen Pirquetschen Zahlen einen
einigermaßen sicheren Anhaltspunkt böten. Dem¬
gegenüber macht D. auf die mehrfachen Fehler¬
quellen der Pirquetschen Formel .aufmerksam,
welche auf dem mehr oder weniger großen Präva-
lieren der Einzelkomponenten (z. B. des Gewichts
bei Fettleibigkeit, der Größe bei jugendlichem
„Aufschießen“) beruhen und es mit sich bringen,
daß nach der Pirquetschen Formel Unbrauchbare
sehr wohl diensttauglich und sehr Starke dienst¬
untauglich sein können und daß während des
Dienstes Angehörige ungünstiger Pirquetscher
Klassen vielfach in bessere Klassen aufrücken.
Es ergeben sich also für einen nicht unbeträcht¬
lichen Teil Unstimmigkeiten. Er verwirft daher
die Pirquetsche Formel, wie jede andere Formel,
für die Anwendung im praktischen Dienst und
empfiehlt die Berücksichtigung der Einzelkompo¬
nenten neben der Abwägung aller anderen Ge¬
sichtspunkte zur Bildung eines Gesamturteils.
Widenmann (Danzig).
633. Über Simulation; von Dannehl.
(D. miiitärärztl. Zeitschr. Bd. 41. S. 361. 1912.)
Die besonders für jüngere Militärärzte be¬
achtenswerte Arbeit stellt zunächst die relative
Seltenheit von Simulation in der deutschen
Armee gegenüber derer in anderen Staaten fest,
sowie die zahlenmäßig Abnahme der gerichtlich
bestraften Fälle.
Es wird dann strenge Selbstkritik bezüglich
der angewandten Untersuchungs- und Prüfungs¬
methoden auf Seiten des Untersuchers gefordert,
milde (Disziplinär-) Bestrafung bei mangelnder
Böswilligkeit des Simulanten und genaue Prü¬
fung der Beweggründe, die zu Simulationsver¬
suchen geführt haben; insbesondere ist stets an
Hysterie zu denken, die bei Simulation und ihrer
Bewertung eine gewichtige Rolle spielt.
Die Entlarvung eines Simulanten geschieht
am sichersten, wenn es gelingt, die tatsächliche
Leistung eines angeblich funktionsuntüchtigen
Organes objektiv festzustellen; nicht ganz so
sicher, aber zur Entscheidung genügend, durch
„wiederholte Feststellung von erheblichen und un¬
erheblichen Widersprüchen".
Die Simulationsproben sind entweder objek¬
tive, vom Wollen des Untersuchten unabhängige
(z, B. Lichtreaktion der Pupillen bei angeblicher
Blindheit) oder subjektive; diese, die weitaus
meisten, beruhen auf den Angaben des Unter¬
suchten und bezwecken, ihn zu widersprechenden
oder erfahrungsgemäß falschen Angaben zu ver¬
leiten. Letztere teilt D. behufs methodischen Vor¬
gehens ein in:
1. Irreführung des Simulanten.
2. Ablenkung seiner Aufmerksamkeit.
3. Herbeiführung eines Verwirrungszustandes.
4. Ausnutzung allgemein vorhandener Unvoll¬
kommenheiten des menschlichen Wahrnehmungs-,
Bewegungs- und Überlegungsvermögens.
Diese 4 Methoden werden an zahlreichen Bei¬
spielen eingehend erläutert und ihro Ausführung
beschrieben. Mit Recht sagt D. am Schluß, die
Verläßlichkeit unseres Rüstzeuges gegen das
Simulantentum hängt durchaus von der Erfah¬
rung und Gründlichkeit des Untersuchers ab.
Thiel (Danzig).
634. Zur Beurteilung eigenartiger Fremd¬
körperverletzungen in einem Festungsge¬
fängnis; von Mangelsdorf. (D. miiitärärztl.
Zeitschr. Bd. 41. S. 324. 1912.)
Im Festungseefängnis zu Köln wurden von Mai
1910 bis Oktober 1911 15 Fälle von Nähnadelverletzungen
beobachtet, welche alle nur aus einer Abteilung und in
14 Fällen aus Einzelhaft stammten. Es handelte sich
ausschließlich um Gefangene mit längerer Strafzeit,
welchen noch eine längere Dienstzeit oder Strafzeit be¬
vorstand und welche innerhalb der Strafzeit viele
Disziplinarstrafen erlitten hatten. Die meisten waren
in Näharbeit geübt. Nur in einem der Fälle war die
Verletzung gleich gemeldet worden. In einem Falle
fanden sich vier, in einem anderen sechs, in einem
dritten zehn Nadelstücke. Die chirurgische Behandlung
dieser Fälle war meist sehr langwierig, da es sich
zum Teil um tiefe progrediente Phlegmonen handelte.
5 Patienten mußten als dienstunfähig entlassen werden.
Da in den vorausgegangenen 9 Jahrgängen des
Festungsgefängnisses «insgesamt nur 17 Fälle analoger
Verletzungen vorgekomraen sind, solche auch in den
übrigen Festungsgefangnissen und bei den Bekleidungs-
ämtem sehr selten sind, nimmt M. eine „Epidemie von
Selbsttersiümmelungsterauehen“ als wahrscheinlich an.
Nur einer der Patienten gestand solchen ein. In drei
Fällen wurde das psychische Verhalten der Patienten
pathologisch befunden (psychopathische Konstitution).
Widenmann (Danzig).
635. Die Sortierung der Kranken und
Verwundeten im Kriege; von Red er. (Militär¬
arzt 1912. S. 582.)
Die voraussichtliche Heilungsdauer ist das
Hauptkriterium, der Grad der Verletzung nur in¬
soweit maßgebend, als er die augenblickliche
Transportfähigkeit beeinflußt. Die im öster¬
reichisch-ungarischen Heere vorgeschriebene Ein¬
teilung in Schwer- und Leichtverwundete mit der
Untereinteilung in Untransportable, liogend oder
sitzend zu Befördernde erscheint daher weniger
zweckmäßig als die von v. Oettingen im
russisch-japanischen Kriege erprobte Einteilung
in 1. Leichtverwundete, d. h. gar nicht oder nicht
weit abzuschiebende Verwundete, 2. langer Hei¬
lung Bedürftige, daher weit Abzuschiebende,
3. transportfähige Schwerverwundete, deren Ab¬
schubweite sich unmittelbar nach ihrem Zustande
und der Nähe der verfügbaren Lazarette richtet,
4. untransportable Schwerverwundete. Die Ein¬
teilung muß grundsätzlich von den absendenden
Sanitätsstellen vorgenommen und die Transport¬
art auf den Verwundetentäfelchen vermerkt wer¬
den, -weil die Sortierung, welche erst an den Ver-
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188
XVI f. Militärmedizin.
ladeorten Platz greift, sonst zu einem verhängnis¬
vollen Chaos führen kann.
Widenmann (Danzig).
636. Zum Verwundetentransport durch
aufgesessene Fahrer unter Verwendung von
aus zwei Fahrrädern hergerichteten Not¬
fahrbahre; von Sachs-Müke. (D. militär-
ärztl. Zeitschr. Bd. 41. S. 138. 1912.)
Mittels des bei den Truppen vorhandenen
Handwerkszeuges läßt sich durch Bandeisen,
Holzleisten, Schrauben und Nägel eine einfache
Notfahrbahre herstellen. Die Hinterräder zweier
Fahrräder werden durch eine kräftige Holzleiste,
an deren Enden sich Winkelstücke aus Bandeisen
befinden, miteinander verbunden. Das Winkel¬
stück ist durchlocht und wird mit der eigenen
Achsenschraube der Räder an der Radachse be¬
festigt. Die Verbindung der Vorderräder erfolgt
durch zwei Bandeisenstücke, von denen das
Winkelstück an die Vorderradachse angeschraubt,
das andere an der Holzleiste befestigt wird. Beide
Bandeisenstücke sind an ihrem freien Ende
durchlocht und durch eine durch die Löcher hin¬
durchgesteckte Schraube gegeneinander beweg¬
lich. Will man die Hinterachse noch verstärken,
so kann man durch weitere Holzleisten einen
Rahmen hersteilen, der an der Hintergabel durch
Bandeisenschnallen und Schrauben befestigt wird.
Auf die beiden Achsen des so hergestellten
Wagens wird die Krankentrage gelegt. Die erste
Herrichtung des Notbehelfs nimmt 2—4 Stunden
in Anspruch, die Winkeleisen können am Rade
bleiben, alsdann erfordert das Zusammenstellen
oder das Auseinandernehmen 6—10 Minuten.
Preis der Materialien 1 Mk. Wie Versuche er¬
geben haben, ist der Transport der Verwundeten
sogar auf Wald- und Feldwegen ein sicherer und
sehr schonender. Bedingung ist, daß die Räder
die gleiche Übersetzung haben und daß die Ver¬
bindungslinie der Vorderräderachsen größer ist
als die der Hinterräder. .
Hammerschmidt (Danzig).
637. Tente mobile pour poste de re-
cours; par Montagnö. (Arch. de M6d. et de
Pharm, mil. Bd. 59. S. 444. 1912.)
Der Ubelstand, daß die in nächster Nähe
der Regimentsreserven zu errichtenden Verband¬
plätze für die erste Hilfeleistung — die Truppen¬
verbandplätze nach unserer Bezeichnung — beson¬
ders in den östlichen Gegenden „unseres Vater¬
lands, wohin uns der Kampf jeden Augenblick
rufen kann“, außerordentlich unter den Unbilden
der Witterung zu leiden haben und ein aseptisches
Arbeiten bei Staub, Regen usw. geradezu unmög¬
lich ist, führt M. zu folgendem Vorschlag: Der
(offene) Medizinwagen führt einen 3,30 m langen
und 2,20 m breiten Zeitplan mit, welcher an einer
Stange von der Länge des Wagens befestigt ist
und während des Marsches aufgerollt bleibt.
Wird der Verbandplatz errichtet, so rollt man den
Zeitplan ab, die Stange, an welcher das eine Ende
befestigt ist, wird an der Scheidewand des Wagens
befestigt, das andere, freie Ende wird durch zwei
Zeltstangen gestützt, welche der besseren Haltbar¬
keit wogen durch Sturmleinen verstärkt werden.
Der Wagen wird nach der Windrichtung ge¬
schoben, wodurch ein Schutz gegen Staub und
Regen entsteht. Der Raum unter dem Zeltdach ist
groß genug, daß ein Arzt mit einem Gehilfen an
einem liegenden Kranken arbeiten kann, während
ein zweiter einen stehenden Verwundeten zu ver¬
binden imstande ist. Der Preis der sehr einfachen
Einrichtung beträgt 25 Fr. für einen Wagen.
Hammerschmidt (Danzig).
638. Spritzen der Kriegs- und Friedens¬
sanitätsausrüstung; von v. Tobold. (D. mili-
tärärztl. Zeitschr. Bd. 41. S. 1. 1912.)
Eingehender Bericht über Gutachten und Vor¬
schläge, sowie über Versuche des Hauptsanitäts-
depots in Berlin hinsichtlich geeigneter modernen
Ansprüchen entsprechender Spritzen. Kein Mo¬
dell erfüllt alle Bedingungen. Am besten trennt
man die Anforderungon an Pravaz’sche Spritzen
je nach ihrer Verwendung auf dem Marsche und
im Gefecht oder in der Ortsunterkunft und im
Lazarett. Für den ersteren Zweck, wo ein Kochen
nicht durchführbar, aber auch nicht notwendig zu
fordern ist, genügt die Lederstempelspritze, wenn
ihr Stempel regelmäßig mit säurefreiem Paraffin,
liquid, gefettet wird. Die Mängel ihrer Fassung
sind am besten vermieden bei dem Modell der
Firma E. Kratz-Frankfurt a. M. mit Metallbajonett¬
verschluß am hinteren Teile des Zylinders und
eingeschmolzener Metallspitze (Konus) für Kanü¬
lenansätze mit Dentalkanülen (5 Mk.). Für den
anderen Zweck, in welchem die Kochbarkeit un¬
bedingt zu fordern ist, empfehlen sich am meisten
die Glasstempelspritzen der Firma Jetter &
Scherer in Tuttlingen (1 Mk. 90 Pf.) und der
Firma Kratz (6 Mk.) mit eingeschmolzenem Metall¬
schraubkonus, ferner die Astraspritze (Abart des
Rekordmusters mit Metallstempel) von Elges-
Berlin (6 Mk. 50 Pf.). Widenmann (Danzig).
639. „Provisorische Instruktion für den
Sanitätsdienst der schweizerischen Armee“;
von Beyer. (Militärarzt 1912. Nr. 3. S. 41.)
Die Truppenhilfsplätze sind aufgelassen, die
Truppensanität verbleibt im Verbände der Unter¬
abteilungen und hat die marschunfähigen Ver¬
wundeten in „Verwundetennestern“ zu bergen.
Die planmäßige Absuchung des Schlachtfeldes
liegt den Trägerzügen der Sanitätskompagnien ob.
Die Felddivision hat 6 Sanitätskompagnien, die
Gebirgsbrigade 2 Sanitätskompagnien. Somit
können bei jeder Felddivision 6, bei jeder Gebirgs¬
brigade 2 Verbandplätze errichtet werden. Der
Hauptverbandplatz ist aufgelassen, der Verband¬
platzdienst dezentralisiert, die Verwundeten kom-
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XVII. Militärmedizin.
189
men unmittelbar auf die Verbandplätze und von
hier auf den Abschubweg oder in das Feldlazarett.
Letzteres — 1 für jede Division — gliedert sich
in 2 „Ambulanzen“ für Transportunfähig’e und
2 „Sanitätskolonnen“ mit 48 Krankenwagen und
2 oder mehr „Sanitätskolonnen der freiwilligen
Hilfe“ zum weiteren Abschub.
Widenmann (Danzig).
640. Neugliederung der schweizerischen
Kriegssanitätsformationen; von 0. Schmidt.
(D. militärärztl. Zeitschr. Bd. 41. S. 299. 1912.)
Von den 6 Divisionen des „I. Auszugs“ be¬
sitzen zwei je 1 Sanitätsabteilung zu 6 Sanitäts¬
kompagnien, die übrigen vier je 1 Sanitäts¬
abteilung zu 4 Sanitätskompagnien und je 1 Ge-
birgs-Sanitätsabteilung zu 2 Gebirgssanitätskom-
pagnien. Zu ihrer Bildung werden die bisherigen
Divisions- und Korpslazarette verwendet. Bei der
Landwehr werden 6 Ambulanzen, 4 Gebirgsambu-
lanzen, 6 Feldlazarette und 10 Sanitätszüge auf¬
gestellt, in welchen die bisherigen Sanitäts¬
abteilungen, Gebirgssanitätsabteilungen, Land¬
wehrambulanzen, Sanitätskolonnen und Sanitäts¬
züge aufgehen. Überdies befinden sich im
„Divisionspark“ die Sanitätstrainkompagnien der
Parkabteilungen. Widenmann (Danzig).
641. Die neue Anleitung; von Daal.
(Norsk Tidschr. for Militarmed. 1912. S. 1.)
1911 ist eine neue „Anleitung für Ärzte zur
Beurteilung der Militärdiensttauglichkeit“ vom
König erlassen, die bisher gültige und verbesse¬
rungsbedürftige stammte aus dem Jahre 1877.
D. bespricht eine Reihe besonders interessanter
Punkte. Alles bei der Untersuchung Erfahrene
soll vertraulich behandelt werden; es wird unter
Benutzung lateinischer Ausdrücke oder mit Ziffern
der neuen Anleitung eingetragen, den Offizieren
wird auf norwegisch nur mitgeteilt, was sio
wissen müssen.
Den Zivilärzten werden Briefumschläge mit
dem Aufdruck: Heeressache, ärztliches Zeugnis
über N. N. ausgegeben, damit die zur Aushebung
Kommenden ihre Fehler nicht erfahren, offene
Atteste werden nicht beachtet.
Schlichting (Kassel).
642. Mechanische Asepsis und Wund¬
behandlung mit Mastisol in der Kriegs- und
Friedenspraxis; von Oettingen. (D. militär¬
ärztl. Zeitschr. Bd. 41. H. 6. S. 201. 1912.)
Die Priorität des Gedankens gebührt Port,
welcher den Anstrich mit Kollodium empfohlen
hatte, v. Oe. gebrauchte im russisch-japanischen
Kriege mit bestem Erfolg eine Mastixlösung. Der
Jodanstrich ist dabei überflüssig. Genaue Be¬
schreibung der Technik der Behandlung mit
„Mastisol“. Widenmann (Danzig).
643. Über eine Heilung einer Platzpatro¬
nen-Schußverletzung des Bauches mit
Magen- und Dünndarmzerreißung zur
Dienstfähigkeit; von Petz sehe. (D. militär¬
ärztl. Zeitschr. Bd. 41. H. 8. S. 281. 1912.)
Bauchschuß eines Selbstmörders mit Perfora¬
tion des Magens und Dünndarms. 3-Markstück-
große, den linken Muse, reetns zerfetzende Ein¬
schußöffnung. Laparotomie l 1 /* Stunden nach
der Verletzung bei sehr kollabiertem Zustande des
Patienten. Großes Netz am Magenausgang zer¬
fetzt, pfennigstückgroßes Loch der Magenwand,
übermarkstückgroße Öffnung am Dünndarm (Tan¬
gentialschüsse), zahlreiche subseröse Blutungen,
Fiießpappepfropf an der Radix mesenterii. Naht,
Jodoformgazetampon. Heilung durch schwere
Bronchitis und leichte Bauchdeckenphlegmonen
verzögert; Ausstoßung eines Holzsplitters des Platz¬
patronengeschosses. Dienstfähig nach 3 Wochen
zur Truppe (Kavallerie) entlassen, nach weiteren
2 Monaten Narbe unverändert fest und unemp¬
findlich. — Der Fall ist sehr bemerkenswert
durch das therapeutische Ergobnis, da penetrie¬
rende Platzpatronenbauchschüsse aus unmittel¬
barer Nähe fast stets sofort oder kurze Zeit nach
der Verletzung zum tödlichen Ausgange führen.
Widenmann (Danzig).
644. Suicide parcoup de carabine ä blanc
(Platzpatronenschuß) dans la poitrine; par
Galzin et Chevron. (Arch. de Med. et de
Pharm, mil. Bd. 59. S. 440. 1912.)
Bei der Sektion wurde das Herz verletzt ge¬
funden; von irgendeinem Geschoß konnte makro¬
skopisch nichts entdeckt werden. Auch bestand
kein Ausschuß. Nach Ansicht von G. und Ch.
berechtigt dies aber nicht zu dem Schluß, daß
eine Platzpatrone ohne Verschluß, ohne „balle en
carton“ angewandt wurde. H a n e 1 (Danzig).
645. Zur Frage der Behandlung der
schwersten Fälle von Peritonitis durch An¬
legung einer Darmfistel; von Bommes.
(D. militärärztl. Zeitschr. Bd. 41. Nr. 8. S. 287.
1912.)
Wiedergabe zweier Fälle von schwerster Appendizitis-
Peritonitis, welche mit Erfolg durch Enterostomie be¬
handelt wurden. B. tritt warm für die Behandlung
der peritonitischen Darmparalyse durch Anlegung eines
Anus praeternaturalis ein. AVidenmann (Danzig).
646. A propos de l’emploi de l’huilecam-
phree en Chirurgie abdominale; von La-
h a u s s o i s. (Arch. de Med. et de Pharm, mil.
Bd. 60. S. 38. 1912.)
L. wandte das Kampferöl intraperitoneal an
hei einem Falle von allgemeiner Bauchfellentzün¬
dung nach Blinddarmentzündung. Er spritzte
durch die Drains 20 ccm ein, und zwar von einer
Lösung von */ l0 und ließ den Kranken 15 Tage
lang halbsitzende Stellung einnehmen. Bei jedem
Verbandwechsel wurden zuerst 50—100 ccm von
Kampferöl 1 / l00 eingespritzt, später von */w> und
zwar im Verlauf von 9 Tagen im ganzen 720 ccm
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190
XVII. Militärmedizin.
mit 13 g Kampfer. Am fünften Tage konnte beim
Verbandwechsel festgestellt werden, daß die
Darmschlingen im Gebiet der Operationswunde
frei, nicht verwachsen waren. Nach der Kampfer-
injektion wurde an den beiden ersten Tagen Puls
und Atmung langsamer und das Allgemein¬
befinden besser. 9 Tage lang hatte der Kranke
das Gefühl, als ob sich das eingegossene
Kampferöl im ganzen Bauche verteilte, den 10.
nicht mehr. An diesem Tage kam es durch die
Drains zurück.
L. empfiehlt das Kampferöl bei allgemeiner
Peritonitis, weil es Verwachsungen hindert und
dadurch eine bessere Dränage der ganzen Bauch¬
höhle ermöglicht, eine stimulierende und anti-
toxische Wirkung hat, möglicherweise die Re¬
sorptionsfähigkeit des Peritoneums vermindert
und ungiftig ist. Die Dränage kann es aber nicht
ersetzen. Hanel (Danzig).
647. Die operative Therapie der Rücken¬
marksverletzungen ; von Coste. (D. militär-
ärztl. Zeitschr. Bd. 41. H. 2. S. 55. 1912.)
Völlige traumatische Querschnittstrennungen
sind bisher nur sehr selten mit Erfolg operiert
worden. Handelt es sich bei den Symptomon
einer Querschnittsläsion um eine Luxationsfrak¬
tur, so ist immer ein operatives Eingehen ange¬
zeigt. Kompressionen, welche die Quersehnitts-
trennungen vortäuschen können, werden dadurch
beseitigt. Bei Vorgefundenen Kontusionen wird
von der Eröffnung der Dura Abstand genommen.
Schwierig ist die Beurteilung der intramedullären
Blutungen, da diese sehr schwere klinische Bilder
machen und spontan sich wesentlich bessern
können. Sechs Beispiele dienen zur Erörterung
der Indikationsstellung.
Widenmann (Danzig).
648. Zur Frage der Großzehen-Sesam-
beinfrakturen ; von Wolf. (D. militärärztl. Zeit¬
schr. Bd. 41. Nr. 5. S. 189. 1912.)
Die Diagnose ist nur durch Röntgenaufnahme
möglich, bedarf aber großer Vorsicht, da Tei¬
lungen der Sesambeine in 2—4 Teile physiologisch
häufig sind (in 25,9% der Röntgenfußaufnahmen).
Auch einseitiges Vorkommen der Teilung spricht
nicht ohne weiteres für Fraktur, da 50% der an¬
geborenen Teilungen einseitig sind. Scharfkan-
dige Formen, Fehlen der Kortik&lis und ein¬
tretende Kallusbildung sprechen für Fraktur der
Sesambeine, welche übrigens auch im militäri¬
schen Milieu trotz der großen Häufigkeit der Fuß-
formen sehr selten ist. Widenmann (Danzig).
649. Affection d’apparence mycosique du
membre supärieur; von Gruet (Arch. de Med.
et de Pharm, mil. Bd. 60. S. 51. 1912.)
Bei einem sonst gesunden Soldaten bildoten
sich ohne nachweisbare Ursache an der Innen¬
seite des linken Armes drei Wundflächen mit ge¬
zacktem, perlmutterartigem Rande aus. Eins der
Geschwüre hatte die Größe eines Frankstückes,
die anderen waren kleiner. Lymphgefäßentzün¬
dung bestand nicht, aber am Zeigefinger drei
kleine schwielige Geschwülstchen mit einer Öff¬
nung in ihrer Mitte, aus der eine seröseiterige
Flüssigkeit abgesondert wurde. Diese Ge¬
schwülstchen waren ebenso wie die Geschwüre
absolut schmerzlos. In der Achselhöhle waren
drei mandelgroße Drüsen, in der Mitte des freien
Pektoralisrandes ein mandarinen großer Abszeß,
dessen Punktion einen schleimigen graugelbon
Eiter ergab, welcher steril und bei der Impfung
auf Kaninchen nicht pathogen befunden wurde.
Wassormannsche Reaktion war negativ, auch
sonst keine Zeichen weder von Syphilis, noch
von Tuberkulose. Erst eine Jodkur, bei der täg¬
lich 6—8 g verabreicht wurden, führte zu voll¬
kommener Heilung. G. meint, daß es sich um
Sporotrichose gehandelt hat. Hanel (Danzig).
650. Die radiologische Betrachtung des
Dickdarms; von Strauß. (D. militärärztl
Zeitschr. Bd. 41. Nr. 3. S. 102. 1912.)
Zusammenfassende Darstellung der jetzigon
Röntgenologie des Dickdarms. Die Dickdarm-
bewegungen sind teils kleine haustrale (Ver¬
teilungsbewegungen Schwarz’), teils „Seg¬
mentationen" (peristaltische Bewegung durch
fortschreitende Konstriktionsringe v. Berg¬
manns-Lenz’), teils „große“ Bewegungen
(Verengerungen) Holzknechts. Zweiteilung
des Kolons in physiologischer Hinsicht Im ersten
Abschnitt bis zur Flexura lienalis (höchstem
Punkt und physiologischer Stenose) Durch¬
mischung, Resorption und Eindickung des Darm¬
inhaltes, im zweiten Abschnitt Aufspeicherung
desselben als Kot. Widenmann (Danzig).
651. Der neue Rohrbecksche Verband¬
sterilisator mit elektrischer Sicherheits¬
vorrichtung, die ein Durchbrennen oder
Durchschmelzen des Kesselbodens verhütet
(D.R.G.M.) ; von Albers. (D. militärärztl. Zeit¬
schr. Bd. 41. H. 10. S. 390. 1912.)
Seitlich am Kessel befindet sich ein Steigrohr,
in welches oben ein Kontaktthermomoter mit elek¬
trischer Klingel eingesetzt ist Bei Erschöpfung
des Wasservorrats tritt der Dampf in das Steig¬
rohr und setzt beim Ausströmen das Kontakt¬
thermometer und das Läutewerk in Bewegung.
Der Apparat hat sich bewährt
Widenmann (Danzig).
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Löhner. — Römer. —-Schloß. 191
G Bücherbesprechungen.
13. Die Sehschärfe des Menschen und
ihre Prüfung. Einephysiologisch-ophlhalmo-
logische Studie; von L. Löhner. Wien
1912. Franz Deuticke. 176 S. (4 Mk.)
Unter „Sehschärfe“ fallen verschiedene Be¬
griffe, bzw. Definitionen, die jedoch in folgende
3 Hauptgruppen untergebracht werden können:
1. Die Sehschärfe ist identisch mit der Seh¬
leistung im weitesten Sinne. 2. Die Sehschärfe
entspricht der Perzeptionstüchtigkeit der Netz¬
haut. 3. Die Sehschärfe ist das Produkt mehrerer
Faktoren, unter denen neben letzterer auch der
dioptrische Apparat und der Übertragungsmecha-
nismus auf die nervösen Zentralorgano eine Rolle
spielt. Bei der Sehschärfe hat man weiterhin
nach Hering zu unterscheiden zwischen den
Begriffen „optischer Raumsinn“ (Minimum visi-
bile) und optischem Auflösungsvermögen (Mini¬
mum separabile), dazu kommt noch der optische
Formsinn als das Vermögen, Eigentümlichkeiten
oder Abweichungen der Formen voneinander
wahrzunehmen (G u i 11 e r y). Alles in allem
stellt sich L. mit Recht auf den Standpunkt, daß
die Sehschärfe stets der Ausdruck für die Summe
der genannten Faktoren darstellt und nicht etwa
allein für die Feinheit des optischen Raum¬
sinnes usw. angesehen werden kann. Das muß
bei der Sehschärfeprüfung beachtet werden, wie
denn auch die Verschiedenwertigkeit der Seh¬
proben darauf zurückzuführen ist, daß bald dieser,
bald jener Summand stärker beteiligt ist und das
Ergebnis beeinflußt. So kann es kommen, daß
2 Beobachter denselben Grad von Erkennungs¬
schärfe bei Buchstabenproben zeigen, abor doch
bei Punktproben wesentlich voneinander ab¬
weichen. In den Punktsehproben sieht L. denn
auch für wissenschaftliche Untersuchungen ein
wertvolles Hilfsmittel zur Aufdeckung mancher
Sehschärfevariationen, die bei Buchstabenproben
sich dem Nachweis entziehen. Für die praktische
Prüfung in der Augenpraxis sind sie allerdings
wenig geeignet wegen der vielen zum Teil un-
kontrollierbaren Fehler. Die Schrift L.s ist für
alle, die sich für diese Funktionsprüfungen inter¬
essieren, vor allem für die Ophthalmologen,
äußerst lesenswert. Ein ausführliches Literatur¬
verzeichnis am Schlüsse ist hochwillkommen.
K ö 11 n e r (Berlin).
14. Lehrbuch der Augenheilkunde; von
Paul Römer. 2. Auflage. 1. Band. Berlin
und Wien 1912. Urban & Schwarzenberg.
380 S. mit 106 Textabbild, und 21 farbigen
Tafeln. (8 Mk., geb. 9 Mk.)
Die 2. Auflage des Lehrbuches ist diesmal in
2 Teilen erschienen. Dadurch wird die Handlich¬
keit des wertvollen Werkes wesentüch erhöht.
Der 1. Teil umfaßt die Erkrankungen der Binde¬
haut und Hornhaut, der Iris, Linse, des Seh¬
nerven, der Netzhaut, Aderhaut und der Augen¬
lider. In der äußeren Form ist viel verbessert
worden durch Fortlassen überflüssiger Rede¬
wendungen. Auch im Inhalt sind einzelne Weit¬
schweifigkeiten diesmal noch fortgoblieben, so daß
alles klinisch Wichtige wirkungsvoll und in vor¬
züglich klarer Darstellung hervortritt. Durch
Einführung von Stichworten als Marginalien ist
ein Nachschlagen erleichtert worden.
Besonders wertvoll ist stets an R.s Buch ge¬
wesen, daß alle für die Augonheilkunde wichtigen
Grenzgebiete der Medizin nicht umgangon, son¬
dern in übersichtlicher kurzer Darstellung mit
einbegriffen sind, so das Kapitel über Wasser-
mannsche Reaktion bei Besprechung der Iritis
u. a. mehr. Auch in der neuen Form des Werkes
werden alle Ärzte freudig ein Nachschlagewerk
begrüßen, in dem sie sich jederzeit schnell über
die moderne Augenheilkunde informieren können
und das ihnen mit seinem reichen Inhalte viel
Anregung geben wird. Die zahlreichen Abbil¬
dungen sind zum Teil recht gut, zum Teil aller¬
dings sind die farbigen Tafeln in den Farben¬
tönen nicht recht gelungen. Auch eine Reihe der
schwarzen Textabbildungen (nach photographi¬
schen Aufnahmen) könnten in einer neuen Auf-
i läge besser fortbleiben, da sie die Augenverände-
iungen zu klein und daher nicht instruktiv genug
wiedergeben. K ö 11 n e r (Berlin).
15. Über Säuglingsernährung; von Ernst
Schloß. Berlin 1912. S. Karger. 231 S.
Für den Kinderarzt ist die Lektüre der
Schl.8chen Arbeit eine sehr anregende. Sie setzt
aber eine recht genaue Kenntnis der Physiologie
und Pathologie des Säuglingsstoffwechsels voraus.
Ohne diese wird der Praktiker ziemlich ratlos,
und vor allem nicht zur Kritik befähigt, vor dieser
umfangreichen Studie stehen. Denn der Schwer¬
punkt des vorliegenden Werkes ist die eingehende
Kritik der derzeitigen Methoden der künstlichen
Ernährung, ihrer theoretischen und praktischen
Grundlagen, die Beziehungen zwischen Ernährung
und Injektion, Konstitution und Milieu. Das kri¬
tische Bestreben des Autors verliert sich mitunter
in für den Praktiker wertlosen und nicht nütz¬
lichen Erörterungen, in Negationen, die bestimmt
formuliert und dann in einer Fußnote wieder ein¬
geschränkt werden.
Ob die „molkenadaptierte Milch“ die künst¬
liche Nahrung der Zukunft ist, muß abgewartet
werden. Die Kurven und klinischen Daten, mit
denen Schl, seine Ernährungsmethodik belegt,
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192
Eulenburg. — Pelm an. — Hastreiter. — Broman. — Hartmann.
sind sehr ermutigend. Immerhin werden sich
viele Kinderärzte niemals dazu entschließen, einen
Säugling schon im ersten Lebensmonat mit sol¬
chen Mehlmengen zu ernähren, wie SchL sie an¬
wendet. Klotz (Schwerin).
16. Sadismus und Masochismus; von
A. Eulenburg. Zweite, zum Teil umgearb.
Auflage. Wiesbaden 1912. J. F. Bergmann.
(2 Mk. 80 Pf.)
Der erste, allgemeine Teil der vorliegenden
Schrift gibt zunächst eine Definition der Begriffe
Sadismus und Masochismus. Die früher all¬
gemein anerkannten Krafft-Ebingschen Begriffs¬
bestimmungen treffen in mancher Hinsicht den
Kern der Sache nicht; ihre Wesentliches ist, „daß
mit der geschlechtlichen Lustbefriedigung über¬
haupt das Begehen oder Erdulden oder (als
Drittes) sogar nur das — sinnliche oder geistige —
Anschauen gewaltsamer und grausamer Hand¬
lungen als ein schlechterdings dafür notwendiges,
unentbehrliches Ingredienz untrennbar verknüpft
wird“. Nachdem so eine befriedigende Begriffs¬
bestimmung der Algolagnie — dies der von
Schenck-Notzing eingeführte gemeinsame
Name für Mesochismus und Sadismus — ge¬
wonnen ist, werden ihre physiologischen, psycho¬
logischen und anthropologischen Wurzeln des
Näheren untersucht. Dann geht E. auf die Haupt¬
vertreter beider Anomalien, den Marquis de Sade
und Leopold von Sacher-Masoch, ein und gibt
eine genaue Analyse von deren Persönlichkeit
und ihren Werken. Der zweite Teil der Schrift
behandelt die spezielle Symptomatologie und Ent¬
wicklungsgeschichte der algolagnistischen Phä¬
nomene, also Notzucht, Lustmord, Flagellantis¬
mus usw. Bei einer Durchsicht dos Literaturver¬
zeichnisses, das übrigens vieles rein Pornogra¬
phische enthält und dagegen manches kultur¬
historisch Wertvolle vermissen läßt, fiel Ref. auf,
daß das alberne Machwerk „Schwester Mauka er¬
zählt und erfährt“ immer noch unter der Flagge
E. Th. A. Hoffmanns segelt. Es ist dazu zu be¬
merken, daß die Autorschaft H.s auf Grund der
Untersuchungen H. v. Müllers und Carl Georg
v. Mapens mit aller Energie abzulehnen ist.
M u g d a n (Freiburg i. B.).
17. Psychische Grenzzustände; von Carl
Pelman. 3. Auflage. Bonn 1912. Fried¬
rich Cohen. 318 S. (6 Mk.)
Daß das Buch des Bonner Psychiaters schon
in 3. Auflage erscheinen kann, spricht für das
große Interesse, das derartigen Fragen entgegen¬
gebracht wird. Nicht nur der Arzt, sondern auch
jeder gebildete Laie wird aus demselben reiche
Anregung und Belehrung schöpfen.
J o 11 y (Halle).
18. Was jeder junge Mann zur rechten
Zeit erfahren sollte; von J. Hastreiter.
3. Auflage. München 1912. Ernst Reinhardt.
(1 Mk. 80 Pt)
Das vorliegende Büchlein ist mit außerordent¬
lichem Geschick abgefaßt, wie man es selten
findet bei solch populär geschriebenen Broschü¬
ren, die leicht zu viel bringen. Es wird sicher
seinen Zweck erfüllen im Kampf gegen Ge¬
schlechtskrankheiten und Kurpfuscherei Letz¬
tere, die sich gerade auf diesem Gebiete in
stärkster Weise geltend macht, wird am besten
durch offene und vernünftige Belehrung be¬
kämpft Alles, was der Vernachlässigung, dem
unrichtigen und unzeitigen Eingreifen bei ge-
schlechtskranken jungen Leuten entgegenarbeitet,
ist willkommen als Hilfsmittel in dieser so wich¬
tigen sozialen Frage, zumal die Geschlechtskrank¬
heiten nicht nur ihren Trägern für ihr ganzes
Leben Schaden bringen können, sondern auch
wie wenige andere Krankheiten für andere eine
stete Gefahr bilden können. In diesem Sinne ist
dem H.schen Buche weiteste Verbreitung zu
wünschen. Z u r h e 11 e (Bonn).
19. Über geschlechtliche Sterilität und
ihre Ursachen; von Ivar Broman.
Wiesbaden 1912. J. F. Bergmann. (60 Pf.)
Br. sondert die Sterilitätsursachen in Kopula¬
tionshindernisse, d. h. solche, die die normale Be¬
gattung unmöglich machen, in Imprägnations¬
hindernisse, d. h. solche, die das Eindringen des
Spermiums in das Ei verhindern und in Gravidi¬
tätshindernisse, d. h. solche, durch die die
Schwangerschaft unterbrochen wird, ehe das neue
Individuum noch extrauterin lebensfähig ist, sei
es, daß das Spermovium nicht normal in der
Uterusschleimhaut eingebettet wird, oder daß das
normal eingebettete vorzeitig abgestoßen wird.
Nach Br. gibt es sicher fruchtbare Ehegatten, die
unter sich unfruchtbar sind, vielleicht infolge
negativer Chemotaxis ihrer Geschlechtszellen
(unter sich). Weiterhin ist es nach Br. möglich,
daß eine Frau normal menstruieren kann, ohne
daß die dabei reifenden Eier aus den Ovarien
jemals frei werden. Br. beschäftigt sich dann mit
der für dieses Thema wichtigen Frage, unter
welchen Verhältnissen und aus welchen Gründen
I reifende Geschlechtszellen in den Geschlechts-
i drüsen sonst normaler, erwachsener Individuen
nicht zur Entwicklung kommen. Meist handelt es
sich hierbei um mangelhafte Entwicklung der
Geschlechtsdrüsen infolge ungünstiger äußerer
Verhältnisse oder innerer Ursachen. Zum Schluß
geht Br. auf die Frage der Heilbarkeit der Sterili¬
tät und auf die Frage der künstlichen Befruch¬
tung ein. Z u r h e 11 e (Bonn).
20. Gynöcologiö opdratoire ; par .Henri
Hartmann. Paris 1911. G. Steinheil.
500 S. mit 422Textfig., darunter 80 farbigen.
(20 Fr.)
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Lexer. — Preisen — Tönniges.
193
Es ist vielleicht bezeichnend, daß in einem
Lehrbuch der operativen Gynäkologie der kleinen
Gynäkologie, sowie den physikalischen Behand¬
lungsmethoden eino zum Teil recht ausführliche
Darstellung gewidmet ist, so u. a. der in Frank¬
reich mehr wie bei uns angewendeten gynäkologi¬
schen Elektrotherapie, sowie der Kinesiothcrapie.
Was die eigentlichen Operationen anlangt, so sind
naturgemäß diejenigen Methoden, die H. selbst
bevorzugt, in den Vordergrund gerückt, aber im
Anschluß daran sind auch andere, ihm wertvoll
erscheinende Methoden dargestellt, ohno daß aber
eine vollständige Aufzählung aller Methoden ge¬
geben wird. Den Komplikationen und der Nach¬
behandlung ist weitgehende Beachtung geschenkt,
bei der Indikationsstcllung und der Schilderung
der Operationsresultato ist stets der Einfluß auf
eino eventuelle Schwangerschaft in Rücksicht ge¬
zogen. In den Schlußkapiteln wird die Chirurgie
der Ilarnorganc abgohandelt. Die Bilder sind
zum Teil recht gut, erreichen aber bei weitem
nicht die Vollendung, die wir von unseren moder¬
nen deutschen Lehrbüchern hör gewöhnt sind.
Klien (Leipzig).
21. Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie
zum Gebrauche für Ärzte und Studie¬
rende; von Erich Lexer. 6. umgearb.
Auflage. 2 Bände. Stuttgart 1912. Ferd.Enke.
(23 Mk. GO Pf.)
Seit den Tagen von B i 11 r o t h s „Vorlosungen
über die allgemeine chirurgische Pathologio und
Thorapio“ hat keine andere Darstellung dieses
Gegenstandes je wieder einen derartigen un¬
geteilten Erfolg zu orringon vermocht wio das
nunmohr in 6. Auflago vorliegende Werk L.s.
Angesichts dieser allgemeinen rückhaltlosen An¬
erkennung darf die Stimme des Einzelnen gotrost
verstummen. L. hat es in wahrhaft souveräner
Art verstanden, aus der schier unübersehbaren,
den verschiedensten Einzcldisziplinen entstam¬
menden Materie, die dem Begriffe dessen, was
wir als „allgemeine Chirurgie“ bezeichnen, formal
zugrunde liegt, mit sicherem Blick das zum Vor- 1
ständnis chirurgischer Vorgänge Wesentliche
herauszuschälen und in vollendeter Klarheit zur
Darstellung zu bringen. Jeder lehrhafto Dogma¬
tismus ist dabei ebenso glücklich vermieden wie
ein Sichverlieren in allzu weitgehende Diskus¬
sionen. Gerade dieser — im besten Sinne dos
Wortes — persönliche Charakter des Werkes,
diesor ihm aufgedrückte Stempel einer kraftvollen
kritischen Persönlichkeit dürfte nicht zum ge¬
ringsten seinen Erfolg als Lehrbuch für Stu¬
dierende bedingen; die gleiche Eigenschaft ge¬
staltet aber auch für Fortgeschrittenere die Lek¬
türe desselben zu einem hohen Genüsse,
Dem Bedürfnisse der direkten Anschauung ist
durch die Beigabe eines reichen, gut aus¬
geführten Illustrationsmateriales im weitesten
Umfange Rechnung getragen.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. II. 2.
Die vorliegende 6. Auflage ist durch Berück¬
sichtigung der neuesten Forschungsergebnisse
unserer schnell fortschreitenden Zeit wieder auf
den wissenschaftlichen Stand dos houtigen Tages
gebracht worden.
Möge dieses schöne Werk L.s in stets sich
verjüngender Form noch in vielen Generationen
angehender Arzte die Liebe zu jenem Teil der
medizinischen Wissenschaft erwecken, ohne deren
dauernden Kontakt die praktische Chirurgie zum
ödon Schematismus einer handwerksmäßigen
Routine herabsinken würdo.
M o 1 c h i o r (Breslau).
22. Statische Gelenkerkrankungen; von
G. Preiser. Stuttgart 1911. Ferd.Enke.
Mit 272 Abbildungen. (10 Mk.)
Eine außergewöhnlich große eigene Erfahrung
in der Praxis und eine nicht minder außer¬
gewöhnliche Sorgfalt der Analyse liegt dem wert¬
vollen Werk zugrunde. Dasselbe will den Nach¬
weis erbringen, daß dio pathologische Gclenk-
flächeninkongruenz eino außerordentlich häufigo
Ursache von Gelenkerkrankungen darstellt. Zahl¬
reiche Präparate und Röntgenbilder illustrieren
und beweisen die Richtigkeit der Pr.schen Idee,
vor allem aber auch die darauf basierte, erfolg¬
reiche Therapie. V u 1 p i u s (Heidelberg).
23. Die Blinddarmfurcht, Ursachen, Ver¬
hütung und Heilung der Krankheit.
Gemeinverständlich bearbeitet von C. Tön¬
niges. Leipzig 1912. Cnrt Ronniger. 93 S.
mit 12 Originalabbild. (Br. 1 Mk. 20 Pf.)
Die vorliogonde Broschüre verfolgt den Zweck,
„das große Publikum in die Lage zu versetzen,
die heimtückische Krankheit der Blinddarment¬
zündung selbständig und so frühzeitig zu er¬
kennen, daß sofort ohno Zeitverlust ärztliche Hilfe
in Anspruch genommen worden kann. Dio
Krankheit ist verhältnismäßig harmlos, wenn mög¬
lichst frühzeitig cingeschritten wird; sie wird ge¬
fährlich, ja lebensgefährlich, wenn die ärztliche
Hilfe sich um einige Tage verzögert. Darum ist
dio Erkennung der Erkrankung durch den Lei¬
denden selbst von der größten Bodeutung. Durch
das Zusammenarbeiten von Arzt und Patient wer¬
den dieser so allgemein verbreiteten Krankheit
ihre Schrecken genommen“.
Diese Sätze können wohl auch von jedem
Arzte unterschrieben werden. Nur die verhältnis¬
mäßige Harmlosigkeit der Erkrankung bei mög¬
lichst frühzeitigem Einschreiten kann nicht unsere
Zustimmung finden. Darin liegt ja gerade das
Heimtückische der Wurmfortsatzentzündung, daß
klinisch anscheinend ganz loichte Fälle untor
Umständen pathologisch - anatomisch bereits dio
schwersten Veränderungen darbioten können. Es
ist deshalb auch nicht angängig, in einer für
Laien bestimmten Darstellung zu sagen: Leichte
Fälle brauchen nicht operiert zu werden; schwere
25
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194
Bickel und Katsch. — Sommer.
Fälle nur dann, wenn nach einigen Tagen die Er¬
scheinungen trotz Bettruhe und Diät nicht zu-
rückgehon, sondorn eine wesentliche Verschlech¬
terung im Befindon des Patienten eintritt. Ich
würde den Satz folgendermaßen formulieren: In
jedem, auch dem anscheinend loichtesten Falle
von Wurmfortsatzentzündung soll sich der Kranke
sofort an den Arzt seines Vertrauens wenden,
dieser muß dann entscheiden, ob sofort oder even¬
tuell erst später oin Chirurg mit zu Rate gezogon
worden muß. Letzterer hat dann die entschei¬
dende Stimme.
Eine gewisse Furcht vor Wurmfortsatzent¬
zündung — nicht „Blinddarmfurcht“, wie T. sich
ausdrückt — ist schon begründet, um so mehr,
als wir über die Ursachen dieser Erkrankung noch
immer nicht ganz im Klaren sind.
Wagnor (Leipzig).
24. Chirurgische Technik zur normalen
und pathologischen Physiologie des
Verdauungsapparates; von A. Bickel
und G. Katsch. Berlin 1912. Aug. Hirsch-
wald. 109 S. (12 Mk.)
Die Verf. haben dom zweifellos bestehenden
Bedürfnis nach einer zusammonfassenden Dar¬
stellung der für das Studium der Verdauungs¬
vorgänge erforderlichen physiologischen und chir¬
urgischen Eingriffe Genüge leisten wollen und
haben diesen Zweck in ausgezeichneter Weise er¬
füllt. Sie schildern zunächst die allgemeinen
Prinzipien für derartige Operationen und geben
dann genaue, bis ins einzelne gehende Vorschrif¬
ten für die Ausführung der verschiedenen Ein¬
griffe. Die Ausstattung ist glänzend, und gerado
die vorzüglichen Illustrationen tragen wesentlich
dazu bei, um das Werk zu einem mustergültigen
zu gestalten, das sich sicher vielo Freunde er¬
werben wird. Leo (Bonn).
25. Röntgentaschenbuch; von Ernst
Sommer. IV. Band. Leipzig 1912. Otto
Nemnich.
Der diesjährige 4. Band des Röntgentaschen¬
buches enthält wieder eine Reihe übersichtlicher
Zusammenfassungen der Fortschritte in der ge¬
samten Röntgenologie (Technik, Diagnostik, The¬
rapie), so daß or besonders denen empfohlen
werden kann, welche die enorm anwachsende
Röntgenliteratur zu verfolgen nicht in dor Lage
sind.
Ein internationales Verzeichnis der Röntgeno¬
logen und Röntgeninstitute zoigt, obwohl keines¬
wegs vollständig, welch außerordentliche Ver¬
breitung dio Röntgenmethode jetzt schon ge¬
funden hat.
A1 g y o g y i beschreibt zur isolierten radio¬
logischen Darstellung des Kiefergelenkes als gün¬
stigste Einstellung die, welche bei möglichst weit¬
geöffnetem Munde den Hauptstrahl schräg unter¬
halb des zweiten oberen Mahlzahnes einfallen
läßt. Dabei ist der in Seitenlage befindliche Kopf
in seiner vertikalen Achse so gedreht, daß das
Gesicht von seiner Unterlage etwas wegsieht, in
der sagittalen Achse derart, daß das Kinn etwas
weiter von der Unterlage entfernt ist als dio
Pfeilnaht.
Bockenheimer behandelt die Röntgen¬
diagnose der zentralen Erkrankungen der Röhren¬
knochen: Tuberkulose, Osteomyelitis, Lues, Zysten,
Tumoren.
T h. und F. M. G r o e d e I geben eine kurze
übersichtliche Zusammenstellung dor typischen
normalen und pathologischen Herzformen an der
Hand einer Reihe von Abbildungen.
H ä n i s c h spricht über die Leistungen des
Röntgenverfahrens bei den Untersuchungen des
normalen und pathologischen Dickdarms: Für dio
Diagnostik der Darmstonosen eignet sich am
besten der Kontrasteinlauf per rectum, und zwar
muß das Eintreten und Fortschrciten der Flüssig¬
keit vom ersten Augonblick bis zum Zökum
dauernd auf dem Leuchtschirm beobachtet be¬
obachtet und studiert werden. Die Röntgeno-
graphic allein ist völlig unzureichend. Eine
Kontrolluntorsuchung nach einiger Zoit in iden¬
tischer Weise durchgeführt ist zur definitiven Be¬
urteilung nötig.
K a e s 11 e und B r ü g h o 1 schildern die Be¬
wegungsvorgänge dos monschlichon Dünn- und
Dickdarms während der Verdauung auf Grund
röntgenographischer und röntgenkinematographi-
scher Untersuchungen.
Immelm&nn bringt eine kurze Übersicht
über die röntgonologischen Untorsuchungsmetho-
don der Harnwege.
Über Teleröntgenographie spricht Levy-
D o r n speziell in ihrer Anwendung boi der Herz¬
messung und der Lokalisierung von Fremdkör¬
pern und führt entsprechende Tabellen für die
verschiedenen Körperteile an.
Einen Überblick übor dio Geschichte der
Kontrastmittel in der Röntgendiagnostik gibt
Sommer.
Bockenheimer befürwortet die Kontrolle
der Extensionsverbände bei der Frakturenbehand¬
lung mit Röntgenstrahlen.
Zum Kapitel der Röntgenhygiene geben K ö h -
1 er und Schürmayor beherzigenswerte Mah¬
nungen.
Im therapeutischen Teil gibt T r a p p als Fort¬
setzung seiner Zusammenfassung im III. Röntgen-
kalendcr einen Sammelbericht übor Röntgen¬
behandlung vom Juli 1909 bis April 1911.
W o 11 e r e r bespricht die röntg entherapeu-
lisch en Bestrebungen zur Bekämpfung der Tuber¬
kulose: Tuberkulose der Haut, tuborkulöse Lym¬
phome sind dankbare Objekte der Röntgen¬
therapie; die Tuberkulose der Knochen und Ge¬
lenke, der Sehnenscheiden, des Bauchfells, ebenso
Kehlkopftuberkulose haben in einer Reihe von
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Fritsch. — Poulsson. — Ploß.
Fällen auf Röntgenbestrahlung gut reagiert; dio j
Resultate bei Lungentuberkulose ermutigen bisher ;
nicht allzusehr.
Die jetzt ja besonders aktuelle Röntgenthe- j
rapie in der Gynäkologie speziell auch der Utorus-
myomo behandeln Sommer und W o 11 e r e r
und fügen den günstigen Erfolgen der anderen
Autoren eigene Fälle hinzu.
v. Luzenberger führt zwei Fälle von
wesentlicher Besserung durch Röntgenbestrahlung
bei progressiver Paralyse an und bestätigt so die
1808 von Marinescoan 18 Fällen boobachteten
Resultate.
Die Bedeutung der Sensibilisierung und De-
.Sensibilisierung für die röntgentherapeutische [
Praxis würdigt H. E. Schmidt, der zur Sensi¬
bilisierung Thormopenetration, zur Desensibilisie¬
rung Kompression oder Adrealinanämisiorung der
Haut empfiehlt.
Röntgentechnische Beiträge liefern H o i n z
Bauer, der für sein Qualimeter als Härtemesser
eintritt, K1 i n g e 1 f u ß, der sein Sklerometer als
Dosimeter empfiehlt. Rosenthal spricht über
Präzisionsröntgenogrammo, Dossauor beschreibt
einen verbesserten Apparat für Wechselstrom.
Außerdem gibt ein eigener technischer Teil des
Taschenbuches, der eine Übersicht über die
Leistungen und Fortschritte der röntgenologischen
Technik 1010—1911 geben soll, den bekanntesten
Röntgenfirmen Gelegenheit, über ihre Neuerungen
in den letzten zwei Jahren zu berichten.
Becker (München).
26. 1870/71. Erinnerungen und Betrach¬
tungen; von H. FritBch. Bonn 1913.
A. Marcus & E. Webers Verlag (Dr. jur. Albert
Ahn). 318 S. (Geb. 5 Mk.)
Ein prächtiges Buch, diese Erinnerungen und
Betrachtungen! Mit lebendiger Anschaulichkeit
schildert Fr. seine persönlichen Erlebnisse und
Eindrücke. Boim Ausbruch des Krieges hatte es
dem jungen Kliniker keine Ruhe mehr gelassen,
als Feldassistenzarzt wurde er beim 72. Infanterie-
Regiment eingestellt und begleitete das Regiment
durch alle Fährnisse bis zur Rückkehr nach Tor¬
gau im Juni 1871. Am 7. August 1870 ging es
über das Schlachtfeld von Spichern, am 10. August
kam sein Bataillon zum ersten Male ins Feuer bei
Gorze, am Abend des 18. August zum zweiten
Male bei Gravolotte. In Saarlouis, wo er vom
10. Sept. bis 0. Dezember Arzt an einem mit
Typhösen, Ruhrkranken und septikämischon Ver¬
wundeten überfüllten Kasernenlazarett war, wel¬
ches immer neuo Mengen französischer Gefange¬
ner aufnehmen mußte, fertigte er seine ersten
Gipsverbände. Dann ging es wieder nach Metz,
dreimal in die gefallene Festung hinein. Die
zweite Hälfte des Krieges bildete der beschwer¬
liche Winterfeldzug gegen Garibaldi mit den Go-
fechten bei Chanceau und Montbard und den fort¬
t9f>
währenden Begegnungen mit Franktireurs, bis am
15. Februar 1871 der Waffenstillstand auch seiner
Truppe die ersehnte Ruhe brachte.
Eine erfrischende Natürlichkeit herrscht in
diesen Schilderungen von unsäglichem Jammer
und stolzen erhebenden Momenten, von abwech¬
selndem Hunger und Überfluß. Mit Humor wer¬
den die Schwächen der Vorgesetzten und auch die
eigenen Unannehmlichkeiten und kleinen Bla¬
magen dos militärischen Neulings wiedergegeben,
aber auch manchem Kollegen und gefallenen
Kamoradon Worte dor Treue und Dankbarkeit ge¬
widmet. In köstlicher Kloinmalerei erscheinen
vor uns dio nassen schlammtriofenden Biwaks
von Metz, dio Requisitionen des findigen Bur¬
schen, dio Schwierigkeiten der beruflichen Tätig¬
keit gegenüber dem Massenandrang der Verwun¬
deten, die Besuche berühmter Mediziner im Laza¬
rett, die trübe Weihnachten im überfüllten Eisen-
bahnkupoo, dio Entgleisung des von Franktireurs
überfallenen Zuges, die eigene Erkrankung an
Pocken in Gray. Ein kritischer und doch versöhn¬
licher Zug geht durch das ganze Buch, für
welches ihm nicht bloß seine „Kinder und Kindes¬
kinder“, denen os gewidmet ist, sondern die wei¬
testen Kreise Dank wissen worden.
Widenmann (Danzig).
27. Lehrbuch der Pharmakologie für
Arzte und Studierende; von E. Poulsson
(deutsche Ausgabe besorgt von Fr. Leskien).
2. Auflage. Leipzig 1912. S. Hirzel. IX und
575 S. (Geb. 15 Mk.)
Daß die zweite Auflage in kurzer Zeit der
ersten gefolgt ist, darf uns nicht wundern. P.s
Lehrbuch der Pharmakologie ist das einzige in
seiner Art, denn es vereinigt neben theoretischen
Darlegungen reichlichen Stoff, wie ihn der prak¬
tische Arzt für seine Zwecke wünscht. Außor
einigen Verschiedenheiten in der Anordnung dor
gesamten Materie ist die Einteilung des Ganzen
dieselbe wie in der ersten Auflage geblieben. Eine
gut getroffene Auswahl neuerer Mittel sind als
Ergänzung aufgenommen worden. Da ferner eine
Anzahl älterer oder wenig gebrauchter Mittel fort-
gefallen sind, konnte der Umfang gegenüber der
vorigen Auflago derselbe bleiben.
Sowohl als Nachschlagebuch für don theoreti¬
schen Forscner wie auch für den Praktiker eignet
sich das P.sche Buch m. E. trefflich.
Bachem (Bonn).
28. Das Kind in Brauch und Sitte der
Völker ; von H. Ploß. 3. Auflage bearli.
von B. Renz. 2 Bände. Leipzig 1912.
Th. Griebens Verlag. (Geb. 34 Mk.)
Ein prächtiges Gegenstück zu dem klassischen
Werke des gleichnamigen Verfassers: „Das Weib
in der Natur- und Völkerkunde“. Genaue, ins
einzelne gehende Quellenstudien haben dem
Werke zum Charakter eines ethnographischen
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19T>
Stümpke. — Stier.
und anthropologischen Werkes ersten Ranges ver¬
holten. Die zahlreichen (über 500) Abbildungen,
die größtenteils aus ethnographischen Museen
stammen oder von der Hand der Missionaro ge¬
fertigt wurden, sind durchweg außerordentlich
boiehrend. Das treffliche Werk als Ganzes will,
wie dor Verfasser hervorhebt, eine völkerkund¬
liche Ergänzung sein zu der reichen psycho¬
logisch-pädagogischen Literatur, wolcho besonders
in diesem Jahrhundert als Frucht der Liebe zum
Kind in unseren Kulturstaaten aufgeblüht ist.
Auf Einzelheiten dieses überaus reichhaltigen
Werkes einzugehen, ist unmöglich. Es seien
daher nur einige Kapitelüberschriften erwähnt:
Das Kind im Mutterschoß, Feier der Geburt, Kind
und Dämonenwelt, Kindesaussetzung, Tauf-
bräucho, Säuglingspflege, Namengebung, Ernäh¬
rung des Kindos, das kranke und toto Kind.
Sympathie und Zauber in der Behandlung der
Kinder, das Zahnen, Operationen am kindlichen
Körper, des Kindes Spiel und Kleidung, kindlicho
Feste, Pflege, Charakterbildung und Züchtigung,
Kind und Schule, Rechtsverhältnisse des legitimen
und illegitimen Kindes, Verlobung und Verheira¬
tung des Kindes, Pubertätsfeste, Liebe zwischen
Eltern und Kindern u. a. Bachem (Bonn).
29. Die medizinische Quarzlampe, ihre
Handhabung und Wirkungsweise; von
G. Stümpke. Bibliothek der physikalisch¬
medizinischen Techniken Bd. 3. Berlin 1912.
Herrn. Meusser. (5 Mk. 30 Pf.)
In seiner dankenswerten Monographie über die
Quarzlampo gibt St. eine Darstellung der Ent¬
wicklung der Quarzlampe, ihrer Handhabung und
ihrer Leistungen. Wenn auch nach den experi¬
mentellen Bestrahlungen besonders von Buck,
Hesse, Wichmann, Mulzcr, Puck¬
hauer, Cappelli und anderen die Tiefen¬
wirkung der Strahlen der Quarzlampe im all¬
gemeinen als geringer geschildert wird als die der
Finsenlampe und wenn auch die oberflächlichen
Schädigungen größer sind, so liegen in der Praxis
nach des Verfassers Ansicht die Verhältnisse an¬
ders. Nicht nur oberflächliche Dermatosen, son¬
dern auch tiefer liegende Prozesse, z. B. Lupus
vulgaris, chronisch infiltrative Ekzeme, Akno,
zeigen nach der Bestrahlung mit der Quarzlampe
eine günstige Beeinflussung, die nur durch die
Annahme einer hinreichenden Tiefenwirkung zu
erklären sind. Auch die Nekrosen sind nicht so
intensiv, wie man nach dem Ausfall der Expori¬
mente vermuten sollte. Die in goringem Maße
vorhandene bakterizide Kraft der Strahlen der
Quarzlampe kommt bei der Therapie nicht in Be¬
tracht. Man hat versucht, die chemische Wirkung
der ausgesandten Strahlen zur Konstruktion eines
Dosimeters zu benutzen, doch hat man ein ab¬
solutes Maß für die Berechnung dor Wirkung noch
nicht gefunden. Bei der therapeutischen Verwen¬
dung bedient man sieh entweder der Fernbestrah¬
lung aus ca. 10 cm Entfernung oder man setzt
die Lampe direkt auf die Haut auf. Das erstere
Verfahren wendet man bei oberflächlichen Der¬
matosen, das zweite bei tiefergreif enden Prozessen
an, zumal da die durch die Kompression hervor¬
gerufene Anämisierung eine größero Penetration
der ultravioletten Strahlen ermöglicht. Die Reak-
tionscrscheinungon lassen sich durch Ausschal¬
tung der kurzwelligen ultravioletten Strahlen
durch Einschaltung von Blauscheibon vermin¬
dern, was besonders bei sehr empfindlicher Haut
in Botracht kommt. In dem klinischen Teile wer¬
den die Indikationen für Verwendung der Quarz¬
lampe bei den einzelnen Dermatosen besprochen.
Besonders hervorgehoben seien die vorzüglichon
Resultate, die mit der Quarzlampe in der dermato¬
logischen Universitätsklinik in Kiel bei Lupus er¬
zielt wurden. Die Ausführungen sind durch eine
Reihe vorzüglicher Photographion illustriert. Das
Buch wird jedom, der sich mit der Quarzlampen¬
therapie beschäftigen will, eine wertvolle An¬
leitung sein. Z i n s s e r (Köln).
30. Über Linkshändigkeit in der deutschen
Armee; von Stier. Jena 1911. Gustav Fischer.
Um die Frage der Linkshändigkeit und ihre
Verteilung auf dio einzelnen deutschen Volks¬
stämme an einem Massenmaterial zu prüfen und
um durch genaue Untersuchung der einzelnen
Linkshänder für die Physiologie wichtige Fragen
zu lösen, wurden dio im Oktober 1909 eingestellten
Rekruten der deutschen Armee nach einheitlichen
Grundsätzen untersucht. Das Ergobnis war, daß
sich unter 266 270 Mann 10 202 Linkshänder fan¬
den, und zwar war deren Zahl am geringsten in
Nordostdeutschland (Ostpreußen 2,3%), am grö߬
ten in Süddeutschland (Württemberg 6,5%), im
Durchschnitt 3,87%. Am wenigsten Linkshänder
fanden sich .bei den Einjahrig-Freiwilligen, am
meisten unter den Ersatzrekruten, eino Tatsacho,
welche St. im Sinne einer sozial geringeren
Wertigkeit der Linkshänder überhaupt deutet.
Zur Erkennung der Linkshändigkeit wurde die
Frage gestellt, mit welcher Hand ausgeführt wird:
Schuheputzen, Brotschneiden, Einfädeln, Nähen,
Steinwerfen,, Peitscheknallen, Kartenmischen
Kartenausspielen. Werden diese Bewegungen
nur links oder links besser ausgeführt, so kann
man mit Sicherheit annehmen, daß es sich um
einen Linkshänder handelt. Dabei stellte es sich
heraus, daß die linkshändige Veranlagung eigent¬
lich nur für einzelne Bewegungen zur Geltung
kommt, sie tritt z. B. am deutlichsten hervor beim
Schuheputzen, am wenigsten beim Kartenaus¬
spielen — 9,76% der Linkshänder benutzten die
rechte Hand beim Putzen der Schuhe, 24,4% hin¬
gegen spielten mit der rechten Hand Karten aus.
Dieser Unterschied in der Geschicklichkeit der
Hände ist am größten bei den Ersatzrekruten, ge-
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Türk. — Eversbusch.
197
ringer bei den Einjahrig-Freiwilligen, bei den
Mehrjährig-Freiwilligen immer noch deutlich, am
kleinsten boi den Unteroffiziorschülcrn, woraus
St. den Schluß zieht, daß die Differenzierung sich
mit dom Lebensalter auch nach der Pubertät
erhöht.
Zur Feststellung der groben Kraft wurde der
Händedruck geprüft. Dabei fand sich, daß dio
geschicktere Hand nicht immer auch die größere
Kraft aufweist. Sio ist mit dor Geschicklichkeit
am meisten übereinstimmend bei den Rechtshän¬
dern, am wenigsten geht sic mit jener parallel bei
den ursprünglich linkshändig Veranlagten, welche
durch Umgewöhnung nachträglich zu Rechts¬
händern geworden sind. Die Linkshändigkoit ist
eine ausgesprochene erbliche Eigentümlichkeit
und kommt beim männlichen Geschlecht fast ge¬
nau doppelt so häufig vor wio beim weiblichen,
der Einfluß dor Mutter scheint bei der Vererbung
größer zu sein als der des Vaters; wio dio Zahl
der linkshändigen Soldaten aus Süddcutschland
größer war als dio der aus Norddeutschland
stammenden, so war auch dio Summe derer mit
linkshändigen Verwandten in Württemberg
wesentlich höher als in Ostpreußen. Degonera-
tionszeichcn fanden sich bei Linkshändern dop¬
pelt so viclo wie bei Rechtshändern (dios ist aber
nur eine Eigentümlichkeit der Linkshänder, nicht
der übrigen Bevölkerung dos botreffendon Landes-
tcils, so haben die Rechtshänder in Ostpreußen
mehr Degenorationszeichcn als dio Rechtshänder
in Württemberg), Sprachstörungen kamen viermal
so häufig vor. Bei diesen Störungon waren dio
Einjährig-Freiwilligen kaum mohr als halb so oft
beteiligt wie dio Ersatzrekruten, „ein Unterschied,
der auf die schweren Schädigungen hinweist, die
die Störungen der Sprache für den sozialen Auf¬
stieg bedeuten“. Dio Umfrago stellte fest, daß
das Stottern etwa viermal so häufig bei Männern
als bei Frauen vorkommt.
St. hat seine Unlorsuchungsmothodon auch auf
dio Bewegungen des Beins übertragen und dazu
Bewegungen gewählt, welche das Kind erst durch
Übungen erlernen muß und die für jedes Bein
derart verschieden sind, daß eine Untersuchung
dieser Verschiedenheit möglich ist Bei der Prü¬
fung dieser Bewegungen — nur 3 sind nach St.
als geeignet für die Untersuchung befunden wor¬
den — ließ sich eine Differenz in der Geschick¬
lichkeit dor Beine deutlich erkennen, welche am
geringsten beim Weitspringen, etwas mehr beim
Schlittern und am meisten beim Ballstoßen zutage
trat. Wie hinsichtlich der Händo, so treten dio
größten Geschicklichkeitsunterschiede bei den Er-
satzrekruten auf, die geringsten boi den Mehr¬
jährig-Freiwilligen und Unteroffizierschülern;
beide Tatsachen sind ein Beweis, daß auch die
kortikalen Zentren der Beine an der funktioneilen
Differenz der Himhälften teilnehmen und daß die
Differenzierung sich auch mit den Jahren steigert.
Wesentlich geringer ist der Unterschied in der
Fähigkeit, den Mund nach rochts oder links zu
verziehen (Mund-Fazialis), während der Augen-
Fazialis für dio Untersuchung nicht in Betracht
kommen konnte, da die Einflüsse der Ziel- und
Schießübung schon vielfach oinc Umgewöhnung
der Fähigkeit des isolierten Augcnschlusscs herbei¬
geführt hatten. Wio erheblich die rechte Hirn-
hälfto überwiegen kann, zeigt übrigens dio Tat¬
sache, daß ein Teil der Linkshänder ebensogut
und sogar noch besser mit der linken als mit der
rechten Hand zu schreiben imstande war.
Hammerschmidt (Danzig).
31. Vorlesungen über klinische Hämato¬
logie; von Wilhelm Türk. 2. Teil.
1. u. 2. Hälfte. Wien 1912. W. Braumüller.
410 u. 1012 S. (42 M.)
Nach mehrjähriger Pause sind jetzt die Fort¬
setzungen von T.s „Vorlosungon über klinische
Hämatologio“ erschienen. Der vorliegende sehr
umfangreiche zweite Teil des Werkes behandelt
in seiner ersten Hälfte die Physiologie und Patho¬
logie der Blutbildung, dio Biologie der Blutzöllen,
die leukozytären Reaktionen und die Entzün¬
dungslohre sowie das normale Blutbild und seine
Variationen unter physiologischen Verhältnissen.
Dio zweite Hälfte enthält die Klinik der Anämien
und Erythrozytosen. Dioser Teil ist besonders
wertvoll durch dio sorgfältige Behandlung dor
klinischen Details und die Mitteilung zahlreicher
interessanter Krankengoschichton aus T.s eigoncr
Beobachtung. Auf den reichen Inhalt des Werkes
kann im einzelnen nicht cingcgangon werden.
Die Literatur ist überall möglichst berücksichtigt;
trotzdem kommen bei allen wichtigen Fragen die
eigenen Ansichten des Autors genügend zur
Geltung. Jedem, dor sich eingohendor für häraato-
logischo Fragen interessiert, kann die Lektüre des
Buches empfohlen werden. Isaac (Wiesbaden).
32. Die Augenerkrankungen im Kindes¬
alter; von 0. Eversbusch. Leipzig 1912.
F. C. W. Vogel. 350 S. mit 21 farbigen
Taf. u. 4G Textfig. (20 Mk., geb. 22 Mk.
50 Pf.)
Das bedeutsame Werk ist als Sondorabdruck
aus dem Handbuch der Kinderheilkunde von
Pfaundlor und Schloßmann erschienen.
Es ist das Ergebnis der reichen Erfahrung E.s
in seiner langjährigen praktischen und wissen¬
schaftlichen Wirksamkeit. Das Thema ist außer¬
ordentlich weit aufgofaßt, so daß wir gleichsam
einen Überblick übor die gesamte Augenheilkunde
mit den Erkrankungen der einzelnen Organe ein¬
schließlich der Verletzungen bekommen. Nach
Besprechung der angeborenen Anomalien und
Mißbildungen des Auges gibt E. einen kurz und
klar geschriebenen Überblick über die anatomische
und physiologische Entwickelung des Auges und
über die Entwickelung des SehakteB, des Farbep-
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198
Lohinann. — Abel. — Frerichs. — Schuirer. — Arndt — Sudhoff.
sinnes usw. Daß den technischen Bemerkungen
zur Untersuchung der Augen bei Kindern ein be¬
sonderer Abschnitt gewidmot ist, ist mit Freudo
zu begrüßen. Die nun folgende sehr vollständig
besprochene Pathologie und Therapie der Er¬
krankungen der Augenlider, Träncnorgano, der
Bindehaut, Hornhaut, Sklera, Iris, Adorhaut usw.
ist durch zahlreiche farbige Tafeln und photo-
giaphischc Textabbildungen erläutert. Für den
Inhalt und die Form der Darstellung bürgt der
Name E.s. Das Werk wird vor allem dem prak¬
tischen Arzt und dem Hausarzt für Diagnoso und
für Therapie der Augcnorkrankungen gerado in
der über das Kindcsaltor oft hinausgehendon Form
ein wertvoller und höchst willkommonor Ratgeber
sein, schon weil es individueller ist, als ein Lehr¬
buch der Augenheilkunde, das zugleich für
Studierende gilt, os sein kann.
K ö 11 n e r (Berlin).
33. Die Störungen der Sehfunktionen; von
W. Loh mann. Leipzig 1912. F. C. W.
Vogel. 206 S. (10 Mk.)
Ein wichtiges Grenzgebiet ist hier bearbeitet,
das von beiden Seiten, Ophthalmologen und
Neurologen, wie Physiologen gern etwas stief¬
mütterlich bohandelt wird, nämlich das Gebiet
dor pathologisch-physiologischen Optik (mit Aus¬
nahme der Dioptrik, der Zirkulation und Be¬
wegungen des Auges). Es ist dem Verfasser ge¬
lungen, mit Hilfe instruktiver Textbilder einen
zuverlässigen Führer durch das Gebiet und durch
die zahlreichen, überall in der Literatur ver¬
streuten Quellen zu geben; denn die Litoratur ist
in geschickter Weise ausgewählt worden. Be¬
sonders hervorzuheben ist das Kapitel über das
Farbenhören. Den Hauptinhalt dos Buches
nehmen die Kapitel über die Pathologie der
Entoptik, die Störungen des Lichtsinnes, der
Adaptation, des Farbensinnes sowie des Binoku-
larsehons ein unter Beifügung vieler eigener Be¬
obachtungen. Der Standpunkt, den L. hierbei
cinnimmt, ist aus seinon frühcroen Publikationen
auf diesen Gebieten im allgemeinen bekannt.
Joder Arzt, der sich für das hochinteressante,
noch lange nicht erschöpfto Arbeitsgebiet inter¬
essiert, wird Freudo und‘Anregung beim Lesen
des Buches haben. K ö 11 n e r (Berlin).
34. Bakteriologisches Taschenbuch; von
R. Abel. 16. Auflage. Würzburg 1912.
Curt Kabitzsch. VI u. 138 S. (Geb. 2 Mk.)
Seit nunmohr annähernd 16 Jahren erscheint
jedes Jahr eine Nouauflago dieses kleinen
Taschenbuchs, das sich zu einem unentbehr¬
lichen Vademekum für den Studenten, welcher
bakteriologisch - serologisch im Laboratorium
arbeitet, herausgebildet hat Die neue Auflage
bringt wiederum Verbesserungen und Ergänzungen
durch Aufnahme neuer Methoden. Namentlich
sind auch die Bedürfnisse der Tierärzte berück¬
sichtigt worden. Jedenfalls wird der Wunsch des
Autors, daß die neue Auflage sich dor gleichen
freundlichen Aufnahme wie die vorhergehenden
erfreuen möge, in Erfüllung gehen. Seitz (Bonn).
35. Leitfaden der anorganischen und or¬
ganischen Chemie; von G. Frerichs.
Stuttgart 1912. Ferd. Enke. (10 Mk.)
Vorliegendes Lohrbuch ist, wie sein Titel be¬
sagt, für Studierende der Medizin, Tiermedizin
und Zahnheilkunde, der Technik und Handels-
wisscnschaft bestimmt. Es soll in erster Linio
dem Studierenden der Medizin die Kenntnisse
vermitteln, die von ihm im Tentamon physicum
verlangt werden. Während dio meiston Lehr¬
bücher der Chemie für Mediziner oder Pharma¬
zeuten zu weitschweifig sind, dürfte das F.schc
Buch dio richtige Auswahl dos Stoffes getroffen
haben. Dio Ausdrucksweise ist klar und knapp
und Wichtiges vom Nebensächlichen geschickt
getrennt. Auch auf die Bedürfnisse der prak¬
tischen Medizin (Arzneimittellehre) ist hinlänglich
Rücksicht genommen.
Das Buch wird in den eingangs genannten
Kreisen die ihm gebührende Verbreitung finden.
Bachem (Bonn).
36. Taschenbuch der Therapie; von Schni-
rer. 9. Auflage. Würzburg 1913. Curt
Kabitseh. 476 S. (2 Mk.)
Die neue Auflage dieses Büchleins hat eine
Reihe Ergänzungen und Verbesserungen erfahren.
Das Ganze bildet nicht nur ein Rezopttaschen-
buch im engeren Sinne, sondern bringt zahlreiche
Tabellen und andere wichtige Daten, besonders
der therapeutischen Technik, physikalisch-diäte¬
tischen Behandlung usw.
Als „Taschenbuch“ dürfte es dem Arzte ebenso
wie seine Vorgänger treue Dienste leisten.
Bachem (Bonn).
37. Kurzeschemisches Praktikum für Medi¬
ziner und Landwirte; von F. Arndt.
Leipzig 1912. Veit & Comp. VIII u. 88 S.
(3 Mk.)
In kurzer, fast tabellarischer Form worden dio
Hauptreaktionen, deren sich die qualitative Ana¬
lyse bedient, angeführt. Das Büchlein scheint
geeignet, dem Anfänger die Vermittlung zwischen
Vorlosung und Laboratorium anzubahnen.
Bachem (Bonn).
38. Graphische und topographische Erst¬
linge der Syphilisliteratur aus den
Jahren 1495 und 1496; von Karl Sudhoff.
München 1912. Carl Kulm. Großfolio. 28 S.
mit 24 Tafeln. (25 Mk.)
Nach der Lcgonde ist die Syphilis im Jahre
1492 aus Westindien auf den Schiffen des Colum-
hus nach Spanien gobracht, von hier zwei Jahre
später nach Neapel getragen, durch die fran¬
zösischen Belagerer Neapels im Jahre 1495 über
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Kollmann und Jacoby. — Gocht — Cramer. — Simonson.
Italien, über Europa und weiterhin über die
anderen Erdteile der alten Welt verbreitet worden.
Ist das historische Wahrheit oder eine Erfindung?
S. fühlte sich durch ein paar zufällige Funde
gezwungen, die Untersuchung dieser Frage, die
endgültig im obigen Sinne entschieden schien,
wieder aufzunehmen. Die Blättor und Bilder, die
er vorlegt, sind der Legende keineswegs günstig.
Die Neapeler Syphilisepidemie ist höchst unwahr¬
scheinlich; die Syphilis war vor dom Rückmarsch
des französischen Belagerungshoores schon in
Deutschland; der amerikanische Ursprung der
Syphilis wird durchaus fraglich.
S.s Mitteilungen sind ein glänzendes Muster¬
beispiel dafür, wie wichtig cs ist, auch den an¬
scheinend feststehenden Lehren der Seuchen¬
geschichte auf den Grund zu gehen und an Stelle
geistreicher Hypothesen die einfachen Dokumente
reden zu lassen. Sticker (Bonn).
39. Urologischer Jahresbericht einschlie߬
lich der Erkrankungen des männlichen
Genitalapparates; von A. Kollmann und
S. Jacoby. Leipzig 1912. Dr. Werner
Klinkhardt (Geh. 21 Mk., geb. 23 Mk.)
Der von bekannten Fachmännern mit an¬
erkennenswerter Genauigkeit herausgegebene
Urologischo Jahresbericht über die im Jahre 1911
erschienenen Arbeiten stellt dieses Jahr einen
stattlichen Band von 500 Seiten dar. Es ist nicht
möglich, im engen Rahmen eines Referates auf
den Inhalt des vorliegenden Jahresberichts ein¬
zugehen. Es sei nur betont, daß derselbo nach
dem Urteil des Rcf. das vollständigste Nacli-
schlagebueh darstellt, was wir in unserem Spezial¬
fach besitzen. Wer seine Bibliothek mit dom
jährlich regelmäßig und in guter Ausstattung er¬
scheinenden Jahresberichte bereichert, hat ein
Orienticrungswerk ersten Ranges zur Hand, das
ihm gestattet, in auffallend kurzer Zeit und ohne
jegliche Mühe die ihn gerade interessierende
Literatur zusammenzustellen. Beachtenswert ist,
daß nicht nur die Pathologie dos Urogonital-
apparates und die Therapie der Erkrankungon
desselben berücksichtigt sind, sondern auch die
Physiologie und Anatomie des uropootischon
Systems und der männlichen Genitalorgane. Auch
die Arbeiten über die Hamchomio und die Bak¬
teriologie der Harnorgane sind in besonderen
Kapiteln eingehend besprochen. Den Schluß des
Werkes bildet eine Zusammenstellung der Ab¬
handlungen über die Erkrankungen des Urogeni¬
talsystems der Haustiere. Asch (Straßburg).
40. Die Röntgenliteratur; von Hermann
Gocht. 2. Teil. Sachregister. Stuttgart 1912.
Ferd. Enke. XVI n. 508 S. (Br. 12 Mk.)
Der vorliegende zweite Toil stellt eine Fort¬
setzung des 1911 herausgegebenen Kataloges der
Röntgen-Weltliteratur dar. Während jedoch der
199
erste Teil nur ein nach Autoren alphabetisch ge¬
ordnetes Verzeichnis brachte, ist die inzwischen
ins Ungeheure angeschwolleno Zahl der Publi¬
kationen im zweiten Teil nach ihrem Inhalt ge¬
sichtet und in fünf große Gruppen übersichtlich
cingeteilt. Die Wahl dieser Gruppon und ihrer
zahlreichen Unterabteilungen ist eino überaus
glückliche, so daß es ein Leichtes ist, sich über
die Literatur betreffs irgend cinor beliebigen
röntgonologischon Spezialfrage schnell und sichor
zu orientieren. Eino woitero Annehmlichkeit ist
dadurch geschaffen, daß bei don meisten Origi¬
nalen auch noch angegeben ist, wo ovontuell
Iteferato über sie zu finden sind. Besonders
horvorgehoben zu werden verdient die Voll¬
ständigkeit dieser Literatursammlung, die sie zu
einem in ihrer Art einzig dastehenden Werke
macht. F r ü n d (Bonn).
41. Abriß der Unfall- und Invalitilätskunde
des Sehapparates; von E. Cramer.
Stuttgart 1912. Ferd. Enke. 235 S. (7 Mk.)
Dio Einteilung des Stoffes hat C. nach ana¬
tomischen Gesichtspunkten gewählt, zweifellos ist
sie wohl auch dio übersichtlichste. So werden
nacheinander dio Vorlotzungen der einzelnen Teile
des Auges kurz besprochen und dabei erfreulicher¬
weise cinzelno besonders umstrittono Fragen aus¬
führlicher behandelt, wio die Granulöse als event.
Unfallfolgo, dio Erkältung als Unfall u. a. m. Das
Buch stellt kein Kompendium dar, sondern hat
ein durchaus individuelles Gepräge bekommen,
indem C. hier aus seinor eigenen reichen Er¬
fahrung schöpft uend so unwillkürlich dem prak¬
tisch Richtigen den gebührenden Platz einräumt.
Allen Ärzten, wclcho sich mit der Begutachtung
dor Augonverlotzungen beschäftigen, sei das
Buch angelegentlichst empfohlen. Es wird oft¬
mals ein Nachschlagen in den großen Hand¬
büchern entbehrlich machen. Eine Kasuistik ist
durchweg — glücklicherweise — vermieden.
Kölln er (Berlin).
42. Der Organismus als kalorische Ma¬
schine und der zweite Hauptsatz; von
E. Simonson. Charloltenburg 1912. P.Bau-
mann. 139 S. (5 Mk.)
Vorliegendes Buch enthält eine kritischo Zu¬
sammenstellung und Sichtung des übor die
energetischen Verhältnisse beim tiorischcn Orga¬
nismus vorliegenden Matorials und kommt zum
Itosultat, daß dor Organismus im wahren Sinn
des Wortes eine kalorische Maschine darstellt.
Donn da der mechanische Wirkungsgrad des Or¬
ganismus nach den Ausführungen des Vorfassors
nicht auf 30°/ o , sondern auf nur 1—5°/ 0 anzu-
setzon ist, so verliert der auf don zwoiton Haupt¬
satz gestützte Einwand gegen diese Auffassung
seine Beweiskraft. Der Muskel ist im Gegensatz
zum Gesamtorganismues nicht mit einer thermo¬
dynamischen, sondern mit cinor einfachen Ma-
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200
Doutrelepont. — Nothnagel. — Raecke. — Engelen und Focke.
schine, z. B. einem Hobel als Teil im Gesamt-
botriebe der kalorischen Maschine, zu vergleichen.
Da das Buch in sehr eingehender Weise die
Arbeiten Birchers, Bonners, Rubnors,
11 ö b o r s usw. diskutiert, bietet es dem Loser
vielerlei Anregung. Dittler (Leipzig).
43. Über die Behandlung der Hauttuber¬
kulose; von Doutrelepont. Sammlung
zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete
der Dermatologie usw. Halle. Carl Marhold.
32 S. (1 Mk. 20 Pf.)
Lango bevor die Arbeiten und Erfolgo F i n -
s e n s das Interesse für die Therapie des Lupus
wieder allgemein geweckt und die Aussichten
auf Heilung der fast als unheilbar angesehenen
Krankheit gebessert hatten, gchörto D. zu den¬
jenigen, die im Kampfo gegen die Hauttuber¬
kulose nicht ormüdeten und durch systematische
Anwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel
auch vorzüglicho Heilrcsultate zu verzeichnen
hatte. Die chirurgische Behandlung in ihren
verschiedenen Formen, die Ätzmethodon und vor
allem die Sublimatthorapie wurden von ihm be- i
kenntlich mit großer Encrgio und mit gutem Er¬
folgo angewandt. Er war einer dor ersten, dor die
systematische Tuborkulinbehandlung durchführte,
und er hat sie auch nicht aufgegebon als kritik¬
lose Anwendung anderweitig Mißcrfolgo und Ent¬
täuschungen brachte. Daß er sich die Finson-
und Röntgentherapie nicht entgehen ließ, ist
selbstverständlich. In seinem Aufsätze faßt er
seine reiche Erfahrung auf dem Gcbicto zu¬
sammen, und gerado weil er sich von jeder Ein¬
seitigkeit fernhält und jedes Verfahren zu seinem
Rechte komon läßt, verdient dio Abhandlung des
bewährten Vorkämpfers im Kampfe gegen die
Hauttuberkulose besondere Beachtung und wird
mit großem Interesse golosen werden.
Zinssor (Köln).
44. Spezielle Pathologie und Therapie; von
weil. Hermann Nothnagel, fortgeführt
von L. v. Frankl-Hochwart Die Skro¬
fulöse; von G. Cor net Zweite, gänzlich
umgearbeitete Auflage. Wien. Alfred Hölder.
520 S. (12 Mk.)
Dio zahlreichen neueren Arbeiten auf klini¬
schem, serologischen und bakteriologischem Ge¬
biete, welche das Krankheitsbild der Skrofulöse
berühron, machten cino Neubearbeitung der hin¬
reichend und rühmlich bekannten Arbeit C.s not¬
wendig. Es bedarf keiner Erwähnung, daß C. die
schwierige Aufgabe ausgezeichnet gelöst hat.
Der Lcsor findet den Gegenstand nach allen Rich¬
tungen hin erschöpfend dargestellt. C. geht auf
alle älteren und neueren Anschauungen ein, ohne
dabei jemals seinen persönlichen Standpunkt zu¬
rücktreten zu lassen. Und das ist gut so. Steht
ihm doch eine selten reiche klinische und experi¬
mentelle Erfahrung zur Verfügung. Interessant
und bestechend ist seine Auffassung vom Wesen
dor Skrofuloso als einer Art Embryonalismus der
Haut, der Schleimhaut und der Lymphwcge im
Sinne einer größeren Durchlässigkeit für Keime.
Dor bakteriologische Teil nimmt naturgemäß einen
breiten Raum ein und könnte wohl ohne Schaden
gekürzt worden, nicht minder der therapoutischo
Teil, soweit die Aufzählung von künstlichen Nähr¬
mitteln in Betracht kommt. Sie sind doch wirk¬
lich zum großen Teil entbehrlich. Das den
Schluß bildondc Literaturverzeichnis ist von sel¬
tener Reichhaltigkeit und Genauigkeit Dio deut¬
sche medizinische Literatur kann sich zu diesem
Zuwachs Glück wünschen.
Brückner (Dresden).
45. Grundriß der psychiatrischen Dia¬
gnostik nebst einem Anhang enthaltend
die für den Psychiater wichtigsten Ge¬
setzesbestimmungen und eine Über¬
sicht der gebräuchlichsten Schlafmittel;
von Raecke. 3. Auflage. Berlin 1912.
Angnst Hirschwald. 188 S. (3 Mk.)
Der bekannte R.sche Grundriß ist durch Zu-
sätzo über dio Prüfungsmethoden dos Vestibular-
apparats, über die Intclligcnzprüfung bei Kindern
und über dio neueren Simulationsproben ergänzt
worden. Er zeichnet sich bei aller Vollständigkeit
durch prägnanto Kürze aus und ist für die
Zwccko, für dio er bestimmt ist, sehr zu emp¬
fehlen. J o 11 y (Halle).
46. F. M. B. Die Formulae Magistrates
Berolinenses und verwandte Galenika
in ihrer Bedeutung für die ärztliche
Praxis; von Engelen und Focke. Mün¬
chen 1912. Otto Gmelin. 68 S. (2 Mk.)
Das vorliegende Büchlein verfolgt den Zweck,
dem in der Praxis stehenden Arzt die vielseitige
Verwendungsmöglichkeit dor F. M. B. darzulegon.
Es zeigt auch, wie der Arzt bei ihrer Benutzung
individualisierend vorgehen kann, ohno in die
naheliegende Gefahr der Schomatisierung zu ver¬
fallen. Außor den Magistralformcln sind auch
Vorschriften für eino Reihe altbewährter, mehr
und mehr in Vergessenheit geratener Medika¬
mente angeführt und diese bezüglich ihrer Zu¬
sammensetzung und Wirkung kurz besprochen.
Soweit der bchandelto Stoff cs gestattet, sind
hiorbei die Ergebnisse der neueren experimen¬
tellen pharmakologischen Forschung zugrundo ge¬
legt, so daß das Workchen sowohl dem jungen
medizinischen Nachwuchs, wie auch dem älteren
Praktiker mit gutom Gowissen warm empfohlen
werden kann. Flury (Würzburg).
Fttr die Eftdiklion verantwortlich: Prof. Dr. H, Le« io Bonn. — Hllfsrodnkteur: Priv.-Dcn. Dr. C. Bachern in Bann.
*. Harte* 4 £. Weher* Verlag (Dr. J«r. Albert Ahn) Ln Btw. — Druck tob (Nte Wigaad m. b. H. ln Leipzig.
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Schmidts Jahrbücher
der
in- lind ausländischen gesamten Medizin
Band 317 März 1913
A, Origmalabhandlungen und Übersichten.
Aus der medizinischen Universitätspoliklinik Bonn (Direktor: Prof. Dr. Paul Krause).
Nachweis von Tuberkelbazillen im strömenden Blut.
Kritisches Sammelreferat von
Dr. Ernst Fränkel
I. Assistenten.
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Nr. 25. Sitz, der niederrheio. Ges. in Bonn 17. Jan. 1913.
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19. Zaznki und Takaki. Zentralbl. f. Bakt.
Bd. 61. H. 1 u. 2. S. 149. 1912.
20. Sturm. Brauers Beitr. z. Klin. d. Tuberk.
Bd. 23. H. 2.
21. Kennerknecht. Brauere Beitr. z. Klin. d.
Tuberk. Bd. 23. H. 2.
22. Rumpf. Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 36.
23. Klemperör. Ther. d. Gegenw. Okt. 1912.
24. Lossen und Hilgermann. D. med. Woch.
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Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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25. Ranström. D. med. Woch. 1912. S. 1535.
26. Duchinoff. Beitr. z. klin. Chir. Bd. 79.
H. 1. 1912.
27. Krabbel. Vortrag in d. Sitz. d. niederrhein.
Ges. Bonn 17. Jan. 1913. Ref. D. med. Woch. März 1913.
28. Fränkel. Diskussion dazu. Bonn 17. Jan. 1913.
29. Bacmeister. Münchn. med. Woch. 1913.
S. 343.
30. Kahn. Münchn. med. Woch. 1913. 8. 345.
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32. Bacmeister und Rueben. (D. med. Woch.
1912. Nr. 50.
33. Rabinowitsch, Lyd. Berl. klin. Woch.
1913. Nr. 3.
34. Querner. Münchn. med. Woch. 1913.8.401.
35. Rosenberg. Münch, med. Woch. 1913. S. 404.
36. Bergeron. Zit n. 34.
37. Courmont. Zit n. 34.
38. Liebmann. Berl. Hin. Woch. 1891. Nr. 4.
39. Ewald. Berl. klin. Woch. 1891. Nr. 4.
40. Kossei. Berl. klin. Woch. 1891. Nr. 12.
41. Guttmann und Ehrlich. D. med. Woch.
1891. Nr. 6.
42. Prior Münchn. med. Woch. 1891. Nr. 7.
43. Hildebrandt. Münchn. med. Woch. 1906.
44. Bond Stow. New York med. Record Dec. 1909.
45. Mendenhall und Petty. Ref. D. med. Woch.
1909. Nr. 40.
46. Lafforgue. Ref. Zentralbl. f. Tuberk. Bd. 4.
Nr. 2.
47. Sabrazes. Zit. n. 34.
48. Acs Nagy. Ref. int Zentralbl. f. Tuberk.
Bd. 4. Nr. 12.
49. Mommen. Ref. int Zentralbl. f. Tuberk. 1911.
Nr. 8.
50. Krau8e. Zentralbl. f. Tuberk. Bd. 17. H. 5.
51. Frfinken. Ref. D. med. Woch. 1912. Nr. 43.
52. Bang. Ref. int Zentralbl. f. Tuberk. Bd. 4.
Nr. 12.
26
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
202
Fränkel, Nachweis von Tuberkelbazillen im strömenden Blut.
53. Bonwill - Holmes. Eef. int. Zentralbl. f.
Tuberk. April 1910.
54. Hewatt und Sutherland. Brit med. Joum.
Oot. 1909.
55. Roeenberg. New York. med. Reoord Nov. 1909.
56. Bornstein und Fried. Zit. n. 34.
57. Dailey. Ref. int Zentralbl. f. Tuberk. Bd. 4.
58. Schroeder u. Cotton. Zit. n. 34.
59. Broll. Int. Zentralbl. f. Tuberk. Bd. 4. Nr. 6.
Als erster fand 1884 Weichselbaum (1)
mikroskopisch Tuberkelbazillen im Blut von
Leichen. Lustig (2), Meisel (3), Rütimeyer
und Sticker (4) berichteten dann 1885 Ober
den Nachweis von Tuberkelbazillen bei Patienten
mit Miliar tuberkulose. Mit seiner neuen Methode
der Inoskopie, d. h. durch Pepsinverdauung der
Gerinnsel, konnte Jousset (5) bei 16 Fällen
von chronischer Tuberkulose mit Fieber eine
Bazillämie nachweisen. Lesieur(6) und Gary(7)
fanden mit der gewöhnlichen Färbemethode unter
30 Fällen. 6 mal Tuberkelbacillen im Blut von
fieberhaften Tuberkulösen. Die ersten Tierversuche
bei Meerschweinchen stellte Lüdke (8) an; unter
14 Fällen ergaben 3 mit schwerer Lungentuber¬
kulose ein positives Impfreeultat. In Deutschland
dürfte zurzeit wohl Liebermeister (9) über
die umfangreichsten Erfahrungen verfügen. Bereits
im Jahre 1907 berichtete er über seine ersten
Untersuchungen. Damals fanden sich in den letzten
20 Lebenstagen der Tuberkulösen in 75%, vom
20. bis 80. Tage ante exitum in 60%, vorher
bei schweren Fällen von Lungentuberkulose bei
35% Bazillen im Blut. Bei den meisten späteren
Untersuchungen wandte er neben dem Tier¬
versuch, der ihm nicht empfindlich' genug er¬
scheint, die von Schnitter (10) angegebene
Modifikation des Stäublischen (11) Verfahrens
an, wobei das Blut zuerst in 3proz. Essigsäure
aufgelöst und dann mit Antiformin behandelt
wird. Mit dieser Methode fand er dann bei
immer leichteren Fällen von Tuberkulose, schlie߬
lich auch bei einer Reihe von nicht an Tuber¬
kulose Erkrankten Tuberbelbazillen im Blut Der
von ihm häufig herangezogene Tierversuch ergab
bei Tuberkulose III. Grades 48%, beim II. Stadium
44%, im I. Stadium 11%, bei der von ihm so
bezeichneten „inaktiven Tuberkulose“ im ganzen
bis 1912 6 positive Resultate. Schnitter und
Treupel (12) hatten auch mit dem Schnitter-
schen Verfahren in 17 Fällen des III. Stadiums
8 Fälle = 47%, in 9 Fällen des II. Stadiums
2mal = 22%, in 8 Fällen des I. Stadiums
keinen positiven Befand. Von 4 Patienten mit
Blasen-, Hoden- und Drflsentuberkulose hatten
2 = 50% Tuberkelbazillen im Blut Bei Lipp-
mann (13) sind von 15 Fällen des III. Stadiums
8 = 53% positiv, von 9 Fällen des II. Stadiums
3 = 33%, 1 Fall im I. Stadium ist negativ.
Jessen und Rabinowitsch (36) haben bei
36 Fällen 12mal positive Resultate, Forsith (15)
bei 10 Fällen von offener Tuberkulose stete, bei
einer geschlossenen dagegen nicht Rosen¬
berger (16) und Koslow(17) hatten der eine
bei 23 initialen Fällen, der andere bei 100 Tuber¬
kulösen stets positive, Ko slow bei 20 Gesunden
stets negative Resultate. Daher spricht dieser
auch dem Befund von Tuberkelbazillen im Blut
eine große diagnostische Bedeutung zu. Alle diese
Autoren und auch die meisten folgenden, soweit
dies nicht besonders erwähnt ist, bedienen sich
nur des mikroskopischen Nachweises nach der
Schnitterschen Methode oder einer Modifikation
derselben. Eurashige (18) fand bei 155Tuber¬
kulösen stete und dauernd, bei 35 Gesunden
20mal = 59% Bazillen im Blut 3 von den
positiven Gesunden erkrankten später an Pleu¬
ritis tuberculosa, 2 mit einer Haemoptoö, bei
4 anderen war der Tierversuch positiv. Während
die meisten anderen Autoren das spärliche Vor¬
kommen von säurefesten Stäbchen (oft nur 2—3
im ganzen Präparat!) betonen, findet er bis 30
in einem Gesichtsfeld. Z u z u k i und T a k a k i (19)
berichten über einen auffallenden Parallelismus
zwischen Pirquetscher Reaktion und Bazillen¬
befund im Blut. Bei 478 Tuberkulösen war
471mal = 98,5% eine Bazillämie vorhanden,
bei 54 Gesunden 28mal. Auch von diesen er¬
krankten später 4 an Lungentuberkulose, 2 an
Pleuritis und 2 an Peritonitis tuberculosa. Ku-
rashige und seine Mitarbeiter (18) fanden in
der Milch, ohne daß eine Tuberkulose der Mamma
vorlag, in 85% Tuberkelbazillen, von denen sie
annehmen, daß sie aus dem Blute stammen.
Für den Säugling sollen diese Bazillen jedoch
nicht gefährlich sein.
Sturm (20) fand bei Tuberkulösen je nach
dem Stadium 22—46% positiv; bei 10 Gesunden
waren nie Bazillen im Blut Seine Tierversuche
sind deshalb nicht einwandfrei zu bewerten, weil
er bei negativem Befund wiederum mikroskopisch
die mit Antiformin behandelten Organe unter¬
suchte. Auch bei den 13 sämtlich positiven
Impfungen von Kennerknecht (21) genügt
der mitgeteilte Sektionsbefund durchaus nicht
immer zur Diagnose einer Impf tuberkulose. Mikro¬
skopisch fand sie bei 68 Kindern mit klinischer
Tuberkulose stete, bei 20 suspekten Kindern
18mal, bei 31 anderweitig erkrankten 23mal
säurefeste Stäbchen im Blut Bei Rumpf (22)
waren von 35 geimpften Meerschweinchen nur
3—4 positiv, mikroskopisch wurde bei 25 Tuber¬
kulösen, bei 6 früher kranken, zurzeit gesunden
und bei 7 nicht Tuberkulösen stete nach Much
färbbares Tuberkulosevirus gefunden. K1 e m -
per er (23) untersuchte nur mikroskopisch. Er
fand typische Tuberkelbazillen in wechselnder
Zahl (2—20) bei 14 Fällen von Lungentuber¬
kulose 12mal, bei 17 Buspekten Fällen 4mal, bei
10 anderweitig Kranken Imal bei Leberzirrhose,
dagegen nicht bei 8 Gesunden. Bei Lossen
und Hilgermann (24), die dem positiven Be-
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Fränkel, Nachweis von Tuberkelbazillen im strömenden Blut..
203
*nnd eine ungünstige prognostische Bedeutung
beimessen,' waren sie unter 64 Fallen 17 mal
nachweisbar. Ran ström (65) beriohtet über
9 positive Fälle, sämtlich fieberhafte Eiranke im
ID. Stadium von 36 im ganzen Untersuchten;
auch er betont die schlechte Prognose des posi¬
tiven Bazillenbefundes. Franken (51) hat bei
Meerschweinchen in mehr als 50 Fallen des II.
und III. Stadiums 7mal positive Impfresultate,
Bang (52) wies bei 68 Tuberkulösen 18mal
mikroskopisch und im Tierversuch Bazillen im
Blute nach. Bei Bond Stow (44) waren von
18 progressen Fällen 6, von 10 initialen keiner
positiv. Mendenhall und Petty (45) be¬
richten über 8 positive von 20 Fallen, Laf-
forgue (46) über 2 positive von 4 Patienten.
Bei Acs Nagy (48) ist die mikroskopische
Untersuchung im Ü. Stadium 2mal negativ, bei
17 Fällen des HI. Stadiums 6mal positiv. Mit
einem kombinierten Antiformin-Ligroinverfahren
waren bei 15 zum Teil leicht Erkrankten von
Kommen (49) 11 mal Bazillen nachweisbar.
Während Krause (50) unter 132 Fällen
33 positive hat, ist dies bei Bergeron (36) bei
36 Untersuchten nur 2mal, bei Courmont (37)
mit 30 Patienten nur 5mal der Fall. Sabra-
zes (47) fand bei einem Fall von tuberkulöser
Septikopyämie mit verkäsenden externen Loka¬
lisationsherden Bazillen im Blut, Hildebrandt(43)
bei einem Fall von Erythema nodosum mit Tuber¬
kulose. Broll (59) berichtet über positive Be¬
funde im Blut von 2 tuberkulösen Kühen,
Schroeder und Cotton (58) über 42 negative
Resultate bei Rindertuberkulose. Negative Re¬
sultate bei Menschen erhielten Bernstein und
Fried (56) in 10 Fällen mit dem Tierversuch
und dem mikroskopischen Nachweis, Dailey(57)
bei 17 Tierversuchen, Quem er (34) bei 40
Impftieren von 37Fällen. Hewat-Sutherland
(54) hält die bei 20 Fällen einmal gefundenen
säurefesten Stäbchen nicht für Tuberkelbazillen.
Bonwill-Holmes (53) hatten bei 56 Patienten
37mal im Tierversuch und 51 mal mikroskopisch
negative Resultate. Die 5mal gefundenen säure¬
festen Stäbchen fanden sie 4mal auch im destil¬
lierten Wasser. Liebermeister (1. c.) und
die meisten anderen Autoren suchen diesen Fehler
zu vermeiden, indem sie sorgfältig alle Instrumente
und Flüssigkeiten vorher sterilisieren und nur
frisch destilliertes, steriles Wasser verwenden.
Nach Tuberkulininjektion fand L. Rabino-
witsch (33) einmal mikroskopisch und im Tier¬
versuch Tuberkelbazillen im Blut Bacmeister
(29) konnte dasselbe im Kaninchenversuch 4mal
im Blut von vorher negativen Tuberkulösen nach-
weisen. Frühere Angaben von Liebmann (38),
der bei 35 mit Tuberkulin behandelten Patienten
stets, bei 30 nicht behandelten Tuberkulösen nie
Bazillen im Blut gefunden hatte, waren von
Ewald (39), Kossel (40), Guttmann und
Ehrlich (41) und Prior (42) nicht bestätigt
worden.
Über den Nachweis von Tuberkelbazillen im
Blut und in den lokalen Entzündungsherden bei
chirurgischer Tuberkulose berichtet Duchinoff
(26). Bei 78 Fällen hatte er 23 stets positive
Tierversuche angestellt Im Eiter und in den
Punktionsflüssigkeiten fand er die Bazillen mikros¬
kopisch stets, im Blut besonders im Beginn der
Erkrankung, wo die von Krauß usw. beschrie¬
benen Lysine noch fehlen. Seine Tierversuche
sind ebenso wie die von Sturm (1. o.) nur teil¬
weise einwandfrei, weil er bei negativem makros¬
kopischen Befund auch die mit der Antiformin-
methode behandelten Organe mikroskopisch unter¬
sucht und als positiv ansieht sobald er säurefeste
Stäbchen findet. Rosenberg (35) untersuchte
nur mikroskopisch und fand Bazillen bei 11
Phthisikern, bei 8 von 10 Kranken mit chirur¬
gischer Tuberkulose und bei 2 unter 3 ver¬
dächtigen Patienten, dagegen nicht bei 8 Gesunden,
deren Lungen röntgenologisch kontrolliert waren.
Krabbel (27) mißt dem positiven Befund
gleichfalls bei chirurgischer Tuberkulose eine
diagnostische Bedeutung bei, dagegen nicht dem
negativen. Auch er untersuchte nur mikroskopisch.
Dagegen betont E. Fränkel (28) die zahlreichen
Fehlerquellen insbesondere des mikroskopischen
Nachweises und die Unstimmigkeiten in den bis¬
her publizierten Arbeiten, die diagnostische und
prognostische Schlüsse zur Zeit nicht zulassen.
Bei seinen eigenen, noch nicht abgeschlossenen
Versuchen bei 25 Tuberkulösen waren von 30
bisher sezierten Impftieren nur 2 sicher tuber¬
kulös. Auf eine nicht zu vermeidende Fehler¬
quelle beim mikroskopischen Nachweis macht
Kahn (30) aufmerksam, der säurefeste Stäbchen
bei der Antiforminbehandlung von Cholesterin,
Lezithin und Blutkörperchenstromata fand. Diesen
Fehler dürfte wohl auch eine von Keßler (31)
angegebene Methode nicht vermeiden, die durch
Trypsin Verdauung des Gerinnsels auch den Ba¬
zillennachweis im geronnenen Blut gestatten soll.
Ebenso betonen Bacmeister und Rueben (32)
die Wichtigkeit des Tierversuches und die Un¬
sicherheit der mikroskopischen Untersuchung. Sie
fanden im Blut bei gesunden Kaninchen und
Menschen stets säurefeste Bazillen, hatten dabei
aber 15mal negative Impferfolge an Kaninchen.
Der Einwand Liebermeisters (1. c.) gegen den
Tierversuch, daß er wegen der Mitübertragung
von Lysinen zu wenig empfindlich sei, läßt sich
entkräften, wenn man, wie es Queroer (1. c.)
und E. F r ä n k e 1 (1. c.) taten, das Blut vorher
mit Antiformin auflöst Daneben dürfte sich die
gleichzeitige Verimpfung von frischem Blut auf
ein 2. Tier empfehlen, um auch besonders anti-
forminempfindliche Bazillen mit Erfolg zu über¬
impfen. Doch ist bei Anwendung der von Uhlen-
huth angegebenen Kautelen (16% Anti formin,
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204 Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
kurze Zeit) eine solche Schädigung auch kaum
zu befürchten. Der Nachweis von Bazillensplittem
oder Granula nach Much teilt die Fehler des
mikroskopischen Nachweises mit Anwendung der
Ziehl Fkrbung wohl noch in erhöhtem Maße.
Faßt man die bisherigen Tierversuche zu¬
sammen, so findet man etwa 500 Impfungen mit
ca. 100 positiven Resultaten bei Tuberkulösen und
Nichttuberkulösen.
Doch dürfte die Zahl der positiven Resultate
noch etwas zu hoch sein, weil gerade bei den
Autoren, welche viel positive Fälle hatten, nach¬
weislich die Methode oder die Deutung der Re- |
sultate mitunter nicht richtig war. Immerhin
kann man wohl jetzt mit Sicherheit annehmen,
daß sich im strömenden Blute mitunter tierviru¬
lente Tuberkelbazillen nachweisen lassen. Über
die Bedingungen, unter denen sie auftreten, läßt
sich etwas sicheres noch nicht sagen. Die Ent¬
scheidung der Fragen durch den mikroskopischen
Nachweis von säurefesten Stäbchen oder dgl.
scheint wegen der vielen Fehlerquellen nicht
einwandfrei zu sein. Eine diagnostische oder
prognostische Bedeutung kann also auf Grund
der bisherigen Erfahrungen weder dem positiven
I noch dem negativen Befund beigemessen werden.
Aus der königlichen üniveraitätsfranenklinik in Bonn.
Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in
Geburtshilfe und Gynäkologie.
Von
Walther Drügg.
Literatur-V erzeichnis.
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Zitronensäure zur Modifizierung der Blutkoagulations-
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11. Cristea u. Bienenfeld, Gerinnung und
gerinnungserregende Substanzen bei der Eklampsie. |
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12. Cristea u. Denk, Über Blutgerinnung wäh- |
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14. Deetzen, Blutplättchen und Blutgerinnung.
Ref. Deutsche med. Woch. 1909. Nr. 47.
15. Denk u. Hellmann, Die Verwertung der
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Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 20. H. 2.
16. Dienst, Zur Ätiologie der Eklampsie. Zen-
tralbl. f. Gyn. 1911. Nr. 11.
17. Dietrich, Studien über Blutveränderungen
bei Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen Arch.
; f. Gyn. Bd. 94. S. 383.
18. Engelmann u. Stade, Bedeutung des
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j Münchn. med. Woch. 1909. Nr. 43.
19. F a n o, Das Verhalten des Peptons gegen Blut
und Lymphe. Arch. f. eiper. Path. u. Pharm. 1881.
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20. Freund, Zur plazentaren Eklampsie-Ätiologie.
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22. G i e r t s e n , Hämophilie, behandelt mit Diph¬
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Arch. f. klin. Med. Bd. 101. H. 1 u. 2.
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26. Hofbauer, Schwangerschaftstoxämie. Deutsche
med. Woch. 1910. S. 1642.
27. Klein, Puerperale und postoperative Throm¬
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28. K o s s e 1, Neuere Untersuchungen über die
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29. K o 11 m a n n, a) Schilddrüse und Autolyse,
b) Zur Physiologie und Pathologie der Schilddrüse-
Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 71. H. 3—6.
80. K r 5 s i n g, Das Fibrinogen im Blute von nor¬
malen Graviden, Wöchnerinnen und Eklamptisehen.
Arch. f. Gyn. Bd. 94. H. 2.
81. Küster, Die Bedeutung der Blutgerinnung
für die Entstehung der Thrombose. Münchn. med.
Woch. 1911. S. 2442.
32. Landsberg, Gehalt des Blutplasmas an Ge¬
samteiweiß, Fibrinogen und Reststickstoff bei Schwan¬
geren. Arch. f. Gyn. Bd. 92. H. 8.
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 205
S3. Lewinsky, Beobachtungen Aber den Gehalt
des Blutplasma an Serumalbumin, -globulin und
Fibrinogen. Zit. nach Krösing (30).
84. L i d s k v , Beeinflussung der Blutgerinnung
durch die Schilddrüse. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 71.
H. 8—6.
35. Lilienfeld, Uber Leukozyten und Blut¬
gerinnung. Zit. nach Kassel (28).
36. Lutter, Beitrag zur Frage der Blutgerinnung.
Inaug.-Diss. Göttingen 1905.
37. Ma n t e 11 i, Blutgerinnung. Ref. Deutsche med.
Woch. 1911. S. 370.
38. M a t h e s, Beobachtungen an mit Plazentasaft
durchströmten Hundenieren. Zeitschr. f. Geb. u. Gyn.
Bd. 62. S. 108.
39. M a t h e s, Blutgerinnungszeit in der Schwan¬
gerschaft. Mfinchn. mea. Woch. 1910. Nr. 86.
40. M a t h e s , Über den Einfluß von Scimudrüsen-
preßsaft auf die Blutgerinnung. Münchn. med. Woch.
1911. S. 1003.
41. Metzer u. Salant, Uber den Einfluß der
Nephrektomie auf die Blutgerinnung. Ref. Folia haem.
Bd. 1. S. 600.
42. Meyer, Über die Wirkung des Kalkes. Münchn.
med. Woch. 1910. S. 2277.
43. N a 8 s e , Das Blut von Schwangeren. Zit. nach
Zangemeister (72).
44. Neu, Weitere experimentelle Beiträge zur Bio¬
logie des Blutes in der Gestationsperiode des Weibes.
Münchn. med. Woch. 1911. S. 1810.
45. N e u n. Kreis, Beitrag zur Methodik der
Bestimmung der Blutgerinnungsfähigkeit nebst Mit¬
teilungen über die Gerinnungsfähigkeit des Blutes
während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett.
Münchn. med. Woch. 1911. S. 2441.
46. Neubauern. Novak, Zur Frage der Adre-
n&linämie und des Blutzuckers in der Schwangerschaft.
Deutsche med. Woch. 1911. S. 2287.
47. O’Connor, Uber Adrenalinbestimmung im
Blute. Münchn. med. Woch. 1911. S. 1439.
48. Osten, Untersuchungen über die Gerinnung
des Blutes während der Menstruation. Inaug.-Diss.
Göttingen 1907.
49. Pekelharing, Uber die Gerinnung des
Blutes. Deutsche med. Woch. 1892. Nr. 50.
50. Pfeiffer, Untersuchung über die Blut¬
erinnung in Krankheiten. Ref. Deutsche med. Woch.
908. S. 1863.
51. Pratt, Beobachtungen über die Gerinmmgs-
zeit des Blutes und die Blutplättchen. Zit. nach
Qrawitx.
52. Robertson, Hillmann u. Duncan,
Blutkoagulation. Ref. Deutsche med. Woch. 1908.
S. 1065.
60. Schmidt- Mülheim, Beitrag zur Kenntnis des
Peptons und seiner physiologischen Bedeutung. Arch.
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61. Schwab, Venenthrombose und Gerinnbarkeit
des Blutes. Münchn. med. Woch. 1906. S. 2520.
62. Tsnji, Verhalten des Blutdrucks in der men¬
struellen und nichtmenstruellen Zeit. Arch. f. Gyn.
Bd. 89. H. 3.
63. v. d. V e 1 d e n , Blutverlust und Blutgerinnung.
Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 61. S. 37.
64. v. a. V e 1 d e n , Die stomachale and intravenöse
Behandlung innerer Blutungen mit Kochsalz. Deutsche
med. Woch. 1909. S. 197.
65. v. d. Velden, Hämostyptische Wirkung der
Gliederab8chnürung. Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther.
1911. Bd. 8. H. 3.
66. v. d. Velden, Hämostyptische Wirkung von
Kreislaufmitteln. Therap. Monatsn. 1911. Nr. 5.
67. V i e r o r d t, Die Gerinnungszeit des Blutes in
gesunden und kranken Zuständen. Zit. nach Bode (6).
68. Vogel, Hämophilie und Blutgerinnung. Ref.
Deutsche med. Woch. 1911. S, 277.
69. W e i s 8, Die Blutgerinnung in ihren bio¬
chemischen und klinischen Beziehungen. Wien. klin.
Woch. 1910. S, 839.
70. Wooldridge, Gerinnung des Blutes. Leipzig
1891. Zit. nach Gravitx (77).
71. W right u. K na pp. Lancet 1892. Zit. nach
Kossel (28).
72. Zangemeistei, Die Beschaffenheit des
Blutes in der Schwangerschaft und der Geburt. Zeit¬
schr. f. Geb. u. Gyn. Bd. 49. S. 92.
73. Zangemeister, Über die Ausscheidung
der Chloride in der Schwangerschaft, speziell bei Neph¬
ritis gravidarum. Arch. f. Gyn. Bd. 84. S. 825.
74. Z u r h e 11 e, Thrombose und Embolie nach
gynäkologischen Operationen. Arch. f. Gyn. Bd. 84.
75. Zurhelle, Zur Thrombosenprophylaxe. Zen-
tralbl. f. Gyn. 1908. S. 1421.
76. Z u r h e 11 e, Experimentelle Untersuchungen
über Thrombenbildung. Med. Klin. 1909. S. 1699.
Ferner außer den Lehrbüchern der Geburtshilfe,
Gynäkologie und Pathologie:
77. G r a w i t z , Klinische Pathologie des Blutes
(daselbst ausgedehnte Literaturangaben).
78. A s c h o f f u. A., Beiträge zur Thrombosefrage.
1912.
Seitdem durch die Arbeiten Alex. Schmidts
und seiner Schüler die Grundlage geschaffen war,
auf der sich der weitere systematische Aufbau
der Lehre von der Blutgerinnung vollziehen konnte,
haben sich die Erkenntnisse auf diesem Zweige
53. Sahli, Uber das Wesen der Hämophilie. Zit.
nach Bode (6).
54. S a c k u r, Gelatine und Blutgerinnung. Zit.
nach Qrawxlx.
55. Spiro u, Ellinger, Der Antagonismus ge¬
rinnungsbefördernder Stoffe und gerinnungshemmender
Stoffe im Blut und die sogen. Peptonimmnnität. Zit.
nach Gebele (21).
56. Schenk, Der gegenwärtige Stand der Lehre
von der plazentaren Ätiologie der Eklampsie, Zit. nach
Krösing (30).
57. S c h i c k e 1 e, Die Rolle des Ovariums unter
den intersekretorischen Drüsen. Ref. Deutsche med.
Woch. 1911. S. 863.
58. S c h i c k e 1 e, Biochemische Untersuchungen
über Uterus und Ovarien. Ref. Deutsche med. Woch.
1911. S. 1334.
59. Schittenhelm u. Lntter, Untersuchun¬
gen über das menschliche Fibrinferment. Zit. nach
Grmcitx (77).
der Hämatologie in hervorragendem Maße ge¬
mehrt. Wenn auch heute — 50 Jahre nach dem
Erscheinen von A. Schmidts grundlegender
Arbeit „Über den Faserstoff und die Ursache
seiner Gerinnung“ — die Ansichten über die Blut¬
koagulation noch nicht einheitlich sind, so liegt
das einmal an den Schwierigkeiten, die das physi¬
kalische und chemische Verhalten des Blutes der
systematischen Erforschung seiner Eigenschaften
entgegensetzt, zum anderen Malo aber an den ver¬
schiedenartigen Verhältnissen, unter denen die
einzelnen Forscher ihre Untersuchungen anstell-
ton. Immerhin ist der Vorgang, der sich bei der
Gerinnung des Blutes abspielt, in seinen Haupt¬
zügen bekannt, dank den unermüdlichen Anstren¬
gungen der Hämatologen, die sich ebensogut aus
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206 Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
den Reihen der Chirurgen und Gynäkologen rekru¬
tieren, wie aus denen der Internen. Das ist wohl
der beste Beweis dafür, daß man die Bedeutung
der Blutgerinnung als sehr groß für die gesamte
Medizin, nicht nur für einzelne Disziplinen, anzu¬
setzen geneigt ist.
In diesem Sinne kann man der Fibringerinnung
eine ähnliche Rolle zuweisen, wie der entzünd¬
lichen Leukozytose, und dies um so mehr, da, wie
später des Näheren gezeigt werden soll, gewisse
Zusammenhänge zu bestehen scheinen zwischen
dem Gehalt des Blutes an fermentativ und che¬
misch wirkenden korpuskularen Elementen und
seiner Befähigung zur Koagulation.
Es ist eine jedem Laien geläufige Tatsache,
daß das Blut nach seinem Austritt aus dem Körper
gerinnt, daß aber die Zeit, welcher es hierfür be¬
nötigt, nicht absolut konstant ist. Die feineren
Untersuchungen ergaben nun sehr verschieden¬
artige Resultate für die Blutgerinnungszeit. Stehen
auch die einzelnen Untersuchungsmethoden, die
zu diesem Zwecke erfunden wurden, nach
Grau (23) nicht auf der Höhe einer exakten
Methodik, so liefern sie doch approximative
Werte. Neben dem von B ü r k e r angegebenen
Verfahren und dessen Modifikation von R i e b e s
kommt als praktisch und bis zu einem gewissen
Grade exakt die W r i g h t sehe Methode in ihrer
Abänderung durch Denk und H e 11 m a n n in
erster Linie in Betracht Diese Modifikation wurde
auch bei den im folgenden vorzulegenden Unter¬
suchungen benutzt. Das Verfahren ist von Denk
und H e 11 m a n n (15) in instruktiver Form in
ihrer Arbeit beschrieben worden, so daß an dieser
Stelle ausführlichere Beschreibungen nicht von¬
nöten sind. Für die Beurteilung, ob die Ge-
rinnnungszeit normal oder pathologisch verändert
sei, sind die Ergebnisse dieser und anderer Autoren
maßgebend gewesen, nach denen die Normale, mit
dem W r i g h t sehen Verfahren bestimmt, zwi¬
schen 2' 15" und 2' 45" liegt. Demnach sind also
Zahlen über 2 / 45" als Verlängerung, unter 2' 15"
als Verkürzung der Gerinnungszeit anzusprechen.
Zur Feststellung pathologischer Veränderungen
muß aber auch Rücksicht genommen werden auf
etwaige physiologische Schwankungen der Ge¬
rinnungszeit. Deshalb sollten die Bestimmungen,
wie das auch in dieser Arbeit geschehen ist, zu
einer bestimmten Stunde gemacht werden, um die
Wirkungen der Verdauung, die nach B ü r k e r (9)
zu einem Minimum der Gerinnungszeit in den
ersten Nachmittagsstunden führen, auszuschalten,
bez. gleichmäßig zu gestalten. Aus äußeren Grün¬
den wählte ich die Zeit von 5—6 Uhr nachmittags.
Ferner ist zu beachten die Gesamtkonstitution,
der Ernährungszustand, die Funktion der Nieren,
die Beschaffenheit der Schilddrüse und beim weib¬
lichen Geschlecht das Bestehen einer Schwanger¬
schaft und die Menstruation. Nur bei genauester
Abschätzung allor Faktoren, die in irgendeiner
Weise das Körperbefinden beeinflussen können,
wird man imstande sein, die erhaltenen Resultate
in Beziehung zu bringen zu den speziellen physio¬
logischen oder pathologischen Erscheinungen.
Die zunächst wichtigste Frage, ob und inwie¬
weit physiologische Tagesschwankungen der Blut¬
gerinnungszeit bestehen, wird in der Literatur ver¬
schieden beantwortet.
Addis (2) kommt zu dem Schlüsse, daß man
bei exaktem gleichmäßigen Verfahren ganz gleich¬
mäßige Werte finde, und die behaupteten Schwan¬
kungen im Verlaufe eines Tages nicht zu erhalten
seien. Dem schließt sich auch Grau (23) an.
wenn er behauptet, daß die Gerinnungszeit im
großen und ganzen bei einem und demselben
Menschen im Verlaufe eines Tages konstant sei.
Allerdings schränkt er seine Behauptung in einem
gewissen Grade ein, da er bei vielen Menschen in
der ersten Zeit nach der Nahrungsaufnahme eine
Verkürzung feststellte. Trotzdem Grau die
B ü r k e r sehe Methode bei der Bestimmung der
Gerinnungszeit benutzte, waren die Schwankungen
deutlich ausgesprochen; sie betrugen meist */, Mi¬
nute, in einem Falle allerdings 1*/» Minute. Nach
1—2 Stunden war die Gerinnungszeit wieder nor¬
mal Auch Hartmann (25) konnte mit der¬
selben Methode auf Grund von 300 Bestimmungen
für die meisten Individuen eine Änderung der Ge¬
rinnungszeit durch Nahrungsaufnahme, aber auch
durch Alter, Menstruation, Gravidität und Körper¬
temperatur in Zweifel ziehen. Mit dem zweifellos
subtiler arbeitenden W r i g h t sehen Originalver-
fahron stellte ferner W e i s s (69) eine Tageskon¬
stanz fest, die durch keinen normal-physiologischen
Prozeß beeinflußt werde. Das gleiche Ergebnis
erzielten Denk und H e 11 m a n n (15) mit ihrer
eigenen Methode.
B ü r k e r (9) fand bei seinen in der Einleitung
bereits erwähnten Untersuchungen über die Be¬
deutung der Blutplättchen bei der Blutgerinnung,
daß in den frühen Nachmittagsstunden ein Mini¬
mum der Gerinnungszeit zu konstatieren sei. Auch
die hierhin gehörenden Ergebnisse der Grau¬
schen Beobachtungen wurden eben schon er¬
wähnt.
Gewisse Tagesschwankungen, die ihren Aus¬
druck finden in einem Minimum der Gerinnungs¬
zeit nachmittags erwähnen endlich Sahli (53)
und Bode (6). In einem sonderbaren Gegensatz
zu diesen Angaben steht die Bemerkung Vier-
ordts (67) vom Jahre 1878 über Tagesschwan¬
kungen, die sich in einem Minimum vor dem
Mittag-, bez. Abendessen manfestieren. Sucht man
nach einer Erklärung für das Verhalten der Blut¬
gerinnungszeit nach den Hauptmahlzeiten, also
während der Verdauungsperiode, so drängt sich
unwillkürlich die Erinnerung an die Erscheinung
auf, daß während der Digestion die Zusammen¬
setzung des Blutes sich anders verhält, als außer¬
halb dieser Periode. Es ist wohl allgemein be-
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Drflgg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 2Ü7
kannt, daß die Zahl der Leukozyten in zum min¬
desten deutlich sichtbarer Weise zunehmen soll.
Allerdings ist die Frage nach einer solchen „Ver¬
dauungshyperleukozytose“ noch nicht abgeschlos¬
sen, doch dürfte wohl schon jetzt in obigem Sinne
eine Veränderung des Blutes angenommen werden.
Die Entscheidung der Frage, ob nun mit ihrer
Vermehrung die weißen Blutkörperchen, oder
überhaupt die körperlichen Blutbestandteile wäh¬
rend der Verdauung einen direkten Einfluß auf
die Gerinnungszeit ausüben können, oder aber, ob
diese Änderung der Gerinnungszeit einer Ände¬
rung der chemischen mit oder ohne Verschiebung
der korpuskularen Elemente einhergehenden Zu¬
sammensetzung des Blutes entspricht, muß wei¬
teren Untersuchungen Vorbehalten bleiben. Jeden¬
falls sind in der Literatur noch wenige darauf-
bezügliche Untersuchungen bekannt. Robert¬
son, Hillmann und D u n c a n (52) u. a.
haben einen Zusammenhang zwischen Leukozyten
und Gerinnungszeit nicht beobachtet, und auch
Landsberg (32) fand die Leukozyten ohne Ein¬
fluß auf die Fibrinogenbildung. Nun sind aber
durch die Untersuchungen von A. S c h m i d t und
Lilienfeld (35) unzweifelhafte Beziehungen
der Blutgerinnung zu den Kernsubstanzen, den
Nukleinen,. festgestellt worden. In viel gewal¬
tigerem Maße als die Blutplättchen, denen u. a.
B ü r k e r (9), D e e t z e n (14) und P r a 11 (51)
eine hervorragende Rolle bei dem Zustande¬
kommen der Gerinnung zuerteilen, haben die
Leukozyten Anteil an der Nukleinmenge des Blu¬
tes. Lilienfeld kommt bei seinen chemischen
und physiologischen Untersuchungen über die
Bestandteile des Nukleins zu dem Ergebnisse, daß
die wichtigste Substanz der Leukozyten das haupt¬
sächlich in den Kernen enthaltene Nukleohiston
sei. Dieses setzt sich zusammen aus Leuko-
nuklein und Histon, in die es beim Untergang der
Leukozyten zerfällt. Von dem einen Bestandteil
des Atomkomplexes Nukleohiston, dem Leuko-
nuklein, hat Lilienfeld festgestellt, daß es in
gleicher Weise wie das Thrombin die Faserstoff¬
gerinnung hervorruft. In- und extravaskulär
verhält es sich gerinnungsfördernd. Eine anta¬
gonistische Wirkung entfaltet aber das Histon,
indem es die Gerinnung in- und extravaskulär
hemmt Somit bewirkt das Nukleohiston, wie
K o s s e 1 (28) in seinem Sammelreferate sagt, „in
die Gefäßbahn gebracht, beide Erscheinungen,
Thrombose in den Gefäßen und Ungerinnbarkoit
des aus der Ader gelassenen Blutes“. Ebendiesen
Gedanken übertragen Spiro und E11 i n g e r (55)
auf die Gerinnungszeit des Blutes mit folgenden
Worten: „Die Geschwindigkeit mit der die Ge¬
rinnung des Blutes eintritt, ist unter anderem ab¬
hängig von der Anwesenheit gerinnungshemmen-
der oder -befördernder Stoffe. Im kreisenden Blut
befinden sich diese Antagonisten in einem Gleich¬
gewichtszustände, im Aderlaßblute gewinnen die
befördernden Substanzen das Übergewicht. Die
Gerinnung tritt dann in der bekannten Weise
schon nach wenigen Minuten ein. Vermehrung
von einer Art der Antagonisten beeinflußt die Qe-
rinnungstendem des Blutes innerhalb und außer¬
halb des Gefäßsystems.“
Sehen wir von den Angaben B ü r k e r s ,
Deetzens und Kosse 18 u. a. ab, die die
Fibrinbildung in einem mehr oder weniger großen
Maße dem Zerfall der Blutplättchen zuschreiben,
so würde also das Fazit aus dem Vorstehenden
sein, daß eine Vermehrung der Leukozyten nicht
an sich mit einer Änderung der Gerinnungszeit
verbunden sein müßte; denn man könnte ja an¬
nehmen, daß nur eine quantitative Änderung der
beiden Antagonisten zustande käme, ohne daß die
qualitative Seite berührt wurde. Aber ein anderer
Faktor scheint dio Verhältnisse doch anders zu
gestalten, auf die jedoch erst später bei Betrach¬
tung der Reaktion der Gerinnungszeit auf exo¬
gene oder endogene, d. h. spezielle pathologische
Reize einzugehen sein wird.
Zunächst dürfte die Beantwortung der Frage
angebracht sein, ob und inwieweit die Gerinnungs¬
zeit des Blutes durch von außen kommende Reize,
sei es zu experimentellen, sei es zu therapeutischen
Zwocken, beeinflußt werden kann. Das dank¬
barste und aus diesem Grunde weitaus am häu¬
figsten benutzte Gebiet zum Studium einer exo¬
genen Beeinflussung der Gerinnungszeit ist das
der hämorrhagischen Diathesen und unter diesen
die Hämophilie. Bei ihr ist ja eine Veränderung
des Blutes zweifellos in dem Sinne vorhanden, daß
extravaskulär im allgemeinen das Blut bedeutend
schwerer gerinnt. Zur Behandlung dieser Hämor-
rhagien sind nun verschiedene Wege eingeschlagen
worden. Die Erfolge der modernen Organotherapie
bei vielen Erkrankungon — es sei nur an Myx¬
ödem und an die Ausfallserscheinungen beim
Sistieren der Ovarienfunktion erinnert — haben
Veranlassung gegeben, auch bei Hämophilie die
Wirkung solcher organischer Mittel zu erproben.
Das älteste und allgemein bekannte Glied dieser
Klasse ist die Gelatine. Zum Studium ihrer Wir¬
kung injizierte Grau (28) subkutan eine lOproz.
sterilisierte Gelatine und fand, daß durchschnitt¬
lich nach 2—4 Stunden eine Erhöhung der Blut¬
gerinnungsfähigkeit, ausgedrückt durch Verkür¬
zung der Gerinnungszeit, einsetzte. Diese Er¬
höhung wurde von Stunde zu Stunde stärker und
erreichte etwa 10—12 Stunden nach der Injektion
ihr Maximum, worauf dann allmählich die Go-
rinnungszeit wieder zur Normalen zurückkehrte.
Diese Art der Wirkung soll darauf zurückzuführen
sein, daß von der Gelatinelösung zunächst das
Wasser resorbiert wurde, dann erst nach und nach
die Gelatine selbst. Die Erklärung für diese Wirk¬
samkeit der Golatine legt der Autor nicht in eine
Verschiebung der Konzentration oder molekularen
| Zusammensetzung, sondern in Erscheinungen, die
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208 Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
mit der „Empfindlichkeit des Körpers gegen Ein¬
führung artfremder eiweißartiger Substanzen“ in
Beziehung stehen. Diese Reaktion des Organis¬
mus auf artfremdes Eiweiß ist der rote Faden, der
sich durch die ganze neueste Literatur über
HfLmophiliebehandlung zieht. C i u f f i n i (10),
Mant eili (87), Strassmann — der eine Ver¬
mehrung der fibrinogenen Substanz durch Gela¬
tine annimmt — und Bode (6) unter vielen
anderen bezeugen die Wirksamkeit der Gelatine
durch Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit. G e -
b e 1 e (21) allerdings gesteht der Gelatine nur in
Verbindung mit stärkeren Blutverlusten eine er¬
hebliche Wirkung zu. Brat (8) fand auch die
durch Sterilisation und gleichzeitige Hydratation
bewirkten Umwandlungsprodukte der Gelatine, die
Gelatosen, in gleicher Weise wirksam. S a c k u r
(54) konnte mit Gelatine keinen Erfolg erzielen
und bezeichnete die Angaben französischer For¬
scher über Verkürzung der Gerinnungszeit als
Irrtum.
Da die Gelatine ein Organextrakt ist, mußten
logischerweise auch analoge Stoffe auf ihre Wir¬
kung gegenüber der Blutgerinnung untersucht
werden. Von dem Pepton hatten Schmidt-
Mülheim (60) und F a n o (19) nachgewiesen,
daß nach Einspritzung dieses Stoffes das Blut
seine Gerinnbarkeit verliert. D a s t r e und Flo¬
re s c o (13) wiesen auf den Antagonismus zwi¬
schen Gelatine und Pepton hin. Lutter (86)
fand in vitro einen hemmenden Einfluß auf die
Gerinnung, allerdings nur bei erheblicher Konzen¬
tration, wie sie wohl im lebenden Organismus
nicht vorhanden sein könne. P r a 11 (51) machte
die interessante Beobachtung, daß das Blut,
welches nach einer Peptoninjektion seine Plätt¬
chen verloren hatte und ungerinnbar gewordon
war, nach einer wiederholten Injektion keine wei¬
tere Störung in der Gerinnung mehr aufwies.
Am eklatantesten ist jedoch die Wirksamkeit
artfremden Eiweißes auf die Gerinnungsfähigkeit
des Blutes bei Seruminjektionen, wie sie sonst bei
Diphtherie usw. gemacht werden, tlber günstige
derartige therapeutische Erfolge bei hämophilen
Blutungen berichten Krauss, Giertsen (22),
Mantelli (37), Vogel (68) und andere. Der
Grund, weshalb die Sera einen so fördernden Ein¬
fluß auf die Gerinnung des Blutes haben, liegt
nach M o r a w i t z darin, daß durch Serumübor-
tragung direkt Thrombokinase zugeführt werde.
Die verschiedenen Sera wirken nach ihrem Alter
und nach der Art ihrer „Aktivierung“ — ob sie
durch Alkali- oder Säurezusatz erfolgte — sehr
verschieden. Es sei für diese Frage auf die Ver¬
öffentlichung Lutters (36) hingewiesen.
Zur Behandlung der Eklampsie, die nach der
Theorie von Dienst (16) durch Störungen in der
Blutgerinnung verursacht wird, wandte dieser
Autor mit Erfolg intravenöse Injektion von Hiru¬
din an. Seinem Beispiele folgend, versuchten
Engelmann und Stade (18) diesen Blutegel¬
extrakt im Tierexperiment und fanden, daß die
tödliche Wirkung des intravenös injizierten Pla-
' zontarpreßsaftes durch gleichzeitige oder vorherige
Einspritzung von Hirudin aufgehoben wurde, daß
nämlich keine Fibringerinnung auf trat Von an¬
deren Organextrakten, deren Einwirkung auf die
Blutgerinnung im Experiment festgestellt wurde,
sei noch erwähnt der Schilddrüsenpreßsaft, der
nach Mathes (40) die toxische Wirkung des
Plazentarpreßsaftes abschwächt, aber für sich
allein dem Blute zugesetzt, eine sofortige, bez.
nach ganz kurzer Zeit ein tretende Gerinnung des
Blutes herbeiführte. Mit Preßsäften aus Uterus
i und Ovarium konnte endlich Schickele (58)
i eine Hemmung oder Aufhebung der Blutgerinnung
feststellen. In gleicher Weise wirkte Menstrua¬
tionsblutextrakt. „Es scheint,“ schließt Brat (8)
seine Untersuchungen über die Einwirkung von
Eiweißkörpern auf die Blutgerinnung, „der Beweis
geführt zu sein, daß durch Injektion von Eiweiß-
körpem chemische Veränderungen in den Blut¬
körperchen bewirkt werden, daß eine Vermehrung
der Substanzen im Plasma auftritt, welche den
Globulinen zuzusprechen sind, daß bei Verkürzung
der Gerinnungszeit die chemischen Stoffe, aus
welchen sich Fibrin bilden kann, einen Zuwachs
erfahren.“
Außer Organextrakten wurden auch andere
chemische Stoffe auf ihre Wirksamkeit der Blut¬
gerinnung gegenüber untersucht. In erster Linie
sind hier die Kalksalze zu nennen, denen fast ein¬
stimmig ein Einfluß auf die Blutko&gulation zu¬
geschrieben wird. Wright (71) hat das Ver¬
dienst, zuerst auf die gerinnungsbeschleunigende
Wirkung der Kalksalze hingewiesen zu haben, die
er deshalb therapeutisch bei Hämophilie ver¬
wandte. B o g g s (7) verabreichte Calcium lacti-
cum und erhielt daraufhin eine erhebliche Ver¬
kürzung der Gerinnungszeit. Dasselbe fand
Lutter (36), während Mantelli (37) nur bei
gleichzeitigem Mangel an Kalksalzen im Blute
einen positiven Erfolg hatte. Sahli (53) glaubt
von einer inneren Kalkdarreichung bei Hämo¬
philen nicht viel erwarten zu können. Denk und
H e 11 m a n n (15) aber wurden durch ihre Unter¬
suchungen zu dem Schlüsse gedrängt, daß Kalk¬
salze und kalkreiche Nahrungsmittel (Milch) eine
starke Beschleunigung der Koagulation bewirken,
gleichgültig, ob vorher die Gerinnungszeit eine
normale, verzögerte oder beschleunigte war. Ob
nun die Wirksamkeit der Kalksalze darin besteht,
daß durch sie die Gefäßpermeabilität vermindert
wird, wie Meyer (42) annimmt, oder ob die Kal¬
ziumionen, die im Organismus als Festigungs¬
mittel dienen, speziell für die zur Fibringerinnung
führenden enzymatischen Prozesse erforderlich
sind, ist noch eine offene Frage. Bemerkenswert
ist aber die Tatsache, daß zum Zustandekommen
der Gerinnung nur minimale Kalziummengen
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 200
selbst für größere Blutquantitäten nötig sind.
Andererseits ist zwar die alte Anschauung, daß
das Fibrin eine Kalkverbindung des Fibrinogens
sei, widerlegt worden, aber nach Morawitz,
Pekelharing (49) u. a. bewirkt die Anwesen¬
heit von Kalksalzen die Bildung von Thrombin.
Dementsprechend nehmen auch Denk und Hell¬
mann (15) nach dem Vorgänge von Mora witz
an, daß durch die Kalksalze „die Bilduiy; des
Fibrinfermentes aus unwirksamen Vorstufen des¬
selben erleichtert wird".
Neuerdings beschäftigt sich v. d. V e 1 d e n (64)
mit der Behandlung von inneren Blutungen mit
Kochsalz. Er fand bei extravaskulärer Zufügung
von NaCl in steigender Konzentration zum Blut
absolut keine Zunahme der Gerinnungsfähigkeit,
wohl aber bei Einverleibung von Kochsalz per os
oder intravenös. Mit Bromiden erzielte er einon
gleichen, mit Jodiden keinen Effekt. Zur Erklä¬
rung dieser Erscheinung nimmt er mit Mora-
witz an, daß es sich um die „Mobilisierung einer
Komponente des Gerinnungsaktes", möglicher¬
weise von Thrombokinase handele. Nach Gra-
w i t z (77) scheint diese Erscheinung aber in Be¬
ziehung zu stehen mit der Eindickung des Blutes,
wie sie von ihm nach Einbringen von Kochsalz,
Glauber- und Bittersalz in'den Verdauungstraktus
beobachtet wurde.
Eine den Kalksalzen entgegengesetzte Wirkung
entfalten nach mehreren Autoren die Zitronen¬
säure und ihre Salze. Ein Erklärungsversuch für
diese Wirksamkeit ist in der Literatur nicht zu
finden. Vielleicht übt die Säure einen Einfluß auf
die Alkaleszenz des Blutes aus, so daß vielleicht
ein Säureüberschuß zustande käme, der dann
analog der Kohlensäure im Venenblut und im
Blute von Erstickten eine schwerere Gerinnbarkeit
bewirkte.
Außer den genannten Mitteln sind noch zahl¬
reiche andere, anorganischer oder organischer Her¬
kunft, auf ihre Wirksamkeit gegenüber der Blut¬
koagulation untersucht worden, so von Robert¬
son, Hillmann und Duncan (52) Schild¬
drüsenextrakt und Nuklein, wobei aber kein Ein¬
fluß dieser Substanzen auf die Gerinnungszeit be¬
obachtet werden konnte. Bei der Unsicherheit,
die in der Frage nach der exogenen Beeinflußbar¬
keit der Gerinnungszeit noch herrscht, erscheint
auf den ersten Blick das Ergebnis der Unter¬
suchungen v, d. Veldens (66) überraschend,
daß nämlich durch vasomotorische Einflüsse die
Gerinnungsfähigkeit des Blutes verändert werden
könne: Läßt man einen Kältereiz kurze Zeit auf
eine wenige Quadratzentimeter große Stelle der
Haut einwirken, so steigt die Gerinnungsfähigkeit
des Blutes. Das Gleiche läßt sich erreichen durch
Schlucken kleiner Eisstückchen. Auch die Anämi-
sierung kleiner Schleimhautpartien durch Suprn-
renin erzeugt eine Steigerung der Gerinnungs¬
fähigkeit. In gleicher Weise wirken andere Mittel
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
mit adstringierenden Eigenschaften. Neben den
vasokonstriktorisch wirkenden brachten auch vaso-
dilatatorisch wirkende Faktoren (Wärme, Amyl-
nitrit) eine Änderung, aber auch nur im Sinne
einer starken Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit
hervor. Es ist nicht sehr verwunderlich, daß diese
Änderungen konstatiert werden konnten, da doch
durch solche nervösen Einflüsse die Blutmischung
anerkanntermaßen stark verschoben werden kann.
Wenn man erwägt, daß eine Kontraktion der Blut¬
gefäße, wie sie in obigen Versuchen durch Kälte
und Suprarenin erzeugt wurde, einen Austritt von
Flüssigkeit aus dem Blute in die Gewebe, also
eine Konzentrationszunahme des Blutes herbei¬
führt, so versteht man die Steigerung der Ge¬
rinnungsfähigkeit wohl. Das ist aber nicht der
Fall bei der Vasodilatatorenreizung, z. B. nach
Applikation von Amylnitrit. Denn es müßte sich
doch dann um einen Übertritt von Flüssigkeit aus
dem Gewebe in das Blut, also um eine Abnahme
der Konzentration handeln, die dann im Gegensatz
zu der Konzentrationszunahme zu einer Verlänge¬
rung der Gerinnungszeit, aber nicht zu einer Ver¬
kürzung führen müßte. Nun sind allerdings die
Verhältnisse dadurch voneinander verschieden,
daß im ersten Falle Flüssigkeit von einer bestimm¬
ten Zusammensetzung, nämlich Plasma, in das
Gewebe austritt, diese Zusammensetzung aber
beim Wiederübertritt von Flüssigkeit in die Blut¬
bahn nicht die gleiche ist. Neuerdings wird an¬
gegeben, daß bei der Änderung der Konzentration
des Blutes die Lymphe eine große Rolle spielt.
Man fand nämlich, daß das Blutserum bei Appli¬
kation von Wärme, also bei Vasodilatatoren-
ieizung, verdünnt wird, was nur durch Übertritt
von Gewebslymphe zu erklären sein wird, da dio
Konzentration der Lymphe geringer ist als die des
Plasma. Somit ist wohl ersichtlich, warum durch
vasomotorische Einflüsse eine Änderung der Bl'ut-
mischung herbeigeführt werden kann, die sich
sogar in einer Beeinflussung der Gerinnungszeit
zu äußern scheint. Weiter unten soll der Grund
für diese Erscheinung ausführlicher behandelt
werden.
Bei dem Rückblick auf die zahlreichen Be
obachtungen von Änderung der Gerinnungszeit
des Blutes nach Einwirkung von exogenen Reizen
muß auffallend erscheinen, daß trotzdem einige
Autoren durch kein Mittel eine Veränderung im
Experiment erzielen konnten. Am meisten fällt
da wohl das Ergebnis Addis’ (l) in die Wag¬
schale: Wenn man das Blut nach einer gleich¬
mäßigen Methode gewinnt, für gleichmäßige Tem¬
peratur bei allen Versuchen sorgt, dio Berührung
mit Fremdkörpern gleichmäßig gestaltet und einen
deutlich bestimmbaren Moment als Endreaktion
ansetzt, so erhält man durchaus gleichmäßige
Werte und weder die behaupteten Schwankungen
im Verlaufe eines Tages, noch läßt sich irgendein
Einfluß von eingenommenem Kalk oder Zitronen-
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210 D r il g- g, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
säure erkennen. Den Grund für seine abweichen¬
den Resultate sieht A d d i s in seiner verfeinerten
Technik. Er führt die Unwirksamkeit der Kal¬
ziumsalze darauf zurück, daß die vom Blut auf-
genommene Menge zu klein sei, um einen nennens¬
werten Effekt ausüben zu können.
In viel höherem Grade als die durch exogene
Reize bewirkte Änderung der Gerinnungsfähigkeit
des Blutes interessiert die Reaktion derselben auf
endogene, d. h. pathologische Reize im engeren
Sinne, ln der Einleitung wurde bereits darauf
hingewiesen, daß bestimmte Faktoren, die an sich
nicht stets auf das Allgemeinbefinden einzuwirken
brauchen, doch immer bei der Abwägung von
Versuchsergebnissen berücksichtigt werden müs¬
sen, da sie auf die Gerinnungsfähigkeit von Ein¬
fluß sein könnten. Bevor zur Besprechung der in
erster Linie den Geburtshelfer und Gynäkologen
interessierenden Krankheiten geschritten werden
soll, mögen einige Bemerkungen vom Gesichts¬
punkte der allgemeinen Pathologie aus Platz
finden.
Bei Erkrankungen, die mit dauernden Ernäh¬
rungsstörungen einhergehen, wurde schon von
V i e r o r d t (67) Beschleunigung der Gerinnung
des Blutes gefunden. Diese Resultate, die beson¬
ders deutlich bei Phthisis, Skorbut, lienaler An¬
ämie und katarrhalischem Ikterus zutage traten,
standen im Gegensatz zu früheren Untersuchun¬
gen, die eine Verlangsamung der Gerinnung bei
den meisten krankhaften Zuständen ergeben
hatten. Neuerdings ist diese alte Anschauung
durch Bode (6) wieder bestätigt worden. Dieser
Autor will jedoch nicht behaupten, daß nicht auch
eine Beeinflussung im Sinne einer Verkürzung der
Gerinnungszeit bei krankhaften Zuständen vor-
kommt, nur findet sie sich viel seltener.
Ein Organ von größtem Einfluß auf das All¬
gemeinbefinden ist die Niere. Bei gestörter Nie¬
renfunktion erhielten Bachrach und Tit-
t i n g e r (3) Verzögerung der Gerinnung, auch
W e i s s (69) beobachtete bei akuter Nephritis und
Urämie Verzögerung, während chronische Neph¬
ritis normale Werte oder beschleunigte Koagula¬
tion zeigte. Dazu stimmen ganz genau die Be¬
obachtungen von Metzer und Salant (41),
daß durch Nephrektomie, also operative totale
Ausschaltung einer Niere die Blutgerinnung eine
Verzögerung erleidet. Entsprechend dem allmäh¬
lichen Anstieg der hamfähigen Substanzen und
wahrscheinlich auch der Kochsalzmengen — deren
Wirksamkeit oben erwiesen ist — im Blute nach
dieser Operation, bevor die zweite Niere voll kom¬
pensatorisch tätig geworden ist, entwickelt sich
die Verzögerung langsam und sinkt später in ein¬
zelnen Fällen von ihrer Höhe wieder ab.
Die meiste Wahrscheinlichkeit für eine Beein¬
flussung des Blutes durch innere Sekretion, die
augenblicklich im Zentrum des Interesses steht, ist
bei der Schilddrüse vorhanden. Bei den verschie¬
denen Stadien der Ausfallserscheinungen jener
inneren Sekretion tritt eine Verschlechterung der
Blutmischung ein, die bei Zufuhr von Schild-
drüsensubstanz wieder verschwindet. Bei der¬
artigen Experimenten erhielten L i d s k y (34) und
Kottmann (29) eine Verzögerung der Blut¬
gerinnung. Bei Hypersekretion der Schilddrüse,
wie s^ klinisch bei Morbus Basedow und Hyper-
thyreoidismus beobachtet wird, fand sich ver¬
minderter, bei Myxödem vermehrter FibringehalL
Kottmann erklärt diese Erscheinung so, daß
er die Produktion von Stoffen durch die Schild¬
drüse annimmt, die in die Zirkulation gelangen
und zu verstärkter Wirkung der proteolytischen
Fermente führen, also Aktivatoren der Proteolyse
sind. Bei den Hyperthyreosen müßten sie dann
vermehrt, bei den Athyreosen verhindert sein.
Für Basedow hat K o c h er auf eine schwere und
langsame Gerinnung des Blutes hingewiesen, was
auch von L i d s k y für 78°/ 0 der Fälle bestätigt
werden konnte. Bei Struma, soweit sie noch nicht
das Allgemeinbefinden beeinträchtigt, ist von
Denk und H e 11 m a n n (15) stets normale Ge¬
rinnungszeit gefunden worden, während W e i s s
(69) stets Verlängerung erhielt Experimente mit
Schilddrüsen preßsaft, wie Math es (40) sie an¬
stellte, gaben allerdings keinen Anhalt für eine
gerinnungshemmende Wirkung von Schilddrüsen¬
substanzen, da auf Zusatz von Preßsaft zu Blut
sofortige Koagulation erfolgte. — Ein weiterer
wichtiger Faktor bei der Betrachtung von Koagu¬
lationsbestimmungen sind eventuell vorausgegan¬
gene Blutverluste. Die praktische Beobachtung
läßt bei stärkeren Blutverlusten die Erscheinung
bemerken, daß das zuletzt der Wunde entströ¬
mende Blut im allgemeinen schneller gerinnt.
Auch die methodische Untersuchung der Ge¬
rinnungszeit des Gesamtblutes ergab nach Vier-
ordt (67), Hartmann (25), v. d. Ve 1 den (05)
u. a. Beschleunigung der Koagulation. Der letzt¬
genannte Autor nahm als Erklärung für diese Er¬
scheinung eine erhöhte Thrombokinasezufuhr aus
den Geweben an, da bei größeren Blutverlusten
Gewebsflüssigkeit in den Kreislauf Übertritt In
der Tat wurde durch Untersuchung der Trocken¬
substanz und des Thrombokinasegehaltes des
Blutes eine derartige „histogene Hydrämie“ wahr¬
scheinlich gemacht Hierdurch ist nun auch die
Erklärung dafür gegeben, daß bei Vasodilatatoren-
reizung nicht die wohl erwartete Verlängerung,
sondern eine Verkürzung der Gerinnungszeit ein-
treten mußte. Dementsprechend fand Krösing
(30) nach plötzlichen größeren Blutverlusten eine
starke Erhöhung des Fibrinogenwertes. Daß aber
auch in diesem Punkte die Resultate verschie¬
dener Forscher nicht gleichlautend sind, erhellt
u. a. aus den Befunden Ostens (48), der bei
starken Blutverlusten ausnahmsweise im Gesamt-
blute eine recht erhebliche Gerinnungsverzöge-
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe ti. Gynäkologie. 211
rung, keine Verkürzung erhielt, was Fall 30 meiner
Tabelle bestätigt
Bei entzündlichen und fieberhaften Zuständen,
wo nach den früheren, neuerdings wieder von
K r ö s i n g (30) bestätigten, Untersuchungen
Pfeiffers (50) und Hammarstens unter
Umständen ein erhöhter Fibrinogengehalt zu fin¬
den ist, ist auch die Gerinnungszeit verändert.
Pfeiffer bewies, daß nur bei den mit Hyper¬
leukozytose einhergehenden Infektionskrankheiten
(Pneumonie usw.) die Vermehrung der Fibrin¬
menge (Hyperinose) zu finden ist, während nicht
mit Hyperleukozytose einhergehende Infektions¬
krankheiten diese Erscheinung vermissen lassen.
Zu diesen letzteren gehört der Typhus, bei dem
Robertson, Hillmann und Dunean (52)
eine Verlängerung der Gerinnungszeit fanden, die
aber nach Hämorrhagien sich verkürzte. Trotz¬
dem sagt Landsberg (32), daß „die im Kreis¬
lauf befindlichen Leukozyten mit der Fibrinogen¬
bildung nichts zu tun haben. Auch ist eine stär¬
kere Beteiligung der Leukozyten bei der Fibrin¬
fermentbildung äußerst zweifelhaft“. Eigentüm¬
lich steht hierzu das Ergebnis der Untersuchungen
von Wr i g h t (zit. nach K o s s e 1 (28)] im Gegen¬
satz, daß bei Pneumonie, Eiterresorption, pyämi¬
schen Prozessen usw. durch die massenhafte Zer¬
setzung von Leukozyten große Nukleohiston-
mengen frei werden, die sich durch erhöhten
Gehalt des Harns an Harnsäure und durch Auf¬
treten eines Zerfallsproduktes des Nukleohistons,
nämlich des gerinnungshemmenden Histons im
Harn manifestieren. Man kann nicht gut an¬
nehmen, daß eine derartige Beeinflussung der
Nierensekretion ohne jede Einwirkung auf die so
labile Zusammensetzung des Blutes bleiben sollte,
und wird deshalb der Ansicht Pekelharings
(49) keinen Zweifel entgegensetzen können, daß
beim Leukozytenzerfall oin „Nukleoalbumin“ frei
wird, welches im Blute unter Bildung eines go-
rinnungshemmenden Körpers zerfällt Da in die¬
sem Falle Theorie und Praxis nicht übereinstim¬
men, werden wohl noch andere unbekannte Fak¬
toren im Spiele sein, so daß die Angabe Pfeiffers
und der einzelne Fall von Denk und Heil¬
mann mit Verkürzung der Gerinnungszeit bei
Pneumonie zu Recht bestehen bleiben.
Was nun das Verhalten der Gerinnungszeit bei
Kranken mit Tumoren betrifft, so findet sich in
der Literatur eine überraschende Einigkeit in Be¬
zug auf diejenigen Neubildungen, die schon zu
Kachexie geführt haben. Denk und H e 11 -
mann (15) z. B. finden das Neoplasma allein
ohne Einfluß und beschuldigen nur die begleitende
Kachexie oder den Marasmus bei dem Zustande¬
kommen einer Gerinnungsbeschleunigung. Nicht
so konservativ ist Weiss (69), der dem Tumor
selbst doch einon gewissen Einfluß auf die Ge¬
rinnungsfähigkeit des Blutes zugesteht, aber auch
parallel der Zunahme der Kachexie eine Zunahme
der Gerinnungsbeschleunigung findet. Im Blut
von Tumorkranken wies K r ö s i n g (30) einen
höheren Gehalt an Fibrinogen nach. Sonderbarer¬
weise fand sich aber kein bemerkbarer Unter¬
schied zwischen gut- und bösartigen Neoplasmen,
da z. B. ein Dermoid einen höheren Wert ergab
als die meisten Karzinome, und zwischen den letz¬
teren und den Myomen auch keine bedeutende
Differenz zu konstatieren war. Der Grund für die
Beeinflussung der Gerinnungszeit muß also bei
den Tumoren außer im Fibrinogengehalt noch in
einem anderen Faktor liegen, in bezug auf den
wir aber vorläufig noch völlig im Dunklen weilen.
Diese Bemerkungen allgemeinpathologischer
Natur schienen angebracht zu sein, um die Schwie¬
rigkeiten aufzudecken, die bei der Verwertung von
Gerinnungszeitbestimmungen auftreten und die
u. U. das Bild nach dieser oder jener Seite ver¬
schieben können. Bei denjenigen Ergebnissen
meiner eigenen Untersuchungen, die den Befunden
anderer Autoren nicht entsprechen, ist versucht
worden, der Ursache für diese Erscheinung nach¬
zugehen. Daß hierbei stellenweise das Gebiet der
Hypothese nicht ganz vermieden werden konnto,
liegt in der Tatsache begründet, daß die Blut¬
forschung eben immer noch nicht allzu reich ist
an sicher fundamentierten Theorien.
Zu der Frage, ob während der Menstruation
ein verändertes Gerinnungsvermögen des Blutes
besteht, ist in neuerer Zeit so häufig Stellung ge¬
nommen worden, daß für den Verfasser kein
Grund vorlag, die im großen und ganzen über¬
einstimmenden Resultate anderer Untersucher mit
neuer Methode nachzuprüfen. Die praktische Er¬
fahrung, daß Menstruierende bei Operationen in
manchen Fällen auffallend leicht und anhaltend
bluten, wurde durch Birnbaum und 0 s t e n (5)
bestätigt Der letztere (48) fand, daß die Zeitdauer
der Gerinnung bei der Menstruation durchschnitt¬
lich um fast das Doppelte verschoben wurde. Das¬
selbe Ergebnis hatten Schittenhelm und
Lutter (59. 36), sowie in gewissem Grade
B o d e (6), der zwar „kein klares Resultat“ erhielt,
aber doch die Auffassung teilt, daß „die Menstrua¬
tion bei manchen Individuen eine geringere Ge¬
rinnbarkeit des Blutes zur Folge hat“. Die Ursache
für diese Erscheinung sucht Osten in einem all¬
gemeinen Fermentmangel, bez. in einer Ferment¬
verminderung im Blutserum. Weitere Unter¬
suchungen sind zur Klärung dieser Frage dringend
zu wünschen. Daß der Kalkgehalt im Blute Men¬
struierender normal ist, fanden C r i s t e a und
Denk (12), die übrigens, wie auch Hart-
mann (25), eine normale Gerinnungszeit des Ge¬
samtblutes während der Menses konstatieren.
Überhaupt wird eine physiologische Veränderung
der Blutmischung durch die Menstruation u. a.
von G r a w i t z (77) in Abrede gestellt. Es scheint
aber doch eine Variation zu bestehen, da nämlich
T s u j i (62) bei seinen Untersuchungen über den
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212 Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
Blutdruck in der menstruellen und nicht men¬
struellen Zeit während der Menses konstant eine
Abnahme des Blutdrucks um 10—20 mm Hg er¬
mittelte und diese Erscheinung neben dem Blut¬
verlust und „der chemischen Schwankung der
Blutbeschaffenheit, die wohl auch eine Rolle spie¬
len“, auf einen vasomotorischen Einfluß zurück¬
führt. Zur Erklärung dieses Einflusses tragen die
Experimente Schickeies (57) bei, der Preß-
siifte von Ovarien auf ihre Wirkung untersuchte, j
Er fand damit in vitro Verzögerung der Blut- :
gerinnung und bei intravenöser Injektion wesent- I
liehe Herabsetzung des Blutdrucks, was also mit
den klinischen Beobachtungen übereinstimmt.
Ferner ergab sich die interessante Tatsache, daß
unter Ovariumwirkung stehende Tiere auf die spe¬
zifische Einwirkung von Stoffen der Hypophysis
und Nebennieren nicht reagierten. Noch ein Punkt,
nämlich der, daß wir in den Ovarien Drüsen mit
innerer Sekretion vor uns haben, deren Wirksam¬
keit sich auf entfernte Organe erstreckt, spricht
für Beeinflussung der Blutmischung. Bekannt¬
lich ist eine zur Zeit oder kurz vor der Menstrua¬
tion eintretende Schwellung der Schilddrüse nicht
selten von allen Anzeichen einer leichten, perio¬
disch ablaufenden Thyreotoxikose begleitet; diese
Schwellung ist durch eine vorübergehende Vasku¬
larisation der Thyreoidea bedingt. Entsprechend
der oben schon betonten Veränderung der Go-
rinnungszeit durch die Schilddrüse bei Morbus
Basedow und Hyperthyreoidismus könnte man j
dann auch hier die Verzögerung der Gerinnung er- j
klären.
Wie dem nun auch sein mag, es scheint nach |
dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich zu sein, ,
daß während der Menstruation eine Blutverände- ;
rung noch nicht vollständig bekannter Natur bo- 1
stoht, die zu einer Veränderung des Gerinnungs-
Vermögens im Sinne einer Verlängerung der Ge¬
rinnungszeit führen kann *)•
In weit höherem Maße gilt das eben von der
Menstruation Gesagte von der Schwangerschaft,
der Geburtsperiode und dem Wochenbett, also der
gesamten Oeslationsperiode des Weibes. Auch
hier sind sehr viele Faktoren an der Veränderung
des Gesamtblutes beteiligt, daß diese aber in einer
1 ) Nach Abschluß des Manuskripts kommt mir eine
Abhandlung zur Kenntnis, die obigen Ausführungen
widerspricht.
Adler (Ovarialfunktion. Arch. f. Gyn. Bd. 95. H. 2)
untersucht, basierend auf eigenen klinischen Beobach¬
tungen und Tierversuchen, die Beziehungen der Ovaiien
zur Blutgerinnung und zum Kalkgehalt des Blutes. Er
kommt zu dem Ergebnis, daß nach Ausfall oder bei 1
Hypofunktion der Ovarien häufig eine Verzögerung auf-
tritt, die in einer Reihe von Fällen mit absolut oder
relativ geringen Kalkwerten im Blut einhergeht. Nicht
Blutende, sondern im Gegenteil einige Nichtblutende, |
Amenorrhoische, besonders Kastrierte, zeigten die lang- i
samste Gerinnung. Ferner sollen Thyreoidea und
Ovarien die Koagulationszeit in entgegengesetzter Weise I
beeinflussen.
Änderung der Gerinnungszeit ihren Ausdruck
findet, ist nach den diesbezüglichen Angaben sehr
zweifelhaft. Die Tabelle von M a t h e s (39) ver¬
zeichnet bei 53°/o der Fälle eine sehr beträchtliche
Verkürzung der Gerinnungszeit während der Gra¬
vidität. Über einen Ausschlag der Gerinnungszeit
nach der entgegengesetzten Richtung, also im
Sinne einer Verlängerung, berichten neuerdings
Neu und Kreis (45). Sie erhielten mit ver¬
feinerter Technik bei W r i g h t schem Verfahren
in 96% der Fälle Verzögerung, die, wenn auch
nicht sehr beträchtlich, doch deutlich ausge¬
sprochen war. Wenn man nach diesen beiden
kontrastierenden Angaben die Mittelstraße ein-
schlagen und den Angaben z. B. Hartmanns
(25) folgen will, der keinerlei Beeinflussung durch
die Schwangerschaft in der Gerinnungszeit fand,
so muß man aber doch bedenken, daß in zahl¬
reichen modernen Untersuchungen eine Änderung
der Blutzusammensetzung für die Gravidität nach¬
gewiesen wurde. Insbesondere interessieren die
Angaben darüber, ob die fibrinoplastischen Sub¬
stanzen, Fibrinogen und Kalksalze, bez. ob der
Fibringehalt selbst quantitativ verändert werden.
Was den Fibringehalt angeht, so berichtet u. a.
schon Nasse (43) 1876 über Vermehrung der
Fibrinmenge im Blut von Schwangeren. Seine
Angaben finden teilweise ihre Bestätigung durch
Landsberg (32), indem dieser eine geringe Zu¬
nahme konstatierte. Die Bestimmungen der Fibri¬
nogenmenge bei Schwangeren sind in ihren Resul¬
taten nicht genau übereinstimmend, indem Lö¬
win s ky (33) sie nicht wesentlich vermehrt fand,
während K r ö s i n g (30) eine sehr deutliche Ver¬
mehrung behaupten konnte. Landsberg (82)
sowie Zangemeister (72) fanden ferner den
Gesamteiweißgehalt in der Schwangerschaft gegen¬
über der Norm vermindert, wobei aber zu be¬
achten ist, daß jener Blutplasma, dieser Blutserum
untersuchte, wobei er noch weitere Beobachtungen
machte, insofern er nämlich eine auffallende Er¬
höhung des Gehaltes an Chloriden im Serum und
eine Herabsetzung der Alkaleszenz des Blutes fest¬
stellte. Ohne auf die zahlreichen Arbeiten über
qualitative und quantitative Veränderungen der
korpuskularen Zusammensetzung einzugehen, wird
aus diesen Beispielen schon zur Genüge ersicht¬
lich, daß die Gestation nicht ohne Einfluß auf die
Blutmischung ist. Trotzdem soll noch kurz die
Frage der „Adrenalinämie“ in der Schwanger¬
schaft gestreift werden. Wenn behauptet wurde,
daß im Blute von Graviden ein höherer Wirkungs¬
wert mit Hinsicht auf Adrenalin bestehe, so
konnte Neu (44) auf Grund eigener Versuche
demgegenüber foststelien, daß nicht Adrenalin
selbst, sondern „adrenalinähnliche“ Substanzen in
größerer Menge während der Gestationsperiode
kreisten und daß durch sie eine oft sehr stark
ausgesprochene Steigerung der Kokainempfind¬
lichkeit während der Geburtstätigkeit hervorge-
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 213
rufen werde. Aber auch diese Annahme wurde
durch die Untersuchungen O’Connors (47)
widerlegt, der zu dem Schlüsse kam, daß im Blut¬
serum eine oder mehrere Substanzen seien, die
Adrenalin Vortäuschen könnten, daß diese Stoffe
aber erst bei der Gerinnung — wahrscheinlich aus
dem Fibrinogen oder zerfallenem Zellmaterial —
hervorzugehen schienen. Mithin wird man vor¬
läufig noch nicht von einer Einwirkung von
Nebennierensubstanzen sprechen können, zumal
Neubauer und Novak (46) ihre Kontrollver-
suche mit dem Resultate abschlossen, daß „kein
Anhaltspunkt für die Annahme einer Adrenalin-
ämie in der Gestationsperiode“ vorhanden sei. In
der Frage nach einer Veränderung der Gerinnungs¬
zeit durch die normale Schwangerschaft herrscht
also nichts weniger denn Klarheit. Dasselbe ist
auch bei den wichtigsten Komplikationen der Gra¬
vidität der Fall, nämlich bei der Schwanger¬
schaftsniere und der Eklampsie, was allerdings
leicht verständlich ist, da uns über Ätiologie,
Genese und sogar Wesen der beiden Erkrankungen
nur wenig positive Kenntnisse zur Verfügung
stehen.
Die Tatsache, daß die Schwangerschaftsniere
am häufigsten von der Zeit ab, wo der fötale
Körper ein größeres Volumen erreicht hat, auf tritt,
daß sie ferner nach der Geburt oder zuweilen
schon nach dem Absterben der Frucht rasch ver¬
schwindet, und zuletzt ihre Häufigkeit bei Zwil¬
lingen sprechen u. a. dafür, daß die schädigend auf
die Nieren einwirkenden Stoffe vom Fötus oder
soinen Anhangsorganen gebildet werden. Zange¬
rn e i s t e r (73) vertritt die Ansicht, daß plazen¬
tare Toxine einen arteriellen Gefäßkrampf be¬
wirken, der zu einer mangelhaften Nierendurch¬
blutung mit daraus sich ergebender Wasserreten¬
tion, also zu hydropischen Zuständen führe. Daß
dann zur Wahning des Tonus Chloride zurück¬
gehalten werden, was sich in einer Reichhaltigkeit
des Blutes an Chloriden äußert, ist verständlich.
Anders erklärt Dienst (16) die Entstehung der
Schwangerschaftsniere. Nach ihm soll durch den
Zerfall von zu physiologischen Zwecken während
der Gestationszeit verbrauchten polynukleären
Leukozyten Fibrinferment frei werden, welches
durch irgendeine Störung im Kreislauf — er
spricht von „Blutstauung in der Leber“ — nicht
hinreichend Antithrombin findet und sich an¬
sammelt. Da der Prozeß bei der Schwangerschafts¬
niere langsam vor sich geht, kann das Ferment
durch die im Plasma vorhandenen gerinnungs¬
hemmenden Körper unschädüch gemacht werden.
Das Fibrinogen aber soll die Fähigkeit besitzen,
das Endothel der Kapillaren zu schädigen, und so
zur Entstehung der Albuminurie Veranlassung
geben. Diese Theorie ist natürlich nicht unwider¬
sprochen geblieben, besonders weist Lands¬
berg (32) darauf hin, daß eine stärkere Be¬
teiligung der Leukozyten bei der Fibrinferment-
| bildung äußerst zweifelhaft sei; insbesondere seien
[ die Polynukleären, wie die Verhältnisse bei In¬
fektionskrankheiten (P f e i ff e r 50) zeigten, be¬
deutungslos, weil sich gerade dann, wenn sie in
Minderheit sind, eine Steigerung der Blutgerin¬
nungsfähigkeit und der Fibrinmenge heraus¬
gestellt habe.
Dio einfache Bestimmung der Gerinnungszoit
wird hier keinen Anhaltspunkt für oder gegen
eine der beiden Theorien bringen können; denn
wie bei akuter Nephritis nach den früheren Aus¬
führungen eine Erhöhung der Gerinnungsfähig¬
keit des Blutes besteht, wird auch bei Nephritis
gravidarum, da sie z. T. mit jener die gleichen
I Symptome hat, eine Verkürzung der Gerinnungs¬
zeit gefunden werden müssen. Diese konnte ich
denn auch bei den drei von mir untersuchten
Fällen feststellen:
1. Frau Steinmetz, 28 Jahre alt. Starke Ödeme.
| Urin: 5%o Alb. Blutdruck 125—130 mm Hg. Ge-
rinnungsxeit 1 Min. 50 Sek.
2. Frau Irlenbusch, 32 Jahre alt. Vor 5 Tagen
heftige Stirnkopfschmerzen. Tags darauf im Laufe einer
( Stunde Ausbildung einer vollständigen Amaurose. Vor
3 Tagen nach Metreurynter Spontangeburt. Augen¬
hintergrund: stark gefüllte Venen, kleine Hämorrhagie.
Urin: 3 /,®/ 00 Alb. Blutdruck 170—175 mm Hg. 6V
rinnungsxeit 2 Min. 10 Sek.
3. Frau Meyer, 28 Jahre alt. Vor 3 Tagen 2®/, w
Albumen im Harn. Darauf Injektion von 20 ccm Serum
einer normalen Schwangeren. Abfall des Alb.-Gehalts
auf */.°/oo- Gerinnungexeit 2 Min. 0 Sek.
Die D i e n s t sehe Theorie für die Ätiologie der
Schwangerschaftsnephritis gilt in gleicher Weise
für die Eklampsie, bei der dieselben kausalen Mo¬
mente nur in viel intensiverer und akuter ein¬
setzender Form bestehen sollen. Nach ihm sind
Schwangerschaftsniere und Eklampsie nur gra-
' duell verschiedene Krankheitsbilder gleicher Ge¬
nese. Hat durch die Leberinsuffizienz eine ab-
normo Ansammlung von Fibrinogen stattgefunden,
so verursacht dieses „infolgo seiner chemotakti¬
schen Wirkung eine weitere Vermehrung dei
Fibringeneratoren durch eine hochgradige Hypor-
leukozytose und erzeugt als Grundstoff des Fibrins
durch seine Vereinigung mit dem hier in abnormer
Menge entstehenden Fibrinferment die multiplen
Thromben bei der Eklampsie, welche die Konvul¬
sionen auslösen“. Auch das plötzliche Auftreten
j oklamptischer Anfälle unter der Geburt ist nach
dieser Theorie leicht zu erklären, wenn man als
Ausgangspunkt das aus der Plazenta ausgeschie¬
dene Fibrinferment nimmt. Wird dieses „schon
] in den Uterusvenen durch den mechanischen
Druck der hochschwangeren Gebärmutter auf die
großen venösen Beckengeflechte am Abfluß ge¬
hindert, so kann es ohne jede Mitbeteiligung der
Ausscheidungsorgane zur Zurückhaltung größerer
Mengen von Fibrinferment und Leukozyten in den
Venen und Lymphspalten der ganzen unteren
| Körperhälfto kommen, die dann nach Beseitigung
I der Stauung durch die Wehen auf einmal in großen
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214 Drfigg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
Mengen ins arterielle kalkreiche Blut gelangen
und hier in die Fibringeneratoren umgewandelt
werden. Gegen eine derartige plötzliche Über¬
schwemmung des Blutes mit noch dazu größten
Mengen von Fibrinferment werden die normaler
Weise vorhandenen Hemmungsstoffe im Blute
nicht erfolgreich ankämpfen können, eine umfang¬
reiche Thrombenbildung wird vielmehr die Folge
sein“.
Gegen diese überwiegende ätiologische Rollo
der Leukozyten wird von vielen Seiten Einspruch
erhoben mit dem Hinweise darauf, daß die Unter¬
suchung der einzelnen bei der Fibrinbildung be¬
teiligten Faktoren hinsichtlich ihrer Menge keine
Schlüsse auf ihre stärkere Beteiligung bei der
Genese der Eklampsie zulasse. Das Fibrinogen
erwies sich nach den Bestimmungen von Küster
horvorrufen, indem er PlazentarBaft durch eine
Niere hindurchleitete. Regelmäßig war diese Niere
durch Ödeme bedeutend schwerer geworden. Man
wird hier nicht einwenden können, daß die par¬
enterale Zufuhr von artfremdem Eiweiß die Haupt¬
rolle bei dem positiven Ausfall der Versuche spiele,
da außerordentliche Maßregeln getroffen waren,
um diesen eventuellen' Einfluß auf beide Nieren
in gleicher Weise wirken zu lassen. Nach Hof¬
bauer (26) können aber auch keine tiefgreifen¬
den biologischen Differenzierungen zwischen den
Eiweißarten der Mutter, des Fötus und der Pla¬
zenta vorliegen, so daß also von einer Art „Eiweiß-
anaphylaiie" bei der Eklampsie nicht gesprochen
werden kann. Somit kann es keinem Zweifel
unterliegen, daß bei der Auflösung abgesprengtw
Synzytialmasson Fermentkomplexe, welche vorher
(31), Cristea und Bienenfeld (11) und
Landsberg (32) bei Eklamptischen als nicht
vermehrt, während andererseits nach Lewinsky
(33) und K r ö s i n g (30) eine geringe Zunahme
der Fibrinogenmenge gegenüber der Gravidität be¬
stehen soll. Uber die Fibrinfermentmenge bei
Eklampsie ist in der Literatur nur eine Angabe (11)
enthalten, die normalen Wert ansetzt, dagegen
redet K r ö s i n g der Annahme einer wesentlich
stärkeren Vermehrung des Fibrinfermentes das
Wort, da das klinische, speziell das pathologische
Bild der Eklampsie außerordentlich stark darauf
hinweiso 1 ). Daß das Fibrinferment an dom Zu¬
standekommen der Eklampsie in wesentlichem
Maße beteiligt ist, wenn es nicht die Hauptschuld
trägt, wird doch von den meisten Forschern an¬
genommen, seitdem S c h m o r 1 und Lubarsch
die multiple Thrombenbildung als charakteristisch
für die Eklampsie hingestellt haben. Experimen¬
tell ließen sich auch die anatomischen Verände¬
rungen der Eklampsie erzeugen durch intravenöse
Injektionen von Plazentarpreßsaft. Schenk (56).
Freund (20), M a t h e s (38) u. a. berichten über
derartige Beobachtungen. Daß das Fibrinferment,
wie es in der Plazenta und in anderen Drüsen vor¬
handen ist, wirksam ist, bestätigte Freund da¬
durch, daß er mit Preßsäften nichtdrüsiger Organe,
die kein Ferment enthalten, keine Wirkung er¬
zielte. Die Nierenschädigungen konnte M ath es
*) Vor der Drucklegung erscheint eine umfangreiche
Abhandlung (Experimentelle Studien über die äti>-
logische Bedeutung des Fibrinferments und Fibrinogens
für die Schwangerschaftsniere und die Eklampsie. Arch.
f. Gyn. Bd. 96. H. 1), in der sich Dienst gegen die
Ergebnisse der Untersuchungen von CriBtea und
Bienenfeld (11) wendet mit dem Hinweise darauf,
daß deren Untersuchungstechnik nicht exakt genug sei,
um die Vermehrung der Fibringeneratoren im Blute bei
Eklampsie abzustreiten. Diesen Autoren und Lands-
b e r g (32) gegenüber stellt Dienst in exakten Unter¬
suchungen fest, daß „über eine Vermehrung von
Fibrinogen im Blutplasma bei der Eklampsie .... utut
eine gleichseitige Vermehrung von Fibrinferment“ kein
Zweifel mehr bestehen könne. Allerdings müsse man
„von vornherein mit einer nur geringen Vermehrung
beider Substanxen bei der Eklampsie rechnen.“
der so außerordentlich fibrinfermentreiehen Pla¬
zenta anhafteten, in Freiheit gesetzt werden und
ihre deletäre Wirkung entfalten können. Die
Möglichkeit des Hineingelangons dieser Stoffe in
das mütterliche Blut ist ja durch die Sonder¬
stellung des Organs mit seinen direkt ins mütter¬
liche Blut tauchenden Zellen gewährleistet. Trotz¬
dem wird man nicht behaupten können, daß das
Fibrinferment die ausschließlich wirksame Sub¬
stanz sei; denn neben ihm existieren in der Pla¬
zenta noch eine Reihe anderer stark wirksamer
Stoffe, von denen uns aber noch genauere Kennt¬
nisse fehlen.
Die Gerinnungszeit-Bestimmungen des Gesamt¬
blutes bei der Eklampsie ergaben Verzögerung
(Weiss 69), normale Gerinnungszeit (Cristea und
ßienenfeld 11) und Verkürzung (Freund 20).
Dieses auffallende Verhalten des Blutes ist in der
Erscheinung begründet, daß in Tierversuchen
Freunds bei solchen Tieren, die mit starker
Thrombose zugrunde gegangen waren, das Blut
trotz späteren Testgiftzusatzes lange flüssig blieb,
während das Blut von ohne Thrombose ver¬
endeten Tieren auch ohne Testgift viel schneller
gerann. Zur Erklärung darf man mit dem Autor
annehmen, daß es sich in den mit Thrombose ein¬
hergehenden Fallen um einen Aufbrauch der ge¬
rinnungsfähigen Substanzen im Blute durch das
eingeführte fibrinfermentreiche Testgift handelt.
Man wird also bei Bestimmungen der Gerinnungs¬
zeit an Eklamptischen gewärtig sein müssen, keine
übereinstimmenden Resultate zu erhalten, viel¬
mehr neben den individuellen Variationen noch
Schwankungen im Verlauf der Krankheit zu
finden. Für den Verfasser lagen mit Rücksicht
auf die relativ große Seltenheit von Eklampeio-
fällen keine Gründe vor, einige wenige Bestim¬
mungen anzustellen, die doch nur in größeren
Versuchsreihen einen Überblick über diese Frage
geben könnten.
Die Unsicherheit, die in der Angelegenheit des
Schwangerenblutes herrscht, ist nicht geringer für
die Geburtsperiode und das Wochenbett. Wenn
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 215
H&thes (30) in 7 von 10 Fällen und Neu und
Kreis (45) in sämtlichen Fällen eine Verzöge¬
rung der Gerinnung im Wochenbett gegenüber der
Gravidität finden, so liegt kein Grund vor, diese
Angaben zu kontrollieren, wenn auch die chemi¬
schen Untersuchungen von Neu (45), Zange¬
rn e i s t e r (72) u. a. darauf hinauskommen, daß
das Blut im Wochenbett seiner ursprünglichen
Beschaffenheit wieder sehr nahe kommt. Die
Kibrinogenmenge wurde von K r ö s i n g (30) in
Übereinstimmung mit den früheren Ergebnissen
Nasses (43) während Geburt und Wochenbett
vermehrt gefunden. Auch die Erhöhung des
Blutzuckergehaltes (B e n t h i n 4) in der Geburts-,
speziell der Austreibungsperiode — hervorgerufen
durch die intensive Muskelarbeit —, dürfte wohl
nicht ganz ohne Einfluß auf die Blutgerinnung
sein, wenn auch der Wirkungsmodus noch nicht
gefunden ist. Der größeren Vollständigkeit halber
sei dann auch noch bemerkt, daß unter vielen
anderen Forschern Dietrich (17) auf eine
überaus hohe Geburtshyperleukozytose hinweist,
die im Wochenbett schnell wieder zurückgeht.
Auf die Zweifel, ob man den im Kreislauf befind¬
lichen Leukozyten eine Beteiligung an der Koagu¬
lationsfähigkeit des Blutes zuweisen, kann oder
nicht, ist schon verschiedentlich in dieser Arbeit
hingewiesen worden, und wird deshalb auch in
der Frage der Geburts- und Wochenbettsverände¬
rungen des Blutes augenblicklich kein Beitrag von
seiten der Leukozytenformel gebracht werden
können.
Da die Zahl der gynäkologischen Erkrankun¬
gen, die auf ihre Blutgerinungszeit hin untersucht
Nr.
Name
Alter
Diagnose
Gerinnungs¬
zeit
Bemerkungen
1.
Buchmüller .
40
entzündlicher Adnextumor . . .
3’ 55”
2.
Hoevels . .
28
Retroflexio Uteri fixata ....
2’ 15”
Deißman . .
11 11 11 ....
2’ 17"
6. Tag post operat.
3.
ausgetragene Extrauteringravidität.
2' 24”
n
2' 18"
2. Tag p. op.
4.
Wild . . .
57
Korpuskarzinom.
3' 12”
1» .
3’ 19”
5. Tag p. op.
5.
Nedden . .
34
Ovarialzyste .
2’ 34”
11 ........
2’42”
2. Tag p. op.
6.
Marenbach .
51
Metritis chron .
2' 20”
7.
Ruland . . .
18
Sepsis puerperalis .
3' 8”
8.
Yollmann . .
54
Myoma uteri .
3’ 10”
11 11 ..
3' 16”
p. op.
9.
Meurer . .
35
eitriger Adnextumor .
3-34«
Anämie.
Pyovarium, Gonorrhöe ....
2' 55”
p. op.
10.
Gierahausen .
43
Myoma uteri .
3’ 17”
11 ..
2'35”
p. op.
11.
Hoeck . . .
57
maligner Ovarialtumor (Karzinom?)
3' 0”
Kachexie.
2' 40”
P op.
12.
Leyener . .
23
extraperit. param etrit, Exsudat (puer-
2' 30”
Temp. 38°. 14900 Leuko-
peral).
zyten. Hämoglobin 90°/o
13.
v. Sack. . .
48
Portiokarzinom.
3' 5”
inoperabl. Rezidiv.
14.
Klein . . .
24
parametrit. Exsudat.
3-45”
15.
Münch . . .
Parametritis -f- Puerperium. . .
2' 23”
16.
Herwagen. .
43
parametrit. Exsudat.
3' 45”
17.
Diedrich . .
45
Myoma uteri.
2- 63"
Tbc. peritonei
11 11 ........
2' 45”
8. Tag p. op.
18.
Aldenhoff . .
28
entzündlicher Adnextumor . . .
3- 49”
Eiter kulturell Streptokokken
19.
Biniasch . .
42
Uterusruptur. Gravidität . . .
2' 15”
Temp. 39,5°. Plazenta i. Don-
glas.
20.
Luetscher . .
32
parametrit. Exsudat.
3' 10”
21.
Doll. . . .
33
Douglasabezeß.
3 r 7"
alte Peritonitis tubc.
*»••••
11 .
2' 50"
p. op.
22.
Wagner . .
50
Ovarialzyste .
3' 45"
11 * • •
11 .
2’28"
p. op.
23.
Hölzer . . .
42
Portioerosion.
2 r 30”
Kein Karzinom.
24.
Felser . . .
38
Retroflexio uteri gravidi + Appen-
3' 35"
dizitis .
25.
Jähnert . .
30
parametrit. Exsudat.
2' 25"
26.
Wirts . . .
35
Retroflexio uteri gravidi -f- entzünd-
2' 18"
licher Adnextumor .
1' 30"
10. Tag p. op. Temp. 38,1
27.
Stahl . . .
31
Extrauteringravidität .
3' 23"
11 ...
11 .
2' 45"
3. Tag p. op.
28.
Weiler . . .
33
parametrit. Exsudat -f- Puerperium
2' 50"
29.
Tehlen . . .
30
Uterusruptur, extraperitonäales Hä-
2' 10”
Temp. 39,3°. Vor 3 Wochen
matom (infiziert?) .
Partus.
30.
Bläser . . .
34
Rotentio placentae .
3' 8”
2. T. p. abort. Blutungen.
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216 Drügg, Die Koagulation dos Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie.
wurden, recht bescheiden war, sind vom Verfasser
Bestimmungen gemacht worden, die fast durch¬
weg Erkrankungen innerhalb der Genitalsphäre
des Weibes betreffen. Die Ergebnisse sind in der
umstehenden Obersichtstabelle enthalten. Wertvoll
ist dabei, daß alle Bestimmungen von demselben
Untersucher vorgenommen wurden, daß somit
Fehlerquellen, wie sie bei verschiedenen Unter¬
suchen! votkommen müssen, glücklich vermieden
werden konnten. Die Versuchsanordnung war
stets bis in die kleinsten technischen Einzelheiten
hinein die gleiche. Dazu kommt noch, daß die
Gerinnungszeit durchweg durch mehrere sofort
nacheinander angestellte Untersuchungen, die
immer soweit als möglich überein stimmten, ge¬
wonnen wurde. Für die 1. Bestimmung wurde
der Tag vor der Operation gewählt. Für die Fälle,
hei denen nur eine Bestimmung gemacht wurde,
gilt dafür der 1. Tag der konservativen Be¬
handlung.
Im einzelnen ergibt sich daraus, daß von den
entzündlichen Erkrankungen, die 14 Fälle be¬
treffen (1, 6, 9, 12, 14, 15, 16, 18, 20, 21, 24, 25,
26, 28), 10, d. h. 71,4°/ 0 eine sehr stark ausge¬
sprochene Verlängerung zeigen, während die
übrigen eine normale Gerinnungszeit aufweisen.
Ob bei Fall 12 das Fieber analog dem Fall 19
einen gerinnungsbeschleunigenden Einfluß hat,
dürfte insofern wahrscheinlich sein, als in jenem
eine Hyperleukozytose mit Vermehrung der Fibrin¬
menge im Sinne Pfeiffers (50) vorzuliegen
scheint In gewissem Maße gehört auch Fall 17
hierhin, da er entgegen den sonstigen Befundon
bei Myom eine Verkürzung der Gerinnungszeit
aufwies. Die Erklärung kann durch den Opera¬
tionsbefund gegeben sein, der neben dem Tumor
noch eine Peritonealtuberkulose ergab. Bei Osten
(48) hatte schon eino „Tuberkulin gespritzte“ auf¬
fallende Gerinnungsbeschleunigung. Zu ihrer Er¬
klärung ziehen wir die Mitteilung von G r a w i t z
(77) heran, der bei Einverleibung von tuberku¬
lösen käsigen Massen in die Blutbahn von Tieren
eine unmittelbar folgende Eindickung des Blutes
erzielte. Dieser Eindickung folgte aber sekundär
eine Verdünnung durch Lymphzustrom und damit
eine Vermehrung der gerinnungsfähigen Substan¬
zen im Blute. Während also Stoffwechselprodukte
von Tuberkel-, Cholera- und Diphtheriebazillen
eine eindickende und sekundär lymphagoge Wir¬
kung ausübten, wurde bei Injektion von abge¬
töteten pyogenen Kokken eine starke Verdünnung
des Blutes durch Wasserübertritt beobachtet. Bei
Fall 7, der im Blute kulturell Staphylokokken ent¬
hielt, Fall 9, Fall 18 (Streptokokken), Fall 21 —
wahrscheinlich Mischinfektion bei einer alten
Peritonitis tubc — und Fall 24 ist die Verlängerung
der Gerinnungszeit aus der letzten Bemerkung zu
erklären; alle diese Fälle nämlich sind mehr oder
weniger sicher mit pyogenen Kokken behaftet ge¬
wesen. Diesen analog verhielten sich nach G r a -
w i t z Karzinomextrakte, und mit dieser Beobach¬
tung erhielt ich eine Erklärung dafür, daß bei den
Karzinomfällen meiner Tabelle eine starke Ver¬
längerung vorhanden war, die in Gegensatz trat
zu den Befunden anderer Autoren. Fall 11, dessen
Gerinnungsverzögerung relativ gering war, kam
nach der Operation auf eine normale Gerinnungs-
zeit, während diese bei Fall 4 eher eine weitere
Verlängerung erfuhr. Es wäre nicht immöglich,
daß hier noch ein anderer Krankheitsherd — meta¬
statisch oder selbständig — vorhanden ist.
Auch die Myome zeigen bis auf den eben
bereits besprochenen Fall 17 eine Verlängerung
der Gerinnungszeit.
Bei 11 Fällen der Tabelle (3, 7, 12, 15, 19, 24,
20, 27, 28, 29, 30) bestanden noch Beziehungen zur
Gravidität und zum Puerperium. Dabei handelte
es sich zweimal um ektopische Schwangerschaft
; (3, 27), die einmal mit normaler, einmal mit ver¬
längerter Gerinnungszeit einherging; bei den
übrigen 9 Fällen war das gynäkologische Leiden
mit Gravidität usw. kombiniert In 5 von diesen
war die Gerinnungszeit normal, obwohl die ohne
gleichzeitige Gravidität einhergehenden analogon
Erkrankungen Verlängerung aufwiesen. Ich wage
nicht, diese Erscheinung zu einer Verkürzung der
Gerinnungszeit in der Gestationsperiode zu ver¬
allgemeinern.
Bei Fall 26 fand sich am 10. Tage p. op. eine
außerordentlich starke Verkürzung. Die gleich¬
zeitige geringe Temperatursteigerung von 38,1°
und das Vorhandensein eines Bauchdecken¬
abszesses, welch letzterer sogar eine Verlängerung
i bewirken müßte, können nicht zur Erklärung
herangezogen werden. Die Patientin hatte 2 Tage
vorher Kochsalzinfusionan erhalten. Nach von
den Veldens (64) Experimenten dürfte aber
die Wirkung des NaCl nicht so lange anhalten,
so daß also dieser Fall offen bleiben muß.
Für die übrigen Krankheiten, deren Gerin¬
nungszeit normal oder verändert ist, können die
Gründe dafür zumeist aus dem früher Gesagton
hergeleitet werden, so daß sich weitere Ausfüh¬
rungen erübrigen. Es liegt aber nahe, noch auf
die Beziehungen zwischen Blutgerinnung und
Thrombose hinzuweisen. Die meisten Kliniker
und Pathologen sind sich heute darin einig, daß
zu dem Zustandekommen der Thrombose in erster
Linie „Stromverlangsamung im Sinne Virchows
und Schädigung der Gefäßwand im Sinne
B r ü c k e s erforderlich“ sind (Z u r h e 11 e 75).
Erst in zweiter Linie kommt die Infektion hinzu.
Gerade die Häufigkeit der Thrombosen bei schwer
anämischen Myomkranken spricht für die mecha¬
nische Entstehung der Thromben durch Strom¬
verlangsamung, da bei myomkranken Frauen so
außerordentlich häufig Herz- und Gefäßverände¬
rungen gefunden werden. Z u r h e 11 e (74) be¬
rechnete, daß über die Hälfte aller Fälle von
Thrombose bei Myomoperationen auftrete. Dem-
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Drügg, Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe u. Gynäkologie. 217
gegenüber seien die Wochenbettsthrombosen 6mal
seltener. Er hält die GefäBwandveränderungeu
bei den Myomen für rein mechanischer Natur,
andere Forscher aber schieben bei den Throm¬
bosen überhaupt einen großen Teil dieser Schä¬
digungen der Blutmischung zu. W o o 1 d r i d g e s
(70) Versuche ergaben, daß durch Injektion von
gerinnungserregendem „Gewebsfibrinogen“ neben
ausgedehnten Thrombosen eine schwere Verände¬
rung in der chemischen Zusammensetzung des
Blutes herbeigeführt werde, die ihrerseits eine
schwere Schädigung der Gefäßwände nach sich
ziehe. Analoge Wirkungen schreibt auch Dienst
(16) dom in der Schwangerschaft durch reichlich
stattfindende Bildung und Untergang von Leuko¬
zyten entstehenden Fibrinogen zu, das die Fähig¬
keit besitzen soll, die Endothelien zu schädigen.
Demgegenüber betont Küster (31), daß zwar die
Fibrinogenwerte in der Schwangerschaft etwas er¬
höht seien, daß aber von einer Vermehrung bei
Thrombose sowohl, als auch bei Eklampsie — die
ja mit Thrombenbildung einhergehe —, keine
Rede sein könne. Eine Beteiligung der Fibrin¬
generatoren bei der Thrombose, direkt durch
Fibrinbildung, indirekt durch Gefäßwandschä¬
digung ist also zweifelhaft. Man kann sogar einen
ursächlichen Zusammenhang zwischen Koagula¬
tion des Blutes und Thrombose zumal nach den
neuesten Arbeiten Zurhelles (76) und Aschoffs
(zitiert nach Klein 27 u. 78) in einer der von
letzterem aufgestellten Thesen zusammenfassend
negieren:
„Ein plötzliches Freiwerden von Fibrinferment
und eine dadurch bedingte Fibrinabscheidung im
strömenden Blut als Ursache der Thrombose muß
bei den spontan entstandenen menschlichen
Thromben völlig ausgeschlossen werden."
Damit sind wir nun bei der Frage nach der
Verwertung der Blutgerinnung in der Geburtshilfe
und Gynäkologie angelangt, deren Beantwortung
nun nicht mehr schwer fallen kann. Wenn wir
von einem Zusammenhang zwischen Thrombose
und Blutgerinnungs/öhfgfcetf — ausgedrückt durch
die Blutgerinnungszeif — nicht sprechen können,
so fällt damit der wichtigste Teil der Frage a priori
aus. Denn nur für die Kenntnis der Thrombose
mit ihrer Folgeerscheinung, der Embolie, hätte die
Gerinnungsfähigkeit einen Beitrag geben können.
An eine andere Verwertung zu diagnostischen und
prognostischen Zwecken ist aber bei der mangel¬
haften Entwicklung der Untersuchungsmethoden,
die immer noch kein streng objektives Arbeiten
gestatten, insbesondere aber bei der Unsicherheit,
die in der ganzen Blutgerinnungsfrage noch
herrscht, vorläufig nicht zu denken. Am deut¬
lichsten ersichtlich ist das aus den Bestimmungen
der Gerinnungsfähigkeit bei Myomen, die in einer
Verlängerung der Gerinnungszeit ihren Ausdruck
fand, obwohl hier die so häufigen Thrombosen
eine erhöhte Gerinnungsfähigkeit hätten erwarten
lassen. Mithin hat auch Z u r h e 11 e recht, worin
er sagt, daß eine medikamentöse Beeinflussung
der Gerinnungsfähigkeit des Blutes im Sinne einer
Herabsetzung keinen Zweck habe. Die Prophylaxe
der Thromboembolien wird vielmehr auch künftig¬
hin nicht chemischer Natur — Einführung gerin¬
nungshemmender Stoffe per os oder intravenös —,
sondern mechanischer Natur — Frühaufstehon,
Bewegungstherapie — soin.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen
sich kurz zusammenfassen in folgenden Sätzen,
die alle auch anderwärts schon ausgesprochen
worden sind, die also hier ihre wiederholte Be¬
stätigung erfahren:
1. Bei krankhaften. Zuständen findet sich viel
häufiger eine Verlängerung der Gerinnungszeit als
eine Verkürzung (B o d e).
2. Das Vorkommen einer so erhöhten Gerinn¬
barkeit des Blutes, daß sie dem Menschen von
pathologischer Bedeutung ist, ist anzuzweifeln
(Schwab).
3. Daher sind alle Versuche, zur Vermeidung
der Thrombose im strömenden Blute die Fibrin¬
gerinnungsfähigkeit herabzusetzen, zwecklos
(Zurhelle).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
28
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218
Uber Aphasie und Apraxie.
Zusammenstellung von Arbeiten aus den Jahren 1906—1911.
Von
L Goldstein
in Aachen.
(Schluß.)
v.Monakow (20) gibt zunächst einen geschieht- |
lichon Überblick über die motorische Aphasie und !
kommt dann auf die Mariesche Lehre. Die j
Gegner der bisher üblichen Lokalisation teilt er
in zwei Gruppen. Die erste bestreitet das Zu- |
sammenkommen der motorischen Aphasie als i
Folge der Läsion speziell der Brocaschen Win¬
dung oder der Rinde überhaupt und ersetzt jene !
durch eine andere, ausgedehntere Hirnregion. Der
Hauptvertreter dieser Gruppe ist P. M a r i e. Die
Repräsentanten der zweiten Gruppe sind der
Meinung, daß eine ausgedehnte Läsion im Gebiete
der vorderen sylviscken Region (vordere Aphasie-
region) zwar eine der notwendigen anatomischen
Bedingungen für das Zustandekommen der moto¬
rischen Aphasie darstelle, daß aber das anato¬
mische Moment an sich überhaupt nicht aus¬
reiche, um all’ die in Frage kommenden Symptome
befriedigend zu erklären; es seien bei dem
aphasischen Symptomenkomplex vielmehr stots
noch dynamische Momente wirksam (Diaschisis).
Zu dieser Gruppe zählt sich v. Monakow selbst.
Eigene Beobachtungen und Zusammenstellung i
fremder führen v. M. zu folgenden Schlüssen:
1. Die motorische Aphasie (Typus Broca) 1
kann durch sehr verschiedene innerhalb eines j
relativ weit begrenzten Großhimabschnittes (F„ \
Operculum Rolandi, Stabkranzareal dieser Insel,
Regio lenticularis usw. — weitere motorische
Aphasieregion ) gelegene Läsionen hervor gebracht ,
werden; es gibt aber innerhalb dieses Gebietes i
engere Regionen, deren Läsion für das Zustande- '
kommen der motorischen Aphasie besonders
günstige anatomische Bedingungen liefert (dritte
linke Stirnwindung inkl. Regio Broca, Operculum j
Rolandi, Stabkranzgebiet dieser Windungen).
2. Zahlreiche Sektionsbefunde zeigen, daß die |
motorisch-aphasischen Symptome um so eher
Tendenz zu chronischem Verlaufe zeigen, je mehr
der Herd in die Tiefe dringt, d. h. je mohr die j
ganze Gohimoberfläche durch den Krankheits- J
prozeß, der zu der Herdbildung geführt hat, be¬
einträchtigt ist. In solchen Fällen kommt es aber
auch am ehesten zur Störung des Intellektes, des ;
Gedächtnisses und der Orientierung.
3. Weder im Gebiet der um die vordere Partie J
der Insel gelegenen Windungen links (F s , F a ,
Opercul. Rol.) noch an anderen Stellen des Gro߬
hirns (Oberfläche oder tiefere Regionen) können '
wir schärfer umschriebene Stellen abgrenzen, j
deren Erkrankung oder Defekt unter allen Um¬
ständen motorische Aphasie als Dauersymptom
produzieren müssen und die für die Realisation
und den Ablauf der Sprache unter Umständen
nicht entbehrt werden könnten.
Einen historisch-kritischen Überblick gibt ganz
neuerdings Karl Heilbronner (21), indem
er die Fortschritte in der Aphasielehre seit den
ersten Mitteilungen B r o c a s (1861) bis auf die
Neuzeit schildert Die Bedeutung der Brocaschen
Stelle scheint ihm auch heute noch gesichert,
allerdings mit der Modifikation, die auch für die
Wernickesche Stelle gilt, daß so eng umschriebene
„Zentren“, wie sie lange Zeit Gültigkeit hatten,
heute nicht mehr aufrecht zu halten sind
(P. M a r i e, v. M o n a k o w). Die 50jährige Zeit¬
spanne seit dem Auftreten ßrocas ergibt außer
der Bestätigung der grundlegenden Feststellungen
Brocas und Wernickes gewaltige Fort¬
schritte in der Lehre von den Störungen der
Sprache, wertvolle Grundlagen für die anato¬
mische Detailbetrachtung und die Aussicht auf
immer detailliertere Lokalisation der Störungen.
Nicht gerechtfertigt erscheint es aber, anzu¬
nehmen, daß die aphasischen Störungen uns auch
einen Einblick in das Verhältnis zwischen Phy¬
sischem und Psychischem zu vermitteln imstande
sein werden. *
Im Verlauf seiner Schilderung hatte H. von
der Lehre P. Maries gesprochen, daß das
Wesentliche der Aphasie eine Demenz sei, die
später von M. als eine spezifische Demenz modi¬
fiziert worden sei. Hiergegen wendet sich
P. Marie (22) in entschiedener Weise, indem er
darlegt, daß er nie von Demenz gesprochen, auch
nie seine Lehre modifiziert habe. Diese Legende,
die in Frankreich niemand mehr glaube, sei
durch D e j o r i n e entstanden, der ihm den Aus¬
druck „intellektuelles globales Defizit bei den
Aphasikem“ zugeschrieben, den er aber nie¬
mals gebraucht habe. Alles, was er gesagt
habe und auch aufrecht erhalte, wäre folgendes:
„Bei den Aphasikem gibt es gewöhnlich eine sehr
bedeutende Abnahme des Begriffsvermögens.“
G. Mingazzinis (23) neueste Untersuchun¬
gen über motorische Aphasie geben wir nach
dem Referate von G. Perusini (Rom) (Neur.
Zentralbl. 1911, Nr. 9).
Das verbomotorische Sprachgebiet nimmt die
Pars opercularis, vielleicht auch die Pars triangu-
gularis der F,, die vordere Hälfte der Insel und
wahrscheinlich auch die Basis der F, ein. Von
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Gold stein, Über Aphasie und Apraxie.
219
dieser Zone gehen Markstrahlungen aus, die links
das Centrum semiovale durchziehen und an dem
Frontalende des Linsenkerns zusammen laufen;
rechts ziehen sie quer durch die vordere Balken¬
fläche und vereinigen sieh mit denen der linken
Seite, um zum vorderen Ende des Linsenkerns
zu ziehen. Infolgedessen kann die motorische
Aphasie nicht nur durch Verletzung der korti¬
kalen Zone des besprochenen Gebietes zustande
kommen, sondern kann auch von irgend einem
Herde, der die aus diesem Gebiete hervorgehen¬
den Fasern (subkortikales Mark, Stabkranzarea)
oder den vordersten Anteil des Linsenkerns zer¬
stört, verursacht werden.
Ebenso wie Mingazzini, v. Monakow,
Dejerine die Grenzen der Brocaschen Aphasie
erweitern, zeigt der Fall Hagelstams (24), bei
dem sich die Läsion auf einen Teil des Linsen¬
kerns erstreckte, daß zwar der Hauptsitz an der
dritten linken Stirnwindung zu suchen war, aber
die enge Begrenzung Brocas nicht beizu¬
halten ist. —
Es mögen jetzt eine Anzahl Einzel beobach¬
tun gen folgen, die mehr oder weniger sämtlich
mit der von P. Marie aufgeworfenen Frage
in Verbindung stehen oder sonst bemerkens¬
wert sind.
A. W. Hoisholt (25) beschreibt folgenden
Fall:
Bei einem 72jähr. Farmer wurde gefunden: korti¬
kale sensorische Aphhasie verbunden mit Apraxie und
Asjmbolie. Gesprochenes konnte der Pat. nicht ver¬
stehen und Vorgesagtes nicht wiederholen. Das
Sprechen geschieht paraphasisch. Spontan- und Diktat¬
schreiben fehlt, Kopieren erhalten, aber mangelhaft.
Der Pat. machte einen intelligenten Eindruck, war zu¬
gängig und seiner Umgebung gegenüber aufmerksam.
H. vermutete einen Herd in der Wernickesehen
Region und einen anderen im Gyrus angular.
Die Sektion zeigte die enzephalomalazische
Veränderung im Gyrus lentic. von W ernicko
und von hier sich ausbreitend bis zum Gyrus
angular, und der zweiten Okzipitalwindung.
Einen eigentümlichen Fall von vollständiger senso¬
rischer Aphasie bei Läsion der rechten ersten Schläfen¬
windung beschreibt Wilhelm Meyer (26). Sturz
Ton der Treppe; Blutung aus dem rechten Ohre. Einige
Tage später kam Pat. ins Krankenhaus, wo rechtsseitige
Fazialisparese, übelriechende Sekretion aus dem rechten
Ohre, sensorisch-aphasische Zustände konstatiert wur¬
den. Eröffnung des rechten Warzenfortsatzes. In der
Tiefe Fissur des rechten Schläfenbeins. Hämatom der
Dura. Aphasie schwand nach 14 Tagen, Fazialparese
nach 4 Wochen. Der Mann soll Rechtshänder ge¬
wesen sein.
Einen eigenartigen Fall von Aphasie be¬
schreibt Buchholz (27):
Der im 31. Lebensjahre stehende Mann erlitt einen
Schlaganfall mit darauffolgender rechtsseitiger Läh¬
mung, Wortstummheit, Agraphie und Worttaubheit.
Er lernte wieder innerhalb 18 Jahren etwas sprechen,
jedoch waren es vorwiegend Worte der sogenannten
Affektsprache. Schreiben und Lesen blieb gestört, doch
lernte er seinen Namen und einzelne Buchstaben
schreiben, auch manche Worte, ja Sätze mit Verständnis
lesen. Die Sektion zeigte die Pars opercnlaris der
3. linken Stirnwindung in schwerem Grade erkrankt
und die oberste Temporalwindung vollkommen zer¬
stört. Auch die 2. und 3. Temporalwindung (Spitze)
ist erkrankt. Auf Serienschnitten zeigte sich die ganze
linke Hemisphäre wesentlich kleiner als die rechte.
An der Spitze des linken Schläfenlappens sind sämt¬
liche Temporal wind ungen bis auf einen kleinen Rest
zerstört, während kaudalwärts neben Teilen der 3. Tem¬
poralwindung noch Reste der 1. Temporalwindung er¬
halten 6ind. Auch der rechte Schläfenlappen ist in toto
verkleinert und die rechte Fossa Sylvii auffallend weit.
Daß die Worttaubheit trotzdem geschwundon
ist, ist vielleicht noch auffallender als der Wieder¬
erwerb einzelner Worte.
Niess 1 von Mayendorf (28) gewinnt aus
der Untersuchung eines Falles die Überzeugung,
daß eine direkte physiologische, wenn auch nicht
anatomische Verbindung zwischen den kortikalen
Zentren der optischen und kinästhetischen Wort-
und Buchstabenvorstellungen vorhanden sei.
Ferner ergab sich die Belanglosigkeit der Klang¬
bilder für die optische Wahrnehmung der Worte
und Buchstaben.
Ähnlich wie bei diesem lagen die Verhältnisse
bei dem Falle von „sensorischer Aphasie mit er¬
haltenem Lesen", den Semi Meyer (29) mit¬
teilt. Diese Fälle beweisen nach M. die Produktion
richtiger Sprechbewegungen von den optischen
Bahnen aus ohne Berührung der akustischen
Leitungen. Fraglich ist aber, ob dieser Weg bei
allen Menschen benutzt wird. Die meisten lesen
wahrscheinlich mit einer Bahn optisch-akustisch¬
motorisch und nur die Ausnahmen optisch¬
motorisch-akustisch. Zum Sprachverständnis ist
bei jedem Menschen die Intaktheit des akusti¬
schen Zentralapparates erforderlich.
Kurt Goldstein (30) nimmt auf Grund
einer sorgfältigen Beobachtung den Zustand einer
amnestischen Aphasie als gegeben an, wenn
erstens als einziges Symptom die erschwerte
Wortfindung bei erhaltenem Wiedererkennen sich
ergibt und zweitens Wortbegriff und Objekt¬
begriff wirklich intakt sind. Die erschwerte
Wortfindung aber kommt zustande 1. durch
Störung des Wortbegriffs, 2. durch Störung der
Assoziation zwischen Wortbegriff und Objekt¬
begriff und 3. durch Störung des Objektbegriffs.
Den Sitz der Wortvorstellung nimmt G. in einem
zwischen der Brocaschen und Wernickesehen
Stelle liegenden Gebiete an und glaubt, daß dessen
Läsion bei motorischer und sensorischer Aphasie
j die Amnesie erzeuge. Differentialdiagnostisch
muß man die amnestische Aphasie vor allem
gegen die glossopsychische und transkortikale ab¬
grenzen.
Auf Grund eines ungewöhnlichen Falles von
Sprachstörung und unter Hinzuziehen der ein¬
schlägigen Literatur kommt Fritz Heinrich
Lewy (31) zu folgendem Ergebnis;
1. Dem klinisch postulierten Symptomenkom-
| plex der Leitungsaphasie entspricht, soweit das
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220
Go Idstein, Über Aphasie und Apraxie.
veröffentlichte Sektionsmaterial darüber einen
Schluß zuläßt, kein typisch lokalisierbarer Befund.
2. Die sog. amnestische Aphasie hat als selb¬
ständige Aphasieform keine Daseinsberechtigung.
3. Die Symptome der sog. amnestischen Aphasie
können alle Aphasieformen begleiten, da sie nur
der Ausdruck der durch die Schädigung hervor-
gorufenen Diaschise sind.
4. Die durch Diaschise von einem indifferenten
Orto hervorgerufene gleichmäßig starke Reiz¬
herabsetzung kann verschieden große Störungen
setzen, da die für die Erregung verschiedener
(z. B. zum Spraehablauf wichtiger) Zentren in der
Zeiteinheit nötigen Reizstärken für die einzelnen
Zentren bzw. ihre Schaltzellen ungleich groß sind.
Der Behauptung Lewys, daß die amnestische
Aphasie keine Daseinsberechtigung habe, tritt
neuerdings Kurt Goldstein <32) entschieden
entgegen. Sich den Anschauungen P i t r e s an¬
schließend, sieht er den Grundirrtum Lewys
vorwiegend darin, daß amnestische Aphasie und
Amnesie einfach zusammengeworfen werden. Ein
fast reiner Fall von amnestischer Aphasie eines
54jährigon Kutschers gibt ihm Gelegenheit, sich
noch einmal ausführlich über dieso Form zu ver¬
breiten.
Das Krankheitsbild bestand, abgesehen von Kopf¬
schmerzen, Klopfempfindlichkeit des Schädels in der
linken Schläfengegend und zunehmender Benommen¬
heit, hauptsächlich in aphasischen Störungen. Da kein
Fieber vorhanden war, wurde ein Tumor in dem linken
Schläfenlappen angenommen. Bei dem Kranken han¬
delte es sich zunächst um amnestische Aphasie, zu der
sich später Störungen von Seiten des zentralen Sprach-
feldes und in geringem Grade auch des Begriffsfeldes
gesellten.
Die Sektion zeigte denn auch einen Tumor (Karzi¬
nom) im Mark des mittleren Schläfenlappens, der die
Rinde mitergriffen und zu einer Volumvergrößerung
und Druckerscheinungen in der ganzen linken Hemi¬
sphäre geführt hatte.
Nach den sorgfältigen Untersuchungen G.s ist
die amnestische Aphasie eine klinisch scharf um¬
schriebene Aphasieform, die anatomisch ihre Ur¬
sache in einer funktionellen Beeinträchtigung des
Sprach- und Begriffsfeldes hat, ohne daß in den
beiden Feldern sonstige schwere Schädigungen
vorzuliegen brauchen.
Die amnestische Aphasie kommt entweder
durch Affektionen feinster und diffuser Art oder
durch einen Herd (gewöhnlich im Mark des
Schläfenlappens) zustande, wenn dieser geeignet
ist, gleichzeitig eine diffuse Schädigung weiterer
Gebiete zu bewirken.
Bouchaud (33) gibt die Krankengeschichte eines
60jähr. Mannes, der an amnestisch-aphasischen Stö¬
rungen, Agraphie und Alexie litt. Die (nur makro¬
skopische) Autopsie ergab komplette Erweichung im Ge¬
biete des linken Schläfenlappens, Erweichung im
Okzipital-Scheitellappen, im Linsenkern, im Bereiche
der inneren Kapsel. Rechts nur Läsionen im Linsen¬
kern. Arteriosklerose der Hirnarterien.
Froment und Maze 1 (34) beschreiben einen
Fall, bei dem ein Messerstich in der rechten Schläfen¬
heinregion erfolgt war. Rechtshänder. Es resultierte
motorische Aphasie, die monatelang andauerte. Fr. u.
M. glauben, daß der Fall gegen die alten lokalisatori-
schen Hypothesen spreche.
Zwei sehr ausführlich geschilderte und genau
beobachtete Fälle von Alexie geben P. Schuster
(35) Veranlassung, sich über das Wesen dieser
Affektion zu äußern. Den Unterschied im Er¬
kennen von Buchstaben und Ziffern führt er auf
die Verschiedenartigkeit der assoziativen Be-
, Ziehungen beider zurück. Für die Buchstaben ist
die Assoziation zum Klangbildzentrum die wicli-
! tigste, während bei den Ziffern es ohne das
! Klangbildzentrum zu einer Erregung des Gesamt-
j begriffes des Ziffernwertes kommen kann. Mit
! Bastian nimmt er an, daß ein Alektischer dann
! zugleich agraphisch wird, wenn er unfähig ist,
I direkt vom Wortklangbild aus unter Benutzung
der cheirokinästhetischen Erinnerungsbilder die
; Hand zum Schreiben zu innervieren. Ebenso wie
der Lesevorgang als eine besondere Form des
I optischen begrifflichen Erkennens aufzufassen ist,
muß die reine Alexie als eine besondere Form der
; Seelenblindheit angesehen werden.
! Die Alexie ist demnach eine Störung der
1 Assoziationsvorgänge, die sowohl in der Leso-
sphäre selbst, als auch zwischen Seh- und Hör-
i Sphäre stattfinden. An welcher Etappe nun der
! fortschreitende Assoziationsprozeß unterbrochen
i worden ist, ist für den Charakter der Alexie be¬
stimmend. Deshalb besteben auch die verschie-
[ denen Erklärungen verschiedener Autoren, die
wie D e j e r i n e Trennung des Wortbildzentrums
i vom beiderseitigen Sehzentrum, V i a 1 e t dieselbe
, Trennung und vom Klangbildzentrum usw. an-
! nehmen, zu Recht, nur hat jede der Erklärungen
! eine andere der überhaupt möglichen Alexien im
1 Auge.
Die Schlußfolgerungen, die Erwin Niessl
v. Mayendorf (36) aus seinen zwei sorgfältig
• studierten Krankenbeobachtungen über motorische
Aphasie zieht, lauten:
1. Die Zentralwindungen der rechten sowohl
| wie der linken Hemisphäre sind die Stätte taktiler
I Erinnerungsbilder.
2. Die Wortblindheit bei kortikaler motorischer
[ Aphasie kann Folge einer in das Marklager ein¬
dringenden Erkrankung sein, welche den dorsalen
Anteil der Sehstrahlung vernichtet.
3. Die transkortikale motorische Aphasie ist
weder klinisch noch anatomisch erweisbar.
t
4. Die anatomischen Befunde bei transkorti¬
kaler motorischer Aphasie geben keinen Anhalt
zur Annahme eines Assoziationsbogens, der vom
Zentrum der kinästhetischen Wortbilder zu dem
taktilen, akustischen und optischen hinüber führt
und isoliert zerstört werden könne.
5. Der fundamentale Unterschied zwischen der
Sprachlosigkeit des Aphasikers und des Geistes¬
kranken beruht darauf, daß die erstere auf einen
Defekt an Vorstellungen, die letztere auf einen
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Goldstein, Ober Aphasie und Apraxie,
Defekt an Gefühlen und Willensimpulsen zurück¬
zuführen ist.
0. Mingazzini (37) teilt den Sektionsbefund
einer 61 Jahre alten Kranken mit, die nach einem
Schlaganfalle an rechtsseitiger Hemiparese, fast voll-
ständiger Worttanbheit, schweren Paraphasien sowohl
beim Spontan- als auch beim Nachsprechen, Tendenz zur
Eeholalie and Perseveration, also an den charakteristi¬
schen Symptomen der sogen, tramkortikalen sensori¬
schen Aphasie gelitten hatte.
Gelbe Erweichung von 1 cm Länge und 8 mm Breite
im Centrum ovale der linken Großhirnhemisphäre, der
äußere Rand des Herdes entspricht dem Gyrus parietalis
aecendens. Gefärbte Horizontalschnitte zeigen, daß der
Herd die ganze retrolentikuläre Zone der inneren
Kapsel, das proximale Ende der Sehstrahlungen und
des Fascicul. long. inf. trifft und sich nach außen in dem
dem Gyr. temp. sup., dem Lobulus pariet. inf. und dem
Gyr. angular entsprechenden Centrum ovale ausbreitet.
Tiefere Schnitte zegen, daß der Herd sich in antero-
posteriorer Richtung immer mehr nach außen schiebt
und sich in der weißen Substanz begrenzt, die unmittel¬
bar der Basis des Gyr. temporal, entspricht.
Die richtige echolalische Wiederholung der
Worte wurde im vorliegenden Falle dadurch er¬
leichtert, daß die kortikale und subkortikale Sub¬
stanz der zwei ersten Schläfenwindungen, der
Insel und des Gyrus frontales tert. unberührt ge¬
blieben sind.
Saint-Paul (38) betont die Notwendigkeit
bei der Beurteilung der Aphasien, die „innere
Sprache“ zu berücksichtigen. Stets muß man
untersuchen, ob die geistige Projektion der Worte
(in motorischer, akustischer oder optischer Form),
die Fähigkeit, die Gedanken durch Worte zu über¬
setzen, erhalten ist oder nicht.
In einer sehr interessanten Abhandlung ver¬
breitet sich Hermann Gutzmann (39) über
das Verhältnis von Aphasie und Anarthrie. Die
Grenze zwischen beiden liegt an der Stelle zwi¬
schen dem motorischen Sprachzentrum als dem
Gedächtnissitz für die bestimmte Verknüpfung
von Innervationen und den Bahnen und Schalt-
8tationen, die die einzelnen Zentren bzw. Neu-
ronenvorbände in Tätigkeit setzen. Eine einheit¬
liche Auffassung über die Abtrennung der korti¬
kalen Anarthrie von der motorischen Aphasie
steht allerdings noch aus. Zugestanden wird all¬
gemein, daß es kortikal-dysarthrisehe Erschei¬
nungen gibt, die wenigstens zum Teil von den
aphasischen unterschieden werden können. Dor
augenblickliche Stand der Frage ist der, daß man
wohl annehmen kann, daß das supponierte Zen¬
trum höherer Ordnung, von welchem die innere
Sprache, die Diktion, abhängig ist, eine Anzahl
Zentren niederer Ordnung beherrscht, die ihrer¬
seits wieder andere, unter ihnen stehende Zentren
zu gemeinsamer oder isolierter Aktion zwingen,
jede komplete kortikale motorische Aphasie be¬
steht demnach aus zwei Komponenten: einer dys-
phasischen und einer dysarthrischen. Wie die
dy8arthrische Komponente nun nachzuweisen ist,
darüber verbreitet sich G. in längerer Ausfüh¬
rung. Unter den Methoden nimmt die „expori-
221
mentelle Phonetik“ einen hervorragenden Platz ein
und gibt zu der Hoffnung Veranlassung, die kli¬
nische Abgrenzung der Dysarthrie in exakter
Weise vorzunehmon.
Edm. Förster (40) teilt die Kranken¬
geschichte einer 50jähr. Frau mit, die neben den
Erscheinungen von Hirndruck und leichter rechts¬
seitiger Hemiplegie an aphasischen Störungen litt.
Das Sprachverständnis und Nachsprechen war intakt,
Spontansprechen etwas anbeholfen, die Wortfindung
sowohl vom optischen, wie akustischen und aktiven
Gebiete her intakt. Lesen, Musikverständnis und
Singen gut. Dagegen bestand geringe motorische
Apraxie rechts und links. Die Spontanschrift war sehr
schlecht, ebenso Diktatschreiben, während Kopieren be-
f deutend besser und Zeichnen auffallend gut gelang.
Beim Buchstabieren schwieriger Worte wurden ge¬
legentlich Fehler gemacht. Kein wesentlicher In¬
telligenzdefekt. Einfache Rechenaufgaben worden
nicht ordentlich gelöst, während früher Pat. gut
rechnen konnte.
Nimmt man an, daß im vorliegenden Falle die
linksseitige Bahn geschädigt, die rechtsseitige in¬
takt war, dann würde es mit L i e p m a n n s
Lehre vom Uberwiegen der linken Hemisphäre
übereinstimmen, daß die einfachere Leistung des
groben Zeichnens durch die rechtsseitige Bahn
geleitet wqjden kann, während diese für die kom¬
pliziertere Leistung des Schreibens nicht aus¬
reicht Es würde demnach bei der Patientin ein
Herd zu vermuten sein, der die Bahn vom op¬
tischen Zentrum links zum Eupraxiezentrum
unterbricht und außerdem noch Bahnen von dem
Felde des 90gen. Wortbegriffs zum Eupraxie¬
zentrum schädigt.
Interessante Fälle von Alexie und Agraphie,
Alexie und Hemianopsie nach einem Trauma
teilen Alessandro Marina (41), Hugo
L e v i (42) und P a t o i r (43) mit.
Uber musikalische Aphasien hat Joseph
Ingegnieros (44) eine bemerkenswerte Ab¬
handlung geschrieben und den Fall einer musi¬
kalischen Amnesie bei sensorischer Aphasie teilt
Henri Lamy (45) mit
Uber operative Behandlung der traumatischen
Aphasien berichtet L. M. Pussep (46).
Der erste Fall betraf einen 48jähr. Mann, bei dem
die Röntgenaufnahme 8 Schrotkörner in der Gegend des
Os parietale und der Pars squamosa ossis temporalis
feststellte. Die Sprache des Kranken war gestört: Eine
ganze Reihe von Worten konnte er weder spontan aus¬
sprechen, noch nachsprechen. Keine Alexie.
Bei der Operation ergoß sich nach Durchschneidung
der weichen Hirnhaut eine Quantität dunkelroter
Flüssigkeit und man entdeckte eine 2—3 cm große
geschlossene Höhle, in deren Tiefe Hirnsubstanz von
weißer Farbe zu entdecken war. Es war eine von den
Schichten der weichen Hirnhaut gebildete Zyste. Fort¬
schreitende Besserung der Sprache, die nach 20 Tagen
fließend war.
Der zweite Fall betraf einen 18jähr. jungen Manu,
der eine Impression in der linken Schädelgegend auf¬
wies. Er bot bei der Aufnahme (14. Febr.) vollstän¬
digen Verlust der Sprache und Schwäche der rechten
oberen und unteren Extremität. Am 7. Jan. hatte er
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222
Goldstein, Über Aphasie und Apraxie.
ein Trauma erlitten, das von Bewußtlosigkeit und
Krampfanfällen gefolgt war.
Man fand bei der Eröffnung eine ovale Zyste von
1 cm Durchmesser, mit seröser Flüssigkeit gefüllt. Die
Hirnsubstanz war imprimiert, usuriert und mit der
Hirnhaut verwachsen.
Ara 5. Tage nach der Operation beginnt der Patient
Gegenstände zu benennen. Die motorische Aphasie
schwindet immer mehr, es tritt amnestische Aphasie auf.
In beiden Fällen hat die Kontinuität des korti¬
kalen Sprachzentrums, soweit man es über¬
blicken konnte, nicht gelitten. Die Zellen der
Hirnsubstanz funktionierten wegen Anämie und
Kompression nicht Nach Entfernung der Zyste
und Beseitigung der Splitter stellte sich die Blut¬
zirkulation allmählich her und damit auch die
Funktion. P. glaubt, daß beide Fälle als Beweise
zugunsten der Bedeutung des Gyrus Broca dienen
können.
Im motorischen Zentrum selbst sucht P. Ele¬
mente des Zentrums des Wortgedächtnisses und
glaubt damit das Auftreten der amnestischen
Aphasie erklären zu können.
Folgende Thesen werden auf gestellt:
1. Die operative Behandlung der traumatischen
Aphasie ist in denjenigen Fällen durchaus indi¬
ziert, in denen nach dem Trauma rasche Wieder¬
herstellung der Sprache nicht eintritt* In diesen
Fällen hat die Operation ein vorzügliches Resultat
zur Folge.
2. Die Operation darf nicht auf die Entfernung
der Knochensplitter beschränkt bleiben, vielmehr
muß man auch die harte Hirnhaut eröffnen, da
unter der wenig veränderten Hirnhaut häufig
große Veränderungen der weichen Hirnhaut und
der Hirnsubstanz selbst beobachtet werden.
In denjenigen Fällen, in denen trotz der augen¬
scheinlichen Intaktheit der Knochen nach Schä¬
deltrauma stabile Aphasie besteht, ist die opera¬
tive Intervention indiziert, da unterhalb des an¬
scheinend unveränderten Knochens bisweilen eine
bedeutende traumatische Zyste vorhanden sein
kann, durch deren Druck Aphasie bewirkt wird.
Mit einem Vortrage KurtGoldsteins (47)
beschließen wir die Aphasiefrage. G. baut be¬
kanntlich die Storchschen Ansichten weiter aus.
Nach ihm sind wir nicht berechtigt, von akusti¬
schen oder motorischen Sprachvorstellungen zu
sprechen. Das bei allen Menschen Gemeinsame
und Wesentliche der Sprachvorstellungen ist
etwas spezifisch vom Akustisch-motorischen Ver¬
schiedenes, dessen Eigenart uns ebenso deutlich
bewußt ist, wie es unmöglich ist, es weiter zu
definieren. Ein Lese- und Schreibzentrum hält G.
theoretisch für ungerechtfertigt und zur Erklärung
der tatsächlichen Befunde auch nicht für not¬
wendig. Die Grundauffassung G.s ist eine rein
psychologische und unterscheidet sich daher
wesentlich von der Wornickeschen Theorie. Wir
müssen uns, sagt G., nicht mehr damit begnügen,
die Symptome des gegebenen Falles so gut oder
schlecht, wie es geht, im Schema unterzubringen,
sondern unsere Anschauung erfordert hierzu in
jedem Falle eine psychologische Analyse von
Grund aus. Erst nachdem wir eine Störung psy¬
chologisch verstanden haben, dürfen wir an ana¬
tomische Fragen, an Fragen der Lokalisation
herantreten. Ehe wir lokalisieren, müssen wir
wissen, was wir zu lokalisieren haben.
Auch in der Apraxie frage sind einige wichtige
Arbeiten zu verzeichnen; so in erster Linie
van V1 e u t e n s (48) Fall einer linksseitigen
motorischen Apraxie.
Ein 55jähr. Kutscher, der vorher gesund gewesen,
dann allgemeine Gehirnsymptome zeigte, wurde plötz¬
lich schwindlig, fiel vom Bock, fiel auch einmal um,
ohne das Bewußtsein zu verlieren. Als er sich in seinen
Handlungen nicht mehr sicher fühlte, wurde er in Dall¬
dorf aufgenommen, kam mit der Diagnose Dementia
paralytica.
Die Krankheit zeigte 3 Abschnitte. Im ersten war
die Intelligenz gut erhalten, Sprachverständnis, Nach¬
sprechen, Lesen intakt. Erschwerte Wortfindung in der
Spontansprache. Rechter Arm zeigte in der Ruhe
Zittern, bei Innervation Schütteitremor, ferner bestand
Zustand von tonischer Perseveration (Liepnann).
Linke Hand zeigte geringen Tremor, konnte eine Reihe
Zweekbewegungen weder auf Geheiß, noch auf Vor¬
machen vollziehen. Es bestand links erschwerte Aus¬
sprechbarkeit für Willensimpulse neben Dyspraxie,
rechts Eupraxie neben gewissen Reizerscheinungen
(Klammerhand, Schütteltremor). Dementsprechendes
Verhalten auch in den unteren Extremitäten. Im
zweiten Abschnitt auch in rechter Hand ein gewisser
Grad von Dyspraxie, ferner Echolalie, Stottern. Im
dritten trat Benommenheit auf, stärkere Echolalie;
Pat. wurde schließlich sprachlich und in der rechten
Körperhälfte fast reaktionslos. Stauungspapille und
andere Tumorerscheinungen fehlten bis zum Ende voll¬
ständig.
Bei der Sektion fand sich ein Tumor, der auf der
linken Seite zerstört hatte: 1. überall das Mark des
Gyrus limbicuB einschließlich des Cingulum, 2. vom
Balken links bis auf den hintersten Teil des Spleniums
und einem kleinen Teil des Knies alles, vorn vor dem
Knie ist das Centrum semiovale des Stirnhirn3 mit¬
beteiligt. Frei sind die dritte linke Stimwindung, die
Zentralwindungen, der Stabkranz derselben, die innere
Kapsel. Die großen Ganglien sind bis auf sehr kleine
Läsionen intakt.
Hier hat also ein großer Tumor sich in dem
medianen Abschnitt des linken Gehirns ent¬
wickelt und trotz seiner Größe nur das Mark des
Gyrus calloso-marginalis und den Balken zer¬
stört, in seinem vorderen Abschnitte außerdem
noch das tiefer gelegene Mark der ersten Stim¬
windung. Im wesentlichen handelt es sich also
um einen Balkentumor und mit der Zerstörung
des Balkens muß man das Wesentliche des kli¬
nischen Bildes in Zusammenhang bringen. Das
Besondere liegt darin, daß das reine klinische Bild
des ersten Abschnittes für die kontralaterale Ex¬
tremität keine Apraxie darbot, während die
gleichseitige linke Hand diese deutlich zeigte.
Eine solche einseitige linksseitige Apraxie ist
bisher nicht beschrieben worden. Wir haben
hier eine Dyspraxie der linken Hand bei einem
Ilerd, der vorwiegend nur Balkenfasern zerstört
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223
Gold stein. Über A phasie und Apraxie.
hat. Weder das Sensomotorium der linken
Hemisphäre, noch die Rinde oder das Mark
vom Scheitelschläfenhinterhauptslappon ist be¬
troffen. Pierre Maries Vorstellung, daß 3er
Verlust von Begriffen erlernter Bewegungen,
welche im Sprachgebiete deponiert seien, generell
das sogenamite dyspraktische Verhalten erkläre,
wird dadurch hinfällig. Aufgehoben ist die
Eupraxie der linken Hand hier lediglich durch die
Unterbrechung der Kommunikation von linker
und rechter Hemisphäre.
Liepmanns Anschauung ging dahin, daß
das linksseitige Zentrum der rechten Extremität
durch den Balken hindurch in gewissem Maße
führend für das rechtshirnige Zentrum der linken
Extremität sei
Im Liepmannschen Schema bedeuteten 1 und 2
Zerstörung des linken Sensomotoriums sowohl
wie ein Herd im weißen Mark unter den Zentral¬
windungen, der die noch ungesonderten Kommis¬
suren und Projektionsfasern durchtrennt; sie er¬
zeugen Lähmung der rechten Extremität und
machen das rechte Sensomotorium führerlos, er¬
zeugen also einen mehr oder minder großen Grad
von Dyspraxie der linken Extremität.
3 (Kapselherd) Unterbrechung der Projek¬
tionsfasern der gekreuzten Seite unter Schonung
der Kommissuren und Fasern, erzeugt Lähmung
der rechten Seite ohne Dyspraxie der linken.
4 Ausschließlich oder vorwiegend Unter¬
brechung der Balkenfasern: Der Einfluß des lin¬
ken Sensomotoriums auf das rechte fällt fort —
beiderseits keine Lähmung, aber isolierte links¬
seitige Apraxie. Der vorliegende Fall spricht für
die 4. Möglichkeit des Liepmannschen Schemas.
Die Zerstörung des Balkens hat Apraxie der lin¬
ken Hand bewirkt, während die rechte weder ge¬
lähmt, noch in der ins Auge gefaßten Zeit aprak-
tisch war.
Die Anschauung Pierre Maries, als ob
es sich bei der Apraxie immer um eine Art In¬
telligenzstörung, um einen Verlust von Begriffen
handelt, wird auf das eindringlichste durch diesen
Fall widerlegt.
Zu den 4 im Liepmannschen Schema auf-
gestellten Möglichkeiten hat Li ep mann (49)
noch eine 5. hinzugefügt: Ein Herd, der im rech¬
ten hintersten Stirnmark läge, könnte zum rochts-
hirnigen Handzentrum ziehende Balkenfasern
treffen, ohne die Projektionsfaserung des linken
Obergliedes wesentlich zu schädigen. Dann
hätten wir durch rechtshirnigen Herd Dyspraxie
der linken Hand.
Der Fall III von Hartmann (50): Blutung
in das Marklagor der 2. Frontalwindung rechts
von ca. Walnußgroße, scheint hierher zu gehören.
Den zwoi Fällen (van VIeuten, Hart¬
mann) würde sich dann ein dritter anreihen,
der von L i e p m a n n und 0. Maas (51) be¬
obachtet wurde.
Bei diesem linksseitig Apraktischen, der eine rechts¬
seitige Hemiplegie zeigte und an linksseitiger Agraphie
litt, fand man die Binde der drei Stirnwindungen, das
Arm- und Handzentrum, den Schläfen-, Schädel-, Hinter¬
hauptslappen und den Gyrus angul. intakt. Die rechts¬
seitige Armlähmung war subskapulär bedingt. Da die
Balkenverbindung in der ersten Hälfte des Balkens
total unterbrochen, im dritten Viertel noch schwer ge¬
schädigt und nur in weniger als dem hinteren Viertel
erhalten war, so war hier wie bei den beiden anderen
Fällen die Apraxie der linken Hand als Ausfallserschei¬
nung durch Balkenläsion zu deuten.
Die linksseitige Apraxie ist auch in dem Fallo
von Heilbronner (52), der leider nicht post
! mortem untersucht werden konnte, für die isolierte
Agraphio verantwortlich zu machen. H. kommt
zu dem Ergebnis: Es gibt eine reine, d. h. von
aphasischen Störungen unabhängige, doppelsci-
| tige Form dor Agraphie als Folgo eines links¬
seitigen Herdes. Die Agraphie der linken Hand
ist hier als apraktische aufzufassen, analog den
I übrigen apraktischen Bewegungsstörungen in der
linken Hand bei linkshirnigen Herden.
Die Agraphio der linken Hand kann sich in
i diesen Fällen auf das Schreiben aus dem Gedächt¬
nis beschränken, während das Abschreiben er¬
halten bloibt.
Während L i e p m a n n und Maas, sowie
Heilbronner somit die Agraphie als Teil-
( erscheinung der bestehenden motorischen Apraxie
auffaßten, konnte V i x (53) dies in einem Falle
j von Apraxie und Agraphie nicht annehmen. Die
rechtsseitig gelähmte Patientin (in Folge von Zir¬
kulationsstörungen) konnte nämlich mit der lin¬
ken Hand die vorgestellten Buchstabon und Worte
ohne Schwierigkeit schreiben, während sie bei
| der Ausführung von Zweckbewegungen aus dor
Erinnerung eine deutliche Dyspraxie der linken
Hand zeigte.
Ebenfalls einen Fall von einseitiger link¬
seitiger Apraxie teilt Otto Maas (54) mit.
Bei einem Patienten waren im Anschluß an einen
Insalt, der eine kurzdauernde Lähmung der rechts¬
seitigen Extremitäten zur Folge hatte, agraphische und
apraktische Störungen ausschließlich der linken oberen
Extremität zurückgeblieben. Nicht infolge von Demenz
kannte Pat. gewisse Bewegungsformen nicht — denn
er führte sie ja rechts tadellos aus —, sondern die linke
Körperhälfte verfügte nicht mehr über sie. Da der
Fall nicht zur Sektion kam, kann M. nur vermutungs¬
weise sich über den Sitz des Herdes äußern. Er sucht
ihn dort, wo die Kommissurenfasern begonnen haben,
sich zum Balken zu formieren und von den Projektions¬
fasern zu sondern, d. h. am Dache des Vorderhorns
des linken Seitenventrikels nahe dem Schwanz-
kernkopf, in Frontalebenen, die den Zentralwindungen
j entsprechen.
In zwei Arbeiten beschäftigt sich Karl
Kleist (55) mit der Apraxiefrage. Die erste
ist eine theoretische Studie, in der Kl. eine Ver¬
gleichung der Apraxie und Agnosie anstellt; er
kommt zum Schlüsse: Das Erkennen und Handeln
kann gestört sein: 1. durch die Ausschaltung be¬
stimmter qualitativer Vorstellungsolomente; dabei
bleibt das räumlich-zeitliche Gofüge der Vorstel-
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224
Gold stein, Über Aphasie und Apraxie.
lungen intakt. Die Ausschaltung ist anatomisch
entweder eine Destruktion der entsprechenden
Rindenfelder: kortikale Form der sensorischen
Agnosie (Wemickes Tastlähmung) oder eine
Unterbrechung der das entsprechende Rindenfeld
mit anderen verbindenden Assoziationsfaserung:
transkortikale Form der sensorischen Agnosie
(Lissauors assoziative Seelenblindheit, die Tast¬
lähmung des Liepmannschen Kranken); 2. durch
eine Lösung der das richtige Erkennen und Han¬
deln gewährleistenden räumlich-zeitlichen Ver¬
knüpfung der Vorstellungen, deren sinnlich ele¬
mentare Struktur dabei unbehelligt bleibt: Idea-
torische Agnosie bzw. Apraxie, allgemeine Er¬
krankungen des Gehirns, die wohl stets vergesell¬
schaftet auftreten werden.
Zwei Arten von Störungen im Aufbau der Vor¬
stellungen sind demnach vorhanden: 1. eine Stö¬
rung im Aufbau der Vorstellungen aus ihren
einzelsinnlichen Komponenten und 2. eine Störung
im räumlich-zeitlichen Gefüge der Vorstellungen.
Die zweite Arbeit Kleists (56) gibt die
ausführliche Analyse eines Kranken, der längere
Zeit auf der Hallenser Klinik beobachtet wurdo.
Aus der Fülle des hier gegebenen geistreichen
Materiales führen wir nur einige wenige Sätze
der Schlußübersicht an.
Die Bewegungsstörungen des Kranken waren auf
allen Gebieten der Motilität im wesentlichen die
gleichen; es handelte sieh um die Unfähigkeit, solche
Bewegungsformen zu leisten, die eine besondere, durch
Übung erworbene Fertigkeit, einen besonderen kine¬
tischen Gedächtnisbesitz zur Voraussetzung haben.
Diese Unfähigkeit trat am deutlichsten bei den inner-
vatorisch komplizierten Objekthantierungen und ge¬
wissen Ausdrucksbewegungen auf; sie erstreckte sich
auch auf die sogen, sensomotorischen Eigenleistungen.
Die Bewegungsstörung des Kranken war von
der motorischen und ideatorischen Apraxie zu
trennen, bot aber einen Beleg für die Form durch
„Verlust der glied-kinetischen Komponente“ (Liep-
mann) für die kortikale Apraxie Heilbron¬
ne r s. So lange nicht durch eine Sektion Ent¬
scheidung fällt, möchte aber Kl. nicht schlechthin
von einer kortikalen, sondern lieber von einer |
innervatorischen Apraxie sprechen.
Die Herderkrankungen, die Kl. bei diesem I
Kranken vermutet, sind:
1. Herde innerhalb oder in der Nachbarschaft der j
rechten Zentralwindungen bzw. ihres Stabkranzes. Sie
bewirkten die rasch vorübergehende Hemiplegie 1 L Jahr j
vor der ersten Aufnahme (1897), der sich bald Hyp- j
ästhesie und Parästhesien in der linken Hohlhand an¬
schlossen.
2. Herde in der Gegend der Brocaschen Windung ;
bzw. ihres Marklagers; eingetreten wie bei 1., denn [
damals litt der Kranke vorübergehend an artikulatori- |
sehen Störungen.
3. Ein Herd innerhalb oder in der Nachbarschaft der
linken hinteren Zentralwindung bzw. ihres Stabkranzes,
der die vorübergehende rechtsseitige Gefühllosigkeit in
der Zwischenzeit zwischen den beiden Aufnahmen zur
Folge hatte.
4. Neue Herde in der Brocaschen Windung und
Herde in der Gegend der Wemickeschen Stelle, auf-
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getreten kurz vor der zweiten Aufnahme (1898); sie be¬
wirkten schwere motorische und sensorisch-aphasische
Störungen.
.5) Eine oder mehrere Erweichungen müssen dann
später eingetreten sein: deliranter Zustand. Die vorüber¬
gehende rechtsseitige Blicklähmung und rechtsseitige
Hemianopsie und die vorübergehende Schwäche des
rechten Armes sowie die sensorisch-aphasischen Stö¬
rungen verweisen auf den linken Parietallappen und
die Nachbarschaft der oberen Schläfenwindungen.
Schwindelanfälle deuten auf weitere kleinere Er-
I weicüungen und Blutungen hin.
Die weniger hochgradige Apraxie der links-
■ seitigen Extremitäten ist möglicherweise zum Teil
Folge der linksseitigen Herde wie bei Liep-
m a n n s Linksapraktischen und Rechtsgelähmten.
Da aber auch das rechte Sensomotorium erkrankt
ist, läßt eich nicht entscheiden, ob'und inwieweit
die linksseitige Apraxie sympathisch oder selb¬
ständig ist. Die Lokalisation des Herdes 5 ira
j linken Scheitelllappen macht diesen Fall dem
Liepmannschen ähnlich, bei dem (siehe unter
S. 225) ebenfalls ein großer linksseitiger Scheitel¬
lappenherd gefunden wurde. Vielleicht hängt es
damit zusammen, daß die rechtsseitige Apraxie
| des Kranken der des Liepmannschen Falles in
i mancher Hinsicht verwandt ist.
Die Frage der Abgrenzung der ideatorischen
Apraxie bespricht Alexander Margulies (57),
indem er einen (nicht zur Sektion gekommenen)
Fall eingehend untersucht. Während Liep-
m a n n geneigt ist, die ideatorische Apraxie als
den Ausdruck allgemeiner Funktionsstörung an¬
zusehen, möchte M. mit Heilbronner glauben,
daß auch hier der mühsame und vielleicht oft
ungangbare Weg betreten werden muß, der durch
eine sorgfältige Zerlegung und Wertung aller in
Betracht kommenden Ausfallserscheinungen zu
einem Verständnis der einzelnen Komponenten
führt. Wir erkennen dann, daß sich entsprechend
einem Parallelismus zwischen der bis zum Begriff
fortschreitenden Wahrnehmung und der von der
allgemeinen Idee bis zur Ausführung eilenden
Handlung an allen Stationen Störungen ent¬
wickeln können: motorische Apraxie Liep-
m a n n s, assoziative Apraxie Bonnhöffers
und ideatorische Apraxie. Diese ist aber, außer
durch allgemeine, z. B. Gedächtnis- oder Auf¬
merksamkeitsstörungen, bedingt durch eine par¬
tielle Agnosie und motorische Apraxie. Für die
Beurteilung der Frage freilich, ob im einzelnen
Falle eine Störung als motorisch apraktisch oder
ideatorisch aufzufassen ist, d. h. ob sie durch
Abtrennung der Innervation von der Idee oder
durch Nichtauftauchen motorischer Innervations¬
empfindungen bedingt ist, besitzen wir ein siche¬
res Kriterium allerdings nur in der Einseitigkeit
oder Doppelseitigkeit der Störungen.
Einen Fall von sensorischer Aphasie mit Apraiie
beschreibt an der Hand der L i e p m a n n sehen Aus¬
führungen E. Bloch (58). Der Fall kam nicht zur
Sektion.
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Go Idstein, Über Aphasie und Apraxie.
225
Ebenfalls einen Fall, der nicht zur Sektion kam,
aber doch seiner Seltenheit wegen erwähnt zu werden
verdient, beschreibt Semi Meyer (59). Ein 46jähr.
Rechtshirner, der aber rechtshändig schrieb, bekam
einen apoplektischen Insult, der schlaffe Lähmung der
linken Seite zur Folge hatte. Gleichzeitig bestand
Agraphie rechts. M. faßt letztere als apraktische
Agraphie auf und sucht den Herd in der rechten
Zentralwindung bei gleichzeitiger Beteiligung der An¬
fangsteile der Balkenfaserung.
A. Westphal (60) teilt einen Fall von motorischer
Apraxie mit, bei dem die Sektion einen makroskopisch
ganz intakten Balken aufwies. Größere Herderschei-
nongen, auf welche die klinischen Erscheinungen des
Falles bezogen werden konnten, fanden sich nicht. Als
auffallendster Befund ergab sich ein erheblicher Hydro-
oephalus internus. Nach den Erfahrungen W.s kann
namentlich der linksseitig stärker ausgebildete Hydro-
cephalus internus Herdsymptome hervorrufen und
irrtümlicherweise zur Annahme von Herderkrankungen
führen.
Der in Schmidts Jahrb. Bd. 280 S. 232 von L i e p -
mann beschriebene Fall ist 1902 zur Sektion ge¬
kommen, nachdem er im Leben von L. eingehend unter¬
sucht war. Im Gehirn fand sich 1. ein Schwund des
ganzen Balkens mit Ausnahme des Spleniums, 2. ein
subkortikaler Stirnhirnherd, der die beiden relativ in¬
takten linken Zentralwindungen von den Verbindungen
zur Stirnhirnrinde abtrennt, 3. ein ebensolcher Scheitel¬
lappenherd, der ihre Verbindungen zum Hinterhaupts¬
und Schläfenlappen unterbricht, 4. ein Kapselherd sowie
5. ein Heid im Übergang vom Gyrus supr&marginalis
zum Gyrus angularis in der rechten Hemisphäre.
L. zieht aus dem Falle den Schluß, daß der
Ausfall einer gliedkinetischen Komponente die
Vorstellbarkeit einer Handlung, ihren ideatori-
schen Entwurf nicht nennenswert beeinträchtigt,
da mit Hilfe anderer motorischer Rindengebiete
dem Bewußtsein die erforderliche kinetische Kom¬
ponente geliefert werde. L. hat jetzt erkannt,
daß den gliedkinetischen Vorstellungen der rech¬
ten oberen Extremität bei der Mehrheit der Men¬
schen eine besondere Dignität zukommt Es
scheint dies darauf zu beruhen, daß das rechts-
himige Sensomotorium ärmer, sowohl an Eigen¬
besitz, wie auch an „eingeschliffenen“ assozia¬
tiven Verbindungen mit dem übrigen Gehirn ist,
so daß der Weg der Innervation des rechten Sen-
somotoriums vorzugsweise über das linke führt.
Symptomatologisch zeigte die in vorliegendem
Falle vorhandene Unterbrechung vieler Verbin¬
dungen des linken Sensomotoriums 1. Bewegungs¬
verwechslungen, 2. amorphe Bewegungen, 3. zeit¬
weises Sistieren jeder Bewegung (Akinese) mit
Seelenlähmung, auch wenn man den Begriff
weiter faßt, mit Apraxie nicht identisch.
Ein früher von K. Goldstein (62) veröffent¬
lichter Fall von motorischer Apraxie ist zur Sektion
] gekommen. Auf Grund seiner Überlegung kam G.
damals zu dem Resultate, daß zerstört sein müßten:
1. Balkenfasern, 2. Verbindungsfasem des rechten Mo-
torium mit dem rechten stereopsyehi sehen Felde bzw.
dem rechten Stirnhirn, 3. Verbindungsfasem zwischen
dem rechten kortikalen Sensibilitätsfelde und dem
rechten stereopsychischen Felde (mit dem Stirnhirn
oder einem größeien Abschnitte des Kortex?), 4. Pyra-
midenbahnfaseru.
Bei der Sektion fand sich nun zerstört makro¬
skopisch: 1. die Markfaserung und zum Teil die Rinde
des Parazentralläppchens, 2. der Gyrus fornicatus, so¬
wohl Rinde wie Mark, 3. der hintere Abschnitt der
; medialen Rinde der ersten Stirnwindung und ein Teil.
ihrer Markfaserung, 4. der Balken fast in seiner ganzen
j Ausdehnung.
Der Fall liefert somit einen weiteren Beweis
i
für die Richtigkeit der Liepmannschen An¬
schauung von der Prävalenz der linken Hemi¬
sphäre für das Handeln auch der linken Hand
und einen weiteren Beitrag für die Diagnose der
Affektionen des Balkens.
Mit einem Hinweis auf eine vorzügliche, die
| gesamte Apraxiefrage nach dem Stande unserer
| heutigen Kenntnisse zusammenfassende Arbeit
! von Kurt Goldstein (63) wollen wir unsere
| Zusammenstellung schließen. Nachdem G. die
| Dreiteilung des Bewegungsmechanismus — die
i Reflexbewegungen, die automatischen Bewegun-
! gen und die Willkürbewegungen — besprochen,
| geht er zu den Störungen der Willkürbewegungen
j über. Unter aprahlischen Störungen verstehen
! wir Störungen der Willkürbewegungen bei Er-
1 haltensein der Bewegungsfähigkeit an sich und
! der Sensibilität im weitesten Sinne des Wortes
! und Fehlen aller Störungen des Erkennens und
i der Vorstellungstätigkeit, als deren Folgen die
: Bewegungsstörung aufzufassen wäre. G. teilt die
Apraxie ein in motorische, ideatorische, glied-
! kinetische und amnestische: mit einer Aus¬
einandersetzung der Lokalisation der aprak-
schen Störungen schließt das Werkchen.
Schmidts Jahrb. Bd. 3 Pt, H. 3.
29
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226
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
B. Auszüge.
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
652. La pressione arteriosa nella an-
estesia generale eterea e cloroformica; per
G. Dialti. (Revista Osped. 1912. S. 691.)
Im Exzitations- und im Toleranzstadium ver¬
hält sich die sphygmomanometrische Kurve -wie
folgt: Erstes Stadium: beim Äther progressiver
Anstieg der Kurve um 20—50 mm über die
Norm, dann leichter Abfall, indes nicht mehr als
5—10 mm; beim Chloroform flüchtige initiale
Erhöhung der Kurve um 10—20 mm, alsdann
Abfall zur normalen Höhe und darunter. Zweite
Periode: beim Äther, das Niveau der Kurve hält
sich konstant 20—40 mm über der normalen
Höhe bis zum Erwachen; beim Chloroform, die
Kurve fällt 5—10 mm unter die Norm unter
langsamen oder schnellen Schwankungen. Im all¬
gemeinen pflegt bei langen und viel Chloroform
erfordernden Narkosen die Kurve progressiv herab¬
zugehen. Der Kollaps ist ausgeprägt durch
schnelles und starkes Absinken des Blutdruckes.
Die vorhergehende Darreichung von Hypnotika
(Morphium, Veronal, Skopolamin) wirkt immer
blutdruckherabsetzend. Im allgemeinen beein¬
flussen sie die blutdrucksteigernde Wirkung des
Äthers nicht, verstärken dagegen die druckherab¬
setzende des Chloroforms. Skopolamin kann bei
Chloroformnarkosen zum Kollaps prädisponieren.
Bachem (Bonn).
653. The treatment of Seasickness. —
A report of 22 cases treated by Veronal;
by Isaac W. Brewer. (Therap. Gaz. Bd. 36.
S. 381. 1912.)
22 Fälle von Seekrankheit bei relativ guten
Wetterverhältnissen, die mit Veronal erfolgreich
behandelt wurden, bieten nach Ansicht B.s keine
Gewähr für die Annahme, daß Veronal auch bei
ungünstigeren Witterungs Verhältnissen die gleiche
günstige Wirkung entfalten. Veronal scheint je¬
doch bei der Behandlung der Seekrankheit eine
hervorragende Stellung einzunehmen und in seiner
Wirkung von anderen Arzneimitteln nicht über¬
troffen zu werden. In die Hände des Publikums
soll es jedoch nicht ohne ärztliche Verordnung
gegeben werden, da es bei hohen Dosen (z. B.
1 g innerhalb 12 Stunden) unangenehme Neben¬
wirkungen entfalten kann. B. empfiehlt als wirk¬
same Einzeldosis 0,120 g. Flury (Würzburg).
654. Seekrankheit und Bromurai; von
R e i n s c h. (Zentralbl. f. d. ges. Ther. 1912. H. 7.)
Zur Bekämpfung der Seekrankheit wurde,
neben den diätetischen Vorschriften und frischer
Luft, die Anwendung von Hypnotizis verordnet.
Vor allen Mitteln hat sich das Bromural aus¬
gezeichnet bewährt Die Darreichung des Bro¬
murals bei Seekrankheit weicht etwas von der
sonst üblichen Medikation dieses Präparates ab,
da man verhältnismäßig hohe Dosen gibt. Mög¬
lichst wurde Bromural prophylaktisch gegeben.
Bei Passagieren, die durch frühere Reisen ihre
Neigung zur Seekrankheit bewiesen hatten, wur¬
den mehrmals am Tage Tabletten ä 0,3 g bis zu
4 Stück gegeben. Besonders nutzbringend erwies
sich dieses Mittel, wenn es bei stürmischer See
etwa y 2 Stunde ‘vor dem Aufstehen gegeben
wurde. In diesen lÄllen wurden mit recht gutem
Erfolg 2 Tabletten auf einmal genommen und fast
immer die Seekrankheit völlig unterdrückt. Be¬
sonders instruktiv für den guten Erfolg des
Bromurals ist folgender Fall:
Bei einem jungen Arzt, der erwiesenermaßen außer¬
ordentlich zur Seekrankheit neigte, traten bei einer
Seefahrt prompt nach "Verlassen des Hafens die ersten
Anzeichen dieser Krankheit auf. Er nahm zunächst
2 Tabletten auf einmal. Nach Verlauf einer halben
Stunde verschwanden die lästigen Kopfschmerzen nebst
Schwindel und Übelkeitsgefühl vollständig. Nachdem
am Abend wiederum eine Tablette genommen war,
konnte er mit gutem Appetit am Diner teilnehmen.
Da die Nacht unruhig zu werden drohte, so -wurde vor
dem Schlafengehen nochmals eine Tablette gegeben,
worauf bis zum anderen Morgen ruhiger Schlaf zu ver¬
zeichnen war. Prophylaktisch wurden dann nochmals
2 Tabletten genommen. Diese waren von recht guter
Wirkung. Der Patient blieb tagsüber beschwerdenfrei,
ohne durch die verhältnismäßig große Menge Bromural,
innerhalb 24 Stunden, irgendwelche unangenehmeNcben-
eracheinung zu verspüren.
Bromural leistete also als Prophylaktikum bei
Seekrankheit gute Dieaste. Selbst bei vorge¬
schrittenen Fällen war es von bester Wirkung.
Bachem (Bonn).
655. Meine Erfahrungen mit Bromural;
von Alfr. Schröder. (Allg. med. Zentralzeit.
1912. Nr. 25.)
Trotz der völligen Ungefährlichkeit hat das
Bromural eine kräftige therapeutische Wirkung,
die sich besonders bei Herzneurosen meßbar nach-
weisen läßt. In der Dosis von 2 Tabletten findet
es als Schlafmittel Verwendung, doch ist es häufig
angezeigt, höhere Dosen zu geben; man ver¬
wendet dann zweckmäßig das Prinzip der „ge¬
brochenen Dosierung“, indem man 2 Stunden vor
dem Schlafengehen 2 Tabletten ordiniert und un¬
mittelbar beim Zubettgehen noch 1—2 Tabletten.
Die bessere Wirkung ist theoretisch dadurch zu er¬
klären, daß die Zellrezeptoren ans der an ihnen vorbei¬
strömenden Bromurallösung mehr Bromural aufnehmen
können, wenn die Lösung verdünnter ist und ent¬
sprechend länger mit ihnen in Berührung bleibt, als
wenn es sich um die konzentriertere Lösung nach ein¬
maliger Gabe handelt.
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie!
227
Im besonderen verweist Sch. auf die An¬
wendungsmöglichkeit bei älteren Leuten; eine
82jähr. Frau nimmt mit gutem Erfolg dauernd
abends 1 Tablette Bromural.
Ein zweiter Fall verdient deshalb genannt zu wer¬
den, weil es sich um eine Kombinationswirkung handelt.
Eine junge Frau mit parametrischen Exsudaten hatte
wegen des schmerzhaften Leidens seit längerer Zeit
Morphium bekommen. Als immer größere Dosen er¬
forderlich wurden und gleichzeitig Schlaflosigkeit auf¬
trat, erhielt sie abends 2—4 Tabletten Bromural. Wah¬
rend sie seit einiger Zeit nur morgens 1—2 Stunden
schlafen konnte, trat unter der Bromuralmedikation ein
befriedigender Schlaf ein und es konnte die abeudlicho
Morphininjektion weggelassen werden.
In der Hauptsache verwandte Sch. das Bro¬
mural bei rein nervöser Schlaflosigkeit. Es wurde
stets gut vertragen und verursachte niemals Neheu-
oder Nachwirkungen. Bachem (Bonn).
656. Intravenöse Hedonalnarkose bei
gynäkologischen Operationen ; von E. J.
Rindik. (Russki Wratsch 1912. Nr. 6. S. 194.)
R empfiehlt langsame Einspritzung der Hedo-
nallösung in die Vene (0,75% Hedonallösung in
physiologischer Kochsalzlösung), etwa 75 ccm in
1 Minute. Die Narkose tritt nach 7—8 Minuten
ein. Die erste Einspritzung beträgt 500—600 ccm,
weitere 75—300 ccm, im ganzen wurde 450 bis
1800 ccm ein gegossen. Die Narkose wurde in
45 Fällen angewandt Dnangenelime Neben¬
wirkungen wurden nicht beobachtet
Truschennikoff (Odessa).
657. Über die Wirkung des Skopol¬
amins; von Hug. (Arch. f. exper. Path. u.
Pharm. Bd. 59. S. 45.)
1-Skopolamin wirkt auf den Yagus 3—4mal,
auf den Okulomotorius fast 2mal so stark wie |
i-Skopolamin. Eine wässerige Lösung von 1-Skopol-
amin verliert beim Aufbewahren in Ampullen
nicht an ‘Wirkungswert,
H. hält es für nötig, eine Verständigung dar¬
über zu treffen, welches von beiden Präparaten
in Zukunft therapeutische Verwendung finden soll.
Bachem (Bonn).
658. The use of pantopon in controling
the pains of labor; by William II. Morley.
(Phys. and Surg. Bd. 34. S. 104. 1912.)
M. hat bei 34 Erstgebärenden Pantopon zur
Linderung des Wehenschmerzes angewendet. Es
wurde zu Beginn der Austreibungszeit 1 ccm
einer 2proz. Lösung subkutan injiziert. Eine Ver¬
zögerung der Geburt wurde nicht beobachtet, durch¬
schnittlich dauerte die Austreibung 3% Stunde,
die Nachgeburtsperiode 25 Minuten. Nur 2mal
trat vorübergehend Wehenstillstand ein. Die
Resultate betreffs Schmerzlinderung waren fol¬
gende: kein Erfolg in 2 Fällen, zweifelhafter in
3 Fällen, leidlicher in 8 Fällen, guter in 21 Fällen
= 62%. Hierdurch ermutigt, will M. dem Pan¬
topon das Skopolamin zugesellen und will auch
versuchen, bereits in der Eröffnungsperiode Pan¬
topon zu verwenden. Klien (Leipzig).
659. Morphin und Kardioektomie; von
Githens und Meitzer. (Zentralbl. f. Phys.
Bd. 26. S. 117. 1912.)
Durch subkutane Morphininjektion (0,03 pro g
Tier) wird beim zuvor entherzten Frosche ein
Tetanus der Skelettmuskulatur hervorgerufen (vgl.
auch Zentralbl. f. Phys. Bd. 25. 1911), dessen
Auftreten durch niedere Temperaturen wesentlich
begünstigt wird. Beim Frosche mit erhaltener
Zirkulation sind entsprechende Erscheinungen da¬
gegen fast nie oder nur ganz unausgesprochen
zu beobachten. Anstatt vor der Morphininjektion
kann die Exzision des Herzens auch, nach der¬
selben vorgenommen werden, aber es wird dann
meist kein so kräftiger Tetanus erreicht, zum
mindesten ist sein Eintritt deutlich verzögert.
Offenbai’ verhindert also die Fortdauer der Zirku¬
lation den Ausbruch der Krämpfe; solche kommen
nur nach Sistierung derselben, d. h. wenn das
Morphium den Zentralorganen nicht zugetragen
wird, prompt zustande. Dittler (Leipzig).
660. Über Narkotikagemische; von W.
Becker. (Moderne Med. 1912. S. 236.)
B. empfiehlt für die psychiatrische Praxis
einige Gemische von Narkotika oder Sedativa,
insbesondere hält er das brausende Brom-Veronal-
Salz von Sandow sowie Codeonal neben Pan¬
topon, Adalin, Dormiol usw. für geeignete Mittel.
Bachem (Bonn).
661. Über die kombinierte Wirkung von
fluoreszierenden Stoffen und Alkohol. Vor¬
läufige Mitteilung; von J. Szüzs und B. Kisch.
(Zeitschr. f. Biol. Bd. 58. S. 558. 1912.)
Von der schädigenden Wirkung fluoreszierender
Stoffe auf Paramäzien, Proteus vulgaris, auf rote
Blutkörperchen und Enzyme glaubt man, daß sie
entweder selbst auf Oxydation beruht oder doch
wenigstens mit einer solchen in engem Zusammen¬
hang steht. Andererseits erblicken Verworn
und seine Schüler das Wesen der Narkose darin,
daß die Zellen die Fähigkeit verlieren, Sauerstoff
aus dem umgebenden Medium aufzunehmen. Wenn
diese beiden Annahmen richtig wären, so wäre
zu erwarten gewesen, daß bei gleichzeitiger Ein¬
wirkung von Narkotizis die Wirkung fluores¬
zierender Substanzen abgeschwächt oder aufge¬
hoben sei. Die vorliegenden Versuche, in denen
die kombinierte Wirkung von Alkohol einerseits
und Methylenblau oder Eosin andererseits an
Kolpidien geprüft wurde, führten indes zum Re¬
sultate, daß immer eine bedeutende Verstärkung
der Wirkung eintrat. Dies gilt sowohl für so
geringe Konzentrationen der beiden einwirkenden
Stoffe (Alkohol und Farbstoff), daß jeder für sich
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228
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
angewendet gar keine Wirkung zeigte, als für
solche, in denen der Alkohol zweifellos narkoti¬
sierend wirkte. Auch in der Kombination Elektro¬
lyt -f- Farbstoff resultierte eine beträchtliche Ver¬
stärkung der Farbstoff Wirkung. S. u. K. halten
es nicht für wahrscheinlich, daß es sich bei den
verschiedenen Kombinationen einfach um eine
Summation der Einzelwirkung der Komponenten
hand eit. D i 111 e r (Leipzig).
662. Untersuchungen über den Syner¬
gismus von Giften. I. Die Kombination von
Herzgiften (Methylviolett) mit Alkohol und Glyzerin;
von H. Fühner. (Arch. f. exper. Pathol. u.
Pharm. Bd. 69. S. 29.)
Das Methylviolett (Kristallviolett) ist ein Farb¬
stoff-Herzgift Seine Färbung ermöglicht auf
kolorimetrischem Wege die quantitative Bestim¬
mung kleinster Mengen. So konnte zum ersten
Male an einem Herzgifte von digitalisähnlicher
Wirkung im Versuche am Frosch nachgewiesen
werden, welche Mengen sich nach subkutaner In¬
jektion der Substanz im Herzen finden müssen,
um Stillstand desselben herbeizuführen. Diese
Mengen bewegen sich in den Grenzen, welche als
wirksam auch für das isolierte Froschherz iu Be¬
tracht kommen, eine Tatsache, die zugleich be¬
weist, daß im Verlaufe des akuten Vergiftungs¬
versuches nennenswerte Mengen des Farbstoffes
im Organismus des Frosches nicht zerstört wer¬
den und dadurch der quantitativen kolorimetri-
sehen Bestimmung entgehen.
Injiziert man bei Zimmertemperatur mittelgroßen
Grasfröschen Kristallviolett in Menge von 2 mg in den
Oberechenkel ly mphsack, so tritt Herzstillstand durch¬
schnittlich nach 8 Stunden, bei Injektion von 4 mg nach
4 Stunden ein. Zusatz von Glyzerin oder Alkohol zu
den Farbstofflösungen beschleunigt den Eintritt des
Herzstillstandes. Beide Substanzen wirken aber nicht
gleichartig: Das Glyzerin steigert die Resorptions¬
geschwindigkeit, während der Alkohol sie in don an¬
gewandten Dosen verringert. Daß derselbe trotzdem in
Kombination mit dem Farbstoff rascher den Herzstill¬
stand herbeiführt, beruht auf einem Synergismus seiner
und der Methylviolettwirkung. Diese Tatsachen er¬
geben sich mit Sicherheit durch die quantitative Be¬
stimmung der im Froschherzen nach eingetretenem Still¬
stand vorhandenen Farbstoff mengen: Bei den Glyzerin¬
tieren sind dieselben gegenüber den Wassertieren so
gut wie nicht verändert, bei den Alkoholtieren dagegen
stark vermindert. Die auf diese Weise gefundene
synergistische Wirkung von Kristallviolett und Alkohol
konnte durch Versuche am isolierten Froschherzen be¬
stätigt werden. Bachem (Bonn).
663. Anästhesin; von Wachtel. (Wratsch.
Gaz. 1912. Nr. 23.)
Bei Erkrankungen derVerdauungsorgane, welche
Schmerzen verursachen, wurde Anästhesin zu 0,5 g
pro dosi in maximo zu 3,0 g pro die verordnet.
Die Darreichung erfolgte meist in Oblaten und
zwar vor dem Essen oder während des Anfalles;
die Medikation wurde zwar längere Zeit hindurch
fortgesetzt.
Bei Carcinoma ventriculi lassen die Schmerzen
sehr bald nach, zuweilen für mehrere Stunden;
die schmerzstillende Wirkung erstreckt eich auch
auf den unteren Abschnitt des Magendarmkanals.
In einem Fall von Darmtuberkulose stillte das
Anästhesin die Schmerzen im unteren Teil des
Dickdarms und beruhigte die Tenesmen, aller¬
dings nur für kürzere Zeit Bei Magendarm-
Neurosen und ähnlichen Zuständen erzielte man
da, wo andere Mittel versagten, gute Resultate;
iu einem Fall von anhaltendem Schlucken bei
Urämie, das 2 Tage anhielt und keinem Mittel
wich, wurde mit 1,0 Anästhesiu ein glänzendes
Resultat erzielt. Im Verlauf von 2 Jahren wurde
trotz verabfolgter großer Dosen kein einziges Mal
eine toxische Wirkung des Präparates beobachtet
Bachem (Bonn).
664. Bromides cutanöes chez les nour-
rissons ; par J. C o m b y. (Bull, de la Soc.
Avril 1912.)
C. beschreibt einen 10 Monate alten, an der
MutterbruBt liegenden Knaben, der im Gesicht
einen papulösen, von verschiedenen Ärzten ver¬
schieden gedeuteten Ausschlag hatte. Erst Darier
kam zu der Vermutung, daß es sich um ein
medikamentös erzeugtes Exanthem handeln möchte.
Es ergab sich, daß die Mutter, deren Haut glatt
war, öfter 1—2 g Bromkalium täglich nahm.
In der abgedrückten Milch konnte Brom nach¬
gewiesen werden. Brückner (Dresden).
665. Zur Frage der Digitalisspeicherung
im Herzen; von H. Grünwald. (Arch. f.
exper. Path. u. Pharm. Bd. 68. S. 231.)
Aus den an Fröschen angestellten Versuchen
am William8schen Apparat mit Digitalindurch-
leitung ergab sich, daß es bei Anwendung nicht
zu hoch konzentrierter Lösung nicht gelingt, mit
derselben Lösung mehrere Herzen hintereinander
in der gleichen Weise zu vergiften, sondern die
.Zeit bis zum Eintritt der Vergiftung nimmt bei
jedem Herzen allmählich zu. Auch die Art des
Stillstandes ändert sich: Nur beim' ersten Herzen
zeigt sich systolischer Stillstand, die folgenden
Herzen stehen mehr oder weniger diastolisch
still. Es findet eine Speicherung des Giftes statt,
denn die verwendete Lösung konnte nach systo¬
lischer Vergiftung eines Herzens sowohl zeitlich,
als auch quantitativ nicht mehr die gleiche Wir¬
kung entfalten. (Daß es sich dabei umErmüduDgs-
stoffe handelte, wurde durch Kontrollversuche
ausgeschlossen.)
Aus einer weiteren Versuchsreihe („Durchlaufs¬
versuchen“) geht ferner hervor, daß die Annahme,
die Digitaliswirkung hänge nur von der Kon¬
zentration des Giftes ab, nicht aufrecht erhalten
werden kann. Es ist vielmehr die absolute Gift¬
menge von Bedeutung; denn das Herz vermag
aus großen Mengen geringer Konzentration sich
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
229
die zur Vergiftung nötige Digitalianienge elektiv
herauszuholen; hierin ist das Wesen der Speiche¬
rung (Kumulation) gelegen. Bachem (Bonn).
666. Über das Verhalten der Stoffe der
Digital ingruppe gegen Fermente (Enzyme);
von A. Holste. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm.
Bd. 68. S. 323.)
Es ergab sich, daß die verschiedenen Stoffe
der Digitalingruppe durch die Verdauungsfermente,
sowie Diastase und Emulsin mehr oder weniger
raech unwirksam gemacht werden, was sicher¬
lich durch eine fermentative Spaltung zu er¬
klären ist. Die Wirksamkeit des Digitalisaufgußes
wird verhältnismäßig leicht durch alle Fermente
aufgehoben. Am widerstandsfähigsten gegen Pan¬
kreatin sind das kristallisierte Digitalin (Oieandrin),
Digitoxin und das Strophanthin, während das
Helleborein leicht unwirksam wird. So erklärt es
sich, wie H. meint, daß man mit der Anwendung
des letzteren bei Kranken keine Erfolge erzielt hat.
Aus den Versuchen folgt also, daß die Un¬
sicherheit der Wirkung bei Digitalismedikation
zum großen Teil durch Spaltung der wirksamen
Bestandteile durch die Verdauungsfermente be¬
dingt ist Bachem (Bonn).
667. Über die Veränderungen der Digi¬
tal issubstanzen im Organismus; von R.
v. Lhotäk. (Lökarskö Rozhledy. Bd. 30. H. 1.)
Experimentelle Untersuchungen an Kaninchen
haben ergeben, daß die Digitalissubstanzen des
per os eingeführten Digitalispulvers weder im
Harn und Stuhl, noch im Blute oder in den
Organen nachweisbar sind. Im Darmtrakt finden
sie sich nur im Magen, im Dünndarm fehlen sie
bereits. Der Darmtraktus des Kaninchens hat
demnach die Fähigkeit, die Digitalissubstanzen
unschädlich zu machen. Mühlstein (Prag).
668. Die Ausscheidung der stickstoff¬
haltigen Zersetzungsstoffe bei Nephritis
und die intravenöse Anwendung der Diu¬
retika; von Erd61yi. (Orvosi Hetilap 1912.
Nr. 37 u. 38.)
Bei leichteren Fällen von Nierenentzündung
befördern die Diuretika der Theobromin- und
Theophyllingruppe nicht nur die Wasserausschei¬
dung, sondern auch bei Stickstoffretention die
Stickstoffausscheidung. Es ist möglich, daß die
Diuretika die Stickstoffausscheidung nicht steigern,
sondern nur gewisse stickstoffhaltige Zersetzungs¬
produkte ausscheiden, wodurch bei der N-Ver-
teilung eine Änderung hervorgerufen wird.
Wenn auch kein Hydrops vorhanden war, so
wurden doch während des Anfangsstadiums der
Nierenentzündung Diuretika gegeben, um einer
N-Retention vorzubeugen.
Weil bei den ödematösen Kranken die Resorp¬
tion verschlechtert ist und die Mittel intravenös
viel schneller und kräftiger wirken, so wurden
leicht lösliche Diuretika intravenös versucht. E.
wendete eine öproz. Diuretin -Lösung an, 3mal
täglich gab er je 20 ccm.
Das zweite Mittel war Theophyllin, natr.
acetic. Es wurden 3proz. Lösungen verwendet
und 3mal täglich je 10 ccm gegeben.
Die Injektionen waren sogar bei Frauen leicht
ausführbar und verursachten keine Schmerzen.
Nach Desinfektion mit Sublimatalkohol wurde die
Injektion in die Armvene gemacht Man kann
täglich die Injektion wiederholen und injiziert
dann vormittags in die eine Armvene, nach¬
mittags in die andere. Die Injektion verursacht
weder subjektive, noch objektive Unannehmlich¬
keiten. Bachem (Bonn).
669. The influence of theophyllin on
nitrogenous excretion and partition; by
C. B. Farr and W. H. Welker. (Arch. of int
Med. July 15. 1912. S. 23.)
Theophyllin befördert die Exkretion von Wasser
und Kochsalz, hat aber keinen nennenswerten
Einfluß auf die Stickstoffabsonderung. Bei einem
Falle von chronischer Schrumpfniere wurde die
Urinabsonderung auf Theophyllin fast normal,
während bei eiuer diffusen Nephritis diese Wir¬
kung versagte. Die Wirkung des Mittels betrifft
wahrscheinlich die Bowmansche Kapsel; auf die
Tubuli hat es vermutlich nur geringen Einfluß.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
670. Über die Abhängigkeit der Adre¬
nalinsekretion vom Splanchnikus; von
O’Connor. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm.
Bd. 68. S. 383.)
Nach Splanchnikusdurchtrennung ist die Adre-
naliusekretion der Nebennieren stark herabgesetzt,
w enn nicht ganz erloschen. Daraus geht hervor,
daß die Adrenalinsekretion jedenfalls zum größten
Teil Folge eines dauernden Nervenreizes ist
Doch muß es unentschieden bleiben, ob dieser
Reiz und damit die Größe der Sekretion der
Norm entspricht oder mit den abnormen Be¬
dingungen des Versuchs (Operation, Schmerz,
Narkose) zusammenhängt. Bachem (Bonn).
671. Über den Einfluß von Kalzium¬
salzen auf den Purinstoffwechsel der Säuge¬
tiere; von H. Lubieniecki. (Arch. f. exper.
Path. u. Pharm. Bd. 68. S. 394.)
Die Versuche wurden mit Kalziumchlorid an
Tieren (subkutan oder intravenös) oder am Men¬
schen mit Kalziumlaktat (per os) angestellt Die
Zufuhr von Kalziumsalz führte unter 15 Ver¬
suchen 9mal, also in der Mehrzahl der Fälle, zu
einer Herabsetzung der Purin(Allantoin-)aus8chei-
dung, 3mal war Bie ohne Wirkung und 4mal
hatte sie eine Steigerung zur Folge.
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230
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
Ob die Herabsetzung der endogenen Purin¬
ausscheidung einer verminderten Bildung oder
einer Ausscheidungshemmung zuzuschreiben ist,
ist unentschieden. Bachem (Bonn).
672. Über Jodverteilung im syphiliti¬
schen Gewebe; von 0. Loeb. (Arch. f. exper.
Path. u. Pharm. Bd. 69. S. 108.)
Dem Patienten wurden nach einer Jodnatrium¬
kur die syphilitisch erkrankten Lymphdrflsen
operativ entfernt. Das Drüsengewebe enthielt
3,3mal, das erweichte syphilitische Gewebe sogar
6,2mal soviel Jod als das Blut. (Das mit er¬
weichtem syphilitischen Gewebe vermengte Blut
enthielt ca. 4mal soviel Jod als das übrige Blut.)
Etwa % des gespeicherten Jodes war organisch
gebunden. Bachem (Bonn).
673. Versuche mit Jodostarin ; von Herz¬
feld und Makler. (Med. Klin. 1912. S. 1428.)
Die an Kranken angestellten Versuche be¬
stätigen im großen und ganzen die von Bef. ge¬
machten Untersuchungen an Tieren betreffend
die Ausscheidung des Jodostarins (Taririnsäure-
dijodid). In 18 Fällen wurde das Mittel gut, iu
2 Fällen schlecht vertragen. Das Jodostarin er¬
scheint nach der Einnahme als solches weder im
Blute noch im Harn; auch andere organische
Jodverbindnngen waren nicht nachweisbar, das
ausgeschiedene Jod trat nur in anorganischer
Form auf. Eine Jodanhäufung im Körper könnte
man in der Weise deuten, daß aus der orga¬
nischen Jodverbindung entstandene Jodion sich
an andere organische Komplexe anlagert, sodaß
ein Freiwerden von elementarem Jod nicht er¬
forderlich ist Vom verabreichten Jodostarin
scheidet der Mensch im Mittel 63% durch den
Harn und 7,5% durch den Kot aus. Die Reten¬
tion von Jod im Körper scheint mit der Menge
des zugeführten Jods zusammenzuhängen.
Bachem (Bonn).
674. Untersuchungen über die Harn¬
säurebildung aus Nukleinsäure und Hypo¬
xanthin unter dem Einflüsse des Atophans.
Ein Beitrag zur Kenntnis des Nukleinste/ff\Wechsels
und der Atophanwirkung; von E. Frank und
Przedborski. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm.
Bd. 68. S. 349. 1912.)
Von eingeführter Nukleinsäure wird im mensch¬
lichen Organismus nicht mehr als ein Drittel zur
Harnsäurebildung verwendet. F. u. P. stellten
sich die Frage, ob nach einer gleich großen
Purinzulage unter dem Einflüsse des Atophans
(2-Phenyl-chinolin-4-Karbonsäure) mehr Harn¬
säure gewonnen werden könne als in einer ato-
phanfreien Vorperiode. Sie kommen zu dem
Schlüße, daß eine Beschleunigung der Hamsäure-
ausscheidung außer Frage steht, die Gesamt¬
ausbeute an Harnsäure ist eine wesentlich größere.
Das Atophan hat also die Fähigkeit, die aus einem
bestimmten Quantum Nukleinsäure hervorgehende
Hamsäuremenge mächtig zu steigern, es würde
also den Abbau der Nukleine derart beeinflussen,
daß sich hauptsächlich Harnsäure bildete. Nach
intravenöser Injektion von Harnsäure wird die¬
selbe unter dem Einflüße des Atophans ohne
Verlust in 24 Stunden ausgeschieden. Das Ato¬
phan scheint also in irgend einer Weise die Eli¬
mination der Harnsäure aus dem Organismus zu
begünstigen. Diese Fähigkeit des Atophans stellt
also den ausgesprochenen Gegensatz dar zum Zu¬
stande des Gichtkranken, bei dem die Hamsäure-
ausscheidung erschwert ist.
Durch die Untersuchungen von Levene über die
Konstitution der Nukleinsäure wurde festgestellt, daß
der eigentliche Baustein der Nukleinsäure das Mono¬
nukleotid ist, d. h. eine Verbindung von Phosphorsaare,
Kohlehydrat und Purin, die sich leicht durch Oxy¬
dation in einen entsprechenden Oxypurinkomplex über¬
führen läßt Nach Minkowskis Annahmo soll auch das
Trioxypurin, die Harnsäure im Organismus in den Ge¬
webesäften zunächst als Nukleinsäureverbindung auf-
treten. Man könnte sich nach Minkowski den Vor¬
gang über die Harnsäureausscheidung so voretellen. daß
die Oxydation innerhalb des Nukleotides bis sur Harn¬
säure fortschreitet und daß die Lösung der Harnsäure
aus dieser Verbindung der Punkt sei, an dem der Nor¬
male und der Gichtkranke differieren. Nach Dohrn
ist die Oxydation der Purinbasen bis zur Harnsäure
innerhalb des Nukleotides bereits etwas Pathologisches,
der Gicht eigentümliches, normalerweise wird die Purin¬
base bereits vor der Oxydation aus ihrer Verbindung
abgespalten.
Nach Ansicht F.s u. P.s wäre die Abscheidung von
Harnsäure bei der Gicht so zu erklären, daß die Lösung
der Harnsäure aus dem Mononukleotid nicht zustande
komme, und daß deshalb die Harnsäure nicht ausge¬
schieden werde könne; der nicht gespaltene Komplex
würde sich dann an bestimmten Stellen, z. B. der
Knorpelsubstanz, anhäufen und hier würde allmählich
die Harnsäure in kristallinischer Form in Freiheit ge¬
setzt: Normalerweise dagegen werde die freigelöste
Harnsäure leicht von der Niere sezemiert.
Die Wirksamkeit des Atophans wäre dann
darin zu suchen, daß es das Bestehen der kom¬
plexen Harnsäureverbindung zu hindern vermag,
sodaß, wie aus den mitgeteilten Versuchen zu er¬
sehen ist, injizierte Harnsäure überhaupt nicht erst
in eine Bindung eintritt, sondern gelöst bleibt
und in Bindung befindliche schnell befreit wird.
Junkersdorf (Bonn).
675. Beitrag zur Kenntnis der thera¬
peutischen Wirkung des Atophans; von
E. A. Zschernikoff. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 2. S. 48.)
Atophan ist ein Heilmittel bei Gicht und
akutem Gelenkrheumatismus (Heilung nach 2 bis
3 Tagen). Der Verlauf des chronischen Gelenk¬
rheumatismus wird sehr wenig von dem Mittel
beeinflußt. Dosis letalis für den Hund (einge-
geführt in 3proz. Sodalösung) 0,6 auf 1 kg des
Körpergewichts. Truschennikoff (Odessa).
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
231
676. Note on thiosinamine in arterio-
sclerosis; by G. Frank Lydston. (Therap.
Gaz. Bd. 36. S. 466. 1912.)
L. glaubt in einem Fall von hochgradiger
Arteriosklerose durch innerliche Darreichung von
Thioginamin günstige Erfolge erzielt zu haben.
Flury (Würzburg).
677. Quinine and urea hydrochloride
solution as a local anaesthetic for tonsill-
ectomy; by Harry Kahn. (Therap. Gaz.
Bd. 36. S. 465. 1912.)
An Stelle der gefährlichen Lokalanästhetika
aus der Kokainreihe empfiehlt K. eine 1 proz.
Lösung von Chinin und Harnstoffchlorid, die
nicht giftig ist und auch keine lokalreizende
Wirkung aufweist. Auch die Gefahr der Nach¬
blutungen soll auf ein Minimum reduziert sein.
Vor der Injektion ist eine normale Mahlzeit ein¬
zunehmen, da die schmerzstillende Wirkung hier¬
durch erhöht werden soll, und ferner der Patient
sich bei der Operation in besserer Verfassung
befindet, sowie nach der Operation eine mehr¬
tägige Entziehung der festen Nahrung leichter
verträgt. Von der Lösung sind mindestens 2 bis
3 ccm (45 minims) in jede Tonsille und ihre Um¬
gebung zu injizieren, worauf nach 10 bis 15 Mi¬
nuten die Operation stattfinden kann. Nach 12
bis 18 Stunden wird ein Laxans und für 1 bis
2 Tage ein warmes Salizylsäure-Gurgelwasser
verordnet. Flury (Würzburg).
678. Pituitrin als postoperatives Toni¬
kum, mit besonderer Berücksichtigung der
Blasenfunktion; von Rud. Th. Jaschke.
(Münch, med. Woch. 1912. S. 1661.)
Zweifellos konnte bei einer systematischen
Anwendung des Pituitrins bzw. Pituglandol ein
guter Einfluß auf die motorische Blasenfunktion
beobachtet werden, obwohl natürlich auch Ver¬
sager zu verzeichnen waren. Als allgemeines
Tonikum leistet das Pituitrin hervorragende Dienste,
und zwar ist die Wirkung eine kardiovaskuläre.
Sie besteht in einer Verstärkung der Luft der
einzelnen Herzkontraktionen und einer Verlang¬
samung der Schlagzahl. Der Angriffspunkt ist
wohl hauptsächlich die Muskulatur. Auf die
Gefäße wirkt das Pituitrin konstringierend und
auch hier ist die Wirkung myogenen Ursprungs.
Auf eine periphere Gefäßwirkung ist auch die
Blutdrucksteigerung zurückzuführen, die wir nach
Pituitrin auftreten sahen. Nur nach sehr starken
Blutverlusten bleibt die Blutdrucksteigerung ans.
Eine Kochsalzinfusion leistet hier sehr wertvolle
Dienste. Pituitrin wird also von J. als allge¬
meines Tonikum nach Operationen sehr empfohlen.
Heimann (Breslau).
679. Der Einfluß des Sirychnins auf die
gastrointestinale Peristaltik; von B. Poläk.
(Rozpravy Oeske Akad. Bd. 19. Nr. 3.)
Strychninnitrat, per os oder subkutan appli¬
ziert, erzeugte bei Fröschen in kleinen Dosen
keine Verstärkung der Peristaltik des Magens und
Darms, in großen Dosen erzeugte es Schwächung
und Stillstand der Peristaltik. Versuche am iso¬
lierten Froschmagen ergaben ein analoges Resultat.
Bei Kaninchen hatten subkutane Strychuininjek-
tionen auf die Peristaltik keinen Einfluß, nach
großen Dosen wurden die Bewegungen des Darms
schwächer und verschwanden ganz.
Das Strychnin ist sowohl als Tonikum der
Gastrointestinalmuskulatur, als auch als Amaruin
— Avegen seiner hohen Giftigkeit und kumu¬
lativen Wirkung — zu verwerfen.
Mühlstein (Prag).
680. Die basischen Wismutsalze; aou
B. Bonöek. (Rozpravy Üeske Akad. Bd. 19.
H. 16. 17.)
Das Magisterium bismuti spaltet sich im
Wasser in lösliche, resorbierbare, giftige Verbin¬
dungen ; diesen kommt die adstringierende Wir¬
kung des Wismuts zu und daher ist das Magi-
sterium bismuti als Adstringens unbrauchbar.
Beim Ulcus ventriculi reizt es die Schleimhaut,
bei Dyspepsie stört es die Verdauung und erzielt
also das Gegenteil des gewollten Effektes. Da
es überdies in großen Dosen verordnet Averden
muß, ist es aus dem Arzneischatze zu streichen.
Mühlstein (Prag).
681. Arseniknachweis im Harne nach
Anwendung des Salvarsans; von W. A. Mer-
kurjew. (Russki Wratseh 1912. Nr. 23. S. 989.)
Arsenik wurde nach der Methode von Gut¬
scheit (modifiziert von A. W. Burnascheff)
bestimmt. Die Menge des ausgeschiedenen Arseniks
betrug l°/ 0 —2,5%. Bei der intravenösen Injektion
konnte Arsenik im Harne nach 9—16 Tagen, bei
intramuskulärer nach 25 Tagen bis C Monaten
nachgewiesen Averden. Bei einer stillenden Frau
Avurde Arsenik in der Milch nachgewiesen.
Truschennikoff (Odessa).
682. Histologische und experimentelle
Untersuchungen über den Salvarsantod;
von Th. v. Marsehalki und D. Veszpremi.
(Orvosi Hetilap 1912. S. 431.)
v. M. und V. beobachteten einen mit 0.528 g
Salvarsan behandelten Fall, welcher 5 Tage nach
der intravenösen Injektion einen letalen Ausgang
nahm. Die Sektion ergab disseminierte punkt¬
förmige, teils zusammenfließende Blutungen am
Großhirn (Frontal lappe n, Opereulum, Brücke,
Corpus callosum). — Diese Blutungen führen
v. M. und V. auf eine Thrombose der Gehirn¬
gefäße zurück, Avelche nicht durch Infektion ent¬
standen sein soll. Dieselben sind also die Folge
eiuer Zirkulationsstörung und nicht einer Ent¬
zündung.
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232
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
Die diesbezüglichen experimentellen Unter¬
suchungen v. M.8 und V.s zeigten, daß durch
hohe Sal varsand osen auch im Tierversuch die¬
selben klinischen Symptome erzeugt werden
konnten, welche im mitgeteilten Falle beobachtet
wurden, ferner, daß auch die hierdurch ent¬
standenen makroskopischen, wie mikroskopischen
Veränderungen sich mit dem Sektionsergebnis des
obigen Falles vollkommen decken. Die von Hata
für das Kaninchen angegebene Dosis tolerata des
Salvarsans finden auch v. M. und V. in Über¬
einstimmung mit Kochmann zu hoch.
Auch die für den Menschen festgestellte Dosis
tolerata von 0,01 g pro Kilogramm Körpergewicht
finden v. M. und V. zu hoch und daß in den
von v. M. vorgenommenen 2000 intravenösen In¬
jektionen des Mittels kein einziger Todesfall vor¬
kam , schreiben sie dem Umstand zu, daß sie
0,005 g pro Kilogramm Körpergewicht nie über¬
schritten. v. M. und V. bezweifeln die Ansicht,
daß eine einmalige große Dosis wirksamer Bei,
als wiederholte kleine Gaben.
In einer weiteren Versuchsreihe traten v. M.
und V. der Frage näher, ob die vonWechsel-
m a n n vertretene Ansicht, daß die im destillierten
"Wasser vorhandenen Bakterieuproteine die Toxi¬
zität des Salvarsans erhöhen, richtig ist. Auf
Grund ihrer Versuche kommen sie zum Resultat,
daß dieser sogenannte „Wasserfehler“ die Toxi¬
zität des Salvarsans nur unbedeutend oder gar-
nicht erhöht: dennoch, da die betreffenden Ver¬
suche nicht genug zahlreich sind um aus ihnen
weitgehende Schlüsse ziehen zu können, wollen
sie daran festhalten, bei der Applikation des
Mittels stets frisch destilliertes Wasser zu ver¬
wenden. Rosenthal (Budapest).
683. Ist Neosalvarsan ein ebenso gutes
Antisyphiliticum wie Salvarsan? von R.
Krefting. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 2130.)
Auf Grund seiner — allerdings nur wenigen
— Fälle urteilt K. über die Mittel folgender¬
maßen: Die Wirkung des Neosalvarsans auf die
klinischen Symptome scheint in gebräuchlichen
Dosen (0,75 g) nicht vor der Wirkung des Sal¬
varsans zurückzustehen. Die Wirkung auf die
Wassermannsche Reaktion scheint dagegen im
Vergleich zum Salvarsan mehr unsicher zu sein.
Neosalvarsan sollte dem Salvarsan daher nicht
vorgezogen werden, jedenfalls nicht bei abortiver
Syphilisbehandlung. Bachem (Bonn).
684. Neosalvarsan; von J. J. Iversen.
(Russki Wratsch 1912. Nr. 17. S. 572.)
Das Mittel wurde in 40 Fällen (verschiedene
Syphilisstadien) intravenös, nach der Methode von
Schreiber, mit dem Babrowschen Apparat ange¬
wandt. Temperatur stieg nach der Injektion etwa
bis zu 37,8°. Manchmal wurde Diarrhöe be¬
obachtet Erbrechen und Übelkeit sah I. sehr
selten. Neurorezidive wurden fast nie beobachtet
Trusehennikoff (Odessa).
685. Neosalvarsan; von A. G. Rytina.
(New York med. Joum. 1912. Nr. 26. S. 1357.)
Ein vorläufiger Bericht über Neosalvarsan.
Das Mittel wurde in 49 Injektionen gut ver¬
tragen, hatte einen ebenso günstigen Einfluß auf
die syphilitischen Erscheinungen wie Salvarsan
und hat den großen Vorzug viel bequemer und
leichter löslich zu sein und weniger lokal zu
reizen, was besonders bei intramuskulärer In¬
jektion von Wert ist Z i n s s e r (Köln).
686. Le Neosalvarsan; par A. Levy-
Bing et Dureoeux. (Gaz. des Höp. 1912.
S. 987.)
Die Verf. heben die äußerlichen Vorteile des
Neosalvarsans hervor und berichten, daß sie als
Einzeldosis meist 0,45 — 0,95 injizierten (in
100—150ccmWas8er gelöst), eine zweite stärkere
Dosis wurde erst nach mindestens 6 Tagen ein¬
gespritzt. Nennenswerte Nebenwirkungen traten
nicht auf, die Nachwirkungen gleichen denen des
Salvarsans, sind aber bedeutend schwächer, doch
kam es gelegentlich zu Nierenreizung und Tem¬
peratursteigerung.
Behandelt wurden Fälle von primärer, sekun¬
därer und tertiärer Syphilis. Die Symptome ver¬
schwanden nicht rascher als nach Salvarsan-
gebrauch. Bachem (Bonn).
687. Über reaktionslose Neosalvarsan»
infusionen, Vermeidung des Wasserfehlers
und Kombinationstherapie bei Syphilis;
von Touton. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 1117.)
T. teilt eine Reihe von Krankengeschichten
mit, die den Wert des Neosalvarsans illustrieren.
Er empfiehlt das Mittel dem Praktiker für die
ambulante Behandlung an Stelle des Altsalvarsans,
da es mindestens ebenso kräftig wirkt, in höherer
Dosis gegeben werden kann und weil die Technik
der Infektion einfacher ist. Wenn man keimarmes
Leitungswasser zur Verfügung hat, so koche man
es zweimal ab und benutze es kalt zur Lösung.
T. rät ferner, in allen Fällen, in denen eine große
Anzahl von Spirochäten zu vermuten ist, eine
Vorkur mit milde wirkenden Quecksilberpräparaten
(Merzinol) zu machen. Auch kann man dieser
noch eine Jodkur mit Erfolg voranschicken. Man
kann sie aber auch gleichzeitig mit Quecksilber
und Neosalvarsan verbinden, wie aus einigen mit¬
geteilten Fällen hervorgeht Bachem (Bonn).
688. Über Peroxydase und Katalase;
von G o 1 o d e t z und P. Unna j r. (Berl. klin.
Woch. 1912. S. 1136.)
Die Versuche bilden eine Bestätigung und
Erweiterung der von P. G. Unna aufgeslellten
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
233
Hypothese, daß der Kern, der Zelle im Gegen¬
satz zum Protoplasma keioe Katalase, wohl aber
Peroxydase enthalte. Reduktion Sorte des Gewebes
sind solche Gewebselemente, welche Katalase,
aber keine Peroxydase, Sauerstofforte solche,
welche Peroxydase, aber keioe Katalase ent¬
halten. Bachem (Bonn).
689. Versuche über die Wirkungsweise
des Atoxyls; von S. Peschiö. (Zeitschr. f.
Immunitätsforschung Bd. 13. S. 364. 1912.)
Gewöhnt man Hühner an wiederholte intra¬
muskuläre und stomachale Atoxyl-Gaben, so wird
die prompte spirillozide Wirkung (auf Spirochaeta
gallinarum) des Mittels nicht beeinträchtigt. Da
die Stimulierungsfähigkeit der Zellen für Anti¬
körperbildung durch die Gewöhnung an das
Mittel sehr beeinträchtigt wird, kann die thera¬
peutische Wirkung des Atoxyls nicht allein in
der Reizwirkung auf die antikörperbildenden Zellen
gesucht werden. Vielmehr tritt hierzu wohl als
wesentlicher Faktor noch ein direkt chemothera¬
peutischer Effekt im Sinne des Parasitropismus
Ehrlichs, durch direkte Verankerung des Mittels
an die Parasiten. Seitz (Bonn).
690. Über Glykosuriehemmung. I. Über
den Einfluß des Hirudins auf die Adrenalin- und
Diuretinglykosurie; von M. Miculieich. (Arch.
f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 69. S. 128. 1912.)
Bekanntlich hemmen eine große Reihe von
Eingriffen und chemischen Agentien das Zustande¬
kommen der Adrenalinglyko8urie. Bei manchen
kommt diese Hemmung zustande durch Hinderung
des Zuckerdurchtritts durch die Niere, bei anderen
nimmt man eine spezifische Hemmung des dia¬
betischen Prozesses als solchen an. Das gilt
namentlich für die Lymphagoga, wie Pepton und
Hirudin. Als Lymphagogon für die vorliegenden
Versuche wurde Hirudin gewählt, als Typus der
zentralen Glykosurie die durch Diuretin hervor¬
gerufene.
Das Ausbleiben der Adrenalinglykostirie nach
vorgängiger intravenöser Hirudin Verabfolgung ist
bedingt durch eine Beeinträchtigung des Blut¬
zuckeranstiegs und der Diurese. Die Kochsalz¬
ausscheidung wird nicht gleichzeitig gehemmt.
Die zu den Versuchen über den Einfluß des Hiru¬
dins auf die Diuretinglykosurie benutzten Kaninchen er¬
hielten ausnahmslos am Abend vor dem Versuche 20 g
Traubenzucker mit der Schlundsonde.
Hirudin hemmt weder die durch zentrale Rei¬
zung bedingte Diuretinglykosurie noch die Diurese.
Da der Diuretindiabetes nach Splanchnikotomie sowie
nach Nebennierenexstirpation ausbleibt, somit in völliger
Analogie zum Piqürediabetes als zentrale sympathische
Glykosurie geben darf, macht es der ganz unerwartete
Ausfall seiner Hemmung durch Hirudin im Gegensatz
zu der des Adrenalindiabetes zweifelhaft, ob es sich
bei beiden Prozessen um einen identischen Vorgang
handelt, ob mit anderen Worten der zentrale Diabetes
ein Adrenalindiabetes ist.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
Zugunsten dieser Annahme spricht wohl a priori
sehr die Tatsache des Ausbleibens der Piqüre nach
Nebennieronexstirpation und das Verarmen der Neben¬
nieren während der Piqüre an chiomaffiner Substanz.
Andererseits ist die Piqüre fast nie, die Adrenalin-
glykosurie fast immer von einer starken Diurese be¬
gleitet, ferner, was wichtiger erscheint, tritt weder die
Piqüre- noch gar die Diuretiglykosurie beim hungern¬
den Tiere auf. Soll die Diuretinglykosurie sicher ein-
treten, dann müssen die Tiere bekanntlich sogar ein be¬
sonders kohlehydratreiches Futter erhalten. •
Bachem (Bonn).
691. Über Glykosuriehemmung. II. Über
den Einfluß von Ergotoxin auf die Adrenalin-
und Diuretinglykosurie; von M i c u 1 i c i c h. (Arch.
f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 69. S. 133. 1912.)
D a 1 e hat dargetan, daß das Ergotoxin in
eigenartiger Werne den Erfolg elektrischer bzw.
chemischer ReizuEg fördernder sympathischer
Nerven hemmt. Es schien wichtig zu unter¬
suchen , ob sich diese Hemmung auch auf die
glykosurische Wirkung sympathischer Nerven-
reizung erstreckt. Als Typen der letzteren wurde
in den Bereich der Prüfung eine zentrale (Diu¬
retin) und eine periphere (Adrenalin) Reizung
gezogen.
M. kommt zu folgenden Ergebnissen:
1. Ergotoxin subkutan oder intravenös gegeben,
hemmt, in kleinen Dosen (0,5—1,0 mg) passager,
in größeren (2—4 mg) dauernd, das Zustande¬
kommen der Adrenalinglykosurie hei Kaninchen
(präventive Wirkung).
2. Ergotoxin nach Eintritt einer Adrenalin-
' glykosurie gegeben, kürzt dieses wesentlich ab
I (kurative Wirkung).
3. Die Ursache dieser Hemmung ist: a) eine
starke Hemmung der Hyperglykämie; b) eine
spezifische Dichtung der Niere für Zucker.
4. Die Ausfuhr des Kochsalzes ist nicht be¬
einträchtigt.
5. Die Diurese wird meist etwas gehemmt.
6. Auch die Zhurefinhyperglykämie und -glykos-
, urie wird gehemmt, nicht aber die Diurese.
Bachem (Bonn).
692. ÜberFormamintwirkung; von Frisch.
(Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 75. S. 686. 1912.)
F. rühmt dem Formamint ganz außerordent¬
liche Heilkräfte nach. Neben völliger Unschäd¬
lichkeit, selbst in höchster Dosierung (in einem
Falle versehentlich 4 Tage 'hindurch je 50 bis
60 Tabletten!), fiel besonders die temperatur¬
herabsetzende Wirkung in die Augen. Oft schon
nach 4—6 Stunden erfolgte bei Angina, Pharyn¬
gitis, Stomatitis aphthosa, Rackendiphtherie, Schar¬
lach Fieberabfall. Bei sofortigem Formamintge-
brauch kommt das bekannte hohe Fieber katar¬
rhalischer Anginen „so gut wie gar nicht mehr“
vor. Bei Diphtherie ermöglicht die Formamint-
therapie die Injektion viel geringerer Heilserum¬
dosen ; auch werden Tracheotomien seltener.
30
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
Scharlachanginen behandelt F. alle noch mit
Formaminttabletten.
Die Dosierung dieses Heilmittels ist nach F.
folgende:
Erwachsene .... 15—20 Tabletten pro Tag
Kinder über 5 Jahren, ca. 15 „ „ „
,, von 2—5 „ . 6— 8 „ ,, „
„ unter 2 „ . 4 „ „
Säuglingen gibt man sie zerstoßen in einem
mit Zuckerwasser getränkten Leinwandlappen (!).
Klotz (Schwerin).
698. Über Verordnung von Wasserstoff¬
superoxydlösungen; von P. Fischer. (Münch,
med. Woeh. 1912. S. 1108.)
Die Verordnung von Wasseretoffsuperoxydlösnngen
hat öfter zu Unzuträglichkeiten geführt; daher sollte
die Bezeichnung des Prozentgehaltes einer Wasserstoff¬
superoxydlösung sich stets auf das reine (im Handel
sich nicht befindliche) H,0, beziehen, und jede zur Be¬
reitung einer solchen Lösung verwendete Wasserst» ff-
superoxydlösung, einerlei welches Handelsprodukt, muß
nach dem Gehalt an Gewichtsprozenten entsprechend
verdünnt werden. Die Volumprozente sind dabei, am
Irrtümer zu vermeiden, ganz außer acht zu lassen.
Bei Verordnung einer lproz. Wasseretoffsuperoxyd-
lösung soll man also verordnen: Sol. Hydrogen, perox.
1 Gewichtsprozent H,0,. In diesem Falle wäre also
3,3 g Perhydrol oder 33 g der offizineilen LösuDg auf
100 Teile Wasser zu verdünnen.
(Ähnliche Unklarheiten der Verordnung sind bei
Formaldehydlösungen möglich, da das offizinelle Prä¬
parat 35proz. ist. Ref.) Bachem (Bonn).
694. Die Behandlung der Dysmenorrhöe
mit Ovaradentriferrin ; von E. Otto. (Der
Frauenarzt 1912. H. 10. S. 438.)
Manche Fälle von Dysmenorrhöe sind auf eine
mangelhafte innere Sekretion der Ovarien zurückzu¬
führen, und es gelingt häufig duroh Darreichung von
Ovaradentriferrin die Beschwerden der Patienten in
ausgezeichneter Weise zu heben. Besonders prägnant
sind solche Fälle, in denen kein anderes Medikament
gegeben wurde und bei denen die Störungen schon
jahrelang bestanden. Eine Patientin, die bei jeder
Menstruation tagelang Erbrechen hatte, wurde durch
Darreichung von Ovaradentriferrin von dem Erbrechen
völlig befreit. Bei Oligomenorrhoe mit heftigen Schmerzen
bewirkten die Tabletten, daß bereits die nächste Periode
völlig schmerzfrei auftrat. Besonders interessant ist die
Wirkung des Ovaradentriferrins bei starken Perioden¬
blutungen. Es werden sowohl die begleitenden Schmer¬
zen aufgehoben als anch die Menstrualblutung auf das
normale Maß beschränkt.
Das Präparat ist zweckmäßig während der ganzen
intermenstruellen Zeit in der Dosis von 3mal täglich
1 Tablette zu geben. Bachem (Bonn).
695. Über Prothämin, ein neues Eiwei߬
präparat; von Camphausen. (Zeitschr. f.
Tuberk. Bd. 18. H. 5.)
C. empfiehlt das Präparat warm, unerwünschte
Nebenwirkungen habe er nie beobachtet, dagegen
häufig Steigerung der Eßlust, Vermehrung der
Gewichtszunahme und der roten Blutkörperchen.
Das Präparat sei billig. Paul Krause (Bonn).
696. L’hormone päristaltique (Hormonal)
et la constipation chronlque; par Pierret
et Duhot (Echo m6d. du Nord 1912. Nr. 30.
S. 357.)
Bericht über den günstigen Einfluß des Hor¬
monais bei chronischer Verstopfung. P. und D.
heben die schnelle Wirksamkeit und Dauer des
Erfolges in einzelnen Fällen hervor. Man injiziere
20 ccm in die Muskulatur des Oberschenkels und
wiederhole bei ausbleibendem Erfolge diese Dosis.
Das Hiuzufügen eines öligen Abführmittels (Schiebe¬
mittel) begünstigt und beschleunigt die Wirkung.
Bachem (Bonn).
697. Zur Therapie der Antimonvergif¬
tung durch Kaliumhexatantalat; von Rosen¬
thal und Severin. (Arch. f. exper. Path. u.
Pharm. Bd. 58. S. 275.)
Die Versuche wurden an Mäusen angestellt
und ergaben, daß die stomachale Einführung von
0,01 Kaliumhexatantalat noch nach 20 Minuten
mit Sicherheit stomachal beigebrachte, tödliche
Brechweinsteindosen entgiften kann. Es handelt
sich dabei um den biologischen Ausdruck einer
auch in vitro sich vollziehende Reaktion unter
Bildung eines offenbar atoxischen Reaktions¬
produktes. Auch mit Hilfe intravenöser Tantal¬
injektionen gelang es, eine stomachale Brech-
weinstemvergiftung zu unterdrücken.
Weitere Versuche ergaben eine Fällungsreaktion
des Kaliumhexatantalates mit Sublimat, chlor¬
saurem Kalium, Bleiazetat, Arsazetin, Salv&rsan,
Strychnin, Morphin, Chinin und Kokain. Versuche
nach dieser Richtung stellen R. und S. in Aus¬
sicht (Einige chemische Angaben über das be¬
nutzte Kaliumsalz der Hexatantalsäure sind an¬
gefügt) Bachem (Bonn).
698. Wird die Funktion des markhaitigen
Nerven durch Kurarin beeinflußt; von S.
Garten. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 58.
S. 243.)
Nach verschiedenen Methoden wurde unter¬
sucht, ob reines Kurarin den Nervenstamm in
dem Sinne beeinflußt, daß eine Herabsetzung der
Leitungsgeschwindigkeit ein tritt Für die moto¬
rischen Nervenfasern ist das nicht der Fall. Das
Dekrement im Nervenstamm wird, nach Aussage
der elektrischen Reaktion, kaum merklich ver¬
ändert Lösungen von 1:1000 setzen, selbst
wenn sie 24 Stunden auf den Nervenstamm ein¬
wirken, die Leistungsfähigkeit, gemessen an der
integralen, negativen Schwankung bei tetanischer
Reizung, nicht merklich herab. Auch blieb die
positive Nachschwankung bei diesen Nerven meist
erhalten. Bachem (Bonn).
699. Untersuchungen über Buphane
disticha (Haemanthus toxicarius); von L.
Lew in. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 68.
S. 333.)
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
235
Beschreibung der südafrikanischen Pflanze
Buphane disticha, bzw. ihrer giftigen Wurzel¬
knollen , die ein Alkaloid enthalten, welches
L. Haemanthin nennt Die Wirkung ist eine
narkotische. Bis auf eine wenig ausgesprochene
Herzwirkung Ähneln die übrigen Symptome am
meisten denen der Tropeine. Dies äußert sich
beim Menschen z. B. in Trockenheit des Mundes,
allgemeiner Körperschwäche und Delirien. Außer
einer allgemein narkotischen Wirkung ist dem
Mittel eine stark brechenerregende Wirkung eigen;
das Hämanthin könnte nach dieser Seite hin
therapeutische Verwendung finden.
Für Kaninchen sind 0,015 g pro kg tödlich.
Bachem (Bonn).
700. Sind bleihaltige Abziehbilder giftig?
von Th. Weyl. (BerL klin. Woch. 1912. S. 2029.)
In einem diese Frage betreffenden Gutachten
äußert sich W. wie folgt: Die bisherigen Unter¬
suchungen lassen sich als Beweismaterial für die
Giftigkeit der in Frage stehenden bleihaltigen Ab¬
ziehbilder nicht verwerten. Es ist vielmehr die
chemische Untersuchung durch die allein einen
sicheren Aufschluß gewährende biologische Unter¬
suchung zu ersetzen. Eis wäre nötig, Tieren blei¬
haltige Abziehbilder zu verabfolgen (per os) und
erst, wenn sich bei solchen Versuchen Blei¬
vergiftungen zeigen sollten, wären die bleihaltigen
Abziehbilder als gefährlich anzusehen.
Indes redet W. in seinem Gutachten keines¬
wegs der Herstellung bleihaltiger Abziehbilder
das Wort Bachem (Bonn).
701. Experimentalstudie über die so¬
genannten Schlagwettervergiftungen; von
Ot Rybäk. (Lekafskö Rozhledy. Bd. 19. Nr. 5.)
Das Methan ist zwar kein ganz indifferentes,
aber dennoch kein toxisch wirkendes Gas; es ist
eher ein schwaches Narkotikum als ein leichtes
Stimulans. Weiße Mäuse vertragen einen unge-
gowöhnlich hohen Prozentgehalt an Methan, wenn
genügend Sauerstoff vorhanden ist Bei Abnahme
des O tritt ohne Rücksicht auf die Menge des
Methans Asphyxie und Exitus ein. Der Tod er¬
folgt also durch Erstickung. Mühlstein (Prag).
702. Experimentell-klinische Beiträge zur
Frage der Wismutvergiftung; von F. Zol-
linger. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77. S. 268.
1912.)
Z. gibt zunächst einen kurzen Überblick über
die bisherigen klinischen Befunde bei Wismut-
vergißung, und zwar nach interner Verabreichung,
Injektion und Beckscher Methode. Bei der kli¬
nischen Symptomatologie macht Z. darauf auf¬
merksam, daß, je früher die Stomatitis und der
Zahnfleischsaum beobachtet werden, desto schwerer
die Intoxikation verläuft, bzw. desto rascher der
Tod eintritt
Um die Aufnahme- und Ausscheidungsverhält¬
nisse des Wismuts zu prüfen, hat Z. zunächst
die Toxizität verschiedener, in der heutigen The¬
rapie verwendeter Wismutpräparate geprüft Am
raschesten macht sich die Intoxikation geltend
bei den Albuminaten Bismon (am 5. Tage), Bis¬
mutum albuminatum (am 6. Tage) und Bismu-
tose (am 7. Tage). Bei Bismutum subnitricum
und carbonicum war der Tod auch nach 2 Wochen
noch nicht eingetreten eine doppelte Dosis wirkte
aber bald letal. Bei Hydroxyd erfolgte der Tod
am 14. Tage. Bei Kaninchen wird das Wismnt
zum größten Teil im Urin, nicht aber oder nur
in ganz geringen Mengen im Kot ausgeschieden.
Das Blut ist fähig, Wismut in Lösung aufzu¬
nehmen und weiter zu transportieren. Das un¬
lösliche Wismutsubnitrat muß, bevor es im Körper
einen vergiftenden Einfluß auszuübeu vermag,
vorerst in eine lösliche Form überführt werden.
Als Lösungsmittel stehen ihm die normalen
Körpersäfte und bei externer Anwendung be¬
sonders der Eiter zur Verfügung. Beim Ein¬
treten von Intoxikationserscheinungen gilt als
oberster Grundsatz die sofortige Entfernung all¬
fällig vorhandenen Wismuts durch erwärmtes
Olivenöl. In Betracht kommt diese Therapie aber
nur bei der Beckschen Methode. Am besten wird
man eine Intoxikation dadurch vermeiden können,
daß auf die Injektiousbehandlung bei sehr ent¬
kräfteten Kranken und frischen, stark sezernieren-
den Fistelwänden verzichtet wird. Zu röntgeno¬
logisch-diagnostischen Untersuchungen soll das
Bismutum subnitricum durch ein anderes Wismut¬
präparat ersetzt werden. Bei Kindern mit Darm-
affektdonen ist mit allen Wismutpräparaten große
Vorsicht geboten. Wagner (Leipzig).
703. Acute Anilinevergiftiging; voor C. C.
van der Heide. (Nederl. Tijdschr. voor
Geneesk. 1912. H. 2. S. 313.)
Beschreibung eines Falles akuter Anilin Vergiftung bei
einem 7jähr. Knaben, dessen gelbe Schuhe kurz zuvor
mit „Panther-Schwärze“ schwarz gemacht worden waren,
Heilung nach eintägiger Bettruhe.
Stürm van Leeuwen (Utrecht).
704. Welke vloeistof moet men ge-
bruiken bij het conserveeren van Organen
bij vergiftiging? voor A. E. Sitsen. (Geneesk.
Tijdschr. voor Nederl. Indiß Deel 52. S. 276.)
Warnung gegen den (von Grigorjen emp¬
fohlenen) Gebrauch von Formol als Konservierungs¬
flüssigkeit für Organe bei Vergiftungen. Aus, von
S. in dieser Richtung angestellten, Versuchen,
hat sich ergeben, daß Zyankalium und Phenol —
die er verschiedenen Organen zufügte — nach
einiger Zeit nicht mehr nachzuweisen waren,
wenn Formol als Konservierungsflüssigkeit ge¬
braucht wurde. S. empfiehlt, statt Formol, wieder
den bis jetzt gebräuchlichen 95proz. Alkohol zu
benutzen.
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236
II. Innere Medizin.
Beschreibung einer neuen Methode zum Nach¬
weis von Zyankalium, welche bei Verdünnungen
von 1 / 2 Million noch eine deutliche Farbenreaktion
gibt (Weehuizensche Reaktion). Man löst ein
wenig Phthalophenon in einer Lösung von NaOH
und Sal Seignette (Fehling II). Diese Lösung
ist schwach rot, wird aber durch Schütteln an
der Luft bald farblos, dann werden einige Tropfen
Kupfersulfat zugefügt (Fehling I) bis die Lösung
eben blau gefärbt ist. Dieser Reagens gibt noch
mit sehr starken Verdünnungen einer KCN-Lösung
eine karminrote Färbung. Zum Nachweis von
CN in einer zu untersuchenden Flüssigkeit wird
angesäuert mit Schwefelsäure oder CO r Ein mit
der Weehuizenschen Reagens befeuchtetes Filter¬
papierchen wird in der Flasche, welche die zu
untersuchende Flüssigkeit enthält, gehängt, ohne
in die Flüssigkeit einzutauchen. Bei Anwesenheit
von HCN oder KCN färbt sich das Papierchen rot.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
705. Fütterungsversuche mit Eosingerste;
von K. Bi er bäum. (Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 16.
S. 227. 1912.)
Die Denaturierung zu Futterzwecken dienender
Gerste, die einer niedrigeren Zollgebühr wie Brau¬
gerste unterliegt, erfolgt in der Weise, daß 5%
der Gerstenkörner mit einer 2proz. Eosinlösung
gefärbt werden. Durch umfangreiche Fütterungs¬
versuche an Schweinen war von Miessner
featgestellt worden, daß durch Verbitterung der¬
artig mit Eosin denaturierter Gerste keinerlei Ge¬
sundheitsstörungen oder Unzuträglichkeiten ein-
treten. Trotzdem tauchten in der Tagespresse
Behauptungen auf, daß Eosingerste nicht nur un¬
liebsame Verfärbungen des Fettes und des Magen¬
darmkanals der gefütterten Tiere erzeuge, sondern
auch Erkrankungen, selbst Todesfälle herbeiführe.
B. stellte Fütterungsversuche an Schweinen,
Rindern und Tauben an. Ein gesundheitsschäd¬
licher Einfluß ergab sich in keinem Falle. Bei
den Schweinen wurde eine geringfügige An¬
färbung der Magen- und Darmschleimhaut ge¬
funden, die aber nach der gewerbsmäßigen Ent¬
schleimung nicht mehr erkennbar war und zu
II. Innere
Herzkrankheiten.
707. Ein neues Verfahren der Herz¬
messung; von Kreuzfuchs. (Münch, med.
Woch. 1912. Nr. 19.)
Kr. bestimmt Lage und Größe des Herzens
im Verhältnis zum Thorax, indem er zugleich
orthodiagraphisch die Umrisse des Herzens wie
die inneren Konturen des Thorax aufzeichnet,
wie dies ja vielfach üblich ist. Er mißt dann
die Thoraxbreite, die Rechtsdistanz des Herzens,
den Transversaldurchmesser des Herzens und die
etwaigen Beanstandungen bei der Fleischbeschau
keinen Anlaß gegeben hätte. Eine Färbung des
Speckes, des Fleisches und der inneren Organe
ist nicht beobachtet worden. Bei den Rindern
ergab sich kein Befund. Die Tauben sind sämt¬
lich am Leben geblieben und zeigten als einziges
Symptom der Eosinfütterung eine Rotfärbung der
Exkremente. Koen igsfeld (Breslau).
706. Der Giftsumach, Rhus toxicoden-
dron L., und seine Giftwirkungen; von
E. Rost und E. Gilg. (Sonderabdr. a. d. Ber.
d. Deutschen Pharmaz. Gesellsch. 22. Jahrg. H. 6.
S. 296.)
In der vorliegenden Monographie, deren ex¬
perimentell physiologischer und klinischer Teil
von Rost, deren experimentell botanischer Teil
•von Gilg bearbeitet ist, liegt eine systematische
Untersuchung über eine bisher noch ungeklärt
gewesene Frage von toxikologischer Wichtigkeit
vor, die zu folgenden Resultaten geführt hat.
Die Suinachdermatitis entsteht nur da, wo er¬
kennbare Mengen Giftstoff der Pflanze auf die
Haut gebracht werden, ihre Ursache ist einzig
und allein die Harzemulsion, die sich in allen
Teilen des Giftsumachs findet und bei Ver¬
letzungen der Pflanze zutage tritt. Es genügt
nicht, daß eine Person mit der Pflanze in Be¬
rührung kommt, sondern Voraussetzung für das
Entstehen einer Hautentzündung ist, daß Harz¬
saft auf die Haut gelangt. Alle in der Literatur
einwandfrei beschriebenen Fälle von Rhus derma-
titis lassen sich nach den Beobachtungen R.s und
G.s auf einen direkten und indirekten Kontakt
mit dem Harzsaft zurückführen. Eine Über¬
tragung des Giftstoffes durch die Luft ist aus¬
geschlossen, nur die direkte Berührung dieser
gefährlichsten unter den hautreizenden Pflanzen
ist von unangenehmen Folgen. Die exakte Prüfung
der Frage durch die interessanten Untersuchungen
hat also den Giftwirkungen des Sumachs das
Unheimliche und Rätselhafte genommen. Zahl¬
reiche Abbildungen und eine vollständige Literatur¬
zusammenstellung erhöhen den Wert der Ab¬
handlung. Flury (Würzburg).
Medizin.
Linksdistanz des Herzens. Er fand, daß das Ver¬
hältnis des Transversaldurchmessers des Herzens
zur Thoraxbreite, der Summe der drei ange¬
gebenen Maße, ein ziemlich konstantes ist: 5 /,, ;
*/, s fallen auf die Linksdistanz und */ lt auf
die Rechtsdistanz. So interessant diese Unter¬
suchungen sind, so gibt die angegebene Methode
wohl kaum eine Verbesserung des diagnostischen
Apparates. Es kommt bei der Untersuchung des
Herzens weniger auf die Feststellung der ab¬
soluten Herzgröße, als auf die Feststellung der
Form des Herzschattens an. Eine Veränderung
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II. Innere Medizin.
237
der relativen Masse von Herz- und Thoraxbreite
hat schon bei jedem Atemzuge statt und kann
sicherlich ebensowohl durch Veränderung der
Thoraxkonfiguration, wie durch Veränderung der
Herzgrßße Zustandekommen.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
708. Die Bedeutung der Unterdruck¬
atmung in der Behandlung der Kreislauf¬
störungen; von Bruns. (Med. Klin. Bd. 8.
S. 827.)
Der Uuterdruckatmungsapparat übt ein Druck-
differenzverfahren aus, d. h. er erzeugt eine
dauernde Differenz zwischen dem Luftdrucke, der
auf der Körperperipherie lastet und dem Unter¬
drücke, den der Apparat im Innern des Thorax,
bzw. der Lungen während der Sitzung festhält.
Dadurch erweitert sich die gesamte Strombahn
des kleinen Kreislaufs und schafft günstigerere
Bedingungen für den Rückstrom des Venenblutes
aus der Körperperipherie. B. hat bei Myokarditis,
bei Kornarsklerose, besonders bei stenokardischen
Erscheinungen mit seiner Behandlung ausgezeich¬
nete Erfolge gesehen. Weil (Düsseldorf).
709. Klinische und pathologisch-ana¬
tomische Untersuchungen über Arhythmia
perpetua; von Hugo A. Freund. (D. Arch.
f. klin. Med. Bd. 106. H. 1. 2.)
Die Arbeit gibt die anatomischen Befunde am
Cberleitungssystem bei 5 Fällen. 4 derselben
zeigten im Leben die Heringsche Arhythmia
perpetua, der fünfte Anfälle ähnlichen Charakters.
Daneben gibt sie eine Übersicht über Befunde an
normalen Herzen von Erwachsenen, Kindern und
Wiederkäuern. Fr. fand in 3 Fällen der Arhyth¬
mie starke Veränderungen des Sinusknoten,
Sklerosen und kleinzellige frische Infiltrationen.
In allen 4 Fällen fand er weiterhin sklerosie-
rende Veränderungen im Atrioventrikularleitungs-
System. Er folgert aus seinen Befunden, daß
die Arhythmia perpetua auf Ausschaltung der
normalen Herzreize, deren Ursprung in dem
Kieth-Flackschen Knoten verlegt wird, beruht.
Die langsamere Form dieser Arhythmie führt er
auf eine dabei bestehende Schädigung des Reiz-
Ieitungs-System9 zurück. Anfälle von Kammer-
Tachykardie, die im 5. Falle bestanden, sollen
durch den Einfluß frischer Gewebschädigungen
in dem Atrioventrikular - System hervorgerufen
werden. Periodische Atrioventrikular-Automatie
kann also auch ohne wesentliche Erkrankung der
Atrioventrikular-Gegend Vorkommen. Der etwaige
Einfluß nervöser Reize wird nicht diskutiert.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
710. Vollständiger Herzstillstand, anfalls-
weise im Cheyne-Stokesschen Atmen bei
einem jugendlichen Herzkranken auftretend;
von Bäumler. (Zentr&lbl. f. Herz- u. Gefäß-
kraukh. 1912. Nr. 1.) A
Ein 17jähr. Patient, welcher an Doppelvitium
litt, bekam Aufälle von Atemnot, welche dem
Cheyne-Stokesschen Typus glichen bei einer Puls¬
zahl von 120. Während der Anfälle setzten
Puls und Atmung für 15 Sekunden aus, um
dann allmählich wieder zurückzukehren. Während
der Anfälle schwand das Bewußtsein. B. stellt
den Fall in Parallele zu Anfällen epileptischer
Natur. Er nimmt dabei eine Hemmungswirkung
des Vagus an, welche durch die während der
Cheyne-Stokesschen Dyspnoe bis zu einer ge¬
wissen Höhe gesteigerten Asphyxie des Atmungs¬
zentrum ausgelöst wird.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
711. The lesions from two cases of
bradycardia associeted with auricular
fibrillation ; by A. E. Cohn. (Proceed. of the
New York path. Soc. Bd. XII. S. 1. 1912.)
C. berichtet über zwei Fälle von Bradykardie
mit Vorhofflimmern. Im einen Fall fand sich
eine schwere Läsion des Sinusknotens, der teil¬
weise durch Bindegewebe ersetzt war. Das Atrio¬
ventrikularbündel war an einer Stelle völlig unter¬
brochen durch Bindegewebe. Im zweiten Falle
war das Atrioventrikularbündel erhalten, im
Knoten fand sich nur leichte Fibrose und Hämor-
rhagie. C. hält es für unwahrscheinlich, daß die
gefundenen Veränderungen Ursache des Vorhof¬
flimmerns sind. Die Quertrennung des Atrio¬
ventrikularbündels im ersten Falle bedingte den
regulären Rythmus, während das intakte Bündel
im zweiten Falle eine vollständige Unregelmäßig¬
keit der Ventrikelbewegung ermöglichte.
Walz (Stuttgart).
Tuberkulose.
712. Beitrag zur Unterscheidung der
aktiven und inaktiven Tuberkulose des
Rindes mit Hilfe der Komplementbindung,
Meiostagmin- und Ophthalmoreaktion; von
Wyschelessky. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19.
H. 3.)
Mit Hilfe der Komplementbindung (als Antigen
wurde Phymatin, d. i. ein Tuberkulinpräparat,
benutzt) konnten in 9,7% der Sera von schein¬
bar tuberkulosefreien, in 4,5% der Sera von mit
Drüsentuberkulose behafteten, in 17,6% der Sera
von mit Lungentuberkulose behafteten, in 37,5%
der Sera von mit Tuberkulose der DrüBen in
Brust und Bauchhöhle behafteten, in 42,9% der
Sera von mit stark ausgebreiteter Tuberkulose
behafteten Rindern spezifische Tuberkuloseanti¬
körper nachgewiesen werden.
Die Meiostagminreaktion, d. i. die Herab¬
setzung der Oberflächenspannung beim Zusammen¬
bringen von Tuberkelbazillenextrakt mit Blut von
Tuberkulösen, erwies sich als unzuverlässig.
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238
II. Innere Medizin.
Die Ophthalmoreaktion mit Phymatin (33°/ 0
oder 40°/ 0 ) sprach bei positivem Ausfall für eine
gutartige Form der Tuberkulose; aus zweifel¬
haften und negativen Resultaten konnten sichere
Schlüsse auf die Form der Tuberkulose nicht ge¬
zogen werden. Paul Krause (Bonn).
713. Spezifität der Tuberkulinreaktion;
von Lüdke und Sturm. (Münchn. med. Woch.
1912. S. 1985.)
Extrakte anderer Bazillen geben bei der In¬
jektion bei tuberkulösen Tieren und Menschen
nur unspezifische, geringfügige Fieberreaktionen.
Diagnostisch verwertbare Reaktionen sind nur
mit Tuberkulin zu erzielen. Fränkel (Bonn).
714. Ober den Nachweis von Tuberkel¬
bazillen im Blute bei Lungentuberkulose
und seine prognostische Bedeutung; von
Hilgermann und Lossen. (D. med. Woch.
1912. S. 895.)
Unter 64 Fällen hatten 17 = 25°/ 0 Tuberkel¬
bazillen im strömenden Blut, von diesen 3 Pa¬
tienten im 1. und je 7 im 2. und 3. Stadium der
Erkrankung. Der Bazillenbefund war unabhängig
von dem Vorhandensein von Fieber; er scheint
prognostisch ungünstig zu sein. Diagnostisch ist
er nicht sehr brauchbar. Fränkel (Bonn).
715. The quantitative cutaneous tuber-
culin fest; by E. C. Horland. (Lancet Sept. 7.
1912. S. 688.)
Die quantitative Pirquet-Reaktion nach Er-
landsen ist ein wertvoller Fingerzeig für die
Therapie der Tuberkulose. Fehlerquellen sind
aber stets zu berücksichtigen: bo verschwindet
die Reaktion zuweilen bei vorgeschrittenen Tuber¬
kulosefällen, sowie bei schnell verlaufender Miliar¬
tuberkulose. Ferner fehlt sie, wenn eine akute
vorübergehende Krankheit, wie z. B. Masern, auf-
tritt, an den ersten 10 Tagen. Ferner bleibt sie
längere Zeit noch bei der Rekonvaleszenz von
Knochen- und Drüsentuberkulose. Sie kann wäh¬
rend der negativen Phase einer Tuberkulin-In¬
jektion sehr hoch sein; sobald jedoch die positive
ein setzt, verschwinden die Papeln außerordentlich
schnell. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
716. Tuberculosis in the aged and dia-
gnostic value of increased whisper in the
interscapular space; by H. F. Stoll. (Boston
med. and surg. Joum. Aug. 29. 1912. S. 291.)
Bei Personen jenseits der sechziger Jahre über¬
trifft die Tuberkulose als Todesursache an Zahl
die Pneumonie. Sie ist im Alter charakterisiert
durch besonders chronischen Verlauf und Unter¬
brechungen von verhältnismäßigem Wohlbefinden.
Viele Fälle von Alterephthise gehen unter dem
Begriff „Magen husten“, „Katarrh“. In Fällen, wo
der Arzt bei alten Leuten nur Asthma oder Em¬
physem feststellen kann, wird in der Regel Auf¬
klärung über die tuberkulöse Natur durch Aus¬
kultation der Interskapsulargegend gegeben. Be¬
sonders über der Wirbelsäule hört man Flüster¬
sprache sehr verstärkt, ein Phänomen, das mit
der Vergrößerung der Bronchialdrüsen zusammen¬
hängt. Ein solcher Befund macht aber Tuber¬
kulose wahrscheinlich.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
717. Wichtigkeit der Anamnese für die
Diagnose der beginnenden Lungentuber¬
kulose; von Ernice. (New York med. Record
1912. S. 334.)
Eine eingeleitete Nachforschung über 50 früher
behandelte Patienten ohne klinisch nachweisbare
Zeichen von Tuberkulose ergab einen hohen
Prozentsatz späterer tuberkulöser Erkrankung bei
denen, die eine für Tuberkulose sprechende
Anamnese hatten. Letztere ist also für die Dia¬
gnose erheblich mitzuverwerten. Doch darf sich
diese nicht auf sie allein stützen.
Fränkel (Bonn).
718. Der N-Stoffwechsel bei den Phthi¬
sikern; von Labbö und Vitry. (Revue de
Med. 1912. S. 819.)
Das Gesamt-N des Urins beträgt etwa 8°/^
und setzt sich aus dem N der Nahrung und dem
durch Gewebszerfall gebildeten zusammen. Der
N-Quotient ist etwas geringer als im Durchschnitt
des normalen Menschen. Der Anteil des Purin-N
ist im Gesamt-N etwas erhöht, durch die beim
Zelizerfall freiwerdenden Nukleine; ebenso das
im Ammoniak enthaltene N.
Der Indolgehalt des Urins ist beträchtlich er¬
höht, doch enthalten die Körper der Indolgruppe
beim Tuberkulösen weniger N. Gegen das Lebens¬
ende hin treten alle diese Änderungen im N-Stoff-
wechsel in verstärktem Maße auf.
Fränkel (Bonn).
719. Miners’ Phthisis; von Irvine und
Watt (Transv. med. Joum. 1912. S. 30.)
Erhebungen über die bei den Grubenarbeitern
auftretende, als „Miners Phthisis“ bezeichnete
Lungenerkrankungen, durch eine staatliche Kom¬
mission gaben den Anlaß zu einer ausführlichen
Besprechung der Krankheit. Es handelt sich um
eine durch den Staub hervorgerufene binde¬
gewebige Induration der Lungen mit und ohne
nachweisbare Lungentuberkulose. Aus praktischen
Gründen werden 4 Stadien, je nach der Schwere
der Erkrankung unterschieden. Nur wenn sichere,
physikalisch nachweisbare Zeichen der Erkrankung
vorliegen, können Ersatzansprüche geltend ge¬
macht werden. Fränkel (Bonn).
720. Blood pressure in pulmonary tu-
berculosis; by F. M. Pottenger. (New York
med. Joum. £ug. 31. 1912. S. 418.)
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II. Innere Medizin.
239
Der Blutdruck bei Lungentuberkulose hängt
vod den verschiedensten Umständen ab. Die
Toxine, die im Blute kreisen, neigen dazu, ihn
herab zusetzen, ebenso trägt dazu die gestörte
Funktion des Diaphragma bei. Bei vorgeschrittener
Tuberkulose erniedrigt die Schlaffheit des Herz¬
muskels und der allgemeine Körperschwund den
Blutdruck. Erhöht ist letzterer, sobald eine Hyper¬
trophie des Herzens sich geltend macht, ebenso
bei einer Verdickung der Arterien wände, wie sie
als Reaktion auf den Reiz der Toxine allmählich
eintritt. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
721. Typus der Tuberkelbazillen bei
Lupus vulgaris; von Rothe und Bierotte.
(D. med. Woch. 1912. S. 1631.)
Eine Infektion mit dem Typus humanus lag
in 23 Fällen «■ 85,2%, eine bovine Infektion
in 4 Fällen — 14,8% vor. Einmal wurden aus
örtlich getrennten Herden bei demselben Patienten
beide Typen gezüchtet Fränkel (Bonn).
722. Klinische Bedeutung der Much-
schen Granula; von Körber, (D. med. Woch.
1912. S. 1494.)
Mehrfach wurden bei negativem Befund von
lichtfärbbaren Stäbchen noch Muchsche Granula
gefunden. Im Antiforminsediment war dieser
Unterschied jedoch nicht so häufig, was auf Irr-
tümer in der Deutung beim Originalausstrich hin¬
deutet Deshalb ist der Befund der Granula nur
nach vorhergehender Antiforminbehandlung für ein
positives Resultat zu verwerten.
Fränkel (Bonn).
723. Tubarkelbazillsn im strömenden
Blut; von RanBtröm. (D. med. Woch. 1912.
S. 1535.)
Unter 36 Fällen wurde 9mal ein positiver
Befund erhoben. Es waren sämtlich fiebernde
Patienten im 3. Stadium. 8 von diesen starben
kurze Zeit danach. Prognostisch scheint also der
Bazillenbefund ungünstig zu sein.
Fränkel (Bonn).
724. Tuberkulosestudien; von Webb.
(Bull, of the Johns Hopkins Hosp. 1912. S. 231.)
Nach Experimenten an Meerschweinchen und
Affen wurden Kinder vorsichtig mit kleinen Dosen
wenig virulenter Tuberkelbazillen immunisiert.
Der Pirquet blieb negativ. Auch Tuberkulöse im
3. Stadium wurden ohne Schaden mit lebenden
Bazillen bis zu 5000 subkutan geimpft.
Bei der Immunisierung wurden genaue Diffe¬
rentialzählungen der Leukozyten, sowie kutane
und intrakutane Tuberkulinreaktion vorgenommen.
Fränkel (Bonn).
725. Lungenspitzenemphysem und
dessen klinische Bedeutung bei Lungen¬
tuberkulose; von Orszäg. (Berl. klin. Woch.
1912. S. 1972.)
Ein umschriebenes Emphysem der Lungen¬
spitzen muß bei der Perkussion berücksichtigt
werden. Es ist mitunter durch Perkussion auf
der Wirbelsäule zu ermitteln. Fränkel (Bonn).
726. Thorax phthisicus und tuberkulöse
Disposition; von Hart (Berl. klin. Woch.
1912. S. 2024.)
H. tritt gegenüber Stiller für die von
Freund und ihm vertretene Auffassung ein,
daß die Lungenspitzentuberkulose zum Teil durch
eine besondere Disposition verursacht wird, die
in der Form der oberen Thoraxapertur ihren
Grund hat. Die Tierexperimente von Bacmeister
bilden den Schlußstein in der Beweisführung für
diese Theorie. Fränkel (Bonn).
727. Cardiac disease and pulmonary
tuberculosis; by N. G. Seymour. (New York
med. Journ. 1912. S. 592.)
An einem Material von über 2000 in der
Gouverneur Hospital - Tuberkuloseklinik zu New
York untersuchten Fällen wurde nachgewiesen,
daß von den Nicht-Tuberkulösen 11,7%, von den
Tuberkulösen 5% an einer Herzkrankheit litten.
Verhältnismäßig häufig fand sich eine Kombi¬
nation von unkomplizierter chronischer Endo¬
karditis mit Lungentuberkulose.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
728. Ober rekurrierende fieberhafte
Attacken bei chronischer Lungentuberku¬
lose; von Edson. (Boston med. and surg.
Journ. 1912. S. 151.)
Es gibt Fälle von chronisch verlaufender
Lungentuberkulose, bei denen sich für periodisch
wiederkehrende Fieberattacken eine klinische Ur¬
sache nicht nachweisen läßt Ist man durch
längere Beobachtung bereits über die Dauer des
Intervallstadiums orientiert, so empfiehlt es sich
(wenn nicht eine Komplikation das Fieber her-
vomift und andere Maßnahmen erheischt) die
Attacken durch Salizylsäurepräparate und andere
Maßnahmen zu kupieren. Fränkel (Bonn).
729. Physikalische Zeichen von Lungen¬
tuberkulose, verursacht durch Stenose der
Nase; von Lapham. (New York med. Record
1912. S. 202.)
In 2 Fällen wurde durch die Entfernung von
Wucherungen im Nasenrachenraum das Bild einer
beginnenden Lungenspitzenerkrankung zum Ver¬
schwinden gebracht Wahrscheinlich handelte es
sich um chronische brouchitische Prozesse, die
zum Kollaps und zur Schrumpfung des Gewebes
in den Lungenspitzen führen und dadurch die
physikalischen Zeichen einer beginnenden Lungen¬
tuberkulose vortäuschen können.
Fränkel (Bonn).
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240
II. Innere Medizin.
730. Bauchtumoren tuberkulösen Ur¬
sprungs; von Wiener. (New York med.
Record 1912. S. 154.)
Der eine Fall hatte einen Tumor der Gallen¬
blase, der zweite ein Sarkom des Os ileum vor¬
getäuscht. Die Tuberkulinreaktion und der Erfolg
einer Tuberkulinbehandlung, im ersten Falle auch
die Laparotomie, zeigten, daß es sich um tuber¬
kulöse Erkrankungen handelte.
Fränkel (Bonn).
731. Potentia generandi trotz doppel¬
seitiger tuberkulöser Epididymitis; von
Bull. (D. med. W'och. 1912. S. 1882.)
Patient ist trotz doppelseitiger tuberkulöser
Epididymitis mit vorübergehender Tuberkulose
der Prostata kombiniert doch der Vater dreier
Kinder. Die Frau ist nicht infiziert, 2 Kinder
haben negativen Pirquet, trotzdem das Sperma
bei Meerschweinchen Tuberkulose hervorruft.
Fränkel (Bonn).
732. Basedow-Symptome bei Lungen¬
tuberkulose; von v. Brandenstein. (Berl.
klin. Woch. 1912. S. 1840.)
Unter 100 Fällen von Lungentuberkulose wur¬
den 6°/ 0 mit ausgesprochenem Basedowsymptomen
und eine gewisse Anzahl mit „basedoiden“ Sym¬
ptomen beobachtet. Fränkel (Bonn).
733. Überlegungen über Häufigkeit und
klinischen Verlauf der Lungentuberkulose
auf Grund von Untersuchungen in einem
Greisenasyl; von Borton und Bruyant.
(Echo med. du Nord 1912. S. 405.)
Lungentuberkulose ist im hohen Alter zwar
nicht so häufig wie es nach pathologisch-anato¬
mischer Statistik scheint, aber auch nicht gerade
selten. Infolge der erlangten Immunität verläuft
sie chronischer, führt meist nicht so schnell zu
Kachexie wie in jugendlichem Alter und ist auch
selten mit positivem Bazillenbefund im Sputum
verbunden. Patienten dagegen, welche früher nie
an Tuberkulose erkrankt waren oder deren In¬
fektion bereits lange zurückliegt, können, weil
hier die relative Immunität fehlt, auch recht akut
erkranken. Fränkel (Bonn).
734. Anwendung von saurer Milch und
Milchsäurebazillen bei Lungentuberkulose;
von Bartlett und Murphy. (Boston med.
and surg. Joum. 1912. S. 311.)
Die Ernährung von Tuberkulösen ist oft
schwierig. Bei chronischer Diarrhöe und auch
bei Larynxphthise mit Schluckbeschwerden ist
saure Milch mit Vorteil anzuwenden. Zur Ge¬
winnung von saurer Milch erwies sich unter
vielen geprüften Stämmen von Milchsäurebazillen
am geeignetsten ein solcher von S. Leon Me-
dalia. Fränkel (Bonn).
735. Fürsorge für die entlassenen Fälle
von Lungentuberkulose; von Meyer. (New
York med. Record 1912. S. 241.)
Die Einrichtung von Erholungsfarmen, in
denen die Patienten ihrem Gesundheitszustände
entsprechend nach der Entlassung aus Heilstätte
oder Krankenhaus beschäftigt werden, wird emp¬
fohlen. So gelingt die Beobachtung und Unter¬
bringung vieler Patienten, die im Kranken hause
keinen Platz finden. Fränkel (Bonn).
736. The case of consumptives; by Th.
Glover Lyon. (Lancet Sept. 14. 1912. S. 755.)
Die spezifische Behandlung der Tuberkulose
muß wegen ihrer geringen Zuverlässigkeit zur
Zeit vor der Heilstättenbehandlung zurücktreten.
Besonders ist diese von großem Werte für alle
diejenigen, die gewöhnt sind, in Abhängigkeit von
anderen zu leben. Dagegen bildet sie eine Ge¬
fahr für alle, die in selbständiger Stellung sich
befinden. Sie werden leicht zum Müßiggänge
verleitet. Solche sollten möglichst in ihrer ge¬
wöhnlichen Umgebung behandelt und nicht aus
ihren Geschäften herausgerissen werden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
737. Künstliche Pleuritis zur Behand¬
lung der Lungentuberkulose; von Cecikas.
(Revue de M6d. 1912. S. 833.)
Die ungenügende Immunkörperbildung bei der
Lungentuberkulose soll durch eine anderweitig
verursachte Pleuritis angeregt werden. An der
Hand von Beispielen wird die günstige Einwir¬
kung einer spontan oder künstlichen, nichttuber¬
kulösen Pleuritis auf die Lungentuberkulose er¬
örtert. Letztere wird durch Injektion von Oleum
Terbinthini erzeugt. Wenn dieses in öl gelöst
wird, sind die Reizerschein uugen geringer. Be¬
weisend sind die angeführten Krankengeschichten
nicht F r ä u k e 1 (Bonn).
738. Zur Technik der Behandlung der
Lungentuberkulose mittels künstlichem
Pneumothorax; von Feulgen. (D. med.Woch.
1912. S. 1235.)
Angabe eines technisch verbesserten Apparates
zur Anlegung des Pneumothorax. Käuflich ist
der Apparat bei Stoß in Wiesbaden zu erhalten.
Fränkel (Bonn).
739. Künstlicher Pneumothorax gegen
die Lungentuberkulose; von Billon. (Gaz.
des Höp. 1912. S. 1415.)
Neben der berechtigten Forderung, den Pneumo¬
thorax nicht zu spät anzulegen, werden besonders
auch als beachtenswerte Kontraindikationen, Ad¬
häsionen, Doppelseitigkeit der Erkrankung, Lungen¬
emphysem, Durchlässigkeit der Pleura für das
Gas und ungenügende Kontrolle des Patienten er¬
örtert; ebenso interkurrente Erkrankungen.
Fränkel (Bonn).
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II. Innere Medizin.
241
740. Grundsätze der heutigen Tuber¬
kulinbehandlung; von Möllers. (Berl. klin.
Woch. 1912. S. 1969.)
Wo eine Kombination mit der hygienisch diä¬
tetischen Behandlung nicht möglich ist, kann bei
unkomplizierten Tuberkulosefällen des I. und
II. Stadiums auch eine ambulante Tuberkulinkur
durchgeführt ■werden. Zu empfehlen ist die ein-
achleichende Methode mit subkutaner Injektiou
anfänglich kleiner, langsam steigender Dosen.
Die Dosen sind individuell verschieden zu wählen,
unter Umständen sind die Tuberkulinkuren zu
wiederholen. Fränkel (Bonn).
741. Tuberkulinbehandlung der pro¬
gressiven Paralyse; von Pilcz. (Wien. med.
Woch. 1912. S. 2009.)
Eine Anzahl Patienten mit progressiver Para¬
lyse zeigten nach Tuberkulinbehandlung weit¬
gehende Remissionen. In anderen Fällen war
kein Erfolg vorhanden. Theoretisch ist die An¬
wendung von Tuberkulin kaum zu begründen (Ref.).
Fränkel (Bonn).
742. Städtische Ambulanz und Tuber¬
kulinbehandlung; von Fraser und Clark.
(Lancet 1912. S. 289.)
Bei 461 Fällen von Tuberkulose wurde mit
relativ gutem Erfolg eine ambulante Tuberkulin¬
behandlung vorgenommen. Es würde sich also
empfehlen, in geeigneten Fällen von einer Heil¬
stättenbehandlung der größeren Kosten halber ab¬
zusehen und diese nur für die ambulant nicht zu
behandelnden Fälle zu reservieren. Zu dem
Zwecke müßte die Ambulanz allerdings mit einem
Hospital, einer Heilstätte, einer Fürsorgestelle und
anderen städtischen Einrichtungen in engem Konnex
stehen. Fränkel (Bonn).
743. Jodtherapie bei Lungentuberkulose;
von Nieveling. (Berl. klin. Woch. 1912.
S. 1973.)
N. hat günstige Erfolge von einer Jodtherapie
gesehen. Er empfiehlt sie neben der sonst üb¬
lichen Behandlung anzuwenden.
Fränkel (Bonn).
744. Behandlung vorgeschrittener Lun¬
gentuberkulose mittels Dioradin; von Wells.
(Allg. med. Zentralzeit. 1912. S. 537 u. 551.)
Qünstige Einwirkung auf Allgemeinbefinden
und Bazillenbefund. Nierenläsionen gelten als
Kontraindikation. Fränkel (Bonn).
745. Alkali (Seife) bei Tuberkulose; von
W. Zeuner. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19.
H. 3. 1912.)
Z. führte unter dem Namen Molliment eine
Seifen-Tuberkelbazillenemulsion, außerdem auch
ein bazillenfreies Filtrat zum Immunisieren gegen
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
Tuberkulose ein, er bespricht in dem kurzen,
lesenswerten Aufsatze die innerliche und äußer¬
liche Verwendung der Seife (Kaliseife, Natr.
oleinic.) bei Tuberkulose und Skrofulöse.
Paul Krause (Bonn).
746. Über eine wesentliche Verbesserung
der Behandlung chirurgischer Tuberkulose
mit Stauungshyperämie; von A. Bier. (D.
med. Woch. 1912. S. 1121.)
Durch gleichzeitige innerliche Medikation von
Jodsalzen (JK 3 g täglich) ist es möglich, eine
täglich 12 Stunden unterhaltene kräftige und
wirksame Stauungshyperämie bei chirurgischer
Tuberkulose durchzuführen. Fränkel (Bonn).
747. Statistische Beiträge zur Heilstätten¬
frage; von F. Köhler. (Zeitschr. f. Tuberk.
Bd. 19. H. 3. 1912.)
Nach K.s Arbeit ergeben sich durchgreifende
Unterschiede in der Arbeitsfähigkeit und dem Ab¬
leben in dem Zeitraum bis zu 8 Jahren bei den
Tuberkulösen, welche eine Kur von ca. 3 Monaten
in einer Heilstätte durchgemacht haben und sol¬
chen, welche alsbald die Km - freiwillig aufgaben,
welche mit Nichtbehandelten (in einer Heilstätte)
gleichgesetzt werden können. Es sinkt bei Be¬
handelten die Pjozentzahl der nach 2, 4, 6,
8 Jahren jeweils in den letzten Jahren voll
Arbeitsfähigen langsam vou 60,9% auf 55%,
50,4% und 47,2%, sodaß also nach 6 Jahren
noch die Hälfte aller Behandelten voll arbeits¬
fähig in den letzten 2 Jahren gewesen ist, wäh¬
rend die Nichtbehandelten in größeren Sprüngen
von 49,7% auf 39,2% und 28,4% arbeitsfähig
blieben.
Die Zahl der Todesfälle steigt prozentual bei
durehgeführter Kur im Zeitraum von 8 Jahren
in jeweils 2 Jahren von 13,9% auf 21,7%.
27,8%, 33,3%, sodaß nach 8 Jahren % aller
behandelten Tuberkulösen verstorben ist. Die Zahl
der Todesfälle bei den Nichtbehandelten ist er¬
heblich, nach 6 Jahren ist über % verstorben,
noch 8 Jahren weit über die Hälfte tot.
Paul Krause (Bonn).
748. Ergebnisse der Heilstättenbehand¬
lung; von W. Bur ton und J. Fanning.
(New York med. Record 1912. S. 409.)
Von 1102 behandelten Patienten lebten nach
7 Jahren noch ca. 40,9%, von den nach der
Turbanschen Einteilung zum Stadium I gehörigen
noch 64%. Während der ersten 3 Jahre nach
dem Heilstättenaufenthalt starben insgesamt 50,7%,
vom Stadium I 28,2%, während der nächsten
3 Jahre insgesamt 7,1%, vom Stadium I 7,7%.
Fränkel (Bonn).
749. Sanatoriumbehandlung der Tuber¬
kulose; von Peters und Bullock. (New York
med. Record 1912. S. 461.)
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242
II. Innere Medizin.
Als Eeilfaktoren kommen in Betracht das
Klima, subkutane Injektionen von Eisen, Arsen
und Strychnin bei sekundärer Anämie infolge von
Tuberkulose, Anwendung von Salvarsan bei Kom¬
plikation mit Syphilis, Behandlung von Darm¬
blutungen, Blutdruckmessungen bei Übungen, An¬
wendung von Hormonen bei Vorstopfung, autogene
Vakzinetherapie und Tuberkulinkur.
Fränkel (Bonn).
750. Zur Sonnenbehandlung bei chir¬
urgischen Tuberkulosen; von F. de Quer¬
vain. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 114. S. 301.
1912.)
Einleitung zu den beiden folgenden Arbeiten
von Witmer und Franzoni.
Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen ist
Qu. der Ansicht, daß die Sonnenbestrahlung eine
der größten Fortschritte in der Therapie chir¬
urgischer Tuberkulosen ist, und schließt sich der
begeisterten Aufnahme dieses Verfahrens seitens
Bardenheuers voll und ganz an. Aufgabe
der Ärzte und Behörden ist es nun diese Be¬
handlungsmethode , die vorläufig noch an das
Höhenklima gebunden ist, möglichst weiten Krei¬
sen zugänglich zu machen. Fritsch (Breslau).
751. Über den Einfluß -der Sonnenbe¬
handlung bei der Hochgebirgsbehandlung
der chirurgischen Tuberkulosen; von J. Wit¬
mer. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 114. S.308.1912.)
Sehr dankenswerte und ausführliche genaue
Schilderung der Technik der Sonnentherapie, die
sich bei den verschiedensten Fällen von Tuber¬
kulose glänzend bewährt, wie an Beispielen ge¬
zeigt wird. Es wird Wert auf eine ganz all¬
mähliche Steigerung der Zeitdosis der Sonnen¬
bestrahlung von 3mal täglich 5 Minuten bis auf
3—5 Stunden gelegt und zweitens auf Bestrah¬
lung des ganzen Körpers in allen Fällen, damit
der oft weit von den Fisteln entfernte Herd
sicher mit getroffen wird. Die Arbeit schließt
mit der Erörterung einiger theoretischer Fragen,
aus den hervorzuheben wäre, daß man neuerdings
im Gegensatz zu der früheren Ansicht Finsens
doch eine Tiefenwirkung der Sonnenstrahlen für
feststehend hält und daß es durchaus nicht aus¬
geschlossen ist, daß uns bis jetzt unbekannte
Wellen oder Energieformen von der Sonne zu
uns gelangen, die vielleicht auch ganz unbekannte
Wirkungen auf die Zellen ausüben. Literatur¬
verzeichnis von 41 Nummern.
Fritsch (Breslau).
752. Vakzinebehandlung bei chirurgischer
Tuberkulose; von Fraser und Mc Gowan.
(Lancet 1912. S. 608.)
Die Fälle wurden nicht besonders ausgesucht,
meist waren es solche, die bei der gewöhnlichen
BehaDdlungsweise keine Besserung zeigten. Am
günstigsten wurde Drüseutuberkulose beeinflußt.
Nachteile der Methode sind das Auftreten starker
Allgemein- und Lokalreaktionen, die durch Herab¬
gehen in der Dosis vermieden werden müssen.
Fränkel (Bonn).
753. Spezifische Behandlung der Lun¬
gentuberkulose und ihrer Komplikationen;
von Lyon. (Boston rned. and surg. Joum. 1912.
S. 149.)
Bei fortgeschrittener Lungentuberkulose sind
Mischinfektionen mit anderen Bakterien häufig.
Diese werden vor oder zugleich mit einer Tuber¬
kulinbehandlung durch spezifische Vakzine be¬
kämpft, was auch die Tuberkulintherapie fördert
In einigen Fällen ist ein polyvalentes Colivacein
oder wo dies fehlt ein aus den eigenen Fäzes
hergestelltes zu empfehlen. In fortgeschrittenen
Stadien oder in Fällen von Toxämie ist das
Tuberkulin ein nützliches Unterstützungsmittel der
Heilstättenbehandlung. Fränkel (Bonn).
754. Einrichtungen zur Bekämpfung
und Heilung der Tuberkulose als Ele¬
mente in dem sozialen Schutz gegen die
Krankheit; von Otis. (Boston med. and surg.
i Joum. 1912. S. 145.)
Durch öffentliche und private Fürsorge wer¬
den Heilstätten, Polikliniken, Freiluftschulen und
andere Maßnahmen zur Bekämpfung der Tuber¬
kulose in Boston unterhalten. Fränkel (Bonn).
755. Bericht über die 4. Tuberkulose¬
konferenz von Massachusetts. (Boston med.
and surg. Joum. 1912. S. 808.)
Folgende Themata wurden referiert:
Uber Freiluftsehulen (Einführung) von Lee. Frei¬
luftschulen in Springfield von Ober. Über Freiluft¬
schulen von Chadwick. Beibehaltung der Isolier-
bospitäler von Eamoi. Was ist das Schicksal der
aus den Landesheilstätten entlassenen Patienten? von
£ night. Beziehungen zwischen den staatlichen and
lokalen GesundheitsbehSrden von C u r t i s. Arbeits¬
behandlung der Tuberkulösen von Cabot.
Fränkel (Bonn).
756. Herstellung und Verwendung eines
Sputumextraktes zur Behandlung fort¬
geschrittener Tuberkulose; von J. Buhe-
mann. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd.19. S.54. 1912.)
Unabhängig von einander haben Mas sin i,
Wittgenstein, Hoffmann und Martin
Versuche angeetellt, Tuberkulöse mit dem von
den Patienten selbst stammenden Sputumfiltrat,
welches subkutan injiziert wurde, zu behandeln.
R. teilt mit, daß er bereits seit 2 Jahren vor
diesen Autoren entsprechende Versuche in An¬
griff genommen habe, indem er von dem Ge¬
danken ausging, daß antitoxische Stoffe im Sputum
zwecklos ausgeworfen würden, während sie im
Körper wertvolle Dienste leisten könnten. (1) Das
Extrakt gewinnt R. durch 48 Stunden langes
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II. Innere Medizin.
243
Ausschütteln, nachdem vorher das Sputum 4fach
mit Wasser verdünnt worden war. Darauf wurde
sorgsam filtriert und als konservierendes Mittel
Karbol zugesetzt. Das Extrakt ist leicht opak
und ließ erst nach einigen Wochen eine sehleim¬
artige Schicht zu Boden fallen. Im Gegensatz
dazu verdünnte Hoffmann und Martin das
Sputum mit der gleichen Menge einer 0,5 proz.
Kochsalzlösung und setzte das erhitzte Gemisch
15 Tage lang täglich einer Temperatur von 50
bis 55° aus, um möglichst starke Lysis der im
Auswurf enthaltenen Bakterien zu erzielen. K.
gibt an, daß er Besserungen bei fortgeschrittenen
Lungentuberkulosen bei Lupus, tuberkulöser Cho¬
rioiditis und bei Blasentuberkulose erzielt habe.
Eine der markantesten Erscheinungen sei die zu
wiederholten Malen konstatierte Einwirkung der
Injektion auf das Verhalten der Tuberkelbazillen
gewesen. Sie hätten sowohl an Zahl beträcht¬
lich abgenommen, außerdem hätten sie auffallende
Degenerationssymptome gezeigt. R. spritzte zu¬
erst Dosen von 0,1 ccm des Extraktes ein,
2—3mal in der Woche, stieg dann allmählich
bis 0,5—1 ccm. Experimentelle Studien über
die Berechtigung dieser Therapie fehlen. Die
mitgeteilte Kasuistik ist ungenügend, um ein Urteil
über den Wert dieser Methode fällen zu können.
Paul Krause (Bonn).
757. Schutzmasken bei Lungenunter¬
suchung (Grundts Maske); von Magne
Rünnevig. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 3.
1912.)
Empfehlung einer Maske, welche das Gesicht
gut abschließt, porös und billig ist.
Paul Krause (Bonn).
Magen- und Darmkrankheiten.
758. Über Xerostomie; von II. C ursch -
mann. (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 221.
1912.)
Bei einem 29jähr. höheren Beamten beobachtete C.
nervöse Xerostomie. Der neurasthenisch beanlagte und
durch starke Masturbation geschwächte Pat. empfindet
beim Sprechen, sobald es sich um wichtigere Angelegen¬
heiten handelte, eine äußerst quälende Steigerung einer
in geringem Orade stets vorhandenen Trockenheit im
Munde. Pilocarpin 0,25 auf 30 Pillen vermag die
Mundschleimhaut feucht zu machen, aber nur für
kurze Zeit. Immerhin besserte dieser Erfolg die psy¬
chische Verfassung des Kranken und dadurch die Xero¬
stomie selbst. C. schließt an diesen Fall interessante
Bemerkungen über senile Xerostomie an.
Kad ner (Dresden).
759. Fibroms atrophy of the salivary
gland, with especial reference to the treat-
ment of salivary fistula. An experimental and
clinical study; by D. Tait (Surg., Gyn. and
Obst. Bd. 14. S. 456. 1912.)
T. studierte an Tieren den Einfluß künst¬
licher Verschließung des Ductus stenonianus auf
die Parotis.
Ligatur des Duktus schneidet leicht durch, wenn
starkes Material zu der Ligatur benutzt wird und hat
dann Fistelbildung zur Folge. Wenn bei Verwendung
von dünnen Ligaturfäden der Duktus durchschnitten
wird, So kann sich die Durchgängigkeit des Ganzen
wieder herstellen. Es kann sich ereignen, daß die Li¬
gatur nur unvollständigen Verschluß herbeifUhrt: Stenose.
Die Verschließung des Duktus hat atrophische
Sklerose der Parotis zur Folge, deren Ausdehnung
sich nach Dauer und Grad des Verschlusses
richtet. Tritt ein infektiöses Moment hinzu, so
kann dadurch der hyperplastische Prozeß be¬
schleunigt werden. Lange nachdem die Drüse
bereits fast völlig atrophiert ist kann noch Disten¬
sion des Duktus bestehen. Eine Fistel des Duk¬
tus stenonianus kann geheilt werden durch dop¬
pelte Ligatur des Duktus und Durchschneidung
desselben möglichst nahe der Drüse. Operationen
an dem bakterienreichen äußeren Teil des Ganges
haben leichtere Fistelbildung zur Folge, als solche
an dem inneren Drittel, welches fast bakterien¬
frei ist.
Stenosen des Ausfiihrungsganges können bei Parotis
und Submaxillaris durch das Vortäuschen maligner
Neubildungen zu schweren therapeutischen Mißgriffen
führen. Bei Experimentaluntersuchungen an Drüsen
mit Ausführungsgang sollte die Wirkung des Ver¬
schlusses dieses immer nur nach doppelter Ligatur und
Durchschneidung, wie nach einfacher Ligatur studiert
werden. Kadner (Dresden).
760. Über den Einfluß des Kauaktes
und über die Wirkung psychischer Fak¬
toren auf die Beschaffenheit des Magen¬
inhaltes und Probefrühstück; von Gisela
Skray. (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18.
S. 495. 1912.)
Ungenügendes Kauen steigert die Azidität und
verschlechtert meist die Chymifikation. Letztere
ist auch bei sorgfältigem Kauen mangelhaft, wenn
der Magen sub- oder anazid ist. Die Beschaffen¬
heit des Gebisses allein hat keinen wesentlichen
Einfluß auf die Chymifikation. Es ist zum emp¬
fehlen, bei Einnahme des Probefrühstückes auf
sorgfältiges Kauen zu halten. Kadner (Dresden).
761. Über die Frühdiagnose der Krebse
des Verdauungskanales mit besonderer
Berücksichtigung der serologischen Me¬
thoden; von G. Keil ing. (Arch. f. Verdauungs¬
krankh. Bd. 18. S. 164 u. 329. 1912.)
Einige Bemerkungen zu G. Kellings
Abhandlung: „Über die Frühdiagnose der
Krebse des Verdauungskanales etc.“; von
J. Wolff. — Antwort auf obigen Artikel;
von G. Kelling. (Arch. f. Verdauungskrankh.
Bd. 18. S. 538 u. 539. 1912.)
Nach Besprechung der verschiedenen biologi¬
schen Methoden zur Frühdiagnose des Krebses
erklärt K. die A s c o 1 i sehe für brauchbar, die er
selbst zu Kontrolluntersuchungen benutzt. Wird
sie unter den von K. angegebenen Bedingungen
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II. Innere Medizin.
angewandt, so ist bei positivem Ausfall „die \
Wahrscheinlichkeit, daß Karzinom vorliegt, für
Krankheiten der Verdauungsorgane lömal so
groß, als daß dies nicht der Fall ist“. Von den
Reaktionen mit Blutkörperchen geben die isolyti¬
schen Methoden schlechtere Resultate als die
hetorolytischen. Am besten geeiguet fand K. die
Blutkörperchen der Hühner, besonders weil es j
gewisse Hemmungsreaktionen gibt (z. B. Krebs¬
krankenserum hebt die Hämolyse von Hühner¬
blutkörperchen durch Hühnerserum auf in einer
Dosis, die mit normalem Menschenserum nicht
hemmt), die sich nur mit Hühnerblutkörperchen,
bzw. Hühnerblutserum ausführen lassen. Die
Reaktion scheint von einer gewissen Minimal¬
größe des Tumors ab: thängen, die bei Rezidiven
geringer ist • Sie beruht auf nicht vom Tumor
abgesonderten Stoffen, sondern auf Antistoffen.
3 —4 Wochen nach Exstirpation des Tumors ver¬
schwindet sie. Fehlreaktionen treten besonders
bei infektiösen von Eiterkokken herrülirenden
Prozessen ein.
Der Inhalt der interessanten Arbeit ist mit diesen
Angaben längst nicht erschöpft. Diese sei deshalb zum
Selbststudium empfohlen. Die Anschauungen K.s haben
viel Widerspruch erfahren, wie auch die Kritik Wolffs
beweist. Der Gegenstand ist offenbar Doch nicht spruch¬
reif. Kadner (Dresden).
762. Some diagnostic aids in gastric
diseases; by E. A. Aronsou. (New York
med. Journ. Bd. 46. S. 580. 1912.)
Bei der Diagnostik der Magenkrankheiten ist
besonderer Wert auf Schmerzpunkte, zumal auf
der epigastrischen Druckpunkt zu legen. Wichtig
ist die Auskultation des Magens, wobei auf das
Durchspritz- und das Durchpreßgerätisch zu achten
ist. Neben eingehenden chemischen Proben dürfen
auch die biologischen nicht übergangen werden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
763. Urämie digestive Simulant le cancer
du pylore; by M. Castaigne. (Gaz. des
Hop. Bd. 85. Nr. 59. 1912.)
Schilderung einiger Krankheitsfälle, aus denen her¬
vorgeht, daß erhebliche Magenerscheinungen von der
Art, wie sie bei Karzinom des Fylorus zu beobachten
sind, zu falschen diagnostischen Schlüssen führen
können — wenn man Herz- und Nierenfunktion zu
prüfen unterläßt (was allerdings, besonders bei der
Untersuchung eines Schwerkranken, nicht Vorkommen
sollte. D. Ref.) Kadner (Dresden).
764. Eine einfache Methode zum Nach¬
weis der freien Salzsäure im Mageninhalt
ohne die Sonde; von Friedrich. (Berl. klm.
Woch. 1912. S. 1514.)
In Fällen, in denen man die Reaktion des
Mageninhaltes kennen möchte, die Sonde aber
nicht anwenden will oder kann, wird nachfolgend
angegebener einfacher Apparat sich brauchbar er¬
weisen. An einem langen mit Congo dunkelrot
gefärbten Faden hängt eine kleine Gelatinekapsel,
! die einen abgerundeten Metallkörper enthält, an
dem sich eine rosagefärbte Verlängerung des
Fadens befindet. Um den Apparat anzuwenden,
gibt man ein Probefrühstück, mißt dann mit dem
Faden die Länge ungefähr vom Mund bis zum
Magen ab, legt dann die Kapsel hinten auf die
Zunge und läßt sie unter Nachtrinken von Wasser
j schlucken. Nach ca. 20 Min. wird der Metall-
körper wieder herausgezogen. Die Kapsel hat
sich aufgelöst. Die Färbung des Fadens zeigt
ungefähr den Grad der Azidität an. Das hell-
rosa gefärbte Ende des Fadens reagiert auf nor¬
malen Salzsäuregehalt so gut wie nicht, bei mehr
oder weniger Säureabnahme mehr oder weniger
blau. Der dunkelrote Faden wird braun bei
unternormalen Werten, violett bei normalen, blau¬
schwarz bei übernormalen. Der Apparat, Gastro-
gnost, kostet 75 Pfennige und ist in der Apo¬
theke zu haben. Kadner (Dresden).
765. The use of olive oil to prevent or
relieve postanesthetic vomiting; by Robert
H. Ferguson. (New York med. Journ. 19L2.
S. 1350.)
Graham in Chicago fand, daß bei Operierten
das postoperative Erbrechen verhindert oder im
Beginn beseitigt werden konnte durch Darreichung
von Olivenöl sofort bei Erwachen aus der Nar¬
kose und bezog dies auf die Wiederherstellung
der Höhe eines vor der Narkose vorhanden ge¬
wesenen opsonischen Index, der durch die Nar¬
kose herabgedrüekt worden war. Bei Experi¬
mentaluntersuchungen mit Olivenöl am Dickdarm
war Graham auf diesen Zusammenhang ge¬
kommen. Ferguson kritisiert diese Anschau¬
ung; ein solcher Zusammenhang sei möglich,
wenn Nausea und Erbrechen, die nach Inhalation
von Äther oder Chloroform auftreten, von einer
direkten Wirkung der Anästhetika auf das Er¬
brechen erregende Zentrum abhingen, dann könne
das iu den Dickdarm gebrachte öl durch Wieder¬
herstellung des Gleichgewichtes der Lipoide in
den Nervenzellen zur Beseitigung des Brechreizes
beitragen. Diese Abhängigkeit sei eben nicht
erwiesen. Damit stimmt das negative Ergebnis
der Kontrollversuche F.s überein.
Kadner (Dresden).
766. Trais observations de brülure de
l’estomac par l’ingestion des acides; par
M. Xavier. Delore. (Gaz. des Höp. 1912.
S. 1115.)
Unter Bezugnahme auf 3 eigene Beobachtungen
sagt D. über die Beurteilung von Magenverbrennungea
durch Säuren: Die Folgen können sein: 1. tiefe Nekrose,
die bald Perforation zur Folge hat, 2. oberflächlichere
Verletzungen, die zur Narbenbildung führen. Letztere
haben, je nach Ausdehnung der Narbe, verschiedenen
Einfluß auf die Gestalt des Magens: er wird von klei¬
nerem Umfang und retrahiert erscheinen können, oder
erheblich erweitert, letzteres, wenn die Narbe den
Pylorus erreicht. Die klinischen Anfangserscheinungen
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II. Innere Medizin.
245
sind immer alarmierend, besonders sind Bauchdecken-
epannung und Meteorismus neben heftigeren Allgemoin-
erseheinungen als Zeichen beginnender Peritonitis an¬
zusehen. Bei dem retrahierten Magen tritt bei jedem
Versuch der Nahrungszufuhr Erbrechen auf, das leicht
fälschlich für osophagealen Ursprungs gehalten werden
kann. Dieser Magen ist intolerant infolge diffuser
Gastritis. Der dilatierte Magen gibt alle Zeichen der
Pylorusstenose. Prognose und Therapie dieser Formen
sind natürlich grundverschieden. Kadner (Dresden).
767. Oie Wirkungen einer Binde bei
der Gastroptose. Eine klinisch-röntgenologische
Studie; von A. Borgbjärg und J. F. Fischer.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 441. 1912.)
In einer von Röntgenabbildungen begleiteten
Arbeit spricht B. über die Behandlung der Gastro-
ptoße mit Binden.
Mit der Binde Vermehrens ließ sich iu einem
Fall ein sehr günstiges Ergebnis radiologisch nach-
weisen, in einem anderen Falle war die Wirkung ge¬
ring, 6 weitere Patientinnen zeigten keinen Einfluß der
Binde auf die Mageuptose.
In einigen dieser Fälle ließ sich der Magen
jedoch heben, wenn mit der Hand auf den vor¬
deren Teil der Binde ein Druck ausgeübt wurde.
Deshalb legte nun B. in die Vermehrensche Binde
eine Pelotte nach Enriquez ein. Die Binde
war unelastisch. Auf diese Weise wurden sehr
gute Wirkungen auf die Ptose sowohl des Magens
als des Kolons, außerdem ein günstiger Einfluß
auf die subjektiven Empfindungen der Patienten
erzielt Bei jüngeren Kranken wurde auch die
Entleerung des Magens erleichtert — vielleicht
auch eine Kräftigung der Magenmuskulatur er¬
reicht. Kadner (Dresd en).
768. Die Feststellung versteckter Blu¬
tungen im Mageninhalte; von Gr. Brauer.
{Spitalul. Bd. 10. 1912.)
Es gibt unbedeutende Magenblutungen, die
den Mageninhalt nicht färben und deren Fest¬
stellen trotzdem von Bedeutung ist, namentlich
für die Karzinomdiagnose. Man wendet am besten
die Gnajakprobe an, wobei berücksichtigt werden
muß, daß kleine BlutmeDgen, bei Anwesenheit
von freier Salzsäure, wie auch sonst von art¬
organischen Säuren, kleine Blaufärbung bewirken.
Um dies gegebenen Falles bewirken zu können,
muß die vorhandene Salzsäure neutralisiert werden,
was am besten mittels 1 / 10 proz. NaOH-Lösung
geschieht. Es wurde behauptet, daß auch orga¬
nische Säuren die Guajakharzreaktion verhindern.
Dies ist unrichtig, wie sich B. durch die an-
geetellten Untersuchungen in vitro überzeugen
konnte. E. Toff (Braila).
769. Ober die „konstitutionelle“ Achylie;
von R. Schmidt (Med. Elin. 1912. S. 595.)
Sch. spricht in einer an Interessantem reichen
Arbeit über konstitutionelle Achylie, und wendet
sich namentlich gegen die Ansicht daß im all¬
gemeinen der Achylie eine chronische Gastritis
zu Grunde liegen müsse. Die konstitutionelle
Achylie ist eine Krankheit, die schon im jugend¬
lichen Alter bei auch konstitutionell minder¬
wertigen Individuen beobachtet wird. Dje Tat¬
sache, daß bei Autopsien von mit „essentieller“
Achylie behafteten Individuen fast immer Rund¬
zelleninfiltration gefunden wird, bringt Sch. mit
der bei diesen oft vorhandenen Lyraphämie in
Beziehung. Diese Zustände seien als ganz eigen¬
artige Entzündungsprozesse etwa mit der Con¬
junctivitis lymphatica in Parallele zu stellen und
haben, endogen bedingt, in einem Status lympha-
ticus und latenter Tuberkulose ihren Ursprung.
Kadner (Dresden).
770. Apercu clinique sur les effections
de l’estomac et de duodänum; par M. V.
Panchet. (Gaz. des Höp. Bd. 85. S. 959. 1912.)
P. spricht über die diagnostische Bedeutung von
Magenbeschwerden und stellt fest, daß nur etwa 10°/ 0
von sogenannten Magenleiden wirklich ihren Sitz im
Magen haben. Kadner (Dresden).
771. Zur Diagnostik von Magendarm¬
krankheiten mittels des alten Röntgen-
Zeitinstrumentariums; von Erich Zabel.
(D. med. Woch. 1912. S. 84G.)
Z. bemüht sieh in einem mit guten Abbildungen
versehenen Aufsatz nachzuweisen, daß für praktische
Arzte auch die älteren Röntgeneinrichtungen völlig aus¬
reichende diagnostische Auskünfte liefern können.
Kadner (Dresden).
772. Considörations ötiologiques et pa-
thogeniques ä propos d’un cas de dila-
tation aigue de l’estomac apr&s tröpanation
mastoidienne; par G. Petit. (Gaz. des Höp.
Bd. 85. S. 913.)
Nach P. sind die Erscheinungen der post¬
operativen akuten Magendilatation, wenn sie bei
Operierten auftreten, deren Bauchhöhle nicht er¬
öffnet wurde, auf reflektorische Hemmung des
Vagus zurückzuführen, wie aus der gleich¬
zeitigen Beeinflussung der Magemnotilität, der
Herztätigkeit und der Respiration hervorgehe, und
zwar vermöge reflektorische Reizung des medul¬
lären Vagusknotens den ganzen Symptomenkomplex
hervorzurufen.
Bericht eines einschlägigen Falles: Psychisch
Kranker, schwer epileptische Person, wurde wegen
Otitis der Process. mastoid. trepaniert Dabei trat
typische akute Magenerweiterung ein, die durch Magen¬
spülungen gehoben wurde. Kadner (Dresden).
773. Über das Verhalten des Pylorus-
reflexes gegenüber verschiedenen Gasen;
von H. Rotky. (Prag. med. Woch. Bd. 37.
S. 207. 1912.)
Untersuchungen, die R. an Tieren und Men¬
schen ausführte, über die Wirkung von in den
Magen gebrachten Gasen auf den Pyloru3reflex,
zeigten, daß reiner Sauerstoff an dem Pylorus
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II. Innere Medizin.
keinen Widerstand fand, wahrend Luft und Stick¬
stoff in mäßigem Grade, Kohlensäure weit er¬
heblicher an dem Übertritt in den Darm durch
Pylorusschluß behindert wurden. Die Versuche
zeigten auch, daß der nüchterne Magen voll¬
ständig kontrahiert ist Bei Kohlensäureaufblähung
schien eine stärkere Peristaltik aufzutreten.
Kadner (Dresden).
774. Zur Diagnose und Therapie der
Mageninhaltsstauung; von E. Fricker.
(Korr.-BL f. Schweizer Ärzte 191^. H. 12. S. 441.)
Mageninhaltsstauung liegt nach F. immer dann
vor, wenn morgens nüchtern (nach 12stündiger
Ruhepause) der Magen noch makroskopisch wahr¬
nehmbare Speisereste enthält. Aber auch mikro¬
skopisch wahrnehmbare Speisereste kommen im
motorisch völlig intakten Magen unter den gleichen
Umständen nicht oder nur in ganz vereinzelter
Zahl (meist einige Amylumkörner) vor. Dagegen
ist die Anwesenheit von Sarzine in Ballenform
oder von zahlreichen Bras-Opplerschen Bazillen
im nüchternen Magen auch bei Fehlen von makro¬
skopischen Speiseresten ein absolut zuverlässiges
Zeichen von Magen Stagnation. Jeder Mageninhalt,
ausgeheberter oder erbrochener, der eine starke
Anreicherung des einen oder des anderen obige
Mikroorganismen zeigt, weist entweder auf eine
erhebliche Störung nur der Motilität oder der
Motilität und des Chemismus hiu. F. konnte bei
Atonie und Descemus ventrieuli nicht ein einziges
Mal ausgesprochene Mageninhaltsstauung beob¬
achten. Die Entleerung konnte allerdings 8 bis
10 Stunden dauern. Dagegen wurde bei akutem
und subakutem Magengeschwür oft Stauung leichter
Art und bei Ulcus penetrans sogar in ausge¬
sprochener Weise konstatiert. Das Röntgenbild
bestätigte obige Angaben. F. zieht aus diesen
Beobachtungen Schlüsse auf die Therapie.
Kadner (Dresden).
775. Zur Diagnostik der Sanduhrformen
des Magens; von Franz Bardachzi. (Prag,
med. Woch. 1912. S. 619.)
Das charakteristische röntgenologische Zeichen
des Sanduhrmagens (Teilung des Magenschattens
in 2 Hälften, verbunden durch einen schmalen
Kanal) kann vorgetäuscht werden durch geblähte
Darmschlingen, die auf den Magen drücken;
ferner durch abnorm tiefe peristaltische Ein¬
ziehungen, die indes sich meist schnell ändern.
Die Unterscheidung des echten vom spastischen
Sanduhrmagen ist oft schwierig. Der spastische
beruht. meist auf Ulkus (Rieder, Härtel,
Stierlin, Haudek). Charakteristisch für die
spastische Form ist die rasche Füllung des zweiten
Sackes schon während der Mahlzeit, die Inkon¬
stanz des Lumens der Stenose, Wechsel der Form
der gewöhnlich an der großen Kurvatur sitzenden
Einschnürung mit der fortsclireitenden Verdauung,
weichen des Spasmus auf Atropin. Benigner und
karzinomatöser Sanduhrmagen sind besonders
schwer zu unterscheiden, wenn der Krebs auf
einer Ulkusnarbe entstanden ist. Beim Karzinom
sind infolge Überwiegen des Zerfalles die Stenosen
nicht so eng; zwei sehr ungleiche Hälften sprechen
für Krebs. Beim Geschwür erscheinen mit Wis¬
mut gefüllte radiär gesichtete Schleimhautfalten.
Der Kanal liegt beim Ulkussanduhrmagen stets
an der kleinen Kurvatur (Haudek), nur an dieser
ist die Kontur zackig-unregelmäßig, die Kontur
der großen Kurvatur ist scharf. Bei Karzinom
liegt der Kanal mehr in der Magenachse, die
große Kurvatur ist auch unregelmäßig konturiert;
die Verengerung erstreckt sich über einen län¬
geren Magenabschnitt Kadner (Dresden).
776. Zur Untersuchung des Stuhles auf
okkulte Blutungen bei Magenkarzinom;
von Franz Bardachzi. (Wien. klin. Woch.
1912. S. 1531.)
B. empfiehlt auf Grund sorgfältiger mit allen
Kautelen vorgenommener Untersuchungen drin¬
gend bei Kranken mit Verdacht auf Magen¬
karzinom den Stuhl unter Benutzung der hoch-
empfindlichen Benzidinprobe auf okkulte Blu¬
tungen zu untersuchen. Von 58 Fällen zeigten
nur 4 negativen Ausfall, bedingt durch hoch¬
gradige Pylorusstenose, die den Austritt von Blut
in den Darm hinderte. Kadner (Dresden).
777. Zur Kasuistik der Geschwüre der
kleinen Kurvatur und hinteren Magenwand;
von V. Lieblein. (Prag. med. Woch. 1912.
S. 234.)
Krankengeschichte, an der die große diagnostische
Bedeutung des linksseitigen Magenschmerzes gezeigt
wird, der nach Riedel das verläßlichste Symptom der
Ulzera der kleinen Kurvatur und hiDteren Magen¬
wand ist. Kadner (Dresden).
778. Über die Wirkung des organischen
Phosphors (Phytin) beim runden Magen¬
geschwür; von J. Wolpe. (Arch. f. Ver-
dauungskrankh. Bd. 17. S. 136. 1911.)
W. schreibt dem Phytin (organischer Phos¬
phor) eine günstige Wirkung auf den Verlauf des
Magengeschwüres zu, die darauf beruhen soll,
daß das Medikament den nervösen Zustand der
Kranken bessert, die Ursache ihrer Magensaft-
Hypersekretion. Die Wirkung des Phytin direkt
auf die Magenschleimhaut ist jedoch sekretions¬
reizend. Deshalb muß das Mittel bei Säureüber¬
schuß in Glutoid-Kapseln gegeben werden, die
sich erst im Darme lösen. Die Darreichung des
Mittels wurde durch Alkalien unterstützt, die
eventuell die Einhüllung des Phytins in Kapseln
unnötig machten. Nach mehr weniger langem
Gebrauche des Mittels schwindet die Blutsekretion
des Mageninhaltes: Vernarbung.
Kadner (Dresden).
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II. Innere Medizin.
247
779. Ein Beitrag zur Behandlung des
Magengeschwüres; von Franz von Fink.
(Prag. med. Woeh. 1912. S. 413.)
Aufstellung der Indikationen für die chirurgische Be¬
handlung des Magengeschwüres unter ausdrücklicher Be¬
tonung der Notwendigkeit des Zusammenwirkens von
inneren Ärzten und Chirurgen. Kadner (Dresden).
780. Kardiospasmus und Ulcus ventri-
culi ; von Heyrovsky. (Wien. klin. Woch.
1912. S. 1406.)
Bericht einiger abnorm verlaufener Fälle von
Kardiospasmus, aus deren Schilderung hervor-
goht, daß Fehldiagnosen des Leidens auch bei
exakter Beobachtung Vorkommen können. H.
nimmt an, daß das Zusammentreffen von Kardio¬
spasmus mit Ulcus ventriculi auf eine nahe Be-
Ziehung der beiden Leiden zueinander zurück- ]
zu führen sei. Es sei möglich, daß das Ulkus bei
Menschen mit gesteigertem Tonus des autonomen
Systems Kardiospasmus hervorrufe. In der Tat
waren bei den meisten der Kranken, die H. be¬
obachtete, dieser gesteigerte Tonus nachzuweisen.
Auch führt H. literarische Angaben an, die seiner
Ansicht nach zur Bestätigung dienen können.
Kadner (Dresden).
781. Über Ulcus ventriculi und Ulcus
duodeni; von Emil Schütz. (Wien. klin.
Woch. 1912. S. 1513.)
Eine gute Übersicht über den jetzigen Stand
der Kenntnis des Ulcus ventriculi und duodeni
schließt Sch. mit der Feststellung ab, daß die
Diagnose dieser Leiden jetzt sicherer und leichter
gestellt werden könne. Der diagnostischen Be¬
deutung der Hyperazidität mißt Sch. größere Be¬
deutung bei. Man solle dieses Symptom nicht
als nervös, sondern als meist organisch bedingt
betrachten, selbst wenn der Nachweis eines Ulcus
nicht deutlich erbracht werden kann. Es sei
besser ein Ulkus zu vermuten, wo keines vor¬
handen ist, als umgekehrt. Kadner (Dresden).
782. Über die Röntgendiagnostik des
Ulcus duodeni und anderer duodenaler
Affektionen; von Alexander Baron und
Theodor Bärsong. (Wien. klin. Woch. 1912.
S. 1521.)
Wert und Bedeutung der verschiedenen Sym¬
ptome der duodenalen Krankheiten sind verschie¬
den. Die Dextroposition des Magens, wenn sie
mir die Pars pylorica betrifft, beruht meist auf
duodenalen Verwachsungen und zeigt dann schwere
chronische Veränderungen an. Die totale Dextro¬
position, die auch höhere Magenteile betrifft, ist
Folge des verstärkten Tonus der Magenmusku¬
latur; sie kann auch auf Verlagerung des Magens
durch Tumoren oder durch Hepatofixation des
Magens bedingt sein, endlich auch durch starke
Auftreibung des Dickdarmes, die nicht selten bei
Ulcus duodeni beobachtet wird. Hypertonie kann
die Ursache von Dextroposition unter sehr ver¬
schiedenen Umständen sein; sie ist es bei Duo¬
denalgeschwüren verhältnismäßig selten. Außer
der hypertonischen Magenform findet sich auch
die orthotonische, hypotonische und ektatische
bei Duodenalgeschwüren; letztere nur bei hoch¬
gradigen Stenosen. Gesteigerte Peristaltik drückt
sich als kleinballige Segmentation (Schwarz)
aus, gegenüber der großballigen bei Pylorusstenose.
Doch kann die Peristaltik bei Duodenalaffektionen
auch imverändert sein. Die Austreibungszeit des
Magens ist bei nicht stenosierenden Dodenal-
affektionen gut, ebenso bei kompensierten, vom
Magen entfernten Stenosen, die nur zu Beginn
der Untersuchung durch das Holzknechtsehe Sym¬
ptom nachzuweisen sind. Die nahe dem Pylorus
gelegenen kompensierten Stenosen sind selbst bei
Beginn der Untersuchung nicht nachzuweisen,
weil die Erscheinungen von den bei nicht steno¬
sierenden Geschwüren auftretenden nicht unter¬
schieden werden können; sie werden nur bei
der Operation erkannt (Bier). Ebenso verhalten
sich die dekompensierten juxtapylori sehen Ste¬
nosen ; nur bei geringeren Graden der Kompensa¬
tionsstörung weist der nach 6 Stunden im Magen
oder Duodenum nachweisbare Rest auf spastische
oder geringe organische Stenose hin. Nicht kom¬
pensierte hochgradige Duodenalstenose ist von
kompensierter Pylorusstenose nicht zu unterschei¬
den. Stärkere Füllung des Duodenum findet sich
oberhalb der Stenose mehr oder weniger deutlich
je nach Enge der Stenose, bei geringen Stenosen
und bei juxtapylorischen Geschwüren ist das
Duodenum besser gefüllt als normal; diese Er¬
scheinung tritt auch bei Carcinoma ventriculi und
Achylie (erhöhte Pylorusdurchgängigkeit) und bei
periduodenalen Affebtionen statt. Das Nischen¬
symptom, ohne Gasblase, zeigte perforirendes
Ulcus duodeni an. Druckempfindlichkeit im Duo¬
denumschatten ist besondere bei perforierendem
Ulcus vorhanden; tritt aber auch bei Krankheit
der Gallenwege und des Pankreas auf. Die
Röntgenbeobachtung sei nur selten für’die Dia¬
gnosenstellung von Duodenalaffektionen ausrei¬
chend; sie biete nur in einem Teil der Fälle
wesentliche Anhaltspunkte filr die Diagnose,
könne aber auch ganz negativ sein.
Kadner (Dresden).
783. Die diagnostische Bedeutung der
duodenalen Magenmotilität; von Fritz Gis-
ler und Siegmund Kreuzfuchs. (Wien. klin.
Woch. 1912. S. 1526.)
Die duodenale Magenmotilität (hocheinsetzende,
tiefeinschneidende, segmentierende Korpus- und
vertiefte, zuweilen fast abschnürende Antrumperi¬
staltik bei normalem bis stark erhöhtem Tonus
und bei offenstehendem Pylorus, alsbaldige Fül¬
lung des Duodenum und Jejunum mit Wismut-
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II. Innere Medizin.
mahlzeit), bei allen Duodenalstörungen beobachtet,
kommt auch bei Hypazidität und Achylie vor, ist
aber auch hier Folge des Wegfalles des Duo¬
denalreflexes. Sie müde beobachtet bei Icterus
catarrhalis, Erkrankungen der Gallenblase, Chole-
lithiasis, Pankreastumoren. In einem Falle von
Cholelithiasis -wurde gleichzeitig ein Hochstand
und eine eingeschränkte Beweglichkeit des rechten
Zwerchfelles gesehen, eine Erscheinung, die viel¬
leicht differentialdiagnostisch zur Unterscheidung
von Cholelithiasis und Appendizitis zu verwenden
sei. Über die Beziehungen zwischen duodenaler
Magenmotilität und Appendizitis werden Mittei¬
lungen in Aussicht gestellt Kadner (Dresden).
784. Kurze Erwägungen über die grob¬
physikalischen Eigenschaften des mensch¬
lichen Duodenal- (Jejunal-) Saftes; von M.
Groß. (Wien. klin. Woch. 1912. S. 1527.)
In 80% der Fälle konnte G. mit seiner Duo¬
denalröhre (vgl. frühere Berichte) ins Jejunum
gelangen. Es läßt sich gewinnen: Magensaft,
dünnflüssig, stark sauer; aus der Pars pylorica:
spärlich, dickflüssig-schleimig, schwach sauer bis
neutral; hier wird die Kugel oft minutenlang
durch Muskelkontraktion festgehalten; aus dem
Duodenum: in der Pars horizoutalis freier Zufluß
gelben, sauren, stark getrübten (Kohlensäureent¬
wicklung) Saftes, nach und nach klar und neutral
bis alkalischwerdend; bei der Papilla Vateri
Gallenbeimischung ; einmal wurden mikroskopische
Ablagerungen und Bruchstücke von Gallensteinen
gefunden; bis ein Stück ins Jejunum keine Än¬
derung (120 cm vom Mund); weiter unten (150—
200 cm) charakteristischer Dünndarmsaft. Dieses
Verhalten findet sich bei leerem Gastrointestinal¬
trakt. Genuß von Milch bewirkt nach 10 Sekun¬
den eine Avancewelle von reinem Duodenalsaft an
Stelle des Jejunalsaftes, nach nochmals 10 Sekun¬
den erscheint Milch, etwa 20 Minuten lang. Nach
25 Minuten ist schwach saurer Jejunalsaft zu
finden, dessen Säure bis 45 Minuten zu — dann
wieder abnimmt. Kadner (Dresden).
785. Surgical pathology of the stomach
and duodenum; by J. F. Birmie. (Surg.,
Gyn. and Obst. Bd. 14. S. 446. 1912.)
Die Seltenheit der Duodenumkrebse gegenüber
der Häufigkeit der Magenkarzinome bringt B.
mit der alkalischen Reaktion, die im Duodenum
herrscht, in Beziehung, sowie mit dem Umstand,
daß der Magen weit mehr mechanischen Insulten
ausgesetzt ist. Kadner (Dresden).
786. The importance of differentiating
catarrhs of the large and small intestine;
by A. E. Au s tin. (Boston med. and surg. Journ.
8. Aug. 1912. S. 188.)
Diarrhöe ist nicht immer ein Zeichen für
Dannkatarrh, und Obstipation schließt einen sol¬
chen nicht immer aus. Obstipation kann einen
ausschließlich auf das Kolon beschränkten Katarrh
begleiten. Wechselt sie mit Diarrhöe ab, oder
kommen die Stühle zwar zur normalen Zeit,
sind aber dünn, so handelt es sich oft um einen
kombinierten Dick- und Dünndarmkatarrh. Be¬
steht eine Achylia gastrica, so liegt mit großer
Wahrscheinlichkeit ein Dünndarmkatarrh vor. Die
Differenzierung von Dünn- und Dickdarmkatarrh
ist besonders für die Therapie wichtig.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
787. Über den Wert der Methoden zur
funktionellen Pankreasdiagnostik; von E.
Frank. (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18.
S. 121 u. 367. 1912.)
Eine sehr fleißige kritische Arbeit über den
Wert der Methoden zur Prüfung der Pankreas¬
funktion. Danach sind die Verfahren von Ein¬
horm (vgl. Schmidts Jahrb. Bd. 311. S. 178) und
von Groß am meisten geeignet sichere Resul¬
tate zu geben, wenn auch noch technische
Schwierigkeiten zu überwinden sind; außer ihnen
verdient nur noch das ölfrühstück Anwendung.
Die Ergebnisse der anderen Methoden können
nur unterstützend in Frage kommen.
Kadner (Dresden).
788. Accessory pancreas in the gastro¬
intestinal tract; by C. L. Gibson. (New York
med. Record 1912. S. 426.)
Das Vorkommen versprengter Pankreasinseln im
Bereiche des Magens und des oberen Dünndarms
ist kein allzu seltenes Ereignis. In dem mit¬
geteilten Falle G.s fand sich bei einer wegen un¬
klarer Magenbeschwerden vorgenommenen Probe¬
laparotomie ein tumor-artiges Gebilde in der Nähe
des Pylorus, das exzidiert wurde. Histologisch
erwies sich dasselbe als aus Pankreasgewebe be¬
stehend, ein kurativer Effekt blieb begreiflicher¬
weise aus.
Einige ähnliche Fälle werden aus der Literatur
zusammen gestellt. Melchior (Breslau).
789. Acute intestinal obstruction by
the appendix vermiformis, the obstruc¬
tion obscuring an acute appendicitis; by
E. Gillespie. (Lancet 1912. S. 792.)
lOjähr. Knabe kam mit den Zeichen einer Darm-
verschließung in Behandlung. Eine 18 cm lange Schlinge
des Ileum war durch ein anderes Eingeweide abge-
sebniirt. Das letztere entpuppte sich als der gestreckte
und verdünnte Processus vermiformis, der eine frische
Perforation an der Spitze zeigte. Letztere war durch
Befestigung am Mesenterium geschlossen. Außerdem
war die abgeschnürte Dannsohlinge um 90° rotiert in
demselben Sinne, in dem die Appendix die Schlinge
umfaßte. Tod. K ad n er (Dresden).
790. Ein Fall von Appendicitis bei Situs
inversus totalis; von Fr. Hollenbach. (D.
med. Woch. 1912. S. 850.)
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II. Innere Medizin.
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In dem. beschriebenen Falle, gelang es durch
röntgenologische Untersuchung nach Riederacher
Mahlzeit eine in der linken Bauchseite aufge¬
tretene Entzündung als Appendizitis bei Situs
in versus totalis zu diagnostizieren, zu operieren
und zu heilen. Kadner (Dresden).
791. Secondary parotitis following ope-
rations for appendicitis. With a report of
two mses; by Jacob Frank. (Surg., Gyn. and
Obst. 1912. S. 469.)
Bericht über 2 Fälle von Appendixoperationen,
die von Parotitis gefolgt waren. Von den ver¬
schiedenen Theorien über die Entstehung von
Parotitis nach Operationen sei in diesen Fällen
diejenige wahrscheinlich zutreffend, wonach eine
aufsteigende Infektion durch den Ausführungs¬
gang vom Munde aus stattfindet F. empfiehlt
darauf zu achten, daß bei der Narkose kein Druck
auf die Drüse ausgeübt werde. Wenn die
Schwellung der erkrankten Drüse nicht baldigst
zurückgeht, solle man nicht Fluktuation abwarten,
sondern den Eiterherd bald eröffnen, da er unter
dicken Faszien der Parotis gelegen ist
Kadner (Dresden).
792. Appendizitis und Kolitis; von E.
Sonnenburg. (Ther. d. Gegenw. 1912. S. 289.)
Kurze Zusammenfassung von S. schon früher
mehrfach ausgesprochener Anschauungen über die
Beziehungen der Appendizitis zu verschiedenen
Formen der Kolitis. Lesenswert!
Kadner (Dresden).
793. Le cyto-diagnostic des affections
de l’estomac ; p&r M. Vandamme. (Policlin.
Bd. 21. S. 145. 1912.)
Bestätigung im allgemeinen der Angaben von
Loeper und Bruct (Le cyto-diagnostic de
l’eetomac, Progröss m6d. 1911. S. 219), wonach
der normale Magen im nüchternen Spülwasser
große aus den oberen Wegen stammende Zellen,
ferner Zelltrümmer und veränderte Zellen unbe¬
stimmter Natur, endlich leukozytäre Detritus ent¬
hielt Bei pathologischen Zuständen mit Schleim¬
hautläsionen treten Leukozyten, rote Zellen und
Magenschleimhautzellen verschiedenster Art Die
Zellen werden nur in frischem Spülwasser ge¬
funden, da sie sehr veränderlich sind. Bei Krebs
ist die Auffindung von Krebszellen nicht sicher
zu erwarten. Wichtig ist aber die Auffindung
roter Blutkörperchen, die schon in frühen Stadien
auf die Diagnose hinweisen kann. Hyperazide
haben nur in späten Stadien und bei sehr viel
Säure einen Gehalt des Spülwassers an epithe¬
lialen und roten Zellen. Die Hyperazidität scheine
also nicht oft mit Gastritis verbunden zu sein.
Viel häufiger sind Schleimhautläsionen bei Sub-
und Anacdden; in späteren Stadien weiden große
Mengen weißer Zellen, namentlich polynukleäre,
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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beobachtet Mit den anderen Zeichen sei auch
die Kontrolle der Zellen diagnostisch wichtig; bei
einer heilenden Dyspepsie lasse sich die Besse¬
rung verfolgen. Kadner (Dresden).
794. Zur Therapie akuter Dickdarm¬
erkrankungen; von W. Raschofszky. (Med.
Klin. 1912. Nr. 20.)
Sohr günstiges Urteil über den von Brosch an-
egebenen Enterocleaner (vgl. Schmidts Jahrb. Bd. 399.
. 182 u. Bd. 315. S. 232. Mit diesem Dickd&rmspül-
apparat wurden sehr gute Erfolge erzielt bei Dysenterie,
Rekonvaleszenz nach Typhus. Die Möglichkeit, Darm¬
reinigung mit Hyperthermiebehandlung, Ionentherapie
und medikamentöser Therapie zu verbinden, werde das
Anwendungsgebiet des Apparates noch wesentlich er¬
weitern. Kadner (Dresden).
795. Über neue Gesichtspunkte in der
Behandlung suspekter Darmtumoren; von
A. Brosch. (Med. Klin. 1912. Nr. 17.)
B., dessen Arbeiten durch Originalität auf¬
fallen, Bucht die Ergebnisse der Forschung über
atypische Epithelwucherungen der Therapie dienst¬
bar zu machen. B. verweist auf die Tatsachen,
daß Indol und Skatol solche Wucherungen er¬
zeugen können (Stoeber und Wacker, Münchn.
med. Woch. 1910. Nr. 18), die histologisch nicht
von Krebsen unterschieden werden können (Borst),
ferner darauf, daß alle in dieser Hinsicht wirk¬
samen Substanzen lipoidlöslich sind (Wacker
und Schmincke, Münchn. med. Woch. 1911.
Nr. 30 u. 31), also chemische Einflüsse dabei
tätig sein müssen, weiter darauf, daß Zirkulations¬
störungen auf die Entstehung von Geschwülsten
wirken, wenn es sich um Verminderung der Zir¬
kulation handelt Endlich erinnert B. daran, daß
von den lipoidlöslichen Stoffen diejenigen die
stärksten Wucherungen auslösen, die deu größten
Säuregrad besitzen (Landau, Borst), sowie
daran, daß Narben und chronische Entzündung
fast immer, und Atrophie infolge chronischer Ent-
zünduugsprozesse, sehr häufig Krebs hervorrufen
(Theilhaber, D. med. Woch. 1912. Nr. 26) mög¬
licherweise unter dem Einfluß ungewöhnlich hoher
osmotischer Spannung. Deshalb sei Krebswuche¬
rung im Dickdarm (saure Reaktion), häufig im
Dünndarm (alkalische Reaktion) selten. Die Vor¬
liebe des Sitzes des Krebses an Krümmungen sei
auf Zirkultionsbeeinträchtigung zu beziehen. Das
häufigere Auftreten der Krebse im Alter hänge
mit der Herabsetzung des Stoffwechsels zusam¬
men. — Da Ölsäure Epithelwucherungen aus¬
lösen könne, solle man ölklystiere namentlich bei
älteren Leuten nicht anwenden. — B. habe nun
in einem Falle, der ausführlich geschildert wird,
und sicherlich außerordentlich verdächtig auf
Carcinoma sigmoidea ausgesehen hat, einen ver¬
hältnismäßig glänzenden Erfolg — Verschwinden
des größten und verdächtigsten Teiles des Tu¬
mors, der durch diesen bedingten Drüsenschwel¬
lungen, Rückgang der Kachexie, sehr erheblicher
32
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
250
II. Innere Medizin.
Besserung der Darmpassage. Der „Heilplan“
hatte bestanden in 1. Reizfreihaltung des kranken
Darmteiles durch Weglassung der ungünstig wir¬
kenden Öleinläufe und Ersatz derselben durch
"Wasserspülungen; 2. in Beschleunigung des Stoff¬
wechsels des Enterocleanes (vgl. Schmidts Jahrb.
Bd. 309. S. 182 u. Bd. 315. S. 232); 3. in Hyper¬
thermiebehandlung durch Temperierung des En-
terocleraneswassers; 4. in Herbeiführung einer
alkalischen Reaktion des Dickdarminhaltes durch
allabendliche Verabreichung eines Bleibeklysmas
von anfangs 5%, später 10% Natr. bicarb.-Lösung.
Besserung trat also nach 4 Wochen ein. Nach
3 Monaten war der Tumor auf % reduziert, und
zwar war der mittlere Teil desselben, der im
Röntgenbilde durch Schattenauslöschung besonders
auffiel, verschwunden. Blutungen traten nicht
mehr auf. Wenn auch die Deutung des Tumors
anfechtbar ist, so läßt sich doch nicht die Zweck¬
mäßigkeit der Therapie in Abrede stellen, mehr
noch, wenn der Rest des Tumors, exstirpiert, sich
als Karzinom erweisen sollte.
Kadner (Dresden).
796. Ein Beitrag zur Lehre vom Coe-
cum mobile; von W. Merkens. (D. med.
Woch. 1912. S. 848.)
Eine Frau, die an einem Passagehindernis des
Dickdarmes litt, wurde operiert
Bei Eröffnung des Abdomen zeigt sich eine stark
geblähte Schlinge, die durch das beinahe faustgroße
Zökum gebildet wird. Das an einem Mesenterim com¬
mune hängende Coecum mobile ist aus der rechten
Bauchgegend um ca. 180° gedreht, wodurch der Darm¬
verschluß bedingt ist Das Zökum läßt sich leicht
zurückbringen und zeigt keine Torsionsmarke.
Da Coecum und Colon ascendens sehr lang
sind und deshalb nach der Reposition eine Knickung
bestehen bleibt, werden diese Darmteile reseziert
und Deum in das Querkolon eingepflanzt Hei¬
lung. Die Wilmssche Lehre, wonach das Coe¬
cum mobile weniger gut imstande sei seinen In¬
halt fortzubewegen, lehnt M. ab, und bezweifelt,
daß PassageBtörangen durch Torsion des Zökum
häufig vorkomme (Rehn und Klose), sowie
daß die Drehung des Zökum unter die häufigen
Ursachen der akuten Appendizitis gehöre (Klose).
Kadner (Dresden).
797. Die abführende Wirkung derGallen-
säuren; von G. Singer und K. Glaessner.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 192. 1912.)
Aus Beobachtungen an Tieren und Menschen
zeigen S. u. G., daß Gallensäuren und ihre Salze
den Dickdarm erregende Abführmittel sind. Die
Wirkung ist am besten bei rektaler Anwendung
(8uppositorien, Mikro- und Makroklysmen) und
besonders sicher bei Sitz der Verstopfung im
Sigma und Rektum; aber auch andere Formen
werden günstig beeinflußt Die Mittel regen die
Transsudation nicht an. Innerliche Darreichung
ist nur wirksam, wenn die Gallenpräparate mit
einer nur im Darm löslichen Hülle umgeben wer¬
den (Gelonid). Rektal würden Bilen-Suppo-
sitorien (Egger) mit 0,3—0,5 Cholsäure oder
Zäpfchen mit 0,3—0,5 cholsaurem Natron be¬
nutzt In Klysmen wurden die gleichen Mengen
der Mittel mit kleinen oder großen Mengen Wasser
angewandt Bei innerer Darreichung gaben S.
u. G. morgens 5 Pillen ä 0,2. Suppositorien
und Klysmen wirken in 10 Minuten bis % Stunde,
Pillen nach 8—20 Stunden. Schwere Formen
der spastischen Verstopfung und Kranke mit
Fissuren und prolabierenden Knoten eignen sich
nicht für diese Behandlung. Kadner (Dresden).
798. Zwei Fälle von akuter gelber Leber¬
atrophie; von H. Pfibram und J. Walter.
(Prag. med. Woch. Bd. 37. S. 220. 1912.)
Zwei Fälle von akuter gelber Leberatrophie, die der
Seltenheit des Vorkommens dieser Krankheit halber ver¬
öffentlicht werden. In dem einen Falle war das Leiden
genuin entstanden, d. h. ohne bekannte Ursache, in
dem zweiten schloß sich die Leberatrophie an eine vom
Uterus ausgehende Sepsis (Abort) an. Beide Patien¬
tinnen zeigten eine Vermehrung der roten Blutkörper¬
chen, die als Folge des erhöhten Cholesteringehaltes des
Serums angesehen wird (Schatzwirkung des Cholesterins).
Kadner (Dresden).
799. Dehnung des Pylorus ohne Ope¬
ration; von Max Einhorn. (Arch. f. Ver¬
dauungskrankh. Bd. 18. S. 460. 1912.)
Ein Instrumentarium zur Dehnung des Pylorus ohne
Operation beschreibt E. Der instruktiven Abbildungen
halber muß der Artikel im Original nachgesehen werden.
Kadner (Dresden).
800. Weitere Erfahrungen mit dem Peri¬
staltikhormon (Zülzer); von R. Glitsch.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 466.1912.)
G. behandelte 27 weitere schwere Fälle von
chronischer Obstipation mit Peristaltikhormon
Zülzer und hatte die gleichen guten Erfolge
wie früher (vgl. Schmidts Jahrb. Bd. 311. S. 152).
Deutliche anaphylaktische Symptome traten nicht
auf, auch nicht in 14 Fällen, bei denen wieder¬
holte Einspritzungen vorgenommen wurden. Am
Rektum scheint das Hormonal keine Wirkung
ausüben zu können. Gegen Ampullenobstipation
(Pfannmüller) nützt es nichts. G. glaubt
nicht, daß sich im Voraus bestimmen lasse, welche
Fälle von Obstipation der Behandlung mit dem
Peristaltikhormon mit Erfolg unterzogen werden
können. Das Mittel sei vielmehr für jeden Fall
geeignet, wenn es auch zunächst noch als piöce
de rösistance zu betrachten und erst an zu wenden
sei, wenn kein anderer Weg offen bleibt Seine,
an Zahl geringen, Mißerfolge schreibt er auf
Rechnung zu niedrigen Dosierung des Mittels.
Ausgeschlossen seien nur die Fälle von Ver¬
stopfung, die auf mechanischen Hindernissen be¬
ruhen, sowie die auf im Zentralnervensystem
liegende Ursachen zurückzuführen sind. Zur Er-
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II. Innere Medizin.
251
redchung von Dauererfolgen sei es erforderlich,
der meist vorhandenen neuropathischen Konsti¬
tution der Patienten, ihrer Enteroptose, der
mangelhaften Bauchpresse, sowie irregulären Yer-
dauungsVerhältnissen therapeutisch Rücksicht zu
schenken; allzu große Erwartungen seien nicht
berechtigt. Von anderer Seite berichtete un¬
günstige Nebenwirkungen des Honnonals glaubt
G. darauf zurückführen zu sollen, daß die In¬
jektionen intravenös gemacht wurden. Alle diese
Fälle betrafen übrigens geschwächte Personen.
Stets, auch bei intramuskulärer Einspritzung, solle
man die Herzfunktion einer genauen Prüfung
unterwerfen. K a d n e r (Dresden).
801. Ascite acute e cirroei epatiche; per
A. CarduccL (Rivista Osped. Bd. II. S. 725.
1912.)
Es werden die Krankengeschichten von 4 Fällen
von Lebercirrhose, zwei alkoholischen, eine syphi¬
litischen und eine unbekannten Ursprungs, ge¬
geben , die latent verliefen, aber durch einen
unvorhergesehenen akuten Aszites kompliziert
waren. Die Ursache zu dem Auftreten von Aszites
ist in toxischen Einflüssen zu suchen, und zwar
werden Chloroform, Streptokokken-, Diplokokken-
Toxine und alimentäre Gifte verantwortlich ge¬
macht. Prophylaktisch ist daher zu beachten,
daß Cirrhotiker nicht chloroformiert werden dürfen,
ferner, daß von der Milchdiät nicht abzuweichen ist,
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Nierenkrankheiten.
802. Funktionelle Nierenprüfung mittels
Phenolsulfonphthalein; von Felix Deutsch.
(Wien. klin. Woch. 1912. Nr. 32.)
D.s Nachuntersuchungen mit der Phenolsulfon¬
phthaleinprobe von Rorontree und Geraghty,
die er in einigen Punkten vereinfachte, ergaben,
daß die Probe imstande ist, Nierenschädigungen
•verschiedenster Art zu erkennen, und daß sie
diagnostischen und prognostischen Wert besitzt
Der Grad der Störung in der Phthaleinausschei¬
dung läßt ungefähre Schlüsse auf den Umfang
der anatomischen Yeränderungen und die funk¬
tionelle Schädigung zu. Als gesund sind die
Nieren zu bezeichnen, die bei subkutaner oder
intramuskulärer Injektion 1. innerhalb der ersten
halben Stunde meßbare Werte des Farbstoffs aus-
echeiden, die 2. den Höhepunkt der Ausscheidung
mit dem Ende der ersten Stunde erreichen, die
3. das Ende der Ausscheidung in meßbaren
Zahlen nach 2 Stunden erreicht haben und die
4. nach 2 Stunden mindestens 50% des Farb¬
stoffs sezerniert haben. Je weniger an diesen
Bedingungen erfüllt sind, desto größer ist wahr¬
scheinlich die Nierenschädigung.
Stromeyer (Göttingen).
803. Über die Bedeutung der Phenolsul-
phonephthaleinprobe zur Prüfung der
Funktion der Nieren: von Fromme und
Rubner. (Berl, klin. Woch. 1912. Nr. 40.)
F. und R. prüften die von Geraghty und
Rorontree angegebene Phenolsulphonephthalein-
probe zur Prüfung der Nierenfunktion nach.
Sie fanden wie Geraghty und Rorontree,
daß die Menge des ausgeschiedenen Phenolsul-
phonephthalein von der abgesonderten Unmenge
unabhängig ist. Während aber die Amerikaner
feststeilten, daß bei gesunden Menschen und bei
intramuskulärer Injektion des Phenolsulphoneph-
thalein nach 2 Stunden 60—85% des Mittels
ausgeschieden werden, schwankte in den Yer-
suchen F. und R. in 50 Fällen die Ausscheidung
zwischen 24 und 78% und betrug im Mittel
52,8%. Da diese Differenz außerordentlich groß
ist und für pathologische Prozesse keine Schlüsse
zuläßt, wurde die Ausscheidungsmenge nach der
3. Stunde nach der Injektion untersucht. Die
Ausscheidung des Phenolsulphonephthalein betrug
jetzt im Mittel 60%; in manchen Fällen aber
bis zu 84 %, in einigen Fällen jedoch 44—52%.
Bessere Resultate erzielten F. und R. bei intra¬
venöser Applikation: nach 3 Stunden waren
64—78%, im Mittel 70% des Phenolsulphoneph¬
thalein ausgeschieden. F. und R. kommen zu
dem Schluß, daß das Phenolsulphonephthalein
geeignet ist, einen Anhaltspunkt für die Nieren¬
funktion zu geben, daß es aber intravenös ange¬
wandt werden muß und die Beobachtungszeit auf
3 Stunden auszudehnen ist Normale Nieren
müssen in dieser Zeit mindestens 60% aus-
scheiden. Bei Ureteren- Katheterismus ist das
Mittel schon wegen der Länge der Yersuchszeit
nicht anwendbar. Stromeyer (Göttingen).
804. Die Pathogenese der orthotischen
Albuminurie; von Stiller. (Berl. klin. Woch.
1912. Nr. 40.)
St. vertritt die schon in früheren Arbeiten aus¬
gesprochene Ansicht, daß die orthotische Albu¬
minurie im wesentlichen die Folge einer asthe¬
nischen Konstitution sei. Die von anderen Au¬
toren angeführten ätiologischen Faktoren, die
Anämie, die Nervenstörungen, der schwache Körper¬
bau, die kardiale und vasomotorische Schwäche,
die konstitutionelle Alteration der Nieren, das
familiäre und hereditäre Vorkommen, die Ver¬
bindung mit Phthise und Clilorose stützen seine
Auffassung, denn sie sind sämtlich Symptome
der Asthenie. Im Gegensatz zu St steht nur
J e h 1 e mit Beiner Entdeckung, daß bei den Ortho-
tikem zurzeit, wo sie Eiweiß ausscheiden, eine
Lordose der Lendenwirbelsäule besteht, die durch
Denk auf die untere Hohlvene Stauung und
Albuminurie bedingt Aber dieser Gegensatz ist
nur ein scheinbarer, denn die Lordose ist eben-
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252
IL Innere Medizin.
sowenig Lendensache der orthotischen Albumin¬
urie wie andere als solche angeführte anatomische
Faktoren (z. B. die Nephroptose). Sie ist wie
diese eine Teilerscheinung der asthenischen Kon¬
stitution und nur in Verbindung mit den übrigen
Folgezuständen der asthenischen Organisation kann
sie die Albuminurie bedingen. Unter diesem
Gesichtspunkt widerlegt St. im Einzelnen die
Einwendungen Jehl es gegen die Beobachtungen,
daß die orthotische Albuminurie hereditär-familiär
vorkomme und daß die Phthise und die nervöse
hereditäre Belastung ein disponierendes Moment
für die Krankheit bilde.
Stromeyer (Göttingen).
805. Lordotische Albuminurie und Titra¬
tionsazidität des U rins; von Fränkel.
(D. med. Woch. 1912. Nr. 40.)
F. untersuchte an einer Reihe von Patienten,
vorzugsweise an Kindern mit Wirbelsäulenanoma¬
lien und Albumen die Eamazidität (nach der
Methode von Naegeli mit ^ NaOH) und ihr Ver¬
halten zur Albuminurie. Bei Kindern mit lor-
dotischer Albuminurie konnte in mehreren Fällen
im Ham sofort oder mehrere Stunden nach der
durch den Lordoseversuch hervorgerufenen oder
verstärkten Eiweißausscheidung auch ein Ansteigen
der Titrationsazidität naohgewiesen werden. Wurde
vor dem Versuch genügend Natr. bicarbon. ge¬
geben, so erfolgte meist keine Eiweißausscheidung.
Bei Scharlachnephritis zeigte die Alkalidarreichung
keinen Einfluß auf die Albuminurie.
Stromeyer (Göttingen).'
806. Die Rolle der gesunden und der
kranken Niere bei der Kochsalzausschei¬
dung; von Borehardt. (D. med. Woch. 1912.
Nr. 37.)
Während Frey feststellte, daß in gesunden
Nieren das Kochsalz nur durch Filtration in den
Glomerulis ausgeschieden wird und daß die An¬
reicherung des Harns an NaCl nur durch Rück¬
resorption in den Harnkanälchen aus dem Glome-
rulusfiltrat vor sich geht, glauben Schlager und
Takagam auf Grund ihrer experimentellen
Untersuchungen, daß gerade die Tubuli der nor¬
male Ort der Kochsalzausscheidung sind. Klinische
Beobachtungen hingegen lehren, daß sowohl bei
glomerulären wie bei tubulären Nierenerkrankungen
die Kochsalzelimination gestört sein kann. B.
sucht diese Widersprüche zu lösen. Er nimmt
an, daß das Kochsalz durch Filtration in den
Glomerulus ausgeschieden, in den Tubuli durch
Wasserre8orption konzentriert wird. Während in
gesunden Nieren in den Tubuli nur ein geringer
Teil des NaCl zurückresorbiert wird, findet bei
Schädigung der Tubuli eine Rückresorption von
unverändertem Glomerulusfiltrat statt, indem an
Stelle der vitalen Prozesse sein physikalische,
erklärt durch hohen Druck des Glomerulusfilträte,
niederen Druck in den vasa efferentia, treten.
Eine Kochsalzkonzentrierung bleibt infolgedessen
aus. — Bei Schädigungen der Glomeruli findet
in ihnen verminderte Filtration und daher eben¬
falls Chlorretention statt Erholen sich die ge¬
schädigten Glomeruli, so folgt der Oligurie vor¬
übergehend eine Polyurie, während der die Niere
nicht vermag einen konzentrierten Urin auszu¬
scheiden: Hyposthenurie. Neben der glomeru¬
lären Hyposthenurie, bedingt durch Obererregbar¬
keit der Glomerulusgefäße, gibt es auch eine
tubuläre Hyposthenurie, die wohl durch vermehrte
Rückresorption von NaCl und verminderter Sekre¬
tion der übrigen harnfähigen Substanzen durch
die Tubuli entsteht Die beiden Formen der
Hyposthenurie unterscheiden sich voneinander
hinsichtlich der Konzentrationshöhe des Harns
und hinsichtlich der Fähigkeit zur Elimination
einer Kochsalz Zulage. Stromeyer (Göttingen).
807. Untersuchungen über lordotische
Albuminurie; von A. Gasbarini. (Wien,
klin. Rundschau 1912. Nr. 46. S. 721.)
G. erzeugte bei Menschen und Tieren durch
forcierte Lordose, eventuell in Verbindung mit
elastischer BandagieruDg der unteren Extremitäten,
oder durch Anlegen von metallenen Stiefelschäften,
in denen ein Vakuum erzeugt wurde, vorüber¬
gehende Albuminurie resp. bei Nephritikern eine
Steigerung der Albuminausscheidung. Forcierte
Lordose hatte jedoch keinen Einfluß auf gesunde
Erwachsene, auf Nephritiker und Kinder nur in
aufrechter Stellung, und auf Hunde und Kanin¬
chen in jeder Körperlage. G. kommt zu dem
Resultat, daß in der Hauptsache die durch solche
Manipulationen bedingte Albuminurie auf zirku-
latorische Störungen im renalen Kreislauf zurück¬
zuführen ist Stromeyer (Göttdngen).
808. Pyelonephritis bei Nephrolithiasis
durch Bacterium paratyphi B.; von B.Roman.
(Wien. klin. Woch. 1912. Nr. 32.)
Ausführliche Besprechung eines Falles von
älterer Nephrolithiasis mit frischerer Pyelonephritis,
bedingt durch Bact paratyphi B., das kulturell
nachgewiesen werden konnte. Daneben bestand
ein septikämischer Prozeß (Milztumor, akute Dünn¬
darmenteritis), der aber nicht mit Sicherheit auf
die Paratyphusinfektion zurückgeführt werden
konnte, da eine bakteriologische Blutuntersuchung
nicht stattfand. Für die Pyelonephritis gab es
zwei Entstehungsmöglichkeiten: entweder handelte
es Bich um eine echte Bazillenträgerin, oder nur
um eine sogenannte alimentäre Ausscheidung von
saprophytiscben Paratyphusbazillen des Darms.
Stromeyer (Göttingen).
809. Neuere klinische Anschauungen
über Nephritis; von Schlayer. (Med. Klin.
1912. Beiheft 9.)
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II. Innere Medizin.
253
Ausführliches Referat über die von Schl, und
seinen Mitarbeitern unternommenen Untersuchungen
der experimentellen Nephritis mit physiologischen
brr. biologischen Methoden.
Stromeyer (Güttingen).
810. The relationship between moveable
kidney and chronic colitis; by J. Lidd eil.
(Lancet Sept 21. p. 817. 1912).
Wanderniere und chronischer Dickdarmkatarrh
finden sich außerordentlich häufig kombiniert.
Meistens tritt zuerst die Kolitis auf; die von ihr
produzierten Toxine wirken auf das Fett und
verursachen dadurch eine Nephroptosis. In keinem
Falle von Kolitis sollte die Untersuchung der
Nieren unterlassen werden. Bei der Therapie sind
Spülungen des Darms mit Harrogate-Schwefel¬
wässern sehr wertvoll, wenn sie mit Bauch¬
massage, Heilgymnastik und geeigneter Diät kom¬
biniert werden. Dadurch wird auch eine Besse¬
rung der Wanderniere erzielt. Erst als letztes
Mittel kommt eine Nephropexie in Betracht.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
811. Über die klinischen und sero¬
logischen Untersuchungen der paroxys¬
malen Hämoglobinurie, zugleich ein Bei¬
trag zur Kenntnis der Isolysine; von J.
Matsuo. (D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107. S.335.
1912.)
M. hat 11 Fälle von paroxysmaler Hämo¬
globinurie genauer untersucht Als auslüsende
Ursache für das Auftreten der hämoglobinurischen
Anfälle war in 10 Fällen Kälteem Wirkung, in
einem Falle außerdem noch körperliche Über¬
anstrengung verantwortlich zu machen. Die Er¬
krankung entsteht auf luetischer Basis; in 4 Fällen
M.s war akquirierte, in 7 Fällen kongenitale
Syphilis nachweisbar. In 4 Fällen konnte das
Vorhandensein von Autohämolysinen nach der
Donath-Landsteiner’scheu Originalmethode kon¬
stant nachgewiesen werden, in 3 Fällen war
anfangs der Hämolysinbefund negativ und erst
später positiv, in den übrigen 4 Fällen war die
Antohämolyse nur nach Zusatz von frischem
normalen Menschenserum nachweisbar. Im Serum
der Hämoglobinuriker finden sich häutig (in 45%
der Fälle) auch Isolysine. Die Erythrozyten der
Hämoglobinuriker, welche Isolysine haben, sind
gegenüber der Wirkung von Isolysinen anderer
Hämoglobinuriker refraktär. Die Salvarsaninjektion
beeinflußt die paroxysmale Hämoglobinurie nicht
In einzelnen Fällen wurde die Wassermannsche
Reaktion nach der Einspritzung negativ, um nach
einiger Zeit wieder positiv zu werden.
Isaao (Wiesbaden).
812. Betrachtungen Ober die hypogene¬
tische Nephritis; von Ioan Jianu und 0.
Meller. (Spitalul. Bd. 9. 1912.)
Unter dem Namen „hypogenetische Nephritis' 1
ist vom Babesch im Jahre 1905 eine Krank¬
heitsform beschrieben worden, bei welcher es
sich um junge Leute zwischen 20—30 Jahren
handelt, welche zwar von schwacher, anämischer
Konstitution sind, nie aber an einer Nierenkrank¬
heit gelitten hatten, bei welchen aber eine un¬
bedeutende Erkrankung, wie z. B. eine Bronchitis,
Influenza oder zirkumskripte genügend war, um
die Symptome einer schweren Nierenentzündung
mit nachfolgender Urämie zum Vorschein kommen
zu lassen. Ja, es kann unter den Erscheinungen
einer supraakuten Urämie der Tod binnen wenigen
Tagen eintreten. Der Ham enthält große Mengen
von Eiweiß und Zylinder, ferner Epithelien, iet
arm an Hamsalzen. Bei der Nekropsie derartiger
Patienten findet man, daß die Nieren außer¬
ordentlich klein sind, und auch sonstige Merk¬
male mangelhafter Entwickelung darbieten, wie
z. B. Lappung, tieferer Sitz, indem eine gewisse
Entfernung zwischen Niere und Nebenniere be¬
steht Das Gewicht einer solchen Niere schwankt
zwischen 20—80 g. Blutgefäße und Harnleiter
sind viel dünner, als unter normalen Verhält¬
nissen. Gleichzeitig mit einer mangelhaften Ent¬
wickelung der Nieren wird auch eine mangel¬
hafte Entwickelung des äußeren Genitales be¬
obachtet und es ist von Wichtigkeit, da man bei
allen Personen mit Genitalanomalien eine hypo¬
genetische Entwickelung der Nieren annehmen
muß. Da solche Nieren sehr leicht entzündlich
erkranken, so muß rechtzeitig und namentlich
im Verlaufe von Krankheiten darauf geachtet
werden. To ff (Braila).
813. The prognosis of albuminuria with
or without casts; by Th. B. Barringer.
(Arch. of int Med. June 15. 1912. S. 657.)
Die Untersuchung und Beobachtung von 396
für die Lebensversicherung untersuchten jüngeren
Männern mit Albuminurie ergab zunächst die
Häufigkeit von Eiweiß im Urin bei Erwachsenen
ohne Beziehung zur Nephritis. Die Mortalität
dieser Männer ist jedoch höher als die der
normalen ; besonders scheinen sie für Tuberkulose
disponiert zu sein. Auch der Befund von spär¬
lichen hyalinen Zylindern verleiht der Albumin¬
urie keine besondere Bedeutung. Dagegen weisen
granulierte Zylinder auf eine deutliche Neigung
für Nieren- und Gefäßkrankheiten hin. Bei der
Beurteilung der Albuminurie spielt das Alter eine
große Rolle: junge Leute haben die geringste
Aussicht, Nephritis zu bekommen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
814. Die gegenwärtige Diätetik der N ieren-
kranken; von A. Kakowski. (Berl. klin. Woch.
1912. Nr. 38.)
Die Behandlung der Nephritis besteht in erster
Linie in einer geeigneten Diätetik and zwar in
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254
IIL Kinderheilkunde.
einer lacto-vegetabilen Ernährung. Die Methodik
der Beobachtung, wie die verschiedenen Nahrungs¬
mittel den Verlauf der Nephritis beeinflussen, ist
bislang wenig ausgearbeitet Daher bestehen die
weitgehenden 'Widersprüche in den klinischen und
experimentellen Arbeiten. K. empfiehlt neben den
früher angegebenen Kriterien eine Vergleichung
der absoluten Ziffern der pathologischen Ele¬
mente des ganzen Sedimentes einer genau be¬
stimmten unter gleichen Bedingungen sezemierten
Harnmenge und gibt dazu verschiedene Apparate
(Zahlkammern) an. Nach eigenen Versuchen
müssen Vegetabilien, die ätherische öle enthalten,
verboten werden, vielleicht werden aber Tomaten,
Sauerampfer, Spinat und Nessel nach weiteren
klinischen Untersuchungen zu gestatten sein.
Kürbis zählt K. zu den besten Nährmitteln bei
Nephritis. S troraey er (Göttingen).
III. Kinderheilkunde.
815. Über den Kalk- und Phosphor¬
säurestoffwechsel des Säuglings bei knapper
und reichlicher Ernährung mit Kuhmilch;
von Georg Wolff. (Jahrb. f. Kinderheilk.
Bd. 77. S. 180. 1912.)
Die meisten einschlägigen Stoffwechselversuche
sind als sogenannte Zulageversuche angestellt
worden. Die Untersuchungen des Autors dagegen
fanden bei einer qualitativ gleichen nur in der
Quantität differierenden Nahrungsmenge statt. Die
erste Periode bestand in mäßiger Unterernährung,
die zweite in entsprechender Überernährung. Der
Säugling war 8 Monate alt und gesund.
Die Unterernährung beeinflußte den Stickstoff¬
wechsel nicht sonderlich: nach kurzer negativer
Bilanz stellte sich der N-Stoffwechsel wieder auf
positive Bilanz ein. Dagegen war die Kalkbilanz
stark negativ. Es ist also der Schluß gerecht¬
fertigt, daß ebensogut wie die Überernährung
ätiologisch bedeutungsvoll für die Entstehung von
Rachitis ist, so auch die Unterernährung zum
gleichen Effekt führen kann. Auch der Phosphor¬
stoffwechsel war während der knappen Ernährung
negativ bilanziert. Und zwar wurde die Haupt¬
menge des Phosphors in den Darm ausgeschieden,
ein Beweis, daß der Urinphosphor wohl sehr
wahrscheinlich aus abgebautem Eiweiß stammt
Denn auch die Eiweißstoffquote war während
der Inanitionsperiode anfangs erhöht
Während der zweiten Periode — der reich¬
lichen Ernährung — wurde Kalk reichlich reti-
nierl. Diese Tatsache ist bemerkenswert, denn
nach der bisher gültigen Anschauung erweist sich
eine erhöhte Fettzufuhr als verderblich für die
Kalkbilanz, es kommt, wie zahlreiche Stoffwechsel¬
versuche an Säuglingen gelehrt haben und jüngst
von Kochmann auch im Tierexperiment be¬
obachtet wurde zur vermehrten Kalieisenbildung.
Eine Schädigung des Kindes durch hohe Fett¬
zufuhr ist also demgemäß nicht ersichtlich. Alle
Erörterungen, die der Autor an diesen Befund
knüpft, sind gegenstandslos. Kein einziger der zahl¬
reichen Stoffwechselversuche Rotbergs, mit
deren Ergebnissen der einzige W.sche Versuch
kontrastiert, wird dadurch erschüttert. Denn ein
einziger Versuch beweist wenig. Ferner ist die
Versuchsanordnung W.a — und das ist die
Hauptsache — ungeeignet. Es fehlt an einer
Zwischenperiode, in der sich die durch die Ina-
nition gesetzten Stoffwechselstörungen hätten aus-
gleichen können. W. schließt Periode 2 un¬
mittelbar an Periode 1 an.
In der zweiten Periode erscheinen Phosphor-
und Stickstoffwechsel naturgemäß mit positiven
Bilanzzahlen, bekannte Tatsachen bei der Tendenz
beider Stoffe zu gleich innigem Verhalten inner¬
halb des Organismus.
Die während der Untersuchung feetgestellte
negative Kalkbilanz, während der noch positiven
Stickstoffbilanz, ist ein Phänomen, welches übrigens
Schloßmann bei anderer Gelegenheit nach¬
drücklich konstatiert hat, und auf welches ich in
meinen Stoffwechselversuchen mit Milchsäure
ebenfalls vor mehreren Jahren hingewiesen habe.
Arbeitet der Stoffwechsel nicht normal, dann
zeigt sich der Mineralstoffwechsel bereits zu einer
Zeit schon gestört, wo wir den organischen Stoff¬
wechsel noch positiv bilanziert finden.
Klotz (Schwerin).
816. Beiträge zur Physiologie des Stoff¬
wechsels im Knabenalter mit besonderer
Berücksichtigung einiger Mineralstoffe; von
0. Herbst (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 76. S. 40.
1912.)
Die bedeutsame Arbeit baut sich auf sechs-
tägigen Stoff Wechsel versuchen an 4 gesunden und
2 neuropathiBchen Jungen von 6—14 Jahren auf.
Die Kost entsprach leidlich normalen Be¬
griffen, wenngleich ßie etwas monoton gehalten
werden mußte, um die. Zahl der Analysen nicht
ins unermeßliche zu steigern. Die Lebensweise
der Knaben während des Versuchs war eine
außerordentlich naturgemäße, von allem Zwang
befreit, das Quantum der Nahrung konnten die
Jungen sich selbst bemessen.
Welch eine Fülle rein mechanisch oft geist¬
tötender Arbeit, wie viele im Laboratorium ver¬
lorene Stunden, welche Summe bis ins kleinste
gehenden Nachdenkens sich hinter der anspruchs¬
losen Abhandlung verbirgt, das vermag nur der
zu würdigen, der auf gleichem Gebiet gearbeitet
hat. H. hatte sich die Aufgabe gestellt bei ge¬
sunden Knaben, unter gemischter Kost, Stickstoff,
Fett, Phosphor und die Alkalien in Einnahme
und Ausgabe zu bestimmen, um teils Normal werte
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III. Kinderheilkunde.
255
aufzustellen (für Kalk, Magnesia, Phosphorsäure
und für die Fäceszusammensetzung), teils um
Verhältniszahlen zu gewinnen.
Es liegt auf der Hand, daß von dieser sozu¬
sagen selbstlosen Fragestellung von vornherein
keine Ergebnisse erwartet werden können, die als
Schlager zu bezeichnen sind oder dem Leser, der
kein spezielles Interesse für dieses Thema besitzt,
kurz und bündig referiert werden könnten. Dazu
ist das Endergebnis zu sehr ein rein numerisches.
Diese Zahlen bilden aber für den Physiologen
ein außerordentlich wichtiges, grundlegendes Ma¬
terial. An Eiweiß wurden 2,1—3,3 pro Körper¬
kilo zugeführt und gut retiniert.
Fettzufuhr . . . 2,5— 3,6 pro Körperkilo,
Kohlehydratzufuhr 7,7—10,7 „ „
Die Wasserabgabe durch Haut und Lunge war
sehr groß: 28,5—36,8, wobei berücksichtigt
werden muß, daß die Versuche in die heiße
Jahreszeit fielen, und die Jungen frei und un¬
gebunden umhertollen durften. Auch der N im
Schweiß wurde demgemäß hoch veranschlagt. Die
Kotmenge — sowohl frisch wie trocken — war
gering (schlackenarme Kost!). Nur 2,l°/ a des
Nahrungsfettes wurden nicht resorbiert, bzw.
waren vom Darm sezemiert. Für letztere An¬
nahme spricht die Quote von 56°/o Neutralfett
im Kot; der Hungerkot enthält bekanntlich einen
so hohen Prozentsatz an ungespaltenem Fett
Kalkzufuhr . . 1 —1,4 pro Tag; gut retiniert,
Magnesiazufuhr 0,3—0,48 „ „ retiniert ca. 36°/ 0 ,
Kalizufuhr . . 2,3—3,0 „ „ Retention wechselnd
(einmal positiv, drei¬
mal negativ, zwei¬
mal -p 0),
Phosphorzufuhr 3,0—3,9 „ „ Retention 0,5—0,1
pro Tag.
Ein Fünftel der Phosphorsäure erschien im
Kot, die Hälfte etwa im Ham. Das Verhältnis
des Harnkalkes zum Kotkalk betrug 11 : 89 bei
den gesunden Knaben; bei den neuropathischen,
bezw. unterentwickelten 27 ; 73. Die Neuropathen
hatten also mehr Kalk im Ham als die gesunden
Kinder.
Der Energiequotient betrug bei den jüngsten
4 Versuchskindern 80,7, bei dem ältesten
(13’/i Jahr) 65. Ein muskulöser Siebenjähriger
mit lebhaftestem Temperament hatte einen Energie¬
quotient von 92. H. folgert bezüglich des Kraft¬
wechsels, daß lebhafte, sich bewegende gesunde
Knaben von 6—8 Jahren pro Körperkilo 72 bis
74 Kalorien benötigen, um Anwuchs und Kraft-
wechselgieichgewicht zu erzielen. Was die kon¬
stitutionell abnormen Knaben anbelangt, so hatten
sie, dem Gesetz der Körperoberflächen ent¬
sprechend, einen höheren Kalorienbedarf als
gleichaltrige normalentwiekelte.
Wie schon erwähnt, hatten die Neuropathen
eine erhöhte Hamkalkquote bei vermindertem Kot¬
kalk, also Verhältnisse, wie wir sie bei der Kal-
kariurie finden. H. hält diesen Befund mit Recht
für wichtig und vielleicht für pathognomonisch für
konstitutionell abnorme Kinder der gedachten Art.
Referent kann zu dieser Hypothese mit einer
gewissen Berechtigung Stellung nehmen, da er
sich gleichfalls eingehend mit der Kalkariurie be¬
schäftigt hat. Ein großer Teil der neuropathischen
Kinder hat erhöhte Harnkalkausscheidung, das ist
sicher. Ich kam zu dieser Feststellung durch
tägliche Harnkalkbestimmuugen bei sogenannten
Phosphaturikern, die zumeist der Klasse neuro-
pathischer Kinder angehören. Daraufhin richtete
ich mein Augenmerk speziell auf neuro- und
psychopathische Kinder und fahndete auf erhöhte
Harnkalkausfuhr. Ich fand sie oft — aber nicht
regelmäßig. Dringlichere Arbeiten hinderten mich
bis jetzt an der Publikation dieser Befunde. So
viel mag aber vorweg genommen werden, daß
das Phänomen einer erhöhten Hamkalkausfuhr
sehr kritisch zu bewerten ist. Der Kalk ist ein
Element, dessen Exkretionsverhältnisse ungemein
labil sind. Es genügt die leiseste Störung im
Befinden des Menschen, Fieber oft geringfügigsten
Grades, um deu Harnkalk zu vermehren. Ja,
einfache psychische Erregung, Reizung durch den
elektrischen Strom usw. führt oft schon bei sen¬
siblen Individuen zu einer bereits makroskopisch
durch die Essigsäure-Ammonoxalatreaktion leicht
sichtbar zu machenden Kalkariurie — ein Be¬
weis für die eminente Abhängigkeit des Kalks
vom Nervensystem. Klotz (Schwerin).
817. Ein Beitrag zur Pathologie des
Mehlnährschadens der Säuglinge; von B.
Salge. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 77. S. 125.
1912.)
Die Arbeit sucht vornehmlich die Frage zu
beantworten, welche Komponenten der Nahrung
zu den charakteristischen Symptomen des Mehl-
nährechadens führen. Ist es der Mangel an Ei¬
weiß oder an Mineral? Heubner denkt an das
Eiweiß; S. glaubt an eine schwere Störung des
Wasserhaushaltes durch Salzmangel.
Die Symptome des Mehlnährschadens (Czerny)
sind folgende: Rapide Gewichtszunahme im An¬
fang der mehlreichen Kost, guter Turgor und
Tonus von Haut und Muskeln (Pastositas, Pseudo¬
ödem), dann Gewichtsstillstand, Abnahme, Atrophie.
Austrocknung der Haut, Hypertonie der Muskeln,
verminderte Resistenz gegen Infekte aller Art,
Keratomalazie u. a. m. Sehr junge Kinder werden
meist sofort Atrophiker.
S. gelangte nun auf Grund eingehender Unter¬
suchungen des Blutes (Refraktometrie, Leitfähig¬
keit, Gefrierpunktserniedrigung) zu folgenden Er¬
gebnissen : Muskeln und Haut werden durch
Änderungen im Salzgehalt nicht so leicht alteriert
und ertragen Schwankungen viel leichter als das
Blut, dessen Quellung9breite beschränkter ist. Es
kann daher der Gesamt Wassergehalt des Körpers
schon schwer gestört sein, während die Blut-
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256
HL Kinderheilkunde.
Zusammensetzung noch normal ist. Je jünger die
Kinder sind, die am Mehln&hrschaden erkranken,
um so stärker sind Salzverarmung und Blutsalz-
konzentrationsstörung. Als grobe klinische Grenze
dürfte in dieser Einsicht der 4. Lebensmonat
gelten. Diese Beobachtungen -wurden durch die
Yersuche Schulz an Hündchen bestätigt
4 Tage alte Hündchen zeigten schon nach
8 Tagen einseitiger Mehlkost irreparable Störungen
und waren auch durch Ernährung an der Mutter¬
brust nicht mehr zu retten. 14 Tage alte Tiere
konnten dagegen nach doppelt so langer Versuchs¬
zeit noch wiederhergestellt werden, und hatten,
im Gegensatz zu den ersterwähnten Hündchen,
nur eine belanglose Blutserumsalzverarmung.
Daraus erhellt, daß der Organismus sich um so
besser gegen Salzverlust zu wehren vermag, je
alter er ist Nicht das Mehl ist das schädigende
Moment, sondern das Fehlen anderer Nährstoffe,
insonderheit der Salze,
Gesetzmäßig ist allerdings das Auftreten des
Mehlnährschadens und der Blutsalzverarmung nach
Ernährung mit einseitiger Mehlkost nicht Hier
spricht das Alter mit und die Art und Weise der
voraufgegangenen Ernährung (Schutz durch vorauf-
gehende Stillung). Aber auch hiervon gibt es
vorläufig unaufgeklärte Ausnahmen, Kinder, die,
obwohl ganz jung und ohne Schutz voraufgehender
Ernährung mit Brustmilch, doch nicht mehl¬
atrophisch werden. Die Untersuchung des Blutes
auf Salzverlust ermöglicht prognosische Schlüsse;
wo schwerere Salzverarmung fehlt, ist Heilung
sicher. Es ist wünschenswert, die Untersuchung
auf Eiweißgehalt des Serums und auf Leitfähig¬
keit als einfach ausführbare klinische Methoden
in allen Fällen vorzunehmen.
Die Salzverarmung erklärt zwanglos die herab¬
gesetzte Immunität der Mehlkinder, da zur Bak-
terizidie bestimmte Salzmengen nötig Bind; sie
erklärt ferner den Turgor von Haut und Musku¬
latur, da sie eine Quellung der kolloidalen Sub¬
stanz bewirkt Klotz (Schwerin).
818. Ober pseudokardiale und kardiale
Geräusche im Kindesalter ohne patholo¬
gische Bedeutung; von W. Schlieps. (Jahrb.
f. Kinderheilk. Bd. 76. S. 247. 1912.)
Sch. weist zunächst darauf hin, wie sehr die An¬
gaben über die Häufigkeit der systolischen Geräusche bei
Kindern differieren: so fand Lüthje unter 854 Fällen
623mal, Müller dagegen nnr in 36 von 100 Fällen
syBtolische Geräusche. Der Unterschied erklärt sich
dadurch, daß der erste Autor nnr im 8tehen unter¬
suchte und ohne die psychische Erregung der Unter¬
suchten zu berücksichtigen.
Nach Ansicht der meisten Untersucher sind ferner
systolische Geräusche um so seltener, je größer die
Jugend der Untersuchten ist. Mädchen sind prozentualiter
viel häufiger befallen als Knaben.
Jedenfalls steht die Häufigkeit akzidenteller Ge¬
räusche fest, und ungezählte Kinder werden, wie 8ch.
mit Becht bemerkt, auf ein solches Geräusch hin, als
herzkrank betrachtet und behandelt Die Angehörigen
werden in steter Borge erhalten und das Kind selbst
um ein gut Teil goldener Jugendfreiheit betrogen.
Sch. weist in Anlehnung an Czerny darauf hin,
daß diese oft als anämisch bezeichneten Geräusche
nichts mit Anämie zu tim haben, sondern aus abnormen
vasomotorischen In nerv ations Verhältnissen sich herleiten.
Es ist ferner nicht statthaft, die systolischen Geräusche
auf überstandene Endo-, bzw. Myokarditiden beziehen
zu wollen. Die Myokarditis wird iu ihrer Häufigkeit
bei Kindern entschieden weit überschätzt Insonder¬
heit steht bekanntlich der Scharlach im Ruf, zu Endo-
und Myokarditis zu führen. Systolische Geräusche, die
im Vei laufe eines Scharlach oder einer Diphtherie mani¬
fest werden, haben daher zumeist die Diagnose eines
ernsten Vitium cordis zur Folge. Sch. belegt die Irrig¬
keit dieser Ansicht mit Beispielen und Kurven. Nur
ein verschwindend kleiner Teil systolischer Geräusche
(der zudem mit den schwersten anderweitigen Sym¬
ptomen kardialer Insuffizienz verbunden ist) darf daher
auf eine akute myokarditische muskuläre Insuffizienz
zurückgeführt werden. Das kindliche Herz ist keines¬
wegs „wenig tolerant“ und „überempfindlich“, „ver¬
trägt im Gegenteil viel“ und ist „überaus anpassungs¬
fähig“. .
Geh. unterscheidet bei den systolischen, akziden¬
tellen nsw. Herzgeräuschen zwei große Gruppen: die
kardiopulmonalen und die atonischen Geräusche. Er
fand bei insgesamt 273, wegen geringfügiger Gelegen¬
heitsursachen die Poliklinik aufsuchenden Kindern,
lOOmal ein akzidentelles Geräusch, ln 63 von diesen
100 Fällen war das Geräusch als kardiopulmonales zu
bezeichnen.
Sch. erörtert eingehend den noch ungeklärten Ent¬
steh ungsmodus der Herzlungengeräusche und alle dies¬
bezüglichen Theorien. „Am plausibelsten erscheint jeden¬
falls die Erklärung der Entstehung der Geräusche durch
Schwingungen des elastischen Lungengewebes, teils
infolge von Kompressionen während der Systole, teils
durch die damit verbundene Austreibung von Luft aus
den Alveolen der Lungen ränder, bzw. der Lingula“.
Kardiopulmonale Geräusche sind weich, hauchend, stark
diskontinuierlich. Sie wechseln in ihrer Intensität bis
zum völligen Verschwinden bei Lagewechsel und An¬
halten des Atems. Wenn daher ein Herzgeräusch kon¬
statiert wird, versäume der Arzt nie, die Untersuchung
im Sitzen, Stehen, Liegen des Kindes zu wiederholen.
Forzierte Inspirationen verstärken das Geräusch, bzw.
rufen es nicht selten überhaupt erst hervor. Ähnliches
bewirkt auch psychische Erregung: „bruita de oonsul-
tation“ (Vaquez).
Die zweite Gruppe von kardialen Geräuschen, die
atonischen Geräusche, finden sich hauptsächlich bei
mageren, muskelschwachen, häufig mit Denropathischen
Stigmata behafteten Kiudern. Sie sind unbeeinflußbar
durch Respiration, Lagewechsel, Bewegung. In einem
Punkte unterscheiden sie sich weiterin diametral von
den kardiopulmonalen Geräuschen: psychische Erregung
bringt sie zum Verschwinden, weil eben durch dieselbe
der herabgesetzte Herzmuskeltonus vorübergehend er¬
höht wird. Kompression der Bauchaorta, der Femoral-
arterien, Hochheben der unteren Extremitäten wirkt
ähnlich. „Verschwindet während derartiger Maßnahmen
ein systolisches Geräusch und tritt au die Stelle des¬
selben ein normal klingender erster Herzton, so haben
wir es ganz sicher nicht mit einer ernsten Herzaffek¬
tion zu tun“. Die kardiopulmonalen Geräusche bedürfen
keiner Therapie, nur einer richtigen Diagnose! Die ato-
nischen Geräusche verschwinden mit einer richtig ein¬
geleiteten Allgemeinkräftigung des Organismus.
Klotz (Schwerin).
819. Ober Arterienrigidltfit bei Kindern;
von W. Ritten ho use. (Wien. klin. Woch.
1912. S. 920.)
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UL Kinderheilkunde.
257
In der unter Leitung Hamburgers in Wien
entstandenen Arbeit werden die vor kurzer Zeit
mitgeteilten Befunde dieses Autors Aber Arterien¬
rigidität erweitert. R. untersuchte 260 Kinder
im Alter von 2 —14 Jahren. Innerhalb des
zweiten Lebensjahres fand sich kein einziger Fall
von palpablen Arterien. Erst jenseits des 7. Jahres
traten erheblichere Grade von Handsteifung auf,
und Fälle, in denen sich das starre Arterienrohr
unter den Fingern rollen ließ, kamen erat jen¬
seits des 10. Jahres zur Beobachtung. Die Träger
palpabler Arterienwände gehörten fast ohne Aus¬
nahme zur Klasse der Neuropathen. Die SteifuDg
des Gefäßrohres ist also eine durch psychische
Einflüsse bedingte. Eine große Anzahl Kinder,
welche palpable Temporales hatten, verloren die
Tastbarkeit, sobald sich die psychische Erregung
über die ärztliche Untersuchung gelegt hatte.
Auch der Grad der Rigidität selbst wechselt bei
demselben Kind sehr häufig. Klotz (Schwerin).
820. Malignes embryonales Leberadenom
im ersten Lebensjahre; von Alb. P ei per.
(Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 76. S. 690. 1912.)
Sehr eingehende und gewissenhafte Analyse
eines Lebertumors, der auf eine karzinomatöse
Degeneration der Leberanlage zurückgeführt wird.
Die Arbeit hat vorzugsweise theoretisches,
pathologisch-anatomisches Interesse.
Klotz (Schwerin).
821. Our present knowledge of the phy-
siology and Chemistry of gastric digestion
as applied to vomiting in children; by
C. Eastman. (Boston med. and surg. Journ.
Aug. 15. 1912.)
E. sucht auf Grund der Chemie der Magen¬
verdauung eine Therapie des Erbrechens der Säug¬
linge zu gründen. Die Nahrung soll fettarm sein.
Bei Hypazidität soll Salzsäure, bei Hyperazidität
Kalkwasser verabreicht werden. Letzteres wirkt
aber nicht immer günstig, denn es regt die Salz¬
säureabsonderung an. Wo ee versagt, soll es
durch Natrium citricum oder carbonicum ersetzt
werden. Man wird nicht verkennen können, daß
damit die Therapie nicht erschöpft ist. E. steht
noch ganz im Banne der Anschauung, daß die Er¬
nährungsstörungen lokale Erkrankungen des Ver¬
dauungsapparates sind. Brückner (Dresden).
822. Considerazioni sopra sessantatrö
casi di anemla di Leishmania osservati
nella clinica pediatrica di Palermo; per
R. Jemma. (Rif. med. 1912. S. 925.)
Bakteriologisch festgestellte Leishmansche An¬
ämie fand sich bei 63 Kindern, meistens unter
3 Jahre alt und fast alle aus ungünstigen hygieni¬
schen Verhältnissen stammend. 7 kamen zum
Exitns nnd wurden obduziert. Der Befund ent¬
sprach dem einer schweren Anämie, doch war
die Milz in der Regel geschwollen, ebenso die
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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oberflächlichen, wie die tiefen Lymphknoten. In
der Leber herrschte fettige Degeneration vor. Die
Erreger waren besonders reichlich in den lympha¬
tischen und hämopoetischen Organen nachzu¬
weisen. Versuche mit Vakzination von abge-
tCteten Kulturen ließen gänzlich im Stich. In
3 Fällen trat Spontanheilung ein.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
823. Sclerotic foci in the cerebrum of
an infant; by J. F. Munsen. (Journ. of Nerv,
and ment Dis. 1912. S. 251.)
Bei einem 27 Monate altem Kind, das kli¬
nisch außer epileptiformen Krampfanfällen und
Geistesschwäche nichts Besonderes geboten hatte,
fanden sich im Gehirn eine Reihe von sklero¬
tischen Herden. Das Rückenmark konnte nicht
untersucht werden. M. stellt keine bestimmte
Diagnose, auf Grund des anatomischen Befundes
ist er aber der Ansicht, daß der Fall der mul¬
tiplen Sklerose am Nächsten ßtehe.
Jolly (Halle).
824. Lea convulsions de l’enfance; par
Pierre Labourdette et Maurice Delort.
(Gaz. des H6p. Aoüt 10. 1912.)
L. u. D. besprechen im Zusammenhang die
Zustände, bei welchen Krämpfe im Kindesalter
Vorkommen, Sie berücksichtigen dabei zu wenig
den Zustand der spasmophilen Diatheeen und
stellen die Gelegenheitsursachen in den Vorder¬
grund. Daher ist ihre Therapie ausschließlich
eine medikamentöse. Die erhebliche prophylak¬
tische Bedeutung der Ernährung lassen sie außer
Acht Brückner (Dresden).
825. Über Asthma bei Kindern und
dessen Behandlung; von E. Knopf. (Berl.
klin. Woch. 1912. Nr. 33.)
Asthma ist bei Kindern nicht zu selten. In
der Häufigkeit des Auftretens bestehen örtliche
vom Klima abhängige Verschiedenheiten. In
Straßburg ist es z. B. selten. Für die Behand¬
lung ist wichtig die psychische Beeinflussung,
womöglich verbunden mit einem Ortswechsel,
und die Erlernung normaler Atmung durch regel¬
mäßige atmungsgymuastische Übungen.
Brückner (Dresden).
826. Traitment de la fiövre typhoide
chez l’enfant; par Delöarde. (Echo möd.
du Nord Aoüt 18. 1912.)
D. führt eine Reihe vorwiegend medikamen¬
töser Verordnungen auf, deren er sich bei der
Behandlung des Kindertyphus bedient Man kann
mi t, weniger Auskommen. Es erübrigt sich die
Mittel alle aufzuzählen, da ja die Behandlung nur
eine rein symptomatische ist Für die Anti-
pyrese bevorzugt er bei größeren Kindern eine
Ehsblase auf die Brust, bei kleineren laue Bäder
und kalte Darmspülungen mit doppelläufigem
Rohr. Brückner (Dresden).
33
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258
III. Kinderheilkunde.
827. Ober Masernexanthem und Masern¬
übertragung; von Erich Ooetze. (Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 77. S. 205. 1912.)
G. weist darauf hin, daß das Masemexanthem
nichts spezifisches ist, sondern auch andern in¬
fektiösen Krankheiten, z. B. der Weilschen Krank¬
heit, ferner der von Friedr. Müller seinerzeit
beschriebenen Überschwemmungskrankheit, „dem
Schlammfieber“, weiter dem japanischen Tsutsu¬
gamushi- oder Kedanifieber, dem in Nordamerika
heimischen Rocky - mountain fever, dem dalma¬
tischen Pappataccifieber usw. eigen ist In allen
diesen Krankheitsformen offenbart sich nach etwa
lOtägigen Prodromen unter ähnlicher Fieberkurve
ein masernähnliches Exanthem. Dies entsteht
nach v. Pirquet durch das sogenannte Apotoxin,
welches auftritt, wenn die Antikörper mit den
spezifischen Mikroorganismen in Reaktion treten,
wobei giftige Abbauprodukte resultieren (Apo-
toxine). Im Frühstadium dar Masern — vor den
Koplikschen Flecken — treten Irregularitäten der
Puls- uud Temperaturkurve auf. G. sah nun bei
einem Ferkel, dem er menschliches, von einem
frisch Erkrankten entnommenes Blut injizierte,
am 9. Tage eine leichte Temperatursteigerung
und am 10. Tage ein Exanthem an den Ohren,
dazu frequentere Atmung und Pulsbeschleunigung.
Damit scheint die Übertragbarkeit der Masern auf
das Schwein bewiesen zu sein. Klotz (Schwerin).
828. Schule und epidemische Kinder¬
lähmung; von Joseph Langer. (Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 77. S. 143. 1912.)
An der steirischen Poliomyelitisepidemie von
1909 waren hauptsächlich Kinder des noch nicht
schulpflichtigen Alters beteiligt ( ia / i7 aller Fälle).
Die Möglichkeit der Schule als Infektionsquelle
wird dadurch erhellt, daß in der Schule 60,
während der Ferien 37 Kinder infiziert wurden,
daß ferner in einer Klasse gehäufte Fälle vor¬
kamen und die Erkrankten oft direkte Sitz¬
nachbarn waren, bzw. daß in einer Klasse immer
nur gleichgeschlechtliche Kinder (Kontagium) er¬
krankten. Die Erkrankten waren ferner auf dem
gemeinsamen Schul- und Kirchenweg mit ein¬
ander in Berührung getreten. Endlich erkrankten
Kinder in Klassen, die von Geschwistern polio¬
myelitiskranker nicht schulpflichtiger Kinder be¬
sucht wurden (gesunde Zwischenwirte).
Gegen die Schule als Infektionsquelle sprach,
daß oft nur ein einziger Fall in einer Klasse
auftrat obgleich keinerlei Schutzmaßregeln er¬
griffen wurden, öfters betrug ferner die In¬
kubationszeit bei Klassenfällen 6 Wochen und
mehr. Die gleichzeitige Erkrankung von mehreren
Kindern einer Klasse könnte von einer außerhalb
der Schule befindlichen Infektionsquelle hergeleitet
werden oder durch gesunde Bazillenträger.
Alles in allem ist die Frage also noch in
einzelnen Punkten recht ungeklärt, doch für L.
dahin entschieden, am kontagiös infektiösen Cha¬
rakter der Heine-Medinschen Krankheit festzu¬
halten und demgemäß jeweils energische Prophy¬
laxe zu treiben. Man darf eben nicht vergessen,
daß die Heine - Medinsche Krankheit sporadisch
auftritt und mit Vorliebe Einzelindividuen er¬
greift Klotz (Schwerin).
829. Erfahrungen über die Behandlung
der Kindertuberkulose mit dem Kochschen
Alttuberkulin; von J. Cronquist. (Jahrb. L
Kinderheilk. Bd. 75. S. 556. 1912.)
Die Arbeit kommt auf eine warme Empfehlung
der Injektionsbehandlung mit Tuberkulin hinaus.
Demgegenüber ist daran featzuhalten, daß externe
Tuberkulose genau so gut ohne Tuberkulin wie
mit Tuberkulin zur Ausheilung kommt, wenn
man sich die Mühe nimmt, beide Heilverfahren
nebeneinander selbst zu prüfen. Die geheilten
Lungentuberkulosen C.s sind ferner zu 9 /io kritisch
anfechtbar, denn nur 10°/ o gaben auf Probe¬
injektion eine Lokalreaktion. Es fehlen ferner
alle Angaben darüber, ob überhaupt Tuberkel¬
bazillen nachgewiesen worden sind.
Klotz (Schwerin).
830. Die Säuglingssterblichkeit in Berlin
im Sommer 1911; von H. Lief mann und
A. Lindemann. (Berl. klin. Woch. 1912.Nr.29.)
L. u. L. haben das amtliche statistische Material
der Stadt Berlin einschließlich der Leichenbe¬
stattungsscheine des Sommers 1911, der Bich
durch einen kühlen Frühsommer und einen un¬
gewöhnlich heißen Spätsommer auszeiclmete, ver¬
arbeitet und sehen danach die Annahme bestätigt,
daß der Gipfel der Sommersterblichkeit der Säug¬
linge vorwiegend auf direkter Hitzeschädigung
beruht Sie haben, wie sie meinen, einwandfrei
19 Beobachtungen von Hitzschlägen gesammelt
Die Zunahme der Verdauungsstörungen während
der Hitzeperiode beziehen L. u. L. vorwiegend auf
quantitative Fehler in der Ernährung und sekun¬
däre Infektionen. Dem Staphylococcus aureus
haemolyticus messen sie dabei eine besondere
Bedeutung bei. Brückner (Dresden).
831. Verbreitung der Sommersäuglings-
sterblichkeit in Deutschland; von Hans
Ri sei. (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
S. 248. 1912.)
In 343 deutschen Städten mit über 15 000 Ein¬
wohnern verzeichnet« R. die monatliche Sterbe¬
ziffer der Säuglinge und brachte diejenige des
Mai und des August in Beziehung. Die Mai-
mortalität stellt meist das Mortalitätsminimum des
Jahres dar, die des August kennzeichnet dagegen
die Hitzesterblichkeit am besten. Unter Zugrunde¬
legung dieser Mai-Augustquotienten fand R., daß
in den Hitzejahren 1904 und 1911 ca. 16% der
nach oben gekennzeichnetem Gesichtspunkt in
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IV. Neurologie.
259
Betracht kommenden deutschen Städte keine oder
unerhebliche Spätsommersterblichkeit hatten, in
56% betrug sie das doppelte bis vierfache der
Maisterblichkeit und in 27% ging sie noch dar¬
über hinaus.
Rheinland-Westfalen, Provinz Sachsen und Mittel¬
deutschland links der Elbe sind in besonders hohem
Mafie durch Sommersterblichkeit heimgesucht, mehr als
die Hälfte der hier zu berücksichtigenden Städte haben
eine Auguststerblichkeit, die diejenige des Mai um das
vierfache übertrifft Der Hauptherd der deutschen
Sommersänglingssterblichkeit ist also die deutsche Tief¬
ebene westlich der Elbe mit Ausschluß der Küsten¬
striche. Am wenigsten leiden unter ihr Bayern und
Schlesien. Die Großstadt an und für sich prädisponiert
nicht zur hohen 8ommersterblichkeit. Ein Zusammen¬
hang von allgemeiner Säuglingsmortalitfit und Sommer¬
sterblichkeit besteht ebenfalls meist nicht: Bayern und
Schlesien haben bei niederer Sommermortalität die
höchste allgemeine Kindersterblichkeit
Die geographische Lage (Gebirgscharakter) spricht
wohl bei der niederen bayerischen Sommersterblichkeit
mit, für Schlesien kommt dieser Faktor aber nicht in
Betracht. Kultur, Lebensbedingungen und Gewohn¬
heiten, Hygiene usw. der Bewohner vereinen sich wohl
als ebenso wichtige Faktoren mit den geogmphisch-
physikalischen Charakteren der einzelnen Orte. Sehr
eindringlich macht sich die Bevölkerungsdichte be¬
merkbar. Wo die breiten Massen „am meisten der
Domestikation anheimgefallen sind 11 und das Klima be¬
sonders hohe Sommertemperaturen mit sich bringt, sind
□ach R. die besten Bedingungen za hoher Sommer¬
sterblichkeit gegeben. Die Nähe der Küste schützt
durchaas nicht hiervor, wie Liverpool, Antwerpen,
Le Havre, Rotterdam mit ihrer sehr hohen Sommer¬
säuglingsmortalität beweisen.
Aach die größeren Städte der Tropen lassen eine
nicht unbeträchtliche Sommersterblichkeit erkennen. Es
tritt also entgegen einer vielfach geäußerten Meinung
auch in den Tropen das fragliche Phänomen in Er¬
scheinung. Klotz (Schwerin).
IV. Neurologie.
832. Über neuro-myotonische Reaktion
bei einem Falle von Syringomyelie; von
G. L. Dreyfuß. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
u. Psych. Bd. 5. S. 414.)
Bei einem Falle von Syringomyelie zeigte der
rechte N. ulnaris einen abnorm früh auftretenden
KSTe. Bei 12 M.-A. kam es zum ersten Dauer-
tetanus, der auch nach Aufhören des Stromes
längere Zeit anhielt, und dessen Intensität und
Dauer mit der Länge der StromeinwirkuDg und
der Stärke des Stromes wuchs. Bei direkter
Reizung des rechten M. flexor carpi ulnaris fand
sich auch ein sehr früher KSTe. Der Dauer¬
tetanus entsprach nicht dem von Erb bei Myo¬
tonie beschriebenen, insofern als die Zuckung
blitzartig einsetzte. Ton der von Remak und
Marina beschriebenen neurotonischen Reaktion
unterschied sie sich durch das Fehlen des früh¬
zeitigen Auftretens der AnöZ und des AnÖTe.
Schlesinger hat ähnliche Fälle beobachtet;
er nennt das Krankheitsbild Myotonia syringo-
myelica Ein feststehender Symptomenkomplex
läßt sich einstweilen noch nicht auf3tellen.
Hauptmann (Freiburg i. Br.).
833. lat die Polumkehr bet der Ent¬
artungsreaktion echt oder scheinbar? von
H. Boruttau. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 5. S. 350.)
Reiß hat behauptet, daß die Umkehr der
Zuckungsformel bei der Entartungsreaktion auf
einer wirklichen Umkehr des polaren Erregungs¬
gesetzes beruhe, entgegen der von Wiener be¬
gründeten Erklärung, wonach die Umkehr der
Zuckungsformel nur scheinbar und durch die
herabgesetzte Erregbarkeit an der reellen Elek¬
trode bei erhaltener Erregbarkeit an den vir¬
tuellen Elektroden von entgegengesetztem Vor¬
zeichen bedingt ist.
EL kommt auf Grund eigener Versuche zu dem
Ergebnis: Die Polumkehr bei der Entartungs¬
reaktion und experimentellen Schädigung des
motorischen Apparates ist immer nur scheinbar
und rührt von den virtuellen Elektroden her.
Hauptmann (Freiburg i. Br.).
834. Beitrag zur Ätiologie und Patho¬
logie der Tabes dorsalis; von M. Bern¬
hardt. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 1505.)
B. hat bei der Sichtung seines Materials an
Tabikern der letzten 21 Jahre alle Daten und
Zahlen zusammengestellt, die für Ätiologie, Dis¬
position, Symptome, Einfluß der Behandlung auf
den Verlauf der Tabes in Betracht kommen. Es
ist im großen und ganzen eine Bestätigung be¬
kannter Tatsachen, neue Gesichtspunkte werden
nicht gebracht Krankengeschichte eines Falles,
in dem die Erscheinungen der Tabes mit den
Symptomen der Paralysis agitans kombinirt waren.
Hahn (Marburg).
835. Klinische Untersuchungen über das
Auftreten der Cutis anserina; von Harry
Königsfeld und Fritz Zierl. (D. Arch. f.
klin. Med. Bd. 106. H. 5 u. 6.)
Eine lokale bez. halbseitige Cutis anserina ist
durch direkte mechanische, thermische und elek¬
trische Reizung der Haut auszulösen. Die halb¬
seitige Reaktion läuft als echter Reflex über
Rückenmark und Grenzstrang des Sympathikus.
Durch Reizung einer bestimmten Stelle am Halse
kann stets eine einseitige vollständige Piloar-
rektion erreicht werden. Hahn (Marburg).
836. Zur Hysterietheorie; von S. Meyer.
(Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 216.
1911.)
Das Hysterieproblem lautet: Auf welchem
Wege können greifbare körperliche Störungen
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260
IV. Neurologie.
auf funktioneller Grundlage entstehen? Um diese
Frage zu klären, hat man bisher vor allem den
Begriff der Suggestion herbeigezogen; doch wird
dieser Begriff — er wird von M. als Aufdrängung
von Vorstellungen definiert — in seiner Bedeu¬
tung für die Genese der Hysterie erheblich über¬
schätzt. Ein groBer Teil der hysterischen Zu¬
stände läßt sich durch bloße Suggestionswirkung
nicht erklären. Eine befriedigende Auffassung
der Hysterie läßt sich nur auf dem Boden einer
psychophysischen Theorie erreichen, deren Grund¬
züge M. im 2. Teile seiner Arbeit entwickelt
M u g d a n (Freiburg i. Br,).
837. Ober Zytolyse im Liquor cerebro¬
spinalis; von V. Kafka. (Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 252.)
Die Experimentaluntersuchungen K.s, die sich
auf die Zytolyse der verschiedensten Zellarten
erstreckt haben, haben folgende Resultate er¬
geben : Die Zellen der chronischen luetischen
und metaluetischen Erkrankungen der Meningen
gehen in ihrem Liquor extra corpus zugrunde.
Daraus folgt für die Praxis die Lehre: Wer die
Liquorelemente studieren will, muß dem Liquor
nach der Aufn ahm e gleich Formol zusetzen. Bei
sonst gleichen Versuchsbedingungen gehen die
Zellen verschiedener Fälle nicht gleich stark und
schnell zugrunde; in einigen Fällen zeigt sich
mehr die schnelle Auflösung, in anderen werden
alle Stadien der Zelldegeneration durchschritten.
Am schnellsten und stärksten verändern sich die
Plasmazellen. An zweiter Stella degenerieren die
polynukleären Leukozyten; am längsten bleiben
die Lymphozyten erhalten. Die Zell Veränderungen
bleiben die gleichen, ob man auf die Zellen den
Liquor derselben oder eines anderen Paralyse¬
falles, einer Dementia praeoox oder senilis ein¬
wirken läßt; ob man den Liquor in aktivem
oder inaktiviertem Zustande verwendet; auch bei
Komplementzusatz bleiben die Veränderungen die
gleichen. Die weißen Zellen, die bei der akuten
eitrigen Meningitis im Liquor auftreten, wie jene
des Blutes verhalten sich ganz anders, indem
ihnen gegenüber die verschiedenen Liquores fast
ganz refraktär bleiben. Es ist der zwingende
Schluß zu ziehen, daß die Ursache des Zugrunde¬
gehens der Liquorzellen im Liquor nicht in diesem,
sondern in den Zellen zu suchen ist; der Zell¬
leib dieser Zellen scheint so labil zu sein, daß
er unter den verschiedensten Umständen extra
corpus degeneriert Mugdan (Freiburg i. Br.).
838. Die Lokalisation dar Kleinhirn¬
erkrankungen; von Bob. Bing in Basel.
(D. med. Woch. 1912. Nr. 9.)
Umfangreiches, sich im besonderen auf kli¬
nische und neuere experimentelle Ergebnisse
stützendes Referat über den heutigen Stand dar
topischen Kleinhirndiagnostik, das sich der zahl¬
reichen Einzelheiten wegen einer eingehenderen
Wiedergabe entzieht. Goebel (Köln).
839. Eine seltsame Triebhandlung in
einem Falle von psychischer Epilepsie;
von A. Maeder. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 5. S. 178.)
H. analysiert in der vorliegenden Arbeit aufs
Genaueste den Fall eines Epileptikers, der wegen
böswilliger Eigentumsschädigung angeklagt und
der Anstalt Burghölzli zur Begutachtung zuge¬
wiesen war. Der betreffende Pat hatte in trieb¬
hafter Weise vorübergehende Damen mit Schoko¬
ladenbrei bespritzt und zwar Btets in genau der¬
selben Manier. Die Untersuchung ergab, daß es
sich um einen Epileptikter handelte, der auf
Grund seiner Krankheit zu diesen, sich stets
wiederholenden kriminellen Handlungen gedrängt
wurde. Die sonstige Analyse des Falles — nament¬
lich die Anwendung der Assoziationsexperimente —
muß einigermaßen skeptisch aufgenommen werden.
Mugdan (Freiburg L Br.).
840. Chemistry of nervous and mental
diseases; by F. M. Barnes. (Amer. Joum. of
Ins. Bd. 68. S. 431. 1912.)
B. gibt in der vorliegenden Arbeit einen Über¬
blick über das Gesamtreeultat aller bisherigen
Stoffwechseluntersuchungen bei nervösen und psy¬
chischen Störungen. Es zeigt sich, daß die Be¬
funde der einzelnen Autoren so wenig miteinan¬
der korrespondieren und überhaupt so uncharak¬
teristisch sind, daß irgendwelche bindende Schlüsse
aus ihnen nicht zu ziehen sind.
Mugdan (Freiburg L Br.).
841. Ober die Ergotinpsychose; von M.
J. Gurewitsch. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 5. S. 267.)
G. teilt in der vorliegenden Arbeit die Kranken¬
geschichten von 18 Fällen von Ergotinpsychose
mit, die in den Jahren 1909 und 1910 in der
Landeairrenanstalt Buraschewo beobachtet worden
Bind. Die Epidemie lehrte, daß die Ergotin¬
psychose hinsichtlich ihres Symptomenbildes den
größten Schwankungen unterworfen ist. Auf
somatischem Gebiete war eines der konstantesten
Symptome eine Erhöhung der mechanischen
Muskelerregbarkeit; inkonstant waren das Fehlen
der Patellarreflexe und Krämpfe verschiedener
Art Von psychischen Anomalien waren Sinnes¬
täuschungen, Wahnideen und Störungen der Affekt¬
erregbarkeit zu beobachten; das intellektuelle Ge¬
samtniveau war häufig nicht unerheblich reduziert,
und zwar stets in Form einer nicht uncharak¬
teristischen „Veretumpfung“. Ferner traten Stö¬
rungen des Bewußtseins auf, die von den leich¬
testen Absenzen bis zum tiefsten Dämmerzustände
alle Stadien der Bewußtseinshelligkeit durchliefen.
Mugdan (Freiburg i. Br.).
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IV. Neurologie.
261
842. Zur Technik der Kochsalzinjek¬
tionen bei Ischias; von Emil Sohepelmann.
(Zeitschr. f. d. gee. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 430.)
Bei der bisher geübten Technik der Injek¬
tionen von Flüssigkeit in den Nervus ischiadicus
machen sich 3 Übeistände bemerkbar: Die Öffnung
der schräg zugespitzten Hohlnadel verschwindet
nicht ganz im Nerven, sodaß nur ein Teil der
eingespritzten Flüssigkeit wirklich in den Nerven
eindringt, die vollständige Durchbohrung des
Nerven mit der Nadel, verursacht unnötigen
Schmerz, eine Verletzung der in der Nähe des
Nerven liegenden großen Gefäße ißt möglich.
Diese Übelstände werden vermieden bei Ver¬
wendung der von Sch. angegebenen stumpfen
Nadel mit Mandrin. Dieser wird nach Durch¬
bohrung der Haut und der oberflächlichen Mus¬
keln entfernt, und die Nervenscheide mit der
stumpfen Nadel durchbohrt Schon nach Injektion
einiger ccm Flüssigkeit läßt sich der Kolben der
Spritze nicht mehr weiter vorschieben, ein Zeichen
daß die Nervenscheide wirklich getroffen und
gefüllt ist Hauptmann (Freiburg i. Br.).
843. Unilateral hypertrophy, involving
the entire left side of the body; by Peter
BaBSoe. (Amer. Journ. of Ins. 1912. Nr. 1. S. 91.)
Bei einem jetzt lßjähr. Knaben besteht seit
Geburt eine Vergrößerung der linken Körperhälfte;
genaue Maße werden mitgeteilt. Es fanden sich
verschiedene Veränderungen der Haut, so Pig¬
mentanomalien , Naevi, Hyperkeratosis, Xerosis,
Seborrhöe. Sehstörnngen bestanden nicht, auch
war nach der Röntgenplatte die Sella turcica
nicht erweitert. Jolly (Halle).
844. Neue Epilepsiemittel; von Wern.
H. Becker. (Klin. - ther. Woch. 1912. Nr. 1.)
Kurze Besprechung einiger Epilepsiemittel auf
Grund der über dieselben erfolgten Publikationen
(u. a. Epileptol, Zerebrin, Krotalin, Calcium lac-
ticum, Weilsches Pulver), denen gegenüber B.
den Wert des Broms betont Jolly (Halle).
845. Asymmetrie in der Zahnbildung
und im Zentralnervensystem; von Arturo
Beretta. (Neur. ZentralbL 1912. S. 961.)
Nach den interessanten Untersuchungen B.s
findet sich in 54°/o eine Asymmetrie ira Durch¬
bruch und wahrscheinlich in der Bildung der
Milchzähne, und zwar zu Gunsten der rechten
Seite in 46°/ 0 und zu Gunsten der linken Seite
in 8 °/ 0 ; in den übrigen Fällen ist die Zahnformel
symmetrisch. Manche Kinder nun mit Asymmetrie
zu Gunsten der linken Seite sind Linkshänder
und waren entweder Vater oder Mutter oder beide
linkshändig oder mit beiden Händen gleich ge¬
schickt. Jolly (Halle).
846. Praliminary papar on soma un-
familiar and soma new pariostaal reflexes;
by A. Myerson. (Arch. of int. Med. July 15.
1912. S. 31.)
Zu wenig bei der neurologischen Untersuchung
beachtet werden die periostalen Reflexe, von denen
eine große Anzahl beschrieben werden. Man ruft
sie hervor durch einen kurzen Schlag mit dem
Perkussionshammer auf einen bestimmten zu
Tage tretenden Knochen. So kann man durch
einen Schlag auf den Proc. styloides ulnae zu¬
nächst eine Kontraktion des Triceps ferner eine
solche der hinteren Fasern des Deltoideus, dann
eine Kombination beider Kontraktionen erregen,
so auch den Übergang des Reflexes auf die
Supra- und Infraspinati, den Rhomboideus, Trape-
zius und Biceps beobachten. Eine große Reihe
homo und kontralateraler Adduktionen werden
am Unterschenkel bemerkt. Alle diese Reflexe
nun treten in gesteigertem Maße bei Krankheiten
der Hirnrinde hervor, zumal bei unkomplizierter
allgemeiner Parese; auch bei cerebraler Arterio¬
sklerose sind sie oft sehr stark, ebenso bei Krank¬
heiten der Pyramidenbahnen. Bei der Tabes
fehlen sie im Höhestadium, während sie im An¬
fänge oft sehr lebhaft sind. Bei der Basedow¬
schen Krankheit sind sie gesteigert. Bei Neur¬
asthenie findet man besonders die homolateralen
Reflexe ausgeprägt; stärkeres Hervortreten der
contralateralen, besonders der durch Beklopfen
des Condylus extemus hervorgerufenen deutet
darauf hin, daß die Neurasthenie nur Symptom
einer schwereren nervösen Störung ist.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
847. Sitophobia, a digestive phantasme;
by G.M. Nil es. (New York med. Record May 25.
1912. S. 987.)
Mit Sitophobie wird die krankhafte Scheu vor
Speisen, sei es einer Gruppe von Nahrungsmitteln,
sei es Einzelspeisen wie z. B. Butter, bezeichnet
Sie ist oft der Ausdruck einer nervösen Dys¬
pepsie. Manchmal liegt eine unangenehme per¬
sönliche Erfahrung mit der betreffenden Speise
zugrunde, manchmal auch Suggestion, wie sie
z. B. von gewissen Sekten betreffs des Fleisches
ausgeübt wird. Wahrscheinlich spielen oft dabei
die Hormone eine Rolle, die einen großen Ein¬
fluß auf die Regulierung der Verdauungssaft¬
sekretion haben und andrerseits selbst von psy-
chischenen Sensation beeinflußt werden können.
Fischer-Defoy (Quedlinburg.)
848. The vascular lesion in some cases
of middle meningear haemorrhage; by
F. Wood Jones. (Lancet July 6. 1912. S. 7.)
Schon vom rein anatomischen Gesichtspunkte
ist es wahrscheinlicher, daß bei nicht zu heftiger
Gewalt ein Sinus im Gehirn leichter verletzt
wird als eine Arterie. Die pathologische Unter¬
suchung bestätigte das, mit Hilfe von Serien¬
schnitten wurden 12 blutende Stellen in 3 Fällen
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262
V. Chirurgie.
tödlicher Gehirnblutung untersucht; stets handelte
es sich um eine venöse, nie um eine arterielle
Blutung. In den untersuchten Fällen kam es
stets zu einem extraduralen Hämatom. Wahr¬
scheinlich liegt nur dann eine Blutung der Arteria
meningea media zugrunde, wenn eine heftige
Gewalt ausgeübt wird.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
849. Case of ganglion neuroma of the
mesentery; by H. Macnaughton Jones.
(Lancet June 22. 1912. S. 1678.)
Von einem 18jahr. Mädchen wurde eine seit
13 Jahren bestehende, allmählich größer werdende
Abdominalgeschwulst operativ entfernt, die sich
als Neurom des Mesenteriums erwies. Der Tumor
maß 15x 11x10 cm. Er bestand größtenteils
aus fest mit einander verbundenen Bündeln von
markhaltigen Nervenfasern, die meistens eine feine
Scheide besaßen. In das so zusammengesetzte
Gewebe waren eingekapselte Ganglienzellen ein¬
gebettet, fast alle degeneriert, einige auch ne¬
krotisch und Kalkeinlagerungen enthaltend. Die
Kapsel des Tumors setzte sich aus Nervenbündeln
mit verdickter Markscheide zusammen. Ein ähn¬
liches Neurom, 11x14x5 cm messend, fand
sich bei der Obduktion einer 34jähr. Frau, der
Konkavität des Sakrum aufsitzend.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
850. Sopra un caso di lesiono totale
del nucleo lenticolare di sinistra senza
afasia motoria; per U. RaggL (Rif. med.
1912. S. 735.)
Ein öOjähr. Eisenbahnbeamter, der eine Apoplexie
erlitten hatte, wies neben einer Hemiplegie der rechten
Körperhälfte zunächst nur gewisse Sprachstörungen auf,
ohne daß sich das Bild einer motorischen Aphasie
zeigte. Allmählich trat psychischer Verfall ein; der
ihn begleitende Marasmus führte zu Tode. Bei der
Autopsie fand sich ein Erweichongsherd, der n. a. den
linken Linsenkern völlig zerstört hatte.
Fischer-Defoy (Quedlinburg)
851. The early diagnosis and treatment
of epilepsy; by E. F. Buzzard. (Lancet
May 25. 1912. S. 1401.)
Die allerersten Attacken der Epilepsie werden
nur selten richtig erkannt Sie treten z. B. als
Beklemmungen auf und werden als Aufsteigen
vom Magen zum Munde empfunden. Überhaupt
müssen alle wiederkehrenden plötzlichen Sen¬
sationen Verdacht erwecken. Krämpfe bei über
18 Monate alten Kindern sind fast immer epi¬
leptischen Ursprungs. Die Behandlung hat beim
allerersten Verdacht einzusetzen und muß lange,
womöglich über Jahre fortgesetzt werden, um
vollen Erfolg zu haben. Brom ist nur wirksam,
wenn es im Beginn der Krankheit gegeben wird.
Eine Kombinierung mit Arsenik, Belladonna, Digi¬
talis erhöht die Wirksamkeit Strenge Indi¬
vidualisierung ist unbedingt erforderlich.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
852. Zur Pathologie der Kompressiv-
myelitis ; von Z. MysliveCek. (Sbomik
Klinick* 1912. Nr. 1.)
Durch den Druck einer Fremdmasse auf das
Rückenmark entsteht eine Degeneration desselben.
Betrifft der Druck nur eine umschriebene Stelle
des Rückenmarks, kommt es nur zu lokalen Ver¬
änderungen an der Stelle des Druckes; ver¬
ursacht die Fremdmasse eine allmähliche Ver¬
engung des Wirhelkanals und ist sie weich und
nachgiebig, dann weicht die Medulla vor dieser
Fremdmasse zurück und wird dieser entsprechend
deformiert; andernfalls kommt es zu regressiven
Veränderungen der Medulla und wirkt vorwiegend
in den dem Druck gegenüberliegenden Partien.
Mühlstein (Prag).
V. Chirurgie.
Allgemeine Chirurgie.
853. In spuiting van Zontoplossing; von
D. Schonte. (Nederl. Tijdschr. voor Geneesk.
1912. S. 1811.)
Statt der subkutanen Infusion von Salzlösungen,
die manchmal ziemlich viel Zeit in Anspruch
nimmt, und für den Patienten recht schmerzhaft
sein kann, wird angeraten, die Salzlösung in das
Cavum Retzii einlaufen zu lassen; eine prae-
vesikale Injektion also I Die Methode ist äußerst
einfach. Oberhalb der Symphysis werden die
Haare ein wenig zur Seite geschoben und eine
kleine Stelle der Haut wird desinfiziert (z. B. mit
Tinct jodi). Mit einer langen Nadel wird dicht
oberhalb der Mona Veneris eingegangen und mit
der Spitze der Nadel wird die Hinterseite der
Symphysis gesucht iBt die Nadel 4 bis 5 cm
eingeführt, so bekommt man sehr deutlich das
Gefühl, die Bauchwand passiert zu haben und
sofort fängt die Flüssigkeit an einzulaufen. Inner¬
halb 10 Minuten hat man in dieser Weise sehr
bequem ein Liter irgend einer Flüssigkeit einge¬
bracht ohne Beschwerden von Seiten des Patienten.
Die großen Vorteile der Methode sind also,
Schmerzlosigkeit und größere Geschwindigkeit,
während auch das „Nachtropfen“ nicht vorzu¬
kommen scheint
Als Nachteile könnten in Betracht kommen,
das Anstechen eines Darmes, der Blase oder des
Peritoneums. Liegen Blase und Darpi frei, so
weichen sie vor der Nadel aus und werden sie
angestochen , so ist zwar der Zweck der Injektion
verfehlt, aber sind doch bei guter Asepsis keine
Gefahren zu fürchten. Auch das Durchstechen
des Peritoneum ist unter diesen Bedingungen
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V. Chirurgie.
263
vollkommen gefahrlos, weil die Salzlösung vom
Peritoneum sehr gut resorbiert wird.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
854. Tincture of jodine the best surgi-
cal disinfectant; by F. Th. Woodbury.
(New York med. Journ. 1912. S. 105. u. 178.)
Von einem chirurgischen Desinfizienz muß
man Folgendes verlangen: es muß bakterizid in
Lösungen mit unschädlicher Flüssigkeit wirken,
eine große osmotische Fähigkeit besitzen und un¬
giftig sein; es darf keine Histolyse veranlassen
und soll die Zellorganisation begünstigen; es soll
Infektionen verhüten, darf das Gewebe nicht
reizen, und nicht mit andern chirurgisch ver¬
werteten Chemikalien gefährliche Verbindungen
eingehen. Dieser Anforderung kommt die Jod¬
tinktur näher als alle andern Desinfizientien.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
855. Antiseptische Maßnahmen russi¬
scher Chirurgen (auf Grund einer Enquete);
von W. Kruschkof. (Chirurgija Bd. 32. S. 291.
1912.)
Von den 170 Fragebogen wurden 84 beant¬
wortet. Von dem Resultate dieser Enquete kann
ich für das Referat nur Folgendes hervorheben:
Die Hände werden zum größten Teil nach den
alten Methoden desinfiziert; sehr verbreitet ist
Ahlfeldsche und Fürbringersche Methode. Das
Operationsfeld wird zum größten Teil nach Gros¬
sich vorbereitet. N. Krön (Moskau).
856. Die klinische Verwertung der Koa¬
gulationsbestimmung des Blutes bei Ikterus;
von S. Kunika. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118.
S. 574. 1912.)
Als klinisch gut verwendbar wird die Kott-
mannsche Gerinnungsbestimmung (Beschreibung
im Original) empfohlen. Die Gerinnungszeit ißt
bei vielen Ikterischen den Gallensteinkrankheiten
normal, bei Cholämischen dagegen und bei Icterus
gTavis ist die Gerinnbarkeit stark herabgesetzt.
Solche Uterische sind zur Operation wegen des
fortgeschrittenen Prozesses nicht geeignet. Die
Methode hat also großen diagnostischen und pro¬
gnostischen Wert. Fritsch (Breslau).
857. Über die diphtherische Entzündung
der Haut und des Unterhautzellgewebes;
von C. Deutschland er. (D. Zeitschr. f. Chir.
Bd. 115. S. 310. 1912.)
In dem von-G. ausführlich mitgeteilten Falle
handelt es sich um ein an poliomyelitischer Läh¬
mung leidendes, im übrigen aber gesundes 3jähr.
Mädchen, bei dem 10 Tage nach einer bis dahin
aseptisch verlaufenen Quadrizepsplastik in der
Leistenbeuge, und zwar mehr an der Innenseite,
in der Gegend der Adduktoren, an einer Stelle,
wo der Gipsverband eine leichte Exkoriation er¬
zeugt hatte, eine brettharte Infiltration auftrat
Unter geringen Fiebererscheinungen verbreitete
sie sich progredient über die Vorder- und Innen¬
seite des Oberechenkels weiter und erzeugte hier
Blasen mit serösem Inhalt und Hautgangrän,
wobei eine auf der vorderen Seite gelegene
Operationswunde vollkommen brandig zerstört
wurde. Durch den Nachweis von echten Diph¬
theriebazillen in Reinkultur charakterisierte sich
der Prozeß als eine fortschreitende diphtherische
Hautentzündung, die auf Serum eine deutliche
örtliche Reaktion und Rückbildung zeigte, bei der
aber schließlich dennoch infolge der Toxinwirkung
der Tod an Herzschwäche erfolgte. Eine Sektion
konnte leider nicht vorgenommen werden. Über
die Ätiologie besteht in diesem Falle keine Sicher¬
heit Eine vorhergegangene Eachendiphtherie war
auszuschließen, ebenso die Annahme einer echten
Wunddiphtherie. Die Eingangspforte der Infektion
war verschiedentlich mit Kot verunreinigt worden,
eine Diphtherieübertragung durch den Kot ist
deshalb nicht auszuschließen. Für eine übersicht¬
liche Betrachtung des seltenen Krankheitsbildes
schlägt D. folgendes Einteilungsschema vor: I. Die
Hautdiphtherie als Teilerscheinung einer genera¬
lisierten Diphtherie. II. Die Hautdiphtherie als
Örtlich begrenzte und selbständige Erkrankung.
1. Die Hautdiphtherie der pathologisch veränderten
Haut: a) die echte Wunddiphtherie; b) die Diph¬
therie auf entzündlichen Hautprozessen. 2) Die
diphtherische Entzündung der gesunden Haut:
a) die ulzerierende Hautdiphtherie; b) die phleg¬
monöse Hautdiphtherie. Auf Grund der bisher
vorliegenden Literatur bespricht D. diese ver¬
schiedenen Formen der Hautdiphtherie. Die Arbeit
eignet sich nicht zu einem kurzen Referate.
Wagner (Leipzig).
858. Zur Frage der Gasphlegmone bei
Schrotschußverletzungen; von Suchanek.
(Wien. klin. Woch. 1912. S. 907.)
Mitteilung aus der v. Eiselsbergschen Klinik
über 11 Fälle von Schrotschußverletzungen; drei
Fälle endeten infolge von Gasphlegmone tödlich.
Die Untersuchungen S.s ergaben, daß der Schrot¬
deckel sowie die Pulverpfropfen unter gewissen
Umständen, besonders aber beim Schrotnaheschuß,
in die Wunde gelangen können. Beide sind
Träger anaörober Bakterien, wobei die aus Papier
gefertigten Schrotdeckel und Pfropfen diese Eigen¬
schaft in größerem Maße besitzen, als die aus
Filz bestehenden. Diese anaöroben Bakterien sind
imstande, im Tierversuch das Bild einer tödlichen
Gasphlegmone zu erzeugen. Als prophylaktische
Maßregel gegen das Auftreten einer Gasphleg¬
mone nach Schrotnaheschüssen muß daher die
Sterilisation der Schrotdeckel und Pulverpfropfen
verlangt werden, eine Maßregel, die bei der
doch nicht so großen Seltenheit von Schrotschu߬
verletzungen beim Menschen gewiß berechtigt er¬
scheint. Wagner (Leipzig).
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264
V. Chirurgie.
859. Jets over Narkose; von M. H. Knoch.
(Geneesk. Tijdschr. voor Nederl. IndiS. Deel 52.
S. 261.)
K. berichtet über gute Resultate mit der
Amdschen Methode der Rektalnarkose. Er gibt
bzw. 2 1 /, Stunde und P/a Stunde vor der Ope¬
ration eine Dose von 10—15 mg Morphin (c. q.
mit 1 ccm Digalen) subkutan; und nachher 5%
Äther in physiologischer Kochsalzlösung rektal.
Die Methode ist indiziert bei Operationen in der
Nähe des Gesichtes und in Fällen, wo mit un¬
geübter Assistenz gearbeitet werden muß.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
Kopf und Hals.
860. Erfahrungen über die Dekompres-
siv-Trepanation und den Balkenstich nach
Anton-Bramann beim Gehirndruck; von
A. R. v. Ruediger-Rydygier. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 117. S. 344. 1912.)
Mitteilung aus der Lemberger chirurgischen
Klinik über 9 Fälle von Dekompressiv-Trepanation
und 10 Fälle von Balkenstich. Um einen ent¬
sprechenden Erfolg zu erzielen, dürfen wir bei
der sogenannten Entlastungs - Trepanation eine
nicht allzu kleine Öffnung anlegen. Dann aber
ist der operative Eingriff schon größer und kann
in recht unangenehmer Weise mit einem Gehirn¬
verfall kompliziert werden, vorausgesetzt, daß
man die TrepanationsCffnung nicht nach Cushing
unter dem M. temporal, anlegt Von den 9 De-
kompressiv-Trepanationen zeigte nur eine einen
nachhaltigeren Erfolg; ein Todesfall im direkten
Anschluß an die Operation war nicht zu ver¬
zeichnen. Von den 10 Fällen, in denen der
Balkenstich vorgenommen wurde, trat in einem
(Hydrozephalus) dauernde Heilung ein, während
in einem anderen mit Turmschädel dauernde
Besserung zu verzeichnen war. Die Besserung
betraf auch in den anderen Fällen besonders das
Sehvermögen und den Kopfschmerz.
Wagner (Leipzig).
861. Eine neue Methode zur Unter¬
suchung der Lumbalpunktate; von H. Braun
und Husler. (D. med. Woch. 1912. Nr. 25.
S. 1179.)
Die Untersuchungen B.s u. H.s gründen sich
auf 41 verwertbare Lumbalpunktate. Meningi-
tische Lumbalpunktate, insbesondere tuberkulöse,
ergaben bei Zusatz einer stark verdünnten Salz¬
säure (n/300 HCl) im Verhältnis 1:5 (1 ccm Li¬
quor -(- 5 ccm Säure) deutliche Trübung und
unterschieden sich dadurch von normalen Punk¬
taten. Wagner (Leipzig).
862. Beitrag zur Exstirpation des Gan¬
glion Gasseri; von A. R v. Ruediger-
Rydygier. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 117.
S. 371. 1912.)
v. R-R. hat in 2 Fällen von Rezidiven nach
Resektion des 2. und 3. Trigeminusastes nach
Kroenlein mit sehr gutem Erfolge die Exstir¬
pation des Ganglion Gasseri vorgenommen. In
beiden Fällen hat er zweizeitig operiert nach dem
etwas modifizierten Verfahren nach Kocher.
Eine präliminare Unterbindung der Carotis com.
oder Carotis ext wurde nicht vorgenommen.
Wagner (Leipzig).
863. Über Uranoplastik; von J. Schoe-
maker. (Arch. f. klin. Chir, Bd. 98. S. 127,
1912.)
Angeregt durch die Knochenplastiken von
Brophy, Helbing und Codivilla hat Sch.
eine Uranoplastik operativ ausgearbeitet, die, wie
Abbildungen zeigen, sehr schöne Erfolge gibt
und schon in den ersten Tagen nach der Ge¬
burt ausgeführt werden kann, vor der Hasen¬
schartenoperation, die, wie Sch. richtig sagt, meist
den Zugang zum Gaumen sehr erschwert hat.
Das Verfahren besteht darin, daß nicht die ganze
Maxilla aus ihrem Zusammenhang gelöst und ver¬
schoben wird, sondern nur den Alveolarfortsatz
mit der Gaumenplatte mit einem feinen horizontal
gestellten Meißel vom Oberkiefer getrennt und
durch Dehnung und Lockerung der Weichteile
nach der Mitte hin verschoben, und die Spalte
nach Anfrischung ihrer Ränder mit 3 Nähten ge¬
schlossen wird. Die besten Resultate hat Sch.
erzielt, wenn er nicht nur auf einer Seite, son¬
dern auf beiden in beschriebener Weise verfuhr,
dadurch wurde die schräg liegende Nasenscheide¬
wand in ihre richtige vertikale Richtung gebracht
und nach Kürzung des im Wege stehenden
Kernes wurde ein ideales Resultat erreicht Durch
diese Uranoplastik ist die Lippenspalte schon so
verschmälert, daß ihr Verschluß eine Kleinig¬
keit ist Fritsch (Breslau).
864. Über einen Fall von abgekapseltem
Hirnabszeß und dessen Enukleation; von
A. Billeter. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77.
S. 106. 1912.)
Der sehr interessante Fall stammt noch aus
der Praxis von Krönlein und betraf eine
38jähr. Frau, die vollständig die Symptome eines
wohlbegrenzten Tumors der motorischen Rinden¬
region zeigte. Der Operationsbefund schien denn
auch wirklich anfänglich für eine Hirngeschwulst
- zu sprechen. Jedoch ergab die pathologisch¬
anatomische Untersuchung des taubeneigroßen
Tumors, daß es sich um einen abgekapselten,
sterilen Himabsxeß handelte. Die Operation
brachte Heilung bis auf vierwöchentlich auf¬
tretende kurze Krampfanfälle ohne jedwede Be¬
wußtseinstrübung. Diese Anfälle stellen wohl
nichts anderes dar, als die bei Tumorenukleation
der motorischen Himregion so oft beobachteten
Narbenreizerscheinungen. Was die Ätiologie des
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Y. Chirurgie.
265
Himabsxesses in diesem Falle anbelangt, so ist
es nicht gelungen, weder durch die klinische Be¬
obachtung, noch durch die Erhebung einer ein¬
gehenden Anamnese, noch durch sorgfältige Unter¬
suchung des gewonnenen Präparates eine primäre
Infektion eindeutig nachzuweisen oder auch nur
ernstlich in den Bereich der Möglichkeit zu ziehen.
Ein ähnlicher Fall ist von Krogius operiert
und beschrieben worden. Wagner (Leipzig).
865. Chirurgie de l’hypophyse; par R.
Toupet. (Revue de Chir. Bd. 32. S. 899. 1912.)
In der vorliegenden Arbeit hat T. 56 Hypo¬
physenoperationen aus der Literatur zusammen-
gestellt und bespricht nacheinander die patho¬
logische Anatomie der Hypophysentumoren; die
verschiedenen Wege, um zur Hypophyse zu ge¬
langen ; die Resultate der Hypophysektomie und
die operativen Indikationen zu ihr. Prognostisch
und therapeutisch sehr schwerwiegend ist die
pathologisch-anatomisch festgestellte Tatsache, daß
sowohl die gutartigen, wie auch die bösartigen
HypophyBengeschwülste intrazerebrale Fortsätze
in der Mehrzahl der Fälle aussenden, sodaß eine
vollständige Exstirpation auf dem Nasenwege un¬
möglich ist.
Um zur Hypophyse, bzw. zu der geschwulstig
entarteten Hypophyse zu gelangen, sind eine ganze
Reihe von Wegen angegeben worden; T. führt
an den pharyngealen, maxillaren, palatinen, naso-
orbitalen, bukkonasalen, nasalen und endonasalen
Weg. Die große Mehrzahl der bisherigen ope¬
rativen Eingriffe, Dämlich 33 von 54, sind auf
dem nasalen Wege ausgeführt worden. T. gibt
eine genaue, mit vielen Abbildungen versehene Be¬
schreibung der Hypophysektomie auf nasalem Wege.
Was die Resultate der Hypophysektomie an¬
belangt, so ist die operative Mortalität noch immer
sehr erheblich. Yon 54 extrakraniellen Opera¬
tionen endeten 21 = 38,8°/ 0 tödlich; ebenso
endeten die beiden intrakraniellen Operationen
mit dem Tode. Verhältnismäßig recht günstig
sind dagegen die Heilungsresultate bei den Kranken,
die die Operation glücklich überstanden. Die
günstigen Erfolge beziehen sich namentlich auf
die Kopfschmerzen und auf die Augenstörungen,
auf letztere natürlich nur insoweit, als sie noch
einer Heilung, bzw. Besserung zugängig waren.
Auch in den akromegalischen Symptomen trat
bei mehreren Kranken eine entschiedene Besse¬
rung ein.
Die operative Indikation bei Hypophysentumoren
ist dann gegeben, wenn die Diagnose sicher steht
und die Geschwulst auf nasalem Wege operiert
werden kann, d. h. wenn sie sich nach dem
Sinns vorwölbt und wenn die Radiographie eine
nach dem Sinus sphenoidalis zu verbreiterte Sella
turcica ergibt Zum Schlüsse werden die bis¬
herigen Operationen im kurzen Auszuge mitgeteilt
Wagner (Leipzig).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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866. Die Frakturen des Unterkiefers und
deren Behandlung; von F. Egger. (Beitr.
z. klin. Chir. Bd. 77. S. 294. 1912.)
Mitteilung aus der Züricher chirurgischen und
zahnärztlichen Klinik über 76 Unterkieferfrak¬
turen. Die Unterkieferbrüche sind typische
Schwachpunktfiakturen, die an Stellen vermin¬
derter Resistenz, infolge anatomischer, physiolo¬
gischer oder pathologischer Eigentümlichkeiten,
verlaufen. Die aktive Rolle bei der Verlagerung
der Fragmente spielen die Muskeln; die Heftig¬
keit des Traumas und der Verlauf der Fraktur-
linie bezeichnen den Weg der Verschiebung. Die
Knochennaht ist einzig und allein im zahnlosen
Kiefer indiziert Schienen verbände verdienen im
zahntragenden, frakturierten Unterkiefer stets den
Vorzug; sie leisten das Beste, mit geringer Be¬
lästigung des Patienten. Von den Schienen¬
verbänden treten diejenigen in den Vordergrund,
die keinen Abdruck benötigen und aus sterilisier¬
barem Material verfertigt werden. Das Schienungs-
verfahren „Kombination Sauer-Ang.e“ (Kom¬
bination des Sauerschen Notverbandes mit Angle¬
schen Bändern zu Regulationszweckeu) darf ein
ideales genannt werden. Wagner (Leipzig).
867. Zur experimentellen Erzeugung der
Struma; von J. Sakasaki. (D. Zeitschr. f.
Chir. Bd. 119. S. 229. 1912.)
S. ist es gelungen, nach längerer Zeitdauer
durch Fütterung und Injektion von Rattenkot bei
Ratten Veränderung der Schilddrüsen zu erreichen,
und zwar meist eine diffuse Hyperplasie. Ein
direkter Nachweis, welche Substanz toxisch wirkt,
ist nicht gelungen. Es wird aber vermutet, daß
die Ursachen in giftigen Zersetzungsprodukten
organischer Substanzen zu suchen ist, und man
muß annehmen, daß vielleicht mehrere derartige
ToxiDe oder Toxoalbumine in der gezüchteten
Kotmasse enthalten sind. Fritsch (Breslau).
868. Bericht über 136 Pharynxkarzinom-
fäile; von Schumacher. (Beitr. z. klin. Chir.
Bd. 77. S. 67. 1912.)
Die erzielten Operationsresultate iD ihren Im-
mediat- und Dauererfolgen sind recht trüber
Natur: Inoperabel gleich bei Aufnahme in der
Klinik 61%! Gesamtmortalität rund 35% (gegen
Lindenborn 39%). Rezidive bei mehr als
% der Operierten. Dauerheilung bei Zugrunde-
legen einer fünfjährigen Rezidivfreiheit in 3 Fällen.
Eine Besserung dieser traurigen Resultate ist
zu erzielen: erstens durch früheres Zuweisen der
Patienten seitens der praktischen Ärzte an die
Chirurgen, worin uoch viel gesündigt wird, und
zweitens durch radikalstes Operieren.
Fritsch (Breslau).
869. Report on exophthalmic goiter
based on the experience of the members
of the Chicago surgical society; by W.
34
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
266
V. Chirurgie.
Füller. (Surg., Gyn. and Obst. Bd. 15. S. 585.
1912.)
Aus den Ergebnissen einer Rundfrage an die
Mitglieder der Chirurgischen Gesellschaft in Chi¬
cago, bezüglich ihrer persönlichen Erfahrungen
über die Behandlung der Basedowschen Krank¬
heit, mögen hier einige Punkte wiedergegeben
werden:
Das zu Grande liegende Material beläuft sich
auf ca. 600 Fälle. Mehr als 80% derselben
•waren vor der Operation auf internem Wege be¬
handelt worden. Wenn auch nur selten auf diese
Weise eine wirkliche Heilung erzielt wird, so
tritt die innere Therapie vor allem in ihre Rechte
als Vorbereitung für den operativen Eingriff.
Unter den hierbei in Frage kommenden Ma߬
nahmen wird besonders die Wirkung einer län¬
geren Bettruhe unter guten hygienischen und
diätetischen Verhältnissen gerühmt; unter den
medikamentösen Faktoren wird von manchen
Chirurgen die Anwendung des Natrium cacody-
licum, sowie des Chininum hydrobromicum emp¬
fohlen.
Mindestens 85% der operierten Fälle werden
als geheilt bezeichnet Allerdings ist der Begriff
der Heilung hierbei kein ganz einheitlicher, indem
manche Chirurgen einfach die wiedererlangte volle
Arbeitsfähigkeit (ohne Rücksicht auf etwaige noch
zurückgebliebene Lokalsymptome) als „Heilung“
ansprechen. Nur von einer Seite wird angegeben,
daß ein vollständiger Rückgang zur Norm, sowohl
seitens des Herzens, wie des Exophthalmus, auch
in einer größeren Serie niemals verzeichnet
werden konnte. Die Zahl der ungebesserten Fälle
wird als nur gering angegeben; in mehreren
Fällen wurden nach anfänglicher Besserung se¬
kundär die Erscheinungen eines Ausfalls der
Schilddrüsenfunktion konstatiert (Myxödem), eine
Tatsache, der namentlich in Zukunft, bei der Be¬
wertung der Endresultate nach längerer postope¬
rativer Beobachtungszeit, eine erhöhte Aufmerk¬
samkeit zu schenken sein wird.
Die Mortalität betrag im ganzen etwa 5%;
bemerkenswert ist hierbei, daß das Verlustkonto
zumeist durch weiter zurückliegende Fälle be¬
lastet wird, während die neueren Serien zumeist
günstigere Zahlen aufweisen,
Die angewandten operativen Methoden lehnen
sich im allgemeinen an die Grundsätze Kochers an.
Die Indikation für die operative Behandlung
wird> durchschnittlich weitgehend gestellt; ein
konservatives Verfahren eigentlich nur in den
Fällen, angeraten, wenn es sich um junge Mäd¬
chen im Beginne der Pubertät handelt, wo öfters
noch auf rein internem Wege eine Heilung be¬
obachtet wird. Vernachlässigte, lange bestehende
Fälle mit schwersten Erscheinungen des Hyper-
thy reoidismus werden zumeist als inoperabel an¬
gesehen. Melchior (Breslau).
870. II pneumotorace arteficiale nella
cura della tisi pulmonare; per C. Forla-
nini. (Rivista Osped. 1912. S. 437.)
F., der zuerst im Jahre 1882 vorschlug, die
Lungenphthise durch die Immobilisierung der
Lunge vermittelst eines künstlichen Pneumothorax
zu heilen, verfügt jetzt über eine Statistik von
165 Fällen. Die Erfolge zeigen sich, wie sich
aus Obduktionen ergab, in 4 Richtungen: erstens
bleiben neue Kraukheitsausbrüche in der immobi¬
lisierten Lunge schon kurze Zeit nach dem Ein¬
griff aus; zweitens zeigen sich Heilungsvorgänge
an den bestehenden Herden; drittens wird auch
die andere, nicht immobilisierte Lunge deutlich
günstig beeinflußt; viertens zeigt sich eine er¬
hebliche Besserung in den klinischen Erschei¬
nungen, die dem anatomischen Prozeß beträchtlich
vorangeht. In Frage gestellt werden die Resul¬
tate besonders durch pleuritische Adhäsionen und
extrathorakale Tuberkulose. Die Anlegung eines
Pneumothorax soll nicht als ultimum refugium
aufbewahrt werden. Bei zirkumskripten Läsionen
und nicht adhärenten Lungen sind die Erfolge
am besten. Sobald die Zeichen destruktiver Pro¬
zesse deutlich sind, kann man mit Fug und Recht
den Pneumothorax als Hilfsmittel heranziehen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
871. Über Luftröhrenersatz; von E. Sche-
pelmann. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 98. S. 243.
1912.)
Für Fälle, z. B. bei Laryux- und Schilddrüsen¬
karzinomen, wo die zirkuläre Naht versagt und
auch Luftrükrenplastiken nicht verwendet werden
können, hat Sch. eine Methode des Luftröhren¬
ersatzes ausgearbeitet, die bis jetzt allerdings nur
bei Kaninchen zu dauerndem Erfolg geführt hat.
Nachdem er mit Implantation von Haut, auch
wenn sie durch Knochenspäne verstärkt war,
nicht zum Ziele gelangt war, hat Sch. zunächst
aus den Ohren der Kaninchen, später, um die
Methode auch für den Menschen brauchbar zu
machen, aus Knochenperiostlappen und schließlich
nur aus Periostlappen, einen Luftröhrenersatz ge¬
schaffen. Er geht dabei zweizeitig vor; in der
ersten Sitzung wird der Periostlappen um eine
durchlöcherte Glasröhre genäht und das Ganze
unter die Halshaut neben die Trachea verpflanzt.
Wenn dann nach 4 Wochen das Röntgenbild ge¬
nügende Knochenbildung zeigt und die Periost¬
röhre eingeheilt ist, wird in einer zweiten Sitzung
die Schaltröhre mobilisiert, die Glasröhre entfernt
und die neugebildete Röhre in eine durch Re¬
sektion gewonnene Lücke in der Trachea ein¬
genäht. Es empfiehlt sich diese Methode auch
beim Menschen versuchsweise auzuwenden.
Fritsch (Breslau).
872. Isolierter Abbruch der Türkensattel¬
lehne; von K. Liebert. (D. Zeitschr. f. Chir.
Bd. 117. S. 385. 1912.)
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V. Chirurgie.
267
Der Fall betraf einen 62jähr. Kranken, bei
dem aus dem Gesamtbilde der klinischen Er¬
scheinungen die Diagnose Schädelbasisbruch“ ge¬
stellt -werden mußte, ohne daß eine genaue Loka¬
lisation der Fraktur möglich gewesen wäre. Die
Sektion ergab eine isolierte Absprengung des
oberen Teiles der Türkensattellehne. Da es sich
in diesem Falle unzweifelhaft um einen Berstungs-
bruch gehandelt hat, muß bei der durch die Kom¬
pression entstandenen Verkürzung in der Richtung
des Drucks von vom nach hinten die Türken¬
sattellehne gewissermaßen herausgesprengt worden
sein. Wagner (Leipzig).
873. Note sur la pathogdnie de la pa-
ralysie faciale secondaire et temporaire
dans les fractures du rocher; par H. et A.
Nimier. (Revue de Chir. Bd. 32. S. 1. 1912.)
Nach den pathologisch-anatomischen Unter¬
suchungen der Verf. wird die bei Frakturen des
Felsenbeins beobachtete sekundäre temporäre
Fazialisparalyse verursacht durch temporäre Ver¬
änderungen des Nervenstammes infolge eines
traumatischen Blutextravasates.
Wagner (Leipzig).
874. Über die perkutorische Diagnose
von Schädelbrüchen; von W. Goebel. (D.
med. Woch. 1912. S. 1981.)
K. hat die Klopfschalldiagnostik, die abgesehen
von ihrer gelegentlichen Verwendung bei Hirn¬
tumoren, bei Hydrocephalus, Meningitis u. a. auf
diesem Gebiete bisher keine nennenswerte An¬
wendung gefunden hat, systematisch zur Diag¬
nostizierung von Schädelbrüchen herangezogen.
Er konnte bei 13 von 15 Fällen von Kopftraumen,
nach denen eine Fraktur des knöchernen Schädels
vermutet oder festgestellt werden konnte, eine
ganz charakteristische Änderung des Perkussions¬
schalles nachweisen. Als sicheres Zeichen einer
Kontinuitätstrennung wird der Klopfschall zunächst
des in der Konvexität geborstenen Schädels im
Gegensatz zu dem hellen, festen Schall des un¬
verletzten Knochens, dumpf und sonor. Im Be¬
reich der Bruchlinie selbst findet sich das eigen¬
artige scheiternde Berstungsgeräusch, das sich hier
im eigentlichen Sinne mit dem „Geräusch des
gesprungenen Topfes“ vergleichen läßt In einer
Reihe von Fällen, die durch Sektion oder Röntgen¬
befund, zum Teil durch beides sichergestellt wur¬
den, auch in solchen, die abgesehen von Rönt¬
genbefund keinerlei Ortssymptome zeigten, ließ
sich bei den tief bewußtlosen Kranken die Bruch¬
linie in Sitz und Verlauf mit aller Deutlichkeit
durch das perkutorische Schettern verfolgen. Auch
bei 6 klinisch als reine Basisbrüche aufzufassen¬
den Verletzungen fand sich das Berstungsgeräusch
an verschiedenen Stellen dicht über der Basis am
Übergang zur Konvexität Bei dreien dieser
Basisbrüche ergab die Sektion an der Stelle des
Berstungsgeräusches feine znr Konvexität auf¬
strebende Fissuren; bei den drei übrigen Basis¬
brüchen wieß, abgesehen von dem perkutorischen
Befunde, nur die blutige Zerebrospinalflüssigkeit
auf die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des
knöchernen Schädels hin. — In technischer Be¬
ziehung empfiehlt es sich, nur bei absoluter Stille
am hängenden d. h. am nicht unterstützten oder
aufliegenden und möglichst rasierten Kopfe zu
perkutieren. Die verletzte Seite ist unter steter
Kontrolle mit der gesunden Seite sorgsam ab-
zuperkutieren. Die Stellen des eigentlichen
Berstungsgeräusches, die fast stets, dem Bruch¬
schmerz anderer Frakturen entsprechend, auch
abnorm klopfempfindlich sind, werden zweckmäßig
mit dem Farbstift markiert Man erhält auf diese
Weise, einige Übung vorausgesetzt, über Sitz und
Verlauf der Bruchlinie auch da zuverlässigen
Aufschluß, wo die üblichen lokaldiagnostischen
Anhaltspunkte und auch das Röntgenbild keine
eindeutigen Schlüsse gestatten. (Autoreferat).
Unterleib.
875. Gastroenteroptosis. When is surgerg
indicated? von Joseph Ransohoff. (Surg..
Gyn. and Obst. Bd. 15. S. 21. 1912.)
Nach R. beruhen manche Fälle von vermeint¬
licher Appendizitis, in denen trotz Entfernung
eines — kaum veränderten! — Wunnes die Be¬
schwerden weiter bestehen bleiben, auf Ptosen
im Bereiche des Dickdarms. Auch die Gastro-
ptose kann ähnliche Symptomenbilder hervorrufen ;
dieselbe läßt sich am sichersten mittels Röntgen-
Wismutuntersuchung diagnostizieren. Operative
Maßnahmen, wie Fixationen, Gastroplicatio usw.
kommen nur beim Versagen der internen The¬
rapie (inklusive der Bandagenbehandlung) in Be¬
tracht Zur Erkrankung der jeweiligen Verän¬
derungen ist es vorteilhaft, ausgiebige Injektionen
bei der Laparotomie anzuwenden.
Melchior (Breslau).
876. Experimentelle Beiträge zur Dia¬
gnostik der subkutanen Pankreasverletzun¬
gen ; von J. Wohlgemuth undY. Noyuchi.
(Berl. klin. Woch. 1912. S. 1069.)
Aus den Versuchen von W. u. N. geht her¬
vor, daß Verletzungen des Pankreas zu einer
Vermehrung der Diastase im Blut sowohl wie
im Urin führen. Je größer die Verletzung ist,
um so schneller ist im Blut und im Urin die
Zunahme der Diastase zu konstatieren; je ge¬
ringer die Läsion, um so weniger Pankreassaft
fließt aus der verletzten Stelle in die Bauchhöhle
und um so langsamer steigt die Diastasekonzen-
tration im Blut und im Urin an. Eine Resorption
bez. ein Übertritt von Pankreassaft in das Blut
wird sich beim Menschen noch schneller bemerk¬
bar machen als beim Hunde. In allen den Fällen
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268
V. Chirurgie.
also, wo man nach einem Stoß gegen den Leib
eine die Norm beträchtlich überschreitende Zu¬
nahme der Diastase im Blut und im Urin kon¬
statiert, kann man sicher sein, daß durch den
Insult das Pankreas verletzt ist, und man ist
nun in der Lage, danach seine therapeutischen
Maßnahmen zu treffen. Wagner (Leipzig).
877. A clinical study of a thousand cases
of ulcer of the stomach and duodenum;
by Julius Friedenwald. (Amer. Journ. of
the med. Sc. Bd. 144. S. 485. 1912.)
Die gedrängte Mitteilung enthält fast nur
Zahlenreihen statistischer Art; etwas ausführ¬
lichere textliche Erörterungen würden das Ver¬
ständnis sicher wesentlich erleichtern; so wird
z. B. die Herkunft des enormen Materials, die
Zeit der Beobachtung — zumal bei den behan¬
delten Fällen — mit keinem Worte erwähnt,
ebenso fehlt eine konstante strikte Unterschei¬
dung zwischen Magen- und Duodenalgeschwüren.
Unter diesen Umständen können nur einige An¬
gaben wiedergegeben werden, die sich ausschlie߬
lich auf eine Geschwürsgattung beschränken.
Von 529 Duodenalgeschwüren betrug in 58,2%
das Alter der Patienten 20—40 Jahre. In 58%
handelte es sich um Männer, in 42% um Frauen.
Die Magenazidität wurde in 402 Fällen bestimmt:
normale Azidität fand sich in 48,5%, Hyperchlor-
hydrie in 35,3%, Hyperazidität in 16,1%; die
Herabsetzung der Magensäure wurde dabei fast
ausschließlich bei Frauen beobachtet Die typische
Intermission der Beschwerden fand sich in 63%
der Fälle; die Dauer der freien Intervalle schwankte
zumeist zwischen 1—6 Monaten, ausnahmsweise
betrug sie 1 Jahr und darüber. Erbrechen kam
nur in 25% der Fälle vor. In 54% waren
„teerfarbene“ Stühle beobachtet worden; von 381
untersuchten Fällen fand sich in 83% okkultes
Blut im Stuhl — mehrfach allerdings erst nach
wiederholter Untersuchung, und zwar besonders
dann, wenn auch die subjektiven Symptome eine
erhöhte Intensität zeigten.
Von 1000 Geschwürsfällen überhaupt — des
Magens oder des Duodenums — wurden 885
behandelt, davon 794 intern, 91 chirurgisch.
Melchior (Breslau).
878. Zur Frage Ober den Verschluß des
Duodenumstumpfes nach großen Magen*
resektionen; von W. S. Lewit (RusskiWratsch
1912. S. 695.)
L. hat nach Magenresektion (ca. 2 Drittel wurde
reseziert) den Rest des Magens in eine absteigende
Dünndarmschlinge (rach Pölya) eingenäht. Das
Duodenum wurde mit Zweietagennaht verschlos¬
sen und der Duodenumstumpf am aufsteigenden
Teil des Dünndarms eingenäht (Modifikation der
Methode von v. F a y k i s s.) Bei dem anderen
Falle (Carcinoma ventriculi — es wurde mehr als
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die Hälfte des Magens reseziert) wurde analog
vorgegangen. (Abführendes Stück des Duodenums
wurde am Dickdarmmesenterium — nach W ilm s —
befestigt) 22 Tage nach der Operation wurde die
Patientin entlassen.
Trnschennikoff (Odessa).
879. Die Lungengangrän als Kompli¬
kation nach ausgedehnten Magen- und
Duodenum resektionen; von H. Coenen. (D.
med. Woch. 1912. Nr. 25. S. 1169.)
Man kann jetzt wohl als erwiesen ansehen,
daß die die Rekonvaleszenz der Laparotomierten
störenden Lungenerkrankungen keine einheitliche
Ätiologie haben, sondern durch verschiedenartige
Ursachen bedingt sind: Narkosepneumonien, hypo-
Btatische Pneumonien durch Schädigung des Her¬
zens und der Zirkulation, infektiöse und embo-
lische Pneumonien. C. macht auf eine andere
typische Komplikation nach Magenresektion auf¬
merksam, auf die postoperative Lungengangrän .
Unter 136 Magen- und 2 Duodenumresektionen,
die innerhalb 4% Jahren in der Breslauer chir¬
urgischen Klinik vorgenommen wurden, kamen
8 Fälle von postoperativer Lungengangrän vor,
die stets tödlich verliefen. Postoperative Lungen¬
gangrän und Pneumonie sind Spielarten eines
ähnlichen Infektionsprozesses an den Lungen, der
entweder vom Bronchialwege aus oder auf dem
Lymph- und Blutwege von der Bauchhöhle aus
entsteht und der einmal ohne Hinzutreten von
Fäulniserregung eine einfache oder eitrige Pneu¬
monie hervorbringt und das andere Mal unter
dem deletären Einfluß der Fäulniserreger in
Gangrän übergeht Wagner (Leipzig).
880. Th ree consecutive cases of Carci¬
noma of the jejunum; by E. T. Tat low.
(Lancet 1912. S. 991.)
Während nach der Statistik von Sutton nur
2% aller Intestinalkrebse dem Dünndarm ange¬
hören, kann T. über nicht weniger als 3 der¬
artiger Fälle berichten, die in der kurzen Zeit
von 6 Monaten in der von Moynihan (Leeds)
geleiteten Abteilung zur Beobachtung gelangten.
In allen 3 Fällen handelte es sich um ältere
Männer; die Symptome bestanden zumeist in den
Erscheinungen einer zunehmenden Darmstenose
— Koliken, Obstipation, gelegentlich Erbrechen —-
verbunden mit einer stark hervortretenden Kachexie.
Der Tumor saß einmal im untersten Jejunum, ein¬
mal 4 Fuß unterhalb der Flexura duodeno-jejunalis,
sowie schließlich einmal im Bereiche der genannten
Flexur selbst; in diesem letzteren Falle war auf
Grund des Palpationsbefundes ein Magenkarzinom
angenommen worden. Zwei Fälle konnten trotz
ausgiebiger Drüsenmetastasen im zugehörigen
Mesenterium mit Erfolg reseziert werden; im
3. Falle erwies sich die Resektion wegen Über¬
greifens der Geschwulst auf benachbarte Darm-
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V. Chirurgie.
269
schlingen als unausführbar; Fat. starb 5 Tage
nach Anlegung einer Anastomose.
Melchior (Breslau).
881. Über die kongenitale Hernia dia-
phragmatica im Foramen Morgagni und
ihre Röntgendiagnose; von F. Waelli. (Arch.
1 klin. Chir. Bd. 97. S. 952. 1912.)
Hauptsächlich vermittels des Röntgenbildes
nach Füllung des Dickdarms mit Wismutbi%i,
gelang es ziemlich sicher, die Diagnose auf diese
seltene Hernienform zu stellen, die Operation
bestätigte die Diagnose und die Abknickung des
Kolon wurde gelöst. Außen durch den Spalt
hinter dem Proc. xiphoid. (foramen Morgagni,
Larreysche Lücke) können diese Hernien durch
die anderen präfermierten Öffnungen (Durchtritts¬
stellen vom Ösophagus, Gefäßen und Nerven)
hindurchtreten. Gänzlicher Defekt des Diaphragma
kommt nur bei monströsen Föten vor.
1’ritBch (Breslau).
882. Die präperitoneale Lagerung ope¬
rierter Darmschlingen; von G. Lerda. (Arch.
f. klin. Chir. Bd. 98. S. 222. 1912.)
L. hat eine Methode ausgearbeitet, gefährdete
Darmschlingen präperitoneal in das dort befind¬
liche Zellgewebe aber unter die Faszie und Haut
zu lagern. Die Darmschlinge wird fächerartig
ausgebreitet, sodaß die zu- und abführenden
Schenkel je in einem Winkel des Peritoneal¬
schlitzes liegen. Nun wird das parietale Peri¬
toneum jederseits an das Mesenterium mit Knopf¬
nähten angenäht, dabei ist darauf zu achten, daß
die für den Durchgang der beiden Schlingen im
Peritoneum gelassenen Öffnungen die genügende
Weite haben. Auf die gefährdete Stelle kommt
ein kleiner Tampon und darüber wird Muskel,
Aponeurose und Haut bis auf die kleine Öffnung
für den Tampon geschlossen.
Kommt es nun zu einer Darmfistel, so sind
die günstigsten Bedingungen zu deren Spontan¬
heilung geschaffen, wie eingefügte Kranken¬
geschichten beweisen, erfolgt primäre Heilung,
so ist auch keine weitere Operation nötig. Irgend¬
welche Nachteile infolge der Verlagerung der
Schlinge hat L. niemals beobachtet.
Fritsch (Breslau).
883. Ein Beitrag zur Frage des pri¬
mären Appendixkarzinoms; von E. Batz¬
dorf f. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 98. S. 76. 1912.)
Dem im Jahre 1882 von Beeger veröffent¬
lichten ersten Falle von primärem Appendix¬
karzinom sind bis jetzt (mit 2 von B. beobach¬
teten) 185 Fälle gefolgt. Das klinische Bild ist
nicht umschrieben und damit die Diagnose vor
der Operation nicht mit Sicherheit zu stellen.
Bezüglich der Ätiologie und der Wechselbeziehung
zwischen Krebs und Entzündung des Wurm¬
fortsatzes gehen die Ansichten noch weit aus¬
einander. Während Zaaijer die Entzündung
für das primäre Leiden hielt, stellte Ribbert
und neuerdings Clutora Tamito die Behaup¬
tung auf, daß nicht das primäre Karzinom durch
Sekretstauung zur Entzündung führe. Landau
endlich hält die Ätiologie überhaupt für dunkel.
Histologisch wird das Appendixkarzinom meist für
einen gutartigen Tumor gehalten und deshalb
lieber den Namen Karzinoid (Gottstein) vor¬
geschlagen ; diese Anschauung wird jedoch durch
die mehrfachen Beobachtungen von Rezidiven und
Metastasen schwankend gemacht und wenn man,
wie B. glaubt, viele Zökumkarzinome als aus
primären Appendixkarzinomen hervorgegangenen
ansieht, läßt sich der Glaube an den gutartigen
Charakter der Appendixkarzinome überhaupt nicht
aufrecht erhalten. Fritsch (Breslau).
884. Ein Beitrag zur Kasuistik der Milz¬
zysten; von E. Suchanek. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 98. S. 209. 1912.)
Der von S. mitgeteilte Fall bestätigt die An¬
sicht früherer Autoren, daß Zirkulationsstörungen
infolge Milzvergrößerungen im Anschluß an In¬
fektionskrankheiten eine Rolle bei Milzzysten
spielen; denn die Vergrößerung der Milz trat
nach einer Erkrankung an Masern auf. Aller¬
dings ist auch die traumatische und kongenitale
Ätiologie nicht von der Hand zu weisen. Vor
Punktion der Zyste wird wegen der Gefahr einer
Peritonitis oder Blutung gewarnt. Therapeutisch
kann nur die Splenektomie in Betracht kommen
und der vorliegende Fall zeigt wieder durch
seinen günstigen Verlauf, daß die Entfernung der
Milz ohne Folgen für das Wohlbefinden ausge-
führt werden kann. Fritsch (Breslau).
885. Mesenteric chyle cysts; by Ema-
nuel Friend. (Surg., Gyn. and Obst Bd. 15.
S. 1. 1912.)
An der Hand einer eigenen Beobachtung von
einer kokosnußgroßen intramesenterialen Chylus-
xyste des Heum, die bei einem 20jähr. Manne
durch Enukleation erfolgreich operiert wurde,
stellt F. 52 aus der Literatur von 1875—1912
gesammelte Parallelfälle übersichtlich in Form
einer Tabelle geordnet zusammen.
Die Ätiologie dieser aus den Chylusgefäßen
(Lymphdrüsen ?) sich entwickelnden Gebilde ist
noch unklar. Ihr gewöhnlicher Sitz entspricht
dem Mesenterium des Heum. Die Größe schwankte
in den einzelnen Fällen zwischen dem Volumen
einer Walnuß bis zu Kopfgröße. Gewöhnlich steUen
sie eine einkammerige, mit chylusartiger Flüssig¬
keit gefüllte Höhle dar, seltener finden sich multi¬
lokulare Zysten.
Subjektive Symptome treten gewöhnlich erst
mit zunehmendem Wachstum der Zysten ein;
ausnahmsweise können sie, namentlich auf dem
Wege der Stieldrehung, zum Heus führen. Kli-
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270
V. Chirurgie.
nisch imponieren sie als rundliche, mobile intra¬
abdominelle Tumoren, die meist in der Nabel¬
gegend palpabel sind. An Stelle der früher öfters
geübten Punktion sbehandlung oder Marsupialisa¬
tion der Zysten besteht die moderne Therapie in
der technisch meist einfachen Exstirpation.
Melchior (Breslau).
886. The pathogenesis, anatomy and
eure of prolapse of the rectum; by Alexis
V. Moschcowitz. (Surg., Gyn. and Obst.
Bd. 15. S. 7. 1912.)
M. sieht als Ursache des Mastdarmprolapses
(entsprechend dem Vorgänge von Waldeyer,
Zuckerkandl u. a.) einen abnormen Tiefstand,
bzw. ein Tiefertreten des Douglas an, sodaß der
Rektumprolaps richtiger als ein eigentlicher
„Gleiibruch“ zu bezeichnen wäre. Dementspre¬
chend empfiehlt M. (die schon vorher von
Bardenheuer, Sammter u. a. ausgeführte)
Douglasverödung auf abdominellen Wege. Unter
9 derartig operierten Fällen wurde 5mal eine
völlige Heilung, 3mal eine erhebliche Besserung
erzielt; 1 Patient starb 7 Tage nach der Ope¬
ration. Melchior (Breslau).
887. Wiederherstellung der Kontinenz
nach der Excisia recti carcinomatosi ; von
J. Eotter. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 98. S. 38.
1912.)
Den Bestrebungen, bei den Operationen wegen
Ca. recti die Kontinenz wieder herzustellen, werden
zwei Vorwürfe gemacht: Erstens wurde infolge
dieser Bestrebungen die Mortalität vergrößert,
zweitens seien die Dauerresultate schlechtere.
Deshalb verwerfen viele Chirurgen besonders
Frankreichs und Englands prinzipiell die Wieder¬
herstellung der Kontinenz und exstirpieren nach
Anlegung eines Anus praeter den Mastdarm bis
in das S roman. hinein. R. hat nun auf Grund
einer Statistik von 103 Fällen festgestellt, daß
allerdings die Mortalität durch die Kontinenz¬
bestrebungen (am meisten durch die Durch¬
ziehungsmethode, weniger durch die primäre zir¬
kuläre Naht) nicht unbeträchtlich erhöht wird.
Dennoch will er auf diese Bestrebungen in An¬
betracht des ungeheuren Wertes für den PatieDten
nicht verzichten, sondern hofft, daß bei der
Weiterentwicklung dieses Gebietes die Operations¬
mortalität bei den Kontinenzplastiken sich noch
bessern wird. Was den zweiten Vorwurf an¬
belangt, so ergibt die Statistik auch hier bei
Resektion 42°/ 0 Dauerheilungen gegen 23°/ 0 bei
Amputation, doch muß man bedenken, daß die
für die Resektion in Betracht kommenden hoch¬
sitzenden Karzinome meist zirrhösen Charakter
und von vornherein eine günstigere Prognose
haben als die Ampullenkarzinome.
Fritsch (Breslau).
888. Chylus als Bruchwasser beim ein¬
geklemmten Bruch; von Prange. (D. Zeit¬
sehr. f. Chir. Bd. 115. S. 407. 1912.)
Es handelte sich um einen 65jähr. Mann mit
übergroßer eingeklemmter Gleithernie; die Ein¬
klemmung hatte einige Stunden nach einer Mahl¬
zeit eingesetzt. Als besonderer Befund fand sich
freier Chylus im Bruchsack. Die Bauchhöhle
enthielt keinen Tropfen der im Bruchsack Vor¬
gefundenen milchigen Flüssigkeit.
Für das Zustandekommen eines chylösen Er¬
gusses sind folgende Momente notwendig: 1. Die
arterielle Blutzufuhr zu den inkarzerierten Darm¬
teilen ist nicht behindert; 2. der venöse Abfluß
ist in mäßigem Grade oder nur teilweise behin¬
dert; 3. der Abfluß der Lymphe ist vollständig
aufgehoben.
In der Literatur findet sich nur noch ein von
Renner mitgeteilter Fall von Chylus als Bruch¬
wasser. Wagner (Leipzig).
889. Zur totalen Darmausschaltung; von
Hochenegg. (Wien. klin. Woch. 1912. S. 947.)
Wegen Fistelbildung am Ileo-Zökum wurde
nach anderen mehrfachen mißglückten Versuchen
bei der jetzt 40jähr. Kranken eine totale Aus¬
schaltung eines großen Stückes Ileum, des Zökum,
des Colon ascendens und der Hälfte des Colon
transversum gemacht. Dieser ausgeschaltete Darm
war vorerst durch eine dränierte Fistel nach außen
zu offen, später aber nach Fistelschluß total nach
außen zu abgeschlossen. Im Laufe der Jahre
bildeten sich Tumoren, die zwar nicht aus wahrem
Kote, wohl aber aus eingedicktem Schleime und
Detritus bestanden; es kam zu andauernden
Koliken und Darmsteifung. Exstirpation des
ganzen ausgeschalteten Darmstückes, das eine
Länge von 76 cm hatte.
Auf Grund dieses Falles möchte H. abermals
dringend raten, bei der Damiausschallung womög¬
lich beide Darmlumen in die Bauchdecken eituu-
nähen und so für freien Abfluß aus dem aus¬
geschalteten Darmstiick zu sorgen.
• Wagner (Leipzig).
Urologie.
890. L’intervento chirurgico nelle nefriti;
per L. Domenici. (RivistaOspedal. 1912. S. 641.)
Eine mit Anurie verbundene akute Nephritis
kann in gewissen Fällen eine absolute Indikation
zu einem chirurgischen Eingriff geben, und zwar
ist dann eine ein- oder beiderseitige Nephrotomie
mit Kapselektomie am angebrachtesten. Dieselbe
Operation mit oder ohne Neplirolysis kann bei
chronischer Nephritis in Betracht kommen, wenn
es sich um urämische Krisen oder Nephralgien
oder essentielle Hämaturien handelt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
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V. Chirurgie.
271
891. La pielotomia nella calcolosi renale;
per R. Alessaudri. (Rivista Ospedal. 1912.
p. 631.)
5 Fälle von Stein im. Nierenbecken wurden
mit Hülfe der Pyelotomie geheilt Der Eingriff
begann mit dem etwas nach vorn verlängerten
Lumbarschnitt, inzidiert wurde vorzugsweise wegeD
der geringeren Gefahr, Gefäße und Bauchfell zu
verletzen, die hintere Wand des Nierenbeckens.
Nach der Extraktion des Steins wurde letztere
in 2 Etagen mit dünnem Katgut vernäht. Die
Operation ist sehr gut unter Lumbalanästhesie
auszuführen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
892. Un procödö nouveau de eure radi-
cale de l'ectopio testiculaire; par Gorse et
Swynghedauw. (Echo med. du Nord 1912.
Nr. 24.)
Die Schwierigkeiten, welche einer befriedigen¬
den operativen Behandlung der angeborenen
Hodenektopie mitunter unüberwindliche Hinder¬
nisse entgegensetzen, bestehen bekanntlich darin,
daß einmal der Samenstrang wegen seiner Kürzo
ein Herabziehen des Hodens kaum gestattet,
außerdem ist das Skrotum gewöhnlich so klein,
daß der oventuell reponierte Hoden darin keinen
Platz findet. Ein neues operatives Verfahren, das
Gnudier (Lille) ersonnen hat und das von G.
u. S. zum ersten Male praktisch in 3 Teilen ausgo-
führt wurde, richtet sich namentlich gegen das
letztgenannte Repositionshindernis.
Der dieser Methode zugrunde liegende Gedanke
ist der, daß durch preliminäro Einführung eines
Fremdkörpers — einer Glaskugel bei Kindern,
eines „künstlichen Hühnorcies“ bei Erwachsenen
— zunächst eine geräumige Tasche für die spä¬
tere Aufnahmo des Testikels geschaffen wird.
Technisch geschieht dies von einem kleinen in
Höhe der Symphyse — im Bereiche der Crines —
angelegten Schnitte aus; mit dem Finger wird
eine Höhlung im Skrotalsack geschaffen, der asep¬
tisch gemachte Fremdkörper eingeführt und die
Haut darüber vernäht. Man läßt denselben min¬
destens 2 Monate liegen, es bildet sich dann eine
von einer glatten so rosaähnlichen Innenwand
ausgeklcidete Tascho. Der Fremdkörper wird in
den ersten Tagen etwas lästig empfunden, später
aber anstandslos vertragen.
Der 2. Akt besteht in der typischen Operation
der regelmäßig in diesen Fällen vorhandenen Her¬
nie, wichtig ist es dabei, vor allem den Samen¬
strang von vornherein stark zu dehnon. Gewöhn¬
lich wird schon allein durch radikale Exstirpation
der Cremasterelemente eine wesentliche Verlänge¬
rung erzielt.
Reicht dies nicht aus, so kann man noch die
Venen, eventuoll sogar die A, spermatica rese¬
zieren ; eine Nekrose des Hodens soll hierbei nicht
zu befürchten sein, da die A. deferentialis noch
zur Ernährung des Hodens ausreicht. Wenn nun
der Tcstikel auf diese Weise genügend mobilisiert
ist, wird dor Fremdkörper durch eine transskro-
talo, auf den unteren Pol desselben geführte In¬
zision extrahiert, sodann mit einer Pinzette die
obere Öffnung der Bindcgewebskapsel durchstoßen
und der Hoden hcrabgezogon. Eine besondere
Fixation desselben nicht mehr nötig.
In 3 nach dieser Methode operierten Fällen
wurde oin gutes Resultat erzielt.
M o 1 c h i o r (Breslau).
893. Die Knopfnaht bei der Sectio alta;
von M. A. Tschalussof. (Chirurgija Bd. 31.
S. 618. 1912.)
T. untersuchte die bei don verschiedenen Me¬
thoden der Harnblasennaht erzielten Resultate an
der Hand von 997 Fällen aus der Literatur und
33 eigenen Beobachtungen. Im ganzen stellte er
188 Mißerfolge und 34 Todesfälle fest.
Nach dor Klassifikation von Pratin, an der sich T.
hält, gibt 1. die gewöhnliche einreihige Naht 1,5% Mor¬
talität und 14,ö% Mißerfolge, 2. die zweireihige Etagen¬
naht 3,0% Mortalität und 20,0% Mißerfolge, 3. die
dreireihige Etagennaht (wegen der geringen Zahl der
Fälle nicht angegeben), 4. die Methode ohne Versenkungs¬
nähte (von Rasumuwsky) die größte Zahl der Todes¬
fälle (5,1%) und der Mißerfolge (26,49%).
Je komplizierter die Methode der Harnblasen¬
naht ist, desto größer ist die Zahl der Todesfälle
und der Mißerfolge, doch kann man nach T. eine
Parallele zwischen dem Prozent der Mißerfolge
und dem Prozent der Todesfällo nicht ziehen.
Von den 33 hohen Steinschnitten, die zum Teil
der Verfasser, zum größten Teil Praxi n aus¬
führten, endeten 3 letal und 10 ohne Erfolg. In
allen Fällen wurde die Harnblase durch die ein¬
reihige Knopfnaht (Katgut) nach Bruns genäht
und im unteren Wundwinkel der Bauchwunde ein
Jodoformgazestreifen eingelegt. Mit Ausnahme
von 5 Fällen wurde stets ein Verweilkatheter be¬
nutzt. Krön (Moskau).
894. Les Idsions traumatiques du testi-
cule et de l’äpididyme; par Barthdlemy
et Miramond de Laroquette. (Revue de
Chir. 1912. S. 791.)
Kurze systematische Besprechung der ver¬
schiedenen Formen der offenen und subkutanen
Verletzungen des Hodens und Nebenhodens unter
Berücksichtigung der Literatur und eigener Be¬
obachtungen. Von den hier in Betracht kommen¬
den Punkten mögen an dieser Stelle nur einige
von allgemeinerem Interesse wiedergogoben wer¬
den. Hierher gehört in erster Linie die stets be¬
stehende Möglichkeit, daß sich an eine Kontusion
des Hodens bzw. seiner Adnexe eine sekundäre,
eventuell spezifische Infektion anschließt, wenn
gleichzeitig eine sonstige infektiöse Erkrankung
im Gebiet dos Urogenitalsystcms besteht. Die
traumatischen Hämatome des Hodens neigen zur
sekundären Atrophie, während nach Kontusionen
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
272
V. Chirurgie.
der Epididymis eine Restitutio ad integrum
nahezu die Regel darstellt.
Eine Schädigung des Hodens oder Neben
hodens infolge einer einfachen stärkeren An¬
strengung, die mit Kontraktion des Cremaster
einhergeht — Heben einer schweren Last usw. —,
halten die Verf. wohl mit Recht für unwahr¬
scheinlich. Die oft überraschend gute Prognose
der Schindung beider Hoden wird durch eine
typische Beobachtung illustriert.
Melchior (Breslau).
895. Injection of paraffin for inconti-
nence of urine following trauma of the
urethra; by Eugene H. Eising. (New York
med. Record 1912. Nr. 17.)
E. berichtet über erfolgreiche Paraffininjektion
längs und um die Harnröhre in 2 Fällen von In¬
kontinenz der Blase bei Frauen, bei denen sich die
Inkontinenz im Anschluß an Geburten entwickelt
hatte und durch operative Eingriffe nicht gehoben
worden war. Asch (Straßburg).
896. Leiomyoma vesicae; von Arthur
Goetzl. (Zeitschr. f. IJrol. Bd. 6. S. 364. 1912.)
G. beschreibt einen zystoskopisch diagnosti¬
zierten Fall von Leiomyoma vesicae. Die kli¬
nischen Erscheinungen waren die einer Proetata-
hypertrophie. Bei der Zystoskopie fanden sich
außer der vergrößerten Prostata am Trigonum,
die innere Mündung der Urethra umgebend, 4 in
das Lumen der Blase vorspringende, tumorartige
Gebilde, welche von der intakten und leicht ge¬
röteten Blasenschleimhaut bekleidet waren. Nach
Sectio alta wurden die Prostata und die 4 taubenei¬
großen Tumoren ausgeschält Wundverlauf glatt.
Die histologische Untersuchung bestätigte die Dia¬
gnose: Leiomyome der Blase, welche submukös
saßen. Die Prostata enthielt adenomatöse und
myomatöse Partien. Asch (Straßburg).
niqua de localitation. Diagnostic cysto-
scopique; par Ch. Perrier. (Revue m&L de
la Suisse rom. 1912. S. 165.)
P. berichtet über eine 35jähr. Patientin, die
vorher wegen tuberkulöser Erkrankung des
Trochanter wiederholt operiert worden war und
im Februar 1912 plötzlich und ohne nachweis¬
baren Anlaß an Hämaturie erkrankte, welche letz¬
tere von keinerlei Schmerzen begleitet war und
nach 14 Tagen spontan aufhörte. Seitdem bestand
leichte Trübung des Urins und stellte sich Ab¬
magerung der Patientin ein. Im August 1911 neuo
Hämaturie. Aus dem Status ist hervorzuheben:
keinerlei Schmerzen in der Nierengegend, auch
auf Druck nicht; die Nieren nicht fühlbar; Harn¬
drang normaL Urin hellrot. Die Zystoskopie ließ
erkennen, daß das Blut aus der linken Niere
stammte. Indigkarminausscheidung rechts promp¬
ter (nach 5 Minuten) und stärker wie links (nach
10 Minuten). Blasenschleimhaut normaL Urin ent¬
hält zahlreiche Leukozyten und 0,7% Albumen;
mikroskopisch keine Tuberkelbazillen nachweis¬
bar. Phloridzinglykosurie rechts in den ersten
5 Minuten, links nach 10 Minuten. Auch ergibt
der Ureterenkatheterismus rechts einen klaren
Urin, links einen trüben, eiterhaltigen. A rechts
= 1,50, links = 0,71. Experimentelle Polyurie
rechts viel prononzierter als links. Auf Grund
dieser Beobachtungen und des positiven Tierver¬
suches stellte P. die Diagnose: Tuberkulose der
linken Niere bei vollständig gesunder rechter
Niere. Die exstirpierte Niere zeigte im unteren Pol
eine nußgToße Kaverne, die mit dem Nieren¬
becken in Verbindung stand. Der Rest des Nie¬
renparenchyms war mit tuberkulösen Herden
übersät. Der Ureter war normaL Schnelle voll¬
kommene Heilung. Zwei Monate nach der Opera¬
tion war der Urin frei von Tuberkelbazillen (Tier¬
versuch). A sch (Straßburg).
897. Oxalurie d’origine alimentaire et
Hämaturie. (Oxalurie alimentären Ursprungs
und Hämaturie); par Ch. Dubois et L. Boulet
(Echo möd. du Nord 1912. S. 249.)
D. u. B. teilen einen Fall von Oxalurie und
gleichzeitiger Hämaturie nach Sauerampfergenuß
mit. Es war zweifellos — Nierensteine und Stein¬
bildung der Ureteren konnten röntgenologisch aus¬
geschlossen werden — ein starker Reiz auf das
Nierenparenchym durch den Sauerampfer aus¬
geübt worden. Sie setzen ihren Fall in Analogie
mit zwei von Debout d’Eströes mitgeteilten,
in denen nach Kohlgenuß Oxalurie und Hämaturie
aufgetroten war. In drei ähnlichen Fällen war
von englischen Autoren nach Sauerampfer wohl
Oxalurie, nicht aber Nierenblutung beschrieben
worden. Hahn (Marburg).
898. Note sur un cas de tuberculose
rönale unilaterale, sans aucun eigne cli-
899. Zur Frage der Harnblaeensyphilis;
von A. Muscharinsky. (Zeitschr. f. Urol.
Bd. 6. S. 376. 1912.)
Seit meiner eingehenden Abhandlung über
Blasensyphilis, in der ich auch die gesamte Lite¬
ratur kritisch beleuchtete (s. Zeitschr. f. Urol.
Bd. V. S. 504—540), mehren sich die Veröffent¬
lichungen über die bisher für sehr selten ange¬
sehene Krankheit. Die Beobachtung von M. be¬
trifft einen Patienten, der seit 14 Tagen an voll¬
kommener Blasenretention litt und bei Tag und
Nacht stündlich schmerzhaften Harndrang ver
spürte. Die Harnröhre war frei passierbar, beide
Lappen der Prostata vergrößert und derb. Der
mittels Katheter entleerte Urin ist trübe, enthält
Flocken und Fäden. Die zystoskopische Unter¬
suchung zeigte diffuse bläulich-rote Hyperämie
des Blasenhalses und des Trigonum. Der mittlere
Lappen der Prostata wölbt sich stark in die Blase
vor. Am Blasengrund sieht man ein Geschwür
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V. Chirurgie.
273
mit gezackten, stark hyperämischen Rändern.
Unter kombinierter Hg sal. und Jodkaliumbehand-
lung gehen die Beschwerden und Läsionen voll¬
kommen zurück. Der Patient hatte ein Jahr vor¬
her einen harten Schanker überstanden. Es liegt
also hier ein sekundäres Erythem der Blase mit
Geschwürsbildung bei gänzlichem Fehlen irgend¬
welcher anderen gleichzeitigen syphilitischen Er¬
scheinungen vor. M. erwähnt dann noch den von
Mischailoff beschriebenen Fall von isolierter
syphilitischer Nierenbeckenerkrankung.
Asch (Straßburg).
900. Die Bedeutung der Vakzinetherapie
für die Urologie; von HanaReiter. (D. med.
Woch. 1912. S. 851.)
Vortrefflicher Vortrag des auf dem Gebiet der
Vakzinetherapie ausgezeichneten Forschers über
die Anwendung derselben auf die infektiösen Er¬
krankungen der Harnorgane. Insbesondere geben
ihm die Komplikationen der Gonorrhöe gute Er¬
folge, während die Urethritis gonorrhoica nur sel¬
ten günstig beeinflußt wird. Bei andersartigen in¬
fektiösen Erkrankungen der Harnorgane empfiehlt
R. eine zweckmäßige Kombination der Vakzine¬
therapie mit den bisherigen therapeutischen Ma߬
nahmen. Bei Kolinfektion ist die Behandlung mit
Eigenvakzin notwendig, sonst ist der Gebrauch
polyvalenter Vakzine gestattet. Die Immunisie¬
rung soll zunächst mit kleinen Dosen unter Ver¬
meidung einer Herdreaktion begonnen werden
(bei gonorrhoischen Infektionen 0,5 ccm Gono¬
kokkenvakzin nach W r i g h t = 2 1 / s Millionen
Gonokokken) und erst später, wenn man sich
davon überzeugt hat, daß eine geringe Herdreak¬
tion die Wirkung der subkutanen Vakzinezufuhr
unterstützt, soll vorsichtig mit den Dosen gestiegen
werden. Eine Steigerung der Dosis macht sich
nötig, wenn die Wirkung der vorhergegangenen
zu gering gewesen ist. Die Wiederholung der In¬
jektion hat im allgemeinen nicht vor dem 5. Tage
zu erfolgen. Je größer die Injektionsdosis, desto
größer muß das Zeitintervall sein.
Asch (Straßburg).
901. Corps ötranger d’origine appen-
diculaire Simulant un calcul vesical; par
E. Desnos. (Journ. d’Urol. 1912. S. 517.)
D. bringt die äußerst interessante Beobachtung
eines öjähr. Knaben, bei dem wegen Pyurie,
Pollakiurie und Schmerzen beim Urinlassen, sowie
in Anbetracht der familiären Nephrolithiasis die
Diagnose Nierenstein gestellt worden war. Seit
2 Jahren waren zeitweise schmerzhafte Anfälle in
der rechten Bauchhöhle mit Temperaturerhöhung
aufgetreten. Die Zystoskopie ließ nun auf dem
Grunde der stark entzündlichen und mit Ge¬
schwüren belegten Blase einen haselnußgroßen,
unregelmäßigen, weißen, nur stellenweise schwar¬
zen, durchaus beweglichen Fremdkörper erkennen.
Derselbe ließ sich mit dem Lithotriptor leicht zer-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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bröckeln. Die durch Spülung der Blase gewonne¬
nen Stücke desselben erwiesen sich bei der mikro¬
skopischen Sichtung als aus Pflanzenfasern,
Stärke, Fettkömchen, Cholestearinkristallen, Mus¬
kelfasern zusammengesetzt. Nach Entfernung
dieses Fremdkörpers genas der kleine Patient in
kurzer Zeit. Es handelte sich offenbar um einen
nach der Blase zu durchgebrochenen Abszeß des
Appendix. D. erwähnt noch 2 Beobachtungen von
Blasenkomplikationen bei Appendix. Ich verweise
übrigens auf den vortrefflichen Vortrag von
v. Fritsch auf dem III. Deutschen Urologen¬
kongreß über „Hämaturie bei Appendizitis", in
dem er zeigte, daß auch die oberen Hamwego
durch die Appendizitis leicht in Mitleidenschaft
gezogen werden. (Verhandlungen S. 245.)
Asch (Straßburg).
902. Eine Dauerinjektion für die männ¬
liche Harnröhre; von Asch. (Zeitschr. f.
Urol. 1912. H. 261.)
A. empfiehlt in Fällen von chronischer Ure¬
thritis anterior ohne Gonokokken und ohne
urethroskopisch nachweisbare Veränderungen der
Harnröhre Injektionen mit der Paraffinmischung
von L i p o w s k i. Dieselbe wird, bei 40° flüssig
gemacht, in die Harnröhre eingespritzt und er¬
starrt alsbald zu einer salbenartigen Masse, die
bis 12 Stunden in der Urethra zurückgehalten
werden kann. Die Spritze ist vorher durch heißes
Wasser zu erwärmen. Der Zweck dieser Ein¬
spritzungen ist, die Wandungen der Harnröhre
möglichst lange Zeit entfaltet zu halten und das
Aneinanderliegen derselben zu verhindern.
(Autoreferat.)
903. Instrument zur Behandlung der
vorderen Harnröhre mit Spül massage; von
Erich Wossidlo. (Zeitschr. f. Urol. 1912.
S. 283.)
W. empfiehlt zur Behandlung der chronischen
Gonorrhöe der vorderen Harnröhre eine gebogene
Leitsonde, auf der olivenförmige durchbohrte
Knöpfe gleiten. Dieselben sind mit einem, Rohr
fest verbunden, durch das die Spülflüssigkeit zu
ihnen geleitet wird. Die Größe der Knöpfe
schwankt zwischen 20 und 30 Chaniäre.
Asch (Straßburg).
904. Drain perdu pendant 6 ans dans
un uretere et tombä dans le vestie. Ab¬
lation par taille vesico-vapinale; par F. Cathelin.
(Folia urol. 1912. S. 571.)
Bei einer Patientin, der C. wegen einer infolge
einer Nephrolithotomie zurückgebliebenen Nieren¬
fistel diese Niere exstirpiert hatte, fand sich nach¬
träglich ein Drain im unteren Ureterenteil, in die
Blase hineinragend. Keine der vorhergegangenen
gründlichen Untersuchungen durch die verschie¬
densten Chirurgen, weder Zystoskopie noch
Röntgenographie hatten für ein zurückgebliebenes
35
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
274
V. Chirurgie.
Drainrohr einen Anhaltspunkt gegeben, wahrend
die Patientin von Anfang an fest die Behauptung
aufstellte, es müßte ein Drainrohr vergessen
worden sein. Die Patientin war zwecks Unter- j
suchungen oder Operationen 13mal chloroformiert '
worden und hatte 5 Blasenschnitte durchgomacht!
Asch (Straßburg).
905. Über den vaginalen Weg zur
Blase (Kolpokystotomie); von 0. Michael, j
(Folia urol. 1912. S. 577.)
Im Anschluß an ein auf vaginalem Wege ent¬
fernten Blasenpapillom empfiehlt M. zu allen
intravesikalon Operationen heim Weibo einen
•Querschnitt durch das Trigonum, den er nach
Bedürfnis zu einem Bogenschnitt ergänzt. Die i
Kolpokystotomie stellt einen einfachen, durchaus
genügenden Eingriff mit geringster Mortalität dar. :
Asch (Straßburg). j
906. Zur Kasuistik primärer doppel-
seitiger maligner Nierentumoren; von P. j
Wagner. (Folia urol. 1912. S. 619.)
W. teilt einen Fall von primärem doppel¬
seitigem malignem Nierentumor mit. Bei dem
70jährigen Krankon lagen ein Epinephrom der
rechten Niere mit Metastasen in den retroperi- I
tonealon Lymphdrüsen, der rechten Nebenniere (
und beiden Lungen sowie ein von der Kapsel der 1
linken Niere ausgehondes Spindclzellensarkom mit
großen Sarkommetastason im Unterhautzellgewebo
der linken Beckengegend vor. Diagnostisch ist
der Fall durch gehäuftes Auftreten zusammen- ,
hängender epithelialer Gebilde und reichlichen
Fettkörnchenkugeln im Urin im Anschluß an (
vorhergegangene Nierenblutung und in Abwesen¬
heit von Zystitis und Nephritis interessant.
Asch (Straßburg).
907. I lipoidi nella prostata; per F. Ran-
disi. (Folia urol. 1912. S. 588.)
Dio in italienischer Sprache abgefaßte Arboit
kommt zu folgenden Schlußfolgerungen: Die
Prostata muß als ein Drüsonorgan angesehen
werden, dessen Sekretion sich in zweifacher Form
kundgibt: nach granulo-vakuolärem Typus und
nach lipoidem Typus. Bei der Hypertrophie der i
Prostata ist der lipoidc Typus stärker entwickelt,
das Stroma macht eine entzündliche Reaktion mit |
Vermehrung der lipoidon interstitiellen Zellen
durch. Am Aufbau des Prostatasekretes, das bei ;
der Hypertrophie vermehrt ist, nehmen Lipoide i
teil, dio in erkenntlicher Weise durch Degene- !
iation von Leukozyten oder vor dosquamierten j
Zellen entstehen. Dio Prostatakörperchen und das
homogene Stroma bestehen wahrscheinlich aus
lipo-proteinischen Präzipitaton. Dio Lipoide dor :
Prostata bestehen wahrscheinlich aus Phospha- ;
tiden und komplexen Cholesteariniden. Die Be¬
deutung der Lipoide liegt auf dem Gebiet der
•Immunität und Biochemie. Asch (Straßburg), i
908. Zur Kenntnis und chirurgischen
Behandlung der Blaseninsuffizienz infolge
Prostataatrophie; von S. Grosglik. (Zeitschr.
f. Urol. Bd. 6. S. 337. 1912.)
Auf Grund dor Beobachtung von 23 Patienten
im Alter von 50—70 Jahren mit chronischer in¬
kompletter Retention, Erweiterung der Blase, un¬
freiwilligem nächtlichen Harnträufeln, aber ohne
wirkliche Hypertrophie der Prostata, will G. die
Frage nach Entstehung und Behandlung dieses
..Prostatismc väsical“ beleuchten. Die zysto-
skopische Untersuchung ergab meist neben Tra¬
bekelblase starke Veränderungen der inneren
Harnröhrenmündung: die Übergangsfalte war am
oberen Umfang prominent, verdickt, wenig durch¬
sichtig, am freien Rand uneben, mit kleinen
dunklen Knötchen übersät. Gleichmäßigere, aber
bedeutendere Verdickungen waren an der seit¬
lichen Begrenzung der inneren Urethralmündung,
besonders an der hinteren Lippe, welche oft den
Eindruck eines mittleren Prostatalappens machte,
nachweisbar. Dio in drei Fällen von Prostata¬
atrophie nach Eröffnung der Blase ausgeführte
Untersuchung ergab in einem Falle, daß der pro-
statische Harnröhrenabschnitt in dio Blase in der
Form eines Kegels hineinragte, an dessen Spitze
eine stark verengte innere Harnröhrenmündung
lag; in den zwei anderen Fällen hatte die Öffnung
die Form einer queren Spalte mit stark ent¬
wickelter Hintorlippe, welche in einem Falle nach
unten herabhing und die atrophische Drüse ent¬
hielt: im anderen ragto sie in die Höhe und ver¬
schloß dicht, wie ein atrophischer Mittellappen,
die Blasenmündung. In anatomischer Hinsicht
unterscheiden sich Hypertrophie und Atrophie der
Prostata dadurch, daß bei der ersteren leicht
cnukleierbare Adonome vorhanden sind, während
diese bei der Atrophie fehlen. Die Behandlung
der Blaseninsuffizienz bei Prostataatrophie soll
radikale Entfernung aller krankhaften Verände¬
rungen an der inneren Harnröhrenmündung er¬
streben, was nur durch suprapubischo Prostat¬
ektomie zu erreichen ist, dio freilich bei Atrophie
viel schwieriger auszuführen ist wie bei Hyper¬
trophie der Prostata. Asch (Straßburg).
909. Über Organotherapie des Prosta-
tismus; von Wilhelm Karo. (Derra. Woch.
1912. S. 139.)
In Würdigung der Hypothese, daß die Alters¬
involution der Prostata einen Ausfall der inner¬
sekretorischen Funktion bedingen könnte, der
wiederum eine Reihe von Miktionsstörungen und
anderen Beschwerden zur Folge hätte, hat K.
organotherapeutische Versuche mit Testikulin
(Freund & Redlich, Berlin NW 6) angestellt, das
sich vor dem Sperminum Poehl durch Billigkeit
und Fehlen jeglicher Nebenwirkungen aus¬
zeichnen soll. Es wurden alle 2—3 Tage intra-
glutaeale Injektionen vorgenommen; dio Erfolge
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V. Chirurgie.
275
in den bisher derart behandelten 13 Fällen waren
hervorragende: kein Residualharn mehr, selbst in
schweren Fällen, nach 20—30 Injektionen. „Es ist
eine Kausaltherapie im besten Sinne dos Wortes.“
Brauns (Dessau).
910. Beiträge zur Anatomie der Prostata;
von M. Porosz. (Orvosi Hetilap 1912. S. 307.)
Die ausführlichen Studien P.s zeigten, daß alle
Ausführungsgänge der Prostata nach dom Colli-
culus seminalis gerichtet sind. Da der Kollikulus
eher der Spitze der Prostata näher ist, kann nur
ein vom oberen Pol der Drüsenlappen nach unten
geführter Fingerdruck zweckmäßig sein. Es ist
daher falsch, dio Prostata von einer Seite auf die
andere zu massieren, wie das vielfach empfohlen
wird. — An diese anatomischen Studien schließt
pich ein weiterer Abschnitt an, in welchem die
klinischen und pathologischen Beziehungen der
Prostata besprochen werden.
Rosonthal (Budapest).
911. Beitrag zur Kasuistik der Hoden¬
bestrahlung (Röntgenkastration) bei Pro¬
statahypertrophie; von Oskar Ehrmann.
(Münehn. med- Woch, 1912. S. 704.)
E. erzielte bei einem Patienten mit sehr großer,
aber nicht starrfibrinösor Prostatahypertrophio
durch Bestrahlung der Testikel (3 H) eine völlige
Beseitigung der Urinbeschwerden. Der Erfolg
scheint ein dauernder zu sein. In einem zweiten
Falle, der eine derbfibrinöse Veränderung der Pro¬
stata aufwies, blieb der Erfolg trotz energischerer
Bestrahlung aus. H ü r t o r (Marburg).
912. Ober Prostatahypertrophie; von
Wilhelm Karo. (Allg. med. Zentralzeit. 1912.
Nr. 16 u. 17.)
Eine zusammenfassende Abhandlung über
Prostatahypertrophie, aus der besonders die von K.
empfohlenen intraglutaealen Testikulininjektionen
in den Fällen von Prostatismus ohne nachweis¬
bare Prostatahypertrophio hervorzuhoben sind.
Asch (Straßburg). |
913. Prostatahypertrophie und Blasen- j
stein. Ein Beitrag xur differentiellen Diagnostik
dieser Erkrankungen; von Peter Jansseu.
(Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 16.)
J. zeigt an verschiedenen Krankengeschichten,
daß es nicht immer leicht ist, dio beiden Er¬
krankungen auseinander zu halten und daß man
insbesondere bei vorhandener Prostatahypertro¬
phie vermittels Zystoskopie und Röntgenverfahren
stets nach Kalkuli fahnden soll.
Asch (Straßburg).
914. Prostatectomie en deux temps pour
cause d’atonie et dilatation vösicale accom-
pagnant l’hypertrophie prostatique ; par
Ch. Perrier. (Revue m6d. de la Suisse rom.
1912. S. 167.)
Der 69jährigo Patient bot seit 3 Jahren die
klossischon Symptome der Prostatahypertrophie
mit zeitweiser kompletter Retention, wobei die
Sondierung schmerzhaft ist und jedesmal Blutung
hervorruft Dio Prostata wird bei der Rektal¬
untersuchung apfelgroß, mit glatter Oberfläche be¬
funden; die Blase ist infolge der langen Dehnung
vollkommen atonisch. Unter Lokalanästhesie
Zystostomie und 3 Wochen darauf Prostatektomie.
Die Prostata wiogt 100 g. Folgen der Operation
in jeder Beziehung (auch funktionell) gute. Der
Patient kann den Urin 4—5 Stunden halten und
leert die Blase leicht und vollkommen.
Asch (Straßburg).
915. Postoperative treatment of prostat-
ectomy; by Lewis Wine Bremermann.
(Therap. Gaz. 1912. S. 246.)
B. schließt nach der transvesikalen Prostat¬
ektomie das in die Blase eingeführto Drain an
einen nach dem Prinzip der Bunsenschen Wasser¬
strahlpumpe konstruierten Apparat an, welcher,
automatisch regulierbar, die Blase in bestimmten
kurzen Zeitabständon völlig leert. Diose Dränage
wird nach 5—6 Tagen sistiert. Außerdem wird
vom ersten Tage ab die Blase täglich 3 Wochen
hindurch mit 1 : 4000 Formalinlösung irrisiert,
worauf eine Silberlösung (Nargol) injiziert wird.
B. legt besonderen Wort darauf, daß auch während
des ersten halbon Jahres nach der Operation diese
(Spülungen mindestens einmal pro Woche aus¬
geführt werden; die Behandlung ist nur dann als
beendet anzusehen, wenn die Zystoskopie nach
dieser Frist normale Verhältnisse ergibt.
Melchior (Breslau).
916. Spontane H am röhren bl utung (Ure-
throrrhagie) im Kindesalter; von Richard
Hadlich. (v. Volkmanns Saraml. klin. Vortr.
Nr. 650. Inn. Med. Nr. 208.)
Nach Besprechung der diesbezüglichen voll¬
kommen bedeutungslosen Literatur gibt H. eine
eigene Beobachtung wiedor. Bei dem etwas über
2 Jahre alten rachitischen Knaben, in dessen
Familie keine Hämophilie nachzuweisen ist, war
ohne besondere Veianlassung, während der Kleino
ruhig im Wagen lag, eine Blutung aus der Harn¬
röhre aufgetreten, und zwar ohne Beimischung
von Urin. Der Harn selbst war blut- und eiwei߬
frei. Dio Blutung wiederholte sich stark am
selben Tag, um dann in don nächsten 5 Jahren
nie mehr aufzutreten. Im Anschluß an diesen
Fall gibt H. unter eingehender Besprechung der
Literatur eine genaue Schilderung sämtlicher in
Frage kommenden Möglichkeiten von sympto¬
matischen (Hämophilie, hämorrhagische Diathesc)
und spontanen Harnröhrenblutungen. Wenn man
Gonorrhöe, venerische Geschwüre, Polypen aus¬
schließt, so muß man solche Blutungen durch
das Mißverhältnis zwischen dem örtlichen Blut¬
druck und dem Widerstand, welchen dio Gefäßo
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276
0
V. Chirurgie.
zu leisten imstande sind, erklären. Diese Be¬
gründung nimmt H. auch für seinen Fall an, in
dem die Gefäßwandungen durch Ernährungs¬
störungen infolge von Anämie und Rachitis wohl
dünnwandig geworden waren, während er anderer¬
seits eine kongenitale örtliche Mangelhaftigkeit
der Gefäßbildung annimmt, die vielleicht zu einer
umschriebenen Venektasie geführt hatte, und mit
der Möglichkeit einer wiederholten starken Blut¬
drucksteigerung infolge chronischer Obstipation
zu rechnen war. Asch (Straßburg).
Extremitäten.
917. Ein Fall von familiär auftretender
Spondylosis rhizomelica; von G. C. Bolten.
(Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1912. Nr. 6.)
Krankengeschichte eines Patienten, dessen
v ater und Großvater in verhältnismäßig jungen
Jahren an rheumatischen Schmerzen, Steifheit im
Rücken, aber nicht an den Extremitäten gelitten
hatten.
Außer den bekannten Symptomen wurden bei
diesem Patienten deutliche Sympathikussymptome
beobachtet: stark congestives Äußeres, starke
Schweißabsonderung, bei meistenteils subjektivem
Gefühl von Kälte, erhöhte Pulsfrequenz, deutliche
Amsoturie (ungleichmäßige Reizung der N. sym-
pathici).
Behandlung während zweier Monate mit
heißen Bädern, Lichtbogen auf dem Rücken,
Arsonvalisation der Wirbelsäule (Kondensations-
Elektrode). Deutliche Besserung. Der Patient
entzieht sich aber nach zwei Monaten der Be¬
handlung. de K1 ey n (Utrecht).
918. Über einige seltenere Frakturen
und Luxationen des Oberarmkopfes, bzw.
über die Kombination beider Verletzungs¬
arten ; von H. Luxembourg. (D. Zeitschr. f.
Chir. Bd. 114. S. 488.)
L. teilt zunächst an der Hand von Röntgen¬
bildern 4 Fälle von Oberarmfrakturen mit, wo der
Kopf aus der Pfanne luxiert war; der erste Fall
wurde mit Extension behandelt, jedoch mit
schlechtem Resultate, im zweiten Falle wurde der
Kopf entfernt, jedoch trat eine Infektion ein und
der Arm mußte exartikuliert werden; bei den
beiden letzten Fällen wurde ein befriedigendes
Resultat durch die Operation erzielt Als Schnitt¬
führung wird der Langenbecksche Schnitt an der
Vorderseite des Gelenkes bevorzugt. Bei den
3 folgenden Fällen handelt es sich auch um Frak¬
turen im anatomischen oder chirurgischen Halse,
jedoch war der Kopf nicht luxiert, aber derart
verdreht, daß auch hier zur Exstirpation des
Kopfes geschritten wurde. Die Resultate waren
in allen Fällen befriedigende.
Die 3. Gruppe betrifft Fälle von Luxation des
Humerus mit Abriß des Tub. majus. Sämtliche
3 Fälle wurden in Narkose reponiert und war das
funktionelle Resultat ein gutes. Selbst bei ver¬
alteten Luxationen soll noch eine Reposition ver¬
sucht werden. Vorschütz (Köln).
919. Über die blutige Behandlung der
Knochenbrüche nach Lambotte ; von H.
Frankenstein. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 114.
S. 248.)
F. berichtet über 22 Fälle von Frakturen des
Danziger Stadt-Lazarettes (Prof. Barth), bei
denen starke Dislokationen vorhanden waren und
dieserhalb blutig nach dem Verfahren Lambotte
vorgegangen wurde. In 2 Fällen trat eine akute
Infektion ein. Operiert werden soll in der zweiten
Woche oder, wenn Wunden vorhanden sind, nach
Abheilung derselben. Der Wundverlauf war nicht
immer ein glatter, in mehreren Fällen trat Sekre¬
tion ein und mußten die Schienen entfernt werden.
Jm allgemeinen kann gesagt werden, daß die
primäre Heilung parallel einhergeht mit der Länge
der Zeit, die man nach der Verletzung verstreichen
läßt. Bei den suprakondylären Humerusbrüchen
(5 Fälle) sind die Resultate wenig befriedigend,
weil wegen zu starker Kallusbildung teilweise die
Beweglichkeit behindert war und in 1 Falle sogar
wegen Infektion eine Gelenkresektion nötig wurde.
Von 5 Oberschenkelbrüchen wurden in guter
Stellung 4 zur Ausheilung gebracht. Im 5. Falle
trat eine subkutane Phlegmone ein. Bei 9 Unter¬
schenkelbrüchen trat 8mal guter Erfolg ein. Bei
den Abrißfrakturen der Patella, Olecranum, wird
die Metalldrahtnaht dem Lambottschen Verfahren
vorgezogen. Als Gegenindikationen dienen die¬
selben, die bei sonstigen Operationen in Frage
kommen. Es folgen kurz die 22 Kranken¬
geschichten mit Röntgenbildern einer suprakondy-
iären Humerus- und Femurfraktur und eines
Unterschenkelbruches. Vorsehütz (Köln).
920. Diagnose und Behandlung der
subkutanen Radiusfraktur am Handge¬
lenke; von Kaufmann. (D. Zeitschr. f. Chir.
Bd. 116. S. 140.)
Zunächst wird über die einzelnen Typen an
der Hand beigegebener Schemata berichtet, die in
2 Gruppen geteilt werden, solche mit Verstellung
und solche ohne Verstellung. Die Behandlung
vorfolgt streng das Prinzip, die anatomische gute
Stellung wieder herzustellen, was einzig und allein
durch die Reposition geschieht. Die Hand und der
Unterarm werden dann 2—3 Wochen fixiert, um
alsdann mit aktiven und passiven Bewegungen
beginnen zu lassen. Versicherte Arbeiter müssen
von der 7. Woche an ihre volle Arbeit wieder auf¬
nehmen. Bei den Ausoinandersprengungen der
Epiphyse ist die Zugbehandlung nach Barden-
heuer in Bettlage des Verletzten während 2 bis
3 Wochen nötig. K. verwirft den Gipsverband
und kommt auf die Verfahren von L u c a s,
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V. Chirurgie.
277
Championniöre, de Marbaix und Lexer
zu sprechen. Zum Schluß wird von den Folgen
der Radiusbrüche und deren Behandlung ge¬
sprochen. Noch nach langer Zeit können schlecht
geheilte Radiusbrüche in Narkose wieder ge¬
brochen und reponiert werden durch Dehnung
des Kallus, jedoch ist hier schwer, ideale Repo¬
sition zu erhalten. Läßt sich die Dislokation nicht
beheben, oder wird die Beweglichkeit durch im
Wege liegende Knochenstücke behindert, dann soll
operiert werden. Die schwerste Störung nach
Radiusbruch stellt die ischiasische Muskelkon¬
traktur dar. Nach Epiphysenlösung kommen
wohl mal Wachstumsstörungen vor, wodurch eine
seitliche Variation der Hand bedingt wird.
Vorschütz (Köln).
921. Zur Behandlung schwieriger Ober-
Schenkelbrüche; von Vorschütz. (D. Zeitschr. i
f. Chir. Bd. 117. S. 231.)
Bei den schwierigsten Formen der Ober- i
Schenkelbrüche im oberen und unteren Drittel mit
starker Dislokation gibt V. eine von ihm kon¬
struierte Schiene an, um in der Semiflexions¬
stellung des Gelenkes die Extension auszuüben
und so die Spannung einer Muskelgruppe aus¬
zuschließen. Die Schiene wird näher beschrieben, j
Es werden 3 Typen von Frakturen im Röntgen¬
bild wiedergegeben, auf welchen die vorzügliche I
Wirkung demonstriert wird. Am Schlüsse folgt !
das Literaturverzeichnis. Vorschütz (Köln).
922. Die isolierte Abrißfraktur des Tro¬
chanter minor; von Vorschütz. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 117. S. 243.)
In der deutschen und französischen Literatur
sind je S Fälle von isolierter Äbrißfraktur des
Trochanter minor bekannt. Die Fraktur entsteht
entweder durch direkten Zug des Ileopsoas oder
indirekt durch Zug der Antagonisten, der Rücken¬
strecker. Es wird auf das Symptomenbild der
Fraktur hingewiesen und der sogen, „federnde
Schmerz“ beim aktiven Beugen und Strecken be¬
sonders hervorgehoben. Die Therapie besteht in
Ruhigstellung unter Verzicht auf eine Anheilung
des Trochanter minor an normaler Stelle.
Röntgenbilder sind beigegeben. Es folgt das
Literaturverzeichnis. Vorschütz (Köln).
923. Über intra partum entstandene
Unterschenkelfrakturen; von K. Hayashi
und Matsucka. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 98.
S. 417.)
H. u. M. berichten über 2 Fälle von intra¬
uterinen Unterschenkelbrüchen im unteren Drittel,
die operativ behandelt wurden durch Anfrischen
der Bruchstellen und Fixieren durch Klommen
mit nachfolgendem Gipsverband. Die Frakturen
wurden fest, jedoch ohne Kallusbildung. Meistens
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ist eine Nebenoperation im Sinne der Verlängerung
von Muskeln und Sehnen notwendig. Es folgen
kurz die Krankengeschichten der 29 in der Lite¬
ratur bekannten Fälle. Vorschütz (Köln).
924. Die Behandlung der medialen Epi-
condylusbrüche; von Hartmann. (Arch. f.
Orthop., Mechanother. u. Unfallheilk. Bd. 11. S. 25.)
H. berichtet über 5 Fälle von Abrißfraktur dos
Epicondylus med. humeri und empfiehlt, den Epi-
kondylus, falls er nicht allzu sehr diloziert ist,
denselben manuell wieder zu reponieren und ihn
durch Heftpflasterstreifen dort zu halten. Ist eine
stärkere Dislokation vorhanden, daß der Epikon-
dylus seinen Halt gegen den Oberarm verloren
hat, empfiehlt er Nagelung in Narkose; Schnitt
f> cm lang. Der Nagel bleibt vorstehen in der
Wunde und wird am 10.—12. Tage mit einer
Zange extrahiert. Die Resultate waren gute. Es
werden Röntgenogramme beigefügt. Der Methode
haftet die Infektionsgefahr an. Die Streckbehand¬
lung erreicht dieselben guten Resultate.
Vorschütz (Köln).
925. Über die Fraktur des Proc. styl,
ulnae; von Es au. (Arch. f. Orthop., Mechano¬
ther. u. Unfallheilk. Bd. 11. S. 42.)
Die Literatur über den isolierten Abbruch des
Griffelfortsatzes der Ulna ist sehr spärlich. Nach
Aufzählung der in der Literatur bekannten Fälle
berichtet E. über 6 von ihm beobachtete Fälle.
Die Ursache ist meistens Fall auf die Hand, wobei
dieselbe dorsal- und radialwärts stark flektiert
und das Lig. collat. carpi ulnare plötzlich und ge¬
waltsam überdehnt wird. Auch direktes Trauma
kann den Griffelfortsatz abreißen. Auch hier
macht man die Beobachtung, daß der Knochen
eher abreißt als das Band zerreißt. Die Größe des
Abrisses richtet sich vielleicht nach der Aus¬
dehnung des Bandansatze8. Der abgerissene
Prozossus wird nach radialwärts disloziert. Die
Symptome sind manchmal latent, manchmal die
einer entzündlichen Schwellung, die erst nach
Wochon plötzlich eintreten kann. Die Diagnoso
kann schwer sein, wird gesichert durch das R. B.
Die Prognose kann wegen der später auftretenden
chronischen Beschwerden dubiös sein. Die
Therapie besteht am besten in sofortiger aktiver
und passiver Bewegung. Sollten die Beschwerden
nicht schwinden, wäre die Exstirpation vorzu¬
nehmen. . Vorschütz (Köln).
926. Über Brüche des Sprungbeins; von
Natzler. (Arch. f. Orthop., Mechanother. u.
Unfallheilk. Bd. 11. S. 186.)
Die Diagnose der Sprungbeinbrüche kann
schwer sein; und erst die Röntgenkur hat uns
über manch interessante Befunde aufgeklärt und
so Beschwerden zu unserm Verständnis gebracht,
die früher keine klare Erklärung fanden. Man
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278
V. Chirurgie.
darf sich nicht durch das wohl mal vorkommende
Os trigonum als Abgrenzung des Proc. posterior
täuschen lassen. Die Bruchform ist verschieden.
Es kann der Körper schräg, horizontal oder
sagittal in zwei Hälften gespalten werden. Aber
auch T- und Y-Frakturen sind beobachtet. Dio
Therapie soll in 3- bis 4wöchentlichor Fixation im
Gipsverband bestehen, der alsdann die mediko-
mechanische Behandlung angeschlossen wird.
Brüche mit starken Dislokationen werden un¬
blutig reponiert; gelingt das nicht, dann soll man
operativ Vorgehen und die Bruchondon zurück-
bringon. Gelingt auch das nicht in der ge¬
wünschten Form, wie das bei schwersten Brüchen
wohl vorkommt, so wird dor Talus exstirpiert.
Die veralteten Brüche werden mediko-mcchanisch
behandelt. Schlimmstenfalls kann auch hier mal
eine Operation nötig sein, indem der Talus osteo-
tomiert und darauf der Fuß redressiert wird. Bei
Fällen mit stärkster Beweglichkeitsstörung und
Schmerzen wird auch die Exstirpation am Platze
sein. Die Prognose ist bei nicht dislozierten i
Formen gut, wenn sie nicht später durch eine
Artritis getrübt wird. Bei den dislozierton Brüchen
ist sie ernst; dagegen wird sie bei den operativ
angegriffenen stets als gut, zum Teil sogar sehr
gut bezeichnet. Es folgen am Schlüsse des Bandes
6 Röntgonbilder mit deutlichen Frakturlinien.
Vorschütz (Köln).
927. Stauchungsbrüche der kindlichen
und jugendlichen Knochen; von Iselius.
(Bruns Beitr. Bd. 79. S. 441.1
I. berichtet nach kurzer Erörterung des Be¬
griffes „Stauchung“ über Stauchungsbrüche im
kindlichen Alter, bei denen im Röntgenbild keine
Dislokation, sondern nur eine Aufrollung der i
Corticalis an der Frakturstello zu sehen ist. 1905
hat er in dor Baseler Chirurg. Poliklinik 30 solcher
Fälle beobachtet, die sich auf Patienten von 1 bis
22 Jahren beziehen. Die häufigste Bruchform ist
der typische Vorderarmbruch, wohl deshalb, weil
in der Jugend die Knochen am biegsamsten sind.
Ein ebenfalls charakteristisches Bild bieten die
Stauchungsbrüche des Radius; die Fraktur sitzt
meistens 2 l / a cm oberhalb der Epiphysenlinie. An
der oberen Extremität kommt die Fraktur im
chirurgischen Hals vor, indem sich an der Innen¬
seite eine Kortikaliswall im Röntgenbild nach-
weisen läßt. Die Epiphysenlösung ist seltener als
der Kollumbruch. An den unteren Extremitäten
kommen die Stauchungen viel seltener vor, weil
die Knochen vorwiegend auf Tragfähigkeit ge¬
baut sind. I. hat nur 2mal am Unter- resp. Ober¬
schenkel diese Fraktur beobachtet. Die Diagnose
gründet sich vorwiegend auf den zirkumskripten
Druckschmerz ohne besondere Dislokation. Dio
Therapie ist einfach; Ruhigstellung für kurze Zeit.
Dio Prognose ist gut. Es sind für die oben an¬
gegebenen Typen Röntgonbilder beigegeben. Zum
Schluß wird noch von 2 Stauchungsfrakturen bei
alten Leuten berichtet. Röntgenbild ist beige¬
geben. Vorschütz (Köln).
928. Neue Beobachtungen über die
Calcaneusfraktur; von Westphal. (Bruns
Beitr. Bd. 79. S. 419.)
Die Calcaneusbrücho machen durchschnittlich
1,5—2,0*/ o sämtlicher Frakturon aus. Neben Ver¬
letzungen benachbarter Knochen wird recht häu¬
fig der Abriß des Proc. post, tali beobachtet. Als
Bruchformen unterscheidet mail 1. die Rißfraktur,
die im allgemeinen selten ist, und 2. die Koni-
pressionsfraktur, die den gewöhnlichen Typ der
Calcaneusfraktur darstellt Von letzterer unter¬
scheidet man 3 Gruppen schwersten, leichteren
und leichten Grades. Wichtig für die Beurteilung
sind dio Fälle, wo an der Fußsohlenscite einzelne
Kortikalissplitter abgesprengt sind und nun als
Calcancussporn imponieren, der wegen der hef¬
tigen Beschwerden stets entfernt werden muß.
Nach der Bruchlinie unterscheidet man Quer- und
Längsbrüche, sowie als dritte Gruppe die Kombi¬
nation beider vorher erwähnter Formen. Bezüg¬
lich der Diagnose wird ein an der Planta pedis
auftretender Bluterguß dieselbe sichern, jedoch
muß in zweifelhaften Fällen stets das Röntgenbild
entscheiden. Die Therapie besteht in Anlegung
eines Gipsverbandes, Stützsohle, Stützapparat oder
Extension. Strenges Prinzip muß es sein, nicht zu
früh Gehversuche machen zu lassen. Die Be¬
handlungszeit nimmt manchmal mehrere Monate
in Anspruch. Entsprechend der Schwere der Ver¬
letzung sind meistens auch die Folgen, die oft
noch jahrelang bestehen, wenn auch hier und da
einmal ein gutes Resultat erziolt wird. Eine un¬
angenehme Komplikation ist die Knochenatrophie,
die, wenn sie nicht nach einigen Monaten ver¬
schwindet, meist dauernd bleibt. Diese Atrophie,
die zirkumskript nur am Calcaneus oder auch an
den übrigen Fußknochen auftritt, muß als für die
Funktion des Fußes beeinträchtigend angesehen
werden. Bei den schwerston Formen bleibt wohl
stets eine Deformität der Ferse im Sinne der Ver¬
breiterung oder der niedrigen Ferse zurück; wäh¬
rend bei den leichteren Fällen diese Beschaffen¬
heit nur in etwa der Hälfte der Fälle zu beobach¬
ten ist. Ebenso ist die Wadenmuskulatur in meist
allen Fällen um 1—2 cm geringer und die Pro-
und Supination meist immer beschränkt. Trotz
aller dieser Erscheinungen kann der Gang un¬
gestört sein. Die subjektiven Beschwerden sind
bei der schwersten Form ziemlich stark, während
sie bei den beiden anderen Formen ganz schwin¬
den können. Vorschütz (Köln).
929. Ober die Pathogenese und die
zweckmäßigste Behandlung der Krampf¬
adern der unteren Extremitäten; von G.
Moro. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 71. H. 2. 1910.)
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279
V. Chirurgie.
Aus den klinischen und experimentellen Untor¬
suchungen M.s ergibt sich, daß die primäre patho¬
logische Veränderung in allen oder in den meisten
Fällen von Varizen an den Beinen in der Klappen¬
insuffizienz an der Einmündung dor V. saphena
magna in die V. femoral zu suchen ist, der zuerst
eine Dilatation und Insuffizienz der Klappen der
Vv. communicantes folgen. Die Trendclenburg-
sche Operation stellt also keineswegs nur eine
Palliativkur dar; denn sie entspricht der wirk¬
lichen Pathogenese nicht nur der Varizen der
oberflächlichen Venen, sondern auch der Vv. com-
municantes; zur rechten Zeit angewendet, hat sie
nicht nur oinen therapeutischen, sondern auch
einen prophylaktischen Wort für die weitere Ent¬
wicklung der Krampfadorn. Daraus ergibt sich,
daß man im allgemeinen bald operieren soll, ohne
abzuwarten, bis die Varizen sich vergrößern und
vermehren, da die Resektion der V. saphena viel >
einfacher und ungefährlicher ist, als es die wieder¬
holten Resektionen der insuffizienten Vv. com¬
municantes sind.
Was die Pathogenese der Varizen anlangt, so
beweisen M.s experimentelle Untersuchungen über
die Klapponinsuffizienz und die Klappenruptur, |
daß plötzliche, außerordentlich hohe und bei dem
venösen Kreisläufe normalerweise unmögliche
Druckorhöhungen auftreten müssen, damit solche
Veränderungen eintreten. Folglich können die
Varizen nicht plötzlich, im Anschluß an eine noch !
so gewaltige Anstrengung entstehen, sondern sie
erscheinen als die Folge eines langsamen anato¬
mischen Prozesses; sie können eine Berufskrank¬
heit, nicht aber einen Unfall ausmachon.
Wagner (Leipzig).
930. Die sapheno-femorale Anastomose,
eine Überpflanzung der V. saphena in die
V. femoralis mittels Gefäßnaht als operative
Behandlungsmethode der Varizen ; von
E. Heße und W. Schaack. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 95. H. 2. 1911.)
P. D o 1 b e t hat 1906 ein neues operatives Ver¬
fahren für bestimmte Arten der Varizen an den
Beinen empfohlen. Diose neue Operation ist be¬
strebt, mittels der Gefäßnaht und Gefäßtrans¬
plantation normale physiologische Verhältnisse
für die Blutzirkulation in den Venen zu schaffen,
und zwar da, wo diese Zirkulation gestört ist.
Die valmläre Insuffizienz, die in einer gewissen ■
Anzahl von Fällen mit varikös erweiterten Venen i
ätiologisch eine große Rollo spielt, kann durch die
saphenofemorale Anastomose beseitigt werden;
letztere muß somit imstande sein, diejenigen Vari¬
zen zu heilen, die auf diese valvuläre Insuffizienz
zurückzuführen sind. Die Verf. haben die Del-
betsche Methode bei 23 Kranken vorgenommen,
von denen 16 gleichzeitig Träger von Unterschen-
kclgeschwüren waren. In einem Falle kam es zu
einer schweren Wundinfektion, der der Kranke am
26. Tage nach der Operation erlag. Bei don an¬
deren 22 Kranken ist der Eingriff insofern erfolg¬
reich gewesen, als bei allen diesen Kranken ein
Verschwinden des vorher positiv gewesenen
Trendelenburgschen Symptoms nachgewiesen wer¬
den konnte. Bei allen 22 Kranken konnte bei der
Entlassung eine Verkleinerung, mehrfach sogar
ein vollständiges Verschwinden der Varizen fest-
gestellt werden; bei sämtlichen Kranken waren
dio vorher hartnäckigen Unterschonkclgeschwüre
zur Heilung gekommen. Von Dauerresultaten
kann wegen dor Kürze der Zeit noch nicht ge¬
sprochen werden.
Nach, der Ansicht der Verf. ist die sapheno-femorale
Anastomose indiziert: 1. bei kräftigen, sonst gesunden
Leuten: 2. hei valvulärer Insuffizienz der Saphena,
wobei der Indikator dieser Insuffizienz, das Trendeleu-
burgsche Symptom, positiv ausfallen muß; 3. wenn
die Varizen im Bereich der Saphena magna liegen;
4. wenn deren Stamm durchgängig ist. Kontraindiziert
ist das Verfahren: 1. bei kranken und schwachen
Leuten; 2. wenn die Varizen nicht auf der Basis val-
. vulärer Insuffizienz entstanden sind, d. h. bei negativem
. Trendelenburgschen Symptom; 3. bei Entzündungen
; und Undurchgungigkeit des Sapbonastammcs oder der
Femoralvene (Thrombosen, Phlebolithen)-, 4. wenn die
Varizen nicht im Bereiche der Saphena magna liegon;
5. in solchen Fällen, in denen eine Infektion der Lymph-
bahneu des Oberschenkels vorausgesetzt werden kann,
z. B. nach mehrfach Uherstandcnem Erysipel, bei
| schmutzigen, entzündeten Geschwüren usw. 6. hei zu
starken sklerotischen Veränderungen der Wandungen
der Saphena und Femoralis; 7. bei zu geringem Kaliber
der Saphena und Femoralis; 8. falls es sieh im Ver¬
laufe der Operation ergibt, daß wegen schlecht ver¬
tragener Narkose eine schnelle Beendigung der Operation
wünschenswert erscheint.
Die Einwände, die gegen die saphenofemorale
Anastomose geltend gemacht werden könnten,
sind die Gefährlichkeit, die durch dio Gefäßnaht
bedingt wird, und dio Unverhältnismäßigkeit des
kleinon Leidens zum großen schwierigen Eingriff.
Die Verf. suchen diese- Einwände zu widerlegen
und glauben — vorausgesetzt, daß die Daucrrcsul-
tate günstig sind — der saphenofemoralcn Anasto¬
mose oine Berechtigung und Bedeutung zu¬
sprechen zu müssen. Wagner (Leipzig).
931. Über die Lageveränderung der
A. poplitea bei gestrecktem und gebeug¬
tem Knie und über deren ätiologischen
Zusammenhang mit der Entstehung der
Aneurysmen dieser Arterie; von N. D.
Bumaschkin. (Chirurgija Bd. 32. S. 159.
1912.)
Beim Präparieren der injizierten A. poplitea
konnten in dem die Arterie umgebenden Fett¬
gewebe keine Stränge nachgcwieson werden,
welche dieselbe an der vorderen Wand der Knie¬
beuge fixieren könnten. An Scrionschnitton ge¬
frorener Präparate des gebeugten und gestreckten
Knies fand B., daß die A. poplitea das Planum
popliteum nicht berührt und daß die Arterie,
welche in gestreckter Stellung dicht an dor Kapsel
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280 VI. Gynäkologie
gelegen ist, in gebeugter Stellung 0,5—1,0 cm von
derselben sich entfernt. Die Röntgenogramme
der injizierten Arterie des Beines bestätigten die
anatomischen Untersuchungen: in gebeugter Knie¬
stellung bildet die A. poplitea einen in ziemlicher
Entfernung von der Kniebeuge gelegenen Bogen,
beim gestreckten Knie zieht sie von oben nach
unten in schräger Richtung, wird unter Bildung
eines sehr stumpfen Winkels vom oberen hinteren
Tibiarande wie eine Saite gespannt und steigt in
vertikaler Richtung nach unten.
Die relativ häufige Entstehung der Aneurys¬
men der A. poplitea erklärt B. durch ihre un¬
günstige Lage und durch den beständigen mecha¬
nischen Reiz, welchem dieselbe bei der Bewegung
ausgesetzt ist. Krön (Moskau).
und Geburtshilfe.
932. Über die Steinmannsche Methode
bei der Behandlung der Oberschenkel¬
frakturen; von K. F. Wegner. (Chirurgija
Bd. 32. S. 189. 1912.)
W. behandelte 22 Oberschenkelfrakturen nach
der Stein mannschen Methode. In einigen Fällen
modifizierte er dieselbe insofern, als er den Ober¬
schenkel über ein Handtuch unter 30° schweben
ließ und den nach Steinmann horizontalen
Zug unter demselben Winkel änderte. W. erzielte
in allen Fällen sehr gute Resultate; sehr gute
Dienste leistete ihm diese Methode bei alten
schlecht geheilten Brüchen. Den Nagel schlägt
W. ohne Narkose durch den Knochen, da die Pro¬
zedur wenige Sekunden dauert und fast schmerz¬
los ist. Krön (Moskau).
VI. Gynäkologie
933. Des Services que peut rendre en
obstätrique la ddsinfection des mains ex-
clusivement par l’alcohol; par E. Marquis.
(Revue d’Obst et de Paed. 1912. Nr. 275.)
M. weist zunächst auf den großen Keimgehalt
nicht sterilisierter Bürsten, Seife und des warmen
Wassers hin, wie sie gewöhnlich in der Haus¬
praxis verwendet werden. Aber selbst eine aus¬
gekochte Bürste wimmle nach minutenlangem Ge¬
brauch von Bakterien. M. empfiehlt auf Grund
ausgedehnter Erfahrungen das einfache Abreiben
der Hände mittels in SOproz. Alkohol getauchter
steriler Tupfer. Es kann der gewöhnliche dena¬
turierte Spiritus benutzt werden.
Klien (Leipzig).
934. Sdro-diagnostic de la grossesse.
ConsidSration sur 2 cas d’eelampsie puerperale avec
röactvm de Bordei-Gengou positive; par Arnoldo
Quintella. (Ann. de Gyn. 1912. S. 408.)
Auf Grund einer größeren Anzahl von unter¬
suchten Fällen konnte Qu. die Zuverlässigkeit der
Methode von F i e u x und M a u r i a c durchaus
bestätigen, im Gegensatz zu B a r und D a u n a y.
Auf gebaut ist die Methode auf der Theorie, daß
während einer gewissen Periode der Schwanger¬
schaft reichlichere Mengen von Synzytiumelemen-
ten in den mütterlichen Kreislauf gelangen, dort
die Rolle des Antigens spielen und einen Anti¬
körper hervorrufen. Dieser läßt sich dann durch
Komplementablenkung nachweisen. In der Tat
hat sich ergeben, daß diese Komplementablenkung
stets stattfindet im 2. bis 4. Schwangerschafts¬
monat, d. h. zu der Zeit, in der die lebhafteste
Entwicklung des Synzytiums vor sich geht. Wenn
auch zwei Fälle von Eklampsie am Ende der Gra¬
vidität positive Reaktion ergaben, so erklärt Qu.
dies mit der Veitschen Theorie der Eklampsie, der
zufolge bei Eklampsie eine pathologische Über¬
schwemmung des mütterlichen Blutes mit Syn-
zytiumelementen stattfindet. Diese Feststellungen
und Geburtshilfe.
sind sehr beachtlich und stützen die Theorie der
ovulären Intoxikationen; praktisch gestatten sie
in Zweifelfällen den Nachweis einer Gravidität im
2. bis 4. Monat. Klien (Leipzig).
935. Das angeblich dyspygische Becken
von Soiowij; von W. Bylicki. (Zentr&lbl. f.
Gyn. 1912. Nr. 18.)
Ein dyspygisches Becken ist nach der Defini¬
tion von B r e u 8 und K o 11 i s k o ein Spaltbecken
im Bereiche des Kreuzbeins, verursacht durch
Myelozystozele. B. bestreitet, daß das von So¬
iowij beschriebene Becken ein dyspygisches in
diesem Sinne sei. Hier bandelt es sieb seiner An¬
sicht nach vielmehr um ein gewöhnliches platt¬
rachitisches Becken mit Fehlen des Steißbeines.
Z u r h e 1 le (Bonn).
938. De l’avortement soi-disant thöra-
peutique chez les femmes tuberculeuses
en 6tat de gestation; parPinard. (Ann. de
Gyn. 1912. S. 321.)
Obgleich sich P. am Schlüsse seiner Ausfüh-
lungen dagegen verwahrt, daß seine Schlüsse und
Ratschläge diktiert seien von der ängstlichen
Sorge, ja kein Kind dem Vaterland unnötigerweise
zu entziehen, so wird sich doch jeder Leser ver¬
wundert fragen, wie P. zu seinen den allgemeinen
Anschauungen direkt zuwiderlaufenden Ansichten
über den Einfluß der Schwangerschaft auf die
Tuberkulose der Mütter und die Lehenschancen
der Kinder tuberkulöser Mütter kommt. In der
Tat, daß, was P. in aphoristischer Weise aus
seiner allerdings reichen Erfahrung, die sich auf
40 Jahre erstreckt, dafür vorbringt, daß die Lungen¬
tuberkulose fast nie durch eine Schwangerschaft
verschlechtert werde — höchstens wenn Fieber
und Kavernen bestünden — und daß so und so
oft die Nachkommen tuberkulöser Mütter für
Gonerationen völlig gesund seien, genügt nicht,
um die Regel aufstellen zu dürfen, die tuber-
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VI. Gynäkologie nnd Geburtshilfe.
281
kulösen Mütter sollten ihre Kinder ruhig aus¬
tragen, indiziert sei nur eine roborierende Be¬
handlung der Mütter. K1 i e n (Leipzig).
987. Two cases of premature Separation
of the placenta; by L. H. S. de Witt. (Phys.
and Surg. 1912. S. 127.)
1. Eine V.-Schwangere begann in der zweiten
Hälfte der Schwangerschaft wiederholt zu bluten
und wurde schließlich im 8. Monat ins Hospital
gebracht. Nach einer starken Blutung erweiterte
man hier die Zervix, wendete und extrahierte
einen 7monatlichen Fötus; die Plazenta kam so¬
fort nach. Puls 150, besserte sich vorübergehend
auf Infusion u. a. 4 Stunden danach Tod unter
den Erscheinungen der Lungenembolie. — 2. VI.-
Schwangere hatte im 0. Monat wiederholte stär¬
kere Blutungen. Im gleichen Monat wurde nach
vergeblicher Gazetamponade der vaginale Kaiser¬
schnitt gemacht und ein 18 cm langer Fötus ent¬
fernt Heilung. — In beiden Fällen ließen sich
an den Plazenten die Stellen nachweisen, an
denen die Ablösung stattgefunden hatte.
Klien (Leipzig).
938. The treatment of puerperal septic-
aemia by bacterial vaccines; by G. T.
Western. (Lancet Febr. 10. 1912. S. 351.)
50 Fälle von Puerperalfieber , nach alter Art
behandelt, werden tabellenförmig 50 solchen
gegenübergestellt, bei denen man mit autogenen
Vakzinen den Erreger selbst angegriffen hat. Die
septikämischen Fälle, bei denen der Erreger im
Blute nachgewiesen werden konnte, hatten okne
Vakzinebehandlung eine Mortalität von 85—95%,
mit Vakzinebehandlung eine solche von 55°/ 0 . Bei
den anderen Fällen von Puerperalfieber gelang es,
durch Vakzinebehandlung die Mortalität von 60
auf 30°/ o herabzusetzen. Heterogene oder aus ver¬
schiedenen Stämmen zusammengesetzte Vakzine
gaben bei weitem nicht so günstige Resultate als
autogene. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
939. Vaccines in the treatment of puer¬
peral sepsis ; by Robert J. Rowlette.
(Journ. of Obst, and Gyn. 1912. S. 319.)
Kurzer Bericht über die bis ins Jahr 1908 zu-
rückgehenden, in England und Amerika angestell-
ten Versuche, Puerperalfieberfälle mit Vakzinen
zu behandeln. Es ist natürlich sehr schwer, den
Wert oder Unwert dieser Methode nachzuweisen,
so daß jeder neue Beitrag willkommen sein muß.
R. verwendet meist autogene Vakzine, wenn auch
mitunter von einer anderen Wöchnerin gewonnen,
als von der, der sie injiziert wurde. Käufliche
Stammvakzine kam nur im Anfang zur Verwen¬
dung. Bei Streptokokkenfällen wurden als An¬
fangsdosis 2% Millionen, später 5—7%, aus¬
nahmsweise sogar 10 Millionen Kokken injiziert.
Abgetötet waren die 24 Stunden alten Kulturen
durch l°/ 0 Lysol in physiologischer Kochsalz-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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lösung. Bei den Staphylokokkenfällen begann
man gleich mit 20—25 Millionen Kokken und stieg
bis 50 Millionen. Die Injektionen wurden sub¬
kutan gemacht. Die Lokalreaktion war stets sehr
gering. Auftreten von*Fieber oder gestörtem All¬
gemeinbefinden wurde als Folge von Überdosie¬
rung gedeutet. — Es wurden 31 Streptokokken¬
fälle behandelt, jeder mit durchschnittlich 3,3 In¬
jektionen. 3 endeten tödlich, davon eine Frau an
gangränöser Appendizitis, eine mit vorgeschritte¬
ner Phthise, die mit Streptokokkenvakzine allein
behandelt worden war, hatte eine Mischinfektion
von Streptokokken und Bact. coli gehabt; die
dritte litt ebenfalls an dieser Mischinfektion und
starb wohl deshalb, weil die autogene Vakzine
ausging; sie hatte einen Lungenabszeß. — Nie hat
die Injektion geschadet. Mitunter war der Erfolg
ein eklatanter, wie aus beigegebenen Kurven er¬
sichtlich ist, in der Mehrzahl der Fälle trat Besse¬
rung mit Ausgang in Heilung nach wiederholten
Injektionen ein. In einem Fall trat die Wirkung
erst ein, als gleichzeitig Antistreptokokkonacruro
injiziert wurde. — 8 StaphylokokkenfäUe erhielten
jo 1—6 Einspritzungen von autogenem Staphylo¬
kokkenvakzin. Eine Patientin starb an Pyämie,
ausgehend von einer Thrombose der Ovarial-
venen. 2mal entwickelte sich ein Beckenabszeß,
lmal ein Mammaabszeß. — In 15 Fällen war keine
bakteriologische Diagnose gemacht worden; aus
diesen ebenfalls behandelten Fällen zieht R. mit
Recht keine Schlüsse. — Die immerhin nicht un¬
günstigen Erfahrungen sollen vermehrt werden.
Klien (Leipzig).
940. Die instrumenteile Kompression
der Aorta abdominalis, eine ungefährliche
und sichere Methode geburtshilflicher Blut¬
stillung; von C. J. Gauß. (Zentralbl. f. Gyn.
1912. Nr. 18.)
G. bat ein Instrument konstruiert, das den
Momburgschen Schlauch ersetzen soll, durch eine
isolierte Kompression der Aorta abdominalis dicht
oberhalb ihrer Teilungsstelle. G. hat seine Ader¬
presse, die von Fischer in Freiburg hergestellt
wird, in über 100 Fällen angewandt, besonders
bei Atonie und bei Rißblutung. Von 5 Versagern
kommen 4 auf das Konto der Jugendsünden des
Apparates, ein Fall betraf eine Bluterin. Sonst
waren nur Erfolge zu verzeichnen. In etwa 10%
der Fälle wurden Druckschmerzen geäußert, an¬
dere Neben- oder Nachwirkungen von seiten des
Darmes, der Blase oder des Herzens kamen nicht
zur Beobachtung. Z u r h e 11 e (Bonn).
941. Über das Verhalten der Harn¬
toxizität in der Schwangerschaft, Geburt
und im Wochenbett; von Franz Rupert
(Arch. f. Gyn. Bd. 96. H. 2. 1912.)
Die allgemeine Toxizität des menschlichen
Harnes ist unabhängig von der Konzentration,
36
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282
VL Gynäkologie and Geburtshilfe.
vom Säuregehalt und vom Gehalt des Harnes an
genuinem Eiweiß. Giftige Harne erzeugen, peri¬
toneal ein geh rächt, bei Meerschweinchen das Er¬
krankungsbild des anaphylaktischen Schoks. Der
Harn gesunder Schwangerer ist nicht giftiger als
der Nichtschwangerer, nur kurz vor Beginn der
Geburt. In der Geburt selbst ist die Toxizität
gegenüber der Schwangerschaft und dem Wochen¬
bett bedeutend erhöht, und zwar liegt das mittlere
Maximum nach F.s Erfahrungen in der Austrei¬
bungszeit, während sich in der Eröffnungsperiode
ein rascher Anstieg, in der Nachgeburtsperiode
ein ebensolcher Abfall der Giftigkeit erkennen
läßt; von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Die
Goburtsharne scheinen bei abgestorbener Frucht
nicht weniger toxisch zu sein. Die Toxizitäts¬
steigerung bei Wehentätigkeit bezieht sich nicht
nur auf die Geburt am Ende der Schwangerschaft,
sondern auf den Abortus im Gang bei uteriner
und tubarer Schwangerschaft. Nach Ausstoßung
der Frucht bzw. eines Eiteiles nimmt die Giftig¬
keit des Abortushames ab, auch unmittelbar nach
der Geburt zeigt der Harn noch eine erhöhte Gif¬
tigkeit. Der Wöchnerinnenharn ist von etwas
höherer Giftigkeit als der von Schwangeren und
von geringerer, als der von Gebärenden. Der
Wochenbettsharn scheint am 5. Tage des Wochen¬
betts einen geringen Anstieg der Toxizität zu
zeigen. Der Harn von Gebärenden und Wöchne¬
rinnen mit Urticaria wurde hochgradig toxisch
gefunden, wodurch die Auffassung der Urticaria
als anaphylaktisches Symptom eine neue Stütze
durch die Harnuntersuchung erhält. Der Ham
Eklamptischer mit keiner oder geringerer Nieren¬
schädigung war hochgradig toxisch, worin F.
einen neuen Beweis sieht für die Auffassung des
eklamptischen Anfalls als Eiweißzerfallstoxikose.
Bei schwerer Nephritis gravidarum war die Gift¬
ausscheidung im Harne aufgehoben oder ver¬
ringert. F. kommt zu dem Schluß, daß sowohl
die normal Gebärende, als insbesondere die
Eklamptische, sowie die von einer Urticariaerup¬
tion befallene Frau, endlich die Schwangere bei
Hyperemesis eine akute Eiweißzerfallstoxikose
durchmacht. Z u r h e 11 e (Bonn).
942. Grossesse extrauterine & terme;
par Ch. Thölin. (Revue m6d. de la Suisse rom.
1912. S. 421.)
Bei einer 24jährigen, die einen frühzeitigen
Abort durchgemacht hatte, stellten sich im
8. Monat ihrer zweiten Schwangerschaft Zeichen
von Peritonitis ein. Erst eine Untersuchung in
Narkose, bei der man einen sehr langen, für den
Finger durchgängigen Zervikalkanal fand, Heß
den Gedanken an eine Extrauterinschwanger¬
schaft auftauchen. Auch eine Gesamtsondenlänge
von nur 11 cm sprach für Leersein des Uterus, der
selbst in Narkose nicht exakt palpabel war. Bei
der Laparotomie fand sich der mazerierte Fötus
in einer extraperitonealen Höhle, die Plazenta in¬
serierte rechts oben in dieser Höhle. Sie wurde
belassen, der Sack mit Gaze ausgestopft Die Pla¬
zenta stieß sich in den nächsten Tagen stück¬
weise ab, 8 Tage nach der Operation traten jedoch
ernste Zeichen einer Dannokklusion ein. Bei der
nochmaligen Laparotomie stieß man auf einen
KotabszeB, herrührend von einer großen Perfora¬
tion im untersten Ileum. Tod nach 6 Stunden.
Schon vor der ersten Operation hatten hartnäckige
Diarrhöen bestanden, so daß Th. an die von
Holzbach beschriebene Peritonitis diarrhoica
denkt. Bei der Sektion fand sich im Fundus uteri
eine gangränöse trichterförmige Perforation. Da
sich aber mikroskopisch wegen der hochgradigen
entzündlichen Veränderungen irgendwelche Ei¬
spuren in der Uteruswand nicht nachweisen
ließen, hält Th. die Möglichkeit gegeben, daß
es sich um eine primäre Bauchhöhlenschwanger¬
schaft gehandelt habe. Die Perforation des Ute¬
rusfundus sei dann auf dem Wege der Erodierung,
der jauchigen Ein Schmelzung durch das jauchige
Fruchtwasser zustande gekommen. Die Tuben
waren beiderseits intakt K1 i e n (Leipzig).
943. Über die Bedeutung der Eiwei߬
zerfallstoxikose bei der Geburt und der
Eklampsie; von R. Franz. (Münchu. med.
Woch. 1912. S. 1702.)
Schon früher hatte F. nachgewiesen, daß die
Giftigkeit des Harns unter der Geburt im Verhält¬
nis zur Schwangerschaft beträchtlich ansteigt.
Der Harn Eklamptischer ist hochgradig toxisch,
der Ham bei Nephritis ohne Fieber in der
Schwangerschaft ist nicht toxisch. Es handelt sich
bei der Eklampsie wohl um eine Eiweißzerfalls¬
toxikose.
Bei Schwangeren ist nach F. eine Albuminurie
fast physiologisch. Harntoxizität und Eiwei߬
ausscheidung gehen parallel. Dasselbe gilt auch
für die Eklampsie. Hier werden durch das
eklamptische Gift die Nieren geschädigt. Aus der
erhöhten Toxizität des Harns kann man schließen,
daß dieses Gift die Schädigung hervomift. Bei
hochgradiger Funktionsstörung oder anatomischer
Läsion der Nieren wird das Gift im Körper zu¬
rückgehalten, die Nieren scheiden es nicht aus.
Die Organschädigungen sind also nicht die Ur¬
sache, sondern die Folge der Giftproduktion. Bei
der Anaphylaxie treten geringe Veränderungen in
den parenchymatösen Organen auf wie bei der
Eklampsie; also muß man folgern, daß auch bei
der Eklampsie der gesteigerte parenterale Eiwei߬
zerfall das Gift gebildet und die Organverände¬
rungen hervorgerufen hat Durch Abder¬
halden wude gezeigt, daß das Serum Schwan¬
gerer und besonders Eklamptischer die Fähigkeit
hat, Plazentaeiweiß abzubauen, es muß also in¬
sofern die Geburt und die Eklampsie auch als eine
Eiweißzerfallstoxikose aufgefaßt werden.
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VL Gynäkologie nnd Geburtshilfe.
28S
Schließlich treten auch bei der Geburt und
Eklampsie dieselben Blutbildver&nderungen auf
wie bei der Anaphylaxie und auch bei beiden
wurde eine Erhöhung des antitryptischen Titers
gefunden. •
Damit ist der Beweis erbracht, wie F. meint,
daß es sich bei der Geburt und der Eklampsie um
eine mit den oben erwähnten Symptomen zu¬
sammenhängende Eiweißzerfallstoxikose handelt.
Der Geburtseintritt ist wahrscheinlich als Folge
einer Vergiftung mit Eiweißzerfallsprodukten an¬
zusehen, die durch Fermentabbau des Plazentar¬
eiweißes gebildet werden. H e i m a n n (Breslau).
944. Die abwartende Eklampsiebehand¬
lung; von Lichtenstein. (MQnchn. med.
Woch. 1912. Nr. 33. S. 1798.)
Die Behandlung besteht in folgendem: Ist eine
Eklamptische noch nicht oder im Beginn der Ge¬
burt, so wird ein Aderlaß von 500 ccm vorge¬
nommen. Ist die Entbindung möglich oder die
Eklamptische bereits entbunden, so wird nach der
Entbindung, gleichgültig, ob Anfälle noch auf-
treten oder nicht, sofort wieder ein Aderlaß von
500 ccm gemacht, darauf Behandlung nach S t r o -
ganoff mit Morphium und Chloralverabrei-
chung. Äußere Reize werden ferngehalten. Zur
Narkose wird Äther oder Billrothgemisch, nicht
Chloroform verwendet. Wärme wird nicht appli¬
ziert, um nicht durch Schweißabsonderung das
Blut einzudicken. Die Resultate sind sehr gute.
Mortalität der Kinder 40%; die Mortalität der
lebensfähigen Kinder 25%. In 53% aller Fälle (40)
verlief die Geburt spontan.
Mortalität der Mütter 11,11%.
Hei mann (Breslau).
945. Uterusruptur in der alten Kaiser¬
schnittnarbe; von R. Jolly. (Arch. f. Gyn.
B. 97. S. 229.)
Es handelte sich um eine 27jähr. Frau mit
engem Becken. Die dritte Entbindung war durch
klassischen Kaiserschnitt erfolgt die vierte sollte
ebenfalls ein Kaiserschnitt mit anschließender
Sterilisation werden. Bei der Vorbereitung zur
Operation entstand eine Ruptur, wie es sich bald
herausstellte in der alten Narbe, die zur Hälfte
geplatzt war. Die andere Hälfte war fest. Mikro¬
skopisch konnte man erkennen, daß an dem festen
Teil die Muskulatur reaktionslos verheilt war,
während an dem geplatzten Teil Heilungsstörun¬
gon aufgetreten sein mußten.
In 30 Jahren der dritte Fall von Ruptur nach
Kaiserschnitt Bei schlechtem Heilungsverlauf
tritt zuweilen Fieber auf, es kann jedoch auch
jedes klinische Merkmal fehlen.
Ursachen für die Heilungsstörung lassen sich
nicht nachweisen. In allen Fällen wurde die
Sängersche Naht vorgenommen. Vom Plazenta¬
sitz ist die Ruptur nicht abhängig. Die Prognose
für das Kind ist schlecht. Ob der extraperitoneale
Kaiserschnitt bessere Chancen für später gibt, muß
abgewartet werden. H e i m a n n (Breslau).
946. Zur Frage über den Verlauf der
Schwangerschaft und Geburt nach extra¬
peritonealem Kaiserschnitt, nebst einigen
Bemerkungen zur Sterilisation der Frau;
von L. G. Litschkuß. (Monatsschr. f. Geb.
u. Gyn. Bd. 36. S. 1. 1912.)
Als Nachteile des extraperitonealen Kaiser¬
schnittes wurden die gefährliche Situation der
Gebärmutternarbe und die Verlagerung des Ute¬
rus angesehen.
L. schildert zwei Fälle von Geburt nach extra¬
peritonealem Kaiserschnitt. Bei beiden verlief die
Schwangerschaft glatt, die Geburt erfolgte bei der
ersten spontan, bei der zweiten wieder durch
Kaiserschnitt, dabei Sterilisation, auch Resektion
der Tuben und Versenkung der Stümpfe in die
Peritonealfalten.
Eingehen auf die Geschichte der Sterilisation
und die Ansichten einer großen Reihe von Autoren
über die Notwendigkeit derselben.
Das enge Becken kann und muß die Indikation
zur Sterilisation abgeben. Über den Zeitpunkt der
Ausführung läßt sich streiten, jedenfalls muß
auch der Wunsch der Frau berücksichtigt werden.
L. hält den wiederholten Kaiserschnitt nicht für
ganz ungefährlich.
Schilderung verschiedener Methoden der Ste¬
rilisation.
L. hat in einem Fall die Tuben bis auf ein
lcm langes Stück reseziert und die Stümpfe mit
Bauchfell gedeckt; in einem zweiten Fall hat er
die keilförmige Resektion der Tuben vorgenommen.
Hei mann (Breslau).
947. Beitrag zur chirurgischen Behand¬
lung der Schädelimpressionen bei Neu¬
geborenen; von Teobaldo Soli. (Arch. f.
Gyn. Bd. 97. S. 283.)
Die Schädelimpressionen sitzen am häufigsten
am Stirn- und Scheitelbein. Die leichteren heilen
von allein aus, die schwereren müssen wegen der
kosmetischen Verunstaltung und der späteren
Folgen bzw. der geistigen Entwicklung des Kindes
behandelt werden.
S. hat 3 Fälle nach der Vicarellischen Methode
operiert Diese ist folgendermaßen: Rasieren der
eingedrückten Stelle; Schnitt durch Haut und
Knochenhaut Mit Hilfe eines schraubenzieher-
artigen Instrumentes (die Abbildung ist der Arbeit
beigegeben) wird der Knochen gehoben. Die
Schnittwunde wird dann mit 1 oder 2 Seiden¬
nähten versorgt
In allen drei Fällen bewährte sich die Methode
ausgezeichnet. Heim&nn (Breslau).
948. Über künstliche Frühgeburt bei
Beckenenge; von V. Bagger-Jörgensen.
(Monatsschr. £. Geb. u. Gyn. Bd. 36. S. 13. 1912.)
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284
VI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
Kritische Beleuchtung der gegen die künstliche
Frühgeburt gemachten Einwendungen, die den
Eingriff als unzulänglich begründet .in wissen¬
schaftlicher Hinsicht darstellen. Die Resultate
für Mutter und Kind seien schlecht. Die lebend¬
geborenen Kinder seien minderwertig; schließlich
werde die Frühgeburt oft unnötig eingeleitet. In
der Klinik zu Lund wurde in den Jahren 1000
bis 1911 die Frühgeburt 29mal bei einer Conj. vera
von 8—8,5 cm gemacht, meistens durch Einfüh¬
rung von Bougies.
Mortalität der Mütter 0, Morbidität 3 ( 5°/ 0 .
Von den Kindern kamen 63,4% spontan; ein
Eingriff war bei 36,6°/ 0 nötig, dabei kein Todesfall.
Primäre Kindersterblichkeit 10%.
Bei den früheren Geburten der Mütter war eine
Kindermortalität von 64,3% zu verzeichnen.
Der Eingriff soll nicht vor der 35. Woche ge¬
macht werden, da sonst die primäre und die
sekundäre Mortalität der Kinder zu groß ist.
Verf. glaubt, daß bei genauer Auswahl der
Fälle die künstliche Frühgeburt ein sehr gutes
Hilfsmittel in der Therapie des engen Beckens
bleiben wird. II e i m a n n (Breslau).
949. Die vaginale Sectio caesarea zur
raschen Beendigung derGeburt oder Unter¬
brechung der Schwangerschaft; von S. S.
Cholmogoroff. (Monatsschr. f. Geb. u. Gyn.
Bd. 36. S. 30. 1912.)
Die Sectio caesarea wurde 22mal ausgeführt.
Indikation: Eklampsie, Nephritis, Herzfehler usw.
16 Erst- und 6 Mehrgebärende. 18mal war das
Becken normal. Zuweilen Schuchardtscher Hilfs-
schnitt. Gewöhnlich wurde nur vorn geschnitten,
in seltenen Fällen auch hinten. Die Gesamtzahl
der Kinder betrug 26 (4mal Zwillinge). Die Be¬
endigung der Geburt erfolgte durch Wendung und
Extraktion oder Zange, lmal wurde perforiert.
15 Kinder wurden lebend entlassen. 21mal wurde
die manuelle Plazentarlösung ausgoführt (I).
llmal wurde dräniert. Von den 22 Frauen star¬
ben 5, und zwar an Eklampsie, Herzfehler und
Nephritis.
Ist die Geburt nicht sofort zu beenden, emp¬
fiehlt Ch. die Metreuryse. Hauptindikation des
vaginalen Kaiserschnittes ist die Eklampsie.
Die Operation ist unter entsprechenden Ver¬
hältnissen (Krankenhaus, geschulte Ärzte) un¬
gefährlich. Hei mann (Breslau).
950. An experience of three cases of
pubiotomy; by J. Lamond Lackie. (Edinb.
med. Journ. Bd. 9. S. 47. 1912.)
Die drei mit Erfolg für Mutter und Kind
operierten Fälle bieten nichts besonderes, es sei
denn, daß sie mit Geschick bezüglich der Indi¬
kationsstellung ausgewählt sind: Mehrgebärende,
kein Fieber, eröffneter Muttermund, Kind in
Schädellage, Conj. vera 8% cm. Technik nach
D ö d e r 1 e i n. Man wird L. gewiß zustimmen,
daß in solchen Fällen, wenn man sie erst sub
partu zu sehen bekommt, die Pubiotomie in der
Klinik indiziert ist. Anderenfalls ist doch wohl
die künstliche Frühgeburt zu erwägen; leider gibt
L. nicht an, woher die von ihm angeführten un¬
günstigen Zahlen betreffs der letzteren Methode
stammen: 1*/*% mütterliche, 35% sofortige, 50 bis
70% innerhalb Jahresfrist eintretende kindliche
Mortalität. Die mütterliche Mortalität nach
Pubiotomie wird von L. zu nur 4,4% angegeben,
die nach Kraniotomie auf 12% wobei jedoch zu¬
gegeben wird, daß dabei alle verschleppten und
bereits infizierten Fälle mit gerechnet sind. —
L. formuliert seine Ansicht klipp und klar in den
Worten: Jeder Fall, der für die künstliche Früh¬
geburt geeignet ist, ist es auch für die Pubiotomie.
L. will auch infektionsverdächtige Fälle nicht als
Kontraindikation gelten lassen. K1 i e n (Leipzig).
951. Technique de la reparation imm6-
diate des l£sions traumatiques du vagin,
de la vulve, du pörin6e et de rectum con-
söcutives ä l’accouchement spontan^ ou
artificial; par Pottet (Revue d’Obst et de
Paed. 1912. Nr. 275.)
Aus dem Aufsatz ist nur weniges hervor¬
zuheben, so die Empfehlung der Lokalanästhesie
bei der Naht größerer Dammrisse. P. spritzt
parallel zum Hautwundrand je 1 bis 2 Pravaz-
spritzen lproz. Stovain- oder Novokainlösung ein,
und zwar in der Linie, in welcher die Nähte zu
liegen kommen. Für die Naht selbst gilt als wich¬
tigstes Prinzip die Vermeidung toter Räume. Vor
allem muß auch die Scheidenschleimhaut exakt
linear vereinigt werden, damit nicht von hier aus
Lochialsekret in die Tiefe der genähten Wunde
dringen kann. Selbst bei tiefen Rissen begnügt
sich P. — nach vorausgeschickter Naht der
Scheidenschleimhaut — mit drei Silkwormnähten:
die erste kommt direkt oberhalb des Anus zu
liegen und faßt beiderseits den Levator ani mit;
die zweite kommt darüber und faßt in der Median¬
linie die Unterfläche der Vaginalwand mit; die
dritte vereinigt möglichst symmetrisch die Enden
der großen Labien. P. empfiehlt ferner, sich
prinzipiell durch Digitaluntersuchung zu über¬
zeugen, daß kein Faden das Rektum perforiert
hat. Ein solcher müßte sofort entfernt werden.
Den zerrissenen Sphinkter ani näht P. mit einem
oder zwei Katgutfäden, die evontuell zerrissene
Rektumwand & la Lembert ebenfalls mit Katgut —
Trockenhaltung mittels antiseptischer Streupulver
und peinliche Reinigung der Nahtstelle nach
jedesmaliger Miktion und Defäkation ist Haupt¬
bedingung glatter Heilung; ebenso soll dabei jedes¬
mal die Naht mit Jodtinktur bepinselt werden. —
Bei teilweisem Auseinanderweichen der Wund¬
ränder wird Sekundärnaht nach Anfrischung der
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VI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
285
Hautr&nder mittels Schere und Abkratzung der
übrigen Wundfl&che empfohlen. Nachuntersuchung
□ach 0 Monaten! K1 i e n (Leipzig).
952. Neuerungen für das Studium der
gynäkologischen Diagnostik; von L. Blum-
reich. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 1317.)
Beschreibung eines von B. konstruierten Phan¬
toms, um bei der gynäkologischen Diagnostik die
Befunde zu kontrollieren.
Ein Becken wird mit normalen Beckenorganen
aus der Leiche ausgelöst und in Wickersheimersche
Flüssigkeit gebracht, um es keimfrei zu machen.
An Stelle der normalen Genitalien können durch
bestimmte Vorrichtungen pathologisch veränderte
bequem eingesetzt werden. (Bilder von Dermoid,
Parovarialzyste, Hydrosalpinx im Phantom ein¬
gesetzt)
Die Beweglichkeit der Organe wird durch einen
nicht fühlbaren Bandapparat hergestellt. B. emp¬
fiehlt dieses Phantom sehr für Lehrzwecke, wo es
sich ihm bereits ausgezeichnet bewährt hat.
Hei mann (Breslau).
953. Fonction cholestdrinigdnique du
Corps jaune; par A. Chauffard, Guy La¬
roche et A. Grigaut. (Arch. d’Obst. 1912.
S. 401.)
Verf. haben ihren Untersuchungen vor allem das
Schweineovarium zugrunde gelegt. Makroskopisch
unterscheiden sie vier Entwicklungsstadien der
Corpora lutea: das blutige, das der beginnenden
Entwicklung des spezifischen Körpers von der
Perpherie her, das voll entwickelte Corpus luteum
und das Rückbildungs- bzw. Vernarbungsstadium.
Mittels der verschiedenen Fettfärbungen im Schnitt
konnten neben neutralon Fetten besonders phos¬
phorfreie und phosphorhaltige Lipoide und Chole¬
sterin nachgewiesen werden. Qualitative und
quantitative chemische Untersuchungen in vitro
bestätigten diese Befunde. Jedoch gelang eine
völlig präzise Darstellung dieser Körper deshalb
nicht, woil sie stets mit Albuminen vermischt sind.
Vff. gelangen zu der Ansicht, daß die Corpora
lutea temporäre, Cholesterin sezernierende Drüsen
sind. Sie bereiten jedoch weniger Cholesterin als
die konstant Cholesterin sezemierenden Neben¬
nieren. Höchstwahrscheinlich bestünden Be¬
ziehungen zwischen der Funktion der Corpora
lutea und der Cholelithiasis, die ja besonders
häufig ira Puerperium und in der Menopause
auf tritt. K1 i e n (Leipzig).
954. Asäpsie simple des gants de caout-
chouc dans la pratique chirurgicale et
obstätricale; par Fieux. (Revue d’Obst et de
Paed. 1912. S. 65.)
F. stellte mittels Bouillonkulturen fest, daß ein
infizierter Gummihandschuh mit glatter Ober¬
fläche dadurch, daß man die behandschuhten
Hände in heißem Wasser und Seife ohne Bürste
gründlich wäscht und dann mit Alkohol abwischt,
wieder völlig steril wird. Das ist von großer
Wichtigkeit für die bei der Hospitalvisite ge¬
tragenen Handschuhe. Denn man kann da nicht
zu jeder Untersuchung frische Handschuhe an-
ziehen. Für größere Operationen soll man jedoch
nach wie vor die Handschuhe im Dampf oder
durch Kochen sterilisieren. Klien (Leipzig).
955. Zur Anatomie und Technik der
Levator-Fasziennaht; von Ed. Martin. Mit
17 Textfig. (Arch. f. Gyn. Bd. 97. S. 301.)
Vereinigung der medialen Ränder des Levator
anL Schilderung der anatomischen Verhältnisse
des Levator ani, die genau studiert wurden und
in Einzelheiten im Original nachgelesen werden
müssen.
Operativ-technisch ist wichtig, daß die Scheide
bis auf ein kleines Segment oben mit dem
Diaphragma urogenitale fest verwachsen ist,
während es die Ränder des Levator nicht sind.
Die Funktion des Levator ist, den Beckenboden
zu heben, und zwar den vorderen Teil nach vor¬
wärts und aufwärts. Es ist möglich, den Muskel
willkürlich anspannen zu lassen, um die Härte
zu prüfen. Vermögen das Patientinnen nicht, so
muß der Muskel elektrisch gereizt werden. Man
führt die Elektrode in die Scheide ein und reizt
in der Höhe des hinteren Scheidengewölbes in
dem Spalt zwischen Mm. levator und coccygeus.
Zuweilen wurde bei den Untersuchungen der
Levator nur noch in spärlichen Resten aufge¬
funden; bei 100 Frauen mit Genitalprolaps wurde
8mal eine mangelhafte Reaktion des Muskels,
0mal ein einseitiger, 2mal ein doppelseitiger Defekt
gefunden. Schilderung der bis dahin geübten
Mothoden der Levatornaht und Kritik derselben.
In der Berliner Frauenklinik wird folgendes Ver¬
fahren angewendet: Querschnitt unterhalb der
hinteren Kommissur auf beiden Seiten in die
kleinen Labion verlängert. Der Hautlappen wird
von der Unterlage getrennt, das Diaphragma
darauf seitlich eingekerbt und stumpf vor¬
gegangen, bis man den von der Faszie bekleideten
Levator ani fühlt. Die medialen Ränder werden
freigelegt, das dazwischen liegende Septum stumpf
oder mit der Schere durchtrennt, und nun beider¬
seits Diaphragma, Muskel und Faszie vereinigt;
dann Hautnaht. Als Nahtmaterial dient Katgut.
Die Vorteile der Operation sind Übersichtlich¬
keit des Gebiets und sehr geringer Blutverlust.
Der Schwerpunkt der Beckenbodenplastik wird
auf die Raffung der Faszien gelegt, die in ihrem
physiologischen Zusammenhang bleiben.
Die Operation wird angowendet bei Deszensus:
Prolaps der hinteren Scheidenwand, bei Rekto-
zelen, Hernien in der Excavatio retrouterina und
als ergänzende Operation bei Harnblasen- und
Gebärmutterverlagerungen.
Hei mann (Breslau).
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286
VI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
956. Über die Beziehungen zwischen
Hypophysis und Genitale; von Bernhard
Aschner. (Arch. f. Gyn. Bd. 97. S. 202.)
L Das Verhalten des Genitales nach Exstir¬
pation der Hypophyse. 88 Tiere wurden operiert.
Die Hypophyse wurde entweder total, oder Vorder¬
oder Hinterlappen isoliert exstirpiert; es wurde
eine partielle Exstirpation des Vorderlappens vor-
genommen.
Die verwendeten Hunde waren 4 Wochen bis
mehrere Jahre alt. Die Operation wurde auf
oralem Wege gemacht. Ein Teil der Tiere ging
an intercurrenten Krankheiten ein, die übrigen
wurden getötet. Die jungen Tiere zeigten Wachs¬
tumsstörungen. Bald nach dem Tode wurden die
Genitalien untersucht (Hämalaun, Eosin-Gefrier-
schnitt mit Sudanfärbung).
A. Weibliches Genitale. Bei Tieren bis zu
3 Monaten findet in den ersten 6 Wochen ein
Schwund der interstitiellen Eierstocksdrüse statt,
am Ende des 2. Monats nimmt jedoch mit dem
allgemeinen Fettansatz auch das interstitielle Fett¬
gewebe im Eierstock wieder zu. Die Entwicklung
der Ureier geht bei operierten Tieren später vor
sich als bei normalen, und zwar ca. 4—6 Monate
später; auch dann sind die Follikel recht spärlich
vorhanden. Derselbe Kontrast zeigt sich auch am
Uterus. Eine Gravidität kommt nicht zustande,
der Geschlechtstrieb ist ein minimaler bei den
operierten Hunden.
Bei erwachsenen Tieren sind die Degenerations-
orschoinungen viel geringer. Eine Schwanger¬
schaft kommt auch hier nicht zustande, die Gravi¬
dität wird sogar unterbrochen.
B. Männliches Genitale. Hier findet man ganz
ähnliche Folgen. Der Hoden bleibt in Wachs¬
tumsgröße zurück, ebenso Penes; Prostata; Vas
deferens. Geschlechtstrieb herabgesetzt, infantile
Behaarung.
Wurden Hunde gleichzeitig mit der Hypo¬
physenexstirpation auch kastriert, so blieben sie
weniger im Wachstum zurück als Hunde, denen
die Hypophyse allein exstirpiert wurde.
Wurde der Hinterlappen allein weggenommen,
so blieben die Genitalien normal; durch partielle
Exstirpation des Vorderlappens können alle Ab¬
stufungen von Hypoplasie zustande kommen.
Dieselben Erscheinungen wie die Hypophysen¬
exstirpation bietet auch die Schilddrüsen Weg¬
nahme. Auf den Einfluß der Epithelkörperchen
ist bisher nicht geachtet worden.
Exstirpation der Nebenniere hat keine, eine
solche der Thymus geringe Veränderungen an den
Genitalien zur Folge.
Beim Pankreas ist bisher auf solche Symptome
nicht geachtet worden.
Aus den Versuchen ist zu schließen, daß die
Hypophyse zur normalen Entwicklung der Geni¬
talien nötig ist.
II. Anwendung auf die menschliche Pathologie.
Veränderung der Hypophyse in der Schwanger¬
schaft Nach der Kastration Hypophysenvergröße¬
rung. Bei der Akromegalie treten Beziehungen
zwischen Hypophyse und Genitale auf, da die
ersten Symptome dieser Krankheit Sistieren der
Menses, Impotenz, Aufhören der Libido sind.
Ferner ist hier die Dysplasia adiposogenitalis
zu nennen, ferner der Zwergwuchs und Infan-
tilismus.
Bezüglich der Wirkung des Hypophysen-
extraktos nimmt A. an, daß ein Zusammenhang
zwischen Hinterlappen und Genitale, die Ansicht
der meisten neueren Autoren, nicht besteht
III. Das Verhalten des Genitals bei Reizung
der Hypophysenregion. Es sollte nach v. Cyon
dabei Blutdrucksteigerung, Pulsverlangsamung,
Vagusreizung und Erektion hervorgerufen werden.
Dies ist nur der Fall, wenn die Himbasis in der
Umgebung der Hypophyse mit gereizt wird. A.
hat bei Roizung dos 3. Ventrikels keine Erektionen
bei Tieren bekommen, jedoch Kontraktionen von
Blase, Darm und auch in geringem Grade vom
graviden Uterus.
IV. Hypophysis und Genitale in ihrer Wirkung
auf den Stoffwechsel. Nach Cristofoletti
wirkt das Ovarium hemmend, sein Ausfall för¬
dernd auf das chromaffine System. Nach A.s
Untersuchung wirkt der Ausfall der Hypophyse
hemmend auf die Adrenalinglykosurie wie auch
auf die übrigen Reizerscheinungen von seiten des
chromaffinen Systems. Für den Eiweiß- und Fett¬
stoffwechsel wirken Hypophyse und Ovarium
fördernd, da bei ihrem Ausfall Verfettung, Herab¬
setzung der Körpertemperatur und dos Eiwei߬
umsatzes auftritt. Bezüglich des Kalkumsatzes
wirkt die Hypophyse fördernd, die Keimdrüse
hemmend. Es bestehen also innige Beziehungen
bezüglich des Stoffwechsels zwischen Hypophysis
und Keimdrüse. Heimann (Breslau).
957. Über die Bedeutung des Blut¬
verlustes bei gynäkologischen Operationen ;
von Fritz Weitzel. (Arch. f. Gyn. Bd. 97.
S. 185.)
Die Bestimmung des Blutverlustes nach Ope¬
rationen wie nach Geburten ist sehr wichtig.
W. hat eine Methode von Rübsamen benutzt,
die folgendermaßen ist: Alle Unterlagen, Tücher
usw., die blutig sind, werden gesammelt und aus¬
gewaschen. Vor und nach dem Blutverlust wird
der Hämoglobingehalt des Patienten nach Sahli
bestimmt und das Mittel aus den gefundenen
Werten gezogen. Dann wird ebenfalls der Hämo¬
globingehalt der wässerigen Blutlösung festgestellt,
und nun nach einer Formel von Rübsamen die
Blutmenge berechnet. In 54 Fällen wurde die
Methode beobachtet: 20 vaginale, 33 abdominale
Operationen, 1 Abort. Blutverlust bei vaginalen
Operationen im Mittel 256 ccm, mit 61 ccm als
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TL Gynäkologie und Geburtshilfe.
287
niedrigsten, 617 ccm als höchsten Wert Der Blut¬
verlust hingt natürlich von sehr vielen Momenten
ab; z. B. Dauer und Größe der Operation, Alter
des Patienten usw. Blutverlust bei 20 abdominalen
Operationen im Durchschnitt 88 ccm, niedrigster
Wert 7, höchster 182 ccm; bei ventralen Fixationen
ist der Durchschnitt nur 15 ccm. Bei diesen
Operationen handelt es sich meist um kleine Ein¬
griffe am Uterus oder den Adnexen. Hier spielt
die Menstruation eine geringere Rolle quoad Blut¬
verlust, wie bei vaginalem Vorgehen, es kommt
seltener zu parenchymatöser Blutung wie z. B.
bei der Prolapsoperation.
Bei größeren Operationen, supravaginalen Am¬
putationen z. B. ist ein Blutverlust von 845 ccm
im Mittel zu verzeichnen, bei Karzinomen sogar
1246 ccm. Ebenfalls kommen bei Kaiserschnitten
recht hohe Werte vor.
Die Methode gibt in prognostischer und thera¬
peutischer Hinsicht wichtige Fingerzeige.
H e i m a n n (Breslau).
958. Beiträge zur Frage der sarkoma-
tösen Entartung der Gebärmuttermyome
und des Zusammentreffens mit dem Kor¬
puskarzinom, nebst Beschreibung eines
Falles von Karzinosarkom des Uterus; von
P. v. Kubinyi. Mit Tafeln. (Arch. f. Gyn.
Bd. 97. S. 237.)
Mit der malignen Degeneration von Myomen
muß gerechnet werden, das Klimakterium bringt
in solchen Fällen nicht die erwünschte Heilung.
Schilderung eines einschlägigen Falles, wo sich
aus einem Fibrom ein Sarkom entwickelt hat.
Schon klinisch war die Malignität des Tumors zu
erkennen. Mikroskopisch handelte es sich um ein
polymorphzelliges Sarkom. Die Zellen, die ver¬
schieden färbbar sind, liegen dicht aneinander,
wenig Bindegewebe; an manchen Stellen ist noch
Myomgewebe zu sehen. Eingehen auf die An¬
sichten der Autoren, wie der Degenerationsvor¬
gang zustande kommt Das Sarkom kann sowohl
aus Bindegewebs- wie aus den Muskelzellen her¬
vorgehen.
Bei Anwesenheit eines Karzinoms in einem
myomatösen Uterus kann nur von einem Zu¬
sammentreffen, nicht von einer Umwandlung ge¬
sprochen werden, da nur in Adenomyomen Epi-
thelien Vorkommen. Schilderung eines Falles von
Karzinosarkom. Bei der Sektion zeigten die
Metastasen karzinomatösen und sarkomatösen
Typus.
Drei Möglichkeiten bestehen für das Entstehen
eines derartigen K&rzinosarkoms: Der zuerst be¬
stehende fibröse Polyp wird von der karzinomatös
entarteten Schleimhaut aus affiziert und das
Stroma des Karzinoms wird sarkomatös, oder der
Polyp ist bereits sarkomatös, während die Schleim¬
haut mit ihrem Karzinom erst sekundär ihn an¬
geht; schließlich können Schleimhaut und Polyp
zu gleicher Zeit maligne entarten.
In der geschilderten Geschwulst tritt das Kar¬
zinom in den Vordergrund und hat sich wohl
primär entwickelt; es treten hier im übrigen
4 Geschwulstarten auf: Fibromyom, Karzinom,
Karzinosarkom und Sarkom (Metastase).
Karzinosarkome sind als sehr maligne anzu¬
sehen. Weitere Schilderung einiger Fälle von
Zusammentreffen von Myom und Karzinom.
Hauptsächlich im Klimakterium drohen einer
Myomkranken die maligne Entartung, und daher
muß sehr auf die nach der Menopause wieder
einsetzenden Blutungen geachtet werden. Natür¬
lich muß nicht jedes Myom operativ entfernt
werden aus Sorge vor einer malignen Degene¬
ration, da diese immerhin selten ist und nicht vor
dem 40. Lebensjahr aufzutreten pflegt Blutet
eine Myomkranke, die schon das Klimakterium
überschritten hat, so soll eingehend, eventuell in
Narkose, intrauterin untersucht werden. Eine
mikroskopische Untersuchung der Partikelchen ist
nötig.
Vor der Röntgenbehandlung muß Malignität
ausgeschlossen sein.
Während der Operation soll genau auf Malig¬
nität untersucht werden, um eventuell die Total¬
exstirpation zu machen, wenn man sich vorhor
mit der Amputation begnügt hätte.
Heimann (Breslau).
959. Über die Häufigkeit sarkomatöser
Veränderungen in Myomen; von Warne-
kros. (Arch. f. Gyn. Bd. 97. S. 292.)
W. macht bei der heutigen Neigung zur
Röntgenbehandlung der Myome auf die Gefahren
aufmerksam, die einer Myomträgerin durch die
unterlassene Operation drohen, da es sich zu¬
weilen um eine maligne Degeneration des Myomes
handeln kann. Klinisch läßt sich diese kaum er¬
kennen. Erst die genaue mikroskopische Unter¬
suchung wird in manchen Fällen die Diagnose auf
Sarkom stellen lassen. Daß gerade im Entstehen
begriffene Sarkome schon Metastasen setzen
können, beweisen die Fälle, wo Frauen nach
Totalex stirpation des Uterus, der nur eine geringe
oder vielleicht gar keine sarkomatöse Degenera¬
tion zeigte, an Sarkommetastasen zugrunde
gingen.
Unter 78 Fällen von Myom fand W. 7mal
sarkomatöse Veränderungen. Klinisch war kein
Verdacht auf Sarkom, nur zweimal haben die
Blutungen, die bereits einige Zeit aufgehört hatten,
wieder begonnen. Die Frauen wären, wenn man
die Röntgentherapie streng durchführte, auch be¬
strahlt worden, und dadurch wäre viel kost¬
bare Zeit verloren gegangen. Bei ausgedehnten
Adhäsionen mit Darm usw. besteht immer der
Verdacht auf Sarkom; es soll dann die Total¬
exstirpation gemacht werden.
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288
TI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
Unter 200 Radikal Operationen hat Bumm
4 Sarkomrezidive gesehen.
Schilderung eines ähnlichen Palles.
H e i m a n n (Breslau).
960. Ein auf perinealem Wege mit der
Entfernung en bloc des ganzen Genital¬
apparates und Rektums erfolgreich ope¬
rierter Fall von Sch ei den krebs; von Alex¬
ander Paunz. (Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 16.)
Es handelte sich um ein talergroßes Krebs¬
geschwür im hinteren Scheidengewölbe, das den
Muttermund nicht erreichte und mit der Mast¬
darmwand verwachsen war. Die Operation wurde
in Tropakokain-Lumbalanästhesie vorgenommen.
Patientin war am Tage nach der Operation außer
Bett, der Heilungsverlauf war ein idealer. Bisher
sind nur zwei ähnliche Fälle in der Literatur be¬
schrieben, und zwar von K1 e i n h a n s und von
Döderlein. Zurhelle (Bonn).
961. Die Skarifikation des Uterus in der
Hand des praktischen Arztes; von Emil
Engel. (D. med. Woch. 1912. Nr. 14.)
E. sah guto Erfolge von 15—20maliger Stiche¬
lung der vorderen Muttermundslippe bei chroni¬
scher Metritis bei Frauen in den dreißiger und
vierziger Jahren, die unter Kopfschmerzen, ver¬
bunden mit aufsteigender Hitze, Schwindel¬
abfällen, Gefühl der Völle im Unterleib, Drang
nach unten und Kreuzschmerzen litten. In ähn¬
licher Weise werden die Patienten, die an dys-
monorrhoischen Beschwerden zum Teil jahrelang
gelitten haben, und wiederholt auch verschieden¬
artigste Behandlung durchgemacht haben, durch
die Skarifikation von ihren Leiden geheilt
Z u r h e 11 e (Bonn).
962. Verfahren zur Heilung enger Becken;
von Heinrich Retter. (Zentralbl. f. Gyn.
1912. Nr. 13.)
Die von R. zur Beseitigung des engen Beckens
vorgeschlagene Operation besteht in der Reduk¬
tion des Promontoriums per laparotomiam. Nach
Freilegung des Promontoriums setzt man an den
Körper des letzten Lendenwirbels einen drei bis
dreieinhalb Zentimeter breiten, sehr fein ge¬
schliffenen, schwach konkaven Meißel an und ent¬
fernt in einem Stücke einen in der Mitte l 1 /, bis
2 cm dicken, platt-ovoiden Körper, der aus einem
Teile des letzten Lumbalwirbels, aus dem obersten
Stücke des ersten Kreuzbeinwirbels, hauptsäch¬
lich aber aus dom Ligamentum intervertebrale
besteht. Mit dieser Operation kann man die Conj.
vera um l 1 /«—2 cm dauernd verlängern. Ais
unterste Grenze käme eine Conjugata von 7 cm
in Betracht. Bisher hat R. das Verfahren nur an
Leichen versucht, ohne jede Schwierigkeit, wes¬
halb er empfiehlt, es auch an Lebenden in Anwen¬
dung zu bringen. Z u r h e 11 e (Bonn).
963. Die Myomnekrose während der
Schwangerschaft; von Eduard Ihm. (v.Vdk-
raanna Samml. klin. Vortr. 1912. Nr. 656 u. 657.)
Das Vorkommen von Nekrosen in Myomen
während der Schwangerschaft steht, entgegen
früheren Anschauungen, unzweifelhaft fest. Die
Schwangerschaft kann sogar Verhältnisse schaffen,
die das Nekrotischwerden von Myomen be¬
günstigen. Die Ursachen der Nekrosen sind in
Zirkulationsstörungen zu suchen, für die ätio¬
logisch in Betracht kommen: Traumen, Achsen¬
drehung des myomatösen Uterus, Stieldrehung,
abnorme Druckwirkung (Größe des Tumors, Ein¬
klemmung ins kleine Becken), Verschiebung des
Myoms innerhalb seines Mantels durch Dehnung
und Wehen (Schwangerschaftswehen) und pri¬
märe Gefäßerkrankungen. Man muß drei ver¬
schiedene pathologisch-anatomische Hauptformen
des Anfangstadiums unterscheiden, je nach ver¬
schiedener Ätiologie der Gefäßschädigungen? Tu¬
moren mit mehr oder weniger starker Durch¬
blutung des Gewebes (hämorrhagische Nekrose),
Tumoren mit trockener, absolut blutleerer Schnitt¬
fläche (Totalnekrose), Tumoren mit zentraler
Nekrose hei noch normalen peripheren Partien. —
Klinische Kardinalsymptome sind: Schmerzen im
Tumor, Peritonitis, Fieber, Störungen des All¬
gemeinbefindens. — Therapeutisch kommt fast
ausnahmslos operative Entfernung des Tumors,
womöglich mit Erhaltung des schwangeren Ute¬
rus, in Betracht. — Die Nekrosen im Wochenbett
sind zweifelos größtenteils schon während der
Schwangerschaft vorbereitet. Z u r h e 11 e (Bonn).
964. Zur Röntgenbehandlung der Myome;
von Edmund Falk. (Berl. klin. Woch. 1912.
Nr. 18.)
Myome, die auch bei beträchtlicher Größe
keine stärkeren Blutungen und Beschwerden ver¬
ursachen, bedürfen keiner Behandlung und soll¬
ten auch nicht das Objekt der Röntgenbestrahlung
sein. Sie bedürfen jedoch andauernder Beobach¬
tung bezüglich ihres Wachstums. Schnelles
Wachstum des Myoms ist eine Kontraindikation
für die Röntgenbehandlung; derartige Myome be¬
dürfen auch bei nachweisbaren Veränderungen
des Herzens der Operation. Submuköse Myome
eignen sich nicht für die Röntgenbehandlung, Bei
jungen Frauen sollen Myome, die starke Blutungen
erzeugen, operiert werden, und nur in Ausnahme-
fällen mit Röntgenstrahlen behandelt werden,
denn das Ziel der Röntgenstrahlen ist, durch Ein¬
wirkung auf die Eierstöcke ein antizipiertes Kli¬
makterium hervorzurufen, bei der Operation hin¬
gegen ist ein Erhalten der Eierstöcke möglich.
Bei Myomen mit Adnexerkxankungen ist die
Röntgenbehandlung nur mit äußerster Vorsicht
anzuwenden, beim Auftreten stärkerer Entzün¬
dung ist sie kontrain di ziert. Günstige Aussicht
für die Röntgenbehandlung geben nach F.s
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VI. Gynäkologie und Geburtshilfe.
289
eigenen guten Erfahrungen interstitielle Myome
bei Frauen über 50 Jahren, falls keine strenge In¬
dikation für operative Eingriffe vorhanden ist.
Zurhelle (Bonn).
965. Der spezifische Einfluß der Rönt¬
genstrahlen auf das Myomgewebe; von
Ernst Grftfenberg. (Berl. klin. Woch. 1912.
Nr. 18.)
G. berichtet über vollständigen Myomschwund
nach Röntgenbestrahlung im Klimakterium. Von
einem bis zum Nabel reichenden Uterusmyom
blieben nach einer Bestrahlung mit 4 Erythem¬
dosen nur noch zwei haselnußgroße subseröse
Myomkeime übrig. Da die Kranke bereits
10 Jahre im Klimakterium stand, nimmt G. an,
daß die Röntgenstrahlen nicht auf dem Umwege
über die Eierstöcke einen Rückgang dieses Myoms
haben hervorrufen können. Er nimmt vielmehr
an, daß die Myomzellen infolge einer elektiven
Affinität zu den Röntgenstrahlen durch die Be¬
strahlung zerstört worden sind. Alle mesenchy¬
malen Derivate werden nach G. ganz besonders
leicht durch die Röntgenstrahlen geschädigt.
Zurhelle (Bonn).
966. Remarks on a series of one hun¬
dred cases of vaginal hysterectomy for
uterine fibromata; by Ch. G. Cumston.
(Boston med. and surg. Journ. 1912. S. 661.)
Bis kindskopfgroße, bewegliche Myome ope¬
riert C. prinzipiell per vaginam. Er umschneidet
zirkulär die Portio, schiebt die Blase in die Höhe,
eröffnet vorn und hinten das Peritoneum und
spaltet nunmehr den Uterus median, ihn dabei nach
vorn herauswälzend. Nunmehr kommt an jedes
Lig. latum nur je eine Klemme, die allseitig sorg¬
fältig mit Gaze umgeben wird. Diese Klemmen
sind besonders konstruiert, sie tragen nahe an
ihrem freien Ende einen kleinen Stift, der das Ab¬
gleiten der Klemme verhindert, indem er durch
das Ligament hindurchdringt. Diese Klemmen
haben offenbar sehr lange Branchen, da sie sonst
nicht das ganze Ligament abzuklemmen ver¬
möchten (Ref.). Nach 48 Stunden vorsichtiges
Entfernen der Klemmen, am Ende der ersten
Woche der Gaze. Bei ausgebluteten Frauen gibt
C. 4—5 Tage lang vor der Operation 1 g Kalzium-
azetat 4—5mal täglich. Die Scheide desinfiziert
er auf dem Operationstisch mit Wasser und Seife,
spült sie dann mit viel sterilem Wasser aus,
wäscht sie hierauf eine Minute lang mit Alkohol
aus und spült mit Hydr. oxycyanat. 1:2000 nach.
Bei postoperativer Harnverhaltung macht C. eine
Injektion von 20 ccm sterilem Borglyzerin in die
volle Blase. Entlassung am 14. bis 16. Tag. Die
100 so operierten Fälle verliefen ohne Todesfall,
obwohl 14 sehr ausgeblutete Frauen dabei waren.
Die einfache Klemmmethode läßt sich in kürzester
Zeit ausführen. Bei enger Scheide und älteren
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 3.
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Virgines macht C. auch bei kleineren Myomen die
Laparotomie. R. Klien (Leipzig).
967. Quelques recherches sur les lym-
phatiques du clitoris; par H. Rouviere.
(Ann. de Gyn. Bd. 39. S. 273. 1912.)
Die alte Beschreibung der klassischen Ana¬
tomen betreffs der Lymphgefäße und -drüsen der
Klitoris hat sich nach den Untersuchungen R.s als
ungenau erwiesen, und das war zu erwarten auf
Grund der Lokalisation der Rezidive nach Opera¬
tionen wegen Klitoriskarzinom. R. machte seine
Untersuchungen an Neugeborenen mittels der In-
jektionsmethode nach Gerota. Er fand zwei
Lymphgefäße, welche von der Klitoris direkt nach
den hypogastrischen Drüsen führen. Das eine
dieser Gefäße entspringt aus dem präsympbysären
Lymphkapillarnctz, geht unter der Symphyse hin¬
durch, kreuzt die Harnröhre, steigt nach oben,
außen und hinten, besitzt in der Höhe des Fundus
uteri eine Drüse; von dieser Drüse geht ein Ge¬
fäßstamm an die Innenseite der Vasa hypogastrica
und endet in einer am Promontorium gelegenen
Drüse. Von dieser wieder gehen zahlreiche feine
Gefäßstämmchen zu den Aortendrüsen der an¬
deren Seite. Das zweite Lymphgefäß geht direkt
zu der. hypogastrischen Lymphdrüsen des kleinen
Beckens, indem es den Vasa pudenda folgt. Weiter
existieren aber auch Lymphgefäßverbindungen
von der Klitoris über die der Harnröhre zu der
inneren retrokruralen Lymphdrüse, neben den
Vas. femoral. Endlich, aber selten, kommen
direkte Lymphgefäßverbindungen zwischen der
Klitoris und den Lymphdrüsen des kleinen
Beckens vor. — Diese Resultate sollen überein¬
stimmen mit denen, die K ü 11 n e r beim Manne
erhoben hat. Klien (Leipzig).
968. Technique de l’ablation de l’epi-
thöliome primitif du clitoris; par Hart¬
mann. (Ann. de Gyn. Bd. 39. S. 299. 1912.)
Fußend auf pathologisch-anatomischen Unter¬
suchungen hat B a 8 s e t eine Operationsmethode
des Klitoriskarzinoms ausgearbeitet, welche ge¬
stattet, dieses Organ in Zusammenhang mit den in
der Regel befallenen Lymphdrüsen und -gefäßen
zu entfernen. Dieses Verfahren teilt H. ausführ¬
lich mit unter Beifügung einiger instruktiver
Bilder. Je ein Schnitt geht auf jeder Seite von
der Spina il. ant sup. zum Tuberculum pubis,
etwa 1—2 cm nach einwärts von der Inguinalfalte
sich haltend. Die Tumorgegend selbst wird
rhombusförmig Umschnitten. Der obere Parallel¬
schnitt dieses Rhombus verbindet die beiden seit¬
lichen Schnitto, der untere liegt direkt oberhalb
der Harnröhrenöffnung. Die seitlichen Schnitte
des Rhombus gehen beiderseits von der Gegend
des Tuberculum pubis zum Kamm der großen
Labien. Der Gang der Operation ist nun der,
zuerst entlang des Lig. rotundum uteri den sogen.
37
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
290
YL Gynäkologie und Geburtshilfe.
oberen Lymphstiel herauszupräparieren, der an
der iuneron Seite der Vasa iliaca externa endet
Diese Stelle wird nach Spaltung des Inguinal¬
kanals extraperitoneal freigelegt Sodann wird
das Lig. Poupartii medial von der Schenkelvene
senkrecht gespalten, wodurch der sogen, untere
Lymphstiel freigelegt wird, der im Scarpaschen
Dreieck in die Tiefe geht und ganz in der Nähe
des Endes des oberen Lymphstieles, ebenfalls an
der Innenseite der Vena iliaca ext endet, in den
sogen, inneren retrokruralen Lymphdrüsen. Bevor
man in diese Tiefe vordringt, müssen die Art und
Vena epigastrica an ihrer Ursprungsstelle doppelt
unterbunden und durchtrennt werden. Dann wird
alles wieder gehörig vernäht und dräniert und das
eigentliche Tumorgebiet von der Vorderfläche der
Symphyse abgetragen. Hierbei müssen die seit¬
lichen Arterien und die mediane Vena dors. clit
abgebunden werden. Der rhombische Defekt läßt
sich nach Unterminierung seiner Ränder in der
Medianlinie vereinigen. Diese sehr ausgedehnte
Operation läßt die in der Tiefe des kleinen Beckens
gelegenen hypogastrischen Drüsen (und auch die
Aortendrüsen. Ref.) unberücksichtigt Diese
sollen aber sehr selten von Karzinom befallen
werden. Das stimmt jedoch nicht mit den vor¬
stehenden Untersuchungen Rouviireg. (Ref.).
Klien (Leipzig).
969. Ablation par voie abdominale des
tumeurs ovariennee pelviennes ä la fin
de la grossesse et pendant Ee travail sans
section edsarienne prdalable; par A. Couve-
laire. (Ann. de Gyn. Bd. 39. S. 277. 1912.)
Früher prinzipieller Gegner der Entfernung
eines im Douglas eingeklemmten Ovarialtumors
sub partu ohne vorherige Eröffnung des Uterus
und Entfernung des Kindes, hat C. doch einmal so
openort; das Kind wurde später lebend mittels
Zange entwickelt. Aber es war doch eine maxi¬
male Luxation des Uterus über die Symphyse
herab notwendig gewesen. Auch muß der Stiel
des Tumors ganz besonders sorgfältig abgebunden
werden, um ein Abrutschen der Ligaturen bei der
weiteren Geburtsarbeit zu vermeiden. Auch die
Bauchdeckennaht gestaltete sich nicht ganz leicht,
und C. selbst rät, auf jeden Fall die Geburt künst¬
lich zu beenden. Alles das läßt die Methode nicht
recht nachahmenswert erscheinen (Ref.). — Ein¬
mal entfernte C. einen Ovarialtumor im 7. Schwan-
gerscLaftsmonat, 13 Tage danach wurde ein totes
Kind geboren. In der Bauchwunde bestand im
unteren Teil ein Klaffen. Klien (Leipzig).
970. A propos de l’ablation des kystes
ovariens praevia pendant le travail; par
Sau vage. (Ann. de Gyn. Bd. 39. S. 290. 1912.)
S. beschreibt einen Fall, bei welchem er ein
im Douglas eingekeiltes Ovarialdennoid (er hatte
os vorher per vaginam zu punktieren versucht)
per lap&rotomiam ohne Eröffnung des Uterus ent¬
fernte. Obwohl die allerdings ziemlich beträcht¬
liche Luxation des Uterus nach außen nur wenige
Minuten gedauert hatte, waren nach Vollendung
der Operation die vorher regelmäßigen kindlichen
Herztöne verschwunden und das Kind kam tot zur
Welt, 6 Stunden nach der Laparotomie, spontan.
S. hat wohl recht, wenn er den Tod des Kindes
auf Konto der Operation setzt. Es muß allerdings
dazu bemerkt werden, daß schon vor der Laparo¬
tomie das abgegangene Fruchtwasser mekonium-
haltig gewesen war, also eine gewisse Schädigung
des Kindes bereits bestanden hatte. Trotzdem
wird man S. beistimmen müssen, daß es im Inter¬
esse des Kindes besser ist, vor Entfernung des
Ovarialtumors das Kind nach Eröffnung des Ute¬
rus zu entfernen. Klien (Leipzig).
971. Le moment opportun de l’ovari-
otomie dans la toreion pödiculaire des
kystes ovariques pendant les suites de
couches; par E. Meriel. (Ann. de Gyn. Bd. 39.
S. 295. 1912.)
Die Frage, ob ein während der Schwanger¬
schaft konstatiertes Ovarialkystom, welches frei
in der Bauchhöhle, nicht als zukünftiges Geburts-
hindernis im Douglas eingekeilt liegt, in der
Schwangerschaft oder erst nach durchgemachtem
Wochenbett zu operieren sei, könne nur durch die
Erfahrung, durch die Statistik gelöst werden.
Eine solche werde von Vanverts vorbereitet.
Eine Indikation könne aber heute schon abgelehnt
werden, nämlich die im Wochenbett etwa drohende
Stieldrehung. Diese sei einerseits so selten, daß
sic nicht zu einem prinzipiellen Operieren in der
Schwangerschaft berechtige, andererseits komme
man wohl immer mit der Operation noch recht¬
zeitig, wenn wirklich einmal eine Stieldrehung
eintrete, um so mehr, als man auf dieses Ereignis
vorbereitet sei. Ein mit Erfolg operierter Fall der
letzteren Art wird beschrieben. Klien (Leipzig).
972. De la ponction vaginale dans le
traitement des kystes de l’ovaire praevia
au cours de travail; par Lepage. (Ann. de
Gyn. Bd. 39. S. 281. 1912.)
L. kann die prinzipielle Perhorreszierung der
vaginalen Punktion eingekeilter Ovarialzysten sub
partu nicht billigen. Er führt einen eigenen und
einen Fall von Porak an, in denen die Punk¬
tion mit vollem Erfolg ausgeführt wurde, aber —
es handelte sich offenbar beide Male günstiger¬
weise um Parovarialzysten. Klien (Leipzig).
973. Menstruation prömaturde et crise
gönitale infantile; par V. Pechöre. (Presse
möd. beige 1912. S. 199.)
P. beschreibt einige Fälle, darunter einen sehr
ausführlich, in denen bei Neugeborenen meist
zwischen dem 4. und 10. Tag blutig-schleimiger
Ausfluß aus der Vagina bestand. In dem einen
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PincuBSohn,
Sohleder. — Weichardt
291
Fall traten zu gleicher Zeit Krampfanfälle auf. In
anderen Fällen fiel ein besonderes Übermaß an
Vernix, Lanugo und Miliaria sebacea auf, auch
waren in der Regel die Brustdrüsen geschwollen.
Alle diese Phänomene verschwanden nach kurzer
Zeit P. verbreitet sich eingehend über die mög¬
lichen Ursachen. Am wahrscheinlichsten sei die
Annahme, daß gewisse Stoffe von der Plazenta
auf den Fötus übergingen und zwar sub partu.
Man könne aber auch an eine vorübergehende
übermäßige Funktion der Geschlechtsdrüsen
denken. — Derartige Fälle haben nichts zu tun
mit der Menstruatio praecox, die nie vor dem
4. Lebensmonat aufzutreten scheint.
K1 i e n (Leipzig).
974. Gynäkologische Bestrahlungsbinde;
von R. Bacher. (Zentralbl. t Gyn. 1912. Nr. 13.)
Zur Erleichterung der Anwendung der Frän-
kelschen Felderbestrahlung in der Gynäkologie
hat B. eine Binde angegeben, die dazu dienen soll,
die über- und Unterdosierung noch besser ver¬
meiden zu können. Die Binde wird von Reiniger,
Gebbert und Schall geliefert. Z u r h e 11 e (Bonn).
G Bücherbesprechungen.
47. Medizinisch-chemisches Laboratori¬
umshilfsbuch ; von L. Pincussohn.
Leipzig 1912. F. C. W. Vogel. 443 S.
(13 Mk. 50 Pf.)
Ein außerordentlich praktisches Buch, wie für
den gedachten Zweck bis jetzt kein anderes vor¬
liegt. Es ist nicht zu kurz und nicht zu weit¬
schweifig angelegt und sieht seinen Hauptzweck
in deT exakten Beschreibung der praktisch in Be¬
tracht kommenden wichtigsten chemischen Me¬
thoden, sowohl im chemischen, physiologischen,
pharmakologischen und klinischen Laboratorium.
Der Inhalt ist so reichhaltig, daß auf Einzelheiten
nicht eingegangen werden kann. Nach dem
P.schen Buche dürfte es auch weniger Geübten
leicht werden, mit seiner Hilfe biologisch-che¬
mische Arbeiten auszuführen. Die am Schlüsse
beigefügten Tabellen wichtiger Konstanten er¬
höhen noch die praktische Brauchbarkeit des
Werkes. Außerdem sind dem Text 75 Figuren
und eine Spektraltafel beigefügt
Das Buch wird sicherlich auf dem Labora¬
toriumstisch mit Nutzen verwandt werden.
Bachem (Bonn).
48. Monographien Ober die Zeugung
beim Menschen. Band II: Die Zeugung
unter Blutsverwandten; von H. Rohleder.
Leipzig 1912. Georg Thieme. 175 S.
(4 Mk. 20 Pf.)
Nach einer Erörterung der Inzuchterschei¬
nungen in der Pflanzen- und Tierwelt bespricht
R. in sehr anschaulicher Weise die Folgen der In¬
zucht und des Inzestes an einigen Beispielen
historischer Inzuchtvölker (Juden, Ägypter usw.)
und geht dann zu den heutigen Kulturvölkern
über. Übereinstimmend zeigt sich an den ange¬
führten Beispielen, daß Inzucht zunächst (bis zu
etwa 6 Generationen) wegen der Reinzüchtung
gewisser Stammeseigentümlichkeiten und spe¬
zieller F ähig keiten meist von Vorteil ist. Dann
aber kommt es zur Degeneration, schließlich zur
Sterilität. Wie bei der einzelnen Familie dem¬
nach auch bei ganzen Völkern schließlich eine
Blutvermischung gefordert werden.
Das Buch enthält sehr viele interessante Ein¬
zelheiten, nicht nur, was die medizinisch-biologi¬
sche Seite der behandelten Fragen betrifft; ganz
von selbst ergeben sich auch allerlei soziologische
und juristische Gesichtspunkte, die mit Geschick
diskutiert werden. D i 111 e r (Leipzig).
49. Jahresbericht über die Ergebnisse
der Immunitätsforschung Abteilung I
und II; von W. Weichardt Stuttgart
1912. Ferd. Enke.
Der VII. Band der Weichardtschen Jahres¬
berichte liegt nunmehr in seinen beiden Abtei¬
lungen wieder vor, wie immer einen zusammen¬
fassenden Überblick gebend über die Fortschritte,
welche die Immunitätsforschung im verflossenen
Jahre gemacht hat Alle wichtigen Immunitäts-
arbeiten der Gesamtweltliteratur fanden in fleißig
zusammengetragenen Einzelreferaten oder Ge¬
samtübersicht die ihnen gebührende Beachtung.
Die streng alphabetische Anordnung nach dem
Namen der Autoren, sowie ein sorgfältig zu¬
sammengestelltes Sachregister erleichtern das
Auf finden der einschlägigen Literatur aus den Ge¬
bieten der Immunität und Chemotherapia Uber
den Ausbau der Salvarsantherapie, sowie die
Morgenrothschen Arbeiten, über Pneumokokken¬
beeinflussung im Tierkörper durch Chininderivate
finden wir interessante Referate; ebenso über die
Versuche von A 0. Wassermann durch
Injektion von Eosin - Selenpräparaten in die
Schwanzvene der Versuchstiere Mäukekarzmome
zum Verschwinden zu bringen. C a s p a r y und
N e u b e r g zeigten, daß ähnliche Resultate auch
mit Metallmitteln mit Affinität zu den Ge¬
schwulstzellen zu erreichen sind. Das weite Ge¬
biet der Anaphylaxie ist speziell von S c h i 11 e n -
heim und Weichardt von chemischen Ge¬
sichtspunkten aus bearbeitet worden. Diese For-
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292
v. Noorden und v. Jagiö. — Kaiser. — v. Linden, Meißen und Strauß.
scher bemühten sich, die Eiweißspaltprodukte
weiter in ihre Komponenten zu zerlegen und die
Wirkung derselben auf den Tierkörper zu ver¬
folgen; mit Sicherheit geht natürlich auch aus
diesen Versuchen hervor, daß von einem einheit¬
lichen anaphylaktischen Gift nicht die Rede sein
kann. Die verschiedensten Eiweißspaltprodukte
können bei parenteraler Darreichung typische
Anaphylaxie hervorrufen; sehr beachtenswert
sind die Versuche, diese bei parenteraler Ver¬
dauung entstehenden Eiweißspaltprodukte durch
Kuppelung an bestimmte Gruppen zu entgiften.
Daß bei bestimmten Psychosen (Epilepsie und
Dementia praecox) eine Vermehrung der nicht
dialysablen Bestandteile des Harns auftritt (Hof-
meistersche Kolloidfraktion des Harns) zeigt eine
Arbeit von L o e w e. Seine Methode, Injektionen
der einzelnen Bestandteile, statt des Gesamtmenge
(wie Bouchard) des Harns vorzunehmon, ist
genauer als die bisher geübte. Durch die Abder-
haldensche Polarisationsmethode wurden die Vor¬
gänge bei der parenteralen Verdauung einer exak¬
ten chemischen Analyse unterworfen. Es gelang
ihm der Nachweis der während der Schwanger¬
schaft vermehrten Immunfennente gegen Plazen¬
tarpeptone. Die Eklampsieforschung wird durch
diese Befunde in neues Licht gerückt; sie er¬
scheint mehr und mehr als eine Folge parenteraler
Verdauung von Synzytionzellen.
Außerdem umfaßt die I. Abteilung eine zu¬
sammenfassende Übersicht über die Behandlung
der Wut aus dem Institut Pasteur in Paris, so¬
dann über die Enwickelung der Immunitäts¬
forschung in Amerika, über Ermüdungsstoffe von
Weichardtu. a. m. Seitz (Bonn).
50. Die Bleichsucht; von C. von Noor¬
den und N. v. Jagiö. Zweite, umgearb.
Auflage. Wien 1912. A. Hölder. 259 S.
(6 Mi. 80 Pf.)
v. Noordens Monographie über die Bleich¬
sucht liegt in zweiter Auflage vor. Das ausge¬
zeichnete Werk — wohl die beste Darstellung der
gesamten Pathologie und der Klinik der Chlorose,
die wir besitzen — bedarf keiner besonderen
Empfehlung. I s a a c (Wiesbaden).
51. Atmungsmechanismus und Blut¬
zirkulation. Physiologische Beiträge zur
asthenischen KonsliiutionskrankheU ; von
K.F.L. Kaiser. Stuttgart 1912. Ferd.Enke.
99 S. (3 Mk. 40 Pf.)
K. bespricht und charakterisiert im ersten
Toile des Buches die von Glönard, Tuffier
und Stiller aufgestellten Krankheitsbilder der
Enteroptose und Asthenie. Es folgen alsdann
eigene Untersuchungen über Druck und Kreis-
laufsverhältnisse im Abdomen bei Gesunden und
Asthenischen. Zum Schluß wird die Therapie der
Asthenie besprochen, welche hauptsächlich in
gymnastischen und diätetischen Maßnahmen zu
bestehen hat I s a a c (Wiesbaden).
52. Beiträge zur Chemotherapie der
Tuberkulose; von v. Linden, E. Meißen
und A. Strauß. Würzburg 1912. Curt
Kabitzsch. 31 S. mit 3 Taf. (1 Mk. 50 Pf.)
1. Die Ergebnisse des Finklerscken Heilverfah¬
rens bei der Impftuberkulose des Meerschweines;
von v. Linden.
Mit Finklerschem Heilverfahren bezeichnet
v. Linden die von dem kürzlich verstorbenen
Bonner Hygieniker inaugurierte chemotherapeu¬
tische Behandlung der Tuberkulose mit Jodmethy¬
lenblau und mit Kupferverbindungen (Kupfer¬
chlorid, Kupferlezithinverbindungen). Bezüglich
der Einwirkung dieser Mittel auf den Tuberkel¬
bazillus in vitro ließ sich bezüglich des Jod¬
methylenblaus folgendes feststellen: Der lebende
Bazillus färbt sich in kurzer Zeit mit dem Jod¬
wasserstoffsalz des Methylenblaus und hält den
Farbstoff mit großer Energie fest Diese gefärb¬
ten Bakterien sind jedoch noch nicht abgetötet,
sondern sie verlieren ihre Entwickelungsfähigkeit
erst dann, wenn sie mit dem durch Eisenhydroxyd
reduzierten Farbstoff 24 Stunden lang in Berüh¬
rung gebracht werden. Kupferchlorid und Kupfer-
tartrat in lproz. Lösungen schwächen den Tuber¬
kelbazillus in 12—24 Stunden erheblich ab; die
Kupferlezithinverbindungen in öliger Lösung da¬
gegen töten den Bazillus in 24 Stunden ab. Die
Heilversuche am tuberkulös infizierten Meer¬
schweinchen, denon eine lprom. Lösung von Jod¬
methylenblau öfters subkutan injiziert wurde, er¬
gaben in 50% der Fälle „einen ganz offensicht¬
lichen Heilerfolg“, in einem Falle eine völlige
Heilung. Mit der Kupferbehandlung wurden die
besten Ergebnisse erzielt, wenn mit der Behand¬
lung mit großen Anfangsdosen (0,005 g Cu) be¬
gonnen und mit kleineren Dosen längere Zeit fort¬
gesetzt wird. Die erzielten Resultate werden
durch beigefügte Versuchsprotokolle erläutert.
2. Meine Erfahrungen bei Lungentuberkulose
mit Jodmethylenblau und KupferPräparaten; von
E. Meißen.
Die Versuche erstrecken sich auf 47 meist
mittelschwere, offene, febrile Lungentuberkulöse.
Der Farbstoff wurde in 2—5%o wässeriger Lösung
2—3mal wöchentlich in Dosen von 2—5 ccm sub¬
kutan injiziert. Die intravenöse Applikation bietet
keine Vorteile und verursacht gelegentlich Schüttel¬
fröste. Da die Kupfersalze örtliche Reizung her-
vorrufon, hat M. hauptsächlich mit der Kupfer-
lezithinverbinduRg gearbeitet, die demnächst in
den Handel kommt. Was den therapeutischen
Effekt der genannten Mittel betrifft, so versagen
diese in ganz schweren, progressiven Fällen.
Bei den mittelschweren Fällen war der Verlauf
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Koch- — Köhler. — Hoffm&nn. — Addison. — Schilling. — Münz. — Reyher. — HanJBen. 293
in 80% wesentlich günstiger als in ähnlichen
Fällen, wo nur die allgemeine Behandlung an¬
gewandt wurde; in einzelnen Fällen war die Wir¬
kung überraschend. Die Kur muß mehrere Monate
fortgesetzt werden und die einzelnen Krankheits¬
erscheinungen bessern sich erst allmählich. Aus¬
führliche Krankheitsgeschichten stellt M. für
später in Aussicht.
3. Meine Erfahrungen mit Jodmethylenblau
und Kupferpräparalcn bei äußerer Tuberkulose,
speziell bei Lupus; von A. Strauß.
60 Fälle von Lupus und anderer äußerer Tuber¬
kulose wurden mit den Injektionen behandelt. In
fast allen Fällen zeigto sich eine günstige Beein¬
flussung. Oberflächliche und ulzeröse Prozesse
reagierten schneller als torpide Infiltrate. Die
Kupfersalze können mit Erfolg auch äußerlich als
Salben angewandt werden. Ein abschließendes
Urteil ist noch nicht möglich.
I s a a c (Wiesbaden).
53. Die Ätiologie und die Bekämpfung
der Tuberkulose; von Robert Koch.
Leipzig 1912. Joh. Ambr. Barth. (2 Mk.)
Kirchner hat eine treffliche, lesenswerte
Einleitung zu dem Hefte geschrieben, welche in
begeisternden Worten die Bedeutung Kochs
schildert. Von Originalarbeiten Kochs sind ab¬
gedruckt: 1. Die Ätiologie der Tuberkulose (Berl.
klin. Woch. 1882). 2. Über bakteriologische For¬
schung (Verhandl. d. X. internat. med. Kongr. in
Berlin 1890). 3. Weitere Mitteilungen über ein
Heilmittel gegen Tuberkulose (D. med. Woch.
1890) . 4. Fortsetzung der Mitteilungen über ein
Heilmittel gegen Tuberkulose (D. med. Woch.
1891) .
Diese klassischen Arbeiten werden durch den
vorliegenden Abdruck bequem weiteren ärztlichen
Kreisen zugänglich; jeder deutsche Arzt sollte sie
gelesen haben. Paul Krause (Bonn).
54. Jahresbericht über die Ergebnisse
der Tuberkuloseforschung 1911; von
F. Köhler. (Abdruck aus dem klinischen
Jahrbuch Bd. 26.)
Der Jahresbericht enthält in kurzer Form eine
Sammlung der wichtigsten Arbeiten auf dem
weitschichtigen Gebiete der Tuberkulose; zur
schnellen Orientierung, zum Aufsuchen mancher
wenig zugänglichen Arbeit sei er bestens emp¬
fohlen. PaulKrause (Bonn).
55. Die Krankheiten der Bronchien; von
F. A. Hoff man n. Zweite umgearb. Auflage.
Wien 1912. A. Holder. 224 S. (8Mk.60Pf.)
Die zweite Auflage des bekannten Hoffmann-
schen Werkes ist entsprechend den diagnostischen
und therapeutischen Fortschritten auf dem Ge¬
biete der Bronchien-Erkrankungen ergänzt und
neubearbeitet. Daher wird das Buch auch weiter¬
hin ein bewährter Ratgeber für die Klinik der
Bronchienerkrankungen sein.
I 8 a a c (Wiesbaden).
56. Die Erkrankungen der Nebennieren
und ihre Folgen; von Thomas Addi¬
son. Herausgegeben v. Erich Ebstein.
Leipzig 1912. Joh. Ambr. Barth. 47 S.
(1 Mk. 50 Pf.)
E. hat das klassische Werk über die Addison -
sche Krankheit aus dem Jahre 1855 zum ersten
Mal in die deutsche Sprache übersetzt und mit
einer kurzen Einleitung versehen, die über den
Lebenslauf des ausgezeichneten Klinikers und
über die Kenntnisse über die Nebennieren bis auf
Addisons Zeit berichtet.
Strohmeyer (Göttingen).
57. Magenkrankheiten; von F. Schilling.
Würzburg 1913. Curt Kabitzsch. 68 S.
(1 Mk. 70 Pf.)
Schillings kompendiöse Abhandlung zeich¬
net sich durch Vollständigkeit aus. Überall spürt
man gToße eigene Erfahrung, eigenes Urteil und
umfassende Kenntnis der Literatur seitens des
Verfassers. Kadner (Dresden).
58. Die Ernährung des gesunden und
kranken Magens; von P. Münz. Nürn¬
berg 1912. v. Heerdegen-Barbeck. 120 S.
(1 Mk. 80 Pf.)
Die Broschüre von Münz über die Ernährung
des gesunden und kranken Magens ist in erster
Linie für den Gebrauch der Patienten geschrieben,
kann aber recht gut auch Ärzten, die mit dem
Gegenstand nicht besonders vertraut sind, zur
Orientierung dienen. Kadner (Dresden).
59. Das Röntgenverfahren in der Kinder¬
heilkunde; von Paul Reyher. Berlin
1912. Hermann Meusser. 241 S. mit
59 Fig. im Text und 148 auf 12 Tafeln.
(16 Mk.)
R. hat sich ein außerordentlich dankbares
Thema erwählt. In erfreulicher Weise hält er sich
fern von jeder einseitigen Überschätzung einer
Untersuchungsmethode, deren Ausübung doch er¬
klärlicherweise nur eine beschränkte sein kann.
Die klinischon Ausführungen sind gut, die Rönt¬
genbilder vortrefflich:
Unverständlich — und undiplomatisch — ist
der hohe Preis des kleinen Buches.
Klotz (Schwerin).
60. Die Säuglingssterblichkeit der Pro¬
vinz Schleswig-Holstein und die Mittel
zu ihrer Abhilfe; von P. Hanßen.
Kiel 1912. L. Handorff. Teil I und n in
einem Bande. 45 S. mit 45 Taf.
Die Säuglingssterblichkeit in Deutschland ist
in den letzten Jahren so häufig Gegenstand mono-
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294
Lesage. — Edinger. — Jentsch. — Redlich und Binswanger. — Klose.
graphischer Darstellungen geworden, daß neue
Gesichtspunkte auf volkswirtschaftlichem Ge¬
biete oder in statistischer Hinsicht kaum mehr zu
erwarton sein dürften. Das vorliegende Werk
bringt eine erschöpfende Untersuchung der ein¬
schlägigen Verhältnisse für Schleswig-Holstein.
Klotz (Schwerin).
61. Lehrbuch der Krankheiten des Säug¬
lings; von A. Lesage. Übersetzt und mit
Anmerkungen versehen von Rudolf Fischei.
Leipzig 1912. GeorgThieme. 696 S. (12 Mk.)
F i s c h e 1 hat wie das Marfansche Buch über
die Säuglingsernährung so nun auch das von
Lesage verfaßte Werk über Säuglingskrank¬
heiten übersetzt und damit einem weiteren Leser¬
kreise in Deutschland zugänglich gemacht. Das
Buch ist groß angelegt, überschreitet aber in
manchen Dingen den im Titel ausgesprochenen
Plan. Die Ausführungen über Scharlach passen
nicht recht in den Rahmen. Es wird niemand
verkennen können, daß es von Interesse ist, ein¬
mal im Zusammenhang die Anschauungen zu
lesen, welche ein französischer Kliniker von der
Bedeutung des Verf. vertritt. L. zeigt sich im
großen und ganzen als ein vorurteilsloser Be¬
obachter, der zum Teil wie ein Chronist registriert,
dabei aber zuweilen den persönlichen Standpunkt
etwas zu sehr in den Hintergrund treten läßt und
sich mit der Feststellung der Tatsachen begnügt,
ohne ihnen weiter auf den Grund zu gehen. Auch
laufen ihm dabei mancherlei kleine Irrtümer
unter, welche der Übersetzer in Anmerkungen zu
beseitigen bemüht war. In der Ernährungsfrage
ist L. ein Feind aller Tüfteleien und komplizierten
Nährgemische. In der Behandlung der Diarrhöen
bevorzugt er fettarme Milchmischungen und lehnt
eine einleitende Wasserdiät ab. Eine seiner Be¬
deutung entsprechende Würdigung des Milehnähr-
schadens vermißt man mit Bedauern. Was
darüber in dem Abschnitt „Obstipation“ gesagt
wird, ist unzureichend.
Alles in allem ist das Buch von L. für den¬
jenigen, welcher mit der Säuglingspathologie ver¬
traut ist, von Interesse. Denn es regt vielfach
zur Kritik auch der eigenen, abweichenden An¬
schauungen und damit zum Nachdenken an. Für
das Gros der praktischen Ärzte halte ich es aber
nicht für geeignet. Denn ich glaube, es wird sie
in sehr vielen Fragen nur wteder unsicher machen.
Brückner (Dresden).
62. Einführung in die Lehre vom Bau
und den Verrichtungen des Nerven¬
systems; von L. Edinger. Leipzig 1912.
F. C.W. Vogel. 234 S. mit 176 Abb. (6 Mk.)
Das so rasch bei Studierenden und Ärzten
beliebt gewordene Buch E.s ist in zweiter ver¬
besserter und besonders durch eine Reihe weiterer
Abbildungen vermehrter Auflage erschienen. Es be¬
darf keiner weiteren Empfehlung. J o 11 7 (Halle).
63. Musik und Nerven. II. Das musikalische
Gefühl; von E. Jentsch. Wiesbaden 1912.
J. F. Bergmann. 95 S.
Für den Arzt von Interesse ist besonders das
Kapitel, in dem J. das pathologische musikalische
Fühlen behandelt. Er betont, daß die Grund¬
bedingungen der vollkommenen Kunst durchweg
im Gesunden wurzeln. J 0 11 y (Halle).
64. Die klinische Stellung der sogenann¬
ten genuinen Epilepsie; von E. Red¬
lich und 0. Binswanger. Berlin 1912.
S. Karger. 146 S. (6 Mk.)
Die vorliegenden auf der Tagung der Gesell¬
schaft deutscher Nervenärzte in Hamburg 1912
erstatteten Referate bieten eine gute Übersicht
der zur Zeit herrschenden Ansichten. Dem Auf¬
satz R.s ist ein ausführliches Literaturverzeichnis
beigegeben. J 0 11 y (Halle).
65. Chirurgie der Thymusdrüse; von
Heinrich Klose. Stuttgart 1912. Ferd.
Enke. 285 S. (12 Mk. 80 Pf.)
Der Thymuschirurgie ist hier zum ersten Male
eine groß angelegte monographische Darstellung
zu Teil geworden. Einer gewaltigen Arbeits¬
leistung auf dem Gebiete der dunkelsten Fragen
der Biologie — wie sie speziell das Problem der
Thymusfunktion darstellt — bedurfte es, um
diesem jüngsten Kinde der modernen Chirurgie
eine legitime Stellung anzuweisen. Der Aufgabe,
hier das tatsächlich Bekannte zu fixieren, zahl¬
reiche noch anscheinend unzusammenhängende
Einzeltatsachen in ein System zu bringen, die
nächsten Ziele der weiteren Forderung zu be¬
zeichnen, kurzum ein Werk zu schaffen, das auch
für den Nichtspezialisten brauchbar ist, war wohl
niemand geeigneter als Kl., dessen eigne wert¬
vollen unermüdlichen Untersuchungen auf diesem
Gebiete bekannt sind. Daß manche Fragen noch
weit vom Abschluß entfernt sind, daß vielleicht
schon die nächste Zeit im einzelnen wesentliche
Wandlungen bringen kann, liegt in der Natur der
Sache und darf die Freude an dem bisher ge¬
leisteten nicht verkümmern.
Der Einteilung nach enthält das Werk die
Anatomie der Thymusdrüse, als einen besonders
eingehenden Abschnitt die Lehre von der Phy¬
siologie dieses Organes. Bei der Pathologie und
Klinik des Thymus erfahren u. a. namentlich die
praktisch wichtigen Kapitel der Tracheostenosis
thymica, sowie die neuerdings viel diskutierten
Beziehungen der Thymushyperplasie zum Morbus
Basedowii eine detaillierte Besprechung.
Zahlreiche Abbildungen bilden die äußere
Zierde des Werkes, dessen Kenntnis für jeden,
der sieh mit Thymuschirurgie beschäftigen will,
als unentbehrlich bezeichnet werden muß.
Melchior (Breslau).
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Gck §le
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Oehlecker. Schoenbeek. Mayrhofer. Hildebrandt. Motter u. Wilbert Leonhard, v. SchrCtter. 295
66. Die Behandlung der Knochen- und
Gelenktuberkulose mit orthopädischen
Maßnahmen; von Oehlecker. Würz¬
burg 1913. Curt Kabitzsch. 90 S. mit
68 Abbild. im Text (3 Mk.)
Ans einem Fortbildungsvortrag entstanden gibt
die Schrift die rein orthopädischen Behandlungs¬
methoden in Wort und Bild wieder, welche im
Eppendorfer Krankenhaus geübt werden und so
einfach sind, daß auch der praktische Arzt sie zu
beherrschen lernen kann. Yulpius (Heidelberg).
67. Die Elektrotechnik in der Zahnheil¬
kunde; von Schoenbeek. Heft 10 der
Pfaffschen Vorträge. (1 Mk.)
Sch. gibt ienen kurzen, verständlich geschrie¬
benen Abriß über die verschiedenen Arten der
elektrischen Größen, der verschiedenen Stromarten,
erläutert die Kathoden- und Anoden- sowie Rönt¬
genstrahlen, beschreibt das Röntgeninstrumentarium
der Firma Reiniger, Gebbert und Schall einschlie߬
lich der Technik der Untersuchung, — sagt im
großen und ganzen nur Allbekanntes, ohne dabei
einige neuere Verwendungsarten der elektrischen
Hilfsmittel zu erwähnen* Jaehn (Breslau).
68 . Lehrbuch der Zahnkrankheiten. Für
Ärxte und Studierende; von Mayrhofer.
Jena 1912. Gustav Fischer. Mit 296 Ab¬
bildungen im Text (Broch. 9 Mk. Geb. 10 Mk.)
Das Buch ist, wie der Titel sagt, in erster
Linie für die Bedürfnisse des praktischen Arztes
geschrieben und zwar in der Erwägung, daß auch
die praktischen Ärzte — analog ihrer Beschäftigung
mit den übrigen Spezialfächern der Medizin —
sich mit der Behandlung Zahnkranker in einem,
durch die lokalen Bedürfnisse und Möglichkeiten
von selbst sich ergebendem Ausmaße beschäftigen
sollen; vorwiegend natürlich die Ärzte des flachen
Landes, wo keine Zahnärzte ansässig sind. Dem¬
entsprechend ist der Stoff von praktischen Ge¬
sichtspunkten. aus geschildert und gruppiert und
Abschnitte, wie die prophylaktische und therapeu¬
tische Überwachung des Zahnwechsels ganz be¬
sonders umgehend geschildert. Ebenso sind die
in das Gebiet der Chirurgie gehörigen dentalen
Infektionskrankheiten einer ausgedehnteren Be¬
rücksichtigung unterzogen. Die zahlreichen, außer¬
ordentlich gutgelungenen und reproduzierten Ab¬
bildungen erleichtern das Verständnis ungemein.
Das Buch ist eine Zierde und wertvolle Bereiche¬
rung der ärztlichen Bücherei. Jaehn (Breslau).
69. Der gerichtlich-medizinische Nach¬
weis der wichtigsten Gifte; von H.
Hildebrandt Berlin 1912. Aug. Hirsch¬
wald. 79 S. (2 Mk.)
Diese Schrift des kürzlich anf tragische Weise
ums Leben gekommenen Hallenser Pharmako¬
logen bringt diagnostisch wichtige Hinweise hin¬
sichtlich der Ergebnisse der modernen foren¬
sischen Toxikologie. Der Inhalt gliedert sich in
die Kapitel: Krankheitserscheinungen, Leichen¬
befund, chemische Untersuchung; letzterem Kapitel
ist, unter besonderer Berücksichtigung des spe¬
ziellen Giftnachweises, der meiste Raum gegönnt
Eine Reihe von Literaturnachweisen erleichtert
ein Spezialstudium. Bachem (Bonn).
70. Digest of comments on the pharma-
copoeia of the United States of Ame-
rica»(1910); by Motter and Wilbert
Washington 1912. Government Printing
Office. 784 S.
Bringt die in- und ausländische Literatur von
1910 über Arzneimittel sowohl vom pharma¬
zeutischen als vom pharmakologischen Stand¬
punkt, die bei der Neuauflage einer Pharmakopoe
in den Vereinigten Staaten berücksichtigt wer¬
den soll. Bachem (Bonn).
71. Die Prostitution, ihre hygienische,
sanitäre, sittenpolizeiliche und gesetz¬
liche Bekämpfung; von St. Leonhard.
München 1912. E.Reinhardt. 305S. (4Mk.)
An der Hand eines reichhaltigen statistischen
Materials bespricht L. zahlreiche dieses Thema
betreffende Fragen, so die Entstehung der Pro¬
stitution, ihr Auftreten und ihre Bekämpfung.
Der Weg, der Prostitution erfolgreich beizukom¬
men, ist außerordentlich mühsam; sollte aber
auch in ferner Zeit eine Ausrottung nicht er¬
reichbar sein, so kann doch manches von den
sittlichen und gesundheitlichen Schäden gebessert
werden.
Bei der Notwendigkeit der Bekämpfung der
Prostitution betont L. eine weitgehende Prophy¬
laxe durch Erziehung und Aufklärung, bessere
Wohnungsverhältnisse, Kinderfürsorge, frühe Ehe¬
schließungen, Mutterschutz, Kampf gegen Alko¬
holismus, Pornographie und Mädchenhandel. Die
sanitätspolizeilichen Maßnahmen werden eingehend
erörtert: Kontrolle der Dirnen, der Animier-
kneipen, der Überwachung der männlichen Pro¬
stitution, Kostenpunkt der Untersuchung, Prosti¬
tuiertenfürsorge U8W.
Das Buch beansprucht nicht nur das volle
Interesse des Hygienikers und Arztes, sondern
auch in gleichem Maße das des Volkswirtschaft-
lers und Pädagogen, sowie der Verwaltungs¬
organe. Bachem (Bonn).
72. Hygiene der Aeronautik und Aviatik;
von H. v. Schrötter. Wienl912. Wilhelm
Braumüller. 200 S. (5 Mk. 20 Pf.)
Das vorliegende Buch stellt eine erweiterte
Bearbeitung der 2 Jahre früher erschienenen
„Hygiene der Aeronautik“ des gleichen Vfs. in
dem Werke von H. Hoernes „Das Buch des
Fluges“ dar. Es wendet sich in erster Linie an
den Arzt In gesonderten Abschnitten wird die
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296
Borntraeger. — Wiedemann. — Klien. — Zangemeister.
Hygiene des Freiballons, des Lenkballons und
der Flugmaschine behandelt. An der Hand einer
Fülle von ungeheurem Material, das auch die
neuesten Veröffentlichungen und Untersuchungen
berücksichtigt, schildert der bekannte Vf. er¬
schöpfend die beim Fliegen gemachten Beobach¬
tungen aus der Physiologie und Pathologie, die
vielfach auf eigener Erfahrung und Anschauung
beruhen, da v. Sch. an 12 Aufstiegen zu wissen¬
schaftlichen Untersuchungen teilgenommen hat.
Doch auch über die Technik der Flugzeuge und
die Prophylaxe in gesundheitlicher und tech¬
nischer Beziehung, sowie über Kasuistik und
Statistik der Unfälle und Todesfälle werden ein¬
gehende Mitteilungen gemacht Auch die erst
neuen Beziehungen des Flugwesens zum Ver¬
sicherungswesen sind Gegenstand der Erörterung.
Das interessante Buch, dessen Lektüre sehr
empfehlenswert ist, würde nach Ansicht des Ref.
in wissenschaftlicher Beziehung noch gewinnen,
wenn die benutzte umfangreiche Literatur in
einem besonderen Verzeichnis am Schlüsse des
Buches zusammengestellt würde.
Koenigsfeld (Breslau).
73. Preußische Gebühren-Ordnung für
Ärzte und Zahnärzte; von Borntraeger.
3. verbesserte Auflage. Würzburg 1913. Curt
Kabitzsch. 89 S. (1 Mk. 50 Pf.)
Das schon früher vorzügliche Büchlein B.s
über die ärztliche Gebührenordnung hat in der
neuen Auflage so wichtige Erweiterungen er¬
fahren, daß es als ein tägliches Nachlagewerk
auf jeden ärztlichen Schreibtisch gehört
Rumpf (Bonn).
74. Nachschlagebuch zur Krankenver¬
sicherung nach der Reichsversiche-
rungsordnung, insbesondere für Ärzte;
von Wiedemann. Würzburg 1913. Curt
Kabitzsch. 155 S. (3 Mk.)
Das vorliegende Büchlein soll durch eine alpha¬
betische Anordnung und kurze Fassung allen Interes¬
senten ein rasches Eindringen in die schwierige Materie
der Krankenversicherung durch Nachschlagen ermög¬
lichen. Wenn auch besonders die bayerischem Verhält¬
nisse berücksichtigt sind, so dürfte dasselbe auch in
anderen Teilen Deutschlands sich Freunde erwerben.
Rumpf (Bonn).
75. Die Behandlung der Blutungen in
der Geburtshilfe, mit besonderer Be¬
rücksichtigung der neueren Medika¬
mente und Methoden; von Robert
Klien. Berliner Klinik 1912. H. 290.
K. hat eine ausführliche und gut orientierende
Zusammenstellung über das obige Thema ge¬
bracht Zunächst werden der normale Verlauf
(K. steht auf dem Standpunkt dee exspektativen
Verfahrens) der Nachgeburtsperiode und ihre Stö¬
rungen besprochen. Hier werden neben den ge¬
bräuchlichen Maßnahmen auch die Anwendung
des Momburgschen Schlauches und des Hypo¬
physenextraktes erwähnt Mit beiden Methoden
hat man Erfolge gesehen, wenn auch selbst¬
verständlich die Versager nicht ausblieben.
Schließlich erwähnt K. noch als ultimum refugium
die Dührssensche Tamponade und die supra-
vaginale Amputation des Uterus. In zweiter
Linie werden die Rißblutungen mit ihren Sym¬
ptomen besprochen. Therapeutisch wird man
vor allen Dingen darauf bedacht sein, den Riß
zu versorgen.
Von Blutungen vor und während der Geburt
werden zunächst diejenigen bei vorzeitiger Plazenta¬
lösung erwähnt Bei starker Blutung muß natür¬
lich die Entbindung auf schnellstem Wege er¬
folgen, eventuell sogar durch Kaiserschnitt
Bezüglich der Blutung bei Placenta praevia
steht K. auf dem Standpunkt, daß er die Braxton-
Hikssche Wendung der Hystereuryse vorzieht,
obwohl er ausdrücklich die guten Erfolge der
Breslauer Klinik bei der Hystereuryse erwähnt
K. macht der Hystereuryse den Vorwurf, daß
häufig nach Ausstößen des Ballons eine starke
Blutung erfolgt (Da die sofortige Extraktion des
Kindes nach der Geburt des Ballons angeschlossen
wird, so ist diese Blutung nicht zu fürchten. Ref.)
Schließlich empfiehlt K. für den Transport der
Plazenta praevia noch die Vaginaltamponade.
(Mit Recht erwähnt K., daß diese Tamponade
wegen der Infektionsgefahr nicht von allen Schulen
angewendet wird. Ref.) Heimann (Breslau).
76. Tafeln zur Altersbestimmung der
Frucht, bzw. zur Beurteilung deren
Entwicklung bei bekanntem Alter; von
W. Zangemeister. Stuttgart 1912.
Ferd. Enke. 22 S. mit 16 Kurven. (1 Mk.)
Z. hat eine Reihe von Körper- und Organ¬
maßen der Frucht in verschiedenen Stadien der
Entwicklung in ihren Mittel- und Grenzwerten
bestimmt und auf Kurven graphisch dargestellt
Alle Kurven sind von einem gleichen Gesichts¬
punkt angelegt, insofern also gut unter sich ver¬
gleichbar. Die Grundlinie stellt die Schwanger¬
schaftszeit, die Ordinate die Anzahl der Zenti¬
meter dar. Die Mittelwerte sind durch eine dicke
Kurve, die Grenzwerte durch feine Linien be¬
zeichnet. An Beispielen wird die Anwendung
erläutert. Bestimmt werden Länge, Gesamtgewicht,
Kopf-, Brustumfang, fast alle inneren Organe.
Heimann (Breslau).
FOx die Redaktion Terutworüicb: Prof. Dr. B. Leo in Bonn. — Hillsrudaiteur: Prof. Dr. C. Bachem in Boa«.
*• * *• Verla* (Dr. Jur. Albert Ahn) ln Bon. - Druck von OB« Wlgn« m. b. H. In Lelpiig.
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Schmidts Jahrbücher
der
in- und ausländischen gesamten Medizin
Band 317 April 1913
A. Auszüge.
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
975. Die Entwicklung des Schädel¬
skelettes von Vipera aspis; von Bernard
Peyer. 22 Fig. u. 3 Tat. (Morphol. Jahrb.
Bd. 44. S. 563.)
P. beschäftigt sich mit dem Problem der Entunek-
lung des Reptilienschädels und zwar wurde eine Schlange
(Aspisviper) untersucht. DenSchlangenschädel hielt Par¬
ker für besonders günstig als Vermittlung zwischen
oben (Vögel) und unten (Ichthyopsiden). Das ist er
nach P. nicht, er stellt vielmehr ein extrem differen¬
ziertes Kranium dar, das sich seiner Entwicklung nach
auf den allgemeinen Saurier-(Eidechsen-)Typ zurück¬
führen läßt. Gegenüber dem Schädel von Lacerta zeigt
sich beim Schlangenschädel eine gewaltige Ausbildung
der Deckfcnochen bei Rückbildung des knorpligen Primor¬
dialkraniums und innigen Beziehungen des Deckknochens
zur Ersatzossifikation. Ferner zeichnet sich der Schlan¬
genschädel durch eine eigenartige Anordnung von Teilen
des Kauapparates aus, die wieder durch die Art der
Nahrungsaufnahme bedingt wird.
Die in ihrer Ausbildung konservativen Bestandteile
des Chondrokranium sind das Occipitale und die Otikal-
region, wie bei der Eidechse durch eine Fissura meto-
tica voneinander getrennt. Die Basis des Occipital-
pfeilers trägt zwei Hypoglossuslöcher. Das Tectum
posterius wird hauptsächlich vom occipitalen Anteil (im
Gegensatz zu Lacerta und Emys) gebildet. Die nach
ihrer Lage zur ersten Viszeralspalte hyale Columella
anris ist von der Ohrkapsel unabhängig; an ihrem
distalen Ende findet sich auf späteren Stadien ein
kleines Knorpelstück, das dem Quadratum anliegt und
später knöchern mit ihm verschmilzt. Der Nervus ab-
dueens hat eine primäre Öffnung im seitlichen Teil der
Basalplatte.
Die Orbitotemporalregion weicht vom Sauriertypus
am meisten ab, insbesondere fehlt völlig die knorplige
Seitenwand dieser Region; das Knorpelskelett beschränkt
sich auf Trabeculae baseos. Die Wandbildung der
Schädelhöhle übernehmen ganz die stark entwickelten
Deckknochen, Parietale und Frontale. Spuren primor¬
dialer Wandung treten auch vorübergehend nicht auf,
weder ein Orbitosphenoid noch ein knorpliges Septum
interorbitale. Trotzdem besitzt diese vorn schmale und
hinten breite Region des Schädels einen gut ausge¬
prägten tropibasischen Charakter. Ein mit dem Basi-
sphenoid später verschmelzendes Parasphenoid ver¬
schließt die Fenestra hypophyseos. Der allein aus pri¬
märer Öffnung aus tretende ibduzens tritt nachträglich
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 4.
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wieder in den Schädel zurück und verläßt ihn dann
definitiv durch das große Foramen orbitale magnum
zusammen mit Optikus, Okulomotorius und Trochlearis.
Das knorplige Nasenskelett des Schlangenschädels
leitet sich von dem der Saurier hauptsächlich durch
Rückbildung, zum Teil durch weitere Ausbildung ab.
Letzteres gilt nur für den Knorpel des Organon vomero-
nasale, der eine Weiterbildung des Cartilago ectochoa-
nalis von Lacerta darstellt; P. nennt ihn Cartilago hypo-
choanalis. Gewisse Unterschiede bestehen zwischen
Tropidonotus und Vipera.
Das einfach gestaltete Quadratum erlangt seine eigen¬
artige definitive Stellung erst im Verlauf der Ontogenese
(Drehung um 90°); Reste einer Pars palatina treten
nicht auf. Quadratum und Squamosum rücken hoch
am Schädel hinauf, das anfangs im Bereiche des Neuro-
kraniums gelegene Kiefergelenk kommt erat später hinter
den eigentlichen Schädel zu liegen. Während derMeckel-
sche Knorpel lang ist, ist das Hyobranchialskelett auf
die (langen) Cornua hyalia reduziert Ein selbständiges
Epiotikum vermißt P., das Alisphenoid der Natter ist
bei Vipera ein Teil des Protikums, das nicht knorplig
präformiert wird, ebenso eine medial vom Squamosum
gelegene Knochen lamelle.
Dockknochen des Unterkiefers sind Dentale, Sple-
niale (Operculare), Complementare, Supraangulare, Goni-
tale und Angulare. Sobotta (Würzburg).
976. A further communication of the
formation of the nasal cavities; by J. Er-
nest Fraser. 10 Fig. (Journ. of Anat. and
Phys. Bd. 46. S. 416. 1912.)
F. beschäftigt sich mit ähnlichen Fragen wie
Peter, und zwar knüpft er an eine frühere Mitteilung
über die Entwicklung der Nasenhöhlen an. Diese be¬
handelte den Modus der Bildung des Septum und deT
paraseptalen Strukturen, also den Aufbau der medialen
Nasenwand, während in der vorliegenden Veröffent¬
lichung erstlich die allgemeinen Wachstumsverhältnisse
der Bohle, zweitens die Entwicklung der lateralen
Nasenwand beschrieben werden. F. kam bei seinen
Untersuchungen nun zu folgenden Ergebnissen: Die
Vorder- und Seitenwände der Riechzelle werden von
den Nasenfortsätzen geliefert, während die Rückwand
der Processus maxillaris bildet, indem letztere sich von
hinten auf beide Enden, des lateralen wie des medialen
Nasenfortsatzes auflegt. Der äußere Teil des Maxillar-
fortsatzes wächst nach vom und medial, oberflächlich
38
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298
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
vom lateralen Nasenfortsatze, um sich mit dem medialen
in der Mitte der spaltförmigen Öffnung der Grube zu
vereinigen. Dabei entsteht dann eine vordere und eine
hintere Öffnung. Darunter kommt es auch zur Ver¬
einigung der beiden Nasenfortsätze in einer geringen
Ausdehnung.
Auf diese Weise bildet sich die Fossa olfactoria
aus der Riechgrube; ihre seitlichen und ihre Vorder¬
wand bilden die Nasenfortsätze, die Hinterwand der
Masillarfortsatz, den Boden gleichfalls der letztere und
vorn und weiter oben der aus der Vereinigung von
medialer und lateraler Nasenplatte entstandene Boden¬
fortsatz. Das vertikale Höhenwachstum der Höhle und
das Längenwachstum von vom nach hinten wird allein
durch das Wachstum des Maxillarfortsatzes bedingt,
während die Nasenfortsätze sich proportional weniger
vergrößern. Die erstere (vertikale) Wachstumtendenz
der Höhle geht in aufwärts, nicht in abwärts gerich¬
teter Direktion vor sich.
Die Ursache hierfür ist wahrscheinlich eine Rück¬
wärtsvorlagerung des unteren Maiillarrandes, bedingt
durch den Widerstand des Unterkiefers, Perikards usw.
Das Resultat aber dieses vertikalen Wachstums ist, daß
das Niveau des Daches der Höhle und ihrer hinteren
Öffnung in Beziehung zum Pharynx kommt, derart,
daß die beiden ursprünglich untereinander gelegenen
Höhlungen eine Ausmündung im gleichen Niveau er¬
halten, welches dem unteren Ende des Pharynx ent¬
spricht. Das Septum erfährt bei diesem Vorgang keine
Verschiebung nach abwärts.
Die Bildung der Nasenhöhle geht so vor sich, daß
sich zu der primären Höhlung der Riechgrube ein
sekundärer maxillarer Abschnitt hinzngesellL Letzterer
Hegt zwischen den sekundären Bezirken der Seiten¬
wand und dem Septum. Der primäre Teil der lateralen
Nasenwand liegt vorn und umfaßt den Teil der Wand,
welcher von einer Linie begrenzt wird, die vom hinteren
Abschnitt dos abwärts gebogenen Vorderrandes der
unteren Muschel zum unteren Ende des Hiatus semi-
lunaris läuft und dann diesem entlang zu einem Ab¬
schnitt des Daches der Höhle zieht, der der Lage des
hinteren Teiles der Crista galli entspricht. Der Bezirk
erstreckt sich nun gerade bis hinter den Limen nasi.
Die untere Muschel gehört ursprünglich bloß dem
primären Teil der Höhle an, wird aber durch ihr
Wachstum nach hinten zum größten Teil in den sekun¬
dären Bezirk verlagert. Umgekehrt ist die mittlere
Muschel ihrer Entstehung nach im sekundären Ab¬
schnitt gelegen und dehnt sich später nach der pri¬
mären aus, während die obere Muschel wahrscheinlich
in ihrer Gesamtheit sekundärer Natur ist.
Oberer und mittlerer Naseugang werden durch das
Wachstum der Muscheln gebildet, der untere verdankt
seine Höhe der Ausdehnung der Maxillarregion unter
das Niveau des primären Bezirkes, so daß sich sein
vorderer oder primärer Abschnitt selbständig aulegen
kann. So botta (Würzburg).
977. The origin of the vertebrate limb;
by A. C. Ged de s. 26 Fig. (Joum. of Anat
and Phys. Bd. 46. S. 350. 1912.)
G. stellt Betrachtungen an über den Ursprung
der Wirbeltiergliedmaßen, wobei von der Balfour-
schen Seitenfaltenhypothese ausgegangen wird.
Als Material dienten außer zahlreichen erwach¬
senen Wirbeltieren hauptsächlich menschliche Em¬
bryonen, ferner solche von der Forelle, dem
Axolotl und einige andere. G. unterscheidet bei
jedem Entwicklungastadium eines Wirbeltierembryo
5 Zellregionen von verschiedenem Charakter und
verschiedener Abkunft. Die Grenzen dieser Re¬
gionen sind Linien von starker Zellanhäufung.
An den Punkten, wo 3 Regionen Zusammen¬
treffen, ist die Neigung zur Zell an Sammlung be¬
sonders ausgeprägt. Solcher Punkte gibt es 4
und die Zellanhäufungen, die Bich hier bilden,
liefern bis weit hinab in der Wurzel des Wirbel¬
tierstammes ein Material, das geeignet ist, die
Basis für neue Organe zu bilden, welche das
Tier selber in engere Beziehungen zu seiner
Umgebung zu bringen imstande sind.
So waren die Gliedmaßen bei Beginn ihrer
Entwicklung — und sie sind es auch jetzt noch —
vollständig unabhängig von dem kopfartigen axia¬
len Abschnitt des Embryo, traten aber später
— und tun das jetzt noch — vollkommen unter
dessen Herrschaft.
Die primäre Übereinstimmung zwischen Vor¬
der- und Hintergliedmaße jedereeits ist eine ein¬
fache Spiegelgleichheit, die in den wesentlichen
Teilen der Gliedmaße sich erhält, obwohl sie
durch eine sekundäre homoplastische Konvergenz
verwischt wird, die dadurch bedingt wird, daß
die Gliedmaßen für ein Tier benutzt werden (und
einen Teil dieses bilden), das sich mit dem Kopf
voraus bewegt.
Die Existenz von gerade zwei Paaren von
Gliedmaßen ist ein absolut fundamentales Charak¬
teristikum des ganzen Wirbeltierstammes. Das
gleiche gilt von der frühzeitigen Prädominanz
der Vordergliedmaße vor der -hinteren.
Sobotta (Würzburg).
978. Zur Entwicklung des Wirbeltier¬
auges; von H. Spemann. 15 Abb., 6 Taf.
(Zoolog. Jahrb. [Abt. f. allg. Zoolog, u. Phys. d.
Tiere] Bd. 32. S. 1. 1912.)
Sp.s umfangreiche Mitteilung zur Entwick¬
lung des Wirbeltierauges beschäftigt sich mit
dem Ergebnis von Experimenten bei Amphibien¬
embryonen, namentlich solchen von Rana escu-
lenta und Bombinator paebypus, zum Teil auch
Rana fusca. Die Frage, die mit Hilfe der
Experimente gelöst werden sollte, war die, in¬
wieweit die normalen Linsenbildungszellen zur
Selbstdifferenzierung befähigt sind und inwieweit
der Augenbecher zur Erzeugung einer Linse aus
indifferentem Material imstande ist Die Augen¬
anlage wurde entweder im Neurulastadium oder
erst nach „Schluß der Medullarplatte“ entfernt
(Exzision oder Anstich mit heißer Nadel). Orts¬
fremde Epidermis wurde mit dem Augenbecher in
Berührung gebracht entweder durch Verpflanzung
der primären Augenblase unter eine andere Stelle
der Epidermis oder durch Bedeckung der in situ
bleibenden Augenblase nach Entfernung der
Linsenbildungszellen mit Epidermis einer anderen
Körperstelle.
I. Im ersten Kapitel seiner überaus inter¬
essanten Mitteilung erörtert Sp. die Frage der
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
299
Entwicklung der primären LinsenbildungszeUen
nach Entfernung der Augenanlage in der Medullar-
platte, und zwar zunächst bei Rana esculenta.
Bei Exzision der rechten Vorderhälfte der Him-
anlage im Neurulastadium ergab sich das Resul¬
tat, daß die normalen oder primären Linsen¬
bildungszellen sich unabhängig vom auslösenden
und differenzierenden Einfluß eines Augenbechers
zu einem Linsenbläschen umbilden und zu einer
Linse mit typischen Fasern weiterentwickeln
können. Auch der Anstich mit der heißen Nadel
in die gleiche Vorderhälfte der Hirnanlage braucht
den Keim nicht so zu schädigen, daß er zur Bil¬
dung einer Linse ohne Augenbecher unfähig wird.
Bei Exzision beider Vorderhälften der Hirnanlage
im Neurulastadium ergab sich, daß sich die pri¬
mären Linsenbildungszellen — sicher vom Neu¬
rulastadium ab — gänzlich unabhängig von jedem
auch indirektem Einfluß des Augenbechers zu
Linsenbläschen mit verdickter innerer Wand ent¬
wickeln können. Experimente bei Rana fusca
dagegen lehrten, daß bei dieser Froschspezies
keine spontane Linsenbildung zu erzielen war.
Bei Bombinator pachypus konnte festgestellt
werden, daß diese Unkenart zwar auch primäre
Linsenbildungszellen besitzt, die von den Epi-
dermiszellen der Umgebung verschieden und zur
Umbildung in die Linse vorbereitet sind, daß diese
Zellen jedoch der Mitwirkung des Augenbechers
bedürfen, um in Aktion zu treten, mindestens in
viel höherem Maße als bei Rana esculenta. Sp.
unterzieht dann die Experimente von King bei
Rana palustris und die von M e n c 1 und
Stockard bei Knochenfischen einer kritischen
Betrachtung und faßt seine Ergebnisse und die
der genannten Forscher derart zusammen, daß die
Embryonen verschiedener Wirbeltiere in sehr ver¬
schiedenem Maße die Fähigkeit besitzen, ohne
einen auslösenden und fördernden Einfluß des
Augenbechers eine Linse zu bilden. Eine voll¬
kommen differenzierte Linse kann sicher ent¬
stehen bei Salmo, Fundulus, Rana esculenta; die
ersten Entwicklungsstadien lassen sich beobach¬
ten bei Rana palustris, Andeutungen bei Bom¬
binator pachypus; jede Spur fehlt bei Rana fusca
Sp. faßt diese Differenzen so auf, daß bei all
diesen Formen prädestinierte Linsenbildungszellen
vorhanden sind, die aber zu ihrer Entwicklung in
sehr verschiedenem Maße der Mitwirkung des
Augenbechers bedürfen.
II. Im zweiten Kapitel seiner Studie beschäf¬
tigt sich Sp. mit der Frage der Entwicklung der
primären Linsenbildungszellen nach Entfernung
der Augenblase. Bei Rana esculenta entstand
dann trotzdem eine Linse, also ohne daß der (ent¬
fernte) Augenbecher die Haut berührte, bei Bom¬
binator unter den gleichen Verhältnissen nicht.
Im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Ver¬
suche von Lewis bei Rana palustris und syl-
vatica und von L e C r o n bei Amblystoma punc-
f
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tatum stellt Sp. fest, daß nur Rana esculenta
ein Linsenbläschen entwickelte, während sich bei
den anderen Formen die Linsenbildungszellen
nicht oder nur sehr unvollkommen zur weiteren
Entwicklung befähigt zeigten.
III. Was die Wirkung des Augenbechers auf
transplantierte Rumpfhaut anlangt, so zeigte sich,
daß bei Rana esculenta sowohl wie bei Bombi¬
nator pachypus Rumpfhaut, auf die primäre
Augenblase verpflanzt, entweder gar nicht oder
überhaupt nur sehr schwer dazu gebracht werden
kann, eine Linsenanlage oder gar eine fertige
Linse zu bilden.
IV. Was dagegen die Wirkung des Augen¬
bechers auf transplantierte Kopfhaut betrifft, so
antworten auch die Zellen dieser beim Wasser¬
frosch nicht mit Linsenbildung auf den Reiz des
Augenbechers, während das Gleiche bei Bombi¬
nator (aber nur seitens der Kopf-, nicht der
Rumpfhaut) der Fall ist.
V. Was die Entwicklung der Linse aus ab¬
normen Mutterböden bei ungeschwänzten Amphi¬
bien anlangt, so ist die Bildung einer typischen
Linse aus dem oberen Irisrand, wie sie bei der
Regeneration des Organs bei geschwänzten Am¬
phibien entsteht, außer bei Rana sylvatica, noch
nie beobachtet worden.
Zum Schluß wendet sich Sp. zur Diskussion
der eigenen und fremden Ergebnisse und ent¬
wickelt hierbei auch eine Reihe interessanter Ge¬
danken über die Phylogenese des Wirbeltierauges.
Da einerseits durch eine Reihe von Experimenten
die unabhängige Entstehung der Linse ohne Ein¬
fluß seitens des Augenbechers sicher nach-
gewiesen ist, andererseits ein Einfluß des Augen¬
bechers auf Epidermiszellen, die sonst nie eine
Linse bilden würden, mindestens höchst wahr¬
scheinlich gemacht worden ist, liegt die Frage
nahe, welcher beider Moden der Linsenbildung
phylogenetisch der ursprüngliche war, eine Frage,
die sich wegen Mangels genauer Kenntnisse der
stammesgeschichtlichen Entwicklung des Wirbel¬
tierauges nicht sicher beantworten läßt. Wahr¬
scheinlich hat es, wie die abweichenden experi¬
mentellen Ergebnisse bei zwei Froscharten (Rana
esculenta und Rana sylvatica) zeigen, ein Über¬
gangsstadium gegeben, wo beide Modalitäten
nebeneinander vorkamen. Die Entstehung der
Linse unter dem Einfluß des Augenbeehers kann,
wie Sp. nachweist, auf keiner rein mechanischen
Ursache beruhen, sondern es muß ein spezifischer
Reiz (chemischer?) stattfinden. Nun muß man
annehmon, daß solche spezifischen Reize sich
vererben können, damit die Tatsache erklärt wird,
daß bestimmte Zellen der Epidermis dasselbo Ge¬
bilde allein zu erzeugen vermögen, zu dessen
Entwicklung der Augenbecher andere Epidermis¬
zellen veranlassen kann.
Sobotta (Würzburg).
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300
tL Physiologie.
II. Physiologie.
979. Zur Frage über den Mechanis¬
mus der Wirkung des Fettes als sekretori¬
schen Erregers der Bauchspeicheldrüse; von
B. P. Babkin und H. Ishikawa. (Pflügers
Arch. Bd. 147. S. 288. 1912.)
Im Verlaufe der Fettverdauung wird die
Anregung des Pankreas zur Sekretion hauptsäch¬
lich durch die aus dem Neutralfett gebildeten
freien Fettsäuren und Seifen unterhalten. Die
Fettsäuren, wie z. B. die Oleinsäure, wirken auf
die Bauchspeicheldrüse aller Wahrscheinlichkeit
nach ausschließlich durch Vermittelung der Nerven
ein. Dagegen wirken die Seifen bzw. das Natr.
olein. sowohl durch die Nerven als humoral, und
zwar scheint die Absonderung fester Substanzen
und Fermente auf der Bahn der Nerven, die An¬
regung der Sekretion der flüssigen Bestandteile
des Saftes in erster Linie durch das Blut ver¬
mittelt zu werden. Für die Einleitung einer
Pankreassekretion bei Einbringung von Neutral¬
fett in das Duodenum kommt, wie auch Smirnow
zeigen konnte, offenbar das Neutralfett selbst in
Frage, wenn es auch nicht als starker Sekretions¬
reiz betrachtet werden darf; und im weiteren
Verlauf der Fettverdauung dürfte das Vorhanden¬
sein von Neutralfett von ausschlaggebender Be¬
deutung für die Höhe des Fermentgehalts des
abgesonderten Sekretes sein. Dittler (Leipzig).
980. Zur Physiologie der Pankreas¬
sekretion; von A. J. Smirnow. (Pflügers
Arch. Bd. 47. S. 234. 1912.)
Die Absonderung des Pankreassaftes geht an¬
fänglich im Verlauf von 20—25 Minuten nach
Fetteinführung in das Duodenum offenbar bei
neutraler oder alkalischer Reaktion des Duodenal¬
inhalts vor sich. Gleichzeitig mit der Fettspaltuag
nimmt die Pankreassekretion bedeutend zu. Der
bei Einführung von neutralem Fett in das Duo¬
denum zur Absonderung gelangende Pankreassaft
zeichnet sich durch hohen Gehalt an Stickstoff
und an festem Rückstand und folglich auch an
Fermenten aus. Eine subkutane Injektion von
0,005 g Atropin im Höchststadium der Fettspaltung
verringert nicht die Quantität des zur Absonderung
gelangenden Pankreassaftes, führt aber zu einer
bedeutenden Verringerung des Gehalts an Stick¬
stoff und festem Rückstand bereits nach Ablauf
von 15 Minuten, wobei diese Verringerung auch
weiter anhält. Junkersdorf (Bonn).
981. Einiges zur Frage Uber die perio¬
dische Arbeit des Verdauungskanals; von
B. P. Babkin und H. Isbikawa. (Pflügers
Arch. Bd. 147. S. 335. 1912.)
Seit den Untersuchungen von Schirokich
und TBcheschkow hat man sich vielfach mit
der sogenannten periodischen Tätigkeit des Ver¬
dauungskanals befaßt, welche darin besteht, daß
Darm und Magen in Intervallen von mehreren
Stunden spontan in Bewegung geraten und daß
die Verdauungsdrüsen, ohne daß ein besonderer
Reiz einwirkte, geringe Saftmengen sezemieren.
Die bisherigen Versuche hierüber waren alle bei
leerem Magen und Darm durchgeführt worden.
In vorliegender Untersuchung wird nun gezeigt,
daß die periodische Arbeit des Verdauungskanals
auch dann ungestört vor sich geht, wenn in das
Duodenum eine nicht zu große Quantität neutralen
Fettes oder der Produkte seiner Spaltung einge¬
führt wird. Auch durch mechanische Schleim¬
hautreize an Magen und Dünndarm konnten keine
künstlichen Störungen hervorgerufen werden. Die
periodische Arbeit des Verdanungskanals, und
zwar gerade ihre Auslösung, stellt also eine von
äußeren Einflüssen ganz unabhängige Erscheinung
dar. Dittler (Leipzig).
982. Das Verhalten des Glykogens der
Frösche bei Anoxybiose; von E. J. Lesser.
(Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 325. 1912.)
In vorliegender Untersuchung wird gezeigt,
daß unverletzt ausgeschnittene Froschmuskeln und
ebenso Froscheier nach dreistündigem Sauerstoff-
abschluß bis zu 30°/ o Glykogen weniger enthalten
als die gut mit Sauerstoff versorgten, im übrigen
aber gleichbehandelten Kontrollorgane. Damit ist
bewiesen, daß die Anoxybiose die tierische Zelle
im Sinne einer stark beschleunigten Hydrolyse
des Glykogens zu Traubenzucker beeinflußt, ohne
daß das Nervensystem oder sogenannte Organ¬
hormone etwas mit diesem Vorgang zu tun hätten.
Auf Grund dieser Feststellung diskutiert L. die
Pflügersche Deutung der Folgeerscheinungen dee
Zuckerstichs und greift auf die ursprüngliche
Erklärung Claude Bernards zurück, nach
welcher beim Zuckerstich (höchstwahrscheinlich
über die Nebenniere) eine starke Verlangsamung
des Blutstromes in der Leber und hierdurch
Sauerstoffmangel entsteht, der seinerseits erst eine
verstärkte Hydrolyse des Glykogens bewirkt
Dittler (Leipzig).
983. Fütterungsversuche an Amphibien¬
larven; von J. F. Gudernatsch. (Zentralbl.
f. Phys. Bd. 26. S. 323. 1912.)
Es wurde versucht, ob sich an Kaulquappen
bei Fütterung mit drüsigen Organen verschiedener
Art und Herkunft ein Einfluß auf Entwickelung
und Wachstum nachweisen ließe. Zur Fütterung
wurden verwendet: Thyreoidea, Thymus, Neben¬
niere, Hypophyse, Hoden, Ovarium, Milz, Leber,
Pankreas und Muskel vom Pferd, Rind, Schwein,
Hund, Katze, Kaninchen uaw. Besonders deut¬
liche Resultate ergaben die Versuche mit Thy¬
reoidea und Thymus, die ja auch bei Wachstum
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II. Physiologie.
301
and Differenzierung dee sich entwickelnden Sftuge-
tterorganisnns eine große Rolle spielen, und zwar
waren die beiden Organe in ihrer Wirkung ein¬
ander gerade entgegengesetzt Während bei Ver-
fütterung von Thyreoidea jedes Weiter Wachstum
der Quappen aufhörte und die Tiere sich sofort
zur Metamorphose anschickten, einerlei in welchem
EntwickeluDgsstadium sie sich gerade befanden
(ee resultierten unter Umständen ganz kleine
Zwergfröschchen), so wurde bei Verfütterung von
Thymus der Eintritt der Metamorphose um viele
Wochen hinausgeschoben oder sogar ganz unter¬
drückt; die Quappen zeigten ein außerordentlich
rasches Wachstum, blieben dabei jedoch ganz
undifferenziert
Interessant sind auch die Färbungsunterschiede,
die an verschiedenen behandelten Tieren beobachtet
wurden, z. B. die tiefdunkle Färbung der Thymus¬
quappen (Ausbreitung der Pigmentzellen), die
auffallend helle Farbe der Nebennierenquappen
(Kontraktion der Pigmentzellen) usw.
Eine ausführliche Publikation der Untersuchung
wird in Aussicht gestellt Dittler (Leipzig).
984. Aktionsströme des Nerven im
Elektrotonus; von F. Verzär. (Zentralbl. f.
Phys. Bd. 26. S. 399. 1912.)
V. fand, daß sich die Nervenaktionsstöme im
Elektrotonus außer durch die bekannte Vergröße¬
rung bzw. Verkleinerung der Amplitude auch
dadurch von normalen Aktionsströmen unter¬
scheiden, daß im Katelektronus auf den eigent¬
lichen Aktionsstrom eine außerordentlich lange
schwache Positivität, im Anelektrotonus eine eben¬
falls sehr lange schyrache Negativität folgt. Dieser
Befund weist darauf hin, daß im Nerven, außer
dem Aktionsstrom noch ein zweiter Vorgang bei
der Erregung vorhanden ist, der eine viel längere
Periode hat und dadurch charakterisiert ist, daß
■während seiner Dauer die Polarisierbarkeit dee
Nerven vermindert ist Dittler (Leipzig).
985. Untersuchung über die Aktions¬
ströme anhaltend verkürzter Muskeln; von
A. Fröhlich, und H. H. Meyer. (Zentralbl. f.
Phys. Bd. 26. S. 269. 1912.)
F. u. M. zeigen, daß beim tetanusvergifteten
Säugetier eine Form von Dauerverkürzung der
Skelettmuskulatur vorkommt, bei welcher Aktions¬
ströme nicht nachweisbar sind. Diesen Zustand
von „statischer Dauerverkümmg“ denken sich die
Verfasser in der Weise zustande kommend, daß
der Muskulatur zwar der Impuls zur Kontraktion
■vom Zentralnervensystem aus zu ging, daß aber
der (normaler Weise ebenfalls vom Zentralnerven¬
system ausgehende) Entspannungsimpuls infolge
eines zentralen HemmungsprozeeBee unterbleibt.
Als Analogon zu dem beschriebenen Falle wird
der Schließmuskel der Eerzmuschel (Cardium
tuberculatum) herangezogen, der während seiner
Dauerverkürzung ebenfalls keine Aktionsströme
liefert Dittler (Leipzig).
986. Zur Frage der Sensibilität der
inneren Organe. IV. Mitteilung: Über die
schmerzleitenden Fasern im Nervus splanchnicus
und Grenxstrang des Hundes ; von A. N e u m a n n.
(ZentralbL f. Phys. Bd. 26. S. 277. 1912.)
Es wird nachgewiesen, daß mechanische Rei¬
zung des Magen-Darmtraktus beim Hunde zu
Schmerzäußerungen führt. Entsprechende Feststel¬
lungen am Frosche liegen vom gleichen Autor
bereits vor. Beim Hunde verlaufen die in Betracht
kommenden Fasern für den Dünndarm und den
oberen Teil des Dickdarmes im Splanchnicus, für
den Rest des Dickdarms in Nervenfasern, die
vom Ganghon meeent inf. herkommen. Übrigens
führt der Sympathikus nach Ne um ans Feststel¬
lungen auch sonst sensible Fasern, da die Sen¬
sibilität der Baucheingeweide erst dann voll¬
kommen erlischt, wenn außer den genannten
Nerven die lumbalen Rami communicantes durch¬
schnitten werden. Dittler (Leipzig).
987. Experimentelle Untersuchungen
über die rückläufige Durchströmung par¬
enchymatöser Organe; von F. Breslauer.
(Pflügers Arch. Bd 147. S. 117. 1912.)
Ausgehend von den Erfahrungen, welche über
die Aussichten der Wieting-Paschaschen Operation
(Intubation der Art femoral. in die gleichnamige
Vene) vorliegen, suchte B. an parenchymatösen
Organen (Milz, Niere) experimentell festzustellen,
ob eine rückläufige Durchströmung mit Flüssig¬
keit überhaupt möglich ist Änliche Versuche
hegen z. B. von Coenen und Wiewiorowski
bereits vor. Es ergab sich, daß sich einer rück¬
läufigen Durchströmung unüberwindbare Wider¬
stände entgegenstellen und daß von der Vene
aus eine Injektion des gesamten Organs trotz
geeignet gewählter Injektionsmassen nie gelingt.
Durch Injektion von Milch, die dann im nach¬
träglich fixierten Organ mit Sudan gefärbt wurde,
ließ sich nun zeigen, daß die kleinsten mit kräf¬
tiger Muskulatur versehenen Arteriolen das Hin¬
dernis bilden und daß als Reiz zur Kontraktion
ihrer Muskulatur wahrscheinlich die bei Beginn
der Injektion eintretende Dehnung zu betrachten
ist Die Möglichkeit, daß die Arterien der in
einer unelastischen Kapsel eingeschlossenen Organe
sich einfach deshalb nicht von der Vene aus mit
Injektionsmasse füllen lassen, weil sie infolge der
zuerst eintretenden Volumzunahme der Venen
komprimiert werden, wird von B. gar nicht dis¬
kutiert (Ref.). Dittler (Leipzig).
988. Über den Koronarkreislauf am
Herzen In situ; von P. Morawitz und A.
Zahn. (Zentralbl. f. PhyB. Bd. 26. S.465. 1912.)
Die von M. u. Z. ausgearbeitete Methode be¬
steht darin, daß eine Tamponkanüle vom rechten
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302
II. Physiologie.
Herzohr aus in den Sinus coronarius eingeführt
und die aus derselben pro Zeiteinheit ausfließende
Blutmenge bestimmt wurde. Gleichzeitig wurde
der Blutdruck in der Karotis verzeichnet. Mit
diesem Verfahren wurde unter anderem die Wirkung
des Adrenalins auf die Durchblutung des Herz¬
muskels studiert und gefunden, daß die Ausflu߬
geschwindigkeit des Blutes aus den Kranzgefäßen
vor allem während der, der Injektion folgenden
Blutdrucksteigerung, in geringerem Maße aber
auch nach Wiederherstellung der normalen Blut¬
druckhöhe noch für kurze Zeit gesteigert ist.
Diese bessere Durchblutung kommt wahrschein¬
lich vorwiegend durch eine passive Dehnung der
Koronargefäße bei dem hohen Blutdruck, zum
Teil aber wohl auch infolge einer durch das
Adrenalin bedingten Erweiterung derselben zu¬
stande. Dies letztere würde erst kürzlich mit¬
geteilten Erfahrungen von Brodie und Cullis
am isolierten Herzen entsprechen.
Dittler (Leipzig).
989. Der Verlauf der Druckschwan¬
kungen in den Hohlräumen des Herzens
und in den großen Gefäßen; von H. Piper.
(Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 429. 1912.)
P. bespricht an der Hand einer Kurvenzu¬
sammenstellung die Verhältnisse des Druckab¬
laufes in den verschiedenen Hohlräumen des
Herzens sowie in den großen Gefäßen. Die Kur¬
ven wurden mit dem von Straub angegebenen,
auf Grund der 0. Frankschen Prinzipien ver¬
besserten Troikarmanometer aufgenommen.
Dittler (Leipzig).
990. Mund- und Nasenatmung in ihrem
Einfluß auf die Thoraxbewegung; von L.
Hofbauer. (Pflügers Arch. Bd. 147. S. 271.
1912.)
Die klinische Erfahrung geht dahin, daß der
Luftgehalt der Lungenspitzen bei Mundatmern
gegenüber der Norm fast immer verringert ist
(Krönigsche Atelektase). Zur Erklärung dieser
Erscheinung wurde bisher stets auf eine chro¬
nische Entzündung der Bronchialschleimhaut der
betreffenden Lungenteile rekurriert, die sich in¬
folge der Staubinhalation bei ständiger Mund¬
atm nng zu entwickeln pflegt» In vorliegender
Arbeit wurde es nun wahrscheinlich gemacht,
daß der wahre Grund irgendwo anders zu suchen
ist. Es läßt sich zeigen, daß einerseits die Be¬
teiligung der Lungenspitzen an der Atmung bei
notorischen Mundatmern sofort den normalen Um¬
fang an nimmt, wenn durch die Nase geatmet
wird, und daß andererseits auch bei Nasenatraem
die Atem bewegun gen der oberen Thoraxpartien
nachweisbar geringer werden, sobald die Atmung
ausschließlich durch den Mund erfolgt Dies
hängt einfach damit zusammen, daß beim Atmen
durch die Nase viel größere Widerstände für die
einströmeude Luft gegeben sind und daß infolge¬
dessen durch die Nase viel energischer geatmet
wird als durch den Mund. Bei energischer, ver¬
tiefter Atmung werden die oberen Thoraxteile
aber bekanntlich viel mehr als die unteren zu
der eintretenden Mehrleistung herangezogen.
Dittler (Leipzig).
991. Untersuchungen über die Ge¬
schlechtsunterschiede. Nr. 2: Untersuchungen
mit der Bluißüssigkeit (Hämolymphe) der Insekten;
von I. Dewitz. (Zentralbl. f. Phys. Bd. 26.
S. 215. 1912.)
Die Versuche wurden an den Puppen von
Saturnia pavonia und Satumia pyri angestellt
Sie ergaben im wesentlichen folgendes: das Ver¬
halten der männlichen und der weiblichen Blut¬
flüssigkeit gegenüber gefärbten Indikatoren wie
Indigkarmin, Fuchsin und Methylviolett ist in¬
sofern verschieden, als letztere deutlich stärker
reduzierend wirkt als eretere; nur bei Methylen¬
blau ist es umgekehrt Auch zeigen die Nieder¬
schläge, welche Blut und Indikator miteinander
bilden, bei Männchen und Weibchen nach Korn-
größe und Farbe charakteristische Unterschiede.
Das Blut der Puppen verschiedenen Geschlechtes
ist übrigens schon im frischen Zustande ungleich
gefärbt und läßt sich auch in getrocknetem Zu¬
stand leicht unterscheiden. Dittler (Leipzig).
992. Die Wirkungen von Schilddrüsen-
und Nebennierenprodukten und die sekre¬
torische Innervation der Schilddrüse; von
L. As her und W. E. von Rodt (ZentralbL
f. Phys. Bd. 20. S. 223. 1912.)
In Fortführung früherer Versuche, welche
den Nachweis der inneren Sekretion der Schild¬
drüse durch Reizung ihrer Nerven zum Gegen¬
stand hatte (Asher und Flack), wird in vor¬
liegender Untersuchung zunächst die Wirkung
einer ganzen Reihe von Schilddrüsenprodukten
auf den Kreislauf, auf den Nervus depressor
cordis und den Nervus vagus geprüft Hierzu
wurde selbstbereitetes Kochsalzextrakt von frischen
Hammel- und Kalbsschilddrüsen, Extrakt von
Tabletten von Burrough, Wellcombe <t- Co., Schild¬
drüsen preßsäfte und sterile Kochsalzextrakte voa
Schilddrüsen englischer Herkunft benützt Alle
diese Präparate ergaben bei vorsichtiger intra¬
venöser Injektion beim Kaninchen weder eine
Änderung des Blutdruckes noch der Pulszahl*
wohl aber eine Steigerung der Erregbarkeit von
Vagus und Depressor. Sie wirken also ebenso
wie das Sekret der Schilddrüse selbst Dagegen
blieb Jodothyrin nach dieser Richtung vollständig
wirkungslos.
Ferner wird festgestellt, daß sowohl Schild¬
drüsenextrakt als -sekret die Adrenalin Wirksam¬
keit im Organismus steigert, d. h. daß der wirk¬
same Schilddrüsenstoff den Ort bzw. die Substanz,
an welcher das Adrenalin angreift, sensibilisiert
In Bestätigung dieses Befundes konnte konstatiert
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IIL Physiologische und pathologische Chemie.
303
■werden, daß die Adrenalinempfindlichkeit eines
Tieres mit der Größe seiner Schilddrüse etwa
parallel geht.
Endlich ließ sich zeigen, daß das Adrenalin,
welches in größeren Dosen die Vaguserregbarkeit
bekanntlich herabsetzt oder ganz aufhebt, in phy¬
siologisch kleinen Dosen eine Steigenm g derselben
bedingt. Umgekehrt wurde die Splanchnikus-
erregbarkeit infolge der Reizung der Schilddrüsen¬
nerven gesteigert gefunden. Somit würde sich
alles in allem die wichtige Feststellung ergeben,
daß sowohl die Schilddrüsen- als die Nebennieren¬
produkte auf autonom und sympathisch inner-
vierte Gebilde von Einfluß sind. Die Leistung
der Schilddrüse scheint unter physiologischen
Verhältnissen indes keine funktionsauslöscnde zu
sein, sondern darin zu bestehen, in die Bedingungen
einzugreifen, unter welchen anderweitig ausgelöste
Funktionen des autonomen und des sympathischen
Nervensystems ablaufen. Dittler (Leipzig).
993. Chemische Reizung der Hirnrinde
des Hundes; von G. A mantea. (Zentralbl. f.
Phys. Bd. 26. S. 229. 1912.)
Die chemische Reizung wurde in der Weise
ausgeführt, daß kleine quadratische mit 2proz.
Phenol- oder lproz. Strychninlösung getränkte
Stückchen Filtrierpapier auf verschiedene Stellen
der Großhirnoberfläche aufgelegt wurden. Das
Phenol erwies sich hierbei an allen geprüften
Stellen der Hirnrinde als vollkommen unwirksam.
Die Strychninapplikation auf die sogenannten un¬
erregbaren Zonen (Frontal-, Temporal-, Okzipital¬
lappen) fiel gleichfalls ausnahmslos negativ aus,
sofern man dabei keinerlei motorische Effekte
feststellen konnte. Auch die Einspritzung von
Strychnin an diesen Stellen rief keine erheblichen
Erregungserscheinungen hervor. Dagegen zeigte
sich die Strychninapplikation an den Zentren der
sogenannten motorischen Zone immer sehr wirk¬
sam. Bisher konnte mit Hilfe der chemischen
Reizmethode die Lage der Zentren für die Mus¬
keln der Vorderbeine, der Hinterbeine und des
Kopfes festgestellt werden; sie stimmt mit den
bekannten Angaben von Hitzig und Fritsch
gut überein.
Die lokalisierte Strychninreizung der moto¬
rischen Zentren wurde auch für das Studium
der Wechselwirkung gleichzeitiger Reizungen ver¬
schiedener Rindenpartien benutzt In dieser Be¬
lli. Physiologische und
995. Zwei neue Apparate für den
Laboratoriumsgebrauch; von Ernst Berlin.
(Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 219. 1912.)
Es werden 2 einfache, offenbar sehr praktische
Apparate beschrieben, von denen der erstere zur
Herstellung gasförmiger Salzsäure aus konzentrier¬
ter Salzsäure und wasserfreier Schwefelsäure dient.
ziehung ergab sich beispielsweise, daß durch
gleichzeitige elektrische Reizung des Stirnhirnes,
welches angeblich eine Hemmungswirkung auf
die motorischen Rindenzentren besitzt, keine
Verminderung des chemischen Reizeffektes an
den motorischen Extremitätenzentren herbeizu¬
führen war.
Bemerkenswert ist endlich die Beobachtung,
daß durch sensible Reizungen gewisser Haut¬
stellen die Strychninwirkung auf die motorischen
Rindenfelder deutlich gesteigert werden kann
(Bahnung); umgekehrt ließ Bich zeigen, daß
während der chemischen Reizung des Zentrums
des M. orbicularis oculi die Haut der gleichseitigen
Gesichtshälfte hyperästhetisch ist
Dittler (Leipzig).
994. Recherches sur l’gpreuve de la
diuröse provoquöe (polyurieexperimentale);
par Prosper Merklen. (Joum. d’Urol. 1912.
S. 217.)
M. gibt zuerst eine sehr interressante Be¬
sprechung über den Rhythmus der Harnausschei¬
dung beim gesunden und kranken Menschen.
Ich möchte nur einige seiner Beobachtungen her¬
vorheben: 1. die geringere Urinausscheidung des
gesunden Menschen bei Nacht (Meionuria nocturna,
Pleionuria diurna) und bei aufrechter Haltung
(orthostatische Meionurie, klinostatischePleionurie);
2. die Pleionurie nocturna bei Herzkranken, die
gleichmäßige Ausscheidung bei Nierensklerose.
Die experimentelle Polyurie, an einer Reihe von
Patienten geprüft, läßt insbesondere folgende
Schlüsse zu: 1. Ein großer Unterschied zwischen
der Harnausscheidung beim Liegen und beim
Stehen muß auf eine Störung der Herzfunktion
aufmerksam machen oder wenigstens auf eine
extrarenale Störung, die den Flüssigkeitszufluß
zum Herzen verhindert; 2. die Neigung zur
Gleichheit der Harnausscheidung beim Liegen
und beim Stehen, ebenso bis zu einem gewissen
Grade die Neigung zur Gleichheit der Dichtigkeit
(spezifischen Gewichts) Btellt nach Albarran ein
Zeichen von Nierensklerose dar. — Die9 die
wichtigsten Folgerungen der lehrreichen Arbeit
Das genaue Studium derselben sei jedem anem¬
pfohlen, der sich mit der Frage des Rhythmus
der Harnausscheidung beim gesunden und kranken
Menschen beschäftigen will.
Asch (Straßburg i. Eis.).
pathologische Chemie.
Die beiden Säuren fließen in abstufbaren Mengen
aus getrennten Vorratsgefäßen in ein gemeinsames
Mischgefäß ein, aus welchem das sich entwickelnde
Salzsäuregas in einfacher Weise entnommen wird.
Der zweite Apparat ermöglicht in sinnreicher
Weise die Extraktion spezifisch leichterer Flüssig¬
keiten durch spezifisch schwerere. Die spezifisch
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304
JUL Physiologische und pathologische Chemie.
schwerere Flüssigkeit wird im Röhrensystem des
Apparates durch Vergasen in Zirkulation versetzt,
tropft sodann beständig von oben in die zu ex¬
trahierende leichtere Flüssigkeit hinein und durch¬
wandert sie beim Untersinken in ganzer Schicht¬
dicke. Dittler (Leipzig).
996. Über Wärmetönungen chemischer
Prozesse in lebenden Zellen; von 0. Meyer¬
hof. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 159. 1912.)
Mit sehr feinen exakten Methoden gelingt es,
bei der Atmung von Vogel- und Säugetiererythro¬
zyten eine positive 'Wärmetönung nachzuweisen.
Bei den Vogelerythrozyteu wurde dabei inter¬
essanterweise festgestellt, daß bei der Atmungs¬
hemmung durch Narkotika der gleiche kalorische
Quotient vorliegt, wie bei gewöhnlicher Atmung.
Diese Tatsache zeigt, daß anstelle der gehemmten
Oxydation nicht etwa andere energetische Prozesse
einsetzen, daß also die Hemmung sich nicht auf
den Sauerstoffkonsum, sondern auf den Energie¬
umsatz der Zelle bezieht.
Bei Sauerstoffabschluß sistiert die Wärme¬
entwickelung. Dies wurde außer an Vogelblut¬
körperchen auch am Vibrio Metschnikoff
Btudiert, der insofern ein abweichendes Verhalten
zeigte, als er selbst durch mehrstündigen Sauer¬
stoffabschluß für die nächstfolgende Zeit weder
in der Größe der Atmung noch im Wachstum
nachweisbar geschädigt wurde.
Das Eindringen von Narkoticis in lebende Ge¬
webe bedingt an sich auch dann keinerlei Wärme-
tönung, wenn nicht rein physikalisch wirkende
Stoffe zur Narkose verwendet werden, sondern
solche, deren Wirkungsstärke durch ihre chemische
Konstitution direkt bestimmt wird (Warbürg),
die also chemische Verbindungen mit Bestandteilen
der Zelle eingehen dürften. Dittler (Leipzig).
997. Weitere Untersuchungen über die
Beziehung der Guanidine und Albumosen
zum parenteralen Eiweißverfall und anaphy¬
laktischen Schok; von M. Hevde. (Zentralbl.
f. Phys. Bd. 26. S. 401. 1912.)
Für Metbylguanidin und das Chlorid dieses
Körpers war in einer früheren Untersuchung fest¬
gestellt worden, daß sie an Meerschweinchen und
weißen Mäusen Erscheinungen auslösen, die eine
große Ähnlichkeit mit dem Bilde des anaphy¬
laktischen Schoks besitzen und auch den Sym¬
ptomen gleichen, wie man sie durch Injektion
giftigen Verbrennungsharnes erhält Von diesen
Befunden ausgehend wird in vorliegender Arbeit
untersucht, ob Neurin und Cholin ähnliche Er¬
scheinungen hervorzurufen vermögen, was indessen
nicht xutrifft.
Ferner enthält die Arbeit vergleichende Versuche
über die hemmende Wirkung verschiedener Eiwei߬
abbauprodukte auf den Eintritt des anaphylak¬
tischen Schokes. In dieser Hinsicht ergab sich,
daß durch präventive Behandlung mit Guanidin
ein antianaphylaktischer Zustand erzielt werden
kann. Dagegen ist dem Pepton eine erheblich
niedrigere, den Albumosen überhaupt keine Schutz¬
wirkung zuzuschreiben.
Weiterhin werden Untersuchungen über die
Beziehung parenteral einverleibter Albumosen zur
Entstehung des Fiebers, die von verschiedener
Seite behauptet wurde, angeführt Das Ergebnis
blieb hinsichtlich einer künstlichen Erzeugung vou
Fieber vollkommen negativ; die zum Versuch ver¬
wendeten Kaninchen und Meerschweinchen zeigten
gar keine Reaktion auf die Albumoseninjektionen.
Eine letzte Versuchsreihe wurde zur Prüfung
der Frage unternommen, in wieweit die einzelnen
Substanzen (Guanidin, Imido-Roche, Pepton, Albu¬
mosen) imstande wären, kumulierend oder gegen¬
einander schützend aufzutreten. Es ergab ach
die interessante Tatsache, daß eine einmalige
schwere Guanidin Vergiftung dasselbe Tier gegen
die gleichhohe toxische Gabe schützt und daß sich
die Reaktionsfähigkeit erst nach einiger Zeit wieder
einstellt. Auch hier versagten die Albumosen dem
Pepton und dem Guanidin gegenüber vollständig.
Dasselbe gilt vom Imido-Roche. Dagegen kommt
eine solche Schutzwirkung, wenn auch in schwäche¬
rem Maße, dem reinen und dem Witte-Pepton zn.
Die hier mitgeteilten Befunde scheinen für die
Bedeutung zu sprechen, die den Guanidinen, spe¬
ziell dem Methylguanidin und seinen Derivaten, für
ihre Beziehungen zur parenteralen Eiweißvergif¬
tung zukommt Eine ausführlichere Publikation
der hier nur ganz kurz in ihren Ergebnissen mit¬
geteilten Untersuchungen wird für die nächste
Zeit in Aussicht gestellt. Dittler (Leipzig).
998. Messung von Gewebsoxydationen
in vitro (Leber, Zentralnervensystem); von
R. Usui. (Pflügers Arch. Bd.147. S.100. 1912.)
Es wurde vergleichsweise die Atmung in Blut¬
körperchensuspension überlebender Stücke vod
Leber und Rückenmark untersucht und gefunden,
daß die Oxydationsprozesse im Zentralnervensystem
nicht empfindlicher sind als in den Leberzellen
und den bisher untersuchten Zellen (Bakterien,
Blutzellen) überhaupt. Dies gilt sowohl absolut
sowie relativ. Dabei ist zu bemerken, daß die
verglichenen Organe nicht denselben Tierspezies
entstammten. Für die Hemmung der Oxydations-
prozesse in der Leber ergab sich die (für Blutzellen
und Bakterien schon bewiesene) Gültigkeit des
„Gesetzes der homoLogen Reihen“, nach welchem
Methylphenylketon stärker hemmt als Methyl¬
propylketon und dieses wieder stärker als AzetOD
in entsprechender Konzentration; Phenylurethan
hemmt stärker als Äthylurethan usw.
Dittler (Leipzig).
999. Ober den Purinstoffwecbsel d**
Menschen. EL Mitteilung. Sind die endogenen
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305
HL Physiologische und pathologische Chemie.
Purinkörper Produkte der Tätigkeit der Verdauungs¬
drüsen? von 0. Sivön. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 499. 1912.)
Die Arbeit enthält eine Polemik gegen M a re §,
der in seinen Publikationen die Ansicht vertritt,
daß die endogene Harnsäure ein Produkt der
Tätigkeit der Verdauungsdrüsen sei und ein ge¬
treues Bild von ihrem Umfange gebe. S. vendet
sich auf Grund seines eigenen Verauchsmaterials
und der Ergebnisse von Burian und Schur
gegen diese Auffassung. Nach seiner Meinung
kann man über die endogene Purinbildung nichts
weiter sagen, als daß sie ein Ausdruck gewisser
physiologischer Prozesse in den Zellkernen ist,
ohne daß wir bisher näher präzisieren könnten,
welche Organe oder welche physiologischen Verrich¬
tungen vorzugsweise hierbei in Betracht kommen.
Dittler (Leipzig).
1000. Über die Einwirkung von pro¬
teolytischen Fermenten auf Klupein; von
Eogozifiski. (Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 79.
S. 398. 1912.)
Als wichtigste Resultate sind anzuführen, daß
Klupein durch Trypsin, Pankreatin, Pankreas¬
fistelsaft und Erepsin gerade so abgebaut wird
wie durch Kochen mit starken Mineral säuren, daß
dagegen Pepsin in salzsaurer Lösung keine Spal¬
tung dieses Protamins bewirkt
Junkersdorf (Bonn).
1001. Die Oxyproteinsäure- und Amino¬
säure-Ausscheidung im Harne Gesunder
und Kranker; von Franz Erben. (Prag,
med. Woch. 1912. S. 427.)
Die Oxyproteinsäureausscheidung ist beträcht¬
lich vermehrt bei Phosphorvergiftung, Lysol Ver¬
giftung, gewissen Lebererkrankungen und beim
Diabetes mellitus (bis 3% des Gesamtstickstoffs).
Nicht so beträchtlich, aber immerhin entschieden
vermehrt ist dieselbe bei den Infektionskrank¬
heiten, bei perniziöser Anämie und bei Leukämie.
Normale Werte gaben Sklerose und Nephritis.
Die Aminosäureausscheidung geht mit der Oxy-
proteinsäureausscheidung nicht parallel. Eine be¬
merkenswerte Erhöhung tritt nur bei Leberer¬
krankungen und Phosphorvergiftung auf, außer¬
dem nur noch bei perniziöser Anämie sowie bei
Infektionskrankheiten zur Zeit der Krise oder
Lyse. Sonst ist die Aminosäureausscheidung
vermindert, so bei den fieberhaften Erkrankungen,
wie Masern, Typhus, Erysipel Pneumonie während
des Fiebere, bei Diabetes sub finem vitae; bei
Nephritis. Junkersdorf (Bonn).
1002. Ein Korrektionsfaktor bei der Be¬
stimmung der Hametoffmenge im Harn;
von Th. Ekecrantz und S. Erikron. (Zeitschr.
t phys. Chem. 79. S. 171. 1912.)
Schmidts Jthrb. Bd. 317. H. 4.
Da bei der Bestimmung des Harnstoffs im
Ham mit Rieglerschem Reagens auch andere
stickstoffhaltige Substanzen (Harnsäure Purinbasen,
Kreatinin usw.) zersetzt werden, so hat man wie
bekannt diese Substanzen mit Phosphorwolfram¬
säure und Salzsäure ausgefällt Um diese zeit¬
raubende Fällung zu umgehen, haben E. und E.
durch vergleichende Bestimmungen festgestellt,
daß die Verhältniszahl zwischen der Stickstoff¬
menge in gewöhnlichem und mittels Phosphor¬
wolframsäure und Salzsäure gereinigtem Ham
innerhalb ziemlich enger Grenzen schwankt. Die
Analysen wurden nach der von Ekecrantz
und Södermann angegebenen Modifikation der
Rieglerechen Methode ausgeführt. Nach dieser
wird der Harnstoffgehalt aus der Formel p —
0,2141 x v x g berechnet, wo p = Prozentzahl
des Harnstoffs, v = Stickstoffvolum und g =
Gewicht von 1 ccm Stickstoff in Milligramm bei
herrschender Temperatur und Druck, 0,2141 =
konstanter Faktor ist. Setzt man in der Formel
für den Faktor 0,2141 den von E. und E. er¬
mittelten korrigierten Faktor 0,198 so gibt die
Formel p = 0,198 x v x g den wahren Ham-
stoffgehalt an, ohne vorherige Ausfällung der
Übrigen stickstoffhaltigen Substanzen des Harns.
Junkersdorf (Bonn).
1003. Über ärztliche Elektrolyt- und
Stickstoffbestimmung im Harn und über
einen sehr einfachen Ersatz des Koränyi-
schen Quotienten; von Wunder. (Vereinsbl.
d. pfälz. Ärzte. 1912. Nr. 8. S. 179.)
Mit Hilfe einer einfachen von W. in vorliegen¬
der Arbeit angegebenen Apparatur ist man im¬
stande über den Elektrolyt- und Eiweißstoffwechsel
in kurzer Zeit durch Bestimmen des speziellen
Gewichts und der Stromdurchlässigkeit aus dem
24stündigen Harn sich zu orientieren. Das genau
beschriebene und an Beispielen erläuterte Ver¬
fahren soll es ermöglichen auch in allen patho¬
logischen Fällen schnell und bequem den Stoff¬
wechsel der Mineralstoffe und der Stickstoffkörper
aus dem Harn zu ermitteln.
Junkersdorf (Bonn).
1004. Beitrag zur Kenntnis der Zu¬
sammensetzung der Blasensteine von Bee
wohnern Kleinasiens. Versuch, die Ursach-
ihrer Entstehung zu ergründen; von EmilAbder-
halden und Rudolf Hanslian. (Zeitschr.
f. phyB. Chem. Bd. 80. S. 113. 1912.)
A. u. H. untersuchten eine große Anzahl von
Blasensteinen auf ihre Zusammensetzung. Alle
enthielten Kalzium, die meisten auch Magnesium.
Phosphorsäure war immer vorhanden, manche er¬
gaben noch Oxalsäure. Andere bestanden haupt¬
sächlich aus Karbonaten; es fanden sich auch
Uratsteine. A. u. H. verfolgten mit dieser Unter¬
suchung den Zweck, zu erfahren, ob nicht auf
Grund der Zusammensetzung der Blasensteine
39
--3,5
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306
III. Physiologische und pathologische Chemie.
sich eine Ursache für deren Entstehung oder
wenigstens ein ehest begünstigendes Moment auf¬
finden ließe. Desgleichen wurde Grund- und
Leitungswasser der Stadt Urfa analysiert. Die
Untersuchung ergab ein Resultat, welches sehr
dafür spricht, daß dessen besondere Härte vor¬
nehmlich als Begünstigung der Blasensteinbildung
in Betracht kommt. Sowohl das Quellwasser, als
auch das Grund wasser erwiesen sich als auf¬
fallend hart Junkersdorf (Bonn).
1005. Jets over de beteekenis van het
peptisch ferment in de urine; T. A. Schalij.
(Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1912. S. 116.)
Sch. bespricht 1. die Frage, ob das peptische
Ferment als Ferment oder als Proferment im Ham
anwesend ist und 2. ob der Nachweis des Fer¬
mentes im Ham Bedeutung haben kann als
Differentialdiagnostikum zwischen Achylia gastrica
und Carcinoma ventriculi. Wird Urin längere
Zeit ohne Antiseptikum bewahrt, so behält das
Ferment seine Wirkung. Wird aber erst das
Ferment durch Zusatz von ein wenig Salzsäure
aktiviert so geht nach einiger Zeit die peptische
"Wirkung des Harnes verloren. Dieses spricht
dafür, daß das Ferment (als solches) im Harne
vorkommt Sch. konnte diese Auffassung durch
einen zufälligen Befund stützen, indem er die An¬
wesenheit eines peptischen Fermentes in einem
Harne, welcher 3 Jahre bei ihm in einem Schrank
stehen geblieben war, nachweisen konnte.
Im Harne desselben Patienten war aber nach
einigen Wochen das Ferment nicht mehr zu
finden, wenn zuvor das Ferment durch Salzsäure
aktiviert worden war.
Was die Frage der Differentialdiagnose be¬
trifft, so vertritt der Autor auf Grand eigener
Beobachtungen folgende Auffassung: Wenn bei
guter peptischer Wirkung des Harnes eine schlechte
peptische Wirkung des Mageninhaltes gefunden
wird, so spricht dieser Befund eher für Krebs
als für Achylia. Er erklärt sich die Sache so,
daß bei Achylia eine totale Atrophie der Magen¬
mukosa stattfindet und also kein sezemierendes
Epithelium übrig bleibt, während bei Carcinoma
ventriculi zwar ein erheblicher Teil der Mukosa
zerstört wird, aber immer noch ein Teil intakt
bleibt Die sezeraierte Salzsäure wird dann in
dem karzinomatös entarteten Magen sehr stark
gebunden, das Pepsin aber bleibt nachweisbar.
Bei seinen Fermentbestimmungen verfuhr Sch.
nach der Fuld-Levisonsche Edestin-Methode.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
1006. Ober den Eisengehalt der Frauen*
und Kuhmilch; von F. v. Soxhlet. (Münchn.
med. Woeh. 1912. S. 1529.)
v. S. hat Frauen- und Kuhmilch auf ihren
Eisengehalt hin untersucht Die Eisenbestimmung
wurde nach der kolorimetrischen Titriermethode
ausgeführt, die auf der Rotfärbung gelöster Eisen¬
oxydsalze durch Rhodanammonium beruht Die
Kuhmilch enthält durchschnittlich nur ein Drittel
vom Eisengehalt der Frauenmilch, sehr oft nur
ein Fünftel, sehr selten etwas mehr wie die
Hälfte, bei Verdünnung also entsprechend weniger.
Nach Ansicht v. S.s ist das blasse Aussehen
vieler künstlich ernährter Kinder auf Eisenhunger
zurüclfzuführen. Da durch Eisenverfütterung aa
Tiere die Milch derselben nicht nennenswert eisen¬
haltiger gemacht werden kann, wird man wohl,
um Eisenhunger sicher zu vermeiden, der Kuh¬
milch ein Eisenpräparat zusetzen müssen.
Junkersdorf (Bonn).
1007. Die Verdauung des Kaseins durch
Pepsin vom Kalb, Schwein und Rind; von
W. van Dam. (Zeitschr. f. phys. Chem. BcL 79.
S. 247. 1912.)
Es wird gezeigt, daß die Verdauung von
Kasein durch das Magenenzym vom Schwein,
Kalb und Rind in Lösungen von Salzsäure,
Natriumhydrophosphat, Gemischen von Salzsäure
und auch Essigsäure mit Natriumazetat, kurz in
Lösungen von solcher H-Ionenkonzentration, daß
noch kein Kasein darin löslich ist, der öe-
rinnungsgeschwindigkeit parallel geht
Junkersdorf (Bonn).
1008. Untersuchungen über die Bil¬
dungsstätte der Ätherschwefelsäuren imTier-
körper; von Fritz Lade. (Zeitschr. f. phys.
Chem. Bd. 79. S. 327. 1912.)
L. zieht aus seinen Versuchen, die er an
Hunden mit Eickscher Fistel angestellt hat, den
Schluß, daß funktionelle Leberausschaltung keinen
Einfluß auf die Ausscheidung der Ätherschwefel-
säuren hat Die Ausscheidung vor und nach der
Operation bleibt im wesentlichen dieselbe, auch
dann, wenn Körper, die als Ätherschwefelsäure
ausgeschieden werden und eine Steigerung her¬
beiführen, gereicht werden (Phenol, Kresol usw.).
Wohl wohnt der Leber eine entgiftende Eigen¬
schaft inne, die man noch nicht näher kennt
Die Möglichkeit zur Synthese der Ätherschwefel¬
säuren besteht nach Ansicht L.s überall im Körper
(auch in der Leber), vor allem aber im Darm,
solange man den Darm als einzige Bildungsstätte
der für diese Synthese in Betracht kommenden
Eiweißspaltungsprodukte noch ansehen muß.
Junkersdorf (Bonn).
1009. Verhalten der Kohlehydratphos¬
phorsäureester im Tierkörper; von Hans
Euler. (Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 79. S. 373.
1912.)
Während Kohlehydratphosphorsäureester durch
Pepsin und Pankreatin nicht gespalten werden,
weiden sie durch ein Darmenzym, durch Bao-
terium coli und durch ein in der Niere des
Pferdes enthaltenes Enzym abgebaut Bei der
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
307
Verfüttenmg an Hunde geht daß Kalziumsalz des
Kohlehydra tphosphorsäureesters größtenteils als
anorganisches Phosphat in den Ham über.
Junkersdorf (Bonn).
1010. Der Glykogenstoffwechsel der
Weinbergschnecke (Helix pomatia) im
Winterschlaf und beim Auskriechen; von
Bernhard Schöndorff. Vorläufige Mittei¬
lung. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 151. 1912.)
Der Glykogengehalt eingedeckelter Schnecken
bleibt während der einzelnen Monate des Winter¬
schlafs konstant. Die Leber enthält merkwürdiger¬
weise fast dieselbe Menge Glykogen wie der
Körper. Bei vorzeitigem Auskriechen sinkt der
Glykogengehalt nur wenig, bei längerem Auf¬
enthalt in feuchter Wärme verschwindet das
Glykogen allmählich. Nach normalem Auskriechen
(Ende März) sinkt der Glykogengehalt mehr und
mehr und bleibt auch bei Fütterung auf diesem
niedrigen Stande stehen. Junkersdorf (Bonn).
1011. Experimentelle Beiträge zur Phy¬
siologie des Darmes; von Peter Bona und
Paul Neukirch. (Pflügers Arch. Bd. 146.
S. 371. 1912.)
R. u. N. untersuchten eine große Anzahl von
organischen Stoffen hinsichtlich ihrer Wirkung
auf die Darmbewegung. Es waren dies orga¬
nische Säuren, Aminosäuren, Oxysäuren, Alko¬
hole, Ester, Harnstoff, Kreatinin u. a. m. Von
all diesen Körpern waren nur der Traubenzucker,
•die Mannose und brenztraubensaures Natrium
direkt wirksam. Ebenso konnten sie feststellen,
daß nur Sauerstoffgas die Bewegung des Darms
zu unterhalten vermag, nicht dagegen Wasser¬
stoff, Stickstoff oder Kohlensäure.
Aus der Tatsache, daß in einer Tyrodeschen
Nährlösung, die mit Traubenzucker versetzt ist,
der Traubenzuckergehalt abnimmt, wenn sich in
derselben eine unverletzte Dannschlinge befindet,
und daß diese Abnahme auch bestehen bleibt,
wenn die Darmschlinge aufgeschnitten und damit
ihre Bewegungsfähigkeit äußerst gering wird,
schließen sie, daß der Zuckerverbrauch nicht nur
auf Rechnung der Bewegung zu setzen ist, son¬
dern auch unabhängig von dieser eintritt, sogar
bei Abwesenheit von Sauerstoff; mit anderen
Worten, der Darm ist befähigt Zucker zu zer¬
stören. Junkersdorf (Bonn).
1012. Beitrag zur Wirkung der Mineral¬
substanzen im Tierkörper; von O. Hage-
mann. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 455. 1912.)
Der Gehalt der Nahrung an Mineralsubstanzen,
vor allem Kalk und Phosphorsäure, spielt [beim
wachsenden Tiere (Hammel) eine bedeutende Rolle.
Mangel an diesen Substanzen hat eine Verringerung
der Assimilation der stickstoffhaltigen Körper zur
Folge. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei
die Art der Vermengung resp. Verteilung der
Mineralsubstanz im Futter. Als besonders vorteil¬
haft in letzterer Beziehung erwieß sich der Finkler-
sche Vermahlungsprozeß. Die Versuche sollen
noch auf andere pflanzenfressende Haustiere aus¬
gedehnt werden. Junkersdorf (Bonn).
1013. Biolytische Spaltung des Glutins.
I. u. H. Mitteilung; von W. S. Ssadikow.
(Biochem. Zeitschr. Bd. 41. S. 287 u. 298.
1912.)
S. bezeichnet als Biolyse EiweißspaltUDgen, die
sich von der Hydrolyse mit Säuren, Basen und
Fermenten dadurch unterscheiden, daß sie durch
Lebensvorgänge zustande kommen.
So wird Gelatine von Bakterien zerlegt, indem
als Bausteine Fettsäuren und Aminbasen auftreten.
An der Biolyse nehmen auch synthetische Vorgänge
teil. S. glaubt auf Grund seiner Versuche, die
Aminosäuren als sekundäre synthetische Produkte
der Hydrolyse der Eiweißkörper bezeichnen zu
müssen. Junkersdorf (Bonn).
1014. Zur Kenntnis der Enzyme der
Ovarien; von Walther Löb und S. Gutmann.
(Biochem. Zeitschr. Bd. 41. S. 445. 1912.)
Zusammenfassung: In den Schweineovarien
sind Katalase, Diastase, Lezithase, Lipase, eiwei߬
spaltende Enzyme vom Typus des Pepsins und
Trypsins, Urease und Nuklease zugegen ; während
Peroxydase, Invertase, Laktase, glykolytisches
Enzym, Desamidase, Tyrosinase fehlen.
Junkersdorf (Bonn).
1015. Untersuchungen über die Bezie¬
hung der Geschlechtsdrüsen zum Kalkstoff¬
wechsel; von Felix Reach. (Biochem. Zeitschr.
Bd. 42. S. 69. 1912.)
Die Untersuchungen wurden an Mäusen an¬
gestellt. Die Weibchen erwiesen sich als kalk¬
reicher als die Männchen und zwar waren die
Normaltiere beider Geschlechter kalkreicher als
die Kastraten. Nach Ansicht R.s liegt darin ein
sekundärer Geschlechtsunterschied vor.
Junkersdorf (Bonn).
IV. Mikrobiologie und Serologie.
1016. Vergleichende U ntersuch u ngen über
verschiedene Choleraelektivnährböden ; von
Haendel und Baerthlein. (Arb. a. d. kaiserl.
Gesundheitsamts Bd. 40. S. 357. 1912.)
Es werden vergleichende Untersuchungen über
die Leistungsfähigkeit des Dieudonnöschen Blut-
alkaliagare und einiger, von verschiedenen Autoren
angegebener Modifikationen desselben für die Cho-
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308
IY. Mikrobiologie and Serologie,
leradiagnose angestellt In den Kreis ihrer Be¬
trachtungen ziehen H. u. B. die Modifikationen von
Neufeld und Woithe (Zusatz von Milchsäure),
von Esch (H&moglobinnatronagar), von Pi Ion
(Blutsodaagar) und getrockneten DieudonnöBchen
Blutalkaliagar. Eis können bezüglich der Wachs¬
tums- und entwickelungsfördernden Eigenschaft
für verschiedene Cholerastämme keine wesent¬
lichen Unterschiede zwischen dem Dieudonnöschen
Originalnährboden und seinen Modifikationen fest¬
gestellt werden. Die Agglutinationsfähigkeit der
Cholerakulturen wird durch das Wachstum auf
den Elektivnährböden nicht wesentlich, jedenfalls
nicht derart vermindert, daß dadurch die Dia¬
gnosestellung beeinträchtigt würda Choleraähn¬
liche Vibrionen kommen auf dem EschBchen und
dem Pilonschen Nährboden ebenso gut zur Ent¬
wicklung wie echte Cholera. Auf dem Dieu-
donnö-Originalagar ist bei den meisten Yibrionen-
Btämmen das Wachstum spärlicher, auf dem
Neufeld-Woitheschen Nährboden wird das Wachs¬
tum von Yibrionenstämmen noch öfter völlig oder
fast vollständig unterdrückt. Die Entwicklung von
Stuhlbakterien wird durch den Nährboden nach
Neufeld-Woitheund den Dieudoncoschen Ori¬
ginalagar am besten zurückgehalten. Die schwächste
Wirkung übt in dieser Hinsicht der Nährboden
nach Esch aus. Auf allen untersuchten Platten
wurden von den Choleravibrionen die Stuhlbak¬
terien, wie auch die künstlich zugesetzten Para¬
typhus- und Gaertner-Bazillen vollständig über¬
wuchert Bei den Cholerauntersuchungen in der
Praxis kommt als einziger Konkurrent auf den
Elektivnährböden der Bac. faecal. alcalig. in Be¬
tracht. Im ganzen ergibt sich, daß sich der
Dieudonnösche Originalagar am besten bewährt
Er hat allerdings den Nachteil, daß er erat circa
18—24 Stunden nach dem Ausgießen der Platten
brauchbar ist Ihm kommt am nächsten der
Nährboden von Neufeld und Woithe, der
auch den Vorteil hat, nach ^stündigem Trocknen
der Platten im Brutschrank sofort brauchbar zu
sein. Allerdings behält er seine Elektivität für
Cholera nur verhältnismäßig kurze Zeit und kann
gelegentlich versagen, indem auch Cholera auf
ihm nicht zur Entwicklung kommt.
Weiter wird eine vergleichende Prüfung des
von Ottolenghi angegebenen Galleanreiche-
rungsverfahrens für Cholera gegenüber der bisher
geübten Pepton Wasseranreicherung durchgeführt.
Es erscheint H. u. B. für die Praxis vorteilhaft,
beide Verfahren gleichzeitig nebeneinander anzu¬
wenden, da sie sich nach den erhaltenen Ver¬
suchsergebnissen gegenseitig ergänzen können.
Koenigsfeld (Breslau).
1017. Ober den Werl der Gärungsprobe
bei 46° von Eijkman; von F. BL Hehewerth.
(ZentralbL f. Bakt. Bd. 65. S. 213. 1912.)
Nach Eijkman ist die sonst allgemein an¬
genommene Ubiquität des Bact coli in der Natur
nur eine scheinbare. Stellt man an seine Eigen¬
schaften strengere Anforderungen (siehe auch
Christian, Arch. i Hyg. 1905) so stellt sich
heraus, daß man unter dem Sammelnamen des
Kolonbazillus eine Gruppe von Arten zusammen¬
faßt und nicht, wie der Name doch andeuten
soll, einen Darmbewohner. Das Bact coli des
menschlichen Darmes vergärt nach Eijkman
Glukose auch bei 46°, während dieselben Bazillen
der Kaltblüter oder ähnliche dies Vermögen nicht
besitzen.
H. hat an einer großen Anzahl von Koli-
stämmen, aus dem Menschen gezüchtet, Nach¬
prüfungen angestellt Er kommt zu dem Urteil,
daß die Eigenschaft Glukose bei 46° C. zu ver¬
gären ebensowenig wie beispielsweise die Fähig¬
keit Saccharose bei 37° zu vergären, eine obli¬
gate Eigenschaft des echten menschlichen Darm-
hazillus ist Sie ist vielmehr eine fakultative
Eigenschaft des Kolibazillus, welche außerdem
durchaus nicht hei der Mehrzahl der Koh-Stämme
gefunden -wird.
Die Eijkmansche Gärungsprobe wäre demnach
also nicht die sichere Methode menschliche Ver¬
unreinigungen im Wasser festzustellen, für welche
sie bis dahin vielfach gehalten wurde.
Seitz (Bonn).
1018. Der Bacillus bulgaricus als Heil¬
faktor bei Erkrankungen der oberen Luft¬
wege und der Bronchien; von ElemerTö'
völgyi. (Orvosi Hetilap 1912. S. 403.)
Entgegen den Erfahrungen von North kam
T. zur Überzeugung, daß der Bac. bulgaricus bei
Erkrankungen der oberen Luftwege und der
Bronchien vollkommen unwirksam ist Die gün¬
stigen Resultate, die bei Bronchitiden erzielt wur¬
den, schreibt T. eher dem Ephraimschen Spray
zu, und hält jeden Optimismus in bezug anf die
therapeutische Wirksamkeit des Bac. bulgaricus
für unberechtigt Rosenthal (Budapest).
1019. Über neuere bakteriologische Be¬
funde bei Ruhrerkrankungen; von Baerth-
lein. (Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 16.)
In 60 Krankheitsfällen, die unter dem Bilde
der Ruhr verlaufen waren, wurden Bakterien¬
stämme isoliert, welche, wenngleich von örtlich
verschiedenen Krankheitsherden herrührend, den¬
noch morphologisch, kulturell und serologisch
denselben Typ darstellen. Zweifellos handelte es
Bich um Dysenteriebazillen, sie zeigen aber kul¬
turell und serologisch feststellbare Differenzen.
Mit Hilfe der Caatellanischen Absorptionsmethode
stellte Kruse bereits außer den 3 Grundtypen
noch weitere 6 selbständige Ruhrtypen fest; die
Zahl der Abarten der echten Shiga-Kruseschen
Ruhrbazillen dürfte demnach wiederum vergrößert
werden.
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
309
B. macht mit Recht darauf aufmerksam, daß
man sich hüten, sollte, auf Aussaatplatten aus¬
schließlich nach einem bestimmten Kolonientyp
zu suchen und beim Fehlen desselben von einer
weiteren Prüfung der Kolonien abzusehen. Auch
bei frisch aus dem Menschen isolierten Material
kann es Vorkommen, daß bereits auf den ersten
Platten verschieden wachsende Kolonieformen der¬
selben Kultur sich finden. Seitz (Bonn).
1020. Experimentelle Untersuchungen
Ober das Bacterium coli als Eitererreger;
von 0. Hess. (D. med. Wocb. 1912. Nr. 30.)
Da die eitererregende Fähigkeit des Bacterium
coli noch nicht ganz sicher festgestellt ist, hat
H. Tierversuche in dieser Richtung angestellt an
Kaninchen, mit verschiedenen aus gesunden, sowie
typhösem Stuhl und einer Zystitis isolierten Stäm¬
men. Die Versuche, welche hier nicht eingehend
besprochen werden können, haben den Beweis
erbracht, daß das Bact. coli im Tierkörper Eite¬
rung erzeugen kann, und daß dieses Bakterium
mithin den Eitererregern zuzurechnen ist
Seitz (Bonn).
1021. Über die Typhustoxine und ihre
pathogene Wirkung; von R. Arima. (Zen¬
tral«. f. Bakt Bd. 63. S. 424. 1912.)
Nach A. bildet der Typhusbazillus nicht nur
das bis jetzt bekannte Endotoxin, sondern noch
ein anderes, echtes Toxin, Exotoxin. Dieses soll
hauptsächlich die leichteren Prodromalerscheinun¬
gen des Typhus verursachen, während die charak¬
teristischen Darmveränderungen auf Konto des
Endotoxins zu setzen wären. Die Trennung bei¬
der Gifte ist leicht; sie wirken hauptsächlich auf
Ziegen, weniger auf Kaninchen, temperaturstei¬
gernd, lähmend auf die Extremitäten, hämorrha¬
gisch entzündend auf die parenchymatösen Organe.
Das Endotoxin außerdem erzeugt im Experiment
die typischen typhösen Geschwüre des Dünn¬
darms. Seitz (Bonn).
1022. Warum eine Choleraepidemie nach
einem heftigen Gewitter für längere Zeit
verschwindet; von C. O. Gelpke. (Korresp.-
BL f. Schweizer Ärzte 1912. Nr. 21.)
G. bezeichnet diesen Aufsatz als Bruchstück
eines Vortrags, welchen er vor 12 Jahren in
Batavia hielt. In der Tat, die Arbeit mutet an
wie eine Reminiszenz aus längst verklungenen
Zeiten — epidemiologisch gesprochen —; wird
hier doch allen Ernstes der Versuch unternom¬
men , die Pettenkofersehe Grundwassertheorie
durch eigene Beobachtungen zu stützen. Ange¬
sichts des erdrückenden Materials, welches Robert
Kochs Theorien zum Siege verhalf, gibt es wohl
im deutschen Reiche heute niemand mehr — ab¬
gesehen von dem kleinen Häuflein der unent¬
wegten Bannerträger des großen Münchner Hy¬
gienikers — welcher ernsthaft an der Grund-
wasaertheorie festhielte. So möchte auch der
Beitrag G.s nur mehr historisches Interesse be¬
sitzen. Seitz (Bonn).
1023. Over den bacillus paralyticans
(longus en brevis); van W. Ford Robert¬
son door B. P. Sormani. (Nederl. Tijdschr.
voor Geneeek. 1912. S. 363.)
Ford Robertson behauptet seit 1906 die
Bakterien gefunden zu habeD, welche Dementia
paralytica und Tabes dorealis verursachen sollten.
Er findet seine Bakterien in der Urethra- und
Naeenschleimhaut seiner Patienten und auch in
Teilen des Zentralnervensystems, er hat Rein¬
kulturen gezüchtet, Bestimmungen des „intra-
korpuskulären phagozytären Iudex“ gemacht, Tier¬
versuche angestellt, schließlich Sera und Vakzine
bereitet und mit einer kombinierten Sera- und
Vakzinemethode eine Anzahl Patienten behandelt
mit glänzendem Erfolg. Besonders in Amerika
hat F. R Anhänger, unter denen O’Brien der
bekannteste ist. Dieser hat noch schönere Er¬
folge als sein Lehrer und findet bei 90% seiner
Dementia paralytica- und Tabes dorsalis-Patienten
positive Komplementbindungsreaktionen mit Ex¬
trakten aus Kulturen des Bacillus paralyticans. —
Dem Rat Winklers zufolge hat Sormani
Ford Robertson besucht und später sich von
ihm Kulturen, Nährböden und Sera schicken
lassen und dieselben genau untersucht. Das Re¬
sultat war ein völlig negatives. F. R. hat ihm
während seines Aufenthaltes in Edinburg ver¬
schiedene Kulturen gezeigt von aus Nasenschleim¬
haut und Urethra gezüchteten Bakterien. Die
Gehirn präparate von Menschen und Versuchs¬
tieren, weiche die Theorie stützen sollten, waren
verblichen. In einem Präparat wurden S. Bak¬
terien gezeigt, welche er nicht von vulgären
Kokken zu unterscheiden vermochte. Als Ver¬
suchstier wurde ein Kaninchen gezeigt, das krank
war und schlaffe Hinterbeine hatte (und nach
F. R. au Tabes litt) und ein anderes Kaninchen,
das dement sein sollte, aber an dem Tag, wo S.
das Tier sah, die Dementiaerscheinungen zu zeigen
weigerte. Drei Patienten, die S. in Edinburg sah,
zeigten ebenso wenig direkt nachweisbare Besse¬
rung, als ein von Winkler an F. R geschickter
Patient
Bei Untersuchung der von F. R. nach Amster¬
dam geschickten Kulturen fand S., daß diese auf
die von F. R als notwendig empfohlene „Ebyno-
hämoglobine-Agar“ gut zu züchten waren, aber
ebenso gut und — zum Teil noch besser — auf
Serumbouillon. In 20 Lumbalflüssigkeiten von
Dementia paralytica- und Tabes dorsalis-Patienten
konnte S. niemals die F. Rachen Bazillen nach-
weisen. Auch mit serologischen Untersuchungen
war das Ergebnis ein absolut negatives.
Bei drei Patienten wurde das F. Rsche Serum
eingespritzt (die meisten der geschickten Flaschen
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310
IV. Mikrobiologie und Serologie.
■waren nicht steril und also unbrauchbar), gleich¬
falls ohne Resultat
Auf Grund dieser Erfahrungen warnt S. seine
Kollegen vor der F. R.schen Behandlung.
In einer Nachschrift teilt S. (zur Antwort auf
betreffende Fragen von Kollegen) mit, daß er
F. R. den Inhalt seiner Publikation vor dem Druck
kommuniziert hat F. R. hat hierauf nicht geant¬
wortet Storni van Leeuwen (Utrecht).
1024. Second note on bacterial Invasion
of the blood and the cerebrospinal fluid
by way of lymph nodes: findings in bron¬
chial and retroperitoneal lymph nodes; by
E. Southard et M. M. Canavan. (Boston
med. and surg. Journ. Bd. 47. S. 109.)
S. und C. hatten bei früheren Untersuchungen
gefunden, daß bei postmortalen Kulturen mehr
Bakterien aus der Zerebrospinalflüssigkeit als
aus dem Blut wuchsen. Da besonders häufig
aus der Zerebrospinalflüssigkeit und den Mesen-
terialdrüsen Bakterien aufgingen, vermuteten sie,
daß die Invasion in die Meningen von den Lymph-
drüsen auf dem Blutwege erfolge, wobei die
Bakterien im Blut durch dessen Bakterizidie ab¬
getötet werden. Bei den Bronchialdrüsen ist dieses
Verhältnis nach den vorliegenden neuen Ver¬
suchen umgekehrt, indem die Kombination von
positivem Befund gleichzeitig in der Zerebro¬
spinalflüssigkeit und den Bronchialdrüsen sehr
selten ist Positives Wachstum gleichzeitig mit
der Zerebrospinalflüssigkeit fand sich am läufig¬
sten in den Mesenterialdrüsen, 55°/ 0 , in den
retroperitonäalen Drüsen, 52%, in den Bronchial¬
drüsen bloß in 35%. Es ist wahrscheinlich, daß
die gefundenen Bakterien auch intravital von
Bedeutung sind. Walz (Stuttgart).
1025. The occurrence of trichomonas
hominis in gastric contents with a report
of two cases ; by F. S m i t h i e s. (Amer. Joum.
of the med. Sc. Bd. 144. S. 82.)
S. fand bei 2 Frauen, die früher in sub¬
tropischem Klima gewohnt hatten, ungekochtes
Wasser und oft ungekochte Vegetabilien und Obst
genossen hatten, enorme Mengen Trichonomaden
im Stuhl. Es bestand trotzdem Verstopfung in
beiden Fällen, gastrointestinale Symptome prä¬
dominierten: Übelkeit, Flatulenz, Kolik, Kopfweh.
Walz (Stuttgart).
1026. Influenza dei portatori di germi
nella diffusione dellafebbre mediterranea;
per A. Missiroli. (Rif. med. 1912. S. 871.)
Man kann beim Maltafieber drei Kategorien
von Bazillenträgern unterscheiden: solche, die
völlig gesund sind und auch nicht später irgend¬
welche krankhafte Symptome bekommen, dann
solche, die schon lange vor Ausbruch der Krank¬
heit die Erreger bei sich beherbergen, wobei es
sich also nur um eine verlängerte Inkubationszeit
handelt, und schließlich solche,, die nach Über¬
stehen der Krankheit noch Bazillen zurück¬
behalten. M. beobachtete eine Epidemie von
Maltafieber in einer Strafanstalt. Trotz aller nur
erdenklichen Vorsichtsmaßregeln erkrankten im
Verlauf von 3 Monaten 32 Sträflinge, ohne daß
es gelang, der Erkrankung Einhalt zu gebieten.
Das glückte erst, nachdem durch Serodiagnose
bei 4 gesunden Sträflingen das Vorhandensein von
Keimen nachgewiesen und die Bazillenträger
isoliert waren. Aus dem Blute des einen von
diesen ließ sich der Micrococcus Brucei isolieren.
Die 4 Bazillenträger wurden streng beobachtet,
und bei allen brach die Krankheit aus, bei einem
erst am 16. Tage.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1027. Merkwaardige parasieten in een
geval van Malaria tertiana; van H. M. Neeb.
(Geneesk. Tijdschr. voor Nederl. IndiS 1912. S. 1.)
Bei einem Kind, das seit einiger Zeit Fieber¬
anfälle gehabt, aber noch kein Chinin bekommen
hatte, wurde im afebrilen Stadium Blut zur Unter¬
suchung abgenommen. N. fand hierbei ein sehr
merkwürdiges Blutbild, wovou er eine ausführ¬
liche Beschreibung mit sehr schönen gefärbten
Abbildungen gibt.
Außer einem ungeschlechtlichen Zyklus und
einer Parthenogenese von Makrogameten fand N.
in seinen Präparaten geißeltragende Parasiten, die
er für weibliche — aus Makrogameten durch
atypische Teilung entstandene — Tertdanproto-
zoön hält, welche letztere Erscheinung er als
Beweis für das Vorhandensein eines geschlecht¬
lichen Zyklus betrachtet. Der geschlechtliche
Befruchtungsprozeß braucht also nach seiner Auf¬
fassung nicht ausschließlich in dem Magen der
weiblichen Anopheles vor sich zu gehen — wie
bis jetzt allgemein angenommen wurde — sondern
kann auch im zirkulierenden Menschenblut statt¬
finden. Außer der Parthenogenesis der Makro¬
gameten könnte also auch der geschlechtliche
Zyklus im Menschenblut als Ursache der Malaria¬
rezidiven angesehen werden.
De Haan, Gryns und KiewietdeJonge
bestätigen die von N. wahrgenommene Tatsachen,
halten es aber nicht für ausgeschlossen, daß neben
einer gewöhnlichen Malariainfektion eine Infektion
mit irgend einem anderen Blutparasit vorlag.
N. bestreitet diese Auffassung u. a. auf Grund
der prompten Chininwirkung.
Storni van Leeuwen (Utrecht).
1028. Bloedzuigende insecten; van A. J.
Salm. (Geneesk. Tijdschr. voor Nederl. Indiö
1912. S. 252.)
Genaue Beschreibung mit Abbildungen von
4 Arten blutsaugender Mikrodipteren: Geratopogon
Stimulans, Ceratopogon Salm i, Ceratopogon (For-
dpomyia) vexans und Oulicoides Pungens.
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
311
Diese Parasiten kommen in verschiedenen
Gegenden Niederl. Ost-Indiens vor. Die Einge¬
borenen nennen sie Agas oder Meroetoes.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
1029. Können AnophelesmQcken Malaria
übertragen, oh ne sich an Malariakranken
verseucht zu haben? von Ch. Fermi und
S. Lumbau. (Zentralbl. f. B&kt. Bd. 65. S. 105.
1912.)
Anophelesmücken können sich nur an malaria¬
kranken Menschen infizieren; wenn die Anophelen
Fledermäuse, Sperlinge oder Eulen aus Malaria¬
gegenden gestochen haben, so sind sie dennoch
nicht infektionsfähig. Seitz (Bonn).
1030. Über die Ätiologie der Tsutsu¬
gamushi (-Kedani) Krankheit; von M. Ogata.
(Zentralbl. f. Bakt. Bd. 65. S. 98. 1912.)
In Flußgebieten Japans verbreitete Krankheit,
deren Symplomenkomplex hauptsächlich durch
kontinuierliches Fieber, Lymphdrüsenschwellungen
und Durchfälle bedingt wird. Sie wird verur¬
sacht durch einen Fadenpilz, welcher den Asko-
myeeten nahe steht Überträger ist eine Milbe.
Seitz (Bonn).
1031. Über Anaphylatoxin; von E. Fried¬
berger und A. Moreschi. (Berl. klin. Woch.
1912. Nr. 16.)
Zu den chemisch definierten Substanzen, die
das Symptomenbild der Anaphylaxie erzeugen,
gehört neben anderen Eiweißspaltprodukten auch
das von Barger und Dale neuerdings studierte
/9-Imidazolyläthylamin. Mit minimalen Mengen
dieses Körpers gelingt es bei Tieren ein Ver¬
giftungsbild und einen Obduktionsbefund zu er¬
halten, welche die größte Ähnl ichkeit mit der
anaphylaktischen Vergiftung, bzw. durch Ana¬
phylatoxin haben. Immerhin bestehen einige
Differenzen. Das ^-Imidazolyläthylamin in Serum
gelöst, ist sowohl an sich, als auch bei
Säurezusatz hitzebeständig; das Anaphylatoxin
wird durch die Elin Wirkung einer Temperatur
■von 100° seiner Giftwirkung beraubt, bei salz-
saurer Reaktion des Serums (welches zur ana¬
phylaktischen Giftspaltung dient) hingegen läßt
auch stundenlanges Kochen das Anaphylatoxin
zum größten Teil intakt. Alkalien schwächen
das Anaphylatoxin nicht nur bei 100°, sondern
auch schon bei Zimmertemperatur bedeutend ab;
das jS-Imidazolyläthylamin ist in mit Alkalien
versetztem Serum hitzebeständig.
Das anaphylaktische Gift in vitro dargestellt,
Anaphylatoxin genannt, möchte also wohl mit
dem Präparat, welches Barger und Dale zu¬
erst prüften im Versuch, nicht identisch sein.
Seitz (Bonn).
1032. Über quantitative Verhältnisse bei
der Antikörperwirkung; von G. Ungermann
und L. Kandiba. (Arb. a. d. Kaiserl.Gesundheits¬
amte Bd. 40. H. 1. 1912.)
Studien über die qualitative Seite der Antikörperwirkun g
liegen vielfach vor. Schon R. Pfeiffer legte sich die
Frage vor, ob der Grund für die Wirkungslosigkeit anti¬
infektiöser Sera im Mensohen nicht in der ungenügenden
Konzentration der in denselben enthaltenen spezifischen
Antikörper zu suchen sei. Aus dem Breslauer Institut
ist nun vor kurzem eine interessante Arbeit erschienen,
welche sich mit dem Mechanismus der Komplement-
und Ambozeptorwirkung befaßt. Es stellte sich heraus,
daß zwischen der Wirkungsweise der Ambozeptoren, im
konkreten Falle der hämolytischen, und des Komplements
ein großer Unterschied besteht. Zur Lysis einer gleichen
Menge gleich stark sensibilisierter Blutkörperchen war
bei 2—8 facher Verdünnung mit Kochsalzlösung auch
2—8 fache Komplementmenge nötig; diejenige Komple¬
mentdosis hingegen, die */« ccm sensibilisierte Blut¬
körperchen auflöste, genügte auch im gleichen Volumen
4 ccm derselben zu lösen. Anders der hämolytische
Ambozeptor. Er wirkte bei gleicher Menge von Blut-
körperschen im einfachen wie im mehrfachen Volumen
von Nachlösung gleich stark sensibilisierend. Während
also die Wirkung des Komplements abhängig ist vom
Konzentrationsgrad des Antigens und nicht von seiner
Menge, ist diejenige des Ambozeptors unabhängig von
der Konzentration, hingegen abhängig von der Menge
des Antigens. Es wurde aus diesen interessanten Er¬
gebnissen gefolgert, daß zum mindesten bei der Hämo¬
lyse dem Antikörper die wichtigste Bedeutung zukomme,
und das Komplement mehr die Rolle eines Katalysators
spiele. U. und K. haben nun versucht die Frage zu
lösen, ob die antibakteriellen Immunkörper im gleichen
Sinne wirken wie die hämolytischen, sind jedoch vom
praktischen Standpunkte aus vorgegangen, indem sie die
Wirkungsweise mehrerer Immunsera iin Tierkörper nach
ihrer quantitativen Seite studierten. Bestätigen konnten
die VerfF., daß in vitro der hämolytische Ambozeptor
nach der absoluten Menge, das Komplement dagegen
vorwiegend nach der Verdünnung wirkt. Bei drei ge¬
prüften Lmraunsera hingegen, dem Pneumokokken-Strepto-
kokken und Rotlaufserum, zeigte sich, daß sie in ihrer
quantitativen Schutzwirkung fast stets zu dem Gewicht
der Versuchstiere in Beziehungen stehn und innerhalb
gewisser Grenzen nicht abhängig von der Menge des
Antigens (Infektionsdosis) sind. Im Tierkörper wirkten
diese drei Sera also vorwiegend nach ihrer Konzentration.
Der Schutzeffekt ist jedoch nicht in dem Sinne von der
Serumkonzentration abhängig, daß mit allmählich steigen¬
dem Antikörpergehalt des Organismus auch seine Immuni¬
tät langsam steigt. Vielmehr tritt von einem gewissen
Schwellenwerte der Ambozeptorenkonzentration an, wel¬
cher durch die Wertigkeit des Imraunserams bestimmt
wird, der Schutzeffekt ziemlich plötzlich in voller Aus¬
bildung zutage. Die Art der Serumapplikation spielte
nur insofern eine Rolle, als dadurch die Resorption be¬
einflußt wird; zur Erzielung einer vollen Serumwirkung
war es jedoch nicht erforderlich, daß Serum und Kultur
an derselben Stelle injiziert wurden.
Beim Choleraimmunserum ist im Meerschweinversuch
die Schutzwirkung direkt von der Menge des Antigens
abhängig und wird von der Art der Applikation stark
beeinflußt. Der verliehene Schutz tritt also nicht erst
in die Erscheinung nach dem Überschreiten eines ge¬
wissen Schwellenwertes, sondern ist in erster Linie durch
die lokalen Verhältnisse der Infektion bedingt.
Seitz (Bonn).
1033. Über Antigene zur Wassermann-
Reaktion; von F. Munk. (D. med. Woch. 1912.
S. 890.)
Wie bekannt, gelingt es aas allen möglichen
Lipoidmaterial brauchbare Antigene zur Wassscr-
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312
IV. Mikrobiologie and Serologie.
mannschen Reaktion herzustellen. Das Ausgangs*
material ist ziemlich nebensächlich, selbst Extrakte
aas pflanzlichen Lipoiden, selbst aus Kartoffeln,
geben gute Resultate. Es gibt keine für die
Waasermannsche Reaktion chemisch charakteristi¬
schen Lipoide. Wie Seligmann für die alko¬
holische Schellacklösung seinerzeit nachwies, ver¬
mag diese genau so gut Komplement zu binden,
wie organische Substanzen. Ebenso läßt sich mit
alkoholischer Schellacklösung in wässriger Verdün¬
nung Wassermannsche Reaktion erzielen. Bei der
Komplementbindung, also auch der Wassermann-
schen Reaktion mit unspezifischen Stoffen handelt
es sich lediglich um einen physikalischen Vorgang,
um eine kolloidale Zustandsänderung. Wahrschein¬
lich geht man nicht fehl in der Annahme, daß
auch bei der Wassermannschen Reaktion mit
spezifischem Antigen molekulär-physikalische Vor¬
gänge stattfinden, bei welchen das komplement
gebunden wird. Der physikalische Vorgang würde
dann bei der spezifischen Wassermannschen Re¬
aktion die zweite Phase darstellen, zu der das
Antigen erst durch eine spezifische Phase der
Wechselwirkung mit den Antikörpern des Serums
vorbereitet werden muß. Seitz (Bonn).
1034. Beitrag zur Kenntnis der „anti¬
aggressiven“ Sera; von Neufeld u. Kandiba
(Arb. a. d. kaiserl. Gesundheitsamte Bd. 40. H. 1.
1912.)
Unsere Kenntnisse von den antiinfektiösen Sera
sind in den letzten Jahren durch zahlreiche Bei¬
träge bereichert worden; trotzdem ist, was die
Wirkungsweise mancher Immunsera angeht, noch
manches unklar. So ist der Mechanismus des
Milzbrand-, Rotlauf- und Hühnercholeraserums noch
wenig aufgeklärt, und ihre Einreihung in eine der
bekannten Gruppen von Antisera bis jetzt nicht
mit Sicherheit gelungen. Manche dieser Sera,
beispielsweise das Milzbrand- und Rotlaufserum
verleihen einen Schutz- und Heil wert, welcher
allgemein anerkannt ist; desto lockender muß es
daher erscheinen, auch ihren Mechanismus zu er¬
gründen. Von der einen Seite wird ihnen eine
exquisit antiaggressive Rolle vindiziert, d. h. daß
sie sich nicht gegen die Bakterienleiber selbst,
sondern gegen jenen Stoff richten, welcher eine
unerläßliche Vorbedingung für eine Infektion dar¬
stellen soll, das Aggressin; dementsprechend sollen
sie also weder Antitoxine noch Lysine oder Tropine
enthalten, sondern lediglich Antiaggressine. Die
Versuche von N. und K. können das nicht bestätigen.
Geht man stieng quantitativ vor, so ergibt sich,
daß sich sowohl in vitro wie auch im Tierkörper
eine spezifische bakteriotrope Wirkung des frag¬
lichen Sera unzweideutig nachweisen läßt. Wenn
diese spezifische Wirkung bis jetzt unerkannt blieb,
so lag das, was Vitrovereuche angeht, wohl daran,
daß auch normale Sera eine recht erhebliche Tropin-
wirkung entfalten können. Im Tierversuch wiede¬
rum entgeht das Hauptmoment, die Phagozytose
durch polynukleäre Leukozyten, leicht der Be¬
obachtung, da auch bei den Kontrollieren eine
reichliche Phagozytose stattfindet, die aber viel
später einsetzt, schwächer ist, und bei der fast
nur große mononukleäre Leukozyten fressen.
Nach N. und K. ist also die reine antiagreesive
Immunität nicht erwiesen. Seitz (Bonn).
1035. Über neuere Modifikationen (Kar-
vonen, Monoiioff) und zur Technik der
Wassermannschen Reaktion; von E Bern¬
hardt (Dermat Woch. Bd. 55. S. 907.)
Nachdem B. auf die von Karvonen angegebene
Technik der Wassermannschen Reaktion kurz ein-
gegangen ist und auf Grund der Ungenauigkeit der¬
selben sie als nicht anwendbar bezeichnet hat, teilt
er eingehend eigene Nachuntersuchungen der von
Monoiioff angegebenen Methode mit, die darin
besteht, daß man das Immunserum als hämo¬
lytischen Ambozeptor durch normalen Magensaft
ersetzt. B. kommt zu dem Resultat, daß diese
feste Methode vollkommen unbrauchbar ist. Man
erziele durch den Magensaft kein andres Resultat,
als wenn man überhaupt keinen hämolytischen
Ambozeptor dem Serum zusetzt
Frieboes (Bonn).
1036. Untersuchungen über die von
Dungernsche Modifikation der Wasser¬
mannschen Reaktion; von Körtke. (D.
Zeitschr. f. Nervenheilk. 1912, S. 275.)
K. verglich beide Reaktionen an dem Material
der Staatsirrenanstalt Langenhorn bei Hamburg.
Von 103 Fällen mit positivem Wassermann
waren mit Düngern nur 68 positiv, und zwar
zeigten nach Wassermann von 77 RÜlen pro¬
gressiver Paralyse 7 5 Fälle positive Reaktion, nach
Düngern nur 52 (67,5°/ 0 ); von 28 Nicht-
Paralytikem, die sämtlich positiven Wasser¬
mann gaben, boten nur 16 = 56% positiven
Ausfall nach Düngern. Wurde die Dungera-
sche Methode mit doppelter Blutmenge angestellt,
so war das Ergebnis weit besser, doch müßte
dies Verfahren erst durch größere Versuchsreihen
geprüft werden. Jolly (Halle).
1037. A com pari so n between Flemings
(Hechts) Modifikation and the Wasser¬
mann test; by R. Donald. (Lancet Bd. 182.
Nr. 26. 1912.)
Die Hechtsche Modifikation, welche das Patien-
tenserom gleichzeitig als Hammelblutkörperchen-
Ambozeptor und Komplementspender verwertet,
eodaß außer dem aktiven Patientenserum nur noch
Extrakt und Hammelblutkörperchen benötigt wer¬
den, ist von Fleming in England eingeführt worden,
gleichzeitig unter Benutzung kleinster Mengen,
0,06 oder 0,12 ccm in toto in jedem Röhrchen.
Nach der Nachprüfung an 186 Seren kommt D.
zur Ablehnung der neuen Methode. Wie der
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IV. Mikrobiologie und Serologie.
313
Entdecker der Wassermannreaktion selbst mit
Recht hervorhebt, ist die Originalmethode bis jetzt
immer noch die Zuverlässigste. Seitz (Bonn).
1038. Wassermannsche Reaktion. Zur
Antigenfrage; von R Müller. (Wien. klin. Woch.
1912. S. 911.)
Jeder in der Anstellung der Komplement¬
fixation bei Syphilis Erfahrene wird zugeben, daß
ein alkoholischer Extrakt normaler Meerschwein¬
herzen dasselbe leistet, ja mitunter sogar bessere
Ausschläge gibt, als ein alkoholischer Extrakt
syphilitischer Leber. Immerhin halten manche
noch an dem luetischen Extrakt als dem angeb¬
lich geeigneteren fest, wohl in der Annahme,
übrigens rein theoretischer Art, daß in dem Lues¬
antigen neben dem nichtspezifischen noch ein
vorteilhafter spezifischer Anteil mitwirke. M. hat
an einem Material über 50 000 Fälle Vergleichs¬
reaktionen angestellt, und kommt nun auch zu
dem Ergebnis, daß alkoholischer Herzextrakt von
genügend starker Wirkung, gleichzeitig aber
größerer Konstanz ist als alkoholischer Luesleber¬
extrakt. Schwache Hemmungen sind nach M. oft
nur durch den benutzten Alkohol bedingt, der auf
das Komplement, welches übrigens verschieden
empfindlich sein kann, schädigend einwirke. Gute
Resultate hat er erhalten, wenn er das vorher
auf die Hälfte eingeengte alkoholische Antigen
vermittels erhitzter Pipette mit Kochsalzlösung
verdünnte. Die einzelnen Reagentien kommen
tropfenweise in konzentrierter Form in das Rea¬
genzglas, die verdünnende Kochsalzmenge wird
anf einmal hinzugefügt. Seitz (Bonn).
1039. An improved method for op sonic
index estimations; by Ch. Ruß. (Lancet
Bd. 182. S. 1461. 1912.)
R gibt einige Verbesserungen an in der op¬
sonischen Technik, so eine neue Methode zur Rein¬
gewinnung der Leukozyten im Objektträger. Aus¬
strich bei Entfernung der roten Blutkörperchen,
und zwecks gleichmäßiger Mischung des opsonischen
Serums und der Leukozyten, eine „opsonische
Mühle“, in welche die Röhrchen gebracht werden
bei Bruttemperatur. Unter Anwendung dieser
Methode scheinen die Index-Bestimmungen gleich¬
mäßiger auszufallen als bei Anwendung der alten
Technik. Seitz (Bonn).
1040. Neue Untersuchungen über die
„Magensaftanaphylaxie“; von G. Livierato.
(Zentralbl. f. Bakt Bd. 62. S. 289. 1912.)
L. bringt weitere Beweise dafür bei, daß die
Einspritzung von Magensaft Magenkrebskranker
bei Tieren spezifische anaphylaktische, für die
Diagnose verwertbare Erscheinungen hervorruft.
Walz (Stuttgart).
1041. Zur Frage der serologischen Kar¬
zinomdiagnostik; von M. Rosen borg. (D.
med. Woch. 1912. S. 1225.)
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 4.
ln einer zu Beginn des Jahres erschienenen
Arbeit (Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 2.) führte
v. Düngern aus, daß seine Geschwulstreaktion,
angestellt mit einem alkoholischen Extrakt aus
Karzinomen, bei allen Geschwulstträgem positiv,
bei allen gesunden und allen übrigen Erkrankungen,
mit Ausnahme der Syphilis, hingegen negativ
ausfalle. An einem großen Material wird nun
gezeigt, daß der Optimismus mit welchem mau
erst die v. Dungernsche Reaktion zu begrüßen
geneigt war, nicht ganz gerechtfertigt zu sein
scheint. Ein Teil der untersuchten aktiven Sera
(auch bei der W. R. empfahl Sachs seinerzeit die
Seren nicht zu inaktivieren) von Tumorkranken
gibt zwar mit alkoholischem KaziDomextrakt eine
Komplementfixation, und zwar ist der Prozent¬
satz der positiv reagierenden Fälle um so größer,
je größer die Antigendosis ist. In gleichem Maße
aber wie bei den Tumorsera steigt auch bei anderen
Erkrankungen, bei Syphilitikern und anderen, mit
der Antigendosis der Prozentsatz der positiven
Fälle. Es wurden zur Kontrolle sehr viel Syphi¬
litiker herangezogen; es ergab sich da, daß der
Prozentsatz der positiven Fälle bei den nicht
KarzinomatÖsen größer als bei den Karzinomatösen
ist. In einer zweiten Arbeit gab v. Düngern
neuerdings eine Modifikation seiner Reaktion an,
und schränkte dabei selbst die Zahl der positiv
reagierenden Tumorseren wesentlich ein. Natürlich
müssen noch weitere Nachprüfungen ergeben,
inwieweit die angestellteD Modifikationen die v.
Dungernsche Reaktion brauchbarer machen.
Seitz (Bonn).
1042. Über die Behandlung der Skar-
latina mit polyvalentem Antistreptokokken¬
serum nach Moser; von 0. Szekeres. (Wien,
klin. Woch. 1912. S. 914.)
Das Mosersche Skarlatinaserum, ein polyvalentes
mit Skarlatinastreptokokken erzeugtes antitoxisches
Immunserum, bewirkte in der vorgeschriebenen
Menge von 200 ccm subkutan und spätestens am
vierten Tage appliziert, in den meisten Fällen
eine auffallende Besserung. Die zerebralen, ner¬
vösen Erscheinungen schwanden, die Temperatur
sank, die Herztätigkeit wurde kräftiger. Die
Dauer der Krankheit Bowie der Verlauf der Des¬
quamation wurde nicht beeinflußt. Prophylaktische
Injektionen von etwa 20 ccm koupierten in man¬
chen Fällen den Scharlach. Seitz (Bonn).
1043. Über die biologische Differenzie¬
rung von Eiweiß- und Eiweißspaltprodukten
durch ihre Wirkung auf den tierischen
Organismus; von Alfred Schittenhelm und
Wolfgang Weichardfc (Zeitschr. f. exp.
Path. u. Ther. Bd. 11. S. 69. 1912.)
Sch. u. W. veröffentlichen hier Protokolle und
weisen nach, daß bei der parenteralen Eiwei߬
verdauung die Verfolgung der Leukozytenwerte
und des Stickstoffwechsels einen weitgehenden
40
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314
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Einblick in die Gesamtschädi gu n g des Organis¬
mus gewährt als die Messung der Temperatur.
Die Temperaturschwankung, die keineswegs immer
ein anaphylaktisches Symptom ist, wird zeitlich
und an Größe bei Weitem durch Steigerung der
Leukozytenwerte und des Stickstoffwechsels über¬
dauert Sch. u. W. haben mit Erfolg nach Be¬
ziehungen gesucht zwischen bestimmten ana¬
phylaktischen Symptomen zu chemisch charakte¬
risierbaren Stoffen. Hahn (Marburg).
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
1044. Multiple Epitheliome der Haut mit
Mischgeschwulst der Parotis; von Th. M.
van Leeuwen. (Virchows Arch. Bd. 207.
S. 330. 1912.)
van. L. berichtet über die Untersuchung mul¬
tipler Hautgeschwülste bei einer 82jährigen Frau.
Diese Hautgeschwülste saßen am behaarten Kopf,
im Nacken, im Gesicht und auch sonst am ganzen
Körper, und sollen vor 26 Jahren nacheinander
entstanden sein; außerdem fand sich in der linken
Partiegegend eine Geschwulst, die vor 52 (!) Jahren
zu wachsen begonnen hatte; und ebenso eine am
Mons veneris. Die Tumoren sind Epitheliome,
von recht regelmäßigem Bau, mit hyaliner Um¬
wandlung des Stromas, und stellenweise auch mit
Bildung kleiner Hohlräume in den Zellalveolen.
Die Partiegeschwulst rechnet van L., trotz Fehlens
von Knorpel, zu den Mischgeschwülsten ; es waren
iu dieser Geschwulst zweifellos epitheliale Ele¬
mente nachweisbar (Epithel/hsem, leichte Ver¬
hornung): der Tumor ist daher nicht endothelialen,
sondern epithelialen Ursprungs. Die Hauttumoren
sind in vielen der Partiegeschwulst ähnlich. Der
Autor weist, u. a. mit Recht, auf die Überein¬
stimmung hin, die in manchen Basa !ictfkrebsen
mit dem hier beschriebenen histologischen Aufbau
sich findet Das wäre ein weiterer Hinweis auf
die epitheliale, nicht endotheliale Natur der in
Frage stehenden, langsam wachsenden Geschwülste.
Sie sind wohl abzuleiten aus versprengten Epithel¬
keimen. Fischer (Göttingen).
1045. Preventable cancer; a Statistical
research; by R. Russell. (London 1912.
4 sh 6.)
Auf Grund internationaler statistischer Be¬
rechnungen sucht R. die Veranlassung zum Krebs
in Lebensgewohnheiten verschiedenster Art. Sehr
selten ist der Krebs bei Völkern, die in ge¬
mäßigtem Klima einfach leben uud deren Haupt¬
getränk Wasser ist. In reichen Gegenden ist er
häufiger als in armen; besonders brebsreich sind
Gegenden, deren Bewohner reichlich Bier, Wein,
Spirituosen, Fleisch, Kaffee, Tee, Tabak, ferner
sehr heiße Speisen und Käse genießen. Die Zu¬
nahme des Krebses geht zumal in Westeuropa
mit der Zunahme des Konsums oben genannter
Genußmittel Hand in Hand. Auf den Genuß
übermäßig reichlichen tierischen Eiweißes und
stimulierender Getränke werden Läsionen des Ver¬
dauungsapparates zurückgeführt, und von ihnen
aus wiederum sollen die inneren Organe empfäng¬
lich für Krebs werden. Ferner soll Arbeit unter
heißer Temperatur schuldig sein. Doch gibt R.
zu, daß ee in vielen Fällen unmöglich ist, eine
Ursache für Krebs zu finden. So sieht er denn
in der Enthaltsamkeit von allen oben erwähnten
Nahrungs- und Genußmitteln den Weg, auf dem
eine Reduktion des Krebses möglich ist
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1046. Über Geschwülste bei Kaltblütern;
von Marianne Plehn. (Wien. klin. Woch.
1912. S. 691.)
Die Untersuchungen über Geschwülste bei
Kaltblütern haben bis jetzt schon Resultate er¬
geben, die für die menschliche Pathologie inter¬
essant genug sind. Bei alten Arten von Kalt¬
blütern finden sich Geschwülste, und ebensogut
bei wildlebenden Fischeu in Seen und Flüssen,
wie solchen in Fischzuchtanstalten. Der Krebs
ist auch bei Kaltblütern eine Krankheit des höheren
Alters. Häufig werden multiple Geschwülste in
einem Organ beobachtet, dagegen recht selten
Metastasen. Auch bei Kaltblütern gibt es Ge¬
schwülste, die einer Wucherung embryonaler Zellen
ihren Ursprung verdanken (Ovarialgeschwülste
beim Frosch); ferner solche, die aus Organ -
Verlagerungen in embryonaler Zeit hervorgehen:
hierfür sind ein Beispiel multiple Odontome an
allen zahntragenden Knochen, bei Forellen be¬
obachtet. Hautgeschwülste, vermutlich infolge
äußeren Schädigungen, sind häufig bei Fischen.
Dagegen sind Parasiten als Erreger echter Ge¬
schwülste bei Kaltblütern nie gesehen. Es gibt
jedoch tumorartige Wucherungen durch Infektion
mit Parasiten: diese Gebilde können den Gallen
der Pflanzen verglichen werden. Als entzünd¬
liche Neubildung sind vermutlich zu betrachten
die Bogen. Pocken bei den Karpfen. Erreger
dieser Affektion, die gehäuft auftritt, bisweilen
wieder völlig zurückgeht, sind nicht bekannt Die
Pocken sind bisweilen eine Vorkrankheit, die zu
Krebs führt. Unklar ist auch die Ätiologie der
z. B. bei Salmoniden häufig beobachteten Kiemen-
verdickung, an die sich bisweilen Gesell wulst-
bildung anschließt Am besten erforscht siud bis
jetzt die Schilddrüsen-Tumoren der Salmoniden,
Man kennt bei ihnen ebensogut einfache Hyper¬
plasien (demKropf entsprechend) wie infiltrierende
Geschwulst-Adenokarzinome. Der Kropf bann sich
auch zurückbilden; eine individuelle und eine
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
315
Eassenimmunität ist beobachtet Ätiologisch handelt
es eich, besondere nach Gaylords Unter¬
suchungen , um eine Infektionskrankheit. Das
krankmachende Agens steckt wohl im Teichboden.
Man kann bei Hunden und Batten, die mit Wasser
aus Kropfteichen getränkt werden, Vergrößerung
der Schilddrüse erzielen. Durch Zusatz von Anti-
eeptizis in sehr starker Verdünnung (z. B. Subli¬
mat 1 : 5 000 000) geht bei den Tieren im Wasser
der Kropf etwas zurück. Ein parasitärer Erreger
des Kropfes ist noch nicht gefunden. Und warum
in einer Anzahl von Fällen aus der Hyperplasie
(dem Kropf) eine bösartige Geschwulst wird,
müßte, auch wenn man einmal den parasitären
Erreger des Kropfes kennen sollte, erst noch er¬
klärt werden. Die mitgeteilten Tatsachen zeigen,
daß das Studium der Tumoren bei Kaltblütern
recht viel Ergebnisse gezeitigt hat, die mit den
aus der menschlichen Pathologie bekannten über-
einbtimmen. Für das Studium der Erblichkeit,
der Familiendisposition, der Immunität usw. dürften
sich im Hinblick auf Probleme der Geschwulst-
lehre die Fische ganz besonders eignen.
Fischer (Göttingen).
1047. Ein Beitrag zur Lehre von der
Lymphogranulomatosis: von Edmund Heinz.
(Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 10. S. 383. 1912.)
H. berichtet über einen im pathologischen
Institut des Krankenhauses München - Schwabing
untersuchten Fall von Lymphogranulomatosis
(Hodgkinschem Lymphom) bei einem 38jährigen
Mann. Befallen waren vorwiegend die Drüsen
der rechten Halsseite, die Mesenterialdrüsen, die
Milz und die Leber. Das histologische Bild war
in diesen Organen auch das typische der Lympho¬
granulomatose; dagegen fanden sich Knötchen in
der Lunge, im Peritoneum und in den Nieren,
die vielmehr tuberkulösen Gebilden entsprechen.
Interessant ist der bakterioskopische Befund: in
den Knoten des Mesenteriums, der Pleura, der
Milz usw. wurden mit Antiforminverfahren große
Mengen säurefester Stäbchen nachgewiesen, zum Teil
in Büscheln zusammenliegend; auch in Schnitten
des Mesenterialknotens wurden solche nachge-
■wiesen. Granulafärbungen mit Breiausstrichen
von den Organen ergaben ziemlich reichliche, im
Stäbchenverbande liegende Granula. Ein mit
einem Mediastinalknoten geimpftes Meerschwein¬
chen erlag nach 1 Monat einer Impftuberkulose;
ein 2. Meerschweinchen, das mit der Milz dieses
Tieres geimpft wurde, starb l J t Jahr später an
großknotiger Tuberkulose; in Ausstrichen von
Organbrei der Milz dieses 2. Tieres, trotz Vor¬
handensein großknotiger, weder säurefester Stäb¬
chen, noch Mncbscher Granula. Aus einer bei der
Obduktion des Mannes gewonnenen Mediastinal-
drüse wurden typische Tuberkelbazillenkulturen
gezüchtet. Ein Kaninchen, das mit 1,2 mg dieser
Kultur geimpft wurde, bekam nur ein lokal an
die Impfstelle ein kleines Knötchen: nach dem
Ergebnis dieses Versuchs kann der isolierte Stamm
nicht Typus bovinus sein, sondern es muß sich
um Typus humanus handeln.
Aus den Resultaten dieser Untersuchungen ist
□ach H. zu schließen, daß ein ätiologischer Zu¬
sammenhang zwischen Tuberkulose und Lympho¬
granulomatose besteht. Da in diesem Falle der
tuberkulöse Prozeß im Körper relativ wenig ver¬
breitetwar, ist kaum anzunehmen, daß die Tuberkel¬
bazillen etwa nur sekundär in so ungeheuren
Massen in die von Lymphogranulomatose be¬
fallenen Lymphdrü8en eingeschwemmt hätten wer¬
den können, ohne dort auch spezifisch tuberkulöse
Veränderungen zu erzeugen. Vielmehr erscheint
es H. wahrscheinlicher, daß die primär in den
Drüsen angesiedelten Bazillen dort, aus irgend
einem Grunde, weniger destruierende, als pro-
liferierende Eigenschaften entfalten: daher kommt
es in ihnen nicht zur „Tuberkulose“, sondern zur
„Lymphogranulomatose“. Es erscheint dem Bef.
fraglich, ob man gerade diese Schlußfolgerungen
aus den interessanten Befunden dieses Falles
ziehen darf. Mindestens ist es unrichtig, histo¬
logisch den Unterschied zwischen Tuberkulose und
Lymphogranulomatose so zu definieren, daß dem
tuberkulösen Prozeß im wesentlichen destruierende
und weniger proliferiereude Eigenschaft zukommen
solle. Fischer (Göttingen).
1048. Eine Bauchfellduplikatur zwischen
dem Mesosigmoideum und dem weiblichen
Geechlachtsapparat: das „Ligamentum in-
fundibulo-colicum ; von Wilhelm Liep-
mann. (Virchows Arch. Bd. 207. H. 3. S. 362.
1912.)
L. hat in einigen Fällen eine Bauchfell¬
duplikatur beobachtet, die er als „Ligamentum
infundibulo-colicum“ bezeichnet. Dieses „Liga¬
mentum“, richtiger „Plica“, geht von dem Lig.
infundibulo-pelvicum über in das Mesosigmoideum.
Es findet sich nur bei langer Flexura sigmoidea.
Bei Neugeborenen konnte es bislang noch nicht
beobachtet werden. Es ist anzunehmen, daß diese
Bauchfellduplikatur einen erworbenen Zustand dar-
stellt: durch UteruBmyome, durch Gravidität z. B.
kann das Mesosigmoideum immer mehr gedehnt
werden und so sein parietales Peritonealblatt in
Beziehung zum Lig. infundibulo-pelvicum treten,
so also das Lig. infundibulo-colicum sich bilden.
Dieses Band kann wohl pathologisch-anatomisch
bedeutungsvoll werden bei lymphogenen Infek¬
tionen vom Darm aus, und bei vaginalen Ope¬
rationen, wo, beim Vorhandensein des Bandes,
beim Vorwälzen des Uterus eine Abknickung der
Flexur hervorgerufen werden kann.
Fischer (Göttingen).
1049. Über das Verhalten der eosino¬
philen Zollen des Blutes unter physio-
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316
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
logischen und pathologischen Bedingungen;
von A. Galambos. (Orvosi Archivum 1912.
S. 67.)
Aus den Untersuchungen G.s geht hervor,
daß bisher die Zahl der eosinophilen Zellen unter
normalen Umständen für zu niedrig, unter patho¬
logischen Verhältnissen dagegen für zu hoch an¬
genommen wurde. Bezüglich der Zahl der Eosino¬
philen bei gesunden Personen konnte festgestellt
■werden, daß entgegen der bisherigen 2—4% Eo¬
sinophilen (Naegeli) dieselben zwischen 0,5 bis
10,5% schwanken können. Es ist daher unrichtig,
bei einem Blutbild, wo z. B. 8 % Eosinophile
vorhanden sind, von einer Eosinophilie zu sprechen,
und ebenso falsch wäre es aus den gefundenen
Werten von 0,5—10,5°/ o eine Durchschnittszahl
für den normalen Wert der Eosinophilen anzu¬
nehmen. Jeder Wert, der zwischen diesen beiden
liegt, muß als normal betrachtet werden, und nur,
wenn die Zahl der Eosinophilen etwa 10,5%
übersteigt, kann von einer richtigen Eosinophilie
die Eede sein.
Besonders hervorzuheben wären noch die Be¬
funde G.S bei einer Reihe von krankhaften Zu¬
ständen, aus welchen hervorgeht, daß entspre¬
chend den oft sehr hohen normalen Werten eine
Eosinophilie mit Vorsicht ausgesprochen werden
darf, umsomehr, als in zahlreichen Fällen, wo
man eine echte Eosinophilie erwartet hätte, die¬
selbe sehr häufig fehlte.
Rosenthal (Budapest).
1050. Zusatz Uber die Folgen der Unter¬
bindung des Ausführungsganges der Bauch¬
speicheldrüse und anderer Drüsen; von
G. Rick er. (Virchows Arch. Bd. 207. H. 3.
S. 321. 1912.)
Wird einer Drüse der Ausführungsgang unter¬
bunden, 80 erfolgt ein doppelter Reiz auf das
Nervensystem der ungebundenen Blutbahn. Erstens
ein rein mechanischer. Aber auch ein chemischer.
Das Drüsensekret mischt sich der aus den
Kapillaren stammenden Ödemflüssigkeit bei und
wirkt nun als chemischer Reiz auf das Nerven¬
system. Dadurch können chronische Entzün¬
dungen entstehen; aber auch wo sekretorische
Nerven vorhanden sind, diese direkt gereizt wer¬
den und dadurch den Charakter des Sekrets
wieder verändert werden. Fischer (Göttingen).
1051. Die Entstehung der Doppelbil¬
dungen des Menschen und der höheren
Wirbeltiere; von S. Kästner. (Sammlung
anatomischer und physiologischer Vorträge und
Aufsätze, herausgegeben von E. Gau pp und
W. Trendelen bürg. Nr. 18. Jena 1912.
Fischer.)
K. bespricht in zusammenfassender Weise das,
was wir über die formale Grenze der Doppel¬
bildungen wissen. Es wird dargelegt, daß die
echte Doppelbildung durch die Verdoppelung der
Mediane bene charakterisiert ist, und daß die auf
Vorhandensein eines doppelten Primitivstreifens
beruhenden Doppelbildungen zu trennen sind von
selbständigen Verdoppelungen bestimmter Körper-
Stehen. Die Frage, ob aus 2kemigen Eiern, und
ob aus doppelt befruchteten Eiern Doppelbildungen
hervorgehen können, wird kurz erörtert, dann die
Frage, wie lange nach der Befruchtung eines
Eies aus diesem noch eine solche Bildung sich
entwickeln kann. Die Doppelmißbildungen ent¬
stehen im unvollkommen geteilten Bildunga-
material, und wichtig ist, daß beide Anlagen sich
u. a. mit der gleichen Stetigkeit entwickeln. Die
Chorda dorsalis, die sich aus dem Primitiv¬
streifen differenziert, muß bei allen Doppelbildungen
doppelt sein; der Grad der Verschmelzung der
Individualteile ist abhängig von der Lage der
beiden Chordae (bzw. Wirbelsäulen) zu einander.
Die im Einzelfall sich neubildende Form ist auch
abhängig von dem Grad der Umlegung , die der
Embryo durch die Faltenentwicklung von der
Dotterblase erfährt. Je nachdem ist der Winkel,
den die Symmetrieebenen der sich umlagernden
2 Komponenten mit der Symmetrieebene der
Doppelbildung bilden, beschaffen.
Die Lagebeziehung der Chordae und der beiden
Medianebenen zu einander, bildet die beste Grund¬
lage für die Einteilung der Doppelbidungen: das
wird au den verschiedenen Formen, wie Janus,
Pygopagus usw. durchgeführt. Die echten Doppel¬
bildungen mit ungleichmäßig entwickelten Kom¬
ponenten werden nicht weiter besprochen, da¬
gegen kurz die Doppel- und Mehrfachbildungen,
die im Verlauf der Entwicklung einzelner Körper¬
teile auftreten, und die durch Superregeneration
entstehenden Verdoppelungen. Die Lebensfähig¬
keit der Doppelbildungen ist im ganzen recht
gering. Hierzu trägt Dicht bloß der oft ungünstige
Geburtsverlauf, sondern noch mehr der anato¬
mische Bau dieser Bildungen bei.
Fi8eher (Göttingen).
1052. Die Konstitution als Grundlage
von Krankheiten; von D. V. Hansemann.
(Med. Klin. 1912. S. 933.)
Die Begriffe der Konstitution, der Dyskrasie,
der Disposition haben zu verschiedenen Zeiten in
der Medizin eine recht verschiedene Wertung
erfahren. Die Zellularpathologie und noch mehr
die Bakteriologie haben das Studium der Kon-
stitutionsanomalieu verdrängt, der Begriff der
Dyskrasie wurde geradezu bekämpft Erst in
letzter Zeit hat man sich wieder eingehend mit
dem Studium der Dyskrasie, der Konstitution be¬
schäftigt. Wie sehr man z. B. von der Bedeutung
der „Disposition“ in der bakteriologischen Ära
abgekommen war, zeigt, daß die Untersuchungen
Freunds über die anatomischen Grundlagen der
Lungenschwindsucht erst 50 Jahre später durch
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
317
die Arbeiten Harts und Bacmeisters er¬
zwungen , wieder entdeckt worden sind. Ein
infantilistischer Zustand ist sehr häufig die Grund¬
lage einer Organdisposition für eine bestimmte
Krankheit: z. B. solcher der Genitalien, der
Appendix. Eine andere, kongenitale Konstitutions-
anomalie mit anatomisch faßbarem Substrat ist
die lymphatische Konstitution. Aber abgesehen
von anatomischen Konstitutionsanomalien sind auch
Veränderungen des allgemeinen Stoffwechsels
wichtig als Grundlage von Krankheiten. Von
einigen dieser Affektionen, z. B. der Gicht, der
Rachitis, kennen wir allerdings nur die Sym¬
ptome und beschränken uns auf deren morpho¬
logische und chemische Beschreibung. Natürliche
Konstitutionszustände, wie sie z. B. das Alter
für gewisse Erkrankungen schafft, sind ebenfalls
zu berücksichtigen. Die Ausschaltung der Se¬
lektion schafft vermutlich Bedingungen für Zu¬
standekommen von Kraukheiten. Es ist zu unter¬
scheiden zwischen angeborenen und erworbenen
Konstitutionsanomalien; und dabei wiederum
zwischen anatomischen Veränderungen, die uns
zum Teil gut bekannt sind; und solchen des
Stoffwechsels, die uns ätiologisch meist unbekannt
sind, und die wir vielfach nur aus ihren Sym¬
ptomen erschließen. Fischer {Güttingen).
1053. Sur la myocardite rheumatismale;
6tude anatomo-pathologique et experimen¬
tale; par Bindo de Vecchi. (Arch. de M6d.
exp6r. Bd. 24. S. 352. 1912.)
de V. hat versucht nachzuweisen, ob sich
in Fällen von rheumatischen Herzaffektionen im
Blute Mikroorganismen finden, die als Erreger
der Affektion anzusprechen sind. Es wurde des¬
halb in mehreren Fällen aus der Armvene der
Patienten Blut entnommen, von dem Blut Kul¬
turen auf verschiedene Nährböden angelegt und
gleichzeitig von diesem Blut das Serum Versuchs¬
tieren (Hunde, Kaninchen) intravenös, bei Ratten
und Mäusen subkutan injiziert. Einige Tiere er¬
hielten gleichzeitig alle 5—6 Tage eine Adrenalin¬
injektion.
Die Blutkulturen aller dieser Fälle sind steril
geblieben. Die Tiere, die mit dem Blut und
Serum von Rheumatikern geimpft wurden, boten
makroskopisch keine Veränderungen des Herzens
dar, abgesehen von einer leichten Hypertrophie
bei den noch mit Adrenalin behandelten Tieren.
Bei der histologischen Untersuchung wies das
Myokard der Tiere in allen Abschnitten, vor¬
wiegend jedoch im Papillarmuskel, Veränderungen
auf: sie bestehen in meist perivaskulär an geord¬
neten Zellinfiltraten. Die Zellen sind bald alle
von derselben Art, bald sind verschiedene Arten
vorhanden: neben Lymphozyten und Leukozyten
vorwiegend großkernige plasmaarme Zellen, die
vermutlich in loco von perivaskulären Zellen ge¬
bildet sind. Es handelt sich in den Herden um
entzündliche Prozesse, und reaktive Prozesse des
Gewebes auf den Untergang von Muskelsnbstanz
hin; es besteht die Tendenz zu bindegewebiger
Umwandlung dieser Herde. Solche Herde wurden
in 4 von den 5 Fällen gefunden. Sie kommen
bei Laboratoriumtieren nicht vor; auch können
sie bei solchen durch Verimpfung normalen Blutes
nicht hervorgebracht werden. Tiere, die mit Blut
von kranken Individuen (Nephritis, Polyneuritis,
Tuberkulose) geimpft wurden, wiesen nur kleine
lymphozytäre Herde im Myokard auf, und etwa
geringe degenerative Prozesse an Muskelfasern.
Andere Myokardveränderungen, die bei Tieren
beobachtet werden, z. B. nach Injektion von
Diphtherietoxin, nach Injektion von pathogenen
Mikroorganismen, sind histologisch von den be¬
schriebenen völlig verschieden. Diese Herde bei
Verimpfung von Rheumatikerblut können- schon
als einigermaßen spezifisch aufgefaßt werden, um
so mehr, als sie die größte Ähnlichkeit mit den
im menschlichen Myokard bei Rheumatismus be¬
obachteten „rheumatischen Knötchen“ haben. Aus
dem Sitz dieser Herde im Myokard ist wohl auch
zu schließen, daß eventuell von hier aus der
pathologische Prozeß auf Endokard und Perikard
Übergreift. Die Endokarditis und Perikarditis im
Verlauf einer rheumatischen Herzaffektion ginge
also primär von einem Herde im Myokard aus.
— Nach de V. wäre nunmehr noch zu prüfen,
ob sich solche Herde experimentell auch mit
einwandfrei durch Berkefeldfilter filtriertem Blut
hervorbringen lassen, ferner, welche Verände¬
rungen bei der geübten Art der Blutirapfung an
anderen Organen erzeugt werden. Und endlich
wäre au größerem Material zu prüfen, ob man
diese so erzeugten Myokardherde tatsächlich als
spezifisch für Myocarditis rheumatica auffassen
darf. — Die Arbeit de V. ist.recht interessant;
und da gerade in neuester Zeit die Untersuchungen
menschlicher Herzen die sichere spezifische Be¬
deutung der „rheumatischen Knötchen“ dargetan
haben, wäre die Aufgabe, die Histologie dieser
experimentell erzeugten Herde etwas genauer zu
studieren, um ihre möglicherweise vorhandene
Identität mit dem „rheumatischen Knötchen“ fest¬
zustellen . Fischer (Göttingen).
1054. De l'hAmoglobinurie globulaire
experimentale (contribution ä l’dtude de
1’hemoglobinurie paroxystique); per Ch. Foix
et H. Salin. (Arch. de M6d. exper. Bd. 24.
S. 305. 1912.) y
F. u. S. bringen wertvolle klinische und ex¬
perimentelle Beiträge zur Kenntnis der paroxys¬
malen Hämoglobinurie. Die genauer mitgeteilte
klinische Beobachtung betrifft einen 64jährigeu
Mann, der vor 10 Jahren Syphilis akquiriert hatte;
seit 3 Jahren nach Erkältungen Anfälle von Hämo¬
globinurie. Während der Anfälle besteht stets
leichter Ikterus. Bisweilen statt der Anfälle von
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318
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Hämoglobinurie solche von Albuminurie. Das
Blutserum dieses Kranken hatte keinerlei hämo¬
lytische Wirkung, weder auf Blutkörperchen von
Gesunden, noch auf die eigenen; dagegen werden
die Blutkörperchen des Kranken vom. Serum Ge¬
sunder hämolysiert; es besteht eine Resistenz-
Verminderung der Blutkörperchen. In 2 weiteren
Fällen von peroxysmaler Hämoglobinurie wurde
ebenfalls diese Resistenzverminderung und die
Hämolyse der roten Blutkörperchen durch Normal-
serum konstatiert. Das Donath - Landsteinersche
Phänomen: .Hämolyse durch das eigene Serum,
nach Abkühlung auf 0° und wieder Erwärmung
auf 37°, war in diesen Fällen nicht vorhanden.
Für eine Mitbeteiligung der Nieren am Anfall
sprechen die Tatsachen, daß auch Anfälle von
bloßer Albuminurie beobachtet werden; das Albu¬
min tritt vor der Hämoglobinurie auf und über¬
dauert sie. Außerdem können im Urin Zylinder
nachgewiesen werden, die die Eisenreaktion (Ber¬
liner Blau) geben. Der paroxysmalen Hämo¬
globinurie liegt eine Alteration des Blutes zu
gründe; für die Zerstörung von Blut spricht die
nie fehlende Milzvergrößerung, der leichte Ikterus
während des Anfalls.
F. u. S. versuchten nun im Experiment die
paroxysmale Hämoglobinurie zu studieren. Es
gelingt leicht, eine solche zu erzeugen, wenn
man Kaninchen Menschenserum intravenös injiziert.
Bei entsprechender Dosis (ca. C ccm) tritt dann
nach kurzem prämonitorischen Stadium Albumin¬
urie, dann leichte, dann starke Hämoglobinurie auf
(nach 3 /i—2 Stunden); diese verschwindet wieder,
während die Albuminurie noch eine Zeitlang be¬
stehen bleibt. Nimmt man auf 56° erhitztes
Menschenserum, das viel weniger toxisch ist, so
kann man viel größere Quantitäten injizieren. Bei
den so behandelten Tieren finden sich nun folgende
Blutveränderungen: die Zahl der roten Blutkörper¬
chen ist um ca. 1 Million vermindert; die Resistenz
der roten Blutkörperchen ist herabgesetzt; sie sind
leicht durch Serum hämolysierbar. Eine Zer¬
störung von roten Blutkörperchen und Hämolyse
läßt sich experimentell erzeugen, wenn man auf
das Kaninchenohr längere Zeit Kälte appliziert
(Chloräthylspray). Das Hämolysin, das in den
experimentellen Versuchen eingeführt wird, wird
alsbald an die Blutkörperchen fixiert imd kann
daher höchstens bei sehr großen injizierten Men¬
gen im Serum frei vorhanden sein. Das erklärt,
warum das Landsteiner-Donathsche Phänomen in
den Versuchen und Beobachtungen fehlt. Ist es
jedoch vorhanden, so muß eine große Menge von
Hämolysin (Autolysin) im Blut vorhanden, oder
doch im Moment der Koagulation gebildet sein.
Die Rolle, welche die einzelnen Organe bei der
paroxysmalen Hämoglobinurie spielen, soll in einer
anderen Arbeit des näheren untersucht werden.
Fischer (Göttingen).
1056. Zur Kenntnis der Lokalisation des
Fettes in der Leber; von Walther Fischer.
(Virchows Arch. Bd. 208. S. 1. 1912.)
An menschlichen Lebern hat F. in syste¬
matischen Untersuchungen einige Fragen der Fett¬
lokalisation zu lösen versucht Unter 150 Fällen
fand sich überhaupt keine Leber, in der histo¬
logisch kein Fett nachzuweisen gewesen wäre.
Die Menge des (histologisch) in den Lebern nach¬
zuweisenden Fettes steht in keiner Beziehung zu
dem Ernährungszustand des Individuums. Die
Lokalisation des Fettes in der Leber zeigt ver¬
schiedene Typen. Am häufigsten ist die peri¬
phere Verfettung; dann folgt die Verfettung der
zentralen Azinusabschnitte. Beide Typen können
sich kombinieren. Diffuse Verfettung der Azini,
und ganz irreguläre Fettablagerung wird ebenfalls
beobachtet Zentrale Verfettung findet man, unter
den verschiedensten Umständen, ebensogut bei
Erwachsenen wie bei Kindern, bei diesen ist sie
nur oft besonders deutlich. Bestimmte Beziehungen
zwischen Stauung und Verfettung bestehen nicht.
In den Kupfferschen Sternzellen ist in der Mehr¬
zahl der Fälle Fett zu finden; der Fettgehalt
dieser Zellen ist ganz unabhängig von dem der
Leberzellen. Besonders deutlich ist der Fett¬
gehalt der Sternzellen bei Diabetes. Es ist sehr
schwer aus dem Fettgehalt der Leberzellen be¬
stimmte Schlüsse zu ziehen, weil die aller¬
verschiedensten Faktoren : Ernährungszustand, Ver¬
dauungsphase, Blutzirkulation, eventuell Funktion
des betreffenden Arinusabschnittes, für die Ab¬
lagerung von Fett in den betreffenden Zellen, von
Einfluß sind. (Autoreferat.)
1056. La surrdnalite et la pancröatite
scarlatineuses; par L6on Tixier et Jean
Troisier. (Arch. de M6d. des Enf. Bd. 15.
S. 322. 1912.)
Nebenniere und Pankreas Bind oft im Verlaufe
von schwerem und mittelschwerem Scharlach ent¬
zündlich erkrankt und tritt dies durch mannig¬
fache Symptome in Erscheinung, die man früher
als Malignitätssymptome bezeichnet hat, ohne aber
damit eine exakte Vorstellung zu verbinden. Die
Symptome der Suprarenalis sind hauptsächlich:
Tachykardie, Asthenie und arterielle Hypotension.
In gewissen Fällen findet man dumpfe, tief¬
sitzende epigastrische Schmerzen, welche wahr¬
scheinlich auf eine Entzündung der Nebenniere
zurückzuführen sind. Auch andere, ungenügend
erklärte Erscheinungen wie: Pseudomeningitia,
Erytheme und Pigmentierungen dürften auf die
Ursache zurückzuführen zu sein.
Anatomisch findet man in den Nebennieren
Blutungen, welche oft einen Teil oder auch die
ganze Drüse zerstört haben, oder auch nur Ent¬
zündungserscheinungen, hauptsächlich in der Kor-
tikalis.
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
319
Die Erscheinungen einer akuten Pankreatitis
im Verlaufe von Scharlach sind hauptsächlich
heftige epigastrische Schmerzen mit Ausstrah¬
lungen gegen Leber und Gallenblase, Exazerba¬
tionen und Remissionen, rapide Abmagerung.
Letztere wird auch bei Pankreatitis, welche in
der Rekonvaleszenz des Scharlachs auftritt, beob¬
achtet und außerdem eine mangelhafte Verdauung
von Fetten und fötide Stühle.
Die Pankreatitis tritt im Verlaufe von Schar¬
lach meist in Verbindung mit einer Entzündung
der Nebennieren auf und besteht hauptsächlich in
einer Schwellung der Drüse, Entzündung des inter¬
stitiellen und parenchymatöseu Gewebes. Makro¬
skopische Veränderungen findet man selten.
Die Behandlung dieser Komplikationen besteht
in Verabreichung von Adrenalinlösung 1:1000
oder von Nebennierenextrakt, ist also eine opo-
therapeutische. In der Kinderpraxis gibt man
durchschnittlich 2 Tropfen Adrenalinlösung per
Lebensjahr, doch können in schweren Fällen auch
doppelte und dreifache Dosen gegeben werden.
Auch gegen die Komplikationen von seiten
des Pankreas sollte man opotherapeutisch Vor¬
gehen und außerdem auch eine gewisse fettlose
Diät vorschreiben. Toff (Braila).
1057. Spezifische Blutplättchen und die
Theorie der direkten reaktiven Aufeinander¬
wirkung; von Eminet. (Arch. f. Kinderheilk.
Bd. 57. S. 296. 1912.)
E. hatte bereits früher die Ansicht vertreten, daß
bei Vergiftung eines Tieres mit Diphtherietoxin Blut¬
plättchen, „Soterozyten“, auftreteD, welche eine spezi¬
fische Affinität zu Sudan 111 besitzen. Bei Einführung
anderer Toxine findet man wieder andere Soterozyten,
welche eine andere spezifische Färbung haben. Die
Blutplättchen sind also streng spezifisch für den Er¬
reger, so daß z. B. bei Einführung von Diphtherietoxin
oder Bazillen die spezifische Färbung für Scharlach
oder Tuberkulose nicht gelingt.
Bei Infektion des Organismus entstehen für
das betreffende Antigen spezifische Soterozyten,
•welche wahrscheinlich vermittels ihrer Kerne das
Virus vernichten. Je stärker die Vergiftung, um
so weniger findet man Soterozyten mit normalen
Kernen. Der Blutplättchenkern ist sehr reich an
Lezithin. Die Vermehrung der Soterozyten im
Gefolge von Infekten hat aber eine Grenze. Bei
übergroßer Toxinmenge vermindert sich die Plätt¬
chenzahl. E. bittet um Nachprüfung seiner Be¬
funde und erklärt sie nur aus diesem Grunde so
prononziert formuliert zu haben. Vom Standpunkt
seiner Theorie aus hält er beispielsweise auch die
heute so modernen großen Antitoxingaben für
nicht gerechtfertigt. Klotz (Schwerin).
1058. Dia Ödeme der Kachektiker; von
C. Doljan in Bukarest (Revista stiintzelor med.
April 1912. S. 335.)
Es wird allgemein angenommen, daß es in
kachektischen Zuständen, durch mangelhafte Blut¬
zusammensetzung und nachfolgende Degenerierung
der Gefäßwände zum Austritte von seröser Flüs¬
sigkeit in die Gewebe, d. h. zur Bildung von
Ödemen kommt. Dieser Ansicht tritt nun D. ent¬
gegen, indem er an der Hand klinischer und
nekroptischer Beobachtungen nachweist, daß in
allen Fällen von Ödemen bei Kachektischen es
sich um Veränderungen des Nierenepithels han¬
delt, daß also die betreffenden Ödeme renaler
Natur sind, während dann, wenn die Nieren
intakt sind, auch keine Ödeme auftreten, möge
der Grad der Kachexie ein wie großer auch sein.
Es gibt also keine kachektischen Ödeme, sondern
nur solche renaler Natur und der Ausdruck
„kachektisches ödem“ muß also aus der medizi¬
nischen Sprache gestrichen werden.
Toff (Braila).
1059. Über die Beeinflussung der Re¬
sistenz der roten Blutkörperchen durch
hämotoxische Substanzen; von E. Hand¬
rick. (D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107. S. 312.
1912.)
Kaninchen, welche längere Zeit mit subkutanen
Injektionen von Benzidin vorbehandelt waren,
zeigten eine Vermehrung der maximalen wie der
minimalen Resistenz ihrer roten Blutkörperchen
gegenüber hypisotonischen Kochsalzlösungen. An¬
dererseits fand sich bei Tieren, welchen Saponin
oder ölsaures Natrium einige Zeit in sehr geringen
Mengen injiziert wurde, eine beträchtliche Ver¬
minderung der minimalen Resistenz, während die
Bestimmung der maximalen Resistenz normale
Werte ergab. H. glaubt, daß die verschiedene
Beeinflussung der Widerstandsfähigkeit der Ery¬
throzyten in den genannten Fällen durch eine
differente Wirkung der Substanzen aufs Knochen¬
mark bedingt ist. Isaao (Wiesbaden).
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320
Gottschalk. — Ewald.
Sticker. — Ploß und Bartels.
B. Bücherbesprechungen.
77. Grundriß der gerichtlichen Medizin
(einschl. Unfall-und Invalidenversiche¬
rung) für Ärzte und Juristen; von
R. Gottschalk. 4. Aufl. Leipzig 1912.
Georg Thieme. 471 S. (Geb. 6 Mk. 50 Pf.)
Das Buch ist als Leitfaden für Mediziner und
Juristen gedacht, es bringt auch die hauptsäch¬
lichen neuen einschlfigischen Gesetzesbestimmun¬
gen aus der Reichsversicherungsordnung. Der
knapp gehaltene, nicht erschöpfende Text will
und kann nicht größere Lehrbücher ersetzen.
Recht brauchbar sind für ungeübtere die im An¬
hang beigegebenen SektionBsehemata. Trotz der
ungleichen Behandlung des Stoffes, die manchmal
sich etwas kritiklos mit neuen Arbeiten befaßt,
andre wichtige ausläßt, gibt der Grundriß doch
einen guten Überblick über das Gebiet. Die
forensische Psychiatrie ist nicht mit abgehandelt.
Etwas zu kurz sind die spezifisch gerichtsärztlichen
Untersuchungsmethoden fortgekommen, z. B. der
biologische Blutnachweis. Nippe (Königsberg).
78. E. Alberts Diagnostik der chirurgi¬
schen Krankheiten; herausgeg. von Karl
Ewald. 10. vermehrte Auflage. Wien 1912.
Alfred Hölder. 373 S. mit 55 Holzschnitten.
In dem Vorworte zu seinen Vorlesungen sagt
Albert folgendes: „Als Einleitung in die Diagnostik
kann das Büchlein nicht gelten; die einfachen Krank¬
heitsbilder werden meist als bekannt vorausgesetzt
und wird vornehmlich die Differentialdiagnostik
für den vorgeschrittenen Studenten abgehaudelt ...
Es wird also zumeist der Dntersuchungsgang und
das diagnostische Raisonnement behandelt“
Ich erinnere mich noch lebhaft der Begeiste¬
rung, mit der wir jungen klinischen Studenten Ende
der 70er Jahre die Albertsche Diagnostik durch¬
studiert haben. Neben der Billrothschen allge¬
meinen Chirurgie war sie uns entschieden das
liebste Buch. Auch später habe ich die Dia¬
gnostischen Vorlesungen noch oft zur Hand ge¬
nommen und immer wieder aus ihnen gelernt.
1900 ist Albert gestorben. Seine chirurgische
Diagnostik ist 1905 in neunter, dieses Jahr in
zehnter, vermehrter Auflage von einem seiner
Schüler, K. Ewald, herausgegeben worden. Die
20 Vorlesungen der ersten Auflage haben jetzt
39 Kapiteln Platz gemacht; die Seitenzahl ist von
338 glücklicherweise auf nur 373 gestiegen.
Hinzugekommen sind jetzt 55 Textabbildungen.
E. hat eine mehr als 10jährige Schule in Alberts
Klinik genossen und hat in dieser Zeit reichlich
Gelegenheit gehabt, Alberts Denk- und Betrachtungs¬
weise durch unmittelbare fortdauernde Beobachtung
seiner glänzenden Unterrichtsmethode kennen zu
lernen. Mit vollstem Rechte hat deshalb E. jede
Änderung vermieden und sich nur auf die weitere
Ausgestaltung und Ergänzung der diagnostischen
Vorlesungen beschränkt
Das Albertsche Buch kann auch im neuen Ge¬
wände dringend empfohlen werden, würde aber
durch eine reichlichere Beigabe von Abbildungen
wohl noch mehr gewinnen. Wagner (Leipzig).
79. Abhandlungen aus der Seuchen¬
geschichte und Seuchenlehre; ILBand:
Die Cholera; von Georg Sticker. Gießen
1912. A. Töpelmann (vorm. J. Kicker.) Mit
4 Testbildern. (30 Mk.)
Der indischen Cholera wird eine Besprechung
der Cholera nostras und Cholera infantum voran¬
gestellt, welche eine ausführlichere Darstellung
erfahren haben als in den meisten anderen Büchern;
es sei darauf besonders hingewiesen. Die Dar¬
stellung der indischen Cholera ist vorzüglich, mit
großem Fleiße sind weit zerstreute Nachrichten
zusammengetragen. Die Epidemiologie scheint
mir besonders gelungen, wenn auch manche Ab¬
schnitte nicht den Beifall und die Zustimmung
der Bakteriologen finden können; den Petten-
koferschen Ansichten ist ein großer Raum gewährt
worden. Die Bakteriologie der indischen Cholera
ist auf 84 Seiten mit großer Sachkenntnis und
Kritik abgehandelt Über die Abwehr, die Aus¬
rottung von Choleraherden und Schutzmittel gegen
die Choleraansteckung ist das Wichtigste in be¬
sonderen Abschnitten mitgeteilt Das klinische
Bild wie die Therapie sind vortrefflich geschildert.
Das Buch von S. kann warm empfohlen werden.
In einer Zeit, in der wie in den letzten Monaten
wieder hunderte von Cholerafällen in Europa vor¬
gekommen sind, ist seine Lektüre recht vielen
Ärzten zu wünschen, um sich an der Hand eines
zuverlässigen Führers mit den heutigen Anschau¬
ungen über das Wesen der Cholera bekannt zu
machen. Paul Krause (Bonn).
80. Das Weib in der Natur- und Völker¬
kunde. Anthropologische Studien; von Hein¬
rich Ploß und Max Bartels; heraus¬
geg. von Paul Bartels. 10. Aufl. Leipzig
1912. Th. Griebens Verlag. 1. Lieferung.
Wiederum ist eine neue Auflage dieses be¬
rühmten Werkes erschienen, das Paul Bartels mit
größtem Fleiß und Verständnis neu bearbeitet und
herausgegeben hat. Die erste Lieferung liegt vor;
sie beschäftigt sich mit der anthropologischen,
psychologischen und ästhetischen Auffassung des
Weibes. Durch vorzügliche Nachträge, Literatur¬
verbesserungen , Vermehrung glänzender Repro¬
duktionen ist das Buch ein Kunstwerk ersten
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Jacobaeus. — Rapmund u. Dietrich. — Gabriel. — Markuae. — Römer. — Quincke u. Hoppe-Seyler. 321
Banges, das besonders in kulturhistorischer und
ethnographischer Beziehung das Beste gibt Nicht
nur der Fachmann, auch der Laie wird aus der
ausgezeichneten und klaren Darstellung viel lernen
können. Hei mann (Breslau).
81. Über Laparo-Thorakoskopie; von
H. C. Jacobaens. Sonderabdruck aus den
Beiträgen der Klinik zur Tuberkulose. Würz-
burg. Kurt Kabitzsch. Mit 5 Tafeln und
einer Textabbildung. (6 Mk.)
J. hat eine Endoskopiemethode ausgearbeitet,
welche er zur Besichtigung im Thoraxraum wie
in der Bauchhöhle anwendet. Er diagnostizierte
damit, wie aus seiner Kasuistik hervorgeht, Fälle
von Leberzirrhose, von Pickscher Krankheit, von
Leberlues, StauungBleber, tuberkulöser Peritonitis,
Magen- und Leberkrebs, Brustkrankheiten, Pleu¬
ritis, idiopathische Pleuritis, exsudative Pleuritis
und Empyeme. Die Methode wurde von Hegler
am Eppendorfer Krankenhaus nachgeprüft und
als praktisch brauchbar und ungefährlich befunden.
Paul Krause (Bonn).
82. Ärztliche Rechts- und Gesetzes¬
kunde; von Rapmund und Dietrich.
2. Auflage. Leipzig 1913. Georg Thieme.
(32 Mk.)
Das Werk von R. u. D. war seither schon
ein Standardwerk, welches auf kaum einem ärzt¬
lichen Schreibtisch fehlte, dessen Inhaber der
Kenntnisse der Medizinalgesetzgebung und der
vielen einschlagenden Bestimmungen bedurfte.
Die zweite Auflage, welche mehr als den dop¬
pelten Umfang der ersten hat, zeigt, welche Än¬
derungen und' Erweiterungen auf allen Gebieten
der Medizinalgesetzgebung, der ärztlichen Aus¬
bildung, der Seuchenbekämpfung, der Tätigkeit
als Krankenhaus- und Krankenkassenarzt, der
Sachverständigentätigkeit auf dem Gebiete der
Unfall- und Invalidenversicherung, der Ange¬
stelltenversicherung stattgefunden haben. Die Ein¬
teilung scheint zunächst die alte bewährte ge¬
blieben zu sein, aber welcher Ausbau auf allen
Gebieten, einschließlich der privaten Versicherung,
der Organisation des ärztlichen Standes, der Ehren¬
gerichte und des ärztlichen Vereins- und Unter-
stützungswesena! Die neue Auflage wird nicht
nur dem Medizinalbeamten ein Lehrbuch, auch
vielen Ärzten ein unentbehrlicher Ratgeber werden.
Rumpf (Bonn).
83. Die kassenärztliche Frage; von Arthur
Gabriel. Leipzig 1912. N. v. Criegern.
560 S. (8 Mk.)
G. gibt eine ausführliche und sorgfältige Be¬
arbeitung der kassenärztlichen Fragen vom Jahre
1883 bis heute. Die Gesetzgebung, die ver¬
schiedenen ärztlichen Bestrebungen für und gegen
die freie Arztwahl, die Entwicklung der ärztlichen
Organisationen, der Ziele der Krankenkassen, die
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 4.
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Ärzteaussperrungen, die Ärztetage — alles ist
eingehend behandelt, bis zum Erstehen der Reichs¬
versicherungsordnung und den letzten Stellung¬
nahmen. Wer sich über die vorliegenden Fragen
orientieren will, wird kaum ein geeigneteres Werk
finden. Rumpf (Bonn).
84. Die Beschränkung der Geburtenzahl,
ein Kulturproblem; von Julian Mar¬
kus e. München 1913. Ernst Reinhardt.
151 S. (2 Mk. 80 Pf.)
M. kommt in seinem interessanten Buch zu¬
nächst zu dem Resultat, daß die eheliche Frucht¬
barkeit allenthalben eine bedeutende Abnahme
erfahren hat, die in einer völligen Umgestaltung
der Lebensbedingungen und nicht auf individua¬
listischen Momenten beruht Indem aber die
Fruchtbarkeit abnimmt, entwickelt sich eine Ver¬
vollkommnung der einzelnen Individuen, voraus¬
gesetzt, daß ein erfolgreicherer Kampf gegen die
Keimschädigungen (Alkoholismus, Geschlechts¬
krankheiten) einsetzt Daß M. nicht in dem
Verbot antikonzeptioneller Mittel, sondern in einer
Besserung der sozialen Verhältnisse (Wohnungs¬
reform, Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge) ein
Heilmittel sieht, bedarf kaum der Betonung.
Rumpf (Bonn).
85. Lehrbuch der Augenheilkunde; von
Paul Römer. 2. AufL 2. Band. Berlin
1913. Urban & Schwarzenberg. 448 S. mit
162 Textillustrationen u. 21 farbigen Tafeln.
Der zweite Band des Lehrbuches reiht sich dem
ersten würdig an. Er umfaßt die Erkrankungen des
Tränenapparates, der Orbita, die Verletzungen des
Auges, das Glaukom, die Pupillenlehre, die Augen¬
muskellähmungen, die Neurologie des Auges und
die Funktionsprüfung des Auges. Überall finden
wir wieder die frische Darstellung und die ein¬
gehende, großzügige Behandlung des Stoffes, die
wir von R. stets gewöhnt sind. Besonders für
den Praktiker ist das Kapitel über die Neurologie
des Auges wertvoll, bei welchem die wichtigen
Fragen gesondert behandelt sind: Inwieweit kann
das Auge zur Lokaldiagnose eines Hirntumors bei¬
tragen? Inwieweit können Augensymptome bei der
Diagnose einer Meningitis verwendet werden?
u. a. m. Die Abbildungen und Tafeln Bind in
diesem Band fast durchweg vorzüglich. Jedem
praktischen Arzt kann das wertvolle Werk nicht
genug empfohlen werden. Köllner (Berlin).
86. Die Krankheiten der Leber; von
H. Quincke und G. Hoppe-Seyler; be¬
arbeitet von G. Hoppe-Seyler. 2. Auü.
Wien 1912. Alfred Hölder. 809 S. mit 14 Taf.
(20 Mk. 50 Pf.)
Die Neubearbeitung welche H.-S. allein be¬
sorgt hat, ist Quincke zu seinem 70. Geburts¬
tag gewidmet. Die Kapitel, welche in der 1. Auf¬
lage Quincke allein bearbeitete, sind in ihren
41
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322
Sittler. — Wieland.
Joachimsthal.
Lewy.
wesentlichsten Teilen unverändert; es handelt sich
hier auch vielfach um die Ergebnisse, welche
seinen eigenen Arbeiten entstammten und es er¬
schien daher nicht tunlich, dieOrginalanschauungen,
welche darin zum Ausdruck kamen, abzuändern;
wohl hat H.-S. überall dort, wo neuere Erfahrungen,
klinischer oder experimenteller Natur, Vorlagen,
diese eben in passender Weise eingefügt und so
auch diese Abschnitte in jeder Beziehung dem
jetzigen Standpunkte unserer Kenntnisse an ge¬
paßt, so z. B. bei der Leberzirrhose.
In den übrigen Teilen hat H.-S. vielfach tief¬
ergreifende Veränderungen und Neubearbeitungen
vorgenommen. Manches ist kürzer gefaßt worden,
anderes, z. B. die Physiologie der Leber, die
Cholelithiasis ist einer gründlichen Umarbeitung
unterzogen worden. Einzelne Kapitel, z. B. über
Bantische Krankheit, über familiären Ikterus sind
neu aufgenommen. Die Literatur ist eingehender
berücksichtigt und findet sich in den angeführten
Verzeichnissen fast vollständig.
Neu hinzugekommen sind am Schlüsse eine
Anzahl instruktiver Abbildungen nach Präparaten
des Verfassers.
Die großen Vorzüge des Werkes, die klare
und präzise Diktion, die Hervorhebung des Wich¬
tigen und Wesentlichen, des besonders durch Ex¬
periment und Erfahrung gesicherten, bewähren
sich auch bei der Neubearbeitung in glänzender
Weise. Die reiche eigene Erfahrung H.-S., der
selbst durch eigne Arbeiten die Leberpathologie
bedeutsam gefördert hat, tritt allenthalben wohltuend
hervor und macht das Werk zu einem sicheren
und zuverlässigen Ratgeber in dem großen Gebiet
der Leberkrankheiten.
Es wird sicher in der Bibliothek keines Arztes
fehlen dürfen. Hochhaus (Köln).
87. Die exsudativ-lymphatische Diathese.
Eine kurze Skizze für den praktischen Arzt;
von Paul Sittler. Würzburg 1913. Curt
Kabitzsch. 111 S. (3 Mk. 50 Pf.)
S. will durch eine zusammenhängende Dar¬
stellung die Kenntnis der exsudativen Diathese
unter den praktischen Ärzten noch mehr verbreiten.
Er hat alles zusammen gestellt, was sich über den
Gegenstand sagen läßt und zwar in einer leicht
verständlichen Form. Freilich finden sich dabei
einige Exkurse, die im Interesse einer etwas
konziseren Darstellung besser unterblieben wären
(Sommersterblichkeit, Pathogenese der Masern).
Bei einer zweiten Auflage wird sich S. zweck¬
mäßig zu einigen recht kräftigen Strichen ent¬
schließen. Wenn man die knappe Darstellung des
Gegenstandes im Heubnersehen Lehrbuch zum Ver¬
gleich heranzieht, wird man die Überzeugung ge¬
winnen, daß diese dem Bedürfnis des praktischen
Arztes mehr entspricht Vielerlei, was S. mit der
exsudativen Diathese in Zusammenhang bringt,
ist strittig (Serumkrankheit u. a. m.) Doch das
liegt im Gegenstand. Nur müßte es dann weniger
bestimmt ausgesprochen oder ganz weggelassen
werden. Befremden erregen müssen die medi¬
kamentösen Empfehlungen S.s, namentlich die¬
jenige des Lebertranes. Brückner (Dresden).
88. Spezielle Pathologie des Bewegungs¬
apparates im Kindesalter; von E. Wie¬
land. Wiesbaden 1912. J. F. Bergmann.
Mit 62 Abb. im Text
Die Monographie ist ein Sonderabdruck aus dem
Handbuch der allgemeinen Pathologie und der
pathologischen Anatomie des Kindesalters, heraus¬
gegeben von H. Brüning und E. Schwalbe.
In einzelnen Kapiteln mit jeweils angehängtem
gründlichen Literaturverzeichnis werden bespro¬
chen: Unvollständige Entwicklung und Rück¬
ständigkeit des Skeletts bei der Geburt — Hem¬
mungen und Steigerungen des Knochenwachstums
auf pathologischer Grundlage. — Angeborene spezi¬
fische Wachstuinsstörungen des Skeletts. — Ent¬
zündliche Affektionen des Skeletts.
V u 1 p i u b (Heidelberg).
89. Technik der Massage; von Hoffa.
6. verbesserte Auflage. Herausgegeben von
Joachimsthal. Stuttgart 1912. Ferd.Enke.
Mit 44 teilweise farbigen Textabb. (3 Mk.)
Daß J. das beliebte Buch neu herausgegeben
hat, ist dankbar zu begrüßen. Wesentliche Ände¬
rungen hat es nicht erfahren. Zur Massagetechnik
bei Frakturen hat sich diejenige bei Luxationen
hinzugesellt. Die Corneliussche Druckpunkt¬
massage wird abgelehnt, weil ihr Theorien zu¬
grunde liegen, welche sich mit unseren Kennt¬
nissen nicht vereinbaren lassen. Der Massage¬
behandlung akuter Neuralgien wird widerraten.
Die Ausstattung ist die gleich vorzügliche
gebli eben. V u 1 p i u s (Heidelberg).
90. Die ärztliche Gipstechnik. Ein Leit¬
faden für Ärzte und Studierende; von
J. Lewy. Stuttgart 1912. Ferd. Enke.
Mit 203 Textabb. u. einem Geleitwort von
Ritschl. (7 Mk.)
Gestützt auf die Erfahrungen, welche an der
R.schen Poliklinik im Laufe der Jahre gesammelt
wurden, gibt R. eine vorzügliche Übersicht über
die vielseitige Verwendbarkeit des Gipses in der
ärztlichen Tätigkeit Die Literatur ist ausgiebig
verarbeitet, sodaß in der Tat ein mustergültiger
und praktisch brauchbarer Ratgeber entstanden
ist. Lehrreich ist auch ein Schlußkapitel, in
welchem eine Reihe von Prozessen nach Akten¬
auszügen erwähnt werden, welche wegen fehler¬
hafter Gipstechnik von Patienten angestrengt wor¬
den sind, eine eindringliche Mahnung, der Gips¬
technik die größte Aufmerksamkeit zu schenken.
Vulpius (Heidelberg).
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A. Warna * St Wc**n Vertat (Dr* AJbwt Ahn) i* Sana. — Druck von Ott» Wlgaad m. b. H. in ialpalf.
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Schmidts Jahrbücher
der
in- und ausländischen gesamten Medizin
Band 317 Mid 1913
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Augenschädignngen durch Sonnenlicht 1 ).
Von
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Diskussion: Qeoffrio, Wygodsky, German, Burxew,
Kubly, Katx, Kasass, Botwinnik, Kamitxki, Belljar-
mirow, Quetschow, Tschemolossow.
7. Bondi, Max, Ein Fall von transitorischer Er¬
blindung nach Beobachtung der Sonnenfinsternis. Med.
Klin. Bd. 8. S. 1317. 1912.
8. B raunschweig, Über Schädigungen der Angen
infolge der Sonnenfinsternis. Friihjahrssitzung der Ver¬
einigung der Augenärzte der Provinz Sachsen, Anhalts
u. der Thüringer Lande 5, Mai 1912. Ref. Klin. Mo¬
natsbl. f. Augenheilk. Bd. 50. I. S. 758. 1912.
Diskussion: Windrath, Stock, Segelken. v. nippel,
Sandmann, Schreiber.
9. Cords, Richard, Augenschädigungen durch
Sonnenlicht. Niederrhein, Gesellsch. f. Natur- u. Heil¬
kunde Bonn 13. Mai 1912. Ref. D. med. Woch. 1912.
S. 1810.
Diskussion: Nieden, Hummelsheim.
10. Cords, R., Sonnenblendung. Zeitschr. f. Augen-
heilb. Bd. 27. S. 511. 1912.
11. Feilchenfeld, W., Augenschadigung durch
Beobachtung der Sonnenfinsternis. D. med. Woch.
1912. 8. 953.
l ) Abgeschlossen am 1. Febr. 1013.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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lla. Gebb, Über Sonnenblendung. Greifswaldcr
med. Verein 26. Juli 1912. Ref. D. med. Woch. 1912.
S. 2386.
12. Groenholm, Om scotoma helieclipticum.
Finska läkaresällsk. handl. 1912. Nr. 54.
13. Groenouw, Drei Fälle von Retinitis nach
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3. Mai 1912. Ref. Med. Klin. Bd. 8. S. 144. 1912.
14. Hertz, V., Demonstration von 3 Patienten mit
Sonnenfinsterniskotomen. Sitzung d. Ophtalmologiske
Selskap in Kopenhagen am 24. April 1912.
Diskussion: Eoeg, Bentxen, Litidgren, Petersen,
Lundsgaard.
15. Hirsch, Sehstörung nach Beobachtung der
Sonnenfinsternis (Scotoma helieclipticum). Verein der
Arzte in Prag 13. Mai 1912. Ref. Wien. klin. Woch.
1912. S. 1068.
16. Hirsch, C., Über die Schädigung des Auges
infolge Beobachtung der Sonnenfinsternis. Prag. med.
Woch. 1912. S. 381.
17. Hoppe, Julius, Augenschädigung durch die
Sonnenfinsternis am 17. April 1912. Nach einem Vor¬
trag im Allg. ärztl. Verein in Köln am 3. Juni 1912.
Münchn. med. Woch. 1912. S. 2442.
18. Jeß, Adolf, Augenerkrankungen durch Blen¬
dung anläßlich der letzten Sonnenfinsternis mit Vor¬
stellung von Patienten. Physikalisch-med. Gesellsch.
zu Würzburg 23. Mai 1912. Ref. Münchn. med. Woch.
1912. S. 2262.
19. Jeß, Über Ringskotom durch Blendung anlä߬
lich der letzten Sonnenfinsternis. Münchn. med. Woch.
1912. S. 1100.
20. Jeß, Augenerkrankungen durch Blendung boi
der letzten Sonnenfinsternis. Umschau 1912. S. 605.
21. Isakowitz, Augenerkrankungen durch Sonnen¬
blendung. D. med. Woch. 1912. Nr. 24.
22. Ischrey t, ÜberBlendungsveränderungen durch
Sonnenlicht. St. Petorsb. med. Zeitschr. 1912. Nr. 12.
23. Kaz, R., Schädigungen des vorderen Bulbus¬
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Woch. f. Ther. u. Ilyg. d. Auges 1912. S. 77.
24. Lasarew, 3 Fälle von Lochbildung der Netz¬
haut in der Gegend der Macula lutea, entstanden durch
den Einfluß direkter Sonnenstrahlen bei Beobachtung
52
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
410
Cor dB, Augenschädigungen durch Sonnenlicht
der Sonnenfinsternis mit ungeschütztem Auge und ein
Fall derselben Erkrankung traumatischen Ursprungs.
Wiestnik Oftalm. 1912. Juli—Aug.-Heft S. 565. (Russisch).
25. v. Marenholtz, Beiträge zu den Augen-
erkrankongen durch Blendung. Woch. f. Ther. u. Hyg.
d. Auges 1912. S. 245.
26. Ohlemann, M., Zwei Fälle von Blendung
durch die Sonnenfinsternis. Woch. f. Ther. u. Hyg. d.
Auges 1912. S. 287.
26a. Olofsson, 29 Fälle von Sonnenblendung aus
dem akademischen Krankenhaus zu Upsala. Schwed.
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Diskussion: Pihi.
26b. Sandmann, Beobachtungen über Sonnen¬
blendung. Med. Ges. Magdeburg 24. Okt. 1912. Ref.
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28. Seligsohn, Schädigungen der Augen durch
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Gesellsoh. 24. April 1912. Ref. D. med. Woch. 1912.
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Natur-en Geneeskundig Congres Löwen 21.—23. Sept.
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Diskussion: Speleers, Pergena, Terlinck.
30. v. Szily, Naturforscher Gesellsch. Freiburg
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16. Juni 1912. Ref. Klin. MonatBbl. f. Augenheilk.
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soleil. Revue gen. d’Opht. 1912. 8. 386.
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lesion maculaire. Arch. d’Opht. 1912. S. 571.
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35. Wostrow, D., Retinitis nach Betrachtung der
Sonnenfinsternis mit unbewaffnetem Auge. Russki
Wratsch 1912. S. 659. Ref. Klin. Monatsbl. f, Augen-
heilk. Bd. 50. 1L S. 398. 1912.
Noch, nie sind nach einer Sonnenfinsternis so
zahlreiche Fälle von Schädigung der Augen be¬
obachtet worden wie nach der vom 17 April 1912.
Durch die Tagespresse gingen ungezählte teils über¬
triebene Notizen, und sehr bald schon setzten die
wissenschaftlichen Mitteilungen ein. Diese Häufung
der Fälle erklärt sich dadurch, daß die Beobachtungs-
bediDgungen der Finsternis in Europa ungemein
günstige waren: allenthalben war der Himmel
vollkommen wolkenlos und das Ereignis fand in
den Mittagsstunden zwischen 12 und 1 Uhr statt,
einer Zeit, wo nicht nur die Sonne in ihrem
Zenith stand, sondern auch die gewöhnliche
Arbeitspause war. Außerdem hatten die zu¬
nehmende naturwissenschaftliche Bildung und die
vorbereitenden Artikel der Presse die Zahl der
Interessierten ungeheuer vermehrt, zumal genü¬
gend darauf hingewiesen worden war, daß eine
solche die Totalität ganz oder fast ganz erreichende
Verfinsterung in den nächsten Jahrzehnten nicht
wieder zu erwarten sei.
Was die Zahl der Augensch&digungen anlangt,
so liegen darüber mehrere statistische Daten vor:
Birch-Hirschfeld (5) veranstaltete eine Rund¬
frage bei den Augenärzten im Königreiche Sachsen
und brachte 259 Blendungsfälle zur Kenntnis,
obwohl ein großer Teil seiner Anfragen unbeant¬
wortet blieb. Bl es Big (6) sammelte 103 an
der SL Petersburger Augenheilanstalt und in der
Praxis beobachtete Fälle, während in der Diskus¬
sion zu seinem Vortrage weitere 107 Fälle er¬
wähnt wurden. Auf einer Tagung der Rheinisch-
Westfälischen Augenärzte in Düsseldorf wurden
durch Rundfrage am 28. April 1912 98 Fälle
festgestellt [Hummelsheim (9)]. Cords (10)
schließlich, der bei den 131 Augenärzten der
Rheinprovinz eine Enquöte veranstaltete, erhielt
bei 107 Antworten Kenntnis über 387 Fälle;
von diesen waren 166 schwer, d. h. es bestanden
Makula-Veränderungen oder sehr störende und
lange anhaltende Skotome, 184 leicht, die andern
unbestimmt. Auffallend wenige Schädigungen
kamen im Industriegebiete zur Beobachtung, was
vielleicht mit der kohlendunstgeschwängerten
Atmosphäre dieser Landstriche zusammen hängt;
von den Städten wiesen Köln und Bonn die
größten Zahlen auf. Für ganz Deutschland schätzt
Birch-HirBchfeld (5) die Zahl der Blendungs¬
fälle auf 3500, von denen etwa 500 noch nach
Monaten eine Sehstörung von 1 / s oder mehr
haben dürften. Die Zahl der von einem einzelnen
Beobachter untersuchten Fälle überschreitet 40
nicht
Cords(lO) teilt die Schädigungen wie folgt ein :
1. Nachbilderscheinungen, die spätestens am
anderen Morgen verschwunden sind.
2. typische Sehstömngen (positive zentrale
Skotome) a. ohne b. mit Makula Veränderungen.
3. atypische Fälle.
Die Fälle der ersten Gruppe, die wohl mehr
als physiologische Reaktion der gesunden Retina
auf den übermäßigen Reiz aufzufassen sind, suchten
meist den Arzt nicht auf. Die Beschwerden,
welche nach Cords im Sehen gelber und blauer
Flecken, nach Feilchenfeld (11) in Rotsehen,
Lilasehen, Verdunkelungen und Schmerzen be¬
standen, ließen meist in Bälde nach.
Die große Mehrzahl der von den zahlreichen
Autoren erwähnten Fälle gehört der zweiten
Gruppe an. Ein ganz besonderes Interesse be¬
anspruchen die dabei festgestellten Oesichisfeld-
ausfälle. Meist sahen die Patienten einen zen¬
tralen Dunkelfleck von grauer, schwarzer, brauner,
bläulicher oder dunkelgelber Farbe; Konturen
waren in seinem Bereiche entweder ganz ver¬
schwunden oder sehr verwischt. Als ein kon¬
stantes Symptom fand Cords (10), daß Gesichter
in 20 m Entfernung nicht mehr erkannt werden
konnten. Oft wurden lebhafte Bewegungen in
dem Flecken bemerkt [Cords (10), Schüler
(27), Birch-Hirschfeld (5)]; ein Patient von
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Cords, Augenschädigungen durch. Sonnenlicht
411
Hoppe (17) Bah einen tanzenden Mückenschwarm,
ein anderer Funken oder lebhaft rotierende Mond¬
sicheln. Ein Patient von C o r d s (10) beobachtete
im Dunkeln einen hellen Fleck in Form der sich
verfinsternden Sonne. Dieses zentrale Skotom, das
von Uhthoff (31) in 92% der Fälle gefunden
wurde, ließ sich in den meisten Fällen der Größe
nach genau bestimmen. Die genauesten Unter¬
suchungen über diese Verhältnisse verdanken wir
Ask (1), Birch-Hirschfeld (2—5) und Jeß
(19. 20). Ask untersuchte nach einer neuen
Methode, die recht exakte Resultate gab. Die¬
selbe bestand darin, daß sonst zur Bestimmung
des Astigmatismus dienende Strahlenfiguren,
schwarz auf weißem oder weiß auf schwarzem
Grunde, in 4 m Entfernung betrachtet wurden.
Das Skotom war in den schweren Fällen absolut,
in den leichtesten nur für Blau vorhanden; die
Lage war meist parazentral. Birch-Hirsch¬
feld stellte das in allen seinen Fällen vorhandene
Skotom mit sehr kleinen Prüfungsobjekten in
großem Abstande fest und ließ dasselbe meist
durch den Patienten selbst in ein Gesichtsfeld¬
schema eintragen. Von 50 geblendeten Augen
hatten 31 ein zentrales, 19 ein parazentrales
positives Skotom. In allen Fällen war dasselbe
zunächst absolut, später relativ; seine Größe
schwankte zwischen % und 1°, doch kamen
auch kleinere und wesentlich größere Skotome
vor. Die Form war verschieden, meist kreisrund,
oval oder polygonal, dreimal nierenförmig. Dieses
absolute Skotom war stets von einem relativen
umgeben, in dessen Bereich ein reines Gelb als
weiß oder gelblich erschien, während andere
Farben weniger gesättigt waren. Die Ausdehnung
dieses relativen Skotoms war sehr verschieden
und schwankte zwischen 1 und 10°; meist
erstreckte es sich am weitesten nach unten und
verlor schon in den ersten Tagen sehr am Um¬
fang. Eine zentrale Herabsetzung der Dunkel¬
adaptation wies Hoppe (17) mit dem Foerster-
schen Photometer nach.
Viel diskutiert wurde eine andere Gesichts¬
faidstörung, das sogenannte Ringskotom , das bei
Sonnenblendung zuerst unabhängig von Ask (1)
und Jeß (18—20) gefunden, später von Hoppe
(17), Peppmüller [erwähnt bei Birch-Hirsch¬
feld (5)], Schüler (27, in 4 Fällen) und Spe¬
ie ers (29) bestätigt wurde; auch in einem Falle
von Pergens (29) war es dünn wie ein Schleier
vorhanden. Es handelt sich dabei nach Jeß um
einen Gesichtsfeldausfall, der außen mit nahezu
mathematischer Genauigkeit 40° vom Fixations¬
punkt entfernt beginnt und nach innen höchstens
bis 15° reicht; derselbe ist in einigen Fällen für
Farben absolut, in den meisten für Weiß und
Farben relativ. Birch-Hirschfeld (5) konnte
diese Befunde nicht bestätigen; er stellte anderer¬
seits fest, daß auch beim Normalen in keinem
einzigen Falle das Gebiet zwischen 20 und 40°
völlig farbentüchtig ist; in einem bei verschie¬
denen Individuen verschieden großen Teile dieses
Bezirks wird bei der zirkulären Prüfung am
Skotometer rot als gelb, gelb als weißlich, grün
als grau und blau als ungesättigter bezeichnet.
In den Mischfarben schwindet besonders die rote
und grüne Komponente, so daß z. B. ziegelrot
als leuchtendes Gelb, bläuliches Grün als Blau
bezeichnet wird. Die Größe dieses Bezirkes hängt
nach Birch-Hirschfeld von der Lage des
Bulbus in der Orbita ab und steht wohl in Be¬
ziehung zu dem beständig in das Auge hinein¬
fallenden Himmelslicht
Allein steht eine Beobachtung von Spe-
leers (29), der neben dem Ringskotom eine
konzentrische Gesichtsfeldeinengung und eine Ver¬
größerung des blinden Fleckes fand.
Im Vergleiche zu diesen schweren Gesichts¬
feldstörungen war die Herabsetzung der zentralen
Sehschärfe in den meisten Fällen verhältnismäßig
gering. Sie betrug meist */, bis % i nur in
einem Falle von Braunschweig (8) war sie
auf Vioo gesunken. Von den 50 von Birch-
Hirschfeld (5) untersuchten Augen hatten 6
vollen Visus, 13 ®/ 9 — e / 19 , einer ®/ 18 , 8 ®/ 21 ,
einer ? / g0 und 5 ®/ 60 . Auf einen Fall von
B o n d i mit vorübergehender Erblindung komme
ich weiter unten noch.
Hintergrundsveränderungen waren, wie schon
erwähnt, nicht in allen Fällen vorhanden: Uht¬
hoff (31) fand sie in 68°/ 0 seiner 26 Fälle,
Birch-Hirschfeld (5) vermißte sie nur bei
2 von 50 untersuchten Augen. Hoppe (17)
beschreibt die typischen Veränderungen wie folgt:
„Am gelben Fleck beobachtete man ein ziemlich
scharf begrenztes rundes bis senkrecht ovales
Scheibchen, schätzungsweise gleich oder etwas
größer im Durchmesser wie die Hauptvene auf
der Eintrittsstelle des Sehnerven. Die ersten
Fälle zeigten das Scheibchen in hellem Gelb mit
einem Stich ins Orange. Daran schloß sich un¬
mittelbar ein dunkelroter, später mehr braun¬
roter Kragen, der sich ziemlich kräftig gegen
das gelbliche Rot des Augenhintergrundes ab¬
setzte.“ Diese nur in den ersten Stadien vor¬
handene schwere Makulaveränderung in Form
eines hellen Fleckchens wurde von sehr zahl¬
reichen Autoren gefunden, während in den leich¬
teren Fällen eine „Vergrößerung, Verschleierung,
oft unregelmäßige Form des fovealen Reflexes
und dunkelbraunrote Färbung seiner Umgebung“
(Birch-Hirschfeld) vorhanden war. Während
in 11 Bällen von Birch-Hirschfeld (5) diese
Veränderungen völlig schwanden, entwickelte sich
in 16 ein anderes Bild, bestehend in unregel¬
mäßiger Pigmentierung der -Makula und Auftreten
kleiner punktförmiger grauer Herde und Süpp¬
chen, ein Bild, das unverändert bestehen blieb,
aber nicht notwendig von Sehstörung begleitet
war. Ob die mehrfach gefundenen sichelförmigen
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UNIVER5ITY OF MICHIGAN
412
Cords, Augenschädigungen durch Sonnenlicht.
Herde als Photogramme des Sonnenbildchens an¬
zusehen sind, wie Ho eg (14) es tut, kann wohl
mit Recht bezweifelt werden, da man in diesem
Falle eine Momentbelichtung des unbewegten
Auges anzunehmen hätte.
Dem schließt sich auch Birch-Hirsch-
feld an, der den hellen Herd im wesentlichen
auf eine Exsudation zurückführt, zu dem viel¬
leicht noch ein Zerfall normaler Gewebselemente
komme. Sicherlich sei der Blendungsherd nicht
allein auf Nekrose der Zapfen und inneren
Körner zurückzuführen: die tief braunrote Fär¬
bung spreche auch für eine starke Beteiligung
(Hyperämie) der Chorioidea. Ein Austritt von
Blut durch die geschädigten Gefäßwände mit
Exsudation im Zentrum [Feilchenfeld (11),
Stocke (29)] ist nicht wahrscheinlich.
Welche Strahlen sind nun die schädlichen?
Hat man die ultravioletten anzuschuldigen, oder
mit Vogt die ultraroten oder schließlich die
leuchtenden Strahlen (Isakowitz (21), Schü¬
ler (27)]? Daß nur die letzteren es sein können,
beweist Birch-Hirschfeld (5), dem wir be¬
reits so viele wertvolle Arbeiten über die Strahlen¬
wirkung auf die Netzhaut verdanken. Er machte
erneute Versuche an Kaninchen, indem er darauf
bedacht war, das Sonnenlicht in etwa der glei¬
chen Weise einwirken zu lassen, wie es am
menschlichen Auge bei Beobachtung der Finster¬
nis wirkte. Er belichtete zu diesem Zwecke
unter Kontrolle seines eigenen durch ein dun-
keles Glas geschützten Auges die Kaninchenretina
mehr oder weniger lange mit Sonnenlicht. Es
zeigte sich, daß die Veränderungen bei albino¬
tischen Tieren geringer waren als bei dunklen.
Als erste nachweisbare Veränderung fand sich
eine Aufquellung und Verbiegung der Stäbchen-
und Zapfenaußenglieder, an die sich sehr bald
eine Quellung und Hyperchromatose der zuge¬
hörigen Körner anschloß; gleichzeitig wurde die
Aderhaut hyperämisch und die Zellen des Pig-
mentepithels zeigten Zerfallserscheinungen; die
mittleren und inneren Netzhautschichten wurden
ödematös. Veränderungen an den Ganglienzellen,
wie sie durch ultraviolettes Licht hervorgerufen
werden, fanden sich nie. Die pathologischen Zu¬
stände waren die gleichen, wenn der Autor die
ultravioletten Strahlen durch ein Schwerflintglas
oder die Wärmestrahlen durch einen adiathermen
Körper ausschloß.
Nach Ask (1) und Cords (10) bestehen in
bezug auf die schädigende Wirkung der Sonnen¬
strahlen außerordentliche individuelle Differenzen.
Dieselben dürften nur teilweise erklärt werden
durch eine Beobachtung Birch-Hirschfelds,
der unter seinen 34 Patienten nur 4 mit hell¬
blonden Haaren, graublauer Iris und hellem
Hintergründe fand; von diesen gehörten 3 zu
den leichtesten Fällen. Demgegenüber waren die
schwersten Fälle sehr dunkel pigmentiert. Der
Autor findet dieses Verhältnis um so merkwür¬
diger, als in der Bevölkerung Leipzigs der wenig
pigmentierte Typ überwiegt, und glaubt, daß das
Pigmentepithel durch Resorption den Blendungs-
effekt steigere. Blessig (6) wundert sich über
das fast gänzliche Fehlen von Kindern, obwohl
diese meist recht unvernünftig in die Sonne
sahen; auch der jüngste Patient von Birch-
Hirschfeld und von Cords (10) war 12 Jahre
alt. Birch - Hirschf eld (5), Cords (10),
Kaz (23) und Tschemolossow (6) stellten
auch einen Einfluß der Refraktion fest; fast stets
handelte es sich um emmetrope oder hyperope
Augen; unter den Fällen Birch-Hirchfelds
waren nur 2, unter denen von Cords nur ein
Kurzsichtiger; diese trugen Vollkorrektion.
Gehen wir nun zu den weniger typischen
Schädigungen über, so erwähnen Ask (1) Pho¬
topsien, asthenopische Beschwerden und heftige,
meist hemikranische Kopfschmerzen, Birch-
Hirschfeld und Isakowitz (21) Nyktalopie,
Braunschweig (8) eine 3 Wochen anhaltende,
Birch-Hirschfeld eine ganz kurz dauernde
Erythropsie, Valois und Lemoine (32) Xan-
thopsie, Hirsch (16) vorübergehende Mikropsie;
häufiger (z. B. von Hoppe) wurde Metamorphopsie
beschrieben. Hoppe (17) weist wie Cords auf
eine außerordentliche Ermüdbarkeit und Erschöpf¬
barkeit der erkrankten Netzhautstellen hin, die
oft noch nach 6 Wochen bestanden.
Hyperämie und entzündliche Erscheinungen
an der Konjunktiva wurden von Hirsch (16)
und Feilchenf eld (11) beschrieben; in einem
Falle Ischreyts (22) kam es zu einer Ver¬
schlimmerung eines alten Katarrhs. Kaz (23)
berichtet über einen Fall, in dem gleich nach
der Finsternis Schmerzen, später eine Blepharo-
konjunktivitis und Randkeratitis auftrat, Hirsch
über Verdickung der Episklera. Herabsetzung der
Lichtreaktion der Pupille beobachteten in je einem
Falle Groenholm (12), Valois und Le¬
moine (32) und Vinsonneau (33), einseitige
Mvdriasis Kaz (23) bei einer 50jährigen hyper-
opischen Frau, doppelseitige Valois und Le¬
moine in einem Falle. Isakowitz (21) er¬
wähnt einen Fall von Linsentrübung in Form
staubartiger Fleckchen unterhalb der vorderen
Kapsel, Kaz eine partielle Trübung der Linsen-
hinterüäche.
Atypische Hintergrundsbefunde waren auch
nicht ganz selten. Valois und Lemoine (32)
sahen graue Verfärbung der Makularegion und
zahlreiche Exsudate, die an einer Stelle sogar die
Venen überdeckten, Terlinck (29) in einem
Falle PigmentdegeDeration der Makula, Lasa-
rew (24) typische Lochbildung der Makula in
3 Fällen, Wirtz [erwähnt bei Cords (5)] in
einem Falle Makulablutung und schwere Neu¬
ritis, von Marenholtz (25) Matulablutung in
einem Fall, leichte Neuritis bei 3 Patienten und
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Cords, Augenschädigungen durch Sonnenlicht.
413
einmal hochgradige Neuritis n. optici mit trüber
grauroter Färbung der Papille, verwaschenen Um¬
rissen und kleiner Blutung am Rande. Schlie߬
lich erwähnt Birch-Hirachfeld aus seiner
Rundfrage noch 3 Fälle: einen von Fflugks
mit großer Netzhautblutung, einen Lamhofers
mit chorioretinalem Exsudat und Pigmentfleck
unter der Papille und einen von Schanz mit
Ablatio retinae. Es ist wohl mit Sicherheit an¬
zunehmen, daß ein Teil dieser atypischen Fälle nicht
auf Kosten der Sonnenbestrahlung zu setzen ist.
Bemerkenswert ist auch ein Fall von Bon di (7),
der zwar ophthalmoskopisch das typische Bild
bot, aber nach 6 Tagen zu völliger Erblindung
des einen Auges führte. Die Sehschärfe stellte
sich in den nächsten Tagen und Wochen fast
vollständig wieder her. Es handelte sich um
eine 27jährige Lehrerin, bei der keinerlei Zeichen
von Hysterie und Aggravation bestanden.
Dieser Fall führt uns zur Prognose der
Affektion. Dieselbe ist zwar verhältnismäßig
günstig, doch findet durchaus nicht immer eine
Restitutio ad integrum statt. Nach Cords (10)
verlaufen günstig nur die Fälle, bei denen auch
in den ersten Tagen ophthalmoskopische Ver¬
änderungen fehlten; bei den übrigen verschwand
das positive Skotom allmählich oder aber es blieb
noch monatelang als Dunkelfleck oder sehr lästiges
Flimmern bestehen. Von seinen eigenen Fällen
war am 1. Juni 1912 noch keiner geheilt. Natür¬
lich tritt mit der Zeit auch Gewöhnung ein, so
daß die Schädigung schon nach weuigen Wochen
keine nennenswerte Gebrauchsverrainderung der
Augen für die gewöhnliche Tagesarbeit mehr be¬
dingt (Hoppe); eine ideale Herstellung aller
Leistungen der Netzhaut vermochte aber auch
dieser Autor 6 Wochen nach dem Trauma in
keinem Falle nachzuweisen. Jedenfalls bleibt
also in einem nicht geringen Prozentsätze der
Fälle eine bleibende Schädigung zurück, welche
eine Amblyopie anderer Ätiologie vorzutäuschen
vermag. Birch-Hirschfeld (5) weist auf
die prognostische Bedeutung der Gesichtsfeld-
Störungen hin: langes Bestehenbleiben des rela¬
tiven Skotoms faßt er als ungünstig auf.
Was die Therapie anlangt, so sind sich die i
Autoren einig, daß von irgend welchen Ma߬
nahmen nicht viel zu erwarten ist. Von allen
empfohlen wird Ruhigstellung der Netzhaut, sei
es durch längeren Aufenthalt im Dunkelzimmer
oder durch Tragen dunkler Schutzgläser. Außer¬
dem wurden empfohlen Jodkali (Braunschweig),
subkon j unktivale Kochsalzinjektionen [Schrei¬
ber (8)], Dioninpulver [Wolffberg (34)], Ein¬
träufelung von 10°/o Jodkalilösung und aroma¬
tische Kompressen [Feilchenfeld (11)]. Vin-
sonneau (33) empfiehlt Ruhe, möglichst wenig
Naharbeit, dunkle Schutzgläser und Strychnin¬
injektionen, Ohlemann (26) sah einen Fall unter
Dioninsalbe, einen ohne jede Therapie heilen.
Was die Therapie nicht vermag, muß die
Prophylaxe leisten. Weit mehr noch als es 1912
geschah, muß die Presse vor dem Ereignis auf¬
klärend wirken; ja, der Vorschlag Isakowitz (21),
durch polizeiliche Vermittelung Anschläge an¬
bringen zu lassen, ist als durchaus zweckmäßig
anzusehen. Es muß darauf hingewiesen werden,
daß nicht nur das Hineinblicken mit ungeschütztem
Auge in die Sonne Schaden nach sich ziehen
kann, sondern auch mit ungenügend geschütztem
Auge. So ist der Schutz durch ein Kartenblatt,
in das man mit der Nadel ein kleines Loch ge¬
stochen hat, durchaus ungenügend [Guttmann,
erwähnt bei Seligsohn (28)]. Auch dunkle
und berußte Gläser sind oft durchaus nicht aus¬
reichend, wenn die leuchtenden Strahlen dadurch
nicht in genügender Weise abgeblendet wurden.
Für am zweckmäßigsten hält Birch-Hirsch-
feld ein Glas von so dunkler Färbung, daß der
Sonnenball auch bei längerer Betrachtung kein
unangenehmes Nachbild hervorruft. Ask (1)
empfiehlt eine stark belichtete und entwickelte
photographische Platte. Eine industrielle Massen¬
herstellung solcher Gläser, die dann vor einer
Finsternis für billiges Geld auf den Markt ge¬
worfen werden, muß dringend empfohlen werden.
Am Schlüsse dieser Zusammenstellung erübrigt
es sich noch, einige Worte über die größeren der
besprochenen Arbeiten zu sagen. Während die
eine ausgezeichnete Übersicht gebende Arbeit von
Ask (1) nur schwer zugänglich ist, finden wir
bei Birch-Hirschfeld (5) und Cords (10)
alles Wissenswerte unter sorgfältiger Verwertung
der früheren Literatur zusammengestellt. In beiden
Arbeiten finden sich auch farbige Abbildungen
und ein genaues Literaturverzeichnis, das bei
Cords chronologisch geordnet ist. Neue Tat¬
sachen an der Hand exaktester Untersuchungs¬
methoden sowohl klinischer als auch experimen¬
teller Art bringt vor allem die schöne Arbeit
von Birch-Hirschfeld, welche als geradezu
erschöpfend zu bezeichnen ist und als Muster
wissenschaftlicher Bearbeitung eines Krankheits¬
bildes hingestellt werden kann.
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414
Klien, Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkol. Laparotomien.
i
I
Die in Frankreich zurzeit übliche Prophylaxe gegen die
peritoneale Infektion bei gynäkologischen Laparotomien.
Nach einer Arbeit von Dr. Lecfcne in Paris 1 ).
Besprochen von
R. Klien
in Leipzig.
In einem ebenso klar wie erschöpfend ver¬
faßten Aufsatz gibt Le eene einen Überblick
darüber, wie die Mehrzahl der französischen
Gynäkologen zurzeit dem Peritoneum gegenüber
sich verhält. Als zur Prophylaxe gehörig, wird
zunächst der aseptische Apparat besprochen; hier
ist nur hervorzuheben, daß L. bezüglich der Steri¬
lisation des Katguts keinem kalten Verfahren
traut, auch nicht der in Deutschland zurzeit so
weit verbreiteten Jodirung; er hält die Sterilisation
in Alkohol oder Azeton im Autoklaven für das
einzig sichere. Gesichtsmasken habe nur der be-
bartete und geschwätzige Operateur notwendig.
Im Dampf sterilisierte Gummihandschuhe seien
zu allen Operationen obligatorisch. In Frankreich
werden relativ dicke Handschuhe nach Cliaput
verwendet, die das Sterilisieren im Autoklaven
bei 112 — 120° bis zu 20, ja 30mal vertragen.
Gewisse Vorsichtsmaßregeln seien beim Hand¬
schuhgebrauch indes unerläßlich: Exakte Des¬
infektion der Hände, Wechsel der Handschuhe,
wenn sie mit infektiösem Material in Berührung
kamen oder defekt wurden, Daraufachten, daß
nicht Handschuhsaft entlang den Vorderarmen
nach außen läuft. Weniger sicher als die exogene
Infektion, läßt sich die endogene vermeiden. Seit
1909 wird in Frankreich der Grossichsche Jod¬
tinkturanstrich der Haut des Operationsfeldes ganz
allgemein an gewendet, nicht weil er sicherer ist,
als die alten Verfahren, sondern weil er schneller
und bequemer ausführbar sei. Sehr wuchtig sei
es, die Haut bzw. die Hautränder von einer Be¬
rührung mit der freien Bauchhöhle und deren
Inhalt fern zu halten. Man erreicht das am besten
durch Befestigen ganz schwach feuchter, im Auto¬
klaven sterilisierter Kompressen; außerdem wirken
unterstützend die gebräuchlichen breiten Bauch¬
spekula. Gegenüber der drohenden Infektion nach
beabsichtigter oder zufälliger Eröffnung von Or¬
ganen oder Eüerdepots gibt L. folgende Ratschläge:
Was zunächst die Eröffnung des Zcnnkalkanals
bei der supravaginalen Amputation wegen Myom
anlangt, so enthält dieser zwar nach den Unter¬
suchungen von Fossati in 50% der Fälle
pyogene oder saprophytische Keime, indes ist
der klinischen Erfahrung nach die Gefahr einer
peritonealen Infektion eine sehr geringe. Ganz
besonders, wenn man, wie dies heute in Frank¬
reich fast allgemein üblich ist, die Schleimhaut
exzidiert und den Stumpf hermetisch übernäht.
Eventuell könne man dem Rat Fossatis folgen
und nach der Exzision Jodtinktur applizieren.
Die Eröffnung der Scheide ist im allgemeinen
auch ziemlich harmlos, wenn man sie unmittel¬
bar vor der Operation mit Jodtinktur ausgepinselt
oder auf andere Weise desinfiziert hat. Fast stets
wird in Frankreich die Scheide einige Tage vor
Operationen reichlich mit antiseptischen Ausspü¬
lungen vorbehandelt Ganz besonders bei infi¬
zierter Scheide, wie dies bei Kollumkarzinom ja
stets der Fall ist, rät L., unmittelbar vor der
Operation reichlichst mit Jodtinktur auszuwischen,
das Karzinom selbst dagegen in Ruhe zu lassen.
Eine vorherige Auslöffelung des Karzinoms habe
mehr Nachteile wie Vorteile. Sie verlängert die
Operationsdauer und sei geeignet, Karzinom- und
andere Keime in die Parametrien hinein zu treiben.
Vielmehr müsse man nach dem Vorgehen von
Wert heim u. a. Uterus samt oberen Teil der
Scheide in toto unter Vermeidung von Austritt
septischer Massen entfernen. Dieses Prinzip der
Entfernung ganzer Organe in uneröffnetem Zustand
müsse auch Anwendung finden bei vereiterten
oder verjauchten Myomen; eventuell sei in solchen
Fällen vor Beginn der Laparotomie der äußere
Muttermund per vaginain exakt zuzunähen. Wird
bei einer Laparotomie der Darm versehentlich
eröffnet, bo hängt die Prognose im allgemeinen
davon ab, ob sich Darminhalt in die freie Bauch¬
höhle entleert hat und wieviel. Ist das nicht
oder nur in ganz geringem Maße der Fall, so
ist das Malheur nicht groß; es genügt doppel¬
seitige Übernähung des Defektes. Bei einiger¬
maßen reichlicherem Austritt von Darminhalt ist
eine peritoneale Infektion so gut wie sicher. Man
muß den Darminhalt sofort auftupfen und die
beschmutzten Stellen mit warmen Kochsalzkom¬
pressen abwaschen. Nach der Vernähung hat
man in der Regel zu dränieren (siehe unten).
Die Eröffnung eines Eiterherdes ist je nach deu
Verhältnissen gefährlich oder ungefährlich. Neben
den Streptokokken sind besonders gefährlich die
Anaerobier, die aus dem Darm oder der Vagina
stammen. Man operiere möglichst nur solche
eitrige Fälle, von denen man annehmen kann,
daß sie sich d froid befinden. Muß man ä chaud
') Prophylaxie de l’infection peritoneale operatoire en Gynecologie; par P. Lecene. (Ann. de Gyn. Bd. 39.
8. 513. 1912.)
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Klien, Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkol. Laparotomien.
415
operieren, dann eei die Operation so einfach wie
möglich, z. B. Eröffnung von Eiterherden per
vaginam oder einfache Inzision von den Bauch¬
decken aus mit folgender Dränage; die Radikal¬
operation kann eventuell später erfolgen. Im
übrigen suche man eiterhaltige Organe uneroffnet
zu entfernen. Tritt dennoch Eiter aus, so ist er
sofort aufzutupfen, wozu L. Kochsalzkompressen
empfiehlt Nicht übel sei auch der Aspirateur
von Hartmann zur Entfernung größerer Eiter-
mengen. Nicht empfehlen kann L. die vorherige
Aspiration des Eiters aus geschlossenen Organen,
z. B. Tubensäcken, weil kollabierte Organe sich
viel schlechter aus ihren Verwachsungen heraus-
sch&len lassen als prall gefüllte. — Was nun
die Behandlung des Peritoneums selbst anlangt,
um ihm möglichst seine Widerstandskraft gegen
Infektionen zu erhalten, so stehe fest, daß
das Peritoneum an sich akzidentelle Infektionen
mäßigen Grades überwindet, welche in Binde-
gewebswunden bereits Eiterungen herbeiführen
würden. Vorbedingung ist aber, daß das Peri¬
toneum bzw. sein Endothel intakt bleibt, daß in
der Bauchhöhle keine Flüssigkeiten oder toten
Gewebe zurückgelassen werden, die den Nähr¬
boden für Bub operstione hineingelangte Keime
abgeben würden. Ferner müsse man bestrebt
sein, das Feld eventuell akzidentieller Infektion
möglichst klein zu gestalten und besonders viru¬
lente Keime auf jeden Fall fern zu halten. In
die Praxis umgesetzt, heißt das: exakte Blutstillung,
keine Massenligaiuren, damit keine der Nekrose
anheimfallenden Gewebsstürapfe den Boden für
eine sekundäre Infektion abgeben können. Ferner
darf stets nur ein kleiner Teil der Bauchhöhle
offen liegen, die Umgebung ist sorgfältig abzu¬
decken. Endlich möglichst ä froid operieren. Im
einzelnen hebt L. folgende 9 Punkte hervor:
1, Was die Lage bei der Operation anlangt, so
herrscht die Trendelenburgsche vor. Diese ist
indes kontraindiziert bei freiem Exsudat in der
Bauchhöhle, also bei akuter Peritonitis genitalen
Ursprungs, wenn dieselbe nicht deutlich beschränkt
ist. Dagegen will L. bei geplatzter Extrauterin¬
gravidität von vom herein nicht auf die Vorteile
der erhöhten Lage verzichten, will aber nach
Entfernung und Versorgung der betreffenden Tube
zur Horizontalen übergehen. Eine absolute Trocken-
tupfung hält L. hier nicht für nötig, es genüge die
Entfernung der großen Hauptmenge des ergossenen
Blutes, Schnelligkeit sei vor allem notwendig.
Von größter Bedeutung sei, daß in allen Fällen
nach Trendelenburgscher Lagerang vor Schluß
der Bauchhöhle das große Netz wieder herabge¬
holt und sorgfältig ausgebreitet werde. Dadurch
würde dem Heus vorgebeugt und auch dem
eventuellen Aufstieg einer zunächst auf das kleine
Becken beschränkten Infektion. 2. Ausgiebige
Freilegung des Operationsgebietes. Es komme
nicht darauf an, ob der Schnitt einige Zentimeter
größer gemacht wird, wenn es dafür möglich ist 1
Geschwülste, auch zystische, unverkleinert zu
entfernen, ohne sie vorher zu punktieren oder
gar zu inzidieren, auch wenn ihr Inhalt nicht
infektiös ist (Epithelioma mucos). Sodann wird
die Verwendung guter Bauchspekula dringend
empfohlen. 3. Was die Abdeckung des Operations¬
gebietes nach der freien Bauchhöhle zu anlangt,
so habe dieselbe unter allen Umständen, wenn
sie dicht sein solle, aus zwei Etagen zu bestehen.
Benutzt werden warme, nur wenig feuchte Mull¬
kompressen. Die erste Etage besteht aus drei
EinzelkompresBen, eine in der Mitte, die beiden
anderen seitlich. Sie bleiben von Anfang bis
Ende der Operation an ihrem Platze liegen. Die
zweite Etage, aus etwas kleineren Kompressen
bestehend, kommt über die erste zu liegen, und
wird, so wie sie verdächtig verunreinigt ist, ge¬
wechselt. 4. Die Verwendung von Antiseptizis
bei offener Bauchhöhle ist durchaus verboten.
5. Man operiere so anatomisch und so schnell,
wie möglich. Das soll indes kein Rekordoperieren
bedeuten, nie darf die Schnelligkeit auf Kosten
der Sicherheit erreicht werden. Bei schwierigen
Adnexoperationen wird das Fauresche Verfahren
sehr empfohlen, welches bekanntlich mit der
sopravaginalen Durchtrennung des Isthmus uteri
beginnt; es gelingt dann, die Adnextumoren von
unten und medial her auszuschälen. 6. Von
größter Wichtigkeit sei die Anwendung von
Einzelgefäßligaluren. Es lassen sich dann die
Gefäßstümpfe der Artt. spermaticae, der Lig.
rotunda und der Artt. uterinae völlig extra¬
peritoneal versenken, gleichzeitig das beste Mittel
gegen schmerzhafte Stumpfexsudate. Diffuse
venöse bzw. kapilläre Flächcnblutungen sollen
nicht mit dem Paquelin behandelt, sondern durch
exakte Übemähung mit Peritoneum gestillt werden.
Auch soll die Blutstillung durchgeführt werden
vor der Eröffnung eventuell infektiöser Organe
oder Herde, also z. B. vor der queren Durch-
trennuDg der Scheide bei der Karzinomoperation.
7. Alle wunden Stellen in der Bauchhöhle sind
sorgfältig zu peritonisieren. Speziell zur Ver¬
sorgung des kleinen Beckens gibt es zwei Arten
der Periionisierung: erstens die einfache oder
tiefe Peritonisierung; Bie besteht einfach in der
genauen Vereinigung der durchtrennten Bauch¬
fellwundränder und dient in erster Linie zur
Bedeckung aller -wunden Stellen. Die zweite
Art ist die sogenannte hohe Peritonisierung,
die quere Dachbildung über dem kleinen Becken,
welche den Zweck hat, die große Bauchhöhle ab¬
zuschließen von der infizierten kleinen Becken höhle.
Die einfache tiefe Peritonisierung, welche oft auch
imstande sein wird, eine Infektion des unter ihr
gelegenen Zellgewebes zu verhindern, — Voraus¬
setzung hierbei ist, daß eben das Peritonenm mit
einer Meinen Anzahl mäßig virulenter Keime fertig
wird, wo es das Bindegewebe nicht würde — wird
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416
Klien, Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkol. Laparotomien.
so ausgeführt, daß bei der Vemähung der beiden
Plika- und Ligamentblätter sorgfältig die Gefäß-
stümpfe nach innen eingestülpt werden; das würde
mit dicken Massenligaturstümpfen überhaupt nicht
gehen. Vorsicht ist bei der Art. sperm. nötig bezüg¬
lich des Ureters; er liegt stets dem hinteren Blatt
des Lig. latum an. Ist das Peritoneum, des Douglas
und zu beiden Seiten des Rektums sehr zerfetzt und
unvollständig, wie das nach Auslösung verwachsener
Tubensäcke vorkommt, und genügt zur Überklei¬
dung dieser zerfetzten Partien das Peritoneum der
Nachbarschaft nicht, so ist es sehr vorteilhaft,
in solchen Fällen eine zweite Naht über die
erste zu legen: also in der unteren Etage wird
vereinigt das Peritoneum über dem Uterus bez.
Scheidenstumpf und über dem eröffneten Lig.
latum, in der oberen Etage wird das Blasenperi¬
toneum mit dem prä- und latcrorektalen Peritoneum
vereinigt und auch eine Schlinge des S romanuni mit
ihrem Mesenterium herbeigezogen und alle noch
wunden Stellen zu declien (Effazement des Dou¬
glas). Voraussetzung der Durchführbarkeit dieser
doppelten Naht ist, daß das dazu zu verwendende
Peritoneum nicht entzündlich infiltriert und zer-
reißlich ist. In diesen Fällen muß man die hohe
Peritonisierung ausführen, welche bewirkt, daß
jene nicht genügend versorgten Stellen von der
großen Bauchhöhle abgeschlossen werden (s. u.).
Ist die Serosa des Dünndarmes durch Lösung
von Verwachsungen lädiert, so genügt einfach
doppelte Übernähung der defekten Stelle, und
zwar quer zur Längsrichtung, oder unter Ver¬
wendung von Mesenterium oder Appendices epi-
ploicae. Die hohe Peritonisierung, die Dach¬
bildung, erdacht von Chaput und von Barden¬
heuer, wird am besten folgendermaßen gemacht:
eine überwendliche Naht vereinigt das Blasenperi¬
toneum und die Reste dos präuterinen Peritoneums
mit dem Peritoneum parietale der hinteren Becken¬
wand, sei das nun das prä- und laterorektale, sei
es eine Flexurschlinge bez. deren Mesenterium.
Ilicrbei ist Acht zu geben, daß man weder Rektum
noch Flexur zu sehr einengt, beide auch nicht an¬
sticht. In den seitlich vom Rektum gelegnen
Gruben hat man auf die Ureteren und die großen
Gefäße beim Annähen des Peritoneums zu achten,
aber gerade hier muß die Naht eine sehr exakte
sein. Diese hohe Peritonisierung ist indiziert in den
Fällen, in denen z. B. nach Exstirpation eitriger
Adnextumoren das wunde Beckenperitoneum derart
infiltriert und rigid ist, daß sich die tiefe Peri¬
tonisierung nicht ausführen läßt, und in den Fällen,
in denen sub operatione eine starke Verunreinigung
des Operationsfeldes mit septischem Material statt¬
gefunden hat (Pyosalpinx mit stinkendem Eiter,
jauchige Myome, ulzerierte Karzinome, sofern diese
Tumoren eingerissen sind). In diesen letzteren
Fällen ist es das richtigste, wenn sich die tiefe
Peritonisierung leicht ausführen läßt, erst diese
und dann die hohe Peritonisierung zu machen.
8. und 9. Schluß der Bauchhöhle ohne Dränage,
wenn nichts Septisches hineingekommen ist Ist
dies der Fall gewesen, so soll man die verunreinigte
Gegend so gut wie möglich gegen die freie Bauch¬
höhle abschließen und nach außen dränieren. Um
die Wirksamkeit einer Bauchhöhlendränage beur¬
teilen zu können, muß man die näheren Umstände,
unter denen sie angewendet wird, berücksichtigen.
Wir wissen heute, daß eine eigentliche Dränage
der freien Bauchhöhle mittels Röhren oder Gaze
gar nicht möglich ist, aus dem einfachen Grunde,
weil sich bereits nach 24—36 Stunden um die
dränierenden Gegenstände abschließende Adhä¬
sionen gebildet haben. Die Dränage kann dann
nur noch aus ihrer allernächsten Umgebung Flüssig¬
keit nach außen ableiten. Die Dränage w'irkt also
eigentlich nur so, daß sie ihre nächste Umgebung
quasi extraperitonisiert. Der Mikulicztampon ist
in Frankreich verlassen, auch in der Form, daß
ein zentrales Gummirohr eingelegt wird. Außer
der Spätgefahr der Bauchbrüche besteht bei dieser
Tamponade die Möglichkeit, daß hinter ihr sep¬
tisches Sekret sich ansammelt, und daß nach Ent¬
fernung der Tamponade eine sekundäre Peritonitis
eintritt Eine Zeit lang war die Dränage mittels
eines einzigen dicken Gummirohres, das vom
unteren Schnittwinkel bis in den Douglas hinab-
geführt wurde, in Frankreich sehr beliebt, be¬
sonders nachdem die tiefe Peritonisierung aufge¬
kommen war.
Seit etwa 10 Jahren ist man bestrebt, ganz
exakte Indikationen bezüglich der Dränage heraus¬
zufinden. Gerade hier ist strenge Individualisie¬
rung nötig, will man gute Resultate erreichen.
Sicher unnütz ist die Dränage in allen Fällen,
uo alles peritonisiert und eine endogene Infektion
ausgeschlossen ist (also nach Entfernung einfacher
Ovarialzysten, Myome, nach Kastration, supravagi-
naler Amputation, Entfernung nicht eitriger Ad¬
nexe, nicht geplatzter Tubarschwangerschaften).
Bei freiem Aszites, bei Ovarialtumoren wird in
Frankreich ebenfalls meist nicht dräniert. Bei
freier oder abgekapselter blutiger Flüssigkeit, bei
unvollkommener Peritonisierung der wunden Stel¬
len, bei fortbestehender kapillärer Flächenblutung
und endlich bei möglicherweise stattgehabter endo¬
gener Infektion hat man sich von Fall zn Fall
bezüglich der Dränage zu entscheiden. Bei freiem
Blut infolge geplatzter Extrauteringravidität soll
nicht dräniert werden, denn eine Dränage würde
höchstens eine sekundäre Infektion begünstigen,
wenn sie länger als 48 Stunden liegen bleibt
Bei nicht infizierter retrouteriner Hämatozele ist
manchmal die exakte Peritonisierung unmöglich.
Trotzdem hat die Erfahrung ergeben, daß in
diesen Fällen nicht dräniert zu werden braucht.
Indes will L. gerade in solchen Fällen die Drä¬
nage nicht unbedingt verbieten, denn mitunter
wird man seiner Sache nicht sicher sein, ob nicht
doch eine Infektion stattgefunden hat und da
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Klien, Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkol. Laparotomien.
417
lasse sich gegen den Grundsatz „when in doubt,
drain“ nichts einwenden. Fälle, in denen die
Peritonisierung nicht vollständig ist, und in denen
ee deshalb womöglich weiter blutet, sind recht
selten geworden. Die Technik der Peritonisierung
hat sich, wie ans dem Gesagten hervorgeht, sehr
vervollkommnet, besonders seit sie unter Umstän¬
den zweietagig gemacht wird. Früher waren es
besondere die intraligamentär entwickelten Adnex¬
tumoren, nach deren Ausschälung das Wundbett
weiter blutete; heute ist die Blutstillung und die
Peritonisierung in diesen Fällen sehr viel besser
geworden, besonders seit man gleichzeitig die
Hysterektomie macht. Also in allen den bisher
besprochenen Fällen wird man in der Regel ohne
Dränage auskommen. Anders, wenn man eine stall¬
gehabte endogene Infektion befürchten muß. Es wäre
zu entscheiden, wie schwer im Einzelfall die In¬
fektion ist, um zu wissen, ob die Dränage absolut
notwendig ist, oder nützlich oder einfach der
Vorsicht halber zu machen ist oder aber ob sie
schädlich ist. Bei einfacher Eröffnung der Scheide ,
auch beim Kollumkarzinom, vorausgesetzt, daß
Uterus und Scheide in toto entfernt wurden, ist
eine Dränage überflüssig, hier ist die einfache oder
doppelte Peritonisierung am Platze, wobei also der
Douglas völlig ausgeschaltet wird. Bei Verletzungen
des Darmes soll, unter der Voraussetzung, daß
kein Darminhall ausgetreten und die Verletzung
in doppelter Etage gut übernäht ist, nicht dräniert
werden. Ist dagegen Darminhalt ausgetreten,
wenn auch nur auf das kleine gegen die Um¬
gebung sorgfältig abgedeckte Operationsgebiet, und
wenn die Darmwand nicht völlig gesund ist, dann
muß dräniert werden und zwar, wenn es sich
um den Dünndarm handelt, per abdomen nach
exakter Peritonisierung des kleinen Beckens;
handelt es sich um das Rektum oder das Kolon
pelvinum, dann wird per vaginam dräniert, aber
ebenfalls ein exakter vesico-sigmoidaler Abschluß
gegen die freie Bauchhöhle gemacht.
Wird sub operatione ein periuteriner Eiterherd
eröffnet, oder ein jauchiges Myom, so gilt folgen¬
des: Leider haben wir kein exaktes, schnell aus¬
zuführendes Verfahren, um festzustellen, ob der
Eiter usw. virulent ist Die klinische Erfahrung
allein muß hier entscheiden. Handelt es sich um
alte eitrige Prozesse, besonders wenn sie gonor¬
rhoischer Herkunft sind, riecht der ausgetretene
Eiter nicht und ist nach exaktem Auftupfen eine
exakte Peritonisierung möglich, dann soll man
nicht dränieren. Handelt es dagegen um frischere
Prozesse und sind wahrscheinlich Streptokokken
die Erreger, oder gar, wenn der Eiter stinkt,
Anaörobier, dann muß dräniert werden. In diesen
Fällen ist nicht nur eine Peritonitis zu fürchten,
sondern auch eine subperitoneale Bindegewebs-
phlegmone. In solchen Fällen tritt, wenn sie
nicht dräniert sind, die Peritonitis erst nach
einigen anscheinend glatt verlaufenen Tagen ein.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
Sie ist aufsteigend, diffus und beruht fast stets
auf einer Mischinfektion, besonders mit anaöroben
Keimen; diese putriden Peritonitiden mit gleich¬
zeitig jauchender Zellgewebsentzündung verlaufen
meist tödlich. Ganz die gleiche Gefahr droht bei
vereiterten oder verjauchten Fibromen und bei
gewissen infizierten Kollumkarzinomen, wenn sie
irgendwie sub operatione verletzt werden. Aus¬
giebige Dränage mit gutem Abfluß per vaginam
mit Überdachung des kleinen Beckens reduziert
die Gefahr der allgemeinen Peritonitis auf ein
Minimum.
Nun zur Technik der Dränage: Zunächst Rohr
oder Gaze ? Ein in den Douglas gelegtes Rohr
wird Flüssigkeiten nach außen ableiten, aber nur
aus seiner nächsten Umgebung und nur für kurze
Zeit. Sehr bald ist das Rohr allseitig von Adhäsionen
umgeben. Legt man andererseits auf eine größere
blutende Fläche Gaze, welche nach außen ge¬
leitet wird, so bilden sich ebenfalls sehr schnell,
aber im ganzen meist ausgedehnten Bereich der
Gaze Adhäsionen, es entsteht so eine Abkapse¬
lung des ganzen Bezirkes gegen die übrige Um¬
gebung; die Gaze wird infolgedessen nur ganz
wenig Flüssigkeit nach außen ableiten können,
dies auch schon deshalb, weil sich ihre Maischen
sehr schnell durch die korpuskularen Elemente
der Flüssigkeit verstopfen. Somit muß die „Gaze¬
dränage“ alsbald als Tamponade wirken, also das
Gegenteil von dem bewirken, was sie soll. Mit
anderen Worten: das Rohr dräniert gut, aber
isoliert schlecht oder gar nicht, weil an sich zu
klein, die ganze zu dränierende Gegend gegen
die Umgebung; die Gaze dräniert schlecht, aber
isoliert ausgezeichnet die ganze von ihr bedeckte
Gegend. Legt man zwischen die Gaze ein Rohr,
dann kann man eventuell beide Zwecke besser
erreichen. Ganz verkehrt ist es, Gaze in das Rohr
hineinzustopfen; man würde zwar, gerade wie bei
dem amerikanischen Zigarettendrain, die rasche
Bildung ausgedehnter fester Adhäsionen vermeiden,
dafür aber infolge der raschen Imbibieruug der
Gaze nur eine höchst unvollständige Dränage er¬
reichen. In Frankreich wird alleinige Gazedräuage
fast gar nicht mehr verwendet, nur in Kombi¬
nation mit Rohr, die meisten Operateure aber
dränieren mit dem Rohr allein.
Nun zu der Frage: abdominale oder vaginale
Dränage? Die abdominale Dränage ist zweifels¬
ohne aseptischer und leichter auszuführen, als die
vaginale; aber sie dräniert schlecht, weil sie keinen
natürlich geneigten Ablauf gewährt, sie gestattet
auch keinen völligen Abschluß des zu dränierenden
Gebietes gegen die Umgebung, d. h. gegen die
große Bauchhöhle, und endlich prädisponiert sie
zu Bauchbrüchen. Länger als 48 Stunden läßt
sich bei abdominaler Dränage die Asepsis im
allgemeinen nicht aufrecht erhalten, wie Unter¬
suchungen von Hartmann und Morax be¬
wiesen haben. Dann wandern Haut- und an-
53
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418
Klien, Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkol. Laparotomie^
dere Keime ein. Durch sitzende Stellung und
gelegentliche Aspiration kann man zwar die Funk¬
tion einer abdominalen Dränage verbessern, aber
doch nie so vollkommen gestalten, wie bei einer
Dränage durch den Douglas. Endlich dadurch,
daß bei der abdominalen Dränage der Drain vom
Becken aus ein Stück durch die freie Bauch¬
höhle geführt werden muß, ist es nicht möglich,
das kleine Becken peritoneal abzuschließen; das
ist bei virulenten Keimen äußerst bedenklich,^hier
ist auf jeden Fall die Douglasdränage mit Über-
dachung bedeutend lebenssicherer. Die Vorzüge
der vaginalen Dränage sind im vorstehenden be¬
reits zum Ausdruck gekommen, vorzuwerfen wäre
ihr höchstens ihre geringere Asepsis, und daß
sie etwas schwieriger anzulegen ist, wenn nicht
eine Uterusexstirpation vorgenommen worden ist;
dann würde die Anlegung eines besonderen nicht
zu kleinen Loches in der Vagina nötig. Ihr
Hauptvorteil besteht aber jedenfalls darin, daß
bei ihr das kleine Beeken völlig gegenüber der
freien Bauchhöhle durch Dachbildung abgeschlossen
werden kann, was bei virulenten Keimen unbe¬
dingt nötig ist Man kann dem Kohr jederseits
Gazestreifen hinzufügen oder auch das Rohr selbst
mit Gaze umwickeln, das sei mehr Geschmack¬
sache.
Zusammenfassend lauten die Indikationen für
die abdominale und die vaginale Dränage der I eri-
tonealhöhle oder des Beckenzellgewebes folgender¬
maßen : im allgemeinen dräniert man heutzutage
nur dann, wenn trotz Peritonisierung noch ein
Nachsickem von Blut stattfmdet oder wenn das
Operationsfeld intensiver mit septischem Material
beschmutzt wurde oder endlich wenn eine wirk¬
liche Peritonisierung der wunden Stellen nicht
durchgeführt werden konnte. In dem ersten lall,
wo also, sei es in der Beckenhöhle selbst oder
im Beckenbindegewebe, Blut nachsickert, empfiehlt
L. die abdominale Dränage: das sind die Fälle
von retrouteriner Hämatozele, Fibrome oder Zystem
des Lig. latum, also aseptische Operationen. Mao
darf aber zwecks Verhütung sekundärer Infektion
das Hohr nur 48 Stunden lang liegen lassen; gut
mit aseptischen Kompressen bedeckt, wird das
Rohr innerhalb dieser Zeit die Bildung eines
intraligamentären oder intrapelvinen Hämatoms mit
seinen eventuellen Folgen verhüten. In diesen
Fällen würde die vagmale Dränage durch ein
besonders angelegtes Loch im Douglas weniger
gut sein, und zwar wegen der Gefahr sekundärer
Infektion. Ganz anders im zweiten Fall, wo eine
Verunreinigung des Operationsfeldes mit virulentem
Eiter usw. stattgefunden hat; es sind das die Fälle
von virulent eitrigen Tuben- und Ovarialtumoren,
verjauchten Myomen und ulzerierter Kollum-
karzinomen. In diesen Fällen wird in Frank¬
reich heute fast allgemein der Uterus in toto mit
entfernt, und die vaginale Dränage ist somit schon
das gegebene. Nach Legen des Rohres mit oder
ohne begleitende Gazestreifen werden die Lig. lala
bis zur Scheide beiderseits vernäht und dann wird
die Dachbildung vorgenommen, indem das Blasen¬
peritoneum hermetisch mit dem Kolon und dem
Mesocolon sigmoides vernäht wird. Dieses Ver¬
fahren bilde wohl das sicherste, um das Auf¬
steigen einer Pelveoperitonitis in die freie große
Bauchhöhle zu verhindern und w r erde in Frank¬
reich von Tag zu Tag häufiger angewendet
Speziell bei der abdominalen Karzinomoperation
ist eine Dränage an sich durchaus nicht immer
angezeigt; dann nicht, wenn die Entfernung von
Uterus samt oberer Scheide in toto gelungen ist,
also ohne daß Krebssaft ausgetreten ist. Man näht
dann exakt die Scheide und die beiden Ligament¬
blätter aneinander und über diese erste Linie
wird eine zweite, das vesiko-sigmoidale Dach, ge¬
legt Hält man eine Dränage für indiziert, die,
wie gesagt, nur eine vaginale sein kann, so näht
man auch die Ligamentblätter aneinander, aber
nur bis zur Vagina, durch die das Rohr hinab¬
geht, und als zweite Etage kommt das Dach.
Nur in einigen besonderen Ausnahmefällen
wird man sich der abdominovaginalen Dränage
bedienen, dann nämlich, wenn eitrige Adnex-
tumoren aus dem kleinen Becken hinauf bis über
den BeckeneiDgang in die Fossae iliacae hinauf¬
gereicht haben. Dann ist eine Überdachung des
kleinen Beckens nicht möglich. In diesen Fällen
wird reichlich Gaze verwendet.
Im Schlußkapitel beschäftigt sich L. mit der
Frage, ob es möglich ist, die Resistenz des Peri¬
toneums zu erhöhen; bisher sei dies nicht ge¬
lungen.
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
419
B. Auszüge.
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
1060. Der Zwischenkiefer, seine Ent¬
stehung und der Verlauf der Hasen¬
schartenkieferspalte und der schrägen Ge¬
sichtsspalte; von Michio Inouye. 38 Fig.
(Anat Hefte Bd. 45. H. 137. S. 475. 1912.)
In einer aus dem anatomischen Institut Greifs¬
wald hervorgegangenen ziemlich umfangreichen
Veröffentlichung beschäftigt sich I. mit der inter¬
essanten Frage des menschlichen Zwischenkiefers,
seiner Entstehung und dem bisher strittig ge¬
bliebenen Verlauf der Hasenschartenkieferspalte
und der schrägen Gesichtsspalte. Neben dem
Menschen wurden Embryonen des Maulwurfs als
Untersuchungsmaterial benutzt. Die Resultate, zu
denen I. auf Grund seiner Beobachtungen kommt,
sind folgende: Man kann am Zivischenkiefer des
Menschen und des Maulwurfs einen Körper
unterscheiden und vier Fortsätze: den Alveolar-,
Nasen-, lateralen Gaumen- und medialen Gaumen¬
fortsatz. Der Processus nasalis zieht vom seit¬
lichen hinteren Teil des Körpers aus am vorderen
Oberkieferrande entlang aufwärts bis an das
Nasenbein herauf, so daB an der Umrandung der
Apertura piriformis sich der Oberkiefer als solcher
gar nicht beteiligt, sondern nur der Zwischen¬
kiefer.
Die Sutvra interincisiva, die an der Gaumen -
fläche des menschlichen Zwischenkiefers gefun¬
den wird, ist keine Gefäßfurche, sondern eine
echte Knochennaht, die aber nicht auf eine frühere
zweifache Zwischenkieferanlage hindeutet, wie
von anderer Seite behauptet worden ist, sondern
lediglich die Stelle der Vereinigung des früheren
medialen Gaumenfortsatzes mit dem lateralen
darstellt Das vordere Ende dieser Naht schneidet,
wenn diese den Alveolarfortsatz erreicht in der
Mehrzahl der Fälle in die mediale Partie der
Alveolarwand des zweiten Schneidezahns ein.
Mit der Bildungsart des menschlichen Ge¬
sichtes stimmen die Vorgänge, die sich am
Vordergesichte des Maulwurfs abspielen, von dem
starken Verwachsen der Umgebung der Nasen¬
löcher abgesehen, im wesentlichen überein. Der
seitliche Nasenfortsatz beteiligt sich beim Maul¬
wurf an der Bildung der Oberlippe nicht; diese
wird vielmehr vom mittleren Nasenfortsatz zu¬
sammen mit dem Oberkieferfortsatz gebildet.
Der seitliche Nasenfortsatz entfernt sich im Laufe
der Entwicklung mit seinem oralen Ende allmäh¬
lich vom Mundrand; dieses Ende wird später
durch den Rand- und Flügelknochen markiert, die
zusammen dem menschlichen Nasenflügel ent¬
sprechen. Sie sind noch beim erwachsenen Maul¬
wurf deutlich erhalten und bilden den Seitenrand
der Rüsselscheibe.
Beim menschlichen Gesichte liegen ähnliche
Entwicklungsverhältnisse vor wie bei dem des
Maulwurfs. Es verläuft an der Oberlippe die
Verwachsungslinie der Ränder der Nasenrinne
zwischen den Gebieten des mittleren Nasen- und
des Oberkieferfortsatzes, an der ventralen Um¬
randung des Nasenloches sowie im Vestibulum
nasi zwischen den Gebieten des seitlichen und
des mittleren Nasenfortsatzes. Die Stelle der
früheren Augennasenfurche wird durch die Linie
bezeichnet, die unweit vom Nasenloch von der
stomatonarinen Linie abgeht und dann fast um
den ganzen Nasenflügel herum zwischen Nase
und Wange nach dem Auge hin steigt.
Der Zwischenkiefer des Maulwurfs wird jeder-
seits nur einfach angelegt. Die Verknöcherung
tritt zuerst im vorderen Teil des späteren Körpers
auf. Wenn der ganze Körper knöchern angelegt
ist, entwickeln sich von ihm aus der laterale, der
mediale Gaumen-, der Nasen- und der Alveolar¬
fortsatz. Das Gleiche dürfte für den Menschen
zutreffen. Der ausgebildete Zwischenkiefer des
Menschen und des Maulwurfs liegt nicht nur im
Gebiete des mittleren Nasenfortsatzes, sondern
außerdem auch im Bereiche des früheren seit¬
lichen Nasen- und des Oberkieferfortsatzes. Es
geht daraus deutlich hervor, daß die Entwicklung
des Zwischenkiefers mit den primären Gliede¬
rungen des Gesichtes in keinem genetischen Zu¬
sammenhang steht. Die mediale Hälfte des Kör¬
pers und des Alveolarfortsatzes mit dem medialen
Gaumenfortsatz liegt im Gebiete des mittleren
Nasenfortsatzes, während die laterale Hälfte des
Körpers und des Alveolarfortsatzes mit dem
lateralen Gaumenfortsatz in dem des Oberkiefer¬
fortsatzes zu suchen ist Der Processus nasalis
liegt teils im Gebiete des seitlichen Nasenfort¬
satzes, teils in dem des Oberkieferfortsatzes.
Auf die Weichteile bezogen liegt die komplette
Hasenschartenkieferspalte zwischen dem mittleren
Nasenfortsatz einerseits und dem seitlichen Nasen-
bzw. Oberkieferfortsatz andererseits. Die schräge
Gesichtsspalte liegt im gewöhnlichen Falle (zweite
Form M o r i a n s) zwischen Oberkieferfortsatz
einerseits und mittleren und seitlichen Nasenfort¬
satz andererseits, so daß sie nicht ins Nasenloch
verläuft Ist die Spalte mit der kompletten Hasen¬
scharte kompliziert, so schneidet die stomato-
narine Strecke der Spalte oben ins Nasenloch ein.
Diese ins Nasenloch einschneidende Abzweigung
der Spalte liegt zwischen dem mittleren und seit-
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420
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
liehen Nasenfortsatz. In bezug auf den Knochen
liegt die Hasenschartenkieferspalte zwischen dem
medialen und lateralen Stück des Zwischen¬
kiefers. Medial von der Spalte liegt die mediale
Hälfte des Körpers und des Alveolarfortsatzes
und der mediale Gaumenfortsatz, lateral die
laterale Hälfte des Körpers und des Alveolar¬
fortsatzes sowio der laterale Gaumen- und der
Nasenfortsatz.
Die komplette schräge Gesichtsspalte geht im
Knochen bei der zweiten Form von M o r i a n
durch die Mitte des Zwischenkiofers sowohl wie
Oberkiefers. Medial von der Spalte liegen oben
Nasale, Lakrimale, Processus frontalis maxillae
und der Nasenfortsatz dos Zwischenkiefers, unten
die mediale Hälfto des Zwischenkieferkörpers und
der mediale Gaumenfortsatz. Die Spalte kann
daher nicht ins Nasenloch kommen. Lateral von
der Spalte liegt oben der Oberkieferkörper mit
dem Foramen infraorbitale, unten der größte Teil
der lateralen Hälfte des Zwischenkieferkörpers
mit dem latoralen Gaumenfortsatz.
Bei der ersten Form nach M o r i a n gellt der
LippenteU der schrägen Gesichtsspalte oben ins
Nasenloch hinein. Der stomatonarine Teil der
Spalte vorhält sich in seinen Lagerungsbeziohun-
gon zu den Nachbarknochonstücken ähnlich wie
bei dor Hasonschartenkieferspalto. Der obere,
schief aufstoigende Teil der Spalte geht durch
die Mitte der lateralon Hälfte des Zwischonkiefers
und durch den Oberkiefer; medial von diesem
Teil der Spalto liegen Nasale, Lakrimale, Pro¬
cessus frontalis maxillae und Processus nasalis
intermaxillaris mit dom oberen kleineren Stück der
lateralen Hälfte des Zwischenkieferkörpers; late¬
ral und unton von der Spalto liegen Maxilla mit
Foramen infraorbitale und dor größte Teil der
lateralen Hälfte dos Zwischenkieferkörpers mit
dom kleinen Teil des Nasenfortsalzes.
Das bei den Gesichtsspaltenbildungen sehr
häufige Vorkommen eines -überzähligen Schneide¬
zahns ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen,
daß durch die den Zwischenkiefer in zwei Teile
zerlegende Spaltbildung auch der noch latente
Keim für den normalen lateralen Schneidezahn
zerteilt worden ist und sich beide Teile zu je
einem Zahn entwickelt haben.
S o b o 11 a (Würzburg).
1061 . Die Entwicklung der Nasen¬
muscheln bei Mensch und Säugetieren.
Zweiter Teil: Entwicklung der Nasenmuscheln
beim Menschen; von Karl Peter. 13 Fig. 2 Taf.
(Axch. f. mikr. Anat Bd. 80. Abt 1. S. 478.)
P. knüpft an seine frühere Arbeit über die
Ethmoturbinalia der Säugetiere (s. oben) an.
Diesmal sind die Nasenmuscheln des Menschen
und ihre Entwicklung Gegenstand der Darstellung.
Was die Entwicklung der einzelnen Ethmoturbi¬
nalia anlangt, so entsteht die erste Siebbein¬
muschel aus dem hinteren oberen Abschnitt des
primären Septum (Ethmoturbinalteil). Durch eine
Leiste wird sie zeitweise auf dieser Fläche nach
vorn zu abgegrenzt, wodurch sich feststellen läßt,
daß sie nur einen Teil dieser Ethmoturbinalfläche
einnimmt; später verstreicht die Grenzleiste. Das
zweite Ethmoturbinale entsteht an der hinteren
oberen Ecke des Nasensacks über dem ersten
durch Abflachung des früher dortbestehenden
Processus ethmoidalis, während als Rudiment ein
drittes Ethmoturbinale bei Embryonen von 20 bis
40 mm Länge gefunden wurde. Es liegt ur¬
sprünglich an der hinteren oberen Ecke des
Riechsackes, scheint sich aber regelmäßig zurück¬
zubilden.
Die Ethmoturbinalia entstehen also auch beim
Menschen aus der septalen Wand des Riech¬
organs, wenn auch ihr Grspningsgebiet frühzeitig
auf die laterale Wand herübergedräugt wird.
Den Anteil, den das Septum an der definitiven
Nasen seiten wand hat, bedeutet die Grenze für den
größeren hinteren Bezirk, der zum Aufbau derSieb-
beiumuscheln Verwendung findet, es ist der mittlere
Nasengang. Was die Zahl der Sicbbeinmusckeln
anlangt, so nimmt P. zu dieser, bisher außer¬
ordentlich verschieden beantworteten Frage dahiu
Stellung, daß nicht mehr als 3 Siobbeinmuseheln
bei menschlichen Föten anzunehmen sind (contra
William und Zuckerkandl). Nach P. trägt
die menschliche Nasenhöhle nur 2 -wahre Ethmo-
turbinalieD, die sieh selbständig an dem hinteren
oberen Teil des Riechsackes aus septalem Material
bilden und erst nachträglich auf die laterale
Nasenwand verlagert werden, eine dritte wird
angelegt, bleibt aber rudimentär. Die Deutung
der so variabel ausgebildeten Muscheln der mensch¬
lichen Nase ist nach P. folgende: 1. Sind 3 Muscheln
vorhanden, so ist die untere das Maxilloturbinale,
die mittlere das Ethmoturbinale I; die obere das
Ethmoturbinale H. 2. Sind 4 Muscheln vorhanden,
so ergeben sich 2 Möglichkeiten: a) (Teilung des
Ethmoturbinale II) dio untere Muschel ist das
Maxilloturbinale, die mittlere das Ethmoturbinale I,
die obere der untere, die oberste der obere Teil
des Ethmoturbinale II; b) (Teilung des Ethuio-
turbinale I, sehr selten, vielleicht überhaupt noch
nicht beobachtet). Die untere Muschel ist das
Maxilloturbinale, die mittlere unterer Teil des
Ethmoturbinale I, die obere oberer Teil dieser,
die oberste das Ethmoturbinale II.
Was den Verlauf der Siebbeinspalten anlangt,
so verlaufen diese beim Menschen gerade; treten
später wichtige Knickungen auf, so besitzen
solche keinen Wert. Von einem gesonderten
Nasoturbinale der Säugetiere finden sich beim
Menschen in früheren Stadien Rudimente der Art,
daß eine Rinne über dem Maxilloturbinale einen
doppelten Wulst abtrennt, der dem Nasoturbinale
der Säuger gleicht. Die Rinne verflacht sich
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I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
421
dann wieder und durch leichte Wulstung des
vorher ebenen Bezirks entsteht der Agger nasi.
Das Jacobsonsche Organ des Menschen ent¬
wickelt sich aus dem hinteren Abschnitt einer
Rinne, die schon sehr früh an der septalen Wand
des Riechsackes zu beobachten ist. Ihr vorderer
Teil bildet sich allmählich zurück.
Was den Vergleich der Entwicklung des Qe-
ruchsoi-gans bei Kaninchen und Mensch anlangt,
so besteht erstlich eine Verschiedenheit der An¬
lage und Ausbildung des Ethmoidalapparates. Das
Ethmoturbinalfeld ist beim Menschen kleiner und
schlechter abgegrenzt als beim Kaninchen und
nicht hinter, sondern über dem Maxilloturbinale
gelegen. Auch zeitlich bildet sich das Geruchs¬
organ beim Menschen erheblich später aus als
beim Kaninchen, was P. auf das Überwiegen des
Großhirns, Zurücktreten der Kieferpartie und die
Rückbildung des Riechapparates beim Menschen
überhaupt zurückführt.
P. kommt also bei seinen Untersuchungen im
Gegensatz zu denen früherer Beobachter zu einer
verhältnismäßig einfachen Auffassung des Baues
der menschlichen Nasenhöhle. Über die Nasen¬
muscheln s. oben; was die Nasengänge anlangt,
so ist der mittlere Gang der komplizierteste. Er
entspricht dem primären First des Nasensackes,
das unter ihm gelegene Gebiet ist primär late¬
raler, das darüber gelegene primär septaler Ab¬
kunft. Er kann Nebenmuscheln entwickeln, an
denen die untere dem Proc. uncinatus des Sieb¬
beins entspricht, die obere der Bulla ethmoidalis.
Der obere Nasengang geht zum größten Teil aus
der Ethmoturbinalleiste hervor. Der oberste
Nasengang hat nur den Wert einer Nebenrinne,
nicht einer Hauptrinne. Sobotta (Würzburg).
1062. Über das Gefäßsystem des Herzens;
von Adolf Nußbaura. 5 Fig. 1 Taf. (Arch.
f. mikr. Anat. Bd. 80. Abt. II. S. 450.)
N. bedient sieh zum Studium des Gefä߬
systems des Herzens zunächst der Injektion mit
MelaU und nachträglichen Korrosion. Die Herzen
•wurden (nach Entfernung der Klappen von den
großen Gefäßen aus) durch Ausspülung mit Koch¬
salzlösung blutleer gemacht, dann durch Injektion
mit lOproz. Formollösung konserviert und nun mit
folgender Metallegierung injiziert: Kadmium 3 Teile,
Zinn 4 Teile, Wismut 15 Teile, Blei 8 Teile
(Schmelzpunkt 65—70°). Dann wurde mit 15proz.
Kalilauge bei Bruttemperatur mazeriert. Die Me¬
thode lieferte zwar keinen Aufschluß über die
von N. gesuchten arteriovenösen Verbindungen,
wohl aber solche über die Anatomie der Koronar¬
arterien und ihrer Verzweigungen. Der linke
Ventrikel wird von der linken Koronararterie ver¬
sorgt. Die auf den hinteren Abschnitt des Sep¬
tum und einen angrenzenden verschieden breiten
Streifen der linken Ventrikelhinterwand, die ent¬
weder zum Teil oder gänzlich durch den Ramus
descendene posterior der rechten Koronararterie
ihr Blut erhalten. Äste der Art. coronaria dextra
ziehen konstant vom Ramus descendens posterior
zum hinteren linken Papillarmuskel, der gleich¬
zeitig auch einen Ast vom Ramus descendens
posterior arteriae coronariae sinistrae erhält.
Der rechte Ventrikel wird von der Arteria
coronaria dextra versorgt mit Ausnahme der vor¬
deren Hälfte der Septumwand und eines benach¬
barten Bezirkes der Ventrikelwand, die vom Ramus
descendens anterior arteriae coronariae sinistrae
versehen werden. Dieser versorgt mitunter auch
die hintere Spitze des rechten Ventrikels.
Anastomosen der Koronararterienäste kommen
an der Herzoberfläche, besonders der Vorder¬
fläche des rechten Ventrikels und der Herzspitze
oder im Septum vor, in Gestalt langer dünnere,
nur wenig Seitenzweige abgebenden Äste.
Ferner benutzte N. eine Methode der Injek¬
tion mit Paraffin, das mit Ölfarben gefärbt war,
ein Verfahren, das namentlich bei kindlichen
Herzen gute und vollständige Resultate lieferte.
Es ergab sich eine Insuffizienz der allerdings nur
nähfadenstarken, im physikalischen Sinne also als
Kapillaren zu betrachtenden Anastomosen, indem
die von einer Koronararterie aus injizierte Masse
zwar in einem Teil des zugehörigen Kapillar¬
gebietes und die Venen, später auch in Äste der
anderen Kranzarterie und denen entsprechende
Venen dringt, nicht aber in das Kapillargebiet
nicht einmal bei Unterbindung der anderen Arterie.
Nach N. liegt im Leben das analoge Verhalten
vor, bei Verstopfung der einen Kranzarterie kann
das Blut nicht von der Arterie der anderen Seite
aus in die betreffende Herzhälfte gelangen, die
damit außer Funktion gesetzt wird. Damit ein
Kapillarkreislauf zustande kommen kann, müssen
viel stärkere Anastomosen vorhanden sein, die
der Dicke des Hauptstammes nahezu gleich¬
kommen.
Die Semilunarklappen sind vollkommen ge¬
fäßfrei, die Kuspidalklappen dagegen sind an ihrer
Basis, aber nur soweit sie glatte Muskulatur ent¬
halten, vaskularisiert. Es sind Kapillarendschlin-
gen, die nicht mit dem Gefäßsystem der Papillar-
muskeln Zusammenhängen.
Im Perikard konnten arterio-venöse Kommuni¬
kationen nachgewiesen werden, die dem Baue
nach aber Kapillaren sind, d. h. sie enthalten
keine Muskelelemente. Sobotta (Würzburg).
1063. Beitrag zur Anatomie der Kehl¬
kopfgelenke des Menschen und der Haus¬
tiere; von RosGhdestwenski. (Anat. Anz.
Bd. 41. Erg.-H. S. 249. 1912.)
R. untersuchte das Verhalten der Kchlkopf-
gelenke beim Menschen, dem Pferd, Rind und
Schwein. Das Krikoarytaenoidgelenk ist bei den
untersuchten Tieren trotz verschiedener Lage und
Größe der Gelenkflächen, verschiedener Länge der
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422
L Anatomie und Entwicklungsgeschichte.
Bogen und Krümmungsradien und infolgedessen
auch verschiedener Art und Umfang der Bewegungen
nach gemeinsamen Typ gebaut, nämlich dem
eines kreisförmig, elliptisch oder parabolisch ge¬
bogenen Ringkörpers, der im Querschnitt nicht
bei allen Tieren kreisförmig, sondern elliptisch
oder parabolisch ist. Die letztere Form der
Gelenkflächen beim Rinde ist ebenso wie die
Abflachung im dorsalen Abschnitt und die Fort¬
setzung der Gelenkflächen auf die Ringknorpel¬
platte für die Möglichkeit einer vollständigeren
Berührung der Gelenkflächen von Bedeutung.
Dadurch wird allerdings auf Kosten der Mannig¬
faltigkeit und Leichtigkeit der Bewegungen Sta¬
bilität und Festigkeit im Gelenk gefördert. Die
auch bei anderen Tieren zu beobachtende Ab¬
flachung der gekrümmten Flächen gerade im
dorsalen Abschnitt, gewährt den Vorteil, daß,
weil bei der Dorsahvärtsbewegung des Gie߬
beckenknorpels das Stimmband am stärksten ge¬
spannt wird, in diesem Moment die Notwendig¬
keit einer größeren Stützfläche für den Ary-
knorpel am größten ist.
Sicherlich von Bedeutung ist auch der Neigungs¬
winkel zur Horizontalebene; je größer nämlich,
wie z. B. beim Menschen, die Neigung ist,
um so leichter und vollkommener wird die Er¬
weiterung der Stimmritze und die Einstellung
der dorsalen Stimmbandabschnitte in verschie¬
denen Niveauhöhen erreicht. Bei den verschie¬
denen Tieren ist der Winkel der Fläche der
normalen Stimmbandlagerung nicht der gleiche.
Das Krikothyreoidgdcnk variirt bei den ver¬
schiedenen untersuchten Tierspezies erheblich,
beim Rinde (und Kalbe) findet sich liier über¬
haupt kein echtes Gelenk, sondern eine faser¬
knorpelige Verwachsung, auch beim Schwein ist
es nur eine Amphiarthroee. Beim Pferd handelt
es sich um ein wahres Gelenk aber mit völlig
inkongruenten Gelenkflächen. Es erlaubt eine
Drehung des Schildknorpels um eine frontale
Achse und eine ventrodorsale Parallelverschiebung
der beiden Knorpel gegeneinander. Beim Menschen
muß das Gelenk, wie bisher üblich, auch als
Amphiarthrose betrachtet werden. Die geringen
noch möglichen Bewegungen sind eine Hebung
und Senkung des vorderen Schildknorpelteils
einerseits, eine Schiebebewegung ventral- und
dorsalwärta andererseits. Vielleicht findet auch
eine proxi modistale Verschiebung des Schild¬
knorpels statt, wie sie auch der Funktion des
Hauptstimmmuskels, des Krikothyreoideus ent¬
spricht Sobotta (Würzburg).
1064. Zur Frage über die phylogene¬
tische Entwicklung der Lungen bei den
Wirbeltieren; vonA.Makuschkok. lOAbbild.
(Anat. Anz. Bd. 41. S. 59. 1912.)
M. knüpft an frühere Untersuchung über die
phylogenetische Entivicklung der Lunge bei Triton
an und bespricht diesmal das gleiche Thema bei
Pelohates fuscus (Knoblauchkröte). Auch hier ist
die erste Anlage der Lungen bilateral-symme¬
trisch, das Auftreten der Lungenanlagen erfolgt
aber in einem recht späten Entwicklungsstadium,
zu einer Zeit, wo im Bronchialgebiete bereits fünf
Schlundtaschenpaare ausgebildet sind; es schließt
sich damit Pelobates dem Tritontyp, d. h. dem
der geschwänzten Amphibien an und weicht
wesentlich von dem der übrigen Anuren ab.
Im Beginn der Lungenentwicklung von Pelo¬
bates läßt sich eine vollständige Analogie mit der
Anlage der letzten Schlundtaschenpaare (4. und 5)
bemerken, was M. bereits für Triton feststellen
konnte. Nach der Anlage der Lungen treten noch
vor den Limgenvertiefungen des 5. Schlundtaschen¬
paares solche des 6. Taschenpaares in rudimen¬
tärer Form auf im Gegensatz zu Siredon (Axolotl),
bei dem noch vor dem Auftreten der Lungen¬
anlagen sich in der Bronchialhöhle 6 Paar voll¬
kommen identischer Schlund Vertiefungen ausbilden.
Es bleibt also noch ein Unterschied in der Ent¬
wicklung der Lungen bei Anuren und Urodelen
bestehen. Sobotta (Würzbürg).
1065. Erläuterungen zur Demonstration
von Innenstrukturen der Erythrozyten und
Blutplättchen, sowie von Kurloff-Körpern;
von V. Schilling in Torgau. 9 Abb. (Anat. Anz.
Bd. 41. Erg.-H. S. 225. 1912.)
Sch. hatte die Aufmerksamkeit der Histologen
vor Jahresfrist auf angebliche Innenstrukturen des
Säugetiererythrozyten gelenkt, in denen er unter
andern nicht nur Kerne, sondern auch die Blut¬
plättchen erkennen zu können glaubte. Diese
Darstellungen haben von fach-anatomischer und
-hämatologischer Seite den lebhaftesten Wider¬
spruch erfahren, so daß Sch. neuerdings unter
Vorlegung seiner Präparate das Wort zu dieser
Frage ergreift Sch. hält auch auf Grund weiterer
Untersuchungen an der Auffassung des „homo¬
genen orthochromatischen“ Erythrozyten als kom¬
pliziert gebauter Zelle fest Die Blutplättchen
lassen sich durchaus kemähnlich zur Darstellung
bringen und stehen in engster Beziehung zum
Kern des Erythrozyten. Promyelozyten anämi¬
scher Kaninchen zeigen durchaus ähnlich ange¬
ordnete und färbbare In nenstrukturen wie patho¬
logische Erythrozyten. Die Gesamtheit dieser
Strukturen bildet einen besonderen, zentral im
Protoplasma gelegenen perannkleären Apparat
(Archoplasmastruktur, Dotterkern, Zentrophormien),
der auch bei pathologischen Prozessen in Epithel¬
zellen deutlich hervortritt. Vielleicht gehören
dahin auch die sogenannten Kurloff-Körperchen.
Sobotta (Würzburg).
1066. Die Entwicklung der Fasern der
Zonula zinnii im Auge der weißen Maus
nach der Geburt; von W. M. Baldwin. 2Taf.
(Arch. f. mikr. Anat. Bd. 80. 1. Abt S. 274.)
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L Anatomie and Entwickl nngsgeechichte.
423
B. untersuchte an jungen weißen Mäusen ver¬
schiedenen Alters (von 12 Stunden an), sowie an
erwachsenen Exemplaren die Entwicklung der
Fasern des Strahlenbändchens des Auges und die
endgültige Anordnung der Fasern dieser Bildung
im Säugetierauge. Während man früher den Glas¬
körper und meistens auch die Fasern des Strahlen-
bfindchens für bindegewebige Bildungen hielt,
hatten die Untersuchungen der letzten 10 bis
15 Jahre festgestellt, daß beide Bildungen reti¬
nalen Ursprungs sind und mit der Stützsubstanz
der Netzhaut in engstem genetischen Zusammen¬
hang stehen. B. kommt nun zu wesentlich ab¬
weichenden Resultaten, er tritt fast als einziger
neuerer Autor auf Grund seiner Befunde wieder
für eine bindegewebige (mesenchymatöse) Her¬
kunft der Zonulafasern ein.
Vom ersten Tage nach der Geburt an sind beide
Limitantea, die externa wie intern» retinae, schon vor¬
handen, die interna ist aber die stärkere, außerdem
legen sich ihr zahlreiche Fasern an, die vom ursprüng¬
lichen Glaskörpergewebe stammen. Sie reicht aber nur
bis zur Ora Senats, wo sie sich in mehrere Lamellen
teilt, von denen je eine sich an eine Epithelzelle der
Ora senata anlegt. Die Limitans externa dagegen
setzt sich als Limitans ciliaris externa auch zwischen
die beiden Blätter des Augenbechers im Ziliarteil fort.
Die Zahl der Lamellen, in die sich die Limitans interna
an der Ora serrata teilt, nimmt in den nächsten Tagen
zn, ebenso die Stärke der Lamellen. Gleichzeitig ver¬
mehrt sich die mit ihr zusammenhängende Inter-
zellnlar8ubstanz.
Die Ziliarfortsätze sind ebenfalls bereits am 1. Tage
sichtbar. Sie enthalten einen mesenchymatösen Kern
mit Blutgefäßen und nehmen bis zum 14. Tage an
Größe zn. Im Bereiche der Zwischenräume zwischen
den Fortsätzen und dem Orbiculus riliaris findet eine
Zunahme der Interzellularsubstanz statt gleichzeitig
mit einer Verdickung der Limitans externa. Anfangs
haben alle Zellen der Pars ciliaris retinae (— inneres
Blatt des Augenbechers) gegen den Zonularaum ge¬
richtete Spitzen; an jeder Spitze setzt eine Faser des
den genannten Raum ausfüllenden Netzwerkes an.
Später flachen sich die auf den Fortsätzen selbst ge¬
legenen Zellen ab, bo daß die spitzen Zellen nur in den
Tälern und im Bereiche des Orbiculus ciliaris gefunden
werden. Der apikale Ansatz der Zonulafasern, denn
am deren Anlage handelt es sich, geht aber auch hier
allmählich in einen interzellularen über. Ea kommen
aber auch spitze Zellen vor, die keinen Ansatz von
Zonulafasern besitzen.
Das lose Fasemetzwerk, das in den frühesten von
B. untersuchten Stadien den Glaskörperraum erfüllt,
leitet B. von verästelten oder bipolaren Zellen her,
welche die Blutgefäße umgeben. In gleicher Weise ist
der vom Glaakörperraum nicht getrennte Zonularaum
ausgefüllt, daneben kommt noch ein weiterer Zell-
typns vor, nämlich helle, große, verzweigte Zellen, die
untereinander anastomosieren. Während das übrige
Glaskörpergewebe sich zurückbildet, unterliegen diese
Zellen keiner regressiven Veränderung, vielmehr ver¬
einigen sich die vorher unregelmäßigen Fortsätze zn
solchen, die einerseits nach der Linse, andererseits nach
dem Ziliarepithel ziehen, deren jeder aber aus mehreren
Fäserchen besteht. Jede dieser primitiven Zonula-
fasern besitzt anfangs einen Zellkörper, der allmählich
degeneriert (Schattenzellen). In die Zellen der Pars
ciliaris retinae dringen die Zonulafasern nach B. nicht
ein (kontra W o 1 f r u m). Sie enden in der Inter-
zellulareubstanz, ohne die Limitans externa zu erreichen,
und zwar nur im Bereiche der Ziliartäler und des Orbi-
culua ciliaris. B. glaubt, daß die von Wolfrum als
Neurogliazellen betrachteten Elemente seinen bipolar
gewordenen Mesenchymzellen entsprechen.
Sobotta (Würzburg).
1067. Zur Morphogenie und Histogenese
des Pinealorgans bei den Vögeln und
Säugetieren; von H. Funkquist. (Anat. Anz.
Bd. 42. S. 111. 1912.)
F. berichtet über die Morphogenie und Histo¬
genese der Säugetier- und Vogelepiphyse. Bei
beiden geht die Anlag e dieses rudimentären Organs
vom Dache der Pars parencephalica in Gestalt
einer taschenförmigen Ausstülpung aus. Später
nimmt die Anlage schlauchförmige Gestalt an.
Bei manchen Vögeln wie den Tauchern verliert
sie durch Abschnürung ihren Zusammenhang mit
dem Gehirn völlig.
Bei beiden untersuchten Tierklassen konnte F.
2 Entwicklungstypen unterscheiden: beim ersten
behält das Organ seinen einfachen schlauch¬
förmigen Charakter, es vergrößert nur seinen Um¬
fang und erfährt eine Verdickung seiner Wände.
In diese Gruppe gehört z. B. von den Vögeln der
Sperling, von den Säugetieren die Beutelratte.
Die Wandverdickung kann so weit gehen, daß
das Organ bis auf den in seiner Basis gelegenen
Recessus pinaalis solid wird (Rind).
Beim zweiten Typ ist durch Knospenbildung
vom Taschenboden aus charakterisiert, wodurch
das Organ eine tubulöse Beschaffenheit erhält
(von den Vögeln: Taucher, Ente, Hahn; von den
Säugern: Ratte, Igel, Katze u. a.). Dabei können
die Tubuli ihren Zusammenhang mit der Pineal-
tasche verlieren. Auf ähnliche Weise entstehen
gleichartige Tubuli am Dorsalsack, die ebenfalls
zum Parenchym des Pinealorgans hinzu treten
(Huhn, Kaninchen). Die ursprüngliche Struktur
des Organa ist eine rein epitheliale, später wan¬
delt sich das Epithel in einer Art und Weise in
Neurogliageivebe um, die fast genau in der gleichen
Form vor sich geht wie die Bildung der Neuroglia
im Zentralnervensystem. Weitere nervöse Ele¬
mente außer feinen, die Gefäße begleitenden
Nervenfasern kommen in der Epiphyse der Vögel
und Säugetiere überhaupt nicht vor, insbesondere
keine Nervenzellen und -fasern (außer den Ge¬
fäßnerven), ferner auch keine Muskelzellen.
Bei der gliösen Umwandlung der anfangs epi¬
thelialen Anlage können die einfachen Pineal-
röhrchen oder -tubuli erhalten bleiben (Kanarien¬
vogel, Truthahn), während sie in anderen mehr
oder weniger vollständig obliterieren (Huhn,
Kaninchen); auch können wie beim Rinde wieder
sekundär Lumina entstehen, die Zellen weder
aber sowohl in der Umgebung der primären, wie
der sekundären Lichtungen ependymartig. Die
übrigen Zellen zeigen Astrozytennatur teils mit
helleren größeren, epithelartigen, teils mit kleinen
dunklen Kernen.
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424
II. Physiologie.
Gefäßhaltige Bindegewebssepten durchziehen
das Parenchym; innerhalb der Septen älterer
Tiere tritt der Himsand (Acervulus) zuerst auf.
Sobotta (Würzburg).
10G8. Sullo sviluppo della glandola
lacrimale nel bue; per C. Mobilio. 15 Fig.
(Anat. Anz. Bd. 42. S. 81. 1912.)
M. untersuchte die Entwicklung der Tränen¬
drüse beim Rinde. Die beiden Drüsen dieses
Tieres lassen sich als Anlagen bei 32—33 mm
langen Embryonen erkennen und zwar in Gestalt
deutlich getrennter ektodermaler Knospen, die
ihren Ursprung durch Proliferation der tieferen
Lagen des embryonalen Konjunktivalepithels
nehmen. Das letztere ist hier in der Gegend
der äußeren Augenwinkel stärker geschichtet als
an anderen Stellen. Die Zahl der Knospen, die
bei älteren Embryonen immer größer wird, ist
bei der oberen Drüse eine erheblichere wie bei
der unteren. Die zuerst angelegten nehmen vom
Fornix conjunctivae, die später hinzukommenden
von der Conjunctiva palpebrarum ihren Ursprung.
Alle sind von Anfang an solid; die Höhlung be¬
ginnt fast ausnahmslos vom blinden Ende aus.
Erst bei 86 mm langen Embryonen ist dieser
Prozeß vollendet.
Vor Beginn der Verästelung zeigen die Tubuli
eine erhebliche Verdickung. Äste zweiter Ord¬
nung treten früh auf, wesentlich später solche '
dritter Ordnung (deutlich erst bei 55 mm langen ;
Embryonen). Bis zum Stadium von 58 mm bleiben
beide Drüsbnanlagen, die der oberen und der
unteren scharf getrennt. Später nähern sich ihre
Verzweigungen, ohne daß sich aber ihre Zu¬
gehörigkeit zur bestimmten Drüse verwischt. Die
Drüsen sind beim Rindsfötus zusammengesetzt
acinös mit einzelnen tubuloacinösen Ästen.
Sobotta (Würzburg).
1069. Die Entwicklung der Fundus-
drüsen im Magen des Schweines; von
G. Ulkan. (Anat. Anz. Bd. 41. S. 78. 1912.)
Über die Entwicklung der eogen. Fundus¬
drüsen im Magen des Schweines berichtet in einer
kurzen Mitteilung U. Das Magenepithel ist von
den ersten Entwicklungsstadien an einreihig
(und -schichtig) und wird von der bindegewebig¬
mesodermalen Tunica propria durch eine deut¬
liche Membrana propria getrennt Die Fundos¬
drüsen entwickeln sich aus diesem Epithel nun
derart, daß zunächst die primitiven Magengrüb-
chen entstehen und aus diesen dann die defini¬
tiven Grübchen sowohl wie die Drüsen hervor¬
gehen. Mesodermale Elemente kommen für den
Aufbau des Drüsenepithels nicht in Betracht
Die Belegzellen entstehen durch einfache spezi¬
fische Differenzierung des Drüsenepithels; sie
vermehren sich als solche nicht, sondern neue
Zellen entstehen immer wieder durch Differen¬
zierung indifferenter Drüsenepithelien. Die Haupt¬
zellen nehmen ihre spezifischen Charaktere erst
zurZeit der Geburt an. Sobotta (Würzburg).
II. Physiologie.
1070- Vergleichende Untersuchungen
über die Dura mater des Menschen und
der Säugetiere; von 0. Butzengeiger.
(Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 435. 1912.)
Die Arbeit enthält eine Zusammenstellung
der Werte für die Dicke, die Zugfestigkeit und
die Elastizität der Dura mater dos Monschon,
Gorilla, Schimpanse, Orang, Gibbon, einige
kleinere Affon, ferner Pferd, Ochs, Kuh, Kalb,
Schwein, Hund, Katze und Kaninchen. Bezüglich ;
der einzelnen Ergebnisse, die sich jeweils in
Tabellenform zusammengostellt finden, muß auf
das Original verwiesen werden. Die Unter¬
suchung wurde von praktischen Gesichtspunkten
aus unternommen, um zu ermitteln, ob die Dura
mater nicht praktisch-chirurgisch verwertbar sei.
D i 111 e r (Leipzig).
1071. Zur Frage der Ermüdung der
Nervenzentren; von E. Maydeil. (Pflügers
Arch. Bd. 146. S. 553. 1912.)
M. untersuchte die Ermüdbarkeit der Nerven¬
zentren unter Bedingungen, die von den bisher
benutzten abweichen. Er brachte die Versuchs¬
tiere (Frösche) durch aufsteigende galvanische
Durchströmung des ganzen Körpers in den von
Tschagowotz (s. folgendes Referat) näher
studierten Schlafzustand, in welchem die Reflex-
erregbarkoit des Rückenmarks gegenüber der
Norm soweit gesteigert ist, daß man mit Einzel¬
reizen Reflexe von einer Körperseite auf die
andere auslöson kann. Dio Ergebnisse stimmen
mit den von den älteren Autoren festgestellten
überein und betreffen eine zunehmende Verlänge¬
rung der Übortragungszeit der Erregung durch das
ermüdende Rückenmark (Reflexzeit) sowie eine
Verkleinerung der bei gleichbleibenden Reizen
resultierenden reflektorischen Zuckungen.
D i 111 e r (Leipzig).
1072. Über die Veränderung der reflek¬
torischen Erregbarkeit bei Einwirkung des
intermittierenden galvanischen Stromes auf
das Zentralnervensystem; von W. Tscha-
gowetz.- (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 567.
1912.)
Bei Nachprüfung der Leducschen Versuche
über die Erscheinung des „elektrischen Schlafes",
welcher bei Säugetieren und niederen Wirbeltieren
bei aufsteigender Durchströmung des ganzen
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II. Physiologie.
425
Tieres mit intermittierendem (oder auch kon¬
stantem) galvanischen Strom auftritt, gelang es
Tsch. nachzuweisen, daß der eigentümliche Schlaf¬
zustand der Tiere mit einer starken Steigerung
der Reflexerregbarkeit des Rückenmarks einher-
geht, die geradezu an den Zustand der Strychnin¬
vergiftung erinnert. Bei Fröschen fand sich diese
Erscheinung besonders ausgesprochen und ermög¬
lichte z. B. durch Einzelreize mit Sicherheit gegen¬
seitige Reflexzuckungen auszulösen, was sonst
bekanntlich höchstens ausnahmsweise einmal ge¬
lingt. Diese Steigerung der Reflexerregbarkeit
blieb auch erhalten, wenn (beim Frosch) die
Hemisphären, die Sehhügel, die Medulla oblongata
und Teile des Rückenmarks entfernt wurden.
D i 111 e r (Leipzig).
1073. Hals- und Labyrinthreflexe beim
Kaninchen; ihr Einfluß auf den Muskel¬
tonus und die Stellung der Extremitäten;
von W. "Weiland. (Pflügers Arch. Bd. 147.
S. 1. 1912.)
Dezerebrierte Kaninchen mit intakten Laby¬
rinthen und freibeweglichem Hals zeigen bei den
verschiedenen Kopfbewegungen in allen möglichen
Lagen des Körpers im Raum Tonusveränderungen
der Glieder, welche sich restlos auf eine Super¬
position von Hals- und Labyrinth re flexen zurück¬
führen lassen. Diese Reflexe des Kaninchens
zeigen große Übereinstimmung mit den früher von
Magnus und K1 e i j n bei Katze und Hund
gefundenen Reaktionen; der einzige Unterschied
besteht darin, daß Beugen des Halses in dorso-
ventraler Richtung bei Katze und Hund eine
gegensinnige Tonusveränderung der Vorder- und
Hinterbeine hervorruft, während beim Kaninchen
bei dieser Bewegung Vorder- und Hinterbeine
stets in gleichem Sinne reagieren. Die Verände¬
rung der Gliederstellung auf Kopfbewegungen
sind auch beim Kaninchen tonischer Art und
dauern für eine Reihe von Minuten an, wenn die
betreffende Kopfstellung so lange beibehalten
wird. Bei Kaninchen mit intaktem Großhirn treten
nach einseitiger Labyrinthexstirpation Kopf¬
drehungen auf, welche zu ebensolchen Ände¬
rungen des Gliedertonus führen wie beim dezere-
brierten Tiere; bei unoperierten Kaninchen läßt
sich ebenfalls die führende Rolle des Kopfes auf
die Gliederstellung beobachten.
Dittler (Leipzig).
1074. Zur Lehre von den zentripetalen
Nerven der Blutgefäße; von P. Kaufmann.
II. Mitteilung. (Pflügers Arch. Bd. 147. S. 35.
1912.)
Im Anschluß an eine umfassende Nachprüfung
der alten Versuche von Latschenberger und
Deahna, Heger, Delezenne, Pagano,
Junk, Köster und Tschermak wird die
Frage nach dem Vorhandensein zentripetaler Ge-
Sdunidts J&hrb. Bd. 317. U. 5.
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fäßnerven mit einwandfreierer und übersicht¬
licherer Methodik experimentell geprüft. Es ergab
sich, daß von dem Vorhandensein weder presso-
risch, noch depressorisch wirkender Nerven in der
Gefäßwand die Rede ist; allein die Aortenwurzel
mit ihrem Nervus depressor (v. Cyon,Köster
und Tschermak) macht hiervon eine Aus¬
nahme. Allerdings bewirkten ganz abnorme
Drucksteigerungen (bis 760 mm Hg) in einem zir¬
kumskripten peripheren Gefäßbezirk nach K.s An¬
gaben einen Effekt auf den Gesamtblutdruck, je¬
doch dieser erfolgte im Sinn einer Steigerung.
Desgleichen war bei chemischer Reizung der Ge¬
fäßen dothelien und ihrer Nerven mit Silbernitrat
oder Nikotin stets nur eine Blutdrucksfeitfernnp
zu beobachten. In beiden Fällen ließ sich nach-
weisen, daß die Kapillarwände infolge der mecha¬
nischen und chemischen Insulte durchlässig ge¬
worden waren; der beobachtete Effekt war also
sicher auf eine Reizung pressorisch wirkender Ge-
webs- (nicht Gefäß-) nerven zu beziehen.
Dittler (Leipzig).
1075. Über die Latenz der elektrischen
Reaktion des Froschherzmuskelebei Doppel¬
reizen. Nach Versuchen von J. S. Beritoff,
mitgeteilt von A. S a m o j 1 o f f. (Pflügers Arch.
Bd. 147. S. 249. 1912.)
Die Versuche wurden zum Teil mit Hilfe der
Interpolation von Extrareizen beim spontan schla¬
genden Herzen, zum Teil am ruhenden Herzen
mittels Doppelreizung unter Registrierung der
Aktionsströme vorgenommen. Es zeigte sieh in
augenfälliger Weise, daß das Latenzstadium für
den Interpolations- bzw. den zweiten Reiz von der
Phase der Tätigkeit abhängt, in der sich das Herz
im Moment der Reizung gerade befindet. Wenn
der Reiz erst nach vollständigem Ablauf der T-
Schwankung den Ventrikel trifft, sef ist es kaum
möglich, eine Änderung der Latenz gegenüber der
bei Reizung des ruhenden Herzens zu verzeichnen.
Trifft dagegen der Reiz früher ein, etwa am Gipfel
oder am zweiten Teil der T-Zacke, so wird die
Latenz größer, wobei dem früher ein treffenden
Reize eine größere Dauer der latenten Periode ent¬
spricht. Der höchste beobachtete Wert der Latenz
betrug etwa das Fünffache des niedersten. Die
bei kurzem Reizintervall stark verspätete Herz¬
aktion ergibt einen Aktionsstrom, dessen Form
gegenüber der Norm stark verändert erscheint;
der Verlauf der elektrischen Kurve, namentlich
der R-Zacke, wird bei geringerer Höhe gedehnt
und unregelmäßig. Dittler (Leipzig).
1076. Über Ermüdung willkürlich oder
elektrisch gereizter Muskeln; von F. Uhl-
mann. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 517. 1912.)
Nach einer Reihe von willkürlichen Huben, die
bis zur Leistungsunfähigkeit fortgesetzt wurden,
vermögen intermittierend tetanisierende elektrische
Reize noch eine lange Hubreihe anzuregen. So-
54
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426
II. Physiologie.
gleich darnach kann wiederum willkürlich fast
ebensoviel geleistet werden, wie vor der elektri¬
schen Arbeitsperiode usw. Freilich ist zu be¬
merken, daß die Anfangshöhe der Hube jeder fol¬
genden Gruppe gleicher Reizart immer niedriger
ist als die frühere. Dittler (Leipzig).
1077. Zur Physiologie der Pankreas¬
sekretion; von A. J. Smirnow. (Pflügers
Areh. Bd. 147. S. 234. 1912.)
Nach Einführung von neutralem Fett in das
Duodenum (Hund mit Duodenal- und offener
Magenfistel) geht die Absonderung von Pankreas-
saft außerordentlich langsam vor sich und nimmt
erst mit dem Eintritt der Fettspaltung größeren
Umfang an. Das Neutralfott hat also in sehr be¬
schränktem und jedenfalls in viel beschränkterem
Maße als die Fettsäuren und Seifen die Fälligkeit,
die Pankreassekretion anzuregen. Der auf Fett¬
einführung zur Absonderung gelangende Saft
zeichnet sich durch hohen Gehalt an Stickstoff
und folglich auch an Fermenten aus. Eine sub¬
kutane Injektion von 0,005 g Atropin im Höchst¬
stadium der Fottspaltung verringert nicht die
Quantität des zur Absonderung gelangenden Pan¬
kreassaftes, führt aber zu einer bedeutenden Ver¬
ringerung des Gehaltes an Stickstoff und festem
Rückstand, und zwar bereits nach Ablauf von
15 Minuten. D i 111 o r (Leipzig).
1078. Zur Kenntnis der Entstehung der
Darmbewegung; von W. Weiland. (Pflügers
Arch. Bd. 147. S. 171. 1912.)
Aus dom Magen, Dünn- und Dickdarm von
Kaninchen, Katzen und Hunden läßt sich mit
Wasser oder Salzlösung eine Substanz extrahieren,
welche den in Tyrodescher Lösung suspendierten
überlebenden Dünndarm dieser Tiere zur Be¬
wegung anregt. Die auf glcicho Weise her¬
gestellten Extrakte anderer Organe wirken
schwächer und nur inkonstant auf den Darm. Der
wirksame Bestandteil des Darmextraktes ist bei
Zimmertemperatur unter Zusatz von Antisepticis
haltbar, er ist kochbeständig, löslich in Alkohol
und Äther, schwer löslich in Azeton und diffu-
sibel. Sein Angriffspunkt in der Darmwand ist
der Auerbachscho Plexus. Die Erregung kann
durch minimale Mengen Atropin antagonistisch
aufgehoben werden; durch Auswaschen ist die
Wirkung des Darmextraktos leicht rückgängig zu
machen.
Am lebenden Tier hat intravenöse Injektion
von gereinigten konzentrierten Darmextraktlösun¬
gen keine wesentliche Wirkung auf die Atmung.
Beim Kaninchen fehlt auch jeder Einfluß auf den
Blutdruck, während bei der Katze fast stets eine
beträchtliche, schnell vorübergehende Blutdruck¬
senkung eintritt. Bei beiden Tierarten tritt eine
durch die Bauchdecken sichtbare, kräftige Peri¬
staltik auf. Bei täglich wiederholten intravenösen
Injektionen beim Kaninchen erfolgen nach einigen
Tagen Durchfälle ohne Fieber und ohne Störung
dos Allgemeinbefindens, sowie ohne pathologisch¬
anatomische Organveränderungen. Bei Katzen
wurde die Anregung der Magen- und Darm¬
bewegung nach Einverleibung von Wismut-Kar¬
toffelbrei auf dem Roentgonschirm direkt be¬
obachtet. Dittler (Leipzig).
1079. Respirationsversuche am Men¬
schen im nüchternen Zustand und nach
Zufuhr verschiedener Eiweißkörper; von
W. Loeffler. (Pflügers Arch. Bd. 147. S. 197.
1912.)
Der von L. verwendete Spirometerapparat für
kurzdauernde Versuche ergab für den Stoffwech¬
sel dos nüchternen ruhenden Menschen Resultate,
die mit den von J a q u e t und Tigerstedt-
Son d 6 n mit ihren Apparaten gewonnenen über-
einstimmen. Auf dieser Grundlage wurde der
Einfluß verschiedener, möglichst weitgehend ge¬
reinigter Eiweißkörper auf den Gaswechsel unter¬
sucht. Das wichtige Ergebnis geht dahin, daß
gleiche Mengen von Kasein (animalisches Nukleo¬
albumin) und von Edestin (pflanzliches Globu¬
lin) nicht nur an sich die gleichen Veränderungen
im respiratorischen Stoffwechsel verursachen,
sondern daß sie selbst an 2 verschiedenen Ver¬
suchspersonen zu gloichon Gaswechselverschieden¬
heiten führen. Bei einer Zufuhr von 50 g Kasein
| oder Edestin steigt der Gaswechsel für die erste
Zeit nach der Verabreichung um ca. 5 g C0 2 und
I ca. 5 g 0 5 pro Stunde. Dittler (Leipzig).
1080. Arbeit und Gaswechsel am Frosch¬
herz. H. Mitteilung: Wirkung des Cyanids;
von V. Weizsäcker. (Pflügers Arch. Bd. 147.
S. 135. 1912.)
Es wurde der Gaswechsel des spontan schla¬
genden Froschhcrzons und die von ihm geleistete
Arbeit vergleichend gemessen, und zwar sowohl
unter normalen Bedingungen der Sauerstoffver¬
sorgung, als im Zustand der Cyanidvergiftung.
Obgleich unter dem Einfluß der Blausäure der
O s -Verb rauch (und die CO s -Bildung) bis auf Null
herabgehen konnte, zeigte die gleichzeitig ge¬
leistete Arbeit in den extremsten Fällen ein Sin¬
ken nur bis zu etwa 50°/ 0 der Norm. Bei Herab¬
setzung der Oxydation auf 36°/ 0 der normalen,
konnte die Arbeitsleistung sogar auf der alten
Höhe bleiben. Interessantorweise war dabei auch
die elektrische Erregbarkeit des Herzens meist
ganz unverändert. Auf jeden Fall kann also
mechanische Arbeit ohne nachweisbaren Gas-
wochsel existieren. Bezüglich der Quelle der
Arbeit im Cyanidversuche kann zurzeit nur eiuo
negative Antwort gegeben werden: sie ist keines¬
falls ausschließlich Oxydationsenergie, keinesfalls
ausschließlich Energie aus mit C0 2 - oder sonstiger
Säurebildung einhergohenden Spaltungen. Sicher
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III. Physiologische und pathologische Chemie.
427
sind andere physikalische oder chemische Vor¬
gänge im Spiele, die der genannten Gruppe von
Prozessen nicht angehören. Es muß übrigens be¬
merkt werden, daß die Oxydationshemmung vom
Herzen nur beschränkte Zeit ertragen wird; nach
ca. 1 Stunde ist sein Vermögen, ohne Gaswechsel
erheblichere Arbeit zu leisten, erloschen.
Dittler (Leipzig).
1081. Vergleichende Versuche über die
Wirkung rhythmischer und kontinuierlicher
Durchspülung; von P. Gerlach. (Pflügers
Arch. Bd. 147. S. 71. 1912.)
G. verglich die Wirkung kontinuierlicher und
rhythmischer künstlicher Durchströmung und
fand, daß die Vorteile, welche der rhythmischen
ziemlich allgemein zugesprochen werden, in Wirk¬
lichkeit nicht bestehen. Weder bezüglich der
Leichtigkeit des Durchfliessens noch bezüglich
der Unschädlichkeit erwies sich die rhythmische
Durchspülung als überlegen. Die zum Eintritt der
Erholung nach vorangegangener Ermüdung, Er¬
stickung oder Narkose erforderliche Zeit ließ
keinen Unterschied in der Wirkung der beiden
Durchspülungsarten erkennen, nur fand sich, daß
die rhythmische Durchspülung unter Umständen
eher zur Ödembildung führte als die kontinuier¬
liche. Auf Grund dieser Resultate erscheint die
Schlußfolgerung berechtigt, daß der Rhythmik
des Kreislaufes nicht die hohe Bedeutung zu¬
kommt, die man ihr vielfach zuschreibt. Sie
dürfte vielmehr einfach eine mechanische Not¬
wendigkeit darstellen, deren Nachteilen die Elasti¬
zität der Gefäßwände wieder entgegenwirkt, so
daß an den Orten des Stoffaustausches die Blut¬
strömung eine völlig gleichmäßige ist.
Di ttler (Leipzig).
1082. Weitere Studien über die Neben¬
nieren ; von R. H. Kahn. (Pflügers Arch.
Bd. 146. S. 578. 1912.)
III. Physiologische und
1083. Beitrag zur Wirkung der Mineral¬
substanzen im Tierkörper; von 0. Hage¬
mann. (Pflügers Arch. Bd. 146. S. 455. 1912.)
Beim wachsenden Hammel spielt der Reich¬
tum der Nahrung an Mineralsubstanzen, vor¬
nehmlich an Kalk und Phosphorsäure, eine sehr
große Rolle, so daß bei einem Mangel derselben
sogar die Assimilation der stickstoffhaltigen Sub¬
stanzen erhoblich leidet. Es kommt aber auch
auf die Art dor Vormengung, d- h. der Verteilung
der Mineralsubstanz im Futter an derart, daß eine
sehr feine Verteilung, wie sie z. B, durch den
Finklerschen Vermahlungsprozeß gewährleistet
wird, oder wie sie in den natürlichen an Mineral¬
substanz reichen Futtermitteln gegeben ist, ganz \
Die früher an Kaninchen als Folge des
Zuckerstiches festgestellten morphologischen und
stofflichen Änderungen der Nebennieren werden
in vorliegender Arbeit an anderem Tiermaterial
geprüft und (zum Teil unter etwas anderen Bedin¬
gungen) beim Hunde, hei der Katze und beim
Affen gleichfalls gefunden, so daß sich über die
Folgeerscheinungen einer zentralen Sympathikus¬
reizung bezüglich der Nebenniere jetzt folgendes
sagen läßt:
Bei der überstürzten Mobilisierung des Leber¬
glykogens, welche durch zentrale Reizung aus¬
gelöst wird und Hyperglykämie und Glykosurie
zur Folge hat, besteht eine rege Tätigkeit des
Nebennierenmarks. Als Anzeichen einer solchen
findet man eine Abnahme der Chromierbarkeit,
den Verlust der Granula, das Auftreten von Va-
cuolen nach dem Zuckerstich bei Kaninchen und
Katze, nach CO-Vergiftung bei Kaninchen und
Hund, nach Asphyxie bei Kaninchen und Affe.
Ferner ist in allen diesen Fällen eine Verminde¬
rung des Adrenalingehaltes der Nebenniere zu
konstatieren. Auch die mit der regen Tätigkeit
des Markes zusammenhängende Adrenalinämie
läßt sich nachweison, wenn man das Blut der
Vena cava selbst entnimmt. Es ist wahrschein¬
lich, daß das durch das Blut den sympathischen
Nervenenden in der Leber in reichlichem Maße
zugeführte Adrenalin auf diese wirkt, indem es
entweder ihre Erregbarkeit für die zentralen Im¬
pulse erhöht, oder indem es selbst eine Erregung
in denselben hervorbringt, die sich zu der zen¬
tralen addiert. Dieser Vorgang scheint zur Aus¬
lösung der Glykogenmoholisierung bei manchen
Tierarten (Kaninchen) unbedingt nötig zu sein,
während er bei andern (Katze) nur unterstützend
wirkt. Dies läßt sich daraus entnehmen, daß die
Exstirpation der Nebenniere bei der einen Tierart
das Zustandekommen der Hyperglykämie verhin¬
dert, bei der andern nur erschwert.
Dittler (Leipzig).
pathologische Chemie.
beträchtlich wirksamer als eine grobe Vermen¬
gung ist. Dittler (Leipzig).
1084. Chemische und biochemische
Untersuchungen über das Nervensystem
unter normalen und pathologischen Be¬
dingungen.
I. Mitteilung: Über die Indophenol-Oxydase im
Zentralnervensystem, in der Tola chorioidea und
in der Zerebrospinalflüssigkeit; von Giacomo
Pighini. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 124.
1912.)
H. Mitteilung: Untersuchungen über die Kata¬
lase im Liquor cerebrospinalis; von Pietro
Barbieri. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 137.
| 1912.)
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428
III. Physiologische und pathologische Chemie.
in. Mitteilung: Aufsuchung der Esterase und
der Lexithase in der normalen und pathologischen
Zierebrospinalflüssigheil; von Flamin io Nizzi.
(Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 145. 1912.)
In der grauen Substanz des Zentralnerven-
sytems existiert ein oxydatives Ferment, von dem
man annehmen muß, daß es dort eine wichtige
Funktion versehen wird.
Katalase kommt im Liquor cerebrospinalis so¬
wohl normalerweise als auch unter den bisher
untersuchten Krankheitsbedingungen nicht vor.
Ebenso konnte in der Zerebrospinalflüssigkeit
des gesunden Menschen und der bestimmter
Geisteskranker keine für das Mono- und Tribu¬
tyrin spezifischen Esterasen und gleichfalls keine
I.ezithase nachgewiesen werden.
Junkersdorf (Bonn).
1085. Untersuchungen betreffend das
Vorkommen eines cholestearinspaltenden
Fermentes in Blut und Leber; von J. H.
Schultz. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 255.
1912.)
In einem Gemisch von Blut und Leberbrei
beim Pferdo und wahrscheinlich auch beim
Rmde werden die Cholestearinester mehr oder
weniger vollkommen gespalten. Auf Grund der
hierbei gewonnenen Erfahrungen glaubt Sch.
späterhin dem Verhalten der Lipoide im syphili¬
tischen Serum und in den Antigenextrakten der
Wassermannschen Reaktion näher treten zu
können. Junkersdorf (Bonn).
1086. Ein Phosphatid als Aktivator für
Tuberkulin; von H. J. Bing und V. Eller¬
mann. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 289.
1912.)
B. und E. isolierten aus Eidotter ein Diamino-
phosphatid, Albin, das im Gegensatz zu andern
untersuchten Lipoiden imstande ist, die Tuber¬
kulinwirkung zu verstärken. Ob es sich hierbei
um eine direkte Wirkung auf das Tuberkulin
handelt, oder ob die Wirkung auf einer Bindung
von Hemmungsstoffen beruht, läßt sich nicht mit
Sicherheit entscheiden. Junkersdorf (Bonn).
1087. Veränderung der physikalisch¬
chemischen Eigenschaften des Blutserums
und des Harnes von Hunden nach Schild¬
drüsenexstirpation; von Raffaele Pala-
dino. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42. S. 302. 1912.)
Nach Entfernung der Schilddrüse und der
Parathyroidea nimmt die Viskosität des Blutserums
und des Harns zu. Die elektrische Leitfähigkeit
dos Serums und des Harns sinkt ziemlich be¬
deutend. Die Oberflächenspannung erleidet keine
nennenswerten Veränderungen.
Junkers <1.0 rf (Bonn).
1088. Die qualitative und quantitative Be¬
stimmung flüchtiger Fettsäuren mittels der
Vakuum-Dampfdestillation; von F. Edel¬
stein und F. v. Csonka. (Biochem. Zeitschr.
Bd. 42. S. 372. 1912.)
Die angegebene Methode eignet sich zur Be¬
stimmung des Gehaltes an flüchtigen Fettsäuren;
sie kann also bei der Untersuchung von Milch,
Stuhl, Magen- und Darminhalt mit Erfolg an¬
gewandt werden. Junkersdorf (Bonn).
1089. Studien überdasFibrinogen. 1. Mit¬
teilung: Über die biologische Differenxierung der
drei Eiweißkörper des Blutplasmas; von J. Bauer
und St Engel. (Biochem. Zeitschr. Bd. 42.
S. 399. 1912.)
Die Eiweißkörper des Blutplasmas verhalten
sich biologisch ganz ähnlich wie die der Milch.
Nur einer von ihnen, das Fibrinogen, ist koagu¬
lierbar. Das Fibrinogen ist ein arteigener Eiwei߬
körper, der sich von den übrigen Serumeiwei߬
stoffen derselben Art streng unterscheidet.
Junkersdorf (Bonn).
1090. Some experiences with the Lessi-
lur-Prirey fest; by B. G. R. Williams. (New
York med. Joum. Aug. 24. 1912. S. 377.)
Der Lessilur-Prireyschen Eiweißreaktion kommt
größere Empfindlichkeit zu, wenn man statt der
Salpotersäure dazu Acid. sulfo-salicylicum be¬
nutzt. Sie ist oft positiv im Sputum Tuberku¬
löser, wenn noch keine Bazillen nachzuweisen
sind. Typisch ist sie bei chronischer Tuberku¬
lose. Sie tritt aber auch bei Lungongangrän und
Bronchioktasen, ferner bei sekundärem Lungen¬
ödem positiv auf, so daß die klinischen Erschei¬
nungen unbedingt bei der Beurteilung der Probe
in Betracht gezogen werden müssen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1091. The albumen-reaction' of the spu-
tum in pulmonarytuberculosis; byRSpeirs
Fullarton. (Glasgow med. Journ. July 1912.
I S. 8.)
Mittels der Essigsäure-Ferrocyankalium-Reak-
tion läßt sich in der großen Mehrzahl von tuber¬
kulösen Sputen Eiweiß in beträchtlicher Menge
nachweisen; jedoch auch bei Exspektoraten von
akuter Bronchitis und Pneumonie während des
fieberhaften Stadiums sowie Bronchiektasien ist
die Reaktion positiv. Dagegen bleibt sie aus bei
akuter Bronchitis im Stadium der Rekonvaleszenz
und gewöhnlich bei chronischer Bronchitis. Die
Eiweißreaktion hat mithin keinen zuverlässigen
Wert, kann aber zur Diagnostizierung der Tuber¬
kulose beitragen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1092. Zur Methodik der Blutzucker¬
bestimmung; von Hans Schirokaner. (Berl.
klin. Woch. 1912. S. 1783.)
Sch. bezweckt mit dieser Arbeit nicht die zahl¬
reichen bisher beschriebenen Methoden auf ihre
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HL Physiologische und pathologische Chemie.
429
Zuverlässigkeit hin zu untersuchen, sondern über
die Erfahrungen zu berichten, die er bei syste¬
matischer Anwendung einer Methode gewonnen
hat Hiernach schwankt der Blutzuckergehalt der
des Normalserums innerhalb sehr geringer Gren¬
zen und kann mit 0,110°/ 0 angesetzt werden. Ver¬
gleichende Untersuchungen am Serum und Ge¬
samtblut zeigen, daB der Blutzuckergehalt der
letzteren in keinerlei konstantem Verhältnis zum
Serum steht Als Grundlage für das Studium des
Blutzuckers kommt in erster Linie das Blutserum
in Betracht Junkersdorf (Bonn).
1093. Über Zuckermobilisierung in der
Überlebenden Leber. Nebst Bemerkungen über
die Sauerstoffatmung der Leber; von Ernst
Masing. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 69.
S. 431. 1912.)
Adrenalin, Sauerstoffmangel, Abkühlung und
Blausäure veranlassen die Leber, die vorher
keinen Zucker produzierte, das sie durchströ¬
mende Blut beträchtlich mit Zucker anzureichern.
Die angestellten Versuche stehen in gutem Ein¬
klang zu der Auffassung, daB die Adrenalingly-
kosurie, die Glykosurie der Erstickung, die Gly-
kosurie durch Asphyxie erzeugende Gifte, und
die durch Abkühlung gesteigerte diabetische Gly¬
kosurie auf die vermehrte Zuckerbildung in der
Leber zurückzuführen sind und daB diese ver¬
mehrte Bildung von Zucker in der Leber auch
ohne das Zentralnervensystem unter dem Einfluß
der angeführten Faktoren allein zustande kom¬
men kann. Junkersdorf (Bonn).
1094. Über das fettspaltende Ferment
des Blutserums bei krankhaften Zuständen;
von Julius Bauer. (Wien. klin. Woch. 1912.
8. 1376.)
Auf den Untersuchungen Abderhaldens
fußend, daß die parenterale Zufuhr „blutfremder“
Substanzen die Produktion spezifischer diese Sub¬
stanzen spaltender Fermente anregt, untersuchte
B. das Blut von Gesunden und Kranken auf
seinen Gehalt an fettspaltenden Fermenten. Das
Serum jedes normalen Menschenblutes enthält
fett8paltendes Ferment Karzinomkranke und
Phthisiker haben ein Serum mit geringem, kranke
mit leichten benignen tuberkulösen Spitzenaffek¬
tionen mit auffallend hohem Fermentgehalt. Bei
Lues und Morbus Basedowi fand B. ebenfalls
einen geringen Liparenwert. B. glaubt sich zu
dem Schluß berechtigt, daß das geringe lipoly-
tische Vermögen gewisser Sera nicht auf einer
Vermehrung thermostabiler „Antifermente“ be¬
ruhe, sondern auf einer Herabsetzung des Ge¬
haltes an lipolytischem Ferment.
Junkersdorf (Bonn).
1095. Über die alkoholische Gärung des
Zuckers ; von EdnardBuchner. (Sitzungaber.
d. physik.-med. Ges. zu Würzburg Nr. 8. 1911.)
Zusammenfassender Vortrag über den augen¬
blicklichen Stand der Kenntnisse auf diesem Ge¬
biet. Was den chemischen Vorgang bei der alko¬
holischen, durch die Zymase bewirkten Gärung
betrifft, so muß nach den neueren Untersuchungen
die alte Behauptung von dem Auftreten der Milch¬
säure als Zwischenprodukt verworfen werden. Es
ist viel wahrscheinlicher, daß im Dioxyazdton das
fragliche Zwischenprodukt zu suchen ist. Die
Untersuchung des Hefepreßsaftes, die ebenfalls für
die Aufklärung des ganzen Vorganges von wesent¬
licher Bedeutung ist, berechtigt zu dem Schluß,
daß der Ausdruck Zymase als Sammelname für
mehrere Fermente zu gebrauchen ist, deren erstes
den Traubenzucker in die Zwischenstufe spaltet,
wogegen das zweite das gebildete Zwischenpro¬
dukt in Alkohol und Kohlensäure zerlegt Die
Tatsache, daß frischer Hefepreßsaft nach mehr¬
tägigem Stehen hei gewöhnlicher Temperatur
unter Abnahme an durch Erhitzen gerinnbaren
Eiweißkörpem sein Gärvermögen verliert, drängt
zu der Annahme, daß die Gärkraft an die An¬
wesenheit dieser Eiweißkörper gebunden ist, die
beim Stehen durch ein Ferment, die sogenannte
Endotryptase, verdaut werden sollen (M. H a h n).
Durch feine Filter läßt sich der Preßsaft in zwei
Teile trennen, die einzeln Traubenzucker nicht be¬
einflussen, vereinigt aber die Gärwirkung hervor¬
bringen. Der für die Gärung unentbehrliche Stoff
— Hilfsstoff — wird als „Ko-enzym“ bezeichnet
(A. Harden, W. Y o u n g).
Junkersdorf (Bonn).
1096. Experimentell-kritische Studie Ober
ein neueres Konstruktionsprinzip der Gä¬
rungs-Saccharometer; von Theodor Lohn¬
stein. (Allg. med. Zentralzeit. 1912. Nr. 37.
S. 484.)
Kritische Bewertung der neueren, vor allem
des Weidenkaffschen Gärungssaccharometer. An¬
führung experimenteller Belege, die entschieden
gegen die Brauchbarkeit des Weidenkaffschen
Apparates sprechen. Junkersdorf (Bonn).
1097. Untersuchungen über den Wert
von Saxls Schwefelreaktion bei Karzinom
in den Verdauungsorganen; von Otto V. C.E.
Petersen. (D. med. Woch. 1912. S. 1586.)
P. untersuchte an drei Gruppen von Patienten
— an nicht Karzinomverdächtigen, an Karzinom¬
verdächtigen und an Patienten mit manifestem
Karzinom — dio Saxls Schwefelreaktion auf ihre
Brauchbarkeit als diagnostisches Hilfsmittel bei
Karzinom im Verdauungskanal und kommt zu dem
Resultat, daß dieselbe zwar keine absolute dia¬
gnostische Zuverlässigkeit beanspruchen kann,
aber in zweifelhaften Fällen, sowohl bei positivem
wie bei negativem Befund, von großer Bedeutung
sein kann. Nach seinen Versuchen soll man be¬
sonders vorsichtig sein, wenn man sich auf die
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430
IV. Mikrobiologie und Serologie.
positive Reaktion bei Leberleiden und Ikterus ver¬
lassen will, wie auch andererseits ein Patient mit
starker Abmagerung, Anämie und Kachexie,
wenn er auch ein ausgebreitetes Karzinom hat,
doch sehr schwache oder gar negative Reaktion
aufweisen kann. Die Technik wird nochmals
genau beschrieben und nach den gesammelten
Erfahrungen empfohlen, bei negativem Ausfall der
Reaktion, wenn gleichzeitig Diurese vorliegt, die
Reaktion zu „verstärken“, indem man unverdünn¬
ten Harn zur Ausführung verwendet.
Junkersdorf (Bonn).
i
IV. Mikrobiologie und Serologie.
1101. Parasitic protozoafrom theGambia;
by J. Todd and B. Wolbach. (Joum. of med.
research Bd. 26. S. 195. 1912.)
Die Untersuchungen, angestellt gelegentlich
einer von der Liverpooler School of tropical medi-
cine ausgerüsteten Expedition nach Gambia, 1911,
ergab die massenhafte Durchseuchung der Tier¬
welt Afrikas mit Protozoen. 50 Arten mit 175 Ver¬
tretern wurden durchforscht nach Erregern; es
fanden sich Hämogregarinen, Leukozytozoon,
Piroplasmen, Halteridien, Trypanosomen, wovon
einige Arten noch nicht näher beschrieben sind.
S e i t z (Bonn).
1098. On the influence of meteorological |
conditions on the development of trypano-
soma rhodesiense in glossina morsitans;
by A. Kinghorn and W. Yorke. (Brit. med.
Journ. Oct. 5. 1912. S. 835.)
Die Entwicklung des Trypanosoma rhodesiense
innerhalb der Tsetsefliegen ist bis zu einem ge¬
wissen Grade von der Temperatur abhängig, der
die Fliegen unterworfen sind. Begünstigt wird
die Entwicklung von einer Temperatur von über
24° C., während eine solche von 15—20° C. un¬
günstig ist. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1099. Ein epidemieartiger Kakke(Beri-
beri)-Ausbruch in einem Gefängnis in Korea;
von K. S h i g a. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg.
Bd. 16. H. 15. 1912.)
Während einer Beriberi-Epidemie in einem Ge¬
fängnis in Korea wurden Erfahrungen gesammelt,
welche nicht für eine infoktißso Ätiologie dieser
Krankheit sprechen. Hingegen wurden als krank¬
heitsfördernde Momente Ernährungsstörungen fest¬
gestellt, wie sie durch Einsperren in kleine Zellen,
Verbot der Bewegung im Freien, Verdauungs¬
störung hervorgerufon werden. Offen möchte S.
die Frage lassen, ob es bei Beriberi oder Kakke
noch eine Form gibt, welche tatsächlich auf In¬
fektionserreger zurückgeführt werden kann.
Jedenfalls sind schon manche Fälle von Beriberi
als infektiös beschrieben worden, wo bei genauer
Nachforschung nachträglich das Bestehen jedes
infektiöson ursächlichen Moments geleugnet wer¬
den mußte. S e i t z (Bonn).
1100. Über Mikrofilarien des Menschen
im deutschen Südsee-Gebiet; von F. Fülle¬
born. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 16.
S. 533. 1912.)
Die Bevölkerung des Bismarckarchipels und
Deutsch-Neuguineas ist in einem sehr starken
Prozentsatz mit Mikrofilarien infiziert; die Ban-
krofti-Filarienlarve dieser Gegenden hält einen aus¬
gesprochenen Nokturnatumus inne, während die¬
jenige Samoas und Fijis in annähernd gleicher
Menge bei Tag und bei Nacht im kreisenden Blute
anzutreffen ist Abweichende Befunde sind wohl
auf die ungünstige Untersuchungszeit zurückzu¬
führen. Elefantiasis wurde jedoch nur im Ge¬
biete des Bismarckarchipels und in Deutsch-Neu¬
guinea an getroffen. S e i t z (Bonn).
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1102. A case of general infection by the
influenza bacillus; by Mich. Clarke.
(Lancet Bd. 182. S. 1465. 1912.)
Kasuistischer Beitrag einer schweren Septi-
kämie bei einem Kinde, verursacht durch Pfeiffer¬
sche Influenzabazillen, rein gezüchtet aus dem
Blute und einer gleichzeitig bestehenden eitrigen
Otitis. Heilung bei Vakzin-Behandlung.
S e i t z (Bonn).
1103. Immunisation antityphique de
l’homme par voie intestinale; par J. Cour¬
mont et A. Rochaix. (Acad. des Sa Fdvr. 26.
1912.)
C. und R. haben festgestellt, daß durch Ein¬
führen von auf 53° erwärmter Kultur von Eberth-
schen Bazillen in den Darm im Blutserum aggluti¬
nierende, bakteriolytische und bakterizide Eigen¬
schaften erscheinen, und zwar etwa 3 Wochen
nach dem ersten Klysma. Dieselben dauern
durchschnittlich 6 Monate, um dann endgültig zu
verschwinden.
Im allgemeinen ist die agglutinierende und
bakteriolytische Kraft des Blutserums eine relativ
schwache, während die bakterizide sehr stark ent¬
wickelt ist. Während die Agglutinierung ver¬
schiedenen Schwankungen unterliegt, zeigt die
Kurve der bakteriolytischen und bakteriziden
Kraft einen regelmäßigen Anstieg und Abfall.
Das Auftreten der Immunisierung durch die
Behandlung auf intestinalem Wege zeigt große
Ähnlichkeit mit derjenigen, die durch subkutane
Einspritzung von Autolysat lebender Bakterien
hervorgerufen wird, ist aber im allgemeinen
schwächer. T o f f (Braila).
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IY. Mikrobiologie und Serologie.
431
1104. The therapeutic use of vaccines
in typhoid fever; by J. G. Callison. (Amer.
Journ. of the med. Sc. Sept. 1912. S. 350.)
Sobald man von den Vakzinen bei der Typhus¬
therapie nicht dasselbe erwartet wie von Anti¬
toxinen, wird ihre Anwendung nur Vorteile haben.
Zunächst wird die Todesrate sehr herab gedrückt;
es werden aber auch sichtlich Komplikationen
verhütet; in einzelnen Fällen ist der Verlauf ab¬
gekürzt; die Rückfälle sind vermindert. Je früher
die Vakzine-Behandlung einsetzt, desto besser sind
die Erfolge. Fischor-Defoy (Quedlinburg).
1105. Hospitals and typhoid carriers; by
J. W. Brannan. (Amer. Journ. of the med.
Sc. Sept. 1912. p. 347.)
Von 110 Typhusrekonvaleszenten hatten 12,6°/ 0
Bazillen in den Fäzes oder dem Urin oder in
beiden. Bei der Entlassung waren es nur noch 2,
die als Bazillenträger angesprochen werden mu߬
ten. Ihre Adjossen wurden mit allen näheren
Angaben dem Gesundheitsamte übergeben, um zu
verhüten, daß die Betreffenden in einem Nah-
rungsmittelbetriebe tätig sind. Um sie selbst über
die Gefahren zu unterrichten, die sie ihren Mit¬
menschen bringen, hat B. ein Flugblatt aus¬
gearbeitet, daß den Bazillenträgern bei ihrer Ent¬
lassung aus dem Krankenhause überreicht wer¬
den soll. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1106. Anti-typhoid inoculation; by W.
Leishman. (Glasgowmed.Journ. Bd.77. S.401.
1912.)
Zusammenfassung eines Vortrags, einen Über¬
blick gebend über die Vakzinationstherapie von
ihrer geschichtlichen, prophylaktischen und thera¬
peutischen Seite aus, unter Berücksichtigung der
heutigen Horstellungsweise des Vakzins, welches
W r i g h t beschrieben hat. Das in England ge¬
bräuchliche Typhus-Vakzin ist bereitet aus in
Bouillon während zweier Tage gewachsenen
Typhusbazillen.
Der benutzte Stamm ist ein schwach viru¬
lenter, die Bazillen werden nicht bei hoher Tempe¬
ratur, sondern bei 53° C. abgetötet und der er¬
kalteten Emulsion wird 0,4°/ o Lysol zugesetzt.
Die Haltbarkeit erstreckt sich auf 6 Monate, in
den Tropen hält es sich lediglich 3 Monate. An¬
gewandt wird es in Dosen von erstmalig 500 Mil¬
lionen, welcher nach 10 Tagen eine solche von
tausend Millionen Bazillen im Kubikzentimeter
folgt. Von der negativen Phase meint der Autor,
sie sei irrelevant bei genauer Innehaltung der Vor¬
schrift. Die Antityphus-Vakzination wird im
englischen und indischen Heere in ausgedehntem
Maße, auch prophylaktisch, geübt, mit angeblich
vorzüglichem Erfolge. Seit z'(Bonn).
1107. Ober den klinischen Verlauf der
Infektionen mit Bac. paratyphi B. ; von
Hermann Freund. (D. Arch. f. klin, Med,
Bd. 107. S. 324. 1912.)
Von 70 Fällen von Paratyphus B, die im Ver¬
laufe von 2 Jahren auf der Heidelberger medizini¬
schen Klinik beobachtet wurden, verlief die große
Mehrzahl unter dem Bilde der „Gastroenteritis
paratyphosa“. Die schwersten Fälle boten cholera-
artige Erscheinungen dar: sehr zahlreiche Durch¬
fälle mit Schloim, Eiter und Blut, unstillbares Er¬
brechen, trockene Haut und Wadenkrämpfe. In
den leichteren Fällen, die oft mit Schüttelfrost be¬
gannen und 2—6 Tage Fieber von unregelmäßigem
Typus hatten, waron die Magendarmerscheinungen
weniger intensiv. Der Milztumor fand sieh stets;
dio Leukozytenzahl war normal oder erhöht (bis
zu 20 000). Im Gegensatz zu dieser gastrointesti¬
nalen Form verliefen nur wonige der beobachteten
Fällo unter dem typischen klinischen Bilde des
Typhus abdominalis. In zwei Fällen entwickelte
sich, nachdem die Gastroenteritis abgelaufon war,
das Bild des Paratyphus abdominalis, öfters
machto bei akutem Beginn der Erkrankung mit
Schmerzen in der rechten Unterbauchgogend die
Difforontialdiagnose zwischen Appendizitis und
Paratyphus Schwierigkeiten. In 7 Fällen wurdon
Komplikationen seitens der Gallenwege beobach¬
tet. Sämtliche Patienten, die an Cholangitis er¬
krankt waren, wurden als Bazillenträger ent¬
lassen. In zwei Fällen verlief die Paratyphus-
infektion unter dem Bilde einer septischen Erkran¬
kung mit Gelenkschmorzen, Erythema nodosum
und Endokarditis. Mehrere Fälle zoigton einen
abnormen Verlauf, insofern dio Gastroenteritiden
häufiger rczidivierten. Bei zwei Patienten schloß
sich an den Paratyphus eine längere Poriode sub-
fobriler Temperaturen ohne wesentlichen objek¬
tiven Befund an. Bemerkenswert war ein Pa¬
tient, der bis zum 183. Krankheitstage hohes Fieber
mit starken Remissionen hatte, ohne daß außor
dem Vorhandensein eines Milztumors Organvcr-
änderungen fostzustollen waren. Auffallend war
bei diesem Patienten der Blutbefund: er hatte
Leukozytenzahlen zwischen 5000 und 7000, von
denen aber 65—73°/ 0 kleine Lymphozyten waren.
Hohe Lymphozytenzahlen wurden gelegentlich
auch bei anderen Patienten kurz nach Uberstehen
der Paratyphusinfektion gefunden.
I s a a c (Wiesbaden).
1108. Über die Vitalitätsdauer des Pest¬
bazillus in Leichen an der Pest Verstor¬
bener; von J. S. Schurupoff. (Zentralbl. f.
Bakt. Bd. 65. S. 225. 1912.)
Die Leichen an Pest Verstorbener enthalten
sehr lange nicht nur lebensfähige, sondern auch
virulente Pestbazillen, und zwar bis zu einem
Jahr. Schon deshalb ist es von Wichtigkeit, sämt¬
liche Postleichen zu verbrennen oder mit konzen¬
trierter Schwefelsäure zu übergießen. Die Er¬
fahrung zeigt, daß in der Kirgiaensteppe die Pest
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432
IV. Mikrobiologie und Serologie.
immer neu entsteht durch verheimlichte, unver-
nichtete Leichen, Kleider und Decken. Die Pest ist
zunächst eine Erkrankung des lymphatischen
Systems, und erst sekundär entsteht daraus eine
Bakteriämie; es liegt also für Sch. keine Ver¬
anlassung vor, den Pestbazillus zur Gruppe der
hämorrhagischen Septikämie zuzurechnen.
Seitz (Bonn).
1109. Über Mutationserscheinungen bei
Bakterien; von Baerthlein. (Arb. a. d.kaiserl. ,
Gesundheitsamte Bd. 40. S. 433. 1912.)
B. hat die schon in früheren Arbeiten mit¬
geteilten Untersuchungen über eigenartige Wachs¬
tumserscheinungen bei einer Reihe pathogener
und nichtpathogener Bakterien, die er als Muta-
tionsvorgängo anspricht, weiter fortgeführt und
berichtet in der vorliegenden Arbeit ausführlich
über die gesamten bisher von ihm erzielten Er¬
gebnisse unter Beifügung der ausführlichen Proto¬
kolle und einer Reihe erläuternder Abbildungen.
Bei nllon von B. bisher untersuchten Baktorion-
arton (Cholerabazillen, Vibrionen, Typhusbazillen,
Paratyphusbazillen, Bac. enterit. Gaertner, Ruhr-,
Kolibazillon, Bac. faecul. alcalig., Kokken) konnten
Mutationserscheinungen festgestellt werden. Sio
treten dann auf, wenn längere Zeit hindurch auf
einem künstlichen Nährboden ohne Zwischen¬
impfung gehaltene Bakterien auf frische Nähr¬
substrate überimpft werden. Das Auftreten ist
sprunghaft. Die neu entstandenen Varietäten be¬
sitzen ausgesprochene erbliche Konstanz. Die
isolierten Mutationsstämme unterscheiden sich
nicht nur durch eine, sondern durch mehrere neue
Eigenschaften, und zwar durch morphologische j
Veränderungen der Bakterien, durch die Bildung
verschiedenartiger Kolonieformen und zum Teil
durch Abweichungen in ihrem kulturellen und
serologischen Verhalten. Bei den isolierten
Mutanten kommt es unter gewissen Bedingungen
anscheinend regelmäßig wieder zu atavistischen
Rückschlägen. Durch bestimmte äußere Reize
können bei einzelnen isoliert fort gezüchteten Mu-
tationsstämmon woitere Mutationsvorgängo aus¬
gelöst werden, die noch zum Erwerb einer
weiteren neuen Eigenschaft führen. Da die
Mutationserscheinungen der Bakterien auch im
Tierkörper ausgelöst werden können, muß bei der
Isoliorung pathogener Bakterien aus dem mensch¬
lichen oder tierischen Organismus mit dom Auf¬
treten von Mutationsformen schon bei den ersten
Plattenausstrichen gerechnet werden. Vielleicht
kommt diesen Vorgängen auch beim Verlauf einer
Infektion eine gewisse Bedeutung zu.
Koenigsfeld (Breslau).
1110. Auflösung von Tuberkelbazillen im
Peritoneum gesunder und tuberkulöser
Meerschweinchen; von Kraus und Hofer.
(D. med. Woch. 1912. S. 1227.)
Der Pfeiffersche Versuch zeigt bei einzelnen
Tuberkelbazillenstämmen schon in der Bauch¬
höhle gesunder, bei anderen dagegen nur in der
Bauchhöhle tuberkulöser Meerschweinchen eine
deutliche Bakteriolyse der Tuberkelbazillen. Dabei
spielt im gesunden Organismus mehr die Phago¬
zytose, im tuberkulösen mehr die Bakteriolyse
eine Hauptrolle. Da sich auch im Serum von
Tuberkulösen ein vermehrter Gehalt an bakterio-
lytischen Antikörpern nachweisen ließ, ist die
Immunität der Tuberkulösen gegen eine Reinfek¬
tion vielleicht auf einen gesteigerten Bakteriolysin¬
gehalt zurückzuführen. Frankel (Bonn).
1111. Vorkommen von Tuberkelbazillen
im Blutstrom; von Rumpf. (Münchn. med.
Woch. 1912. S. 1951.)
Bei allen Untersuchten — auch bei anscheinend
Gesunden — fanden sich mit der Zeißlerschen
Methode Tuberkelbazillen im Blut. Doch waren
diese nur mit der Muchschen Methode färberisch
nachweisbar (unter 18 anfangs untersuchten
Fällen hatten nur 4 nach Zieht färbbare Stäbchen
ergeben). Von 85 geimpften Meerschweinchen
waren nur 3 sicher tuberkulös, die anderen nach
81 Wochen tuborkulosefrei! Frankel (Bonn).
1112. Über die Verwendung von Anti¬
formin bei der Sputumuntersuchung; von
Macalister. (Brit. med. Journ. 1912. S. 411.)
Bei 1651 im Originalausstrich negativen Spu-
tumuntersuchungen wurden mit Antiformin 9mal
= 0,54°/o Tuberkelbazillen gefunden.
Ein Vergleich der Färbemethoden von Herr-
mann, Much und G a s i s mit der Zielschen
Methode erwies die Herrmannsche Färbung der
Ziehl3chcn als ebenbürtig. Bei der Granula¬
färbung nach Much können Täuschungen Vor¬
kommen. Dio Methode von G a s i s gibt zu selten
postive Resultate. Frankel (Bonn).
1113. Die Pikrinfärbemethode der Tu¬
berkelbazillen; von Wilson. (Brit med.Journ.
1912. S. 413.)
Die Spenglersche Pikrinsäuremethode ist der
Ziehlschen bei der Harnuntersuchung überlegen.
Die Färbung ist dabei ebenso einfach wie jene.
Frankel (Bonn).
1114. Anwendungder intrakutanen Tuber¬
kulinreaktion als Hilfsmittel zum beschleu¬
nigten Nachweise von Tuberkelbazillen
durch den Tierversuch; von Esch. (Münchn.
med. Woch. 1912. S. 2092.)
Die intrakutane Tuberkulininjektion nach
Römer bewies sich als die beste und schnellste
Methode, um eine Tuberkuloseinfektion bei den
mit verdächtigem Untersuchungsmaterial ge¬
impften Meerschweinchen nachzuweison.
Frankel (Bonnl.
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433
IV. Mikrobiologie und Serologie.
1115. The diagnosis of chronic gono*
coccus infectione; by D. Watson. (Glasgow
med. Journ. Bd. 78. H. 4. S. 261. 1912.)
Die Hauptgefahr bei der Verbreitung der
Gonorrhöe bilden die nicht seltnen Bazillenträger,
die niemals irgend welche stärkeren Symptome
der Krankheit gehabt haben. Um Bazillenträger
festzustellen, scheint die subkutane Injektion von
Gonokokkenvakzine (10—20 Millionen abgetötete
Gonokokken) von großem diagnostischen Wert zu
sein. Die schon nach wenigen Stunden auf¬
tretende spezifische Reaktion besteht in einer
intensiven Rötung, die ihr Maximum in 3 Tagen
erreicht und nach dem 6. bis 7. Tag zu schwinden
beginnt Die Hauptsache bei der Diagnose der
chronischen Gonorrhöe bleibt nach wie vor der
Nachweis der Bazillen. Ist der Befund aber auch
nach einer Stimulation negativ, so deutet der
positive Ausfall der Serumreaktion doch auf einen
Erkrankungsherd.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1116. Yellow fever a etrictly human
disease; by A. Agramonte. (New York med.
Joum. Bd. 96. H. 10. S. 467. 1912.)
Es gelang nicht, Gelbfieber auf irgend eine
Weise auf Tiere zu übertragen. Weder die In¬
jektion von Blut, das von Gelbfieberkranken
stammte, noch Stiche von Mosquitos, die zweifel¬
los infektiös waren, vermochten die Krankheit
hervorzurufen, so daß A. das Gelbfieber für ein
spezifisch menschliches Leiden hält.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1117. Über die Kreatininproduktion der
Bakterien und über die differentialdia¬
gnostische Verwertung derselben; von T.
German. (Orvosi Arch. 1912. S. 106.)
Von G. wurden 35 verschiedene Bakterienarten
in bezug auf die Kreatininproduktion untersucht
Die betreffenden Stämme wurden in Peptonwasser
(2°/ 0 Witte-Pepton, l 1 /* 0 /» phys. Kochsalzlösung)
gezüchtet. Das Kreatinin wurde mit der be¬
kannten Weylschen Reaktion nachgewiesen. In
zweifelhaften Fällen wurde die empfindlichere
Salkowskische Reaktion herangezogen. Es konnte
nun gezeigt werden, daß die Kreatininreaktion
um so rascher positiv wird, je rascher sich die
betreffenden Mikroorganismen im Peptonwasser
vermehren. Ferner beobachtete G., daß stark
virulente Stämme früher zu einer Kreatininpro¬
duktion führen, als weniger virulente.
Bemerkenswert ist, daß von der Typhus-Koli-
Gruppe sich nur Bac. coli mit einer Kreatinin¬
produktion entwickelt; die Reaktion ist nach 12 bis
30 Stunden schwach, nach 3 Tagen sehr deutlich
positiv. Bac. typhi, paratyphi, dysenteriae, enteri-
tidis produzieren dagegen kein Kreatinin.
Rosenthal (Budapest).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. II. 5.
1118. ÜberdieReinzQchtungderSpiroch.
pallida, Splroch. dentium und des Bac.
fusiformls; von T. Shmamine. (Zentralbl. f.
Bakt Bd. 65. S. 311. 1912.)
In dem von Sh. hergestellten Nährboden,-
Pferdeserum mit Zusatz von nukleinsaurem Na¬
tron, geklärt durch Einleiten von Kohlensäure,
wächst regelmäßig die Spir. dentium, seltner die
pallida. Immerhin soll diese letztere günstiger als
in dem alten Schereschewskyschen Nährboden
wachsen. Die sicherste Methode für die Rein¬
züchtung der Spirochäten ist die Schüttelkultur,
wofür Sh. eine besondere Technik angibt Es
bestehen gewisse Unterschiede zwischen der Spir.
dentium und der pallida in Geruch, Form und
Dichte der Kolonie, welche sich sehr gut diffe¬
rentialdiagnostisch verwerten lassen. Zu beachten
ist daß die Spirochäten in künstlichen Nährböden
ihre Form, Beweglichkeit und Färbbarkeit ver¬
ändern; eine und dieselbe Spirochäte kann einen
pallida- und einen refringensähnlichen Teil be¬
sitzen. In Reinkulturen von Spir. pallida findet
man Refringensformen, und mutmaßlich stellt die
Refringens nur eine Entwicklungsform der Pallida
dar. Im Verlaufe der Züchtung treten nicht selten
nadelförmige Bakterien auf, welche aber in Spiro¬
chätenformen übergehen. Endlich ist es gelungen,
einen gezüchteten Pallidastamm bis in die zweite
Tiergeneration (Kaninchenhoden) zu übertragen.
Seitz (Bonn).
1119. Zur Züchtung der Spirochaeta
pallida; von Hideyo Noguchi. (Berl. klin.
Woch. 1912. S. 1554.)
N. züchtet die Spirochaeta pallida aus syphi¬
litischem Kaninchenhoden, wo sie fast rein vor¬
kommt, in Serumwasser mit frischem, sterilem
Gewebe unter Beobachtung absolut anaerobeu
Wachstums (Vakuum, Wasserstoff gas und Pyro-
gallol). Zur An Züchtung direkt aus menschlichem
Material eignet sich diese Methode nicht, weil
darin noch zahlreiche andere verunreinigende
Mikroben enthalten sind. Hierfür benutzt er eino
Mischung von einem Teil Aszitesflüssigkeit und
zwei Teilen leicht alkalischen Agars unter Bei¬
gabe eines Stückchens frischen, sterilen Gewebes
(auf dem Boden des Kulturröhrchens). Der feste
Nährboden wird dann noch mit einer Lage sterilen
Paraffinöls überschüttet. Diese Methode ist
wiederum nicht für die Anzüchtung aus syphi¬
litischem Kaninchenhoden geeignet.
Im Gegensatz zu den von Mühlens und von
W. H. Hoff mann auf Schereschewskyschem
Pferdeserum gezüchteten Spirochäten entwickeln
N.s Kulturen keinen Geruch. Er hat nun seine
Spirochäten nicht nur morphologisch und durch
ihre Pathogenität als Pallidae identifiziert, sondern
auch einmal durch eine Immunitätsreaktion:
spezifische Komplementbindungsreaktion mit den
Antipallida-Immunsera, Ausbleiben der Komple-
55
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434
IV. Mikrobiologie und Serologie.
mentbindungsreaktion mit den syphilitischen Sera,
welche eine stark positiv Wassermann-Reaktion
geben, wenn die Kulturemulsion als Antigen ge¬
braucht wird, wie dies ebenso der Fall ist, wenn
man ein mit der Gewebepallida zubereitetes Prä¬
parat (syphilitischer Kaninchenhoden) als Antigen
verwendet, — endlich auch durch die Fähigkeit
des Pallidakulturextraktos (Luetin), eine allergische
Hautreaktion in gewissen Fällen von Syphilis
des Menschen sowie bei Antipallida-Immuntieren
(Kaninchen) auszulösen. (Näheres s. im Original.)
Der Morphologie ist im Vergleich zu den
anderen Momenten weniger Wichtigkeit beizu¬
messen, da es Spirochätenarten gibt, welche be¬
sonders auf Reinkulturen der Pallida haarscharf
gleichen, z. B. Spirochaeta dentium (microdentium)
und mucosa, die in Kulturen aber penetranten
Geruch hervorbringen. Es wird also festgestellt
werden müssen, ob die von M ü h 1 e n s und von
Hoffmann gezüchteten Spirochäten, welche
Geruch verbreiten, eine Varietät der Syphilisspiro¬
chäte sind oder nicht. Brauns (Dessau).
1120. Ein Beitrag zur Reinzüchtung der
Spirochaeta pallida; von Tomasczewski.
(Berl. klin. Woch. 1912. S. 1556.)
T. empfiehlt als sehr einfaches Vorfahren zur
Reinzüchtung der Spirochaeta pallida mittels einer
feinen Kapillaro einen Tropfen einer bereits ver¬
flüssigten Mischkultur in erstarrtes Pferdeserum
zu verimpfen. Das Impfmaterial darf nur etwa
3 —4 cm tief deponiert werden, und zwar in der
Mitte der Serumsäule, sonst wachsen dio Begleit-
baktorien, wenn sie an den Rand des Nährbodens
kommen, zwischen Serumsäulo und Glaswand
rapid in die Tiefe. Nach 3—4, seltener 5—6 Tagen
erfolgt eine nach unten rasch abnehmende Trü¬
bung des Impfmatorials, und 2—3 cm unterhalb
der unteren Grenze des Impfstichs bildet sich ein
eben sichtbaror, ganz feiner, die Serumsäule hori
zontal durchsetzender Saum (einem Präzipitations¬
ring von Präzipitin und Antigen vergleichbar).
Man zerschlägt das Röhrchen dicht unterhalb
dieses Saumes, in dem sich zahlreiche Spirochäten
ohne andere Begleitbaktorien finden. Dieser Teil
der Serumsäule wird mit flüssigem Serum ver¬
rieben und einige Tropfen davon auf Serumagar
in die Tiefe verimpft. Nach 5—10 Tagen ent¬
wickelt sich eine wolkige Trübung, die aus einer
Reinkultur von Spirochäten besteht und keinen
Geruch verbreitet.
Mit Reinkultur ein Syphilid am Kaninchen zu
erzeugen, gelang nicht. Von 15 intravenös und
14 intratestal mit Mischkultur geimpften Tieren
bekam nur eins der ersteren Papeln an der Glans,
die in 3 J / a Monaten zu einem zirzinären Syphilid
sich ausbreiteten. Von diesem ist eine Über¬
tragung auf Kaninchen oder Affen noch nicht
gelungen. Brauns (Dessau).
1121. Culture du gonocoque dans le
sang circulant; par Ch. Rey. (Ann. de Derm.
et de Syph. Bd. 3. S. 404. 1912.)
Als den zweckmäßigsten Nährboden für die
Kultur des Gonokokkus aus dem Blute hat R.
petonisierten Urin erkannt, wie er von Turro für
die Kultur aus dem Urethralsekret angewandt
worden ist. Nichtneutralisierter Urin eines nor¬
malen Menschen wird filtriert, dann setzt man in
der Wärme Pepton im Verhältnis von 1 :100 zu
und löst es, dann wird wieder filtriert, nochmals
»/, Stunde erwärmt und noch einmal filtriert.
Jedes Reagenzröhrchen wird mit etwa 5 ccm
dieser Lösung beschickt. Diesen 5 ccm peptoni-
sierten Urins wurden je 3—4 ccm des zu unter¬
suchenden Blutes zugesetzt.
Untersucht hat R. das Blut eines vermutlich
an gonorrhoischer Endokarditis Erkrankten zwei¬
mal, beide Male mit positivem Resultat; mit dem¬
selben Erfolg das Blut eines Kaninchens, das nach
Impfung von Gonokokken in die Konjunktivs an
Septikämie gestorben war. Ferner kamen noch
20 Fälle von chronischen Urethritiden und Kom¬
plikationsformen der Gonorrhöe zur Untersuchung,
und nur ein Fall, bei dem etwas zu wenig Blut
verwendet war, ergab ein negatives Resultat Bei
selbst erst kurze Zeit geheilten Fällen jedoch
wurden nie Gonokokken in den Kulturen erhalten.
Es sind die sekundären Manifestationen der
Gonorrhöe die Folgen einer Gonokokken-Septik-
ämie, und daher dürften sie den besten Angriffs-
bodon für die Vakzinetherapie bieten.
Brauns (Dessau).
1122. Bubonic plague; by C. S. Brad-
dock. (New York med. Journ. Aug. 31. 1912.
S. 419.)
Infektionsstoff von Bubonenpest, von Ratten in
reisbeladenen Eisenbahnwagen übertragen, kann
auch Lungenpest hervorrufen, wie B. in Siam vor
einigen Jahren beobachtet hat Unbedingt nötig
ist es, die Pestkranken außerhalb der Häuser in
Zelten unterzubringen, die später verbrannt wer¬
den können. Es erscheint aussichtslos, durch
Desinfektion in den asiatischen Häusern jede
Möglichkeit einer weiteren Ansteckung zu ver¬
hüten. Nicht gering zu schätzen ist die Rolle der
Hunde bei der Weiterverbreitung der Post. Die
Vermittler sind die Fliegen, die die Bazillen von
den toten Ratten auf die Hunde übertragen, von
denen dann wiederum die mit diesen spielenden
Kinder angesteckt werden.
Fischer-Dofoy (Quedlinburg).
1123. Anti-typhoid inoculation; by P. P.
Gregory. (Albany med. Ann. Bd. 33. S. 444.
1912.)
Als die wirksamste Prophylaxe gegen Typhus
erweist sich die Injektion von abgetöteten Typhus¬
bazillen. Man injiziert zuerst 500 Millionen, dann
nach 10 Tagen 1 Billion und nach weiteren
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IV. Mikrobiolope und Serologie.
435
10 Tagen wieder 1 Billion Bazillen; die Immunität
soll 3 Jahre und länger Vorhalten. Die Methode
ist im amerikanischen Heere und bei den Regie¬
rungsbeamten offiziell eingeführt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1124. Some clinical and experimental
observations with a saccharomycete ; by
L. M. Breed. (Arch. of int. Med. Bd. 10.
S. 108. 1912.)
Ein morphologisch wie kulturell dem Saccharo¬
myces cerevisiae ähnlicher Hefepilz wurde bisher
in 15 Fällen gefunden und zwar im Sputum bei
Lungenkatarrh, in einer Membran der Tonsille, im
Eiter von einem Knieabszeß und vaginalem Aus¬
fluß. Wenn er auch meistens neben anderen
Organismen beobachtet wurde, steifte es sich doch
bei einzelnen Patienten heraus, daß er der alleinige
Erreger der betreffenden Affektion war, die nach
seiner Beseitigung ebenfalls verschwand. In
3 Fällen wurde durch Autobakterine eine Besse¬
rung erzielt. Am heilsamsten erwiesen sich Jod¬
präparate in großen Dosen. Das Serum von
4 Patienten ergab positive Agglutination für den
Hefepilz. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1125. Die Beeinflussung der Eiwei߬
fäulnis durch das Substrat; von Hugo
Kühl. (Hyg. Rundschau Bd. 22. S.1421. 1912.)
Die Fäulniserreger lassen sich in zwei Gruppen
sondern; die erste schließt die Zersetzer der natür¬
lichen Proteine, hauptsächlich anaerob wachsende
Bakterien, ein, die zweite umfaßt alle Bakterien¬
arten, die die ersten Spaltungsprodukte der Pro¬
teine zu zersetzen vermögen, hauptsächlich aerobe
Bakterien. Die Zusammensetzung des Nährbodens
bedingt in hohem Grade die Art der sich ent¬
wickelnden Fäulnisflora, wie aus Untersuchungen
an Nährbouillon, die teilweise mit Saccharose oder
Milchzucker versetzt wurde, hervorgeht.
Koeiigsfeld (Breslau).
1126. Sur la permäabilitä des filtres,
ultrafiltres et des membranes dialysantes
au microbes; par J. F. Heymans. (Belg,
mäd. 1912. Nr. 25.)
Im Gegensatz zum Tuberkelbazillus vermag der
Streptokokkus Schilfsäckchen sowie dialysierende
Membranen zu passieren. Es sind nun eine ganzo
Reihe von Bakterien auf diese Fähigkeit hin unter¬
sucht worden. Sie wurden in filtrierende Mem¬
branen , Diffusionshülsen, Kollodiumsäckchen,
Chamberland- und Berkefeldfilter und anderes fil¬
trierendes und dialysierendes Material eingebracht,
in Bouillon getaucht, das Innenmedium mit einer
ganzen Reihe von Bakterien geimpft. Geprüft
wurde die Typhus-Koli-Gruppe, Prodigiosus, Pyo-
zyaneus, Subtilis, Anthrax, Streptokokken und
Staphylokokken und Diphtheriebazillen. Ebenso
wie durch die Porzellanfilter, was schon bekannt,
gehen die Bakterien sämtlich durch die Ultra¬
filter von Bechhold, sowie sämtliche Diffusions¬
hülsen (Schleicher und Schulische) und tierische
Membranen. Von den Schilfsäekchen und Kollo¬
diumtaschen waren die einen durchgängig, die an¬
deren nicht Versuche ergaben, daß die Mem¬
branen, durch welche die Bakterien hindurch¬
gingen, keine Poren größer als 0,1 ft besaßen.
H. ist der Ansicht, daß es den Bakterien gelingt,
durch solche Poren hindurchzukommen vermittels
einer plasmodischen Bewegung, und hauptsächlich
durch Vermehrung, welcher eine fortgesetzte Ab¬
nahme ihros Volumens entspricht. Er nennt dies
mikrobische Ultradiapedesis. Die Befunde zeigen
auch, daß Bakterien ultramikroskopische Form an¬
nehmen können, was vielleicht erklärt, daß bei¬
spielsweise tuberkulöser Eiter infektiös sein kann,
ohne selbst mikroskopisch sichtbare Tuberkel¬
bazillen zu enthalten. S e i t z (Bonn).
1127. Die Bedeutung der Agglutinations-
Komplementbindungsmethode und Kon¬
junktivalprobe für die Diagnose des Rotzes;
von H. M i e 8 s n e r. (Zentralbl. f. Bakt Bd. 63.
S. 482. 1912.)
An der Hand eines sehr großen Pferdemate¬
rials kommt der Autor zu dem Ergebnis, daß die
Komplementbindungsmethode bei der Diagnose
des Rotzos die besten Resultate gibt; durch die¬
selbe wurden fast sämtliche Rotzfälle erkannt,
Fehldiagnosen kamen nicht vor. Weniger gut be¬
währte sich die Agglutination, trotzdem ein ziem¬
lich hoher Wert, über 600, derselben zugrunde ge¬
legt wurde; nur 84,8% der rotzigen Pferde wurden
auf diesem Wege ermittolt, 2,7% ganz gesunder
Tiere wurden fälschlich des Rotzes verdächtigt.
Der Agglutinationsmethode überlegen zeigte sich
die Konjunktivalprobe, durch Einpinselung einer
frischen lproz. Malleinlösung. Wie bei der Kom¬
plementbindung entging auch bei dieser Methode
fast kein rotzkrankes Pferd der Diagnose, anderer¬
seits zeigte kein einziges der gesunden Pferde eine
positive Reaktion. Es würde sich demnach wohl
empfehlen, bei der in Preußen üblichen diagnosti¬
schen Anwendung der kombinierten Agglutina-
tions- und Komplementbindungsmethode, erstere
durch die Konjunktivalprobe zu ersetzen. Aus
praktischen Gründen — Schwierigkeit der Be¬
urteilung der Konjunktivalreaktion durch einen
nicht speziell geschulten Tierarzt, hingegen gleich¬
mäßige Ausführung der Agglutination in den In¬
stituten — ist es jedoch vorläufig nicht angezeigt,
von der alten Übung abzuweichen.
S e i t z (Bonn).
1128. Über den Einfluß von Organ¬
erkrankungen auf die Extraktwerte bei der
Wassermann-Reaktion; von F. So. (Zentralbl.
f. Bakt. Bd. 63. S. 438. 1912.)
Ein Extrakt, welcher aus den Herzen von mit
Dipththerietoxin vorbehandelten Meerschweinchen
gewonnen wurde, enthält ebensoviel komplement-
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436 IV. Mik robiologie und Serologie. __
bindende Substanz wie der aus normalen Herzen lytische Ambozeptoren, anaphylaktische Reak-
gewonnene. Ein chronisch mit Phosphor vergib tionskörper); nicht selten verhält sich die Toxi-
tetes Tier gibt einen besseren Horzextrakt als ein zität aber auch umgekehrt proportional zum Ge-
normales. Die Herzen verhungerter Tiere gaben halt an Antikörpern. Ferner haben D. und W.
einen äußerst schwachen Extrakt. Aus diesen Ver- festgestellt, daß das wirksame Prinzip der toxi-
suchen scheint hervorzugehon, daß die bei dor sehen Antieiweißsera der Kaninchen bereits im
Komplementablenkung wirksame Substanz im Blute dieser Tiere präformiert ist, und nicht etwa
Antigen in innigem Verhältnis zur Fettsubstanz erst bei der Gerinnung entsteht. Der Tod durch
zu stehen scheint, da ja bekanntlich die Phosphor- Antieiweißsera gleicht sehr dem anaphylaktischen
Vergiftung eine Vermehrung der Fettsubstanz des (Temperatur?), jedenfalls scheinen enge Be-
Herzens zur Folge hat, Hungern eine Fettabnahmo Ziehungen zwischen beiden Phänomenen zu be-
sämtlichcr Organe bewirkt. Weiter wurden die stehen. D. möchte beide nicht auf einen parente-
übrigen normalen Organe des Meerschweinchens ralen Abbau von Eiweißantigenen zu giftigen
zum Vergleich herangezogen. Die alkoholischen Verdauungsprodukten zurückführen, tritt vielmehr
Extrakte von Milz und Gehirn waren doppelt so für die Hypothese ein, daß die im Blute des Ver-
schwach, diejenigen von Niere und Nebenniere suchstieres ablaufende Kolloidreaktion zwischen
etwa gleich stark komplementbindend wie noi- Eiweißantigen und Antikörper die Blutbeschaffen¬
maler Meerschweinchen-Herzextrakt. heit ändert, im Sinne einer Gleichgewichtsstörung
S e i t z (Bonn). seiner Eiweißkolloide, welche zur letalen Noxe
| werden kann. Seitz (Bonn).
1129. Die primäre Toxizität der Anti- , 1130 . Studien über die Giftwirkung der
eiweißsera; von R. Doerr und F. Wein- Extrakte aus Organen normaler vorbehan-
furter. (Zentralbl. f. Bakt. Bd. 63. S. 401. jj e Her und hungernder Tiere; von Br.
1912.) Busson. (Zentralbl. f. Bakt Bd. 65. S. 142.
Wie Friedberger zuerst angab, gewinnt 1912 .)
das Serum von Kaninchen, welche mit Eiweiß- Bekanntlich sind die Kochsalzextrakte nicht
antigenen verschiedenster Art immunisiert worden nur tuberkulöser, sondern auch normaler Meer¬
sind, toxische Eigenschaften für normale Moer- schweinchenorgane für Meerschweinchen bei
schweinchen, trotzdem diese Antisora in vitro intravenöser Applikation hochgiftig: Am giftigsten
weder mit dem Serum, noch mit den Erythrozyten erwiesen sich die Lungen, am wenigsten giftig die
der Meerschweinchen reagiert. \on den Eiweiß- p^ber. Der Symptomenkomplex scheint, soweit er
antigenen verleiht das Ilnmmelserum dem Kanin- daraufhin untersucht wurde, Daten über Tempe-
chenserum die größte Toxizität, schon eine ein- raturmessungen fehlen leider, große Ähnlichkeit
malige Injektion des Hammelserums genügt in
diesem Fall, um das Serum des Kaninchens in
einer Dosis von 0,03 ccm pro 100 g Meerschwein¬
chen letaltoxisch zu machen. Alle anderen Anti¬
gene, Serum oder Erythrozyten von Hund, Pferd,
Rind oder auch Vibrionen, Typhusbazillen und
Hefezellen, wirken nicht so regelmäßig und erst
bei wiederholten und größeren Gaben. Worauf
die außergewöhnlich große primäre Toxizität just
der Antihammelkaninchensera beruht, ist noch un¬
bekannt. Jedenfalls ist nicht die primäre Giftig¬
keit der Eiwoißantigene für Meerschweinchen,
welche etwa als „Antigenreste“ in dem Immun¬
serum existieren könnten, Ursache der Toxizität
dieses Kaninehenimmunserums, worauf schon
v. Düngern und Hirschfeld, sowie Frie-
demann aufmerkam machten. Die Antigen roste
waren schon am 4. Tag nicht mehr vorhanden;
das Maximum der Toxizität wird jedoch erst am
6. bis 10. Tage erreicht. Außerdem sind die wirk¬
samen Mengen Antieiweißserum bisweilen so mini¬
mal, daß sie weder genug Antikörper noch Antigen
enthalten, als für eine tödliche anaphylaktische
Reaktion nötig wäre.
Die Toxizität ist eine Folge des Immunisio-
rungsprozesses und zeigt häufig einen Paralle¬
lismus zur Antikörperbildung (Präzipitine, hämo-
mit dem anaphylaktischen Schölt zu besitzen; die
Lungenstarre der unter Krämpfen eingegangenen
Tiere scheint allerdings nicht sehr ausgeprägt zu
sein, Lungenödem mit ausgebreiteten Hämorrha-
gien wurde im Gegensatz zur typischen Anaphy¬
laxie häufig beobachtet. Das Organextraktgift
wurde durch Digerieren mit frischem Serum deut¬
lich abgeschwächt, nicht jedoch durch einstün-
diges Erwärmen auf 60°. Interessant ist, daß nach
B. die Organextrakte verhungerter oder hoch-
kachektischer Tiere eine bedeutend erhöhte Giftig¬
keit zeigten.
Da auch bei der echten Anaphylaxie kein ein
heitliches Gift zugrunde liegt, wie wohl die
meisten Forscher heutzutage annehmen, eine Tat¬
sache, die B. entgangen zu sein scheint, so wäre
es denkbar, daß auch bei dem interessanten Phä¬
nomen der Toxinwirkung von Organextrakton eine
Summe von Einzelgiftwirkungen konkurrieren.
Seitz (Bonn).
1131. Über den diagnostischen Wert der
Komplement-Ablenkung bei Echinokokken-
Erkrankungen ; von Th. Bärsony undE. Egan.
(Orvosi Hetilap 1912. S. 597.)
Es wurde ein Antigen von bekannter, kon¬
stanter Stärke hergestellt, von welchem eine mit
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie
437
der Konzentration desselben proportionale Menge
zur Reaktion heran gezogen wird. Bei Patienten
konnte durch die Methode die Echinokokken¬
erkrankung vor der Operation festgestellt werden;
in 8 Fällen wurde die Reaktion längere Zeit nach
der Operation ausgeführt, und zwar mit nega¬
tivem Resultat.
In den Kontrollfällen war die Reaktion nega¬
tiv, nur in 3 Fällen trat eine schwache Hemmung
auf. Diese rührte von Tänienerkrankungen oder
von einer positiven Wassermannschen Reaktion
her: diese müssen also stets ausgeschlossen wer¬
den, wenn die Reaktion schwach positiv ist. Ist
dagegen die Reaktion deutlich positiv, so wird
durch dieselbe die klinische Diagnose auf Echino¬
kokkus bestätigt. Rosenthal (Budapest).
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
1132. Contribution ä la com position
chimique du foie cancäreux. Comparaison
avec le foie de l’homme sain, de l’alcoo-
lique et du phthisique; par Albert Robin.
(Bull. g6n. de Thör. Bd. 163. S. 679. 1912)
R. hat die verschiedenen Bestandteile einer von
Krebs durchsetzten Leber chemisch untersucht
und verglichen mit der normalen Leber des Men¬
schen, sowie mit der Leber eines Alkoholikers,
und 5 Lebern von Phthisikern. Die wesentlichsten
Ergebnisse sind die, daß in der Krebsleber der
Wassergehalt vermehrt ist, die organischen Be¬
standteile ver min dert. Die Wasserzunahme be¬
trifft vor allem das Stroma. Vermehrt gefunden
wurde der Gehalt an Magnesium und Kalisalzen;
vermindert ist der Gehalt an Eisen und Kalk.
Irgendwelche Schlüsse lassen sich aus diesen
Untersuchungen kaum ziehen. Es fehlen durch¬
aus Angaben über das histologische Verhalten
der Lebern. Ob es sich bei der „Krebsleber“ um
primären Leberkrebs handelt, ist nicht angegeben:
obwohl er vermutlich einen wesentlichen Unter¬
schied auch in chemischer Hinsicht ausmacht, ob
ein primärer Lebertumor vorliegt oder ein sekun¬
därer. Fischer (Göttingen).
1133. Läßt sich ein ödem durch den
Säuregehalt der Gewebe erklären? von
A. R. Moore. (Pflügers Arch. Bd. 147. S. 28.
1912.)
Vor kurzem hat M. Fischer eine allgemeine
Theorie der Entstehung des Odems entwickelt,
nach welcher die Bildung, bzw. Anwesenheit einer
Säure für die Ödembildung verantwortlich zu
machen sein soll Demgegenüber stellt M. experi¬
mentell fest, daB sich ein künstliches ödem von
der Art, wie es Fischer beschreibt, auch ohne
die Mitwirkung von Säuren hervorbringen läßt;
fomer, daß Froschmuskeln in Ringerseher Lösung,
zu der kleine Mengen Milchsäure hinzugesetzt
werden, schrumpfen, und daß nur sehr große
Säuremengen Quellung veranlassen; schließlich,
daß Muskeln in angesäuerter Ringerscher Lösung
stets absterben und starr werden, bevor eine
irgendwie erhebliche Quellung stattfindet. Es er¬
gibt sich also mit Notwendigkeit der Schluß, daß
eine Anwendung der Fischerschen „Säurekolloid¬
theorie“ auf das ödem im lebenden Körper nicht
berechtigt ist. D i 111 e r (Leipzig).
1134. Über anatomische Veränderungen
im Labyrinthe bei KleinhirnbrUckenwinkel-
tumoren und ihre klinische Bedeutung;
von J. Zange. (Yirchows Arch. Bd. 208. S. 297.
1912.)
Histologische Untersuchungen des Gehörorgans
bei Kleinhirnbrückenwinkeltumoren sind nur ganz
selten vorgenommen worden. Z. teilt eine solche
mit. Bei einem 42jähr. Manne war auch klinisch
die Diagnose auf Kleinhirnbrückenwinkeltumor
gestellt worden. Klinisch bestand Schwindel seit
8 Wochen; Stauungspapille. Rechts völlige Taub¬
heit; Fazialis intakt. Die Sektion ergab einen
Kleinhirnbrückenwinkeltumor (Spindelzellensar¬
kom mit zystischen Erweichungsherden, der ein
Stück weit in den Porus acusticus internus hinein
ragte. Abduzens, Trigeminus und Akustiko-
Fazialis waren an ihrem Ursprung in den Tumor
eingebettet Im Porus acusticus waren Akustikus
und Fazialis nicht vom Tumor verwachsen. Am
Labyrinth ergab die histologische Untersuchung:
Atrophie des ganzen N. cochlearis (Schwund der
Nervenzellen der Spiralplatte, der Sinneszellen des
Cortischen Organs; teilweise Schwund des Stütz¬
apparates der Pap. basilaris usw.). Dagegen war
der N. vestibularis im ganzen peripherischen Neu¬
ron fast unversehrt, ebenso der Fazialis. Im Laby¬
rinth in allen Teilen hochgradige Blutstauung. —
In Fällen, bei denen durch Tumor eine Durch¬
wachsung der Nerven eintritt, können die dadurch
gesetzten Schädigungen der Nerven und des Laby-
rynths sehr verschieden ausfallen. In den mit¬
geteilten Fällen, wo im wesentlichen eine Kom¬
pressionswirkung durch den Tumor vorlag, war
der Effekt ähnlich wie bei experimenteller supra-
ganglionärer Durchschneidung des Akustikus-
Fazialis (Wittmaack): Degeneration des
Kochlearis, Intaktbleiben des Vestibularis und
sensiblen Fazialisanteils.
Durch entzündliche Veränderungen, durch die
starke Blutstauung usw. kann sich dieses Bild
natürlich trüben. Aus dem Resultat der Kochlea¬
ris- und Vestibularisprüfung läßt sich eventuell
entscheiden, ob ein Kleinhirnbrückenwinkeltumor
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438
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
im wesentlichen nur komprimierend wirkt oder
vermutlich infiltrativ in den Nerv eingewach¬
sen ist. Fischer (Göttingen).
1135. Contribution ä l'dtude ultra-micro-
scopique des granulations leucocytaires;
par Ch. Achard et Louis Bamond. (Arch.
de Möd. expör. Bd. 24. S. 430. 1912.)
A. und R. haben mit dem Lltramikroskop
Untersuchungen über die Leukozytengranulationen
angestellt. Vor allem wurde festgestellt, ob eine
Beweglichkeit der Granula vorhanden war oder
nicht. Von Einfluß hierauf ist die Konzentration
der Untersuchungsflüssigkeit. In isotonischen
Lösungen findet man keine Bewegung der Gra¬
nula; diese erscheint erst in hypertonischen Lö¬
sungen (4°/oq NaCl) und erreicht ihr Maximum bei
2°/ 0 o (entsprechend A = —0,16°). Von dieser
Konzentration ab sterben die Leukozyten ab, was
an der Färbung des Kerns hei Neutralrotzusatz
leicht zu erkennen ist. Von Einfluß auf die Be¬
weglichkeit ist ferner die Reaktion der Unter¬
suchungsflüssigkeit, wobei übrigens auch die
Konzentration der Flüssigkeit beachtet werden
muß; und ferner die Temperatur. Unter normalen
Verhältnissen haben die Granulationen keine Be¬
weglichkeit; diese tritt erst ein durch physika¬
lische oder chemische Änderungen in der Unter¬
suchungsflüssigkeit (Hypotonie; Zusatz von toxi¬
schen Stoffen). Es kann sogar noch Bewegung
der Granula eintreten, während der Zellkern schon
abgestorben ist. Demnach ist die Bewegungs¬
fähigkeit der Granula kein Maßstab für die Vitali¬
tät der Zellen. Sie gibt auch keinen Hinweis auf
Bestehen phagozytärer Tätigkeit: so hat z. B. bei
Konzentration von 2®/oo, dem Optimum für die
Beweglichkeit der Granula, keine Phagozytose der
Leukozyten mehr statt. Die Beweglichkeit der
Granula ist also lediglich abhängig von der Be¬
schaffenheit der Untersuchungsflüssigkeit (bzw.
des Serums), die eine Änderung des Zytoplasmas
(durch Verminderung seiner Konzentration) her¬
beiführen kann. Fischer (Göttingen).
1136. Les oosporoses. Otite moyenne
avec association d’oospora pathogöne et
de pneumobacille. Oosporose pulmonaire;
par A. Sartory. (Arch. de M6d. expör. Bd. 24.
S. 421. 1912.)
Im Eitor einer Otitis media fand S. neben
Friedländerschen Bazillen einen Fadenpilz, der
als Oospora pulmonalis identifiziert wurde. Diese
Oospora wächst auf Gelatine, ohne sie zu ver¬
flüssigen, auf Maltosonährböden, auf Karotten;
am besten in Maltosebouillon und bei 37—38°. Sie
erwies sich pathogen für Meerschweinchen: bei
intrapulmonaler oder subkutaner Injektion ent¬
wickeln sich eiterige Pleuritiden, in denen die
Oosporafäden nachgewiesen werden können. Fast
noch virulenter erschien die gleichzeitige Injek¬
tion von Oosporakulturen mit Friedländerschen
Pneumobazillen.
Im Sputum einer Patientin mit Bronchektasie
der linken Lunge und Hämoptoe konnte S. eben¬
falls Oospora nachweisen, die sich für Meer¬
schweinchen pathogen zeigte. Unter Jodkalium¬
behandlung trat rasch Heilung ein.
Fischer (Göttingen).
1137. Zur Differentialdiagnosa von pri¬
märem Knochenendotheliom und Hyper¬
nephrommetastase nebst Beitrag zurHisto-
genese der Grawitz-Tumoren; von Franz
Bost. (Virchows Arch. Bd. 208. S. 53.)
E. berichtet aus dem Schmorlschen Institut in
Dresden über Untersuchungen an Grawitzschen
Nierentumoren und Knochonendotheliomen. Den
Ausgangspunkt bildet die Untersuchung einer Ge¬
schwulst bei einem 48jähr. Manne, der nach trau¬
matischer Infraktion der Klavikel ebenda eine
Geschwulst bekam; nachher eine Geschwulst der
rechten Beckenschaufel und blutige Sputa (infolge
von Tumorentwicklung in der Lunge). Die Unter¬
suchung ergab, daß es sich um ein malignes
Hypornophrom mit Metastasen handelte; boi der
Untersuchung des Klavikeltumors hatte die Diffe-
lontialdiagnoso zwischen Endotheliom des Kno¬
chens und Hypernephrom goschwankt. R. geht
nun auf Grund der Untersuchung zahlreicher Fälle
auf die Streitfrage ein, ob die Hypernephrome tat¬
sächlich aus Nebennierengewebe oder nicht viel¬
mehr aus Nierengewebe sich entwickeln.
Die eine Form dieser Tumoren, die alveolär gebaut
sind und keine Lumina aufweisen, kommt wieder in
2 Formen mit großblasigen, hellen und dunkelproto¬
plasmatischen Zellen vor. Rein morphologisch ist gar
nicht zu unterscheiden, von welchem Gewebe sie aus¬
gehen. Auch die mikrochemische Untersuchung ergibt
kein sicheres Urteil. In den verschiedenen. Zeilen der
Tumoren waren z. B. 3 Arten der Verfettung: Lipoid¬
verfettung, Neutralfett, Cholesterinesterverfettung nach-
juweisen, in den blassen, großwebigen Zellen herrschte
die Cholesterinesterverfettung vor. Diese überwiegen
auch in der Nebennierenrinde, die ebenfalls ein Ocmisch
der 3 Fettarten beherbergt. — Bei der 2. Form der
Nebennierengeschwülste finden sich kleine Hohlräume
und Zyäten. Diese Zysten sind aber nicht gleichmäßig.
Es kommt vor, daß in einem Hypernephrom der maligne
Teil und die Metastasen nur aus soliden Zellwuche¬
rungen gebildet ist; und umgekehrt, daß der adenoma¬
töse Anteil der maligne wird.
R. ist daher goneigt, die Hypernephrome den
Mischtumoren zuzurechnen. In dem mitgeteilten
Falle ist ferner klinisch interessant, daß dieser
Grawitzsche Nierentumor erst ganz terminal zu
Nierenblutungen geführt hatte. — Da, wie er¬
wähnt, die Differentialdiagnose dieser Tumoren
gegenüber von Knochenendotheliomen schwierig
sein kann, hat R. 2 Fälle von letzterer Geschwulst¬
art genauer untersucht.
Differentialdiagnostisch ist mit dem Glykogen-, dem
Fettgehalt, den Kernkörperchen usw. nichts anzufangen.
Dagegen wird bei elektiver Färbung des Bindegewebes
auch in anscheinend ganz soliden Partien von Endo-
theliomen sich überall das Bindegewebe in den stark
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439
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
gefalteten Röhrensystemen nachweisen lassen, während
beim Hypernephrom keine bindegewebigen Fasern zwi¬
schen den soliden Epithelzellhaufen liegen. Und ferner
haften beim Endotheliom die Zellen fest an ihrer binde¬
gewebigen Grundlage, während bei den wenigen regel¬
mäßig gebauten Hypernephromen die Zellen sich leichter
ablösen und so Lücken entstehen.
Die Differentialdiagnose ist wichtig: denn beim
Endotheliom des Knochens handelt es sich um
eine gutartige, proportional günstige Geschwulst
(wie auch in den beiden mitgeteilten Fällen), beim
Hypernephrom um eine maligne.
Fischer (Göttingen).
1138. Die Appendizitis. Klinischer und
histologischer Beitrag; von Giuseppe Bolog-
nesi. (Virchows Areh. Bd. 208. S. 21. 1912.)
B. berichtet aus der chirurgischen Klinik in
Modena über 30 Fälle von Appendizitis: und zwar
8 im akuten Anfall, 22 im Intervall beobachteten.
Die Beobachtungen bringen nichts Neues; das
Material ist viel zu klein, um daraus Schlüsse zu
ziehen, und die anatomische Untersuchung
wenigstens viel zu kurz wiedergegeben, als daß
aus diesen Daten ein anderer etwas entnehmen
könnte. B. findet, daß das Alter von 20—40 Jah¬
ren das bevorzugte sei, daß prädisponierend Ver¬
dauungsstörungen in Betracht kommen, daß Be¬
ziehungen zur Wanderniere bestehen usw. 26 der
untersuchten Fälle rechnet B. zu der „chronischen
Appendizitis“ (18mal hypertrophische, 8mal atro¬
phische Form). Wenn aber der Autor selbst mit
Aschoff in diesen Prozessen nur Ausgänge
akut entzündlicher Vorgänge sieht, so sieht man
nicht recht ein, weshalb die Bezeichnung „chro¬
nische Appendizitis“ beibchalten wird. Die kli¬
nischen und therapeutischen Mitteilungen über
diese Fälle bringen noch weniger Neues; nach B.
ist die Operation, im Intervall, k froid, ausgeführt,
die erfolgreichste. Der Arbeit sind 10 Textfiguren
beigegeben, die, schlecht reproduziert, eigentlich
gar nicht zur Illustration des Textes dienen; die
zur Erklärung der Abbildungen dienenden Buch¬
staben (Abkürzungen der italienischen Bezeich¬
nungen) sind nirgends in einer Erklärung näher
erläutert. Sicherlich hat der Autor recht, wenn
er seine Arbeit mit dem Satz beginnt: „Über die
Appendizitis ist zweifellos schon zu viel geschrie¬
ben worden.“ Fischer (Göttingen).
1139. Experimentelle hämatogene In¬
fektion der Lymphfollikel der Appendix;
von H. Stoeber und W. Dahl. (Mitteil. a.
d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 24. S. 645.
1912.)
S. und D. haben im Kretzschen Institut in
Würzburg das Verhalten des lymphadenoiden Ge¬
webes der Appendix von Kaninchen bei rezidi-
viorender Injektion studiert. Die Tiere wurden
mit einer mäßig virulenten Kultur von Pneumo¬
kokken infiziert, und zwar durch vorsichtige In¬
jektion in die Tonsillargegend (vom Unterkiofor-
winkel her, so daß ein Verschlucken von Kokken
ausgeschlossen werden kann). Die Kaninchen
vertragen solche, öfters wiederholte Injektionen
gut, magern jedoch ab. In den Appendizes dieser
Tiere findet man eine Follikelschwellung, frische
und ältere Blutungen im Zentrum, aber auch oft
an der Seroeaseite der Follikel, partielle Follikel¬
zerstörung. In diesen Follikeln und auch im nor¬
malen lymphadenoiden Gewebe werden die Diplo¬
kokken teils fettig, teils phagozytiert, teils degene¬
riert nachgowiesen; das Epithel der Schleimhaut
ist absolut intakt, obwohl auch auf seiner Ober¬
fläche die Diplokokken sich finden. Die Mengo
der Kokken und ihre Auflösung und Phagozytose
ist um so größer, je länger die Tiere infiziert wor¬
den waren. Bei rezidivierender Infektion des
Blutes werden nach S. und D. demnach die Or¬
gane, in denen eine Ablagerung von Bakterien
erfolgt, umgestimmt. Die Bakterien werden jetzt
dort vernichtet, können aber auch nach dem
Darme ausgeschieden werden. Für die Appendi¬
zitis des Menschen wird aus diesen Versuchen
geschlossen, daß bei Bakteriämien in der Tat eine
beträchtliche Ablagerung von Bakterien in den
Follikeln der Appendix stattfinden kann, also eine
spezifische Reaktionsvermehrung vorliege. Diese
Reaktion kann, nach Kretz, zu einer lebens¬
gefährlichen Erkrankung der foudroyenten Appen¬
dizitis führen. Fischer (Göttingen).
1140. Zur Pathologie der Hypophysis;
von R. Tölten. (Mitteil. a. d. Grenzgeb. d.
Med. u. Chir. Bd. 24. S. 633. 1912.)
T. hat im Freiburger pathologischen Institut
histologische Untersuchungen an Hypophysen vor¬
genommen. Zunächst hat er eingehend die Histo¬
logie des Hilusteils, der Pars intermedia, der Hypo¬
physe (die Gegend zwischen Vorder- und Hinter-
lappon) studiert. In dieser Gegend findet man
Zysten und ferner fast krebsartig in das Gewebe
des Hinterlappens hineinwachsende Epithelien.
Diese sind jedoch keine Epithelien des Vorder¬
lappens, sondern Abkömmlinge der Zystenepithe-
lien und des Spaltraumes, eben aus der inter¬
mediären Zone stammend. Die ursprünglich in¬
differenten Zellen der Grenzschicht wandeln sich
mehr und mehr zu basophilen Zellen um. Der
Umwandlungsprozeß und das Einwandern in den
Hinterlappen erfolgt verschieden schnell, ist etwa
in der Hälfto der Fälle nachzuweisen, nimmt i. p.
mit dem Alter zu. Die Einwanderung erfolgt
flockweise.
T. versuchte ferner festzustellen, ob Beziehun¬
gen zwischen Hypophyse und Schilddrüse am
Freiburger Sektionsmaterial nachzuweisen seien.
Die für die Hypophyse gefundenen Gewichtszahlen
sind ein klein wenig niedriger, als die von E r d -
heim angegebenen. Da nun im Freiburger Sok-
tionsmaterial stets eine Struma vorhanden ist, so
kann nach diesen Befunden jedenfalls keine kom-
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Y. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
pensatorische Vergrößerung der Hypophyse bei
Struma behauptet werden: offenbar ist eben noch
genügend funktionierendes Schilddrüsengewebe
vorhanden. Also keine sichere Beziehung zwi¬
schen Masse der Hypophyse und Schilddrüsenvor-
änderung. Adenombildung in den Hypophysen
hat T. nur ganz selten feststellen können. — Ver¬
suche, bei Ratten durch Tränken mit „Kropf¬
wasser“ Veränderungen der Schilddrüse und
Hypophyse zu erzielen, sind negativ ausgefallen:
doch darf, nach T„ diesen negativen Resultaten
nicht viel Gewicht beigelegt werden.
Fischer (Göttingen).
1141. Zur Lehre von der Akromegalie
und Osteoarthropathie hypertrophiante; von
Fr. Schultze und Bernhard Fischer.
(Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 24.
S. 607. 1912.)
Sch. u. F. berichten über einige interessante
Fälle von Akromegalie und verwandten Erkran¬
kungen. Zuerst über einen Fall von Akromegalie
bei einem 15jährigen Mädchen. Die Krankheit
hatte hier schon sehr früh, im 11. Jahre, begonnen;
es bestand Dystrophia adiposa genitalis, und es
fehlte Polyurie und Glykosurie. Die Obduktion
ergab Vorliegen eines großen Hypophysentumors
(zellreiches Adenom) und eine sehr starke Ver¬
größerung der parenchymatösen Organe des
Abdomens, zumal der Nebennieren. In einem
zweiten Falle von Akromegalie (ööjähriger Mann,
gestorben an Blutung aus einem Myom des
Magens!) fand sich wiederum ein Adenom der
Hypohpyse, Splanchnomegaüe, und wiederum
Vergrößerung der Nebennieren. — Der erste Fall
lehrt übrigens auch, daß die Ansicht, eine und
dieselbe Schädlichkeit verursache beim wachsen¬
den Individuum Riesenwuchs, beim erwachsenen
Akromegalie, falsch ist.
Außer einigen anderen Beobachtungen wird
über einen Fall von benigner, stationär blutender
Akromegalie (öljähriger Mann) berichtet: hier er¬
gab die Röntgendurchleuchtung auffallend weite
Sella turcica, also war erst ein Hypophysentumor
vorhanden, der vielleicht regressive Verände¬
rungen eingegangen war. Endlich wird über einen
Fall von Pachyakrie (Osteoarthropathie hyper¬
trophiante) der Hände und Füße bei einem
22jährigen Manne berichtet, bei dem eine Lungen¬
affektion nickt vorhanden war.
Fischer (Göttingen).
1142. Notes on tumor genesis; by G. L.
Rohdenburg and F. D. Bullock. (New
York med. Journ. Aug. 3. 1912. S. 222.)
Bei gewöhnlichen Wundheilungen bildet sich
Granulationsgewebe, das mikroskopisch oft nicht
von Tumorgewebe zu unterscheiden ist. Bisweilen
überschreitet die Wundheilung das natürliche
Maß und es kommt zur Bildung eines benignen
Tumors, des Keloids. Oder es kann auf dem
Go gle
Boden einer einfachen Wundheilung zur Bildung
eines malignen Tumors, eines Sarkoms, kommen.
Die Vermutung liegt nahe, mit der Bildung jedes
Tumors einen Heilungsprozeß in Verbindung zu
bringen, der auf einen streng lokalisierten, nur
mikroskopisch erkennbaren Herd beschränkt ist
und entweder eine physiologische oder eine äußere
Ursache hat. Aus dem verhältnismäßig großen
Gehalt der Tumoren an Nukleoproteiden und
Albumen wird geschlossen, daß bei dem betreffen¬
den Heilungsprozeß, der die Entstehung der
Tumoren veranlassen soll, die Produkte der
Nukleoprotein-Hydrolyse nicht durch Phagozyten
entfernt werden aus einem nicht klaren Grunde.
Diese Stoffe nun wirken als Stimuli; hei ihrer An¬
häufung aber werden gewisse Zellgruppen zum
Wachstum veranlaßt. Das weitere Wachstum er¬
folgt dadurch, daß durch das fortwährende Ab¬
sterben von Zellen neue stimulierende Substanz
produziert wird.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1143. Sopra un caso di tumore primi¬
tive) bilaterale del rene; per U. Mancini.
(Rivista Osped. 1912. S. 650.)
Es wird über die Krankengeschichte und das
Ergebnis der postmortalen Untersuchung eines
einjährigen Kindes berichtet, bei dem sich in
jeder Niere ein selbständiger Mischtumor fand,
der als Adeno-myxo-myosarkom diagnostiziert
wird. Nach dem Befunde ist die Abhängigkeit
des einen Tumors von dem andern auszuschließen.
Es wird angenommen, daß ätiologisch versprengte,
während des Intrauterinlebens von der Nieren¬
substanz eingeschlossene Keime des Wolffsehen
Körpers von Bedeutung sind.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1144. Jets over de aetiologie van Poly¬
neuritis gallinarum in verband met ver-
zuurde-rystroeding; door D. J. HulshoffPol.
(Geneesk. Tijdschr. voor Nederl. Indiö Deel 52.
S. 11.)
Kritische opmerkingen over id; door
G. Gryns. (Geneesk. Tijdschr. voor Nederl.
Indiö Deel 52. S. 50.)
Antwoord aan Dr. G. Gryns etc.; door
D. J. Hulshoff Pol. (Geneesk. Tijdschr. voor
Nederl. Indiö Deel 52. S. 244.)
Schon 1890 hat Eykman nachgewiesen, daß
Hühner Polyneuritis bekommen, wenn sie aus¬
schließlich mit gekochtem oder „abgearbeitetem“
Reis gefüttert werden. Die meisten Forscher
nehmen jetzt wohl an, daß die Beziehung zwischen
der Ernährung mit diesem Reis und dem Auf¬
treten von Polyneuritis gallinarum so zu deuten
sei, daß durch das Kochen irgend ein Stoff
(Protektivstoff) zerstört werde, welcher für eine
normale Funktion der Nerven unentbehrlich ist.
Hulshoff Pol aber bestreitet diese Hypothese
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
441
und zwar aus folgenden Gründen: 1. Es ist noch
nicht gelungen, die Polyneuritis durch bekannte
chemische Verbindungen zu heilen; 2. bei Tot¬
hungern der Hühner entsteht keine Polyneuritis
und 3. durch künstliche Überernährung mit ge¬
kochtem Reis entsteht Polyneuritis, und zwar
früher als bei gewöhnlicher Ernährung mit dem¬
selben Reis. Hulshoff Pol meint, daß Mikro¬
organismen (resp. deren Stoffwechskingsprodukte
oder Toxine) im Spiel seien und er hat versucht,
diese Hypothese durch Versuche an Hühnern zu
stützen, indem er die Tiere mit Reis fütterte,
welcher unter dem Einfluß von Mikroorganismen
sauer geworden war, oder aber den Tieren außer
ihrer gewöhnlichen Nahrung eine große Masse
dieser Mikroorganismen gab. Seine Resultate
waren folgende: a) Reis, der an sich schon Poly¬
neuritis verursacht, tut solches noch etwas
schneller, wenn er auch noch sauer geworden ist;
b) Hühner, welche außer gewöhnlicher Nahrung
noch große Mengen von saurem Reiswasser be¬
kommen, werden nicht krank, und auch Tiere,
denen er bei übrigens gewöhnlicher Nahrung
täglich eine Menge der Mikroorganismen in den
Kropf einführte, blieben vollständig gesund.
Gryns bestreitet HulshoffPols Meinung.
Er weist darauf hin, daß, wiewohl die Körper,
welche die Polyneuritis heilen können, noch nicht
chemisch rein isoliert sind, es doch schon vielen
Forschern gelungen sei, diese Krankheit durch -
verschiedene Extrakte, u. a. aus „dedek“, zu
heilen. Der Umstand, daß Hühner beim Tot¬
hungern keine Polyneuritis bekommen, spricht
nach Gryns nicht gegen die „Protektivstoff-
Hypothese“, weil beim Tothungern Organeiweiß
— und vor allen Dingen Muskeleiweiß — durch
den Körper aufgenommen wird, und dieses
Muskeleiweiß Protektivkörper enthalten dürfte.
Hulshoff Pol führt gegen diese Auffassung
an, daß auch die Polyneuritishühner in kürzester
Zeit außerordentlich stark abmagern, so daß dabei
eine genügende Menge Protektivkörper auch aus
ihrer Muskelsubstanz in den Stoffwechsel ein-
treten muß. Was die Überernährung betrifft, so
meint Gryns, daß hierbei der ganze Stoff¬
wechsel auf ein anderes Niveau eingestellt werde
und Magen-Dannstörungen auftreten können.
Hulshoff Pol führt hiergegen an, daß Magen-
Darmstörungen zu verhüten seien, wenn immer
mit der künstlichen Ernährung gewartet wird,
bis der Kropf wieder ganz leer ist.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
1145. De gevolgen van plotselinge afslui-
ting der kransslagaderen van het hört; door
A. E. Sitsen. (Nederl. Tijdschr. voor Geneesk.
©erste helft 1912. S. 1801.)
Besprechung der Frage, ob plötzliche Ab¬
schließung einer der Arteriae coronariae cordis
entweder durch einen Thrombus oder durch
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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chirurgische Unterbindung immer den Tod zur
Folge haben muß. Aus den Versuchen H i r s c h s
orgab sich, daß Hunde und Affen eine Unter¬
bindung einer Art cor. cord, ertragen können.
Spalteholz meint, daß die Anwesenheit von
Anastomosen zwischen den beiden Art. cor. indi¬
viduell sehr verschieden ist. Aus der Literatur
kann L. 5 Fälle sammeln, wo eine Art. cor. oder
ein Teil derselben chirurgisch unterbunden wurde.
Einige Patienten starben infolge Infektion, aber
die Tatsache bleibt, daß das Leben nach Unter¬
bindung des Ramus dex. art. cor. sin. möglich
ist. Bei plötzlicher Abschließung durch Throm¬
bose ist die Prognose noch schlechter, weil bei
diesen Patienten Herz und Kreislauf meist schon
erkrankt sind. Durchschlaggebend wird auch
hierbei der Zustand des Herzens und die Möglich¬
keit des Zustandekommens einer genügenden
Anastomose sein. L. teilt die Krankengeschichte
eines 40jährigen Mannes mit, der seit 15 Jahren
an heftigen Anfällen von Dyspnoe litt und der
schließlich in einem dieser Anfälle starb. Aus der
Obduktion ergab sich, daß die ganze Art. cor.
dextra undurchgänglich war, während die Wand
der linken Art. cor. zwar erheblich verdickt war,
aber das Lumen noch für Blut durchgänglich ge¬
blieben war. Bei mikroskopischer Untersuchung
war deutlich zu sehen, daß die Gefäßwand der
Art. cor. dextra vor dem Auftreten der Thrombose
schon krankhaft verändert gewesen sein mußte.
Lues war nicht in confesso, aber auf Grund des
übrigen Obduktionsbefundes doch sehr wahr¬
scheinlich. Storm van Leeuwen (Utrecht).
1146. Die histologische Untersuchung
der Hirnrinde intra vitam durch Hirnpunk¬
tion bei diffusen Erkrankungen des Zentral¬
nervensystems ; von Otfried Foerster.
(Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 21. S. 973.)
F. empfiehlt, bei unklaren Affektionen des
Zentralnervensystems eventuell durch Probepunk¬
tion nach N e i s s e r kleine Stückchen aus dem
rechten Stirnhirn mit der Punktionsspitze zu
aspirieren und histologisch zu untersuchen. Er
hat dies Verfahren in 16 Fällen ausgeübt In
einigen Fällen, die auch klinisch das Bild der
Paralyse boten, bestätigte das Resultat der Unter¬
suchung von punktiertem Material diese Diagnose;
in einem weiteren Fall, der klinisch das Biid der
Presbyophrenie zeigte, deckte die histologische
Untersuchung die Natur des Prozesses auf: die
perivaskulären Infiltrate mit Lymphozyten und
Plasmazellen, die Verschiebung des Schichtungs¬
typus zeigten, daß Paralyse vorliege. In einigen
weiteren unklaren Fällen konnte aus der Unter¬
suchung des punktierten Materials das Vorliegen
von Paralyse ausgeschlossen werden. In 2 Fällen
von Pseudoparalyse, die durch Tumor bedingt
waren, hat allerdings die Punktion und nach¬
folgende histologische Untersuchung des Probe-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
442
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Stückchens diese Diagnose zunächst nicht stellen
lassen. Die Deutung, die P. dem mikroskopischen
Befunde in diesen 2 Fällen gibt, erscheint, wenig¬
stens nach den Abbildungon zu schließen, recht
fraglich. — In Fällen von multipler Sklerose ist
die Vermehrung des gliösen Gewebes, die Be¬
setzung der Gefäßwände mit Gliazellen charakte¬
ristisch, um so mehr, weil diese Prozesse ganz
diffus ausgebreitet sind. — Es ist F. sicher darin
beizupflichten, daß mit dieser Methode bisweilen
differentialdiagnostisch wertvolle Schlüsse ge¬
zogen worden können: aber es mag darauf hin¬
gewiesen werden, daß wir absolut typische histo¬
logische Veränderungen leider noch in recht
wenig Affektionen des Zentralnervensystems
kennen. Fischer (Göttingen).
1147. Alimentairebloedsdrukverhooging;
door 35. C. van Leersum. (Geneesk. Bladen
Lestiende reeks 1912. S. 205.)
Lubarsch hat Kaninchen täglich 12 g Leber
gefüttert und nach kurzer Zeit (in einigen Fällen
innerhalb 2 Wochen) ausgesprochene athero-
matöse Änderungen in den Arterien und Kalk¬
schwund in den Knochen gefunden. Lubarsch
hat diese Untersuchungen als Stütze gebraucht
für seine Theorie der Arteriosklerose, welche
chemischen oder toxischen Einflüssen die größte
Bedeutung bei der Entstehung des Atheroms zu-
schroibt und den mechanischen Einfluß der Blut¬
druckerhöhung in Abrede stellt. vanLeersum
bemerkt, daß die Untersuchungen von Lubarsch
nur dann gegen die mechanische Theorie sprechen
würden, wenn gezeigt werden könnte, daß erstens
die gefütterte Lebersubstanz keine blutdruck-
8leigernden Substanzen enthält und daß zweitens
eine kurzdauernde (2 Wochen!), aber ausge¬
sprochene Blutdrucksteigerung an sich nicht im¬
stande ist, Atherom der Arterienwände hervor-
zu rufen.
van Leersum hat — mit anscheinend
großer Genauigkeit — Versuche in dieser Richtung
angestellt, deren Ergebnisse gewiß sehr merk¬
würdig genannt werden müssen. Er gab 19 Ka¬
ninchen täglich 12 g Leber (die Tiere nahmen
hiervon durchschnittlich nur 10 g zu sich); seine
Tiere blieben zum Teil viel länger am Leben als
die von Lubarsch, aber bei der Sektion fand
van Leersum kein einziges Mal eine Spur
von Atherom, während auch eine chemische
Analyse des Kalkgehaltes der Arterien, des Blutes,
der Knochen und verschiedener Organe einen
völlig negativen Befund ergab.
Boi 8 Kaninchen wurden 4mal täglich genaue
Blutdruckmessungen vorgenommen in Perioden
mit und ohne Leberernährung mit dem Resultat,
daß in allen Fällen eine ausgesprochene Blut¬
drucksteigerung gefunden wurde. (Seine Methode
zur Blutdruckbestimmung ist mitgeteilt in Pflügers
Archiv Bd. 142. S. 377. 1911.)
In seiner Zusammenfassung weist van Leer¬
sum darauf hin, daß der Unterschied zwischen
den Untersuchungen Lubarschs und den
soinigen vielleicht zum Teil hierauf beruhe, daß
Lubarsch es mit spontanem Atherom der
Arterien zu tun gehabt haben kann. Wiewohl
van Leersum selbst bei 46 genau unter¬
suchten Kaninchen niemals eine Spur von Atherom
fand, haben andere Forscher ziemlich hohe Pro¬
zentwerte in dieser Beziehung gefunden. Er
meint, daß hier vielleicht Rassenunterschiede eine
Rolle spielen könnten.
In Fällen, wo durch andere Forscher durch
Adrenalininjektionen oder durch manuelle Kom¬
pression der Bauchaorta Atherom der Arterien
erreicht wurde, waren die künstlich verursachten
Blutdrucksteigerungen so hoch, wie sie wohl
niemals in pathologischen Verhältnissen des ge¬
wöhnlichen Lebens Vorkommen werden, vau
Leersum meint deshalb, daß man diese Ver¬
suche nicht zur Erklärung der Ätiologie der
menschlichen Arteriosklerose heranziehen könne.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
1148. Über die Einheilungsvorgänge am
Peritoneum nach Ruptur einer Dermoid¬
zyste des Ovariums; 14 Jahre alte Aus¬
schaltung einer Darmschlinge; vod Georg
Herzog. (Beitr. z. path. Anal u. z. allg. Path.
Bd. 533. S. 371. 1912.)
H. berichtet in einer sehr interessanten Arbeit
aus dem Leipziger pathologischen Institut über
Einheilungsprozesse am Peritoneum nach Ruptur
einer Dermoidzyste bei einer 68jährigen Frau.
Die Ruptur dieses Ovarialdermoidkystoms war
14 Tage vor dem Tode erfolgt; im Abdomen
fanden sich noch frei 800 g von Fetttalgmassen.
Der Austritt dieser Dermoidmassen hatte zu einer
aseptischen Fremdkörperperitonitis geführt. Die
Entzündungs- und Einheilungsvorgänge waren
aber in den verschiedenen Gegenden des Abdo¬
mens, z. B. an Milz, Leber, Zwerchfell, in ver¬
schiedenen Stadien anzutreffen, so daß die nähere
histologische Untersuchung der Einheilungspro¬
zesse äußerst wertvolle Befunde ergab. Speziell
wurden die bei dieser Entzündung an den serösen
Häuten auftretenden Zellformen des näheren
studiert. Das Dermoidfett ist in den peritonealen
Auflagerungen in ein Fibrinnetz eingebettet; da¬
zwischen finden sich zahlreiche protoplasma-
reiche, feingranulierte Zellen mit ein oder zwei
Kernen. An diesen Zellen ist lebhafte phagozytäre
Tätigkeit nachzuweisen; sie nehmen sowohl das
Fett als auch Hornschüppchen (aus den Dermoid¬
kystommassen) auf. Diese Makrophagen be¬
zeichnet H. als leukozytoide Zellen (nach Mar¬
ch and); sie sind identisch mit den Polyblasten
Marimors. Abzuloitcn sind sie von Adventitia-
zellen. In den Gefäßen des subperitonealen Ge¬
webes z. B. konnte überall eine starke Wucherung
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V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
443
in der adventitiellen Schicht, Kernteilungen usw.
nachgewiesen werden. Diese sämtlichen adventi¬
tiellen leukozytoiden Zellen besitzen amöboide Be¬
wegungsfähigkeit; sie wandern im subperitonealen
Gewebe weiter und nach der Serosa zu. Das
subperitoneale Bindegewebe ist aufgelockert und
die fixen Bindegewebszellen sind vermehrt;
zwischen diesen Zellen, Fibroblasten und den ge¬
nannten leukozytoiden Wanderzellen sind Über¬
gänge vorhanden. Auch mehrkernige Riesenzellen
werden beobachtet, und bisweilen war der Nach¬
weis zu erbringen, daß solche Zellen auch durch
mitotische Kernteilung entstehen können, andere
wiederum durch Verschmelzung einzelner Ele¬
mente. Polymorphkernige Leukozyten fehlten bei
den Entzündungsprozessen fast durchaus. Zu den
leukozytoiden Zellen gehören auch kleine, ein¬
kernige Rundzellen, die in dqp adventitiellen
Wucherungen beobachtet werden und sich auch
zu größeren phagozytären Zellen umbilden können.
Doch ließ sich nicht entscheiden, ob diese Zellen
etwa echten, aus den Gefäßen ausgewanderten
Blutlymphozyten entsprechen. Serosazellen sind
meistens nicht mehr naehzuweisen und spielen
jedenfalls bei der Bildung der phagozytären,
protoplasmareichen Zellen in den Auflagerungen
gar keine Rolle.
Ein interessanter Nebenbefund konnte in dom
mitgeteilten Falle noch erhoben werden. Eine
Darmschlinge, dem Ileum angehörig, war nämlich
14 Jahre vorher bei einer Operation ausgeschalten
worden. Sie fand sich jetzt prall mit tonartiger
Masse angefüllt, der Inhalt der 1 [ 3 m langen
Schlinge betrug 1 Liter. Der Inhalt war völlig
steril, bestand aus Sekret der Schleimhaut, ab¬
gestoßenem Epithel; kristallinischen Massen (Kalk¬
seifenkristallen) ; chemisch 17°/ 0 Trockensubstanz,
und in der Asche im wesentlichen Kalzium, Phos¬
phorsäuren und etwas Eisen.
Die Arbeit H.s bringt durch die Art der unter¬
suchten Objekte und die eingehende histologische
Untersuchung einen wertvollen Beitrag zur Kennt¬
nis der bei der „chemischen“ Entzündung auf¬
tretenden Zellen. Fischer (Göttingen).
1149. Sekundäre Karzinosis der Pla¬
zenta bei primärem Magenkarzinom; von
Joseph Se nge. (Beitr. z. patb. Anat. u. z.
allg. Path. Bd. 53. S. 532. 1912.)
Bei einer 31jähr. Frau, die an Magenkrebs mit
Metastasen in den Lymphknoten und im Knochen¬
system zugrunde gegangen war, fand S. auch
Tumormetastasen in der Plazenta. Es lag Gravi¬
dität im 5. Monat vor. Der Magentumor bot das
gewöhnliche Bild des Carcinoma Simplex, und die
Zelländerung in den Intervillärräumen hatte den
gleichen Charakter wie ein Magentumor. Die
Möglichkeit, daß die fraglichen Zellen in den Inter-
viliärräumen etwa Deziduazellen, oder gewucherte
Langhanssche Zellen, oder Reste der Trycho-
blasten seien, ist abzulehnen, was im einzelnen
begründet wird. Teile des metastatischen Krebs¬
gewebes in der Plazenta waren nekrotisch. Wich¬
tig ist, daß bei der Krebsentwicklung in der Pla¬
zenta jegliche Stromawucherung fehlte. Auch
war das Karzinom weder in den Uterus, noch in
das Fettgewebe hinein gewuchert.
Fischer (Göttingen).
1150. Über dasWachstum von Knochen¬
mark in vitro. Experimenteller Beitrag zur Ent¬
stehung des Fettgewebes; von Nathan Chandler
Foot. (Beitr. z. path. Anat. u. z. allg. Path.
Bd. 53. S. 446. 1912.)
F. hat im pathologischen Institut in Jena Ver¬
suche mit künstlicher Gewebszüchtung nach der
Methode von Carrel-Bürrows angestellt.
Während künstliches Wachstum von subkutanem
Fett in der Plasmalösung nicht gelingt, gelang es,
fetthaltiges Gewebe, wie das Hühnerknochenmark,
in vitro zu züchten und zum Wachstum zu
bringen. Das Wachstum des Keimstücks kann
unter dem Mikroskop (heizbarer Objekttisch)
direkt verfolgt werden; außerdem wurden Schnitte
aus den Stückchen nach Formolhärtung her¬
gestellt und mit Hämatoxylin-Sudan gefärbt. Je
zellreicher das Blutmark ist, desto eher gelingt
seine Züchtung. Das Wachstum erfolgt so, daß
gewisse Zellen — die zunächst als X-Zellen be¬
zeichnet werden — amöboide Fortsätze aus-
streeken, Fett aufnehmen, auch Blutkörperchen
und andere Fremdkörper phagozytieren; die Zellen
wandern schließlich aus dem ursprünglichen
Keimstück aus. Sie bilden weitere Protoplasma¬
fortsätze, die mit denen anderer Zellen verschmel¬
zen können; sie teilen sich, vorwiegend amito-
tisch. Sie bilden auch im Protoplasma zunächst
dem Kerne Körnchenreihen, die sich immer mehr
verdichten und schließlich zu Fibrillen werden.
Andere Zellen werden zu Riesenzellen (bis zu
70 fi groß). Die Lebensdauer der Kulturen be¬
trägt i. a. 6—8 Tage, selten länger. Die gewucher¬
ten (X) Zellen müssen aus den Zellen des Knoehen-
marksfromrw oder aus den Endothelien hervor¬
gehen. Je nach dem Stadium des Wachstums
sehen diese X-Zellen aus wie Fibroblasten oder
wie Lipophagozyten; dann, wenn sie mit Fett be¬
laden sind, wie embryonale Fettzellen. Es han¬
delt sich nur um verschiedene Erscheinungs¬
formen ein und derselben Zellart, einer indifferent
gewordenen Mesenchymzelle. Aus der Wucherung
dieser Zellen entsteht ein areoläres Bindegewebe,
das durch Verfettung das Aussehen von jungem
Fettgewebe bekommt. Das Gewebe, das so künst¬
lich gezüchtet ist, ist nicht nur dem embryonalen
Fett- und Bindegewebe, sondern auch dom „em¬
bryonalen Knochenmarksgewebe“, dem „primären
Knochenmark“ M a x i m o w s, sehr ähnlieh. Wer¬
den der Züchtungsflüssigkeit, dem Plasma, ver¬
schiedene Stoffe zugesetzt, wie Cholesterin, Trau-
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444
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
benzueker, Wasser usw., so kann sich die Schnel¬
ligkeit des Wachstums und die Aufnahme von
Fett in die Zellen ändern; ebenso ist von Einfluß
auf das Wachstum die Rasse, das Alter, die Nah¬
rung usw. der Tiere, von welchen das Keimstück
gewonnen wird.
Die weiteren Untersuchungen, deren Veröffent¬
lichung wohl bald erfolgen wird, versprechen nach
einer Notiz bei der Korrektur der Arbeit inter¬
essante Feststellungen über die Abstammung der
wuchernden Zellen und über den feineren Modus
der Fettsynthese zu bringen.
Fischer (Göttingen).
1151. Über die diffus infiltrierende Form
der Leukämie und des Lymphosarkoms.
Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des mediasti-
nalen Lymphosarkoms; von Erich Fabian.
(Beitr. z. path. Anat. u. z. allg. Path. Bd. 53.
S. 491. 1912.)
F. berichtet über einen interessanten, im
Züricher pathologischen Institut untersuchten Fall
von diffus infiltrirendem Lymphosarkom des
Mediastinums bei einem 30jähr. Mann. Klinisch
war die Diagnose auf Lymphosarkom des Mediasti¬
nums mit Pleurametastasen gestellt worden; das
Blutbild war ganz normal gewesen. Die Sektion
ergab ein aus kleinen Lymphozyten aufgebautes
Mediastinalsarkom, ohne Nekrosen, das auf Peri¬
kard und Pleuren Übergriff und in der linken
Lunge teils peribronchial, teils in den perivasku¬
lären Lymphräumen weiterwueherte. Das Myo¬
kard war diffus von Tumor infiltriert. Besonders
interessant war jedoch der Aierenbefund: sie
waren auf das 7—8fache vergrößert, boten das
Bild der „großen woißen Niere“ und fanden sich
mikroskopisch diffus von Lymphozyten infiltriert.
Eine ähnliche Infiltration fand sich am Pankreas.
Die Leber und die Lymphknoten, sowie die Milz
waren frei von diesen Infiltraten. Das Knochen¬
mark des Sternums war (makroskopisch) frei von
Tumor. Da keinerlei Blutveränderung vorhanden
war, faßt F. diesen Fall auf als mediastinales
Rundzellensarkom mit lymphogener Propagation
auf Perikard und Lunge. Es fragt sich nun, wie
die Affektion am Herz, am Pankreas und vor allem
an den Nieren zu deuten ist. F. bringt eine Über¬
sicht über ähnliche in der Literatur niedergelegte
Beobachtungen, speziell solche, wo von einer
symmetrischen Erkrankung von Organen (wie hier
der Nieren) die Rede ist. Diese Fälle werden
näher kritisiert; sie sind nach unseren Kenntnissen
heute als Fälle lymphatischer Leukämie bzw.
Aleukämie aufzufassen. Das Freibleiben von
Lymphdrüsen oder ihre nur untergeordnete Teil¬
nahme an dem Prozeß ist allerdings eine große
Seltenheit. Die diffus infiltrierende lymphatische
Hyperplasie kommt in den verschiedensten Or¬
ganen vor, besonders gorne aber in paarig an¬
gelegten (z. B. Nieren, Hoden, Thränendrüse)
Go gle
symmetrisch. Die Schädigung des Parenchyms
durch die Infiltration ist oft auffallend gering.
Sowohl bei Leukämie, als bei Aleukäumie, und,
wie im Falle F.s, bei Lymphosarkomatose kommt
diese lymphozyt&re Infiltration der Organe vor.
Diese „Lymphozytomatose“ imponiert oft als
Tumor, oft wird sie erst mikroskopisch aufgedeckt
Nach den bisher beschriebenen Fällen läßt sich
nicht sicher sagen, ob in dieser diffusen Infiltra¬
tion etwa eine besondere Form der Leukämie bzw.
aleukämischen Adenie zu suchen ist, oder ob eine
Kombination dieser Prozesse mit Lymphosarkom
vorliegt. Diese Entscheidung kann u. U. ganz
unmöglich sein, wie F. hervorhebt. Denn in dem
von ihm mitgeteilten Falle könnte die Affektion
der Nieren, des Pankreas und des Myokards doch
ebensogut als lymphosarkomatöse aufgefaßt wer¬
den, wie die des Perikards und der Lungen, wenn
der primäre Prozeß als Lymphosarkom des
Mediastinums gedeutet wird. Anders natürlich,
wenn an eine primäre, multiple Entstehung des
Prozesses gedacht wird: dann läge eine, wenn
auch unvollständige, .%/5/merkrankung vor.
Fischer (Göttingen).
1152. Sphäroide und Sphärokristalle in
Krebs- und Riesenzellen; von Paul Ernst
(Beitr. z. path. Anat. u. z. allg. Path. Bd. 53.
S. 429. 1912.)
E. teilt neue Beobachtungen über die von ihm
beschriebenen Sphäroide in Krebszellen mit. Die
neueren Beobachtungen stammen von 2 Fällen
von Gallertkrebs (Gallenblase und Magen); in
beiden Fällen war die Reaktion auf Schleim und
auf Glykogen positiv. Die „Sphäroide“ haben
einen niedoren oder strahligen „Binnenkörper“,
der nach seinen färberischen Eigenschaften kein
Zellkern, sondern ein Fällungs- oder Attraktions¬
zentrum sein muß. Um diesen Binnenkörper lagert
eine hellere, durch radiäre, vom Binnenkörper
ausgehende, speichenartige Gebilde in narbige
Felder geteilte Zone, an deren Rande meist ein
Kern sich anschmiegt. Wahrscheinlich gehen die
Sphäroide aus Zellen hervor, und der Bau der
Sphäroide läßt sich leicht auf kolloidchemische
Gesetze zurückführen, wenn man z. B. die Netz-
und die Wabenstruktur der Gallerten sich ver¬
gegenwärtigt. Die Sphäroide sind kolloidale
Kugeln, und es ist wohl kein Zufall, daß gerade
in diesen Fällen chemisch 2 Kolloide — Mucin
und Glykogen — in den Sphäroiden festgestellt
wurden. — E. teilt ferner Beobachtungen über
Kristalldrüsen in Riesenzellen mit. In den Riesen¬
zellen fanden sich sehr feine, teils strahlenkranz¬
artig, teils zickzackförmig, teils figurenartig an¬
geordnete Kristallnadeln, die wohl Cholesterin¬
kristalle sind. An den Riesenzellen waren Zeichen
der Verschmelzung zweier Zellen miteinander fest¬
zustellen, und dieser Prozeß geht offenbar gleich¬
zeitig mit dem der Kristallbildung vor sich. Die
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UNIVERS1TY OF MICH
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
445
Kristalldrüsen können, bei kolloidaler Lösung des
Cholesterins, auf dem Umweg über kolloidale
Kugeln gebildet worden sein.
F i 8 c h e r (Göttingen).
1153. Ober einen Fall von kongenitaler
Zystenleber und Zystenniere mit Übergang
in riesenhafte Kystombildung; von Friedrich
Vorpahl. (Beitr. z. path. Anat u. z. allg. Path.
Bd. 53. S. 477. 1912.)
V. hat im Greifswalder pathologischen Institut
einen Fall von Zystenleber und Zystenniere bei
einer 4€jähr. Frau beobachtet. Klinisch hatten
seit ca. 8 Jahren Erscheinungen einer rasch wach¬
senden Lebergeschwulst bestanden. Bei der Sek¬
tion fand sich die 18 Pfund schwere Leber ganz
von Zysten durchsetzt, vom Lebergewebe nur im
rechten Leberlappen ein etwa 2 mannsfaustgroßer
Rest. In den beiden vergrößerten Nieren zahl¬
reiche Zysten in Rinden- und Marksubstanz. Die
mikroskopische Untersuchung der kleinen Leber¬
zysten zeigte diese mit kubischem, dem Epithel
der Gallenkanälchen gleichenden Epithel ausge¬
kleidet; die kleinsten Zysten sitzen im intra¬
azinösen Bindegewebe: nie liegt eine Zyste inner¬
halb eines Azinus. In den Nierenzysten fand sich
eine Epithelauskleidung, die dem Epithel der Harn¬
kanälchen durchaus gleicht; eine Beteiligung der
Glomeruli an den Zysten war (auch in Serum¬
schnitten) nicht festzustellen. Nur fanden sich
bisweilen papilläre Wucherungen des Epithels in
der Zystenwand und eine deutliche Vermehrung
des interstitiellen Bindegewebes in Rinden- und
Marksubstanz. Die papillären Wucherungen
sprechen nach V. durchaus für den Geschumlst-
charakter der Affektion, die noch im Fortschreiten
begriffen ist; zugrunde liegt der Zystenbildung in
Nieren wie in Leber eine ( kongenitale ) Hem¬
mungsbildung; daß beide Organe gleichzeitig, wie
so häufig, affiziert sind, spricht schon für die
kongenitale Anlage, aus der sich später die echte
Geschwulst entwickeln kann. Die Zysten in Leber
und Nieren waren völlig in sich abgeschlossen.
Die Epithelien, die ihre Auskleidung bilden, sind
solche, die bei der intrauterinen Entwicklung aus
ihrem normalen Zusammenhang gekommen sind.
Durch die Sekretion (und Degeneration) dieser
Epithelien entsteht der Inhalt der Zysten. Die so
entstandene Geschwulst ist als multilokulares
Kystom zu bezeichnen. Fischer (Göttingen).
UM. Zur Histologie der tuberösen Hirn¬
sklerose an der Hand eines durch Rhabdo-
myome des Herzens komplizierten Falles;
von Willy Jonas. (Frankf. Zeitschr. f. Path.
Bd. 11. S. 105. 1912.)
J. hat im Frankfurter pathologischen Institut
«inen Fall von tuberöser Hirnsklerose bei einem
6 Monate alten Knaben untersucht Von den Ge-
himveränderungen abgesehen zeigte das Kind
noch folgende Veränderungen: Hasenscharte,
Wolfsrachen und multiple Rhabdomyome des
Herzens. Die Nieren erwiesen sich auch bei der
mikroskopischen Untersuchung frei von den cha¬
rakteristischen Veränderungen. Interessant ist,
daß sich makroskopisch am Gehirn von außen die
typischen Verbreiterungen der Windungen und die
Verhärtung gar nicht nachweisen ließen; dagegen
fanden sich die charakteristischen knotigen Pro¬
minenzen in den Seitenventrikeln. Die mikro¬
skopische Untersuchung ergab die für die tuberöse
Sklerose charakteristischen Veränderungen: die
eigenartigen, in die Marksubstanz eingelagerten
Herde mit den großen Zellen, die neuroglionartigen
Knoten in den Ventrikeln mit Kalkkonkrementen.
Die abnormen Zellen und Zellherde sind der Aus¬
druck einer Entwicklungshemmung: und das
gleichzeitige Bestehen anderweitiger Mißbildun¬
gen: Hasenscharte, Wolfsrachen, spricht für die
Richtigkeit dieser Anschauung. Die Entwick¬
lungsstörung zeigt nahe Beziehungen zur Ge-
scAuttitetbildung, wie der Befund der Rhabdo¬
myome erweist. — Letzterer Befund allein schon
gibt vielleicht einen Hinweis darauf, daß, trotz
Fehlens der äußerlich erkennbaren Veränderungen
der Hirnrinde, hier eine tuberöse Sklerose vor¬
liegen müßte. Interessant ist, daß in diesem Falle
die sonst so häufigen Veränderungen der Nieren
und der Haut fehlten. Fischer (Göttingen).
1155. Über die Natur und Herkunft der
Speichelkörperchen und ihre Beziehungen
zu den Zellen des Blutes; von Fritz
Laquer. (Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 11.
S. 79. 1912.)
L. hat im Frankfurter Senckenbergschen In¬
stitut wichtige Untersuchungen über die Natur
und Herkunft der Speichelkörperchen angestellt.
Zunächst wurden Zählungen vorgenommen. Die
durchschnittliche (ziemlich wechselnde) Menge
Speichelkörperchen ist 2000 im mm», im Lauf des
Tages nehmen sie L a. zu. Morphologisch findet
man 2 Formen: Kleine, mit vielgestaltigem Kern
und wenig Protoplasma, und größere, mit einem
oder mehreren Kernen. Diese letztere Form färbt
sich zunächst nur schwach mit Methylenblau,
jedoch nach 10—20 Minuten genau so wie die
erste Form. Alle größeren Speichelkörperchen,
deren Protoplasma erhalten ist, geben die Oxy-
dasereaktion. Demnach sind die meisten Speichel¬
körperchen Leukozyten, und nicht Lymphozyten.
Auch bei der kleinsten Form zeigt der Kern nicht
die Struktur des Lymphozytenkems. Nun fragt
sich, von welchen Zellen sind die Speichelkörper¬
chen abzuleiten: Versuche mit Blutleukozyten und
-Lymphozyten, die dem Einfluß des Speichels aus
gesetzt werden, ergeben: die Leukozyten erfahren
mannigfache Queüujtgserscheinungen, so daß
sogar Formen entstehen, die im gefärbten Aus¬
druck als Myelozyten erscheinen. Die Lympho-
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446
V. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
zyten werden zu pyknotischen blauen Kugeln,
geben nie Oxydasereaktion, halten sich aber
länger im Speichel als die Leukozten. Bei gründ¬
licher Reinigung des Mundes finden sich weniger
Speichelkörperchen und mehr die kleinen Formen.
Nach all den Ergebnissen haben wir demnach in
den Speichelkörperchen es mit polymorphkernigen
Leukozyten zu tun, die unter dem Einfluß des
Speichels mehr oder weniger Quellungserschei¬
nungen darbieten. — Wenn, nach anderer An¬
schauung, die Speichelkörperchen Lymphozyten
wären und aus den Tonsillen stammten, so müßten
eigentlich nach Tonsillektomie die Speichelkörper¬
chen verschwinden: nun zeigt aber die Unter¬
suchung, daß die Tonsillektomie (nach Abklingen
des Operationsreizes) gar keinen Einfluß auf die
Zahl der Speichelkörperchon hat. Histologische
Untersuchungen an Tonsillen zeigen neben Lym¬
phozyten auch polymorphkernige Leukozyten im
Epithel. Doch sind diese Befunde für die Lösung
der Frage nicht verwertbar. Es ist anzunehmen,
daß auch aus anderen Teilen der Mund- und
Rachenhöhle Leukozyten in den Mund auswandorn
und zu Speichelkörperchen werden. Die Ansicht
S t ö h r s, daß sie aus Lymphozyten, die durch die
Tonsillen durchtreten, sich ableiten, ist unrichtig,
ebenso die Weidenbachsche Ansicht von der Um¬
wandlung der Lymphozyten in Leukozyten, d. h.
Speichelkörperchen. Fischer (Göttingen).
1156. Grundprobleme der Geschwulst¬
lehre; von Bernhard Fischer. (Frankf.
Zeitschr. f. Path. Bd. 11. S. 1. 1912.)
F. erörtert einige wichtige Fragen der Ge¬
schwulstlehre. Was kann die anatomische, histo¬
logische Untersuchung von Geschwülsten zur Lö¬
sung des Geschwulstproblems beitragen? Die
Genese kann sie zunächst nicht ergründen: denn
die anatomische Methode gestattet nicht, Vorgänge
zu beobachten. Es ist unrichtig, aus einer histo¬
logischen Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von
Tumorzellen mit irgendwelchem Gewebe, — Organ-
zcllen, zu schließen, daß die Tumorzellen histo-
genetisch sich von diesen ableiten — wenngleich
das ja oftmals zutreffen mag. Die anatomische
Methode gestattet nicht, Aufschlüsse über die
Genese der Tumoren zu erlangen. Das histologi¬
sche Bild zeigt uns nur „Momentaufnahmen“ eines
Stadiums, meist eines Endstadiums, einer Ge¬
schwulst Viel mehr könnte die histologische
Methode leisten, wenn die Entwicklungsstadien
der Tumorzellen gerade so, wie die der normalen
Gewebszellen entwicklungsgeschichtlich verfolgt
werden könnten. Da wir aber noch nicht in der
Lage sind, irgendwie Geschwülste experimentell
zu erzeugen, so ist diese Forderung zunächst aus¬
sichtslos. Wir müssen erst die Entwicklungs¬
potenzen normaler Körperzellen und ihre Diffe¬
renzierungshöhe genauer kennen lernen, erfor¬
schen, auf welcher Entwicklungsstufe eine be¬
stimmte Differenzierung der Zelle fixiert wird.
Dann wird zu erforschen sein, ob die Geschwulst¬
zellen überhaupt eine gleiche oder ähnliche Ent¬
wicklungsgeschichte haben. Die Tumorzellen sind
zwar körpereigene Zellen, aber biologisch von den
Körperzellen durchaus verschieden: sie unter¬
stehen nicht mehr den normalen Gesetzen der
Regeneration, dem normalen Organisationsplan,
und es ist daher von vornherein fraglich, ob sie
von normalen Körperzellen abgeleitet werden
können. Fischer (Göttingen).
1157. Das Pigment des Hinterlappens
der menschlichen Hypophyse; von Martin
Vogel. (Frankf. Zeitschr. f. Path. Bd. 11. S. 166.
1912.)
V. hat eingehende Untersuchungen über das
Pigmont im Hinterlappen der menschlichen Hypo¬
physe angestellt. Die Untersuchungen wurden an
Stufenschnitten der median durchschnittenen, ein¬
gebetteten Hypophyse vorgenommon. Bei Kindern
bis zu 10 Monaten fand sich kein Pigment; da¬
gegen regelmäßig vom 4. Lebensjahre ab. Zu¬
nächst findet es sieh in länglichen Zellen, dann
mit Vorliebe in dem perivaskulär angeordneten
Bindegewebe, und ist dann meistens in förmlichon
Nestern abgelagert. Es bestehen Beziehungen
zwischen der Monge des Pigments und der Menge
der in den Hinterlappen einwandernden baso¬
philen Zellen des Vorderlappens, in denen eben¬
falls Pigmentkörner sich vorfinden. Wahrschein¬
lich wandolt sieb ein Teil dieser Zellen in die
„Pigmentkörper“ — kernlose, runde oder tropfen¬
förmige Gebilde, etwa von der Größe der ein¬
wandernden Zellen — um, ein anderer Teil zerfällt
und das freiwerdende Pigment wird von Binde¬
gewebszellen des Hinterlappens aufgenommen.
Im allgemeinen nimmt mit dem Alter auch die
Pigmentmenge zu. Fälle mit wenig Pigment sind
bei Frauen häufiger als bei Männern; und zwar
sind bei Graviden die Hypophysen i. a. sehr arm
an Pigment. Kachektische Prozesse sind ohne
Einfluß auf die Menge des Pigments. — Die Ein¬
wanderung von Vordcrlappenzellen dauert das
ganze Leben hindurch; sie sind vermutlich Träger
einer bestimmten, noch unbekannten Funktion, sie
erleiden im Hinterlappen eine Umwandlung und
das Pigment wäre demnach als eine Schlacke
dieses Stoffwechsels aufzufassen. Weitere Unter¬
suchungen über die Beziehung des Pigments zu
den „einwandernden“ Zellen und auch Unter¬
suchungen über die Pigmentmenge bef Hypo¬
physengeschwülsten wären von größtem Interesse.
Fischer (Göttingen).
1158. Hypophysistumor ohne Akrome¬
galie; von K. Martius. (Frankf. Zeitschr. f.
Path. Bd. 11. S. 192. 1912.)
M. berichtet über einen im Frankfurter
Senckenbergschen Institute untersuchten Fall von
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VI. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
447
Hypophysontumor bei einem 70jähr. Mann. Die
klinischen Erscheinungen waren Schwindelanfälle,
Bewußtseinsstörungen, Spasmen der oberen Ex¬
tremitäten; beiderseitige Optikusatrophie. Tod an
Schluckpneumonie. Akromegalie bestand nicht.
Bei der Obduktion fand sich ein etwa hühnerei-
großer, knolliger Tumor der Hypophysengegend.
In den oberflächlichsten Teilen der Geschwulst
waren mikroskopisch noch ein schmaler Saum
normalen Hypophysengewebes (Vorderlappen-
und Hinterlappengewebe) nachzuweisen. Die Ge¬
schwulst zeigte den typischen Bau der Hypo-
physenadenmne. Die Zellen gaben nirgends die
für die Chromophilen charakteristischen Farb¬
reaktionen, sie sind frei von Granulis; sie färben
sich mit Eosin nur ganz schwach. Dem Bau nach
ist die Geschwulst gutartig. Es handelt sich hier
also um einen jener seltenen Fälle von Hypo¬
physentumor ohne Akromegalie: es ist typisch,
daß in allen diesen Fällen, wie auch im vorliegen¬
den, die Geschwulst nicht aus den eosinophilen
Zellen bestand. Diese Feststellung stützt durchaus
die Theorie Bernhard Fischers, wonach
die Akromegalie durch eine Hyperfunktion der
Hypophyse, und zwar der sekretionstüchtigen
eosinophilen Zellen hervorgerufen wird.
Fischer (Göttingen).
1159. Hypophysis und Adipositas hypo-
genitatis; von Bernhard Fischer. (Frankf.
Zeitschr. f. Path. Bd. 11. S. 145. 1912.)
Bernhard Fischer hat 1910 die Theorie
auf gestellt, daß die Dystrophia adiposo-genitalis
durch eine Schädigung des hinteren, nervösen
Teils der Hypophyse entstehe; wenn eine solche
auch häufig durch Tumoren in der Hypophysen¬
gegend erfolgt, so kann doch wohl jede Art von
Störung der Funktion des nervösen Teiles der
Hypophysen diesen Effekt haben. F. bespricht
nun kritisch die seit Aufstellung seiner Theorie
erschienenen einschlägigen Beobachtungen und
Theorien, sowie die Ergebnisse der experimen¬
tellen Untersuchungen. Das Bild der Dystrophia
adiposa-genitalis wird experimentell erzeugt bei
Entfernung der ganzen Hypophyse, wie bei iso¬
lierter Schädigung des Hinterlappens; aber auch
bei Entfernung des Vorderlappens, wobei' eine
Schädigung des nervösen Teils kaum zu vermei¬
den ist. Schlüsse aus den Experimenten können
nur dann gezogen werden, wonn jedesmal eine
genaue histologische Untersuchung in Serien¬
schnitten erfolgt. Bei der Dystrophia adiposo-
genitalis des Menschen handelt es sich meistens
um eine Schädigung des Hinterlappens durch
Druck. Die Ansicht, daß die Adipositas nur eine
Folge der Genitalstörung sei, ist abzulehnen. Das
Bild der Dystrophia adiposo-genitalis ist kein so
scharf umschriebenes, wie das der Akromegalie.
Fischer (Göttingen).
1160. Hypophysis und Akromegalie; von
Bernhard Fischer. (Frankf. Zeitschr. f.
Path. Bd. 11. S. 130. 1912.)
Bernhard Fischer hat in einer Mono¬
graphie 1910 die Ansicht vertreten, daß die Akro¬
megalie durch eine Hyperfunktion der Hypophyse
zustande kommt. Es sind offenbar die eosino¬
philen Zellen der Hypophyse, die hierbei eine
wichtige Rolle spielen. F. bespricht die in letzter
Zeit über Akromegalie erschienenen Arbeiten. Bis
jetzt ist noch kein einziger Fall von Akromegalie
mitgeteilt worden, in dem hyperplastische Ver¬
änderungen der Hypophyse gefehlt hätten. Auch
ein von P e t r 6 n mitgeteilter Fall kann die F.sche
Theorie nicht Umstürzen. In diesem Falle ist
erstens der Nachweis, daß spezifische Hypo¬
physisveränderungen fehlten, nicht erbracht, und
zweitens ist die Diagnose: Akromegalie, hier zwei¬
felhaft; vielmehr lag offenbar eine Kombination
von Syringomyelie mit Riesenwuchs vor.
Fischer (Göttingen).
1161. Über 3000 mit der Hoegyesschen
Methode prophylaktisch behandelte Fälle
von Lyssa; von F. Murillo. (Zentralbl. f.
Bakt. Bd. 62. H. 7. S. 606.)
Nach den Erfahrungen im hygienischen In¬
stitut in Madrid ist die Hoegyessehe Impfmothode
des Budapester Instituts der Pasteurschen Wut¬
schutzimpfung überlegen. Unter den 3000 Behan¬
delten starben 13, davon 6 nach Ablauf der ersten
15 Tage nach Beendigung der Behandlung. Wer¬
den diese, wie üblich, allein in Betracht gezogen,
so ist der Prozentsatz der Gestorbenen = 0,2.
Walz (Stuttgart).
VI. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
1162. Über die Wirkung von Natrium¬
karbonat auf basische Farbstoffe und deren
Giftigkeit; von J. Traube. (Biochem. Zeitschr.
Bd. 42. S. 496. 1912.)
T. untersuchte eine große Anzahl basischer
Farbstoffe auf ihr Verhalten gegenüber Kaul¬
quappen mit und ohne Zusatz von Natriumkarbo¬
nat und ermittelte als allgemeine Regel, daß basi¬
sche Farbstoffe, die die Oberflächenspannung des
Wassers erniedrigen, Kaulquappen gegenüber
meist giftiger sind als solche, die keine Erniedri¬
gung der Oberflächenspannung bedingen. Es
wäre mithin die Oberflächenspannung ebenfalls
einor der wichtigen Faktoren, von donen die Gif¬
tigkeit abhängt. Junkersdorf (Bonn).
1163. Über die Wirkung von Basen und
basischen Salzen auf Alkaloidsalze; von
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448
YL Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
J. Traube. (Biochem. Zeitechr. Bd. 42. S. 470.
1912.)
T. erbrachte durch systematische quantitative
Versuche an Kaulquappen und Daphnien den Be¬
weis, daß die pharmakologische und toxische Wir¬
kung sehr vieler Alkaloide durch alkalische Salze
wesentlich verstärkt werden kann. Die angestell-
ten Versuche ergeben, daß im Organismus vor¬
nehmlich die Menge und Stärke des Alkalis und die
Natur des Alkaloides maßgebend sind für die
Alkaloidwirkung an einer bestimmten Stelle. Es
eröffnet sich hiermit die Möglichkeit, Alkaloide
an Körperstellen wirken zu lassen, wo sie unter
gewöhnlichen Umständen gar nicht oder nur
schwach wirksam sind, wenn wir an diesen
Stellen den Alkaligehalt der Natur des Alkaloids
entsprechend steigern. T. empfiehlt wegen der
Wichtigkeit dieser Tatsache für den Praktiker bei
der Dosierung von Alkaloidsalzen auf die Gegen¬
wart von Alkali in Form von Natriumkarbonat
Wert zu legen und auf den großen Unterschied in
der Giftwirkung bei Anwendung der freien Alka¬
loide und deren Alkaloidsalze zu achten.
Junkersdorf (Bonn).
1164. Über die Resorption von Digitoxin
aus Digitalispräparaten und über ihre Be¬
ziehung zu Wirkung und Nebenwirkungen
derselben; von Gottlieb und Ogawa.
(Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 42 u. 43.)
Das Digitoxin wird erst im Dam resorbiert.
Die Resorption erfolgt immer relativ langsam und
ist im günstigsten Falle nach 5—6 Stunden voll¬
endet; bei Stauung im Pfortaderkreislauf wird sie
sehr erschwert. Daraus ergibt sich eine besondere
Indikation für die Verwendung gut resorbierbarer
Digitalispräparate.
Aus dem Digipuratum erfolgt die Resorption des
Digitoxins bedeutend rascher als aus den Fol. digital,
(titrata). Infolgedessen erweist sich das Digipuratum
als das wirksamere Präparat. Die Magenstörungen bei
Digitalismedikation können auf Magenreizung beruhen
oder das Symptom der Resorption toxischer Gaben dar¬
stellen. Bei Katzen treten die Störungen resorptiver
Natur frühestens nach 6 Stunden auf, während Er¬
brechen infolge von Magenreizung meist schon innerhalb
der ersten 3 Stunden auftritt. Aus derartigen Ver¬
suchen regibt sich, daß das Digipuratum die Magen¬
schleimhaut deutlich weniger reizt als die Blätter, und
zwar ist der Unterschied so groß, daß bei einem gleich¬
wertigen Blätterpulver fast ausnahmslos innerhalb
3 Stunden Erbrechen eintritt, während das Digipuratum
in der gleichen wirksamen Dosis niemals Erbrechen
durch Magenreizung hervorruft. Die Ursachen der stär¬
keren lokalen Reizung der Folia digital, müssen also
in den Bestandteilen enthalten sein, die bei der Dar¬
stellung des Digipnratums ausgeschieden werden.
Im allgemeinen wirken die Digitalispräparate
um so stärker magenreizend, je länger ihre Ver¬
weildauer im Magen ist. Unter den geprüften
Formen der Anwendung war die Verweildauer im
Magen am kürzesten und die Resorption am
raschesten nach Digipuratum in Lösung, dem¬
nächst bei Digipuratumpulver in Suspension; das
Blätterpulver der Folia digitalis titrata verhielt
sich in beiden Richtungen wesentlich ungünstiger.
Das Infus wird aus dem Darm fast so gut resor¬
biert, wie die Digipuratumlösung, verweilt aber
lange im Magen und ruft am schnellsten Er¬
brechen hervor.
Die Versuche geben den klinischen Beobach¬
tungen eine experimentelle Grundlage, daß das
Digipuratum im Verhältnis zu seiner Wirkungs¬
stärke die Verdauungsorgane weniger belästigt.
Die wirksamen Bestandteile der Blätter werden
aus dem gereinigten Extrakt bedeutend rascher
resorbiert als aus den Blättern. In gleich wirk¬
samer oder sogar noch etwas wirksamerer Gabe
reizt Digipuratum die Magenschleimhaut nach¬
weisbar weniger als die Folia digitalis titrata und
ihr Infus. Bachem (Bonn).
1165. Arsen und Digitalis bei Lungen¬
tuberkulose; von A. Jaoobi. (Albany med.
Ann. Bd. 33. S. 377. 1912.)
Nach der Anschauung J.s sollte auf die medi¬
kamentöse Behandlung der Lungentuberkulose
größerer Wert gelegt werden. Die alleinige Ver¬
ordnung von frischer Luft, Ruhe und anderen phy¬
sikalischen Maßnahmen, sowie einer besonderen
Ernährung erscheint ihm ungenügend, insbeson¬
dere sieht er in der Anwendung der sogenannten
symptomatischen Arzneimittel wie Kampfer,
Opiumpräparaten usw. unentbehrliche Hilfsmittel.
Vor allem sollte aber monate- und jahrelang Ar¬
senik gegeben werden. Gewöhnlich verordnet er
dieses gleichzeitig mit einer kleinen Digitalisgabe,
sowie mit Guajakolkarbonat (Vortrag, gehalten
in New York am 17. April 1912.)
Flury (Würzburg).
1166. Über die Zuckerdichtigkeit der
Nieren nach wiederholten Adrenalininjek¬
tionen; von A. v. Konschegg. (Arch. f.
exper. Path. u. Pharm. Bd. 70. S. 311. 1912.)
Die nach Adrenalininjektion auftretende Diu¬
rese ist von der Glykosurie unabhängig. Auch
durch aufgesetzte Salzdiurese gelingt es nicht, bei
durch wiederholte Adrenalininjektionen zucker¬
dicht gemachten Tieren Glykosurie zu erzeugen.
Im Blut solcher Tiere ist eine gegen die Norm ver¬
änderte Verteilung des Blutzuckers nicht nach¬
weisbar. Die Nieren solcher Tiere enthalten nicht
nur nicht weniger, sondern erheblich mehr Zucker
als solche normaler (bis zu 0,2% gegenüber
0,04«/,,).
Aus diesen Versuchen schließt v. K. also, daß
Glykosuriehemmung nicht dadurch bedingt ist,
daß die Nieren unfähig wären, Zucker aus dem
Blute aufzunehmen. Bachem (Bonn).
1167. Vaguserregbarkeit und Vagus¬
gifte; von 0. Loewi. (Arch. f. exper. Path. u.
Pharm. Bd. 70. S. 351. 1912.)
Wie Muskarin, so steigert auch Pilokarpin in
sehr kleinen Mengen die Erregbarkeit des Vagus
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VI. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
449
beim Frosch. Im Stadium der Vaguslähmung
während der Muskarin- und Pilokarpinwirkung
existiert weder beim Frosch noch beim Kaninchen
Ventrikelautomatie, es werden vielmehr Sinus,
Atrium und Ventrikel gleichmäßig von der Läh¬
mung betroffen. Während elektrischer Vagus¬
dauerreizung kann eine aufgesetzte Muskarin- und
Pilokarpindosis den Effekt der ersteren steigern
oder ohne Wirkung bleiben, je nach Stadium und
Intensität der Dauerreizung und Größe der auf¬
gesetzten Giftdosis.
Superposition von Pilokarpin oder Muskarin
auf Pilokarpin oder Muskarin wirkt ganz analog
wie Superposition von elektrischer Vagusreizung
auf eine bereits bestehende. Im Stadium der Un¬
wirksamkeit superponierter Giftdosen kann elek¬
trische Vagusreizung, wenn auch schwächer, doch
noch wirksam sein.
Physostigmin sensibilisiert im Gegensatz zur
elektrischen Vagusreizung für die Pilokarpin- und
Muskarinwirkung nicht.
Aus diesen Versuchen, folgert, daß die Wirkung
von Pilokarpin und Muskarin als Vagusreizung
mit Sitz an der myoneuralen Verbindung aufzu¬
fassen ist Die Erregbarkeitsänderungen des
Vagus, insbesondere auch die Vaguslähmung, ist
als Folge dieser Vagusreizwirkung zu betrachten.
Bachem (Bonn).
1168. Physiologische Wertbestimmung
am Danndarm. Nebst Beiträgen zur Wir¬
kungsweise des Pilokarpins; von P. Neukirch.
(Pflügers Arch. Bd. 147. S. 153. 1912.)
Zu physiologischen Wertbestimmungen am
isolierten Darm eignen sich nach Angabe N.s am
besten 2—3 cm lange Stücke des Kaninchen dünn-
darmes, welcher vorher sorgfältig ausgespült ist
und in Salzlösung von ca. 30° unter Sauerstoff¬
zufuhr mehrere Stunden aufbewahrt werden kann.
Der Versuch selbst wird bei Körpertemperatur in
Tyrodescher Lösung ausgeführt. Das Präparat
behält hier stundenlang gleichen Tonus, gleiche
Amplitude und gleichen Rhythmus bei.
Für ein solches Präparat ist Pilokarpin ein er¬
regendes Gift Die minim al wirksame Dosis liegt
bei 0,005 mg in 100 ccm Salzlösung. Die Ver¬
giftung ist selbst nach großen Dosen durch Aus¬
waschen reversibel. Ersetzt man bei einem hoch¬
gradig vergifteten Darm die pilokarpinhaltige
Salzlösung durch normale, so tritt eine plötzliche
Tonuszunahme und darauffolgend ein Absinken
des Tonus unter die vor dem Auswaschen vor¬
handene Tonushöhe ein. Verschiedene Gründe
lassen es als möglich erscheinen, daß die anfäng¬
liche stärkere Erregung auf dem Auswandem des
Pilokarpins aus der Darmschlinge in die um¬
gebende Lösung beruht Dittler (Leipzig).
1169. Über die Wirkungen des „Pitui¬
trin“ auf Kreislauf und Atmung; von O. Pan¬
kow. (Pflügers Arch. Bd. 147. S. 89. 1912.)
ßohmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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Die Wirkung kleiner intravenös injizierter
Pituitrindosen besteht darin, daß der Blutdruck
nach anfänglicher kurzer Steigerung stark ab¬
fällt, um schließlich wieder über die Norm zu
steigen. Dieser charakteristische Effekt ist auch
nach beiderseitiger Vagusdurchschneidung, sowie
am atropinisierten Tier zu erzielen, so daß es P.
wahrscheinlich ist, daß es sich um eine direkte
Beeinflussung des Herzens handelt Die Atmung
zeigt kurz nach der Injektion meist einen vorüber¬
gehenden ein- oder mehrmaligen Stillstand und
bleibt auch nach einmaliger Injektion oft auf Tage
hinaus verlangsamt. Der primäre Atmungsstill¬
stand tritt nach Ausschaltung der Vagi nicht mehr
ein, dürfte also auf einer peripheren Vagusreizung
beruhen. D i 111 e r (Leipzig).
1170. Alkohol als Arzneimittel; von Wil¬
liam F. Boos. (Boston med. and surg. Journ.
1912. Nr. 3. S. 81.)
Nach kurzer Besprechung der lokalen und
resorptiven Wirkungen des Alkohols werden die
Untersuchungen von Kraepelin, Hans
Meyer u. a. eingehender behandelt B. kommt
zu dem Schluß, daß Alkohol weder als Nährstoff,
noch als Arzneimittel Verwendung finden sollte.
Flury (Würzburg).
1171. Die Verteilung des Chloroforms
im Blut; von G. Herbert Clark und Do-
rothy Lindsay. (Lancet 1912. Nr. 4639.
S. 235.)
C. und L. untersuchten die Verteilung des
Chloroforms im Blut von Kaninchen nach Inhala¬
tion und nach subkutaner Injektion. Die Kanin¬
chen wurden im ersteren Falle gewogen, eine
Stunde lang narkotisiert, getötet und schnell ver¬
blutet, das Blut wurde in 15proz. Kalziumoxalat¬
lösung aufgefangen, die Blutmischung 3 Stunden
lang zentrifugiert und nach der Methode von
Nicloux untersucht. In einer zweiten Ver¬
suchsreihe wurden den Tieren 1—3 ccm Chloro¬
form subkutan injiziert, worauf sie nach 2 bis
3 Stunden getötet und wie oben erwähnt verblutet
wurden. Aus den Versuchen geht hervor, daß der
Chloroformgehalt im Blut 2—4 Stunden nach der
Injektion am höchsten ist. Bei den Inhalations¬
versuchen ergaben sich für den Chloroformgehalt
des Plasmas Werte von 9,2—14,8°/o des gesamten
im Blut vorhandenen Chloroforms, bei den Injek¬
tionsversuchen dagegen 18,4—27,6 # /o- Die ver¬
zögerte Ausscheidung des Chloroforms dürfte also
auf eine verschiedene Fixierung zurückzuführen
sein; auch die stärkere Schädigung der Gewebe
bei der Injektion von Chloroform ist sehr wahr¬
scheinlich auf die gleiche Erscheinung zurückzu¬
führen. Flury (Würzburg).
1172. Jod als Gegenmittel bei Karbol¬
säurevergiftung; von J. Mab er ly. (Transv.
med. Journ. 1912. Nr. 11. S. 240.)
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450
VI. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
Bericht über einen Fall von Karbolsäurevergif¬
tung bei einem 18 Monate alten Kind, das etwa
einen Eßlöffel voll Jeyes’ Fluid zu sich genommen
hatte. M. gab zweimal einen halben Teelöffel voll
Jodtinktur in einem Weinglas voll Wasser und er¬
zielte schnelle Wiederherstellung des Patienten.
Er empfiehlt deshalb unter Bezugnahme auf drei
ähnliche Erfolge dringend die gegenseitige An¬
wendung von Jod und Karbolsäure als chemische
Antidota. F1 u r y Würzburg).
1173. Einige neuere Anwendungsarten
von Kalzium; von Tasker Howard. (New
York med. Journ. Bd. 95. Nr. 24. S. 1264. 1912.)
Zusammenfassende Darstellung der Wirkung
und Anwendung des Kalziums, in welcher auf die
Literatur seit den Untersuchungen Ringers
Bezug genommen wird. Eigene Beobachtungen
werden nicht mitgeteilt. . Flury (Würzburg).
1174. Die Beziehungen des Kalziums
zu den Frühstadien der Tuberkulose, zur
Arteriosklerose und zu Geisteskrankheiten;
von Chas. F. Disen. (New York med. Record
1912. Nr. 2174. S. 16.)
In einer Besprechung des allgemeinen Zell¬
stoffwechsels betont D. die besondere Bedeutung
des Kalziums. Nach seiner Auffassung besteht eine
gegenseitige Beziehung zwischen den Fettsub¬
stanzen und den phosphorsäurehaltigen Radikalen
der Zelle einerseits und dem Kalzium andererseits.
Mangel an einem Bestandteil führt auch zu einem
Fehlen des anderen. So stehen auch fettige Ent¬
artung und Verkalkung in enger Beziehung zu¬
einander. Nach einer Aufzählung dor Bedeutung
und der Wirkung des Kalziums hei verschiedenen
Krankheiten diskutiert D. die Theorien über die
Disposition zur Tuberkulose während der Lakta¬
tion und Gravidität als Folge von großen Kalk¬
verlusten, die Immunität der Kalkofenarbeiter, der
Herzkranken und der Gichtleidenden gegen Tuber¬
kulose als Folge von Verschiebungen des Kalk¬
stoffwechsels, das Auftreten von arterioskleroti¬
schen Veränderungen während der Frühtuber¬
kulose und nach der Pubertät. Bezüglich der
Geisteskrankheiten wird darauf hingewiesen, daß
die graue Hirnsubstanz mehr Kalk benötigt als
die weiße. Auch gewisse geistige Störungen wäh¬
rend der Menstruation möchte D. als Folge von
Kalziumverlusten ansehen. Zum Schlüsse weist
er auf die Wichtigkeit der Kalktherapie bei den
genannten Krankheiten hin. Wo Kalzium fehlt,
soll es entweder in Form von Kalziumsalzen ge¬
geben werden oder es kann die Resorption des mit
der Nahrung zugeführten Kalziums durch Dar¬
reichung von Phosphorsäure oder halbdurchgcbra-
tenem Fleisch befördert werden. Zu diesem letz¬
teren Zwecke kann auch Salzsäure in Milch ge¬
geben werden. Flury (Würzburg).
1175. Über den Einfluß von Corpus
luteum und Hypophyse auf den Stoff¬
wechsel; von Sack. (Arch. f. exper. Path. u.
Pharm. Bd. 70. S. 292. 1912.)
Die mitgeteilten Versuche ergaben, daß Hypo¬
physenextrakt (Lobus anterior) keinen Einfluß auf
den Stoffwechsel hat. Das Corpus luteum hat eino
spezifische Einwirkung auf den weiblichen Orga¬
nismus, die sich in einer starken Vergrößerung des
Stickstoffansatzes ausdrückt, während ein Einfluß
auf den männlichen Organismus nicht nachgewie-
son werdon konnte. Die für Corpus luteum er¬
haltenen Resultate legen den Schluß nahe, daß der
rotinierte Stickstoffüberschuß irgendwo im weib¬
lichen Sexualapparat verwendet werdon muß. Um
nähere Anhaltspunkte zu gewinnen, wurden
j weibliche Ratten zwei Wochen lang jeden zwei¬
ten Tag mit Corpus luteum injiziert und darauf
eine Inspektion der in Betracht kommenden Or¬
gane vorgenommen. Es schien nun in der Tat im
Vergleich zu normalen Tieren, die unter denselben
Bedingungen gehalten waren, eine makroskopisch
nachweisbare Veränderung der Milchdrüsen und
des Uterus, sowie der zu diesen Organen führen¬
den Blutgefäße vorzuliegen.
Weitere Versuche stellt S. in Aussicht-
Bachem (Bonn).
1176. Ein Beitrag zur Wirkung der
Opiumalkaloide, unter besonderer Berück¬
sichtigung des Pantopons; von Barth.
(Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 70. S. 258.
1912.)
Die Arbeit behandelt die Wirksamkeit ver¬
schiedener Morphinpräparate (Morph, hydrochlor.,
mekonsaures Morphium, Pantopon, Narkotin), so¬
wie der Mekonsäure. Die eben tödliche Gabe be¬
trug für salzsaures Morphium (auf freie Morphin-
base berechnet) 0,5 mg pro Gramm Frosch¬
gewicht, für das mekonsäure Morphium (eben¬
falls auf Morph, pur. berechnet) 0,45 mg, für Pan¬
topon (alle Alkaloide als Morph, pur. berechnet)
0,15—0,3 mg, für Narkotin hydrochloric. (als freie
Base berechnet) 0,7—2 mg und für die freie
Mekonsäure 3 mg pro Gramm Frosch. Ebenso
sind für die einzelnen Präparate die Dosen an¬
gegeben, die Ertragen der Rückenlage und erste
Reflexsteigerung bewirken. Bachem (Bonn).
1177. Die Behandlung der Opium¬
vergiftung mit dem faradischen Strom;
von Frederick Taylor. (Lancet 1912. Nr. 17.
S. 1120.)
Die Behandlung der Opiumvergiftung zerfällt
in drei Teile: 1. die Entleerung des Magens, 2. die
Anwendung von Gegenmitteln und 3. die Ver¬
hinderung der Somnolenz und des Komas. Von
Gegenmitteln kommen hauptsächlich in Betracht
Atropin und Kalziumpermanganat. Von den zahl¬
reichen Maßnahmen gegen die Somnolenz und
Respirationslähmung hält T. die intensive fara-
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VI. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie und Toxikologie).
451
dische Reizung der gesamten Körpermuskulatur
für die beste und wirksamste. Der Patient wird
hierbei sowohl durch allgemeine periphere Stimu¬
lation als auch infolge der Erregung des Atem¬
zentrums wach gehalten. Besonders wird die
faradische Behandlung, kombiniert mit künst¬
licher Atmung, empfohlen. F1 u r y (Würzburg).
1178. Delle variazioni della formula
leucocitaria durante il sonno da ipnotici;
per Taddei. (Arch. di farm, sperinr. Bd. 14.
S. 359. 1912.)
Kaninchen erhielten Paraldehyd, Chloralhydrat
und Veronalnatrium; die Bestandteile des Blutes
wurden vor dem Schlafe, während desselben und
«ach dem Erwachen genau bestimmt. Besonders
charakteristisch war die Vorminderung der Lym¬
phozyten und die bedeutende Vermehrung der
Neutrophilen während des Schlafes.
Bachem (Bonn).
1179. Die Behandlung der Seekrank¬
heit mit Veronal; von Coulomb. (Clinique
1912. Nr. 10.)
C. sah gute prophylaktische Wirkung bei See¬
krankheit von Veronal in Gaben von 0,5 (bei sehr
kräftigen Personen 1 g) in heißer Flüssigkeit
’/* Stunde vor Abfahrt des Schiffes. Dem Mittel
kann auch rektal oder als leicht lösliches Veronal¬
natrium gegeben werden. Bachem (Bonn).
1180. Erfahrungen mit Noviform in der
kleinen Chirurgie; von H. Koder. (Wien,
med. Woch. 1912. S. 1958.)
Noviform, Tetrabrombrenzkatechinwismut, ist
ein gelbes, unlösliches, geruchloses Pulver, das
außerordentlich stark antiseptisch wirkt und als
Jodoformersatz dient. Die antiseptische Kraft
wurde durch bakteriologische Versuche dargetan,
auch die Prüfung bei Verletzungen aller Art,
Furunkeln, Panaritien usw. zeigte die Brauchbar¬
keit dieses Wundstreumittels. Bei tuberkulösen
Prozessen soll lOproz. Noviformöl dem Jodoform
ebenbürtig sein. (Hersteller: Chemische Fabrik
v. Heyden, Radebeul.) Bachem (Bonn).
1181. Behandlung und Heilung von
Krebskranken durch innerlich und äußer¬
lich angewendete medikamentöse Mittel;
von Adolf Zeller. (Münehn. med. Woch.
1912. Nr. 34. S. 1841.)
Die Zellersche Therapie besteht in der Kombi¬
nation der Anwendung einer Arsenikpaste mit dem
innerlichen Gebrauch von Kieselsäure. Sie wird
vor allem bei oberflächlichen Hautkrebsen emp¬
fohlen und eignet sich nicht für die bösartigen
Formen der Schleimhautkrebse und die Krebse
und Sarkome innerer Organe. Auf die gereinigte
Krebsgeschwulst wird eine Zinnober-Arsenikpasta
„Cinnabarsana" aufgelegt, während man innerlich
dreimal täglich je '/, g Alkalisalze der Kieselsäure
gibt, die von Z. „Nacasilicium“ genannt werden.
Das Nacasilicium soll auch nach eingetretener
Heilung noch mindestens ein Jahr lang genommen
werden. Nach den Beobachtungen Z.s wirkt die
Paste ganz intensiv nekrotisierend auf Krebs¬
geschwülste ein. Der Veröffentlichung ist eine
von V. Czerny verfaßte Einleitung voraus¬
geschickt, in der auf die Bedeutung von kombi¬
nierten Methoden bei der Krebsbehandlung hin¬
gewiesen wird. Flury (Würzburg).
1182. Experience of the dioradin treat-
ment; by Cecil Wall. (Brit. med. Journ.
1912. Nr. 2690. S. 109.)
Dioradin, das eine Mischung von Jodpepton,
Menthol, einer ätherischen Lösung von Radium-
Bariumchlorid und Mandelöl sein soll, wird bei
Tuberkulose in Form von intramuskulären Injek¬
tionen von 1 ccm empfohlen. Nach den Angaben
von Bernheim zerstört es den Kochschen Ba-
„zjllus und Streptokokken und verbessert den Ge¬
samtzustand des Patienten bei Drüsen-, Kehlkopf-
und Lungentuberkulose. Die Versuche von W.
konnten einen Beweis für die therapeutische
Wirksamkeit des Dioradins nicht erbringen.
Flury (Würzburg).
1183. Zur oberhessischen Ergotismus-
epidemie von 1855/56; von M. Jahrmärker.
(Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. P9ych. Bd. 5. S. 190.
1911.)
Das vorliegende Roferat umfaßt ein Material
von 108 Fällen, von denen 102 schon 1856 von
Heusinger beschrieben worden sind. J! ist
es gelungen, die Angaben Heusingers durch
Erhebungen bei älteren Ärzten, Bürgermeister¬
ämtern usw. durch Katamnesen zu ergänzen, wo¬
durch auf den Gesamtverlauf der betreffenden
Epidemie manches neue Licht geworfen worden
ist. Es fanden sich bei den Erkrankten häufig
Fehlen der Patollar- und Achillessehnenroflexe, bei
einzelnen Fehlen der Armreflexe entsprechend dor
von Tuczek nachgewiesenen Hintorstrang¬
erkrankung. Die Mortalität betrug nicht ganz
20°/ o . Ein sicherer Beweis dafür, daß die Nach¬
kommenschaft früherer Ergotismuskranker eine
auf den Ergotismus zurückzuführende ererbte
Minderwertigkeit gezeigt hätte, konnte aus dem
Studium der Epidemie nicht erbracht werden.
M u g d a n (Freiburg i. B.).
1184. Studi sugli elementi figurati del
sangue in alcuni awelenamenti dasostanze
metemoglobinizzanti ; per Mazzotto. (Arch.
di farm, sperim. Bd. 14. S. 315 u. 325. 1912.)
Bei Vergiftung mit Chloraten läßt sich eine
bedeutende Methämoglobinämie erzielen, ohne daß
es zu groben Veränderungen der roten Blutkörper¬
chen kommt. Bei nicht tödlicher Vergiftung be¬
merkt man einige Tage lang nukleäre und poly¬
chromatophile Erythrozyten. Poikilozytoso und
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452
VII. Innere Medizin.
■
vergeh rümpfte Erythrozyten zeigen sich besonders sehe Blutprobe; von R. Orbän. (Orvosi
bei Pyrogallolvergiftung, bei der man mit verhält* Hetilap S. 526.)
nismäßig kleinen Mengen die Blutkörperchen zer- Die mit der v. Liebermannschen Blutprobe
stören kann. Bei den weißen Blutkörperchen angestellten Versuche führten zu folgenden Re-
zeigen sich Anschwellung, Degeneration, Vermin- sultaten:
derung der eosinophilen Zellen und progressive i. Behandelt man die Versuchstiere (Kanin-
Leukozytose. Im Protoplasma der weißen Blut- chen) mit Blei, Quecksilber und Phosphor, so
körperchen zeigen sich mitunter Fragmente von ze j gen die roten Blutkörperchen der Tiere eine
roten Blutkörperchen und Granula, die als ganz auffallende Erhöhung der Resistenz.
Methämoglobingranula (Krönig) bezeichnet wer- 2. Durch die Einwirkung von Benzin und
don. Diese sind von verschiedener Form und Benzol wird die Resistenz der Erythrozyten herab-
Farbe. Das Erscheinen dieser endozellulären Gra- ges otzt. Dieselbe Wirkung entfaltet, wie dies
nula ist indes kein konstanter Befund und für eine frühere Versuche zeigten, Alkohol
Methämoglobinvergiftung nicht beweisend. Ubri- 3 . i n bezug auf Beginn der Giftwirkung und
gens sind die Pigment- und globulitragenden Zellen dem Auftreten der Blutveränderung konnte fest-
nicht sehr häufig. Gleiche Erscheinungen können gestellt werden, daß letztere bei Quecksilber, Ben-
an don Zellen auch durch andere Lrsachen hervor- z j n un d Benzol rasch, während sie bei Phosphor
gerufen werden (andere hämolytische Gifte, Lun- am nächsten Tag und bei Blei erst in einer Woche
geninfarkt). Bachem (Bonn). auftritt.
4. Nach Aufhebung der Gift Wirkung zeigt die
1185. Über Gewerbe-Vergiftungen, mit Resistenz der roten Blutkörperchen wieder nor-
besonderer Rücksicht auf die Liebermann- male Werte. Rosenthal (Budapest).
VII. Innere Medizin.
1186. High blood pressure and the com- Nitrite. Das Hauptmittel bei entwickelten Herz-
moner affections of arte ries; by H. French. Symptomen ist Digitalis. Walz (Stuttgart).
(Lancet Bd. 183. S. 69. 1912.) 1187. 2ur Wjrkung | oka | er Prozeduren
Wenn man sich allein auf die herrschenden au f das Blut; von R. von den Velden.
Theorien für die Entstehung der Arteriosklerose (Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 70. S. 55.
stützt, sei es die toxische Theorie oder die Theorie 1912 .)
der vermehrten poripheren Resistenz,, wird man Es wurde die Beeinflussung der Gerinnungs-
nicht immer den richtigen Weg für die Therapie Schnelligkeit des kapillaren wie venösen Blutes
einschlagen. Nach F. kann der Blutdruck ohne durch verschiedene physikalische und chemische
Nachteil nur solange herabgesetzt werden, als der Eingriffe auf beschränkte Haut- und Schleimhaut-
Muskel in der Artorienwand wirklich noch Muskol b e2 j r ke untersucht. Durch kurzfristige, räumlich
ist und durch Arteriongymnastik wieder, zur beschränkte Kälteapplikation (Eisblase. Chlor-
großen Entlastung des Herzens, unter die Kontrolle äthylspray) wird e i ne Verkürzung der Gerinnungs-
des vasomotorischen Systems gebracht werden zed des Blutes bewirkt. In gleicher Weise wirkt
kann. Ist aber die Wand der meisten Arterien, lokale Anwendung von Wärme auf das Blut. Auch
speziell im Gebiet des Splanchnikus, fibrös und nach stomac haler Zufuhr von Adstringentien, die
nicht mehr muskelhaltig, so muß der Blutdruck ^ei i eerem Magen dessen Schleimhaut reizen, war
steigen, wenn der Patient nicht dauernd arbeits- d ie Gerinnungszeit verkürzt Die durch die lokalen
unfähig sein soll. Die richtigen Grundsätze für die p rozedure n bedingte Änderung der Gerinnungs-
Behandlung sind sonach: 1. Prophylaxe; Mäßig- Schnelligkeit des Blutes ist die Folge einer Be-
keit im Essen und .Trinken, gehörige Abwechs- einflussung der Zusammensetzung des Gesamt-
lung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, hlutes, wodurch der Gerinnungsakt in Mitleiden-
so daß nicht zu lange der gleiche Blutdruck in den schaft gozogen wird . 1 s a a c (Wiesbaden).
Extremitäten, dem Splanchnikusgebiet oder im
Gehirn besteht. 2. Erleichterung in frühen Sta- H88. Untersuchungen über die Kohlen¬
dien durch stufenweise vorgenommene, sorgfältig säurespannung in der Alveolarluft der
überwachte „Arteriengymnastik“. 3. Die Erkennt- Lungen bei akut febrilen Krankheiten; von
nis, daß in vorgeschrittenen Stadien von Arterio- U. S. Fridericia und 0. Olsen. (D. Arch.
sklerose hoher Blutdruck notwendig ist; daß er f- klin. Med. Bd. 107. S. 236. 1912.)
durch Bettruhe herabgesetzt werden kann, daß Untersuchungen an Patienten mit akuten
aber, wenn der Patient noch Arbeit leisten soll, fieberhaften Erkrankungen ergaben, daß während
das Herz fähig gemacht werden muß für den des Fiebers die Kohlensäurespannung der Alveo-
hohen Blutdruck. Herztraining durch Massage, larluft häufig herabgesetzt ist. Vielleicht hängt
Turnübungen sind wichtiger als Jodide und dies mit der leichten Azidosis zusammen, die bei
Go gle
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VH. Innere Medizin.
453
febrilen Krankheiten öfters festzustellen ist. Das
Verhalten der Kohlensäurespannung in der Alveo¬
larluft beim Fieber ist also analog dem Verhalten
der COj-Spannung bei Sauerstoffmangel, über¬
anstrengender Muskelarbeit, dekompensierten Herz¬
fehlern, diabetischem Koma und Urämie. Zu¬
ständen, bei denen die Spannung der Kohlensäure
in der Alveolarluft ebenfalls vermindert gefunden
wurde. Isaac (Wiesbaden).
1189. Variations in the response of
different arteriös to blood serum and
plasma; by H. A. Stewart and S. C. Harvey.
(Proceed. of the Soc. f. exper. BioL and Med.
New York Bd. 9. Nr. 4. S. 84.)
Auf experimentellem Wege wurde nachgewie¬
sen, daß sowohl Blutplasma wie Blutserum eine
Substanz enthalten, die eine Dilatation der Nieren¬
gefäße veranlaßt und zu den Proteiden gehört.
Durch das Gerinnen wird eine andere Substanz
frei, die als Vasokonstriktor auf die Koronar-, die
Nieren- und die Extremitätengefäße, und zwar
direkt auf die Mukularis einwirkt. Sie gehört
nicht zu den Proteiden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1190. Blood transfusions-indications,
methods and results; by B. Vincent
(Boston med. and surg. Journ. 1912. S. 239.)
Als Indikationen für Bluttransfusion erkennt
V. akute Hämorrhagie, Schok, Gasvergiftung, dann
pathologische Hämorrhagie bei Ikterus, Hämo¬
philie und sekundäre Anämie. Die Wirkung geht
aber oft nicht über den Ersatz der verlorenen
Blutmenge oder Wiederherstellung der Zellele-
mente hinaus. So wird z. B. bei einer typhösen
Darmblutung durch eine Transfusion weder der
Verlauf wesentlich beeinflußt, noch eine Wieder¬
holung der Blutung vermieden. Der Erfolg einer
Transfusion ist mehr als von einer bestimmten
Methode von der persönlichen Erfahrung des
Ausführenden abhängig.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1191. Die Wirkung unmittelbarer Er¬
wärmung und Abkühlung der Wärme-
zentra auf die Körpertemperatur; von H. G.
Barbour. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm.
Bd. 70. S. 1. 1912.)
Um die Temperatur der Wärmezentra zu be¬
einflussen, wurde nach Art des Wärmestichs ein
dünnes Metallröhrchen in das Gehirn von Kanin¬
chen eingeführt, und durch dieses Röhrchen
Wasser verschiedener Temperatur durchfließen
gelassen. Durch Erwärmen der Temperaturzentren
sank die Körpertemperatur, während Abkühlung
des Zentrums eine Erhitzung des Körpers be¬
wirkte. Durch die zentral applizierte Kälte bzw.
Wärme werden auch die periphere Vasokonstrik¬
tion und Vasodilatation beeinflußt
18 a a c (Wiesbaden).
1192. Über die Pulsform in elastischen
Arterien; von R. Friberger und E. Veiel.
(D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107. S. 268. 1912.)
Aus früheren Untersuchungen von Veiel
hatte sich ergeben, daß am Pulse der sehr muskel¬
reichen Arteria radialis bei vermehrter Kontrak¬
tion oder bei erhöhtem Tonus der Gefäßwand die
sekundären Wellen deutlicher und zahlreicher
hervortreten als bei geringer Kontraktion und ver¬
mindertem Tonus. Um die Frage zu entscheiden,
ob diese Änderungen der Pulsform vorwiegend
von der vermehrten Spannung der Gefäßmuskeln
abhängig sind, oder ob auch die bei vermehrter
Kontraktion gesteigerte Fortpflanzungsgeschwin¬
digkeit der Pulswelle, sowie die Steigerung und
Verminderung der Herztätigkeit für die Gestaltung
der Pulsform maßgebend sind, haben F. und V.
mit dem Fxankschen Spiegelsphygmographen die
Pulsform einer Arterie mit vorwiegend aus elasti¬
schen Elementen bestehender Wandung — näm¬
lich der Art. carotis sin., untersucht. Der Puls der
Art. carotis zeigt das typische Bild der zentralen
Pulsform. Durch Maßnahmen, welche den Kon¬
traktionszustand der Gefäße vorübergehend än¬
dern (Kälte, Wärme), wird die Form des Pulses
dieser elastischen Arterie in geringerem Maße und
in anderer Weise beeinflußt als der Puls der
muskulösen Arteria radialis. Fast immer fehlt die
für letztere so charakteristische Änderung der
sekundären Wellen. Die Untersuchung der Puls¬
form bei pathologischen Zuständen ergab folgen¬
des: Die Arteriosklerose bringt die sekundären
Wellen beider Pulse zum Verschwinden; bei chro¬
nischer Nephritis und juveniler Sklerose werden
die sekundären Wellen der muskulösen Arterie
verstärkt, während die Pulsform der elastischen
Arterie unverändert bleibt. Die Differenzen in
don Erscheinungen der Pulsform an beiden Ar¬
terien erklären sich durch den verschiedenen Ge¬
halt ihrer Wand an Muskulatur. Die Wand¬
beschaffenheit ist also von größter Bedeutung;
Änderungen der Herztätigkeit spielen nur bei
Klappenfehlern und Arhythmien eine Rolle.
Isaac (Wiesbaden).
1193. Zur Frage der prämonitorischen
Symptome der Thrombosen bzw. Embolien;
von Felix Krämer. (D. med. Woch. 1912.
Nr. 28. S. 1328.)
Subfebrile Temperaturen und vermehrte Puls¬
zahl bzw. allmählicher Pulsanstieg sprechen für
beginnende Thrombose, wenn die Symptome durch
lokale Entzündungen nicht anderweit erklärt wer¬
den können. In solchen Fällen ist Frühaufstehen,
selbst Aufsitzenlassen zu verbieten, da die Gefahr
der Embolie vorhanden ist. Auch subjektive
Symptome wie heftige Kopfschmerzen, ziehende
Schmerzen in den Beinen und unter dem Poupart-
schen Bande, große Mattigkeit und plötzliches
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454
VII. Innere Medizin.
Seitenstechen sind in solchen Fällen von pro¬
gnostischer und diagnostischer Bedeutung.
Hahn (Marburg).
1194. Studien über die Technik der
klinischen Blutdruckbestimmung nebst Be¬
obachtungen über Schwankungen in der
Stabilität der arteriellen Tension; von Claes
J. Enebuske. (Münchn. med. Woch. 1912.
Nr. 29. S. 1608.)
E. hat mit dem Sphygmomanometer von
Riva-Rocci und dem Sphygmometer von
Block-Verdin parallel Untersuchungen vorge¬
nommen. Er fand bei gesunden jungen Indivi¬
duen, ebenso bei verhältnismäßig kräftigen
Lungenkranken eine Übereinstimmung in den
Werten beider Methoden. Bei schwächlichen In¬
dividuen dagegen wird mit dem Sphygmomano¬
meter nicht der wirkliche Blutdruck, sondern
meist eine kurz andauernde Abweichung von der
Tension gemessen, die auf reflektorischem Wege
zustande kommt. Bei Lungenleiden konnte meist
eine Hypertension, in allen Fällen jedoch eine
hochgradige Blutdrucklabilität festgestellt werden.
Hahn (Marburg).
1195. A study of the endocardial lesions
of subakute bacterial endocarditis, with
particular reference to healing or healed
lesions; with clinical notes; by E. Lib¬
man. (Amer. Joum. of the med. Sc. Sept 1912.
S. 315.)
Alle Fälle von bakterieller Endokarditis haben
oin ausgesprochenes und in der Regel höheres
Fieber als solche nicht bakteriellen Ursprungs.
Die Milz ist stets sehr vergrößert. Es können sehr
heftige Schmerzen bestehen. Charakteristisch für
bakterielle Endokarditis sind schmerzhafte kutane
erythematöse Knötchen. Eine Empfindlichkeit
des Brustbeins findet sich bei beiden Gruppen von
Endokarditis, Potechien vorzugsweise bei solcher
mit Bakterien. Eine Heilung der Krankheit liegt
durchaus im Bereiche der Möglichkeit.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1196. Herzarhythmien infolge von Stö¬
rungen in der Leitungsfähigkeit des Herz-
muskels ; von Danielopolu. (Rivistastüntzelor
med. April 1912. S. 266.)
Störungen in der Leistungsfähigkeit des Myo¬
kards bewirken Verlängerung der Pause zwischen
Vorhof- und Vontrikelzusammenziehung und treten
klinisch unter der Form von paroxystischer oder
permanenter Bradykardie auf. Erstere erscheint
als vorübergehende Verlangsamung des Horz-
rhythmus im Verlaufe der sonst normalen Kon¬
traktionen und tritt meist in Verbindung mit ner¬
vösen Störungen auf. Bei letzterer ist die Ver¬
langsamung des Pulses eine fortdauernde und
dieser Zustand kann jahre- und jahrzehntelang
andauern. In den meisten Fällen ist die perma¬
nente Bradykardie von der paroxystischen ab¬
geleitet. Die meisten derartigen Kranken haben
zu Beginn ihres Leidens nervöse Symptome dar¬
geboten, die auf Gehirnanämie beruhen und
welche den von Adams-Stokes beschriebe¬
nen Symptomenkomplex darstellen. Die Kranken
leiden an Schwindel und können für kurze Zeit
das Bewußtsein verlieren. Bei längerem An-
dauem der ventrikulären Intermittenzen kann es
zu epileptiformen Anfällen kommen. Ja, es kann
bei längerem Andauern der Krisen auch der Tod
eintreten. Die Intensität der nervösen Erschei¬
nungen hängt von dem Grade der Gehirnanämie,
d. h. von der Länge der ventrikulären Inter¬
mittenzen ab.
Falls die paroxystische Bradykardie in eine
permanente übergeht, verschwinden auch die ner¬
vösen Störungen, denn das Gehirn gewöhnt sich
an den selteneren Herzrhythmus, indem bei jeder
Systole eine größere Menge Blut in den Kreislauf
gelangt, als es für gewöhnlich der Fall ist.
D. studiert in eingehender Weise alle Formen
der in Rede stehenden Herzaffektion und bringt
zahlreiche einschlägige graphische Tabellen.
Das einzige Mittel, welches bei diesen Zu¬
ständen wirksam erscheint, ist das Atropin,
welches namentlich bei den paroxystischen Brady¬
kardien gute Erfolge gibt. Die Digitalis ist meist
kontraindiziert, indem durch Reizung des Vagus
gerade noch größere Störungen in der Leistungs¬
fähigkeit des Myokards hervorgerufen werden.
Nichtsdestoweniger sind Fälle bekannt, wo Digi¬
talis eine Besserung des Zustandes bewirkt hat,
und zwar bei jenen Patienten, die eine Erweite¬
rung des rechten Herzens hatten. Boi syphili¬
tischer Natur der Krankheit ist oft durch eine
spezifische Behandlung eine manifeste Besserung
der Symptome zu erzielen. T o f f (Braila).
1197. Das Verhalten des Elektrokardio¬
gramms bei akuter parenchymatöser De¬
generation des Herzmuskels (Phosphor-
und Arsenvergiftung); von Schott (D. Arch.
f. klin. Med. Bd. 107. S. 375.)
S. hat bei Kaninchen durch Phosphor- und
Arsenvergiftung Degenerationen des Herzmuskels
hervorgerufen und vermittelst des großen Saiten¬
galvanometers von Edelmann während der
Vergiftung vom Ösophagus und Anus aus Elektro¬
kardiogramme aufgenommen. Aus seinen Ver¬
suchen geht hervor, daß fortlaufende Änderungen
in der Form des Elektrokardiogramms auftraten.
Die Vorhofschwankung wird breiter und gegen die
Höhe der Vergiftung geringer in Höhe. Das
Kammerelektrokardiogramm zeigt zwei Stadien
an: im ersten Stadium entsteht allgemeine Ab¬
flachung der Zacken, besonders der Nachschwan¬
kung. In der zweiten Phase wird die Initial¬
schwankung höher, sie wächst um J /* bis zur
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VII. Innere Medizin.
455
doppelten ursprünglichen Größe, die Finalschwan¬
kung erreicht ebenfalls eine ganz abnorme Größe.
Ein Fall von menschlicher Phosphorvergiftung
.zeigte ebenfalls dieses Verhalten. Auffallend ist,
daß 0 Stunden vor dem Tode noch die Final-
sebwankung so onorm groß ist. S. hält die von
ihm geschilderten fortlaufenden Veränderungen
des Elektrokardiogramms für charakteristisch bei
parenchymatöser Degeneration.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1198. Orthoradiography of the heart and
aorta; by Fowler, W. Hope and Ritchie.
(Edinb. med. Joum. Bd. 9. Nr. 3. 1912.)
In einer eingehenden Besprechung wird die
Apparatur und Technik der Orthodiagraphie bo-
handelt. Es werden die Pulsationen des Herzens
und der Gefäße, sowie die Einflüsse der Respira¬
tion auf die Brustorgane erläutert, weiterhin die
verschiedenen Formen, welche das Herz unter Be¬
stehen von Klappenfehlern annimmt, zum Schluß
auch die Aneurysmen, ohne daß etwas Neues aus
Her Arbeit hervorginge.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1199. Die klinischen Bilder der syphi¬
litischen Aortenerkrankungen; von Eduard
Stadler. (Arb. a. d. med. Klinik zu Leipzig
H. 1.)
S. gibt auf Grund einer 167 Nummern um¬
fassenden Literatur eine Schilderung des Krank-
hcitsbildes der syphilitischen Erkrankungen der
Aorta, in welcher er die drei Hauptformen, dio
Aortitis mit oder ohne Beteiligung der Koronar¬
arterien, die Aorteninsuffizienz und das Aneu¬
rysma unterscheidet. Er betont den Wert der
Röntgenuntersuchung und der Wassermannschen
Reaktion. In der Behandlung stellt er voran eine
energische antisyphilitische Therapie, von der er
bisher nur die Quecksilber- und Jodbehandlung
vorgenommen hat. Ober die S&lvarsanbehandlung
hält er mit dem Urteil zurück.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1200. Studies of malaria in Panama:
relation of malaria to other diseases with
especial reference to dysentery; by W. V.
Brem. (Arch. of int. Med. June 15. 1912.
S. 698.)
Aus dem vergleichenden Studium von über
4000 Malariafällen in Panama ließ sich ersehen,
daß nur 1 °/ 0 oder weniger durch akute Dysenterie,
Amöbendysenterie, Typhus, Pneumonie, Lungen¬
tuberkulose und chronische Nephritis kompliziert
ist. Mit keiner der genannten Krankheiten besteht
ein ätiologischer Zusammenhang. Am häufigsten
von jenen treffen Amöbendysenterie, sowie ge¬
wöhnliche Dysenterie mit Malaria zusammen, sel¬
tener Nephritis und Tuberkulose. Während letz¬
teres jedenfalls auf Zufall beruht, handelt es sich
in den anderen Fällen wahrscheinlich um latente
Malaria, die durch den dysenterischen Prozeß zum
Aufflackern kommt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1201. Un cas de bilharziose intestinale
contracts ä la Gouadeloupe; parCourtois-
Suffit, Jacquet und L. G6 ry. (Gaz. des
Höp. 1912. Nr. 56. S. 833.)
Der Fall von Bilharziosis mit tödlichem Verlauf
binnen 1 Jahr bei einem 12jähr. Knaben ist der
erste in Guadeloupe beobachtete. Bemerkenswert,
abgesehen von typischer Bilharziosis des Kolons
und Zirrhose der Leber sind die tuberkelähnliehen
Eruptionen in den Lungen mit massenhafter An¬
siedelung von Eiern des Schizomum Mansoni.
Walz (Stuttgart).
1202. Die funktionelle Bedeutung der
Atemmechanik und die Lungenventilation
bei kardialer Dyspnoe; von Richard Sie¬
beck. (D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107. S. 252.
1912.)
S. hat im Anschlüsse an frühere diesbezügliche
Arbeiten die Lungenventilation bei kardialer
Dyspnoe studiert. Die Versuchsanordnung war
folgende: Die Patienten atmen aus einem kleinen
Spirometer Wasserstoff ein und atmen in das
Spirometer wieder aus. Es werden die Größe der
In- und Exspiration, der Wasserstoffgehalt der ge¬
samten Exspiration und der des letzten Stückes
der Exspiration bestimmt. Es ergab sich, daß bei
kardialer Dyspnoe mit der Exspiration mehr In¬
spirationsluft wieder ausgeschieden wird als nor¬
malerweise bei gleichor Atemexkursion. Der Nutz¬
effekt der Ventilation ist also kleiner; weiterhin
wird der Rest der Inspirationsluft im Lungen¬
hohlraume viel weniger gleichmäßig verteilt, als
bei Gesunden durch gleiche Atembewegung. Diese
Erschwerung der Ventilation wird bedingt durch
gewisse Veränderungen der Lunge bei kardialer
Dyspnoe (Lungenstarre, Stauungsbronchitis). Die
Erkenntnis, daß bei Herzinsuffizienz durch den
pathologischen Zustand der Lunge die Ventilation
rein mechanisch beeinträchtigt wird, ist nicht nur
für die theoretische Auffassung der kardialen
Dyspnöe von Bedeutung, sondern erklärt auch dio
guten Erfolge der bisher nur empirisch ange¬
wandten Sauerstofftherapie der kardialen Dyspnöe,
da es wohl denkbar ist, daß in schlecht ventilierte
Alveolarbezirke durch das viel größere Diffusions¬
gefälle bei der Einatmung von reinem Sauerstoff
mehr Sauerstoff in die Alveolen eindringen kann.
T s a a c (Wiesbaden).
1203. Moderne Emphysembehandlung;
von Ludwig Hofbauer. (Wien. klin. Woch.
1912. Nr. 13. 8. 482.)
H. gibt zunächst einen Überblick über die bis¬
herigen Behandlungsmethoden. Es konnte sich
weder die Anwendung der verdünnten Luft, noch
die der verdichteten behaupten. Die Durchschnei-
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456
VII. Innere Medizin.
düng der starr gewordenen Rippenringe ist nur
dann indiziert, wenn einerseits die Knorpelver¬
änderungen als primär entstanden angenommen
wurden und andererseits Bronchitis und Herzver¬
änderungen nicht ausgesprochen waren. H. be¬
richtet über seine großen Erfolge, die er mit der
Atemgymnastik erzielt hat, am besten mittels des
„Exspirators“, der die Ausatmungszeit gegenüber
der Einatmungszeit wesentlich verlängert und in
der letzten Phase der Exspiration durch ein „Kom-
pressorium“ das Zwerchfell nach oben drängt.
Nach kurzer Zeit ist dieser neue Atemtypus an¬
gelernt und wird das Kompressorium durch die
Bauchpresse ersetzt. Hahn (Marburg).
1204. Ungewöhnliche Respirationsstö¬
rungen bei Hemiplegie; von V. Simerka.
(Revue v. neuropsychopathologii 1912. H. 2.)
Bei einer Gehirnläsion kann sowohl das Respi¬
rationszentrum, als auch das Vasomotorenzentrum
für sich allein oder es können beide Zentra gleich¬
artig ergriffen sein. Es kann daher Tachypnoe
oder Apnöe einerseits, Lungenhyperämie und
Lungenödem andererseits oder eine Kombination
Vorkommen. Für beide Möglichkeiten werden
Fälle aus der Praxis angeführt. Die Prognose ist
beim Auftreten der Respirationslösungen sehr in¬
faust. Therapeutisch empfiehlt sich ein Versuch
mit einer Morphiuminjektion.
Mühlstein (Prag).
1205. Über die Durchblutung nicht at¬
mender Lungengebiete; von R. Hess. (D.
Arch. f. klin. Med. Bd. 106. H. 5 u. 6.)
Wird durch Bronchusverschluß ein Teil der
Lunge außer Tätigkeit gesetzt, so wird die be¬
treffende Lungenpartie doch fast ebensogut durch¬
blutet wie normale Partien. Infolgedessen wird
jedoch das Blut im kleinen Kreislauf nur unvoll¬
kommen arterialisiert und dadurch eine Dyspnoe
hervorgerufen. Die Verhältnisse dürfen mit einer
gewissen Reserve auf die menschliche Pathologie
übertragen werden. Hahn (Marburg).
1206. Klinische und anatomische Bei¬
träge über Adams-Stokessche Krankheit
und Vagusbradykardie; von D. Gerhardt.
(D. Arch. f. klin. Med. Bd. 106. H. ß u. 6.)
4 Fälle von Adams-Stokesscher Krankheit
Beim ersten Patienten ergab die mikroskopi¬
sche Untersuchung einen sehr starken Degenera¬
tionsherd in der nächsten Nähe des Reizleitungs¬
systems; die schweren klinischen Erscheinungen
verschwanden nach wenigen Tagen wieder dauernd.
Im zweiten Falle führte ein chronisch destruiren-
der Prozeß plötzlich zu Anfällen von Kammer¬
stillstand. Nach vorübergehender Besserung er¬
folgte im Anfall der Tod. Beide Schenkel des His-
schen Bündels waren durch einen großen Kalk¬
herd teilweise unterbrochen. Im dritten Falle
wurden die Anfälle von Ventrikelstillstand durch
psychische Erregungen provoziert Beim 4. Patien¬
ten löste eine Reizung des linken Vagus, die durch
Nervenkompre8sion infolge eines Karzinoms her¬
vorgerufen wurde, Attacken von Herzstillstand aus.
Hahn (Marburg).
1207. Über die Diagnose des Pneumo¬
thorax; von Alexander v. Koränyi. (Orvosi
Hetilap 1912. S. 195.)
Daß die bekannten Methoden der physikali¬
schen Untersuchung zur Diagnose des Pneumo¬
thorax nicht ausreichen, lehrte die radiologische
Untersuchung des Thorax, wobei oft das Bestehen
eines Pneumothorax erkannt wird, wo derselbe
durch physikalische Methoden nicht nachweis¬
bar war. Daß die physikalischen Methoden
nicht ausreichend sind, beweisen auch oft die
Fälle von Pneumothorax, welche man selbst
herstellte (Brauer) und mit Hilfe der Perkus¬
sion und Auskultation nicht nachweisen konnte.
Die hier angegebene Methode bezieht sich auf die
Unterscheidung eines pleuritischen Exsudates
gegenüber einem Sero- oder Pyopneumothorax,
Besteht ein einfaches Exsudat, so erhält man
unten Dämpfung, oben normalen LungenschalL
Zwischen diesen beiden Regionen besteht ein all¬
mählicher Übergang des Lungenschalles in die
vollständige Dämpfung, wobei dieser Übergang um
so höher, je schwächer, und um so tiefer, je
stärker man perkutiert, entsprechend der keil¬
förmigen Lage des Exsudats zwischen Lunge und
Thoraxwand. Besteht dagegen ein Pyopneumo¬
thorax, so geht die Dämpfung in der Höhe des
Exsudatspiegels ganz plötzlich in den durch die
vorhandene Luft erzeugten Schall über, ganz un¬
abhängig von der Stärke der Perkussion. Da uns
die souveräne Methode der Röntgenuntersuchung
bei der Entscheidung der Frage, ob ein Pneumo¬
thorax vorhanden ist oder nicht, nicht immer und
überall zur Verfügung steht, dürfte die Möglich¬
keit des eben beschriebenen perkutorischen Nach¬
weises dem Praktiker ganz besonders willkommen
sein. Rosenthal (Budapest).
1208. Further evidence in support of
the toxic pathogenesis of bronchial asthma,
based upon experimental research; by
A. Eustis. (Amer. Journ. of the med. Sc.
Bd. 143. S. 862. 1912.)
Nach E. beruht Bronchialasthma auf einer
Autointoxikation. Er nimmt an, daß ein dem
Muskarin ähnliches Toxin während des Anfalls
im Blut kreist, welches Spasmus der Bronchien
hervorruft Da Charcot-Leydens Kristalle an
Putreszin und Kadaverin gebundene Amine sind,
ist zu vermuten, daß das fragliche Toxin bei den
Aminen zu suchen ist. Tierversuche zeigen, daß
sich durch jj-Amidazolylaethylamin Bronchospas¬
mus hervorrufen läßt, doch ist es noch nicht ge¬
lungen, den Stoff im Blute von Asthmatikern
nachzuweisen. Walz (Stuttgart).
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VII. Innere Medizin.
457
1209. Asthma bronchiale als anaphylak¬
tische Erscheinung; von E. Manoiloff.
(Zentralbl. f. Bakt Bd. 63. S. 564. 1912.)
Auf Grund von interessanten Versuchen kommt
M. zu der Schlußfolgerung, daß das typische
Krankheitsbild des Asthma bronchiale höchst¬
wahrscheinlich eine temporäre anaphylaktische
Erscheinung ist. Die Technik der Versuche lehnt
sich an die übliche Art der Sensibilisierung, M.
nimmt jedoch ziemlich große Mengen des Blut¬
serums der Patienten und der Reinjektion an, hier
Kochsalzschüttelextrakt aus Charcot-Leydenschen
Kristallen. Versuchstiere: Meerschweinchen und
Kaninchen. Während die Kontrolltiere, die mit
normalem menschlichen Serum vorbehandelt wur¬
den und denen nach 48 Stunden dieselbe Kristall¬
lösung des Sputums intravenös eingespritzt wurde,
vollkommen gesund blieben, erkrankten die Ver¬
suchstiere sofort unter Erscheinungen, welche von
M. als anaphylaktische gedeutet werden. Die zu
diesem Symptomen komplex gehörenden Erschei¬
nungen, wie Krämpfe und Temperatursenkung,
scheinen aber nicht beobachtet worden zu sein.
Es stellte sich Dyspnoe, Inkontinenz und Lähmung
der Hinterbeine ein. Die Sektion der häufig in
einigen Sekunden eingehenden Tiere ergab starre
Lungenblähung. Daß die Charcot-Leydenschen
Kristalle als Eiweiß-Zerfallsprodukte aufzufassen
sind, erscheint sicher zu sein; an der Hand von
einem größeren Versuchsmaterial, eine Bedingung,
die bei der großen Schwankung in der Reaktion
der einzelnen Tiere gefordert werden muß, könnte
dann vielleicht die Frage genauer entschieden
werden, ob diese Kristalle als artfremdes Eiweiß
beim Asthma bronchiale fungieren können.
Seitz (Bonn).
1210. Über Asthma; von Cholewa. (Med.
Klin. 1912. Nr. 28. S. 1150.)
C. weist auf den Zusammenhang zwischen
Nasenerkrankungen, speziell Polypenbildungen
und Asthma bronchiale hin. Die Nasenaffektion
bedingt jene vasomotorische Empfindlichkeit, die
reflektorisch eine verstärkte Sympathikus-Aktion
und dadurch den Asthmaanfall hervorruft.
Hahn (Marburg).
1211. Neuer Weg zur Asthmabehand¬
lung; von 0. Weiß. (D. med. Woch. 1912.
Nr. 38. S. 1789.)
W. hat bei einer großen Reihe von Asthma¬
tikern ein fast augenblickliches Verschwinden des
Anfalls dadurch erzielt, daß er den Patienten eine
wässerige Lösung von Nebennierenextrakt mit
Extrakt aus dem infundibularen Lappen der Hypo¬
physis subkutan injizierte. Nebennierenextrakt
allein erwies sich nicht so wirksam wie das kom¬
binierte Mittel. Letzteres wird unter dem Namen
Asthmolysin in Ampullen in den Handel gebracht
I s a a c (Wiesbaden).
8 chmidt8 Jahrb. Bd. 317. H. 5.
1212. The treatment of muscular and
joint diseases by graduated contraction;
.by M. Smart and W. R. Bristow. (Lancet
May 4. 1912. S. 1189.)
Zur Behandlung von Muskel- und Gelenkschä¬
digungen wird die wiederholte und abgestufte
muskuläre Kontraktion vermittelst des Induktions¬
stroms empfohlen. In erster Linie soll die Her¬
stellung des geschädigten Tonus durch die Kon¬
traktion bezweckt werden, weil das nach der An¬
sicht der Verf. der Hauptpunkt ist, um die ge¬
störte Funktion wieder in die rechten Bahnen zu
leiten. Zur Ausübung der genannten Therapie
wurde ein modifizierter Elektrisierapparat hdtge-
stellt, der die Grade der Kontraktion ablesen läßt
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1213. Der Untersuchungsbefund am
rheumatisch erkrankten Muskel; von A.
Müller. (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 74.
H. 1 u. 2.)
Die Untersuchung des rheumatisch erkrankten
Muskels wird am besten bei eingeseifter Haut vor¬
genommen; sie darf sich nicht auf den Ort der
Beschwerden beschränken. Der akut erkrankte
Muskel ist schmerzhaft, geschwollen und fühlt
sich heiß an; sein Hautsymptom ist der Hyper¬
tonus, eine krankhafte Spannung, die ihn brett¬
hart macht. Im subakuten Stadium verringern
sich Hypertonus und Schwellung allmählich.
Während alle anderen Erscheinungen beim chro¬
nischen Rheumatismus bis zu einem gewissen
Grade schwinden können, bleibt immer ein Hyper¬
tonus bestehen, der aber nur konstatiert werden
kann, wenn der betroffene Muskel in die Ruhelage
gebracht wird. Weitere Erscheinungen des rheu¬
matischen Muskels sind Faserverhärtungen und
Insertionsknötchen, auf einer Stauungsinduration
boruhend. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1214. Indikationen für Operationen bei
Erkrankungen des Verdauungstraktes; von
Max Einhorn. (Arch. f. Verdauimgskrankh.
Bd. 18. H. 6. S. 728.)
E. sagt nichts Neues in dieser Arbeit, aber er sagt
Beherzigenswertes, ans großer Erfahrung schöpfend und
von wahrer Humanität beseelt. Man wird die Arbeit
mit Vergnügen lesen. , Kadner (Dresden).
1215. Erbrochener Duodenalschleim im
Migräneanfall; von F. Schilling. (Arch. f.
Yerdauungskxankh. Bd. 18. S. 820. 1912.)
Durch schweren Unfall nervös gewordener 30jähr.
Mann leidet seitdem u. a. an Migräne&nfällen, die nach
Erbrechen and Stuhlentleerung zu Ende zu gehen
pflegen.
In einem solchen Anfalle erbrach der Patient
eine Sehleimmasse von eigentümlicher Form, die
S. für einen Abguß des Duodenum hält, und mit
den auf spastische Vorgänge zu beziehenden
Bronchialabgüssen der Asthmatiker in Vergleich
bringt. Der Hirn reiz des Migräneanfalles sei
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458
VII. Innere Medizin.
wahrscheinlich bei dem Kranken mit einem star¬
ken Sekretionsreiz auf Magen- und Duodenal¬
schleimhaut und mit einem Spasmus der Ring-J
muskulatur verknüpft, welch letzterer sich erst
mit Auftreten des Brechaktes löst.
Kadner (Dresden).
1216. Über das Verhältnis zwischen
Stuhlbild und Darmmotilität und die
wechselnden Stuhlbilder der Hyperazidität
und der Achylie; von Siegfr. Jonas. (Arch.
f. Verdauungskrankh. Bd. 18- S. 769. 1912.)
J. untersucht, wie weit dio Schlüsse berechtigt
sind, die man aus dem Aussehen und der Kon¬
sistenz des abgesetzten Stuhles auf die Darm¬
motilität zu ziehen pflegt — nämlich, daß Diar¬
rhöe beschleunigte, sehr fester Stuhl herabgesetzte
Darmmotilität bedeutet. Diese Ansicht ist nicht
richtig, da die Motilität in verschiedenen Ab¬
schnitten des Darmes unter verschiedenen Um¬
ständen während der Zeit der Formung des Stuh¬
les sehr verscliieden sein kann. In dem Haupt¬
motor des Traktus, dem Magen, bewirkt Hyper¬
azidität meist durch Verstärkung des Pylorusver-
schlusses Verstopfung. Eis kann aber bei dieser
Sekretionsanomalie auch Hypermotilität des
Magens auftreten, die dann Diarrhöe zur Folge hat.
Meist ist das Stuhlbild der Ausdruck der Motilität
des unteren Darmabschnittes. Es kann das Stuhl¬
bild der Verstopfung auftreten nach rascher Pas¬
sage der oberen Darmteile, wenn Verlangsamung
in den unteren folgt. Man kann also aus dem
Stuhlbild der Verstopfung nicht auf Verlang¬
samung der Bewegung im ganzen Darmtrakt
schließen. Ebenso kann Diarrhöe auf Hyper¬
motilität des unteren Dickdarmes beruhen, woraus
nicht auf eine Beschleunigung auch in den oberen
Teilen geschlossen werden kann. Bei Achylie
jedoch besteht meist Hypermotilität des ganzen
Darmtraktus; das Stuhlbild ist deshalb gewöhn¬
lich das der Diarrhöe. Doch wird es auch hier das
der Verstopfung sein können, wenn die Motilität
des unteren Dickdarmes herabgesetzt ist. Wegen
fohlender Diarrhöe kann man also Achylie nicht
ausschließen. Verlangsamte Passage im oberen
Dickdarm, boi Achylie auftretend, deutet auf hoch¬
gelegenes Passagehindernis. Kadner (Dresden).
1217. Über die diagnostische Bedeu¬
tung der Fermentuntersuchungen, speziell
des Labfermentes des Magensaftes bei
Magenkrankheiten. Zugleich ein klinischer
Beitrag zur Frage der Wesenseinheit von Lab und
Pepsin beim Menschen; von L. Rntimeyer.
(Arch. f. Verdauungsknunkh. Bd. 18. S. 571.
1912.)
Die Arbeit gilt der Feststellung der diagnosti¬
schen Bedeutung der Fermentuntersuchungen, spe¬
ziell des Labformentes; vor allem der Auffindung
greifbarer Anhaltspunkte über die Ursache einer
vorliegenden Anazidität des Magensaftes und einer
auch dem praktischen Arzte zugänglichen Me¬
thode zur Entscheidung der Frage, ob eine An¬
azidität benigner oder maligner Natur ist.
Die Labwirkung wurde nach der Methode von Boas,
die Pepsin Wirkung nach der von Mett angestellt. Alle
Magensäfte wurden nach Ew&ldschem Probefrühstück
entnommen.
Das schließliche Ergebnis der zahlreichen
tabellarischen Zusammenstellungen ist, daß bei
Achylie die milchkoagulierende Kraft verdünnten
Magensaftes mehr leidet als die proteolytische,
weniger ist dies der Fall bei Karzinom, am wenig¬
sten bei nervöser Anazidität. Die feiner nuancierte
Labwirkung sei differentialdiagnostisch bei den
genannten Krankheiten wichtiger als die Pepsin-
Wirkung.
Monate und Jahre lang fortgesetzte Serienunter¬
suchungen bei einem und demselben Kranken ließen
sich nicht hänfig durchführen. Wo sie möglich waren,
fand sich bei malignen Prozessen ein langsames Ak
sinken der Fermente.
Da bei Achylie die Fermente sich ziemlich
gleichmäßig verhalten, scheint eintretendes Ab¬
sinken der Fermentwirkung für Entwicklung eines
malignen Prozesses, wenig oszillierende geringe
Fermentwirkung für benigne Achylie, unter HC1-
Gebrauch zunehmende für nervöse Achylie zu
sprechen. Physiologisch ermittelte R., daß die
Sekretion freier Salzsäure und die von Lab und
Pepsin voneinander unabhängig sind. Die Unter¬
suchungen sprechen nicht für die Wesenseinheit
von Lab und Pesin. Kadner (Dresden).
1218. Vergleichende Untersuchungen
über die Röntgenphotographie des Magens
und die Gastrodiaphanie; von Karl Hofius.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 741. 1912.)
Ohne die Bedeutung des Rontgenverfahrens zu ver¬
kennen, bricht H. eine Lanze für die Magendurchleuch¬
tung mittelst einer in diesen gebrachten Lichtquelle.
Das Verfahren sei billiger, nicht an untransportable
Apparate gebunden und deshalb für die Praxis des
Arztes verwendbar und von derselben Brauchbarkeit für
diagnostische Zwecke. Auch seien die Unbequemlich¬
keiten für die Patienten nicht größer, als bei der
Röntgendurchleuchtung. Kadner (Dresden).
1219. Boitrag zur Pathologie und The¬
rapie des Magengeschwürs. I. Die Hyper-
sekretion nach der Probemahlxeit; von Sk. Kemp.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 701. 1912.)
Unter Bezugnahme auf Forschungen R u -
b o w s über das Zustandekommen der sogenann¬
ten Hyperazidität durch Hypersekretion oder
Hypermotilität (vgl. Schmidts Jahrb. Bd. 293.
S. 72. 73) und eine Arbeit von Schütz (vgl.
Schmidts Jahrb. Bd. 313. S. 77), der die Bestim¬
mung der absoluten Salzsäurewerte zur Beurtei¬
lung der Hyperazidität empfiehlt, stellte K. Unter¬
suchungen an über die Bedeutung der Hyper¬
sekretion für die Diagnose: Ulcus ventriculi. Die
Arbeit eignet sich nicht für Wiedergabe im Aus¬
zuge und muß zum Selbststudium empfohlen
werden. Kadner (Dresden).
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VH. Innere Medizin.
459
1220. Enteroptose. Kasuistische Mitteilung ;
von Blitatein. (D. prakt. Arzt Bd. 52. S. 311.
1912.)
Bei einer sehr heruntergekommenen, auch von star¬
ken reflektorischen Herzbeschwerden geplagten Patientin
mit sehr hochgradiger Enteroptose (Magen bis Scham¬
bein, Niere) wurde ein sofortiger Erfolg bezüglich der
Beschwerden erreicht durch Verordnung einer Liegekur,
bei der das Fußende des Bettes erhöht wurde. Wäh¬
rend des Tages durfte die Kranke kurze Zeit auf sein,
und erhielt während dieser Zeit eine Binde. Die Kranke
konnte in erheblich gebessertem Ernährungszustände
schon nach ca. 14 Tagen entlassen werden; Magen
handbreit Aber Symphyse. (Die Kur wird wohl zu früh
abgeschlossen worden sein. Ref.) K a d n e r (Dresden).
1221. Ober eosinophile Proktitis; von
E. Fr icke r. (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18.
S. 656.)
F. konnte unter seinem Material in den letzten
4 Jahren 4mal eosinophile Proktitis im Sinne von
Neubauer und S t ä u b 1 i (vgl. Schmidts
Jahrb. Bd. 297. S. 183) feststellen. Keiner der
Kranken litt an Helminthiasis. Die eosinophilen
Darmausscheidungen und das Krankheitsbild er¬
innern an die beim Bronchialasthma, dem Heu¬
schnupfen und Heufieber auftretenden Erschei¬
nungen. Der Übertritt der eosinophilen Zellen ins
Darmlumen erfolgt nach F. per diapedesin, da das
Blut arm an eosinophilen Zellen ist, diese also
nicht aus Blutaustritten stammen können.
Kadner (Dresden).
1222. Ober den qualitativen Nachweis
von Fett in den Sekreten und Exkreten,
mit besonderer Berücksichtigung der Fäzes;
von H. Lohrisch. (Arch. f. Verdauungskrankh.
Bd. 18. S. 636. 1912.)
Aus der guten Abhandlung ist die Empfehlung
des Nilblausulfats zur Trennung der Fettsäuren
von Neutralfett, über die L. eingehende Unter¬
suchungen anstellte, hervorzuheben.
Für die Untersuchung von Mageninhalt, Fäzes,
Sekreten und Exkreten ist eine konzentrierte wässerige
Lösung des Salzes, die unbeschränkt haltbar ist, anzu¬
wenden. Wenn reichlich Farbstoff zu dem Unter¬
suchungsmaterial zugesetzt ist, färbt dasselbe die Fett¬
säuren blau und die Neutralfette rot; die Differenzierung
tritt im Material, welches beide enthält, wie die der
Abhandlung beigegebenen Abbildungen zeigen, bei
mikroskopischer Betrachtung sehr schön hervor.
„Der Übergang des Neutralfettes in Fettsäure
vollzieht sich auch färberisch ganz allmählich“
im Fetttropfen von außen nach innen, mit einer
violetten Übergangszone. „Die Fettsäurenadeln
entstehen .... erst aus den blaugefärbten, völlig
in Fettsäure umgewandelten Tropfen." Die Fett¬
seifen in den Fäzes färben sich mit Nilblausulfat
nur verwaschen dunkelblaugrau. Außer anderen
kann diese Färbungsmethode die diagnostisch oft
unklaren leichteren Pankreaserkrankungen er¬
kennbar machen. Kadner (Dresden).
1223. Zur Frage von den Störungen der
Fettverdauung bei den Erkrankungen der
Leber und des Pankreas; von E. K. Tauber.
(Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18. S. 627. 1912.)
Da selbst totaler Abschluß des Zuflusses der
Galle die Fettverdauung viel weniger beeinträch¬
tigt, als Abschluß der Pankreassekrete, nimmt T.
an, daß bei Leberzirrhose ohne Gallenabschluß
starke Störungen der Fettverdauung auf mangel¬
hafte Pankreastätigkeit zu beziehen sei.
Bei darauf gerichteten Untersuchungen wurde Kran
ken mit Leberzirrhose 3 Tage lang neben möglichst fett¬
freier Nahrung eine abgewogene Menge Butter gegeben,
weitere 3 Tage lang außerdem Pankreon (Rhenania).,
dessen Wirksamkeit und dessen mögliche Verwendbar¬
keit zu diagnostischen Zwecken dadurch geprüft werden
sollte.
Es wurde die Fettausnutzung im ganzen, die
Fettspaltung und die Fettverseifung durch che¬
mische Untersuchung der Fäzes festgostellt. Die
Fettverseifung war am stärksten herabgesetzt, viol
weniger die Fettspaltung, was vielleicht darauf
beruhe, daß erstere von dem Zutritt größerer
Mengen Alkalien mit dem Pankreassekret ab¬
hängig ist, während letztere schon durch sehr
kleine Mengen von Ferment bewirkt werden kann.
Die Pankreon Wirkung war zwar einigemale recht
deutlich, aber nicht konstant gonug, um zu dia¬
gnostischen Zwecken besonders verwendbar za
erscheinen. Herabsetzung der Fettverseifung und
Fettspaltung bei atrophischer Leberzirrhose ohne
Ikterus und Verbesserung der Fettspaltung durch
Pankreondarreichung sei also als Zeichen für
Herabsetzung der Pankroastätigkeit zu verwerten
und weise auf Ausbreitung des zirrhotischen Pro¬
zesses auf die Bauchspeicheldrüse hin.
Kadner (Dresden).
1224. De l’hömogiobinurie paroxystique;
par R. Hertz et A. Mamrot (Arch. de M6d
expör. Bd. 24. Nr. 9. 1912.)
Im Serum von Kranken mit paroxysmaler
Hämoglobinurie findet sich stets ein spezifischer
hämolytischer Ambozeptor, welcher die roten Blut¬
körperchen sensibilisiert. Die negativen Resultate
der Hämolyse beruhen, wie Kuraagai und
I n o u e gefunden haben, auf den antikomplemen¬
tären Eigenschaften des Serums. Die Anwesen¬
heit dos hämolytischen Ambozeptors genügt allein
noch nicht zur Erklärung der Hämoglobinurie; es
scheint, daß die Fragilität der Blutkörperchen eine
große Rolle spielt. Häufig ist es unmöglich, dio
Anwesenheit von Komplement im Krankenblut
nachzuweisen, trotzdem kann ein Anfall eintreten.
was nicht übereinstimmt mit der Angabe von
G1 ä ß n e r und Pick, wonach eine Beziehung
zwischen Eintreten des Anfalls und Vorhanden¬
sein von Komplement bestehen soll.
Walz (Stuttgart).
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460
VII. Innere Medizin.
1225. L’albuminuria provocatanell’accer-
tamento delle latenze nefritiche; per R.
Scalia. (Rif. med. Bd. 29. S. 29. 1913.)
Injektionen von 2—3 ccm reinem Hühner-
eiweiß vermögen bei beginnender Nephritis eine
mäßige Albuminurie hervorzurufen, die innerhalb
von 6—22 Stunden nach der Einspritzung verläuft
und wenige Zentigramm gewöhnlich nicht über¬
steigt. Das Maximum wird gleich nach Beginn
beobachtet. Schädliche Nebenwirkungen hat dio
Methode nicht; artifizielle Albuminurie tritt aber
auch bei gewissen anderen Veränderungen des
Organismus, wie Herzfehler, auf.
Pischer-Defoy (Quedlinburg).
1226. Nephrolithiasis gigantica; von A. A.
Grawe. (Chirurgija Bd. 32. S. 691. 1912.)
G. beschreibt einen Fall eines an Größe sehr
seltenen Nierentumors, welcher von Bere-
s o w s k y bei der 49jähr. Pat. entfernt wurde und
371,5 g wog; die entfernte Niere wog 1100 g. Auf¬
fallend waren die geringen Symptome; vor 8 Jah¬
ren beim Beginn der Menopause verspürte die
Patientin kurz anhaltende Schmerzen in der rech¬
ten Nierengegend, die zur Schulter ausstrahlten
und sich selten wiederholten, so daß sie ihren
Feldarbeiten nachkommen konnte. Erst vor einem
halben Jahre traten die Schmerzen öfter auf.
N. Krön (Moskau).
1227. Die Atmungsstörungen der Ur¬
ämischen; von J. Pal. (Med. Elin. 1912.
Nr. 50. S. 2022.)
P. unterscheidet 2 Gruppen von Atmungs¬
störungen bei Urämie:
1 . Subakute Störungen, die die unmittelbare
Folge der Wirkung der Toxämie auf das Gehirn
sind. Hierher gehört die „laute Atmung“, auf¬
fallend durch ihre Hörbarkeit, Beschleunigung
und geringe Vertiefung. Sie entsteht wohl durch
eine Reizung des Atmungszentrums. In vorge¬
schrittenen Graden von Somnolenz geht sie in
eine der Kußmaulschen großen Atmung ähnliche
Atmung über. Diese ist wahrscheinlich eine Folge
der Ausschaltung gewisser Himteiie durch Gehirn-
ödem. Schließlich gehört hierher die in ihren
Grundlagen noch unbekannte Cheyne-Stokessche
Atmung.
2 . Akute Atmungsstörungen, die mit der Tox¬
ämie durch kardiovaskuläre Vorgänge in mittel¬
barer Beziehung stehen. Sie sind Produkte der
bei der akuten Urämie im arteriellen System herr¬
schenden Hochspannung. Durch diese kann ent¬
weder eine relative Insuffizienz des linken Ven¬
trikels, Lungenvenenstauung, Lungenödem: par¬
oxysmale kardiale Hochspannungsdyspnöe zu¬
stande kommen, oder bei arbeitsfähigen Herzen
kann eine akute passive arterielle Hirnhyperämie
mit anschließender Erhöhung des Liquordrucks: i
paroxysmale zerebrale Hochspannungsdyspnöe die j
Folge sein.
Echtes Asthma gehört nicht zu den Atmungs¬
störungen der Urämie.
Stromeyer (Göttingen).
1228. The treatment of pyelitis; by
Guy L. Hunner. (Surg., Gyn. and Obst. 1912.
S. 444.)
H. unterscheidet 3 Arten der Pyelitis: 1. Ent¬
zündungen ohne Infektion, bedingt durch che¬
mische (Arzneimittel) oder physikalische (Kälte)
Einflüsse. 2. Infektiöse Pyelitis im Anschluß an
anderweitige Erkrankungen der Harnwege (Strik-
turen; Entzündungen (tuberkulöse u. a.), Steine,
Tumoren der Nieren, Ureteren, Blase, Prostata,
Urethra). 3. Infektiöse Nierenbeckenentzündun¬
gen, die die hauptsächlichen oder alleinigen Er¬
krankungen der Harnwege sind (in der Gravidität,
Puerperium, bei Infektionskrankheiten, Appendi¬
zitis nach Operationen). Die Therapie richtet sich
nach der Entstehung. An der Hand von 26 Kran¬
kengeschichten sind die bei den verschiedenen
Gruppen der infektiösen Pyelitis anzuwendende
Therapie und ihre Erfolge geschildert Neben
Bettruhe, Wärmeapplikation in der Nierengegend
und reichlicher Flüssigkeitszufuhr verwandte H.
in hartnäckigen Fällen oft mit gutem Erfolg
direkte Spülungen des Nierenbeckens mit Silber-
nitrat- (lprom.), Argyrol- (25proz.) oder Alu-
miniumazetat- (2proz.) Lösungen. Der Wert der
per os verabfolgten Antiseptika, besonders des
Urotropins, sowie der Balsamica ist nur gering.
Stromeyer (Göttingen).
1229. Sülle nefriti acute scarlattinose
intersticiali linfocitarie; per L. SchibonL
(Rivista Osped. Bd. 2. S. 822. 1912.)
Es werden zwei Fälle von akuter interstitieller
Nephritis beschrieben, die im Verlaufe einer Skar-
latina auftraten. Der bakterielle Ursprung ließ
sich dadurch bestätigen, daß in den Blutgefäßen
der Rindensubstanz Streptokokken-Embolien auf¬
gefunden wurden. Die Patienten starben am
17. und 33. Tage nach Beginn des Scharlach¬
fiebers. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1230. Results of experiments on kidneys
with especial reference to decapsulation;
by E. H. Sit er. (Surg., Gyn. and Obst Bd. 15.
S. 702. 1912.)
Eine entkapselte Niere nimmt an Größe zu, wie
an Hunden gezeigt wurde. Ein Netzüberzug ver¬
mag eine neue Kapsel zu bilden. Ein Kollateral-
kreislauf stellt sich 10 Tage nach Unterbindung
der Nierengefäße ein; es genügt, um die Funktion
der Niere aufrecht zu erhalten.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1231. Einteilung der akuten Tuberkei-
bazilleninfektionen; von Gongerot (Revue
de M6d. 1912. S. 788.)
Akute käsige Tuberkulose (Laönnec), Miliar¬
tuberkulose und eine akute Tuberkelbazdllen-
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VH. Innere Medizin.
461
septikämie werden unterschieden. Die letzte von
Landouzy als Typhusbazillose bezeichnete
Form verläuft häufig unter dem Bilde eines
Typhus, ohne daß Widalsche Reaktion oder
Typhusbazillen nachweisbar sind. Vielmehr fin¬
den sich die Kochschen Tuborkelbazillen als Er¬
reger. Bei der Auiopsie fehlen typische Tuberkel.
F r ä n k e 1 (Bonn).
1232. Über die tuberkulöse Natur des
Aszites bei den Zirrhosen speziell bei der
LaSnnecschen Leberzirrhose; von Roque
und Cordier. (Revue de Möd. 1912. S. 761.)
Immer mehr Lebererkrankungen erweisen sich
als tuberkulöse; der Aszites ist dann sehr häufig
durch den Laboratoriumsversuch (Verimpfung auf
Meerschweinchen) als tuberkulös erwiesen, wenn
es sieh weder um tuberkulöse Erkrankungen der
Leber oder des Peritoneums, noch um ein tuber¬
kulöses Individuum mit Laennecscher Zirrhose,
sondern um eine scheinbar nur alkoholische Zir¬
rhose bei einem nicht tuberkulösen Individuum
handelte. Die Beobachtungen betreffen 8 sorg¬
fältig untersuchte Fälle. Frankel (Bonn).
1233. Weitere Erfahrungen mit dem
künstlichen Pneumothorax in der Therapie
der Lungentuberkulose; von Bresciani.
(Wien. klin. Rundschau 1912. S. 705.)
Bei 21 meist schweren Fällen von Lungen¬
tuberkulose wurde mit gutem Erfolge der künst¬
liche Pneumothorax nach F o r 1 a n i n i angelegt
Er erwies sieh auch in den Fällen als ausführbar,
in denen die andere Lunge gleichfalls ergriffen
war, was sonst als Kontraindikation gilt.
F r ä n k e 1 (Bonn).
1234. Entfieberungen bei Lungentuber¬
kulose mittels Tuberkulin, insbesondere
mit kleinsten Dosen; von Samson. (Berl.
klin. Woch. 1912. S. 2258.)
Den Erfahrungen von Philippi entsprechend
wurde mit klinischen Tuberkulindosen eine Ent¬
fieberung bei Tuberkulösen erzielt. Angewendet
wurde Alttuberkulin, Kochsche Bazillenemulsion
und Meyers sensibilisierte Bazillenemulsion, von
letzterem 0,1 von einer Verdünnung 1:1000 000,
von ersterem 10 —‘/« Millionstel mg.
F r ä n k e 1 (Bonn).
1235. Beiträge zur Kenntnis des Wesens
der Tuberkulinreaktion; von Calcar. (Berl.
Min. Woch. 1912. S. 2262.)
C. meint, daß die positiv ausfallende Tuber¬
kulinreaktion verursacht wird durch Produkte, dio
durch ein fermentartiges Antigen aus dem Tuber- ,
kulin freigemacht werden, und daß diese Produkte
von neuem als Antigen dienen können. Letztere
geben zum Auftreten anderer Antikörper Ver¬
anlassung, welche jede folgende Tuberkulininjek¬
tion ohne Erscheinungen verlaufen lassen.
Frankel (Bonn).
1236. Überlegungen über die Fieber¬
bekämpfung bei derTuberkulose; ein neues
Fiebermittel „Eibon“; von Gouraud. (Bull,
gön. de Th6r. 1912. S. 593.)
Bei 2—3 mittelsehweren Tuberkulosefällen
wurde mit dem von Minnich empfohlenen
„Eibon“ eine günstige Einwirkung auf das Fieber
gesehen. Frankel (Bonn).
1237. Die Tuberkuloseepidemie der Poly¬
nesier; von Conteand. (Revue de M6d. 1912.
S. 865.)
In einer epidemiologischen Studie wird die
vielverbreitete Ansicht, daß die Tuberkulose vor
der Ankunft der Europäer in Polynesien nicht
existierte, bekämpft. Ihre verheerende Wirkung
hat das Land nicht entvölkert und hat sogar nach¬
gelassen, nachdem die Krankheit dort endemisch
geworden ist. Fränkel (Bonn).
1238. Ein Beitrag zu den Strukturfärbe-
methoden der Tuberkelbazillen ; von Kir¬
chenstein. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 4.)
Nach dem Homogenisieren eines Sputum-
Ballens mit 10®/ o Natrium nitrosum werden die
Tuberkelbazillen nach der Pikrinmethode gefärbt.
Nach Abspülen erfolgt eine Nachfärbung mit
Dahlialösung. Darauf Abspülen und Entfärben
mit 5proz. alkoholischer Jodkalilösung. Die so er¬
haltenen Bilder sollen sämtliche Strukturbestand¬
teile der Tuberkelbazillen darstellen.
Paul Kraaae (Bonn).
1239. Zur Anzeigepflicht; von Moszeik.
(Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 4.)
Gegen die von der französischen Regierung
beabsichtigte Anzeigepflicht bei Tuberkulose hat
das „Syndikat der Pariser Ärzte“ Widerspruch er¬
hoben. M. tritt warm für die Meldepflicht
ein. Die Macht der Tatsachen würde dazu
drängen, die Tuberkulose wäre mit gleichem Maß
zu messen, wie die anderen ansteckenden Krank¬
heiten. Paul Krause (Bonn).
1240. Über die antiseptisch antipyre¬
tische Wirkung des Eibon-Ciba bei der
Behandlung Lungenkranker; von A. Camp¬
hausen. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 4.)
Elbon-Ciba ist seiner chemischen Zusammen¬
setzung nach Cinnamoylparaoxyphenylharnstoff.
Das neue Präparat wirkt antipyretisch, Auswurf
verflüssigend, mildert den Hustenreiz und wirkt
bakterizid. Auch die Nachtschweiße werden ver¬
mindert. Paul Krause (Bonn).
1241. Eine neue Modifikation der Tuber¬
kulinbehandlung; von Paul Korb. (Zeitschr.
f. Tuberk. Bd. 19. H. 4.)
K. empfiehlt das Sanocalcin-Tuberkulinpräpa-
rat, welches von der Firma Goedecke (6 Co. in
Leipzig auf Anregung von Sticker in Berlin
hergestellt wird. Es enthält 0,01 Kalzium-
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462
VII. Innere Medizin.
Glycero-lacto-phosphoricum in 1 ccm physiologi¬
scher Kochsalzlösung zusammen mit 5 mg Tuber¬
kulin. Das neue Tuberkulosepräparat hätte sich
in der Behandlung der Lungentuberkulose als
durchaus wirksam erwiesen und sei ohne alle
unangenehmen Nebenwirkungen.
Paul Krause (Bonn).
1242. Die Thermo-Hydrotherapie des
Typhus und anderer entzündlicher Er¬
krankungen; von E. S. G-oodhue. (New York
med. Record Juni 8. 1912. Nr. 23.)
In Amerika ist. wie G, mitteilt, eine große Zahl
der Ärzte von der Behandlung des Typhus mit
kalten Bädern wieder abgegangen. G. ist zu
kalten Ganzwaschungen und kalten Teilproze¬
duren übergegangen und hat mit dieser Behand¬
lung in 300 Fällen gute Erfolge erzielt. Das in
Japan übliche heiße Bad wird nach Angabe von
G. auch in den Südstaaten, in Mexiko und in
Canada immer mehr von den Ärzten verordnet
und hat sich bei Krankheiten der oberen Luft¬
wege, bei Myalgien und Neuralgien gut bewährt.
Bei beginnenden Erkältungskrankheiten wirkt es
abortiv, bei Keuchhusten übt es eine beruhigende
Wirkung auf das Nervensystem aus.
Weil (Beuthen).
1243. Ober die endovesikale Behand¬
lung von Blasentumoren mitHochfrequenz-
strömen ; von R. Bachrach. (Wien. med.
Woch. 1912. Nr. 31.)
Nach dem Vorgang von Beer (New York)
wurden von B. 15 Fälle von Blasenpapillomen mit
Oudinschen Strömen behandelt, in der Art, wie sie
Keating-Hart für seine Fulguration ange¬
geben hat. Die Technik ist verhältnismäßig ein¬
fach, und die Erfolge sind derart günstig, daß B.
der endovesikalen Hochfrequenztherapie eine sou¬
veräne Rolle in der Behandlung der gutartigen
Blasentumoren zuschreibt. Größere multiple Pa¬
pillome und die Karzinome werden nach wie vor
durch operative Eröffnung der Blase zu ent¬
fernen sein. Weil (Beuthen).
1244. Weitere Erfolge der internen Gal¬
vanisation der Mundhöhle bei der Neur¬
algie des N. trigeminus; von Y. Vitek.
(Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 16. S. 1012.)
Unter Mitteilung einiger Fälle weist V. auf
seine schon früher kurzempfohlene Methode der
inneren Galvanisation des zweiten und dritten
Trigeminusastes hin. Mittelst einer speziell kon¬
struierten Elektrode als Anode werden mit einem
Strom von 1,0—1,5 M.-A. die schmerzhaften
Punkte galvanisiert, außerdem wird der Strom
auch auf das Foramen infraorbitale bei Neuralgie
des zweiten Astes und das obere Foramon infra-
m axillare bei der des dritten Astes appliziert,
ferner mit der Elektrode über die ganze Wangen¬
schleimhaut gestrichen. Auch bei den schwersten
Fällen hat sich V. die Methode bewährt Einige
Krankengeschichten sind kurz mitgeteilt
Jolly (Halle).
1245. Praktische Ergebnisse bei der Be¬
handlung Herzkranker mit Druckänderung
der Lungenluft nach meiner Methode; von
Albrecht Ehrenfried. (Ther. d. Gegenw.
Aug. u. Sept 1912.)
Die Methode erstrebt eine Änderung der Blut¬
strömung in den Lungen, um dadurch aktiven
Einfluß auf die abnorme Blutverteilung im kran¬
ken Herzen zu gewinnen. Die Änderung der Blut¬
strömung in den Lungen soll erzielt werden durch
verschiedene Druckänderungen beim Atmen am
Waldenburgschen Respirationsapparat A. läßt
der Ausatmung in verdünnte Luft die Einatmung
komprimierter Luft folgen. Die Methode so!!
hauptsächlich bei Dilatation des Herzens ange¬
wandt werden. Die Dilatation konnte zwar nie
ganz beseitigt werden, A. will aber konstatiert
haben, daß der sagittale Durchmesser immer merk¬
lich, manchmal vollständig zur normalen Größe
zurückging. (Keine Kontrolle durch Röntgen¬
aufnahmen!) W e i 1 (Beuthen).
1246. Die physikalische Behandlung des
Lungenemphysems und der Arterioskle¬
rose; von J. Pick. (Allg. med. Zentralzeit
1912. S. 415.)
P. entwickelt seine Ansichten über die Ent¬
stehung des Elastizitätaverlusts der Lungen bei
der Entwicklung des Emphysems und hält für
eine sehr aussichtsreiche Behandlung sowohl
hierbei, wie bei der Arteriosklerose die Brunssche
Unterdruckatmung, einmal, um die Elastizitäts¬
abnahme des Lungcngewobes zu bekämpfen, dann
aber auch, um die Saugkraft des Thorax bzw. der
Lungen für den Kreislauf wieder nutzbar zu
machen. v. d. Velden (Düsseldorf).
1247. Diätmodifikation — Diätform —
Diätverordnung — Diätdurchführung; von
Chr. Jürgensen. (Beih. z. Med. Klin. 1912.
Nr. 7.)
J. betont die Notwendigkeit einer gründlichen
Erziehung des Arztes in diätetischer Richtung.
Im Vergleich zur pharmakologischen Verordnung
herrscht in der diätetischen Ordination Willkür
und Systemlosigkeit. Statt positive Details zu
geben, begnügt man sich zu häufig mit den land¬
läufigen Verboten. Notwendig ist eine genaue
Kenntnis der allgemeinen diätetischen Therapie,
die bisher auch in den am meisten verbreiteten
Lehrbüchern der Diätetik zu wenig berücksichtigt
ist Da die Arbeit von J. nur den einleitenden
Vortrag zu einem Kurs über diätetische Küche
darstellt, so enthält sie selbst mehr Kritik des
bisherigen, mehr Verbote, als positive Details.
Weil (Beuthen).
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ViJLL Kinderheilkunde.
463
1248. Wheat bran; by A. E.' Gail an t
(New York med. Journ. Aug. 31. 1912. S. 414.)
Der Weizenkleie kommt eine große Bedeutung
in der Therapie der Darmkrankheiten, besonders
der chronischen Obstipation zu. Sie wird in Form
von Brot, aber auch roh genommen. Kleie ent¬
hält 0,56*/o Wasser und 9,82 °/ 0 Kohlenhydrate, aber
2,03°/o mehr Eiweiß und 2 , 780/0 Fett, sowie 5,60o/„
Asche mehr als Mehl. Die Ausnutzung des Kleie¬
brotes ist bedeutend besser als die des Graham-
und Mehlbrotes. Vorteilhafter noch als die An¬
wendung des Kleienbrotes ist die Einnahme von
roher Kleie in Mengen von 2—4 Eßlöffeln täglich;
es tritt schnell danach eine Regelung des Stuhl¬
gangs ein. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1249. Die Steigerung der Milchsekretion
durch gesteigerte Eiweißernährung. Tier-
experimentelle Studie; von W. Liepmann. (Berl.
klin. Woch. 1912. Nr. 49. S. 1422.)
Es gelang im Tierversuch (Ziege) durch ver¬
mehrte Eiweißzufuhr die Milchsekretion bedeu¬
tend zu erhöhen. Bei Verfütterung von großen
Mengen Malztropon (300—700 g pro die) stiegen
die Milchmengen um 50 und 100°/ 0 und sanken
nach Entziehung des Malztropons wieder ent¬
sprechend. Weil (Beuthen),
1250. Erfahrungen mit der Duodenal¬
ernährung; von Max Einhorn. (Berl. klin.
Woch. 1912. Nr. 49. S. 1419.)
E. hat die früher von ihm schon eingehend ge¬
schilderte Methode der Duodenalernährung in¬
zwischen in 28 Fällen 9—14 Tage lang durch¬
geführt. Hauptsächlich Magen- und Darm¬
geschwüre, aber auch andere Zustände (nervöses
Erbrechen, atonische Magenerweiterung) werden
in günstigstem Sinne beeinflußt. Dagegen hat die
Lokalbehandlung der Geschwüre durch Bestrei¬
chen des Duodenalschlauches mit einer Protargol-
lösung keine einwandfreien Resultate ergeben.
Weil (Beuthen).
1251. Der Luftkompressor im Kranken¬
haus. III. Teil. Die Hochdruckmassage und der
variköse Symptomenkomplex. — Künstliche Zirku¬
lation. — Dauermassagen; von F. Kuhn.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 107. 1912.)
Die Hochdruckmassage bei Ulcus cruris und
Varizen wird so ausgeführt, daß das Bein in eine
muffartige Doppelmanschette gesteckt wird, die
durch einen Luftschlauch mit der Hochdruck¬
einrichtung verbunden ist. Vermittelst eines
Wendehahns kann nur mit der Hand oder maschi¬
nell in beliebigem Rhythmus der Druck unter¬
brochen werden. Solche Dauermassagen können
über viele Stunden, selbst Tage ausgedehnt wer¬
den. Dadurch werden die torpiden Gewebe ener¬
gisch durchblutet, das gestaute venöse Blut ver¬
drängt, die Lymphe und das periphere ödem fort-
gepreßt und die gesunde Gewebsneubildung ener¬
gisch angeregt. Weil (Beuthen).
1252. Die in balneologischer Hinsicht
nötigen meteorologischen Beobachtungen;
von W. D. Lenkei. (Zeitschr. f. phys. n. diät.
Ther. 1912. Nr. 10.)
Das mindeste, was in jedem Badeort an meteo¬
rologischen Beobachtungen geleistet werden sollte,
ist nach L. die Kontrolle: 1. des Ozongehaltes der
Luft, 2. der Bewölkung, 3. der Insolation, 4. der
Temperatur der Luft, 5. der Abkühlung des feuch¬
ten Thermometers, 6. der Geschwindigkeit des
Windes und 7. des subjektiven Eindruckes, den
die Witterung auf uns macht. In Heilbädern
wären noch folgende klimatologische Faktoren zu
beobachten: 1. Windrichtung, 2. Dauer des Sonnen¬
scheines, 3. Chemische Beleuchtungskraft der
Sonnenstrahlung, 4. Häufigkeit und ungefähre
Menge des Niederschlages, 5. Zustand des Erd¬
bodens und der Gewässer, 6. Messen der Wärme¬
abgabe, 7. Dunstgehalt der Luft. Weil (Beuthen).
1253. The influence of carbonated brine
(Nauheim) bathe on blood-preesure; by
J.M. Swan. (Arch. of int Med. Bd. 10. S. 1.1912.)
An 81 Patienten wurden Beobachtungen über
die Wirkung von kohlensäurehaltigen salinischen
Bädern auf den Blutdruck angestellt. Dabei
konnte ein konstanter Einfluß nicht festgestellt
werden, jedoch war der systolische Druck häu¬
figer erhöht als herabgesetzt. Es kommt vor, daß
Patienten mit hohem Blutdruck durch die Kur
noch eine Steigerung erfahren, die in einem Falle
28 mm betrug, aber auch daß bei solchen mit
niedrigem Blutdruck noch ein Sinken bis zu 20 mm
erfolgt. Jedenfalls geht aus den Untersuchungen
hervor, daß bei allen Herzkrankheiten die Resul¬
tate in bezug auf den Blutdruck sehr unsicher
sind, daß oft der erwünschte Erfolg ausbleibt und
ins Gegenteil umschlägt, daß dagegen die subjek¬
tiven Symptome in der Regel günstig beeinflußt
werden. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
VIII. Kinderheilkunde.
1254. Über hämorrhagische Erosionen
und Magengeschwüre und ihre Beziehun¬
gen zur Melaena neonatorum im Anschluß
an vier Fälle bei Säuglingen; von Ignaz
Zadek. (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 18.
S. 785. 1912.)
Eine sehr fleißige, auf eine Literatur von
113 Nummern gestützte Arbeit, die zu einer Er¬
klärung der Ursachen von bei Säuglingen und
Neugeborenen auftretenden Geschwüren nicht
führt. Nur soviel ist ermittelt, daß diese Prozesse
keine einheitliche Genese haben. Von besonderem
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464
YLÜ. Kinderheilkunde.
Interesse ist die Schilderung eines Falles von
frischen Magengeschwüren bei einem Neugebo¬
renen. Kadner (Dresden).
1255. Stoffwechselversuche bei Barlow-
scher Krankheit; von Lust und Kloöman.
(Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 75. S. 663. 1912.)
L. und K. stellten bei einem an infantilem Skor¬
but erkrankten Kind 3 Stoffwechselversuche an
und fanden folgendes: Während des floriden Sta¬
diums waren Kalk-, Phosphor- und Gesamtasche¬
bilanz stark positiv. Im Beginn der Rekon¬
valeszenz wurden die sämtlichen 3 Bilanzen
stark negativ und zeigten erst mit weiter fort¬
schreitender Besserung wieder Tendenz zu posi¬
tiver Retention. Danach steht also der Stoff¬
wechsel bei Morbus Barlow in völligem Gegen¬
satz zu dem bei Rachitis. L. und K. verwerten
die Befunde der pathologischen Anatomen
(H offmanns „Kalkstauung“ im barlowkran-
ken Knochen, und Abbau des angehäuften toten
Materials in der „Trümmerfeldzone“ bei Beginn
der Heilung) als Stütze ihrer interessanten
Stoffwcchselbefunde. Ob die Deduktionen der
Autoren richtig sind, müssen Nachprüfungen
lehren. Klotz (Schwerin).
1256. Überden Milchzucker der Frauen¬
milch ; von F. Lust (Monatsschr. f. Kinderheilk.
Bd. 11. S. 236. 1912.)
L. wollte feststellen, ob ein Zusammenhang
zwischen dem Milchzuckergehalt der Frauen¬
milch und der Stuhlbeschaffenheit von Brust¬
kindern besteht. Es wäre theoretisch möglich,
daß gewisse dyspeptische Zustände bei Brust¬
kindern mit einem hohen Milchzucker geholt, Ob¬
stipationen dagegen mit vermindertem Gehalt der
Brustmilch an Laktose in Kausalnexus stehen
Einige wenige daraufhin geprüfte Fälle scheinen
dafür zu sprechen, daß der Laktosegehalt unter
Umständen als nicht unwichtiger Faktor bei der
Stuhlbildung des Brustkindes in Betracht kommt
Aber von einer breiten Gesetzmäßigkeit kann
keine Rede sein.
L. suchte ferner festzustellen, ob eine Zucker¬
zulage zur Nahrung den Laktosegehalt. der Brust¬
milch zu steigern vermag. Er verabreichte daher
Stillendon als Zulage zur gewöhnlichen Ammen¬
kost Traubenzucker, bzw. Malzsuppenextrakt
oder Soxhlets Nährzucker und fand auch hier
keine gesetzmäßige Beeinflussung. Bei einer
Amme führten 100 Gramm Malzsuppenextrakt
pro Tag zu einer deutlichen Steigerung (von 7,5°/ 0
auf 8,5%, also spärlich genug) des Laktose¬
gehaltes, bei einer anderen Amme blieb jeder
Effekt aus. Klotz (Schwerin).
1257. Eosinophilie und exsudative Dia-
these; von Erich Aschen heim. (Monatsschr.
f. Kinderheilk. Bd. 11. S. 269. 1912.)
Die Eosinophilie war von verschiedenen
Seiten als charakteristisch für exsudative Dia-
these hingestellt worden; Stäubli wollte sogar
von „eosinophiler Diathese“ gesprochen und die
Eosinophilie als Latenzsymptom dieser Diathese
angesehen wissen.
A. kommt dagegen zu einem ablehnenden
Untersuchungsergebnis. In „exsudativen“ Fami¬
lien ist eine familiäre Eosinophilie nicht nach¬
zuweisen und umgekehrt gibt es Familien mit
Eosinophilie und ohne Diathese.
Zwar findet sich die Eosinophilie sehr häufig
beim Ekzem exsudativer Kinder, sie verschwindet
aber synchron wieder mit dem Ekzem. Von
einem gleichseitigen Symptom der exsudativen
Diathese muß man ferner verlangen, daß es bei
den so mannigfachen Manifestationen dieser Dia¬
these gleichhäufig anzutreffen ist und nicht nur
das exsudative Ekzem so überwiegend häufig be¬
gleitet Klotz (Schwerin).
1258. Verzögertes Auftreten von Impf¬
pusteln bei Masern; von Käthe Neumark.
(Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11. S. 222. 1912.)
Ein zweijähriges Kind erkrankte 6 Tage nach
der Erstimpfung an typischen Masern, welche
eine Verzögerung der Impfpapelentwicklung zur
Folge hatten. Noch am 8. Tag nach der Impfung
waren die Impfstellen ohne Reaktion. Erst am
11. Tage, nachdem das Masernexanthem abge¬
blasst war, erwachten die „schlafenden Keime“.
Die Weiterentwicklung der Impfpusteln war dann
weiterhin normal Die interkurrente Masern¬
infektion hat also den Ablauf der Kuhpocken¬
impfung erheblich verzögert, ähnlich wie auch
während der Masern die Pirquetsche Kutanreak¬
tion mit Alttuberkulin auszubleiben pflegt.
Klotz (Schwerin).
1259. Über die Rolle der Nebennieren
in der Pathologie und Therapie der Di¬
phtherie und anderer Infektionskrankheiten;
von W. Moetschanoff. (Jahrb. f. Kinderheilk.
Nr. 76. Erg.-H. S. 200. 1912.)
Autoptische Untersuchungen und experimen¬
telle Ergebnisse (Nebennieren von 42 Kinder¬
leichen und von Meerschweinchen, die mit Di¬
phtherietoxin subkutan gespritzt worden waren)
führten den Autor zu folgenden Schlüssen: Bei
schwacher Intoxikation mit Diphtheriegift und in
den Anfangsstadien zeigen sich die Nebennieren¬
rindenzellen funktionell verstärkt tätig. Bei
schweren und langdauornden Intoxikationen tre¬
ten regressive Veränderungen auf: erstens de-
generative, von Zirkulationsstörungen abhängige
und atrophische, im Gefolg gesteigerter Funktion.
Bei der Marksubstanz fand sich zumeist Ab¬
schwächung oder Schwund der Chromreaktion.
Es ist jedoch schwer zu entscheiden, ob diese
Veränderungen spezifisch für Diphtherietoxin
oder lediglich sekundäre sind. Auch bei Schar-
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VIII. Kinderheilkunde.
465
lach und Masern war starke Hyperämie, die bis
zu kleinen H&morrhagien ging, deutlich erkenn¬
bar. Bei Injektion tödlicher Toxindosen traten die
Blutextravasate sehr zahlreich in Rinde und Mark
aut Bei einigen Tieren schien die gleichzeitige
Injektion von Adrenalin lebensverlängemd zu
wirken.
Für die Praxis fordert M. ausgiebige und früh¬
zeitige Verabreichung von Adrenalin in subku¬
taner Injektion. Klotz (Schwerin).
1260. Weitere Fragen im Scharlach¬
problem; von F. v. Szontagh. (Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 71. Erg.-H. S. 1. 1912.)
Er bemängelt die große Unsicherheit der Inkuba¬
tionszeit, die sich von 4 Stunden bis zu 33 Tagen er¬
strecken kann, wenn man die Literatur darüber zu¬
sammen stellt. Diese problematische Inkubationsdauer
spricht dagegen, daß der Scharlach den anderen wohl¬
bekannten Infektionskrankheiten mit ihrem streng be¬
grenzten Inkubationsstadium und ihrer eiquisiten Kon-
tagiosität gleichzustellen ist. Unter Inkubationsstadinm
versteht Sz. die Zeit, die zwischen der Wirkung der
auslösenden Momente und dem Erscheinen der ersten
skarlatinösen Symptome liegt and die beim echten
Scharlach 2—4 Tage „kaum" überschreitet, wie Beob¬
achtungen beim traumatischen Scharlach rückschließen
lassen.
Sz. opponiert ferner gegen das Dogma der außer¬
ordentlichen Kontagioeität des gemeinen Scharlachs. Er
glaubt nicht daran, daß der Scharlach durch direkten
oder gar indirekten Verkehr verbreitet wird, betont aber
ausdrücklich, daß selbst für den Fall, daß seine Mei¬
nung als bewiesen allseits anerkannt werden sollte,
dennoch Prophylaxe und Isolation in ihren Haupt¬
grundzügen nicht davon berührt würden. Sz. sncht
seine Ansicht, daß der Scharlach nicht infektiös-kon-
tagiös ist, an den ungarischen statistischen Erhebungen
von Scharlachverbreitung durch den Schulbesuch zu be¬
weisen, denn die Schale ist ja anerkanntermaßen die
Hauptinfektionsquelle aller infektiös-kontagiösen Kin¬
derkrankheiten. Die Morbiditätsknrve des Scharlachs
lehrt — im vollkommenen Gegensatz zu den Masern —
daß der Schulbesuch keinen Einfluß auf dieselbe hat.
„Die größte Anzahl der Scharlachfälle ereignet sich in
den Ferienperioden.“ Der Scharlacherreger hält sich
nach der Auffassung Sz.s ständig im menschlichen Orga¬
nismus auf, es besteht ein ganz ähnlicher latenter Mikro-
bismus wie bei Tonsillitis, Pneumonie, Sepsis puerpe-
ralis usw.
Tonsillitis und Scharlach sind scheinbar heterogene
Erkrankungen und doch nach v. Sz. nur qualitativ ver¬
schieden. Statt der problematischen Größe der Viru¬
lenz, sollte uns die weniger rätselhafte, wenn auch noch
recht unbekannte Größe der Disposition bei unsern
Reflexionen leiten. Kann man es doch nie mittels der
Viralenzlehre erklären, daß es gewisse Familien gibt,
deren Kinder hervorragend zum schwersten tödlichen
Scharlach disponiert sind. Bei dieser Auffassung muß
man nun leider wieder auf die „Gelegenheitsursachen“
rekurrieren, doch werden Bakteriologie (? Ref.) und
Immunitätstlehre uns weiterhelfen bis zur Erforschung
der gekennzeichneten Verhältnisse. Zusammenfassend
läßt sich kurz sagen: Tonsillitis und Scharlach haben
dieselben ätiologischen Faktoren, und die skarlatinösen
Erscheinungen sind nur Phänomene einer veränderten
Reaktionsfähigkeit des Körpers. Diese Allergie zeigt
eich am häufigsten in Gestalt des klassischen Exan¬
thems, „doch bei weitem nicht einzig und allein in
diesem“. Die veränderte Reaktionsfähigkeit (Allergie)
oder Schutzlosigkeit (Anaphylaiie) ist anstelle des hypo¬
thetischen ScharlachgifteB zu setzen. Klotz (Schwerin).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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1261. Chronische Albuminurien nach
Oberstandener Scharlachnephritis; von
Rosenfeld und Schrutka v. Rechten¬
stamm. (Zeitachr. f. Kinderheilk. Bd. 4. S. 265.
1912.)
R. u. Sehr. v. R. konnten 93 Fälle, die auf der
Wiener Kinderklinik seit 1902 Scharlachnephritis
durchgemacht hatten, und von denen 52 bei Ent¬
lassung noch Eiweiß im Ham aufwiesen, wieder
untersuchen. Die Untersuchung erstreckte sich
auf Herz, Blutdruck und den Urin; auch wurde
die Jehlesche Probe auf lordotische Albuminurie
gemacht. Kein einziger Fall wies eine schwere
Nephritis auf. 10 Kinder zeigten spontane Albu¬
minurie, bei 7 von Sediment, bei 1 von erhöhtem
Blutdruck begleitet Die Jehlesche Probe ergab
bei 8 uhter den spontanen Albuminurien eine be¬
deutende Vermehrung, außerdem wiesen 28 wei¬
tere Kinder bei dieser Probe Eiweiß auf. Die
Schwere der ursprünglichen Nierenerkrankung
hatte auf diese Eiweißbefunde keinen Einfluß.
R i e t s c h e 1 (Dresden).
1262. Infantile beriberi; by V. L. An¬
drews. (Philipp. Journ. of Sc. Bd. 7. S. 67. 1912.)
In Manila betrifft die Sterblichkeit der Kinder
unter einem Jahre die Hälfte der Gesamtsterblich¬
keit. 75% der verstorbenen Kinder sind mit
Muttermilch ernährt. Bei weitem die meisten star¬
ben, wie klinisch und anatomisch einwandsfrei
nachgewiesen werden konnte, an einer kindlichen
Form von’ Beriberi. Eine Infektion oder Toxämie
ist auszuschließen, dagegen wird die Beschaffen¬
heit der Muttermilch verantwortlich gemacht, der
ein für das Wachstum und die Entwicklung der
Nerven des Kindes notwendiger Bestandteil fehlt.
Die Hauptursache hierfür ist in der Nahrung der
Mutter zu suchen, die vorwiegend aus weißem
Reis besteht. Wird die Diät gewechselt, und wird
ein Extrakt aus den Schalen der Reiskörner ge¬
geben, so bessert sich, falls sie noch nicht zu sehr
vorgeschritten ist, die Krankheit des Kindes.
Auch experimentell wurde ein Beweis für die ali¬
mentäre Entstehung der kindlichen Beriberi er¬
bracht. Mütter, deren 1—2monatige Kinder an
Beriberi verstorben waren, mußten junge Hunde
im Alter von 2—14 Tagen nähren. Die 7 Tiere,
bei denen die Ernährung einen Monat und länger
sich durchführen ließ, erkrankten sämtlich an
Beriberi. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1263. Ober transitorisches Fieber bei
Neugeborenen; von A. v. Reuß. (Zeitachr.
f. Kinderheilk. Bd. 4. S. 32.)
Fieberhafte Temperaturen bei neuge¬
borenen Kindern in den ersten Lebens¬
tagen; von Heller. (Zeitschr. f. Kinderheilk.
Bd. 4. S, 55. 1912.)
Beide Autoren beschreiben ganz unabhängig
voneinander und gleichzeitig ein interessantes
59
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
466
VIII. Kinderheilkunde.
Phänomen beim Neugeborenen. Es handelt sich
um ein typisches Auftreten von Fieber um die
Mitte der ersten Lebenswoche. Beide Autoren
sind natürlich geneigt, dieses Fieber mit den in
dieser Zeit eigentümlichen Verhältnissen des Neu¬
geborenen in Verbindung zu bringen; insbeson¬
dere steht die Höhe des Fiebers in einer gewissen
Abhängigkeit vom Gewichtsverlust der ersten
Tage. Je größer dieser, um so höher die Tempe¬
ratursteigerung. Ob das Fieber dem „Durstfieber
E. Müllers“ gleichzusetzen ist, möchten beide
Autoren zwar nicht völlig ablehnen, doch glauben
beide, daß wahrscheinlich mehrere innere Ur¬
sachen mit verantwortlich gemacht werden
müssen. (Mangelnde Wärmeregulierung, patho¬
logischer Gewebszerfall usw.) v. R. hält auch
noch bakterielle Einflüsse für möglich, während
H. sich m. E. mit Recht dazu skeptischer äußert.
Die Affektion hat natürlich eine praktische
Bedeutung, therapeutisch ist sie symptomatisch
und ernährungstechnisch beeinflußbar.
R i e t s c h e 1 (Dresden).
1264. Die Reaktion des Blutserums bei
alimentärer Intoxikation des Säuglings;
von B. Salge. (Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 4.
S. 92.)
Daß die akuten alimentären Intoxikationen mit
einer schweren Säurevergiftung einhergingen, ist
schon lange angenommen worden, wenn wir auch
nichts Sicheres über die Art der intermediären
Säuren wußten. S. hat als Indikator für die
Reaktion des Blutserums die Bestimmung der
Konzentration der Wasserstoffionen vorgenom¬
men, die durch dio Gaskette bestimmt wird. Die
Konzentration der H-Ionen war bei einem Fall be¬
trächtlich erhöht. Die Beobachtung hat in der
Tat eine prinzipielle Bedeutung, da sie sicher be¬
weist, daß es sich bei den alimentären Intoxi¬
kationen um eine echte Säurevergiftung handelt.
R i e t a e h e 1 (Dresden).
1265. Zur Prophylaxe und Ernährungs-
therapiebei Lungenerkrankungen im Kindes¬
alter ; von Hans Voigt. (Therap. Monatsh.
Aug. 1912.)
Wichtig ist die Fernhaltung von allen Men¬
schen, die eine infektiöse Erkrankung der Luft-
wego haben. Erwachsene, welche an häufig
wiederkehrenden Anginen und Bronchialkatar¬
rhen leiden, eignen sich nicht zur Kinderpflege.
Die Infektion durch Wärterinnen und Ärzte,
welche nach Holt bei der Influenza die Rolle
von Bazillenträgern spielen können, ist im
Hospital wichtiger als die „Tröpfcheninfektion“,
zu deren Verhütung ein genügender Bettenab3tand
hinreicht. Beim Säugling ist für den Verlauf der
Lungenerkrankungen die Art der Ernährung von
erheblicher Bedeutung. Lange fortgesetzte ein¬
seitige Milchkost sowohl wie Kohlehydratmast
wirken 'schädlich. Bei ersterer sinkt der Tonus
der Muskulatur, bei letzterer kommt es zudem zu
reichem Fettansatz und Meteorismus, Momente,
welche das freie Spiel der Zwerchfellatmung be¬
einträchtigen. Ernährungsstörungen haben schlie߬
lich eine Anschoppung der paravertebralen Lun¬
genteile zur Folge, welche den Boden für die In¬
fektion vorbereiten. Brückner (Dresden).
1266. Ober die Anstaltsbehandlung der
Hysterie im Kindesalter; von Friedrich
v. Reusz. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 76. S. 286.
1912.)
v. R. ist überzeugt, daß für die Behandlung
jüngster hysterischer Individuen die „rationelle
Milieuveränderung“, d. h. die Krankenhausbehand¬
lung das beste Heilmittel ist, dessen Erfolge fast
ausnahmslos sind. Er hatte unter 60 Fällen nur
einen Mißerfolg und ein Rezidiv. Die Spitalbehand¬
lung, welche ein auf gewisser Intelligenz- und
Bildungsstufe stehendes Personal voraussetzt, ist
nach folgenden Grundlinien orientiert: 1. Absolute
„unerschütterliche Ruhe der Umgebung“ des Kran¬
ken „gegenüber noch so stürmischen Symptomen“.
2. Unwillkürliches Durchblickenlassen der Um¬
gebung, daß die Krankheit bald und absolut heil¬
bar ist. 3. Unnachsichtliches Geltendmachen der
Spitaldisziplin auch dem egozentrischen hysteri¬
schen Kind gegenüber. Subordinationserzwingung.
4. Gewissermaßen pädagogisches Belehren des
Kranken, daß das hysterische Krankheitssymptom
nur ein experimentelles ist, kein echtes substan¬
tielles Produkt einer Erkrankung. 5. Physikalische
und medikamentöse jeweils geeignete Therapie.
Klotz (Schwerin).
1267. Beitrag zur Kenntnis der Myo-
tonia congenita (Oppenheim); von Oskar
Thorspecken. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 76.
5. 300. 1912.)
Das myatonische Kind, ein 4 l /,jähr. Mädchen,
war 105 cm lang und wog 13,8 kg. Anamnese be¬
langlos. Lernte früh sprechen und vermag zu
sitzen, aber nicht zu stehen und gehen. Völlig
normale Intelligenz. Seit ca. 2 Jahren zunehmende
Verkrümmung des Rückens und des linken Fußes.
Orthopädische Behandlung bisher ohne Erfolg. Zur
Zeit der Untersuchung durch Th. keine Zeichen
akuter oder obsoleter Rachitis. Röntgendurch¬
leuchtung ergab, daß die Knochen stark atro¬
phisch waren, im Durchmesser nur halb so dick
wie normalerweise. Die große Kraft der Hände
und Arme ist leidlich gut, die der Beine fehlt fast
ganz, desgleichen die der Rücken- und Becken¬
muskeln. Das Kind vermag sich nur mit Hilfe
der Hände mühsam aufzurichten. Aufrechtes
Stehen ist unmöglich. Patellarreflexe fehlen. Sen¬
sibilität völlig normal.
Während des viermonatigen Aufenthaltes in
der Klinik geringe Besserung (Ubungstherapie und
Faradisation).
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UNIVER5ITY OF MICHIGAN
VIII. Kinderheilkunde.
467
Typische Symptome der Myatonie sind die
symmetrischen Paresen, die herabgesetzte elek¬
trische Erregbarkeit, die Reduktion der Reflexe
und schließlich die Besserungsfähigkeit aller
Krankheitserscheinungen; als atypisch könnten
die Muskel- und Knochenatrophie gelten (Cas-
s i r e r). Th. fand dagegen in der Myatonie¬
literatur eine große Anzahl von Fällen mit Muskel¬
atrophien, ein Befund, der eigentlich von vorn¬
herein als wahrscheinlich angenommen werden
sollte. Die Muskelatrophie kann ferner durch die
reichliche Adipositas verdeckt werden, die sich
infolge der mangelnden Muskelbetätigung einstellt.
Die elektrische Untersuchung der wichtigsten
Nerven mußte in zweimaliger Narkose vorgenom¬
men werden, da die herabgesetzte Erregbarkeit
äußerst starke, schmerzhafte Ströme erforderte.
Die Herabsetzung der Erregbarkeit betraf auch
Nerven, die weit ab vom Ort der myatonischen
Erkrankung lagen, z. B. Facialis, Radialis.
Die von verschiedenen Autoren beschriebene
„myatonische Reaktion“; „starkes Sinken der fara-
dischen Erregbarkeit bei relativem Erhaltenbleiben
der galvanischen“ lehnt Th. ab.
Schließlich werden die nicht ganz unkompli¬
zierten differential - diagnostischen Merkmale be¬
sprochen, wobei besonders die Abgrenzung gegen¬
über der fötalen Poliomyelitis (Marburg) in¬
teressiert. Th. kann sieh der Marburgschen Auf¬
fassung nicht anschließen und lehnt die Konfun-
dierung von Myatonie und Poliomyelitis ab. Die
Symmetrie der Symptome deutet bei der Myatonie
auf ein toxisches Agens hin, nicht auf ein in¬
fektiöses, wie bei der Heine-Medinsehen Krankheit.
Klotz (Schwerin).
1268. Über die Behandlung von Säug¬
lingen bei schweren Gewichtsverlusten; von
Karl Holte. (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
8. 158. 1912.)
Bei akuten Ernährungsstörungen, die sich be¬
kanntlich durch große Gewichtsstürze kennzeich¬
nen, welche dann durch die Therapie (Nahrungs¬
aussetzung, Schonungsdiät) noch weiter gesteigert
werden, empfiehlt sich die Kombination von Brust-
milch und kohlehydratarmer Buttermilch (2—5°/ 0
Mondamin, kein Zuckerzusatz), von beiden un¬
gefähr gleichgroße Mengen.
Würde man in dem Bestreben, den Gewichts¬
absturz aufzuhalten, die Brustmilchmengen stei¬
gern, so würde die Darmgärung in den meisten
Fällen wieder zunehmen und erneute Diarrhöen
auftreten. Die Buttermilchsuppe dagegen dämpft
die intestinalen Gärungsprozesse, denn ihr Kohle¬
hydrat (Maisstärke) ist schwer vorgärbar und der
Ablauf der Gärung wird über einen weiten Darm¬
abschnitt hin verteilt, erfolgt nicht explosiv im
obersten Dünndarm. Es kommt dabei ferner zur
Bildung von Erdseifen — Entstehungsmodus noch
nicht klar — welche bekanntlich das Auftreten
geformter Stühle im Gefolge haben.
Klotz (Schwerin).
1269. Zur Ätiologie und Prophylaxe der
sommerlichen Säuglingsdiarrhöen in Spa¬
nien; von Sun er. (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd.75.
S. 718. 1912.)
Zum Zustandekommen der Sommerbrech¬
durchfälle vereinigte sich eine Reihe von Fak¬
toren; die Überfütterung (trotz des geringen Nah¬
rungsbedürfnisses während der heißesten Monate),
die künstliche Ernährung an und für sich, die
verdorbene Milch, die durch die Sommerhitze
herabgesetzte Verdauungsfunktion, die verminderte
Bakterizidie derVerdauungssekrete, das vermehrte
Bakterienwachstum im Sommer und die Über¬
tragung von Keimen durch Fliegen. Demgemäß
ergeben sich folgende therapeutische und prophy¬
laktische Richtungslinien: verminderte Nahrungs-
Zufuhr, Propaganda für Ernährung an der Brust,
aseptische Wartung der Säuglinge, Abwehr der
Hitzeschädigungen und der Fliegen. Die Periode
des Zahndurchtritts ist als eine kritische zu be¬
trachten. Klotz (Schwerin).
1270. The treatmentof summer diarrhoea
in infants; by H. Rulison. (Albany med.
Ann. Bd. 33. S. 535. 1912.)
Ganz frische Fälle von Sommerdiarrhöe bei
Kindern werden mit einer anfänglichen Rizinus¬
dosis behandelt; bei Fällen, die später zur Be¬
handlung kommen, wird der Darm mit Ringer¬
scher oder */,—lproz. Natriumbikarbonatlösung
gespült. Die Spülungen werden, solange der Stuhl¬
gang Blut oder Schleim enthält, täglich wiederholt.
Dem Kinde wird auf 12 bis höchstens 24 Stunden
die Nahrung völlig entzogen und nur steriles
Wasser oder ganz dünner Tee mit Saccharinzusatz
gegeben. In ernsteren Fällen hat sich die Kasein¬
milch von Finkeistein sehr bewährt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1271. Über den künstlichen Pneumo¬
thorax bei Kindern; von J. Pielsticker
und H. Vogt (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
S. 143. 1912.)
Die Anlegung eines künstlichen Pneumothorax
sollte zum therapeutischen Rüstzeug jeder Kinder¬
klinik gehören. Diesen Schluß ziehen P. u. V. aus
ihren Beobachtungen an 10 Kindern mit Lungen¬
tuberkulose und Bronchiektase, wenngleich die
letztere Affektion bei weitem nicht so erfolgreich
zu behandeln war wie die erstere. Es blieben
nämlich trotz guter Gasfüllung des Pleuraraums
und ausgiebigem Lungenkollaps doch einzelne
Teile der Lunge entfaltet, die mit dünnen Strängen
an die kostale Pleura angeheftet waren. Und
diese Adhäsionen waren gerade an jenen Stellen,
wo dem Auskultationsbefund zufolge, die Bron¬
chiektase vermutet werden mußte. In zwei Fällen
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468
IX. Neurologie.
vereitelten ausgedehnte Pleuraverwachsungen die
Stickstoffeinblasung. Bei einem Knaben erwies
sich die ganze link e Pleurahöhle als völlig ver¬
ödet, obwohl perkutorisch noch auskultatorisch
ein derartiger Befund auch nicht im geringsten zu
vermuten gewesen war. An solchen Beispielen
zeigt sich die Unzulänglichkeit der Diagnostik von
Pleuraschwarten und dergl. sehr deutlich. Das
jüngste Kind der Autoren war 15 Monate alt und
wurde durch den Pneumothorax anscheinend von
seiner Tuberkulose geheilt. Technische Einzel¬
heiten usw. sind im Original nachzulesen.
Klotz (Schwerin).
1272. De la mortalitä des enfants ille¬
gitimes en Belgique; par G. Dafort. (Presse
m6d. beige Aoftt 11. 1912.)
Die Statistik Ds. über die rechtliche Stellung
und die Sterblichkeit der unehelich geborenen
Kinder Belgiens lassen den dringenden Wunsch
nach einem besseren gesetzlichen und einer ge¬
regelten ärztlichen Fürsorge begreiflich und be¬
rechtigt erscheinen. Denn 40,8°/ 0 aller unehelich
geborenen Kinder sind weder vom Vater noch von
der Mutter anerkannt, also vogelfrei. Die Sterb¬
lichkeit der unehelichen Kinder ist bereits in den
ersten 5 Lebenstagen etwas größer, als diejenigen
der ehelichen. Bald aber, zwischen dem 10. und
20. Tage wird sie unverhältnismäßig groß. Jen¬
seits des ersten Lebensjahres gleichen sich die
Gegensätze fast aus. Nach der Berechnung von
D. starben jährlich 2000 Säuglinge infolge eines
mangelnden gesetzlichen Schutzes.
Brückner (Dresden).
IX. Neurologie,
1273. Die Bewertung kochsalzarmer und i
kochsalzreicher Nahrung für die Therapie
der Epilepsie; von Jödicke. (Zeitschr. f. d
ges. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 319.)
Versuche mit kochsalzreicher und kochsalz-
armer Nahrung bei Epileptikern führten zu dem
Ergebnis, daß eine fast kochsalzlose Nahrung und
dadurch erreichte starke Entchlorung des Organis¬
mus zu schweren psychischen und physischen
Störungen führt Viel besser wird eine Hyper¬
chlorierung des Organismus vertragen. Es gelingt
nicht allein mit diesen Kuren, ohne sonstige Medi¬
kation Stärke und Zahl der epileptischen Anfälle
zu beeinflussen.
Die Versuche können die Annahme von
v. W y ß, daß allein eine genügende Entchlorung
des Organismus zur Erzielung einer antiepilep¬
tischen Wirkung ausreiche, nicht bestätigen; nicht
das Defizit von Chlorionen, sondern eine spezi¬
fische Bromionen - Wirkung entfaltet die thera¬
peutischen und toxischen Wirkungon.
Hauptmann (Freiburg i. B.).
1274. Über einen oberen abdominalen
Symptomenkomplex bei einer operierten
Rückenmarksgeschwulst; von Gotthard
Söderbergh. (D. Zeitschr. f. Nervenheilk.
Bd. 44. S. 202. 1912.)
Die operativ glücklich entfernte Rückenmarks-
gesch wulst, ein intradurales Psammom, hatte eine
Wurzelkompression bei D. 7 bewirkt. Es bestand eine
Parese des obersten linken Teils der Bauchwand, die
sich wegen der gleichzeitigen Hypertonie der Bauch¬
wand nur dadurch nachweisen ließ, daß beim Husten
die epigastrale Medianlinie sich etwas nach rechts
verzog, während die Lage des Nabels unverändert blieb;
ferner war die elektrische Erregbarkeit der obersten
Portion des linken M. obLiquus abdominis herabgesetzt.
Die Hypertonie der Baucnw&nd und die Paraplegie
der Beine führt S. auf die Kompression der Medulla
zurück . J o 11 y (Halle).
1275. Über doppelseitige Lähmung des
Plexus brachialis von Duchenne-Erbschem
Typus; von L. E. Breg man. (D. Zeitschr.
f. Nervenheilk. Bd. 44. S. 264. 1912.)
In dem ersten Fall handelte es sich um eine direkte
Schädigung der 5. bis 6. Halswurzel durch die dis¬
lozierten Bruchstücke des 4. Halswirbelkörpers, der bei
einem Sturz gebrochen war; das Rückenmark war nicht
beteiligt. Im 2. Fall wurde die Lähmung durch eine
otogene Pyämie bedingt; zwei Tage nachdem die eine
Seite ergriffen war wurde auch die andere gelähmt.
Jolly (Halle).
1276. Klinische Beiträge zur Kenntnis
der Himaneurysmen; von Heinrich Wiehern.
(D. Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 44. S. 220. 1912.)
Ausführliche Mitteilung der Krankengeschichte und
Sektionsprotokolle von 22 Fällen von Hirnaneurysma.
Das sehr interessante Material beleuchtet besonders die
großen Schwierigkeiten, denen eine richtige Diagnose
intra vitam bei diesem Leiden begegnet. Auf Einzel¬
heiten hier einzugehen verbietet mir der Raum.
Jolly (Halle).
1277. Syndrome paralytique post-trau-
matique däterminä par uns mäningite
aigue ä evolution lente; par Rayneau et
L. Marchand. (Revue neur. 1912. Nr. 8.
S. 529.)
In dem von ihnen ausführlich mitgeteilten Fall
dachten R. und L. intra vitam an eine traumatische
Paralyse, trotzdem nach ihrem Befund eigentlich wenig
dafür spricht. Nach einer schweren Gehirnerschütte¬
rung hatte sich eine stumpfe Demenz entwickelt, außer¬
dem bestand Differenz der Pupillen, geringe Fazialis¬
parese, ab und zu Häsitieren beim Sprechen, Steigerung
p&rese, ab und zu häsitieren beim Sprechen, Steigerung
der Patellairefleie; dazu kam eine linksseitige Hemi¬
plegie mit darauffolgendem Status epilepticus, an dem
der Kranke starb. Die Sektion ergab keinerlei para¬
lytische Veränderungen, vielmehr eine akute Meningitis.
Die Lumbalpunktion war nicht gemacht worden.
Jolly (Halle).
1278. Über eine einfache praktische
Methode, in einem Nervenstamme die
motorischen Nervenfasern für einzelne
Muskeln zu isolieren; von E. Medea und
P. Bossi. (Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 11. S. 684.)
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IX. Neurologie.
469
M. und B, bewährte sich zur Isolierung bestimmter
Nervenstränge die Anwendung mechanischen Reizes
vermittels einer Hakenpinzette. Während elektrische
Erregung sich sehr leicht im ganzen Nervensystem aus¬
breitet, erlaubt die mechanische Erregung die Isolie¬
rung der motorische Nervenfasern für einen einzigen
MuBkel. Jolly (Halle).
1279. Su di un caso di cavitä midollare
consecutiva a compressione bulbare nell*
uomo; per J. Lhermitte e P. Boveri.
(Rit med. Giugno 8. 1912. S. 617.)
Ein 34jähriger Mann, der seit 4 Jahren Lähmungs-
arscheinnngen hatte, bei dem zwar ein aufrechtes
Stehen, aber kein Gehen möglich war, der nur an
mäßiger MuskeLatrophie, besonders an den kleinen
Handmuskeln litt, starb während einer respiratorischen
Synkope. Bei der Obduktion fand sich-vom 1. Hals- bis
zum 10. Brustwirbel reichend das Rückenmark in ein
leeres Rohr mit sehr zarter Wandung verwandelt. Der
Bulbus war von vom nach hinten durch einen von der
Basis der HinterhauptBchnppe ausgehenden Knochen-
tumorr, der sich in die Medulla oblongata hineinschob,
abgeplattet.
Z ur experimentellen Klärung des Falles wurde
bei Hunden nach einer Laminektomie durch ein
vorgelagertes Knochenstück eine Kompression auf
das Mark ausgeübt. Bei einem Hunde mit Kom¬
pression in der Höhe des 7. Dorsalsegments trat
völlige Paraplegie mit Retentio alvi et urinae ein.
Er starb am 8. Tage nach der Operation. Bei der
Obduktion fand sich intensive Kompression des
Rückenmarks in der erwähnten Höhe, sowie
unterhalb desselben ein hämorrhagischer Herd,
dagegen oberhalb zwischen dem IV. und V. Seg¬
ment deutliche Höhlenbildung. Allerdings lag in
dem klinischen Falle die Höhle unterhalb der
Kompressionsstelle, während sie hier oberhalb
derselben sich befindet.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1280. Sopra un caso di meningite acuta
guarita. Acrocianosi cronica ipertrofica;
per C. Pastine. (Rif. ined. Agosto 3. 1912.
S. 845.)
Ein Schiffsjunge, der anf der Seereise erkrankte,
wurde 15 Tage nach Beginn unter den Zeichen einer
akuten Meningitis ins Hospital eingeliefert Es trat
völlige Heilung ein, ohne daß sich jedoch die Ätiologie
aufklären ließ. Einige Symptome sprachen für Tuber¬
kulose. Daneben bestand eine Akrocyanoais chronica
hypertrophica, die besonders an den Händen, weniger
an den Füßen ausgeprägt war. Eine Knochenverände¬
rung konnte nicht festgestellt werden. Besonders fiel
an den cyanotischen Händen die starke Hypertrophie
anf. Von Sensibilitätsstörangen wurde nur eine leichte
und inkonstante Hypaesthesie festgestellt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg),
1281. „Neuralgia of the testicle“ caused
by adhestons; by E. G-. Ball enger and 0.
F. Eider. (New York med. Joum. July 27.
1912. S. 182.)
Hodenneuialgien können auf Adhäsionen be¬
ruhen. Man kann anamnestisch gewöhnlich eine
Entzündung oder ein Trauma feststellen. Es ist
in allen Fällen von Hodenneuralgie ratsam, unter
Lokalanästesie die Tunica vaginalis zu öffnen,
um dort etwaige Adhäsionen feststellen zu
können. Fischer-Defoy (Quendlinburg).
1282. On certain problems presented by
cases of general paralysis with focal
sym ptoms ; by C. M. Campbell. (Amer. Journ.
of Ins. Bd. 68. S. 491. 1912.)
C. schildert in dem ersten Teile der vor¬
liegenden Arbeit zunächst mehr oder weniger
ausführlich eine Reihe von Paralysefällen, die
klinisch als Lissauersche Paralyse charakteri¬
siert waren. Ihre klinische und anatomische
Durchforschung führt C. zu einer Summe allge¬
meiner Schlüsse, aus denen folgendes reprodu¬
ziert sei: Paralysefälle können Herdsymptome
auf traumatischer Basis bieten — dann sind
diese für die Paralyse selbst mehr oder weniger
irrelevant. Von Bedeutung sind dagegen Herd¬
symptome, die ihre Entstehung einer syphili¬
tischen Endarteritis verdanken oder auf dem
Boden einer lokalen, besonders starken Akzen-
tuation des paralytischen Prozesses erwachsen.
Besonderes Interesse beansprucht die erste Mög¬
lichkeit, weil sich hier syphilitische und meta¬
syphilitische Hirnveränderungen kombinieren
können, und zwar in einer Weise, daß klinisch
oder serologisch eine sichere Differentialdiagnose,
ob eine Lues cerebri oder eine Paralyse vorliegt,
nicht zu stellen ist. Hier führt die anatomische
Untersuchung zu einem exakten Ergebnisse.
Mugdan (Freiburg i. B.).
1283. The cerebro-spinal fluid; its cel¬
lular elements and globulin content; by
F. J. Farn eil. (Amer. Journ. of Ins. Bd. 68.
S. 23.)
Die Untersuchungen F.s, die sich auf
200 Fälle erstrecken, basieren auf der Benutzung
der sogenannten französischen Methode; diese
besteht darin, daß der Liquor zentrifugiert und
das Sediment in eine Kapillarpipette aufgenom¬
men wird; aus dieser werden dann 3 Tropfen
auf ein Deckglas gebracht, es wird mit Ehr¬
liche Triazid gefärbt und dann gezählt. Bei
dem Globulinnachweise wurde die Noguchische
Buttersäure - Methode verwandt. Die Unter¬
suchung erstreckte sich auf Fälle von Tabes
dorsalis, Lues cerebrospinalis, progressive Para¬
lyse, multipler Sklerose, Hirntumor, Epilepsie,
manisch-depressivem Irresein. Dementia praecox
u. a. m. Die Ergebnisse stimmen mit den von
anderen Autoren publizierten im wesentlichen
überein. Mugdan (Freiburg i. B.).
1284. Meyers theory of the psychogenic
origin of dementia praecox; by E. St. Albos.
(Amer. Journ. of Ins. Bd. 68. S. 15.)
Der amerikanische Psychiater Meyer hat
in einer Reihe von Schriften aufs energischste den
rein „funktionellen" Charakter der Dementia
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470
IX. Neurologie.
praecox betont; er sieht ihr Wesen „in einer
Detonation gewisser Gewohnheiten, die einer¬
seits auf einer mangelhaften Entwicklung der
psychischen Fähigkeiten, andererseits auf einem
Widerstreit der Instinkte und einer progressiven
Willensschwäche basiert.“ Z. T. nähert sich
seine Auffassung der Bleulerschen Theorie von
der schizophrenen Persönlichkeit. Wesentlich ist,
daß Meyer die organischen Veränderungen als
sekundär oder zufällig ansieht. A. vertritt dem¬
gegenüber die Ansicht, daß die Dem. praecox in
letzter Linie als eine organisch bedingte Psychose
anzusehen und daß die Meyersche Anschauung
als ein wissenschaftlicher Rückschritt anzu¬
sehen sei. M u g d a n (Freiburg j, B.).
1285. Th« relationship between dreams
and psychoneurotic eymptoms. (Amer.
Journ. of Ins. Bd. 68. S. 57.)
Die Arbeit besteht im wesentlichen in einem
Referate über die Freudschen Anschauungen von
dem Zusammenhänge der psychoneurotischen
Symptome mit den Traumerlebnissen. Da etwas
Neues in ihr nicht zu finden ist, kann einfach
auf die Schriften der Freudschen Schule ver¬
wiesen werden. M u g d a n (Freiburg i. B.).
1286. In the occurence of nodular
necroees (Drusen) in the cerebral cortex.
A report of twenty positive cases; by J.
B. Belts. (Amer. Journ. of Ins. Bd. 68. S. 43.)
B. hat 81 Gehirne mit der Bielschowskysehen
Methode untersucht. Die Resultate, die er dabei
gefunden hat, sind durchaus anzuzweifeln. Er
berichtet unter anderem, er habe Drusen — viel
zweckmäßiger ist übrigens der Name „Plaques“
— bei zwei Fällen von Dementia praecox ge¬
funden, deren einer 27 und deren anderer 31 Jahre
alt war. Da diese Befunde mit denen anderer
kompetenter Autoren durchaus nicht korrespon¬
dieren und überdies durch Reproduktion nicht
belegt sind, so sind sie zunächst mit Vorsicht
aufzunehmen. M u g d a n (Freiburg i. B.).
1287. A study of certain serum reactions
in the blood serum of general paralysies
and its familial aspects; by H. C. Eyman
and J. D. 0 ’ B r i e n. (Amer. Journ. of Ins. Bd. 68.
S. 485. 1912.)
E. und B. haben 137 Paralytiker mit Hilfe der
Wassermannschen Reaktion untersucht; sie fan¬
den sie im Blute bei 71 °/ 0 , im Liquor bei 76°/ B
der Fälle positiv. Das Ergebnis der Liquorunter¬
suchung hätte sich zweifellos erheblich günstiger
gestalten können, wenn E. und B. die Haupt-
mannsche Auswertungsmethode angewandt hät¬
ten. Die Untersuchung von Kindern und Ehe¬
gatten von Paralytikern ergab in 84°/ 0 , bzw. 60®/ o
eine positive Wassermann-Reaktion. Mit Vor¬
sicht aufzunehmen ist die Mitteilung über die Be¬
nutzung einer Emulsion eines „Bacillus paralyti-
cans“ an Stelle des gewöhnlichen Antigens. Der
Schluß, daß neben der Syphilis noch eine andere
venerische Erkrankung für die Entstehung der
Paralyse verantwortlich zu machen sei, scheint
uns noch etwas verfrüht.
M u gd a n (Freiburg L B.).
1288. Zur Diagnose der Tumoren des
IV. Ventrikels und des Idiopathischen
Hydrozephalus nebst einer Bemerkung zur
Hirnpunktion; von Bonhoeffer. (Arch. f.
Psych. u. Nervenheilk. Bd. 49. S. 1. 1912.)
Im Anschluß an die eingehende Beschreibung
dreier Fälle von Ependymgliomen des 4. Ventri¬
kels und dreier Fälle von idiopathischem Hydro¬
zephalus erörtert B. die großen differential-
diagnostischen Schwierigkeiten, die die Tren¬
nung beider Erkrankungen voneinander und von
den raumbeengenden Prozessen der hinteren
Schädelgrube überhaupt und zumal dann bieten,
wenn man die Erkrankung nicht auf längere Zeit
zurück übersehen kann. Die hauptsächlichsten
durch die Ventrikeltumoren hervorgerulenen
Symptome, Anfälle von tonischen Krämpfen,
Stauungspapille, plötzliche Benommenheits- und
Kollapszustände, zerebellare Ataxie, assozüerte
Blickschwäche, Störung des Komealreflexes,
noch auch der Verlauf geben sichere differen¬
tielle Kriterien weder den Kleinhirngeschwülsten
noch den mitgeteilton drei Fällen von idiopathi¬
schem Hydrozephalus gegenüber. Für die Even¬
tualitätsfrage der dringend gebotenen frühzeitigen
Palliativtrepanation bei akuter Hydrozephalus¬
entwicklung ist nach B.s Auffassung in erster
Linie der objektive Befund der Papille, nicht der
von individuellen Resistenzverhältnissen abhän¬
gige Visus maßgebend. Die mehrfach vorgenom¬
mene Hirnpunktion hat B. weder in diagnostischer
noch in therapeutischer Beziehung ein nennens¬
wertes Ergebnis geliefert. Ihre Wirkung ist nicht
nachhaltig genug zur Erzielung eines Effektes,
etwa des Rückgangs der Stauungspapille; an¬
dererseits birgt sie bei starkem hydrozeph&lem
Druck die Gefahr einer Liquorfistel. Die Dauer¬
entlastung wird in schweren Fällen wie den ge¬
schilderten, wo ein radikaler Eingriff nicht in
Frage kömmt, nur durch die Palliativtrepanation,
vielleicht auch durch den Balkenstich oder durch
Payrs Drainage zu erzielen sein.
G o e b e 1 (Köln).
1289. Über Meningitis serosa circum¬
scripta cerebralis; von W. Wendel. (Ver-
handl. der Deutschen Ges. f. Chir. 1912. S. 433.)
Aus dem eingehend erörterten Krankheitsbild
der serösen Moningitis hebt W. die noch wenig
bekannte umschriebene Form heraus, die durch
Verschluß der abführenden Lymphbahnen infolge
Verwachsungen zustande kommt. Hält die Ex¬
sudation an, so kann sich das Bild des Hirn¬
tumors ergeben.
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IX. Neurologie.
471
Mitteilung eines interessanten einschlägigen
Falles, in dem sich im Anschluß an eine eitrige
Entzündung der ersten Bindehaut unter Beteili¬
gung des orbitalen Bindegewebes nach Verlauf
von 2 Monaten schwere zerebrale, auf das erste
Stirnhirn hinweisende Erscheinungen einstellten.
Die notwendige Trepanation ergab eine um¬
schriebene Arachnoiditis mit mehrere Zentimeter
dicker Anfüllung der Arachnoidalmaschen mit
klarer steriler Flüssigkeit. Nach ihrer Entleerung
und Abtragung des veränderten Arachnoidal-
gewebes schnelle Erholung der zusammen-
gedrückten Hirnpartien. Glatte Heilung mit voll¬
kommener Hirnfunktion. Für diese, unzwei¬
deutige Tumorsymptome machenden Formen der
serösen Meningitis hält W. die Trepanation für
voll indiziert wie beim wirklichen Tumor, im
Gegensatz zu der diffusen Form, die durch
wiederholte Lumbalpunktionen zur Heilung ge¬
bracht werden kann. G o e b e 1 (Köln).
1290. Muskelmechanische Erscheinun¬
gen nach dem Tode; von Stefan Zsako.
(Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 11. S. 675.)
Durch Beklopfen mit dem Perkussionshammer
rief Z. eine Reihe dem Infraspinatus- und Trizeps¬
reflex ähnlicher muskelmechanischer Erschei¬
nungen hervor. Dieselben waren bei allen in
normalem Zustand befindlichen Individuen, bei
den durch Chloroform oder Äther betäubten, bei
denjenigen die lumbal anästhesiert waren oder
Medikamente erhalten hatten und ferner bei allen
Kranken, die nicht eine periphere Lähmung hat¬
ten, deutlich auszulösen. Bei Leichen ging das
Ausbleiben der angegebenen Erscheinungen der
Leichenstarre voran, sie waren durchschnittlich
90—120 Minuten lang nach Eintritt des Todes
auslösbar, so daß man nach ihrem Ausbleiben
den Eintritt des Todes ungefähr bestimmen kann.
Dasselbe Verhalten zeigte übrigens auch die
idiomuskuläre Wulstbildung. Jolly (Halle).
1291. The causee of death in tabes;
by Charles W. Burr. (Journ. of nerv, and
ment Dis. 1912. Nr. 3. S. 145.)
Daß man bei Behandlung eines chronischen
Leidens nicht einseitig sein Augenmerk nur auf
das von diesem befallene Organ richten darf,
lehrt vorliegende Zusammenstellung von 34 Fäl¬
len von Tabes dorsalis, bei denen die Todes¬
ursache durch die Sektion festgestellt wurde.
Chronische Myokarditis, Herzklappenfehler und
chronische Nephritis fanden sich am häufigsten;
Atherom der Aorta ist speziell in 9 Fällen notiert.
Aortenaneurysma fand sich in 3 Fällen, ohne
aber die Todesursache zu sein. Lungentuber¬
kulose verursachte den Tod in 6 Fällen, kruppöse
Pneumonie in 5, 2 Patienten starben an Sepsis
durch Dekubitus, 2 an Karzinom, 1 an eitriger
Prostatitis, 8 an Lungenödem. Jolly (Halle).
1292. Contribution a l’ötude de la frö-
quence comparde de differente Symptom es
de la paralysie organique du membre in-
fdrieur d’origine centrale; par Elie Tziklice.
(Revue neur. 1912. Nr. 9. S. 594.)
T. untersuchte bei 33 Fällen von zentraler orga¬
nischer Lähmung einer unteren Extremität systematisch
eine Reihe der in den letzten Jahren für die Differen-
tialdiagnose gegenüber funktioneller Lähmung an¬
gegebenen Symptome. Die von Babinski, Oppen¬
heim, Mendel-Bechterew und Rossolimo
beschriebenen Symptome haben den Vorzug nicht von
dem Zustand des Patienten abhängig zu sein, während
die von G r a s s e t und Gaussei, Bychowsky,
Hoower, Neri, Caccipuoti nnd R a i m i 81 e
geschriebenen nicht nur klares Bewußtsein des Patien¬
ten, sondern auch den guten Willen desselben voraus¬
setzen. Unter den von R a i m i s t e angegebenen
Methoden fand sich die assoziierte Adduktion (bei Auf¬
forderung zur Annäherung des gesunden Beins an das
kranke und Verhinderung dieser Bewegung durch die
Hand des Untersuchers wird das kranke Bein auto¬
matisch adduziert) in allen Fällen, die assoziierte Ab¬
duktion in 87,8°/ n der Fälle. Die Anführung weiterer
Zahlen würde hier zu weit führen. Jolly (Halle).
1293. Degeneration combine© subaigue
de ta moelle epiniöre; par E. Long. (Revue
neur. 1912. Nr. 9. S. 585.)
Von der in England und Amerika unter der von
Rüssel, Batten und Collier angegebenen Be¬
zeichnung „Subacute combined degeneration of the
spinal cord“ und in Deutschland teils unter ähnlichen
Namen teils unter der von Henneberg gewählten
Bezeichnung funikuläre Myelitis bekannten Krankheit
ist auffallender Weise der vorliegende der erste Fall
der in Frankreich beobachtet wurde und zur Sektion
kam. Es bestand keinerlei Anämie, vielleicht kommt
Lues ätiologisch in Betracht, da der Mann der Pat.
Paralytiker war. Jolly (Halle).
1294. Tumor involvlng the baee and
subetance of the left temporal lobe; by
F. C. Dero um. (Journ. of nerv, and ment
Dis. 1912. Nr. 1. $. 17.)
Der von D. mitgeteilte Fall eines Tumors des linken
Schläfenlappens ist dadurch interessant daß er außer
sensorischer Aphasie eine totale Agraphie bei nicht
kompletter Alexie zeigte. Die zweite Stimwindung
und der Gyrus angularis waren völlig intakt. D. er¬
klärt die Agraphie in vorliegendem Fall durch die
Monakowsche Diaschisis-Theorie. Jolly (Halle).
1295. Die Folgen der Exstirpation der
Hypophyse; von G. Ascoli und T. Legnani.
(Mflnchn. med. Woch. 1912. Nr. 1. S. 518.)
Die Ergebnisse der an Hunden angestellten
Versuche über die Folgen der Exstirpation der
Hypophyse sind von großem Interesse. Die Ex¬
stirpation wurde erst auf pharyngealem, später
auf parieto-temporalem Weg unter Lüftung des
Schläfenlappens vorgenommen; das Operations¬
trauma war meist kaum merklich. Die meisten
Tiere starben innerhalb 2—3 Tagen nach der
Operation. Die wenigen Überlebenden zeigten im
Vergleich zu den Kontrolltieren von demselben
Wurf im wesentlichen folgende Veränderungen:
plötzliche Wachstumshemmung mit Verzögerung
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472
X. Psychiatrie.
der Ossifikation und Dentition, mangelnde Er¬
nährung des Knochens, meist ausgesprochene
Fettsucht, die aber auch fehlen und statt deren
fortschreitende Unterernährung auftreten kann,
Hemmung der geschlechtlichen Reife und was
besonders interessant ist, Veränderungen der
übrigen Drüsen mit innerer Sekretion. Es fand
sich fortgeschrittene Rückbildung der Thymus,
Kolloidatrophie der Schilddrüse und ferner häufig
Blutung in die Nebennieren mit Veränderung der
Lipoidbildung. J o 11 y (Halle).
1296. A case of postoperative homiplegia
with cerebral hernia; by Theophil Kling¬
mann. (Phys. and Surg. 1912. Nr. 2. S. 76.)
Die genauere Vorgeschichte des von K. mitgeteilten
Falls ist nicht bekannt. Es fand sich eine anscheinend
von einer Dekompressiv-Trepanation herrührende Him-
hernie über dem 1. Schläfenlappen, ferner eine links¬
seitige plastische Lähmung, Störungen der Augen¬
bewegungen und eine postneuritische Opticusatrophie.
K. lehnt die Diagnose Hirntumor ab und zieht die¬
jenige einer Pachymeningitis externa oder einer serösen
Meningitis vor, wofür ihm unter anderem die Angabe
zu sprechen scheint, daß die Krankheit nach einem
schweren Sturz von einer Leiter begonnen haben und
die Blindheit bald eingetreten sein soll, ferner seit
dem Trauma heftige Kopfschmerzen im Hinterkopf be¬
standen. J o 11 y (Halle).
1297. The amyotrophy of lead poisoning
with increased reflexes; by 'William B.
Cadwalader. (Joum. of nerv, and ment. Dis.
1912. Nr. 3. S. 153.)
Im ersten Fall C.s handelte es sich um einen
48jährigen Anstreicher, bei dem sich, nachdem er
mehrfach schwere Bleikoliken gehabt hatte, eine
schwere atrophische Lähmung der Musknlatur aller vier
Extremitäten, verbunden mit Steigerung der Sehnen¬
reflexe entwickelte; zuletzt traten noch bulbäre Er¬
scheinungen, nämlich Verschlucken und undeutliche
Sprache auf. Die Sektion zeigte eine schwere Er¬
krankung der Vorderhörner des Rückenmarks und De-
generaiton der Seitenstränge; am Ausgesprochensten
waren die Erscheinungen in der Lumbalgegend. Es
hatte sich hier also auf der Basis einer chronischen
Bleivergiftung eine amyotrophische Lateralsklerose ent¬
wickelt, ein bis jetzt nur sehr selten in der Literatur
berichtetes Vorkommnis. In dem zweiten Fall von Blei¬
vergiftung konnte nur das Gehirn untersucht werden;
bei demselben spielte auch Arteriosklerose eine Rolle.
Es fand sich deutliche Chromatolyse in den Betzschen
Zellen. J o 11 y (Halle).
1298. Zur Ätiologie der rheumatischen
Fazialislähmung; von Ernst Jendrassik.
(Neur. Zentralbl. 1912. Nr. 12. S. 751.)
Bei der rheumatischen Fazialislähmung han¬
delte es sich um eine Kompressionsdegeneration,
hervorgerufen durch eine Periostitis des Fallopi-
schen Kanals. Dieser Kanal sei durch seine
nahen Beziehungen zum mittleren Ohr und durch
Lymphwege vom Mund und von den Zähnen
her periostitischen und anderen Entzündungen
häufig ausgesetzt. Die Abkühlung könne keine
direkte Ursache der Fazialislähmung sein, da
kein anderer Nerv dadurch erkranke.
Jolly (Halle).
X. Psychiatrie.
1299. Problem of the mental ly deficient;
by Clark B. Fulkerson. (Phys. and Surg.
1912. Nr. 2. S. 65.)
F. betont wie wichtig es ist, daß bei Kindern
geistige Defekte möglichst frühzeitig erkannt
werden und daß diejenigen Schwachsinnigen,
die dazu imstande sind, in Anstalten zum Ver¬
dienen ihres Lebensunterhalts erzogen werden.
Er empfiehlt vom rassenhygienischen Standpunkt
aus die in einigen amerikanischen Staaten ein¬
geführten Maßnahmen zur künstlichen Beseiti¬
gung der Zeugungsfähigkeit der Schwachsinni¬
gen. Bei uns in Deutschland finden bekanntlich
die letzteren Vorschläge wenig Anklang.
Jolly (Halle).
1300. The height and weight of feeble-
minded children in American Institutions;
by Henry H. Goddard. (Journ. of nerv, and
ment. Dis. 1912. Nr. 4. S. 217.)
Iin einer interessanten statistischen Arbeit
stellt G. die von einer Reihe amerikanischer An¬
stalten erhaltenen Werte für Höhe und Gewicht,
der in diesen Anstalten befindlichen Schwach¬
sinnigen und Idioten zusammen. Der Arbeit liegt
die große Zahl von fast 6000 männlichen und
fast 5000 weiblichen Individuen zugrunde. Wie
aus den graphischen Tabellen ersichtlich ist,
bleibt der Durchschnitt der Anormalen den gleich¬
altrigen Normalen gegenüber an Gewicht und
Größe zurück, nur sind die Anormalen bei der
Geburt im Durchschnitt schwerer wie die Nor¬
malen. Wenn man die Anormalen in verschie¬
dene Grade einteilt, so sieht man, daß das Zu¬
rückbleiben besonders bei den am tiefsten stehen¬
den, den Idioten, auffällig wird; weniger bei den
Schwachsinnigen höheren Grades. Die Schwach¬
sinnigen geringeren Grades wachsen in den
früheren Jahren wie die Normalen, doch steht
ihr Wachstum früher still. Jolly (Halle).
1301. Über die Differentialdiagnose
zwischen manisch-depressivem Irresein
und Dementia praecox; von M. Bornstein.
(Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 145.)
Die vorliegende Arbeit verfolgt die Tendenz,
durch eine genaue Analyse der Symptomenbilder
der Dementia praecox und des manisch-depres¬
siven Irreseins eine scharfe differentialdiagnosti¬
sche Abgrenzung beider Krankheitsbilder zu
schaffen. Sie bildet damit ein heilsames Gegen¬
gewicht gegenüber den Bestrebungen von Urtein
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X. Psychiatrie.
473
u. a., die bekanntlich versuchen, beide Psychosen
zu einer klinischen Einheit zusanunenzuschmelzen,
ohne sich der begrifflichen Unmöglichkeit ihrer
Tendenzen klar zu sein. B. präzisiert seinen
Standpunkt in einer Reihe von Leitsätzen, aus
denen hier folgendes erwähnt sei: Das manisch-
depressive Irresein ist eine auf dem Boden der
Degeneration entstehende und zweifellos funktio¬
neile Psychose, d. h. solche, in welchen bis jetzt
keine anatomo-pathologische Veränderungen ent¬
deckt wurden und wahrscheinlich auch nicht ent¬
deckt werden, und welche im allgemeinen einen
günstigen, d. h. mit keiner sekundären Intelligenz¬
störung verbundenen Verlauf hat. Die sogenannte
Dementia praecox ist zweifellos eine organische
Intoxikationspsychose, welcher gewisse, bis jetzt
noch nicht feststehende, anatomo-pathologische
Veränderungen entsprechen und welche am häu¬
figsten zu den spezifischen Verblödungszuständen
führt Wenn trotz dieser begrifflichen Verschie¬
denheit eine Differentialdiagnose zwischen beiden
Prozesson oft nicht möglich ist, so liegt dies einer¬
seits an der Heterogenität der heute als Dementia
praecox bezeichneten Krankheitsgruppe, anderer¬
seits daran, daß die manisch-depressiven Sym¬
ptome, als grundlegend für die menschliche Seele,
sich jeder anderen Psychose heimengen können.
M u g d a n (Freiburg i. B.).
1302. The etiology of dementia para-
lytica; by W. F. Robertson. (Lancet Sept 28.
1912. S. 872.)
Es gelang einen Bazillus von der diphtheroiden
Gruppe zu isolieren, der die Veranlassung zur
paralytischen Demenz, sowie zur Tabes sein soll.
R. bringt den Bazillus in Verbindung mit gewissen
Körperchen, die er stets in Gehirnen von Para- j
lytikern fand, die nach bestimmten Methoden mit j
Gold oder Silber imprägniert einer Entfärbung
mit Zyankali widerstehen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg). I
1303. Weiteres zu den Pupillenstörungen I
bei Dementia praecox; von E. Meyer. (Neur. 1
Zentralbl. 1912. Nr. 20. S. 1281.)
Bei zwei kurz mitgeteilten Fällen fand sich
Pupillenstarre bei Druck auf den üiakalpunkt, ein
Symptom, auf das M. schon früher aufmerksam ge¬
macht hatte. Er betont ferner, daß er bei Dementia
praecox die Pupillen wiederholt oval oder in ähnlicher
Weise formverändert und gleichzeitig exzentrisch ge¬
legen gefunden hat. J o 11 y (Halle).
1304. Ober die Bedeutung der psychia¬
trischen Untersuchungsmethotik für die
allgemeine ärztliche Ausbildung; von K.
Bonhoeffer. (Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 20. i
S. 927.)
In seiner Berliner Antrittsvorlesung weist B.
auf die Gefahr hin, die für den praktischen Arzt
eine zu starke Einstellung seiner Aufmerksamkeit
auf den Nachweis objektiver Symptome bedeuten
Schmidts Jahrh. Bd. 317. H. 5.
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kann. Sicher ist, daß Patienten, deren subjektive
Klagen ein objektiver Befund nicht entspricht,
sehr häufig als hysterisch, neurasthenisch usw.
bezeichnet werden, nicht etwa auf Grund einer
psychiatrischen Diagnose, sondern lediglich wegen
des Fehlens nachweisbarer objektiver Symptome.
Diese Überschätzung des objektiven Befundes
kann einmal dazu führen, daß zufällige und
nebensächliche Symptome als die Ursachen der
geäußerten Klagen auf gefaßt werden; oder daß
somatisehe Erscheinungen, die ebenso wie die
psychischen Anomalien Folge eines bestimmten
Grundprozesses sind, in ihrem Kausalzusammen¬
hang vorkommt und statt als Wirkung als Ur¬
sache aufgefaßt worden.
In der Untersuchung psychiatrischer Erkran¬
kungen, bei denen in der Mohrzahl der Fälle
objektiv nachweisbare somatische Befunde nicht
erhoben werden können, sieht B. ein Gegen¬
gewicht gegen die angedeutete Gefahr. „In diesem
starken Hinweis auf die psychischen, die sub¬
jektiven Faktoren“ erblickt B. „ein wichtiges
Moment der ärztlichen Erziehung, das aus dem
psychiatrischen Unterricht als Nebengewinn sich
ergeben soll.“ Ferner wirkt das bei der psychia¬
trischen Untersuchung notwendige aufmerksame
Eingehen auf die ganze Persönlichkeit des Patien¬
ten der Gefahr einseitigen und dio Individualität
des Kranken ignorierenden Spezialistentums ent¬
gegen. B u m k e (Freiburg i. B.).
1305. Die „Spuren interessebetonter
Erlebnisse“ und die „Komplexforschung“;
von E. Rittershau8. (Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psych. Bd. 8. H. 3. S. 273. 1912.)
Die vorliegende Arbeit stellt im wesentlichen
eine Pole mik gegen die Lipmannsche Abhandlung
„Die Spuren intoressebetonter Erlebnisse und ihre
Symptome" dar, mit doren einzelnen Punkten R.
sich auseinander setzt.
Nach Ansicht R.s ist die Existenz von Kom¬
plexen, d. i. von gefühlsbetonten Erlebnissen, die
in der Seele des betreffenden Menschen Spuren
zurückgelassen haben und in „erhöhter Ent¬
ladungsbereitschaft“ stehen, heute wohl nicht
mehr zu bezweifeln. Mit Hilfe der Komplex¬
forschung, und zwar auf dem Wege der Assozia¬
tion. sei es möglich, in jedem einzelnen Fall die
Existenz eines derartigen Komplexes objektiv
nachzuweisen. Wie man dann die so gewonnene
Kenntnis verwertet, ob zu kriminalistischen,
psychiatrisch-diagnostischen, psychologischen oder
psychoanalytischen Zwecken, sei Sache der per¬
sönlichen Anschauungen. Unrichtig sei es aber
jedenfalls, wenn die Gegner der Freudschen
Psychoanalyse mit dieser zugleich auch die Kom¬
plexforschung ablehnten, bloß deswegen, weil
diese auch zu psychoanalytischen Zwecken ver¬
wendet werden kann. B u m k e (Freiburg i. B.).
60
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474
X. Psychiatrie.
1306. Die Streitfrage der akuten Para¬
noia; von Kleist (Zeitschr. f. d. ges. Neur.
u. Psych. Bd. 5. S. 366.)
K. geht zunächst kritisch an die 24 Fälle von
„Akuter Paranoia“ Thomsens heran, und
kommt zu dem Ergebnis, daß von ihnen nur 2 dio
Bezeichnung eines paranoischen Zustandes ver¬
dienen. Und diese 2 sind Äußerungen manisch-
depressiven Irreseins.
Abgesehen von akut-paranoischen Zustands¬
bildern als Erscheinungsformen verschiedener
wohlcharakterisierter Krankheitsarten (z. B. Para¬
lyse, senile Gehirnerkrankung, alkoholische und
andere Gehimvergiftungen, Dementia praecox)
werden akute paranoische Erkrankungen als
Äußerungen zweier verschiedener abnormer Kon¬
stitutionen beobachtet: 1. Menschen mit reaktiv¬
labiler Veranlagung können in Reaktion auf
affektvolle Erlebnisse (z. B. Verurteilung, Unter-
suchungs- und Straf-Haft, getäuschte Hoffnungen
u. ä.) in akut-paranoischer Form erkranken.
2. Unter der Gruppe der autochthon-labil ver¬
anlagten bilden die Individuen mit der Disposition
zu akut-paranoischen, eventuell periodisch-para¬
noischen Erkrankungen eine besondere Abteilung.
Hauptmann (Freiburg i. B.).
1307. Über eine besondere Form sexu¬
eller Anomalie. Selbststudie über Retour ä
L’enface; von R. Pettow. (Zeitschr. f. d. gee.
Neur. u. Psych. Bd. 4. S. 692.)
Drang, Knabenkleider zu tragen, entstanden
auf sexueller Grundlage. P. hatte schon als
Quartaner Vorliebe für hübsche Knaben. Seit der
Kindheit fühlt er den Zwang, auf der Straße die
Beine unterhalb des Knies auf ihre Dicke oder
-Dünne hin kritisch zu betrachten. Beim Anblick
des Priigelns und Hosenstraffziehens in der
Schule hat er schon das Verlangen empfunden,
das Gleiche am eigenen Leibe in Kinderkleidem
zu erfahren.
Die Selbststudie zeichnet sich aus durch eine
eigenartige manirierte Diktion.
Hauptmann (Freiburg i. B.).
1308. Die Zunahme der anstaltsbedürf¬
tigen Geisteskranken in Baden und ihre
Ursachen; von Karl Wilmanns. (Zeitschr.
f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 4. S. 617.)
Es bosteht eine starke Überbelegung einzelner
Anstalten bis 54,10°/». Die Zunahme der Kranken
steht zu der der Bevölkerung in keinem Ver¬
hältnis. Aber nur die Anstaltsbedürftigkeit steigt
an. die absolute Zahl der Geisteskranken ist nicht
in Zunahme begriffen. Sehr wahrscheinlich ist
ein Anwachsen der Paralyse in den Städten, eine
Steigerung des Alkoholismus hat wohl nicht statt¬
gefunden, sicher nicht eine solche der Dementia
praecox. Als Folge ungünstiger äußerer Verhält¬
nisse scheinen gewisse Entartungszustände (trau¬
matische Neurosen, Phobien usw.) zugenommen
zu haben. Hauptmann (Freiburg L B.).
1309. Beiträge zur Lehre von der kon¬
trären Sexualempfindung; von R. Fleisch-
mann. (Zeitschr. f. d. gee. Neur. u. Psych.
Bd. 7. S. 262.)
Die vorliegende Arbeit umfaßt ein Beobach¬
tungsmaterial von 60 Fällen reiner sexueller Per¬
version, die in der Münchener psychiatrischen
Klinik behandelt worden sind. Von diesen ent¬
stammten 32 den besseren Ständen; 20 wurden in
Not und Armut groß, während nur 8 Söhne der
mittleren Volksklassen waren. 28% der Fälle
wurden bei ihrem ersten Konflikte mit den Ge¬
richten sofort als dauernd geistesgestört in Irren¬
anstalten interniert, 12% wurden wegen Ver¬
gehens wider die Sittlichkeit mehrmals mit Ge¬
fängnis bestraft, um schließlich auch in Irren¬
anstalten zu enden. Im ganzen wurden demnach
40% dauernd von der übrigen menschlichen Ge¬
sellschaft ferngehalten. 3% wurden zeitweise in
Irrenanstalten gebracht, um dann als gebessert in
die Freiheit zurückzukehren. Von den übrigen
57% wurden 20% wegen ihrer Perversion be¬
straft; 37% waren nie gerichtlich belangt worden.
In 00% der Fälle wurden Selbstmordversuche
unternommen. 48,3% waren psychopathisch ver¬
anlagt, 28% litten an Hysterie, je 5% waren
Alkoholisten und Zirkuläre und die übrigen ver¬
teilten sich etwa gleichmäßig unter Epilepsie.
Paralyse, Arteriosklerose, Idiotie und Dementia
praecox. 17 Kranke zeigten deutliche Degenera¬
tionszeichen, 35 waren exzessive Onanisten.
Die mitgeteilten Krankengeschichten bringen
zum Teil sehr interessante Einzelheiten.
M u g d a n (Freiburg i. B.).
1310. Untersuchung der fermentativen
Prozesse bei Geisteskranken; vonJuscht-
schenko. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych.
Bd. 8. S. 163.)
J. hat bei einer Reihe gesunder und geistes¬
kranker Personen den Gehalt des Blutes an Kata¬
lase, Nuklease und Antitrypsin untersucht und
außerdem zur Ergänzung bei denselben Personen
Komplementbindungsversuche mit verschiedenen
Antigenen angestellt. Er hat unter anderem eine
Vermehrung bei Katalase, bei Morbus Basedow»,
bei progressiver Paralyse und bei senilen Psy¬
chosen, eine Verminderung derselben bei den
meisten Schizophenen, posttraumatisch Dementen
und Epileptikern gefunden. Hinsichtlich des
Nukleasegehaltes zeigt die Paralyse während ihres
Verlaufes deutliche Schwankungen; im Höhesta¬
dium der Krankheit ist meist eine Vermehrung, im
Stadium des Marasmus eine Verminderung dieses
Fermentes nachzuweisen. Auch die antitrypti-
schen Fermente sind bei der Paralyse im all-
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XI. Chirurgie.
475
gemeinen vermehrt. Mit Bezug auf Einzelheiten
muß das Original eingesehen werden.
M u g d a n (Freiburg i. B.).
1311. Beitrag zur Lues-Paralyse-Frage;
von Maltanschek und Filcz. (Zeitechr. f.
d. gee. Neur. u. Psych. Bd. 8. S. 133.)
Die vorliegende erste Mitteilung über 4134
katamnestisch verfolgte Fälle von luetischer In¬
fektion behandelt lediglich die Frage nach dem
Zusammenhänge der Lues mit der progressiven
Paralyse. Sämtliche Fälle betrafen Offiziere, die
in den Jahren 1880—1900 in den österreichischen
Armeespitälern an Syphilis behandelt worden
sind. Die Resultate, zu denen M. und P. gelangen,
sind in folgenden Leitsätzen niedergelegt, die bei
der Wichtigkeit der Frage hier in extenso wieder¬
gegeben sein mögen: Mindestens 4,67°/« von syphi¬
litisch Infizierten erkranken an progressiver Para¬
lyse. Die weitaus überwiegende Mehrheit der
Paralysen betrifft Individuen, deren Lues a) un¬
gewöhnlich leicht, d. h. ohne Rezidive verläuft,
und dies trotz mangelhafter oder fehlender lue¬
tischer Therapie, b) nicht oder nur ganz un¬
genügend behandelt worden ist. Wenngleich
auch sehr gründliche Behandlung der Syphilis vor
späterer Paralyse nicht schützt, so scheint ein
Vergleich einer Serie von Syphilitikern mit
mangelhafter Therapie und einer Serie von chro¬
nisch-intermittierend Behandelten zu ergeben, daß
der Prozentsatz der davon später paralytisch Ge¬
wordenen ein wesentlich geringerer bei den letz¬
teren ist Keinesfalls kann eine energische Be¬
handlung Luetischer durch vermeintliches Zurück¬
drängen der Rezidive in bezug auf spätere Nerven¬
krankheiten schaden. Es muß also im Gegenteile
der möglichst sorgfältigen chronisch-intermittie¬
renden Behandlung der Lues das Wort geredet
werden. Ein Einfluß der Syphilistherapie in
bezug auf Länge des Intervalls zwischen Infek¬
tion und Ausbruch der Paralyse läßt sich nicht
erkennen. Eine fieberhafte Infektionskrankheit
während der ersten Jahre nach der luetischen In¬
fektion scheint bis zu einem gewissen Grade die
Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung an
Paralyse zu verringern.
Mugdan (Freiburg i. B.).
1312. Statistisches mit Bezug auf Tabes
und allgemeine Paralyse; von E. D. Paulian.
(Spitalul Nr. 16. 1912. S. 449.)
Es wird allgemein angenommen, daß die
Syphilis in der Ätiologie dieser beiden Krank¬
heiten eine große Rolle spielt. Nichtsdestoweniger
kommen doch Fälle zur Beobachtung, welche
keine Lues in ihrer Vorgeschichte aufweisen, son¬
dern auf Alkoholismus, psychische Affekte, Über¬
anstrengungen usw. beruhen. Aber auch jene
Fälle, die sich auf syphilitischer Grundlage ent¬
wickeln, erheischen eine locus minoris resistentiae,
um Grund fassen zu können. Diesbezüglich ist
die angeführte lOjähr. Statistik der Klinik M a -
r i n e s c u , welche P. benutzt, lehrreich, indem
es sich zeigt, daß Tabes dorsalis, deren Lokali¬
sation im Rückenmark ist, hauptsächlich bei der
arbeitenden Klasse auftritt, welche infolge ihrer
1 ätigkeit mehr das Rückenmark in Anspruch
nimmt, während die allgemeine Paralyse mehr bei
jenen Berufsklassen beobachtet wird, die mit dem
Kopf arbeiten. Die Frauen geben eine geringe
Anzahl von Fällen, sowohl für Tabes, als auch
für progressive Paralyse, ersteres weil sie weniger
schwere Arbeiten, letzteres weil sie weniger Him-
arbeit liefern, als die Männer. Es ist aber nicht
unwahrscheinlich, daß die modernen Zeiten mit
der veränderten Arbeitsleistung des weiblichen
Geschlechtes auch eine Vermehrung der in Rede
stehenden Krankheiten mit sich bringen werden.
Toff (Braila).
XI. Chirurgie
Allgemeines (Röntgenologie).
1313. Anaesthesia by the intracheal
insufflation of ether; von Robert E. Kelly.
(Brit med. Journ, Bd. 2. S. 112. 1912.)
Nach den bekannten Versuchen von Meitzer
und Auer gelingt es, wenn man vermittels eines
die Glottis nicht ganz ausfüllenden Katheters Luft
unter Überdruck in die Atemwege einleitet, einen
zum Leben ausreichenden Gaswechsel herbei¬
zuführen, auch ohne daß eigentliche Atem¬
bewegungen hierbei stattzufinden brauchen, d. h.
rein auf dem Wege des Gasaustausches durch
Diffusion, entsprechend den Gesetzen des Partial¬
druckes. Eisberg hat nach diesen Prinzipien
einen Äthernarkosenapparat konstruiert, den K.
— mit geringen Modifikationen — bei 25 Opera¬
tionen der verschiedensten Art erfolgreich an¬
gewandt hat Der Äther wird hierbei elektrisch
vorgewärmt
Als Vorteile des Apparates im einzelnen wird
hervorgehoben, daß die kontinuierlich zwischen
Glottis und Katheter zurückströmende Luft
mechanisch jedes Eindringen von Schleim, Blut
usw. verhindert und so — namentlich bei Opera¬
tionen im Bereiche der Mund- und Rachenhöhle
usw. — wirksam dem Eintritt von Aspirations-
pneumonien vorbeugt. Für den Operateur hat die
Anwendung dieses Verfahrens überdies bei Ein¬
griffen im Gebiete von Kopf und Hals die An¬
nehmlichkeit daß die Hände des Narkotiseurs nie¬
mals in den Bereich des Operationsterrains zu
kommen brauchen. K. hebt außerdem hervor, daß
der Eintritt der Anästhesie schneller erfolgt als
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476
XI. Chirurgie.
bei den sonst üblichen Verfahren, ebenso tritt das
Erwachen aus der Narkose prompter ein, indem
die nach Ausschaltung des Äthers einströmende
Luft das Narkotikum direkt aus der Lunge aus¬
treibt. Das Hauptgebiet für die Anwendung der
Insufflation bilden naturgemäß die unter Druck¬
differenz vorzunehmenden intrathorakalen Opera¬
tionen. Melchior (Breslau).
1314. Die konservative Behandlung der
Drüsentuberkulose; von Hans Iselin. (Korr.-
BI. f. Schweizer Ärzte 1912. S. 729.)
Die Behandlung der Lymphdrüsentuberkulose
besitzt wahrscheinlich eine Bedeutung, die weit
über das eigentliche chirurgische Spezialgebiet
hinausgeht. Sicher stellt in manchen Fällen eine
isolierte Drüsentuberkulose den ersten Lokali¬
sationsherd der Tuberkulose im Organismus dar,
so daß mit einer radikalen Beseitigung der er¬
krankten Drüsen vielleicht die Möglichkeit einer
Prophylaxe gegenüber einer späteren Knochen-,
Gelenk- oder Lungentuberkulose gegeben ist. Es
dürfte daher in den Fällen, in denen es sich erst
um die Erkrankung einzelner, noch nicht er¬
weichter Drüsen handelt, die chirurgische Früh¬
operation das rationellste Verfahren darstellen.
Für ausgedehntere Drüsenerkrankungen am
Halse, die einer „radikalen“ Exstirpation wohl
kaum noch zugänglich sind, hat sich dagegen an
der Basler Klinik die Behandlung mit Röntgen¬
strahlen bewährt.
Es wurden daselbst seit 1906 wegen Drüsen-
tuberkulöse 202 Patienten mit Röntgenstrahlen
behandelt.
99 mit geschlossenen Drüsen; davon sind 63 voll¬
kommen geheilt, 35 zum Teil in Heilung, bzw. in Be¬
handlung. In einigen Fällen blieben die Patienten nicht
bis zur völligen Heilung. Nur 1 Fall (Supraklavikular-
drüsen) blieb ungebessert
Wegen fistelnder Drüsen wurden 45 Kranke be¬
handelt; 29 gänzlich geheilt, 14 gebessert und 2 un¬
geteilt. In 23 Fällen bestand außerdem ein Shrophulo-
derma — 19 geheilt, 4 gebessert.
Bei 31 Patienten wurde zunächst operiert (d. h. zu
meist nur exkochleiert und daun bestrahlt), 22 Hei¬
lungen, 6mal Besserung, 3 blieben ungeheiit
In 6 Fällen mußte mit der Behandlung aufgehört
werden, da trotz der applizierten Volldosis (10—13 Sa-
bouraudeinheiten) ein wirksamer Effekt auf die ver¬
kästen Drüsen nicht eingetreten war.
Die Dauer der Behandlung beträgt für größere
Pakete 5—6 Monate (10 Sabouraudeeinheiten), bei
ganz großen Drüsengeschwülsten kann sich die
Behandlung sogar auf ein Jahr hinziehen und
eventuell an der Empfindlichkeit der Haut schei¬
tern. Die Pausen zwischen den einzelnen Be¬
strahlungen betragen 3—4 Wochen. Der Effekt
der Röntgeneinwirkung zeigt sich — von einer
primären, meist schon in der ersten Nacht auf¬
tretenden Schwellung abgesehen — gewöhnlich
nach ca. 14 Tagen; größere Pakete lösen sieh in
einzelne Drüsen auf, Abszesse verschwinden, bei
erweichten Drüsen wird die Erweichung be¬
schleunigt.
Schädliche Wirkungen auf das Allgemein¬
befinden sind nicht beobachtet worden; im
Gegenteil pflegt sich das Körpergewicht im Laufe
der Behandlung meist etwas zu heben. Allerdings
sind nach dieser Seite hin die Erfolge nicht so
eklatant wie die neuerlich mit der Sonnenbelich¬
tung im Hochgebirge (L e y s i n) gezeitigten Er¬
gebnisse. Melchior (Breslau).
1315. Studi sulla clinica e la fisio-
patologia del tetano; per E. Aievoli. (Giorn.
int. delle Sc. med. Nr. 34. 1912.)
Übersicht über die neueren Theorien des Teta¬
nus. Nach A.s eigener Auffassung spielt in der
Pathologie dieser Erkrankung vor allem eine In¬
toxikation der im Bereiche des 4. Ventrikels be¬
findlichen Nervenkerne eine wesentliche Rolle.
Melchior (Breslau).
1316. Über die Verwendung des Silber¬
drahtes in der Chirurgie; von 0. v. Frisch.
(Arch. f. klin. Chir. Bd. 97. S. 831. 1912.)
Der Silberdraht ist im Jahre 1877 zum ersten
Male von Cameron in Glasgow als Naht-
material verwendet. Neben seinen vielen Vor¬
teilen hat er einen Nachteil, der seinen ganzen
Nutzen illusorisch machen kann, und dies ist seine
Brüchigkeit, sobald er an solchen Organen ge¬
braucht wird, die durch ihre physiologische Funk¬
tion ein immerwährendes Biegen verursachen, wie
z. B. an der Patella, wenn Beugeversuche des
Knies vor völliger Konsolidierung gemacht werden
oder in den Bauchdecken durch Atembewegungen,
Hustenstöße usw. Im letzteren Falle können die
Fragmente des zerbrochenen Drahtes in das freie
Peritoneum ragen und zu Läsionen der Serosa,
Adhäsionen und Ileus führen, wie durch eine
Krankengeschichte bewiesen wird. Es ist also
unter diesen Umständen ein anderes Nahtmaterial,
z. B. Alurainiumbronzedraht, vorzuziehen oder
doch nur sehr starken Silberdraht zu verwenden.
F ri t 8 c h (Breslau).
1317- Zur Lehre von der Multiplizität
der Tumoren, insbesondere der Karzinome;
von A. Teilhaber und H. Edelberg. (D.
Zeitschr. f. Chir. Bd. 117. S. 457. 1912.)
Auf Grund der aus der Literatur gesammelten
und eigenen Beobachtungen haben sich T. und E.
bezüglich der Bedeutung der Multiplizität der Kar¬
zinome für die Lehre von den Ursachen derselben
eine neue Auffassung gebjldet. Aus der aufge¬
stellten Statistik ergibt sich, daß alle Tumoren
zuweilen solitär, zuweilen multipel auftreten und
daß die Neigung zur Multiplizität zum Teil be¬
stimmt wird durch das Organ, in dem sich der
Tumor entwickelt. T. und E. glauben deshalb,
daß die Erkrankung der Säftemasse des betreffen¬
den Organs eine Rolle spielt, analog den H&ut-
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XI. Chirurgie.
477
karzinomen nach prolongierten Arsenkuren. Er
nennt die Stoffe, die bedingen, daß die Tochter¬
zeile genau dieselben Eigenschaften hat wie die
Mutterzelle, Wachstumsstoffe, die sich im ge¬
sunden Zustand das Gleichgewicht halten. Atro-
phiert ein Wachstumsstoff, so überwiegt der an¬
dere und führt zur Steinbildung (präkanzeröse
Atrophie). Diese Atrophie befällt natürlich das
ganze Organ oder doch große Strecken desselben,
daraus erklärt sich wieder die Multiplizität der
Tumoren. Bezüglich der Therapie ist aus dieser
Auffassung zu entnehmen, daß es zwecklos ist,
immer ausgreifender im Gesunden zu operieren,
sondern daß man, nachdem das Karzinom entfernt
ist, die Atrophie des ganzen Organs durch Hei߬
luftbäder, Elektrisieren und Massage entgegen¬
arbeiten muß, wie T. und E. es in letzter Zeit be¬
reits tun. Fritsch (Breslau).
1318. The teatment of simple fractures
by massage and movement; by S. Watson.
(Edinb. med. JÖum. Bd. 9. Nr. 4. S. 319. 1912.)
Einfache Frakturen können bereits in den
allerersten Tagen mit Massage und Bewegung be¬
handelt werden. Unter der Einwirkung der Mas¬
sage schwindet der Schmerz schnell, die Schwel¬
lung geht zurück; die alte Beweglichkeit von Ge¬
lenken und Sehnen stellt sich bald wieder her,
ebenso Tonus und Funktion der Muskeln, ohne
daß Muskelspasmen eintreten. Die Kallusbildung
wird beschleunigt. Es sind nur einfache Hülfs-
Yerbände nötig, und in den meisten Fällen erfolgt
die Restitutio ad integrum viel früher als sonst.
Fischor-Defoy (Quedlinburg).
1319. Tuberculin therapy in surgical
tu bereu losis; by T. W. Hastings. (Amer.
Journ. of the med. Sc. Sept. 1912. S. 403.)
Die Erfolge der Tuberkulinbehandlung bei
chirurgischer Tuberkulose sind um so besser, je
reiner die Infektion geblieben ist. Eine sekundäre
Infektion macht stets das Ergebnis unsicher.
Naturgemäß bietet möglichst frühzeitiger Beginn
der Tuberkulinkur auch die besten Aussichten auf
Heilung. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1320. Über die ischämische Kontraktur;
von W. Schmidt. (Chirurgija Bd. 32. S. 168.
1912.)
Zu den 8 in der Literatur beschriebenen Fällen
ischämischer Kontraktur der unteren Extremitäten
fügt S. 2 eigene Beobachtungen hinzu.
1. 2 Monate nach einer Fraktur des Capitulum fibulae
und der angrenzenden Tibiaepiphyse entwickelte sich bei
dem 24jähr. Arbeiter ein Spitz fuß. Bei der Operation
wurde der N. peronaeus von den ihn umgebenden nar¬
bigen Strängen befreit. Nach 2 Monaten konnte der
Patient mit normaler Fußstellung und geringer aktiver
Bewegung des Fußes entlassen werden, die Nachunter¬
suchung nach einem halben Jahre zeigte eine auffallende
Besserung, sodaß er seine Arbeit wieder aufnehmen
konnte.
2. Der 24jähr. Arbeiter wurde vom Treibriemen einer
Maschine am Unterschenkel gefaßt, worauf sich ein
großes Hämatom an dieser Stelle entwickelte, welches
sich nach 2 Wochen resorbierte, sodaß er das Kranken¬
haus verlassen konnte. Nach einem halben Jahre je¬
doch entwickelte sich eine typische, sehr starke Beuge¬
kontraktur der großen Zehe, die ihn starke Schmerzen
verursachte. Nach der Durchschneidung der Flexor
hall. long. konnte der Patient von seinem Leiden be¬
freit werden. N. Krön (Moskau).
1321. Die freie Knochenplastik bei den
Am putationen ; von P. P. Sitkow s ky. (Chirurgija
Bd. 32. S. 216. 1912.)
An der Hand von 3 gutgeheilten Amputationen
nach der Bierschen Methode bespricht S. die
Nachteile dieser Methode, die in der Schwierig¬
keit der Technik und in der, zwar geringen
(2—3 cm) Verkürzung des Stumpfes bestehen.
Um dieselbe zu vermeiden, beschloß Martinof,
den Amputationsstumpf des Knochens durch freie
Knochenplastik zu decken. Es folgen zwei
Krankengeschichten, welche die Tragfähigkeit
solcher Stümpfe demonstrieren; in beiden Fällen
wurde wegen Sarkom des Knies amputiert und
eine entsprechende Knochenplatte vom amputier¬
ten Knie entnommen. N. Krön (Moskau).
1322. The curative effect of the normal
animal serum in suppurative processes;
von Emmerich Gergö. (Surg., Gyn. and
Obst. Bd. 15. S. 481. 1912.)
G. hat systematisch umschriebene, nicht zu
große (unter 100 cm* Eiter enthaltende), heiße
Abszesse mit Aspiration behandelt, nach Ent¬
leerung wird normales — zumeist vom Pferde
stammendes — Serum solange injiziert, bis die
eingeführte Flüssigkeit wieder klar abläuft; der
Rest wird aspiriert und die Wunde mit einem
feuchten Verbände bedeckt. Von 87 derartig be¬
handelten Abszessen — Nackenabszesse nach
Furunkulosis, Mastitis abscedens, Bubo ingui-
nalis — wurden nicht weniger als 80 durch ein¬
malige Punktion geheilt. Die Zeit bis zur Heilung
ist meist kurz. So betrug dieselbe in 9 Fällen von
abszedierender Mastitis — darunter eine doppel¬
seitige — durchschnittlich etwa 9 1 /, Tage. Ein
Vorteil liegt außerdem in dem guten kosmetischen
Resultat: unscheinbare Narben, keine späteren
Schrumpfungen. Die Nachteile bestehen dagegen
in stärkeren Schmerzen, die mitunter nach der
Injektion auftreten; Schüttelfröste, Serumery¬
theme, Blutungen in die Abszeßhöhle wurden
mehrfach beobachtet, besonders häufig aber
Fisteln, die sich allerdings zumeist innerhalb
einer Woche, spätestens nach 3 Wochen, spontan
wieder schlossen. Tiefgelegene Abszesse eignen
sich nicht zur Behandlung, ebensowenig solche
Fälle, in denen mit Rücksicht auf den Allgemein¬
zustand eine prompte Entleerung des Eiters wün¬
schenswert ist. Melchior (Breslau).
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478
XI. Chirurgie.
1323. Der Einfluß einer aseptischen
serösen EndzOndung auf die Katgut-
auflösung; von M. Call am. (D. Zeitschr. f.
Chir. Bd. 118. S. 265. 1912.)
Die hinzutretendo aseptische seröse Entzün¬
dung verlangsamt die Auflösung des Katgut bei
der Maus, einem Tier, das den Faden unter hef¬
tiger Eiterung sonst sehr schnell resorbiert Dort,
wo die Reaktion auf den eingebrachten Katgut-
faden gering ist, wie beim Meerschweinchen, läßt
sich ein Einfluß nicht nachweisen. Die Versuche
C.s geben gleichzeitig die wissenschaftliche Er¬
klärung für die empirisch gefundene Tatsache,
daß die antiseptisch imprägnierten Katgutfäden
langsamer zerfallen, als die Katgutfäden ohne
antiseptische Imprägnation. Dort wo der ent¬
zündliche Reiz, der Anlaß zur ödemisierung des
Fadenbettes, fehlt, kann sich die aseptische
Leukozytose rascher entwickeln und Katgut wie
Gewebe verdauen. Wagner (Leipzig).
1324. Experimenteller Beitrag zur Kno¬
chenneubildung durch Injektion bzw. Im¬
plantation von Perioetemulsion; von T. Jokoi.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 433. 1912.)
J. hat seine Versuche meist an Kaninchen,
selten an jungen Hunden angestellt. Durch die
autoplastische Implantation bzw. Injektion von
Periostemulsion konnte er bei 6 unter 10 Ver¬
suchen eine mehr oder weniger starke Knochen¬
neubildung erzeugen. Die lebhafte Knochenneu-
bildung hängt dabei vor allem vom mechanischen
Verhältnisse der implantierten bzw. injizierten
Perioststückchen zu den umgebenden Geweben
ab. Bei den erfolglosen Versuchen sind erstere
immer geschrumpft oder zusammengerollt. In
einem Versuche hatten die neugebildeten Knochen¬
stücke noch nach dem 70. Tage die Neigung, sich
weiter auszubreiten. Auch durch homoioplasti-
sche, nicht aber durch heteroplastische Implanta¬
tion bzw. Injektion von Periostemulsion kann
Knochenneubildung hervorgerufen werden, wenn
auch nicht so häufig und nicht so stark, wie durch
die autoplastische. Durch die Injektion von ab¬
geschabter Kambiumschicht ist man nicht im¬
stande, Knochenneubildung zu erzeugen.
Wagner (Leipzig).
I
1325. Die Röntgentherapie der chirur¬
gischen Tuberkulose; von H. Schmerz.
(Beitr. z. klin. Chir. Bd. 81. S. 634. 1913.)
S. gibt zunächst einen kurzen Überblick über
die röntgenotherapeutischen Erfahrungen auf dem
Gebiete der Lymphdrüsen- und Knoehen-Gelenk-
tuberkulose. Dann berichtet er über das auf der
Prager chirurgischen Klinik mit Röntgenlicht be¬
handelte Material an chirurgischer Tuberkulose,
über 41 Fälle liegen genauere Aufzeichnungen
mft Abbildungen und Röntgenogrammen vor.
19 = 46% Kranke wurden geheilt; 16 = 39% ge¬
bessert; 4 = 9,7% blieben ungebessert; 2 =
4,8% sind gebessert gestorben. Jedenfalls ist
durch klinische Erfahrung und histologische Unter¬
suchung erwiesen, daß das Röntgenlicht die lokale
Tuberkulose der Weichteile, der Gelenke und der
Knochen günstig zu beeinflussen und zu heilen
imstande ist Das Röntgenlicht stellt kein Uni¬
versalmittel gegen diese Form der Tuberkulose
dar, wohl aber einen sehr wertvollen unterstützen¬
den Heilfaktor der konservativen Therapie. Nicht
alle Fälle sind der Heilwirkung des Röntgenlichtes
zugänglich, wobei das refraktäre Verhalten keine
Wechselbeziehung zur Schwere des Prozesses auf-
zuweison hat Gleichzeitig bestehende Lungen¬
tuberkulose bildet keine Kontraindikation und
scheint den lokalen, durch Röntgenlicht herbei¬
geführten Heilprozeß nicht wesentlich zu ver¬
zögern. Da schwere und dauernde Wachstums-
Störungen der Extremitätenknochen durch die
Röntgenstrahlen bisher nicht einwandfrei am
Menschen nachgewiesen worden sind, so muß die
Röntgennoxe auf die Wachstumszentren der Epi¬
physenzone als die geringere der beiden Schä¬
digungen angesehen werden, deren andere der ge¬
fährliche tuberkulöse Prozeß ist Wahrscheinlich
beruht die Wirkung des Röntgenlichtes auf der
Vulnerabilität der das ganze Zellleben beherr¬
schenden Lipoide und die Unterstützung der durch
die Schädigung der Zelllipoide aktivierten auto¬
lytischen Fermente. Wagner (Leipzig).
1326. Die isolierte Tuberkulose des Os
navicuiare carpi, zugleich ein Beitrag zur
Genese der Handgelenktuberkulose; von
Carl Deutschlflnder. (Fortschr. a. d. GM),
d. RÖntgenstr. Bd. 18. H. 4. 1912.)
Es handelte sich um eine isolierte Tuber¬
kulose des Os navicuiare in Form eines einzelnen
Herdes. Röntgenologisch interessiert hier nur,
daß es sich um einen recht seltenen Fall von iso¬
lierter Herderkrankung allein des navicuiare han¬
delt, der leicht zu diagnostischen Irrtümem füh¬
ren kann. Wiederholte Aufnahmen zeigen eine
deutliche Progredienz des Prozesses und schützen
vor Verwechselung mit Fraktur oder Peiserscher
Atrophie. Fründ (Bonn).
1327. Beitrag zur Röntgendiagnostik der
Nebenhöhlenerkrankungen; von Hermann
Marschik und Arthur Schüller. (Fortschr.
a. d. Geb. d. RÖntgenstr. Bd. 18. H. 4. 1912.)
Aufnahmen der Keilbeinhöhlen machen Schwie¬
rigkeiten, weil sie bei seitlicher Aufnahme sich
überlagern und bei der postero-antereoren Auf¬
nahme von den Siebbeinzellen überlagert werden.
Bei dieser Art der Aufnahme ist darauf zu achten,
ob eventuell die Helligkeitsdifferenz einer Seite
sich bis ans Septum narium erstreckt, da die Sieb-
beinzellen nicht bis dorthin reichen. Vielleicht
bewährt Bich die von Sch ein er angegebene
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XI. Chirurgie.
479
axiale Aufnahme: Focus unter dem Kinn, Platte
auf dem Scheitel.
M. und S. weisen auf die Wichtigkeit der Auf¬
findung von Geschwülsten der Nebenhöhlen hin
und berichten über 3 einschlägige Fälle. Gut¬
artige Tumoren und eiterige Entzündungen sind
leicht von den bösartigen Tumoren und den spezi¬
fischen Entzündungen (Tuberkulose und Lues)
zu unterscheiden, da letztere mit Usurierung des
Knochens einhergehen. Fründ (Bonn).
1328. Über eine Methode zur Röntgen¬
untersuchung des Magens; von J. v. Elischer.
(Fortschr. a. d. Geb. d. Kßntgenstr. Bd. 18. H. ß.
1912.)
v. E. verwendet eine Mischung von Zirkonoxyd
und Gummi arabikum in einer Gesamtmenge von
nur SO—40 ccm. Die Mischung bleibt an der
Wand des Magens haften und gibt so ein Bild
des annähernd leeren Magens. Sie muß mit einem
Magenschlauch eingebracht werden. Die hiermit
erzielten Bilder weichen von denen des nach
R i e d o r gefüllten Magens nicht wesentlich ab,
Normalform ist demnach die Hakenform. v. E.
erhofft auch bei pathologischen Mägen einen Vor¬
teil von seiner Methode. Theoretisch erscheint
dies nicht sehr wahrscheinlich, da die Methode
keine Motilitätsbeobachtung vor dem Schirm ge¬
stattet und Füllungsdefekte doch erst bei ge¬
nügender Füllung sich von anderen Formverände¬
rungen unterscheiden lassen. Fründ (Bonn).
1329. Die röntgenologische Untersu¬
chungsmethode als Hilfsmittel der Indi¬
kationsstellung bei Palliativoperationen
von chronischen hirndrucksteigernden Pro¬
zessen; von David C. Strauß. (Wien. med.
Woch. 1912. Nr. 32.)
Bei Steigerung des intrakraniellen Druckes
kommt es zu Veränderungen der Schädelkaßsel,
die im Röntgenbilde nachweisbar sind. Sie zeigen
sich in Form von Vertiefung der Windungs¬
abdrücke und der Venenfurchen, diffuser Ver¬
dünnung größerer Abschnitte der Schädelkapsel,
Klaffen der Nahtlinien, besonders bei jüngeren
Individuen, und durch Erweiterung und Ab¬
flachung der Sella turcica. Bei einseitigem Auf¬
treten dieser Veränderungen soll die betroffene
Seite meistens dem Sitz des raumbeengenden
Prozesses entsprechen. Erweiterung der Sella
allein spricht für Flüssigkeitsansammlung in den
Ventrikeln, besonders im 8. Ventrikel, falls nicht
ein lokaler Prozeß sie bedingt. Von diesen Ge¬
sichtspunkten aus berichtot St. über 12 Fälle, die
sich auf folgende Krankheitsgruppen verteilen;
Kraniostenose, Hydrocephalus internus, Hirn¬
hypertrophie und Hirntumor. Die Diagnosen
wurden autoptisch sichergestellt.
Fründ (Bonn).
Kopf und Hals.
1330. Über die Halsfisteln und Zysten;
Ton R. Wenglowski. (Arch. f. klin. Chir.
Bd. 98. S. 151. 1912.)
Bei der medianen Anlage der Schilddrüse aus
dem Mundbodenepithel durch einen derben
Zellenstrang werden anliegende Zellen dieses
Epithels mit in die Tiefe gerissen und aus diesem
Embryonalepithel entstehen verschiedenartige
Zysten. Der Körper des Zungenbeins, das sich in
der 4. bis 5. Woche entwickelt, wächst in den
Schildzungenstrang hinein, deshalb kommen die
Epithelreste besonders häufig in der Zungen¬
wurzel (Zungenstroma) und um oder in dem
Zungenbeinkörper vor. Einen Schildzungenpanp
gibt es nicht, deshalb sind auch die Fisteln nie¬
mals komplett Das Foramen coecum der Zunge
ist ein Rest der Stelle, an der sich die mediane
Schilddrüsenanlage gebildet hat Der Ductus
lingualis ist kein Rest des Schildzungenganges,
sondern in viel späteren Stadien des Embryonal¬
lebens selbständig aus Mundbodenepithel ent¬
standen, deshalb sind auch Form und Richtung
oft verschieden. Fritsch (Breslau).
1331. Weitere Erfahrungen über Hirn¬
punktionen bei Fällen von Hirntumoren
und Epilepsie; von Berthold Pfeifer. (Zeit-
schr. f. d. ges. Neur. u. Psych 1912. S. 61.)
Pf. berichtet über 36 in extenso mitgeteilte
Fälle von Hirntumoren, Verdacht auf Tumoren
und Epilepsie, die er der diagnostischen Him-
punktion unterzogen hat. Bei 5 der Kranken er¬
gab die Punktion positive, zur pathologisch¬
anatomischen Diagnose führende Resultate, die
durch die Trepanation bestätigt wurden. In wei¬
teren 5 Fällen lieferte die Punktion positive Er¬
gebnisse, die Operation unterblieb aber mit Rück¬
sicht auf ihre Aussichtslosigkeit, doch wurden die
Punktionsergebnisse durch die Sektion bestätigt.
In einer 3. gleich großen Gruppe von Fällen,
Tumoren der hinteren Schädelgrube, hatte die
Punktion kein direktes Ergebnis, war aber in¬
sofern nicht wertlos gewesen, als sie in Überein¬
stimmung mit der Sektion zeigte, daß der Krank¬
heitsprozeß, wie für die Punktionsnadel, auch an
einer für den operativen Eingriff unzugänglichen
Stelle saß. Bei 3 Jackson-Epileptikern brachte die
Punktion keine Aufschlüsse, es sei denn, daß sie
in einem Falle über die abnorme Dicke des
knöchernen Schädels unterrichtete. Bei 18 anderen
punktierten Kranken kam klinisch in der einen
Hälfte ein Tumor der hinteren Schädelgrube, in
der anderen ein solcher der Großhirnrinde in
Frage. Das Punktionsergebnis dieser letzten Fälle
war negativ, mit Ausnahme eines Falles, bei dem
sich Zeichen von Erweichung fanden.
Pf. sieht in der Hirnpunktion einen auch im
einzelnen Falle bedenkenlos zu wiederholenden
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480
XI. Chirurgie.
Eingriff von hoher diagnostischer Bedeutung,
dessen einzige Gefahr bei Tumoren in der him-
druckvermehrenden Blutung besteht. Er hat in
einem Falle von Kleinhimsarkom, trotzdem L f t cm
unterhalb des Neißerschen Kleinhirnpunktes ein¬
gestochen wurde, durch Verletzung des Sinus
transversus eine Blutung beobachtet, die bei den
schon vorhandenen Druckerscheinungen und einer
abnormen Enge der hinteren Schädelgrube den
Todeseintritt beschleunigte. Goebel (Köln).
1382. Le traitement actuel des stönoses
cicatricielles graves de l’oesophage; p&r
L. Sargnon et H. Alamartine. (Revue de
Chir. Bd. 2. S. 146. 1912.)
An der Hand von 24 im Laufe der letzten
C Jahre unter Anwendung der modernen Hilfs¬
mittel behandelten Fälle von Narbenstenose des
Ösophagus kommen S. u. A. zu folgenden Leit¬
sätzen:
I. Die Therapie der schweren Narbenstenosen
des Ösophagus — d. h. solcher, bei donen dio
gewöhnlichen Verfahren der Sondierung resp.
Bougierung ohne Kontrolle des Auges nicht zum
Ziele führen — hat durch die prinzipielle Anwen¬
dung der ösophagoskopischen Methoden eine
wesentliche Förderung erfahren. Immerhin wird
man auch fernerhin in einem großen Teil der
Fälle die operativen Methoden in engerem Sinne,
d. h. die Oesophagotomia externa sowie nament¬
lich die Gastrostomie nicht entbehren können.
II. Die Vornahme der Ösophagoskopie allein
gestattet sehr häufig bereits die Stenose zu über¬
winden und eine progressive Dehnung derselben
einzuleiten.
III. Die Gastrostomie ist indiziert:
1. als Notoperation in allen Fällen von schwer¬
ster Stenose mit Unmöglichkeit der Ernährung,
sowie bei septisch-entzündlichen lokalen Kompli¬
kationen ;
2. als Operation der Wahl bei solchen Stenosen,
die auf die gewöhnliche Dilation hin nicht nach¬
geben, sowie bei Mißlingen der Ösophagoskopie
von oben her. Die Gastrostomie bildet in solchen
Fällen den ersten Akt für kompliziertere Metho¬
den, wie die retrograde Ösophagoskopie und Dila¬
tation, sowie die Anwendung des Fadens ohne
Ende.
IV. Die retrograde Erweiterung durch Kaut-
schukbougies vermittels des Fadens ohne Ende
ist als das gegebene Verfahren jedesmal dann an¬
zusehen, wenn auch nach Anlegung der Gastro¬
stomie die Dilatation von oben her erschwert
bleibt (Spasmen). Im Laufe der Zeit und bei der
nötigen Geduld gelingt es gewöhnlich, auf diese
Weise ohne erhebliches Risiko selbst bei äußerst
schweren und ausgedehnten Stenosen eine Er¬
weiterung zu erzielen.
V. Die Oesophagotomia interna kommt aus¬
schließlich in den seltenen Fällen in Frage, wenn
es sich um eine sehr enge, membranartige Stenose
handelt. Unter allen anderen Umständen stellt
dieses Vorgehen eine ebenso gefährliche wie un¬
wirksame Operation dar.
VI. Die Oesophagotomia externa im unteren
Halsgebiet ist zur Unterstützung der Gastrostomie
zwecks besserer Durchführung der Dilatations¬
behandlung bei ausgedehnten refraktären Stenosen
im mittleren Thoraxgebiete indiziert. Namentlich
bei kleinen Kindern lassen sich auf diese Weise
mitunter noch ausgezeichnete Resultate erzielen.
Die Kombination dieser beiden Methoden
kommt also für solche Fälle in Frage, bei denen
bisher die Berechtigung transthorakaler Opera¬
tionen resp. die Etablierung eines künstlichen
subkutanen Ösophagus ins Auge gefaßt werden
mußte. Melchior (Breslau).
1333. The end results of Operation for
the cancer of the tongue; by A. Ren die
Short (Brit. med. Journ. Bd. 1. S. 877. 1912.)
Unter 38 in den Jahren 1902—1911 operativ
behandelten Fällen von Zungenkrebs konnten bei
29 Patienten Nachrichten über das spätere Schick¬
sal erhalten werden.
Die operative Mortalität betrug 2 (= 5,3°/ e ).
7 von 29 Fällen, in denen die Operation zwischen
8 und ca. 2 Jahren zurückliegt, werden als geheüt
aufgeführt; bei einem Teil derselben dürfte der
Begriff der Dauerheilung zutreffen. Die Notwen¬
digkeit der regionären Drüsenausräumung ergibt
sich aus der Tatsache, daß unter 12 Fällen, in
denen diese Maßnahme unterblieb, nur lmal
Heilung (im obigen Sinne!) erzielt wurde, dagegen
unter 17 Fällen mit Drüsenräumung 7maL Stets
wurde die Drüsenräumung sekundär, also etwa
2 bis 3 Wochen nach der Tumorexstirpation vor¬
genommen. Melchior (Breslau).
1334. Einige Dauerheilungen nach
Zupgenkrebsoperationen. Rezidiv oder
neue Geschwulst; von Riedel. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 117. H. 3 u. 4.)
R. hat bei 24 Patienten mit Zungenkrebs
9 Dauerheilungen bis zu 20 Jahren erzielt. Was
die Frage Rezidiv oder neue Geschwulst an¬
belangt, so möchte sich R. meist für Rezidiv ent¬
scheiden, da es erwiesen ist, daß Karzinomkeime
jahrelang ohne zu wachsen liegen können, um
dann plötzlich schnell zu wachsen. R. führt
2 Fälle an, bei denen Drüsenmetastason 7 resp.
10 Jahre ohne zu wachsen vorhanden gewesen
sind. Fritsch (Breslau).
Unterleib.
1335. Congenital Stenosis of the pylorus;
by Ch. L. Scudder. (Surg., Gyn. and Obst.
Bd. 14. April 1912.)
Bei der kongenitalen Pylorusstenose empfiehlt
S., sowie die klinische Diagnose sicher ist, sobald
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XI. Chirurgie.
481
als möglich die operative Behandlung. Die besten
Resultate gibt hier die hintere Gastrojejunostomip.
Von 14 Operationen S.s endete nur eine = 7°/ 0
tödlich. Eine Zusammenstellung von im ganzen
33 Operationsfällen ergab 3 Todesfälle = 9°/ 0 ope¬
rative Mortalität. Wagner (Leipzig).
1336. Personal experiences in the sur-
gery of the large bowel; by E. T. Paul.
(Brit med. Joum. July 27. 1912. S. 172.)
Die Untersuchungen über das Wesen der Dick-
darmkarzinome gipfeln in dem Satze, daß eine
spontane Heilung in dem Bereiche der Möglich¬
keit liegt. Es kommen Fälle zur Operation, bei
denen die Exstirpation des Tumors als unmöglich
aufgegeben wird. Trotzdem bleiben sie am Leben
und zuweilen wird sogar ein Verschwinden des
Tumors beobachtet. Die mikroskopische Struktur
entspricht nur selten in jeder Beziehung der eines
Karzinoms. P. unterscheidet 3 Arten: den großen
weichen Krebs von enzephaloidem, den kleinen
harten von szirrhösem und den infiltrierenden von
kolloidem Typus.
Von den weiteren Betrachtungen P.s über die
Dickdarmchirurgie ist seine Ausführung der Kol-
ektomie zu erwähnen. Er lagert die Darmschlinge
mit dem Tumor nach außen und näht das zu- wie
abführende Ende des Darms auf ungefähr 12 mm
Länge lose aneinander, so daß sie wie Gewehr¬
läufe lagern. Dann werden 2 Glasröhre in die
Darmenden eingenäht; danach wird dann der
Tumor exstirpiert. Die Rohre bleiben 5—10 Tage
liegen, danach wird eine Dupuytrensche Klammer
angelegt auf 2 Tage. Schließlich nach einigen
Wochen wird dann ohne Eröffnung des Perito¬
neums die Mucosa von der äußeren Haut abgelöst
und mit Katgut vernäht
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1337. True diverticulum of the cecum —
a unique case; by J. J. Baldwin. (New
York med. Record May 25. 1912. S. 99.)
Bei einem 60jähr. Manne, der wegen der klinischen
Symptome einer Appendizitis operiert wurde, fand sich
als Ursache der Erscheinungen ein echtes Divertikel des
Blinddarms, das zunächst den Eindruck eines Kar¬
zinoms machte. Von kugeliger Gestalt mit einem Durch- j
messer von 6 cm saß es gerade gegenüber der Einmün- j
dungsstelle des Dünndarms auf. Mit dem Blinddarm |
war es durch eine für den kleinen Finger durchgängige
Öffnung verbunden. Das Divertikel war gangränös,
während der Wurmfortsatz sich als völlig gesund erwies.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1338. Dei vantaggi del metodo inguinale
di cura radicale dell’ernia crurale dimo-
strati in un caso di ernia inguino-crurale
strozzata; pel E. Magni. (Rif. med. 1912.
S. 793.)
M. empfiehlt — auf Grund eines Falles von
gleichzeitiger inguinaler und kruraler Bruchein¬
klemmung derselben Seite — die Anwendung der
von den Italienern nach R u g g i benannten sogen.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
I inguinalen Methode der Operation der Krur&l-
brüche. Es wird bei diesem sehr praktischen
! Vorgehen der Schenkelbruch von demselben
Schnitte aufgesucht wie bei der Bassinischen Ope¬
ration des Leistenbruches; an Übersichtlichkeit
und Sicherheit des Verschlusses übertrifft dieses
j Verfahren weit die sonst zur Behandlung der
: Kruralhemie angegebenen Operationsmethoden.
| (Bezüglich der Technik kann auf eine Arbeit von
Reich, Beitr. f. klin. Chir. Bd. 72. Heft 1. 1911,
verwiesen werden.) Melchior (Breslau).
1339. Mon ulcdre duoddnal (auto-obser-
vation); par Xavier Combes. (Gaz. des Höp.
1912. S. 1211.)
Das Interesse des mitgeteilten Falles liegt darin, daß
es sich nm die minutiöse Selbstbeobachtung eines Arztes
handelt. C. gibt eine für diese Erkrankung typische
9jähr. Leidensgeschichte — epigastrischer Schmerz,
3—4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme aultretend —
unter den Allüren des Hungerschmerxes, Nachtschmer-
xcn, mehrfache Magen- und Darmblutungen, dabei eine
ausgesprochene Periodixitiit der Erscheinungen. Jede
interne Medikation — die unter der Diagnose einer
Hyperchlorhydrie oder eines Ulcus ventriculi eingeleitet
wurde — blieb erfolglos, endlich wird nach 9 Jahren
die richtige Diagnose gestellt nnd durch die Exklusion
des Pylorus eine bisher andauernde Heilung erzielt.
Melchior (Breelau).
1340. Un cas d’appendicite herniaire;
par G. Daniel. (Gaz. des Höp. 1912. S. 1213.)
Kasuistischer Beitrag zur Frage der Appendizitis im
Bruchsack (Inguinalhernie). Der Wurmfortsatz war im
vorliegenden Falle vermittels des freien Randes seines
Mesenteriolums mit dem Bruchsackperitoneum ver¬
wachsen, die klinischen Erscheinungen waren die eines
DarmverBchlusses. Inguinale Appendektomie. Heilung.
Melchior (Breslan).
1341. Luxation du testicule consöcu-
tive ä un traumatisme; par L. Poisson et
Henri Lerat. (Gaz. des Höp. 1912. S. 1199.)
Kasuistischer Beitrag zum Kapitel der seltenen
Fälle von erworbener — traumatischer — Ecto¬
pia testis.
Ein lOjähr. Knabe erhält einen heftigen Fußtritt
gegen das Skrotum; seit dieser Zeit ist der vorher kon-
statierbare linke Testis im Hodensack nicht mehr nach¬
weisbar, dagegen eine — periodisch schmerzhafte —
Geschwulst in der Leistengegend zu fühlen.
Die im Alter von 17 Jahren vorgenommene
Operation zeigt don etwas atrophischen Hoden
locker im subkutanen Gewebe am äußeren Leisten¬
ring fixiert, ein Gubernakulum ist nicht nachweis¬
bar, der Samenstrang zeigt eine normale Länge,
das Skrotum ist — zum Unterschied gegen die
Verhältnisse bei der kongenitalen Ektopie —
durchaus geräumig. Reposition. — Heilung.
Einige entsprechende Fälle aus der Literatur
werden kurz wiedergegeben.
Melchior (Breslau).
1342. A contribution to the study and
surgical treatment of oblique inguinal
hernia; par Franz Tarek. (New York med.
Record 1912. S. 1174.)
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482
XL Chirurgie.
Nach den Untersuchungen von T. besteht bei
den schrägen Inguinalhernien ein typisches Ver¬
halten darin, daß ganz oben am Bruchsackhals
die Samenstranggefäße und das Vas deferens
nicht in unmittelbarem Kontakt stehen, sondern
durch den Bruchsack bzw. einem Teil desselben
derart voneinander getrennt bleiben, daß die Ge¬
fäße mehr nach oben, das Vas deferens mehr nach
unten vom Bruchsackhalse liegt. Eine Erklärung
für dieses Situationsverhältnis wird nach T. da¬
durch gegeben, daß die genannten zwei Gebilde
in verschiedener Richtung von innen her am
Annulus inguinalis internus Zusammentreffen und
zwischen sich eine zur Bruchbildung besonders
disponierte schwache Stelle in der Bauchwand ,
freilassen. T. hält es daher für notwendig, bei der [
Radikaloperation der Hernie diese Anordnung
auszuschalten, um eventuell späteren hierauf be¬
ruhenden Rezidiven vorzubeugen. Die Bassini-
sche Operation wird daher so modifiziert, daß der
Samonstrang nicht in toto verlagert wird, sondern
die Samenstranggefäße isoliert an der höchsten
Stelle herausgeleitet werden, es folgen dann 1 oder
2 tiefe — die Muskelplatte mit dem Poupartschen
Bande vereinigende — Nähte, erst jetzt wird auch j
das Vas deferens herausgeleitet und nunmehr die
Operation in typischer Weise beendet.
In 303 derartig operierten Fällen, die min¬
destens je ein Jahr zurückliegen, ist ein Rezidiv
nicht eingetreten. Melchior (Breslau).
1343. Die Prostatektomie nach Wilms;
von Stieda. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 97. S. 842.
1912.)
S. hat sich seit den Veröffentlichungen
W i 1 m s ’ übor seine perineale Methode der
Prostatektomie völlig zu dieser bekehrt. Die Tech- [
nik ist einfach: Lumbalanästhesie, Steinschnitt¬
lage, 4—5 cm langer, lateraler Schnitt parallel
dem linken absteigenden Schambeinast, stumpfes
Vorgehen bis zum Diaphragma urogenitale, Durch¬
trennung desselben und der dicht darunter liegen¬
den Prostatakapseln, stumpfes Ausschälen erst
des linken, dann des rechten Lappens der Prostata, j
Die Nachbehandlung modifiziert S. etwas: Drain
in das in der Blase entstandenem Loch, Anschluß
in eine Glasflasche. Tamponade und Dränage der
Wundhöhle. Alle 3—4 Stunden Spülung durch
das Blasendrain. Nach 4—5 Tagen Entfernung
des Tampons. Nach einer Woche Herausnehmen
des Blasendrains und Dauerkatheter, durch diesen
alle 3—5 Stunden Spülungen.
Nachdem durch probeweises Herausnehmen
des Dauerkatheters sich gezeigt hat, daß die peri¬
neale Blasenwunde geschlossen ist, Entfernung des
Dauerkatheters (nach durchschnittlich 24 Tagen).
Vorteile der Methode: Schnelligkeit der Ausfüh¬
rung (10—12 Minuten), gute Ableitung des Urins
nach unten, geringe Blutung, kurze Nachbehand¬
lung. Fritsch (Breslau).
Go gle
1344. Appendizitis und Dysmenorrhöe;
von D. Röna. (Arch. L klin. Chir. Bd. 97.
S. 968. 1912.)
R. macht wieder auf die interessante Erschei¬
nung aufmerksam, daß latente sogen, chronische
Appendizitiden gerade zur Zeit der Menstruation
Beschwerden machen, durch eklatante Beispiele
wird diese Behauptung bewiesen. Es folgt daraus,
daß bei Pat. mit Schmerzen bei der Menstruation
auch der Blinddarmgegend größte Aufmerksam¬
keit geschenkt werden muß und umgekehrt, daß
ein genaues Voraugen halten der Menses bei dem
undeutlichen Bilde der chronischen Appendizitis
oft die chirurgische Diagnose erleichtert.
Fritsch (Breslau).
1345. Weitere Beiträge zur Kasuistik
und Ätiologie des Dünndarms-Volvulus;
von Philipowicz. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 97.
S. 884. 1912.)
Auf Grund von 32 selbst beobachteten Fällen
ist P. im Gegensatz zu Wilms der Ansicht, daß
jeder Dünndarmvolvulus infolge von Mesenterial¬
narben und Verkürzungen zustande kommt Letz¬
tore sind an einem beliebigen Leichenmaterial von
130 Fällen in nur 3 Fällen nicht gefunden worden.
Er unterscheidet bei dem Dünndarmvolvulus
2 Arten: die Drehung um das eigene Mesenterium
und die Drehung um die eigene Achse. Beide
Drehungen finden zunächst ebenfalls im Gegen¬
satz zu Wilms mehr am Zökum statt und von
hier aus schreitet die Drehung um das Mesen¬
terium nach oben fort. Denn die untere Strangu¬
lationsfurche ist stets die ausgesprochenste und
stets in der Nähe des Zökums und die untere
Darmschlinge ist stets am schwersten verändert.
Die wichtigsten Symptome sind Koterbrochen,
aufgetriebener Leib, Darmsteifungen, Anhalten
von Stuhl und Winden. Die Therapie ist stets
eine möglichst baldige operative, die sich aber
in den meisten Fällen auf eine Detorsion be¬
schränken kann, und bei sehr starker Mesenterial¬
schrumpfung kommt Mesenterialplastik in Be¬
tracht, bei sehr starker Stenosierung Entero-
anastomose und bei Gangrän Resektion oder Ver¬
lagerung. Die Prognose ist schlecht, 40°/ o Hei¬
lung. Fritsch (Breslau).
1346. Zur Frage der radikalen Behand¬
lung und Verhütung von Rezidiven bei
Achsendrehung des S romanum; von J. J.
Grekow. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 97. S. 1026.
1912.)
Zur Verhütung der erfahrungsgemäß nach
allen bis jetzt vorgeschlagenen Operationsmetho¬
den doch eintretenden Rezidive bei Torsion dos
S romanum hat G. eine anscheinend sehr brauch¬
bare Operation erdacht, bis jetzt aber noch nicht
Gelegenheit gehabt, sie auszuführen. Nach Ab¬
lösung vom Mesenterium wird die S romanum-
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UNIVERSITY OF MIC
XL Chirurgie.
483
Schlinge durch Umstülpung durch den Anus vor¬
gelagert und reseziert, der zurückbleibende Darm
an der Haut fixiert
Durch diese Operation ließe sich die von
Eiseisberg vorgeschlagene und geübte Me¬
thode der primären Resektion des S romanum,
die doch immerhin eine schwere und heim¬
tückische Operation ist, ersetzen.
Fritsch (Breslau).
1347. Ein eigenartiger Fall von Diver-
tikel-lleus; von E. Höpfner. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 97. S. 1058. 1912.)
In dem von H. mitgeteilten sehr interessanten
Falle handelt es sich um ein Myom des Meckel-
sehen Divertikels. Das Divertikel hatte, ohne
selbst sich einzustülpen, das Ileum invaghiiert
In das Invaginatum als Bruchsack war ein
größeres Stück Darm eingeklemmt und gangränös
geworden. Ein bis jetzt noch nicht beschriebener
Mechanismus. Die Operation bestand in Resek¬
tion des ganzen beteiligten Darmteiles (102 cm)
und führte zur Heilung des Patienten.
Fritsch (Breslau).
1348. Diagnostic et traitement de la
lithiase biliaire; par Victor Pauchet. (Gaz.
des Höp. 1912. S. 1331.)
Klinischer Vortrag. Interessant ist die Stel¬
lung P.s zur Frage der Indikation zum chirurgi¬
schen Eingriff; nach P. soll nämlich bei der
Cholelithiasis operativ vorgegangen werden, „so¬
bald die Diagnose gestellt ist“. Es wird dieso
radikale Forderung damit begründet, daß man bei
derartigen Frühoperationen kaum mit einer Mor¬
talität zu rechnen brauche, daß man ferner mit
kleinen Schnitten auskommt, „welche den Patien¬
ten nicht verstümmeln und die keine Neigung zur
Hernienbildung besitzen“. Außerdem kann man
bei diesem Verfahren die Gallenblase, „deren
Nützlichkeit erwiesen ist“, erhalten.
In Deutschland dürfte eine derartige Indika¬
tionsstellung, welche bekanntlich sonst nament¬
lich von einigen amerikanischen Chirurgen ver¬
treten wird, wohl kaum Anklang finden, ist man
doch auch rein technisch bei uns wohl fast durch¬
weg von der Methode der sogen, idealen Cysten-
dyse abgekoramen. Melchior (Breslau).
1349. Des troubles dyspeptiques d’ori-
gine biliaire; par G. Cotteet E. Bressot II.
(Revue de Chir. 1912. S. 126.)
Die Kenntnis der im Gefolge von entzünd¬
lichen Erkrankungen der Gallenblase bzw. der
Gallenwege nicht selten auftretenden Erschei¬
nungen einer gestörten Magentätigkeit ist von
nicht geringer praktischer Bedeutung. Eine wohl-
bekannte, gut umschriebene Gruppe bilden hier¬
bei die Fälle, in denen es infolge von perichole-
zystißchen Verwachsungen zu einer organischen
Narbenstenose im Bereiche des Pylorus gekommen
ist. Aber auch ohne daß ein derartiges greif¬
bares lokales Substrat sich darbietet, können
gastrische Symptome der mannigfachsten Art
— wie sie der Einfachheit halber am besten unter
den weiten Begriff der „ Dyspepsie“ gefaßt wer¬
den — ausschließlich durch eine bestehende
Gallenblasenerkrankung bedingt sein. Die Dia¬
gnose derselben ist gewöhnlich leicht in den
Fällen zu stellen, wo die Beschwerden einen
periodischen anfallsweisen Verlauf zeigen, be¬
gleitet von gewissen topischen Symptomen, wie
Ikterus, Schmerzhaftigkeit der Leber usw. Weit
schwieriger gestaltet sich dagegen die rich¬
tige Diagnose dann, wenn es sich im wesent¬
lichen ausschließlich um chronisch-kontinuier¬
liche Magenbeschwerden handelt Vielfach wird
unter diesen Umständen erst der schließliche Ein¬
tritt einer manifesten cholezystischen Attacke den
wahren Sachverhalt erkennen lassen, zumal auch
der Magenchemismus in derartigen Fällen ein
überaus variables, diagnostisch kaum verwert¬
bares Verhalten zeigt Das Zustandekommen
dieser dyspeptischen Symptome im Gefolge der
Cholelithiasis beruht nach Ansicht von B. und C.
auf der Anwesenheit infektiöser Zustände. Ner¬
vös-reflektorische Momente, peritonische Verände¬
rungen, vielleicht auch sekundäre Läsionen des
Pankreas dürften als intermediäre Glieder hierbei
mit in Frage kommen.
Die Therapie besteht demgemäß in erster Linie
in einer Ausschaltung des infektiösen Momentes,
also in der Cholezystektomie eventuell mit Drä¬
nage der Gallenwege. Eine gleichzeitige Gastro-
enteroanastomose ist nur dann indiziert, wenn
gleichzeitig eine organische Pylorusstenose vor¬
handen ist. Bei geringeren und noch nicht zu
lange bestehenden Beschwerden kann auch durch
entsprechende interne Kuren (Vichy usw.) eine
Heilung erzielt werden. Melchior (Breslau).
1350. Zur Pathogenese der primären
Sarkome des Dünndarms, des Mesen¬
terium und des retroperitonealen Gewebes;
von A. K. Netschajewa - Djakonowa.
(Chirurgija Bd. 32. S. 328. 1912.)
N.-D. beschreibt folgende 2 von A1 e x i n s k y
operierte Fälle, die als Beitrag zur Entstehung von
Sarkom aus dem Fettgewebe dienen sollen.
1. Bei der 55jähr. Frau wurde eine Mesenterial-
geBchwulst von 10 cm im Diameter entfernt und die mit
ihr verwachsene, 12 cm vom Duodenum entfernte Darm¬
schlinge in einer Länge von 56 cm reseziert. Es han¬
delte sich um ein Spindelzellensarkom. Heilung.
2. Die 89jähr. Frau litt oft au Stuhlverstopfung.
Vor 4 Jahren hatte sie plötzlich in der linken Bauch-
gegend einen kurz anhaltenden Schmerz gespürt, der
sich seitdem oft wiederholte. Bald darauf bemerkte sie
in dieser Gegend eine Geschwulst, die allmählich sich
vergrößerte. Operation: Es wurde ein Schnitt längs
dem Ponpartschen Bande geführt, der nach oben durch
einen zweiten längs dem Rippenbogen verlängert wurde.
Man fand eine retroperitoneale, derbe, höckrige, 10 cm
große, in der Nierenkapsel gelegene Geschwulst, die mit
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dem Ureter verwachsen war und dem unteren Nierenpol
anlag. Nach der Befreiung des Ureters von den Ver¬
wachsungen gelang es, die Geschwulst leicht zu exstir-
pieren; gleichzeitig wurde eine von der vorderen Nieren¬
fläche ausgehende zystische Geschwulst (?), von der
Größe einer Kirsche, entfernt. Heilung. Mikroskopisch:
Sarcoma fusocellulare fibroides. N. Krön (Moskau).
1351. Successful removal of large retro-
peritoneal sarcoma, with notes on the
method and treatment; by Donald Duff.
(Glasgow med. Journ. Bd. 78. S. 90. 1912.)
Kasuistischer Beitrag. Eine nähere pathologische
Bestimmung des exstirpierten retroperitonealen Tumors
ließ sich nicht erbringen. Zur Deckung von oberfläch¬
lichen Substanzverlusten des Querkolons, das mit der
Geschwulst verwachsen war, wurde mit Erfolg eine ge¬
stielte Netzplastik verwandt. Melchior (Breslau).
1352. Über das Sakraldermoid; von
•T. Winkler. (Wien. klin. Woch. 1912. Nr. 36.)
Kurze Mitteilung über 30 hierher gehörige
Fälle — 11 Männer, 19 Weiber —, die in der
Büdingerschen Abteilung beobachtet wurden. Aus
den Krankengeschichten tritt als Eigentümlich¬
keit hervor, daß die Sakraldermoide in relativ
spätem Lebensalter — 15—60 Jahren — beobach¬
tet werden. Die Symptome der Sakraldermoide
sind so charakteristisch, daß sich die Diagnose
fast immer auf den ersten Blick stellen läßt, wenn
man solche Fälle nur ein paar Mal gesehen hat.
Vor allem ist zu betonen, daß es an dieser Stelle
nur ganz selten Geschwülste und anhaltende Eite¬
rungen anderer Herkunft gibt. Bei der Inspektion
findet sich über dem Steißbein ein Tumor, eine
fluktuierende Abszoßbildung oder es besteht in
dieser Gegend eine Fistel. Die Fisteln können
als primäre, angeborene oder als sekundäre, er¬
worbene bestehen. Der Eiter stinkt gewöhnlich
entweder wie der Eiter eines vereiterten Atheroms
von zersetzten Epithelmassen oder fäkulent in¬
folge des Eindringens von Darmbakterien. Hier
und da finden sich Haare in der Geschwulst. Die
Therapie kann nur in der radikalen Exzision be¬
stehen. Wagner (Leipzig).
Wirbelfäule und Extremitäten.
1353. Über Luxationen im talonaviku-
laren und im Lisfrancschen Gelenke; von
J. v. Winiwarter. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd.
115. S. 233. 1912.)
Mitteilung aus der v. Eisolsbergschen Klinik
über zwei Fälle von Luxation im Talonavikular-
gelenk, einer sehr seltenen Verletzung, von der
bisher erst 9 Fälle beschrieben worden sind. In !
der ersten Beobachtung handelte es sich um eino
Luxation des Fußes nach unten — Heilung nach
Exstirpation des Talus —; in der zweiten Be¬
obachtung um eine Luxation des Fußes nach
oben — nicht reponiert entlassen —. Die Luxation
im Talonavikular gelenk nach unten wird durch
eine Gewalt erzeugt, die den Fuß maximal nach
innen dreht; das Hypomochlion bildet das An-
stommen des oberen Randes des Navikulare an
den Taluskopf: reine Supinationsluxation des
Fußes. Die Luxation im Talonavikular gelenk nach
oben stellt eine durch forcierte Auswärtsdrehung
des Fußes bewirkte Verletzung dar; als Hypo¬
mochlion dabei dient das Anstemmen des inneren
unteren Randes des Navikulare an den Taluskopf:
Pronationsluxation.
Weiterhin berichtet W. über zwei Fälle von
Luxation im Lisfrancschen Gelenke, einer Luxa¬
tionsform, von der bisher kaum mehr als 190 Fälle
bekannt sind. Im ersten Falle handelte es sich
um eine Luxation des 2. —5. Metatarsus nach
außen — nicht reponiert mit guter Funktion ent¬
lassen —; im zweiten Falle um eine offene Luxa
Hon des ganzen Metatarsus nach außen — durch
1 Gütige Reposition geheilt —.
Wagner (Leipzig).
1354. Zugfestigkeit und Resistenz der
Sehnennaht; von N. Kimura. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 115. S. 205. 1912.)
Auf die Anregung von Wilms hat K. ver¬
gleichende experimentelle Prüfungen angestellt
über die Zugfestigkeit hzw. Haltbarkeit der
Sehnennaht nach denjenigen Methoden, die bisher
publiziert wurden und noch jetzt praktisch an¬
gewendet werden. Es ergab sich, daß sowohl bei
einer temporären Maximalbelastung als auch bei
einer Dauerbelastung der vernähten Sehnen die
Frischsche Modifikation der Langeschen Naht die
größte Festigkeit gegen den Zug aufweist, wäh¬
rend das Wilmsche Verfahren von allen anderen
die größte Resistenz zeigt. Die Auswahl des Naht¬
materiales ist viel wichtiger als die Wahl der
Nadel, weil es fest genug sein soll, die Spannung
der Sehnen enden sicher auszuhalten. Wenn eine
maximale Zugfestigkeit der Naht vorlangt wird,
so muß man je nach der Methode Seide Stärke 3,
resp. 2 und 1 anwenden. Was die Einfachheit
oder Schwierigkeit der Ausführung der Methode
anbetrifft, so ist dies einigermaßen von der
Übung des Operateurs abhängig.
Wagner (Leipzig).
1355. Über angeborenen Femurdefekt;
von Ce rite. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 114.
S. 510. 1912.)
Mitteilung eines Falles von angeborenem Femur-
defekt bei einem Sjähr. Mädchen, das von gesunden
Eltern stammt und 4 gleichfalls gesunde Geschwister
hat. Die linke untere Extremität des sonst völlig nor¬
malen Kindes ist bedeutend verkürzt; Fuß in mittel¬
starker Plattfußstellung etwas nach außen abgebogen.
Tibia nach vorn verbogen und fast säbelschcidenförmig
abgeplattet. Fibula und Patella fehlen. An den Unter¬
schenkel schließt sich eine Weichteilmasse von Doppel¬
faustgröße an, die die Verbindung mit dem Becken dar¬
stellt und in der an die Tibia sich anschließend ein
etwa 3—4 cm langes, bei Druck nicht schmerzhaftes
Knochenstück zu fühlen ist. Vom übrigen Femur ist
röntgenologisch nur ein etwa wallnußgroßes, zackiges,
unscharfes Knochenstück nachweisbar, das in der Hüft¬
gelenkspfanne hegt. Asymmetrie beider Beckenhälften.
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XI. Chirurgie.
485
C. glaubt in seinem Falle eine äußere Schäd¬
lichkeit für die Entstehung der Deformität ver¬
antwortlich machen zu müssen. Sie stellt auch
ein Trauma dar, aber kein plötzliches, sondern
ein allmählich im Laufe der Zeit wirkendes, das
man mit Reimers als ein modellierendes
Trauma bezeichnen könnte. Wagner (Leipzig).
1356. Über einige seltenere Frakturen
und Luxationen des Oberarmkopfes bzw.
über die Kombination beider Verletzungs¬
arten; von H. Luxembourg. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 114. S. 488. 1912.)
L. teilt aus der Bardenheuerschen Chirurg. Ab¬
teilung in Köln zunächst vier Fälle von gleich¬
zeitiger Fraktur und Luxation des Oberarmkopfes
mit. Ein Kranker wurde mit mäßigem Erfolge
konservativ behandelt; bei den drei anderen
Kranken wurde die Resektion des verrenkten
Oberarmkopfes vorgenommen. In einem von
diesen Fällen mußte später wegen septischer Pro¬
zesse die Exartikulation des Armes vorgenommen
werden. Weitere drei Fälle betrafen Pationton mit
eigentümlichen Bruchformen des Oberarmkopfes,
wobei es, ohne daß eine Luxation desselben außer¬
halb des Gelenkes eingetreton war, zu einer mehr
oder weniger großen Verstellung oder gar voll¬
ständigen Drehung des Kopffragmentes gekommen
war. Bei zwei Kranken wurde die Arthrotomie \
und Exstirpation des Kopfes vorgenommen.
Zum Schlüsse teilt L. noch drei Fälle von
Luxation des Oberarmkopfes mit, die erst nicht
erkannt und deshalb zunächst nicht reponiert
wurde. In zwei Fällen gelang die unblutige
Reposition noch im Krankenhause, während in
dem einen Falle die Arthrotomie vorgenommen
werden mußte. Wagner (Leipzig).
1357. Sur un cas de Subluxation isolöe
du scaphoide carpien; par Duval et
Ducastaing. (Gaz. des Höp. 1912. Nr. 1247.)
Isolierte Luxationen des Navikulare im Be¬
reiche der Hand gehören zu den größten Selten¬
heiten. In dem mitgeteilten Falle handelt es sich
um eine unvollständige Luxation dieses Knochens
in der Weise, daß die proximale Gelenkfläche
nach dem Dorsum gerichtet war, während peripher
der Kontakt mit der 2. Karpalreihe gewahrt blieb.
Die Verletzung war bei forcierter Extension des
Handgelenks — Turnen am Barren — entstanden.
Als prädisponierend mußte eine gleichzeitig be¬
stehende abnorme Schlaffheit (Überstreckbarkeit)
zahlreicher anderer Gelenko angesehen werden.
Die klinischen Symptome bestanden anfangs in
den Zeichen einer akuten „Distorsion“ des Hand¬
gelenks; später erfolgte bei stärkeren Extensionen
konstant ein Knacken, wobei das Navikulare sich
vorübergehend in die normale Position wieder ein¬
stellte. Die richtige Diagnose wurde erst durch
die Röntgenaufnahme ermöglicht. Über die Thera¬
pie wird nichts berichtet; die Beschwerden
schienen von selbst nachzulassen. Literatur.
Melchior (Breslau).
1358. La contrattura di Dupuytren in
rapporto agli infortunii, ed alle malattie
del lavoro; per E. Aievoli. (Giorn. int. d.
Sc. med. 1911.)
Im Anschluß an eine ungewöhnlich scharfe, fast per¬
sönlich klingende Polemik gegen Ebstein, der (Arch.
f. klin. Med. Bd. 103) an der Bedeutung allgemeiner
Stoffwechselstörungen für das Zustandekommen der
Dupuytrenschen Kontraktur festhält, tritt A. für eine
rein traumatische Genese dieser Erkrankung ein.
Melchior (Breslau).
1359. Behandling van beenbreuken:
Fractura radii; van H. J. Lycklama. (Nederl.
Tijdschr. voor Geneesk. eerste helft 1912. S. 1812.)
L. teilt die Resultate von 82 Radiusfrakturen
mit, die in der letzten Zeit von ihm behandelt
wurden, und bestreitet die Methode von Mar-
bais, der nicht reponiert und nicht fixiert,
sondern nur eine Mitella gibt und massiert. In
einigen wenigen Fällen kann die Marbaische
Methode gebraucht werden, aber in allen Fällen
mit Dislokation ist Reposition und Fixation mit
nachfolgender Massage notwendig. Ist eine
Radiusfraktur mit großer Dislokation konsolidiert,
so muß der Arm von neuem gebrochen werden.
Er erhielt bei seinen Patienten mit Fractura radii
durchschnittlich innerhalb von 6 Wochen eine
vollkommene Heilung. Die kürzeste Zeit war
2 Wochen. Treten arthritische Änderungen im
Gelenk auf, so wird trotz jeder Behandlung die
Prognose schlecht.
Storm van Leeuwen (Utrecht).
1360. Erfahrungen über die Resektion
der hinteren Rückenmarkswurzeln bei spa¬
stischen Lähmungen (Försters Lähmungen);
von A. B. v. Ruediger-Rydygier. (D.Zeitschr.
f. Chir Bd. 117. H. 3—4.)
Die an 3 Fällen gesammelten Erfahrungen
bringen zu den vielen über dies Thema bestehen¬
den Arbeiten nichts Neues hinzu, es sei denn, daß
R.-R. sich entschieden für einzeitiges Operieren
ausspricht. Als Hauptgrund dafür gibt er die
Befürchtung der Sekundärinfoktion bei „aus¬
tamponierter Wunde" an. Dies beruht auf einem
Irrtum: Bei' zweizeitigem Operieren wird die
Wunde nicht austamponiert, sondern nach Blut¬
stillung vollständig durch Naht geschlossen und
läßt sich dann einwandfrei aseptisch in chirurgi¬
schem Sinne halten. (Ref.)
Fritsch (Breslau).
Urologie.
1361. Some phasesof prostaticdiseases;
by L. Bolton Baup. (New York med. Journ.
1912. S. 1254.)
B. bringt einige klinische Beobachtungen von
Prostatahypertrophie, die dadurch ausgezeichnet
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486
XI. Chirurgie.
sind, daß neben den Harn beschwerden die Zeichen
sexueller Neurasthenie (Ejaculatio praecox, Per¬
versität) im Vordergrund stehen und 2 Beobach¬
tungen von Baktoriurie, die nur durch Prostat¬
ektomie geheilt sind, während auch die Vakzine¬
behandlung im Stiche ließ. Asch (Straßburg).
1362. Was geschieht bei der supra-
pubischen Prostatektomie? Woraus ent*
wickelt sich die sogenannte Prostatahyper¬
trophie? von A. Len dort. (Arch. f. klin.
Chir. Bd. 97. Nr, 2. 1912.)
Nach den Untersuchungen L.s besteht die
eigentliche Prostatadrüse aus zwei symmetrischen
Seitenlappen, zentral und peripher, von glatter
Ringmuskulatur umgeben. In der Umgebung des
Orificium int. in der Blase und durch die ganze
Pars prostatica gibt es akzessorische Prostata¬
drüsen, die peripher von der zentralen Ring¬
muskelschicht, Sphincter vesicae et prostatae, be¬
grenzt werden. Von diesen Drüsen nimmt die
Hypertrophie ihren Ausgangspunkt, während die
Prostata selbst nur ausgespreizt wird und eine
Kapsel um die hypertrophische Masse bildet.
Durch die suprapubische Prostatektomie werden
nur die besagten hypertrophischen Massen ent¬
fernt, während die Prostata selbst, die Wund¬
höhle bildend, zuriickgelassen wird, indem die
Ausschälung in der zentralen Ringmuskelschicht
vor sich geht. Wagner (Leipzig).
1363. Beitrag zur Behandlung der Pro¬
statahypertrophie durch Röntgenbestrah¬
lung der Hoden; von H. v. Tappeiner.
{D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 115. H. 5 u. 6. 1912.)
v. T. hat bei 5 Prostatikern die Testikel
3—5mal in Intervallen von 7 Tagen, jedesmal
6*/« Minuten = •/* Dosis Sabouraud bei 50 cm
Abstand bestrahlt, und durch diese Therapie ein¬
mal Heilung und viermal Besserung erzielt. Von
zwei Patienten, die später, weil die Besserung
nicht anhielt, doch noch prostatektomiert wurden,
hegen die histologischen Befunde vor, und es
erwies sich, daß die wesentliche Besserung bei
der Prostata von glandulärem Typus stattgefunden
hatte, die kaum merkliche Besserung dagegen bei
der mit fibromyomatösera Typus. Die Röntgen¬
therapie ist deshalb bei weicher Prostata, was auf
glanduläre Bestandteile hinweist, versuchsweise
angezeigt, obgleich man die Erfolge, da eine
Katheterbehandlung nebenherging, nicht unbe¬
dingt der Röntgentherapie zuschreiben kann.
Fritsch (Breslau).
1364. The etiology of torsion of the
testis; by R. W. Murray. (Brit med. Joum.
July 6. 1912. Nr. 2688. S. 7.)
M. sucht darzutun, daß die Torsion des Hodens
nicht durch äußere Umstände wie Trauma hervor¬
gerufen wird, Bondern auf einer angeborenen Dis¬
position, und zwar einem zu langen Mesorchium
beruht und daß die starke Blutüberfüllung der
darin verlaufenden Gefäße während der Pubertät
den Anstoß zur Torsion des Hodens gibt
Asch (Straßburg).
1365. Dia Behandlung der Prostata¬
hypertrophie; von L. Casper. (Ther. d.
Gegenw. 1912. S. 385.)
Aus seiner reichen Erfahrung gibt der be¬
kannte Berliner Urologe einen Überblick über das
Wesen und die Therapie der Prostatahypertrophie.
Die Resultate der Prostatektomie bezeichnet C.
als vorzüglich, insbesondere ist die wiedererlangte
Blasenfunktion eine tadellose. Doch sind von den
71 Operierten 12 gestorben (15,0®/ o !). Die Todes¬
ursachen sind: Schwere Blutung, septische In¬
fektion, Schok und Herzschwäche infolge des
großen Eingriffes. Die Prostatektomie muß daher
eine nicht ungefährliche Operation genannt wer¬
den und darf nur bei strenger Indikation vor¬
genommen werden. Asch (Straßburg).
1366. Das Wasen der Prostatahyper¬
trophie und deren Therapie; von Wilhelm
Karo. (Med. Klin. 1912. S. 737.)
K. setzt in klarer Weise auseinander, daß unter
dem Begriff Prostatahypertrophie 2 ganz ver¬
schiedene Erkrankungen stecken: 1. eine solche
mit wirklicher Vergrößerung der Prostata durch
Entwicklung eines Adenoms, welches ein richtiges
Hindernis für den Urinstrahl darstellt; diese Er¬
krankung kann radikal nur durch Prostatektomie
geheilt werden, mit welcher K. sehr gute Erfah¬
rungen gemacht hat 2. Fälle mit Urinbeschwer¬
den, ähnlich denen durch Prostatahypertrophie
erzeugten, bei denen aber eine Vergrößerung der
Prostata nicht nachzuweisen ist die Prostata viel¬
mehr oft atrophiert ist Zur Erklärung dieser
— schon von G u y o n unter Prostatismus zu¬
sammengefaßten — Fälle nimmt K. an, daß die
Innervation der Blasenmuskulatur und der Urethra
unter dem aktivierenden Einfluß eines inneren
Prostatasekretes steht und daß diese innere Sekre¬
tion in den obigen Fällen gestört ist Er behandelt
daher solche Fälle mit intramuskulären Injek¬
tionen von Testikulin (s. Denn. Woch. Bd. 54.
1912), und zwar mit Erfolg. Asch (Straßburg).
1367. Infection of the urinary tract by
bacillus coli; by Leonard G. S. Mackev.
(Brit med. Joum. 1912. S. 994.)
Klinischer Vortrag über die Koliinfektionen
der Harnwege. Zur innerlichen Behandlung emp¬
fiehlt M. Kal. citric. oder Kali bicarbonic., welche
beide in Deutschland zu diesem Zwecke nicht
verordnet zu werden pflegen. Die besten Erfolge
erzielte M. durch die Vakzinebehandlung.
Asch (Straßburg).
1368. Diagnose und Therapie der Blu¬
tungen aus dem Hamapparate. Klinischer
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XII. Augenheilkunde.
487
Vortrag; von L. Casper. (D. med. Woch.
Nr. 1625.)
Klare und erschöpfende Besprechung sämt¬
licher Arten von Blutungen aus dem uropoetischen
System nebst ihrer Behandlung. Man erkennt die
große Erfahrung und den hervorragenden kli¬
nischen Sinn C.s. Asch (Straßburg).
1369. La radiografia quäle mezzo di
indagine nello Studio delle malattie dell
uretra; per Ö. Pieri. (Rivista Osped. Luglio 15.
1912. S. 638.)
Um die männliche Harnröhre für Röntgen¬
strahlen sichtbar zu machen, wird sie mit einer
wässerigen 5proz. Kollargollösung gefüllt. Dann
wird um den Sulcus coronarius ein das Abfließen
der Flüssigkeit verhindernder Kautschukring ge¬
legt, an dem zugleich eine Schnur mit einem Lauf¬
gewicht von 50 g befestigt ist, das den Penis auf
einem aus 2 um 45° zueinander geneigten Flächen
bestehenden Stativ in gestreckter Stellung hält.
Auf der oberen Fläche wird die photographische
Platte eingeschaltet. Es gelingt auf die beschrie¬
bene Weise besonders Strukturen, Divertikel, Dila¬
tationen und Fisteln deutlich zur Anschauung zu
bringen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1370. Eine Ausgipsung der Urethra; von
Waelli. (D. med. Woch. 1912. Nr. 15. S. 700.)
„Gipseinspritzung in die Harnröhre“ würde wohl
eher dem Inhalt des Artikels entsprechen, da es sich
nicht um die zu wissenschaftlichen Zwecken vorgenom¬
mene „Ausgipsung“ der Urethra handelt, sondern um
eine Einspritzung von grobkemigem Gips, die sich ein
35jähr. Mann zur Befriedigung unbestimmter sexueller
Triebe gemacht hatte. Zum Glück war, wie die
Röntgenaufnahme zeigte, der Gips nicht bia in die Blase
gedrungen, so daß eine Auslöffelung der vorderen Harn¬
röhre und eine Urethrotomia externa in der Pars scro-
talis urethrae vollkommene Heilung herbeiführten,
nachdem vorher die bis an den Nabel reichende Blase
durch Punktion geleert worden war.
Asch (Str&ßburg).
XII. Augenheilkunde.
1371. Zur Technik der Augenmuskel¬
vorlagerung; von A. Elschnig. (Klin.Monatsbl.
f. Augenheilk. Bd. 50. S. 48. 1912.)
Zur sicheren Fixierung des vorgelagerten Mus¬
kels bei der Vorlagerung hat D e n i g den aller¬
dings zu weitgehenden Vorschlag gemacht, den
Faden durch die Komeaskleralgrenze bis in die
Vorderkammer zu fuhren. E.s Verfahren ist
weniger eingreifend und scheint zweckmäßig und
ist Behr ähnlich später von Ohm angegeben wor¬
den. Außer der Seidenschlinge, die durch den
Muskel gelegt wird und deren Enden durch die
mit dem Skalpell oberflächlich gelösten Skleral-
lamellen und die Bindehaut am Homhautrande
geführt und geknüpft werden, führt E. noch je
eine Seidensutur oberhalb und unterhalb des
Hornhautrandes durch die Bindehaut und die
oberflächlichen Skierallagen durch bis in die
Bindehautwunde. Dort wird der Muskelrand
hinter der Fadenschlinge durchstochen und jeder
Faden neben dem ersten Wege unter der Binde¬
haut durch die oberen Skleralschichten bis etwa
5 mm vom Einstichpunkt entfernt zurückgeführt
und ausgestochen und geknüpft. Der Muskel ist
dadurch dreifach gesichert und glatt ausgebreitet.
S c h o e 1 o r (Berlin).
1372. Ober die Behandlung der Con¬
junctivitis gonorrhoica mit strömendem
Wasserdampf; von W. Goldzieher. (Buda¬
pest! orvosi njsäg 1912. S. 22.)
Ausgehend von der Erfahrung, daß Gono¬
kokken höheren Temperaturen gegenüber sehr
empfindlich sind, arbeitete G. eine Methode der
Hitze-Behandlung der Ophthalmoblennorrhoe aus.
Bekanntlich sterben Gonokokken bereits bei einer
Temperatur von 45° C. ab: nun wird mittels eines
von G. angegebenen Apparats (zu beziehen durch
die Firma Szikla, Budapest VIII, Räkoczi-ut 19)
strömender Wasserdampf auf die Konjunktiva ge¬
bracht. — Durch diese Methode gelang es, eine
große Reihe von Fällen zu heilen, wobei chro¬
nisch-entzündliche Prozesse, wie sich solche der
bisherigen Lapisbehandlung ausschließen, nie vor¬
kamen, es konnte stets eine absolute Heilung er¬
zielt werden. Wie sich G. in sehr zahlreichen
Fällen überzeugen konnte, verträgt die Konjunk¬
tiva die feuchte Hitze von 45° C. sehr gut, und
sogar noch viel höhere Temperaturen wurden
ohne jeden Schaden ertragen. Die Behandlung
ist schmerzhaft, weshalb es nötig ist, den Kopf
des Patienten während der Behandlung zu
fixieren. Rosenthal (Budapest).
1373. Ober Zelleinschlüsse bei Trachom
und Konjunktivitiden; von W. Bönig. (Arb.
a. d. kaieerl. Gesundheitsamte Bd. 40. S. 235.
1912.)
B. hat sowohl bei Trachom wie bei anderen
Konjunktivitiden die charakteristischen Zellein¬
schlüsse gefunden. Bei der Blennorrhoea neona¬
torum können noch lange nach der klinischen
Heilung die Chlamydozoen in den Epithelzellen
der Bindehaut fortbestehen. Bei mehreren
Impfungen an Affen, teils mit Traehom-, teils
mit BlennorrhÖe-Material traten die gleichen Er¬
scheinungen auf, die bei allen Fällen in ihrer deut¬
lichen Körnchenbildung klinisch dem Trachom
ähnlich sahen. Trotzdem wurden in der Binde¬
haut der Affen auch bei wiederholter Unter¬
suchung niemals Chlamydozoen gefunden. Was
die Natur der Einschlußkömchen anlangt, so steht
B. aus verschiedenen Gründen, u. a. einer ge¬
wissen Salzsäurefestigkeit der Einschlüsse, auf
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488
XII. Augenheilkunde.
dem Standpunkt, daß es sich nicht um Zelldegene¬
rationen handelt, wie behauptet wurde. Doch läßt
sich noch kein endgültiges Urteil fällen, ob in den
Chlamydozoen der Erreger des Trachoms zu
suchen ist und in welcher Beziehung die Ein-
schlußblennorrhöen zum Trachom stehen.
Koenigsfeld (Breslau).
1374. Die Trachomgefahr in Mähren;
von Ludwig Schmeichler. (Wien. med.
Woch. 1912. Nr. 27 u. 28. S. 1813 u. 1905.)
Aus S.s Ausführungen ist von Interesse, daß
Mähren bis zum Beginn der neunziger Jahre als
nahezu trachomfreies Land galt, seit 1894 aber
mit dem Anwachsen der Industrie Trachom in
Mähren endemisch herrscht In den letzten
10 Jahren sind über 13 500 Trachomfälle der Be¬
hörde gemeldet worden. Natürlich ist die Ge¬
samtzahl weit höher zu schätzen. S. rät dringend
zur eingehenden Belehrung der Bevölkerung in
den Schulen, von der Kanzel und durch Ankündi¬
gungen, wie sie sich vor der Ansteckung be¬
wahren könnte und wie sie sich bei den geringsten
Anzeichen einer Augenerkrankung zu verhalten
habe. Außerdem macht er Vorschläge über die
für Mähren zweckmäßige Ausgestaltung der
Trachombekämpfung durch Ausbildung der Ärzte
in Trachomkursen, Einrichtung von Trachom¬
krankenhäusern und ärztliche Überwachung der
Schulen, Arbeitsstätten, Massenquartiere und ähn¬
licher Räume. S c h o e 1 e r (Berlin).
1375. Der gegenwärtige Standpunkt in
der Therapie des Alterstars; von A. Elsch-
nig. (Med. Klin. 1912. Nr. 27. S. 1097.)
E. steht auf dem Standpunkt, daß die Star¬
bildung eine reine Alterserscheinung ist und tritt
der Römerschen Theorie der Zytotoxine im Blut
entgegen. Folgerecht verwirft er auch die Fütte¬
rungsversuche mit Linsensubstanz, die auf Grund
der Römerschen Annahme zur Heilung des Stars
erfolglos angewandt worden sind. Ebenso be¬
zeichnet er die Jodtherapie v. P f 1 u g k s und
die Augenbäder mit Jodnatrium und Kalzium¬
chlorid nach Dor jun. als wirkungslos. Wenn
auch eine nichtoperative Heilung des ausgebilde¬
ten Altersstars ausgeschlossen ist, so hält E. doch
eine Beeinflussung des beginnenden Stars in
seinem Wachstum durch Änderung von Lebens¬
weise und Ernährung in gewissem Grado für
möglich. Die Operation des Altersstars ist vorzu¬
nehmen, wenn nicht mehr genug Sehvermögen
vorhanden ist. Eine Reifung braucht nicht ab¬
gewartet zu werden. Künstliche Reifungsverfah¬
ren hält E. für unnötig und verwerflich. E. tritt
warm für die Vornahme der Operation bei ein¬
seitigem Star ein. Das Alter des Patienten spielt
keine Rolle bei der Operation. E. untersucht jeden
Bindehautsack vor der Operation auf seinen Bak-
teriongehalt. Für die Praxis rät er 14 Tage lang
bis zur Operation zwei- bis dreimal täglich
Hydrargyrum oxycyanatum-Lösung (1:2000 bis
1:4000) einzuträufeln. Wenn möglich soll eine
runde Pupille erhalten bleiben. Die Extraktionen
in der Kapsel nach Pagenstecher, Smith
Stanculeanu scheinen E. nicht ungefährlich
und daher ungeeignet. S c h o e 1 e r (Berlin).
1376. ÜbeT Enkanthoschisis und andere
angeborene Anomalien des Auges; von
C. Hirsch. (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk.
Bd. 50. S. 1, 1912.)
N obb e und nach ihm Saemisch teilen die
Lipodermoide der Augen nach ihrem Sitz in
1. Lipodermoide der Korneo-Skleralgrenze, 2. Lipo¬
dermoide der Übergangsfalte, 3. Lipodermoide der
Karunkel. H. beobachtete 3 Fälle von Lipoder-
moiden, nach deren Sitz er einen vierten Typus
Lipodermoide in der Gegend der äußeren Kom¬
missur aufstellt. Die Kommissur ist mit dom
Tumor verwachsen und bei Adduktion drückt das
äußere Lidband eine Furche in die Oberfläche des
Tumors, die denselben in eine genau gleiche obere
und untere Fläche teilt. In zweien der Fälle II.s
fanden sich angeborene Hornhauttrübungen am
Rande der Hornhaut, etwa zungenförmig, ohne
Gefäße. H. läßt die Frage offen, ob diese Trü¬
bungen der Sitz von Dermoiden gewesen seien, die
vor der Geburt verödet sind, oder ob hier bestan¬
dene Insertionen von Strängen sich gelöst hätten,
ohne daß es zur Bildung von Dermoiden ge¬
kommen sei. In 2 Fällen sah H. an beiden Augen
eine Spaltbildung der Karunkel, die in dem einen
Falle unvollkommen, im zweiten vollkommen aus¬
gebildet war. Statt der normalen Karunkel be¬
standen zwei kleinere, die durch eine wagcrechte
breite Furche getrennt waren. An dem zweiten
Auge des Falles mit vollkommener Spaltbildung
fehlte die Karunkel vollständig. In allen vier
Augen war die Plica semilunaris mangelhaft aus¬
gebildet und hatte normwidrige Verbindungen mit
der Augenbindehaut H. schlägt die Bezeichnung
Enkanthoschisis für diese Anomalie vor, die
bisher nur von Stephenson beobachtet wor¬
den ist, aber als „überzählige Karunkel“ gedeutet
worden ist. Für die Entstehung dieser Mißbil¬
dung, ebenso wie für die des Epikanthus macht H.
abnorme Enge des Amnion in der ersten Fötalzeit
und speziell Amnionstränge verantwortlich.
S ch oel e r (Berlin).
1377. Über extrazelluläre Leukozyten¬
wirkung im Glaskörper. Nebst Bemerkungen
xu F. Deutschmanns Arbeit: Zur Pathogenese der
sympathischen Ophthalmie; von Salus. (Klin.
Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 50. S. 17. 1912.)
Entgegen den Beobachtungen Deutsch¬
manns fand S. bei seinen entsprechenden Ver¬
suchen mit Sarzineimpfungen des Glaskörpers das
Ergebnis, daß die Sarzine im Glaskörper zu-
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XII. Augenheilkunde.
489
gründe ging, eine Umwandlung in Diplokokken
aber nicht stattfand. Interessant war die Beob¬
achtung, daß sich im Glaskörper massenhaft
Leukozyten fanden, fast nirgends aber Phago¬
zytose. Die Sarzine zeigte aber ausgesprochene
degenerative Veränderungen bis zum völligen
Schwunde. Da der Glaskörper keine bakteriziden
Stoffe enthält und die Antikörper des Serums
unter den gegebenen Versuchsbedingungen nicht
in ihn übergehen, der Glaskörper zudem kein
schlechter Nährboden ist besonders für so an¬
spruchslose Keime wie Sarzine, so bleibt nur
übrig, die Leukozyten als Ursache der beobach¬
teten Bakterizidie anzusehen. Bei der fehlenden
Phagozytose kann es sich nur um extrazelluläre
Leukozytenwirkung handeln, sei es im Sinne
R. Schneiders, bedingt durch Sekretion bak¬
terizider Stoffe seitens der Leukozyten, oder im
Sinne von E. W e i 1 s Aphagozidie.
Schoeler (Berlin).
1378. Die Verkalkung der Netzhaut¬
gefäße als differentialdiagnostisches Sym¬
ptom; von J. Deyl. (Öasopis lökaf&v öeskych.
1912. Nr. 1.)
Die Frühdiagnose der Arteriosklerose ist für
die Therapie von größter Wichtigkeit. Aus der
retinalen Hypertension (schwere Auslösbarkeit
des Pulses an den Netzhautarterien durch Druck
auf den Bulbus) und aus sklerotischen Verände¬
rungen an den Netzhautgefäßen ist die Diagnose
der Arteriosklerose in den frühesten Stadien mög¬
lich. Die retinale Hypertension gestattet die
Differentialdiagnose 1. zwischen hämorrhagischem
Glaukom und intraokulärem Tumor, 2. zwischen
Stauungspapille bei Arteriosklerose und bei Ge¬
hirnaffektionen, 8. zwischen arteriosklerotischer
Ophthalmoplegie und Lähmung der Okulomotoren
aus anderen Ursachen. Mühlstein (Prag).
1379. Ober die Zyklodialyse; von W.
Meisner und C. H. Sattler. (Arch. f. Augen-
heilk. Bd. 71. S. 34 u. 95. 1912.)
M. und S. unterziehen 54 operierte Glaukom-
f&lle einer kritischen Betrachtung, wobei sie mit
Recht sehr strenge Kriterien aufstellen. Von
80 Fällen, die mindestens »/• J&hr post Opera¬
tionen! nachuntersucht werden konnten, werden
15 zu den Dauererfolgen, 15 zu den nicht ganz
befriedigenden oder vorübergehenden Erfolgen
und 9 zu den Mißerfolgen gerechnet. Empfohlen
wird die Zyklodialyse bei völlig aufgehobener
Vorderkammer, sehr hohem Druck, Luxatio len¬
tis, Glaukoma haemorrhagicum, Hydrophthalmus,
Glaukom nach Starextraktion und Glaukoma sim¬
ples. Das Wesentliche der Operation ist die Frei¬
legung des Kammerwinkels, sie hat somit im
wesentlichen dieselbe Wirkung wie die Iridek-
tomie. C o r d 8 (Bonn).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
1380. Angiopathia retinae traumatica.
Lymphorrhagien des Augengrundes; von
0. Purtscher. (Gräfes Arch. f. Ophthalm.
Bd. 82. S. 347.)
Die kritische Betrachtung teils selbstbeobach¬
teter, teils in der Literatur mitgeteilter Beobach¬
tungen ergab, daß gewisse häufig sichtbare, glän¬
zend weiße Flecke im Augenhintergrunde vor¬
wiegend in solchen Krankheitsfällen Vorkommen,
wo wir berechtigt sind, eine Druckerhöhung im
Sch&delinneren anzunehmen; die Flecken sind
demnach wahrscheinlich Stauungsprodukte. Das
ophthalmoskopische Bild solcher Fälle ist charak¬
terisiert durch weiße Flecken, die zumeist in den
innersten Netzhautschichten gelegen sind und in
besonders enger Beziehung zum Verlauf der Netz¬
hautvenen zu stehen scheinen. Daher beschränkt
sich ihr Vorkommen vorzugsweise auf die Gegend
um Papille und Makula. Außerdem finden sich
in der Mehrzahl der Fälle noch streifige oder
fleckige venöse Blutungen. Papillitische Erschei¬
nungen können das Bild vervollständigen, aber
auch fehlen. Als Ursache kommen vor allem be¬
stimmte Traumen in Betracht, welche plötzlich
hochgradige Druckerhöhung im Schädolinneren
herbeiführen, z. B. Schädelbrüche, Rumpfkom¬
pression u. a. m. Auf das Zustandekommen der
weißen Flecken ist der Einfluß von Lymphorrha¬
gien wahrscheinlich von größter Wichtigkeit.
Das gesamte eben skizzierte Bild bezeichnet P.
als Angiopathia retinae traumatica.
K ö 11 n e r (Berlin).
1381. Fleld of Vision in tabetic atrophy;
by E. Fuchs. (Transact. of the Amer. oph¬
thalm. Soc. Bd. 12. H. 3. S. 718. 1911.)
Nach F. ist ein zentrales, relatives oder ab¬
solutes Skotom bei Tabes häufiger als man ge¬
wöhnlich annimmt. Mit demselben verbunden
ist meist eine Vergrößerung des blinden Flecks,
der ringskotomähnliche Formen an nehmen kann.
Stets ist gleichzeitig eine Einengung der Außen¬
grenzen für Farben vorhanden. Die Differential¬
diagnose gegen Tabakalkohol-Amblyopie ist leicht;
rein syphilitische retrobulbäre Neuritis hat der
Autor nie beobachtet
Seltener ist bitemporale Hemianopsie, die F.
in 6 Fällen seiner Privatklientel sah. Es spricht
das für eine Affektion im Chiasma.
Cords (Bonn).
1382. Zur subjektiven Refraktionsbestim¬
mung Hypermetroper; von Hans Laub er.
(Arch. f. Augenheili. Bd. 71. H. 3. S. 188. 1912.)
In einer Anzahl von Fällen gelingt es weder durch
allmähliche Verstärkung der Konvexgläser (Donders),
noch durch Verminderung einer Überkorrektion einen
größeren Teil der totmen Hyperopie manifest zn
machen, L. empfiehlt in solchen Fällen, zunächst mit
einem stärkeren Konvexglase in der Nähe lesen zu
lassen und dann erst die Sehschärfe für die Ferne zu
bestimmen. Cords (Bonn).
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490
XIII. Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
XIII. Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
1383. Eine einfache radikale Operations¬
methode der eitrigen Hirnhöhlenentzün¬
dung; von E. N. Maljutin. (Chirurgija Bd. 32.
S. 301. 1912.)
Die Methode von M. besteht in der Entfernung
der vorderen Wände der Stirnhöhle und des
Ductus rasnfrontalis und in der Zerstörung der I
vorderen und mittleren Siebbeinzellen; dadurch
entsteht eine freie Verbindung zwischen der Stirn¬
höhle und der Nasenhöhle. M. empfiehlt seino
Methode bei Rezidiven nach einer Stirnhöhlen¬
operation. Es folgt die Beschreibung eines Falles,
bei welchem 4 Jahre nach der Killianschen Ope¬
ration ein Rezidiv sich entwickelte und bei dem
M. seine Methode mit Erfolg anwandte.
N. Krön (Moskau).
1384. Über Keilbeinhöhlenmukozele.
Gleichzeitig ein Beitrag zur Ätiologie der Muko¬
zele; von Rhese. (Zeitschr. f. Ohrenheilk.
Bd. 64. S. 169.)
R. teilt die Krankengeschichten von drei selbst
erlebten Fällen mit, von denen der eine mit Be¬
stimmtheit, die anderen beiden mit größter Wahr¬
scheinlichkeit als Mukozelen der Keilbeinhöhlo
anzusprechen sind. In allen 3 Fällen bestand ein
großer Defekt im Dach der Kcilboinhöhle, durch
den man das Zerebrum pulsieren sehen konnte.
Dio Mukozele kann entstehen durch Zysten¬
bildung oder durch Verschluß dos Ostiums der
Nebenhöhle im Verein mit Ursachen, die zu
einer gesteigerten Sekretproduktion führen, wie
Entzündungen und Kompression der Venen in den
verengten Ostien. Für die Entstehung der Keil-
beinhöhlenmukozele sind die chronischen Ent¬
zündungen im oberen Nasongang und im Recessus
spheno-ethmoidalis, besonders aber die chroni¬
schen Erkrankungen des hinteren Siebboins ätio¬
logisch sehr wichtig. L ü b b e r s (Greifswald).
Antrum zeigte sich in der Decke und den inneren
Wandungen ein kariöser Prozeß, der entsprechend
dem horizontalen Bogengänge dessen knöcherne
Kapselwand völlig durchbohrt hatte. Der da¬
durch entstandene kariöse Defekt war mit dem
zellenirifiltrierten, gefäßreichen, submukösen Gra¬
nulationsgewebe des Antrums ausgefüllt, das das
pathologisch veränderte Epithel im Mittelohr
tympanal berührte, während es inwendig nach
dem Labyrinthe zu die häutige Labyrinthkapsel
im Crus ampullare des horizontalen Bogenganges
fast vollständig umgab. Der Inhalt des Crus
ampullare war vollständig normal. Sonst zeigte
sich das häutige Labyrinth histologisch völlig
gesund. L ü b b e r s (Greilswald).
1386. Beitrag zur Kenntnis der ent¬
zündlichen Erkrankungen der Labyrinth¬
fenster-Membranen und ihre Bedeutung
für die Genese der Labyrinthinfektion; von
Karl Grünberg. (Zeitschr. f. Ohrenheilk.
Bd. 64. S. 155.)
Es kann vom erkrankten Mittelohr aus ein
Hindurchwandern der Entzündung durch die in
ihrer Kontinuität erhaltenen Weichteile, der Laby¬
rinthfenster in das Labyrinth erfolgen, doch
bleiben die Weichteile bei diesor Durchwanderung
keineswegs intakt. Es handelt sich vielmehr,
ohne daß man eine grobe Kontinuitätstrennung
feststellon kann, um eine Nekrose oder um eine
entzündliche Infiltration der Weichteile, durch
bakteriello Invasion bedingt. Durch Diffusion von
Bakterientoxinen kann es auch zu labyrinthären
Reizzuständen leichteren Grades kommen.
0. Mayer spricht in diesen Fällen von Laby¬
rinthitis. Als Vergleich zieht er das keimfreie
Hypopion toxica heran, welches bei Entzündungs¬
prozessen auf der Oberfläche der Hornhaut durch
Diffusion von Bakterientoxinen zustando kommt.
L ü b b e r s (Greifswald).
1385. Beitrag zur pathologischen Ana¬
tomie der unkomplizierten Labyrinthkapsel¬
defekte; von E. Schmiegelow. (Zeitschr. f.
Ohrenheilk. Bd. 64. S. 146.)
Häufig sieht man bei Radikaloperationen
Labyrinthkapseldefekte, bei denen man klinisch
gefunden hat, daß sowohl der vestibuläre als der
kochlearo Labyrinthabschnitt ihre Funktion voll¬
ständig bewahrt haben. Selten kommen diese
Fälle zur Sektion, weil sie fast stets ausheilen.
Nur 2 Felsenbeine dieser Art sind histologisch
untersucht und beide von Wagone r beschrie¬
ben. S. konnte einen dritten Fall dieser Art histo¬
logisch untersuchen. Er fand die Paukenhöhlo
mit einer purulenten infiltrierten und sehr ver¬
dickten Schleimhaut bekleidet, deron Epithel¬
bekleidung hier und dort wegulzeriert war. Im
1387. Zur Kenntnis der Ankylose des
Hammer-Amboß-Gelenkes; von B. Hanne¬
mann. (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 64. S. 149.)
H. teilt einen durch histologische Unter-
! suchung festgestellten Fall von Ankylose des
Hammer-Amboßgelonkos mit. Er glaubt, daß dio
Ankylose, wenn auch nur mittelbar, durch eine
chronische Mittelohrentzündung bedingt ist. Und
zwar soll die Entzündung nicht zu einer direkten
Arthritis führen, sondern durch Bildung von Ver¬
wachsungen usw. oder durch kariöse Zerstörung
eines Teiles der Hörknöchelchenkette, meistens
handelt es sich um die Amboßschenkel, zuerst
zu einer Ruhigstollung des Gelenkes führen. In
dom nicht mehr bewegten Gelenk treten dann
bindegewebige oder knorpelige Wucherungen auf,
welche die Gelonkflächen miteinander verlöten.
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491
XIY. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Aus dieser intraartikulären Versteifung geht dann I Region des Septum cartilagineum, sondern be-
später die knöcherne Ankylose hervor.
L ü b b e r s (Greifswald).
1388. Zur Stauungstherapie der akuten
Mastoiditis und schwerer Otitis; von Esch-
weiter. (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 65. S. 146.)
E. weist an der Hand von 10 günstig ver¬
laufenen Fällen auf die Erfolge hin, die er mit ;
der Bierschen Stauung im Verein mit Stichinzi¬
sionen bei Mastoiditen und subperiostalen Ab¬
szessen hatte. Kontraindiziert ist die Stauungs¬
behandlung der akuten Otitis bzw. Mastoiditis: i
1. bei Verdacht auf zerebrale Komplikation; 2. bei 1
Labyrintheiterung; 3. bei der sogenannten larvier-
ten Mastoiditis, wo sich bei abgeheiltem Mittelohr
die Mastoiditis selbständig weiter entwickelt, und
wo es nicht zu einer Abszeßbildung über dem
Warzenfortsatz gekommen ist; 4. bei Verdacht auf
Sequesterbildung und Cholesteatom.
Abgebrochen wird die Stauungsbehandlung:
1. bei hohem Fieber; 2, bei Ausbleiben einer
wesentlichen Besserung in der dritten Stauungs¬
woche oder bei Verschlechterung des Zustandes
schon in früherer Zeit. L ü b b e r s (Greifswald).
1389. Diagnose und Behandlung der
Nasentuberkulose; von 0. Körner. (Med.
Elin. 1912. Nr. 31. S. 1260.)
Die Tuberkulose tritt in charakteristischen
Formen in der Nase auf, und zwar als zirkum¬
skripte tumorartige Tuberkulose am Septum
(Septumtuberkulom) oder als diffuse Schleim¬
hauttuberkulose oder als Schleimhautlupus. Das
Tuberkulom des Septums entsteht häufig durch
direkte Inokulation mit dem Finger, ab und zu
auch bei Leuten, bei denen sonst am Körper kein
tuberkulöser Herd gefunden wurde. Das Ziel der
Therapie muß bei dieser Erkrankung sein, durch
das sofortige Ausschneiden des ganzen kranken
Septumstückes den Herd rationell zu entfernen.
Das Abtragen, Ausschaben, Ätzen und Verkohlen
des Tumors schützt nicht vor Rezidiven, da der
Tumor sehr bald durch den Knorpel wuchern und
auf die Schleimhaut der anderen Seite übergehen
kann, ohne daß man dieser klinisch die Erkran¬
kung ansieht. Die andere, schlimmere Form der
Nasentuberkulose beschränkt sich nicht auf die
fällt die Schleimhaut an den verschiedensten
Stellen und neigt zur flächenhaften Verbreitung;
meistens beginnt sie in der vorderen Hälfte der
Nase. Die Schleimhaut erscheint höckerig ge¬
schwollen und gerötet und zeigt bisweilen flache,
eiterig belegte, buchtige Geschwüre. Therapeu¬
tisch wird man versuchen, umschriebene Herde zu
entfernen, auch wenn dazu die temporäre Spal¬
tung der Nase nötig sein sollte. Flächenhafte
Ulzerationen heilen bisweilen nach gründlicher
Ausschabung mit nachfolgender Milchsäureätzung
oder Einlegen von Tampons mit 10—20proz. Pyro-
gallussalbe. Sehr wirkungsvoll ist dio innerliche
Jodkalitherapie, besonders bei solchen Patienten,
die noch nicht stark heruntergekommen sind.
3 g Jodkali genügen täglich für den Erwachsenen.
Pfannenstiel kombiniert die Jodkalikur mit
lokalen Applikationen von Ozon oder H,0 a . Der
Schleimhautlupus tritt meist in Verbindung mit
Lupus der äußeren Nasenhaut auf. Die Behand¬
lung ist dieselbe wie bei der anderen Form dei
I Nasentuberkulose. Der Lupus ist von flachen,
tuberkulösen Infiltrationen und Ulzerationen oft
nicht sicher zu unterscheiden, namentlich wenn
deutliche Knötchen fehlen.
Alle Formen der Nasentuberkulose entwickeln
sich schleichend und werden daher oft erst im
fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert.
L ü b b e r s (Greifswald).
1390. The recent sore throat epidemic
in Ann Arbor; by F. N. Smith. (Phys. and
Surg. Bd. 34. Nr. 6. S. 260. 1912.)
Ähnlich wie in Boston und Chicago und vor
einigen Jahren auch in England, wurde in Ann
Arbor, Michigan, eine heftige Epidemie einer sep¬
tischen Halsentzündung bei Erwachsenen und
Kindern beobachtet, wobei wahrscheinlich die
Milch den Überträger dos Erregers bildete. Unter
den 40 in die Klinik aufgenommenen Patienten
kam zwar kein Todesfall vor, doch bestanden
schwere klinische Erscheinungen. Es ließen sich
4 Gruppen unterscheiden: oberflächliche Entzün¬
dung, Membranbildung wie bei Diphtherie, ödem,
abszedierende Entzündung. Stets fand sieb ein
gram positiver Kapselbazillus. Walz (Stuttgart).
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
1391. Die Massage der Hautkrankheiten;
von O. Rosenthal. (Med. Klin. 1912. Nr. 27.
S. 1101.)
Bei der Behandlung von Dermatosen hat dio
Massage die ihr gebührende Anerkennung noch
nicht gefunden, sie ist den übrigen physikalischen
Behandlungsmethoden jedoch als vollwertig an die
Seite zu stellen. Sie übt ihren Einfluß auf alle
anatomischen Bestandteile und auf die physio¬
logischen Funktionen der Haut aus; speziell wirkt
sie keratoplastisch und begünstigt die Wieder¬
bildung des elastischen Gewebes. Indiziert ist sie
bei allen Affektionen, die mit einer Hypertrophie
des Kollagens im weitesten Sinne verbunden sind.
Sie reguliert das Blut- und Lymphgefäßsystem
und übt einen Einfluß auf die nervösen Elemente
der Haut aus. Sie wirkt bei den Affektionen der
Talgdrüsen, besonders den Hypertrophien; auch
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492
XIV. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
hebt sie den Tonus und den Stoffwechsel und be¬
einflußt die trophischen Vorgänge, speziell die
Hypertrophie des Fettpolsters. Sogar bei bakte¬
riellen Affoktionen dient sie mitunter als Unter¬
stützungsmittel. Bei der Kosmetik übertrifft die
Handmassagc — mit gelegentlicher Ausnahme des
Vibrators — alle zu diesem Zwecke angegebenen
Instrumente.
Bei einigen Dermatosen wird sie zweckmäßig
durch multiple parallele Skarifikationen in allen
Richtungen unterstützt. Brauns (Dessau).
1392. Versuche der Detätowierung; von
S. Peiler. (Derm. Zeitschr. Bd. 19. H. 10.
S. 900, 1912.)
Durch histologische Untersuchungen von Täto¬
wierungen verschiedenen Alters konnte P. fest¬
stellen, daß das Pigment nicht dort, wo es ein¬
gebracht wird, auf die Dauer eingekapselt wird,
sondern sich allmählich gegen die Gefäßläufe der¬
selben Höhe verschiebt, worauf dann längs dieser
ein Weitertransport gegen die Subkutis bzw. die
Lymphdrüsen erfolgt, allerdings erschwert durch
die irritative Einwirkung auf die Gefäße. Ober¬
flächliche Tätowierungen können auf diese Weise
in die Subkutis geschwemmt werden, wo sio nicht
mehr sichtbar sind. Von tieferen Tätowierungen
werden die tieferen Lagen ebenfalls abtranspor¬
tiert, während die inzwischen sich etablierenden
Veränderungen an den Gefäßen die Bewegung
der noch oberflächlich gelegenen Körner ver¬
hindern.
P. hat die verschiedensten Methoden zur Ent¬
fernung solcher Pigmentmassen durchprobiert und
ist von keiner befriedigt. Die besten Resultate
gab ihm eine Methode, die auf künstlichem Wege
die Bahnen des Abtransportes vorbereitet durch i
Vereinigung dos mechanischen Eingriffs mit dem
Prinzip der provokatorischen Entzündung.
Nach wiederholten (6) Fibrolysininjektionen (zu
3 cm 3 ) werden entsprechend geformte, scharfkantige
Nadeln in der Richtung der Tätowierungslinie durch die
Haut gestochen, so daß sie möglichst in der Schicht des
Pigments bleiben. Nach Bildung eines Kanals yon
i j t —2 cm Länge wird ausgestochen, wieder eingestochen
usw. Mit der Nadel wird ein mehrere Tage hindurch
in 50proz. AgN0 3 -Lösung getränkter Faden durch die
Stichkanäle geführt. Warme Umschläge. Nach
2 Tagen Entfernung der Fäden.
Es entsteht eine heftige lokale Entzündung,
wobei der Farbstoff zum Teil gegen die Subkutis.
zum Teil durch die Stichkanäle nach außen ab¬
geschwemmt wird. P. empfiehlt das Verfahren
zur weiteren Erprobung. Brauns (Dessau).
1393. Über ein Xanthohämangiofibrom;
von Hans Zickler. (Prag. med. Woch. 1912.
Nr. 34. S. 493.)
Z. beschreibt einen übermannsfaustgroßen
Tumor, der seinen Sitz an der Außenseite des
Oberschenkels oberhalb des Knies bei einem
59jährigen Individuum hatte, zum Teil exulzeriert
war und zu starker Varizenbildung geführt hatte.
Mikroskopisch erwies er sich als Hämatolymph-
angiofibrom, in dem lipoide Veränderungen, wie
sie beim Xanthom sich finden, angetroffen
wurden. Das im Tumor abgelagerte Pigment gab
keine Eisenreaktion und entsprach auch in der
Form nicht den melanotischen Pigmenten, wird
daher von Z. als hämoglobinigen angesprochen.
Brauns (Dessau).
1394. Über das Wesen der sog. idio¬
pathischen Erytheme; von Hans Geber.
(Derm. Zeitschr. Bd. 19. H. 9. S. 782. 1912.)
Leichte abgeschwächte septische Erkrankungen
können Erytheme hervorrufen, bei denen das
morphologische Bild abhängig ist von der Viru¬
lenz der Bakterien und davon, in welcher Schicht
der Haut die Veränderungen sitzen. Zumeist
handelt es sich um akute Entzündungen, welche,
ohne weitere Veränderungen einzugehen, nach
längerer oder kürzerer Zeit zurückgehen. Die Ent-
Zündung kann so kurzdauernd sein, daß sie nur
einige Stunden dauert, d. h. sie verläuft wie
Urtikaria. Oder an die Entzündung kann sich
auch gelegentlich Eiterung und Nekrose an¬
schließen, wodurch es zu Pustelbildung und ober¬
flächlicher Geschwürbildung kommt. Die Ver¬
änderungen müssen als Metastasen aufgefaßt
werden, in welchen auch mitunter die Krankheits¬
erreger nachzuweisen sind. Auch der Nachweis
der Bakterien im Blute kann gelingen, ein nega¬
tiver Ausfall der Blutuntersuchung kann aber die
Diagnose nicht erschüttern. Der Beginn der
Krankheit und der klinische Verlauf sind Haupt¬
stützen der Diagnose. In den meisten Fällen wird
sich die Eintrittsstelle der Infektion nachweisen
lassen. G. hat ebenso wie Hoff mann und
M e n z e r öfter Staphylokokken- als Strepto¬
kokkeninfektion gesehen. Brauns (Dessau).
1395. Vermehrung der reduzierenden
Wirkung der Pyrogallolpflaster; von Dreuvr.
(Derm. Woch. Bd. 54. S. 618. 1912.)
Um eine möglichst kräftig reduzierende Wir¬
kung des von D. angegebenen Emplastrum adhae-
sivum (D. med. Woch. 1912, Nr. 1; es enthält
10°/ o Salizylsäure, 20°/ o Pyrogallol, Liq. carbon.
deterg. und Zinkoxyd, 25°/ 0 Sapo viridis und
Adeps lan. anhydr.) zu garantieren, hat er die
Pflastermasse in Tuben bringen lassen, so daß
jeder Arzt oder Patient dieselbe unmittelbar vor
der Anwendung auf Leinwand usw. aufstreichen
kann. So wird eine vorherige Oxydation mit dem
Sauerstoff der Luft vermieden. Die Kaiser Fried¬
rich-Apotheke Berlin, Karlstr. 20a, hält in Tuben
luftdicht vorschlossen vorrätig:
1. Ungt adhaesiv. cum
2. „ ii
3. n ii ii
4.
11 11
Liq. carb. deterg.
Ol. rusci
Anthrasol.
Ichthyol.
Frieboes (Bonn).
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XIV. Haut- and Geschlechtskrankheiten.
493
1396. Einige interessante Lokalisationen
von Pilzerkrankungen; von S. Brault (Denn.
Woch. Bd. 64. S. 613. 1912.)
Es handelt sich um eine Trichophytia glandis,
deren Herde, abgesehen von einer leichten Maze¬
ration durch das Präputialsekret, ganz denen an
der übrigen Körperhaut glichen. Der zweite Fall
betrifft das Vorhandensein eines 1 cm langen und
über l /, cm hohen Favusskutulum am Augenlide;
aus dem Skutulum ließ sich Achorion Quinckea-
num in Reinkultur züchten und auf Tiere über¬
tragen. Bei dem dritten Falle handelt es sich
um ein in den Achselhöhlen primär aufgetretenes
Ekzema marginatum. F r i e b o e s (Bonn).
1397. Salvarsanbehandlung bei Lepra;
von Kudisch und Lurje. (Russ. Zeitschr. f.
Haut- u. GeechlechtskraDkh. Bd. 23. 1912.)
Angeregt durch Mitteilungen verschiedener
Autoren über die günstige Wirkung des Salvar-
sans bei Lepra stellten es sich K. u. L. zur Auf¬
gabe, am eigenen Material die Methode nach¬
zuprüfen. Sie kamen zu Resultaten, die jene
Mitteilungen zu unterstützen keineswegs geeignet
sind. Wohl werden die Lepraknoten unter dem
Einfluß des Salvarsans etwas flacher, auch scheint
sich die Zahl der Bakterien im Nasensekret zu
verringern, doch persistieren die Knoten weiter
und Besserungen, die sich nach den ersten zwei
Injektionen einzustellen schienen, ließen bei wei¬
teren Injektionen nach. Die Salvarsaninjektionen
wurden daraufhin aufgegeben.
Schiess (Marienbad).
1398. La physiothörapio du lupus vul-
gaire ; par Franpois. (Presse möd. beige
Bd. 64. H. 40. S. 789. 1912.)
Fr. hat bei der Behandlung des Lupus vulgaris
von der Elektrolyse, Jorüsation, Thermo - und
Galvanokauterisation niemals gute Resultate ge¬
sehen. Heißluftbehandlung nach Holländer
hat ihn ebenfalls nicht befriedigt. Kohlensäure¬
schnee kann bei oberflächlichem Lupus (beson¬
ders aber bei Lup. erythemat) gute Erfolge
zeitigen, man sollte aber ihn nie länger als
40 Sekunden einwirken lassen. In der Photo¬
therapie verwirft er die Apparate von Lortet
und G e n o u d und von Broca-Chatin, auch
von der Kromayerschen Quarzlampe will er nichts
wissen, sie wirkt nur bei oberflächlichem Lupus
heilend. Für ihn kommt einzig die Finsen-Licht-
Behandlung in Frage. Über Radium fehlen ihm
persönliche Erfahrungen. Brauns (Dessau).
1399. Zur Kenntnis der mit Fieber ver¬
laufenden Dermatoneu rosen ; von L. E.
Bregman. (Neur. Zentralbl. Bd. 31. Nr. 7.
S. 414. 1912.)
Mitteilung eines 1903 schon kurz publizierten
Falles. Es handelte sich um eine 42jährige Frau,
bei der-seit 6 Jahren eigenartige Anfälle auftraten.
Dieselben begannen mit Brennen, Rötung und
Jucken in beiden Händen, an den äußeren Flächen
beider Oberarme und Oberschenkel und am rechten
Knie. Die Rötung dauerte 1—2 Tage, dann er¬
blaßte die Haut, war besonders an den Hand¬
tellern verhornt Nach einigen Tagen fiel die Haut
in Schuppen ab, an den Händen wie ein Hand¬
schuh. Bei den Anfällen bestand meist Tempe¬
raturerhöhung und zwar bis 89,5°.
Jolly (Halle).
1400. De la möianose circonscrite prö-
cancöreuse; par M. W. Dubreuilh. (Ann.
j de Derm. 1912. S. 205.)
In diesem zweiten Teil seiner Arbeit bespricht
D. die Möianose conjonctivale et palpöbrale, die
Möianose de la muqueuse buccale, die Möianose
des extremitös. Er geht dann genau auf die
pathologische Anatomie ein und bespricht noch
zum Schluß die Therapie. Frieboes (Bonn).
1401. Nouveiie mycose: parendomycose
gommeuse ulcöreuse due ä un parasite
nouveau le parendomyces Balzeri; par
Balzer, Gougerot et Burnier. (A.nn. de
Derm. 1912. S. 282.)
Bei einer 26jährigen Frau, die sonst gesund
ist, hat sich vor 2 Jahren ein nicht schmerzhafter
nußgroßer Knoten an der Außenfläche des rechten
Oberschenkels gebildet. Er wurde größer und
platzte auf. Einige kleinere Knoten derselben Art
waren in der Umgebung vorhanden. Zur Zeit der
Beobachtung fand sich ein fluktuierender Knoten
an der Innenseite des rechten Oberschenkels, im
übrigen an der Außenseite infiltrierte, livide, zum
Teil ulzerierte Plaques und Narben. Unter Jod¬
kali gingen die Erscheinungen rasch zurück. Aus
dem Inhalt des fluktuierenden Knotens konnte ein
hefepilzartiger Pilz gezüchtet werden, der mit
Sporotrichum Beurmanni nicht identisch war; er
wurde auch nicht durch diesen, wohl aber durch
das Serum des Patienten agglutiniert. Bei Kanin¬
chen und Meerschweinchen verursacht der Pilz
Tod durch Septikämie. Frieboes (Bonn).
1402. Die Histologie der U rticaria perstans
papulosa; von Fr. Krzysztalowicz. (Derm.
Woch. Bd. 65. S. 939.)
Bei dem 2ljährigen männlichen Patienten be¬
steht seit 10 Monaten eine typische Urticaria
papulosa perstans. Die histologische Unter¬
suchung der braun gefärbten papulösen Stellen er¬
gab folgendes: „Diese Braunfärbung wird durch
das Anhäufen des Pigments in dem Epithel oder
auch in der Kutis bedingt und die Papel wird
durch einen Mastzellentumor hervorgerufen.“
Genaue Beschreibung der Mastzellen und ihrer
Lagerung im Gewebe. Erörterung über die Be¬
deutung der Mastzellen und das Wesen der Urti¬
karia überhaupt. Frieboes (Bonn).
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494
XV. Gynäkologie und Geburtshilfe.
XV. Gynäkologie und Geburtshilfe.
1403. Wertheims Operation for cancer
of the cervix Uteri; by John D. Malcolm.
(Biit. med. Journ. 1912. Nr. 2685. S. 1350.)
M., der selbst erst 15 Fälle nach W e r t h e i m
operiert, davon aber nur 10 durchgeführt hat, ver¬
tritt den Standpunkt, daß die Operation bei vor¬
geschritteneren Fällen nicht ausgeführt werden
sollo. Er begründet dies damit, daß bei solchen
die unmittelbare Mortalität 20 und mehr Prozent
betrage und die definitiven Heilungschancen keine j
sehr großen seien, daß vielmehr sehr häufig durch
nachfolgende Fisteln der Zustand ein schlimmerer !
sei als vorher. Alles komme darauf an, das
Publikum dazu zu erziehen, bei unregelmäßigen i
Blutungen sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu
nehmen. Dann würden die Operationsresultato
sehr viel bessere sein, aber auch in den beginnen¬
den Fällon sei die Wertheimsche Operation zu j
machen, deren Mortalität dann nur etwa 6°/ 0 und
weniger betrage. K lie n (Leipzig).
1404. Case of right cystoma with acute
torsion of the right fatlopian tube and
broad ligament complicating a six months
pregnancy; by C. Balfour Marshall. (Journ.
of Obst, and Gyn. Bd. 21. S. 268. 1912.)
Eine sehr lehrreiche Krankengeschichte. Eine 26jäh- j
rige Viertgebäronde bekam wiederholt schon seit dem 1
3. Monat Schmerzattacken in der rechten Bauchseite. Schon !
damals wurde die Diagnose auf eine Hydronephrose
gestellt, weil sich ein entsprechender, ziemlich unbeweg- !
lieber Tumor, der sich beim Atmen etwas verschob, i
vorfand. Auch bei den folgenden genauen TJntersu- l
chungen im 5. und 6. Schwangerschaftsmonat war der 1
Befund ein entsprechender, das Kolon transversum
ging vor dem Tumor weg, die wiederholten Schmerz¬
attacken wurden auf einen Nierenstein bezogen. Ganz
sicher wurde man in dieser Ansicht, als die Chromo-
zystoskopie ergab, daß aus dem rechten Ureter kein
Ham entleert wurde. Und doch war die Diagnose
falsch: die Laparotomie ergab ein mehrfach stielgedrehtes
Ovarialkystom. Während der Rekonvaleszenz Pneumonie.
— Der diagnostische Irrtum wäre vielleicht Dicht ge¬
schehen, wenn man statt der Chromozystoskopie den
Ureterkatheterismus ausgeführt hätte. (Ref.)
Klien (Leipzig).
1405. Quelques accidents genöraux de
la vie genitale de la femme, leurs rapports
avec les dystrophies polyglandulaires; par
Paul Dalchö. (Gaz. des Hop. 1912. S. 689.)
Zunächst beschäftigt sich D. mit dem auf
Dysovarie beruhenden Kopfschmerz. Derselbe
kann (erste Art) nur zur Zeit der Menses auf-
treten, einhergehend mit Blutandrang zum Kopfe,
Unruhe, auch Depression, Blässe. Als klinische
Formen unterscheidet D. die gewöhnliche Migräne,
Kopfschmerz verbunden mit gastrointestinalen
Störungon, mit Lebersymptomon, mit Nierenstö¬
rungen, mit Gesichtsneuralgien, endlich mit ver¬
schiedenen Begleiterscheinungen. Die Kopf¬
schmerzen können bei solchen Frauen auch durch
andere Momente als die Menses leicht für einige
Zeit ausgelöst werden. Die zweite Form der
Kopfschmerzen ist die permanente, mit Paroxys-
men zur Zeit der Menses. Besonders in der Meno¬
pause ist diese Form anzutreffen, aber auch
junge Frauen können daran leiden; oft sind dabei
Zeichen schlechter Zirkulation in den Extremi¬
täten vorhanden, kalte Füße. Auch bei anderen
Gelegenheiten können sich die Kopfschmerzen
bis zur Unerträglichkeit steigern, so in heißen
Sälen, im Theater usw. Bei solchen Frauen be¬
steht gleichzeitig häufig Obstipation, abnorme
Pigmentierungen, so daß man wohl annehmen
darf, daß hier neben der Dysovarie auch eine
Insuffizienz der Schilddrüse und der Nebennieren
sich findet. Diese polyglanduläre Insuffizienz
scheint bei kontinuierlichen Kopfschmerzen sogar
bei weitem häufiger zu sein, als reine Ovarial-
insuffizienz. Endlich hat D. noch eine dritte Art
von Kopfschmerzen beobachtet, hauptsächlich in
der Menopause, gelegentlich auch außerhalb der¬
selben, besonders nach Kastration, die mit den
schwersten Paroxysmen und Schmerzen an allen
möglichen anderen Körperstellen anfallsweise,
vorzugsweise zur Zeit der ausbleibenden Regel
aufzutreten pflegt. Solche Fälle erinnern an
Meningitis, an Hirntumoren. — Da bei den ge¬
nannten Arten von Kopfschmerz oft ein erhöhter
Blutdruck als Begleiterscheinung besteht, so ist
D. der Ansicht, daß ätiologisch außer einer Stö¬
rung in der Ovarial- eine solche in der Hypo¬
physisfunktion in Frage kommt. (Cephalöe hypo-
physo-genitale.) — Die Therapie dieser Zustände
besteht nach D. einmal in einer passenden Diät
(kein Fleisch, auch Vorsicht mit Milch), Zitronen¬
limonade, alle 8 Tage ein Purgans. Vor allem
Organotherapie: Ovarial-, Thyreoid-, eventuell
Ilypophysisprä parate, jedes allein oder kombi¬
niert. Vor der Periode haben sich Blutentziehun¬
gen, besonders mittels Blutegeln hinter den Ohren,
sehr gut bewährt. In den Fällen von Kopf¬
schmerzen während der Pubertät, einhergehend
mit erhöhtem Blutdruck und Tachykardie hat sich
Joddarreichung außerordentlich gut bewährt. Auch
die Nitrite können herangezogen werden.
D. bespricht dann weitere Gruppen von Sym¬
ptomen. Schwindel- und OhnmachtsanfäÜQ kön¬
nen, weil besserungsfähig bzw. heilbar durch
Eierstocksdarreichung, auf einer Insuffizienz der
Ovarien beruhen, ferner manche Fälle von (un¬
echter) Angina pectoris, besonders in der Meno¬
pause. D. beobachtote einen Fall, der kombiniert
war mit „Angor abdominalis T o i s s i e r“. In
solchen Fällen sei es nicht unmöglich, daß ein
Teil der Symptome auf einer vikariirenden Hyper¬
funktion der Nebennieren beruht, so die vorüber-
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XV. Gynäkologie und Geburtshilfe.
495
gehenden Ödeme der Lungen und der Därme. —
In gleichem Sinne bespricht D. gewisse Fälle von
Tetanie, von Akroparästhesie (in Verbindung mit
Amenorrhoe, Fettleibigkeit, Pseudomyxödem),
Paralysis agitans, Parkinsonscher und Raynaud-
scher Krankheit (Akrozyanose, Sklerodermie), von
Fettleibigkeit, lokaler und allgemeine, Lipomato-
sis, Dercumscher Krankheit, endlich von Gelenk¬
affektionen rheumatischer Art, Diabetes, gewissen
Ekzemen u. a. K1 i e n (Leipzig).
1406. The technique of securing the
vessels in pelvic abdominal surgery; by
Ralph Worrall. (Joum. of Obst, and Gyn.
1912. S. 285.)
W. fordert auf das Entschiedenste, daß man
bei gynäkologischen Laparotomien endlich mit
den Umstechungen der Tumorstiele aufhören solle
und an ihre Stelle die Isolierung, Abklemmung,
Durchschneidung und Abbindung der zuführenden
Gefäßo setzen solle, wie man es sonst bei chir¬
urgischen Operationen zu tun pflegt. W. bat im
Jahre 1907 04 europäische Kliniken besucht und
fast ausnahmslos Umstechungen gesehen. — ln
den letzten Jahren dürfte hierin eine Wandlung
eingetreten sein (Ref.). K1 i e n (Leipzig).
1407. Deux cas d’inversion uterine d’ori-
gine differente; par A. Böhague. (Echo möd.
du Nord 1912. S. 273.)
Im ersten Fall bekam ein 16jähr. Mädchen */ 2 Jahr
nach der Entfernung eines submukösen, durch den
Zervikalkanal geborenen Myoms eine Uterusinveroion,
ohne stürmische Erscheinungen. Manuelle Reposition
in Narkose; dabei ereignete sich ein perforierender
querer Riß der hinteren Zervixwand, der unter Gaze¬
tamponade reaktionslos heilte. — Im zweiten Fall han¬
delte es sich um eine im Anschluß an die zweite Ent¬
bindung ebenfalls ohne stürmische Erscheinungen ein-
etretene puerperale Inversion. Die Nachgeburt war
ünstlich entfernt worden. Da die manuelle Retro-
position nicht gelang, operierte B. nach Doyen, d. h.
er machte eine quere vordere Kolpotomie, schob die
Blase ab, inzidierte nunmehr die Zervix der Länge
nach und klappte den invertierten Uteruskörper nach
innen um. Naht. Diese Operation hält B. für ein¬
facher und sicherer, besonders zur Verhütung späterer
Retroversionen, als die Operation vom hinteren Schei-
dengewölbe aus. K1 i e n (Leipzig).
1408. Zur Kasuistik der Uterusperfora¬
tion; von Josef Halban. (Zentralbl. f. Gyn.
1912. Nr. 16.)
H. berichtet über 7 von ihm behandelte Fälle
von Uterusperforation, von denen 2 Fälle ge¬
storben sind. Was die Indikationsstellung der
Operation anbetrifft, so steht H. auf dem Stand¬
punkt, daß im allgemeinen immer, wenn die Per¬
foration mit einem zangenartigen Instrument aus-
gefübrt worden war, die Laparotomie geboten er¬
scheint, weil man nie wissen kann, was die Zange
in der Bauchhöhle, im besonderen am Darm für
Schaden angerichtet haben kann. In 2 von H.s
Fällen war vor der Operation kein Anhaltspunkt
dafür, daß der Darm gefaßt oder verletzt war,
während in einem anderen Falle, in dem der Darm
bis in die Vulva hinabgezogen worden war, sich
nur Suffusionen an demselben fanden und keine
schweren Verletzungen. Im allgemeinen emp¬
fiehlt H. der Laparotomie die Entfernung des
Uterus anzuschließen, besonders bei nicht ein¬
wandfreier Asepsis der vorangegangenen Opera¬
tion bei starker Lazeration des Uterus, besonders
wenn die Zervix mitbetroffen und das Para-
metrium durch Blutung aufgewühlt ist, ferner
wenn der Darm verletzt worden war und eine In¬
fektion des Perforationskanals mit Darminhalt
stattgofunden haben kann. Zurbelle (Bonn).
1409. Zur Frage der Röntgenbestrah¬
lung in der Gynäkologie; von A. Fießler.
(Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 15.)
F. stellt die Forderung auf, Tiefenbestrah¬
lungen bei allen noch fortpflanzungsfähigen Indi¬
viduen zu verbieten, wenn sie nicht mittelbar
oder unmittelbar die dauernde Sterilisation an-
streben. Die Röntgenbestrahlung schädigt die
Keimzellen und so werden für die vom Zeitpunkt
der Bestrahlung ab etwa noch ausreifenden Eier
die Bedingungen zu minderwertigen Keimen ge¬
schaffen, auch wenn es nicht mehr zu einer merk¬
baren Schädigung des Mutterindividuums kommt.
Den etwa später noch gezeugten und ausgetrage¬
nen Kindern können so unter Umständen schwere
Schädigungen erwachsen. Z u r h e 11 e (Bonn).
1410. Über Glykogenanhäufung in der
menschlichen Plazenta; von Karl Flesch.
(Zentralbl. f. Gyn. 1912. Nr. 16.)
Die reife Plazenta enthält Glykogen. Am
meisten Glykogen enthalten die mütterlichen Teile;
ein konstanter Befund ist der reichliche Glykogen¬
gehalt in der Dezidua, wenn auch glykogenfreie
Deziduazellen öfters Vorkommen mögen. Weit
weniger Glykogen enthalten die fötalen Zellen.
Ein großer Teil der Zotten aus reifen Plazenten
ist überhaupt glykogenfrei. In den glykogen¬
haltigen findet sich das Glykogen meist im Binde¬
gewebe. Im Synzytium fand F. das Glykogen
relativ oft, aber quantitativ sehr wenig. Amnion,
Chorion enthalten regelmäßig Glykogen.
Z u r h e 11 e (Bonn).
1411. Über die Bedeutung psychogene-
tischer Symptome für die Gynäkologie; von
Max Walthard. (Zentralbl. f. Gyn. 1912.
Nr. 16.)
W. unterscheidet psychoneurotische Symptome
außerhalb der Genitalsphäre und psychoneuro¬
tische Genitalsymptome. Erstere, namentlich der
mit dem Namen Ausfallserscheinungen bozeich-
nete Symptomenkomplex, sind weder eine direkte
notwendige Folge irgendeiner Genitalerkrankung,
noch eine notwendige Folge des Ausfalls der
inneren Sekretion des Eierstocks, noch des Aus¬
falls der Genitalfunktionen überhaupt. Allen
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496
XV. Gynäkologie und Geburtshilfe.
psychoneurotiscben Individuen ist die Überwer¬
tung von Vorstellungen gemeinsam und in dem
unrichtigen Werturteil liegt das für die patho¬
logische Denkweise charakteristische Moment, das
zur Steigerung der Erregbarkeit des Nerven¬
systems führt. Die Prophylaxe der sogenannten
postoperativen Ausfallserscheinungen besteht nach
W. nicht in der Erhaltung eines oder beider Eier-
stöcko, sondern in der Berücksichtigung der ge¬
steigerten Erregbarkeit des Nervensystems bei
der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen
am weiblichen Genitale. Für den Gynäkologen
kommt es weniger darauf an, alle ins gesunde
Genitale verlegten psychoneurotischen Erschei¬
nungen zu heilen, als vielmehr darauf, daß man
sie als funktionelle Symptome erkennt und des¬
halb von jeder gynäkologischen örtlichen Behand¬
lung ausschließt. Z u r h e 11 e (Bonn).
1412. ÜberVersuche mit neuen Narkose-
Arten in der Gynäkologie; von Hans
Schlimpert. (Monatsschr. f. Geb. u. Gyn.
Bd. 36. S. 67. 1912.)
An der Freiburger Klinik wurden 2 Methoden
geprüft: die sakrale Anästhesie und die Lachgas¬
narkose.
Zunächst wurde die Sakralanästhesie nur für
tiefere operitoneale Operationen empfohlen, jetzt
ist sie als hohe extradurale Anästhesie auch für
Laparotomien an gewendet worden. Bezüglich der
Novokaindosis richtet man sich nach dem Körper¬
gewicht; Normaldosis für hohe Anästhesien ist
0,7, schwankend zwischen 0,5—0,8. Bei tiefen
Anästhesien ist die Normaldosis 0,6.
Auch der allgemeine Ernährungszustand muß
berücksichtigt werden. Zuweilen wird vorher
Morphium-Skopolamin verabreicht. Im Anfang
ist Vorsicht zu empfehlen.
Alle Patienten bekommen 1,0 Veronal am Vor¬
abend und 0,5 Veronal am Morgen der Operation.
Bei normalen Individuen ca. l l / 2 — 3 /» Stunden vor
Beginn je 0,01 Morphium und 0,0003 Skopolamin.
Die Injektion des Novokains darf nicht intra¬
venös sein und muß langsam geschehen. Zu der
einmal aufgekochten Novokainlösung wird 1 U g
Natrium sulfuricum dazugesetzt.
635 Sakralanästhesien wurden gemacht; bei
50 wurden Ersatzprozesse angewendet. Kein
Todesfall.
Peritoneale Anästhesie: 152; solche, wo Nar¬
kose zugegeben werden mußte: 53; schließlich
solche, wo von Anfang an Narkose nötig war: 96.
Versager: 20.
Vorteile: Ungefährlichkeit, Fortfall von Er¬
brechen und Kopfschmerzen.
Nachteile: Komplizierte Technik und Dosie¬
rung; eventuell können Nervenschädigungen auf-
treten. Beeinflussung der Zirkulation (Puls¬
beschleunigung) usw.
Gegen die Lumbalanästliosie:
Go gle
Vorteil des Fehlens von Erbrechen und Kopf¬
schmerzen. Als Nachteil ist besonders die
schwierige Technik zu nennen. Bezüglich Lebens¬
sicherheit gehen beide gleiche Chancen.
Inhalationsnarkose mit Stickoxydul. 2 Metho¬
den: 1. nach Neu; 2. nach Gaty.
Der Methode nach Neu haftet der Nachteil
an, daß sicTi eine sehr sichere Bauchdecken¬
entspannung erzielen läßt, es tritt zuweilen Er¬
brechen auf und die Narkose ist teuer (10—18 Mk.
pro Stunde).
Kleine Eingriffe wie Abrasionen lassen sich
sehr gut schmerzlos ausführen.
Nach der Erfahrung der Klinik eignet sich
auch die Methode nach Gaty nicht für größere
und mittlere Laparotomien, wie für kleinere, un¬
komplizierte Eingriffe.
Folgende Indikationen wurden an der Frei¬
burger Klinik aufgestellt:
.1. Für kurzdauernde Eingriffe (Abrasionen
usw.) Chloräthylrausch.
2. Für etwas länger dauernde (Ausräumung
usw.) die Chloroform-Äther-Mischnarkose oder die
Narkose nach Gaty oder Neu.
3. Für alle übrigen Eingriffe: bei fetten Per¬
sonen oder solchen mit nicht intaktem Herzen die
Lumbalanästhesie, bei normalen die extradurale
Anästhesie. Heimann (Breslau).
1413. Über periodische Schmerzen bei
Frauen. Simpsonsche Schmerzen; von
Georg Snegireff. (Monatsschr. f. Geb. u.
Gyn. Bd. 36. S. 35. 1912.)
Die Simpsonschen Schmerzen sind ein Sym¬
ptom bei Karzinom; sie beginnen allmählich mit
Pausen und werden bald sehr stark, dauern in
diesem Stadium 1—2 Stunden und sinken dann
wieder. Die Zeit des Anfangs ist verschieden.
Ihre Lokalisation ist im Unterleib, nach dem
Rücken ausstrahlend.
Schilderung eines Falles von vernachlässigtem
Karzinom, wo dieses Symptom sehr deutlich war.
Diese Schmerzen können in ähnlicher Weise
auch von irgendwelchen Fremdkörpern in der
Uterushöhle ausgelöst werden, man wird also auch
bei gutartigen Tumoren event. das Simpsonsche
Phänomen finden können. Beschreibung eines
Falles von Fibromyom, wo die Patientin ganz
genau den Simpsonschen Symptomenkomplex
schildert. Jedenfalls soll, wenn diese Schmerzen
auftreten, die Uterushöhle untersucht werden.
Hervorgerufen werden diese Schmerzen durch
Uteruskontraktionen, wenn bei reichlicher Sekre¬
tion das Sekret nicht abfließen kann und die
Kontraktionen den Inhalt der Uterushöhle heraus¬
pressen. Wärme schwächt die Kontraktionen,
mindert also die Schmerzen; umgekehrt verstärkt
die Kälte die Kontraktionen, erhöht also die Be¬
schworden.
Die Schmerzen sind natürlich periodisch.
Original fr
UNIVERSITY OF
ÄVL Hygiene.
497
Es gibt bei Frauenleiden noch andere perio¬
disch auftretende Schmerzen, die ihre Entstehung
einer Infektion verdanken. Folgende Unterschiede
sind zu bemerken:
Periodische
Simpsonsohe :
1. Haben einen allmählichen
Anfang, gelangen nach
und nach zur Ahne..
2. 8ind nicht von Fieber und
Frost begleitet.
3. Wärme mindert, Kälte
stärkt die Schmerzen.
4. Können durch Retention
des Ausflusses verstärkt
sein und können viel Vor¬
kommen.
5. Die Zeit zwischen den
Anfällen ist frei von
Schmerzen.
Schmerzen:
Pseudo - Simpsonsehe
(entzündliche):
1. Akuter Anfang, dann
gehen sie decrescendo.
2. Fieber, Frost und Tran¬
spiration sind vorhanden.
3. Kälte tut wohl.
4. Quantität des Ausflusses
hat keinen Zusammen¬
hang mit den Schmerzen.
5. In der Zeit zwischen den
Anfällen bestehen leichte
Schmerzen.
Schilderung einer Krankengeschichte, wo man
sowohl die Simpsonschen wie die entzündlichen
Schmerzen beobachtete. Hei mann (Breslau).
1414. Zur Technik der gynäkologischen
Röntgenbestrahlungen; von Albers-Schön¬
berg. (Monatsschr. f. Geb. u. Gyn. Bd. 36.
S. 47. 1912.)
Die Röntgentherapie soll folgendes bezwecken:
1. sicherer Erfolg; 2. Verhinderung einer Schä¬
digung der Haut, der blutbildenden Orgame usw.
und 3. die Behandlung darf nicht allzu lang¬
wierig sein. Bezüglich Punkt 3 hält A.-S. die in
letzter Zeit von manchen Seiten empfohlene
forcierte Bestrahlung für nicht unbedenklich, da
die Filter doch keinen absolut sicheren Schutz
bieten.
Das beste Instrumentarium zur Ergänzung des
sekundären Stromes ist der Induktor. Unter¬
brecher nach W e h n e 11 oder mechanische
Unterbrecher. Die Röhre soll eine Härte von
fl—8 Walter haben. A.-S. empfiehlt Wasserkühl¬
röhren.
Die Violettfärbung der Röhre ist ein Kriterium
für ihre richtige Handhabung. Zur Bestrahlung
benutzt A.-S. Kompressionsblenden von 13 oder
20 cm Durchmesser. Sie werden oberhalb der
Symphyse aufgesetzt, eine gleichzeitige Aufnahme
kontrolliert die richtige Stellung.
Als Filter wird 4faches Ziegenleder oder Alu¬
minium benutzt Abbildung und Demonstration
eines gut eingerichteten Untersuchungstisches für
Röntgenzwecke.
Was die Dosierung anbetrifft, so benutzt A.-S.
das Kienböcksche oder neuere Holzknechtsche
Verfahren. Während 8 Sitzungen wird die Ery¬
them-Dosis nicht völlig erreicht. Das bereits oben
erwähnte Beckenbild gibt an, ob genügend
Strahlen in die Tiefe gekommen sind.
Bei Röntgenschädigungen der Haut muß sofort
die Bestrahlung abgebrochen und therapeutisch
eingegriffen werden.
Die Dauer ist für sämtliche Tiefenbestrahlun¬
gen ungefähr dieselbe.
Schemata für a) langsames, b) beschleunigtes
Tempo. Induktor mit Wasserkühlröhre mit
stumpfem Brennpunkt Walter 6—8. Parallel-
funkenstr. 25 cm. 3—4 Min. Fokushautabstand
38 cm. Oberflächendosis pro Serie unter 10 X.
oder 5 H.; Lederfilter:
a) an 3 aufeinanderfolgenden Tagen je 6 Min.
Bestrahlung, 14 Tage Pause; an 3 aufeinander¬
folgenden Tagen je 6 Min. Bestrahlung, 14 Tage
Pause usf.;
b) an 3 aufeinanderfolgenden Tagen je 6 Min.
Bostrahlung von oben, 8 Tage Pause; an 3 auf¬
einanderfolgenden Tagen 6 Min. Bestrahlung von
unten, 8 Tage Pause; an 3 aufeinanderfolgenden
Tagen 6 Min. Bestrahlung von oben, 8 Tage
Pause usf.
Gesamtdauer schwankt zwischen 25 und
76 Minuten. Vor, während und nach der Behand¬
lung wird der Hämoglobingehalt festgestellt. Auf
Gewicht, Stuhl, Ausfluß ist zu achten. Während
der Regel wird nicht bestrahlt.
Bei der Therapie der äußeren Geschlechtsteile
sind weichere Röhren erforderlich.
Schließlich erläutert A.-S. noch die Kosten, die
bei der Röntgentherapie entstehen.
Hoimann (Breslau).
XVI. Hygiene.
1415. Die Einwanderung der Tuberkulose
in die Vereinigten Staaten. Ein Problem für
jede Nation; von AdolphusKnopf. (Zeitschr.
f. Tuberk. Bd. 19. H. 2. S. 137.)
Als im Jahre 1902 das Schatzamt der Ver¬
einigten Staaten auf Empfehlung des Generalarztes
der Marine bestimmte, daß die Lungentuberkulose
zu den „gefährlichen ansteckenden“ Krankheiten
zu rechnen sei, unterbreitete K. der New Yorker
Akademie für Medizin folgende Resulution: Die
genannte Akademie bedauere aufs tiefste die Ent-
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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Scheidung, welche weder auf klinischer Erfahrung
noch wissenschaftlicher Experimente basiere. Sie
betrachten die Ausschließung von nichtarmen
tuberkulösen Einwanderern und Tuberkulösen,
welche die Vereinigten Staaten besuchen wollten,
für unklug, inhuman und ungerecht.
Bekanntlich können tuberkulöse Einwanderer
aus den Vereinigten Staaten aus gewiesen werden
und sie müssen eventuell Dach ihrer Heimat
kostenlos zurückgeschafft werden. Auf dem
letzten internationalen Tuberkulose-Kongreß in
63
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
49 8
XVI. Hygiene.
Rom machte Stella aus New York den Vor¬
schlag, daß jeder Auswanderer gegen Tuberkulose
versichert sein sollte. Die Kosten zu der Ver¬
sicherung seien zu dem Billet für die Dampfer¬
fahrt hinzuzurechnen, würde ein Passagier zurück¬
gewiesen so soll er umsonst zurücktransportiert
werden und freie Behandlung in einem Sanatorium
haben. Zweifellos haben die Vereinigten Staaten
von Amerika große Kosten durch die Einwanderung
von Tuberkulösen. K. unterstützt warm die Be¬
strebungen , welche in seinem Lande eingeleitet
sind, daß man Tuberkulöse an der Ehe liindern
solle. Er empfiehlt die Sterilisation, wenn Tuber¬
kulöse auf die Ehe bestehen.
Paul Krause (Bonn).
1416. School lunohes; by J. S. Wile.
(New York med. Joura. Aug. 31. 1912. S. 422.)
Bis jetzt ist die Verabreichung warmen Früh¬
stücks in den Volksschulen an unbemittelte Kiuder
in den Vereinigten Staaten von Amerika noch
nicht eingeführt. Daß sie aber dringend not¬
wendig ist, geht daraus hervor, daß 13°/ 0 der
New Yorker Volksschüler an Unterernährung
leiden; 10% der Mütter arbeiten und sind zu
der Zeit, in der das Kind zur Schule geht, nicht
mehr zu Haus. Am ungünstigsten sind die
Gesundheitsverhaltnisse der Elementarschüler, so-
daß dort zuerst mit einer Besserung der Lebens¬
weise begonnen werden müßte.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1417. II „Ghibli“ nei suoi rapporti colla
salute umana; per Ü. Gablii. (Rivista Osped.
1912. Nr. 15. S. 683.)
Der Ghibli ist ein heißer, mit großer Ge¬
schwindigkeit wehender Wüstenwind, der dem
Klima von Tripolis seinen besondem Charakter
verleiht Er verursacht bei den Fremden in
85% Mattigkeit, Tränen der Augen und Brennen
in der Nase, in 65% nervöse Depression, in
57% Herabsetzung der geistigen und körperlichen
Leistungsfähigkeit, in 32% Kurzatmigkeit beim
schnellen Gehen und Treppensteigen, ferner
Appetitmangel und Schlaflosigkeit, sowie in 69%
Steigerung des Durstes. Auch die Eingeborenen
leiden, wenn auch weniger unter dem Ghibli.
Der Wind führt außer mineralischen Elementen,
besonders Sand, auch zahlreiche Mikroorganismen
mit sich. G. zählte auf einer Petrischale von
70 qcm, die nur 1% Minuten dem Winde
ausgesetzt war, 1739 Keime, darunter 15 Arten
von Organismen. Injektion von Ghibli-Staub
verursachte bei einzelnen Tieren hämorrhagische
Septikämie. Die Vorkehrungen gegen die Schällen
des Ghibli, der auch auf einzelne Krankheiten
verschlimmernd wirkt, sind allgemein hygienischer
Natur, und bestehen in Straßenpflasterung, Bau
von Markthallen, Tragen von Augengläsern, Schutz
der Nahrungsmittel.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1418. The prenatal oare of the infant; by
E. D. Davis. (Therap. Gaz. 1912. Nr. 9. S. 609.)
Um eine kräftige Nachkommenschaft zu erzielen,
ist weitgehendste Fürsorge für die Schwangeren
notwendig. Gesetzliche Vorschriften schließen
gravide Frauen von gewissen Betrieben aus , die
ihnen schädlich werden könnten. In vielen
amerikanischen Städten sind Fürsorgestellen er¬
öffnet, deren Pflegerinnen die Schwangeren auch
in ihren Wohnungen aufsuchen; ein Hauptaugen¬
merk ist auf die Verhütung der Eklampsie ge¬
richtet. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1419. A study of the effect of tropica!
sunlight upon men, monkey9 and rabbits; by
H. D. Gibbs. (Philippine Joum. of Sc. Bd. 7.
Nr. 2. S. 91. 1912.)
Die Versuche an Menschen, Affen und Kanin¬
chen über die Schutzkraft der Farbe gegen das
! tropische Sonnenlicht ergaben die Überlegenheit
von Weiß über alle andern Farben. Wie sich
durch genaue Temperaturmessungen feststellen
ließ, leistet in der tropischen Sonne ein leichter
weißer, mit Grün gefütterter Hut oder Schirm
mit breitem Rande die besten Dienste. Das Dach
des Hutes darf den Kopf nicht berühren, damit
ein unbehinderter Luftwechsel stattfinden kann.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1420. An address on the influence of mus-
cular exeroise and open air on the bodely funo-
tions; hy L. Hill. (Brit med. Journ. Sept 14.
1912. S. 599.)
Muskelübungen wie Aufenthalt in freier Luft
sind besonders auf die körperliche Entwicklung
der heran wachsenden Jugend von großem Einflüsse.
In allen Räumen, wo Menschen in großer Zahl
versammelt sind, muß alle Aufmerksamkeit auf
die Zuführung frischer Luft gerichtet sein; es ist
aber auch nötig, durch lebhafte Luft ströme für
die Abkühlung der Körper zu sorgen, die von
einer fast körperwarmen, mit Feuchtigkeit ge¬
sättigten Luftschicht umgeben sind.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1421. Was lehren uns die letzten Jahr¬
zehnte und der heisse Sommer 1911 über die
Säuglingssterblichkeit und ihre Bekämpfung?
von Kruse. (Zentralbl. f. allg. Gesundheitspfl.
Bd. 31. S. 175. 1912.)
Die Säuglingssterblichkeit ist in Deutschland nament¬
lich im letzten Jahrzehnt erheblich gefallen. Die große
Hitze des Jahres 1911 brachte zwar wieder eine ge¬
waltige Verschlechterung, doch ist auch hier noch ein
Erfolg gegenüber dem Mittel der Jahre 1901—5 zu
verzeichnen. Am stärksten hat die Säuglingssterblich¬
keit in den Städten abgenommen, so daß diese jetzt im
Gegensatz zu früher eine niedrigere Sterblichkeit auf-
weisen als das Land. Von der Besserung werden die
ehelichen Kinder ebenso stark betroffen als die außer¬
ehelichen. Die Besserung berührt in viel höherem Grade
die künstlich genährten als die au der Brust genährten
Kinder. Sie hat nicht nur die Sterblichkeit in der
kälteren Jahreszeit, sondern in noch größerem Umfange
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
XVI. Hygiene,
499
die Übersterblichkeit der Säuglinge in den heißen Monaten
betroffen. Für die Erklärung dieser Vorgänge kommen
mannigfache Einflüsse in Betracht: Verbesserung der
allgemeinen hygienischen Einrichtungen, insbesondere
der Wasserversorgung, verständigere Säuglingsernah-
rung und -Pflege, einschließlich der öffentlichen Für-
Borge für die unehelichen Kinder, in erster Linie aber
die Hebung der sozialen Lage, die sehr wesentlich unter¬
stützt worden ist durch den Rückgang der Geburten¬
zahl. Bisher ohne erhebliche Bedeutung für die Säug¬
linge scheint die Bekämpfung der ansteckenden Kinder¬
krankheiten geblieben zu sein. Schädliche Einflüsse
sind Abnahme der Stilltätigkeit und ungenügender Zu¬
stand des Wohnungswesens, sowie Zuwanderung und
Anhäufung von VoÜsteilen. bei denen die Säuglings¬
pflege tiefer steht. Koenigsfeld (Breslau),
1422. Oie Sterblichkeit in sämtliohen Stadt-
und Landkreisen Rheinland-Westfalens naoh
Alter und Gesohleoht und einigen Todes¬
ursachen getrennt dargestellt. III. Teil: Die
Tuberkulosesterblichkeit; von Burgers und H u 11.
(Zentralbl. f. allg. Gesundheitspfl. Bd. 31. S. 202.
1912.)
Immer noch stellt die Tuberkulose eine der häu*
figsten Todesursachen im erwachsenen Lebensalter dar-
Doch geht die Krankheit andererseits in Deutschland
schnell zurück. Der Rückgang der Tuberkulosesterblich¬
keit ist bei den Männern beträchtlich größer als bei den
Frauen in denjenigen untersuchten Kreisen, die eine
zum großen Teil industriell arbeitende Bevölkerung
haben und bei denen zugleich die Tuberkulosesterblich¬
keit der Männer größer ist als die der Frauen. Eine
Abnahme der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und
eine Zunahme der Industrie wirkt auf die allgemeine
Sterblichkeit ungünstig ein. Für die Frauen dagegen
finden B. und H. den Satz Kruses bestätigt, daß das
ländliche Leben auch hinsichtlich der Tuberkulose den
Frauen größere Gefahren bringt als das städtische. Der
Kohlenbergbau scheint die Häufigkeit der Todesfälle an
Tuberkulose herabzudrücken, besonders auffällig ist der
Unterschied im Vergleich mit den Kreisen, in denen
hauptsächlich Erz-, Hütten- und Eisenindustrie vor¬
herrscht, bei der sich häufig hohe Tuberkuloseziffem
finden. Experimentelle Belege für die vielfach ge¬
äußerte Annahme, daß die geringe Tuberkulosesterblich¬
keit der Kohlenbergleute auf eine günstige Einwirkung
des Kohlenstaubes zuruckzuführen sei, sind bisher nie
erbracht worden. Eher könnte man daran denken, daß
der Kohlenbergbau besonders viel kräftige Männer in
die betreffenden Gegenden lockt. Auch wäre es mög¬
lich, daß die Arbeit im Kohlenbergwerk an sich die
Lungenschwindsucht verhütet, weil sie schwer ist, regen
Stoffwechsel herbeiführt und besonders die Brustmuskeln
kräftig in Anspruch nimmt. Erz- und Kohlenbergbau
zeigen vom hygienischen Standpunkt aus manche Ver¬
schiedenheiten, mit denen vielleicht die verschiedene
Tuberkulosesterblichkeit der beiden Betriebe in Zu¬
sammenhang steht. Es wird weiterhin die Tuberbulose-
sterblichkeit der verschiedenen Kreise nach dem Alter
und Geschlecht der Gestorbenen verglichen, doch er¬
gibt sich, wofür verschiedene Überlegungen angeführt
werden, keine strenge Übereinstimmung zwischen
Männer-, Frauen- und Kindertuberkulose.
Koenigsfeld (Breslau).
1423. Notiz über ein bisher an der deutsoh-
ostafrikan. Küste nicht bekanntes ,,Sommer-
fieber“ von Manteufel. (Arch. f. Schiffs- u.
Tropenhyg. Bd. 16. H. 18. 1912.)
In Daressalam wurde die Beobachtung gemacht,
daß das dort in der heißen Jahreszeit beobachtete
sogenannte „Dreitagefieber“ wohl identisch ist
mit dem von Doerr, Franz u. Taussig in der
Herzegowina beschriebenen „Pappatacifieber“ oder
„Hundskrankheit“. Wenngleich ein Symptom, das
Exanthem, in Ostafrika meistens fehlt, so läßt
doch der gelungene Fang des Überträgers, der
Phlebotomusmücke, die Identität beider Krank¬
heiten sehr wahrscheinlich erscheinen.
Seitz (Bonn).
.
1424. Über Luftuntersuohungen; von Wei-
chardt und Kelber. (Münchn. med. Woch.
1912. Nr. 35. S. 1889.)
Schadenbringend kann die durch Menschen¬
atmung verbrauchte Luft schon dann werden,
wenn die Kohlensäurehäufung auch nur einen
Bruchteil von 1. Prom. erreicht hat, während
Bonst eine nicht durch den Aufenthalt von Men¬
schen verbrauchte Luft einen Kohlensäuregehalt
von 10 Prom. auf weisen kann, ohne schädlich
zu sein. Außer der Kohlensäure sind jedenfalls
noch andere schädliche Stoffe in der verbrannten
Luft geschlossener Räume. Es werden nun eine
Methodik und ein Apparat angegeben, mit denen
es gelingt, gewisse Verunreinigungen der Luft
bewohnter Räume quantitativ nachzuweisen, z. B.
Eiweißspaltprodukte aus Exspiration und Haut¬
atmung stammend. Seitz (Bonn).
1425. Untersuchungen hermetischer Fisoh-
klöese; von A. Diesen. (Norsk Tijdschr.
for Miütaermed. 1912. Nr. 4.)
Auf Ansuchen einer Konservenfabrik erforschte
Verfasser die Ursache der Veränderungen der
sterilisierten Büchsen. Nach einigen Monaten ver¬
änderte sich der Inhalt, der anfangs amphoter
auf Lakmus reagierte, wurde sauer, die Klöße
wurden immer lockerer, bis sie sich schließlich
völlig verflüssigten. Dabei waren die Büchsen
nicht aufgetrieben. Es wuchsen schlanke un¬
bewegliche Stäbchen mit Endsporen, die Gelatine
wenig verflüssigten. Sie waren fakultativ anaerob,
hatten Dextrose und Laktose spaltende Enzyme
ohne Gasbildung.
Die Bakterien stammen aus Milch und Kar¬
toffelmehl, den Rohmaterialien. An heißen Tagen,
wenn die Milch an Bakterien reicher, zeigte sich ge¬
ringere Haltbarkeit. Je kürzer die Fischfarce steht,
je aseptischer die Fabrik arbeitet, desto haltbarer
die Konserven. Die Sporen überdauern 2 Stunden
Kochen bei 100 °, die Fabriken sterilisieren nur
1 Stunde,. damit die Farbe der Klöße sich nicht
ändert, das ist unzureichend. Die Bakterien sind
unschädliche Saprophyten, wie sie Flügge in
mangelhaft sterilisierter Milch nachwies.
Von 300 Büchsen, die 2—3 Wochen bei 37 0
gestanden hatten, zeigten sich alle mit deutlich
saurer Reaktion als keimhaltig. Verfasser rät
darauf zu achten, wenn es nicht möglich ißt,
bakteriologisch zu untersuchen. Er hat seine
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500
XVII. Gerichtliche Medizin.
Untersuchungen nach den Angaben von Geirevold
und Steen berg gemacht, die 1903 über die Unter¬
suchungen von Fleischkonserven in dieser Zeit¬
schrift ausführlich berichteten.
Schlichtin g (Cassel).
1426. Wie lange steokt der Typhuekranke
an? von E. Schumacher. (D. med. Woch. 1912.
S. 2269.)
Um die Zeit zu bestimmen, zu der die Isolierung
eines Typhuskranken aufgehoben werden kann, wird
vom Gesetz verlangt, daß zwei Untersuchungen auf
Typhusbazillen-Ausscheidung, nach der Entfieberung
im Abstand von einer "Woche vorgenommen, ein nega¬
tives Resultat ergeben sollen. Es zeigte sich aber oft,
daß trotz des zweimaligen negativen Befundes doch
noch Bazillen ausgeschieden werden können. Sch. be¬
stätigte das bei einer größeren Reihe von Untersuchungen
und fand, daß bei manchen Personen die Ausscheidung
von Typhusbazillen nach Beendigung der offiziellen
ßchlußuntereuohung überhaupt erst einsetzte. Diese
, ^pätausscheid er“ können sich zu Dauerausscheidern
entwickeln oder die Ausscheidung sistdert noch vor
Ablauf der 10. Krankheitswoche spontaD. Soh. teilt
einen einschlägigen Fall ausführlich mit Es empfiehlt
sioh vielleicht, die Kranken nach 6 Wochen nach der
Entfieberung unter Beobachtung zu halten.
Koenigsfeld (Breelau).
1427. La queation du lait; par Böen.
(Belg. möd. Bd. 19. S. 543. 1912.)
Da sich die Milch in Gent in ca. 75% 61)8 verfälscht
erweist, sei es durch Wasserzusatz, sei es durch Ent¬
rahmung, schlägt B. vor, um besonders Kranken und
Säuglingen einwandsfreie Vollmilch zu verschaffen, daß
von der Kommunalverwaltung in der Stadt ein Xuh-
stall und eine Molkerei eingerichtet werden, die nach
allen Richtungen hin genügend überwacht werden
können. In anderen größeren Städten, besonders von
Deutschland und England, hat man mit derartigen Ein¬
richtungen schon sehr gute Erfahrungen gemacht
Koenigsfeld (Breslan).
XVII. Gerichtliche Medizin.
1428. Vergleichende Untersuchungen über
den forensisohen Wert der Himin- und Hämo-
ohromogenkristalle; von Hein e. (Vierteljahrsschr.
f. ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 268. 1912.)
Die Hämoehromogenkristalle wurden mit einer
Mischung aus 2 Teilen Pyridinum puriss. Merck
und 3 Teilen konzentr. wässriger Hydrazinsulfat¬
lösung hergestellt. Die kristallographische Be¬
stimmung der Hämoehromogenkristalle, von Prof.
Bergeat ausgeführt muß. im Original nachgelesen
werden. Die an 69 Objekten ausgeführten Ver¬
gleichsproben mittels Darstellung der Hämin- und
Hämoehromogenkristalle ergaben im wesentlichen
gleichwertige Resultate. Die Hämochromogen-
kristalle stehen allerdings hinsichtlich der Halt¬
barkeit den Häminkristallen nach. Rost hindert
im Überfluß beide Proben. Die Darstellung der
Leersschen reduzierten Teichmannschen Kristalle
zum Unterschied von Indigo-Kristallen erübrigt
sich bei sofortiger Herstellung der Hämochro-
mogenkristalle. Nippe (Königsberg).
1429. Über die gegenseitige Anziehung und
Beei nflussu ng psy ohopathisoher Persönlichkeiten;
von E. Meyer und G. Puppe. (Vierteljahrsschr.
f. ger. Med. Bd. 43. Nr. 1. S. 84. 1912.)
M. und P. bringen die psychiatrischen Fragen
aus dem bekannten Aliensteiner Prozeß, wo sie
Gutachter waren, zur Darstellung. Die Vita des
Herrn v. G. und der Frau v. S. wird geschildert.
Beide erblich belastet, wiesen starke Züge der
Degeneration auf. Frau v. S. außerdem eine
schwere Hysterika, v. G. mit einer Art patho¬
logischen Betätigungstrieb behaftet zu Über¬
treibungen und Renommistereien neigend, zudem
impotent. Er geriet ganz unter den Einfluß der
Frau v. S., durch deren pervers sexuellen Ver¬
kehr er potent wurde. Dabei sind M. und P.
der Ansicht, daß Frau v. S. den Antrieb zum
Morde nicht erteilt hat Es sei als ob nicht zwei
Personen, sondern eine, aus pathologischen Indi¬
viduen verschmolzen, die Tat vollbracht habe, die
als das Endprodukt des verhängnisvollen Aufein¬
anderwirkens zweier geistig abnormer Personen
sich erkennen lasse. Nippe (Königsberg).
1430. Hermaphroditismus de lege ferenda;
von F.Strapmann. (Vierteljahrsschr. f. ger. Med.
Suppl.-Bd. 2. S. 58. 1912.)
Im Gegensatz zum früheren preußischen Land¬
recht und zum alten bayrischen Gesetzbuch be¬
rücksichtigt das bürgerliche Gesetzbuch das Vor¬
handensein von Zwittern überhaupt nicht; übrigens
auch nicht das österreichische, schweizer, ita¬
lienische, französische und russische Recht. S.
berichtet den Gesetzentwurf des Amtsgerichtsrat
Wilhelm über die rechtliche Stellung der Zwitter
und kritisiert dann an der Hand eigner Fälle und
der Literatur diese Vorschläge, indem er auf die
Schwierigkeiten hinweist, die ihrer praktischen
Ausübung im Wege stehen. Er empfiehlt, da
ein Sondergesetz über die Regelung des Zwrtter-
tums nicht zu erwarten ist, eine zweckmäßige
Auslegung des Personenstandsgesetz, die dem
Gesetz nicht widerspricht, und empfiehlt unter
Umständen die Eintragung eines Kindes als Zwitter.
Es besteht zweifellos eine Lücke im Gesetz, es
muß daher von Fall zu Fall nach der Sachlage
entschieden werden. Nippe (Königsberg).
1431. Die Fauna der Leiohen; von Strauch.
(Vierteljahrsschr. f. ger. Med. 1912. 3.F. 2.Snppl.-
Bd. S. 44.)
Der Vortrag soll wegen der notwendigen zahl¬
reichen Abbildungen alß gesonderte Abhandlung
demnächst erscheinen.
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
XV1L Gerichtliche Medizin.
501
Von den Säugern sind Nekrophagen Hyänen,
Hunde, Schweine und die Nagetiere (Ref. kennt
den Fall, wo eine Katze eine Neugeborenenleiche
im Geeicht angefressen hatte). Die Ratten be¬
vorzugen dabei Gesicht und Hals und können
auf diese "Weise Würgespuren Vortäuschen.
Kriminalistisch ist wichtig, daß Vögel Leichen¬
teile fortschleppen können und weiter, daß Str.
leugnet, daß die an Neugeborenenleichen bisweilen
beobachteten eigenartigen Schnitt-Stichverletzungen
von in unseren Breiten vorkommenden spitz-
schnäbligen Vögel verursacht würden.
Nekrophagen sind weiter Krokodile, Haie, vor
allem aber Insekten. Diese gehen in einer be¬
stimmten Reihenfolge an die Leiche heran. Die
Larven der Insekten wirken dabei zerstörender
als die ausgebildeten Tiere.
Weiter bespricht Str. die speziellen Befunde
der von Tieren benagten Knochen usw. und be¬
tont die Wichtigkeit dieser Studien auch für die
Palaeontologie. Nippe (Königsberg).
1432. Experimentelle Untersuchungen über
den O-Gehalt des Blutes mittels des Haldane-
sehen Verfahrens bei der gewaltsamen Er-
atiokung; von Puppe. (Vierteljahrsechr. f. ger.
Med. 1912. 3. F. 2. Suppl.-H. S. 49.)
P. behandelt das Problem: Liefert uns di®
Untersuchung des Blutes aus jeder der beiden
Herzhälften ein Kriterium für die Frage ob eine
gewaltsame Erstickung vorliegt? Er benutzte das
Haldanesche Verfahren, dessen Methodik darin
liegt, daß aus dem durch eine dünnere Ammoniak¬
lösung lackfarbig gemachtem Blut durch gesättigte
Ferrizyankaliumlösung 0* frei wird, und daß die
Menge des entbundenen Sauerstoffs manometrisch
gemessen werden kann.
Aus den Versuchen ging hervor, daß es falsch
war, anzunehmen, daß bei der gewaltsamen Er¬
stickung aller Sauerstoff im Blut verbraucht
wird; es wurde gefunden, daß das Blut des
linken Herzens auch bei der gewaltsamen Er¬
stickung stets eine gewisse Menge Sauerstoff mehr
als das Blut des rechten Ventrikels enthält
Es ist aber nicht angängig, aus dem Sauerstoff¬
befund dee Blutes allein die Diagnose der gewalt¬
samen Erstickung stellen zu wollen.
Nippe (Königsberg).
1433. Die spontane Darmruptur beim Neu¬
geborenen; von K. v. Sury. (Vierteljahrsechr.
f. ger. Med. Bd. 13. S. 91. 1912.)
Bericht eines Falles and Zusammenstellung
der Literatur. Prädilektionsstelle ist der Dick¬
darm. Forensisch haben die Fälle von spontaner
Darmruptur praktische Wichtigkeit, da Verwechse¬
lungen mit böswilliger oder fahrlässiger (Klysma¬
perforationen) Verletzung möglich sind.
Nippe (Königsberg).
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1434. Di» Berechtigung der sozialen Indi¬
kation zur Sterilisation und ihre forensisohe
Bedeutung; von K. v. Sury. (Viorteljahrsschr.
f. ger. Med. Bd. 43. S. 95. 1912.)
v. S. kommt zu folgenden Schlüssen:
Die Sterilisation aus sozialer Indikation ist
vorläufig eine fakultative bei Krankheiten der
Eltern (Tuberkulose, Psychosen) und bei Ver¬
brechern, Trinkern. Die fakultative Sterilisation
von Sträflingen mit heftigen Abstinenzerscheinun¬
gen bei langer Internierung ist gerechtfertigt.
Der Sterilisation aus freier Entschließung der
Parteien stehen rechtlich keine Bedenken gegen¬
über. Die Sterilisation Minderjähriger ist grund¬
sätzlich abzulehnen. Die dauernde Internierung
sexuell gefährdeter oder gefährlicher Individuen
ist durch die fakultative Sterilisation nicht mehr
eo ipso gerechtfertigt. Für die obligatorische
Sterilisation aus sozialer Indikation müßte zuerst
die gesetzliche Grundlage, wie es einzelne nord¬
amerikanische Staaten getan haben, geschaffen
werden. Für die Sterilisation ist die Vasekto¬
mie beim Manne und die Tubenresektion bei dem
Weibe die Operation der Wahl Die Kastration
ist nur bei rückfälligen Sexualverbrechern, Dirnen
und Nymphomanen vorzunehmen.
Nippe (Königsberg).
1435. Fahrlässige Kindestötung und heim-
Hohe Geburt; von Ungar. (Vierteljahrsschr. f.
ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 119. 1912.)
Nach eingehender Besprechung der die Neu¬
geborenen während und nach der Geburt schä¬
digend beeinflussenden Faktoren kommt U. auf
die einschlägigen Paragraphen dee Vorentwurfes
zu einem deutschen Strafgesetzbuch zu sprechen,
ebenso auf die österreichischen Bestimmungen und
schlägt endlich vor, die heimliche Geburt als
solche im zukünftigen Strafgesetz Deutschlands
und Österreichs zu berücksichtigen und unter
Strafe zu stellen. Nippe (Königsberg).
1436. Über Nahschutsertoheinungen, insbe¬
sondere der Browningpistole; von P. Fränkel.
(Vierteljahrsschr. f. ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 154.
1912.)
F. bespricht die Resultate von Schieß versuchen
mit der Browningpistole an menschlicher Haut.
Es wurden keine Verbrennungserecheinungen
beobachtet. Platzwunden der Haut entstehen bis
7, cm Mündungsentfernung, wobei der Unter¬
schied im Verhalten der Einschußöffnungen von
den jeweiligen Befestigungsverhältnissen auf der
Unterlage abhängt Was den knöchernen Schädel
anlangt, so lassen sich außer bei dem aufge¬
setzten Schuß aus Schädelbrüchen Entfernungen
innerhalb der dem eigenen Arme erreichbaren
Abstände nicht bestimmen. Brauchbar da¬
gegen sind die Schwärzungserscheinungen der
Haut, darunter unverbrannte Pulverteilchen. Von
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
502
XVLLI. Militärmedizin. Armeehygiene.
7 cm Abstand an finden sich nur Rauchflocken
um den Einschuß. Neben Pulverteilchen finden
sich vor allem Kohleteilchen, beide zusammen
bilden die auch bei intensivem Reiben nicht ent¬
fernbaren Schwärzungen an Haut und Haaren,
die den sichersten Anhaltepunkt für den Nah¬
schuß überhaupt und für die genauere Entfernung
abgeben. Eine weitere Nahschußerseheinung ist
die kreisförmige Hautvertrocknung um den Ein¬
schuß.
F. bespricht dann noch die Entfernungsfrage
im Breuer-Prozeß. Nippe (Königsberg).
1437. Beitrag zur forensischen Beurteilung
von Kleiderschussverletzungen; von Lochte.
(Vierteljahrsschr. f. ger. Med. Bd. 43. II. 2. S. 170.
1912.)
L. kommt zu folgenden Schlüssen:
Die Form der Naheschußverletzungen an
Kleidern wird vorwiegend beeinflußt durch die
Festigkeit des Gewebes, die Wirkung der Pulver¬
gase und durch die Flammenwirkung. Sind
deutliche Naheschußerscheinungen vorhanden, so
bietet die Unterscheidung, ob es sich um Schwarz¬
pulverschuß oder um einen Schuß mit rauch-
schwachem Pulver handelt, im allgemeinen keine
Schwierigkeiten. Die Form der Fernschüsse an
Kleidern hängt ab: "Von der Textur, der Spannung,
der Unterlage, der Faltenbildung des Gewebes; von
der Durchschlagskraft, dem Auffallswinkel und
der Form des Geschosses (Ricochetschüsse, Quer¬
schläger). Fernschüsse mit Schwarzpulver können
daran erkannt werden, daß das Geschoß gefettet
ist und daß Spuren von Fett an der Durchtritts¬
stelle durch das Gewebe abgestreift werden (durch
Sudan, Osmium färbbar). Nippe (Königsberg).
1438. Die tödlichen Verletzungen duroh Auto¬
mobile; von F. Straßmann. (Vierteljahrsschr.
i ger. Med. Bd. 43. H. 2. S. 76. 1912.)
S. hat den Eindruck, als ob in Berlin im
Gegensatz zu andern Großstädten besonders viel
Unglücksfälle durch Überfahren sich ereigneten
und zieht das namentlich auf den Umstand zu¬
rück, daß die Berliner Straßen sehr überlastet
mit Schienen bahnen sind. Im Jahre 1900 betrafen
19°/ 0 , 1910 17°/ 0 aller gerichtlichen Sektionen
Todesfälle durch Überfahren. Die Sektion soll
dann meist die Frage aufklären, ob der Verun¬
glückte selbst die Schuld an dem Ereignis ge¬
tragen hat. Verhältnismäßig groß ist die Zahl
der verunglückten Kinder. Nach diesen verun¬
glücken am häufigsten durch Überfahren ältere
Personen.
Spezifische Verletzungen hat das Material für
Überfahren durch Automobile nicht ergeben. Die
geringe Hautverletzung beweist kein Überfahren
durch Automobile, besonders schwere Hautver¬
letzungen können jedoch gegen Automobilüber¬
fahren sprechen. Das Dekollement, Abheben der
Haut von der Unterlage, ist allen Überfahrungs-
arten gemeinsam. S. macht noch auf eine glatt-
randige, quere Durchtrennung der Luftröhre' auf¬
merksam , ohne größere Halsmuskel- und Öso-
phaguszerreißungen durch die Pneumatiks.
Nippe (Königsberg).
XVIII, Militärmedizin. Armeehygiene.
Drackfehlerberichtigung: Im Febmarheft 1912, XVII. Militärmedizin, muß es heißen S. 186, Nr. 632:
Pignetsche Formel statt Pirquetsche Formel. Ebenda, 3. Zeile von nnten: berechtigten statt berechneten.
S. 190, Nr. 648, 4. Zeile von unten: Traumen statt Formen.
1. Allgemeines. Statistik. Nr. 1439—1440. — 2. Kleidung und Ausrüstung. Nr. 1441—1444. —
2. Ernährung und Wasserversorgung. Nr. 1445—1454. — 4. Epidemiologie, Prophylaxe und Therapie der
Infektionskrankheiten. Desinfektion. Nr. 1455—1468.
1439. Sanitätsbericht über die Kgl. Preuss.
Armee, die beiden Kgl. Säohsisohen und das
Kgl. Württemb. Armeekorps. Bearbeitet von der
Medizinalabteilung des Preuß. Kriegsministeriums.
Berlin 1912. E. S. Mittler & Sohn. (Geh. 15 Mk. 5 Pf.)
Der Bericht umfaßt den Zeitraum vom 1. Ok¬
tober 1909 bis 30. September 1910. Aus der
außerordentlichen Fülle von Material ist hervor¬
zuheben, daß der Krankenzugang in der Armee
seit 1881 ständig abgenommen hat — damals
899.6 °/ 00 gegen 515.1 °/ 00 bei einer Kopfstärke,
die jetzt 554 917 Mann beträgt Am meisten
abgenommen haben die Erkrankungen der Atmungs¬
organe, etwas weniger die der Emährungsorgane.
Der Unterschied bei den einzelnen Armeekorps
ist recht erheblich. Während z. B. das 18. Armee¬
korps 426.9 ®/ 00 Zugänge aufweist, kamen beim
12. (Königreich Sachsen) 703.1 °/ 00 Erkrankungen
vor. Besonders hoch war in Sachsen auch die
Zahl der venerisch Kranken. Unter den Einzel¬
beobachtungen verdient Erwähnung, daß Pocken
nur einmal zur Behandlung kamen. Bakterio¬
logisch nachgewiesene Diphtherie kam 416mal
in Zugang (darunter 8 Todesfälle), Typhus wurde
222mal festgestellt (28 Todesfälle, entsprechend
einem Durchschnitt der letzten Jahre). Die Zahl
der Tuberkulose-Erkrankungen war etwas höher
als im Vorjahre, 1027 gegen 950. Da sogleich
nach FeststeUung der Diagnose die Entlassung
als dienstunbrauchbar erfolgen muß, ist die Zahl
der Todesfälle verhältnismäßig gering (111). Recht
hoch ist die Zahl der Erkrankungen an akutem
Gelenkrheumatismus, 3259; dabei ist es nicht
uninteressant, daß unter den 315 Fällen, über
die ausführlich berichtet wird, nur 57mal die Ent¬
stehung des Leidens auf eine vorangegangene
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XVIII. Militärmedizin. Armeehygiene.
503
Mandelentzündung bezogen wird. Unter den
2001 Erkrankungen an Lungenentzündung kamen
83 Todesfälle vor. Im Zunehmen begriffen ist
dauernd die Zahl der nervösen Erkrankungen, recht
hoch auch die der Geisteskrankheiten. Venerische
Krankheiten (Tripper 7499, Syphilis 2828) ent¬
fallen zu 20.8 °/ 00 auf die Kopfstärke. Trotz
dieser hohen Zahl steht die deutsche Armee noch
■wesentlich besser als die Armeen anderer Na¬
tionen, so betrug 1909 in Frankreich die Zahl
der Geschlechtskranken 26.4, in Österreich-Un¬
garn 54,7 und in der Inlands-Armee Englands
Bogar 65,0 °/ 00 . Unter den 2634 größeren Ope¬
rationen werden 214 Aufmeißelungen des Warzen¬
fortsatzes und 486 Bruchoperationen beschrieben.
Entsprechend der modernen Anschauung, daß die
Appendizitis eine chirurgische Krankheit darstellt,
ist die Behandlung der Erkrankung des Wurm¬
fortsatzes. Von 1440 Erkrankungen gelangten
1047 zur Operation, und zVar, wenn es irgend
angängig war, in den ersten 48 Stunden als Früh¬
operation. Als Ursache der Krankheit werden
neben Erkältung Diätfehler, Verletzungen und
indirekte Gewalteinwirkung genannt. Die Zahl
der Todesfälle bei den operierten Fällen ist an¬
dauernd geringer geworden; während sie noch im
Vorjahre 7.3 % betrug, sind in dem Berichtsjahre
nur 40 Kranke, d. h. 3.8 % gestorben. Von
1003 geheilten Operierten wurden 893 = 89.0%
wieder dienstfähig. Auffallend hoch ist die Zahl
der Selbstmorde in der Armee, nämlich 224,
während die der Todesfälle infolge von Krank¬
heit in den letzten Jahren dauernd abgenommen
hat (1881 4.1, 1909 1.7 % 0 der Kopfstärke).
Als felddienstunfähig mit Versorgung schieden
915, als gamisondien8tunfähig mit Versorgung
2344 Mann aus. Hammer Schmidt (Danzig).
1440. Vorträg« aus dem Gebiete der Militär¬
medizin; von Graf. Jena 1912. Gustav Fischer.
67 S. (2 Mk.)
Die 4 im Jahre 1611 an der Düsseldorfer Aka¬
demie gehaltenen Vorträge behandeln in treff¬
licher abgerundeter Form übersichtlich und kri¬
tisch moderne Fragen von allgemeinem Interesse.
Die „Fortschritte der Wundbehandlung im
Felde" enthalten nach einem geschichtlichen
Rückblick den gegenwärtigen Stand der Wund¬
versorgung im allgemeinen und das Charakte¬
ristische in der Behandlung der wichtigsten
Einzelverlötzungen. Mit Recht wird einem ein¬
heitlichen einfachen und bis zu gewissem Grade
schematischen Verfahren das Wort geredet, wer¬
den die frühzeitige aseptische Okklusion und
Immobilisation betont und die Methoden hierfür
angegeben. Daran reiht sich das spezielle Ver¬
fahren bei Gelenkschüssen, Gefäßwunden, Lun-
geaschüssen, Bauchverletzungen und Schädel¬
schüssen.
Im zweiten Vortrage — „Militärdienstaugüch-
keit und Unfall" — werden die bei der modernen
Gesetzgebung besonders wichtigen Einflüsse von
Trauma und dessen Folgen auf die Dienstfähigkeit
behandelt und die Frage der oft zweifelhaften
Dienstbeschädigung und der Rentenberechtigung
erörtert So werden für die Beurteilung der größe¬
ren Narben, der Sehnenverletzungen (Trommler¬
lähmung), Muskelverknöcherungen (Exerzier¬
knochen), Periostitiden, Frakturen, Hernien, post-
traumatischer maligner Geschwülste und Tuber¬
kulose bestimmte und klare Direktiven gegeben.
In der Frage der „Ernährung der Soldaten im
Frieden und Kriege“ werden zunächst die grund¬
sätzlichen hygienischen Forderungen festgelegt
und die derzeitigen Arten und Technik der Ver¬
pflegung besprochen. Für die Verpflegung im
Kriege ist durch Einführung der Feldküchen und
fahrbaren Trinkwasserbereiter ein sehr wesent¬
licher Fortschritt erzielt worden. Die Versorgung
mit den wichtigsten Nahrungsmitteln, Fleisch,
Milch, Butter (Margarine), Brot, Reis, Hülsen¬
früchten und Kartoffeln und den wesentlichsten
Genußmitteln wird nach charakteristischen Ge¬
sichtspunkten erläutert. (Hier durften die Erfah¬
rungen des letzten Jahrzehnts über wiederholte
Fleischvergiftungen in der Armee und deren Ent¬
stehung vielleicht mehr gewürdigt werden. Daß
die Kartoffeln infolge ihres Solaningehaltes Ur¬
sache von Massenvergiftungen geworden seien, ist
nicht mehr haltbar. Der Alkohol hätte eine noch
strengere Verurteilung verdient Die verheeren¬
den Wirkungen des „chenaps“ unter der großen
Armee in Rußland 1812, von welchen Larrey
berichtet (Methylalkoholvergiftungen?), geben zu
denken. Ref.)
Das Kapitel „Volksgesundheit und Wehrkraft “
beleuchtet die Schwierigkeit der Deutung der
Statistik, aus welcher verschiedene Interessenten
ganz verschiedene Ergebnisse ableiten. Das Sin¬
ken der Geburtsziffer, die hohe Säuglingssterblich¬
keit, die relative Sterblichkeitsabnahme stehen
fest, ebenso die höhere prozentuale Tauglich¬
keit der Landbevölkerung gegenüber der Stadt¬
bevölkerung, der Nachkommen wirtschaftlich
selbständiger Eltern gegenüber unselbständigen
Berufen. Andererseits hat das rasche Wachstum
der großen Städte und die Erleichterung des wirt¬
schaftlichen Fortkommens in den Industrie¬
bezirken wesentüch zur absoluten Vermehrung
der Tauglichen beigetragen. Die Morbidität und
Mortalität in der Armee hat dauernd ab¬
genommen, teils durch strengere Auslese, teils
durch hygienische Erfolge. Eine Abnahme der
Wehrfähigkeit des deutschen Volkes ist somit im
ganzen nicht eingetreten, ihre Erhaltung aber be¬
darf eingehend der Beachtung und Fürsorge.
Videant consules! Widenmann (Danzig).
1441. Über Versuche mit dem „Fusssohoner“
beim I. Bat. 3. G.-Rgts. zu Fuas; von Bischoff.
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504
XVI TI . Militärmedizin. Armeehygiene.
(D. militärärztl. Zeitschr. Bd. 41. H. 15. S. 561.
1912.)
Der Fußschoner dient zum Festhalten des
Fußes im Stiefel und zum Zusammenhalten des
Fußgelenkes und der Fußwurzel. In der neuesten
Ausführung des Erfinders, M. Hinckel-Chemnitz,
besteht er aus zwei Metallbandbügeln aus ge¬
bläutem Uhrfederstahl mit abgerundeten Rändern,
von denen der eine horizontal etwas über dem
Absatz des Stiefels, der andere vertikal um die
Sohle dicht am Absatz zu liegen kommt. An der
Innen- und Außenseite der Fußwurzel, wo die
Bügel Zusammenstößen, sind sie mittels Niet an
drehbaren kleinen Scheiben befestigt, von welchen
durch einen Schlitz ein Riemen über den Spann
des Fußes läuft und an der Außenseite durch
eine Schnalle befestigt wird. Der Fußschoner,
welcher wiederholt schon als wertvolles Hilfs¬
mittel für größere Marschleistungen erprobt ist
und in verwandter Form („Marschriemen“ in
8er-Form ums Fußgelenk) auch bei französischen
Truppenteilen nützlich befunden worden ist, hat
sich auch nach B. bei Versuchen während des Ma¬
növers sehr gut bewährt. Er unterstützt den Fuß
wirksam, erleichtert das Marschieren besonders in
tiefgründigem Boden, vermindert die Ermüdung,
macht pathologische Füße viel leistungsfähiger
und befestigt den Fuß im Stiefel so sicher, daß
Wundlaufen nicht auftritt. Bereits eingetretene
Fußschäden heilen unter Anwendung des Fu߬
schoners unter einfachster Behandlung ohne Not¬
wendigkeit der Enthebung vom Dienst.
W i d e n m a n n (Danzig).
1442. A propos de la oeinture de flanelle;
par Arnould. (Arch. de Med. et de Pharm,
mil. Bd. 60. Nr. 10. 1912.)
Das französische Kriegsministerium hatte eine
Umfrage veranstaltet, ob die Leibbinde allgemein
getragen werde oder nur auf ärztliche Anordnung
und ob das dauernde Tragen vom ärztlichen
Standpunkt aus zu empfehlen sei. Die Antworten
waren sehr verschieden ausgefallen; bei einigen
Truppenteilen war das Tragen obligatorisch, eine
Reihe von Sanitätsoffizieren sprach sich dahin
aus, man soll die Leibbinde von den Soldaten
nicht obligatorisch tragen lassen, um die Emp¬
findlichkeit der Haut möglichst zu vermeiden
und Abhärtung zu erzielen. Man kann sie den
an wollene Unterwäsche gewöhnten Rekruten
anfangs belassen, im übrigen aber soll sie nur
bei besonderen Anlässen (Biwak, Epidemiezeiten
usw.) und als erstes therapeutisches Mittel bei
diarrhöes a frigore getragen werden.
Hammerschmidt (Danzig).
1443. Water-bottles and mess tins; by
Walker. (Journ. of the royal army med. corps
Bd. 19. Nr. 4. S. 419. 1912.)
Vergleichende Studie über die Feldflaschen
und Kochgeschirre der größeren Armeeen. Die
und Kochgeschirre der größeren Armeen. Dis
Feldflasche der großbritannischen Armee besteht
aus außen und innen emailliertem Eisen mit Filz
bezogen, faßt 1170 ccm und wiegt mit Riemen
660 g. Seit 2 Jahren werden Versuche mit Alu¬
miniumflaschen gemacht. Außer in der deutschen
Armee sind jetzt auch in der österreichischen,
russischen, norwegischen, nordamerikanischen
und japanischen Armee Aluminiumfeldflaschen im
Gebrauche; die deutsche faßt 800 ccm und wiegt
280 g. Die österreichische und japanische
Flasche, welche keine Umhüllung haben — die
österreichische wird im Brotbeutel getragen —
oder die amerikanische im Canvasüberzug ermög¬
lichen das Abkochen von Wasser bzw. Ausge¬
kochtwerden. Mit Ausnahme von Österreich,
Italien, Norwegen, Großbritannien gebrauchen
jetzt alle größeren Armeen auch Aluminiumkoch¬
geschirre, in England werden zurzeit solche er¬
probt. Frankreich hat 1888 seine Kameradschafts¬
kochgeschirre abgeschafft und durch Einzelteil-
geschirre aus Aluminium von 3 Liter Inhalt er¬
setzt („marmite individuelle“). In Norwegen und
Österreich trägt noch jeder zweite Mann ein Koch¬
geschirr für zwei Leute. Allgemein wird das Koch¬
geschirr auf dem Tornister oder Mantel befestigt
getragen, nur in der großbritannischen Armee
bildet es einen Teil der Marschausrüstung, welche
beim Gefecht zurückgelassen wird, was W. be¬
anstandet. Das leichteste Aluminium findet sich
im Gebrauche bei der norwegischen Armee für
die Feldflasche, welche 100 ccm Wasser in 19 g
Aluminium befördert (Deutschland 21,8 g, Japan
26,6 g). Bei Einführung dieser Alumimumsorte
würde die großbritannische Feldflasche von
1170 ccm Inhalt um 203 g, das Kochgeschirr von
1330 ccm Inhalt und 528 g Gewicht um 341 g
leichter werden. Widenmann (Danzig).
1444. A design for a water bottle; by Dew-
berry and Clarke. (Joum. of the royal army
med. corps 1912. Bd. 19. Nr. 5. S. 587.)
Vorschlag für Konstruktion einer Feldflasche
aus Aluminium, welche zur Erleichterung der
Reinigung aus auseinandernehmbaren Teilen be¬
steht: Körper, Boden, Deckel, Stopfen, Überfall¬
klappen, Filzüberzug und Riemen. Der Deckel
mit dem aufgeschweißten Flaschenhals kann bei
der Aufbewahrung auch nach innen gestülpt
werden. Der Stopfen (zum Einschrauben) trägt
eine nach innen hängende Kette mit einer per¬
forierten Platte, welche sich beim Heraushängen
des Stopfens an der Verengung des Halses anlegt.
In der Flasche kann auch Tee, Kaffee usv.
unmittelbar über dem Feuer bereitet werden. Der
Schulterriemen läuft rund um die flachgebaute.
nach unten verjüngte Flasche auf deren abgerun¬
deten Kante und trägt einen gleitenden Qu®'
riemen unmittelbar über dem Verschluß der
Flasche. Leergewicht der Flasche 145 g, des Be-
Go gle
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UNIVERSITY OF MIC
XV111. Militärmedizin. Armeehygiene.
505
zages und der Riemen 85 g; Inhalt 1 pint
(0,57 Later). Widenmann (Danzig).
1445. Lea viandes frigoriflöes. Lewr emploi
pour l’alimenicUion du soldcd; par Yiry. (Ann.
d’Hyg. Bd. 18. S. 193. 1912.)
Y. bedauert, daß die vielfachen Vorteile der
Verwendung gekühlten und gefrorenen Fleisches
für die französische Armee noch nicht nutzbar
gemacht worden seien. Bisher standen ihr im
Wege das nur geringe Angebot von gekühltem
Fleisch, die bestehenden Vorschriften, welche für
die Armee nur frisches Fleisch vorsehen, das
Vorurteil des Publikums gegen alles, was Kon¬
serve heißt, der Widerstand der Händler in den
kleinen Garnisonen und der Mangel an Kühl¬
einrichtungen in den großen Produktionszentren.
Der Umstand, daß sich das gekühlte Fleisch
3 Wochen, das gefrorene Fleisch 6 Monate hält,
macht es besonders geeignet zur Versorgung der
Armee .im Frieden und noch mehr im Felde, be¬
sonders zur Verproviantierung von Festungen.
Seine Verwendung gestattet das Schlachten zu
unabhängiger Zeit, entfernt von der Trappe, eine
sorgfältige Auswahl der Tiere und die Aus¬
nutzung technischer Hilfsmittel. Es macht die
Truppen im Felde von dem Nachführen großer
Viehherden mit ihrem Aufwand an Raum, Zeit
und Menschen, den Fütterungsschwierigkeiten,
Viehseuchen, Notschlachtungen, verderblichen Ab¬
fällen beim Schlachten, deren Beseitigung usw.
unabhängig und gewährt weit mehr eine sichere
Versorgung der Truppen mit Fleisch. V. be¬
rechnet u. a als Beispiel der Transporterleichte¬
rung: Zur Lieferung von 100000 Portionen
Fleisch würde eine Kolonne von 222 Ochsen oder
333 Kühen oder 2200 Hammeln notwendig sein.
Während mau die Hindernisse schwer schätzen
kann, welche auf den Straßen durch den Marsch
dieser Tiere entstehen, läßt sich berechnen, wie¬
viel Raum der Transport gekühlten Schlacht¬
fleisches dieser Tiere einnehmen würde. Bei
einem Bedarf von 66 einspännigen oder 40 zwei-
spännigen Gepäckwagen würde die Länge des
Zuges auf einer Seite der Straßen 462 bzw. 320 m
betragen. Dieselbe Fleischmenge, bestehend in
lebendem Vieh, würde beim Eisenbahntransport
für Ochsen 28, für Kühe 33 und für Hammel
44 Waggons beanspruchen, für gefrorenes Fleisch
derselben Menge würden 3—4 Waggons genügen.
Widenmann (Danzig).
1446. L» lait en poudre dana les formations
•anitaires du Marooo; par Pell er in. (Arch. de
M6d. et de Pharm, mil. 1912. Nr. 9. S. 274.)
Die Fabrikation von Milch in Pulverform ist
so aussichtsreich, daß es bereits eine ganze In¬
dustrie gibt, welche sich mit der Herstellung der¬
selben beschäftigt. Die Milch in Pulverform der
französischen Heeresverwaltung ist durch sehr
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
schnelle Verdunstung des Milchwassers gewonnen
und bietet neben anderen Vorteilen auch den der
absoluten Keimfreiheit. Die Zusammensetzung
des Pulvers ist nicht immer dieselbe und schwankt
nach dem Fettgehalt der Milch, aus der das
Pulver hergestellt wird. Zur Bereitung des
schmackhaften Getränks löst man 100—110 g in
warmem, aber nicht kochendem Wasser auf, in¬
dem man das Pulver allmählich hinein schüttet
und dadurch eine homogene weiße Masse erzielt
Das Pulver findet bei den mobilen Sanitäts-
formadosen auch in Gestalt von Tabletten Ver¬
wendung, deren jede etwa 30 g wiegt und zur
Herstellung von 4 Litern Milch aasreicht
Hammerschmidt (Danzig).
1447. Etwa« über Verpflegung. (Militär-
Wochenbl. 1912. Nr. 132. S. 3032.)
Der ungenannte Verf. empfiehlt in Fällen, in
welchen die Verpflegungszufuhr unterbleibe, die
Ausgabe von Hygiama-Tabletten an die Truppe
zum ausnahmsweism und vorübergehenden Ersatz
der normalen Verpflegung. Nach einem Versuche
bei einem bayerischen Infanterie-Regiment sollen
6 Tabletten zur Ernährung eines Mannes (2 stünd¬
lich 1 Tablette) genügen und bei großen An¬
strengungen, Märschen usw. den Soldaten beson¬
ders leistungsfähig und frisch erhalten. Das leichte
Gewicht, praktische Verpackung in Pergament¬
papier, die Stillung des Hungergefühls und der
relativ billige Preis (2,32 Pf. pro Tablette) werden
gerühmt und Versuche in größerem Umfange
empfohlen. Widenmann (Danzig).
1448. lat Hygiama zur Soldatenverpflegung
zu empfehlen? von Ott. (Militär-Wochenbl.
1912. Nr. 155. S. 3582.)
Entgegnung auf vorstehenden Artikel. Jedes
„gekünstelte“ Nährpräparat sei für gesunde
Menschen zu verwerfen. 100 g Zucker liefern
410, 100 g Schokolade 500, 100 g Hygiama 428,
1 Knackwurst (60 g für 10 Pf.) 172 Kalorieeo.
Für 10 Pf. Hygiama (11 g) erhält man nur 47,5 Ka-
lorieen. Den Vorteilen des Zuckers gegenüber sei
Hygiama viel zu teuer. (Die vorwiegende Be¬
tonung des Kalorieengehaltes verkennt die son¬
stigen Vorzüge der Hygiama. Ref.)
Widenmann (Danzig).
1449. The simple life ; by Wethereil.
(Joura. of the royal army med, corps Bd. 19.
Nr. 4. S. 465. 1912.)
Verurteilung der in den englischen Offiziers¬
messen, besonders in den Kolonien, üblichen über¬
mäßigen Nahrungsaufnahme, vorwiegend der
überreichen Abendmahlzeiten mit dem kreisenden
Portwein (sehr zutreffend! Ref.) und Aufruf zur
Rückkehr von diesem „terrible anachronisme“
zum einfachen Leben als Beispiel für die künftige
Generation. Widenmann (Danzig).
64
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506
XVIII. Militärmedizin. Armeehygiene.
1450. Zur Frage der Trinkwasserversorgung
der Truppe im Felde; von Friedmann. (Mili¬
tärarzt Bd. 46. Nr. 9. 11 u. 12. 1912.)
Nach einer ausführlichen Schilderung der ver¬
schiedenen Arten des Trinkwassers überhaupt und
der Herkunft des letzteren bespricht F. im zweiten
Teile Beiner Arbeit die Methoden, ein verdäch¬
tiges, bezw. verunreinigtes Wasser im hygienischen
Sinne genußfähig zu machen. Der Versuch, durch
Zusatz chemischer Mittel das Wasser trinkbar zu
machen, hat trotz aller angewandten Mühe bisher
zu keinem zuverlässigen und einwandfreien Mittel
geführt. Wesentlich bessere Ergebnisse hat die Ste¬
rilisierung durch Ozon oder ultraviolette Strahlen
gezeitigt, die für den Großbetrieb allen Anforde¬
rungen entspricht; für den Feldbetrieb sind in¬
dessen noch keine kriegsbrauchbaren Apparate
hergestellt worden — wenigstens sind der Ozon¬
wassersterilisierungsapparat von Siemens dk Halske
und der fahrbare Apparat zur Sterilisation mit
ultravioletten Strahlen von Deelemann noch zu
wenig erprobt, um ein abschließendes Urteil zu
fällen. Auch die Filtrierapparate haben ihre großen
Mängel, so daß Bie für größere Truppenverbände
kaum in Betracht kommen. Das zuverlässigste
Verfahren ist die Siedehitze, die alle Keime tötet,
allein es dauert sehr lange, bis das Wasser ge¬
kocht und wieder abgekühlt ist, und außerdem
haben die zur Herstellung von keimfreiem Wasser
konstruierten Apparate den Nachteil, daß das Steril¬
wasser wärmer ist als das Rohwasser — bis zu
5° C. Die Firma Rudolf A. Hartmann, früher
Rietschel dk Henneberg, hat sich bemüht, diese
Mängel zu beseitigen und einen fahrbaren Trink¬
wasserbereiter hergestellt, dessen neuestes Modell
(1909) F. während des Manövers 1911 erprobte.
In diesem Apparat wird das Wasser bei 0.5 Atmo¬
sphären auf 100° C. erhitzt und bleibt wenigstens
eine Minute bei dieser Temperatur. Durch zweck-
mäßgie Anordnung von Wasserröhren nach dem
Prinzip des Gegenstromes bewirkt das zugeführte
kühle Rohwasser ein schnelles Abkühlen des ge¬
kochten, welch letzteres auf dem Rückwege das
kalte Rohwasser vorwärmt Das Wasser, das aus
dem Apparat heraustritt, ist schließlich nur 2°
wärmer als das Rohwasser; durch eine sinnreiche
Lüftung (Sprühregendusche) nimmt es die beim
Kochen verlorengegangene Luft wieder auf und
ist in jeder Beziehung zum Trinken geeignet.
Das Hineinpumpen des Roh wassere in den Apparat,
das Anheizen und Kochen des Wassers dauert biB
zu einer Stunde, die Menge des in einer Stunde
gelieferten Sterilwassers wechselte zwischen 460
und 540 Litern. Der fahrbare Trinkwasserbereiter
wird von 2 Pferden gezogen, wiegt 1350 kg, zu
Beiner Bedienung ist ein Fachmann, Monteur oder
Maschinenschlosser, notwendig. Für kleinere Trup¬
penteile hat die Firma einen tragbaren Trink-
wasserbereiter hergestellt, der 45 kg wiegt, in
2 Paketen von je 22.5 kg von 2 Mann getragen
werden kann und 100 Liter Sterilwasser in dez
Stunde liefert Die Bedienung des Apparates, die
sehr einfach ist, kann durch nicht fachmännisch
geschultes Personal erfolgen, doch erfordert er auf¬
merksame Behandlung, wenn das Wasser steril
bleiben soll. Hammerschmidt (Danzig).
1451. Au Sujet de l’äpurateur-sterilisateur
de Campagne Garret-Balambois; par Garret.
Mit Abbüd. (Caducöe Bd. 12. Nr. 22. S. 301.
1912.)
In Anlehnung an die fahrbare Feldküche des
Artilleriehauptmanns B&lambois hat G. einen
Wasserkocher konstruieren lassen und denselben
auf einem einspännigen zweiräderigen Karren
mit einem schon früher von ihm vorgeschlagenen
Wasserreiniger verbunden. In letzterem, einer
Metalltonne mit zu- und abführendem Schlauch,
wird das Wasser nach V a i 11 a r d mit Kal.
permangan. 0,02—0,04:1000 Wasser während
30—40 Minuten versetzt und vorher und nachher
grob filtriert Der hinter der Tonne befindliche
Wasserkocher besteht aus einem großen Papin-
schen Topfe, welcher mit Holz, Kohle, Koks,
Dung oder Müll — nach Bedarf unterwegs — ge¬
heizt wird und überdies mit dem Wasserreinigcr
verbunden werden kann, so daß dessen Tonne
zugleich als Vorratskessel für sterilisiertes Wasser
dient Im Dampfe über dem Kocher können auch
Instrumente und Verbandstoffe sterilisiert werden
und durch Spannung läßt sich das Wasser auf
183® erhitzen. Der Wasserreiniger, welcher sich
nach Bedarf vom Wagen abnehmen läßt kann
500 Liter in der Stunde liefern. Der Kriegsminister
hat die Erprobung des Apparates in Marokko an¬
geordnet. Widenmann (Danzig).
1452. Rapport exoeptionel du bureau d T hy-
gi&ne militaire sur le aervioe des eaux de
la garnison de Limoges, a l’oooasion d’une
oontamination aooidentelle de la oanalisation
d’amenäe. (Arch. de M6d. et de Pharm. miL
Bd. 60. Nr. 10. 1912.)
Schilderung der hygienisch sehr wenig ein¬
wandsfreien Verhältnisse der Garnison Limoges,
in der nach jahrelanger Pause plötzlich 15 Typhus¬
fälle im Herbst 1911 auftraten. Die Untersuchung
des Trinkwassers ergab eine Zunahme der Koli¬
keime von 10—100 im Liter auf 400—700 in
der Mitte November und auf 2000 am 22, No¬
vember 1911. Der Zufluß von verunreinigtem
Wasser zum Trinkwasser wurde beseitigt und die
Epidemie hörte auf. Den Schluß des Aufsatzes
bilden Vorschläge zur Verbesserung des aus Flu߬
läufen entnommenen Trinkwassers und Regulie¬
rung der in Betracht kommenden Gewässer.
Hammerschmidt (Danzig).
1453. How may we determine the potability
of water in temporary oampt, marohes and
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X VUl. Milit&rmedizin. Armeehygiene.
507
maneuvers? byMc Caughey. (Milit Surgeon
Bd. 31. Nr. 6. S. 652. 1912.)
Anleitung zum Schnellverfahren der chemisch¬
physikalischen Wasserunterauchung nach Th res h
(„a simple method of water analysis“ 1912) und
Fromont (Arch. de Möd. et de Pharm, mil. Oct
1911) mit Reagentien in Tablettenform ( Borrough,
Welcome u. Co.) bzw. in Glasampullen. Emp¬
fehlung der in 2 Stunden ausreichende und sichere
Ergebnisse liefernden Methode.
Widenmann (Danzig).
1454. A diviaion fleld laboratory, its poeai-
bilities aa illustrated by experienoea with tha
maneuver diviaion; by Foster. (Milit Surgeon
Bd. 31. Nr. 4. S. 409. 1912.)
Im Anschlüsse an die Mobilisation der nord¬
amerikanischen Truppen in Texas im März 1911
stellte F. auf Anordnung der leitenden Medizinal¬
behörde ein bakteriologisches Laboratorium für
Feldzwecke zusammen, welches sich bei der
Manöverdivision in 4monatigem Gebrauch gut
bewährt und 1040 Untersuchungen ausgeführt
hat. Es ist in 3 großen und 5 kleineren Kisten
transportabel. Die ganze Ausrüstung wog 550
(engl.) Pfund und wurde in einem Eskort-Wagen
eines Feldlazaretts transportiert Die Aufstellung
in einem Zelte geschah innerhalb 3 Stunden nach
Ankunft des Wagens im Lager.
Widenmann (Danzig).
1455. Prevention of malaria at Hyderabad,
Sind; by Herrick. (Joum. of the royal army
corps Bd. 19. Nr. 5. S. 551.)
Beschreibung der in Hyderabad vorgenomme¬
nen Präventivmaßnahmen zur Bekämpfung der
Malaria. Die Erfolge sind noch wenig bemer¬
kenswert. Widenmann (Danzig).
1456. Epidömie de paludiame de Berkane
(Alger.-Marokkan Grenzgebiet) et la oolonisation
en 1911; par Chatiniöres. (Caducöe Bd. 12.
Nr. 14. S. 191. 1912.)
Statistik. Chinintherapie. Hygienische Ma߬
nahmen. Die Chininprophylaxe boII bei schweren
Epidemieen versagen, indem sie die Wirksamkeit
des Chinins im Moment des Bedarfs bei unver¬
meidlichen Anfällen beeinträchtige.
Widenmann (Danzig).
1457. La mäningite odrdbrospinale dans Io
gouvernement militaire de Paria 1909—1911;
par Pony. (Arch. de M6d. et de Pharm, mil.
Bd. 60. Nr. 8. 1912.)
In der Garnison Paris, etwa 40 000 Mann,
sind in den 3 Jahren 61 Fälle bakteriologisch
sichergestellter Fälle von Genickstarre vorge¬
kommen. Die Mortalität betrug 16 °/ 0 , 36 Fälle
waren isoliert, 25 in kleinen Gruppen bis zu
4 Fällen aufgetreten. Die Untersuchungen über
den Infektionsmodus und den Zusammenhang der
Fälle haben zu keinen bestimmten Schlüssen ge¬
führt. Widenmann (Danzig).
1458. Preliminary note on immunization
against B. paratyphosus A.; by Cummins and
C u m m i n g. (Journ. of the royal army med. corps
Bd. 19. Nr. 4. S. 389. 1912.)
Von dem Bestreben ausgehend, durch eine
bivalente Inokulation zugleich einen Schutz gegen
Typhus und Paratyphus zu erzielen, haben die
Verf. eine Reihe von Versuchen mit der Injektion
einer Mischung von abgetöteten Typhus- und
Paratyphus A-Kulturen an Kaninchen gemacht.
Allgemein zeigte sich die Schwierigkeit mit Para¬
typhusinjektionen ein Serum von höherem Agglu¬
tinationswert zu erhalten. Bei gleichhoch ge¬
wählten Dosen von B. typhosus und B. para-
typhosus ergeben sich stets viel niedrigere Agglu-
tinationswerte für Paratyphus. Auf die Injektion
steigender Dosen gemischter Vakzine von
100—200 Millionen Keime erfolgte eine Agglutina¬
tion für Typhus bis zur Höhe von ‘/iooo. für Para¬
typhus bis 1 j t so- Beim Gebrauch einer Misch¬
vakzine war die Agglutination für Typhus immer
beträchtlich höher, als bei der Inokulation von
Typhusvakzine allein in derselben Dosis. Da¬
gegen blieb beim Gebrauch der Mischvakzine der
Effekt der Agglutininbildung für Paratyphus
unter dem Wert der Agglutinine bei der Inokula¬
tion gegen Paratyphus allein in gleichen Dosen.
Ebenso ergab sich bei der Prüfung auf thermo¬
stabile Opsonine, daß auf die Inokulation von
Typhuskulturen mit Regelmäßigkeit sich mehr
Opsonine bilden als auf die Inokulation von Para¬
typhus. Widenmann (Danzig).
1459. Typhus fever; by Birt. (Joum. of
the royal army med. corps Bd. 19. Nr. 5. S. 521.
1912.)
Ausgehend von N i c o 11 e s ’ Untersuchungen,
nach welchen die Übertragung des Typhus durch
pediculi vestimenti stattfindet, sucht B. ältere
Beobachtungen über die Kontagiosität dieser
Krankheit damit in Einklang zu bringen.
Widenmann (Danzig).
1460. Die Entgiftung der Sohlaohtfelder;
von Blau. (Militär-Wochenbl. 1912. Nr. 107.
S. 2108.)
Ein ansprechender Aufsatz, welcher am zahl¬
reichen Beispielen aus der Kriegsgeschichte die
große Bedeutung der hygienischen Aufräumung
der Schlachtfelder schildert und die hauptsächlisten
praktisch erprobten Arten der Beseitigung der
Abfallsprodukte und der Körper der Gefallenen
und Tierkadaver bespricht Für die Beseitigung
der Abfälle von Feldschlächtereien und Küchen,
der Tierkadaver und Exkremente ist die Ver¬
brennung jeder anderen Art vorznziehen und
durch Improvisationen von Öfen für das ver-
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508
XV111. Milit&rmedizin. Armeehygiene.
brennungsfähig hergestellte Material bzw. durch Be¬
nutzung besonderer mitzuführender Verbrennungs¬
öfen zu fördern. Auch für die Unschädlich¬
machung der menschlichen Leichen empfiehlt
sich die Verbrennung mehr als die Bestattung,
wenngleich diese bei geringerem Andrang und
Vorhandensein von Zeit und Hilfskräften auch
hygienisch wohl zulässig ist Bei Massenbedarf
aber reicht sie erfahrungsgemäß nicht aus, führt
bei oberflächlicher Ausführung zur Notwendigkeit
späterer „Korrekturbestattungen“ oder zu schweren
Mißständen. Deshalb verdient die von den Japanern
geübte „Feuerbehandlung im Grabe“ auch für
uns als das zweckdienlichste Verfahren empfohlen
zu werden, welche hygienisch wirtschaftlich ist
und die Pietät nicht verletzt Die Leichen (bis
zu 50 in einer Grube) werden mit Zuhilfenahme
von Stroh, Reisig, Holz und Petroleum in 1—2 m
tiefen Gruben verbrannt und die Reste, mit Kohle,
Asche, Kalk oder Schlacken bedeckt, unter auf¬
gehäufter Erde begraben.
Widenmann (Danzig).
1461. Disposal of garbage in barracka; by
Jones. (Milit.SurgeonBd.31. Nr.4.S.451.1912.)
Die Verbrennung des Küchenkehrichts läßt sich
unschwer durchführen, wenn sich die flüssigen
Bestandteile abtrennen lassen. Nach J. hat sich fol¬
gende Methode bewährt. Er ließ sich Drahtkörbe
hersteUen, 2:2 x / 8 Fuß breit und lang, auf kurzen
Drahtfüßen, in welchen man die Küchenabfälle
über einem Gully mit Seiher abtropfen läßt Der
Rückstand wird in dem Ofen der Heißwasser-
heizuugsanlage verfeuert 2 Stunden nach Vollen¬
dung der Mahlzeiten waren alle Küchenreste ver¬
brannt Damit wird die unreinliche Abfuhr und
die Gefahr der Verschleppung durch Hunde und
Fliegen beseitigt. Widenmann (Danzig).
1462. Verniohtung der Wanzen in militärischen
Gebäuden mittels Salforkose; von Bischoff.
(D. militärärztl. Zeitschr. 1912. Nr. 18. S. 681.)
Der unvollkommene Erfolg der bisherigen müh¬
samen Wanzenvertilgung und die nicht von der
Hand zu weisende Bedeutung der Wanzen als
mögliche Krankheitsüberträger machten ein ein¬
heitliches nicht zu umständliches Verfahren mit
gasförmigem Mittel wünschenswert B. erprobte
das von dem Apotheker Kayser in Magdeburg
hergestellte Präparat Salforkose, welches zu 9 /io
aus Schwefelkohlenstoff besteht und daneben For¬
malin enthält. Es boII noch zwei andere Stoffe
enthalten, von denen der eine die Explosibilität
des Schwefelkohlenstoffs herabsetzt Die Flüssig¬
keit wird in einem eisernen Behälter mit einem
Fidibus angezündet. Zuvor muß der Raum sorg¬
fältig durch Überkleben der Fugen abgedichtet
sein. Auf 100 cbm Raum sind 2500 g Salforkose
erforderlich. Die Vergasung dauert V, Stunde,
der Raum bleibt 6 Stunden geschlossen und muß
dann 1 / t Stunde gelüftet werden. Wegen der
heftigen Reizung der Atmungsorgane muß dies
durch rasches Fensteraufreissen geschehen. Das
Verfahren hat sich bei zahlreichen Versuchen B.s
vollkommen bewährt Die Tiere werden durch
das Gas aus ihren Verstecken heraus getrieben
und waren stets tot B. hält es zur sicheren und
sachgemäßen Durchführung für notwendig, bei
jedem Truppenteil die Kaserneninspektoren und
mehrere Unteroffiziere und Sanitätsunteroffmere
damit zu betrauen. 1 kg Salforkose kostet 1 Ml.
50 Pf.; der dazugehörige Apparat 40 Mk.
Widenmann (Danzig).
1463. A propo«, des oraohoiri oolleotifs.
Le marc de caß comme exdpient; p&r fiomary.
(Caducöe Bd. 12. Nr. 13. S. 173. 1912.)
Die in der französischen Armee eingeführten
Spucknäpfe sind von Holz und mit Zink aus¬
geschlagen, entbehren der Festigkeit und sind
nicht geeignet zur Aufnahme von an Aseptischen
Flüssigkeiten. Sie werden daher gewöhnMmit
einem pulverförmigen Rezipienten — Sand, Kohle,
Koks, Sägemehl, Asche — gefüllt Hierfür emp¬
fiehlt R. Kaffeesatz, dessen desodorierende Wir¬
kung bekannt ist, der die Fliegen abhält und über¬
dies leicht verbrennbar ist. Er ist in den Ka
seinen in genügender Menge ohne Kosten erhält¬
lich. 5 Tage frei an der Luft getrocknet kann er
sein Eigengewicht an Wasser auf nehmen. Bei
seiner Feinkörnigkeit kann er auch ohne Gefahr
der Verstopfung der Kanäle in die Ausgüsse ge¬
schüttet werden. Widenmann (Danzig).
1464. Ventilateur & lame mobile ; par Bonnet te.
(Arch. de M6d. et de Pharm. miL Bd. 60. Nr. S.
1912.)
Beweglicher Fensterflügel, welcher sich am
oberen Ende dreht, durch einen Stellhebel mit
Schnur bedient wird und beim Nachlassen der
Schnur durch sein Eigengewicht sich wieder zu¬
legt. Leicht herzuatellen und billig.
Widenmann (Danzig).
1465. Die Geaohleohtakrankheiten und ihre
Verhütung im k. und k. Heere, in der k. und k.
Landwehr und in der k. und k. Kriegsmarine
mit vergleichender Berücksichtigung fremder Staaten;
von Josef Urbach. Wien und Leipzig 1912-
Josef Safar. (5 Mk.)
Der erste Teil enthält die Statistik der Ge¬
schlechtskrankheiten nach den offiziellen Sani
tätsberichten. Im Durchschnitt der letzten 9 Jahre
hat Österreich einen Zugang an Geschlechts¬
kranken von 57,8°/oo der Kopfstärke, somit mehr
als Deutschland, Frankreich, Belgien, Dänemark,
Rußland und die Niederlande, weniger als Spa¬
nien, Italien, England und Nordamerika. Der
zweite Teil behandelt die Verhütung der Ge¬
schlechtskrankheiten. Neben allgemeinen Mail-
regeln (bessere Schulbildung, Erziehung der
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XVHL Militärmedizin. Armeehygiene.
509
Jugend zur Reinlichkeit, Assanierung der Prosti¬
tution, Bekämpfung des Alkoholismus) wird eine
gründlichere Untersuchung der Mannschaften bei
den 14tägigen „ärztlichen Visiten“ empfohlen und
ein Verbot zivilärztlicher Behandlung von ge-
schlechtskranken Soldaten. Hauptmittel zur Be¬
kämpfung der Geschlechtskrankheiten ist die seit
1907 offiziell eingeführte individuelle Prophy¬
laxe: in jeder Kaserne werden in einer besonderen
Stube bereitgehalten eine Sproz. Albarginlösung
zum Einträufeln in die Harnröhre, sowie eine
3prom. Sublimatlösung und Wattetupfer zum Ab¬
reiben des Gliedes. Jeder Mann soll durch wieder¬
holte ärztliche Belehrung und praktische Unter¬
weisung dahin gebracht werden, in den ersten
3 Stunden nach einem Geschlechtsverkehr diese
Prophylaxe sachgemäß selbst bei sich auszu¬
führen; jede Aufsicht und jeder Zwang fehlen
dabei. Die Resultate dieser Prophylaxe sind
(ebenso wie in anderen Armeen) recht dürftig: in
einzelnen kleinen Bezirken „glänzende Erfolge",
im großen und ganzen keine nachweisbare Be¬
einflussung der Erkrank ungszahlen. Nach An¬
sicht U.s ist jedoch der beschrittene Weg im
Prinzip richtig und verspricht Erfolge, wenn
Mängel und Schwierigkeiten in der Durchführung
der Methoden beseitigt werden. Zum Schlüsse
wird als ein sehr wichtiges Mittel zur Verhütung
von Geschlechtskrankheiten die Behandlung der
krank Befundenen bezeichnet H a a s e (Danzig).
1466. Streifblioke über die Hygiene der
militärischen Internatserziehung; von v. Mosing.
(Militärarzt Bd. 46. Nr. 18. S. 234. 1912.)
In der Infanteriekadettenschule in Lemberg
(4 Jahrgänge mit einem Durchschnittsalter der
Zöglinge von 17 */ 2 Jahren) ist seit 1906 die
sexuelle Außlärung eingeführt Sie erfolgt grund¬
sätzlich nur durch den Schularzt, im 1. Jahr all¬
gemein in großen Zügen, im 2. Jahr in erwei¬
tertem Umfange, im 3. und 4. Jahr unter völliger
Belehrung über die Geschlechtskrankheiten. Als
Prinzip gilt der Hinweis auf die Wichtigkeit und
Unschädlichkeit der sexuellen Enthaltsamkeit und
auf die Gefahren der Geschlechtskrankheiten. Da
sich der geschlechtliche Verkehr indessen trotz
aller Warnung und Belehrung nicht ausschalten
läßt, wird seit 1907 die individuelle Prophylaxe
den Zöglingen inoffiziell zugänglich gemacht Die
notwendigen Hilfsmittel liegen im ärztlichen Ordi¬
nationszimmer auf. Die Zöglinge des 4. Jahr¬
gangs werden über die in der Armee eingeführ¬
ten obligatorischen prophylaktischen Verfahren be¬
lehrt Der Erfolg dieser Maßnahme wird darin
gesehen, daß die Erkrankungsziffer an Geschlechts¬
krankheiten seit 1906 auf x / 6 der früheren Ziffer
gesunken ist. Widenmann (Danzig).
1467. Die Zahnpflege im Heere; von Tüs¬
haus. (D. militärärztl. Zeitachr. Bd. 41. Nr. 20.
S. 761. 1912.)
Seit 1902 sind im Heere regelmäßige Beleh¬
rungen über Zahn- und Mundpflege eingeführt
und wird eine zahnärztliche Behandlung und die
Herstellung von Prothesen auf Staatskosten ge¬
währt, sofern es sich um Verlust der Zähne durch
Dienstbeschädigung oder um die Erhaltung der
Diensttauglichkeit handelt Die Behandlung er¬
folgt auf Grund der Beurteilung von seiten der
zuständigen Sanitätsoffiziere der Truppe durch
vertraglich verpflichtete Zivilärzte oder auf den
zahnärztlichen Abteilungen der größeren Garai-
sonlazarette durch spezialistisch ausgebildete
Sanitätsoffiziere. Solche Abteilungen sind bis
jetzt eingerichtet in den Lazaretten I Berlin,
Breslau, Kassel, Koblenz, Chemnitz, Dresden,
Hannover, Ingolstadt, Karlsruhe, Königsberg,
Landau, Leipzig, Magdeburg, Mainz, I Metz,
München, Nürnberg, Posen, Stettin, I Straßburg,
Ulm und Würzburg. Seit 1908 können zahnärzt¬
lich approbierte Einjährig-Freiwillige während
des letzten Vierteljahres ihrer Dienstzeit zu solchen
zahnärztlichen Abteilungen kommandiert werden.
Die Statistik des Gebißzustandes neu eingetretener
Mannschaften, welche in den letzten 10 Jahren
auf der zahnärztlichen Abteilung des Garnison-
läzarettes München untersucht worden sind, ergab
durchschnittlich auf jeden Mann 5—6 erkrankte
und 2—3 gezogene Zähne.
Widenmann (Danzig).
1468. Über die Beurteilung und Be¬
handlung der Bauchschüsse im Kriege;
von A. Köhler, (v. Volkmanns Samml. klin.
Vortr. Nr. 661. Chir. Nr. 183.)
Es besteht kein Zweifel über die Notwendig¬
keit möglichst frühzeitiger Laparotomie bei ge¬
fahrdrohenden inneren Blutungen, sowie nach¬
weisbarer Darm- und Blasenverletzung, schon auf
dem Hauptverbandsplatz, doch sollen die Fälle
für die Laparotomie genau ausgewählt werden.
Auszuschließen sind alle die, bei denen es schon
zu spät ist, bei denen der kleine flatternde Puls,
die Facies abdominalis, der aufgetriebene Leib
die infauste Prognose schon verkünden, ferner
die Fälle, bei denen seit der Verletzung mehr als
12 Stunden verstrichen sind, und die sich dann
noch bei leidlichom Wohlsein befinden; denn hier
sind Heilungsprozesse (Verklebungen) schon im
Gange und sie würden durch die Laparotomie
nur gestört. Eine weitere Bedingung ist die, daß
die Operation unter einigermaßen gesicherten
Verhältnissen und ohne daß ein mehrmaliger
Transport des Operierten erforderlich ist, aus¬
geführt werden kann.
Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so soll
man von einer Laparotomie auf dem Hauptver¬
bandsplatz absehen, zumal bei ihr viele Arzte not¬
wendig sind (3— 4), deren Hilfe während der
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510
Mannheim. — Brugsch. — Riedel.
Aufrecht
Operationszeit (1—2 Stunden) anderen Verwun¬
deten entzogen wird, die bei schneller Hilfe gün¬
stigere Prognosen hätten. Entschließt man sich
zur Laparotomie, so ist die Technik und die Art
der Operation dieselbe wie in Friedenszeiten.
Trotz der schlechten Erfahrungen in Südafrika
und in der Mandschurei hofft K., daß wir in einem
europäischen Kriege den günstigen Erfolgen der
Friedenschirurgie näher kommen werden.
Fritsch (Breslau).
C. Bücherbesprechungen.
91. Pharmazeutische Chemie. Teil I, II u. IQ;
von E. Mannheim.
Toxikologische Chemie; von E. Mannheim.
Berlin und Leipzig 1911/12. Sammlung
Göschen. 4 Bändchen. (Geb. je 90 Pf.)
Das erste dieser 4 Bändchen behandelt die
anorganische, das zweite die organische Chemie,
das dritte die Methoden der Arzneimittelprüfungen.
In kompendiöser Form finden wir hier zum
ersten Mal das für den Pharmazie Studierenden
wichtige Material in geschickter Weise auf kleinem
Raum verarbeitet. Das vierte Bändchen: Toxikolo¬
gische Chemie eignet sich auch für Kandidaten
der Medizin sowie für den Arzt, dem die Mittel
und Wege des Giftnachweises nicht ganz fremd
sein sollen.
Zur schnellen und sicheren Orientierung auf
den genannten Gebieten dürften die 4 Bändchen
ihren Zweck gut erfüllen. Bachem (Bonn).
92. Real - Enzyklopädie der gesamten Heil¬
kunde; unter Mitwirkung von Th. Brugsch;
herausgegeben von A. E u 1 e n b u r g. 4. Aufl.
201. Bd. Berlin -Wien. Urban u. Schwarzen¬
berg. 965 S. mit 176 Abbild., 2 schwarzen
u. 4 farbigen Tafeln. (28 Mk.)
Der vorliegende Band, welcher die Artikel
„Samenverlust—Sterilität des Mannes“ umfaßt,
zeigt die bekannten Vorzüge dieses in seiner Art
einzigen Werkes.
Von den zahlreichen Artikeln seien besonders
erwähnt: Schädel (-Messung u. Verletzungen),
Scheintod, Schilddrüse, Schulter, Schwangerschaft,
Serum (-Diagnostik und Therapie), Spastische und
spinale Kinderlähmung, Spondylitis, Sprach¬
störungen, Sputum, Stauungs hyperflmie. Großer
Wert ist wieder auf zahlreiche instruktive Ab¬
bildungen gelegt. Leo (Bonn).
93. Eine einfache Extensionsmethode zur
Behandlung der Beinbrüohe im Geh-Ver-
band; von A. Riedel. Rothenburg o. T.
Max Kloppenburg. (1 Mk. 20 Pf.)
Zur Behandlung der Frakturen der unteren
Extremität empfiehlt R. die Frakturen in Narkose
mittels Flaschenzug zu extensieren und nach
Ausgleich der Verkürzung einen Gipsverband
anzulegen. Wichtig ist die Polsterung des Fu߬
rückens, der Fußsohle, der Kreuzbeingegend und
des Schambeines. Ist der Gips erhärtet, werden
durch ein in Höhe der Knöchel angelegtes Gips¬
fenster die um das Fußgelenk gelegten sich
kreuzenden Schlingen aus Flanell entfernt Bei¬
gefügte Röntgenbilder von 3 Fällen illustrieren
die Resultate, jedoch ist immer nur die Durch¬
leuchtung von oben nach unten, nicht an der Seite
beigegeben. Vorschütz (Köln).
94. Pathologie und Therapie der Lungen¬
schwindsucht; von E. Aufrecht. 2. ver¬
mehrte Aufl. Wien 1912. Alfred Hölder.
Mit 11 Abbildungen und einer Kurventafel.
(8 Mk. 60 Pf.)
Das Buch enthält die Darstellung der Lungen¬
schwindsucht in vier großen Abschnitten. Der I.
ist der pathologischen Anatomie und Pathogenese,
der JII. der Disposition, der IQ. der Klinik und
der IV. der Prophylaxe und Therapie der Lungen¬
schwindsucht gewidmet Die von A. seit vielen
Jahren vertretene Anschauung der vaskulären
Entstehung der chronischen Lungentuberkulose
ist durch eine sehr ausführliche pathologisch¬
anatomische Darstellung begründet Die Anwen¬
dung des Tuberkulins ist eingehend in kritischer
Weise dargestellt. Man merkt auf jeder Seite
die große Erfahrung A.s in einem ihm durch
viele eigene Forschungen besonders lieb gewor¬
denen Gebiete. Wenn auch manche Ansicht A-s
die Kritik herausfordert, so wird dadurch doch
der Gesamteindruck des Buches nicht gestört
An vielen Stellen verteidigt er temperamentvoll
seine Ansichten und wird die Diskussion über
manche Punkte wiederum in erfreulicher Weise,
besonders in dem von ihm mit Vorliebe bear¬
beiteten Kapitel der Pathogenese angeregt werden.
Paul Krause (Bonn).
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- s
Teleky. — Czerny.
511
95. Wiener Arbeiten aus dem Gebiet der
sozialen Medizin; von Ludwig Teleky.
I. Heft. Wien 1912. Moritz Perles. (2 Mk.
40 Pf.)
Nachdem T. in einer Einleitung die Aufgaben
und Ziele der sozialen Medizin eingehend be¬
sprochen hat, folgen Arbeiten von Götzl über
die punktierten Erythrozyten bei Bleivergiftung,
von MaxEllmann über diagnostische Irrtümer
bei Bleivergiftungen, von Alfred Arnstein
über das hauptsächlich bei Bronzegießern auf¬
tretende Gießfieber, das Arnstein als Zink¬
vergiftung betrachtet, von Schnürer über den
Milzbrand bei Schweinen. Mit Rücksicht auf
die Milzbrandübertragung durch Borsten hält
Schnürer besondere Desinfektionsmaßnahmen
für erforderlich. Alfred Bass behandelt die
Gesundheitsverhältnisse der Wiener Steinmetzen
und Perlmutterdrechsler. Schlechtes Menschen¬
material, schlechte Lebensbedingungen, ungünstige
Werkstättsverhältnisse bedingen eine außerordent¬
lich große Tuberkulosemortalität Jerusalem
behandelt einige typische traumatische Erkran¬
kungen der Bau- und Industrie-Arbeiter, B alb an
die Satinholzdermatitis, Oppenheim die Nagel¬
ablösung bei Wäscherinnen. Brezina die Luft¬
beschaffenheit in kleingewerblichen Betrieben,
Sorcr die Militärtauglichkeit nach Stadt und
Land. Wenn sich auch durchgehend eine ge¬
ringere Tauglichkeit bei den Stadtgeboreuen findet,
so sind doch noch viele Fehlerquellen vorhanden.
Zum Schluß referiert T. über die Seminarttbungen
auf dem Gebiet der sozialen Medizin.
Rumpf (Bonn).
96. Wiener Arbeiten aus dem Gebiet der
sozialen Medizin; von Ludwig Teleky.
H. Heft Wien 1912. Alfred Hölder.
Aus dem interessanten Heft sind zunächst
Untersuchungen von E. Löwenstein über die
Bekämpfung der Tuberkulose durch ambulatorische
Tuberkulinbehandlung zu erwähnen, sodann Stu¬
dien über experimentelle chronische Bleivergiftung
von Brezina undEugling, über Quecksilber¬
vergiftungen von T. T, kommt zu dem Resultat,
daß auf dem Ausprobieren der Autopreßgaslampe
eine Hauptquelle von Vergiftungen beruhe. Eine
weitere Arbeit T.s beschäftigt sich mit dem Ent¬
stehen von professioneller Neuritis bei Arbeite¬
rinnen in Glühlampenfabriken durch Druck auf
eine räumlich sehr begrenzte Stelle. Robert
Lenk beschreibt aus ähnlicher Veranlassung
einen Fall von Ulnarislähmung, Alfred Goetzel
die Bedeutung der Hämatoporphyrinurie für die
Diagnose der Bleivergiftung, AlfredArnstein
bespricht die Häufigkeit der Bleivergiftung bei
Feilenhauem. Ein interessantes Sammelreferat
über den Krebs als Berufskrankheit gibt Alfred
Arnstein. Besonderes Interesse dürften der
Blasenkrebs der Anihwarbeiter und der Lungen¬
krebs der Bergleute in den Schwanberger Gruben
beanspruchen. Nach Arbeiten von Ul 1 mann
über Berufsdermatosen und von Robinsohn
über schußartige Verletzungen durch die Glüh-
Iampen-Metallfadenpre8se macht ein Bericht T.s
über die Seminarübungen auf dem Gebiet der
sozialen Medizin den Beschluß. Rumpf (Bonn).
97. Das Heidelberger Institut für experi¬
mentelle Krebsforsohung ; von V. Czerny.
I. Teil: Geschichte, Baubeschreibung usw.
Tübingen 1912. H. Lauppsche Buchh. Mit
30 Abbild, u. 12 Plänen. (Geh. 3 Mk.)
Wir müssen das Heidelberger Institut für ex¬
perimentelle Krebsforschung als die Krönung des
Lebens Werkes Czs. betrachten. Wenn er das
Goethesche Wort „der beste Ratgeber ist die
Notwendigkeit“ der von ihm verfaßten Geschichte
des Instituts voranstellt, so verbirgt sich dahinter
ein gut Teil Bescheidenheit, die es aber doch
nicht hindern kann, daß man seine Verdienste
rückhaltlos anerkennt. Cz. hat sich mit der
Gründung des Instituts ein Denkmal geschaffen,
wie es besser die Nachwelt nicht errichten kann.
Der vorliegende Band nun enthält neben der
schon erwähnten Geschichte die Baubeschreibung
aus der Feder des Baurats Koch, die von den
Abteilungsleitern verfaßten Berichte über die
Tätigkeit des Samariterhauses, der biologisch-
chemischen und der histo-parasitologischen Ab¬
teilung sowie eine Übersicht über die wirtschaft¬
lichen Verhältnisse und die sehr interessante
Wiedergabe der auf die Geschichte des Institutes
bezüglichen Dokumente. Die Ausstattung durch
Abbildungen und Pläne ist als sehr gelungen zu
bezeichnen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
98. Studie» from the Rookefeller Institute
for medical researoh. Vol. 15. New
York 1912.
Der stattliche Sammelband enthält 48 in
jüngster Zeit erschienene und aus dem Rocke-
feller Institut hervorgegangene Abhandlungen, die
alle schon in anderen Zeitschriften gedruckt sind,
aber in ihrer Vereinigung eine Übersicht über die
fruchtbare Tätigkeit der Stiftung geben. In erster
Linie verdienen wieder einige Arbeiten von
Alexis Carrel hervorgehoben zu werden, der
an der Hand ausgezeichneter Abbildungen die
Technik und die Erfolge seiner Gefäßtransplanta¬
tionen schildert, andererseits über weitere Fort¬
schritte in der Kultivierung von Geweben außer¬
halb des Körpers berichtet; ist es ihm doch ge¬
lungen, einzelne Bindegewebskulturen annähernd
3 Monate am Leben zu erhalten. Im übrigen
seien, nur einige unter vielen, die Namen Simon
Flexner, J. Loeb, Auer, Meitzer, Noguchi
genannt, die ebenfalls mit wertvollen Arbeiten
vertreten sind. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
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512 v. Bruns. — Garrö. — Köttner. — Mitlacher. — Fürstenberg. — Mc Kail. — Laquer.
99. Handbuch der praktischen Chirurgie.
Bearbeitet u. herausgegeben von P. v. Bruns,
C. Garrö, H. Kflttner. 4. Aufl., 2. Lief.
Stuttgart 1912. Ferd. Enke. (6 Mk.)
Die vorliegende 2. Lieferung der im Erscheinen
begriffenen Neuauflage des Handbuchs der prak¬
tischen Chirurgie der Bauchdecken von der Hand
Steinthal’s, die chirurgischen Erkrankungen
des Bauchfells sowie den allgemeinen Teil der
Bankoperationen von Körte, die Chirurgie des
Magens und Darms von Kausch (noch nicht
ganz erschienen). Durchweg ist die Darstellung
durch mancherlei Ergänzungen und Verbesse¬
rungen auf den Stand des heutigen Tages ge¬
bracht; im einzelnen den Vorzügen dieses muster¬
haften , auch in der fremdländischen Literatur
unerreichten Werkes nachzugehen erübrigt sich.
Melchior (Breslau).
100. Über Kulturversuohe mit Arzneipflanzen
in Korneuburg im Jahre 1911; von W. Mit¬
lacher. 2. AufL Wien 1913. W. Frick.
88 S. (3 Mk.)
Pharmakognostisch und botanisch interessante
Mitteilungen über den Anbau von Arzneipflanzen
und die damit gezeitigten Resultate. Den Medi¬
zinern dürften u. a. die Kapitel über die Zucht
von Digitalisblättern, Rhabarber und Belladonna
besonders interessieren.
Das Komitee zur staatlichen Förderung der
Kultur von Arzneipflanzen in Korneuburg b. Wien
ist zur Zeit auf Grund der gewonnenen Erfah¬
rungen bereits in der Lage, Apothekern, Landwirten
U8w. bestimmte Direktiven für die Zucht zu geben.
Bachem (Bonn).
101. Physiologisohe und therapeutische Wir¬
kungen des Radiums und Thoriums; von
A. Fürsten berg, Samml. zwangl. Abh.
a. d. Geb. d. Verdauungs- u. Stoffw.-Krankh.
Bd. 4. Halle 1912. Carl Marhold. (1 Mk.
80 Pf.)
Übersichtliche kurze Zusammenstellung über
die physikalischen und therapeutischen Wirkungen
der radioaktiven Substanzen, die besonders für
den Praktiker eine gute Orientierung bietet. F.
behandelt zunächst die verschiedenen Arten der
Radiumstrahlen und die radioaktiven Umwand¬
lungen sowie die radioaktiven Messungen. Im
biologischen Teil wird die Wirkungsweise der
Radiumemanation und die Therapie der Gicht,
des Rheumatismus und anderer Erkrankungen
mittels Emanation besprochen. Weiterhin finden
wir die verschiedenen Formen und Verwendungs¬
arten der EmanatioD8therapie erwähnt: Bäder,
Trinkkur, Inhalation, radioaktive Kompressen. Den
Schluß bildet ein kurzer Abschnitt über Meso¬
thorium, Thorium-X, Thoriumemanation und Ak¬
tinium nebst ihren biologischen Wirkungen.
Bachem (Bonn).
102. Publie Health ohemistry and baoterio-
logy; by Mc Kail. Bristol. John Wright
409 S. (6 Sh. 6 d.)
Dies Handbuch für Studenten der naturwissen¬
schaftlichen Fächer in England macht, wie Mc K.
in seiner Verrede selbst bemerkt, keinen Anspruch
auf Originalität Es ist vielmehr ein nützlich
angelegter Extrakt aus Lehrbüchern der Hygiene
und Bakteriologie, wie Mc K. ihn in Beinen Kursen
seinen Hörern bietet Den ersten Teil des Buches
nehmen die chemischen Analysen der Luft, des
Wassers, Bodens und Nahrungsmittel, sowie eine
Übersicht über die gebräuchlichsten Desinfektions¬
mittel ein. Der zweite Teil behandelt die wich¬
tigsten Infektionserreger und serologischen Unter¬
suchungsmethoden, Komplementfixation und ihre
praktische Anwendung in der Wärmereaktion,
Präzipitationen, opsonische Technik; auch die
Theorie ist in Kürze skizziert Das übersichtlich
angelegte Buch des Glasgower Professors erfüllt
seinen Zweck, in die usuellen hygienischen und
serologisch-bakteriologischen Ud tersuchungsmetho-
den einzuführen, vollkommen. Seitz (Bonn).
103. Die Groaaatadt-Arbeit und ihre Hygiene;
von B. Laquer. Halle 1912. Carl Mar¬
hold. 30 S. <1 Mk.)
Das vorliegende Büchlein ist erschienen in
der „S&mmluDg zwangloser Abhandlungen aus
dem Gebiete der Nerven- und Geisteskrankheiten“.
Es beschäftigt sich mit den hygienischen oder
normalen Arbeitsbedingungen des großstädtischen
Gehirnarbeitera, im besonderen des modernen
Kaufmannsstandes der Großstadt, weiter mit den
schädlichen Folgen der Großstadtarbeit und der
Prophylaxe und Therapie dieser Schäden. Ein
wichtiges Moment, um die außerordentlichen
Ansprüche, die grade die Großstadt an die Nerven-
kraft ihrer Bewohner stellt, zu erfüllen, ist ein
ruhiger und ausreichender Schlaf, ferner zweck¬
mäßige, nicht in Hast genossene Mahlzeiten. In
Großstädten, wo die Mittagswege nach Hause oder
zur Speisewirtschaft weit und von der Witterung
beeinflußt sind, ist daher für Engros-Geschäfte
die Einführung der englischen Tischzeit zu
empfehlen. Allerdings müssen dann die Kopf¬
arbeiter wie in England auch .in den Morgen¬
stunden eine reichliche Mahlzeit einnehmen und
sich nicht mit dem üblichen Kaffee und Brötchen
begnügen, wenn sie stundenlang durchzuarbeiten
im stände sein sollen. Weiter müssen die An¬
gestellten zu einem vernünftigen, hygienischen
Gebrauch der freien Stunden von 5 oder 6 Uhr
nachmittags ab erzogeu werden. Am wohl¬
tätigsten wirken hier nach Ansicht L.s die Frei¬
luftsports, Radfahren, Schwimmen, Rudern, Berg¬
steigen usw. Von großer Bedeutung ist ferner,
auch mit Rücksicht auf vernunftgemäßen Sport,
den Alkoholgenuß, der gerade in deutschen Groß-
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Görard. — Brüning und Schwalbe.
513
Städten ungeheure Zahlen erreicht, fern zu halten.
Es werden weiterhin Streiflichter auf verschiedene
Wohlfahrtseinrichtungen, auf die Mortalität und
Morbidität der Großstädte geworfen, bo daß die
kurze, flüssig geschriebene Abhandlung eine Fülle
anregenden Materials bringt
Koenigsfeld (Breslau).
104. Manuel d’Anatomie humaine; par Geor¬
ges Görard. Paris 1912. G. Steinheil.
1176 S. 900 Fig.
Ein Lehrbuch der Anatomie in französischer
Sprache in einem Bande liegt in Gestalt des Ma¬
nuel d’anatomie humaine von G6rard (Lille) vor
uns. Angesichts der Tatsache, daß die gebräuch¬
lichen französischen Lehrbücher der Anatomie, so
vortrefflich und ausführlich sie sonst auch sind,
für den Gebrauch des Medizinstudierenden und
selbst des praktischen Arztes als viel zu umfang¬
reich und unhandlich bezeichnet werden müssen,
darf das Unternehmen von G. von vornherein als
ein dem Bedürfnis vollkommen entsprechendes
betrachtet werden.
Leider versagt das Buch aber von vornherein
in einer Hins icht völlig, in der illustrativen.
An und für sich ist es schon schwierig, die
menschliche Anatomie in absolut einfarbigen
Abbildungen darzustellen. Die 900 schwarzen
Figuren der Anatomie von G. aber leiden außer¬
dem noch fast durchgängig an zwei Fehlem,
1. sie sind beinahe ausnahmslos viel zu klein,
2. sie sind schlecht reproduziert, z. T. auch schon
mangelhaft gezeichnet Z. B. sind die Knochen
in sehr mangelhafter Autotypie dargestellt; der
äußerst grobe Raster zerreißt alle Mitteltöne, die
Tiefen sind rußig, die Lichter unscharf. Kaum
der Fachmann erkennt die Details, geschweige
der, der erst lernen solL Das gleiche gilt von
den Übrigen, sowohl den eigenen wie fremden
Autoren entlehnten Bildern, namentlich den mikro¬
skopischen. Mit der illustrativen Ausstattung
unserer deutschen Lehrbücher und Atlanten der
Anatomie kann das Buch von G. nicht konkur¬
rieren. Mindestens müßte ein guter Atlas (Über¬
setzungen deutscher in französischer Sprache liegen
ja bereits vor) daneben benutzt werden.
Was den Text dee Buches anlangt, so ist
natürlich das Hauptgewicht auf die deskriptive
Anatomie gelegt, daneben wird die mikroskopische
und topographische Anatomie berücksichtigt, stel¬
lenweise auch (wie z. B. beim Bauchfell) etwas
näher auf die Entwicklungsgeschichte eingegangen.
Die Darstellung ist eine kurze und im großen
und ganzen zweckentsprechende, jedenfalls ist sie
viel besser als die bildliche, so daß das Buch wie
geeagt in Verbindung mit einem guten Atlas als
ein sehr brauchbarer Grundriß der Anatomie für
den Studierenden bezeichnet werden kann.
Sobotta (Würzburg).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 5.
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105. Handbuoh der allgemeinen Pathologie
und der pathologischen Anatomie des Kin¬
desalters; herausgegeben von Brüning und
Schwalbe. Wiesbaden 1912. J. F. Berg¬
mann. I, Bd., 1, Abi 891 S. (28 Mk.)
Die vorliegende 1. Abteilung bringt folgende
Abschnitte: 1. Geschichtliches von Brüning in
Rostock, ein prägnanter, knapper Umriß der Ge¬
schichte der Pathologie des Kindesalters. Die
vom Autor geäußerte Ansicht, daß die Behand¬
lung der Tuberkulose bei Verwendung großer
Tuberkulindosen bessere Heilungsaussichten zu
bieten scheint als bei den zumeist üblichen kleinen
Gaben, muß befremden. Es ist bis zum heutigen
Tag noch nicht einmal erwiesen, daß die Tuber¬
kulmbehandlung mit vorsichtigen kleinen Dosen
ein sicher wirkendes Mittel der Tuberkulose¬
therapie ist Die hohen Gaben der ersten Tuber¬
kulinära sind noch in Aller Gedächtnis, und die
Wiederbelebung der alten heroischen Therapie mit
massiven Dosen wird überall verurteilt, beziehungs¬
weise werden Mißerfolge berichtet
Das 2. Kapitel: Normale Altersunterschiede und
Wachstum im Kindesalter. Allgemeines über Ur¬
sachen der Krankheiten im Kindesaller. Analyse
der AÜersdisposiiion ist von Schwalbe in Rostock
bearbeitet und als vorzüglich gelungen zu be¬
zeichnen. Mönckeberg in Gießen behandelt
die Pathologie der Gewebe im Kindesalter, Peiper
die Parasiten. Kleine Disharmonien, daß z. B.
S. 50 Bandwürmer im Kindesalter als recht selten
hingestellt werden, während Peiper sie als häufig
bezeichnet (S. 164 u. 167) hätten sich vermeiden
lassen. Im übrigen liest der P.sche Beitrag sich
ausgezeichnet Beitzke in Lausanne behandelt
die Infektionskrankheiten im Kindesalter. Dieser
Abschnitt ist großzügig entworfen und fesselnd
geschrieben. Zu bedauern ist, daß Dinge, die
noch im Fluß sind und von Monat zu Monat
modifiziert werden müssen, wie beispielsweise das
„Salxfieber“, von Beitzke eingehender behan¬
delt werden. Durch die schönen Untersuchungen
von Samelson erscheint heute das Salzfieber
in ganz anderem Lichte. Bei der Kolizystüis wäre
ein Hinweis auf die von Franke studierten
wichtigen Lymphbahnen vom Darm zu den Harn¬
wegen am Platze gewesen. Daß die Haut „nur
wenig bei tuberkulösen Infektionen beteiligt zu
sein pflegt“, ist eine öfters gehörte Behauptung,
die befremdet Die Haut besitzt im Gegenteil
eine ganz besondere Affinität zum Tuberkuloae-
virus (Ulcus tubercul., Lupus, Erythema indura-
tum, Tuberkulid, Lichen scrophulosorum, Tub.
cutis verrucosa). Die allgemeinen Mißbildungen
behandelt Bruno Wolff in Rostock, die Ge-
schumlsle Hermann Meckel in Erlangen, letz¬
terer belebt seine Ausführungen durch eine Fülle
wertvoller instruktiver Abbildungen. Auch die Ab¬
bildungen zum Abschnitt Parasiten sind ganz vor¬
züglich . Klotz (Schwerin).
65
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514
Hochsinger. — Saskoweki. — Braun und Teichmann. — v. Krafft-Ebing.
106. Gesundheitspflege des Kindes im Eltern¬
hause; von Carl Hochainger. Wien 1912.
Franz Deuticke. 265 S. (4 Mk.)
Daß das H,sche Buch in neuer, 3. Auflage
erscheint, ist erfreulich. Denn es ist ein gutes
Buch für Eltern, die etwas dran wenden können
und Zeit und Lust haben, sich über die Hygiene
des Bandes ausführlicher zu unterrichten. H. hat
vielerlei geändert und nach unseren jetzigen An¬
schauungen verbessert. Es liegt auf der Hand,
daß jeder nach seinen Gewohnheiten und Erfah¬
rungen dies oder das etwas anders gefaßt haben
möchte. Da es sich aber hierbei nicht um prin¬
zipielle Dinge handelt, braucht darauf nicht weiter
eingegangen zu werden. Nur einen Wunsch kann
Ref. nicht unterdrücken. Die Beschreibung der
„Säuglingsmilchsorteu“ und Kindermehle möchte
lieber ganz wegbleiben. Es genügt für die vor¬
liegenden Zwecke wirklich, wenn ihrer Existenz
Erwähnung getan wird mit dem Hinweis, daß
ihre Anwendung nur nach Rücksprache mit dem
Arzte in Betracht kommt, daß für das gesunde
Kind, sofern es künstlich ernährt werden muß,
nur die einfach verdünnte Kuhmilch verwendet
werden soll. Schon eine nähere Beschreibung
dieser Dinge verleiht ihnen in den Augen der
Laien nur zu leicht ein unverdientes Relief.
Brückner (Dresden).
107. Philosophie des Vegetarismus. Eine
Grundlegung und eine philosophische Betrach¬
tung des Vegetarismus und seiner Probleme
in Natur, Ethik, Religion und Kunst; von
Fr. Saskowski. Berlin 1912. Otto Salle.
(4 Mk.)
Eine für Gebildete aller Kreise geschriebene
philosophische Arbeit, an der der Mediziner wenig
Freude erlebt. Für S. ist Vegetarismus „die
tierfleischlose Ernährung aus Achtung vor Ge¬
setzen, vor Tatsachen der Natur, des Lebens oder
des Menscheninnem“ und gar verächtlich blickt
er herab auf diejenigen, die aus hygienischen
Gründen Vegetarier sind, die „Magenvegetarier“,
„diese Gesundheitshypochonder, eitle Leibegoisten
und Eßsportler“. Seine Ethik baut sich auf dem
Satze auf, daß Fleischgenuß dem sittlichen Streben
des Menschen Bleigewichte an hängt. Und das
deswegen, weil das Tierfleisch durchjaucht sei
mit den Stoffwechselüberbleibseln und wohl auch
mit den Fortpflanzungsstoffen. Über die Möglich¬
keit der Einwirkung tierischer Stoffe auf ent¬
sprechende Organgebiete beim Menschen brauche
man heutzutage, wo die Medizin Schilddrüse von
Tieren bei Idiotie, Ochsenblut bei Blutarmut,
Testikelextrakt (von Ochsen) zur Erhöhung der
geschlechtlichen Potenz gäbe, nicht erst zu theo-
retisieren. F. Weil (Beuthen).
108. Verauohe zur Immunisierung gegen Try¬
panosomen; von D. Braun und E. Teich¬
mann. Jena. Gustav Fischer. 106 S.
(3 Mk. 50 Pf.)
Als Antigen bei den Immunisierengsversüchen
dienten getrocknete tote Trypanosomen. Diese
wurden aus mit Natriumzitrat und spezifischem
Anti-Rattenkaninchenserum versetztem stark infi¬
ziertem Rattenblut gewonnen; von den agglu-
tinierten Blutkörperchen getrennt ließen sich auf
diese Weise die Trypanosomen rein abheben und
bei Zimmertemperatur im Luftstrom trocknen.
Das zerriebene Pulver wurde zu vorwiegend sub¬
kutanen Injektionen verwandt, um möglichst dem
natürlichen Infektionsmodus nahe zu kommen.
Mäuse, Batten, Meerschweinchen und Kaninchen,
diese auch intravenös zur Gewinnung von Immun¬
serum , wurden auf diese Weise mit den ver¬
schiedensten getrockneten Trypanosomenstämxnen
behandelt (Brucei, Nagana, equiperdum, equinum,
Gambiense); die Tiere ließen sich gegen eine
nachfolgende Trypanosomen-Infektion schützen,
wenngleich die zur Erreichung der Immunität
erforderliche Menge des Vakzins erheblich war.
Die Dauer der erworbenen Immunität war sehr
verschieden.
Es zeigte sich, daß die Trypanosomen der
Nagana (Brucei), der Dourine und des Mal de
Caderas in weitem Umfang gemeinsame Antigene
besitzen; unentschieden blieb, ob dies auch für
die Tryp. Gambiense und ein Tryp. congolense
der Fall ist.
Mit Hilfe von Kaninchen-Immunseris ließen
sich in der Maus Kaninchenimmunserumfeste
Stämme, welche häufig nur eine sehr geringe
antigene Eigenschaft besaßen. Die Serumfestigkeit
war keine dauernde; die Vererbbarkeit verschwand
nach einiger Zeit wieder. Häufig war mit einer
hohen Schutzkraft des Immunserums im Mäuse¬
versuch auch ein hoher komplementbindender
Titer in vitro verbunden, woraus Br. und T. jedoch
mit Recht keine bindenden Schlüsse zogen zwecks
Feststellung der Wertigkeit des Serums.
Seitz (Bonn).
109. Psyohopathia sexualis; von v. Krafft-
Ebing. 14. Aufl. Herausg. von A. F u c h s.
Stuttgart 1912. Ferd. Enke. (11 Mk.)
Wenn der verstorbene Verfasser in der ersten
Auflage des wie selten ein wissenschaftliches
Werk allgemein bekannten Psychopathia sexualis
Bich darüber beklagte, daß auf dem Gebiet der
Sexualpathologie eine Lücke klaffte, so ist dem
jetzt nicht mehr so. Eine reiche Fülle von
Literatur liegt jetzt vielmehr darüber vor. Das
Verdienst v. Kr.-E.s ist es, das ganze Gebiet be¬
fruchtet zu haben. Dem Neuherausgeber der
13. und jetzt 14. Auflage, A. Fuchs, einem
Schüler v. Kr.-E., muß zugestimmt werden, die
reichen klinischen Erfahrungen, die darin nieder¬
gelegt sind, so lange wie möglich zu erhalten
und der rastlos fortschreitenden Forschung zu
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Mollier. — Grube. — Albu.
Weiland. — Klotz. — Rosenfeld. — Grund.
515
adaptieren. Der Neuherausgeber weist mit Recht
auf die Arbeiten auf dem Gebiete der inneren
Sekretion hin und erwartet von ihnen eine Auf¬
klärung auch für die konträre Sexualempfindung.
An geeigneten Stellen ist auf die wichtigsten
Arbeiten auf diesem Gebiete hingewiesen. Einige
Beobachtungen sind neu aufgenommen, neue Ge¬
setzentwürfe berücksichtigt worden, v. Kr.-E.
schloß die letzte von ihm redigierte Auflage mit
den Worten, denen nichts hinzugesetzt werden
braucht: Möge das Buch im Dienste der Wissen¬
schaft, des Rechts und der Humanität sich nütz¬
lich erweisen. Nippe (Königsberg).
110. Das histologisoh-embryologisohe Institut
der neuen anatomisohen Anstalt Münohen
mit einer Darstellung der hier geübten
Unterriohtsmethoden und einem Anhang:
Über den Bau eines neuen mikroskopischen
Statives ; von S. Mollier. Leipzig 1912.
S. Hirzel. 5 S. 18 Taf. 16 Fig. (6 Mk.)
M. gibt in der vorliegenden Schrift eine mit
prächtigen Abbildungen geschmückte Darstellung
der großartig angelegten und ausgestatteten Räume
des im oberen Stockwerk der neuen Münchener
Anatomie untergebrachten. hisiologisctt-e?nbryolo-
gischen Instituts, des Mikroskopiersaales, der Labo¬
ratorien, der Materialräume usw. Daran knüpft
M. eine Besprechung der von ihm in seinem
Institute geübten Unterrichtsmethoden, besonders
der Art der Abhaltung des Mikroskopierkurses
mit ca. 150 Teilnehmern, denen es durch die
praktische Einrichtung des Kursusraumes ermög¬
licht wird, trotz der großen Teilnehmerzahl gleich¬
zeitig zu arbeiten. Anhangsweise wird das von
der Firma Winkel in Göttin gen nach dem Ent¬
wurf von Riemenschmid in München konstruierte
Mikroskopatativ mit schiefen, der Krümmungs¬
kurve der Wirbelsäule des Beobachtenden ange¬
paßter Säule besprochen (sog. Münchener Modell).
Sobotta (Würzburg),
111. Die diätetische und hygienitohe Be¬
handlung der Zuokerkrankheit; von A.Grube.
4. Aufl. Bonn 1912. C. Georgi.
Grundzüge für die Ernährung von Zucker¬
kranken nebat praktischen Anweisungen
für die Diabetesküche; von A. Albu. Halle
1912. Carl Maihold.
Theorie und Behandlung dea Diabetea; von
W. Weiland. Beih. zur Med. Klin ik 1913.
Heft 1.
Kohlehydratkuren bei Diabetea; von M.Klotz.
Wflrzburg 1912. Curt Kabitzsch.
Kohlehydratkuren bei Diabetes; von G.Rosen¬
feld. Halle 1912. Carl Marhold.
Die Haferkur bei Diabetes mellitus; von G.
Grund. BerL Klin. H. 295. Berlin 1913.
Fischers med. Buchhandl.
Die einzige rationelle und Erfolg versprechende
Behandlung der Zuckerkrankheit ist die diäte¬
tische. Über die allgemeine Richtigkeit dieses
Satzes besteht wohl kein Zweifel mehr, nur gehen
die Ansichten in Bezug auf^die Einzelheiten der
einzuschlageuden Diät noch etwas auseinander,
was nicht verwunderlich ist, wenn man die sich
vielfach widersprechenden Erscheinungen bei dem
Leiden berücksichtigt. Und in den Hauptpunkten
herrscht auch Übereinstimmung, so darin, daß die
einseitige Eiweißdiät von Übel ist, wenigstens
auf längere Zeit ausgedehnt, und daß neben den
Fetten auch die Kohlehydrate für die Ernährung
der Zuckerkranken herangezogen werden können,
ja man spricht, so paradox das zuerst klingen
mag, von Kohlehydratkuren bei der Zucker¬
krankheit
Entsprechend der Bedeutung der Diät für die
Behandlung des Leidens nimmt diese Frage in
der Literatur einen breiten Raum ein und wird
fortwährend in monographischen Darstellungen be¬
handelt
Die diätetische und hygienische Behandlung
der Zuckerkrankheit von K. Grube erscheint in
4. Auflage. Das Buch verfolgt rein praktische
Ziele, es will dem Arzte wie dem Patienten die
Grundsätze nnd Anleitungen geben, nach denen
die Diät bei den verschiedenen Formen des
Leidens festzusetzen ist. Die Fälle, bei denen
die strenge Eiweißnahrung erlaubt oder geboten
ist, werden genau bestimmt, desgleichen die auf
Grund der Erfahrungen gewonnenen Richtlinien
für die Kohlehydratkuren festgelegt.
Außer den genauen Regeln und Hinweisen
für die Diät werden die allgemeinen hygienischen
und prophylaktischen Maßnahmen besprochen,
während in einem Anhänge verschiedene Speise¬
zettel, Kochrezepte und Äquivalenttabellen mit¬
geteilt werden.
Gleiche Ziele wie das vorhergehende Buch
verfolgt die als erweiterte Neuauflage des früheren
Werkchens des verstorbenen Dr. Gilbert in
Baden „Die Diabetesküche“ anzusehende „Er¬
nährung von Zuckerkranken“ von Albu. In der
Anlage hat es Ähnli chkeit mit dem Grubeschen
Buche, nur daß die Kochrezepte einen breiteren
Raum einnehmen. Was über die Ernährung der
Zuckerkranken gesagt wird, ist vollständig, prak¬
tisch und entspricht den heutigen Anschauungen.
Die Arbeit von Weiland ist eine Zusammen¬
fassung der heutigen Anschauungen and Ansichten
über den Diabetes und seine Behandlung. Das
ganze große Gebiet ist auf 33 Seiten übersicht¬
lich und klar zusammengefaßt, natürlich bei der
Kürze des Raumes ohne Eingehen in weitere
Details. Doch genügt es, um dem Praktiker ein
Übersichtsbild zu geben und ihn auf die ratio¬
nelle Therapie hinzuleiten. Und mehr hat W.
sich nicht vorgenommen.
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516
Bandelier und Roepke. — Cornet. — Rubner, Grober und Ficker. — Pelman.
Die drei folgenden Arbeiten beschäftigen sich
ausschließlich mit den Kohlehydraten, die, wie
Klotz hervorhebt, nichts Neues sind, sondern
so alt wie die wissenschaftliche Geschichte des
Diabetes selbst.
Klotz, dem wir eine Reihe wertvoller Ar¬
beiten über die Bedeutung der verschiedenen
Kohlehydrate verdanken, gibt in seiner Mono¬
graphie eine erschöpfende Darstellung der ver¬
schiedenen Kohlehydratkuren, von denen die mit
Hafer die wirksamste ist. Nach ihm „stellt jede
Kohlehydratkur ein Glücksspiel dar. Die Zahl
der Nieten wird immer größer, je weiter man
sich vom Hafer entfernt. Die Stufenleiter der
Amylaceen lautet: Hafer, Gerste, Roggen, Weizen,
Mais, Kartoffeln, Reis usw.“ Dabei legt er eine
große Bedeutung der gärungsfähigen Darmflora
bei. Nach seiner Auffassung liegt allen Kohle¬
hydratkuren das eine Prinzip zu Grunde, daß
eine gärungskräftige Darmflora die eingeführten
Kohlehydrate so energisch vergärt, daß ihre
Resorption als Zucker vermieden wird und nur
als Zuckeroxydationsstufe erfolgt. Ob dieser
Standpunkt nicht doch zu einseitig ist, müssen
weitere Erfahrungen und Untersuchungen lehren.
Rosenfeld bespricht in seiner Arbeit den
Einfluß der verschiedenen Kohlehydrate, beginnend
mit denjenigen der C 2 -Reihe bis zu denjenigen
der C 8 -Reihe. Davon bieten die Kohlehydrate
mit 2-5 C-Atomen wenig Aussicht für die Ver¬
wendung bei Diabetikern.
Bei der Besprechung der Hexosen geht R.
näher auf die Milch-, Kartoffel-, Inulin- und
Hafermehlkur ein. Die Kartoffelkur ist nicht zu
empfehlen, bei der Milchkur ist Vorsicht not¬
wendig, Inulin kann mit Vorteil gegeben werden,
und in der Hafermehlkur sieht R. die unter Um¬
ständen wirksamste Kohlehydratkur. Zur Erklä¬
rung ihrer Wirkung schließt er sich der An¬
schauung von Klotz an, daß das Hafermehl im
Darme energisch abgebaut und schnell resorbiert
wird. Es wird dann nach seiner Anschauung im
Körper auf dem sogenannten anhepatischen Wege,
d. h. ohne vorher zur Glykogenbildung zu dienen,
verarbeitet und kann deshalb auch vom Diabetiker
oxydiert werden.
Von den Kohlehydraten mit mehr als 6 C-Atomen
wird dem Hediosit (7 C-Atome) eine die Zucker¬
ausscheidung herabsetzende Wirkung zugesprochen.
Die Arbeit von Grund bringt eine eingehende
Besprechung der Hafermehlkur ohne neue Ge¬
sichtspunkte. Grube (Bonn).
112. Lehrbuch der speziFieohen Diagnostik
und Therapie der Tuberkulose; von Ban¬
delier und Roepke. 7. gänzlich um-
gearb. Auflage mit 25 Temperaturkurven auf
7 lithograph. Tafeln, 2 farbigen lithograph.
Tafeln u. 5 Textabbild. Würzburg. Curt
Kabitzsch (A. Stübers Verlag). (Broschiert
8 Mk. 30 Pf., geb. 9 Mk. 50 PL)
Das bekannte, vortreffliche Buch ist in der
neuen Auflage vielfach ergänzt und berücksich¬
tigt die neuesten Erfahrungen der Tuberkulin¬
anwendung. Es ist zurzeit das beste und voll¬
ständigste Werk der spezifischen Diagnostik und
Therapie der Tuberkulose, welches viel dazu bei¬
getragen hat, ihr von Jahr zu Jahr mehr An¬
hänger unter den Ärzten zu verschaffen; es sei
auch in der neuen Auflage warm empfohlen.
Paul Krause (Bonn).
113. Die akute allgemeine Miliartuberkulose;
von G. Cornet Wien u. Leipzig. AHölder.
(2 Mk. 30 Pf.)
Das bekannte Buch von C. aus Noth¬
nagels spezieller Pathologie und Therapie ist in
2. Auflage erschienen, es ist gänzlich umgearbeitet.
Der Nachweis der Tuberkelbazillen im Blute ist
leider etwas kurz abgehandelt, die vielen Arbeiten
der letzten 2 Jahre sind nur vereinzelt erwähnt,
eine kritische Würdigung dieser Befunde, welche
ich persönlich größtenteils für unrichtig halte,
sucht man sachgemäß in einer Monographie Ober
Miliartuberkulose. Auch ein Röntgenbild von
Miliartuberkulose sollte nicht fehlen.
Diese geringen Ausstände tun aber dem vor¬
trefflichen Buche keinen Abbruch, es wird auch
in der neuen Form verdientermaßen viele Leser
finden. Paul Krause (Bonn).
114. Handbuch der Hygiene. Herausgegeben
von Rubner, Gruber und Ficker.
4. Band. 1. Abteilung. Leipzig. S. Hirzel.
(15 Mk.)
In schöner Ausstattung mit belebenden Grund¬
rissen und Abbildungen liegt der vierte Band des
Handbuches vor. Wenngleich an Lehrbüchern
mit Kompendien der Hygiene just kein Mangel
ist, wird sich dies Handbuch dennoch gut ein¬
führen. Von berufener Seite sind behandelt die
Hygiene des Kindesalters (Heubner in Berlin).
Bau, Einrichtung der Krankenhäuser, sowie
Krankenpflege und Krankentransport (Merkel.
Schmieden und Boethke), Leichenwesen
(Rud. Abel), Arme und Gefängnisse (K i ss-
kalt in Königsberg), Hygiene des schulpflich¬
tigen Alters (Süpfle), endlich die wichtigsten
gesetzlichen Bestimmungen über das Gesund
heitswesen in Staat und Gemeinde (Räuber in
Erfurt). Für jeden, der sich über diese Materien
rasch orientieren will, stellt das neue Handbuch
ein wertvolles Nachschlagewerk vor.
Seitz (Bonn).
115. Erinnerungen einet alten Irrenarztee;
von Carl Pelman. Bonn 1912. Friedr.
Cohen. (Geb. 3 Mk. 50 Pf.)
Die Lebenserinnerungen einer ausgesprochenen
Persönlichkeit zu lesen, die die Gelegenheit zu
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Immelm&nn. — Fromme und Ringleb. — Preiswerk. — Peckert. — Kraus und Ridder.
517
reichlichen Beobachtungen auch wirklich benutzt
hat, bedeutet immer eine Anregung und einen
Genuß. Das gilt in erhöhtem Maße von dem vor¬
liegenden Buche, das uns eine anschauliche und
lebendige Schilderung der Entwicklung der prak¬
tischen Psychiatrie vermittelt, die gerade in dem
von P. durchlebten Zeitraum ihre großen Fort¬
schritte gemacht hat; mit ihm wandern wir von
den Irrenanstalten alten Stils zu den modernen
Krankenhäusern für psychische Kranke. Aber
darüber hinaus erzählt uns P. von seinen son¬
stigen Erlebnissen, und man weiß nicht, was
dabei mehr betont zu werden verdient, die leben¬
dige, plastische Darstellung, besonders, wo es
sich um Schilderungen der Natur handelt, den
herzerquickenden Humor, der auch in schwierigen i
Situationen nicht weicht, oder die liebenswürdige
Beurteilung der Mitmenschen.
Kurz und gut ein Buch, dessen Lektüre nicht
nur dem Psychiater eine genußvolle Stunde be¬
reitet, und wenn Ref. dem Verf. gerne noch länger
zugehört hätte, so ist daran gewiß nicht allein
der Umstand schuld, daß er sich gerne und dank¬
bar der unter ihm verlebten Zeiten erinnert.
S c h u 11 z e.
116. Da« Röntgenverfahren bei Erkrankungen
der Harnorgane ; von Max Immelmann.
Berlin 1913. H. Meusser. (7 Mk. 80 Pf.)
Das der von Heinz Bauer herausgegebenen
„Bibliothek der physikalisch-medizinischen Tech¬
niken“ zugehörige Meine Werk (88 Seiten) gibt in
gedrungener, aber klarer Form einen vollen "Über¬
blick nicht nur über die Technik des Röntgenver¬
fahrens bei Erkrankungen der Harnorgano, son¬
dern auch über die Diagnostik und speziell diffe¬
rentialdiagnostische Bedeutung der Röntgenunter¬
suchungen. Dabei werden nicht nur die Erkran¬
kungen der Niere und Nierenbecken, Ureteren
und Blase besprochen, sondern auch deren Lage-
und Formveränderungen. Das Werk, dem ein
vollständiges Literaturverzeichnis beigegeben ist,
ist durch einige prachtvolle Reproduktionen, wie
ich sie noch selten so schön gesehen habe, von I
28 Röntgenbildern bereichert. Jeder Urologe und :
jeder Arzt wird großen Gewinn aus dem Studium
des Buches haben. Asch (Straßburg).
117. Lehrbuch der Kystophotographie, ihre
Geschiohte, Theorie und Praxi«; von Fr.
Fromme und 0. Ringleb. Mit 29 Abb.
im Text u. 7 photograph. Tafeln. Wies¬
baden. J. F. Bergmann. (15 Mk.)
Das Werk stellt einen Markstein in der Ge¬
schichte der Kystophotographie dar. Die Verf.,
von denen R i n g 1 e b durch Einführung und
Ausarbeitung des Zeisschen Kystoskopes bekannt
ist, geben bis in alle Einzelheiten eingehende Dar¬
stellung sowohl der Geschichte der Kystophoto¬
graphie als des inneren Baues ihres kystophoto-
graphischen Apparates, dessen theoretische Be¬
gründung genau präzisiert wird- Wer sich mit
dem Studium dieser Apparate gründlich beschäf¬
tigen will, dem sei das Werk, des auch wunder¬
bare Photogramme des Blaseninneren bietet,
wärmstens empfohlen. Asch (Straßburg).
118. Lehrbuoh u. Atla« der konaervierenden-
Zahnheilkunde ; von Gustav Preiswerk
[Bd. 38 der Lehmannschen med. Handatlanten.]
München 1912. (Geb. 14 Mk.)
Der vorliegende Band, der vom Verlage in der
bekannten musterhaften Weise ausgestattet ist,
bildet die Ergänzung und den Abschluß des drei¬
bändigen Werkes über die verschiedenen Dis¬
ziplinen der Zahnhoilkunde. Die Anordnung des
Stoffes ist übersichtlich und Mar, die bewähr¬
testen Methoden sind in den Vordergrund gerückt,
das Gute vom Modernen eingehend dargestellt.
Die von P., angegebene und geübte Methode der
Wurzelfüllung mit dünnen Metallstiftchen, die in
Zementbrei getaucht, diesen vor sich herschieben,
bedeutet zwar auch keine Idealfüllung, wie P.
selbst zugibt, doch sind seine persönlichen Erfolge
damit gute. Erfreulicher Kürze und Prägnanz
befleißigt sich das Kapitel über die so viel dis¬
kutierte Alveolarpyorrhöe. Jaehn (Breslau).
119. Einführung in die konaervierende Zahn¬
heilkunde; von Peckert 2. Teil. Leipzig.
S. Hirzel. (6 Mk.)
Enthält die Methoden der Füllung mit nicht¬
plastischen Materialien: besonders wertvoll bei
der Darstellung sind gewisse technische Kniffs,
die P. erprobt hat. Die Diagnostik des Zahn¬
schmerzes ist umfangreich behandelt in der The¬
rapie der verschiedenen Periodontitiden ist alles
Wissenswerte angeführt. — Ausstattung und
Druck des Buches stehen vorteilhaft gegen das
Landläufige in dieser Beziehung ab.
Jaehn (Breslau).
120. Die Erkrankungen der Mundhöhle und der
Speiseröhre ; H. Teil: Die Erkrankungen der
Speiseröhre; von F. Kraus und Ridder.
2. neu bearbeitete Aufl. Mit 49 Abb. im
Text u. 12 Tafeln. (Spezielle Pathologie und
Therapie; herausgegeben von weil. Her¬
mann Nothnagel, fortgeführt von L. v.
Frank 1-Hochwart). Wien und Leipzig
1913. Alfred Hölder. 372 S. (Brosch.
15 Mk. 20 Pf.)
Nach anatomisch - physiologischen Angaben
über den Ösophagus und seine Funktion, denen
sich noch Bemerkungen über Stenose und Rup¬
tur anschließon, widmen K. und R. den Unter¬
suchungsmethoden (Sondierung, Ösophagoskopie,
Röntgen verfahren u. a.) ein besonderes Kapitel.
Diesem folgen in getrennten Abschnitten Patho¬
logie der angeborenen Ösophaguserkrankungen,
der Ösophagusvarizen und den Blutungen aus
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518
Croner. — Thöle. — de Terra.
ihnen, den Neurosen des Organes, der Erweite¬
rungen, der nekrotischen, der entzündlichen Pro¬
zesse, der chronischen spezifischen Entzündungen
(Tuberkulose, Syphilis, Aktinomykose, Rotz,
Streptotrichiasis), der Einwirkung von Parasiten,
der Neubildungen. Endlich sind die vorwiegend
chirurgischen, aber noch dem Grenzgebiete an-
gehörigen Leiden (Verletzungen, Fremdkörper,
Oesophagitis corrosiva, röhrenförmige Abstoßung
der Schleimhaut, Verätzungsstrikturen) ausführ¬
lich besprochen. Überall ist auf die Literatur Be¬
zug genommen, wobei alle wesentlichen Arbeiten
von den weit zurückliegenden bis zu den neuesten
herangezogen sind. — Ein nach Inhalt und Aus¬
stattung vorzügliches Buch! —
K a d n e r (Dresden).
121. Lehrbuch der Desinfektion; von Fr.
Croner. Leipzig 1913. Dr. Werner Klink-
hardt 534 S. (Brosch. 20 Mk., geb. 22 Mk.)
Wie C. in seinem Vorwort erwähnt, ist der
Ausdruck „Lehrbuch der Desinfektion“ nicht ganz
richtig gewählt; das Werk ist einem Handbucho
naehgebildot, ohne daß es wegen der nicht
völligen Erschöpfung der Literatur Anspruch auf
diese Bezeichnung machen kann. Ein solches
Zwitterwesen muß naturgemäß manche Fehler an
sich haben. So wäre es denn nur zu begrüßen
gewesen, wenn C. sich entschlossen hätte, ein
richtiges Handbuch zu schreiben und die Literatur
möglichst vollständig zu bringen. So vermißt
Ref. manche wichtige einschlägige Arbeit, wäh¬
rend andere weniger wichtige erwähnt werden.
Manche Kapitel sind zu kurz gekommen, andere
wieder zu lang ausgeführt. Die Abhandlungen
lassen größtenteils sehr viel zu wünschen übrig,
und um manches wichtige Bild könnte das Buch
noch bereichert werden. Doch sind das Fehler,
die in einer neuen Auflage vermieden werden
können. Sonst enthält das Buch viel Gutes und
entspricht einem Bedürfnis. Im ersten Teil wor¬
den die Desinfektionsmethoden und -mittel ein¬
gehend besprochen, der zweite enthält die spezielle
Desinfektion. So kommen zwar manche Wieder¬
holungen zustande, und manches Zusammen¬
gehörige wird auseinandergerissen. Doch hat sich
C. bemüht, jedes Kapitel möglichst als ein in sich
abgeschlossenes Ganzes zu behandeln. Im all¬
gemeinen kann man also dem Buche eine weitere
Verbreitung wünschen, der allerdings wohl der
unverhältnismäßig hohe Preis im Wege stehen
dürfte. Königsfeld (Breslau).
122 . Die Verletzungen der Leber und der
Gallenwege; von Thöle. [Neue deutsche
Chirurgie Bd. 4.J Stuttgart 1912. Ferd. Enke.
In diesem, dem Generalstabsarzt der Armee
Exzellenz von Schjeraing gewidmeten Werke, das
auf gebaut ist auf einer sehr sorgfältigen Be¬
nutzung der gesamten Literatur, auf Leichen¬
versuchen und eigener klinischer Erfahrung, gibt
Th. eine erschöpfende Darstellung des Themas.
Nach einer kurzen statistischen Übersicht über
die expektativen und operativen Behandlungs-
resultate werden im ersten Abschnitt die Stich¬
verletzungen, Schußverletzungen und besonders
ausführlich die subkutanen Rupturen der Leber
in ihren klinischen Erscheinungen, ihrer Häufig¬
keit, ihrer Gefährlichkeit und ihren Folgen be¬
sprochen und kritisch gewürdigt Im zweiten
Abschnitt folgt dann die operative Behandlung,
Indikationsstellung und Technik, wobei die wich¬
tige Blutstillung besonders gründlich behandelt
wird, und schließlich — etwas kürzer — die Ver¬
letzungen der Gallenblase und extrahegetischen
Gallengänge. Das Literaturverzeichnis — fast
50 Seiten — legt Zeugnis ab von dem Fleiß und
der Gründlichkeit, mit der Th. bei der Abfassung
dieser Monographie vorgegangen ist und kann
das klar und anschaulich geschriebene Buch
jedem empfohlen werden, der sich über diesen
Gegenstand orientieren will. Graff (Bonn).
123. Vademecum anatomicum, kritisch¬
etymologisches Wörterbuch der syste¬
matischen Anatomie mit besonderer
Berücksichtigung der Synonymen, nebst
einem Anhang; Die anatomischen Schrift¬
steller des Altertums bis xur Neuzeit; von
Dr. Paul de Terra. Jena 1913. Gustaf
Fischer. Kl. 8°. 647 S. (15 Mk.)
Das „ Vademecum anatomicum“ von de T. ent¬
hält in alphabetischer, lexikonartiger Zusammen¬
stellung die in der Anatomischen Nomenklatur
üblichen Bezeichnungen sowie die gebräuchlichen
Eigennamen der „Entdecker“. Gleichzeitig sind
die Synonyme beigefügt und die (oft ja recht
zweifelhafte) Etymologie der Worte. Im großen
und ganzen wird nur die deskriptive Anatomie
berücksichtigt, nicht Embryologie und Histologie
und die Basler Anatomische Nomenklatur zu Grunde
gelegt, die sich ja ebenfalls hauptsächlich auf die
systematische Anatomie beschränkt Als Nach-
schlagebuch ist das dem Format nach recht hand¬
lich gehaltene Buch durchaus zu empfehlen; da¬
gegen dünkt die am Schlüsse angefügte Biographie
dem Ref. etwas eigentümlich, zusammengestellt
Anatomen von großer Bedeutung fehlen, weil sie
zufällig kein deskriptiv-anatomisches Werk ver¬
faßt haben (?), bei anderen sind die wichtigsten
Entdeckungen, die sich am ihren Namen knüpfen,
nicht aufgeführt, während andrerseits selbst dem
Fachmann fast unbekannte Autoren genannt sind.
Wer versuchen wollte, sich aus dieseD bio¬
graphischen Notizen ein Bild von der wissen¬
schaftlichen Bedeutung der einzelnen Anatomen
zu machen, der würde manche Überraschung er¬
leben. Sobotta (Würzburg).
124. Klinik der Darmkrankheiten. Eßter
Teil: Anatomische und physiologische Orund-
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Schmidt. — Bornträger. — v. Györy. — Boehm und Oppel. — Wilbrand und Sänger.
519
lagen — Diagnostik — Therapie — Darm¬
dyspepsien — Entzündliche Erkrankungen
des Darmes; von Adolf Schmidt Wies¬
baden 1912. J. F. Bergmann, 380 S. mit
102 größtenteils farbigen Textabb. (Brosch.
12 Mk.)
Sch. hat sich auf dem Gebiete der Klinik der
Darmkrankheiten (namentlich durch seine Arbeiten
über funktionelle Danndiagnostik) einen weit ver¬
breiteten Ruf erworben. Seine Untersuchungs¬
methoden haben in den wissenschaftlichen Kreisen
aller Länder Anerkennung gefunden und werden,
wenn auch vielfach modifiziert, allenthalben an¬
gewandt Es erübrigt sich somit das Buch zu
empfehlen. Nur sei bemerkt, daß Sch. in
diesem ersten Teile des Werkes die Ergebnisse
seiner eigenen Arbeiten niederlegte. Für innere
Ärzte ist das Buch sicher unentbehrlich, aber
auch die Chirurgen, die sich mit der Behandlung
der Bauchorgane befassen, werden dasselbe
brauchen. Kadner (Dresden).
125. Der Geburtenrückgang in Deutsch¬
land, seine Bewertung und Be¬
kämpfung; von J. Bornträger. Würz-
burg 1913. Curt Kabitzsch. 176 S. (4 Mk.)
Nach einer eingehenden Darstellung der Daten,
die den Geburtenrückgang beweisen und der
Faktoren, die ihn veranlassen, kommt B. zu einer
großen Reihe von Vorschlägen zur Bekämpfung
des Geburtenrückgangs. Mag vieles einseitig
empfunden und auch mancher Vorschlag uto-
pistisch erscheinen, jeder der sich mit dieser
Frage beschäftigt, wird eine Fülle von Material
und Anregung durch dieses, mit begeisterter Feder
geschriebene Buch erhalten.
Nippe (Königsberg).
126. Der Morbus Brunogallicus in Sud-
hoffs und Stickers Heften zur histo¬
rischen Biologie der Krankheitserreger;
von Tiberius von Györy. 6. Heft
Gießen 1912.
Der Bericht des Thomas Jordanus über
eine von ihm beobachtete Epidemie zu Brünn in
Mähren im Jahre 1577 bedeutet die erste Be¬
schreibung einer Syphilisepidemie, die ohne ge¬
schlechtlichen Verkehr zustande kam. Sie ging
von einer Badestube aus und wurde durch
Schröpfköpfe bewirkt, die von unbekannter Quelle
sus infiziert waren. Die gründliche \ind um¬
sichtige Darstellung der Epidemie rechtfertigt die
neue Übersetzung und Veröffentlichung der Jordan-
schen Schrift als Beitrag zur Geschichte der
Syphilis. Sticker (Bonn).
127. Taschenbuch der mikroskopischen
Technik; von Boehm und Oppel. 7.Aufl.
von A. Oppel. München und Berlin 1912.
R. Oldenbourg. 355 S. mit 10 Fig. (6 Mk-)
Das Boehm- Oppelsche Taschenbuch, in der vor¬
liegenden 7. Auflage von A. Oppel allein besorgt
(nach dem Tode des anderen Verfassers), ist längst
ein absolut unentbehrliches Inventarstück jedes
histologisch-embryologischen Laboratoriums ge¬
worden. Der Umstand, daß es B. und 0. ge¬
lungen ist, die Ausdehnung des Buches trotz
Anwachsen des Stoffes stets in mäßigen Grenzen
zu halten und ihm die Gestalt eines „Taschen¬
buches“ nicht zu rauben, trägt besonders dazu
bei, dem Buche unter allen anderen „Techniken“
den ersten Platz zu sichern. Die 7. Auflage hat
hauptsächlich durch Aufnahme eines Kapitels über
die experimentell-entwickelungs-mechanische Tech¬
nik eine Vermehrung des Inhaltes erfahren. Da¬
neben sind auch die Kapitel über Vitalfärbung usw.
weiter ausgestattet worden.
Sobotta (Würzburg).
128. Die Neurologie des Auges. EinHand-
buch für Nerven- und Augenärzte ; von
H. Wilbrand und A. Sänger. IV. Bd.
2. Hälfte: Die Erkrankungen der Papilla
Nervi optici. Wiesbaden 1912. J. F. Berg¬
mann. 841 S. (16 Mk.)
Die Einteilung der Erkrankungen des Seh¬
nerveneintrittes nehmen W. und S. nach dem
ophthalmoskopischen Bilde vor; dementsprechend
sind erst alle Veränderungen der Form der Papilla
Nervi optici besprochen, sodann die Verände¬
rungen der Farbe, und zwar hierbei die abnormen
Pigmentierungen der Papille, die für den Prak¬
tiker ohne große Bedeutung ist, und zweitens
die Hyperämie der Papille. Damit gelangen W.
und S. auf das so wichtige Gebiet der Neuritis
Nervi optici und der Stauungspapille. Der Oph¬
thalmologe hat naturgemäß bei dieser Einteilung
vom rein diagnostischen Standpunkt aus zuweilen
den Eindruck des Gekünstelten, doch läßt sich
nicht leugnen, daß für Neurologen und für den
Kliniker ganz allgemein sie große Vorzüge be¬
sitzt und vielen sehr willkommen sein wird.
Der Hauptinhalt des Buches wird von einer
sehr gründlichen Behandlung der Pathologie der
Stauungspapille eingenommen. Besonders die vielen
krankhaften Zustände, bei denen Stauungspapille
beobachtet wird, sind sehr sorgfältig bearbeitet
und mit einer reichhaltigen Kasuistik versehen.
Dadurch ist der Band besonders für den Ophthal¬
mologen, Neurologen und Chirurgen sehr wert¬
voll und füllt geradezu eine Lücke in der Literatur
aus. Einige Äußerlichkeiten könnten bei einer
späteren Neuauflage geändert werden, so die
fortlaufende und bei etwa 500 beginnende
Seitennummerierung des an sich selbständig
gehaltenen Bandes; ferner wäre es übersichtlicher,
wenn die Literatur am Schlüsse nach dem Er¬
scheinungsjahr geordnet würde.
Kölln er (Berlin).
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520
Oettingen.
JoBenhaus. — Loewenfeld.
129. Leitfaden der praktischen Kriegschir¬
urgie; tod Oettingen. Dresden and
Leipzig. Th. Steinkopf. 377 S. (9Mk.50Pt)
Eine ausgezeichnet praktische Anleitung,
welche in knapper Form den modernen prak¬
tischen Standpunkt der Kriegschirurgie und auch
— in mehr kursorischer Form — den der übrigen
Hilfsmittel der Kriegsheilkunde festlegt. Das
kleine Format, das dünne Papier und der bieg¬
same Leinenband machen das Buch mit seinen
350 Seiten auch äußerlich außerordentlich hand¬
lich. Der Inhalt ist der Niederschlag der Erfah¬
rungen des bekannten Verfassers aus dem rus¬
sisch-japanischen Kriege. Der allgemeine Teil
bringt die Art und Wirkung der Kriegswaffen, die
allgemeine Wundbehandlung, Pflege, Diätetik,
Unterkunft und Transport der Verwundeten und
die Kriegssanitätstaktik, der spezielle Teil die
Charakterisierung und Behandlung der Ver¬
letzungen des Schädels, Halses, Brust, Bauches
und der Extremitäten. Dieser Teil gibt die Indi¬
kationen für das Verhalten auf dem Truppen¬
verbandplatz, Hauptverbandplatz und im Feld¬
lazarett getrennt wieder und die Technik der
Operationen und Verbände mit genügender Aus¬
führlichkeit. Mancher wird manches vermissen
oder dieses oder jenes anders haben wollen — so
findet sich z. B. kein Wort über Serumtherapie —,
aber gerne anerkennen, daß überall einheitliche
Grundsätze aufgestellt werden und für einfache,
praktische, kriogsbrauchbare Methoden eingetreten
wird. Zahlreiche nützliche Abbildungen sind in
den Text gestreut, ihre Zahl dürfte bei Neuauf¬
lagen zweckmäßig noch vermehrt werden.
Einiges Charakteristische sei hier aus dem In¬
halt hervorgehoben: Jede Wunde ist primär in¬
fiziert, trotzdem treten dank der Abwehrkraft des
Körpers bei Mantelgeschoßverletzungen etwa 85 # /c
bei Schrapnellverwundungen etwa 25°/ 0 sterile
Heilungen ein. Ruhe und Druckentlastung hin¬
dern die Ausbreitung der Infektion. Schutz der
Wunden durch aufsaugende aseptische Verbände
unter Vermeidung alles Anfassens, Waschens,
Sondierens, festen Tamponierens zusammen mit
Fixation begünstigen in hohem Maße die sterile
Heilung. Die Aseptik wirkt mechanisch durch
Fortschaffung und ^Arretierung“ der Bakterien.
Letztere — ein Lieblingsgebiet v. Oettingens
— geschieht durch Pinselung mit einer harz¬
haltigen Lösung, dem Mastisol, sie ist eine The¬
rapie der Wundumgebung, verhütet aber erfah¬
rungsgemäß in hohem Maße Sekundärinfektionen,
dient zur Notsterilisation der Hände, schaltet den
Gebrauch des Wassers aus und befestigt zugleich
die Verbandstoffe. Antiseptische (chemische)
Maßnahmen sind von goringem Nutzen, oft schä¬
digend. (v. Oe. schätzt fast nur das Kollargol.)
Ein Aufsammeln der Verwundeten während des
Kampfes bei Tage ist vollkommen ausgeschlossen,
in der Nacht nur denkbar, wenn es ohne Licht ge¬
schehen kann. Auf dem H&uptverbfuidpl&tze
müssen schwere Verletzungen sachgemäß ope¬
rativ behandelt werden, der Hauptverbandplatz
ist daher mit erstklassigen Chirurgen zu besetzen.
Prophylaktische Amputationen sind selten am
Platze, sie kommen nur in Frage, wo große
Weichteilverletzungen mit Zerreißungen großer
Blutgefäße Hand in Hand gehen. Bei Sepsis aber
empfehlen sich frühzeitige Amputationen, am
besten die lineare Amputation nach Kausch.
In der Verbandtechnik ist Einheitlichkeit und ein
gewisses Schema zu erstreben. Die Verbände
sind möglichst selten zu wechseln. Der Trans¬
port der Verwundeten soll möglichst ohne Um¬
ladung auf einer Einheitsbahre — improvisiertem
Holzbettgestell mit Drellschlauchbezug — bis in die
Heimat von sich gehen. Widenmann (Danzig).
130. Wildbadkur; vonW. Josenhans. 3. Aufl.
Minden i. W. J. C. C. Bruns. 110 S.
Lehrreiches Schriftchen über die Indikationen
der Wildbadkur und die von ihr zu erwartenden
Heilerfolge in übersichtlicher und klarer Zu¬
sammenstellung. Schrumpf (St Moritz).
131. Bewusstsein und psyohisohes Geschehen.
Die Phänomen des Unterbewusstseins und ihre
Bolle in unserem Geistesleben; von L. L o e -
wenfeld. Wiesbaden 1913. J. F. Berg¬
mann. (2 Mk. 80 Pf.)
Die Vertiefung in psychologische Probleme wird
für den Nervenarzt immer notwendiger, je mehr
die Freudschen Lehren an Anhängern gewinnen
und je größer die Kluft ist, die Freud zwingt von
jenen Schülern abzurücken, die jetzt nur noch in
Traumdeutung sich verlieren; L. hat das Verdienst,
von Leibnitz an bis in die neueste Zeit hinein die
Entwicklung der Anschauungen von den unbewu߬
ten psychischen Vorgängen verfolgt zu haben. Be¬
sonders sind es Mediziner wie Griesinger,
Moebius, Jauck, Hellpach und Bleuler,
sowie Ziehen und die Schule von Nancy und
des Salpetriöre, deren Ansicht er ausführlich wie¬
dergibt. Daneben versäumt er nicht, manche Er¬
fahrungstatsachen, die er selber erlebt hat, anzu¬
führen, teils im Alltäglichen Zerstreutheit Träu¬
men, teils bei Neurosen, Hysterie, Hypnotismus,
epileptischem Dämmerzustand u. a. m. L. verkennt
nicht die Gefahr, die in den individuellen Deu¬
tungen seitens der Anhänger von psychoanalyti¬
schen Methoden, für ihre „Tiefenpsychologie“ er¬
wachsen ist, aber er sieht es als ein unvergängliche»
Verdienst Freuds an, „die Erforschung der Ge¬
schehnisse in den Tiefen unserer Seele, deren Be¬
deutung mit Leibnitz schon viele erkannt hatten,
nicht nur auf neuen Wegen in Angriff genommen,
sondern auch in nachhaltigerer Weise, als irgend
jemand vor ihm angeregt zu haben". Zu bewun¬
dern ist L.s große Belesenheit in rein philosophi¬
schen Autoren, die auch aus diesem Buche ersicht¬
lich ist L a q u e r (Wiesbaden).
F&r die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. H. Lee in H— ■ — Biilarednktenr: Prof. Dr. C. Bachem En Ben.
A. Harro* E. Vital Vertag (Dr. Jnr. Albert Ahn) in Beaa. — Druck von Otto Wljaad m. b. H. in Lei pal;.
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Schmidts Jahrbücher
der
in- und ausländischen gesamten Medizin
Band 317 Juni 1913
A. Auszüge.
I. Pharmakologie (einschl, Pharmakotherapie) und Toxikologie.
1469. Intraarterielle Therapie; von F.
Bleichröder, E. Unger und W. Löb. (Berl.
klin. Woch. 1912. Nr. 32. S. 1503.)
L. hat nach Vorversuchen am Hunde in
4 Fällen puerperaler Sepsis von der Arteria femo¬
ralis aus einen dünnen Ureterkatheter bis zur
Bifurkation der Bauchaorta vorgeschoben und
dann nach Kompression der Venae und Arteriae
femorales beiderseits Kollargol intraarteriell inji¬
ziert und hat damit dem infizierten Uterus ein
Medikament in einer derartigen Konzentration bei
verlangsamter Zirkulation (durch Kompression
der Venen) zugeführt, wie es bei einer anderen
Applikationsmethode unmöglich wäre. Das Ver¬
fahren ist bei allen lokalisierten Erkrankungen
indizerL In gleicher Weise ist die Methode zu
experimentellen Zwecken zu benutzen, indem man
zur vitalen Injektion oder zur vitalen Färbung
Tusche bzw. Farblösungen bestimmten Bezirken
Zuströmen läßt. Hahn (Marburg).
1470. Notes sur le neosalvarsan ; par
Jacquö et Sluys. (Gaz. des Höp. 1912.
Nr. 112. S. 1551.)
Neosalvarsan bedeutet gegenüber dem Salvar-
san nichts wesentlich Neues. Mit Neosalvarsan
kann man frische Fälle von Syphilis „sterili¬
sieren“; in späteren Stadien scheinen die Resultate
nicht besser zu sein als mit Salvarsan. Da die
Giftigkeit des Neosalvarsans geringer ist, können
größere Gaben und innerhalb kürzerer Zeit inji¬
ziert werden als beim Salvarsan. Neben anderen
Nebenwirkungen hat man beim Neosalvarsan mit
einer Idiosynkrasie zu rechnen. Während J. u. S.
das Mittel bei frischer Syphilis (bis zu 15 Tagen)
empfehlen, ist bei älteren Fällen eine Kombination
mit Arsen, Quecksilber und Jod am Platze.
Bachem (Bonn).
1471. Über vergleichende Tierexperi¬
mente mit Salvarsan und Neosalvarsan;
von H. E. Kersten. (Zentralbl. f. Bakt. Bd. 65.
H. 4 u. 5. S. 369. 1912.)
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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Nach K. gebührt dem Neosalvarsan entschieden
der Vorrang gegenüber dem Salvarsan, und zwar
wegen seiner leichten Löslichkeit unter Fortfall
der Natronlauge, wegen seiner absolut neutralen
Reaktion, seiner geringeren Giftigkeit und seiner
erhöhten Wirksamkeit im Tierversuch. Diese Er¬
fahrungen machte K. bei Rekurrens und Nagana-
Tieren und bemerkt selbst, daß diese an Tieren
gewonnenen Erfahrungen natürlich nicht ohne
weiteres auf die menschliche Lues auszudehnen
sind. In der Tat mehren sich in letzter Zeit die
Stimmen, welche das neue Salvarsanpräparat für
nahezu untauglich für den Menschen halten, so
daß dio günstigen Resultate, welche Schreiber
und Stühmer erzielt haben wollen, wohl ver¬
einzelt bleiben werden. S e i t z (Bonn).
1472. Hexamethylentetramin In thetreat-
ment of systemic infections with a special
emphasis upon its use as a prophylactic;
by S. J. Crowe. (Bull, of the Johns Hopkins
Hosp. 1912. Nr. 259. S. 255.)
Hexamethylentetramin spielt eine hervorragende
Rolle bei Schädelfrakturen als Prophylaktikum
gegen infektiöse Komplikationen. Während von
8 Fällen, in denen das Mittel nicht gegeben wurde,
die Hälfte starben, erlagen von 12 weiteren, die
von Anfang an Hexamethylentetramin bekommen
hatten, nur 2 einer Infektion. Große prophylak¬
tische Dienste leistete es ferner bei der Nach¬
behandlung von Exstirpationen von Hypophysis¬
tumoren (31 von 40 Fällen verliefen ohne Kompli¬
kation), ferner bei Zerebrospinalfisteln, Mittelohr¬
infektionen, sowie bei Poliomyelitis.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1473. Überein neues Harnantiseptikum;
von Gustav Fischer. (Folia uroh Bd. 7.
S. 161. 1912.)
Das neue Harnantiseptikum Amphotropin
(kampfersaures Hexamethylentetramin) bewährte
sich im Laufe einer längeren Beobachtungszeit
auf der urologischen Abteilung v. T e 1 e k y s als
ein vorzügliches Mittel bei den Erkrankungen des
66 . ..,.
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
522
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie) und Toxikologie.
Harnapparates (mit Ausnahme der Tuberkulose).
Seine auffälligsten und beweiskräftigen Eigen¬
schaften äußert das Amphotropin bei der Bakteri-
urie und den chronisch entzündlichen Verände¬
rungen der Harnwege, wo es, dank der Verbindung
seiner Komponenten, oft eine intensivere Wirkung
ausübt als die alten Harnantiseptika. Nebenwir¬
kungen wurden nicht beobachtet Dosis 0,5—1 g,
dreimal täglich, an bequemsten in Pastillenfonn.
Asch (StraBburg).
1474. Über Hexal (sulfosalizylsaures
Hexamethylentetramin); von K. Seegers.
(Berl. klin. Woch. 1912. Nr. 38.)
Empfehlung des Hex als als vorzügliches Ham-
antiseptikum bei Blasenentzündung, Erkrankun¬
gen des Nierenbeckens und der Blase, die auf
harnsaurer Diathese beruhen. Die Versuche er¬
gaben, daß die antibakterielle Wirkung des Hexals
eine außerordentlich kräftige ist. Dank der Sali-
zylkomponente wirkt es ferner in hohem Grade
schmerzstillend, was insebesondere auch bei Para¬
lytikern mit Blasenbescherden von Vorteil war.
Dosis 2—3 g pro Tag: keine Kumulierung, keine
unangenehmen Nebenerscheinungen.
Asch (Straßburg).
1475. Über die Einwirkung des Hexal
(su Ifosal izylsau res H examethy I en tetram i n)
auf die Infektion der Harnwege; von Ernst
R. W. Frank. (Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 38.)
F. gibt das Hexal in Dosis von 3—6 g pro Tag
und hebt dessen diuretische Wirkung hervor.
Unter Einwirkung des Hexals steigt der Säure¬
gehalt, und in Fällen von bakteriell verursachter
Alkalinität wurde der Urin rasch sauer. Das den
pathologischen Veränderungen der Blasenschleim¬
haut bzw. dem Leukozytengehalt des Urins ent¬
sprechende Eiweiß verschwand auffallend rasch.
Gleichzeitig bestehende leichte Nierenreizungen
wurden häufig beeinflußt. Auch die subjektiven
Beschwerden der Patienten in Fällen von Blasen¬
reizungen nahmen schnell ab. Die mikroskopische
Kontrolle der behandelten Fälle ergab eine auf¬
fallend rasche Verminderung des Bakterien¬
gehaltes bis zum völligen Verschwinden der Bak¬
terien. Sehr bemerkenswert war in allen Fällen
das ganz auffallende Sinken der Leukozytose. F.
hat das Mittel bei den verschiedensten bakteriellen
Entzündungen der oberen und unteren Harnwege
mit Erfolg angewandt Asch (Straßburg).
1476. Zwei Fälle von Atropinvergiftung;
von R Wolter. (Berl. klin. Woch. 1912. S. 1887.)
In dem ersten Falle wurden 8,2 g einer konzentrier¬
ten Atropinlösung getrunken. Unter schweren Vergif¬
tungserscheinungen (u. a. Krampf der Kiefer- und Pha-
rynxmuskulatur) trat nach 27 Stunden der Tod ein.
Im zweiten Falle hatte der Kranke 0,03 Atropinsulfat
f enommen und erkrankte unter vorwiegend psychischen
Irecheinnngen für kurze Zeit. Hier hatte Chloroform¬
darreichung einen günstigen Einfluß auf den Verlauf
der Vergiftung. Bachem (Bonn).
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1477. Complication8 following the ad-
min ist rat ion of hedonal; by Rawdon A.
Veale. (Brit. med. Joum. 1912. Nr. 2694.
S. 347.)
Bericht über 300 intravenöse Infusionen von Hedc-
nal. Die Vorteile, welche die Hedonalinfusion gegen¬
über der Äther- oder Chlorofornmarkose aufweist, wie
das Fehlen des Erstickungsgefühles bei den Patienten,
die ausgezeichnete Anästhesie, die Hebung des Blut¬
drucks usw., werden durch die große Anzahl der ver¬
schiedenartigsten Komplikationen, die mit der neuen
Methode einhergehen, sehr wesentlich abgeschwäeht.
Von seiten der Haut wurden lokale Ödeme und Blasen¬
bildung, von seiten der Lunge ödem, Pneumonie und
Infarkt, von seiten der Venen Thrombose der Injektions-
Stelle und der Femoralvene, sogar eine Himthromboee
beobachtet. Bei der Infektionsgefahr infolge tod
Lungenödem ist auf anti septische Behandlung von
Mund und Zähnen große Sorgfalt zu verwenden. Fist
alle genannten Erscheinungen lassen sich vermeiden,
wenn geringere Mengen als 1100 bis 1200 ccm Injek¬
tionsflüssigkeit gegeben werden. Wegen der Nich-
wirkungen sind die Patienten auch nach der kfofl'on
dauernd zu beobachten, Flnry (Wönhug).
1478. The effects of Chloroform; by ö. H.
Clark, (ßlasgow med. Joum. July 1912.S. 15.)
Wiederholte kleine Gaben von Chloroform, sei
es auf dem Wege der Inhalation, Injektion oder
per os eingenommen, haben eine intensivere Wir¬
kung als eine einmalige Dosis. Das Parenchym
der Organe wird degenerativ beeinflußt, besonders
die Leber- und Nierenzellen zeigen degenerative
Veränderungen. Auch Milztumor wird zuweilen
beobachtet. Die Herzmuskelfasem werden be¬
sonders durch Inhalation von Chloroform beein¬
flußt: sie verlieren die Querstreifung und zer¬
fallen. Die intensivere Wirkung wiederholter
kleiner Dosen wird dadurch erklärt, daß bereits
die erste Gabe die Vitalität der Gewebe herab¬
setzt, so daß die nachfolgenden bereits eine Schä¬
digung vorfinden.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1479. Über den Einfluß von Chloral-
hydrat auf den Erfolg der Vagusreizung;
von O. Loewi. (Arch. f. exper. Path. u. Pharm.
Bd. 70. S. 323. 1912.)
Intravenöse Injektion von Chloralhydrat in so
kleinen Dosen, daß Pulsfrequenz und Blutdruck
nicht oder kaum beeinflußt werden, hemmt zu¬
nächst hochgradig oder total das Wiederschlagen
des Herzens während der Vagusreizung.
Weiterhin wird die Wirkung der Vagusreizung
abgeschw&cht, kann aber jetzt durch erneute In¬
jektion wiederum in gleicher Weise wie früher
gesteigert werden. Große Dosen können e
Vaguserregbarkeit endgültig aufheben. KamP er
hebt ohne gleichzeitige Beeinflussung der Pu
frequenz oder dos Blutdrucks den Erfolg er
Vagusreizung ganz oder teilweise, immer nur vor
übergehend, auf. Die Wirkung von Pilokarp
oder Muskarin wird in analoger Weise beein
Aus diesen Versuchen dürfte zu folgen* sei>
daß die Intensität der Reizbildung des Herze
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I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie) und Toxikologie.
528
geändert werden kann, ohne daß dies in einer
Frequenz&nderung zum Ausdruck kommen müßte.
Als Maßstab hierfür kann der Erfolg der Vagus¬
reizung gelten. Die Ursache des Wiederbeginns
der Herztätigkeit während fortdauernder Vagus¬
reizung ist eine wachsende, durch die Hemmung
gesetzte Intensit&tssteigerung der Funktion der
reizbildenden Apparate. Bachem (Bonn).
1480. Über die Bedeutung des Kalziums
für die Vaguswirkung; von 0. Loewi. (Arch.
f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 70. S. 343. 1912.)
Geringgradige Kalziumentziehung durch kleine
Oxalatmengen steigert beim Warmblüter die Er¬
regbarkeit für elektrische Reizung: und zwar
schwach die des Nerv, pelvicus, deutlich die der
Chorda tympani, sehr beträchtlich und für lange
Zeit die des N. vagus. Diese Erregbarkeitssteige¬
rung ist durch Kalzium nicht zu hemmen.
Die Muskarinwirkung am Froschherzen kommt
im Gegensatz zu elektrischer Vagusreizung auch
an dem durch Kochsalzdurchspülung oder Oxalat¬
vergiftung kalkarm oder kalkfrei gemachten
Froschherzen zustande.
Die Pilokarpin- und Muskarinvaguslähmung bei
Säugern und Frosch wird durch Kalzium nicht be¬
einflußt. Bachem (Bonn).
1481. La viscositä del sangue e l’uso
degli alcalini ; per Campani e Leopard i.
(Riv. critic. di clin. Med. 1912. Nr. 32, S. 497.)
Reagenzglasversuche ergaben, daß Alkalisie¬
rung eine bedeutende Herabsetzung der Viskosität
des Blutes bedingt; diese Verminderung tritt so¬
wohl nach Soda als auch nach Natriumjodidzusatz
auf. Kaninchen, denen Alkalien in beträchtlicher
Konzentration eingespritzt wurden, zeigten eben¬
falls eine Verminderung der Alkaleszenz, dagegen
fielen entsprechende Versuche bei Hühnern nega¬
tiv aus. Therapeutische Gaben Jodalkalien waren
nicht genügend, um eine deutliche Viskositäts¬
veränderung nachzuweisen. Den Erfolg alkali¬
scher Wässer (Vichy usw.) führen C. und L. eben¬
falls auf die Viskositätsveränderung zurück.
Bachem (Bonn).
1482. Azione del mercurio e dei suoi
sali sulla ghiandola parotide; p&r E. Giani.
(Speriment 1912. Nr. 16. S. 551.)
Die Veränderungen der Parotis infolge von
Quecksilbervergiftung sind primär und hervor¬
gerufen durch die Ausscheidung des Quecksilbers
durch die Drüse. Mittels histochemischer Metho¬
den läßt sich die Ausscheidung des Quecksilbers
durch die Drüse verfolgen. Die Ausscheidung er¬
folgt in erster Linie bei akuten Vergiftungen, wenn
die übrigen Ausscheidungsorgane in ihrer Funk¬
tion nicht genügen. Die Veränderungen in der
Parotis sind proportional der ausgeschiedenen
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Menge Quecksilber. Der Speichel ist indes nicht
der Hauptweg der Hg-Ausscheidung.
Bachem (Bonn).
1483. Jodival, ein Jodkaliersatzpräparat;
von Dorn. (Allg. med. Zentralzeit 1912. Nr. 46.)
Jodival hat keine störenden Nebenerschei¬
nungen, ruft insbesondere keine Magenbeschwer¬
den hervor und zeichnet sich durch schnelle Jod¬
wirkung, sowie vollkommene Resorption aus. Zu
erwähnen ist auch die gleichzeitig sedative Wir¬
kung des Jodivals infolge seiner Valerylkompo-
nente. Die Erfahrungen erstreckten sich haupt¬
sächlich auf das Gebiet der Arteriosklerose, auch
auf luetischer Basis, und auf Störungen der Luft¬
wege.
In einem Palle handelte es sich um eine bejahrte
Patientin, die an Erschwerung der Sprache nnd an
Lähmungserscheinungen des linken Armes nnd Beines
als Folge von Arteriosklerose litt. Bei den übrigen
angeführten Fällen waren es gleichfalls fast durchwegs
altere Patienten, die früher Nikotin und Alkohol teil¬
weise stark auf sich einwirken ließen und bei denen
die Arteriosklerose mit Kopfschwindel, Angstzuständen,
Herzpalpationen, Nervosität und anginösen Beschwerden
begleitet war. Als durchschnittliche Dosis wurde wäh¬
rend 3—4 Wochen dreimal täglich »/>—1 Tablette ge¬
geben. In allen Fällen bewährte sich die Wirkung des
Jodivals, indem die Erregbarkeit des Herzens gemildert
wurde nnd die unangenehmen Begleiterscheinungen der
Arteriosklerose verschwanden oder doch zurückgingen.
Bachem (Bonn).
1484. Über die Resorption von Digitoxin
aus Digitalispräparaten und über ihre Be¬
ziehung zu Wirkung und Nebenwirkungen
derselben; von Gottlieb und Ogawa.
(Münchn. med. Woch. 1912. S. 2265 u. 2339.)
Digitoxin wird nicht im Magen, sondern erst
im Darm und auch hier nur langsam resorbiert.
Die Digitalispräparate verhalten sich hinsichtlich
ihrer Resorbierbarkeit nicht gleich: Aus Digipura-
tum wird Digitoxin rascher resorbiert als aus den
Folia Digital, titrata; daher die Überlegenheit in
der Wirkung des Digipuratum. Das nach Digi¬
talisgebrauch auftretende Erbrechen hat zweierlei
Ursachen: baldiges Erbrechen (innerhalb der
ersten Stunde) rührt von lokaler Magenreizung
her, solches nach etwa 7 Stunden — einer Zeit,
wo alles Digitoxin im Kreislauf sich befindet —
von einer resorptiven Vergiftung. Als Versuchs¬
tiere eignen sich Katzen am besten.
Im Gegensatz zu Digitalisblättem führt Digi-
puratumgebrauch niemals innerhalb der ersten
3 Stunden zu Erbrechen; die Ursache der Magen¬
reizung nach Digitalisblättern dürfte nicht auf
dem Gehalt an Digitoxin oder anderen wirksamen
Glykosiden beruhen. Im allgemeinen wirken die
Digitalispräparate um so stärker magenreizend,
je länger sie im Magen verweilen. Am schnellsten
verläßt Digipuratum in Lösung den Magen und
wird am raschesten resorbiert; Digipuratum in
Suspension wird fast ebenso schnell resorbiert.
Dagegen verhält sich das Blätterpulver von titrier-
Original from *- ■'
UNIVERSITYOF MICHIGAN
524
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie) und Toxikologie.
ten Digitalisbiättern wesentlich ungünstiger. Ein
Digitalisinfus wird zwar auch schnell resorbiert,
verweilt aber lange im Magen und ruft am
schnellsten Erbrechen hervor. Bachem (Bonn).
1485. Kampfer und Pneumokokken; von
August Seibert. (New York med. Record
1912. Nr. 16. S. 750.)
Aus zahlreichen Versuchen S.s und seiner Mit¬
arbeiter geht hervor, daß dem Kampfer eine aus¬
gesprochene Wirkung sowohl auf die Kulturen des
Pneumokokkus als auch auf die nach Infektion
von Menschen und Tieren (Kaninchen) auftretende
Toxämie zukommt. Injiziert man erwachsenen
Menschen (100 amerikan. Pfund Körpergewicht)
alle 8—12 Stunden 10 ccm einer 30proz. Lösung
von Kampfer in öl, so zeigen sich keinerlei Ver¬
giftungserscheinungen. Kaninchen vertragen noch
verhältnismäßig viel höhere Dosen. Nach S.
tragen diese Mengen von Kampfer wesentlich dazu
bei, die Pneumokokkentoxämie zu überwinden,
und zwar sind die Erfolge um so besser, je früher
die Behandlung eingeleitet wird. Zur Injektion
dienen 10—20 ccm haltende Luersche Spritzen, als
Injektionsstelle wird die Außenseite des Schenkels
empfohlen. Das öl und die Spritze sind zu sterili¬
sieren. F1 u r y (Würzburg).
1486. Action dächlorurante de quelques
diurätiques chez le lapin; par Bonnamour
et Imbert. (Journ. de Phys. et de Path. 1912.
Nr. 4. S. 768.)
Viele praktisch gebräuchliche Diuretika, einem
Kaninchen per os oder intravenös eingeführt, ver¬
mehren besonders die Ausscheidung der Chlo¬
ride. An stärksten wirkt in dieser Hinsicht Kal¬
ziumchlorid, dann das Theobromin, etwas weniger
Kaliumazetat, Theozin, Kaliumnitrat, Digitalis und
Koffein. (Die Zahl der angestellten Versuche ist
leider eine sehr kleine. Ref.!)
Bachem (Bonn).
1487. Über den Einfluß des Phloridzins
auf die Nierenarbeit; von A. Belak. (Orvosi
Arch. 1912. S. 154.)
Nicht toxische Dosen Phloridzin steigern den
Sauerstoffverbrauch des Organismus und zwar
teils dadurch, daß die Nierenarbeit eine Steige¬
rung erfährt, teils durch gesteigerten Sauerstoff¬
verbrauch in anderen Organen. Das Phloridzin
steigert also nicht nur die Arbeit der Niere, son¬
dern regt den Energieumsatz auch in anderen Or¬
ganen an. Wirkt dagegen das Phloridzin toxisch,
so nimmt der Sauerstoffverbrauch sowie der Blut¬
druck ah. Rosenthal (Budapest).
1488. Der Wert einigerVermifuga gegen¬
über dem Ankytostomum; von W. Schaffner.
(Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 16. S. 569.
1912.)
Das beste Wurmmittel nach Sch. ist das Thy¬
mol, 4—5 g pro die, mit nachfolgendem Rizinusöl-
und Chloroformzusatz, 3 g auf 20 g Rizinus. Bei
der ungeheuer infizierten javanischen Bevölke¬
rung, welche 52 Würmer pro Kopf beherbergt,
wurden sehr gute Resultate erzielt; Rekordziffer
1496, auf einmal abgetrieben. Seitz (Bonn).
1489. Chemisch-physiologische und kli¬
nische Studien über Systogen, ein synthe¬
tisches Sekale-Ersatzpräparat; von Ernst
Heimann. (Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 25.)
H. berichtet über ein von der Firma „La Zyma“
hergestelltes Präparat, chemisch ein Paraoiyphe-
nyläthylamin. Nach seinen Untersuchungen stellt
es einen Ersatz des Secale cornutum dar. Es ist
ungiftig und sehr sicher wirksam, ohne Be¬
schwerden bei der Injektion. Die Rückbildung des
Uterus vollzieht sich energisch und in kurzer Zeit
Länger wiederholte Gaben riefen keine schäd¬
lichen Nebenwirkungen hervor, jedoch kam man
bei Aborten mit einer Injektion aus, um eine
Dauerwirkung zu erzielen. Auch in der Ambulanz
hat sich das Mittel bewährt.
Heimann (Breslau).
1490. Versuche mit Chinosol und Form-
aldehyd bei Tuberkulose; von Blühdorn.
Veröffentlichungen der Robert Koch^ Stiftung iw
Bekämpfung der Tuberkulose. Heft 3. (Leipzig-
Georg Thieme.)
Im Gegensätze zu englischen Arbeiten wurde
bei Menschen und im Tierversuche festgestellt
daß die beiden genannten Desinfizientien weder
auf den Ausbruch, noch auf den Verlauf einer
tuberkulösen Infektion irgendwelchen Einfluß aus-
zuüben vermögen. Paul Krause (Bonn).
1491. Meine Erfahrungen mit Ovare-
dentriferrin; von Lau. (Med. Blätter 1912.
Nr. 17.)
Bei mangelhafter Funktion der Ovarien emp¬
fiehlt sich die Verordnung von Ovaraden. Man
verabreicht täglich 2 Tabletten, und zwar je eine
nach dem Mittag- und Abendessen. Durchschnitt¬
lich genügt ein Zyklus von 200 Tabletten, der,
wie durch klinische Versuche festgestellt werde,
meistens nach dreimaliger Wiederholung Heilung
der Beschwerden, die auf eine Hypofunktion der
Ovarien zurückzuführen sind, herbeiführte. Anders
ist es bei kastrierten Frauen, die dieses Präpara
dauernd nehmen müssen oder wenigstens so langa-
bis sich der Körper an die Climax praecox an¬
gepaßt hat, da ihr Organismus nicht mehr im¬
stande ist, diese Hormone selbst herzustellen.
Als geeignete Kombination eines Ovarien- un
Eisenpräparates empfehlen sich die Ovaraden-
triferrintabletten. Sie wurden von L vor allem
bei Amenorrhoe und Dysmenorrhöe verwan
Das Präparat wurde gern genommen und sehr gu
vertragen. Besonders auffallend war die Wirkun,
auf das Eintreten der Menses und das Allg« mein
befinden. Müdigkeit, Nasenbluten, Appetit®an£ e
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525
I. Pharmakologie (einschl. Pharmakotherapie) und Toxikologie.
Angstzustände, vasomotorische Störungen und
Kreuzschmerzen verschwanden mit dem Eintreten
der normalen Periode. Auch bei klimakterischen
Beschwerden mit neurasthenischen Erscheinungen
und Migräne äußerte sich die Wirkung des Ova-
radentriferrins in kurzer Zeit. Bachem (Bonn).
1492. Further experiences of the specific
curative action in amoebic disease of hypo-
dermatic injections of soluble salts of
emetine; by Leonard Rogers. (Brit med.
Joum. 1912. Nr. 2695. S. 405.)
Bericht über vorzügliche Resultate bei akuter
Amöbendysenterie mit hoher Leukozytose, bei
chronischen Formen, bei akuter Hepatitis, Amöben¬
abszessen der Leber und Milz nach subkutanen
Injektionen von täglich */» bis */, grains Emetin,
hydrochlor. oder hydrobrom. (1 grain = 0,0648 g.
Ref.). Sind gleichzeitig Abszesse vorhanden, so
sind diese operativ zu behandeln. Nach den Er¬
fahrungen R.s werden die Amöben auch in den
Abszeßwandungen durch Emetin abgetötet, so daß
dieses mit Vorteil an Stelle der lokalen Chinin¬
behandlung der eröffneten Abszeßhöhlen Verwen¬
dung finden sollte. Beispielsweise wurden nach
Punktion der Abszesse und Aspiration des Eiters
Lösungen von 1 grain Emetin, hydrobrom. in
2 Unzen steriler Kochsalzlösung (also etwa 0,06 zu
60,0) in die Abszeßhöhlen injiziert, daneben aber
noch subkutane Emetininjektionen von 1 / t grain
vorgenommen. Als Beweis für die Heilung ist das
Verschwinden der Leukozytose anzusehen. Die
spezifische Wirkung der Emetinbehandlung bei
Amöbendysenterie ist auch differenzialdiagnostisch
verwertbar. F1 ury (Würzburg).
1493. L’action des analg6siques et des
hypnotiques interpr&tee d’aprös la thöorie
de fixation d’Ehrlich; par G. Bardet (Bull,
gen. de Thör. Bd. 164. S. 113. 1912.)
In Analogie zu den Begriffen Organotropismus
und Parasitotropismus will B., der in seinen
theoretischen Ausführungen auf dem Boden der
Ehrlichschen Anschauungen steht, unter der Be¬
zeichnung „Zytotropismus“ die Eigenschaft ge¬
wisser Substanzen, die Zelle und ihre Tätigkeit
in spezifischer Weise zu beeinflussen, benannt
wissen. Vor allen Dingen sind es die Arzneimittel
und die pathogenen Agentien, unter deren Ein¬
wirkung die Lebenstätigkeit der Zelle modifiziert
wird. Weiter führt er als neue Namen ein die
Begriffe des „Hypnotropismus“ und „Analgotro-
pismus“ für die Fähigkeit gewisser Substanzen,
Schlaf bzw. Anästhesie hervorzurufen. Eine syste¬
matische Durchforschung dieser Verbindungen
nach dem von Ehrlich an den Arsenverbin¬
dungen gezeigten Beispiel würde für die Pharma¬
kologie von unschätzbarem Werte sein und sicher¬
lich neue und wertvolle Erfahrungen im Gefolge
haben. F1 u r y (Würzburg).
1494. On spinal anaesthesia by stovaine.
With remarks on 1000 cases; by Frank Cole
Madden. With Notes by Hassan Shaheen.
(Brit. med. Journ. 1912. Nr. 2694. S. 345.)
Zusammenfassender Bericht über etwa vierjährige
Erfahrungen mit Spinalanästhesie. Als allgemein ver¬
wendbare Lösung wird die von J o n e s c o empfohlene
Mischung (Stovain 0,10, Strychnin 0,001, Aq. dest.
ad 1,0) genannt, die man bei Operationen an den
unteren Extremitäten und am unteren Abdomen
injiziert; bei Operationen am Perineum, bei Hämor¬
rhoiden, Fisteln, perinealen Steinoperationen genügt
dagegen eine geringere Dosis. Auch bei Kindern und
alten Leuten wird eine entsprechend schwächere Dosis
verwendet. Ein Todesfall betraf einen 13jähr. Knaben,
der wegen Harnröhrenzerreißung eingeliefert war und
nach Injektion von 0,04 g Stovain-Adrenalin in den
2. Lendenzwischenramn an akuter Herzschwäche starb.
In zwei anderen Fällen starben Patienten mit sehr
schlechtem Allgemeinbefinden und schweren Herz¬
affektionen nach Injektion normaler Dosen. Schwerere
Nachwirkungen kamen nicht zur Beobachtung. Im all¬
gemeinen hat sich Stovain bei richtiger Dosierung und
sorgfältiger Auswahl der Fälle S. gut bewährt, doch ist
seine Verwendung nicht völlig gefahrlos, auch führt eie
nicht in allen Fällen zum gewünschten Effekt, d. h. zu
einer vollkommenen Anästhesie. Flnry (Würzburg).
1495. Acute formaldehyde poisoning; by
James Watt (Brit. med. Joum. 1912. Nr. 2694.
S. 350.)
Mitteilung über eine tödlich verlaufene akute Ver¬
giftung durch Formaldehydlö8ung. Ein Mann von
63 Jahren, Potator, hatte höchstens 30 ccm der handels¬
üblichen 84proz. Lösung zu sich genommen und starb
nach wenigen Stunden. Als Hauptsymptome werden
Erbrechen, starke Leibschmerzen, Bewußtlosigkeit,
Dyspnoe und Kollaps angegeben. Die Leiche wurde
nicht obduziert. Flury (Würzburg).
1496. Pharmako-dynamische Probleme.
II. Die pharmakologische Beeinflussung des opso¬
nischen Index; von A. Strubel 1. (Berl. klin.
Woch. Nr. 49. H. 23. S. 1076.)
St. teilt kurz Versuche mit, welche zeigen, daß
durch gewisse Arzneimittel die opsonische Wider¬
standsfähigkeit des Serums verändert wird. Jod-
und Bromnatrium, nicht aber Kochsalz, setzen,
per os verabreicht, die opsonische Immunität
herab, während letztere durch Arsenikalien erhöht
wird. Auch der Harnstoff bewirkt eine geringe
Erhöhung des opsonischen Index.
Isaac (Wiesbaden).
1497. The calculation of drug dosage
for children; by W. J. Dilling. (Brit med.
Journ. Nov. 2. 1912. S. 1177.)
Für die Dosierung der Arzneimittel für Kinder
Alter X 5
empfiehlt D., die Formel —^- mit der Dosis für
Erwachsene zu multiplizieren. Die erhaltenen Zahlen
kommen denen am nächsten, die dem Durchschnitts¬
gewicht der Kinder in den verschiedensten Altern ent¬
sprechen. Fischer-Defoy (Quedlinburg),
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526
II. Innere Medizin.
II. Innere
Physikalische Diagnostik, Therapie usw.
1498. Biologisch-therapeutische Versuche
mit Thorium und seinen Zerfallsprodukten;
von F. Gudzent. (Berl. Min. Woch. 1912.
Nr. 38. S. 1785.)
Um eine Vergleichung der Ergebnisse der ein¬
zelnen Autoren zu erzielen, schlägt G. die Angabe
der y-Aktivität radioaktiver Produkte zur all¬
gemeinen Einführung vor. Die therapeutischen
Wirkungen sind bei äußerlicher Anwendung ähn¬
lich denen des Radiums. Auch bei innerlicher
Anwendung konnten therapeutische Wirkung bei
Rheumatismus beobachtet werden. Kleinere
Dosen vermögen eine Leukozytose hervorzurufen,
größere Dosen führen zu fortschreitender Leuko¬
penie mit Vermehrung der Polynukleären und
Verminderung der Lymphozyten. Bei einigen
Patienten mit hohem Blutdruck trat nach meh¬
reren Injektionen von Thorium eine Senkung des
Blutdrucks ein. I s a a c (Wiesbaden).
1499. Autohämotherapie und Krebs¬
kranke; von A. Krokiewicz. (Wien. klin.
Woch. 1912. Nr. 35. S. 1320.)
Injizierte man Krebskranken wiederholt kleine
Mengen eigenen Blutes subkutan, so stellte sich
eine Milderung der kachektischon Symptome ein;
die Schmerzen, sowie das Erbrechen ließen nach,
auch ist Hebung des Ernährungszustandes be¬
obachtet. Auch zur Nachbehandlung radikal
Operierter soll die Autohämotherapie sich eignen,
indem sie die Rekonvaleszenz befördert. Das zu¬
grunde liegende Material (13 Krebskranke) ist
jedoch noch zu gering, um die Schlüsse zu ver¬
allgemeinern. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1500. Ein Universalrespirationsapparat;
von Fr. G. Benedikt (D. Arch. f. klin. Med.
Bd. 107. S. 156. 1912.)
B. bringt eine sehr gute detaillierte Beschrei¬
bung seines Respirationsapparates, der nicht so
kompliziert in der Verwendung ist, wie der be¬
kannte von Z u n t z und G e p p e r t und sogar
noch Vorteile diesem gegenüber besitzen solL Be¬
sonderes Gewicht wird auf die genaue Kontrolle
der Muskeltätigkeit gelegt, und auf ein Zeichen
ihrer Änderung, die Pulsfrequenz. Die Grundidee
des Apparates ist die, daß der zu Untersuchende
mit gut sitzenden Nasenstücken oder einem Mund¬
stück atmet (es kann auch für Tiere und Säug¬
linge eine kleine Respirationskammer angeschlos¬
sen werden), und zwar eine Luft, die durch das,
mit einem 3-Wegehahn einschaltbare geschlossene
System mit Hilfe einer Rotationspumpe getrieben
wird. Die ausgeatmete Luft wird in H,SO t ge¬
trocknet, die CO* in Natronkalk absorbiert, der
fehlende Sauerstoff aus einer Bombe zugeführt
Medizin.
Ein Kurven schreibendes Spirometer gestattet
neben genauer Analyse der Atemtätigkeit eine
gute Kontrolle des dichten Arbeitens des ganzen
Apparates, der sehr hübsch erdacht und sehr
genau beschrieben ist. Die Bestimmung des Gas¬
wechsels beruht hier auf Wägungen und nicht auf
Gasanalysen und Volumetrie. Die Apparatur hat
sich schon in tier- und klinisch experimentellen
Arbeiten bewährt v. d. Velden (Düsseldorf).
1501. Sur quelques points de technique
sphygmomanomdtrique; par Fingk. (Lyon
möd. Bd. 118. S. 1309. 1912.)
F. mißt den systolischen Blutdruck beim Men¬
schen nach seiner Meinung genauer oszillatorisclv
als palpatorisch, wenn er eine Armmanschette mit
2 getrennten Luftkissen anwendet, von denen des
obere 12 cm, das untere 4 cm hoch ist Mit dem
oberen Teil mißt er den Druck, der kleinere
untere ist zur genauen Kontrolle des Auftretens
der maximalen Oszillationen; damit ist auch die
oszillatorische Bestimmung des minimalen oder
diastolischen Druckes nach seiner Angabe er¬
leichtert v, d. Velden (Düsseldorf).
Herz- und Gefäßkrankheilen.
1502. Zur Frage der Sphygmotono-
graphie nebst Beschreibung eines neuen
Sphygmotonographen; vonBrugsch. (Zeit-
8chr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11. S. 115.)
B. hat in Anlehnung an den Uskowschen Topo¬
graphen einen neuen Apparat konstruiert, welcher
gestattet, Blutdruckkurven auf einem Kymo-
graphion aufzuschreiben. Er schreibt durch einen
Schwimmer, welcher auf der Quecksilbersäule
aufruht, die Schwankungen der Quecksilbersäule
direkt auf, nebenbei wird durch einen Piston¬
rekorder die Kurve der Pulse der komprimierten
Arteria brachialis aufgeschrieben.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1503. Die Verwendung eines Gelatine¬
häutchens für die Registrierung des Heß*
Schattens; von Reinhard Ohm. (Zatschr.
f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11. S. 115.)
0. hat einen Registrierapparat konstruiert der
als Aufnahmeinstrument für die Tonschwankun¬
gen ein Gelatinehäutchen enthält Durch ein
geklebtes Spiegelchen werden die Bewegungen
optisch aufgeschrieben. Die Gelatmemembrann
hat vor den Seifenlamellen den Vorteil sie
durchaus haltbar ist
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1504. Recent advances in our
ledge of heart disease; by Arthur I. Wh>-
ting. (Lancet July 20. 1912. Nr. 4638.)
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II. Innere Medizin.
527
Es handelt sich um einen klinischen Vortrag,
in welchem die Resultate der sphygmographischen
Pulsuntersuchung besprochen werden. Wh. unter¬
scheidet zwischen der Sinusarhythmie, der Extra-
sytsolenarhythmie und der perpetuellen Arhythmie,
welch letztere er als Vorhofflimmern bezeichnet.
Außerdem bespricht er noch kurz den P. alteraans
und den Herzblock, ohne Neues über diese Materie
zu bringen. Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1505. Arhythmie complöte et fibrillation
auriculaire; par Gallavardin et A. Dumas.
(Lyon möd. 1912. Nr. 27 et 28.)
G. und D. behandeln an Hand verschiedener
Venen- und Arterienpulskurven, sowie auch eines
Elektrokardiogramms die Ursache der als kom¬
plette Arhythmie, bei uns in der Regel als
perpetuelle Arhythmie bezeichneten Rhythmus¬
störung. Nach dem Vorgänge G u s h n i e s und
den experimentellen Arbeiten von Rothberger
und Winterberg schließen auch sie sich der
Meinung an, daß diese Rhythmusstörung ihre
Ursache in einem Flimmern der Vorhöfe hat,
wobei sie annehmen, daß von den Flimmerstößen
einzelne durch die Leitungsbahnen den Kammern
zugebracht werden. Sie finden in dieser Rhyth¬
musstörung nicht den Ausdruck von Herzschwäche
und betonen, daß solche bei Mitralfehlern, bei
Myokarditis, bei Aortensklerose und vielleicht auch
Myokarditis, bei Aortensklerose und vielleicht auch
funktionell gefunden wird.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1506. Zur Diagnose und Behandlung
der reinen Herzneurose; von Müller de la
Fuente. (Therap. Monatsh. 1912. H. 7.)
M. macht darauf aufmerksam, daß reine Herz¬
neurosen, welche hauptsächlich das weibliche Ge¬
schlecht betreffen, im Gegensatz zu organischen
Erkrankungen langsam und schleichend einsetzen,
sich dann weit rascher als organische Erkran¬
kungen oft zu einer quälenden Höhe entwickeln.
Den Blutdruck fand er bei Herzneurosen in sehr
vielen Fällen wenig oder gar nicht verändert
Ferner nimmt er das Symptom des fühlbaren
Flatterns des Herzens, wenn es in anfallsfreien
Zeiten bestehen bleibt, als charakteristisch an.
Für die Behandlung warnt er vor Digitalismitteln,
ebenso perhorresziert er Brom und Valeriana
wegen der ungünstigen Einwirkung auf den
Magen, nur Jod empfiehlt er innerlich zu ver¬
suchen. Die physikalischen Heilmittel, bei denen
sehr milde angefangen werden soll, sind am
meisten zu empfehlen. Bäder und temperierte
, Luft, wobei warme und kalte Luft abwechselnd
auf die Herzgegend geblasen wird, hat gute Er¬
folge gezeigt. Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1507. Die Änderung der Pulsfrequenz
durch die Atmung; von Hermann Putzig.
(Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11. S. 115.)
P. versuchte, indem er Versuchspersonen nach
normaler Atmung tief inspirieren, tief exspirieren
oder beides machen ließ, festzustellen, wie das
Herz sich hierbei verhält. Er fand, was ja be¬
kannt ist, daß während der Inspiration eine Be¬
schleunigung, bei der Exspiration eine Verlang¬
samung durchschnittlich erfolgt. Bei höheren
Pulszahlen traten diese Frequenzänderungen nicht
auf, ebensowenig bei oberflächlicher Atmung. Bei
tiefer Atmung nahm die Differenz der Pulszahlen
bei In- und Exspiration um etwa das Doppelte zu.
Beim einfachen Inspirationsversuch folgte einer
Beschleunigung eine Verlangsamung, während
Exspirationsversuche keine Wirkung zeigten, Er
nimmt eine reflektorische Auslösung von der
Peripherie aus an, die durch das Zentrum erfolgt.
Er glaubt aus der Schnelligkeit und Größe der
Atemreaktion bei Neurosen Schlüsse ziehen zu
dürfen. Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1508. Ober die Wirkung von Physo¬
stigmin bei Tachykardien; von Rudolf
Kaufmann. (Wien. klin. Woch. 1912. Nr. 28.)
K. gibt die Krankengeschichten von 5 Fällen
wieder, bei welchen er eine artrio-ventrikuläre
Tachykardie festgestellt hat. In drei dieser Fälle
gelang es durch kombinierte Anwendung von
Digalen, Strophanthin mit Physostigmin in Dosen
von 0,5—1,5 mg in wässeriger Lösung genommen,
die Anfälle seltener zu machen. Er schreibt den
Erfolg einer sensibilisierenden Wirkung des
Physostigmins auf die Vagusendigungen zu. Bei
Fällen von Basedow versagte das Mittel, ebenso
bei Arhythmia perpetua.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1509. Electrocardiographie and its im-
portance in the clinical examination of
heart affections; by Thoma Lewis. (BriL
med. Journ. 1912. Nr. 2680 and 2689.)
L. gibt in Form einer Vorlesung eine kurze
Übersicht über die Technik der Elektrokardio¬
graphie und bespricht die wichtigsten pathologi¬
schen Änderungen, welche sich im Elektrokardio¬
gramm erkennen lassen.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
1510. Zur Diagnose des Lungenechino¬
kokkus; von P. Hampeln. (Berl. klin. Woch.
1912. Nr. 25.)
Die Diagnose wird jetzt durch das Röntgen¬
bild meist schnell und sicher entschieden, die
charakteristische Ring- oder Scheibenfigur, welche
der Lungenechinokokkus fast durchweg gibt, läßt
keine Zweifel; indes sind diese gerechtfertigt, so¬
bald der Röntgenschatten an die Aorta anstößt,
dann ist die Diagnose zwischen Aortenaneurysma
und Echinokokkus, wie H. an einer Beobachtung
zeigt, wieder ganz unsicher und muß durch die
übrigen klinischen Zeichen und die Spezifizitäts-
reaktionen gestellt werden. Hochhaus (Köln).
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528
II. Innere Medizin.
1511. Über die Bedeutung des auriku¬
lären Leberpuises; von G. Joachim. (D.
Arch. f. Min. Med. Bd. 108. S. 160. 1912.)
Mitteilung einiger Fälle von schweren Kreis¬
laufstörungen, bei denen ein aurikulärer Leber¬
puls vorhanden war, ohne daß eine Trikuspidal-
stenose bestand. Allerdings zeigten diese Kurven
im Vergleich zu den bei echter Trikuspidalstenose
gewonnenen gewisse Abweichungen. Das Auf¬
treten des aurikulären Leberpulses auch ohne
Trikuspidalstenose erklärt J. in der Weise, daß
der rechte Vorhof merkbare Wellen in der Leber
erzeugen kann, wenn die Venenanfänge mit Blut
überfüllt und die Lebervenen erweitert sind, so
daß sie für die Aufnahme von Pulswellen vor¬
bereitet sind. Voraussetzung hierfür ist allerdings,
daß die Muskulatur des rechten Vorhofs noch ganz
intakt ist. I s a a c (Wiesbaden).
1512. Intorno al pneumotorace artifi-
ciale secondo Forlanini; per M. As coli.
(Rif. med. Bd. 28. H. 35. S. 953. 1912.)
Die Behandlung der Tuberkulose mit künst¬
lichem Pneumothorax nach Forlanini hat zu¬
weilen die unangenehme Nebenwirkung, daß die
Herde der Gegenseite wieder aufflackern. Da3
kann dadurch vermieden werden, daß man die
Methode nicht bis zur völligen Immobilisierung
der Lunge durchführt, sondern den endopleuralen
Druck nur bis zu einer gewissen Grenze steigert;
die völlige Immobilisierung ist zur Ausheilung
nicht unbedingt notwendig.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1513. Zur Frage des Herzschlagvolu¬
mens ; von 0. Müller und K. F i n k h. 1. Mitteil.
(Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 11. S. 265.
1912.)
Tierversuche an Hund und Katze mit der
Kammerplethysmographie des Herzens, um bei
den verschiedenen Resultaten einzelner Autoren
mit den verschiedenen Methoden angewandt am
gesundon und kranken Menschen, die Beeinflussung
des Herzschlagvolumens exakt zu bestimmen. Es
zeigten Temperaturen unter dem Indifferenzpunkte
beim Warmblüter Verkleinerung, dagegen Bäder
mit Temperaturen über dem Indifferenzpunkte
Vergrößerung des Herzschlagvolumens. Bei
schmerzhaften Hitzereizen tritt eine Umkehr der
Reaktion ein. Leichte sensible Reize wirken wie
CO ä -Zusatz zum Bad vergrößernd auf das Schlag¬
volumen. M. u. F.'sehen darin eine Stütze für
die früheren Untersuchungen Müllers und
seiner Schüler, die mit Bestimmung des zentralen
Puls am Menschen zu den gleichen Resultaten
kamen, und sie kritisieren die mit anderen Metho¬
den gewonnenen anderslautenden Resultate.
von den Velden (Düsseldorf).
1514. Klinische Beobachtungen über
Verstärkung der Kammeralternans und Ab¬
schwächung der Kammerkontraktion durch
Vagusreizung; von Ri hl. (Zeitschr. f. exper.
Path. u. Ther. Bd. 11. S. 341. 1912.)
Die in der Überschrift angegebenen Beobach¬
tungen wurden in 2 Fällen bei Anwendung des
Czermakschen Vagusdruckversuches erhoben und
graphisch registriert.
von den Velden (Düsseldorf).
1515. Studios on the circulation in man;
by G. N. Stewart. (Arch. of int Med. Bd. 9.
S. 706. 1912.)
St. schüeßt beide Arme in Wasserkalorimeter
ein, die eine bestimmte niedere Anfangstempera¬
tur haben, und mißt nun den Anstieg der Tem¬
peratur, von dem er auf die Durchblutung des
betreffenden Gefäßgebietes Rückschlüsse macht
Mit dieser Methode studiert er vor allem den
Einfluß verschiedener mit einer Blutdruck-Arm¬
manschette auf den Oberarm gesetzten Druck-
werte, die den Blutstrom in den Arm verscbieden-
gradig hemmen und glaubt, daß die im Original
im einzelnen einzusehenden Resultate für die kli¬
nische Diagnostik verwertbar seien.
von den Velden (Düsseldorf).
1516. Ein Beitrag zur Diagnostik der
Krankheiten des Kreislaufs; von G. Tornai.
(Wien. Min. Woeh. 1912. S. 1482.)
T. macht auf einige diagnostische Momente
wieder aufmerksam; die Palpation des präsysto¬
lischen Schwirrens bei Mitralstenose, und seine
Differentialdiagnose dagegen Aorteninsuffizienz¬
geräusche; bei ersterer der klappernde erste
Spitzenton, bei letzterer die Häufigkeit eines
systolischen Geräusches, ohne daß man gleich
eine Aortenstenose anzunehmen brauche; die Aus¬
kultation von Mitralfehlern am Rücken, die Be¬
stimmung relativer Insuffizienz der Aortenklappen
durch Abbinden der Glieder, wobei das Geräusch
verschwinden soll u. a. m.
von den Velden (Düsseldorf).
1517. Observations on a case of me-
diastinopericarditis treated by cardiolysis
(Brauer); by A. D. Dünn and J. E. Sum¬
mers. (Amer. Joum. of the med. Sc. 1913.
Nr. 1. S. 74.)
In einem Falle von adhäsiver Mediastino -
Perikarditis wurde ein guter Erfolg, wie aus den
wiedergegebenen Kardiogrammen zu ersehen ist,
durch eine Kardyolyse nach Brauers Methode
erzielt. In der Hauptsache wirkte die Operation
auf die Atmung, die vorher ohne jede Bewegung
der Brust stattgefunden hatte, während die Herz¬
tätigkeit weniger beeinflußt wurde.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Krankheiten der Verdauungsorgane.
1518. Bewegungsvorgänge am patho¬
logischen Magen auf Grund röntgenkine-
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n. Innere Medizin.
529
matographiecher Untersuchungen; von Carl
Bruegel. (Münchn. med. Woch. 1913. Nr. 4.
S. 197.)
B. gibt einen von Abbildungen begleiteten Be¬
richt über operativ kontrollierte Krankheitsfälle,
bei denen auf Serienbildern des Magens in jeder
einzelnen Aufnahme eine longitudinale Begren¬
zungslinie gegen den Pylorus hin zu erkennen
war. Da in allen diesen Fällen pathologische Ver¬
änderungen gefunden wurden, die zu einer Be¬
wegungsstörung im Antrum führten, erklärt B. das
Auftreten der genannten Erscheinung in allen
Bildern einer Serie als sicheres Zeichen dafür, daß
die Muskulatur des Antrum pyloricum behindert
ist, sich gleichmäßig konzentrisch zusammen¬
zuziehen. K a d n e r (Dresden).
1519. Über ein primäres Myxosarkom
des Magens; von E. Fricker. (Arch. f. Ver-
dauungskrankh. Bd. 18. Nr. 4. S. 519. 1912.)
Krankengeschichte eines Patienten, der wegen eines
primären Myxosarkoms des Magens mit Erfolg (4 Monate
seit der Operation) operativ behandelt wurde. Hervor¬
zuheben ist, daß die Mageninhaltsprüfung keinerlei
chemische oder mikroskopische Abnormitäten anfwies,
sondern nur die Zeichen einer gutartigen Pylorus¬
stenose. Eine Milzschwellung war nicht vorhanden, ob¬
wohl die Krankheit seit 2 Jahren bestand. Der Pylorus,
an dessen Unterseite die Geschwulst entspringt, wurde
samt dieser reseziert und das Duodenum in die hintere
Magenwand eingesetzt. £ a d n e r (Dresden).
1520. Zur Frage der Gastritis bei Ulcus
ventriculi ; von B. C hessin. (Arch. f. Verdauungs-
krankh. Bd. 18. Nr. 4. S. 523. 1912.)
Um sich Einblick zu verschaffen in die Be¬
ziehungen zwischen Ulcus ventriculi und Gastritis
untersuchte Ch. eine Anzahl Stücke von Magen¬
schleimhaut, die bei der Gastroenterostomie an der
Stelle der Anastomose, also entfernt von dem die
Operation veranlassenden Geschwür, entnommen
worden war. In allen Fällen zeigten sich Schleim¬
hautveränderungen, an denen immer die Drüsen
beteiligt waren und außer einem Falle auch das
Zwischenbindegewebe: geringe Infiltrationen bis
zu mikroskopischen Geschwürchen. Es sei daher
kein Grund anzunehmen, daß der Geschwürs¬
prozeß ein lokaler sei. Kadner (Dresden).
1521. Das spasmogene Ulcus pepticum;
von G. v. Bergmann. (Münchn.med. Woch. 1913.
Nr. 4.)
Nach v. B. ist es verkehrt, bei der diagnosti¬
schen Trennung von Magenneurose und Ulcus die
nervösen Störungen der Kranken gegen die Dia¬
gnose Ulcus zu verwerten, da Kranke mit Ulcus
duodeni und ventriculi fast immer Zeichen ge¬
störter Harmonie zwischen Sympathikus und
autonomem System oder vielmehr im vegetativen
System selbst zeigen. Am Magen selbst finden
sich meist die Zeichen übererregter Drüsen- und
Muskelfunktion; namentlich das Pylorusverhalten
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
ist disharmonisiert. Bei diesen Individuen ist be¬
sonders eine Neigung zu Spasmen vorhanden.
Diese klemmen die zuführenden Gefäße der
Schleimhaut ab, führen zu Ischämie, Erosionen,
Ulzerationen, die wieder neue Spasmen ver¬
anlassen. Auf Grund dieser „Leitsätze“ sollen bei
Ulcus ventriculi und duodeni lange dauernde
Atropinkuren verordnet werden.
Kadner (Dresden).
1522. Beitrag zum Studium des Ver¬
haltens der Salzsäure im Magensaft bei
Nierenentzündungen. Klinische Studie; von
Carl Sebardt. (Nord. med. Ark. Afd. 2. H. 3.
Nr. 8. H. 4. Nr. 10. 1911; Bd. 45. H. 1. Nr. 1.
H. 2. Nr. 5. 1912.)
Aus den eingehenden Untersuchungen geht
hervor, daß die Absonderung der Totalsalzsäure
bei Nephritikern im ganzen mehr von der mehr
oder weniger guten Beschaffenheit der Magen¬
schleimhaut, als von der Nephritis abhängig ist
Katarrhalische Erkrankungen sind nur selten
durch die Nephritis bedingt. Auf der Höhe der
akuten und in Exazerbationen der chronischen
Nephritis ist bei Leistungsfähigkeit der Schleim¬
haut eine Neigung zu Steigerung der Salzsäure-
absondorung zu beobachten. Die für die Digestion
wirklich wirksame Salzsäure ist trotzdem herab¬
gesetzt, weil ein großer Teil der Salzsäure an
flüchtige Chloride gobunden wird; diese Bindung
an flüchtige Chloride nimmt bei Besserung der
Nephritis ab, so daß deren Verminderung oder
Vermehrung — gleichmäßige Kost vorausgesetzt —
auf Besserung oder Verschlechterung der Nephritis
schließen läßt. Die Steigerung der Salzsäure¬
ausscheidung auf der Höhe der akuten, oder bei
Exazerbationen der chronischen Nephritis scheint
den schädlichen Einfluß überwinden zu sollen,
den die in diesen Zuständen zu beobachtende Aus¬
scheidung von Basen auf die Digestion ausüben
würde. Auf die Magenmotilität scheinen nephri-
tische Zustände keinen besonderen Einfluß zu
haben. Die Ausscheidung der Basen wird ver¬
mindert durch Einschränkung der Albuminate in
der Nahrung, die also auch eine Verminderung der
Bindung der Salzsäure im Magen zur Folge hat;
Einschränkung der Albuminate auf der Höhe der
akuten Nephritis und in Exazerbationen der chro¬
nischen kann also als wirksame therapeutische
Maßregel gelten. Kochsalzarme Diät kann kurativ
auf die Nieren einwirken, deren Stickstoffaus¬
scheidung steigern und damit die Größe der wirk¬
samen Salzsäure im Magen erhöhen. Diese An¬
gaben erschöpfen den Inhalt der Arbeit nicht,
sollen vielmehr zum Studium derselben anregen.
Kadner (Dresden).
1523. Die Bedeutung der Magenblase;
von Fritz Eisler und Siegmund Kreuz-
fuchs. (Wien.med. Woch. 1912. Nr.45. S.2951')
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530
II. Innere Medizin.
Die Forscher betrachten die Magenblase als
eine Schutzvorrichtung, die im Sinne eines Wind¬
kessels wirkt, den Druck regulierend und Stöße
auffangend. Dadurch wird das Herz geschont bei
Körperbewegungen und beim Pylorusspiel; viel¬
leicht hindert die Magenblase die Regurgitation
der Speisen in den Ösophagus, indem sie die
Kardia abklemmt. Kadner (Dresden).
1524. La diarrhöe accident consöcutif ä
la gastro-entörostomie; par Gaston Du¬
rand. (Progrös m§d. 1913. Nr. 1.)
Über Diarrhöe als Folge der Gastroenterostomie
ist noch wenig bekannt. Sie soll in */» der Fälle
Vorkommen (8 von 76 Fällen: Denöchau; 7 von
45: Mathieu; 4 von 32: Enriquez). Bis¬
weilen folgte sie bald auf die Operation, nament¬
lich, wenn zu früh gewöhnliche Kost gegeben
wurde. Sie kann mit Unterbrechungen monate-
bis jahrelang anhalten. Seltener kommt sie erst
später. Die Ausleerungen stellen sich alsbald nach
den Mahlzeiten ein, selten jedoch in der Nacht,
so daß die Abendmahlzeit besser vertragen zu
werden scheint. Die Prognose hängt hauptsäch¬
lich von dem hygienischen Verhalten der Kranken
ab und ist selten ernst. Die Diarrhöe tritt auf,
wenn die nach der Gastroenterostomie ohnehin
beschleunigte Darmpassage durch nervöse Ein¬
flüsse — Erregungen, Sorgen usw. —, oder durch
Fehler in der Ernährung, endlich durch die Wir¬
kung von Sekretionsstörungen im Magen und den
Verdauungsdriisen noch mehr angeregt wird.
Kadner (Dresden).
1525. Reizwirkung von Askaris am
Darme des lebendon Menschen beobachtet;
von J. Ch. Huber. (Münchn. med. Woch. 1912.
Nr. 49. S 2669.)
13jShr. Knabe, der schon einen Anfall von Appen¬
dizitis gehabt haben soll, erkrankt wiederum. Bei der
Operation findet sieh der Dünndarm etwa 10 ccm von
der Valv. B&uhini entfernt im Zustande entzündlicher
Reizung und mit einer Anzahl länglicher, zylindrischer,
biegsamer Körper gefüllt. 4 Tage nach der Operation
gingen 17, vom 5. bis 11 Tage nach Santonin und
Kalomel noch 49 Askariden ab. Später wurde ermittelt,
daß die Würmer bei dem Kinde auch früher schon be¬
obachtet worden waren. Kadner (Dresden).
1526. Endemie einer infektiösen Darm¬
erkrankung in einer Irrenanstalt; von V.
Reichel. (Öasopis lökaf&vöesk^ch. 1912.Nr. 39.)
Wie bei Kindern, Greisen und Alkoholikern
kann auch Psychopathen, deren Darmtraktus zu
Infektionen inkliniert, der Bacillus typhi murium
zu einer Darminfektion fiebern. R. fand denselben
bei 5 von 53 an einem fieberhaften Dannkatarrh
erkrankten Pfleglingen in so großen Mengen in
den diarrhoisohen Stühlen, daß er ihn als Erreger
der Infektion ansprechen mußte.
Mühlstein (Prag).
1527. Über Chylaszites und Chylothorax;
von W. Löffler. (Korr.-BL f. Schweizer Ärzte
1912. S. 1049.)
An der Hand eines klinis ch genau beobachteten
und sezierten Falles von Karzinom des Pankreas-
kopfes mit Metastasen in die lumbalen, mesen¬
terialen und supraklavikulären Drüsen mit Throm¬
bose der Vena subclavia und br&chialis wie
Chylaszites und Chylothorax wird unter Liter&tur-
berücksichtigung die Möglichkeit der Entstehung
dieser chylösen und chyliformen Ergüsse disku¬
tiert, woraus zu ersehen, daß hier noch kein ab¬
geschlossenes Kapitel vorliegt, trotz der sehr inter¬
essanten älteren Resultate über Beziehung des
Fettes resp. der Lipoide zu den zugeführten
Nahrungsstoffen.
von den Velden (Düsseldorf).
1528. Gallenblasenentzündung; von Max
Blitzstein. (Der prakLArzt Nov.1912. Nr.ll.)
Kasuistische Mitteilung über eine Patientin,
die an chronischer Obstipation seit vielen Jahren
litt und bei der sich unter mehreren kolikartigen
Anfällen mit Gelbsucht eine Anschwellung der
Gallenblase bildete, die unter interner Behandlung
mit Diät, Öleinläufen, Breiumschlägen usw. wieder
zurückging und zur Heilung gebracht wurde.
Loblied auf physikalisch-diätetische Maßnahmen
bei chronischer Obstipation. G r a f f (Bonn).
1529. Welche Indikationen für die interne
und chirurgische Therapie des Gallenstein-
leidens müssen wir auf Grund der Unter¬
suchungen des Pathologen Aschoff auf¬
stellen? von H. Kehr. (Berl. klin.Woch. 1912.
Nr. 24.)
Auf Grund der Aschoffschen Lehre, daß
Stauung und Infektion für die Entstehung von
Gallensteinen notwendig sind, daß sich der radiäre
Cholesterinstein in der gestauten bakterienfreien
Galle bilden kann, die übrigen Steinformen aber
in der chronisch erkrankten Gallenblase, baut
Kehr seine Indikation für die interne und chir¬
urgische Behandlung des Gallensteinleidens auf.
Er hält eine interne Therapie für angezeigt bei
allen akuten Entzündungen der Gallenblasen
— mit Ausnahme der schweren mit Gangrän,
Perforation usw. einhergehenden Formen —, bei
allen chronischen Cholezystitisfällen, die eine
Neigung zur Latenz und Ausheilung zeigen, also
beim sogenannten Hydrops der Gallenblase, wenn
er steril bleibt, bei der Cholezystitis cicatricans
obliterans, dem Kalktumor der Gallenblase, wenn
er beschwerdelos getragen wurde, aber nicht beim
chronischen Empyem und bei chronischer Chol¬
angitis, dem sogenannten chronischen Chole-
dochusverschluß. Eine operative Behandlung ist
angezeigt: 1. aus absoluter Indikation in den
Fällen von Cholecystitis acutissima seropurulenta,
chronischer Cholangitis, akuter septischer Chol-
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IL Innere Medizin.
531
angitis, Perforation der Gallenwege und nebenbei
bemerkt auch beim beginnenden Gallenblasen¬
karzinom, 2. aus relativer Indikation in den
Fällen, in denen die Gesundheit dauernd geschä¬
digt und die Lebensfreude und Berufstätigkeit
dauernd in Frage gestellt wird. Da weiterhin
nach den Untersuchungen Aschoffs sich bei
jeder Stauung in der Gallenblase die Luschka-
schen Gänge erweitern und Niederschlagsbil¬
dung in diesen besonders häufig ist, muß
logischer Weise in jedem Falle die kranke Gallen¬
blase mit entfernt werden, bei der eine vollkom¬
mene Restitutio ad integrum der Wand zweifel¬
haft ist, weil nur so die Gefahr der Stauung und
damit die Möglichkeit aseptischer und infektiöser
Gallensteinbildung ein für alle mal aufgehoben
wird. G r a f f (Bonn).
Nierenkrankheiten.
1530. Zur Frage der akuten infektiösen
Nephritis; von F. Pawlicki. (Med. Klinik
1912. Nr. 43. S. 1738.)
Bei der akuten infektiösen Nephritis, besonders
der einseitigen, erfolgt der Infekt meist auf dem
Blutwege. Seltener sind die lymphogene und
urogene Infektion. Symptome: meist plötzliche
Erkrankung, rasch ansteigendes Fieber, oft
Schüttelfröste, Schmerzen in der Nierengegend,
Muskelspannung, Erbrechen, Benommenheit.
Im Urin meist Eiweiß, Zylinder, Erythrozyten,
Leukozyten. Doch kann der Urin ganz frei von
festen Bestandteilen sein. Therapie: zunächst
auch bei bedrohlichen Krankheitserscheinungen
konservativ - medikamentös. Als ultima ratio
bleibt dio Operation: Dekapsulation, Nephrotomie,
Nephrektomie. Der Wert der konservativen The¬
rapie wird durch 2 Krankengeschichten belegt.
Stromeyer (Göttingen).
1531. La notion d’insuffisance surrö-
nale; quelques applications cliniques; par
M. Lafforgue. (Frogröe m§d. 1913. Nr. 6.
S. 69.)
L. beobachtete in 2 Fällen von Scharlach und nach
einer Basedowstramaoperation vorübergehend hochgra¬
dige Asthenie, mehr oder weniger starke Störungen
von seiten des Magendarmkanals, Tachykardie, Blut-
drucksenkung nnd die „weiße Linie“ von S e r g e n t
(die bei leichtem Bestreichen der Bauchhaut entstehen
und charakteristisch für Nebennierenaffektion sein soll)
nnd glaubt auf Grund dieser Symptome, sowie nach dem
Erfolg von OrgaDtherapie bzw. von Darreichung von
Adrenalin auf eine akute vorübergehende Insuffizienz
der Nebennieren schließen zu müssen.
Stromeyer (GSttingen).
1532. Ein Fall vort doppelseitiger peri-
nephritischer Phlegmone; von Ivan Yianu.
(Wien. klin. Rundschau 1913. Nr. 4. S. 50.)
Im Anschluß an einen Karbunkel beiderseits ein
perinephritischer Staphylokokkenabszeß. Die Abszesse
kommunizierten miteinander.
Stromeyer (Göttingen).
Respirationskrankheiten (exkL Lungen¬
tuberkulose).
1533. Zur Therapie des Lungenödems;
von N. Lurje. (Prag. med. Woch. Nr. 35.
S. 505.)
L. empfiehlt den Aderlaß zur Bekämpfung des
Lungenödems. Isaac (Wiesbaden).
1534. The etiology and pathogenesis of
bronchial asthma; by Apostolos Aposto-
lides. (New York med. Record 1912. Nr. 507.)
A. erörtert die verschiedenen Theorien über
Ätiologie und Pathogenese des Bronchialasthmas,
wobei er besonders das Bild der Neurose heraus-
schält, mit den verschiedenartigen auslösenden
und hemmenden Faktoren, der inneren Sekretion
für den latenten wie manifesten Zustand eine
Rolle zuerkennt und auch auf die neuesten Ana¬
phylaxiebeobachtungen in ihrer Bedeutung für die
Klinik eingeht. v. d. Velden (Düsseldorf).
1535. Die eosinophilen Zellen im Spu¬
tum bei Bronchitis; von J. Pfikryl. (Öasopis
lökafßv Seskych. 1912. Nr. 47.)
Untersuchungen von 7 akuten und 17 chro¬
nischen Fällen von Bronchitis ergaben, daß sich
die eosinophilen Zellen am häufigsten im katar¬
rhalischen Sputum vorfinden. Ihre Anzahl nim mt
zu, wenn auch die übrigen Mikroorganismen in
größerer Anzahl auftreten. Bei positivem Befunde
ist die Prognose quoad sanationem schlechter als
bei negativem Befunde. Ein Zusammenhang zwi¬
schen dem physikalischen Befund (Pfeifen) und
dem Befund eosinophiler Zellen scheint nur in
chronischen Fällen zu bestehen. Von der Menge
der Epithelzellen ist die Zahl der eosinophilen
Zellen unabhängig. Eine wesentliche Bedeutung
kommt den eosinophilen Zellen bei Bronchitis
nicht zu. Mühlstein (Prag).
1536. Die mechanische Bedeutung der
Bronchien; von Mark Jansen. (Mitteil. a.
d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 25. H. 5.)
Die Ursache der typischen Dehnungsbeschrän¬
kung der zentralen, kranialen und paravertebr&len
Lungenbläschen liegt nicht in der Entfernung, in
der sie von den Lungenoberflächen gelegen sind,
nicht in der Thoraxwand, nicht in der konischen
Form der Lunge und nicht in einem — zwar mög¬
lichen, jedoch unerwiesenen — Überwiegen der
Inspirationskräfte des Brustkastens in den kau¬
dalen Teilen (über die kranialen), des Zwerchfells
in den peripheren Teilen (über die zentralen), son¬
dern in dem Bronchialbaum, der (mit der Trachea)
im Innern der Lungen die Verteilung der Kräfte
beherrscht, welche an ihrer Oberfläche angreifen,
so daß bei der schwersten Atemnot die zentralen,
kranialen und paravertebralen Lungenbläschen
vor der Erweiterung, Überdehnung und Zer¬
reißung geschädigt werden. Die ungleichmäßige
inspiratorische Erweiterung der Lunge ist zum
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532
II. Innere Medizin.
großen Teil die Folge der ungleichmäßigen Dehn¬
barkeit, welche sie in ihren verschiedenen Teilen
durch den Bronchialbaum besitzt. Auch die
Lungengefäße und Bindegewebssepten haben ihren
Anteil in der nach dem Zentrum gerichteten Dehn¬
barkeitsabnahme der Lunge. Die Bronchien (mit
den sie begleitenden Gefäßen und Bindegewebs¬
septen) müssen daher als das innere Skelett der
Lungen betrachtet werden, wie die Rippen ihr
äußeres Skelett bilden. Die M. bronchiales können
als die Antagonisten der die Lungen erweiternden
Muskeln angesehen werden. Port (Göttingen).
Tuberkulose.
1537. Künstlicher Pneumothorax bei vor¬
geschrittenen, einseitigen Fällen von Lun¬
gentuberkulose; von Otis. (Boston med. and
surg. Joum. 1912. S. 612.)
Die Pneumothoraxbehandlung, die in der letz¬
ten Zeit technisch erheblich verbessert wurde,
stellt einen großen Fortschritt in der Behandlung
der Lungentuberkulose dar. Frankel (Bonn).
1538. Ober den künstlichen Pneumo¬
thorax nach Forlanini; von M. As coli. (D.
med. Woch. 1912. Nr. 38. S. 1782.)
A. beobachtete einige Fälle, bei denen nach
Anlegung eines künstlichen Pneumothorax alte
Herde der anderen Lunge wieder aufflackerten
und sich rapide ausdehnten oder initiale Erschei¬
nungen der kontralateralen Seite sich schnell
verschlimmerten, ohne daß zu hoher Pneumo¬
thoraxdruck dafür verantwortlich gemacht werden
konnte. Während in den meisten Fällen die
Pneumothoraxbehandlung eine initiale kontra-
laterale Affektion günstig beeinflußt, kann ge¬
legentlich also eine geringe Läsion der anderen
Seite verschlimmert werden bzw. eine klinisch
gesunde Lunge erkranken. In einem Teile der
Fälle beruht die Verschlimmerung auf mechani¬
scher Kompression und Atembehinderung und
kann durch rechtzeitige Druckvennindenmg be¬
seitigt werden; in anderen Fällen, in denen eine
ungünstige mechanische Beeinflussung der an¬
deren Lunge nicht vorhanden ist, kommt eine
Fernwirkung des Pneumothorax auf den All¬
gemeinzustand in Betracht, wodurch die Reak¬
tionsfähigkeit des Organismus gegen die tuber¬
kulöse Infektion herabgesetzt wird.
Isaac (Wiesbaden).
1539. Über den künstlichen Pneumo¬
thorax nach Forlanini; von Ascoli. (D.
med. Woch. 1912. S. 1782.)
Der Pneumothorax schafft auf der Lunge der¬
selben und der anderen Seite veränderte Funk-
tions- und Zirkulationsverhältnisse. Auch die
Wirkung auf den Allgemeinzustand und extra-
pulmonäre spezifische Prozesse muß berücksich¬
tigt werden. Günstig wirkt dabei die Ausschal¬
tung einer Giftquelle, ungünstig dagegen wirkt er,
sobald der Intrapleuraldruck einen bestimmten
„kritischen Wert“ überschreitet Ungünstige Er¬
fahrungen an 2 Patientinnen veranlassen zu der
Forderung beim Auftreten der ersten Anzeichen
dafür, den intrapleuralen Druck etwas herabzu¬
setzen. Frankel (Bonn).
1540. Erhebungen über die Deszendenz
bei 442 tuberkulösen Arbeiterfamilien; von
Leroux und Grunberg. (Revue de Möd.
1912. S. 900.)
Die Gegenüberstellung gesunder und tuber¬
kulöser Familien zeigt die besonders ungünstigen
Verhältnisse bezüglich Geburtenzahl, Mortalität,
Ansteckungsgefahr usw. bei den letzteren. Dem
müssen geeignete Abwehrmaßregeln, besonders
auf dem Gebiet der Wohnungshygiene, entgegen¬
arbeiten. Frankel (Bonn).
1541. Chlorose und Tuberkulose; von
Montgomery. (New York med. Record 1912.
S. 604.)
Alle Fälle von Chlorose müssen sorgfältig auf
das Vorhandensein einer tuberkulösen Erkrankung
hin untersucht werden. Doch kann man die Tuber¬
kulose oft als Ursache der Chlorose ausschließen.
Als Unterscheidungsmerkmal zwischen, beiden
Krankheiten kann das Verhalten des Hämoglobins
und die Wirkung einer Eisenmedikation dienen.
Fränkel (Bonn).
1542. Frühdiagnose der aktiven Lungen¬
tuberkulose mit besonderer Berücksichti¬
gung der Heilstättenauswahl; von Hoff-
mann. (Med. Klinik 1912. S. 1853.)
Der Heilstättenkur soll möglichst eine klinische
Vorbeobachtung vorangehen. Eine Röntgenphoto¬
graphie der Lunge leistet bei der Beurteilung stets
gute Dionste. Nach 2—4 Monaten sollen die nicht
zur Heilstätte gesandten Patienten nochmals be¬
obachtet werden. Nur Patienten mit wirklich
vorhandener aktiver Tuberkulose gehören in Heil¬
stätten, die Prophylaktiker dagegen in Walderho¬
lungsstätten u. dergl. Viele Patienten erkranken
an progressiver Lungentuberkulose, ohne recht¬
zeitig zum Arzt zu kommen oder ein Heilverfahren
durchzumachen. Fränkel (Bonn).
1543. Die therapeutische Wirkung der
mit Röntgen strahlen vorbehandelten Milz
bei Tuberkulose; von van Stockum. (Wien.
Bin. Woch. 1912. S. 1857.)
Mit gutem Erfolge wurde eine größere Anzahl
von Patienten einer kombinierten Behandlung
von Injektion oder Implantation von Milzsaft oder
Milzgewebe mit nachfolgender Röntgenbestrahlung
unterzogen. Vorhergegangen waren Tierversuche
an Meerschweinchen, die experimentell mit Tuber¬
kulose geimpft waren, und bei denen die Behand¬
lung mit dieser Methode auch Erfolg gehabt hatte.
Fränkel (Bonn).
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II. Innere Medizin.
633
1544. Weitere Erfahrungen über die Be¬
deutung der Ichthyoltherapie bei Lungen¬
tuberkulose; von W. Odell. (Zeitschi-, f.
Tuberk. Bd. 19. H. 3. 1912.)
0. hatte mit der Behandlung der Lungentuber¬
kulose mit Ichthyol (innerlich) bei 189 Patienten
zufriedenstellende Resultate, auf Grund deren er
diese Therapie warm empfiehlt.
Paul Krause (Bonn).
1545. Die Eiweißreaktion im Sputum
und ihre Beziehung zur Frühdiagnose der
Lungentuberkulose; von A. Porok. (Zeitschr.
f. Tuberk. Bd. 19. H. 3. 1912.)
Bei rund 3000 Untersuchungen fand P. bei
Sputum von Lungentuberkulose, putrider Bron¬
chitis, Bronchiektasien, Lungengangrän, Lungen¬
ödem und Pneumonie Eiweiß; es fehlte in der
Regel bei chronischer Bronchitis und Bronchial¬
asthma.
Wichtig ist die Angabe, daß auch bei Spitzen¬
reaktion regelmäßig eine deutliche Eiweißreaktion
gefunden wurde. Paul Krause (Bonn).
1546. Tuberkulöser Pyopneumothorax,
endopleurale Pulsation, das erste Stadium
der pulsierenden Pleuraergüsse; von Pail-
lard und Quiquandon. (Progrös m6d. 1912.
S. 533.)
Bei einem Fall von Pyopneumothorax war
zuerst röntgenologisch Pulsation synchron mit der
Herzaktion am oberen Flüssigkeitsspiegel zu kon¬
statieren. Rhythmische Einziehung der Inter¬
kostalmuskeln stellen das 2., eine pulsierende Vor-
buchtung das 3. Stadium der Erkrankung dar.
Frankel (Bonn).
1547. Zur biologischen Differentialdia¬
gnose von Lepra und Tuberkulose; von
Stein. (Wien. klin. Woch. 1912, S. 1559.)
Tuberkulöse Meerschweinchen reagieren auf
intraperitoneale Injektion von Leprabazillen ebenso
wie von Tuberkelbazillen mit der Produktion eines
klaren lymphozytenreichen Exsudates. Während
die Aggressine beiden gemeinsam sind, verhalten
sich die vom Organismus produzierten Lysine
verschieden. Der Nachweis einer passiven Uber¬
empfindlichkeit gelang nicht. Frankel (Bonn).
1548. Tuberkelbazillsn im strömenden
Blute ; von Klemperer. (Ther. d. Gegenw.
1912. S. 433.)
Bei 8 Gesunden wurde mit der Schnitterschen
Methode keinmal, bei 10 anderweitig Erkrankten
in einem Fall von Leberzirrhose Tuberkelbazillen
im strömenden Blute nachgewiesen. 14 Fälle von
Lungentuberkulose hatten 12mal, 7 suspekte Fälle
4mal einen positiven Blutbefund. Das Resultat
weicht von denen, die Kurashige, Lieber¬
meister und Kennerknecht erhielten, ab.
Frankel (Bonn).
1549. Caloric feeding in tuberculosis; by
N. G. Seymour. (New York med. Record
Nov. 2. 1912. S. 792.)
Es kann bei der diätetischen Therapie der
Tuberkulose ein hoher Prozentsatz von Kalorien
auch in einfacheren Verhältnissen erreicht wer¬
den, wenn Hülsenfrüchto, Makkaroni, Backpflau¬
men u. ä., die höheren Nährwert haben, an Stelle
von Kartoffeln, Kohl, Zwiebeln, deren Kalorien¬
zahl geringer ist, treten.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1550. Tuberculosis in general practice;
by J. A. Gibb. (Brit. med. Joum. Nov. 16.
1912. S. 1351.)
Empfindlichkeit gegen Tuberkulin ist als gün¬
stiges Zeichen für die Behandlung der Tuber¬
kulose zu betrachten. G. dosiert so, daß seine
Tuberkulinmengen einem Temperaturanstieg Vor¬
beugen. Sobald Nebenerscheinungen auftreten,
geht er auf die niedrigste Dose zurück.
Fischer-Defoy (Quedlinburg),
1551. Secondary infections in pulmonary
tuberculosis; by J. H. Alexander. (New
York med. Journ. OcL 5. 1912. S. 677.)
In Fällen von Tuberkulose, in denen eine
Mischinfektion vorlag, wurde mit Erfolg ein
„Mischinfektions-Phylakogen“ angewandt, das ein
durchaus polyvalentes Präparat darstellt und sich
aus abgetöteten Streptokokken verschiedenster
Art, Pneumokokken, Typhus-, Koli-, Pyocyaneus-
Bazillen und anderen zusammensetzt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1552. Some points in the treatment of
pulmonary tuberculosis, including conti-
nuous antiseptic inhalation; by C. Huthu.
(Brit med. Joum. Oct 12. 1912. S. 955.)
Bei der Behandlung der Lungentuberkulose
vermag die dauernde Inhalation von antisep¬
tischen Lösungen, verbunden mit der üblichen
Sanatoriumbehandlung, gute Erfolge zu erzielen.
Die angewandten Lösungen setzen sich aus For¬
malin (2‘/r—7 1 /*%). Guajakol, Menthol, Pumilin-
Kieferextrakt, Chloroform und rektifiertem Spiri¬
tus, bzw. aus Guajakol, Menthol, Kieferextrakt,
Jod, Terpentin, Chloroform und Spiritus zu¬
sammen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1553. Diabetes mellitus and tubercu¬
losis; by Ch. M. Montgomery. (Amer.
Joum. of the med. Sc. 1912. Nr. 4. S. 543.)
Diabetiker haben einen herabgesetzten opso¬
nischen Index gegen den Tuberkelbazillus. 38,9°/ 0
der Diabetiker leiden an Tuberkulose, und bei den
meisten ist diese die Todesursache. Von den
Tuberkulösen (berechnet an einem Material von
über 30 Tausend Fällen) haben */*—1°/ 0 eine
Glykosurie; bei '/«—*/»% ist ein Diabetes aus-
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534
II. Innere Medizin.
gesprochen. Oft hat die Tuberkulose bei Diabe¬
tikern einen ausgesprochen akuten Verlauf.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1554. Die Anwendung des Adel ins in der
Lungenheilstätte; von E. Lorenz. (Zeitschr.
f. Tuberk. Bd. 19. H. 4.)
Mit dem Adalin wurden in der Heilstätte Bee¬
litz gute Erfahrungen gemacht Schmerzen und
Stiche blieben zwar imbeeinflußt doch wurde die
Schlaflosigkeit der Tuberkulösen damit prompt
bekämpft Paul Krause (Bonn).
1555. Behandlung der Lungentuberku¬
lose mit dem Marmorekschen Tuberkulose¬
serum; von Gauseel. (Gaz. dee HCp. 1912.
S. 1986.)
Bei 31 an Lungentuberkulose erkrankten
Patienten aller Stadien wurde das Serum ein¬
gewendet Um der Anaphylaxie vorzubeugen,
werden am Tage vor der Injektion von 1—5 ccm
Serum entweder 10—12 Tropfen des Serums in¬
jiziert oder Spülungen damit vorgenommen (?).
Der Erfolg war zufriedenstellend.
Frankel (Bonn).
1556. Vortäuschung einer Appendizitis
durch Mesenterialdrüsentuberkulose; von
Parker. (Boston med. and surg. Joum. 1912.
S. 915.)
P. beobachtete 2 Fälle, in denen durch tuber¬
kulöse Mesenterialdrilsen eine akute Appendizitis
vorgetäuscht wurde. Das kommt selten vor, muß
aber differentialdiagnostisch in Betracht gezogen
werden. Bei der Entfernung der Mesenterial¬
drüsen muß man vorsichtig zu Werke gehen, um
nicht die Bauchhöhle mit virulentem Tuberkel¬
bazillenmaterial zu infizieren. Möglichst konser¬
vative Behandlung ist besonders bei Kindern indi¬
ziert. Fränkel (Bonn).
1557. Vortäuschung einer Appendizitis
durch Mesenterialdrüsentuberkulose. Dis¬
kussionsbemerkung zu der Arbeit von Parker;
von Lund. (Boston med. and surg. Joum. 1912.
S. 918.)
L glaubt, daß relativ häufig bei der Diagnose
einer Appendizitis eine Entzündung der Mesen¬
terialdrüsen auf tuberkulöser Basis vorliege. Er
selbst hat dies bei ca. 12 Fällen, teils mit, teils
ohne chronische Appendizitis beobachtet Die
Operation, bei der sorgfältig die größeren Mesen¬
terialgefäße geschont werden müssen, soll eine
möglichst ausgiebige Entfernung der erkrankten
Gebiete anstreben. Darmlähmung, wie sie Par¬
ker ia dem einen Fall im Anschluß an die Ope¬
ration erlebte, so daß es zum tödlichen Ausgang
-kam, hat er selbst nicht dabei gesehen.
Fränkel (Bonn).
1558. Soll man die fiebernden Tuber¬
kulosen mit Tuberkulin behandeln? von
R6non. (Osterr. Ärztezeit. 1912. S. 393.)
In der ambulatorischen Praxis muß die Tuber¬
kulinbehandlung auf fieberfreie Tuberkulose be¬
schränkt bleiben. Stationär unter dauernder Be¬
obachtung von seiten des Arztes können auch
„relativ fieberfreie“ mit abendlicher Höchsttempe¬
ratur von 37,8° im Rektum, ja sogar bis 38°, mit
Tuberkulin behandelt werden. Doch ist in solchen
Fällen die größte Vorsicht geboten, speziell auch
der Beginn mit allerkleinsten Dosen indiziert.
Fränkel (Bonn).
1559. Über die stomachale Anwendung
von Tuberkulinpräparaten; von Möllers
und Eeinemann. (Veröffentl. d. Robert Koch-
Stiftung H. 2.)
Durch Pepsin und Trypsin wird das Tuber¬
kulin stark beeinflußt.
Für diagnostische Zwecke ist die innerliche
Tuberkulinbehandlung vollkommen ungeeignet;
für die Therapie ist sie wegen der Abschwächung
der spezifischen Substanz durch die Verdauung,
wegen der mangelhaften Resorption und der un¬
sicheren Dosierung gleichfalls abzulehnen.
Paul Krause (Bonn).
1560. Über Behandlung der Tuberku¬
lose mit Kochs albumosefreiem Tuber¬
kulin; von Jochmann und Möllers. (Ver-
ßffentl. d. Robert Koch-Stiftung z. Bekämpfung
d. Tuberk. H. 3.)
Genaue Mitteilung über das Kochsche albu-
mosefreie Tuberkulin, welches als spezifisch wirk¬
sames Tuberkulinpräparat bezeichnet wird; wegen
der geringen Nebenerscheinungen sei es besonders
zur ambulatorischen Behandlung geeignet; da die
Empfindlichkeit gegen Alttuberkulin nur in ge¬
ringem Grade herabgesetzt wird, empfiehlt es sich
nicht, eine solche mit Alttuberkulin folgen zu
lassen, dagegen wird die Nachbehandlung mit der
Bazillenemulsion gut vertragen. Eine nennens¬
werte Produktion von komplementbindenden Anti¬
körpern wird durch die Behandlung mit dem albu-
mosefreien Tuberkulin in der Regel nicht erzielt
Der Arbeit sind eine ganze Anzahl interessanter
Kurven beigegeben. PaulKrause (Bonn).
1661. Über Dioradin ; von J. Kahn. (Zeit¬
schr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 5. 1913.)
Die in der inneren Abteilung der Krankenanstalt
Altstadt in Magdeburg Angestellten Versuche mit Dio¬
radin fielen bei Patienten wie bei Tieren so wenig er¬
mutigend aas, daß es nicht zur Anwendung empfohlen
werden kann. Paul Kranse (Bonn).
1562. Dia Bewertung dee Phosphor-,
Kalk- und Magnesiagehaites im Sputum;
von A. Prorok. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19.
H. 6. 1913.)
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UNIVER5ITY OF MICHIGAN
IH. Kinderheil künde.
535
Untersuchungen der Sputa bei Bronchitis
chronica, putrida, Tuberculos. pulmon., Gangraena
pulm., Bronchiektasie.
Allgemeine Schlüsse daraus zu ziehen, er¬
scheint mir nicht angängig; es ist zu weit¬
gegangen, wenn P. die Einnahme von Lezithin
empfiehlt, weil im Sputum von Tuberkulösen und
anderen Lungenkranken relativ reichliche Mengen
von Phosphaten gefunden worden sind.
Paul Krause (Bonn).
1563. Untersuchungen Ober das Vor¬
handensein von Eiweißkörpern im Aus¬
wurf bei Lungentuberkulose; von J. Pind-
borg. (Zeitschr. f. Tuberk. Bd. 19. H. 5. 1913.)
Nach eingehender, kritischer Besprechung der
Literatur teilt P. mit, daß er in jedem Falle aktiver
Lungentuberkulose Albumin im Auswurfe ge¬
funden habe; die Albuminmenge stehe in einem
bestimmten Verhältnis zum Grade der Krankheit,
die Bestimmung könne bei der Prognosenstellung
in den einzelnen Fällen wertvolle Hilfe leisten.
Paul Krause (Bonn).
Infektionskrankheiten.
1564. Erfolge einer neueren Behandlungs¬
methode bei Tetanus; von Theodor Kocher.
(Korr.-Bl. f. Schweizer Ärzte 1912. Nr. 26.)
K. hat in 3 aufeinanderfolgenden Fällen von
Tetanus mit der noch wenig gewürdigten Meltzer-
schen Methode — Injektion von 2—5 ccm 15 bis
20proz. Magnesiumsulfates in den Lumbalsack —
in etwas modifizierter Form sehr bemerkenswerte
Erfolge erzielt; alle 3 Patienten genasen. Bei
korrekter Anwendung — Einzelheiten in der
Originalarbeit — betrachtet K. das Magnesium¬
sulfat als eine wertvolle Bereicherung unserer
Hilfsmittel zur Heilung des Tetanus in dem Sinne,
daß es die Abwendung der Gefahr für solange
möglich macht, bis das in die Nervensubstanz
eingedrungene Toxin unschädlich geworden ist.
Keineswegs darf zugunsten von Magnesiumsulfat
auf die Injektion von Tetanusantitoxin verzichtet
werden. Die Magnesiumsalze wirken nur anästhe¬
sierend und muskelerschlaffend bei Krampf¬
zuständen. Wagner (Leipzig).
1565. Zur Tetanustherapie nach Bacelli;
von N. A. Guljaeff. (Russki Wratsch 1912.
Nr. 28. S. 1168.)
G. berichtet über sehr beachtenswerte Erfolge,
die mit subkutanen Injektionen einer Sproz.
Phenollösung — nach Bacelli -— bei Tetanus
erzielt wurden. Als Durchschnittsmengen gibt
Bacelli 0,8—0,5 reinen Phenols in 24 Stunden
an; es werden jedoch auch größere Mengen ver¬
tragen und er verzeichnet selbst einen Fall, wo
durch 12 Tage hindurch je 0,75 bei einem I2jähr.
Knaben mit gutem Erfolg eingeführt wurden.
G. injizierte bis 0,48 pro die ohne Schaden für den
Patienten. Die Phenolwirkung äußerte sich bereits
in den ersten Tagen nach der Applikation. Nach
8 Tagen sank die Temperatur, der Krampfzustand
der Bauchmuskulatur verringerte sich, der Tris¬
mus bildete sich so weit zurück, daß flüssige Nah¬
rung mit Leichtigkeit eingeführt werden konnte.
Nach 2 Wochen blieben bei einem schweren Fall
von Tetanus nur noch unbedeutende Krämpfe der
unteren Extremitäten, die nur von Zeit zu Zeit in
Erscheinung traten, zurück. Es bestand nur noch
eine gesteigerte Empfindlichkeit äußeren Reizen
gegenüber. Ham ohne Veränderungen. Übergang
zu regulärer Diät. Von hier ab Gewichtszunahme.
Gegen Ende der dritten Woche die ersten Geh¬
versuche.
Der Beweis, daß es sich hier nicht um zu¬
fällige Besserungen, sondern um durch Appli¬
kation des Phenols bedingte Wirkungen handelte,
wurde wiederholt durch die Tatsache erbracht,
daß bei zu plötzlichen Reduktionen der Phenol¬
mengen sich der Zustand jedesmal verschlimmerte.
Auch in einem Fall von Tetanus cephalicus
wurde eine sehr günstige Wirkung der Karbol¬
säureinjektionen beobachtet
S c h I e s s (Marienbad).
III. Kinderheilkunde.
1566. Address on the presence and ! 1567. Tuberculosis in infancy and child'
prevalence of tuberculosis in childhood;
by R. W. Philip. (Edinb. med. Journ. Bd. 9.
H. 4. S. 293. 1912.)
P. ist unbedingter Anhänger der Ansicht, daß
die Tuberkulose in der Kindheit entsteht. Er
selbst hat jahrelang Schulkinder untersucht und
bei mindestens 30°/ p die klinischen Erscheinungen
der Tuberkulose feststellen können. Der ganze
Kampf gegen die kindliche Tuberkulose basiert
auf einer Verbesserung der äußeren Lebensbedin¬
gungen, zumal in der Wohnungshygiene. Er
schließt mit den Worten: „Each recreated home is
an effective preventorium against tuberculosis.“
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
hood from the stand-point of preventive
medicine; von Charles Mc Nell. (Brit med.
Journ. Sept. 21. 1912.)
N. fand in Edinburgh die Häufigkeit der laten¬
ten Tuberkulose der Kinder, geprüft durch die
Kutanimpfung, ungefähr ebenso groß wie Ham¬
burger in Wien. Er ist der Ansicht, daß in
seiner Heimat die Infektion mit dem Rinder¬
bazillus häufiger ist, als diejenige mit dem huma¬
nen Bazillus und hält eine Kontrolle im vorschul¬
pflichtigen Alter für besonders wichtig, nament¬
lich eine solche, welche die Milchinfektion be¬
rücksichtigt Brückner (Dresden).
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636
III. Kinderheilkunde.
1568. Untersuchungen über tuberku¬
löse Infektion im Kindesalter; von Rothe.
(Yeröffentl. d. Robert Koch-Stiftung H. 2. Leipzig.
Georg Thieme.)
Auf Anregung von Gaffky untersuchte R.
im kgl. Institute für Infektionskrankheiten in
Berlin bei 100 Kindesleichen im Alter von 1 bis
5 Jahren die Bronchial- und Mesenteriallymph-
drüsen auf Tuberkelbazillen durch Meerschwein¬
chenversuche. Die positiven Versuche wurden
genau durch Züchtung und Kaninchenversuche
geprüft, ob eine Infektion durch den Typus huma-
nus oder Typus bovinus vorlag. Zusammen¬
fassend mit den 800 Untersuchungen von Gaffky
belief sich die Häufigkeit der tuberkulösen In¬
fektion von Bronchial- und Mesenterialdrüsen im
Kindesalter in Berlin, soweit die 400 untersuchten
Kinder im Krankenhaus gestorben waren, auf
rund 20°/ o . Ein stärkeres Hervortreten des Darm-
traktus als Infektionsweg für die Tuberkulose im
Kindesalter ist nicht erwiesen. Nur in einem
Falle lag Infektion mit Perlsuchtbazillen vor.
Paul Krause (Bonn).
1569. Über die Verwendung der direkten
Laryngoskopie und Tracheo-Bronchoskopie
bei Kindern; von Marc Paunz. (Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 76. Erg.-H. S. 131. 1912.)
P. untersucht Kinder stets in tiefer Chloroform¬
narkose und anästhesiert dann Rachen und Kehl¬
kopfeingang mit 5—lOproz. Kokainlösung. Ver¬
wendungsgebiet der direkten Laryngoskopie: Zur
Feststellung des Grundes eines erschwerten De-
kanülements nach Luftröhrenschnitt bei Diphtherie.
Ferner bei Kehlkopfaffektionen luetischer Kinder.
Bei Stridor congenitus fand sich häufig die be¬
kannte Deformation der Epiglottis. P. führt sie
auf die gewaltsamen Inspirationen des inkoordi¬
niert arbeitenden Larynx zurück, wobei eine ge¬
wisse Weichheit des Kehldeckels begünstigend
wirken mag. Sehr wichtig ist die Laryngoskopie
für die Behandlung der Kehlkopfpapillome. Die
Radiumbehandlung derselben führt anscheinend
nur zu temporärer Besserung. Die Haupttriumphe
feiern Laryngo- und Tracheoskopie jedoch bei
aspirierten Fremdkörpern. Kehlkopffremdkörper
konnten in allen Fällen ohne Tracheotomie ent¬
fernt werden. Bei der unteren Bronchoskopie
entgingen dünne, häutige Fremdkörper (Bohnen¬
schoten, Eierschalen) dem Blick. Weiche orga¬
nische, leicht quellende, zerbröckelnde Fremd¬
körper sind bei weitem unangenehmer zu extra¬
hieren, wie auch in ihren Folgen gefährlicher als
harte Gegenstände. Von 29 Fremdkörperfällen
wurden 24 geheilt; 5 Kinder, unter denen aller¬
dings 3 Säuglinge von ca. 12 Monaten waren,
starben. Weiterhin bilden tuberkulöse Bronchial¬
drüsen mit ihren gefahrdrohenden Folgezuständen:
Stenosierung der Trachea oder Bronchien und Per¬
foration in den Bronchialbaum bzw. die Trachea
ein überaus dankbares Feld für den der Broncho¬
skopie Kundigen. Auch Abszesse des Mediasti¬
nums kommen nicht selten in Betracht.
Klotz (Schwerin).
1570. The effect of the pasteurizatior»
of milk on babies; by John L. Morse.
(Boston med. and surg. Journ. Oct. 10. 1912.)
Man kann bisher noch nicht mit Bestimmtheit sagen,
ob Säuglinge, welche mit pasteurisierter Milch gefüttert
wurden, schlechter gedeihen als solche, welche mit roher
Milch ernährt wurden. Sollte die Pasteuri sation der
Milch einen Schaden anrichten, so scheint er doch un¬
verhältnismäßig gering zu sein im Verhältnis zu einer
stärkeren bakteriellen Verunreinigung der Milch. Die
ganze Sache muß in der Klinik und im Laboratorium
noch sogrfältig geprüft werden. Eine Umfrage M.s bei
50 Mitgliedern der amerikanischen Gesellschaft für
Kinderheilkunde führte zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Brückner (Dresden),
1571. Eine vereinfachte Methode der
Behandlung akuter Ernährungsstörungen
beim Säugling (alkalisierter Kefir); von
J. Peiser. (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 11.
S. 175. 1912.)
Das Prinzip der Eiweißmilch ist durch die thera¬
peutischen Erfolge als richtig erwiesen worden. P.
glaubt nun aber, daß eine so kompliziert zusammen-
esetzte und oft schwer zu beschaffende Nahrung sich
urch eine viel leichter herstellbare und ebenso wirk¬
same Heilnahrung ersetzen läßt: die vergorene Sauer¬
milch. Denn wichtiger als die Eiweißanreicherung
scheint die Herabsetxung des Milchzuckers xu sein.
Sauermilch, insonderheit Kefir, Kumys sind für den
gedachten Zwck sehr geeignet.
Die Herstellung des Kefirs ist mit Hilfe billiger
Tabletten eine einfache und auch von weniger intelli¬
genten Müttern leicht ausführbare. Der Milchzucker-
f ehalt des Kefirs beträgt ca. 2,76°/ 0 , derjenige der
!iweißmilch nur allerdings l,5°/ 0 , doch ist es leicht,
den Kefir bis auf diesen Prozentsatz zu verdünnen.
P. läßt den Kefir nur 24 Stunden bei 30—85 # ver¬
gären, verdünnt ihn mit der gleichen Menge Wasser
und alkalisiert mit Natriumkarbonat (auf 1 / f Liter
Kefir 5 cm* 20proz. Sodalösung.
Mit diesem alkalisierten Kefir hat P. eine große
Anzahl von akut ernährungskranken Säuglingen
behandelt und gute Erfolge gesehen. Er schaltete
keine Schonungsdiät ein, sondern begann sofort
mit der Kefimährung. Die Größe der Anfangs¬
gabe wurde nach dem Körpergewicht bestimmt,
gewöhnlich »/• 0 desselben, rasch steigend bis auf
Yso und endigend mit */*. P. hält es nicht für
nötig, auch bei akuten Darmerscheinungen nicht
mit dem Zusatz von Nährzucker zu zaudern. Man
soll sehr bald auf 3 a / 0 Soxhletzucker ansteigen
und sieht dabei die Stühle trockener und spär¬
licher werden. Vor allen Dingen aber vermeidet
man die sonst gewohnten großen initialen Ge-
wiehtsstürze, die sich bekanntlich hinterher so
langsam ausgleiehen.
Die Wirkung des alkalisierten Kefirs beruht nach
P. auf einer Milchzuckerarmut, die den abnorm ge¬
steigerten intestinalen Gärungsprozeß das Nährsubstrat
entzieht. Vielleicht spielt auch die Milchsäure eine
Rolle. Ohne Bedeutung sind jedenfalls die Kefirbak¬
terien, denn die Nahrang erweist sich, sterilisiert ver¬
abreicht, ebenso wirksam, wie nicht sterilisiert.
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m. Kinderheilkunde.
537
Neugeborene vom ersten Lebenstage an künstlich zu
ernähren, ist bekanntlich nicht leicht. P. publiziert
einen einschlägigen Fall, der vom 1. Lebenstagc an
alkalisierten Kefir erhielt und gut gedieh. Man wird
abwarten müssen, ob Nachprüfungen eine Bestätigung
der vom Autor mit großer Wärme empfohlenen neuen
Ernährungstherapie bringen werden.
Klotz (Schwerin).
1572. Stauungslunge bei Offenbleiben
des Ductus Botalli; von A. Hayashi. (Mo-
natsschr, f. Kinderheilk. Bd, 11. S, 224. 1912.)
Kasuistische Mitteilung zweier Fälle mit Stauungs¬
erscheinungen der Lungen. In einem Falle fand sich
starke reaktive Verdichtung des Bindegcwebsgeriistes
der Lungen. Die Säuglingslunge ist also recht gut xur
Bindegewebswucherung befähigt. Warum dieselbe bei
Tuberkulose ausbleibt (bzw. so geringfügig ist, Ref.),
wissen wir nicht. Klotz (Schwerin).
1573. Contributions to the neurology of
the child: note on the mortality and the
Proportion of backward children in cases
of congenital Syphilis followed subsequent
to hospital treatment; by W. P. Lu ca8.
(Boston med. and surg. Journ. Aug. 29. 1912.
S. 278.)
Dio Ergebnisse der Behandlung der kongeni¬
talen Syphilis sind sehr schlecht. Zunächst ist
die Todesrate hoch, auch von solchen, die im
Krankenhaus behandelt sind; das liegt besonders
daran, daß oft die Kinder keine Brustnahrung er¬
halten, dann aber auch, daß die spezifische Be¬
handlung außerhalb des Hospitals zu früh abge¬
brochen wird. Von 16 Kindern mit kongenitaler
Lues, die das Schulalter erreicht haben, waren 11
geistig mehr oder weniger zurückgeblieben. Eine
Rundfrage ergab auch hier, daß die Behandlung
mit dem Verschwinden der Eruption aufgehört
hatte. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1574. Beiträge zur Pathologie und Klinik
der Neugeborenen. I. Myxödem und Mongo¬
lismus eines Neugebomm; von L. Unger.
(Beibl. z. d. Mitteil. d. Ges. f. innere Med. n.
Kinderheilk. 1912. Nr. 2.)
U. beschreibt ein neugeborenes Kind mit typischem
Myxödem und Mongolismus. Interessant war das radio¬
logische Verhalten des Knochensystems, das neben
großer Rückständigkeit im allgemeinen bereits die Ent¬
wicklung zweier Epiphysenkeme der Handwurzel, sowie
eine abnorm Btarke Entwicklung der Sella turcica er¬
kennen läßt. Brückner (Dresden).
1575. Beiträge zur Pathologie und Klinik
der Neugeborenen. TI. Status thymico-lym-
phaticus eines Neugeborenen; von L. ünger.
(Beibl. z. d. Mitteil. d. Ges. f. innere Med. u.
Kinderheilk. 1912. Nr. 2.)
U. fand bei einem Neugeborenen eine Vergrößerung
der Gaumenmandeln, stärker hervortretende Follikel der
Rachenschleimhaut und des Zungengmndes, haltbare
periphere Lymphdrüsen, eine große perkutorisch und
radiologisch nachweisbare Thvmus und eine deutlich
palpable Milz. Das Kind war blaß, mäßig heiser, leicht
zyanotisch und atmete mit hörbarer Exspiration. Nach
3 Wochen war es blaß, nur wenig heiser, beim Schreien
leicht zyanotisch. Brückner (Dresden).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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1576. Two cases of intracranial cerebral
hemorrhage in the newborn relieved by
Operation; by C. Simmons. (Boston med.
and surg. Joum. Jan. 11. 1912.)
S. operierte mit Erfolg 2 Neugeborene mit menin-
gealen, während einer Zangenextraktion entstandenen
Blutungen. Er vermied bei der Eröffnung der Schädel¬
höhle den Knochen, sondern schnitt neben der Mittel¬
linie in der Koronarnaht ein. Es gelang ihm auf diese
Weise das ergossene Blut zu entfernen and die Kinder
am Leben zu erhalten. Brückner (Dresden).
1577. De la paralysie gänärale chez
l’enfant; par F. Naville. (Revue MGd. de la
Suisee rom. Nov. 20. 1912.)
N. teilt 2 Beobachtungen von progressiver Paralyse
bei Jugendlichen aus der d’Espieuschen Klinik mit und
bespricht im Anschluß daran die Pathogenese und
Pathologie der juvenilen Paralyse.
Brückner (Dresden).
1578. La mäningite c6r6bro-spinale ä
pneumocoques du nouveau n6: ä propos
de deux cas observds; par G. Dujol. (Pro-
grös mäd. Nov. 30. 1912.)
Die Pneumokokkenmeningitis ist beim älteren Kinde
relativ gutartig, beim Neugeborenen immer tödlich.
D. teilt 2 Beobachtungen der zweiten Art mit.
Brückner (Dresden).
1579. Der Skorbut der kleinen Kinder
(Moeller-Barloweche Krankheit) nach ex¬
perimentellen Untersuchungen; von C. Hart.
(Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 76. S. 508. 1912.)
H. berichtet kurz über die hauptsächlichsten
Ergebnisse seiner Versuche an Affen, die lange
Zeit hindurch mit einer einförmigen Nahrung
(kondensiorto Milch) zum Zwecke der Erzielung
von Skorbut ernährt worden waren. In außer¬
ordentlich wertvollen Ausführungen bringt H. dio
Resultate seiner Versuche in klinischer und patho¬
logisch-anatomischer Hinsicht in Beziehung zu
den bisher bekannten Tatsachen vom Skorbut der
kleinen Kinder. Er spricht sich aufs bestimmteste
dahin aus, daß dio hämorrhagische Diathese und
die Knochenerkrankung zwei zwar innig vergesell¬
schaftete, aber absolut selbständige Prozesse dar¬
stellen und daß die Moeller-Barlowsche Krankheit
nichts mit Rachitis gemein hat, ja daß letztere
nicht einmal prädisponiert. So fand sich beispiels¬
weise unter den Affen einer, der nicht skorbutisch
wurde, dagegen tuberkulös und der alle Merkmale
einer schworen Rachitis aufwios.
H. beschäftigt sich endlich mit der heute noch
strittigen Frage, ob Barlowsche Krankheit und
Skorbut zu identifizieren sind. Strittig deshalb,
weil wir über die pathologische Anatomie des
Skorbuts beim Erwachsenen wenig wissen. II.
glaubt nun zu dieser Frage bestimmt Stellung
nehmen zu können auf Grund der Tatsache, daß
er unter seinen Versuchstieren einen ausge¬
wachsenen Affen fand, der skorbutisch wurde.
68
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538
IV. Neurologie.
Moeller-Barlowsche Krankheit und experimenteller
Skorbut sind daher wesensgleich. Was die Ätio¬
logie des Skorbuts anbelangt, so scheinen Bak¬
terien und Toxine pathogenetisch bedeutungslos
zu sein, die pathologische Anatomie gibt wenig¬
stens keinen Anhalt dafür. Klotz (Schwerin).
IV. Neurologie.
1580. The local specific treatment of
infections with especial reference to epi-
demic meningitis; by Simon Flexner.
(Edinb. med. Journ. 1912. Nr. 5. S. 389.)
Über das von F. angegebene, im Rockefeiler
Institute horgestellte Serum gegen epidemische
Meningitis hegen Berichte über die Anwendung
in 1300 Fällen vor. Das Mittel wurde intradural
nach Lumbalpunktion injiziert. Von der Gasamt¬
zahl der Fälle genasen 70°/ 0 , 30°/o starben. Von
den während der ersten drei Tage injizierten
199 Fällen starben 18°/o, von den 346 zwischen
dem 4. und 7. Tag injizierten 27°/ 0 und von den
CG6 später injizierten 3G°/ 0 . Während ohne Serum
die Prognose bei Kindern unter einem Jahr sehr
schlecht ist, starben von 125 mit Serum behan¬
delten Kindern 62. Besonders günstig war der
Prozentsatz bei den zu Beginn der Krankheit in¬
jizierten Kindern. Besonders bemerkenswert ist,
daß die mit Serum behandelten Kinder sehr häufig
plötzlich zur Heilung kamen, chronische Verlaufs¬
formen waren selton. Die durchschnittliche Dauer
von 774 Fällen, bei denen dieselbe bekannt war,
betrug ungefähr 11 Tage, während sie sonst vier
Wochen betragen hatte. Die Heilung war fast
immer eine vollständige. In einigen Fällen wurde
durch Ventrikelpunktion infektiöse Spinalflüssig¬
keit entnommen und mit Erfolg durch Serum er¬
setzt. J o 11 y (Halle).
1581. Sur Pencephalite non suppurde;
par L. Böriel. (Lyon med. 1912. Nr. 22.
S. 1185.)
Mitteilung eines Falles von nicht eitriger
Enzephalitis auf der Basis des von chronischem
Alkoholismus.
Es handelte sich um eine 41jährige bis dahin ge¬
sunde Potatrix, deren Leiden angeblich mit Kopf¬
schmerzen und Schwächegefühl begonnen hatte. Sie
wurde bald somnolent, bekam Fieber, ließ unter sich;
Lokalsymptome fehlten. Das Lumbalpunktat zeigte
nichts Besonderes, Blutkulturen blieben steril. Nach
einigen Wochen der Benommenheit starb Pat. Bei der
Sektion war der Befund an den inneren Organen nega¬
tiv, ebenso der makroskopische Befund am Zentral¬
nervensystem. Mikroskopisch ergab sich eine ausge¬
dehnte diffuse Entzündung im Bereich des Gehirns und
Rückenmarks, außerdem fanden sich ältere Verände¬
rungen an den peripheren Nerven. Jolly (Halle).
1582. Zur Serumbehandlung der epide¬
mischen Zerebrospinalmeningitis; von Alex¬
ander Skutetzkj'. (Prag. med. Woch. 1912.
Nr. 25. S. 368.)
Im vorliegenden Falle, der einen 21jährigen
Gefreiten betraf, wurde das Paltaufsche Meningo¬
kokkenserum subdural injiziert, und zwar wurden 1
10 Injektionen von je 20 ccm gemacht, nachdem
jedesmal ca. 30 ccm Liquor abgelassen waren.
Zwischen den einzelnen Injektionen lagen Pausen
von 1—3 Tagen. Wie die Krankengeschichte zeigt,
wirkten die Injektionen mehrfach direkt lebens¬
rettend. Der Fall heilte folgenlos aus.
Jolly (Halle).
1583. Diagnostische Erörterungen über
Schwindel; von Siegmund Erben. (Med.
Klinik 1912. Nr. 26. S. 1064.)
Bei seinen sehr instruktiven, auf ausgedehnter
eigener Erfahrung basierenden Erörterungen über
Schwindel bespricht E, besonders die in neuester
Zeit im Vordergrund des Interesses stehenden
Reaktionen auf Vestibularisreizung (kalorischer,
galvanischer Drehnystagmus), ferner zum Schluß
den hysterischen oder neurasthenischen SchwindeL
Jolly (Halle).
1584. Dysbasia lordotica progressiva,
dystonia musculorum deformans; by Jo¬
seph Fraenkel. (Journ. of nerv, and ment.
Dis. 1912. Nr. 6. S. 361.)
Im Anschluß an die Mitteilung Oppen¬
heims über das im Titel genannte Leiden (Neun
Zentralbl. 1911, S. 1190) teilt F. vier vielleicht
dahingehörende Fälle mit und schlägt den Namen
Tortipelvis vor. Während die Oppenheimschen
Fälle alle Juden betrafen, gehörte von diesen nur
einer zur jüdischen Rasse. Es fehlt übrigens auch
die von Oppenheim betonte Hypotonie. Den
F.schen Fällen gemeinsam war eine dauernde
Deformierung des Beckengürtels, das Auftreten
spastischer Erscheinungen, ferner eine gewisse
Veränderlichkeit und Flüchtigkeit der Symptome,
die aber dabei frühzeitig eine lokale Prädilektion
zeigten. Jolly (Halle).
1585. Troubles psychiques, hystero-öpi-
leptiques chez unecardiaque; par F. Mouis-
set et J. Gat6. (Revue de Med. 1912. Nr. 6.
S. 428.)
Eine 35jähr., angeblich nicht belastete und früher
selbst nicht nervöse Patientin mit einem Mitral- und
einem Trikuspidalfehler bekam in den letzten 2 Jahren
ihres Lebens, und zwar erstmals bei pleuritischen
Schmerzparoxysmen eigenartige nervöse Zustände in
wechselnden Zwischenräumen: Sie hielt die Hand an die
Präkordialgegend und stieß unartikulierte Schreie aus
oder rief unzusammenhängende Silben und Worte,
manchmal lachte oder weinte sie anfallsweise. Durch
äußere Einflüsse waren die Zustände nicht zu beein¬
flussen, cs bestand aber keine Amnesie für dieselben.
Die makroskopische Gehirnsektion fiel negativ aus.
M. u. G. nennen die beschriebenen Zustände hystero-
cpileptisch, weil sie Züge beider Neurosen zeigen.
Jolly (Halle).
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IV. Neurologie.
539
1586. M6ningococc6mie avec localisation
möningöe tardive; par A. Lemierre, E. May
et S. Portret. (Gaz. des H6p. 1912. Nr. 75.
S. 1101.)
Eine 25jährige Kranke zeigte zunächst das Bild einer
Ä eininfektion, einer Septikämie, während nach
en die deutlichen Erscheinungen einer Meningitis
auf traten; im Liauor cerebrospinalis fanden sich dann
reichlich Meningokokken. Unter Serumbehandlung trat
Heilung ein. J o 11 y (Halle).
1587. Anhäufung von polynukleären
Leukozyten um die Ganglienzellen bei epi¬
demischer Zerebrospinalmeningitis. Ein
Beitrag zur Frage des perixellulären Lympkraumes
im Gehirn; von 0. Sittig. (Zeitschr. f. d.
ges. Neur. u. Psych. Bd. 8. H. 1. S. 14. 1911.)
S. beschreibt für einen Fall von epidemischer Ge¬
nickstarre histologische Befunde im Gehirn, die ihm
für das Vorhandensein perizellulärer Lymphräume im
Gehirn zu sprechen scheinen. Die mikroskopischen
Bilder zeigen Ganglienzellen, denen dichte Haufen oder
Reihen von polynukleären Leukozyten anliegen; die
Zellen selbst sind häufig degeneriert.
S. glaubt dieses Verhalten der Leukozyten nnr da¬
durch erklären zu können, daß er zwischen den
Ganglienzellen und der übrigen grauen Substanz eine
Bahn annimmt, die dem Vordringen der Leukozyten
den geringsten Widerstand entgegensetzt: diese wäre
durch die Annahme eines präformierten perizellulären
Lymphraume8 gegeben. Bumke (Freiburg i. B.).
1588. Weitere Beiträge zur Zytologie des
Liquor cerebrospinalis: Über die sog. De¬
generation der Zellen; von Stephan Szöcsi.
(Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 9. H. 4.
S. 481. 1912.)
S. kommt auf Grund seiner Untersuchungen
(mit eigenen Methoden) zu dem Ergebnis, daß das,
was bisher manche Untersucher als Degeneration
der Zellen des Liquor cerebrospinalis aufgefaßt
haben, nur die Folge ungeeigneter Fixations- bzw.
Färbemethoden sei, wie das auch N i s s 1 und
Alzheimer betont haben. Zuzugeben sei, daß
die Zellen der Lumbalflüssigkeit äußerst labile
Gebilde sind und eine besonders große Farbgierig-
keit besitzen, die sie gegenüber den Blutleukozyten
und auch den Leukozyten seröser Höhlen unter¬
scheidet
Auffallend kleine lymphoide Zellen fand S. im
Liquor von Paralytikern; er führt diese Kleinheit
nur zum Teil auf einen schädigenden Einfluß des
Liquors, hauptsächlich auf die Abgabe einer
Substanz zurück, deren Natur noch zu unter¬
suchen ist. Bumke (Freiburg L Br.).
1589. Beitrag zur Lehre von den seg¬
mentären Bauchmuekellähmungen; von S.
Dawidenkow. (Zeitschr. f. d. ge8. Neur. u.
Psych. Bd. 8. H. 1. S. 20. 1911.)
D. hat bei zwei Fällen von Wirbelsäulenfraktur,
deren genaue Lokalisation mit Röntgenstrahlen
festgestellt wurde — in beiden Fällen betraf die
Fraktur den 12. Brust- und 1. Lendenwirbel —
besonders die Lähmung der Bauchmuskeln genau
untersucht. Dabei ergab sich, daß nur einzelne
Musk Bisegmente gelähmt waren (mit EAR und
Areflexie), während die anderen in bezug auf
Funktion und elektrische Erregbarkeit sich als
vollkommen intakt erwiesen, und zwar waren in
beiden Fällen die supraumbilikalen Rektus-
segmente intakt, die unterhalb des Nabels ge¬
legenen gelähmt. In beiden Fällen fanden sich
Sensibilitätsstörungen, die der Ausbreitung der
Lähmung genau entsprachen.
D.s Beobachtungen schließen sich den wenigen
bisher veröffentlichten Fällen ähnlicher Art an
und beweisen jedenfalls die Möglichkeit einer
segmentären Innervation der Recti abdominis.
Bezüglich der Frage nach der Bestimmung des
Rückenmarkniveaus, in dem die Zentren für die
einzelnen Abschnitte der Bauchmuskeln liegen,
kommt D. auf Grund seiner Beobachtungen zu
dem Schlüsse, daß für die Innervation der ein¬
zelnen Muskelsegmente wahrscheinlich mehrere
Spinalsegmente in Anspruch genommen werden;
und zwar käme für die „multiradikuläre Inner¬
vation des IV. Segments des Rektus die prä¬
valierende Bedeutung namentlich XID zu“, wäh¬
rend XII D nur zur Ergänzung diene.
Bumke (Freiburg i. Br.).
1590. Serologische Untersuchungen von
Familien syphilogener Nervenkranker; von
A. Hauptmann. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 8. H. 1. S. 36. 1911.)
H. bespricht — nach einigen einleitenden Be¬
merkungen N o n n e s — zunächst die bisherigen
Untersuchungen von Familien syphilogener Ner¬
venkranken, deren überwiegender Teil, sei es
durch mangelnde Anamnese, sei es durch das
Fehlen der körperlichen und serologischen Unter¬
suchung der Angehörigen, unvollkommen war.
Sodann bespricht er seine eigenen, an 43 Familien
vorgenommenen Untersuchungen. Bei einem Teil
der Fälle bestätigte die serologische Untersuchung
nur die auch sonst bei syphilogenen Erkrankungen
des Nervensystems gemachten Erfahrungen oder
sicherte jedenfalls die ätiologische Deutung der
Symptome. Zu wichtigeren Resultaten kam H. in
jenen Fällen, bei denen durch die serologische
Untersuchung der scheinbar gesunden Ehehälfte
eines an einem syphilogenen Nervenleiden er¬
krankten Ehegatten auch doren syphilitische In¬
fektion festgestellt werden konnte; außerdem auch
in den Fällen, wo auf Grund einer spezifischen
Erkrankung der Kinder die anscheinend gesunden
Eltern serologisch untersucht wurden und wo
dann in ihnen die Quelle für die Krankheit der
Kinder gefunden wurde.
Bezüglich der Erkrankung der Kinder will H.
scharf unterschieden wissen „zwischen tatsäch¬
lichem Übergang virulenter Spirochäten auf das
sich entwickelnde Ei resp. den Fötus und dor
Keimschädigung durch das syphilitische Toxin“.
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540
IV. Neurologie.
Die zu der ersten Gruppe gehörigen Erkran¬
kungen (juvenile Paralyse, juvenile Tabes, Lues
cerebrospinalis mit und ohne folgendo Epilepsie,
gewisse P’ormen der Idiotie und der Imbezillität)
können positive Wassermann-Reaktion haben;
doch kann die Reaktion ebensogut auch negativ
ausfallen in den Fällen, in denen der syphilitische
Prozeß zur Ausheilung gekommen ist. Bei der
zweiton Gruppe von Fällen (Keimschädigung
durch das syphilitische Toxin) — hierher ge¬
hören: die idiopathische Epilepsie, Idiotie, Imbe¬
zillität, degdnerds und Psychopathen — wird die
Wassermann-Reaktion nicht positiv ausfallen,
weil keine eigentlichen syphilitischen Prozesse
vorliegen, sondern nur Keimschädigungen, die als
solche ebensogut z. B. auch durch den Alkohol
hervorgerufen sein könnten.
Gerade derartige negativ reagierende Fälle
können durch die serologische Untersuchung der
Angehörigen ätiologisch sicher gestellt werden —
eine Tatsache, die besonders auch für die Ätio¬
logie der Idiotie von Bedeutung ist.
Bezüglich der Frage nach der Behandlung'der
positiv reagierenden Fälle ohne objektiven Be¬
fund kommt H. zu dom Ergebnis: „nicht gleich
jeden positiven Ausfall der Wassermann-Reaktion
als Signal für einen Angriff auf die nur möglicher¬
weise vorhandenen Spirochäten aufzufassen“.
Bumke (Freiburg i. Br.).
1591. Das Linsenkernsyndrom. Klinische
und anatomisch-pathologische Beobachtungen; von
G. Mingazzini. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 8. H. 1. S. 85. 1911.)
M. bringt eine Reihe neuer klinischer und
pathologisch-anatomischer Beobachtungen, die er
als neue Belege für die von ihm seit mehreren
Jahren vertreteno Lehre des „Linsenkornsyndroms“
aufgefaßt wissen will. Der Symptomenkomplex,
den M. nach Zerstörung des Linsenkomes beim
Menschen beobachtete, besteht in einer leichter,
auf den Fazialis und die Glieder der entgegen¬
gesetzten Seito beschränkten Parese; in einer
wenig deutlich ausgeprägten Steigerung der
Patellar- und Achillessehnenreflexe sowie der
oberen Roflexe derselben Seite; ferner in leichter
Anisokorie, Atrophie der Extremitäten und
Hypästhcsie. Wenn die Läsion die vier hinteren
Fünftel des linken Ganglions einnimmt, so tritt
Dysarthrie bzw. Anarthrie auf. Betrifft die Läsion
das äußerste Drittel des Putamens, so können
auch pseudomyelitischo Parästhesien eines Glie¬
des der gegenüberliegenden Seite hinzutreten.
Die in diesen Fragen abweichenden Ansichten
anderer Autoren weist M. kritisch zurück.
Bumke (Freiburg i. Br.).
1592. Resektion des Ganglion Gasseri
wegen Neuralgie des N. trigeminus unter
Beleuchtung der Wundhöhle; von L. M.
Pussep. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych.
Bd. 8. H. 1. S. 81. 1911.)
P. hat bei einer Resektion des Ganglion Gasseri die
Mundhöhle mittels Zystoskop beleuchtet und empfiehlt
diese Methode der „Endoskopie des Gehirns“ auf das
wärmste für die verschiedenen tiefen Operationen inner¬
halb der Schädelhöhle. Bumke (Freiburg i. B.).
1593. Ein röhrenförmiges Gliom des
Rückenmarks mit regionären Metastasen;
von R. A. Me es. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 9. H. 4. S. 461. 1912.)
Klinische und pathologisch-anatomische Beschreibung
eines Falles von ausgedehntem Gliom des Rückenmarks.
Genaue, nach verschiedenen neueren Methoden ausge¬
führte histologische Untersuchung des Tumors. Daran
anschließend eine kurze Beschreibung der in der Lite¬
ratur beschriebenen Fälle ähnlicher Art.
Bumke (Freiburg i. B.).
1594. Die genauere Untersuchung feinster
Zitterbewegungen, sowie der sogenannten
ruhigen Haltung, Stellung und Lage mittels
Spiegelvergrößerung; von J. Pfahl. (Zeit¬
schr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 1911. Nr. 4.
S. 717.)
Pf. zeigt mit Hilfe der von ihm beschriebenen
Spiegelmethode, daß nur selten ein Zustand
völliger Ruhe besteht, auch wenn das Auge nichts
davon merkt. Die erhaltenen Kurven geben auch
über die Art der einzelnen Zitterbewegungen Auf¬
schluß. Hauptmann (Freiburg i. Br.).
1595. Untersuchungen derSpinalflüssig-
keit bei Syphilis ohne Nervensymptome;
von Harald Boas und Henry Lind. (Zeit¬
schr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 1911. Nr. 4.
S. 689.)
Mitteilung der Untersuchungsresultate an 12
Fällen von verschiedenen Formen von Syphilis
ohne Symptome seitons des Zentralnervensystems.
Bestimmt wurden die Wassermann-Reaktion im
Blut und Liquor, die Pleozytose, die Eiweißver¬
mehrung nach der Nonne-Apeltschen Reaktion
und die Gesamt-Albuminmenge. Die Wassermann-
Reaktion im Blut war immer positiv, die Reaktion
im Liquor immer negativ, selbst bei Anwendung
von 0,4 cera Liquor, woraus sich die Bedeutung
einer positiven Wassermann-Reaktion im Liquor
für die Diagnose eines syphilogenen Nervenleidens
ergibt. Nur in 4 Fähen fand sich eine schwache
Pleozytose. Die Nonne-Apeltsche Phase I-Reaktion
fand sich nur in einem Falle positiv, und hier war
gerade auch die stärkste Pleozytose vorhanden.
Die Gesamt-Eiweißmenge war nicht erhöht
Hauptmann (Freiburg L Br.).
1596. Die Erfolge der Salvarsanbehand-
lung bei Nervenkrankheiten; von Emil
Mattauschek. (Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. 1911. Nr. 4. S. 697.)
Salvarsan erweist sich nach der Ansicht M.s
hinsichtlich der Raschheit des zu erreichenden
Effektes dem Hg und Jod überlegen. Es ist daher
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V. Chirurgie.
541
bei frischen Fällen zerebraler und spinaler Er¬
krankungen, wo es auf eine besonders rasche
Wirkung ankommt, direkt indiziert Bei aktiven
Formen der Tabes hat M. häufig sehr gute Er¬
folge hinsichtlich der Reizerscheinungen gesehen.
Bei unkomplizierten beginnenden Paralysen ist ein
Behandlungsversuch erlaubt, bei ausgesprochenen
Fällen ist keine Wirkung zu erwarten. Relative
Kontraindikation bilden Herzfehler, schwere Herz¬
neurosen, stärkere Arteriosklerose, hochgradiger
Alkoholismus und Diabetes. Absolut kontraindi¬
ziert ist Salvarsan nach Vorbehandlung mit
Atoxyl, Enesol u. ä. m., bei Nervenkrankheiten
mit Lokalisation in wichtigen Zentren, bei vor¬
geschrittener Paralyse.
Hauptmann (Freiburg i. Br.).
1597. Un cas d’absence des vertöbres
cervicales; par M. Klippel et H. Feil.
(Nouv. Iconogr. de la Salp. Mai—Juin 1912.
S. 223.)
Beschreibung eines Falles von völligem Fehlen der
Halswirbelsäule von Geburt an. Es waren 4 Lumbal-
wirbel vorhanden, 8 Dorsalwirbel, jeder mit 1 Paar
Rippen, und eine Knochenmasse von 8 cm Höhe, die
ebenfalls 4 Paar Rippen trug. An dieser konnte man
keine einzelnen Wirbel differenzieren. Die oberste
Partie dieser Masse ging direkt in das Hinterhauptsloch
über. Patient war 46 Jahre alt, wußte nichts von
dieser Abnormität. Er kam wegen Pleuritis exsudativa
zur Behandlung. Der Krankengeschichte folgt eine
lange Abhandlung über Ätiologie der Mißbildung. Die
zum Teil zenträren Ansichten der einzelnen Autoren
werden eingehend gewürdigt. Krüll (Düsseldorf).
1598. Ein Beitrag zur Frage der Be¬
handlung gastrointestinaler Krisen bei
Tabes dorsalis durch Resektion hinterer
Dorsalwurzeln; von J. Bungart. (Mitteil. a. d.
Grenzgeb. d. Med.u. Chir. Bd. 25. H. 4. S. 702.1912.)
Förster hat 1909 vorgeschlagen, die schweren,
sonst nicht zu beeinflussenden Formen der gastro¬
intestinalen Krisen bei Tabes dorsalis durch
Resektion hinterer Dorsalwurzeln anzugreifen. In
der Literatur befinden sich bereits 40 derartige
Operationsfälle, denen B. drei eigene Beobach¬
tungen anreiht.
Aus den bisherigen Erfahrungen geht hervor,
daß diejenigen Fälle die günstigste Prognose für
die Operation bieten, bei denen im Anfänge der
Tabes die gastrointestinalen Beschwerden das
Krankheitsbild beherrschen, und wo demgegen¬
über andere Begleiterscheinungen des Leidens,
besonders trophoneurotische Störungen, sowie hoch¬
gradige Ataxio und Muskelatrophie zurücktreten.
Bei diesen Formen der Erkrankung sind die Aus¬
sichten auf einen guten Erfolg entschieden günstig.
Zum Schluß geht B. noch genauer auf das von
ihm beobachtete Verhalten der Sensibilität im
Ausbreitungsgebiet der resezierton Wurzeln ein.
Wagner (Leipzig).
V. Chirurgie.
Allgemeine Chirurgie.
1599. Zur Klinik der Sehnenscheiden-
phlegmorie unter besonderer Berücksichti¬
gung der Stauungsbehandlung; von W.
Keppler, (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 115. S. 63.
1912.)
Sehr eingehende Arbeit aus der Bierschen
Klinik, die sich auf 127 Fälle von mit Stauung
behandelter Sehnenscheidenphlegmone stützt und
die Vorzüge dieser Behandlungsmethode klar vor
Augen führt. Vergleicht man dio jetzigen Ergeb¬
nisse mit denen früherer Behandlungsmethoden,
so tritt der Vorteil der neuen Methode unzwei¬
deutig hervor und sie muß nach wie vor als die
zurzeit beste und schonendste Behandlung der
Sehnenscheidenphlegmone erklärt werden. Aber
selbst wenn eine nennenswerte Hebung der Resul¬
tate nicht wahrscheinlich erschiene, hätte die
Stauungshyperämie schon ihrer sonstigen Eigen¬
schaften wegen, besonders im Hinblick auf ihre
schmerzstillende Wirkung, einen dauernden Platz
in der Behandlung der Sehnenscheidenphlegmone
zu beanspruchen.
Die sehr ausführliche Arbeit eignet sich nicht
zu einem kurzen Referate. Wagner (Leipzig).
1600. Des angiomes intra-musculaires;
par P. Gorae. (Revue de Chir. Bd. 32. H. 7.
8. 83. 1912.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung an einer
82jährigen Kranken, die an einem großen intramusku¬
lären Angiom des Rückens mit Erfolg operiert wurde,
E ibt G. eine kurze Übersicht über das, was in der
iteratur über das intramuskuläre Angiom bekannt ist.
Die Krankheit ist sehr selten; G. konnte nur 75 Be¬
obachtungen aus der Literatur zusammenstellen. Die
Angiome können in sämtlichen quergestreiften Muskeln
des Körpers auftreten; verhältnismäßig am häufigsten
werden sie in der Muskulatur der unteren Extremitäten
beobachtet. Pathologisch-anatomisch muß man zwischen
einfachen und kavernösen Angiomen unterscheiden;
letztere sind häufiger. Die Hauptsymptome der intra¬
muskulären Angiombildung sind funktionelle Störungen,
Schmerzen, Geschwulstbildung mit den bekannten patho-
gnomonischen Zeichen einer Gefäßgeschwulst. Die Be¬
handlung kann nur in der Exstirpation der Geschwulst
bestehen, die bei abgekapselten Angiomen sehr einfach,
bei diffusen wegen der Blutung sehr schwierig sein
kann. Wagner (Leipzig).
1601. Ein Beitrag zur idealen Operation
des arteriellen Aneurysma; von Jama-
noüchi. (D, Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 192.
1912.)
Zusammenstellung von 30 Fällen zirkulärer
Gefäßnaht aus der Literatur, bei denen die Opera¬
tion in 12 Fällen mit dauerndem Erfolg ausgeführt
wurde. Dazu kommt eine von J. ausgeführte
zirkuläre Naht der Arteria poplitea wegen Aneu¬
rysma verum, mit gutem Erfolg, obgleich die
Stümpfe nach der Resektion 7 cm voneinander
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542
V. Chirurgie.
entfernt waren, allerdings war durch Beugung des
Knies eine bedeutende Annäherung möglich.
Fritsch (Breslau).
1602. Beiträge zur idealen Aneurysma-
Operation. Über die zirkuläre Gefäßnaht
und über die Transplantation der Gefäße
am Menschen; von K. Omi. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 118. S. 172. 1912.)
0. teilt 8 Fälle von Aneurysma-Operation mit,
bei denen einmal zirkuläre Gefäßnaht und zwei¬
mal autoplastische Venentransplantation gemacht
wurde. In einem der letzten Fälle kam es zur
Gangrän des Beines, die beiden anderen wurden
ideal geheilt. 0. fügt ähnliche Fälle und Tier¬
experimente aus der Literatur hinzu.
Fritsch (Breslau).
1608. Die Entstehung der traumatischen
Epithelzysten, zugleich eine kritische Studie
über die Atheromliteratur; von F.A. Hesse.
(Beitr. z. klin. Chir. Bd. 80. H. 3. S. 494. 1912.)
Durch eine große Reihe von experimentellen
Untersuchungen beweist H. die Berechtigung der
Pels-Leusdenschen Entstehungstheorie für trau¬
matische Epithelzysten. H. will diese Art der
Genese jetzt nicht in den Vordergrund drängen
vor dem länger bekannten, einwandsfrei beobach¬
teten Entstehungsmodus von Reverdin und
Garre; aber er meint, daß man mit voller Berech¬
tigung die Gleichstellung beider Anschauungen,
wie dies bisher noch nicht genügend anerkannt
ist, fordern könne. Reverdin und G a r r 6
nehmen an, daß die traumatischen Epithelzysten
entstehen durch Hineinpressen von Epidermis-
stückchen in die Haut nach Art der Kaufmann-
schen Enkatarraphie; nach Pels-Leusden
entstehen sie durch Hineingelangen eines Fremd¬
körpers in das subepidermale Gewebe im Bereiche
der Anhangsgebilde der Haut und Epithelisierung
von diesen ausgehend.
Der mit ausgezeichneten Abbildungen ver¬
sehenen Arbeit ist ein Literaturverzeichnis von
458 Nummern beigegeben. Wagner (Leipzig).
1604. Zur Technik der Gefäßnaht; von
R. Eden. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 80. H. 3.
S. 593. 1912.)
Experimentelle Arbeit aus der Lexerschen
Klinik, in der E. den Nachweis erbringt, daß das
Pferdehaar als Material für GefäBnähte durchaus
brauchbar ist. Vor der Seide und Baumwolle hat
es die größere Glätte, die geringere Fremdkörper¬
wirkung und die Resorptionsfähigkeit, vor dem
Menschenhaare die bessere Zugfestigkeit voraus.
Die Vorbereitung des Pferdehaares ist sehr ein¬
fach: ein 10 Minuten langes Kochen in siedendem
Wasser genügt, um es keimfrei zu machen. Das
sterilisierte Haar wird am besten in sterilem
Glyzerin aufbewahrt. Wagner (Leipzig).
1605. Die Serodiagnose der Staphylo¬
kokkenerkrankungen; von 0. Homuth. (Beitr.
z. klin. Chir. Bd. 80. H. 2. S. 191. 1912.)
In Übereinstimmung mit den Angaben früherer
Autoren konnte H. feststellen, daß eingreifendere
Staphylomykosen in dem vermehrten Anti-
staphylolysingehalt des Blutserums zum Ausdruck
kommen. Da auch das normale menschliche
Blutserum einen beträchtlichen Antistaphylolysin¬
gehalt zeigt, der naturgemäß Schwankungen auf¬
weist, so war es für die praktische Diagnostik
erforderlich, eine Titration des Serums auf Anti¬
staphylolysin auszuarbeiten, wobei der Anti¬
staphylolysingehalt des normalen Serums nicht
mehr in Erscheinung tritt Es wurde dies da¬
durch erreicht, daß 1. als Ausgangspunkt nicht
die wechselnde einfach lösende Dosis der ver¬
schiedenen Lysine, sondern die Absättigung eines
Standard-Antilysins gewählt wurde; 2. die Zeit
der Bindung von Lysin und Antilysin sehr ver¬
kürzt wurde. Es wurden im ganzen 114 ver¬
schiedene menschliche Sera untersucht Davon
gaben unter 74 anscheinend normalen nur 4 eine
positive Reaktion. Von 40 Staphylomykosen
reagierten 37 Fälle stark, zum Teil sehr stark.
Wagner (Leipzig).
1606. Ein Beitrag zur embolischen Ver¬
schleppung von Projektilen; von R. Rubesch.
(Beitr. z. klin. Chir. Bd. 80. H. 2. S. 394. 1912.)
Schußverletzungen des Herzens mit Ver¬
schleppung des Projektils sind ihrer Seltenheit
und des dabei mitspielenden besonderen Zufalls
wegen von Interesse, namentlich dann, wenn sich
der Verlauf geradezu unter den Augen des Be¬
obachters abspielt. Mit Erstaunen beobachtet
man, wie auffallend gering die Störungen der
Leistungsfähigkeit des mit der Beweiskraft eines
Experimentes sicher verletzten Herzens sind. R.
teilt eine solche Beobachtung aus der Prager
Chirurg. Klinik mit Der 28jährige Kranke hatte
sich mit einem 7 mm-Geschoß ins Herz geschossen;
das Geschoß war in die rechte Art femoral ver¬
schleppt worden und steckte dort 5—6 cm unter
dem Lig. Poupartii. Exzision der Kugel sowie
Extraktion mehrerer Thromben. Später Amputa¬
tion und Reamputation des Unterschenkels wegen
Gangrän. Heilung.
Einschließlich dieser Beobachtung sind bisher
17 Fälle von embolischer Projektilverschleppung
bekannt. Nur 3 Kranke genasen, in denen das
in Extremitätenarterien verschleppte Geschoß ent¬
fernt werden konnte. Wagner (Leipzig).
1607. Über eine ungewöhnliche Form
der Chondrodystrophia foetalis; von G.
Dencks. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. H. 3
u. 4. S. 302. 1912.)
Der außerordentlich interessante Fall betraf ein
3jähriges Mädchen. Die ungewöhnliche Form von
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V. Chirargie.
543
Chondrodystrophia foetalis, die durch das spätere
Hinzutreten von rachitischen Symptomen kompli¬
ziert ist. Die Röntgenogramme ergaben die
schwersten Veränderungen an den Epiphysen.
Als nicht zum Bilde der Chondrodystrophie ge¬
hörig fanden sich Frakturen an den verschiedenen
Röhrenknochen. D. deutet diese abnorme Fragi-
litas ossium als einen sekundären osteoporotischen
Prozeß, der mit der eigentlichen kongenitalen
Knochenanomalie nichts zu tun hat und erst durch
die für ein 3jähriges Kind ganz unnormale und
ungenügende Ernährung hervorgerufon worden ist.
Wagner (Leipzig).
1608. Über Leitungsanästhesie unter
Zuhilfenahme elektrischer Reizung; von
G. Perthes. (Münchn. med. Woch. 1912.
S. 2545.)
Bei der Anwendung der Leitungsanästhesie
liegt die Hauptschwierigkeit der Technik darin,
den Nerven mit der injizierenden Nadel richtig
zu treffen. Um hier zu einer größeren Sicherheit
zu gelangen, stattet P. die Injektionsnadel als
Reizelektrode aus; um Stromschleifen möglichst
auszuschalten, ist die Nadel bis an die äußerste
Spitze mit einem isolierenden Lack überzogen.
Es zeigte sich nun, wenn man durch diese Nadel
einen faradischen Strom von so geringer Intensität
hindurchschickt, daß er mit der Zunge nur eben
noch als sensibler Reiz wahrgenommen wird, daß
ein derartiger Strom eine Muskelzuckung nur dann
hervorruft, wenn der zugehörige Nerv direkt von
der Nadelspitze berührt wird. Bei praktischer
Anwendung dieser Methodik ergab sich vor allem,
daß die Zeit bis zum Eintritt der Anästhesie
gegenüber dem sonst üblichen Verfahren öfters
abgekürzt ist, auch die Menge des anzuwendenden
Novokains ist durchschnittlich eine geringere.
Versuche, um mit Hilfe der elektrischen Reizung
eine zuverlässige Form der Anästhesie an den
unteren Extremitäten auszuarbeiten, sind noch
nicht völlig abgeschlossen.
Melchior (Breslau).
1609. Ether anaeethesia by intravenous
Infusion; by F. L. Napier. (Glasgow med.
Journ. July 1912. S. 33.)
In Fällen, in denen eine Inhalation von Äther
nicht angebracht erscheint, z. B. bei Operationen
am Kopfe oder bei kachektischen Individuen,
kann man mittels eines sinnreich konstruierten
Apparates eine 50 proz. Lösung von Äther in
physiologischer Kochsalzlösung intravenös inji¬
zieren und dadurch eine vollkommene Narkose
erzielen. Irritation von Lungen oder Herz bleibt
aus, Nachwirkungen fehlen. Der Apparat ist ab¬
gebildet Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1610. Narkose bei künstlich verkleinertem
Kreislauf nach Klapp; von E. L. Schapiro.
(Arch. Weljaminowa 1912. S. 364.)
Sch. hebt das schnelle Eintreten der Narkose
und den geringen Verbrauch an Chloroform bei
der Morphium-Chloroformverwendung hervor. Die
Beobachtungen beziehen sich auf 500 Fälle, von
denen nur ein Fall eine Komplikation — Throm¬
bose der dorsalen Arterien der 3., 4. und 5. Zehe
des linken Fußes — nach sich zog. Erbrechen
trat nur in 15—20°/ o aller Fälle auf. Fast stets
erwachten die Patienten gleich nach Entfernen
der Binden. S c h 1 e s s (Marienbad).
1611. Scharlachrot bei granulierenden
Wunden ; von N. A. Dobrowolskaja. (Russki
Wratsch 1912. Nr. 44. S. 1869.)
Um die Heilwirkung des Scharlachrots mittels
Vergleichs abschätzen zu können, wandte D. bei
der einen Serie von granulierenden Wunden den
gewöhnlichen aseptischen Trockenverband, bei
einer weiteren die Wismutzinksalbe und bei der
dritten eine 8 proz. Scharlachrotsalbe an. Die Er¬
gebnisse der Autoren, die mit letzterer besonders
günstige Resultate erzielten, konnte D. nicht be¬
stätigen. Seine Resultate waren bei allen drei
Serien ziemlich die gleichen.
Schless (Marienbad).
1612. Wunddiphtherie und Wunddiph-
theroid; von J. Zöllig. (Bruns Beitr. 1913.
Nr. 82. S. 53.)
Auf Grund der Literatur und des Materials von
ConradBrunner gibt Z. eine eingehende Dar¬
stellung der Lehre von der Wunddiphtherie. Als
Diphtheroide werden solche Erkrankungsfälle be¬
zeichnet, die zwar klinisch das Bild der eigent¬
lichen Diphtherie — speziell das Vorhandensein
membranöser Auflagerungen — zeigen, in denen
aber der Klebs-Löfflersche Bazillus nicht nach¬
weisbar ist. Zumeist handelt es sich in solchen
Fällen um Strepto- oder Staphylokokken. Im
übrigen tritt auch die echte Wunddiphtherie fast
ausnahmslos als Mischinfektion auf. Für die
klinische Beurteilung der Wunddiphtherie gilt
durchaus das zuerst von C. Brunner aufgestellte
Axiom, wonach nur vermittels des genauen bak¬
teriologischen Nachweises der Diphtheriebazillen
im Wundsekret die Natur der Infektion fest¬
zustellen ist. Man kann nämlich durch einen der¬
artigen bakteriellen Befund gelegentlich auch in
solchen Fällen überrascht werden, in denen rein
auf Grund des klinischen Charakters schwerlich
die diphtherische Natur des Prozesses vermutet
werden könnte. Mit dem Begriff des „Hospital¬
brandes“ hat die Wunddiphtherie wahrscheinlich
nichts zu tun. Melchior (Breslau).
1613. Knochenbildung in einer Narbe;
von Johannes Kumaris. (D. med. Woch.
1912. S. 2308.)
Die Knochenbildung erfolgte in einer am Ober¬
schenkel befindlichen Narbe, die von wiederholten, vor
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544
Y. Chirurgie.
4 Jahren ausgeführten Inzisionen herrührte (Osteomye¬
litis?). K. nimmt eine echte Metaplasie des Narben¬
gewebes im Knochen an. "Melchior (Breslau).
1614. Du röle des veines dans la circu-
lation collaterale arterielle; par E. Ney.
(Revue de Chir. 1912. S. 903.)
Versuche an einem künstlichen Kreislaufs¬
modell, sowie an Hunden lehren, daß nach Ligatur
der Hauptarterie der Extremitäten die Blutdruck-
erniodrigung in den Kollateralen eine geringere
ist, wenn gleichzeitig die zugehörige Vene unter¬
bunden wird. Ohne diesen Akt kann die arterielle
Blutdrucksenkung eine so beträchtliche sein, daß
infolgo der venösen Aspiration eine Durchblutung
der peripheren Teile überhaupt nicht mehr er¬
folgt — dieselben also der Nekrose bzw. der
Gangrän anheimfallen. Die praktische Anwen¬
dung der Venenligatur würde nach N. dann ge¬
geben sein, wenn bei digitaler Kompression der
Vene ein vorher infolge dos arteriellen Ver¬
schlusses anämisches Glied seine normale Fär¬
bung wieder gewinnt. Melchior (Breslau).
1615. Über zirkumskripte Tumorbildung
durch abdominelle Fettnekrose und sub¬
kutane Fettspaltung; von Herrmann Küttner.
(Berl. klin. Woch. 1913. S. 9.)
Die mitgetoilten Fälle, die nahezu ein Unikum
darstellen, sind von besonderer klinisch-diagnosti¬
scher Bedeutung, speziell auch hinsichtlich der
noch relativ wenig durchforschten Pathologie des
Fettgewebes. In Fall 1 und 2 handelt es sich um
abdominellen Sitz der Fottnekrose in Gestalt von
tumorartigen Bildungen. Fall 3 verlief klinisch
unter den Erscheinungen einer Mammageschwulst;
boi der Exstirpation zeigte sich indessen, daß die¬
selbe ausschließlich dem Unterhautfettgewebe an¬
gehörte und den Drüsenkörper selbst intakt ließ.
Mikroskopisch zeigte sich eine kristallinische Ab¬
spaltung von Fettsäuren aus dem Fettgewebe,
bogleitet von einer chronischen Entzündung des
interstitiellen Bindegewebes.
Melchior (Breslau).
1616. Weitere Beiträge zur direkten Blut¬
transfusion; von H. Flörcken. (Münchn. med.
Woch. 1912. S. 2663.)
Die direkte Bluttransfusion — vermittels Ge¬
fäßnaht zwischen Arterie des Spenders und Veno
des Empfängers — findet ihr besonderes Indika¬
tionsgebiet bei sekundären Anämien, also Blu¬
tungen post partum, post operationem, nach Ver¬
letzungen, Tumoranämien nach Entfernung des
Tumors, ferner vverden wohl parasitäre Anämien
nach Entfernung der Parasiten ansprechen; wie
weit für die perniziöse Anämio die direkte Trans¬
fusion in Frage kommt, kann man noch nicht
sagen; die Behandlung der hämophilen Blutung
mit Transfusion sollte wenigstens versucht werden.
Die Resultate, die F. in 5 eigenen Fällen er¬
zielte, waren günstige. Eine wechselseitige Unter¬
suchung zwischen den in Frage kommenden Sera
und Blutkörperchen auf Hämolyse sollte stets
vorangehen, da in 2 von den 5 Fällen diese Kom¬
plikation — allerdings ohne ernstere Folgeerschei¬
nungen — beobachtet wurde.
Melchior (Breslau).
1617. Why is direct transfusion of blood
offen a failure? by A. L. Soresi. (New
York med. Journ. Nov. 9. 1912. S. 936.)
Die gewöhnliche Kochsalzinfusion darf nur
dann durch Bluttransfusion ersetzt werden, wenn
es sich um eine hämorrhagische Krankheit han¬
delt oder wenn eine relative Insuffizienz der
hämopoietischen Organe vorliegt. Die geringsten
Nachteile hat die Überleitung von Vene zu Vene,
und zwar wird zweckmäßig eine Halsvene des
Empfängers benutzt, damit das Blut möglichst
schnell zum Herzen kommt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1618. Meine Jodtinkturflasche zur
Großichschen Desinfektionen!ethode; von
Scheel. (D. milit-ärztl. Zeitechr. 1912. Nr. 17.)
Die Flasche ist von länglicher, achteckiger Form,
faßt etwa 50—100 ccm, besteht aus dickem, dunklem
Glas und hat einen in den weiten, kurzen Hals un¬
geschliffenen Glasstöpsel. An diesem ist ein ziemlich
langer, fast bis auf den Boden reichender, massiver, in
die Jodtinktur ständig eintauchender Glasstab befestigt,
an dessen mit Rillen versehenem Ende ein kleines Stück
Asbest aufgewickelt ist. Wagner (Leipzig).
Kopf, Hals und Brust.
1619. Entlastungstrepanation oder Bal¬
kenstich bei Turmschädel mit Himdruck-
erscheinungen? von E. D. Schumacher.
Münch, med. Woch. 1912. S. 2282.)
In einem Falle von Turmschädel, bei dem —
nach dem Vorgänge von Anton — der Balken-
stich vorgenommen war, und der im Anschluß an
den Eingriff an fortgeleiteter Sinusthrombose zu¬
grunde ging, ergab die Sektion ein völliges Fehlen
jeder Erweiterung der Hirnventrikel. Die intra¬
kranielle Drucksteigerung kann daher nicht durch
eine Vermehrung des Liquors erklärt werden,
sondern nur durch ein Mißverhältnis zwischen
wachsendem Gehirn und Schädelkapazität. Für
derartige reine — i. e. nicht durch Hydrozephalus
komplizierte — Fälle von Turmschädel scheint
demnach weniger der Balkenstich indiziert zu
sein, als vielmehr eine entlastende Trepanation.
Melchior (Breslau).
1620. Paralysies tardives et passagäres
du moteur oculaire externe dans fes frac-
tures du eräne; par A. Broca et B. Desplas.
(Revue de Chir. Bd. 9. S. 349. 1912.)
Lähmungen des N. abducens nach nicht pene¬
trierenden Schädelverletzungen sind verhältnis-
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V. Chirurgie.
545
mäßig häufig. Perron hat 124 Fälle von ein¬
seitiger Abduzenslähmung zusammengestellt; in
90 Fällen bestanden noch andere Symptome von
Schädelfraktur; in 30 Fällen war die Abduzens¬
lähmung das einzige Symptom der Schädelver¬
letzung. In 30 Fällen von Diplegie des Abduzens,
die derselbe Autor gesammelt hat, waren es 9, in
denen die doppelseitige Abduzenslähmung das
einzige Symptom des Schädelbruches darstellte.
B. und D. selbst beobachteten 2 Fälle von Abduzens¬
lähmung nach Schädelfraktur bei Kindern. Im einen
Falle trat die Lähmung am 3. Tage nach der Verletzung
auf und verschwand 4 Tage später; vollkommene Hei¬
lung. Im anderen Falle, wo es gleichzeitig auch zu
einer Fazialislähmung kam, fanden sich die ersten
Symptome der Abduzenslähmung ebenfalls 3 Tage nach
der Verletzung; vom 20. Tage an begann die Lähmung
zuriiekzugehen und war nach 2 Monaten vollkommen
verschwunden. Die Fazialislähmung trat am 6. Tage
nach dem Trauma auf und bestand 5 "Wochen, gleich¬
zeitig mit einer Paralyse des Gaumensegels derselben
Seite, die sich 3 Monate lang hinzog. Vollkommene
Heilung. Quönu hat den beiden Verf. Notizen über
2 bisher noch nicht veröffentlichte Fälle von ver¬
späteter und vorübergehender Abduzenslähmung nach
Schädelfraktur mitgeteilt.
Als Ursache dieser erst mehrere Tage nach
dem Trauma eintretenden und nach einiger Zeit
restlos verschwindenden Abduzenslähmung be¬
schuldigen B. u. D. ein Hämatom, das sich um
den Nerven oder in seiner Scheide bildet. Fälle
dieser Art werden ganz besonders im jugendlichen
Alter beobachtet. Wagner (Leipzig).
1621. Beiträge zur Diagnose und The¬
rapie der Kinnfisteln; von E. Schottländer.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 119. S. 363. 1912.)
Zur Diagnose gehört die genaue Feststellung
des schuldigen Zahnes, dann wird es dem Zahn¬
arzt in fast allen Fällen gelingen, den Prozeß zur
Ausheilung zu bringen bei Erhaltung des Zahns.
Fritsch (Breslau).
1622. Extraction d’un corps ötranger
de la bronche gauche; par Jauquet. (Presse
möd. beige 1912. S. 827.)
Es handelte sieh um eine metallische Bleistifthülse,
die den linken Haupthronchus obstruierte. Die Extrak¬
tion gelang bei dem erst 7 Jahre alten Kinde in Lokal¬
anästhesie unter Anwendung des Brüningschen Broncho¬
skopes. Melchior (Breslau).
1623. The surgical treatment of head
injuries affecting the brain; by J. Homans.
(Boston med. and surg. Journ. Nov. 14. 1912.
S. 684.)
Bei der chirurgischen Behandlung penetrie¬
render Schädelverletzungen ist zu beachten, daß
einem ödematösen Gehirn stets genügender Raum
geschaffen werden muß, damit es nicht kompri¬
miert wird. Geronnenes Blut soll entfernt wer¬
den, damit die Quelle der Blutung angegriffen
werden kann. Handelt es sich um größere Zer¬
störungen von Gehirnsubstanz, so ist dem Gehirn
ein größerer Raum zu gewähren, daneben aber für
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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Ableitung von Blut und Zerebrospinalflüssigkeit
zu sorgen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1624. Deux nouveaux cas de parotidite
suppuräe chez des paralytiques göndraux;
par R. Horand, P. Puillet et L. Morel.
(Gaz. des Höp. 1912. S. 1953.)
Das Auftreten einer eiterigen Parotitis wird im
Verlaufe der progressiven Paralyse häufiger be¬
obachtet als bei anderen Geisteskrankheiten. Unter
den hierbei in Betracht kommenden kausalen
Faktoren spielen vielleicht auch nervöse Momente
eine Rolle; so bestand in einem der mitgeteilten
Fälle eine vollkommene Anästhesie der erkrankten
Region. Die Prognose dieser Komplikation ist ge¬
wöhnlich eine sehr schlechte: „parotidite termi¬
nale". Angaben über den bakteriologischen Be¬
fund fehlen leider. Melchior (Breslau).
1625. Ein dritter Weg zur totalen Rhino¬
plastik; von Eugen Holländer. (Berl. klin.
Woch. 1913. S. 101.)
Der indischen Methode der Nasenplastik, die
das Material der Stirn entnimmt, sowie der ita¬
lienischen, bei der die Armhaut den plastischen
Ersatz zu bieten hat, stellt H. einen „dritten Weg“
gegenüber, wobei von der Brusthaut ein gestielter
Lappen zur Deckung des Nasendefektes ent¬
nommen wird. Als Vorteil gegenüber der Stirn¬
plastik wird angegeben, daß die Entstellung des
Gesichts hierbei fortfällt, sowie die Stieldrehung
mit Gefahr einer Lappennekrose; gegenüber der
italienischen Plastik soll die Brusthaut ein besseres
Hautmaterial darstellen. In 2 nach dieser Methode
operierten Fällen (Abbildungen) wird das Gesamt¬
resultat als befriedigend bezeichnet.
Melchior (Breslau).
1626. Epithelioma; its early recognition
and treatment; by R. H. Boggs. (New York
med. Joum. Aug. 3. 1912. S. 220.)
Ausgedehnte Unterlippenkarzinome mit Drüsenmeta¬
stasen, die schwierig zu operieren sind, werden zunächst
mit Röntgen strahlen behandelt, bis Primärtumor wie
Drüsen erheblich zurückgegangen sind. Dann wird
operiert. Die Erfolge dieser Methode sollen die der
sofortigen Operation erheblich übertreffen. Die Behand¬
lung der Hautkrebse mit Röntgenstrahlen muß kräftig
einsetzen, um eine schnelle Reaktion hervorzurufen. Die
mit starker Bestrahlung einhergehende Entzündung
kann niemals eine Ausbreitung oder Metastasierung des
Tumors veranlassen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1627. Die totale Exartikulation der
Mandibula und ihr prothetischer Ersatz;
von F. Erkes und F. Ernst (D. Zeitschr. f.
Chir. Bd. 118. H. 3 u. 4. S. 327. 1912.)
Mitteilung aus der Bierschen Klinik über einen
hierhergehörigen Fall. Die totale Exartikulation
des Unterkiefers ist indiziert, wenn ein maligner
Tumor ihn soweit ergriffen hat, daß nur die auf¬
steigenden Aste oder diese mit einem zahnlosen
Stück des horizontalen Astes freibleiben. Die
69
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546
V. Chirurgie.
beste Übersicht gibt ein Schnitt 2—3 em unter dem
Kieferrand, der beide Anguli verbindet Der
Medianschnitt ist möglichst zu vermeiden. Es
ist ratsam, sofort nach der Operation die Imme-
diatprothese aus Hartgummi nach Schroeder
einzusetzen, die nach 2—3 Monaten mit der Dauer¬
prothese aus Hartgummi vertauscht wird. Das
Gewicht der primären Prothese muß möglichst
leicht sein; das Gewicht der sekundären Prothese
ist nach dem Zustande der Weichteile zu be¬
messen. Um einen möglichst guten Erfolg zu er¬
zielen, ist es notwendig, daß einige Tage vor der
Operation von Chirurg und Prothetiker der Ein¬
griff genau erwogen, die Mundhöhle revidiert und
durch Desinfektion, Behandlung schlechter Zähne
zweckentsprechend vorbereitet wird.
Wagner (Leipzig).
1628. Macroglossia congenita neuro-
fibromatosa; von A. Hayashi. (D. Zeitschr.
f. Chir. Bd. 118. H. 5 u. 6. S. 456. 1912.)
Die Makroglossie kommt meist als angeborenes
Leiden vot, .das nach der Geburt in bald schnel¬
lerem, bald langsamerem, häufig deutlich schub¬
weisem Wachstum größere Dimensionen annimmt.
Man unterscheidet eine Macroglossia angiectatica.
muscvlaris und neurofibromatosa. Diese letztere
Form ist überaus selten; bisher liegen nur zwei
sichere Beobachtungen vor. H. berichtet über
einen neuen Fall, der einen 3jährigen Knaben be¬
traf, der in der Straßburger Chirurg. Klinik mit
Erfolg mittels Keilexzision behandelt wurde. Das
exzidierte Stück wurde im Chiarischen Institut
von H. genau untersucht und als neurofibromatöse
Form der Makroglossie erkannt.
Wagner (Leipzig).
1629. Treatment of fracture of the cla-
vicle; by F. E. Pech harn. (Boston med. and
surg. Journ. May 23. 1912. S. 777.)
Die an und für sich schon recht zahlreichen
Methoden zur Behandlung der Klavikular-Fraktur
werden um eine neue vermehrt: sie beruht auf
einer Rückwärtsbeugung der Schultern und ihrer
Fixation in dieser Stellung. Das wird durch zwei
je eine Schulter ganz umfassende Wülste erreicht,
die hinten durch doppelte Bandagen straff zu¬
sammengehalten werden. Die Bruchstelle wird in
üblicher Weise durch Heftpflaster fixiert.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1630. Über Speiseröhrenverengerung;
von C. A. Ewald. (Med. Klinik 1912. Nr. 50.)
E. gibt zunächst einen Überblick über die
krebsigen Strikteren und bezieht sich dabei auf
308 eigene Beobachtungen. Die Diagnose des
Ösophaguskarzinoms kann in der weitaus größten
Mehrzahl der Fälle auf Grund einer sorgfältigen
Anamnese und der Anwendung einfacher Son¬
dierungsinstrumente, wenn nicht ganz abnorme
Verhältnisse vorliegen, gestellt werden. Zur Son¬
dierung benutzt E. in letzter Zeit fast ausschlie߬
lich die Metallspiralen, die den Vorzug größter
Elastizität haben und deshalb ein feineres Gefühl
in der Tiefe gestatten. Therapeutisch empfiehlt
E., so lange die Stenose noch durchgängig ist, sie
durch methodisches Bougieren zu erweitern oder
wenigstens auf dem Status quo zu erhalten. Die
Dauerkanülen haben sich nicht bewährt; ebenso¬
wenig hat E. mit Radium Erfolge erzielen können.
Die Gastrostomie empfiehlt er erst dann, wenn
die regelmäßige Gewichtskontrolle eine unaufhalt¬
same Abnahme des Körpergewichts anzeigt Die
Exstirpation des Ösophaguskrebses hat bis jetzt
nur ganz ungenügende Ergebnisse geliefert
Wagner (Leipzig).
1631. Remote metastases following
cancer of the breast; by J. C. Hub bar d.
(Boston med. and surg. Journ. July 4. 1912.
S. 1.)
Besonders häufig beobachtet man nach Mamma¬
karzinomen Knochenmetastasen. So fanden sich
in einem Falle Metastasen am Kiefer, sowie am
Os ilei, in einem zweiten eine solche am V. Lum¬
balwirbel (außerdem an einer Niere), in einem
dritten machte eine Spontanfraktur des Ober¬
schenkels auf eine dort lokalisierte Metastase auf¬
merksam. Ferner wird ein Mammakarzinom er¬
wähnt das außer Metastasen am Kiefer sowie an
den Ovarien auch eine solche in der anderen
Brust zur Folge hatte.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1632. The operative treatment of spina
bifida; by L. G. Paul. (Boston med. and Burg.
Journ. July 4. 1912. S. 18.)
Bei der Behandlung der Spina bifida ist es
besonders wichtig, von einer Operation abzusehen,
wenn der Patient einen geistigen Defekt hat oder
ausgesprochener Paralytiker ist Ganz kleine
Kinder dürfen nur operiert werden, wenn eine
Ruptur eingetreten ist oder droht Sehr wichtig
ist bei der Operation Tieflagerung des Kopfes.
Man soll sich genau überzeugen, ob der Sack frei
von Nervensubstanz ist, ehe man ihn abbindet
Es ist ratsam, wenn auch für kurze Zeit, die
Wunde zu dränieren.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1633 . The operability of cerebral endo-
thelioma, with the report of a successful
case; by G. L. Walton and J. Eomans.
(Boston med. and surg. Journ. June 27. 1912.
S. 959,)
Bei einem kräftigen Manne von 37 Jahren traten
plötzlich epileptiforme Krämpfe auf, erst in beiden
Beinen, dann in der rechten Hand, später im rechten
Arm. Es gelang auf operativem Wege ein Endotheliom
der Dura, dem linken Stimlappen aufsitzend, von der
Größe 5,5 X 3,5 X 2,5 cm zu entfernen. Nachdem am
folgenden Tage fast völlige Halbseitenläsion eingetreten
war, die jedoch bald schwand, genas der Kranke völlig.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
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V. Chirurgie.
547
1634. Zur Technik des künstlichen
Pneumothorax; von M. Bönniger. (Berl.
klin. Woch. 1912. Nr. 35.)
B. bespricht die Technik zur Erzeugung des Pneumo¬
thorax bei der Lungentuberkulose. Gegenüber Brauer
u. a. verteidigt er die Forlaninische Stichmethode; znr
Einblasung des Stickstoffes bedient er sich eines ganz
einfachen Apparates, der sich in jedem Laboratorium
hereteilen läßt.
B. hat die Methode bisher in 35 Fällen angewandt
mit über 100 Punktionen. Irgendwelche bedrohlichen
Erscheinungen hat er niemals gesehen; nur in einzelnen
Fällen war es unmöglich, einen Pneumothorax zu er¬
zeugen. Die Indikationen für den künstlichen Pneumo¬
thorax stellt B. sehr weit: bei allen Lungenphthisen,
bei denen anhaltendes Fieber besteht und reichlicher
Auswurf, kann man den Versuch machen, falls der Zu¬
stand nicht zu desolat ist. Die dankbarsten Fälle sind
natürlich die hauptsächlich einseitigen Tuberkulosen.
Bei leichteren Fällen hält B. den Eingriff nicht für
gerechtfertigt. Wagner (Leipzig).
1635. Ein Beitrag zur Chirurgie des
Ductus thoracicus; von 0. Warschauer.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 119. H. 5 u. 6. S. 422.
1912.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung hält es
W. für rationeller, bei schwierigen Operationen im
Venenwinkel den Ductus thoracicus genau frei¬
zulegen, zu unterbinden und zu durchschneiden,
als das Risiko des leicht möglichen Übersehens
einer unbeabsichtigten Verletzung desselben auf
sich zu nehmen. Denn es ist sicher nachgewiesen,
daß der Mensch imstande ist, den Verschluß, auch
den ganz plötzlichen, des Ductus thoracicus in
seinem Halsteile anstandslos zu ertragen, und daß
demnach die offenbar vorhandene Scheu der
Chirurgen vor einem Eingriff an ihm unbe¬
gründet ist. Wagner (Leipzig).
1636. Über einige neue Indikationen der
Durchschneidung der hinteren Wurzeln;
von R. Lori che. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 119.
H. 5—6. S. 485. 1912.)
Nach den Erfahrungen, die man heute über
die Foerstersche Operation hat, kann man ohne
Bedenken den Kreis ihrer Indikationen zu er¬
weitern suchen. L. glaubt, daß es zweifellos von
Nutzen wäre, Durchschneidungen von hiateren
Wurzeln bei hartnäckigen peripheren Läsionen
vorzunehmen, die sich bei näherer Betrachtung
als Erscheinungen von seiten der Wurzeln und
Nerven ergehen. L. rechnet hierher den Herpes
intercostalis; das MdL perforant der Planta pedis;
die hartnäckige Hyperchlorhydrie; die hartnäckige
Colitis muco-rnembranacea. L. beschränkt sich
darauf, das Problem hiermit zur Diskussion zu
stellen, das in dem eng begrenzten Rahmen der
Ausnahmefälle, für die L. es vorschlägt, einer
weiteren Untersuchung gewiß wert ist.
Wagner (Leipzig).
1637. A case of dural transplant&tion;
bv R. Biscop Canfield. (Phys. and Surg.
1912. Nr. 2. S. 74.)
Bei einer 43jährigen Patientin war im Verlauf einer
Ohroperation die Dura über dem Kleinhirn geöffnet
worden. Am nächsten Tag trat starker Abfluß von
Zerebrospinalflüssigkeit auf und es entwickelten sich be¬
drohliche meningitische Symptome, so daß zn folgendem
interessanten operativem Eingriff geschritten wurde:
Die Dura eines Hundes wurde fest gegen das ZerebeUum
mittels Tampons gedrückt, so daß die jetzt ungefähr
fingerdicke Öffnung der Dura dadurch völlig ver¬
schlossen war. Seitdem floß keine Zerebrospinalflüssig¬
keit mehr ab, beim Verbandwechsel zeigte sich, daß das
transplantierte Stück seine Lage nicht verändert hatte.
Patientin erholte sich gut. J o 11 y (Halle).
1638. Beiträge zur Kenntnis und Ope¬
ration der Struma euprarenalis cystica
haemorrhagica; von Hermann Küttner.
(Bruns Beitr. 1913. Nr. 82. S. 291.)
Erfolgreich operierte mannsfaustgroße, mit der
Nebenniere fest verwachsene Geschwulst bei einer
43jährigen Frau, in toto exstirpiert. Nach dem histo¬
logischen Befund handelte es sich um eine Blutzyste,
hervorgegangen aus einem den Charakter des Neben¬
nierengewebes aufweisenden Tumor. In der Literatur
sind bisher erst 12 Beispiele dieser seltenen Geschwulst¬
form bekannt. Für die Entfernung derartiger großen
Geschwülste empfiehlt sich besonders die kombinierte
extra- und inti&peritoneale Operation von der Lumbal¬
gegend aus. Melchior (Breslau).
1639. Beitrag zur chirurgischen Behand¬
lung des Pleura-Empyems; von A. Saa-
kianz. (Wien. klin. Rundschau Bd. 26. S. 385.
1912.)
Die Arbeit bringt die an 89 Fällen von frischen
und veralteten Pleuraempyemen gemachten Er¬
fahrungen. 12—30% sind gestorben. Mit Fisteln
entlassen 5—12% und geheilt 23—58%. Die beste
Prognose geben die metapneumonischen Empyeme,
von den nicht metapneumonischen die schlechteste
die tuberkulösen. Die Heilung der Empyemfisteln
kann nur durch Thorakoplastik erreicht werden,
doch könnte man die Fälle mit Fisteln bedeutend
verringern, wenn sofort nach der Rippenresektion
eine Saugbehandlung einsetzte. Im Gegensatz zu
den bisherigen Erfahrungen hatten die Kinder¬
empyeme keine bessere Prognose als die bei Er¬
wachsenen. Fritsch (Breslau).
1640. Streifschuß des Herzens ohne
Verletzung des Herzbeutels; von H. Robic.
(Beitr. z. klin. Chir. Bd. 81. S. 493. 1913.)
Im ganzen ist bisher über 16 Schußverletzungen
des Herzens ohne Durchlöcherung des Herzbeutels
berichtet worden. Der Fall R.s ist der 17. Unter
diesen 17 Verletzungen können 4 als Streifschüsse
des Herzens ohne Verletzung des Herzbeutels an¬
gesehen werden. Herzverletzungen ohne Durch-
schlagung des Herzbeutels haben unter Umstän¬
den eine große praktische Bedeutung. Findet man
den Herzbeutel in Fällen mit den klinischen
Symptomen einer Herzverletzung unversehrt, so
muß man daran denken, daß trotzdem das Herz
verletzt sein kann. Eine vorgenommene Probe¬
punktion oder Probeinzision wird den weiteren
Weg weisen. Wagner (Leipzig).
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548
V. Chirurgie.
1641. Die operativ behandelten Herz¬
verletzungen der Grazer chirurgischen
Klinik; von H. Schmerz. (Beitr. z. klin. Chir.
Bd. 81. S. 499. 1913.)
Von den 5 Fällen, die an der Klinik zur
Operation kamen, waren zwei Schuß-, und zwar
Streifschuß-, die drei übrigen Stichverletzungen.
3 Kranke == 60°/ 0 starben. Zwei von diesen Fällen
waren ganz besonders ungünstig; in dem einen
handelte es sich um eine schwere Hämophilie;
der andere Kranke gelangte erst nach 27 1 /a Stun¬
den mit komplizierender Darmperforation und
Peritonitis zur Operation. Im ganzen sind jetzt
in der Literatur 246 Operationen wegen Herz¬
verletzung bekannt: 113 Kranke genasen; 133 =
54°/o starben. Wagner (Leipzig).
1642. Resektion von tuberkulösen Bi-
furkationslymphdrQsen wegen Tracheal¬
stenose. (Berl. klin. Woch. 1913. S. 157.)
Bei einer 29jährigen, an einer manifesten Tuber¬
kulose leidenden Frau bestehen AtembeschweTden, die
Funktion beider Nn. recurrentes ist beeinträchtigt, das
Röntgenbiid zeigt ovale etwa walnußgroße Schatten
oberhalb der Abgangsstelle des rechten Bronchus, längs
der Trachea und in der Gegend der Bifurkation. Es
wird daraufhin eine Stenose der Trachea in ihrem
mediastinalczn Anteil durch einen — wahrscheinlich
tuberkulösen — Tumor angenommen.
Mittels Mediastinotomia longitudinalis gelingt es, ein
hartes 3,5 :2 cm messendes Drüsenpaket zu exstirpieren
(Gland. trach. bronch. sup. dextr.). Das funktionelle
Resultat hinsichtlich der Atembeschwerden ist ein gutes.
Melchior (Breslau).
1643. On some of the rarer forms of
breast cancer; by W. S. Handley. (Arch.
of the Middlesex Hosp^ Bd. 22. S. 14. July 1912.)
Es gibt Formen von Brustkrebs, in denen
irgendwelche Erscheinungen von seiten der Ma-
milla, wie Adhäsion, Retraktion und Elevation,
sowie Schwellung der Axillardrüsen durchaus
fehlen können. Bei gewissen Frühformen, wo sich
nur ein kleiner, zirkumskripter, harter Tumor
findet, ist eine Probeinzision angezeigt. Ferner
gibt es Brustkrebse von großer Beweglichkeit, die
einem Fibroadenom ähneln; sie sind nur diagnosti¬
zierbar, wenn man jeden Tumor bei einer Frau
jenseits der 40er Jahre einer mikroskopischen
Untersuchung zugänglich macht. Zuweilen be¬
ginnt oin Brustkrebs in der äußersten Peripherie
der Brust, z. B. oberhalb des Schwertfortsatzes.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Magen, Leber, Milz, Darm usw.
1644. Gastrostomie und Ösophago-
plastik ; von Amza Jianu. (D. Zeitschr. f.
Chir. Bd. 118. S. 383. 1912.)
Um der Gastrostomie mit ihren Nachteilen zu
entgehen, hat J. für nicht dilatierbare benigne
Ösophagusstenosen eine Methode der ösophago-
plastik ausgearbeitet, die er allerdings bis jetzt
erst an Hunden und Leichen ausprobiert hat. Dio
Technik ist folgende: Laparotomie oberhalb des
Nabels. Isolierung der großen Kurvatur des
Magens von Kolon und Milz. Abgrenzung einer
Portion längs der großen Kurvatur mit Klammern.
Scharfe Abtrennung dieser Portion mit dem
Messer. Naht des Magens und der abgetrennten
Partie in Schlauchform. Der Magen wird nun in
der oberen Wundhälfte befestigt und der aus dem
Magen gebildete Ösophagus unter der Haut so
weit wie möglich nach oben gezogen, damit dort
oine Anastomose mit dem Ösophagus nach Lexer
gebildet werden kann. Fritsch (Breslau).
1645. Statistische Mitteilung Ober die
Resultate des Wilmsschen Verfahrens zur
Stumpfversorgung bei Magenresektion; von
S. Kumika. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118.
S. 483. 1912.)
Von den drei in der Chirurgie verwendeten
Methoden der Wiedervereinigung von Magen
und Darm nach Magenresektion, Billroth I,
Kocher und Billroth II, ist die letztere die
zurzeit gebräuchlichste. Die vorliegender Arbeit
beigegebenen Statistiken zeigen jedoch, daß seit
einer Reihe von Jahren keine Verringerung der
Mortalität mehr eingetreten ist, daß dies also wohl
auch ohne eine Verbesserung der Technik kaum
mehr zu erwarten ist K. glaubt in der Methode
nach W i 1 m s diese Verbesserung gefunden zu
haben. Sie besteht darin, daß die obere Jejunum¬
schlinge durch das Mesokolon gezogen und dann
an dem tiefsten Teil des Magenstumpfes, wo die
Magenverschlußnaht dafür offen gehalten wird,
die Gastrojojunostomie angelegt wird. Die Vor¬
teile des Verfahrens bestehen in der Vermeidung
jeder Spannung auch bei weit kardialwärts aus¬
geführter Resektion und in der Schaffung bester
Abflußbedingungen aus dem Magen. Von 14 nach
dieser Methode operierten Patienten (Kranken¬
geschichten) ist einer an Pneumonie gestorben.
. Fritsch (Breslau).
1646. Die operative Behandlung gastri¬
scher Krisen nach Foerster; von G. La*
theiäsen. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 117.
H. 1 u. 2.)
Eine zusammenfassende Prüfung, was mit die¬
sem Verfahren bis jetzt geleistet ist und was es zu
leisten vermag. Aus dem historischen Teil ist von
Interesse, daß die Resektion sensibler Rücken¬
wurzeln bereits 1888 von Abbe ausgeführt wurde,
fast gleichzeitig von Bonnet, 1899 von M i n -
g a z z i n i bei lanzierenden Schmerzen der Tabi¬
ker, 1904 von Munro bei Littlescher Krankheit
Erst Foerster aber hat in diese operative Be¬
handlung Methode gebracht und ihr eine wissen¬
schaftliche Basis gegeben. Bis jetzt sind 39 Pat.
wegen gastrischer Krisen nach Foerster ope¬
riert, mit einer Mortalität von 17,9»/#. Die Resul¬
tate sind durchaus günstige, eine Reihe von Pat.
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V. Chirurgie.
549
wurde wieder arbeitsfähig, nur muß stets eine
große Anzahl von hinteren Wurzeln reseziert wer¬
den (6. bis 12. Dorsalwurzel mit 1. Lumbalwurzel).
Was die Technik anbelangt, so spricht sich L. für
einzeitiges Operieren aus und für die seitliche
Lagerung und bringt sonst nichts wesentlich
Neues. Die nach Aufkommen der Foersterschen
Operation aufgekommenen Ersatzoperationen:
Neurexa'ircse der Interkostales (Franke), bloßo
Laminektomie (Hänel), Vagusresektion (Ex-
n e r) und Chordotomie in den Seitensträngen
(Schüller) haben bis jetzt keine Anerkennung
gefunden. Fritsch (Breslau).
1647. Anatomie chirurgicale et Chirurgie
du rein en fer ä cheval; par N. Carlier
und Maurice Görard. (Echo med. du Nord
1912. S. 429 u. 442.)
Chirurgisch-klinische Studie zum Kapitel der
Hufeisenniere. Dieser Terminus selbst ist nach
C. und G. zweckmäßig auf die Fälle zu beschrän¬
ken, in denen die Verschmelzung der beiden
Nieren an gleichnamigen Polen erfolgt ist, und
das hieraus resultierende, vor der Wirbelsäule ge¬
legene Organ annähernd einen Halbring darstellt.
Die Häufigkeit der Hufeisenniere bei einem
durchschnittlichen Sektionsmaterial ist als Mittel
aus verschiedenen Statistiken auf etwa 1:862
anzunehmen.
Die unkomplizierte, im allgemeinen symptom¬
lose Hufeisenniere kann gelegentlich mit Koliken
einhergehen, die zu chirurgischen Interventionen
geführt haben. Rovsing hat in einem solchen
Falle die operative Trennung der beiden Nieren
an ihrer Vereinigungsstelle vorgenommen.
Als akzessorische Erkrankungen der Hufeisen¬
niere ist das Auftreten von partieller Hydroneph-
rose, Lithiasis, Tuberkulose, Kystomen beobachtet
worden. Die operative Kasuistik wird im Ein¬
zelnen mitgeteilt.
In den meisten Fällen ist die Diagnose der
Hufeisenniere erst bei der Operation selbst gestellt
worden. Die Palpation, sowie die Radiologie
werden als die wichtigsten Hilfsmittel zur Dia¬
gnostik genannt. Die wirksame Unterstützung
der Röntgenaufnahmen vermittels Kollargolfüllung
des Nierenbeckens hätte in diesem Zusammen¬
hänge besonders hervorgehoben werden sollen.
Melchior (Breslau).
1648. Zur Frage der Talma-Operation;
von Goetjes. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 117.
H. 3 u. 4.)
Die Talma-Operation ist in letzter Zeit infolge
der nicht sehr ermunternden Resultate etwas ins
Hintertreffen geraten. Auch von den von G. mit¬
geteilten 12 Fällen sind nur 5 als mit Erfolg ope¬
riert zu verzeichnen. G. glaubt nun, daß die
pathologisch - physiologischen Verhältnisse bei
Stauung im Pfortadergebiet nicht genügend be¬
rücksichtigt werden.
Aus den Untersuchungen verschiedener Auto¬
ren geht hervor, daß bei der Entstehung des
Aszites das Wurzelgebiet der Mesenteriea sup.,
der Dünndarm, die größte Rolle spielt, während
die Kollateralen der übrigen Organe die Stauung
durch Vergrößerung der Anastomosen kompen¬
sieren können. Die Talma-Operation muß also so
angelegt werden, daß die künstlichen Kollateralen
vor allen in dem Gebiete der Mesent. sup. erzielt
werden. Dies ist nach 11 o und 0 m i durch eine
breite und ausgedehnte Tamponade zwischen den
Dünndarmschlingon selbst und zwischen diesen
und dem parietalen Peritoneum der vorderen
Bauchwand zu erreichen. Fritsch (Breslau).
1649. Über Leberverletzungen; von H.
Finsterer. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118.
S. 1. 1912.)
Sehr umfassende, die ganze einschlägige Lite¬
ratur berücksichtigende Arbeit mit Hinzufügung
von 11 selbst beobachteten Leberverletzungen, und
zwar 2 Stichverletzungen, 1 Schußverletzung und
8 subkutane Leberrupturen. Von den letzteren
verliefen 2 tödlich, 4 wurden durch die Operation
gerettet und 2 heilten ohne Operation, doch muß
man nach der bis jetzt vorliegenden Literatur die
Mortalität der Leberrupturen auf 80—84% be¬
rechnen! Was die Symptome der Loberverletzun-
gen angeht, so macht F. neben den Symptomen
der intraperitonealen Verletzungen bzw. Blutungen
und dem Leberschmerz, der sich häufig als
Schulterschmerz äußert, vor allem auf die Brady¬
kardie bei Leberverletzungen trotz innerer Blu¬
tungen aufmerksam. Aus der Literatur werden
13 Fälle mit Pulsverlangsamung, bis 48 in der
Minute, angeführt. Experimentell hat F. diese
Bradykardie durch Leberquetschungen an Hun¬
den und Kaninchen erzeugen können, während sie
bei Quetschungen anderer Abdominalorgane aus¬
blieb. Die Pulsverlangsamung darf also nicht
mehr als Zeichen keiner inneren Blutung und da¬
mit gegen die Notwendigkeit einer sofortigen Ope¬
ration verwertet werden. Die Therapie besteht in
der Lebernaht. Von den verschiedenen Methoden
derselben hält F. die Heidenhainsche Rückstich¬
naht, das Kusnezoff-Penskysche Verfahren und
die Payr-Martinasche Methodo für ziemlich gleich
empfehlenswert, während er die Netzplastik nach
B o 1 j a r s k i nicht für fähig hält, profuse Blu¬
tungen zu stillen. Ebenso verwirft er die bloße
Tamponade, empfielt aber dringend einen kleinen
Sicherheitstampon, um etwaigen Gallenaustritt
nach außen und nicht ins Peritoneum zu leiten.
Fritsch (Breslau).
1650. Symptomatologie und Diagnostik
des Gallensteinleidens, Indikationen der
chirurgischen Behandlung; von Franz
von Fink. (Prag. med. Woch. 1913. Nr. 1.)
v. F. bespricht an der Hand von 40 im Jahre
1912 operierten (mit 3 Todesfällen) Fällen seine
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550
V. Chirurgie.
Indikation für das chirurgische Eingreifen bei
Galiensteinleiden und erläutert die einzelnen For¬
men durch kurze Krankengeschichten. Er teilt
die Fälle in zwei Gruppen, in solche, die nur die
Gallenblase betreffen, und solche mit Beteiligung
der tieferen Gallengänge. Operiert wurden nur
schwere Fälle, bei denen durch lange Dauer, durch
akut einsetzende oder chronisch sich entwickelnde
Veränderungen, schwere Störungen auftreten, die
nach allgemeiner Erfahrung sich bei abwartender
Behandlung nicht mehr bessern konnten und den
Gesamtorganismus schon schwer geschädigt
hatten. Bei dieser Indikationsstellung ist es
natürlich, daß die Entfernung der Gallenblase die
Regel, die Gallenblasenfistel die Ausnahme ist.
In einem Fall von Stenose des intrapankreatischen
Teiles des Choledochus wurde eine Cholezyst-
enteroanastomose mit dem horizontalen Ast des
Duodenums gemacht. An die Choledochotomie
wurde immer die Dränage an geschlossen,
G r a f f (Bonn).
1651. Zur Frage der Herkunft der Massen¬
blutungen ins Nierenlager; von E. Koch.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 350. 1912.)
Eine einheitliche Auffassung von der Ursache
der erwähnten Blutungen besteht zurzeit noch nicht.
Als ätiologische Momente gelten: Tumoren, sep¬
tische und nephritische Prozesse, Hämophilie, Stö¬
rungen des Nervensystems. K. beschreibt nun
einen Fall, bei dem die Quelle der Blutung un¬
zweideutig bei der Sektion in der völlig zertrüm¬
merten Nebenniere gefunden wurde. Auch für
diese hauptsächlich bei Neugeborenen vorkom¬
menden Nebennierenblutungen sind die verschie¬
densten Ursachen angegeben worden: Traumen,
Asphyxie, Eklampsie, infektiöse und toxische Pro¬
zesse, Thrombosen. Im vorliegenden Falle ließ
sich die Ätiologie nicht feststellen, nur war ein
Trauma ausgeschlossen. Therapie kann nur ope¬
rativ sein, doch ist die Prognose schlecht.
Fritsch (Breslau).
1652. Zur Entstehung der Massenblu¬
tungen ins Nierenlager; von A. Läwen.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 374. 1912.)
L. wendet sich energisch gegen die Ansicht
R i c k e r 18, daß die Massenblutungen ins Nieren¬
lager auf kapillärer Diapedese beruhten. Derartig
riesige Blutungen, wie viele Autoren sie beschrie¬
ben haben, und die, wie das klinische Bild be¬
weist, sich in kürzester Zeit auszubilden ver¬
mögen, können keine reinen Diapedesis-Blutungen
darstellen, sondern müssen anderer Natur sein,
und zwar erklärt sie L. als Hämorrhagien per
diaeresin im Sinne Marchands, bei denen
der Blutaustritt durch Auseinanderweichen der
Wand bei krankhaften Veränderungen derselben
erfolgt. Dann braucht auch keine Abhängigkeit
der Blutung vom Nervensystem, wie Rickert
sie annimmt, in Anspruch genommen zu werden,
die ohnehin recht gesucht erscheint
Fritsch (Breslau).
1653. Contribution ä l’ötude des rup-
tures spontanäes de la rate; par Sven
Johansson. (Revue de Chir. Bd. 32. H. 7.
S. 58. 1912.)
Mitteilung eines sehr interessanten Falles von an¬
scheinend spontaner Uilxruptur bei einem 39jährigen
Kranken, der mit den Symptomen einer Perforations-
peritonitis und innerer Blutung aufgenommen und so¬
fort laparotomiert wurde. In der Bauchhöhle fand sieh
massenhaftes, fast fäkal riechendes Blnt. Därme ohne
Besonderheiten. Im Netz zahlreiche kleine metast&tisehe
Tumoren. KarzinomatSse Infiltration des Magens; Per¬
foration? Wegen des schlechten Zustandes des Kranken
mußte die Operation rasch beendet werden; Tamponade
usw. Tod am 3. Tage nach der Operation. Die Sektion
ergab ein exulzeriertes, teilweise gangränöses Magen¬
karzinom mit Metastasen im Peritoneum, Netz und
beiden Lungen. Die fast um das Vierfache vergrößerte
Milz zeigt die Charaktere einer septischen Entzündung
und ist in großer Ausdehnung, nam entlich nach dem
oberen Pole zu, stark eingerissen.
Da ein Trauma in diesem Falle nicht Vorgelegen
hatte, ebenso auch Malaria, Leukämie, Bantische Krank¬
heit auszuschließen waren, muß man eine Spontan¬
ruptur einer idiopathisch-hypertrophischen Milz an-
nchmen. Wagner (Leipzig).
1654. Beiträge zur Milzchirurgie; von
Reinecke. (Mitteil. a. d. Hamb. Staatekranken-
anst Bd. 13. H. 10. 1912.)
Mitteilung aus dar Wiesingerschen Abteilung
über 22 Fälle von Müzruptur, die in den letzten
8 Jahren zur Operation gelangten; darunter fand
sich nur ein Fall von offener Milzwunde nach
Schußverletzung. Mit vollkommener Sicherheit
konnte die klinische Diagnose Milzruptur nur in
5 Fällen gestellt werden. Von 9 isolierten Milz¬
rupturen konnten 5 gerettet werden, von 13 mit
anderen schweren Verletzungen komplizierten
nur 4. Bei den schweren Zertrümmerungen des
Organs oder tiefen, in den Hilus reichenden
Rissen, den völligen oder teilweisen Abreißungen
vom Gefäßstiel, die sich bei der Mehrzahl der
Verletzton fand, konnte nur die Splenektomie in
Frage kommen: 7 Kranke überstanden den Elin¬
griff, ll starben. Bei den genesenden Splen-
ektomierlen konnte eine Vermehrung der Lympho¬
zyten in allen Fällen nachgewiesen werden;
weniger ausgesprochen war die Eosinophilie. In
dem gleichen Zeitraum wurden noch zwei Splen-
oktomien aus anderen Ursachen (Infarktbildung,
bzw. Tuberkulose) vorgenommen, beide mit töd¬
lichem Ausgange. Wagner (Leipzig).
1655. Surgical treatment of gastro¬
intestinal stasis; by E. C. Coffey. (Surg.,
Gyn. and Obst. Bd. 15. S. 365. 1912.)
Nach C. ist die wesentliche Ursache der — in
der modernen angloamerikanischen Literatur so
viel diskutierten — chronischen intestinalen Stase
in einer bestehenden Ptosis der Bauchorgane zu
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V. Chirurgie.
651
suchen. Eine derartige Ptosis selbst ist — wie
C. auf Grund embryologischer und vergleichend-
anatomischer Daten zu erläutern sucht — dadurch
zu erklären, daß das Colon descendens und ascen-
dens nicht mit dem parietalen Peritoneum ver¬
schmilzt, sondern — analog dem Verhalten bei
Vierfüßlern — ein eigentliches Mesenterium erhält.
Die Häufigkeit dieser für die Ausbildung einer
Viszeralptoso grundlegenden Anomalie wird auf
ca. 20°/ o aller Menschen geschätzt. Vom prak¬
tischen Standpunkte aus ist im Wesentlichen zu
unterscheiden zwischen einer rechtsseitigen Ptosis,
einer solchen, die mehr die auch in der Mittellinie
gelegenen Organe betrifft („ Mid-Une ptosis“), so¬
wie schließlich einer allgemeinen Ptose.
Bei der letzteren Form, der allgemeinen Ptose,
sind chirurgische Maßnahmen kontraindiziert, hier
tritt vielmehr ausschließlich eine interne Therapie
sowie die Bandagenbehandlung in ihre Rechte.
Auch bei den sonstigen Formen der Ptose sind
chirurgische Eingriffe • erst dann gestattet, wenn
die konservative Therapie nicht zum Ziel ge¬
führt hat.
Bei rechtsseitiger Ptosis mit einer mäßig mobi¬
len rechten Niere, schmerzhaftem Zökum und
Appendix besteht unter diesen Umständen die
adäquate chirurgische Therapie in der Appendek¬
tomie und Fixation des Colon ascendens von einem
Lennandorschnitt aus. Ist die Niere dagegen
stärker beweglich, so wird sie zweckmäßig gleich¬
zeitig mit dem Colon ascendens von einer hinteren
Inzision aus fixiert.
Bei einer Ptosis der in der Mittellinie gelegenen
Baucheingeweide wird empfohlen, die Aufhänge¬
bänder von Leber und Magen zu verkürzen, sowie
das große Netz in geraffter Form an die Bauch¬
wand zu fixieren. Außerdem ist der Oberbauch¬
raum durch Inzision der Rektusfaszie — auf die
Technik kann hier im Einzelnen nicht näher ein¬
gegangen werden — zu erweitern. C. bezeichnet
die hiermit erzielten Resultate als ebenso sinn¬
fällig wie die Wirkung der Gastrojejunostomie bei
mechanischer Pylorusverlegung.
Da C. es selbst zum Ausdruck bringt, daß die
praktische Betätigung auf dem Gebiete der intesti¬
nalen Ptosis und Stasis leicht eine nicht zu unter¬
schätzende Gefahr für chirurgische Verirrungen
mit sich bringt, so dürfte sich ein besonderer Hin¬
weis nach dieser Richtung hin hier erübrigen.
Melchior (Breslau).
1656. Zur Bewertung des erweiterten
Zickzackschnittes bei Wurmfortsatz-Opera¬
tionen; von M. Cohn. (D. Zeitsehr. f. Chir.
Bd. 118. S. 319. 1912.)
C. empfiehlt den von Weis angegebenen, er¬
weiterten Zickzackschnitt, der im Gegensatz zum
alten Zickzackschnitt guten Zugang zum Opera¬
tionsgebiet und die besten Resultate bezüglich
sekundärer Bauchbrüche gibt. Die Erweiterung
besteht darin, daß man die vordere Rektusscheide
in der Richtung des M. obliqu. int. spaltet und
dadurch die Möglichkeit gewinnt, den Rektus
medial zu verziehen. Fritsch (Breslau).
1657. Die Darmausschaltung nach dem
Verfahren von Parlavecchio; von Dominici.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 399. 1912.)
Analog der Pyloni8au88ch<ung durch Umlegen
eines Fadens nach Parlavecchio hat D. an Hunden
eine i j ,—1 cm breite Schnur um den Darm gelegt, so
daß das Lumen verschlossen war, ohne die Ernährung
■m beeinträchtigen, und dann dieses Stück Darm durch
Euteroanastomose ausgeschaltet. Fritsch (Breslau).
1658. Beitrag zur Kasuistik des pri¬
mären Krebses des Wurmfortsatzes; von
0. Butzengeiger. (D.Zeitschr. f.Chir. Bd. 118.
S. 391. 1912.)
Trotz der großen bereits bestehenden Statistik von
über 200 Fällen hält B. noch jeden Fall von Appendii-
karzinom für wert der Veröffentlichung, um Klarheit
darüber zu bringen, ob es sich hier um gewöhnliche
Karzinome oder um Tumoren auf der Basis embryonaler
Rückbildungsvorgänge handelt. Die beiden von B. ver¬
öffentlichten Fälle (beide geheilt entlassen) sprechen
nach ihrem histologischen Bau für die erste Ansicht.
Fri tsch (Breslau).
1659. Intraabdominelle Myorraphie der
Heber des Afters beim Vorfall des Mast¬
darms; von A, Jianu. (D. Zeitschr. f. Chir.
Bd. 118. S. 592. 1912.)
Die Technik ist folgende: Laparotomie unterhalb des
Nabels. Quere Inzision des Peritoneums und Blo߬
legung des Afterhebers. Naht dieser Muskeln durch
Straffnähte. Kolopexie nach Quenu-Duval-Le-
normtnd, wodurch zugleich der vesiko-rektale
Blindraum geschlossen wird. Gute Illustrationen er¬
läutern die Beschreibung der Methode.
Fritsch (Breslau).
1660. Tumorinvagination dos Darmes;
von E. Kasemeyer. (D. Zeitschr. f. Chir.
Bd. 118. S. 205. 1912.)
Bezüglich des Mechanismus der Entstehung
der Darminvagination stehen die Ansichten des
paralytischen Entstehungsmodus demjenigen des
spastischen schroff gegenüber. Bei ersterem
Modus soll ein paralytisches Stück Darm, bei letz¬
terem ein durch spastische Kontraktionen starr
gewordenes in die aboralen Darmteile durch die
Peristaltik hineingetrieben werden. K. ist der An¬
sicht, daß bei Invaginationen im Kindesalter meist
der erstere Modus, bei solchen im höheren Alter
dagegen der letztere zu Recht besteht Der Spas¬
mus wurde dann in diesen letzteren Fällen meist
durch einen Tumor hervorgerufon, so hat K. bei
284 zusammengestellten Fällen von Tumorinvagi¬
nation bei 38°/o maligne Tumoren gefunden. Was
die von zur Invagination führende Inversion von
Divertikeln und Appendices vermiformis anlangt,
so glaubt K. mit K ü 11 n e r dieselbe durch Eigen¬
peristaltik dieser Gebilde zustande gekommen.
Die Therapie ist stets eine operative und besteht
je nach dem Fall in Anlegung eines Anus praetern.
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552
V. Chirurgie.
mit späterer Resektion in zweiter Sitzung, oder
in primärer Resektion, in seltenen Fällen ist eine
Resektion des Invaginatums vom Anus aus nach
Mikulicz möglich. Es folgt eine Zusammen¬
stellung von 284 Fällen aus der Literatur.
Fritsch (Breslau).
1661. Perforation des Mastdarms bei
der Rektoskopie; von A. Schmitt. (Münchn.
med. Woch. Bd. 59. S. 1154. 1912.)
In dem mitgeteilten Falle kam es bei einer
Rektoskopie in Narkose zu einer Perforation, die
sofort durch das Erscheinen eines Appendix epi-
ploicus im Gesichtsfeld erkannt wurde. Trotz
sofortiger Laparotomie und Naht des Mastdarms
kam es zur Peritonitis und Exitus. S. teilt don
Fall als Mahnung zur Vorsicht mit. In der Nähe
von Karzinomen und Ulzera ist der Darm be¬
sonders brüchig und die Hebelwirkung des Rekto-
skops genügt auch ohne jede Kraftanwendung,
um eine Perforation zustande zu bringen. (Sollte
nicht auch die Narkose an dem Unglück mit
schuld sein? Ref.) Fritsch (Breslau).
1662. Über eine bisher unbeschrie*
bene Bruchform der Linea alba (Hernia
lineaealbaesuprapubica); von Th.Voeckler
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 117. S. 582. 1912.)
Im beschriebenen Falle war eine Hernie dicht
oberhalb der Symphyse zwischen den. Muse,
pyramid. ausgetreten und hatte zwei Jahre be¬
standen, bis sie Einklemmungserscheinungen
machte. Durch diese konnte die Diagnose auf eine
Hernie an ungewöhnlicher Stelle gestellt werden.
Die Operation, bei der die bereits brandige Darm¬
schlinge reseziert wurde, führte zur Heilung.
Fritsch (Breslau).
1663. Beitrag zur Behandlung des
schrägen Leistenbruchs; von F. Torek.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 118. S. 444. 1912.)
Beim schrägen Leistenbruch, und das ist sein
Charakteristikum, findet man am inneren Ringe
den Bruchsack oder einen Teil desselben, zwi¬
schen dem von unten kommenden Samenleiter und
den von oben kommenden Blutgefäßen. Diese
Topographie legt den Gedanken nahe, daß sich die
Hernie in dom von dem Vas deferens und den
Blutgefäßen gebildeten Winkel wie ein Keil ein¬
gedrängt hat. T. hebt diesen Winkel dadurch auf,
daß er diese beiden Gebilde separiert und sie ge¬
trennt aus der Nahtreihe des hinteren Bassini-
pfeilers herausleitet, die er mit Draht statt mit
Seide anlegt. Diesem Verfahren schreibt T. seine
guten Resultate zu. Fritsch (Breslau).
1664. The effect of ligation ofthe com¬
mon illac artery on the circulation and
function of the lower extremity; by W. S.
Halsted. (Bull, of the Johns Hopkins Hosp.
July 1912. S. 191.)
In den letzten 32 Jahren ist die Ligatur der
Arteria iliaca communis zu therapeutischen
Zwecken nach H.s Feststellungen SOmal aus¬
geführt. Die Mortalität beträgt etwa 10%, und
eine Gangrän folgt bei kritischer Durchsicht der
Fälle nur in 3,3—6,6%. Der AnlaJB zur Operation
war entweder eine Hämorrhagie oder ein Aneu¬
rysma. H. selbst heilte einen 44jähr. Mann mit
Aneurysma der Art. iüaea externa durch den Ver¬
schluß der Iliaca communis vermittelst eines Alu¬
minium-Bandes. Nach 3% Jahren war das Be¬
finden durchaus gut, ein Rezidiv des Aneurysmas
war nicht eingetreten. Die Unterbindung der
Iliaca communis ist bei einem Aneurysma der
Iliaca externa der Exstirpation oder der Unter¬
bindung der Iliaca externa vorzuziehen, weil diese
Eingriffe öfter eine Gangrän nach sich ziehen als
jener. Es gelingt bei einer Anzahl von Fällen
Zwischenfälle zu vermeiden, wenn man vor der
Ligatur die Iliaca communis zeitweise kompri¬
miert. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Extremitäten.
1665. Über Thrombose an der oberen
Extremität nach Anstrengungen; von W.
J. Rosenthal. (D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 117.
S. 405. 1912.)
Mitteilung von 5 Fällen (2 selbst beobachtet),
bei denen es durch indirekte Traumen (Muskel¬
anstrengung, Erschütterung) zur Thrombose der
Hauptvenenstämme des Armes gekommen war.
Da die begünstigenden Momente, verlangsamte
Blutströmung, Veränderung des Blutes, auszu¬
schließen waren, so muß man allerdings entgegen
den neueren Forschungen doch Rupturen der
Gefäßintima oder einen Abriß kleiner Seitenäste
als Ursache der Thrombose annehmen. Vielleicht
kommt aber in diesen seltenen Fällen eine an¬
geborene Neigung zur Blutgerinnung, eine Hyperi-
nose, in Betracht? Fritsch (Breslau).
1666. Subluxation congänitale de la
rotule en dehors; par Auguste Broca. (Gaz.
des Höp. 1912. S. 1379.)
Bei einem 10jährigen Mädchen besteht eine
habituelle doppelseitige Subluxation der Knie¬
scheibe, die sich dadurch manifestiert, daß die
Patella bei Flexion des Unterschenkels in ab¬
normer Weise auf die äußere Seite des Gelenks
herübertritt, um erst bei stärkerer Flexion — etwa
bei 150° — in ihre normale Position zurück¬
zuschnellen. Die spontanen Symptome kommen
durch eine gewisse Unsicherheit bei der Loko¬
motion — häufiges Ausgleiten — zum Ausdruck.
Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine
kongenitale Störung, zumal auch andere Gelenke
Anomalien aufweisen, die in einer abnormen
Schlaffheit des Bandapparates — Überstreckbar¬
keit — bestehen.
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V. Chirurgie.
553
Durch Verlagerung der Tuberositas tibiae ein¬
schließlich des hier inserierenden Ligamentum
patellae nach der Innenseite, sowie durch Raffung
der medialen Teile der Kniogelenkkapsel, wurde
in diesem Falle eine — bereits seit 6 Monaten be¬
stehende — vollkommene Heilung erzielt.
Melchior (Breslau).
1667. The treatment of habitual dislo-
cation of the shoulder-joint; by E.D. Telford.
(Lancet Bd. 2. S. 293. 1912.)
In 2 Fällen von habitueller Schulterluxation
wurde durch Raffung der überdehnten Gelenk¬
kapsel Heilung erzielt
T. wählt hierzu einen Schnitt am inneren
Rande des Muse, coracobrachialis. Das Gefäß-
nervenpaket der Achselhöhle wird nach einwärts
gezogen; man gelangt dann auf die Sehne des
Muse, subscapularis, nach dessen Trennung die
Gelenkkapsel freiliegt. Die Raffung selbst ge¬
schieht durch Exzision eines ovalen l 1 /* : 1 / 3 Zoll
großen Kapselstückes; man gewinnt hierdurch
gleichzeitig einen Einblick in das Gelenk, um
eventuell sekundäre Komplikationen erkennen zu
können. Die Veraähung des Defektes erfolgt mit
Formalinkatgut. Melchior (Breslau).
1668. A case of fractured pelvis compli-
cated by laceration of the femoral vein
treated by lateral vein suture; by Manfred
Moritz. (Brit. med. Journ. Bd. 2. S. 760. 1912.)
Unmittelbar nach einer heftigen Kontusion der
Gegend des Schenkeldreiecks bildet sich eine von
blutunterlaufener Haut bedeckte „melonengroße“,
weiche, fluktuierende, nicht pulsierende Schwel¬
lung an dieser Stelle aus. Arterielle Zirkulation
intakt. In der Annahme eines venösen Hämatoms
wird die Geschwulst mittels Längsschnitt frei¬
gelegt, unterhalb der tiefen Faszie finden sich
Gerinnsel und über »/, Liter dunklen flüssigen
Bluts. Vom horizontalen Schambeinast ist ein
Knochensplitter abgebrochen, der die V. femoralis
angespießt hat. Der ca. */« Zoll lange Längsriß
befindet sich unmittelbar unterhalb des Lig. Pou-
partii. Entfernung des Splitters; Naht der Venen¬
wunde unter peripherer Kompression. Heilung
ohne jede Zirkulationsstörungen.
Melchior (Breslau).
1669. Fratturadel III. metatarso inseguito
a lungo camminare; per R. Cormio. (Rivista
Osped. Bd. 2. 21. S. 952. 1912.)
Die sogen. Fußgeschwulst — Bruch des II. oder
III. Metatarsalknochens — kommt nach C. bei
längeren Märschen dadurch zustande, daß sich
infolge der Muskelerschlaffung das Fußgewölbe
verflacht und nun durch die engen Stiefel den
Mittelfußknochen eine andere Richtung gegeben
wird. Es handelt sich um Torsionsfrakturen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
1670. An analysis of injuries to the
bones at the wrist; by R. Knox and R,
W. A. Salmond. (Lancet Nov. 2. 1912. S. 1213.)
Die häufigste Verletzung des Handgelenkes ist,
falls die Epiphysen vereinigt sind, eine Querfrak¬
tur des Radius l 1 /, cm oberhalb seines unteren
Endes; das untere Fragment ist nach hinten dis¬
loziert; oft ist zugleich der Processus styloides
der Ulna gebrochen. Sind die Epiphysen noch
nicht vereinigt, so ist ein Querbruch beider
Knochen 3 cm oberhalb des Gelenkes mit Rück¬
wärtslagerung beider unteren Fragmente am häu¬
figsten. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1671. Experimentelle und klinische
Untersuchungen über die Almateinknochen¬
plombe; von Marie Sawrowa. (Arch. f.
klin. Chir. Bd. 97. S. 928. 1912.)
Almatein ist ein geruch- und geschmackloses
Pulver von ziegelroter Farbe, welches in Alkohol,
Eisessig, Glyzerin und Alkalien sehr gut löslich
ist. Die Paste ist zusammengesetzt aus Cetacei,
OL sesami ana 30,0, Almateini 15,0. Sie hat eine
gute Konsistenz, weshalb sie sich zur Plombe
vorzüglich eignet; jedoch haften ihr Nachteilo
insofern an, als das Almatein sich in den par¬
enchymatösen Organen stark niederschlägt und
hier im mikroskopischen Bilde starke erweiterte
Blutgefäße zeigt, die teilweise vollständig mit
dem Pulver ausgefüllt sind. An Kaninchen
wurde diese Tatsache experimentell festgestellt.
Auch die Becksche Paste wies im Kaninchen¬
versuch dieselben schädlichen Erscheinungen auf.
Mithin ist die Almateinpaste als Knochenplombo
zu verwerfen. Beigegebene .mikroskopische Bilder
bestätigen das Gesagte. Vorschütz (Köln).
1672. Über den Befund des Bacterium
prodigiosum im Exsudat einer Gonitis; von
H. Freysz. (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 77. S. 254.
1912.)
Der 26jähr. Kranke erhielt durch eine mit
faulendem Heu verunreinigte Heugabel in der
Gegend des rechten Fibulaköpfchens eine kleine,
nicht in das Gelenk perforierende Wunde, die bald
heilte. Ein wohl als direkte Folge des Traumas
aufzufassender Gelenkerguß wurde bei der am
4. Krankheitstage erfolgenden Punktion als steril
befunden. Vom 18. Krankheitstage an Verschlim¬
merung der lokalen Symptome; Störung des All¬
gemeinbefindens. Zwei weitore Gelenkpunktionen
ergaben im Gelenkerguß als alleinigen Mikroben
das Bad. prodigiosum. Das Serum des Kranken
agglutinierte in starker Verdünnung. Eine Infek¬
tion der Wunde mit Prodigiosum beim Trauma ist
leicht denkbar; wird doch dieser Mikrobe im
faulenden Heu oft gefunden. Ob dann die In¬
fektion des Gelenkes durch allmähliches Über¬
wandern des Bakteriums von der Wunde aus er¬
folgte oder bei der Punktion trotz aller aseptischen
70
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554
V. Chirurgie.
Kautelen zufällig herbeigeführt wurde, ist nicht
zu entscheiden. W agner (Leipzig).
1673. Über Meniskusverletzungen; von
Ph. Bockeuheimer. (Med.Klin. 1912. Nr.22.)
Die Verletzungen der Menisken des Knie¬
gelenks sind früher vielfach verkannt worden,
und auch heute noch kommt es vor, daß Patienten
mit solchen Erkrankungen jahrelang erfolglos be¬
handelt werden, weil das Grundleiden, die Ver¬
letzung der Menisken, nicht festgestellt wird.
Diose Verletzungen werdon namentlich auch durch
die verschiedenen Arten des Sports hervorgerufen.
In der überwiegenden Anzahl der Fälle handelt es
sich dabei um eine Verletzung des Meniscus
modialis. Wichtig ist, daß auch nach unbedeuten¬
den Kraftanstrengungen eine solche Verletzung
entstehen kann, daß der Patient selbst sich später,
wenn seine Beschwerden größer geworden sind,
sich gar nicht mehr auf ein Trauma besinnen
kann. Die Symptome der frischen Verletzung
decken sich mit denen einer Distorsion des Knie-
golonks schwerer Art: Gelenkorguß, Fixation in
Beugestellung, Unmöglichkeit, das Kniegelenk
vollständig zu strecken, Schmerzen bei Be¬
wegungen leiten neben der Anamnese auf die
Diagnose hin. Das wichtigste Symptom dieser
Vorletzungon ist jedoch dor lokale Druckschmerz
an der Stelle des inneren Meniskus. Die operative
Thorapie soll man in allen Fällen von frischen
Meniskusvorletzungen an wen den, wo die sozialen
Verhältnisse eine rasche Wiederherstellung nötig
machen und später an das Gelenk große Anforde¬
rungen gestellt worden. Wagner (Leipzig).
1674. Über Kniescheibenbrüche und ihre
Behandlung mit Schwammkompression;
von 0. Föderl. (Wien. med. Wocli. Bd. 62.
Nr. 24. S. 1605. 1912.)
F. hat in den letzten 2 Jahren an seiner Ab¬
teilung die Behandlung der Kniescheibenbriicho
mit Schwammkompression versucht, die er wegen
ihrer Einfachheit jedem praktischen Arzte emp¬
fehlen kann. F. hat mit dieser Methode in ganz
frischen Fällen überraschende Resultate erzielt.
Gibt sie nach einor einwöchigen, mehr der Be¬
obachtung dienenden Durchführung keine Aus¬
sicht auf Erfolg, so ist damit auch für die Praxis
dio Entscheidung gegeben, den jeweiligen Fall
dem Fachgenossen zu überweisen. Bei frischen
Patellarfrakturen haben wir in der Kraft, die im
komprimierenden Schwamme aufgespeichert ist,
nicht bloß ein Mittel, den primär dislozierenden
Faktor — den Blut- und Gelenkerguß — rasch zu
beheben, indem er durch den Riß dor Kapsel in
die Maschen des periartikulären Gewebes gepreßt
und dort rasch aufgesaugt wird, sondern auch
bin Mittel, um der in zweiter Linie in Betracht
kommenden Komponente der Distraktion energisch
entgegenzuwirken. Wagner (Leipzig).
1675. Die Isolierte Abrißfraktur des
Trochanter minor; von Th. Nägeli. (Beitr.
z. klin. Chir. Bd. 77. S. 242. 1912.)
Mitteilung aus der Züricher Chirurg. Klinik über
einen 17jährigen Epüeptiker mit isolierter Abrißfraktur
des Trochanter minor. Auffällig war, daß diese
röntgenologisch sicher nachgewiesene Verletzung, die
für die Funktion des M. ileopsoas eigentlich eine groß«
Schädigung bedeuten sollte, kaum eindeutige Symptome
hervorrief. Besonders ist zu bemerken, daß aktive und
passive Flexion im Hüftgelenk erhalten blieben. Selbst
das Ludloffsche Symptom — Flexionsmöglichkeit des
Beines im Liegen, ihr Fehlen beim Sitzen — war
negativ. Die Therapie bestand in Bettruhe, Lagerung
des Beines zwischen Sandsäcken, später in Massage.
Heilung mit nur etwas eingeschränkter Außenrotation.
In der Literatur finden sich im ganzen noch 14 Fälle
von Trochanter minor-Abriß. Wagner (Leipzig).
1676. Ein Fall von Fractura ossis navi-
cularis pedis; von J. Brodsky. (Beitr. z.
klin. Chir. Bd. 77. S. 251. 1912.)
21jähr. Mann mit röntgenographisch nachgewiesener
Fraktur und Subluxation des Os naviculare pedis und
Abreißungsfraktur des Os eunciforme II. Die objek¬
tiven und subjektiven Fraktursymptomc waren sehr
gering; Patient konnte nach Bettruhe und Massage in
relativ kurzer Zeit entlassen werden. Die Fraktur war
in diesem Falle als eine Abklemmungsfraktur des Os
naviculare bei gesteigerter Plantarflexion des Fußes
leicht zu erklären. Wagner (Leipzig).
1677. Acquired hallux valgus: late re-
sults from operative and non-operative
treatment; by C. R Metcalf. (Boston med.
and surg. Journ. Aug. 29. 1912. S. 271.)
Von den 15 Operationsmethoden, die bei der
Therapie des Hallux valgus in Betracht kommen,
hat sich die Mayosche Modifikation der alten
Hueterschen Operation sehr bewährt. Man legt
einen nach unten offenen Bogenschnitt an, um¬
schneidet die Bursa des Metatarsöphalangeal-
gelenkes hufeisenförmig und klappt sie zur Seite,
um sie nach Resektion des Kopfes dos Meta¬
tarsus, der abgerundet wird, in das Gelenk zu
legen und dort zu fixieren. Das Absägen des
Metatarsalkopfes erfolgt mit der Giglischen Draht-
sägo unter Anwendung zweier spatelartiger, in
der Sägerichtung eingelegter und das Gewebe
schützender Hebel.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1678. Vertebral ankylosis: the various
clinical fernes; by J. Dardel. (Lancet
Sept 21, 1912. S. 810.)
Es lassen sich 4 Gruppen von ankylosierenden
Wirbelsäulenerkrankungen unterscheiden. Die
Spondylosis rhizomelica tritt gewöhnlich bei
Männern zwischen 20 und 40 Jahren spontan auf
und beginnt meistens allmählich, schreitet aber
unaufhaltsam fort. Bechterews hereditäre
traumatische Kyphose wird bei dazu disponierten
Individuen durch ein Trauma ausgelöst Der
osteophytische vertebrale Rheumatismus ist in der
Regel eine Begleiterscheinung eines ausgbreiteten,
chronischen, ankylosierenden Rheumatismus. Eine
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Y. Chirurgie.
555
Varietät von ihm ist die deformierende Spondy¬
litis; bei dieser kommt es zur Bildung einer
Kyphose oder Kyphoskoliose, während bei jener
t ,die Wirbelsäule gerade bleibt.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1679. The treatment of flat foot; by
P. B. Roth. (Laucet Sept, 7. 1912, S, 690.)
Zwei Grade von Plattfuß lassen sich unter¬
scheiden: beim ersten verschwindet die Deformität
des Fußes, sobald sich der Patient auf den Zehen
erhebt, beim zweiten bleibt sie hierbei bestehen.
Durch, rechtzeitige Behandlung des ersten Grades
läßt sich der zweite verhüten. Es werden Stiefel
mit innen höher als außen gekanteten Sohlen und
Hackon empfohlen. Die Füße sollen beim Stehen
so gehalten werden, daß die Zehen etwas nach
einwärts gekehrt sind. Auch beim Gehen sollen
die Füße nie nach auswärts, sondern eher nach
einwärts gerichtet sein. Tägliche Übungen, be¬
stehend in Stehen auf deü Zehen, Zehen gang,
auch Radfahren bei möglichst hochgestelltem
Sattel ergänzen die Behandlung.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1680. La speronizzaziona del calcagno
(modificazione al metodo del chiodo alla
Codivilla nelle fratture dell’arto inferiore);
per P. Bastianelli. (Riv. Osped. Bd. 2. H. 15.
S. 696. 1912.)
Bei der Behandlung der Unterschenkelfrak¬
turen erscheint es vorteilhaft, die Nagelung nach
C o d j v i 11 a nicht transversal vorzunehmen, son¬
dern den Nagel wie einen Sporn vertikal in den
hinteren Abschnitt des Kalkaneus einzuschlagen.
Die Methode hat sich bisher in 11 Fällen bewährt.
B. bevorzugt den Stimmannschen, in zwei Teilen
zu entfernenden Nagel.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
Tuberkulose.
1681. Entgiftung des tuberkulösen Herdes
durch Röntgenbestrahlung; von H. Iselin.
(D. med. Wöch. 1913. S. 297 u. 849.)
I. hat boi der Röntgenbestrahlung tuberkulöser
Herde regelmäßige Gewichtsbestimmungen an den
betreffenden Kranken gemacht. Sie ergaben:
1. daß der Körper in der Röntgenreaktionszeit sein
Gewicht in 70—80% der Beobachtungen um
ca. 1 kg nach der Bestrahlung des tuberkulösen
Herdes vermehrt, 2. daß sich eine Körpergewichts¬
zunahme fast mit jeder Sitzung wiederholt, und
daß mit dieser Gewichtszunahme eine Umfangs¬
verminderung in der Gegond des Krankheitsherdes
einhergeht. Der Gewichtsverlust des tuberkulös
Erkrankten wird durch Giftbildung im tuber¬
kulösen- Herde verursacht. Die Körpergewichts¬
zunahme, die der Röntgenbelichtung folgt, und dio
Abschwellung des kranken Gliedes sind als Folgen
einer teilweisen Entgiftung des tuberkulösen Her¬
des durch Bestrahlung aufzufassen. Die Gewichts¬
zunahme kommt vermutlich durch vermehrte
Wasseraufnahme und Abschwellung des kranken
Gliedes in der Anfangszeit wenigstens durch Ver¬
besserung der Zirkulation zustande. Der weitere
Anstieg der Gewichstkurve und die Abnahme der
entzündlichen tuberkulösen Schwellung sind ein
deutlicher Ausdruck der Heilkraft der fortge¬
setzten Röntgenbestrahlung. Der Röntgenbehand¬
lung der chirurgischen Tuberkulose stehen zwei
Wege offen: Bei leichten Formen wird sie ver¬
suchen, durch wiederholte schwache Belichtung
den Herd zu entgiften und der Resorption zugäng¬
lich zu machen. Bei schweren Erkrankungen
wird, wenn das physiologische Verfahren nicht
genügt, eine stärkere Bestrahlung einsetzen müs¬
sen. Diese bezweckt nicht nur, das tuberkulöse
Gewebe zum Zerfall zu bringen, sondern sie ist
bestrebt, mit energischer Tiefenbestrahlung durch
Gefäßschädigung im tuberkulösen Herd und seiner
Umgebung, die Schrumpfung des Granulations¬
gewebes und Narbenbildung zur Folge hat, die
Abkapselung und Ausschaltung des tuberkulösen
Herdes aus dem Körper zu fördern. Bei beiden
Arten der Bestrahlung zielt unser Bestreben
darauf hin, natürliche Heilungsvorgänge zu unter¬
stützen und zu beschleunigen.
Wagner (Leipzig).
1682. Die Behandlung der .chirurgischen
Tuberkulose; von Et. Iselin. (v. Volkmanns
Samml. klin. Vortr. N. F. Nr. 677. 1913.)
Wenn wir die Geschichte der chirurgischen
Behandlung der Tuberkulose in den letzten
40 Jahren überblicken, so sehen wir zuerst die
operative Behandlung rasch zu erstaunlicher
Leistungsfähigkeit sich entwickeln, bald aber
macht sich ein Bestreben bemerkbar, die opera¬
tiven Eingriffe zu vermindern. Wir sehen von
Neuem eine konservative Behandlung entstehen
und mit der operativen Behandlung konkurrieren.
Die operative Therapie behält bis in die aller-
neueste Zeit die Führung. Heute scheint die kon¬
servative Behandlung, die sich bostrebt, die natür¬
lichen Heilungsvorgänge nachzuahmen, den Platz
an erster Stelle zu behaupten. Es war einem
neuen und einem ganz alten Mittel, den Röntgen¬
strahlen und den Sonnenstrahlen Vorbehalten, eine
weitere Wandlung anzubahnen. Namentlich die
Besonnung hat die schönsten Erfolge gezeitigt, die
überhaupt durch Tuberkulosebehandlung erzielt
worden sind. Wagner (Leipzig).
1683. La tuberculose inflammatoire: ses
manifestations chirurglcales; par G. Cotte
and H. Alamartine. (Revue de Chir. Bd. 33.
S. 312. 1913.)
C. und A. geben einen Überblick über die chir¬
urgischen Äußerungen der sogen, entzündlichen
Tuberkulose, eine Bezeichnung, die P once t 1903
eingeführt hat. Er bezeichnet damit Erkran-
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556
TI. Kinderheilkunde.
kungen, die entschieden durch den Tuberkel¬
bazillus hervorgerufen werden, aber pathologisch¬
anatomisch keine spezifisch tuberkulösen Ver¬
änderungen nachweisen lassen. Von diesem Ge¬
sichtspunkte aus besprechen C. und A. den tuber¬
kulösen Gelenkrheumatismus; die entzündliche
Tuberkulose der Schleimbeutel und Sehnenschei¬
den; die entzündliche Tuberkulose des Knochen-
und Bindegewebes; die entzündliche Tuberkulose 1
des Digestions- und Genitalapparates. Patho¬
logisch-anatomisch zeigen sich diese entzündlichen
Tuberkulosen bald als akute Kongestionen, bald j
als chronische sklerotische Veränderungen, bald
als neoplastische Entzündungen, die aber der spe¬
zifischen tuborkulösen Natur ermangeln. Klinisch
lassen alle diese so verschiedenen Erkrankungs- 1
formen mit Sicherheit auf die Anwesenheit des
Kochschen Tuberkolbazillus zurückführen.
Wagner (Leipzig).
1684. Wirkung der Röntgenstrahlen bei
chirurgischer Tuberkulose; von H. Neu.
(D. Zeitschr. f. Chir. Bd. 121. S. 256. 1913.)
In dieser von der Bonner medizinischen Fakul¬
tät preisgekrönten Arbeit gibt N. auf Grund der
bisherigen Erfahrungen eine sehr gute kritische
Darstellung der Wirkung der Röntgenstrahlen bei
chirurgischer Tuberkulose. Wagner (Leipzig).
1685. A years experience of dioradin in
surgical tuberculosis; by A. Stoney. (Brit
med. Journ. Febr. 1. 1913. S. 215.)
Die Behandlung mit Dioradin bewährte sich
am meisten in Frühfällen von Gelenktuberkulose;
auch Senkungsabszosse heilen unter seinem Ein¬
flüsse schneller als sonst. Auf den Allgemein¬
zustand wirkt es günstig, wenn chirurgische
Tuberkulose durch septische Prozesse kompli¬
ziert ist. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1686. Behandlung der tuberkulösen
Knochen-Gelenksdefekte nach Mosetig; von
Machard. (Revue möd. de la Suisse rom.
1912. S. 797.)
Der Defekt mit dem Mosetigschen Gemisch plom¬
biert. Bei 17 von 18 Fällen wurde Heilung oder
Besserung erzielt. Frankel (Bonn).
VI. Augenheilkunde.
1687. Experimentelle Studien über das
Sehen von Bewegung; von Max Wert¬
heimer. (Zeitschr. f. Psych. Bd. 61. S. 161.)
Über das Sehen von Bewegungen hat W. aus¬
giebige Untersuchungen und Diskussionen ange¬
stellt. Der Sachverhalt ist kurz folgender: ge¬
geben sind sukzessiv Objekte als Reize, a und b, j
zwischen denen nun die Bowegung von a nach b
gesehen wird. Der psychische Sachverhalt kann
nun als a y b bezeichnet werden, wobei ep ein
unbekanntes Etwas darstellt, das a und b zu ver¬
binden scheint. Einigo Ergebnisse können hier
nur angedeutet werden: 1. bei Sukzessivexposition
zweior ruhender, räumlich voneinander getrennter
Reize wird eine Bewegung gesehen, welche nicht
auf Augenbewegungen oder auf An- und Ab¬
klingen der Erregung an den beiden gereizten
Netzhautstellen beruhen kann. 2. Es treten auch
Teilbewegungen der beiden Objekte für sich
(neben der Ganzbewegung von a und b) auf.
3. Bei diesen Teilbewegungen kann das eine Ob¬
jekt ganz unberührt bleiben. 4. Der Aufmersam-
keitsstellung kommen dabei gesetzmäßige Ein¬
wirkungen zu. 5. Es treten Bewegungseindrücke
auf, bei denen eins der Objekte praktisch gar
nicht wahrgenommen wurde. 6. Die bei derartigen
Sukzessivappositionen auftretende Bewegung hat
ein negatives Nachbild. Zur Erklärung des
(p ■Phänomens stimmt W. anderen Forschern darin
bei, daß zentrale Vorgänge notwendig sind. Doch
ist y> kein Etwas, das a und b kontinuierlich ver¬
bindet. Vielmehr kann nach den neueren hirn-
physiologischen Forschungen angenommen wer¬
den, daß zentral bei zwei gereizten Stellen a und b
eine „Umkreiswirkung“ eintritt. Es tritt bei kleinem
Abstand dann zwischen a und b eine Art physio¬
logischer Kurzschluß auf, ein Hinüberspringen dor
Erregung. Aufmerksamkeitsstellung erhöht dabei
die Disposition zum Überspringen. Aus den Aus¬
führungen W.s ergibt sich auch für die Prinzipien
des Kinematographen eine wichtige Beziehung:
Vermehrung der „Phasenbilder“ ist für den Be¬
wegungseindruck nicht immer ein begünstigendes
Moment; nur dann nämlich, wenn die Exposi¬
tionszeiten der Einzelphason so kurz sind, daß
nicht „Lagon“-Eindrücke begünstigt werden.
K ö 11 n e r (Berlin).
1688. Untersuchungen über die Wahr¬
nehmung der Bewegung durch das Auge;
von F. Schumann. I. Kritik der hauptsäch¬
lichsten Theorien über den unmittelbaren Bewe¬
gungseindruck ; von Woltemar Lasersohn.
(Zeitschr. f. Psych. Bd. 61. S. 81.)
Eine Kritik der hauptsächlichsten Theorien über den
unmittelbaren Bewegungseindruck, und zwar derer von
Einer, Stern und Linke. Einer ist der An¬
sicht, daß es eine besondere Bewegungsempfindung
gibt. Die Begründung dieser Anschauung bespricht L.
eingehend und gibt Einer insofern Recht, als tat¬
sächlich zu den einfachen Überwachungsbildem, die ein
bewegter Gegenstand an verschiedenen Stellen des Seh¬
feldes hervorruft, auch ein „Etwas“ hinzukommen muß.
Nur sei fraglich, ob dies „Etwas“ eine Empfindung
sui generis sei. Sterns Ansicht geht dahin, daß für
den sinnlichen Bewegungseindruck drei Faktoren in
Betracht kommen: a) die veränderte Reizung, b) der
Nachbildstreifen, c) die Augenbewegung, die in ver¬
schiedenen Kombinationen auftreten können. Beson¬
ders die Bedeutung des Nachbildes hält L. für unwahr¬
scheinlich. Linke endlich geht von der Theorie aus,
daß bei der Wahrnehmung der Bewegung in jedem
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P
VI. Kinderheilkunde.
557
Moment neben der gerade wahrgenomenen Phase auch
die Vorstellungsbilder vorangegangener Phasen hinzu¬
kommen, eine Theorie, die er im Sinne Wunds modi¬
fiziert hat. Auch sie geht von der richtigen Beobach¬
tung aus, daß zu den Wahrnehmungsbildern noch ein
sinnliches „Etwas“ hinzukommt. Doch wird Linkes
nähere Erklärung dieses „Etwas“ von Lasersohn
ebenfalls abgeleimt (Näheres siehe Original).
Kölln er (Berlin).
1689. Über die endonasale Behandlung
von Augenerkrankungen auf Grund der
neueren endonasalenOperationsmethoden;
von Stenger. (Ther. d. Gegenw. 1912. S. 261.)
Der Einfluß der Nase auf die Augenerkran¬
kungen kann sich nach drei Richtungen er¬
strecken, nämlich durch direkten Kontakt auf den
Tränenwegen, infolge der anatomischen Lage
durch die benachbarten Nebenhöhlen und auf
nervös-reflektorischem Wege.
1. Bei chronischen entzündlichen Erkrankun¬
gen der Augenlider und der Bindehaut kommt es
vor allem darauf an, die normale physiologische
Funktion der Nase wieder herzustellen, polypöse
Wucherungen und Hypertrophien an den Muscheln,
Septumverbiegungen usw. zu beseitigen. 2. Bei
der Orbitalphlegmone ist notwendig, den Aus¬
gangspunkt der Eiterung (Nebenhöhlen) festzu¬
stellen und hier durch konservative oder operative
Maßnahmen dafür zu sorgen, daß keine weitere
Zufuhr von Infektionsmaterial nach der Augen¬
höhle möglich ist. 3. Bei Erkrankungen der
Tränenwege soll man nicht nur die Nasenaffek¬
tionen im Bereich der unteren Muschel beachten,
sondern auch im Bereich der mittleren und ebenso
die vorderen Siebbeinzellen. 4. Bei Exophthalmus
und bei Sehnervenerkrankungen ist die Beurtei¬
lung und Behandlung der Nebenhöhlen zu all¬
gemein bekannt, so daß hier nicht darauf ein¬
gegangen zu werden braucht. 5. Auch bei Kata¬
rakt und Glaukom will S. den gleichseitigen
Nasenerkrankungen einen gewissen Einfluß auf
die Zirkulationsverhältnisse des Auges zu¬
erkennen und empfiehlt daher eine event gleich¬
zeitige Nasenbehandlung. Letztere ist auch schon
aus dem Grunde wünschenswert, um bei der spä¬
teren Operation des Auges die Infektionsgefahr
zu verringern. K ö 11 n e r (Berlin).
1690. Über die Einwirkung des Salvar-
sans auf das Auge; von Oscar Fehr.
(Zentralbl. f. prakt. Augenheilk. Bd. 36. S. 164.
1912.)
F., der über eine Erfahrung von fast 2700 mit
Salvarsan behandelter Fälle verfügt, zeigt, daß im
letzten Jahre bei Anwendung größerer Dosen die
Luesrozidive (Iritis, Chorioiditis, Papillitis) viel
seltener geworden sind. Was die luetischen
Augenkrankheiten anlangt, so ist der therapeu¬
tische Wert des Salvarsans bei denen am größten,
wo auch das Quecksilber Heilwirkungen entfaltet,
nur wirkt es prompter. Cords (Bonn).
1691. Eye training for the eure of func-
tional myopie; by W. H. Bates. (New York
med. Joum. Bd. 95. Nr. 20. 1912.)
B. macht auf die Bedeutung der funktionellen Myo¬
pie und des Akkommodationskrampfes aufmerksam, die
nur zu häufig eine wirkliche Myopie vortäuscheu.
Dieser Zustand tritt vor allem bei Schulkindern auf,
wenn sie übermäßige Anstrengungen machen, in der
Ferne scharf zu sehen; dadurch wird unwillkürlich nur
die Akkommodation angespannt und der gegenteilige
Effekt erreicht. Der Zustand kommt bei allen Berufen
und in jedem Alter vor. Beseitigen läßt er sich durch
Übungen mit der Snelleuschen Tafel in größerer Ent¬
fernung, wobei die Patienten angewiesen werden, un¬
nötige Anstrengungen zu unterlassen.
C o r d 8 (Bonn).
1692. Zur Myopiefrage; von Ignatz
Jaspers. (Zeitschr. f. Augenheilk. Bd. 27.
S. 495. 1912.)
J. stellte die Untersuchungsergebnisse bei 2998
von 1901—1911 in Marburg behandelten Myopen
statistisch und teils in Tabellenform zusammen.
Aus den teilweise recht interessanten Resultaten,
die sich im wesentlichen an frühere Ergebnisse
anderer Autoren anlegen, greife ich nur folgende
heraus: Die höchsten Grade der Myopie kommen
bei Frauen häufiger vor als bei Männern. In den
niedrigen Graden überwiegen stark die Nali-
arbeiter, in den höheren die Nicht-Naharbeiter.
Von Komplikationen überwiegt das Stapbylom
bzw. der Konus. Schwerere Komplikationen sind
bei Frauen häufiger als bei Männern.
Cords (Bonn).
1693. Experimentelle Untersuchungen
über Blendungsnachbilder und deren Ver¬
hältnis zur Blendungserythropsie; von Viktor
Wydler. (Zeitschr. f. Augenheilk. Bd. 27. S. 299,
428 u. 524. 1912.)
In der großen experimentellen Arbeit vertritt
W. die Vogtsche Erklärung der Erythropsie ah
Rotphase des Nachbildes der blendenden Fläche.
Wer sich mit dem Rotsehen oder auch mit dem
farbigen Abklingen der Nachbilder beschäftigt,
kann an den Ausführungen W.s nicht Vorbei¬
gehen. Die Erythropsie ist in bezug auf ihre
Intensität und Dauer abhängig von der Intensität
und Einwirkungsdauer des primären Lichtes und
der Intensität des reagierenden Lichtes. Die Unter¬
suchung muß mit einer geeigneten Abblendungs¬
vorrichtung unter Verwendung eines Kontroll-
auges erfolgen. Als erregende Strahlen kommen
für die Erythropsie nur die grünen in Betracht;
Mydriasis wirkt begünstigend. Für Kunstmalerei
und Technik sind die besprochenen Erscheinungen
von Bedeutung. Cords (Bonn).
1694. Untersuchungen über die Ruhe¬
lage des Bulbus; von HansLempp. (Zeit¬
schr. f. Augenheilk. Bd. 27. S. 487. 1912.)
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558
VT. Augenheilkunde.
Größere statistische Untersuchungen über Stra¬
bismus fehlen uns noch und sind stets zu be¬
grüßen. L. untersuchte bei 425 Personen die
Ruhelage des Bulbus mittels der Maddoxschan
Methode. Bei diesen fand sich nur in 25 1 /,°/ 0
der Fälle Orthophorie, in 40 1 /,«/» Esophorie, in
34®/ 0 Exophorie. Größere Prozentzahlen für Eso¬
phorie fanden sich bei den Hypermetropen,
größere für Exophorie bei den Myopen.
Cords (Bonn).
1695. Der blinde Reck im binökulären
Sehfelde; von Kölln er. (Arch. f. Augenheilk.
Bd. 71. S. 306. 1912.)
In Erweiterung der früheren Untersuchungon
Brückners findet K., daß man auch bei Schluß
eines Auges sich beide blinden Flecken sichtbar
machen kann. Ganz allgemein hängt die Sicht¬
barkeit von zwei Faktoren ab: 1. von der Be¬
lichtung des anderen Auges bzw. der binokularen
Farbenmischung und 2. von dem Grenzkontrast.
Er sieht in seinen Beobachtungen einen schönen
Beweis für die Richtigkeit der Heringschen An¬
schauungen von der binokularen Mischung ton-
freier Farben und eine Stütze der Annahme
Brückners, daß der Ort der Wechselwirkung
der Sehfeldstellen nicht in der Netzhaut, sondern
zentral zu suchen sei. Cords (Bonn).
1696. Sympathische Affektfon nach Star-
opöriation und Tuberkulinbehandlung; von
E. Zirm. (Arch. f. Augenheilk. Bd. 71. S. 314.
1912.)
Beschreibung eines Falles schwerer sympathischer
Ophthalmie, bei dem konsequent durchgeführte Tuber-
kulinbehandlung (B. E.) eine sehr wesentliche Besserung
herbeiführte. Es handelte sich um eine jugendliche
Patientin mit einer alten Spitzenaffektion.
Cords (Bonn).
1697. "fhe parthology of superficial punc-
tate keratitis, writh remarks on neuropathlc
keratitis in general, and on a' hltherto
ündescribed lesion of the iris ; by F. H.
'Verhöff. (Transact. of the Amer. ophth. Soc.
Bd. 12. H. 3. S. 791. 1911.)
Die oberflächliche Keratitis punctata (Fuchs) ist
eine Form der neuropathi sehen Keratitis. Die Horn¬
hautläsionen bei dieser Erkrankung bestehen aus lang¬
sam größer werdenden Leukozyten-Infiltraten unter der
Bowmanschen Schicht und bilden sich unter dem Ein¬
flüsse pyogener löslicher Substanzen. Diees scheinen
mit den terminalen Nervenendigungen in Verbindung
zu stehen; vielleicht ist die letzte Ursache eine Ver¬
giftung der Ganglienzellen des Ziliargangüohs. Ver¬
gesellschaftet mit der Affektion findet sich zuweilen
eine Proliferation der Blutgefäße der Iris. Auch die
Keratitis disciformi6 und die rezidivierende traumatische
Keratitis haben enge Beziehungen zu Reizvorg&ngen in
den Nerven. Die Arbeit ist durch zahlreiche gute
Mikrophotogramme der in Frage stehenden Affektion
illustriert. Cords (Bonn).
1698. Die SftUgüngäfar&Drge hinsIcHtllüli'
der' Augen; von Silex. (Zeitschr. f.' ärztl.'
Fortbildung Bd. 9. Nr. 15. S. 4Ö5.)
Nach S.s Beobachtungen bat das Kind sofort'
nach der Geburt Lichtempfindlichkeit. Die Pu¬
pillen sind meist gleich weit, enger als sonst bei'
Kindern und reagieren. Gleich am ersten Tage
werden beide Augen in mildem Lichte geöffnet
und es wird der Kopf einer heller beleuchteten
Stelle des Zimmers zugewandt Oft drehen dH»'
Kinder den Kopf, aber nicht die Augen döm
Fenster zu. Annähern einer Kerzenflamme ver¬
anlaßt die Kinder die Augen krampfhaft zu
schließen. Selbst bei geschlossenen Lidern und'
im Schlaf kneifen die Kinder dabei die Augen fest
zu. — Tränen sind in den ersten Lebenstagen nicht
vorhanden. Erst mit dem 15. Tage tritt ein zweck¬
mäßiges binokulares oder monokulares Sehen nach
hellen Gegenständen ein. Die Augenbewegungen
sind noch inkoordiniert. Meist mit 80 Tagen wer¬
den die Augen richtig eingestellt und folgen den
Bewegungen des Lichts, machen aber ruckweise
Bewegungen urtd verlieren das Licht bald. Mit'
12 Wochen geht den Kindern das Licht nicht mehr
verloren, sondern sie verstehen mit den Augen zu
folgen. Zu der Zeit fängt auch das Erkennen von
Gegenständen an. Im 4. Monat fixieren die Kin¬
der mit Zuhilfenahme der Akkommodation. Im 1
0. Monat scheinen die Raumvorstellungen aufzu¬
treten. Schoeler (Berlin).
1699. Experimentelle Untersuchungen
zur Airoltherapie; von F. V. Herrenschwand.
(Gräfes Arch. f. Ophthalm. Bd. 82. S. 372.)
Das Airol ist imstande, noch in einer Konzen¬
tration von 0,1: 1000,0 die Gonokokken vollständig'
in ihrer Entwicklung zu hemmen. Die desinfek-
torische Wirkung des Mittels wird noch bedeutend
orhöht bei Gegenwart von Chlomatrium und von
Eiweißkörpern (im Gegensatz zu den Argentum-
Salzen). Unter solchen Bedingungen vermag
Airol noch- in einer Konzentration von 1:1000 die
Gonokokken vollständig abzutöten. Airol vermag
auch eihe beträchtliche Fern- und Tiefenwirkung
auszuüben, so daß in vitro noch 0,5 cm in der
Tiefe und 1,5—2,0 cm im Umkreise ein Wachs¬
tum der Gonokokken nicht stattfindet. Für die
Wirkung kommt neben der austrocknenden des
Wismut und der adstringierenden der Gallussäure
in erster Linie das in statu nascendi frei werdende
Jod in Betracht Bei der Airolbehandlung der
GonoblennorrhÖe verweilt das Airol sehr lange im
Konjunktivalsack und spaltet dabei vermutlich
beständig Jod ab. Nebenbei Wirkt das Airol
äußerst fördernd auf die Phagozytose. Daraus
geht hervor, daß eine Airoltherapie der Gonorrhöe
sehr zu befürworten ist (Die von v. H: benutzten
Gonokokkenstämme stammten zum Teil von Üre-
thralgonorrhöen, zum Teil von der Blennorrhoea
neonatorum. K ö 11 n e r (Berlin).
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VII. Haut* und Geschlechtskrankheiten.
559
Vit. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
1700. Tuberculoses cutanöes multiples:
tubereulosee papulo-nöerotiques, angio-
mateuses, lichönotdes (forme söche du
lichen^crofulosorum), verruqueuses; formes
de transition; par Qauclier, Gougerot et
Guggenheim. (Bull, de la Soc. fr. de Darm.
Bd. 22. H. 3. S. 98.)
Der 84jährige Patient bat neben einer Spitzen-
tuberkuk)8e verschiedene tuberkulöse Hautaffek¬
tionen. Ea finden sich violettrote papulöse
Effloreszenzen, teils zentral genabelt, teils ulze-
riert und mit Kruste bedeckt, teils auch vernarbt;
ferner dazwischen eingestreut kleine angiomatöse
Läsionen, von 1 / t —1 mm Durchmesser, die bis¬
weilen mit verdickter Epidermis überzogen an das
Angiokeratoma Mibelli erinnern. Da sie stellen¬
weise nekrosieren, so bilden sich allerlei Über¬
gangsformen zu den erstbeschriebenen Efflore-
szenzen. Ausnahmsweise kommt es durch Zer¬
reißung- der dilatierten Gefäße zu purpuraartigen
Flecken. Ferner finden sich zahlreiche kleinste
lichenoide Papeln, follikulär lokalisiert, dem
Lichen circumscriptus Rayer entsprechend, den
die Vff. als Ubergangsform zwischen Liehen und
Ekzema scrophulosorum bezeichnen. Endlich be¬
stehen noch an den Maleolen Herde von Tuber¬
culosis verrucosa, zum Teil ulzeriert, die aus den
anfangs beschriebenen papulo-nekrotischen Einzel-
effloreszenzen entstanden sein sollen, was durch
hier vorhandene Übergangsformen bestätigt er¬
scheint
Die Vff. betonen ganz besonders, daß durch
die vorhandenen Ubergangsformen zwischen
Tuberkulose und Tuberkuliden der bazilläre
Charakter der letzteren erwiesen werde.
Brauns (Dessau).
L701. Ober Tuberkulose bei Leprösen;
von H. P. Sie. (AroL f. Denn. Bd. 107. H. 1—3.
S. 3.)
L. möchte die Aufmerksamkeit auf das gleich¬
zeitige Vorkommen von Tuberkuloso und Lepra
mehr hinlenken. Die vorliegenden Beobachtungen
sind spärlich; daß aber knotige Veränderungen
innerer Organe, wie von Da nie Isen und
Boeck beschrieben, sich bei Lepra anaesthetica
finden, müsse im Sinne der Tuberkulose besser
gewürdigt werden. In solchen Knoten der Milz
und Leber z, B. wurden neben typischen Lepra¬
bazillenhaufen beginnende Nekrosen mit spar¬
samen Bazillen gefunden, in einigen Präparaten
auch typische Langhanssche Risenzellen. Er ist
der Meinung, daß weitere Untersuchungen zeigen
werden, daß auch in Hautknoten öfter, als man
bisher geglaubt hat, Tuberkelbazillen bei Leprösen
zu finden sind; Jedenfalls deute alles, was man
zurzeit von Tuberkelbazillen und Leprabazillen
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weiß, auf ein häufiges und intimes Zusammen¬
leben beider unter verschiedenen Verhältnissen in
verschiedenen Organen hin. Brauns (Dessau).
1702. Ober Komplementbindungsreak-
tlon bei Lepra; von Karl Steffenhagen.
(Berl. klin. Woch. Bd. 47. H. 29. S. 1362.)
Durch Verreiben von lepröser Haut und
leprösen Lymphdrüsen mit lOproz. Antiformin¬
lösung kann man Leprabazillen in haltbarer Form
gewinnen und ist somit in der Lage, das Antigen
exakt zu dosieren. Nur 5 Versuche liegen vor,
doch geht aus ihnen schon hervor, daß der posi¬
tive Ablauf der Reaktion nur frische Fälle betrifft,
ein alter Fall ergab die spezifische Reaktion nicht
mehr. Brauns (Dessau).
1703. Zur Systematisierung der Hyper¬
und Depigmentationen; von Hans Vörner.
(Denn. Zeitschr. Bd. 18. H. 5. S. 461.)
V. teilt die Hyper- und Depigmentationen ein
erstens in angeborene, auf Nävusbildung be¬
ruhende (Naevus spilus, Naevus depigmentosus),
zweitens in hereditäre, als Atavismus anzu¬
sprechende (Epheliden, Albinismus, Rassefärbung)
und drittens in erworbene, welche als Erkran¬
kungen der Haut anzusehen sind (Chloasma,
Leukoderma, Vitiligo). Diese letzteren beruhen
auf einem Reiz, welcher die Haut trifft und außer
der Pigmentanomalie auch andere Eruptionen,
z. B. lichenoide Affektionen, gleichzeitig hervor-
rufen kann, wie V. an 2 selbstbeobachteten Fällen
ausführt. Brauns (Dessau).
1704. Über das Vorkommen des Mäuse¬
favus beim Menschen und seine Stellung
im System der Dermatomykosen ; von
Bruno Blooh. (Denn. Zeitschr. Bd. 18. H. 5.
S. 451.)
Bericht über 5 von Bl. am Menschen beobach¬
tete Fälle von Mäusefavus. Die Erscheinungen,
welche das Achorion Quinckeanum beim Menschen
hervorruft, sind fast ausschließlich trichophytie¬
ähnlich, Skutula finden sich in den erythemato-
squamösen Herden nur ganz vereinzelt, vielfach,
fehlen sie ganz. Dann ergibt jedoch, obwohl das
typische Bild einer Trichophytie vorliegt, die
Kultur als Erreger das Quinckeeche Achorion.
Brauns (Dessau).
1705. Zur Kasuistik der Hemihyperidrosis
und paradoxen Schweißsekretion; von Wil¬
helm Presslich. (Wien. med. Woch. Bd. 61.
H. 17. S. 1102.)
P. gibt den Krankheitsbericht einer auf neur-
asthenischer Basis beruhenden Hemihyperidrosis
des Kopfes und der oberen Thoraxpartien bei;
einem erblich belasteten Patienten. Es kombiniert
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560
VII. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
eich damit eine paradoxe Schweißsekretion der
anderen Kopfhälfte, die an feuchtkalten Tagen,
beim Riechen an Ammoniak, beim Genuß stark
saurer Speisen, ja selbst bloß beim lebhaften Ge¬
danken an solche Substanzen eintritt und nach
*/« Stunde vorübergeht Brom in großen Dosen
setzt die Hyperidrosis etwas herab. P. meint, daß
es sich um einen Prozeß handeln müsse, der im
Grenzstrange des Sympathikus seinen Sitz hat.
Brauns (Dessau).
1706. Über die Anwendung von Ader¬
laß und Kochsalzinfusion bei der Behand¬
lung von Hautkrankheiten; von Carl Bruck.
(Berl. klin. Woch. Bd. 48. H. 3. S. 108.)
Von der Annahme ausgehend, daß eine große
Anzahl von Hautkrankheiten, wie z. B. Pruritus,
Urtikaria, durch ihrem Wesen nach meist un¬
bekannte subakute oder chronische Vergiftungen
erzeugt werden, hat B. bei solchen die Venae-
punktion mit nachfolgender Kochsalzinfusion zur
Durchwaschung des Körpers zur Anwendung ge¬
bracht.
Gewöhnlich wird nicht weniger als 250 ccm
Blut entzogen, doch kann diese Menge auf 500 bis
750 ccm bei kräftigen Leuten, und besonders
Frauon, gesteigert werden. Hinterher werden
1000—1500.ccm physiologische Kochsalzlösung in¬
fundiert
Bei Pruritus universalis, Urtikaria, Erythema
exsudativum multiforme, Dermatitis herpetiformis
wurde ein unverkennbar günstiger Einfluß aus¬
geübt, nicht dagegen bei Psoriasis vulgaris, und
bei universellem Ekzem nur teilweise.
Brauns (Dessau).
1707. Über spezifische Behandlung von
Trichophytien; von Carl Bruck. (D. med.
Woch. Bd. 37. H. 24. S. 1110.)
Mit Trichophytin, aus Trichophyton cerebri-
forme und gypseum gewonnon, hat B. keine posi¬
tiven Kutireaktionen nach der Pirquet-Methode,
wohl aber positive Resultate bei intrakutaner
Injektion von 1 bis 2 Tropfen gewonnen. Tiefe
Trichophytien wurden dadurch sehr prompt und
rasch zur Abheilung gebracht. Derartige Injek¬
tionen haben vor subkutanen den Vorteil, daß bei
ersteren die Nebenerscheinungen geringer sind.
Trichophytininjoktionen üben nicht einen para-
sitiziden Einfluß auf die Pilze aus, sondern haben
eine spezifische Heilwirkung auf das kranke Ge¬
webe. Brauns (Dessau).
1708. Purpura avec hdmorragie c6r6-
brale et cöräbelleuse morteile; par F. Balzer
et Burnier. (Bull, de la Soc. fr. de Derm.
Bd. 22. H. 5. S. 197.)
Ein Fall von infektiöser Purpura mit Blutungen
in fast allen Organen, besonders im Gehirn, aber
ohne rheumatoide Schmerzen. B. u. B. sehen ihn
als Zwischenstufe zwischen der Purpura abdomi¬
nalis Henoch und der Purpura haemorrhagica oder
morbus maculosus an. Brauns (Dessau).
1709. Dia Behandlung von Angiom,
Angiocavernom und Naevus flammeus mit
Kohlensäure; von Joh. Fabry. (Derm. Zeit-
schr. Bd. 18. H. 8. S. 731.)
Unter kurzem Bericht mehrerer ausgewählter
Fälle erklärt F. seine Erfolge der Kohlensäure¬
schneebehandlung bei Angiom und Angiokaver-
nom für glänzende. Auch beim Naevus fl amm eus
sind die Erfolge recht ermutigend und um so
leichter zu erzielen, je jugendlicher das Indivi¬
duum ist; bei älteren Patienten ist allerdings nur
durch oft wiederholte Applikation ein zufrieden¬
stellendes Resultat zu erzielen.
Brauns (Dessau).
1710. Association de cancers cutanös
multiples (öpithölioma parimenteux) et de
cancer dpiploique; par Gaucher, Gouge¬
rot et Georges L6vi-FranckeL (Bull, de
la Soc, fr. de Derm. Bd. 22. H. 5. S. 177.)
Bei einer 75jährigen Patientin finden sich seit
4 Jahren im Gesicht und an den Händen gutartige
Plattenepitheliome mit Übergangsformen zu Papil¬
lomen und senilor Schilferung, die bei Radium¬
behandlung abheilen, aber durch neue ersetzt
werden. Eins leistet der Therapie Widerstand,
woil es auch auf die Schleimhaut der Nase über¬
gegriffen hat. In der letzten Zeit kamen die
klinischen Symptome eines Magenkarzinoms dazu,
doch fand sich bei der Obduktion schließlich nicht
ein solches, sondern ein Netzkarzinom. Unter
Streifung der alten Frage von der Krebsdiathese
meinen die Vff., daß die unbekannte Ursache des
Krebses verschiedenartige Gewebe treffe, welche
dann den histologischen Typ des Karzinoms be¬
stimmen. Braun8 (Dessau).
1711. Acrämoniose; par H. Gouger.
(BulL de la Soc. fr. de Denn. Bd. 22. H. 5.
S. 168.)
Potron und Noisette in Nancy beobach¬
teten eine neue Pilzerkrankung, über die G. in
ihrem Aufträge berichtet Der 50jährige Patient,
ein Winzer, der viel mit Pflanzenabfällen zu tun
hatte, erkrankte unter Fieber, Abgeschlagenheit
Diarrhöe und bronchitischem Rasseln. 8 Wochen
später zeigten sich 17 disseminierte muskuläre
Knoten, die sofort an Sporotrichose denken ließen.
Noch 6 Wochen später kam eine akute Arthritis
des rechten Knies mit Hydrarthrose hinzu. Sofort
nach Entnahme von Material für Kulturen wurde
eine energische Jodtherapie eingeleitet und damit
Heilung erzielt Patient unterbrach die Jodkur
jedoch vorzeitig und bekam ein Rezidiv (Broncho¬
pneumonie), das auf eine erneute Jodmedikation
rasch schwand. Wieder hörte Patient zu zeitig
mit dem Jod auf und bekam als zweites Rezidiv
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VTI. Haut- und Geschlechtskrankheiten.
561
eine subakute Osteomyelitis der Tibia. Auch diese
verging rasch auf spezifische Therapie hin. Diese
muß, wie betont wird, mindestens noch 1 Monat
lang nach der Heilung fortgesetzt werden. Als
Erreger wurde in den Kulturen das Acremonium
Potronii Vuillemin 1910 gefunden.
Brauns (Dessau).
1712. Erythdme polymorphe et purpura
d’origine tu bereu leuse; par Gaucher, Gou¬
gerot et Guggenheim. (Bull, de la Soc. fr.
de Denn. Bd. 22. H. 3. S. 102.)
Bei einem 24jährigen Phthisiker, der mit einer
frischen Lues behaftet ungenügende Kuren ge¬
macht hatte, trat Purpura und einige Zeit später
ein multiformes Erythem auf, das man anfänglich
mit der Jodtherapie in Zusammenhang brachte.
Auf Salvarsan schwanden alle luetischen Sym¬
ptome rasch; nach kurzer Zeit aber trat ein
neues multiformes Erythem gleichzeitig mit einer
Hämoptoe und Leberschwellung auf. Die Vff.
glauben daher, das Erythem und auch die Pur¬
pura auf Tbc.-Bazillen zurückführen zu sollen,
indem sie annehmen, daß isolierte oder weniger
virulente Bazillen, Bazillendetritus oder Endo¬
toxine in der Haut abgelagert werden, emboli-
sieren und zur reaktiven Entzündung führen.
Brauns (Dessau).
1713. Radiodermite et radionövrite chro-
niques profeseionnelles persistant depuis
plus de dix ans; par H. Gougerot. (Bull,
de la Soc. fr. de Denn. Bd. 22. H. 3. S. 105.)
Bericht über den schon am V. internationalen
Dermatologen-Kongreß (Berlin 1904) erwähnten
Fall von Röntgendermatitis und -neuritis mit
Epitheliombildung. Trotzdem seit 10 Jahren keine
Röntgenstrahlen mehr die Haut getroffen haben,
ist eine Änderung doch nicht zu verzeichnen.
Einige papiilomatöse Stellen zeigen Tendenz zum
Übergang ins Epitheliom. Brauns (Dessau).
1714. Contribution ä l’dtude de l’ana-
tomia pathologique et de la pathogönie
de I’acn6 chdloidienne de la nuque; par
L.-M. Pautrier et J. Gouin. (Anü. de Derm.
5. S. Bd. 2. H. 4. S. 193.)
In einer längeren Abhandlung beschäftigen
sich P. u. G. mit der Frage, ob die Keloidakne
des Nackens (Dermatitis papillaris nuchae) der
Keloidakne anderer Körperstellen gleichzusetzen
sei, und kommen dabei zu dem Resultat, daß dies
nicht angehe. Beim Keloid des Stammes, das
sich auf einer Akne entwickelt, handele es sich
um ein unabhängig vom Haarfollikel entstehendes
wahres Keloid, während die Dermatitis papillaris
nuchae eine Schritt für Schritt weitergreifende
Infektion der Haarfollikel und deren nächster Um¬
gehung daratelle, bei welcher der Akne- oder
Furunkelprozeß die Bildung einer Läsion von
ganz besonderer Struktur herbeiführt, ausgezeich-
Scbmidta Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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net durch Riesenzellen im sekundär ergriffenen,
perifollikulären, entzündlichen Gewebe. Durch
Röntgenstrahlen-Einwirkung tritt eine Atrophie
der Epidermis auf, während in der Kutis sich eine
den wahren Keloiden verwandte Sklerosierung
zeigt. Forschungen nach dem Krankheitserreger
waren erfolglos, insbesondere ergaben sich keine
Momente für Tuberkulose, da die Riesenzellen
allein nicht ausschlaggebend sind; gleichwohl
halten P. u. G. den infektiösen Charakter der
Affektion für sicher. Brauns (Dessau).
1715. Lymphosarcome uleörd de la
lövre; par J. Darier. (Ann. de Derm. 6. S.
Bd. 2. H. 4. S. 226.)
Ein Lymphosarkom der Unterlippe, welches
aus polymorphen Zellen bestehend klinisch als
Epitheliom, wie sie bei Rauchern gefunden wer¬
den, sich darstellte. D. ist bereit, den Namen
Lymphosarkom zugunsten der Bezeichnung Sar-
come atypique ä ceütdes polymorphes aufzugeben.
Brauns (Dessau).
1716. Sarcome fasciculd du nez; par
J. Darier. (Ann. de Derm. 5. S. Bd. 2. H. 4.
S. 221.)
Beschreibung eines fibrillären, aus embryo¬
nalen Bindegewebszellen bestehenden Sarkoms
der Nase und Oberlippe, welches von letzterer
seinen Ausgang genommen. Dem Aussehen nach
konnte man zunächst an Rhinosklerom denken;
die klinische Diagnose schwankte zwischen tubu¬
lären oder Basalzellen-Epitheliom, Zylindrom,
Lymphosarkom oder Sarkom anderer Art.
Brauns (Dessau).
1717. Epithdliome plan cicatriciel du
front; par Georges Thibierge et R.-J.
Weißenbach. (Ann. de Derm. 5. S. Bd. 2.
H. 4. S. 233.)
Auf der Stirn einer 44jährigen Patientin fand
sich eine an Lupus erythemadoses cicatricius er¬
innernde narbige Plaque mit zentrifugaler Aus¬
breitung und oberflächlich infiltriertem, hartem
und gerötetem Rande. Bemerkenswert wird dieser
Fall von Epitheliom durch seine lange Dauer
(9 Jahre), die langsame Progression und die aus¬
gebreiteten Narben, in denen die Haarfollikel und
Haare erhalten geblieben sind.
Brauns (Dessau).
1718. Die chronischen Leukozytosen der
Zerebrospinalflüssigkeit der Syphilitiker;
von M. A. Sezary. (Gaz. des Höp. 1912.
Nr. 121. S. 1663.)
S. bespricht die im Verlaufe der sekundären
und tertiären Lues sowie die bei den meta¬
syphilitischen Erkrankungen vorkommenden Ver¬
mehrungen des Zellgehaltes des Liquor cerebro¬
spinalis. Er betont, daß während der Sekundär¬
periode Liquorveränderungen unabhängig von
71
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562.
VIL Hist- uad Geeehlechtskrankhßiton.
irgend w&lchon nervösen Erscheinungen vor«
handen sein und durch genügende Behandlung
zum Verschwinden gebracht werden können;
letzteres ist bei den Laquorverändemngen im Ver*
laufe der metasyphilitischen Nervenerkrankungen
nicht der FalL 18 a ac (Wiesbaden).
1719. Mercuric salioylate iniramuscular
injections in syphilis; by J. L. Wollheim.
(New York med. Journ. July 27. 1912.)
Injektionen von Quecksilbersalizylat sind durch
die Indurationen, die sie verursachen, sehr schmerz¬
haft. Es gelingt, durch Hinzufügnng von Chinin
und Harnstoff den Schmerz in den meisten Fällen
zu erleichtern, ohne daß die therapeutische Wir¬
kung Abbruch erleidet
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1720. Syphilis of the stomach; by Je¬
rome Meyers. (Albany med. Ann. Bd. 33.
S. 563. 1912.)
Die relativ seltene syphilitische Erkrankung
des Magens konnte M. bei einem 24jährigen Manne
beobachten, der 5 Jahre früher Syphilis akquiriert
hatte und mehrere Jahre gründlich behandelt
worden war. Die Diagnose wurde gestellt aus
den Schmerzen nach den Mahlzeiten bei gleich¬
zeitigem Fehlen von Blut in Mageninhalt und
Fäzes, der Unwirksamkeit einer Ulzusdiät, aus der
positiven Syphilisanamnese und Wassermann-
Reaktion, dem Vorhandensein von anderweitigen
Syphilissymptomen, dem Fehlen von Tuberkel¬
bazillen im Augwurf und dem Röntgenbild, das
die Annahme einer diffusen gummösen Infiltra¬
tion der Magenwand gestattete. Antisyphilitische
Behandlung brachte rasche Heilung.
Zinsser (Köln).
1721. Tertiary Syphilis of the liver; by
Th. Mc Crae. (Amer. Journ. of the med. Sc.
Nov. 1912. S. 625.)
Tertiäre Lebersyphilis ist oft von Allgemein¬
erscheinungen, wie Fieber und Gewichtsverlust,
begleitet. Die Leber selbst ist meistens vergrößert,
oft der linke Lappen mehr als der rechte, oft in
Form von knolligen Anschwellungen. Antisyphi-
litisohe Behandlung vermag nur den syphilitischen
Prozeß selbBt zu beeinflussen, nicht seine Folgen,
wie Zirrhose und Amyloid.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1722. The cutaneoua neaction of Syphilis;
by Julian Max Wolfsohn. (Bull, of the
Johns Hopkins Hoep. Bd. 23. S. 223. 1912.)
Das Bedürfnis nach einer einfacheren Syphilis¬
reaktion, als es die Wassermannsehe Komplement¬
bindung ist, hat dazu Veranlassung gegeben, n&oh
einem der Tuberkulinreaktion und speziell der
Pirquetschen Reaktion analogen Hautreaktion bei
Syphilis zu fahnden. Mit der N o g u c h i ge¬
lungenem Kultur der Spir. pallid. entwickelte sich
auch die Noguchische Luetinieaktion, über , welche
W. seine ersten Erfahrungen mitteilt.
Aus der Kultur wird durch Zerreiben des darin
befindlichen Plazent&stüekchens eine Emulsion
hergestellt, die 1 Stunde auf 60° erhitzt wird und
einen Zusatz von l*/ 0 Trikresol erhält Dies©'
Emulsion bezeichnet N o g u c h i als Luetin. Die
Technik der Impfung ist sehr einfach, indem nur
0,1 ccm des Luetins intradermal injiziert wird,
während an einer anderen Stelle zur Kontrolle
etwas von dem Kulturmedium injiziert wird. Dio
Reaktionen waren immer sehr charakteristisch.
Auch bei negativer Reaktion entstand in den
ersten 24 Stunden eine leichte Rötung und mäßige
Verhärtung, aber nach 48 Stunden war alles
wieder verschwunden. Die positive Reaktion, die
auch schon nach 24 Stunden einsetzt aber von
da an zunächst noch zunimmt; tritt entweder in
papulöser oder vesikulöser oder pustulöser Form
auf. Gelegentlich tritt bei Parasyphilis, nachdem
3—7 und selbst 28 Tage die Reaktion scheinbar
negativ gewesen war, noch eine torpide Reak¬
tion auf.
Die von W. untersuchten Fälle sind noch nicht
zahlreich genug, um ein abschließendes Urteil zu
gestatten. 2 Fälle von sekundärer Syphilis mit
positivem Wassermann hatten positive Luetin-
reaktion. Ih 6 Fallen von tertiärer Syphilis, von
denen 5 positiven Wassermann hatten, der 0.
früher positiven Wassermann gehabt hatte, aber
inzwischen 0,4 Salvars&n erhalten hatte, war die
Luetinreaktion 5mal positiv. Ein Fall mit posi¬
tivem Wasaexmann hatte negative Luetinreaktion,
doch wurde er nur 10 Tage beobachtet.
Von 7 Fällen von Parasyphilis des Nerven¬
systems hatten 6 Wassermann; alle sieben
gaben positive Luetinreaktion. Von 12 Fällen von
parasyphilitischen Gefäßveränderungen hatten 11
positive Luetinreaktion, 7 positiven Wassermann.
Bei diesen Fällen war die torpide Luetinreaktion
verhältnismäßig häufig. 23 Fälle von latenter
Syphilis hatten alle positive Luetinreaktion und
nur lOmal positiven Wassermann.
Auffallend häufig reagierten besonders Fälle
von später und tertiärer Syphilis auch an der
Stelle, wo die Kontrollinjektion mit dem reinen
Kulturmedium gemaoht wurde. Aber diese „Um¬
stimmung" des Gewebes, wie sie auch von Bruck
und N e i s s e r beobachtet wurde, trat kein ein¬
ziges Mal auf unter 70 zur. Kontrolle injizierten,
nichtsyphilitischen Personen, die auch auf Luetin
nicht reagierten. Zinsser (Köln).
1723. Die experimentelle Syphilisfor¬
schung und ihre Bedeutung für die Er¬
kennung und Behandlung der Syphilis;
von Paul Muizer. (ArcL f. Dorm. Bd. 11L
9. 341. 1912.)'
. M. berichtet in extenso über seine im Verein
mit Uhlenhut an gestellten tierexperimentallan
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VII.’ Hunt* und Geschlechtskrankheiten.
563
SyphilisforSdnmgen. Es ist gelungen, beim
Kaninchen experimentell Syphilis derart zu er*
zeugen, daß sie analog der menschlichen abliuft
Leider gestattet es der dem Referat zugemessene
Raum meht, das Bild in seinen interessanten
Bin 2 elheiten hier zu rekapitulieren. Auch bezüg¬
lich der Infektiosit&t terti&rer Formen und für die
Heredität ergaben sich bemerkenswerte Momente,
Immunität konnte nicht erzeugt werden. Die Be>-
handhmg wird stete erfolgreicher sein, je eher sie
einsetzt. Brauns (Dessau).
1724. The direct treatment of syphilitic
diseases of the central nervous System;
by Homer F. Smith and Arthur W. Jt.
Ellis. (New Tork med. Joura. Bd. 96. S. 53.
1912.)
Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Spiro¬
chäten sich in erster Linie in den Lymphbahnerl
aufhalten, daß bei Gehirn- und Rückenmarks¬
syphilis der Subarachnoidalraum die hauptsäch¬
lichste Stätte derselben ist und daß mit der Be¬
handlung auf den Wegen der Blutbahn das Medi¬
kament, speziell das Salvarsan, nicht seine volle
Wirksamkeit entfalten kann, haben S. und E. den
Versuch einer direkten lokalen Behandlung ge¬
macht
Sie verwandten zur Injektion in den Sub-
arachnoidalrautn zunächst ein mit physiologischer
Kochsalzlösung verdünntes Blutserum des Patien¬
ten selbst, der vorher eine intravenöse Salvarsan-
injektion erhalten hatte. Es wurden zuerst durch
Luidbaipunktion 16 CCm Spinalflüssigkeit abge¬
lassen und dann 30 ccm Serum injiziert. Nach
der Injektion Wurde das Fußende des Bettes er¬
höht Die Folge ist zunächst eine leichte Tempe¬
ratursteigerung und bei Tabikern öfters lanzi-
nierende Schmerzen. Am folgenden Tage war
meist die Reaktion vorüber. Anfangs wurde die
Injektion jeden siebenten Tag gemacht, später
wurden Pausen von 2—8 Wochen gemacht.
Die Behandlung wurde in erster Linie bei
Fällen von Tabes angewandt und hatte einen
deutlichen Abfall der Leukozyten in der Spinal¬
flüssigkeit, eine Verminderung des Globulingehalts
und eine Abschwächung der Wassermannreaktion
zur Folge, während gleichzeitig die klinischen
Symptome sich besserten. Tierversuche mit direk¬
ter Injektion von dünnen Salvarsanlösungen führ¬
ten zu Reizungen, so daß nicht gewagt wurde, es
auch beim Menschen zu versuchen. Nur einmal
wurde 0,0005 Salvarsan in 30 ccm verdünntem
Serum aufgelöst injiziert ohne Reaktion. Die
Resultate scheinen S. und E. eine weitere Er¬
probung dos Verfahrens zu empfehlen.
Z i n s s e r (Köln).
1725. N6phrite et chartere syphilitiques
(näphrite präerosöollque) ; par Cb. Au dry.
(Ann. de Denn. 1'912. S. 277.)
Drei von A. beobachtete Kranke, die einen
Primär&ffekt haben, weisen vor Ausbruch des
Sekundärexantheme eine Nephritis (Albuminurie)
auf. Bei einem Fall beeinflußte die spezifische
Therapie die Albuminurie absolut nicht Bei den
beiden anderen gelang es durch Hektin und Sal¬
varsan bzw. durch Salvarsan allein die Albumin¬
urie zum Schwinden zu bringen. A. hält den'
Zusammenhang von SyphiKs und Albuminurie in
diesen Fällen für so gut wie sicher; er faßt sie
als ein Frühsymptom auf. F r i b o e s (Bonn).
1726. Contrlbutlon ä l’ötud* de la Sy¬
philis experimentale; per Joh. Feilberg.
(Ann. de Derm. 1912. S. 269.)
Zerkleinerte, gleich verimpfte oder mit NaCI-
Lösung verriebene Stückchen von Primäraffekten
oder hypertrophischen Papeln verimpfte F. in die
Hoden, subskrotal, intraokular und intravenös.
Negativ blieben die beiden letzten Methoden. Mit
den beiden ersten ging nach 2 1 /,—3 Monaten die
Impfung an, und zwar 1. in Form einer Ulzera-
tion, 2. als freibeweglicher Knoten, 3. als kleine
sagoartige Knoten des Skrotums und 4. als diffuse
oder zirkumskripte Orchitis. Auch sah sie All¬
gemeinerscheinungen (Papeln an Schnauze und
Auge). Friboes (Bonn).
1727. Ülcus rotundum ventriculi bei
einem Syphilitiker; tödlicher Ausgang nach
der zweiten SalvarsanInjektion; von S. F.
Selen ew. (Dem. Wooh. Bd. 55. S. 843.)
50jähr. Patient, wegen papulöser Angina und
allgemeiner Adenopathie auf genommen, leidet seit
ca. 20 Jahren an Magen- und Dannkatarrh.
Magenulzora klinisch nicht nachweisbar. Wäh¬
rend die erete Salvarsaninjektion ä 0,5 g ohne
Reaktion vertragen wurde, traten nach der zweiten
ä 0,5 g Schüttelfrost, nach ca. 5 Stunden Tempe¬
ratur bis 39,2 gestiegen. Erbrechen, Kopfschmer¬
zen, schwerer Allgemeinzustand. Am folgenden
Tag Temperatur 38,1—38,4, viermaliges Erbrechen,
starke Kopfschmerzen, ikterische Verfärbung der
Skleren. In den nächsten Tagen noch Er¬
brechen, schlechtes Allgemeinbefinden. Am
5. Tag nach der zweiten Injektion Temperatur
30,1—37,6. Erbrechen kaffeesatzartiger Massen.
Puls 118, Schwfndelanfälle, Nasenbluten, Kräfte-
verfhll. Am 7. Tag nach derselben Nachts Exitus.
Im Pylorus zwei erbsengroße Geschwüre, von
denen das eine perforiert ist. Im Dickdarm reich¬
lich Blut, Leber leicht nekrotisch, die Bauchhöhle
enthält reichlich Eiter, in den Oberlappen der
Lungen zahlreiche käsige Herde und miliare
Tuberkel. Friboes (Bonn).
1728. Die kombinierte Saivarsan<-Queck~
Silberbehandlung der Syphilis; von W.
Scholtz und E. Riebes. (Dem. Woch. Bd. 54.
& 693.)
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564
Vlli. Gynäkologie und Geburtshilfe.
S. läßt jetzt innerhalb 24 Stunden zweimal |
0,4—0,5 Salvarsan geben, schließt daran eine
4—öwöchige Hg-Kur und gibt dann nochmals
innerhalb 24 Stunden dieselbe Salvarsandosis.
Zufälle unangenehmer Art (Kollaps) hat er nur
Imal beobachtet. Seine Resultate bei primärer
und frischer sekundärer Lues sind folgende:
72 Fälle mit primärer Lues; 62 davon blieben
ohne Rezidive und haben negative Wassermann-
sche Reaktion bekommen und dauernd behalten.
22 dieser Fälle sind V«“ 1 /* J ft h r > 27 Fälle 1 / r —1
und 13 Fälle über 1 Jahr beobachtet worden.
Von den übrigen 10 Fällen bekamen 7 Pat. Rezi¬
dive, bei 8 wurde wieder bzw. blieb die Wasser-
mannsche Reaktion positiv. Bei dieser kombi¬
nierten Behandlung war also nur in 8,5% der
Fälle der Erfolg ein ungenügender. — Von 115 ge¬
nügend lange beobachteten sekundären Syphi¬
litikern blieben 119 rezidivfrei und haben negative
Wassermannsche Reaktion bekommen und be¬
halten. Von diesen wurden beobachtet 42 Fälle
1 /«—V* Jahr, 28 Fälle V« - */« ^ a * ir un( * 49 Fälle
3 /«—1 Jahr und länger. Von den übrigen 36 Pat.
haben 21 Fälle klinische Rezidive bekommen, bei
15 Fällen ist die Wassermannsche Reaktion posi¬
tiv geblieben oder wieder positiv geworden. Von
diesen 36 Pat. wurden nur 17 ausreichend behan¬
delt Somit hat S. nur in 13°/ 0 der Fälle keine
genügende Wirkung bei sekundärer Lues erzielt.
Neurorezidive gehören bei seinem Material zu den
größten Seltenheiten. Neuestens haben S. und R.
vielfach 3 Salvarsaninjektionen ä 0,8—0,45 g
innerhalb 24 Stunden gemacht.
Frieboes (Bonn).
1729. Blennaphrosin, ein neues internes
Antigonorrhoikum; von M. Herbst. (Allg.
med. Zentralzeit. Bd. 81. H. 36. S. 469. 1912.)
VIII. Gynäkologie
1732. Die sogenannten Ausfallserschei¬
nungen; von G. Schickeie. (Monatsschr. f.
Geb. u. Gyn. Bd. 36. S. 80. 1912.)
Im Ovarium sind Substanzen vorhanden, die
den Blutdruck htfrabsetzen können, infolgedessen
müßte man nach Ausfall der Ovarialtätigkeit Blut¬
druckerhöhung finden. Sch. konnte dies sowohl
bei der antezipierten wie physiologischen Meno¬
pause in einer großen Anzahl von Fällen nach-
weisen. Der Blutdruck betrug 160—170 mm.
Gleichzeitig entwickeln sich bei diesen Patien¬
tinnen die sogenannten Ausfallserscheinungen,
und zwar kann man beobachten, daß Blutdruck¬
erhöhungen und Ausfallserscheinungen meist
konform auftreten; je stärker die Ausfallserschei¬
nungen, um so höher der Blutdruck und um¬
gekehrt Es fanden sich jedoch auch Fälle, wo
nur ein Symptom vorhanden war, also Ausfalls-
Blennaphrosin (Einhorn-Apotheke, Berlin C. 19,
Dr. Alb. Bemard Nachf.) besteht aus einer
Mischung von Kawa-Kawa mit einem Doppelsalz
von Hexamethylentetramin und KaL nitr. Es ist
unschädlich, stark antibakteriell und durch seinen
Salpetergehalt anaphrodisierend. Man gibt Smal
täglich 2—4 Kapseln innerlich oder 2mal täglich
ein Suppositorium. Dabei ist neben dem Alkohol¬
verbot salzarme Kost zu verordnen. Das Mittel
soll besonders indiziert sein, wenn andere Intema
zu Nierenreizungen führen. Brauns (Dessau).
1730. Trois observations d’urötrite blen-
norrhagique traitöes par le sörum anti-
mdningococcique; par R. Salle. (Lyon m6d.
1912. Nr. 46. S. 817.)
In 8 Fällen von Gonorrhöe leisteten subkutane In¬
jektionen von 10 ccm Antimeningokokkenserum aus
dem Institut Pasteur gute Dienste.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1731. Kutane Reaktion bei Gonorrhöe¬
kranken; von T. Sakaguchi undCLWata-
biki. (Denn. Woch. Bd. 54. S. 717.)
S. und W. kommen nach Prüfung von drei
auf verschiedenem Wege hergestellten Gono-
kokkenvakzinen bei Einimpfung derselben in die
Haut zu dem Ergebnis, daß „nur ein geringer
Prozentsatz der Gonorrhoiker positive oder sehr
schwache Reaktion zeigte, und zwar fast aus¬
schließlich Kranke mit AUgemeininfektion oder
mit Epididymitis“. „Die Hoffnung S.s und W.s,
den Fortbestand der Gonorrhöe oder deren Hei¬
lung durch die Gonotoxinimpfung zu diagnosti¬
zieren, erfüllte sich gleichfalls nicht“
F r i b o e s (Bonn).
und Geburtshilfe.
erscheinungen ohne erhöhten Blutdruck oder er¬
höhter Blutdruck ohne Ausfallserscheinungen.
Uber den Zusammenhang dieser beiden Sym¬
ptome sagt Sch. folgendes: Durch Adrenalin
wurden Blutdrucksteigerung, ev. vasomotorische
Störungen usw. hervorrufen. Cristofoletti
und Adler haben eine Erhöhung des Sympathi¬
kustonus nach Ausfall der Ovarien beobachtet,
nur durch kleine, sonst immerksame Adrenalin¬
dosen konnten sie bei kastrierten Frauen eine
starke Reaktion (Blutdrucksteigerung usw.) her¬
vorrufen. Die Ausfallserscheinungen sind also
auf eine Erhöhung des Sympathikustonus zurück¬
zuführen, die durch den Ausfall der Ovarialtätig¬
keit genügend erklärt wird.
Es spielen natürlich hierbei noch andere
Momente mit. Die Psyche will Sch. bei den mit
Blutdruckerhöhung einhergehenden Fällen voll-
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VIH. Gynäkologie nnd Geburtshilfe.
505
kommen ausgeschaltet wissen, da den ernsten
Fällen gegenüber eine psychische Therapie völlig
versagte.
Werden die Ovarien bei Operationen zurück-
gelassen, so tritt auch bei diesen Frauen ein
vasomotorischer Symptome nkomplex auf, die den
Ausfallserscheinungen gleichen, und die Sch. als
Retentionserscheinungen betrachten will, da die
von den Ovarien produzierten Stoffe infolge
Fehlens des Uterus nicht nach auBen abgegeben
werden können. Hei mann (Breslau).
1733. Drei Fälle von primärem Karzinom
der Tube; von Fritz Wiesinger. (Gyn.
Rundschau 1912. H. 13. S. 473.)
Das Tubenkarzinom entsteht aus der Schleim¬
haut, nach dem Ort des Sitzes unterscheidet man
das Karzinom der Schleimhaut, der Tubenwand
und beider Lokalisationen. Makroskopisch werden
knotige und diffuse, medulläre und zirrhotische
Formen unterschieden.
W. berichtet über 3 Fälle von sicher primärem
Karzinom. Nur ein Fall war von Sterilität, die
sehr häufig bei diesen Tumoren vorkommt, be¬
gleitet, die beiden anderen Patientinnen hatten
geboren. Aszites war nirgends nachzuweisen, die
Serosa war völlig intakt Eine Patientin ist
13 Jahre, eine andere 3 Jahre rezidivfrei; trotz¬
dem wird das Tubenkarzinom allgemein für sehr
bösartig gehalten infolge der Dünnwandigkeit der
Tuben und der leichten Verschleppung von Kar¬
zinompartikelchen durch die zahlreichen Lymph-
bahnen. H e i m a n n (Breslau).
1734. Trauma als Ursache für das
Platzen einer Pyosalpinx mit Entleerung
in die freie Bauchhöhle hinein; von Joseph
v. Jawovski. (Gyn. Rundschau 1912. S-478.)
Bei der Tubenentzündung kommt es zu einer
kleinzelligen Infiltration der Schleimhautfalten,
die allmählich verkleben. Das Epithel schwindet
dabei. Verkleben die Fimbrienenden miteinander,
so staut sich das Sekret, es kommt zur Sakto-
salpinx, die unter Einwirkung von Mikroben,
meistens Gonokokken, zur Pyosalpinx wird. Der
weitere Verlauf kann ein verschiedener sein. Die
Bakterien sterben ab, der Eiter wird eventuell
resorbiert, es bleibt nur eine trübe Flüssigkeit
zurück. Andererseits kann es bei großen Abszessen
zu Durchbruch in die Nachbarschaft, Harnblase,
Rektum usw. kommen; selten findet ein Durch¬
bruch in die freie Bauchhöhle statt. Dies ko mm t
namentlich bei Hämatosalpinx häufiger vor, da
die Wand hinten sehr verdünnt ist, es treten peri-
tonitische Reizungen auf, die zu einer Abkapse¬
lung des ergossenen Blutes führen. Geschieht
dieser Durchbruch bei einer Pyosalpinx, so kommt
es auf die Virulenz der in dem Eiter enthaltenen
Bakterien an. Steriler Eiter ist indifferent, bei
virulenten Bakterien ist die Folge eine tödliche
Peritonitis. Glücklicherweise ist das sehr selten,
weil die Tuben in Adhäsionen eingebacken sind.
Die Ruptur findet meist am peripheren, selten am
zentripetalen Ende statt. Es bandelt sich fast
immer nur um eine Stelle, die in den meisten
Fällen nur stecknadelkopf- bis linsengroß ist.
Die Öffnung ist rundlich, selten sieht man zer¬
fetzte Ränder. Die anatomischen Veränderungen
betreffen mehr die Muskel- und Schleimhaut¬
schicht als die Serosa, die Ruptur ist also die
Folge eines entzündlichen bzw. gangränösen Pro¬
zesses der Tubenwand.
Die Ursachen für eine derartige Ruptur sind
idiopathische und traumatische. Letztere werden
bedingt durch ein äußeres Trauma (Stoß, Druck
usw.), inneres Trauma (Steigerung des intra-
tubaren Druckes infolge von Muskelanstrengung
(wie Tanzen, Erbrechen usw.) und schließlich
therapeutisches Trauma (Punktion, Palpation,
Laxantien usw.).
v. J. führt 3 Fälle an, wo es sich um eine
Tubenruptur bei Trauma nach einer physischen
Anstrengung mit erhöhter Tätigkeit der Bauch¬
presse handelt. Alle 3 Patientinnen kamen ad
exitum. 2mal kam die menstruelle Kongestion
mit in Aktion bei der Ruptur.
Frühzeitige operative Entfernung eiteriger
Adnexprozesse werden derartige Unglücksfälle
verhüten. H e i m a n n (Breslau).
1735. Über die Verwendung des Narko-
phins in der Gynäkologie; von Hans Schlim-
pert (Münchn. med. Woch. 1912. Nr. 28.
S. 1544.)
Narkophin ist ein Opiumpräparat, das ca.
30% Morphium enthält. Eine Sproz. Lösung
wurde verwandt.
Als schmerzstillendes Mittel und in Kombi¬
nation mit Skopolamin als vorbereitendes Narko¬
tikum bewährte es sich gut.
Seine narkotische Kraft ist groß, die Wirkung
hält lange an. Die Analgesie ist recht hoch¬
gradig, dabei geringe Trübung des Bewußtseins.
Vollkommene Ungefährlichkeit.
Als Nachteil des Mittels ist zu erwähnen, daß
die Wirkung etwas langsamer eintritt als bei
Morphium.
Die übliche Dosis ist 0,03 Narkophin, also
1 ccm der Lösung. Heimann (Breslau).
1736. De l’unitö des tumeursöpitheliales
de l’ovaire; par L. Bory. (Arch. de M6d.
exper. Bd. 24. Nr. 1. S. 99. 1912.)
Nach den zahlreichen Arbeiten über die
malignen Ovarialtumoren könnte es scheinen, als
ob es zahlreiche Varietäten von höchst kompli¬
zierter Struktur geben würde. Die Folge ist eine
gewisse Konfusion, die nicht existieren würde,
wenn man die gemeinsamen Charakteristika im
Auge behalten würde. B. tritt für die morpho¬
logische und histologische, wenn nicht sogar
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566
VIII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
histogenetische, Unität der primären benignen
und malignen Ovarialtumoren ein.
Walz (Stuttgart).
1737. .Some eyperjmeptal work vpon
the physiological function of the ouary;
by A. Louise Mollroy. (Joum. of Obst, and
Gyn. Bd. 22. S. 19. 1912.)
,M. experimentierte an Kaninchen, Ratten und
Meerschweinchen. Die Resultate sind etwa fol¬
gende: Nach Entfernung beider Ovarien trat Atro¬
phie des Uterus ein, der Grad derselben war pro¬
portional der, Zeit, welche die Tiare noch am
Leben erhalten wurden. Desgleichen atrophierten
die äußeren Genitalien und die Mammae. , Ent¬
fernung des Uterus und künstliche Retention
seiner Ausscheidungen, bewirkt durch doppelte
Unterbindung seiner Hörner, hatte weder all¬
gemeine Wirkungen, noch solche auf die Ova¬
rien. Der Uterus müsse infolgedessen lediglich
als Kanal für die Ausscheidung gewisser Sub¬
stanzen betrachtet werden, welche vpn den Ova¬
rien geliefert werden. Transplantierte Ovarien
hielten eine Zeitlang die Atrophie des Uterus auf,
allmählich aber degenerieren sie und dann tritt
die Uterusatrophie ein. Je besser vaskularisiert
die Transplan tationssteile ist,, desto länger bleiben
die transplantierten Ovarien erhalten. . Es degene¬
rieren zuerst die Corpus luteum-Zellen, und zwar
hyalin, dann tritt eine kleinzellige Infiltration und
eine zystische Degeneration der Follikel ein. Am
längsten bleiben die interstitiellen Zellen erhalten;
orst wenn auch sie der Degeneration anheim¬
fallen, atrophiert der Uterus. Letztere Feststellung
ist von besonderer Wichtigkeit
Klien (Leipzig).
1738. Etüde d’ensemble. sur la -trans-
mission des anticorps des ascendants ä
leur progdniture; par Maunu af Heurlin.
(Arch. d’Obst. 1912. S. 4.97.)
' Eine außerordentlich fleißige Zusammentragung
der bisher Angestellten Forschungen betreffend
den Übergang von Antikörpern seitens der Eltern
auf die Früchte, sowohl im Tierreich als beim
Menschen. Da es sich um eine Unmenge von
Einzelheiten handelt, kann nur aus den Schlu߬
sätzen das wichtigste hervorgehoben werden. In
der Regel ist der Gehalt an Antikörpern im
mütterlichen Serum ein höherer als im fötalen.
Bei einer Reihe von Antikörpern ist der beider¬
seitige Gehalt ein gleicher. Die einzelnen Anti¬
körper werden aufgeführt.. Die Amnionflüssigkeit
ist physiologisch ärmer an Antikörpern als das
fötale Blutserum; die menschliche Amnionflüssig¬
keit enthält ein. Staphylolysin welches im fötalen
Urin, nicht vor kommt. — Eine Übertragung er¬
worbener Immunstoffe ist nur möglich von seiten
der, Mutter, nicht von seiten des Vaters; sie ge¬
schieht auf dem Wege durch die Plazenta. . Dies
gilt für sowohl von pathogenen, als von nicht
.pathogenen Aatigaoßn herstafluppt^ 6 Antikörper.
Je länger die Antikörper und je mehr Antikörper
in die Plazenta gelangen, desto mehr gehen auf
den Fötus über. Kleine und große Tiere ver¬
halten sich hierin nicht gleich; auch, spielen in¬
dividuelle Verschiedenheiten eine gipße Rolle.
Aufzählung derjenigen Antikörper, durch aktive
oder passive Immunisierung der Mutter hervor¬
gebracht, die auf den Fötus übergehen— Sodann
wird die Passage der Antikörper durch die Milch
besprochen. Sie ist derjenigen durch die Pla¬
zenta nahestehend. Interessant ist die Tatsache,
daß der Antikörpergehalt des Kolostrums — d, h.
wenn nicht gestillt wird — das 25—32fache
(Mensch) desjenigen des mütterlichen Blutserums
betragen kann. Bei heterologen Antitoxinen ist es
noph unentschieden, ob dieselben im kindlichen
Organismus eine Transformation in ein homologes
Antitoxin erleiden oder nicht. Beim Huhn ist der
Übergang von Antitoxinen auf das Ei, besonders
Dotter pachgewiesen v worden. Klien (Leipzig).
1739. Le pronostic eloignö de ('Operation
cföarienne cla$sique, ä propos d’une sörie
de 23 pp6rations c6s. dass, iteratives; par
Marioton. (Arch. d’Obst 1912. S. 276.)
Bei Schwangerschaften und Geburten nach
klassischem Kaiserschnitt fürchtet man einmal
Rupturen in der alten Narbe. An dem vorliegen¬
den Material kam dies nie vor. Bar, empfiehlt,
ujn eine solide dicke .Narbe, zu bekommen, die, ge¬
samte Dicke der Muskelschicht samt Peritpneal-
überzug, aber ohne Schleimhaut, mittels Seiden¬
knopfnähten zu vernähen. Keine seroseröse
Decknaht darüber, höchstens einige oberflächliche
Nähte an Stellen, die noch klaffen. Da die Rup-
■ tur uteriner Narben meistens erst durch die
Wehentätigkeit entsteht, soll man wiederholte
Kaiserschnitte sofort nach Beginn der . Wehen¬
tätigkeit ausführen. — Die zweite Gefahr sieht
man in mehr oder weniger, ausgedehnten Adhä¬
sionen. In den mitgeteilten Fällen fanden sich
nie Adhäsionen, die ernstliche Schwierigkeiten
gemacht hätten. Immerhin soll man besonders
vorsichtig bei d,er Eröffnung des Abdomens sein,
denn es ist vorgekommen, daß der Uterus oder
gar, Darm mit angeschnitten, wurde. Im allge¬
meinen bietet eine wiederholte Sectio caesarea
keine größeren Schwierigkeiten als eine erste.
Hauptsache ist in allen Fällen aseptische Ver¬
hältnisse. Klien (Leipzig).
1740. La dijatation aiguä de l’estomac
chez les accpuch6es; par M. Audebert.
(Ann. de Gyn. et d’Obst. Bd. 9. S. 92. 1912.)
Während das Bild der akuten postoperativen
. Magendilatation infolge Duodenalverschlusses den
Chirurgen und Gynäkologen bereits ein ganz ge¬
läufiges ist, hat man dasselbe nach Geburten
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YIH. Gynäkologie und. Geburtshilfe.
507
(bisher relativ selten beobachtet. A. stellt; 10 der¬
artige Fälle aus der französischen Literatur zu¬
sammen, inkl. zweier selbetbeobachteter. Die
Fälle selbst bieten nichts Neues. Bemerkens¬
werter sind die allgemeinen Betrachtungen, die
A.> auf Grund derselben anstellt. 6mal war Chlo¬
roform, zum Teil nach der Methode ä la reine,
verabreicht worden und in der toxischen Wirkung
des Chloroforms auf die intestinale Muskulatur
sieht A, die Hauptursache der Magendilatation. —
Stets erwies sich die Söhnitzlersche Bauchlage
als souveränes Mittel, auch ohne gleichzeitige
Magenausspülung. Die Symptome setzten ent¬
weder sofort nach der 1 Entbindung oder einige
Stunden, ja auch erst 1—2 Tage danach ein.
Klien (Leipzig).
1741. Eclampsia; how shall we traat it
most effectrvely in general practica ; by
H. W. Kosmak. (New York med. Journ. Aug. 3.
1912. S. 211.)
Bei Urinproben während der Gravidität sollte
nicht nur Eiweiß, sondern Azeton, Oxybutter-
säuren und Indikan einen Gegenstand der Unter¬
suchung bilden. Besonders das letztere kann An¬
laß zu einer Eklampsie geben. Man muß deshalb
für seine Beseitigung sorgen, und zwar ist Kalo-
mel dabei nicht zu entbehren. Besonderer Wert
ist auf die Zerkleinerung der Nahrung zu legen.
Die Toxämie ist nicht nur durch fleischlose Diät,
sondern auch durch sorgfältige Körperhygiene
zu bekämpfen, die zumal Lungen und Haut'be¬
treffen muß., Zu verschärfen ist die Behandlung,
wenn die Zeichen der Nierenreizung andauern,
wenn die Haut trocken bleibt und die Pulsspan-
nung sich erhöht Wird keine Besserung erzielt
und treten noch Ödeme hinzu, dann ist die Ein¬
leitung der Frühgeburt in Betracht zu ziehen.
Bei ausgesprochenem Krampfanfall ist unbedingte
Ruhe in flacher Lage das erste Erfordernis.
Chloroform ist möglichst zu meiden, dagegen ist
Morphium vorteilhaft. Ferner sind Seifenein¬
läufe, eventuell auch Magenspülungen anzuwen¬
den, sodann heiße Packungen. Die Entbindung
'gelingt meistens durch Blasensprengung und Wen¬
dung. Der vaginale Kaiserschnitt ist nur im
äußersten Notfälle angebracht
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1742. The ralation of polvic disease in
women to mental distarbances; by E. A.
Schumann. (New York med. Journ. Aug. 3.
1912. S. 232.)
Eine Operation geisteskranker Frauen mit
Genitalleiden ist immer angezedgt, wenn es sich
. um entzündliche destruktive Prozesse der Ad¬
nexe, um maligne Geschwülste und um solche
benignen, die ausgesprochene • Symptome ver¬
ursachen, handelt. Leiden, wie Retnoflaxio, Dys¬
menorrhöe usw., sind nach Möglichkeit konserva-
vativ zu behandeln, um die Psychose nieht durch
den Schok des Eingriffs zu verschlimmern.
Streng vermieden .werden müssen bei geistes¬
kranken Frauen Operationen der Genitalien, die
nur einen unbestimmten Reflex ausüben sollen,
wie die Exstirpation gesunder Ovarien, Kürettage
usw. Der oberste Leitsatz sollte immer sein, daß
eine geisteskranke Frau nur in Ausnahme fällen
operiert werden darf, denn die Folgen des Ein¬
griffs auf die Psychose lassen sich nie vorher
absehen. Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1743. Treatment of oontraction of peivic
Oirtlet — two caees, one treated by pubio-
tomy, the otfeer by induction; by James
Young. (Edinb. med. Jonra. Bd. 8. S. 405.
1912.)
Nach kurzer Besprechung der einschlägigen,
nicht sehr reichlichen Literatur beschreibt Y. seine
Fälle. Eine Drittgebärende hatte eine Perforation
und eine schwere Zange mit totem Kind nach
Einleitung der künstlichen Frühgeburt in der
S6. Woche durchgemacht. Dist. tub. ischii: 8 cm,
hinterer sagittaler Durchmesser der Beckenenge:
6 cm. Sub partu, da Kaiserschnitt abgelehnt,
Pubiotomie nach Döderlein mit nachfolgen¬
dem Forzeps. Mutter und Kind gesund entlassen,
erstere wieder arbeitsfähig. — Wenn auch in
diesem Fall voller Erfolg erzielt worden ist, so soll
doch die gewöhnliche Behandlung der Trichter¬
becken in der Einleitung der künstlichen Früh¬
geburt bestehen, wie sie Y. auch in seinem zwei¬
ten Fall mit vollem Erfolg in der 87. Woche aus¬
führte. Die Beckenmaße betrugen (den obigen
entsprechend) 7 bzw. 8 cm. Klien (Leipzig).
1744. Avortement spontanes et avorte-
ments criminels; par A. Herrgott. (Ann.
de Gyn. 1912. S. 385.)
: Der Aufsatz ist ein Ausdruck der allgemeinen
Besorgnis, die in Frankreich der Rückgang der
Geburten hervorTuft. H. will die Bereitwilligkeit,
mit der heutzutage sowohl zu Entbindungen, als
auch zu komplizierten Aborten die Entbindungs¬
anstalten aufgesueht werden, in letzterer Hinsicht
soviel wie möglich fördern. Das Vertrauen dürfe
vor allen Dingen nicht dadurch beeinträchtigt
werden, daß in diesen Anstalten jede fiebernde
Abortierende als kriminell verdächtig angesehen
werde. H. bemüht sich durch Mitteilung einiger
Fälle zu beweisen, daß auch so und so oft ohne
jeden Eingriff schwer septische Aborte Vor¬
kommen. Sodann solle die Gesellschaft alles tun,
die außereheliche Mutter und deren Kind zu
schützen, zu fördern, zu beben. Vor allem aber
glaubt H. dadurch eine Abnahme der kriminellen
Aborte erreichen zu können, daß man im Volke
das Bewußtsein hervorruft, daß jede willkürliche
Zerstörung eines menschlichen befruchteten
Eichens ein verabscheungswerter Mord sei
Klien (Leipzig).
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568
VIEL Gynäkologie und. Geburtshilfe.
1745. Puerperal infection witlr special
reference to vaccine treatment ; by J. Fur-
neaux Jordan. (Brit. med. Joum. 6. July
1912. S. 1.)
Besprechung der im Womans Hospital in
Sparkhill behandelten 45 Fälle von Puerperal¬
fieber. Davon starben 15. J. unterscheidet
3 Gruppen: 1. die milde Form mit Genesung: 2. die
akute Infektion mit baldigem Tod; 3. die schwere
Infektion mit langer Krankheitsdauer, aber in der
Mehrzahl der Fälle Heilung. Für alle 3 Gruppen
werden Krankengeschichten mitgeteilt, die natür¬
lich nichts Besonderes bieten. Neu und nicht un¬
wichtig ist jedoch die mehrfache Verwendung
von Vakzineeinspritzungen, sowohl von Strepto-
kokkenstammvakzine, als von aus den eigenen
Streptokokken bzw. Kolibazillen (wenn solche der
Infektion mit zugrunde lagen) hergestellten Vak¬
zinen. J. ist geneigt, dieser Therapie eine Anzahl
von Heilungen schwerer Fälle zuzuschreiben, und
in der Tat sind die rapiden Besserungen und der
Temperaturabsturz, der des öfteren erfolgte, sehr
bemerkenswert. J. „träumt“ sogar davon, jeder
Kreißenden prophylaktisch eine Portion Strepto¬
kokkenstammvakzine zu injizieren. — Etwas
merkwürdig mutet es an, wenn J. einen besonde¬
ren Streptococcus puerperalis im Gegensatz zu
dem Streptococcus pyogenes aufstellen zu müssen
glaubt und behauptet, dieser Streptokokkus sei
bei jeder Frau neben dem Baeterium coli stän¬
diger Bewohner des Dannkanals. Die bakterio¬
logischen Eigenschaften dieses Streptococcus
puerperalis werden ausführlich mitgeteilt; er soll
nie bei anderen septischen Prozessen gefunden
worden sein, außer in einem Fall von Chorea gra¬
vidarum im Liquor cerebrospinalis.
Klien (Leipzig).
1746. Contribution ä la pathologie et
au traitement du ddcollement prömaturö
du placenta normalement inser6; par Sture
Berggren. (Arch. d’Obst. 1912. Nr. 8. S. 49.)
Bei einer 37jähr. Viertgebärenden, die schon
bei der dritten Entbindung wiederholt Blut¬
abgänge gehabt hatte, stellten sich die deutlichen
Zeichen einer vorzeitigen Plazentarlösung ein (im
Verhälnis zur äußeren Blutung sehr bedeutende
Anämie usw.). Da das Kind lebte, wurde der
konservative abdominale Kaiserschnitt gemacht.
Die Diagnose bestätigte sich, die Mutter genas, das
Kind starb am anderen Tag an einer Herz¬
anomalie. Bemerkenswert ist, daß die Frau an
einer Nierenentzündung litt und daß die Uterus¬
muskulatur mehr oder weniger mit Hämorrhagien
durchsetzt war. Da sich aber trotzdem der Uterus
nach Entleerung gut kontrahierte, wurde er zu¬
rückgelassen, aber die Tuben exstirpiert. —
Unter 19 von B. gesammelten Fällen fand sich
12mal Albuminurie und 8mal Hämorrhagien in
der Uterusmuskulatur. — Die Therapie betreffend
gibt B. dem abdominalen Kaiserschnitt vor dem
in Deutschland gerade bei vorzeitiger Plazentar¬
lösung viel geübten vaginalen den Vorzug,
weniger der Kinder halber — die meisten sind
tot — als wegen der Möglichkeit, einen schlaff
bleibenden Uterus mit Leichtigkeit nach P o r r o
abtragen zu können. In letzter Hinsicht wird
man B. recht geben müssen. Klien (Leipzig).
1747. Oeux nouvelles observationsd’apo-
plexie utdro-placentaire (hdmorrhagies r6-
tro-placentaires avec Infiltration sanguine
de la paroi musculaire de I’ut6rus); par
Couvelaire. (Ann. de Gyn. et d’Obst. 1912.
Aug. S. 486.)
Seit etwa 5—6 Jahren sind besonders von
französischen Autoren eine Reihe von Fällen von
vorzeitiger Lösung der normal sitzenden Plazenta
beschrieben worden, bei denen es sich nicht nur
um eine intrauterine Blutung, um das retroplazen-
tare Hämatom, gehandelt hat, in denen vielmehr
auch die Uterusmuskulatur, mitunter nur im Be¬
reich der Plazentarstelle, mit größeren und klei¬
neren Blutungen durchsetzt war, bis zu dem
Maße, daß der zuerst von Bar gebrauchte Aus¬
druck einer uteroplasentaren Apoplexie durchaus
gerechtfertigt erscheint. Solche Uteri geben natür¬
lich die Indikation zu ihrer Entfernung, was wohl
meist durch supravaginale Amputation (P o r r o)
geschehen wird. Gerade in solchen Fällen, die
sich ja vorher gar nicht als solche erkennen lassen,
zeigt sich die Überlegenheit des abdominalen
Kaiserschnittes gegenüber dem vaginalen bei vor¬
zeitiger Lösung der normal sitzenden Plazenta.
2 Fälle, einer vom Sektionstisch, werden mit¬
geteilt. Klien (Leipzig.)
1748. Grossesse et accouchement apr&s
racourcissement intra-abdominal avec in-
clusion pariötale des ligaments ronds
(procöde Dolöris.); par M. Oui. (Echo möd.
du Nord 1912. Nr. 35. S. 417.)
0. teilt einen Fall mit, bei dem nach Ausführung
der auch in Deutschland jetzt viel geübten Dolerissohen
Operation (Aufnähen einer Ligamentum rotundum-
Schleife auf die äußere Rektusfaszie) 2 normale Ge¬
burten stattfanden. Nach der ersten dieser Geburt
konnte 0. die normale Lage des Uterus konstatieren.
Klien (Leipzig).
1749. Pathog6nie et prophylaxie des
Idsions placentaires chez les albuminuri-
ques et les 6clamptiques; par V. Wallich.
(Ann. de Gyn. et d’Obst. 1912. Aug. S. 496.)
Die Blutungen in das Plazentargewebe hinein,
wie man sie besonders bei Eklampsie und
Schwangerschaftsnephritis bzw. -niere findet, und
die man meist als Folge einer Intoxikation ansieht,
können nach W.s Ausführungen ebensogut auf
einem mechanischen Moment beruhen, nämlich
Folge des bei den genannten Zuständen erhöhten
Blutdruckes sein. Therapeutisch würden dann
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VIU. Gynäkologie und Geburtshilfe.
natürlich in erster Linie der Aderlaß und blut¬
druckherabsetzende Medikamente anzuwenden
sein. K 1 i e n (Leipzig).
1750. A further report on the relation
of thyroidism to the toxaemia of pregnancy;
by George Gray Ward. (Surg., Gyn. and.
Obst 1912. Aug. S. 192.)
Unter Bezugnahme auf einigo ausführlich mit¬
geteilte Krankengeschichten (Basedow mit Hyper-
emesis) kommt W. in Übereinstimmung mit an¬
deren Autoren zu folgenden Schlüssen: Die
Schwangerschaftstoxämien (Hyperemesis) lassen
sich in zwei Gruppen einteilen: 1 . Fälle ohne
Basedow, aber mit ungenügender Schilddrüse n-
funktion, vielleicht infolge mangelnder Schwan¬
gerschaftshypertrophie der Schilddrüse. Hier ist
Verabreichung von Schilddrüsensubstanz am
Platze, am besten in Form eines salzigon Extrak¬
tes menschlicher Schilddrüsen, subkutan. 2. Fälle
mit Basedow; das sind die schwereren. Hier hat
man 2 Untergruppen zu unterscheiden: a) solche
mit den Zeichen dos Hyperthyreoidismus (im An¬
fang des Basedow); hier ist indiziert Ruhe, Eis¬
blase, Milchdiät, Sedativa, eventuell Behandlung
mit einem Antiserum; b) solche mit den Zeichen
des Hypothyreoidismus; diese sind natürlich mit
Schilddrüsensubstanz zu behandeln. Das beste
Kriterium für Verlauf und Schwere dos Falles
ist nach W.s Erfahrungen nicht die Höhe des
Blutdruckes — dieser variiere zu sohr — sondern
der Stickstoffgehalt des Harns. Sinkende Pro¬
zentzahl des Harnstoffstickstoffes und Wachsen
der des Reststickstoffes seien bedonklicho Zeichen.
Wenn der Zustand ernst wird: Entbindung durch
vaginalen Kaiserschnitt, nur bei räumlichem Mi߬
verhältnis abdominaler. K 1 i e n (Leipzig).
1751. Sind bei schwierigen Fällen von
Schwangerschaftspyelonephritls chirurgi¬
sche oder obstetrische Eingriffe vorzu¬
ziehen? von Sven Johansson. (Zeitschx.
f. Urol. Bd. 3. S. 279. 1912.)
Die künstliche Frühgeburt ist bei schweren
Schwangerschaftspyelitiden bzw. -pyelonephri-
tiden in neuerer Zeit mit Recht in Mißkredit ge¬
kommen zugunsten der Nephrotomie, es sei denn,
daß die Pat. zu dieser Operation bereits zu
schwach ist. J. vertritt denselben Standpunkt.
Selbstverständlich ist, daß vorher die konserva¬
tive Therapie einschließlich der Nierenbecken¬
spülungen ausgiebig, aber vergeblich angewendet
worden ist. Die Fälle, in denen mit gutem Erfolg
für die Mutter in der Schwangerschaft die
Nephrotomie ausgeführt worden ist und dann die
Schwangerschaft ihr normales Ende erreicht hat,
vermehrt J. um einen. Bei einer Erstgebärenden,
die vorher nie krank, jedoch längoro Zeit vorstopft
gewesen, traten im 7. Monat plötzlich Schmerzen
in der einen, dann in der anderen Lendongegend
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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569
auf, sie bekam Fieber, Schüttelfröste, leichte
Blasenbeschwerden; der vorher klare Harn wurde
trübe. Mikroskopisch fanden sich Kolibazillen.
Es wurde alles versucht, von den Harnweganti-
septizis über die Nierenbeckenspülungen bis zur
künstlichen Frühgeburt — vergeblich, das Be¬
finden besserto sich nicht. Erst die rechtsseitige
Nephrotomie — die rechte Niere hatto sich als die
schwerer erkrankte erwiesen — brachte nach und
nach dauernde Heilung, nachdem die Schüttel¬
fröste sofort aufgehört hatten. Diese Niere war
mit miliaren und etwas größeren Abszeßchen
durchsetzt. Die linke, offenbar leichter erkrankte
Niere, heilte von selbst aus. Klien (Leipzig).
1752. Die Kapaxität der Harnblase in
der Schwangerschaft, der Geburt und im
Wochenbett; von W. Steuernagel. (Zeit-
schr. f. Urol. Bd. 3. S. 295. 1912.)
Mittels manometrischer Messungen stellte S.
folgende Zahlen fest: die normale weibliche Blase
reagiert bei 250—350 ccm Inhalt mit dem Gefühl
des Harndranges. Bei 450—550 ccm Füllung
läuft bei 25 cm Wasserdruckhöhe nichts mehr ein.
Spannungsempfindlichkeit (Harndrangbeginn) und
Kapazität bleiben in den ersten 5 Schwangcr-
schaftsmonaton unverändert. Vom 6. Monat ab
steigt die Kapazität an und erreicht am Ende der
Schwangerschaft 800 ccm. Die Spannungsemp¬
findlichkeit steigt erst vom 2. Monat ab auf
4—500 ccm. Intra partum ändert sich nichts, aber
sofort post partum steigt das Fassungsvermögen
rapid auf 1500—2500 ccm und die Spannungs-
ompfindlichkeit tritt erst bei 800—1000 ccm ein.
Beide Werte steigen noch um 100—200 ccm in den
ersten Wochenbottstagcn und bleiben so bis zum
10. Tag. Dann tritt langsame Verminderung ein,
nach 4—6 Wochen ist der Normalzustand erreicht.
Klien (Leipzig).
1753. Über die Zweckmäßigkeit der
Unterbrechung der Schwangerschaft im
Verlaufe der Lungentuberkulose; von A.
Martin, (v. Volkmanns Samml. klin. Vortr.
Gyn. Nr. 247. 1912.)
Der vorliegende Vortrag ist als Referat auf
dem VIII. internationalen Kongreß gegen die
Tuberkulose in Rom gehalten worden. M. stellt
zunächst den in der überwiegenden Mehrzahl der
Fälle schlechten Einfluß der Schwangerschaft auf
die Lungen- und Kehlkopftuberkuloso fest. Bei
den Schwangeren mit manifester Lungenerkran¬
kung, besonders auch bei stationär gewordener
älterer Tuberkulose, erfolgt Verschlimmerung des
Prozesses und Tod in dem erschreckend hohen
Prozentsatz von 60—100°/«. Bei latenter Tuber¬
kulose ist die Todcsprozontzahl eine viol kleinere,
3*/j—O'/jO/o, bei einem größeren Prozentsatz wird
aber aus der latenten eine manifeste Tuberkulose.
Bedeutungsvoll hierfür seien sowohl die äußere
soziale Lage als besonders auch die während der
72
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570
VIII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
Schwangerschaft und besonders sub partu und im
Wochenbett auftretenden Komplikationen; mit an¬
deren Worten, das Fehlen einer korrekten Ge-
burts- und Wochenbettsleitung verursacht in
erster Linie die Verschlechterung der Tuberkulose.
Deshalb ist die Schwangerschaft bei tuberkulös
Lungenkranken in der Tat eine sehr ernste Ge¬
fahr. Da nun die Aussichten der Kinder tuber¬
kulöser Mütter auch recht mäßige sind, 25—70°/ 0
Mortalität im ersten Lebensjahr, so muß bei Tuber¬
kulose der Mutter die Rücksicht auf das Kind im
Intorcsse der Mutter zurückgestellt werden. —
M. empfiehlt bei manifester Lungenerkrankung
prinzipiell die Unterbrechung der Schwanger¬
schaft so früh als möglich, wenn es nicht anders
geht, auch nach dem 4. Monat, nur müsse man
blutsparende und schnell auszuführende Methoden
anwenden und durchaus aseptisch operieren. Man
könne dann bei weniger ausgedehnten Prozessen
auf 83°/o> bei schweren immer noch auf 25°/ 0 Heil¬
erfolge rechnen. Bei latenter Tuberkulose solle
man zunächst abwarten, aber sofort die Schwan¬
gerschaft unterbrechen, wenn Aktivierung oder
Rezidiviorung des Lungenlcidens festgestellt wird.
— Bezüglich der Technik wird außer bei leichter
Zugänglichkeit der Uterushöhle bei Vielgebären¬
den in don ersten Monaten, wo die digitale Aus¬
räumung ohne Narkose möglich sei, die Kolpo-
tomia anterior als Methode der Wahl empfohlen,
eventuell mit vorheriger Anlegung des Momburg-
schen Schlauches und unter Verwendung der
Lumbalanästhesie. Gleichzeitige tubare Sterili¬
sierung will M. nur bei Pluriparen zulasson, und
auch da temporär ausführon, d. h. es soll ein ute¬
riner Tubenstumpf erhalten bleiben, an dom sich
später einmal eine Stomatoplastik ausführon läßt.
Die Totalexstirpation von Uterus und Ovarien,
eventuell auch die Exzision der Plazentarstelle
und die supravaginale Amputation seien bei
Pluriparen mit beschränkter Herderkrankung, bei
aktiver Tuborkulosc in den ersten Schwanger¬
schaftsmonaten als berechtigt anzuerkennen.
Klien (Leipzig).
1754. Zur Eklampsiefrage; von N. M.
Prosorowsky. (Zeitschr. f. Urol. Bd. 3.
S. 274. 1912.)
P. borichtet kurz über 5 Fälle (davon ein
eigener), wo Frauen, deren Nieren wegen Eklam¬
psie dekapsuliert worden waren, längere Zeit hin¬
sichtlich ihrer Nierenfunktion beobachtet worden
sind. In keinem der Fälle konnte irgendeine Ab¬
weichung von der Norm konstatiert werden. Meh¬
rere der Frauen gebaren noch ein- oder sogar
mehrere Male ohne jode Störung.
Klien (Leipzig).
1755. Untersuchungen über das Ver¬
halten der Harngiftigkeit in der Schwanger¬
schaft, in der Geburt und im Wochenbett,
mit Berücksichtigung der Eklampsie; von
P. Esch. (Arch. f. Gyn. Bd. 88. Nr. 2. S. 347.
1912.)
Schilderung der Technik; es wurde entweder
durch Natronlauge neutralisierter Ham oder nach
einem Verfahren von Pfeiffer eingedickter
Ham intrakardial zunächst weißen Mäusen, spä¬
ter nur Meerschweinchen injiziert. Zusammen¬
fassend kommt E. auf Grund seiner sehr aus¬
gedehnten Versuche zu folgenden Ergebnissen:
Die intrakardiale Injektion von Harn, gleich¬
gültig, ob er von Gesunden, Kranken oder Gra¬
viden stammt, erzeugt bei Meerschweinchen meist
Krankheitserscheinungen, die den Symptomen des
anaphylaktischen Schoks gleichen, wie auch
durch die Autopsio festgostellt werden konnte.
Die subkutane oder intraperitoneale Injektion von
Harn machte bei weißen Mäusen keine Symptome,
dagegen verursacht die Einverleibung von ein-
degicktcm Harn Krämpfe, Dyspnoe ev. Tod. Die
Sektion zeigt eine Hyperämie der Bauchorgane.
Die Giftwerte des Harns, berechnet nach der
Temperaturreaktion waren bei gesunden Schwan¬
geren kaum erhöht, bei Kreißenden herabgesetzt,
bei Wöchnerinnen etwas gesteigert.
Bei schwerer Eklampsie war der Ham schwer
toxisch, nicht so bei einem leichten Fall.
Die Harnintoxizität ist unabhängig vom Säure¬
grad und dem Gehalt an Eiweiß, ebenso vom spe¬
zifischen Gewicht. Die Giftigkeit wurde durch
Aufkochon nicht aufgehoben. Die subkutane In¬
jektion von Harn macht an der Einstichstelle
keine lokalen Erscheinungen, dagegen verursacht
Einspritzung von Harnrückstand (d. i. einge¬
dicktem Harn) Nokrosen.
Das Überstellen eines Harnschoks schützt für
Stunden gegen die Reinjektion.
Ein serumantianaphylaktisches Tier war un¬
empfindlich für das Harngift, das Harngift konnte
jedoch nicht eine bestehende Serumanaphylaxie
herabsetzen.
Das Uberstehen eines sehr geringen Serum-
schoks schützte gegen die Injektion des toxischen
Harns. H e i m a n n (Breslau).
1756. Eclampsia gravidarum und Pare-
sis puerperalis; von Gottfried Persson.
(Arch. f. Gyn. Bd. 98. H. 2. S. 313. 1912.)
P. kommt zu folgenden Schlußfolgerungen:
Eklampsie und Paresis puerperalis beim Rind
sind zwoi Krankheiten, die soviel gemeinsam
haben, daß man annehmen könnte, daß sie die¬
selbe äußerste Ursache habe, nämlich Uberschuß
an fötaler Nahrung im Blut dos mütterlichen
Organismus; dieser Uberschuß entsteht beim Rind
durch Versagen einer reichlichen Milchabsonde¬
rung, bei graviden Frauen durch ein Mißverhält¬
nis zwischen Vorrat und Verbrauch oder un¬
genügende Funktion der Brustdrüsen. An¬
genommen, daß die Leukozyten Träger der
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VIII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
571
fötalen Nahrung sind (Räuber), so kann auch
die Hyperleukozytose dieser Uberschuß sein.
Die subkutanen Injektionen von Sauerstoff
und Jodkalium bei Eklampsie haben bei der Be¬
handlung der Paresis keine Stütze.
Bei der Puerperaleklampsie sollten wiederholte
Ausmelkungen therapeutisch gemacht werden. Die
heilende Wirkung des Jodkaliums bei Eklampsie
scheint darauf zu beruhen, daß es die Viskosität
des Blutes herabgesetzt; da diese durch Chlor¬
natrium erhöht wird, ist die Zufuhr dieses Salzes
bei Eklampsie als kontraindiziert anzusehen.
H e i m a n n (Breslau).
1757. Über Schilddrüsenerkrankungen
in der Schwangerschaft; von-W. Rübsamen
(Arch. f. Gyn. Bd. 98. H. 2. S. 268. 1912.)
R. bespricht zunächst die Bedeutung der
Schilddrüse für den Organismus und geht dann
ausführlich auf ihre Pathologie, Basedow, Cachexia
strumipriva usw. ein. Vom 1. Mai 1910 bis
30. April 1911 wurden in der Berner Frauenklinik
unter 718 graviden Frauen 643 mit einer durch
die Thyreoideavergrößerung bedingten Verdickung
des Halses beobachtet.
Hierbei handelte es sich bei 34,2% um eine
pathologische Schilddrüsenschwellung. Nur bei
7 Frauen traten erhebliche Störungen von seiten
der Schilddrüsen, also Atemnot usw., bei der
Geburt auf, die übrigen verliefen normal; selbst¬
verständlich hat die physiologische Anschwellung
der Thyreoidea nur eine theoretische Bedeutung
in der Schwangerschaft, allerdings nur dann,
wenn es sich um eine vorher normale Schilddrüse
handelt.
Therapeutisch darf man nur bei Hypothyreo¬
sen, niemals bei Hyperthyreosen Schilddrüsen¬
präparate verabreichen.
Im übrigen soll man versuchen, die Geburts¬
dauer möglichst abzukürzen. Zum Schluß be¬
spricht R. noch das Vorkommen und die Be¬
deutung der kindlichen Struma.
H e i m a n n (Breslau).
1758. Über den Dämmerschlaf in der
Geburtshilfe durch Skopolamin in Ver¬
bindung mit Morphium, Pantopon und
Narkophin; von Erwin Zweifel. (Arch.
f. Gyn. Bd. 36. S. 258. 1912.)
In der Zusammenfassung der sehr ausführ¬
lichen Arbeit kommt Z, zu folgenden Ergebnissen.
Mit jedem der oben genannten Mittel für sich und
in Kombination wurden brauchbare Resultate er¬
zielt. Unter 500 Geburten war 428mal = 85%
eine genügende Wirkung vorhanden. In 31% be¬
stand eine Amnesie über die Geburt des Kindes.
Bei Anwendung des Pantopon wurde diese nicht
erwünscht
Pantopon-Skopolamin wirkt etwas schneller
als Morphium-Skopolamin, jedoch ist der Schlaf
nicht so tief und die Amnesie viel seltener.
Dauert es bis zur Geburt noch ca. 1 Stunde, so
gibt Z, lieber Morphium oder Narkophin.
Nebenwirkungen bezüglich der Mutter sind
kaum vorhanden gewesen, die Geburt selbst
wurde, was Wehentätigkeit oder die Funktion der
Bauchpresse anbetrifft, nicht gestört. Ein Todes¬
fall eines Kindes könnte eventuell, auch nicht mit
Sicherheit, mit dem Dämmerschlaf in Zusammen¬
hang gebracht werden.
Auf Grund der gemachten Erfahrungen kann
Z. den Skopolamin-Dämmerschlaf zur Anwendung
in der Praxis sehr empfehlen.
Einzelheiten müssen im Original nachgelesen
werden. Heimann (Breslau).
1759. Pituglandol in der geburtshilflichen
Poliklinik; von R. Roemer. (Münchn. med.
Woch. 1912. Nr. 38. S. 2046.)
Auf Grund von 17 Beobachtungen hält R. das
Pituglandol für ein ausgezeichnetes Wehenmittel.
Nachteilige Folgen für Mutter oder Kind wurden
nicht gesehen. H eimann (Breslau).
1760. Weitere Erfahrungen über die Wir¬
kung des Hypophysonextraktes in der Ge¬
burtshilfe; von D. Grünbaum. (Münchn. med.
Woch. 1912. Nr. 38. S. 2048.)
G. verfügt über eine Beobachtung von 65
Fällen; er hält den Hypophysenextrakt (Pituitrin,
Pituglandol und Vaporole) für ein ausgezeichnetes
Mittel zur Verstärkung der Wehen während der
Geburt und zur Wehenanregung bei Wehenstill¬
stand. Es wirkt um so stärker, je weiter die
Geburt vorgeschritten ist, am besten bei voll¬
ständig erweitertem Muttermund. Zur Einleitung
der künstlichen Frühgeburt oder zur Beendigung
eines Aborts ist es ungeeignet, ebenso ist kein
deutlicher Einfluß in der Nachgeburtsperiode zu
sehen. Hei mann (Breslau).
1761. Zur Behandlung der Fehlgeburten;
von R. Patek. (Arch. f. Gyn. Bd. 98. H. 1. S. 8.)
P. teilt in üblicher Weise die Aborte ein in:
1. Abort, imminens (Blutung, Wehen oder Wasser¬
abgang bei geschlossenem Zervixkanal); 2. Abort
im Gang (Blutung, Wehen oder Wasserabgang bei
geöffnetem Zervixkanal); 3. Abort, incompletus
(Plazenta oder Eierhautreste im Uterus).
Bezüglich der angewandten Technik hält P.
die stumpfe Kürette für schonender als die digi¬
tale Ausräumung. Zur Dilatation werden Lami-
nariastifte empfohlen, nur in seltenen Fällen die
Hegarstifte angewendet. Zur Vorbereitung werden
nur die äußeren Genitalien gereinigt, die Vagina
wird mit trockenen sterilen Tupfern ausgowischt.
Desinfizierende Spülungen nach der Ausräumung
werden nicht gemacht eventuell Ergotin per os.
Mit diesem Vorgehen sind die Resultate sehr
gute. Bei den fieberfrei eingelieferten Fällen war
Morbidität und Mortalität gleich Null. Bei den
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572
VIEL Gynäkologie und Geburtshilfe.
fieberhaften Aborten war in 86°/o der Fälle eine
günstige Beeinflussung durch die Exkochleation
mit vollkommener Heilung zu verzeichnen, in
ll,4°/ 0 waren Komplikationen aufgetreten, 2,6°/ 0
sind gestorben. P. hält also auf Grund dieses
Ergebnisses das aktive Vorgehen unabhängig vom
bakteriologischon Befunde als das Verfahren der
Wahl. H e i m a n n (Breslau).
1762. Die Diagnose und Behandlung
des vorzeitigen Einreißens der Eihäute;
von N. Zaharescu. (Spitalul Nr. 9. 1912.)
Das vorzeitige Einreißen der Eihäute ist kein
seltenes Ereignis und kann sowohl im Bereiche
des Muttermundes, als auch höher oben statt¬
finden; in letzterem Falle ist eine teilweise Ver¬
schließung des Risses durch die sich anlegenden
Gebärmutterwände möglich. Der Vorfall ist für
den Gang der Schwangerschaft und namentlich
für die Geburt nicht unwichtig. Das Kind kann
absterben, es kann, namentlich infolge des oft¬
maligen Untersuchens, zu Gebärmutterinfektionen
kommen. Die Geburt geht viel langsamer von¬
statten, da die auf den Gebärmutterhals wirkende
erweiternde Kraft der Fruchtblase fehlt. Das An¬
legen der Zange wegen Erschöpfung der Frau ist
dahor oft nötig. Ein weiteres, nicht seltenes Er¬
eignis ist der Vorfall der Nabelschnur, welcher
ebenfalls die Zange oder innere Wendung not¬
wendig macht. Die Herztöne des Fötus müssen
genau überwacht werden, um den Zeitpunkt des
Einschreitens rechtzeitig bestimmen zu können.
Toff (Braila).
1763. Betrachtungen über zwei Fälle
von Dystozie bewirkt durch solide Ovarial-
geschwülste; von N. Zaharescu. (Revista
stüntzelor med. 1912.)
In den betreffenden Fällen handelte es sich
um große, inkompressible Geschwülste der Eier¬
stöcke, die ein Durchgehen der Frucht vollkommen
unmöglich machten. In dem einen Falle wurde
der Kaiserschnitt ausgeführt und ein lebendes
Kind gewonnen, während dje Mutter nach 6 Stun¬
den an Erschöpfung zugrunde ging. In dem
anderen konnte in der Narkose die Geschwulst
aus dem kleinen Becken in den Bauchraum ge¬
drückt werden und das Kind mittels hoher Zange
lobend extrahiert werden. Im allgemeinen sind
solide Geschwülste der Eierstöcke als Geburts¬
hindernisse selten, da es sich in solchen Fällen
meist um Ovarialzysten handelt. Bemerkenswert
ist der Umstand, daß alle diese Geschwülste von
Beginn der Schwangerschaft ab in rapider Weise
an Umfang zunehmen und daher ein operativer
Eingriff so frühzeitig als möglich vorzunehmen ist.
Toff (Braila).
1764. Die vorzeitige Ablösung der nor¬
mal inserierten Plazenta im Laufe der
Schwangerschaft; von N. Zaharescu. (Revista
stüntzelor med. 1912. S. 300.)
Diese ernste Komplikation der Schwanger¬
schaft ist in der Bukarester Gebäranstalt im Laufe
von 25 Jahren 24mal vorgekommen, was einem
Verhältnisse von 1:1700 Geburten (hei einer Ge¬
samtmenge von 40 951 Geburten) entspricht Es
können mehrfache Gründe zur vorzeitigen Ab¬
lösung der Nachgeburt während der Schwanger¬
schaft führen, und zwar: 1. anatomisch-patho¬
logischer Natur, bestehend in einer Schwächung
der normalen Adhärenzen zwischen Uteruswand
und Nachgeburt, wie dies bei mangelhafter Er¬
nährung, fettiger Entartung u. a. Vorkommen
kann. Syphilis, Tuberkulose, Abdominaltyphus,
Endometritis und namentlich Albuminurie können
hierzu Veranlassung geben. Es kommt zu mehr
oder weniger reichlichen Blutungen zwischen
Gebärmutterwand und Nachgeburt und die Folge
ist eine oft ausgedehnte Ablösung derselben.
Klinisch treten der schlechte Allgemeinzustand,
das abnorme Volumen und die lignöse Härte der
Gebärmutter, sowie auch akute, heftige Bauch¬
schmerzen in Erscheinung. Meist treten auch
reichliche Blutungen durch die Scheide auf. Die
Prognose ist eine ernste, denn in der ersten Hälfte
der Schwangerschaft tritt meist Abortus auf, wäh¬
rend später durch die starken Blutungen, die ver¬
zögerten Geburten und die oft eintretende Uterus-
inertie der Tod der Frauen in beiläufig 30% der
Fälle verursacht wird. Die Sterblichkeit der
Kinder ist ebenfalls eine große; drei Viertel der
Kinder sterben im Gebärmutterinneren ab, wäh¬
rend die übrigen meist wenige Stunden nach der
Geburt zugrunde gehen. Im allgemeinen kann
gesagt werden, daß kaum 4—5% der Kinder am
Leben bleiben.
Was die Behandlung anbetrifft, so hat die Er¬
fahrung folgendes gelehrt. Das künstliche, vor¬
zeitige Einreißen der Fruchtblase hat nur in
leichten Fällen einen praktischen Erfolg. Auch
die digitale Erweiterung des Gebärmutterhalses
mittels dor Bonnaireschen Methode, oder durch
den Ballon von Champetier de Ribes, ge¬
folgt von innerer Wendung oder Zangenanlegung,
kann nur für mittelschwere Fälle empfohlen
werden, während für die schweren nur von dem
Kaiserschnitt eine Rettung der Frau erwartet
werden kann. Toff (Braila).
1765. Die prophylaktische und kurative
Anwendung des Aronsonschen Antistrepto¬
kokkenserums bei Puerperalsepsis; von
E. Z i k m u n d. (L6kahäkö Rozkledy Bd. 19. H. 1.
Nr. 11.)
Bei Anwendung des Serums beobachtete Z.
zwar in manchen Fällen teils sofort nach der
Injektion eine definitive Apyrexie, teils eine
Temperatursenkung mit nachfolgender Tempera¬
tursteigerung und lytischer Entfieberung, doch
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VIII. Gynäkologie und Geburtshilfe.
573
wurde dasselbe Resultat auch durch andere Be¬
handlungsmethoden und auch ohne jede Medi¬
kation erzielt. Das Serum verhütet nicht lokale
Eiterungen und ist gegen dieselben wirkungslos.
Es vermag nicht bei schweren Bakteriämien die
Krankheit zu beherrschen und deren Propagation
zu verhüten. Prophylaktisch angewendet verhütet
es nicht die Entstehung der Sepsis. Es ist nur
bei jener Bakteriämie anzuwenden, die von einer
Endometritis streptococcia ihren Ursprung ge¬
nommen hat. Mühlstein (Prag).
1766. Extraamniale Schwangerschaft;
von K. Pänek. (Sbomfk 16kafsky. Bd. 13.
Nr. 3—4. 1912.)
Das Primäre bei der extraamnialen Schwanger¬
schaft ist die Verklebung des Amnion mit der
Oberfläche des Embryo, die in einem sehr frühen
Stadium stattfindet, wenn die Menge der Amnion¬
flüssigkeit noch gering ist. Durch Zunahme der¬
selben werden die Adhäsionen zu Strängen aus¬
gezogen, die die Difformitäten der Frucht ver¬
ursachen, der Amnionsack wird ungleichmäßig
gedehnt, seine Wand wird stellenweise verdünnt
und durch intensive aktive und namentlich
passive Bewegungen der Frucht kommt es zur
Ruptur des Amnionsackes; diese ist also das
Sekundäre. In dem beschriebenen Falle handelte
es sich um eine in der Mitte des 9. Lunarmonates
spontan beendete Gravidität; eine Hand der
Frucht war verstümmelt; das Amnion fehlte im
ganzen Bereiche der Eihaut und der Plazenta bis
auf einen kleinen, manschettenförmig die Nabel¬
stranginsertion umgebenden Rest, an dessen
fötaler Seite sich der amputierte Finger der Frucht
befadd. M ühlstein (Prag).
1767. The significance of albuminuria
in pregnancy; by E. H. Siedeberg. (Brit.
med. Joum. Oct. 19. S. 1009. 1912.)
Bei einem Material von über 1000 schwangeren
Frauen fand sich in 25®/ 0 Albuminurie. Von den
289 Frauen mit Eiweiß im Urin erkrankten aber
nur 5 an Eklampsie. Zahlreicher als in eiweiß-
freien Fällen traten bei ihnen Komplikationen wie
Placenta praevia, Placenta adhaerens, Hämor-
rhagien vor und nach der Geburt, Phlegmasio,
Früh- und Totgeburten, ferner Stillunfähigkeit auf.
Vielfach ließ sich durch eine passende Diät der
Eiweißgehalt beseitigen.
Fischer-Defoy (Quedlinburg).
1768. Stillen und Stillunfähigkeit; von
H. Koller. (Korr.-Bl. f. Schweizer Ärzte 1912.
Nr. 21.)
Wenn die Erfahrung lehrt, daß beim Menschen
ohne Hilfe des Kindes keine andauernde Milch¬
bildung unterhalten werden kann, so lehren doch
eine Reihe von Beobachtungen, daß dabei weder
das Saugen, noch auch das vollständige Entleeren
der Brust das Wesentliche ist, sondern wahr¬
scheinlich ein ganz anderes Moment, nämlich die
physiologische Erregung der Drüse zu aktiver
Tätigkeit, zur Ausstoßung und Neubildung der
Milch. Zu den aktiven Vorgängen in der stillen¬
den Brust rechnet K. auch die meist sichtbare
Erektion der Warzen und das von den meisten
Wöchnerinnen empfundene Einschießen der Milch.
Diese Auffassung vom Stillen weicht von der bis¬
herigen ziemlich ab. Was den nervösen Apparat
der Brust anbetrifft, so findet man an der stillen¬
den Brust alle Erscheinungen der Potenz und
Impotenz von der gänzlichen Unempfindlichkeit
bis zum kontinuierlichen Reizzustand mit Galak-
torrhöe. Wenn man von den Fällen anatomischer
Unfähigkeit Infolge von mangelhafter Drüsen¬
bildung oder Drüsenschwund, ferner von stark-
eingezogenen Warzen oder Abszeßnarben absieht
und hauptsächlich den nervösen Apparat der
Brust berücksichtigt, so ergibt sich eine Therapie
der Impotenz nach ähnlichen Grundsätzen wie
für die Impotenz der Soxualorgane, die K. in
langen Ausführungen der nervösen Stillunfähig¬
keit gogenüberstellt, d. h. den Fällen, wo boi ge¬
nügender Milchbildung ein ungenügender Milch¬
abfluß vorhanden ist. Auf die einzelnen Vor¬
schriften, die K. für diese Fälle angibt, kann an
dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.
Z u r h eil e (Bonn).
1769. Die Behandlung der Uterusrup¬
turen in den ersten Monaten der Schwanger¬
schaft; vod Jullien. (Echo möd. du Nord
1912. Nr. 40.)
J. hatte dreimal Gelegenheit, eine Gebärmutter¬
zerreißung während der drei ersten Schwanger¬
schaftsmonate zu operieren. Eine Frau starb am
6. Tage nach der Operation plötzlich an einer
Embolie infolge einer Thrombose eines Mesenterial¬
gefäßes mit Nekrose des entsprechenden Darm¬
abschnittes. Die beiden anderen Frauen genasen.
J. gibt der vaginalen Totalexstirpation des Uterus
den Vorzug. Nur in Fällen, in denen eine Be¬
teiligung der Blase und der Därme nicht aus¬
geschlossen erscheint, operiert er von oben.
Z u r h e 11 e (Bonn).
1770. Neuere Erfahrungen in der Pflege
und Ernährung des Neugeborenen; von
Rud. Th. Jaschke. (Berl. Klin. 1912. H. 292.)
J. streift zunächst die Aufgaben der Fürsorgo
für das „Ungeborene“, d. h. die Diätetik der
Schwangerschaft, um die Weite des Hauptgebiets
anzudeuten. Das Leitmotiv aller auf die Er¬
nährung und Pflege des Neugeborenen bezüg¬
lichen Vorschriften faßt er in drei Worten zu¬
sammen; Natürliche Ernährung, Asepsis und
Ordnung. Ohne natürliche Ernährung bleibt jede
Säuglingspflege auch unter den günstigsten Ver¬
hältnissen etwas Halbes, da die Muttermilch durch
nichts ersetzbar ist. Eine absolute Stillunfähig¬
keit gibt cs nach J. nicht. Je größer die Er-
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574
Sautier. — Heilbronne r. — Triepel..
fahrung und Technik des Einzelnen wird, desto
seltener wird er über mangelhafte Stillfähigkeit
zu berichten haben. Auch eine absolute Kontra¬
indikation gegen das Stillen leugnet J. Zwei
Hauptgesetze für die Handhabung der Asepsis
sind vor allem zu beachten: 1. Alles, was mit
dem Wochenfluß in Berührung kommt oder mit
Stuhl und Darmkeimen der Wöchnerin ver¬
unreinigt sein kann, 2. auch die Infektion des
Kindes durch die im eignen entleerten Stuhl ent¬
haltenen oder hinzukommenden Bakterien ist zu
fürchten. Nächst der Asepsis ist die wichtigste
Forderung, für die erfolgreiche Durchführung der
natürlichen Ernährung eine bis in das Kleinste
gehende und streng festgehaltene Ordnung. Sie
bildet einen wichtigen Bestandteil der Ernährungs¬
technik. J. legt Wert darauf, daß nach "Über¬
windung der anfänglichen Gewichtsabnahme die
Zunahme eine regelmäßige sei, ob dieselbe lang¬
sam oder schneller erfolgt, hält J. bei Brustkindern
für ziemlich gleichgültig. Zum Schlüsse gedenkt
J. noch zweier wichtiger Punkte in der Pflege
des Neugeborenen: der Nabelpflege und der
Blenorrhoeprophylaxe. J. tritt für eine zwei¬
zeitige Abnabelung ein, da beim ersten Abnabeln
unmittelbar nach der Geburt des Kindes oft eine
wirkliche Asepsis nicht garantiert ist. Die defini¬
tive Abnabelung soll erst nach dem Bade und
nach vollständiger Reinigung des Kindes er¬
folgen. Zur Blenorrhoeprophylaxe verwendet J.
mit bestem Erfolge 5°/ 0 Sophollösung.
Zur he Ile (Bonn).
B. Bücherbesprechungen.
132. Transactions of the american cli-
matological association. Bd. 28. Phila¬
delphia (Selbstverlag) 1912. 347 S.
Die Klimatologische Gesellschaft in Philadelphia be¬
zweckt die Förderung des Studiums der Klimatologie
und Hydrologie sowie der Erkrankungen der Respira-
tions- und Zirkulationsorgane. Vorliegender Band bringt
außer geschäftlichen Mitteilungen lesenswerte Aufsätze,
z. B.: Physiologische Beobachtungen im Hochgebirge
(Colorado), Hochgebirge und Blut, Die Klimatologie bei
Hippokrates, Die Klimatologie im Studiengang der
amerikanischen Medizin-Studenten, Gesundheitsproben
bei den Negern, Verunreinigung des New Yorker Hafens,
Neurasthenie in den Vereinigten Staaten, sowie Ver¬
öffentlichungen über Tuberkulose, Pneumonie und ihre
Beziehungen zum Klima, außerdem noch einige klinische
und experimentelle Arbeiten aus verschiedenen Ge¬
bieten. übrigens ergibt sich aus einer Rundfrage an
zahlreiche amerikanische Hochschulen, daß die Klimato¬
logie fast überall (meist im Anschluß an Hygiene oder
innere Medizin) im Lehrplan berücksichtigt wird.
Bachem (Bonn).
133. Über Zusammensetzung und Ka¬
lorienwert einiger gekochter Speisen;
von Franz Emanuel Sautier. Luzern
1912. Prell n. Co. 32 S. (1 Mk.)
Da es für die moderne Diätetik bei der Auf¬
stellung von Kostzetteln von der größten Be¬
deutung ist, nicht nur die erlaubten Nahrungs¬
mittel anzugeben, sondern auch die Quantität der
Speisen, welche das Menu zusammensetzen, fest¬
zustellen, so hat S. in vorliegender Broschüre eine
ausführliche Zusammenstellung von Fleisch- und
Fischspeisen, Eierspeisen und Gemüsen angegeben,
analysiert und ihren Nährwert bestimmt, wie dies
vorher schon von Schwenkenbecher (Die
Nährwertberechnung tischfertiger Speisen. Zeit¬
schrift für diätetische und physikalische Therapie
1 IV. Bd. 1900/01. 5. u. 6. Heft) ausgeführt wurde.
Die vorliegende Arbeit hat vor der Schwenken-
! becherschen den wesentlichen Vorzug, daß bei
jeder Speise, die untersucht wurde, angegeben
wird, wie sie zubereitet worden ist; denn gerade
der Zubereitungsprozeß ist von größtem Einfluß
auf die endgültige Zusammensetzung der tisch¬
fertigen Speise.
Die Analysenresultate sind zum Schluß tabel¬
larisch zusammengefaßt und können bei der Be¬
rechnung von Kostzetteln vorteilhaft benutzt
werden. Junkersdorf (Bonn).
134. Über Gewöhnung auf normalem und
pathologischem Gebiet; von K. Heil-
bronner. Wiesbaden 1912. J. F. Berg¬
mann. 51 S. (1 Mk. 60 Pf.)
In seiner anregenden Studie bespricht H. zu¬
nächst die Giftgewöhnung und anderweitige Ge¬
wöhnung niederer Organismen, dann die Gewöh¬
nung höherer Organismen an bakterielle und an¬
dere Gifte (Nikotin, Arsen, Narkotika, Alkohol),
, schildert die bekannten Pawlowschen Versuche
an Hunden und wendet die daraus gewonnene
Lehre von den Bedingungsreizen auf die Gewöh¬
nung beim Menschen an. Unter diesem Gesichts¬
punkt erörtert er die Tics, hysterische Sym¬
ptome, das gewohnheitsmäßige Fortlaufen und dio
sexuellen Anomalien und tritt für deren ent¬
sprechende Behandlung ein. J o 11 y (Halle).
135. Die anatomischen Namen, ihre Ab¬
leitung und Aussprache mit einem An¬
hang: Biographische Notizen; von H.
Triepel. 4. verbesserte Anflage. Wies-
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Ellis. — Laqucr. — Fuchs- v. Wölfring. — Pischingcr.
57."
baden 1912. J. F. Bergmann. 8. 100 S.
(2 Mk. 40 Pf.)
Die vorliegende 4. Auflage der Nomina anato-
mica von T. unterscheidet sich von der voraus¬
gegangenen dritten dadurch, daß eine größere An¬
zahl der von T. neugebildeten anatomischen
Namen wieder fortgelassen worden sind, so daß
jetzt nur noch etwa 50 Verbesserungen von Be¬
zeichnungen der international vereinbarten offi¬
ziellen Basler Anatomischen Nomenklatur vor¬
liegen, so die grammatikalisch sicher richtigere
Endigung ides statt ideus, ferner z. B. promun-
turium statt promontorium, glomerulum statt glo-
merulus, acrenphalon statt telencephalon u. a.
Am Schlüsse ist auch diesmal ein Verzeichnis der
Personennamen der Anatomischen Nomenklatur
mit biographischen Notizen aufgenommen.
Sobotta (Würzburg).
136. Rassenhygiene und Volksgesund¬
heit; von Havelock Ellis. (Deutsche
Originalausgabe von Hans Kurelia.) Würzburg
1912. Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag).
(5 Mk. 50 Pf.)
In vorzüglicher Verdeutschung liegt nunmehr
dies neue Werk des bekannten englischen Sexual-
psychologcn vor, welches an Auflagen hinter den
Genossen aus gleicher Feder nicht Zurückbleiben
wird. Wie immer faßt E. auch hier die Rassen¬
hygiene im denkbar weitesten Sinne zusammen;
für ihn ist die Sozialhygieno nicht etwa eine Aus¬
dehnung des Sanitätswesens, vielmehr ist für ihn, |
wie für Q u e s n e 1, die Natur die universelle :
Hygiene. So soll das Buch die großen inter- |
nationalen einigenden Aufgaben betonen, ein Ziel,
welches der Autor in 12 fesselnden Kapiteln ver- j
folgt. Der Übersetzer, K u r e 11 a, hat Eigenes im
Abschnitt über Wohnungshygiene gebracht.
Ob E. über den gegenwärtigen Stand der
Frauenbewegung, die Bedeutung der sinkenden
Geburtenziffer oder den Kampf gegen den Krieg
schreibt, stets sind seine von neuen Gesichts¬
punkten ausgehenden Ausführungen interessante
Beiträge zu den Eugenik-Bestrebungen.
S e i t z (Bonn).
137. Die Heilbarkeit nervöser Unfallfolgen,
dauernde Rente odereinmalige Kapital¬
abfindung; von Leop. Laquer. Halle |
1912. Carl Marhold. 127 S. (3 Mk. 50 Pf.)
L. hat die Frage der Heilbarkeit nervöser Un¬
fallfolgen durch katamnestische Untersuchungen
bei 22 Fällen näher untersucht und kommt zu dem
Resultat, daß bei der Mehrzahl dor nervösen Un- j
fallfolgen im Laufe der Zeit bald langsamer, bald
rascher Heilung eintritt. In zwei Fällen der |
sozialen Unfallversicherung vergingen allerdings
bis zur Heilung 7 bzw. 8 Jahre.
Außerordentlich günstig für die Heilung war
die Kapitalabfindung nach 16 Eisenbahn- und ;
2 Straßenbahnunfällen; die Patienten genasen in
verhältnismäßig kurzer Zeit, nur vereinzelt blieb
eine nervöse Reizbarkeit zurück. Zwei Fälle
komplizierter Art ohne Heilung, unter diesen ein
nicht dem Unfall zur Last fallender Gehirntumor
machen den Schluß. In Schlußsätzen kommt L.
zu dem Resultat, daß ein langjähriger Renten¬
bezug der Heilung der Unfallneurotiker schädlich
ist. Er empfiehlt aber 5 Jahre lang eine nicht zu
kleine Teilrente zum Zweck der Schonung und
dann einmalige Kapitalabfindung. (Ref. ist mit
seinem Schüler P. Horn auf Grund von
173 Fällen zu dem Resultat gekommen, daß bei
zweifelloser, rein funktioneller Störung die schleu¬
nige Erledigung der Entschädigung durch ein¬
malige Kapitalabfindung sich empfiehlt.)
Rumpf (Bonn).
138. Zur Bekämpfung der Volks-Tuber¬
kulose, Heilstätten- oder spezifische
Therapie; von S. Fuchs- v. Wolfring.
Leipzig. F. Leineweber. 31 S. (1 Mk.)
F. v. W. sucht in dem ersten Teile nachzu¬
weisen, daß die Lungenheilstätten niemals zur
Ausrottung der Tuborkulose führen werden, da
durch die Heilstättenbehandlung keine die Zahl
der Spontanheilungen wesentlich übertreffende
Heilungsziffer bei Lungenkranken, keine nennens¬
werte Einschränkung der Ansteckungsgefahr,
keine wirtschaftlichen Vorteile weder für die
Kranken, noch für den Staat erzielt worden sei.
Es wird in sehr optimistischer Weise Propa¬
ganda für eine Tuberkulinbohandlung und Immun¬
bluttherapie (I-K-Thorapie nach Spengler) ge¬
macht; bei allon initialen Fällen, bei solchen, dio
entweder auf einen Platz in der Heilstätte warten
oder wegen zu vorgeschrittener Krankheit ab¬
gelehnt werden, solle Tuberkulin gegeben werden;
bei allen Kranken, bei denen Tuberkulin kontra-
indiziert, bei unheilbar geltenden käme I. K. in
Betracht. Paul Krause (Bonn).
139. Verhandlungen der Vereinigung der
Lungenheilanstaltsärzte auf derVII. Ver¬
sammlung zu Hamburg am 2. bis 5. Juni
1912; unter der Redaktion des Schriftführers
0. Pischinger. Würzburg. Curt Kabitzsch
(A Stübers Verlag).
Das treffliche Buch enthält folgende Vorträge:
Liebe, Die Bedeutung der Ansteckungsfurcht
für die Heilstätten und die Bekämpfung der
Tuberkulose. Curschmann, Die Bedeutung
der erblichen Belastung für den Verlauf der
Lungentuberkulose. Koch, Künstlicher und spon¬
taner Pneumothorax. W e i c k e r, Versuche mit
Zeuners Natrium oleinicum - Präparat bei Tuber¬
kulösen. D e y c k e, Epidemiologische Beobach¬
tungen über das Auftreten der Tuberkulose in der
Türkei. Ritter, Nierenerkrankungen bei Tuber¬
kulösen. Schröder, Uber die Bedeutung der
Milz als Schutzorgan gegen tuberkulöse Infektion.
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Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
5 76
Panse. — Gutzmann und Wende. — Bielschowsky. — Mayr.
S i o v e k i n g, Der gegenwärtige Stand und die
Bokämpfung der Tuberkulose in Hamburg,
von Holten, Die Wirkung des Tuberkulols.
Much, Uber die Hodgkinsche Krankheit und
ihre Beziehungen zur Tuberkulose. Much, Die
neuen Immunitätsstudien bei Tuberkulose. Alt-
s t a e d t, Untersuchungen mit Muchschen Partial¬
antigenen am Menschen. Deycke, Über lokale
Reaktionserscheinungen am Menschen durch Teil-
substanzen der Tuberkolbazillen. Brauer, Die
Behandlung der chronischen Bronchioktasien und
der chronischen Lungeneiterungen überhaupt.
Ritter, Gründung und Organisation der Ham-
burgischen Heilstätte Edmundthal-Siemerswalde.
Ritter, Einige Bemerkungen über die Anwon¬
dung des Dioradin, Eibon und über die Kampfer¬
behandlung der Tuberkulose.
Außerdem findet sich in dem Werke ein warm¬
empfundener Nachruf auf den ersten deutschen
Heilstättenärzt Dr. Rohm und das Protokoll der
Geschäftssitzung.
Auf die Fülle der wertvollen Mitteilungen kann
hier nicht näher eingegangen werden; besonders
wertvoll sind die Mitteilungen von Ritter über
die Nieronerkrankungen, von Sieveking,
Deycke und Koch. Paul Krause (Bonn).
140. Pathologische Anatomie des Ohres;
von Rudolf Panse. Leipzig 1912.
F.C.W. Vogel. 239 S. mit 208 Zeichnungen
des Verfassers nach eigenen Präparaten u.
4 Schemas. (12 Mk.)
P. hat es unternommen, die fühlbare Lücke
der otologischen Literatur — es sind 20 Jahre her,
seit Habermanns Pathologische Anatomie in
Schwartzes Handbuch geschrieben wurde —
auszufüllon. Schon deswegen ist das Erscheinen
dos Buches mit Freude zu begrüßen. Die einzelnen
Kapitel sind eingehend behandelt, dor Stoff fleißig
zusammcngestellt. Freilich will es mir scheinen,
als ob vielfach eine kritischere Sichtung des
Materials und ein schärferes Betonen des Wesent¬
lichen nichts geschadet hätte. Der schwächste
Punkt des Buches sind entschieden die Abbil¬
dungen: So wertvoll sie für den Autor selbst
sind — es sind die Zeichnungen, die er sich von
allen Fällen seines reichen Materials selbst an¬
gefertigt hat —, so schwer ist es für den Leser,
auch wenn er selbst auf dem Gebiete arbeitet,
sie objektiv zu prüfen und zu beurteilen. Im be¬
sonderen läßt die Wiedergabe von stärkeren Ver¬
größerungen zu wünschen übrig.
Als zusammenhängende Darstellung unserer
jetzigon Kenntnisse von der pathologischen Ana¬
tomie des Ohres wird aber dem Buche eine weite
Verbreitung sicher sein. Lange (Greifswald).
141. Übungsbuch für stotternde Schüler.
Im Anschluß an das Werk: „Das Stottern
und seine gründliche Beseitigung durch ein
methodisch geordnetes und praktisch erprobtes
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Verfahren von. Albert Gutzmann;
neubearbeitet von Hermann Gutzmann
und Gustav Wende. Berlin 1911.
E. Staude. 111 S. (1 Mk. 20 Pf.)
In 20 Jahren hat das Buch bereits 15 Auflagen er¬
lebt, der beste Beweis für seine praktische Brauchbarkeil
und Zweckmäßigkeit. Die neuen Herausgeber haben es
im großen ganzen so gelassen, wie es der Verfasser ge¬
schrieben hat. Nur im ersten Teile sind mit Ver¬
wertung der neueren Resultate physiologischer Forschung
einige Änderungen getroffen worden.
Lange (Greifswald).
142. Repetitorium der Augenheilkunde;
von A. Bielschowsky. Leipzig 1912.
Joh. Ambr. Barth. 62 S. (1 Mk. 80 PL,
geb. 2 Mk. 25 Pf.)
Die kleine Schrift bringt eine kurz gedrängte Über¬
sicht über die Augenerkrankungen und über den Gang
der Funktionsprüfung. Die Darstellung ist so gehalten,
daß jedem, der sich früher mit Augenheilkunde be¬
schäftigt hat, die Repetition dadurch wesentlich er¬
leichtert wird. Bei Vorlesungen und Kursen wird das
Repetitorium einen sehr angenehmen Führer bilden, es
gibt dann gleichsam das Gerippe ab für weitere NotizeD,
welche auf den durchschossenen leeren Blättern er¬
folgen können. K ö 11 n e r (Berlin).
143. Studien über die Darmträgheit, ihre
Folgen und ihre Behandlung; von
Franz Taver Mayr. Berlin 1912.
S. Karger. 276 S. (6 Mk.)
Ein Buch von 276 Seiten über die Stuhl¬
verstopfung. Und doch ist dasselbe ganz lesens¬
wert, denn es steckt sicher viel persönliche Er¬
fahrung darin, wenn auch die ganze Darstellung
reichlich breit ist. Nach einer anatomischen und
physiologischen Einleitung erörtert M. ausführlich
die Hypo- und Hyperkinese des Darmes. Es sei
daraus nur eine richtige Beobachtung hervor-
gohoben, weil sie nicht allgemein bekannt ist, daß
Kranko mit spastischen Stühlen oft oinen beson¬
ders klebrigen Stuhl haben, viel Klosettpapier ge¬
brauchen und trotzdem die Wäsche beschmutzen.
Ganz lehrreich ist auch die Ausführung M.s über
die verschiedenen ausgeprägten Arten des Meteo¬
rismus, z. B. meint er, daß man aus einer gasigen
Auftreibung der rechten Bauchhälfte mit dein
Punctum maximum des Perkussionsschalls unter¬
halb der Leber mit ziemlicher Sicherheit auf eine
Trägheit des Ileums schließen könne. Auch die
Betonung des gleichzeitigen Vorkommens von
Atonie und Spasmus, und zwar auch in der Art,
daß der Spasmus in höher gelegenen Darm¬
schlingen eintritt, ist wertvoll. Andrerseits ist
aber auch manches mit recht geringer Kritik ge¬
schrieben, so namentlich das Kapitel über die
Autointoxikationen. In den Text sind eine großo
Reihe von Krankongo schichten eingefügt Im
ganzen erscheint das Buch trotz seiner Breite
dem Referenten gerade wegen der Beobachtungen
aus der persönlichen Erfahrung des Verfassers
nicht ohne Wert. M a 11 h e s (Marburg).
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
577
Strümpell. — Wedele. — Baumm. — Vierordt. — Schnitze und Stursberg. — Pfeiffer.
144. Kurzer Leitfaden für die klinische
Krankenuntersuchung; von A. Strümpell.
7. verbesserte u. vermehrte Auflage. Leipzig
1912. F.C.W.Vogel. 62 S. (lMk.25Mk.)
Das Büchlein ist eine kurze Anleitung zur
Aufnahme des Status bei den verschiedenen Er¬
krankungen: Infektionskrankheiten, Lungenerkran¬
kungen, Erkrankungen der Zirkulationsorgane usw.
Es ist für den Studenten sicher brauchbar. Zwei
Anhänge sind beigegeben; der eine enthält die
wichtigsten Harnproben, der andere in sehr über¬
sichtlicher Form die Funktion und Innervation
der einzelnen Muskeln. M a 11 h e s (Marburg).
145. Die diätetische Küche für Magen-
und Darmkranke; von Carl Weg eie.
Nebst genauen Kochrezepten ; von J o s e f i n e
Wegele. 6. verbesserte Auflage. Jena 1912.
Gustav Fischer. 101 S. (1 Mb. 60 Pf.)
Das inhaltreiche, in den Jahrbüchern schon
mehrfach anerkennend rezensierte Büchlein erlobt
seine sechste Auflage; das beste Zeichen für seine
Brauchbarkeit und Beliebtheit.
Kadner (Dresden).
146. Praktische Geburtshilfe. Einführung
in das neue preußische Hebammenkhrbuch ;
von Baumm. 6. Auflage. Berlin 1912.
Elwin Staude. 14?) S.
Die zur Besprechung vorliegende 6. Auflago
des kleinen B.schen Leitfadens ist durch das
neue Hebammenlehrbuch (Ausgabe 1912) überholt
worden. Die mannigfachen Änderungen der
letzten Auflage des Hebammenlehrbuches, in dern
vor allem die Abschnitte über Knochenlehre, all¬
gemeine Krankheitslehre, Gebärmutterkrebs, W und-
heilung, geburtshilfliche Untersuchung, Pflege des
Kindes, Kindbettfieber usw. einer wesentlichen
Umarbeitung unterzogen worden sind, werden
eine erneute Umarbeitung der „praktischen Ge¬
burtshilfe“ notwendig machen, wenn das Büchlein
seinem Zweck treu bleiben soll, ein Wiedei-
holungsbueh unter strenger Anlehnung an das
Preußische Hebammenlohrbuch zu sein. Vor allem
die außerordentlich wichtige Änderung des bis¬
herigen Desinfektionsverfahrens, wobei die Des¬
infektion der Hebammen mit Sublimat ganz auf¬
gegeben worden ist und an ihre Stelle unter
Beseitigung einer Trennung in einfache und ver¬
schärfte Desinfektion die Verpflichtung der
Hebammen zu der in allen Fällen anzuwenden¬
den Alkohol-Kresolseifen-Desinfektion eingeführt
worden ist, machen eine Neubearbeitung des
B.schen Büchleins in diesem Sinne notwendig. In
neuer Form wird sich der von jedem Hebammen¬
lehrer als praktisch und nützlich empfundene Leit¬
faden sicher neue Freunde zu den alten gewinnen.
Z u r h e 11 e (Bonn).
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
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147. Kurzer Abriß der Perkussion und
Auskultation; von H. Vierordt. 11.Auf¬
lage. Tübingen 1912. 90 S. (2 Mk. 50 Pf.)
In dem bekannten, nunmehr in 11. Auflage er¬
schienenem kurzen Abriß der Perkussion und
Auskultation berücksichtigt V. auch die neuesten
Beobachtungen. Es ist ein für Studenten ver¬
faßter kurzer Leitfaden, welcher alles, was über
die Perkussion und Auskultation der Lungen, des
Herzens und der Bauchorgane wissenswert ist,
zusammenfaßt, und ebenso auf die übrigen dia¬
gnostischen Zeichen der Erkrankungen innerer
Organe Rücksicht nimmt. Die zahlreichen Auf¬
lagen beweisen die Brauchbarkeit des Buches,
welches auch in seiner neuen Auflage weitere
Verbreitung finden wird.
Aug. Hoffmann (Düsseldorf).
148. Erfahrungen Uber Neurosen nach
Unfällen; von Fr. Schultze und H.
Stursberg. Wiesbaden 1912. J. F. Berg¬
mann. 57 S. (1 Mk. 80 Pf.)
Aus der sehr lesenswerten Schrift können hier
nur einige Einzelheiten angeführt werden. Die
Zahl der Unfallneurosen im Verhältnis zur Gesamt¬
zahl der Unfälle ist, entgegen einer verbreiteten
Annahme, nur sehr gering, etwa 1,3%. Echter
Fußklonus kommt auch bei Neurasthenie vor; der
Rachen- und Würgreflex ist bei Hysterie oft vor¬
handen. Hoho Rente ist nicht ratsam, besonders
nicht im Anfang. Von 212 Fällen aus den Jahr9n
1895—1903 wurden schriftlich im Jahre 1905
Katamnesen erhoben; von 193 Fällen, über die
genügend Nachrichten Vorlagen, waren 26,9 %
geheilt oder gebessert, 11,9% verschlimmert. Sch.
und St. betonen, daß die Prognose also nicht so
schlecht sei, wie vielfach geglaubt werde. In mehr
als der Hälfte war bewußte Übertreibung oder
Simulation zu konstatieren, ein Prozentsatz, der
auch nach unseren Erfahrungen nicht als zu hoch
erscheint. Der einmaligen Abfindung steht Sch.
erfreulicherweise nicht völlig ablehnend gegen¬
über; er gibt den Rat, ausgedehnte Erfahrungen
in anderen Ländern abzuwarten. J o 11 y (Halle).
149. Über den Selbstmord. Eine patho¬
logisch - anatomische und gerichtlich - medizi¬
nische Studie ; von H. Pfeiffer. Jenal912.
Gustav Fischer. 195 S. (6 Mk. 50 Pf.)
Nach Vorangang von Brosch, A. Heller,
J. Bartel, auf psychischem Gebiete von
Stelzner, Gaupp u. a. hat Pf. das reiche
Material des Grazer Instituts für gerichtliche
Medizin von Selbstmördern zusammengestellt. Die
von Pf. aufgestellten Tabellen und Kurven bieten
eine Fülle lehrreicher Erkenntnisse. der Selbst¬
mordprobleme. Der Selbstmörder stellt sich dar
als von Geburt konstitutionell belastet und daneben
noch durch die verschiedenartigsten Krankheiten
geschädigt. Der Selbstmord ist die Resultante
73
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
578
von Rohrscheidt. — Guttmann. — Marcinowski.
zweier dem Gesunden fehlender Größen: nämlich
eines oft nur scheinbar, oft aber wirklich von
mißen an ihn herantretenden, oft jedoch als
Sinnestäuschung in seiner kranken Psyche allein
entstandenen Motives oder Scheinmotives und
zweitens seiner Einwirkung auf einen krankhaft
geschädigten Organismus. Von der Kirche wird
ein ehrenvolles Begräbnis für jene Kranken ge¬
fordert. Pf. faßt den Selbstmord als eine der
violon Formen der Selbstreinigung des Menschen¬
geschlechtes von konstitutionell geschädigten und
erkrankten, also für die Allgemeinheit minder
brauchbaren Individuen auf. Aufgabe des Staates
aber sei es, durch Hebung der Volksgesundheit. !
jene Selbstreinigung auf ein unvermeidbares j
Minimum herabzudrücken.
Der pathologisch-anatomischen Studie von
großer Gründlichkeit sind besonders bemerkens¬
werte Fälle beigegeben, so zwei erstmalig mit-
goteilte Selbstmorde durch elektrischen Stark¬
strom. Ref. kann dem Buche die weiteste Ver¬
breitung nur wünschen. Nippe (Königsberg).
150. Medizinalarchiv für das Deutsche
Reich; von K. von Rohrscheidt.
3. Jahrg. H. 3. Berlin 1912.
Das dritte Heft bringt zunächst eine Abhandlung '
von Behrend in Kolberg über Kurorte, Kurtaxen |
und die Staatsaufsicht über diese. B. betont die Not-
wendigkeit guter hygienischer Verhältnisse. Die Kur¬
taxe darf nur von den zum Zweck der Kur Anwesenden i
erhoben werden. Ein Artikel von Amtsrichter Reimar :
führt aus, daß Tamarindenaalt als Obstsaft anzusehen !
und demgemäß frei verkäuflich ist. Der weitere Inhalt |
bringt Gesetze, Entscheidungen, Erlasse, Verfügungen, j
die für Arzte, Zahnärzte, Apotheker und Drogenhändler i
von Bedeutung sind, auch Warnungen vor Schwindel¬
mitteln, Bestrafungen wegen Schädigung durch Kur¬
pfuscher, Anordnungen über den Verkehr mit Nahrungs¬
mitteln usw. Rumpf (Bonn).
151. Die Wirklichkeit und ihr künstle¬
risches Abbild ; von Alfred Guttmann.
Berlin 1912. Paul Cassirer. 146 S. mit j
mehreren Abbildungen.
G. ist als Physiologe und Psychologe durch <
seine Arbeiten, besonders bezüglich des Farben- .
sinnes bekannt. Da er gleichzeitig Gelegenheit ;
hatte in dauerndem Verkehr mit namhaften ■
Künstlern zu stehen, so ist er wie kaum ein
anderer berufen, das Grenzgebiet zwischen Wissen¬
schaft und Kunst zu bearbeiten. In dem vor- i
liegenden kleinen Werk gibt er einen interessanten
Überblick über das Problem der künstlerischen
Wiedergabe der Wirklichkeit im Bilde. Daß er
dabei besonders die Farben berücksichtigt und
auf das Verhalten der Farbenblinden und Farben¬
schwachen eingeht, ist um so näherliegend, als
G. selbst farbenschwach ist und so wertvolle
eigene Beobachtungen anstellen konnte. Das Buch
ist wohl in erster Linie für alle gebildeten Kunst¬
freunde geschrieben, doch werden die Künstler
selbst und auch die Wissenschaftler bzw. Physio-
Digitized by Google
logen es mit Interesse zur Hand nehmen, auch
wenn sie nicht mit allen Ausführungen einver¬
standen sind. Kölln er (Würzburg).
152. Nervosität und Weltanschauung;
von J. Marcinowski. 2. Aufl. Berlin.
Otto Salle.
Im Kampf um gesunde Nerven. Ein
Wegweiser zum Verständnis und zur Heilung
nervöser Zustände; von J. Marcinowski.
4. Aufl. Berlin. Otto Salle. (2 Mk.)
Der Mut zu sich selbst. Das Seelenleben des
Nervösen und seine Heilung; von J. Marci¬
nowski. Berlin. Otto Salle.
Es ist in der Nervenheilkunde modern ge¬
worden, dem Kranken zu Heilzwecken Bücher
in die Hand zu geben, aus denen er alles das
herauszulesen vermag, was der Arzt ihm eigent¬
lich selbst sagen sollte. Aber es fehlt dem viel¬
beschäftigten Praktiker zu einer heilsamen gründ¬
lichen Dialektik über Art und Entstehung von
Psychoneurosen die Zeit und leider auch manch¬
mal die Geduld. Die erstgenannten Werkchen
sind längst zum Rüstzeug in der Psychotherapie
geworden, während das dritte mehr einen Einblick
in die Entwicklung von M. zum Psychothera¬
peuten Freudscher Schule gewährt; zur Lektüre
für alle Kranke wird es nicht geeignet sein. Tat¬
sächlich mag es in zahlreichen Fällen Sexual moüve
geben, die unter dem Bewußtsein liegen, und die
aus der Psyche herauszuholen heilsam für das
Gemüt des Trägers werden kann. Der große Um¬
fang der Mitteilungen von „Abreaktionen“ aus der
Praxis der Psychoanalyse beweist, wieviel Hille sich
für die Behandlung im Freudschen Sinne eignen.
Aber es gehört eine ganz eigenartige Persönlich¬
keit dazu, die, wie M. selbst betont, diese Art von
Behandlung der Psychoanalyse mit Erfolg auszu-
üben versteht M. hat am eignen Leibe durch
Psychoanalyse Wirkungen von berufener Hand
verspürt und scheint daher von der Bedeutung der
Träume und der „eingeklemmten“ Affekte für die
Entstehung von Psychoneurosen überzeugt zu sein.
Seine in früheren Schriften empfohlene Dialektik,
welche sich mit dem Hinweis auf eine ideale Welt¬
anschauung beschäftigt, und die hierdurch den
Nervenkranken zu einer starken, in sich gefestig¬
ten Persönlichkeit erziehen wollte, wird manchem
alten Anhänger einer vernünftigen seelischen Beein¬
flussung angenehmer und in der Anwendung ein¬
leuchtender erscheinen als „Der "Mut zu sich
selbst“. Auch in den Kapiteln des letztgenannten
Buches, die M. in seiuer Einleitung demjenigen zu
Überschlagen vorschlägt, der von dem sexuellen
Inhalte sich abgestoßen fühlt, wird der ärztliche
Leser manch kulturell Interessantes finden. Es
ist M. dabei zu glauben, daß es nur „der heilige
HelfenmUe des Arztes ist“, der ihn zu dem letzten
umfangreichen psychoanalytischen Werke veranlaßt
hat. La quer (Wiesbaden).
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Medizinische Bibliographie des In- und Auslands.
2 .
579
1 .
2 .
G Medizinische Bibliographie des In- tu Auslands,
Sämtliche Literatur ist vom Jahre 1913.
1. Anatomie.
Adolf, P., Zar Entwicklungsgeschichte des mensch¬
lichen Zahnsystems nebst Bemerkungen zur Frage der
prälaktealen Dentition, der sogenannten Konkreszenz-
theorie und der Entwicklung des Säugetiergebisses über¬
haupt. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 82. H. 1. 8. 1. 1913.
Alexandrowicz, J. S., Zur Kenntnis des sym¬
pathischen Nervensystems einiger Wirbellosen. Zeitschr.
f. allg. Phys. Bd. 14. H. 3 u. 4. S. 358.
Bäräny, R., Lokalisation in der Rinde der Klein¬
hirnhemisphären. D. med. Woch. Nr. 14. S. 637.
Branca, A., Recherches sur la strncture, l’evo-
lution et le role de la vesicule ombelicale de l’homme.
Journ. de l’Anat. 1913. Nr. 2. S. 171.
Brass, H., Über physiologische Pigmentablagerung
in den Kapillarendothelien des Knochenmarkes. Arch.
t. mikr, Anat. Bd. 82. H. 1. S. 61. 1913.
Cullis, W., and E. M. Tribe, Distribution of
nerves in the heart. Journ. of Phys. Bd. 46. Nr. 2.
S. 141. 1913.
Delmas, J., Recherches anatomique snr les muscles
intercostaux de l’homme et de quelques mammiferes.
Journ. de l’Anat. 1913. Nr. 2. S. 155.
Fau8sek, W., Zur Frage über den Bau des Zell¬
kernes in den Speicheldrüsen der Larve von Chiro-
nomus. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 82. H. 1. S. 39. 1913.
Frohse, F., und M. Fränkel, Die Muskeln des
menschlichen Beines, Jena 1913. Gustav Fischer.
YIII u. 693 S. Brosch. 12 Mk.
Hertwig, 0., Versuche an Tritoneiem über die
Einwirkung bestrahlter Samenfäden auf die tierische
Entwicklung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 82. H. 1. S. 1.
1913.
Herpin, A., Histogenese du maxillaire inferieur.
Progres med. 1913. Nr. 13. S. 166.
Heubner, W., Ein Vorschlag zur Nomenklatur im
vegetativen Nervensystem. Zentralbl. f. Phys. Bd. 26.
H. 24. 8. 1180.
Kreibich, K., Färbung der marklosen Hautnerven
beim Menschen. Berl. klin. Woch. 1913. Nr. 12. 8. 546.
Maragliano, D., Les anastomoses nerveuses con-
trelaterales au point de vue experimental et clinique.
Presse med. beige 1913. Nr. 85. 8. 853.
Metzner, R., Einiges vom Bau und von den
Leistungen des sympathischen Nervensystems. Jena
1913. Gustav Fischer. 29 S. Brosch. 1 Mk.
Puyhaubert, A., Recherches sur l’ossification des
os des membres chez l’homme. Journ. de l’Anat. 1913.
Nr. 2. S. 119.
Rados, A., Über die elastischen Fasern der Horn¬
haut. Arch. f. Augenheilk. Bd. 73. H. 4. S. 279. 1913.
Schlüchterer, B., Eine bequeme Methode zur
Darstellung der Zellen des Liquor cerebrospinalis.
Neur. Zentralbl. 1913. Nr. 7. 8. 420.
Schnitzler, J. G., Zur Technik der Markscheiden¬
färbung. Neur. Zentralbl. Nr. 7. 8. 403.
Triepel, H., Die Ursachen der tierischen Ent¬
wicklung. Jena 1913. Gustav Fischer. 47 S. Brosch.
1 Mk. 50 Pf.
2. Physiologie.
Abraham, K., Dreams and mythB. Journ. of
Nerv, and ment Dis. publ. comp. New York 1913.
74 S. 1 Mk.
Amblard, L. A., Diurese et tension arterielle.
Gaz. des Hop. 1913. Nr. 35. S. 551.
Auer, }., und J. S. Meitzer, Der afferente
Splanchnikus als Depressor. Zentralbl. f. Phvs. Bd. 26.
Nr. 26. 8. 1316. 1913.
Baade, W., ÜberUnterbrechungsversucho alsMittel
zur Unterstützung der Selbstbeobachtung. Zeitschr. f.
Psych. u. Phys. d. Sinnesorg. Bd. 64. H. 3 u. 4. 8. 258.
Backman, L, und C. G. Sundberg, Zur Frage
des Verhaltens der Amphibien in verschieden konzen¬
trierten Lösungen. Pflügers Arch. f. d. ges. Phys.
Bd. 151. H. 1—3. 8. 52. 1913.
Baglioni, S., Über eine besondere Druckempfind¬
lichkeit der Glans penis. Pflügers Arch. Bd. 150.
H. 6-8. S. 361. 1913.
Boehm, G., Über den Einfluß des Nervus sym-
pathicus und anderer autonomer Nerven auf die Be¬
wegungen des Dickdarmes. Arch. f. exper. Path. u.
Pharm. Bd. 72. H. 1. S. 1. 1913.
Boeke, J., Die Regenerationserscheinungen beider
Verheilung von motorischen und rezeptorischen Nerven¬
fasern. Pflügers Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 151. H. 1—3.
S. 57. 1913.
Brunacci, B., Sur l’adaptation des amphibies au
milieu liquide externe au moyen de la regulation de la
pression osmotique de leurs liquides internes. Arch.
ital. de Biol. Bd. 58. H. 3. S. 329. 1913.
Brunacci, B., et N. Noferi, Recherches sur la
secretion biliaire chez l’homme. Arch. ital. de Biol.
Bd. 58. H. 3. S. 367. 1913.
Caldera, C., Recherches sur la physiologie des
amygdales palatines. Arch. ital. de Biol. Bd. 58. H. 3.
S. 417. 1913.
Cautonnet, A., Les alterations du sens des cou-
leurs. Progres med. 1913. Nr. 12. S. 156.
Collins, A. N., and D. Duluth, The thyroid
and its secretion. St. Paul med. Journ. Bd. 14. Nr. 4.
8. 160. 1913.
Cyriax, E. J., and R. J. Cyriax, Mechanical
Stimulation of the coccygeal ganglion. Zeitschr. f. allg.
Phys. Bd. 14. H. 3 u. 4. S. 297.
Degenkolb, C., Die Raumanschauung und das
Raum Umgangsfeld. Neur. Zentralbl. 1913. Nr. 7 u. 8
S. 409 u. 491.
Dittler, R., Über die funktionelle Verknüpfung
der Atemzentren und das Verhalten der Zwerchfell¬
aktionsströme bei zentraler Kühlung. Zentralbl. f. Phys.
Bd. 26. H. 24. S. 1175.
Drenford, G., and L. K. Hirschberg, Drea-
mings and Dreams. New York med. Joum. Bd. 97.
Nr. 13. S. 657.
Dreyer, G., W. Ray and E. W. Walker, On
the blood volume of warm blooded animals. Skand.
Arch. f. Phys. Bd. 28. H. 4—6. S. 299.
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Go gle
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Sach-Register.
Sanmelreferate. Seite
Cords: Augenschädigungen durch Sonnenlicht.409
Drügg: Die Koagulation des Blutes und ihre Verwertung in Geburtshilfe und Gynäkologie.204
Frftnkel: Nachweis von Tuberkelbazillen im strömenden Blut.201
Goldstein: Über Aphasie und Apraxie.218
Isaac: Neuere hämatologische Arbeiten. 1
Klien: Die in Frankreich zurzeit übliche Prophylaxe gegen die peritoneale Infektion bei gynäkologischen
Laparotomien.414
Klotz: Über den Kohiehydratstoffwechsel.97
Melchior: Das chronische Duodenalgeschwür. 8
Sobotta: Über Tuberkulose.24
"Weil: Neuere Arbeiten über Elektrotherapie.102
Abduzenslähmungen bei Schädelfrakturen 544.
Aberglauben in England 181.
Abfälle in Baracken 508.
Abort bei Tuberkulose 280.
— klin. u. bakteriol. Beiträge 165.
Aborte, spontane u. kriminelle 567.
Achylie, konstitutionelle 245.
Acrocyanosis chronica hypertrophia 469.
Adalin bei Lungentuberkulose 534.
Adams-Stokessohe Krankheit 456.
Adenomyositis uteri et recti 158.
Adrenalin u. respirator. Quotient 54.
Adrenalinsekretion u. Splanchnicus 229.
Äronautik u. Aviatik (Buch) 295.
Äther (intravenöse) Anästhesie 543.
Ätherdarreichung 55.
Äther- u. Chlorof.-Narkose, Blutdruck 226.
Ätherin suffl ation , intratracheale, Anästhesie durch
475.
Ätherschwefelsäuren, Bildungsstätte 306.
Affektkrämpfe im Kindesalter 65.
Affliktive Gefühle 72.
Agglutination bei Typhus u. Pest 125.
Airoltherapie 558.
Akremoniose 560.
Akromegalie 440.
Aktionsströme verkürzter Muskeln 301.
— des Nerven im Elektrotonus 301.
Akustikus-Tumor 84.
Akustische Energie, Abfluß nach d. Kopfe 82.
Akuter Aszites u. Leberzirrhose 250.
Albuminurie experimentelle, bei Nephritis 460.
— Prognose 254.
— in d. Schwangerschaft 573.
— u. Nephritis experimentelle 51.
Albuminurien u. Scharlachnephritis 465.
Alkali bei Tuberkulose 241.
Alkohol als Arzneimittel 449.
Alkoholdesinfektion in d. Geburtsh. 280.
Alkohol- u. Kampferspiritusverbände 56.
Alkoholismus u. Nachkommenschaft 55.
Allgem. Chirurgie, Lehrbuch der — 193.
Allgem. Paralyse mit Herdsymptomen 469.
Almateinknochenplombe 553.
Alopezie b. Akromegalie 86.
Alopeziebehandlung mit ultraviol. Licht 88.
Alter, Einfluß auf erste Schwangerschaft usw. 167.
Altersbestimmung d. Frucht, Tafeln zur—(Buch)
296.
Altersstar, gegenwärtige Therapie 488.
Alaminiumkochgeschirr, Fleckenbildung 185.
Alveolarluft, Kohlensäurespannung b. Krankh. 452.
Alzheimersche Krankheit 72.
Aminosäureausscheidung 305.
Ammen wähl u. Ammenwechsel (Buch) 96.
Ammoniaksalze, eiweißsparende Wirkung 43.
Amnionepithel 160.
Schmidts Jahrb. Bd, 317, H. 6.
Amphibienlarven, Fütterungsvereuche 300.
Amphotropin 521.
Amyotrophie b. Bleivergiftung 472.
Analgetika u. Hypnotika im Lichte d. Ehrlichschen
Theorie 525.
Anämie, akute, Behandl. mit Bluttransfusion 127.
Anaphylatoxin 311.
Anaphylaxie 47.
Anaphylaxiegifte, Darstellung in vitro 47.
Anästhesin 228.
Anatomie, menschl. (Handbuch) 513.
Anatomische Namen (Buch) 574.
Aneurysma, ideale Operation 541.
Aneurysmaoperation, ideale 542.
Aneurysma spurium 49.
Aneurysmen, Chirurg. Behandlung 77.
Angiom- u. Nävusbebandlung mit Kohlensäure 560.
Angtome, intramuskuläre 541.
Angiopathia retinae traumatica 489.
Anilinvergiftung, akute 235.
Anleitung, neue, für Militärärzte 189.
Anophelesmücken u. Malariaübertragung 311.
Anstaltsbedürftige Geisteskranke, Zunahme
474.
Antiaggreseive Sera 312.
Antianaphylaxie 47.
Antieiweißsera, primäre Toxizität 436.
Antiforminmethode zur Spntumuntersnchung 125.
Antif orm insputumun ter such ung 432.
Antigene zur Wassermann-Reaktion 311.
Antikörper, Übergang von Eltern auf Kinder 566.
— b. mit Salvarsan behandelten Tieren 125.
Antikörperbildung in Kulturen lebender Körper¬
zellen 125.
Antikörp erwirknng, quantitative Verhältnisse 311.
Antimeristenfrage 54.
Antimonvergiftung durch Kaliumhexatantalat 234.
Antiseptische Maßnahmen russ. Chirurgen 263.
Antistreptokokkenserum b. Puerperalsepsis 572.
Antrumoperation, plastischer Verschluß nach —85.
Anzeigepflicht b. Tuberkulose 461.
Aorta ab domin., Kompression zur Blutstillung 281.
Aortenbogen, Dextropositdo 48.
Aortenerkrankungen, syphilitische 455.
Aortenzerreißungen, spontane u. traumatische 91.
Aphasie u. Apraxie 106, 218.
Apnöe, Einfluß des Vagus 117.
Apparate f. Laboratorinmsgebranch 303.
Appendix, akute Darmverscbließung des — 248.
AppeDdixkarzinom, primäres 269.
Appendix-Lymphfollikel, Infektion 439.
Appendizitis 439.
— in Irrenhäusern 153.
— u. Dysmenorrhöe 482.
— im Bruchsack 481.
— u. Kolitis 249.
— b. Situs inversus 248.
7S
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618
Sach-Register.
Apraxie, Lokalisation 69.
Arbeitsstätte d. Chirurgen u. Orthopäden (Buch) 96.
Arhythmia perpetua 237.
Arhythmie u. Vorhofflimmern 527.
Arsenik im Harn nach Sal varsau 231.
Arteria iliaca communis, Ligatur 552.
— meningea media, Verletzung 77.
— poplit., ihre Lageveränderung u. Aneurysma 279.
— subclavia, Anomalie der — 50.
— tibialis antica, Chirurgie der — 155.
Arterien, Verhalten zum Serum 453.
Arterienrigidität b. Kindern 256.
Arteriosklerose, physik. Behandl. 462.
Artfremdes Serum, Verhalten im Körper 46.
Arthrodese u. Arthroiyse, Indikationen 156.
Arzneimittel, Feldpackungen 186.
— Verhütung therapeut Versager 132.
— Wirkung auf d. Kranzgefäße 132.
Arzneimitteldosierung b. Kindern 525.
A rz nei mittelkomb i nation 133.
Arzneipflanzen, Kulturversuche mit — (Buch) 512.
Asepsis u. Antisepsis im Puerperium 167.
Askariden, Chemie u. Toxikologie 131.
Aspirin u. Asp. solubile 134.
Assoziationen b. schwachsinnigen Kindern 71.
Asthma als anaphylakt. Erscheinung 457.
Asthma u. A.-Behandlung 457.
Asthmabehandl. b. Kindern 257.
Atmungsmechanismus u. Blutzirkulation (Buch)
292.
Atmungsstörungen b. Urämie 460.
Atophan, Harnsäure- u. Hypoxanthinbildung unter —
230.
Atophan, Stoffwechsel bei — 133.
Atophanbehandlung 53.
Atophan Wirkung 230.
Atoxylwirkung 233.
Atrio ventri kuläres Verbindungsbündel am Herzen
38.
Atropinvergiftung 522.
Attaken, fieberhafte rekurrierende b. Lungentuberku¬
lose 239.
Auge vom Remitier 36.
Augen in der Säuglingsfürsorge 558.
Augenerkrankungen, endonasale Behandlung 557.
— im Kindesalter (Buch) 197.
Augenheilkunde, Repetitor. (Buch) 576.
— (Lehrbuch) 191, 321.
Augenmuskelvorlagerung 187.
Augen Schädigungen durch Sonnenlicht 171, 409.
Ausfallserscheinungen 564.
Austernzüchtung u. Darmkrankheiten 182.
Autohämotherapie u. Krebskranke 526.
Autolyse, Beeinfl. durch Natriumbenzoat, Arsen, saliz.
Natrium u. Gase 52. 53.
Bacillus bulgaricus als Heilfaktor 308.
Bacillus paralyticans longus et brevis 309.
Bacillus Paratyphi A 125.
Bacter. coli als Eitererreger 309.
Bacter. prodigiosum b. Gonitis 553.
Bakterieninvasion in Blut und ZerebrospinalHüssigk.
310.
Bakterienmodifikationen 45.
Bakterizider Reagenzglas versuch, diagnost. Wert
126.
Bakteriologisches Taschenbuoh 198.
Barlowsche Krankheit, Stoffwechselversuche bei
— 464.
Basedowsche Krankheit, cliirurg. Behandlung 76.
Basedow-Symptom b. Lungentuberk. 240.
Basen, Wirkung auf Alkaloidsalze 447.
Bauchbinden 74.
Bauchbrüche, Operationstechnik 151.
Bauchmuskellähmungen, segmentäre 539.
Bauchschüsse im Kriege 509.
Bauchspeicheldrüse, Unterbindung des Aus¬
führungsgangs 316.
Bauchtumoreu tuberkulösen Ursprungs 240-
Bazillenträger b. Maltafieber 310.
Bazillentyphus b. Lupus vulgaris 239.
Becken, enges, Therapie 288.
Beckenabszeß b. Appendizitis 80.
Beckenfraktur, komplizierte 553.
Beckeukraukheiten, Beziehungen zu Geisteskrank^
567.
Beckensarkom mit Metastase in d. Mamma 130.
Bell-Magendiescb.es Gesetz, Ausnahme 117.
Beriberi, epidemieartige 430.
— infantile 465.'
Bestrahlungsbinde, gynäkologische 291.
Bewegungsapparat im Kindesalter, Pathologie
(Buch) 322.
Bewegungsvorgänge u. Elektrokardiogramm 41.
Bewußtsein u. psychisches Geschehen (Buch) 520.
Bifurkationslymphdrüsen, Resektion wegen
Trachealstenose 548.
Bilharziosls intestinalis 455.
Blaseninsuffizienzbehaudlung b. Prostata¬
hypertrophie 274.
Blasensteine, Zusammensetzung 305.
Blasentumoren, Behandlung mit Hochfrequenz¬
strömen 462.
Bleichsucht (Buch) 292.
Bloihaltige Abziehbilder 235.
Bleivergiftung b. Feilenhauem 89.
Blendungsnacnbilder 557.
Blennaphrosin als Antigonorrhoicum 564.
Blinddarmdivertikel 481.
Blinddarmfurcht (Buch) 193.
Blinder Fleck im binokular. Sehfelde 558.
Blut, 0,-Gehalt, bei Erstickung 500.
Blutdruck b. Lungentuberk. 238.
Blutdruck, Wirkung von organischen Stoffwechsel¬
produkten auf den — 118.
Blutdruckbestimmung, Technik 454.
Blutdruckerhöhung alimentäre 442.
Blutdrüsenerkrankungen n. psychische Insulte
61.
Blutelemente, bei Vergiftungen mit Hämoglobin¬
bildnern 451.
Blutfleckenuntersuchnng mittels präzipit Sera
126.
Blutgefäße, zentripetale Nerven 425.
Blutkoagulation, Verwendung in Geburtsh. n.
Gynäkologie 204.
Blutkörperchen, Beeinflussung der Resistenz durch
hämotoxische Substanzen 319.
— Zerfall bei Zählung 48.
Blutnachweis, Erweiterung des — 182.
Blutplättchen 61.
— spezifische 319.
Blutserum, fettspaltendes Ferment 429.
— Reaktion b. alimentärer Intoxikation b. Säuglingen
466.
Blutserumgewinnung 40.
Blutseru m reaktion b. Paralyse 470.
Blutströmung im Pfortadergebiet 41.
Bluttransfusion 453.
— direkte 544.
Blutungen ind. Geburtshilfe, Behandl. (Buch) 296.
Blutuntersuchnn g 124.
Blutverlust b. gynäk. Operationen 286.
Blutviskosität nach Alkalien 523.
B1 u t z e 11 e n, Demonstration von Innenstrukturen 422.
Blutzuckerbestimmung, Methodik 428.
Bornasche Krankheit des Pferdes, Untersuchungen
über — 147.
Bradykardie mit Vorhofflimmern 237.
Brandsaum (forensisch) 91.
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Sach-Register.
619
Brocasches Sprachzentrum u. Gail 69.
Bromausschläge 228.
Bromural 226.
— b. Seekrankheit 226.
Bronchialasthma, Ätiologie u. Pathogenese 531.
— tox. Pathogenese 456.
Bronchialkarzinom in d. tuberk. Lunge steigend 51.
Bronchien, Krankh. der — (Buch) 293.
— mechanische Bedeutung 531.
Bronchitis plastica 62.
Bronchus, Fremdkörperextraktion 545.
Brachpforten, Sicherung durch Periostlappenein-
nähung 151.
Brustkrebs, seltenere Formen 548.
Bubonenpest 434.
Bulbusruhelage 557.
B u p b a n e disticha 234.
Buttermilchernährung b. Säuglingsdiarrhöen 143.
CalcaneuBfraktur 278.
Cancer en cuirasse mit Blasenbildung 178.
Cascara sagrada 54.
Cataracta senilis, Chemie 172.
Chemie, Leitfaden der — (Buch) 198.
— Pharmazeut, u. toxikol. (Buch) 510.
Chemisches Praktikum f. Mediziner u. Landwirte
(Buch) 198.
Chemotherapie d. Tuberkulose (Buch) 292.
Chinin als Lokalanästhetikum 231.
Chinosol u. Formaldehyd b. Tuberkulose 524.
Chloralhydrat u. Vagusreizung 522.
Chloroform, Verteilung im Blute 449.
Chloroform-Wirkung 522.
Chlorose, Todesfall bei — 61.
— u. Tuberkulose 532.
Cholelithiasis, Diagn. u. Therapie 483.
Choleraelekti vnährböden 307.
Choleraepidemie, Verschwinden nach Gewitter 309.
Cholerahypothese von Emmerich 46.
Cholestearinsteatose d. Kupfersehen Sternzellen
128.
Cholezysto-Gastromie durch Choledochus verschloß
149.
Chondrodystrophia foetalis 542.
Chorioiditis, proliferierende 173.
Chylaszites u. Chylothorax 530.
C h y 1 u s als Bruchwasser b. eingeklemmten Bruch 270.
Chylaszysten des Mesenteriums 269.
Clavikula-Fraktur, Behandl, 546.
Coecum mobile 250-
Conjunctivitis gonorrhoica, Behandlung mit
Wasseniampf 487.
Corpus’luteum, Cboleatearinsekretion 285.
— u. Stoffwechsel 450.
Cutis anserina 259.
Dämmerschlaf in d. Geburtshilfe 571.
Darmaussohaltung, totale 270.
— nach Parlavecchio 551.
Darmbewegung, Entstehung 426.
Darmerkrankung, infektiöse, endemische 530.
Darmkatarrhe, Beideutung 248.
Darmkrankheiten, Klinik der — (Buch) 518.
Darmreizung durch Ascaris 530.
Darmruptur, spontane beim Neugeborenen 501.
Darmträgheit, Folgen u. Behandl. (Buch) 576.
Darmtumoren, suspekte, Behandl. 249.
Dauerinjektion für d. Harnröhre 273.
Defekte, geistige 472.
Dekapsulation d. Nieren 460.
D eko m pr essi vtre panation u. Balkenstich 264.
Delirium durch Bromide 146.
— toxisches 72.
Dementia paralytica, Ätiologie 473.
— praecox paranoid. 71.
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Dementia, psychogener Ursprung 469.
— Prognose 73.
— u. man.-depress. Irresein, Differ.-Diagn. 472.
— Pupillenstörungen 473.
Demonstrationsaugenspiegel für zwei Beo¬
bachter 172.
Dermatitis papillaris capilitii 178.
Dermatoneurosen, fieberhafte 493.
Desinfektion (Lehrbuch) 518.
Deszendenz b. Tuberkulösen 532.
Detätowierung 492.
Dextrose, Ausscheidung im Magen u. Dünndarm
118.
Diabetesbehandln ng (verschied. Bücher) 515.
Diagnose von Gehirnerkrankungen aus d. Papill. nervi
optici (Buch) 96.
Diagnostik d. Chirurg. Krankh. (Buch) 320.
Diaphragmachirurgie 152.
Diarrhöe nach Gastroenterostomie 530.
Diätbehandlung b. Herz- u. Gefäßkrankh. 57.
Diätetische Küche f. Magen-Darm kranke (Buch)
577.
Diätlehre 462.
Dickdarm, radiologische Behandl. 190.
Dickdarmchirurgie 481.
Dickdarmerkrankungen, akute, Therapie 249.
Digitalis titrata 53.
Digitalisspeioherung im Herzen 228.
Digitalisstoffe, Verhalten usw., Fermente 229.
Digitalissubstanzen, Veränderung im Organismus
229.
Digitoxin, Resorption von — aus Digitalispräparaten
448, 523.
Dinitrochlorbenzol, Hautkrankh. durch — 56.
Dioradin 534.
Dior ad in b. Lungentuberkulose 241.
Dioradinbehandlung 141, 451.
— d. Tuberkul. 556.
Diphtheriebazillen, Prüfung auf 124.
Diphtherische Hautentzündung 263.
Diureseuntersuchungen 303.
Diuretika, chlorentziehende Wirkung 524.
— intravenöse Anwendung 229.
Divertikelileus 483.
Dolerische Operation, Schwangerschaft u. Geburt
nach — 568.
Doppelbildungen 316.
Dorsalwurzeln, hintere, Resektion bei Tabes 541.
Dotterkern, Struktur u. Ursprung 115.
Druckänderungd.Lungenluft, Behandl. Herzkranker
mittels — 462.
Drusen in d. Gehirnrinde 470.
Drüsen mit innerer Sekretion u. Verdauungssäfte 119.
Drüsenphysiologie 40.
Drüsentuherkulose, konservative Behandl. 476.
Drüsenzellen, Funktion der — 37.
Ductus thoracicus, Chirurgie 547.
Dünndarmgeschwür 481.
Dünndarmvolvulus, Kasuistik u. Ätiologie 482.
Duodenumerkrankungen 245.
Duodenalernährung 463.
Duodenalsaft, physikal. Eigensch. 248.
DuodenalBchleim, erbrochen im Migräneanfall 457.
Duodenum, angeborener Verschluß 128.
Duodenumstampf, Verschluß nach Magenresek¬
tionen 268.
Dupuytrensche Kontraktur, Beziehungen zu
Stoffweohselstöruugen 485.
Dura mater, vergleich. Untersuch. 424.
Dura-Transplantation 547.
Durchgängigkeit d. Filter, Ultrafilter, Dialysier-
membranen 435.
Durchspülung, rhytmische, kontinuierliche 427.
Dysbasia lordotica progressiva 538.
Dyspepsie von d. Gallenblase rührend 483.
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
620
Sach-Register.
Dyspygisches Becken Solowys 280.
Dystozie infolge Ovarialgesch wülste 572.
Echinokokkuserkrankungen, Komplementablen-
kung bei — 436.
Eclampsia gravidarum u. Paresis puerperalis 570.
Eierstocksdrüse, interstitielle, d. Menschen 161.
Ei häute, Einreißen, Diagn. u. BehandL 572.
Einlauf von Salzlösungen 262.
Eisengehalt d. Milch 306.
Eiweißbestimmung (quantitat.) im Blarn. 43.
Eiweiß-Dissimilation u. Magenfunktion 121.
Eiweißfäulnis, Beeinflussung durch das Substrat
435
Eiweißprodukte, biologische Differenzierung 313.
Eiweißkörper im Sputum b. Tuberkulose 535.
Eiweißreaktion im Sputum, diagnosi Wert 533.
— im Sputum von Lungenkranken 428.
Eiweißzerfall, toxogener 120.
Eiweißzerfallstoxikose b. Geburt u. Eklampsie
282.
Eklampsie u. Niereodekapsulation 170.
— konservative Therapie 164.
Eklampsiebehandlung 169, 567.
— abwartende 283.
Eklampsiefrage 570.
Eibon bei Lungenkranken 461.
Elektrokardiogramm, physikal. Analyse 41.
Elektrokardiogramm bei parench. Entartung d.
Herzmuskel 454.
Elektrokardiographie 527.
Elektrolytbestimmung im Harn 305.
Elektrotechnik in d. Zahnheilkunde (Buch) 295.
Elektrotherapie 102.
Embryologisches Institut München (Buch) 515.
Embryotomie 166.
Emetin-Injektionen b. Amöbendysenterie 525.
Emphysem, physik. Behandlung 462.
Emphysembehandl. 455.
Encephalitis non suppurativa 538.
Endokarditis,' endokardiale Verletzungen bei — 454.
Endometrium u. Endometritis 164.
Endotheliom 177.
— primäres d. Lymphdrüsen 127.
— zerebrales 546.
Enkanthoschisis 488.
Entartungsreaktion u. Polumkehr 259.
Enteroptose 459.
Entfettüngstherapie 138.
Enzyme der Ovarien 307.
Eosingerste Fütterungsversuche 236.
Eosinophile Zellen d. Hypophyse, Darstellung 50.
— im Sputum 531.
— unter physiolog. Verhältnissen 316. •
Eosinophilie bei Glaukom 83.
— u. exsudative Diathese 464.
Eosin Wirkung auf Tiere 55.
Epikondylusbrüche, BehandL 277.
Epilepsie, Frühdiagnose u. Behandlung. 262.
— klinische Stellung (Buch) 294.
— idiopathische Heilbarkeit 147.
— Kochsalznahrung 468.
— operative Behandl. 77.
Epilepsiemittel, neue 261.
Episcleritis periodica fugax 172.
Epithelbewegung 37.
Epithelformationen im Labyrinth 36.
Epitheliom, Frühdiagn. u. Behandl. 545.
Epithelioma molluscum, Epidemie von — 88.
Epitheliome der Haut, multiple 314.
Epithelzysten, traumatische Entstehung 542.
Erblichkeit b. Geisteskrank!). 72.
Erbrechen d. Kinder 257.
Ergotism usepidemie 1855/56 451.
Ergotinpsychose 260.
Digitized by Google
Erinnerungen u. Betrachtungen v. 1870/71 (Buch)
195.
Ernährungsstörungen, Behandl. mit alkalisiertem
Kefir 536.
Erregungsleitung im motor. Froschherzen 117.
Ervasin b. Gelenkrheumatismus 54.
Erythema polymorphum mit Purpura 561.
Erytheme, idiopathische 492.
Erythrozyten, ßesistenzverminderung nachAlkohol-
genuß 61.
— Sedimentierung 136.
Ery throzythämie 137.
Erythema infectiosum 177.
Exanthema psoriasiforme lichenoides 178.
Exophthalmus, einseitiger b. Morb. Basedowü 137.
Exostosen des Kalkaneus 155.
Exsudativ-lymphat. Diathese (Buch) 322.
Extonsionsmethode b. Beinbrüchen (Buch) 510.
Extrasystolen 42.
Extrauteringravidität 282.
— Friihsymptom 167.
Extremitätenmuskeltonus u. Kopfstellung 38.
Farbengedächtnis 82.
Farbenpathologie 81.
Farbenzeitschwelle 81.
Fazialislähmung, rheumatische Ursache 146.
— rheumatische, Ätiologie 472.
Fazialislähmungen b. Felsenbeinfraktnr 267.
Fehlgeburten, Behandlung 571.
Feldflasche u. Kochgeschirre 504.
Feldlaboratorium 507.
Femurdefekt, angeborener 484.
Fensterflügelventilator, bewegl. 508.
Ferment, cholestearinspaltendes, in Blut u. Leber 428.
— fettspaltendea im Magen 43.
Fermentative Prozesse b. Geisteskranken 474.
Ferment-(Lab-)UntersuchungeD, diagn. Bedeu¬
tung 458.
Fett als sekret Erreger d. Pankreas 300.
— in der Leber, Lokalisation 318.
— Zunahme in Käse u. Fleisch 89.
Fettbestimmungmethode u. Kumagava-Suto 123.
Fettnachweis in Se- u. Exkreten 459.
Fettgehalt d.Blutes b. der myelogenen Leukämie 130.
Fettinfiltration in Krebsmetastasen 50.
Fettnekrose, abdominelle Tumorbildung durch — 544.
Fettverdauungsstörungen b. Leber- u. Pankreas¬
erkrank. 459.
Fettverlust b. Trocknen dos Fleisches 123.
Fibrillation, aurikuläre 57.
Fibrinogen 428.
Fieber, Bedeutung bei der Hämoptoe 141. *
Fieberbekämpfung b. TuberkuL mit Eibon 461,
Fieber b. Neugeborenen 485.
Fingerfrakturen 157.
Fischklöße, Untersuchungen 499.
Flanellleibbinde 504.
Fleisch, gefrorenes 505.
Fluoreszierende Stoffe u. Alkohol 227.
Folliculitis nuchae sclerotisans 178.
Formaldehydvergiftung, akute 525.
Formamintwirkung 233.
Formulae magistral. Berolinensis (Buch) 200.
Fortplanzungsvorgänge u.Genitalgeschwülste, Be¬
ziehungen 158.
Fortschritte der Zahnheilkunde, neuere (Buch) 95.
Fovea centralis, Adaptionsfähigkeit 82.
Fractura radii, Behandl. 485.
Frakturbehandlung mit Bolzen 75.
Frakturenbehandlung 147.
— moderne 155.
— d. Massage u. Bewegung 477.
Fremdkörper im Appendix, einen Blasenstein ver¬
tauschend 273.
Original from
UNIVERSI7YOF MICHIGAN
Sach-Register.
621
Fremdkörperverletzungen im Gefängnis 187.
Frische Eier, Bakterien in — 89.
Froschherz, Arbeit u. Gaswechsel 426.
Froschherzmuskel, Latenz bei elektr. Reaktion 425.
Frühdiagnose der Krebse des Verdauungskanals 243.
Frühgeburt, künstl., bei Beckenenge 283.
Frühstück in d. Schule 498.
Fundusdrüsen im Schweinemagen, Entwicklung 424.
Funktionelle Myopie 557.
Fürsorge f. tuberkuloseverdächtige Kinder 180.
Fußschoner 503.
Galle, Einfl. auf d. fermentative Fettsynthese 123.
Gallenblasenentzündung 530.
Gallensäuren, AbführwirkuDg 250.
Gallensteine, Indikationen zur Therapie 530.
— 8ymptome, Diagn. u. Behänd 1. 549.
Gallenwege u. Pankreas, Entwicklung b. Embryo 36.
Galvanisation d. Mundhöhle b.Trigem.-Neuralg. 462.
Galvanometrische Bestimmung von Elektro¬
lyten u. Harnstoff im Harn 44.
Gauglioneurom d. Mesenteriums 262.
— d. Sympathikus 128.
Ganglioneuroma retroperitoneale 75.
Ganglion Gasseri, Exstirpation 262.
— Resektion unter Beleuchtung 540.
Garnisonhygiene in Limoges 506.
Gärungsprobe bei 46° 309.
Gährungssacoharometer, neues 429.
Gasphlegmone b. Schrotschuß Verletzung 263.
Gastrische Krisen, operative Behandl. 548.
Gastritis b. Ulcus ventriculi 529.
Gastrodiaphanie u. Röntgenuntersuchung, Vergleich
458.
Gastf oenteroptosis 267.
Gastrointestinale Staso, Chirurg. Behandl. 550.
Gastro ptose u. Magenerweiterung, ohinirg. Behandl.
150.
Gastroptosebinde 245.
Gastrostomie 548.
Gastrulation b. Amia calva 113.
Gebührenordnung (preuß.) f. Ärzte n. Zahnärzte
296.
Geburtenrückgang in Deutschland (Buch) 519.
Geburtenzahl, Beschränkung (Buch) 321.
Geburtshilfe, praktische (Buch) 577.
Geburtsleitung b. engem Becken 170.
Geburtswege, Kasuistik u. Genese d. Verletzungen
170.
Gefäßerkrankungen u. hoher Blutdruck 452.
Gefäßerweiterung u. abnorme Hautreaktion 177.
Gefäßnaht, Technik 542.
Gefäßschutz b. Beckenoperationen 495.
Gefäßsystem d. Herzens 421.
Gefäßverändernde Substanzen 54.
Gefäßverbindungen in Ovarien 79.
Gefrierpunktsbestimmungam Mensohenhim 91.
Gehirnerschütterung mit Lumbalpunktion be¬
handelt 77.
Gehirngalvanisation 66.
Gehirnhöhlenentzündung, eitrige, Radikalope¬
ration 480.
Gehirntumoren, Symptomatologie 145.
Geisteskrankheiten, Benennung von — 71.
— n. Erblichkeit 70.
— Schutzmaßregeln gegen Verbreitung 71.
Gelbes Fieber 433.
Genitalleben, allgem. Beschwerden des weiblichen —
494.
Gerichtliche Medizin (Buch) 320.
— in Deutschland, Österreich, Dänemark 90.
Geschlechtsdrüsen u. Kalkstoffwechsel, Bezie¬
hungen 307.
Geschlechtskrankheiten im Heere u. ihre Ver¬
hütung 508.
Geschlechtsunterschiede 302.
Geschwülste b. Kaltblütern 314.
Geschwulstforschung in d. med. Chemie 121.
Geschwulstloh re, Grundprobleme 446.
Gesichtsfeld b. Tabes 489.
Gesundheit, öffentl., Chemie u. Bakteriologie (Buch)
512.
Ge websoxy dation, Messung in vitro 304.
Gewerbevergiftungen mit Berücksichtigung d.
Liebermannschen Blutprobe 452.
Gewichtsverluste, Behandlung b. Säuglingen 467.
Gewöhnung auf norm. u. pathol. Gebiet (Buch) 574.
Ghibli-Wind n. Gesundheit 498.
Gicht, Beobachtungen 137.
Gifte, gerichtl.-med. Nachweis (Buch) 295.
Giftsumach u. seine Wirkungen 236.
Giftsynergismus 228.
Gipstechnik, ärztliche (Buch) 322.
Glaskörper, extrazelluläre Leukozytenwirkung 488.
Glaubersalzwässer b. Nierenleiden 137.
Glaukomfrage (Buch) 96.
Glutin, biolytische Spaltung 307.
Glykogen d. Frösche b. Anoxybiose 300.
— nach Fütterung b. der Weinbergschnecke 123.
Glykogenstoffwechsel d. Weinbergschnecke (Helix
pomatia) 122, 307.
Glykosuriehemmung 233.
Gonokokkenkultur im strömenden Blute 434.
Gonorrhöe, Diagnose d. chron. — 433.
— kutane Reaktion 564.
— weibl., Vakzinebehandl. 160.
— Vakzinetherapie u. -Diagnose 179.
Gonorrhöebehandlung mit Antimeningokokken¬
serum 564.
Grawitz-Metastase im Lumbalmark 129.
Großstadt-Arbeit, Hygiene (Buch) 512.
Grubenarbeiter, Phthise der — 238.
Grundgewebe, latente Erkrankungen (Buch) 95.
Guanidine n. Albumosen, Beziehungen zum parente¬
ralen Eiweißzerfall 304.
Gummihandschuhe, Asepsis 285.
Gynäkologische Behandlung 164.
Gynäkologische Diagnostik, Neuerungen 285.
Gynäkologische Röntgenbestrahlungen, Tech¬
nik 497.
Hallux valgus, Behandl. 554.
Halluzinationen b. manisch Depressiven 70.
Halserkrankung, epidemische 491.
Halsfisteln u. -Zysten 479.
Halsreflexe 425.
Halswirbelsäule, Fehlen der — 541.
Hammer-Amboß-Gelenk, Ankylose 490.
Hammergriff, gelbe Flecke am — 84.
Hämatologie, klinische (Buch) 197.
Hämatologisches Taschenbesteck 61.
Hämin- u. Hämochromogenkristalle, vergleichender
Wert 500.
Hämoglobinophile Bazillen bei Konjunktivitis 81.
Hämolysinproduktion b. Geisteskrankh. 71.
Hämoperikard, traumatisches 58.
Hämoptö, Bedeutung 59.
Hämorrhagie des Uterus 160.
— zerebrale b. Neugeborenen 537.
Hämoglobinurie, globuläre 317. ^
— paroxysmale, klinische u. serolog. Untersuch. 253.
Handgelenksknochen, Verletzungen 553.
Harnantiseptikum, neues 521.
Harnapparat, Blutungen aus — 486.
Harnblasenkapazität in Schwangerschaft, Geb. u.
Wochenb. 569.
Harnblasensyphilis 272.
Harngiftigkeit b. Eklampsie 570.
Harnorgane, Röntgen verfahren bei Erkrank, der —
(Buch) 517.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Harnröbrenblutung, spontane im Kindesalter 275,
Harnsäurelöslichkeit u. Nahrungsmittel 43.
Harnstoffbestimmung, Korrektionsfaktor 305.
Harnstoffchlorid als Lokalanästhetikum 231.
Harnstoff-Wirkung auf die Nierensekretion 54.
Harntoxizität in Schwangerschaft, Geb. u. Wochenb.
281.
Harnwege, Infektion durch Kolibazillas 486.
Hautkrankheiten 177.
— Behandl. mit Aderlaß u. Koehsalzinfus. 560.
— b. Herzkrankh. 88.
Hautkrebse, multiple 560.
Hautstaphylokokken, Behandl. mit Vakzine 86.
Hauttuberkulose, Behandl. der — (Buch) 200.
— multiple 559. "
Hebosteotomien, Geburten nach — 166.
Hedonal, Nebenwirkungen 522.
Hedonalnarkose, intravenöse 55, 227.
Heidelberger Krebsinstitut (Buch) 511.
Heilstättenbehandlung 241.
Heilstätten frage 241.
Heine-Medinsche Krankheit 62.
Heliotherapie b. Chirurg. Tuberkulose 73.
Helligkeitswerte b. kurzen Wirkungszeiten 82.
Hemihyperidrosis u. paradoxe Schweißsekretion
559.
Hemiplegie, Respirationsstörung b. 456.
— postoperative mit Zerebralhernie 472.
He re do-Ataxie, zerebrale 69.
Hermaphroditismus de lege ferenda 550.
Hernia diaphragmatica congenitalis im Foramen Mor¬
gagni 269.
— pericardialis 50.
— umbilicalis, Laparektoraie b. — 153.
Heroinausscheidung u. -Gewöhnung 53.
Herzarhythmien 454.
Herzbeutelpunktion, Modifikation 58.
Herzerweiterung 58.
Herzkranke, psychische Störungen b. einer — 538.
Herzkrankheiten, Behandl. 58.
— neuere Forschungen 526.
— Einfluß des Geschlechts 58.
— u. Lungentuberkulose 239.
Herzmessung 236.
HerzneuTose, Diagnose u. Behandl. 527.
Herzpathologio 58.
Herzphasen, elektr. Registrierung 41.
He rzschallregi strierung m.Gelatinehäutchen526.
Herzschlagvolumen 528.
Herzstillstand b. Cheyne-Stobesschem Atmen 237.
Herzstreifschuss, ohne Herzbeutelverletzung 547.
Herzsymptom b. Meteorismus 137.
Herztätigkeit b, Erhängungstod 91.
. Herzverletzungen, operat. Behandl. 548.
Hexamethylentetramin gegen Infektionen 521.
Hexal 522.
Hintere Wurzeln, Durchschneidung 547.
Hirnabszess (abgekapselter), Enukleation 264.
Hirnaneurysmen 468.
Hirndruck 149
Hirndrucksteigernde Prozesse, Röntgenunter¬
suchung als Hilfsmittel b. Palliativoperationen 479.
Hirnhölilencntzündnng, eitrige, Radikaloperation
490.
Hirnpunktionen b. Hirntumoren u. Epilepsie 479.
Hirnrinde, chemische Reizung 303.
— histolog. Untersuchung intra vitam 441.
Hirnsklerose, tuberöse 445.
Hirntumoren, inoperable 77.
Hirnventrikel, Freilegung 148.
Hoden- und Nebenhoden Verletzungen 271.
Hodenektopie, Radikaloperation 271.
Hodenneuralgie u. Adhäsionen 469.
Hodgkinache Krankheit am Uterus 164.
Hohlräume d. Herzens, Druckschwankungen 302.
Hormonal u. chron. Verstopfung 234.
— Kollapswirkung 132.
— Nebenwirkungen 56.
Hornhaut, Antikörper 173.
Hörschärfe, Messung 84.
Hufeisenniere, Chirurgie der — 549.
Hüftgelenksankylose, doppelseit. 153.
Hühnerspirochätenübertragung auf Mäuse
126.
Hygiama zur Soldatenverpflegung 506.
Hygiene, Handbuch der — (Buch) 94, 516.
Hypernephrommetastase u. Knochenendotheliom,
Differentialdiagn. 438.
Hypersekretion, alimentäre, bei Ulcus ventric, 138.
Hypertrophie d. ganzen linken Körperseite 261.
H y po ge ne tiso b e Nephritis 253.
Hypophyse, Funktion 117.
— Pigment d. Hinterlappens der — 446.
— u. Genitale, Beziehungen 286.
— u. Stoffwechsel 450.
Hypophysenchirurgie 265.
Hvpophysenexstirpation, Folgen 471.
Hypophysenstiel 114.
ophysis u. Adiposit. hypogenitalis 447.
athologie der — 439.
H ypo physis tum o ren mit u. ohne Akromogahe
446, 447.
HysteriebehaDdlung im Kindesalter 466.
HysterietheoTie 259.
Ichthyol b. Lungentuberkul. 533.
1 mmunitätsforschung (Jahrbuch) 291.
Impetigo verrucosa 86.
Impfpusteln, verzögertes Auftreten b. Masern 464.
ln di kan im Urämikerblut 43.
Infantilismus b. Hypophysenerkrank. 147.
Infektionen, lokale Behandl. 538.
Infektionskrankheiten in Lybien 92.
Influenza-Meningitis, Serumbehandlung 70.
Influenzabazillus, Allgemeininfekt. 430.
Inguinalhernie, schräge, Behandl. 481.
Insekten, blutsaugende 310.
Insnfflation intratracheale 40.
Interessebetonte Erlebnisse u. Komplex¬
forschung 473. _
Internatserziehung, militär., Hygiene der — 509.
InterskapulaTgeräusche, diagnost. Wert 238.
Intestinale Obstruktion 56.
— Vergiftung 45.
Intraarterielle Therapie 521.
Iris, Durchlässigkeit f. Licht, im norm. u. kataraktosen
Auge 173.
Irrenarzt, Erinnerungen eines alten — (Buch) 516.
Ischämische Kontraktur 477.
Ischias, Diagnose u. Behandlung 147.
— Kochsalzinjektionen bei — 261.
Jahrbuch, therapeutisches 94.
Jahresbericht des Krankenhauses Sabbatsberg (Stock¬
holm) 94.
Jahreskrankenrapport d. Armee 92.
Jejunumkarzinom 268.
Jod, Antidot b. Karbolvergiftung 449.
— b. Operationswunden 74.
Jodival 523.
Jodmenthol, radioaktives b. Lungentuberkulose 59.
Jodoform in d. Augenheilkunde 84.
Jodostarin 230.
Jodtherapie, interne b. Augenkrankheiten 83.
Jodtinktur als Desinfiziens 263.
— Veränderung b. Lagern 186.
Jodtinkturflasche 544.
Jodverteilung im syphilit Gewebe 230.
Jucken u. Kitzeln 67.
Junger Mann, was jeder-zur rechten Zeit er¬
fahren sollte (Buch) 192.
Go gle
Original from
UNIVERSiTY OF MICHIG
Snch-Regiater.
023
Kachektiker, Ödeme der — 319.
Kaiserschnitt, extraperitonealer, Verlauf von Schwan-
gersch. u. Geburt 283.
Kaiserschnitt, Prognose 566.
— transperitonealer, zervikaler 165.
Kali-chloricum Pasten, Gebrauch 131.
Kalk u. Phosphorsäure im Dickdarm d. Säuglings 143.
— u. Phosphorsäurestoffwechsel b. Säugling 254.
Kalorien-Nahrung b. Tuberkulose 533.
Kalzium, Anwenduugsarten 450
— Beziehungen zu einigen Krankheiten 450.
— Vagus Wirkung 523.
Kalziumsalze u. Purinstoffwechsel 229.
Kammerkontraktion u. Vagusreizung 528.
Kampferöl in d. Bauchchirurgie 189.
Kampfer u. Pneumokokken 524.
Kaninchenhornhaut, Regeneration 172.
Kardiale dyspnöe, Atemmechanik 455.
— Geräusche im Kindesalter 256.
Kardiospasmus 247.
Kartoffeln, Verdaulichkeit 121.
Karzinom, Beziehung zu Ulcus rodens 87.
— Chemie des — 121.
Karzinoindiagnostik, serologische 313.
Karzinome d. weibl. Genitalien, Ursache u. Behand¬
lung 161.
Kaseinverdauung durch Pepsin 306.
Kassenärztliche Frage (Buch) 321.
Katastrophen, 'Wirkung auf das Nervensystem 90.
Katgutauflösung durch asept. Entzünd. 478.
Kauakt, Einfluß auf Mageninhalt 243.
Kehlkopfgelenke, Anatomie der — 421.
Kehlkopfinnervation u. Halsmark 69.
Kehlkopftuberkulose 174.
Keilbeinhöhlenmukozele 490.
Keloidakne, Pathologie der — 561.
Keratitis punctata b. Lepra 172.
— superficialis 558.
Keratom alazie 173.
Kernsubstanz, chromoidale in Leukozyten 48.
Kieferhöhle. Entfernung von Fremdkörpern 175.
Kind, Gesundheitspflege im Eltemhanse (Buch) 513.
— in Brauch u. Sitte der Völker (Buch) 195.
— Sorge f. das — vor d. Geburt 498.
Kinderlähmung, epidem. u. Schule 258.
Kindertuberkulose, Behandl. mit Tuberkulin 258.
Kindestötung, fahrlässige u. seine Geburt 501.
Kinnfisteln, Diagn. u. Ther. 545.
Klauenhohlfuß 157.
Kleiderschuß Verletzungen 502.
Kleinhirn brücke nwinkeltumoren, Labyrinth¬
veränderungen bei — 437.
Kleinhirnerkranknngen, Lokalisation 260.
Klimatologische Gesellschaft Amerikas (Buch)
574.
Klinische Krankenuntersuchung (Leidfaden)
577.
Klitoris, Lymphgefässe der — 289.
Klitorisepitheliom, Entfernung 289.
Knabenalter, Stoffwechsel im 254.
Knie-Blutergüsse, Behandlung durch Punktion 153.
Kniescheibe, angeborone Subluxation 552.
Kniescheibenbrüche, Behandl. 554.
Knochenbildung in Narben 543.
Knochenbrüche, blutige Behandlung 156, 276.
Knochendystrophie, posttraumatische 145.
Knochengelenk-Defekte, Behandl. nach Mosetig
556.
Knochen- u. Gelenktnberkulose, orthopäd. Behandl.
(Buch) 295.
Knochenmark, Wachstum in vitro 443.
Knochenneubildung durchPeriostemulsioninjektion
478.
Knochenplastik b. Amputationen 477.
Koagulationsbestimmung d.Blutes b.Ikterus 263.
Kobragifthämolyse u. Syphilis 46.
Kochsalzfieber 144.
Kohlehydratphosphorsäureester, Verhalten im
Organismus 306.
Kohlehydratstoffwechsel 97.
Kohlensäurebäder, Einfluß auf d. Blutdruck 463.
Kohlensäureschnee b. Hauttumoren 74.
Kollaterale Zirkulation, Bolle der Venen 544.
Kolon, angeborenes Fehlen 51.
Ko mmando stimme, Erkrankung der — 92.
Kompres8ivmyelitis 146, 262.
Kongenitale Syphilis 537.
Konservierungsflüssigkeit b. Vergiftungen 235.
Konstitution als Krankheitsursache 316.
Kontinenz, Wiederherstellung nach Excisio recti
carcinom. 270.
Kontraktionsfähigkeit des Herzens, Einfluß ver¬
schiedener Substanzen 118.
Konvulsionen d. Kindesalters 257.
Kopfarterien von Talpa europaea 36.
Kopfhaltung, Einfluß auf Pulsw.elle 42.
Kopflichtbad 138.
Kornealgewebe, transparente Regeneration 83.
Koronarkreislauf am Herzen in situ 301.
Krampfadern, Pathogenese n. Behandl. 278.
Krankendienst in den französischen Armeen 184.
Krank Versicherung, nach der R. V. 0. (Buch) 296.
Kranzarterien, Folgen piötzl. Abschließung 441.
Kreatin im Stoffwechsel des Ulterus 44.
Kreatin inproduktion d. Bakterien 433.
Krebs, Therapie durch medikament, Mittel 451.
Krebsleber, ehern. Zusammensetzung 437.
Krehsverhütung, Statistik 314.
Kreislaufskrankheiten, Diagnostik 528.
Kreislauf u. Schwangerschaft 166.
Kriegschirurgie, Leitfaden der — (Buch) 520.
Kriegssanitätsformation, Neugliederung 189.
Kropf 148.
Kropfoperation 76.
Kuhmilch, Schwankungen in der Zusammensetzung
119.
Künstliche Frühgeburt b. Diabetes 165.
Kurarin u. markhalt. Nerv 234.
Kutanreaktion b. Syphilis 562.
Kystombildung aus Zystenleber u. -Niere 445.
Ky stophotographie (Lehrbuch) 517.
LaboratoriumBhilfsbuch 291.
Labyrinthaffektionen, sekundäre, Mittelohr¬
eiterungen bei — 85.
Labyrinthärer Spontannystagmus 85.
Labyrinthfenstermembran, Entzündung 490.
Labyrinthitis, eitrige u. Kleinhirntumor, Differen¬
zialdiagnose 145.
Labyrinthkapseldefekte, Pathologie 490.
Labyrinthreflexe 425.
Laparo-Thorakoskopie (Buch) 321.
Laparotomie, transpleurale 151.
Laryngoskopie b. Kindern 536.
Larynxexstirpation b. Katzen, Technik 38.
Leben, einfaches, im Heere 506.
Leberabszeß 149.
Leberadenom, malignes embryonales 257.
Leberatrophie, akute gelbe 250.
Leber- u. Gallenwege-Verletzungen (Buch)
518.
Leberinfarkte, posttraumatische, anämische mit
Kapselruptur 129.
Leberkarzinom, primäres 129.
Leberkrankheiteu (Buch) 321.
Leberpuls, aurikulärer, Bedeutung 528.
Leberresektion 151.
Lebersyphilis, tertiäre 562.
Lebertran, weißer u. gelber 64.
— b. Rachitis 64.
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624
Sach-Register.
Leberverletzungen 549.
Leichenfauna 500.
Leiomyoma vesicae 272.
Leishm ania-Anämie b. Kindern 257.
Leistenbruch, schräger, Behandlung 552.
Leitungs anä sth esie 543.
Lepra, KomplementbinduDgsreaktion bei — 559.
— mit tuberkuloiden Gewebsveränderungen 178.
— Ursprung der 178.
Lessiiin-Prireysche Reaktion 428.
Leukämie, Benzolbehandlung 60.
— u. Lymphosarkom, diffus infiltrierende Form 444.
Leukämiebehandlung m. Benzol 135.
Leukozytosen d. Zerebrospinalflüssigkeit d. Syphi¬
litiker 581.
Leukozyten, Zahl bei Gesunden 137.
Leukozytenanhäufung b. epidemischer Zerebro-
spinalmeningitis 539.
Leukozytenformel, Beeinflussung durch Hypno-
tika 451.
Leukozytengranulationen, Ultramikroskopie der
— 438.
Levator-Fasziennaht, Anatomie u. Technik 285.
Lezithin u. Stoffwechsel 44.
Lichen albus Zumbusch 178.
Lichtbäder, Einfluß auf Temperatur u. Blutdruck 138.
Ligamentum-infundibulo- coli cum 315.
Linie alba, seltene Bruchform der — 552.
Linkshändigkeit in d. Armee (Buch) 196.
Linsenkern, totale Läsion ohne motor. Aphasie 262.
Linsenkernsyndrom 540.
Lipaemia retinalis 83.
Lipoiddystrophia progressiva 67.
Lipoide, doppellichtbrechende in Geschwülsten 130.
— des Nervensystems 122.
Lipoidgehalt d. Plazenta 168.
Liquor cerebrospinalis, chemische Zusammensetzung 66.
— Zytologie 539.
Liquor Hydrast „Bayer“ 53.
Lokale Prozeduren, Wirkung auf Blut 452.
Lordotische Albuminurie 252.
Lues-Paralysefrage 475.
Luftkompressor im Krankenhaus 463.
Luftröhrenersatz 266.
Luftuntorsuchungen 499.
Lumbalpunktate, Untereuchungsmethode 264.
Lumina! b. Epilepsie 132.
— b. Geisteskranken 70.
Lungen, phylogenet. Entwicklung 422.
Lungenchirurgie 152.
Lungenochino kok ken , Diagnose 527.
Lungengangrän, nach Magendarmresektion 268.
Lungengobiete, Durchblutung nicht atmender 456.
Lungenheilanstaltsärzte, Verhandlungen der
Vereinigung der — 575.
Lungen krankheit im Kindesalter, Ernährung,
Therapie 466.
Lungenödem, Therapie 531.
Lungenpathologie 51.
Lungenschwindsucht, Pathol. u. Therap. (Buch)
510.
— Vorkommen b. jüdischer u. christl. Bevölkerung 52.
Lungenspitzenemphysom b. Tuberkulose 239.
Lungensyphilis u. ihre Behandlung 179.
Lungentuberkulose, Areen u. Digitalis bei — 448.
— Behänd!, m. Alttuberknlin 59.
— Blutuntersuchungen 59.
— Brustmaße 59.
— u. Diabetes 533.
— Diagnose beginnender 238.
— Frühdiagnose 59.
— Frühdiagnose u. Heilstätten wähl 532.
— Fürsorge f. entlassene Fälle 240.
— Inhalationsbehandlung 533.
— Jodtherapie 241.
Lungentuberkulose, Muskeltätigkeit u. Arbeit 60.
— künstl. Pneumothorax 59.
— Sekundärinfektion 533.
— spezif. Behandlung 242.
— Verlauf 248.
Lungentuberkulose-Behandlung im Flachland
u. Hochgebirge 59.
— mit Sputumfiltrat 59.
Lungentumoren, Frühdiagnose 52.
Lungenuntersuchung, ßchutzmasken bei — 243.
Lupus vulgaris, Physiotherapie 493.
Luxationen im talo-navical. u. Lisfranoschen Gelenk
484.
Luratio testicnli traumatica 481.
Lymphogranulomatose 60.
Lymphogranulomato8i8 315.
Lymphorrhagien d. Augengrundes 489.
Lymphosarkom d. Lippe, ulzeriertes 561.
— Verwechselung mit leukämischen Tumoren 148.
Lyssa, Hoegyesssche prophylakt. Methode 447.
Macroglossia congen. fibromatosa 546.
M agen, BewegungsVorgänge am pathologischen — 528.
— Ernährung d. gesunden u. kranken (Buch) 293.
— Sanduhrform 246.
— u. Duodenum, Chirurg. Pathologie 248.
Magenblase, Bedeutung 529.
Magenblutungen, versteckte 245.
Magendarmkrankheiten, Röntgendiagnostik 61.245.
Magenerkrankungen 245.
Magenerweiterung nach Mastoides-Trepanation245.
— u. Geburten 566.
Magengeschwür, Pathologie u. Therapie 458.
Magengeschwüre, Beziehungen zu Melaena neona¬
torum 463.
— d. kleinen Kurvatur 246.
Mageninhaltsstauung 246.
Magenkrankheiten (Buch) 293.
— diagnost Hilfsmittel 244.
Magenkrebs, Chirurg. Behandlung 150.
Magenmotilität, duodenale 247.
Magenresektion, Stumpfversorgung 548.
Magen-Röntgenuntersuchung, neue Methodik
479.
Ma gensaftanaphylaxie 313.
Magensalzsäure b. Nierenentzündungen 529.
Magen Schleimhaut, heterotope im Dünndarm 130.
Magensekretion u. Magenfermente b. phosphor-
vergifteten HuDden 51.
Magensyphilis 562.
Magen Verbrennung d. Säuren 244.
Malaria, Bezieh, zur Dysenterie 455.
— eigentümliche Parasiten bei — 310.
Mal ariaepidemie in Berkana 507.
Malaria-Präventivmaßregeln in Hyderabad 507.
Mammakarzinom, Metastasen nach — 546.
Mandibula, Totalersatz 75.
— des Homo Heidelbergensis 37.
Mandibuia-Exartikulation 545.
Marmorek-Serum b. Lungentuberkulose 534.
Masernexanthem 258.
Masernübertragung 258.
Massage, Einfluß auf d. Augendruck 172.
— d. Hautkrankheiten 491.
Massagetechnik (Buch) 322.
Massenblutungen ins Nierenlager 550.
Mastdarmperforation b. Rektoskopie 552.
Mastdarmprolapse, Operationstechnik 151.
Mastisol, Asepsis im Kriege usw. 189.
Mastitisstreptokokken 45.
Mastoiditis u. Otitis, Stauungtherapie 491.
Mäusefavus b. Menschen 559.
Mechanik d. Magens, Beobachtungen 61.
Mediastinoperikard itis. durch Kardiolyse be¬
handelt 528.
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Sach-Register.
625
Medizinalarohiv für d. deutsche Reich (Buch) 578.
Medullarkavität nach bulbärer Kompression 469.
Medullarreflexe, automatische 145.
Mehlnährschaden d. Säuglinge 255.
Meiostagminreaktion, Verbesserang 48.
Mekonium, gerichtsärztliches 90.
— spektrophotograph. Versuche des — 122.
Melanose, umschriebene b. Karzinom 493.
Melubrin 133.
Meningeale Hämorrhagien, Gefäßverletzung bei
— 261.
Me ningitis, akute geheilte 469.
— serosa circumscr. cerebral. 470.
— mit Gehirnstöningen 147.
— u. erworbener Hydrozephalus 145.
— tuberculosa 66.
Meningokokkämie 539.
Meniskusverletzungen 554.
Menstrualflüssigkeit u. Vaginalsekret, ehern. Zu¬
sammensetzung 81.
Menstruatio praecox 290.
Mesenterialdrüsen tuberkulöse, Appendizitis
vortäuschend 534.
Mesenterialgeschwülste 150.
Metatarsalgie, vordere 145.
Metatarsalknochen, Fraktur b. langen Märschen
553.
Meteoristische Unruhebilder 137.
Meteorologische Beobachtungen in d. Balneo¬
logie 463.
Methylalkohol, akute Erblindung 131.
Mik rofilarien b. Menschen 430.
Mik roskopisohe Technik (Taschenbuch) 519.
Milch, gepulverte (Militärmed.) 505.
Mi lchfrage 500.
Milchsekretion, Steigerung durch Eiweiß 120.
— Steigerung durch Eiweißernährung 463.
Milchuntersuchung u. Kindersterblichkeit 65.
Milchzucker d. Frauenmilch 464.
Miliartuberkulose, allgem. (Buch) 516.
Militärarzt, Weihiuschrift eines altrömischen 186.
Militärmedizin, Vorträge 503.
Milz, mit Röntgenstrahlen vorbehandelte — bei Tuber¬
kulose 532.
Milzbrandkeime in StaUjauche 46.
Milzchirurgie 550.
Milzrupturen, spontane 550.
Milzzysten 269.
Mineralsubstanzen im Tierkörper 427.
— Wirkung der — 307.
Mischgeschwulst d. Parotis 314.
Mißbildungen, einschl. Knochen- u. Gelenkkrankh.
(Buch) 96.
Mißgeburten, Theorien d. Entstehung 51.
Mistel als blutdruckherabsetzendes Mittel 53.
Mittelfellraum, Eröffnung d. mittleren 76.
Mittelohreiterung (chron.) mit Cholesteatom 175.
Moeller- Barlowache Krankheit 537.
Moorbadbehandlung b, Frauenleiden 78.
Morbus Basedowii 265.
Morbus Brunogallicus (Bach) 519.
Morphin n. Kardioektomie 227.
Mortonsche Krankheit 145.
Muchsche Granula, Bedeutung 239.
Müller- u. Wolffsche Gänge beim Rind 113.
Mund- u. Nasenatmung 302.
Mundhöhlen- u. Speiseröhrenerkrank. (Buch) 517.
Musik u. Nerven (Buch) 294.
Mu9kel, rheumatisch erkrankter 457.
Mnskel- u. Gelenkerkrank., Behandl. d. Übung 457.
Muskelmechanisohe Erscheinungen nach dem
Tode 471.
Muskeln, Ermüdung gereizter — 425.
Muskelübungen u. frische Luft, Beeinflussung d.
Körperfunktion 498.
Schmidts Jahrb. Bd. 317. H. 6.
Mut, Der — zu sich selbst (Buch) 578.
Mutationserscheinungen b. Bakterien 432.
Mykotische Erkrankung d. oberen Extremität 190.
Myographie, intraabdominelle — bei Prolapsus recti
551.
Myokarditis, rheumatische 317.
Myome, Röntgen behandl. 288, 289.
Myomnekrose in d. Schwangerech. 288.
Myopiefrage 557.
Myotonia congenita 466.
Myxosarkom d. Magens 529.
Nabelschnur, Vorfall 166.
Naevusbehandlung 87.
Nagelerkrankungen 178.
Nagelextensionsbehandlung 157.
Nagelkrankheiten 87.
Naheschnßerscheinungen 501.
Nahrungsmittel tabeile für Diätverordnungen (Buch)
95.
Nahrungs- u. Eiweißbedarf im Kindesalter 64.
Napoleon in Rußland 183.
Narbenepitheliom 561.
Narkophin 133.
— in der Gynäkologie 565.
Narkose 264.
— intraperitoneale 157.
— b. verkleinertem Kreislauf 74.
— b. verklein. Kreislauf 543.
Narkossarten, neue, in d. Gynäkologie 496.
Narkotikagemische 227.
Nasenhöhlen, Bildung der — 297.
Nasenhöhlenerkrankungen, Röntgendiagnostik
478.
Nasenmusohein, Entwickelung 420.
Nasentuberkulose, Diagnose u. Therapie 491.
Natriumchlorid, Einfluß auf die Magensalzsäure
122 .
Natriumkarbonat, Wirkung auf bas. Farbstoffe 447.
Nebennierenerkrankungen (Buch) 293.
Nebennieren, Insuffizienz 531.
— Rolle b. Infektionskrankh. 464.
— Studien über — 427.
Nebenniereninsuffizienz b. Tuberkulösen 140.
Nebennierenzyten 131.
Nebenschilddrüsen u. Schilddrüsen, Beziehungen
118.
Neosalvarsan 232, 521.
Neosalvarsaninfusionen 232.
Nephrektomie, doppelseitige, u. Repläntation einer
Niere 152.
Nephritis, akute skarlatinöse, interstitielle 460.
— akute infektiöse 531.
— Chirurg. Behandlung 270.
— chronica, Behandlung 139.
— neuere Anschauungen 252.
— u. syphil. Schanker 563.
Nephrolithiasis gigantica 460.
Nerven der Arterien, zentripetale 117.
' — Im Kampf um gesunde — (Buch) 578.
Nervenermüdung heim Frosch 116.
Nervenfasern, Isolierung 468.
Nerven- n. Gehimkrankh., chemische Untersuch. 260.
Nervensystem, Bau u. Verrichtungen (Buch) 294.
— bioohem. Untersuch. 427.
Nervenzentra nach langdauemden Reizungen d.
sensiblen Nerven 116.
Nervenzentren, Ermüdung 424.
Nervöse Unfallfolgen, Heilbarkeit (Buch) 575.
Nervosität u. Weltanschauung (Buch) 578.
Nervus octavus b. Parotitis epidem. 175.
Netzhantabhebung, Therapie 174.
Netzhautgefäßverkalkung, diagnostisch 489.
Netzplastik b. Dickdarmresektion 151.
Neubildungen im Rektum 51.
79
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626
Sach-Register.
Neugeborene, Pathologie u. Klinik 537.
— Pflege n. Ernährung 573.
Neurologie des Auges (Buch) 519.
— f. Ärzte (Buch) 93.
Neuromyotonische Reaktion b. Syringomyelie
259.
Neurorezidive 68.
Neurosen nach Unfällen (Buch) 577.
Niere, gesunde u. kranke, Kochsalzausscheidg. 252.
Nierenbecken, Mischgesehwiilst 128.
Nierengeschwulst b. Hermaphroditen 50.
Nierenkrankheiten, Diätetik bei — 254.
Nierenpathologie, vergleichende 127.
Nierenprüfung mit Phenolsulfonphthalein 251.
Nierenruptur o. Kindern 66.
Nierentuberkulose (unilaterale) ohne Lokalisations-
symptome 272.
Nierentumor, primärer bilateraler 440.
Nierentumoren, primäre 274.
Nikotinursäure 119.
Noviform in der Chirurgie 451.
Nystagmus, willkürlicher 173.
Oberarmfraktur b. Spontangeburten in Schädellage
168.
Oberarm köpf, seltene Frakturen 276.
Oberarmkopffrakturen u. Luxationen 485.
Oberschenkelbrüche, Behandl. 277.
Oberschenkelfraktur, spontane bei Knochenatrophie
156.
Oberschenkelfrakturen, Steinmannsche Behandl.
280.
Obstipation, chron., Untersuchung mit Röntgenstrahlen
137.
Ochsenhorn in der Knochenplastik 73.
Ödem, durch Säuregehalt der Gewebe zu erklären 437.
Ösophagus, Stenosenbehandlung 480.
ösophagoplastik 548.
Ohr, pathologische Anotomie (Buch) 576.
Ohrenheilkunde, gelöste u. ungelöste Aufgaben 176.
Olivenöl zur Verhinderung d. Erbrechens nach d. Nar¬
kose 244,
Oosporosen-Otitis media 438.
Operationen d.Verdauungstraktus, Indikadionen 457.
Operative Gynäkologie (Buch) 192.
Opiumalkaloide, Wirkung auf den überlebenden
Darm 57.
— Wirkung 450.
— kombin. Wirkung 134.
Opiumranoh, Bestandteil 56.
Opiumvergiftung, Behandl. mit farad. Strom 450.
Opiumwirkung 134.
Opsonischer Index, Bestimmung 313.
Organerkrankungen, Einfl. von — auf Extrakt¬
werte b. der Wassermannschen Reaktion 435.
Organextrakte, normaler n. hungernder Tiere, Giftig¬
keit 436.
Organische Gehirnkrankheiten, Diagnostik 75.
Organisohe Lähmungen zentralen Ursprungs 471.
Organismus als kalorische Maschine (Buch) 199.
Orthodiagraphie d. Herzens 455.
Orthopädie, moderne, Erfolge 157.
Orthotische Albuminurie, Pathogenese 251.
Osmotischer Druck bei Rana temporaria bei d. Ent¬
wicklung 119.
Os naviculare carpi, Fraktur 554.
— Subluxation 485.
— Tuberkulose des — 478.
Osteo-Arthropathie 155.
Osteoartropathie hypertrophiante 440.
Osteomyelitis beim Säugling 141.
0 varialfunktion, Physiologie u. Pathologie 158.
Ovaradentriferrin 524.
— b. Dysmenorrhöe 234.
0 varialtuberkulose 161.
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Ovarialtumoren, abdom. Operation 290.
— epitheliale, Einheitlichkeit 565.
Ovarialzysten, Entfernung 290.
— Stieldrehung bei der Geburt 290.
— vaginale Punktion bei d. Geburt 290.
Ovarien, Einfluß auf d. respirator. Stoffwechsel 78.
— Jodgehalt der — 132.
Ovariotomie, Einfluß auf d. Menstruation 162.
Ovarium, physiolog. Funktion 566.
Oxaluria dolorosa 138.
Oxalurie m. Häematurie 272.
Oxyphile Zellgranulationen 49.
Oxyproteinsäureaussoheidung 305.
Pankreas, akzessorisches 248.
Pankreasadenom 50.
Pankreasdiagnostik, funktionelle, Wert der Me¬
thoden 248.
Pankreaserkrankungen u. Gallensteine 152.
Pankreasexstirpation 43.
Pankreaslymphangitis 150
Pankreassekretion 462.
— u. Amylolyse des Kotes 123.
— Physiologie der — 300.
Pankreas Verletzungen, subkutane 267.
Fankreaszyste 151.
Pankreaszysten, Bewertung der Röntgenbilder bei
— 62.
Pantopon b. Wehen 227.
Papilla duodenalis, Karzinom 152.
Papilloma durum d. Siebbeingegend, Entfernung
nach Denker 175.
Paradoxe Albuminurie u. Urobilinuxie bei organ.
Trikuspidalerkrank. 138.
Paraffininjektion b. Incontinentia urinae 272.
Parakeratosis variegata 178.
Paralyse, allgem. b. Kindern 537.
— allgem., expansive Formen 70.
— juvenile 73.
Paralytische Symptomen b. schleichender Menin¬
gitis 468.
Paranephritischer Abszess u. Furunkulose 74.
Paranoia acuta 474.
Parapsoriasis en gouttes 178.
Paratyphus, Immunisierung gegen — 507.
Paratyphusbazillen, Infektionsverlauf 431.
— Pyelonephritis u. Nephrolithiasis durch — 252.
Parenchymatöse Organe, rückläufige Durch-
strömung 301.
Parendomycosis Balzeri 493.
Parotistumor, enormer 76.
Parotitis u. Blinddarmoperat 249.
— suppurativa 545.
Paroxysmale Hämoglobinurie 459.
Pasteurisation d. Milch 536.
Pelvithermie 78.
Peptisches Ferment im Harn 306.
Pepton, Einfl . auf d. Zuckerbestimmung nach Fehling 42.
Periostalreflexe 261.
Periphlebitis retinalis, Tuberk. als Ätiologie 173.
Peritonealblutung durch Reißen eines Grafschen
Follikels 79.
Peritoneale Infektion b. gynäkol. Laparotomien.
Prophylaxe 414.
Peritonealtumoren, zystischen, karzinomatöse49.
Peritoneum, Einheilnngsvorgfinge 442.
Peritonitis, gynäkologische 161.
— tuberculosa, Prognose 141.
Peritonitisbehandlung durch Darmfistel 189.
Perkussion u. Auskultation (Buch) 577.
Peroxydase u. Katalase 232.
Pestbazillus, Vitalitätsdauer 431.
Pfortader, kavernöse Umwandlung 130.
Phänomen, optisches, bei Betrachtung gestreifter
Flächen 82.
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UNIVERSITYOF MICHIGAN J
Sach-Register.
627
Pharraacopoea U. St., Kommentar 1910 (Buch) 295.
Pharmakody namische Probleme 525.
Pharmakologie, Lehrbach der — 195.
Pharynxhypophyse 114.
Pharynxkarzinom, Radiumbehandlung 149.
Pharynxkarzinomfälle 265.
Phlegmone, perinephritische 531.
Phloridzin, Einfluß auf d. Nierenarbeit 524.
Phosphor (organ.) b. Magengeschwür 246.
Phosphatid als Tuberkutinaktivator 428.
Physikalische Chemie u. gerichtl. Medizin 91.
Physiologie des Lärms 119, 307.
Physostigmin b. Tachykardien 527.
Pigmentationen, Systematisierung 559.
Pignetsche Formel 186.
Pilzerkrankungen, interess. Lokalisationen 493.
Pinealorgan, Histogenese 423.
Pirquetsche Reaktion b. Chirurg. Tuberkulose73.
Pituglandol u. Hypophysenextrakt in d. Geburts¬
hilfe 571.
Pituitrin in d. Geburtshilfe 166, 167.
— als Tonikum 231.
— als Wehenmittel 167.
— Nebenwirkungen 56.
Pituitrin Wirkung 449.
Plasmazytom d. Zunge 164.
Plattfußbehandlung 555.
— mit pneumatischen Sohleneinlagen 157.
PIatzpatronen-SchußVerletzung des Bauches 189.
Platzpatronenschuß, Selbstmord 189.
Plazenta, Glykogenanhäufung 495.
— sekundäre Karzinose der — 443.
— praevia, Pathologie u. Therapie 568.
Plazentarlösung, manuelle 168.
— vorzeitige 281, 572.
Plazentarverletzungen bei Albuminurie u. Eklam¬
psie 568.
Pleuraempyen, Chirurg. Behandl. 547.
— b. Säuglingen 144.
Pleuritiden, balneol. Nachbehandl. 138.
Pleuritis, künstl. b. Lungentuberkulose 240.
Plexus brachialis, Anästhesierung 155.
Plexus brachialis-Lähmung, doppelseitige 468.
— chorioideus b. Geisteskrank^ 71.
Pneumokokkenmeningitis, zerebrospinale, b.
Neugeborenen 537.
Pneumokokkenvulvovaginitis b. Kindern 164.
Pneumonie, Peritonitis vortäuschend 48.
Pneumothorax, Diagnose 456.
— nach Probepunktion 153.
— Autoserotheiapie 125.
— künstl. b. Lungentuberkulose 240.
— künstl. 528, 532.
— künstl. b. Kindern 467.
— künstl., Technik 547.
— b. Lungentuberkulose 266, 461.
Poliomyelitis acuta 67.
Polyneuritis gallinarum 440.
Polyzythämie u. Plethora 61.
Potentia generandi trotz tuberk. Epididymitis 240.
Praktische Chirurgie (Handbuch) 512.
Präperitoneale Lagerung operierter Darmschlin¬
gen 269.
Primaten Wirbelsäule 38.
Processus styloid. uln., Fraktur 277.
Progressive Paralyse, TuberkuJinbehandlung 241.
Projektile, embolische Verschleppung 542.
Proktitis, eosinophile 459.
Prostata, Anatomie 275.
— Lipoide der — 274.
Prostataerkranknngen 485.
Prostatahypertrophie 275.
— d. Hoden bei — 486.
— Röntgenbestrahlung bei — 275.
— n. deren Therapie 486.
ProBtatektom ie 275.
— nach Wüms 482.
— suprapubische 486.
Prostatismus, Organotherapie 274.
Prostitution (Buch) 295.
Protein-Überempfindlichkeit 47.
Proteolytische Fermente, Wirkung auf Klupein
305.
Prothäm i n 234.
Protozoen-Parasiten 430.
Pruritus ani, Behandl. mit Röntgenstrahlen 62.
Pseudoskleroseähnliche Krankheit 146.
Pseudoleukämie, lymphatische 60.
Psoriasis 87.
Psychiatrische Diagnostik (Buch) 200.
Psychiatrische Untersuchungsmethodea,
Bedeutung 473.
Psychische Epilepsie, Triebhandl. b. — 260.
Psychische Grenzzustände (Buch) 192.
Psychoanalytische Theorien 72.
Psychogene Erkrankungen b. Kindern 144.
Psychogenetische Symptome in d. Gynäkologie
495.
Psychopathia sexualis (Buch) 514.
Psychopathische Persönlichkeiten, gegen¬
seitige Anziehung 500.
Pubiotomie 284.
Pulmonalarterie, Blutdruck in der — 42.
Pulsform in elast. Arterien 453.
Pulsfrequenz, Änderung d. Atmung 527.
Purinstoffwechsel 304.
— b. Affen 44.
— b. Menschen 42.
Purpura mit zerebraler Hämorrhagie 560.
Pyelitis, Behandlung der — 460.
Pyelonephritis in d. Schwangerschaft 165.
Pyelotomie b. Nierensteinen 271.
Pylorop lastik 153.
Pylorusdehnung ohne Operation 250.
Pyloruserweiterung ohne Operation 152.
Pylorusre fl ex gegenüber Gasen 245.
Pyopneumothorax, tuberkulöser 533.
Pyosalpinx, Platzen d. Trauma 565.
Pyrogallolpflaster, verstärkte reduz.Wirkung492.
Quarzlampe, Handhabung u. Wirkung (Buch) 196.
Quecksilbersalizylat-lnjektion b. Syphilis 562.
Quecksilberwirkung auf d. Parotis 523.
Rachitis in Deutsch-Ostafrika 65.
— Wesen der — 65.
Radikaloperation nach Wertheim 163.
Radioaktivität in d. Balneotherapie 137.
Radium u. Thorium (Buch) 512.
Radi um d e rmati ti s u. -Neuritis chron. 561.
Radiusfraktur, subkutane, Diagn. u. Therap. 276.
Rassenhygiene u. VoLksgesundheit (Buch) 575.
Realenzyklopädie d. ges. Heilkunde (Buch) 510.
Rechts- und Gesetzeskunde, ärztliche (Buch) 321.
Reflexbewegung, merkwürdige 146.
Refraktionsbestimmung (subjektive) Hypermetroper
489.
Reizbildung u. Reizleitung am Säugetierherzen, Be¬
ziehung zum Muskelgewebe 39.
Reizleitung im Nerven 117.
Rektumprolaps, Pathogenese u. Therapie 270.
Resisteuzbestimmung roter Blutkörperchen 41.
Respirationsversuche, nüchtern u. nach Eiwei߬
zufuhr 426.
Retroperitoneal-Sarkom 484.
Rezidive, syphilit, am Auge nach Salvarsanbehandl.
82.
Rheuma ti sehe Infektion (Erreger) b. Kindern 64.
Rhinitis chron. atrophicans foetida, Behandl. 84.
Rhinoplastik, totale 545.
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628
Sach-Register.
Rivaltasche Reaktion 48, 51.
Rockefeller-Institut, Studien (Buch) 511.
Rohr- u. Milchzucker, Untersuchungen am Hunde
144.
Röhrenknochenzysten 158.
Röntgenbestrahlung in d. Gynäkologie 495.
Röntgenliteratur (Buch) 199.
Röntgenstrahlen b. Chirurg. Tuberkulose 556.
Röntgentaschenbuch 194.
Röntgenverfahren in d. Kinderheilk. (Buch) 293.
Rotz, Agglutinationskomplementbindungsmethode 435.
Rückenmarksgeschwulst, abdominaler Sym-
ptomenkomplex 468.
Rückenmark, subakute Degeneration 471.
Rückenmarksgliom mit Metastasen 540.
Rückenmarksverletzungen, operative Behandl.
190.
Rückenmarks wu rzeln, Resektion bei spastischen
Lähmungen 485.
Ruhrerkrankungen, bakteriol. Befunde bei — 308.
Rumuntersuchungen 186.
Saccharomyces, experimentelles über — 435.
Sadismus u. Masochismus (Buch) 192.
Sakraldermoid 484.
Salvarsan b. Hühnerspirillose 42.
— b. Nervenkrank!). 540.
— u. Auge 557.
u. Therapie d. Zentralnervensyst. 69.
— u. Wassermannsche Reaktion 88.
u. Quecksilber 88.
— u. Neosalvarsan, Vergleich 531.
Salvarsanbehandlung b. Lepra 493.
Salvarsanfieber 52.
Salvarsan-Quecksilberbekandlung d. Syphilis
563.
Salvarsantod, Untersuchungen 231.
Salvars an Wirkung auf Auge u. Ohr 85.
— u. -Schäden 52.
— Unsicherheit der — 88.
Salzsäurenachweis ohne Sonde 244.
Sammelspucknäpfe 508.
Sanduhrmagen, intermittierender 61.
Sanitätsbericht, preuß., sächs. u. württemb. 502.
Sanitätsdienst, Instruktionen für den schweizerischen
— 188.
Sanitätsstatistischer Bericht, des Heeres (1910)
92.
Sapheno-femorale Anastomose 279.
Sarkomatose (multiple) der Knochen 73.
Sarkom, fibrilläres, der Nase 561.
— (u. Karzinosarkom) d. Uterus 287.
Sarkomatose Veränderungen in Myomen 287.
Sarkome, primäre, des Intestinums 484.
Sattelnase u. Rippentransplantation 77.
Sauerstof f-Atmungsgeräte 185.
Säuglingsernährung (Buch) 191.
Säugling, Lehrbuch der Krankheiten des — 294.
Säuglingspflege 63.
Säuglingssterblichkeit u. Bekämpfung 498.
— in Berlin im Sommer 1911 258.
— in Schleswig-Holstein (Buch) 293.
— u. Wohnungsfrage 66.
Saure Milch b. Lungentuberkulose 240.
Schädel von La Chapelle-aux-Saints 37.
Schädelbrüche, perkutorische Diagnose 267.
Schädelimpressionen bei Neugeb., chir. Behandl.
283.
Schädelskelett von Vipera aspis 297.
Schädelverletzungen, chir. Behandl. 545.
Scharlach, Bakteriologie bei — 46.
Scharlachbehandlung mit Antistreptokokkenserum
313.
Scharlachexauthem, Funktionsstörungen d. Ge¬
fäßsystems d. Haut 63.
Go gle
Scharlachnachkrankheiten an Leber u.Pankreas
318.
Scharlachproblem 465.
Scharlachrot b. Granulationen 56.
— b. Wunden 543.
Schauta-Wertheimsche Operation bei Uterus¬
vorfall 78.
Scheide, Fehlen der — 164.
Scheidenkrebs, Radikaloperation 288.
Schenkelbruch, Vorteile der Inguinalmethode 581.
Schichtstarbildung durch 4 Generationen 83.
Schilddrüsenerkrankungen in d. Schwanger¬
schaft 571.
Schilddrüsen- u. Nebennierenprodukte, Einfl. auf
d. Innervation d. Schilddrüse 302.
Schilddrüsenexstirpation, Blutserum- u.Ham-
veränderung nach — 428.
Schlachtfelder, Entgiftung 507.
Schläfenlappen, Tumor des — 471.
Schlagw etter Vergiftungen 235.
Schulterluxation, habituelle 553.
Schwachsinnige Kinder, Größe u. Gewicht 472.
Schwangerschaft, extraamniale 573.
Schwangerschaftspyelonephritis, Eingriffe
569.
Schwangerschaftsunterbrechung b. Lungen¬
tuberkulose 569.
Schwefelreaktion nach Salomon-Saxl 123.
Schwefelreaktion Saxls b. Karzinom d. Ver¬
dauungsorgane 429.
Schwindel, diagnostischer 538.
Sclerodermia circumscripta 178.
Secacornin 169.
Sectio alta, Naht bei 271.
Sectio caesarea vaginalis 284.
Sehen u. Bewegungen 556.
Sehfunktionen, StÖruugen der — (Buch) 198.
Sehnennaht, Zugfestigkeit u. Resistenz 484.
Sehnenscheidenphlegmone, Stauungsbehandl.
541.
Sehschärfe u. ihre Prüfung (Buch) 191.
Seifen, Einwirkung auf d. Haut 87.
Selbstmord (Buch) 577.
Selenbehandlung d. Krebses 54.
Semilunarknorpel d. Knies u. ihre Behandl. 154.
Sensibilität d. inneren Organe 301.
Septikämiebehandlung mit Bakterien Vakzinen 281.
Serodiagnostik d. Schwangerschaft 280.
Serum, normales gegen eitrige Prozesse 477.
Seuchengeschichte u. Seuchenlehre (Buch) 320.
Sexualempfindung, konträre 474.
Sexualverbrechen 70.
Sexuelle Anomalie, besondere Form 474.
Silberdraht in d. Chirurgie 476.
Simpsonsche Schmerzen b. Frauen 496.
Simulation 187.
Sinus transversus, Phlebitis u. Thrombose des — 149.
Sitophobie 261.
Sklerektomie u. lridektomie 173.
Sklerotische Herde im Gehirn 257.
Skoliose, Rotationsbehandlung 156.
Skopolamin 227.
Skorbut, Stoffwechsel bei — 120.
Skrophulose (Buch) 200.
— Diätetik 142.
Sommerdiarrhöen, Behandlung 467.
— d. Säuglinge, Prophylaxe in Spanien 467.
Sommerfieber in Deutsch-Ostafrika 499.
Sommersäuglingssterblichkeit 258.
Sonnenbehandlung chirurg. Tuberkulose 242.
Sonnenlicht, tropisches, Wirkung 90.
Sortieren d. Kranken im Kriege 187.
Soziale Medizin, Wiener Arbeiten (Buch) 511.
Sparwert des Fettes 120.
Speicheldrüse, Atrophie 243.
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Sach-Register.
629
Speichelkörperchen, Natur u. Herkunft 445.
Speisen, Zusammensetzung u. Kalorienwert (Buch) 574.
Speiseröhrenverengerung 546.
Spektroskopie des violetten Spektrumteils 90.
Spenglers Fikrinfarbemethode 60.
Sphäroide in Krebs- u. Riesenzellen 444.
Sphygmomanometrie, Technik der — 526.
Sphygmotonographie 526.
Spina bifida, Operation 546.
Spinalanästhesie mit Stovain 525.
Spinalflüssigkeit b. Syphilis 540.
Spiralfrakturen d. Oberschenkels 156.
Spirochäten-Reinzüchtung 433, 434.
Splanchnomegalie u. Akromegalie 66.
8plenom egalie, tropische 50.
Spondylitis anchvlopoetica 156.
Spondylosis rhizömelica, familiäre 276.
Sporotrichosis 176.
8pritzen f. Sanitätsaasrüstung 188.
Sprungbeinbrücke 277.
Spülmassageinstrument zur Harnröhrenbehand¬
lung 273.
Sputum, Chemie des — 534.
Sputumextrakt zur TuberkuLosebehandl. 242.
S romanum, Achsendrehung 482.
Städtische Ambulanz n. Tuberkulinbeh. 241.
Staphylokokkeuerkraukungen 542.
Statische OeleukerkraDkuugen (Buch) 193.
Status epilepticus 67.
Stauchungsbrüche kindlicher Knochen 278.
Stauungshyperämie b. Lungentuberkul. 241.
Stauungslunge b. offenem Ductus Botalli 537.
Stauungspapille, Palliativbehandl. 83.
Stenose d. Nase b. Lungentuberk. 239.
Sterblichkeitsstatistik in Rheinland u. Westfalen
499.
Sterilität u. ihre Ursachen (Buch) 192.
Sterilisation, forensische Bedeutung 501.
Sterilisator im Felde 506.
Sternoklavikulargelen k, Lymphgefäße 115.
Stickstoffbestimmung im Harn 305.
Stickstoff-Stoffwechsel b. Phthisikern 238.
Stillen u. Stillunfähigkeit 573.
Stotternde Schüler, Übungsbuch für — 576.
Strukturfärbemethode d. Tuberkelbaz. 461.
Struma suprarenalis cystica haemorrhag. 547.
— experimentelle 265.
Strophanthininjektionen, intravenöse 134.
Strychnin u. gastrointestinale Peristaltik 231.
Stuhl bi ld u. Magendarmerscheinungen 458.
Stuhluntersucnung 124.
Stuhl Untersuchungen auf okkulte Magenblutungen
246.
Subduralblutung, Diagnostik u. Operation 78.
Sulfurierung 132.
Sympathische Affektion 558.
Syphilis d. Nervensystems, Behandlung 563.
— experimentelle 563.
— klinische Diagnose 179.
— u. Schrumpfniere 139.
Syphilisätiologie der Frauentabes 68.
Syphilisbehandlung 88.
Syphilisforschung, experimentelle Bedeutung 562.
Syphilisliteratur, Erstlinge von 1495/96 (Buch)
198.
Syphilogene Nervenkranke, serolog. Untersuch¬
ungen 539.
Systogen (Sekaleersatz) 53.
— ein Sekalepräparat 524.
Tabakraucher, nervöse Erkrankungen 68.
Tabes, Ätiologie u. Pathologie 259.
— Todesursachen bei — 471.
— u. Paralyse, Statistisches 475.
Talma-Operation 549.
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Tamponbehandlung mit Sulfoformöl 79.
Taschenbuch der Therapie 198.
Technik, Chirurg, zur Physiologie d. Verdauungs¬
apparates (Buch) 194.
Tetanusbehandlung 535.
Tetanusstudien 476.
Theophyllin u. N-Auascheidung 229.
Thermo-Hydrotherapie b. Lnfektionskrankh. 462.
Thiolan 172.
Thiosinamin b. Arteriosklerose 231.
Thorium, Versuche mit — 526.
Thorium-X b. perniziöser Anämie 61.
Thorax phthisicus u. Disposition 239.
Thrombose d. oberen Extremität nach Anstrengungen
552.
— u. Embolie, prämonitorische Symptome 453.
Thymusdrüse, Chirurgie der — (Buch) 294.
Thyreoidea, Syphilis der — 179.
Thyreoidismus u. Schwangerschaftstoxämie_569.
Thyreoiditis, eisenharte 76.
Tibia, Absprengungsfrakturen 157.
Toilette u. Schminkpuder 177
Tonperzeptionsanomalien 85.
Torsion d. Hodens, Ätiologie 486.
Toxinresorption aus d. Bauchhöhle 157.
Tracheo pathia osteoplastica 49.
Trachomgefahr in Mähren 488.
Tränendrüse b. Rind, Entwicklung 424.
Transfusionstechnik 74.
Träume u. psychoneurol. Symptome 470.
Trichomonas hominis im Mageninhalt 310.
Trichophytien, Behandl, 560.
Trichterbecken 567.
Trigonellin im Harn 119.
Trinkerkinder unter d. Schwachbegabten 181.
Trinkwasserversorgung im Felde 506.
Trochanter minor, Abrißfraktur 277, 554.
Trommersche Probe 120.
Tropenklima, Einfluß auf Europäer u. Farbige 138.
Tropensonne, Einfluß auf Mensch u. Tier 498.
Trypanosomenentwicklung b. Glossina morsitans
430.
Trypanosome n, Immunisierung gegen — (Buch) 514.
Teutsagamushikranbheit, Ätiologie 311.
Tubenkarzinom, primäres 565.
Tuberkelbazillen, Auflösen im Körper 123.
— Auflösung im Peritoneum 432.
— im Blut 432.
— im strömenden Blut 201, 239, 533.
— Pikrinfärbemethode 432.
— Typus b. Affen 124.
— Typus humanus u. bovinus 135.
Tuberkelbazilleninfektionen, akute Einteilung
460.
Tuberkelbazillennaohweis b. Lungentuberkulose
238.
Tuberkulin b. Lungentuberkulose 461.
Tuberkulinbehandlung 135.
— Grundsätze 241.
— neue Modifikation 461.
— d. Tuberkulose 534.
— b. Chirurg. Tuberkulose 477,
Tuberkulinreaktion 461.
— intrakutane 432.
— Spezifität 238.
Tuberkulinkutanreaktion, quantitative 238.
Tuberkulintherapie b. Augentuberkulose 124.
Tuberkulose im allgemeinen 533.
— Ätiologie u. Bekämpfung (Buch) 293.
— im Alter 238.
— im Kindesalter 535, 536.
— Autoinokulationsprobe 58.
— Chirurg., Röntgentherapie 478.
Tuberkulose-Diagnose nach Marmoreck 141.
Tuberkulose, Diagnostik u. Therapie (Buch) 516.
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630
Sach-Register.
Tuberkulose der Milz 141.
— entzündliche 555.
— Chirurg. Behandl. 555.
— u. Lepra, Differenzial-Diagnose 533.
— b. Leprösen 559.
— Medikamente u. Nährmittel 60.
— Resistenzerhöhung 58.
— u. Sauorstoffzufuhr 125.
— Schutzimpfung mit Tuberkelbazillen 125.
— Sonnenbehandlung 60.
— des Rindes, Untersuchung der aktiven u. inaktiven
237.
Tuberkulöse Natur des Aszites b. Zirrhosen 461.
Tuberkulosebehandlung mit kiinstl. Pneumo¬
thorax 77.
Tuberkulosebekämpfung 242.
— b. Kindern 65.
Tuberkuloseeinwanderung in d. Ter. Staaten
497.
Tuberkuloseepidemie d. Polynesier 461.
Tuberkuloseforschung (Jahresbericht) 293.
Tuberkuloseherd, Entgiftung durch Röntgenbe¬
strahlung 555.
Tuberkulosekonferenz in Massachusetts 242.
Tuberkulosestudien 239.
Tumorbildung 440.
Tumoren, Multiziplität 476.
— d. IT. Ventrikels u. Gehirnpunktion 470.
Tumorin vagination d. Darms 551.
Tunnel-Hauttransplantation 74.
Türkensattellehne, isolierter Abbruch 266.
Turmscbädel u. Entlastungstrepanation 77.
— mit Hirndruck, Trepanation 544.
Tylosis palmaris et plantaris 85.
Typhöses Fieber b. Kindern 257.
bus 507.
mpfung gegen — 431, 434.
— Vakzinetherapie 431.
Typbusimmunisierung 430.
Typhuskranke, wie lange steckt der — an? 500.
Typhustoxine, pathogene Wirkung 309.
Typhusträger u. Hospitäler 431.
Überdruck b. Trachealstenosen 76.
Überempfindlichkeitserscheinungen durch
körpereigene Eiweißsubstanz 47.
Übungen d. Obres b. Taubheit 84.
Ulcus corneae serpens, Serumbehandl. 172.
— duodeni 247.
— entoricum, Perforation 152.
— pepticum, spasmogenes 529.
— ventriculi 247.
— ventriculi et duodeni 268.
— Behandlung durch Gastroenterostomie 151.
— b. einem Syphilitiker 563.
Uneheliche Kinder, Sterblichkeit 468.
U n f a 11 u. Id validitätskunde des Sehapparates (Buch) 199.
Unicellula cancri 51.
Universalrespirationsapparat 526-
Unterdruckatmung b. Kreislaufstör. 237.
Unterkieferdrüse, Mischgeschwülste 75.
Unterkioferfraktur, Behandlung 265.
Unterschenkelfraktur, Nagelung nach Codivilla
555.
Unterschenkelfrakturen, iotra partum entstan¬
den 277.
Urämie eine Säureveigiftung 139.
— digestiven Ursprungs 244.
Uranoplastik 264.
Urethra, Ausgipsung der — 487.
— Radiographie der — 487.
Urethralsteine 152.
Urobilinurie b. Kindern 64.
Urologischer Jahresbericht (Buch) 199.
Urotropin, Ausscheidung in d. Milch 143.
Urotropin-Sekretion u. Resorption im Liqu. cereb¬
rospinalis 142.
Urticaria perstans populosa, Histologie 493.
— pigmentosa 88.
Utero-plazentare Apoplexie 568.
Uterusfibrom, vaginale Hysterektomie bei — 289.
Uterus, histologische Veränderungen, nach kontraktions¬
erregenden Mitteln 162.
— -Inversion 495.
Uterusmyom u. Sterilität 162.
Uterusnarbe, Unversehrtheit nach Kaiserschnitt 165.
Uterusperforation 495.
Uterusprolaps mit Zysto- u. Rectozele, Behand¬
lung 79.
— Ursache u. Behandlung 80.
Uterusruptur im Anfang d. Schwangerschaft. 573.
— in Kaiserschnittsnarbe 283.
Uterusskarifikation 288.
Uterustamponade 79.
Vademecum anatomicum (Buch) 518.
Vagina-, Vulva-, Damm- u. Rectum-Verletzung b.
Geburt, Behandl. 284.
Vaginaler Weg zur Blase 274.
Vago-accessorius, Defekt der vom — versorgten
Muskeln 67.
Vaginalgewölberuptur b. d. Arbeit 159.
Vagus, Einfluß auf d. Dickdarm 116.
Vaguserregbarkeit u. Gifte 448.
Vagus u. intrakardiale Nervenzellen 40.
Vagusreizung, Einfluß auf Verdauungsbewegungen
Vakuumdampfdestillation, Bestimmung flüchtiger
Fettsäuren mittels — 428.
Vakzinebehandlung d. Chirurg. Tuberk. 242.
— d. puerperalen Infektion 568.
Vakzinestärke, Schätzung durch Bakterienstandard-
emulsion 124.
Vakzinetherapie in d. Urologie 273.
Valsavasche Klappen, Aneurysmen 127.
Variabilität d. Bakterien 45.
Varizen d. Extremitäten 153.
— operative Behandlung 154.
Vegetarismus (Buch) 514.
Venenthrombose b. Kindern 64.
Ventrikel zyste u. Deckung durch Faszie 149.
Ventrovesicofixatio uteri 78.
Verbandssterilisator nach Rohrbeck, verbesserter
190.
Verblutung in der Gehurt durch Aneurysmaruptur
167.
Verbrecher, geistig minderwertig 67.
Verdauungskanal, period. Arbeit 300.
Verletzungen, tödliche d. Automobile 502.
Vermifuga, Wert einiger — gegen Anchylostomum
524.
Veronal b. Seekrankheit 226.
— gegen Seekrankheit 451.
Verpflegung im Heere 605.
Verwundetentransport im Kriege 188.
Vioform in d. Augenheilk. 84.
Vitalfärbungsvermögen u. ehern. Konstitution
133.
Volkstuherkulose, Bekämpfung (Buch) 575.
Volvulus d, Magens b. Karzinom 152.
Vor 100 Jahren 183.
Wachstum b, jungen Hunden 62.
Wahrnehmung d. Bewegung durch das Auge 556.
Wanderniere, Beziehungen zur chron. Kolitis 253.
Wanzenvernichtung d. Salforkose 508.
Wärmetönungen chemischer Prozesse 304.
Wärmezentra u. Körpertemperatur 453.
War zenfo rtsatz, Tuberkulose des mit SinnsphlebitLs
175.
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Sach-Register.
631
Wassermannsche Reaktion 313.
— in d. gerichtl. Medizin 90.
— neue Modifikationen 312.
Wasserstoffsuperoxydlösungen 234.
Wassertrinkbarkeit im Felde 506.
Weib in Natur- n. Völkerkunde (Buch) 320.
Weizen u. Hafer, peptischer Abbau 43.
Weizenkleie 463.
Wertbestimmung, physiologische am Dünndarm
449.
Wertheimsche Operation b. Zervixkarzinom 494.
Wild badkur (Buch) 520.
Wirbelgliedmaßen, Ursprung 298.
Wirbelsäulen anchylose 554.
Wirbeltierauge, Entstehung 298.
Wirklichkeit u. ihr kiinstler. Abbild (Buch) 578.
Wismutsalze, basische 231.
Wismutvergiftung 235.
Wohnungsdesinfektion zur Tuberkulosebekämp¬
fung 181.
WohnungsVentilation 89.
Wundbehandlung durch Hauttransplantation 147.
Wunddiphtherie u. -diphtheroid 543.
Wurmfortsatz, Primär-Karzinom 551.
Xanthohämangiofibrom 492.
Xanthoma tuberosum multiplex 177.
Xerostomie 243.
Zahnbildung, Asymmetrie 261.
Zahnheilkunde, konservierende (Bücher) 517.
Zahnkrankheiten (Lehrbuch) 295.
Zahnpflege im Heere 509.
Zelleinschlüsse b. Trachom u. Konjunktivitis 487.
Zelt, tragbares 188.
Zentralnervensystem, Asymmetrie 261.
— reflektor. Erregbarkeit mit elektr. Strom 424.
Zerebraler Pseudotumor 145.
Zerebrospinalflüssigkeit u. Blutserum b.Geistes-
krankh. 71.
— Untersuchungen 469.
— Zellen der — 66.
Zerebrospinalmaningitia, Serumbehandl. 538.
— im französ. Heere 507.
Zerebrospinalsyphils, Diagnose 179.
Zeugung b. Menschen (Bnch) 291.
Zickzackschnitt b. Appendizitis-Operationen 551.
Zinn Vergiftungen b. Kaffeegenuß 185.
Zirkulation, Studien über — 528.
Zirkulationsstörungen durch Muskelarb. b.Tuber¬
kulösen 141.
Zitterbewegungen, Untersuchung von — 540.
Zonula Zinni, Entwicklung bei d. Maus 422.
Zuckerarten, Verschiedenheit d. Wirkungen 54.
Zuckerdichtigkeit d. Nieren nach wiederholten
Adrenalininjektionen 448.
Zuekergärung, alkoholische 429.
Zuckermobilisierung in d. überlebenden Leber
429.
Zungenkrebs, Operationsresultate 480.
Zungenkrebsoperationen, Dauerheilungen 480.
Zwischenkiefer 419.
Zyklodialyse 489.
Zystom mit Tubendrehung 494.
Zytodiagnostik d. Magenkrankh. 249.
Zytoly8e im Liqu. cerebrospinalis 260.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Namen - Register.
Abderhalden 305.
Abel 198.
Achard 438.
Ackermann 119.
Addison 293.
Adler 158.
Agramonte 433.
Ahlfeld 167.
Aievoli 77, 152, 153, 476,
485.
Alam artine 480, 555.
Albers 190.
Albers-Schönberg 497.
Altes 469.
Albu 515.
Alexander 533.
Alessandri 271.
Amantea 303.
Ambrojewitsch 78.
Amerling 51, 136.
Amicis 127.
Amsler 66.
Andrews 165, 465.
Apostolides 531.
Arima 309.
Arndt 198.
Arnstein 89-
Arnould 504,
Aronson 244.
Asch 273.
Aschenheim 464.
Aschner 117, 286.
Ascoli 471, 528, 532.
Asher 40.
v. Asher 302.
Athanasescu 154.
Atzler 117.
Audebert 566.
Audry 563.
Aufrecht 510.
Augstein 137.
Austerweil 52.
Austin 73, 248.
Babkin 300.
Bach 53.
Bachem 131.
Bacher 291.
Bachrach 462.
Backinann 118, 119.
Baerthlein 307, 308, 432.
Ä " r-Jörgensen 283.
in 422, 481.
Ballenger 469.
Balme 76.
Balzer 493, 560.
Bandelier 516.
Bandi 182.
Barbour 453.
Bardachzi 246.
Bardet 525.
Barling 77.
Barrenscheen 60.
Barnes 71, 260.
Baron 247.
Barringer 254.
Bärsony 247, 436.
Bartels 320.
Barth 450.
Barthelemy 271.
Bartlett 240.
Bartmann 120.
Basch 96.
Bassoe 261.
Bastianelli 555.
Bates 557.
Batzdorff 269.
Bauer 79, 428, 429.
Baumann 120.
Bäumler 60, 237.
Baumann 577.
Baup 485.
Beauvieux 84.
Beccari 118.
Becker 227, 261.
Behague 495.
Behring 47.
Belak 524.
Bell 81.
Belorutschew 166.
Belts 470.
Beiz 129.
Benario 68.
Benedek 71.
Benedict 121.
Benedikt 526.
Bercke 134.
Beretta 261.
Berggren 568.
Bergmann 529, 574.
Bergschicker 113.
Benel 538.
Beritoff 425.
Berlin 303.
Bernardi 42.
Bernhardt 45, 259, 312.
Bernheim 59.
Bernstein 56, 58.
Bertolini 167.
de ßeurmann 176.
Beyer 188.
Beyers 74.
Biberfeld 46.
Bibeigeil 157.
Bickel 61. 194.
Bier 241.
Bierbaum 236.
Riolschowsky 576.
Bienenfeld 168.
Bierotte 239.
Billeter 264.
BiUon 240.
Bing 260, 428.
Binswanger 294.
Birch-Hirschfeld 174.
Birmie 248.
Birt 507.
Bischoff 503, 508.
Bizzozerro 86.
Blau 507.
Bleichröder 521.
Blitstein 459.
Blitzstein 530.
Bloch 179, 183, 559.
Blühdorn 143, 524.
Blumreich 285.
Bluntschli 38.
Boas 540.
Bockenheimer 554.
Boehm 116, 519.
Böen 500.
Boggs 545.
Böhm 157.
Bohne 91.
Bolognesi 439.
Bolten 146, 276.
Bommes 189.
Bonöek 231.
Bondy 165.
Bonhoeffer 470, 473.
Bönig 487.
de Bonis 141.
Bonnamour 524.
Bonnefon 83.
Bon nette 508.
Bönniger 547.
Bonsdorf 137.
Boos 449.
Borchardt 252.
Borgbjärg 245.
Bornstein 472.
Borntraeger 296.
Borntrage r 519.
Borton 240.
Boruttau 259.
Bory 565.
Bossi 468.
i Boulet 272.
Bourgy 179.
Bourton 241.
Bouvalet 51.
Boveri 469.
Bovermann 56.
Boxer 79.
Brächet 113.
Braddock 434.
Brandenstein 240.
Brannan 431.
Brauer 245.
Brault 493.
Braun 264, 514.
Breed 435.
Bregman 468, 493.
Brem 455.
Bremermann 275.
Bresciani 461.
Breslauer 301.
Bresslich 559.
Bressot 483.
Brewer 226.
Briscoe 153.
Bristow 457.
Britnef 152.
Broca 544, 552.
Brockeank 61.
Brodsky 69, 554.
Broman 192.
Brosch 249.
Brown 59, 173.
Bruck 560.
Brückner 81.
Bruegel 529.
Brugsch 526.
Brun 151.
Brüning 513.
v, Bruns 512.
Bruns 237.
Bruyant 240.
Büchner 429.
Budde 186.
Bull 240.
Bullock 241, 440.
Bumaschkin 279.
Bunch 87.
Bungart 541.
Burgers 499.
Burnand 125.
Bumier 493, 560.
Burr 71, 471.
Burton-Opitz 41.
Busson 436.
Butlin 51.
Buttersack 95.
Butzengeiger 424, 551.
Buzzard 67, 262.
Byllcki 280.
Cadwalader 472.
Caesar 66.
Callam 478.
Callison 431.
Campani 523.
Campbell
Camphausen 234, 461.
Canavan 310.
Canfield 547.
Carducci 251.
Carlier 549.
Carpentieri 127.
Go gle
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
Namen-Register.
633
Garrel 152.
Casali 48.
Casper 486.
Casteigne 244.
Cathelm 273.
Cecikas 240.
Cerite 484.
Cerny 511.
Chapple 164.
Chatinieres 507.
Chauffard 285.
Cheney 88.
Chessin 529.
Chevron 189.
Cholewa 457.
Cholmogoroff 284.
Citron 58.
Clark 147, 241, 449, 522.
Clarke 430, 504.
Coburn 55.
Coenen 268.
Coffey 550.
Cohn 161, 237, 551.
Cole 525.
Combes 481.
Comby 228.
Conteand 461.
Cordier 461.
Cords 409.
Cormio 553.
Cornet 200, 516.
Coste 190.
Cotte 483, 555.
Cotton 72.
Coulomb 451.
Courmont 430.
Courtois-Suffit 455.
Couvelaire 290, 568.
Cramer 199.
Cranwell 79.
Croner 518.
Cronheim 44.
Cronquist 258.
Crowe 58, 521.
v. Csonka 428.
Cummins 507.
Cumston 289.
Curschmann 58, 243.
Curtis 127.
Baal 189.
Daeubler 138.
Dafort 468.
Dahl 439.
Dalche 494.
Dailton 74.
van Dam 306.
Daniel 481.
Danielopolu 454.
Dannehl 186, 187.
Dardel 554.
Darier 561.
David 127.
Davidsohn 43.
Davis 498.
Davy 58.
Dawidenkow 539.
Dawis 147.
Dayton 153.
Deäk 71.
Deaver 150.
Delearde 257.
Delore 244.
Delort 257.
Dencks 542.
Schmidts Jahrb. Bd. 317
Denissow 50.
Dercum 471.
Derujinsky 150.
Dervieux 90, 126.
Desnos 273.
Desplas 544.
Determann 138.
Deus 166.
Deutsch 251.
Deutschländer 263, 478.
Deutz 126.
Dewberry 504.
Dewitz 302.
Deyt 489.
Dialti 226.
Dibbelt 65.
Diesen 499.
Dietrich 321.
Dilling 525.
Disen 450.
Distaso 45.
Dittler 82.
Dobrowolskaja 543.
Doerr 47, 436.
Doljan 319.
Dollinger 156.
Dominici 551.
Donald 312.
Dora 523.
Doutrelepont 200.
Domenici 270.
Dreifass 259.
Dreuw 492.
Drügg 204.
Dubois 272.
Dubose 86.
Dubreuilh 493.
Ducastaing 485.
Duchauin 151.
Duff 484.
Duhot 234.
Dujol 537.
Dumas 527.
Dünn 528.
Durand 530.
Dureoeux 232.
Dntoit 83.
Duval 485.
Eastman 71.
Eastmann 257.
Edelberg 158, 476.
Edelstein 428.
Eden 542.
Edinger 294.
Edson 239.
Egan 436.
Egger 265.
Ehrenfried 462.
Ehrhardt 123.
Ehrmann 275.
Eijkman 308.
Einhorn 152 , 250 , 457,
463.
Eisenberg 45.
Eisenhardt 117.
Eising 272.
Eisler 247, 529.
Ekecrantz 305.
Eider 469.
v. Elischer 479.
Ellermann 428.
Ellis 563, 575.
Elschmg 487, 488.
Eltester 157.
. H. 6.
Emanuel 57.
Eminet 319.
Emmerich 130.
Enebuske 454.
Engel 63, 288, 428.
Engelbreth 178.
Engelen 133, 200.
Ephraim 52.
Erben 305, 538.
Erdelyi 229.
Erdmann 152.
Erikron 305.
Erkes 545.
Emice 238.
Emst 444, 545.
Esau 277.
Esch 432, 570.
Eschweiler 491.
Ettinger 53.
Eulenburg 192, 510.
Euler 306.
Eustis 156.
Eversbusch 197.
Ewald 320, 546.
Eyman 470.
Fabian 444.
Fabry 560.
Falk 288.
Fanning 241.
Farnell 469.
Farr 229.
Faure 79.
Faust 134.
Fehr 82, 557.
Feil 541.
Feilberg 563.
Feilehenfeld 171.
Fellinger 41.
Ferguson 244.
Fenni 311.
Femald 67.
Femet 84.
Ferretti 77.
Fereon 184.
Fetzer 170.
Feulgen 240.
Fick 177.
Ficker 516.
Fiessler 495.
Fieux 285.
v. Fillinger 61.
Fingk 526.
v. Fink 247, 549.
Finkh 528.
Finsterer 549.
Fischer 61, 128, 234, 245,
318, 440, 446, 447, 521.
Fleischer 146.
Fleischmann 474.
Flesch 495.
Flexner 538.
Flint 70.
Floersheim 122.
Flörcken 544.
Flury 54, 131.
Focke 53, 200.
Föderl 554.
Foerster 441.
Foix 145, 179, 317.
Folliet 165.
Foot 443.
Forbes 145.
Fordyce 164.
Forlanini 266.
Forssell 160.
Foster 43, 507.
Fowlor 455.
Francois 493.
Fraenkel 538.
Fränckel 91.
Frank 164, 230, 248, 249,
522 525.
Frankel 121, 125, 201, 252,
501.
Frankenstein 276.
Frankl 57.
Frankl-Hochwart 68.
Franz 282.
Franzoni 60.
Fraser 241, 242, 297.
Freer 90.
French 452.
Frenkel-Heiden 66.
Frerichs 198.
Freund 53, 121, 169, 237,
431.
Freysz 553.
Friberger 453.
Fricker 246, 459, 528.
Fridericia 452.
Friedberger 311.
Friedenwald 268.
Friedmann 506.
Friedrich 128, 244.
Friend 269.
Frisch 233.
v. Frisch 476.
Fritsch 195.
Fröhlich 68, 301.
Fromme 156, 251, 517.
Froriep 69.
Fuchs 78, 489.
Fuchs- v. 'Wolfring 575.
Fühner 228.
Fulkerson 472.
Fullarton 428.
Fülleborn 430.
Füller 72, 265.
Funkquist 423.
Fürstenberg 512.
Gabbi 498.
Gabe 85.
Gabriel 321.
Galambos 316.
Gallant 463.
Gallavardin 527.
Galzin 189.
Ganter 117.
Gar 150.
Gardinier 87.
Garin 136.
Garre 512.
Garret 506.
Garten 234.
Gary 154.
Gasbarini 252.
Gate 538.
Gaucher 86, 87, 559, 560.
561.
Gaultier 53.
Gauß 281.
Gaussei 534.
Gauter 39.
Gebb 172.
Geber 492.
Geddes 298.
Geeraerd 59.
Gelpke 309.
80
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
634
Namen-Register.
Gerard 513, 549.
Gergö 477.
Gerhardt 456.
Gerlach 427.
German 433.
Gery 455.
Giani 523.
Gibb 533.
Gibbs 498.
Gibson 66, 248.
Gilch 236.
Gillespie 248.
Giordano 149.
Githens 227.
Glaessner 250.
Glilsch 250.
Gminder 45.
Gocht 199.
Goddard 472.
Goebel 267.
Goetjes 549.
Goetze 258.
Goetzl 272.
Goffe 79.
Goldstein 106, 145, 218.
Goldzieher 49, 487.
Golodetz 232.
Gomperz 84.
Gongerot 460.
Goodhue 462.
Gorse 271, 551.
Gottlieb 448, 523.
Gottschalk 320.
Gouger 560.
Gougerot 87, 493, 559, 560,
561.
Gouin 561.
Gouraud 461.
Gowan 242.
Gradenigo 84.
Gradi 127.
Graf 503.
Grafe 43.
Gräfenberg 289.
Graves 179.
Grawe 460.
Gregory 434.
Grekow 482.
Grigaut 285.
Grigoriewstepaoow 125.
Grosglik 274.
Groves 75.
Grube 515.
Gruber 48, 129, 516.
Gruet 190.
Grünbaum 571.
Grunberg 532.
Grünberg 490.
Grund 515.
Grünwald 228.
Grunberg 532.
Gudematsch 300.
Gudzent 526.
Guggenheim 87, 559, 561.
Guggisberg 179.
Guljaeff 535.
Gunson 58.
Gurowitsch 260.
Gusikoff 44.
Gutmann 307.
Guttmaun 578.
Gutzmann 576.
v. Györy 519.
v. Haberer 149, 152.
Haberling 185.
Hadlich 275.
Haendel 307.
Hagemann 307, 427.
Halban 495.
Haller 141.
Hallipre 145.
Halsted 552.
Hamant 137.
Hamburger 144.
Hamilton 137.
Hampeln 527.
Hamsik 123.
Handley 548.
Handrick 319.
Hanes 148.
Hannard 70.
Hannemann 175, 490.
v. Hansemann 316.
Hanslian 305.
Hanssen 293.
Hamack 131.
Harrar 165.
Harris 88.
Hart 239, 537.
Hartmann 192, 277, 289.
Hartzell 88.
Harvey 453.
Haslinger 49.
Hastings 477.
Hastreiter 192.
Hauer 52.
Hauptmann 132, 539.
Hawes 59.
Havashi 277, 537, 546.
Hays 77.
van der Heide 235.
Heilbronner 574.
Heilner 46.
Heilskov 85.
Heim 144.
Heimann 53, 524.
Heine 500.
Heinemann 534.
Heinricius 165.
Heinz 315.
Heisler 95.
Hell 169.
Helle 119.
Heller 178, 465.
Henderson 146.
Henschen 76, 78, 151.
Herbst 254, 564.
Herrenschwand 558.
v. Herff. 169.
Herrgott 567.
flerrich 507.
Hertz 459.
Herz 58.
Herzfeld 230.
Herzog 442.
Hess 309, 456.
Hesse 279, 542.
Heuxlein 566.
Heyde 304.
Heymans 435.
Heyrovsky 247.
Hicks 124.
Hilbert 83.
Hildebrandt 295.
Hilgermann 238.
Hill 498.
Hindhede 43, 121.
i Hirsch 130, 139, 167, 488.
Hirschberg 138.
Hirschei 155.
Hirschfeld 61.
Hochenegg 270.
Hochsinger 514.
Hodara 178.
Hoehne 157.
Hofbauer 302, 455.
Hofer 123, 432.
Hoffa 322.
Hoffmaon 41, 57, 59, 293,
532.
Hofius 458.
Hohmann 157.
Holl 38.
Holländer 545.
Hollenbach 248.
Hollensen 73.
Holste 229.
Holte 467.
Homans 545, 546.
Homer 563.
Homuth 542.
Hope 455.
Hopfner 483.
Hoppe-Seyler 321.
Horand 545.
Horland 238.
Hornstein 161.
Hoven 37.
Howard 65, 120, 450.
Hubbard 546.
Huber 530.
Hug 227.
Hulshoff Pol 440.
Hunner 460.
Husler 264.
Huthu 533.
Hutt 499.
Hynek 48.
Ibrahim 65.
Igersheimer 173.
Ihm 288.
Iinbert 524.
Immelman 517.
Indemann 177.
Inouye 419.
Irvine 238.
Irwin 77.
Irwing 74.
Isaac 1
Isakowitz 171.
Iselin 476, 555.
Iselius 278.
Ishikawa 300.
Isserlin 138.
Ito 77.
Ivens 80.
Iversen 232.
Jäger 168.
Jacobaeus 321.
Jacobi 448.
Jacoby 199.
Jacque 521.
Jacquet 86, 455.
v. Jagiö 292.
Jaguerod 59.
Jahrmärker 451.
v. Jamanoüchi 541.
Jansen 531.
Janssen 275.
Januschke 132.
Jaschke 166, 231, 573.
Jaspers 557.
Jauquet 545.
v. Jawovski 565.
Jeanne 145.
Jemma 257.
Jendrassik 146, 472.
Jentsch 294.
Je88 172.
Jessup 164.
Jianu 253, 548, 551.
Jödicke 67, 468.
Joachim 528.
Jochmann 534.
Joest 127, 147.
Johansson 550, 569.
John 536.
Jokoi 478.
Jolly 283.
Jonas 445, 458.
Jones 261, 262, 508.
Jordan 568.
Josenhaus 520.
Joseph 52.
Jullien 573.
Jürgens 85.
Jürgensen 462.
.Tuschtschenko 474.
Kafka 66, 260.
Kahn 231, 427, 534.
Kaiser 74, 292.
Kakowski 254.
Kandiba 311, 312.
Kapp 177.
Kapuscinski 173.
Karo 274, 275, 486.
Karpas 71.
Kasemeyer 551.
Kästner 316.
Katsch 194.
Kaufmann 117, 276, 425,
527.
Kawamura 128.
Kawannura 155.
Kehr 530.
Kelber 499.
Kellert 51.
Kelling 243.
Kelly 475.
Kemp 458.
Kendirdjy 153.
Keppler 541.
Kermauner 128.
Kersten 521.
Hewlett 147.
Kickhara 51.
Killian 174.
Kimura 484.
Kinghorn 430.
Kiraligfi 60.
Kirchberg 49.
Kirchenstein 60, 461.
Kirsch 63, 81.
Kisch 137, 227.
Kleczkowski 83.
Klee 39.
Kleiner 118.
Kleist 474.
Klemperer 533.
de Kleijn 38.
Klien 296.
Klieneberger 73.
Klimenko 46.
Klingmann 472.
Klippel 541.
Go gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Namen-Register.
635
Kloöman 464.
Klopp 72. *
Klose 62, 294.
Klotz 43, 97, 135, 515.
Koch 293, 550.
Kocher 535.
Kochmann 133.
Koder 157, 451.
Koellner 83.
Köhler 48, 241, 293, 509.
Kolb 54.
Koller 573.
Kolknann 199.
Köllner 558.
König 157.
Königsfeld 259.
’v. Konschegg 448.
Korünyi 135.
t. Kordnyi 456.
Korb 461.
Korber 239.
Körner 491.
Körtke 312.
Kositschek 56.
Kosmak 567.
Kostenko 148.
Knapp 172.
Knoch 264.
Knopf 267, 497.
Knox 553.
v. Krafft-Ebing 514.
Krämer 453.
Krasnogorski 120.
Kraus 50, 123, 134, 141,
185, 432, 517.
Krause 148.
Krefting 232.
Kreuzfuohs 236, 247, 529.
Krike 82.
Krokiewicz 526.
Krön 150.
Kruschkof 263.
Kruse 498.
Krnsius 124.
Krzysztalowicz 493.
v. Kubinyi 287.
Kuöera 138.
Kudisch 493.
Kühl 435.
Kuhn 463.
Kulebjakin 153.
Kumaris 543.
Kumika 548.
Konajef 153.
Kunika 263.
Küttner 512, 544, 547.
Laacbe 60.
Labbe 43, 238.
Labonrdette 257.
Lacoste 83.
Lade 306.
Lafforgue 531.
Lahanssois 189.
Landgraf 185.
Langemak 96.
Langer 53, 258.
Laph&m 239.
Laquer 445, 512, 575.
Laqueur 53.
Laroche 285.
de Laroquette 271.
Lasersohn 556.
Latheissen 548.
Lau 524.
Lauber 489.
Läwen 550.
LeceDe 414.
Leclercq 47, 126.
ran Leereum 442.
yan Leeuwen 314.
Legnani 471.
Lehmann 81, 117, 134.
Leimdörfer 139.
Leineweber 575.
Leishman 431.
Lemierre 539.
Lempp 557.
Lendorf 486.
Lenkei 463.
Lennan 74.
Leonhard 295.
Leopardi 523.
Lepage 290.
Le rat 481.
Lerda 269.
Leriche 179, 547.
Leroux 532.
Le sage 294.
Lesser 300.
Lettieri 79.
Lenbe 65.
Leyy-Bing 232.
Levi-Franckel 560.
Lewandowsky 93.
Lewin 122, 234.
Lewis 527.
Lewit 268.
Lewy 322.
Lexer 193.
Lhermitte 469.
Lhot&k 229.
Libensky 51.
Libertini 123.
Iibman 454.
LichteDStein 283.
Liddell 253.
Liebermann 41.
Liebert 266.
Lieblein 246.
Liefmann 66, 258.
Liepmann 120, 315, 463.
Lind 540.
y. Linden 292.
Lindemann 66, 124, 181,
285.
Lindsay 449.
Litelsobn 78.
Litschkuß 283.
Iivierato 313.
Lob 307, 521.
Lochte 502.
Loeb 82, 230.
Loeffler 426.
Loewenfeld 520.
Loewi 448, 522, 523.
Loewig 137.
Löffler 530.
Lehmann 198.
Löhner 191.
Lohnstein 429.
Lohrisch 459.
Long 471.
Lorenz 156, 534.
Lossen 238.
Lübbers 175.
Lübenetzky 118.
Lubieniecki 229.
Looaa 537.
Luokie 284.
Lüdke 125, 238.
Lager 48.
Luithlen 177.
Lnmbau 311.
Lund 534.
Lupton 59.
Lurje 493, 531.
Lust 464.
Lutati 178.
Luxembourg 276, 485.
Lycklama 485.
Lydston 231.
Lyon 240, 242.
Maberiy 49.
M&calister 432.
Mc Caughey 506.
Mc Crae 562.
Mac Donald 70.
Machard 556.
Mc Kail 512.
MKecdrick 149.
Mackey 486.
Mackenzie 64, 156.
Mc Nell 535.
Madden 74, 525.
Maeder 260.
Magni 481.
Malcolm 494.
Maljutin 480, 490.
Makler 230.
Makuschkok 422.
Maltanschek 475.
Mamrot 459.
Manasse 175.
Mancini 440.
Mangelsdorf 187.
Mannheim 510.
Manoiloff 457.
Mantenfel 499.
Mannchin 48.
Marchand 40, 468.
Marcinowski 578.
Marek 167.
Marguljer 125.
M&ri&no 149.
Marie 145.
Marinesco 145.
Marioton 566.
Markly 56.
M&rkoff 45.
Marko wsky 163.
Markuse 321.
M&rmann 126.
Marquis 280.
Marschalki 231.
Marscbik 478.
Marshall 494.
Martin 59, 285, 569.
Martins 446.
Masing 429.
Masselot 66.
Matsucka 277,
Mattauschek 540.
Mauna 666.
Maathner 175.
May 539.
Maydell 424.
Mayr 576.
Mayrhofer 295.
Mazotto 451.
Mazzitelli 123.
Meachen 87.
Medea 468.
Mees 640.
v. Meis 149.
Meisner 489.
Meissen 135, 292.
Melchior 8.
Melkich 125.
Meller 253-
Meitzer 40, 227.
Mendel 68.
Mensi 64.
Merian 178.
Meriel 290.
Merkens 250.
Merklen 51, 303.
Merkurjew 231.
Meetrezatp 66.
Metkalf 554.
Meyer 40, 240, 259, 301,
473, 500.
Meyerhof 304.
Meyers 562.
Michael 274.
Michaylowsky 125.
Michnewitz 73.
Miculicich 233.
Miessner 435.
Miller 59.
Minami 51.
Minet 47.
Mingazzini 540.
M'Intyre 51.
Missiroli 310.
Mitlacher 512.
Mobüio 424.
Moetschanoff 464.
Moeves 43.
Möllers 241, 534.
Molbroy 566.
Montagne 188.
Montgomery 532, 533.
Moore 125, 437.
Morawitz 301.
Morel 545.
Moreschi 311.
Moritz 553.
Morley 227.
Moro 142, 278.
Morrow 88.
Morse 137, 536.
Morton 51.
Moschcowitz 270.
v. Mosing 509.
Moszeik 461.
Motlier 515.
Motter 295.
Mouisset 538.
Mnchadse 55.
Müller 85, 119, 313, 457,
528.
Müller de la Fuente 527.
Mälzer 562.
Munk 311.
Munson 115, 257.
Münz 293.
Münzer 61.
Murakami 128.
Mnratet 84.
Murillo 447.
Murphy 240.
Murray 76, 486.
Müsch 73, 77, 151.
Mnscharinsky 272.
Mutsno 253.
Myerson 261.
Myrdacx 92.
MylivisSek 262.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
G36
Namen-Register.
Nägeli 76, 554.
Nandts 89.
Napier 543.
Narius 59.
Natzler 277.
Naville 537.
Neeb 310.
Netschajewa - Djakonowa
483.
Neu 556.
Neufeld 312.
NeuMrch 119, 307, 449.
Neumann 301.
Neumark 464.
Neustadt 178.
Ney 544.
Nieveling 241.
Nibiforowsky 82.
Niles 261.
Nimier, H. u. A., 267.
Nitzelnadel 94.
Noguchi 433.
v. Noorden 291.
Nowicki 131.
Noyuchi 267.
Nürenberg 119.
Nußbaum 421.
Nysdröm 74.
Oalcar 461.
O ßrien 470.
O’Connor 229.
Odell 533.
Oehlecker 295.
v. Oettingen 189, 520.
Ogata 311.
Ogawa 448, 523.
Ohm 526.
Olsen 452.
Olsko 85.
Onokoff 151.
Opokin 75.
Oppel 37, 519.
OrbAn 452.
Omi 542.
Orsz&g 239.
Ostrowsky 64.
Otis 242, 532.
Ott 506.
Oui 568.
Paillard 533.
Pal 460.
Paladino 428.
Panchet 245.
Pänek 573.
Pankow 449.
Panse 576.
Parker 534.
Paskayan 72.
Passow 176.
Pastine 469.
Patek 571.
Patzschke 70.
Panchet 483.
Paul 481, 546.
Paulian 475.
Paunz 288, 536.
Pautrier. 561.
Pawlicki 531.
Pease 70.
Pechere 290.
Peckert 517.
Peckham 546.
Peiper 257.
Peiser 536.
PeUer 492.
Pellerin 505.
Pelman 192, 516.
Pensa 36.
Perrier 272, 275.
Persson 570.
Perthes 543.
Peschiö 233.
Peter 420.
Peters 241.
Petersen 429.
Petit 245.
Petrow 50.
Pettow 474.
Petzache 189.
Peyer 297.
Pfaff 95.
Pfahl 540.
Pfeifer 479.
Pfeiffer 71, 150, 577.
Pflanz 137.
Philip 535.
Philipowicz 482.
Pick 462.
Pioot 54.
Pielsticker 467.
Pieper 65.
Pieri 487.
Pierret 234.
Pilcz 241, 475.
Pinard 280.
Pincussohn 291.
Pindborg 535.
Piper 302.
Pischinger 575.
Pisemsky 54.
Plebn 314.
Plew 130.
Ploss 195, 320.
Poda 119.
Poindecker 130.
Poisson. 481.
PoMk 231.
Pollitzer 177.
Ponces 179.
Ponder 124.
Popper 57.
Porgee 139.
Porok 533.
Porosz 275.
Portret 539.
Pott 56.
Pottenger 238.
Potter 145.
Pottet 284.
PoulBSon 195.
Pony 507.
Power 88.
Prange 270.
Praosnitz 119.
Preiser 193.
Preiswerk 517.
Pfibram 250.
Pfikryl 531.
Prochownick 78.
Proeil 162.
Prorok 534.
Prosorowsky 570.
Prusik 136.
Prym 50.
Pryor 59.
Przedborsld 230.
Puillet 545.
Polawski 76.
Puppe 500.
Purtscher 489.
Passep 540.
Putzig 527.
de Quervain 242.
Quincke 321.
Quintella 280.
Quiquandon 533.
Rabe 132.
Rachmanow 122.
Raecke 200.
Raggi 262.
Ramond 438.
Randisi 274.
Ransohoff 267.
Ranatröm 239.
Rapmund 321.
Raschofszki 249.
Räthe 75.
Raubitschek 50.
Rave 62.
Rawdon 522.
Rayneau 468.
Reach 307.
v. Rechtenstamm 465.
Reder 187.
Redlich 294.
Reichel 530.
ReLnecke 550.
Reinsch 84, 226.
Reiter 273.
Renaud-Badet 86.
Renga 141.
Renisoh 158.
Renon 534.
Rethi 175.
v. Reuss 465, 466.
Rey 434.
Reyher 293.
Reynard 51.
Rhese 490.
Richter 54.
Ricker 316.
Riebes 563.
Rieok 167.
Ridder 517.
Riedel 155, 480, 510.
Rieder 143.
Riegner 75.
Rihl 528.
Rinaldi 42.
Rindik 227.
Riogleb 517.
Risel 258.
Risley 74.
RitcMe 455.
Rittenhouse 256.
Rittershaus 473.
Robertson 309, 473.
Robets 138.
Robiö 547.
Robin 437.
Robinson 56.
Rochaix 430.
Rodenburg 440.
v. Rodt 302.
Roemer 571.
Roepke 516.
Rogers 525.
Rogoff 168.
Rogoziüski 305.
Rohleder 291.
v. Rohrsobeidt 578.
RoUett 50, 82.
Kollier 60.
Roman 252.
Romary 608.
Romberg 139.
Römer 191, 321.
Rona 119, 308.
Röna 482.
Rönnevig 243.
v. Roes 183.
Roque 461.
Rosanoff 71.
Roschdestwensld 421.
Rosenberg 313.
Rosenberger 89.
Rosenfeld 465, 515.
Rosental 552.
Rosenthal 234, 491.
Rost 55, 236, 438.
Roth 46, 88, 121, 555.
Rothberger 42.
Rothe 239, 536.
Roth mann 69.
Rotky 245.
Retter 270, 288.
Rousseau-Decelle 86.
Ron vier 159.
Rouviere 289.
Rowlette 281.
Rübel 173.
Rubesch 542.
Rubner 251, 516.
Rübsamen 44, 571.
v. Ruediger-Rydygier 264,
485.
Rahemann 242.
Rulison 467.
Rumpf 432.
Rupert 281.
Ross 47.
Rüssel 314.
Rutimeyer 458.
Ryb&k 235.
Rytina 232.
Saaldanz 547.
Sachs-Mühe 188.
Sack 450.
Saiumont 54.
Sakaguchi 40, 564.
Sakasaki 265.
Balge 255, 466.
Salin 317.
Salkowsky 120.
Salle 564.
Salm 310.
Salmond 553.
Salus 488.
Salzer 96, 172.
Samelson 144.
Samson 59, 461.
Sänger 520.
Sargnon 480.
Sartory 438.
Saskowski 514.
Sato 75.
Sattler 489.
Sauerbruch 76.
Saugman 59.
Sautier 574.
Sauvage 290.
Savatard 87.
Sawkof 151.
Sawrowa 553.
Scalia 460.
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
N amen-Register.
637
Schaack 279.
Silberachmidt 47.
Strunck 185, 186.
Schabad 64.
Silex 558.
Stümpke 196.
Schaliy 306.
Simerka 456.
Sturm 238.
Schall 95.
Simmons 67, 537.
Stursberg 577.
Schapiro 74, 543.
Simonson 199.
Stütz 36.
Scharf 155.
Singer 250.
Suchanek 263, 269.
Scheel 544.
Sippel 170.
Sudhoff 198.
Schepelmann 261, 266.
Siter 460.
Summers 528.
Schiboni 460.
Sitkowsky 477.
Sundberg 119.
Schickele 564.
Sitsen 235, 441.
Suner 467.
Schilling 293, 422, 457.
Sittig 539.
v. Sury 501.
Schirokaner 428.
Sittler 322.
Süssen 166.
Schirokow 166.
Siven 42, 304.
Skorczewski 133.
Swan 463.
Schittenhelm 313.
Swynghedauw 271.
Schlayer 252.
Skray 243.
Syllaba 146.
Schlesinger 62, 181.
Skutetzky 538.
Szecsi 539.
Schlieps 256.
Slingenberg 160.
Szekeres 313.
Schlimpert 496, 565.
Sluya 521.
v. Szontagh 465.
Schloß 191.
Smart 457.
Szüzs 227.
Schmeickler 488.
Schmerz 478, 548.
Smirnow 426.
Smith 177, 491, 563.
Taddei 451.
Schmidt 134, 178, 189,
Smithies 310.
Tait 243.
245, 477, 518.
Schmiegelow 490.
Binder 156.
Tamura 123.
Snegireff 496.
Tanasesco 115.
Schmitt 552.
Snell 172.
v. Tappeiner 486.
Schneider 62.
So 435.
Tarek 481.
Schnirer 198-
Sobotta 24, 37.
Söderbergh 468.
Tastevin 72.
Schoemaker 264.
Tatlow 268.
Schoenbeck 295.
Sokolowski 52.
Tauber 459.
Scholtz 563.
Sommer 194.
Taylor 450.
Schöndorff 122, 307.
Sonnenburg 249,
Teacker 149.
Schott 454.
Soresi 544.
Tode sc hi 141.
Schottländer 545.
Sormani 309.
Teichmann 614.
Schottstaedt 46.
Sorochowitsch 64.
Teilhaber 476.
8choute 262.
8outham 76.
Teleky 511.
Schxenk 133.
8outhard 310.
Telford 553.
Schröder 60, 226.
Soli 283.
Tenney 124.
y. Schrötter 295.
v. Soxhlet 306.
de Terra 518.
Schüffner 524.
Spemann 298.
Teulieres 173.
Schulemann 133.
Ssadikow 307.
Tezner 62.
Schüller 478.
Stadler 455.
Thatcher 85.
Schultz 428.
Stargardter 64.
Theilhaber 158, 161.
8chnltze 181, 440.
v. Stauflenberg 69.
Thetin 282.
Schnitze, Fr., 577.
Staunig 138.
Thibierge 90, 561.
Schulz 62.
Stearns 73.
Thoinot 90.
Schumacher 77, 151, 265,
StefFenhagen 559.
Thöle 67, 518.
500, 544.
Steiger 164.
Thomayer 137.
Schuman 567.
Stein 533.
Thormayer 145.
SchnmaDn 556.
Steinmann 156.
Thorspecken 466.
Schuropoff 431.
Steinmeier 49.
Tigerstedt 116.
Tilmann 149.
Schütz 137, 247.
Schütze 89.
Stenger 557.
Sterzing 67.
Tissot 69.
Schwalbe 513.
8teuernagel 569.
Titze 55.
Sebardt 529.
Stewart 453, 528.
Tixier 318.
Seegers 522.
Sticker 320.
Tobias 68.
Seibert 524.
Stieda 482.
v. Tobold 188.
8elenew 563.
Stier 196.
Todd 430.
Selenin 41.
Stierlin 90.
Tölken 439.
Senge 443.
8tiUer 251.
Tdlvölgyi 308.
Sergent 140.
Stockard 55.
Tomasczewski 434.
Severin 234.
Stockum 532.
Tönniges 193.
Seymour 239, 533.
Stoeber 50, 439.
Torek 552.
Sezary 561.
Stell 182, 238.
Tomai 528.
Shiga 430.
Stolte 143.
La Torre 162.
Shmamine 433.
Stone 46.
Toupet 265.
Shoemaker 164.
Stonoy 556.
Tourneux 114.
Short 480.
Storza 92.
Tonten 232.
Sicher 36.
Strapmann 500.
Trantas 172.
Sick 61.
Strassmann 502.
Traube 447.
Sie 659.
8traub 133.
Tretjakoff 36.
Siebeck 455.
Strauch 500.
Triepel 574.
Sieber 42, 141.
Stranss 53, 57, 190, 292,
Troisier 318.
Siedeberg 573.
8iegrißt 83.
479.
Tschagowetz 424.
Tschalussof 271.
Strubell 525.
Siess 61.
Strümpell 577.
Tubby 96.
Turner 153.
Türk 197.
Tüshaus 509.
Tweedy 80.
Tziklics 471.
Uhlmann 425.
Ulkan 424.
Ungar 501.
Unger 521, 537.
Ungennann 311.
Unna 232.
Urbach 508.
Usui 304.
Yandamme 249.
Veale 522.
de Yechi 317.
Vecki 88.
Veiel 453.
von den Velden 452.
Verhöff 558.
Vertes 162.
Verzär 301.
Veszpremi 231.
Vierordt 577.
Vignolo-8utati 178.
Vincent 453.
Viry 505.
Vitek 462.
Vitry 238.
Voeckler 552.
Voerner 132.
Vömer 559.
Vogel 446, 576.
Vogelsberger 170.
Voigt 466, 467.
Voron 165.
Vorpahl 445.
Vorschütz 277.
Wachtel 228.
Waelli 269, 487.
Wagner 52, 96, 274, 178.
Walch 88.
Walker 54, 147, 504.
Wall 141, 451.
Wallich 568.
Walter 250.
Walthard 495.
Wal ton 546.
Ward 58, 569.
Waraekros 287.
Warschauer 547.
Washburn 152.
Watabiki 564.
Watanabe 123.
Wateon 147, 433, 477.
Watt 238, 525.
Webb 239.
Weckers 173.
Wegele 577.
Wegner 280.
Weichardt 291, 313, 499.
Weil 102.
Weiland 425, 426, 515.
Weinfurter 436.
Weinrich 142.
Weiss 457.
Weissenbach 90, 561.
Weitzel 286.
Weizsäcker 426.
Welker 229.
Wellir241.
Welsch 91.
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638
Namen-Eegister.
Wende 576.
Wendel 470.
WenglowBki 479.
Wertheimer 556.
Wesenberg 167.
Wessely 172.
Western 281.
Westphal 278.
Wethereil 506.
Wexberg 72.
Weyl 94, 235.
White 71.
Whitehouse 160.
Whiting 526.
Wibo 171.
Wiehern 468.
Wiechowski 44.
Wiedemann 296.
Wiener 240.
Wiesinger 665.
Wiesland 322.
Wiggers 42.
Wilbert 295.
Wilbrand 520.
Wile 177, 498.
Wilenko 54.
Wilke 117.
Williams 81, 138,148.428.
Wolz 161.
Woodbury 263.
Work 71.
Worms 137.
Worrall 495.
Wilmanns 474.
Wilson 432.
v. Winiwarter 484.
Winkler 484.
Winterberg 42.
Wintemitz 129, 141.
Witmer 242.
Witt 281.
Wohlgemuth 267.
Wolbach 430.
Wolf 180, 190.
Wolf-Eisner 578.
Wolff 84, 243, 254.
Wolfsohn 562,
Wollheim 562.
Wollstein 70.
Wolpe 246.
Wolter 522.
Wossidio 273.
Wunder 44, 305.
Wwedensky 116.
Wydler 657.
Wyschelessky 237,
Yianu 531.
Yorke 430.
Young 567.
Zabel 61, 245.
Zade 173.
Zadek 463.
Zahn 39, 82, 301.
Zancani 153.
Zange 437.
Zangemeister 296.
Zangger 91.
Zarasescu 572.
Zehbe 133.
Zeller 451.
Zeoner 241.
Zi ekler 492.
Ziegel 48.
Ziegelwallner 123.
Ziemke 90.
Zierl 259.
Zikmnnd 572.
Zirm 558.
Zoeppritz 132.
Zolhnger 235.
Zs&ko 471.
Zschemikoff 230.
Zuelzer 132.
Züllig 543.
Zumsteeg 92.
Zuntz 78.
Zuppinger 155.
Zweifel 671.
Zybell 144.
Zylberlast 147.
Für die Hadnktion Tanntwörtlich: Prof. Sr. H. Lea ln Ban. — Hfllmdikteor: Prot Dr. C. Butan ln Bann.
*• Hart« * B. Waken Y erlag (Dr. ]nr. Albert Ahn) ln Bann. — Druck ron Ott« Wigand m. b. H. ln Lalpilg.
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Siebzehnter, der Sonderausgabe
Sechster Bericht
enthaltend die
Leistungen und Forschungsergebnisse
in den Jahren 1911 und 1912
Von
Prof. Dr. L. Edinger und Prof. Dr. A. Wallenberg
in Frankfurt a. M. in Danzig.
Bonn 1913
A. Marcus & E. Webers Verlag
Dr. jur. Albert Ahn
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Inhalt,
Seite
Vorwort. 1
I. Zusammenfassendes. 2
a) Lehr- und Handbücher. 2
b) Gewicht und Wachstum. 4
c) Allgemeines. 5
II. Methoden der Untersuchung. 5
a) Lehrbücher, Modelle, Schneiden, Konser¬
vieren, Fixieren, Reproduktionen, Ultra-
roikroskopie, Kulturen in vitro u. &. . . 5
b) Strukturfärbung der Zelle, vitale Färbung 8
c) Imprägnation mit Metallsalzen, Fibrillen-
fätbung. 9
d) Färbung von Markscheiden und Achsen-
zyliudcrn. Mnrcbi-Verfahren. Nachweis
von Fasordegcnerationen. 10
e) Neuroglia-Färbung; Darstellung des Plexus
chorioideus.12
III. Histologie.13
Titel: a) Allgemeines, Hypothetisches, Kritisches,
Übersichten.13
b) Entwickeln ngsgeschichte dos Nerven¬
systems, Mißbildungen.13
e) Rogenerationsvorgänge an Nervenfasern
und Ganglinienzellen, Regeneration und
Degeneration. 14
d) Zellenstruktur, Fibrillen, Netze, Verbin¬
dungen .l(j
e) Granula, Kanälchen, Pigment, Kern, Zentro-
somen, Kristalle, Zellenkapsel .... 10
f) Einzelne Zellenarten; Nervensystem der
Everte braten. 18
g) Funktionelle, toxische, postmortale Ver¬
änderungen .20
b) Nervenfaser, Aehsenzylinder, Nervenmark 21
i) Endorgano.23
b) Neuroglia.25
1) Hüllen, Gefäße.25
Text; a) Allgemeines, Hypothetisches, Kritisches,
Übersichten. 25
b) EntwicklungsgeschichtedesNervensystenis,
der Fasern und Zellen, Mißbildungen. . 20
c) Degenerations- und Regenerationsvorgängo
an Nervenfasern und Ganglienzellen . . 28
d) Zellenstruktur, Fibrillen, Netze, Verbin¬
dungen .30
e) Granula, Kanälchen, Pigment, Kern, Zen-
trosomen, Kristalle, Zellenkapsel ... 30
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Scito
f) Einzelne Zellenarten; Nervensystem der
Evertebraten.32
g) Funktionelle, toxische, senile, postmortale
Veränderungen.33
h) Periphere und zentrale Faser, Achsen¬
zylinder, Nervenmark.34
i) Endorgane.38
k) Neuroglia.39
!)• Hüllen, Gefäße.40
IV. Vorderhim.41
a) Allgemeines,Hirnfurclien undWindungon,
Vergleichendes.41
b) Anthropologisches.40
c) Individuelles. Künstler- und Geleluten-
Gehirne.47
d) Bau der Großhirnrinde.48
e) Fasoranatomie; Striatum, Mißbildungen. 56
V. Optikus, Schbahnen, Zwischenhirn, Mittelhirn 00
VI. Epiphyse und Hypophyse.6G
A. Epiphyse.66
B. Hypophyse.69
VII. Einzelne lange Bahnen.74
Motorische Bahnen.70
Sensible Bahnen.70
VIII. Kleinhirn und seine Verbindungen ... 77
IX. Oblongata, Kerne der Hirnnerven . , . . 80
Titel: a) Allgemeines, Ontogenese und Phylogeneso 80
b) Kerne der Himnerven.81
c) Oblongata und Brücke.84
Text: a) Ontogenese und Phylogenese .... 84
b)JHirnnervenkerne . . .■.87
X. Titel: Sympathieus, Spinalnerven, Plexus,
Wurzeln; Rückenmark.92
Text: Sympathieus.97
Rückenmark.98
XL Vergleichende Anatomie.99
A. Nervus terminnlis.99
B. Cyklostoinen.101
C- Selachier ..102
D. Ganoiden und Teleostier.105
E. Amphibien.108
F. Reptilien.109
0. Vogel ..112
Namenregister.114
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Vorwort,
In den letzten zwei Jahren ist überaus fleißig
auf dem Gebiete der Anatomie und Histologie
des Zentralnervensystems gearbeitet worden. In
der Technik werden die Silberimprägnationsmetho¬
den immer sicherer, und es scheint schließlich
die altbewährte Einbettung in Kanadabalsam dem
neuen viel einfacheren und billigeren Einschließen
in Leimplatten weichen zu sollen, einem Ver¬
fahren, das auch sehr große Hirnschnitte noch
mit der Ölimmersion zu betrachten gestattet, das,
weil alle Entwässerung und jedes Deckglas weg¬
fällt, auch überaus billig ist.
Die Histologie der Zelle wird weiter ausge¬
baut, und mehr und mehr scheint es, als werde
sie zu einer Histochemie. Durch die neu auf¬
blühende Wissenschaft der Kolloidchemie scheint
gar manches, was wir bisher als unerklärliches
Bild angesehen haben, sich aufzuklären. Von be¬
sonderem Interesse sind auch die Untersuchungen
an überlebenden Zellen, durch sie wird das Aus¬
wachsen der Nervenbahnen immer klarer, und es
kommen in gleichem Sinne nützliche Transplan¬
tationsversuche jetzt vielfach in Anwendung, um
die Fragen der Degeneration und Regeneration
zu prüfen. Hier pulsiert sehr reiches Leben. Der
Bau der peripheren Nerven, an den man so lange
nicht herangetreten ist, weil man ihn für bekannt
hielt, wird jetzt vielfach bearbeitet, und hier wie
bei den Endapparaten stellt sich so viel Neues
heraus, daß wir unsere bisherigen Auffassungen
ganz korrigieren müssen.
Die letzten Jahre haben bekanntlich sehr viel
zur Lokalisation der Hirnrinde Wichtiges gebracht.
Diese Studien werden namentlich auf vergleichend
anatomischem Gebiete sehr eifrig fortgesetzt. Der
Abschnitt Hirnrinde in diesem Bericht ist größer
als er je war. Auch die Thalamuskeme erfahren
nun endlich, und gleich von verschiedenen Seiten,
neue Durcharbeitung. Im allgemeinen werden aber
hier fast nur hochstehende Säuger untersucht,
und das ist vielleicht der Grund der zahlreichen
Differenzen unter den Autoren. Was noch fehlt
ist eine auf der Vergleichung mit niederen For¬
men aufgebaute Phylogenie der Thalamuskeme.
Nachdem die Chiasmafrage endlich befriedigend
gelöst ist, ist die große Literatur, die sie hervor¬
gerufen hat, zu“ einer Art Abschluß gekommen.
Man wendet sich jetzt mehr den Wegen der
Pupilleninnervation zu, deren efferenter Schenkel
auch bereits gefunden ist.
Sehr groß ist die Literatur über die Hypo¬
physe. schon weil dieses Organ auch die Auf¬
merksamkeit der Praktiker jetzt auf sich zieht.
Die Ausfuhrwege sind jetzt nachgewiesen, und
von der Epiphyse haben wir auch einiges Neue
erfahren, darunter die merkwürdige Tatsache, daß
das Organ bei einigen Tieren vollständig fehlen
kann, also jedenfalls nicht zu den unentbehrlichen
gehört.
Im Kleinhirn beginnen wir jetzt klarer zu
sehen. Die Unterscheidung zwischen neo- und
paläozerebellaren Abschnitten, noch mehr aber die
nun durchgeführte Einteilung von afferenten und
efferenten Bahnen beginnt Früchte zu tragen, und
ein ungefährer Überblick über die Tektonik des
bis vor kurzem noch ganz dunklen Organs wird
gewonnen.
Merkwürdig gering im Vergleich zu früheren
Jahren ist die Literatur der Oblongata und ganz
klein die über das Rückenmark. Aber schon ent¬
stehen auch hier durch neue Fragestellungen neue
Aufgaben. Man untersucht die Lagerung der
Kerne und fragt, welche Kräfte und welche Be¬
dingungen sie veranlassen. Ganz enorm hat das
Interesse sich gesteigert am sympathischen Nerven¬
system, offenbar weil hier durch die Arbeiten der
Physiologen ein erster Einblick leichter ermöglicht
ist, und weil die Klinik eine bessere Kenntnis
dieses Systems dringend verlangt. Die ver¬
gleichende Anatomie hat erfreulicher Weise, wie
überhaupt in den letzten Jahren, sehr Gel Arbeiter
angezogen, schon deshalb, weil auf diesem Felde
eine ganze Anzahl nicht allzu schwer .lösbarer
Aufgaben des Untersuchers harren.
Der Abschnitt Hirnrinde ist von Herrn C. Brod¬
ln an n, die Epiphyse und Hypophyse, sowie die
Hauptmasse der vergleichenden Anatomie von
Herrn Paul Röthig bearbeitet. Von den Herren
Franz, Doinikow, Kreutzfel dt, Ach u-
carro und Beccari rühren eine Anzahl Refe¬
rate in den anderen Abschnitten her. Dankbar
sind wir ferner für einige Autorreferate, deren
Zahl leider noch nicht entsprechend ihrem Weite
für den Jahresbericht gestiegen ist. Wir haben
zur Orientierung wieder ein alphabetisches Ver¬
zeichnis der Autoren mit den Nummern beigefügt,
unter denen ihre Arbeiten im Bericht angeführt
sind.
Edingcr-W»Ucnbcrg, Zentralnervensystem.
1
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2
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
I. Zusammen fassendes.
(Vergl. auch Kapitel III und XI.)
er) Lehr- und Hamlbiicher.
1. Pfeifer, R. A., Das menschliche Gehirn nach
seinem Aufbau und seinen wissenschaftlichen Leistungen
gemeinverständlich dargestellt. Leipzig 1911. Wilh.
Engelmann.
Gute populäre Darstellung mit vielen Abbildungen.
2. Hochstetter, Ferd., Form und Bau des Ge¬
hirns in ihrer Abhängigkeit von der Ausbildung anderer
Organe des Körpers. Wien 1912. 11 Abbild.
Populärer inhaltreicher Vortrag.
3. Whitaker, D. R., Anatomy of the brain and
spinal cord. 4. edition. 8°. London 1911. Living-
stoue.
Kurze Darstellung für Studenten.
4. Bell, Charles, Idee einer neuen Hirnanatomie.
Original-Text u. Übersetzung. Mit Einleitung, herausg.
von Erich Ehstein. Leipzig 1911. J. A. Barth. 43 8.
= Klassiker der Medizin 13.
5. Bütschli, 0., Vorlesungen über vergleichende
Anatomie. Lief. 2. Allgemeine Körper- u. Bewegungs¬
muskulatur, elektrische Organe u. Nervensystem. Leipzig
1912. 157 Abbild.
Enthält eine klare reich illustrierte Darstellung der
äußeren Formen.
6. Oberstoiner, H., Anleitung beim Studium
des Baues der nervösen Zentralorgane im gesunden und
kranken Zustande. 5. Aufl. Wien 1911. 267 Abbild.
Das Ob erstein er sehe Buch behandelt pro¬
grammgemäß wesentlich das menschliche Gehirn.
Auch die Neuauflage zeichnet sich wieder durch
große Vollständigkeit ans, sie gibt auch die Litera¬
tur gut und bringt eine Anzahl Umarbeitungen
(Cerebellum, Cortex) und einige neue Bilder. Dem
Charakter des Obersteinerschen Instituts ent¬
sprechend ist auf die Befunde an Tieren genügend
Rücksicht genommen, trotzdem das Buch, das auch
dio Pathologie berücksichtigt, wesentlich dem
Kliniker dienen soll.
7. Edinger, L., Vorlesungen über den Bau der
nervösen Zentralorgane des Menschen und der Tiere I.
8. Aufl. Leipzig 1911. 398 Abbild, u. 2 Taf.
Das Erscheinen des sub 8 zitierten für
Ärzte und Studierende bestimmten Buches hat
es ermöglicht, den ersten Band des größeren
Werkes so umzugestalten und zu erweitern, daß
er eine ziemlich vollständige Darstellung des Ge¬
hirnes der Säuger bringen kann. Vom Kleinhirn
bis zur Rinde des Großhirns war fast alles neu
zu bearbeiten. Unter den zahlreichen Neuabbil¬
dungon seien besonders die vielen Außenansichts¬
bilder und Schnitte von bisher nicht abgebil¬
deten Säugergehirnen genannt, außerdem aber
sind sehr viele mikroskopische Schnitte durch
den menschlichen Hirnstamm, Thalamus, Stria¬
tum usw. gegeben. Vollständig neu ist auch
die Hirnrinde bearbeitet, und in einem Scklnß-
kapitel wird versucht die Anatomie direkt an die
Psychologie anzuknüpfen. Der Verfasser unter¬
scheidet vom Paläencephalon geleistete Receptiones
et Motus von den Leistungen der Hirnrinde des
Neencephalons, die im wesentlichen als Gnosis
und Praxie bezeichnet werden. Über diese 4 Kate¬
gorien schaltet sich, wahrscheinlich im wesent¬
lichen vom Lobus frontalis getragen, der Intellek-
tus. Diese Vorlesung zur Psychologie ist auch
iu Nr. 8 aufgenommen worden. Neu ist auch
die Darstellung des Sympathikus.
8. Edinger, L., Einführung in die Lehre vom
Bau und den Verrichtungen des Nervensystems. 2. Aufl
Leipzig 1912. 176 Abbild. 6 Mk., geh. 7 Mk. 25 Pf.
Gegen die erste Auflage vermehrt um zahlreiche
Abbildungen aus Nr. 7 und die Darstellung des Sym¬
pathikus usw.
9. Edinger, L., Wandtafeln des Neurolog. Insti¬
tutes iu Frankfurt a. M. zur Veranschaulichung des
Nervensytemes. Wiesbaden 1912. J. F. Bergmann.
Mit 5 Taf.
Die ziemlich schematischen Tafeln sind so
eingerichtet, daß sie übereinander aufgehängt
werden können. 1 enthält die Darstellung eines
Rniees (Gelenke, Muskeln), aus dem die Nerven,
in Nr. 2 das Rückenmark verfolgt werden können.
Aus dessen Querschnitt erheben sich die Bali neu
zu Nr. 3, zur Oblongata und Cerebellum, und
über diese kann Tafel 4 aufgehängt werden, welche
Thalamus und Großhirn auf einem Schnitt dar¬
stellt. Die Tafel 5 gibt einen sehr großen Quer¬
schnitt durcii das verlängerte Mark, auf dessen
einer Seite die anatomischen Verhältnisse, auf
dessen anderer Seite die Ausfallbilder eingezeichnet
sind, welche bei Erkrankung der einzelnen Stellen
entstehen. Die Tafeln sind für den Unterricht
in der Anatomie, Physiologie und Klinik bestimmt
10. Dunlop, Lickley, The nervous System. An
elementary handbook of the Anatomy and Pbysiology
of the Nervous System. London 1912. Longmanns
Green & Co.
Kurze Darstellung für Studierende.
11. Villiger, Em., Gehirn und Rückenmark.
Leitfaden für das Studium der Morphologie und des
Faserverlaufs. 3. Aufl. Leipzig 1912. W. Engelmann.
Mit 232 Abb.
Die dritte Auflage folgt der zweiten so schnell, daß
sie nur wenige Veränderungen enthält. Das Buch mit
seinen zahlreichen Schnittabbildungen und Schematen ent¬
spricht offenbar einem Bedürfnis der Studierenden. Für
spätere Auflagen wäre bessere Nomenklatur, vielleicht
auch eine ausführlichere Benennung auf bereits gut
bekannten Gebieten (Oblongata z. B.) erwünscht.
12. Jakob, Chr., Das Meoschenhirn. Eine Studie
über den Aufbau und die Deutung seiner grauen Kerne
und Rinde. I. Teil. Tafelwerk nebst Einführung in
den Organisationsplan des menschlichen Zentralnerven¬
systems. 90 zum Teil färb. Taf. u. 51 Fig. München.
J. F. Lehmann. 63 S.
Das prachtvolle Tafelwerk, mjt welchem uns
Jakob beschenkt, bringt auf 90 Foliotafeln photo¬
graphisch reproduzierte Schnittserien durch das
menschliche Zentralnervensystem vom vierten
Sakralnerv bis in die Hirnrinde. Es handelt sich
fast ausschließlich, und hier liegt der Hauptwert
des Buches, um die exakte Wiedergabe von Zell-
färbungen. Gerade über die Zellarchitektur be¬
sitzen wir nur Bruchstücke, und eine so fort¬
laufende Abbildungsserie kommt überaus will-
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
Zusammenfassendes.
3
kommen. Gleich dem Retziusschen Werk über
das Menschenhirn wird sie auf lange hin Nutzen
bringen. Dem Tafelwerk soll ein Textband folgen,
einstweilen ist ihm ein anregend geschriebener
Aufsatz über die Organisation der grauen Sub¬
stanz vorangesetzt, aus (lern man schon ersieht,
daß J. vielfach seine eigenen Wege wandelt, siehe
auch hier Abschnitt IVd. Über das einzelne soll
jetzt, wo die weitere Begründung noch nicht vor¬
liegt, nicht gerechtet werden. Am interessantesten
ist seine Auffassung der Hirnrinde und ihrer Be¬
ziehungen zum Thalamus, wie überhaupt diese
beiden Teile mit besonderer Liebe und auch mit
einigen sehr klaren Schematen behandelt sind.
Die Rindenfelder sind ganz neu in frontale,
parietale, okzipitale usw. Sektoren eingeteilt, für
welche die Begründung abzuwarten ist. Für J.
ist die Rinde in ganzer Ausdehnung Perzeptions¬
organ, und sie setzt auch überall die aufge-
nommeneu Reize in effektorische Elemente um.
Nirgends sind sensible und motorische Energie¬
träger so innig wie hier vereint, überall sind
beide vorhanden, eine eigentliche Assoziationsrinde
existiert gar nicht. Gerade die Darstellung dieser
Dinge, die Erörterung der biologischen Fundamente
der psychologischen Prozesse soll in dem zweiten
Band gebracht werden.
13. Jakob, Chr., Vom Tierhim zum Menschen-
hirn. Vergleichende morphologische, histologische und
biologische Studien zur Entwicklungsgeschichte der
Großhirnhemisphären und ihrer Rinde. Unter Mit¬
wirkung von CI. Onelli. I. Teil. Tafelwerk nebst
Einführung in die Geschichte der Hirnrinde. 48 Taf.
u. 54 Fig. München. J. F. Lehmann. 40 S.
Referat siehe auch Abschnitt IVd.
Referent E. hat von jeher den Standpunkt ver¬
treten, daß Himanatomie nur fruchtbringend ge¬
trieben werden kann, wenn gleichzeitig die Ver¬
richtungen des Organs, die Psychologie und die
Biologie der Tiere berücksichtigt werden. Auf
dem gleichen Standpunkt steht das oben genannte
Werk, zu dem sich der Arzt Jakob und der
Direktor des zoologischen Gartens in Buenos Aires
Onelli vereinigt haben. Zunächst liegt aller¬
dings nur der erste Teil vor, welcher auf 32 Seiten
eiüe Übersicht über die ontogenetische und phylo¬
genetische Entwickelung der Hirnrinde und die
Tafeln bringt. Es ist wesentlich die Säugerrinde
berücksichtigt, diese wieder vorwiegend an Zell
Präparaten. Die letzten Jahre haben ja auch
gezeigt, welch ungeheure Masse von Arbeit hier
noch zu schaffen ist. So muß es denn außer¬
ordentlich begrüßt werden, daß die Verfasser, j
denen ein sehr reiches Material von vorwiegend j
südamerikanischen Tieren zur Verfügung stand,
uns auf 48 prachtvoll gedruckten photographischen
Tafeln eine Anzahl wichtiger Präparate vorlegen.
Bisher kannten wir die Hirnrinde von etwa
10 Säugern, diese Zahl wird jetzt mit einem Mal
mehr als verdoppelt. Die Tafeln enthalten außer¬
dem eine sehr große Anzahl lebensgroßer Ab¬
bildungen von bisher vielfach nicht genügend
bekannten selteneren Gehirnen, unter denen
namentlich die der Edentaten wertvoll sind.
Hier sind auch die Schädelausgüsse der fossilen
Formen abgebildet und aus ihnen die Gehirne
schematisch rekonstruiert. Diese Arbbit über die
Rinde der Tiergehirne ist jedenfalls ein überaus
wertvoller Beitrag, man wird mit Interesse der
Fortsetzung entgegen sehen, auch der Begründung,
welche dann für die Daten in der Einleitung zu
geben ist. Daß die argentinische wissenschaft¬
liche Gesellschaft die Veröffentlichung eines
solchen Werkes unterstützt hat, gereicht ihr zur
Ehre.
14. Winkler, C., and Ada Potter, An ana-
tomical guide to experimental researches on the rabbits
brain. A series of 40 frontal sections. Amsterdam 1911.
W. Verstuis.
Winkler und Potter haben uns mit der
Herausgabe einer groß angelegten und bis in
kleinste Einzelheiten vorzüglich durchgeführten
Serie von Zeichnungen der Frontal schnitte durch
ein Kaninchengehirn vom Frontalpol bis zum
Halsmark erfreut und damit einem seit langer
Zeit fühlbaren Bedürfnis aller experimentell am
Zentralorgan des Kaninchens Arbeitenden abge¬
holfen. Jede Tafel bringt auf der rechten Seite
die Zell-Architektur, auf der linken die Mark¬
faserung. Neben den eingetragenen Bezeich¬
nungen ist eine genaue Beschreibung eines jeden
Querschnittes beigefügt. Bis auf wenige Irrtümer
in der Benennung der einzelnen Faserbündel kann
Ausführung und Text als völlig einwandfrei und
den jüngsten Anschauungen über Lage, Größe
und Bedeutung aller Teile entsprechend bezeichnet
werden. Die Herausgeber haben sich das Ver¬
dienst erworben vorbildlich für spätere Atlanten
von anderen Versuchstieren und vor allem auch
für einen Gehirn-Atlas des Menschen zu wirken
(siehe auch Kap. IVd).
15. Clarke, R. H., and E. E. Henderson, Atlas
of photographs of sections of the frozen cranium and
brain of the cat (felis domestica). Witb 7 figures in
the text and 12 plates. Journ. f. Psych. u. Neur. Bd. 18.
8. 391. 1911.
Ausgezeichnete Photographien einer Sagittalschnitt-
serie durch Gehirn nnd Schädel von Katzen zum Zweck
der Darstellung der gegenseitigen Lage der einzelnen
Gehirnteile zu einander und zum Schädel für Operationen
mit Clarkes im Bericht 1907/08 beschriebenen stereo-
taxischen Instrument.
16. Radi, Em., Neue Lehre vom zentralen Nerven¬
system. Leipzig 1912. W. Engelmann. 488 S. 100 Ab¬
bildungen. 12 Mk.
Dieses Buch ist dem Nachweis gewidmet, daß
die morphologischen Tatsachen gegeben sind, daß
diese ohne Rücksicht auf physiologische und psy¬
chologische Interessen studiert werden müssen, daß
es Strukturgesetze gibt, welche für alle Organismen
gelten. Der Organismus ist eine Welt mit ganz
eigenen Gesetzen, eine Welt, in der alle Organe
schon irgendwie als Strukturen gegeben oder doch
vorbestimmt liegen, die ihre Organe keineswegs
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4
Edinger und Wellenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
durch die Beziehungen zur Außenwelt erst schafft. 1
Ein Versuch, die hier zugrunde liegenden Gesetze
zu ermitteln, wird nun in der sehr ausführlichen J
und trefflich illustrierten Darstellung der „Seh¬
zentren“ — so nennt der Verfasser die Gebilde I
von der Pfetina bis zum Gehirne — gemacht.
Da ganz vorwiegend die Evertebraten auf Grund
eigener Arbeit geschildert werden, so wird der
Wunsch immer neu rege, der Verfasser möchte
die wundervollen Präparate, die ihm Vorgelegen
haben müssen, doch etwas klarer beschreiben, ja !
er möchte sie einmal von dem Standpunkte stu- I
dieren, der uns bisher so interessiert, von dem j
Standpunkte des Zusammenhanges der Teile. Das j
Einfachmorphologische, wo etwa Faserfilze, wo '
Zellen liegen, in welchen Winkeln die Fasern
aus der Retina in das Zentralorgan eindringen,
das bietet zunächst noch wenig Interesse, man
sieht nicht, was damit zu fördern wäre. Eine
so vollständige auf eigenen Untersuchungen be¬
ruhende Darstellung besonders der Evertebraten-
augen existiert übrigens noch nicht und hier liegt
die Gabe, die das Buch bringt. Es wird dabei
allerdings vieles homologisiert, was noch durch¬
aus zweifelhaft ist, wie etwa die Scheitelaugen
der Spinnen mit den Parietalaugen der Reptilien,
und es werden Gebilde zu den Augen gezählt,
deren Bedeutung noch ganz unsicher ist: Lateral¬
augen des Amphioxus, einiger Würmer u. a. Der
Verfasser wendet sich ganz besonders gegen die
Auffassung, welche den Sehapparat als ein Kon- ;
glomerat von Leitungsbahnen auffaßt, aber es ist,
eben weil er auf die Leitung gar kein Gewicht
legt, absolut nicht zu erkennen, wie er sich den j
Gesamtaufbau irgend eines der vielen von ihm |
geschilderten Organe vorstellt. Viele Worte, schöne
Bilder, keinerlei Zusammenhang ersichtlich. Da¬
gegen ganze Kapitel über die mögliche Bedeutung
leichter Assymmetrien in der Stiibchenschieht
sowohl wie in den Zentralorganen, über Wellung
der Fibrillen, über die Art wie die Schichtung
der Netzhaut invertieren kann, wobei wieder das
sehr fragliche unpaare Auge der Zyklostomen eine
Rolle spielt.
b) OewiciU und Wachstum.
Edinger (7) wendet eich scharf gegen die
ganzen bisherigen Methoden der Hirngewichts- j
bestimmung. Er glaubt, daß Bestimmungen des |
Gesamtgehirns gar keinen Wert haben, weil sie |
nicht die wohl im wesentlichen von der Körper¬
entwickelung abhängenden paläencephalen Teile
von den neencephalen, auf welchen die hohe psy¬
chische Entwickelung beruht, zu trennen wissen.
Selbst wenn man die Hemisphären allein wiegen
würde, hätte das auch keinen Wert, weil die I
von Urnen ausgehenden Strahlungen zum Thala- I
mus, Mittel- und Hinterhirn, ja die Pyramiden- j
bahn dabei fälschlich dem Paläeneephalon zuge¬
rechnet werden. Er gibt zu erwägen, daß schon
das Kleinhirn aus zwei ganz verschiedenartigen
Abschnitten besteht, da ja nur dessen Hemi¬
sphären mit dem Großhirn Zusammenhängen.
Auch innerhalb das Großhirns stellt sich ja mehr
und mehr eine Verschiedenartigkeit der Teile
heraus, und Edinger glaubt, daß so lange es
nicht möglich ist, alle (\jese gesondert zu wägen,
aus keiner der zahllosen bisherigen Wägungen
irgendwelche Schlüsse gezogen werden können.
Für den Menschen speziell erinnert er daran,
wie sehr verschieden das Hirngewicht sich je
nach der Todesart gestaltet; welche Momente
hier überhaupt sonst noch einwirken, das ergibt
sich auch aus den Untersuchungen 19 — 25.
17. Lapicque, Louis, Sur le poids eneephalique
des mammiferes amphibies. Bull, du Museum d’histoire
naturelle 1912, 1.
Das Gehirn des Delphins wiegt relativ 4—5mal
soviel als das des Hundes und Pferdes.
18. Donaldson, Henry H., and Shinkishi
Hatai, A comparison of the "norway rat with the
albino rat in respeet to body length, brain weight
spinal cord weight and the percentage of water in both
the brain and the spinal cord. Eight figures. Journ.
of comp.' Neur. Bd. 21. 11.5. S. 417. 1911.
Eingehende Messungen und Wägungen führten zu
dem Resultat, daß die weiße Ratte nicht nur kleiner
ist und weniger wächst als die norwegische, aus der
sie durch Demestikation entstanden ist, sondern daß
das relative Gewicht des Gehirns um 16%, das des
Rückenmarkes um 12% geringer ist als bei norwegischen
Ratten von gleichem Körpergewicht. Der Prozentgehalt
an Wasser im Zentralnervensystem ist nach Beendigung
des Wachstums ein wenig geringer bei der weißen
Ratte. Alle diese Veränderungen sind wahrscheinlich
mehr durch eine Vergrößerung der einzelnen Neuronen
und stärkere Entwicklung ihrer Dendriten als durch
eino Zunahme der Neuronen-Zah! bedingt.
19. Donaldson, Henry H., A comparison of
tbe european norway and albino rats (mus norvegicus
and mus norvegicus albinus) with those of North
America with respeet to the weight of the central
nervous System and to cranial capacity. 5 Fig. Joum.
of comp. Neur. Bd. 22. S. 71. 1912.
Eignet sich nicht zu kurzem Referat.
20. Donaldson, Henry II, On the regulär
seasonal changes in the relative weight of the central
nervous svstem of the leopard frog. Joum. of MorphoL
Bd. 22. H. 3. Sept. 1911.
Während der „aktiven“' Jahreszeit wechselt das
relative Gewicht des Zentralnervensystems beim Frosch
und zwar für jede Froschart in charakteristischer Weise,
gemäß ihren Gewohnheiten. Es ist niedrig im Frühling,
hoch im Juli und geringer zur Zeit der Überwinterung,
während des Winterschlafs bleibt es fast konstant Das
Wachstum des Gewichts ist am größten von Ende
März bis Ende April. Der Körper wächst anders als
das Zentralnervensystem, denn das Gewicht nimmt
innerhalb einer „activen“ Jahreszeit bei 1—4 Jahre
alten Fröschen um mehr als das Doppelte zu.
21. Donaldson, Henry H., On the influence
of exercise on the weight of the central nervous system
of the albino rat Journ. of comp. Neur. Bd. 21. H. 2.
S. 129. 1911.
Ratten, die in rotierenden Kästen gehalten wurden
und dadurch zu bestimmten Bewegungskomplexen ge¬
zwungen wurden, hatten ein um 2,4 —2,7 % stärkeres
Gehirngewicht als die Kontroltiere, während das Rücken¬
mark keine Differenz darbot.
22. Donaldson, Henry H., The effect of uuder-
feeding on the percentage of water, on the ether-alcohol
Go gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Methoden der Untersuchung.
5
extract, and on medullation on the central nervous
System of the albino rat. Joum. of comp. Neur.
Bd. 21. H. 2. S. 139. April 1911.
Unterernährung bedingt im Gehirn der weißen
Ratte eine Verminderung des Wassergehalts um höch¬
stens 0,2 °/ 0 , dagegen eine Vermehrung des Aether-
Alkohol-Extrakts, die beim Vergleich mit gleichaltrigen
Tieren geringer ist. Die Markscheiden unterernährter
Tiere zeigen keinen Unterschied gegenüber normalen
Tieren.
23. Donaldson, Henry H., and S. Hatai,
Note on the influence of castration on the weight of
the brain and spinal cord in the albino rat and on the
percentage of water in them. Journ. of coiro. Neur.
Bd. 21. H. 2. S. 155. April 1911.
Kastration vermindert das Gewicht von Hirn und
Rückenmark, ist aber ohne Einfluß auf den Prozent¬
gehalt an Wasser.
24. Donaldson, Henry H., An Interpretation
•of some differences in the percentage of water found
in the central nervous System of the albino rat and
due to conditions other than age. Journ. of comp.
Neur. Bd. 21. H. 2. S. 161. April 1911.
Bei dem Vergleich des Wassergehalts im Zentral¬
nervensystems ist das Alter, besonders bei jungen
Tieren, genau zu berücksichtigen. Das Gehirn muß
innerhalb der 1. oder 2. Stunde post mortem entfernt
werden. Chronisch kranke Tiere müssen von der Unter¬
suchung ausgeschlossen werden. Dagegen spielen die
gewöhnlichen Variationen der Ernährungsbedingungen
keine Rolle.
25. King, Helen Dean, The effects of pneu-
monia and of postmortem changes on the percentage
of water in the brain of the albino rat. Journ. of
comp. Neur. Bd. 21. H. 2. S. 147. April 1911.
Pneumonie vermindert den Wassergehalt des Ge¬
hirns, Postmortal tritt eine Vermehrung des Wasser¬
gehalts auf, die bei an Pneumonie gestorbenen Ratten
größer ist als bei normalen.
26. Tschernyscheff, S. P., Über das Gehira-
gewicht des Menschen. Sitzungsber. d. pbysik.-med.
Gesellseh. zu Moskau. 1911. Ref. Neur. Zentralblatt.
S. 963. 1912.
Das mittlere Hirngewicht des erwachsenen Mannes
beträgt durchschnittlich 1368 g, das einer erwachsenen
Prau 1227 g, es wächst mit der Körpergröße, ist bei
der Frau mit 20 Jahren am größten, nimmt dann ab,
um zwischen 40 und 50 Jahren wieder etwas anzu¬
steigen ; über 1500 g wog es nur bei Männern, unter
1100 nur bei Frauen. Unabhängigkeit der Intelligenz
vom Himgewicht.
27. Walter, F. K., Gehirngewicht und Intelli¬
genz. Rostock 1911. Warkentien.
„Weder dio absolute noch die relative Größe des
ganzen Gehirns läßt einen Schluß auf die Intelligenz
seines Trägers zu, sondern nur die relative Größe des¬
jenigen Gehimteils, der allein als Substrat der höheren
geistigen Funktionen anzusehen ist, ohne daß es bisher
möglich ist, diese Verhältnisse durch genaue Zahlen¬
angaben zu stützen.“
28. Funk, Karl, Über das absolute und relative
Hirngewicht bei Tieren. Diss. med. Würzburg. 1911.
Viele Wägungen bei Fischen, Vögeln und besonder
bei Säugern. Starke Schwankung'' 1 ! des relativen und
absoluten Hirngewichts auch bei g.:nz nahestehenden
Arten, sowie bei Individuen derselben Art. Abhängig¬
keit von der Größe der Intelligenz ist ausgeschlossen.
28a. Hultgren, E. 0., Das Hirngewicht des Men¬
schen in Beziehung zum Alter und zur Körpergröße.
3 Fig. Upsala 1912. (Berlin, Friedländer k Sohn.)
39 S. (Aus: K. Svenska vetenskaps akad. Handl.) [Dem
Eef. nicht zugänglich.]
29. Klatt, Berthold, Über die Veränderung
der Schädelkapazität in der Domestikation. SB. Ges.
naturf. Fr. Berlin 1912, Nr. 3, S. 153.
Durch Schrotausmessung wurde festgestellt, daß
der Schädelinhalt, also das Hirnvoluraen, bei Haustieren
im Vergleich zu entsprechend großen Wildtieren ab¬
genommen hat. Bei Tieren aus zoologischen Gärten
nimmt es gleichfalls ab, bei verwilderten dagegen zu.
Bei Hunden jedoch, da bei kleinen Haushunden das
Gehirn, um nicht unter ein gewisses Minimum zu
gehen, weniger abnimmt als bei großen und außerdem
ein gewisser Hirnteil, das Stiruhirn, für sich bei Haus¬
hunden erheblich zugenommen hat, zeigt es sich, daß
das Hirnvolumon in der Domestikation nicht in dom
Maße abnimmt wie der Schädel und das eines kleinen
Haushundes (Pintscher) sogar das eines entsprechend
kleinen Wildhundes (Schakal) übertrifft. Noch weniger
entspricht die Volumenabnahme des Hirns der der
Schädel- bzw. Körpergröße bei höheren Affen, gamicht
beim Menschen.
c) Allgemeines.
30. Kohlbrugge, J. H. F., Kultur und Gehirn
(Schluß). Biol. Zentralbl. Bd. 31. H. 9 u. 10. S. 309.
1911. Kritisch-Übersichtliches s. vorigen Bericht.
31. Parker, G. U., The origin and significance of
the primitive nervous System. Proceed. of the Americ.
Philosophical Society Bd. 50. S. 199. May bis June. 1911.
Zusammenfassung der im vorigen Berichte be¬
schriebenen Resultate über die von P. aufgestellte
Theorie der Genese des primitiven Nervensystems: Der
Muskel ist früher da als der Nerv.
32. Parker, G. H., The relation of smell, taste
and the common Chemical sense in veitebrates. Journ.
of the Acad. of Natur. Scienc. of Philadelphia. Bd. 15.
Ser. 2. March 21. 1912. (Physiologisch).
33. Sterzi, Giuseppe, I progressi della nevro-
logia. Prelezione. Cagliari. tipogr. e legat. industr.
28 S. 1910.
II. Methoden der Untersuchung.
a) Lehrbücher, Modelle, Schneiden, Konservieren,
Fixieren, Reproduktionen, Ultramikroskopie, Kul¬
turen in vitro n. a.
33. Spielmeyer, W., Technik der mikroskopi¬
schen Untersuchung des Nervensystems. Berlin 1911.
Springer. Bd. 5. 131 S.
Ausgezeichnete Darstellung der bewährten Methoden
der Fixierung, Einbettung, des Schneidens, der Darstel¬
lung der Ganglienzellen, der Neurofibrillen, Achsenzylin¬
der, Markscheiden, der Neuroglia, der Abbauprodukte,
der Gefäße und Hüllen des Zentralnervensystems, ferner
der zytologischen Untersuchungsmethoden der Zerebro¬
spinalflüssigkeit und de9 peripheren Nervensystems.
34. Sab i n , Fl or e u c e R., Description of a model
showing the tracts of fibres medullated in a new-born
babys brain. 9 Taf. Amer. Journ. of Anat. Bd. 11.
H. 2. S. 113. 1911.
Auf Grund dreier Sagittal-Serien und zweier Trans¬
versal-Serien (3 von Neugeborenen, 2 von Erwachsenen)
hat S. die Fasersysteme im Hirnstamme und im Vorder-
hirn bis zur Rinde in Form von übersichtlichen Wachs¬
modellen, wie früher die Oblongata 1900, zusammen¬
gestellt.
35. Brodersen, Modell des Gehirns eines mensch¬
lichen Fötus vom Anfang des sechsten Monats. Mit
2 Abbildungen. Anat. Anz. Bd. 41. S. 104. 1912.
4 Modelle der äußeren Formen aus Elfenbeinraasse
nach Gipsabgüssen, vom Bildhauer A. Maxxotti in
Münster angefertigt.
36. Sheldon, Ralph Edward, Some new labo-
ratory fumishings. 4 Taf. Anat. Record Bd. 5. H. 10.
Oct. 1911.
Praktischer Laboratoriumstisch, Schrank und Gestell
für elektrische Mikroskopirlampe.
37. Sudler, Mervin T. and W. J. Baum¬
gartner, The gelatin wethod of preserving anatomical
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
6
Ed inger und Wall enb erg, Anatom ie des Zentralnervensystem s.
specimens with especial refcrence to neurological prö-
parations. Two tigures. Anat. Record Bd. 5. Heft 7.
S. 339. July 20. 1911.
Formalin- Härtung (lOproz.), Waschung, Borax-
Karmin -Färbung der dicken Scheiben mit lOproz. Salz¬
säurelösung, Auswaschen mit salzsäurehaltigem Wasser,
Einbetten in Gelatine 200g-|-Kaiserlingsehe Lösung
(acid. acetic. 100 g, Glyzerin 200 ccm, Aqu. 1000 ccm),
3000 ccm, während des Erhitzens Zusatz von je 1 Eiweiß
auf 1 Liter Flüssigkeit, Filtrieren der kochenden Mischung,
nach dem Erhärten Zusatz von Thymolkrystallen, in
den Präparatengläsern nach Übergießen mit der noch
warmen Gelatinelösung Zusatz von 1 Tropfen Formalm
auf je 20 ccm der Lösung, weiße Vaseline zum Schutz
vor Austrocknung.
38. Stärcke, Aug., Paraffinmäntel zur Kon¬
servierung von Gehirnen. Zeitschr. f. wissensch. Mikro¬
skopie u. f. roikroskop. Technik Bd. 28. H. 2. 1911.
Bei langem Aufbewahren von Gehirnen in Formalin j
werden zunächst in der peripheren Zone die Nissl-
und Weigert-Färbungen unsicher. Ursache sind das
Formal in und in noch größerem Maße, namentlich für
Markscheiden, das Wasser. Man kann diese Übelstände
vermeiden, wenn man die Gehirne nur 8—14 Tage in
löproz. Formol hängt, sie dann gut abtrocknet und in
15° über seinen Schmelzpunkt erhitztes Paraffin taucht.
Es darf nach dem Erkalten nirgends ein Tropfen hervor¬
perlen. Das Gehirn wird von feuchter Watte um¬
geben auf bewahrt. Ein 1905 so konserviertes Gehirn
verhielt sich 1910 Nissl- und Weigert-Färbung
gegenüber wie frisches.
39. Bakluschinsky, J., Die Konservierung der |
Gehirne nach modifizierter Kaiserli ngscher Methode.
Neurol. Bote (russ.) Bd. 18. S. 715. 1911. [Dem Ref
nicht zugängl.] Ref. in Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Referate und Ergebnisse Bd. 4. H. 9. 8. 880.
Im psycho-physiolog. Laboratorium der Universität
Kasan (Ossipow) werden die Gehirne zu Museums¬
zwecken in folgender Weise konserviert: 4 Tage in
Wasser 2000,0, Formalin 500,0, Kal. acetic. 60,0, Kal.
nitric. 20,0, dann in 95grad. Spiritus oder denaturierten
Spiritus 30—60 Minuten, bis die graubraune Farbe ver¬
schwunden ist, dann in Glyzerin 1000,0, asser 1000,0,
Alkohol 250,0 mit Zusatz von Thymolkrystallen. Nach
8—10 Tagen herausnehmen, nachSchor trocknen, mit
dünner Gelatineschicht bedecken, im hermetisch ge¬
schlossenen Glase in mit Formalin durchtränkter Watte
verwahren.
40. Weber, A., Le montage des eoupes a la
celloidine. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie Bd.29. 1912.
Nichts Neues. Das alte bekannte Weigert-Ver-
fahren, doch ohne Nennung des Autors, der W., der
auf zwei spätere Autoren zurückgeht, nicht bekannt wai.
41. Nieuwenhuijse, P., Die Konservierung
mikroskopischer Präparate in trockener Gelatine. Fol.
Neuro-biol. Bd. 6. S. 608. 1912.
Weiterbildung einer von Liesegang, 1 rankfurt,
angegebenen Methode, die sich allerdings nur für
Weigert-Pal-Präparate (ohne Niederschläge von
oxalsaurem Kalk!), Bielschowsky-Präparate, Sudan-
und Scharlachfärbungen eignet: Die auf Fließpapier ge¬
legten Schnitte werden in 37° warme lOproz. filtrierte
Gelatinelösung übertragen, wo sie einige Zeit verweilen.
Erwärmte Objektträger werden mit warmer Gelatine¬
lösung übergossen, vor dem Erstarren die Schnitte lose
heraufgedrückt, das Fließpapier entfernt, die Objekt¬
träger auf einer horizontalen Glasplatte getrocknet und
wieder mit Gelatine übergossen, nach dem Erstarren
eine halbe Stunde in lOproz. Formalinlösung gehärtet,
dann leicht erwärmt (56° C.). Reinigung nicht mit
Wasser, sondern mit Xylol oder 95proz. Alkohol.
Leider springen die Präparate leicht von der Glasplatte
ab und werfen dadurch unbrauchbar!
Wenu man aber die Gelatine jedesmal frisch her-
stellt oder bei Zusatz von 5% Glyzerin wird das ver¬
mieden. Das Frankfurter Laboratorium, aus dem diese
ganze Methodik stammt, benutzt sie für alle Weigert-
und Karminpräparate, ferner für M a r c h i - Präparate.
Hier arbeitet man immer auf dem Wärmetisch bei circa
40° C., wodurch viele früher aufgetretene Mißstände
(Luftblasen usw.) vermieden werfen. E.
41a. Cesaris Demel, A., Sulla possibilita di diffe-
renziare niacroscopicamente parti distinte nella sostanza
bionca del centro ovale. 1 Taf. Atti R. Accad. di Sc.Tormo
Bd 47 Disp. 14, S.887. 1912. Dem Ref. nicht zugänglich.
42. Möllgaard, Holger, Die vitale Fixation des
Zentralnervensystems. Über eine neue histologische
Methodik und deren vorläufige Resultate. Mit 6 Ab¬
bildungen im Text und 10 Tafeln. Merkel-Bonnets
Anatom. Hefte 131. Bd. 43. 1911.
43. Retzius, Gustaf, Über die vitale Fixation
dos Nervensystems von H. Möllgaard und über die
Gefrieimethode im allgemeinen. Anat. Anz. Bd. 39.
S. 203. 1911. , , ,
44. Liesegang, Raphael, Die Möllgaardsclio
vitale Fixation. Anat. Anz. Bd. 39. Nr. 17 u. 18. 1911.
Möllgaard (42) hat durch Gefrieren des
Zentralnervensystems bei niedrigen Temperaturen
eine vitale Fixation zu erreichen versucht. Er
legt das dem lebenden Tiere oder unmittelbar
nach dem Tode entnommene Gewebe in Alkohol
oder in ein Gemisch von Kohlenstoff-Tetra¬
chlorid + Xylol (mit Zusatz von 4% Alkohol
absolutus), das durch Kohlensäure - Schnee auf
— 40° C. abgekühlt ist. Schneiden wie bei
Paraffineinbettuug, Färben in 1 proz. Nilblau-oder
lproz. Toluidinlösung. Untersuchung mit dem
Paraboloid-Kondensor ergibt ein „glioses“ inter¬
zelluläres und intrazelluläres Netzwerk, das bei
funktionellen und toxischen Zustandsänderungen
bestimmte Strukturänderungen aufwies. Daraus
zog er u. a. den Schluß, daß die Nissl-Körper
■benso wie die Fibrillen Kunstprodukte sind.
Gegenüber dieser Möllgaard sehen Auf¬
fassung macht Liesegang (44) wie auch
Setzius (43) darauf aufmerksam, daß es sich
rieht um etwas vitales handle, sondern um
lie Form wie Protoplasma bestimmter Art ge¬
friert. Liesegang speziell zeigt, wie man
verschiedene Bilder erhalten kann, je nachdem
man Leimlösungen starkem oder geringem Frost
aussetzt, und er erinnert daran, daß man di«
Eisteilchen schließlich so klein machen kann, daß
die Bezeichnung kolloides Eis berechtigt ist.
Weiteres über diese Methode s. Histologie,
Nr. 196, wo Möllgaard den Wert der Kunst¬
produkte hier klarstellt.
45. Möllgaard, Holger, Über die Verwendim?
der Gefriermethode für vitale Fixation des Zentral¬
nervensystems. Anat. Anz. Bd. 39. S. 532. 1911.
M.'gibt Retzius zu, daß das von ihm bei An
wendung seiner Gefriermethode gefundene Netzwerk
ein durch das Gefrieren hervorgerufenes KunstproduKi
ist, glaubt aber, daß die Art dieser Netzbildung unter
normalen Verhältnissen konstant und daher als Indikator
physisch-chemischer Änderungen in den Zellen, i d.
bei Intoxikationen zu verwenden ist.
46. Auerbach, Leopold, Möllgaards vitale
Fixation und meine Kritik der Neurofibnllenlehre. an
3 Abbildungen. Anat. Anz. Bd. 40. 8. 182. 1911.
A bestätigt wieder die in Baden-Baden diskutierte
Ergebnisse über die artefizielle Entstehung der Neuro-
I
Digitized
Go gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Methoden der Untersuchung.
7
fibrilleD durch Gerinselbildung. Es ist nicht notwendig, I
daß die Temperaturemiedrigung, durch die eine Dar¬
stellung der Fibrillen verhindert und statt dessen eine
nahezu homogene Koagulation bedingt wird, den Gefrier¬
punkt erreicht oder uuter ihn hinuntergeht. Es sind also
nicht die mit der Fixation in gefrorenem Zustande einher¬
gehenden Veränderungen (wio bei Möllgaard). die ab¬
weichende Strukturbilder der Achsenzylinder hervorrufen.
47. Barnet, Joseph, A new technicjue in the
fixation and staining of nerve tissuo. Anat. Record Bd. 7.
H. 2. S. 63. 1913.
I. V,—1 cm diclo Stücke kommen 24 Stunden in
folgende frisch bereitete Fixierlösung: Dextrose 5g,
Laktose 2,5 g, Lävulose 2 g, Formalin lOproz.— 10 ccm,
Aqu. destill. ad 100 ccm, mehrfach Wechseln, nach
1—8 Tagen, sobald Cholesterin-Kristalle erscheinen, in
95proz. Alkohol, dann absolut. Alkohol, Zelloidin-
Schnitte 12 Stunden in die Fixierlösung zurück, dann
entweder in Delafields Hämntoxylin -j- Aqu. destill.
ana 5 Minuten bis 24 Stunden; Auswaschen in fließen¬
dem Wasser, alkohol. Eosinlösung 1 — lÜMinnten, Aus¬
waschen in Wasser, mehrfach gewechselter 95proz.
Alkohol. Karbolxylol, Origanumöl oder Kreosot, Balsam,
event. Entfärbung in Säurealkohol vorder Eosin-Farbung;
Zellen blau, gute Färbung der Nissl-Körper, der
Kerawand und der Nukleolcn, Achsenzylinder und Neu-
rolemm-Scheiden hellblau, Gliafortsätze rot, Korne tief¬
blau. Dendriten weithin verfolgbar, pathologische Ver¬
änderungen gut darstellbar. Markscheiden ganz oder
nahezu farblos. II. Vorbehandlung wie I, statt der
Eosin-Gegenfärbung, Entfärbung in Weigerts Borax -
Ferricyan-Lösung + Aqu. destill. ana 5 Minuten, Aus¬
waschen, Alkohol usw. Neben der Markscheiden¬
färbung (blau), kommen die Zellen in brauner Farbe,
Kernwand und Nukleolus sehwaizbraun. III. Schnitte
aus SOproz. Alkohol nach Auswaschen mit Wasser
15 Minuten bis zu mehreren Stunden in 5proz. Eisen¬
chloridlösung, gut Auswaschen, 1—30 Minuten in
Delafields Hämatoxylin wie I, Entfärbung wie II
oder in Spiritus aethereus -f- Wasser ana. Waschen,
Alkohol usw. Dieselbe Färbung wie in II. Gesamt¬
resultat: Infolge des Formolgebalts gute Färbung mit
Eosin-Hämatoxylin, Möglichkeit der Markscheidenfärbung
neben der Zellfärbung aus demselben Block.
48. Te 1 lo , F., Alguuas observaciones eon los rayos
ultravioletas. I. 8 Fig. Trabajos dol laborator. de iu-
vestigaciones biolögicas de la universidad de Madrid.
Bd. 9. H. 1-3. S. 111. Julio 1911.
Photographieen frischer und fixierter ungefärbter
Gefrierschnitte beziehungsweise von Zupfpraparaten mit
ultraviolettem Licht ergaben zwar keine Verstärkung der
auflösenden Linsenkraft, also keine Möglichkeit, stärkere
Vergrößerungen wie bei gewöhnlichem Licht anzu¬
wenden, aber die Bilder zeigten fast alle Einzelheiten
der feinen Struktur des Kernes und des Protoplasma
mit größter Deutlichkeit, oft besser als gefärbte Prä¬
parate und erlaubten in strittigen Fragen zuweilen die
Entscheidung (Beispiel: Kemmembran, Vakuolen des
Nukleolus, Praeexistenz der Nissl-Körper und der
Körnelungeu im Kern und Plasma etc.
49. Marinesco, G., L'ultramicroscopo comme
methodo d’investigation du Systeme nerveux ä l’ctat
normal et pathologique. Cornpt. rond. Soc. Biol. Bd. 71.
S. 669. 1911.
Mittels des Ultramikroskops sind in verschiedenen
Ganglienzellenarten äußerst kleine Partikeluhen im Cyto¬
plasma sichtbar, deren Dispersionsgrad und optische
Eigenschaften je nach der Tierspezies und verschiedenen
Zellarten verschieden sind. Die Nisslkörperchen und
die Neurofibrillen sind dagegen nicht sichtbar. M.
nimmt an, daß die Neurofibrillen ein dem Hyaloplasma
sehr nahes Lichtbrechungsvermögen besitzen und von
zähflüssiger Konsistenz sind.
50. Marinesco, G., Etüde nltramicroscopique
des cellules des ganglions spinaux des animaux nouveau-
nes. 3 Fig. Compt. rend. Soc. de Biol. Bd. 70. S. 1057.
(S. de la Reunion biolog. de Bucarest du 18 Mai 1911).
Spinalganglienzellen unter dem Ultramikroskop
zeigen eino mehr oder weniger intensive Leuchtkraft
infolge ihrer Zusammensetzung aus gröberen oder
feineren Körnchen. Fibrillen und Nissl-Körper waren
nicht sichtbar, dagegen konnten die Zellmembran, dev
körnige Bau des Nukleolus und Chromatin-Haufen (letz¬
tere mit Hilfe von Neutralrot) der Untersuchung zu¬
gänglich gemacht werden. Die Axone zeigten eben¬
falls stark lichtbrechende Körnchen. Amöboide Be¬
wegungen hat M. nicht gesehen.
51. Marinesco, (>., Des changements qu’impri-
ment ä la luminosite et ü l'etat colloidal des cellules
nerveuses vivanies certaius agents physico-chimiques.
1 Fig. Compt. rend. scance de la Soc. de Biol. (Seance
do la Reunion biologiquo de Bucarest du 18. Mai 1911
Bd. 70. S. 1061.)
Ischiadicuszurreißung bei Hunden führt zu stärkerer
osmotischer Spannung der Ureprungszelleu. dem¬
entsprechend im zugehörigen ersten Sakralganglion zur
Verringerung der ultramikroskopisehen Leuchtkraft des
Zellplasma bei erhöhtem Aufleuchten der Kernmembran
und des Nukleolus. Noch stärker wirkt in dieser
Beziehung Ammoniak ( l / loo — l / iov ) auf die Leuchtkraft
der Zellen ein.
52. Marinesco, G., et Minen, J., Etndes des
cellules des ganglions spinaux de la grenouille, ä l’aide
du paraboloide de Zeiß. Compt. rend. d. Seanc. de la
Soc. de Biol. (Seance de la Reunion biologique de Buca¬
rest du 22 Juin 1911. Bd. 71. S. 202.
Ähnliche Bilder wie bei Säugern sahen M. und M.
auch bei ultramikroskopischer Betrachtung der Spinal¬
ganglienzellen des Frosches: Köimeluogen des Zell¬
plasma, des Kerns und des Kernkörperchens, Pigment¬
körnerhaufen in verschiedener Färbung, daneben Stäb-
cheu, Fädchen und Tröpfchen.
53. Marinesco, G., et Mioea, J., Essai de
culture des ganglions spinaux de mammiferes in vitro.
Contribution a l’etude de la neurogenese. Avec 8 Fig.
Anatom. Anzeiger II. 42. S. 161. 1912.
54. Marinesco, G., et Minea, J., Culture des
ganglions spiDstux des mammiferes „in vitro“ suivant
la methode de Harrison et Montrose T. Burrous.
Compt. rend. Soc. de biol. Bd. 73. H. 28. S. 346. 1912.
Beschreibung gelungener Kulturen im hohlen Ob¬
jektträger und des Auswachsens der Zellfortsätze. Nichts
neues.
55. Marinesco, G., et Minea, J., Croissance
des fibres nerveuses dans le milieu de culture, in vitro,
des ganglions spinaux. Bull, de l’Acad. de med. Ser. 3.
T. 68. N. 38. S. 384. 1912.
Kulturen von Spinalganglien-Stücken in geronnenem
Blutplasma ergeben im wesentlichen dieselben Faser¬
wucherungen wie die in vivo überpflanzten, aber etwas
verschieden von den Kulturen in defibriniertem Blut.
Die auswachsenden Fasern bedürfen (konform Harri¬
son) eines mechanischen Stützpunktes (Fibrinnetz des
geronnenen Plasma). Gegen Hensen-Held wachsen
die Fasern ohne Leitzellen und Plasmodesmen aus, legen
sich aber mit Vorliebe den Bindegewebszellen an oder
ziehen zwischen ihnen dahin.
56. Henneguy, Survie des ganglions spinaux
des mammiferes conserves in vitro hors de l’organisme.
Bull, de l’Acad. de med. Ser. 3. H. 68. S. 119. 1912.
57. Shorey, Marian L., A study of the diffe-
rentiation of neuroblasts in artificial culture media
10 Fig. Journ. exper. Zool. V. 10. S. 85. 1912. Siehe
den vorigen Bericht Nr. 118.
58. Braus, Hermann, Mikro-Kino-Projektionen
von in vitro gezüchteten Organanlagen. Vortr., Natur-
forschervers. in Karlsruhe, 16. Abteil., geraeinschaftl.
Sitzung mit. Abteil. 19, Dienstag den 26. Sept. 1911.
Nach Harrison, Carrel, Burrows u. a. konnte
B. ein isoliertes Froschlarvenherz in Deckglas-Kultur
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8
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
mehrere Tage lebend und pulsierend erhalten und das
Wachstum durch kinomatographische Aufnahmen ver¬
folgen, ebenso das Auswachsen der Neunten aus den
Neuroidasten. „Die Nerven sind nichts anderes als
Protoplasmafortsätze der Neuroblasten; sie entstehen
nicht autogen (wohl aber die Nervenbahnen).“ S. den
eiligem. Vortrag des Verf.
59. Legendre, R., et Minot, II., Essais de
Conservation hors de l’organisme des cellules nerveuses
des ganglions spinaux (deuxieme note). Bull, du Museum
d’histoire naturelle H. 1. S. 40. 1911.
60. Legendre, R., et Minot, H., Essais de
Conservation hors de l'organisme des cellules nerveuses
des ganglions spinaux. 3. Note. Bull, du Museum
d histoire naturelle H. 6. 1911.
Gl. Legendre, R., et Minot, H., Influenee du
barbotage sur la Conservation des cellules nerveuses des
ganglions spinaux hors de rorganisme. Compt. rend.
Soc. de Biol. Bd. 70. S. 1034. 1911.
Die bessere Konservierung ausgeschnittener Spinal¬
ganglien beim Durchfließen von Luft (s. den vorigen
Bericht) durch das defibrinierte Blut, in dem sich dio
Ganglien befinden, ist nur eine Folge der mechanischen
Erschütterung, denn sie trat ebensogut ein beim Durch¬
fließen von Stickstoff und Kohlensäure als bei Sauer-
stoffzufuhr.
G2. Legendre, R., et Minot, H., Modifications
qui se produisent, quand on les replace a 39 degres,
dans les cellules nerveuses des ganglions spinaux con-
serves ä 15—20 degres hors de l’organisme. Compt.
rend. Soc. de Biol. Bd. 71. S. 372. 1911.
Wenn die Spinalganglien eines Hundes in defibri-
niertem Blute nach längerem Aufenthalt zuerst bei
15—20° C., später für 24 Stunden bei 39° C. auf¬
bewahrt wurden, so zeigen sie dieselben heftigen Re¬
aktionen (Achromatose, Volumenvermindening, Leuko¬
zyten- und Gliazelien-Vermehrung, Neurophagie, Faser-
neubildung, Keulen- und Knotenbildung) wio die sofort
bei Körpertemperatur aufbewahrten.
63. Legendre, R., Formation de nouveaux pro-
longements par certaines cellules nerveuses des ganglions
spinaux conserves hors de rorganisme. Avec 7 Fig.
Anatom. Anzeiger H. 38. S. 554. 1911.
64. Lewis, Warren H., and Lewis, Mar¬
garet Reed, The cultivation of sympathetic nerves
from tho intestine of chiek embryos in saline Solutions.
27 Fig. Anatom. Record Bd. 6. H. 1. S. 7. Jan. 20.
1912.
Bekanntlich haben Nageotte, Marinesco,
Van Gehn eilten, seine Schiller und viele
Andere nach dem Einpflanzen von Spinalganglien
an andere Kürperstellen ein Überleben von Gang¬
lienzellen sowohl wie ein Auswachsen ihrer
Fortsätze erreicht (s. die vorigen Berichte). Um
diese überlebenden Zellen und ihre Wachstums¬
erscheinungen direkt unter dem Mikroskop beob¬
achten zu können, bedienten sich Marinesco
und Minea (53—55) der genialen von Harri-
son begonnenen und von Bnrrows weiter
ausgebauten Methode der Untersuchung frischer
Ganglienstücke im autogenen oder homogenen
Blutplasma auf dem hohlen Objektträger. Sie
spülten frisch herausgenommene Spinalganglien
von Kaninchen und Katzen rasch mit sterilisierter
und erwärmter Rin ger-Carrel- Lösung ab,
schnitten sie in kleinste Stücke, legten sie sofort
in auto- oder homogenes Plasma und beobachteten
sic vom 2. bis zum 16. Tage unter dem Mikro¬
skop. Dabei ließ sich ganz deutlich an den
peripherischen Ganglienzellen, die wie bei der
Transplantation in vivo besser überlebten wie
die zentralen, ein selbstständiges Auswachsen
neuer Xervenfasem über das Ganglion hinaus,
ferner am Ende dieser Fasern die Bildung peri¬
zellulärer Netze um Nachbarzellen herum fest¬
stellen. Dieses Auswachsen ging besser von
statten, die Fasern wurden feiner, gradliniger und
gleichmäßiger, wenn sie sich an proliferierte Spin¬
delzellen und andere Stützelemente anlegen konnten.
Henneguy (56) hat ähnliche Resultate erreicht,
ebenso Shorey (57), Legendre und Minot
(59—63), Lewis (G4), Braus (58).
G5. Karplus, J. P-, und Kreidl, Alois, Eine
neue Methode zur Totalexstirpation des Großhirns und
Freilegung des Hirnstammes. (Mit 4 Fig.) Zeitschr. f.
biolog. Technik u. Methodik Bd. 2. H. 7. S. 291. 1912.
Einseitige breite Schädel-Eröffnung, Aufschneiden
und Abwärtsziehen der Dura, Einbringen von Watte¬
stückchen zwischen Gehirn und Schädel (Blutstillung
und Mobilisierung des Gehirns), nach einigen Minuten
Abdrängung der Hemisphäre von der Falx magna, Ent¬
fernung der Watte, Herausdrängen des Occipitalpols
aus dem Schädel mit Spatel, Längsdurchschneidung des
Balkens, Loslösung der Hemisphäre von den Stamm-
ganglien, Uerausheben nach Durchtrennung des Tractus
olfactorius, Duralappen über den Stumpf, darüber die
verkleinerte Knochentafel.
06. Stöltzner, W., Eine neue Methode der
Präparation von Gehirnartorien, Monatsschr. f. Psych.
u. Neur. Bd. 29. H. ö. 1911.
Isolierung der großen Stämme durch Ausdrehen
unter Wasser. Nicht neu.
h) Strukturfärbung der Zelle, vitale Färbung.
67. Raw itz, Bern hard, Zur Technik der Unter¬
suchung des Zentralnervensystems der Säugetiere. Zeit¬
schrift f. wissenschaftl. Mikroskopie u. f. mikroskop.
Technik Bd. 28. H. 1. 1911.
Kaiserlingsche Flüssigkeit stört die Färbemög¬
lichkeit des Zentralnervensystems, und so fixierte Piii-
parate müssen bis zu 12 Tagen in mehrfach gewech¬
selter Lösung von Jodtinktur 1 -j- 95proz. Alkohol 9
gehalten werden. Dann kommen sie in Kalumbichromat,
Alkohol etc. Zur Färbung dieser und anderer Präpa¬
rate wird empfohlen: Fuchsin (große Kristalle) 4 g.
95proz. Alkohol 100 ccm, Aq. dest. 100 ccm, Formel
20 ccm. Von dieser Lösung 20 Tropfen auf 25—50 ccm
Wasser zu benutzen. Zentralnervensystemschnitte 24
Stunden. Abwaschen, dann in gesättigte Lösung von
Tartarus stibiatus und 95 proz. Alkohol. Für zahlreiche
Details siehe Original. Diese Färbung ebenso wie die
von Rawitz mit Azofuchsin B färben meiner Er¬
fahrung nach nicht genügend elektiv das Nervensystem.
Daß die letzteren ein vollwertiger Ersatz für das Karmin
sind, wie Rawitz behauptet, gilt auch nur für das
heutige Karmin, die alten Karminfärbungen waren be¬
kanntlich viel schöner als wie wir sie heute fertig
bringen. Man kann aneh eine Art van G i e8 o n-Färbnng
en-eichen, wenn man eins der Azofuchsine mit Pikrin¬
säure mischt. Mehrere Mischungen werden empfohlen,
welche haltbarer sein sollen als das van Giesonsche
Rezept.
68. Messner, E., Färbung der Nisslschen Kör¬
perchen mit Pikrokaimin. Journ. f. Psych. u. Neur.
Bd. 18. 1911.
Nichts neues. Verfasser übersieht, wie viele vor
ihm, daß Nissl eben deshalb eine bestimmte Farbflotte
empfiehlt, weil er vergleichbare Aequivalentbilder will.
Daß seine Körner sich mit vielen anderen Farbstoffen
färben, ist längst bekannt.
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Methoden der Untersuchung.
9
68a. Durante et Nicolle, Une nouvelle cokya-
tion du Systeme nerveux peripherique (Tolusafranine-
Dimethylanilin). Revue neurol. Bd. 20. S. 851. 1912.
Elektive vitale Färbung der ultraterminalen Neuro¬
fibrillen (dunkelblau) besonders an Muskelendigungen,
alles andere ungefärbt, eventuell rot-violette Färbung
der Muskelfasern: Tolusafranin-Dinaethylauilin in Wasser
oder Wasser -f- Glyzerin, leicht angesäuert, gelöst. Leben¬
des, bezw. überlebendes Gewebe ‘/ 4 Stunde entweder
direkt in die Farblösung oder nach Passage durch künst¬
liches Serum, Abwaschen in künstlichem Serum, Zer¬
zupfen, bezw. Gefrierschnitte, Glyzerin-Einbettung. Prä¬
parate wenig haltbar.
69. Kap pers, Ariens, Zellfärbung in chromiertem
Material mittels Hollunderbeersaft. Zeitschr. f. wissensch.
Mikr. n. f. mikr. Techn. Bd. 28. H. 4. März 1912.
Chromkonservierte Stücke gestatten gute Zellfärbung,
wenn man sie eine Nacht in dem neutralisierten Gärungs¬
produkt von Sambucus (Hollunder) färbt, dem l°/ 0 Carbol
zugesetzt ist. Abspülen, differenzieren in 3°/ 0 Liquor
ferri sesquichlorat, abspülun, Kanadabalsam. Gute Zellen
und Achsenzylinderfärbung, etwa wie Karmin.
70- Laignel-Lavastine, M., et Victor Jon-
nesco, Sur le chondriomc de la cellule de Purkinje
du cobaye. (1. Note.) Compt. rend. de la Soc. de
Biol. Bd. 71. S. 699. 1911.
Für die Darstellung des Chondrioms in den Pur-
kinjeschen Zellen des Meerschweinchens haben die
Vff. folgende Methode angewendet: Fixierung kleiner
Stückchen 3 Tage in W eigertscher Gliabeize (80 Teile)
-f- Formol (20 Teile). Nach einer Beizung in der Bend a-
schen Beize (Liqu. ferri sulfurici oxydat.) 24 Standen
Färbung in alkoholischem Hämatoxylin oder nach der
Methode Altmanns. Es erscheint eine große Menge
Mitochondrien, Chondriokonten und Chondriomiten, die
in der Umgegend des Kerns gelagert sind, dagegen im
AchseDzylinder und in den Dendriten fehlen.
71. Retzius, Über das Verhalten der Nerven¬
zellen zur Biondi- Färbung. Biol. Untersuch. N. F.
Bd. 16. 8. 62. 1911.
Die Kerne der ausgebildeten Ganglienzelle wie die
der tierischen Eizelle färben sich nicht mit Methylgrün,
sondern rötlich oder violett. Diese letzte Farbe nehmen
besondeis die Nukleolen und teilweise das Kerngerüst
an. In den jüngsten Stadien, den Neuroblasten, färben
sich nur bei einigen Tieren (Salamander) die Kerne grün.
In der Mitose färben sich bei den Neuroblasten die
Kernchromosomen stets grün. Die Ependym- und Neu-
rogliazellen färben sich bei erwachsenen Tieren in der
Regel grün.
72. Hi 1 ton, William A., A case of accidental
impregnation of cells in the brain of a human embryo
of four months. 4 Fig. Anat. Record Bd. 6. H. 9. S. 362.
1912.
Von 2Zwillingsernbryonen-Gehimen, die in Zenker¬
scher Lösung fixiert, dann lange in 82proz. Alkohol
aufbewahrt waren, ergab bei einem die Stückfärbung
mit Parabarmin gute Imprägnation -von Ganglienzellen,
Gliazellen und Ependymzellen.
73. Kraus, J., Über eine neue elektive Färbung
der eosinophilen Zellen der Hypophyse. Wissensch. Ge-
.scllsch. deutscher Ärzte in Böhmen 8. Febr. 1912. Ref.
Fol. Nouro-biol. Bd. 6. S. 763. 1912.
Dünne Paraffinschnitte über Nacht bei 37° in 5proz.
Kaliumbichrom.-Lösung, 24 Stunden in reifem essig¬
saurem Hämatoxylin (Kultsehitzki), Differenzierung
in 2faeh verdünnter Boraxferrizyankalilösung: Eosino-
hile dunkelstahlgrau bis schwarz, Basophile blaß, gelb¬
raun, beide mit gut abgetönten Granulis, Hauptzellen
fast gar nicht gefärbt, retikuläres Bindegewebe helldrap-
farben, Zellkernstruktur schwarz, rote Blutkörper schwarz,
Kolloid der Rathkeschen Taschen bläulichgrau.
Pietschker (s. Kap. IIIe), legt zur Darstellung
der Zentralorgane der Ameise frisches Material 3 bis
4 Minuten in kochenden Alkoh. absol., kühlt schnell
Edinger-V allenberg, Zentralnervensystem.
unter der Wasserleitung (verschlossen!) ab, dann in
heiße Sublimat-Alkohol-Eisessig-(lproz.)-Lösung anapart,
aequal., Färbung mit Hämatoxylin und Ammoniak-Rubin-
Pikrat (Apatliy), zur Faserfärbung benutzt erFlem-
m i n g sehe Lösung, außerdem C aj a 1 s FibrillenfärbuDg.
Nachfärbung mit Goldchlorid nach Differenzierung mit
5proz. Ameisensäure; nach Viallanes kann auch mit
Kupfersulfat Hämatoxylin gefärbt werden. Platten¬
modelle nach Born.
74. Pappenheim, A., Die kombinierte May-
Gternsa-Essigsäure-Färbemethode als histologische Uni¬
versalübersichtsfärbung. Anat. Anz. Bd. 42. S. 525.1912.
Für das Zentralnervensystem hat P. seine Kom¬
binationsmethode in folgender Weise modifiziert: Fixieren
in Alkohol 3, Formol 1, Verfärbung in wäßrig verdünnter
alkoholischer May-Grünwald oder J e n n e r - Lösung
(1 Teil: 8 Aqu. dest.) 20 Minuten im Brutschrank, Cm-
färbiiDg bezw. Nachfärbung in wäßriger Giernsa-Lösung
(10 Tr. Eisessig : 15 ccm Aqu. dest.) 40 Minuten im Brut¬
schrank, kurzes Differenzieren in verdünnter Essigsäure
(5—6 Tr. Eisessig : 100 ccm Aqu. dest.), Waschen, Trock¬
nen zwischen Fließpapier. Entwässern in Azeton -f-
Alkohol absol. ana, neutraler Balsam. Prachtvolle Färbung
der N i s s 1 - Körper. P. empfiehlt sein Verfahren auch
für die Darstellung dor oxyphilen, basophilen und ampho-
chromophiien Zellen der Hypophyse.
75. Marinesco, G., Les reactions chromatiques
des cellules nerveuses des ganglions spinaux traitees
par la methode de la coloration vitale. Compt. rend,
de la Soc. de Biol. Bd. 72. S. 69. Dec. 1911.
Bringt man eine Suspension frisch entnommener
Spinalganglienzellen junger Säuger mit dem zugehörigen
Serum auf dem Objektträger mit verschiedenen Anilin¬
farbstoffen u. a., auch den Mischungen von Giemsa,
May-Grünwald u. dergl. in Verbindung, so färben
sich nicht nur Kern und Plasma verschieden (der Kern
gewöhnlich intensiver als das Plasma), sondern auch
einzelne Zell-Individuen anders als andere. Näheres
im Original.
c) Imprägnation mit Metallsalzen, Fibrillenfärbung.
76. Liese gang, Raphael, Die Kolloidchemie
der histologischen Silberfärbung. Kolloidchem. Beilr.
Bd. 3. 1911.
Bei der Bielschowsky- und Cajal-Färbung
unterscheidet Liesegang die Bekeimung von der Ent¬
wicklung. Namentlich auf die erstere kommt alles an;
gerade wie bei der photographischen Platte, wo die Be¬
lichtung erst die Bekeimung schafft, die dann durch
Entwicklung verstärkt wird. Er untersucht die Be¬
dingungen genau, unter denen sie auftritt, kommt zum
Schluß, daß es sich nicht um etwas reduzierendes im
Gewebe handeln kann; dann, daß Zutrittshemmer für
die Silberlüsung vorhanden sind, die höchst wahrschein¬
lich in Lipoidumhüllunsen stehen, ja, daß der Eintritt
der Silberlösung deshalb oft nur an angeschnittenen
Enden der Achsenzylinder erfolgen kann. An Schnitten
von Formolpräparaten erfolgt die Bekeimung in Brut¬
ofenwärme in 0,75—5proz. Silberlösung. Die Entwick¬
lung in diesen Schnitten ist so vorzunehmen, daß die
Silberlösung, welche zum Bekeimen benutzt war, samt
den Schnitten mit etwa der gleichen Menge einer oOproz.
Lösung von Gummi arabicum in Aqu. dest. versetzt
wird. Nach guter Mischung setzt man etwa die gleiche
Menge einer 5proz. Lösung von Hydrochinon in Aqu.
dest. zu. Die vorher orangefarbenen Schnitte werden,
wenn sie genügend bekeimt waren, in 2 Minuten dunkel
entwickelt und können jetzt durch Übertragen in eine
lOproz. Lösung von Fixiernatron fixiert werden, Ein¬
bettung usw.
Dies ist im chemischen Sinne keine Fortsetzung
der ersten SilberwirkuDg, es wird vielmehr jetzt das
noch unveränderte oder neue Silbernitrat durch die Ent-
wicklersubstanzen reduziert, und das hierbei naszierende
Silber schlägt sich hauptsächlich auf den bereits vor-
2
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10
Ed in er er und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
bandeneu Silberkeimen nieder. Ein Niederschlag an
anderen Stellen, welcher dem Schleier der photographi¬
schen Platte entspricht, muß vermieden werden, aber
manchmal entsteht auch aus histochemischen Gründen
eine diffuse Färbung. Man kann beide durch Ab¬
schwächer verbessern oder mit Belichtungsmitteln wie
Eisenchlorid. Letzteres hat den Vorteil, daß man seine
Wirkung wieder aufheben kann, indem man die Schnitte
von neuem entwickelt. Es wird überhaupt dargestellt,
wio überentwickelte und unterentwickelte, wie unter-
bekeimto Präparate gerettet werden können. Gegenüber
der photographischen Platte sind die Verhältnisse viel
komplizierter, nicht nur wegen der Diffusionshemmung,
sondern weil sie schon bei Schnitten von V I00 mm Unter¬
schiede zwischen Oberfläche und Tiefe darstellen, und
nur wegen dieser ungeheuren Kompliziertheit läßt sich
die Silberfärbung bisher noch nicht sicher beherrschen.
Auch den Prozeß der Entwicklung verfolgt Liese-
ga ng theoretisch sehr genau. Theoretische Erwägungen
haben ihn zu oben erwähntem Zusatz des Schutzkolloids
geführt. Es handelt sich um etwas anderes als bei der
Trockenplattenentwicklung, hier muß gelöstes Silbersalz
vorhanden sein, dort darf es nicht so sein. Genaue
Untersuchungen über das, was in den bekeimten Präpa¬
raten das Silber anzieht. Untersuchungen der Diffusions-
usw. Prozesse. Bemerkungen über Abschwächung und
Verstärkung. Experimente über Säure und andere Be-
keimungsflüssigkeiten. Einfluß des Äthers und dos Alko¬
hols bei der Einbettung. L. empfieht ganz besonders die
Färbung an Schnitten, und er bettet wegen der leicht ein¬
tretenden Zerreißung der Gewebsstücko in einer Lösung
von 20g Gelatine in 100g heißem Wasser ein, nachdem
er sie etwas vom Formol befreit hat. Nach */ 4 Stunde
Verweilens in der warmen Flüssigkeit läßt man ab¬
kühlen, schneidet den Block aus der Gelatine und härtet
ihn etwas in Formol. Gefrierschnitte.
77. Liesegang, Raphael, Das Verhalten mini¬
maler Räume bei einigen Färbungen. Zeitschr. f. wissensch.
Mikr. u. f. mikr. Techn. 1911. Bd. 28. S. 257.
ln Spaltbildungen, die bei einer Leimeinbettung
aufgetreten waren, hatte sich Silber bei der nachträg¬
lichen Bielschowsky- Behandlung niedergeschlagen.
Chemische Differenzen können hier nicht in Betracht
kommen, L. diskutiert deshalb, in welcher Form Silber¬
niederschläge in Spalten auftreten. Er weist übrigens
ausdrücklich die Annahme zurück, daß die Golgi-
Färbung etwa nur auf so rein physikalischem Wege
zustande komme.
78. Montanari, Alfredo, Gli aspetti che assu-
ux>no le neurofibrille a seconda della durata di fissazione
del tessuto nervoso in piridina. Zeitschr. f. wissensch.
Mikr. u. f. mikr. Techn. Bd. 27. H. 1. 1911.
Verfolgt man die Änderungen an den Fibrillen der
(janglienzellen, welche bei Fixierung mit Pyridin ein-
treten, so findet man nach 24 Stunden ein schaum¬
förmiges Trabekelwerk. Am 3. Tage bildet sich ein
Fibrillennetzwerk aus, und noch später erst, zwischen
5. und 7. Tage treten die Fibrillen immer besser hervor.
Dies alles gilt für die Färbung nach Donaggio.
79. RamönyCajal, S., Förmula de fijaciön para
la demostraciön fäcil del aparato reticular de Golgi y
apuntes sobre la disposiciön de dicho aparato en la retina,
en los nervios y algunos estados patolögicos. 3 Fig.
Trabajos del laborat. de iuvestig. biologic. de la universid.
de Madrid Bd. 10. H. 1—3. S. 209. Junio 1912.
Zur gleichzeitigen Färbuug des G o 1 g i sehen Binnen¬
netzes und der Glia bei erwachsenen Tieren bringt C.
2—2,5 mm dicke Stücke 8—24, am besten 9—11 Stun¬
den in Urannitrat lg, Formol 15g, Aqu. 100g; rasch
auswaschen, dann in l,5proz. Arg. nitr.-Lösung (bei
kleinsten Stücken 0,75—lproz.) für 36—48 Stunden;
2mal in Aqu. destill. auswaschen, Reduktion der vor¬
her auf 1 mm Dicke verkleinerten Stücke in Hydrochinon
2 g, Formol ög, Aqu. 100g, Natr. sulfuios. auliydr. 0,15—
0,25 (bis zur Stiohgelbfärbung des Gemisches, zuviel
schadet, der Formolzusatz aber kann verstärkt werden)
Ohne Sulfit-Zusatz färbt sich hauptsächlich die Neu-
roglia; 1 Stunde in Alkohol 50—100, 96proz. Alkohol.
Zelloidin, Origanum-Essenz, Balsam. Vergoldung und
Verstärkung überflüssig.
80. Cajal, S. R., El aparato endocelular de Golgt
de la celula de Schwann, y algunas observaciones sobre
la estructura de los tubos nerviosos II. Trab, del Lab
de invest. biolög. de la Univ. de Madrid Bd. 10. 1912.
Das Protoplasma der Sch wann'sehen Zellen färbt
sich sehr contrastreich bei Fixation in Formalin 15 ccm,
Urannitrat lg, W'asser 100ccm, Waschen, Imprägnation
der grobzerfaserten Nerven in Bielschowskys
Ammoniumsilberoxyd (4 Stunden oder länger), Reduktion
wie oben, Alkohol, weitere Zerfaserung. (Nach einem
Referat von Achücarro.)
Zur Darstellung der Spinalganglienzellen legt
R a n s o n (s. Kap. X) frische Stücke für 2 Tage
in Alkoh. absol. mit lproz. konzentrierten Am¬
moniaks , 1—3 Minuten Auswaschen in Aqu.
destill., 24 Stunden in Pyridin, Auswaschen in
mehrfach gewechselter Aqu. destill., 24 Stunden,
3 Tage im Dunkeln in 2proz. wässerige Lösung
von Arg. nitr. bei 35°C., abgespült in Aqu. destill.,
1 Tag in 4proz. Lösung von Acid. pyrogallic.
in 5proz. Formalin. Paraffinschnitte von 18/u
Dicke.
d) Färbung von Markscheiden und Achsenxylindem.
Marchi- Verfahren. Nachweis von Faserdegent-
ralionen.
81. Ruppricht, Beitrag zur Spielmeyer-Methode
der Markscheidenfärbung und zur Aufklebetechnik von
Gefriersehnilten. Zeitschr. f. wissensch. Mikr. Bd. 28.
H. 3. Jan. 1912.
Die Gefrierschnitte, welche bei der Spielmeyer-
schen Markscheiden-Methode schwer auf den Objekt¬
träger zu bringen sind, werden mit Pauspapier heraus¬
genommen, auf dem 2 Teile Kollodium und 1 Teü Rizi¬
nus aufgestrichen sind. Das Frankfurter neurologische
Institut benutzt hierzu Klosettpapier, bei w T elchem ein
solcher Aufstrich gar nicht notwendig ist.
82. Loyez, Marie, Remarques sur l'emploi de
la methode ä FHematoxyline au fer pour la coloration
des fibres nerveuses. Revue neur. Bd. 20. Nr. 3.
Fevr. 15. 1912.
Markscheideufärbungen mit Eisenhämatoxylin an
Formolpräparaten können auch nach Einbettung in Pa¬
raffin hergestellt werden, nur muß man Temperaturen
über 54° bei der Einbettung durchaus vermeiden. Die
Verfasserin glaubt, daß man das Lithion bei der Häma-
toxylinfärbung weglassen kann. Sie hat hier, wie bei
der Eisenbeizung überhaupt, offenbar nicht mit der Sorg¬
falt, wie Weigert es tat, Präparatvergleiche angestellt.
Eisenbeize und Farbstoff ohne Lithion hat schon
Weigert verworfen, weil sie in der Hirnrinde nicht
so viel zeigen w’ie sein klassisches Verfahren.
83. Beriel, L., Zur Färbung der Nervenfasern
nach Loyex. Lyon med. März 1911. [Dem Ref. nicht
zugängl.] Ref. Neur. ZentralbL 1912. S. 1430.
(Modifikation der Weigert-Palschen Nerven-
färbung).
84. Gilbert, W., Über Markscbeidenfärbung
Zeitschr. f. wissensch. Mikr. Bd. 28. H. 3. Januar 1912.
Anwendung des bereits von Weigert versuchten
Eisenhämatoxylin-Lackes. Die Angabe, daß man auch
Alkoholstücke damit färben kann, muß auf unzureichen¬
den Anforderungen beruhen, denn der Alkohol löst einen
Teil der Markscheiden.
85. Kappers, Ariens, und 1. Ketjen, Uber
Zellfärbung in H «ycrf-Paf-Präparaten und eine Methode
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Methoden der Untersuchung.
11
zum Studium der Verhältnisse zwischen weißer und
grauer Substanz im Zentralnervensystem. Zeitschr. f.
wissenscb. Mikr. Rd. 28. H. 3. Jan. 1912.
Färbung von Weigert-Pal-Präparaten mit Para¬
karmin (A. Mayer) gelingt besonders gut, wenn man
die differenzierten, wohl ausgewaschenen Schnitte vor
der Karminfärbung in 50proz. Alkohol bringt, der mit
destilliertem Wasser hergestellt ist, und sie 24 Stunden
darin läßt. Dann nochmals 2—3 Stunden in den gleichen
Alkohol. Die Färbungsdauer übersteigt 10 Minuten nicht.
86. Sepp, E., Ergänzungsfärbung bei der Stölx-
tierschen Methode. Korsakoff sches Journ. f. Neuro-
pathol. u. Psych. (ross.) Bd. 10. S. 1519. 1911. [Dem
Ref. nicht zugängl.] Ref. in Zeitschr. f. Neur. u. Psych.
Referate und Ergehn. Bd. 3. H. 7. S. 634. 1911.
Markscheidenfärbung: 10 Minuten 50proz. Lösung
v. Ferr. sesquichlor., kur} abspülen, 15 Minuten oder
länger in Weigertsche Hämatoxylinfärbung, Weigerts
Differenzierflüssigkeit oder schwache F,C1,-Lösung.
Ergänzungsfärbung: Differenzierung in F,C1,, aus-
waschen in Aqu. destill. 10—15 Minuten in Brunnen¬
wasser, Aqu. destill., gesättigte wässerige Lösung von
Neutralrot für 24 Stunden, Aqu. destill., Alkohol 95°,
Alk. absol., 01. Bergam., Xylol, Xylolbalsam. Mark-
fasem grauschwarz, Nukleinnetz d. Kerne u. chromato-
phore Substanz rosa, Hintergrund orangegelb.
87. Brun, R., Eine einfache Methode zur gleich¬
zeitigen Darstellung der Markscheiden und Zellen im
Nervensystem. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 13.
8. 515. 1912.
Gleichzeitige Darstellung der Markscheiden, Gang¬
lienzellen und Gliakerae: Gute CbromieruDg, Vorbe-
haudeln nach Pal, ÜberfärbeD der Schnitte einige Tage
in Delafields Hämatoxylin, Differenzieren mit Salz-
eäurealkohol, Nachbläuen in Wasser.
88. Durante, G., und M. Nicolle, Une nou-
velle coloration du Systeme nerveux peripherique. Bull.
Mem. Soc. anat. Paris 1912. Bd. 87. S. 292.
Periphere Nerven waren elektiv färbbar durch eine
Lösung von Tolusafranin-Dimithylanilin in Glyzerin -fc-
Wasser zu gleichen Teilen. Die Lösung muß stark blau
erscheinen. Darin werden möglichst kleine Schnitt¬
stücke 10—15 Minuten gefärbt, in künstlichem Serum
ausgewaschen und in Glyzerin eingeschlossen. Die Fär¬
bung ist nur kurze Zeit haltbar.
89. Luden von Hemmen, G., Über eine neue
Schnellfärbung für Markscheiden und Achsenzylmder zu
gleicher Zeit (Weigert - Modifikation), verwendbar für
Zelloidin- und Gefrierschnitte. Zentralbl. f. allg. Pathol.
u. pathol. Anat. Bd. 23. S. 97. 1912.
In 70proz. Alkohol aufbewahrte Zelloidinschnitte
kurz in Wasser abspülen, 2—5 Minuten in Chromsäure
(lOproz.) -f- Chromkali (wässerig. koDzentr.) ana pari,
aeqaal., 2—5 Minuten lOproz. Eisenchloridlösung,
2—5 Minuten gesätt neutral. Kupferazetatlösung (heiß
Lösen, Filtrieren), 2—5 Minuten konzentr. alkobol.
(70proz.) Hämatoxylinlösung, einige Minuten wieder
Kupferazetatlösung, bis blaue Wolken abgehen, länger
abspülen in Leitungswasser; Differenzieren mit Ferro-
cyankali Borax oder Lithium carbon. zu gleichen
Teilen (konzentr. wässerige Lösung), zur Hälfte mit
Leitungswasser verdünnt, oder Ferrizyankali -f- Lith.
carbon. zu gleichen Teilen (koDzentr. wässerige Lösung),
zur Hälfte mit Wasser verdünnt, 5 Minuten Lith. carbon.,
Abspülen mit Leitungswasser, Alkohol absol., Xylol,
Balsam.
Besta (s. Kap. VIII) verwendet zur Darstellung
der Faserendigungen an den Nervenzellen (EndVerzwei¬
gungen und marklose Geflechte) folgende Modifikation
von Cajals photographischer Methode: Circa 1cm
dicke Stücke 2—3 Tage in mehrfach gewechseltem abso¬
luten Alkobol mit 5% Salpetersäure fixiert, halbiert,
24 Stunden in 96proz. Alkohol mit 8—10 Tropfen-Am¬
moniak auf je 100ccm (mehrmals wechseln!), 1—2 Min.
Waschen in Aqu. dest., dann in 2—2,5proz. Argent
nitr.-Lösung, 7—10 Tage im Thermostat bei 36 —37°.
bis sie dunkle Milchkaffeefarbe angenommen haben,
einige Minuten Auswaschen in Aqu. dest., 24 Stunden
in Iproz. Pyrogallussäure-Lösung, Paraffinschnitte (5—
10/*) aus Xylol, Alkohol, Aqu. dest in 0,25proz. Gold¬
chlorid-Lösung, bis sie diffus grau werden, Aqu. dest.,
im Wärmeschrank (also im Dunkeln) 20—30 Minuten
bei 36—37° in 96proz. Alkohol mit einigen Tropfen
Ameisensäure, dann Alkohol absol., Xylol, Balsam:
marklose Geflechte und End Verzweigungen schwarz.
Achsenzylinder rosa, intrazelluläres Netz schwach vio¬
lettrot alles andere rötlich und diffus.
Zur gleichzeitigen Färbung der Markscheiden und
der Nissl-Körper in den Nervenzellen legtBesta
(8. Kap. VIII) ganze Tiergehirne, Rückenmark, Oblon-
gata und Brücke des Menschen 2—10 (Tage ? Ref. W.)
in 20 Formalin, 2 reinstem essigsaurem Aldehyd,
80 Wasser, schneidet sie in 2 cm dicke Scheiben,
wäscht 4—6 Stunden in fließendem Wasser, 16—18 Stun¬
den in Aqu. dest., legt sie 2—3 Tage in 4proz. Ammo-
nium-Molybdänlösung. Zelloidinschnitte (auch Paraffin
bei kleinen Stücken) zur Markscheidenfärbung in altes
Mallorys Hämatoxylin (Hämatoxylin 10cg; Phosphor¬
wolframsäure lg, Wasser 100g) bei 40—50°, 10—^Stun¬
den, Auswaschen 2—3 Stunden in Wasser. Differen¬
zierung nach Pal, Auswaschen einige Stunden in
Wasser, Alkohol, Karbolxylol, Balsam. Zur Färbung
der Nervenzellen Entfernung des Ammonium molybdae-
nicum durch 12—24stündiges Waschen in Aqu. dest.,
dann 24 Stunden in Alkohol absol. -j- 5proz. Salpeter¬
säure, Auswaschen 1 Stunde in Aqu. dest. (Wechseln!),
1 Stunde oder länger in Toluidinblau 1:3000, dann in
96proz. Alkohol, Alkohol absol., Xylol, Balsam. Mög¬
lich ist auch die Färbung mit Nissls Methylenblau.
Gute Darstellung der normalen Nissl-Körper und
ihrer Veränderungen.
Maccabruni (211. 212) modifiziert zur
Darstellung der intra-axialen mitochondrienartigen
Stäbchen der Nervenfasern Cajals Fibrillen-
f&rbung: Ca. 1 / 2 cm lange Nervenstücke oder
kleine Fragmente von weißer Substanz des Zentral¬
nervensystems kommen 10—24 Stunden bei 37° C.
in eine 2proz. mit lOproz. Formol versetzte
Natriumsulfitlösung, dann in 2proz. Arg. nitric.-
Lösung. Nach 2 Tagen Reduktion mit Hydro¬
chinon und Natriumsulfit; Zerzupfung und Be¬
obachtung in Glyzerin. Event Goldbad oder
Bleichung direkt oder nach Paraffineinbettung.
A s c o 1 i (siehe Kap. HI h) legt für die Färbung
der Nervenfasern und der Achsenzylinder-Struktur
der Hirndineen dorsal aufgeschnittene, längs und
quer mit Igelstacheln auf Korkplatten auf ge¬
spannte Tiere einige Minuten in Arg. nitr. 5,
95 —96proz. Alkohol ad 100 ccm, nach Ablösung
von der Korkplatte 24—48 Stunden bei Brut-
teraperatur in lOproz. wässerige Silbernitratlösung,
rasch Abspülen, Reduktion, Reduktion in Amidol-
Hauff 0,5 g, Natriumsulfit kryst. 10g, Aqu. 100,
nach 6—8 Stunden in Glyzerin für 1—2 Tage.
Nach mechanischer Reinigung der Oberfläche
Zupf- und Isolationspräparate, Einschluß in Gly¬
zerin; event. Nach Vergoldung oder Grundfärbung
mit Eosin-Orange, Einschluß in Gummi-Sirup.
90. Venderoviö, E., Eine neue Methode zum
Studium frischer Fasersystemdegenerationen im mensch¬
lichen Gehirne mit Hilfe lückenloser Schnittserien, und
über das Makrotomieren des Gehirnes am Unterwasser¬
mikrotom. Mit 3 Abbild. Anat. Anz. Bd.39. S.414.1911.
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UIMIVERSITY OF MICHIGAN
12
Ed in gor »ml Wallenberg. Anatomie des Zentralnervensystems.
Fixation der iu Formalm (öproz.) oder Kaiser-
1 i ii”scher Flüssigkeit gehärteten Gehirns auf dem er¬
wärmten Mikrotomtisoh des Unterwassermikrotoms
(Becker) mittels dünner Paraffinschicht, die 1cm hoch
am Gehirne heraufreieht. Zerlegen in */» cm dünne
Scheiben, 2-4 Stunden Auswaschen in Wasser, dann mit
Filtrierpapier auf Glasplatte, diese in je einen Glas¬
zylinder mit eingeriebenem Glasstöpsel, Anfüllung mit
Büschs Osmiumlüsung, 1—l 1 /, Monate, Imal wechseln,
Scheiben öfter umdrehen, 10 Tage waschen, rasch ent¬
wässern in denaturiertem Spiritus 4—ömal gewechselt,
Äther-Alkohol, je 24 Stunden in dünne und dicke
Zelloidinlösung, mit letzterer in Wachspapierschachtel
gehärtet, nachdem die Scheiben wieder in der richtigen
Lage übereinander geschichtet sind, weitere Härtung
durch Aufstellen von Chloroformschälchen in den Glas¬
zylinder, in dem die Wachspapierschachteln stehen,
TOproz. Alkohol. Es lassen sich jetzt Schnitte von 20 /u
herstellen. Klosettpapierserien, 96proz. denaturierter
Alkohol, Xylol, Paraffinum liquidum medicinale oder
nach dem Vorschlag des Ref. W. Sandaraklack ohne
vorherige Aufhellung in Xylol, Deckglaskitt (fällt bei
Snndaraklack weg).
Dasselbe Revue f. Psych., Neurol. u. experim.
I’hysiol. (russ.) Bd. 16, S. 3S9, 1911.
91. Schreiber, L., Die Bedeutung der sogen.
March i-Reaktion der Markscheiden nach Untersuchungen
am Sehnerven. Zeitsehr. f. d. ges. Neur. u. Psych.
Bd. 4. H. 3. S. 386 (s. den vorigen Bericht).
92. Jakob (8. Kap. IIIh) wendet für die Marchi-
Keaktion möglichst gleich Müller.sehe Lösung an (täg¬
lich wechseln!), in Orth scher Mischung dürfen die
Stücke höchstens 24 Stunden verweilen. Nach 2 Wochen
in 40 Müllersehe Lösung 10 Osmiumlüsung (2proz.)
6—8 Tage bei gewöhnlicher Temperatur (nicht länger
als höchstens 12—14 Tage!!), 24 Stunden Auswaschen
in fließendem Wasser, einige Tage in 70proz. Alkohol,
kürzere Zeit in 96proz., rasch in Alkohol absol., Alkohol¬
äther, Photoxylin- event. Paraffin-Einbettung (Ligroin
statt Xylol).
93. Geerts, J., Degenerescence precoce des
cylindraxes. Application ä letude dos eentres nerveux.
Cempt. rend. Assoc. AnaL Paris 1911. S. 15.
Schon 5 Tage nach Läsionen des Nervensystems
bei Kaninchen konnten Achsenzylinder-Veriinderungen
mit Cajals 2. Formel (Fixierung in Alkohol absol.)
festgestellt werden.
94. Smith, J. L., and W. Mair, Fats and lipoids
in relation to methods of staining. Skand. Arch. f. Phys.
Bd. 25. S. 247. 1911. [Dem Ref. nicht zugängl.] Refer.
in Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Referate Bd. 3,
4. S. 288. 1911.
Sehr wichtige und ergebnisreiche Untersuchungen
über die chemische Natur der durch verschiedene
Färbereaktionen charakterisierten Fette und fettahn-
lichen Stoffe. Behandlung chemisch reiner Stoffe mit
den gebräuchlichen Färbemitteln. Sudan 111 und Schar¬
lach reagieren besonders auf Olein und Oleinsäuren,
weil sie sich in diesen lösen, in Palmitin und Stearin
nur nach Schütteln über der Flamme und Lösung in
dünnem Alkohol; basische Anilinfarben (z. IL basisches
Fuchsin) färben Neutralfetto erat nach der Spaltung in
Glyzerin und Fettsäuren durch Hydrolyse oder Säuren
(Kohlensäure der Luft in Schnitten); das basische Oxazin
des Nilblausulfats A färbt Fettsäuren blau, das Oxazon
desselben Farbstoffs flüssige Neutralfette rot. Aus der
Art der Färbung lassen sich daher Schlüsse auf die
Natur der im Gewebo enthaltenen Fette ziehen. Saure
Anilinfarben (Fuchsin S) färben nur bestimmte lipoide
Substanzen (Lezithin, Sphingosin, aber nicht Zerebro¬
side bei Zimmertemperatur). Chromierung oxydiert die
ungesättigten Fette und Lipoide verschieden schnell und
zerstört dadurch nach verschieden langer Zeit die Färb¬
barkeit der einzelnen Gewebsbestandteile. Dadurch wird
die spezifische Färbung bei der Weigert sehen Mark-
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Scheidenmethode und bei der Marc hi-Methode be¬
dingt, degenerierende Nervenfasern oxydieren langsamer
als normale, reduzieren also Überosmiumsänre noch zn
einer Zeit, in der normales Gewebe bereits oxydiert,
also unfärbbar geworden ist. Der hanptfarbcrische Be¬
standteil der Markscheide ist Lezithin, ebenso in den
A 11 m a n n sehen Granulis. Färbung mit basischem
Fuchsin: Chromierung macht Lipoide unlöslich, ver¬
wandelt Lezithin und Fett durch Hydrolyse in mit Fuchsin
färbbare Fettsäuren, Cholesteariu -f- Fettsäuren oder
-f- Lezithin oder -j- Zerebroside leicht angegriffen,
Zerebroside verlieren in warmer ges. Kal. bichrom.-
Lösung durch Oxydation ihre Färbbarkeit nach 5 Tagen,
bei Zimmertemperatur viel später. Das ungesättigte
Sphingosin der Zerebroside ist deren färberisches Prinzip,
während die Zerehronsäuren bei dieser Färbung nicht
reagieren. Lezithin färbt si^h nur, wenn es geringste
Spuren Cholestearin enthält.
e) Neuroglia - Färbung; Darstellung des Plexus
chorioideus.
95. Achücarro, N., Darstellung von neugebil¬
deten Fasern des Gefäßbindegewebes in der Hirnrinde
eines Falles von progressiver Paralyse, durch eine neue
Tannin-Silbennetliodo. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psych. Bd. 4. H. 4. (Originalien) S. 375. 1911.
96. Achücarro, N., Nuovo metodo para el
estudio de la estudio de la neuroglia y del tejido
conjuntivo. Boll. Soc. Esp. biol. Bd. 1. Madrid 1911.
Derselbe. Trab. Labor, invest bioL Univ. Madrid
1911.
Formolfixierung, Gefrierschnitte, Auswaschen.
Beizen in erwärmter kalt gesättigter Tannin lösung.
Nach Abkühien kommen die einzelnen zu behandelnden
Schnitte in die Bielschowskysche ammoniakalische
Silberlösung, 8 Tropfen auf 20 ccm destillierten Wassers,
bräunen und werden dann in lOproz. Formollösung
reduziert.
Für die amöboiden Gliazellen: Formolfixierung, dann
Weigertsche Gliabeize hei 37° 5 Tage. Die in fließen¬
dem Wasser ausgewaschenen Stücke dann bei gleicher
Temperatur 5 Tage in l,5proz. Arg. uitr., dann 24 Std.
in die Cajalsche Formol-Pyrogallolmischung, Aus¬
waschen, Gefrierschneiden, Vergolden.
Um Nervenfasern, Ganglienzellen und die Neuroglia
gleichzeitig darzustellen, härtet Paladino (215) in
FlemmingscherChrom-Osmium-Essigsäure, Z enkers,
Van Gehuchtens oder Hermanns Flüssigkeit,
spült in fließenden Wasser ab, 90proo. Alkohol, Alkohol
absolut., „Demyelinisation“ in heißem absolutem Alko¬
hol + Benzol, Benzol allein, Alkohol absolutes je
1 Stunde, Wechseln der Flüssigkeiten vor dem Erkalten,
dann in reichliche Menge 2 pro mille Palladium-Chlorür-
Lösung (Zusatz einiger Tropfen Salzsäure zu dem PulveT-
Brei) bis zur Entfärbung (länger als 1 Woche, wechseln!),
dann 1—2 Tage oder länger in 4proz. Jodkali-Lösung,
Zelloidineinbettung, Chlorofonn-Kanadabalsam.
Eisath (246) fixiert zur Darstellung der spezi¬
fischen Gliakörnelungen neben den Weigertschen
Gliafasern und dem gliösen Zellprotoplasma in Wasser
1000, Kal. bichrom. 25, Natr. sulf. 15, Formalin 150
(erst kurz vor dem Gebrauch heimischen). Nach 4 Wochen
Schneiden ohne Einbettung oder weiter aufbewahren in
4proz. Formol: Mit Siegellack auf Kork geklebte Stücke
werden geschnitten, Schnitte in 4proz. Formol, 30 Se¬
kunden in 0.2proz. wässerige Sublimatlösung, gut aus-
waschen, auf dem Objektträger mit alter, verdünnter
M a 11 o r y scher Hämatox ylin-Moly bdän säurelösung färben,
Wasser, Bleichung in 40proz. Gerbsäure in 50proz.
Alkohol + 20proz. Pyrogallussäure in 80proc. Alkohol
zu gleichen Teilen, steigender Alkohol, Karbolxylol,
Xylol, Xylol-Kanadabalsam. 2—3 Wochen Besonnung
oder Belichtung der gut haltbaren Präparate.
97. Montesano, G., Osservazioni sulle stmtture
nevrogliche impregnate col metodo del Biels chaiesky.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Histologie.
13
Con due tavole e due figure nel testo. Rivist. Italian,
di Neuropatol., Psichiatr. ed Elettoterap. Bd. 4. H. 1.1911.
Es gelingt besonders mit der etwas modifizierten
Bielschowskyschen Fibrillen-Methode die Astrozyten
sowie die kleinen Gli&zellen mit allen ihren Ausläufern
gut darzustellen, vor allem in pathologischen Fällen.
Zur Differenzierung des Spongioplasma-Netzes vom
güösen Synzytium benutzt Ranke (s. Kap.IHk) 1. eine
methylalkoholieehe Lösung von eosinsaurem Thionin (je
1 Liter 1 pro mille wässerige Lösung von Eosin W. G.
(Grübler) und 1 pro mille wässerige Lösung von Ehr¬
liche Thionin werden zusammengegossen und bleiben
nach mehrmaligem kräftigen Schütteln ca. 48 Stunden
bei Zimmertemperatur. Der dabei entstehende Nieder¬
schlag wird durch Filtrieren gesammelt, im Filter mit
destill. Wasser gewaschen, getrocknet und zu 3—5 pro
mille in Methylalkohol gelöst) und 2. eine 5 pro mille
wässerige Lösung von Giemsas Motliylenazur I:
Fixieren in Pikrinsäurealkohol (oder anderen keine
Schrumpfung verursachenden Flüssigkeiten), dünne
Zelloidinschnitte aus 80proz. Alkohol auf Objektträger,
Löschblatt, Methylalkohol zur Lösung der Zeltoidinreste,
Abwischen, kein Verdunsten des Methylalkohols, Auf¬
träufeln der 1. Farblösung, Stehenlassen bis zur Ein¬
dickung, Abgießen, Abwisclien des Restes, kurz Wässern
am stehenden Objektträger, Abschwenken und Ab¬
wischen, Nachfärben mit Farblösung 2, kurz erwärmen,
schnell differenzieren in Aqu. destill., länger in 96proz.
Alkohol, Cajeputöl, Xylol, Xylol-Kanadabalsam. Starkes
Licht (Gasglühlicht) zur Betrachtung.
Pellizzi (s. Kap. IH l) färbt die Epithelzellen
der Plexus chorioidei mit kaltgesättigter Nilblaulösung
(0,2—0,25:50 ccm Aqu. destill.), filtriert muß die Lösung
intensiv blau sein, auch als Tröpfchen auf dem Objekt¬
träger, keine Krystalle enthalten und sofort ein Häut¬
chen mit Metallreflexen an der Oberfläche bilden. Die
Färbung geschieht 1 / 3 Minute bis mehrere Minuten auf
dem Objektträger am frischen Präparat oder nach mehr¬
tägiger Aufbewahrung in feuchter Kammer bei niedriger
Temperatur.
111. Histologie.
a) Allgemeines, Hypothetisches, Kritisches, Über¬
sichten.
98. Zander, R., Beitrag zur Kritik der Berech¬
tigung der Neuronentheorie auf Grund eigener und
fremder Beobachtungen. Nova Acta. Abh. d. Kais.
Leop.-CaroL Deutschen Akad. d. Naturforscher Bd. 97.
H. 1. 1912. Halle.
99. Oppenheim, Hans, Die Nervenzelle, ihr
feinerer Bau und seine Bedeutung. Eine kritische Dar¬
stellung des jetzigen Zustandes unserer Kenntnis. Mit
3 Abbild. Anat. Anz. Bd. 41. S. 241. 1912. [Übersicht]
100. Goldschmidt, Richard, Sind die Neuro¬
fibrillen das leitende Element des Nervensystems?
Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. in
München 26. 1910. Ersch. 1911. S- 28. S. vorigen
Bericht.
101. Bethe, Albrecht. Zellgestalt, Plateaus che
Flüssigkeitsfigur u. Neurofibrille. Aoat. Anz. Bd. 40.
H. 8 u. 9. S. 209. 1911.
Auf Grund physikalischer Deduktionen, die im Ori-
f inal eingesehen werden müssen, kommt B. zu dem
chlusse, daß R. Goldschmidts und v. Lenhos-
seks Hypothesen über die „Stützfunktion 1 ' der intra¬
zellulären Neurofibrillen bei Annahme eines flüssigen
Protoplasma sich mit den zur Zeit bekannten Tatsachen
nicht vertragen, „da feste Strukturen nur dann auf die
Form einer Flüssigkeitsmenge, welche von einer anderen
mit der ersteren nicht mischbaren Flüssigkeit umgeben
ist, ein wirken, wenn sie in ihrer Oberfläche gelegen
sind".
102. Anerb&ch, L., Das Wesen der Neurofibrillen.
36. Wanderversamml. d. südwestdeutschen Neurologen
u. Irrenärzte in Baden-Baden am 20. n. 21. Mai 1911.
Autoref. im Neur. Zentralbl. 1911. S. 766.
Die Erhaltung der Nervenerregbarkeit beim Frosche
trotz Auflösung des Fibrillenbildes durch isotonische
und hypertonische NaCl-Lösung, die wechselnden Bilder,
welche durch Behandlung des Frosch-lschiadikus mit
Osmiumsäurelösung von Gefrierpunktstemperatur, in mit
KohlenBäureschnee gekühltem Osmiumsäuredampf, mit
96proz. Alkohol von 50— 60° C„ Weiterbehandlung nach
Bethe, Färbung mit Methylenblau, gewonnen wurden,
sprechen für den artefiziellen Charakter der Fibrillen.
103. Barbieri, N. A., La circulation nerveuse
neuroplasmatique. 6 Fig. Compt. rend. de l’Assoc. des
Anat. 13. Reunion Paris 1911. S. 230.
Neue Experimente zum Beweis der schon in früheren
Berichten geschilderten seltsamen Anschauung über die
Natur und die Funktionen des Nervensystems. Alle
zerebralen und zerebellaren Zellen produzieren Nenro-
plasma (wie Drüsensekret!). Ventrale und dorsale Spinal-
i wurzeln besitzen motorische Funktion, dorsale daneben
! trophische. Kontinuierliche Sekretion von Neuroplasma
in den zerebralen und zerebellaren Zellen, „Kanalisa¬
tion" dieses Neuroplasma nach dem Rückenmark hin,
Fortbewegung längs der Nerven, langsame kontinuier¬
liche aktive molekuläre Zerstörung in allen Geweben
charakterisiert das, was B. „circulation nerveuse neuro¬
plasmatique“ nennt.
b) Entwickelungsgcschichle des Nervensystems,
Mißbildungen.
104. Braus, H., Die Entstehung der Nerven¬
bahnen. Gesellsch. Deutscher Naturf. u. Aerzte Karls¬
ruhe Verhandl. I. Leipzig 1911.
105. Braus, U„ Demonstration u. Erläuterung von
Deckglaskulturen lebender Embryonalzellen u. -Organe.
Naturhist.-med. Verein zu Heidelberg (Med. Sektion)
Sitzung vom 11. Juli 1911. Münchn. raed. Wocb. 1911.
Aufzucht kleinster Teile von Embryonen von Fröschen
und Unken im Blutplasma erwachsener Tiere im hängen¬
den Tropfen. Unter anderem Nervenzellen mit aus¬
wachsenden Neuriten. Der von der Zelle getrennte
Neurit degenerierte und verschwand, der mit einer
Nachbarzelle verbundene Dendrit dagegen blieb auch
nach dem Durchschneiden frisch. Histologische Analyse
der Präparate nach der Beobachtung in vivo bestätigte
die Nervennatur der Fortsätze. Der Nerv wächst aus
der Nervenzelle aus, seine Bahn aber ist autochthon
entstanden (Plasmodesmen?). Auch an rein sensible
Nerven (1. Trigeminusast) angepropfte nervenlose Ex¬
tremitätenanlagen erhalten ein typisches, geordnetes
Extremitäten-Nervensystem.
106. Marco ra, Ferruccio, Intorno alle prime
fasi di sviluppo della cellula nervosa. Istituto Lomb.
Sc. e Lett Ser. 2. Bd. 44. H. 13/14. S. 603. 1911.
Nach Präparaten an Hühner- und Entenembryonen,
die mit sehr vollkommener Technik behandelt sind,
behauptet M., daß man die Neuroblasten schon in einem
sehr frühen Stadium identifizieren kann, daß sie sofort
bei ihrem Auftreten schon ein Protoplasma haben, das
deutliche Differenzierungen hat und nicht, wie Frag-
nito und andere behaupten, wesentlich aus dem Kern
allein bestehen. Bei ganz vorsichtiger Fixation kann
man keine Verbindungen unter den Neuroblasten finden,
die man nicht etwa als Kunstprodukte ansprechen könnte.
107. Marcora, Ferruccio, Über die Histo-
genese des Zentralnervensystems mit besonderer Rück¬
sicht auf die innere Struktur der Nervenelemente. Mit
3 Taf. Folia neurobiol. Bd. 5. H. 9. 1911.
108. Hoven, H., Sur l’histogenese du Systeme
nerveux peripherique et sur le role des chondriosomes
dans la neurofibrillation. 2 Taf. Arch. de Biol. Bd. 25.
S. 427. 1911.
109. Bambeke,C. von, Sur la genese dunevraxe,
specialement sur celie observee chez le Pelobate brun
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14
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
(Pelobates fuscus Wayl.). Proe. f. Internat. Zool.-Kcngr.
Boston 1907. S. 225. 1912. [Dem Kef. nicht zugänglich.]
110. Müller, Erik, Untersuchungen iiber die
Anatomie u. Entwicklung des peripheren Nervensystems
bei den Selachiern. 9 Taf. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 81.
Abt. 1. S. 325. 1913.
Auf Grund von eingehenden Studien an Biel-
schowsky -Präparaten kommt M. zu der von seiner
früheren abweichenden Ansicht, daß die peripheren
Nerven der Selachier primär durch freies Auswachsen
aus den Neuroblasten (His) entstehen, sekundär mit
den Myotonien und den mit diesen zusammenhängenden
Mesenchymzellen in Verbindung treten. Ob sie aktiv
in die Zellen eindringen oder passiv von diesen um¬
hüllt werden, ist fraglich. Diese sekundäre Verbindung
mit den Myotonien bleibt bis zur Ausbildung der Nerven-
endapparate an den Muskelfasern, sie schafft den Nerven
eine gewisse Stabilität im Verhältnis zu den Muskel¬
anlagen, fixe Punkte, von denen das weitere Auswachsen
gesetzmäßig stattfinden kann. Die Angliederung der
auswachsenden Nervenfasern an die allmählich sich
differenzierenden Muskelanlagen erfolgt in verschie¬
denen Stufen, von denen jede vorhergehende die Be¬
dingung für die nächstfolgende ist, also nicht einfach,
wie His lehrt, durch freies Auswachsen nach der
Muskelfaser hin. Näheres ist im Original einzusehen.
111. Sterzi, Giuseppe. Intorno allo sviluppo
del tessuto nervoso nei Selaci. Monitor, zool. Ital. Bd. 22.
H. 2. S. 34. 1911.
Zelloidin - Serien von Acanthias- und Mustelus-
Embryonen lehrten, daß, conform Held, das Zentral¬
nervensystem der Selachier ebenso wie die anderen
embryonalen Gewebe ein Synzytium (Neuro-Synzytium)
bildet: karyokinetische Kernvermehrung der Keimzellen,
Auswandern der neugebildeten Kerne nach der Peri¬
pherie, Differenzierung des Neurosynzytiums in Neuro¬
blasten und Spongioblasten, Abtrennung der um große
Kerne angeordneten Neuroblasten von dem übrigen
Neurosynzytiura, Neurofibrillenbildung, Differenzierung
der Spongioblasten um kleine Kerne als hyalines Zyto¬
plasma vom Rest des Neurosynzytium, Ausbildung der
Gliafasern. Die Differenzierung schreitet von der Peri¬
pherie zum Zentrum vorwärts. Die gleichen Vorgänge
spielen sich wahrscheinlich auch bei der Entwicklung
des Nervensystems der übrigen Vertebraten ab.
112. N e u m a y e r, L., Die Entwickelung des Zentral¬
nervensystems der Chelonier und Crocodilier. Die Mor¬
phogenese des Gehirnes an Medianschnitten untersucht.
Mit 7 Abbild. Verh. d. Anat. Gesellsch. a. d. 25. Vers,
in Leipzig vom 23.—26. April 1911. Anat. Anz. Bd. 38.
Erg.-H. S. 202. 1911.
Die Untersuchungen früher Embryonalstadien von
Cheloniern und Crocodiliern beweisen, daß es keine
lineare Schlußnaht gibt, sondern „das orale Ende der
Hirnachse in den von Kupffer als Lobus olfactorius
impar bezeichneten Hirnteil als den sich zuletzt schließen¬
den Teil des Hirnnabels zu verlegen“ ist.
113. Allen, Ezra, The cessation of mitosis in
the central nervous System of the albino rat. 22 Fig.
Journ. of compar. Neurol. Bd. 22. S. 547. 1912.
Bei der weißen Ratte finden sich nach dem 18. Tage
keine Mitosen im Rückenmark, während die Differen¬
zierung der Zellen in der Wand des Zentralkanals noch
andauert. Im Zerebellum hören die Kernteilungen zwi¬
schen dem 20. und 25. Tage nach der Geburt auf,
gleichzeitig ist die Zellenwanderuog in die äußere
Körnerschicht beendet Im Großhirn dauert die Mitose
bis zum 120. Tage an. Die Zahl der Kernteilungen
wächst nach der Geburt zuerst und erreicht ihren
Höhepunkt im Rückenmark etwa am 7. Tage, ebenso
im Kleinhirn, am 4, Tage im Großhirn,
114. Szily, Aurel von, Über die einleitenden
Vorgänge bei der ersten Entstehung der Nervenfasern
im Nervus opticus, r. Orä/e9 Arch. f. Ophtbalm, Bd. 81.
H. 1. 8. 67. 1912.
115. Gage, Susanna Phelps, Changes in the
fore-brain of human embryo during the first eight weeks.
3 Fig. Proc. f. internat. Zool.-Kongr. Boston 1907.
S. 254. 1912. [Dem Ref. nicht zugänglich.]
116. Paton, Stewart, The reactions of the
vertebrate embryo and assoeiated changes in the nervous
System. Second paper. 22 Fig. 2 Taf. Journ. of compt
Neur. Bd. 21. H. 4. S. 345. Aug. 15. 1911.
Eingehende Studien an Selachier-Embryonen be¬
wiesen, daß die ersten Bewegungen (Muskelkontraktionen)
erheblich früher auftraten als die Neuroblasten sich
differenzieren, daß ferner die Verzögerung der Be¬
wegungen durch Kokainlösungen (toxische Einflüsse)
erst nach dem Erscheinen peripherer Neuroblasten
(Dohrn), kurz vor Vollendung der Fibrillenentwicklung
innerhalb des Reflexbogens, und längere Zeit vor der
Gruppierung der Sympathikuszellen eintritt
Dasselbe: Folianeur. biol. Bd.5.H.4.S.305.1911.
117. Spemann, H., Über die Entwicklung um¬
gedrehter Hirnteile bei Amphibienembryonen. Zool.
Jahrb. Supplem. (Festschr. f. Spengel.) Bd. 14. H. 3.
S. 1. 1912.
118. Edinger, L., Ein Neugeborener ohne Gehirn
und Rückenmark. Arztl. Verein Frankfurt 4. Sept 1911.
Trotz völligen Fehlens der Zentralorgane waren
Kopf- und Spinalnerven und die Muskeln vorhanden.
Die Nerven gingen von den Spinalganglien (subcutan)
aus und enthielten nur sensible Fasern. Der Fall ist
1913 von Modena in der Deutschen Zeitschr. f. Ner-
vcnheilk. näher beschrieben und abgebildet.
119. M asu d a, Himmißbildungen von menschlichen
Foeten nebst Bemerkungen über die Genese der Gehim-
brücke und der Spaltbildungen an Hirn und Schädel.
2 Taf. Monatsschr. f. Psych. u. Neur. Bd. 30. H. 5.
S. 329. 1911. [Zum Ref. nicht geignet.]
c) Regenerationsvorgänge an Nervenfasern und
Ganglienzellen, Regeneration und Degeneration .
(Vergl. auch Kap. III h.)
120. Modena, G. , Regeneration des nerfs peri-
pheriques. 3 Taf. Arch. ital. de Biol. Bd. 54. 1910.
(Ersch. 1911.)
Zum Studium der Regenerationsvorgänge nach Kon-
tinuitätstremiung des peripheren Nerven wurde vom
Verf. zum ersten Male die Methode von Donaggio
(2. und 5. Methode) mit kleinen Modifikationen an¬
gewendet. Die mit dieser Methode gewonnenen Präpa¬
rate bestätigen im Allgemeinen die mit den Silber¬
reduktionsmethoden erzielten Resultate. Es werden
dabei sehr deutlich auch die zeitigen Elemente gefärbt,
was das Studium der Beziehungen der regenerierenden
Fasern zu den verschiedenen Elementen des Nerven
erleichtert.
121. Dominici, M., Experimenteller Beitrag zum
Studium der Regeneration der peripheren Nerven. Berl.
klin. Woch. 1911. 23. Okt. S. 1937.
122. Rossi, Umberto, Per la rigenerazione dei
neuroni. Ann. F&c. di Med. Perugia Ser. 4. Bd. 1.
H. 1 u. 2. S. 63. 1911.
Der Verf. hat die bereits 1908 publizierten Beob¬
achtungen fortgesetzt. Er studiert die Kugeln, die sich
unter bestimmten Umständen aus den Purkin j eschen
Zellen bilden, und kommt jetzt zur Vermutung, daß es
sich um Regenerationserscheinungen handelt Er hält
es für möglich, daß die zwischen den Zellen liegenden,
von Cajal am Menschengehim beschriebenen anderen
Zellen nur solche Regenerationskugeln seien.
123. Rossi, Ottorino, Sulla rigenerazione del
sistema nervoso. 1 Taf. u. Fig. Riv. di Patol. nerv,
e ment. Bd. 16. H. 4. S. 193. 1911.
Diskussion mit Ramon y Cajal über die Befunde
an auswachsenden zentralen und peripheren Nerven¬
fasern. Vorlage von Präparaten. Noch nichts abschließen¬
des. Für Einzelheiten wird auf das Original verwiesen.
Go gle
Original from
UNIVERSITY OF MIC
Histologie.
15
124. Rossi, Regeneration chez les an im aus hiber-
cants (moelle epmiere). Arch. ital. de Biol. Bd. 54.
S. 30. 1911.
Aach -während des Winterschlafes kann das Nerven¬
system, wenn auch nur langsam, sich regenerieren.
Die Verlangsamnng der 'Prozesse ist bei poikilothermen
Tieren am größten. (V. Franz.)
125. Rossi, 0., Regenerative Vorgänge im Nervus
opticus, 24 Fig. Joum, f. Psycb. u. Neur. Bd. 19.
S. 100. 1912.
126. D ’ Abundo, G., Di nuovo sul potere rigenera-
tivo del prolungamento midollare dei gangli interverte-
brati nei primi tempi della vita extra-uterina. 16 Fig.
Riv. ital. di Neuropat., Psych. ed Elettroter. Bd. 2.
S. 289. 1909.
Nur in der ersten Zeit nach der Geburt sind die
Hinterwurzeln nach Exstirpation von Lumbalmarkstücken
(bei Katzen) regenerationsfähig.
127. D’Abundo, G., Ulteriori osservazioni Sulla
regenerazione dell tratto midollare dei gangli interverte-
brati. Riv. ital. di Neuropat., Psych. ed Elettroter.
Bd. 4. H. 7. Catania 1911.
D’Abundo hat schon früher Untersuchungen über
die Regeneration angestellt, welche ihn zu einem Gegner
des Neurotiopismus machten. Er kommt jetzt auf
dieses Thema zurück. Wenn man bei neugeborenen
Katzen 5—6 cm Rückenmark wegnimmt und nachher
die Gewebe mit der Caj al-Methode untersucht, findet
man, wie zu erwarten, zahlreiche regenerierte Fasern,
die aus den Spinalganglien stammen. Daraus schließt
er, daß das Potential der Regeneration wesentlich in
der Nervenzelle sitzt Der Verlauf der Lymphwege
des Wirbelraumes und die histologisch anatomischen Pro¬
zesse, welche durch die Blutkoagulation bedingt werden,
bestimmen weiter die Wege. Die Achsenzylinder folgen
dem Wege des geringsten Widerstandes, ausgetrieben
aus dem Zellkörper. Vf. weist auch auf Untersuchungen,
die er angestellt hat, die zeigen, daß das Gift sich mit
der größten Geschwindigkeit nach ganz bestimmten
Teilen des Gehirns begibt, offenbar auch hier von
Lymphwegen geleitet.
128. Tello, F., La mfluencia del neurotropismo
en la regeneraeiön de los centros nerviosos. 8 Fig.
Trabajos del lsborator. de investigaciones biologicas de
la ÜDiversidad de Madrid Bd. 9. H. 1—3. S. 1 u. 123.
Julio 1911.
128a. Michailow, Sergius, Die Regeneration
des Neurons. Nervenzellen, Wachstumskugeln oder
Nervenendapparate? 3 Doppeltaf. 31 Fig. Joum. f.
Psych. u. Nenr. Bd. 18. S. 247. 1911.
Beschreibung keulenförmiger Endapparate an den
Läsionsstellen von Nervenfasern, ganz ähnlich den mit
sympathischen Zellen und dem übrigen sympathischen
Nervensystem im Zusammenhang stehenden. M. hält
diese Keulen für trophische perzipierende Apparate,
die von der Ursprungszelle ..als Kundschafter zunächst
zur eigenen Orientierung über die ihr zugefügte Be¬
schädigung“ gebildet werden. Das Ziel jeder Regenera¬
tion ist für die von der Läsion betroffene Zelle lediglich
die Bildung neuer Endapparate und nicht die Wieder¬
herstellung der früheren Verbindungen.
129. Michailow, Sergius, Zur Frage der Re¬
generation des Neurons und die Bedeutung der End¬
keulen der nervösen Endapparate. Charkoicsches med,
Journ. Bd. 14. H. 1. 1912. pem Ref. nicht zugänglich.]
Ref. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psycb. Referate u.
Ergebnisse Bd. 6. S. 873. 1913.
130. Cajal, S. Ramon y, Los fenömenos pre-
C 0 C 08 de la degeneracion neuronal en el cerebelo. 18 Fig.
Trabaj. del labor. de invest. biolög. de la Univers. de
Madrid Bd. 9. H. 1—3. S. 1. Julio 1911.
131. Cajal, S. Ramon y, Los fenomenos pre-
coees de la degeneracion tranmätica de los cilindros-ejes
del cerebro. 20 Fig. Trabaj. del labor. de invest.
biolog. de la Univers. de Madrid Bd. 9. H. 1—3. S. 39.
Julio 1911.
132. Doinikow, Zur Histopathologie der Neuritis
mit besonderer Berücksichtigung der Regenerations¬
vorgänge. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 46.
1912.
133. Cajal, S. Ramon y,Fibras nerviosas con-
servadas y fibras nerviosas degeneradas. Trabaj. del
labor. de invest. de la Univers. de Madrid Bd. 9. H. 4.
S. 181. 1911.
In Achsenzylindem von durchtrennten Nerven,
welche besondere stark traumatisiert (gequetscht
oder vollständig abgetrennt) und im Blutgerinn¬
sel eingeschlossen sind, fehlen die früher von
Cajal u. a. beschriebenen Phänomene, wie
Sprossenbildung mit Endkugeln, Auffaserung der
Neurofibrillen usw., die als Zeichen des Überlebens
des nervösen Plasmas zu betrachten sind. Solche
reaktionslose Fasern werden von C. als konser¬
vierte. Fasern bezeichnet. Diese durch das Trauma
plötzlich abgestorbenen Fasern färben sich intensiv
mit der Silbermethode und behalten eine Zeit
lang ihr normales Aussehen. Diese Erscheinungen
werden von C. dadurch erklärt, daß diese Fasern
durch Substanzen aus dem Exsudat der Wunde
durchtränkt werden. Ein plötzlicher Tod der
Faser scheint eine Vorbedingung für die Bildung
dieser „konservierten Fasern“ zu sein. Solche
Fasern können Anlaß zur Verwechslung mit er¬
halten gebliebenen lebenden oder gar mit regene¬
rierten Fasern geben.
135. Walter, F. K., Welche Bedeutung hat das
Nervensystem für die Regeneration der Tiitonextremi-
täten? Arch. f. Eotwicklungsmech. Bd. 33. 1911.
Seine Experimente führen den Vf. zu der Schlu߬
folgerung, „daß Regeneration der Extremitäten ohne
das Nervensystem nicht eintritt und daß wahrscheinlich
die sensiblen Elemente derselben allein dafür verantwort¬
lich zu machen sind“. Dieser Einfluß des Nerven¬
systems besteht darin „daß die Spinalganglien — wie¬
weit dasselbe für die vorderen Wurzeln gilt, muß vor¬
läufig dahingestellt bleiben — die Zellen nur zum
Wachstum antegen, daß aber die Foimgestaltung in
den Zellen des regonerierenden Organs selbst liegt und
somit zwei verschiedene und aus verschiedenen Quellen
stammende Reize für die Regeneration notwendig sind“.
(Paul Röthig, Charlottenburg.)
136. G old färb, A. J., The central nervous System
in its relation to the phenomenon of regeneration. Arch.
f. Eotwicklungsmech. d. Organ. Bd. 32. Nr. 4. S. 617.
1911.
Leichte und vollständige Regeneration kann Ver¬
schiedenheit verhindert werden. Eine Entfernung des
Nervenstranges am amputierten Ende hat keinen Einfluß.
Eine absolute Verhinderung ist auch weder durch Ab¬
schneiden oder Beseitigen von Neuronen, noch durch
Zerstörung innervierender Nervenzellen erreichbar.
Strukturelle Mißbildungen sind kein Anzeichen für eine
Nervenschädigung oder verminderten Nervenreiz.
Also ist eine Regeneration unbhängig von einem vom
Zentralnervensystem ausgeübten oder vermittelten Reize.
137. Agosti, F., 1 fenomeni di reazione delle
cellule nervöse nei gangli spinali trapiantati. Con 9 fig.
Anat.Anz. Bd. 39. S. 424. 473. 1911.
Überpflanzungen von Spinalganglienzellen bei Kanin¬
chen verschieden lange Zeit nach der Exstirpation
(1—30 Tage) ergaben im wesentlichen Bestätigungen der
Untersuchungen von Nageotte und Marinesco: Über¬
lebende Zellen fanden sich hauptsächlich in der Peri-
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
16
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
phone des Ganglions, uin so weniger, je läugere Zeit
zwischen Exstirpation und Überpflanzung vergangen
war; bei diesen überlebenden Zellen konnten mannig¬
fache Form Veränderungen, Fortsatzbildungen, Kern¬
wanderungen, Modifikationen des Fibrillennetzes be¬
obachtet werden, dessen Beschreibung im Original ein¬
gesehen werden muß. „Gefensterte“ Zellen sah er nicht,
wohl aber Vakuolen und vor allem sehr reich ver¬
zweigte Plexusbildungen besonders periglomeruläre und
perieelluläre, an denen sich auch Fasern aus Nachbar¬
zellen beteiligen. A. bestätigt auch das Vorkommen
..kollateraler Regeneration“ vonNageotto, neben der
„terminalen“. Die so entstandenen Plexus dienen wahr¬
scheinlich nicht den Zwecken der Ernährung, sondern der
Verbindung zwischen den Neuronen derselben Art.
138. Agosti, F., Le forme cellulari atipiehe nei
gaugli spinali trapiantati. Ricerche sper. Boll. Parma
8. 2. Bd. 4. H. 5. S. 115. 1911.
A. hat in das subcutane Zellgewebe des Kaninchen-
ohres Spinalganglien implantiert, die er einem anderen
Tier weggonommen hat. Sie leben unter diesen ver¬
änderten funktionellen Ernährnngsverhältuissen nicht
lange, höchstens 1 Monat und weiden allmählich vom
proliferierten Bindegewebe erdrückt. Während dieser
Zeit zeigen sie Reaktionsveränderungen, die denjenigen
ganz ähnlich sind, welche nach Wurzeldurchschneidung
auftreten. Auffallend ist der Reichtum an den Fort¬
sätzen, von denen A. 2 unterscheidet: voluminöse mit
dendritischer Aufzweigung und feine, die keulenförmig
enden. Die pericellulären Netze sind reicher als im
normalen Zustand. Er schlägt hier vor, die Einteilung
von Nageotte zu akzeptieren, welcher unterscheidet
periglomeruläre, pericelluliiro und Residualaufzwei¬
gungen. A. studiert dann noch genauer die Art wie
das Bindegewebe sich an Stelle des Nervengewebes setzt.
139. Marinesco, G., et J. Minea, Metamorphoses.
reactions et autolyse des cellules nerveuses. Compt.
rend. de la Soc. de Biol. Bd..70. S. 284. 1911, Ref.
Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Refer. u. Ergehn.
Bd. 3. H. C. S. 527. 1911.
Progressive Veränderungen der Ganglienzellen noch
bei 7 Stunden nach der Exstirpation verpflanzten Spinal-
gauglien.
d) Zellenstruktur, Fibrillen, Xctxc, Verbindungen.
140. Retzius, Zur Frage von der Struktur des
Protoplasmas der Nervenzellen. Biol. Untersuch. N. F.
Bd. 16. 1911.
In den Nervenzellen ist ein die Neurofibrillen, NissL-
scbollen und übrigen höher differenzierten Bildungen
umschließendes Protoplasma vorhanden, welches aus
einer hellen scheinbar unstrukturierten Orundsubstanz,
einem Paramitonf im Sinne Flemraings, und aus
in diese Substanz eingebetteten, feinen, in moniliformer
Anordnung Körnchen enthaltenden, meist gewundenen,
hier und da verästelten, aber nicht netzförmig zu¬
sammenhängenden Fäserchen, einem Mitom im Sinne
Flemmings, besteht. Schaumige, wabige resp. reti¬
kuläre Strukturen sind im Plasma nicht vorhanden.
Auch in den Achsenzylindern sind solche ziemlich
parallel verlaufende Mitomfäserchen vorhanden. Die
Befunde von R. stimmen also mit den Beobachtungen
von Nageotte vollkommen überein.
141. Mühl mann, M., Studien über den Bau und
das Wachstum der Nervenzellen. 1 Taf. Arch. f. mikr.
Anat. Bd. 77. H. 3. S. 194. 1911.
142. Mühlmann, M., Mikrochemische Unter¬
suchungen an der wachsenden Nervenzelle. (2. Mitteil.)
1 Taf. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 79. S. 175. 1912.
143. Weigl, Rud ol f, Studya nad aparatam Golgi-
Kopscha i trofospongiami Holmgrena w koinörkach
nerwowych Krcgoiccow. 2 Taf. Arch. Naukowe, Dz. 2.
Bd. 1. 1910. Zesz 6. S. 1. (Polnisch.)
lii. Weigl, R., Zur Kenntnis des Qolgi-Kopsch *
Go gle
| schon Apparats in den Nervenzellen verschiedener Tier-
' gruppen. Verh. 8. internat. Zool.-Kongr. Graz 1910.
j Jena 1912. Gustav Fischer. S. 589.
W. konstatiert bei Süßwassergastropoden, daß der
| G.-K. Apparat nur aus kurzen, unverzweigten und un-
; verbundenen Fädchen bestehe, während er sonst ein
1 Netz darstellt. Er hält ihn danach weniger für ein
I Zellorgan als vielmehr eine Aufspeicherung lebens-
1 wichtiger Substanz. Daneben ließ sich durch Biel-
scliowski -Färbung ein intrazelluläres Netz darstellen,
das peripher in den Achsenzylinder übergeht und weder
mit dem ebenfalls vorhandenen Trophospongium — so
nennt W. nur das eingewucherte Hüllgewebe — noch
I dem G.-K. Apparat etwas zu tun hat.
144a. Kol st er, Rud., Om Oolgis apparato reti-
culare interno. 1 Taf. Finska läkaresällsk. handl. Bd. 54.
S. 487. 1912.
Darstellung desGolgischen Apparato reticulare mit¬
tels G olgis Arseniksäuremethode und Cajal s Urannitrat-
Metbode bei 6 verschiedenen Zellarten, darunter bei
Spinalganglienzellen. Die Grundform ist stets ein ring¬
förmiges Netz. Bedeutung noch unsicher.
145. Besta, C., Ricerche sul reticolo endocellulaTe
degli elementi nervosi e nuovi jnetodi di dimostrazione.
Riv. di Patol. nerv, e ment. Bd. 16. H. 6. 1911.
146. Kat6, H., Über die sog. /Mischen End¬
füße. Neurologia Bd. 8. H. 13. 1911. [Dein Ref. nicht
zugänglich.[ Ref. Fol. neurobiol. Bd. 6. S. 326. 1912.
e) Granula, Kanälchen, Pigment, Kern, Zcntro-
soinen, Kristalle , Zellenkapsel.
147. Erhard, H., Studien über Nervenzellen,
j I. Allgemeine Größenverhältnisse, Kern, Plasma, und
| Glia. Nebst einem Anhang: Das Glykogen im Nerven¬
system. 4 Taf., 3 Textfig. Arch. f. Zellforsch. Bd. 8.
H. 4. S. 442. 1912.
Objekte der Untersuchung waren Piscicola geo-
\ metra, Hirudo medicinalis, Helix pomatia, (insbeson¬
dere) Aplysia punctata, Anodonta, Sepia officinalis,
Rana esculenta, Triton alpestris , Lepus cuniculus.
Die Größen Verhältnisse sind sehr schwankend, entschieden
die größten Ganglienzellen finden sich bei Gastropoden
(Aplysia bis 500 p). Winter- und Sommertiere weisen
keine Größenunterschiede auf. Die Kerngröße richtet
sich nach der Zelle, starke Tigroidansammlung läßt den
I Kern sich verkleinern. Die Nukleolen (stets kugelförmig
; und chromatisch) sind in das Liniiigeriist eingebettet
und geben durch Knospung den Chromiolen Entstehung
Ausgewachsene normale Ganglienzellen haben die Fähig¬
keit der Teilung und Vermehrung verloren. Der Kern
dient dem biochemischen Gleichgewicht der Zelle. Zentro-
somenartigo Bildungen sind durchaus nicht immer nach¬
weisbar und häufig (besondere die Strahlung) als Kunst¬
produkte auzusehen. N i s s 1 - Substanz findet sich nicht
bei den Schnecken. Direkte Einwirkung des Tigroids
auf die Zellfunktion ist nicht bewiesen, ein Zusammen¬
hang aber höchst wahrscheinlich. Vakuolen sind viel¬
leicht nur Kunstprodukte. Ein Eindringen von Glia zum
Zwecke der Ernährung ist unwahrscheinlich. Bei Wirbel¬
tieren gehört ein Vorkommen von Glykogen im Nerven¬
system, speziell den Ganglienzellen zu den allergrößten
Seltenheiten. Bei der Weinbergschnecke bildet sich
reichlich Glykogen aus Fett im Nervensystem. Sehr
ausführliche gewissenhafte Arbeit.
149. Rachmanow, A., Zur Kenntnis der int
Nervensystem physiologisch vorkommendeu Lipoide
Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. Bd. 53
8. 353. 1912.
Außer den Markscheiden enthalten auch die übriger
Teile des peripheren und zentralen Nervensystems nor¬
malerweise sichtbare Lipoide. Von diesen sind nur
kleine, in der Umgebung der Gefäßwände liegende, zum
größten Teil intrazelluläre Tropfen anisotrop. Sie zeigen
! alle Reaktionen der Cholesterinester. Alle anderen Lipoide
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Histologie.
17
sind isotrop und zeigen in überwiegender Menge die
Reaktion der Fettsäuren. Sie sind im Zentralorgan an
Pigmente der Ganglienzellen, der Gliazellen und meso¬
dermalen Zellen (Pia und Gefäßwände bezw. adventitielle
Räume) gebunden, in den peripheren Nerven finden sie
sich in den Schwan nschen Zellen, in Mastzellen, im
Endo-, Peri- und Epineurium; sie zeigen nirgends den
Charakter der Lipochrome. Glyzerinester sind normaler¬
weise nur bei Anhäufung größerer Fettsäuremengen
nachweisbar (Hüllen in der Umgebung der Lipochrome
des Zentralorgans, größere Tropfen im Epineurium).
149. Luna. Emerico, 1 lipoidi nelle cellule ner¬
vöse. 1 Taf. Fol. Neuro-biol. Bd. 6. S. 385. 1912.
Studien an Spinalganglien und an zentralen Ganglien¬
zellen von Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und
Sängern ergaben, daß die Lipoide einen normalen Be¬
standteil der Nervenzelle bilden. Sie treten entweder
als kleinste gleichmäßig vorteilte Körnelung des Plasma
auf oder als Körner, Bläschen und selten in Form von
Stäbchen und Fädehen. Die diffus imbibierten Lipoide
treten labil oder stabil auf, d. h. sie leisten den Diffe¬
renzierungsflüssigkeiten nach Färbung mit Sudan oder
Hämatoxylin geringeren oder stärkeren Widerstand.
Nach Anwendung fettlösender Mittel färben sie sich
nicht mehr. Die körnorartigen Lipoide finden sich
hauptsächlich in kleinen Spinalganglienzellen. Sie ver¬
mehren sich in allen Fällen, in denen die Funktion der
Zelle leidet Ihr Verhältnis zum gelben Pigment ist
noch nicht ganz geklärt, ebenso zu den oxyneutrophilen
Körnchen. Mit dem schwarzen Pigment haben sie nichts
zu tun. Im Winterschlaf (Amphibien) treten in den
Spinalganglien viele lipoide Bläschen auf, während sie
in den Cur voisiersehen Zellen gleichzeitig verschwin¬
den, im Sommer umgekehrt. Die stäbchonartigen Lipoide
erinnern an mitochondriale Bildungen. Zwischen Mito-
chondrien und Lipoiden bestehen wahrscheinlich enge
Beziehungen. Nur einmal (Hund) bildeten die mito-
chondrienartigen Fädehen ein Netzwerk.
150. Ziveri, Alberto, Über die Natur der
lipoiden Äbbaustoffe des Zentralnervensystems in einigen
pathologischen Zuständen. ITaf. Fol. Neuro-biol. Bd. 6.
S. 719. 1912.
Es ist Grund zur Annahme vorhanden, daß auch
in der normalen Nervenzelle Lipoidstoffe existieren, die
nicht histologisch, sondern nur chemisch nachweisbar
sind und daß sie nur unter bestimmten (pathologischen)
Verhältnissen sichtbar werden. Vielleicht spielen die
Mitochondrien und die fuchsinophilen Körnchen bei
ihrer Genese eine große Rolle. Die Lipoidstoffe sind
also mindestens zum größten Teil endogener Natur.
Wie weit besonders in pathologischen Verhältnissen
daneben eine exogene Entstehung in Frage kommt,
muß weiteren Forschungen Vorbehalten bleiben. Der
übrige Teil der zum Studium sehr empfehlenswerten
Arbeit behandelt die Natur und färberische Darstellung
pathologischer Lipoidstoffe mit ausführlichen Literatur-
angaben.
151. Marinesco,M. G., Essai de biocytoneurologie
au moyen de l’ultramicroscopie. 4 Taf. Nouv. Iconogr.
de la Salp. Bd. 25. H. 3. S. 193. 1912.
M. hat seine ultramikroskopischen Studien an Nerven¬
zellen fortgesetzt und konnte eine genauere Beschrei¬
bung der endozellulären kolloidalen Körnelungen geben,
er schildert die Veränderungen dieser für das Leben
der Nervenzelle anscheinend sehr wichtigen Granulationen
nach Einwirkung verschiedener Medien, ihre Variationen
nach Art der Zellen, nach Art und Alter der Tiere.
Alle bisher beobachteten Zellenverändernngen unter¬
scheiden sich nicht von den physiko-chemischen Er¬
scheinungen, wie man sie bei allen Kolloiden beobachten
kann. Die Neurofibrillen sind wahrscheinlich ein vis¬
koses, homogenes Gel und gehören zu den stabilen Kol¬
loiden. Sie sind wahrscheinlich schon intra vitam vor¬
handen. Auch die Nissl-Körper bestehen wahrschein¬
lich bereits in der lebenden Nervenzelle. Der Nukleolus,
Edinger-Wallenberg, Zentralnervensystem.
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in normalem Zustande homogen, wird durch zytoplasma¬
lösende Stoffe körnig. Näheres über die Veränderungen
der einzelnen Zellenbestandteile in verschiedenen Medien
ist im Original einzusehen.
152. Marinesco, G., lCtude sur l’etat physique
des cellulos des ganglions spinaux. Compt. rend. de la
Soc. de BioL Bd. 72. S. 292. Janv. 22. 1912.
Die ultramikroskopische Untersuchung von Spinal¬
ganglienzellen und Sympatliikuszellen neugeborener und
erwachsener Hunde, Katzen und Menschen zeigt keine
Brown’sehe Molekularbewegung, folglich bilden die Zellen
kein Sol, sondern ein Oel. Verdünnung mit Aqu. dest.,
Ammoniak usw. führt zu solchen Bewegungen. Das
Zellplasma ist bis zu einem gewissen Grade elastisch,
denn es nimmt nach leichten Kompressionen wieder die
ursprüngliche Form an, das spricht gegen den von einigen
Autoren angenommenen flüssigen Aggregatzustand des
Plasma. Auch der Kern mit seinem Inhalt (-)- Nukleo¬
lus) bildet ein Gel mit besonderen optischen und vis¬
kosen Eigenschaften. Beides variiert im übrigen auch
in den einzelnen Zellcnindividuen.
153. Marinesco, G., Sur la structure de certains
elements constitutifs des cellules nerveuses. Compt. rend.
de la Soc. de Biol. Bd. 72. S. 294. Janv. 22 1912.
Die lebende Ganglienzelle ist unter dem Ultra¬
mikroskop ontweder hellgrau und enthält feinste Körn¬
chen, oder mehr silberweiß bis graubraun mit dickeren
Körnern. Die Nissl-Körper sind Kunstprodukte der
Fixationsmittel (starke Säuren, dreibasige Metallsalze,
gewisse Farbmittel rufen sie hervor, schwache Säuren,
ein- bis zweibasige Metallsalze und andere Anilinfarben
dagegen nicht). Damit Nissl-Körper entstehen, müssen
die intrazellulären Körnchen sich in einem bestimmten
Milieu und einem bestimmten Gleichgewicht befinden.
Vielleicht besitzen die Körnchen bereits intra vitam be¬
stimmte Anordnung, die bei seitlicher und direkter Be¬
leuchtung unsichtbar ist und die Fällung in Form der
Nissl-Körper erklärt. Auch die Neurofibrillen sind
in lebenden Zellen sowohl hei ultiamikroskopischer wie
bei direkter Beleuchtung unsichtbar, offenbar, weil sie
dasselbe Brechungsvermögen wie die Umgebung besitzen
(homogenes durchsichtiges Gel, dessen „ultramikrosko¬
pische Körnchen“ intime Verbindungen mit dem Lösungs¬
mittel eingehen, ihre Form leicht verändern aber schwer
Niederschläge bilden.
154. Cowdry, E. V., Mitochoudria and othereyto-
plasmic Constituante of the spinal ganglion cells of the
pigeon. Preliminary note. Anat. Record Bd. 6. H. 1.
8. 33. Jan. 20. 1912.
Untersuchungen über die einzelnen Nervenzellen-
Bestandteile an Spinalganglienzellen von Hühnern ergaben,
daß ausgebildete Ganglienzellen — ebenso wie andere
Organzellen Mitochondrien besitzen. Unter Heids
Neurosomen lassen sich körnchenförmige von stäbchen¬
förmigen abtrennen, die letzteren sind Mitochondrien.
C. unterscheidet im Zellplasma außer den Mitochondrien
(Chondriosomen, Chondriokonten, Chondriomiten Me wes
u. a.) N i s s 1 - Körper, den Kanälchen-Apparat und die
Neurofibrillen.
165. C o w d r y, E. V., The relations of mitochondria
and other cytoplasmic constituents in spinal ganglion
cells of the pigeon. 3 Taf. Internat. Monatsschr. f.
Anat. u. Phys. Bd. 29. S. 1. 1912.
156. Laignel-La vastine, M., etVictorJon-
nesco, Sur le chondriome de la cellule de Purkinje
du cobaye. (1. Note.) Compt rend. de la Soc. de Biol.
Bd. 71. S. 699. 1911.
157. Busana, Archimede, L'apparato mito-
condriale nelle cellule nervöse adulte. (Nota preven-
tiva.) Anat. Anz. Bd. 42. S. 620. 1912.
In den Spinalganglienzellen von Testudo graeca
lassen sich körnchenartige und stäbchenförmige Mito¬
chondrien darstellen, die zwischen den N i s s 1 - Körpern
liegen, längs der Neurofibrillen angeordnet sind und im
„Wirbelanteil“ der Zelle nur innerhalb des wirbelför-
3
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
18
E d i n g e r und W alienberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
migen Zytoplasma vorhanden sind. Sie sind wahrschein¬
lich identisch mit Heids Neurosomen* 1 . Auch in
anderen Teilen der Zentralorgane konnten Mitochondrien
nachgewiesen werden. B hält sie für wirkliche Struk¬
turelemente der Nervenzelle und nicht für Stoffwechsel¬
produkte.
158. Marin esco, G., Le pigment des cellules ner-
veuses est un produit d’autolyse. Compt. rend. de la
Soc. de Biol. Bd. 72. 8. 838. Avril 18. 1912. 2 Fig.
Ultramikroskopische Untersuchungen des Pigments
an den Zellen der Spinalganglien, sympathischen Gang¬
lien, des Locus niger, des Ammonshorns und der Riesen¬
pyramidenzellen bei Menschen, Spinalganglien und Zellen
des Locus niger bei Hunden ergaben, daß Analogien
zwischen der Form und Farbe des Pigments und auto¬
lytischen Vorgängen innerhalb der Ganglienzelle be¬
stehen. Er bestätigt damit die Resultate von Fürth.
Schmidt und Bauer über die Rolle eines antolytischen
Ferments usw. bei der Entstehung des schwarzen Pig¬
ments.
159. Bonfiglio, F., Über eisenhaltige Pigmente
im Zentralnervensystem. Vortrag, gehalten a. d. psych.
Kongreß zu Perugia, 3.—7. Mai 1911. Autorrefer.
Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Referate und Er¬
gebnisse Bd. 3. H. 8. S. 718. 1911.
Verschiedene Gruppen der sog. gelben Pigmente,
darunter eine in den adventitiellen Lymphscheiden, aus
Anhäufungen rundlicher und scharf lichtbrechender
Schollen bestehende, die die Haemosiderin - Reaktion
(Berliner Blau) gibt, sind in pathologischen Fällen ver¬
mehrt
160. Biondi, Giosue, Sul nucleo delle cellule
nervöse cariocrome (Kernzellen) e delle cellule nervöse
dette „granuli“. 1 Taf. Monit. zool. Ital. Bd. 22. 8.209.
1911.
Studien an Sternzellen und Körnerzellen der Klein¬
hirnrinde ergaben, daß der Kern der Sternzellen eine
meist azidophile Membran besitzt, ebenso azidophiles
Kerngerüst, kleine Nukleoli mit Vakuolen, argento-
philen Körnchen und basophilen Schollen, Kugeln oder
Körnchen, letztere auch isoliert im Kerne, endlich
wurden auch Cajals „neutrophile“ Körnchen gefunden,
also im ganzen derselbe Befund wie bei somatochromen
Zellen. Die Körnerzellen besitzen Bnsichromatin-Körper
von wechselnder Größe und Zahl, kleine Nukleolen mit
Körnchen und Roncoronisehen Stäbchen. Laches
Ansicht, daß die letzteren durch Imprägnation von Re¬
tikulum-Fäden mit chromatischer Substanz entstehen,
weist B. zurück.
161. Biondi, Giosue, Paranukleolen und hya¬
line Schollen des Karyoplasma der Nervenzelle. Mo-
natsschr. f. Psych. Bd. 30. H. 3. 1911.
Im Karyoplasma der Nervenzellen der Vögel gibt
es nicht ein, wie es früher beschrieben wurde, sondern
mehrere Gebilde - Paranukleolen (acidophile Nukleolen
von Timofeew.) Es sind dies mit den hyalinen
Schollen von Cajal vollkommen identische Gebilde.
Der sog. acidophile Nukleolus resp. Paranukleolus, der
im Karyoplasma der Nervenzelle der Vögel beschrieben
wurde, ist nichts anderes als eine hyaline Scholle, die
umfangreicher und rundlicher ist als die anderen. Bei
Säugetieren sind dieselben Gebilde vorhanden, welche
sich allerdings bezüglich der Form und der Größen¬
verhältnisse von denjenigen der Vögel unterscheiden.
162. Co 1 li n, Re m y, La contraction nuclenire dans
la cellule nerveuse somatochrome chez les mammiferes.
2 Fig. Compt. rend. de l’Assoc. des Anat. 13. Reunion,
Paris 1911. S. 39.
Im Verfolg seiner Kern-Untersuchungen (s. d. vor.
Berichte) kam C. zu folgenden Resultaten: Der dunkle
Zustand des Nervenzell-Kems ist vor allem durch das
Auftreten großer Paranukleinmengcn (in Form von neutro¬
philen Körnern und von einfachen diffusen Verdunke¬
lungen des Kernplasma) charakterisiert. Der helle Kern
ist kreisrund oder elliptisch mit großer Exzentrizität,
der kontrahierte Kern ist elliptisch mit schwacher Ex¬
zentrizität. Bei der Kontraktion nimmt die kleine Achse
mehr an Lange ab als die große. Die Brennpunkte
nähern sich daher den Enden der großen Achse. Die
Kontraktion geschieht also senkrecht zur großeu Achse
des Kerns und der Zelle. Der kontrahierte Kern ist
mindestens 2 mal, zuweilen 10 — 12 mal so klein als
der helle. Wie sich die Kontraktion des Kerns zu der
| des Zellleibs verhält, ist unsicher. Desgleichen laßt
> sieh über die funktionelle Bedeutung der Kontraktion
nichts Sicheres angeben, abgesehen von ihrem sekre¬
torischen Charakter.
163. Cerletti, Ugo, Zur Pathologie der Gang¬
lienzellkerne. 1 Taf. Fol. Neurobiol. Bd. 5. H. 8.
S. 861. 1911.
Pathologische Faltenbildung in der Kernmem¬
bran bei gleichzeitiger Kernschrumpfung. Die Falten¬
bildung wird scheinbar durch exzentrische Lage des
Kerns begünstigt.
164. Legendre, R., Bätonnets intranucleaires des
cellules nerveuses. 2 Fig. Bibi. anat. Bd. 22. H. 4.
S. 234. 1912.
L. sah die intranukleären Stäbchen nie bei normalen
Hunden, dagegen wiederholt in den Pyramidenzellen
frontaler Großhirnrindenteile bei solchen Tieren, die
kurz vor der Tötung mit Injektionen von Liquor cere¬
brospinalis schlaflos gemachter Hunde behandelt waren.
L. beschreibt ihre Form, ihr- Verhalten gegen Farb¬
stoffe und ihre Lage näher. Über die Bedeutung läßt
sich nichts Bestimmtes aussagen.
f) Einzelne Zellenarten; Nervensystem der
Ekerlebraten.
165. Marinesco, G., et T. Mironesco, Mor¬
phologie et evolution des cellules de Cajal. Jouru. de
Neur. Ref. in Rivista di Patol. nerv, e ment, 1911.
S. 485.
Beschreibung der Cajalschen Zellen in dem Stra¬
tum zonale der Großhirnrinde sowie der 5 Stadien ihrer
Entwickelung.
166. Dober, Gerhard, Beiträge zur Kenntnis
des Nervensystems der Salpen. Zeitschr. f. wissensch.
Zool. Bd. 101. S, 387. 1912.
Die Gestalt des Nervenknotens der Salpen wechselt
zwischen einer ovalen und kugelförmigen Form. Auch
die Lage ist inkonstant. Die Größe des Hirns entspricht
ungefähr der Größe des Tieres, doch haben solitäre In¬
dividuen meist größere als Stocktiere. Die rechte und
linke Hirnseite sind bezüglich ihrer Nervenzahl nicht
symmetrisch. Die Nerven sind kernlos und faserig auf¬
gebaut. Ihre Zahl ist von der innervierten Muskelmasse
nicht abhängig. Herantretende Nerven ließen sich fest¬
stellen, besonders am Leuchtorgan, dann an der Mus¬
kulatur der Ingestions-, der Egestionsöffnung und des
Körpers, am Endostyl und dem Riechorgan. Anasto-
mosen zwischen Nerven kommen bisweilen vor. D.
j unterscheidet nach der Art der Innervierung unter den
j Salpen 6 Gruppen.
167. Bl och mann, F., Die sogenannten freien
| Nervenendigungen bei Cestoden. Zool. Anz. Bd. 38.
1 S. 87. 1911.
B. weist noch einmal auf den von ihm selbst 1895
behaupteten aber 1896 richtiggestellten Irrtum hin, daß
sich bei Cestoden freie Nervenendigungen (Endbäumchen)
befänden. Es handelt sich um Parenchymzellen.
168. Smallwood, W. W., and C. G. Rogers,
! Some observations on the cytology of invertebrate nerve
cells (abstract). Proc. 7. Internat. Zool. Congr. Boston
1907. S. 360. 1912. [Dem Ref. nicht zugänglich.]
169. Szüts, Andreas von, Über die Ganglien¬
zellen der Lumbriciden. Mit 4 Abbildungen. Anat Anz.
Bd. 42. S. 262. 1912.
Silberimprägnation nach vorheriger Fixierung in
Cajals Ammoniak-Formol und Boules Flüssigkeiten
Original from
UNIVERSITTOF MICHIGAN
Go gle
Histologie.
19
(s. den vorigen Bericht) bei Lumbricus terrestris L.,
Eisenia rosea Sav.. Helodrilus (Dendrobaena) platyurus
Fitz ergab daa Vorkommen von Zellen, in denen „die
ein- wie austretende Fibrille durch den gleichen, ein¬
zigen, anatomischen Fortsatz eindringt, ferner, daß das
Neurofibrillengitter der Zelle in perisomale und peri¬
nukleäre Gitter gesondert ist, zwischen welchen strahlige
Verbindungsfäden gespannt sind“. Es sind das die von
A päthy gefundenen Zellen derHirudineen vom Typus K.
Es lassen sich 3 Arten von Ganglienzellen bei Lum-
briziden unterscheiden: 1. Birnfönnige Zellen mit einem
oder zwei Fortsätzen, vom Neurofibrillengitter voll¬
kommen und gleichmäßig eingeflochten; 2. multipolare
motorische Zellen, ähnlich motorischen Spinalzellen der
Säugetiere, ebenfalls mit gleichmäßig den Zellkörper
bedeckenden Fibrillengitter ; 3. dem Zellentyp K der
Hirudineen gleich gebaute Zellen (s. oben) mit peri-
somalem Gitter, das von der durch den anatomischen
Fortsatz eintretenden Fibrille gebildet wird. Mit
v. Lenhossek betrachtet v. 8. diese Zellen als ein¬
fachere, auf niedriger Entwicklungsstufe gebliebene
Ganglienzellen. Auch bezüglich der Funktion der Neuro¬
fibrillen als stützende Elemente stimmt er mit v. Len-
hoBsek überein.
170. Sänchez, D., El sistema nervioso de los
hirudlneos. II. Con 44 grabados. Trabaj. del laborat.
de investig. biolög. de la Universid. de Madrid Bd. 10.
8. 1. 1912.
171. A8coli, G., Zur Neurologie der Hirudineen.
Mit 4 Taf. Zoolog. Jahrb. Bd. 31. H. 3. S. 473. 1911.
(Abt. f. Anat u. Ontog. d. Tiere.)
Untersuchung des sympathischen Systems der
Blutegel. Methodik zur Darstellung der Struktur der
Nervenfasern und Achsenzylihder. Tiere dorsal auf¬
geschnitten, auf Korkplatten ausgespannt. Fixieren in
5proz. Lösung fein zerriebenen AgN0 8 in 95—96proz.
Alkohol, nach einigen Minuten von Korkplatte abgelöst,
dann 24—48 Stunden in Brutwärme in die Fixierlösung,
24—48 Stunden bei Brutwärme in lOproz. wässerige
Silbernitratlösung, rasch Abspülen, Reduktion in Amidol-
Hanff 0,5g, Natriumsulfit kristall. 10 g, Aqu. 100 für
6—8 Stunden, Glyzerin, Zupf- und Isolationspräparate,
eventuell Nachvergoldung in Goldtonbad, Abschwächung
mit '/*—1 pro mille Kal. permang. -f- */,proz. schweflige
Säure in Aqu. dest, oder Grundfärbung mit Eosin-
Orange, Einschluß in Gummi-Sirup.
Bestätigung der Resultate von Apäthy, Held,
Bethe, Oolgi u. A. Kontinuierlich zusammenhängen¬
des interzelluläres Fibrillennetz.
172. Ascoli Giulio, Dell’ anatomia e della
minuta stmttura del sistema simpatico degli irndinei,
2 Taf. Bull, de la Soc. de med.-chir. Pavia Bd. 25.
H. 2. S. 177. 1911.
Reiches Detail. Ohne die zahlreichen Abbildungen,
die A. bringt, nicht zu referieren.
173. deRouville, Etiennes, Le Systeme ner-
veux de TAscaris. D’apres des travaux recents (fin).
Arch. ZooL exper. gen. Ser. 5. Bd.8. S. CH. 1911. 27Fig.
Das sehr einfache Nervensystem von Ascaris zeigt
eine große Konstanz seiner Elemente, während die
Sinnesorgane zahlreich und mannigfach gebildet er¬
scheinen. Die eigenartige Bildung des Gliagewebes
wird besprochen. Die Ganglienzellen haben eine alveo¬
lare Struktur. Im Innern der Ganglienzellen kommt es
bei Ascaris zu einem besonders eigenartigen Fall von
„Neurofibrillation“. Die Fasern bilden um den Kern
herum eine dichte Zentralkapsel. Hier inserieren auch
die Gliafilamente in radialer Richtung. Die Muskel¬
innervation geschieht hier so, daß der Muskel einen
Fortsatz zum Nerven, nicht umgekehrt, erstreckt. Die
Neurofibrillen sollen hier, nach Goldschmidt, nicht
das leitende Element darstellen, sondern nur eine
mechanische Funktion als Skelettelement besitzen.
174. Zacharias, Otto, Über den feineren Bau
der Eiröhren von Ascaris megalocephala, insbesondere
über zwei ausgedehnte Nervengeflechte in denselben.
Mit 1 Taf. u. 2 Abbild, im Text Anat. Anz. Bd. 43.
S. 193. 1913.
• Plexus subcuticularis dicht neben der Tunioa propria
und Plexus submuscularis der Ringmuskulatur anliegend,
von diesem ausgehend feinster Plexus, der mit der
Basis der Drüsenepithel-Zellen in innigem Kontakt zu
stehen scheint.
175. Nilsson, David, Beiträge zur Kenntnis
des Nervensystems der Polychaeten. 3 Taf. u. 12 Fig.
Zool. Bidrag frän Upsala Bd. 1. S. 85. 1912. [Dem
Ref. nicht zugänglich.]
176. Kulikowska, Zofia, Über den Golgi-
Kopschschen Apparat in den Nervenzellen der In¬
sekten. 1 Taf. Festsehr. f. Jöxef Nusbaum z. 30jähr.
Jubiläum 1911. S. 291. (Polnisch.)
177. Bialkowska, W., und Z. Kulikowska,
Über den feineren Bau der Nervenzellen bei verschie¬
denen Insekten. 19 Fig. Extr. dn Bull, de l’Acad.
d. Sciences de Cracovie. Gasse d. Soc. math. et natur.
Serie B: Soc- natur. Mai 1912.
Untersuchungen an Dytiscus marginalis, Hydro-
philus piceus, Periplaneta orientalis, Larven der Libellu-
liden, Locusta viridissima, Puppen von Sphinx ligustri
und Raupen von Arctia mit Bielschowsky und
Cajal-Boule für die Neurofibrillen, Kopsch-Sjövall
für den Golgi-Kopschschen Apparat, Benda-Alt-
mann für die Mitochondrien, Nissl für das Tigroid.
Die Fibrillen des die Nervenzellen umgebenden Ge¬
webes dringen nur selten in die Zellen ein.
178. Hälton, William A., The structure of the
nerve cells of an insect. 11 Fig., 2 Taf. Journ. of
comp. Neur. Bd. 21. H. 4. S. 373. Aug. 15. 1911.
Bei Corydalislarveu sah H. Glianetze, Neuroblasten
und verschiedene Arten von Nervenzellen, Anastomosen
der intrazellulären Neurofibrillen konnten nicht nach¬
gewiesen werden, dagegen interzellulare Brücken und
Anastomosen durch Zellfortsätze, mittelbar also auch
kontinuirliche Fortsetzungen der Fibrillen von einer
Zelle zur anderen. Fibrillenendnetz der Nervenfasern
in der Punktsubstanz. Die feinsten Tracheal Verzwei¬
gungen treten in innige Beziehungen zu den Zellen
und senden zuweilen Ausläufer ins Innere derselben.
179. Hilton, William A., Some remarks on the
motor and sensory tracts of insects. 5 Fig., 2 Taf.
Joura. of comp. Neur. Bd. 21. H. 4. S. 383. 1911.
Alle Nervenstämme der unteren Ganglien von
Corydalis comuta sind gemischte (motor. -f sensor.).
Die sensorischen Fasern enden entweder zusammen mit
dem ganzen Stamme oder laufen weiter zu anderen
Zentren. Assoziationsfasern dnrehziehen wahrscheinlich
mehrere Ganglien ohne zu enden. Die motorischen
Zellen jedes Ganglions versorgen wahrscheinlich nur die
direkt mit ihnen verbundenen motorischen Nerven. Es
gibt gekreuzte und ungekreuzte Nervenfasern. Trotz
reichlicher Verbindungen bilden die einzelnen Ganglien
in hohem Grade selbständige Einheiten. Das Sub-
oesophagealganglion ist stärker mit den unteren Ganglien
als mit dem Supraoesophagealganglion verknüpft
180. Pietschker, Heinrich, Das Gehirn der
Ameise. 3 Taf. u. 16 Fig. im Text. Inaug.-Diss. Jena 1910.
181. Pietschker, Heinrich, Das Gehirn der
Ameise. 3 Taf. u. 16 Fig. Jenaische Zeitschr. f. Naturw.
Bd. 47. H. 1/2. S. 43. 1911.
182. Poluszyfiski, Gustaw, Untersuchungen
über den Golgy-Kopschschen Apparat und einige
andere Strukturen in den Ganglienzellen der Krustazeen.
1 Taf. Bull, de l’Acad. des Sciences de Cracovie, Classe
des Soc. math. et natur., Serie B: 8oc. natur. S. 104.
1911. [Dem Ref. nicht zugänglich.]
183. Jan eck, R., Das Gehirn und Bauchmark der
Spinnen. 4 Fig. Verh. Ges. Deutsch. Naturf. u. Ärzte
82. Vers. Königsberg 1910. T. 2. S. 165. Demonstration
von Wachsmodellen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
J
20 Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
184. Haller, B., Über das Zentralnervensystem
des Skorpions und der Spinnen. Ein zweiter Beitrag
zur Stammesgeschichte der Arachnoiden. 1 Taf. u.
3 Textfig. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 79. Abt. I (für
vergl. u. experim. Histol. u. Entwicklungsgesell.) 1912.
S. 504.
185. Rainer, Fr. J., Sur l’existence de cellules
nervenses sensitives dans l'intestin terminal de reere-
visse (Astacus fluviatilis). Compt. rend. Soc. Biol. Paris
Bd. 73. S. 351. 1912.
R. konnte durch vitale Methylenblaufärbung in der
Mucosa des Enddarms vom Flußkrebs bipolare Nerven¬
zellen feststellen.
186. Jakubski, Antoni, Zur Kenntnis des Glia-
gewebes im Nervensystem der Mollusken. Verh. 8. inter-
nation. Zool.-Kongr. Graz 1910. Jena 1912. Fischer.
S. 936.
Besondere durch W e i ge r t-Methode konnte J. im
Neuropil des Molluskennervensystems das Gliagewebe
darstellen. Er macht an dieser Stelle eine vorläufige
Mitteilung über einige Befunde.
187. Jakubski, Antoni, Studien über das Glia- I
gewebe bei den Lamellibranchiaten und Gastropoden.
1 Taf. Festschr. f. Joxef Nusbaum z. 30jähr. Jubiläum.
S. 153. (Polnisch.) [Dem lief, nicht zugänglich.]
188. Stempelt, W., Uber das sogenannte sym¬
pathische Nervensystem der Muscheln. 8 Fig. Festschr.
d. Med.-nat. Ges. Münster. 84. Vers, deutscher Naturf.
1912. S. 222.
Fast alle Lamellibranchiaten haben im buccalen j
Nervensystem selbständige Buccalganglien. Wo diese
fehlen (Leda, Mytilus), dürften sie mit den Zerebro-
plenralganglien verschmolzen sein. Für die verschie-
denen Gruppen werden die Verhältnisse geschildert.
Auch über die Bedeutung der Medianganglien und
Mediankommissuren der Zerebropleuroviszeralkonnektivo
werden Vermutungen geäußert.
189. Haller, B., Dio intelligenzsphären des !
Molluskengehirns. Ein Beitrag zur stufenweiseu Ent¬
faltung dieser bei den Achordaten. (i Taf. u. 12 Textfig.
Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 81. H. 1. S. 233. 1913.
H. hat an Pulmonaten (Helix pomatia, Arion ein-
pirieorum und Lirn&x cinereo-niger), Üpistliobranchiern
(Siphonaria, Oncidiella), Prosobranchiern (Nacella vitrea,
Fissurella, Paludina, Cypraea histrix, Oliva peruviana,
Murex brandaris), Zephalopoden (Nautilus, Eledone)
vergleichende Untersuchungen des Zentralnervensystems |
angestellt und kam dabei zu dem Resultat, daß „die j
besonders hohe Entfaltung eines Sinnesorgans jene der |
Intelligenzsphären ungünstig beeinflußt oder möglicher- j
weise sogar dafür hindernd im Wege steht“. Als (
Intelligenzsphären betrachtet er in erster Reihe die j
sogenannten Globuli, deren stufenweise Entwicklung ‘
von den reinen Reflexnervensvstemen an (Hydra, Me- j
duse, Echinodermen) bis zu den ausgebildeten globu¬
lären Systemen bei Insekten und bestimmten Mollusken-
arten er verfolgen konnte. „Die Elemente, welche j
später die Globuli bilden im Zentralnervensystem, so¬
bald dieses sich von dem reinen primären Reflex¬
zustande der Hydra entfernt hat, entfalten sich aus
früheren Zellen als deren Teilstücken.“
190. Garjaeff, W., Structure histologique du |
Systeme nerveux central d’octopus vulgaris. 2 Taf. Tra-
vaux de la Soc. des Natural, ä l’Univ. de Kharkow.
Bd. 43 (1909) erscb. 1910. [Dem Ref. nicht zugäng¬
lich.]
191. Hillig, Rudolf, Das Nervensystem von
Sepia officinalis. Mit 9 Fig. im Text u. 3 Taf, Zeitschr,
f. wissensch. Zoolog. Bd. 100. H. 4, S. 736. 1912.
Das Nervensystem von Sepia officinalis besteht aus ;
einem Ganglion cerebrale, viscerale, pedale, branchiale, j
buccale superius und bucoalo inferius, alle durch Kom¬
missuren verbunden. Das Ganglion cerebrale entsendet ;
den Nervus opticus (Retina), N. postorbitalis (dorsale
Naokenmuskulatur), N. ophthalm. superior (dorsale Haut |
des Auges, Umgebung der Iris), N. olfactor. (Geruchs¬
organ). Dem Ganglion viscerale entstammen N. vis-
ceralis, pallialis, retractoris capitis posterior, collaris,
retractoris capitis anterior, infundibuli posterior, venae
cavae anterior. Das Ganglion pedale ist Ursprungsort
eines N. oculomotorius posterior (hintere ventrale Augen¬
muskulatur), N. cristae staticae (Crista des statischen
Organs), N. maculae staticae (Macula des statischen
Organs), N. infundibuli anter. (hintere ventrale Außen¬
seite des Auges = N. ophthalm. infer. post und vorderer
Teil des Trichters), N. oculomotorius anterior zum vor¬
deren ventralen Augenmuskel. Das Ganglion branchiale
entsendet N. branchiales, N. tentacularis, N. antorbitales
superiores und inferiores, N. ophthalm. infer. anter.
(vorderer ventraler Außenrand des Auges bis zur Nähe
der Iris), dem Ganglion buccale superius entspringen
Nervi labiales, dem Ganglion buccale inferius ein N.
mandibularis, N. maxillaris, Speicheldrüsen- und Schlund¬
kopfnerven, endlich ein N. sympathieus zum Magen-
ganglion, von dem viscerale Äste abgehen.
192. Po lim an ti, Osv., Contributi alla fisiologia
del sistema nervoso centrale e del movimento negli
animali inferiori (4). Cephalopoda A. Decapoda: Sepia
officinalis Linn. IvoLigo vulgaris Lam. B. Octopoda:
Octopus vulgaris Lam. Eledone mochata Lam. 2 Taf.
u. 49 Fig. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol.
Bd. 29. H. 1/3. S. 70.
Studien über die Funktion jedes einzelnen Ganglions
mit der Reiz- und Lähmungsmethode. Klarstellung de=
Mechanismus der wichtigsten Funktionen, wie Nah rang--
aufnahme, Athmung, Schwimmen usw. Die olfaktorische
Fähigkeit, zahlreiche Einzelreflexe, schließlich die Art
der Lokomotion, welche bei den Oktopoden etwas anders
ist als bei den Dekapoden.
g) Funktimelk, toxische, postmortale Veränderungen.
193. Logendre, R., und H. Pieron, Effet
de la fatigue musculaire sur les cellules du Systeme
nerveux central. Joum. de physiol. et de pathol. gener.
Bd. 13, 4, 1911.
Muskelermüdung führte weder bei Hunden, noch
bei Mäusen und Hirschen zu sichtbaren Veränderung'-a
der zentralen Nervenzellen, im Gegensatz zu den Folgen
elektrischer Reizung und Strychninvergiftung.
194. Zalln, Recherches experimentales sur les
modifications des cellules nerveuses chez les animsnx
hibemants. Arch. ital. de Biol. Bd. 54. S. 116. 1911
195. Marinesco, G., L’importance des pheno-
menes physico-chiuiiques dans le mecanisme de certaio-
phenomenes de la vie des cellules des centres nerveux.
3 Taf. Extrait du volume publie en Souvenir de
Louis Olivier, Paris 1911, Imprimerie de la cour d’appel.
196. Möllgaard, Holger, Über Veränderungen
in Zentralnervensystem bei der Tetania parathyreoipriva.
Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 28. 1912.
197. Bauer, J., Über Quellung von Nerven¬
gewebe. Vortrag, geh. in d. Gesellsch. deutsch. Nerven¬
ärzte in Frankfurt a. M. 1911. Zeitschr. f. d. ges. Neitr.
u. PsychoL, Ref. u. Ergehn. Bd. 4. H. 2. S. 120. 1911
Im Gegensatz zu anderen tierischen Geweben und
Eiweißkörpern quillt das Nervengewebe in Säuren von
der Mindestkonzentration ‘/iooo ste * s weniger als in
reinem Wasser (Reichtum des Nervengewebes an Lipü-
den). Damit fallen die Oedemtheorie von Fiseber,
die Schwellungshypothesen von Pötzl, Schüller.
Klose und Vogt. Verdünnte Laugen erhöhen die
Quellbarkeit. Die graue Substanz quillt in Wasser
und verdünnten Säuren und Laugen weniger als die
weiße, in konzentrierten Lösungen kein Unterschied
In Salzlösungen verschiedenes und wechselndes Ver¬
halten. Näheres im Original einzusehen.
198. Bauer, Julius und Reich, Zdzisln».
Über einige experimentell erzeugte postmortale Ver¬
änderungen an Ganglienzellen. V. Jahrcsvers. d. Ges.
Go gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Histologie.
21
deutscher Nervenärzte Frankfurt a. AI. 1911. Deutsche
Zeitsehr, f. Nervenheilk. Bd. 43. S. 437. 1912.
199. Bauer, Julius, Studien über Quellung
von Nervengewebe. I. Mitteilung. Der Einfluß von
Säure und Alkali auf die Wasserbindung des Nerven*
gewebes. (Mit 5 Fig. im Text.) Arb. a. d. Neur. Inst,
a. d. Wiener Univers., herausgeg. von H. Oberateiner.
Bd. 19. H. 1. S. 87. 1911.
200. Bauer, Julius und Reich, Zdzislaw,
Über Autolyse, Säure- und Laugenwirkung im Nerven¬
gewebe. Vortrag, geh. in d. Goselisch. deutscher Ner¬
venärzte Frankfurt a. M. 1911. Zeitsehr. f.d.ges.Neurol.
u. Psychol., lief. u. Ergehn. Bd. 4. Ii. 2. S. 119. 1911.
Autolyse bis zu 200 Stunden bat Metaehromasie
im Zellleib bei Färbung mit basischen Anilinfarbstoffen
zur Folge (saure Reaktion des Zellleibes?), Einwirkung
von Laugen führt zur Quellung derNervenzellen, schlech¬
ter Färbbarkeit des Zellleibes, Chromatolyse, homogener
Kernschrumpfung, Karyorhexis und Kernzerstäubung,
Säuren unter anderem zu ausgefranster Begrenzung der
Nervenzellen (Erbaltenbleiben von Fibrillen V) und deut¬
licher wabig-stieifiger Struktur des Zellleibes. Die
Kleinhirn-Korner zeigen sowohl bei Autolyse wie bei
Säure- und Laugenwirkung nur homogene Schrumpfung,
zuweilen Umformung im Stäbchen.
201. Aiarinesco, G., Sur les modifications colloi-
dales des cellules des gangüons spinaux en autoly.se.
2 Fig. Compt. rend. de Soc. de la Biol. Bd. 72. S. 617.
13. Mars 1912.
M. hat die kolloidalen Veränderungen an Spinal¬
ganglienzellen neugeborener Tiere, die er im eigenen
Serum der Tiere, in physiologischem Serum, in Ringers
oder Herlitzkas Lösung oder trocken auf bewahrte,
genau studiert uud beschrieben. Das wesentliche Mo¬
ment der Autolyse besteht in einer Gerinnung des
Hyaloplasma und einer Ausfüllung kolloidaler Köroe-
lungen, daneben Vermehrung der Leuchtkraft der
Zellen, Verminderung der Differenz zwischen Farbton
und Leuchtkraft, später Atrophie und Form Veränderung.
202. Trzebinski, Stanislaw, Beitrag zur
Morphologie der Nervenzellen bei der Autolyse des
Rückenmarks. 1 Taf. Folia Neuro-biologica Bd. 6.
S. 166. 1912.
Die Vorderhorn-Zellveränderungen des in verschie¬
denen Medien bei 37° aufbewahrten Rückenmarks von
Hunden und Kaninchen hängen vom angewandten Me¬
dium und von endogenen autolytischen Fermenten ab.
Eine strenge Scheidung beider Faktoren ist bisher nicht
möglich.
203. Lafara, G. R., Über das Vorkommen amy-
loider Körperchen im Innern der Ganglienzellen, zugleich
ein Beitrag zum Stadium der amyloiden Substanz im
Nervensystem. Virchows Arch. Bd. 205. 1911. (Patho¬
logisch.)
Befund von zahlreichen Amyloidkörperchen im In¬
nern von Ganglienzellen der Hirnrinde, des Thalamus
opt., Pons, Oblongata und Rückenmarks in einem Fall
von myoklonischer Epilepsie. L. kommt zum Schluß, daß
die Amyloidkörperchen kein spezifisches Produkt der
Degeneration eines bestimmten Elements (Myelin, Glia)
sind, sondern aus verschiedenen Elementen durch einen
Mechanismus ähnlich der Bildung von Gallen- resp.
Nierensteinen usw. entstehen können.
h) Nervenfaser, Achsenzylinder, Nenrnnvirk.
204. Schroeder, K., Die Bildungsweise und
Entwicklungsrichtung der Markscheiden. Inaug.-Diss.
Leipzig 1911.
Die Untersuchungen sind an Hühnerembryonen,
hauptsächlich mit der Weigert-Palschen Methode
ausgeführt. Bei der WeigertBchen Markscheiden¬
färbung wird das Lezithin gefärbt. Das Material für
den Aufbau der Markscheiden, speziell das Lezithin,
stammt ans dem Blute. Die Myelinisation einzelner
Fasern ist eine diskontinuierliche, segmentäre. Sie be¬
ginnt nicht an der Ursprungszelle, sondern in einer
gewissen Entfernung von derselben, an einer inter¬
mediären Zone, wodurch der Achsenzylinder in zwei
Abschnitte geteilt wird: einon kürzeren proximalen und
einen längeren distalen. Der proximale Teil umkleidet
sich mit Mark etwas später, als der distale. Von der
intermediären Zone ausgehend schreitet die MyelinbilduDg
am proximalou Teile in zellulipetaler Richtung fort,
während der distale Abschnitt sich in zellulifugaler
Richtung mit Mark umkleidet. (V. Franz.)
205. Scbroeder, Kurt, Der Faserverlauf im
Vorderhirn des Huhnes, dargestellt auf Grund von
entwicklungsgeschichtlichen (myelogenetischen) Unter¬
suchungen, nebst Beobachtungen über die Bildungsweise
und Entwicklungsrichtung der Markscheiden. 75 Fig.
u. 6 Doppeltaf. Journ. f. Psychol. u. Neur. Bd. 18.
S. 115. 1911.
206. Jakob, Friedrich, Ein Fall von Ganglio-
neurom des Sympathikus. Gleichzeitig ein Beitrag zur
Theorie der autogenen Entstehung der Nervenfasern.
1 Taf. Frankfurter Zeitschr. f. Pathol. BU. 10. H. 3.
S. 456. 1912.
J. beschreibt einen Tumor, der als Ganglioneuroma
amyelinieum genügend charakterisiert ist Er gehört
im Sinne von Pick und Bielscho \vs ky zu den
ausreifenden Formen der Neurome. Neben wenigen
Ganglienzellen waren marklose Nervenfasern in großer
Zahl vorhanden. Diese mit Bielsehowsky-Methode
dargestellten Fasern standen in so innigein Kontakt
mit den Sch wannschen Kernen, daß J. sich berechtigt
fühlt ihre Entstehung aus diesen Kernen anzunehmen.
207. Schwartz, Alfred, Über die Beeinflussung
der primären Färbbarkeit und der Leitungsfähigkeit des
polarisierten Nerven durch die den- Strom zuführenden
Ionen. Einfluß der Kationen Ca", Na-, K- auf die
anodische Strecke. (Mit 7. Textfig.) Pflügers Arch. f.
Physiol. Bd. 138. S. 487. 1911.
Bestätigung der in früheren Berichten erwähnten
Beobachtungen von B e t h e über das Verschwinden
der primären Färbbarkeit des Nerven an der Anode,
ferner Mitteilungen über den Einfluß des Mediums,
insbesondere seines Gehaltes an Ionen auf das Zu¬
standekommen des Polarisationsbildes. Auch bei der
Ausbildung des sogenannten „Anodenblocks“ spielen die
in der stremzuleitenden Flüssigkeit enthaltenen Ionen
eine bedeutende Rolle. Anodenblock und Herabsetzung
der Färbbarkeit an der Anode stehen daher in engem
Zusammenhänge.
208. Auerbach, Leopold, Die Beziehungen
zwischen dem Strukturbilde des Achsenzylinders der
markhaltigen Nerven der Wirbeltiere und den physikali¬
schen Bedingungen der Fixation. 1 Taf. Arch. f.
mikr. Anat. Bd. 81. Abt. I. S. 151. 1912.
Nähere Ausführung über die Versuchsreihen mit
Fixation von Nervenfasern in kaltem Alkohol, kalter
Osmiumsäure etc. (Ischiadicus vom Frosch), die be¬
weisen sollen, „daß die Gerinnung eines ursprünglich
homogenen Plasmas nach den für die Entmischung
kolloidaler Lösungen gültigen Gesetzen unter bestimmten
Verhältnissen eine fädige Struktur zu erzeugen vermag,
daß ferner das Vorkommen präformierter Primitiv-
fibrillen im Achsenzylinder des marklialtigen Nerven
der Wirbeltiere durch keine einzige bisherige Beob¬
achtung erwiesen ist, und daß die Abhängigkeit des
Strukturbildes von den physikalischen Bedingungen der
Fixation mit der Praexistenz dieser Kupffer-Bethe-
schen Neurofibrillen nicht zu vereinigeu ist“.
209. Marinesco et Stanesco, L'action de
quelques agents chimiques sur les fibres nervouses ä
l'etat vivant. 4 Fig. Compt. rend. de Soc. de la Biol.
Bd. 70. H. 671. 1911.
Ultramikroskopische Untersuchungen über den Ein¬
fluß von destilliertem Wasser, Ammoniak, Glyzerin
und Alkohol auf die lebende periphere Nervenfaser.
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22
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Wl
209a. Bes ta, Nuovi dati Sulla strutturadella guaina
mielinica delle fibre nervöse. Boll. dell’Accad. med. di
Padova 1912.
210. Besta, Sulla struttura della guaina mielinica.
Hiv. di Patol. nerv, e ment. Bd. 17. H. 8. 1912.
An in Alkohol. Sublimat oder in verschiedenen Al¬
kohol- und Azeton gern ischen fixierten Nervenfasern
lassen sich in der Markscheide 2 Bestandteile, welche
verschiedene morphologische und physikalisch-chemische
Eigenschaften besitzen, feststellen: 1. ein alveolär¬
retikuläres Stroma, welches seine morphologischen Eigen¬
schaften bei verschiedenen Fixierungen beibehält und
2. kleine Schollen oder Körner, welche in den Maschen
dieses Stromas liegen (Toluidinblau). Benzin, Xylol und
Chloroform lösen diese Schollen auf, während das al¬
veoläre Stroma intakt bleibt. B. ■ spricht sich für die
Präexistenz dieser Strukturen in der lebenden Nerven¬
faser aus. Nichts neues. B. kennt offenbar die Litera¬
tur nicht genügend.
211. Maccabruni, F., Sulla fine struttura dei
fibre nervöse. Boll. della Soc. Med.-Chir. di Pavia
1911. Ref. Arch. ital. de Biol. Bd. 57. H.2. S. 299. 1912.
Silberfärbung markhaltiger Nervenfasern ergab Be¬
stätigung der Golgischen Trichter und spriralige Fi¬
brillen um den Achsenzylinder an den Ramororschen
Schnürringon. Nageottes „doppeltes Armband“ wird
vorgetäuscht durch eine unvollkommene. Färbung dieser
Spiralen. M. sah außerdem stäbcheDartige Gebilde, ent¬
sprechend dem Achsenzylinder und der Schwann-
schen Scheide, die er für Mitochondrien hält.
212. Maccabruni, Francesco, Zur feineren
Struktur der Nervenfasern. Mit 2 Taf. Fol. neuro-
biol. Bd. 6. S. 17. 1912.
213. Nageotte, J., Betrachtungen über den tat¬
sächlichen Bau und die künstlich hervorgerufenen De¬
formationen der markhaltigen Nervenfaser. 1 Taf. u.
4 Textfig. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 77. S. 245. 1911.
214. Nemiloff, A., Noch einmal über den Ban
der markhaliigen Nervenfaser. Arch. f. mikr. Anat
Bd. 79. H. 4. S. 639. 1912.
Polemik mit Nageotte, Kritik seiner Schlüsse
aus ungefärbten Präparaten. Der Achsenzylinder hat
in seinem Gesamtverlauf stets die gleiche Dicke, und
die Markscheide besitzt keine Schichtung. Nageottes
„double bracelets epineux“ sind Kunstprodukte und
entstehen durch Zerreißen des Zwischenringes und
unvollkommene Färbung der Plasma-Gerüste. Das Ge¬
rüst der Markscheide hängt nicht mit dem Aohsen-
zylinder zusammen.
215. Pal ad in o, Giovanni, La dottrina della
continuitä nell’ organizzazione del nevrasse nei verte-
brati ed i mutui ed intimi rapporti tra nevroglio e cellnle
e fibre nervöse. 2 Taf. Rendic. d. R. Accad. d. Sc.
fis. e mat di Napoli, Facc. 7. 8. 9. Agosto e Settembre
1911. 24 S. — Dasselbe in: Ann. di Nevroglia Bd. 29.
H. 4. S. 139. 3 Taf. — Dasselbe: Arch. ital. de Biol.
Bd. 56. H. 2. S. 225. 1912.
216. Marano, Antonio, I rapporti del nevro¬
glio con le cellule e le fibre nervöse nel midollo spinale
dei teleostei. (Con una tavola.) Ann. di Nevrol. Bd. 29.
H. 1—2. S. 1. 1911.
Bei Mugil cepbalus, einem Teleostier mit kolossalen
Mauthnerschen Fasern dringt, konform mit Paladinos
u. a. Befunden bei anderen Vertebraten, die Glia in die
Markscheide der Mauthnerschen Fasern ein und bildet
ein Glia-Skelett; die Glia bildet außerdem um die Gang¬
lienzellen ein perizelluläres Netz und innerhalb der Zellen
um den Kern herum ein endozelluläres. Beide Netze
hängen kontinuierlich zusammen. Technik,: Fixieren
(schnell) in 4,5proz. bis konzentrierter Sublimatlösung,
Zenkers Flüssigkeit oder FI e m m i n g s Chrom-Os¬
mium-EssigBäure, langsamer in Müller oder Bichro-
matlösung von steigender Konzentration bis 4proz., dann
Entfernung der Marksolieiden nach Paladino durch
Alkohol-Benzol, Benzol, Alkohol absol. bei 38—40° C. je
1 Stunde, Färbung mit Rubin oder Sänrefuchsin, Räuna-
toxylin -f- Scharlach, Rubin + Orzein, Orzein allein.
217. Montesano, Ginseppe, Circa il compor-
t&mento dello „scheletro nevroglico“ di Paladino nelle
fibre nervöse delle diverse zone ed aree del midollo
spinale. 1 Taf., 3 Abbild, im Text Riv. sperim. fren.
Bd. 38. H. 2/3. S. 468. 1912.
Die von Paladino 1892 nachgewiesenen Be¬
ziehungen der GliazelLenfortsätze zum Stützapparat der
Markscheiden zentraler und peripherer Nervenfasern
wurden von M. bestätigt (Fixation des Rückenmarkes in
Weigerts Gliabeize, Untersuchung nach den Methoden
von Alzheimer, Ribbert und Bielschowsky).
A uch Paladinos „endomyelinische Gliazellen 11 wurden
wieder gefunden. Bei Hunden und Rindern konnte aber
dieses „Myelin-Skelett“ nur in ganz bestimmten Feldern
des Rückenmarkquerschnitte dargestellt werden, ent¬
sprechend einem bestimmten Grade des Fixations-Zu¬
standes.
218. Haskovec, Lad. und J. BaSta, Zur Frage
der Neuroglia der markhaitigen peripheren Nerven mit
besonderer Berücksichtigung der Paralysis agitans. Histo¬
logische Studie. 28 Fig. Neurolog. ZentralbL 1912.
S. 1410.
219. Nageotte, J., Troia notes sur le syncytium
de Schwann dans les fibres nerveuses peripheriques cbez
les mammiferes. — I. Le syncytium de Schwarm et
les gaines de la fibre i myeline dans les phases avan-
cees de la degeneration wtdlerienne. 1 Abbild. Compt ;
rend. de la Soc. de Biol. (Seance da 27 Mai 1911.)
Bd. 70. S. 861.
In den vorgeschrittenen Stadien der Wall ersehen
Degeneration sind die äußerst dünnen plasmatischen
synzytialen Fäden der Schwannschen Zellen von
einem Muff von kollagenen Fasern der Fibrillenscheide
umgeben, wodurch sie das bekannte gestreifte Aussehen
erhalten. Die Sch wann sehe Scheide wird zu einer
äußerst dünnen Membran, die nur an solchen Stellen
sichtbar ist, wo das Plasma durch die Behandlung der
Präparate Risse erhalten hat Die degenerierte Faser
wird somit nicht von der Schwannschen Scheide,
sondern von der bindegewebigen Fibrillenscheide um¬
geben, die auch die jungen regenerierten Axone anf-
nimmt.
220. Nageotte, J., Trois notes sor le syncytium
de Schwann dans les fibres nerveuses peripheriques chei
les mammiferes. — II. Le reseau syncytial et la ^aine
de Schwann dans les fibres de Rernak (fibres amyeliui-
ques composees). 1 Abbild. Compt. rend. de la Soc.
de Biol. (Seance du 3 Juin 1911.) Bd. 70. S. 917.
Mittels einer neuen Methode, welche die kollagenen
Fasern zum Aufquellen bringt (Fixierung in 30proz.
Alkohol mit folgender Mazeration in schwacher Salpeter¬
säure (1 : 1000); Färbung mit Hämalaun) hat N. die
Remakschen Fasern auf weite Strecken hin isolieren
können. Das plasmatische Synzytium der Schwann¬
schen Zellen der Remakschen Fasern bildet ein weit¬
maschiges Netzwerk, dessen Maschen entsprechend der
Längsachse des Nervenetammes ausgezogen sind. Ein- >
zelne Fasern dieses Synzytiums enthalten mehrere Axone,
welche an den Teilungsstellen der Fasern untereinander
nicht anastomosieren. Die Kerne sind im Synzytium
zerstreut und zwar sind sie in den dicken Maschen
zahlreicher als in den dünnen. Die dicksten Remak¬
schen Fasern erreichen einen Durchmesser von 6—8 (h
die dünnsten messen nicht 0,5. Die Peripherie des
Plasmas der Remakschen Faser ist von einer äußerst
dünnen kutiknlären Membran — der Schwannschen
Scheide bedeckt (Ref. Doinikow.)
221. Nageotte, J., Trois notes sur le syncytium
de Schwann dans les fibres nerveuses peripheriques eher
les mammiferes. III. Syncytium de Schwann , en forme
de cellules nevrogliques, dans les plexus de la comee.
Compt rend. de la Soc. de Biol. (Seance du 10 Juin
1911.) Bd. 70. S. 967.
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Histologie.
23
Die Schwann sehen Zellen bilden in den Plexus
der Kornea ein netzförmiges Synzytium mit sehr feinen
Maschen, das dem zentralen gliösen Gewebe sehr ähn¬
lich ist. Die Maschen des Plexus sind von einer sehr
dünnen Sch wann sehen Scheide bekleidet.
(Ref. Doinikow.)
222. Nageotte, J., Role des corps grannleux dans
la phagocysose du neunte, an conrs de la degeneration
wallerienne. Compt. rend. de la 800 . de Biol. Bd. 71.
S. 251. 1911.
222a. Nageotte, J., Note sur 1’origine et la desti-
nee des corps grannleux dans la degeneration Walle¬
rienne des fibres nerveuses peripheriques. Compt. rend.
de la 80 c. de Biol. Bd. 71. S. 300. 1911.
222b. Nageotte, J., Les mitoses dans la fibre
nerveuse peripherique degeneree. Compt. rend. de la
80 c. de Biol. Bd. 71. 8 . 333. 1911.
Vom 4. Tage an nach der Durchschneidung der
Nerven erscheinen innerhalb der Nervenfasern die ersten
vereinzelten Körnchenzellen, welche von niesodermalen
wandernden Elementen stammen. Diese Zellen, welche
im Lumen der Fasern erschei nen, während dieSchwann-
schen Zellen sich noch nicht mitotisch geteilt haben,
unterscheiden sich von diesen letzteren durch ihre
kleineren Dimensionen, durch ihre sehr unregelmäßige
Form und durch die dunkle Tinktion des Kerns. Be¬
sonders häufig liegen sie paarweise und nicht selten
kommen zweikemige Exemplare vor. Nach einiger Zeit
wandern sie ans den Nervenfasern aus und sammeln
sich gewöhnlich in den perivaskulären Räumen. Diese
Kömchenzellen erscheinen nur in den dicken und mittel¬
dicken Fasern, in den dünnen wird das Mark anscheinend
von den Schwann sehen Zellen allein resorbiert. Die
Schwannschen Zellen vermehren sich unterdessen
mitotisch, indem die Mitosen in ganz bestimmten Rich¬
tungen geschehen und bilden schließlich die fadenförmigen
synzytialen Ketten. (Ref. Doinikow.)
223. Maccabruni, Francesco, Der Degenera¬
tionsprozeß der Nerven bei homoplastischen und hetero¬
plastischen Pfropfungen. 1 Taf. Folia'neuro-biol. Bd. 5.
H. 6 . S. 598. 1911.
Gegen Merzbacher und konform Huber wurde
beobachtet, daß sowohl bei homoplastischen wie hetero¬
plastischen Nervenpfropfungen typische Degeneration
im peripherischen Stumpf eintritt, bei den letzteren
allerdings langsamer verläuft. Ob sich bei diesem Pro¬
zeß die Schwannschen Zellen des Pröpflings oder
eingewanderte Bindegewebezellen beteiligen, ist noch
fraglich.
224. Marinesco, G. et J. Minea, L’etude des
phenomenes de la degenerescenie wallerienne „in vitro“.
Compt. rend. de la Soc. de Biol. Bd. 73. S. 344. 1912.
Die Vff. beobachteten den Prozeß der Degeneration
an Nervenstüoken von Katzen, Hunden und Kaninchen,
die nach Burrows und Carrel auf dem Objektträger
gezüchtet und der Vitalfürbung unterworfen wurden.
Der Nerv war eingehüllt in Zellen, deren Kern un¬
gefärbt blieb („lebende“ Zellen) und deren Plasma Körn¬
chen, Fetttröpfchen oder keine färbbaren Bestandteile ent¬
hielt; keine Karyokinese, dagegen bieten die Schwann¬
schen Zellen alle Stadien der Kernteilung. Auch die
endoneuralen Bindegewebszellen werden aktiv. Myelin
und Achsenzylinder wiesen die bekannten Verändenmgen
auf. Marklose Fasern sind widerstandsfähiger als mark-
haltige. Der Degenerationsprozeß spielt sich hauptsäch¬
lich an den Enden der Nerven und an der Peripherie
ab, im Zentrum finden sich gut erhaltene Fasern. Die
in vivo beobachtete Aufnahme der Myelin- und Axon-
Reste durch Makrophagen fällt hier fort, folglich müssen
die letzteren von außen zu einwandern.
225. Ma rin esco, G., et J. Minea, Recherches
sur les metamorphoses neurofibrillaires des fibres
nerveuses peripheriques sectionuees. Ann. de Biol.
Bd. 1. S. 322. 1911.
In einem gleichzeitig an zwei verschiedenen Stellen
durchschnittenen Nerven zeigen sämtliche Enden die
Reaktion der Neurofibrillen, am stärksten ist diese am
oberen Ende des peripheren Stumpfes ausgeprägt. Diese
Reaktion ist ein Zeichen des Überlebens der abgetrennten
nervösen Substanz. In dem mittleren Fragment ist die
Reaktion fast ausschließlich auf marklose Fasern be¬
schränkt. Je weiter von einander die Durchschneidungs¬
stellen entfernt sind, desto stärker ist die Reaktion der
marklosen Fasern. Je proximaler die Durchschneidungs¬
stelle sich befindet, desto deutlicher tritt die Reaktion
auf, was darauf hindeutet, daß die Menge des vom
Zentrum abgetrennten Plasmas eine große Bedeutung
für das Überleben der Faser hat. Die bereits vom
Zentrum abgetrennten und in Wallerscher Degene¬
ration begriffenen Fasern können infolge einer neuen
Dorchtrennung eine Zeitlang (sogar am 5. Tage) die
Reaktionsfähigkeit behalten, die allerdings viel schwächer
ist, als die primäre. Am stärksten reagieren anscheinend
von markhaltigen Fasern die sensiblen, die also eine
größere Widerstandsfähigkeit besitzen.
226. Doinikow, Beiträge znr Histologie und Histo¬
pathologie des peripheren Nerven. 10 Taf. Histol. und
histopathol. Arb. über die Großhirnrinde Nissl-Alz¬
heimer. Bd. 4. 8 . 445. 1911.
227. Jakob, Alfons, Über die feinere Histologie
der sekundären Faserdegeneration in der weißen Sub¬
stanz des Rückenmarks (mit besonderer Berücksichtigung
der Abbau Vorgänge). 8 Taf., 8 Fig. Histol. u. histo¬
pathol. Arb. über die Großhirnrinde Bd. 5. H. 1 u. 2.
S. 1. 1912.
i) Endorgane.
228. Ducceschi, V., Investigaciones anatömicas
y fisiolögicas sobre los aparatos sensitivos del cutis
humano. 4 Taf., 40 Fig. Trabajos del Labor, di Fisiol.
di Cordoba Ser. 20.1909/1910. (S. den vorigen Bericht.)
229. Ducceschi, V., I. Uber die Anwesenheit
der Ruffinischea Körperchen in der Zunge der Vögel.
H. Über die Funktion der Ruffinischen Körperchen.
1 Taf. Folia neuro-biolog. Bd. 6 . S. 579.
S. fand die R 11 f f i n i sehen Körperchen auch in der
Zunge der Papageien, sie sind also nicht spezifische
Haut-Sinneskörper. Da sie sich auch in Gelenkteilen,
dem Periost und dem intermuskulären Zungengewobe
befinden und mit Golgis Muskel-Sehnenorganen und
den neuromuskulären Spindeln große anatomische Ana¬
logien zeigen, so glaubt D., daß ihre Funktion eher dem
Muskelsinn als einzelnen Hautsinnesqualitäten dient.
230. Botezat, E., Sur les terminaisons des nerfs
sensitifs dans le tissu conjonctif de la peau chez la
carpe et chez la grenouille. Compt. rend. de la Soc. de
BioL Bd. 70. H. 1. S. 75. 1911.
Golgi-Methode und Methylenblaufärbang zeigten
beim Karpfen Bäumchenendigungen der Nerven in der
Haut Entweder liegen dieselben unmittelbar unter der
Epidermis, oder tiefer in derKutis. Bei letzterm kommen
auch sehr einfache einfaserige Endigungen vor. Da¬
neben finden sich noch „sekundäre“ Endigungen mit
feinem Fasern und stärkeren Nodositäten. Beim Frosch.
sind die Nervenapparate in der Zunge und im Binde¬
gewebe den Hautnervenendigungen der Säuger und
Vögel identisch. Es sind spiralige Knäuel. Im Periost
und Perichondrium der Kiefer fanden sich Endbäumchen.
231. Botezat, E., Sur les terminaisons nerveu-
ses dans le meme appareil terminal des nerfs sensitifs.
Compt. rend. de la Soc. de Biol. Bd. 70. S. 77. 1911.
232. Botezat, E., Knäuelartige Nervenendigungen
in der Vogelhaut. 2 Abbild. Anat Anz. Bd. 39. S. 143.
1911.
B. beschreibt mehrere Formen knäuelartiger Tenni-
nalapparate, ähnlich denen der menschlichen Haut und
glaubt, daß Bolche sich bei allen Vertebraten werden
nachweisen lassen.
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24
Edinger und "Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
233. Botezat, E., Die Apparate des Gefühlssinnes
der nackten und behaarten Säugetierhaut, mit Berück¬
sichtigung des Menschen. 22 Abbild, u. 1 Tab. Anat.
Anz. Bd. 42. S. 193 und S. 273. 1912.
234. Eleonskaya, "V., Über die Nervenendigungen
in der Sklera der Säuger. Inaug.-Diss. St. Petersburg
1911. Frauen-med. Inst. Ref. Fol. Neuro-biol. Bd. 5.
S. 801. 1911.
Beschreibung einer Menge von baumförmigen Ner¬
venendigungen in der Sklera der Sauger, besonders des
Fferdes, daneben perivaskuläre Geflechte, beim Kanin¬
chen Dogieis „Endplatten“. Nachweis von Nerven¬
zellen bei Menschen, Pferden und Katzen.
235. Mobilio, Sulla fine distribuzione dei nervi
nell organo cheratogeno degli equidi. Mon. Zool. ital.
1910. 9—10.
236. Tretjakoff, D., Die Nervenendigungen an
den Sinushaaren des Rindes. 4Taf. Zeitsehr. f. wissenscb.
Zool. Bd. 97. H. 2. S. 314. 1911.
337. Vincent, S. B., The tactile hair of the white
rat. 13 Fig. Journ. ot compar. Neur. Bd. 23. H. 1.
S. 1. 1913.
Das Tasthaar der weißen Ratte besitzt eine doppelte
Innervation: eine tiefe aus großen Ästen des R. infra-
orbitalis tri ge mini verzweigt sich oberhalb des inneren
Follikels in einem lockeren Netzwerk nnd endet haupt¬
sächlich in einem Mantel von Tast-Zellen in der äußeren
Wurzelscheide, eine oberflächliche steigt aus dem Der-
mal-Plexus der Ilautäste herab und bildet einen Nerven-
ring um den Follikelhals. Die Tastzellen sind ähnlich
gebaut wie die Merkelschen und konnten von Szymo-
nowicz auch in den menschlichen Barthaaren nach¬
gewiesen werden. Es besteht kein Verhältnis zwischen
Tiergröße und Größe des Follikels beziehungsweise Reich¬
tum an Nerven, sondern die letzteren richten sich nach
der Tast-Funktion, die hier infolge der reichen Inner¬
vation, der Zunahme des Reizes innerhalb der gereizten
Zone, der Hebehvirkung, der vibratorischen Natur des
Reizes (Summation!) der Muskelversorgung (Übertragung
auf große Flächen), des hämostatischen Apparats (freie
Beweglichkeit des Follikels, Erhöhung oder Erniedrigung
der Reizschwelle infolge des wechselnden Drucks, viel¬
leicht auch chemische Veränderungen) einen außerordent¬
lichen Grad erreicht hat, so daß, wie V.s Experimente
lehren, das Haar der Fortbewegung, Gleichgewichts-
nrhaltung, der Oberflächenerkennuug (grobe und feine
Unebenheiten) dient und auch hei schlechtem Sehver¬
mögen als Ersatz funktioniert.
238. Japha, A., Die Haare der Waltiere. Zool.
Jahrb. (Abt. f. Anat.) Bd. 32. S. 1. 1911.
Alle Walo haben während ihres ganzen Lebens
einzeln stehende, nur auf den Kopf beschränkte Haare.
Au ein Tasthaar treten etwa 3mal so viele markhaltige
Nervenfasern als bei der Maus. Die Nerven endigen
alle in Lamellenkörperchen. Wie sich die Nerven-
fibrillon im Innenkolben der bindegewebigen Körperchen
verhalten, war nicht festzustellen. (V. Franz.)
239. Schumacher, S., Beiträge zur Kenntnis
des Baues und der Funktion der Lamellenkörperchen.
Arch. f. mikr. Anat. Bd. 77. S. 157. 1911.
Begründet im Anschluß an Michailow (Foliu
neuro-biol. Bd. 2. 1909) seine Hypothese über die Funk¬
tion der Lamellenkörperchen besser wie früher. Fügt
eigene Untersuchungen über die Blutgefässe der La¬
mellenkörperchen und über die Veränderungen der
Form der Körperchen bei Durchfeuchtung an. Ein
elastisches Fasernetz findet sich nicht nur an der Ober¬
fläche (Michailow), sondern auch iu den ernten
3 Lamellenlagen. Stärkerer Blutdruck und Durchleuch¬
tung bewirkt Blähung der Lamellenkörperchen. Diese
Tatsachen, sowie ihr Bau und ihre Lage sprechen da¬
für, daß sie Blutdruckregulatoren sind. (V. Franz.)
340. Negro, C„ Kicerche istologiche sulla termi-
nazione nervosa motrice. (Topografia della placcu rispetto
| alla fibra muscolare. Morfologia generale delle placeke
motrici. L’ameboismo delle terminazioni motrici.) Mit
Fig. Giorn. Accad. nied. Torino Bd. 74. H. 6—10. S.254.
1911. [Dem Ref. nicht zugänglich.]
241. Boeke, J. Beiträge zur Kenntnis der moto¬
rischen Nervenendigungen. I. Die Form und Struktur
der motorischen End platte der quergestreiften Muskel¬
fasern bei den höheren Vertebraten. II. Die accesso-
rischen Fasern und Endplättchen. Mit 4 Fig. im Text
und mit 56 Fig. auf 7 Taf. Internat. Monatsschr. f.
Anat. u. Phys. Bd. 28. H. 10—12. S. 377. 1911.
242. Boeke, J., Über De- und Regeneration der
! motorischen Endplatten und die doppelte Innervation
der quergestreiften Muskelfasern bei den Säugetieren.
2 Taf. Verhandl. d. Anat. Gesellsch. a. d. 26. Vers, in
München vom 21.—24. April 1912. Anat. Anz. Bd. 41
Erg.-Heft S. 149. 1912.
B. fand nach Durchschneidungen motorischer Nerven
bei Igeln, Kaninchen und Katzen außer den degenerier¬
ten motorischen Fasern und Endplatten und neben un¬
zweifelhaft sensiblen Elementen auch ein selbständiges
System markloser Fasern, die sich plexusartig zwischen
1 den Muskelfasern ausbreiten und auf den Muskelfasern
kleine hypolemmale Endplättchen bilden. B. hält sie
für sympathische Fasern und seinen Befund für einen
Beweis der sympathischen Natur der „akzessorischen
Nerveufasern. Die Regeneration der degenerierten mo¬
torischen Endplatten vollzieht sich in der bereits mehr¬
fach beschriebenen Art.
243. Stefanelli, Augusto, Contributo alla piü
intiroa conoscenza dei rapporti tra le piastre motric
1 Taf. Monit. Zool. Ital. Bd. 23. H. 7. S. 161. 1911
Auf Grund von Untersuchungen mit Goldchlorid
und der Cajalmethode an der Zunge zweier Reptilien
und eines kleinen Säugers nimmt Stefanelli an, daß
an der Zunge ein diffuses Netzwerk von End plattennetzen
existiert, das er für motorisch hält. Er dehnt seine
j Schlüsse auch auf die anderen Teile des Körpers aus
und nimmt an, daß ein solches diffuses Netz (nicht im
Sinne von Apätl'y) überall im Körper die Muskulatur
durchzieht. (N. Beccari.)
244. Stefanelli, Augusto, La piastra motriw
secondo le vecchia e le nuove vedute, con osservazioni
originali. 13 Textfig. und 1 Taf. Ann. di Nevrol. Bd. 30.
H. 4. S. 161. 1913.
245. Ki rpitschowa-Leontowitsch, Wer».
Zur Frage der Irisinnervation beim Kaninchen. 2Taf-
Oraefes Arch. f. Ophthalm. Bd. 79. H. 3. S. 385. 1911
Die angewandte Technik ist folgende: Unter Äther¬
narkose wurden bei Kaninchen die Blutgefäße mit warmer
Ringerscher Lösung ausgespült und zwar unter Mit¬
wirkung der Herztätigkeit bis zum Aufhören des Herz¬
schlages. Hierauf Einspritzung in die A. carotis Methy
lenblaulösung 1:2000 (3 mal mit Intervallen von je
5—7 Min.). Darauf wurde die Iris exzidiert, in einer
Petrischale in den Brutschrank gestellt und von Zeit zu
Zeit mit sehr schwacher Methylenblaulösung berieselt.
Nach eingetretener Färbung (Kontrolle unter dem Mikro¬
skop) Fixierung nach A. Leontowitsch s Verfahren
An so angefertigten Präparaten läßt sich in der Iris eine
sehr große Menge von Nerven darstellen. Jede einzelne
Muskelzelle wird von mehreren Nervenfäserchen um¬
sponnen. In der Iris des Kaninchens sind Gangjien-
zellen vorhanden. Daselbst sind folgende nervöse Netze
zu unterscheiden: 1. Kernhaltiges Remaksches Netz
an der Vorderfläche der Iris. 2. Im Gebiete des
Sphinkters gelegenes Netz, dessen Zusammengehörigkeii
mit markhaltigen Fasern leicht nachweisbar ist. 3. u. 4. Zwei
perivaskuläre Netze: a) Feinmaschiges die Gefäße um¬
spinnendes Netz, welches in das Remaksehe Netz_der
vorderen Irisoberfläehe übergeht, b) Grobmaschiges Netz,
das immittelbar mit feinen Nervenstämmen zusammen-
hängt. 5. Auf der Hinterfläche der Iris befindliches
Netz.
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Gck gle
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Histologie.
25
k) Neuroglia.
246. Eisath, Georg, Weitere Beobachtungen
über das menschliche Nervenstützgewebe. 4 Taf. Arch.
f. Psych. Bd. 48. H. 3. S. 896. 1912.
247. von Fieandt, Halvar, Weitere Beiträge
zur Frage nach der feineren Struktur des Gliagewebes.
1 Taf. Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol.
Bd. 51. H. 2. S. 246. 1911.
248. Biondi, Giosue, Sulla minuta struttura del
nucleo della cellula nevroglica. Ric. Laborat. anat. R.
Univ. Roma e altri Laborat. biol. Bd. 16. H. 1—2. 1911.
Das Basichromatin ist in den Kernen der Gliazellen
in größerer Quantität vorhanden als in den Kernen der
sonnatochromen Ganglienzellen und tritt entweder in
Form von Kugeln oder als Kömehen auf, auch die bis¬
her nur in Ganglienzellen gefundenen argentophilen
Körnchen kommen in Gliazellkemen vor, zuweilen ein
Nebenkern.
249. Ranke, 0., Über feinste gliöse (spongioplas-
matische) Strukturen im fötalen und pathologisch ver¬
änderten Zentralnervensystem und über eine Methodo
zu ihrer Darstellung. Mit 1 Textfig. u. 3 Taf. Zeitschr.
f. d. ges. Neurol. u. Psych. Bd. 7. H. 4. S. 355.
250. Snessareff, P., Zur Kenntnis der Neu¬
roglia und der äußeren perivaskulären und inneren Hirn¬
oberfläche. — Aus dem Jahresbericht der Irrenanstalt
„Notre Dame des affliges“ St Petersburg. 1911.
m
l) Hüllen, Gefäße.
251. Pellizzi, Batt., Experimentelle histologische
"Untersuchungen über die Plexus chorioidei (Adergeflechte).
Mit 2 Taf. Folia neuro-biol. Bd. 5. H. 4. S. 305. 1911.
252. Pellizzi, B., Recherches histologiques et
experimentales sur les plexus choroidieus. 2 Taf. Arch.
ital. de Biol. Bd. 55. H. 3. S. 373. 1911.
253. Pellizzi, G. B., Ricerche istologiche e speri-
mentali sui plessi coroidei. Riv. sperim. di Freniatr.
Bd. 37. H. 1/2. 1911.
254. Biondi,Giosue, Sulla fine struttura dell’epi-
telio dei plessi coroidei. 1 Taf. Arch. f. Zellforsch.
Bd. 6. 8. 387. 1911.
255) Franz, V., Beitrag zur Kenntnis des Epen-
dyms im Fischgehim. J8 Fig. Biol. Zentralbl. Bd. 32.
S. 385. 1912.
Wie schon Dammermann für den Saccus vascu-
losus der Fische neben Stützependymzellen auch „Sinnes-
zeUen“ nachweisen konnte, fand F. im Ependym des
Thalamus bei verschiedenen Fischformen ebenfalls zwei
Arten von Zellen. Er nennt die neue von der allge¬
mein verbreiteten Stutzzelle deutlich unterscheidbare
Zellfcnn Neuxoependymzelle, kann ihr jedoch keine
Funktion zuschreiben. Vielleicht könnten sie, sagt er,
mit den von Fritsch als für den Farben Wechsel bedeu¬
tungsvoll postulierten Sinneszellen identisch sein.
256. Hworostuohin, W., Zur Frage über den
Bau des Plexus chorioideus. 1 Taf. Arch. f. mikr. Anat.
Bd. 77. H. 3. S. 233. 1911.
257. Goldman n, Beitrag zur Physiologie des
Plexus chorioideus. Vortrag, gehalten auf der Vers,
nordwestd. Neurologen u. Irrenärzte in Baden-Baden
am 8. u. 9. Juni 1912. Autoref. Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psych. Bd. 5. S. 969. 1912.
Bereits in frühen embryonalen Stadien speichert
das Plexus-Epithel des 3. und 4. Ventrikels Glykogen
und gibt es als Körner und Schollen an die Zerebro¬
spinalflüssigkeit ab. Im extrauterinen Leben verschwindet
das Glykogen wieder aus dem zentralen Nervensystem
und besonders aus dem Plexusepithel. Vitalfärbung
ergab dann die Anwesenheit feinster Granula im Plexus¬
epithel und im Hinterlappen der Hypophyse, sowie
„histiogener Wanderzellen = Pyrholzellen“ im Binde¬
gewebe der Gefäßpapillen des Plexus und des inter¬
stitiellen Gewebes der Hypophyse. Ein Austritt vital
gefärbter Sekretprodukte auä dem Plexusepithel findet
Ed ing-er-W all enb erg, Zentralnervensystem.
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nicht statt. Der Plexus chorioideus bildet durch sein
Epithel einen wichtigen Schutz- und Regulationsmecha¬
nismus fiir das Zentralnervensystem.
258. Grynfelt, E., et J. Euziere, Recherches
cytologiques sur les cellules epitheliales des plexus
chorioi'des de quelques mammiferes. Note preliminaire.
Compt. rend. de l’Assoc. des Anat. 14. Reunion. Rennes*
1912. S. 64.
Untersuchnngen der Plexus chorioidei beim Pferde,
Kaninchen, Schaf und Meerschweinchen. Es werden
3 Zellformen unterschieden: Gestreifte Zellen, bläschen¬
haltige Zellen und vakuolisierte Zellen. Die bläschon- •
haltigen Zellen besitzen lipoidc Wandungen, die Bläs¬
chen enthalten eine Art Sekret ohne Körnchen und
ohne gerinnbare Substanz, das normalerweise wahr¬
scheinlich durch die bürstenförmige Grenzmembran hin-
durchfiltrirt. Als Dialysator wirkt dabei wahrscheinlich
da9 Chondriom (Mitochondrien). Einzelne Zellen ent¬
halten basophile Körner (Engel), die vielleicht bei der
Pigmentbildung eine Rolle spielen. Die Zellen sind mit
bürstenförmiger Borte bedeckt, ihre Zilien besitzen
Basalkörper.
259. Policard, A., Sur quelques points de la
Cytologie des plexus chorioides. Compt. rend. de la
Soc. de Biol. Bd. 73. S. 430. 1912. Ref. Zeitschr. f.
d. ges. Neur. u. Psych. Bd. 6. S. 874. 1913. Referate
u. Ergebnisse.
Kranzförmig um den Kern angeordnetes Chondriom
in den Zellen des Plexus chorioideus der Ratte, mit der
Sekretion zu Vakuolen mit lipoider Wand umgewandelt,
vital färbbar, daneben vital unfärbhare größere Blasen.
Wahrscheinlich zwei verschiedene Sekretionsprozesse.
Der reiche Plasmagehalt der Zellen bedingt ihre leichte
Hinfälligkeit.
260. Markowski, J., Über die Entwicklung der
Sinus durae matris und der Hirnvenen bei menschlichen
Embryonen von 15,5—49 mm Scheitel-Steißlänge. Vor¬
läufige Mitteilung. 4 Fig. Extr. du Bull, de l’Acad.
de Sc. de Cracovie Classe d. Sc. mathem. et n&tur.
Ser. B: Sc. natur. Juillet 1911.
Eingehende Beschreibung der Sinns und Him-
venen, zum Referat nicht geeignet, die Lektüre des
Originals wird empfohlen.
261. Capobianco, F., Contributo alla conoscenza
delle vie linfatiche del sistema nervoso centrale. Atti
Soc. Ital., progresso Sc., 4. riunione, Napoli 1910,
S. 830. (Ersch. 1911.)
Zur Darstellung diente chinesische Tusche und eine
Rußaufschwemmung (inchiostro di nero fumo). Die
Injektion erfolgte in die Seitenventrikel und in die
Himsabstanz. (Paul Röthig, Charlottenburg.)
262. Baum, Hermann, Die Lymphgefäße des
Nervensystems des Rindes. Zeitschr. f. InfektionskTankh.
d. Haustiere Bd. 12. H. 5. S. 387. 1912.
Injektionen der Lymphbahnen des Nervensystems
beim Rinde ergaben, „daß die Lymphe in der Regel
oder im wesentlichen in den zerebrospinalen Nerven in
zentripetaler Richtung zum subarachnoidealen und sub¬
duralen Hohlraum fließt und daß sie von diesen aus
teils in das Venensystem Übertritt, teils durch Ver¬
mittlung von Lymphgefäßen den in der Nachbarschaft
des Schädels und der Wirbelsäule gelegenen Lymph¬
knoten zugeführt wird’ 1 .
a) Allgemeinem, Hypothetischem, Kritisches, Über¬
sichten.
Während der Berichtszeit haben die Waffen
im Kampf um das Neuron geruht. Wohl tauchen
hier und da die alten Streitfragen über Entstehung
und Verbindung der Nerven elemente, über die
Beteiligung der Glia an dem Aufbau der Zellen
und Fasern noch auf, die Degenerations- und
4
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26
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Regenerationsvorgänge bieten Gelegenheit zur Dis¬
kussion über die Rolle der Ursprungszellen, des
Mesenchyms und der hypothetischen Neurobiotaxis
beim. Auswachsen der Nervenfasern. Die weitere
^ Ausbildung der von Burrows und Harrison
(siehe die früheren Berichte) inaugurierten Kultur
des Nervengewebes „in vitro“ hat viel zur Klärung
dieser Fragen beigetragen, wenn auch wesentlich
Neues dabei nicht heransgekonimen ist. Einen
bemerkenswerten Fortschritt dagegen hat in den
letzten Jahren unsere Kenntnis vom normalen und
pathologischen Stoffwechsel des Nervensystems zu
verzeichnen. Die seit langer Zeit, namentlich von
Alb recht, Niss 1, A1 z hei m er und ihren
Schülern erforschten Abbauvorgänge der Zentral¬
organe im gesunden und krankhaften Zustande
sind durch Doinikow, D’Abundo, Ziveri,
Marinesco, Minen, Möllgaard und andere
mit neuer Technik verfolgt worden. Insbesondere
haben die lipoiden Bestandteile der Ganglienzelle
und Nervenfaser sowie ihr Verhalten hei ver¬
schiedenen physiologischen und pathologischen
Prozessen die Aufmerksamkeit der Histologen auf
sich gelenkt. Ob die von Marin esco und seinen
Schülern angewandte Untersuchung mit dem Ultra-
mikroskop sowie die Betrachtung im ultravioletten
Licht (Tello) diese Studien wesentlich zu fördern
vermögen, kann erst die Zukunft lehren. Soweit
es der Ref. W. beurteilen kann, sind bereits wert¬
volle Ansätze zur Begründung einer physioloyiselien
Chemie (lex Nervensystems vorhanden. Es würde
aber den Rahmen dieses Berichtes überschreiten,
wenn alle einschlägigen Arbeiten über diesen neuen
und viel versprechenden Zweig der Neurologie
hier Erwähnung fänden. Sie sollen nur soweit
berücksichtigt werden, als sie den Einfluß jener
Stoffwechselvorgänge auf die Struktur der Zelle
und Faser behandeln.
Zander (98) bringt in großzügiger Dar¬
stellung die Geschichte der Neuronen-Theorie und
präzisiert auf Grund eigener Beobachtungen über
die multiple Innervation der Haut, die er zusammen
mit F unke und Mertens (s. den vorigen Be¬
licht) unternommen hat, seine eigene Stellung zur
Neuron-Frage. Er stellt sich ganz auf den Boden
der Theorie (Kontiguität der Neuronen), Was die
Genese der Nerven anlangt, so nimmt Z. einen
vermittelnden Standpunkt zwischen His, Ca-
jal und Held ein: „Die frühesten Stadien der
Nervenanlagen sind entweder schmale Plasma-
stränge, die von dem Zellkörper einer einzigen
Nervenzelle ausgehen, oder breitere Plasmamassen,
die von mehreren Nervenzellen oder von einem
Synzytium, das, wie es scheint, als Vorläufer
getrennter Nervenzellen vorkommt, geliefert wer¬
den. ln diese Plasmamassen treten Kerne aus
dem Zentralorgan, bei den niederen Wirbeltieren
s<‘hr bald und sehr reichlich, bei den höheren
Wirbeltieren später und spärlich.“ Die Kerne
stammen wohl von den Neuroblastenkernen ab,
wandern entweder als „Nervenfaserkerne“ in die
Fortsätze oder bleiben als „Nervenzellkeme“ in
den Neuroblasten. Der plasmatische Strang dehnt
sich weiter aus, die Nervenfaserkerne vermehren
sicli durch Mitose, die synzytiale Nervenanlage
nimmt an Länge und Dicke zu, es kommt zur
Bildung von Nervenfasern und Gruppen von sol¬
chen, zur Differenzierung neurofibrillärer Achsen¬
zylinder, der Markscheide und Sch.wannsehen
Scheide, von den zentralen Nervenzellen peripherie-
wärts fortschreitend, zur Umwandlung der Nerven-
faserkeme in Kerne der Sch wann sehen Scheide.
Dauernde dominierende Stellung der zentralen
Zelle: „Das Neuron hat offenbar nicht den morpho¬
logischen Wert einer Zelle.“ Es ist ein synzytiales
Produkt einer Zelle, das mehr den Namen eines
„Organs“ verdient. Gruppen-Verbindung von Neu¬
ronen gleichen Baus und gleicher Funktion, infolge
unvollkommener zelliger Gliederung des Synzy-
tiums oder unvollkommener Teilung einer Nerven¬
zelle. Die homogenen oder streifigen Fäden, die
aus den Neuroblasten und aus den Synzytien
hervorgehen, sind nicht Achsenzylinder, sondern
die Vorstufe von zahlreichen Nervenfasern, be¬
ziehungsweise ganzen Nerven.
Z. sieht die Tatsache der mehrfachen Inner¬
vation von Hautstellen (z. B. an der Stirn, der
Oberlippe, der seitlichen Gesichtsteile, der Mittel¬
linie des Rückens und der Bauchwand), die er mit
seinen Mitarbeitern einwandfrei anatomisch nach¬
gewiesen habe, als Beweis für die Auswachsungs-
theorie und gegen die Kontinuitätslehre an, da
diese mehrfache Versorgung durch Nervenäste
erfolgt, die ursprünglich weit voneinander ent¬
fernt waren, und da die Vereinigung in der Median¬
linie, über die die Nervenäste hinauswachsen, eist
in späteren Entwicklungsstadien zustande kommt.
„Das Nervensystem ist also aus Einheiten zu¬
sammengesetzt, die während der Entwickelung
getrennt sind. Es ist von sekundärer Bedeutung,
ob sie getrennt bleiben . . . oder ob sie mitein¬
ander in lockere oder festere Verbindung treten
Auch bei festerer Verbindung, die für histologische
Untersuchung unter dem Bilde der protoplasma¬
tischen oder neurofibrillären Kontinuität auftreten
kann, bleibt jedes Neuron eine „biologische“ Ein¬
heit im Sinne Ed in g er s.“
h) Entwicklunysyeschiehte des Nervensystems, der
Fasern und Zellen, Mißbildunyen.
Braus (104) hat im Verfolg eigener Im¬
plantationsversuche und in Anlehnung an die Re¬
sultate Harrisons die Frage zu lösen versucht,
ob von Anfang an ein Zusammenhang zwischen
den Endorganen und den Ursprungszelleu der
Nerven existiert, oder ob sich die auswachsenden
Nerven selbständig ihren Weg suchen, ferner,
welche Umstände für die Richtung der auswach¬
senden Nerven ausschlaggebend sind. Hensens
Beobachtung an dem Flossensaum des Schwanzes
Digi
Go gle
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UIMIVERSITY OF MICHIGAN
Histologie.
27
junger Kaulquappen: Bildung peripherer Nerven
ohne Mitwirkung späterer kernhaltiger Gebilde,
also lediglich aus der Ganglien zelle, besteht noch
heute zu Recht, strittig ist nur die Frage, wie
weit auch die von H. beobachteten Plasmodesmen
zwischen Endorgan und Ganglienzelle an der
Nervenbildung beteiligt sind. Braus hat seine
frühere Ansicht, daß die Nerven autogen entstehen,
geändert, er glaubt jetzt, daß sie aus der Gang¬
lienzelle auswachsen, hält aber die Beteiligung
eines autoehthonen Faktors bei der Bestimmung
der Nervenbahn für erwiesen. Zur Entscheidung
der Frage, ob die von den Neuroblasten aus¬
wachsenden Nerven allein ihren typischen Weg
zu den Endorganen finden, das heißt ein für die
betreffende Extremität typisches Nervensystem
liefern, verpflanzte Braus Extremitäten-Knospen,
die noch nervenlos waren (Bombinator igneus),
und erhielt trotzdem typische Nervenbahnen und
Nervenverzweigungeu (konform mit Harrison,
der künstlich durch Entfernung der Nervensystem-
Anlage im Rumpf vor Auftreten der Neuriten
nervenlos gemachte Extremitätenknospen verpflanzt
und doch ein typisches Nervensystem der betr.
Hinterpfote erlangt hatte): Der fremde Neurit,
der in die verpflanzte Knospe hineinwächst, er¬
zeugt also ein typisch verlaufendes Extremitäten-
Nervensystem. Wie findet der Nerv in diesen
Fällen seine Bahn ? Durch passives Mitschleppen
mit den Muskel- und Endorgan-Anlagen jedenfalls
nicht immer, da einerseits die zunächst nerven¬
losen paarigen Haifisch-Flossen später typische
Plexusbildung zeigen und anderseits die Haut¬
nerven, auch wenn die Muskelnervenanlagen nicht
mittransplantiert werden, in typischen Bahnen aus¬
wachsen, als ob sie mit den Muskelnerven zu¬
sammenliefen. Die Plasmodesmen sind die eigent¬
lichen Leitorgane der Nervenbahnen. Da, wo sie
fehlen, kommen anscheinend, auch keine typischen
Nervenbahnen zustande. Ob die Plasmodesmen
im Sinne Bensens durch primäre Zellbrücken
sich teilender ZeUen entstehen, ist noch nicht
sicher erwiesen. Auch in späteren Embryonal¬
perioden können sie sich bilden. DievonCajal
angenommene „Chemotaxis“ kann als Ursache der
typischen Nervenbildung nicht herangezogen wer¬
den, weil er einen teleologischen beziehungsweise
psychischen Faktor in den Prozeß der Nerven¬
bildung hineinträgt. Braus sieht also in Leit¬
fasern und LeitxeUen den einen Faktor, „welcher
nötig ist, um mit dem anderen, den Neuroblasten,
zusammen die Nervenbahnen zu erzeugen“. Viel¬
leicht bestehen beide Einrichtungen neben ein¬
ander, so daß „der Organismus gleichsam die Wahl
hat, welcher Methode er folgt“.
Marcora (107) hat an Hühner- und Enten-
Embryonen mit verschiedenen Methoden die ersten
Entwicklungsstadien der Nervenzellen untersucht
und kam dabei zu folgenden Resultaten : Die Neu¬
roblasten treten bereits als solche in frühen Fötal¬
stadien auf, besitzen schon in den ersten Ent-
wicklungsphaseu ein hoch differenziertes Proto¬
plasma (kontra Fragnito u. a.). Es konnten
nie Verbindungen zwischen ihnen gefunden wer¬
den, die nicht Artefakte waren. Sehr früh er¬
scheint auch der neurofibrilläre Apparat, der einen
deutlich unizellulären Ursprung besitzt. Die Nissl-
Körper entwickeln sich (konform vanBiervliet)
später und zwar zunächst an der Peripherie.
Ob sie dem Kerne entstammen (C o 11 i n), ist noch
ungewiß. Vom inneren Netzapparat G o 1 g i s sind
sie völlig wesensversehieden; beide entwickeln
sich auch embryologisch verschieden. Ebenso¬
wenig haben die als „Chondriosomen“ bezeichneten
Körnchen, Fädchen und Stäbchen (kontra Mewes
und Hoven) mit der Fibrillen-Entwicklung etwas
zu tun, da sie morphologisch gauz verschieden
sind und sich mit anderen Methoden färben.
Hoven (108) dagegen glaubt, daß die Neuro¬
fibrillen durch chemische und morphologische Um¬
wandlung der Chondriosomen der Neuroblasten
und der Ganglienzellen entstehen. Anfangs lassen
sie sich daher mit denselben Methoden wie der
Mitochondrialapparat darstellen, später durch be¬
stimmte Nenrofibrillenfärbemethoden und durch
Silberimprägnation, schließlich nur noch durch
letztere. Einige Chondrioconten persistieren in
der erwachsenen Nervenzelle. Als Granulationen
oder als Stäbchen um den Kern (= apparato
reticolare G o 1 g i, Binnennetz K o p s c h usw.).
Die peripheren Nervenfasern nehmen ihren Weg
in Interzellularräumen, sie treten mit Mesenchym-
zellen in keine Verbindung. Zu den letzteren
gehören auch die Zellen der Sch wann sehen
Scheide. (V. Frau z.)
Warren und Margaret Lewis (64) haben
kleinste Darmteile von Hühnerembryonen in ver¬
schiedenen Salzlösungen im hohlen Objektträger
längere Zeit hindurch bei Ölimmersion beobachtet
(Körperwärme oder Zimmertemperatur) und konnten
Harrisons Resultate (s. d. früheren Berichte)
voü bestätigen. Es wuchsen Sympathikus-Fasern
aus dem Darm mit großer Schnelligkeit bis zu
1 mm Länge aus, krochen längs der Unterseite
des Deckglases, verhielten sich also „stereotrop“
im Sinne Harrisons und ließen sich infolge¬
dessen andauernd mit Ölimmersiou beobachten.
Mit Heidenhains Eisen-Hämatoxylinfärbung wur¬
den in ihnen Neurofibrillen, Varikositäten, End¬
bäumchen und Primitivfasern dargestellt. Sie
scheinen eine körnige Struktur zu besitzen.
Diese „Neurogranules" reagieren besser auf Eisen-
häiuatoxylin als die Chromosomen. Die sym¬
pathischen Nervenfasern wachsen also ebenso wie
die dem Zeutralorgan entstammenden aus Ganglien¬
zellen aus und nicht aus präexistierenden Plasma¬
netzen.
Die Transplantation umgedrehter Hirnteile —
sodaß vorn und hinten vertauscht wird — bei
Embryonen von Rana fusca, Rana esculenta, Bom-
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Ed in per und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
28
binatur und Triton auf dem Stadium, der noch
geöffneten Medullarplatte führt nach den Ver¬
suchen von Spemann (117) zur Entwicklung
der normalen Himteile an umgekehrter Stelle.
Es sind wohl nicht nur die einzelnen Himteile
bereits auf dem Stadium der Operation in der für
uns einheitlich erscheinenden embryonalen Zell¬
maße präformiert, dasselbe dürfte auch bereits
für die einzelnen Zellenschichten des Auges gelten,
da sehr kleine, mit dem Transplantat nach hinten
gelangte Teile des Auges sich als lediglich aus
dunkel pigmentierten Zellen bestehend erwiesen.
Die Bildung zweier Epiphysen, einer vorderen
und einer hinteren, dürfte darauf beruhen, daß
bei etwas schj-äger Schnittführung die Epiphyseu-
Anlagezellen der einen Seite ins Transplantat mit
hineingezogen wurden, die der anderen Seite aber
an normaler Stelle stehen blieben.
<■) Degenerations- und Regenerationsvargänge an
Nervenfasern und Ganglienzellen.
Nach Durchschneidung des Ischiadikus und
Ableiten des peripheren Stumpfes bei Kaninchen
beobachtete D o m i n i c i (121) trotzdem Regenera¬
tion vom zentralen Ende her. Es nekrotisieren
die Nervenfasern des peripheren Stumpfes nach
der Durchtrennung, während die Schwann sehe
Scheide und deren Kerne erhalten bleiben. Bei
der Regeneration vermehren sie sich, aber die
Regeneration selbst findet lediglich vom zentralen
Stumpfe aus oder von Kollateralen statt. Erst
30 Tage nach der Läsion zeigen sich die ersten
Erscheinungen von Regeneration am zentralen
Stumpfe.
Zur Entscheidung der Frage, ob als Ursache
der Regeneration peripherer und der Nicht-Regene¬
ration zentraler Nervenfasern der„Neurotropismus u
(Cajal), das heißt die Produktion neurotroper
Substanzen durch die Sch wann sehe Zelle, die
embryonalen Gewebe, die Schultzesehen Zellen
in Betracht kommt oder eine „Odogenese“ im
Sinne Dustins (s. den vorigen Bericht), das
heißt die Schaffung von primären Verbindungen
und damit von Wegen mit geringerer Resistenz
gegenüber den wachsenden Fasern, hat Tello
(128) den Ischiadicus von Kaninchen in die Zen¬
tralorgane (Großhirn-Rinde und -Mark, Kleinhirn¬
rinde und Nervus opticus) verpflanzt und die
weiteren Schicksale des Pfröpflings nach ver¬
schieden langer Zeit mit Cajals Methoden studiert.
Er hat vor der Pfropfung den Ischiadikus in situ
durchtrennt und ihn dann in verschiedenen Sta¬
dien der Degeneration und Regeneration trans¬
plantiert und zwar mehr zentrale und mehr peri¬
phere Abschnitte, daneben Pfropfung mit sterilen
Hollundermarkstücken, die vorher mit neurotropen
Substanzen durchtränkt waren (durch Mazeration
peripherer, nicht regenerierter Stümpfe des durch¬
schnittenen Ischiadikus gewonnen) und Injektion
einer Kieselgur-Emulsion in Wasser. Dato er¬
hielt er folgende Resultate: Großhirnrinde, Klein¬
hirnrinde und Nervus opticus besitzen wie das
Rückenmark deutliche Regenerationsfähigkeit ihrer
durchtrennten Neuriten, am wenigsten die Klein¬
hirnrinde. Diese Fähigkeit läßt sich bedeutend
erhöhen durch Einführung von Bindegewebe und
durch Implantation von peripheren Nerven, wahr¬
scheinlich infolge der Produktion neurotropischer
Stoffe und nicht durch Odogenese. Die Büngner-
sehen „Bänder“ sind die Hauptquellen der neuro-
tropischen Substanzen, daneben wahrscheinlich das
Endoneurium. Die Regenerations-Tendenz wächst
mit dem Reichtum an markhaltigen Fasern. Das
Eindringen von Fasern in den zentralen Stumpf
des Nervus opticus kann als Bew'eis gegen die
Existenz eines „negativen Neurotropismus' 1 in den
Zentralorganen aufgefaßt werden.
Sehr eingehend hat sich auch Cajal (130, 131)
mit den degenerativen und regenerativen Vorgängen
zentraler Nervenfasern und Ganglienzellen be¬
schäftigt Aseptische Verletzungen des Kleinhirns
bei Katzen, Hunden und Kaninchen (Neugeborene
und Erwachsene) führten zu Veränderungen der
Purkin j e-Zellen und ihrer Neuriten, die nach
Fixation in Pyridin mit der Silbermethode studiert
werden konnten (130). Schon 24—36 Stunden
nach der Läsion traten die von Rossi, Marinesco
und Minöa beobachteten bogenförmigen Kollate¬
ralen auf, die von der Unterbrechungsstelle der
Neuriten innerhalb der Körnersclricht zur Mole¬
kularschicht zurücklaufen und lange Zeit persi-
stieren. Es sind präexistierende Gebilde, die, bei
gleichzeitiger Absorption des Neuriten von der
Läsions8telle bis zu ihrer Abgangsstelle, hyper-
trophieren. Der mit der Verletzung verbundene
Reiz übt also gleichzeitig einen trophischen und er¬
haltenden Einfluß auf den Neuritenstumpf und die
Kollateralen aus, so weit sie noch im Zusammen¬
hänge mit dem Zelleib und für den Nerven-Impuls
durchgängig sind. Ist dieser Weg des Nerven-
stroms relativ kurz, so werden die Leiter hyper¬
trophisch. Die Kugeln, Varikositäten und Hyper¬
trophien treten ebenso an den nicht direkt ge¬
troffenen Neuriten wie an den unterbrochenen
auf und sind (konform Marinesco) als typische
Reaktionserscheinungen der Nervenzellen auf Er¬
nährungsstörungen aufzufassen. Ist der Neurit
einer Zelle total verloren gegangen, so treten Atro¬
phien, Hypertrophien, lokale Formveränderungen
des Fibrillennetzes im Zellleib und in den Den-
I ,
driten auf, erst später gehen die Zellen zu Grunde.
Am schnellsten schwinden die dem Herd zunächst
gelegenen Dendriten, nur bei ganz jungen Tieren
bilden sie vorher noch Endkugeln, Keulen oder
zeigen andere Wachstumserscheinungen und Form¬
veränderungen ihrer Äste. Die Purkinje-Zellen
sind dem Untergange leichter verfallen als die
mit ihnen verbundenen Neuriten-Verästelungen,
es bleiben also die Endkörbe und Kletterfaser¬
verzweigungen intakt, wenn die Zelle bereits zu
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Histologie.
Grunde gegangen ist — ein Beweis für die
Diskontinuität der assoziierten Neuronen. Im
Kleinhirn lassen sich bei Laboratoriumstieren
Regenerations-Prozesse nach Traumen nicht nach-
weisen. Die von anderen Autoren als solche be¬
schriebenen sind Folgen einer lokalisierten hyper¬
trophischen Reaktion, die sich auf teilweise er¬
haltene Neuriten und rückläufige Kollateralen be¬
schränkt, rein intraprotoplasmatisch, („neurobional“)
bleibt und nicht im Stande ist die Grenzen des
Axons und seiner Äste zu überschreiten oder
neue Seitenäste (innerhalb 25—30 Tage nach der
Läsion) zu schaffen. Die verschiedenen Abschnitte
des Neurons besitzen eine gewisse Unabhängigkeit
gegenüber Reizen und trophischen Störungen : Ein
Dendrit, ein Neuritenstumpf, eine Kollaterale kann
bei lokalem Reiz ganz selbständig reagieren. Das
spricht für das Bestehen der von Cajal an¬
genommenen „Neurobionen“, die das Fibrillennetz
des Zellkörpers und der Leitungswege zusammen¬
setzen. Diese Neurobione gehen in den Neunten
und ihren Ästen zu Grunde, sobald sie dem Ein¬
fluß des Nervenreizes und dem metabolischen Ein¬
flüsse der Fermente und anderer chemischer
intrazellulärer Faktoren entzogen werden, ebenso
schwinden die Neurobionen des Zellkörpers, sobald
der Neurit zerstört ist. Als Reaktion der lädierten
Leiter folgt entweder Hypertrophie oder degene-
rativer Zerfall mit Bildung von Spindeln, Vari¬
kositäten, Kugeln und dergleichen, deren Aus¬
dehnung und Intensität von der Stärke des Reizes
und anderen bisher unbekannten Bedingungen
abhängig ist.
Etwas anders spielen sich diese Vorgänge
nach Verletzungen der Großhirnrinde ab (131).
Wohl sind die großen zentralen Neunten nach
ihrer Unterbrechung unfähig zur Regeneration
des peripheren Stumpfes. Im zentralen Stumpfe
treten rasch Cephalopoden- und Schildkröten¬
förmige Neubildungen auf, die als Absterbeerschei¬
nungen oder vergebliche Versuche kolJateraler
Regeneration anzusehen sind. Das periphere Ende
ist zunächst Sitz traumatischer, später der typi¬
schen Wallersehen Degeneration. Die trauma¬
tische Degeneration der zentralen Neuritenenden
durchläuft gewöhulich ein hypertrophisches, spin¬
delförmiges, variköses Stadium und ein Stadium
der zerstreuten („vueltas“) Kugeln. Zuletzt bleibt
nur ein kurzes Neuritenstümpfchen mit einer
Endverdickung („Retraktionskugel“) zurück. Das
gilt nur von markhaltigen Fasern, bei marklosen
kommt es lediglich zur Bildung von Retraktions-
Kugeln und -Ringen. Findet die Neuritenunter¬
brechung zwischen Zellleib und Kollateralen statt,
so entsteht statt der Kugel eine Spitze („punta
de corrosiön“) mit spindelförmiger Verdickung.
Trotz Zerstörung der Neuriten und trotz Chroma-
tolyse der Zellen bleiben angeschnittene Den¬
driten im Großhirn intakt, ebenso erhalten sich
die Pyramidenzellen auch nach Verlust des zu¬
29
gehörigen Neuriten mehrere Tage in Form und
Struktur. Die Neunten wieder bleiben im Innern
von Blutherden lange Zeit nach ihrer Abtrennung
intakt. Der trophische Einfluß des Nerven-Im-
pulses, der in Form von Hypertrophie der Kolla¬
teralen bei gleichzeitigem Schwund des Neuriten¬
stumpfes bis zu ihrer Abgangsstelle eich bemerkbar
macht, kommt im Großhirn ebenso wie im Klein¬
hirn zur Geltung. Die Absonderung von Kugeln
uud Ringen in unterbrochenen Neuriten weist
nach C. auf das Bestehen interneurobionaler An¬
ziehungskräfte hin im Kampfe mit der abstoßenden
Wirkung der pathologischen Reize.
Cajal führt die Fähigkeit eines jeden Neu-
riten-Abschnittes an Ort und Stelle ohne Inter¬
vention der Zelle zu reagieren auf die Anwesen¬
heit der „Neurobionen“ zurück, „ultraraikro-
skopischer lebendiger Einheiten, die relativ un¬
abhängig und fähig sind, ihre mikroskopische
Struktur zu ändern“. Das variköse Stadium der
Neuriten, die Bildung und Retraktion der End¬
kugel, das Auftreten unabhängiger Kugeln kommen
im wesentlichen zustande durch Dislokation, Aus¬
wanderung und Trennung der Neurobionen nebst
einer gewissen Menge von Neuroplasma, das
spindelförmige und hypertrophische Stadium etc.
durch eine damit verbundene Neubildung von
Neurobionen.
Nach intrakranieller Optikus-Durchschneidung
bei jungen Kaninchen hat Rossi (125) die Ver¬
änderungen des distalen und proximalen Stumpfes
mit verschiedenen Methoden studiert: Die De¬
generationsvorgänge verlaufen zwar nahezu ebenso
rasch als in peripheren Nerven, aber die Zerfalls¬
produkte scheinen langsamer fortgeschafft zu
werden. Am 4. Tage nach der Läsion setzen
Regenerationsvorgänge ein im distalen Stumpf
und dauern bis zum 30. Tage fort. An diesen
Prozessen beteiligen sich eigentümliche große
Glia-Elemente, die R. mit den „amoeboiden Glia-
zellen“ vergleicht, und Abbauzellen, die von jenen
herstammen. Eine zweite Periode, die nach dem
30. Tage beginnt, ist charakterisiert durch retro¬
grade Degeneration der in der ersten Periode
neugebildeten Fasern, verbunden mit regressiven
Vorgängen in den Ganglienzellen der Retina, mit
regenerativen Prozessen und mit Vermehrung der
gewöhnlichen Gliastnikturen sowie Wucherung
der bindegewebigen Balken. Charakteristisch ist
das Auftreten metaraorphischer Erscheinungen
und regenerativer Prozesse außerhalb des Ortes
und der Zeit der experimentellen Durchtrennung
sowie die Hinfälligkeit der regenerierten Fasern.
Als Ursachen kommen nach R. die „zweite retro¬
grade Degeneration“ mit verschiedenartiger Ein¬
wirkung auf die von ihr betroffenen Achsen¬
zylinder, eine Blutkreislaufstörung innerhalb der
Ganglienzellenschicht infolge des Traumas und
Eigentümlichkeiten im. Aufbau der Narbe in
Betracht.
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30
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Die Untersuchungen Doinikows (132) sind
an einem Fall von doppelseitiger Neuritis der
NN.peronei (schwere Tuberkulose) gemacht worden.
Der Vergleich von Markscheiden- und Biel-
schowsky scheu Silberimprägnationspräparaten
ergab stets dasselbe Resultat, daß namentlich die
an Markscheidenpräparaten als gelichtet oder ver¬
ödet erscheinenden Nervenbündel an elektiven
Fibrillenpräparaten eine Menge von dünnen mark¬
losen Achsen Zylindern zeigten, die in einigen
Nervenbündeln so zahlreich sind, daß die be¬
treffenden Nervenstämme entschieden reicher an
Axonen als entsprechende normale Nerven sind.
An einigen solchen Fasern sind deutliche Re¬
generationsphänomene, wie Verästelungen und
Endkolben zu sehen. Da bei verschiedenen ex¬
perimentellen Neuritiden die marklosen Nerven¬
fasern sich besonders resistent gegen die Noxen
verhalten und noch unversehrt erscheinen, während
die markhaltigen in Zerfall begriffen sind, kommt
D. zum Schluß, daß ein Teil der marklosen Nerven¬
fasern bei der Neuritis auf die gegen Noxen be¬
sonders resistenten marklosen Fasern zurück¬
zuführen ist. Der größte Teil dürfte allerdings
auf regenerierte Fasern zurückgeführt werden.
Dagegen kommt den atrophischen Prozessen,
wenigstens in den schwer alterierten Nerven,
bei der Bildung von marklosen Fasern keine
größere Bedeutung zu. Somit finden, wenigstens
in gewissen Fällen, auch bei fortwirkender Noxe
neben degenerativen lebhafte regenerative Prozesse
statt, die neugebildeten Fasern bleiben aber wohl
unter dem Einfluß der fortwirkenden Noxe zum
größten Teil marklos und sind wahrscheinlich
auch funktionell nicht vollwertig. Außer der
Regenerationsfrage beschäftigt sich die Arbeit
eingehender mit der histochemischen Analyse
der beim Zerfall der Nervenfasern entstehenden
Lipoide. Es können in den Frühstadien des
Markzerfalls Fettsäuren, uachher in den mesoder¬
malen Abräumzellen auch Glyzerinester und
schließlich auch Cholesterinester uud Cholesterin¬
fettsäuregemische naehgewieseu werden.
d) Zellenstruktur, Fibrillen, Netze, Verbindungen.
e) Granula, Kanälchen, Pigment, Kern, Zentro-
sonien, Krystalle, Zellenkapsel.
Besta (145) hat zahlreiche Untersuchungen
ausgeführt, um die Frage zu beantworten, ob
die Neurofibrillen lediglich das Produkt spezifi¬
scher Fällungen durch das Fixiermittel oder ob
sie Bestandteile der lebenden Nerveuzelle sind.
Er konnte den Nachweis führen, daß, wenn nach
Fixierung in Alkohol, Azeton, Schwefeläther,
lOproz. Formalin, Sublimat das Nervensystem
mit Substanzen behandelt wird, die eine rein
chemische Wirkung (besonders auf Betkes „kom¬
binierte Substanz“) entfalteu, die Neurofibrillen
eine elektive Affinität für Ammonium molyb-
daenicum erhalten und mit'Tkionin färbbar werden
können. Noch bessere Resultate ergibt die direkte
Mischung des Fixiermittels mit jenen Substanzen.
B. teilt verschiedene derartige Vorschriften zur
Darstellung des endozellulären Fibrillennetzes mit
und kommt auf Grund seiner Studien zu dem
Schluß, daß eine Beteiligung spezifisch physischer
Prozesse bei der Darstellung der Fibrillen aus¬
zuschließen ist und daß sie höchstwahrscheinlich
in der Nervenzelle praeexistieren. (Nach einem
Autorreferat.)
Nach Marinesco (49—51, 151—153) sind
Fibrillen unfi N i s s 1 - Körper bereits in der leben¬
den Zelle vorhanden. Zahl und Anordnung der
intrazellulären Körnchen bedingt den Grad der
Durchsichtigkeit bei der Untersuchung mit dem
Ultramikroskop oder mit sehr starken Vergröße¬
rungen. Die Nervenzelle kann als ein organisier¬
tes Hydrosol betrachtetwerden, das durch mecha¬
nische, physische und chemische Reize beein¬
flußt wird. Der osmotische Druck ist in der
Norm in der Umgebung der Ursprungszellen peri¬
pherer Nerven gleich dem der Zellen selbst, er
nimmt zu nach der Durchschneidung des Nerven,
infolgedessen tritt ein Flüssigkeitsstrom aus der
Umgebung in die Zelle, diese schwillt an, ebenso
Kern und Nukleolus, der Kern wird an die
Peripherie gedrückt, die chromatophilen Körner
und die Fibrillen lösen sich auf — kurz alle
Phänomene der Chromatolyse und auch die der
nachfolgenden Rückkehr in den normalen Zustand
lassen sich auf diese Weise erklären. Der osmo¬
tische Druck der Ganglienzellen wird durch das
Zentralnervensystem beeinflußt: schnellere und
stärkere Chromatolyse der Vorderhornzellen. wenn
außer den Vorderwurzeln auch die Pyramidenbahn
durchtrennt wird. Hyperthermie ändert außer
dem osmotischen Druck auch den morphologischen
und kolloidalen Zustand. Die bekannte Verdün¬
nung der Neurofibrillen in der Wärme, ihre Ver¬
dickung in der Kälte, die Veränderungen der
Zellen nach Transplantation beweisen, daß die
Fibrillen, wie Cajal annimmt, aus ultramikro¬
skopischen Teilchen („Neurobionen“) zusammen¬
gesetzt sind. Dafür sprechen auch die Regene¬
rationserscheinungen nach Durchschneidung peri¬
pherer Nerven. M. bespricht dann die chemischen
Vorgänge bei der Nervendegeneration, hält die
Existenz proteolytischer und lipolytiseher Fermente
im Nervensystem für erwiesen und glaubt, daß
deren Gleichgewicht bei funktionellen Reizungen
und Hemmungen durch Fermente höherer Ord¬
nung modifiziert wird. M. weist schließlich auf
die Rolle der Oberflächenspannung bei der Ge¬
staltung der Zelle und der Fortsatzbildung hin.
Mühlmann (141) hat bei verschiedenen
Säugerarten, besonders beim Rind, Entwickelung
und Wachstum der Nervenzellen (Spinalganglien
und Rückenmark) in verschiedenen fetalen Stadien
sowie bei Neugeborenen verfolgt und kam dabei
zu folgenden Resultaten: Schon frühzeitig tritt
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Histologie.
31
im Plasma der Nervenzellen eine basichromatische
Substanz auf, die zunächst diffus im Plasma zer¬
streut ist, später zu Tigroidschollen sich sammelt.
Sie ist wahrscheinlich während des Lebens gleich¬
mäßig gelöst und wird erst durch die Leichen¬
starre körnig. Sie füllt die Zwischenräume zwischen
den Fibrillen aus. Ist sie voll ausgebildet, so
treten im Plasma daneben noch Fettkörncheu
auf, die sich allmählich in Pigment umwandeln,
im Alter ihren Lipoidcharakter verlieren und
dann lediglich Pigmentkörner bleiben. Der zu¬
nächst reiche Nukleingehalt des Kerns reduziert
sich allmählich auf einen Nukleolus, an dem er
eine äußere Schale bildet, dann aufgelöst wird
und schließlich ganz aus dem Kerne verschwindet.
Die Lipoidosomeu des Nukleolus besitzen zwar
analogen Chararakter mit denen des Zellplasma,
verschwinden aber bereits im jugendlichen Alter
und hinterlassen Vakuolen. Den Nervenzellen
geht eine Vermehrungsfähigkeit nahezu völlig ab,
es findet vielmehr ein Zellenschwund statt, die
Kerne wachsen nicht in gleicher Weise wie der
Zellleib, und der Kern vergrößert sich nicht auf
Kosten formativer Massen (Nuklein), soudern von
Lipoiden, die für die Formbildung ganz irrelevant
sind und ebenso wie das Pigment ,,Rückstands¬
produkte der im Wachstum und Vermehrung
zurückgebliebenen Zelle“ darstellen. M. bringt
den Zeitpunkt der Elimination des Nukleins mit
der Größe der Tiere in Verbindung (? Ref. V.)
und das frühere Entstehen und Vergehen der
Kern-Lipoidosomen gegenüber den Pigmentkörn¬
chen des Zellleibs mit der zentralen Lage des
Nukleolus und den dadurch bedingten ungünstigen
Ernährun gs verhäl tn issen.
ln einer zweiten Arbeit bringt Mühl mann
(142) die Resultate sehr mühsamer und langwieriger
mikrochemischer Reaktionen, die er an embryo¬
nalen und erwachsenen Ganglienzellen (Vorder¬
horn, Spinalgauglienzello des Rindes) angestellt
hat: Fixierung in Sublimat, Zen ker-Formel,
Alkohol, Paraffinschnitte mit Salzsäure-, Kalilauge-,
Glaubersalz-, Kochsalz-, Soda-Lösungen, Aipia
destillata, Ammoniakkarmin, Magensaft, Trypsin¬
lösung nach Salkowski liehandelt, gewaschen
und mit den gleichen Farben wie vor der Ein¬
wirkung dieser Substanzen untersucht (Haemato-
xylin,Eh rlich - B i on dis Triazidgemisch, Gie m-
sas Methylenazureosin und Methylgrünpyronin).
M. konnte wieder bestätigen, daß mit dem Wachs¬
tum der Zelle ein Reduktionsvorgang verknüpft
ist, der zu Differenzen in der relativen Größe der
einzelnen Nervenzellenteile führt: Der Zcllen«iuer-
schnitt nimmt stetig zu (bis zur lüfachcn Größe
des ersten Entwiekelungsstadiums), der Kern wächst
ungleichmäßig (wird 2 bis 3mal so groß wie im
Anfänge), ebenso der Nukleolus (3 bis 4mal), stets
wächst das Zellprotoplasma stärker als der Kern.
Der Nukleolus enthält (ohne seine Schale) in
frühesten Stadien Plastin, Nuklein, Pyrenin und
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Globulin, im Laufe der Entwickelung geht zuerst
das Pyrenin verloren, dann das Nuklein, so daß
nur Globulin oder Plastin übrig bleibt. Daß gleich-
; zeitig mit dem Schwinden des Nukleins Lipoido-
; somen auftreten, die später durch Vakuolen er-
! setzt werden, wurde schon oben erwähnt. Die
I Nukleolcnschale, die beim Rinde nur im Embryo-
i nalleben beobachtet wfrd, zeigt eine konstantere
; Zusammensetzung und atrophiert ganz gleichmäßig
I zu einer ganz dünnen Haut. Die chromatischen
j Perinukleolarsehollen besitzen infolge starken Ge¬
halts an unlöslichem Nuklein eine große Verwandt¬
schaft zu Methylgriin, sie differenzieren sich an-
: fangs aus dem Nukleolarkörper heraus und werden
erst später von diesem unabhängig. Mil hl mann
hält die Schale für den Ausdruck einer nur an¬
fangs noch vorhandenen Teilungstendenz: Samm-
j Iung des unlöslichen Chromatins nicht wie bei
anderen Zellen in Knäuelform, sondern in der
Form eines Perinukleolarringes mit Perinukleolar-
schollen. Die Nissl-Srhollcn bestehen von An-
| fang an aus zwei Substanzen: einem löslichen
Nuklein und einem Neuroglobulin (pyronophile,
in Salzsäure lösliche Substanz, die auch im Nuk-
lcolarkörper vorhanden ist). Neuroglobulin, lös¬
liches und uulösliches Nuklein verhalten eich
gegenüber Wasser, Säuren, Alkalien, Neutralsalzen
und Trypsin gleich, dagegen ist Neuroglobulin in
verdünnter Sodalösung unlöslich, ebenso das un¬
lösliche Nuklein, das lösliche Nuklein dagegen
löslich. Im Magensaft sind beide Nukleine un¬
löslich, Neuroglobulin löslich. Alle drei Substan¬
zen besitzen Säureeigenschaften, das lösliche Nuk¬
lein mehr freie Säuregruppen als die beiden an¬
deren. Über ihr Verhalten zu Farbbasen muß
das Original eingesehen werden. In jüngeren
Fetalperioden enthalten die Nissl-Körper mehr
Neuroglobulin, in älteren mehr Nuklein, wahr¬
scheinlich erfolgt ein direkter Übergang von Neuro¬
globulin in Nuklein. Der Verdauungsprozeß wandelt
das lösliche Nuklein in unlösliches um. Viel¬
leicht wird ein gleicher Prozeß intra vitam durch
fermentative hydrolytische Vorgänge ausgelöst.
1 Während des Wachstums vermindert sich also
; das Nuklein im Kerne uud vermehrt sich gleich¬
zeitig in den Nissl-Kßrjiern, aber es wandert
kein Kern-Nuklein in das Zellprotoplasma aus,
denn das Nissl-Nuklein ist ein anderes als das
Kern-Nuklein und entsteht im Zellplasma wahr¬
scheinlich auf dem Wege der Assimilation.
Erhard (147) hat umfassende Untersuchun¬
gen an den Ganglienzellen wirbelloser Tiere und
von Vertebraten, insbesondere aber an denen der
Schnecken angestellt (Einzelheiten über Fixierung
und Färbung s. im Original). Die Größe der
Ganglienzellen hängt weder von der Größe des
Tieres, noch von bestimmten Fupktionsstadien ab,
sondern lediglich von dem Wasserreichtum (wasser¬
reiche Zellen sind größer als wasserarme). „Die
1 Größe der Zellkerne richtet sich nach der Grüße
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32
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
der Zellen, nur haben Zellen mit reichlicher Nissl-
Substanz stets kleine, solche mit wenig oder gar
keinem Tigroid stets große Kerne.“ Der Nukleolus
(stets kugelförmig) ist in das Liningerüst des
Kernes eingebaut Zuweilen zweiter Nukleolus,
wahrscheinlich durch Knospung entstanden. Funk¬
tionelle Veränderungen waren nicht nachweisbar,
ebensowenig am Chromatingerüst des Kernes (Win¬
terschlaf der Schnecken). „Der Chromatinreich¬
tum der Ganglienzelle der Weinbergschnecke ist
unter den verschiedensten physiologischen Be¬
dingungen derselbe.“ Dagegen besteht ein um¬
gekehrtes Verhältnis zwischen Nissl-Substanz
und Kern-Chromatin. Wie bei Ascaris (Gold-
schmidt) besteht auch bei Helix eine chroma¬
tische Kernkappe und eine „Zentralkapsel“ außer¬
halb der eigentlichen Kernmembran. Im normalen
erwachsenen Zustand haben die Ganglienzellen
ihre Teilungs-Fähigkeit verloren. Bezüglich der
Funktion des Kerns *601111681 sich E. ganz den
Ausführungen Obersteiners (s. den vorigen
Bericht) an. Das Zellenplasma besitzt wahrschein¬
lich Wabenstruktur. Das Vorkommen von Zentro-
somen bezweifelt E. und vermutet, daß die als
solche beschriebenen Gebilde Artefakte waren.
Das dunkle Pigment ist dem Melanin verwandt,
aber in seiner Bedeutung ganz unklar, das helle
Pigment kann „als Abfallsprodukt des Stoffwechsels
der Zelle angesehen werden.“ Die Funktion der
N i s s 1 - Schollen ist noch ganz unklar. Sie be¬
sitzen die gleichen mikrochemischen Reaktionen
wie das zu ihnen in umgekehrtem Verhältnis
stehende Kern chromatin. Vakuolen kommen in
normalen Ganglienzellen nicht vor. Die Glia kann
(bei Ascaris) zum Zweck der Stützung in die
Zelle dringen, aber nie zum Zweck der Ernäh¬
rung. E. steht dem (leicht zu erhebenden! Ref. W.)
Befund von intrazellulären Blutkapillaren bei Lo-
phius piscatorius mit Unrecht skeptisch gegen¬
über. Nach Fett- und Kohlehydratfütterung sah
er Glykogenschollen innerhalb der Ganglienzellen
bei Helix pomatia entstehen, und zwar können
sowohl Glyzerin wie Stearinsäure Glykogenbildner
sein. Von Kohlehydraten konnten Monosaccha¬
ride, Galaktose, Dextrose, Mannose und das Disaccha¬
rid Laktose, Glykogen erzeugen.
Cajal (79) gelang es mit seiner neuen Modi¬
fikation, das endozelluläre Golgi-Netz in nahe¬
zu allen Schichten der Retina darzustellen und
zwar überall zwischen Kern und dem nach außen
gerichteten Zellpol.
Biondis (160) Resultate an den Kernen der
Sternzellen in der Molekularschicht und an denen
der Körnerzellen in der Körnerschicht der Klein¬
hirnrinde (Meerschweinchen, Kaninchen, Tauben)
bestätigen vielfach ältere Ergebnisse: Die Kerne
der Sternzellen haben eine azidophile Membran
und ein im ganzen azidophiles Netzwerk, 1—3
kleine kreisrunde oder ovale Nukleoli mit Vaku¬
olen und argentophilen Körnchen. Den Nukleolen
sitzen halbmondförmige oder kreisrunde basophile
Schollen oder Körner auf. Azidophile und baso¬
phile Körner können nebeneinander Vorkommen,
die letzteren sitzen in den Maschen des Linin-
netzes oder an der Kermnembran. Die „neutro¬
philen“ Körnchen der Autoren zerfallen in solche,
die sich bei Silberbehandlung schwarz färben und
solche, die sich braun färben, nur die letzteren
nennt B. „neutrophil“, sie sind gewöhnlich in der
Mehrheit. Wahrscheinlich findet zwischen Kern
und Zellplasma ein Austausch neutrophiler Körn¬
chen statt. Der Kern der Körnerzellen besitzt
ebenfalls eine Kemmembran und ein Netzwerk
(azidophil oder basophil?). Sie enthalten reich¬
liche Mengen Basichromatin (wie die Gliazellen),
das 1—3 zentrale Kugeln bildet Den letzteren
oft benachbart finden sich 1—3 Nukleolen, die
wie die Stemzellen kleinste Körnchen enthalten.
Die Silbermethode schwärzt neben azidophilen
auch basophile Körnchen (kontra Cajal). Die
neutrophilen und argentophilen Körnchen besitzen
ähnliche Eigenschaften wie in den Sternzellen,
einzelne von den größeren sind vielleicht „akzes¬
sorische Nukleoli“, daneben kommen auch Para-
nukleolen vor. Roncoronis intranukleäre Stäb¬
chen wurden ebenfalls gefunden, ihre Bedeu¬
tung ist noch unklar, jedenfalls sind es nicht,
wie Lache vermutet, intranukleäre Nissl-
ScholleQ.
Bauer (199) hat sehr eingehende Studien
über den Einfluß von Säuren und Alkalien auf das
Quellungsvermögen des Nervensystems gemacht
(Rückenmark und Großhirn, Meerschweinchen,
Katzen, Kaninchen). Dabei stellte sich heraus,
daß im Gegensatz zu den von M. Fischer für
Kolloide gefundenen Resultaten und analog dem
von Porges, Neubauer, Handovsky und
Wagner festgestellten Verhalten der Lipoide die
Säuren entquellend (das heißt die Quellung ver¬
hindernd) auf das Nervengewebe wirken. Alka¬
lien befördern in stark verdünnten Lösungen die
Quellung, in stärkeren wirken sie auflösend. Be¬
merkenswert ist ferner die „außerordentliche Emp¬
findlichkeit des Nervengewebes gegenüber den
geringfügigsten Konzentrationsänderungen des
Quellungsmittels“. Auf die Folgerungen B.s in
bezug auf die physikalisch-chemische Struktur des
Nervengewebes und für das Zustandekommen des
Hirnödems bzw. der Hirnschwellung einzugehen,
liegt nicht im Rahmen des Berichts; es sei aber
hier nachdrücklich auf die sehr anregenden Aus¬
führungen hingewiesen.
f) Einzelne Zellenarien; Nervensystem der
Everiebratcn.
Sänchez (170) hat seine Studien über das
Nervensystem der Hirudineen (s. den vorigen Be¬
richt) fortgesetzt und beschreibt jetzt die Struk¬
tur des kaudalen oder analen Ganglions (Anord¬
nung der Bindegewebselemente, Nervenzellen mit
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Histologie.
33
ihren Fortsätzen, die „Substantia plexiformis“
(= Neuropil Ref. W.), die medialen, zentralen, ven¬
tralen und dorsalen Läogsbündel und die Kom¬
missuren bündel), des Ganglion infraoesophageum,
des Ganglion supraoesophageum oder „cerebroi-
des“ und geht danD zur näheren Untersuchung
des Aufbaus der peripheren Nervenfasern und
ihrer Ganglien über. Es folgt ein Abschnitt über
das sympathische Nervensystem (Ganglion prae-
cerebroides, laterale sympathische Ganglien, Ner¬
ven und Plexus des Sympathikus mit den ihnen
anliegenden Ganglienzellen. Das nächste Kapitel
ist den zentralen, peripheren und viszeralen Endi¬
gungsweisen der Nerven gewidmet. S. glaubt
den Nachweis der vollständigen Unabhängigkeit
der einzelnen Elemente des Nervensystems und
ihrer End Verästelungen auch für die Hirudineen
nachgewiesen zu haben, gegenüber Apäthy,
Prentiss und Ascoli. — Der letztere (171,
172) hat mit eigener Methode arbeitend die Re¬
sultate Apäthys bezüglich des kontinuierlichen
Zusammenhanges der Sympathikus-Elemente bei
Hirudineen bestätigen können, stellt sich also auf
den Standpunkt der Gegner der Neuronen lehre,
kommt aber bezüglich der Achsenzylinderstruktur
insofern zu anderen Ergebnissen wie Apäthy,
als er vielfach Fibrillen -Netze innerhalb der Neu¬
riten, also nicht nur unabhängige Neuriten-Fibrillen
gesehen hat. Nähere Einzelheiten müssen im
Original eingesehen werden.
Pietschker (180, 181) untersuchte in ähn¬
licher Weise wie es unlängst Jonescu bei der
Biene getan hat (8. den vorigen Bericht) das Ge¬
hirn der Ameise mit besonderer Berücksichtigung
der Unterschiede der Geschlechter: Männchen,
Weibchen und Arbeiterin. Die Lobi optici sind bei
den Geschlechtstieren, namentlich den Männchen,
am besten ausgeprägt, die Riechlappen (Lobi olfact.,
Lobi antennales) bei der Arbeiterin. Die pilzför¬
migen Körper, ein wichtiges Zentralorgan im In¬
sektengehirn, „da Nervenfasern aus allen Teilen des¬
selben in ihnen zusammenlaufen, von denen vor
allen Dingen Bahnen aus den Antennenanschwel¬
lungen zu nennen sind“, erreichen bei der Ar¬
beiterin das Maximum der Größe, dann folgt
das Weibchen und als letztes das Männchen. Die
Größe der pilzförmigen Körper allein ist nicht
maßgebend für die geistigen Fähigkeiten, sondern
in gleichem Maße der Grad der Entwickelung
der übrigen wichtigen Zentren wie die der An¬
tennenanschwellungen und der Lobi optici.
(V. Franz.)
Ein Vergleich des Zentralnervensystems des
Skorpions (Scorpio europaeus) mit dem der Kreuz¬
spinne (Epeira) zeigte B. Haller (184), daß die
Zentralorgane der Spinne eine höhere Entwicke¬
lung besitzen, und daß keine Verwandtschaft
zwischen dem Gehirn des Skorpions und dem
von Limulus besteht Näheres muß im Original
eingesehen werden.
Edinger-Wallenberg, Zentralnervensystem.
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g) Funktionelle, toxische , senile, 'postmortale Ver¬
änderungen.
Zalla (194) fand, daß es bei den verschie¬
denen Arten winterschlafender Tiere keine kon¬
stante Beziehung zwischen dem Verhalten der
chromophilen Substanz und der endozellulären
Fibrillen während der Periode der Lethargie gibt,
ferner daß bei Säugern (wenigstens bei Myoxus
glis) die Neurofibrillen während des Wintersclilafes
Veränderungen von gleicher Art aber geringerem
Grade wie bei den Reptilien erfahren, und daß
man schließlich bei den Reptilien experimentell
an den endozellulären Fibrillen dieselben Zustände
erzeugen kann wie beim Winterschlaf, was an
der chromophilen Substanz bei Amphibien und
Reptilien schon gelungen war. (V, Franz.)
Das Netzwerk, welches in den Ganglienzellen
beim Gefrieren entsteht, ändert zweifellos die
physikalische Zustandsform des Protoplasmas, ist
also, das gibt Möllgaard (196) jetzt im Gegen¬
satz zu seiner früheren Auffassung zu, nicht ein
Bild der normalen morphologischen Verhältnisse.
Dennoch lassen sich, wie in einer genial ange¬
legten Arbeit gezeigt wird, gerade aus dem Verhalten
dieses Netzwerks überaus wichtige Schlüsse ziehen,
ja es scheint durch die Arbeit über die Zell-
veränderun'gen bei Tetanie eine neue wichtige
Methode eingeführt zu werden, die uns gestattet,
wenn nicht auf die morphologischen, so doch
auf die chemischen Veränderungen in der Zelle
Schlüsse zu ziehen. Bei der Tetanie gerinnt das
Protoplasma in klumpiger, nicht in netzförmiger
Form, wie in normalen Zellen. Ebenso läßt sich
zeigen, daß ruhende Ganglienzellen mit groben
Maschen gefrieren, funktionierende mit feinen,
daß sich in den ersteren fast keine, in den
letzteren sehr viel färbbare Substanz findet. M.
hat die Gründe untersucht, auf welchen das ver¬
schiedenartige Gefrieren in verschiedenartigen
Zuständen beruht. Es fand sich, daß das Netz¬
werkbilden beim Gefrieren nicht ein spezifischer
Charakter des Protoplasmas, sondern eine all¬
gemeine Eigenschaft der organischen Kolloide ist.
Er hat dann anschließend an Untersuchungen
von Physikern, siehe Literatur, das Gefrieren von
Hydrosolen, Kolloidlösungen von Elektrolyten, ver¬
folgt und dabei gefunden, daß dieselben gewöhn¬
lich beim Gefrieren ausflocken, daß man aber
durch Zusetzen eines Schutzkolloids, z. B. Gummi
arabicum, gefrierende Netzform erhält. In sehr
interessanter Weise zeigt er nun, daß Eiweiß mit
Lezithin sehr gute Netzwerke bildet, daß aber,
wenn man das Lezithin entfernt, sofort Klümp¬
chen sich bilden. Normales Nervengewebe bildet
Netze; ist es aber durch Formol, Sublimat oder
Alkohol fixiert, dann bilden sich keine Netze
mehr. Das läßt sich naelrweisen, wenn man
Tiere durch Injektion von Formaldehyd direkt
tötet. Nur mittels solcher fixierender Stoffe kann
5
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
34
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
man also Veränderungen hervorrufen, wie sie bei
der Tetanie im direkt gefrorenen Präparat auf-
treten. Aus allem diesem geht mit Wahrschein¬
lichkeit hervor, daß die Netzzellen bei der Tetanie
in der Art verändert werden, daß die Systeme
der Protoplasraakolloide in irgend welcher Weise
ihre Stabilität einbüßen und daher abnorm gegen
das Gefrieren reagieren. Ref. E. glaubt, daß wir
hier eine Methode haben, welche in pathologischen
und pharmakologischen Dingen sieh außerordent¬
lich nützlich erweisen wird.
h) Periphere und zentrale Faser, Achsenzylinder, \
Ferrenmark.
Untersuchungen am Sehnerven von Teleostiern, |
Amphibien, Sauropsiden und Säugern in ver¬
schiedenen embryonalen Stadien führten v. Szily
(114) zu dem überraschenden Resultat, daß bereits
in frühen Fötalperioden Degenerationserseheiuuugen
auf die Entwicklung des Nervensystems von großem
Einflüsse sind. Im Bereiche des Becherstiels, (
besonders in seinen mittleren Teilen, kann man j
schon im „reinen Epithelstadium“ durch Karyo-
rhexis entstandene zerstreute Kerntrümmerhaufen ,
beobachten. Die Faserentwicklung geht nun inner¬
halb der durch die Degenerationen entstandenen j
Kanälchen vor sich. Man kann daher unge¬
zwungen 3 Stadien unterscheiden: 1. Degene¬
rationsstadium, 2. Stadium der Hohlraumbildung,
3. Stadium der auswachsenden Nervenfasern. Alle
3 Stadien lassen sich häufig nebeneinander be¬
obachten. v. Sz. glaubt, daß diese Degeneration
eine große Rolle bei der Entstehung der ersten
Nervenbahnen spielt und besonders eine Grund¬
lage für C a j a 1 s Ansicht von der chemotaktischen
Wirkung als Entwicklungsfaktor abgibt: Bildung
von „Locksubstanzen (Taxiden)“ im Sinne Fors-
manns durch Kerndegeneration.
Nageotte (213) hat in einer umfangreichen
Monographie seine in dem vorigen Berichte teil¬
weise erwähnten Resultate über den Bau der
peripheren markhaltigen Nervenfaser zusammen¬
gefaßt. Er bekämpft darin vielfach ältere An¬
schauungen und insbesonderedieSchlußfolgerungen,
zu denen N e in i 1 o f f (s. den vorigen Bericht) ge¬
langt ist. Von seinen Ergebnissen seien hier
kurz die folgenden angeführt: Der Achsenzylinder
ist um das vielfache dicker als der Nerveqfort-
satz au seiner Ursprungsstelle und als die Mark¬
scheide (Markscheide: Achsenzylinder =1:3, 1:4,
1:5, 1:6, ja, noch weniger). Frisch zerfaserte
Achsenzylinder zeigen Chondrioraiten, aber keine
Fibrillen. Quellung das Myelins läßt die Lamellen¬
struktur der Markscheide deutlich hervortreten.
Jede Lamelle zerfällt wahrscheinlich noch in eine
Anzahl von Elementarschichten. Alle Lamellen
werden von den stern- oder strahlenförmigen
Chondrioraiten der Markscheide durchsetzt. Das
Myeliu ist völlig unelastisch und kann als flüs¬
siger Kristall angesehen werden, daher Hohl¬
zylinderbildung trotz seiner flüssigen Natur. Erst
in pathologischen Zuständen oder nach Traumen
kommt es zur Kugelbildung. Deshalb ist auch
die Markscheide überall gleich dick, verdünnt
sich auch nicht kegelförmig au den Schnftrringen,
sondern jedes Blatt heftet sich an den hier stark
verdünnten Achsenzylinder an (kontra Nemi-
loff). Die beiden Myeliu kuppeln sind etwa um
1 / t der Markscheidendicke von einander entfernt.
Innerhalb der Schnürringe ist der Achsenzylinder
streng zylindrisch, also weder kegel- noch sand-
uhrförmig, wird von einer dünnen Scheide mit
dem von Nageotte wiederholt beschriebenen
Doppelring („double bracelet öpineux“) bekleidet
Der letztere erleidet bei Läsionen typische Ver¬
änderungen. Durch die Schnürringe geht außer
den Fibrillen auch die interfibrilläre Substanz
(contra Bet he), nur die Flüssigkeit der inter-
annulären Segmente fehlt, daher die Verdünnung
des Achsen Zylinders. Die Schwann sehe Scheide
bildet an den Schnörringen zwei Blenden. Einen
„Zwischenring“ (N e m i 1 o f f) oder eine „Zwischen¬
scheibe“ (Schiefferdecker) gibt es nicht. Die
Schmidt - Lantermann sehen Einkerbungen
sind ebensowenig Kunstprodukte wie N.s Köroe-
lungen und die Fäden, welche Rezzonico be¬
schrieben hat. Die Chondrioraiten der Markscheide
reagieren anders als die des Achsen Zylinders.
Sch wann sehe Scheide und Sch wann sehe Zelle
besitzen viel geringere Beziehungen zur Mark¬
scheide wie die letztere zum Achsenzylinder.
Das Neurokeratinnetz setzt sich (contra Nemi-
loff) nicht in das Protoplasma der Scliwann-
schen Zelle fort. Die Balken des Netzes be¬
stehen aus Myelin, seine Maschen werden aus¬
gefüllt von einer stark osmium-reduzierenden
netz ist identisch mit dem Lanterman nsehen
Netz und entsteht aus einer Vacuolisation der
Markscheide infolge tropfenförmiger Anhäufung
einer ursprünglich zerstreuten Substanz. Das so¬
genannte Netz hat in Wirklichkeit Wabenstruktur.
Die Wal 1 e r sehe Degeneration beginnt mit Flüssig¬
keitsaustritt aus dem Achsenzylinder in die Grenz¬
schicht mit der Markscheide. Die letztere wird
zunächst noch durch die Protoplasmanetz-Balken
des Myelins und des Achsen Zylinders zusammen¬
gehalten. Später erfolgen Segmentierungen der
Markscheide und des Achsenzylinders bei gleich¬
zeitiger Intaktheit der Mitochondrien. Es werden
dann die durch Traumen und Reagentien be¬
dingten Myelin-Veränderungen geschildert Bei
überlebenden Nervenfasern findet nach kleinen
Läsionen eine Segmentierung mit völlig regel¬
rechter Struktur der neugebildeten Segmente
statt. „Die ganze so überaus komplizierte Struktur
entspringt einer kontinuierlichen Tätigkeit der
molekularen Kräfte, die in den hier vorhandene!
Kräften wirksam Rind.“ Vergleich der Anord-
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gilBt
Histologie.
35
nung der unzähligen Teilchen der Markscheide
mit der eines magnetischen Feldes.
Maccabruni (211, 212) hat Golgis
Fadentrichter und Salas FädchensyBtem in der
Markscheide der peripheren Nerven wieder zur
Darstellung bringen können, daneben an den
Ran vier sehen Schnürringen eine Querstreifung
des Achsen Zylinders, bedingt durch feinste peri¬
achsiale Spiralen, die den gleichen Bau wie die
Golgi-Trichter besitzen und vielleicht mit Na-
geottes „double bracelets öpineux“ und Nemi-
loffs „Zwischenringen“ identisch sind. Im
Achsenzylinder selbst konnte M. mit eigener
Methode (s. Kap. II) Stäbchenreihen darstellen,
die den jetzt mehrfach beschriebenen Mitochon-
drien entsprechen.
Paladino (215) konnte mit neuer Methodik
(s. Kap. II) seine frühere Anschauuug von dem
kontinuierlichen Zusammenhang der Nervenele-
mente bestätigen. Die Neuroglia besitzt sowohl
ektodermalen wie mesodermalen Ursprung („Ekto-
glia“ und „Mesoglia“). Die Fortsätze der Glia-
zellen anastomosieren und bilden um die Ganglien¬
zellen ein perizelluläres Netz, von dem aus Äste
in die Zelle selbst eindringen und hier zu einem
feinen intrazellulären Netzwerk zusammentreten.
Diese Fortsätze durchdringen auch die Mark¬
scheiden, bilden zusammen mit den Gliazellen
selbst das Skelett des Myelins und umgeben die
Achsenzylinder. In den senilen vakuolenhaltigen
Ganglienzellen der Lobi electriei des Torpedo
spielt die Glia eine ganz exorbitant große Rolle.
Sie ist nicht nur Stützapparat, sondern auch
Nährapparat der Ganglienzellen.
Haäkovec und Basta (218) fanden in
einem Falle von Paralysis agitans in den Mark¬
scheiden der Spinal wurzelfasern periachsiale und
perimedulläre rosettenartige Gebilde, daneben
zweierlei Netzstrukturen, von denen die eine
feinere sich mit Eisen hämatoxylin (modifizierte
Van Gieson-Methode) blaßrot, die andere
stärkere und rigide violett färbte. Das erste Netz
entspricht Nemiloffs Methylenblaunetzen, das
andere seinen Eisenalaunhämatoxylin-Netzen. Ver¬
gleichende Untersuchungen an zentralen Spinal-
Fasern und Spinalwurzel-Fasern von Menschen
(Neugeborene, Paralysis agitans, Epilepsie) und
an Katzen führten H. und B. zu dem Schlüsse,
daß nicht Nageottes Ansicht (s. oben) zu Recht
besteht, der die Sch wann sehe Scheide für einen
Nebenapparat der Markscheide ohne jeden innigeren
Zusammenhang mit derselben hält, sondern daß
wahrscheinlich, wie Nemiloff annimmt, das
Ranviersehe Segment einer anatomisch-phy¬
siologischen Einheit, einer Zelle entspricht, der
unter anderem auch die Bildung von Myelin ob¬
liegt, daß demnach auch das protoplasmatische
Stützgerüst der Markscheide aus Fortsätzen der
Sch wann sehen Zelle besteht; in den Lücken
dieses Netzes häuft sieh das Myelin an. Die
Schwannschen Zellen sind den Zellen der
zentralen Neuroglia und die von H. und B. be¬
schriebenen Netze — mindestens die rosetten¬
artigen Gebilde mit ihren Ausläufern — den
Fasern der zentralen Neuroglia analog.
Ramön y Cajal (80) fand nach Uran-
Formolfixierung in den Schwann sehen Zellen:
Membran, Kern, die protoplasmatische, perizellu- •
läre Zone, Golgi-Apparat, das System anastomo-
sierender Bälkchen, den RiDgapparat, körnige Ein¬
schlüsse.
Der G o 1 g i - Apparat findet sich in allen
Zellen, stärker ausgeprägt in den markhaltigen
Fasern, um den Kern liegend und mächtiger
entwickelt, als in den marklosen, bei denen er
zwischen Kern und Axon liegt. In den Nerven¬
zellen der spinalen und sympathischen Ganglien
umgibt das Golgi-Netz wie ein Kranz von
Bändern mit runden Verdickungen den Kern. In
der marginalen Schicht unterhalb der Schwann¬
schen Scheide sind die Längsfasern durch Quer¬
ringe miteinander verbunden und endigen an den
Ran vier sehen Einschnürungen. Es besteht kein
synzytialer Zusammenhang über die Schnürriuge
hinaus, die Streifung bleibt unabhängig von den
Lan termann sehen Einkerbungen.
Der Ringapparat besteht aus feinen Ringen,
die feine Fasern zu den Trichtern entsenden
können. Außerdem gibt es Ringe, die nicht zu
den Trichtern in Beziehung stehen. Boi jungen
Individuen sind weniger Trichter und mehr Ringe,
bei älteren ist es umgekehrt, vielleicht daß sich
die Ringe zu Trichtern entwickeln. Sie färben
sich braun, wenn sich Trichter und Protoplasma
Doch nicht imprägnieren, während wenn Trichter
und Protoplasma gefärbt sind, sie unsichtbar
bleiben. Die Längsfäden lassen sich weder mit
Trichterfasern, noch mit Golgi-Rezzonicos
Spiralen in Verbindung bringen. Außerdem werden
sie mit Eisenhämatoxylin und Anilinfarben ge¬
färbt Er faßt den Ringappärat und die Längs¬
fasern als Differenzierungsprodukt der Schwann¬
schen Zellen auf: ihre verschiedene Färbung
entspricht wohl verschiedenen Funktionszuständen.
Die Trichter bestehen aus argentophiler Mem¬
bran, streifigen Längsverdickungen dieser Membran,
zwei begrenzenden Hohlräumen und den G.-R.schen
Spiralen, die Nageotte mehr maschenförmig sah.
Die Armbänder von Nageotte lassen sich
nach Pyridin-Formol-Manganfixierung nachweisen
und entsprechen den Innenschichten von Bet he
und Mönkeberg.
Von Doinikow (226) werden der Bau der
normalen peripheren Nerven, die Vorgänge bei
der Waller sehen Degeneration und der experi¬
mentellen Neuritis einzeln geschildert.
Bei der Schilderung des normalen Baues der
peripheren Nervenfaser werden besonders die plas¬
matischen Strukturen der Schwannschen Zelle
beschrieben, deren Veränderungen bei verschie-
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Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
denen pathologischen Prozessen eine große Rolle
spielen. Das Plasma der Sch wann sehen Zelle
besteht aus einem dichter gebauten perinukleären
Plasmahof und einem lockeren Wabenwerk, welches
das Mark durchdringt. Dichtere Balken sind in
der Längs-, Schräg- und Querrichtung vorhanden.
Die im Plasma der Sch wann sehen Zelle vor-
* kommenden Einlagerungen sind dreierlei Art:
1. Die zr-Granula Reichs, 2. die Elz holz sehen
Körperchen (jtt-Granula Reichs) und 3. mit Sudan
respektiv Scharlach R sich rötende lipoide Tröpf¬
chen. Die zr-Granula fehlen bei sehr vielen Tieren.
Sie kommen beim Menschen, Affen, Rind und
Pferd vor. Bei m Menschen treten sie etwa von dem
4. bis 5. Lebensjahre an, zunächst in sehr geringen
Mengen auf. Mit zunehmendem Alter wächst ihre
Menge, um in den Nerven von Greisen ihr Maxi¬
mum zu erreichen. Wahrscheinlich sind es langsam
sich anhäufende Stoffwechselprodukte (Schlacken).
Die Elzholzschen Körperchen kommen in nor¬
malen Nerven des Menschen und der Tiere vor,
ihre Menge wächst bei verschiedenen pathologi¬
schen Prozessen (Neuritis). Die roten (Sudan)
Lipoidtröpfchen sind in höherem Lebensalter und
bei pathologischen Prozessen vorhanden.
In den bindegewebigen Nervenhüllen (Epineu-
rium, Perineurium, Endoneurium) sind folgende
Zellarten zu unterscheiden: 1. Fixe Bindegewebs¬
zellen (Fibroblasten), 2. spärliche Wanderzellen,
die den Lymphozyten vollkommen ähnlich sind,
3. Klasmatozyten (Ran vier) oder ruhende Wander¬
zellen (Maximow), 4. Mastzellen, 5. Fettzellen
(nur im Epineurium), 6. Endothelieu (im Perineu¬
rium). Die Elemente der bindegewebigen Hüllen
spielen eine sehr große Rolle bei Abbauvorgängen
des Nerven. Sobald größere Mengen von Abbau¬
stoffen in den Nervenfasern entstehen, werden
sie bald in den Elementen des Endo- und Peri¬
neuriums abgelagert.
Bei der Wall er sehen Degeneration werden die
Markfragmente zunächst vom Plasma der S c h w a n n-
schen Zelle umgeben, in welchem allmählich feine
Lipoidtröpfchen aufgespeichert werden. Schon in
den ersten Stadien der Wall er sehen Degeneration
findet eine lebhafte Reaktion seitens der meso¬
dermalen Elemente der bindegewebigen Nerven¬
hüllen statt: die Fibroblasten wuchern, die ruhen¬
den Wanderzellen (Klasmatozyten) runden sich ab
und verwandeln sich zu mobilen Elementen-Poly-
blasten (welche auch aus Lymphozyten des Blutes
stammen). Diese Elemente fangen an bereits in
der ersten Woche Lipoidtropfen aufzuspeichern,
und zwar zunächst im Endoneurium, bald auch
im Perineurium. Ein Teil der Abbaustoffe wird
auch auf dem Wege der Gefäße abgeräumt. Das
ektodermale Gewebe befreit sich allmählich von
Abbauprodukten. Während die Mengen von Ab¬
baustoffen in den Bandfasern allmählich geringer
werden, werden im mesodermalen Gewebe (Endo¬
neurium und Perineurium) immer größere Mengen
von Lipoiden aufgespeichert, wobei es teilweise
zur Bildung von Kflrnchenzellen kommt All¬
mählich (nach mehreren Monaten) verschwinden
die Abbauprodukte aus den me9odermalen Hüllen.
Die Neuritis wurde an Kaninchen und Meer¬
schweinchen (Bleineuritis) und Hühnern (Reis-
neuritia) studiert Die segmentären Prozesse, die
entweder sehr ausgesprochen (Bleineuritis des Meer¬
schweinchens) oder nur angedeutet sein können
(akute Reisneuritis des Huhns) gehen bei fort¬
dauernd wirkender Noxe schließlich in den disse-
zierenden Prozeß über und bilden somit ein Vor¬
stadium der Wallersehen Degeneration, die den
Endausgang der Neuritis bildet In allen Stadien
ist der Prozeß regenerationsfähig, ja die destruk¬
tiven und reparatorischen Vorgänge entwickeln
sich nebeneinander und gleichzeitig. Bei segmen¬
tären Veränderungen wird dabei eine neue Mark¬
scheide gebildet, bei Fasern, die der Wall er¬
sehen Degeneration verfallen sind, werden neue
Axone durch Sprossung aus dem erhaltenen Ende
gebildet. Der Prozeß ist seinem Wesen nach ein
degenerativer. Andererseits zeigen die Versuche,
daß bei der Neuritis auch echte entzündliche
Vorgänge in Nerven Vorkommen können. Bei
einer durch dasselbe Gift hervorgerufenen Neu¬
ritis sind die entzündlichen Erscheinungen stark
ausgeprägt oder eben erst angedeutet, je nach¬
dem der Prozeß stürmisch oder langsam verläuft.
(Autorreferat.)
Alfons Jakob (227) beschreibt die Ergeb¬
nisse seiner im Alzheimer sehen Laboratorium
(München) ausgeführten Untersuchungen über
Faserdegeneration, einerseits nach Rückenmarks-
durchschneidung bei Kaninchen und Exstirpation
der Zentralwindungen bei Affen, andererseits nach
arteriosklerotischen Apoplexien beim Menschen.
Dabei haben sich zunächst zwei allgemein wich¬
tige Tatsachen ergeben:
Die sekundäre Degeneration verläuft, was die
histologischen Erscheinungen und die Abbaupro¬
dukte angeht, beim Kaninchen, Affen und Menschen
in gleicher Weise. Der Abbau ist rein gliogener
ektodermaler Natur, und zwar zeigt sich die
. Wucherung der Glia in der Vermehrung der
zeitigen Elemente und in einer starken Wucherung
der plasmatischen Strukturen.
Bei der sekundären Degeneration unterscheidet
man zweckmäßig 3 Stadien: 1. das Stadium der
sich bildenden Marehi-Scholle bis zum 4. oder
5. Tage, 2. das Stadium der Marchi-Scholle
bis ungefähr 50 Tage und 3. das Stadium der
Körnchenzellen bis ungefähr zwei Jahre.
Schon während des ersten Stadiums beginnt
die Glia ihre Abräumtätigkeit durch Bildung der
hinfälligen Myeloklasien und der lebenskräftigeren
Myelophagen. Ihre Aufgabe iBt, die zerfallenden
Markmassen — Marchi-Schollen — zu trans¬
portfähigen fettigen Substanzen abzubauen, ein
Vorgang, der sich offenbar nach Art der granu-
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Histologie.
37
lären Fettsynthese entwickelt. Es entstehen da¬
bei oft mächtige Bynzytiale Elemente mit großen,
die Marchi-Schollen umschließenden Waben
und kleinen runden Vakuolen, welche sich ring¬
förmig um jene gruppieren und die entsprechen¬
den Fetttröpfchen enthalten. Auch die Myelo-
phagen zerfallen bei ihrer Tätigkeit, und die
nächstgelegene Glia führt die Abräumarbeit im
gleichen Sinne weiter.
Durch die Arbeitsleistung dieser gliogenen
Abräumzellen verschwinden die Marchi-Schollen
aus dem Gewebe, an ihrer Stelle sind kleinere
Hohlräume aufgetreten, scharf umgriffen von ge¬
wucherten aufgequollenen Gliastrukturen, in denen
jetzt die abgebauten fettigen Substanzen in Form
feinster Tropfen ei-scheinen. Es handelt sich also
weiterhin nur noch um den Transport der fettigen
Stoffe. Hier beginnt das Stadium der Körnchen-
xeüen, und zwar bilden sich aus den jene Hohl¬
räume einfassenden Gliaelementen die Körnchen-
zelien a, welche jedoch meist zerfallen und ihr
Fett an die mehr interstitiell gelegenen proto-
plasmatischen Gliazellen abgeben, welche sich
mit ihren starken Ausläufern weithin im Gewebe
ausepannen und dem Abfluß der Abbauprodukte
neue Wege eröffnen. Aus ihnen entstehen die
Körnchenzellen /?, in denen die zunächst kleineren
Fetttropfen zu immer größeren Kugeln konfluieren
(Blasen- oder Kugelzellen). Aber auch diese großen
Fettkugeln müssen wieder zu kleineren Tropfen
umgebaut werden durch die aktive Tätigkeit des
Gliazellplasmas.
Dadurch, daß sich die Gliazellen immer mehr
mit diesen kleineren Fetttropfen anreichern, wird
allmählich das ganze Zellplasroa vakuolisiert, der
Kern schrumpft, die Zellform rundet sich ab und
verliert so die Verbindung mit dem umgebenden
Gewebe. So kommt an diesen Körnchenzellen y
der Prozeß der Zelllösung zustande. Sie gelangen
zu den Gefäßen, wo sie, bezw. ihre Abbanprodukte
von der mesodermalen Blutbahn aufgenommen und
weggeschwemmt werden. Nach zwei Jahren ist
das Zerfallsgewebe, aus dem sich bereits die Glia-
narbe gebildet hat, von den Schlacken befreit,
und nur um die Gefäße befinden sich noch die
Körnchenzellen in großer Anzahl.
J. macht unter anderm auch auf die nahen
Beziehungen aufmerksam, welche diese Vorgänge
mit der Fettresorption, im Darme bei der Ver¬
dauung haben (Krehl, Altmann, Heiden¬
hain), und betont die vielseitige biologische Be¬
deutung der Qlia für das pathologische wie
physiologische Geschehen im Zentralnervensystem.
Im Schlußkapitel wird die sekundäre Degene¬
ration im zentralen und peripheren Nerven ver¬
glichen, welch letztere von D o i n i k o w (siehe
oben) in eingehender Weise geschildert worden
ißt. Zunächst ist hier wie dort der Abbau rein
gliogener Natur. Die weitgehenden Unterschiede,
welche Bich bei dem Wegtransport der abgebauten
Stoffe durch das mesodermale Gewebe ergeben,
erklären sich aus den verschiedenartigen Lage¬
beziehungen des ektodcrmalen und mesodermalen
Gewebes im peripheren und zentralen Nerven¬
system. In diesem müssen die lipoiden Sub¬
stanzen viel längere und kompliziertere Wege durch¬
wandern, um das mesodermale Gewebe zu er¬
reichen.
i) Endorgane-,
Botezat (233) hat die reichhaltigen Resul¬
tate seiner langjährigen Studien über die Apparate ■
der Gefiihlserapfindung, der nackten und behaarten
Haut der Säuger besonders des Menschen (vergl.
die vorigen Berichte) in einer groß angelegten
Monographie zusammen gestellt. Er unterscheidet
einfache (selbständige), freie Nervenendigungen
bildende von zelligen oder kombinierten Apparaten,
die mit Zellen bestimmter Art („Sinnesdrüsen-
zellen“) in Kontakt stehen, und von zusammen¬
gesetzten oder Fühlorganen, die aus mehreren
heterogenen Gebilden von verschiedener physio¬
logischer Funktion sich zusamraensetzen (z. B.
Haare). Es hat sich dabei die wichtige Tatsache
ergeben, daß nicht nur einzelnen Schichten der
Haut und einzelnen Körper-Regionen spezifische
Nervenendigungen zukommen, sondern daß die
Gefühlsapparate bei den einzelnen Arten der
Säuger, auch wenn sie sich so nahe stehen wie
Hund und Katze, an den gleichen Stellen ganz
verschieden gebaute Eudapparate besitzen, sodaß
man schon aus dem mikroskopischen Bau dieser
Terminalgebilde erkennen kann, um welches Tier
es sich handelt. Das Nähere muß im Original
nachgelesen werden. Seine Endergebnisse hat
B. dann in der folgenden Tabelle zusammen¬
gestellt, die wir, weil sie alles Bekannte zu¬
sammenfaßt, auf der nächsten Seite wiedergeben.
An Nerven aus der Gaumenschleimhaut von
Rallus aquatieus beschreibt Botezat (231) ^
Haupt- und Nebenendigungen; letztere, an dün- \
neren Nervenästchen, und ihr Mark erst inner¬
halb des Endapparates verlierend, sind nach den
Befunden B.s geeignet die Hauptendigungen unter
einander in Verbindung zu setzen. (V. Franz.)
„Schaltapparate“ und „markhaltige Knäuel¬
bildungen“ in den Endverzweigungen der sen¬
siblen Nerven im Balge des Sinushaares vom
Rind sind ohne Zweifel die wichtigsten Ergeb¬
nisse der Untersuchungen von Tretjakoff (236).
„In den Endbäumchen, die sich in der äußeren
wie in der inneren Balglamelle finden, tritt die
scharf bestimmte Teilnahme der markhaltigen
Segmente an der Bildung der End Verzweigungen
hervor.“ Wir müssen „notwendigerweise dem
markhaltigen Segment eine unmittelbare Beziehung
zu der Aufnahme oder Verstärkung der Leitung
der Reize zuschreiben.“ Im Anhang werden
Nervenendigungen im Epithel und im Corium
der Schnauze beschrieben. (V. Franz.)
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38
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
A. Apparate
der Epidermis
llbersichtstabelle des Gefiihlssinnes der Haut.
Apparate der nackten Haut.
o, Gewöhnliche Verästelungen mit Endknöpfchen
«, Dünne Verästelungen mit Endknöpfchen
1 ntraeiTithe 1 ial- J ß » Breite Endverzweigungen
intratpitnenai ^ Dicke Fasern mit Lateralnetzen (Tretjakoffs)
a 5 Lockere perizelluläre Fadennetze
Einfache (indifferente) Endverzweigungen dünner Häute
b. Akzessorische (sekundäre) Intraepithelialverzweigungen
2.Zellige — Morkelsche Körperchen.
1 1. Einfache
| (freie)
' a. Spezifische
Verzweigungen
a. Freie
1. Einfachet
I ß, Papilläre Fadennetze und Schlingen
a i Papilläre Fadenbündel (Fioechetti papillari Ruffinis)
o, Subepitheliale Fadennetze
a 4 Lockere Fadennetze des Kutisstromas
ß v Endbüumehen der Epithelgrenze (Basalmembran)
[ ß. Einfache, weit verzweigte Endbäumchen des Stratum
papillare
ß, Komplizierte Endbäumchen des Kutisstromas
ß t Endbäumchen der Knochen- und Knorpelhaut (außer¬
dem Fadennetze und Endknäuel)
y l Einfache Eudknäuel
y i Zusammengesetzte Endknäuel
y, Ruffinische Körperchen
1 y t Genitalkörperchen
6 Schaltkorperchen | £ K^mpbderte
« Krausesche Endkolben ^ a ' Einfache
ß Bäumchen
y Knäuel
B. Apparate
der Kutis
\ b. Kap-
)«, Komplizierte
1 ß[ Einfache
I
2. Zellige
j/J Pacini sehe Körperchen ) £ Komplizierte
SU ‘ are \y Golgi-Mazzonische Körperchen j £ Komp^ierte
i 1 d", Gewöhnliche
<f.. Mit plättchenfönnigen Endigungen
cf 3 Genitalkörperchen (Wullustorgane)
! n Einfache
ß Zwillingskörperchen
y Grappenkörpercben
a DogieIsche Körperchen
1 „ n _ r u 1 Monolobäre
Gewohnllche Multilobäre
Iß Meissuersche korpercheu { Einfache
Mod.fiz.erte Zusamme nge 8 etzte.
b. Kapsuläre
Apparate der behaarten Haut.
, , l Nur spezifische vorhanden und bis
i r.m ac e < au j 3 Formen reduziert — a,—
Apparate der spärlich behaarten Haut
[ Apparate der Epidermis
(Zellige — Merkelsche Körperchen
Apparate der dicht behaarten Haut
Apparate der Kutis j Formen ’ besonders Endbäumchen
1 ,_, , „ ,_• l Fast nur a, vorhanden, dabei bis auf ein Mini-
Apparate der Ep.derm,s j nmm red S zu , rt
Apparate der Kutis — Keine vorgefunden.
Die Haare als Fühlorgane.
(Die Haarbälge sind die Träger der in der umgeben¬
den Haut reduzierten Apparate. Spezifische Formen
sind die geraden Terminal fasern und die xirkuUiren
Haupt- und Aeien-Apparate am Haartaschenhals.)
Schwellkörperhaltige j Mit Ringsinus (Sinushaare)
(Tasthaare) j Ohne Ringsinus
Aktiv- tastende = Spürhaare Passive Tasthaaro
(mit willkürlicher Muskulatur) (ohne willkürliche Muskeln)
( G ewöh nliclie Haare
Haare der Übergangsform (ursprüng¬
liche — primordiale Tasthaare).
Boeke (241) hat an den Muskeln ver¬
schiedener Körperstellen bei Reptilien, Vögeln und
Säugern die motorischen Endplatten nach Biel-
schowskys und Bielschowsky-Pollaks
Neurofibrillenmethode studiert und konnte so seine
bereits in früheren Berichten erwähnten Resultate
bestätigen und ergänzen. B. steht ganz auf dem
Boden der Forscher, welche die FibriUen als das
spezifisch Leitende, aber nicht das ausschließlich
Leitende des peripheren Nervensystems auf fassen.
In den motorischen Endplatten, in denen die
grobe Faserendigung (konform Kühne) als Stangen-
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Histologie.
39
geweih oder Plattengeweih angetroffen wird, bilden
die Fibrillen entweder Endnetze und Endösen oder
Schlingen. Diese motorischen Endplatteu stellen,
wie B. schon früher angegeben hat, keine wirk¬
liche Endigung der Nervenfaser dar, sondern ent¬
stehen aus lokalen Auflockerungen, Ring- und
Netzbildungen im Verlaufe der Nervenfasern des
motorischen Plexus. Das Neurofibrillengerüst der
motorischen Endplatte, die im Gegensatz zu der
epilemmalen Lage der sensibeln Endapparate hypo-
lemmal gelegen ist, hängt wie schon im vorigen
Bericht geschildert wurde, durch Vermittelung
eines feinen „periterminalen Netzwerks“ mit dem
Sarkoplasma der Muskelfasern direkt zusammen,
indem von den Maschen aus feinste Fibrillen in
die Interstitien zwischen den Muskelfibrillen ein-
treten und ein intramuskuläres Netz bilden, das
wohl wie das Veratt i-Holmgrensehe Netz
die ganze Muskelfaser durchzieht. B. hält dieses
periterminale Netz für eine Differenzierung in
loco des interstitiellen sarkoplasmatischen Gewebes
der Muskelfaser, die im Anschluß an den Neuro¬
fibrillenapparat der motorischen Platte entsteht
und weiter wächst. Wahrscheinlich ist es keine
Trophospongiumbildung, sondern dient wohl der
Übertragung der Erregung vom Nerven auf die
Muskelfaser. Es besteht demnach ein kontinuier¬
licher Zusammenhang der Nervenfaserendigung
mit der Muskelfaser. Was die Form und die
Verästelung des Nerven gertistes betrifft, so geht
sie aus von der dichotomischen Verzweigung
(embryonale Endplatten der Vögel und Sänger).
Von den beiden hakenförmig gekrümmten Ästen
aus erfolgt dann weitere Verzweigung zum Zweck
der Oberflächenvergrößerung. Anastomosen zwi¬
schen den Ästen des Geweihes sind selten. An
■den Augenmuskeln trifft man häufig atypische
Plattenbildung. Außer diesen gewöhnlichen moto¬
rischen Nervenendigungen, der motorischen Platte
Kühnes, beschreibt B. als akzessorische ,,End¬
plättchen“ zartgebaute, am Ende dünner markloser
Fasern befindliche Endringe oder Endnetzchen.
„Die Nervenfasern, welche auf der Oberfläche der
Muskelfasern entweder im Gebiete der Sohlen¬
platte der motorischen Nervenendigung oder für
sich allein die hypolemmalen akzessorischen Plätt¬
chen bilden, sind dünne, soweit man sehen kann,
immer marklose Fasern, welche hier und da in
ihrem Verlaufe Kerne aufweisen, oft in Bündeln
verlaufen, sich verzweigen, nicht immer mit den
motorischen Nervenfasern Zusammengehen, kurz
sie weisen alle die Eigenschaften eines bestimmten
Systems auf.“ B. hält sie für sympathische Ele¬
mente und glaubt, daß sie mit den perivaskulären
Netzen Zusammenhängen. Ob durch sie ein
typischer Einfluß auf die Muskelfaser ausgeübt
oder die tonische Innervation des Muskels bedingt
wird, läßt sich einstweilen nicht entscheiden.
Stefanelli (244) hat an der Hand der
Literatur und auf Grund eigener Untersuchungen
ein großzügiges Bild von dem Stande unserer
Kenntnisse der motorischen Endplatten und ihrer
Verbindungen entworfen. Seine Resultate sind
kurz folgende: Die Nerven enden an den quer¬
gestreiften Muskeln bei Insekten in Form von
Doyöreschen Hügeln, bei Fröschen als Kühne¬
scher Busch (oder Strauch), bei Fischen, Rep¬
tilien, Vögeln und Säugern als motorische End¬
platteu. Die letzteren treten entweder als solilen-
förmige Gebilde auf oder in Form von Trauben,
Muskeln mit dauernder aber geringer Kontraktion
besitzen kleine Endplatten mit dicken Endver¬
zweigungen, Muskeln mit zeitweise» aber starken
Bewegungen haben große Endplatten. Die En¬
digungen der Nerven innerhalb der Endplatten
geschieht entweder in Form von Endbäumclien
oder Endnetzen oder Knäueln. Jede dieser For¬
men besitzt dicke, mittlere oder dünne Varikosi¬
täten. In der Sohle lassen sich sarkoplasmatische
Grundkerne, Kerne der Sch wann sehen und
Kerne der Henleschen Scheide nachweisen.
Die mit den Nervenverästelungen verbundenen
Teile der Sohle färben sich weniger gut als die
übrigen und besitzen netzförmige Struktur, die
nichts mit V era tti - Fu sari- Holm gren s
Netzen in der quergestreiften Muskelfaser zu tun
hat Von den fibrillenhaltigen motorischen Eud-
fasern gehen feinste ultraterminale Fädchen ab,
die außerhalb der Endplatten sich verbreiten, da¬
neben dünne Fädchen, welche die markhaltigen
innerhalb der Henl eschen Scheide begleiten.
Die Endplatteu sind in Bezug auf die Muskel¬
faser hypolemmal. Bei Insekten konnte ein kon¬
tinuierlicher Zusammenhang der Neurofibrillen mit
der kontraktilen Substanz nachgewiesen werden,
bei Vertebraten noch nicht. Die einzelnen Platten
sind durch die Endverästelungen der Nerven netz¬
förmig miteinander verknüpft, daneben bilden
anch die feinen ultraterminalen Fasern ein Netz¬
werk. Kontra Mos so nimmt St. keine zw r eite
Form der Endverästelung außer den Platten an.
Die Platten und Trauben stehen durch die ultra-
terminalen Fädchen direkt in Verbindung, nicht
durch ein nervöses Netz in Form eines Elcmentar-
gitters (Apäthy). Es besteht also in der Peri¬
pherie ein doppelter vollständig geschlossener Fi¬
brillenkreis wie bei niederen Tieren.
k) Ncuroglia.
Ranke (249) suchte die alte Frage zu ent¬
scheiden, ob die Umwandlung des fetalen „glio-
blastischen“ Protoplasma zum definitiven Glia-
protoplasma durch Differenzierung des fetalen
Protoplasma (II is) oder durch „Entwicklung neuer
protoplasinatischer Strukturen innerhalb des er¬
haltenbleibenden oder seinerseits irgendwie um¬
gebildeten fetalen Retikulums“ zustande kommt.
Mit eigenen Färbemethoden (siehe Kap. Ile) ge¬
lang es ihm nun (konform Bonome) nach¬
zuweisen, daß „es während gewisser Stadien der
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40
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Entwickelung eine morphologisch und (mikro-)
chemisch eigenartige Interzellularsubstanz im fe¬
talen Nervensystem gibt, welche im Laufe der
Gewebsreifung sich derart umwandelt, daß wir
sie in der dem Fetus eigentümlichen Form mit
der Methode, welche sie uns dort zeigte, im
fertigen normalen Zentralorgane nicht mehr dar¬
stellen können“.
Dagegen konnte er auch „im pathologisch
veränderten reifen Zentralnervensystem (Gliome,
Chorea progressiva) eigenartige Strukturen nach-
weisen, welche für eine spezielle Differenzierung
innerhalb des'syuzytialen Gliaprotoplasmas bezw.
für das Vorkommen morphologisch und chemisch
vom eigentlichen Gliaprotoplasma verschiedener
gliöser Protoplasmastrukturen sprechen“. Ranke
nennt diese Strukturen „spongioplasmatisehe“ und
versteht unter Spongioplasma einen besonderen
protoplasmatischen Bestandteil der zentralen Neuro-
glia, der an manchen Stellen des Zentralnerven¬
systems als einzige Form des Gliaprotoplasmas
vorhanden sein dürfte (perizelluläres Golgi-Netz
in der normalen Rinde), an anderen Orten aber,
und besonders in gewissen Entwicklungsstadien
und unter besonderen pathologischen Bedingungen,
neben dem eigentlichen Gliaprotoplasma (diesem
sich ähnlich anschmäegend wie das Golgi-Netz
den Nerven zellen) nachgewiesen werden kann.
Das Spongioplasma vermag weder unter normalen
noch unter pathologischen Verhältnissen Glia¬
fasern zu produzieren.
Eisath (246) hat an 24 normalen und
zahlreichen pathologischen Gehirnen die Biologie
der Neuroglia unter Alzheimers Leitung mit
eigener Färbemethode (siehe Kap. Ile) studiert.
Auf Grund seiner Befunde führt er einen neuen
Begriff, den der „physiologischen Gliakömchen“
ein und faßt diese innerhalb der Gliazelle ge¬
legenen Körnchen als Speicher- und Nährkörnchen
auf. Die runden Gliazellen enthalten auf dem
Höhepunkte ihrer Lebenskraft eine große Menge
davon. Sie können sternförmige protoplasmatische
oder Wei gert-Fasern bilden. Die letzteren
bleiben nach Auflösung des Zellleibes zuweilen
als freie Fasern zurück. An der Rindenoberfläche
und an den Gliascheiden der Gefäße trifft man
besonders viele Zellen mit Gliafüßchen undWeigert-
schen Gliafasern, auch vielfach mit regressiv ver¬
änderten Kernen, in der Rinde und im Mark
dagegen herrschen die voll leistungsfähigen runden
Zellen mit gesundem Kern und reichlicher Zahl
von physiologischen Gliakömchen vor. „In der
oberflächlichen Grenzschicht und im Mark tragen
viele Stützgewebszellen Weiger t-Fasern, in den
Rindenschichten dagegen besteht normalerweise
das gesamte perivaskuläre Gliagewebe nur aus
protoplasmatischen Bestandteilen ; We i g e r t sehe
Gliafasern fehlen.“ Näheres über die Verteilung
der einzelnen Zell-Formen und der Kömelimg
der normalen Glia und über ihre Veränderungen
bei den einzelnen pathologischen Prozessen muß
im Original eingesehen werden, das vielfach
Heids Resultate bestätigt E.s Beobachtungen
beweisen jedenfalls eine außerordentliche An¬
passungsfähigkeit des Nervenstützgewebes.
von Fieandt (247) hat es, im Verfolg
seiner früheren Arbeiten, unternommen, die Be¬
ziehungen der mit Hämatoxylin -W o 1 f r a m - Fär¬
bung nachweisbaren Zytomikrosomen der normalen
Glia, die er „Gliosomen“ nennt, zu den Mito-
chondrien zu ermitteln und das Vorkommen und
die Beschaffenheit der Chondriosomenstrukturen
im Gliagewebe genauer zu studieren. Er arbeitete
vorwiegend an der Großhirnrinde und konnte die
teilweise Identität der Gliosomen mit den Mito-
chondrien feststellen. Das feine Körnchen füh¬
rende Glianetz in der Rinde kann als „netzförmiges
Chondriomitom“ betrachtet werden. Die Glio¬
somen häufen sich oft dicht um die Sphäre (das
„Idiozom“) der Gliazelle an und verschmelzen
hier nicht selten zu pseudochromosom- oder
chondriokontähnliehen Bildungen. Das Chondrio¬
mitom der Gliazellen und des Gliagewebes ist
häufig in bezug auf die Zytozentra der Zellen
zentriert,
l) Hüllen, Gefäße .
Vergleichende Untersuchungen der Plexus
chorioidei der Seitenventrikel und des 4. Ventrikels
bei Amphibien, Reptilien, Vögeln, Säugern und
Menschen in fetalem und erwachsenem Zustande,
mit zahlreichen Färbemethoden, besondere auch
Nilblau-Färbung (s. Kap. He), die Pellizzi (251,
252, 253) angestellt hat, führten zu folgenden
Ergebnissen: Die Plexus chorioidei sind um so
höher entwickelt, je weiter wir in der Vertebraten¬
reihe aufsteigen, also beim Menschen am höchsten.
Der Kern der Epithelzellen enthält mehrere Nuk-
leoli, Chromatinkömchen mit und ohne Fäden,
achromatisches Netz und runde helle Räume.
Im Protoplasma finden sich „globoplastische“ Körn¬
chen und andere Bildungen aus Fetten, Fettsäuren
und Lipoiden. In fetalem Zustande hat P. große,
embryonale, gekörnte Zellen beobachtet, die Fett-
und Fettsäuretropfen (Tripalmitin und Tristearin)
enthalten und vielleicht Beziehungen zur Myelo-
genese besitzen. Ihre Herkunft (haematogen ?).
ist unbekannt. Sie verschwinden nach der Geburt.
Die Epithelzellen sezemieren Kugeln, die den ins
Zellplasma ausgewanderten Nukleoli entstammen.
Sie enthalten einen basophilen eiweißartigen Stoff
(Glykoproteid?). Im Alter nimmt die Zahl der
Kugeln ab. Ob eie zur Abschwächung der al¬
kalischen Reaktion der'Zerebrospinalflüssigkeit und
zur Vermehrung ihrer Reduktionskraft beitragen,
ist noch ungewiß. Nach der Geburt beginnt
eine Ablagerung von Abbauprodukten (Fetten,
Fettsäuren, Lipoiden, KaLk, Pigmenten etc.) in
das Protoplasma und in das Gewebe zwischen
Epithel und Gefäßen. Im Alter tritt häufig
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Vorderhirn.
41
„körnchenfettige“ Entartung auf, noch mehr bei
Intoxikationen, in der zweiten Hälfte der Schwan¬
gerschaft und bei Operationen, die die Hirnrinde
frei legen, besonders im Plexus choroideus der
Rautengrube. Die zahlreichen Mastzellen der Ge¬
flechte vermehren sich während der Fetalzeit, bei
Intoxikationen und anderen pathologischen Zu¬
ständen.
H worostuchin (256) hat in den ruhenden
Drüsenzellen des Plexus chorioideus und in
frühen Sekretionsstadien Mitochondrien gefunden,
die wohl mit Altmanns „vegetativen Fäden“
identisch sind: später erscheinen den Halbmond¬
körperchen Heiden liains ähnliche Gebilde. Auf
den Blutgefäßen und unterhalb des Plexusepithels
befinden sich zahlreiche Nervenfasergeflechte. Die
vom subepithelialen Geflecht abgehenden Fädehen
endigen auf der Oberfläche der Drüsenzellen.
Die letzteren sind gewöhnlich 1 kernig, seltener
besitzen sie 2 oder 3 Kerne (Amitose). In den
Produkten der Drüseuzellen ist u. a. Lezithin
enthalten.
Biondi (254) beschreibt in den Zellen der
Chorioidealzotten der Rautengrube beim Meer¬
schweinchen einen Apparato reticolare, der, durch
Go 1 g i - Färbung darstellbar, den Zellkern bald
ganz bald teilweise umgibt. (V. Franz.)
Snessarew (250) hat bei Amphibien, Re]>-
tilien, Vögeln und Säugern die Verhältnisse dos
Hisschen epizerebralen Lymphraums und der
in ihm liegenden Membrana gliae superficialis
untersucht. Die Arbeit braucht wegen der zahl¬
reichen Details vier enggedruckte Seiten zur
Schlußzusammenfassung. Im wesentlichen be¬
stätigt sie namentlich die Held sehen Unter¬
suchungen. Das Netz soll beim Menschen mehr
durch die protoplasmatischen Gliafortsätze, bei
den niederen Vertebraten mehr von den kegel¬
förmigen Endaufzweigungen der Gliazellen ge¬
bildet werden. In den Maschen bewegt sich
vielleicht getrieben von einer Kontraktilität der
Gliafortsätze die Lymphe. Andere als diese, eigene
Hissche Räume, gibt es nicht. Eingehende Dar¬
legungen, die aber nichts wesentlich neues zu
enthalten scheinen, widmet S. noch den Virchow-
Robin sehen perivaskulären Lymphräumen, eben¬
so dem perivaskulären Bindegewebsnetze.
IV. Vorderhlrn.
«) Allgemeines, Himfurchen und Windungen, Ver¬
gleichendes.
263. Cameron, John, The lamina terminalis aud
its relation to the fomix System. 21 Fig. Journ. of
Anat. and Phys. Bd. 45. S. 211. 1911.
264. Van der Broek, A. J. P., Über die Lage¬
rung des Neuroporus anterior beim Menschen. 1 Textfig.
Fol. Neuro-Biol. Bd. 5. H. 4. S. 419. 1911.
Entgegen His und konform v, Kupffer und
Neumayer nimmt v. d. Br. auf Grund seiner Studien
bei 2 frühen menschlichen Embryonen an, daß die Stelle
des Zusammenhanges von Gehirarobr und Ektoderm das
Edinger-Wallen berg, Zentralnervensystem.
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Homologon eines Lobus olfactorius impar anderer Sauger
und niederer Wirbeltiere darstellt und deshalb dem
Ektoderm der unpaaren Rieehplakode entspricht.
205, Für olle, Le developpement de l'enccphale
chez les enfants du premier tige. La Clin, iufant. Bd. 8.
H. 3. S. 05. 1910. [Dem Kef. nicht zugänglich.]
260. Sterzi, G., Lo sviluppo della scissurainter-
emisferica ed il signifieato del terzo vvntricolo. 1 Taf.
Monit. Zool. ital. Bd. 23. fl. 910. Rendic. 10. Assembl.
Unione Zool. Ital. in Pisa S. 213. 1912.
267. Cerletti, U„ Cber einen neuen Befund im
. Bulbus olfactorius des Hundes. Vortr. gehalt. a. d.
' psyeh. Kongreß zu Perugia 3. bis 7. Mai 1911. Autorref.
! Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psvch. Reforatc und Er-
j gebnisse Bd. 3. II. S. S. 721. 19il.
Befund von mastzellen-artigen gekörnten Zellen längs
der Blutkapillaren des Bulbus olfactorius normaler Hunde,
seheinbar muh in der Ncrvensubstanz zwischen den
] Gliakernen, Bedeutung unbekannt.
268. Cerletti, Ugo, Die Mastzellen als regel-
' mäßiger Befund im Bulbus olfactorius des normalen
Hundes. 2 Textfig. und 1 Taf. Fol. Neuro-Biol. Bd. 5.
H. 7. S. 718. 1911.
Tolnidinblaupräparate zeigen stets Mastzellen be¬
sonders in der Umgebung der Ventrikularspalto längs
der Kapillar- und Priikapillargefäße.
269. Mo Cotter, Rollo E., The connection of the
vomeronasal uerves witli the aecessory olfactory bulb
| in tho O])ossum and other mammals. Seven Figures.
i Anat. Rekord. Bd. 0. H. 8. S. 299. August 1912.
Bei Opossum, Ratte, Meerschweinchen, Kaninchen,
Schaf, Katze, Hund enden die aus dem Jucobsohu-
j sehen Organ des Septum narium stammenden Nervi vo-
| mero-nasales in dem bisher als „Bulbus olfactorius aeees-
sorius“ bekannten dorsocaudalen Appendix des Bulbus
olfactorius, von dem zentrale Fasern ausgehen, die wieder
in den Traetus olfac torius lateralis gelangen. Eine Iden¬
tifikation der Vomero-Nasal-Norven mit dem Nervus ter¬
minalis lehnt M. ab. Er schlägt statt „Bulbus olfacto-
rius accessorius 11 den Namen „Tuberculum vomero-
nasale“ vor.
270. Edinger, Ludwig, Der Lohns parolfacto-
rius (Tiibereulum olfactorium, Lobus olf. post.). Mit
6 Abb. Anat. Anz. Bd. 38. S. 9. 11111.
271. Beccari, Nello, Le strie olfattorie nel cer-
vello dell'uomo. 1 Fig. Monit. Zool. Ital.. Anno Bd. 22.
H. 10. S. 255. 1911.
272. Beccari, Nello, La sostanza perforata an¬
teriore e i suoi rapporti col rinencefalo nol cervello dell’
uomo. 27 Fig. im Text u. 1 Taf. Arch. di Anat. e di
Embriol. Bd. 10. H. 2. S. 261. 1911.
273. Beccari, Nello, Lasnperficie degli emisferi
eerebrali dell’uomo nelle regioni prossime al rinencefalo.
Con 35 figure nel testo. Aroh. di Anat. e di Embriol.
Bd. 10. 11. 8. S. 482. 1911.
Vergleichende Studien an 50 menschlichen und zahl¬
reichen Säuger-Gehirnen über die Variationen der Furchen
an der Orbitalfläche und dem vorderen Pole der Me-
dialfläehe des Großhirns führten zu dem Resultate, daß
1 die Orbitalwindungen von den dem Rhiuenzephalou an¬
gehörenden Gyri olfnetorii (med. et lateral.) abzutrennen
sind. Ein „primitiver“ Typ der Orbitalfläche zeigt Aus¬
dehnung des hinteren Schenkels des Sulcus orbitalis tri-
radiatus und des Sulcus olfactorius bis zur Vordergrenze
j des Rhinenzephalon, häufiger ist der hintere Schenkel
des Sulcus triradiatus kürzer, der Sulcus olfactorius ent¬
sendet hinten einen lateralen „Ramus uncinatus“, der
die Pars orbitalis gegen das Rhinenzephalon, insbeson¬
dere den Gyrus orbitalis medius gegen den Gyrus ol¬
factorius lateralis streng al>grenzt. Außer dem Sulcus
triradiatus mit seinem lateralen, medialen und kaudalen
Ast besteht häufig ein „Sulcus orbitalis accessorius me-
; dialis“ und als Zweige des lateralen Astes oin oder zwei
„Sulci orbitales accessorii laterales“. Der Gyrus orbi-
| talis medialis ist die Fortsetzung des Gyrus frontalis I,
6
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42
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
der Gyrus orbitalis medius Fortsetzung des Gyrus fron-
talis II, der Gyrus orbitalis lateralis Fortsetzung des
Gyrus frontalis 111. An der Medialfläche des Frontal-
poles läuft unterhalb des Sulcus calloso-marginalis ein
Sulcus rostralis superior“ und ein „Sulcus rostralis in¬
ferior“, dahinter häufig ein „Sulcus rostralis transver-
sus“, der die „Plica fronto-olfacto-limbica“ (= carrefour
B r o c a) vorne begrenzt.
274. Perna, Giovanni, Un caso di mancanza
dei bulbi e dello bandelette olfattive nell'uomo. Rendic.
Soc. med.-chir. di Bologna in: Bull. d. Soc. med. Ann.
Bd. 82. (Ser. 8. Vol. 11.) Fase. 11. S. 672. 1911.
P. beschreibt das Gehirn eines llmonatigon Fetus,
das bis auf die Unterfläche au Volumen und Gestalt
normal erschien. Das Rostrum war stark entwickelt,
es fehlte ein Sulcus olfactorius, ferner fehlten die Bulbi
und Traetus olfactorii; es bestand lediglich auf beiden
Seiten ein kleines rundliches Iiöckerehen aus Nerven-
substanz, das nach dor Ansicht P.s als Tuherculura ol-
factivum (vielleicht Trigonum? Ref.) angesehen werden
muß. Der rechte Nerv, opticus war doppelt so dick
wie der linke. (Ref. Dr. Becoari, Florenz.)
275. Wakushima, Masazo, Untersuchungen
über den Kielstreifen des Ammonshoms. Mit 7 Abb.
im Text. Arb. a. d. Neurol. Inst. a. d. Wiener Uni¬
versität (Prof. Obersteiner) Bd. 19. H. 3. S. 363. 1912.
276. Fusari, R., Sul solco orbito-frontale. Gior-
nalo della R. accad. di medicina di Torino Bd.5—7. 1910.
277. Thomson, Robert B., Complete unilateral
interruption of the fissure of Rolando. 2 Fig. Journ.
of Anat. and Phys. Bd. 45. H. 4. S. 433. 1911.
Die Brücke zwischen den Gyri centrales war in
2 Gehirnen auf der rechten Seite zwischen oberem und
mittlerem Drittel.
278. Bonfigli, Rudolfo, Gyrus cunei e plica
euneo-lingualis anterior. Atti della Societä Romana di
Antropologia Bd. IG. H. 1. 1911. 2 Fig.
Bei Affen und in frühen fetalen Perioden des Men¬
schen (bis zum 7. Monat) wird die hintere Hälfte der
Fissura calcarina »von der vorderen durch einen Gyrus
cuneo-lingualis anterior getrennt. Ähnliche Zustände
fanden sich bei 2 Idioten.
278a. Anthony, R., et A. S. de Santa-Maria,
Le territoire central du neopallium chez les primates.
J. Considerations sur la signification morphologique gene¬
rale et l'opereulisation de l'insula anterieure chez les
anthropoides et chez l’homme. Avec 6 Fig. Revue
anthropol. Bd. 22. H. 4. S. 141. Avril 1912.
278b. Anthony, R., et A. S. de Santa-Maria,
Le territoire central du neopallium chez les primates.
II. La circulaire superieur 4« Reil et la suprasylvia chez
des lerauriens, les singes et l’homme. 7 Fig. Revue
anthropol. Bd. 22. H. 7. S. 275. Juillot 1912.
279. Anthony, R., et A. S. do Santa-Maria,
Le territoire periphörique du neopallium chez les primates.
I. Le Systeme operculaire superieur du complexe sylvien
chez les lemuriens, les singes et Thoramc. 14 Fig.
Bull, et Mein. Soc. d’Anthropol. de Paris. Ser. C. T. 3.
Fase. 34. S. 293. 1912.
280. Sergi, Sergio, Sui solchi teinporo-occipitali
inferiori nel cervello dcU'uomo. Rivist. d. Antropol.
Bd. 16. H. 1. 1911.
S. unterscheidet an dor basalen Temporo-occipital-
Region des Menschen einen vorderen, mittleren und
hinteren Abschnitt. Der mittlere (Haupt-) Abschnitt ent¬
spricht dem Sulcus collateralis und temporalis inferior
und bildet den Hauptteil dos Gyrus fnsiformis, der
außen und innen von inkonstanten und variablen Zonen
begrenzt wird, der vordere Abschnitt besitzt variable
Sulei „tpmporo-polares“ und wird medial von der Fis¬
sura rhinica begrenzt, der hintere Abschnitt wird von
sulei „subcalcarim“ durchzogen. Die Variabilität des
vorderen und hinteren Abschnittes steht im Zusammen¬
hang mit ihrer phylogenetischen Entwickelung.
281. Edinger, Demonstrationen. Vers, südwestd.
Neurol. u. Irrenärzte, Baden-Baden 1912. (Siehe Kapitel
Technik.)
Schnitte durch den Lobus parolfact. des Ele¬
fanten. E. hat früher nachgewiesen, daß der hinter
dem Riechlappen liegende Lobus parolfactorius, der beim
Menschen total atrophiert ist, bei Tieren mit starker
Ausbildung der Mundgegend zu einem mächtigen Hirn-
gebilde anschwillt. Er gehört zu den Zentren des Oral¬
apparates, zu welchem auch das Ganglion habonulae und
das Corpus mammillare zum größten Teil gehören. Es
war deshalb von großem Interesse, den Lappen bei dom
mächtigen Rüsselträger zu studieren. Wie schon ähn¬
liche Befunde am Tapir erwarten ließen, fand sich der¬
selbe vergrößert. Mit ihm scheint auch der basale Ab¬
schnitt des Corpus Striatum zugenommen zu haben.
Beccari hat schon auf die wahrscheinlichen Bezie¬
hungen beider Hirntoile zu einander hingewiosen. Die
grolle Ausbildung des Lobus parolfaetörius beim Elefan¬
ten bildet also einen neuen Beweis für die Sonderstel¬
lung, welche E. diesem Hirnteil gegeben hat.
282. Dräseke, J., Zur Kenntnis des Hyraciden-
Gehirns. Vocltxkow, Reise in Ostafrika in den Jahren
1903—1905. Bd. 4. S. 206. 1910. Mit 6 Textfig.
Beschreibung der Großhirnoberfläche mit gonauen
Maßangaben bei Dendrohyrax Neumanni und Hyrax
capensis. Auch der Hirnstamm wird makroskopisch ge¬
schildert.
283. Taft, A. E-, On the brain of Hyrax capensis
and the first traces of the visual cortex. 16 Textfig.,
1 Taf. Fol. neurobiol. Bd. 6. H. 2/3. S. 182. 1912.
284. Draeseke, J., Zur Kenntnis des Edentaten-
gohirns. Mit 7 Textfig. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u.
Psyeh. Bd. 15. II. 1/2. S. 76. 1913. (Originalien.)
Sehr eingehende Schilderung der Hirnoberfläche von
Tamandua tetradactyla mit den Furchen und Windungen,
den Asymmetrien zwischen rechter und linker Hemi¬
sphäre. Vergleich mit den Befunden von Smith,
Retzius und Ziehen, Auch die anderen Hirnteile
werden kurz beschrieben, insbesondere das Kleinhirn.
Im basalen Arterien-System ist außer den Wundernetzen
noch eine vorübergehende Spaltung der Arteria verte-
bralis zu erwähnen.
285. Angolotti, G., Contributo allo Studio dei
solchi cerebrali nei Viverridi. 4 Fig. Arch, Ital. di
Anat. e di Embriol. Bd. 10. S. 461. 1911. [Zu kurzem
Referat nicht geeignet]
286. Legend re, M. R., Notes sur le Systeme
nerveux central d’un Dauphin. 10 Textfig. Arch. d Anat.
microsc. Bd. 13. H. 3. S. 377. 1912.
Das Delpliingehirn zeigt folgende Eigentümlich¬
keiten: Eine relative Größe, wahrscheinlich zum Teil
wenigstens durch die Dicke der Markscheiden seiner
Fasern bedingt ferner die schon bekannte Asymmetrie
dos Rückenmarkes zu Gunsten der rechten Seite, Fehlen
des Zentralkanals und des Septum dorsale. Die Zellen
bieten nichts Bemerkenswertes.
287. Legendre, M. R., Notes sur le Systeme
nerveux central d un Dauphin (Delphinus-delphis). Bullet
d. Museum d'histoire naturelle. Bd. 1. 1912.
288. Dexler, H., Das Hirn von Halicore dugong
End. Mit 35 Fig. im Text u. 2 Taf. Morphol. Jalirb.
Bd. 45. H. 1. S. 17. 1912.
289. Haller, B., Über den Großhirnmantel des
Känguruh (Makropus rufus), eine Erklärung für das
Fehlen des Balkens. Mit 2 Taf. u. 9 Textfig. Sitzber. d.
Heidelberg. Akad. d. Wissensch., ranthem.-naturw. Klasse.
15. Abb. 8. Mai 1911. Heidelberg 1911. Carl Winter.
290. Mobilio, Camillo, Topografia cranio-ence-
falica dei cane preceduta dalla descrizione dei mantello
! cerebrale. 2 Taf. Internat. Monatssehr. f. Anat. u.
Physiol. Bd. 29. H. 4/6. S. 205. 1912.
Sehr dankenswerte Untersuchungen über das Ver¬
hältnis des Groß- und Kleinhirns, besonders der ein¬
zelnen Windungen zum Schädel.
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Vorderhirn.
43
291. Hoenig, Hans, Vergleichend anatomische
Untersuchungen über den Himfurchungstypus der
Caniden mit besonderer Berücksichtigung des Canis
dingo. 3 Taf. Berlin 1912. Trenkel. 54 S. [Dem
Red. nicht zugänglich.]
292. Montane, M., et Bourdelle, M., Quelques
observations sui les circonvolutions cerebrales de 1 olephant.
3 Fig. Compt. rend. de l’Assoc. franq. pour l’avanc. d.
Sc. 39. Sess. Toulouse 1910. S. 182.
Genaue Beschreibung der Oberfläche des Gehirns
eiues indischen Elephanten. Konform Leuret läßt sieh
ein vollständiges Rolandisehos System auf der Kon¬
vexität der Hemisphären naehweisen und eine Trennung
des Frontal-, Temporal- und Parietallappens durchführen,
die alle gut entwickelt sind. Weniger entwickelt, aber
im Begriff sich individuell auszubilden ist der Okzipital¬
lappen. Der Lobus limbivus zeigt einzelne sehr gut
entwickelte Teile, andere sind auf dem Wege der Rück¬
bildung. Der Etephant steht also zwischen osmatischen
und mikrosmatischen Säugern.
Der beim Elephanten sehr merkwürdig ausgcbildete
Lobus olfactorius (Ref. E.) wird als Circonvolution rhiuo-
temporale näher beschrieben. M. u. B. glauben, daß das
Elephanteugehirn seit Leuret nicht mehr näher be¬
schrieben worden ist. Wir besitzen aber jetzt bekannt¬
lich gerade von ihm eine ganze Anzahl Abbildungen.
293. Morawski, Juljusz, Gehirnnntersuchungen
bei Katzen- und Hundefainilien (mit Berücksichtigung
des Geschlechts und der Entwicklung). Mit 55 Abbil¬
dungen. Jahrb. f. Psvch. u. Nenr. Bd. 38. H. 2/3.
S. 2. 1912.
Unter Leitung von Kar plus hat M. eine umfang¬
reiche vergleichende Studie au den Gehirnen von ganzen
Katzen- und Hundefainilien angestellt, um die Reihen¬
folge der Entwickelung der Großhirnfurchen, dio Ge-
schleehtsunterschiede bei der Furch ent; nt Wickelung, dio
Variabilität der entwickelten Furchen, die Überein¬
stimmung beider Hemisphären in bezug anf diese
Variabilität, Familienähnlichkeiten bei der Furchenkon¬
figuration und Gesehleditsunterschiede, das Verhältnis
des Körpergewichts zum Gehirngowicht, das relative
Gehirngewieht und das spezifische Gehirngewicht kennen
zu lernen. Seine Resultate waren folgende: Die Körper¬
gewichtszahlen schwanken sehr zwischen gleichaltrigen
Mitgliedern einzelner Familien, diese Unterschiede sind
vom Geschlecht unabhängig. Die Katzen erreichen das
Verhältnis zwischen Gehirn- und Körpergewicht der
Erwachsenen früher als die Hunde, Auch hier große
Unterschiede, die vom Geschlecht unabhängig sind. Das
spezifische Gehirngewieht ist bei ganz jungen Tieren
geringer als bei Erwachsenen.
Die Furchcnentwickelung schreitet von vorne nach
hinten vor, bei Hunden langsamer als bei Katzen. Die
Unterschiede in der Furchenentwickelung einzelner Mit¬
glieder einer Familie sind ebenfalls vom Geschlecht
unabhängig. Die Variabilität der Furchen ist in ein¬
zelnen Familien größer als bei anderen. Die beiden
Hemisphären zeigen in Bezug auf diese Variabilität keine
Übereinstimmung. Kur selten besteht ausgesprochene
Ähnlichkeit der Furchen unter den Jungen einer Familie,
noch seltener zwischen Mutter und Jungen.
Nach Sterzi (2G6) ist die Fissura inter-
hemi8phaerica nicht aus der Falx meningea ent¬
standen, sondern eine Folge der Entwickelung
der zerebralen Hemisphären. Der dritte Ventrikel
des Gehirns entspricht nicht allein dem Ventri-
culus diencephalicus, wie die Neurologen bisher
annahmen, sondern dem Ventriculus telencephalicus
-f” diencephalicus. Besitzt aber der dritte Ventrikel
diese Bedeutung, so müssen wir an ihm einen
telencephaüschen frontalen Abschnitt von einem
diencephalischeu kaudalen unterscheiden. Die
Nomenklatur wäre also dahin abzuändern:
Ventriculus tertius
Pars telencephalica (ventriculus telencephalicus impar)
Angelus anterior
Crura anteriora fomicis
Commissura anterior eerebri
Recessus triangularis
Lamina terminalis
Angulus posterior
Protuberantia chiasmatica
Parietes
Foramen iiiterventriculare (Monroil
Recessus praeopticus
Pars diencephaliea (ventriculus diencephalicus)
ADguIus superior etc. etc.
(Ref. Beccari. Florenz.)
Die Stria olfactoria medialis fand Beccari
(271) in 93% aller von ihm untersuchten Hemi¬
sphären (50 Gehirne), die Stria olfactoria lateralis
war in 52% ungeteilt, in 16% teilweise ver¬
doppelt, in 32 % ganz geteilt. In wenigen. Fällen
bestand eine von der Wurzel der lateralen Stria
ausgehende „Stria olfactoria medialis accossoria“
beziehungsweise eine „Stria olfactoria lateralis
accessoria“.
Beccari (272) hat an denselben 50 mensch¬
lichen Geliirnen die äußere Form, die Struktur,
die Eigenfaserung und die Faserverbindungen der
Substantia perforata anterior (= regio parolfaetoria
Edinger) untersucht und kam dabei zu folgen¬
den Ergebnissen: Die Substantia perforata anterior
des Menschen bildet die ventrale Oberfläche des
Lobus parolfactorius Edinger. Die Tieg io ol¬
factoria besteht bei Säugern aus dem Bulbus
olfactorius, dem Pedunculus olfactorius (=Tractus
olf. Ref. W.), dem Trigonum olfactorium, dem
medialen und lateralen Gyrus olfactorius und dem
Lobus pyriformis; die Tletjio parolfaetoria aus dem
Lobus parolfactorius (— Eminentia paraolfactoria),
dem Planum septale und dem Stiel des Septum.
Beim Menschen bestehen große individuelle Varia¬
tionen in Bezug auf die Breite und besonders die
Länge der Substantia perforata, im Durchschnitt
ist die mediale Hälfte 7—8 mm lang, die laterale
8—9 mm, während die Breite durchschnittlich
17 —18 mm beträgt. Je schmäler die Subst. perf.
ant., desto stärker treten die Gyri olfactorii her¬
vor. Frontal wird die Subst. perf. ant. begrenzt
durch den Sulcus paraolfactorius anterior, der
lateral an die Insel und den Kopf des Ammons¬
horns stößt, während er medial den „Schnabel“
(becco) des Balkens erreicht und den Septumstiel
vom Planum frouto-olfacto-limbicuni scheidet. Kau¬
dal begrenzt die Subst. perf. ant. das Chiasma,
der Tractus opticus und Sulcus paraolfactorius
posterior (nicht identisch mit dem gleichnamigen
Sulcus der Baseler Nomenklatur), latero-kaudal
findet ein allmählicher Übergang in den Gyrus
hippocampi statt, dabei vertieft sich die Ober¬
fläche der Subst perf. ant. zu einem Sulcus, in
dem der lateralste Teil des Sulcus paraolfactorius
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44
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
anterior und posterior sich zur „Fissura optico-
hippocampica“ vereinigt. Medial geht die Subst.
perf. ant. in den Septumstiel über. Innerhalb der
Subst. perf. ant. hebt sich mediofrontal eine
„Eminentia paraolfactoria“ ab, die frontal vom
Sulc. paraolf. ant., kaudal von einem „Sulcus dia-
gonalis“ begrenzt wird. Sie entspricht einer ven¬
tralen Vorwölbung des Kopfes des Sehweifkerns
(— Colliculus nuclei caudati Dejerine).
Mediocaudal vom Sulcus diagonalis bildet der
Septumstiel eine Hervorragung („Planum septale“),
unter der ein Nueleus plani septalis = Ganglion
ansae lentiformis Meynert = Ganglion basale
Mevnert sich befindet. In 25% der unter¬
suchten Gehirne war die Emin. paraolf. gut, in
50 % schwach entwickelt, in 25 % fehlte sie.
Brocas „bandelette diagonale“ ist nach Becc-ari
der horizontale Arm des Septumstiels, während
der aufsteigende Arm dem „Pedunculus corp.
callos.“, „Pedunculus septi“ oder dem „Gyrus
8ubcallosus“ der Autoren entspricht. Auf der
Oberfläche der Sulc. paraolf. ant. waren nur in
7 % weiße Markbündel sichtbar. Was die Struk¬
tur der Subst. perf. ant anlangt, so besitzt die
Emin. paraolf. beim Menschen keinen eigentlichen
Rindenbau wie bei makrosmatisehen Säugern,
sondern ist lediglich eine Fortsetzung der ersten
Schicht der Palliumrinde, während in der Tiefe
ein direkter Übergang in die Rindenschicht des
Caput nuclei caudati erfolgt. Ebenso hat auch
das Planum septale nur eine oberflächliche, dem
Strat. zonale oder moleculare der Großhirnrinde
entsprechende Schicht, während die sogenannte
zweite Schicht nichts anderes als die Rinden¬
schicht des Nueleus plani septalis ist. Diese
zweiten Schichten beider Gebilde entsprechen etwa
der Schicht der polymorphen Zellen in der voll
entwickelten Rinde. Schon Adolf Meyer hat
dies erkannt, wenn er sagt: „Ich würde demnach
das Septum auffassen, wie die Substantia perforata
anterior, als einen Ort, wo auch im Säugergehirn
die zentralen Ganglien ohne Rindenüberzug die
Hemisphärenoberfläche bilden.“
Von den Faserbündeln der Subst. perf. ant.
beschreibt B. hauptsächlich die tiefen Riechstrah¬
lungen und das Riechbündel des Ammonshorns.
Unter den ersteren schildert er unter anderem
Fibrae olfacto-paraolfactorii aus der lateralen Stria
olfactoria zum Stratum moleculare der Subst. perf.
ant., ferner Verbindungen der Stria olf. medialis
mit der Stria Lancisii (— Tract. olfacto-hippo-
campicus der makrosmatisehen Säuger), des Planum
septale mit den postero-lateralen Kernen des Tuber
cinereum (Tract. paraolfactor. basalis, vielleicht
ein Teil des basalen Riechbündels der Säuger?).
Das System der „Fasciculi parolfacto-hippocampo-
eeptales“ besteht aus einem Ramus anterior, dünn
und kompakt, der vor dem Schnabel des Balkens
zusammen mit dem Fase, olfacto-hippocampicus
in die Stria Lancisii übergeht, einem Ramus
medialis, der teils als Tract. parolfacto-septalis im
Septum aufsplittert, teils via Fibr. perforatae in
die Stria Lancisii, vielleicht auch in den Cingulus
und den Gyrus cinguli einstrahlt, und einem Ramus
posterior, der teils via Fibrae perforantes eben¬
falls zur Stria und zum Cingulus gelangt, haupt¬
sächlich aber in die Fimbrie übergeht und mit
ihr den Alveus hippocampi erreicht Ein Teil der
Fase. paraolf.-hippocampales-8eptales entspringt im
Planum septale. ein anderer wohl umgekehrt im
Gyrus fornicatus und dem dorsalen Hippocampus.
Die Fibrae paraolfactorio-septales entspringen wahr¬
scheinlich aus Zellen des Nueleus lateralis septi
(Cajal bei Nagern).
Eli io t Smith hatte unter Hinweis nament¬
lich auf die Verhältnisse bei Orycteropus bestritten,
daß eine Berechtigung dazu bestehe, den Lobus
parolfactorius vom Rieehlappen zu trennen, weil
die Riechstrahlung dort zum größten Teil eben
im Lobus parolfactorius ende. Dem von ihm ab¬
gebildeten Alkoholpräparat kann E ding er (270)
nun Weigert-Schnittserien eines in Formol sehr
gut konservierten Orycteropusgehimes gegenüber
stellen, auf denen man deutlich sieht, daß die
Riechstrahlung im wesentlichen den Lobus parolf.
frei läßt, um in weiter kaudaleren Teilen des
Riechlappens selbst zu enden. E. teilt dann mit,
daß er bei Katzen das aus der Bulbärgegend
kommende und im Parolfaktoriuslappen mündende
Bündel durchschnitten und zur Degeneration ge¬
bracht hat. Es degeneriert frontalwärts und endet
zweifellos im Lobus parolf. Er teilt auch mit,
daß das Bündel, welches über das Septum von
der Basis aufsteigt, um im Ammonshorn zu enden,
im wesentlichen aus dem Lobus parolf. stammt.
Aus all’ dem ergibt sich der Schluß, daß der
Lobus parolf. im wesentlichen mit der Innervation
am Oralpol in Verbindung steht, er entwickelt
sich auch im wesentlichen nach dessen Größe,
daß er afferente Bahnen aus dem frontalen Pons¬
ende bekommt, der Gegend, wo der Trigeminus
mündet, und daß er efferente Züge zum Ammons-
hom sendet. Mit diesem Oralapparat steht nun
ganz innig die Taenia zum Ganglion habenulae
und die Taenia semieircularis zum Nueleus amyg-
dalae in Beziehung, Verbindungen, die samt dem
Corpus mammillare bei Tieren mit starker Schnauzen¬
entwicklung immer besonders stark entwickelt
sind.
Untersuchungen des „Kielstreifens“ des Am¬
monshorns, die Wakushima (275) an 28 Ge¬
hirnen von Feten, Neugeborenen, Kindern und
Erwachsenen anstellte, ergab, daß sowohl die von
Obersteiner beschriebene „Fissura subiculi in¬
terna“ als auch der Kielstreif zahlreiche Vari¬
ationen aufweisen. W. unterscheidet 3 Formen :
1. schmaler, tiefer, in spitzem Winkel endender
Sulcus mit schmalem, langem, aus der Vereinigung
beider subependymaler Glialagen entstehenden
Kielstreifen, 2. breiter Sulcus mit breiter Basis,
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Vorderhirn.
45
breitbasig aufsitzender Gliakappe, 3. Sulcus fehlt,
Kielstreifen nur angedeutet. Diese Formen werden
näher beschrieben und auch die Variationen der
histologischen Struktur des Kielstreifens eingehend
geschildert.
Die Palliumoberfläche wird von Anthony
und de Santa-Maria (278a, 278b, 279) ein¬
geteilt in territoire central (Insel und umgebende
Windungsgebiete) und territoire pdripherique, den
Palliumrest. Die erste Studie beschäftigt sich
mit der Inselgegend von Mensch und Anthro¬
poiden, einer bekanntlich vielfach (Holl, Mar¬
ch a n d u. a.) untersuchten Region, die eben erst
durch die Arbeiten Brodmanns in neues Licht
kommt, Arbeiten, die zeigen, wie es weniger auf
die Furchenverhältnisse als auf die Strukturfelder
anzukommen scheint. Die auf viele Tiergehirne
sich erstreckende Untersuchung — viele Abbil¬
dungen — kommt zum Schlüsse, dass die Insula
anterior dem Gyrus reuuiens, der Hirnpartie hinter
der präsylvischen Spalte bei den Karnivoren ent¬
spreche. Erst bei den Lemuren und bei den
Primaten gerät sie durch Operculabildung in die
Tiefe, wenigstens in ihrem kaudalen Abschnitte;
der frontalere verschwindet erst beim Menschen.
Die Bildung der Opercula und damit die Rand¬
furche der Insel wird genauer studiert. Elliot
Smith hat diese — Reils Sulcus circularis
sup. — der Kissura suprasylvia homologisiert.
Das ist nur zum Teil richtig, die Furche ent¬
spricht nicht in allen Teilstücken der Fissura
suprasylvia, und diase letztere läßt auch andere
Furchenabschnitte als die Randfurche noch aus
sich hervorgehen.
Das obere Operkulum des Menschen läßt sich
auf drei Ausgangsteile zurückführen, 1. das Oper-
culum suprasylvien-rolandicum Autt., das bei allen
Primaten und fast allen Lemuriden da ist, 2. das
Opercnlum du gyrus reuniens, dessen hinterer
Abschnitt dem Operculum praerolandicum, dessen
vorderer dem Operculum frontale der Autt. ent¬
spricht, fehlt den Lemuriden ganz und ist nur
bei einigen Affen da und 3. das Operculum holo-
sphericum-Operculum postrolandicum Autt. ist bei
allen Affen und den meisten Lemuriden da.
Haller (289) hat bei zwei Känguruh-Exem¬
plaren genaue Untersuchungen des Großhirn¬
mantels angestellt und gleichzeitig eine Ursache
für das Fehlen des Balkens bei den Marsupialiern
gesucht. Als primäre Furchen sieht er eine La¬
teralfurche und eine seitliche Rhinalfurche mit
zwei dorsalen Seitenästen (= den beiden Fissurae
Sylvii) an, die am ventro-occipitalen Hemisphären-
Ende in die Fissura hippocampi superior über¬
geht und mit ihr zusammen das Riechhirn lateral
begrenzt. Der frontale Abschnitt des durch dio
Fissura hippocampi abgegrenzten Gyrus hippo¬
campi ist durch eine Qtierfurehe noch isoliert;
den Lobus olfactorius an der Basis teilen in
sagittaler Richtung zwei flache „Subrhinalfurchen“.
Innerhalb des Nichtriechhirns (= Neopallium)
wird ein medianer Gyrus von einem lateralen
abgegrenzt. Genau beschrieben wird ferner die
Commissura anterior und die dem Psalterium
der höheren Säuger entsprechende Commissura
superior, es wird ferner der Nachweis geführt,
daß diese lediglich „Ammonial-Kommissur“ ist und
keine dem Nichtriechhiru entstammenden Fasern
führt, daß demnach die Marsupialier völlig balken-
los sind. Nur die Commissura anterior führt
Querfasern aus dem Neopallium. Haller be¬
schreibt dann genauer die Rindenstmktur der
einzelnen Gyri. Er hält an dem 4-Schichten-
Typus fest und legt u. a. dar, daß die Grenzen
der Rmdenstrnkturen mit den Furchen nicht zu¬
sammenfallen, abgesehen von der ,,Fissura hippo¬
campi superior“, die als Grenze der Riechrinde
gelten kann. Es fehlt im Neopallium die bei den
Plazentaliern charakteristische Differenzierungs¬
fähigkeit und Bildungsfähigkeit der zweiten und
vierten Zellschicht, es besteht also eine Gleich¬
artigkeit der Struktur in der ganzen Neopallium¬
rinde. Damit Hand in Hand geht das Fehlen
der Balkenfasern oder der neopallialen Fasern in
der oberen Kommissur (s. oben). Erst die Diffe¬
renzierung der zweiten Zellschicht im Stirn pol,
bei „Yesperugo pipistrella beginnend, gibt Anlaß-
zur Aufnahme der dorsalen Mantelfasem in die
vorherige Ammonial-Kommissur oder zum Beginn
der Balkenentwicklung“. Die von Smith auf¬
gestellte Theorie, daß die Balkenfasem (obere
Kommissur) durch Aufwärtswanderung neopallia-
ler Fasern der vorderen Kommissur durch das
Kommissurenbett gebildet werden, steht mit H.s
Befunden bei Marsupialiern nicht im Widerspruch.
Taft (283) gibt eine kurze Beschreibung
vieler Teile des bisher ungenügend beschriebenen
Hyraxgehirns mit einer Anzahl guter Abbildungen.
Genauer beschreibt sie ein eigenartig gebautes
Rindenfeld, das als kleiner Flecken kaudal, dicht
hinter dem Ammonshorn liegt, und dessen Streifung
und Zellanordnung sehr au die Area striata im
Gehirn der anderen Säuger erinnert, ja sofort
für diese angesprochen werden könnte, wenn
das Feld nicht ganz ventral und keineswegs im
Occipitallappen läge. Sie hat aber dann an einer
größeren Anzahl von Säugern verfolgt, wie ein
gleich gebautes Feld überall im kaudalen Ende
des Lobus pyramidalis liegt. Cajal hat es schon
bei der Maus beschrieben, und wie es allmählich,
dorsaler steigend, genau dahin gerät, wo die Area
striata liegt. So ist es wahrscheinlich, daß die
erste Sehrinde ihren Ausgangspunkt aus dem
hinteren Ende des Lobus pyramidalis nimmt und
sich erst allmählich in dorsalere und kaudalere
Gegenden lagert.
Dexler (288) hat uns eine vorzügliche Mo¬
nographie vom Sireneugehirn (Halicore dugong
Erxl.) geschenkt, deren Studium im Original
dringend zu empfehlen ist. An dieser Stelle
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4G
Ed inger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
können nur die hauptsächlichsten Ergebnisse Platz
finden. Das Gehirn ist relativ sehr klein (relatives
Hirngewicht 1:12001), besitzt weite Ventrikel
(physiologischen Hydrocephalus internus) und ist
an der Basis in mächtige Blutgefäßnetze ein¬
gebettet. Das] Vorderhirn zeigt ein gut entwickel¬
tes Striatum, auch das Rhinenzephalon besitzt
trotz sehr schwacher Ausbildung des Nervus
olfactorius ansehnliche Dimensionen, ebenso die
Commissura anterior; ein Tuberculum olfactorium
läßt sich gut abgrenzen. Es fehlt die Fissura
rhinalis. Das Septum hat einen großen Ventrikel
und basale Kerne. Der Fornix longus ist weit
mehr als der Fornix transversus entwickelt. Breite
dünne Fimbrien, mäßig großer Balken, kleine
Ammonshörner, medianer 'Gliawulst des Indusium
intermedium. Während also das ArchipaUium
relativ gute Entwickelung zeigt, ist das Neopallium
auf ganz niederer, fast fetaler Stufe der Ent¬
wicklung stehen geblieben. Groß sind nur die
Ventrikel und die Plexus chorioidei. Die Rinde
ist relativ breit, das Marklager schmal, wie bei
den niedersten Säugern, die Furchung sehr pri¬
mitiv und oberflächlich (Sulcus olfactorius, Fissura
calloso-marginalis?, Fissura Sylvii). Das Gehirn
der Sirene steht mithin weit ab von dem des
Walfisches durch die geringe Entfaltung des
Neopalliums und die für Wassertiere relativ sehr
gute Ausbildung des Riechapparates. Ob es sich
von dem der Ungulaten ableiten läßt, ist noch
fraglich.
b) Anthropologisches.
204. Sergi, Sorg io, Variazioni di sviluppo del
lobo frontale nell’uomo. Atti di Soc. Rom. di Antropol.
Bd. 15. S. 3. 1010.
Vergleichende Untersuchungen über die Distanz
des oberen und unteren Endes der Zentralfurche vom
Frontalpole und vom Occipitalpole. Bei den niederen
Rassen ergab sich durchaus keine geringore relative
Entwickelung des Frontallappens als bei höheren. Die
untere Frontallappen-Zone ist überall, bei weiblichen
wie bei männlichen Individuen, bei höheren und tiefer
stehenden Völkern, rechts besser als links entwickelt.
Weniger konstant ist die bessere Ausbildung des oberen
Stirnlappens auf der linken Seite.
295. Cole, Sydney J., Remnrks on some points
in the fissuration of the cerebrum (illustrated by three
Chinese brains). 16 Fig. Journ. of Anat. and Phys.
Bd. 46. Ser. 3. H. 7. S. 54. Oct. 1. 1911.
Bei 3 Chinesengohirnen konnte C. im Frontallappen
Furchenstücko feststellen, die zusammen dem „Sulcus
Iunatus“ niederer Affen gleichzusetzen wären, sich
aber nicht genau an die Grenze zweier Rinden Strukturen
banden, ebenso einen „Sulcus Iunatus“ im Occipital-
lappen (ebenfalls nicht an die Grenze der Area striata
gebunden), den Elliot Smith bekanntlich mit der
„AffeDspalte“ homologisiert. Eine größere Ähnlichkeit
mit der Affenspalte besitzt aber ein „Sulcus XXIV“,
etwa Eckers „Sulcus occipitalis transversus“ gleichend,
aber kein Nobcnast des Sulcus intraparietalis. Wahr¬
scheinlich ist hei niederen Affen Affenspalte und Sulcus
occipitalis transversus identisch, wahrend sie hei höheren
Primaten getrennte Furchen bilden. Das vorliegende
Chinesengehirn weist eben eine unvollkommene Diffe¬
renzierung beider Sulci, einen Rückschlag in die ur¬
sprüngliche Form auf.
29G. Appleton, A. B., Descriptions of two brains
of natives of India. Journ. of Anat. and Phys. Bd. 45.
S. 85. 1911.
Nähere Beschreibung der charakteristischen Merk¬
male : Teilweise an den Affentyp erinnernde Besonder¬
heiten, teilweise niederen Australiergehirnen nahestehend,
auch einige fetalo Eigenschaften, andererseits viel Ge¬
meinsames mit Europäergehimen.
297. Elliot-Smith, ü,, Le cerveau d’un Tas¬
manien. 2 Taf. u. 9 Fig. Bull, et Mem. Soc. d’An-
thropol. de Paris. Ser. 6. H. 2. S. 442. Juni 5. 1911.
Das gut erhaltene Gehirn eines Ureinwohners von
Tasmanien besaß große Ähnlichkeit in der Furchen¬
anordnung, besonders des llinterhauptlappens mit der
von Fellahgehirnen. Bemerkenswert war u. a. die
Asymmetrie der Occipitalpole, von denen der linke
affenähnlicher war als der rechte.
298. Berry, Richard J. A., The sectional ana-
tomy of the head of the australian aboriginal: a con-
tribution to the subject of racial anatomy. 14 Taf.
i Proc. Royal Soc. of Edinburgh. Bd. 31. S. 604. Sess.
1910-1911.
B. verglich u. a. die Gehirnoberfläche, des Austra¬
liers mit der eines Europäers. Hierbei zeigten der
Frontal- und Occipitallappen fast dio gleiche Größe bei
beiden, während der Lobus parietalis des Europäers
eine Oberfläche von 4577qmm im Gegensatz zu 2534qmm
beim Australier aufwies. Hieraus schließt er, daß die
bedeutend größere Intelligenz der höheren Rassen in
dem erheblichen Überwiegen der Parietalregion zu
suchen sei. Dagegen tritt bei ihnen der Frontal- und
Occipitallappen wieder zurück.
299. Klaatsch, H., Die stammesgcschichtliche
Bedeutung des Reliefs der menschlichen Großhirnrinde.
26 Fig. Korrespondenzblatt d. Deutschen Gesellsch. f.
Anthropol., Ethnol. u. Urgeschichte Bd. 42. S. 81.
1911.
300. Anthony, R., L’encephale de l’homme fossile
de La Quina. L’Hommo pröhistorique Bd. 10. S. 286.
1912.
Dasselbe: Compt. rend. des seances de l'Acad. des
Sciences Bd. 155. S. 91. Seance du 1. Juillet 1912.
300a. Anthony, R., Les principales caracte-
ristiquex de l’encephale de l'hormne neanderthalien de
la Quina. 2 Fig. Revue anthropolog. Bd. 23. H. 2.
S. 68. Fövrier 1913.
301. Boule, M. et R. Anthony, L’enccphale de
1’homme fossile de La Cbapelle-aux-Saints. L'Anthro-
pologie Bd. 22. S. 129, 1911.
Dasselbe: Compt. rend. des seances de l’Acad. des
Sciences Bd. 150. S. 1458. Mai 30. 1910.
302. Sergi, Sergio, I rilievi cerebrali dellc fosse
temporali nei crani deformati del Peru. 4 Fig. Atti
dell. Socictä Roman, di Antropol. Bd. 15. S. 3. 1910.
Die von Schwal be entdeckten, den Hirnwindungen
entsprechenden Erhöhungen des Planum temporale vari¬
ieren bei künstlich deformierten Schädeln (Peruaner)
je nach der Art der Kompression.
Klaatsch (299) hat auf Grund eingehender
vergleichender Studien der anthropoiden Affen¬
gehirne und der Gehirne von Eingeborenen Süd¬
afrikas, Borneos und Australiens zwei verschiedene
Typen abscheiden können: einen „O-Typus“ (Orang)
und einen „W-Typus“ (Gorilla-Schimpanse). Beim
O-Typ läuft die Zentralfurche schräger und weiter
nach hinten als beim W-Typ, wo sie mehr ge¬
rade emporsteigt. Infolgedessen ist das Frontal¬
hirn beim O-Typ voluminöser, die Parietalzone
kürzer, der Lobus paracentralis und Praecuneus
mehr zusammengedrfingt, Incisura cinguli und
Fissura parieto-occipitalis näher aneinander ge-
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Vorderhirn.
47
rückt, dem oberen Ende der Zentralfurche mehr
genähert, der Lobus parietalis superior mehr nach
hinten und seitlich ausgedehnt. Der Sulcus fronto-
marginalis ist beim O-Typ steiler abwärts gerichtet,
der Orbitalteil des Stimlappens sehnabelförmig zu¬
gespitzt und kielförmig zugeschärft, während er
beim W-Typ flacher ist. Der Schläfenlappen be¬
sitzt beim O-Typ relativ größeres Volumen, krümmt
sich mehr medialwärts, seine untere Fläche ist
konkav ausgehöhlt. Am Occipitallappen ebarakteri-
siert den O-Typ das zungenförmige Herausragen
und die seitliche Ausdehnung der Sehsphäre.
Die Spitze des zungen förmigen Occipitallappens
entspricht der Stelle der zweiten Übergangswin¬
dung. Der linke Oecipitalpol ragt häufiger als
beim W-Typ über den rechten hervor; auch
andere Asymmetrieen kommen öfter beim O-Typ
als beim W-Typ vor. Die Malaven gehören dem
O-Typ, die Hereros dem W-Typ an. Bei den
Europäern wird 0- und W-Typ neben einander
angetroffen, scheinbar aber überwiegt in Mittel¬
europa der O-Typ.
Sehr interessant sind die Studien über das
Gehirn fossiler Menschen, die wir durch An¬
thony und Boule (300—301) erhielten. Es
zeigt sich, daß die beiden französischen Gehirne
noch in allem wesentlichen den Schädelausgüssen
des Neandertal- und Gibraltarmenschen gleichen
und es ist nicht sicher, ob die etwas verschie¬
dene Entwickelung der Gesamtgrüßen bei den
einzelnen wirklich gestattet, zwei verschiedene j
Gruppen anzunehmen. Der Verlauf der Furchen
und die relativen Größenverhältnisse der einzelnen
Lappen stellen diese Gehirne in die Mitte zwischen
die Anthropoiden und die Menschen.
Das Gehirn des Menschen von La Chapelle
aux-Saints ist lang, breit und namentlich im
Frontalabschnitte sehr flach, ganz wie das auch
an dem Neandertal- und dem Spyschädelausgusse
gefunden wird. Es hat an dem relativ kleinen
Stirnteil einen Schnabel, dessen Entwickelung
etwa zwischen der bei den Anthropoiden und den
lebenden Menschen gefundenen steht. Der hin¬
tere Abschnitt überdeckt das Kleinhirn, dessen
Remispären nicht so dicht bei einander stehen
wie hei dem heutigen Menschen, der Wurm ist
sichtbar (wohl eine Folge des kleinen Stirnlap¬
pens, Ref. E.). Alle Furchen sind sehr einfach;
die Sylvische Spalte klafft vorn so weit, daß
wohl der Frontalabsclinitt der Insel frei lag. Eine
Ausmessung der Oberflächen ergibt, dass der
Mensch nach Ausdehnung der Stirn- und Ocei-
pitalgegenden den Anthropoiden näher steht als
den lebenden Menschen. Die dritte Stirnwindung
hat einen sehr deutlichen Abdruck hinterlassen;
„La branche prösylvienne postörieure parait separer
la region postcrieure du cap de l’extreinitö in-
förieure de la frontale ascendante.“ Beim Men¬
schen macht sie immer noch eine Windung mehr.
So scheinen die Flechsigschen Sinnesfelder
sehr viel besser als die Assoziationsfelder ent¬
wickelt. Die linke Hemisphäre ist eine Spur
größer als die rechte.
Das Gehirn des fossilen Menschen von La
Quina gleicht dem vorigen sehr. Die geringen
Unterschiede mögen individuell sein oder durch
Differenz des Geschlechtes bedingt. Es ist etwas
kleiner und die Abflachung des Stirnteils ist
noch ausgesprochener. Die gemessenen Ober-
flächenzahlen sind genau die gleichen für beide
Gehirne. Es ist eine sehr deutliche Spur einer
Affenspalte erhalten.
c) Indiciduellcs. Künstler- und Gelehrten-Gehirne.
303. Landau. E„ Über individuelle, durch rncelia-
nisehen Druck benachbarter Windungen verursachte
Wachstunishcnimungen an der GehirnoUerfliiehc. 1 Taf.
Gegenbauers morph. .lahrb. Rd. 43. IT. 3. S. 441. 1911.
304. Wilder, B. (i., Kxhibition of and prolimi-
nary note upon a brain of about one-lialf the average
size frora a white man of ordinary weight and in-
tclligencc. Journ. of nerv, and ment. Dis. Bd. 2. 1911.
W. beobachtete bei eiurm Individuum con normaler
Intelligent ein Gehirn, das in totu nur 680g wog. Da¬
von kamen circa 544g auf das Großhirn, 13(jg auf
Kleinhirn, Pons und Oblongata. also im Verhältnis von
4:1, statt des gewöhnlichen Verhältnisses von 8:1.
305. Auerbach, Siegnnnid, Zur Lokalisation
des musikalischen Talentes im Gehirn und am Schädel.
III. Das Gehirn Bernhard Cossmauns. 3 Taf. Aroh.
f. Anat. u. Phys. |anat. Abt.| S. 1. 1911.
Nach Landau (303) ist es „beim Studium
einer Serie von Kassenhirnen gewiß am nächsten
liegend, nach einem Durchschnittstypus für jede
Rasse zu suchen, wozu es mir notwendig er¬
scheint, au jedem Gehirne einer derartigen Serie
alles Individuelle auszumerzen. Begegnet man
also an einem zu untersuchenden Gehirne indivi¬
duellen Klappdeckelbildungen, Tiefen Windungen,
teilweise operkularisierten Windungen, so ist es
geltoten, aus diesen Verhältnissen eine neue Ge-
himoberfläche zu rekonstruieren, bei der bedingten
Voraussetzung, daß alle Windungen dieses Gehirns
sich gleichmäßig entwickeln würden .... Alles
eben Gesagte ist vorläufig rein theoretisch.“
Auerbach (305) gibt einen dritten Beitrag
seiner Arbeiten über das Gehirn hoehmusikalischer
Menschen. Er hat diesmal das Gehirn von Bern¬
hard Cossmann, einem hervorragenden Cellisten,
untersucht. Wieder, wie an den früher vom
gleichen Autor geschilderten Gehirnen, ist der
obere Gyrus des linken Sehläfenlappens in seinem
mittleren und hinteren Drittel ganz auffallend ge¬
wunden. Auch der Gyrus supramarginalis links
ist auffallend hoch und breit. Ganz besonders
mächtig entwickelt aber sind die beiden Zentral¬
windungen, speziell die vordere. Auch rechts
ist die gleiche Gegend ebenso wie die erwähnte
Schläfenwindung etwas komplizierter gefaltet, als
man es sonst zu finden gewohnt ist. Hier ist
auch die mittlere Stirnwindung durch 4 schmale
parallele Gyri ersetzt. Die Heschlschen Quer-
j Windungen sind, besonders links, kräftig entwickelt.
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48
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Es muß aber fiir viele Details auf die sehr gut
illustrierte Arbeit verwiesen werden. Cossmann
hatte auch die merkwürdige Hervorwölbung der
linken Schläfengegend, die bei Koning, BiUow,
Loven, Helmholtz, Beethoven und Brahms ge¬
funden, aber bei Stockhausen von Auerbach
vermißt wurde.
d) Bau der Großhirnrinde.
(ßef. Dr. K. Brodmann, Tübingen.)
306. Brodmann, K., Neue Ergebnisse über die
vergleichende histologische Lokalisation der Großhirn¬
rinde mit besonderer Berücksichtigung des Stimhirns.
Vorhand!. d. Anat.-Ges. 1912. Anat. Anz. Bd. 26. S. 157.
307. Brodmann, K., Neue Probleme der Rinden¬
lokalisation. (Vortrag D. Verein f. Psychiatr. 1911.)
Zeitsehr. f. d. ges. Neur. u. Psych. lief. Bd. 3. S. 386.
308. Brodmann, K., Vergleichende Flächen¬
messungen der Großhirnrinde mit besonderer Berück¬
sichtigung des Stirnhirns. (Vortrag Südwestd. Neurol.
1912.)
309. C o 1 e, S. J., The coroparative anatomy of
the frontal lobe and its bearing upon the pathologie
of insanity. Journ: of ment. Sc. Bd. 10. S. 52. 1911.
Die vergleichende makroskopische Oberflächen¬
anatomie des Stirnhirns beim Affen ergibt analoge Ver¬
hältnisse wie die histologische Lokalisation, insbesondere
tritt aueh hier die phylogenetische Neuheit von F, zu¬
tage, während die Präfrontalregion nicht als Neuerwerb
anerkannt wird. Demenz kann also nicht auf Erkran¬
kung der letzteren beruhen.
310. Flores, A., Die Myeloarchitektonik und die
Myelogenie dos Cortex cerebri beim Igel. Journ. f.
Psych. u. Neur. Bd. 17. S. 215. 1911. (Voriger Bericht.)
311. Droogleever Fortuyn, De Cytoarchi-
tectonio der groote Hersenohoors van eenige Knaag-
dieren. Inaug.-Diss. Amsterdam 1911. (S. 1 u. 2 Taf.)
312. Drooglee ve r Fortuy n, On the cortex of
the auditory-centre, the insula and Brocas couvolutions
in a caso of the deaf-mutism. Arch. of Neur. u. Psych.
Bd. 5. 1911.
313. Jacob, C., La histoarquitectura comparada
de la corteza cerebral y su significacion para la psci-
cologia moderna. Arch. de Psiquiatr. y Crimiu. Bd. 10.
S. 385. 1911.
Vergleichend anatomisch lassen sich verschieden¬
artige Zellgruppen in der Hirnrinde abgrenzen, die mit
psychischen Funktionen in Beziehung stehen.
314. Isenschmid, Robert, Zur Kenntnis der
Großhirurindo der Maus. Berlin 1911. Reimer. 46 S.
5 Taf. u. 23 Fig. (Abh. d. K. Akad, Wiss. Berlin,
Anhang.)
315. Kappers, Ariens, Das phylogenetische
Alter der verschiedenen Kortexschichten und ihre Be¬
deutung für dio Klinik. Psych. u. neurol. Bladen. Bd. 15.
S. 189. 1911.
Da sich phylogenetisch und ontogenetisch zuerst
die granuläre, darauf dio infragranuläre und erst zuletzt
die supragranuläre Schicht entwickelt schreibt K. der
letzteren die höhere Funktion zu.
316. King, Jessie L., Localisation of the motor
arca in the shnep’s brain by the histological method.
9 Fig. Journ. of compar. neurol. Bd. 21. H. 3. S. 311.
June 1911.
Dio obere Frontalwindung enthält beim Schaf die
gleichen Zellcleinente wie die motorischen Zellen beim
Menschen und niederen Säugerarten. Innerhalb ihres
Areals und etwas daneben befindet sich die elektrisch
reizbare Zone. Die kleinsten Zellen enthält der vordere
Anteil der Frontalwindung, die größten finden sich in
der Gegend der Fissura splonialis.
317. Lad am e, La structure cyto-architectonique
de l’ecorce cerebrale. (Dapres les travaux de Brod¬
mann.) Revue de neur. Bd. 22. S. 593. 1911.
Bericht über die Arbeiten des Ref. ohne eigene
Untersuchungen.
318. Mauss, Th., Die faserarchitektonische Gliede¬
rung des Cortex cerebri der anthropomorphen Affen.
Journ. f. Psych. u. Neur. Bd. 18. Ergh. 3. 1911.
319. Mauss, Th., Über die Entwicklung und den
gegenwärtigen Stand der histologischen Lokalisation des
Cortex cerebri. Eine zusammenfassende Übersicht.
Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Ref. Bd. 5. S. 1.
1912.
Kritischer Sammelbericht mit ausführlichem Lite¬
raturverzeichnis.
319a. Mari nesco, G., Quelques recherches de
paliometrie. Revue de neur. Bd. 19. S. 281. 1911.
Im vorigen Bericht besprochen.
320. Marinesco, G., et T. Mironesco, Morpho¬
logie et ovolution des cellules de Cajal. Journ. de Neur.
1911.
320a. Marinesco, G., et M. Goldstein, Sur
l’architecture de I’ecorce de l'Hippocampe et son rapport
avec l’olfaction, L’Encephale Bd. 61. S. 1. 1911.
321. Melius, E. Lindon, The development of
the cerebral cortex. 2 Fig. Atner. Journ, of Anat.
Bd. 14. S. 107. 1912.
M. konnte noch im Großhirn eines 8monatlichen
Fötus und bei einem Nougeborenen das Vorhandensein
einer „Übergangsschicht“ im Sinne von Bis, parallel
zur Ventrikelwandung und von dort aus radiär zur
Rinde (besonders Okzipitalrinde, Inselrinde) ausstrah¬
lende Haufen von embryonalen Zellen naehweiseu, die
er der Mehrzahl nach für Neurohlasten, der Minderzahl
nach für Spongioblasten hält. Die Rindenentwicklung
sei also nicht, wie bisher angenommen wurde, im
5. Monate des Fötallebens abgeschlossen, sondern dauert
bis Dach der Geburt fort.
322. Melius, E. Lindon, A contribution to the
study of the cerebral cortex in man. Eight Fig. Anat.
Record Bd. 5. H. 10. S. 473. October 1911.
323. Mott, Schuster and Sherrington, Motor
localisation in brain of the Gibbon with a histological
examination. Folia ncurobiol. Bd. 5. S. 699. Proc. R.
Soc. B. 84. N. B. 5C8. Biol. Soc. S; 67. 1911.
Das elektromotorische Reizfeld stimmt bei Gibbon
mit der histologischen Präzentralzone völlig überein.
Bemerkenswert ist die mächtige Frontalausdehnung der
intermedial Präzentral-Area oder des Typus 6 vom Ref.,
was den hervorragenden motorischen Tätigkeiten des
Tieres entspricht
324. Brown, T. G., and Sherrington, Loca¬
lisation in motor cortex of the baboon (l’apio anubis).
Journ. of Phys. Bd. 43. 1911.
Die Lokalisation der motorischen Rinde bei Babuin
steht etwa in der Mitte zwischen Makakus und Anthropo¬
morphen. Dio Reihenfolge der Spezialfoci für einzelne
Innervationsgebiete von unten nach oben ist: unteres
Gesicht, oberes Gesicht, Hals, Arm, Brust, Bauch, Boin,
Darm. Die Gesichtsbewegungen sind besonders fein
differenziert. Vielfach kommt Überlagerung der Felder
vor, besonders für Hals und Arm, Arm und Brust.
325. Mayer, Otto, Mikrometrische Untersuchun¬
gon über die Zelldichtigkeit der Großhirnrinde bei den
Affen. Journ. f. Psych. u. Neur. Bd. 19. S. 233. 1912.
326. Mayer, \V., Vergleichende Untersuchungen
über die Zelldichtigkeit der Großhirnriude in der Säuge¬
tierreihe. (Vortrag.) Ref. D. Zeitschr. f. Nervenheilk.
Bd. 45. 1912.
327. Messner, Funktionslokalisation und anato¬
mische Gliederung der Großhirnrinde bei den Haus¬
säugern. (Mit 5 Textfig.) Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 16.
1912. (Sammelreferat.)
328. Nissl, F., Zur Lehre von der Lokalisation
in der Großhirnrinde des Kaninchens. I. Völlige Iso-
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Vorderhirn.
49
Gerung der Hirnrinde beim neugeborenen Tiere, Sitzungs¬
bericht Heidelberger Akad. Bd. 38. 1911.
329. Preda, G., et 0. Vogt, La mycloarchitec-
ture de l’ecorce du cerveau chez les Lemuriens (Lemur
catta). Compt. rend. Soc. biol. Bd. 72. H. 2. S. 71. 1912.
Myeloarchitektonisch zeigt sich eine feinere Itinden-
differenziei ung als zytoarchitektonisch; P. u. V. konnten
38 Einzelfelder bei Lemur unterscheiden. Die Lokali¬
sation im Ganzen stimmt mit der nach der Zellstruktur
überein. Furchen- und Feldergrenzen decken sich nur
teilweise.
330. Roncoroni, L., Ricerche sulla eitoarchi-
tettura corticale. Riv. di Patol. nerv, e ment. Bd. Iß.
H. 1. S. 1. 1911.
331. Roncoroni, L., Corticometria di alcune area
della corteccia cerebrale. Boll. d. Soc. med. Parma,
Ser. 2. Bd. 4. H. 1. S. 17. 1911.
332. Roncoroni, L., Contributo alla conoscenza
della struttura e della funzioni dei lobi prefrontali.
(Nota prev.) Boll. d. Soc. med. Parma. Ser. 2. Bd. 4.
II. 5. S. 113. 1911.
333. Roncoroni, Luigi, Le funzioni dei lobi
prefrontali in rapporto ai dati architettonici. Riv. di
Fatol, nerv, e ment. Bd. 16. H. 9. S. 521. 1911.
In der Hauptsache theoretische Erörterungen über
die Beziehungen der histologischen Prafrontalregion zu
klinisch-experimentellen Ergebnissen. Die Präfrontal¬
zone ist weder motorisch, noch sensibel-sensorisch,
sondern dient höheren psychischen, affektiven und asso¬
ziativen Funktionen.
In einem zyto- und myeloarchitektonisch unter¬
suchten Gohirn fand R. im wesentlichen dio gleiche
Lokalisation wie Vogt und Ref.: Geringe Divergenzen
ist er geneigt, durch individuelle Variation der Grenzen
oder dio Technik zu erklären. Merkwürdig ist die
Angabe von R., daß auch F„ gleich den übrigen Fruntal-
■windungen bistriär sei, während Vogt und Knauer
hier einen unitostriären Bau feststellten.
334. Rondoni, Pietro, Considorazioni sopra il
Iavoro dei Prof. Roncoroni : Ricerche sulla cito-archi-
tettonica corticale. Riv. di Patol. nerv, e ment. Bd. 16.
S. 100.
Polemik und Prioritätsansprüche gegen Roncoroni.
335. Roncoroni, L., Riposta alla nota dei dott.
P. Rondoni. Riv. di Patol. nerv, e ment. Bd. 16. S. 103.
1911.
Antwort auf Rondonis Polemik.
336. Rose, M., Histologische Lokalisation der
Großhirnrinde bei kleinen Säugetieren (Hodentia, In-
sectivora, Chiroptera). 54 Textfig. n. 15 Doppeltaf.
Journ. f. Psych. u. Neur. Bd. 19. Erg.-H.2. S. 391. 1912.
337. Schuster, E., Preliminary note upon the
cell lamination of the cerebral cortex of ochidna with
an enumeration of the fibres in the cranial nerves.
Froc. R. 8. B. Bd. 82.
338. Schuster, E. H. J., Cortical cell lamiDation
of the hemispheres of papio hamadryas. 7 Taf. Quart.
Journ. of mierosc. Sc. N. S. Nr. 224. (Bd. 56- H. 4.)
S. 613. 1911.
339. Spielmeyer, W., Fortschritte der Ilirn-
rindenforschung. Münchn. med. Wocb. 1913. Nr. 60. S. 30.
(Übersicht.)
340. Van Valkenburg, C. T., Concerning tho
starting-points for a localisation in the cerebral cortex.
Prinzipielle Erörterungen ohne eigene Befunde.
341. Van Valkenburg, C. T., Der Ursprung der
Fasern in Corpus callosum und Psalterium.
Nach Durchschneidung des Balkens und Psalteriums
(Katze und Kaninchen) degenerieren Zellen in der sub-
graoulären (V.) Schicht vollständig, weßhalb diese als
TJrsprungszellen der Balkenfasorn anzusprechen sind;
aber auch in Zellen anderer Schichten finden sieh Ver¬
änderungen neben aktiver Gliawucherung (s. auch
de Vries).
Edingfer*W allen b erg, Zentralnervensystem.
342. Vogt, Oskar, Nouvello coutribution a Tetude
de la myeloarchitecture de l'ecorce cerebrale. Revue
neur. 1911. S. A.
343. Vogt, Oskar, Die Myeloarchitektonik des
Isocortex parietalis. 3 Taf. u. 4 Fig. Journ. f. Psych.
u. Neur. Bd. 18. Erg.-H. 2. S. 379. 1911.
344. de Vries, Über die Zvtoarchitektonik der
Großhirnrindo der Maus und über die Beziehungen dor
einzelnen Zelldichten zum Corpus caliosum auf Grund
von experimentellen Läsionen. Folia neurobiol. Bd. 6.
1912.
345. Winkl er, C., and A. Potter, An anatomical
guide to experimental researehes on the rabbits brain.
A Serie of 40 frontal sections. 40 Taf. Amsterdam 1911.
(S. Nr. 14.)
346. Zunino, G., Sulla citoarchitettonia della
corteccia cerebrale dei microcirotteri. 3 Taf. u. 4 Fig.
Arch. ital. di anat. e di embriol. Bd. 10. H. 1. S. 145.1911.
Eine größere Reihe von Spezialarbeiten beschäf¬
tigt sich mit vergleichenden Studien über den
Rindenbau und die topographische Kortexlokali¬
sation bei agyrenzephalen kleinen Säugetieren, so
Isenschmid (314) und de Vries (344) bei
der Maus, Win k ler-Potter (345) und Nissl
(328) beim Kaninchen, Zunino (346) bei Mikro-
chiropteren, Droogleever Fortuyn (311)
bei verschiedenen Nagem und schließlich Rose
(336) bei einer größeren Anzahl von Vertretern
aus verschiedenen Ordnungen, wie Rodentier, In¬
sektivoren und Chiropteren. Erfreulicherweise
zeigt sich zumeist gute Übereinstimmung der loka-
lisatorischen Ergebnisse im Ganzen und in den
wesentlichen Grundzügen, wenn auch in Einzel¬
heiten Abweichungen sowohl der Befunde wie der
Auffassungen bei den verschiedenen Autoren ver¬
kommen und diese Differenzen mangels hinreichen¬
der vergleichend-anatomischer Erfahrungen in ihrer
Bedeutung da und dort gelegentlich überschätzt
worden sind. Leider ist das unglückliche Bestreben
zu konstatieren, jede oft unwesentliche Divergenz
zum Anlaß neuer verwirrender Nomenklaturen zu
nehmen, unbekümmert um bereits eingebürgerte
ältere Bezeichnungen. Ganz auf die früheren
Hirnkarten des Referenten stützen sich Winkler
und Potter, Nissl, Zunino und Rose, wäh¬
rend Isenschmid, de Vries und Fortuyn
bei Maus und anderen Nagern teilweise eine ab¬
weichende eigene Einteilung mit besonderen Namen
bringen.
Von Winkler und Potter (14,345) liegt über
die Kaninchenrinde ein Atlas mit Tafeln vor, der
unter Zugrundelegung meiner Hirnkarte vom Ka¬
ninchen auf 40 Frontalschnitten eine bildliche
Darstellung der Zyto- und Myeoloarohitektonik
dieses Tieres gibt und ein ausgezeichnetes Hilfs¬
mittel zur Vergleichung und zur gegenseitigen
Verständigung darstellt.
Nissl (328) legt denn auch seinen Rinden¬
studien diesen Atlas zugruude und sucht an
der Hand desselben experimentell die Frage zu
entscheiden, welche anatomischen Zusammen¬
hänge die einzelnen Schichten der Großhirnrinde
besitzen. Nach völliger Isolierung des Kortex
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50
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
einer Hemisphäre beim neugeborenen Tier (mit
einer sinnvollen und besonders subtilen Technik
durchgefiihrt), sah Nissl, „daß trotz abso¬
luter Funktionsunmöglichkeit die Binde sich weiter-
entwickelt und zwar in allen ihren Schichten“, —
aber „die einzelnen Schichten entwickeln sich nicht
in gleichförmiger Weise weiter, sondern die größten
Zellausfälle sind in Schicht V — VI zu konstatieren“.
Im Ganzen scheint der Zellausfall in diesen Schich¬
ten um so geringer zu werden, je mehr man sich
dem Hinterhauptspol nähert und je weiter man
sich ventralwärts begibt, aber auch der Lobus
pyriformis wird bei völliger Rindenisoliemng be¬
einflußt. Eine besondere Stellung scheint das
Ammonshorn und die retrospleniale Rinde einzu-
nehmen. Durchschneidung der Commissura fim-
briae erzeugt keine Degeneration in den Zellen
des Ammonshorns. Merkwürdigerweise ließen sich
auch nach völliger Rindenisoliemng keine wesent¬
lichen Veränderungen im Brückengrau nachweisen.
Nissl schließt aus seinen Befunden zweierlei,
einmal: cs besteht eine ganz enorme und uner¬
wartete Immanenz des Bildungsmaterials der Iünde.
In einem von seiner Umgebung gänzlich abge¬
trennten Rindenstückchen sind — sofern es ge¬
nügend ernährt wird — nicht nur alle Schichten
vorhanden (allerdings mit Zellausfall), sondern es
bleibt auch der zytoarchitektonische regionäre
Typus in ihm nachweisbar und es entwickeln
sieh sogar markhaltige Fasern in ihm.
Die zweite wichtige Folgerung ist, „daß nicht
der Gesamtquerschnitt der Konvexitätsrinde gleich¬
artig innig mit dem übrigen Zentralorgan xu-
sammenhängt, sondern- daß die Beziehungen zwi¬
schen den beiden inneren Schichten der Binde
und den übrigen Gehirnteilen unverhältnismäßig
inniger und größer sind, als diejenige der übri¬
gen (äußeren) Schichten“.
Gleichfalls auf experimentellem Wege nimmt
de Vries (344) das Problem der Zytoarchitek-
touik in Angriff. Seine topographische Felder¬
gliederung weicht bezüglich der Einzclgrenzen
erheblich von denen von Isenschmid, Rose
und Fortuyn ab. Er sucht den Zusammenhang
der Balkenfaserung mit bestimmten Rindenschichten
und Rindenfeldern auf Grund von Balkendurch-
schneidungen festzustellen und kommt zu folgen¬
den Ergebnissen: a) die Ursprungszellen der Bal¬
kenfasern liegen in der V. Schicht (Ganglien¬
schicht, der Ref.); über die Endigungszellen ist
nichts sicheres auszusagen, b) die Balkenfasern
verlaufen von ihrem Durchtritt durch den Balken
in der gleichen Querebene bis zur Rinde, c) die
Ansiedelung der Balkenfaserung ist auf wenige
Felder (B, C und D) beschränkt, d. h. einen Be¬
zirk, der etwa dem vorderen oberen Quadranten
der Konvexität entspricht
Isenschmid (314) gibt eine deskripte Dar¬
stellung des kortikalen Zellenhaues der Maus bei
jugendlichen und erwachsenen Tieren an der Hand
von Mikropholographieen der verschiedenen Rin¬
dentypen. Er nimmt mit Vorbehalt den sechs-
schichtigen Grundtypus des Ref. zur Grundlage
| seiner Schichtenstudien, obwohl er im Gegensatz
| zu Rose (s. dessen Photographieen) eine deut¬
liche Sechsschichtung bei der Maus nicht gefun¬
den hat — wohl aber bei Ratte und Kaninchen —.
Die innersten Schichten erreichen früher ihre volle
Breite als die äußeren. Der agranuläre Riesen-
pyramidentypus macht ontogenetisch kein granu¬
läres Vorstadium durch (kontra Brodmann).
Topographisch unterscheidet I. drei große
Gruppen von Feldern: ein dorsolaterales, ein fron-
tomediales und ein subokzipitales Gebiet. Das
dorsolaterale Gebiet umfaßt den größten Teil der
Konvexität mit Ausnahme des vordersten und
mediansten Teils desselben; das frontomediale Ge¬
biet bedeckt den Frontalpol und den größten Teil
der Medianfläche, das subokzipitale liegt kaudal
und lateral vom Splenum und entspricht der Regio
retrosplenialis des Ref. Jedes Gebiet zerfällt in
eine Mehrheit von Einzelfeldem; das erstere schließt
die motorische und optische Zone ein, ohne daß
I. bestimmt zu sagen vermöchte, welchem Einzel¬
felde er diese Spezialfunktionen zuschreiben soll.
Droogleever Fortuyn (311) hat seine
lokalisatorischen Riudenstudien auf eine breitere
Basis gestellt als die beiden Vorgenannten. Er
untersuchte außer der Maus noch Kaninchen, Hase,
Eichhörnchen, Ratte, Meerschweinchen und japa¬
nische Tanzmaus an Schnittserien und gibt von
jedem Tier ejne eigene topographische Felderkarte
der Hirnrinde mit strenger Durchführung der
Homologieen der einzelnen Typen. Auch er kommt
in unwesentlichen Punkten zu Besonderheiten der
Feldergliederung, die man m. E. gegenüber den
prinzipiellen Übereinstimmungen in den großen
Zügen nicht überschätzen sollte.
Neben konstanten Feldern gibt es solche,
welche nur einer Spezies oder einem Genus zukom¬
men, was schon frühere Forscher festgestellt hatten.
Stellenweise fand F. Überlagerung und Durchein-
| anderliegen von Feldern „mit fantastischen Grenz-
i linien“; manchmal war ein Typus wie eine Insel-
' gruppe innerhalb eines anderen Feldes gelegen,
j Solche Rindenfelder nennt F. ,,dimorf‘.
Den Hauptnachdruck legt F. auf die Unter-
j suchung der Hörrinde, ohne daß es ihm gelang,
( mit Sicherheit einen Zusammenhang zwischen der
! Entwicklung des anatomischen „Ilörfeldes“ und
1 der Hörfunktion, d. h. der Ausbildung des asso-
I ziativen Hörens bzw. des peripheren Hörorgans
(Zahl der Cochlearisfasem und -Windungen) bei
einem Tiere festzustellen. Er findet darin einen
Gegensatz zu Motts Ergebnissen an der Seh-
rinde (deren Richtigkeit übrigens zu bezweifeln
ist. Ref.) und zu Ariöns Kappers Angaben
über die Riechrinde. Auch bei der Tanzmaus
konnte kein Unterschied hinsichtlich der sog. Hör-
rinde von der gewöhnlichen Maus nachgewiesen
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Vorderhirn.
werden, obwohl erstere taub ist. F. hält die
Tanzmaus nicht für ein pathologisches Produkt,
sondern für eine Varietät der Mus Wagneri
(rotans).
In einem Falle erworbener Taubstummheit
(312) mit Epilepsie und Schwachsinn (!) fand F.
einerseits starke Veränderung der „giant-cells“
innerhalb der Heschlschen Querwindung und der
oberen Temporalwindung (Feld 41 und 42, und
Feld 22 Brodmanns), andererseits Schichten¬
reduktion (III—V) innerhalb Feld 22, doch ist
F. selber zweifelhaft, ob diese die Ursache der
Taubstummheit sind. Insel und Broca wurden
normal gefunden. Die Befunde stehen nicht im
Einklang mit denen von Bing und Brouwer.
Die umfassendsten Rindenstudien über gyren-
zephale kleine Säuger verdanken wir Rose (33C).
Er hat sein Material drei verschiedenen Ordnun¬
gen (Rodendem, Insektivoren und Chiropteren)
entnommen, und im einzelnen an 49 Totalserien,
darunter 35 Paraffin- und 14 Zelloidiuserien die
Gehirne von Maus, Meerschweinchen, Maulwurf,
Spitzmaus und Fledermaus rindentopographisch
untersucht und daneben zum Vergleich auch ein¬
zelne, schon von anderen Autoren lokalisatorisch
bearbeitete Tiere, wie Kaninchen, Ziesel und Igel
herangezogen. Diese Untersuchungen sind umso
wertvoller, als gleichzeitig der Zellen- und Faser¬
bau berücksichtigt wird und die Hirnkarton wio
die sonstigen lokalisatorischen Ergebnisse in frucht¬
barster Weise auf die beiden sich ergänzenden
topographischen Methoden zugleich sich stützen.
Außerdem werden die vorgetragenen Auffassungen
durch zahlreiche, meist mikrophotographische Be¬
lege (auf 15 Doppeltafeln und vielen Textfiguren)
erhärtet, sodaß sich hier wertvolle Ergänzungen
zu den Bildertafeln von Winkler und Pott er
finden.
Rose findet auch bei diesen kleinen Säuge¬
tieren in Übereinstimmung mit Brodmann den
zellulären sechssehiehtigen Grundtypus am aus¬
geprägtesten und ausgedehntesten bei den größeren
unter den Nagern, wie Kaninchen, Meerschwein¬
chen, Ziesel und Maus, weniger typisch, aber
immerhin unverkennbar auch in der sehr primi¬
tiven Rinde von Spitzmaus und Fledermaus (ent¬
gegen Haller u. a.). Bei der fötalen und
jugendlichen Spitzmaus besteht in Übereinstim¬
mung mit dem ontogenetischen Grundgesetz eine
sehr viel ausgesprochenere kortikale Sechsschich-
tung. Eine Drei- oder Vierschichtung als Grund¬
typus der Rinde lehnt Rose, wie übrigens auch
Zunino, gegenüber Haller ab.
Bezüglich der Feldergliederung konstatierte
Rose eine weitgehende und prinzipielle Über¬
einstimmung zwischen den kleinen Mammaliern
untereinander und mit größeren Sippen. Er
fand einerseits Ähnlichkeit in der Gesamtanlage
der Arealisierung, andererseits Konstanz von Haupt¬
regionen und Einzelfeldern bei allen untersuchten
i
I
51
Tieren, ja es läßt sich sogar feststellen, daß dir
kleinsten und primitivsten Tiere wie Fledermaus
und Maus eine Anzahl strukturelle Rindentypen
und Felder mit dem Menschen gemeinsam haben,
■uenn auch in erheblich modifizierter und verein¬
fachter Form. Überhaupt versteht es sich von
seilst, daß es sich bei allen solchen Homologi¬
sierungen zumeist um inklomplette Homologien,
teils defektiver, teils augmentativer Art (Für¬
bringer) handelt, wie Rose mit Recht aus¬
führt. Die größte Konstanz zeigen die Haupt¬
zonen und einige strukturell extrem differenzierte
und physiologisch ausgezeichnete Gebiete. Du
allgemeinen zeigt sich, wie schon Brod mann
früher festgestellt hat, daß bei Arten der gleichen
Ordnung mid unter sonst im ganzen gleichen
Bedingungen die Zahl der ; yto- und myelo¬
architektonisch unterscheidbaren Rindcnfelder um
so größer ist, je grö/ier eine Tierart ist. Im
übrigen aber besteht kein Parallelismus zwischen
Felderzahl und Hirngröße innerhalb der Säuge¬
tiere, so z. B. besitzt der Maulwurf trotz seines
größeren Hirngewichts (ebenso wie Pteropus)
weniger Einzelareae als die Maus. Im ganzen
zeichnen sich also die Rodentier durch eine
reichere Rindendifferenziemng (Felderzahl) vor
den Insektivoren und mehr noch vor den Mikro-
ehiropteren aus. Rose unterscheidet beim Meer¬
schweinchen 40 Felder, bei Maus 36, bei Maul¬
wurf 30, Spitzmaus 23, Fledermaus 25 (im
Gegensatz zu dem makrochiropteren Pteropus mit
30 Feldern).
Von Einzelbefunden sind vor allem zwei be¬
deutungsvoll: 1. daß bei allen Nagern und In¬
sektivoren die Regio praecentralis (motorische
Zone) bis zum Frontalpol reicht, daß also diesen
Tieren eine eigentliche Slimhirnrinde nicht zu-
kommt, wie es schon früher Brodmann für
andere Tiere, speziell Spermophilus und Erinaceus,
nachgewiesen hatte. 2. daß eine strukturelle
Differenzierung zwischen postzentraler und parie¬
taler Ilauptzonc noch nicht eingetreten ist, viel¬
mehr eine primitive ungesouderte Struktur bestellt.
Mauss (318) läßt seinen früheren myelo¬
architektonischen Studien an niederen Affen eine
Parallelarbeit über die Anthropoidenrinde folgen.
Er fand auch hier (Orang und Gibbon) den
sechsschichtigen bitriären Grundtypus 0. Vogts
als einheitlichen Bauplan und daneben zahlreiche
regionäre Modifikationen im Schichtenbau, bedingt
einerseits durch Differenzen in der Faserdichtigkeit
und dem morphologischen Verhalten der faserigen
Elemente, andererseits durch Verschiedenheiten
in der Schichtungsbildung, die sich teils in Ver¬
mehrung oder Verschmelzung oder Umlagerung
von Grundschichten, teils in Schwankungen der
Schichten und Rindenbreite kund gibt. Im all¬
gemeinen zeigen diese tektonischen Differenzierungs-
formeu bei allen Simiern ein prinzipiell gleich¬
artiges Verhalten und es ergibt sich damit eine
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52
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
weitgehende Übereinstimmung der Myeloarchitekto¬
nik des Codex cerebn bei anthropromorphen und
niederen Affen. Demnach liegt die breiteste Rinde
in frontalen (und insulären) Typen, die schmälste
iu okzipitalen; der Faserreichtum ist bei beiden
Gruppen am größten in den Zentralwindungen
und um den Occipitalpol, am geringsten in ven¬
tralen Temporalwindungen, und im Gyrus cinguli,
besonders oralwärts. Die Schichtung tritt am
deutlichsten hervor in occipitalen Abschnitten
und verliert sich nach vorne mehr und mehr;
das gleiche gilt von der Rindenmarkgrenze. Die
Übereinstimmung der Fasertektonik erstreckt sich
sogar auf Einzelheiten der Grundschichten.
Ihr stehen ziemlich erhebliche und wesent¬
liche Differenzen in der topographischen Felder-
gliedcrung gegenüber, die sich hauptsächlich in
der reicheren Felderdifferenzierung , also in der
größeren Zahl tektonisch differenzierter Areae, aber
auch in Lage- und Größenverschiedenheiten der
Felder und Regionen kund geben. Durchaus gleich¬
artig oder homolog sind bei Anthropoiden und nie¬
deren Affen dieFelder 1—6 (also die Rindengebiete
um die Zentralfurche), daun die Inselrinde mit
Feld 13—16, die okzipitalen und temporalen
Felder 17—23,Teile der postsplenialen und hippo-
kampischen Region (Feld 26—32). Nicht homo-
logisierbar sind manche frontale, parietale und
operkulare Felder.
Den 31 Einzelareae bei Ceropithecus stehen
40 bezw. 41 Strukturfelder bei Gibbon und
Orang gegenüber. Dieser Zuwachs verteilt sich
auf verschiedene Windungsgebiete. Im Temporal¬
lappen der Anthropoiden lassen sich 3 (2) Felder
mehr unterscheiden als bei niederen Affen, in
der Regio hippocampica und retrosplenialis je 2,
in frontalen, insularen und cingulären Abschnitten
je 1 Feld.
Allgemein wird man daraus schließen dürfen,
daß bei aller Verwandtschaft im myeloarchitektoni¬
schen Gesamtaufbau der Großhirnrinde aller Affen
die topische Differenzierung bei den Anthropoiden
zweifellos auf einer höheren Entwicklungsstufe
steht als bei den höheren Affen, ein Ergebnis,
das im ganzen mit demjenigen Campbells über-
einstimmt. Die einzelnen Strukturtypen sind durch
zahlreiche Abbildungen (Zeichnungen auf Licht¬
drucktafeln) erläutert.
Dexler (288) widmet in seiner Monographie
über das Sirenengehirn dem Bau des Kortex einen
ziemlich breiten Raum. Die Rindenstruktur des
Endhirnes wird im allgemeinen als eine sehr
primitive bezeichnet. Während die Rinde des
Archipallium eine ähnliche histologische Zusammen¬
setzung hat wie die anderer Säuger, ist der
Kortex des Neopallium sehr zellarm und wenig
gegliedert.
Die laterale Hemisphärenrinde besitzt mit
Ausnahme der ventrokaudalen Region eine fünf¬
fache zelluläre und faserige Schichtung (aus der
Abbildung läßt sich indessen deutlich der Sechs¬
schichtentypus des Ref. erkennen!). Dorsomedial
und kaudal wird diese Fünfschichtung vereinfacht.
Die different gebauten Rindengebiete, von denen
Dexler mehrere unterscheidet, gehen mit ganz
allmählichen, an keine Furchen gebundenen Um¬
formungen in einander über und nirgends lassen
sich so scharf differenzierte Rindenfelder um¬
grenzen, wie dies bei höheren Säugerklassen der
Fall ist. Die ganze Seitenfläche der Hemisphäre
vom Stimpol bis zu ihrer kaudalen Umbeugung
nach der Cerebellarfläche hat strukturell ein ein¬
heitliches Gepräge. Eine besondere Struktur zeigt
der mediane Randbogen der Hemisphäre, auch
die Rinde des Stirnlappens zeigt einen etwas ab¬
weichenden Bau. Ein Klaustrum ließ sich nirgends
nachweisen, ebenso wenig ist eine äußerlich ab-
grenzbare, durch Furchen oder Windungen aus¬
gezeichnete Insel zu erkennen, dagegen ist ein
histologisch, strukturell und topographisch homo¬
loges Inselgebiet als Linsenkernrinde vorhanden.
Es ist aber wegen der schmächtigen Entwicklung
des Rindenmantels nicht operkulisiert, wodurch
Verhältnisse geschaffen werden, wie sie an fötalen
Gehirnen vielfach auftreten.
Das Neopallium bei den Sirenen ist demnach
auf einer so niederen Stufe der Entwickelung
stehen geblieben, daß man es für ein fötales
Gehirn halten könnte. Die Großhirnhemisphären
bilden dickwandige Blasen, deren lichte Weite
ihrer Wandstärke fast gleichkommt, ein Verhalten
ähnlich dem niederer Nager. Dieses sonderbare
Stehenbleiben des Neopalliums auf einer so frühen
Entwicklungsstufe hat nach D. in der Klasse der
Säugetiere kaum ein Gegenstück. Eine aquatile
Adaption ist darin nicht zu erblicken, da sie allen
übrigen Seesäugern fehlt
Einer Spezialuntersuchung über die Mikro-
chiropteren ist die Arbeit von Zunino (346)
gewidmet. Z. tritt in strengem Gegensatz zu
Haller und mit Rose dafür ein, daß der
Schichtenbau dieser sehr primitiven Rinde sich
ebenfalls auf den sechsschichtigen Grundtypus
des Ref. zurück führen lasse. Im gangen gliedert
Z. mit Ref. die Rinde (Pteropus) bei den Fleder¬
mäusen in 6 Hauptregionen und jede von diesen
wieder in eine oder mehrere Areae. Er unter¬
scheidet eine Regio praecentralis (1 Feld) post-
centralis (2), parietalis (4 und 5), iusularis (6), tem-
poralis(7,8, 9), occipitalis(lO), cingularis(ll—14),
hippocampica(15—17)undolfactoria(Feld 20—21).
Eine Regio frontalis vermißt er ebenso wie Brod¬
ln ann und Rose vollständig bei den Mikro-
chiropteren. Die lokalisatorischen Ergebnisse sind
in manchen Feldern erheblich andere als die¬
jenigen Roses, doch können hier diese Einzel¬
heiten nicht erörtert werden. Nachprüfungen au
größerem Material wird Klärung bringen.
Schuster (337) beschreibt in einer vor¬
läufigen Mitteilung die Kortexstruktur bei Echidna.
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Vorderhirn,
53
Er kommt zur Abgrenzung von 5 zytoarehitekto-
nischen Feldern. Typus 1 hat keine trennbar
differenzierte Schichtung und liegt au der Median¬
fläche nach außen vom Sulcus hippocampi bis
zum Sulcus vallaris; Typus 2 erstreckt sich eben¬
falls an der Medianfläche von letzterer Furche bis
zur Mantelkante und ist fünfschichtig. Typus 3,
gleichfalls fünfschichtig, nimmt den größten Teil der
lateralen Konvexität ein und reicht ventrahvärts bis
zur Fissura postsylvia anterior Ziehens; Typus 4
(■vierschichtig) dehnt sich ventral von dieser Furche
bis zum Sulcus rhinalis aus, umfaßt also den ventro-
kaudalen Teil des lateralen Neokortex; Typus 5
schließlich läßt 6 Schichten erkennen UDd nimmt
die ganze Rinde nach einwärts von der Rhinal-
fissur ein, dürfte also der sogenannten „Riech¬
rinde“ der Autoren (Cortex heterogeneticus. Ref.)
entsprechen. Bezüglich der Furchen schließt-sich
Sch. an Ziehen au. In der Schichtenauffassmig
•wird jede Beziehung auf einen einheitlichen tekto¬
nischen Grundplan vermißt, während Ref. schon
früher bei den Monotremen und zwar sowohl bei
Echidna wie Ornithorhynchus den sechsschichtigen
Grundtypus der Mammalierrinde nachweisen konnte,
wie übrigens neuerdings Ariöns Kappers auch
an einem jugendlichen Edentatengehirn.
Gering ist die Zahl der Arbeiten über den
Bau der menschlichen Hirnrinde in den zwei
Berichtsjahren.
0. Vogt (342, 343) bringt in Fortführung
seiner früheren myeloarchitektonischen Rinden¬
studien beim Menschen spezielle lokalisatorische
Untersuchungen über zwei weitere Hemisphären¬
abschnitte, den Scheitellappen und den Gyrus hippo¬
campi, die er beide in eine große Zahl struktu¬
reller Einzelfelder zerlegt.
Er nimmt eine strukturelle Zergliederung der
Großhirnrinde vor in Isokortex und Allokortex.
Als Isokortex werden alle im Faserbau wohl¬
geschichteten und euradiären Typen zusammen¬
gefaßt; zum Allokortex gehören die supraradiären
und rudimentär geschichteten Formationen, im
wesentlichen also die Gebiete des „Rhinenzepha-
lon“ früherer Bezeichnung oder des „Cortex hetero¬
geneticus“ des Ref.
Als Isocortex parietalis (343) beschreibt V.
den ganzen Lobus parietalis, einschließlich der
hinteren Zentralwindung und der angrenzenden
Teile des Gyrus cinguli post. Letzterer ist zum
großen Teil „propesupraradiär“ und zerfällt in
sechs verschiedene Areae. Der größere Rest des
Scheitellappens teilt sich in eine Reihe von
Subregiones, Divisiones, Subdivisiones und Einzel-
areae auf, alle nach den in früheren Berichten
besprochenen myeloarchitektonischen Prinzipien
differenziert.
Der Hauptsache nach gliedert sich myelo¬
architektonisch der Isocortex parietalis in 1. das
bistriäre Gebiet des Gyrus centralis posterior
mit den angrenzenden Teilen des Operculum und
! Parazentralläppchens (Subregio eueingulata, Feld
i <17—75); 2. den Lohulus parietalis superior -f
| Pmceuneus, gleichfalls in ganzer Ausdehnung bistriär
(Divisio bistriata, Feld 79—85); 3. den Lobus
parietalis inferior, größtenteils uuito- beziehungs¬
weise astriär (Divisio unito-propeastriata, Feld
86 — 90; 4. den angrenzenden Gyrus cinguli poste¬
rior, der -wieder in einem dorsaleren kleineren
; Abschnitt von unistriärem Charakter (Feld 76—79)
und einen ventrokaudalen von fast supraradiärem
Bau, dicht über dem Balken gelegen ( Regio supra-
radiaia, Feld 91—96), zerfällt.
Zum Allokortex rechnet 0. Vogt (342) 1. Bul¬
bus, pedunculus und trigonum olf., letzteres mit
drei myeloarchitektonisch differenzierten Einzel¬
feldern ; 2. den hinteren Teil des Gyrus olf.
medialis; 3. den Gyrus olf. lateralis mit sieben
verschiedenen Strukturfeldcm; 4. Gyrus suhcallo-
sos + Septum lucidum ; 5. Substantia perforata an¬
terior mit mindestens 3 Areae; 6. Indusium grisc-
um des Balkens; 7. Gyrus hippocampi + Hippo-
I campus.
I£ine nähere Beschreibung erfährt die Rinde
des Gyrus hippocampi und das Ammonshom,
ferner die Insel. Als rars hippoeampica be¬
zeichnet Vogt nicht nur das Ammonshorn mit
der Fascia dentata, sondern er rechnet — entgegen
Retzius und E. Smith und übereinstim¬
mend rnit dem Ref. — auch den ganzen Uncus
dazu. Der Gyrus hippocampi (deuxieme circon-
vol. limbique) zerfällt in eine sehr viel größere
Zahl von Einzelfeldern mit gesondertem Faser¬
bau (etwa 20), als die Cytoarchitektonik unter¬
scheiden läßt, darunter auch der vordere Ab¬
schnitt der Regio retrosplenialis des Ref. mit
5 Areae, ferner der Nucleus amygdalae, Gyrus
ambiens und semilunaris von Retzius.
Die Regio insularis, die durch Ausbildung
des Claustrum als einheitliche Hauptzone struk¬
turell hinreichend gekennzeichnet ist, zerfällt
myeloarchitektonisch zunächst in zwei große Sub¬
regionen, a) den Allocortex insularis, etwa dem
Gyrus olfactorius lateralis entsprechend, unter
dem Limen insulae (Schwalbe) gelegen, aus
7 Einzelareae bestehend (aii_ 7 ), b) den Isocortex
insularis, die wahre Insel über dem Limen, aus
6 Feldern bestehend (ii_e)- 1° der Inselrinde
vereinigen sieh nach Vogt die Strukturmerkmale
mehrerer anderer Hauptregionen, abgesehen davon,
daß sie in ganzer Ausdehnung und in allen Fel¬
dern das gemeinsame Kennzeichen des Claustrums
besitzt. So kann man eine vordere Inselpartie
mit den tektonischen Kennzeichen von F 2 und F s ,
eine mittlere mit Merkmalen von Ca und Cp und
schließlich eine hintere mit solchen des Oper¬
culum parietale unterscheiden, ganz abgesehen da¬
von, daß die unterste Inselpartie zum Allocortex
supraradiatus gehört. Es zeigt sich darin eine
sehr weitgehende strukturelle Differenzierung, für
die wir ein entsprechendes physiologisches Kor-
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54
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
relat noch nicht im entferntesten besitzen. Die
Annahme besonderer assoziativer Funktionen in
der Insel wird als rein hypothetisch abgelehnt.
Auch Marineseo und Goldstein (320)
haben sich mit dem Bau des Gyrus hippocampi
beim Menschen beschäftigt und geben eine zyto-
architektonische Hirnkarte, die in einigen Kleinig¬
keiten von der des Ref. ahweicht. Sie beschreiben
im Einzelnen die tektonisch-histologischen Eigen¬
schaften der verschiedenen differenzierten Areae
und geben von den meisten derselben gute Über¬
sichtsbilder. Gyrus hippocampi UDd Ammons-
hom sind nach M. die spezifische Riechrinde, wobei
die aus der vergleichenden Rindentektonik her¬
vorgehende Tatsache übersehen wird (0. Vogt,
Brodmaun), daß nur ein Teil dieser Felder mit
dem Riechvermögen in Beziehung stehen kann,
da sie auch bei Anosmatikern ausgebildet sind.
Brodmaun (306) hat, hauptsächlich veran¬
laßt durch die auf rein makroskopisches Studium
der groben Oberflächenmorphologie an Rassen¬
gehirnen gegründeten anthropologischen Schlu߬
folgerungen von Klaatsch (299), der nach der
Größe des sog. „Stirnhirns“ verschiedene Haupttypen
von Menschen, einen orangoiden Osttypus mit
großem Stirnvolumen und einen gorilloiden-schim-
pansoiden Westtypus mit geringem Stimhirnum-
fang, unterscheiden wollte, auf histotopographischem
Wege an zahlreichen Vertretern verschiedener Säuge¬
tierordnungen bestimmt, was überhaupt „Stirn-
himrinde ", d. h. das Homologon der menschlichen
Regio frontalis (praefrontalis) ist. Sein Unter¬
suchungsmaterial erstreckt sich auf Marsupialier,
Edentaten, Insektivoren, Rodentier, Chiropteren,
Carnivoren, Prosimier, Simier und Menschen. Er
kommt zu folgenden Hauptergebnissen:
Der Lobus frontalis alter Bezeichnung zerfällt
in zwei strukturell grundverschiedene Hauptzonen:
a) die Regio praecentralis (motorische Region),
die neben dem Archipallium, der Insel u. a. das
konstanteste Gebiet ist, bei keinem Mammalier
fehlt und in ihrem relativen Flächenumfang nur
innerhalb enger Grenzen variiert; b) die Regio
frontalis (präfrontalis), die sehr inkonstant, nur
bei höher organisierten Gehirnen als besondere
Strukturzone ausgebildet ist und namentlich bei
den Primaten wieder in eine mehr minder große
Anzahl spezifisch differenzierter Einzelfelder zer¬
fällt, während sie dagegen bei der Mehrzahl der
primitiven Sippen vollständig fehlt. Bei diesen
letzteren dehnt sich die motorische (präzentrale)
Zone (oder auch die Insel) bis zum Stirnpol aus.
Die mächtigste Entfaltung hat die Regio fron¬
talis bei den Primaten und unter diesen in erster
Linie beim Menschen. Die Stirnhirnrinde um¬
faßt hier nahezu l / 8 der Gesamtrinde, während
sie bei Anthropoiden nur rund 1 / 10 bis höchstens
I / 6 ausmacht. Der Mensch hat also im Verhält¬
nis zur Gesamtrinde einen etwa doppelt so großen
Stirnhirnumfang wie die höchststehenden Affen
(Schimpanse), rund einen dreifach größeren als
der Gibbon und die niederen Affen und durch¬
schnittlich einen 5—1 Ofach höheren als die Mehr¬
zahl kleinerer primitiver Sippen. Den letzteren
fehlt das Stirnhirn vielfach ganz, wie auch Rose
und Zunino gefunden haben.
Ein spezifisches Merkmal des menschlichen
Stirnhirns ist die Ausbildung einer vmteren Stim-
w'indung (F s ), die durch einen eigenartigen Schich¬
tenbau von der übrigen Frontalrinde differenziert
ist. Außer dem Menschen besitzt kein anderer
Säuger einen entsprechenden Strukturtypus, der
mit der menschlichen Subregio unitostriata infra-
frontali-s (0. Vogt und Knauer) zu homologi-
sieren wäre. Die frühere Dreigliederung des
Stirnhirns der Anthropoiden, nach Analogie der
3 menschlichen Stirnwindungen, ist daher nicht
haltbar. Ein strukturelles Homologon von F s be¬
steht bei den Anthropoiden überhaupt nicht.
Was makroskopisch als untere Stirnwindung er¬
scheint, zeigt histologisch nicht den Bau der prä¬
frontalen granulären Rinde des Menschen, sondern
hat eine Struktur, die dem motorischen Präzentral-
typus entspricht; jene Windungszüge sind mit
anderen Worten dem motorischen Rindengebiete
des Menschen homolog zu setzen und nicht der
Brocaschen Sprachzone.
Trotz der makroskopisch-morphologischen Über¬
einstimmung, die für Klaatsch Ausgangspunkt
seiner Betrachtungsweise und entscheidend ist, zeigt
sich an diesem Beispiele, daß Rindenteile, mögen
sie im übrigen noch so große äußere Formähnlich¬
keit aufweisen, strukturell ganz ungleichartig sind
und demnach nicht als homologe Bildungen aufge¬
faßt werden dürfen. Die Makromorphologie des
Gehirns erweist sich daher für anthropologische
Vergleichungen, wie sie Klaatsch anstrebt, als
unzureichend und irreführend, sofern sie nicht
durch das histotopographische Studium des Rinden¬
baues ergänzt und kontrolliert -wird.
Mikrometrische Einzelstudien, teilweise in An¬
lehnung an ältere lokalisatorische Arbeiten brin¬
gen Roncoroni, 0. Mayer, W. Mayer,
Melius.
Roncoroni (330. 331) bestimmte die Dicken¬
oder Breitenverhältnisse am Rindenquerschnitte
des Menschen au einer größeren Reihe B r o d -
mann scher Felder: Area 9 und 11 (Regio
frontalis), Area 4 und 6 (Regio praecentralis),
Area 1, 2 und 3 (Regio postcentralis), Area 39
(Regio parietalis), Feld 17 oder Area striata, Feld 22
(Regio temporalis), sowie schheßlich in der hin¬
teren, granulären Hälfte der Insel, also aus den
verschiedensten Abschnitten der Großhirnober¬
fläche. Die Ergebnisse sind tabellarisch zusam¬
mengestellt. Sie bilden eine Ergänzung zu den
älteren analogen Untersuchungen von Bolton,
Campbell, Brodmann, Marinesco (siehe
frühere Berichte).
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Vorderhirn.
55
Außer dem Gesamtdurchmesser der Rinde
wurde der sogenannte Index supra-infragranularis
gemessen, d. h. das Verhältnis der III. Schicht
einerseits zur Breite der V. und VI. Schicht zu¬
sammengenommen andererseits. R. legt beson¬
deren Nachdruck auf die Feststellung großer indi¬
vidueller Unterschiede innerhalb einer Area sowohl
hinsichtlich der Gesamtbreite (Durchschnittswerte), ]
wie seines Schichtenindex. Die konstantesten
Zahlen fand er in der Area striata und giganto-
pyramidalis, also in Rindenfeldern mit extrem
•differenzierter Struktur und bekannter Funktion.
Was R. über die Beziehungen der Einzel¬
schichten und über das Verhalten beim Fötus
und Affen sagt, hat mehr theoretischen Wert und
ist im Original nachzulesen.
Melius (322) hat an 3 menschlichen Ge¬
hirnen Messungen symmetrischer Stellen
III. Stirnwindhing (und I. und II. Temporalwin-
dung) auf der rechten und linken Seite ange-
stellt und fand eine stärkere Entwickelung aller
Schichten auf der linken Seite. (Ein genauer
Vergleich seiner Ergebnisse zeigt allerdings teil¬
weise gerade ein umgekehrtes Verhalten, d. h. ein
Cberwiegcn der rechten Hemisphäre.) Bedenklich
ist ferner, daß über das zur Untersuchung ver¬
wendete Material gänzlich ungenügende Daten
bekannt sind; es wird nicht angegeben, ob es
sich um Rechts- oder Linkshändigkeit handelte;
von einem Gehirn fehlte jede Kenntnis der Her¬
kunft (Geschlecht, Alter, Rasse, Todesart) völlig.
0. und W. Mayer (325. 326) machten ver¬
gleichende mikrometrisehe Untersuchungen über
die Zelldichtigkeit und deren regionäre Verschie¬
denheiten innerhalb der Großhirnrinde unter Zu¬
grundelegung der histotopographischen Lokalisa¬
tion von Brodmann. Erstercr beschränkt sich
auf eine Vergleichung der Gehirne verschiedener
Affenarten (2 Anthropomorphe, 2 niedere Ost¬
affen, 2 Westaffen), letzterer zieht Vertreter aus
mehreren Ordnungen der Säugetierreihe zum Ver¬
gleiche heran (Mensch, Affe, Halbaffe, Meer¬
schweinchen, Kaninchen, Ratte, Maus, Beutel¬
ratte). Die Ergebnisse beider Arbeiten sind
wesentlich übereinstimmende.
Bezüglich der regionären Zdldichtigke.il finden
sich gesetzmäßige örtliche Abstufungen im Zell-
rcichtum derart, daß ,,Dichtigkeitszonen 1 ' mit hohen
Zellzahleu regelmäßig abwechseln mit Gebieten
niederen Zellgehaltes, sogenannten ,, Auf locker ungs-
xonen' 1 . Die Anordnung und Reihenfolge dieser i
Zonen ist eine konstante in allen Gehirnen und
entspricht deu tektonischen Hauptfeldern und
Regionen. Zonen hohen Zellgehalts sind 1) die
Regio occipitalis, insbesondere das fokale Feld 17
(histologische Sehsphäre), 2) die Regio postcen-
tralis (sensibles Rindengebiet) und 3) die granu¬
lären Felder der Regio frontalis. Zwischen diesen
zell reichen Sektoren liegen zellarme Gebiete; der
zellärmste (gemessene) Bezirk ist allenthalben das
Feld 4 oder die motorische Rinde in der Regio
praecentralis, der zellreiehste das Feld 17 der
Calcariuarindc. Es ergibt sich also ein konstantes
Vorhalten der Zelldichtigkeitskurve für die Säugc-
tieninde: Ansteigen in den granulären Frontal¬
feldern (soweit diese entwickelt sind), Abfall in
der Präzentralzone, Ansteigen im Postzentral¬
gebiet , schwankendes Verhalten, zumeist mit
Abfall im Parietallappen und schließlich starker
Wiederanstieg in der Occipital-, speziell Calcarina-
rinde. Der Zollgehalt der Sehrinde (Feld 17) ist
bei manchen Tieren, insbesondere niederen Affen,
nahezu um das Dreifache höher als der der moto¬
rischen Rinde (Feld 4), beim Kapuzineraffen bei¬
spielsweise in der Sehrinde 6170 Zellen auf
1 qmm gegen 2318 iu der motorischen Rinde.
Noch deutlicher wird dieser Unterschied im
der Zellreichtum, wenn man die TJinxeIschichien ver¬
schiedener Zonen miteinander vergleicht. Der
weitaus zellreichste Teil der Hirnrinde ist in allen
Riiulcnfelderu die IV. Schicht oder innere Körner¬
schicht und die höchsten Zahlen finden sich bei
dieser wieder innerhalb des Occipitallapen, ins¬
besondere der Sehrinde: man zählt hier bei einigen
Tieren (Cebus, Saimiris) mehr als 9000 Zellen
im Quadratniillimeter gegenüber rund 4—5000
der gleichen Schicht in anderen Feldern. Die
Differenzierung nach dem Zellgchalt ist bezüglich
der Einzelschichten im Okzipitallappen höher fort¬
geschritten als in anderen Rindengebieten, etwa
im Frontallappen.
Was sclilicßlich den Zellreichtum homologer
Rindenfelder bei- verschiedenen Tieren betrifft, so
hat sich — im Gegensatz zu der früheren An¬
nahme, daß die Zelldichtigkeit ein Ausdruck für
die geistige Entwickelung eines Tieres sei — er¬
geben, daß nirgendwo und bei keiner Tiergruppe
ein gesetzmäßiger Parallelismus zwischen dem
Zellgehalt und der Organisationshöhe oder der
systematischen Stellung eines Tieres besteht. Dies
zeigt sich schon beim Vergleich verschiedener
Affen (O. Mayer): die durchschnittlich zell¬
reichste Rinde besitzen nicht die niedrigsten Affen
(Hapaliden), sondern dieCebidcn, also einer höheren
Organisationsstufe angehörige Sinder wie jene. Und
andererseits zeigt sich zwar bei hochstehenden
Primaten, wie dem Schimpansen ^und noch mehr
beim Menschen) der geringste Zellgehalt unter
allen Tieren, aber von den Anthropoiden besitzt
eine Familie, der Gibbon, wieder einen sehr großen
Zollreichtum, der zweifellos beträchtlicher ist, als
der mancher im System viel tiefer stehender
pithekoiden Affen. Und schließlich ergibt sich
nach W. Mayor (326) sogar, daß die Maus, obwohl
sehr primitiv und im System niedrig stehend,
zwar eine relativ große Zelldichtigkeit der Rinde
aufweist, daß aber trotzdem die mancher Primaten
(Cebus) noch höher ist, obschon diese zweifellos
als viel intelligenter gelten dürfen. Daraus gehl
hervor, daß zwischen dem Zellreichhun der Groß-
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56
Edinger und Wallen berg, Anatomie des Zentralnervensystems.
hirnrimlc und der geistigen oder sonstigen Ent¬
wickelung eines Tieres —, auch wenn man nur
streng homologe Strukturfclder vergleicht, was ein
selbstverständliches Postidat ist — keinerlei feste
und gesetzmäßige Beziehung besteht. Wir müssen
uns vorläufig mit der Feststellung begnügen, daß
die Zelldielitigkeit der Hirnrinde bei verschie¬
denen Tieren eine sehr verschiedene ist (bei man¬
chen Tieren im Verhältnis von 2 l J 2 :l, also um
das mehrfache größere als bei anderen), ohne für
diese Tatsache vorläufig eine physiologische Er¬
klärung zu haben. Die früheren Theorien halten
gegenüber einer mikrometrischen Nachprüfung an
lokalisierten Rindenfeldern nicht Stand. Innerhalb
mancher Ordnungen scheint ein gewisser Zu¬
sammenhang zwischen Hirngewicht und kortikaler
Zelldichtigkeit zu bestehen; dies gilt aber keines¬
falls für den Vergleich verschiedener Ordnungen
oder gar der ganzen Säugetierreihe.
In Anwendung der Prinzipien der histo¬
logischen Lokalisation auf die Pathologie unter¬
scheidet Brodmann (307) zwei Richtungen
histopathologischer Rindentopographie:
a) eine Pathologie der Struktur oder Patho-
tcklonik, die sich mit den Abweichungen des ty-
pischen Schichtenbaues (Cyto- und Myeloarchi¬
tektonik) unter krankhaften Bedingungen beschäf¬
tigt und festzustellen hat, ob und inwieweit bei
gewissen psychischen Krankheitsformen umschrie¬
bene tektonische Störungen in der Großhirnrinde
bestehen.
b) eine Pathologie der Feldergliederung oder
Pathotopik. Diese letztere hat statistisch die indi¬
viduellen Variationen der Rindenfelderung unter
normalen Bedingungen, also die Unterschiede in
Anordnung, Größe, Gestalt und räumlicher Ver¬
teilung von tektonischen Areae in der Norm zu
bestimmen und dann zu untersuchen, ob in einem
bestimmten Falle pathologische Abweichungen von
dem festgestellten Durchschnittstypus vorliegen.
Bezüglich eines Rindenfeldes, der Area striata
oder histologischen Sehsphäre, hat B. diese
Vorarbeit durchzuführen gesucht und außer beim
Gesunden zugleich auch bei mehreren patho¬
logischen Gehirnen topometrisch die Größe und
Flächenverteilung der Area striata bestimmt. Jn
der Norm beträgt die Oberflächenausdehnung der
Sehsphäre beim Menschen durchschnittlich als
Mittelwert 3450 qmm, d. h. etwa 3% der Gesamt¬
rindenfläche, bei niederen Affen 13%i bei Krallen¬
affen bis 21 °/ 0 , Hund ll°/ 0 , Pteropus 15°/ 0 ,
Kaninchen 8 1 / 2 °/ 0 , Igel 4%) Beutelratte 6°/ 0 .
Unter pathologischen Bedingungen (Mikrocephalie,
Idiotie, tuberöse Sklerose, Huntington Chorea, Tabes-
Amaurose) kommen wesentliche Abweichungen
vor und man hat danach pathologische Vergröße¬
rungen und Verkleinerungen, Verlagerungen und
(JestallsverSchiebungen von strukturellen Rinden-
feldem zu unterscheiden, die teils als Ausdruck
partieller Rindenagenesieen oder Rindenhyper-
plasieen, teils als Folge von Atrophien und
Narbenschrumpfungen aufzufassen sind.
Nach Marinesco und Mironesco (17a, 320)
finden sich C a j a 1 sehe Zellen in der ganzen
Rinde bis ins höchste Greisenalter, weun auch in
geringer Zahl, im Gegensatz zu Ranke, der be¬
hauptet hatte, daß diese Zellen im postfötalen
Alter ganz verschwinden. Vereinzelte dieser Zellen
gehen wohl im Laufe der Entwickelung zugrunde
— wofür Rückbildungsprozesse an ihnen sprechen,
die man zuweilen nachweisen kann —, im übrigen
aber ist ihre Verminderung mir eine scheinbare,
bedingt durch die wachsende Flächenausdehnung
der Großhirnoberfläche. Die Hauptbedeutung der
Zellen fällt ins fötale Entwickelungsstadium, doch
lehnen die Verf. die Hypothese ab, daß sie zur
Lnnervatiou der Gefäße in Beziehung stehen.
e) Faseranatomie; Striatum, Mißbildungen.
347. Giannuli, F., Sull’anatomia delle radiazioni
Rolandiche. Rivist. sper. di Freniatria. Bd. 37. S. 481
u. S. 581. 1911.
348. Van Valkenburg, C. T-, Contribution ä
l’etude de la Constitution de la substance blanche tem-
poro-occipitale de l’homme. Psych. en Neurol. Bd. 4/5.
Bladen 1911.
349. Löwenstein, Kurt, Zur Kenntnis der Fa¬
serung des Hinterhaupts- und Schläfeulappens (Sehstrah¬
lung, unteres Längsbündel, TüVeAsches Bündel) nebst
klinischen Bemerkungen über Tumoren des rechten
Schläfenlappens. 18 Fig. im Text. Arb. a. d. Hirnanat.
Inst, der L'nivers. Zürich, Direktor Prof. v. Monakow.
Bd. 5. 8. 242. 1911.
350. Zingerle, H., Über einseitigen Schläfenlap¬
pendefekt beim Menschen. Journ. f. Psych. a. Neur.
Bd. 18. S. 205. 1911. Mit 2 Textfig. u. 19 Abbild, auf
3 Doppeltaf,
351. Mi ngaz zi ni, G., Über die Beteiligung beider
Ilirnhemisphären an der Funktion der Sprache (gleich¬
zeitig ein pathologisch-anatomischer Beitrag zum Stu¬
dium einiger Hirnformationen). Fol. Neur.-Biol. Bd. 7.
H. 1/2. 1913. 7 Taf. mit 35 Fig.
352. Gans, A., Der mikroskopische Befund des
O oldst einsdien Falls von linksseitiger Apraxie. 13 Fig.
auf 3 Taf. Fol. Neur.-biol. Bd. 6. S. 787. 1912.
Thrombose der Art. cerebralis anterior mit benach¬
barten Ästen der Cerebralis posterior batte zur Erwei¬
chung fast des ganzen Balkenkörpers, des vor und über
ihm liegenden Teils des Gyrus cinguli, der unteren zwei
Drittel der medialen, hinteren Hälfte der ersten Fron-
talwinduug, der unteren zwei Drittel des Parazentral¬
lappens, oines mittleren Abschnitts des Nucleus caudatus
und der frontalen Hälfte des Praeeuneus geführt. Aus
den Weigert- Degenerationen folgt: Das Tapetum ent¬
hält größtenteils Kommissurenfasern, daneben vielleicht
Projektions- und Assoziationsfasern. Das occipito-fron-
tale Bündel des balkenlosen Gehirns kommt in normalen
Gehirnen nicht vor (kontra Onufrowicz). Das Zin-
gulum enthält ebenso wie die Stria longitudinalis nur
kurze Fasern. Dia Corona radiata des mittleren Teils
des Frontallappens enthält fast nur frontifugale Fasern.
353. Fawcett, Brain with an enormously enlargcd
Claustrum. Journ. of Anat. and Phys. Bd. 47. H. 1.
S. 116. 1912. 8 Fig. [Dem Ref. nicht zugänglich.]
354. Harvey, Richard W., The volume of the
ventricles of the brain. 1 Fig. Anat. Record. Bd. 5.
H. 6. S. 301. 1911.
Das Volumen der Ventrikel scheint im umgekehrten
Verhältnis zuin Hirngewicht zu stehen.
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Vorderhirn.
57
355. Shimazono, J., Das Septum pellucidum des
Menschen. 3 Taf. Arch. f. Anat. u. Phvs. Anat. Abteilg.
S. 55. 1912.
356. Levi-Valensi, Le Corps Calleux. Etüde
anatomique, Clinique et physiologique. Paris, Steinheil
1910.
Anatomisch nichts neues, wesentlich symptomato-
logisch. Apraxie usw.
357. Van Valkenburg, C. T., The origin of the
fibres of the Corpus callosum and the psalterium. 7 Textfig.
2 Taf. Koninkl. Akad. van Wetenschapp. te Amster¬
dam, Proc, of the Meet. of May 27. 1911.
Dnrchschneidungen des Balkens und des Psalterium
bei Katzen führten zuNissl- und Weigert-Dege¬
nerationen, aus denen hervorging, daß beide Kommis¬
suren aus der subgranulären Rindenschicht entspringen.
Die Balkenfasern endigen in dorsalen und dorsolateralen
Teilen der Hemisphäre.
358. von Niessl-Mayendorf, Demonstration
von Horizontalschnitten durch beide Hemisphären, nach
Weigert-Pal gefärbt. 17. Vers, mitteldtsch. Psych.
u. Neur. Leipzig, 21. u. 22. Oktober 1911. Ref. Arch,
f. Psych. Bd. 49. 8. 656. 1912.
Der Balken enthält lediglich Kommissurenfasern
zwischen identisch gelegenen Rindenstellen.
359. de Vries, J., De cellulaire houw der groote
hersenschors van de muis en de veranderingen daarin
na doorsnijding van het corpus callosum. Inaug.-Diss.
Groningen 1911.
360. Marchand, F., Demonstration von Präpa¬
raten von totalem und partiellem Mangel des Balkens
ira menschlichen Gehirn. Mit 1 Abb. Verb. d. Anat.
Gesellsch. a. d. 25. Vers, in Leipzig vom 23.-26. April
1911. Anat. Anz. Bd. 38. Erg.-Heft S. 217. 1911.
Präparate eines fünften von M. beobachteten Falles
von Balkenmangel sowie Vergleich mit den früheren.
Die übertretenden Balkenfasern scheinen konform Cajal
der Hauptsache nach nicht Komraissuren-Fasern, son¬
dern Kollateralfasern zu sein, die bei Balkenmangel nicht
zur Ausbildung kommen, während die Hauptfasern nor¬
mal entwickelt oder hypertrophiert sind.
361. Derselbe. 17. Vers, mitteldtsch. Psych. u.
Neur. in Leipzig 21. u. 22. Oktober 1911. Ref. Arch.
f. Psych. Bd. 49. H. 2. S. 655. 1912.
362. LandBbergen, F., Über Balkenmangel-
Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psxch. Orig. Bd. 11. S. 515.
1912.
363. Stoecker, Über Balkenmangel im mensch¬
lichen Gehirn. Arch. f. Psych. Bd. 50. S. 543. 1912.
Junger Paralytiker. An Stelle des fehlenden Bal¬
kens das „frontooccipitale Assoziationsbündel' 1 . „Rück¬
läufige 11 Balkenscbicht und Tapetum vorhanden; getrennte
Fomixschenkel, kein Septum .pellucidum. Starke Aus¬
bildung des Gyrus foraicatus. Normale Commissura
anterior. Furchenverlauf weicht mehrfach von der
Norm ab.
364 Flechsig, Demonstration eines Falles von
Balkenmangel bei einem Mikrozephalen. 17. Vers,
mitteldtsch. Psych. u. Neur. Leipzig 21. u. 22. Oktober
1911. Ref. Arch. f. Psych. Bd. 49. S. 656. 1912.
Radiale Anordnung der Furchen. Die Windungen
der Hirnoberfläche werden durch den Druck der wach¬
senden Fasern hervorgestülpt, zuerst die Zentralwin-
dungen. Das Fehlen der Längswindong hängt vielleicht
mit den fehlenden Balkenfasern zusammen.
365. Mingazzini, G., Über die verschiedenen
Systeme von Nervenfasern im Balken des Menschen.
2 Taf. Monatsschr. f. Psych. u. Neur. Bd. 31. H. 6.
S. 505. 1912.
366. de Lange, 8. J., Phylogenese des Striatums.
Nederl. Tijdschr. voor Geneesb. Bd. 55. H. 2. S. 906.
1911. Psych. en Neur. Bladen Bd. 15. S. 453. 1911.
(Sitzgs.-Bericht). Ref. Zeitschr. f. Neur. u. Psych. Re¬
ferate u. Ergehn. Bd. IV. H. 2. S.- 118. 1911.
Ed inger-Wallenberg, Zentralnervensystem.
deL. unterscheidet das Paläostriatum mit hypotha-
lamischen Verbindungen vom Archistriatum, das durch
tertiäre Riechfaserverknüpfungen und die Commissura
interepistriatica charakterisiert ist und dem Neostriatum
mit der thalamo-striatalen Bahn und dem Nucleus ac-
cumbens septi.
367. Gr instein, A., Documenta pour l’etude des
voies eonductrices du corps strie.
Nucleus caudatus und Putamen erhalten nach Grin¬
st ein keinerlei Fasern aus der Rinde, nur in den Glo¬
bus pallidus treten solche ein. In diesen gelangen auch
Fasern aus dem Nucleus caudatus unter Durchquerung
der Kapsel. Direkte Caudatusfasern zum Thalamus lassen
sich nicht nach weisen. Die meisten Fasern des Putaraeu
endigen im Globus pallidus; was durchpassiert, bildet,
vereint mit direkten Fasern aus dem Globus pallidus,
die Ansa lenticularis, die an den bekannten Orten des
Hypothalamus endigt. Nach einem Referat der Revue
Neurologiquo. Nr. 6. Mars 30. 1912.
368. Grinste in, A. M., Zur Frage von den Lei¬
tungsbahnen des Corpus Striatum. [Vorlaut. Mitteilg.J
Neur. Zentralbl. S. 659. 1911.
Experimentelle Ijisionen des Corpus Striatum bei
Hunden fühlten zu M arch i - Degenerationen, aus denen
G. folgende Schlüsse zieht: Die meisten Fasern aus dem
Schweifkem und dem Putamen enden im Globus palli¬
dus, eine kleine Anzahl im Thalamus via capsula interna,
im Corpus Luys (aus dem Putamen) und vielleicht in
der Substantia nigra. Zweifelhaft sind Linsenkern-Fasem
zum roten Haubenkern.
369. Grinstein, A., Zur Frage von den Leitungs¬
bahnen des Corpus striatum. KorsaJcoffschex Journ. f.
Neuropathol. u. Psych. (russ.) Bd. 10. S. 947. 1911.
Ref. in Zeitschr. f. Neur. u. Psych. Ergehn, u. Ref.
Bd. 2. S. 780. 1910.
370. Ugolotti, F., Sopra un caso di lesione dcl
nucleo lenticulare di sinistra. 6 F'ig. Rivist di Patol.
nervosa e mentale Bd. 16. H. 8. S. 471. Agosto 19. 1911.
Eine Hämorrhagie in den kaudalsten Abschnitt des
linken Putamen nebst Klaustrum und geringer Beteili¬
gung der angrenzenden Inselrinde, bei nahezu völliger
Verschonung der inneren Kapsel hatte u. a. zur Marchi -
Degeneration aberrierender Pyramidenbündel geführt,
die innerhalb der Brücke in dem Areal der medialen
Schleife liefon und iu der Oblongata zum Teil in die
Olivenzwischenschicht gerieten, zum Teil die Oliva in¬
ferior außen umkreisten. U. macht sie für die intra
vitam bestehende Sprachstörung verantwortlich.
371. Blumen au, L., Zur Kasuistik der Hirnblu¬
tungen und zur Frage von den Systemen des Corpus
striatum. Xorsakofisches Journ. f. Neuropath. u. Psych.
(russ.) Bd. 10. S. 753. 1911. Ref. Zeitschr. f. d. ges.
Neur, u. Psych. Ref. u. Ergehn. Bd. 3. H. 6. S. 525.
1911.
M archi-Präparate in einem Fall von Hirnblutung
mit größter Ausdehnung im mittleren Teil des Linsen¬
kerns und Durchbruch in den Seitenventrikel zeigten De¬
generationen der F'asciculi strio-hypothalamiei, desFascic.
lenticularis Forel bis zur Höhe des roten Haubenkems,
dor Fascic. strio-luysiani zum Corpus Luys und zur Sub¬
stantia nigra, der Ansa lenticularis zum kaudalen Tha¬
lamus, der Fascic. strio-thalamici und vielleicht auch
der Fibrae thalamo-corticales.
372. Le ybo/f,Moses, Zy to-architektonische Stu¬
dien über den Nucleus caudatus. Diss. nied. Berlin 1911.
N iss 1-Färbung der von Cajal im Nucleus cau¬
datus unterschiedenen Kerne bei Hund und Kaninchen:
Nucleus dorso-medialis mit 2 Zelltypen (zahlreiche kleine,
geringe Zahl großer), Nucleus ventro-lateralis mit Sub-
nucleus a, b, c, die zahlreiche Riesenganglienzellen führen,
Subnueleus d mit kleinsten Elementen. Genaue Be¬
schreibung der Zelltypen.
373. Harvev, Richard, A preliminary report
on the asymmetry of the basal ganglia. 6 Fig. The
Anatomical Record Bd. 7. H. 1. 8. 17. 1913.
8
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58
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Von 9 Gehirnen zeigten 78°/ 0 ein größeres Caput
nuclei caudati auf der linken als auf der rechten Seite,
dem entsprach auch eine Vergrößerung des linken Vor¬
derhorns, ferner ■war in der Hälfte der Fälle der rechte
Linsenkern größer als der linke und der linke Thalamus
größer als der rechte. Also nicht nur das Pallium,
sondern auch die Basalganglien können bei der Präpon-
deranz einer Hemisphäre beteiligt sein.
374. Chörie-Ligniere, Massimo. Di un caso
di pigmeismo in una donna dell'Appennino Parmense.
Atti della soeietä Romana di Antropologia Bd. 16. H. 1.
1911.
In einem Falle von Zwergwuchs war auch die
Schädelhöhle nebst Gehirn etwa halb so groß als bei
normalen Individuen (671 ccm). Die Rindenoberfläche
zeigte große Vereinfachungen der Windungen und Fur¬
chen, im übrigen aber war das Gehirn normal entwickelt.
Die Intelligenz konnte ebenfalls als normal bezeichnet
werden.
Giannuli (347) hat verschiedene klinische
Fälle, deren Gehirne Rindenläsionen hatten, auch
anatomisch genauer studiert Wenn die Zentral-
-windungen zugrunde gehen, degenerieren dreierlei
Bilndelarten: 1. Unter den Assoziationbahnen der
Faseiculus arcuatus, die Fasciculi centro-frontales,
Fasciculi centro-parietales, der Faseiculus unci-
natus und fronto-occipitalis. Der letztere endet
nicht im Tapetum, wie man allgemein annimmt.
2. Von den Kommissurenfasem entarten Balken¬
fasern, welche sich über die Gegend des Lobus
paracentralis ausbreiten. 3. Die Projektionsfasern
aus der Rolandoschen Region treten durch den
hinteren Schenkel der Kapsel, nahe am Knie und
verbreiten sich längs dem Medialrand des Linsen-
kernes. Auf der Schnitthöhe der Commissura
hypothalamica nehmen sie die ganze Dicke der
Capsula interna ein, dann tritt das Tiircksche
Bündel auf. An Schnitten vor der Commissura
hypothalamica sieht man im hinteren Teil des
Kapselsegments Fasern, welche die Kapsel kreuzen
und zwischen Linsen- und Schwanzkem ver¬
laufen, — es handelt sich offenbar um die längst
bekannten Tractus strio-thalamici. Ref. Nach G.
gibt es Einstrahlungen aus der Rolandoschen
Zone in den Linsenkern, die wesentlich im Globus
pallidus endigen und zwar in dessen kaudalstem
Drittel. Schließlich treten aus der R o 1 a n d o sehen
Zone, wie auch längst bekannt ist, Fasern zu
dem Nucleus externus thalami, auch in die hin¬
teren ventralen Kerne. Sehr wahrscheinlich geht
ein Teil der Strahlung zum Thalamus erst durch
die Linsenkerne hindurch. Von den Pyramiden¬
bahnen ließen sich im Hirnschenkelfuß und Pons
die Rindenfasern zu den Hirnnerven nicht scharf
scheiden. Es liegt wohl an der Methodik, deun
mit der Marchi-Methode gelingt das ganz
leicht. Ref. G. kann natürlich nicht der älteren
Meinung von Luciani und Tamburin i bei¬
treten , daß das subkortikale Grau die gleiche
Funktion wie das Rindengrau hat.
Bei einem Epileptiker mit großer (im Kindes¬
alter entstandenen?) Zyste des rechten Schläfen¬
lappens , die die untere Fläche der T t vorne,
große Abschnitte der T ä und T s -Windung, die
vordere Hälfte des Gyrus occipito-temporalis und
einen kleinen Teil des Gyrus fusiformis zerstört,
die Heschlsche Windung aber intakt gelassen
hatte, konnte Zingerle (350) die Weigert-
Degenerationen verfolgen (vergl. auch Kap. V
und VII). Die He sch Ische Windung ist wahr¬
scheinlich der ontogenetisch älteste Teil von T,.
Der Uncus, der Nucleus amygdalae und der
Gyrus hippocampi waren trotz der großen Zer¬
störung der Temporalwindungen erhalten, sind
also unabhängig vom Schläfenlappen. Auch die
Stria tenninalis besitzt keine Beziehungen zu ihm.
Was die Assoziation.?- und Kommissurensjsteme
anlangt, so verbindet der Faseiculus uncinatus
den Schläfenlappen mit dem Stimlappen nicht
direkt, sondern erleidet in der Insel, event. im
Claustrum eine Unterbrechung. Sein Ursprung
ist wohl T lt T 2 , T 8 und der Gyrus uncinatus.
Der Faseiculus arcuatus besitzt entweder keine
oder nur minimale Beziehungen zum Schläfen¬
lappen, hängt also nur mit der Insel und dem
oberen Anteil der Capsula externa zusammen.
Der Faseiculus longitudinalis inferior war dege¬
neriert, seine Fasern verteilten sich über beide
Strata sagittalia des Hinterhauptlappens. Frontal
erhält er auch Fasern aus der Commissura an¬
terior. Das Cingulum hat nichts mit dem
Schläfenlappen zu tun. Ein besonderer Asso¬
ziationszug verbindet die Konvexität des Okzipital¬
lappens mit basalen und basal - medialen Win¬
dungen. Der Faseiculus longitudinalis inedius
resp. superior (von Monakow) war teilweise
degeneriert, trotz völliger Intaktheit des Nucleus
candatus, enthält also auch Schläfen fasern. Die
Commissura anterior degenerierte nicht ausschlie߬
lich symmetrisch. Eine Zerstörung des größten
Teiles des Schläfenlappens bei Erhalteusein des
Gyrus hippocampi bringt also nicht den ganzen
Verlauf der Kommissur zur vollständigen Degene¬
ration, sondern zieht einen Teil, der aus dem
Gyrus hippocampi und Mandelkern entspringt, rela¬
tiv wenig in Mitleidenschaft. Der Balken ver¬
bindet jeden Gehirnlappen mit der ganzen ge¬
kreuzten Hemisphäre. Der Schläfen lappen besitzt
zwar eine sehr ausgiebige Projektionsfaserung,
aber es treten im Schläfen- und Hinterhaupts¬
lappen im Vergleich zum Stirn-Scheitellappen die
Projektionssysteme gegenüber den Assoziations¬
systemen in den Hintergrund.
In einem Falle von bald nach der Geburt
entstandener ausgedehnter Zerstörung der linken
Hemisphäre, des Balkens und Psalteriums bei
einer hydrozephalen Idiotin und in einem Falle
von Erweichung der retro- und sublentikulären
Kapsel sowie des Putamen konnte Van Valken-
burg (357) die nicht degenerierten Faserbündel
verfolgen und kam in bezug auf die Faserung
des Temporo-occipitallappens zu folgenden Ergeb¬
nissen : Ein „Faseiculus sagittalis longitudinalis“
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Vorderhirn.
59
entspringt in der grauen Substanz des „Pedun-
culus olfactorius“, läuft mit der Riechstrahlung
kaudalwärts, lateral- und ventralwärts, bildet in
der Nähe der Commissura anterior die Grenze
der Substantia perforata anterior und endet in
der dorsolateralen Oberfläche des Mandelkerns
(= Gansers „sagittales Längsbündel zur Stria
terminalis“?). Ein ähnliches Bündel kann ventral
von dem eben beschriebenen bis in das Stratum
sagittale extemüm der retrolentikulären Kapsel
verfolgt werden (Pedunculus thalami infero-inter-
nus). Der Fasdculus uncinatus zerfällt in einen
lateralen Abschnitt, der vor der Capsula extrema
die frontalen Teile der Insel (+ Claustrum und
Opereulum frontale?) mit dem Schläfenlappen,
speziell mit dem Uncus verbindet, und einen
medialen, der aus den grauen Massen der Sub¬
stantia perforata anterior entspringt, sich dem
Faseicul. longitud. infer. temporal, beigesellt und
u. a. viele kurze Fasern enthält Ein „Fasd-
culus longitudinalis amygdalae" entspringt in zen¬
tralen Teilen des Polus temporalis (Uncus?), läuft
an der lateralen, dann dorso-lateralen Oberfläche
des Mandelkerns entlang und verzweigt sich in
diesem. Der Fasdculus longitndinalis inferior
besitzt frontal Beziehungen zum Gyrus hippocampi
(horizontaler Schenkel des Faseicul. longitud. infer.),
weiter kaudal legt er sich lateral von dem Fasci-
cul. longitud. amygdalae, von diesem durch Strah¬
lungen des Str. sagittale intemum getrennt. Der
Faseicul. uncinat. medius und der Pedunculus
thalami infero-internus beteiligen sich an der Kon¬
stitution des Bündels, dagegen hat weder der
Faseicul. longitud. sagittal. olf. noch die Comis-
sura anterior nennenswerte Beziehungen zu ihm.
Weiter kaudal schiebt sich seine dorsale Hälfte
zwischen die Sehstrahlung und das Türcksche
Bündel. Die ventrale Hälfte ist von diesen beiden
Bündeln unabhängig, enthält aber den Stabkranz
des Hippocampus (von Monakow, Redlich,
Niessl von Mayendorf), den G. „Pars me¬
diana faseicul. longitud. infer.“ nennt. G. bestä¬
tigt also wieder die Tatsache, daß der Faseicul.
longitud. infer. nicht nur Assoziationsfasern, son¬
dern auch viele Projektionsfasern enthält. Die
am meisten frontal entspringenden Fasern liegen
am occipitalen Ende ganz ventral vom Hinter¬
horn des Seitenventrikels, so daß innerhalb des
Bündels die Fasern zum Gyrus hippocampi ven¬
tral, die zur Calcarina-Rinde (Area striata) dor¬
sal, die aus dem Corpus geniculatum laterale da¬
zwischen liegen.
Löwen stein (349) bestätigt die schon früher
bekannte Tatsache, daß die Strata sagittalia des
Hinterhauptlappens neben kortikopetalen und kor-
tikofugalen optischen Projektionsfasern noch Kom¬
missuren fasern enthalten, die sie lediglich durch¬
setzen, Stabkranzfasein des Corpus geniculatum
internum, des hinteren Thalamuskerns und des
Türck sehen Bündels, ferner lange und mittlere
Assoziationsfasern zwischen Occipital- und Tem¬
porallappen einerseits, Eigenassoziationsfasern eines
jeden Lappens andrerseits, dazu noch den Stab¬
kranz des Gyrus angularis, der besonders die
dorsale Hälfte der frontalen Abschnitte beider
Strata sagittalia einnimmt Die Assoziationsfasern
sind über beide Strata diffus verstreut, etwas
stärker wahrscheinlich im medialen Abschnitt des
ventralen Schenkels des Str. sag. externum an¬
gehäuft.
Das Septum pellucidum des Menschen ist auf
seine Faserung bisher nicht genügend untersucht
worden. Es ist deshalb ein Verdienst von Shi-
mazono (355), daß er diesen Hirnteil an nor¬
malen und erkrankten Gehirnen untersucht hat.
Zunächst fand sich, daß am kaudalen Ende, hoch
über der Commissura posterior, eine kleine Kreu¬
zung liegt, die vielleicht ein Stückchen der beim
Menschen durch die Balkenentwicklung weithin
kaudalwärts gerückten Psalteriumkreuzung ist.
Vom Fornix longus tritt nur ein geringer Teil,
teils vor, teils hinter der Commissura ante¬
rior hinabziehend zur Fomixsäule. Der größere
Teil dessen, was bisher Fornix longus genannt
wurde, und wesentlich aus den Balken perforie¬
renden Fasern besteht, kehrt nach kurzem Ver¬
lauf unter dem Balken wieder in den Gyrus for-
nicatus zurück. Deshalb soll das ganze nun ein¬
mal als Fornix longus zusammengefaßte System
getrennt werden in eine Pars projectiva, die das
Septum kreuzenden Fasern, und eine Pars associa-
tiva, eben die zuletzt genannten. Die Fornix-
fasern liegen dicht unter dem Ventrikelepithel;
unter ihnen als medialste Schicht des Septum¬
weiß liegen die Fasern des Riechbündels, dicht
vor der Schlußplatte treten sie aus dem Lobus
olfactorius und parolfactorius als deutlicher Wulst,
der von grauer Masse bedeckt ist (Gyrus subcal-
losus) in das Septum. Fasern aus der Taenia
semicircularis, die hei manchen Säugern Vor¬
kommen, wurden beim Menschen nicht gefunden.
Von vorn her treten in das Septum Fasern ein,
die der Stria longitudinalis Lancisii entstammen.
Sie entziehen sich innerhalb des Fornix longus
der Verfolgung. Auch die Cingulumfasern kommen
da, wo sie um den Balken herumtreten, dem
Septum sehr nahe, sie bleiben aber in der be¬
nachbarten Hemisphärenrinde. Der frontalste Ab¬
schnitt des Septum wird lateral von den hier
herabziehendeu Fasern des Balkenschnabels be¬
deckt. Die Abhandlung bringt 7 Markseheiden-
bilder und 1 Zellbild.
In einem von Mingazzini (365) beschrie¬
benen Falle von kongenitaler Atrophie des Occi-
pitallappens, fast des ganzen Scheitellappens und
der hinteren Hälfte des Schläfenlappens der linken
Hemisphäre (Sprache trotzdem erhalten!), waren
Rinde und Mark aller Occipitahvindungen, der
hinteren Hälfte des Lobus pyriforrais, des Gyrus
angularis und Gyrus supramarginalis, des hinteren
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60
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Drittels der 3 Schläfenwindungen, des oberen
Scheitellappens und des Gyrus parietalis ascen-
deus völlig verschwunden, das Mark des Lobul.
parietalis inferior, des vorderen Drittels des Lobus
fusiformis, des Lobul. lingualis, des Gyrus hippo-
eampi -f- Ammonshom, der zwei vorderen Drittel
der Tjj T 2 , T s , des Gyrus praecentralis (besond.
oberer und mittlerer Teil), des Präcuneus, der
hinteren Hälfte des Gyrus fronto-parietalis medi-
alis, des Gyrus corporis callosi und der Pars
opercularis der F s stark vermindert. Aus den
sekundären Atrophieen und Degenerationen zog
M. unter anderem folgende Schlüsse (vergl. auch
Kap. V, VH, VIII): Zwischen dem vorderen Teil des
Putameu und der Lamina medullaris nuclei lenti-
formis einerseits, der Cortex Kolandica anderer¬
seits bestehen, wie M. früher schon betont hat,
enge Beziehungen. Infolge Aplasie des Uncus
und Ammonshorns waren der hintere Schenkel
des Pomix, die Fasern des Corpus fomicis, zu¬
sammen mit dem Corpus mammillare links be¬
deutend reduziert. Ein Teil der /’ornüc-Fasem
kreuzt in der Decussatio hypothalamica und endet
im ventromedialen Teil der gekreuzten Markkapsel
des Mammillare (Bestätigung von G u d d e n u. a.).
Das mediale Ganglion des Mammillare steht mit
dem gleichseitigen Ammonshom (Honegger) in
Verbindung. Das Corpus fomicis besteht aus
3 Systemen: einem medialen, dorsalen und ven-
trolateralen -f- zentralen. Die Fasern des letzteren
stammen aus dem extra-ammonischen Rindenab¬
schnitt hinterer Großhirnteile (neophyletischer
Teil der Fornixsäule) und waren in M.s Falle
besonders atrophisch, weniger ergriffen war das
dorsale System. Beteiligt waren aber auch die
medialen aus dem Ammonshom stammenden
(paläophyletisehen) Elemente, sowie die Fasern
des Fornix longus.
In der Lamina septi pellucidi unterscheidet
Mingazzini eine mediale Faserschicht „Fasciculus
pericavitarius medialis“, die früh markhaltig wird
und in M.s Fall ganz erhalten war, und eine laterale,
„Stratum olfactorium“ aus olfaktorischen Fasern
der Fornixsäule, die links gaDz fehlten, als Folge
der Läsion der Plica retrolimbica, des Lobulus
lingualis und Gyrus hippocampi.
Der Gyrus cinguli enthält nach M. neben
Assoziationsfasem der verschiedenen Abschnitte
der dorsomedialen Rinde noch Projektionsfasem
zur Basalgegend des Olfactorius via Fornix longus.
Die Commissura anterior besitzt nach M. keine
Beziehungen zum Lobulus lingualis, sondern nur
zum vordersten Abschnitte des Lobus temporalis.
Balken- und Hemisphären-Läsionen führten bei
Mäusen zu Nissl- und Mar chi-Degenerationen,
aus denen De Vries (359) im. Zusammenhänge
mit seinen Resultaten über den Bau der normalen
Großhirnrinde der Mäuse zu folgenden Schlüssen
gelangt (vergl. dieses Kapitel d Nr. 344): Die
Balkenfasern entspringen aus den subgranulären
(tiefen) Pyramidenzellen der Neokortex, enden
bei Rodentiern in inneren Rindenschichten und
reichen im großen ganzen nicht über das Areal
des Balkens hinaus. Das Claustrum steht bei
Nagern nicht allein mit der Inselrinde in Ver¬
bindung. Die Großhimoberfläche bietet bei den
einzelnen Nager-Arten große Verschiedenheiten.
Landsberger (362) beschreibt einen Fall
von Heterotopie und Verkümmerung des Balkens.
Außer diesen Veränderungen bestanden ausge-
breitete entzündliche Prozesse im übrigen Gehirn:
rechtsseitiger Hydrozephalus, hochgradige Wuche¬
rungen des Ependym8 und Verdickung der Pia.
Anatomisch deckt sich der Fall mit vielen früheren.
Das wesentlichste ist hier die Heterotopie des
Balkens, die große Deutlichkeit des fronto-occipi-
talen Bündels und das sehr schmächtig angelegte
Tapetum. Der Fall zeigt aber die Möglichkeit,
daß sich das anatomisch mißbildete Gehirn von.
dem normalen auch durch eine andere Lokali¬
sation der Rindenleistungen unterscheiden kann.
Nach Mingazzini (365) bestehen die Balken¬
fasern aus 3 Systemen, die sich zu verschiedenen.
Zeiten ummarken: In den ersten 3 extra-intra¬
uterinen Monaten umgeben sich die Randpartien des
Balkens mit Markscheiden, zwischen dem vierten
und siebzehnten Monate die darunter liegenden.
„Laminae profundae“, erst später die dazwischen
liegende „Lamina media“. Letztere ist wahr¬
scheinlich auch phylogenetisch die jüngste Schicht
und daher toxischen Schädlichkeiten (Alkohol)
gegenüber am wenigsten widerstandsfähig. Die
Fasern des Stratum Lancisii dagegen zeigen frühe
Markreifung, größere Widerstandsfälligkeit und
sind wahrscheinlich als phylogenetisch alte Mark¬
strahlung des Induseum griseum anzusehen. Das
Splenium corporis callosi enthält neben den spät
markhaltig werdenden Kommissurenfaflern (eigent¬
liche Balkenfasern) noch früher sich ummarkende
Forceps-Fasern (wahrscheinlich Sehfasern).
Y. Optikus, Sehbahnen, Zwischenhirn,
Mittelhirn.
(S. auch Kap. IV d.)
375. Spemann, H., Zur Entwickelung des Wirbel¬
tierauges. Zool. Jahrb. Abt f. allg. Zool. u. Phys. d.
Tiere Bd. 32. S. 1. 1912.
Behandelt die Frage der Linsenbildung.
376. Lnna, Emerioo, Ricerche istologiche ed
istochimiche sulla retina dei vertebrati. Nota preventiva.
Monit. Zool. Ital. Bd. 22. H. 5. S. 119. 1911.
In der Retina der Vertebraten sind Lipoide außer¬
ordentlich verbreitet, teils in Losung (Außenglieder der
Stäbchen und Zapfen, Ellipsoide, Protoplasma in Gang¬
lienzellen), teils als Körnchen und Schollen (im Pigment¬
epithel, den Ellipsoiden, den beiden Strata plexiformia
und im Plasma der inneren Körnerzellen und einiger
Ganglienzellen), als Bläschen (Fetttropfen des Pigment¬
epithels und Öltropfen zwischen Außen- und Innen-
gliedem der Zapfen). Die „Paraboloide“ oder „Corpora
accessoria“ im Innengliede der Stäbchen und Zapfen
bestehen aus Glykogen.
Dasselbe: Ricerche fatte nel laborat. di Anat.
normale della R. Univers. di Roma Bd. 16. S. 121. 1911.
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Optikus, Seilbahnen, Zwischenhirn, Mittelhirn.
61
377. Fritsch, G., Der Ort des deutlichen Sehens
in der Netzhaut der Vögel. Arch. mikr. Anat. Bd. 78.
(Festschr. f. Waldeyer). Bonn 1911.
F. bezweifelt, daß es in manchen Vogelaugen
2 Foveae gäbe, obschon er nur solche untersucht hat,
die notorisch nur eine Fovea haben. Huhn und Ente
haben eine Fovea (gegen Max Schultze). F. pole¬
misiert gegen Max Schultze betreffs des feineren
Baues der Stäbchen und Zapfen. (V. Franz.)
378. Palmer, Samuel C., The numerical rela-
tions of the liistological elements in the retina of Nec-
turus maculosus (Raf.). 12 Fig. Journ. of comp. Neur.
Bd. 22. S. 405. Oct. 15. 1912.
Sehr eingehende Zählungen der Elemente in den
verschiedenen Retinaschichten und Optikusquerschnitten.
In allen Teilen der Retina gibt es nahezu ebenso viele
Zapfen wie Stäbchen, Doppelzapfen aber fehlen in der
Peripherie. Keine besondere Anordnung. Gesamtzahl
nimmt mit der Größe zu. Es gibt mehr Elemente in
der äußeren Körnerschicht als Stäbchen + Zapfen.
P. unterscheidet zwei Zelllager in der äußeren Körner¬
schicht, die Zahl der inneren Körnerzellen variiert
ungemein, es lassen sich 2—5 Schichten unterscheiden.
Kerne Müllerscher Fasern liegen größtenteils in der
inneren, weniger in der äußeren Körnerschicht. Die
Zahl der Ganglienzellen beträgt zirka von der der
Stäbchen -(- Zapfen. Die Zahl der Optilusfasern soll
am Chiasma etwa halb so groß sein als am Bulbus
oeuli. Verbaltniszahlen: Auf 111 Stäbchen -\- Zapfen
kommen etwa 121 äußere Körner, 175 innere Körner
(ohne Müllersche Fasern) 30 Ganglienzellkerne, 2 Op-
tikusfasem am Augapfel, 1 Optikusfaser am Chiasma.
379. Studnicka, F. K., Über die Entwickelung
und die Bedeutung der Seitenaugen von Ammocoetes.
Mit 6 Abbild. Anat. Anz. Bd. 4L S. 561. 1912.
Untersuchungen früher embryonaler Stadien von
Ammocoetes ergeben, daß das Seitenauge von Ammo¬
coetes ursprünglich lediglich Richtungsauge war, daß
die Linse zunächst ein selbständiges, vom Auge unab¬
hängiges Gebilde war, das erst sekundär als Strahlen-
brecher in den Dienst des Auges tritt, daß ferner
Parietalaugen und Seitenaugen sich in gleicher Weise
aus Umwandlungen des Ependyms der Hirnanlage zu
photorezeptorischen Sinneszelleu differenziert haben.
Vielleicht haben beide Augenarten in der Phylogenese
zunächst linsenlos, als primäre Augenblasen funktioniert.
380. Badertscher, J. A., Peculiarity in the
mode of entrance of tbe optic nerve into the eyeball
in some rodents. Proc. of the soc. f. experiin. biol. and
medecine Bd. 9. H. 1 Oct. 18. 1911.
Lineare Ausbreitung des intraokularen Optikusanteils,
Tendenz zur Zweiteilung des Optikus innerhalb der
Orbita oder innerhalb des Bulbus oculi.
381. Loepp, W. H., Über die zentralen Optikus¬
endigungen beim Kaninchen. Mit 4 Abbild. Anat. Anz.
Bd. 40. S. 309. 1911.
Nähere Ausführungen über die im vorigen Berichte
geschilderten Ergebnisse der Marc hi-Degeneration bei
5 Kaninchen, denen L. ein Auge enukleiert hatte.
382. Buinke, 0. und \V. Treudelenburg,
Beiträge zur Kenntnis der PupillarreflexbahneD. Wander-
versamml. südwestdeutscher Neurologen und Psychiater.
Baden-Baden 1911. Autorief. Zeitschr. f. Neur. u. Psych.
Ergehn, u. Ref. Bd. 3. S. 526. 1911.
Der Tractus peduncularis transversus soll, wie auch
Edinger (1910) annimmt, die efferenten Pupillarreflex-
fasern des Optikus enthalten. (? Ref. W.)
383. Karplus, J. P., und Kreidl, A., Über die
Bahn des Pupillarreflexes. Die reflektorische Pupillen¬
starre. Mit 14 Textfig. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 149.
S. 115. 1912.
In einer großen Zahl von Durehschneidungsversuchen
bei Katzen und Affen ist es K. und K. einwandfrei
gelungen, den Nachweis zu führen, daß doppelseitige
Durchschneidung des vorderen Vierhügelarms dauernde
Aufhebung der Pupillenverengerung auf Lichtreize (bei
erhaltener Reaktion bei Konvergenz, Schmerz und Lid¬
bewegungen) zur Folge hat, daß also die Bahn des
Pupillarreflexes vom Tractus opticus aus via vordere
Vierhügelarme bis nahe an die Mittellinie am Rande
des vorderen Vierhügels zieht. Die Commissura poste¬
rior liegt außerhalb dieser Bahn.
384 Gans, A., Das Gehirn einer Taubstumm-
Blinden. Fol. Neurobiol. Bd. 6. S. 374. 1912.
Die Untersuchung des Gehirns einer Taubstumm-
Blinden ergab im optischen System: Degeneration der
Optikusfasern rechts, faserloses Gebiet im medioventralen
Traktus links, schwache Aufhellung im dorso-lateralen
Teile rechts, Reduktion an Fasern und Zellen in beiden
Corp. genicul. ext., Faserverminderung des Pulvinar und
der oberflächlichen kaudalen Teile der vorderen Vier¬
hügel, Verschmälerung der Strata sagittalia, erhebliche
Faserannut der Vier] d’Azyrschen Streifen und der
Occipitallappen-Faserung (relative Rindenbreite). Betreffs
des akustischen Systems konnte lediglich eine geringe
Aufhellung der lateralen Schleife und des hinteren
Vierhügels, vielleicht Verschmälerung deT Lamina granu-
laris interna und Lamina multiformis in der Rinde
der 1. Temporalwindung etwas vor der Heschlschen
Windung mit Zellenverlust festgestellt worden.
385. Gerard, G., Le nerf optique et les voies
optiqnes. Echo med. du Nord Bd. 15. S. 37. 1911.
[Dem Ref. nicht zugänglich.]
386. Minkowski, M., Experimentelle Unter¬
suchungen über die Beziehungen des Großhirns zum
Corpus geniculatum externum. Psych.-neur. Verein in
Zürich, Sitzung vom 30. Juni 1912. Autorref. Neur.
Zentral bl. S. 1470. 1912.
Bei der Katze deckt sich der Repräsentationsbezirk
des Corpus geniculatum externum mit der Area striata
der Rinde (Calcarinatvp), er fällt also mit der experi¬
mentell-physiologischen und zytoarchitektonischen Seh-
sphäro zusammen. Die Konvexität des Occipitallappens
besitzt keine Verbindung mit dem äußeren Kniehöcker.
Die vorderen (und oberen) Teile der Area striata stehen
mit vorderen, die hinteren (und unteren) mit hinteren
Teilen des Corpus geniculatum externum in Zusammen¬
hang, der ventro-frontale Pol des Kniehöckers besitzt
Verbindungen mit dem oralsten Abschnitt der Area
striata, der nahe an die Area giganto-pyramidalis (Zen¬
tralwindungstyp) heranreicht, der dorso-frontale Pol mit
der dahinter liegenden Partie der vorderen Hälfte der
Area striata. Der ventrale kleinzellige Kern, die in
die erstrahlenden Markmassen eingestrouten Ganglien¬
zellen und einzelne im Querschnitt zerstreut hegende
Elemente bleiben im Corpus geniculatum externum auch
nach vollständiger Zerstörung der Area striata erhalten.
386a. Winkler, C., Über lokalisierte Atrophie im
Corpus geniculatum laterale (nach einem Falle von Blind¬
heit in den unteren Quadranten der beiden rechten
Gesichtsfeldhälften). Verslag Kon. Akad. v. Wetensch.
(afd. Wis. en Natuurk.). Nov. 1912. Refer. Zeitschr.
f. d. ges. Neur. u. Psych. Refer. u. Ergehn. Bd. 6.
S. 1108. 1913.
Rechte untere Quadranten - Hemianopsie durch
Blutung in den dorsalen Teil der Radiatio geniculo-
corticalis, Verschwinden aller Zellen und Fasern im
Kopfe des Corp. genicul. laterale, bei Intaktheit des
Schwanzes, ferner völlige Degeneration der Strahlung
aus Caput corp. gonicul. laterale zum Occipitalhim. In
einem zweiten Falle umgekehrt: Ventraler Teil des
Strat. sagittalia zerstört, Verlust von Zellen und Fasern
im Schwanz des Corp. genicul. laterale.
Im ersten Falle endigten die erhalten gebliebenen
(Schwanz-) Fasern im Gyros occipito-temporalis, im
zweiten Falle war gerade dieser Gyrus völlig zerstört.
Ventrale Occipitalherde und Oecipitaldefekte verursachen
nur partielle Atrophie des Schwanzes, exklusive dessen
lateralsten Teil. Jedenfalls erhält ein großer Teil des
Gyrus occipito temporalis geniculo-corticale Fasern.
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62
Edinger und Wallenberg. Anatomie des Zentralnervensystems.
387. Bon net, P., Recherches snr les connexions
de la scissure calcarine chez le singe. (Note prelirni-
naire.) Bibliogr. anat. Bd. 22. H. 4. S. 231. 1912.
Läsion der Calcarina-Rinde mit dem Thermokauter,
Untersuchung 5—10 Tage später mit der von Sand
(s. den vorigen Bericht) angegebenen Silberfärbung:
Diffuse Degenerationen in der weißen Substanz des
Occipitallappens zum vorderen Vierhügel, zum Genicu-
latum externum und zum Pulvinar, via Balken zur
gekreuzten Hemisphäre, ferner zum Hirnschenkel, zur
gleichseitigen und gekreuzten Pyramide. Außerdem
konnten gereizte (excites) direkte Fasern aus der Retina
zu beiden Calcarina - Läsionen nachgewiesen werden.
Diese langen retino-kortikalen Fasern liegen in der
Mitte des Optikus auf der gleichen Seite wie die Läsion
der Fissura calcarina hauptsächlich in der Peripherie
des Querschnitts, im Tractus opticus mischen sie sich
mit den gesunden Fasern. Im Occipitallappen bilden
sie kein eigenes Bündel. (? Ref. W.)
388. Sc h aff er, K., Hemiplegie, Heraianästhesie
und Hemianopsie, verursacht durch subinsuläre Blutung
und temporo-parietale Erweichung. Beitrag zur Ana¬
tomie der zentralen Sehbahnen. Hirnpathol. Beitr. a.
d. himhistol. Instit, d. Univers. Budapest (Interakad,
Himinstit., Dir. Prof. Dr. K. Schaffer ) H. 1. II. Zeitschr.
f. d. ges. Neur. u. Psych. Originalien Bd. 10. H. 1/2.
S. 234. 1912.
Die parietale Erweichung hatte zur Weigert-
Degeneration des Stratum sagittale externum nach dem
Cuneus hin, des Stratum sagittale intemum zum Pulvi¬
nar thalami optici, dem Geniculatum laterale und dem
vorderen Vierhügel geführt: Das Stratum sagittale
externum leitet daher kortikopetal und ist allein als
zentrale Sehbaha aufzufassen, während das kortikofugal
leitende Stratum sagittale internum optiko-motorische
Funktion besitzt,
389. Ferriere, Louis, Du parcours des faisee-
aux sagittaux du lobe occipital. 11 Fig. These de
Geneve 1912.
Sekundäre Degeneration nach Läsion der sagittalen
Fasersysteme des Okzipitallappens durch 2 kleine Herde.
Resultat: Das Stratum sagittale externum (= Fascic.
lpngitud. inferior) enthält neben geniculo-calcarinen
Projektionsfasern auch Assoziationsfasern zum Schläfen¬
lappen (ventrale Fasern), zum Claustrum (mittlere
Fasern) bezw. zur Capsula externa, das Stratum sagittale
internum (= R. th.) ist vorwiegend ein Assoziations¬
bündel.
390. Charogorodsky, Note sur Ia degenere-
scence secondaire consecutive ä un foyer de ramollisse-
ment du lobe occipital. These de Geneve 1911.
Läsion des Cuneus und der Sagittal-Bündel um
das Hinterhorn, besondere des Fascic. longitud. inferior.
Die Degenerationen ließen sich zum äußeren Kniehöcker,
Pulvinar und bis zu vorderen Teilen des Schläfenlappens
verfolgen.
391. Droogleever Fortuyn, Ae. B., Die Onto-
genie der Kerne des Zwischenhirns beim Kaninchen.
23 Fig. Arch. f. Anat. u. Phvs., Anat. Abteil. S. 303.
1912.
392. Neiding, M., Über die Kerne des Dienze-
phalon bei einigen Säugetieren. 7 Taf. 67 S. Berlin
1911. Akad. d. Wissensch. G. Reimer in Komm. (Aus:
Abbandl.d. Kgl. preuß. Akad. d. Wissensch. 1911, Anhang.)
393. Friedemann, Max, Die Zytoarchitektonik
des Zwischenhims. 18 Taf. Journ. f. Psych. u. Neur.
Bd. 18. Ergänzungsheft 2. S. 309. 1911.
394. Malone, Edward F., Observations concer-
ning the comparative anatomy of the diencephalon.
Four Fig. Anat. Record Bd. 6. H. 7. S. 281. July 20.
1912.
Wie beim Menschen (s. den vorigen Bericht) lassen
sich bei der Katze und bei Lemur im Hypothalamus
1. ein Ganglion mediale corporis mammillaris, 2. ein
Nucleus mammillo-infundibularis, 3. ein Nucleus inter-
calatus corporis mammillaris, 4. ein Nucleus paraventri-
cularis hypothalami und 5. eine Substantia reticularis
hypothalami abgrenzen. Lediglich der Hypothalamus
enthält Zellen von ausgesprochen motorischer Struktur.
395. Karplus, J. P., und Kreidl, A., Gehirn
und Sympathicus. III. Mitteilung. Sj’mpathicusleitung
im Gehirn und Halsmark. Mit 3 Textfig. Pflügers
Arch. f. Phys. Bd. 143. S. 109. 1912.
Weitere Versuche an Katzen und Kaninchen. Die
Bahn von der Großhirnrinde und dem Zwischenhirn
zum Halsmark läuft auf der gleichen Seite, erst Lm
Halsmark wirkt jeder einseitige Reiz auf beide Hals-
sympathici.
396. Huet, W. G., Zwischenhirn und Halssym¬
pathikus. Pflügers Arch. f. Phys. Bd. 137. S. 627. 1911.
H. hat schon vor 14 Jahren gezeigt, daß Exstirpa¬
tion des Ganglion cervieale supremum bei Kaninchen
ti. a. eine Atrophie am Boden und besonders in der
Wandung des 3. Ventrikels hervorruft, und sieht darin
eine Bestätigung der physiologischen Ergebnisse von
Karplus und Kreidl.
397. Van Val ken bürg, C. T., Caudal Connections
of tbe corpus niammillare. Koninkl. Akad. v. Wetensch.
te Amsterdam. Proceedings of the Meeting of Saturday.
March 30. 1912.
Der Pedunculus corporis mammillaris entspringt
sicher zum Teil aus dem lateralen Ganglion des Corpus
mammillare. Das Haubenbündel besitzt einen vom.
Vicq D’Azyrsehen Bündel unabhängigen Ursprung,
da es bei frühen Embryonen bereits markhaltig ist,
während der Tr. mammillo-thalamiciis noch keine mark-
baltigen Fasern besitzt (Kaninchen).
398. Quensel, F., Untersuchungen über die Tek¬
tonik von Mittel- und Zwischenhirn des Kaninchens.
Mit 32 Textfig. Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. H. 139.
S. 47. 1911.
399. Nicholls, George E., An experimental
investigation on the function of Reissners fibre. With
2 plates and 1 fig. in text. Anat. Anz. Bd. 40. 8. 409.
1911.
400. Nicholls, George E., The structure and
development of Reissners fibre and the subcommis9ural
organ. Part. 1. 5 Taf. u. 8 Fig. Quart. Journ. of
microsc. Sc. N. S. N. 229 (Vol. 58. Pari 1.) Bd. 1.1912.
[Dem Ref. nicht zugänglich.]
401. Sepp, Eugen, Über den Bau und die Ver¬
bindungen des vorderen Zweihügels beim Kaninchen.
Moskau 1911. A. VI. 78 Fig. auf 13 Taf. (Russisch),
402. Dürken , Bernhard, über einseitige Augen-
Exstirpation bei jungen Froscblarven. Vorläufige Mit¬
teilung. 4 Fig. Nachr. d. K. Gesellscb. d. Wissensch.
zu Göttingen. Mathem.-phvsik. Klasse. 1912.
403. Dürken, Bernhard, Über frühzeitige Ex¬
stirpation von Extremitätenanlagen beim Frosch. Ein
experimenteller Beitrag zur Entwickelungsphysiologie
und Morphologie der Wirbeltiere unter besonderer Be¬
rücksichtigung des Nervensystems. Zeitschr. f. wissensch.
Zool. Bd. 99. H. 2. 1911.'
Bedeutsame, eines eingehenden Studiums würdige
Untersuchung. Aus ihren Ergebnissen interessiert für
den Bericht besonders das Folgende, das ich zum
Teil mit den eigenen Worten Dürkens angebe:
i Peripheres und zentrales Nervensystem werden durch
: die Entwickelung peripherer Organe oder durch deren
i primäre Unterdrückung in ihrer eigenen Formgestaltung
| beeinflußt; andererseits ist aber auch die normale Form¬
bildung der nervösen Zentren Voraussetzung für eine
normale Entwickelung der Extremitäten. Zwischen
Nervensystem und peripherem Organ bestehen somit
echte Entwickelurgskorrelationen. Exstirpiert man beim
Frosch die Beinanlage, so folgt darauf eine Mißbildung
ira Zentralnervensystem. Der Ort derselben kann einen
Rückschluß geben über Korrelationen des unterdrückten
Organes zu Abschnitten des Zentralnervensystems. Die
Methode der embryonalen Exstirpation ist also eine
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Optikus. Sehbahneii, Zwischenhin). Mittelhirn.
03
Korrelationsmethode. Die Entwiukelungsheinmung er¬
weist eine Beziehung der paarigen Extremitäten zum
Mittel- und Großhirn, lind zwar reagiert das Mittel¬
hirn auf dieselbe am energischsten; dort müssen also
besonders lebhafte Beziehungen zur Extremitätenbe¬
wegung vorliegen. Es handelt sich deshalb wohl im
Mittelhirn um ein Koordinationsorgan. Das Kleinhirn
Steht zu den Extremitäten in keiner Beziehung. Daher
wird die Frage nach der Gleichwertigkeit des jetzt all¬
gemein als „Kleinhirn" bezeichnet«!] Hirnabschnittes bei
allen Wirbeltieren und im Anschlüsse daran die Frage
nach der Homologie der einzelnen Hirnteile überhaupt
in den Vordergrund gestellt. Jene Gleichwertigkeit des
Kleinhirns bei allen Wirbeltieren muH als sehr zweifel¬
haft angesehen werden, insbesondere weil funktionelle
Gleichwertigkeit des Cerebellums nicht besteht.
(Paul Rot big, Charlotten bürg.)
404. Jelenska-Magieszyna, Sabina, Auf-
und absteigende Bahnen des hinteren Vierhügels beim
Kaninchen. 8 Fig. Neur. Zcntr.-BI. 1911. S. 473.
Iiisionen des hinteren Vierhügels ergaben Marehi-
Degenerationen im Arm des hinteren Vierhügels zum
Corpus geniculatum mediale und zum Kern der lateralen
Schleife. Nach Zerstörungen des Kerns der lateralen
Schleife und der Schleife selbst wurden keine Degene-
lationen im hinteren Vierhügelarm beobachtet.
Die „Para mucronata“ (Spornanteil von Mo¬
nakow) des Corpus geniculatum laterale hängt
nach Mingazzini (351) ausschließlich vom Lobus
occipitalis ab. Der Tractus opticus tritt nicht
nur mit der Pars reticulata corporis geniculati late¬
ralis, sondern auch mit der frontal gelegenen Pars
liili und zwar mit deren ventromedialer Oberfläche
in Verbindung. Die Lamellen des Corpus geni¬
culatum gehören nicht dem Optikus, sondern den
Ausstrahlungen der Rindensehsphäre an (kontra
Probst). Die sekundären Veränderungen nach
Zerstörung des Occipitallappens führten zum voll¬
ständigen Ausfall der mittleren Marksehicht (Op¬
tikus-Schicht) des vorderen Vierhügels.
In dem von Zingerle (350) beschriebenen
Falle (s. Kap. IV e) hatte die Zerstörung ventraler
Abschnitte der Sehstrahlungen zu Degenerationen
der kaudalen und ventrolateralen Faserung des
Corpus geniculatum laterale geführt (konform mit
von Monakows Resultaten); der mediale Anteil
des Pulvinar steht besonders mit dem Schläfen¬
lappen in Verbindung, der ventro-Iaterale Ab¬
schnitt mit den basalen, dem Occipitallappen be¬
nachbarten Windungen, vor allem dem Gyrus
occipito-temporalis, fusiformis und dem hinteren
Abschnitt der ersten Temporalwindung. Eine
Trennung der primären und sekundären Seh¬
strahlung war innerhalb der Strata sagittalia nicht
durchzuführen.
Das Stratum sagittale internum enthält nach
Van Valkenburg (348) u. a. sublentikuläre
Fasern aus dem Nucleus posterior thalami, aus
dem Pedunculus thalamus infero- internus (Teil
der Ansa lentiformis), wohl auch aus dem
Arnoldschen Bündel, dagegen keine Fasern aus
dem M e y n e r t sehen Basalkern , aus der Sub-
stantia nigra, aus dem Balken. Den Hauptanteil
bilden kortikofugale Fasern zum Pulvinar und zum
vorderen VierhügeL Die Pulviuarstrahlung geht
über den dorsalen Teil beider Strata sagittalia
zum Gyrus angularis.
Die optischen Projektionsfasern liegen in der
Nähe des Okzipitalpols nach Löwenstein (349)
besonders in der ventralen Etage der Strata und
im angrenzenden Gebiete der mittleren Etage,
weiter frontal in der mittleren. Sie endigen in
der Calcarina-Rinde und einem Teil der lateralen
Okzipitalwindungen. Sie stehen nicht in kon¬
tinuierlichem Zusammenhänge mit den Fasern des
Vicq d’Azyr sehen Streifens. Beide Strata
enthalten Projektions- und Assoziationsfasern. Im
Gebiete des Parietallappens lassen sich beide in
der dorsalen Etage nicht von einander trennen
(vergl. Kap. IVe).
Droogleever (391) hat die Entwickelung
der Zwichenhirnkerne bei Kaninchenembryonen
aus verschiedenen fetalen Stadien untersucht. Von
den Ergebnissen, deren Einzelheiten im Original
eiuzusehen sind, interessiert ein bisher nicht be¬
schriebener relativ spät auftretender „Nucleus fili-
forinis“ im vorderen Thalamus, ferner das zeit¬
liche Zusammentreffen der Differenzierung des
Thalamus mit der der beiden untersten Rinden¬
schichten des Neokortex. Die Ontogenie der
Tlialamuskerne entspricht im ganzen der Phylo-
genie. Zuerst entwickeln sich Ganglion geni¬
culatum laterale und Ganglion opticum basale
(= Nucleus praeopticus der Knochenfische). Nuc¬
leus medialis b (= Nucleus rotundus) und Nucleus
anterior (bei Reptilien bereits nachweisbar) diffe¬
renzieren sich ebenfalls früh. Der vom Ref. W.
auf Grund vergleichender Studien an Fischen,
Vögeln und Säugern angenommene phylogenetische
Zusammenhang des Nucleus ventro-lateralis, Nuc¬
leus arciformis und des Centre mödian deLuys
konnte ont&genetisch nicht bestätigt werden.
Neue Einteilungen und Benennungen der
Thalamuskeme, an denen wir demnächst wohl
genug besitzen werden, stammen diesmal von
Friedemann (393) und Neid in g (392). Friede¬
mann hat als Ergänzung der im vorigen Berichte
gewürdigten Arbeit von Ce eile Vogt über die
wiyefo-architektonische Gliederung des Zwischen¬
hirns von Cercopithecus bei 0. Vogt eine sehr
eingehende Schilderung der Q/fo-Architektonik an
dem reichen Material des Berliner neurobiolo-
gischen Instituts unternommen. Seine Ergebnisse
stehen vielfach im Widerspruch mit den früheren
Einteilungen (bes. Malone). Er unterscheidet:
A. Dorsale Etage des Zwischenhirus
Thalamus opticus
I. Pars posterior
1. Corpus geniculatum laterale
a) ventro-medialer)
b) dorso-lateraler j^bschnttt
2. Corpus geniculatum mediale
a) Pars caudo-ventralis
b) Pars oro-dorsalis
cj Pars lateralis
d) Nucleus paragenioulatus
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64
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
3. Pulvinar
a) Pars medialis (5 Unterabteilungen)
b) Pars lateralis
«) Pars dorsalis
ft) Pars ventralis
c) Nucleus liinitans
II. Pars lateralis
1. Ventraler Thalamuskern
{= untere Etage des lateralen Kerns)
a) Pars caudalis (4 Unterabteilungen)
b) Pars oralis
a) Pars medialis
ft) Pars lateralis (mit ventralem und dorsalem
Abschnitt)
c) Pars intermedia
2. lateraler Thalarauskern
(= obere Etage des lateralen Kerns)
a) Pars dorsalis
b) Pars ventralis
«) Pars oralis (mediale und laterale Unter¬
abteilung)
ft) Pars caudalis (dorsale und ventrolaterale
Unterabteilung)
III. Pars medialis
1. Klassischer medialer Hauptkem
a ) medialer Korn
b) lateraler Kern
2. Centre median de Luys
3. Kern der Lamella interna
a) Pars caudodorsalis mit der Pars magnocellu-
laris (= Noyau paralamellaire C. Vogt)
b) Pars intermedia
c) Pars oralis
4. Zellmassen der Commissura media
(= Kerne der Mittellinie, Nucleus reuniens)
a) Nucleus parafascicularis
b) Nucleus submedialis
c) Nucleus parataenialis
IV. Pars antero-dorsalis
a) Nucleus anterior
a ) Pars dorso-lateralis
ft) Pars ventro-medialis
b) Nucleus anterior accessorius
V. Zona reticularis (zwischen Capsula interna und
Lamella externa)
1. Pars oralis (mit dem Nucleus stria» terminalis
2. Pars caudalisJ und derSubst. grisea praegeniculata.
B. Ventrale Etage des Zwischenhirns
Regio subthalamica (Hypothalamus), Tuber cinereum
und angrenzende Regionen des Mesencephalon und
Telencephalon
1. Pars caudalis
*•! *4 Es Ä SSÜS
• 2. Nucleus innominatus
o c,.koto„n„ _ I a) Pars dorso-medialis
3. Substantia nigra j b j Par8 ventro _i ateralis
4. Nucleus III
5. Kern des hinteren Längsbündels
6. Zentrales Höhlengrau
7. Nucleus marginalis (zwischen Tes pedunculi und
Arm des hinteren Vierhügels)
8. Regio subthalamica
a) Corpus Luys
b) Zona incerta
«) Pars medialis
ft) Pars lateralis
9. Substantia reticularis hypothalamica
II. Pars oralis
1. Gebiet des Corpus niammillare
a) Ganglion laterale (??)
b) Ganglion mediale
c) Nucleus intercalatus (Malone)
d) Nucleus mammillo-infundibularis (Malone)
2. Kerne des Tuber cinereum mit 6 Unterabteilungen
3. Die Kerne des Pedamentum laterale
a) Pars zonalis pedam. lateral.
b) Nucleus posterior pedam. lateral.
c) Regio intermedia pedam. lateral.
d) Nucleus anterior, pedam. lateral.
4. Nucleus supraopticus
5. Kern der Substantia innominata (Substantia per-
forata anterior) = Ganglion der Hirnschenkel-
schliDge Meyncrt.
Neid in g (392) hat unter L. Jacobsohns
Leitung die Kerne des Diencephalon beim Igel,
Kaninchen, Hund und Macacus rhesus auf Wei¬
gert- und Nissl-Serienschnitten studiert und im
Anschluß an Malones Arbeit (s. den vorigen Be¬
richt) genau beschrieben. Er geht wie Malone
bei der Abgrenzung der Kerne von der Gleich¬
artigkeit der Zellstruktur aus. (Siehe die Tabelle
auf der nächsten Seite.)
Diese Einteilungen scheinen dem Ref. W. nicht
immer hinlänglich motiviert. Von den allgemeinen
Bemerkungen sei hier nur die folgende erwähnt:
Ein Teil der Grundkerne des Diencephalon ist
vom Großhirn unabhängig (beide Kerne des
Ganglion habenulae, der Nucleus medianus, die
Pars ventralis des Nucleus communis, das Griseum
ventriculare ?), ein anderer halb abhängig (beide
Kerne des Corpus mammillare) und der dritte
ganz abhängig (Nucl. corpor. genicul. medial.,
Nucl. corp. genicul. lateral., Nucl. hypothalamicuß).
In der aufsteigenden Tierreihe verkleinern und
vermindern sich die Kerne des ersten Teiles,
einige Kerne des zweiten und dritten Teiles er¬
scheinen nur bedeutend vergrößert, andere dagegen
sind nicht nur größer, sondern ein Teil ihrer
Zellen differenziert sich bereits zu neuen akzes¬
sorischen Kernen, von denen die von der Hirn¬
rinde unabhängigen kleiner werden oder ver¬
schwinden, die halb abhängigen nur bei einigen
Tieren vorhanden sind, die ganz abhängigen sich
enorm vergrößern und differenzieren.
Der Nucleus posterior thalaini steht, Dach
Zingerle (350) wie schon vou Monakow
nachgewiesen hat, mit dem Gyrus temporalis II
und III sowie mit dem Gyrus occipito-temporalis
in Verbindung. Der untere (ventrale) Sehhügel¬
stiel besitzt keine wesentlichen Beziehungen zum
Schläfenlappen und besteht in der Hauptsache aus
einer Stabkranzstrahlung des Thalamus zum Corpus
striatum und zum Nucleus amygdalae. Gerade
die letzteren wurden bisher fälschlich als Schläfen¬
lappenanteil des unteren Sehhügelstiels angesehen.
Das Corpus Luys enthält nach Van Val-
kenburg (348) keine Fasern aus oder zum Tem¬
porallappen , dagegen hängen vielleicht einzelne
Zellgnippen der Substantia nigra mit ihm zu¬
sammen.
Der Nucleus medialis thalami steht nach M i n -
gazzini (351) mit den Gyri praefrontales in Verbin¬
dung, der Nucleus ventralis b mit der Zone, die sich
von der Regio centralis bis zum Operculum rolandicum
erstreckt; der Nucleus ventralis anterior mit dem Oper-
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Optikus, Sehbahnen. ZwischeDhirn, Mittelhirn.
65
Igel
Metathalamus
Nucl. corp. genic. mediale
Nucl. corp. genic. laterale
Griseum ventr. corp. genic.
laterale
Epithalamus
Nucl. medial.) gangl.
Nucl. lateral.) habenulae
Thalamus
Nucl. praebigeminalis
Nucl. communis (Pars dor-
salis, Pars ventralis)
Nucl. medianus
Nucl. paramedianus
Nucl. reuniens
Substantiagrisea ventr. III.
Hypothalamus
Nucl. hypothalamicus
Griseum subthalamicum
Nucl. medial, corp. mammill.
Nucl. lateral, corp. mammill,
Nucl. supramammillaris.
Kaninchen
Metathalamus
Nucl. supragenieulatus
Nucl.ventr. corp. genic. med.
Nucl. dors. corp. genic. med.
Nucl. corp. genic. later.
Griseum ventr. corp. genic.
later.
Epithalamus
Nucl. medial.) gangl.
Nucl. lateral.) habenulae
Thalamus
Nucl. praebigeminalis
Nucl. comm. (Parsmedialis.
Pars latero-dorsalis, Pars
ventralis)
Nucl. medianus
Nucl. anterior
Nucl. cuneifonnis
Nucl. bicruralis
Substantiagrisea ventr. III.
Hypothalamus
Nucl. hypothalamicus
Griseum subthalamicum
Nucl. supramammillaris
Nucl. medial, i corpor.
Nucl. lateral.J mammill.
Hund
Metathalamus
Nucl. corp. genic. medial.
Nucl. principal. corp. genic.
later.
Nucl. magnocell.corp. genic.
later.
Griseum ventr. corp. genic.
later.
Epithalanms
Nucl. medial.) gangl.
Nucl. lateral.) habenulae
Thalamus
Nucl. comm. thalami (Pars
medial., Pars lateral., Pa re
ventral., letzterer nur im
oralen Drittel deutlich)
Nucl. magnocellularis
Nucl. medianus
Nucl. anterior
Nueleus reuniens
Substantiagrisea ventr. III.
Hypothalamus
Nucl. hypothalamicus
Griseum subthalamicum
Nucl. medial.
Nucl. lateral.
Nucl. intercalat
corpor.
mammill.
Affe (Macacus rhesus)
Metathalamus
Nucl. corp. genic. medial.
Nucl. principal. corp. genic.
later.
Nucl. magnocellul. corp. ge¬
nic. later.
Epithalamus
Nucl. medial.) gangl.
Nucl. lateral.) habenulae
Thalamus
Nucl. communis (Pars dor-
salis, Pars lateralis, Pars
medialis, Pars ventralis)
Nucl. magnocellularis
Nucl. medianus
Substantia grisea ventr. III.
Hypothalamus
Nucl. hypothalamicus
Griseum subthalamicum
Nucl. medial, 1
Nucl. lateral. >
Nucl. intercalat.)
corpor.
mammill.
culum und der vorderen Partie der vorderen Zentral- ;
windung (der Nueleus ventralis a dagegen nicht), der
Nueleus lateralis thal. zum Teil mit P s , Operculum
rolandicum und Gyrus supiamarginalis + angularis, der
Nueleus anterior frontal mit dem Lobus praefrontalis,
distal mit dem Lobulus paracentralis. Das ventrale
Mark der Kapsel des roten Haubeukerns ging nach
Läsion der Fasern aus dein Operculum rolandicum und
der dritten Frontalwindung zugrunde, ebenso war das
zentrale Mark atrophiert, dagegen der laterale Kapsel¬
anteil, dem von Monakow ebenfalls zerebellopetale
(kortiko-rubrale) Bedeutung zuspricht, erhalten.
Das Zwischenhimdach endigt bei der Sirene
nach Dexler (288) kaudal in einem großen
Blindsack mit medullärer Wandung, der peripher
nur die Tela choroidea anliegt. Eine Epiphyse :
fehlt vollständig (s. Kap. VI); das Corpus geni-
culatum laterale verschwindet im Pulvinar. Der
Sehhügel ist kurz, die Corpora mammillaria sind
äußerlich nicht sichtbar, das Infundibulum sehr
groß, ebenso die Hypophyse (großer Yorderlappen,
kleiner Hinterlappen, kein Ventriculus hypophyseos).
Die Sehnerven sind schwach entwickelt, das Chiasma
äußerlich gar nicht wahrnehmbar. Die kaudalen
Zweihügel nebst Armen und Geniculatum mediale
besitzen eine weit stärkere Ausbildung als die
frontalen, entsprechend der Größe des Hörnerven-
apparates. Ein Tractus peduncularis transversus
fehlt.
Um die alte Streitfrage zu entscheiden, ob der
Reißnersche Faden, der bekanntlich bei niederen
Vertebraten von der Gegend des Subkommissural-
OrgaDs am frontalen Pole des Aquaeductus Sylvii
entspringt nnd durch die Rautengrube und den
Zentralkanal hindurch bis zur Coccygealwandung
des Sinus terminalis zieht, ein Kunstprodukt ist 1
Edinger-W»lienberg, Zentralnervensystem.
oder als eine während des Lebens bereits funktio¬
nierende Einrichtung angesehen werden muß, hat
Nicholls (399) bei Selachiern Stichverletzungeu
in der Schwanzgegend des Fadens angelegt und
konnte nach Tötung der Tiere feststellen, daß
eine spiralige Aufrollung des Fadens oberhalb der
Läsion erfolgt war — angeblich ein Beweis für
Den dys Theorie (s. den vorigen Bericht), daß
es sich wirklich um einen elastischen drahtartigen
Faden handelt, der während des Lebens in
Spannung gehalten wird und sich spiralig auf¬
dreht, wenn das eine Ende seinen Stützpunkt und
damit der Faden seine Spannung verloren hat.
Wahrscheinlich wachsen die fibrillären geißel¬
artigen Fortsätze der Ependymzellen des Ven¬
trikels und Zentralkanals, aus denen der Faden
besteht, spiralig. Das Auftreten von varikösen
Faserinassen im Sinus terminalis neben dem Faden
wird von N. durch Abbrechen des Reißnersehen
Fadens während des Lebens und spätere Regene¬
ration erklärt. Der Faden wächst in der Richtung
vom frontalen zum kaudalen Ende. Das letztere
konnte bei Zyklostomen, Selachiern, Teleostiern,
Elasmobranchien und Amphibienlarven mit dein
Filum terminale bis zur Meningeal-Scheide der
Wand des Ventriculus terminalis verfolgt werden.
Eine Reihe vonNissl- und Marc hi-Serien
bei Kaninchen nach Läsionen des Zwischen- und
Mittelhirns haben Quensel (398) in den Stand
gesetzt, eine Reihe von Fasorziigen nach Ursprung
und Verlauf zu bestimmen, die bezüglich ihres
Anfanges und Endes noch strittig waren. Die
dorsale sekundäre Trigeminus-Bahn des Ref. W.
aus dem gekreuzten Kein der spirjj^en V-Wurzel
9
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Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
6G
zum gekreuzten ventromedialen Thalamus und die
„Haubenkommissur der Flocculi“ (Wallen borg)
werden bestätigt, ebenso die schon von Kohn-
stamm betonte merkwürdige Tatsache, daß die
Hinterstrangskerne trotz der Läsion der Endstätten
der medialen Schleife keine Tigrolyse zeigen. Zer¬
störung der Corpus geniculatuin internum läßt das
Ganglion des hinteren Vierhügels intakt, ruft da¬
gegen retrograde Zelldegenerationen hervor im
Kern der lateralen Schleife und in großen Zellen,
welche zwischen diesem und dem Ganglion des
Vierhügels gelegen sind. Die Zellen der Sub-
stantia nigra hängen, soweit aus retrograden De¬
generationen gefolgert werden kann, mit ventralen
Thalamusabschnitten derselben Seite zusammen.
Dorsal von der Substantia nigra liegt eine Zell¬
gruppe, die nach Durch schneid ung des Tractus
peduncularis transversus degeneriert, hauptsächlich
gleichseitig, zuweilen auch gekreuzt (als Nucleus
tractus peduncul. transversi bereits bekannt, Ref.W.).
Die großen Zellen zentral in der Formatio reti¬
cularis der Vierhügelregion entsenden zum Teil
ihre Axone gekreuzt zur Haube, vielleicht auch
zum Tektum der gekreuzten Seite. Vom Thala¬
mus her waren sie bisher nicht zur Degeneration
zu bringen. Dagegen besitzen zentral in der For-
inatio reticularis von der Vierhügelregion abwärts
bis hinab an das kaudale Ende des Fazialiskemes
gelegene große und mittelgroße Zellen Neunten,
die gleichzeitig in der Form, retic. aufsteigen (bis
zum Thalamus G- Lateralere Verletzung der Vier-
hügclhaube läßt kaudalero Zellen, von den kau¬
dalen Ebenen des Faeialiskernes abwärts, und zwar
beiderseits, zur Degeneration gelangen. Auch hier
erscheint also eine exzentrische Lagerung der langen
Bahnen gesichert. Der Peduneulus corporis mam-
millaris entspringt (wohl nur teilweise! Ref. W.)
aus dem Ganglion profundum tegmenti Gnd-
den, seine Durchschneidung läßt das Ganglion
profundum gleichseitig, isoliert und total degene¬
rieren.
„Im zentralen Höhlengrau, ganz oral am Boden
des vierten Ventrikels, und zwar unmittelbar neben
der Mittellinie, liegt ein Kern, dessen Axone nach
Art eines Faseiculus longitudinalis grisei centralis
aufwärts ziehen zum Boden des Aquaeductus Sylvii
mindestens in die Höhe des hinteren Vierhügels.
Durchschneidung daselbst läßt den gleichseitigen
Kern total degenerieren.“
Das Studium der Degenerationen bei Ver¬
letzungen des Vicrhügels (18 Kaninchen) und des
Thalamus (2 Kaninchen) führte Sepp (401) zu i
folgenden Ergebnissen: 1. Außer dem Tractus
opticus und dem Tractus cortico-bigeminalis ist
den Tectipetalsystemen noch der Tractus thalamo-
tectalis beizufügen. Im Tectum bildet dieses
System eine besondere Schicht — Stratum fascicu-
lare — welche tiefer als die Optikusschicht liegt.
2. Es gibt nur zwei Tectifugalsysteine; dieselben
bilden eine gekreuzte und eine ungekreuzte Ver¬
bindung mit der Substantia reticularis raesence-
phali und rhombencephali.
Das von Held beschriebene gekreuzte System
bildet die fontänenartige Haubenkreuzung und er¬
reicht heim Kaninchen nicht das Rückenmark,
sondern versprengt sich allmählich im medialen
Teile der Substantia reticularis mesencephali und
rhombencephali. Es ist dies der Tractus tecto-
reticularis medialis, sive cruciatus(Tractus Heidi).
Das ungekreuzte System — Tractus Mü n z e r i,
s. Tractus tecto-reticularis lateralis non cruciatus —
verliert sich im lateralen Teile der Substantia
reticularis mesencephali und rhombencephali.
Seine Fasern gehen nicht in das Brückengrau.
Ein besonderes System — Pawlows fibr.
tecto-reticulares — gibt es nicht; dasselbe ist ein
untrennbarer Teil des Mün zersehen Bündels.
Keine anderen tectifugalen Systeme lassen
sich bei streng isolierten Verletzungen des Tec-
tnm entdecken; folglich gibt es beim Kaninchen
weder einen Tr. tecto-spinalis noch Tr. tecto-pon-
tinus noch Tr. tecto-olivaris. Die Degeneration aller
dieser Bündel wurdo nur in den Fällen beobachtet,
wo die Verletzung auch das Gebiet der Haube be¬
rührte. (Autorreferat.)
TI. Epiphyse und Hypophyse.
Ref. Dr. Paul Köthig (Charlottenburg).
A. Epiphyse.
405. Achücarro, N., jM. Sacristän, Investi
gaeiones histolögicas sobre la gU'mdula pineal humana.
11 Fig. Trabaj. del laborat. d. investig. biolog. d. 1.
Univorsid. de Madrid Bd. 10. H. 1—3. S. 185. Junio
1912.
406. Biondi, G., Histologische Beobachtungen au
der Zirbeldrüse. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psvch.
Bd. 9. H. 1. 1912.
Als wichtigster Befund dieser den histologischen
I Aufbau der Zirbeldrüse des Huhues behandelnden Arbeit
ist der Nachweis von Mitochondrien in den Zellen an¬
zusehen.
• 407. Kreutzfcldt, Hans Gerhard, Über das
Fehlen der Epiphysis cerebri bei einigen Säugern. Mit
4 Abb. Anat. Anz. Bd. -12. S. 517. 1912.
408. Cutore, Gaetano, 11 corpo pineale di al-
euni tnammiferi. 4 Taf. Areh. italian. di Anat. e di
Embriol. Bd. 9. H. 3/4. S. 402 u. 599. 1911.
409. Cutore, Gaetano, Aleune notizie sul corpo
pineale del Macacus sinicus L. e del Cercopitheeus gri-
seus viridis L. 4 Fig. Atti deU'Accndemia Gioenia di
scienze naturali in Catania Ser. 5. U. 5. 1912 u. Folia
neurobiologica Bd. 6. Nr. 4. 1912.
410. Cutore, O., A proposito del corpo pineale
dei mammiferi. Risposta a G. Fararo. Anat. Anz.
Bd. 40. S. 657.
Diskussion mit Favaro.
411. Cutore, G., Un’ultima parola di risposta a
G. Fararo. Anat. Anz. Bd. 41. Nr. 17. 1912.
412. llundy, Arthur, On the structure deve¬
lopment and morpbological Interpretation of the pineal
orpans and adjacent pars of the brain in the Tuatara
(Sphenodon punctatus). Philos. Transact. Royal Society
i T.ondon B. Vol. 201. 1911.
413. Favaro, <}., A proposito di una pubblicazione
j di G. Cutore dal titolo: 11 corpo pineale di alcuni mam-
miferi. Anat. Anz. Bd. 40. 1911.
Diskussion mit Cutore.
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67
Epiphyse und Hypophyse.
-114. Favaro, G., Rcplica alla riposta di G. Culore
a proponito del corpo pineale dei mammiferi. Auat. Anz.
Bd. 41. S. 143. 1912.
Diskussion über die Schreibart einiger Eigennamen.
(W.)
415. Illing, A «'gleichende anatoniisehe und histo¬
logische Untersuchungen über die Epiphysis cerebri eini¬
ger Säuger. Inaug.-Diss. Leipzig. |Dein Ref. nicht zu¬
gänglich.] Ref. Zeitschr. f. d. ges. Xeur. u. Psych.
Ergehn, u. Referate Bd. 3. H. 9. S. 787.
Vergleichende makroskopische und mikroskopische
Studien an der Epiphyse unserer Haussäugetiere (Pferd,
Esel, Rind, Kalb, Schaf, Ziege, Schwein, Hund, Katze).
Nichts wesentlich neues. Kleine dunkle Kerne der Paren¬
chymzellen der Epiphyse sollen aus direkter Kernteilung
der gröberen hellen Kerne hervorgeben. Die Gliazelleu
sind heim Pferd Kurzsternstrahlen, hei den übrigen Tieren
Längssternstrahlen. Bei Pferd, Esel, Schaf, Hund ent¬
hält die Epiphyse gelbbraunes und tiefschwarzes Pig¬
ment, besonders Pferd und Esel, beim Hunde Kalk-
konkremente, beim Rinde glatte Muskelfasern.
416. Jordan, H. E., The microscopie anatomy of
the epiphvsis of the opossum. Eighteon figures. Anat.
Record Bd. 5. H. 7. S. 325. July 20. 1911.
417. Jord an, H. E., The histogenesis of the pineal
hodv of the sheep. Amer. Joura. of Anat. Bd. 12. H. 3.
S. 249. Nov. 15. 1911.
418. Kidd, Leonard J., The pineal body: a re-
view. Medical Chronicle. Ser. 4. Vol. 24. Xr. 3! S. 154.
1911.
Allgemeine Übersicht über die Bedeutung und über
den Stand der Kenntnisse des Corpus pineale.
419. Krabbe, Knud, Sur la glande pineale ehez
l'homnie. Nouv. Ieonogr. de la Salp. Bd. 4. 1911.
420. Loewy, Paul, Die Sekretwege der Zirbel¬
drüse. Mit 3 Abb. im Text. Arb. a. d. Xeur. Inst. a.
d. Wiener Universität ( H. Oberst einer). Bd. 20. S. 130.
1912.
L. hat, nach dem Vorgänge von Edinger an der
Hypophysis, menschliche Zirbeldrüsen verschiedener
Altersstufen in situ mit feinster Tusche injiziert. Die
besten Resultate erhielt er vom Recessus pinealis aus.
Er konnte feststellen, daß perizelluläre Räume in die
innerste (trabekuläre) Schichte des intralobulären Binde¬
gewebes und von hier durch die trabekuläre Schichte
des an die Zirbetkapsel bindegewebig fcstgehefteten Plexus
chorioideus führen, durch dessen arachnoidale und piale
Schichte der Sekretweg bis zur Epithelschicht vordringt,
um hior wiedor perizelluläre Räume zu bilden. Sollte
sich (konform Jakoby) der Weg des Sekrets in den
Liquor cerebrospinalis bestätigen, so würde die Zirbel
als regionäre Druse mit innerer Sekretion anzusehen
sein.
421. Mi gl in cci, Ciro, II significato morfologico
e funzionale dell'epiphisis cerebri. II dispinealisino in
contrapposto al dispituitarismo. Giorn. intern. Sc. mod.
Anno 34. Fase. U. S. 269—273. [Dem Ref. nicht zu¬
gänglich.]
422. Münzer, Arthur, Die Zirbeldrüse. Berl.
klin. Woch. Xr. 37. 1911.
Die Arbeit behandelt in zusammenfassender Weise
den anatomischen Bau der Zirbel, ihre Funktionen und
ihre Pathologie.
423. Nassetti, Francesco, Dellasportazione
dell’epifisi negli animali. Rondie. Soc. med.-chir. Bologna,
in Bull. Sc. med., Anno 82 (Ser. 8. Vol. 11). Fase. 2
S. 128. 1911.
N. hat die Entfernung der Epiphyso bei Hunden
versucht. Hier blieben die Tiere nicht am Leben, weil
das Splenium corp. callosi zerstört werden muhte, um
zur Epiphyse zu gelangen. Kaninchen vertragen die
Operation besser und zeigten keine Störung im Wachs¬
tum des Skeletts und der Geschlechtsorgane.
(Ref. Dr. Beecari, Florenz.)
424. Nowikoff, AL, Über die Entwickelung und
morphologische lWentung des Parietalauges hei Sauriern.
Verhandl. dc> VIII. Intern. Zoologen-Kongr. zu Graz
vom 15.—20. August 1910. S. 334.
Der Parietalnerv bildet sieh bei der sekundären
Entfernung des Parietalauges von seiner Abschniirungs-
stelle im Zwischenhirndach. Das Parietalnuge entspricht
dem Bau nach einem halbentwickelten Seitenauge, die
Epiphyso einem halbentwiekelten Parietalauge. Beide
degenerierte Sehorgane lagen ursprünglich nebeneinunder
und hinter den Seitenaugen. Sie sollen mit den letz¬
teren seriell homolog sein.
425. Seigneur, P„ Etüde critique sur la glande
pineale normale et pathologique. These de Paris 1912.
[Dem Ref. nicht zugänglich.]
426. War ren, John, The development of the
paraphysis and pineal region in reptilia. 39 Fig., 13 Taf.
Amer. Journ. of Anat. Bd. 11. S. 313. 1911.
Daß es Säuger ganz ohne Epiphysen und
solche mit kaum entwickelten gibt, das war beides
vollkommen unbekannt und ist, weil man dazu
neigt, diesem Organe wichtige sekretische Funk¬
tionen zuzusprechen, von besonderem Interesse.
Kreutzfeldt (407), der die Frankfurter vergl.
anat. Sammlung durchsah, vermißte die Epiphyse
total bei zwei Arten von Dasypus, und in meh¬
reren Exemplaren von Phocaena. Bei Elefant
und Rhinozeros ist sie sehr klein. Da das Organ
auch den Krokodilen fehlt, so denkt K. an einen
Zusammenhang mit der Hautdicke in all diesen
Fällen. Ref. E.
Achücarro und Sacristün (405) haben
mit verschiedenen Methoden, insbesondere mit der
von Achücarro (s. Kap. II) beschriebenen, die
Epiphyse beim Menschen, Schaf und Rind unter¬
sucht. Sie unterscheiden beim Menschen 4 Arten
von Bindegewebe zwischen den Epiphysen-Läpp-
chen: Gröbere, nicht netzförmige Balken, feines
netzförmiges Gewebe, grobe Fasern mit kompli¬
zierter Struktur und gekräuselte oder geringelte
Fasern. Außerdem enthält die Epiphyse Mast¬
zellen, Plasmazellen und wahrscheinlich auch Ner¬
venzellen vom sympathischen Typ. A. und S.
beschreiben dann die verschiedenen Arten von
Zellkernen mit ihren Einschlilsson (besonders
,,Kegeln“), die durch Faltungen der Kernmembran
bedingt sind, ferner Nervenfasern mit ihren End-
ausbreitungen an den Gefäßen und ein Neuroglia-
Geflecht innerhalb der Läppchen. Auf die patho¬
logischen Befunde sei hier nur kurz hingewiesen.
Cutore (408) beschreibt an einem sehr gro¬
ßen Säugetiermaterial die makroskopischen und
mikroskopischen Verhältnisse des Corpus pineale.
Er ist der Aleintmg, daß dasselbe kein in Rück¬
bildung begriffenes Organ, sondern eine Driise
mit innerer Sekretion ist. Es baut sich aus epithe¬
lialem Gewebe, das schlauch- uud röhrenförmige
Hohlräume umschließt, und aus lymphatischem
Gewebe auf. Dazu enthält es reichlich Blutgefäße,
Pigmentzellen und Kalkkonkremente, elastische
Fasern und wahrscheinlich auch Mastzellen. Mark¬
haltige Nervenfasern, die vom Mesenzephalon und
Dienzephalon herkommen, nehmen nur einen kleinen
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08
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Teil des Aufbaues ein. Es finden sich ferner
auch Neurogliaelemente. — Verbunden ist das
Corpus pineale mit Dienzephalon und Mesenze-
phalon durch einen Pedunculus pinealis, der deu
Recessus pinealis enthält. Letzterer steht in Ver¬
bindung mit dem dritten Ventrikel. Die Form und
Dimensionen des Corpus pineale variieren ungemein.
Auch in seiner zweiten Arbeit, die die ein¬
gehende Beschreibung des Corpus pineale bei
Makakus und Zerkopithekus enthält, weist Cu-
tore (409) darauf hin, daß seine morphologischen
Charaktere sehr variieren, und daß speziell bei
Zerkopithekus das Organ deutliche Drüsenstruktur
besitzt; ferner hebt er hervor, daß bei den Pri¬
maten die Lage der Trigona hab. insofern von
derjenigen der anderen Säugetiere differiert, als
sie bei den Primaten sich an der Superficies
superior der Thalamus befinden und gegen die
Tela chorioidea emporragen, während sie im
andern Falle auf der Superficies medialis des
Thalamus sich befinden und diese in den dritten
Ventrikel hineinragen.
In ausführlicher Weise behandelt Dendy (412)
in seiner umfangreichen, mit prächtigen Abbil¬
dungen erläuterten Arbeit: 1. die Beziehung des
Gehirns und seiner Häute zur Schädelhöhle; 2. die
allgemeine Morphologie des Thalamencepbalons und
seiner anliegenden Hirnteile, wobei unter anderem
auch die Frage der Neuromerie des Vorder- und
Mittelhirns erörtert wird; 3. den Pineal-Komplex ;
hierbei wird der Dorsalsack, die Paraphysis, der
Pinealsack und das Piuealange eingehend ge¬
schildert. Nach einer Erörterung der Frage über
die Funktion des Pinealauges geht D. über zur
Darstellung der Pinealnerven und ihrer zentralen
Verbindungen, sowie der Blutgefäße des Pineal-
komplexes. Es folgt schließlich die Besprechung
der morphologischen Bedeutung der Pinealorgane,
und eine Schilderung des Organon subcommissu-
rale und der Reissn ersehen Fasern. So bietet
das D.sche Werk eine ungemein wichtige Be¬
reicherung unseres Wissens und ist als Standard-
Werk auf dem vou ihm behandelten Gebiete an¬
zusehen.
Die Epiphysis von Opossum ist nach Jordan
(416) eine in ihren Formen und ihrer Ausdeh¬
nung stark variierende Ausbuchtung des Daches
des dritten Ventrikels und zwar seiner Portio
iutercommissuralis (d. h. zwischen Comm. hab. und
Comm. i>ost.). Manchmal ist diese epiphysäre
Ausstülpung durch Einwucherung von Pia an
ihrer Spitze verdoppelt und mit der Comm. post,
durch eine Pars intercalaris verbunden. Im
ganzen besitzt die Epiphysis von Opossum rudi¬
mentären Charakter; ihre funktionelle Bedeutung
ist, nach ihrem mikroskopischen Aufbau zu
schließen, gleich Null. Ihr Parenchym ist stellen¬
weise follikulär angeordnet; es finden sich Nerven¬
fasern, Neurogliazellen uud Neurogliafasern, sowie
vereinzelte tubuläre Bildungen.
Jordan (417) beschreibt dann genau den
histologischen Aufbau der Epiphyse des Schafes
im embryonalen und postnatalen Leben; es geht
daraus hervor, daß sich für die Annahme einer
Drüsenfunktion kein Hinweis findet, und daß eine
physiologische Funktion, wenn überhaupt, nur in
deu ersten 8 postnatalen Monaten vorhanden ist.
Später weist der Pinealkörper deutliche Degene¬
rationszeichen auf.
Krabbe (419) hat an einem großen mensch¬
lichen Material den Aufbau der Epiphyse in den
verschiedensten Altersstufen untersucht. Er findet,
daß das Parenchym der Drüse sich in der Haupt¬
sache aus speziellen Pinealzellen zusammensetzt,
daneben gibt es in geringer Anzahl auch Neuro¬
gliazellen; hinzu kommen Bindegewebe, Ver¬
kalkungen, Pigment, Fett, zystische Bildungen
und von ihm neu beschriebene Abräumzellen,
sowie Zellen, die Mastzellen gleichen. Letztere
UDd die Abräumzellen liegen in den Bindegewebs-
septen. Muskelfasern fanden sich in seinen FäUen
nicht. Die Pinealzellen zeigen Zeichen eines
Sekretionsprozesses (Abscheidung basophiler Körn¬
chen). Danach ist K. geneigt, der Epiphyse eine
sekretorische Funktion zuzuerkennen. Beziehungen
zu Krankheiten fanden sich in der Drüse nicht
Warren (426) hat die Entwickelung der
Paraphysen- und Epiphysen-Gegend bei Reptilien
(Lacerta muralis, agilis, viridis, Chrysemys mar-
ginata) eingehend verfolgt und kommt zu folgen¬
den Resultaten, die gleichzeitig über die Ent¬
stehung des Vorderhirn8, Zwischenhirns und
Mittelhims neue Perspektiven eröffnen: Das pri¬
märe Vorderhirnbläschen (Prosencephalon) teilt
sich in das Telencephalon und Diencephalon, das
letztere wieder in ein frontales Parencephalon
und ein kaudales Synencephalon oder Pars inter¬
calaris. Das Telencephalon wird kaudal durch
das Velum und die Brücke zwischen Velum und
Commissura optica begrenzt Sein Dach läßt den
Arcus paraphysalis, die Paraphyse und die Plexus
chorioidei des Telencephalon hervorgehen, von
seinen lateralen Wänden stülj>en sich die Hemi-
; Sphären und ventral die Optikusbläschen aus,
j dem Boden gehört der Recessus opticus und der
| Optikusstiel au. Das Parencephalon wird kaudal
durch die Hinterwand der Epiphyse (dorsal) und
das Tuberculum posterius (ventral) begrenzt Dem
Dache entstammen der Arcus epiphyseos, der
Arcus postvelaris, der Plexus diencephalicus, beide
Pinealorgane (Epiphysis und Pinealauge) und die
Commissura superior. Im Boden die Infundibular-
unil Mammillar-Regionen. Das Synencephalon
(Pars intercalaris) wird kaudal begrenzt von einer
dorsalen Grube und einer Verbindungsbrücke mit
dem höchsten Teil der Flexura habenularis, dem
Dache entstammt ein Teil der Commissura poste¬
rior. Zu diesen 3 Segmenten treten die beiden
Mittelhirnabschnitte. Alle 5 Segmente sind im
i Gegensatz zu den Rhombomeren wahrscheinlich
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Epiphyse und Hypophyse.
69
nur sekundärer Natur. Bei der Eidechse ent¬
steht die Paraphyse aus 2—3 Fortsätzen des
Arcus paraphysalis, bei der Schildkröte von einem
Fortsatz. Bei beiden besteht eine enge Verbin¬
dung mit dem Dorsalsack. Das Velum bildet
bei beiden die kaudale Grenze des Paraphyseu-
stammes. Aus dem Arcus postvelaris entsteht
der kuppelförmige Dorsalsack, bei der Eidechse
später zu einem queren Spalt komprimiert. Das
Pinealauge und die Epiphyse der Eidechse ent¬
stehen aus zwei Vorwölbungeu des Arcus epi-
physeos, einer frontalen für das Auge, einer
kaudalen für die Epiphyse. Das Auge wandert
dorsalwärts und erreicht schließlich das Foramen
parietale. Die Epiphyse bleibt mit dem Gehirn
durch einen dünneu Stiel verbunden, wächst stark
kaudalwärts und legt sich der kaudalen Wand
des Dorsalsacks dicht an. Die Schildkröte be¬
sitzt kein Pinealauge, die Epiphyse wächst eben¬
falls stark in die Länge und legt sich über den
Dorsalsack. Die Commissura superior erscheint
bei beiden zugleich mit den Plexus laterales.
Die Commissura posterior entwickelt sich ursprüng¬
lich im Synencephalon und geht erst später auf
das Mittelhirn über. Nähere Angaben über die
Ontogenese der Plexus chorioidei laterales, dien-
cephalici, inferiores oder telencephalici müssen
im Original eingesehen werden.
B. Hypophyse.
427. Arena, G-, Contributo alla conoscenza della
cosi detta „Ipofisi faringea“ nell’uomo. 4 Taf. u. 4 Fig.
Arch. ital. d. Anat. e di Embriol. Bd. 10. H. 3. S. 383.
1912.
A. hat eine große Zahl von Föten und Erwachsenen
untersucht und kommt zu folgenden Schlüssen: E9
gibt am Pharynxdach, genau an dem dünnen Gewebe,
das das Periost der Unterfläche des Keilbeinkörpers von
der Unterlage trennt, einen Epithelkörper als Überrest
der Einsenknng (Rath ke sehe Tasche), von der aus das
Epithel der primitiven Mundhöhle sich in den Vorder¬
lappen der zerebralen Hypophyse umwandelte. Die
Struktur dieses Körpers variiert bei den einzelnen In¬
dividuen und weicht etwas von der des Hypopbysen-
Vorderlappens ab. Diese Variabilität scheint mit dem
Alter, Geschlecht und der Konstitution zusammen-
zuhängen. A. glaubt, daß die sogenannte „Hvpophysis
pharyngea“ in Wirklichkeit diesen Namen nicht ver¬
dient, sondern daß sie vielmehr eine der rudimentären
Gebilde repräsentiert, die keine deutliche physiologische
Bedeutung besitzen. (Ref. Dr. Beccari, Florenz.)
428. Be vacq ua, Alfredo, Sulla presenza di
vere formazioni glandolari nel lobo posteriore dell’ipofisi
cerebrale di un bambino. 4 Fig. Anat. Anz. Bd. 38.
H. 16/17. S. 445. 1911.
Mitten im Lobus posterior der Hypophyse findet
B. weitab vom Epithelraum bei einem 6jährigen Kinde
deutliche Drüsen formationeu, die er als wahre Infun-
dibulardrüsen anspricht.
429. Citelli, L'ipofisi faringea nella prima e
seconda infanzia. Suoi rapporti colla mucosa faringea
e coll’ipofisi centrale. Con 11 Fig. Anat. Anz. Bd. 38.
S. 242. 1911.
430. Citelli, Sul significato e sulla evoluzione
dell’ipofisi faringea neU’uomo. Anat. Anz. Bd. 41.
S. 321. 1912.
Die Arbeit behandelt die Bedeutung, Funktion und
Evolution der Hypophysis pharyngea. Sie bleibt bis
ins hohe Alter funktionierend und ihre Funktion ent¬
spricht wahrscheinlich derjenigen der Hypophysis cen¬
tralis. Die Ansichten von Pende und Arena kann
C. nicht annehmen.
431. Da Costa, A. Celestino, Über die Histo-
physiologie der Drüsen der inneren Sekretion. 6. Kap.
Hypophyse. Lissabon 1911. Librario da Silva.
432. Dandy, Walter E., and Emil Goetsch,
The blood supplv of the pituitary body. Four Fig.
Amer. Journ. of Anat. Bd. 11. S. 137. 1911.
Der Lobus anterior wird von 18—20 kleinen Ar¬
terien aus allen Teilen des Circulus Willisii gespeist,
ähnlich ist das Venensystem angeordnet, das mit den
Venae roagnae Galeni in Verbindung steht. Die Pars
intormedia bezieht ihre Arterien vom Hauptteil, dem an¬
liegenden Teile des Hirnstammes und dem Hinterlappen;
es gibt also hier Kollateralen zwischen dem Vorder¬
lappen und Hinterlappen. Der letztere wird von einem
beide Karotiden verbindenden Arterienaste versorgt, die
Venen münden in den Sinus circularis. Die „Parahypo¬
physis“ wird von der Arteria lobi poster. und von den
Karotiden gespeist.
433. Edinger, Über die Hypophysis. Ärztl.
Verein. Frankfurt a. M. G. März 1911. Med. Klin. 1911.
Nr. 15. S. 589.
434. Edinger, L., Über die Hypophysis. Verhandl.
d. Anat. Gesellsch. a. d. 25. Vereamml. in Leipzig vom
23. bis 26. April 1911. Anat. Anz. Bd. 38. Erg.-H. 1911.
Der Hinterlappen der Hypophyse stellt den Ab¬
fuhrweg für die Produkte des Vorderlappens dar. Hohl¬
räume um die Drüsenzellen, zu langen Sekretröhren
vereinigt, münden in die perivaskulären Lymphräume
der Trichtergefäße. Diskussion: Kohn gegen E.s An¬
schauung.
435. Edinger, Ludwig, Die Ausfuhrwege der
Hypophyse. 1 Taf. u. 3 Textfig. Arch. f. mikrosk.
Anat. Bd. 78. (Festschr. f. Waldeyer). S. 496. 1911.
Injektionsversuche mit Berliner Blau und Pelikan-
Tinte ergaben, daß jede Drüsenzelle des Hypophysis-
Vorderlappens, „einzeln in einer Art Trog liegt, dessen
offene Seite dem Zentrum des Schlauches zugerichtet
ist, während die Böden der verschiedenen Tröge unter
sich in Kommunikation stehen“, daß also „die Drüsen¬
zellen der Hypophyse von Sekreträumen umgeben sina,
welche andererseits wieder an die Blutgefäße grenzen“.
Die Sekreträume grenzen direkt aD die Zellen einerseits,
an die Kapillarwand andererseits. Es besteht keine
Verbindung mit den Blutgefäßen. „Die Tusche dringt
niemals in den Ventrikel ein, aie zieht vielmehr ln
langen Zügen aus dem zerebralen Hypophysenteil mitten
in die Hirnsubstanz hinein, und diese Züge liegen alle
wieder perivaskulär. Es sind die Scheiden — Lymph-
scheiden? — der kleinen Blutgefäße, welche sie in die
Hirnsubstanz selbst hineinleiten.“
436. Haller, B., Bemerkungen zu L. Edingers
Aufsatz: „Die Ausfuhrwege der Hypophyse“. Anat.
Anz. Bd. 40. H. 13/14. 1911.
H. wendet sich dagegen, daß man in der Edinger-
schen Arbeit den strikten Nachweis der Ausfuhrwege
der Hypophyse zu erblicken habe. Er meint, Ed Inger
habe durch seine Versuche lediglich ein periglanduläres
Lymphspaltensystem nachgewiesen.
437. Frazer, J. Ernest, The earlier stages in
the development of the pituitary bodv. Lancet Bd. 2.
H. 13. S. 875. 1912.
Ab Ende des 2. Monats entwickelt die Rathke-
sche Tasche jedereeits eine Ausstülpung. Diese um¬
greifen den Hirnanhang. Genauere Verfolgung der
weiter auftretenden Epithelsprossen. Nichts wesentlich
neues.
438. Kol de, W., Untersuchungen von Hypophysen
bei Schwangerschaft und nach Kastration. 1 Taf. u. 1 Fig.
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70
Ed in per und Wallen berp, Anatomie des Zentralnervensystems.
Arch. f. Gynäk. Bd. 08. Ii. 3. S. 505. (Für den Bericht
nicht geeignet.)
438a. Laignel-Lavastine et Victor Jon-
nesco, Six types histologiques communs de l'hypophyse
humaine. Bull, et Hern. Soc. aoat. Bd. 87. H. '9. S. 414.
1912. Dem Ref. nicht zugänglich.
439. Leopold, Levi, et Wilborts, Hypophyse
et Systeme pileux. Compt. rend. Soe. Biol. Bd. 72.
H. 18. S. 785.
Für diese Arbeit muß auf das Original verwiesen
werden.
440. Livon, Ch., et Poyron, Sur les pigmento-
phores du lobe nerveux de l’hypophyse. Compt. rend.
de la Soc. de Biol. Bd. 70. S. 730. 1911.
Die Pigmentophoren der Neurohypophyse sind
Neurogliaelemente und bilden ihre Pigmentkömehen in
Abhängigkeit von den Produkten des Lobus anterior;
hierbei bleibt es aber unentschieden, ob dieser Vorgang
eine Assimilation darstellt oder nicht.
441. Lucien, M., Le poids, les dimensions et la
forme generale de l'hypophyse humaine. Compt. rend.
de l’Assoc. d. Anat. Bd. 13. S. 147. Reunion. Paris 1911.
Vergleichende Messungen und Wägungen der Hypo¬
physe in den verschiedenen Altersstufen. Die einzelnen
Zahlen sind im Original einzusehen. Starke individuelle
Unterschiede. Rapides Wachstum von der Geburt bis
zur Pubertät. In diesem Alter beträgt das mittlere
Gewicht 0,6 g, das relative Gewicht 1 ' 70000 , die Dimen¬
sionen 1,6 X 1 x 0,6 cm, sein Volumen 0,5 ccm. Die
Hypophyse wächst aber noch später, denn erst im
50. Jahre und bei Greisen findet man die größten
Hypophysen. Das relative Gewicht ist bei der Frau
größer als beim Manne.
442. Lucien, Quelques particularites histologiques
de l’hypophyse chez le vieillard. Compt. rend. de la Soc.
de Biol. Bd. 70. H. 12. S. 487. 1911.
Die histologischen Veränderungen der Hypophyse
im Alter betreffen die Bindegewebskapsel, die Drüsen¬
elemente und das Kolloid. Es findet sich eine starke
Verdickung der Kapsel, starke Vermehrung dor zyano-
philen Zellen und des Kolloids. Alle diese Erscheinun¬
gen sind pathologischer Natur, aber charakteristisch für
den senilen Zustand der Hypophyse.
443. Marro, Giovanni, Nota sulla morfologia
comparata del corpo pituitario. Arch. ital. di Anat. e
di Embriol. Bd. 9. H. 3. S. 489. 1911.
Prioritätsanspruch gegenüber Staderini betreffs
des Lobulus praemammillaris.
444. Staderini, R., Risposta al Prof. Marro.
Ibidem.
Aus Marros Arbeit gehe nicht hervor, daß er
das gleiche drüsenartige Gebilde beschrieben hat wie
St. als Lobulus praemammillaris, daß dieser also trotz¬
dem als ein neuer Befund angesehen werden könne.
(Ref. Dr. Beccaro, Florenz.)
445. Pen de, N., Studio di morfologia e di fisio-
patologia dell'apparato ipofisario, con speciale riguardo
alla neuroipofisi ed alla patogenesi deU'aeromegalia. II
Tommasi-Giom. di Biol., Med. e Chir. Bd. 6. H. 13—16.
1911.
446. Pende, N., Die Hypophysis pharyngea, ihre
Struktur und ihre pathologische Bedeutung. 4 Fig.
Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. Bd. 49. H. 3. 8.437.
447. Perna, Giovanni, Sulla presenza di un
prolungamento gbiandolare posteriore nel peduncolo
ipofisario dell'uomo. Con 4 Fig. Anat. Anz. Bd. 38.
S. 317. 1911.
ln der Gegend des „Bulbus hypophyseos“ oder der
Eminentia saccularis, die manchmal, beim Fötus und
Kinde, durch eine oberflächliche Längsfurche in zwei
seitliche Höcker zerfällt beobachtete P. bei menschlichen
Embryonen, in einigen Fällen auch beim Erwachsenen,
an der Basis der hinteren Fläche des Pedunculus hypo¬
physeos deutliche Diüsenformationen, die an den Seiten¬
teilen des Hypophysenstieles mit den Elementen des
Processus anterior hypophyseos zusammenhingen. Sie
stellen einen Processus glandularis posterior des Hypo-
physeostieles dar.
448. Ronchetti,Vittorio,E l’ipofisi un organo
rudimentale? H Naturalista Siciliano 21. N. S. Vol. 1.
9/10. S. 219. 1911.
449. Ronchetti, Vittorio, A proposito di un
caso di struma adenomatoso proliferante dell’ipofisi con
sindrome acromegalica. „Critica Medica“ Rivista scienti-
fica Nr. 10. 1912.
Das für den Bericht Wichtige dieser Arbeit ist
folgendes: Lobus anterior hypophyseos ist ein funktio¬
nierendes und noch in Weiterbildung begriffenes Organ,
die Neurohypophysis dagegen ein rudimentäres, anato¬
misch und funktionell indifferentes Gebilde. — Das
Erhaltenbleiben eines Canalis craniopharyngeus ist nicht
für alle Fälle von Akromegalie und Gigantismus
konstant. — Die Argumentationen von Pende genügen
nicht, um die Annahme einer funktionellen Korrelation
zwischen Hypophysis pharyngea und Hypophysis ven-
tralis zu erschüttern.
450. Rossi, Umberto, Sulla struttura del lobo
posteriore della ipofisi. Ann. d. Fac. di med. Perugia.
Ser. 4. V. 1. F. 1/2. S. 115. 1911.
Diskussion und Reklamation mit Joris.
451. Schäfer, Edward A., Die Funktionen des
Gehirnanhanges (Hypophysis cerebri). Gastvortrag, ge¬
halten am 23. Mai 1910 in der Aula der Hochschule
in Bern. 12 Fig. Bern, Akad. Buchhandlung Max
Drechsel.
Zusammenfassung besonders auch der unter Schä¬
fer gemachten Arbeiten von P. T. Herring.
452. Soyer, Charles, F.tudes sur l'hypophyse.
3 Taf. Arch. d’Anat. microse. Bd. 14. H. 1/2. S. 145.
Sehr eingehende und ausführliche Arbeit, zu kurzem
Referat nicht geeignet. Es sei auf das Original, ins¬
besondere das Resume (S. 300—304) verwiesen.
453. Stumpf, R., Zur Histologie der Neurohypo¬
physe. Vtrchows Arch. Bd. 206. S. 70. 1911.
454. Tello, F., Algunas observaciones sobre la
histologia de la hipolisis huniana. 14 Fig. Trabaj. del
labor. d. invest, biolög, do la Univers. de Madrid Bd. 10.
H. 1- 3. S. 145. Junio 1912.
455. Tello, F., El reticnlo intra celular de Goltji
en las celulas del liilmlo anterior de la hipüfisis humatia.
Bolet. de la Soc. Espailola de Biol. Agosto 1912.
Mit der von Cajal modifizierten Golgischen
Methode zum Nachweis des intrazellulären Netzappara¬
tes konnte T. zwei Arten von intrazellulären Netzen in
den Zollen des Drüsenlappens der Hypophysis naeh-
weisen: ein juxtanuklearee. dom Golgischen Apparat
entsprechend, und ein peripheres, das dem bei Drüsen¬
zellen beschriebenen analog ist.
456. Tilney, Frederick, Contribution to the
study of the hypopbysis cerebri with especial reference
to its comparative histology. 60 Fig. Philadelphia.
78 S. 1911. (Memoirs of the Wistar Inst, of Anat.
and Biol., 2.)
457. Vignier, G., Modification de l’hypophyse
apres thyroidectomie chez un Lezard (Uromastix acan-
thiurus Bell.) Compt. rend. de la Soo. de Biol. Bd. 70.
S. 222. 1911.
Beschreibung des Aufbaues der Hypophyse bei
Uromastix im normalen Zustande und nach Thyreoid-
ektomie. In letzterem Falle wies die Hypophyse Zeichen
einer verstärkten Funktion auf.
458. Vogel, Martiu, Das Pigment des Hinter¬
lappens der menschlichen Hypophyse. Fiankf. Zeitschr.
; f. Pathol. Bd. 11. H. 1. S. 166. 1912.
Die Pigmentkörper bilden sich aus basophilen Zellen
des VoTderlappons, die in den Hinterlappen eindringen.
Dementsprechend werden sie auch am häufigsten von
dem frontalen Pole des Hinterlappens via Stielansatz
und Stiel bis zum Infundibulum hin angetroffen. Frauen
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71
Epiphyse und Hypophyse.
haben weniger Pigment wie Männer (Folge der Schwanger- ! die beim Menschen schon mit Hämatoxylin-Eosin,
schäften ?). Die Funktion der einwnndernden Zellen und ^ ^aso. , m( j azidophil zu unterscheiden sind,
der aus ihnen entstehenden Pigmentkoruer ist noch „ , ... . / ... .. , ..
unbekannt. Das Sekret des Vorderlappens gelangt (kon- j außerdem gibt es siderophile, die mit Eisenhama-
form Edinger) wahrscheinlich via Hinterlappen und toxylin färbbare Granula enthalten. Bei der Katze
Hypophysenstiel in das Gehirn. (Nach einem Referat von fand er siderophile, aber keine eosinophilen Zellen,
B. Berliner.) ebenso bei Ratte, Kaninchen und Fledermaus. Er
Die Arbeit von Citelli (429) behandelt schließt daraus, daß vielleicht alle eosinophilen
Bau und Vorkommen der Hypophysis pharyngea, Zellen siderophil sind. Erd he im hält ebenfalls
ihre topographischen Beziehungen zur Tonsilla die azidophilen auch für siderophil im Gegensatz
pharyngea und ihre Gefäßverbindungen mit der zu Prenant. Norenha hält eine scharfe
Mucosa und Tonsilla pharyngea und mit der Trennung zwischen azidophil und basophil über-
Hvpophysis centralis. Auf diese zirkulatorischen haupt für unmöglich, da sichere Übergänge vor-
Beziehungen legt der Vf. in physiologischer und handelt sind. (Ref. Kreuzfeld, Marburg.)
pathologischer Hinsicht großes Gewicht. Die In Präparaten von P r e n a n t (Eisenhäraatoxi-
Hypophysis pharyngea ist in der frühen Kind- lin, Eosin, Lichtgrün) fand Vf. sidero- und eosino-
heit wohl immer vorhanden; dort, wo sie scheinbar phile Granula in derselben Zelle und Übergänge,
fehlt, ist die Möglichkeit, daß ihr Fehlen auf ein ebenso von eosinophilen und chromaphoben Kör¬
technisches Akzidenz oder auf ein Übersehen nern. Vf. neigt der Norenhaschen Annahme
zurückzuführen ist, nicht ganz auszuschließen, j von dem engen Zusammenhang der verschiedenen
Ihre Maße werden von Citelli etwas kleiner Körnelungen zu. Mit Eisenhämatoxylin, besser
als von Haberfeld, dagegen erheblich umfang- aber mit Gentianrot, Methylenblau, Thioninblau
reicher als von Civalleri angegeben. Sie be- und Unnas polychromem Methylenblau fand er
steht aus einer Portio verticalis, die vorn, und feine Faden werke an der Zellperipherie oder um
einer Portio horizontalis, die hinten liegt. Die den Kern oder in einem kleinen .,Gewirr' 1 beim
erstere verbindet sich mit der Schleimhaut, die Kern, ergastopla&misrltc Fäden . Sie sind häufiger
letztere liegt dem Basisphenoid benachbart, ln in chromophoben Zellen und unabhängig vom
beiden findet man Zellen, feines Bindegewebe Netzwerk des Zytoplasmas. Er fand sie nur bei
und Blutgefäße. Die Zellen sind in den ersten Fledermäusen, nicht bei anderen Tieren, weiß sie
Lebensmonaten nur wenig differenziert, später aber nicht zu deuten. Granulierung fand er ent-
kann man chromophobe und chromophile Zellen weder zuerst an der Zellperipherie oder in der
unterscheiden, von denen die ersten die weitaus Nähe des Kerns und meint, daß von diesen Stellen
zahlreicheren sind. Die Zellen bilden abgerundete aus die Umwandlung der chromophoben in chromo-
Anhäufungen und Stränge, die durch das Binde- phile Zellen vor sich gehe. Die Fäden sind viel-
gewebe umgrenzt werden. Eine Bindegewebs- leicht eine Vorstufe der siderophilen Granula,
kapsel ist aber an der Oberfläche der Hypophysis Nach der Regaud sehen Methode fand er diese
pharyngea nicht vorhanden. Es bestehen Gefäß- Vermutung bestätigt (Formol-Bichromatfixierung
Verbindungen zwischen der Hypophysis pharyngea, und Eisenhämatoxylinfärbung). Die Mitochon-
dem Bindegewebe ihrer Umgebung, der Mucosa drienfärbung Ben das färbte auch die Granula
und der Tonsilla pharyngea, und mit dem Basi- ; der chromophilen Zellen, diese Mitochondrien sind
sphenoid, der Sella tureica, und auf diesem Wege also die von anderen mit den gewöhnlichen Farb-
auch mit der Hypophysis centralis. So können j stoffen gefundenen Körnelungen. Bei den chrorno-
Affektionen der Sehleimheit und der Tonsille, ! phoben Zellen (Fledermaus) erscheinen die Mito-
nie des adenoiden Gewebes, auf die ventrale Hypo- chondrien als kleine Körner an den Stellen, wo
physis übergeleitet werden und dadurch manche er sonst ergastoplasmische Fäden sah. Also in
allgemeinen Krankheitserscheinungen des Körpers chromophoben Zellen (Fledermaus) ergastoplas-
eine Erklärung finden. Bei dieser Überleitung mische Fäden (Granulationen) gleich den Mitochon-
auf die Hypophysis centralis spiielt der Ganalis drien, die mitochondrioiden Kömelungen der ehro-
cranio-pharyngeus keine Rolle, da ihn Citelli mophilen Zellen sind aber von den Mitochondrien
unter 15 Fällen nur einmal vollkommmen aus- darin zu unterscheiden. Kolloid, zentral azido-
gebildet fand, während er in einem andern Fidle phil, peripher eosijiophil sah er von Zellen folli-
nur in seinem oberen Drittel vorhanden war. kular umgeben, oft eine ganz kolloide Zelle mit
Da Costa (431) gibt eine Übersicht über pyknotischem Kern in der Mitte solchen Follikels,
die verschiedenen Ansichten betreffend Zellarten, so entsteht das Bild der Pseudofollikel. Attrak-
Granulationen und das Hypophysenkolloid. In tionsschicht hat er auch gefunden, besonders bei
seinen eigenen Untersuchungen an Fledermäusen, chromophoben, Kern wie bei anderen Drüsen-
Mäusen, Kaninchen, Ratten, Katzen und am Men- zellen, beim Menschen etwas diffuser. Bei der
sehen hat er die feinen Kernstrukturen geprüft. Katze fand er Zentrosomen. Die Zeilen der
Chromophobe Zellen mit feinem Protoplasmanetz Zwischenschicht (Pars intermedia) sind epithelial,
und einem Kern, der Chromatinkörner und kleine haben keine charakteristische Struktur, es sind
Kernkörperchon enthält, und chromophile Zellen, nur sehr geringe Zeichen von Funktion vorhanden.
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72
Edinger und Walle nberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Kolloidfollikel, daher Ähnlichkeit mit Schilddrüse.
Katze gutes Objekt.
Sehr geringe Funktionszeichen im nervösen
Hinterlappen. Es finden sich zwar Zellkomplexe
(Katze), die aber keine Merkmale irgend einer
Exkretion zeigen, und die aus Ependymzellen der
Trichterhöhle, die bei der Katze häufig in den
Hinterlappen reicht, entstanden sind. Außerdem
findet sich hyalines Kolloid in Tröpfchen, das
Her ring aus dem Hinterlappen herleitet. Vf.
weiß keine Erklärung.
Vf. kommt zu dem Ergebnis, daß die Hypo¬
physe eigentlich noch durchaus rätselhaft in ihrer
Funktion ist. Das Hypophysenextrakt hat eine
blutdrucksteigernde Wirkung (Kohn bestreitet
das, weil die Beweise nicht ausreichend sein
sollen). Mit den zytologischen Resultaten ist
nicht viel zu machen. Vorderlappenexstirpation
ist entweder tötlich, oder hat schwere Entwicke-
lungshemmungen zur Folge (Paulesco, Cushing,
Ascoli, Aschner). Hypertrophie und Hyper¬
funktion der Hypophysis bedingen Akromegalie
beim Menschen. Hypofunktiou und Atrophie des
Organs rufen schwere Ernährungsstörungen her¬
vor. Die Froehlichsche Dysplasia adiposo-
genilatis beruht nach B. Fischer auf Verände¬
rungen des Hinterlappens. Nach Ben da sind
die cliroraophilen Elemente der wirksame Teil bei
der Funktion des Organs; dagegen scheinen ihm
die Tumoren zu sprechen, die bald chromophil
bald vorzugsweise chromophob sind. Erd he im
fand wesentlich eosinophile oder basophile Ade¬
nome. Literaturverzeichnis für Histologie der
Hypophyse fast erschöpfend.
(Ref. Kreutzfeldt, Marburg.)
Zwei Fragen sind in bezug auf die Hypo¬
physis noch nicht gelöst: 1. Warum hängt der
aus dem Rachenepithel stammende Drüsenteil bei
allen Tieren, die wir kennen, mit dem Gehirn
zusammen, und 2. wo liegen die Ausführwege
des zweifellos absondernden Gesamtorgans ? Die
Beantwortung der ersteren Frage glaubte man in
alten Vorgängen der Stammesentwickelung zu
finden, nach denen der Trichter einstmals der
Urmund gewesen wäre, zu dem noch heute zum
Mund gehörige Epithelmassen gehörten. Zur :
zweiten Frage nahm man meistens an, daß die 1
lumenlosen Epithelschläuche ihr Sekret in die i
sie allgemein umgebenden Gefäße senden. Es ist
Edinger (433—435) gelungen, beim Menschen i
nachzuweiseu, daß alle Hypophyscnzrllcn von inji- J
xUrbaren Hohlräumen umgehen sind, die sich
zwischen Zelle und benachbartem Blutgefäß zu
langen Sekretröhren vereinigen. Diese Sekret¬
röhren münden alle in die perivaskulären Lymph-
räume der Trichtergefäße. Von da ziehen sie
weithin in die Hirnmasse hinein. So wird mit
dem Nachweis der Ausführgänge auch sofort klar,
warum der Drüsenlappen, von Petromyzon bis
zum Menschen, immer mit dem Gehirn zusammen¬
hängt.
Aus der umfangreichen und wichtigen Arbeit
von Pen de (445) interessiert für den Bericht
nur das Morphologische.' P. zerlegt deD Hypo¬
physenapparat in drei Teile: die Prähypophysis,
die Neurohypophysis und die Parahypophysis.
Unter letzterer Bezeichnung versteht er die ak¬
zessorischen Nebenhypophysen, unter denen die
Hypophysis pharyngea die wichtigste ist Die
Prähypophysis entspricht dem Lobus anterior
anderer Autoren. Was die Zellen derselben an¬
langt, so unterscheidet er Grundzellen, azidophile
und basophile Zellen. Sie sind zwar aus einer
gemeinsamen Anlage entstanden, sind aber nicht
als verschiedene Erscheinungsformen des Sekre¬
tion sprozesses einer einzigen Zellart anzusehen,
vielmehr Zellen mit qualitativ verschiedenen Sekre¬
tionen. Es können ferner in der Prähypophysis
auch ganz neue Zellarten auftreten: so z. B. die
Schwangerschaftszellen und die Zellen nach Ekto-
mie der Thyreoidea. — Die Neurohypophysis be¬
steht aus folgenden Teilen: 1. dem Lobus nervo-
sus mit dem Pedunculus nervosus hypophyseos,
2. dem Lobus paranervosus, 3. dem Lobus para-
pedunculari8. Letztere zwei Gebilde, der Lobus
paranervosus und der Lobus parapeduncularis
Btellen zusammen eine Glandula infundibularis
dar, mit verschiedenen Bezirken. Dementsprechend
ist nach P. die Neurohypophysis ein Organon
nervoso-glandulare. Die Nervenfasern, die den
Pedunculus nervosus hypophyseos bilden, kommen
her von Zellen, die in der Wand des Infundibu-
lum, hinter dem Chiasma, vielleicht auch in noch
höheren Teilen de9 Gehirns liegen (Joris). Sie
endigen in Zellen des Lobus nervosus, teils in
Zellen an seiner Oberfläche, d. h. den Zellen des
Lobus paranervosus. Der Lobus nervosus weist
folgende Zellen auf: 1. Gliazelleu, 2. mehr oder
weniger modifizierte Ependymzellen und Zellen,
ähnlich den Maximowschen Wanderzellen. Die
zahlreich vorhandenen Gliazellen weisen auf eine
sekretorische Funktion des Lobus nervosus hin, da
P. die Gliazellen als sekretorische Elemente an¬
sieht; dasselbe ist der Fall mit den umgewandelten
Ependymzellen, die auch sekretorische Erschei¬
nungen zeigen. Der Lobus paranervosus baut
sich auf aus einem gefäßhaltigen Bindegewebe,
sezernierenden bläschenförmigen Zellen, die denen
im Lobus paranervosus gleichen, und Nervenfasern,
welche Ausläufer derjenigen im Lobus nervosus
sind. Der Lobus parapeduncularis, der bei der
Katze, dem Hund und Rind den Pedunculus hypo¬
physeos manschettenförmig umgibt, ist wenig vom
Lobus paranervosus verschieden. Er besteht aus
bläschenförmigen Epithelzellen und Bindegewebe
mit Gefäßen. Ein dem Lobus paranervosus der
Tiere vergleichbares Gebilde besitzt der Mensch
nur als Fötus und Neugeborener. Die beim
Menschen am Hypophysenstiel beobachteten ver-
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Epiphyse und Hypophyse.
73
sehiedenen Gebilde, wie Bläschen, Plattenepithel¬
haufen und Kernhaufen sind folgendermaßen auf¬
zufassen. Die ersteren können einen dreifachen
Ursprung haben: 1. sind es Reste embryonalen
Hypophysen gewebes speziell des Hypophysen-
gangee und der hinteren Wand der Hypophysen¬
tasche, 2. können es Reste des Lobus paranervo-
sus und 3. Ependymzysten sein. Die Platten¬
epithelhaufen sind nach P. metaplastische Bildungen
eines Epithels an der vorderen und unteren Fläche
des Pedunculus hypophyseos. Die Keruhaufen end¬
lich sind Reste embryonalen Hypophysengewebes.
Eine Hypophysenspalte ist beim Menschen nicht
mehr vorhanden; wohl aber bei den Tieren,
Katze U8w. Sie stellt eine seröse Höhle dar, in
welche das Sekret der Prähypophysis und Neuro-
hypophysis dann aufgenommen wird, wenn es in
solcher Menge sezerniert wird, daß es die Blut¬
gefäße nicht ausreichend genug absorbieren. Aus
derselben gelangt es später wieder in die Blut¬
gefäße. Für gewöhnlich gelangt das Sekret der
Prähypophysis und Neurohypophysis direkt in die
Blutgefäße.
Die Lage der Hypophysis pharyngea gibt
Pende (446) folgendermaßen an: Sie liegt zwi¬
schen Schädelbasis und Schleimhaut des Rachen¬
daches in der Mittellinie, in der sog. Fovea spheno-
vomeriana. Sie ist eingeschlossen in dem derben
Bindegewebe, welches Rachendach und Periost
der unteren Keilbeinfläche miteinander verbindet.
Ihrer Struktur nach muß man sie mit dem hin¬
teren Teil des Drüsenlappens der Hypophvsis
cerebri, mit der sog. Pars intermedia und nicht
mit dem Lobus ant. vergleichen. Wenn auch
einige Analogien mit dem letzteren vorhanden
sind, so ist doch die Hauptanalogie, der Haupt¬
vergleich, im Lobus intermedius oder paranervo-
sus gegeben. Beide stellen nach P.s Meinung
Organe dar, die noch nicht vollkommen entdiffe-
renziert sind, wie es z. B. mit dem Lobus ant.
der Hypophysis cerebri der Fall ist. Auch die
hin und wieder beobachteten Hypophysen-Gangs-
Reste sowie die gelegentlich vorkommenden Fort¬
setzungen der Hypophysis pharyngea in einen
Canalis cranio-pharyngeus hinein sind solche Gebilde
embryonalen Charakters; sie bezeichnet er mit
dem Lobus paranervosus und der Hypophysis
pharyngea zusammen als „Keime der Zone des
ursprünglichen Hypophysenganges“. In ihnen ist
der Ursprung für die Mehrzahl der Hypophysen¬
geschwülste, auch derjenigen bei Akromegalie, zu
suchen.
Die Rachendachhypophyse kommt beim Men¬
schen konstant vor, ist bei Tieren dagegeu nur
selten nachzuweisen. Anhaltspunkte für eine
gleichartige Funktion dieser Drüse mit der Hypo¬
physis cerebri oder für ein vikariirendes Eintreten
für letztere konnte P. nicht feststellen. Im Gegen¬
teil sprechen seine Beobachtungen gegen solche
Annahmen.
Bdinger-Wallenberg, Zentralnervensystem.
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Ronchetti (448) behandelt die Frage, ob
die Hypophysis cerebri ein rudimentäres Organ
ist und kommt zu folgendem Ergebnis. Der
Lobus ant ist ein noch in Entwickelung begrif¬
fenes und funktionierendes Organ, während der
Lobus posterior vielleicht als rudimentär anzu¬
sehen ist.
Stumpf (453) hat das Glianetz der Neuro-
hypophyse beim Menschen und das darin auf¬
gespeicherte Pigment untersucht. Mit Held sieht
er die Glia als eine synzytiale zusammenhängende
Gewebsmasse an. Die Maschenweite wechselt je
nach dem angewandten Fixiermittel (sehr enge
Maschen bei Fixierung in Sublimat-Triehloressig-
säure). Die Gliafasern laufen intraprotoplasmatisch
oder frei, enden vielfach an Gefäßen. Das Pig¬
ment des Hirnlappens ist eisen- und fettfrei. Es
entstammt höchstwahrscheinlich zerfallenen Drü-
Benzellen, die aus dem Vorderlappen auf den von
Edinger (a. oben) nachgewiesenen Wegen nach
dem Hinterlappen zu einwandern, ist daher „als
ein Abfallsprodukt der Tätigkeit des drüsigen An¬
teils der Hypophyse aufzufassen“. Die anato¬
mische Untersuchung bringt keinerlei Stütze für
die Annahme, daß in der Neurohypophyse lebens¬
wichtige Hormone gebildet werden.
Tello (454, 455) hat unter Benda’s Lei¬
tung mit der neuen Methode Achtlearros zur
Darstellung von Bindegewebsfasern (s. Kap. II)
ein intrazelluläres Netzwerk in den Epithelzellen
des Vorderlappens der menschlichen Hypophyse
gefunden, das mit dem Fibrillennetz der Gang¬
lienzellen große Ähnlichkeit besitzt. Daneben
fand er gekörnte und homogene (netzlose) Zellen,
wahrscheinlich je nach dem Funktions-Zustand und
je nach dem Ort (größere oder geringere Ent¬
fernung vom Hinterlappen). T. hält dies Netz
für identisch mit den Fäden des „Ergastoplasma“
(8. oben Da Costa) und den Mitochondrien.
Ganz vereinzelt wurden auch multipolare Nerven¬
zellen angetroffen (sympathische Elemente?). Im
Hinterlappen gibt es keine Ganglienzellen, die
Nervenfasern sind fast alle marklos und bilden
ein dichtes Geflecht um die Gefäße des Hypo¬
physenstiels. Ihre Endigung ist noch unbekannt.
Die Angaben über Neuroglia und Bindegewebs¬
zellen bringen nichts wesentlich neuess. Der
Znvischcnlappen enthält nur bei Erwachsenen
Bläschen, von denen die kleineren und mittleren
mit Zylinderepithel ausgekleidet sind, während
die größeren kolloidalen Inhalt und Plattenepithel
besitzen. Einzelne Epithelien sind mit Geißeln
versehen (konform Joris u. a.). Zwischen den
Epithelzellen finden sich die von Cajal und
Gemelli beschriebenen mit endozellulärem Netz¬
werk, die ihrerseits wieder mit den Endausbrei¬
tungen der Nervenfasern in engem Kontakt stehen.
In pathologischen Fällen konnten Degenerationen
und Regenerationen von Nervenfasern beobachtet
werden.
10
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
74 Erl in ge r und Wallenberg, Anatomie dos Zentralnervensystems.
Für den Bericht interessiert besonders der
vergleichend anatomische Teil der eingehenden
und -wertvollen Arbeit von Tilney (456). T.
hat an einem sehr großen Material den anatomi¬
schen uud histologischen Aufbau der Hypophyse
untersucht, und belegt und erläutert seine Schil¬
derung durch eine ganze Reihe instruktiver Mikro¬
photographien. Recht -wertvoll ist auch eine
tabellarische Zusammenstellung der Einzelheiten
seiner mikroskopischen Befunde bei den verschie¬
denen Tieren. Er unterscheidet an der Hvpo-
physis 1. eine Portio neuralis, die durch den
Processus infundibularis dargestellt wird, 2. den
Saccus vasculosns, 3. die Portio epithelialis juxta-
neuralis, die auf das hintere Blatt der ursprüng¬
lichen Rathk eschen Tasche zurück zuführen ist,
4. die Portio epithelialis distalis, die sich von
dem vorderen Blatte der Rathk eschen Tasche
herleitet, 5. einen häufig zwischen den beiden
letzteren Teilen gelegenen mehr oder weniger
spaltförmigen Hohlraum, das Residuallumeu, das
einen Rest des Hohlraumes der Rathk eschen
Tasche darstellt. Er fohlte nach den Beobach¬
tungen T.s nur bei Petromyzon, Lepidosteus,
Anguilla, Diemyctelus, Menobranchus und Rana.
Die Zellen, die in verschiedenen Bezirken ange¬
ordnet sind, weisen folgende zwei große Gruppen
von Elementen auf: Basophile und azidophile
Zellen. Den Unterschied in chromophobe und
chromophile Zellen verwirft T. dagegen. Unter
beiden, den basophilen sowohl wie den azidophilen
Zellen gibt es weiterhin solche, die sich stark,
und andere, die sich schwach färben. Die baso¬
philen Zellen liegen in enger Beziehung zu dem
Residuallumen und dem Processus infundibularis,
die azidophilen zu den Blutgefäßen. Das Sekret
der ersteren gelangt in die Zerebrospinalflüssig¬
keit, das der letzteren ins Blut.
Weiter werden geschildert die Blutversorgung
der Hypophyse, ihr Bindegewebe und das in ihr
enthaltene Kolloid.
VII. Einzelne lange Bahnen.
459. Frey, Ernst, Über den Verlauf des vor¬
deren Pyramidenbündels. Mit 12 Textfig. Himpathol.
Beiträge a. d. hirnhistolog. Inst. d. Univers. Budapest
(Interakademisehos Hirninstitut, Direktor K. Schaffer)
Bd. 1. H. 3. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. Ori¬
ginal. Bd. 14. H. 1. S. 1. 1912.
M arie und Guillain haben bekanntlich (s. die
Berichte 1903—1906) neben dem kortikalen Ursprünge
der Pyramidenvorderstrangbabn noch einen mesenze-
phalen bzw. pontinen Ursprung angenommen und glaub¬
ten aus der Form und dein Umfange der Degeneration
Schlüsse auf den Ort der Iäsion ziehen zu können.
Frey konnte nun an der Hand von Weigert- und
MaTchi-Serien von 10 Fällen einer Idision im Cen¬
trum scmiovale oder in der Gegend der inneren Kapsel,
sowie von 2 Fällen einer einseitigen Brüeken-Erwei-
chung nachweisen, daß (konform mit Dojorine) ein
direktes I’yramidenbiindcl mesenzephaleu bzw. rhonib-
enzephalen Ursprungs nicht existiert. Das rein cere¬
brale Pyramidenvorderstrangbündel hat gewöhnlich die
Form eines Bogens, selten die eines Halbmondes, nimmt
im obersten Halsmark den sulco - marginalen Winkel
ein, zieht längs des Sulcus ventralis bis zum dorso-
medialen Yordeistrang, erreicht selten die vordere Kom¬
missur, im mittleren Halsmark rückt es dorsalvärts bis
zur Kommissur, entfernt sich weiter unten wieder von
ihr, nimmt im oberen Dorsalmark wieder den sulco-
marginalen Winkel ein, nimmt rasch ab und verschwindet
gewöhnlich schon in D. XII oder L. 1, seltener kann
es bis zum unteren Lumbalmark, sehr selten bis zum
Sakralmark verfolgt werden. Ein Teil seiner Fasern
kreuzt in der vorderen Kommissur zum ventrallateralen
Vorderhorn. Volumen, Gestalt und Höhenausdehnung
wechseln uugemein: „Gerade die vordere Pyramide ist
der größten Variabilität unterworfen.
460. G r i n s t e i n, A., Zur Kasuistik der Aberrationen
des Pyramidenbündels. Korsakoffsches Journ. f. Neu-
ropath. u. Psych. (russ.) Bd. 10. S. 941. 1911. Ref. in
Zeitschr. f. Neur. u. Psvch. Referate u. Ergehn. Bd. 3.
H. ü. 8. 525. 1911.
Yentromedial vom Pyramidenseitenstrang lief im
mittleren Dorsalmark ein isoliertes Bündel, das sich
frontalwärts mit den Py ramidenfasem vereinigte.
461. Kehrer, F., Über d e Lage der für die In¬
nervation des Vorderarms und der Hand bestimmten
Fasern in der Pyramidenbahn des Menschen. 7 Fig.
D. Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 4. S. 430. 1911.
Eine Sarkom-Metastase im Gebiet der mittlerer»
Zentralwindungen hatte zu diffuser Pyrainidendegeiie-
ration im Hirnstamm und gekreuztem Pyramidenseiteu-
strang geführt. Da während des Lebens eine Lähmung
des Vorderarms und der Hand beobachtet wurde, so
schließt K. daraus, daß die Pyramidenfasem für Arm
und Hand in Oblongata und Rückenmark völlig gemischt
mit den anderen laufen. Nach Ansicht des Ref. W.
eignen sich Tumoren, besonders von dem Umfange des
vorliegenden, nicht zur Entscheidung dieser Frage, da
die Degenerationen durchaus nicht mit den klinischen
Erscheinungen parallel gehen.
462. Martini, G., Sopra un caso di tumore della
protuberanza anulare. 4 Fig. Rivist. di Patol. nerv, e
ment. Bd. 17. H. 5. S. 270. 1912.
Ein Tuberkel des Pons hatte zur absteigenden De¬
generation der Pyramidenbahnen, der rubro - spinalen
und reticulo-spmaden Bündel geführt. Die Pyramidcn-
Yorderstrang-Degenerationen beschränkten sich im Lutn-
balmark auf wenige Fasern der vorderen Randzone.
463. Mostrom, L. H. J., Variatics der Pyraini-
denkruising. 8 Taf. Inaug.-Diss. Amsterdam.
An der Hand eines Falles von Halbkreuzung der
linken Pyramide mit abnorm starkem homolateralem
Vorderstrangbündel bei gleichzeitiger totaler Kreuzung
, der rechten Pyramide werden die Variationen der Py-
! ramidenkreuzung beim Meuschen und bei den einzelnen
i Säugerarten sehr eingehend vergleichend geschildert und
die praktische Bedeutung dieses verschiedenen Verhaltens
anseinandergesetzt. Es bestanden übrigens wie in ähn-
1 lieben Fällen auch hier Längsfurchen im Hinterseiten-
I stränge des Halsmarks.
464. Koroljkow, P., Resultate der Anwendung
neuerer Färbmethoden beim Studium des Zentralnerven¬
systems bei menschlichen Föti uud bei Kindern. Arztl.
Ztg. (russ.) Bd. 18. S. 751. (778). 1911. [Dem Ref.
nicht zugänglich.) Ref. in Zeitschr. f. d. ges. Neur, u.
Psych. Ref. u. Ergehn. Bd. 4. il. 10. S. 969. 1912.
465. Koroljkow, P., Die obere (partielle) Pyr.i-
midenbahnkreuzung (im Pons Varoli) uud ihre Bezie¬
hungen zu den Kernen der Brücke und der Hirnnerven
bei einigen Nagetieren und dem Menschen. 2 Taf.
Areh. f. Psyeh. Bd. -IS. U. 3. S. 1071. 1911.
Mit Golgi-Cajals Silberfärbung sowie mit der
Marobi-Mothode bestätigte K. die bekannte Tatsache,
daß bei einzelnen Nagetieren ebenso wie bei der Fleder¬
maus in der oberen Brücko eine partielle obere Pyra¬
midenkreuzung stattfindet. Beim Menschen soll nun
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75
Einzeln« lange Bahnen.
das Bündel von der Schleife zum Fuße in diese Kreu¬
zung teilweise eingehen (= Pes lemniscus superficialis
— mediale akzessorische Schleife). Der eine Teil dieser
gekreuzten Fasern schließt sich den Pyramideusträngen
an, der andere Teil bleibt unter der Sehleifensehiclit.
Sie sind als motorische zentrale Bahnen der Himnerven-
kerne zu betrachten.
466. S i m pso n , Su th erland, The pvramid tract
in the Canadian Porcupine (Erethizon dorsatus Linn .)
Proceed. of the Soc. f. exper. Biol. a. Med. 15. Meet.
New York. Vol. 10. H. 1. S. 4—5. 1912. [Dem Ref.
nicht zugänglich.]
467. King, Jessie Luella, The pvramid tract
and other descending paths in the spinal cord of the
sheep. 19 Textfig. Quarterl. Journ. of exper. Phys. Bd.4.
H. 2. S. 133.
Nach Läsion der motorischen Rind« (obero Fron-
talwindung) degenerieren beim Schaf die wenig ent¬
wickelten Pyramiden bahnen nur bis zum ersten Cer-
vikalsegment. Die Kreuzung erfolgt im unteren Ab¬
schnitt der Oblongata 4-1. Cervikalsegmcnt. Endigung
in der Formatio reticularis an der Basis des Dorsalhorns,
zwischen Seitenhornzellen und int dorsalen Vpntralhorn.
Ähnlich enden die wenigen homolateralen Pyramiden-
fasem. Ein ungekreuzter Pyramidenvorderstrang be¬
steht nicht. Läsioneu im unteren Teil der Oblongata
und ini Brückenmark führten zu Degenerationen eiues
dorsalen Seitenstrangbiindels (Tr. rubro-spinalis) und
eines ventro-lateralen Bündels, letzteres endete im Vor-
derhorn bis zum Sakralmark hin.
468. Rhein, John H. W., A pathological study
of Türcks bündle. 4 Fig. Transactions of the Ame¬
rican Neurolog. Assoc. 37. Ann. Meet. hold in Baltimore
Md. May 11. 12 and 13. 1911, published by Journ. of
nerv, and ment. Dis. S. 89. 1912.
Nach Atrophie der Mitte der 2. und 3. Temporal¬
windung mit Degeneration des Markes der 1. Tompo-
ralwindung nebst leichter Atrophie ihres hinteren Ab¬
schnittes blieb das Türe ksehe Bündel im wesentlichen
intakt, wenn auch sein Volumen innerhalb des Hirn-
schenkelfußes vielleicht etwas reduziert war. Dagegen
degenerierte das Bündel vollständig in einem Falle, in
dem die weiße Substanz im hinteren Abschnitt des hin¬
teren Schenkels der inneren Kapsel, ferner zwischen
hinterem Abschnitt des Schläfenlappens und Wand des
SeitenveDtrikels zerstört war.
469. Flechsig, P., Über das hintere Längsbündel.
17. Vers, mitteldeutscher Psychiater u. Neurolugen am
21. u. 22. Oktober 1911 in Leipzig. Autoref. Arch. f,
Psycb. Bd, 49. S. 649.
Der vestibuläre Anteil des hinteren Längsbündels
wird am frühesten, schon bei 18 cm langen mensch¬
lichen Feten mnrkhaltig. Später kommen Fasern aus dein
mittleren Lateralkurn der Formatio reticularis und aus
der Subst. gelat. Trigemini dazu, dann solche aus dem
oberen Lateralkern. Die frontalsten Enden des Vesti-
bularisanteils biegen erst oberhalb der HI-Kerne rück¬
wärts und strahlen dann von oben her in die letzteren
aus. Die Kol lateralen zu den HI-Kerneu treten da¬
gegen zurück und kommen wohl mehr von sekundären
Quintusfasern. Der Vestibularis mit allen seinen Ur¬
sprungs- und Endstätton ist der zuerst mark haltige sen¬
sible Nerv. Die sekundären V-Fasern des hinteren
Iängsbündels lassen sieh teilweise in den Thalamus
opticus verfolgen (zwischen ventrolateralem Kern, Zen¬
tral kern und schalenförmigem Körper (konform den Re¬
sultaten des Ref.). Neben den Vestibuläres werden be¬
sonders die motorischen Nerven, die Hals- und Nnckeu-
muskeln versorgen (Acccssorius, Vorderwurzeln des
C1--CV), früh mark haltig.
470. Ziba, Shin-lzi, Über die Beziehungen des
dorsalen Längsbündels zur labyrinthären Üphthalmostatik.
Mit 13 Fig. im Text. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 86. S. 189.
1911.
Z. hat unter Leitung von Edingor eine ver¬
gleichende Untersuchung der Stärke und Form des
dorsalen Längsbündels angestellt, um zu erfahren, ob
eine Abhängigkeit von der labyrinthären Ophthalmo-
statik besteht, an die bei den einzelnen Arten ja ver-
j sehiedene Anforderungen gestellt werden. Er gelangte
dabei zu folgender Schlußfolgerung: ,.Bei Fischen,
Amphibien. Reptilien und Vögeln zeigen die lebhaften
: Vertreter ein stärker entwickeltes dorsales Längsbündel
als die trägen. Da nun die lebhafteren Tiere häufiger
aus der Gleichgewichtslage kommen und mithin wahr-
j seheinlich der labyrinthären Ophthalmostatik in höherem
Grade bedürfen als die trägeren, so ist anzunehmen,
daß das dorsale längsbündel zu der Beweglichkeit der
Tiere bzw. zu der labyrinthären Üphthalmostatik (Augen-
muskeltonus) in inniger Beziehung stellt. Höchstwahr¬
scheinlich ist das dorsale Längsbündel bei den obigen
Tierklassen der einzige Reflexweg für die Augenmuskel¬
tonusveränderung. Bei den Säugetieren ist das dorsale
Läugsbündcl schwach entwickelt. Dies beruht wahr¬
scheinlich darauf, daß die Säugetiere außer dem dor¬
salen Längsbündel noch andere über das Großhirn ver¬
laufende Reflexwege für die Beeinflussung des Augen¬
muskeltonus besitzen.“
471. Frenke 1, Bronislaus, Ein Beitrag zur
Kenntnis der im Tectiun opticum der Vögel entstehen¬
den Bahnen. Mit 4 Abbild. Anat. Anz. Bd. 40. S. 199.
1911.
Nach Tektumzerstörung bei Tauben wurden Degene¬
rationen erhalten, die im allgemeinen die bekannten
: Resultate bestätigen. Im einzelnen wäre zu erwähnen,
■ daß der Tr. tecto-spinalis zum Vorderstrang des Rücken¬
markes nur innerhalb der dorsalen Längshündel ver¬
läuft, daß ferner des Ref. Tractus teeto-isthmalis be¬
stätigt wird, ebenso Fasoio. M ii n z c r, Wiener, W e s t -
phal, des Ref. Tr. tecto-cerebellaris, ferner vielleicht (V)
ein „Tr. mcseneephalo-striatieus“.
472. Romagna-Manola, A., Uontributo allo
Studio delle vie del lemnisco nell’uotno. Con una
- tavola. Riv. sperimentale di Freniatria Bd. 37. H. 1.
I 1911.
In einem Falle von „Mikroscapbocephalie“ bestand
eine fast totale Ageneste der Zellen und Fasern der
Großhirnrinde und eine partielle Markscheidenagenesie
der medialen Schleife derart, daß die Markscheiden
relativ gut entwickelt waren im lateralen Teil der
medialen Schleife, im ventromedialen Teil der Oliven-
zwischenscliicht. und im gekreuzten Bur da eh sehen
Kern, dagegen schlecht im medialen Teil der medialen
Schleife, dem übrigen Teil der Olivenzwischenschicht
und dein G oll sehen Kerne, ferner der latoralcn hinteren
Wurzelzono und ventralen Hälfte des Go 11 sehen Stranges.
Bestätigung der Ansicht, daß der Go lischt: Kein mit
i dem medialen, der Burdach sehe mit dem lateralen
Teil der gekreuzten medialen Schleife verbunden ist.
473. Feist-Wollheim, H., Über aufsteigende
; sekundäre Degenerationen der Hinter- und Seitenstränge
im Anschluß an einen Fall von Querschuittseikrankung
! des Zervikalmarks. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psveh.
; Orig. Bd. 5. S. 39. 1911.
Es ist sehr fraglich, ob Hinterstrangfasern zum
Corpus restiforme gehen (solche Fasern sind durch
Entwiekelungspräparate gesichert, E.), da bei gleichzei¬
tiger Hinterstrang-Seitonstrnngdegeneration solche Fasern
vorgetäuscht werden können. Der Tractus spino-thala-
micus besitzt weder Endigrungen im vorderen Vier-
hügcldach noch im hinteren Vierhügel, sondern ledig¬
lich im ventralen Tlialamuskem bzw. im ventralsten Teil
des Nucl. intern, thalami.
474. Economo, Constantin von, Uber disso¬
ziierte Empfindungslähmung bei Ponstumoren und über
j die zentralen Bahnen des sensiblen Trigeminus. 8 Taf.
Jahrh. f. l'syeh. u. Neur. Bd. 32. S. 1. 1911.
475. Brun, Rudolf, Ein Fall von doppelseitigen
| symmetrischen Erweichungszysten im verlängerten Mark
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7G
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
nebst einem Herde im Kleinhirn. Klinisch-anatomischer
Beitrag zur Kenntnis der umschriebenen Bulbärerwei-
chungen und des Faserverlaufes im Hirnstamm. Mit
14 Fig. im Text. Arbeiten &. d. Hirnanatomischen In¬
stitut in Zürich (Prof. Dr. C. v. Monakow) Bd. 6 . S. 273.
1912.
476. von Monakow, Zur Kenntnis der Groß-
hiraanteile (Vago-glossopharyngeusschleife, Fase, bulbo-
thal. II). VIII. Versamml. d. Schweizer Neur. Gesellsch.
in Luzern am 9. u. 10. Nov. 1912. Neur. Centr.-Bl.
1913. S. 331.
Auf Grund von normalen Oblongata-Präparaten
und von sekundären bzw. tertiären Degenerationen nach
Herden im Thalamus und im Großhirn nimmt v. M. an,
daß aus locker angeordneten großen Zellen ventral vom
Solitärbündel, sowie aus dem der Substantia gelatinosa
des Fascic. solitarius lateral anliegenden Grau Bogen-
fasem ausgehen, die dorsal von den Hinterstrang-
schleifonfasern kreuzen und einen neuen Schleifenanteil
(Vago-glossopharyngeusschleife) zum Thalamus und in¬
direkt zu Großhirnteilen (Regio centroparietalis, Gyrus
centralis posterior) bilden. „Dieser neue Schleifen¬
anteil . . . dürfte wohl der sensiblen Innervation des
Rachens, des Kehlkopfes nnd der Bronchien, möglicher¬
weise aber auoh der Innervation des Geschmackes
dienen . 14 (Vgl. die Arbeiten von Economo, Ref. W.)
477. Winkler, C., Experimenteller Beitrag zur
Kenntnis der sekundären Hörbahnen der Katze. Mit
10 Tcxtfig. und 1 Tab. Fol. Neurobiol. Bd. 5. H. 8 .
S. 869. 1911.
Auf Grund von experimentellen Läsionen der drei
sekundären Akusticua-Wege in der Bracke bei Katzen
und Beobachtung der lebenden Tiere kommt W. zu
dem Schlüsse, daß nicht die ventrale Cochlearisbahn
(ventrale Trapezfasern, ventrales Feld der oberen Olive,
vontrale Oliva superior, laterales Lemniseus-Bündel,
ventraler Kern der lateralen Schleife, Corpus quadri-
gemininus posterior) als sekundärer Hörweg aufzu¬
fassen ist, sondern die beiden dorsalen (Hold sehe
und Monakowsche Kreuzungen, dorsales Olivenfeld,
dorsale Oliva superior, medialer Teil der lateralen
Schleife, dorsaler Schleifenkern. Corp. quadrig. post.).
478. Grz ywo-D 9 browski, Viktor, Der Trac-
tus olfacto-mesencephalicus basalis der Maus und der
Katze. Mit 4 Abbild. Anat. Anz. Bd. 40. S. 156. 1911.
Weder bei der Maus noch bei der Katze konnte
der Tr. olf.-mesenceph. Bisehoff (= basales Riech¬
bündel W a 11 e n b e r g) über das Mittelhirn hinaus ver¬
folgt werden, das gleiche Resultat hatte G. schon früher
bei dem Kaninchen gefunden (entgegen den Ergebnissen
des Ref. W.). G. schlägt daher vor, dem Bündel den
Namen Tr. olf.-mesenc. basalis zu geben.
479. Grzywo-D^browski, W., Experimentelle
Untersuchungen über die zentralen Riechbahnen des
Kaninchens. I Taf. Bull, de l’Acad. des Sc. de Cracovie.
Classe des Sciences mathemat. et natur. Serie B:
Sciences naturelles. Avril 1911.
Motorische Bahnen.
Die Pyramidenfasern für das Bein nehmen
nach (Jans (s. Kap. IV e) kein zirkumskriptes
Areal inmitten der übrigen Pyramidenfasern ein.
Die Pyramidenfasern für den Hypoglossuskera
lösen sich nach M i n g a z z i n i (351) „als Fibrae endo-
pyramidales von der Pyramide los, kreuzen dann
in der Raphe und dringen, als Fibrae rectae der ent¬
gegengesetzten Seite aufsteigend, mittels noch unbe¬
kannter Verbindungen in die ventrale Fläche des
Nucleus XII, wo sie vorwiegend mit den zentralen
Nervenzellen und auch mit einigen des dorsolatoralen
Randes in Verbindung treten“. Der Plexus endo-
uucleari 9 nucl. XII war in M.s Falle rarefiziert, wäh¬
rend der Plexus perinuclearis intakt blieb (Bestätigung
früherer Resultate, daß der Plexus perinuclearis selbst
bei Degeneration der Ganglienzellen des Hypoglossus-
kerns unversehrt bleibt).
Das Türk sehe Bündel entspringt nach
Löwenstein (349) in kaudalen Gebieten des
Gyrus temporalis inferior und medius, daneben
auch aus dem Gyrus temporalis superior. Ob
auch eia parietaler und occipitaler Hirnschenkel¬
fuß-Anteil daran beteiligt ist, läßt sich nicht
sicher entscheiden.
Nach Zingerle (350) ist es aber ganz
sicher, daß (konform Monakow) dieser Parietal-
und Okzipital-Anteil vorhanden ist. In dem von
Z. beschriebenen Falle war nur der letztere er¬
halten, daher reichte die Degeneration des T ü r k-
schen Bündels nur in den sublentikulären Teil
der inneren Kapsel hinein und verschwand im
Hirnschenkelfuß. Der Schläfenlappenanteil bezieht
seine Fasern aus T 2 , T s , OT (Occipito-Temporal-
lappen) und zum kleinsten Teil aus dem Gyrus
fusiformis'.
Van Valkenburg (348) läßt das Türk-
sche Bündel aus T 2 , T s und vielleicht aus dem
Oecipito-Parietallappen entspringen.
Der Tractus rubro-spinalis. sens. strich (aus
dem kaudalen • Riesengitter des roten Kernes,
s. den vorigen Bericht) gelangt nach Brun (475)
nur mit ganz wenigen Fasern beim Menschen
ins Rückenmark, die meisten zur Formatio reti¬
cularis bulbi (Tr. rubro-bulbo-reticularis).
Sensible Bahnen.
In einem von v. Monakow mehrfach publi¬
zierten Falle von doppelseitigem Verschluß der
Art. cerebelli inferior posterior (mit einem Er¬
weichungsherd im Kleinhirn) hat Brun (475)
mit Hilfe der Karmin- und Weigert-Pal-
Methode die sekundären Degenerationen studiert
Nach des Ref. W. Ansicht hätte bei der Frische
der Läsionen die N i s s 1 - und M a r c h i - Färbung
nicht Übergängen werden dürfen. Die aus der
Oblongata aufsteigenden degenerierenden Schleifen¬
fasern (Hinterstrangskerne, sensible Himnerven-
kerne usw.) erschöpften sich zu einem großen
Teile schon (wie längst bekannt Ref. W.) vor
Erreichung des Thalamus. Die sekundären Fasern
für die thermische und algerische Sensibilität er¬
leiden ebenfalls größtenteils im Seitenstrangkern
und in der Formatio reticularis Unterbrechungen.
Daher enthält der Tractus spino-thalamicus nur
wenige Fasern und bildet kein geschlossenes
Bündel. Die sekundäre sensorische Trigeminus¬
bahn aus der Substantia gelatinosa der spinalen
Quintuswurzel läuft beim Menschen wahrschein¬
lich zum größten Teil nicht in dem Hösel-
Wal lenbergsehen dorsalen Anteil, sondern im
Areal des ventralen Haubenbündels von Spitzer
(= Quintusschleife von Lewandowskv). Fig. 12
der Brun sehen Arbeit zeigt im Areal der dor¬
salen Quintusbahn deutlichen Faserausfall, das
Bündel wird hier aber als „Tractus Deiters
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Kleinhirn und seine Verbindungen.
77
spinal, degener.“ bezeichnet, obgleich der Schnitt
weit fron talwärts von der Läsionsstelle sich be¬
findet (Ref. W.).
Auf Grund der Mar chi-Degenerationen in
einem Falle von Pons-Tuberkel mit Zerstörung
des sensiblen Trigeminuskernes nebst seiner
medialen und dorsalen Umgebung, sowie gestützt
auf die Ergebnisse von sekundäreu Degenerationen
nach Durchschneidungen des intrapontinen sen-
sibeln Quintuskernes beim Affen (Rhesus) glaubt
von Economo (474) neben den bekannten
beiden gekreuzten sekundären Quintusbahnen
(ventrale sekundäre Quintusbahn von Spitzer
== Trigeminusschleife von Lewandowsky und
dorsale sekundäre Quintusbahn von Hösel und
Wallenberg) noch eine dritte ungekreuzte
zentrale Trigeminusbahn aus dem dorsalen Teile j
des intrapontinen sensibeln Trigeminuskerns an¬
nehmen zu müssen, die sich der dorsalen ge¬
kreuzten Bahn dorso-medial anlegt und im Nucleus
arcuatus lateral von den Endstätten der ventralen
Trigeminusbahn endigt. Es ist dasselbe Bündel,
das schon früher von K a r p 1 u s und E. bei Affen
beschrieben worden ist und soll die Geschmacks¬
empfindung leiten. Der Ref. W. hat bei Kanin¬
chen nach Zerstörung des intrapontinen sensibeln
Trigeminuskernes ebenfalls ungekreuzte sekundäre
Fasern frontalwärts im Bereiche der ForeIschen
Haubenbündel verfolgt und beschrieben. Die Ab¬
bildungen des Brückentumor bei Economo be¬
weisen aber ganz klar, daß, hier wenigstens, eine
Zerstörung der gesamten ein kompaktes Bündel
bildenden dorsalen, bereits in der Oblongata ge¬
kreuzten Quintusbahn stattgefunden hat, daß dem¬
nach in diesem Falle nicht nur der als „1. H.!“
bezeichnete ventro-laterale Teil der dorsalen Tri-
geminusbahn, sondern auch der „1. H.“ genannte
dorsale Abschnitt derselben als gekreuzte Trige¬
minusbahn angesprochen werden muß.
Trotz des Defektes aller Temporalwindungen
außer T t und der HeschIschen Windung war
in dem von Zingerle (350) beschriebenen Falle
die Hörstrahlung vom Corpus geniculatum mediale
erhalten, sie kann also nur in diesen beiden
Windungen entspringen bzw. endigen. Damit
stimmt der Befund von Van Valkenburg (348)
gut überein, daß trotz intakter T 2 und T, die
Hörstrahlung verschwunden war. Der hintere
Vierhügelarm erhält keine Fasern aus der Hör¬
region des Schläfenlappen 8.
Löwenstein (349) allerdings glaubt, daß
der Stabkranz des medialen Kniehöckers auch
noch mit frontalen Teilen der 2. und 3. Schläfen¬
windung in Verbindung steht, die gleichzeitig
Zuzüge aus dem hinteren Thalamuskem erhalten.
In dem von Mingazzini (351) beschriebenen
Falle, in dem der größte Teil der kortikalen Gehörs-
zentren fehlte, waren Corpus geniculatum med., Brachium
po8tieum, laterale MarkkApsel des Nucleus bigeminus
posterior, dorsale Fasern des Lemniscus lateralis, ein
Teil der Nervenelemente des Nucleus ventralis acustici,
der Radix lateralis nerv, acustic. und zwar vorwiegend
auf der gleichen Seite mit der Läsion atrophisch. M.
schließt daraus, daß hier im wesentlichen das System
der absteigenden (corticofugalen) Fasern der Gehörshahn
befallen sei. Auch die „Area parabigemina li zeigte auf
der Lasionsseite einen Ausfall an dorsalen Zellen, ebenso
waren die von dort ausgehenden „Fibrae arcuatae teg-
menti meseneephali“ geschrumpft
Zerstörungen der Area olfactoria frontalis im
Gebiet des Lohns olfactorius bzw. piriformis beim
Kaninchen führten zu Marchi-Degenerationen,
die von Grzywo-Dgbrowski (479) näher
verfolgt werden konnten. Es ergaben sich
Schwärzungen im Tr, olfactorius lateralis, der im
Lobus olfactorius und Lobus piriformis endet, in
der Pars olfactoria commissurae anterioris vom
Lobus olfactorius der einen zum Bulbus olfactorius
der anderen Seite (Tr. olf. medial, van Ge-
' huchten), im basalen Riechbündel des Ref. W.,
das aber im Gegensatz zu Ref. W.s Resultaten
nur bis zum Corpus mammillare und zur Mittel¬
hirnhaube und zwar nur auf der gleichen Seite
verfolgt werden konnte, ferner in einem Teile
der Stria Lancisii und im Traetus olfaeto-
habenularis aus der Area olfactoria zum gleich¬
seitigen Ganglion habennlae (kontra Ref. W.) und
zum Nucleus medialis thalami, schließlich fanden
sich degenerierte Cingulum-Fasern zum Ammons¬
horn.
VIII. Kleinhirn und seine Verbindungen.
480. Löwenstein, Kurt. Über Anatomie und
Physiologie des Kleinhirns und über die neueren Unter-
suchungsmethoden des Kleinhirns. Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psych. Ref. u. Ergehn. Bd. 5. H. 7. S. 073.
1912. (Übersicht.)
481. vanRynberk, Weitere Beiträge zuin Lokali¬
sationsproblem im Kleinhirn. (Kritisches Sammelreferat.)
Fol. Neurobiol. Bd. 6. Sommerheft. S. 143. 1912.
Ergebnisse: „1. Die Grundstellung der korrelativen
Ausbildung einzelner Kleinhimlobuli mit einzelnen Mus¬
kelprovinzen, wie diese Bolk festgestellt bat, ist von
keiner bisher bekannten Tatsache erschüttert worden.
2. Aus den Ergebnissen der Reizversucho der Kleiu-
hirnrinde kann nichts, weder gegen noch für die Lokali¬
sationstheorie postuliert werden. 3. Sämtliche Exstirpn-
tionsversuche am Kleinhirn scheinen Bolks Lokalisa¬
tionslehre zu bestätigen“ 1 .
482. Edinger, L., Über das Kleinhirn und den
Statotonus. Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. H. 15. 1912.
483. Vogt, H., und M. Astwazaturow, Über
angeborene Kleinhirnerkrankungen mit Beiträgen zur
Entwickelungsgeschichte des Kleinhirns. 3 Taf. und
26 Textfig. Arch. f. Psych. Bd. 49. H. 1. S. 74. 1912.
484. Addison, William H. F., The development
of the Purkinje cells and of the cortical layers in the
cerebellum of the albino rat. With 22 Fig. Journ. of
comp. Neur. Bd. 21. H. 5. Oct. 1911.
485. Obersteiner, Heinrich, Die Xleinhim-
rinde von Elephas und Balaenoptera. Mit 4 Abbild,
im Text. Arb. a. d. Neur, Inst a. d. Wiener Univers.
Bd. 20. S. 145. 1912.
0. hat die Kleiuhimrinde der 2 größten Säugerarten
(Elefant und Wal) untersucht und fand neben einer
stärkeren Entwickelung der Purkinjezellen u. a. noch
große Zellen in der Kömerschicht bis in die Markschicht
hinein (Elefant) beziehungsweise nur in der Markschicht
(Wal). Ob die letztgenannten Zellen auch bei anderen
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Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
78
großen Saugern (Ochsen) vorhanden sind, ließ sieh
nicht mit Sicherheit feststellen, ist aber nicht aus¬
geschlossen. Bei kleinsten Säugern (Maus) stehen die
Zellen sehr dicht, im Mari nahe den Lateralkernen
konnten sehr große zerstreute Nervenzellen nach¬
gewiesen werden.
486. Oudendal, A. J. F., Über den Zusammen¬
hang der Ausläufer der Korbzellen mit den Zellen von
Purkinje in der Rinde des Kleinhirns. Mit 2 Taf.
Psych. en Neur. Bladen Bd. 1. 1912.
Bielschowsky - Färbung beim Igel-Kleinhirn
(Paraffineinbettung der imprägnierten Gefrierschnitte,
Herstellung dünnster Schnitte) ergab kontinuierlichen
Zusammenhang des perizellulären Fibrillennetzes der
Korbzellen-Neuriten mit dem intrazellulären Netz der
Purkinje- Zellen.
487. Rossi, Umberto, e Guido Garbini,
Intorno a speciali connessioni tra alcuni neuroni cere-
bellari. 4 Taf. Ann. d. Fac. d. med. d. Univers. di
Perugia Ser. 4. Vol. 2. Fase. 4. S. 335. 1912.
Mit der Cajalsehen Methode wurden bei ver¬
schiedenen Nervenkrankheiten zahlreiche Gruppen von
Purkinje-Zellen gefunden, deren Körbe mehr oder
weniger eng mit einander verbunden waren.
(Ref. Dr. Beccari, Florenz.)
488. Agadschaniauz, K., Über die Kerne des
menschlichen Kleinhirns. Anh. z. d. Abhandl. d. Kgl.
preuß. Akad. d. Wissensch. v. Jahre 1911. Mit 1 Taf.
Berlin 1911.
A. hat unter L. Jacob so hn die menschlichen
Kleinhirnkerne studiort. Im allgemeinen werden frühere
Angaben bestätigt. In den kaudalsten Teilen der Hemi¬
sphären fand A. noch Kerngebilde, die er „Nuclei
cerebelli posteriores“ nennt. Die von Meynert und
Jacobsohn beschriebene zerebellare Fortsetzung des
Nncleus caeruleus wurde bestätigt.
489. Claude. H., et M. Loyez, Un cas d’atrophie
CToisee du cervelet par lesion traumatüjue de la capsule
interne. L’Encephale 7 (1) S. 345. 1912. [Dem Ref.
nicht zugänglich.] Ref. Zeitschtk f. d. ges. Neur. u.
Psych. Ref. 6. S. 31. 1912.
490. Besta. Über die zercbro-zerebellaren Bahnen.
Experimentelle Unteisuchungen. Arch. f. Psych. Bd. 50.
S. 323. 1912.
B. hat bei Hunden und Katzen die Degenerationen
nach Abtragung ganzer Großhirnlappen, Durchschneidung
des Hirnschenkelfußes, partiellen Kleinhirnzerstörungen
(bei Erwachsenen und Neugeborenen), ferner nach
Läsionen der ventralen Brückenetage studiert. Die
Ergebnisse bestätigen vielfach unsere Anschauungen
von dem Verlauf und der Zusammensetzung der Groß-
him-Brücken-KIeinhim-Bahnen. Bemerkenswert ist der
Nachweis ungekieuzter kortiko-ponto-zerebellarer Fasern.
Die gekreuzte Stirnhirn-Brückenbalm endet in lateralen
Zellen des Brückengrau, von dort via Stratum com-
plexum zum medialen Teil der gekreuzten Kleinhirn-
hemisphäre. die temporo-parietale Brückenbahn geht
zu medialen Zellen des Brückengrau, dann via Pars
subpyramidalis des Stratum superficiale zum Wurm;
die gleichseitigen Fasern enden an medialen Zellen
der Area paralateralis, von dort zur lateralen Kleinhirn¬
hemisphäre. Die zerebello-fugalen Fasern des Brücken¬
armes ziehen zum ventralen Brückengrau und zur
gekreuzten Haube, ob auch zur Großhirnrinde, ist
ungewiß. Eine zerebello-thalamo-kortikale Bahn via
Bindearm ist wahrscheinlich, eine zerebello-rubro-korti-
kale aber zweifelhaft.
490a. D’Abundo, G., Sui rapporti di connessioni
incrociati cerebro-cerebellari. Riv. Ital. di Neuropatol.,
Psych. ed Elettroter. Bd. 5. S. 2. 1912.
Versuche an neugeborenen Katzen ergaben, daß
nur Läsionen der Großhirnrinde, nicht aber der sub¬
kortikalen Ganglien (Thalamus, Striatum) zur Atrophie
der gekreuzten Kleinhirnhälfte führen, daß ferner
Iüsionen des Kleinhirns keine gekreuzte Großhirn-
Atrophie zur Folge haben und daß dieser Umstand
vielleicht auf kompensatorischer Hypertrophie anderer
Kleinhirnteile oder anderer Teile des Hirnstammes
(Bulbus) beruht.
491. Hoestermann, Ernst, Zur Kenntnis der
efferenten Kleinhimbahnen beim Menschen. Neur.
Zentralbl. Bd. 1. 1911.
492. F u 9 e, G., Die innere Abteilung des Klein-
hirnstieles (Meynert, J. A. K) und der Deiterssehe
Kern. Mit 91 Fig. im Text. Arb. a. d. Ilrnanat. Inst,
in Zürich ( v. Monakow) Bd. 6. S. 34. 1912.
493. Biach, Paul, und Julius Bauer, Über
die spinalen Bahnen der statischen und lokomotoriseben
Koordination und deren Funktionsausfall. (Zur Physio¬
logie der KleinhirnseitenstraDgsysteme.) 6 Fig. Arb.
a. d. Neur. Inst. a. d. Wiener Univers. (Prof. H. Ober¬
steiner) Bd. 19. S. 22. 1911.
Durchschneidung der Kleinhimseitenstraugbahn bei
Tauben hatte die aus früheren Arbeiten bekannten
anatomischen und funktionellen Folgeerscheinungen.
Bechterews Lehre vom Einfluß der Hinterstrangs-
läsiou auf Propulsion wird bestätigt.
494. Luna,Emerico, 11 cervelletto dell'Orang-
Utan. Con 3 Fig. Monit. Zool. Ital. Bd. 22. H. 4.
S. 106. 1911.
Das Kleinhirn des Orang besitzt einen sehr stark
entwickelten Lobus anterior (Bolk), einen kleinen
Lobulus medianus posterior, gut ausgebildeten Lobulus
ansiformis und wenig ausgesprochenen Lobulus para-
medianus.
495. Mouchet, A, et F. Escande, Les arteres
du cervelet etudiees par la radiographie. 4 Fig. Compt.
rend. de l’Associat. des Anat. 13. Reunion. S. 189.
Paris 1911.
Mennige-Terpentin-Injektionen der Zerebellaraite-
rien, Formolhärtung, Röntgen-Photographieen der nach
verschiedenen Richtungen hin in Scheiben geschnittenen
Kleinhirne; Stereoskopbilder. Im ganzen Bestätigung
früherer Resultate: Die Rindenarterien der Hemisphären
bilden interlamelläre spalierartig angeordnete Aste, die
anastomosieren (besonders an der Oberfläche der Furchen),
und von denen lange und kurze eigentliche Rindenzweige
abgehen. Im Gebiet des oberen und unteren Wurmes
liefern die Art. cerebell. anterior und superior eine
Reihe von Ästen, die sich unmittelbar strauchartig
verästeln („buisrons vermiens“) und ebenso wie die
interlamellären Arterien angeordnet sind. Die zentralen
Kleinhirnarterien (für die zentralen Kleinhirnkerne
und deren Umgebung), 6—8 auf jeder Seite, kommen
aus den Art. cerebell. anteriores, weniger aus den
superiores. Es sind Endarterien im Sinne C o h n h e i m s.
Edinger (482) hat eigene und in seinem
Laboratorium vorgenommene Untersuchungen (s.
Shimazono (669), Hoestermann (491) be¬
nutzt, um die Gesamtverbindungen des Kleinhirn-
wurms darzustellen. Auf Grund zahlreicher be¬
kannter Versuche mit Durchschneidung der ein¬
zelnen Bündel kommt er zum Schluß, daß das
Kleinhirn im wesentlichen Organ des Stato-
tonus sei, derjenigen zusammengeordneten Muskel¬
spannung, die erforderlich ist, um Gang und
Haltimg zu sichern. Hier und in seinem Lehr¬
buch (s. Nr. 7) stellt er die Kleinhirn Verbin¬
dungen in folgender Weise dar; Aus den Hinter¬
wurzeln zieht ein Anteil via Kleinhirnseitenstrang¬
bahnen in die gekreuzte und gleichseitige Wurm¬
rinde, um dort, die Purkinje sehen Zelleu
umspannend, zu enden. Die Achsen Zylinder der
Purkin je sehen Zellen gehen alle in die Klein¬
hirnkerne, deren Zellen mit einem feinen Netz
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Kleinhirn und seine Verbindungen. 70
umgebend. Aus den Kernen stammen die Tractus
cerebello-tegmentales, die besonders von Hoester-
inann geschildert werden, zu denen auch der
Bindearm und das Hakenbflndel gehören, Faser-
zflge, die alle gekreuzt und ungekreuzt um große
Zellen der Mittelhirnbrücken- und Oblongatahaube
endigen. Die größten dieser Ansammlungen sind
der rote Kern unter den Vierhügeln und der
Deiters-Kern im Bereich des Vestibularis-
eintritts. Das ganze System dieser, teils zu
Kernen geschlossenen, teils zerstreuten Zellen
bezeichnet E. als Nackus motorius tegmenti. Die
großen zerstreuten Zellen der Haube gehören
dahin zumeist. Aus allen Teilen dieses Kernes
stammen Fasern zum motorischen Apparat; die
geschlossenen Anteile derselben sind als Tractus
rubro-spinalis und als dorsales Längsbündel und
Tractus vestibulo-spinalis längst bekannt. Der
ganze Apparat wird von den rezeptorisclien Ner¬
ven aus den Gelenken usw. via Kleinhirarinde
erregt, und der laterale Anteil des motorischen
Haubenkernes außerdem durch Rezeptionen aus
dem Labyrinth. Wo immer man ihn reizt, da
entstehen Krämpfe oder doch Spannungserhöhung
der Muskeln.
Der also im Kleinhirnwurm vorhandene Appa¬
rat für den Statotonus erfährt wahrscheinlich
durch die aus dem Mittelhirn stammenden Trac¬
tus tecto-cerebellares eine Hemmung, denn At>-
trennung des Mittelhirns macht sofort gleichseitig
im ganzen Körper Erhöhung der Muskelspannung.
Unter dieser Auffassung des Kleinhirns alsMuskel-
tonusapparat versteht mau auch am besten, daß es
bei sehr weichen schlaffen Tieren (Myxine, Sala-
manderarten) fehlt oder vielfach so stark reduziert
ist, während .es sich sehr kräftig entwickelt da,
wo, wie z. B. bei den Selachiern und den meisten
Teleostiern eine hohe Anforderung an den Tonus
der Schnauzenmuskulatur gestellt wird. Auch die
geringe Entwickelung des Kleinhirns bei den
plauktonisch umbergetriebenen Fischlarven wird
jetzt verständlich.
Die wesentlich pathologische Verhältnisse be¬
treffende Arbeit von Vogt und Astwazaturow
(483) enthält auch einen Abschnitt über die
Entwickelung des Kleinhirns. Es zeigte sich bei
diesen sorgfältigen Untersuchungen, daß sowohl
die Windungen als die Gewebsdifferenzicrung in
den Hemisphären sehr viel später auftreten als
im Wurm, wie es wohl auch der phylogenetischen
Entwickelung entspricht. Die oberflächliche Kör-
nerschicht wird als eine Wachstumsschicht betrach¬
tet, sie beginnt im 3. Embryonal in onat und ist erat
im Laufe des ersten Jahres ganz verschwunden, j
Im 5. Monat erscheint noch eine passagere Schicht, |
die der inneren Körner, die auch in den letzten j
Wochen des Fetallebens wieder verschwunden ist. !
Beide Schichten liefern das Material, das zum
Aufbau der Rinde verbraucht wird. Vom 3. Fetal¬
monat ab beginnt die wirkliche Findenbildung,
zunächst mit einer verdichteten Zelllage an der
Obeifläche, über der noch eine zellarme Schicht
bleibt. Zwischen beiden tritt im 4. Monat in der
äußeren Partie der eben erwähnten Zellschicht
eine Verdichtung auf, die erste Anlage der inneren
Körner, und in der freieren Rindensaumschicht
tritt im 5. Monat eine weitere Lage von Körnern
auf, so daß jetzt vorhanden sind von außen nach
innen: Dicke oberflächliche Körnerschicht, breiter
zellfreier Saum, äußere Körnerschicht, aus 3 Zell¬
lagen bestehend, schmaler zellfreier Saum, innere
Körnerschicht. Im 7. Monat rücken die inneren
und die äußeren Körner zusammen, und innerhalb
der ersteren treten • die Purkinje sehen Zellen
auf. Ihre Histogenese wird genau verfolgt. In
dem Maße, wie ihre Zahl zunimmt, verschwinden
die KCmer der äußeren Körnerschicht.
Erst im 5. Monat tritt eine Faserung in der
Markmasse, und vom 7. Monat an eine Mark-
scheidenbildung auf. Die Kerne des Kleinhirns,
deren Histogenese auch genau verfolgt wird,
werden gegen den 5. Monat hin deutlich.
Eingehende Untersuchungen über die Ent¬
wickelung der Purkinje- Zellen und der Rinden¬
schichten des Kleinhirns bei der w-eißen Maus
führten Addison (484) zu folgenden Resultaten :
Die äußere Körnerschicht bildet vom 2. Tage vor
bis Ende der 3. Woche nach der Geburt die
peripherste Rindenschicht. Sie besteht am Ende
der Fetalzeit aus einer äußeren Rundzellenschicht
und einer inneren Spindelzellenschicht, wächst
noch einige Tage post partum zu 8—10 Zell¬
reihen an und bleibt im Floceulus und Lobus C
(Bolk) noch lange, nachdem sie in den übrigen
Teilen des Kleinhirns bereits verschwunden ist.
Mitosen trifft man noch bis zum 22. Tage. Die
Pu r k i n j e- Zeilen wachsen gleich nach der
Geburt zur Oberfläche hin aus und legen all¬
mählich ihre Deudritenverzweiguug an, die am
21.—25. Tage post partum die Peripherie erreicht,
aber erst am 110. Tage abgeschlossen ist. Die
Nissl-Körper erscheinen im Zytoplasma am
8.—10. Tage. Die Molckularschicht entwickelt
sich bis zum 25. Tage mit den Purkinje-
Zellen, gleichzeitig rücken die äußeren Körner¬
zellen nach der inneren Grenze der Molekular¬
schicht und in die innere Körnerschicht, für
deren Körnerzellen sie die Mutterzellen abgeben.
Die Gliazelien und Golgi-Zellen der inneren
Körnerschicht entstehen aus der Mantelschicht.
Am dicksten ist die Körnerschieht auf den Gipfeln
der Windungen, am dünnsten in den Tälern. Die
Kleinhirnentwickelung geht Hand in Hand mit
der Entfaltung des Bewegungsvermögens.
Hoestermann (401) hat untersucht, welche
Bahnen des Hirnstammes bei Zerstörung eines
menschlichen Kleinhirns (Exstirpation einer Heroi-
späre wegen Tumor) entarten. Die kleine Mit¬
teilung bringt unsere Kenntnis ein gut Stück
vorwärts. Bisher kennen wir wesentlich die
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80
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Bindearme, die Hakenbündel und Fasern zum
oberen Teil des Rückenmarks, solche zur Brücke
und Oblongatahaube waren vermutet. Die ersteren
Bahnen wurden iD der Tat alle entartet gefunden,
die letzteren aber liegen nun in sehr guteD Dege¬
nerationsbildern vor uns, und man erkennt, daß
medial vom Corpus restiforme Fasern in die
Oblongata eindrängen, während andere aus dem
gleichen Bündel die Pyramiden umgreifend und
zum Teil durchbrechend in breiten Zügen die
Oblongatahaube lateral von der Olivenzwischen¬
schicht erreichen, das gleiche Gebiet, in dem auch
die ungekreuzt eintretenden Fasern endigen. Auch
ganz medial ziehen einige Bündelchen frontalwärts.
Brun (475) läßt auch aus der ungekreuzten
Olive Fasern zum Zerebellum laufen. Die Mög¬
lichkeit zerebello-olivarer Elemente wird zugegeben.
Der Tract. spino-cerebellaris ventralis (Gowers-
sches Bündel s. str.) endet außer im Kleinhirn auch
im Grau der Bindearmrinde (von Monakow).
Fuse (492) hat das große Material des von
Monakow sehen Instituts zum Studium der in¬
neren Abteilung des Kleinhirnstiels (Meynerts
J. A. K.) und des Deiters sehen Kernes benutzt
und uns eine erschöpfende Monographie dieser
Gebilde geschaffen. Seine Ergebnisse stehen zum
Teil in Widerspruch zu den von anderen Autoren
in den letzten Jahren erhaltenen Resultaten, viel¬
leicht deshalb, weil eine Mißachtung der March i-
Methode und der Nissl-Färbung F. verhindert
hat, einzelne Bahnen positiv nach Ursprung und
Verlauf zu verfolgen (Ref. W.). Nach F. besteht
die J. A. K., abgesehen von den Riesenzellen des
Deitersschen Kernes, aus Geflechten mittelgroßer
und kleinerer Zellen. Aus mittelgroßen Zellen
des medialen J. A. K.-Feldes und des benach¬
barten Tringularisanteils des Dei tersschen Kernes
entspringen Fasern zum hinteren Längsbündel
und Kömmissurenfäsern; aus den mittelgroßen
Nervenzellen im Gebiete des eigentlichen D ei ters¬
schen Kernes Fasern zum Kleinhirn, aus zerstreut
liegenden mittelgroßen Zellen im Grau des J. A. K.
der Anteil zur Formatio reticularis und wahr¬
scheinlich andere bisher nicht verfolgbare Bahnen.
Die kleinen Zellen der J. A. K. sind Schaltzellen,
soweit sie nicht ihre Fasern aus dem ventralen
Teile des lateralen J. A. K.-Feldes etwa ins Klein¬
hirn senden. Der Anteil des Bechterew sehen
Kernes und Lewandowskys „Nucleus supre-
mus VIII“ an der Zusammensetzung des hinteren
Längsbündels ist minimal, die Endigung der be¬
treffenden Fasern in den Augenmuskelkemen un¬
wahrscheinlich. F1 e c h s i g s Thalamusverbindung
des Bechterew sehen Kernes via hinteres Längs-
bündel wird geleugnet. Der Bechterewsche
Kern entsendet (wie läugst bekannt) direkte
Fasern zum gleichseitigen Zerebellum. Vom
Kleinhirn ausgehende Verbindungen zum Grau
der J. A. K. und zu anderen Hirnteilen via
Grau der J. A. K. werden beschrieben, unter
den letzteren gibt es jedoch keine direkten
zerebelli-fugalen Fasern zum Rückenmark (Seiten¬
strang), zum Locus coeruleus oder Thalamus.
Fuse bestätigt dann den Ursprung zerebelli-
fugaler Bahnen aus den Kleinhimkernen. Die
Fasern aus dem Kleinhirn zum Deitersschen
Kern lösen sich meistens in den grauen Balken
und deren kleineren Trabantenzellen in der Um¬
gebung der Riesenzellen auf. Das Hakenbündel
entspringt nach F. größtenteils in der gekreuzten
Kleinhirnhälfte (Dachkern), zum kleineren Teile
in der gleichseitigen (Nucleus dentatus), geht teil¬
weise in das hintere Längsbündel über (wohl
nicht bis in die Augenmuskelkeme), größtenteils
endigt es in den grauen Balken der lateralen
J. A. K., nicht im Bechterewschen Kern, nicht
im Nucleus triangularis oder in den Hinterstrang-
kemen. Es enthält auch zerebelli-peiafe Fasern
aus mittelgroßen und kleineren Zellen des late¬
ralen J. A. K.-Feldes und aus dem dorso-medialen
Abschnitt des M o n ako w sehen Hinterstrangkernes.
F. schließt mit kritischen Bemerkungen über die
M a r c h i sehe, N i s s 1 sehe und G u d d e n sehe Me¬
thode, über die Näheres im Original nachgelesen
werden muß. Der Ref. W. möchte sich nur auf
den Hinweis beschränken, daß die von F. der
Marchi-Methode gemachten Vorwürfe nur für
Neulinge in der Beurteilung von Osmium-Schwär¬
zungen eine Berechtigung besitzen. Der dem
Ni ssl-Verfahren anhaftende Fehler, daß durch
Dendritenzerstörung ebenfalls Chromatolysebewirkt
werden kann, kommt nur bei Nachbarläsionen in
Betracht.
Die temporo-xerebellaren Fasern enden nach M in -
gazzini (351) a) um die Zellen der grauen Sub¬
stanz des Stratum profundum (Area paralateralis), von
da gehen Fasern des gekreuzten Stratum profundum
aus; b) um die Zellen der Area paramediana bomo-
lateralis, weniger contralateralis, von letzteren aus viel¬
leicht in der Raphe aufsteigende Fasern; c) um die
Zellen des Grau des homolateralen Stratum superficiale,
von dort aus Fasern des Stratum superficiale cruciatum
(Bestätigung älterer Beobachtungen an Hunden, s. den
vorigen Bericht, Widerspruch mit einigen Schlußfolge¬
lungen von Borowiecki, s. Kap. IX). Der Dach¬
kern war in Mingazzinis Fall auf der mit den Groß-
himläsionen gekreuzten Seite (rechts) atrophisch. M.
führt das auf den Ausfall der temporo-zerebeUaren
Fasern zurück. Auch das Corpus restiforme zeigte in
distalen Ebenen der Oblongata rechts FaseTausfall, dazu
Fehlen der doppelt gekreuzten (linken) Fibrae peripyra-
midales und endopyrami dales. Der rechte (gekreuzte)
Nucleus dentatus war ebenfalls atrophisch.
Das Kleinhirn der Sirene ist nach D ex ler
(288) ebenso wie das Rautenhim breit und er¬
innert an das Cerebellum der Ungulaten.
IX . Oblongata, Kerne der Hirnnerren.
(Vergl. auch Kap. 11.)
d) 'Allgemeines, Ontogenese und Phylogenese.
496. Brächet, La signification morphologiqne des
grands Organes des sens de la tete. 6. Congr. beige
de Neur. et de Psych. 30. Sept.—2. Oct. 1911. Refer.
Fol. Neuro-biol. Bd. 6. S. 32. [Nur theoretisch.]
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Oblongata, Kerne der Hirnnerven.
81
497. Dorello, Primo, Rieerche sopra la seg-
mentazione del romboencefalo. Atti R. Accad. d. Lincei,
Rendic. d. Sc. fis. mat. e nat. Ser. 5. Vol. 19. 1910.
Sem. 1. Fase. 8. S. 418. [S. den vorigen Bericht.]
498. Dorello, Primo, Rapporti tra encefalo-
meria e vascolarizzazione del cervello embrionale. 4 Taf.
Rieerche fatte nel Laborat. di Anat. norm, dell. R, Uni-
versitä di Roma ed in altr. Laborat. biol. Bd. 15. H. 2.
1910.
499. Landacre, F. L., The epibrancliial placodes
of Lepidosteus osseus and their Telation to the cerebral
ganglia. 58 Fig. Jonm. of comp. Neur. Bd. 22. H. 1.
S. 1. 1912.
500. Essick, Charles R., The development of
the nnclei pontis and the nacleus arcuatus in man.
12 Fig. Amer. Jonm. of Anat. Bd. 13. H. 1. S. 25.
March 15. 1912.
501. Landacre, F. L., and Marie Mc Lei 1 an,
The cerebral ganglia of the embryo of Rana pipiens.
11 Fig. Journ. of comp. Neur. Bd. 22. S. 461. 1912.
"Viele Einzelheiten, für die auf das Original ver¬
wiesen werden muß. Wichtig ist die Tatsache, daß in
der Entwickelung der zerebralen Ganglien 3 Stadien
unterschieden werden müssen: im ersten ist die Ab¬
grenzung der Ganglien eine unvollkommene, im zweiten
sehr gut, mit wohl getrennten Nerven, während im
dritten mehrere Ganglien mit ihren Nerven sich wieder
vereinigen. Um die Zahl und Lage der einzelnen Be¬
standteile der Ganglien zu studieren, eignet sich am
besten das zweite Stadium.
502. Bujard, Eug., Reconstructiona plastiques
du Systeme nerveux central des ganglions et des epi-
theliums neurosensoriels cephaliques d'un embryon de
mouton de 7 millimetres. 3 Fig. Compt. rend. de la
Soc. des Anat. 13. Reunion. Paris. S. 205. 1911.
Rekonstruktion zweier Kalb-Embryonen von 7 resp.
7,8 mm Steiß-Nackenlänge ergab Folgendes: Die gang-
lionären Plakoden des 10., 9., 8.—7. Hirnnervenpaares
sind nicht isolierte epitheliale Bildungen, sondern be¬
sitzen Verbindungen mit den verdickten epithelialen Ober¬
flächen der Kiemenspalten; erst oberhalb der Hörbläs¬
chen fehlen die letzteren. Das Epithelium olfactivum
(„placoide olfactif“) und die Linsen-Anlage („placoide
cristallisien“) entwickeln sich aus einer gemeinsamen
„placoide neuro-sensoriel frontal“. Die Analogie der
Trennungs-Vorgänge in der Höhe des Epithelium ol¬
factivum und der ganglionären Plakoden erlaubt die
Aufstellung folgender Fragen: Hat nicht die Beteiligung
des Kiemen-Epithels an der Bildung der Ganglien des
7.—10. Hirnnervenpaares die gleiche Bedeutung wie die
Beteiligung des Epithelium olfactivum hei der Genese
des Bulbus olfactorius? Stellen die verdickten ekto-
dermalen Epithel-Oberflächen der Kiemenregion eine
große neurosensorielle Branchial-Placoide dar, die durch
das Hörbläschen in 2 Teile zerfällt (der eine für die
erste Kiemenplatte, der andere für die 2.-4. Spalte)
und deren aktive oberflächliche Reste zu den Ganglien-
Plakoden der Autoren werden? — Eine Plakode für
das Ganglion ophthalmicum fehlte in beiden Fällen.
503. Kappers, C. U. Ariens, Weitere Mittei¬
lungen über Neurobiotaxis. VI. The migrations of the
motor root-cells of the vagus group, and the phylo-
genetic differentiation of the hypoglossus nucleus from
the spino-occipital-system. 8 Fig. Psych. en Neur.
Bladen Bd. 4 en 5. 1911.
504. Kappers, C. U. Ariens, The arrangement
of the motor nuclei in Chimaera monstrosa compared
with other fishes. Mit 3 Textfig. Proceed. of (he
Koninkl. Akad. van Wetensch. Amsterdam May 23.
1912. S. 1176.
505. Kappers, C. U. Ariens, Weitere Mittei¬
lungen über Neurobiotaxis. . VII. Die phylogenetische
Entwickelung der motorischen Wurzelkerne in Oblon¬
gata und Mittelhim. Mit 115 Fig. Fol. Neuro-biol.
Bd. 6. Sommerh. 1912. S. 1.
Edinger-W alienberg, Zentralnervensystem.
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506. Droogleever, Fortuyn, Notiz überden
Eintritt der motorischen Nervenwurzeln in die Medulla
oblongata und über die Lage der motorischen Kerne
bei Amia calva L. Mit 3 Textfig. Fol. Neuro-biol.
Bd. (i. S. 27. 1912.
507. Hu et, W. G., Notes on the trochlear and
oculomotor nuclei and the trochlear root in the lower
vertebrates. 1 Taf. u. 5 Textfig. Koninkl. Akad. van
Wetensch. te Amsterdam. Proceed. of the Meet. of
Saturday Febr. 25. 1911.
508. Van Valkenburg, C. T., On the Splitting
of the nucleus troehlearis. Koninkl. Akad. van Wetensch.
te Amsterdam. Peroeed. of the Meet. of Saturdav March 30.
1912.
Der von Van V. beschriebene „Nucl. troehlearis
posterior“ (s. den vorigen Bericht) wurde bei einer ver¬
leihenden Untersuchung von Säugergehirnen außer
eim Menscheu nur noch beim Kaninchen gefunden.
Er ist in der Regel asymmetrisch.
509. Kappers, C. U. Ariens, Die phylogene¬
tische Entwickelung der Oktavusbahnen. Psych. en
Neur. Bladen Bd. 15. S. 466. (Sitzungsberichte.)
510. Van Hoevell, J. J. L. D., Romarks on the
reticular cells of the oblongata in different vertebrates.
19 Fig. im Text u. 1 Taf. Koninkl. Akad. van Wetensch.
te Amsterdam. Proceed. of the Meet. of Saturdav March 25.
1911.
Außer Zyklostomen und Amphibien besitzen alle
Vertebraten große Retikularis-Zellen im lateralen Hauben¬
feld der Oblongata Bei allen Vertebraten existiert im
kaudalen Teil der Oblongata eine Raphe-Gruppe großer
Zellen, die frontal, mit Ausnahme von Chelone, ver¬
schwindet Bei Reptilien, Vögeln und Säugern besteht
ein kleinzelliger Raphe-Kern an der hinteren Grenze
der hinteren Vierhügel. Die frontale Gruppe der late¬
ralen Retikular-Zellen wächst in der Reihe der Verte¬
braten und es kommt zur Teilung in eine dorsale und
eine ventro-laterale Gruppe, die letztere am oder me¬
dial vom Kern der lateralen Schleife. Bei Phocfina ist
der frontale Anteil der Nuclei reticulares schlechter als
bei anderen Säugern entwickelt.
b) Kerne der Himnerven.
511. Walter, Siegfried, Kerne des Hirnstam¬
mes vom Kaninchen. I. Medulla oblongata und Corpus
trapezoides. Untersuchungen nach der Methode von Niss/.
13 Fig. u. 10 Taf. Inaug.-Diss. veterin. .ined. Zürich.
Stettin 1912. Oscar Rothacker.
Sehr sorgfältige Abbildungen der bnlbären und
pontinen Kerne mit getreuer Einzeichnung der
Lage und Form ihrer Zellen, nach 4 Nissl-
Serien vom Kaninchen, unter Leitung von L. Ja¬
cob solln — eine schöne Ergänzung des im
1. Kapitel referierten Werkes von Winkler und
Pott er. Besondere Würdigung erfahren: Der
Nucleus nervi accessorii, vereinzelte große moto¬
rische Zellen besonders in distalen Regionen der
Oblongata, der Nucleus motorius s. ambiguus nervi
vagi, der Nucleus sympathicus N. vagi, der Nuc¬
leus sensibilis N. vagi et N. glossopharyngei;
Griseum alae cinereae et Fasciculus solitarius, der
Nucleus hypoglossi, der Nucleus sublingualis
(= kleinzelliger Hypoglossuskem von Roller),
Zellen, welche der Lage nach mit dem N. para-
medianus hominis zu vergleichen sind, der Nuc¬
leus intercalatus Staderini, die Nuclei funiculi
posterioris, der Nucleus funiculi lateralis, die
Zellen derFormatio reticularis, der Nucleus olivaris
inferior, die Nuclei acustici: der Nucleus radicis
11
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
82
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
deseendentis, der Nueleus triugularis dorsalis, der
Nueleus von Deiters, der Nueleus angularis
(von Bechterew), das Tuberculum acusticum
und der N. nervi cochlearis, der Nueleus funiculi
teretis, der Nueleus n. facialis, der Nueleus cor¬
poris trapezoides, der Nueleus nervi abducentis,
der Nueleus olivaris Superior. In der sich an¬
schließenden Zusammenfassung kommt W. zu dem
Resultat, daß beim Kaninchen der Komplex aus¬
schließlich homogener Zellen zurücktritt, statt
dessen die motorischen Zelltypen und die Zwi¬
schenformen überwiegen. W. bringt diese Er¬
scheinung mit der geringen Entwickelung der
Großhirnrinde in Zusammenhang. Näheres muß
im Original eingesehen werden.
512. Neiding, Marcel, uud Walter Frank -
further, Über das Vorkommen der Edinger-West-
phalschen Kerne bei einigen Säugetieren und ihre Be¬
deutung. 6 Fig. Neur. Zentralbl. S. 1282. 1911.
Untersuchungen des E.-W.schen III-Kernes bei
Menschen. Affen, Hunden, Kaninchen und Igeln, Bei
Igeln und Affen fanden Verf. keine diesem Kern analoge
Zellgruppe, bestreiten seinen Zusammenhang mit der
IrisiDnervation, halten aber sympathische Funktion für
wahrscheinlich. Sie schlagen den Namen „Nueleus
i nteroculo motorius“ vor.
513. Mobil io, Camillo, Ricerche anatomo-com-
parate sull’innervazione del nmscolo piccolo obliquo dell’
occhio ed appunti sulle radici del ganglio oftalmico nei
mammiferi. Innervazione del muscolo accessorio del
grande obliquo nell’asino. Con 4 fig. Monit. Zool.
Ital. Bd. 23. S. 80. 1912.
514. Lenhossek, M. von, Das Ciliarganglion der
Reptilien. Mit 11 Abbild. Anat. Anz. Bd. 40. H. 2/3.
S. 74. 1911.
515. Lenhossek, M. von, Das Ciliarganglion der
Reptilien. 2 Taf.. 4 Textfig. Arch. f. rnikr. Anat. Bd. 80.
Abt 1. S. 89. 1912.
515a. Lenhossek, M. von, Das GaDgtion ciliare
der Vögol. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 76, S. 745.
1910/1911.
516. Carpenter, F. W., The ciliary ganglion of
birds. 2 Textfig. u. 2 Taf. Fol. Neuro-biol. Bd. 5. H. 7.
S. 738. 1911.’
Vitale Methylenblaufärbung, Cajals Fibrillenfär¬
bung, Weigert-Präparate und N i s s 1 - Präparate bei
Hühnern, Enten und Tauben ergaben, daß das Ciliar¬
ganglion der Vögel eng mit dem Okulomotorius (ohne
Radix brevis) verknüpft ist, daß es eine variable An¬
zahl von dünnen und einen dickeren Nerv, ciliar, brev.
abgibt. Der 1. Quintusast läßt in der Nähe des Gang¬
lion die Ciliares longi abgehen und sendet einige Äste
in das distale Ende des Ganglion hinein als Radix longa.
Eine Sympathicus-Wurzel besteht nicht. Die Zellen
des Ganglion sind unipolar. Ihr Fortsatz ist stets distal
gerichtet und bildet die Nerv, ciljar. breves. Die Zellen
besitzen Kapseln mit Trabant-Kernen. Die dicken,
stark markhaltigen Okulomotoriusfasern endigen an den
Zellen der proximalen 3 Viertel mit Bechern, die den
Mey er-Heldschen Bechern um die Trapezzellen sehr
ähnlich sehen, ob stets wirkliche Endnetze vorhanden
sind, ist zweifelhaft. Die zarten, wenig markhaltigen
Quintusfasern der Radix longa enden in den Zellen des
distalen Polos in Form zarter Endnetze. Auch die von
den Zellen ausgehenden Fibr. ciliar, brev. sind in dieser
Quintusregion dünner als die von der Okulomotorius-
region entspringenden. Auch die Quintusfasern sind
motorisch (Innervation des Dilatator iridis). Es ist
also das Ganglion ciliare der Vögel rein motorisch. C.
bestätigt damit im wesentlichen die Ergebnisse von
v. Lenhossek.
517. Terni, Tullio, Contributo alla conoscenza
del nucleo mesencefalico del nervo trigemino. 7 Fig.
Monit. Zool. Ital. Bd. 23. H. 2. S. 32. 1912.
518. Kösaka, K., Zur Frage der physiologischen
Natur der zerebralen Trigeminuswurzel. 2 Textfig.
Fol. Neuro-biol. Bd. 6. S. 1. 1912.
Während im allgemeinen der Nucl. mesencephal.
nerv, quinti nur mit dem 3. Trigeminusast verbunden
ist, zeigt er Chromatolyse bei Hunden und Affen nur
nach Resektion des 2. Astes, besonders unterhalb des
Trochleariskerns. Die Wurzelfasern endigen wahr¬
scheinlich schon im Verlaufe der Quäntusäste, ohne die
Endgebiete zu erreichen. Der Kern und die Wurzel
ist wahrscheinlich sensibel. Der Kern ist (konform
Johnston) wahrscheinlich ein liegengebliebener Rest
der Ganglienleiste. (? Ref. W.) Die Wurzel enthält nur
zentrifugale Fasern.
519. Van Valkenburg, C. T., Zur vergleichen¬
den Anatomie des mesenzephalen Trigeminusanteils.
34 Fig. Fol. Neuro-biol. Bd. 5. H. 1. S. 360. 1911.
520. Willems, Edouard, Localisation motrice
et kinesthesique. Les noyaux masticateur et mesence-
phalique du trijumeau chez le lapin. 38 Fig. Nevraxe
Bd. 12. S. 1. 1911.
521. Van Valkenburg, C. T., Zur Kenntnis der
Radix spinalis nervi trigemini. 4 Taf. u. 11 Abbild, im
Text. Monatsschr. f. Psych. u. Neur. Bd. 29. S. 407.
1911.
Bei Anästhesie im Gebiete des R. ophthalinicus
trigemini war der ventralste, zugleich am weitesten
distal absteigende Teil der spinalen V-Wurzel degeneriert.
Diese Beobachtung, sowie die vergleichende Untersuchung
der spinalen V-Wurzel bei Sängern, Vögeln, Reptilien,
Amphibien, Selachieren und Teleostiern bestätigen in
glücklicher Weise die älteren Resultate, auch die Be¬
ziehung dorsaler Teile der V-Wurzel zu viscero-sensibleu
V-Fasern wird wieder betont. Im frontalen sensiblen
Hauptkern endigen Fasern aus allen 3 Quintusästen.
522. Fuse, G., Über den Abduzenskem der Säuger.
9 Fig. im Text. Arb. a. d. Hirnanatom. Inst. d. Univ. in
Zürich (Prof. C. v. Monakow) Bd. 4. S. 401. 1912.
Nähere Ausführung der im vorigen Berichte be¬
schriebenen vergleichend-anatomischen Ergebnisse. Ex¬
perimentelle Läsionen bei Kaninchen beweisen, daß die
mittelgroßen Nervenzellen sowohl im Retikular-Anteil
als auch im Ventrikelbodenanteil ihre Neuriten via
hinteres Längsbündel zu höheren Himteilen gelangen
lassen, teilweise wohl auch in den VI-Kem der ge¬
kreuzten Seite.
523. Rüge, G., Gesichtsmuskulatur und Nervus
facialis der Gattung Hylobates. Morphol. Jahrb. Bd. 44.
S. 129. 1911.
„Der Kenner des komplizierten Baues der Gesichts¬
muskulatur wird ohne weiteres zugeben müssen, daß
in sehr vielen Punkten dieser Abhandlung Fortschritte
sowohl der einleitenden Darstellung als auch in der
gut begründeten Ableitung der einzelnen Gebiete zu
verzeichnen sind. Diese Förderungen führen nicht zur
völligen Klarstellung der vielen Fragen. . . . Auf die
hohe Bedeutung der vergleichend-anatomischen Unter¬
suchungs-Ergebnisse auf diesem Gebiete für die Fest¬
stellung der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den
einzelnen Primaten muß immer wieder hingewiesen
werden. (V. Franz.)
524. Fuse, G., Striae acusticae von t. Monakow
beim Menschen. 4 Fig. Neur. Zentralbl. S. 912. 1911.
Karzinom-Metastase im Gebiet des linken Corpus
geniculatum intemum und der Vierhügelplatte hatte zu
Zerstörung der lateralen Schleife und zu Degenerationen
in die linke obere Nebenolive, des Frontal-Pols der
linken oberen Hauptolive, des linken Trapezkerns, des
dorsalen Markes der linken oberen Olive bis zur Höhe
des VI und VII und von da ab übergehend in die
Faserung der Striae acusticae (v. Monakow) der
gleichen, weniger der gekreuzten Seite geführt. Die
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UNIVER5ITY OF MICHIGAN
Oblongata. Kerne der Hirnnerven.
83
Stria-Faserung lag der inneren Abteilung des Kleinhirn¬
stiels (v. Monakow) dicht dorsolateral an. Das Tuber¬
culum acusticum schien auch an der Degeneration be¬
teiligt zu sein (links mehr als rechts). Also: Die Striae
aeusticae (v. Monakow) kreuzen beim Menschen nur
partiell, ein großer Teil geht in die gleichseitige late¬
rale Schleife über. Das hat v. Monakow schon früher
angenommen.
525. Fase, G., Über die Striae am Boden des
4. Ventrikels. (Bodenstriae; Striae medulläres acustir
cae der älteren Autoren; „Klangstab“ von Bergmann.).
2 Fig. Neur. Zentralbl. S. 403. 1912.
Studien an dem großen Material des v. Monakow-
schen Instituts (Kindergebirne. Fötalgehirne, pathologische
Objekte) zeigten eino Abhängigkeit der „Bodenstriae“ im
Gegensatz zu v. Monakows „Striae acusticao“ vom
Kleinhimmark. Sie sind „als eine Vorbindungsbahn
zwischen dem Kleinhirnmark (speziell dem Brückenarm
beziehungsweise dem Flockcnmark) einerseits und der
Raphe sowie der Formatio reticularis der Oblongata be¬
ziehungsweise des Pons andererseits (vorwiegend der
gegenüberliegenden Seite) zu betrachten*. Gründe:
Ontogenetisch und phylogenetisch spätes Entwickelung,
gleichzeitig mit Brücke und Brückengrau, nur beim
Menschen vorhanden; sekundäre Degeneration nach
tiefen Kleinhirndefekten, besonders in der Nachbar¬
schaft der Flocke, auf der Seite des Defekts; kümmer¬
liche Entwickelung respektive Fehlen bei schweren Ent-
wiekelungsstörungen des Kleinhimmarkes (Briickenarm-
und Flockenmark).
526. Wittmaack, Über sekundäre Degenerationen
im inneren Ohre nach Akusticusstammvcrlctzungen,
Vortrag, gehalten in der Versammlg, der Deutsch, otolog.
Gesellsch. Autorreferat in Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Fsych. 1911. Referate und Ergebnisse Bd. 3. H. 9.
5. 78G. 1911.
Quetschung des Akustikusstammes kurz vor dem
Eintritt in den Porus acusticus internus hatte entgegen
dem Wall ersehen Gesetze eine Degeneration des
Ganglion spirale und des gesamten peripheren Nerven¬
apparates inklusive Sinneszelleu des Cortischen Or¬
ganes zur Folge, auch das Cortische Organ selbst
beteiligte sich an der Rückbildung in verschieden hohem
Grade. Die peripheren Vestibularisfasern dagegen blieben
nebst Ganglion vestibuläre peripherwärts bis zu den
Nervenendstellen im Vestibulum intakt,
W. sieht die Ursache dieser Differenz teilweise in
anatomischen Eigentümlichkeiten (Kleinheit der Gang¬
lienzellen des Cochlearis, Bipolarität, Persistenz der
Markhüllen) und glaubt die besondere Hinfälligkeit des
Cochlearis gegenüber schädigenden Einflüssen aus dieser
Sonderstellung heraus erklären zu können.
527. Brouwer, B„ Das Gehirn einer congenital
tauben Katze. 6 Textfig. Fol. Neuro-biol. Bd. 6. S. 197.
1912.
Bei einer weißen, kongenital tauben Katze fand
sich, neben temporo-occipitaler Impression der Konvexi¬
tät (warscheinlich durch Tumor) doppelseitige symme¬
trische Aplasie oder Atrophie der Tubercula acustiea,
totales Fehlen der peripheren Cochlearisfasern, der
distalen Teile der ventralen Acusticuskerne mit Ausfall
von Zellen und Fasern in proximalen Teilen. Sekun¬
däre Atrophie der Striae aeusticae, der Monakowschen
Kreuzung, des Monakowschen Feldes; Verschwinden
der Heldschen Fasern und Kreuzung; Läsion des Cor¬
pus trapozoides, namentlich in den ventralen und mehr
distalen Ebenen mit Zerstörung der Trapezoidkerne, er¬
hebliche Verschmälerung der Lemnisci laterales und der
Prob st sehen Kreuzung. Weiter frontal keine sicheren
Ergebnisse.
528. Stokes, J o h n H„ The acoustic complex and
its relations in the brain of the Opossum (Didelphys
virginiana). 14 Fig. Amer. Joum. of anat. Bd. 12.
S. 4. Jan. 1912.
529. Kohnstamm, 0., Der Nucleus pnralemnis-
calis inferior als akustischer Reflexkern und als Glied
der zentralen Hörleituug (nebst einer Bemerkung über
den Bechterewschen Kern und den Nucleus lateralis
pontis). 37. Wandervers. südwestdeutseh. Neur. u. Irren¬
ärzte in Baden-Baden am 8. und 9. Juni 1912.
(Autorreferat.)
530. Katö, Hisayoshi, Über die peripherischen
Endigungen des Nervus acusticus beim Leucopsarion
petersi Hilgendorf. 5 Fig. Fol. Neur.-biol. Bd. 5.
H. 5. 8. 425. Mai 1911.
531. Mul len ix, R. C„ The peripheral termina-
tions of the eighth cranial nerve in vertebrates, especi-
ally in fishos. G plates. Bulletin of the Museum of
comp. Zool. at Harvard College Bd. 53. H. 4. S. 214.
1910. (S. den vorigen Bericht.)
M. hat weder Anastomosen zwischen zwei Acbsen-
zylindcrendigungen im Octavus noch das Eindringen
vou Neurofibrillen in die Sinneszellen gesehen, ist da¬
her Anhänger der Neurononlehre.
532. Wilson, J. Gordon, The nerves and nerve
endings in the membrana tympani of man. G Fig.,
3 Taf. Amer. Jouin. of Anat. Bd. 2. S. 101. 1911.
Die Nerven des Trommelfells stammen größtenteils
aus dem Meatus auditorius externus (ein starker Stamm
mit der Hauptarterie, viele kleinere Aste in der ganzen
Peripherie). Sie bilden ein Geflecht im Bindegewebe,
von dem aus wieder ein subepithelialer und subnmköser
Plexus ausgeht, dazu kommt ein Plexus zonularis und
intra-epithelialis. Wenige der Trommelfellnerven treten
aus der Paukenhöhle ein. Nur eine Art der epithelialen
Nervenendigung existiert. Endverästelungen von Nerven
sah W. im subkutanen und submukösen Bindegewebe, in
der Peripherie modifizierte Vater-Pa cinische Körper¬
chen. Ganglien gibt es nicht. Die Nerven stammen
nur vom Anriculo-temporalis und Vagus.
533. Vasticar, E , Sur la structure de la cellule
de Deiters. 4 Textfig. Compt. rend, de la Acad. Sei.
Bd. 154. E. 23. S. 1538. 1912.
Basal in der Zelle liegt ein eiförmiger opaker Körper,
der sieh nach dem oberen Pol zuspitzt, von welchem
das Stützfilameut ausgeht, das den granulierten Teil
der Zelle durchzieht und in der Phalange endet. Am
unteren Zellpol gehen ebenfalls Stützfasern ab. Im
Innern dieses ovoiden Körpers läßt sich noch ein kleinerer
olivenförmiger unterscheiden.
534. R e t h i, L„ Zur Kenntnis der motorischen
Innervation des weichen Gaumens. Wien. med. Woch.
Bd. 61. S. 2521. 1911.
Vagusverletzung hatte u.a. auch halbseitige Gaumen¬
lähmung zur Folge, eine Bestätigung früherer Ergebnisse
von R., daß der Vagus und nicht der Fazialis motorischer
Gaumennorv ist.
535. Kajava, Yrjö, Die Kehlkopfnerven und
die Arterienbogenderivate beim Lama. Zugleich ein
Beitrag zur Morphologie der Halsäste des Nervus vagus.
Mit 3 Abbild. Anat. Anz. Bd. 40. S. 265. 1911.
Erklärung der Tatsache, daß die Kehlkopfäste des
Vagus beim I^ama keinen Nervus recurrens wie bei
anderen Säugern bilden, aus den abweichenden Be¬
ziehungen des Vagus zu den primitiven Arterienbügen.
536. Biondi, Giosue, Sul decorso e Sülle con-
nessioni della porzione distale del fascieulus solitarius
nell’uomo. 1 Abbild, im Text. Ric. fatte nel I^ibor.
di Anat. normale della R. Univers. di Koma ed in alti
Labor, biol. Bd. 15. H. 3/4. 1911.
Auf Grund von Ca ja Ischen Silberpräparaten von
3 fetalen menschlichen Oblongatae konnte B. bestätigen,
daß auch beim Menschen ein Teil des Fascieulus solita¬
rius kaudal kreuzt (dorsal vom Zentralkanal), ein anderer
gleichzeitig zum obersten Halsmark ventral vom Bur¬
dach sehen Kern herabzieht, um hier der weiteren
Verfolgung zu entschwinden.
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UNIVERSITYOF MICHIGAN
84
Edinger und. Wallenberg:, Anatomie des Zentralnervensystems.
537. Müllgaard, Holger, Eine morphologische
Studie über den Nervenkomplex Vago-glossopharyugeo-
accessorius. Skandin. Arch. f. Phys. Bd. 25. S. 69. 1911.
Bestätigung des viszeral-motorischen Charakters des
Xucl. dorsalis vagi und des sympathikusartigen Ver¬
haltens der aus ihm entspringenden Fasern.
538. Möllgaard, Holger, Studien über das
respiratorische Nervensystem bei den Wirbeltieren.
11 Taf. Skandin. Arch. f. Phys. Bd. 26. S. 315. 1912.
(S. den vorigen Bericht Xr. 560.)
539. Molliant, M., Le nerf vague. Etüde anato¬
mique et experimentale II. Le noyau ventral du vague
et le noyau ambigu. Connexions anatomiques et valeur
fonctionelle I 75 Fig. Nevraxe Bd. 12. H. 3. S. 221.
1912.
540. Molhant, M., Le nerf vague II. Le noyau
ventral du vague et le noyau ambigu. Connexions
anatomiques et valeur fonctionelle. II. Innervation mus-
culaire des nerfs en connexion avec le noyau ambigu.
96 Fig. Nevraxe Bd. 13. H. 1. S. 1.
541. Van Gehuchten et Molhant, Contri-
bution ä l’etude anatomique du nerf pneumogastrique
chez l'homme. Bull, de l’Acad. de mcd. de Belgique
Bd. 25. S. 859. Nov. 1911. (S. die gleiche Arbeit im
Nevraxe.)
542. Van Gehuchten, A., et M. Molhant,
Contribution ;i l’etude anatomique du nerf pncumo-
gastrique chez l’homme. Nevraxe Bd. 12.
Sorgfältige Untersuchungen der einzelnen Wurzel¬
abteilungen des Vagus und ihres Verhaltens zum Akzes-
sorius beim Menschen. Abbildungen von Quersehnitten-
serien durch Glossopharyngeus, Vagus, Akzessorius und
Hypoglossus. Die dickfaserigen Wurzelteile des Vagus
innervieren die quergestreiften Muskeln des Phargnx
und Largnx und entspringen im Nucl. ambiguus (ven-
tralis) vagi, die feinen Fasern innervieren die gestreiften
Muskeln des Ösophagus und des Herzens neben den
glatten Muskeln des Ösophagus, Magens und des
Respirationstrakts; sie kommen fast alle aus dem dor¬
salen Vaguskern. Die mittelstarken Fasern sind größten¬
teils sensibel und entspringen in Zellen des Ganglion
jugulare und nodosum.
543. Hindelang, Weiteres über den Nueleus
intermedius sensibilis ( Kuhnstamm ). Vortr., geh. a. d.
Wandervers. südwestdeutscher Neur. u. Psych. in Baden-
Baden 1911. Autorref. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u.
Psyeh. lief. u. Ergehn. Bd. 3. H. 7. S. 635.
Weitere Mitteilungen über den Nueleus intermedius
sensibilis, der lateral vom dorsalen X-Kern, zwischen
Fascie. solitarius und dessen Kern in der kaudalen
Oblongata von Kohnstamm gefunden wurde. Er
soll für die Fortleitung viszeraler Sensationen in gleicher
Weise dienen, wie der ventromedial von der Substantia
gelatinosa trigemini und dessen kaudaler Fortsetzung
gelegene großzellige Nueleus sensibilis cornus posterioris
für die Fortleitung von Temperatur- und Schmerz-
Sinnesreizen der Haut dient, daneben beteiligt er sich
aber wahrscheinlich ebenfalls an diesen letzteren Funk¬
tionen.
544. Gaetani, L. de, Sur le mode de se com-
porter des nerfs pueumogastriques. Arch. ital. de Biol.
Bd. 56. H. 1. S. 93.
Im vorderen Vagus gibt es Fasern, die vom rechten
Vagus kommen, im hinteren solche, die vom linken
kommen. (V. Franz.)
545. Holzmann, K., und Dogiel, J., Über die
Iäige und den Bau des Ganglion nodosum und vagi bei
einigen Säugetieren. Arch. f. Anat. u. Phvs., anat. Abt.
S. 33. 1911.
Die Ganglion nodosum und vagi genannte Ansamm¬
lung großer Nervenzellen an der Abgangsstelle des
oberen Kehlkopfnerven, beim Menschen, Hund, Kanin¬
chen und Schwein vorhanden, fehlt bei Pferd und
Rind pnkl. Kalb), weil die Zellen zwischen Ganglion
jugulare und unterer Abgangsstelle des oberen Kehl-
| kopfnerven verteilt sind. Aus dem Ganglion gehen
außer sensiblen auch motorische Fasern hervor. Die
Zellen beider genannter Ganglien haben Spinalganglien-
zellencharakter. (V. Franz.)
546. Todd, T. Wingate, and C. G. Todd,
The sterno- and brach io-cephalic muscles and their
nerve-supply, with special reference to the ungulata.
2 Fig. Anat. Anz. Bd. 42. S. 71. 1912. (Nicht im
Rahmen des Berichts.)
547. Luna, Einerico, Ricerche istologiche, isto-
genetiche e morfogenetiche sul nucleo dell’ipoglosso
(nucleo principale di Slilltng) e su di alcune forma-
zioni nucleari del midollo allungato. 2 Taf. Ric. fatte
nel Labor, di Anat. norm, della R. Univers. di Roma ed
in altr. Labor, biol. Bd. 16. H. 1/2. 1911.
Untersuchungen am Schwein: Die XH-Zellen
bilden distal eine Gruppe, weiter frontal eine ventrale
und eine dorsale, dazu kommt später noch eine laterale,
am Frontalpol ist wieder nur eine Gruppe vorhanden.
Eine dorsolaterale kleine Zellkolonie zeigt sich in der
kaudalen Abteilung auf wenigen Schnitten. Die Achsen-
: Zylinder der Zellen gehen zum Teil in das Bündel des
Nueleus intercalatus. Die Eigenfasern des einen Kerns
stehen mit denen des anderen in Verbindung. Einzelne
i Fibrae arciformes internae dorsales endigen im Kern.
; Ein Rollerscher Kern existiert beim Schwein nicht,
| statt dessen KonimissureDzellen und ein aus sehr großen
i Zellen bestohender ventraler Kern (s. unten!). Der
Nueleus funiculi teretis, der Duvalsche Kern, der
Seitenstraugkern und wahrscheinlich der Rollersche
Kem bilden morphologisch eine einheitliche Kemm&sse.
<*) Oblongata und Brücke.
548. Luna, Emerico, Ricerche istologiche sopra
un nucleo riscontrato nel Rombo - encefalo di Sus
scropha. Contribnto alla conoscenza della cellula ner¬
vosa. 11 Fig. Fol. Neurobiol. Bd. 5. H. 1. S. 31. 1911.
549. Borowiecki,Ste p h an, Vergleichend anato¬
mische und experimentelle Untersuchungen über das
Brückengrau und die wichtigsten Verbindungen der
Brücke. 121 Fig. Arb. a. d. himanat. Inst. Zürich
H. 5. S. 39. 1911.
550. Wallenberg, A., Eigenkern des Ponticulus.
Demonstr. a. d. 19. Vers. d. Nordostdeutschen Vereins
f. Psych. u. Neur. zu Danzig am 8. Juli 1912. Allg.
Zeitschr. f. Psych. u. psych.-gerichtl. Med. Bd. 69.
S. 793. 1912.
Bei einer 75jährigen Frau, die an den Folgen
eines Endothelioms der Dura spinalis mit Psammom¬
bildung (D II—III) gestorben war, zeigte sich neben
den Kückenmarksveränderungen UDd den sekundären
Degenerationen ein gut abgegrenzter, anscheinend bisher
nicht beschriebener Eigenkern des Ponticulus im kau¬
dalen Dache der Rautengrube.
a) Ontogenese und Phylogenese.
Dorello (498) hat an Embryonen von Pleco-
tus (einem Säuger) das Verhältnis der Gefäß-
entwickelung zur Segmentierung des Rücken¬
marks (Myelomeria) und Gehirns (Encephalomeria,
speziell Rhombomeria) untersucht und kam, ab¬
weichend von den früheren Autoren, zu dem
Ergebnis, daß die frühembryonale Segmentierung
; des Rückenmarks nur eine Pseudo-Myelomerie
ist, bedingt durch mechanischen Druck der Somi-
ten auf das Medullarrohr. Die „primäre“ und
„sekundäre“ Encephalomerie oder Rhombomerie
ist nur quantitativ verschieden: jedes Rhombotner
bildet eine Einheit für sieh. D. hält nun diese
I Rhombomerie für eine sekundäre unter dem
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Oblongata, Kerne der Hirnnerven.
Einfluß der primären „vaskulären Metamerie“
entstandene. Also die Gefäßverteilung kann die
Richtung bestimmen, in der sich ein Organ ent¬
wickelt. Wenn ein Organ -während der phylo¬
genetischen Entwickelung eine bestimmte Gefä߬
anordnung erreicht hat, so kann diese Anordnung
während der Ontogenese auch bei im übrigen
erheblichen Umformungen und Abweichungen
dieses Organs beibehalten werden. Wenn während
der Ontogenese ein Organ auch keine anderen
Spuren gewisser Entwicklungsphasen mehr zeigt,
so kann doch die diesen Phasen entsprechende
Gefäßverteilung persistieren und ein wichtiges
Hilfsmittel für die Rekonstruktion der Phylo¬
genese des betreffenden Organs abgeben.
E s s i c k (500) hat das reiche Material mensch¬
licher Embryonen von Mall (John Hopkins Uni¬
versität) dazu benutzt, die Genese der Brückenkeme
und der Nuclei arcuati zu studieren. Er kam
dabei zu dem Resultat, daß sowohl die Oliva
inferior wie die Brückenkerne und Nuclei arcuati
sich aus der Rautenlippe (His) entwickeln: Die
Brückenkerne durch Wanderung über das Corpus
pontobulbare, die Nuclei arcuati und ein Teil der
Olive durch Wanderung längst der lateralen und
ventralen Oberfläche der Obloogata.
Die Plakodenganglien bewahren nach Land-
acre (499) bei Lepidosteus lange Zeit ihre
Integrität, obwohl ßie in die allgemein-viszeralen
Ganglien eingebettet sind. Die epibranchialen
Plakoden erscheinen spät und differenzieren sich
nur wenig in Ganglienzellen, konform mit dem
späten Erscheinen der Geschmacksorgane. Nur
solche Zerebralganglien senden Geschmacksfasern
aus, die Plakodenzellen besitzen, diese aber auch
alle. Ferner senden die nur aus Plakodenzellen
bestehenden Ganglien nur Geschmacksfasern aus.
Daraus folgt nach L., daß die Plakoden-Ganglien
eine spezifisch-viszerale Funktion besitzen.
Sehr wertvolle Beiträge zur vergleichenden
Anatomie der Hirnnerven-Kerne haben A riß ns
Kappers (503, 504, 505), Van Yalkenburg
(508), Huet (507), Droogieever Fortuyn
(506) und Van Hoevell (510) in der Berichts¬
zeit geliefert.
Mit den drei erstgenannten Arbeiten über die
Verlagerungen, welche die motorischen Wurzel¬
kerne bei den verschiedenen Vertebraten aufweisen,
hat Kappers (503—507) dieses Thema zu einem
vorläufigen Abschluß gebracht, insofern er jetzt alle
motorischen Kerne von Oblongata und Mittelhirn
untersucht und einerVergleichung unterworfen hat.
Um diese Vergleichung möglichst unparteiisch
und fruchtbar zu machen, hat er die bereits in
der fünften Mitteilung über dieses Thema 1 ) be-
*) The migration of the motorcells of the V, VI
and Vlfth in the series of vertebrates and the conco-
mitating changes in the course of their rootfibers.
Verhandelingen der Kon. Akad. v. Wetensch. Amster¬
dam 1910. (S. den vorigen Bericht.)
85
nutzten graphischen Darstellungen angewandt,
welche jetzt aber soviel sichere Resultate geben,
weil die Zahl der Vergleichungspunkte nunmehr
erheblich vergrößert ist
Diese Darstellungen sind derart gemacht, daß
auf einem horizontalen Plan das topographische
Verhalten der Kerne und W r urzeln, sowie der
oberen und unteren Oliven durch die Zahl der
zwischen ihnen sich befindenden Schnitte genau
angegeben ist
Die topographischen Karten sind dann etwa
zur selben Größe reduziert, sodaß die Differenzen
in der topographischen Lage direkt ersichtlich sind.
Von zweiunddreißig Tieren (Fische, Amphi¬
bien, Reptilien, Vögel und Mammalier) ist die
Topographie in dieser Weise bearbeitet, während
nebenbei noch sechs andere Karten die genauere
Topographie der Augenmuskelkerne angeben.
Die Arbeiten erhalten außerdem eine große
Zahl von Zeichnungen und Photogrammen.
Die Untersuchungen K.s haben auch jetzt
wieder ergeben, daß die mechanischen Einflüsse
bei den phylogenetischen Zell Verlagerungen eine
äußerst geringe Rolle spielen und für die Ver¬
lagerung die Richtung der maximalen Reizzufuhr
die Hauptsache ist.
Dass der Neurobiotaxis in dem Aufbau des
Nervensystems eine wichtige Rolle zukommt, ist
außer von Cajal, der bereits in dem ontogene-
tischen Teil seines Lehrbuches hierauf hingewiesen
hat und neuerdings die Erklämngsversuche K.s
für sehr plausibel erklärt hat, jetzt auch von
Tretjakoff, Judson Herrick, Van Valkeu-
burg, Edinger, H. Vogt, Droogieever
Fortuyn, Huet anerkannt.
Die wichtigsten Resultate der letzten Arbeiten
sind folgende: Die Kerne des Oculomotorius und
Trochlearis finden sich bei den niedrigsten Verte¬
braten (abgesehen von Amphioxus) auf große
Distanz von einander, wie dies bereits von Tret¬
jakoff betont wurde — indem der IV-Kern
hinter dem Wurzelaustritt auf dem vorderen
Niveau des V-Kernes liegt.
Allmählich findet sich nun eine Annäherung
zwischen diesen Kernen, welche dadurch zu stände
kommt, daß der Trochleariskern sich nach vorne
verschiebt. Überdies macht seine supraventri¬
kuläre Lage einer subventrikulären Platz (ein
Prozeß, von dem sonst nur noch bei Varanus eine
Andeutung vorhanden ist).
Die Annäherung zwischen IV- und III-Kern
ist bei einigen Fischen noch nicht ganz komplett,
indem z. B. bei Amia calva, Cottus, Rhombus,
Hippoglossus noch eine ganz erhebliche Lücke
zwischen beiden Kernen Vorkommen kann (Huet
[507]). Unter den Reptilien ist eine solche noch
sichtbar bei Chelone, Alligator und Boa, bei den
höhern Lazertiliern aber nicht mehr nachweisbar.
Auch bei Vögeln nicht. Bei Mammaliern da¬
gegen findet sie sieh noch bei Echidna und an-
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E d i n g e r und W a 11 e n b e r g, Anatomie des Zentralnervensystems.
86
deutungsweise bei ein paar anderen Tieren (Van
Valkenburg [508]). Der beim Menschen von
Tsuchida und Van Valkenburg (508) nach-
gewiesene hintere Trochleariskemrest, der auch
bei einigen anderen Säugern aufgefunden wurde,
wird in dieser Weise vom Verf. erklärt.
Während der IV-Kern sonst wenige Ver¬
änderungen’ aufweist und erst bei den höheren
Mammaliern Zusätze von kleineren retikulären
Elementen (ein sehr allgemein verbreiteter Prozeß
vergl. v. Hoevell [507]) erhält, bietet dagegen
der Oculomotorius-Kern ganz bedeutende Verände¬
rungen bei den verschiedenen Wirbeltieren.
Bei den Cyklostomen kann man einen dor¬
saleren und ventraleren Abschnitt unterscheiden,
bei den Selachiern dagegen (auch bei Chimaera)
ist die dorsale Lage die überwiegende.
Man findet aber bei den Teleostiern und Amia
(Droogleever-Fortuyn [500]) wieder einen
ventralen III-Kem unter dem dorsalen, der sich von
dem ventralen Kern des Neunauges aber dadurch
unterscheidet, daß er ein fast unpariger Medialkern
ist, nahe der Raphe, während derjenige von Petro-
myzon dem Wurzelaustritt nahe liegt.
Bei Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugern
kommt ein so weit ventral gelagerter Abschnitt
des III-Kernes nicht vor, zeigt der Oculomotorius-
kem jedoch allmählich Differenzierungen: Der
im oberen Drittel der Mittelhirnbasis gelegene
Kern fängt an sich bei den Reptilien zu dif¬
ferenzieren in einen ventro-medianen Teil, wel¬
cher größenteils zwischen den hinteren Längs¬
bündeln liegt und einen latero-dorsalen Teil, der
latero-dorsal von diesen Bündeln liegt. Aus dem
erstgenannten Teil kann sich ein zentraler Kern
von Perlia entwickeln — was jedoch erst bei
einigen Säugern, nicht bei Submammaliern statt¬
findet.
Dem latero-dorsalen Kern fügen sich die
Edinger-Westphalsche kleinzelligen Kerne
an, welche bereits bei einem höheren Reptile,
Varanus salvator, angedeutet sind, bei den Vögeln
aber eine sehr große Entwickelung erlangen, wo
die in den vorderen Zweidritteln zu finden sind,
genau wie bei Säugern, wo sie nur beim Menschen
sie große Ausdehnung wieder erreichen, welche
sie bei Vögeln haben und sich in zwei Teile —
einen lateralen und medialen auflösen können.
Der mediale Teil kann übergehen in den
Nucleus medianus anterior: ebenfalls ein klein¬
zeiliger Kern.
Der Darkschewitsehe Kern wird vom Verf.
nicht zum Oculomotoriuskern gerechnet Was
den Trigeminus-, Abducens- und Facialiskem an¬
belangt, bestätigt Verf. seine in der fünften *) und
*) Migrations of the V., VI. and VII. nucleus in
the series of vertobratos. Verhandl. der Kon. Akad.
d. Wetensch. Amsterdam 1910.
sechsten *) Mitteilung erwähnten Erfahrungen.
Nur insofern ließen sich hier einige nähere Er¬
örterungen geben t als von den Fischen jetzt auch
ein Ganoide (Amia calva) und ein Holoephale
(Chimaera monstrosa) untersucht wurde. Amia
calva zeigte (Droogleever Fortuyn [500])
in der Anordnung des V-Kernes ein sehr ein¬
faches Verhalten, indem der Kern ganz dorsal
lag, direkt unter dem Ventrikel. Der Abducens-
kein ist nicht in zwei Teile geteilt und unter¬
scheidet sich auch durch seine mehr dorsale
Lage und die Abgabe von vier statt zwei Wurzeln
von dem Teleostier-Typ. Der Facialiskem zeigt
sogar ein gänzlich selachierähnliches Verhalten,
indem er mit der Glossopharyngeus-Vagussäule
ein einheitliches Gebilde darstellt. Droogleever
Fortuyn (500) hat auf Grund dieser Tatsachen
zu Recht angegeben, daß diejenigen, welche die
Knochenganoiden nicht zu den Teleostiern rechnen
wollen, auch in dieser Hinsicht Recht haben.
So stellt auch Chimaera monstrosa einen ganz
besonderen Typus dar, der nur in der Anordnung
der Augenmuskelkerne den Selachiern ähnlich
sieht. Der Facialiskem zeigt einen deutlichen
Übergang zu dem Teleostiertyp, indem der Kern
in zwei Teile getrennt ist, einen ganz kleinen
vorderen Teil (der im Gegensatz zu den Tele¬
ostiern nicht verbunden ist mit Glossopharyngeus-
zellen) und einen größeren kaudalen Abschnitt,
der ventral verlagert ist und auch die Glosso-
pharyngeus-Fasern zu entsenden scheint. Was die
phylogenetische Entwickelung der Glossopharyn-
geus-, Vagus-, Accessorius- und Hypoglossus-
keme anbelangt, so hat sich ergeben, daß der
(dorsale) Glossopharyngeus-Kem bei Petromyzon,
bei Amia und Selachiern mit dem (dorsalen)
Vaguskern zusammenhängt, bei den Teleostiern
dagegen mit dem vorderen Fazialiskem ver¬
bunden ist.
Bei den Amphibien und Vögeln ist letzteres
auch der Fall. Bei den Reptilien ist dies aber
nicht mit Sicherheit anzugeben und eine Verbin¬
dung mit dem Facialiskem nicht ausgeschlossen.
Die ventrale Verlagerung des IX-Kernes in Ver¬
bindung mit der ventralen Verlagerung eines
Teiles des Vaguskemes (Nucl. ambiguus) findet
sich erst bei den Säugern, wo nur der Nucleus
salivatorius nervi tympanici (parotis) eine mehr
dorsale Lage beibehält und auch in der Hinsicht
ein primitives Verhalten aufweist, daß er mit
dem salivatorischen Teil des Facialis (Kosaka,
Yagita, Hayama) verbunden bleibt.
Der Vaguskern zeigt bei allen Tieren unter
den Reptilien eine ganz dorsale Lage. Bei der
letztgenannten Klasse aber fängt bei Chelone und
Alligator ein Teil des hinteren Vaguskernes (nicht
des Acce8soriuskemes) an, ventralwärts zu rücken.
*) The migrations of the abducens nucleus. Psy¬
chiatrische en neurologische Bladen 1910.
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S7
Oblongata, Kerne
Bei Vögeln hat dieser Teil eine selbständige
Topographie erworben und repräsentiert — wie
allerlei topographische Anhaltspunkte (z. B. das
Verhalten zur unteren Olive) zeigen, den ven¬
tralen Teil des hinteren Drittele des Nucleus
ambiguus, welcher nach den Untersuchungen von
K o s a k a das Herz innerviert.
Der Kehlkopfteil bildet mit einem Teil des
Hypoglossuskernes den Nucleus intermedius X
und XQ, der bedeutend dorsaler liegt, aber doch
unterhalb des dorsalen Vaguskernes.
Erst bei Säugern findet die totale Verlagerung
des Nucleus ambiguus (IX und X) statt.
Der Nervus accessorius bildet sich als kaudaler
Auswuchs des dorsalen Vaguskernes — womit
er auch bei menschlichen Embryonen noch zn-
sammenhängt. (? Ref. E.) Erst später löst sich
dieser kaudale Abschnitt als selbständiger XI-Kem
ab und liegt dann sekundär in der Verlängerung
des ventralen Vaguskernes, wie Verf. den schönen
embryonalen Serien von Röthig entnehmen
konnte. Das kaudale Wachstum des Akzessorius-
kernes erklärt auch den eigentümlichen Verlauf
des sogen. Respirationsbilndels von Krause,
■welches bekannterweise nur in der Länge aus¬
gedehnte Wurzelfasern des XI sind. (? Ref. E.)
Der Hypoglo8suskem zeigt während der Phylo¬
genese eine erhebliche Verschiebung in frontaler
Richtung, die bei denjenigen Tieren an fängt, wo
die entsprechende ventrale Körpermuskulatur sich
zum ersten Male als wirkliche Zunge differen¬
ziert: also namentlich bei den Reptilien. Diese
Kernverlagerung geht mit einer Verlagerung der
Wurzeln einher. Die spino-occipitalen Nerven
werden (konform Gegenbanr, Ref. W.) in den
Schädel aufgenommen und bilden sich zu einem
Kranial- statt Spinalnerven um. Da die ent¬
sprechenden Nerven ihre Hinterwurzeln verlieren
und bei Übergang in die Zungenmusknlatur unter
den Einfluß von anderen — mehr frontalen
Reflexen kommen (Geschmacksreflexen des VII
und IX und Taktilitätsreflexen des V), findet
die frontale Verlagerung dieses Kernes offenbar
statt unter Einfluß dieser Reflexe. Die bereits
früher vom Verfasser vermutete Bedeutung des
Staderinisehen Kernes als sensibler Kern des
Glossopharyngeus und Vagus, neuerdings durch
Brun bewiesen, zeigt, wie nahe der Bypo-
glossuskern der Säuger an sein neues Reflex¬
zentrum herangerückt ist.
Weiter enthalten diese Mitteilungen eine kurze
Notiz über die phylogenetische Entwickelung der
unteren Olive — wie die fünfte Mitteilung (509)
die Phylogenese der oberen Olive enthält. Ich
verweise dafür auf das Original.
In der Arbeit van Hoevells (510) ist
außerdem die phylogenetische Entwickelung der
großzelligen retikulären Elemente der Oblongata
behandelt, die ebenfalls interessante Verlagerungen
der Hirnnerven.
(in der Richtung der lateralen Schleife) aufweisen.
Auch hierfür sei auf das Original hingewiesen.
(C. U. Arie ns Kappers, Amsterdam.)
ti) Himnenenkeme.
Mobilio (513) hat bei einer großen Zahl
von Säugern die Innervationsverhältnisse des
Obliquus inferior und Obliquus superior studiert
und auch die Rolle des Trigeminus, insbesondere
des Ganglion ophthalmicum trigemini bei dieser
InnervatioD berücksichtigt. Da es sich um rein
periphere Verhältnisse handelt, so liegt die Arbeit,
auf deren Studium im Original ausdrücklich hin¬
gewiesen werden soll, außerhalb des Rahmens
des Berichtes.
v. Lenhossek (514, 515) hat das Ciliar¬
ganglion bei Lacerta agilis, muralis, viridis, ferner
bei Tropidonotus, Coluber und Zamenis, bei Testudo
graeca undEmys lutaria mit Cajals Silbermethode
untersucht. Bei der Eidechse endigt nur der
Okulomotorius im Ganglion (mittelstarke Äste,
dazwischen feinere Fasern, nur die mittelstarken
endigen an den unipolaren Zellen des Ganglions,
während die feineren einfach durch das Ganglion
hindurchtreten und in die Nerv, ciliares über¬
treten). Die Zellen des Ganglion besitzen einen
perinukleären Korb aus groben Fasern, dessen
Bedeutung noch unklar ist. Die Faserendigung
der III-Äste erfolgt in einfachster Form als Ast
oder Kappe (Diskus), häufig dichotomisch geteilt,
seltener in mehrere, fingerförmige Fortsätze zer¬
legt. Die Fibrillenge.fi echte der Endausbreitung
gehen nicht in die Zelle hinein. Hier ist also
die gleiche Endigungsform dauernd, die bei
Vögeln nur als Jugendzustand vorkommt (s. den
vorigen Bericht).
Die Schlangen besitzen neben dem größeren
frontalen ein kleineres kaudales Ciliarganglion.
Das größere hängt mit der Radix oculomotorii
zusammen und entsendet zwei Ziliarnerven, das
zweite liegt dem Okulomotoriusstamme direkt an
und läßt einen Ciliamerv hervorgehen. Beide
Ganglien besitzen nur IH-Verbindungen. Die
Zellen sind kleiner als bei Eidechsen, kuglig, mit
glatter Oberfläche, von gleichartiger Beschaffen¬
heit (selten ist ein perinukleärer Faserkorb), mit
Bindegewebskapsel versehen. Die III-Endigung
erfolgt in Form zahlreicher dünner Endäste, die
sieh auf der Zelloberfläche nur wenig verzweigen.
Bei Schildkröten variiert die Entfernung des
Ziliarganglions von dem Hauptstamme des Ocu-
lomotorius. Auch hier hat der Quintus mit den
Ganglienzellen nichts zu tun, er liegt nur zu¬
weilen in der Nähe des Ganglions. Neben der
Hauptwurzel des III besteht zuweilen eine rück¬
läufige Nebenwurzel. Das Ganglion entsendet
zwei Ciliarnerven. Die Zellen sind elliptisch,
glatt, mittelgroß, stets unipolar, ein Kernkörper¬
chen fehlt meistens, ebenso der grobe perinukleäre
Faserkorb; Fibrillenzeichnung deutlich. Endigung
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88
Ed in g er und Wallenberg, Anatqmie des Zentralnervensystems.
e einer Hauptfaser und einer Nebenfaser an jeder
Zelle. Die Hauptfaser bildet in der Nähe der
Zelle einen Glomerulus von mannigfachster Form.
(Näheres im Original.) Bisweilen innerviert eine
IH-Faser zwei Ganglienzellen. Die accessorische
Faser schließt sich der Hauptfaser dicht an,
glatt oder spiralförmig sie umwindend. Variable
Endigung auf der Zelloberfläche. Auch die acces¬
sorische Faser entstammt nur dem Oculomotorius.
v. Lenhossök (515a) hat dann auch die
Zellen des Ganglion ciliare der Vögel, speziell
des Huhnes, untersucht und beschrieben. Er fand,
daß das Ganglion auch hier lediglich mit dem
Okulomotorius in Verbindung steht, daß die Form
der Zellen weder den Zerebrospinalganglienzellen
noch den Sympathicuszellen entspricht, daß die
Oculomotoriusfasern ganz eigenartige End Verzwei¬
gungen mit mannigfachen Formen und perizellu¬
lären Geflechten um die Zellen bilden, daß ferner
Schlingen und Spiralfasern an der Zellperipherie
beobachtet werden können, v. L. betrachtet das
Ganglion ciliare als ein motorisches Schaltganglion,
das in seiner Gesamtheit zum Oculomotorius als
ein Anhang dieses Nerven gehört.
Van Valkenburg (519) hat den früheren
vergleichend anatomischen Untersuchungen über
die mesencephale Wurzel des Trigeminus eine
neue, auf sehr reiches Material gegründete hinzu¬
gefügt. Er fand die. Wurzel bei allen Verte¬
braten oberhalb der Cyklostomen, 9ie lag bei den
Nichtsäugem stets dorsal vom Aquädukt, mit
Ausnahme der Teleostier, oft an der dorsalen
Mittellinie zu einer unpaaren Zellmasse vereinigt.
Die Zellen selbst sind bläschenförmig bis plump
polyedrisch, im oder am Ependym. Der Kern
liegt ganz innerhalb des Mesencephalon, von der
hinteren Kommissur bis zum Velum medulläre
anticura. Bei Teleostiern liegt der Kern nur
frontal, in ganz geringer Ausdehnung, ist aber
dafür massiver (der Ref. W. sah ihn aber bei
Pleuronektiden und Gadus morrhua auch ganz
kaudal). Verschieden ist die Ausdehnung bei
Reptilien. Die Wurzel liegt beim Austritt stets
dorsal von der motorischen, legt sich der Pars
ophthalmica der sensiblen V-Wurzel an. Mono-
tremen besitzen ebenfalls einen medio-dorsal ge¬
legenen Kern, ebenso (teilweise) Phoca vitulina
und die Marsupialia. Bei Insektivoren reicht er
weit kaudalwärts bis zum kaudalen Pol des moto¬
rischen Quiutuskerns, ebenso bei Rodenden, Carni¬
vora pinnipedia, Carnivora fissipedia, Homo; orale
Ausbildung überwiegt dagegen bei Monotremen,
Marsupialiern, Tamandua, Phoeaena, Phoca. Bei
Beuteltieren und Tamandua tritt die Wurzel iso¬
liert aus. Das Probst sehe Bündel konnte nor¬
malerweise bei keinem der untersuchten Säuger
festgestellt werden (ohne M a r c li i - Degeneration
auch nicht gut möglich. Ref. W.). Bei Selachiern
läuft die Wurzel auch außerhalb des Hirnstammes
noch isoliert. Die funktionelle Bedeutung der
Wurzel ist noch unklar, zentrifugale Leitung wahr¬
scheinlich. In einem Falle von Tumor des
1. Quintusastes war eine Degeneration der gleich¬
seitigen mesencephalen Wurzel eingetreten.
Die Resultate, welche Tern i (517) bei seinen
Studien an der mesencephalen Trigeminuswurzel
von Rattenembryonen erhalten hat, bestätigen viel¬
fach ältere Ergebnisse über Kollateralen derZellen-
Neuriten zum motorischen Trigeminuskem und
zum Bulbus. Die Zellen sind vorwiegend multi¬
polar und polyedrisch. Die Wurzel besitzt moto¬
rische Funktion (kontra (Johnston und Wil¬
lems).
Ln einer Monographie, die im Institut Solvay
in Brüssel entstanden ist, hat Willems (520)
die Resultate umfassender normal - anatomischer
und experimenteller N i s s 1 - Untersuchungen über
die Struktur und Bedeutung des motorischen und
mesencephalen Trigeminuskerns des Kaninchens
niedergelegt. W. kommt zu dem Ergebnis, daß
die mesencephale Wurzel den kinästhetischen
Fasern für die Kaumuskulatur entspricht, und
daß ihre Ursprungszellen im Zentralorgan ge¬
bliebene Spinalganglienzellen darstellen.
Innerhalb des motorischen Quintuskernes ent¬
spricht die Zellgruppierung nach W. annähernd
der gegenseitigen peripheren Lage von Muskeln
und Nerven. Die dorsale Zellgruppe des Haupt¬
kerns ist Zentrum des Masseter, medial innerviert
sie den Temporalis (dorsal) und den Pterygoideus
internus (ventral), der ,,Sphenoidalis“ (tiefe Portion
des Temporalis) besitzt einen langgestreckten
bogenförmigen Ursprungskern, der die dorsale
Zellgruppe von innen nach außen und von oben
nach unten umgibt und schließlich ihre laterale
Hälfte bildet. Die ventro- laterale Hauptgruppe
ist Zentrum des Pterygoideus internus. Der
kaudale Teil der ventro-medialen Gruppe inner¬
viert ganz kaudal den Biventer, weiter oben den
Mylohyoideus. Der frontale Teil der gleichen
Gruppe gehört vielleicht noch teilweise dem
Pterygoideus externus und Sphenoidaüs an uud
enthält wahrscheinlich auch Zentra für den Tensor
tympani und den Tensor veli palatini. Nach
Funktionen geordnet ist die dorsale Gruppe das
Zentrum für die Unterkiefer-Hebung, die mittlere
(veptro-laterale und ein Teil der ventro-medialen)
für die Seitwärtsdrehung, die ventro - mediale
kaudal für die Senkuug des Mundbodens und
des Unterkiefers, frontal wahrscheinlich für die
Funktionen des Tensor tympani und Tensor veli
palatini. Innerhalb des mesencephalen Kerns
konnte W. keine Zell-Gruppierung nach einzelnen
Muskeln finden. Das stimmt gut zu der Hypo¬
these von der kinästhetischen Funktion des Kerns,
da er die Aufgabe besitzt, die Kombination meh¬
rerer Muskelkontraktionen zu einer zweckmäßigen
Bewegung zu vermitteln. Betreffs der mehr oder
weniger hypothetischen Ausführungen des Ver¬
fassers über die Beziehungen der Muskeln und
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Oblongata, Kerne der Hirnnerven.
89
ihrer Nerven zu den zentralen Ursprungsstätten
muß auf das Original verwiesen werden.
Nach Kohnstamm (529) geht der nicht
gewundene Teil der oberen Olive, wie schon
früher z. B. von Bruce berichtet wurde, stetig
in den ventralen Kern der lateralen Schleife über.
Diesen beiden Kernen sind große Zellen ein- und
angelagert, welche ebenfalls ein zusammengehöriges
System bilden und als lateralster Teil des gro߬
zelligen Retikulariskernes angesprochen werden
dürfen. Diese Zellen tigrolysieren in ausge¬
dehntem Maße nach Durchschneidung des ge¬
kreuzten Seiten Stranges, in geringerem Umfange
in Fällen, in welchen die Verbindung mit dem
medialen Kniehöcker unterbrochen war. In Verbin¬
dung mit den vorliegenden Marchi-Befunden läßt
sich schließen, daß aus diesem Kern die gekreuzte
Brückenseitenstrangbahn nach abwärts zieht (Stiel
der oberen Olive!) und nach oben zentrale Hör¬
fasern im Gebiet der lateralen Schleife. Andere
zur zentralen Hörbahn gehörige Tigrolysen haben
sich weder im Gebiet der lateralen Schleifen¬
kerne, noch des hinteren Vierhügels finden lassen
(konform Mahaim, Rothmann, Quensel).
Der Nucl. paralemniscalis inferior ist also gleich¬
zeitig motorischer Reflexkern und sensorischer
Kern, was er mit anderen Kernen gemeinsam
hat, dem Nucl. intermedius sensibilis des Rücken¬
marks , dem großzelligen Retikulariskern (inkl.
Centrum receptorium der Formatio reticularis,
dem. Nucl. intratrigeminalis). Die Eigenschaft des
Nucl. paralemniscalis als akustischer Reflexkern
(für akustische Abwehrbewegungen und Akkommo¬
dations-Reaktionen) lässt sich vielleicht analog
dem Reflexapparat des Vestibularis für klinische
Untersuchungen nutzbar machen. In einer kurzen
kaudo-frontalen Ausdehnung liegt in den kauda-
leren Ebenen des ventralen Kernes der lateralen
Schleife ein besonderes Kerngebilde in Gestalt
einer Zellbrücke, welches zu den ventro-lateralen
Zellen des Nucl. loci coerulei hinzieht. Dieser
Kern, welchen K. Nucl. lateralis poniis nennen
möchte, bildet die frontale Fortsetzung des früher
von ihm beschriebenen Nucl. juxtamasticatorius. Er
fand sich tigrolysiert in Fällen, in denen er vom
Kleinhirn abgetrennt war. Er ist möglicherweise
das pontine Homologon des Seitenstrangkernes der
Oblongata.
Kürzlich hat in einer aus dem v. Monakow-
schen Institut hervorgegangenen umfangreichen
Arbeit Fuse die von K. und Quensel be¬
schriebene Tatsache bestritten, daß die Neurone
des Nucl. angularis (Bechterewscher Kern) in
das dorsale Längsbündel übergingen, und hat
diesen statt dessen die Richtung nach dem Klein¬
hirn zugewiesen. Fuses Einwände bestehen
nickt zu Recht Seine eigenen Tigrolysenbefunde
bestätigen vielmehr bei vorurteilsloser Deutung
unsere Aufstellung, wie sie zuletzt vom Yerf. im
Arch. f. Ohrenheilk. 1911 niedergelegt wurde.
Ed inger -Wallenbergr, Zentralnervensystem.
Beachtenswert ist hingegen Fuses neue Beobach¬
tung von Tigrolysen in den Nuclei trianguläres
beider Seiten nach medianer Spaltung.
(Autorreferat.)
Stokes (528) hat die Endkerne und sekun¬
dären Bahnen des Nervus octavus beim Opossum
(Didelphys virginiana) studiert und durch Wachs-
Rekonstruktionen veranschaulicht. Seine Resultate
beweisen, daß die tiefstehenden Säuger erhebliche
Abweichungen von dem bekannten Bauplane des
akustischen Systems zeigen. Die Cochlearis-
Endkerne liegen medial vom Corpus restiforme.
Das Corpus ponto-bulbare ist mit dem Tuberculum
acusticum und den Brückenkernen strukturell eng
verknüpft, liegt also nicht wie bei höheren Säugern
zwischen dem 7. und 8. Nerven. Es gibt keine
gesonderten Striae medulläres, der dorsale Weg
der Cochlearisreize geht über einen Tractus olivo-
cochlearis zur Gegend der gleichseitigen oberen
Olive. Dieses Bündel erhält Fasern aus beiden
Kernen, besonders aber vom dorsalen (wohl
Held8 intermediäres Bündel? Ref. W.). Der
ventrale Weg via Trapezkörper aus dem ventralen
Cochleariskern bietet im ganzen nichts besonderes,
abgesehen von einer nicht ganz sicheren Verbin¬
dung des Trapezkörpers und des frontalen Ab¬
schnittes des Ventral-Kernes mit der Kleinhim-
basis. Der vordere Teil des Ventral-Kernes be¬
sitzt auch Beziehungen zur Gegend des „oberen“
Vestibulariskernes. Die obere Olive ist zweiteilig
gebaut. Sie geht nicht direkt in den Kern der
lateralen Schleife über. Der Stiel der oberen
Olive und die vom oberen Ende des lateralen
Schleifenkerns zur Rhaphe laufenden Fasern sind
gut entwickelt, ebenso der obere, laterale, mediale
Vestibulariskern, der Kern der spinalen Vestibu-
lariswurzel, die Teilung der letzteren in auf- und
absteigende Äste, der Tractus nucleo-cerebellaris
vestibularis. Infolge der geringeren Differenzie-
zierung der Kleinhirnbasis sind deren Beziehungen
zum Vestibularis unsicher. Der „obere“ Vestibu¬
lariskern (= Bechterew -Kern? Ref. W.) geht
ganz unmerklich in die Kleinhirnbasis und iu den
sensorischen Trigeminuskern über. Die Kreuzung
zwischen den Bechterew-Kernen folgt eher
den kreuzenden Fasern der sekundären Quintus-
bahn als denen des Bindearms. Der laterale
Vestibulariskern (= Deiters-Kern) besitzt eine
laterale und eine mediale Abteilung, beide sind
getrennt durch die spinale Vestibulariswurzel.
Der mediale Vestibulariskern, von dem sich ein
„Nucleus intercalatus“ nicht abtrennen läßt, be¬
sitzt feinfaserige Verbindungen mit einem medial
und frontal vom Bechterew-Keru im Boden
und in der Wand der Rautengrube gelegenen
Ganglion. Der Kern der spinalen Vestibularis¬
wurzel ist eDg mit dem Facialiskern verbunden.
Die nucleo-cerebellaren YIII-Fasern splittern in
einer diffusen Kernmasse an der Kleinhirnbasis
auf (= Dachkern im menschlichen Kleinhirn)
12
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90
Ed in per und Wallenberp, Anatomie des Zentralnervensystems.
und kreuzen im Ventrikeldach gesondert von der
Kreuzung der Strickkörperfasern.
Untersuchungen der Macula und Crista acu-
stica bei Leucopsarion petersi Hilgendorf mit¬
tels eigener Argeutamin-Methode und mit C aj a 1 s
Silberreduktion ergaben nach Katö (530), daß
im Ganglion vestibuläre 2 Arten von bipolaren
Zellen Vorkommen (kleine rundliche und größere
spindelförmige mit peripherischem und zentralem
Fortsatz), aber keine multipolaren. Aus den runden
Zellen zieht eine dünne Faser mit varikösen Ver¬
dickungen zum Sinnesepithel, aus den spindel¬
förmigen eine dicke glatte. Die varikösen Ver¬
dickungen enthalten ein Fibrillen netz. In der
Makula treten die Fasern markhaltig durch die
Basal membran und gehen ungeteilt bis zu den
Sinnesepithelzellen, -wo sie als nackte Achsen¬
zylinder zwischen die Fadenzellen treten, dabei
schwellen sie ellipsenförmig an, ohne ihre Fibril¬
lenstruktur zu verlieren, und senden je zwei Äst¬
chen zur Basalfläche der Haarzellen, an die sie
mit verschiedenen Endigungsweisen herantreten
(kelchartige Endigung Cajal, Krause, Schleifen¬
form K o 1 m e r). Daneben gibt es Horizontalfasern
im Neuroepithel der Makula, subepitheliale Plexus
und Netze, aber nie mantelartige Endigungen des
Hörnerven (Cajal, Bielschowsky). In der
Crista acnstica gehen die Endfasern, nachdem sie
das Zentrum der Basalmembran bündelförmig
durchbohrt haben, auseinander, die dünneren gehen
peripher, die dickeren zentral, dann teilen sie
sich dicho- und trichotomisch, so daß eine Faser
mit ihren Endästen mehrere Zellen versorgt. Das
perifibrilläre Protoplasma dieser Endäste bildet
zuweilen knopfartige Anschwellungen mit End¬
füßchen für die Basis der Epithelzellen. Eine
kontinuierliche Verbindung der Nervenenden mit
dem Fibrillennetz der Epithelzellen ist weder an
der Makula noch an der Crista nachzuweisen.
Die Haarzelle ist keine Nervenzelle, sondern eine
Sinnesepithelzelle.
Von Möllgaards Arbeit (538), die bereits
im vorigen Bericht referiert worden ist, liegt jetzt
eine deutsche Übersetzung vor. Er hat folgendes
Schema des Lungennervensystems aufgestellt:
I. Spinal-sympathisches System :
1. Zentrifugale Leitung: Processus lateralis thoracal.
via Rami communicantes albae rum Gangl. stollat.,
von da via Ansa subclavia — via Vagus zur Lunge
gekreuzt und ungekreuzt. Vasomotoren.
2. Zentripetale Leitung: Gleichseitige und gekreuzte
Lunge — via Vagus — via Ansa subclavia — via
Gangl. stellst. — via Ram. communic. zum 2. und
3. Thorakalganglion, von da via Hinterwurzeln zum
Hintorliorn (Reflexbogen zum Processus lateralis).
II. Das Vagus- System ;
1. Zentrifugale Leitung: Dorsale Kerne — via Vagus —
rum Ganglion nodosum. Von dort via Vagus zur
gleichseitigen Lunge (vielleicht auch zur gekreuzten).
Bronchomotorcn:
a) Konstriktoren über multipolare ) 7 ,,
b) Dilatatoren über unipolare ) e en.
Sekretorische Nerven?
2. Zentripetale Leitung: Gleichseitige und gekreuzte
Lunge — via Vagus — zum Ganglion nodosum, von
da via einlretende Wurzel zum dorsalen X-Kem
(und obersten Teil des Tractus solitarius).
Hering-Breuer sehe Fasern, andere sensible
Lungennerven?
„Die Morphogenese des Lungennervensystems
spiegelt sich deutlich in der doppelten Herkunft
der Lungen ab. Gleichwie die Lunge vou zwei
morphologisch verschiedenen Organen zusammen¬
gesetzt ist: dem Luftröhrensystem und der Aus¬
buchtung vom Vorderdarm, so zerfällt auch ihr
Nervensystem in zwei voneinander anatomisch
und morphologisch verschiedene Systeme, die
jedenfalls außerhalb der Lunge völlig voneinander
getrennt sind, und von denen jedes einen der
beiden Hauptbestandteile der Lunge innerviert:
Vagus das Luftröhrensystem, Sympathikus das
Gefäßsystem.“ Ob der dritte Faktor, das Lungen¬
parenchym, vom einen oder anderen Nervensystem
oder ob er überhaupt innerviert wird (Vagus?),
ist noch unsicher.
Im zweiten Teil seiner breit angelegten Vagus-
Monographie (über den ersten vergleiche den
vorigen Bericht) behandelt Mol ha nt (539,540)
auf Grund normal-anatomischer und experimen¬
teller Studien (Kaninchen) „den ventralen Vagus¬
kern und (?) den Nucleus ambiguus“. Nach
einer historischen Einleitung schildert er zu¬
nächst die Grenzen und Verbindungen des Nuc¬
leus ambiguus, betont die Zugehörigkeit des Ra¬
mus internus accessorii zum Vagus, beschreibt
die bekannten Abteilungen des Nucleus ambiguus
(Längsausdehnung von der ventro-lateralen Gruppe
des VII-Kerns bis zum kaudalen Pol des XII-
Kerns, frontale, „dichte“ oder „kompakte“ Forma¬
tion, „intermediäre“ oder „halb-kompakte“ und
kaudale „lose“ Formation). Der Nucleus ambi¬
guus entsendet lediglich gleichseitige Wurzelfasern
zum Glossopharyngeus UDd Vagus. Es folgt eine
eingehende Beschreibung der Zellen-Stniktur und
der Wurzelfasern, die überall bereits bekanntes
bestätigt: Der Nucleus ambiguus besteht haupt¬
sächlich aus dicken somatochromen Zellen des
motorischen Typs (Nissl). Die endozellulären
Fibrillennetze besitzen reticulo-fibrilläre Beschaf¬
fenheit. Die Verbindung der Zellen erfolgt durch
Kontiguität vermittels Held scher Endknospen.
Die Neuriten sind im allgemeinen dick, teilweise
aber auch dünner, ebenso die Markscheiden. 'Die
dicken Fasern umhüllen sich früher mit Mark als
die dünnen. Die motorischen Wurzelfasern des
IX—X-Nerven sind derart angeordnet, daß das
oberste Bündel die motorischen IX-Fasern ent¬
hält, ein mittleres Bündel die Rami oesophagei
und einen Teil der Rami pharyngoi, kaudal davon
ein drittes Bündel die übrigen Pharynx-Äste und
ein Drittel der Rekurrensfasern, das vierte (kau¬
dale) Bündel die übrigen zwei Drittel des Re-
kurrens, soweit er den Kehlkopf innerviert Im
zweiten Teil seiner Arbeit untersucht Mol ha nt
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Oblongata, Kerne der Hirn nerven.
dann genauer die Rolle, welche jeder der vom
Nucleus ambiguus entspringenden Nerven bei der
Innervation der einzelnen Muskeln spielt. Seino
Resultate bestätigen im großen ganzen das früher
Bekannte: Der motorische Teil des Glossopha-
ryngeus, der den Muse, stylopharyngeus innerviert,
entspringt aus einer kleinen Zellsäule der „kom¬
pakten Formation“ des Nucleus ambiguus an der
medialen Seite des Frontalpols (= Nucleus van
Gehuchten). Der Ramus pharyngeus Nervi
vagi, der mit dem Laryngeus medius zusammen
die anderen Muskeln .des Pharynx und einen
Teil des Crico-thyreoideus innerviert, entspringt
größtenteils in der halb-kompakten, weniger in
der kompakten Formation und in einigen abge¬
sprengten Zellen (Ursprungszellen des Laryngeus
medius?). Der Nervus laryngeus superior, der
den Muse, crico-thyreoideus innerviert, kommt aus
der median-äußeren Zone des Frontalpols der kom¬
pakten Formation. Der Nervus laryngeus inferior
(Rekurrens), der außer den Kehlkopfmuskeln noch
den zervikalen Abschnitt der Ösophagusmuskeln
innerviert, entspringt aus der losen Formation,
soweit er den Kehlkopf, aus der kompakten, soweit
er den Ösophagus innerviert. Der Nervus vagus
thoracicus (thorakaler und abdominaler Teil des
Ösophagus) kommt aus der kompakten Formation.
Die „kompakte“ Formation bildet also das bul-
bäre Zentrum für den Muse, stylopharyngeus, crico-
thyreoideus und die Ösophagus - Muskeln , die
„semi-kompakte“ Formation gibt motorische Ner¬
ven für die Pharynxmuskeln, die „lose“ Formation
für die Kehlkopfmuskeln mit Ausnahme des crico-
thyreoideus ab: Der Nucleus ambiguus versorgt
also nur quergestreifte Muskeln.
Luna (547) hat die Struktur, die Histogenese
und Morphogenese des Hypoglossuskerns und der
benachbarten Kerngebilde (Nucleus intercalatus
S taderini, Nucleus funiculi teretis) bei Schwei¬
nen untersucht und ist dabei zu folgenden Er¬
gebnissen gelangt: Der Stillingsche XII-Kem
ist beim Schwein wahrscheinlich der einzige Ur-
sprungskern der Hypoglossus-Wurzeln. Er ist
nicht als Vorderhom-Abschnitt, sondern als eigenes
bulbäres Kerngebilde aufzufassen. Seine Zellen
zerfallen in Gruppen mit konstanter Zahl und
Anordnung. Ganz kaudal besteht nur eine Zell¬
gruppe, weiter oben eine dorsale und eine ven¬
trale, dann gesellt sich noch je eine zweite dor¬
sale und ventrale Gruppe hinzu, am Frontalpol
besteht wieder nur eine Gruppe. Im dorsolate-
ralen Segment der distalen Gruppe läßt sich noch
ein ganz kleiner Nebenkern nachweisen. Nur
einzelne der Neuriten des XII-Kernes verlieren
sich im Intercalatus und in der Substantia reti¬
cularis bulbi, die übrigen sind Wurzelfasern des
Hypoglossus. Die Dendriten verlieren sich in der
Substantia reticularis, im Kerne selbst, gesellen
sich teilweise den Fibrae propriae bei, und ein¬
zelne dringen bis zur Medianlinie vor. Die Fibrae
propriae der perinukleären Kapsel beider Kerne
kreuzen die Medianlinie. Einzelne Fibrae arei-
formes internae dorsales endigen nach der Kreu¬
zung im Hypoglossuskern selbst, andere in der
medial von ihm gelegenen Markfaserschicht. Es
folgen Angaben über die Zeit, in der die einzelnen
Kernteile beim Fetus auftreten (im Original ein¬
zusehen). Ein „Roll er scher Kern“ existiert
beim Schwein nicht, sondern nur vereinzelte kleine
Kommissurenzellen in seinem Areal. Nucleus funi¬
culi teretis, Nucleus Duval, Seitenstrangkern
und wahrscheinlich auch Nucleus Roller bilden
eine morphologische Einheit (erscheinen zugleich
bei 13 cm langen Schweine-Embryonen). Ven¬
tral vom XII-Kern, eng ihm angefügt, entsteht
sehr früh beim Schwein ein kleiner Kern aus
großen Zellen, deren Neuriten lateral zur For-
matio reticularis ziehen.
Luna (548) beschreibt dann diesen Zellhaufen
näher und schildert die Eigentümlichkeiten der be¬
treffenden Zellelemente nach Cajalschen Fibrillen¬
präparaten. Die Zellen sind sehr groß (60—85/«),
polygonal oder rund, mit einem Neuriten, meh¬
reren Dendriten, einem perizellulären Netzwerk
aus feinsten marklosen Fibrillen, ferner Nerven¬
endigungen iu Form von Endkeulen, präterminalen
Anschwellungen, Endringen und präterminalen
Ringen. Das endozelluläre Fibrillennetz färbte
sich nicht gleichzeitig mit dem perizellulären.
Am Zell-Kern unterscheidet er eine Membran,
einen Succus nuclearis, ein blasses Netzwerk und
Chromatin in Form von Körnchen oder als Nuc-
leolus. Daneben eine blaßgelbe feinkörnige Sub¬
stanz in Netzform (Lininnetz?) oder als Halbmond
oder in Form von unregelmäßigen Haufen. Im
Nukleolus sah er argentophile Körnchen wie
Cajal (s. den vorigen Bericht) gleichmäßig ver¬
teilt oder nur peripher. Zwischen der Körnchen¬
zahl im Kern und im Nukleolus besteht ein rezi¬
prokes Verhältnis, auch ihre Färbung ist dieselbe,
L. hält sie daher für identisch. Vielleicht werden
die Körnchen im Nukleolus sezerniert und gehen
sekundär in den Kern über.
Borowiecki (549) hat das reiche Material
der Züricher Sammlung sowie die Resultate zahl¬
reicher eigener Versuche an Katzen und Kanin¬
chen dazu benutzt, die Frage nach dem feineren
Aufbau der Brückenkerne und ihrer wichtigsten
Verbindungen näher zu studieren. Es ist an dieser
Stelle nicht möglich, auf den reichen Inhalt des
groß angelegten Werkes näher einzugehen, es sei
auf die Lektüre des Originals hingewiesen. Hier
sollen nur die hauptsächlichsten Schlußfolgerungen
Platz finden: Nach Brückenarmverletzungen (Kanin¬
chen) finden sich sekundäre Zelldegenerationen
nur im Brückengrau der gekreuzten Seite (kontra
Mingazzini) besonders in der lateralen Gruppe,
den peri- und intrapedunkulären Geflechten, we¬
niger in den dorsolateralen und lateralen Teilen
der paramedialen Gruppe, gar keine Veränderung
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G2
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
erlitten die ventrale und mediale Gruppe, ferner
ein kaudolateraler Fortsatz der lateralen Gruppe.
Pedunculusläsionen neugeborener Tiere führten
zum Schwund der gleichen Zellgruppen, daneben
aber noch zur Atrophie oraler Teile der para-
niedialen Zellgruppe, jedoch waren nach totaler
Pedunkuluszerstörung die Veränderungen stärker
als nach totaler Brückenarmzerstörung.
Die Guddensche Methode erlaubt es nicht,
die vom Kleinhirn abhängigen Teile von denen
zu trennen, die mit der Großhirnrinde Zusammen¬
hängen. Versuche an älteren Tieren aber bestä¬
tigen die bekannte Tatsache, daß die Pedunkulus-
fasern von der Hirnrinde, die Brückenarmfasern
vom Brückengrau abhängen. Nur ganz wenige
Zellen im intra- und peripedunculären Geflecht
hängen mit dem Großhirn zusammen. Die para¬
mediale und ventrale Gruppe sowie der kaudo-
iaterale Fortsatz der lateralen bzw. dorsolateralen
Gruppe besitzen weder zum Kleinhirn noch zum
Großhirn direkte Beziehungen. Wahrscheinlich
besitzt die paramediale Gruppe zur Haube, zur
Regio subthalamica und zum Thalamus Beziehungen.
Nur ein Teil der Fibrae rectae entspringt in Brücken¬
kernen (Haubenanteil des Brückengraus), die an¬
deren Fasern des Haubenanteils des Brückenarms
kommen wahrscheinlich aus dem Kleinhirn. Alle
diese Fasern treten als Fibrae rectae in die ge¬
kreuzte Haube bzw. die gekreuzte mediale Schleife
und Formatio reticularis ein, teilen sich in auf-
und absteigende Äste zu medialen Teilen des
Brflckengraus. Ob der Haubenanteil sich noch
spinalwärts von der Brücke ausdehnt, ist unsicher.
Die Querfasern der Brücke stammen aus den grauen
Geflechten der ventralen Brückenetage, aus dem
Kleinhirn und möglicherweise auch aus dem Gro߬
hirn. B. beschreibt dann noch „Fibrae tegmento-
pontiles“ aus der lateralen Vierhügelhaube zum
lateralen Brückengrau (= Tr. tecto-pontini Pa w-
low und Münzer?) und „Fibrae lemnisco-pon-
tiles“ in frontalen Ebenen der Brücke zwischen
der medialen Schleife und dem Pedunculus
(= Flocken-Kommissur Ref. W.?). Nach Brücken-
arm-Durchschneidung degenerierten 6tets gekreuzt
die ventrolaterale Gruppe des Nucleus reticularis
tegmenti pontis und gleichseitig kleine Zellen¬
gruppen ventral vom motorischen und ventrome-
dial vom sensiblen Quintuskom, lateral vom oralen
Pol der oberen Olive, die B. „Nuclei paraolivares“
nennt. Bezüglich der allgemeinen Betrachtungen,
die B. am Schlüsse seiner Arbeit über indirekte
Zelldegenerationen und Chromatolysen und ihre
Bedeutung für die Neuronenlehre anstellt, sei auf
das Original verwiesen.
Bei Halikore ist nach Dexler (288) der
Abducens atrophisch. Es besteht eine makro¬
skopisch sichtbare Pyramidenkreuzung. Die ein¬
fach gefaltete Oliva inferior bildet nach außen
einen starken Vorsprung. Oktavuskeme, Trige¬
minus und Facialis sind gut entwickelt.
X. Sympathicus, Spinalnerven, Plexus,
Wurzeln; Rückenmark.
551. Morat, J.P., Les racmes du Systeme nerveux.
Lyon mod. 1911. S. 873.
M. nennt den Sympathikus ein extravertebrales
Mark, seine Ganglien entsprechen der grauen Substanz
des Rückenmarks und der Oblongata, die Verbindungs¬
fasern mit den Zentralorganen sind zentrale Leitungen,
ihr Verlauf innerhalb der Wurzeln erklärt den schein¬
baren Widerspruch zwischen dem physiologischen Ex¬
periment (vasomotorische Lähmung nach Durchschnei¬
dung dorsaler Wurzeln) und dem Magen di eschen
Gesetz von der einheitlichen Leitungsrichtung der
dorsalen und ventralen Wurzeln: Es gibt also ein
intravertebrales somatisches Zentralnervensystem und
ein extravertebrales viszerales. Die spinalen Wurzeln
enthalten nur für das erstere eigentliche Wurzel fasern,
für das zweite aber interzentrale Elemente. Näheres
im Original.
552. Kuntz, Albert, The development of the
svmpathetic nervous System in certain fishes. 15 Fig.
Joum. of comp. Neur. Bd. 21. H. 2. 8. 177. 1911.
553. Ganfini, Carlo, Lo sviluppo del sistema
nervoso simpatico in alcuni pesci. 5 Taf. Arch. di Anat.
e di Embriol. Bd. 10. S. 574. 1912.
Untersuchungen an Embryonen von Amia calva,
einem Ganoiden, und Ameiurus, einem Teleostier. Der
Sympathicus entsteht aus motorischen Nenrozyten, die
vom Neuralrohr längs der Vorderwurzeln der Spinal¬
nerven wandern, und aus sensiblen, die vom Ganglion
spinale längs des ventralen Astes der Dorsal wurzelu
peripherwärts gelangen. Beide Anteile treten bei Amia
in verschiedener Weise an die Aorta heran, während
sie bei Ameiurus schon in frühen Stadien gemeinsame
Entwickelung zeigen. Das erste Organ des sympathi¬
schen Apparates ist der Ramus communicans. Wenn
an den Occipitalnerven scheinbar nur der motorische
Anteil des Sympathicus an der Bildung des Grenz¬
stranges sich beteiligt, so liegt da9 an der im Laufe
der Phylogenese eingetretenen Atrophie der ursprünglich
ebenfalls vorhandenen sensiblen Wurzel. Die Hirn-
nerven beteiligen sich nicht an der Bildung des krani¬
alen Anteils des Sympathicus. Das Ganglion ciliare
entsteht aus Neurozyten, die zum Teil dem Ramus
ophtbalmicus trigemini. zum Teil dem Oculomotorius
entstammen, während der Grenzstrang des Sympathicus
dabei unbeteiligt ist. Es ist also zwar ein sympathisches
Ganglion, aber unabhängig vom Hirnanteil des Grenz¬
stranges, „ein selbständiges Ganglion“ im Sinne von
His jun.
554. Kuntz, Albert, The. development of the
sympathetic nervous System in the amphibia. 7 Fig.
Joum. of comp. Neur. Bd. 21. H. 4. S. 397. 1911.
Wie bei den übrigen Vertebraten entsteht der
Sympathicus auch bei Amphibien durch Auswandern
von Zellen aus dem Spinalganglion via Dorsal wurzeln
einerseits, aus dem ventralen Abschnitt des Nerven-
rohrs andererseits bis zur Höhe der Aorta. Die so
entstehenden Zellhaufen bleiben stets mit dem Zentral¬
organ verbunden. Die prävertebralen Sympathikus-
Geflechte entstehen aus ventral vom Sympathikus¬
stamme wandernden Zellon. Die vagalen resp. intestinalen
Sympathicu8-Geflechte entstehen aus Zellen, die aus dem
Hinterhirn und den Vagusganglien längs der Vagi ans¬
wandern (wie bei den übrigen Vertebraten). Alle diese
Zellen sind Abkömmlinge von „Keimzelleu“ (His);
also homolog den Elementen, die Neuronen und Glia-
zollen der Zentralorgane hervorgehen lassen. Das sym¬
pathische System ist also ein den übrigen funktionellen
Abteilungen homologer Abschnitt des Nervensystems.
Die Auswanderung der Sympathicuszellen geschieht
wahrscheinlich unter dem Einfluß von Hormonen. Die
Differenzierung des Sympathicussystems bei Amphibien
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Sympathicus, Spinalnerven, Plexus, Wurzeln; Rückenmark.
93
und seine Entwickelung ist geringer als bei anderen
Vertebraten, entsprechend dem undifferenzierten Zu¬
stande des übrigen Nervensystems der Amphibien.
555. Camus, Rene, Über die Entwickelung des
sympathischen Nervensystems beim Frosch. 4 Taf. u.
4 Textfig. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 81. S. 1. 1912.
C. hat unter Goettes Leitung die Entstehung des
Sympathicus beim Frosche in verschiedenen Embryonal¬
studien untersucht und konnte im Gegensatz zu neuoren
Anschauungen die älteren Resultate von Remak und
Goetto bestätigen, daß sowohl der Grenzstrang des
Sympathicus wie das Darmnervensystem aus selb¬
ständigen mesodermalen Anlagen hervorgehen, die erst
sekundär mit dem zerebrospinaleu Nervensystem in
Verbindung treten. Auch die schon früh auftretende
Metamerie des Grenzstranges ist vielleicht als sekundäre
durch die Beziehungen des Sympathicus zum Spinal¬
nervensystem bedingte Erscheinung zu betrachten. Eis
gibt keine den Kopfnerven entsprechende sympathische
Grenzstrangganglien. Auch das GaDglion ciliare ist kein
sympathisches.
556. Kuntz, Albert, The development of the
sympathetic nervous System in turtles. 13 Fig. Amer.
Joum. of Anat. Bd. 11. H. 3. S. 279. 1911.
557. Kuntz, Albert, The evolution of the
sympathetic nervous System in vertebrates. 6 Fig.
Journ. of comp. Neur. Bd. 21. H. 3. S. 215.
558. Abel, Willamina, Further observations
on the development of the sympathetic nervous System
in tho chick. 35 Fig. Journ. of Anat. and Phys. Bd. 47.
H. 1. S. 35.
A. setzt in dieser Arbeit seine früheren Unter¬
suchungen über die einschlägige Frage fort und liefert
eine eingehende Darstellung der Entwickelung des
sympathischen Nervensystems beim Hühnchen. Für
sie muß auf das Original und die Schlußfolgerung des
Vf. auf S. 69/70 verwiesen werden.
(P. Röthig, Charlottenburg.)
559. P i t z o r n o, M a r c o, Sulla struttura d ei gaDgli
simpatici nei Selaci. 3 Taf. Mon. Zool. ital. Bd. 21.
H. 3. 1910.
Untersuchungen an dem mit dem Corpus supra¬
renale eng verbundenen, in der Nähe des Ösophagus
gelegenen „Ganglion primum“ (Chevrel) bei Mustelus
laevis, Squalus Blainvillei und Scylliorhinus canicula
ergaben, daß die Zollen meistens 2 Kerne und mehrere
Arten von Fortsätzen besitzen (lange und kurze, die
ersteren wohl als Neuriten anzusehen), von denen aus
u. a. merkwürdige Olomeruli gebildet werden (durch
die Verästelung mehrerer benachbarter Zellen), wie sie
bei höheren Vertebraten (Mensch) bereits von Cajal
beschrieben worden sind. P. unterscheidet je nach
der Zahl der an der Glomerulibildung teilnehmenden
Zellen bicellulare, tricellulare und pluricellulare.
560. Pitzorno, Marco, {jlteriori studi sulla
struttura di gangli simpatici nei Selaci. Mit 3 Fig.
Mon. Zool. ital. Bd. 22. H. 2. S. 4. 1911.
Im Ganglion cervicale superius von Selache maxima
hat P. u. a. sehr große Zellen (bis 250 fi\ ferner
Glomerulusbildungen wie bei anderen Selachiern, ge¬
fensterte Zellen, intrazelluläre Kanäle, große Höhlen¬
bildungen und besonders Ganglienzellen gefunden, die
scheinbar im Innern des Zellkörpers anderer Ganglien¬
zellen lagen, in Wirklichkeit innerhalb der vorher
erwähnten großen Höhlen.
561. Pitzorno, Marco, Su alcune particolaritä
delle cellule del cordone simpatico dei cheloni. 2 Taf.
Mon. Zool. ital. Bd. 21. H. 5. S. 111. 1910.
Lappenbildung an den Zellen des Sympathicus-
stranges bei Schildkröten, nähere Beschreibung der
kurzen und langen Lappenformen, ihres Zusammen¬
hanges mit dem übrigen Zellleibe, der perizellulüren
Geflechte mit doppeltem Ursprünge aus der eigenen
Zelle und aus fremden Fasern, Spiralfasem des Neu¬
riten, zuweilen innige Kontiguitätsbeziehnngen zweier
Nachbarzellen zueinander.
562. Pitzorno, Marco,Su alcune preteseanastom.
fra cellule di gangli simpatici. Mon. Zool. ital. Bd. 23.
H. 4. S. 77. 1912.
P. wendet sich gegen einige Angaben von Michai-
lo w. Was jener für Anastomosen der Sympathicuszellen
hält, beruht gewiß auf einem technischen Fehler. Auch
nenne jener mit Unrecht alle keulenförmigen Fortsätze,
die von der Zelle abgehen, Dendriten. Er erinnert an
die Arbeiten von Levi, der solche keulenförmige Fort¬
sätze an den Spinalganglienzellen genauer beschrieben hat.
563. Carpenter, F. W., On the histology of the
cranial autonomic gaDglia of the sheep. 10 Fig. Journ.
of compar. Neur. Bd. 22, S. 447. 1912.
Die kranialen „autonomen“ Ganglien (Gangl. ciliare,
sphenopalatinum, oticum, submaxillare) besitzen in der
Art ihrer Zellen-Dendriten und in der Endigungsweise
der präganglionären Fasern um die Ursprangszellen
der postganglionären große Ähnlichkeit mit den verte¬
bralen und prävertebralen Ganglien des Sympathikus-
Systems.
564. Biondi, Giosue, Sulla fine struttura dei
gangli annessi al simpatico craniano neH’uomo. 2 Taf.
Ricerche fatte nei laborat. di Anat. uman. norm, della
R. Univ. di Roma Bd. 16. S. 135. 1912.
Studien am GaDglion submaxillare des Menschen
aus verschiedenen Altersstufen ergaben, daß es bezüg¬
lich seiner Struktur den sympathischen Ganglien weit
näher steht als den zerebro-spinalen. Es enthält haupt¬
sächlich Zellen vom 1. Cajal sehen Sympathicus-Typ.
565. Schock, K., Die Endausbreitung des N. sym¬
pathicus in der Iris. Arch. f. vergl. Ophthalm. Bd. 1.
S. 293. 1912. (Dem Ref. nicht zugänglich.) Ref. Neur.
Zentralbl. S. 1372. 1912.
Nach einer von Münch angegebenen Methode
wurde die Iris mehrerer Säugerarten, besonders von
Affen untersucht: Eis fanden sich darin uni-, bi- und
multipolare Ganglienzellen, an denen der Sympathicus
endigt. Ihre Fortsätze bilden ein Netzwerk, das un¬
mittelbar mit Stromazellen im Zusammenhänge steht.
Drei Arten Endigung an den Stromazellen werden be¬
schrieben.
566. de Kleijn, A., Zur Kenntnis des Verlaufs
der postganglionären Sympathikusbahnen für Pupillen-
erweitenmg, Lidspaltenöffnung und Retraktion der Nick¬
haut bei der Katze. Zentralbl. f. Phys. Bd. 26. S. 1.
1912.
Bei Katzen kann durch isolierte Läsion der Mittel¬
ohrschleimhaut die Symptomen-Trias einer Halssym¬
pathikus-Reizung vollständig verhindert werden, die
postganglionären sympathischen Fasern aus dem Gang¬
lion cervicale supremum zum Auge müssen daher bei
der Katze das Mittelohr passieren.
567. Argand, R., Sur la presence de ganglions
nerveux dans l’epaisseur de la valvule de Thebesius
chez Ovies aries. Compt. rend. de la Soc. de Biol.
Bd. 70. 8. 699. 1911.
568. Argand, R., Sur l’appareil nerveux et la
structure de la valvule de Thebesius chez l’hommc.
Compt. rend. de la Soc. de Biol. Bd. 70. S. 748. 1911.
Ref. Zeitschr. f. Neur. u. Psych. Ref. u. Ergebnisso
Bd, 3. H. 7. S. 634. 1911.
Die Valvula Thebesii enthält beim Schaf und beim
Menschen zahlreiche Nervonfasern und Ganglienzellen,
569. Michailow, Sergius, Die Nerven des
Myokardiums und experimentelle Untersuchungen an
vagotomierten Tieren. 2 Taf. Fol. Neuro-biol. Bd. 5.
H. 1. S. 1. 1911.
570. Morison, Alexander, Onthe innervation
of the sino-auricular node ( Keith-Flack ) and the auri-
culo-ventricular bündle ( Kent-His ). Journ. of Anat. and
Phys. Bd. 46. 7. 4. S. 319. 1912.
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94
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Untersuchungen an Schafen und Schweinen er¬
gaben sehr reichliche Innervation des Sino-auricular-
Knotens und des Auriculo-ventricular-Büudels.
571. Pisskunoff, .N. N., Zur Frage nach den
Ganglien in den Herzkammern von Vögeln. Vorläufige
Mitteilung. Anat. Anz. Bd. 38. S. 394. 1911.
Bei Elstern, Dohlen und Habichten enthielt die
ganze Oberfläche der Herzkammer inklusive Spitze eine
Unmenge von Nervenzellen und Nervenganglien.
572. Müller, L. R., und W. Dahl, Die Inner¬
vierung der männÜchen Geschlechtsorgane. 2 Abbild,
im Text und 7 Tat. D. Arch. f. klin. Med. Bd. 107.
S. 113. 1912.
Hauptsächlich physiologisch, enthält aber eine ein¬
gehende Schilderung des peripheren und spinalen Inner¬
vationsapparats der männlichen Genitalien, die vielfach
ältere Beobachtungen bestätigen und erweitern. „Die
Ganglienzellen in der intermediären Region des unteren
Sakralmarkes dienen alle vegetativen Funktionen („sakra¬
les autonomes System“ Langley).“ Ein zweiter inter¬
medio-lateraler Trakt findet sich im obersten Lenden¬
mark. Beschreibung der Verbindungsfasern zwischen
Rückenmark und den Beckengefiechten, die den inneren
Genitalien anliegen.
573. Ranson, S. Walter, The structure of the
spinal ganglia and of the spinal nerves. 15 Fig. Journ.
of comp. Neur. Bd. 22. S. 159. 1912.
ln den Spinalganglien der Hunde unterscheidet R.
5 Zelltypen (unipolare, Zellen, deren Kollateralen mit
Endkeulen endigen, Zellen, deren Neuriten zunächst in
eine Zahl von Ästen aufsplittem, um sich später wieder
zu vereinigen, Zellen mit mehreren Neuriteu, die sich
ebenso, wie die eben genannten, wieder vereinigen, end¬
lich Cajals gefensterte Zellen; außer diesen Typen
kommen bipolare und multipolare Zellen vor. Die Zahl
der mit Endkeulen versehenen Zollen nahm nach Durch¬
schneidung dos Ischiadikus ebensowenig ab, wie die Zahl
der einem anderen Zelltyp zugehörigen Zellen. Die
Zahl der kleinen Zellen im Spinalganglion ist größer
als die der großen, ihre Neuriten sind marklos und
verhalten sich bezüglich der T-Teilung und der Ver¬
teilung der Äste wie die markhaltigen, ihre letzten
Verästelungen sind aber weder im zentralen noch im
peripheren Aste bekannt.
574. Rossi, U., Nidi cellulare nelli gaDgli spinali
humani. Ann. della Facoltä di Med. dell’Univ. di Perugia
1911. Ref. Arch. ital. de Biol. Bd. 57. H. 2. S. 297.
1912.
Die von Levi bei Urodelen und menschlichen
Feten gefundenen, von einer Bindegewebskapsel um¬
schlossenen Zellgruppen in den Spinalganglien konnten
auch bei einer erwachsenen Frau nachgewiesen werden.
575. Nichols, Herbert N. T., The occurrence
in man of double ganglia upon the dorsal roots of the
spinal nerves. 5 Fig. Anat. Record Bd. 5. H. 5. S. 229.
1911.
N. beobachtete in vielen Fällen eine Zwei- oder
Dreiteilung der Lumbalganglien und der oberen Sakral¬
ganglien (besonders im 3., 4., 5. Lumbalganglion) infolge
Kapseleinstülpung oder Soptumbildung. Diese Teilung
war teils unvollständig (mehr nach der Peripherie wie
nach dem Zentrum zu) oder vollständig.
576. Medvednikoff, Alexandrine, Quelques
recherches sur la degenerescence dite retrograde des
celluleß des ganglions spinaux. 1 Taf. These de doch
en med. Lausanne 1913.
Nach Durchschneidung des 3. Lumbalnerven peri¬
pher vom Spinalganglion (Kaninchen) zeigt nur ein
kleiner Teil der Spinalganglienzellen degenerative Ver¬
änderungen, während die Mehrzahl entweder die ersten
Stadien der Chromolyse oder nur ganz geringe Ver¬
änderungen der Niss 1-Substanz auf weist, wie sie auch
normalerweise Vorkommen. Die dabei beobachtete An¬
häufung von chromophiler Substanz um den Kern ist
wahrscheinlich Folge des erhöhten Stoffwechsels zwischen
Kern und Zellplasma, ebenso das Auftreten von dunklen
Inseln im Plasma bei Hämalaun-Färbung.
577. Donaggio, A., Nuovi dati solle propagini
nervöse del citoplasma e sulle fibre collagene dei gangli
spinali. Riv. sperim. di Freniatria Bd. 37. S. 1—2.
1911. Ref, Ann. di Nevrol. Bd. 29. fl. 1/2. S. 59.
1911.
Untersuchungen der Spinalganglienzellen von Xiphias
und Orthagoriskus beweisen, daß die mannigfachen Zell¬
fortsätze nicht durch eine Umbildung des Zytoplasma
als Ausdruck der Reaktion der Zelle auf normale und
pathologische Reize, sondern durch eine Vermehrung
der Neurofibrillen gebildet werden. Die Beziehungen
der kollagenen Fasern und der nicht nervösen Elemente
zu den Zellen werden näher geschildert.
578. Levi, Giuseppe, Appunti alla pubblicazione
di Donaggio „Nuovi daü sulle propaggini nervöse del
citoplasma e sulle fibre collagene dei gangli spinali“.
Monit. Zool. Ital. Bd. 22. H. 6. S. 146. 1911.
Polemik gegen Donaggio und Prioritätsanspruch
bezüglich der Differenz in der Struktur des gefensterten
Abschnittes der Spinalganglienzehe und des zentralen
Protoplasmateiles.
579. Zappert, J„ Spinalganglien beim Kinde.
Gesellsch. f. innere Med. u. Kinderheilk. in Wien 25. Jan.
1912. Wien. klin. Woch. Bd. 25. S. 288. 1912.
580. Zappert, J., Die Spinalganglien im Kindes¬
alter. 1 Taf. und 5 Abbild, im Text. Arb. a. d. neur.
Inst. d. Wiener Univ. Bd. 19. H. 2. S. 305.
Z. hat bei 26 normalen und kranken Kindern die
Spinalganglien untersucht. Er fand als charakteristisch
für das kindliche Spinalganglion eine große Vielgestaltig¬
keit der Zellen in bezug auf Größe, Form, Färbbarkeit,
reichliche Entwickelung der Kapselendothelien, Häufigkeit
von Kemveränderungen (homogene Kernschrumpfung)
und „axonaler Degeneration“, die wahrscheinlich nicht
pathologisch, sondern eine Entwickelungsform- respek¬
tive Phase der Spinalganglienzelle ist, ferner (conform
S i b e 1 i u s) Gruppen- und Kolonienbildung der Zellen,
besonders in Fällen von Frühgeburten und Masern, end¬
lich sekundäre Neuronophagie. Die pathologischen Be¬
funde gehören nicht in den Rahmen des Berichtes.
581. Smith, E. Victor, Histology of the sensory
ganglia of birds. 40 Fig. Amer. Journ. of Anat. Bd. 14.
H. 2. S. 251. 1912.
Vergleichende Untersuchungen der zerebralen und
spinalen Ganglien bei Truthähnen, Hühnern, Eulen,
Gänsen, Enten, Tauben, Sperlingen. Die Größe variiert
je nach der Größe des Vogels. Innerhalb desselben
Individuums ist das Ganglion Gasseri am größten,
dann kommen die Brachialganglien, dann das Vagus-
Ganglion, die Lumbo-SakralgangLien, die anderen Spinal¬
ganglien, zuletzt das Glossopharyngeusganglion. Die
guten Flieger haben große Brachialganglien. Die großen
Ganglien besitzen reichliche periperische Zellenhaufen
und längliche zentrale Gruppen, die kleinen Ganglien
haben keine bestimmte Zellenanordung. Kleine Vögel
haben dichtgedrängte Zellen in den kleinen. Ganglien,
bei größeren Vögeln liegen sie weiter auseinander. Je
größer das Tier, desto größer die Ganglienzellen. Je
größer die Zellen, desto größer die Kerne, bei kleinen
Vögeln sind die Kerne relativ größer als bei größeren.
Die Form der Zellen ist gewöhnlich rund oder ellip¬
tisch, seltener spindelförmig, bimförmig oder dergleichen,
alte Tiere besitzen unregelmäßigere Zellformen als jüngere.
Bei der Eule wurden gelappte Zellen im V- und X-Gang-
lion angetroffen. Die bekannte Umwandlung der Gang¬
lienzellen aus der fetalen bipolaren Form in die uni¬
polare Form der Erwachsenen wird bestätigt. Selten
traf S. Glomeruli am Abgang des Neuriten und ,im¬
plan tation cones“. Der Neurit des peripheren Fort¬
satzes rollte sich auf im Ganglion Gasseri des Hühn¬
chens, dabei war die Markscheide nicht mit beteiligt.
Bei Hühnern kamen gefensterte Zellen vor im Ganglion
Gasseri. Außerdem werden Nebenfortsätze mit intra-
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Sympathicus, Spinalnerven, Plexus, Wurzeln; Rückenmark.
95
kapsulären Endigungen, perizelluläre ' und perinukleäre
Netze beschrieben. Multipolare Zellen gibt es nicht.
Marklose sympathische Fasern mit perizellulären End¬
netzen konnten in allen Ganglien nachgewiesen werden.
Die Struktur der Bindegewebshülle, in der die Ganglien¬
zellen eingebettet sind, wird näher angegeben.
282. Ranson, S. Walter, Non medullated
nerve fibers in the spinal nerves. 7 Fig. Ainer. Journ.
of Anat. Bd. 12. H. 1. S. 67. July 15. 1911.
Allen Untersuchern war stets das Mißverhältnis
zwischen der geringen Zahl der markhaltigen Nerven¬
fasern in den Spinalnerven und der viel größeren Zeilen¬
zahl der Spinalganglienzellen aufgefallen. R. bat nun
bei Menschen, Hunden, Katzen, Kaninchen und Ratten
den Ischiadikus, Lumbalnerven und bei Tieren auch
untere Halsnerveu nebst zugehörigen Spinalganglien
untersucht (Pal-Weigert und Ströbe für Mark¬
scheidenfärbung, Cajal, Bielschowsky und eigene
Pyridin-Methode für die Darstellung der marklosen
Fasern) und fand dabei eine erstaunlich große Anzahl
markloser Fasern in den Spinalnerven, eine Zahl, die
größer war als die der markhaltigen. Nur einzelne
von diesen stammen aus dem Sympathikus, die Mehr¬
zahl sind die peripheren Neuriten-Aste der kleinen Spi¬
nalganglienzellen. Dadurch wird die so grolle Zahl
degenerierender Zellen nach Spinalnerven-Durchschnei-
dung hinreichend erklärt. AVeitere Forschungen können
erst klarstellen, wo die zentralen Äste dieser kleinen
Spinalganglieuzellen bleiben, wo die Endigung der peri¬
pheren marklosen Fasern stattfmdet (Haut, Blutgefäße,
Muskeln:') und wie sie sich in pathologischen Fällen
verhalten.
583. Schumacher, S. von, Bemerkungen zur
P. Eislerschen Kritik meiner Arbeit über „kollaterale
Innervation“. Anat. Anz. Bd. 41. S. 651. 1912. (Polemik.)
584. Hovelacque, A., Anatomie descriptive et
topographique des racines rachidiennes posterieures.
7 Fig., 3 Taf. Bibliogr. Anatom. Bd. 22. S. 5. Paris
1912. (Dem Ref. nicht zugängl.) Ref. Riv. di Patol.
nerv, e ment. S. 438. 1012.
H. unterscheidet beim Menschen 4 Typen hinterer
AVurzeln: 1. einen obern zervikalen (Zerv. II—IV) mit
dünnen, langen, fächerförmig konfluierenden Fasern, wage-
rechtem Verlauf, guter Trennung der einzelnen AVurzeln,
2. einen unteren zervikalen (Zerv. V—Dora. I) mit dicken,
eng zusammenhängenden, fächerförmigen konvergieren¬
den Wurzel fasern, 3. einen dorsalen Typ (Dors. II—L I),
sehr dünne Fasern, die sich schon innerhalb des Dural¬
sacks vereinigen, Intervall zwischen den einzelnen AVur¬
zeln 7—9 mm, Variabilität der Länge und der Ab¬
weichung von der Horizontalen, 4. Lumbo-sacral-Typ
(L H abwärts) mit der F'orm eines abgeplatteten Stranges,
eng aneinander geschlossen, die groben AVurzelfasern
der zweiten Sacralwurzel geben unmittelbar über in
die dünDen der dritten (nicht die dicken ersten in dünne
zweite, wie Förster berichtet). Scharfe Trennung von
dem dorsalen Typ. Nähere Angaben über das A r er-
halten der Arachnoidea in den einzelnen Abschnitten,
über das Ligamentum dentatum, die Auastomosen zwi¬
schen den einzelnen AVurzeln (3 Typen), die Anhalts¬
punkte zur Auffindung der einzelnen Wurzeln bei
Operationen, Kritik der von Förster angegebenen
Merkmale.
584a. Eisberg, Ch. A., Some features of the
gross anatomy of the spinal cord and nerve roots. Amer.
Journ. of med. Sciences 1912.
Im Zervikalmarke und oberen Dorsalmarke gehen
die Wurzeln fast rechtwinklig zum Rückenmarke ab.
Von da bis zur Mitte der Dorsal nerven wenden sich die
erst etwas abwärts ziehenden AVurzeln, wenn sie den
Duralsack verlassen, fast in rechtem Winkel dorsal-
wärts, weiter kaudal ziehen die Wurzeln in abwärts
gerichtetem gestreckten Laufe durch die Dura. Beson¬
ders die mittleren AVurzeln sind wegen des Winkels
leicht Störungen unterworfen. Das Lig. denticulatum
endet oberhalb der ersten Lurabalwurzel gabelförmig
und diese Gabel kann als Marke für die Erkennung der
AVurzel bei Operationen benutzt werden.
585. Dünn, Elizabe.th Hopkins, The in-
fluence of age, sex, weight and relationship upon the
number of medullated nerve fibers and on the size of
the largest fibers in the ventral rootof the second cervical
nerve of the Albino rat. 6 Fig. Journ. of compar. Neur.
Bd. 22. S. 131. 1912.
A T om 7.—3G. Tage nach der Geburt wächst bei der
weißen Ratte die Zahl der markhaltigen Fasern in der
Ventralwurzel des 2. Zervikalnerven und zwar im A T er-
hältnili zum Kräftezustand des Gesamt-Individuums.
Später ist dieser Parallelismus nicht mehr ausgesprochen.
Die Dicke der Fasern und ihrer AchsenZylinder wachst
bis zuin 9. Monate und nimmt dann wieder ab. Die
Markscheide wächst zuerst schneller als der Achsen¬
zylinder, später umgekehrt, zuletzt übertrifft sie wieder
den Achsenzylinder an Dicke. Es besteht auch ein
konstantes Verhältnis zwischen Faserzahl, Faserdicke
und Körpergewicht, und zwar um so genauer, je älter
das Tier ist. Bei weiblichen Tieren besitzen die dicksten
Fasern ein relativ größeres Kaliber im A'crbältnis zum
Körpergewicht als bei männlichen.
586. Kidd, L.. Afferent fibrös in ventral spinal
root. Brit. med. Journ. Aug. 19. S. 359. 1911. (Vorl.
Mitteilung.)
Zur Beseitigung unerträglicher Schmerzen erwies
sich eine Durchtrennung der betreffenden Dorsalwurzel
dos Rückenmarkes oft als unzulänglich, während eine
gleichzeitige Durchschneidung der ventralen AVurzel Er¬
folg brachte. Diese enthält ebenfalls afferente Fasern,
welche in den kleineren Zellen dor CI ark eschen Säule,
einzelnen Zellen des Dorsalhorns, einigen Mittelzellen
und Zellen des Nucleus cuneatus, des Bulbus entspringen.
Einige sind gekreuzt. Sie sind vornehmlich lokalisiert
beim Menschen in der Thorakal- und Lumbosakral-, bei
der Taube in der Zervikal- und beim Hunde in der
Sacro-coccygealregion. K. glaubt es strengstens verneinen
zu müssen, dass sich in dem Tectum mesencephali, Locus
coeruleus, dem Deiterschen Kern, dem dorsalen \ r ago-
glossopharyngeal-Nukleus oder in einer der vier spinalen
Dorsalzonen motorische Zellen befänden.
587. Timascbeff, N., Zur Frage der zentri¬
fugalen Fasern der hinteren Rückenmarkswurzeln und
ihrer trophischen Zentren. Neur. Bote (russ.) Bd 18.
S. 777. 1911. Refer. in Zeitsehr. f. d. ges. Neur. u.
Psyeh. Ref. u. Ergebn. Bd. 4. S. 1011. 1912.
Durchschneidung der Dorsalwurzelu beim Hunde
ergab 5°/ 0 zentrifugal degenerierende Wurzelfasern. Die
Lokalisation ihres Zentrums im Rückenmark ist noch
unsicher.
587a Miller, Max Mavo, Prenatal grpwth of
the human spinal cord. Journ. of compar. Neur.'Bd. 23.
H. 1. S. 39. 1913.
588. Bullard, Pearl Briggs, A comparative
study of the three principal regions of the spinal cord
in a series of mammals. Journ. Amer. of Anat. 25 Fig.
Bd. 14. Nov. 15. 1912
B. hat bei einer großen Anzahl von Säugern (inkl.
Mensch) das A’erhältnis des sagittalen zum transver¬
salen Durchmesser im Lumbosakralmark, im Dorsal- und
Zervikalmark, ferner die Durchmesser der grauen Sub¬
stanz festgestellt und verglichen. Die Resultate sind
in Tabellenform und Tafeln niedergelegt und eignen sich
nicht zum kurzen Referat.
589. Perus in i, G., Tentativi di distanzione delle
singole aree strutturali nella sostauza bianca del midollo
spinale. Riv. sperim. di Freniatria Bd. 37. S. 997.
1911.
590. Perusini, G., Grundzüge zur „Tektonik“
der weißen Rückenmarksubstanz. Journ. f. Psych. u.
Neur. Bd. 19. H. 2/3. 4/5. S. 6. 187. 1912.
591. Perusini, G., Über echte und scheinbare
Degenerationen der Markscheiden im Rückenmark.
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96
Edinger uad Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Vortrag, gehalten a. d. psych. Kongreß zu Perugia,
3. bis 7. Mai 1911. Autorref. in Zeitschr. f. d. ges.
Neur. u. Psvch. Ref. u. Ergehn. Bd. 3. H. 8. S. 719.
1911.
Zur Beurteilung der strukturellen Verschiedenheiten
der einzelnen Rückenmarksstränge ist eine genaue Kennt¬
nis der Einwirkung der gebräuchlichen Fixierungsflüssig-
keiton notwendig, die im Riickeuniark sich etwas anders
als in den anderen Organen erhält.
592) Breglia, A., Observations on the appearance
of myelin in some of the fascicles of the columns of
the spinal cord. Alienist and Neurologist Bd. 32. S. 555.
1911. Ref. Zeitschr. f. Neur. u. Psych. Ref, u. Ergehn.
Bd. 4. S. 967. 1912.
Übersetzung einer im Jahre 1897 erschienenen
Arbeit.
593. Lesilenyi, 0., Vergleichend anatomische
Studie über die Z/Vssaaersche Randzone des Hinter¬
horns. Mit 11 Abbild, im Text. Arbeiten a. d. neurol.
Inst, an d. Wiener Universität (Prof. H. Oberateiner).
Bd. 19. H. 2. S. 253. 1911.
594. Krumholz, Sigmund, Zur Frage der
hinteren Grenzschichte des Rückenmarks. Mit 6 Abbild,
im Text. Arbeiten a. d. neurol. Inst, an d. Wiener
Universität (Prof. H. Obersteiner). Bd. 19. H. 3. S. 354.
1912.
595. Fabritius, H., Zur Frage nach der Grup¬
pierung der motorischen Bahnen im Pyramidenseiten¬
strang des Menschen. Mit 1 Abb. D. Zeitschr. f. Norven-
heilk. Bd. 45. S. 225. 1912.
Polemik gegen Kehrer.
596. Löwenthal, N., Etüde historique et critique
sur quelques nouvelles systematisations dans le cordon
antero-lateral de la moelle epiniere. Revue möd. de la
Suisse rom. Bd. 31. H. 4/5. S. 217. 281. 1911.
Außerordentlich lesenswerte Studie über die Tren¬
nung der verschiedenen Fasersysteme innerhalb des
Vordorseitenstranges (Tr. spino-ventralis, Tr. Gowers
sons. strict., Tr. spino-tectalis und spino-thalamicus).
597. DusserdeBarenne, J. G., Die Strychüin-
wirknng auf das Zentralnervensystem. 111. Die seg¬
mentäre Strychninwirkung der dorsalen Rückenmarks-
mechanisraen; ein Beitrag zur Dermatomerie der hin¬
teren Extremität des Hundes. 29 Fig. Folia neurobiol.
Bd. 5. H. 1. S. 342. 1911.
Lokalisierte StrychninappLikation auf einzelnen
Punkten der Dorsalfläche des Rückenmarkes nach Er¬
öffnung der Dura führt bei Hunden zu bestimmten
Reaktionen im Gebiet der betreffenden Hautsegmente.
Dadurch lassen sich die Zonen der einzelnen Rücken¬
marksegmente genau abgrenzen.
598. Van Rynberk, G., Über die Segmental-
innervation polymerer Muskoln. Ein Beitrag zur Kan¬
tonnementfrage. Folia neurobiol. Bd. 5. H. 7. S. 797.
1911.
Bestätigung der von Krause und Sherrington
nachgewiesenen Beteiligung mehrerer Segmente (Wur¬
zeln) an der Innervation polymerer Muskeln, und zwar
innerviert jedes Segment nur einen bestimmten Teil
des Muskels.
599. Rothmann, Max, Über die Beziehungen
des obersten Halsmarkes zur Kehlkopfinnervation.
Neur. Zentralbl. 1912. S. 274.
Nach Verletzungen des II. Zervikalsogments (Hinter¬
und Vorderstränge) bei Hunden und Affen wurden Stö¬
rungen der Adduktoren der Stimmbänder bemerkt. R.
schließt daraus, daß Beziehungen des obersten Hals¬
markes zur Kehlkopfinnervatiou bestehen, die nichts
mit dem N. accessorius zu tun haben, aber vielleicht
mit spinalen Vagusverbindungen Zusammenhängen.
600. Salomon, Erich, Zur Frage der spinalen
Lokalisation der Mm. glutaei. Mit 2 Textfig. Arcli. f.
Psych. Bd. 48. S. 776. 1911.
Auf Grund eines klinisch beobachteten Falles von
traumatischer Epiconus-Affektion nimmt S. an, daß die
motorischen Zentren für Gesäßmuskulatur sich erst an
der unteren Grenze des zweiten Sakralsegmentes be¬
finden.
601. Feiss, Henry 0., Experimental studies of
paralyses in dogs After mechanical lesions in their
spinal cords with a note on „fusion“ attempted in the
cauda equinas or the sciatic nerves. 27 Fig. Joum. of
comp. Neur. Bd. 22. H. 2. S. 99. 1912.
602. Berte 11 i, G., Sülle alterazioni del midollo
spinale consecutive ad amputazione di arti. Riv. sper.
di freniatr. Bd. 38. H. 1. S. 93. 1912.
Nichts Neues. Bei dem amputierten Menschen
und Tier tritt eine Atrophie des Rückenmarks auf der
gleichen Seite ein.
603. Curtis, Arthur H., and Henry F.
Helmholz, A study of the anterior horn cells of an
abrachius and their relation to the development of the
extremities. 9 Fig., 4 Taf. Journ. of comp. Neur.
Bd. 21. H. 4. S. 323. August 15. 1911.
Bei einem Neger-Neugeborenen ohne Oberextre¬
mitäten (Abrachius) wurden vom 4. Zervikalsegment
bis 1. Tkorakalsegment Veränderungen im Vorderhorn
gefunden, die hauptsächlich in einer starken Verminde¬
rung der Zeilenzahl der anterolateralen und postlateralen
Gruppen bestanden, wählend die medialen Gruppen, die
Intermediolateralgruppen intakt waren nnd die „Mittel¬
zellen“ eine Vermehrung ihrer Zahl aufwiesen.
604. Curtis, Arthur H ., and Henry F.
Helmholz, A study of the anterior horn cells of an
amelus and-their relation to the development of the
extremities. Transact. Chicago Pathol. Soc. Bd. 8. H. 5.
S. 127. 1911.
605. Van Westrienen, Anna F. A. 8., Die
Sogmentalanatomie der unpaarigen Extremität in Dice-
phali tribrachii. Mit 12 Abbild, im Text Folia neuro¬
biol. Bd. 5. H. 7. S. 723. 1911.
Bei Untersuchungen an 6 Doppelbildungen mit
2 Köpfen und in verschieden hohem Grade entwickelter
dritter Oberextremität konnte Van W. unter anderem
festatellen, daß die kranialen Myotomc zuerst verdop¬
pelt werden, unter diesen wieder zuerst die Dorsal-
8treifen, und daß die Verdoppelung dieser Dorsalstreifen
im medialen Abschnitt beginnt.
606. Messner, Emil, Weitere Mitteilungen über
die Veränderungen des Nervensystems bei Defektmi߬
bildungen der Gliedmaßen. 5 Fig. Journ. f. Psych. u.
Neur. Bd. 18. S. 73. 1911.
606a. Gaetani, L., Sur le centre d’innervation
du rein. Arch. ital. de Biol. Bd. 56. H. 1. S. 87. 1911.
Die wenigen Ergebnisse möchte G. hypothetischer-
weise zugunsten der Annahme eines diffusen Nieren¬
zentrums verwerten, dessen Zellen den Säulen des
Vorderhorns entlang gingen. (Rein physiologisch.)
(V. Franz.)
607. N e m i 1 o f f, A., Über die peripherische Schicht
von Nervenzellen und Nervenfasern im Rückenmark
höherer Wirbeltiere. Arch. f. rnikr. Anat. Bd. 77.
S. 433. 1911.
607a. Sakai, Seiichi, Vergleichende Unter¬
suchungen des Conus termin&lis bei Mann und Frau.
Mit 1 Kurventaf. und 2 Abbild, im Text.
Bis' zur Pubertät überwiegt das Vorderhom der
Knaben uni ein Minimum das der Mädchen und hat
zackige Konturen gegenüber den plumpen weiblichen,
die Vorderhornzellen sind größer (auch nach der
Pubertät) im männlichen Conus. Die übrigen Unter¬
scheidungsmerkmale (Vorwiegen einzelner Zellgruppen,
leichtere Abtrennbarkeit einer veutrolateralen Gruppe
beim weiblichen Geschlechte u. a.) sind unwesentlich.
608. Rot Ilfeld, J., Ein Fasersystem der Sub-
stantia gelatinosa des Rückenmarks. Verein f. Psych.
u. Neur. 13. Febr. 1912. Wien. Min. Woch. Bd. 25.
S. 396. 1912.
609. Takahashi, Dengo, Zur vergleichenden
Anatomie des Seitenhorns im Rückenmark der Verte-
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Sympathicus, Spinalnerven, Plexus, Wurzeln; Rückenmark.
97
braten, Mit 5 Abbild, im Text. Arbeiten a. d. neurol.
Inst, an d. Wiener Universität (Prof. H. Obersteiner).
Bd. 20. S. 62. 1912.
Bei Säugern, Vögeln, Reptilien und Amphibien
konnte T. einen charakterisierten Kern im Seitenhorn
des Brustmarkes mit Anschwellungen in der zervikalen
und lumbalen Übergangsregion feststellen, der im Bau
mit der Substantia gelatinosa des Hinterhoms überein-
stimnit und auch topographisch mit ihr Zusammenhänge
T. hält eine sensible sympathische Funktion des Kernes
für möglich.
610. Dex ler, H., und 0. Eger, Beiträgo zur
Anatomie des Snugerriickenmarkes. 1. Halicore dugong
Erxl. Mit 27 Fig, im Text u, 1 Taf. Morphol. Jahrb.
Bd. 43. H. 1,2. S. 707. 1911.
Äußerst eingehende und umfassende Schilderung
des Sirenen-Rlickenmarkes, die im Original einzusehen
ist. Charakteristisch ist die Länge, gleichmäßige Seg¬
mentierung, die rudimentäre Entwickelung der Hals-
anscbwellung, das Fehlen einer Lumbalaiischwellung,
eine Plexusbildung innerhalb der zervikalen Spinal¬
ganglien, die große Lange des Coccygealmarkes. Ein
Zentralkanal fehlt, die Dorsalstränge sind viel größer
als bei verwandten Tieren (Balaenoptera, Phoea u. a.),
der Querschnitt ist kreisförmig. Es ist demnach ein
einfacher Typ, wahrscheinlich Umbildung aus Land¬
säugerrückenmark. Eine Asymmetrie, wie sieRawitz
bei Zahmvalen fand, besteht nicht.
611. Nagao, Y., Zur Frage des Ventriculus ter-
minalis (Krause). Ein Beitrag zur Lehre von der
Myelodysplasie. Mit 7 Abbild, im Text. Arbeiten a.
d. neurol. Inst, an d. Wiener Universität (Prof. H. Ober¬
steiner). Bd. 19. H. 1. S. 1. 1011.
Die von Krause als „Ventriculus terminalis"
bezeichnete Ausbuchtung des Zentralkanals im Konus¬
gebiete variiert in ihrer Ausdehnung beim Menschen.
Sein oberes Ende liegt bald im Coecygealmark, bald im
Gebiet des 5. Sacralsegments, zuweilen auch höher, bei
älteren Kindern ist die Ausdehnung geringer als bei
jüngeren. Die Entwickelung des Ventrikels schreitet
auch postfötal weiter, führt vielleicht auch später noch
zur Bildung echter nervöser Elemente und ist ver¬
bunden mit einer Schädigung der Nervenfasern : Dorsal-
w&rtsdrängung der dorsalen Kommissur, Auseinander¬
weichen, zuweilen Degeneration der Hinterstränge. Der
Ventrikel tritt in 2 Formen auf, einer hvdromyelisehen
und einer syringomyelischen. Die Verdoppelung des
Zentralkanals in den unteren Conuspartien kann einmal
eine echte, das andere Mal eine falsche sein, vorge¬
täuscht durch eine weit dorsalwärts reichende Aus¬
stülpung des Ventrikels.
612. Lunghetti, Bernardino, Sopra i canali
ependiraali (midollari) accessori e sul loro significato.
Mit 5 Fig. Anat. Anz. Bd. 38. S. 577. 1911.
Beschreibung einer Doppelbildung des Zentral¬
kanals bei einem Hühnerembryo mit teilweisem Offen¬
bleiben des dorsalen Kanals und Veränderung der Ur¬
sprünge der Nervenwurzeln.
613. Lunghetti, Bernardino, Sulla presenza
di canali ependimali midollari accessori e sul loro signi¬
ficato. Rendic. Soc. med. Bologna, in: Bull. Sc. med.,
Anno 82 (Ser. 8. Vol. 11). Fase. 2. 8. 125. 1911.
Sympathicus.
Kuntz (552) hat im Verfolg seiner ausge¬
dehnten Studien über die Entstehung des Sym¬
pathicus in der Vertebratenreihe (s. den vorigen
Bericht) diese Frage jetzt auch bei Fischen (Acan-
tbias, Amia calva, Opsanus tau) zu lösen versucht.
Seine Resultate stimmen gut zu deu früheren
Ergebnissen bei Säugern und Vögeln, weichen aber
erheblich von den Angaben anderer Autoren ab:
Edinger-Wallenberg, Zentralnervensyatem.
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Bei den genannten Fischarteu wandern die Anlage¬
zellen des Sympathicus aus der Neural-Leiste und
dem Xeural-Rohr aus, und zwar längs der ventra¬
len und dorsalen Wurzeln (konform Froriep), und
lassen an den medialen Leisten der Spinal-Xerven
die Sympathicus-Stränge hervorgehen. Bei Acan-
thias wandert ein großer Teil dieser Anlagezellen
bereits vor der Faserentwicklung der Spinalnerven
aus, zerstreut sich im Mescnchym und bleibt dort
bis zur Bildung der Sympathikus-Stränge. Bei
Amia und Opsanus dagegen wandern die Anlage¬
zellen erst aus (len fertigen Spinalganglien und
dem ventralen Teil des Xervenrohrs längs der
Wurzel aus. Die so angelegten 2 Seitenstränge
gelangen dann medial bis zur dorsalen Oberfläche
der Kardinalvenen, bei Amia und Opsonus sogar
bis zur Oberfläche der Aorta, wo sie sich durch
Bänder von Sympathicuszellen miteinander ver¬
binden. Die Syiupathicusgcflechte der Darmwände
entstehen nicht aus den Seitensträngen, sondern
wandern aus dem Hinterhirn und den Vagus¬
ganglien längs der Vagi (konform den Säuger¬
und Vogel-Embryonen). K. führt die Wanderung
der Sympathicuszellen auf die Wirkung von Hor¬
monen, nicht auf Wachstums-Prozesse und osmo¬
tische Einflüsse zurück. Auch bei Fischen ist
das sympathische Nervensystem den anderen funk¬
tionellen Komponenten der peripheren Nerven
homolog.
Bei Schildkröten-Embryonen stammen die Ur¬
sprungszellen des Sympathicus nach Kuntz (556)
ebenfalls aus dem ventralen Xeural-Rohr und der
Ganglienleiste, beziehungsweise den Spinalganglien,
wandern längs der Spinalnerven und der Rami
communicantes in die Anlagen der Sympathikus¬
stränge längs der lateralen Aortenoberfläche und
der Dorsalfläche der Karotiden. Nach einer Peri¬
ode, in der sich die Zellen der Sympathicus-Anlage
zerstreuen, sammeln sie sich zu Ganglien. Dazu
gesellen sich später Zellmassen, die aus den Spinal¬
nerven frontal von den Ursprungsorten der Rami
communicantes zur Aorta dringen und eine konti¬
nuierliche Zellverbindung zwischen Spinalnerven
und den Anlagen der Sympathicus-Stränge her¬
steilen, mit der sieh dann die primären Rami
communicantes vereinigen.
Über die Genese der prävertebralen Plexus in
der Nähe des Rektum, der Plexus genitales, ferner
über die aus dem Hinterhirn (Vagus-Region)
stammenden Plexus cardiaci, Plexus viscerales
muß das Original eingesehen werden. Im Grunde
spielen sich auch hier die gleichen Vorgänge wie
bei den übrigen Vertebraten ab.
Michailow (569) hat mit seiner Modifikation
der Ehrlichschen Methylenblau-Methode die
Nerven des Myokards untersucht. Sie sind in
der Mehrzahl marklos und gehen vom viszeralen
Perikard aus, umflechten die peripheren Muskel¬
bündel als perimuskuläres Geflecht (vonGerlach).
Bezüglich der Endigungsweise dieser motorischen
13
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
98
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Herzmuskelnerven (Knöpfchen, Rosenkranz, Um¬
flechtungen, Endbäumchen) bestätigt er ältere
Untersuchungen. Es gibt keine intrazellulären
Nervenendigungen. M. hat außerdem Hunde vago-
tomiert, um die degenerativen Veränderungen der
Myokard-Nerven, der perizellulären Geflechte in
den Herzganglien und der früher als motorische
bezeichneten Nervenendigungen zu untersuchen.
Dabei kam er zu folgenden Schlüssen: An den
Herzmuskelfasern der Säuger gibt es zwei Arten
von Nervenendigungen: Die eine knopfförmige
stellt keine Vagusfaserendigung dar, sondern ist
wahrscheinlich eine Endigung sensibler Muskel¬
fasern, die zweite mit terminalen dichotomisch
geteilten Anschwellungen und Endhäufchen ist
Vagus - Endigung. Die von Berkley als in
die Nervenfasern eingelagerte Ganglienzellen be¬
schriebenen Gebilde hält M. für Bindegewebszellen.
Rückenmark.
Untersuchungen, die Perusini (589—591)
bei verschiedenen Tierarten (Kaninchen, Hund,
Ochs, Ziege) und beim Menschen vorgenommen
hat, führen ihn zu dem Schluß, daß zwischen der
Struktur der einzelnen Partien der weißen Sub¬
stanz im normalen Rückenmark viel größere Unter¬
schiede bestehen, als man gewöhnlich annimmt
P.s Untersuchungen gehen von der bekannten
Tatsache aus, daß die flüssigen Fixationsmittel
in den peripheren Schichten der in sie eingelegten
Organstückchen eine andere Struktur hervor¬
bringen, als in der übrigen Hauptmasse des einge¬
legten Präparates. In der normalen weißen Rücken-
markssubstanz läßt die Einwirkung der flüssigen
Fixationsraittel die Bildung von drei konzentrischen
voneinander verschieden strukturierten Zonen und
und von verschiedenen, im Vorderseitenstrang und
im Hinterstrang liegenden Gebieten erkennen,
welch letztere topographisch und strukturell mit
keiner der genannten Zonen übereinstimmen.
Diese Gebiete bezeichnet P. als Areae. Sie weisen
eigene Fixierungsbedingungeu auf, die von denen
der konzentrischen Zonen verschieden sind. Ob
die Eigenart der Fixierungsbedingungen an und
für sich die in den Areae vorkommenden struk¬
turellen Eigentümlichkeiten erklären könne, läßt
P. unentschieden. Die eigene Beschaffenheit des
Rückenmarks, seine Form, die besondere Dis¬
position seiner Hülle, seiner Gefäße, seiner binde¬
gewebigen Septa, seiner nervösen und gliösen Ele¬
mente, die topographischen Wechselbeziehungen
zwischen weißer und grauer Substanz, die ver¬
schiedene Durchtränkbarkeit seiner nervösen und
nicht nervösen Komponenten von seiten der Fixie-
rungsflüssigkeit und zugleich der Umstand der
relativ kleinen Breite des ganzen Objektes be¬
wirken jedenfalls, daß dem Eindringungsmodus
der Fixierungsflüssigkeit und ihrer Einwirkung
auf die weiße Rückenmarkssubstanz eine außer¬
ordentlich große Bedeutung zukommt. Wegen
der Beziehung, welche zwischen dem Einwirkungs¬
modus der Fixierungsflüssigkeit und den genann¬
ten Bedingungen besteht (letztere sind in den
verschiedenen Rückenmarkssegmenten beziehungs¬
weise bei verschiedenen Tierarten verschieden),
muß eine rationelle Myelotektonik des Rücken¬
marks in innigste Beziehung zur Glia- und zur
Gefäßtektonik gebracht werden.
Die strukturellen (und troktoriellen) Unter¬
schiede zwischen den einzelnen Rückenmarksareae
und -Zonen sind weitgehender Art: Durch den
großen Reichtum an Glia, besonders an bestimmten
protoplasmatischen Gliastrukturen, zugleich durch
die Schwankungen des Achsenzylinderkalibers
und Eigentümlichkeiten des Markscheidenbildes
zeichnet sich z. B. das Gebiet des Seitenstranges
aus, welches topographisch der Pyramidenseiten¬
strangbahn ziemlich genau entspricht P. bezeichnet
es als Area A des Seitenstranges. Selbstver¬
ständlich müssen diese normaliter vorkommenden
Eigentümlichkeiten der einzelnen Gebiete bei der
Schätzung von pathologischen Befunden berück¬
sichtigt werden.
Vergleichende Messungen des Rückenmarkes
in mehreren fetalen Stadien, nach der Geburt
und bei Erwachsenen haben Miller (587a) zu
folgenden Ergebnissen geführt, die im Original
durch Tabellen, Figuren und Kurven sehr über¬
sichtlich zusammengestellt sind: Die Zervikalan-
schwellung macht sich zuerst bei 11 mm Körper¬
länge, die Lumbalanschwellung bei 17 hezw. 31mm
bemerkbar, bei 65 und 150 mm sind beide An¬
schwellungen besonders stark ausgebildet. Das
Verhältnis von Rückenmarkslänge zur Körperlänge
wird während des 2. und 3. Fetalmonats rapid
kleiner, später sinkt es langsamer. Während die
Zervikalanschwellung bei 11mm LäDge circa 37%
des ganzen Rückenmarks einnimmt, sinkt diese
Zahl bei 150 mm auf 28, beim Neugeborenen
steigt sie wieder auf 36, beim Erwachsenen
sinkt sie auf 31 %• B e > m Dorsalmark sind die
betreffenden Zahlen 32 (11 mm), 41 (150mm), 45
(Neugeborener), 50 (Erwachsener), beim Lumbo-
sakralmark 31 (11), 31 (150), 18 (Kind und Er¬
wachsener), also starke Verkürzung in den letzten
Fötalperioden, während das Dorsalmark auf Kosten
zuerst des Zervikalmarks, zuletzt des Lumbosakral-
marks wächst. Die graue Substauz nimmt beim
11 mm-Embryo circa 38% des ganzen Markes ein,
bei 65 mm 58%, danu 27% (Kind), weniger
als 20 % (Erwachsener). Die Vorderhörner über¬
wiegen sehr stark in den ersten Fetalperioden.
Die weiße Substanz wächst von 13% (11 mm)
bis 46% (150 mm), 73% (Kind), 80% (Er¬
wachsener), und zwar etwa im selben Maße wie
das ganze Rückenmark. Der Seitenstrang ist be¬
sonders bei jungen Embryonen immer am größten.
Das Ependym -|- Zentralkanal nimmt beim 11mm-
Embryo 50% des ganzen Markes ein, dieser
Prozentsatz sinkt beimlöOmm-Embryoauf 0,59%.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Vergleichende Anatomie.
99
Auch die absolute Größe des Kanals sinkt rapide.
Er ist später am engsten in der Dorsalregion.
Lesilönyi (593) hat eine vergleichende
Untersuchung der „Lissauersehen Randzone“
an dem großen Material des Obersteiner sehen
Instituts (Mensch, Affen, Chiropteren, Karnivoren,
Insektivoren, Rodentiem, Ungulaten, Pinnipediern,
Natantien, Edendaten und Marsupialiern angestellt.
Diese ergab, daß (konform Nageotte) der größte
Teil der Lis sau ersehen Zone nicht den dor¬
salen Wurzeln, sondern im wesentlichen dem Ge¬
biete des Seitenstranges angehört und aus folgenden
Faserkategorien zusammengesetzt ist: 1. Fasern
aus der Flechsigschen Grenzzone (zu den Hinter¬
strängen?); 2. horizontale Verbindungsfasern der
Hinterstränge und Seiten stränge; 3. kurze den
Zellen der Substantia gelatinosa und spongiosa
entstammende Fasern, die vielleicht (C a j a 1) nach
kurzem Verlauf wieder in das Grau zurückkehren;
4. Längsfasern der Hinterwurzeln, die lediglich
die Li s sau er sehe Zone bei ihrem Eintritt in
die Substantia gelatinosa kreuzen. DieLissauer-
sche Zone ist recht konstant in der Säugerreihe,
nur bei wenigen Arten wird sie in den Seitenstrang
abgedrängt
Degenerationsstudien bei Kompression des
Rückenmarkes lehrten Krum holz (594), daß
„die dorsale seitliche Grenzschicht aus zwei ver¬
schiedenen Faserarten besteht, welche sich durch
ihr Kaliber voneinander unterscheiden, erstens
feinere Fasern, sie bilden die Hauptmasse und
degenerieren über 3 bis 4 Segmente aszendierend,
in geringerer Intensität über die gleiche Länge
deszendierend. Zweitens Fasern gröberen Kalibers;
diese degenerieren aszendierend und deszendierend
über mehr als 7 Segmente, sind jedoch minder
zahlreich als die feinen Fasern. Sie treten in
Konkurrenz mit den von innen nach außen strei¬
chenden Fasern des lateralen Seitenstrangsystems
und jenen, die in den Pyramiden aszendierend
degenerieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß
sie mit den letzteren vikariieren. Wir haben in die¬
sen Systemen offenbar longitudinale Assoziations¬
bahnen zu sehen“.
Meßner (606) hat in 4 Fällen von Defekt¬
mißbildungen (2 Perobrachii bei der Ziege, 1 Mikro-
brachius beim Kalbe, 1 Amputatio spontanes bei¬
der Hintergliedmaßen beim Schwein) die Zentral¬
organe untersucht (Fixierung in situ in lOproz.
Formol, Färbung nach Weigert, Toluidinblau-
Wasserblau, genaue planimetrische Messungen mit
Hilfe von Edingers Zeichenapparat). Die Atro¬
phie der Halsanschwellung reichte bei den Pero¬
brachii, denen die ganze Gliedmaße fehlte, weiter
nach oben (C VIII + C VII) und betraf auch
medialere Vorderhorn-Zellgruppen, als da, wo nur
die „Hand“ und deren Muskulatur fehlte (CVIH,
laterale Vorderhornzellen). Auch die Hinterstränge
nahmen entsprechend an der Atrophie teil, eben¬
so die Clark eschen Säulen, dagegen konnte
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weder in den Pyramiden noch in den Vorder¬
sei tensträngen des obersten Halsmarkes'beziehungs¬
weise des verlängerten Markes eine wesentliche
Abnahme nachgewiesen werden. M. betrachtet die
beobachteten Asymmetrieen als sekundäre Folgen
der Mißbildung, also als ektogen entstanden.
Zahlreiche Stichverletzungen innerhalb des
Lumbosakralmarkes und der Cauda equina neben
Vereinigungsversuchen zwischen verschiedenen
Teilen der Cauda equina und des Ischiadikus bei
Hunden haben Fe iss (601) Gelegenheit geboten,
die physiologischen Folgen und die Regenerations¬
erscheinungen genau zu studieren. Aus der großen
Fülle der Resultate seien hier nur diejenigen an¬
geführt, die für die Lokalisation der einzelnen
Bewegungen innerhalb des Lumbosakralmarkes
wichtig sind. Für das übrige muß auf das Ori¬
ginal verwiesen werden. Die Vorderhorn zell¬
gruppen im Lenden- und Sakralmark entsprechen
wohl im wesentlichen den peripheren Nerven
(Peroneus, Tibialis) und zwar von oben nach
unten: Cruralis, Obturatorius, Glutaealis, Ischia¬
dikus, Schwanz- und Sphinkteren-Nerven. Das
stimmt gilt zu den Ergebnissen früherer Unter¬
suchungen. Der Patellarreflex des Hundes ist
(konform Sh errington) wahrscheinlich in das
5. und 6. Lumbalsegment zu verlegen.
Nemiloff (006) hat die an der Peripherie des
Vorderseitenstranges gelegene „subpiale Schicht“
des Rückenmarkes bei Säugern und Vögeln mit
der Methylenblau-Methode genau untersucht Er
konnte darin ein zartes Flechtwerk markloser und
markhaltiger Nerven sow'ie multipolarer Ganglien¬
zellen nachweisen, deren Neuriten nach dem Zen¬
trum zu verlaufen. N. will diese Schicht von
dem Plexus perimedullaris der Fische und Am¬
phibien streng abscheiden, glaubt dagegen einen
engen Zusammenhang mit den Hofmannsehen
„oberflächlichen Nervenkernen“ der Vögel an¬
nehmen zu müssen, da diese Kerne lediglich
„eine metamer angeordnete Verdickung des all¬
gemeinen subpialen Geflechtes darstellen“.
Rothfeld (608) beschreibt ein markhaltiges
Bündel zu beiden Seiten des Zentralkanals, das
durch die ganze Länge des Rückenmarkes zu ver¬
folgen ist, in kaudalen Teilen netzförmig wird
und Beziehimgen zu den Kommissuren besitzt.
Viele Fasern dringen zwischen die Ependymzellen
ein. In einzelnen Höhen verschwindet das Bün¬
del, um bald wieder aufzutauchen. Ob es analog
dem Marburgschen „bulbären Bündel der Sub¬
stantia gelatinosa ventralis“ sekretorische sympa¬
thische Fasern enthält, ist noch unbestimmt.
XI. Vergleichende Anatomie.
Ref. Dr. Paul Röthig (Charlotter.burg).
(Vergl. auch Kap. IX.)
A. Nervus terrnmalis.
614. Belogolowy, G.. Studien zur Morphologie
des Nervensystems der Wirbeltiere. Moscou 1912. (Bull.
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
100
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
de la Soc. Iniper, des Nat. de Moscou 1911.) I. Die Ent*
Wickelung des Nervus terminalis bei Selachiem.
613. Brookover, C., and T. S. Jackson, The
olfactory nerve and the nervous terminalis of Ameiurus.
13 Fig. Journ. of comp. Neur. Bd. 21. H. 3. S. 237.
1911.
616. Johns ton, J. B., The telencephalon of se-
lachians. Journ. of comp. Neur. and Psych. Bd. 21. 1911.
617. Ale Kibben, Paul S., The nervus terminalis
in Urodele amphibia. 46 Fig. Journ. of comp. Neur.
Bd. 21. Nr. 3. S. 261.
Die Bildung des Nervus terminalis bei den
Selachiem bestätigt nach Belogolowy(614)eine
schon früher bei der Untersuchung der Vögel ge¬
äußerte Ansicht, daß der Nervus terminalis an¬
zusehen ist als ein Rest des primären speziellen
Nervs der Geruchsgruben. Aus den Zellen der
letzteren bildet sich ein Ganglion, von dessen Schei¬
tel ein Nervenstamm — der primäre Nervus ol-
factorius — nach der Lamina terminalis heran¬
wächst. Mit der Entwickelung der Lobi olfactorii
treibt dieser primäre Olfactorius Seitenäste, die
mit den Lobi olf. in Verbindung treten, allmäh¬
lich vom primären Olfactorius selbständig werden
und dann als Fila olf. die kürzeste Verbindung
zwischen Geruchsorgan und Lobi olf. darstellen.
Der Rest des Hauptstammes bleibt als Nervus
terminalis erhalten, und besitzt als Charakteristikum
das primitive Ganglion. Der Nervus terminalis
ist also kein dorsaler Gangliennerv.
Brookover und Jackson (615) betrachten
den Nerv. term. als einen Teil oder eine Kom¬
ponente des Nervus olf., mit dem er seiner Ent¬
wickelung und seiner Struktur im ausgewachsenen
Zustande nach aufs innigste verknüpft ist. Sie
stellen sich damit auf einen Standpunkt, den
Locy früher, 1899, eingenommen hat. Das Ma¬
terial ihrer Untersuchungen war von Teleostei
Ameiurus nebulosus und Ameiurus melas. Die
Darstellung des Nervus term. mit der Golgi-
Methode war äußerst schwierig. Die Fasern des
Nerv. term. sind räumlich überaus eng benach¬
bart mit denen des Nervus olf.; sie sind von
letzteren und auch von den Fila olf., die in den
Glomeruli enden, sehr schwer zu unterscheiden;
daher ist eine Antwort auf die Frage, ob der
Nerv. term. im Bulb. olf. Endstätten hat, kaum
zu geben. Ein Teil seiner Fasern gelangt in die
Nähe der vorderen Kommissur; ihr weiterer Ver¬
lauf ist infolge ihrer Ähnlichkeit mit anderen Ele¬
menten dieser Gegend nicht zu bestimmen. In
zwei Fällen schien B. und J. eine Endigung von
Fasern des Nerv. term. in der Wand des Vorder¬
hirnventrikels rostral von der vorderen Kommissar
vorhanden zu sein, also in der Gegend des
C. J. Herricksehen Corpus prRecommissurale.
Aber auch hier ist unsicher, ob diese Fasern
wirklich zum Nerv. term. gehören oder ihn nur
begleiten. Die Lage des Nerv. term. zum Nerv,
olf. ist ventro-median an letzterem. Der Nerv,
term. entsteht als ein Teil des Nerv. olf. aus ihrer
gemeinsamen Plakode, seine Ganglienzellen gleich- |
zeitig mit den Blutgefäßen der Nasalkapsel. Sie
haben mit den Scheiden zellen der Fila olf. eine
gemeinsame Zellenanlage. Die ersten gut diffe¬
renzierten Scheidenzellen treten 146 Stunden nach
der Befruchtung auf. Die Ganglienzellen des
Nerv. term. liegen in ihrer Mehrzahl am ventro-
medianen Rande des Nerv. olf. und mehr peripher
vom Bulb. olf. Was die funktionelle Bedeutung
des Nerv. term. betrifft, so fanden B. und J.
keine neuen Anhaltspunkte. Seine gleichzeitige
Entwickelung mit den Blutgefäßen der Nasalkapsel
und die Ausbreitung seiner Zellen in ihrer Nähe,
könnten für seine vasomotorische Natur sprechen.
Bei Chrysemys marginata findet man an der dorso-
medianen Seite des sich entwickelnden Nerv. olf.
eine Zellenanlage.
Nach Johnston (616) ist das von Locy
s. Z. erwähnte verschiedene Verhalten des Ner¬
ven bei den Selachiem, insofern er sich bald
dorsal, bald ventral mit dem Gehirn verbindet,
so zu erklären: Sein -wirklicher Ursprungsort
im Vorderhim liegt in der Tiefe der Sagittal-
fissur in der Nähe dss Rec. neuroporicus. Sein
dorsales oder ventrales Erscheinen an der Gehirn-
oberfläche ist abhängig und hervorgerufen durch
die Verschmelzung des Nuclei olf. mediales.
McKibben(617) beobachtete das Vorkommen
eines Nerv. term. bei Necturus maculatus, Ambly-
stoma tigrinum, Diemyctylus torosus, Amphiuma
means, Acris gryllus, Hyla Pickeringii, Rana ca-
tesbiana, Bufo lentiginosus. Er gibt eine Anzahl
zum Nachweis des Nerv. term. besonders geeigneter
Methoden an und erwähnt, daß bei Necturus und
Salamandra der Nerv oder wenigstens Teile von
ihm und seines zentralen Verlaufes bereits früher,
1893 von C. L. Herrick, 1895 von Kings¬
burg und 1899 von Bochenek gesehen wor¬
den sind. Diese Autoren haben ihn als „Tract.
olf. diencephalicus“ (K i n g s b u r g) oder als „Tract.
olf. commissuralis“ und als „Tract. olf. dience¬
phalicus“ (Bochenek) bezeichnet Der Nerv,
term. besteht aus marklosen Fasern. Bei Nec¬
turus maculatus liegt er zunächst an der ventro-
medialen Fläche des Nerv, olf., rückt dann an
seine ventro-laterale Seite und dringt in die Zona
glomerulosa ein an ihrem ventro-lateralen Winkel.
Von hier verlaufen seine Fasern medio-kaudal-
wärts zur Lamina term., wobei sie dicht am ven¬
tralen Hemisphärenrande liegen. Innerhalb der
Lamina term. splittern sie z. T. auf, z. T. zer¬
fallen sie in verschiedene Teile: ein Teil geht
ganz rostral zum Corpus praecommissurale, ein
anderer kreuzt im ventralen Gebiet der Comm.
ant. und endigt dort auf der gegenüberliegenden
Seite oder zieht weiter zum Nucl. praeopt und
eudigt dort teilweise, teilweise durchzieht er diesen
Kern, gibt Fasern ab zum Hypothalamus, tritt ein
in die Comm. ansulata und splittert auf oder
kreuzt ventral vom Kern des N. oculomotorius.
I Aufsplitterungszellen des Nerv. term. sind also:
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Vergleichende Anatomie.
101
Corpus praecommissurale, Lamina terminalis, Nucl.
praeoptieus, Hypothalamus, Regio interped., und
zwar gekreuzt und ungekreuzt. Hierbei ist der
Nucl. praeoptieus seine Hauptendigungsstätte. —
Es werden dann weiter die Verhältnisse bei den
anderen Amphibien beschrieben, die mit geringen
Abweichungen im Prinzip die gleichen sind. —
Tm Nerv. olf. wie in der Umgebung der Nasal¬
kapsel und in den Meningen wurden bei Necturus
Zellen gefunden, welche Ganglienzellen gleichen.
Mc K. sieht aber solche nicht in ihnen, sondern
vielmehr Analoga zu den Klasmatozyten von
R a n v i e r, die nach M a x i m o w in Wirklichkeit
Mastzellen sind.
B. Cyklostomen.
618. Ayers, Howard, and Julia Worthing-
ton, The finer anatomy of the brain of Bdellostoma
Dombeyi. 2. The fasciculus communis System. 37 Fig.
Joum. of comp. Neur. Bd. 21. H. 6. S. 593. 1911.
619. Johnston, J. B., The telencephalon in cyclo-
stomes. ‘41 Fig. Journ. of comp. Neur. Bd. 22. H. 4.
S. 341. Ang. 15. 1912.
Nach Ayers Howard und Julia Wor¬
thing ton (618) empfängt der Fasciculus com¬
munis Fasern von der ersten und zweiten Trige¬
minus-Wurzel, vom Facialis, Glossopharyngeus
und Vagus. Bei diesen Fasern lassen sich zwei
durch ihre Feinheit und ihre Dicke ausgezeich¬
nete Faserarten unterscheiden. Den beiden Trige¬
minuswurzeln, dem Glossopharyngeus und dem
Vagus, sowie dem Fazialis gehören die feineren
Fasern an, dagegen die dickeren nur der ersten
Trigeminuswurzel, dem Glossopharyngeus und
Vagus. Der Kern des Fasciculus communis liegt
im dorso-kaudalen Teil der Medulla, hart an der
Mittellinie, und reicht mit seinem Hauptteile vom
kaudalen Ende der Medulla bis zu einer Stelle
frontal von den auseinander gewichenen Rilcken-
markshörnern. Er grenzt ventral an den Zentral¬
kanal und die Raphe, hat aber lateral gegen den
Nucleus funiculi und Nucleus acusticus keine
festen Grenzen. Der Kern hat eine einheitliche
Funktion; eine Trennung in taktile und gusta-
torische Zentren ließ sich nicht feststellen. Se¬
kundäre sensorische Zentren im Hirn besitzt er
nicht. Dagegen hat er die folgenden sekundären
Verbindungen : 1 . einen Zug zur dorsalen Rücken¬
markssäule derselben Seite, 2. eine Verbindung
mit den motorischen Regionen der gegenüber¬
liegenden und der gleichen Seite. Außerdem
findet ein wechselseitiger Zellaustausch zwischen
den an seiner Außenseite liegenden Hirnbezirken,
wie dem Nucl. acusticus, dem Nucl. funiculi, dem
„general cutaneous nucleus“, und ihm statt. Die
Fasciculis-commuDis-Kerne beider Seiten sind mit¬
einander verbunden und zwar hauptsächlich durch
die Commissura infima Halleri. Longitudinale
Fasern stellen die Verbindung zwischen den fron¬
talen und kaudalen Teilen eines jeden Fasciculus-
communis-Kerne8 her. Seine Zellen sind spindel¬
förmig und multi polar; unter letzteren fallen baum¬
förmige Zellen auf, die für den Fasciculus-eom-
munis-Kern eigentümlich sind. Die Commissura
infima Halleri beginnt soweit kaudal mit dem
kaudalen Eude der Spino-occipital-Region und
reicht kopfwärts bis zur frontalen Wurzel des
Glossopharyngeus. Sie enthält nur Fasern sekun¬
dären Charakters und zwar aus dem Kern des
Fasciculus communis und dem Nucleus funiculi.
Ihre feineren Fasern gehören zu beiden Kernen,
ihre stärkeren Fasern nur zum Fasciculus-com-
munis-Kern.
Johnston (619) hat zahlreiche Serien von
Cyklostomeu-Vorderhirnen (Lampreta, Petromyzon
dorsatus, Iehthyomyzon, Ammocoetes von Petro¬
myzon, Lampreta, Entosphenus) neu untersucht
und ist über die Grundzüge der Struktur des Tel¬
encephalon zu folgenden Schlußfolgerungen ge¬
langt: Für das Vorderhim der Cyklostomen ist
charakteristisch die starke Ausbildung, dorsale
Lage und Eversion des Centrum olfaeto-gustato-
rium (ähnlich der starken Ausbildung der viszeral¬
sensiblen Zentren in der Oblongata vieler Fische
und der überall vorhandenen guten Entwickelung
des Nucleus haben ulae), ferner die Lage des
ganzen zentralen Riechapparates in der Wand des
medialen (3.) Ventrikels. Die Hemisphärenbildung
beginnt mit einer Ausstülpung der Formatio bul-
baris, dann folgen die sekundären Riechzentren,
zuletzt die viszeralen und somatisch-sensiblen
Rindenbestandteile. J. vergleicht diesen Vorgang
mit der bei Selachiern, Ganoiden, Chimaera und
Teleostiern beobachteten Genese des Vorderhirns
und sieht seine Auffassung vom Vorderhirn als
frontale Fortsetzung der spezifisch funktionellen
Endkernsäulen (s. die vorigen Berichte) bestätigt:
Die Verlängerungen der ventralen Säulen liegen
dem Chiasma opticum an, die dorsalen sind stark
hypertrophiert, im Bogen ventro-fron talwärts ge¬
bogen und überragen so die ventralen nach vorne
hin, sie berühren sich im Recessus praeoptieus
mit den ventralen (an der Stelle, wo der Sulcus
limitans H i s endigt). Bei Petromyzonten erfolgt
die Vergrößerung des Telenzephalon nicht in dieser
fronto-kaudalen Richtung, sondern in dorso-ven-
traler. Nervus und Bulbus olfactorius sind ganz
eng mit dem Recessus neuroporicus verknüpft.
Der letztere entsteht bei Annäherung des Nerv,
olfactorius an die dorsale Lippe des Nervenrohrs.
Hier setzt bei höheren Vertebraten auch die Evagi-
nation der Hemisphären ein (also dorsal und kau¬
dal vom Frontalpole auf der Höhe der Vorder¬
hirnkrümmung). Kaudal davon endet die viszeral¬
sensible olfacto-gustatorische Endkernsäule als
Primordium hippocampi, während die Anlage der
somatischen Rinde durch Eversion und Neuro-
blastenwanderung vom dorsalen Rande des kau¬
dalen Telencephalon her gebildet wird. Den fron¬
talen Pol des Vorderhirns (= ventraler Abschnitt
der Vorderhirnkrümmung) bilden entweder ganz
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102
Ed in ge r und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
oder zum größten Teil mediale und laterale se¬
kundäre Riechzentren nebst dem Nucleus prae-
opticus. Die Formatio bulbaris entsteht ganz nahe
den Riechnerven am mittleren Teil der dorsalen
Säule, erst bei höheren Formen erhält sie einen
Stiel, bei manchen Petromyzonten behält sie die
ursprüngliche Lage am medialen Ventrikel bei.
Erst die Erkenntnis von dieser dorsalen Einstrah¬
lung des Olfaktorius in der Höhe der frontalen
Krümmung bringt das Verständnis für die Struktur
des Vorderhirns. Bei höheren Formen erfolgen
nun weitere Differenzierungen (Verlängerung des
Rostrum, Auswachsen der Formatio bulbaris, Eva-
gination der Hemisphären, U-förmige Krümmung
der viszeral-sensiblen Endkernsäule, ventrale La¬
gerung des frontalen U-Schenkels (= sekundäre
Riechzentren), dorsale Stellung des kaudalen
(= Primordinm hippocampi), dazwischen das Fo-
ramen interventriculare und Zona limitans media-
lis et lateralis. Die somatisch-sensible Rinden¬
anlage, aus der später die „allgemeine Rinde“,
ein Verbindungszentrum zwischen sensiblen Haut-,
Muskel-, Gehör-, Gesichts-Zentren, hervorgeht,
liegt ebenfalls ursprünglich zwischen den U-
Sehenkeln und ist mit dem lateralen Olfaktorius-
Kern, dem späteren olfakto-somatischen Lobus
pyriformis eng verknüpft. Sie drängt ihn ven-
tralwärts und die Formatio hippocampalis dorso-
medialwärts.
C. Selackier.
620. Burckhardt, Rud., Das Zentral-Nerven-
system der Selachier als Grundlage für eine Phylogenie
des Vertebratenhirns. T. 2: Die übrigen Paläosclacbier.
1 Taf. u. 85 Fig. Nova Acta Acad. Leopold - Carol.
Bd. 94. H. 4. S. 112. 1911. Bringt Abbildungen, Text
folgt.
621. Johnston, J. B., The telencephalon of Se-
lachians. 85 Fig. Journ. of comp. Nenr. Bd. 21. H. 1.
March 1911.
622. Kappers, Ariens C. U., Okulomotorius-
und Trochleari.skeme bei niederen Vertebraten. Nederl.
Tijdschr. voor Geneesk. Bd. 56. H. 1. S. 2003. 1912.
(Vergl. Kap. IX.)
623. Kappers, Ariens, und Carpenter, Das
Gehirn von Chimaera monstrosa. Fol. Neuro-biol. Bd. 5.
H. 2. 1911.
624. Nemiloff, Anton, Über die subpiale Schicht
des Rückenmarkes der Fische. Arch. f. mikr. Anat.
Bd. 80. Abt. 1. 1912.
An der Peripherie des Rückenmarkes liegt
unter der Intima piae außer dem bereits bekann¬
ten perimedullären Dendritengeflecht von Zellen
der granen Substanz noch eine, von N. früher
schon bei Säugetieren und Vögeln jetzt auch bei
Ganoiden, Selachiern und Teleostiern nachgewiesene
Schicht grauer Substanz, die von ihm „subpiale
Schicht“ genannt wird. Sie läßt sich mit der
Methylenblaumethode nachweisen, und besteht aus
Zellen, die mit ihren Dendritenverzweigungen ein
dichtes subpiales Geflecht bilden. Von ihnen
gehen einmal Neuriten hinein in die Tiefe der
weißen Substanz, sodann findet durch dasselbe
ein Kontakt statt mit dem unter ihm liegenden
perimedullären Geflecht. Nach der Meinung N.s
sind in der subpialen Schicht Assoziationselemente
enthalten für eine gleichzeitige Arbeit von Zell-
gruppen in verschiedenen Rückenmarkshöhea.
Eine solche subpiale Schicht findet sich bei allen
Wirbeltieren mit Ausnahme von Ammocoetes; ihre
Existenz ist nachgewiesen bei Fischen, Reptilien,
Vögeln und Säugetieren, sie wird wahrscheinlich
gemacht auch bei Amphibien. Bei Reptilien und
Vögeln bildet die subpiale Schicht metamere Ver¬
dickungen, die sog. Gaskell-Hofmannschen
Kerne. — Im Gehirn der Säugetiere findet sich
vielleicht eine ähnliche „subpiale Schicht“, doch
sind die Untersuchungen N.s hierüber noch nicht
abgeschlossen.
625. Sheldon, Ralph Edward, The sense of
smell in selachiers. Joum. of exper. Zool. Bd. 10. 1911.
(S. den vorigen Bericht 8. 351.)
626. Sewertzoff, A.N., Die Kiemenbogennerven
der Fische. 4 Abbild. Anat. Anz. Bd. 38. S. 437. 1911.
Statt der bisher üblichen Einteilung der Kiemen¬
bogennerven in einen Ram. praetrematicus, Ram. post-
trematicus nud Ram. pharyngeus hat S. auf Grund
seiner Untersuchungen an Fischen folgende 'Verästelung
gefunden: 1. R. posttrematicus, 2. R. praetrematicus-
extemus, 3. R. praetrematicus internus s. pharyngeus
branchialis, 4. R. pharyngeus dorsalis. Die Rr. prae-
trematici interni kommen bei Selachiern and Chondrostei
nicht nur in der Region der funktionierenden Kiemen¬
bogen vor (R. R. praetrematiei interni Vagi, Kiemen¬
bogen 1—4), sondern auch bei den vorderen Viszeral¬
bogen, welche ihre Funktion geändert haben. Die Ver¬
teilung dieser Nerven ist eine streng metamere, so daß
je einem Viszeralbogen der Reihe ein R. praetrematicus
internus entspricht.-
627. Sterzi, G., Iutorno allo sviluppo del tessuto
nervoso nei Selaci. Monitore Zool. Ital. Bd. 22. H. 2.
1911. (Gleicher Text des Referats im Neur. Zentralbl.
1911.)
Sterzi führt die erste Bildung des zentralen Ner¬
vensystems bei den Selachiern auf ein Synzytium, ein
Neurosynzytium, zurück, in welchem Neuroblasten und
Spongioblasten entstehen, die dann weiteren Umbildungen
unterliegen. Seine Ergebnisse, die man auch auf die
anderen Kranioten übertragen kann, stimmen mit denen
von Held zusammen, welcher das peripherische Ner¬
vensystem ebenfalls von einem Synzytium ableitet.
Die Resultate, welche Johnston (621) bei
seinen W eigert-Studien an mehreren Arten von
Selachier-Vorderhimen erhalten hat, geben dem
Autor gleichzeitig Gelegenheit seine zum großen
Teil schon im vorigen Berichte gekennzeichneten
Anschauungen über die Genese des Telencephalon
der Vertebraten näher auszufiihren: Diencephalon
und Telencephalon werden durch das Velum
transversum und den kaudalen Rand der Chiasma-
Brücke voneinander getrennt. Frontal von dieser
Grenze liegt noch ein nicht ausgestfilpter, unpaarer
Vorderhirn-Abschnitt, „Telencephalon medium“,
der bisher fälschlich als Präthalamus bezeichnet
worden ist. Die Höhlen der ausgestülpten Telen-
cephalon-Abschnitte (Seitenlappen) kommunizieren
mit dem mittleren Ventrikel durch die Foramina
interventricularia. Frontal von der Lamina termi-
nalis verschmelzen die medialen Wände der Seiten¬
lappen sekundär. Diese Verschmelzungs-Zone ist
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Vergleichende Anatomie.
103
von dem massiven Dache des Telencephalon durch
einen Kanal oder Spalt getrennt, der sieh von der
dorsofrontalen Oberfläche bis zum oberen Rande
der Lamina terminalis erstreckt. Bei Scyllium
setzt sich diese Spalte bis zur ventralen Ober- i
fläche fort, hier trennt also eine schmale sagittale ]
Fissur die Zone der sekundären Verschmelzung !
vollständig von der Lamina terminalis und Dach
ab. Der Nervus terminalis erreicht bald dorsal, j
bald ventral von der Verschmelzungszone den
Recessus neuroporicus internus. Der „Sulcus
Monroi“ in der medianen Ventrikelwand des Telen¬
cephalon setzt sich bei einigen Arten unabhängig
in das Diencephalon kaudalwärts fort, bei anderen
geht er in den einen oder anderen Sulcus dience-
phalicus über. Am Recessus neuroporicus teilt
sich die Dachplatte des Telencephalon in die
Lamina terminalis und die Lamina supraneuro¬
porica. Die letztere bildet ein massives Pallium
und wird von einem breiten Kommissurenkom¬
plex durchzogen, der neben der Tela chorioidea
den Ventrikel des Telencephalon medium über¬
dacht. J. trennt innerhalb des Telencephalon
folgende Gebiete ab: 1. Die Area olfactoria medialis
(frontale Wand des Seitenlappens, Gebiet der
sekundären Verschmelzung, Corpus praecommis-
surale und Nucleus medialis septi, Nucleus prae-
opticus?), 2. Area olfactoria lateralis, 3. Area
basalis superficialis, 4. Pallium, 5. somatisch-
sensorische „Area of correlation“. Über die cha¬
rakteristische Eigenheit, Gestalt und Verbin¬
dungen einer jeden Zone muß das Original ein¬
gesehen werden. Hier sei nur erwähnt, das
sekundäre und tertiäre Olfaktoriusfasera nebst dem
Tractus pallii (aus dem Hypothalamus) in das
massive Dach des Pallium eintreten. Die Kommis-
suren-Platte der Lamina supraneuroporica enthält
eine echte Mantel-Kommissur. Daneben besteht
noch eine „hintere Mantel-Kommissur innerhalb
der Commissura superior (Osborn), in der mark¬
lose Fasern aus dem Pallium via stria medullaris
kreuzen. In der letzteren konnte J. auch einen
Tractus cortico-habenularis nachweisen. Der „Trac¬
tus medianus“ verbindet das massive Pallium mit
dem Hypothalamus, entspricht also in seinem Ver¬
laufe dem Fornix. Die „Area somatica“ bildet
eine zweischichtige graue Masse in der lateralen
Wand des Telencephalon medium und des Seiten¬
lappens, empfängt Sehstrahlungen aus dem Geni-
culatum laterale und thalamo-kortikale Fasern aus
dem Endgebiet der Schleife im Thalamus, verbindet
sich ihrerseits wieder mit sekundären und tertiären
Olfaktoriuszentren. Beide Area sind durch eine
echte Kommissur verbunden, die in der Lamina
supraneuroporica dorsal von der Commissura hippo-
campi kreuzt. Es entspringt ferner in der Area
Bomatica (großzellige Schicht) ein Bündel zum
ventralen Thalamus und zu tieferen Himteilen.
Der Tractus thalamo-corticalis und Sehstrahlung
bilden ein bisher bei Selachiem unbekanntes
„laterales Vorderhirnbündel“. Die Stria medullaris
besteht bei Selachiem mindestens aus 6 verschie¬
denen Faser-Arten. Die theoretischen Folgerungen,
die J. aus den eben skizzierten Tatsachen zieht,
decken eich größtenteils mit den im vorigen Be¬
richte geschilderten. Die Olfactorius-Zentren des
Telencephalon entsprechen ihrer Lage nach einer
viszeral-sensorischen Kernsäule, die „Area somatica“
an der lateralen Oberfläche der somatisch-sen¬
sorischen. Die Ausstülpung der Seitenlappen ent¬
hält bei fischartigen Vertebraten nur einen kleinen
Teil der künftigen Hirnrinde, erst bei höheren
Vertebraten geht die gesamte Kortex-Anlage in
die ausgestülpten Teile über. Aus der Area ol-
factbria lateralis und einem Teil der Area basalis
superficialis der Selachier geht der Lobus pyri-
formis der Säuger hervor. Bei diesen drängt die
wachsende Area somatica, die überall zwischen
der Anlage des Lobus piriformis und dem Primor-
diura hippocampi gelegen ist, den ersteren ventral-
wärts, das letztere medialwärts. Die Kommissur
der Areae somaticae in der Lamina supraneuro¬
porica ist als Homologon des Balkens aufzufassen.
Da die somatische Rinde bei Fischen mindestens
ebenso hoch entwickelt ist als die viszerale, so
sind die Namen „Archipallium“ und „Neopallium“
unzweckmäßig. Die Trennung der Sehstrahlungen
von den allgemeinen sensorischen Strahlungen und
der Ursprung somatischer Projektionsfasern aus
dem großzelligen Kerne der Area somatica ist als
erste Andeutung einer Lokalisation innerhalb des
allgemeinen Mantelgebietes anzusehen.
Die umfassende Arbeit von Kappers und
Carpenter (623) über das Gehirn von Chimaera
monstrosa zerfällt in folgende Teile: Das topo¬
graphische Verhalten des Gehirns zum Schädel,
der Bau des Vorderhirns, die Faserverbindiingen
des Vorderhirnes, Zwischenhirnes und Mittelhirnes.
In dem ersteren -wird darauf hingewiesen, daß
die für Chimaera charakteristische Verlagerung
des Vorderhirns nach vorn dicht an den olfak¬
torischen Teil des Schädels und die damit Hand
in Hand gehende stielartige Ausdehnung der Ver¬
bindung von Vorderhirn und Thalamus auch die
eigentümliche Lage der Augen und die Schmal¬
heit des Schädels hervorgerufen ist. Dement¬
sprechend besteht das Vorderhirn von Chimaera
aus zwei Teilen: dem Vorderhim im engeren
Sinne und dem langen Vorderhirnstiel, über den
Nervus terminalis ergab sich so viel, daß er nicht
bei jedem zur Untersuchung gekommenen Exem¬
plar nachweisbar war; er tritt etwa an der Grenze
des massiven und ependymalen Teiles der Schlu߬
platte in das Gehirn ein. Die Schlussplatte des
Vorderhirns zerfällt in zwei Abschnitte: einen
unteren massiven, der die vordere Kommissur
enthält und einen oberen ependy malen, der kaudal-
wärts das Dach des Vorderhims und des Vorder¬
hirnstiels bildet und nach der Bildung eines kleinen
Velnm transversum an dem Vorderrand der Gang-
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104
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
lia habenulae inseriert. In seinem frontalen
Bezirk stellt der ependymale Teil der Schlußplatte
eine Art Paraphyse dar; sonst kommen aber bei
Chimaera im Gegensatz zu den Knoehenganoiden
erhebliche Aussackungen der ependymalen Vorder¬
hirnhaut nicht vor. Der Hohlraum des Ventri-
culus impar setzt sich nach vorn und seitlich als
spaltförmiger Ventriculus lat. fort; der frontalste
Teil derselben ist der Ventriculus olfact. ant.; er
ist von dem Ventriculus lat. nicht geschieden, da
auch das Vorderhirn nach vorn hin allmählich über¬
geht in den Lobus olf. ant., der vorn die Formatio
bulb. trägt. Kaudalwärts vom Foraineu Monroi
setzt sich der Ventriculus impar als ein zwischen
Striatum und exvertierter dorso-lat. Wand gelegener
Spalt fort, der von der seitlich ausgezogenen Epen-
dymmembran des Ventriculus impar bedeckt ist,
und mit dem Ventriculus impar auf seiner ganzen
Länge kommuniziert, so einen Ventriculus commu¬
nis bildend. Das Pallium ist bei Chimaera vorn
groß und invertiert, und hinten klein und exver¬
tiert; das Paläostriatum ist ein mächtig entwickelter
Körper und liegt infolge der Exversion der dor¬
salen Mantelwand frei zu Tage.
Die sekundären Riechbahnen sind die Traci.
olfactorii; sie sammeln sich ans dem Gebiete der
Formatio bulbaris, die sich an der lateralen und
ventralen Fläche des Gehirns weiter nach hinten
erstreckt als an der dorsalen und medialen Fläche;
sie verbreiten sich über den ganzen ventralen,
lateralen und dorsalen Teil der Außenfläche des
Vorderhirns; auch die mediale Fläche des Gehirns
wird eingenommen von sekundären Riechfasern,
die zum Teil in der Commisura anterior und zwar
ihrer Pars ant. kreuzen. Tertiäre Riechfasern
lassen sich nicht nachweisen, und deshalb darf
auch nicht von dem Vorkommen eines Primordium
hippocampi gesprochen werden. In der Commis-
sura ant., die in ihrer Pars anterior der Commis-
sura inlerhemisphaerica der eigentlichen Selachier
entspricht, kommen vielleicht auch bilaterale Ver¬
bindungen der sekundären Riechgebiete vor. Ein
Teil der sekundären Riechfasern endigt nicht
allein in der Hirnwand, sondern auch in einem
zum Striatum morphologisch gehörenden Gebiet,
das durch die spaltförmige kaudale Fortsetzung
des Ventriculus lat. vom Pallium getrennt ist.
Es ist das das Epistriatum der Fische. Kau¬
dale Verbindungen des Vorderhirns sind: der
Tractus pallii, der Tractus medianus, der Tract.
strio - hypothalamicus, der Tractus olfacto - hypo-
thalamicus cruciatus. Der Tractus pallii ist eine
aufsteigende Verbindung zwischen dem Hypo¬
thalamus und dem supraventrikulären Abschnitt
des Vorderhirns kaudal und frontal vom Foramen
Monroi; er entspricht dem Tract. hypothalamo-
olfactoriua lateralis der Ganoiden und Teleostier.
Er kreuzt frontal von den Fibrae ansulatae im
zentralen Teil des Diencephalon. Neben dem
Tractus pallii verläuft der Tract. medianus, vorn
dorsal, mehr caudal lateral von ihm liegend:
dieser stellt eine Verbindung dar zwischen der
Basis des Gehirns vor und hinter dem Niveau des
Foramen Monroi, einem Bezirk, der Regio parolf.
genannt wird, und dem Hypothalamus. Medial
vom Tract. pallii und Tractus medianus zieht
nach kaudalwärts der Tract. strio-hypothalamus,
aus einem weiten Bezirk des Striatum seinen
Ursprung nehmend. Seine Fasern sind zum
größten Teile ungekreuzt; sein gekreuzter Anteil
liegt medial und stammt aus dem unteren und
seitlichen Lobusgebiet. Er kreuzt in der Pars
post, der Coram. ant. und ist der oben erwähnte
Tract. olfacto-hypothalamicus cruciatus. In die
Haben ulargegend zieht der Tract. olf. hab. (= Tract.
taeniae); er enthält nicht nur striatale Fasern,
insofern er in enger Nachbarschaft mit dem Tract.
strio-hypothalamicus verläuft, sondero auch Fasern
aus dem dorsalen Palliumgebiet. Er endigt nicht
im Ganglion hab., sondern tritt in der Comm. hab.
auf die andere Seite über. Die Comm. hab. ent¬
hält einen markhaltigen und marklosen Teil. Ihr
Vergleich mit der Comm. pallii post, der Rep¬
tilien (Johnston) ist falsch.
Das Dienzephalon zerlegen dieVerf. in folgende
j vier Abschnitte: In den Präthalamus, den Epi¬
thalamus, den Thalamus in engerem Sinne und
den Hypothalamus. Der Präthalamus liegt zwischen
demVelum tmnsversum und den Ganglia habenulae,
sowie dem Chiasma; er enthält ventral denRecessus
praeopticus. Der Epithalamus enthält die beiden
1 Ganglia habenulae, die insofern asymmetrisch sind,
als das linke größer als das rechte ist, ferner
die Epiphyse. Jedes Ganglion habenulae besitzt
eine mediale und laterale Zellgruppe; infolge
dessen wird von den Verf. jederseits von einem
medialen und lateralen Ganglion gesprochen. Der
erwähnte Größenunterschied der beiden Ganglia
; habenulae wird nicht — wie es Johnston
! wollte — durch die Taeniae, sondern vielmehl-
durch die Tract. habenulo-pedunculares veranlaßt,
von denen der linke dicker und markhaltiger
als der rechte ist. Der Thalamus wird von dem
Hypothalamus geschieden durch den Sulcus Mon¬
roi. Er enthält folgende kemartige Massen grauer
Substanz: Fronto-dorsal das Ganglion geniculatum
laterale in Verbindung mit dem Optikus; unmittel¬
bar kaudal und medial hiervon den Nucl .praetedalis
von dreieckiger Gestalt mit nach dorsalwärts gerich¬
teter Spitze. Am Übergang der Seitenteile des
Tecturn opticum in die Zwischenhirnbasis liegt
1 der Nucl. dorsalis thalami als große runde Masse.
Nach frontal hin steht er in Verbindung mit dem
Ganglion geniculatum laterale, kaudalwärts geht
er über in den Nucl. profundus mesencephali.
Medial und medio-dorsal vom Nucl. dorsalis tha-
lami befindet sich, ihm schalenförmig anliegend,
der Nucl. lateralis mesencephali. Ventral vom
Nucl. dorsalis thalami liegt der Nucl. tegmentalis
thalami.
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105
Vergleichende Anatomie.
Homologien:
Nucl. dorsalis thalami wahrscheinlich gleich Ganglion
geniculatnm mediale (Wallenberg bei Carcharias),
vielleicht auch homolog dem Kapp ersehen Torus
lateralis von Amia und Lepidosteus.
Nucl. lateralis mesencephali wahrscheinlich gleich dem
medialen Mittelhirnhaubenkern (Wallenberg bei
Carcharias).
Nucl. tegmentalis thalami vielleicht gleich Nucl. ruber
(Wallenberg bei Scyllium).
Im Hypothalamus befindet sich ein Kern»
der Nucl. venlralis hypothalami genannt wird;"
er geht nach frontal hin über in eine sehr
diffuse Zellmasse, welche den Tractus strio-
hypothalamicus begleitet Diese entspricht dem
Nucl. peduncularis von Goldstein oder dem
Nucl. praerotundus von Kappers. Der Nucl.
peduncularis zerfällt, allerdings nicht bei Chi-
maera, oft in einen medialis und lateralis, von
denen der erstere innerhalb des Tractus strio-
hypothalamicus, der letztere zwischen ihm und
der Außenwand des Dienzephalon liegt. Im
Hypothalamus sind dann noch weiter abzusondern:
Die Ganglia sacci vasculosi, während zur topo¬
graphischen Beschreibung die übrige Zellmasse
des Hypothalamus von den Verf. eingeteilt wird:
In das mehr frontal gelegene Grau des Tuber
cinercum und die Substantia grisea lobi inferioris.
Als Kerne des Mittelhims werden genannt: Das
Ganglion mesencephali profundum, das — wie
erwähnt — nach vorn sich fortsetzt in den
Nucl. dorsalis thalami. Es entspricht vielleicht
dem Nucl. lemnisci lateralis von E d i n g e r bei
Reptilien und Amphibien; weiter das an gewöhn¬
licher Stelle vorkommende Ganglion inlerpedun-
culare. Dagegen wurde ein ausgesprochenes Gang¬
lion isthmi nicht beobachtet; es wird fraglich ge¬
lassen, ob als solches vielleicht die graue Substanz
am lateralen Zerebellumursprung anzusehen ist.
Es werden sodann im Anschluß an die Beschrei¬
bung des Thalamusgraues kurze Airsblicke in
die Phylogenese des Thalamus gegeben (S. 147).
Als Fasereerbindung im Zwischenhirn und
im Mittelkirn werden die folgenden aufgeführt:
Tract. habenulo-peduncularis, Tract. thalamo-loba-
ris, Tract. tubero-dorsalis, Fibrae, ansulalae, Com-
missura transversa, Commissura suprainfundibu-
laris, postinfundibu laris superior, postinfu mlibu la ris
inferior, die Tract. sacci vasculosi, Tract. thalamo-
saccularis, Tract. mescncrplialo-hypotlialamicus,
Tract. lobo-peduncularis, Tract. eerebello-hypotkala-
micus, T)-aci. cerebello-motorius, Tract. ccrcbello-
tegmentalis dorsalis.
Weiter werden noch erwähnt die bulbärcn
Verbindungen des Zicischenkims und beim Mittel-
him noch: Der Fascicidus medialis nervi optici ,
eine obere oder mediale und eine untere oder laterale
Oplikuswurxel. Eine sogenannte basale Oplikus-
unirxel wurde als distinkter Zug nicht beobachtet,
es wird aber das Vorkommen kollateraler Ver¬
bindungen des Optikus zum vorderen Hvpo-
E dingcr -Wallen berg-, Zentralnervensystem.
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thalaraus nicht für unmöglich erachtet. Außer¬
dem sind Faserzüge des Mesenzephalon: die affe¬
renten oktavo- und quinto-teklalen Bahnen, die
efferente tekto-bulbäre Faserung, die in einen
kleineren dorsalen und einen größeren ventralen
Abschnitt zerfällt; von ihnen begibt sich der
erstere zum Areal des hinteren Längsbündels
und zum Okulomotorius- und Trochleariskern,
und ist wie der ventrale gekreuzt und ungekreuzt;
der letztere läßt sich bis in den Bulbus, nicht
bis in die Medulla, verfolgen. Die erwähnten
afferenten und efferenten Mittelhirnbahnen liegen
in der tiefereu Schicht des Tektums; seine ober¬
flächlichen Schichten werden dagegen von opti¬
schen Fasern eingenommen. In der tieferen
Schicht liegt weiter die Lamina commissuralis
tecli (Edinger). Die Verf. nehmen an, daß in
der Commissura posterior auch Tektumfasern
kreuzen. An der Commissura posterior werden
zwei Schenkel unterschieden: 1. ein medialer zum
Fasciculus longiludinalis posterior und 2. ein
lateraler, der kaudalwärts zum Mittelhirn zieht.
Er stammt vielleicht aus dem Corp. geniculatum
laterale der anderen Seite. Neu wird von den
Verf. beschrieben eine Decussatio isthmo-tectalis,
die im Verbindungsstück zwischen Tektum und
Kleinhirn liegt, frontal von der Kreuzung der
Trochleariswurzel, ventral von der Radix mes-
encephalica trigemini. Ihre Fasern kommen aus
der tiefen Schicht des Tektums und ziehen nach
der Kreuzung in den Isthmus. Diese Kreuzung
sahen die Verf. bisher nur bei Chimaera.
Der Radix mesencephalica trigemini kommt
aller Wahrscheinlichkeit nach her aus den großen
bläschenförmigen Zellen des Tektums, umkreist
den Aquädukt und zieht kaudalwärts zura fron¬
talen Teil der Trigeninuswurzel.
D. Ganoidcn und Teleostier.
G28. Chandler, Asa C., On a lymphoid strac-
ture lying over the myelencephalon of lepidosteus.
3 Taf. u. 1 Fig. Univers. of California Publ. in Zool.
Bd. 9. H. 2. S. 85. Dec. 1911.
Ein bisher nicht beachtetes lymphoides, driisen-
ähnliches Gebilde liegt nach Ch. über dem Myenzepha-
lon der Lepidosteusarten, während es anderen Ganoiden
fehlt. Es ist als eine besonders entwickelte Abteilung
der Pia mater zu betrachten, durchzogen von Binde¬
gewebe, welches außer Pigmentzellen, Leukozyten und
Erythrozyten massenhaft granulahaltige Zellen enthält
Die mit Eosin stark färbbaren Granula dringen wahr¬
scheinlich in die Blutgefäße ein und werden in ihnen
zerstört — Bei Embryonen von 18 und 22 cm Länge
hat das Gebilde die Beschaffenheit eines Blutsinus.
(Bef. V. Franz.)
629. Franz, V., Vom Kleinhirn. (Nach Studien
an Knochenfischen.) Verhandl. d. Deutschen Zool.
Gesellsch. 1911.
Die Bedeutung des Kleiuhirns kann nach F. mit
der bisher allein angenommenen Beziehung zur Loko¬
motion des Tieres und zur Erhaltung dos Gleichgewichtes
nicht erschöpft sein. Es ist vielmehr als ein Zentral¬
organ für die verschiedensten Sinnesgobiete anzusehen,
das sich bei den wasserbewohnendon Wirbeltieren im
Anschluß an den Nucleus aeustico-lateralis bildete, und
14
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10G
Edinper und Walle»berp, Anatomie des Zentralnervensystems.
bei den Fischen ein herrschendes Universalzentrum
darstellt. Beim Übergange zum Landleben wird es
allmählich einem neuen Zentrum, dem Pallium, und
dem aus ihm hervorgegangenen Großhirn untergeordnet,
das sich mit der zunehmenden Bedeutung des Riech¬
organes in Anlehnung an die Riechrinde entwickelte,
630. Franz, V., Über das Kleinhirn und die
statische Funktion bei den planktonischen Fischlarven.
Verhandl. d. YHL Internat. Zool.-Kongreß zu Graz
15.—20. Aug. 1910. Jena 1912.
Die Arbeit enthält die schon aus den anderen
anatomischen Arbeiten des Vf. bekannte Ansicht, daß
das Kleinhirn bei den planktonischen Fischlarven nur
sehr klein und demnach ihre statische Funktion nur
außerordentlich schwach ausgebildet ist. Für die plank-
tonische Lebensweise ist die schwach entwickelte Statik
charakteristisch.
631. Franz, V., Über das Kleinhirn in der ver¬
gleichenden Anatomie. Biol. Zentralbl. Bd. 31. H. 14.
S. 434. 1911.
Schilderung der Varietäten in der Größe des Klein¬
hirns bei Knochenfischen, Hinweis auf das gewaltige
Kleinhirn der Mormyriden, Beschreibung der Zufubr-
und Abfuhrwege. Diskussion der Funktion: ,,Das Klein¬
hirn reguliert effektorische Innervationen nach Maßgabe
der verschiedensten Sinnesreize. Diese Tätigkeit tritt
in den Vordergrund bei der Erhaltung des Gleich¬
gewichts“. ,,Das Kleinhirn hat sich bei den Fischen
über dem Akustikuskern, einem besonders wichtigen
Sinnesapperat für das Wasserleben, zu einem hoch¬
gradiguniversellen, herrschenden Zentralorgan entwickelt,
in ähnlicher Weise wie später, beim Übergange zum
Landleben, die Entwickelung eines neuen derartigen
Zentralorgans, des Palliums (der Großhirnrinde) über
dem Riechzeutrum notwendig wurde.“
632. Franz, V., Das Kleinhirn der Knochenfische
3 Taf. u. 32 Abbild, im Text. Zool. Jahrb. Bd. 32
H. 3. S. 401. 1911.
633. F r a n z, V., Das Mormyridenhim. Mit 3 Taf-
u. 9 Abbild, im Text. Zool. Jahrb. Abteil, f. Anat. u-
Ontogenie d. Tiere Bd. 32. H. 3. S. 465. 1911.
634. Franz, V., Beiträge zur Kenntnis des Mittel¬
hirns und Zwischenhirns der Knochenfische. 27 Abbild,
im Text. Fol. Neurobiol. Bd. 6. S. 402. 1912.
635. Franz, V., Das intrakraniale und intrazere-
hrale Verhalten des Nervus trochlearis bei den Knochen¬
fischen. 11 Fig. Anat. Anz. Bd. 38. H. 22/23. S. 592.
1911.
Hinweis darauf, daß sich hei vielen Teleostieren
zwei Trochleariswurzeln finden, von denen die eine
ventrale, die andere dorsale genannt wird, und Unter¬
suchung des Verhaltens dieser Wurzeln bei einer großen
Zahl von Knochenfischen. Nach F. ist die Bildung einer
dorsalen Wurzel abhängig von der Ausbildung einer
Valvula cerebelli; sie ist ein phylogenetisch junges
Gebilde.
636. Ganfini, Carlo, Sui nervi spino-occipitali
di Amia calva ( Bonap .). 3 Fig. Mon. Zool. ital. Bd. 23.
H. 1. 8. 15. 1912.
G. hat beobachtet, daß bei Embryonen von Amia
calva die Zahl der Nervi occipitales nicht der von
Fürbringer angegebenen entspricht. Dieser be¬
schreibt bei Amia 1 Nervus occipitalis und 3 Nervi
occipito - spinales; G. fand 2 Nervi occipitales und
begründet seine Ansicht von der occipitalen Natur
der zweiten (kaudalen) Wurzel durch die Abwesenheit
einer dorsalen Wurzel bei der letzteren und durch ihre
Beziehungen zum Skelett. Fürbringers Formel für
Amia calva muß daher folgendermaßen modifiziert
werden: y, z, a, b, c, 4, 5 nsw.
(Ref. Dr. Beccari, Florenz.)
637. Hammersten, Olaf D., Über die Inner¬
vation der Bauchflossen bei den Teleostiern. Morphol.
Jahrb. Bd. 42. 1911.
Behandelt werden die prozonalen, metazonalen und
mesozonalen Nerven, sowie die Frage des Nervus col-
lector.
638. Hirsch, Julius, Über das Gehirn, Rücken¬
mark und Augen der Varietäten des Goldfisches (Caras-
sius auratus). Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen
Bd. 35. H. 1. 1912.
Beschrieben werden in dieser Arbeit Unterschiede
im Gehirn und Rückenmark und im Auge des Gold¬
fisches und seiner Varietäten, des Schleierschwanzes
und Teleskopaugenfisches. Der Schleierschwanz zeigte
ein Auseinanderklaffen der Lobi vagi und eine Neigung
zum Paarigbleiben der Lobi faciales, ferneT eine Er¬
weiterung der Gehirn- und Rückenmarksventrikel. Beim
Goldfisch und Schleierschwanz fand sich eiu Offenbleiben
der Ventriculus terminalis. H. sieht in den genannten
Erscheinungen Hemmungsbildungen, und als Umache
der letzteren mit Tomier Verquellungen.
639. Jacobsohn, L., Über die Gruppierung der
Nervenzellen im Fischrückenmark, erläutert an Quer¬
schnitten des Rückenmarks von Tinea vulgaris. Arch.
f. mikrosk. Anat. Bd. 78. S. 506. 1911. (Festschrift f.
Waldeyer.)
Ausgehend von der Überlegung, daß wie beim
Fasemsystem die niederen Vertebraten vielleicht auch
bei der Lagerung der Zellen einfachere und klarere
Verhältnisse aufweisen, die einen Schlüssel für die
komplizierten Beobachtungen beim Menschen abgeben
könnten, erörtert und illustriert J. ausführlich die
Gruppierung der Nervenzellen im Fischrückenmark und
zwar zunächst hei Tinea vulgaris.
640. Johnston, J. B., The telencephalon of
ganoids and teleosts. 99 Fig. Joum. of comp. Neur.
Bd. 21. H. 6. S. 490. 1911.
641. Johnston, J. B., Upon the morphology of
the forebrain in fishes. Mit 7 Fig. Anat. Anz. Bd. 40.
S. 531. 1912.
Polemik und Prioritätsanspruch gegenüber Kappers.
642. Kappers, C. U. Ariens, Die Furchen am
Vorderhirn einiger Teleostier. Nebst Diskussion über
den allgemeinen Bauplan des Vertebratenhirns und
dessen Kommissursysteme. Mit 7 Abbild. Anat. Anz.
Bd. 40. S. 1. 1911.
Am Vorderhirn von einigen Teleostiern (Hippo-
glossus, Gadus, Silurus) besteht eine Gesetzmäßigkeit
der Furchenbiidung i« der Weise, daß die Fissura
8triato-epistriatica am meisten konstant ist, trotzdem
der mittlere Teil des Epistriatum bei den meisten
Tieren allmählich in das Striatum übeTgeht. In den
meisten Fällen sendet das Epistriatum eine „Lingua
anterior“ dem medialen Riechtraktus entgegen. Bei
einzelnen Arten entwickelt sich auch eine Lingua poste¬
rior und eine Lingua lateralis des Epistriatum, andere
wieder besitzen eine überwiegende Ausbildung des
Striatum statt des Epistriatum; beide Teile übernehmen
bei Teleostiern olfaktorische Funktionen, die sonst dem
Pallium übertragen werden.
Gegenüber Johnston betont K., daß es bei
Selachiern weder einen Balken, noch ein Psalterium
gibt. Auch eine von Johnston behauptete Homologi¬
sierung der Commissura superior der Haie mit der
Commi8sura pallii posterior der Lacertilier besteht nicht.
Die Einteilung des Pallium in ein Palläopallium, Archi-
pallium und Neopallium ist der in Archipallium und
Neopallium vorzuziehen. Das Paläopallium erhält im
wesentlichen sekundäre Riechfasern, das Archipallium
tertiäre Riechfasem, das Neopallium non-olfaktorische
Eindrücke. Die größere Entwickelung des linken Habe-
nularganglions bei Haien hängt mit der einseitigen
Endigung des markhaltigen Teiles des Tract. habenulo-
peduncularis zusammen.
643. Marano, Antonio, Contributo alla cono-
scenza delie fibre del Maulhner nel midollo spinale dei
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Vergleichende Anatomie.
107
pesci ossei. Atti Soc. ital., progresso Sc., 4. ruinione
S. 841. Napoli 1910. (Ersch. 1911.)
Zu kurzem Referat nicht geeignet.
644. Mayhoff, Hugo, Über das monomorphe
Chiasma opticum der Pleuronektiden. 6 Fig. Zool.
Anz. Bd. 39. H. 2. 8. 78. 1912.
ln dieser Arbeit werden die Park ersehen An¬
schauungen erörtert und eine Zahl eigener Beobach¬
tungen gegeben. Im übrigen muß auf das Original
verwiesen werden.
645. Polimanti, Osv, Contributi alla fisiologia
del sistema nervoso centrale e del movimento dei pesci.
6 Taf. u. 18 Fig. Zool. Jahrb. Abt. f. allg. Zool. u.
Phys. Bd. 30. H. 4. S. 473. 1911.
Sehr ausführliche Arbeit, für die aber auf das
Original verwiesen werden muß.
646. Savoure, P., Generalites snr l'anatoniie
macroscopigue de l’encephale des principales especes ]
de cvprinides des eaux francaises. 5 Fig. Compt. rond.
de FAssocFation d. Anat. 14. Reunion. Rennes. S. 181.
1912.
Genaue Schilderung der morphologischen Variatio¬
nen der Himteile bei den einzelnen Zyprinoidenarten:
der Lobi (bulbi 7 Ref. W.) olfactorii, der Peduncnli
olfactorii, der Hemisphären, der Epiphyse, der Lobi
optici, des Kleinhirns, der Oblongata und des Rücken¬
marks.
647. Sheldon, Ralph Edward, The olfactorv
tracts and centera in teleosts. Mit 142 Fig. Journ. of
comp. Neur. Bd. 22. S. 3. June 1912.
An einem sehr großen Materiale behandelt
Franz (632) die Form, Histologie und Faser-
anatomie des Kleinhirns der Teleostier und kommt
zu recht interressanten und wertvollen Ergebnissen.
Die als sogenannter „Rindenknoten“ und als „Über¬
gangsganglien“ bezeichneten Gebilde gehören nach
ihm nicht zum Zerebellum, es sind ihm fremde
Bestandteile. Demgemäß gibt es im Kleinhirn
keine abgegliederten Endkerne efferenter Bahnen;
ebenso fehlen solche für die afferenten Faserzüge.
Letztere werden vertreten durch verschieden
starke Zusammenballungen der Zellen der Pur-
kinj eschen Schicht. An Fasern unterscheidet
er afferente, efferente und Eigenfasern. Afferente
Bahnen sind: 1. Tract. mesencephalo-cerebellaris,
2. Tract. tegmento-cerebellaris, 3. Tract. dience-
phalo-cerebellaris, 4. ein vorläufig noch hypo¬
thetischer Tract. trigemino-cerebellaris, 5. Tract.
vestibulo-cerebellaris, 6. Tract. laterali-cerebellaris,
7. Tract. vago-cerebellaris, 8. Tract. spino-cere-
bellari8. Die efferenten Bahnen werden darge¬
stellt durch das System des Tract. cerebello-
tegmentalis aus den Purkinjeschen Zellen zum
Nucl. motorius tegmenti. Lange Assoziations¬
bahnen finden sich im Kleinhirn nicht; als Asso¬
ziationszellen sind außer typischen Assoziations¬
zellen noch die Purkinje sehen Zellen und auch
die Körnerzellen tätig. Der Sitz der Zellkontakte
und damit der eigentlichen Kleinhirnvorgänge ist
die äußerste rindenartige Schicht des Zerebellum.
Diese Anschauung K.s wird durch eine inter¬
essante schematische Abbildung in Textfigur T.
S. 435 erläutert. Das Kleinhirn im Larven¬
stadium wird an einer, ganzen Reihe von Fällen
dem des ausgewachsenen Tieres gegenüber gestellt.
Es zeichnet sich durch relative Kleiuheit im Ver¬
hältnis zu anderen Hirnteilen aus und läßt einen
Parallelismus zwischen Größe und Bewegungs¬
punktion erkennen. Die allgemeine Bedeutung
des Kleinhirns der Knochenfische besteht darin,
daß es ein universelles herrschendes Zentral¬
organ darstellt, das sich im Anschluß an den
Akustikuskern entwickelte. Es reguliert die effek-
torisehen Innervationen auf Grand der verschie¬
densten Sinnesreize, und zeigt eine gewisse Ana¬
logie mit dem Pallium, das im Anschluß an das
Riechzentrum beim Übergange zum Landleben
entstand.
Die morphologischen Ergebnisse der Franz-
schen Arbeit (633) über das Mormyridenhirn sind:
„1. Das Mormyridenhirn ist viel größer als irgend
ein Fischgehirn, es erreicht die relative Größe des
menschlichen Gehirns. 2. Hypertrophisch sind
namentlich der Lobus acusticus, stärker der Lobus
facialis und am stärksten das Zerebellum. 3. Die
am stärksten hypertrophierten Zerebellumteile sind
die Lobi laterales der Valvula cerebelli. Sie be¬
decken das ganze Gehirn. 4. An ihnen treten
auch histologisch Neubildungen auf: vor allem die
Zusammenlegung der Molekularschicht zu Längs¬
falten. 5. Alle abnormen Verhältnisse lassen sich
von den bei Zypriniden obwaltenden ableiten.“
Die zahlreichen Einzelbeobachtungen der
Arbeit von Franz (634) über Mittelhirn und
Zwischenhim der Knochenfische können nicht
ausführlich angegeben werden; ihre wichtigeren
Ergebnisse, auch im Hinblick auf die Funktion
des Hypothalamus, sind von F. selbst auf S. 438
bis 440 dargestellt. Es liegt in der Arbeit ein
reiches Beobachtungsmaterial vor. So werden be¬
handelt: das Mittelhirndach, der Torus longitu-
dinalis, der Nervus opticus, das Corpus geni-
culatum, der Tract strio-tectalis, das Gangl. isthmi,
der Tract. isthmo-opticus, tecto-isthmicus, basio-
isthmicus, diffuse Verbindungen des Gangl. isthmi,
die Epiphysis, der Tract. olf. hypothalamicus und
parolfacto-bulbaris, der Tract. strio-hypothalamicus
und strio-ansulatus, das Corpus glomerulosum,
worunter F. den Nucl. rotundus Fritsch ver¬
steht, die Commissura Fritschi und Commis-
sura transversa, der Tract. geniculo-hypothalami-
cus «. a. m.
Johnston (640) stellt die Ergebnisse seiner
ausgedehnten Forschungen selbst zusammen. Sie
lauten in freier Übersetzung: 1. Die Anheftungs-
stelle des Velum transversum am lateralen Hirn¬
wall liegt wenig vor dem Nucl. habenulae.
Die Zwischenhirngrenze bildet eine Linie von
diesem Punkt zum kaudalen Rand der Chiasma-
leiste. 2. Sowohl bei Ganoiden und Teleostiern
wie auch bei anderen Vertebraten gibt es eine
Lamina supraneuroporica, die bei einigen wenigen
Formen Kommissurenfasern enthält. 3. Die Lamina
supraneuroporica unterlag einer Rotation vor- und
abwärts; diese und die Eversion der lateralen
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108
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Hirnwand führte zur Verlagerung des Komplexes
der Commissura pallialis anterior in die Lamina
terminalis. 4. Wie bei den Selachiern haben die
Nucl ei olfactorii laterales und mediales eine basale
Lage am vorderen Hirnende. 5. Der ganze
evertierte dorsale Abschnitt, der eine ganz charak¬
teristische Struktur aufweist, ist Primordium hippo-
campi. 6. Es empfängt an seinem lateralen Rande
und von vom her den Tract. olf., ferner vom Hypo¬
thalamus den Tract. pallii uud hat eine weite
Kommissur mit dem Primordium hipp, der anderen
Seite. 7. Ein typischer Fornix wurde nicht be¬
obachtet. 8. Das Vorhandensein einer Commissura
pallii posterior ist wahrscheinlich. 9. Wie bei
den Selachiern gibt es eine laterale oberflächliche
„somatic area“, welche Verbindungen mit den
sensorischen Zentren im dorsalen Teil des Thala¬
mus besitzt und einen „projection tract.“ zum
Nucl. ventralis thalami und einen „Tract. taeniae“
zum Nucl. habenulae sendet. 10. Der „somatic
nucleus“ entsteht durch Auswanderung von Zellen
vom dorsalen Rande hinab zur lateralen Ober¬
fläche und gleicht hierin den somatisch sen¬
sorischen Kernen im Myelenzephalon. 11. Ein
Stria medullaris-Komplex ist vorhanden, der aber
noch weitere Studien erfordert. 12. Das Telen-
zephalon der Ganoiden und Teleostier steht am
nächsten demjenigen von Scymnus, Heptanchus
und Chiinaera. Die Hauptabweichungen vom
primitiven Selachierhirn liegen in der Vorwärts-
und Abwärtsrotation und der Hypertrophie speziell
des kaudalen Primordium hippocampi-Abschnittes
infolge der stärkeren Ausbildung des „gustatory
apparatus“. 13. Bei den Selachiern liegt die
größte Hervorwölbung des Primordium hippocampi
rostral zur Commissura anterior, bei den Ganoiden
und Teleostiern ist dieses Zentrum gleichmäßig
hinter der vorderen Kommissur, d. h. im Telen-
cephalon medium entwickelt. 14. Die Vorderhirn-
Eversion der Ganoiden und Teleostier ist lediglich
ein extremes Beispiel für die Hypertrophie der
viszeralen sensorischen Säule. Diese findet sich
in wechselnder Ausbildung im Myelenzephalon
aller Vertebraten. In beiden Segmenten wird die
somatisch sensorische Säule an die laterale Ober¬
fläche verlagert. 15. Die Anordnung der Kommis¬
suren im Amphibienhim erweist eine nähere Be¬
ziehung zu den Ganoiden, als man ursprünglich
vermutete.
Sheldon (647) hat eine ausgezeichnete und
eingehende Arbeit über die Kerne und Faserzüge
im Telencephalon und Diencephalon von Cyprinus
carpio geliefert. Er behandelt die Riechkapseln,
den Riechnerv, den Nervus terminalis, den Bulbus
olf., die Crura olf., die Lobi basales mit all ihren
Kernen uud Faserverbindungen, und ebenso die
zahlreichen Kerne und Faserzüge im Zwischenhirn.
An der Hand instruktiver Projektionen werden
die verschiedenen Wege geschildert, die ein das
Telencephalon treffender Reiz nach den ana¬
tomischen Beobachtungen einschlagen kann, und
es werden ferner die S.schen Befunde verglichen
mit und in Beziehung gesetzt zu den Beobach¬
tungen bei anderen Tieren, besonders zu den
C. J. H e r r i c k sehen Darlegungen über den Auf¬
bau des Amphibienhirns. So stellt die Arbeit eine
wichtige und wertvolle Bereicherung unseres
Wissens dar. Auf ihre Einzelheiten kann im
Rahmen des Referates leider nicht eingegangen
werden.
E. Amphibien.
648. Van Bambeke, C., Sur la genese du nev-
raxe, specialement sur celle observee chez le Pelobate
brun (Pelobates fuscus Wagl.). Proc. 7. intemat. Zool.
Congr. Boston 1907, ersch. 1912. S. 225.
Für diese Arbeit muß auf das Original verwiesen
werden.
649. Bindewaid, C., Eine Commissura inter-
trigemina im Amphibiengehirn. Anat. Anz. Bd. 40.
H. 8/9. S. 243. 1911. (Gleicher Text Neur. Zentralbl.)
B. beschreibt genauer die von Hirsch-Tabor
bei Proteus gesehene und „a-Kommissur“ genannte
Faserung, in der Edinger eine Commissura inter-
trigemina erblickt. B.s Beobachtungen bei Proteus, 3ypo-
geophis, Kryptobranchus und anderen Amphibien zeigen
die Richtigkeit der Edingerschen Auffassung. Es
gibt nach ihm bei den Amphibien tatsächlich eine inter¬
nukleäre Verbindung der sensiblen Trigeminussäulen.
Es .ist dies die Commissura intertrigemina; sie verläuft
bei Proteus ganz außen am Mittelhirn zum Mittelhim-
dach und kreuzt an dessen kaudaler Fläche. Sie ent¬
spricht dem, was Osborn bei Kryptobranchus Zere-
belluni genannt hat, und der W1 as s a k sehen gekreuzten (?)
Kleinhirnbogenfaserbahn. Sie ist besonders deutlich bei
Tieren ohne oder mit nur gering entwickeltem Klein¬
hirn; andernfalls verläuft sie innerhalb der Fasern des
Kleinhirns.
650. Bogrova, Contributo allo studio della con-
formazione e dello sviluppo dell’ olfattorio nella Sala-
maudrina perspicillata. Arch. ital. di Anat. e di Em-
briol. Bd. 10. S. 2. 1912.
Nur peripheres Sinnesorgan, nicht für den Bericht.
651. Gaupp, E., Über den N. trochlearis der
Urodelen und über die Austrittsstellen der Gehirnnerven
aus dem Schädelraum im allgemeinen. 6 Abbild. Anat.
Anz. Bd. 38. S. 401. 1911.
Austritt des Trochlearis durch das Os parietale in¬
folge Höhenreduktion der primordialen Schädelseiten¬
wand, ventrale Verschiebung des Parietale und Um-
wachsung des Trochlearis. Bemerkenswerte Ausfüh¬
rungen über die Austrittsstellen der anderen Hirnnerven.
Polemik gegen Fuchs.
652. Rötliig, Paul, Beiträge zum Studium des
Zentralnervensystems der Wirbeltiere. 1. Ein Faserzug
am Boden des Recessus praeopticus (Tractus praeoptieus)
bei den Amphibien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 77. 1911.
653. Röthig, Paul, Zellanordnungen und Faser-
züge im Vorderhim von Siren lacertina. 6 Taf. Berlin,
Akad. Wiss. 23 S. (Abh. d. K. Preuß. Akad. Wiss.
1911.)
654. Röthig, Paul, Beiträge zum Studium des
Zentralnervensystems der Wirbeltiere. 3. Zur Phylo¬
genese des Hypothalamus. 23 Fig. Fol. Neuro-biol.
Bd. 5. Nr. 9. S. 913.
655. Röthig, Paul, Beiträge zum Studium des
Zentralnervensystem der Wirbeltiere. 4. Die markhal¬
tigen Faserzüge im Vorderhirn von Necturus maculatus.
2 Taf. Arch. f. Anat. u. Phys. [anat. Abt.] H. 1/2.
S. 49. 1911.
656. Röthig, Paul, Beiträge zum Studium des
Zentralnervensystems der Wirbelhere. 5. Die Zellanord-
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Vergleichende Anatomie.
100
nungen im Vorderhirn der Amphibien, mit besonderer
Berücksichtigung der Septumkerne und ihr Vergleich
mit den Verhältnissen bei Testudo und Lacerta. 25 Taf.
Verbandet der koninkl. Akad. van Wetensch. Bd. 17.
H. 1. 1912. Amsterdam.
Paul Röthig(652—656) hat in fünf Arbeiten
Beiträge zur Anatomie des Zentralnervensystems
der Amphibien geliefert. In der ersteren (652)
beschreibt er einen besonders bei Bufo deutlichen
Faserzug im Boden des Recessus praeopticus, den
er Tractus praeopticus nennt und der sich kaudal-
wärts innerhalb der postchiasmatischen Kreuzungen
verliert. Mit ihm hängen frontal zusammen dor¬
sale Faserzüge zum medialen Yorderhirnbündel.
Eine Fortsetzung der NucIeus-praeopticus-Faserung
in die Pars hypothalamica des basalen Vorder-
himbündels ist möglich. Er fand den Trac-
tus praeopticus außer bei Bufo noch bei Siren
lacertina, Necturus maculatus und Cryptobranchus
japonicus. Bei Spelerpes fuscus kam er nicht zur
Beobachtung. Ausgehend von diesem Befunde
untersucht R. in seiner dritten Arbeit (654) die
Phylogenese des Hypothalamus an einem sehr
großen vergleichend anatomischen Material, welches
viele Vertreter der Amphibien, Fische, Reptilien
und Säuger umfaßt. Zur Beschreibung kommt der
Aufbau des Nucleus praeopticus und seine Faserung.
R. findet eine bedeutsame Aufeinanderfolge von
Veränderungen im Zellenareal des Nucleus prae¬
opticus und von Analogien in seinem Fasersystem
bei den untersuchten Vertebraten, so daß er sich
zu dem Schluß berechtigt glaubt, die Ganglia
optica basalia der Säuger (das Gangl. supraopticum
frontale und caudale der Marsupialier) seien auf
den Nuel. praeopticus der niederen Vertebraten
zurückzuführen, und es leite sich aus ihm weiter
her der Nucl. magnocellularis thalami der Säuger.
Den Zellanordnungen und Faserzügen im
Vorderhim eines Phanerobranchiaten (653) ist seine
zweite, monographische Arbeit gewidmet. Er
untersucht hierin genau und an der Hand zahl¬
reicher Tafeln die Verhältnisse bei Siren lacertina.
Es werden beschrieben die Formatio bulbaris, der
Bulbus olfactorius und Bulbulus accessorius, der
Lobus hemisphaerieus und der frontale Abschnitt
des Diencephalon. Bei den Faserzügen erörtert
er die aus dem Bulb. olf. beziehungsweise aus
der Formatio bulb. und dem Bulbul. accessorius
zum Lobus hemisphaerieus ziehenden markhaltigen
Züge: Ventral den Tract. olf. ventralis und die
Radix olf. ventralis, dorsal die Fasern aus dem
Bulbulus accessorius unter Berührung mit der
Radix olf. lateralis zum Ursprungsgebiet des lat.
Vorderhirnbündels und den Tract. olf. dorsalis
mit seinen drei Ursprungswurzeln der Radix
olf. dorsalis, medialis und lateralis. Im Lobus
hemisphaerieus finden Besprechung das mediale
und laterale Vorderhirnbündel und ihre Teile,
die Comm. ant und Comm. hipp., sowie die zur
Habenularregion gehenden Züge, der Tract. cortico-
hab. medialis, Tract. cortico-hab. lat., der Tract.
olf. hab. medial., der Tract. olf. hab. lat. Letztere
vier Faserzüge machen zusammen die Stria medul-
laris aus. Im Diencephalon werden außerdem
noch beschrieben der Tract. cortico-hypothalami-
cus und die Commissura habenularis. Die bei
Siren gemachten Befunde werden durch weitere
Untersuchungen bei Necturus maculatus, einem
anderen Urodelen, erhärtet und bestätigt. Darüber
handelt der vierte Beitrag R.s(655). In demselben
gibt er ein klares Schema des Verlaufes der
markhaltigen Faserzüge und viele Abbildungen,
welche die bei Necturus speziell vorliegenden
Verhältnisse ausgiebig illustrieren. Wichtig ist
dort die Zerlegung 1. des medialen Vorderhirn¬
bündels in eine Pars anterior und posterior und
dorsalis, 2. des lateralen Vorderhirnbündels in
die Pars striatica, epistriatica und corticalis, sowie
ihre klaren Lagerungsverhältnisse, speziell auch
in der Comm. ant Die Stria terminalis setzt
sich auch hier wieder aus den vorhin genannten
vier Bündeln zusammen ; auch hier findet sich ein
Tract. cortico-hypothalamicus. Der fünfte Beitrag
R.s (656) endlich gibt eine eingehende Schilderung
der Zellanordnungen im Vorderhirn der Urodelen
und Anuren und einen interessanten Vergleich
mit den Verhältnissen bei Testudo und Lazerta.
Besonders berücksichtigt werden dabei die Sep¬
tumkerne. Mit Hilfe von 56 Abbildungen auf
25 Tafeln werden die in Betracht kommenden
Verhältnisse illustriert. Hier können natürlich
die einzelnen Beobachtungen nicht wiedergegeben
werden; das würde den Rahmen des Berichts
weit überschreiten. Hier sei nur darauf hinge¬
wiesen, daß in den beschriebenen Septumgebilden
Abkömmlinge der Prominentia medialis, d. h. des
ventro-medialen Hemisphärenteiles zu erblicken
sind, daß ferner die Eminentia postolf., die Emi-
nentia septalis, die Kerne im Bulb. olf. der Anuren
beschrieben werden, und daß sich in den Schichten¬
anordnungen der Zellen der Pars dorso-lateralis
der Hemisphäre ein interessanter Übergang der
Verhältnisse von den Amphibien zu den Reptilien
ergibt, indem sich an die Schichtenanordnung bei
Bufo, die analoge von Testudo und an diese die
von Lacerta zwanglos anreiht. Eine ähnliche Ana¬
logie zu den späteren Verhältnissen bei den Rep¬
tilien gewinnt mau auch durch einen Vergleich
der Septumkerne der Anuren mit denjenigen von
Testudo.
F. Reptilien.
657. Beccari, Nello, La costituzione, i nuclei
terminali e le vie di connessione del nervo acustico
nella Lacerta muralis Herr. Arch. ital. di Anat. e di
Embr. Bd. 10. H. 4. S. 646. 1911.
658. De Lange, S., The red nucleus in reptiles.
Koninkl. Akad. van Wetensch. te Amsterdam. Proceed.
of tbe Meet. of Saturday March 30. 1912 [April 25.
1912].
In dieser schönen Arbeit wird die Pars magno¬
cellularis des Nucleus ruber der Mammalia auch
bei den niederen Vertebraten identifiziert Sie
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110
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
ist dort dargestellt durch eine Ansammlung multi¬
polarer Zellen, die unmittelbar vor den frontalen
Wurzelbündeln des Oculomotorius beginnt und
sich von da aus seitlich von den austretenden
Wurzeln nach kaudal erstreckt. Diesen Nucleus
ruber der niederen Wirbeltiere findet L. außer
bei Reptilien auch bei Amphibien und Selachiern
und verfolgt die Lage seiner Zellen auch bei
Vögeln und niederen Säugern. So ergibt sich,
daß die Pars magnocellularis des Nucl. ruber durch
die Wirbeltierreihe sich findet. Abhängig von der
Bildung der Neokortex ist die Pars parvocellu-
laris des Nucl. ruber. Dementsprechend findet
sie sich besonders stark entwickelt, je höher das
Säugetier steht, und nimmt um so mehr ab, je
tiefer wir in der Säugetierreihe hinabsteigen. Mit
der Pars magnocellularis ist es umgekehrt; sie
findet sich schon bei den niederen Vertebraten
als alleiniger Repräsentant des Nucl. ruber und
nimmt um so mehr ab, je höher wir in der
Säugetierreihe hinaufsteigen.
659. De Lange, S. J., Das Vorderhirn der Rep¬
tilien. 47 Fig. Fol. Neuro-bioi. Bd. 5. H. 6. S. 548.
Juni 1911.
660. Neumaver, L.. Zur Morphogenese des Ge¬
hirns der Krokodile und Schildkröten. Sitzungsber. d.
Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. München 1912.
661. Shiino, K., Beitrag zur Kenntnis der Ge¬
hirnnerven der Schildkröten. 11 Fig. Anat. Hefte Abt. 1.
H. 141. (Bd. 47. H. 1.) S. 1. 1912.
Sorgsame Untersuchung des Abganges und des
periph. Verhaltens der Nerven von Nanemys gutt.
Viele Abbildungen.
662. Shimada, X., Über die Segmentierung des
eigentümlichen Rückenmarksbandes und die „Hofmann-
scheu Kerne“ (Kölliker) des Rückenmarkes von einigen
Schlangen (Trigonozephalus; Tropidonotus tigrinus). 6 Abb.
Anat. Anz. Bd. 42. S. 417. 1912.
Das Seitenband (Lig. longitudinale laterale, „eigen¬
tümliches Rückenmarksband“, Lig. denticulatum) ist bei
den genannten Schlangenarten, den einzelnen Wirbeln
entsprechend, segmentiert, ln den Zwischenzonen dieses
Bandes sind die auch bei Vögeln bekannten „Ho f-
manuschen Kerne“ in die Vorderseitenstrange einge¬
bettet.
663. Sterzi, Giuseppe, Intorno alle metingi
midollari od al legamento dentioolato degli ofidi. 2 Fig.
Anat Anz. Bd. 43. S. 220. 1913.
Polemik und Prioritätsanspruch gegen Shimada,
betr. die Meningen und Hof mann sehen Kerne des
Ophidien-Rückenmarks.
664. Unger, Ludwig, Untersuchungen über die
Morphologie und Faserung des Reptiliengehirns. II. Das
Vorderhirn des Alligators. Sitzungsber. Kaiser-Akad. d.
Wissensch. in Wien. Mathem.-naturw. Kl. Bd. 120.
Abt. 3. 1911.
Ausgedehnte Studien über den N. octavus
der Eidechse führten Beccari(657) zu folgen¬
den Ergebnissen: Die beiden Hauptwurzeln des
Oktavus (Truncus anterior und Truncus posterior)
erhalten ihre Fasern aus 8 Ästen: R. ampull,
anter., ampull, lateral., recess. utrieuli, ampull,
poster., magul. neglect., sacculi, membran. basilar.,
lagenae. Der Vestibularis besitzt zwei außerhalb
des knöchernen Labyrinths gelegene Ganglien
(G. vestibuläre anterius und posterius), die zu¬
sammen dem Gangl. Scarpae höherer Verte¬
braten entsprechen. Die dünnen Fasern des
Vestibularis teilen sich in auf- und absteigende
Zweige, die aufsteigenden gehen ins Kleinhirn,
nachdem sie vorher ein kleines „Gangl. vestibu¬
läre superius“ durchquert haben. Die absteigen¬
den enden im Ganglion rad. vestibul. descendent.
An der Teilungsstelle treten die dünnen Vesti-
bularisäste in Beziehung zu einem dem Deiters-
schen Kerne der höheren Vertebraten analogen
großzelligen Kern. Die groben Vestibularisfasem
treten mit den von Caj al bei Fischen und Vögeln,
Johnston und Tretjakoff bei Zyklostomen
beschriebenen kappenförmigen Endverdickungen in
intime Verbindung mit den Zellen des Nucleus
tangentialis, einzelne Fasern teilen sich in zwei
Äste, von denen nur einer sich mit dem Nucl.
tangentialis verbindet. Der Deiters sehe Kern
zerfällt in eine Pars centralis, dorsalis und ven-
tro-caudalis, der Tangentialkern in 4 Gruppen
(p. anterior, medialis, posterior und lateralis), in
der p. ant. und medial, endet die hintere Vesti-
bulariswurzel, in der p. posterior und lateralis
die vordere, soweit beide dicke Fasern führen.
Ira Nucl. tangentialis enden nur Ampullen-Fasern,
im dorsalen Teil des Deiters sehen Kerns Fasern
des Sakkulus, des Utrikulus und einige aufstei¬
gende Kochlearisfasem. Die aus dem Deiters-
sehen Kern entspringenden Fasern gehen wie bei
anderen Vertebraten teils in den Vorderseiten-
strang des Rückenmarkes (Tr. vestibulo-spinalis),
teils in die beiden hinteren Längsbündel. Die
Fasern des Nucl. tangentialis und Nucl. vesti¬
bularis superior gelangen ebenfalls in die beiden
hinteren Längsbündel.
Der Kochlearis ist klein, nur ein Teil des
Truncus posterior, und zwar der dorsalste, ent¬
springt aus dem G. cochleare (= G. spirale der
Säuger). In der Oblongata teilt er sich in einen
aufsteigenden und absteigenden Ast. Einige Fasern
des aufsteigenden Astes gelangen wahrscheinlich
mit dem Vestibularis ascendens zum Kleinhirn
(Rinde und Kerne), andere scheinen im Nucl. an¬
terior und Nucl. posterior cochlearis zu enden,
im N. anter. (am. lateralen Oblongatarande unter¬
halb des Kleinhirns) endeu hauptsächlich die auf¬
steigenden Kochlearisäste, im N. posterior die ab¬
steigenden. Einzelne aufsteigende Äste treten in
Verbindung mit dem dorsalen Teil des Deiters-
schen Kernes. Ans den Zellen der beiden Koch-
leariskeme entspringen Fasern, die als Fibr. ar-
cuatae dorsales teils via Fasciculi longit. dorsalis
den gekreuzten Thalamus zu erreichen scheinen,
teils in der ventro-lateralen Formatio reticularis
zum gekreuzten Mittelhim aufsteigen.
Die direkten Kochlearisfasem zum Kleinhirn
und zum Deiters sehen Kern, das Fehlen einer
Trapezbahn deutet darauf hin, daß die Trennung
der Kochlearisfasem von den Vestibularisfasem
bei der Eidechse noch keine so vollständige wie
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Vergleichende Anatomie.
111
bei höheren Vertebraten ist und daß der Koch-
learis gewisse Analogien mit dem Nerv, lateralis
der Fische zeigt
Im Anschluß an die Akustikus-Untereuchungen
teilt B. seine Resultate über die sensible Wurzel
des Fazialis und Trigeminus bei Eidechsen mit.
Die sensible VII-Wurzel begleitet die dorsale Vesti-
bulariswurzel und dringt bis zum Ependymlager
der Rautengrube vor, teilt sich dann in einen auf-
und einen absteigenden Ast. Der absteigende
geht kaudalwärts über in die entsprechenden Äste
des LX/X, der dünnere aufsteigende erreicht wahr¬
scheinlich mit dem aufsteigenden VIII-Aste das
Kleinhirn.
Die sensible V- Wurzel besitzt ebenfalls eine
Kleinhimverbindung. Der große sensible Quin-
tuskem besteht aus ganz ähnlichen Zellen wie
der Dei terssehe Kern. Er enthält auch moto¬
rische Zellen, deren Neurit in das hintere I*ängs-
bündel übergeht. Deiters-Kern und sensibler
Trigeminushauptkern sind wahrscheinlich nur Teile
eines gemeinsamen Assoziationskerns der Oblon-
gata-Haube und analog den Mauthn er sehen
Zellen der Fische und Amphibien.
Als „X-Körper“ beschreibt B. Faserver¬
dickungen im hinteren Längsbündel in der Höhe
der Oktavus-Endigungen, wahrscheinlich gleiche
Gebilde, wie sie Cajal bei Kaninchen als ver¬
zögerte Wachstumskegel beschrieben hat.
Die ausgezeichnete Arbeit De Langes (658)
über das Vorderhirn der Reptilien ist ein Ergeb¬
nis seiner Studien an dem reichhaltigen Material
im Institut für Himforschung zu Amsterdam
(C. U. Ariöns Kappers). Sie bringt eine voll¬
kommene Bestätigung und Ergänzung der Resid-
tate von E d i n g e r. Als Beispiel dient Varanus
Salvator. Zunächst wird der Bau des Bulbus und
Lobus olfactorius geschildert, wie er schon längst
bekannt ist, dann folgt eine Beschreibung des
Tractus lobo-epistriatieus, der sich kaudal aus dem
Tr. olfactorius lateralis ablöst, ferner ein Tractus
lobo-parolfactorius, ebenfalls aus dem Tr. olf. later,
zum Lobus parolfactorius und zum Septum, ein
Tr. cortico-olfactorius septi (Ed i n ger) zum Sep¬
tum und Hippocampus (= Riechbündel des Am¬
monshorns Zuckerkandl, = mediale Riech¬
wurzel H er r ick, = basales Randbündel A. Meyer),
der Tractus strio - hypothalamicus aus dem ba¬
salen Kern des lateralen Striatum (Palaeo-Stria-
tum), verbunden mit einem cortico-hypothalami-
schen Zug zum Hypothalamus, dessen ventralster
Abschnitt dem basalen Riechbündel der Säuger
homolog ist; ein gleich gelegener Tractus tha-
lamo-striatalis sive Tr. thalamo-frontalis mit um¬
gekehrter Richtung aus dem medialen Thalamus-
kem zum Neo-Striatum und Neo-Cortex; einen
Tractus septo-mesencephalicus hat De Lange
nur andeutungsweise gefunden. Er bestätigt ferner
die bekannten Komponenten der Taenia thalami,
unterscheidet in der Commissura anterior einen
inter-epistriatalen Anteil, einen Ramus corticalis
transversus und Ramus olfactorius. Von der Com¬
missura anterior trennt er ab _ die Commissura
pallii posterior (= Commissura aberrans E11 i o t
Smith) und die Commissura pallii anterior
(= Commissura dorsalis Smith). Ein Corpus
callorum existiert noch nicht. In der Vorder¬
rinde bestätigt er die Einteilung Ed in gers
(medio-dorsales Archipallium, dorso-laterales Neo¬
pallium, ventro-laterales Palaeopallium). Auch im
Striatum unterscheidet er ein Palaeostriatum (= Epi¬
striatum), das erst sekundär eine Verbindung mit
der Palaeocortex (*= Cortex lobi piriformis) ein¬
geht und dem Mandelkern der Säuger entspricht,
von dem Neostriatum, das wahrscheintich aus
dem Palaeostriatum hervorgeht.
Neumayer (660) untersuchte Embryonen
von Crocodilus madagascariensis und von Emys
lutea. Mit der Ausbildung der Medullarfalten
entsteht eine Zweigliederung in der Longitndinal-
riehtung durch Bildung einer Plica ventralis en-
cephali. Der Schluß der Med ul larfurche erfolgt
zuerst im Gebiete des Nachhims und schreitet
von da oralwärts fort und ebenso nach kaudal.
Nach der Form des Verschlusses kann man eine
zerebrale, wesentlich auf das Archencephalon be¬
schränkte und eine spinale, im Gebiet der Me-
dulla spiualis und einem Teil des Rhombence-
phalon unterscheiden. Bei der ersteren kommt
es zunächst zu einem langgestreckten Spalt, dem
Neuroporus anterior, mit einer ventralen und dor¬
salen Hirnlippe; sie wachsen einander bis zum
Verschluß des Neuroporus entgegen. Bei der
anderen spinalen und rhombencephalen Form des
Verschlusses wachsen von links und rechts her
dermales und medulläres Blatt des Ectoderms ein¬
ander entgegen, verschmelzen, und es tritt dann
sofort eine Trennung des Ectoderms von dem unter
ihm gelegenen Medullarrohr ein. — N. bestätigt
die von J. Bromam bei einem menschlichen Em¬
bryo gemachte Beobachtung, wonach es vor der
Bildung der (vorübergehenden) sekundären Neuro-
meren im Nachhirn in der Wand desselben zu
einer segmentalen Gliederung der die Wand auf¬
bauenden Zellen kommt; er unterscheidet da¬
nach eine „intramurale Neuromerie“ von der
auf sie folgenden „extramuralen Neuromerie
— Bei der Ausgestaltung des Telencephalons
kommt es nach N. zu einer in der Qumichtung
liegenden Dreiteilung: nämlich zur Bildung der
Hemisphärenblasen auf jeder Seite und einem zwi¬
schen ihnen liegenden unpaaren, mediären Ab¬
schnitt, dem Sphärencephalon (Epencephalon, Tel-
encephalon medium), so daß er „die alte Lehre
Reicherts bestätigt, wonach gleich anfangs eine
keilförmig zwischen die Großhimbläschen einge¬
schobene Partie im Bereiche des Endhirns besteht,
welche unbeteiligt am Abschnürungsprozesse als
Bildung aui generis im ersten Hirnbläschen zu¬
rückbleibt und ein unpaares, aber den Hemi-
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112
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Zentralnervensystems.
Sphären ontogenetisch gleichwertiges intermediäres
Sphärenzephalon darstellt“. — N. bestätigt die
auch von Voeltzkow gemachte Beobachtung,
daß bei Crocodilus madag. die Bildung der Epi¬
physe unterbleibt. (S. auch Kap. III b.)
Unger (664) behandelt die äußere Form und
den Aufbau des Vorderhirns, sodann die Faser¬
züge im Vorderhirn und im Septum. Unter letz¬
teren werden unterschieden die sekundäre Riech¬
bahn, das Riechbündel des Septums, der Tractus
septo-mesencephalicus, das basale Vorderhirnbün¬
del, die Hirn-Kommissuren, der Fomix, die Taenia
thalami und die Tangentialfasern. Die wichtig¬
sten Ergebnisse sind nach U.: ,,a) in morpholo¬
gischer Beziehung: 1. die Feststellung, daß die
Rinde im Vorderhirn des Alligators nicht in Form
von abgegrenzten Zellplatten, sog. Rindenplatten,
wie bei allen bisher untersuchten Reptilienarten
auftritt, sondern als kontinuierliche Zellenlage,
die nur an vereinzelten Stellen ein etwas lockeres
Gefüge aufweist, gleichmäßig den ganzen Hirn¬
mantel umschließt; 2. die Feststellung, daß diese
Hemisphären rinde sich ohne Unterbrechung in den
Lobus olf. und in den Bulbus olf. hinein fort¬
setzt, derart, daß der Lob. olf. sowohl an seiner
dorsalen als auch an seiner basalen Fläche von
Rinde umzogen erscheint. Hemisphären rin de,
Lobusrinde und Bulbusrinde bilden demnach eine
Kontinuität; 3. die Feststellung einer mangelhaften
morphologischen Gliederung im Aufbau des Cor¬
pus Striatum, derart, daß ein eigentliches Epi¬
striatum nicht abgrenzbar ist und eine Streifen-
hiigelrinde fehlt; b) in betreff des Verhaltens der
Faserzüge: 1. die Feststellung, daß das Riech 1
bündel des Septums (Tr. cortico-olf. septi) aus
zwei Anteilen besteht, die in verschiedenen Rich¬
tungen verlaufen : der eine, zugleich stärkere An¬
teil dorso-occipitalwärts in die Ammonsrinde, der
andere, schwächere, frontalwärts in den Lob. olf.;
2. die Feststellung, daß das Fasersystem der Comm.
ant. hier nur zwei distinkt nachweisbare Faser¬
bündel enthält: die Comm. pallii ant. und die
Pars corticalis, während die bei allen übrigen
Reptilien nachweisbare Pars olf. und Para epi-
striatica der vorderen Kommissur hier nicht vor¬
handen sind; 3. die Feststellung eines zarten
Faserbündels als Zuzug zur Taenia thalami, des
Tr. thalamo-habenularis; 4. den Nachweis eines
auffallenden Mangels an markhaltigen Tangential¬
fasern ; 5. den Nachweis, daß die Einstrahlung
der Comm. pallii ant. in die Mantelrinde (wie
beim Gecko) über das Gebiet der Ammonsrinde
hinausgreift.“
G. Vögel.
665. Begolowy, J., Zur Entwickelung der Kopf-
nerven der Vögel. Ein Beitrag zur Morphologie des
Nervensystems der Wirbeltiere. Moscou 1910.
ln diesem umfangreichen Buche, dessen Einzel¬
ergebnisse hier nicht referiert werden können, werden
nach einer eingehenden allgemeinen Behandlung des
Stoffes nacheinander untersucht: die Histogenese and
Morphogenese, die Plexus-Bildung und Polymerisation,
sowie die Abgliederung des Kopfes. Zahlreiche Ab¬
bildungen illustrieren dio Ausführungen B.s.
666. Biondi,Giosue, Osservazioni sullo sviluppo
e sulla struttura dei nuclei d'origine dei nervi oculo-
motore e trocleare nell pollo. Riv. Ital. di Neuropat.,
Psich. e Elettroter. Bd. 3. H. 7. 8. 302. 1911. (S. den
vorigen Bericht.)
667. Freniel, Bronislaus, Ein Beitrag zur
Kenntnis der im Tectum opticum der Vögel entstehen¬
den Bahnen. Anat. Anz. Bd. 40. H. 6/7. 1911.
668 Kühn, Alfred, und Wilhelm Trende¬
len bürg, Die exogenen und endogenen Bahnen des
Rückenmarks der Taube mit der Degenerationsmethode
untersucht. 3 Taf. Arch. f. Anat. u. Phys., anat Abt.
H. 1/2. S. 35. 1911.
Die ventfrale und dorsale Spinozerebellarbahn ist
bei Tauben nur im Ursprungsgebiet voneinander zu
trennen. Frontal mischen sich beide und kreuzen grö߬
tenteils im Kleinhirn, das bedeutet für einen Teil der
Fasern eine Rückkreuzung.
669. Shimazono, J., Das Kleinhirn der Vögel.
3 Tat, 20 Textfig. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 80. Abt. 1.
S. 397. 1912.
670. Sinn, B., Beitrag zur Kenntnis der Medulla
oblongata der Vögel. 6 Taf. 1 Abbild, im Text Monats-
schr. f. Psych. u. Neur. Bd. 33. S. 1. 1913.
Pal-Serien von 10 Vogelarten, 1 Nissl-Serie vom
Huhn. Beschreibung der normalen Oblongata besonders
nach einer Serie von Plotus anhinga. Vielfach Bestäti¬
gung älterer Ergebnisse, teilweise schon durch dio
Degenerationsresultate überholt. Infolge ungenügender
Kenntnis der Literatur mehrfache Neuentdeekungen
(Corpus trapezoides, obere Olive, Trapezkern, Homo¬
logie des Eckkerns mit dem Nucleus ventralis cochlearis
der Säuger usw. und unhaltbare Angaben (Pyramiden¬
bahn der Vögel). Daß bei mehreren Vogelarten der
sensorische Quintuskern enorm vergrößert ist, steht
schon in Edingers Vergleichender Anatomie des
Nervensystems, 7. Auflage (S. 106). (Ref. W.)
671. Strong, M. R., On the olfactory Organs and
the sense of smell in birds. Jouro. ot Morphol. Bd. 22.
1911.
Die Arbeit gibt interessante anatomische und be¬
sonders experimentell-physiologische Daten, für die aber
auf das Original verwiesen werden muß.
Frenkel (667) stellt auf Grund literarischer
und experimenteller Studien unsere Kenntnisse
von den Verbindungen des Corpus bigeminutn
der Vögel, spezieU der Taube dar und gibt auf
Seite 203/204 eine kursorische Aufzählung der
hierfür in betracht kommenden Faserzüge. Neu
ist nach seinen Beobachtungen das Vorhandensein
sogenannter „kurzer Bogenfasem“, die vom Tectum
opticum in die Formatio reticularis verlaufen und
in derselben endigen. Eine Verbindung mit dem
Striatum zeigen seine Experimente nicht; gleich¬
wohl kann er eine solche nicht ganz ausschließen.
Sie muß, wenn vorhanden, nicht im Tectum opti¬
cum selbst, sondern in den tiefer gelegenen Mes-
enzephalon kernen ihren Ursprung nehmen. Bleiben
bei der Operation die Dien zephalon kerne und die
zentralen Partien des Mesenzephalon nahe der
Raphe unverletzt, so sah er keine Degenerationen
im Rückenmark, mit Ausnahme derer, die inner¬
halb der hinteren Längsbündel zum Vorderstrang
verlaufen.
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Vergleichende Anatomie.
113
Die schöne und umfangreiche Arbeit von
Schroeder (s. Kap. III Nr. 205) kann nur in
ihren Hauptzügen referiert -werden; für alle zum
Teil recht wichtigen Einzelheiten muß auf das
Original verwiesen werden. Sie beschäftigt sich
mit der Markscheidenbildung im Vorderhirn des
Huhnes und gibt wertvolle Beobachtungen über
den Ablauf der Markentwickelung an den einzelnen
Fasern. „Die Myelinisation schreitet nicht von
einem Punkte beginnend gleichmäßig am Aehsen-
zylinder fort, sondern die Markbildung ist eine
diskontinuierliche, indem zunächst einzelne Faser¬
segmente sich entwickeln, die sich später mit¬
einander verbinden. Die Markentwickelung be¬
ginnt nicht an dem Punkte, welcher der Ursprungs¬
zelle am nächsten gelegen ist, sondern mehr oder
weniger weit davon entfernt an einer intermediären
Zone. Durch den Beginn der Myelogenese wird
also der Achsenzylinderfortsatz in zwei Abschnitte
geteilt; einen kürzeren proximalen und einen
längeren distalen. Beide erhalten ihr Mark nicht
ganz gleichzeitig, sondern der proximale Teil
umkleidet sich etwas später mit Myelin, so daß
zeitweilig eine deutliche Entwickelungsdifferenz
besteht. Auch in bezug auf die Wachstums-
richtung verhalten sich beide Teile verschieden.
Von der intermediären Zone ausgehend schreitet
die Myelinbildung am proximalen Teile in zelluli-
petaler Richtung fort, während der distale Ab¬
schnitt sich in zellulifugaler Richtung mit Mark
umkleidet.“ (Vergl. Kap. JII!) Bei der Schilde¬
rung des Faserverlaufes beschreibt Sch. als neu
u. a. Optikusfasern zum Tract. septo-mesencephali-
cu8, den ganzen Verlauf des Tract. strio-cere-
bellarig, den Tract. septo-oculomotorius. Was die
Commissura pallii betrifft, so geht 9ie nach seinen
Untersuchungen aus dem Scheidewandbüudel her¬
vor, hat Rindenursprung und verbindet die beiden
Hemisphären miteinander und soll demnach die
Bedeutung eines Balkens haben. Beim ausgewach¬
senen Huhn erwähnt er einen zweifachen Ursprung
des Tract. quinto-frontalis, einen Tract. epistriato-
praethalamicus, einen Tract. epistriato-mesostriati-
cus, einen Tract. interstriaticus dorsalis und ven-
tralis, einen Tract. septo-brachialis und Fibrae
septo-epithalamieae. Wertvoll ist ferner auch die
von Sch. gegebene tabellarische Zusammenstellung
über den zeitlichen Beginn der Markscheiden¬
bildung bei deu verschiedenen Systemen.
Bei den Vögeln ist nach Shimazono (609)
nur ein Paläozerebellum im Comolli-Edingelo¬
schen Sinne vorhanden. Es besteht aus einem
Mittelstück, dem Vermis und zwei seitlichen
Lappen, den Lobi laterales. Letztere werden dem
Flocculus der Säuger glcichgesetzt. An Kernen
werden unterschieden: ein Nucleus medialis, der
im kaudalen Teil in einen Nucleus medialis dor¬
salis und ventralis zerfällt und ein Nucleus late¬
ralis. Der erstem ist dem Nucleus fastigii der
Säuger homolog und entsendet die cerebello-spinale
Bahn, der letztere ist mit dem Nucleus dentatus
der Säuger identisch und läßt deu Traetus cere-
bello-tegmentalis mesencephali hervorgehen. Die
Bahnen des Zerebellum zerfallen in afferente,
efferente und in Eigenfasern. Alle afferenten
Fasern enden gleichzeitig und gekreuzt in der
Kleinhirnrinde in der Schicht der Purkinjc-
schen Zellen und kommen aus dem Rückenmark,
den sensiblen Kernen der Medulla oblongata und
dem Lohns opticus; die efferenten Züge kommen
her aus den Kernen das Cerebellum und enden
im Rückenmark, deu motorischen Kernen der
Medulla oblongata und dem roten Kern. Zwischen
beiden Systemen sind die Traetus cortico-nuclearis
eingeschaltet, die von der Rinde zu den Kernen
ziehen. Als Eigenfasern werden erwähnt: Traetus
cortico-nucleares, Assoziationsfasern in ein und
demselben Lappen, Traetus internuclearis. Was
die Markscheidenbildung betrifft, so werden die
mit dem Rückenmark in Beziehung stehenden
Fasern am frühesten markhaltig, dann folgen die
Fasern aus der Medulla oblongata und die Eigen¬
fasern und zuletzt die zu mehr frontalen Gehirn¬
teilen. *
Der Ventriculus cerebelli ist durch einen
Aquäduktus mit dem Hohlraum des 6. Ventrikels
verbunden und besitzt außerdem einen Recessus
anterior, Recessus posterior, Recessus dorsalis,
Recessus ventralis, Recessus lateralis dorsalis.
Der Abschnitt über die Physiologie des Vogel¬
kleinhirns, der für den Bericht weniger in Betracht
kommt, muß im Original nachgesehen werden.
Edingor -Wallenborg, Zentralnervensystem.
15
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Abel, Willamina, 558.
Aehucarro, N., 95, 9G, 405.
Addison, William II. F.. 484.
Agadsclianianz, K., 488.
Agosti, F., 137, 138.
Allen, Ezra, 113.
Angelotti, 0., 285.
Anthony, R., 278a, 278b,
279, 300, 300a, 301.
Appleton, A. B., 296.
Arena, G., 428.
Argand, R., 567, 568.
Ascoli, Giulio, 171, 172.
Astwazaturow, M., 483.
Auerbach, Leopold, 46, 102,
207.
Auerbach, Siegmimd, 305.
Ayers, Howard, 618.
Badcrtscher, J. A., 380.
Bakluschinsky, J., 39.
llambeke, C. von, 109, 648.
Barbieri, N. A., 103.
Barnet, Joseph, 47.
Basta, J., 218.
Bauer, Julius, 197, 198,
199, 200, 493.
Baum, Hermann, 255a, 262.
Baumgartner, W. J., 37.
Beccari, Nollo, 271, 272,
273, 657.
Begolowy, J., 665.
Bell, Charles, 4.
Belogolowy, G. 614.
Böriel, L., 83.
Berry, Richard J. A., 298.
Bertelli, Giovanni, 602.
Besta, C., 145, 209a, 210,
490.
Bethe, Albrecht, 101.
BÄ'acqua, Aifredo, 428.
Biach, Paul, }493.
Bialkowska, W., 177.
Bindewald, C., 649.
Biondi, Giosue, 160, 161,
248, 254, 406, 536, 564,
666 .
Blochmann, F., 167.
Blumcnau. L., 371.
Boeke, J., 241, 242.
Bogrova 650.
Bonfigli, Rodolfo, 278.
Bonfiglio, F., 159.
Bonnet, P., 387.
Borowiecki, Stephan, 549.
Botezat, E., 230, 231, 232,
233.
Boule, M., 301.
Bourdelle 292.
Brächet 496.
Braus, Hermann, 58, 104,
105.
Breglia, A. 0., 592.
Broderscn 35.
Brodmann, K-, 306, 307,
308.
Brookover, C., 615. ^
Brouwer, B., 527.
Brown, T. G. 324.
Namenregister.
Die Zahlen beziehen sieh auf dio Titelnummern.
Brun, Rudolf, 87, 475.
Bütschli, 0., 5.
Bujard, Eug., 50f.
Bullard, Pearl Briggs, 58S.
Bnmke, O., 382.
Burckhardt, Rud., C20.
Busana, Archimede, 157.
Cajal, S, Ranion y, 79, 80,
131, 133.
Cameron, John, 203.
Camus, Renö, 555.
Capobianco, F., 261.
Caipcnter, F. W., 510, 503,
623.
Ccrietti, Uyo, 103,267,268.
Cbandler, Asa, C. 028.
Charogorodsky 390.
Cheric-Lignieru, Massimo,
374.
Ci teil i 429, 430.
Clarke, R. H., 15.
Cole, Sydney J., 295, 309.
Claude, II., 489.
Collin, Remy, 162.
Cowdry, E. V., 154, 155.
Curtis, A. H., 603, 004.
Cutore, Gactano, 408, 409,
410, 411.
D'Abundo, G., 127, 490a.
da Costa, A. Celestino, 431.
Dahl, W., 572.
Dandy, Walter E., 432.
de Gactani, L., 544, 606a.
de Kleijn, A., 566.
de Lange, S. J., 360, 658,
659.
Dendy, Arthur, 412.
de Rouville, Etienne, 173.
de Santn-Maria, A. S., 278a,
278b, 279.
De Vries, J., 344, 359.
Dexler, 11., 288, 610.
Dober, Gerliard, 166.
DogicI, J., 545.
Doinikow, 132, 226.
Dominici, M., 121.
Donaggio, A. 577.
Donaldson, Henry II., IS,
19, 20, 21, 22, 23, 24.
Dorcllo, Primo, 497, 498.
Dräseke, J., 282, 284.
Droogleever, Fortuyn, 311,
312, 391, 506.
Ducceselii, V., 228, 229.
Dürken, Bernhard, 402,403.
Dunlop, Licklev, 10.
Dünn, Elizabeth Hopkins,
585.
Durante, G., 68a, 88.
Dusscr do Barenno, J. G,,
597.
Economo, Constantin von,
474.
Edinger, L., 7, 8, 9, 118,
270, 281, -133, 434, 435,
480.
Egor, 0., 610.
Eisath, Georg, 246.
Kloonskaya, V., 234.
Elliot-Smith, G., 297.
Eisberg, Ch. A., 584a.
Erhard, IL, 147.
Escande, F., 495.
Essiek, Charles R., 500.
Euziere, J., 258.
Fabritius, IL, 595.
Favaro, ()., 113. 414.
Fawcett 353.
Fayolle 205.
Feiss, Henry 0., 601.
Feist-Wollheim 11., 473.
Fernere, I/Oiiis, 389.
Fieandt, Halvar von, 247.
Flechsig, I’., 364, 409.
Flores, A., 310.
Frankfurtlier, Walter, 512.
Franz, Victor, 255,629,630,
031, 032, 633, 634, 635.
Frazer, J. Ernst, 437.
Fruukol, Brunislaus, 471,
067.
Frey, Ernst, 459.
Friedomann, Max, 393.
Fritsch, G., 377.
Funk, Karl, 28.
FuBari, R., 276.
Fuso, G., 492, 522, 524,
525.
Gage, Susanna Pbelps, 115.
Ganfini, Carlo, 553, 636.
Gans, A., 352, 384.
Oarbini, Guido, 487.
Garjaeff, W. O., 190.
Gaupp, E., 651.
Geerts, J., 93.
Görard, G., 385.
t'iiannuli, Francesco, 347.
Gilbert, W., 84.
Goctscb, Emil, 412.
Goldmann 257.
Goldfarb, A. J., 136.
Goldschmidt, Richard, 100.
Grinstein, A., 367,36S, 369,
460.
Grynfeltt, E., 258.
Grzywo-l)<lbrowski,W.,479.
Haller, B., 184, 189, 289,
436.
Hammarsten, Olof D., 637.
llarvey, Richard W., 354,
303.
Haskovec, Lad., 218.
llatai, Shinkishi, 18, 23.
llelniholz, II. F., 603, 604.
Henderson, E. E., 15.
llenneguy 56.
Billig, Rudolf, 191,
Hindelang 543.
nilton, William A-, 72, 178,
179.
Hirsch, Julius, 63S.
llochstcttcr, Ferd., 2.
Uoenig, Hans, 291.
Hocstermann, Ernst, 491.
Holzmann, IL, 545.
Hovelacque, A., 584.
Hoven, H., 108.
Huet, W. G., 396, 507.
Hultgron, E. 0., 28a.
Hworostuchin, A., 256.
Illing, 415.
Isenschmidt, Robert, 314.
Jackson, T. S., 615.
Jacob, Cr., 313.
Jaeobsohn, L., 639.
Jakob, Alfons, 227.
Jakob, Christian, 12, 13.
Jakob, Friedrich, 200.
Jakubski, Antoni, 180, 188.
Janeck, R., 183.
Japha, A.. 238.
Jelenska - Macieszy na, Sa¬
bina, 404.
Johnston, J. B., 616, 019,
621, 040, 641.
Jonnesco, Victor, 70, 150.
438a,
Jordan, H. E., 416, 417.
Kajawa, Yrjü, 535.
Kappers, C. U. Ariens, 09,
85, 315, 503, 504, 505,
509, 622, 623, 642.
Karplus, J. P., 05, 383,
395.
Katö, Hisayoshi, 14G, 530.
Kehrer, F., 461.
Kotjen, J., 85.
Kidd, Leonard J., 418, 586.
King, Helen Dean, 25.
King, Jersie Luella, 316,
467.
Kirpitschowa-Leontowitsch,
Wera, 245.
Klaatsch, H., 299.
Klatt, Berthold, 29.
Koblbrugge, J. H. F., 30.
Kohnstamra, 0., 520.
Kolde, W., 438.
Kolster, 144a.
Koroljkow, P., 464, 465.
Kbsaka, K., 518.
Krabbo, Knud, 419.
Kraus, E. J., 73.
Kreidl, A., 65, 383, 395.
Kreutzfeldt, Hans Gerhard,
407.
Krumholz, Sigmund, 591.
Kühn, Alfred, 668.
Kulikowska, Zofia, 176,177.
Kuntz, Albert, 552, 554,
556, 557.
Lodame, Ch, 317.
Lafara, G. R., 203.
lAignei-Tavastine, M., 70,
156, 438a.
I^ndacre, F. L., 499, 501.
Landau, E., 303.
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Landsberger, Fr., 362.
Lapicquo, Louis, 17.
liegend re, M. R., 59, 60,
Öl, 62, 63. 104,193.286,
287.
Lenhossek, M. von, 514,
Dlo, i) 15 a.
Leopold 439.
Lesilönvi, O., 593.
Lövi 439.
I.ovi, Giuseppe, 578.
Levi-Vnlensi 35Ü.
Lewis, Margaret Heed. 51.
Lewis, TVarren H., 64.
Lcyboff, Moses, 372.
Liesegang, Raphael, Ed.,
44, 76, 77.
Livon, Ch., 440-
Loepp, W. H., 381.
Löwciistein, Kurt, 349, 480.
Löwenthal, N., 596.
Loewy, Faul, 420.
I.oyoz, Marie, 82, 489.
Lucieu, M., 441, 442.
Luden von Hemmen, G., 89.
Luna, Emorieo, 149, 370,
494, 547, 548.
I.unghetti, Bernardino. 012,
013.
Maccabruni,Francesco, 211,
212. 223.
Mair, TV., 94.
Malone, Edward F., 394.
Marano, Antonio, 216, 643.
Marchand, F., 360, 361.
Marcora, Ferraccio, 106,
107.
Marinesco, O., 49, 50, 51,
52, 53, 51, 55, 75, 139,
151, 152, 153, 158, 165,
195, 20 t, 209, 224, 225,
319a, 320.
Markowski, J., 200.
Mario, Giovanni, 443.
Martini, 0., 402.
Mosuda 119.
Mauss, Theodor, 318, 319.
Mayer, Otto, 325.
Mayer, TV., 320.
Mayhoff, Hugo, 044.
Mc Cotter, Rollo E., 209.
Mc Kibben, Paul S., 617.
Mc Lellan 501.
Medvednikoff, Alexandrine,
576.
Melius, E. Lindon, 321,322.
Messner, Emil, 68, 327,
606.
Mcstrom, L. II. J. 463.
Michailow, Sergius, 128,
129, 569.
Migtiucci, Giro, 421.
Miller, Max Mayo, 587a,
Minea, J., 52, 53, 54, 55,
139, 224, 225.
Mingazzini, G., 351, 365.
Minkowski, M., 386.
Minot, II., 59, 60, 61, 62.
Mironosco, T., 165, 320.
Mobilio, Camillo, 235, 290,
513.
Namenregister.
Modena, G., 120.
Molliant, M., 539, 541, 542.
Möllgaard. Holger, 42, 15,
196, 537, 538.
Montanari, Alfredo, 78.
vou Monakow 476.
Moutano 292.
Montesano, Giuseppe, 97,
217.
Morat, J. I’., 551.
Morawski, Juljusz, 293.
Morgulis, Sergius, 134.
Morison, Alexander, 570.
Mott. F. TV., 323.
Moueliet, A., 495.
Miililinann, TL, 141, 112.
Müller, Erik, 110.
Müller, L. R„ 572.
Münzer, Arthur, 422.
Mullonix, R. C., 531.
Xagao. Y., 611.
Xageutto, .1., 213, 219. 220,
221, 222, 222a, 222b.
Nässetti, Francesco, 423.
Segro, C., 240.
Neuling, Marcel, 392, 512.
Nemiloff, Anton, 214, 607,
Neumayer, L., 112, 660.
Nicliolls, Georgo E., 399,
400.
Nichols, Herbert N. T., 575.
Nieollo, M., 68a, 88.
von Niessl-Mayendorf 35S.
Nieuwenhuijse, P., 49.
Nilsson, David, 175.
Nissl, F., 328.
Nowikoff, M., 424.
Obersteiner, Heinrich, 6,
485.
Oppenheim, Hans, 90.
Oudendal, A. J. F,, 4S6.
Paladino, G., 215.
Palmer, Samuel C., 378.
Pappenheim, A., 74.
Parker, G. H., 31, 32.
Patoii, Stewart, 116.
Pellizzi, G. B., 251, 252,
253.
Pende, Nicolo, 445.
Perna, Giovanni, 274, 447.
Perusini, G., 589, 590, 591.
Peyron 440.
Pfeifer, R. A., 1.
Pieron, H., 193.
Piotsebker, Heinrich, 1SU,
181.
Pisskunoff, N. N., 571.
Pitzorno, Marco, 559, 500,
561, 562.
Polieard, A., 259.
Polimanti. O., 192, 645.
Poluszynski, Gustav, 182.
Potter, Ada, 14.
Preda, G., 329.
Quensel, F., 398.
Rachmnnow, A., 148.
Rädl, Em., 16.
I Rainer, Fr. J., 185.
Ramön, S. y Cajal, 79, 80,
131, 133.
Ranke, (>., 249.
Ranson,S. TV alter, 573,582.
Rawitz, Bernhard, 07.
Reich, Zdzislaw, 198, 200.
Rethi, L., 534.
Retzius, Gustaf, 43,71, 140.
Rhein, John FL TV., 46S.
Rot big. Paul, 652, 653, 054,
655, 656.
Hogers, C. 0., 168.
Romagna-Mnnola, A., 472.
Ronehetti,Vittorio,448,449.
Roneoroni, Luigi, 331, 332,
333, 335.
Rondoni, Pietro, 334.
Rose, M., 330.
Rossi, Ottorino, 123, 124,
125.
Rossi, Umberto, 122, 450,
487, 574.
Rotbfeld, J., OOS.
| Ruthmann, Max, 599.
Rugo, G., 523.
Rupricht 81.
Sabin, Florenco R., 34.
Sacristan, M., 405.
Sakai, Selichi, 607a.
Snlomon, Erich, 600.
Siinchez, D., 170.
Sa vou re, P„ 646.
Sehaefer, Edward A., 451.
Schaffer, K., 388.
Schock, K., 565.
Schreiber, L., Dl.
Schröder, Kurt, 204, 205.
Schumacher, S. von, 583.
Schumacher, S., 239.
Schuster, Edgar, 323. 337,
338.
Schwartz, Alfred, 207.
j Seigneur, P., 425.
Sepp, Eugen, 80, 401.
Sergi, Sergio, 280, 294, 302.
Sewertzoff, A. N., 626.
Sheldon, Ralph Edward, 36,
625, 647.
Sherrington, C. S., 323, 324.
Shiino, K., 661.
Shimada, K., 662.
Shimazouo, J., 355, 669.
Sliorey, Marian L., 57.
Simpson, Sutherland, 46G.
Sinn, R., 670.
Smallwood, TV. TV., 168.
Smith, E. Victor, 581.
Smith, J. L., 94.
Snessarew, P., 250.
Soyer, Charles, 452.
Spemann, H., 117, 375.
Spiclmeyer, TV., 33, 339.
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Stärcke, Aug., 38.
Stanesco 209.
Stefanelli, A., 243, 244.
Stern pell, TV., 187.
Sterzi, Giuseppe, 33, 111,
266, 627, 063.
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115
Stöltzner, TV., 66.
Stokes, John II., 528.
Strong, M. H., 671.
Studnicka, F. K., 379.
Stumpf, R., 453.
Sudler, Mcroni T., 37.
Szily, Aurel von, 114.
Szüts, Andreas von, 169.
Taft, A. E„ 283.
Takahashi, Dengo, 609.
Teile, F., 48, 128, 454, 455.
Temi, Tüll io, 517.
Thomson, Robert B., 277.
Tilncy, Frederick, 456.
Timasekoff, N., 587.
Todd, C. G„ 54G.
Todd, T. Wingate, 546. -
Trendelenburg,TV., 382,6G8.
Trctjakoff, D., 236.
Trzebinski, Stanislaw, 202.
Tschernysckeff, S. P., 26.
Ugolotti, F., 370.
Ungcr, Ludwig, 664.
Van der Broek, A. J. P.,
204.
Van Gebuchten, A., 541,
542.
Van Hoevell, J. J. L. D.,
510.
Van Rynberk, G., 481, 598.
Van Valkenburg, C. T., 340.
341, 348, 357, 397, 508,
519, 521.
Van TVestrienen, Anna F.
A. S., 605.
Viisticar, E., 533.
Venderoviö, E., 90.
Vignior, G., 457.
Villiger, E., 11.
Vincent, S. B., 237.
Vogel, Martin, 458.
Vogt, IL, 438.
Vogt, Oscar, 329, 342, 3-13.
TVakushima, Masazo,'_275.
Wallenborg, A., 550.
Waltor, F. K., 27, 135,
511.
Warren, John, 426.
Weber, A., 40.
Weigl, R., 143, 144.
Wenderowitsch, E.(—Von-
deroviß) 90.
Whitaker, J. R., 3.
TVilborts 439.
Wilder, B. G., 304.
Willems, Edouard, 520.
Wilson, J. Gordon, 532.
TVinklor, C., 14, 386a, 477.
Wittmaack 526. •
Wortbington, Julia, 618.
Zacharias, Otto, 174.
Zalla 194.
Zander, R., 98.
Zappert, J., 579, 580.
Ziba, Shin-Izi, 470.
Zingerle, II., 350.
Ziveri, Alberto, 150.
Zunino, G., 346.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ergänzungshelt.
SCHMIDTS
JAHRBÜCHER
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Bonn; Exz. Prof. Dr. CZERNY-Heidelberg; Priv.-Doz. DITTLER-Leipzig; Prof..EDINOER-Frankfurt
a.M.; Prof. ESCHWEILER-Bonn; Dr. FISCHER-DEFOY-Dresdcn; Prof. FLATAU-Berlin; Priv.-Doz.
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Magdeburg; Priv.-Doz. HAUPTMANN-Freiburg i. B.; Priv.-Doz. HEIMANN-Breslau; Prof. HIRSCH-
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JOLLY-Halle a. S.; Dr. JUNKERSDORF-Bonn; Dr. KADNER-Dresden; Prof. KAUFMANN-Göttingen;
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Dr. KLOTZ-ScMvcrin; Priv.-Doz. KÖLLNER-Würzburg; Dr. KÖNIGSFELD-Breslau; Prof. KRAUSE-
Bonn; Dr. KRON-Moskau; Dr.KRÜLL-Diisseldorf; -Prof. LANGE-Grcifsvra 1 d;; Dr. LAQUER-Wiesbaden;
Dr. Storni van LEEUWEN-Utrecht; Dr. LENZMANN-Duisburg; Dr. LUBBERS-Greifswald; Prof.
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Freiburg i. B.; Dr. MÜHLSTEIN-Prag; Dr. L. R. MÜLLER-Augsburg; Dr. NJPPE-Königsberg i. Pr.;
Dr. v. NOORDEN-Homburg; Priv.-Doz. PORT-Göttingen; Prof. PUPPE-Königsberg i. Pr.; Prof.
P. F. RICHTER-Berlin; Prof. RIECKE-Leipzig; Prof. RIETSCHEL-Dresden; Prof. RUMPF-Bonn; Dr.
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Prof. VULPIUS-Heidelberg; Priv.-Doz. WAGNER-Leipzig; Prof. WALLENBERG-Danzig; Ob.-Med.-Rat
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• PROF. DR. H. LEO .
DIREKTOR DES PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUTS
DER UNIVERSITÄT BONN
BAND 317 ERGÄNZUNGSHEFT
JUNI 1913
Anatomie des Zentralnervensystems
Bericht über die
Leistungen und Forschungsergebnisse in den Jahren 1911 und 1912
Von •
Prof. Dt. L. Etlinger und Prof. Dr. A. WalicnUerg
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und bearbeitet, und seine Schlüsse sind geeignet, die
ärztliche Gutaclitertätigkeit in ganz neue Bahnen zu
lenken. — Das Buch hat hervorragend praktischen
Wert für jeden Gutachter, jeden Nerven- und Bahn¬
arzt, für jeden Arzt überhaupt, denif auch an den
praktischen Arzt kann die Notwendigkeit herantreten,
ein Gutachten erstatten zu müssen.
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1. Bisherige Anschauungen über die Prognose nervöser
Unfallfolgcn. — 2. Häufigkeit der nervösen Unfall¬
folgen. -- 3. Entstehung, Wesen, Krankheitstonnen.
— 4. Individuelle Disposition, Geschlecht, Aller, soziale
Stellung. — 5. Diagnose, Beurteilung ti. Behandlung. —-
6. Weiterer Verlauf, a) bei Kapitalabfindung, b) bei
Rentenverfahren: — 7. Schlußfolgerungen. Leitsätze u.
Ubellar. Übersicht. Literaturverzeichnis. Sachregister.
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Chem. Fabrik ,Nassovia‘, Wiesbaden. 63
-
Indikationen: Neurasthenie, Impotent»* ncuro>thonicit, Honleidon (Myokarditis, Adipositas), Mnrnsmas senilis, Tabes,
- Arteriosklerose uud in der Rekonvnloicon*.
Intorn: Eisontla Spormini-Poohl — Subkutan Sporminum-Poehl in Ampullen*
Man ver*chroibo und Torlango Originalpackung — IViehl —•
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Demnächst wird erscheinen:
Lehrbuch
der
forensischen Psychiatrie
von
Prof. Dr. A. H. Hübner
Oberarzt der Königl. psychiatrischen und Nervcnklinik zu Bonn.
Preis etwa 12 Mark.
A. Marcus & E. Webers Verlag
Dr. jur. Albert Ahn in Bonn.
In der Hand des Arztes
ist Neocithin in
Pulver- oder Tablettenform
* . seit 1907 * bestbewährt.
Ärztliche Berichte und Proben*
durch die Neocithin G. m. b. H., Berlin SW. 61-
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Ein vorzüglich ärztlich anerkanntes Medikament bei
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Nervösen
Zuständen aller Art ist
Stein’s Brom-Baldriansalz
Sal. bromntum. effeir. c. Valcrian. .STEIN*.
Gratisproben von der
Pharmazeutischen Fabrik „Stein“ Alfred Sobel, Durlach (Baden).
Kola-Lecithin-Albumin-„Gess“.
Eine Vereinigung der wirksamen und belebenden Bestandteile der Kolanuss mit nerven-
rogonericrender Glyzerinphosphorsäure (Lecithine) lind plastisches Material liefernden
Albumin. — Das Präparat (in Tablettenform) ist daher ein
hervorragendes Kräftigungsmittel für Nerven und Muskejn.
Von Ärzten mit großem Erfolg angowondet gegen Affektionen dos Norvcnapparatcs
und darniedciliegende Ernährung. Beseitigt unmittelbar alle Ermüd ungsstoffo aus dem
Körper, erneuert und steigert die psychische und körperliche Leistungsfähigkeit.
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UNIVER5ITYOF MICHIGAN
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