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SCHMIDT’S
JAHRBttCHER
IN - DND AUSLiNDISCHEN
ESAMMTEN MEDICIN.
RE D I G I BT
Prof. Dr. ADOLF WINTER
Zl! LEIPZIG.
JAHRGANG 1876.
HUNDERT UND E1NUNDSIEBZIGSTER BAND.
LEIPZIG, 1876.
VERLAG VON OTTO WIGAN D.
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JAHRBOCHER
der
in- und ansiandlschen gesammten Medicin.
Bd. 171. 1876. M 1.
A. Auszilge.
I. Anafomfe u. Physiologic.
328. Nenere Unterouchungen fiber die
Erregbarkeit der Orosshirnrlnde ; znsammen-
gestellt von Dr. L. Goldstein in Aachen.
A. Phyriologitehet.
1) Jewell, J. 8. , On the existence of definite mo-
tor centres in the cerebral cortex. (Chicago Journ. IL 4.
p. 477. Oot. 1876.)
9) Albertan! Pietro m. Marine Michielt,
&ai oentri oerehrali di movimento. 1876.
3) B rann , H. , BeitrSge znr Frage fiber die elektr.
Erregbarkeit dee Grosshirns. (Beltrage zur Anat. a. Phy-
sio*. Tom Eekhard. VIL 8. p. 127. 1874.
4) Hltzig, E. , Unterenohangen fiber deeGeUrn,
HI. hritLschea. experiment. Untern. zur Physiol. deeGroee-
blros, im Anschluss an dleUntere. d. Herren L. Hermann,
H. Bratm, C. Carville u. H. Duret. (Arch. f. Anat.,
P%y*tol. n. wis* Med. 1875. p. 428.)
ft) Gliky, W. , Ueber die Wege, a mt denen die
durch elektr. Relating der Giosehirnrtode erregteo m Ota-
ri schen Thatjgkeiten durch dee Gehirn hindureh fortgelei-
tet werden. (Beitrlge nr Anat. u. Physiol, von Eekhard.
VH. S. p. 179. 1878.)
6) Brawn-SAquard, B. , Secherobee snr l’exot-
tabilUft des lobes edrdbraox. (Aroh. de Physiol XII. AL
p. 854. 1876.)
T) Eekhard., C. , Kann man vom sogenannten Fa-
etolceatram der Grosshirminde ana die Speichelaekretion
anregan ? (Beitrige VII. 8. p. 199. 1876.)
Es ist ein bedentsames Zeichen fhr die Wichtig-
kelt der nenem Thateachen anf dem Gebiete der
Hirnpbysiologie, dass man sich in alien Weltgegen-
den eingehend mit denselben beschfiftigt.
! So wnrde sogar in der New-Yorker Societat fllr
STervenheilkunde ein Comitd gewfihlt , welches aus
den DDr. J. C. Dalton, J. W. S. Arnold, A.
Flint a. s. w. bestand, am fiber die „motorisobem
Geairen der Hirnrinde u Beobachtungen anzustellen.
Daa im „ American Journal of the medical sciences “
April 1873 aHtgotheilkm Beenihate sthmnsa in alien
Med. Jahrbb. Bd. 171. BfLt. &
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w-esanMichen Pankten so vottstfindlg mit Hi trig’s
Angaben tlberein, dass wir es hier ffigllcb unter-
lassen kfinnen, n&her daranf einzugehen.
Femer hielt Jewell (1) m Chicago einen Vor-
trag fiber diesen Gegenstand, in welchem er die Etv
perimente Hitzig’s a. Perrier ’s knrz erlftatert,
dann die Ansiehten Brown-Sdquard 's (vgl.
Jahrbb. CLXIV. p. 10) eingehender bespricht, otto©
sich denselben anzuschilessen. Nene Experiment*
sind in dem Aufsatze nieht entbalten. Drittens
haben wir aos dem Aosiande eine recht fleia-
sige Zusammenstellung l ) des hierher gehflrigea
Materials von den beiden Itallenern Albertoni
and Michieli (2) zn erw&hnen, der anch eine
Anzahl eigener Experiment© beigefttgt sind. Aii
Resoltat einer Serie dersetben bezeichnen die V#.
die Uebereinstimmnng mit Carville nnd Dnret
in den Versuchen , welche einen Erfolg der Reining
aaoh Exstirpation des Centrum nieht mehr, selbet
mit den stftrksten StrOmen , zolieseen , obwohl did
Bewegungen der vorher gestfirten Kfirpertheile snr
Norm zurttckgekehrt w&ren. Zufolge einer zweittifi
Beihe von Versnchen rief die Exstirpation der errtg-
baren SteUen des Gehims Parese, reap. StOrnng in
den Bewegnngen der gegerrOberiiegenden Kfirper-
theile hervor. Bei Kaninohen pflegten diese Zn-
stftnde Unger anzuhalten als bei Hunden. Trauma-
tasche Lfisionen geben diese Erscheinnngen nieht so
prftgnant wieder als das Experiment.
Von den dentseben Arbeiten haben wir ana fltfi-
bsrer Zeit noch eine Unterlassnngssfinde zn sfthnen,
indem wir der verrdienstvollen experimeBtelim Arbeit
Braun’s (3) bier Erw&hnung than. B. berichtet
') VVr fierenUttocnendnng meinen He* ten Dank. <?.
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4
I. Anatomic n. Physiologic.
dam zunlohst seine Erfahnmgen fiber die Sensibili-
tlt der Dora. Er spricht ihr, im Gegensatze zu
Hitzig, eine besondere Empfindlichkeit nioht zn.
In den seltenen Flllen , wo man eine Beobachtong
der Art macht , Bind nach B. zuflllig kleine Bttndel-
ohen von N erven fasern getroffen , die in der Dnra
ohne Zweifel verlanfen. Die durch starkes Zerren
an den Zipfeln der Dnra -mater hervorgerufenen
Schmerzenslnsserungen kOnnen auch durch Fort-
pflanzung des Zuges bis zn den Stellen , in welchen
sensitive Nervenbahnen durch sie liindnrchziehen,
bedingt sein. — Zur Reizung wandte B. den Indnk-
tionsstrom an, als Versuchsthiere dienten Hunde nnd
Kaninchen, meistens in narkotischem Znstande. Im
Allgemeinen land Vf. dieselbe Anordnung der „Cen-
tren“ wie Hitzig, nur fand er manchmal anf der-
selben Hirnhilfte ein doppeltes Centrum. Nach-
bewegnngen, die mehrereMale in Allgemeinkrtmpfe
flbergingen , wnrden bei Hnnden nnd Kaninchen bei
einer Erregung des Oehims durch ganz minimale
Strfime, die in keinem Muskel eine Zusammenziehnng
veranlasst batten, beobachtet. Zur Untersuchung
der Frage, ob beim Kaninchen die Bewegungen ab-
hingig and von der Verbreitung des Stromes anf
tiefcr im lnnern gelegene Gebilde, wurde, nachdem
die *Centren“ aufgesucht worden waren, ein Schnitt
nahe der Hirnoberfliche untereinem mOglichst spitzen
Wlnkel mit dieser ausgeftlhrt, wodurch der Faser-
verlauf in die Tiefe unterbrochen war. Es gelang
dann nicht mehr durch Reizung eine Reaktion in
den Mnskeln hervorzumfen, was gegen die Annahme
der Reizung von tiefem Gebilden , etwa der Hirn-
ganglien spricht. Anch nicht als Folge der Reiznng
der ganzen Substanz Hast B. die bekannten Zuckun-
gen erscheinen. Nach Abtragung derselben an einer
Stelle, deren Reizung bestimmte Mnskelgrnppen in
Bewegung setzen, nnd dann vorgenommener Reizung
der weissen Substanz waren dieselben Zuckungen
aofgetreten. Wurde mit einem Ldffelchen die Ober-
fllehe des vordern Theilea des Gehirns entfernt, and
dann das blosgelegte Corpus striatum gereizt, so
wurden keine Contraktionen beobachtet, reizte man
aber die unmittelb&r daran vorbeiziehenden Fasern,
so wurden Bewegungen an der entgegengesetzten
Seite der vordern Extremitlt hervorgerufen , noch
weiter nach aussen wurden die vom Facialis erreg-
ten Muskeln innervirt. Die bei Reizung der Hirn-
oberfllche auftretenden Muskelcontraktionen sind,
sagt Vf. , also nicht Folge der Reizung der grauen
Substanz , sondera der in sie hineintretenden Faser-
zllge. In Bezug auf die Erklftrung der gefundenen
Thatsachen schliesst sich Vf. weder Hitzig ’s Mei-
mmg an, der die Bewegungen fiir eine Folge direk-
ter Reizung motorischer Stellen derHirnrinde erkllrt,
nooh lllsst er S c h i f f ’s Hypothese gelten, der die
Vorglnge als reflektorische auffasste.
J)as Neueste , was E. Hitzig (4) auf diesem
Gebiete verSffentlichte , ist wesentlich polemischer
Natur. Da es aber mancherlei Berichtigungen nnd
thats&chliche Widerlegungen der bereits von uns re-
ferirten Arbeiten bringt, so mfige hier knrz das
Hauptsichliche a us dieser Arbeit wiedergegeben
werden.
Die von Hermann angeffihrte Thatsache, dm*
der Erfolg der Reizung ausbleibt, wenn man die der
Elektrodenstellung unmittelbar anliegende Hirnpar-
tie funktionsunfohig macht, llsst H. gelten, ohne je-
doch die daraus gezogene Schlussfolgerung H.’s,
dass die Hitzig ’schen und F r i t s c h ’schen Ver-
snche zu keinerlei Schlflssen hinsichtlich der Funk-
tionen der Grosshimrinde berechtigen, anzuerkennen.
Aus Citaten seiner (Hitzig’s) frttheren Arbeiten
geht hervor, dass dem Worte „ Centrum" nur der
Ausdnick ftlr die erregbarste Stelle gegeben worden
ist, dass ferner die Erregbarkeit der Rindensubstanz
weder bewiesen noch bestritten ist und dass endlich
die Erregbarkeit des faserigen Theiles der Ueber-
gangszone wahrscheinlich ist. Somit wire der An-
griff Hermann’s, soweit er die vom Vf. angeb-
lich behauptete Erregbarkeit von Centren oder die
ganz oberfllchliche Lage der erregten Theile betrifft,
gegenstandslos.
Ferner zeigt Vf., dqsa H. im Unrecht ist, wenn
er behauptet, Fr. und er haben nur den elektrischen
Reiz als al/einigen ftlr das Zustandekommen der be-
kannten motorischen Erscheinungen bezeichnet, dass
die frttheren Autoren vor ihnen sicher hinten am Ge-
hirn trepanirt hltten, sonst hfitten sie die erwlhnten
Erscheinungen linden mtlssen , und endlich , dass er
und Fr. ausdrilcklich die schwachen von ihnen ange-
wandten Stromstlrkenbetonten, man ihnen also nicht
vorwerfen kflnne , dass sie mit starken StrOmen ge-
arbeitet hltten. H e r to a n n |kann sich ferner nicht
denken, dass ein motorischer Apparat nachl4Tagen
wiederhergestellt sein sollte, und zwar in Folge seiner
L&bmungsversuche, Hitzig aber macht darauf auf-
merksam, dass die Thiere noch krank waren (vergl.
Soltmann, Jahrbb. CLXIX.p. 12flg.) u.dass man
sich im Uebrigen an die Eriahrung der aufflllig schnel-
len Restitution verloren gegangener centraler Funktio-
nen gewOhnen mttsse. Unbegreiflich aber wire es,
wenn die auf Verletzungen an der Oberfllche hervortre-
tenden Erscheinungen durch eine in wenigen Minuten
bis in die Tiefe dringende Entzflndung bedingt seien.
Dm ttbrigens den Verdacht einer etwaigen Entztln-
dung ganz auszuschliessen , machte Hitzig den
Vereuch, die Oberf&che des Gyrus sigmoid, bloszu-
legen und in ein Centrum ffir eine Extremitlt mit
einem feinen, spitzen Scalpell einzustechen. Das Re-
sultat war, dass das Muskelbewusstsein einer oder
beider Extremitlten jetzt sofort gestdrt war; eskann
dabei von einem Entztlndungsvorgange selbstver^’
stindlich keine Rede sein.
/ *
Zweitens wendet sich Hitzig gegen Brant*'
(s. oben) befreffs der Empfindlichkeit der Dura. Da
aber B. zugiebt, dass die Dura sensible Fasern
ftthrt, so ist damit die Meinungsdififerenz erkllrt.
H. beobachtete , wenn man die Dura berflhrte, dass
die Thiere einen Satz machte n.
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I. Anatomie u. Physiologie.
Wlbrend diese Einwftnde rein sachlieher N&tnr
waren , wird Vf. in dem letzten Theil seiner polemi-
schen Arbeit gezwungen , persOnlich zu werden, um
die Art undWeise zu charakterisiren, wie Carville
and Duret mit seinem literarischen Eigenthnm am-
zugehen belieben.
Es ist natflrlich hier nicht der Ort, n&her daranf
einzugehen, nnd bemerken wir nnr, das8 H. die Art
und Weise, wie jene Herren bemtlht gewesen, firem-
des Eigenthnm far eignes auszugeben , in gebflhren-
der Weise gebrandmarkt hat.
Dr. G 1 i k y ans Moskau (5) versncht den Wegen
anf die 8pnr zu kommen , anf denen die Fortpflan-
znng des Reizes an der Gehirnoberflftche geschieht.
Der Beweig, den er gegen die ,,centraleNatur dieaer
motorischen Apparate“ vorbringt, wird von ihm
selbst nnd mit Recht nicht als gfichhaltig anerkannt.
Dags der motorische Effekt bestehen bleibt, wenn
eine gleichzeitige Reizung des N. ischiad. stattfindet,
beweist nichta gegen eine centrale Natnr.
Betreff8 Verfolgnng der Frage, ob dnrch Strom-
schleifen die grossen Ganglien , besonders das Corp.
striat. , getroffen werden , legte Vf. Horizontal- nnd
Frontalgchnitte dnrch beide Hemisph&ren und reizte
die Schnittstellen mittels deg Indnktionsgtromes. Bei
sSmmtlichen Vereuchen erwieg sich das Corp. striat.
reaktionslos , so daas daggelbe mit den motorischen
Effekten derartiger Reizvergnche im Wesentlichen
wobl nichts zu thun hat. Auf Frontal&hnitten in
der Ebene des Centrum fUr die Lippe erfolgte bei
Reizung einer Stelle direkt nach aussen vom Corp.
striat. in dem weissen Markstreifen , der um jenes
Ganglion umbiegt, Reaktion. Beim Anlegen von
Frontalschnitten in der Ebene zwischen dem Centrum
ftlr Vorderpfote und Lippe, erfolgten isolirte Be-
wegungen der entgegengesetzten Seite an einer Stelle
deg weissen Markstreifens, weleher das Corp. striat.
von anssen umgiebt. Horizont&lschnitte durch eine
oder beide Hemisph&ren mit Erflffnung des Seiten-
ventrikels batten auf Reizung der weissen Faserung
des Stabkranzes im mittleren Theile Bewegung der
gegenliberliegenden Vorderpfote, im vorderen Theile
der Oberlippe und des Unterkiefers zur Folge. Die
erregbaren Wege des Stabkranzes ziehen vom &usse-
ren Rande des Corp. striat. unter demselben nach
hinten und, wiees scheint, nehmen sie ihren weiteren
Verlauf im Bereiche des medialen Theiles der Hirn-
schenkelfusses. Sagittate Schnitte in der Mittellinie
nach hinten bis zu den hinteren Hdckern des Corp.
qnadrigem. heben bei Reizung den motorischen Effekt
der erregbaren Wege der Vorderpfote nicht auf, so
ass die Kreuzung wohl weiter nach hinten statt-
► ben muss. Um die Kreuzunggstelle der Wege ftlr
-..e Vorderpfote naher zu studiren, legte Vf. Schnitte
durch eine Halfte der Medulla oblongata und reizte
dann die Hirnoberflache. Von 2 gelungenen Fallen
trat bei einem vor dem Schnitte auf Reizung Streckung
der entgegengesetzten Vorderpfote auf, nach dem
Schnitte rechts zwischen Tuberc. acust. und Calam.
scriptor. trat auf Reizung der linken Hemisphlre
8treckung der rechten Vorderpfote auf, beim Sterben
des Thieres veranderte sich die Streckung in Beu-
gung. Aus diesem und dem ahnlichen zweiten Ver-
suche folgert Vf., dass die erregbaren Wege ftlr die
Vorderpfote in die andere Halfte der Medulla spinal.,
wenigstens theilweise unterhalb der oben genannten
Ebenen der Medulla oblong, tlbergehen, und dass die
Wege ftlr die Streckung inderReizbarkeitpravaliren,
aber rascher absterben. Wenigstens zeigte sich bei
Reizung der Hirnoberflache bei einem Thiere , wel-
ches durch Verblntung zu Grunde ging, dass sich die
Streckung in Beugnng verwandelte.
Die neueste Arbeit Brown-86quard’s (6)
zeigt im ersten Theil, dass, nachdom der obere Theil
des Gehirns blosgelegt ist und man in der Gegend
der Mittellinie in einer Ausdehnung von 2 — 3 Ctmtr.
beim Hunde oder Kaninchen mit dem Brenneisen
reizt, die Augenlider theilweise geschlossen, die Pu-
pille verengert , die Conjunctiva gerOthet sind , ja,
dass auch am Ohre, dem Gesichte und derNase der-
selben Seite die Erscheinungen, welche derLahmung
des 8ympathicu8 folgen, hervortreten.
Aus einer Reihe ausftlhrlich mitgetheilter Eipe-
rimente schliesst Vf., dass eine thermische Erregung
der Oberflache des Gehirns in seinem oberen Theile
eine Lahmung des Svmpathicus oder wenigstens eines
grossen Theiles seiner ocularen, auricularen und
Facialfasem erzeugt. Der Grad dieser so erzengten
Lahmnng ist verschieden je nach der Grdsse der Ge-
hirnflache, die man mit dem Brenneisen reizt. Auoh
die Reizung der Dura- und Pia-mater haben diese
Erscheinungen , die in der Mehrzahl der Falle vor-
flbergehender Natnr sind, zur Folge. Die Reizung
der weissen Fasern vor und fiber dem Seitenventrikel
und der Wande desselben Ventrikels riefen ebenfalls
jene Erscheinungen hervor. Die Frage nach der
Entstehung dieser Erscheinung l&sstVf. zum grOssten
Theil bier noch unerOrtert , inn sie bei spiiteren 8tu-
dien genauer zu erw&gen, spricht aber die Ver-
muthung aus, dass wie alle Paralysen centralen Ur-
sprungs aucb diese begrUndet sei in einem Hem-
mungsphanomen , welches in den Ursprungszellen
der Fasern des Sympathicus an der Basis des Ge-
hirns und im Rllckenmarke entstehe.
Eckhard (7) endlich stimmt in seinen Ver-
snehen mit Kttlz (s. Jahrbb. CLXIX. p. 13) tlber-
ein und hebt hervor , dass Lupine, der in dieser
Frage zu positiven Resultaten gekommen ist, die
Thiere curarisirt hat. Der Einfluss des Curare auf
die Speichelsekretion ist bekannt, und sind daher die
Resultate des franzflsischen Forschers mit Vorsicht
aufzunehmen. Bei Eckhard, der die Thiere
nicht narkotisirte , blieb sogar eine Vermehmng der
Speichelsekretion aus, wenn die Muskeln des Facialis
dnrch anhaltende Contraktion den allgemeinen Teta-
nus ankttndigten. Bei Eintritt des letztern jedoch
tropfte der Speichel reichlicher aus den eingeftlhrten
Kanfllen.
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8
L Anatomie u. Phyaologie.
B. PaOuUogmMn.
1) Hertzka, Carl: ErweMningsherd in Gyro*
poztfrontalis. Ein Beitrag nr Lokalisatlon der Gchirn-
funktionen. (Deutgch. Arch. f. kiln. Med. XIV. 3 u. 4.
p. 459; XV. 1. p. 112. 1874).
V) Gelpke: Ueber einen Interessanten Pall von
HftmbsceaB (Dentsch. Ztechr. f. prakt. Med. 32. 1873).
3) Gliky, W. : Zur Pathoiogie der Grosshirnrlnde
(Deutsch. Arch. f. kiln. Med. XVL 6 u. 6. p. 463. 1875).
Auch die Pathologen regen sich lebhaft, nm den
ebenfalls zuerst von Hitzig betretenen Weg , aus
den klinischen Erscheinungen Rttckschllisse auf die
Erregbarkeit des Groashims zu ziehen, weiter zuver-
folgen. Aus frttherer Zeit haben wir hier zunflchst
den Fall von Hertzka (1) anzuflthren, der einen
Buchhllndler von 61 Jahren betrifft, welcber eines
Tages pletzlich sehr starken Kopfschmerz Links an
einer umschriebenen Stelle flber dem Tuber frontale
verepilrte, so dass cr taumelte.
Nach 3 Tagen konnte er noch mit dem von Zucknn-
gen befallenen rechten Arme eine Abechrtft „k8ngtleri*ch u
assfhhren. Nach Verlsnf von einigen Tagen bedel da*
Zittern die rechte Hand , bo daes sie anch in ihren Be-
wegungen beachrSnkt wurde. Tags daranf bedeutende*
Zittern der rechten Hand mlt Ausw3rtsrotirung des rech-
ten Armes. Bewusstsein atets intakt. Im Bein derselben
Seite und im Sprnnggelenk Schmerzen, Zuckungen in
alien Schalterblattmuskeln rechta. Kraftaosiernng der
rechten Hand beim Drficken sehr gering. Die elektrische
Untersnehung ergab rechte Hyper&sthesie. Das Gedicht-
atea hatte seit Beginn der Erkranknng bedentend abge-
aommen, Atheromatoae der GeflUse war im hohen Grade
wahracheinlich.
Unter Ausschluss einer Beschttftignngsneurose,
der Chorea, der Paralysis agitans und idiopatbischer
Krflmpfe , kommt Vf. in Anbetracht der H i t z i g -
Fritsch-Nothnagel’ schen etc. Experimente,
deren Resultate er bespricht , und unter Hinweis auf
die bekannten Falle von Hitzig, Wernher,
Lupine, Simon zu folgender Anffassung des
Krankheitsprocesses : Die Zuckungserscheinungen
Sind vom Gehira aus bedingt ; nach den erwtthnten
Experimenten ist diese Erscheiming nur bei Reizung
der nach rflckwflrts und der Coronalfissur nahe ge-
legenen Partie des linken postfrontalen Gyrus mOg-
lich. Daber die Zuckungen der rechten, obem Ex-
tremitat , und zwar nur in den Flexoren und Rota-
toren. Daher nur die Schwache, nicht die Lahmnng
der betreffenden Extremitat. Filr diese Lokalisation
spricht auch das Erhalten desBewusstaeins und end-
lich die Abnahme des Gedichtnisses (letzteres nach
F o u r n i 6 ’ 8 Ansichten).
Bei der Frage nach der Art des Reizes glanbt
H. eine Thrombose zufolge Cohnheim’s Experi-
menter) ausschliessen zu mtlsSen und halt es fttr
wahrscheinlich , dass man hier eine Embolie anzu-
nehmen habe , zumal die Affektion pltttzlich und an
der linken Seite aufgetreten sei. Es sei daber ein
Erweiohungsherd im Gyr. postfront, sin. vorbanden
gewesen , welcher dnrcli Affektion einer Endarterie,
wahrscheinlich eine Embolie bedingt gewesen sei.
Der fernere Verlauf der Krankheit spreche ebenfalls
fDr diese Auffassung. Der Tag des plfltz lichen Ein-
tritts der Kopfschmerzen sei wahrscheinlich tie Zeft
der erfdgten Embolie (oder vielleieht Hamorttagie) ,
mat dem Anftreten der Zuckungen nach cinigsa
Tagen habe die Erweicbung begonnen. Die Er-
scheinimgen seien nach 6 Monaten bedentend zurftok-
getreten, der Kopfschmerz sei vollst&ndig gewichen.
Die Behandlung bestand im \ T erbot geistiger Ge-
trinke und in der centralen Galvanisation. Obwohl
die Auseinandersetzung der Art des Reizes sehr viel
Wahrscheinlichkeit filr sich hat, so miJchte dock Ref.
davor w&men, in den Fallen, wo keine Sektion vor-
liegt, so stark hypothetische Schlttsse zu ziehen, da
die ganze Lehre noch zu neu ist, um mit dem hin-
reichenden Grade von Sicherheit das ursichllcbe Mo-
ment anzugeben (vergl. (lbrigens dazu den Fall des
Ref. in Jahrbb. CLXI. p. 114).
Gelpke (2) theilt aus dem Stadt-Krankenhaose
zu Dresden folgenden Fall mit.
Einem 4& J. alten Arbeiter flel aus betrichtilober
H5he ein Ziegelstein auf die Mitte des Kopfes. Karxe
Bewnsstlosigkeit. Kein Erbrechen , kein Ohren- and
Nasenbluten. Wenige Stnnden danach bei der Aufnahm^
wurde eine ca. 3 Ctmtr. lange, quer nach links ver-
lanfende, mSsslg blutende Risswunde oonstatirt , du rch
welche man anf das linke Scheltelbein getangte , an dam
sich eine 2 Ctmtr. lange Qnerfraktur mit Impression vor-
fand. Zwei Tage darauf bemerkte Pat. eine Steiflgkeit
der rechten Hand und am 3. Tage trat ein Sehuttelfrost
mlt 40° Temp, ein, wobei die Steiflgkeit der rechten
Hand zunahm . anch konnte Pat. nnr unverattndtMa
spreeben, hatte aber das Gedachtniss fur die Worte,
welche er sagen wollte, nicht verloren. Durch die darauf
vorgenommene Trepanation wurden mehrere auf der
Dura liegende Knochensplitter und das 2 Ctmtr. mesrnnde
Stfick des Os parietale fortgenomraen. Doch die SchwAche
der Extremitat ging nicht zuriick, es trat so gar noch
Faoialislabmung selbigen Tages hinzn. Am folgenden
Tage begannen auch Lahmungssymptome der rechten
nntern Extremitat , die Umgebung wollte Zuckungen Im
Geslcht nnd Arm beobachtet haben. Anch die Punktton
der Dura war ohne Erfoig und 7 T. nach der Verwundung
starb Pat., obno dass andere deutliche Zeichen der
Meningitis vorausgegangen waren.
Die von Biroh-Hirschfeld ansgefnhrte Sebtion
ergab fflr uns von Bedentung : in der Mitte der 8ofc8del-
h5hle in derHirnsubstanz einen waDnnssgrossen Herd, atch
von der Pia bis in die Markeubstanz ausdehnend and v«mj
schmutzig granrother Farbe, allmalig in die umgebende
Hlrnsubstanz fibergehend. Ucbrigens entsprach die Lage
dieses Herdes der vordern Centralwindung, 2 Ctmtr. nach
aussen von der Mlttellinie beginn end , wfthrend die z welts
Centralwindung nnr in geringem Grade betheiligt war.
In der Wurzel der zweiten Hirnwindung sass ein erbsen-
grosser , von capillaren Extravasaten durchsetzter grau-
rother Erweichungsherd . welcher mit dem ersten Berd
nicht znsammenhing. Im Qbrigen Getatra Zeichen von
Meningitis. In kelnem HimgefXsse ein Embolus.
G. betrachtet daber die Affektion der erstea
Centralwindung als Gnmd fflr (fie am 4. Tage auf-
getretenen Convulsionen , filr die seit dem Scbttttel- r j
frost vorhandene ataktisclie Aphasie, ftlr die partie Ilf
Facialisl&hmung und fttr die Parese , reap. Paraly^
der rechten obem und untern Extremitat. Er schliose- 1
mit einer Vergleichung seines und des Hitzig ’sche,
bekannten Falles von Gehimabscess, welch letzterei
6 Ctmtr. von der Mittellinie entfernt , nnr Krautpf-
erschein ungen in den Extremitaten hervorrief, eine
Enohaunug , die Hitzig auf eina Entatodung 4er-
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L Aastamie a. PhysWogie. T
jeajgtn Partien znrtlckftlhrte , die in diesem PhH«
gUnzlich zeretOrt waren.
In Betreff eines weitem Fallea , den G 1 i k y (3)
boaebreibt, verweiaen wir, um Wiederliol ungen zu
vanneiden, auf Jahrbb. GLXX. p. 24, wo Kir-
winkel ein Referat desaeiben gegeben hat. Er-
wfthnen wollen wir bier nor den Schlusasate dee
Vfa. : Die Erkrankung der Groashirnrinde und der an-
liegenden Theile der Frontal- and Parietal windungen
rernrsacbte in diesem Fade die KrtLmpfe and spate r
die Pareaen in den Moakeln der ganzen entgegen-
geeetzten Kftrperhalfte. Also spreobe dieser Fall za
(inns ten der Hitzig ’schen Lehre von der Existeoz
einaelner motorischer Apparate anf der Groaahirn-
rinde oder is der Nftbe dereelben.
329. Miaabildungen am Endgliede der
Extremitftten ; von George J. Bull (Boston
Jonm.iC.lll. 11. p. 293. 1875) u. Prof. Nicaise.
(Gaz. de Par. 40. 1876).
1) Der von G. J. B n 1 1 beechriebene und durch
eine Abbildung erlAnterte Fall zftblt im Allgemeinen
znr FolydakiyUe , iet aber richtiger ala tipaltung
des Fusses zu bezeichnen, welche Miaabildung zwar
bei Hufthieren hkufig genug angetroffen wird , beim
Manse ben aber so selten ist , dass Geoffroy St.
Hilaire (T&atologie 1. p. 695. 1832) noeh keinen
sicher conatatirten Fall kannte.
Ein am 6. Mai 1876 in Worcester geborenes Madcben
erschelnt sonst durchaas wohlgeformt ; nur ist die linke
Behamlippe von Gebart an doppelt so gross als die reehte
tad die linke tmtere Extremitat ist am Oberschenkel , am
Kate und auch noch am obera Theile des Uuterschenkela
voluminoaer als die reebte, nicht etwa durcb grosseres
Volumen der Kaochen , sondern offenbar in Folge von
Mas kelbypertro ph i e . Dazo gesellt sich non noch folgende
Miaabildung des linken Fusses. JUerselbe bat nur one
Ferae, iBt aber nacb vorn getheiit oder gespalten, so dass
ein vorderer und eiu hinterer Fuss untersebieden werden
kann. Der vordere Fuss mit einer grossen Zebe und vier
klernen Zehen , die regelmaasig gestaltet und aneinander
jereihet sind, bat die Bteilung wie bei einem hoebgradigen
IClotnp fusee. Der innenrand dieses Fusses stdsst an die
Ferae. Unterhalb dieses vordem Fusses verliiuft die
•Crummung des zweiten, bintern Fusses , der seebs wohl-
jeformte Zehen tragt, die den fnnf Zehen des vordern
Fosses gegenuber Uegen. Die Plantar ttachen bolder
tebenreihen sind eioander zugekehrt ; werden aber dnreb
iineGrubeoderFurcbe auseinandergehalten, diezwischen
ier kleinen Zebe des vordern Fusses und der augrenzen-
len ersten Zehe des zweiten Fusees anfangt , nach ein-
varts verlanfend breiter und tiefer wird , nm den Meta-
anus der grossen Zebe des vordern Fusses sich hernm
debt und endiioh zwischen der Ferae und dent Innen-
Mde des vordern Fusses endigt. Die Zehen sind an
widen Fusaen ganz frei und theiiweise aueb die Plan tar-
lac ben , an der grossen Zehe des vordern Fusses wenig-
ins tdi a us hintere Ende des ersten Mittelfussknocbens.
Me Plantarttache dee hintern Fusses ubersieht man last
tanc und sie hdrt dergestalt an der Fetae auf , dass sich
debt siober angbben lasst , zu welchem der beiden Fusee
'•s Ferae eigentiieh gehOrt. Unter den aechs Zehen dea
intern Fosses ist kelne grosse Zebe ; am langsten ist die
vrletate Zebe, welche der vierten Zehe dee vordem
buses gagea&ber liagt. Alte elf Zehen sind ubiigens ge-
lArig gefonat, nirgends scbwimmbautartig verbnnden.
Me mbs Zehen des hintern Fusses scheinen sinh nicht
Ml zn bevtgM , awon die Zehen daa raedern Pusses in
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Streckung Oder Beogoug gerathen ; dock sofaeinen sie be-
sondere Mittelfuse knochen zu baben.
Von einem Veraeben wahrend der Bofawangersokaft
weiss die Matter des Made hens nichts.
2) Die Missbildung, welcbe Nicaise an beiden
H&nden eines 4 ljfthr. Mannes, der am 5. Mbrz 1870
im Saint- Antoinespitale starb, nntersuchen konnte,
ist aach Geoffroy St. Hilaire (T6ratologie I.
1832. p. 676) eine Ektrodaktylie (sxxfjoeiv,
pei-dere), womit das Fehlen eines Fingers oder auch
melirerer Finger, also ein der Polydaktylie ent-
gegengesetzter Zustand, bezeiebnet wird. Der Kflrper
zeigte sonst keine Missbildung , ausser dass beide
H&nde von Qeburt an keinen Mittelfinger hatten.
Dabei ist aber die Anordnnng der Skelettheile (Mittel-
hand nnd Phalangen) an beiden H&nden verschieden-
artig.
Reehte Hand. Am Daumen ist derMittelhandknocheu
gleich wie die erste Phalanx stark entwickelt ; die zweite
Phalanx bildet nur einen mit einem geepaltenen Nagel be-
deckten Hocker.
Der Zexgefinger ist der langste Finger; die sweite
Phalanx stebt rechtwinklig gebeugt auf der ersten nnd
lasst sich nicht ganz in Streckung bringen.
Der dritte Milttlhandknochen ist kurzer als der zweite.
Er tragt eine erste Phalanx, die jedoch nicht seiner Acbse
folgt, sondern rechtwinklig nacb der Ulnarseite abbiegt
nnd durcb sein unteresEnde mit demKopfchen des vierten
Mittelhandknocbens und der anstossenden Phalanx arti-
kulirt. Ein Mittelfinger ist also nicht vorhanden. Durcb
die querliegende erste Phalanx wird aber der vierte Finger
ganz ulnarwarts gedrangt und der zweite n. vierte Finger
steben deshalb sebr weit auseinauder.
Der Ringfinger bat einen Mittelhandknochen nebat
einer zweiten und dritteu Phalanx. Der Finger ist recht-
winklig nach der Hohlband umgehogen und kann nicht
in Streckung gebracht werden. Die querliegende reebte
Phalanx vom drltten Mittelhandknochen artikulirt zugieich
mit den Mittelhandknochen und nut der aweiten Phalanx
des Ringfingers.
Der kleine Finger bat seinen Mitteliiandknochen and
seine drei Phalangen , von denen die letzte in etwas ge-
bengter Stellung stebt.
Die Sehne vom Extensor digit! medil verliert sich mit
einem Theile im fibrindsen Gewebe an ontem Ende des
dritten Mittelhandknocbens, die ubrigen Faeern aber
biegen rechtwinklig ab und vereinigen sich mit der Streck-
sehne des Ringfingers. In gleichcr Weise wenden sich
die Sebnen der Flexoron dee Mitteifingers am nntern Eade
des dritten Mittelhandknocbens nach der Palmarflache dea
Ringfingers n .d vereinigen sich mit den Beugeraehaen
dieses Fingers. Auch dieAeste derArterien und Nerven,
die dem dritten Mittelhandknochen folgen , begeben sich
weiter zum Ringfinger.
In der Sammlung des Amphithtktre d'Anatomie dea
hopitaux fand Nicaise ubrigena ein ganz abnliches Pra-
parat, nur mit dem Unterschiede , dass hier der dritte
Mittelhandknochen sehr dick und der vierte verhiltniss-
massig dfinn ist und dass ferner der querliegende Knochea
am KOpfchen dee vierten Mittelhandknochens ohne wahr-
nehmbare Abgrenzung direkt in die erste Phalanx des
vierten Fingers sich fortsetzte. Danach kann es wo hi
keinem Zweifel unterliegen, dass inNicalse’s Falle der
qnerliegende Knochen der ersten Phalanx das fshleadea
Mitteifingers entspricht.
Linke Hand. Der dritte u. vierte Mittelhandknookeu
sind hier weniger voluminos als sonst. Ihre Verbindnngen
rait der Handwurzel erfolgen in normaler Weiae. Nach
ab warts stossen die KOpfchen beider Knochen aneinander;
■ie sind Jedoch nicht mit efaumderverschmolcen, v tohna h r
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t II. Hygieine, Diktetik, Pharmakologie a. Toxikologie.
— nach der Abbiidnng — durch fibrose Querf&sem ver-
bunden and auf den Kopfchen beider, doch in grdsserer
Ansdehnung anf dem Kopfchen des vierten Mittelhand-
knochens , artikulirt eine ansehnliche erste Phalanx, anf
die noch eine zweite und dritte Phalanx folgen. Dieser
Finger scheint also wesentlich denRingfingerdarznstellen,
so dass ein Mittelflnger fehlt. Indesaen darf doch nieht
ubersehen werden , dass dieser Finger — nach der Ab-
bildung — der langste der linken Hand ist, als ware er
ein Mittelflnger. Uebrigens ist die zweite Phalanx dieses
Fingers nnter einem Winkel yon 110° gegen dieHobLhand
gebengt. (Theile.)
II. Hygieine, Diatetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
330. Ueber die Pepsinsorten des Handels;
von R. T. Edes, Prof, zu Boston. (Boston med.
and surg. Joum. XC. 7. fl. 3. Jan. 1875.)
Allen in Europa kkuflichen Pepsinsorten von
Boudault, Morson, Beale u. A., welche theils
a ns abgeschabtem and getrocknetem Magensckleim,
theils aas wenig Pepsin mit Peptonen , etwas Milch-
skure und viel Stkrkemehl besteken, ziekt Vf. das
von Sckeffer in Louisville durck Maceration des
Absckabsels der Sckleimkaut des Sckweinemagens
mit angeskuertem Wasser und Precipitation des
Pepsins mit Chlomatrium erkaltene und in Amerika
allgemein gebrkuchliche Prftparat vor, wovon 10
Grains 120 Grains (ca. 0.60 : 7.20 Grmm.) geron-
nenen Eiweisses in 4 — 6Std. ldsen. Nach derselben
Vorsckrift ist gestkndlick auch Procter’s und
h&chst wahrsckeinlich Hawley’s Prkparat dar-
gestellt; beide wirken sehr energisch , wkhrend das
„Aromatic Liquid Pepsins" ebenso wie die fran-
zosiscken Sorten keine besonders ausgesprockenen
eiweisslbsenden Eigenschaften besitzen. Alle Sorten
wurden in bekannter Weise genau nach derselben
Methode geprtlft. Schwer zu vermeidende Differenzen
in den wkhrend des Trocknens eingekaltenen Tem-
peraturgraden sind vielleickt an der Thatsache, dass
Procter’s Prkparat nkchst dem loslick-aromati-
schen das wenigst wirksame war, schuld.
Femer betont Vf. die auch von anderer Seite
her [besonders von CorvisartlJ hervorgehobene
Unmdglichkeit , Pepsin, ohne seine Kraft abzu-
schwkchen oder aufzuheben , mit Strychnin , Chinin,
Wismuth, Leberthran, Kalklaktophosphat u. Liebig’-
schem Fleischextrakt zu combiniren, aufs Neue. Be-
sonders ist vor Zusatz von Wismuth zu Pepsin zu
warnen. Letzteres wird nkmlich nicht nur durck
den Contakt mit dem die Wismuthsalze in Loeung
haltenden Alkali unwirksam, sondern auch durck die
Wismuthsalze selbst prkcipitirt, so dass ein aus
Strychnin, Wismuth und Pepsin bestekendes anti-
dyspeptisches Elixir nach Vfs. Experimeuten auch
nicht die leiseste Spur eines Eiweisswtlrfels in den
lOslicken Zustand ttberfllhrt. Gleick wirkungslos er-
wies sich ein moussirendes Elixir dieser Art. Auch
in Pulverform dtlrfen Pepsin und Wismuth nicht
gleichzeitig verabreicht werden. Aus einer Ldsung
des Pepsin in kohlensaurem Natron fUllt Alkohol,
weil das Alkali die Wirkung des Pepsin sistirt, eine
Substanz , welcher eiweissverdauende Eigenschaften
g&nzlich abgehen. Alkohol an sich macht Pepsin
nur, wenn er in grossen Mengen und concentrirtem
Zustande zugegen ist, unwirksam, wkhrend kleine
Alkoholmengen die Peptonisirung nur verlangsamen.
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Pepsinwein verliert beim Kochen seine milchcoagu-
lirende Eigenschaft, nicht erhitzter verhklt sich wie
eine angeskuerte Pepsinloaung und ist nichts weniger
als stark wirksam. Schltlsslich bespricht Vf. die zwi-
schen der normalen Magen- u. der ktlnstlicken Pep-
sinverdauung bestehenden, sehr erheblichen Unter-
schiede , ohne wesentlich Neues zu bringen. Man
hat zur Unterstfltzung der Pepsinwirkung eifirigst
dafttr zu sorgen, dass im Mageninhalte eine freie
Skure zugegen ist. In diesem Falle gelang es Vf.
mittels einer nur 0.03 Grains Pepsin entkaltenden
Losung 1500 Grains Ei weiss zu peptonisiren. Auch
KUchensalz prkcipitirt das Pepsin ; Letzteres verliert
liierbei aber so wenig seine ldsenden Eigenschaften,
dass 20 Grains Pepsin 4000 — 5000 Grains Eiweiss
zu peptonisiren im Stande sind. (H. K 6 h 1 e r.)
331. Nene Methode, krystallisirtes Digi-
talin darzustellen ; von Ch. Tanret. (Bull, de
Thdr. LXXXIV. p. 210. 15. Sept. 1875.)
Vf. geht von der Betrachtuug aus, dass die An- ;
nahme Soubeiran’s und Nativelle’s, wonach
Digitalin in den Fingerkutblkttem als gerbsaures
Salz enthalten ist, nicht zutreffen kdnne, weil durcb
Bleiacetat aus wftssrigen oder alkoholischen Digi- ,
talisextrakten zwar ein Niederschlag erhalten , aus j
letzterem jedoch ohne weiteres dui'ch einfache Be- t
handlung mit Alkohol oder Chloroform das Digitalin
•wiedergewonneB und nochmals durch Tannin prkci-
pitirt werden ktinne. DieExistenz eines schon durch
gewohnliche Losungsmittel zersetzbaren Digitalin-
salzes sei nichts weniger als wahrscheinlich. Viel-
mehr glaubt Vf. an der Ansicht festhalten zu mllsseu,
dass das Digitalin in den Blkttern theils im freien
Zustande, theils an eine Skure, welche mit der Gerb-
skure nicht identisch ist, gebunden vorkomme und
basirt hierauf folgende neue Methode, krystallinisches
Digitalin darzustellen.
Grobgepulverte Digitalisblatter werden mit gleichen
Gewichtstheilen 26° Alkohols im Verdrangnngsapparate
erschhpft , wobei zu bemerken ist , dass das allermeiste
Digitalin in die znerst ablaufenden 3 Viertel des alkoboli-
Bchen Auszuges iibergeht. Diese werden mit '/i» ibres
Gewichtes Cbloroform in einem oben mit Glasstopfen ver- ,
achiiessbaren Scheidetrichter gescbicbtet and nach Ver- 1
schiuss des letzteren kraftig geschuttelt. Nach dem Ab- f
setzenlassen wird der geklarte (spec, schwerere) Chioro- .
formauszug , in welchen Digitalin , Digitalein und die im I
rothen Fingerbute cntbaJtenen fettartigen Substanzeiij
fibergehen, abgeschieden und das Verfahren mit neu zu- I
gegebenem 'j m des angewandten Gewichts Chloroform
nochmals wiederholt. Der rothbraune Chloroformansang
wird im Bcheidetrichter absetzen gelassen und die klaren,
on ten stehenden */ 4 abgelasse.i. Man sohuttelt ihn, om
Alkohol zu entfernen, wiederholt mit gleichen Gewichts-
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II. Hygieine, Difttetik, Pharmakologie n. Toxikologie.
theilea Wasser und ffigt, nachdem das Wasser abgeschle-
tlen ist, ein gleiches Volumen concentrirter Tanninlosnng
[in welchem Menstruum?] hinzu, sammelt den entstande-
nen Niederschlag , erechfipft ihn mit Chloroform und lost
schlusslich das so gewonnene und gereinigte Tannat in
TOgradigein Alkohol. Wird die flltrirte alkoholische
Lfisung hierauf mit frisch gefalltem Qnecksilber- oder
Zinkoxyd langere Zeit digerirt, wiederholt geschuttelt und
absetzen gelassen , so fallt gerbsaures Quecksilber- Oder
Zinkoxyd zu Boden und das reine Digitalin [?] geht in
Lfisung. Letztere wird flltrirt und, bis sie farblos gewor-
den , mit Tkierkohle behaudelt, nochmals flltrirt und zur
Krystallisation gebracht. Bei schneller Verdampfung re-
sultirt das Digitalin in aus central angeordneten Krystall-
nadelchen bestehenden K5rnern, bei sehr langsamer Ver-
dun stung wird es in grosseren Nadeln erhalten. Wenn
sich nichts mehr ausscheidet, wird die Mutterlauge von
dem unloslichen , krystallinischen Digitalin abgegossen,
letzteres abgepresst und mit Wasser, welches nur das Di-
gitalein aufnimmt , behandelt. Den Zeitpunkt, wo alles
Tannin bei obiger Manipulation dem Digitalin entzogen
und an Quecksilber- oder Zinkoxyd gebunden ist , erfahrt
man leicht, indem man von der klaren, fiber dem metalli-
BCben Pracipitate stehenden alkoholischen FIfissigkeit einen
Tropfen mittels Glasstabes auf reines Filtrirpapier tropft
und dem sich hildenden mehr oder weniger gefarbten
Fleck einen Tropfen (verdfinnten) Eisenchloridliquors zu-
ffigt. So lange als noch eine Spur Gerbsaure in der alko-
holischen Losung vorhanden ist, bildet sich ein blau-
schwarzer Fleck. In gleicher Weise kann man kaufliches
[Homolle-?] Digitalin auf einen Tanningehalt prfifpn,
welchen Vf. In 2 Proben constatirte.
Vf. glaubt, dass sein Verfahren, welches An wen-
dung aller starkwirkenden Reagentien vermeidet,
auch zur quantitativen Bestimmung des vielleicht
nach Standort, Vegetationsperiode und Zeit des Ein-
sammelns variablen Digitalingehaltes brauchbar sein
werde.
Zu bemerken ist noch, dass Digitalin aus sauren
Lfisungen leicht und vollstllndig durch Schfltteln in
Chloroform flbergefllhrt werden kann , sehr schwer
nnd unvollstftndig dagegen bei Gegenwart freien Al-
kalis. Aus saurer Ldsung kann durch Zusatz kohlen-
sauren Natrons ein Theil Digitalin wieder ausge-
schieden werden; bei Behandlung mit Chloroform
geht dann stets nur Vtooo Digitalin in letzteres liber.
Der Ersatz des Tannin bei obigem Verfahren durch
Alkali ist daher wenig versprechend, abgesehen da-
von, dass die Mdglichkeit einer particllen Zersetzung
des Digitalin bei Contakt mit freiem Alkali nicht
ausgeschlossen ist. Neben dem Digitalin geht noch
0.015 Grmm. per 1 Kilo Blitter einer in Aether
Idslichen , fettartigen Substanz in Chloroform tiber.
Ueber die Digitalinreaktionen (Chlorwasserstoff,
Grandeau’ sche Reaktion mit Schwefelsiure und
Bromwasser) bringt Vf. das Bekannte. Schlllsslich
veraichert Vf. , dass es nun ein Leichtes sein werde,
sich behufs anzustellender toxikologischer oder the-
rapeutischer Versuche ausreichende Mengen krystalli-
nischen Digitalins zu verschaffen. — Ref. bedauert,
dass Vf. auf die neueren deutschen Untersuchungen
Schmiedeberg’s tiber die Digitalinbestandtheile
gar keine Rflcksicht genommen, ja derselben mit
keiner Silbe Erwihnung getban hat. Es wire im-
merhin wichtig , zu constatiren , ob das T a n r e t
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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sche Digitalin mit dem Nativelle-Digitalin, bez. dem
Digitoxin Schmiedeberg’s identisch ist , oder
nicht. (H. Kohler.)
332. Untersuohungen fiber die ortliche
Einwirkung der sog. Adstringentia auf die
Gefisse; von Dr. Hugo Rosenstirn. (J. M.
Rossbach’spharmak. Untersuchungen H. 1 — 2. p. 78.
1876.)
Die unter Rossbach’s Anleitung gefertigte,
an sorgfiltigen Vereuchen reiche Arbeit des Vfs.
darf, sofera sie von den bisher gfiltigen Ansichteu
fiber die in den ilteren Systemen als sicher charak-
terisirt geltende Klasse der gewebs- nnd gef&sscon-
trahirenden Arzneimittel (Adstringentien) abweichende
Resultate zu Tage fbrderte , ein erhdhtes Interesse
beanspruchen. Nach einer literavhistorischen Ein-
leitung lisst Vf. die eigenen Versuche in der im
Nachstehenden specificirten Reihe folgen. Als Unter-
suchungsobjekt benutzte Vf. die Gefasse des Mesen-
terium curarisirter Frftsche.
Nachdem die Preparation des Mesenterium in bekann-
ter Weise ausgeffihrt und genannte, vSllig durchsichtige
und pigmentlose Membran mit wenig Nadeln auf einem
Korkringe so flxirt worden war, dass kein Gefass compri-
rairt wurde und die Cirkulation eine untadelige blieb,
wtirde dicMikrometerskala in dasMikroskop eingeschaitet
und der Dnrchmesser des Blutstromes eines ausgewahiten
Gefasses ete. [nicht der Absta*d der gewohnlich in ibren
Contouren weniger deutlicher Gefass wiinde] sorgfaitig ge-
messen. Hierauf wurde miittels der Pipette ein immer
genau gleich grosser Tropfen der 0.1— 50.0°/ o Logung der
sogleich aufzuffilirendeB Adstringentien auf das Gefass etc.
applicirt, das MetroD»m in Gang gesetzt und die Zeit zwi-
schen Applikation des Mittels und der ersten Verande-
ning am Blutstrmne des gemessenen Gefasses, welche ver-
mittelst des Vikrometers leicht genau gemessen werden
konnte, be’timmt. In angegebener Weise wurden fol-
gende Mi«el gepruft.
I. Argentum nitrieum. Hier trat in der That
in kurzer Zeit sowohl an Venen , wie an Arterien
ohne vorweggehende Erweiterung eine bemerkens-
werthe Verengerung der Mesenterialgefksse , Ver-
langsamung * des Blntstroms innerlialb derselben und
meistens sogar completer Stillstand der Cirkulation
ein. Dabei zeigte sich die bekannte starke Zellen-
fkrbung durch fein vertheiltes Silber sehr stOrend ;
mehrmals wurde bei Anwendung starker und stfirk-
ster LOsungen Anatzung der Gefilsswand bedingt.
Die maximale Verengerung des Gefksses bis auf die
Halite des ursprfinglichen Lumens kam, je nach der
Concentration der angewandteu Lfisung, in 16 — 18
oder 50 Sekunden zu Stande. Argentum nitr. er-
weist sich somit als ein echtes Adstringens im altem
Sinne. Starkes Abwaschen der Praparate mit 6%
Kochsalzlosung stellte in grosseren GefAssen die
stockende Cirkulation wieder her.
H. Aeidum fannieum, gallicum und pyrogal-
licum widersprachen in ihrer Wirkung auf dieMesen-
terialgefAsse des Frosches dagegen den herrschenden
Voratellungen insofem sclinurstracks , als sie nicht
nur keine Verengerung, sondern eine Erweiterung
des Lumens der Arterien , Venen nnd Captllaren
2
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10 II. Hygieine, Diktetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
um dm Doppelte in maxim o hervorriefen (35 Ver-
suche). Regelmftsaig gelang ea, ein durch Tannin
erweitertes GefHss durfh naclitrigliclie Applikation
von Argent, nitr. wiedcr zu verengcra; den Versuch
umzukehren (erst Argent, nitr. , dann Tannin anzu-
wenden) lksst die unter I. erwitimte starke Zellen-
trfibung niclit zu. Die Erweitennig erfolgt aucii
nach Extirpation der Wirbelskule u. Zerstorung so-
wohl dea Rflckenmarka, als des Ilirnes ; sie iat aomit
nicht reflektoriaclier Natur. Endlicb wurde das Herz
durch Ligatur in der Absicht auagescbaltet, um nacli-
zuaelien, ob uuter Auasclduss jeder reflcktoriachen
Beeinfluaaung dea Herzens durch die vom Tannin be-
wirkte Gefhaserweiterung eine Fortbewegimg der un-
beweglich gewordenen Blutsaule hervorgerufen werde
und ob die wabracbeinlich auch hier zu Stande kom-
mende Erweiterung der Gefhsse in demselben Ver-
hftltnisse zur Erweiterung stande, welche bei be-
stehender Herzkraft zu beobachten gewesen war.
Beide Fragen wurden durch das Experiment im po-
aitiven Sinne entschieden. Die gen. Gerbakuren be-
wirkten keinerlei Zellentrttbung.
III. Plumbum aceticum erwiea sich als echtes,
jedoch minder energiaches Adatringens wie der Silber-
aalpeter (17 Verauehe), d. h. ea bewirkte Contraktion
dea Lumens der Arterien und Venen dea Froach-
mesenterinm um 4 MVkromillimeter ; die Capillaren
nnterlagen dieaer Wirkung nicbt, und zweimal fiel
das Resultat auch bei andem Gefkssen — aus nicht
zu ermittelnden Grtlnden — negativ aus. Stillstand
der Cirkulation wie bei Argent, nitr. und Zellen-
trflbung kamen auch nach Applikation dea Bleiace-
tate8 haufig vor. Ein durch letzteres zur Contrak-
tion gebrachtea Gefkss verengte sich, wenn nach-
traglich noch Silberaalpeter aufgetrdpttlt wurde,
noch starker. Bleiacetat erzeugt in charaVteriati-
8cher Wei8e Bildung in der Mittc der Gefksae
aich herumwalzender Coagula von weiaser FaiV.
Setzen aich dieae Gerinnael im GefUsse fort, so nimmt
der Blutatrom , ohne daaa etwa Einachnttrnngen an
den Gefksawknden zu Stande kommen , eine roaen-
kranzfiirmige Gestalt an. Vf. glaubt, daaa daa gen.
Bleisalz die Kiebrigkeit der weiaaen Blutzellen ver-
mehrt und letztere somit ftlr die Bildung von Coa-
gulia pradisponirt.
IV. Ferrum setquichloratum ist gleichfalls ein
Adatringens im altern Sinne, wirkt jedoch weit weni-
ger energiach auf die Gefasswand ein , wie Silber-
nitrat und Bleiacetat ; die 10% LCsung lieferte gar
kein Resultat, vielmehr war eine 50 % L8a. zu gutem
Gelingen dea Veranchea erforderlich ; lOmal aah Vf.
keine Verknderung und wieder lOmal beobachtete
derselbe Verengerung der GefUase um allerdinga nur
3 Mikrommtr. Bei Arterien u. Venen hatte die Ap-
plikation des Emenliquor stets Stillstand der Cirku-
lation in dem gemessenen Gefiaae u. — auffallender-
weiae — Erweiterung der benachbarten Capillaren
(in welchen der Blutlauf gleichfalls sistirt war) znr
Folge. Vf. atellt die Vermuthung auf, daaa Eiaen-
chlorid vielleicht die zarte Capillarwand Iflkmt, wfth-
rend ea die atftrkere Venen- oder Arterienwand reizt.
Die Farbe des Blutes verftnderte aich gleichzeitig ;
das Blut wurde inissfarbig ; mit der gefiissverengen-
den fiel beim Eisenchloridliquor die styptische Wir-
kung zuaammen. Endlicb experimentirte Vf. mlt
V. Alaun, crhielt jedoch nicht mit einander in
Uebereinatimmung zu bringende Residtate , so dass
er ea , bis noch weitcre Versuche gemaclit aein wer-
den , vorlftufig dahingeatellt lasaen muas , ob Alaun
tlberhanpt contrahirend oder erweiternd auf die
Gefhsse des Froscluneseuterium einwirkt. Unter
23 Fiillen bewirkte die Alaunapplikation tlber-
haupt gar keine messbare Verftndening, in 2 Fillen
unbedeutende Verengenmg ohne vorweggehende Er-
weitemng und in 8 Fallen Erweitening ohne nach-
folgende Verengerung.
Beztlglich der Details der sehr fleiaaigen und
nach guten Methoden auagefllhrtcn Untersuchungen
des Vf. muas auf daa Original verwiesen werden.
(H. Kiihler.)
333. Ueber die Beeinfluaaung dea Nerven-
und Muakelayatems durch Silberaulphid ; von
Dr. Antonio Cruci zu Neapel. (Lo Sperimentale
XXIX. [XXXVI.] 12. p. 636. Dicembre 1875;
Gazz. med. Ital. Lomb. 7. p. 64. 12. Febbrajo
1876.) :
Vf. geht , nachdem er eine literarhiatoriache
Einleitung und kritiache Bemerkung fiber die ftlteren
ein8chlagigen Arbeiten gegeben , auf seine meiat an ,
niedern Thieren angeatellten zahlreichen Verauehe
fiber. Zu denselben bediente er aich des in unter-
achwefligsaurem Natron gelSaten Chlorsilbera, wobei !
eine Umaetzung in unterachwefligaaurea Silber und
Chlornatrium atattfindet. Daa Chlorailber fand Vf.
vdllig unwirkaam. Daa Hypoaulphid dea Silbers
schmeckt aflsalich und schon kleine Mengen des Sal-
ze8 theilen dieseu sfiaaen Geaclimack von der Znnge ;
aus dem Muude und Gaumen mit ; ein widerliclier
metalliacher Nachgeschmack dflrfte jedoch daa Salz ’
als Mittel ftir verbrecheriache Zwecke (Giftmord) un-
geeigfiet eracheinen laaaen. Das Sulphid dea Silbers
reizt, bei. fttzt weder die Oberhaut, noch die Schleim-
hiiute und -vird , worin ein weaentlicher Unterachied
vom Nitrate besteht, in verhititniaam&aaig groasen
Gaben vertragen. Subcutan injicirt ruft das Silber-
aulphid leichte Kiutzflndung und Oedem hervor. -
Nach interner Anwendung in toxiacher Dosia aind
nach Vf. 2 Stadien zu unterscheiden. ‘ t
Das A. Kxeitatiormtadium , welches flbrigens
nicht constant vorkommt , fiussert sich bei Frfiacben
ala Tetanus, bei Warmblfltem in leichten Convulsio-
nen. Wegen dieser in Reizung der hintern Rflcken-
markastrilnge und erheihter Erregbarkeit der sen
aiblen Wurzeln begrttndeten tetanisirenden Wirkung
des Silbers wird dieses als „Strichnina minerale" vom
Vf. dem Strychnin an die Seite gestellt. Sensibili- •
tftt , Reflexerregbarkeit und Muakelirritabilitat Bind
w&hrend dieser Periode krankhaft erhflht. In dem i
zweiten oder B. Depremonnstadivm, Welches immer J
k
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Q. Hygieine, Di&tetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
aoftritt , entwickeln rich aus den Reizungszusthnden
inotorische und sensible L&hmungen und ieiten den
tddtlichen Ausgang ein. Die vitalen Funktionen er-
Ifechen hierbei in folgender Reiheufolge : 1) die Ath-
mung ; 2) die Sensibilitat nnd Reflexthatigkeit ; 3)
dasVermdgen, willkilrlicbe Bewegungen auszuftth-
ren ; 4) die Cirkulation ; 5) die Exeitabilit&t der mo-
torischen Nerven und 6) die Muskelerregbarkeit.
Wegen des Erldschens der Reflexe empfangt das
Herz die seine rhythmischen Contraktiouen ausldsen-
den reflektorischen Reize in ungen tigender Weise und
diese Stoning der Kreislaufsfunktion neben der die
Athmung betreft'enden ftlhren eincn in der bekann-
ten Verknderung des Bluts ihren Ansdruck findenden
und das tddtliche Ende bcdingenden apoplektischen
Zustand herbei. Cruci nimmt sonach ebenfalls
Asphyxie, aber nicht durch Verstopfungder Bronchi
mit schaumigem Schleim bedingte Erstickung , wie
Krahmer, an. Die Verlangsamung, welcbe im
Lungenkreislaufe stattfindet, muss Transsudation und
sotnit Aspbyxie und Tod beschleunigen.
Therapeutisch anwenden will Vf. das Silber-
sulphid nur in gewissen Nervenkrankheiten. Bei
Myelitis erzielte er mit demselbeu keine giinstigen
Resultate. Bei Ataxia locomotoria istSilber contra-
indicirt , weil die Endwirkung des Mittels mit dem
durch gen. Krankheit bedingten Zustande identisch
ist. Bei der Epilepsie kann Silbcr Nutzen bringen,
indem es die gesteigerte Krregbarkeit der hintern
Riickenmarksstrknge miudert und iiberhaupt auf die
nervfisen Centra beruhigend einwirkt. Aber nur da,
wo ohne nacbweisbare Veranderungen hflheren Gra-
des in der Marksubstanz eine Hyperexcitabilitkt der
sensiblen Rlickenmarksstninge besteht, kann Silbcr
bei Epilepsie ntttzen. Wo auatomische Lksionen die
Krankheitsursache bilden , schadet gen. Mittel stets.
Bei der Paralysis agitans wurden dadurch nur
zweifelhafte Heilerfolge erzielt. Endlicb bait Vf.
das Silber ftix- voraussichtlich nlltzlich bei nicht von
Ilerzleiden abh&ngigem und ledigiich auf uervbser
Basis beruhendem Asthma. Bei derartigcn Paroxys-
inen wird ein peripherer Reiz durch den Vagus oder
Quintus etc. dem Centrum Ubermittelt , welches von
der Medulla oblongata, bez. dem Athemcentrum aus
centrifugale Erregungen gewisser Athemmuskeln her-
vorruft.
Das Ergebniss seiner Untersuchungen fasst Vf.
folgendermaassen zusammen. Das Silber ist ein das
Nervensystem stark beeinflussendes Gift, und zwar
ist seine Wirkung in erster Linie auf die sensiblen
Centren, namentlich die hintern Riickenmarksstrtlnge,
irerichtet. Vom ersten Augenblicke an erhflht Silber
lie Erregbarkeit der sensiblen Nerven , steigert die
lleflexthktigkeit und durch Reflex zu Staude kom-
nende Erregungen motorischer Nerven , welche im
Tetanus iliren Hohepunkt erreichen. Silber steigert
inch die Muskelirritabilitkt. In der 2. Periode der
oxischen Wirkung handelt es sich um Lakmungen
lcrvoser Centren, z. B. des Athemcentrum. Hier-
•on hSngen wieder ab : Auf httren der Athmung, Be-
eintrftchtigung der Cirkulation bis zum diastolischen
Stillstande des Herzens , Erschlaffung der Herzmus-
kulatur und ein mit der Athmungs- und Cirkulations-
sistirung zusammenh&ngender asphyktischer , zum
Tode fllhrender Zustand. Die Versuche des Vf. rind
nach exakten Methoden ausgefllhrt, lassen rich je-
doch in der Kttrze nicht wiedergeben, weswegen
auf das Original verwiesen werden muss.
(H. Kbhler.)
334. Pharmakologiaohe Untersuchungen
liber Physostigmin und Calabarin; von Dr. E.
Harnack und Dr. L. Witkowski in Strassburg.
(Arch. f. exper. Pathol, u. Pharmakol. V. 6. p. 401.
1876.)
Zahlreicher Untersuchungen unerachtet bestan-
den nochbedeutende Differenzen in den Anschauung^n
ilber die Wirkungen des Calabargiftes. Den Grund
dieses Mangels an Uebereinstimmung in deq Angaben
der Autoren sucben dieVff. einerseits in der Zersetz-
licbkeit des namentlich in Bertihrung mit Alkalien
in einen indifferenten , die Ldsung rothfkrbenden
Kdrper: Rubreserin (Duquesnel) zerfallenden
Alkaloides : Physostigmin , und andrerseits in Ver-
wendung nichts weniger ala rein dai'gestellter and in
ihren Wirkungen genau llbereinstunmender Calabar-
extrakte oder Calabarinpi-ftparate. Schon 1873 hatte
Schmiedeberg ein Calabarin von Merck be-
zogen , welches tetanisirende Wirkungen zeigte , die
sonst dem Physostigmin zugeschriebenen charak-
teristischen Wirkungen auf Pupille, Herz etc. dagegen
nicht hervorrief, wahi’end einem 1876 aus derselben
Quelle entnommenen Pr¶te die tetanisirenden
Wirkungen abgingen , die dem Physostigmin eigen-
thiimlichen dagegen zukamen. Die Reindarstellung
des gen. Alkaloides gelang dem Vff. nach einer der
von dem Entdecker des Physostigmin .Hesse, an-
gegebenen , sehr ilbnlichen Methode. Leider schei-
terten alle Versuche, das Physostigmin im krystalli-
nischen Zustande zu erhalten ; eben so wenig gelang
auch die Darstellung eines krystallinischen Doppel-
salzes nach Aufldsen des Physostigmin in schwefel-
sfturehaltigem Wasser u. Ausfttllen mit Kaliumqueck-
silbeijodid (gegen Hesse). Whhrend nun dieses
Alkaloiddoppelsalz (des Physostigmin) Hesse’s
Angabe conform in Alkohol ldslich ist, fand sich,
dass das aus Grmm. Calabarin von Merck in
analoger Weise erhaltene durch Alkoholbehandlung
in einen lbslichen und einen unldslichen Theil zu
trennen war. Wurde der in Alkohol unldaliche
Theil gehbrig gewaschen, bis der Alkohol nichts
mehr aufnahm, und durch Einleiten von Schwefel-
wasserstoffgas zersetzt, so bildete sich ein vom Physo-
stigmin differenter, aber ebenfalls basisch reagirender
Korper , welchen Vff. „Calabarin“ zu nennen vor-
schlagen und welchem die von gewissen Calabar-
extrakten, bez. Calabarinprdparaten hervorgerufenen
tetanisirenden Wirkungen eigenthtlmlich sind. Die
interessanten chemischen Untersuchungen der Vff.
haben somit zu dem ebenso unerwarteten als wich-
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11. Hygieine, Diktetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
tigen Resulate gefdhrt, dass in der Calabarbohne
2 Alkaloide vorhanden sind : Phyaoatigmin , mit
pnpillenverengeuder , nervenparalysirender und so-
wohl das Herz als die quergestreiften Muskeln be-
einfluasender , und Calabarin , mit tetanisirender, an
die des Strychnin erinnernder Wirkung. Beztlglich
der DarstellungBweisen beider Alkaloide und der
chemischen Manipulationen ttberhaupt muss auf das
Original verwiesen werden.
Das Calabarin ist durch seine UnlOslichkeit in
Aether von Physostigmin unterschieden ; in Wasser
und Alkohol dagegen ist es ebenso ldslich ; weniger
in Chloroform. Nicht nur mit Kaliumquecksilber-
jodid, sondern auch mit Phosphorwolframsaure giebt
Calabarin in Alkohol unlosliche Niederachlkge. Die
Wirkungen desselben auf Frbache stimmen mit denen
des Strychnin (1 herein ; wie bei letzterem folgt auf
den Tetanus sehr schnell sekundkre Lkhmung.
Physostigmin bildet eine amorphe, liarzartige, sprilde,
gelbc Masse, welche grosse Neigung zeigt, sich
nnter Bildung der oben erw&hnten purpurrothen
Farbe zu zersetzen. 1m Handel kommcn Phyao-
atigmin gctaufte Extraktc der Calabarbohne vor,
welche gar kein Physostigmin enthaltcn. Das reinstc
Vff. zugknglich gewesene Physostigmin ist das von
Duquesnel dargestelltc, „Eaerin“ benannte Prk-
parat.
1. Wirkung dea Phyaoatigmin auf daa Nervett-
ayatem bei Frdachen und Sdugethieren. Nach Ap-
plikation von 0.002 — 0.005 Grmm. Physostigmin
zeigen Frftsche, nachdem die durch die Injektion be-
dingte Aufregung vorilber ist, trage und ungeschickte
willkttrliche Bewegungen, wahrend Reflcxbcwegungdn
unbehindert von stattcn gelicn. Spater aussem sich
anch Lahmungen in der sensiblen Sphare und sclbst
die heftigsten Rcize werden nicht mehr empfunden ;
weit spater cessirt die Athmnng , zuletzt nimmt die
Reflexempfindlichkeit ab und schwindet schlttsslich
ganz. Die Erregburkcit der quergestreiften Mus-
keln sowohl auf direkte wie auf indirekte Reizc
vom Nerven aus wird durch Physostigmin nicht auf-
gehoben. In alien Fallen handelt es sich urn eine
direkte , d. h. nicht auf Erregung folgende Lahmung
der Nervencentren in der Rcihonfolgc, dass das Him
(gegen Fraser) zuerst und weit spater erst das
Rilckenmark seiner Funktion verlustig geht. Eine
Einwirkung des Giftes auf die Stamme der moto-
rischcn Nerven existirt eben so wenig als Lahmung
der motorisclicn Nervenendigungen in den Muskeln
— wenigstens nach Doseu bis zu 0.01 Gramm.
Unterbindet man einem Frosche die Arterien einer
Extremitat und applicirt Physostigmin subcutan am
Rumpfe, so zeigt sich bei direkter Reizung der
Nervenstamme, dass die Erregbarkeit in der intakten
Extremitat der in der operirten gegeniiber wahrend
der ganzen Versuchsdauer unvermindert ist und auch
die Reflexbewegungen in beiden Gliedmaassen mit
nnveranderter Kraft stattfinden. Die widersprechen-
den Angaben der Autoren erklaren sich wohl daraus,
dass man Muskeln und Nerven direkt in die einen
hohen Aschengehalt zeigende Extraktlftsung brachte
und hierbei ein allmaliges Absterben derselben con-
statiren konnte. Warmbltlter verhalten sich dem
Gifte gegenflber wie FrOsche, leisten jedoch weniger
Widerstand. Namentlich bei Katzen geht der Lth-
mung der Nervencentren ein in Hin- und Herrennen
und Zunahme der Pulsfrequenz sich aussprechendes
Aufregungsstadium voran, betreffs dessen es Vff. un-
entschieden lassen, ob es auf eine Excitation der
gen. Centren zurtlckzuftlhren oder indirekt durch die
Veranderungen , welche Respiration und Calculation
erfahren, zu erklaren ist. Die Beeintrachtigung der
Respiration tritt bei Warmbltltern besonders deutlich
auf, die durch Lahmnng des Respirationscentrum
hervorgerufene Sistirung derselben ist die Todes-
ursache bei der Physostigminvergiftung , wie sich
auch daraus ergiebt, dass die Thiere nach Einleitung
der ktlnstliehen Respii*ation verhaltnissmassig enorme
Doscn des gen. Giftes langcre Zeit ganz gut ver-
trageu. Filr diesc Vcrgiftung sind bei Sftngethieren
heftige fibrillare Zuckungen in sammtlichcn Kdrper-
muskelu charakteristisch. Beztlglich der lethalen
Dosis bemerken Vff., dass diese filr Ilunde 4 — 5,
filr Kaninclien 3 und filr Katzen 2 — 3 Mgrmm. be-
trkgt und schon 1 Mgrmm. bei Warmbltttem ener-
gische Wirkungen liervorruft, wahrend diese Gabe bei
Frftschen so gut wie uuwirksam bleibt. An epilep-
toiden Meerschweinchen machten Vff. die Beobach-
tung, dass nach Einverleibung kleiner Mengen Phy-
sostigmin rhythmisch auftretende fibrillare Zuckungen,
welche dem „pctit mal“ tanschend ahnlich sind , in
grosser Zalil auftreten, und auch bei einem epilep-
tischen Idioh'n verschlimmerten 3 Dosen von je
0.5 Mgrmm. Pliysostigmin den Zustand des Kranken
und vermehrten die Zahl der taglieh auftretenden
Paroxysmen sehr wesentlich. Vff. schliessen hieraus,
dass sich Physostigmin als Ileilmittel der Epilepsie
nicht empfehlen dtlrfe.
II. Wirkung dea Phyaoatigrnin auf daa Herz
und andere mwkulOse Organe bei Frdachen und
Sdugethieren. Uebereinstimmend mit den frtthem
Experimentatoren konnten V ff. Verlangsamung neben
Starkeiwerden der Coutniktionen des Froschherzens
mit Dosen von 0.5 — 1 — 2 Mgrmm. Physostigmin
constatiren. Reizung des Vagusstammes oder der
Venensinus durch Ind uktionsstrflm e nift nach Phy-
808 tign.invergiftung keinen diastolischen Stillstand
mehr , sondern nur Verlangsamung der Herzaktion
hervor. Physostigmin, uach der Erzcugung des
Muscarinstillstandes beigebracht, hebt den gen. Still-
stand allmftlig auf, und letzterer koramt, wenn einem
mit Physostigmin vergifteten Frosche Mnscarin in
nicht zu enorm grosser Dosis einverleibt wird , tlber-
liaupt nicht zu Stande. Gegen die von Fraser
zuerst ausgesprochene und von Boehm und Ref.
adoptirte Deutung der Pulsverlangsamung durch Er-
regung des Vaguscentrum oder der Vagusendigungen
spricht sich H a r n a c k deswegen aus , weil Durch-
schneidung der Vagi oder L&hmung der Vagusenden
durch Atropin ohne Einflnss auf die Retardation
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II. Hygieine, Di&tetik, Pharmakologie a. Toxikologie.
bleibt. (Auch Ref. konnte ein antagonistisches Ver-
halten des Atropin und Physostigmin bezttglich dea
Froschherzens nicht constatiren.) Eben so wenig
aber kann die relative Erfolglosigkeit der Vagus- und
Herzsinusreizung , sowie die Aufhebnng des diasto-
lischen Stillstandes nach Applikation von Muscarin
aof LAhmnng der Vagusendigungen zurflckgeftthrt
werden , weil eine direkte VagualUhmung keine Ver-
langsamung der Herzschl&ge zur Folge haben und
noch weniger ktlnstl iche Vaguareizung dieselbe sogar
noch steigern kflnnte. Endlich aber spricht der
Umstand, dass Physostigmin den durch Muscarin be-
dingten Stillstand in wesentlich anderer Weise auf-
hebt als das Atropin, entschieden daffir, dass der
Angriffspunkt des Physostigmin einer- und der
Atropinwirkung andererseits ein wesentlich verschie-
dener ist. Vielmehr legt folgende Versuchsanord-
nnng: Erzeugung des diastolischen Herzstillstandes
durch Muscarin, Injektion von Physostigmin, bis der
Mnscarin8till8tand aufgchoben ist, und endlich In-
jektion eines muskellkhmenden Mittels, z. B. des
Apomorphin , eines Knpferdoppelsalzes etc., worauf
der Muscarinstillstand wieder in die Erscheinnng tritt
— Zeugniss daffir ab, dass, obschon Vagusreizung
nach Pliysostigminvergiftung keinen diastolischen
Herzstillstand , Absinken des Seitendrucks etc. mehr
ausldet , weder Reizung des Vagus , noch L&hmung
seiner Endigungen, sondem direkte Excitation der
Herzmuskulatur besteht. Letzterer zufolge erfolgen
Ansdehnung und Contraktion der Herzmiwkelfasem
energischer, aber Iangsamer, was vielleicht die Puls-
retardation erklftrt. Die Hemmungmerven ver-
mOgen das unter stdrkerem Reize arbeitendt Herz
nicht vdllig ausser Thdtigkeit zu setzen, daher Idst
Vagusreizung keinen Stillstand mehr am, was
so fort geschieht, tcenn die Muskelreizung durch
Physostigmin durch ein gleichzeitig einverleibtes,
die Muskel paralysirendes Gift iibercompensirt
icird. Damm endlich trfigt die Aufhebung des durch
Muscarin bedingten Stillstandes durch Physostigmin
einen wesentlich andem Charakter als die durch
Atropin. Physostigmiu bescitigt nicht wie Atropin
die den diastolischen Stillstand bedingende Erregung
der Hemmungscentren ; daher dauert es auch lange,
bis letztere durch die heftige Muskelreizung ttber-
wunden wird, und die Contraktionenbleibcn schwach
und langsam; sobald aber der den Muskel treffendo
Reiz durch ein den Muskel lfihmendes Gift aufgehoben
wird , kommen auch die Folgen der fortbestehenden
Reizung der Hemmungscentren, der Stillstand in
Diastole , wieder zur Geltung. Vielleicht beeinflusst
Physostigmin die Contraktilitfit des Herzmuskels.
Dass dabei die Leistung der letztem, bez. die Herz-
arbeit, erhdht wird , was sich auch in Zunahme des
arteriellen Drucks kundgiebt, lfisst sich mit dem
Coates’ -Ludwig’schen. Herzpraparate nach-
weisen. Ob endlich bei der Herzverlangsamung
ausser der angegebenen Uraache auch noch eine
Ldhmung der den Herzechlag beschleunigenden
Nerven eine Rolls fpielt, wie Rdber und Ref.
annehmen zu mtlssen glaubten , lassen die Vff. vor-
erst dahingestellt. In analoger Weise verhalten
sich der Herzmuskelaubstanz gegenliber als Reizmittel
der Eampher , das Phenylglykokoll , das schwefels.
Anilin, der Monobromkampher, 01. amicae crystalli-
satum u. das Cumarin, welches aus den angegebenen
Grfinden (gegen Ref.) die Vagusendigungen ebenso
intakt lasst wie das Physostigmin.
Die Zuckungscurve der quergestreiften Muakeln
wird nur insofern verandert, als der absteigende
Schenkel langer erscheint, dieWiederausdehnung dea
vergifteten Muskels also Iangsamer erfolgt. Da auch
bei curarisirten Frdschen nach Beibringung von
Physostigmin die minimale Muskelzuckung durch
zugeleitete Induktionsstrbme bei weiterem Rollen-
abstande erfolgt , als bei dem bis auf Fortlassen des
Physostigmin sonst genau unter den nftmlichen Be-
dingungen befindlichen Controlfrosch, so bezieht sich
die Physostigminwirkung anf den Froschmuskel,
welcher zufolge die Erregbarkeit des letztem erheb-
lich zunimmt, augenscheinlich auf die Muskelsubstanz
selbst. Ebenso wie auf die quergestreifte Skelet-
muskulatur wirkt Physostigmin erregend auch auf den
Sphincter iridis (niclit auf die Oculomotoriusendigun-
gen, welcheAtropin lahmt), die organisclie Muskulatur
des Darns und das Parenchym der Speicheldrttsen.
(H. KOhler.)
335. Ueber den Einfluss der Curarever-
giftung auf den thierisohen Stoffwechsel ; von
Prof. N. Zuntz in Bonn. (Arch. f. Phys. XII.
9—10. p. 522. 1876.)
In einer frtther gemeinsam mit A. Rdhrig ver-
offentlichten Abhandlung fiber die Warmeregulirung
wies Vf. nach , dass bei Curarevergiftung mftssigen
Grades, wie sie behufs Ausfflhrung von Kymographion-
verauchen in physiologischen Laboratorien eingeleitet
und wodurch der Kreislauf nicht wesentlich alterirt
wird, durch die Aufhebung des Einflusses der moto-
rischen Nerven auf die Muskeln der Oxydationspro-
cess im thierischenOrganismuscrheblich herabgesetzt
wird. Vff. glaubten sich somit berechtigt, den Er-
regungen motoiTscher Nerven, welcheauch im schein-
bar ruhenden Muskel, wenngleich in schwachem
Maassc, andauem und die Grflsse des Stoflfwechsels
in demselben bedingen, eine weit grossere Bedeutung
fttr den Stoflwechsel , als bisher geschehen , zu vin-
diciren. Bei ErOrterung der Fehlergrenzen ihrer Be-
stimmungen des respiratorischen Gasweehsels waren
erstere filr den Sauerstoff richtig, ffir die Kohlensfiure
dagegen deswegen zu niedrig veranscldagt worden,
weil Modifikationen der Athmung, welche den Partiar-
dnick der Kohlensfiure im Blute tlndeni , nicht nur
in diesem , sondem auch in alien Sfiften des KOrpers
den Kohlensiluregehalt im entsprechenden Sinne in-
dern mtlssen. Daher kOnnen grosse Kohlensfture-
mengen in den Geweben aufgestaut, bez. von den-
selben abgegeben werden. Senator hat nach
Zuntz den durch Nichtbeacbtung dieses Punktes in
maximo hervorgerufenen Feliler zu hoch taxirt ; denn
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111. Pathologic, Therapie a. medicinisohe Klinik.
in dieser Ricbtung von Zuntz angestellte Versuche
lehrten, (lass zwar der KohlensAuregehalt des Blutes
durcb energisclie Ventilation selbst unter die Hftlfte
der normalen Menge herabgesetzt werden kann , im
Seram und in der Lymplie dagegen diese Scliwan-
kungen, weil schon bei nicderem Partiardruck Sfitti-
gong der AflinitAten eintritt , so goring sind , dass
nach T 8 c h i r i e w die Lyiupbe bei erstickten Thie-
ren trotz enorm gesteigerter Spannung der Kohlen-
sAure im Blute kaum mehr KohleusAurc entbalt als
bei normal athmenden. Zur Ermittelung der Grosse
des bei Bestimmung der Kohlensaure in maximo be-
gangenen Folders glaubt Z. dadurch zu gelangen,
dass er einem Thiere abwcchselnd raoglichst stai'k
itnd mdglichst schwacli Luft eiublast. Dann namlicb
werden die im erstern Falle zu kleinen, im letztern zu
grossen Wertbe der Kohleusaure-Exbalation durcb
ihre Differenz das Maximum des mdglichen Feblers
erkennen lassen , Welches das bei frllbern Versuehen
Gefundene vielfach deswegen (ibertrifft, weil ein
spontan athmendes Tliier nicbt einmal annAhernd
solclie Scliwankungen in seinem Vorratbe an Kohlen-
silure erleiden wird , wie ein von normaler Athmung
in Apnoe Ubergefttbrtes. Vf. geht hierauf zu Ver-
suchen ilber, welche die gegen seine frllher mit
Curare angestellten Experimente gemacbtcn Eiu-
whnde Senator’s und Andercr entkriiften.
Zur Erreiebung dieses Zweckes mtlssen lAngere
Zeit vor der Curarisirnng bereits dem Willen des
Thieres entzogene nnd vdllig gleiche Mengen Lutt
eingeblasen werden.
Diese hat Vf. mit Hulfe zweier Ballons von vnlkan.
Gummi , wie sie an Spritzen sich hefinden , in der Weise
erreicht, dass bcidc Gummiballons durch ein auf belde
gleichzeltig nnd gleich stark drackendes , in einem Char-
mer bewegliches Bret comprirnirt werden konnen. Den
Grad der Compression bedingt ein das auf- und nieder-
gehende Bret an einer bestimmten Stolle auflialtendcr
Klotz. Mit den Ballons eommunieiren 4 Muller'sche, lelcht
zn fullende und wieder zu leerende (je 15 Ctmtr. hohe
und 120 Cctmtr. Inhalt fassende und mit 80 CetmtT. Kali-
la uge beschenktc) Ventile dcrart, dass das eine sich bei
der Compression in die Trachea entleert , uni sich bei der
Wiederausdehnung aus dem Sauerstoff enthaltenden Spiro-
meter wieder zn ffillen, wahrend das andere bei der Com-
pression seinen Inhalt in das Spirometer entleert und
dafur Luft aus der Lunge adspirirt. Wegen der genauern
Beschreibung muss auf das Original verwiesen werden.
Die Bestimmung der an die Kalilauge der Ventile
abgegebenen Kohlensanre geschab nach der Methode von
Platen und dieMenge des consumirten Saucrstoffs wurde
an der ScaLa des Spirometer abgeleseu. Den Versuchs-
thieren wurde kunstlich so viel Luft cingeblasen , dass sie
Ieicht apnoisch waren und etwa 3 — 4 Sek. nach Sistirting
der Einhlasungeu — wenn sie nicht curarisirt waren —
spontan zu atlimen antingen. Vor Beginn des messenden
Versuchs wurde die Klemme au derCoimnunikatiousrohre.
derTmchealkanulemit der atraospharischcn Luft so langc
gelockert, bis man annehmen konnte , der Kohlenaaure-
gehalt der thierischen Gewebe habe den diesem Athem-
modus adiiquateii niedrigen Werth angenommen. Hleranf
wurden so kleine Curaremenqen injiclrt , dass die Mnskel-
bewegungen gerade beseitigt wurden. Die beobachteten
Werthe giebt nachstehende Tabelle iiber den Control-
versuch (auf die Slunde berechnet und die dasenlumina ayf
0° und 7fi Ctmtr. Druci reducirt) wieder. Aus zwei Ver-
suehen folgt, dass beide Faktoren des Stoffwechsels nnter
der Curarewirkung ungefahr auf die Ualfte herabsinken ,
z. B. bei
Kaninchen II.
asi
1 i
3 s.
(t “T
In 1 Std.
ver-
brauehter
Sauerstoff
ill Cctmtr.
In 1 Std.
gebildete
Kohlen-
saurc
in Cctmtr.
Versuchs -
Dauer in
Minnten
1
Bemerkungen
1 .
1345
1140
39'A
Temp. 36.5°, Thier
unvergiflet.
1162
058
23'/,
Temp. 36.0° ; 3 ’/a
Min. nacb Beginn
d. Versuchs 0.002
Curare.
3.
836
670
33
Temp. 36.1 ; 7 Min.
nach Beginn des
Versuchs ist die
Curarisirung voll-
komiuen.
4.
688
551
30
i
5.
uicht hc-
stimmt
512
37
Temp. 36°, Vergif-
tung im Schwin-
den.
Bis jetzt hat man angenommen , (lass bei
vollkommen gleicbmassiger Ventilation die Kohlen-
siiureausscheidung der KohlensAureproduktion genau .
ndAquat sei. Wird jedocli ein Gewebe in der Zeit-
einbeit von weniger Blut dnrchwaschen , so muss
diese kleinere Blutmengc eben so viel KoblensAure
absorbiren wie eine grossere vorher ; femer muss
die Spannung der Kohlensaure im Venenblute und
die Stauung derselben in den Geweben gleich-
zeitig grftsser werden, selbst dann, wenn das zu-
stromende Arterienblut wegen vollkommener Ven-
tilation in der Lunge nicht mehr KohlensAure wie
vorher enthAlt. Wollte man die KohleusAurevermin-
derung in obigem Versuch auf eine solche Stauung
des Gases in Folge verlangsamter Cirkulation sebie-
ben, so mtlsste diese Stauung sich im Anfange am
schwAchstengeltendgemachthaben, um spAter, wenn
der Vorrath an KohlensAure in den Geweben so hoch
gestiegen ist, wie es die vermehrte Spannung im
vendsen Blute erfordert, stark wieder anzuwachsen.
Da wAhrend der sAmmtlicben Cnrarevereuche bei
stets sehr krAftigem Herzschlage ein solcbes An-
wacbsen der ausgeschiedenen KohlensAuremenge
nicht zur Beobachtung kam , so ist auch dieser etwa
zu machende Einwand binfAllig. (H. KOhlcr.)
HI. Pathologie, Therapie und medlciniache Klinik.
.'136. Casuistiaoher Beitrag but Lehre von
dar Hirnfaeerung ; von Dr. A n t o n F r e y. (Arch. f.
Psychiatric u. Nervenkraukh. VI. 1. p. 327. 1875.)
Dcr betr. Kr. , ein 42 J. alter Mann , hatte an
Nephritis cliron. interstit. gelitten und war an Ge-
sichtserysipel iu wenig Tagen zn Grande gegangen.
Die Sektion zeigte in der rechten UemispbAre einen
Erweicbungsprocess, der nach den Symptomen hdeb-
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III. Pathologie, Therrfpie n. medicinische Klinik.
15
stens 6 Wochen alt sein konnte. Pat. wurde nftm-
lich 6 W. vor dem Tode zum 1. Male von einer nur
einige Tage dauernden Schwftche des linken Armee
nnter heftigen Kopfschmerzen befallen. Ein gleicher
Aiifall wiederholte sich 14 Tage vor dem Tode,
gleickfallfl unter lieftigem rechtseitigen Stivnkopf-
schmerxe. Beide Male blieb das Bewusstsein erhal-
ten. Das 2. Mai war der gauze linke Arm stark
paretisch , der linke Mimdwmkel stand etwas tiefer
untl die Zunge wurde uach links herausgestreckt.
Dieae Lfthni ungserschei nungen waren zur Zeit des
Todes wesentlich gemildert. Die Sensibilitftt des
linken Armes nnd die 3 andem Extremitftten ver-
liielten sicb normal.
In der rechten Hemisph&re fanden sich hinter
emander 3 kleine Erweichnngsherde von Senfkorn-
gTOsse , die einen Ranm von 12 Mmtr. Lange, 8
Mintr. Breite und 3 — 4 Mmtr. Tiefe einnahmen.
Dieeelben lageu nach aussen vom Corpus striat. in
der weiBsen Marksnbstanz und warden getroffen von
2 Linien , die eine die rechte Hemisphere in der
Hdhe der untera FI Aelie des Balkens horizontal
schneidend, die andere senkrecht durch die Stelle
gelegt , wo der 8tamm der Fossa Sylvii sich in den
horizontalen und vertikalen Ast spaltet.
Fr. zieht aus diesem Befnnde den Schluss, dass
an der Stelle der Herde Fasern verlaufen mflssen,
fitr den ganzen linken Arm , den Mundwinkel und
vielleicht auch filr die Zunge. [Die ganz wesent-
liclie Besserung der L&hmung weist jedoch darauf
liin, dass die genannten Fasern nur in n&chster
Nit he des Herdes liegen konnen. ] (B ft r w i n k e 1.)
337. Verftnderungen im Rilokenmark eines
Amputirten ; von Dr. Alfred Genzmer. (Vir-
chow’s Arch. LXVI. 2. p. 265. 1876.)
G. erwfthnt zunftchst die Arbeiten Vulpian’s'),
welcher nach Nervendurchschneidungen bei Thieren
in den entsprechenden Stellen des Rllckenmarks eine
Verdtinnung der Nervenrhliren , ohne jede sonstige
Stmkturverftnderung und ohne Schwund der Ganglien-
zellen beobachtete, und die ihm entgegenstehende
Mittheilung von Dickson 8 ), der bei einem vor
15 J. Amputirten Verkleinernng der grauen Vorder-
horner und Schrumpfung der Ganglienzellen fand.
G. selbst untersuchte das RUckenmark eines an Ty-
phus Gestorbenen, bei welchem 30 J. vorher wegen
Caries des Kniegelenks der rechte Oberschenkel am-
putirt worden war. Er kam zn einem von den Re-
sultaten der beiden erwfthnten Forscher abweichen-
den Befunde. — Im Conus medollaris fand sich keine
Verftnderung, dagegen machte sich in dem untern
Theil der Lendenanschwellung eine Asymmetrie be-
merkbar. — Es zeigten sich rechts die grauen Hflr-
ner kleiner, die Ganglienzellen viel weniger zahlreich
und die anstretenden Nervenwnrzeln dtlnner. Dabei
waren aber die einzelnen Elemente vdllig intakt, die
’) Vgl. Jahrbb. CiLI. p. 387.
*) Dickinson? vgl. Jahibb. CfcLIII. p. 18. 18. Wr.
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einzelnen NervenrOhren in ihrem Durchmesser nicht
vermindert, die Ganglienze lien nicht gesehmmpft.
Vf. glaubt, dass die ansser Funktion gesetzten
Theile der betreffenden Rtickenmarkshftlfte atrophirt
und in der langen Zeit seit der Operation ganz ver-
schwunden seien. (N e e 1 se n.)
338. Ueber progressive locomotorisobe
At&xie und andere progressive Ldhmungen ; von
J. Thompson Dickson. (Guy’s Hosp. Rep.
3. Ser. XIX. p. 135. 1874.)
Eine 32jahr. Dame erkrankte mitTanbheit im linken
Fuss , die allmalig aufstieg nnd spa ter auch den rechten
Fnss ergriff. Der Gang wurde unsichcr, so dass sie etwa
9 Monate spater sich eines Stocks bedienen musstc. Um
diese Zeit trat Schwangerschaft ein und sie gebar zn rech-
ter Zeit einen Knaben , der anfangs ausserst schwachlich
war, sich aber mit der Zeit erholte. Wahrend der
Schwangerschaft nahm dieUnsicherbeit des Ganges so zu,
dass Pat. gefuhrt werden musste ; auch litt sie sehr an
Magcnbeschwerden und magerte erheblich ab. Vier Mo-
nate nach der Entbindnng nnd ungefahr 22 Mon. nach
dem Beginn dor Krankheit konnte sie nur mit freinder
Hfilfe stehen und vielleicht 10 Min. weit gehen. Der
Gang war schleppcnd, schwankend, bisweilen schiessend.
Die Beine und Anne waren bis anf die Knochcn abge-
magert, die Mnskeln des Rnmpfs nnd besonders die des
Unterleibs gleichfalls atrophisch ; anch die lnterosaei und
die Adduktoren der Daumen zeigten erhcblichen Schwnnd ;
uberall war indessen die linke Seitc noch schlechter als
die rechte. Einige von den atrophisclien Mnskeln reagir-
ten anf den faradischen Strom, andere, besonders die am
moisten atrophirten , contrahirten sich nach kurzer An-
wendung des constanten Stroms. Die elektrocutaue Sen-
sibilitiit war im Allgemeinen bedeutend herabgesetzt, fiber
den untern Dorsalwirbeln jcdoch erhfiht. Temperatnr-
unterschiedewnrden, wennanchlangsam, walngenommen.
Der Unterleib war schlaff , bei ganz geringer Sensibilit&t,
die Vagina emptindungBlos. Der Uriu ging unfrciwillig
ab, war aber eiweissfrei. Die NN. opt., oculomot., ab-
dnc., trochl. waren damals noch nicht ergriffen , dagegen
zeigten die NN. trigem. nnd facial, leichte Erkrankung.
In den Beinen n. imKiicken bestanden reissende Schmer-
zen. Uebelkeit und Erbrechen dauerten fort.
Die Anwendung des galvanischen Stroms brachte
eine vorfibergehende Bessernng hervor ; nach einlgen
Wochen trat indessen rasch vorfibergehende Ptosis des
linken Augenlids , sowie Amblyopic anf und von da an
machte die Krankheit wieder rasche Fortschritte. Um
diese Zeit hatte Pat. die taktile Sensibilitat im Monde,
sowie in hohem Grade den Geschmack verloren. Drei
Monate vor ihrem Tode traten Ohnmachtsanfalle auf,
denen Schwellnng der Ffisse und Lahmung der Blase
folgte. Die Anfalle wiederholten sich im folgenden Mo-
nate , gleichzeitig nahm die Lahmung des Gesicbts , der
Zunge and des Schlundes so zu , dass Pat. kanm mehr
schlucken konnte ; auch zeigte sich vorfibergehende
geistige Stoning. In den letzten 6 Wochen traten wieder-
bolt Lungenddem and Blasenkatarrh auf ; der Tod erfolgte
nach einigen schwachen epileptischen An fallen im Koma.
Die Sektion wurde leider nicht gestattet.
Vf. nimmt an, dass die Krankheit die Hinter-
strftnge und wahrscheinlicb auch die Seitenstrftnge,
sowie die multipolaren Ganglienzellen der grauen
Substanz des Rllckenmarks ergriffen hatte. Die Ab-
magerang nnd die anhaltende Uebelkeit bezieht er
auf eine Affektion des Sympathicns.
Die gegen Ende der Krankheit anfgetretCTten
psyehischen Stfirungen weisen darauf bki , dass aHe
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III. Pathologie, Ther&pie u. medicinische Klinik.
diese progressiven unvollstandigen Lfthmungen etwas
Gemeinsames liaben , dass sie indessen keineswegs
sich unter einen Krankheitsbcgriff , die sogenannte
progressive Paralyse der Irren, unterordnen lassen.
Vielmehr kdnnen dieselben auf Grand der ur-
s&chlichen patholog. -anatomischen Processe in fol-
gende 8 Gruppen getheilt werden.
1) Progressive unvollstandige Lalimung , die
in der Regel von Glosso-Labial-Paralyse begleitet
und gewOhnlich als progressive Paralyse der Irren
bezeichnet wird , obgleich h&ufig keine psychischen
Symptome dabei vorkommen. Sie berubt auf einer
Atrophie des Rtlckenmarks und event, des Gehims.
2) Das senile Zitlern , abhkngig von Atrophie
der Nervencentra und bisweilen mit Blddsinn ver-
bnnden.
3) Fortschreitende unvollstandige Ldhmung,
die von einem Zittem der Glieder begleitet wird nnd
von einer disseminirten Sklerose des Rtlckenmarks
und Gehirns abh&ngt. Psychische Symptome treteu
auf, wenn das Gehirn mit ergriffen ist. Sie kommt
vorwiegend im mittleren Lebensalter vor.
4) Die eigentliche Parulysis agitans, bei welcher
das Rtlckenmark bis an die Brtlcke sklerosirt ist, die
Zellen der granen Substanz in Granulation tlbergehen
und 8chl(l8slich zerfallen.
5) Die Pseudo- ffypertrophie der Muskeln oder
Duchenne’ sche Paralyse, die auf einer Affektion
hauptsachlich der grauen Substanz, ferner der beiden
vordern und hintern Wurzeln der Spinalnerven , so-
wie der vordern Commissnr, endlich einer Sklerose
der weissen Substanz, hauptsftchlich der Hinter- und
Seitenstrange, bemht. Die Affektion schreitet ent-
lang derGefksse fort, die schltlsslich ganz verschwin-
den kbnnen.
6) Progressive locomotorische Alajcie (gestorte
Coordination der Muskelbewegungen und andere
Symptome unvollstandiger Lahmnng, bisweilen aucli
psychisclie Affektionen) ; sie rtlhrt von einer Sklerose
her, die gewfthnlich in den Hinterstrangen beginnt
nnd gelegentlich auch auf andere Partien des Rtlcken ■
marks, selbst auf das Gehirn Ubergreift und in ihren
hdchsten Graden als grane Degeneration bezeichnet
wird.
7) Die progressive Muskelatrophie, welche von
einer Entartung der weissen Substanz, bisweilen
anch von unregelmassiger Sklerose und einer k5r-
nigen Entartung des Zwischengewebes der grauen
Substanz ablikngig ist. — Ausserdein findet man da-
bei eine mehr oder minder hochgradige Atrophie
der Ganglienzellen und eine betrftchtliche Erweite-
rang der Geffcsse.
8) Die glosso-laryngeale oder glosso-pharyn-
geale Paralyse, die Vf. indessen nnr klinisch,
noch nicht anatomisch untersncht hat nnd die nnr
selten znr Beobachtung kommt. (K n e e h t.)
339. Erweiehung des Pons Varolii, J'imbolie
der Art. basil aris; von Darolles. (Bull, de la
Soc. anat. de Paris. 3. S^r. X. p. 34C. Mai 1875.)
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Eine 36Jahr. Fran wurde 8 T. vor ihrer Aufnahme
in das Hospital von Stirnkopfschmerz ergriffen , der das
Arbeiten unmogiich macbte und den Schlaf raubte. Am
2. Marz , 2 T. vor der Aufnahme , verlor sie plotxlicb
16 Min. lang das Bewusstsein zum grdssten Theii, und
bemerkte nachhcr, dass die ganze rechte Seite des Kor-
pers gclahmt war, auch hatte sieMuhe, zu sprechen. Von
diesem Augenblicke an war sie frei von Kopfschmerz.
Bei der Aufnahme , am 4. Marz , bestand rechterseits
vollstandige Lahmung , die rechte Gesichtshalfte war, mit
Ansnahrae des Orbicularis, gelahmt. Die Augenacbsen
standen parallel. Die Pupillen waren gleichweit u. zogen
sich bei einfallendem Lichte gut zusammen. Die Znnge
konnte muhsam bis an den untem Lippenrand vorgestrekt,
jedoch weder seitlich , noch nach oben oder unten bewegt
werden. Die Sprache war sehr behindert. Die Intelligenz
schien ungestort zu sein. Das Gefuhl war allenthalben
erhalteu, die Retlexaktion der Muskeln desgleichen. Die
Sinne funktionirten normal.
5. Marz. Die Kr. lag auf dem Rucken vollstandig
unbeweglich, nnd, unfahig zn sprechen, bemiihte sie aich,
durch die Bewegung der Augen zu verstehen zu geben,
dass ihr Bewusstsein nicht gestort sei. Die Kaumuskeln
waren so angespannt, dass die Kr. den Unterkiefer nur
wenig abziehen konnte. Auch die Gesichtsparalyse war
jetzt auf beiden Hiilftcn gleich, dagegen besassen die Mm.
superciliares und die Stirnmuskeln noch eine geringe Be-
weglichkeit, auch beideMm. orbicul. palpebr. waren nicht
gel&hmt. Die Pupillen , gleich erweitert, reagirten gegen
Licht. Keine Urinverhaltung. Profuse Bchweisse. Tem-
peratur 38.2°. Behandlnng: Anhaltende Blutentziehung
durch allmaliges Anlegen von 30 Blutegeln an die Proc.
mastoldei.
Abends : Hauflges , oberflachliches , ger&uschvolles
Athmen. Kiefer dnrch Rigidltat der Kanmnskeln noch
fester geschiossen; Ausfluss weisslichen Schaumes aus
den Mundwinkeln; Schlncken von Flussigkeit unmogiich.
Ausserdein erschien der linke Vorderarm jetzt stark
nach dem Oberarm zu gebogen. ein Versnch, ihn gewaltsam
gerade zu strecken, machte heftigen Schmerz. Die rechte
untere Extremitiit befand sich in gezwungener Extension.
Ansser diesem gekreuzten tonischen Krampf der Glieder
traten zuweilen klonische Krampfe auf, bei wcichen der
Kopf stark von dem Rumpfe gestreckt wurde , die Antic
knapp an den KSrper angezogen und die Beine gegen
einandcr gepresst warden. Diese kurzen Krampfanfalle
wiederholteu sich ungefahr aller 6 Minuten. In den Rnhe-
pausen dauertc der tonisehe Krampf des linkenArmes nnd
der rcchten unteren Extremitiit fort. Die linke Pnpillc
erschien etwas weiter als die rechte. Gefuhlsvermogen
ungestort. Starker Schweiss. Frequenter Puls. Temp,
37. 6».
6. Marz. Lokale Contraktnren verschwnnden. Be-
wusstsein crhalten. Rasselgeriusche beim Athmen ; bei
jeder Exspiration zog sieh der Leib stark zusammen , die
untem Rippen waren unbeweglich , das Zwerchfell schien
in den Thorax hiueingezogen zu werden. Temp. 38.2°.
— Tod gegen Mittag.
Bei der Auloptrie (40 8td. nach dem Tode) fand man
im Araehnoidealranm eine kleine Menge schwarzliches
Hint, dau namentlich die linke Hemisphare bedeckte nnd
von der Zerreissnng einer Vene der Ha-mater seitlich von
der obcrn Liingsfurche stammte. Die Venen der Pia-mater
waren mit schwiirzlichcm Blute stark gefullt. Die Art.
Iiasilaris enthielt etwa in ihrer Mitte ein Knotchen , das
das Lumen derselben vollstandig ansfullte und nach deni
Aufschneidcn der Art. sich als ein graalicher, ovaler
Pfropf von der GrSsse eines Tranbenkemes erwies , der
fest an der innem Gefasswand anhing. Uebrigens erachie-
nen die Gefasswandungen allenthalben normal.
Die weisse Substanz der Uemispharen, wle getupfelt.
liess auf den getupfeiten Stellen beim Dnrchschnitt zahl-
reiche BluttrOpfchen austreteu.
Kein Ergnss in den Himhohlen ; keine Geschwulst in
der Hirnmasse. In der recbten Seitenhalfte des Pons fand
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III. Pathologie, Therapie u. medicinisehe Klinik.
17
sich em haselnnssgrosser Erweichtingsherd , .der nirgends
die Mittellinle flberschritt. Nach Torn and oben ging die
Grweichung bis zam Hirnschenkel , nach aaaaen von dem
Ursprung des Crus cerebelii ad pontem. Die Hdhlung war
rait einer weisslichen , breiartigen , milchahnlichen Masse
auageffilit, die sich leicht dnrcheinendfinnen Wasserstrahl
heransspulen liess. Sie war rings von gesunder Hirnmasse
eingeschlossen.
Linke Lunge , namentlich unten , sehr blutreich ; anf
der Pleura einige Ekchymosen. Linke Niere injicirt. Alle
fibrigen Organe normal. (Zlnkeisen.)
340. Ueber progressive pernioidse An-
dmie •).
Prof. Dr. H. Quincke in Bern stellt in einem
Vortrag „ fiber pemicidse AnAmie“ (Volkmann’s
Sammlung Nr. 100. [innere Med. Nr. 34] 1875)
die Symptome dieser Krankheit zusammen, und zwar
nach eigenen 10 Beobachtungen und den fremden
bisber bekannt gewordenen Fallen.
Vor Allem ist die enorme Bhbse der Kranken
beinerkenswerth , das Gesicht ist leicht gedunsen,
Oedeme an den untern ExtremitAten werden erst in
dem Ansgangsstadium bemerkbar, die mAssigen Er-
gflsae in die serbsen HOhlen sind gewbhnlich erst bei
der Sektion aufzufmden. Die meisten Put. , welclie
Q. beobachtete, waren abgemagert, wfthrend gerade
andei*n Beobachtem die verhaltnissmfissige Fdlle des
Fettpolsters aufgefallen ist. Eine leichte iklerisrhe.
Firbung wurde nur 2mal beobachtet. Die Schvodche
der Pat. ist gewdhnlich so gross , dass sie apathisch
im Bett liegen ; sie klagen fiber Kopfschmerzen,
'beirn Aufrichten treten SchwindelzufAlle und Ohn*
machten ein, auch Herzklopfen wird angegeben. An
der Herzbasis sind die anAmischen, systolischen Ge-
rfiusche sehr anff&llig, besonders fiber der Pulmona-
lis wird oft ein rauhes Blasegerdusc/i gehcirt, so auch
fiber den H&lsvenen. Zuweilen ist eine Verbreite-
rung des Herzens , also eine Erweiterung des rech-
ten Ventrikels wahrnehmbar. In der Leiche fand
sich das Herz zusammengezogen und enthielt nur
wenig Blut. Die Herzverfettung , welche gewcihn-
licb als cbarakteristisch angegeben wird , fehlte in
einigen Fallen, das Herzfleiscli erschien nur sehr
blass. Einige Male wurden Blutergtlsse im Fleische
und nnter dem Endokardium gefunden. Die Re-
spirationsorgane wurden in der Leiche gesund ge-
fnnden, selbst Reste alter Lungenkrankheiten wurden
• nicht entdeckt. Seitens der Verdauungsorgane ist
die hochgradige Appetitlosigkeit , das Druckgeftlhl
im Magen ein hervorstechendes Zeiclien , die Znnge
bleibt dabei rein ; Erbrecben ist sehr hftufig. M&nche
Pat. sind verstopft, andere leiden an unstillbaren
Diarrhoea. Die Leber zeigte bisweilen mftssige
Fettinfiltration, zuweilen war sie gelbbraun und ent-
hielt ungewOhnlicb. viel Eieen. Da sich dieses Me-
’) Vgl. die frfihern Mittheilungen fiber progr. pern.
Animie von Blermer, Immermann, Zenker,
Ofrfirer (Jahrbb. CLXIIL p. SO) sowle von Sc h file
(Das. CLXV1I. p. 174.)
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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tall aber auch 2mal in den Niereu und in dem Pan-
kreas angehAuft vorfand, hat dieser Befund wohl
weuiger eine pathogenetische Bedeutung als einfach
die , dass die Pat. reichlich Eisenmittel genommen
hatten. Der Urin zeigte gewbhnlich kerne Abnor-
mittlten, mAssige Album inurie ist, wennsie vorkommt,
nur vorflbergehend. Zu erwAhnen sind, ausser den
jeweiligen Blutungen aus der Nase und in der Haut
in Form von Petechien, besonders die Hamorrhagien
der Netzhaut, welche nach Q. wahrscheinlich bei
alien solchen Kr. zu finden sind imd zur Sttltze der
Diagnose hauptsAchlich dienen konnen. Die Blut-
ergllsse sollen sich durch ihre hellrothe Farbe aus-
zeichnen, im Centnim der Flecke soil sich eine steck-
nadelspitzengi'osse, graurdthliche Stelle vorfinden.
Diese hellere centrale FArbung beruht, wie die Sek-
tionen zeigten , auf einer Anhfiufung einer feinkflr-
nigen Masse [verAnderte LymphkOrperchen ?]. Auch
wurden zuweilen circumscripte Blutergllsse zwischeu
Netz- und Aderhaut gefunden. Die Ekchymoseu
der Netzhaut liegen in den innersten Schichten
namentlich im Umkreis der Papilla und lAngs der
GefAsse. — Die Kdrpertciirme ist meistens wilhrend
des ganzen Verlaufs nicht erhoht, zuweilen kommen
inilssige Fieberbewegungen mit einer dem Typhus
Ahnlichen Curve vor. — In der Milz, den Lympli-
drtlsen und dem Knochenmark konnte Q. keine Ab-
normitAten auffinden.
Die differentielle Diagnose hat darauf Rdck-
sicht zu nehmen, dass Nieren- und Herzkranke,
namentlich aber Kr. mit Magengeschwtlren oder
Mageukrebs ein ilhnliches Krankheitsbild zeigen
kbnnen. Wenn die perniciftse AnAmie mit heftigeui
Erbrechen, vielleicht auch mit Ikterus verlAuft, ist
eine Verwechselung mit einem lokalen Leiden wohl
mbglich. Ob Verwechselung mit LeukAmie und
mit sogen. Pseudoleukfimie mbglich ist , ateht noch
dahiu '). Q. fand, wie auch andere Beobachter, die
Zahl der rothen Blutzellen vermindert ; die Blutzellen
selbst waren nngleicher Grosse, meist kleiner,
manche waren in die LAnge gezogen, gekrllmmt.
Doch ist noch nicht siclier, ob diese VerAnderungen
eine besondere Bedeutung haben.
Unter den 10 Kr. , welche Q. im Berner Spital
beobachtete , linden sich 4 Manner im Alter von 35
bis 49 Jahren, 5 Frauen (darunter eine Sehwangere,
welche rasch nach einer Frtlhgeburt starb) im Alter
von 25 — 59 Jahren. Endlich noch ein lljAhr.
Madchen, welches binnen einigen Monaten im blflhen-
den Zustand eutlassen , aber bald darauf wieder
von anamischem Fieber befallen wurde und wenige
Tage nacb der Aufnahme starb. Geheilt, und zwar
dauernd, wurde ein 35jabr. Mann. [Doch erecheint
gerade dieser Fall zweifelhaft, weil Pat. aus Geiz
sehr 8cldecbt lebte und die Inanition wohl eine
') Immermann giebt diese MSglichkeit zu (vergl.
Jahrbb. O l.xm . p. 21) , aber behauptet doch nicht die
Identitat, wie Pepper, vgl. unten.
3
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111. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
i
ktinstliche war.] Die tlbrigen Pat. starben sftmmt-
lich nach einem Aufenthalt, der von wenigen Tagen
bis zu einigen Wochen schwankte. Die eiuzelnen,
auch im Original nor ganz kurz skizzirten Kranken-
geschichten hier wiederzugeben , erscheint tlberflfls-
sig. Bemerkenswerth ist allerdings das ungewflhn-
lich hJtufige Vorkommen dieser Krankheit in der
Schweiz. Ob freilich die ausschliessliche Kartoffel-
und Kaffeenahrung daran Schuld ist, dUrfte wohl zu
bezweifeln sein.
Prof. Immermann in Basel bat in dem vor-
zttglichen Handbucb der spec. Pathologie u. Therapie
(von Ziemssen: Bd. XIII. Abth. 1. p. 615 — 654)
der peraicidsen Anftmie ein sehr ausfUhrliches Capitel
gewidmet. Wir gestatten uns, demselben noch Eini-
ges zu entnehmen, was zur Vervollstftndigung des
Krankbeitsbildes dient.
In Bezug auf das Fieber bemerkt Im. , dass
dasselbe gewdhnlich gegen das Lebensende aufzu-
treten pflegt, zuweilen auch in einer frflhern Periode,
jedoch niemals in der Weise, dass es die Reihe der
Erscheinnngen erdffnet. Die Fiebercurve ist unregel-
mftssig, am hftufigsten gleicht sie einer mftssigen
Continua, zuweilen finden sich stftrkere Exacerbatio-
nen bis zu 40° und intercurrirende stftrkere Erniedri-
gungen innerbalb eines einzigen Fiebertages. Die
mehrtftgigen oder selbst mehrwdchentlichen Fieber-
bewegungen sind unter sich wieder durch ktlrzere
oder lftngere fieberfreie Zeitrftume unterbrochen. In
der proagonischen Periode finden sich noch mftssige
Erhdhungen der Temperatur fiber die Norm , in der
Agonie selbst sinkt die Temp, bis zu 35°, selbst
34° C. herab. H&ufig wird der geschwftchte Kr.
durch das Fieber snbjektiv gar nicht afficirt, andere
Male hat er Durst- und Hitzegeftlhl, auch wohl FrO-
steln. Das Fieber beschleunigt den Krftfteverfall,
doch beobachtet man auch , dass Kr. trotz des Fie-
bers ein mllchtiges Fettpolster behalten. Ueberhaupt
scheint das Verhalten der Oesammternfthrung we-
sentlich davon abhftngig zu sein, ob der Pat. frtther
schon anftmisirende Processe durchgemacht oder
nicht , ob er in dOrftigen oder in gtlnstigen Lebens-
verhftltnissen gelebt hat. In letzterem Falle wird
das Fettpolster wfthrend des Verlaufs der pernicitt-
sen Anftmie sich gut erhalten zeigen , wkhrend an-
dere Pat. gleich von vom herein mager erscheinen.
Schwer ist es (lbrigens nach Im. , bei hochgradiger
Anftmie das Fieber genetisch zu denten. Von einer
gesteigerten Energie der Gewebselemente kann kaum
die Rede sein, da bei der kolossalen Verminderang
der rothen Blutzellen der warmebildende Sauerstoff
fehlt; eher dttrfte man annehmen, dass gerade we-
gen des Mangels an Sauerstoff die Gewebselemente
ihre lockere Molekularatruktur , welche einer steten
Erneuerung bedllrftig ist, nicht mehr behalten kfin-
nen nnd in „ fester gefllgte Spaltungsprodukte“ zer-
fallen , wobei Wftrme frei wird. Ausserdem kann
man auch einen „dyskratischen Reiz“ des verftnder-
ten Blutes annehmen , der erregend auf die vasomo-
torischen Nerven wirkt.
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Uebrigens ist es Im. vor der Hand noch fraglich.
ob die perniciitoe Anftmie eine Krankheitseinheit dar-
stellt , da vorlkufig weder die Aetiologie Uberhanpt
durchsichtig , noch eine specifische Ureache speciell
nachgewiesen ist. Man kann nur sagen, dass Psen-
doleukkmie und Leuk&mie , sowie die pemicidse An-
ftmie unter sich die ganz excessive Verminderung der
rothen Blutzellen gemein haben. Da die Capillar-
wftnde des nutritiven Einflusses des rothen , sauer-
stoffreichen Blutes bedllrfen, so verfallen sie bei dem
Mangel desselben einem Verfettungsprocesse, die
brilchigen Wftnde begllnstigen den Blutaustritt und
auch diese hftmorrhagische Diathese ist alien gen&nn-
ten 3 Krankheiten eigenthtlmlich. Schlflsslich muss
auch die Verfettung der Herzmuskulatur, welche man
bei den an pemicidser Anftmie Verstorbenen in aus-
gezeichneter Weise vorfindet und die im Leben das
Bild eines Klappenfehlers vortlluschen kann, lediglich
als Folge der Blutarmuth betrachtet werden.
Wir gehen nnnmehr zur Mittheilung der Casuistik
fiber.
Dr. Krieg in Stuttgart beschreibt (Wtlrtemb.
Corr.-Bl. XLV. 39. 1875) die folgenden 3 FftUe.
1) Ein 48jahr. ledige Frauensperson , seit 3 J. nicht
mehr menstruirt , war seit 1 J. krank. Mudigkeit , Kopf-
weh, Appetitlosigkeit , Herzklopfen and Karzathmigkeit
beim Gehen wurden seit jener Zeit geklagt. Beit 14 T.
waren die Fusse geschwollen, seit 4 T. war Pat. beft-
lagerig. Die Hantfarbe war gelblich fahi, das Unterhant-
sellgewebe fettreich. Der etwas vorragende Leberrand
f&hlte sich hart an. An der Herzspitze ein systolisches
Geransch. Im Urin kein Eiweiss. DiePat. blieb 2'/,Mon.
im Spital, wnrde dann etwas gebessert entlassen, aber
nach 4 Mon. wieder anfgenommen. Das Herz war jetzt
deutlich verbreitert , auch war ein diastolisches Geransch
hinsogetreten , in den Halsvenen wnrde Blasen gehdrt.
Zeitweilig traten Petechien auf, das Zahnfleisch blntete
dfters , hanflg stellten sich Ohnmachten ein , die Oedeme
warden stftrker. Die KOrpertemperatnr stieg nicht fiber
58.6° C. Trot* der grossen Schwache wurde eine inter-
currirende Pleuritis gut fiberstanden. Pat. lebte noch
fast 9 Mon., dem Tode ging ein langerer Sopor voran.
Sektionshefund : kleine , blaase Todtenflecke , mftssige
Starre. Die Beine der magern Leiche odematos. Massiges
Hirnhantodem , Gehirn anamisch , reehterseits , rw isohen
N. facialis n.acnsticns, ein haselnnssgrossesFibrosarkom.
Beide Lnngen lnfthaltig , sehr anamisch. Im Herzbentel
100 Grmm. schwach gelb gefftrbtes Berum , eben so viel
in der linken Pleurahohle. Herz verbreitert, im ver-
fetteten Herzfleisch Ekehymosen , kein Klappenfekler.
Die normal grosse Leber sehr blntarm , Milz nicht ver-
grossert, schlaff. Nieren ausserst blase. NirgendsLymph-
d rusen sch wellnng.
2) Ein 62Jahr. Geistlicher klagte fiber Abnabme
seiner Krafte seit 1 anger denn Jahresfriet. Der Appetit
war mangelhaft , der Stnhl etwas trage. Ansser Blasse
der Haut konnte indessen nichts Abnormes gefonden
werden. Nach Verlauf eines halben Jahres war ein systo-
lisches Geransch an der Herzspitze nnd an der Art. pal- .
monalis wahrnehmbar, das Herz indessen nicht verbreitert.
Mebrmals Entleemngen von bellem , dunnem Bint aus der
Nase. Tags fiber schwollen die Knfichel an. Die weissen
Blutzellen waren relativ nicht vermehrt, die Zahl der
rothen aber sehr gering. Pat. starb bald hemach. Die
Sektion konnte nicht gemacht werden.
3) Ein 46jahr. Kaufmann hatte im J. 1871 an akutem
Bronchialkatarrh gelitten. Seit jener Zeit fiel ihm seine
Fettleibigkeit beschweriich , der Pols war klein nnd un-
rhythmisch. Ende 1873 nidinf diC KOrperffille ab, die
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III. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
Gesicbtsfarbe wurde blfisser and gelblich and ee stellten
sich verschiedene Stfirungen ein: 2malGe8ichterose, hart-
nSckige Onychle an der groRsen Zehe , Magenkatarrh a.
Angina wiederholten sich offers im J. 1874. Die Anamie
wurde dabei starker, Pat. fror ieicht und hatte seine
Schweissfusse verloren. Eine Kur in Karlsbad brachte
einige Erleichterung. Spater wieder Magenbeschwerden.
Ger&usche im Herzen und in den Carotiden traten anf;
Nasenbluten , Diarrhoea and Ohnmachtcn , apathisches
Verhalten, Oedeme im Gesicht and an den Extremitaten
gingen dem Anfang Dec. 1874 erfolgenden Tode voraus.
Sektion: Lungen theilweise zellig verwachsen, beideuntere
Lappen luftleer , in der rechten Pleurahohle massiger Er-
guss dunner blutiger Flussigkeit. Herzbeutei mit reich-
liehena Fett bedeckt, ebenso das Hera selbst und die
grossen Gefasse. Herzfleisch bruchig , blassgelb gefSrbt,
kein Klappenfehler. Leber biutarm , in der Dicke etwas
vergrossert. Milz vergrossert, bruchig. Beide Nieren von
normaler Grosse, auf dem Durchschnitt der rechten zeigte
Rich die Bindensubstanz von hellgelben Streifen durch-
setzt. Die Mesenterialdrnsen waren atrophisch. Darm
blase, im Uebrigen normal.
Dr. Pye-8mith theilt (Virchow’s Arch. LXV.
4. p. 507. 1875) die nachstehenden beiden Beobach-
tungen mit.
1) Ein bijahr. Mann klagte seit 4 Mon. fiber Ap-
petitlosigkeit , Schwaohe , Hasten , Lendenschmerzen und
vorfibergehende DiarrhSe. Das Zahnfleiseh war sebr
blase , Lungen , Herz and Milz waren gesund , die Haut-
oberflache war glatt, wacheartig, gedunsen. Die farb-
losen Blntkorperchen waren nieht vermehrt, die rothen
bildeten keine Rollen. Der Kr. starb nach einigen
Woehen. Die Sektion ergab : Oedem der Lungen, blasse,
verfettete Muskulatur des sonst normalen Herzens ; Blasen-
schleimhant verdickt , in der Milz einige kleine verkaste
Herde, sonst war nichts Abnormes zu flnden.
2) Ein47jahr. Mann, der frfiher einige Male onbeden-
tendo Wechselfleberanfalle gehabt haben wollte , hatte in
den letzten Jahren mehrmals an Dyspnfie gelitten, die
Hautferbe war blass und die Krafte waren allmalig ge-
ringer geworden. Abmagerung war niclit vorhanden,
Hande and Ffisse waren Ieicht geschwollen , die Lungen
waren normal, fiber den grossen Gefassen wurde ein
lantes systolisches Gerausch gehfirt. Die rothen Blnt-
korperchen waren an Zahl vermindert, die weissen aber
nicht vermehrt. Fieberbewegnngen traten nicht ein.
Unter dem Gebrauch von Phosphor (3mal taglich ca.
4 Mgrmm.) trat eine vorfibergehende Verraehrung des
Appetits u. des Kraftegeffihls ein. Nach einigen Woehen
verschlimmerte sich der Zustand wieder. In den letzten
Tagen lag Pat. wie ohnmachtig und bewusstlos im Bett.
I de Sektion wieB ausser blassem , wasserigem Blute and
anamischem Zustand des Gehirns keine besondern Ver-
anderungen anf. Das Herzfieisch war verfettet, die
Klappen aber waren gesund. Die Mnskeln der Extremi-
taten zeigten keine Verfettung.
- In der Klinik von Prof. Frerichs in Berlin
teamen zwei Kranke zur Behandlnng, fiber welche
Stanislaus Matczyhski („Ueber d. progressive
perniciOse Anamie“. Inaug.-Diss. Berlin 1875)
Folgendes berichtet.
1) Eine 34Jfihr. Tischlersfran litt seit J. an Nasen-
bluten . nach und nach hatte sich grosse Kraftloslgkeit
cingestellt, zeitweilig waren Gesicht u. Ffisse geschwollen.
Zuletzt musste Pat. dauernd zu Bett liegen. Bei der Auf-
nahme in die Charity klagte sle fiber Diarrhoe , Ohren-
klingen und Schwarzsehen. Die Hautfarbe war ausserst
blass mit einem Stich ins Gelbliche. Die linke Lungen-
spitze ergab einen gedampften Ton ; hinten links nnten
hestand ein plenritischer Ergnss ; fiber dem Herzen, sowie
fiber der Jugularvene hlirte man systolisches Blasen. Der
linke Leberlappen war „kolossal“ vergrfissert, auch die
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Milz zeigte eine Lange von 21 n. eine Breite von 14 Centi-
metern. Im Angenhintergrand nichts Abnormes. Das an*
der Fingerspitze entleerte Bint entblelt nnr sehr sparsame
farblose Blntkorperchen, die rothen Blntkorperchen waren
Behr blass and hatten nnr znm klelnstenTheil die normale
GrOsse , die meisten waren vlel klelner. Sie rollten sich
nicht an einander. Ansserdem fanden sich viel kleine,
in Hanfen beisammeufiegende Kdrnchen. Im Spital hatte
Pat. wiederholt heftiges Nasenbluten , der Appetit war
ubermassig, die Diarrhoea hielten an, die Urinraenge war
vermindert. Ekchymosen in der Netzhaut traten nicht
aaf. Nach 7 Woehen war der Zustand anscheinend hoff-
nungslos, der Puls war kaum zu ffihlen. Es wurde Jetzt
eine Transfusion gemaebt (Menschenblut : 270 Cctmtr).
Danach trat eine ephemere Fieberbewegung ein. Die
Wirkung auf das Gesammtbeflnden war aber sehr erfreu-
lich : der Puls wurde wieder fuhlbar , die Hautdecken
lirbten sich ieicht roth, die Urinmenge nahmzu, w5h-
rend die DiarrhOe aufhorte. Der pleuritische Ergnss
wurde binnen 3 Woehen vollstandig resorbirt. Milz und
Leber blieben unverandert. Nach 2 — 3 Woehen vertices
die Pat. dauernd das Bett und in der 6. Woche nach der
Transfusion wurde sle als geheilt entlassen.
2) Eine 37jahr. Fran litt seit 2 J. an profusem Nasen-
bluten , verlor den Appetit , erbrach zeitweilig , wurde
immer matter and musste seit 4 Woehen dauernd das
Bett huten. Die Pat. hatte eine schlaffe Muskulatur,
das Fettpolster war geschwunden. Belm Aufrichten trat
Schwindel und Ohnmacht ein , Schlaf and Appetit fehlte.
Lungen waren gesund , die Herztone waren rein , nur Im
2. Intercostalranm rechter- und' linkerseits horte man ein
sagendes systolisches Gerausch. Im Augenhintergrand
war kein Bluterguss wahrnehmbar. Die Leber war nicht
vergrfissert , die Milzdampfnng dagegen betrug 11 Ctmtr.
in der Hlihe , 10 Ctmtr. in der Breite. Die Achsel- und
die Inguinaldrusen waren hart nnd vergrfissert. Das mit
einem Nadelstich entleerte Bint enthielt nor kleine rothe
BlntkSrperchen , kSrnige Massen waren nicht vorhanden.
Im Spitale nahm die AnAmie rasch zu , Fieber stellte sich
nicht ein. Die MUzvergrbssernng konnte spiter nicht
mehr constatirt worden. Pat. wnrde apathisch , die Ex-
tremitaten warden kfihl. Der Tod erfolgte bereits 8 T.
nach der Aufnahme. • Sektion: SerOser Ergnss in beiden
PleurahShlen nnd im Abdomen , ebenso im Herzbeutei.
Herzfleisch schlaff, netzfSrmig, von hellgelben Flecken
dnrchzogen. Die Milz war normal, die Leber klein,
die Nieren zeigten Andentongen elner Parenchymzverfta-
dernng.
[Dass im 1. Falle wirkllche progressive perniclSse
Anamie bestanden hat, erscheint eweifelhaft. Die enorme
Vergrfisserung der Leber nnd der Milz, sowie der pleurt-
tische Ergnss erklaren doch die Anamie ausreiohend.
Merkwfirdlg ist die rascheBesse rung nach der Transfusion.
— Im 2. Falle ist es zn verwundern, dass die Transfusion
nicht zur Verwendnng kam , besonders da die betrellende
Pat. nur 2 T. spater aufgenommen wurde , nachdem man
bei der ersten die Transfusion mit so gutem Erfolg ge-
macht hatte. Das Versohwinden der MilsvergrSsacnag
blelbt such unerklftrt. G.]
William Pepper theilt die nachstehenden
3 Beobachtongen mit (Amer. Journ. N. 8. CXL.
p. 313. Oct. 1875).
1) Eine 26jfihr. Scbnelderin , deren Wohnnng sich in
einer der Malaria verdSchtlgen Gegend befknd , begaun
einige Zeit nach einem Behr langwierigen , mit copifisem
Answnrf verbundenen Bronchialkatarrh fiber grosse
8chwache und Magenbeschwerden zn klagen , gleiohzeitig
hatten sich nnregelmissige , schwache Fieberbewegungen
eingestellt , die Ffisse und das Gesicht scbwollen an nnd
ein systolisches Gerausch war am Herzen wahrnehmbar.
Einige Woehen spater stellten sicb Blntungen ans dem
Zahnfleiseh ein, auch die Menses warden sebr profos.
Die Milz and die fibrtgen Drfisen des Unterleibs waren
nicht geschwollen , der Urin enthielt kein Elweiss. Die
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HI. P&thologie, Therapie a. medicinische Klinik.
rottaen Blutkfirperehen waren an Zahl vermindert, die
weiasen nicht vermebrt. Pat. hatte vie! Erbrechen and
klagte fiber Sausen im Kopfe , welches auch objektiv be-
sonders dem Verlanf dee Lfingsblutleiters naeh wahr-
nehmbar war. Die Pat. lebte vom Beginn des Uebels
an noch ca. 3 Mon., in den letzten Wochen lag sie fast
stets im Halbacblaf zii Hett. Finer plotzlichcn Zunahmc
des OedemB folgte Koma und Tod. Keine Sektion.
2) Ein 57jahr. Storebesitzer von nngcwfihnlich
kraftiger Gcsnndheit , grosser Arbeitskraft und massiger
Lebensweise begann sich nnbehaglich zu ffihlen, als er
nach Eintritt seiner S5hne in das Geschaft weniger zu
thun hatte. Er hatte zuweilen ein drfickendes Geffihl in
der Brust und etwas Husten , was er als Vorboten seines
Todes betrachtete. Nach eincm knrz vorubergehenden
Anfail von Bewnsstlosigkeit , win rs schien , in Folge von ,
Sonnenstich , wnrde er kraftloser . es trat Gelbsucht ohne
sonstige Beschwerden anf. Diese Gelbsucht dauerte ca.
1 Mon. und hintcrliess eine Leichcnblasse. Der Appetit
verlor sich, dock verrichtete Pat. noch olnige Wochen
seine Arbeiten. Ilieranf aber wurde die Schwacbe bo
gross , dass jedc Bewegung ihm Athembesehwerden ver-
ursachte und Erbrechen bedingte. Die Untersuchung des
Blutes ergab nur au Zahl vertninderte rothe Blut-
korperchen. Einiges Oedem der Ffisse und etwas Ascites
stcllten sich erst kurz vor dem Tode ein , welcher unter
schwachen Dclirien erfolgte. Seit dem Verlanf der Gclb-
sucht hatte die Krankheit nur 3 Mon. gedaucrt. Die
Sektion der nicht auffallig abgemagerten Lciche ergab
ausser Anamie alier Organe ledigiich Verfettung des Her-
zens.
3) Ein 60jahr. Maun liatte im Verhaltniss zu seiner
Arbeit nie einer ausreichenden Gesundheit sich zu er-
freuen gehabt. Oeftere Kolikanfalle, Neigung zu Diar-
rhfien und eine hartnaekige Psoriasis hatten seine Con-
stitution gescliwacht ; die Zahnc hatte cr ungewohnlich
frfih verloren und die Speisen fast nngekaut verschluckt,
da er nicht zu bewegeu gewesen , sich falsche einsetzen
zu lassen. In den letzten 2 .1. war sein Geschaft im
Rfickgange begriffen. Eines Morgens fuhltc er, nachdem
or den Tag vorher ungewohnlich sioli angestrengt hatte,
eine sehr bedoutende Kraftlosigkeit. Bereits nach 2 Mon.
konnte er daB Zimmer nicht mehr verlassen , und als sich
vorfibergehend etwas Oedem einstellte, imiBSte er das
Bett huten. Sogar der Transport aus einom Zimmer in
das andere war von einer tiefen Ohnmacht gefolgt. An
der Herzbasis war ein schwaches systolisches Gerausch
hfirbar, der Puls war etwas aussetzend. Pat. vermochte
Speisen zu sich zu nehmen , hatte sonst nichts zu klagen
und war geistig noch thatig. Nach einer Transfusion,
wobei 4 Unzen Menschenblut in die Vena basilica sehr
langsam injicirt wurden , stellte sich etwas Fieber , Er-
brechen und Diarrhoe ein. Doch blieb der Zustand einige
Tage lang befriedigend. Dann wurde nochmals eine
'Transfusion gemacht. Die Fieberbewegungen wurden
diessmal starker ais das erste Mai , Pat. wurde sehr un-
ruhig, verlor das Bewusstsein und starb 12 Std. spater.
Die Lciche war so anamisch , dass mit Ausnahme der
hintem Lungentheile . des llerzens und der grossen Ge-
fSsse bei der Sektion fast kein Bint ausfloss. Die Herz-
muskulatur war so verfettet , dass die Qucrstreifen kaum
mehr erkennbar waren. Leber und Nieren waren eben-
falls verfettet , die Milz war etwas vergrossert , aber ohne
die der Leukamie zugehorigen Veranderungen. In der
Gallenblase war ein 8tein vorhanden. Das Knochenmark
(aus dem Radius) enthieit nuide Kornerzellen von 0.002
bis 0.0036" im Durchm., manclic dieser grossern Zcllcn
enthielten einen deutlichenKern, der bei audern erst nach
Zusatz von Essigsaure sichtbar wurde. Nur eine geringe
Zahl der Zellen enthieit Fett , auch freies Fett in grossen
Tropfen war nur sparsam vorhanden.
Im Ouy’s-Hospit&l wurde nachstehender Pall
beobachtet, der als idiopatliischc Anamie von Dr.
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Habershon (Med. Times and Gaz. March 4. 187B1
bezeichnet wird.
Ein 21jahr. Handlnngsdlener , welcher stets eine
schwachliche Gesundheit und seit einigen Jahren von Zeit
zu Zcit Nasenbluten gehabt hatte, datirte sein jetrlges
Unwohlsein seit ca. 4 Wochen, wo ein plfitzlichcr Schmerz
in derlififte anfgctreten sei. Massiges Stechen iraRficken
nnd den Lenden . aowie einigemal Geffihl von Erstickung
seien hlnzugekommen. — Die Hantfarbe war ausserst
blass, der Pills war beschicnnigt und leicht wegdrfickbar.
der Herzstoss war verbreitert, die Herzdampfung aber
nicht vergrossert, beim leichten Dnick mit dem Stethoskop
auf das Epigastrium wurde ein lautes syRtolisches Gerausch
hfirbar , das dem aufgelegten Ohr nicht vernehmlich war,
starkes Noancngerausch. Pat. lag auf dem Rficken, hatte
guten Appetit, kein Erbrechen, normalen Stuhl. Am Tage
der Anfnahme trat starkes Nasenbluten ein . das Bint war
hell gefarbt. Nachdem Pat. einige Tage eine stfirkende
Mixtur genommen . ffihlte er sich besser und glaubte auf-
stehen zu konnen. Dio Tcmperatur war indessen auf 39°
gestiegen und der Puls machte noch 130 Schlage. Zwar
wnrde die Temperatur wieder normal; aber der Puls blieb
frequent u. eine frische Blutung bedingte neue Schwiche.
Das Gerausch war nun fiber der ganzen Ilerzgegend wahr-
nehmbar. Pat. nahm keine Nahrung mehr , die Zunge
wurde trocken, erantwortete nur noch schwer u. langsam.
Eine Trantfunon bewirkte nnr etwas tiefere Inspiration,
aber schon 1 Std. danach, 14 T. nach der Anfnahme, trat
der Tod ein. Sektion: Gehirn und Lungen geennd, ebenso
Leber nnd Milz. Keine Drfisenschwellung. Die Papillar-
mnskeln des Unken Ventrikels nnd das Septum waren ver-
fettet, die Klappen gesund, auf dem viBceralcn Blatte des
Herzbentels, sowie auf dem Endokardium links faoden
sich einige Ekchymosen. In der Rindensnbstanz der
Nieren einige weisae Flecke.
F. Fede (Movimento med.-chir. VII. 17. 18.
1875. — Med. Centr.-Bl. XIII. 45. p. 780. 1875)
theilt einen Fall mit , den er als progressive perni-
cittse Ankmie auffasst und leitet die Aufmerks&mkeit
besonders auf die bei der Sektion geftmdenen Ver-
Underungen in der Leber , der Milz und dem Marko
alier Knochen.
Die SOjahr. , stets unter elenden Verhaltnissen
lebende und immer krankliche , dnrch wiederholte Ader-
lasse erschfipfte Kr. litt seit 1 J. an rheumat. Gelenk-
schmerzen. Sie erschien abgemagert, ausserst blass.
klagte fiber Kurzathmigkeit, Herzklopfen und grosse
Schwache. Die LeberdSmpfnng war etwas vergrossert.
die Milz geschwollen , fiber dem Herzen mid den grfiesem
Arterien war eta systolisches Gerausch hfirbar. Das Bint
bot bei der Untereuchnng die Charaktere der Oligo-
cythamie. Unter fortsehreitendem Verfall nnd Tempe-
ratnrsteigernng erfolgte der Tod.
Bei der Sektion fand man das Herz fettig entartet.
das Endokardium etwas getrfibt, die Leber etwas ver-
grfissert , auf der Schnittflache braungelb verfarbt , ihre
Zellen enthielten , wie die mikroskopische Untersnohnng
ergab, ein eigenthumliches, rothgelbes, in rnnde Kfirnchen
geformtes Pigment. Die Milz war auf das 3fache ihres
normalen Umfangs vergrossert , ihre Pulpa consistent,
tiefroth , letztere bestand aus etwas grossern Zellen als
im normalen Zustande , die den gleich zu beschreibenden
Elementen des Knochenmarks sehr ahniich sahen und vide
in Vermehrung begriffene Elemente und hlutkfirperchen-
haltige Zellen enthielten. Sammtliche Knochen des
Skelets waren etwas verdickt, ihre compakte Substanz
war sehr reducirt und durch lockere weitmaschige Spon-
giosa ersetzt. Den Kopfen der 3. biB 11. Rippe ent-
sprechend, fanden sich 9 ovale, mandel- bis hfihnerei-
grosse, schmutzig weiss und roth marmorirteGeschwulste,
die auf dem Durchschnitt dasselbe Aussehen boten wie
die spongifise Knochensubstanz. Die mikroskopische
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III. Pathologie, Therapie a. medicimsche Klinik.
Untersuchung diescr Ttaeile ergab eine dem normalcn
rothen Knochenmark ahnllche Struktur, e* fanden Rich
aber sehr zahlreiche mehrkernige (wnchernde) Zellen nnd
blutkdrperchenhaltige Elemente. Die Trabeculae osseae
waren sehr zart und diinn.
Prof. W. M a n z macht fiber die Verandtrunym
in der Retina bei der pernicidsen Anfimie einige
apeciellere Angaben (Med. Centr.-Bl. XIII. 40. 1875).
Er fand bei einer 32jflhr. Frau am Tage vor dem
Tode ophthalmoskopiach zahlreiche Blutflecke von
achmutzig rothbranner Farbe, wie man aie Bonat bei
ftltern, in der Umwandlung begriffenen Ekchymoaen
findet. Einige Flecken lagen anf der Papilla , die
meisten in Hirer Nfthe, einer anf der Macula lutea,
nach der Peripherie hin lagen nur kleinere. Die
Gefftsse achienen nur wenig gefnllt, hatten einen auf-
ffillig breiten Reflexatreifen, die Venen waren dunkel,
dilatirt, die feinern Arterien aahen weiaa aua. Bei
der anatom ischen Untersuchung wurde constatirt,
daaa die runden Blutflecke im Centrum eine weiaaliche
Stelle von 0.06 — 0.08 Mmtr. im Durchm. hatten;
dieaer weiaae Fleck erechien wie erhaben und von
einer Httlle umgeben. Er beatand aua kleinen, rund-
lichen Zellen , zuweilen mit kleinen Kemen . oder
einem feinkdraigen Protoplaama. Urn dieaen Haufen
herum lagen , jedoch in einer gewisaen Entfernung,
hof&hnlich die farbigen Blutzellen. Man fand aber
anch dieae weiaalichen Stellen ohne daa ringfbrmige
Extravasat oder von nur wenigen Blntzellen um-
geben. Die genauere Untersuchung der Capillaren
ergab , daaa dieaelben hier und da mit ampullaren
Anabuchtungen verachiedener Form und Grdaae ver-
sehen waren, welche ala Inhalt entweder nur die
biaaaen, zarten Zellen oder eine feinkOrnige Snb8tanz
oder auch Blutkdrperchen enthielten. Somit haben
bei der pernicidsen Anfimie die Betina-Ekchymoaen
dieaelbe anatomiache Baaia, wie die aogen. Capillar-
apoplexien de8 Gehirna.
Nach Prof. Dr. med. Hermann Eichhorat
in Jena (Med. Centr.-Bl. XTV. 26. 1876), der eine
Erweiterung, beziehnngsweise Berichtigung der An-
gaben Quincke ’a nach aeinen in French a’
Klinik fiber pernicidae Anfimie gemachten Erfahrun-
gen in einer grflaaern Arbeit fiber dieaen Gegen8tand
in Anaaicht atellt, iat die progreasive Anfimie al8 eine
Krankheit der rothen Blutkdrperchen zu betrachten,
welche 8ich eben ao leicht erkennen lasae ala etwa
die Leukfimie. E. Iiat 7 Ffille beobachtet und in
kcincra dereelben folgende8 cigenthttmbche Verhalten
der rothen Blutkdrperchen vermisat.
WfthrendeinTlieil deraelben eine normale.Grdaae
beaitzt und aich nur durch aufffillige Blfiaae und ge-
ringe Neignng zur Haken- und Geldrollenbildung
auazeicbnet , findet man unter ihnen andere , welche
aofort durch ihre Kleinheit in die Augen fallen nnd
oft kaum den 4. Theil des Durchmesaera einea aua-
gebildeten Blntkdrperchens erreichen. Dabei Bind
sie tiefer saturirt gefilrbt , und wenn man sie unter
dem Deckglfiachen rollen lfisst, bemerkt man, dass
bei der Profilanaicht der biconcave Anssebnitt mehr
oder weniger vollkommen geacbwunden ist. Hire
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Kleinheit geht sogar so weit herab , daaa viele von
ihnen wie kleine, rdthlich tingirte Fetttrdpfchen aua-
aehen.
Bei Gesnnden oder an andern Krankheiten L^i-
denden , namentlich Anfimischen und Kachektiachen,
konnte E. dieses Verhalten nie nachweiaen, bei pro-
gressiver An&mie iat ea nach ihm aber achon in fill-
hern Stadien vorhanden, nnd je weiter die Krank-
heit fortachreitet , deato grdsser wird die Zahl der in
der beachriebenen Weiae verfinderten Blutkfirperchen,
in einem Falle kam die Zahl der feinen rfithlichen
TrCpfchen der der relativ intakten BlutkOrperchen
gleich. Die weisaen BlutkOrperchen waren atet8 auf-
fallend apfirlich vorhanden, wie auch die Protoplaama-
kttgelchen.
T. Grainger Stuart (Brit. med. Jonrn. July
8. p. 40. 1876) konnte indessen in 2 Fallen von
progrea8iver Anfimie mit tddtlichem Ausgang$ trotz
sorgffiltiger Untersuchung des Blutes den Befund
Eichhorat’a nicht bestfttigen. In dem einen dieaer
beiden Ffille waren im Gegentheil die rothen Blut-
kdrperchen sogar in auff&lligem Grade vergrfiaaert
Pepper verwerthet besondera seinen letzten
Fall, urn zu beweisen, dass dieae Form der Anfimie
in Wirklichkeit nichts Anderea sei ala die „ moduli are
Form der Pseudoleukfimie**. Ref. hat aich in Folge
dieaer Behauptung veranlasat geaehen, afimmtliche
Caauiatik fiber Leukfimie und Pseudoleukfimie aeit
dem J. 1855 in unsern Jahrbflchern nachzuleaen,
hat aber unter all den zahlreichen Beobachtungen
nur die beiden Ffille von Wood (Jahrbb. CLV.
p. 317) nnd den ala „01igftmie“ bezeichneten Fall
von Corazza (a. a. 0. p. 333) auffinden kdnnen,
welche eben auch ala die einzigen won P. aelbat zur
Vergleichung herangezogen aind, die dem kliniachen
Bilde der pernicidaen Anfimie gleichen. Vor der
Hand dttrften diese Beweiae um deawillen nicht genfl-
gen, weil man ja mit mehr Recht dieae wenigen F&Ue
ala nicht zur Psendoleukfimie gehdrig, ala umgekehrt
afimmtliche Beobachtungen von pernicidaer Anfimie
fflr Pseudoleukfimie erklftren darf. Da in den Sek-
tionen von Q. daa Knochenmark auadrilcklich ala ge-
aund angegeben, steht die eine Pepper ’ache Beob-
achtung voTlftufig sehr vereinzelt da, n. ebenao acheinen
die Beobachtungen von Fede u. Scheby-Buch
(Fall 2) noch weiterer Bestfitigung zu bedttrfen. Mehr
Wertli dagegen hat der von P. geffihrte hiatoriache
Nachweia, dass bereita Addison in seinem 1855
erachienenen Werke „ On the Constitutional and Local
Effecta of Disease of the Suprarenal Capsules* 4 un-
sere Krankheit ala „idiopatbische Anfimie** mit we-
nigen , aber sehr charakteriatiachen Zttgen geachil-
dert bat. Die Stelle iat ao interessant, dass wir die-
selbe (vgl. auch Jahrbb. XCH. p. 65) wdrtlich nacb
der Uebereettung von Py e-Smith (s. oben) hier
folgen lassen :
, Durch eine Reihe von Jahren habe ich von Zeit zu
Zeit eine sehr aufiallende Form aligemelner An&mie be-
merkt , welche ohne nachweisbare Uiuache auftritt — :
ohne vorhergehenden Biutverlust, erechdpfenden Dnrch-
fali, Chlorose, Purpura, ohne Nierenkrenkheit, Weehsel-
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111. Pathologic, Therapie a. medidnische Klinik .
fieber, Milz- Oder Lymphdrusenerkrankung, ohne Sorofn-
lose and Krebs. Die Krankheit zelgte in alien Fallen
denselben Charakter, denselben Verlauf und , mit kanm
einer einzigen Ausnabme , friiher oder spater denselben
letfcalen Ausgang. Sie Icommt bei beiden Geschlechtern
vor, gewohnlich nach der ersten Lebensperiode n. haupt-
sachlich bei fettleibigen Individuen. Der Anfang ist sehr
langsam und wird kaum vom Pat. bemerkt. Das Gesicht
wird allmalig blass, die Angen perlenweiss, die Mnsknla-
tur Bchlaff, aber nicht reducirt , der Pnls merkllch weioh
und zosammeudruckbar, zuweilen stossend, besonders bei
der leichtesten Erregung. Die ganze Korperoberflache
sieht blass, gedunsen, wacheartig aus. Die Lippen, das
Zahnfleisch. die Zunge sind blutlos. DleGewebe verlieren
ihre natfirliche Elasticity nnd ein leichtes Oedem der un-
tern Extremitaten erscheint. Der Kr. verliert die Ess-
lust und klagt uber Schwache, bei jeder Bewegung em-
pfindet er einen unaugenehmen Schwindel, Athemloslgkeit,
Herzklopfen. Zuletzt liegt er in einem mehr oder weniger
bewusstlosen und fast nnbeweglichen Zustande, bis der
Tod der langsam fortschreitenden Krankheit ein Ende
macht. Die geringe Abmagerung, sogar die KOrperffillc
steht oft bis zum Ende in einem seltsamen Contrast zu
der anssereten Kraftlosigkeit.*
In Bezng auf ftltere Beobachtungen wird von
Byrom Bramwell in einer knrzen Notiz (Brit,
med. Joum. Dec. 18. 1875) noch erwfthnt , dass
ane.h Wilks (s. dessen Lectures on pathological Ana-
tomy 1859) die idiopatliische An&mie gekannthabe.
Ref. konntc in (lessen unter mehreren von Wilks
mitgetheilten Krankengeschichten, welche als leukk-
misclie Formcn in den Jahrbttchern abgedruckt sind,
keine solclien finden, auf welche die Bezeichnung
gepasst h&tte.
In Bezug auf die Pathogenie ist noch ein linge-
rer Aufsatz von Dr. Scheby-Bnch in Hamburg :
„Zur Casuistik und Literatur der essentiellen An&mie
mit tddtlichem Ausgange* 4, (Deutsches Arch. f. klin.
Med. XVII. 4 u. 5? p. 467 — 491. 1876) zuerw&hnen.
Zun&chst werden 2 F&IIe aus dem Hamburger Kran-
kenhause mitgetheilt, deren 1. aus dem J. 1872 da-
tirt , als die Beobachtungen von Biermer noch
nicht bekannt waren.
1) Ein 4djabr. Former, mittelgross, zart gebant, wel-
cher nicht in schlechten Verhaltnissen lebte, hatte ein
Jahr vor der Anfnahme ca. 6 — 7 Mon. lang an Unter-
schenkelge8chwuren gelitten. Seit dieser Zeit stellten
sioh Kopfschmerzen , Ohrensansen nnd SehwindelznfiUe
ein, aucb das SehvermSgen nahm ab, die Zahnc warden
looker nnd die Mattigkeit immer grSsser. Ausser grosser
Anamie war im Krankenhaos kein besonderes Leiden be-
stimmt nachweisbar. In den NetzhSnten wurden Ekchy-
mosen wahrgenommen. Das Blut war blass, wSssrig, die
weissen Blntkfirperchen waren nicht vermehrt. Pat. lag
homer apathisch lm Bett, verlor den Appetit vollatandig
nnd magerte so ab, dass das Kfirpergewicht knrz vor dem
Tode nur 87 Pfd. betnig. — Die Sektion ergab: Oedem
der welchen Himhant und des Gebirns, Atrophie der
Hlrnwindtmgen ; kletnes, schlaffes Hers, blasslehmfkrbige
Leber nnd schwach vergrfisserte Milz, Anamie aller Or-
gane.
2) Elne 60Jahr. Naherin war selt einlgen Jabren
kr&nkUch gewesen, hatte fiber Schmerzen in der Leber-
gegend geklagt und OftersGemfitbsveretimitungengeeeigt.
Noth hatte sic nicht gelitten. Die Hantdecken waren sehr
blass, gelblich , Mils- und Leberdarapfung waren etwas
vergrossert. Das Blut war hydramisch, wiewohl Oedeme
nicbt bestanden , die weissen Blutkorperchen waren an
Zabl nicht vermehrt. Im Spital erhrach Pat. wiederholt,
das Erbrochne roch nach Alkohol. Die Kr&fte nahmen
allmalig ab, anfangs war die Kr. aufgeregt, dann schlif-
rig, apathisch. Unter komatdsen Erscheimmgen trat schon
nacb 14 Tagen der Tod ein. — Die Sektion wies nach :
massig gut erhalteues, gelb gefarbtes Fettpolster, Oedem
der zarten Hirnhaut, Anamie des Gehirns ; die Herzmus-
kulatur war ausserordentlich blass, verfettet, die Leber
nicht, die Milz wenig vergrdssert. In beiden Netzhauten
klelne Ekchyraosen. Das Knochenraark des Radius ent-
hielt wenig Fettzellen nnd nur elnzelne Fetttr5pfchen,
ausserdem zahlreiohe, den weissen Blutzellen gleichende
KSrperchen.
Von 4 andern Fallen , die ebenfalls im Hambnrger
Krankenhans znrSektion kamen, konnteVf. keine nihern
Notizen erhalten. In einem Falle wnrden ebenfalls Ver-
fettnng der Herzmuskulatur, der Leber und der Nieren,
sowie Netzhaut-Ekchymosen gefunden.
Vf. hat nun ebenfalls wie Pepper die tltere
Literatur nach fihnlichen Beobachtungen dnrch
mustert. Er citirt zunftchst die allgemeinen Bemer-
kungen von Vogel, Wunderlich, Schfln-
lein, Canstatt fiber tddtlichen Ausgang der
Chlorose, wobei sich nach Rokitansky (und V i r-
chow) Kleinheit des Herzens und ungewfihnliche
Enge der grossen Arterien vorfindet. Charakteri-
stisch sind 2 Ffllle von Bark lay, die als Death
from anaemia in der Med. Times and Gaz. (May-
1851. p. 480) mitgetheilt sind. Da sich in unsem
Jahrbiichcrn kein Referat dariiber findet , m6ge cine
kurze Erw&lmung liier gestattet sein.
1) Ein Mann von 34 J. krfinkelte schon seit elniger
Zeit nnd war in deu letzten Wochen ranch abgemagert.
Er hatte Kurzathmigkeit und Herzklopfen, an der Herz-
spitze trat ein systolisches Gerausch auf. Ausser grosser
Anamie war nichts Besonderes nachweisbar. Pat. starb
nach ca. 3 Wochen. Bei der Sektion fand sich das
Fettpolster nngewShnlich gelb gefSrbt. Alle Organe wa-
ren sehr anamisch, die linke Niere enthiett einige kleine
Cysten an einer narbigen Einzichung der Oberflache.
2) Eine 40jahr. Frau war seit ihrem letzten Wochen-
bett, wonach sie wegen einer Entzfindung der MnndhOhle
nnr flnssige Speisen hatte geniessen kSnnen, schwach und
anamisch geworden. Bisweilen hatte sie dyspnoische Zu-
falle gehabt. Ein solcher wiederholte sich auch im Spitale
und Pat. starb sehr rasch nachher. Die Sektion wies
nach: leichtes Oedem der Beine, gesnndcLungen, Hyper-
amie der Broncliien, kleine Petechien in der Larynx-
schleimhaut. Das Herz erthielt nnr wenig, halbflfissiges
Bint. Sonst war ausser Anamie Nichts aufznflnden.
King (Brit. med. Journ. Nov. 1871) beobaehtete
raschen tddtlichen Ausgang an Anamie bei einer 27JShr.
Fran, welche allerdiugs 1 Jahr lang an Diarrhden und Er-
brechen gelitten hatte. Die Sektion ergab nnr hochgmdige
An&mie aller Organe.
Anch Cazenave (Journ. de Bord. F6vt. 2. 1860)
berichtet fiber 3 Falle, einen mit Sektionsbefund ; es
wurde ebenfalls ausser der An&mie keine Abnormlt&t ge-
funden.
In' den Wiener Krankenhausberichten vom J. 1858
nnd vom J. 1870 ist je 1 Fall summarisch erw&hnt.
Wenn sich diese Beobachtungen leicht dem Ge-
d&chtniss entziehen konnten, so ist doch, wie S c h e b y-
Buch mit Recht hervorhebt, auff&llig, dass man
Lebert’s Angaben fiber diese Krankheit, welche
er als „essentielle u Anflmie bezeichnet, ganz ver-
gessen hat. Es ist merkwflrdig, dass auch diese
Beobachtungen aus der Schweiz (Zurich) stammen.
Bereits 1853 hat Lebert im Zfiricher Kranken-
hause 3mal Puerperalchlorose gesehen, im Bericht
von 1854 liat erwiederum 3 Falle namhaft gemacht.
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III. Pathologie, Therapie n. medicinische Klinik. 23
Direr iat in unsern Jahrbb. (XCII. p. 366) kurz ge-
dacht. Da Lebert’s Casuistik vollstftndig in der
nenen Auflage seines Handbnchs der ailgemeinen
Pathologie n. Therapie (Tflbingen 1876) 'mitgetheilt
ist, branchen wir nicbt n&her daranf einzngehen.
Scheby-Buch erinnert znm Schluss daran,
dass die sogen. essentielle oder perniciOse Anftmie
mehrere Zflge mit der Anftmie im Tropenklima ge-
mein hat. Da der letztem das Ankylostomvm
duodenale (Jahrbb. XCVI. p. 86) zu Grunde liegt,
so ist es von Wichtigkeit , danach zu Buchen. Es
wftre doch nicht unmbglich , dass sich dieser Parasit
auch nach Europa verirrt hfttte*).
In der That hat auch Prof. Heschl in Wien
(Mitth. d. Ver. d. Aerzte in NiederiJsterr. Nr. 11.
1876) unter Bezugnahme auf den von Sch. -B. er-
wfthnten, im Jahresber. d. Wien. Krankenh. f. 1872
einfach als Anftmie mit tddtl. Ausgange aufgefUhr-
ten Fall folgende interessante Mittheilung gemacht.
Unter den Pr¶ten der pathologischen An-
stalt findet sich in der That der zugehorige Befond
von zahlreichen Exemplaren des Anchylostomnm
duodenale. Der Sektionsbericht besagt , dass Pat.
im Spitale einige Tage an blutigen Diarrhden gelitten
habe und 4 W. hernach an Hydrops gestorben sei.
In den Dtlnndftrmen waren, theils frei, theils an den
K&mmen der Falten sitzend, zahlreiche, 4 — 6'"
lange, fadenformige, weisse Wllrmer bis zur Cdkal-
klappe herab vorhanden , und zwar im Jejunum so
zahlreich, dass die Entfemung der Warmer unter ein-
ander nur Vj a — 2"' betrug. Auch war, nachdem
dieser Sektionsbefund sich ergeben , durch Nachfra-
gen in der Heimath des Verstorbenen ermittelt wor-
den, dass derselbe 6 Jahre vor seinem Tode als Sol-
dat 4 Mon. in Oberitalien gedient und oftmals aus
PfDtzen und unreinen Brunnen getrunken hatte. Er
war anscheinend gesund nach Hause gekommen und
hatte dann in Oesterreich als Bergmann gearbeitet.
In Bezug auf die Therapie fbrdern auch die
jetzt vorliegenden Beobachtungen wenig. Da&aEisen
nntzlos ist, wird von Allen bezeugt, die Transfusion
ist (auch von Quincke) mehrmals gemacht wor-
den, aber nur in einem zweifelhaften Falle znm
Nutzen des Patienten. Ob sie g&nz im Beginne des
Leidens lebensrettend wirkt, ist noch nicht bewiesen.
Pepper verapricht sich Nutzen vom Leberthran,
vom Arsen und vom Phosphor. (Geissler.)
341. Ein Fall von Argyrie ; von Dr. B.
Riemer. (Arch. d. Heilk. XVH. p. 330. 1876.)
*) Die Diagnose dieses Thieres lautet nach Birch-
Hirschfeld (Lehrb. d. patholog. Anatomie p. 218):
Korper cylindrisch, Kopf nach der Riickenfliiche am-
gebogen, mit horniger Mundkapsel, am obern Rande zwei
kla&enfflrmige Haken. Maanchen bis 10 Mmtr. lang,
1 Mmtr. dick ; schmarotzt im Duodenum und Jejunum,
bald einzeln, bald in grosser Anzahl. Gehort zu den An-
neliden, in die Ordnung der Nematoden und zur Famiiie
der Strongyllden.
Ref. bespricht in der vorlfegenden 3. Abthei-
lung ') das Verhalten von Leber, Nebennieren, Milz,
Pankreas , sowie des Urogenital-, Respirations- und
Cirkulationsapparates, bei der fragl. Affektion.
Die Pigmentverhftitnisse der Leber entsprechen
dure ha us der vom Ref. acceptirten Erklftrungsweise
der Entstehung des Pigments. Auf 3 Wegen konnte
danach das Silber in das gen. Organ eindringen,
1) auf dem Wege der Lymphbahnen vom serOsen
Ueberauge der Leber aus; 2) durch die Arterien-
bahnen ; 3) von den Pfortaierwuraeln aus. Dem-
entsprechend fanden sich dann auch die Portalvenen,
Arterien und Kapsel mit Silber durchsetzt. Die Ver-
schiedenheiten, welche diese Gebilde hinsichtlich der
Argyrie darbieten , die geringere oder grOssere An-
hftnfnng , die gleichmftssige oder mehr ungleichm&s-
sige Vertheilung des Pigments sucht Ref. unter Be-
rtlck8ichtignng der eigenthtimlichen Kreislaufverhftlt-
nis8e, wie sie diesem Organ eigen sind, auf rein me-
chanische Weise einigermaassen zu erklftren. Die
Pigmentlosigkeit der Lebercapillaren, welche From-
m a n n als auffallende Thatsache hervorgehoben hat,
ist danach vollkommen erklftrlich. Die Capillar-
wand an sich, welehe sich ja eigentlich nur als Endo-
thelhftutchen darstellt, hat eben nirgends im Kflrper
die Ffthigkeit, die so ttberaus feinen Silberkflrachen
in sich zurflckznhalten und aufzuspeichern. Die Ca-
pillaren (viel weniger die kleinsten Arterien und
Lymphbahnen) sind im Gegentheil der Ort, an denen
das Kftmchen den Geftssapparat verlassen kann, nm
sich — vielleicht schon in nftchster Nfthe — im Ge-
webe selbst fest anznsiedeln. Wie wir aber durch
den ganzen Kbrper verbreitet Zellmembranen haben,
welche fllr das Silber dnrchgftngig sind , so giebt es
anf der andern Seite auch Zellhftute — so im Allge-
meinen die Epithelschichten — , welche fttr die
Kbmchen undurchgftngig sind und hierdurch eine
Ablagerung dichterer Silbermassen bedingen. Aus
diesen Girknlationsverhftltmssen des Silbers dflrften
sich , wie Ref. glaubt , manche Schltlsse hinsichthch
der Verbreitungsweise mancher physiologischen Kflr-
peretoffe (Eiweiss, Fett etc.) ziehen lassen. Ebenso
dtlrfte es verstftndlicher werden, wie es kommt, dass
in gewissen Organen, durch gewisse Organtheile be-
stimmte Stoffe zur Abscheidung gelangen, andere im
Gegentheil unter normalen Verhftltnissen zurtlckge-
halten werden. Unter krankhaften Znst&nden >ge-
nannter Zellmembranen mtlsste nattlrlich dieae Re-
tentions- und Sekretionsffthigkeit eine Alteration er-
fahren.
DieUrsache der starken Betheiligung der Gallen-
blase an der Argyrie dtlrfte darin zu suehen sein,
dass die Schleimhaut der Gallenblase, ebenso wie die
des Darns , eine Aufnahmestfttte des in die Gallen-
fhissigkeit vorgedrungenen Silbers abgab. Ref. be-
grtlndet diese Vermuthnng auf die Beobachtungen,
welche Virchow liber Fettresorption in derGallen-
') Wegen der beiden enrten vgl. Jahrbb. CUCVIU.
p. m.
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III. Pathologic, Therapie u. medicinisehe Klinik.
blase and interm ediAren Stoffwechsel der Leber ge-
macht hat. In der Oalle selbst konnte er das Silber
nieht nachweisen, weil ihm der Fall nicht frisch bei
der Sektion zur Untersuchnng vorlag. Es ist daher
sehr zu wtlnschen, dass in Ahnlichen Fallen bei Leb-
zeiten des Kr. and am Todten die einzelnen Se- und
Exkrete auf etwaigen Silbergehalt geprttft werden
mdgen.
Die Nebetmieren boten keine wichtigeren , der
Argyrie znzoschreibenden Verttnderangen dar. Die
Drtlsenzellen waren frei von Silber, die Kapsel deut-
Uch feinkdrnig pigmentirt. Daneben fand sich als
zufAUiger Befdnd der rechten Nebenniere ein etwa
kleinkirschengrosser Tumor, der als Struma supra-
renalis oder Adenom anzusprechen sein diirfte.
Die Milz verhielt sich der Argyrie gegenllber
vollkommen wie die Lymphdrlisen der gewdhnlichen
Art, nicht wie diejenigen des Mesenterium, worflber
bei Besprechimg des Verhaltens des Darmtractus das
NAhere angegeben werden wird. Es stimmt dieser
Befund nicht mit Dem tlberein, was H u e t bei Silber -
ftltterung an Ratten gesehen hat, allein bei diesen
Thieren besteht ein eigenthUmliclies anatomisches
Verhalten des Mesenterium, so dass die Milz eine
Stelle einzunelimen scheint, wie sie beim Menschen
den Meseuteriallymphdrttsen zukommt.
Das tlber das Pankreas Gesagte gilt zugleich
von den Speicheldrusen (iberhaupt. Hervorzuheben
ist die starke Versilberung der Basalmembraneu der
Auafhhrungsgknge und das Freibleiben der acindsen
Drtlsenendtheile.
Ref. bemerkt hierbei , dass bei den Sckvoeiss-
und Talgdriiaen umgekehrt die secernirenden Theile
pigmentirt, die leitenden pigmentfrei sind. Erklftren
lasst sich dieser Umstand eben nur durch die aner-
kannte Thatsache, dass gewisse Membranen soldi
fein vertheilte Elemente passiren Lassen, andere die-
selben zurllckhalten. Ref. glaubt, dass das Silber
durch die eigentlichen Speichelzellen liindurch in die
Speichelfltlssigkeit tlbergehen kann, so dass wir hier
ein wirkliches Eliminationselement des dem Kdrper
fremden Stoffes vor uns haben , wihrend das hohe
Cylinderepithel der AusfilLmingsgange ein untlber-
steigbares Hinderniss abgiebt. Dieser Befund steht
(lbrigens mit dem Ergebniss der neueren von Pfl ti-
ger, Heidenhain, Gianuzzi u. A. Uber die
Speicheldrtlsen angestellten Untersuchungen in Ein-
klang.
Hinsichtlich der Argyrie der Niere, welche schon
seit langer Zeit das Interesse der pathologischen
Anatomen in Anspruch genommen hat, erwfthnt Ref.
zunfichst, dass die Glomeruli insgesammt als dunkel-
schwarze Punkte dem blosen Auge sichtbar hervor-
treten. Diese gleichmAssig intensive F&rbung aller
Glomeruli fand Frommann nicht; Ref. halt es ftlr
uiflglich , dass vielleicht jene Nieren neben der Agy-
rie auch anderweitige pathologische VerAnderungen
erfahren hatten. Die sehr denkbare Neubildung von
KnAneln sehliesst R. — wenigstens ftlr seinen Fall
— aus , wiewohl nach einer sorgfkltig vorgenomme-
nen Zihlung eine grOssere Anzahl (10 — 11 KnAuel
in 1 Cctmtr. Niere) vorhanden war , als nach
Schweigger-Seidel in einer normalen Niere
der Erwachsenen vorkommen sollte.
Die Silberkdrnchen sind — wie es auch From-
mann fand — am Glomerulus einer besondem, die
EndothelachlAuche der Capillaren allseitig tlberklei-
denden Membran eingelagert. Dass in das Lumen
des Glomerulus und somit auch in den Harn kein
Silberkdrnehen gelangen konnte, ergiebt sich aus
dem vollkommenen Fehlen des Silbers in den Bow-
man’schen Kapseln. Wkhrend in der Rindensnb-
stanz der Niere im Uebrigen kein Silber vorhanden
war, fand Ref. dasselbe wieder in der Marksubstanz,
und zwar als dichtgedr&ngte feine Kftrnchen in der
Membrana propria der geraden Hamkan&lchen,
namentlich aber in den sogen. H e n 1 e ’schen Schleifen
eingebettet, so wie in geringerer Dichtigkeit durch
das entwickeltere Bindegeweb^ der Pyramiden zer-
streut. Interessant ist, dass Frommann, der seine
Abhandlung zu einer Zeit verfasste, wo die H e n 1 e -
schen Schleifen noch nicht entdeckt waren, indembe-
treffenden Bilde engere, unter spitzemWinkel sich zn
SammelrOhren vereinigende KanAle wiedergiebt,
welche zweifelsohne als Henle’sche Schleifen zu
betrachten sind.
Mit der Argyrie der Niere vergleicht Ref. weiter-
hin die Infarktbildungen in derselben ihrem anato-
mischen Verhalten und ihrer Entstehungsweise nach;
er lasst besonders ftlr den Kalk- , weniger ftlr den
Hamskureinfarkt gewisse Analogien mit der Argyrie
gelten. In Bezug auf die noch immer unentschie-
dene Frage, an welchem Orte der Niere die einzelnen
IIambe8tandtheile ausgeschieden werden , stellt Ref.
die Argyrie der Niere den von Ponfick, Hoff-
mann und Langer bans verftffentlichten Pigment-
untersuchungen , so wie den jttngst von Heiden-
hain durch Injektion unterschwefels. Natrons gewon-
nenen Resultaten znr Seite. Nach eingehender Be-
sprechung der beideu bisher fllr die Niere angenoin-
menen Sekretionstheorien stimmt Ref. mit Rtlcksielit
auf die Argyrie eher der Ansicht Ludwig’s bei,
nach welcher im Glomerulus ein wasserverdiinnter,
aber mit alien specifischen Harustoffbestandtheilen
versehener Harn abgesondert wird.
Das Verhalten der Qbrigen Theile desHaraappa-
rats, so wie der Sexnalorgane — Harablase, Urethra,
Corpora cavernosa penis, Hoden , Vas deferens —
bietet bei der Argyrie wenig Interessantes dar.
Wie das Nervensystem , so zeigte auch der Re-
spiratiomtractus nur einzelne wenige Ablagerungs-
st&tten. Dass aber tlberhaupt solche vorhanden
waren — das Perichondrium der Bronchialknorpel
— ist ein Beweis, dass silberhaltige FlOssigkeit auch
das Lungengewebe durclistrdmt haben musste. Das
massenliaft vorhandene Kohlenpigment konnte von
dem so charakteristischen Silberpigment leicht unter-
schieden werden. Der Mangel an Silberablagerung
in der Pleura beruht wabrscheinlich auf ihrer patho-
logischen Verknderung.
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III. Pathologic, Therapie n. medicMsche Klinik.
Das Verhalten (ler Blutge fosse bei der Argyrie
iat achon bei Betrachtong der einzelnen Organe
inehrfach berttcksichtigt worden. Ala beaondera be-
merkcnawerth verdient hier noch die Fftrbung deT
Innenflache der Aorta hervorgehoben zu werden.
Hier fand aich eine Auflagerung grdsserer und an-
regelmflssig gestalteter Silberpigmentmaaaen auf der
Innenhaut und eine Einlagerung feinater Kftrnchen in
das Oewebe der Intima. Beaonders dentlich war
dieBS ansge8prochen zwiscben den Erhflhungen und
Buckeln, welche durch hochgradige Atheromatoae
bedingt waren. Die Erklftrung dieaer auffallenden
Thataache aucht Ret. in dem Einfluaae der Uneben-
heit der Wandong auf die GeschwindigkeitsverhAlt-
niaae dea Blutstroms. Die geringe Theilnahme der
l J ulmonalarterie an der Argyrie liat nach Ref. wohl
.inch ihren Grund in andersartigen Geachwindigkeita-
nnd Druckverhflltniasen dea Blutatroms.
Zorn Schluaa faaat Ref. die Uaupteharaktere
der Argyrie in folgenden Worten nochmala znsam
men : „Die Argyrie iat die beinahe einzig da8tehende
Affektion, bei welcher die Mdglichkeit vorliegt, einen
dem Organiamus ala Medikament einverleibten Stoff
auf aeinem Eindringen nnd Weiterachreiten von Ort
zu Ort zu verfolgen. Die auaaeronientliclie Feinheit
der Silberkbmchen und ihr in groaaen Zeitr&umen
erfolgendea allm&ligea Gelangen in den Kdrper , ao-
wie die vomehmlich auf dem Wege der Blutbahnen
gegebene Verbreitung derselben erklflrt die flber-
raachend gleicbmiisaigen , aicli iramer und immer
wiederholenden Pigmentbilder, die in phyaiologiacher
und histologiacher Beziehung hocliintereaaant aind.“
In einem Anhange giebt Dr. K tl 8 1 e r einen knr-
zen Bericht fiber den Befund an den Augdpfeln und
drrtn Adnexen. Anch er fand Silberpigment nur
in bindegewebigen Theilen, nnd zwar in der Sklera,
der I)ural8cheide dea Opticus , der Tunica propria
conjunctivae , dem subcoiyunctivalen Gewebe, der
Tenon’achen Kapael , in den Sehnen und im inter-
stitiellen Bindegewebe der Muakeln. Der Silber-
reichthum entspricht auch hier im Allgemeinen dem
Gefeasreichthum. Daa Fehlen dea Pigments an
Opticus , Art. centr. ret. und Retina aelbat atimint
aehr wohl mit dem Verhalten dea Nervenayatema
fiberein. Beaonders bemerkenawerth iat daa Ver-
halten der Subduralscheide dea Opticuaatamma, deren
iunerate Schicht ala ein achon makroakopiach erkenn-
barer dunkler Silbersaum sich daratellt. Dieae aaum-
artige Silberanhfinfnng kommt jedoch nur der orbi-
talen Auaattllpung der Dura-mater zu, wtthrend die
intercranielle Dura mehr gleichmMsaig durch ihre
ganze Dicke von feinaten Kbrnchen durchsetzt iat.
Eine Erklirtmg dieaer Verachiedenlieit der beiden
Dnra-Abschnitte Blast sich zur Zeit nicht geben.
(Riemer.)
342. Fall von aohwerer Qioht mit Amy-
loid-Degeneration; von Dr. M. Litten. iVirch.
Arab. LX VI. 2. p. 122. 1876.)
Med: Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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Pat. , ein 41Jihr. Maachinenmeiater, wurde am 11. Oct.
1876 indieBiermer 'ache Klinik aufgenommen, mit hoch-
gradiger Erkr&nkung fast sammtlicher Gelenke, Anky-
losen der Knie und Huftgelenke , der Gelenke an den
Phalangen, sehr verminderter Beweglichkeit in den Schnl-
tern und Ellenbogen ; in den Pingersehnen iiessen sich
circumseripte stecknadelkopfgrosse Knotcben nachweisen.
Ausserdem betrachtliches Anasarka beider Fusse und
HShlenhydrops. Die Brustorgane waren , abgesehen von
einer geringen Infiltration der Lungenspitzen , gesnnd.
DerUrin zeigte sehr reichlich Eiweiss, aber keine morpho-
logiscben Bestandtheile und keine Sediraente. Nach der
Anamnese hatte der Kr. zuerst im Alter von 8 J. einen
aknten Gelenkrbenmatismus dnrchgemacbt , war jedoch
von demselben vollstandig genesen nnd 18 J. gesnnd ge-
wesen. Ein zweiter Anfall von Gelenkrheumatismns, der
ihn 1860 auf einer Seereise traf , kam nieht wieder zur
vollstandigen Heilung, die „ rheumatischen “ Schmerzen
dauerten fort , namentlich heftig in den Fingern , und im
Winter 1871 bemerkte er zuerst Knoten nnd Verkrttm-
mungen des rechten Kingtingers. Allmalig zeigten aiob
ahnliche Veranderungen auch an den andern Gelenken,
auch die grossen Gelenke wurden sehr schmerzhaft und
zura Theil ankylotisch , bis dann znletzt noch das hoch-
gradige Oedem der nntem Extremitaten dazn kam nnd
Pat. bewog, Aufnahme im Krankenhanse zu snohen.
Im Hospital verlief die Krankheit sehr rapid. Der
Hydrops nahm zu, es trat zeitweilig anhaltendes Erbrechen
auf und der Pat. ging schon 14 T. nach seiner Aufnahme
unter den Erscheinungen der hochsten Erschopfung zii
G rnnde. Die Temperator war wiihrend der ganzen Zeit
unter der Norm. Der Urin war stets blass-hellgclb, ganz
kiar, ohne Sedimentc, aber sehr reich an Eiweiss.
Bei der Sektion, die 24 Std. n. d. T. stattfand , cr-
gaben sich folgende Verh<nisse. Unter der Haut der
Ohrmuscheln nnd in der Umgebung der Gelenke mehrere
oberfiachlich gclegene kleine , ans einer ttbrosen Kapsel
u. darin eingeschlossenen weissen Brockeln oder weissem,
gipsartigem lire! bestehendeTuinoren. Aehnliche kieinere
Massen in den Streeksehnen der Unterarme nnd in deren
Scheiden bis zum Elienbogengelenk , ausserdem an ein-
zelnen Stellcu der Extremitaten als haseluussgrosse,
weiche fluktuirende Masse in der Muskelsubstanz selbst.
Die Finger- und Zehengelenke , sowie die der Mittelhand
verdickt, deform, theils durch Ankylose . theils dnreb
Subluxation. Sammtliche Gelenke mit einem gipsartigen
Ueberzug versehen , theils als gleichmassige Auflagerung,
theils in unregelmassigenKlumpenderEpiphyseansitzend.
In den grossen Gelenken, besonders anffallig in den Knie-
geienken , die 8ynovialmembran mit einem weissen,
salbenahnlichen Brei bedeckt. Afficirt waren in mehr
oder weniger bedeutendem tirade alle Gelenke, mit Aus-
nahme der Wirbelsaule. Die Kdhrenknochen des ge-
sammten Skelets hochgradig atrophisch. In den Brust-
organen fand sich atisser Hydrothorax nichts Bemerkens-
werthes. In der 8chleimhaut des weichen Ganmens und
an der Aussenflache der Kehlkopfknorpel gipsartige Mas-
sen. In der Milz geringe amyloide Degeneration der Ar-
terien. In den Nieren n. Nierenkelchen zahlreiche kleine
bis hanfkorngrosse eingesprengte weisse Massen nnd Amy-
loiddegeneration der Glomeruli. Im Coecnm drei kleine
Geschwiire, die ubrigen Organe normal.
Die gipsartigen Massen erwiesen sich bei der chem.
nnd mikroskop. Untersuchung als kleine KryBtalldnisen
ans Kamsaurem Natron.
Danach lautete die Diagnose auf Gicht mit amy-
loid entarteter Schrumpfniere und Amyloiddegene-
ration der Milz. Wihrend die Entartung in diesem
Organ sich auf einzelne Arterien beachr&nkte , war
aie in den Nieren viel hochgradiger. Ausserdem
fanden sich in alien Abachnitten der Nieren hamaaure
KryataUe, bald, bttachelftrmig die HarnkaniHchen
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IIL Pathologic, Therapie u. mediciuiscke KLinik.
unsgabend, bald zu grdsaeru Dnwen vereinigt im
innera derselben. In den Gelenkkaorpeln fanden
sich die harnaauren Salze nur im Intercellnlargewebe.
Die Zelleu wareu etwas verfettet, aber sonst iutakt.
Auaaerdem enthielteu aucli das Perichondrium, das
Periost and die Spongios* der Epiphysen zahlreielie
Kry8tallgruppen.
Abgesehen von der groesen Iutensitfit der Ver-
ttaderungen scheint der Fall dee Vf. an* dem Grande
interessant , weil die Krankheit ein Individmim aus
unbemitteltem Stande , oline hereditfire Anlage befiel
uad nur mit einigen AntUllen von Ciiiragra , nicht
aber mit den typiselien Schmerzparoxysmen dee Po-
dagra auftrat , obwohl die Verfinderung der grossen
Zeben selir hocbgradig war. Es stellt der hock-
gradige Fall also eine „irregulare Form der chroni-
soben Giobt“ dar, welche nach einem akuten nnd
spfiter chronisch gewordenen Gelenkrheuinatismus
auftrat and besonders auffillig ist (lurch die Aebnlich-
keit der GelenkdeformitKten mit Arthritis deformans.
Ein Vorhergegangesaein oder ein gleiclaeitiges Vor-
hahdensein dieser Erkranknng glaubt Vf. nach dem
anatomischen Befund mit Sicherheit ausachliessen zu
kdnnen.
Neben den Gelenka&ktionen legt der Vf. be-
aondern Werth anf den Befund in den Nieren. Bei
demFehlen einer Hyperti’ophie des linken Ventrikels,
dem trotzdem bestehenden bedeutenden Auaaarka
end Hdblenhydrops und dem bedeutenden Eiweiss-
gehalt des Harns habe schon die kliniscbe Diagnose
auf eine complicirende Nierenerkrankung lauten
milsaen , und zwar , da ftir einfache Schrumpfniere
die Oedeme und der Eiweisegehalt zu bedeutend er-
schienen, mit grosser Wahrscheinlichkeit auf Speck-
niere. Trotzdem sei ihm die Best&tigung dieser
klinischen Diagnose durch die Autopsie „unerwartet“
gewesen , weil bis jetzt diese Complikation bei der
Gicht noch nie gesehen Worden sei. Zweifelhaft
blefbt es ihm freilich, gb hier nicbt eine zufAllige
Complikation vorljege, eine Folge des neben der
Gicht bestehenden chronisehen Gelenkrheumatismus,
welcher ja nicht selten zn Amyloiddegeneration
ftlhrt , jedoch macht er darauf aufinerksam , (lass die
in diesem Fall vorliegende Amyloiddegeneration,
neben derSchrumpfniere u. der HarnsSure-lnfiltration
sehr lericht zn flbersehen gewesen nnd vielleicht
deshalb in manchen Fallen von Gicht, wo sie noch
bestandeu, nicht bemerkt worden sei. Endlich er-
wkhat er noch, dass Gicht des Kehlkopfs, wie sie in
diesem Fall beobachtet worden , sehr selten sfch
flnde, von Virchow nor ein einziges Mai erwfthnt
werde. (Neelsen.)
343. Zur Lehre von der Rhachitu.
Dr. F. Stendener in Halle (Deutecbe Ztsohr.
f. Chir. IV. 1. p. 90. 1874) berichtet fiber folgendfen
Fall von schwerer Rhachitia.
BM eiaera MBdchen , das von Gebnrt an ktein ntad
sekwftehlibfc war, Moflg an Dana- aad BroachLaikktlirrketa
gelitten hatte und in Folge dessen In seiner Entwicklung
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zortickgeblieben war, hatte sich Rhachitia entwickclt-
Sechs Mon. alt , erlitt das Kind eine Fraktur des linken
Oberarms, die man lange Zeit mit festen Verbinden be-
handeltej, obne jedoch eine feste Vereinigung der Braeta-
enden zu erzielen. Die Khachitis trat immer mehr li error
und machte die Aufuahme des Kindes in die Diakonissen-
anstalt noting , woes, 18 Mon. alt, starb. Die Sektinu
ergab , vora ubrigen Befnnd abgesehen , folgendr beden-
tende Knochenveranderungen.
An den rebergangsstclleu der Rippen in die Rippen-
knorpel waren die fur Rhaebitis eharakteristischen An-
schwellungen sehr stark entwickelt. Die Rohrenknochen
der I'nterextreinitaten ersehienen bei ausserer Betracli-
tung fast ganz normal , dagegen waren die sainrotlichen
Rfthrenknnchen der obem ErtTemitat ausscrordentlich
biegsatn. Der rechte Oberarm und die Knochen der
beiden Vordcranne zeigten eine d' litliche flache Bogen-
krunimuug , am linken Oberarm bestand ziemlich in der
Mitte der Diapliyse eine starke winklige Knickung. Ein
L&ngsschnitt desselhen , der lelcht auszufBhren war , liess
aosser den gewdbnlichen rhachitischen Verandenragen.
als Ursache der Knickung eine Infraktion erkennen.
welche durch eine (besonders zwischen den Schenkeln des
Winkele mftchtige) Callusmasse geheilt war. Der Callus
erstreckte Bich in einer Bogenlinie von einer Epiphyse anr
andem, hatte an der Bruchstelle die Markhohle vollstandig
obturirt , war von kautsehukartiger Beschaffenheit und
Hess sich lelcht mit dem Rasirmesser schneiden. In der
obem Epiphyse war noch keine Spnr einee Knochenkerns
in fladen. Beim Schneiden der andem Knochen faad d at
Messer nur in der Gegend der Markhohle einigen Wkier-
stand. Auf dem Querschnittc der Diaphyse zeigte sich
die MarkhShle excentriseh gelegen, der Umriss durch eine
Bt&rkere Knoohennenblldnng an der eoncaven Seite vor-
andert , so dass die Knoehenleiste sum Ansatz des Lag.
interosseuin verwischt war. Anch der rechte Oberarm
zeigte iangs der eoncaven Seite seiner Biegnng ein fihn-
liches Verhalten.
Die U ntersucbnng unter dem Mlkroskop ergab an der
Greuze zwischen Diaphyse nnd Epiphyse die gewShnliehen
rhaohit. Veranderungen. Auf einem Qnerachnltt durch
die Mitte der Diapliyse zeigte die KnochenBubstanz einen
durchaus spongiosen Charakter , ohne Andeutung einer
compakten Rindenschicht. In der MarkhShle befand sich
rothes Knochenmark. Die der Markhohle mnachst ge-
legenen Knochenbalkchen enthielteu nur zumTheii echteu*
Knochen, an dieses feine KnochenbSlkchen schloss sich
eine versehieden starke Schicht hoinogenen osteoiden Ge-
webes. Beide Theile, das kalkfreie (osteoide) nnd das
kalkhaltige (Knochen) Gewebe gingen ohne scharfe Grease
in eioander uber. Von aussen nach inneu traten zuent
Kalkkrumel auf, die immer zahlreicher wurden und sicii
schlusslich zur Knochengmndsubstanz verdichteten. An
einigen Stellen war der Uebergang plStzlich. Je wetter
naeh aussen von der Markhohle . um so sparlieher waren
die kalkhaltigeu Theile vorhanden , endlich rerschwaoden
sie ganz und in der ganzen Peripherie des Knochen*
wareu die Knochenbalkchen nur aus osteoldom Gewebe
gebtldet, ohne jede Spur von Kalksalzen. Sie waren
ausserdem sehr schraai and an einigen Stellen radial an
geordnet. In der Nlhe der MarkhShle waren die Zwi
sohenniume der Knochenbalkchen mit rothem Mark aus-
geffiUt, im Jussern nnd mtttlera Drittel des Querschnittes
setate sioh die osteogene Schicht des Periost in weiteu
Zwischearanmen zwischen den Knochenbalkchen fort.
Das Knochenmark bestand ant randan gr&nidtrten
Markzellen , war rsichlich vascularisirt , hatte aber keine
Fettzellen . In der innera Flache der MarkhShle und in
den mit Knochenmark geffillten Raumen zwischen den
Knochenbalkchen fanden sich als Beleg Ostcoklasten, nnd
zwar lagen sie den Knochenbalkchen nnr an der der
MarkhShle zugeweudeten Seite an.
Die fibrigen Knochen seigtcn da gluu fibsreltttUtv-
mendes Verhalten. Die CaUus masse am Unken Oberarm
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III. Pathologie, Therapie n. medtclniHehe Klinik. 27
retgte das sChdoste osteoide Gewebe nrit spareanen Marie*
k&natea ohms jede Spar von KalknUen.
Besonders bemerkenswerth in dem mitgetheilten
Palle ftndet Vf. den hohen Grad , den die StOrnng
des Rnochenwachsthums eiTeichte und der be Bonders
das perioeteale Wachstlinm der Diaphyse betroffen
hatte. Eine so bedentende Biegsamkeit der Knoeben
findet sioh nnr noch in hohen Graden von Osteo-
malacic. Doch handelte es sich nicht mn ein Ver-
achwinden der Ralksalze , sondern um einen Mangel
an Ablagernng derselben in der vorgebildeten osteoi-
den 8ubstanz. Die grdsste Menge echten Knochens
fand sich constant in der Umgebung der Markhdhle,
also im filtesten Theile des Rnochens, nach der
Peripherie zn nahm der echte Knochen immer mehr
ab und zuletzt fand sioh bios noch osteoides Gewebe.
In den jtingern Theilen hatte also nnr eine spftrliehe
Ablagemng von Ralksalzen stattgefunden , in den
jtlngsten Theilen fehlte sie ganz. Die Resorption
der Rnochensubstanz , wie sie bei jedem Rnoehen
stattfindet, fand anch bier, wie die Riesenzellen be-
weisen, statt. Eine derartige Erklirung des mikro-
skopischen Befhndes steht natttrliob anf dem Boden
der von Virchow und H. Mttller ansgebildeten
Lehre von dem Rnochenwachsthnm dnrch Apposition.
Pemer ist beachtenswertb die starke Ansbildung
osteoiden Gewebes an der concaven Seite der ver-
bogenen Unterarmknochen. Anf einem derartigen, '
auf einzelne Stellen beschrftnkten vermehrten Dicken-
wachsthura scheint die eigenthttmliche Abplattnng
der Rflhrenknochen , welche nach schweren Fallen
von Rhachitis znrflckbleibt, zn bernhen.
Endlich verdient noch hervorgehoben zu werden,
da8s neben der vorwiegenden Erkrankung der obem
Extremity ten die periosteale Seite der rhacbitischen
Sprung flberwiegt, wftbreud sonst doch die Ver-
anderungen an der Epiphyse die bedeutendern zu sein
pflegen.
Nach Dr. Bernard zu Montbrun - les - Bains
(Gaz. bebd. 2. S.-XIII. 2. 1876) herrscht unter den
Frauen dieses kleinen, in einem Thale der Danphind
gelegenen Ortes die Sitte, das Sftugungsgeschaft
thunlichst lange fortzusetzen , um den Eintritt einer
oeuen Schwaugerschaft mdglichst lunauszuschieben.
Stirbt der eigene SAugling, so pflegen sie einen andern
zu nehraen oder in Ermangelung eines solchen junge
Hunde an die Bmst zu legen. Da nun B. die Be-
obachtnng gemacht hatte , dass die mit Franenmilch
genUhrten Hunde rhaebitiseb wurden, aber rasch ge-
nasdn, wenn sie wieder mit Hundemilch genllhrt
warden, so ham er auf den Gedanken, anch bei
rhaehitischen Rindern Hundemilch als Heilmittel zu
versneben.
Er vennohte dieses Vmfahren zuerst bei einem ‘i J.
and 4 Mon. alten , seit etwa 1 J. an Khachitis leidenden
Madeben. Der Unterleib war enorm aufgetrieben , die
Arme and Belne waren stark verkrummt, der Thorax war
seMUoh abgeplattet, das Sternum vorspringend. Trotz
alien angewendeten Mitteln verechlimmerte sich der Zu-
ataad immer mehr, das Kind wies alle Nahrnng zurfick
aosser der Milch seiner Matter and war so herabgekom-
men, dass sein Z us Und einer Paralyse glkth. B. rleth
zur anseohlleaslichen Anwendnng der Hundemilch. Eine
kraftige, reichiich Milch gebende Hundin wurde zur Amine
ausersehen und nach einigen Tagen war die Krnahrung in
gntem Gange. Nach 3 Wochen, als sich schon Besserung
bei dem Kinde zu zeigen begann , mnaste wegen Piebor
und Durohfall der Gebraneh der Uundemilch einige Tage
verringert werden , dann aber konnte die Behandlung
ohne alle weitere Stoning fortgesetzt werden. Nach 1 */ 2
Mon. zeigten die Mnskeln mehr Energie , die Apophysen
erschienen weniger aufgetrieben ; zu Anfang des 3. Mon.
war der Allgemeinzustand zufriedenstellend , die Krum-
mung der R&hrenknochen weniger beraerkbar , der Unter-
leib hatte norrnalen Umfang, das Kind konnte sich gut
anf den Beinen halten und begann zn laufen. Zu Ende
des 3. Mon. hatten rich die Fontanellen geschlosaen , der
Thorax war znr norrnalen Form zuruckgekehrt , nnr daa
Sternum zeigte noch eine abnorme Wolbung. So schritt
die Besserung immer welter fort und bald konnte das
Kind allein nnd ohne alle fremde Hulfe lanfen. DteBeine
blieben wohl noch leicht gekrnmmt , aber im Cebrlgm
blieb das Kind vollkommen gesnnd.
B. hat in spAterer Zeit noch In mehreren F&Uen
die Hnndemileh gegen Rhachitis angewendet nnd die
gtlnstige Wirknng derselben ist seitdem fttr ihn zn
einer nnbestreitbaren Thatsache geworden. Aaoh
bei der Pit thine hat B. die Hundemilch versucht nnd
biaher befriedigende Reeultate erlangt.
Dr. P. Luzun ( Bordeaux medical Nr. 48 —
Gaz. hebd. 2. 8«r. XII. 45. p. 717. 1875) hat diese
von Bernard schon im J. 1874 (Gaz. hebd. 2. Mr.
XI. p. 120) verOffentlichte Erfahrung ebenfalls in
3 Fallen bestfttigt gefunden. Dieselben betreffen
Rinder zwisehen 5 und 7 Jabren , die sAmmtlich an
rhacbitischen Ver&nderungen der WirbelsAule littea.
L. lAsst tAglich einen halben Becher (demi-bol) noh-
men und sah sehr bald eine sehr gtlnstige Wirkuag
anf das Allgemeinbefinden eintreten. Zur Erklirung
dieses gflnstigen Erfolges erinnert L. daran, dass
die Hundemilch eine erheblich grtssere Menge an
Mineralsalzen (1.5°/ 0 der Asche) enth< als die
Menschen-. Ruh- oder Eselinnenmilch. Auch der
grflssege Gehalt derselben an Butter und Casern ist
nach seiner Ansicht dabei von Einflnss.
(H. Mflckel.)
344. Mittheilungen Qber Rota.
Der Rotz ist schon vor lingerer Zeit Gegenstand
einer lfingem Diskuasion in der Acad^mie de M6d.
zu Paris gewesen, fiber welche Ref. vor 12 J. be-
riebtet hat (Jahrbb. CXXI. p. 241).
Die neue Diskussion (Bull, de l’Acad. 2. S4r. V.
1. p. 18 ; 3. p. 71 ; 4. p. 92. Janv. ; 5. p. 115*
F6vr. 1876) knttpfte an einen Vortrag von Colin
an, welcher die beim Rotze vorkommende Leuko-
cythamie zum Gegenstand liatte.
Entnimmt man bei rotzkranken Thieren aus
der Jugularis oder Saphena etwa 50 Grrnm. Bint
und stellt sie in eine Kiltemischung, so dass ffieh-
rere Stunden lang eine Temperatur von etwa 0° er-
halten bleibt, so bemerkt man, dass sich das Bint in
zwei Theile theilt. Eine weissliche oder vielmehr
gelbliche Schicht bildet den obern Theil ; sie begbint
nach einigen Minnten sich rasch zn verdicken, so
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38
m. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
daas aie nach 15 Min. schon die Hafte derGesammt-
masae ausmacht; dann nimmt sie nnr nnmerklieh zu.
Wahrend dieaer Zeit bleibt die Blutmaase der niedri-
gen Temperatur wegen fllissig. Nach einigen Stuuden
fangt die gelbe Schicht an aich zu verandern ; sie
wird heller, es eracheinen flberall kleine weisaliche
Flecke ; nach unten , wo die gelbe Schicht aicli von
der rothen scheidet, bildet sich eine weiase Zone,
die wie die weisaen Flecke gef&rbt iat und eine
Dicke von 6 Mmtr. erreicht. Coagulirt nun bei ge-
wdhnlicher Temperatur daa Bint, ao entatehen drei
gesonderte Schichten, von denen die obere gelbliche,
ana dem Plasma bestehend , fibrinds iat , die un-
terste rothe aua den rothen , apecifiach schweraten,
die mittlere helle Zone ans den weniger achweren
weiaaen Blutkorperchen gebildet iat Wird Blut von
einem gesunden Pferde unter die angegebenen Yerhalt-
nisse gebracht, so zeigt die weiase Schicht */ 70 — '/ao
der Dicke der rothen Schicht , wahrend daa Verhalt-
niaa bei der Leukocythoae auf */, 5 oder ' ,8, bei
8ehr vorgeachrittener und anagesprochener Erkran-
kung selbat bis auf ’/„, ja bis auf ’/to steigt. Da
die weiaaen Blutkorperchen grosser ala die rothen
aind und aie aucli zwiachen aicli grOssere Zwiachen -
riUime lasaen , als jene , 8o entspricht die Dicke der
Schichten jedoch niclit dem nnmerischen Yerhalt-
nisae der beiden Arten der Blutkorperchen ; man
erhilt auf die oben beschricbene Weiae nur relative
Werthe.
Man kann dieae Methode nur bei den Einhufern
wegen der Eigenthflmlichkeit der Blutcoagulation in
Anwendnng ziehen ; uin aie auch auf andere Thiere
und den Menachen ausdehnen zu kdnnen, mtlsate man
daa Blut vorlier defibriniren , wie D o n n d , oder ea
durch Zua&tze fldaaig erhalten , wie A n d r a 1 vor-
geachlagen hat.
Bei der mikroakopiachen Unterauchung eracheint
daa Blut einea rotzkranken Thierea mat weiaaen
BlutkOrpern ttberladen, die von verschiedenen Dimen-
aionen aind und von denen die grOssten die weiasen
Blutkorperchen des Menachen an GrOsse nocli flber-
treffen. Wahrend die allergroaaten leicht granulirt
aind und ihr Inhalt unter dem Einfluaae von starker
Essigsanre sich apaltet, auch die von mittlerer GrOsse
sich ahnlich verhalten , zeigen die kleinen weiaaen
Blutkorperchen nur wenig Granulirung und die ganz
kleinen scheinen die Trtlmmer von KOrperchen , also
entweder die Besultate von ZerstOrung oder der Be-
"ginn neuer Formationen zu sein. Gerade dieae ganz
kleinen KOrperchen sind im Beginne des Rotzea
auaaerordentlich hftntig.
Schon aeit langer Zeit iat es bekannt , daaa beim
Rotze die Lymphgeftlase im Allgemeinen afficirt
aind. Es fragt sich aber , ob die Lyinphe ihren
normalen Charakter behalten liat oder alle oder
wenigstens einzelne Beatandtheile verandert sind.
Man kann aich bei rotzkranken Pferden leicht davon
ilberzeugen, daaa die Lymphe vollatUndiger coagulirt
und ein feateres , weniger durchsichtiges Coagulum
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giebt , ala die von gesunden Thieren , wie ja auch
Gavarret’a Analysen erwieaen haben, daas die
Lymphe rotzkranker Thiere melir Fibrin und mehr
Albumin enthalt ala die nonnale. Ganz besonders
achlagend aber ist der Unterschied zwiachen der
Lymphe, die aua den SinuB, der Nasenhflhle, in der
Rotzgeachwdre aich befinden, oder von angeschwol-
leneu Lymphdrttsen oder von Wnrmatr&ngen atammt,
und der geaunden Lymphe. Die eretere eracheint
anfangs klar, trtlbt aich raach und wird bald in
ihrer ganzeu Masse leicht opalisirend ; das sich bil-
dende Coagulum wird trttbe und weisslich. Unter
dem Mikroskop zeigt die Lymphe eine enorme Menge
weisser Blutkflrpercheh von verschiedener Grflase,
und zwar von auffalleud st&rkerer Menge, wenn beim
Ausfliessen der Lymphe gleichzeitig ein Druck auf
die LymphdrUse getlbt worden ist, wodurch dann
dem Inhalt der Lymphgefisse dasSekret derLymph-
drtlsen beigemischt ist. R o b i n hat schon auf die
Verschiedenheit der morphologischen Beatandtheile
hingewiesen, die in der Lymphe beobachtet wird,
und hervorgehoben , daas gewisse grOssere Kugeln,
deren Inhalt durch Essiga&ure sich in 2 oder 3 ein-
zelne Theile apaltet , aua den Lymphgefhaaen atam-
raen, wfthrend andere keine Bewegungen zeigen nnd
derartige coagulirte Maaaen niclit geben, mit Kernen
versehen sind und aua dem Epithel stammen. Nach
deutachen Mikroskopikern haben dieae verschiedenen
Elemente eine gemeinachaftliche Quelle. Colin
will nun beobachtet haben , class dieae beiden Arteu
von Kugeln in der Lymphe rotzkranker Pferde in
verschiedenen Verhaltnisaen je nacli der Verachieden-
heit der Kranklieitaperioden auftreten und auch ver-
8chieden aind je nach der Stelle , der die Lymphe
entnommen iat. Bei Compression der Drflsen in deu
sp&teru Perioden der Krankheit vennehrt aich die
Zahl der kemhaltigen , dem Drttsenepithel entatam-
menden KSrperchen. — Ausser diesen beiden Arten
von Kllgelchen zeigt die Lymphe bei der Leuco-
cythaemia mallearis noch Kllgelchen verschiedener
Art , freie Kerne , Granulationen mit verschiedenen
Contouren und endlich ganz kleine Kflrperchen , die
den Trfimmem von Eiter- oder Fettzellen gleichen.
Alle diese KOrperchen, die im Lymphgefessnetze
entatehen, gehen in das Bint (lber, und wenn sie
beim Rotze in reichliclier Menge gebildet werden, so
unterscheiden aie sich in niclita von denen , die man
in grosser Zald auch in Fallen von Lymphdrtlseu-
iinscliwellung aieht.
Ee giebt also eine Leukocythimie bei der Rotz-
kranklieit, die ihren Urspnmg hauptsftchlich im
Lymphaystem hat, u. es erflbrigt nur noch zu unter-
suchen , ob sie von Beginn der Krankheit an existirt
und eine Rolle bei der Entwicklung der anatomischen
Verinderungen spielt.
Nach C. ’s Untersuchungen tritt die LeukocythiLmie
gleichzeitig mit den ersten Erscheinungen des Rotzea,
ja mit den ersten vagen Prodromaleraeheinungen
auf. Sobald nur eine leichte Anachwellung der Sub-
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29
HI. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
maxillardrflsen besteht, zeigt sich schon im Blute
eine Anhaufung von weissen Blutkflrperchen und er-
leidet das Blut vielleicht eine chemische Verftnde-
rung*, in deren Folge das Plasma leichter durcli die
Wandungen hindurchtritt , so dass man also die zn
Anfang der Krankheit auftretenden Infiltrationen die-
serUreache zuschreiben kOnnte. Die Lenkocythamie,
welche zn Anfang der Rotzkrankheit vorhanden 1st,
tritt immer dentlichcr hervor , je mehr die Erkran-
kungen der Gewebe an Ausdehnnng und Intensitat
zunehmen. Besonders zeigt sie sich deshalb beim
chronischen Rotze, bei welchem haufig zngleicb noch
Animie auftritt. Berflcksichtigt man aber, dass
Blut und Lymphe bei Rotz und Wurm mit weissen
BlntkOrperchen und mit Epithelien, die aus den
Lymphdrflsen stammen , fiberladen sind , berflcksich-
tigt man ferner die Grflsse dieser Elemente und ihre
Neigung zu verkleben, so ist es leicht verstandlich,
wie hierdurch der capillare Kreislauf gestflrt werden
und kleine emboliscbe Processe entstehen kflnnen,
die mechanisch und durch Irritation wirken. Hier-
dnrch kann man aich die bei Rotz vorkommenden
zeretreuten Herde, namentlich in den Lungen , er-
klflren.
Bouley hob im Anschlusse an diesen Vortrag
die Wichtigkeit hervor, durch Kenntniss der Ver-
mehrung der weissen Blutkflrperchen in zweifelhaften
Fallen die Diagnose auf Rotz stfltzen zn kdnnen,
namentlich , wenn sich die Krankheit nur durch An-
sehwellung einer Drflse kund giebt , ganz besonders
aber , wenn durch resolvirende Mittel diese Drflsen-
anschwellung — wie es der Fall sein kann — be-
seitigt ist.
Gubler bemerkte, dass Lenkocythamie bei
einer grossen Zahl von Krankheiten vorkommt; sie
zeigt sich bei alien schweren Allgemeinerkranknngen
von langer Dauer und fast flberall , wo ein „kachek-
tischer" Zustand vorhanden ist; man muss daher
mit der diagnostischen Wttrdigung dieser Affektion
vorsichtig sein. Bei Affektionen, die mit reichlicher
Elterung und der Bildung vielfacher Eiterherde ver-
bunden sind, lasst sich oft eine betrachtliche Ver-
mehrung der weissen Blutkflrperchen nacliweisen.
In andern sehr schweren Krankheiten fehlt die
Lenkocythamie wahrend einiger Zeit und tritt plfltz-
lich wieder auf, als eine sehr Able Erscheinung. G.
schliesst hieraus, dass die in Rede stehende Affektion
eine sehr gewShniiche ist nnd dass man auf sie des-
halb eine differentielle Diagnose nieht stfltzen kann.
Bouley erwiderte hierauf, dass die Lenko-
cythamie allerdings nicht pathognomonisch fflr Rotz
sei, dass man jedoch wohl im Stande sei, in zweifel-
haften Fallen die Diagnose durch den Nachweis der
Leukocythamie zu stfltzen.
In einer spatera Sitzung bemerkte Colin hin-
sichtlich der Vimlenz dee Rotzee, dass nach seinen
Beobachtungen und Untersuchungen die bisher viel-
fach verbreitete Ansicht, als hafte die Virulenz nicht
am Plasma und am Serum , sondern ausschliesalich
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an den festen Kflrperchen , falsch und den liierauf
bezflglichen Experimenten eine Beweiskraft nicht zu-
zusprechen sei. Nimmt man reines Serum ohne
Zellen, welches man sich einfach dadurch verechafft,
dass man das Coagnlum des Blutes eines rotzkranken
Thieres leicht preset oder wartet , bis aus demselben
ein durchsichtiges Serum ausschwitzt, und macht
damit eine Impfung an einem gesnnden Thiere, so
wird dieses inficirt. Nimmt man bei einem rotz-
kranken Thiere aus einem Lymphgefasse eine gewisse
QuantitSt Lymphe, so sind in dem entstehenden
Coagulum die Zellen enthalten. Impft man aber
einen Tropfen Serum, so bewirkt man trotzdem In-
fektion.
Aus seinen weitern Beobachtungen und Unter-
suchungen leitet C. folgende Schlflsse ab. AUe leu-
kflmischen Processe haben ihren gemeinschaftlichen
Ursprung in den Lymphdrflsen und LymphgefaSsen ;
ihr Wesen besteht in einer vorflbergehenden oder
linger dauernden Prftponderanz der Bildung der
weissen Blutkflrperchen gegen die Zerstdrung der-
selben. Ibre grosse Zahl ruft in der Cirkulation, in
der Blutbildung und allgemeinen Ernihrung StOrun-
gen hervor ; bei den virulenten Krankheiten sind sie
weniger Ursache, als vielmehr Wirkung der Krank-
heit und haben auch nichts Specifisches. [Wenn Vf.,
um die Massenhaftigkeit der Bildung der Lymphe zu
beweisen, Versuche anfflhrt, die er durch ErOffhung
des Ductus thoracicus anstellte , so hat er flbersehen,
dass derartige Versuche schon vor lingerer Zeit von
Schmidt angestellt worden sind. Uebrigens stim-
men die Resultate ziemlich flberein. Ref.] Nach
den Versuchen des Vf. an Thieren betrigt die Menge
der innerhalb 24 Std. in die Cirkulation aufgenom-
menen Lymphe wenigstens den 16. Theil, ja sie
steigt zuweilen bis auf ein Fflnftel des Kflrpergewichts.
Ferner behauptet er, dass die Bildung der weissen
Blutkflrperchen nicht nur in den Ganglien , sondern
im gesammten Lymphgefisssystem vor sich gelie
und dass die LymphgefUssnetze von ihrem Ursprunge
an an der Bildung der Kflgelchen im pathologischen
wie im normalen Zustande theilnehmen [diese Be-
hauptung ist bekanntlich schon frflher von H. M fl 1 1 e r
und KOlliker aufgestellt worden]. Man kann
sich von der Richtigkeit dieses Satzes leicht an den
Lymphgefassnetzen im Gesichte rotziger Pferde flber-
zeugen , vor ihrem Eintritt in die submaxillaren
Drfisen, und an den noch grdssem LympligefUssen
am Fusse wnrmkranker Pferde unterhalb der axillaren
und Kniekehlcndrflsen.
Die Leukocythkmie in virulenten Krankheiten
entsteht durch die reizende Einwirkung des Virus auf
das Lymphsystem ; wir sehen ja auch , dass bei ab-
sichtlicher oder unabsichtlicher Inoculation eines
Virus Lymphangitis entsteht, das Lymphsystem -kann
daher aus derselben Ursache in einen solchen Rei-
zungszustand versetzt werden, dass eine Hyperplastik
von weissen Blutkflrperchen entsteht. Durch diese
Hypergenese der Leukocythen erkl&rt sich das plfltz-
liche Auftreten , die rascbe Entwicklung der Sym-
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III. Pathnlngie, Therapic u. medicinische Klinik.
ptome. In Folge der Inoculation von Milzbrand, Septi-
k&mie u. s. w. kann man wahrend einer gewisseri Zeit
beobachten , dass zwischen den rothen und den
weissen Bhitkorperohen ein gleichmftssigcs Verkftlt-
niss vorlianden ist, dass dann aber pldtzlicb eine er-
hebliche Vermebrung der. weissen Blutkflrperclien
eintritt, so dass man nacb 12 bis 15 bis 18 Std.
schon eine ganz scliarf charakterisirte Leukocythose
vor sich hat. Mit der venuehrten Bildung der Leuko-
cythen braucbt niclit nothweudigerweise eine matc-
rielle Verftnderung , oder eine selir ausgesprochene
Volumsvergrflssernng der die Leukocythen bildenden
Organe zu bestehen. Colin behauptet femer, dass
kein Beweis dafilr geliefert sei, dass die Leuko-
cythftmie in gewissen Fallen ausserhalb des Lymph -
systems dnrcli die Milz , die Darmfollikel und durch
anderc Organe bedingt werdc , denen man ahnlichc
Funktionen wie dem LymphsyRteme zugeschrieben
bat. Die bei den virulenten Krankbeiten vorkom-
mende Leukocythftmie hat keine besondern charak-
teristischen Eigenschaften ; die virulenten Stofle sind
die Ursaclie ilirer Entstehung, ohne jedocli irgend
welche wesentlicbe Modifikation derselben herbeizu-
fflhren, sie entspricbt deni anftmischen Zustande
und besteht in einer Produktion von Leukocythen,
die nicht im Verhllltniss zur Zerstorung derselben
steht, oder mit andem Worten das normale Gleich-
gewicbt zwischen Entstehcn und Vergehen der weis-
sen BlutkOrperchcn ist gestdrt. Die Stfirungen,
welche der ausgesprochenen Leukocythftmie zu-
kommen, sind durch die Hindernisse bedingt, welche
die weissen Blutkflrperchen in der Cirkulation und
in der Emfthrang hervoinifen, oder auch durch che-
mische Modifikationeu in der Zusammensetzung des
Blntes. Die meisten anatomischen Verftnderungen,
die auf Lenkocythftmic bczogen werden , sind niclit
nothwendig durch sie bedingt. Auch die Anschwel-
lung der Lymphdrilsen braucht nicht eine Folge der-
selben zu sein , sondem kann lediglich in Folge der
Reizung des Lymplisystcms entstandeu sein. Die
Anschwellung der Milz, der Leber, Gef&ssvcrstopfun-
gen durch Embolien von weissen BlutkSrperehen
lassen sich dirckt anf die Leukocythftmie beziehen.
Chauveau entgegnete hierauf, dass nach dem
Ergebnisse seiner frttheren Experimente die speci-
fische Eigenschaft, die Virulenz, den Substanzen ad-
hftrirt, die in den virulenten Fltlssigkeiten suspendirt
sind , wfthreud die im Serum aufgelflsten Substanzen
jene Eigenschaft nicht besitzen. Cb. behauptet
gegen Colin, dass, wenn die FIflssigkeit mehr all-
mftlig in einem indifferenten Fluidum diluirt wird,
sich ilire Wirksamkeit zeigt, und zwar nicht, als ob
sie allgenicin in der Masse verbreitet wftvc und
alien Molekttlen eigenthamlich sei, sondern als ob
die "specifiscbe Thfttigkeit die ausssehliessliche Eigen-
schaft einiger Molekttle sei, die hier und da in der
FIflssigkeit zerstreut und um so weiter von einander
entfemt sind, je verdttnnter die FIflssigkeit ist. Wenn
man die im Serum aufgelflsten Substanzen isolirt aus
der FIflssigkeit entnimmt , so zeigen sie keine viru-
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lente Eigenschaft, nimmt man dagegen die im Serum
suspendirteu festen Kflrperchen aus der FIflssigkeit
isolirt lieraus , so raft ihre Impfung dieselben Wir-
kungen , wie die der gesaramten FIflssigkeit hervor.
Hierauf erwiderte Colin in wenig akademischer
und erquicklicher Weise, so dass ihm vom Prftsiden-
ten mit Entziehung des Wortes gcdroht werden
musste. In seinen Redeu betontc Colin jedesmal,
dass er andere Ansichteu als die deutsche Schule
Labe und es schien ibm diess besonderes Vergntlgen
zu bereiten. Der Ref. in der Gaz. bebd. 2. Sdr.
T. XIU. Nr. 4. 187fi sagt nicht mit Unrecht: „Il
voulait surtout etre ddsagr^able anx Allemands, mats
est-il bien eur d’avoir rdussi ?“ Uebrigens sagt der-
selbe Ref. von Colin: „0n retrouvera, dans cette
circonstance , le pbysiologiste , qui au point de vue
de l’opdration de la trachdotomie a compard autre-
fois le cou du cheval avec celui de I'enfant."
An diese wenig fruchtbaren Deduktionen, derea
Wiedergabe Ref. indessen den Lesera der Jahrbb.
nicht vorentlialten zu dflrfen glaubte, reihen wir
einige weitere Mittheilnngen flber Rotz.
Wir nennen zunftchst die kleine verdienstliche
Arbeit: „Zur Pathogenese des Rotzes“ vom Ober-
stabsarzt Dr. Kirchner (Deutsch. mil. -ftrztL
ZtBchr. IV. 1. p. 1. 1875).
Der Rotz, welehen die neueren pathologisch-
auatomiscben Untcrsuchungen als einen eigcntfaftm-
lichen Neubildungsprocess — hn AUgemeinen der
Gruppe der Granulome angehorig — kennen geiehrt
haben, verbreitet sich von den primftren Erkranhungs-
stellen aus unter reichlicher Vermehrung der weisSen
Blutkorperchen und consekutiver Erecbttpfung bis
zum Tode , dessen Eintritt After durch embolische,
septikftmische und pyftmiscbe Aflcktionen beschleu-
nigt. wird. Beginnt die Krankheit von der ftussem
Haut aus , so scheint eine aussere Verletzung voran-
gelien zn mflssen, wftlirend sic in der Nasenscbleim-
luiut sich gewohnlich im intakten Gewebe bildot.
Von einem bestinunten Lokalaffekte aus gelit ein
Reiz auf die Nachbartlieile aus , die wieder in der-
selben Weise wirken, bis durch den Lymph- und
Blutstrom es zu einer Verallgemeinerung des Pro-
cesses kommt. Man hat als Trftger der Infektion
bald das Serum, bald morphologische Gebilde, auch
Pilze, angeseheo, ohne dass sich fttr letztere An
nab me bisher eine Bestfttigung hat finden lassen.
Eine Selbstentwieklung des Rotzes wird jetzt
meistens bestritten, und in Folge dessen beschrftnkt
sich die Prophylaxe wesentlich auf Abspeming und
Desinfektion. Wenn es unmAglicb ist, die eminent*
Contagiositftt des Rotzes zu bestreiten , so giebt es
doch eine ganze Zahl von Tbatsachen, die sich nicht
ohne Zwang hieraus erklftren lassen. Wir sehen,
dass der primftre Sitz der Rotzgeschwllre nicht , wie
man bei Contagion, die doch nur durch vertetzte Thelle
der Nasenschleimhaut geschehen kann, vermuthen
sotlte, in den dem ftussem Eingange zunftchst gelege-
nen Theilen ist , sondem umgekebrt in den hflhem
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31
III. Pathologic, Therapie u. mediciniscke Klinik.
Partien der Najsenscldeimkaut and besonders auch in
den Lungen. Ebenso sehen wir , dass der primftre
Wunn aelten ist, indem er nur den 12. Theil aller
Rotzftllle ausmacht, and dass die Wurmknoten nicht
mit Vorliebe an den Stellen aitzen, die am hfiufigsten
Verletzungen zeigen. Da durch die unverletzte
Haut gewisa noch achwerer ala durch die intakte
Nasenschleimhaut das Contagium eindringen kann,
so aind die meisten Falle von angeblich primftrem
Hantwurm sekundir , wahrend ala primftr nor die-
jenigen Falle angeaehen werden kdnnen , in denen
die Uebertragung dea Giftes auf die verletzte Haut
siattgefunden hat. Femer sehen wir, dass nicht
immer die Nachbam des rotzkranken Pferdes er-
kranken , sondern oft gerade entfernt atehende , di
bestimmt keine Bertlhrung mit dem kranken Tliiei
gehabt haben. In Erwagung dieser Thatsachen ha
man in neuerer Zeit ein flilchtiges Contagium ange-
nommen , das mit der Athmungsluft in den K5rper
gelangt und nun entweder eine prirnSre Blutvergif-
tnng mit sekundlUren Produkten, oder prim&re lokale
Affektioneu mit naclifolgender Allgemeinvergiftuiig
but Folge hat. Aus gewissen Fallen l&sst sich auch
aehlieasen, dass die Contagion nicht immer leicht ge-
schieht ; ebenso ist die Seltenlieit der Uebertragung
anf den Menschen bei den vielen Beziehungen , der
rielfachen Sorglosigkeit a uff allend, da beim Menschen
noch kein Fall, wo die Uebertragung nicht durch di-
rekte Contagion entstanden wftre, bekannt ist, n. wean
man bedenkt , dass eine geringere Empfftnglichkeit
fftr den Eotz beim Mensclien sich nicht nacbweisen
llksst. Auffallend ist femer, dass in einem Stalle die
ftltern Pferde gewbhnlich vom Rotze befallen werden,
wihrend dock sonst jungeKdrper viel empf&nglicher
fttr Infektionen sind ; dass die Krankheit in bestimm-
ten Stilllen auftritt und trotz vielfacher Communika-
tionen erst viel spftter in andere Stalle tlbergebt, and
dass endlich die befallenen Stalle meist zu den sani-
tftr ungilnstigen gehdren. Mit der Assanirung der
Stalle and Stande hdrt dann gewOhnlich die weitere
Verbreitong des Rotzes auf. — Endlich aber giebt
es ganz bestimmt Falle von Rotz , fllr welche eine
Contagion absolut nicht angenommen und wo nur
eine autochtlione Entstehung supponirt werden kann.
Diese letzteren Falle kommen in hygieinisch unglln-
stigen Stallen vor. Es sind diesa grosse und alte
Stalle mit schlechten Bodeu- und Grundwasserver-
h<nissen , die lange Zeit und stark belegt und un-
genllgend ventilirt sind und wo die Beaeitigung, der
Abfaile nicht gentlgend geregelt ist. Hierdurch ent-
steht eine Veronreinigung der Luft, welche eine Rei-
rnng and Hyperplasie auf der Respirationaschleim-
haqt hervorruft, einen Katarrh, dessen Sitz vorztig-
lich da ist, wo der Luftstrom weniger krftftig und
das EpitheL zart ist , also in den obern Partien der
Nase und ihren Adnexen, sowie in den Lungeu.
Qierzu tritt dann als zweites Glied der diffuse Rotz,
durch den schlflsslich Granulationszelleubildung mit
zerstdrender Tendenz bedingt wird.
Ana einer Vergleichung des zur Athiqupg des
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Pferdes erforderlichen Luftquantums (300 C.-Mtr.
pro Stunde) und dem wirkhch iu Stalien gegebeneu
ergiebt sich ein argee Missverhaltniss (etwa 30 C.-
Mtr.) , das sich noch ungllnstiger durch die Behand-
lung der thierischen Abfaile stellt, da das Pilaster
oft undicht'ist, das Stroh von der Jauche ganz dutch-
spttlt ist (namentlich hebt Vf. in dieser Beziehong
die Nach theil e der sog. „Matratzen8treu“ hervor).
Endlich wird durch das Putzen der Pferde in den
Stftllen der Respirationsluft eine Menge verunreini-
gender organischer Molekflle beigemischt. In so bb-
gesunden Stftllen muss die Widerstandsffthigkeit der
Thiere gegen krankmachende Einflllsse aller Art,
besonders durch specifische Erkrankungen , vermia-
dert werden. Beobaehtungen, wie durch Assanirung
von Stftllen Epizootien verschwanden, sind von P e t -
tenkofer und Rossignol (die Beobacbtung des
letztem beaieht sich specie 11 anf Rotz) mitgetkeilt
worden.
ZurProphylaxe des Rotzes gehdrt also vor A Hem
eiue gute Assanirung der Stftlle , die gerftumig, gut
ventilirbar sein mttssen; die Pflasterung muss un-
durchlftssig sein, durch gute Drainirung und hftufige
grflndliche Reinigung muss fllr constante und grttnd-
liche Entfemung der Abfftlle gesorgt werden. Znr
aUgemeinen Desinfektion mllssten die Stftlle wemg-
stens einnml im Jahre mit Aetzkalk oder einer andem
destaficirenden Fltlssigkeit ausgetttncht werden.
Dr. P o t a i n vom Hospital Necker in Paris ver-
Mfentlicht (L’Union mdd. 21. 1876) einen etwas
dunklen Fall, den er als chronischen Rota bezeichnen
m mil8sen glaubt.
Ein 17JXhr. Buraehe, der zwar nicht direkt mit der
Wartnng von Pferden beaaftragt war , jedoch in einem
Hauae diente, in dem steta 12 Pferde aich befanden, er-
krankte 4 Mon. vor aeiner Aufnahme an Mattigkeit. Olie-
derachmerzen und R5thung der Augenlider. Spater waren
dann rothe Flecke anf der Haut, Anachwelhing der Extre-
mitaten and dea Geaiasea, Schlingbeschwerden . Kopf-
achmerzen, heftige Schmerzen in der Lumboaacralgegend
hinzugekommen. Bei aeiner Aufnahme machten aich be-
aonders die allgemeine Abgeachlagenheit , die Steifheit in
den Gliedern und Oedeme bemerkbar; an den Augen-
lldern n. an derNaeenwnrzel zeigten rich dunkelgerMhete
Stellen ; alle Bewegungen in den Gelenken , besondera in
den EUenbogen- u. Kniegelenken, waren erschwert ; docb
konnte man in keinem Gelenke eine Anacbwellung oder
Schmerzhaftigkeit auf Druck nachweiaen. Leichte DSar-
rh5e ; ge ringer Husten ; Laagea geaund. Daa Fieber
ging Abends bit etwas fiber 38° , die Temperatur word#
jedoch in den erateu Tagen der Bebandlung normal. Nach
8 Tageu trat Epiatazis ein , die sich mehrfach wieder-
hotte , dann ein leichter Schnupfen , mit 8ekretlon einer
dicken. viacbaen blutgeatreiften Masae ; dasn geaettte sich
Hasten , Heiserkett , erschwertes Schlingen ; Oedem and
Erythem des Geaichta blieb bestehen. Die Schwache
nahm immer mehr zu ; ea war weder Fieber noch Dlar-
rhfie vorhanden ; die Blntuntersuchang ergab daa VerhSlt-
niaa der weiaaen zu den rothen Blntkfirperoben 1 : 441 .
Eret in den 3 letaten Tagen atieg die Temperatur anf
fiber 40°; es trat Bronchialrasaeln , Uninoglichkeit zu
acblucken ein und endlich erfolgte der Tod, 6 Mon., nacb-
dem die eraten Krankbeitaerachehmngen anfgetrsten
waren.
Bei der Autoptu seigte aich am Gehirn nor etwas
Rfitkong an dem aeltliohen T belle dea Unkea Frontal-
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32
III. Pathologie, Therapie u. inedicinische Klinik.
lappens. Trachea and Brouchlen gerflthet [Larynx nicht
untersacht] , in ihrer ganzen Ausdehnung injicirt , wenlg
Schlelm, keine Ulceration ; weder Pleuritia, uoch Pleura-
erguss. In der rechten Lunge Anschoppung der Basis ;
nur an einigen Stellen unter der Pleura Ekchymoeen;
Herz gesund ; Leber ziemlich gross, muskatfarben , 1390
Gram, schwer; Milz vergrOssert, 248 Gram, schwer. Am
untern Ende dee Dunndarms einige gescbwollene Peyer'-
sche Drusen.
In der NasenhShle allgemeine RSthung der Schlelm-
hant; die linke obere Mnschel mit dickem grfinlichen
Sehleime bedeekt; im mittlern Nasengange eine sehr
kleine Ulceration mit ganz seharf geschnittenen Kandern,
tief bis auf den blosliegenden Knochen gehend. Die
Muskelmassen des iinken Vorderarms und das Unterhaut-
und Zwischenmnskelbindegewebe seros inflltrirt ; die
Maskelflbrillen znm Theil undeutlich gestreift.
A us der Beobachtang der Symptome und dem Ergeb-
niss der Autopsie gelangte P. durch Exklusion zur Dia-
gnose des chronisehen RotzeB, fur den das Nasengeschw&r
allein nicht charakteristisch genng ist. Vielleicht kann
man in diesem Falle, in dem keine Ulceration, kelnPunkt
von dem aus der virulente Stoff eingetreten sein konnte,
sich zeigte , eine Infektion annehmen. Leider ist die
Impfung des Nasenschankersekrets auf ein gesundes Pferd
nicht gemacht worden. (Asch£.)
(Portsetzung folgt.)
345. Beitrfige sum Stadium und sur Be-
handlung der epidemiaehen Grippe; von Dr.
Ed. Carriere. (L’Union 57. 59. 1875.)
Die epidemiache Grippe, welche w Ahrend des
Winters 1874/75 in den meisten Gegenden Europa’s
herruchte , ist nach Vf. [wie Ubrigena auch nach der
Ansicht der andern Aerate J keine einfache bronchi -
tische Erkrankung , sondern eine besondere Krank-
heit mit remittirendem und intermittirendem Fieber,
welche in leichten Fallen oft nicht genug gewtlrdigt
wird und deshalb ihrer Gomplikationen halber oft
gefahrlich werden kann.
Die klimatische Beschaffenheit des fraglichen
Winters bestand darin , dass die Witterung in den
Gegenden von Europa, wo die Grippe herrschte,
weniger kalt als feucht war. Der Scknee lag von
November, im sfldlicben Oesterreich z. B. bis Mitte
MArz, in dicker Decke und die geringe, aber feuchle
Kalte war sehr empfindlicb und konnte weder durch
Sonne noch durch Wind abgeschwAcht werden.
Die Grippe war mit aussergewShnlich heftigem
Schnupfen verbundcn , der sebr lieftige Husten war
convnlsiviscb und nicht so, wie bei der gewdhnlichen
Grippe; er naherte sich dem Keuchhukten. Das
fortwAhrende Fieber war ohne Regelmassigkeit , be-
gann indessen bald mit abendlichen Verschlimme-
rungen. Die katarrhalischen und bronchitischen Er-
scheinungen belAstigten sebr die Athmnng , so dass
die Bangigkeit, nAchtliche Unmhe den bdchsten Grad
erreichten ; letztere war so gross , dass an Unter-
halten von Transspiration nicht zn denken war. In
den meisten Fallen kamen in der Mitte der Krank-
heit ziemlich starke Blutungen aus der Nase dazu ;
Vf. mdchte diese Grippe eine hamorrhagische nennen.
Das wicbtigste Mittel gegen die Grippe war Chinin
.in tiglichen Dosen von einigen Gran. Dasselbe be-
seitigte alle lAstigen Symptome, welche sofort wieder
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erschienen, wenn es weggelassen wurde. Vf. macht
am Schluss seines Aufsatzes noch auf den remittiren-
den nnd intermittirenden Charakter der epidemischen
Grippe, wie auf die heimttlckische Art der Compli-
kationen, Iresonders mit Pneumonie, aufrnerksam und
betont die Nothwendigkeit einer genauen Unter -
suchung der Brustorgane in ernsten Fallen.
(Knauthe, Meran.)
346. Daa Heufleber; von Dr. Knauthe,
Meran, Tirol ').
1) Verhandlungen der mediclnischen Akademie zn
Cincbmati vom 8. Septbr. 1873. [The Clinik V. 12.
p. 138. Septbr. 1873.]
2) W. C. Roberts, M. D. , Catarrhus aesthrus.
Heu-, Rosen- oder Pflrsichschnupfen. [The New York
med. Ga*. Oct. 8. 1870.]
3) Horace Dobell, Ueber ein nenes Mittel bei
Heufleber und Nieskrankheit. [Pharmaceutical Journ.
IS. Aug. 1874. — London med. Record. 19. Aug. 1874.
— Dobell, On Winter cough etc. London 1876. p. 24G.]
4) Morrill Wymann, M. D., Herbstkatarrh.
[The Boston med. and surg. Journ. XCIH. p. 209.
19. Aug. 1876.]
Zur Natur der Krankheil. Von alien den liier
gen. Autoren wird die Nator der Kranklieit in einer
nervdsen Constitution der Leidenden gefunden, und
dieselben stimmen deshalb mit den meisten Beobach-
tern darin flberein. Diese Nervositat disponirt be-
sonders fflr alle die Einfltlsse , welche als Gelegen-
heitsursachen zur Erzeugung des Heuiiebers bekannt
sind. Eine besonders grosse Empfindlichkeit der
Schneider’scken Membran ist nacb Allen vorkanden.
Roberts, welcher 40 Jalire sehon selbst am Heu-
fieber leidet, nimmt eine besondere Idiosynkrasie fllr
jene Einfltlsse an. Die bessem und die gebildeten
Klassen der Menschen werden auch von den gen.
Autoren in Uebereinstimmiing mit der gewdhnlichen
Annalime als diejenigen bezeichnet, welche das Heu-
tieber zu befallen pflegt. Das Heufleber ist nacb den
geu. Autoren also zun&chst ein constitationelles, ner-
vdses Leiden.
Ursachen, Auftreten. Blackley machte, wie
wir in unsere m frttheren Berichte mittheilten, die
maas8gebendsten Untersuchungen und fllhrt das
Heufleber auf den Einfluss der Blflthen- , besonders
der Gras-Pollenzellen zurflck. Roberts bekam nie
vom Graspollen Heufiebersymptome, sondern nur von
dem Geruch der Rosen und Pfirsichen. 8elbst die
kleinen Haare der Schalen der Fnicht , an den Gan-
men gebracht, erzengten bei ibm die heftigsten Heu-
fiebersymptome, jedoch nur w Ahrend der Zeit , zn
welcher bei ihm das Heufleber alljAhrlicb einzutreteu
pflegte ; 1839 hatte er seinen heftigsten Anfall
und war zu jener Zeit nie mit Heu irgendwie in Ver-
bindung gekommen. Ausser jenen Momenten eraeug-
ten bei ihm zur gewbhnlicben Leidenszeit stets eine
Zunahme der Symptome : Staub, Zugluft, Tempera -
turwechsel, Schweiss. Die Zeit, wo er nur von jenen
') Nachtrag zu dem Berichte fiber Heufleber, vergl.
Jahrbb. CLXVU. p. 208.
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33
III. Pathologie, Therapie n. medioiniache Klinik.
Eiaftteaen berflhrt wurde, war der August jedes Wymann empfiehlt mnerlich Chinin prophy-
Jahra; in den flbrigen Sommermonaten brachten
dieae Einilflsse gar keine besondere Wirkung bei ihm
hervor. Die Intensitftt der Symptome achwankte je
nach den achsdlichen Einfldsaen, denen er aich aua-
aetzte, und die ganze Krankheit nahm tlberhanpt an
StSrke mit dem Alter ab. Auch die ttbrigen oben
gen. Beobachter aahen daa Heufieber im August anf-
treten , so dasa in Ainerika dieaer Monat der Heu-
fiebermonat zu sein acheint. Nur Dr. Carson
(Nr. 1) erwfthnt ausser dem August noch den Juni.
— Wir wollen noch erwihnen , dasa Blackley
(8. Jahrbb. 1. c.) aQe dieae Veraehiedenheiten in der
Beobachtung erklftrt hat.
Symptome, Verlauf. Die Symptome der von
den gen. Autoren mitgetheilten Falle betrafen beson-
dera Nase, Augen und Bronchien. Die Affcktion der
Schleimhaut dieaer Theile war das instigate Symptom ;
Dyapniie u. Asthma war auch zuweilen dabei. Ro-
berta entwirft von seinem Zustande ein selir trtlbes
Bild, welches auf das Qualvolle seines Ileufiebers
schliessen lksat. Seine Krankheit begaun ateta im
August mit Frostgcfllhl , welches verschwand und
wiederkam; seine Naaenspitze war ateta kalt, fllr
wekhes Symptom er die Prioritdl der Beobachtung
nachdrucklichet beansprueht. Daa Allgemeinbefin-
den war immer gestort ; Lichtacheu hatte er nie;
Staub brannte wie Cognac und Pfeffer in den Augen.
Regen milderte die Qualen; Windstille , schattige
Orte waren ebenfalls wohlthuend. Der Anfall dauerte
immer 5 — 6 Wochen und liess aich nie in seinem
Verlanfe durcli irgend ein Mittel unterbrechen.
Stubenaufenthalt und ernste Beachaftigung , welche
die Geuanken ablenkte, konnten die Leiden ab-
achwttchen.
Zur Therapie. Prophylaktisch gegen den Ans-
bruch wirken: Ortawechael vor Auabiuch dea all-
jahrlich im August zu erwartenden Leidens. Beaon-
ders schtttzt der Aufenthalt auf lichen und auf
Inseln. Wymann filhrt alle Orte Amerika’a auf,
welche sich zum Aufenthalt eignen; alle Vff. obiger
Arbeiten bezeichnen die weiasen Berge als paasenden
Zufluchtsort. Ausaerdem werden kalte Waschungen,
Kopfbftder, Augenbader (warm u. kalt), Stubenaufent-
halt, Meiden von Staub, von Zugluft, von Schwitzen,
von Sonnenstrahlen, Innehalten einer leichten Fleisch-
diat, Enthalten dea Genussea von geistigen Getr&nken
einstimmig empfohlen.
Gegen den Schnupfen und den Naaenkatarrh
sind die bekannten Mittel anzuwenden. Die nkoht-
liche Unruhe wird am beaten mit Opium, Morphium,
Dover’achemPulver, Chloroformriechen beseitigt. Das
nervdae constitntionelle Leiden ist mit Chinin, Eisen,
Arsen, Jodkalium, Bromkalium zu bek&mpfen.
Roberta halt jede lokale Behandlung far un-
passend , indem rie das Leiden steigere ; er bekam
einmal nach Anwendung einer adstringirenden LCsnng
einen Erstickungsanfall.
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
laktiach, wie auch wShrend der Krankheit, bei jeder
Mahlzeit 2 Gran (12 Ctgrmm.). Auch lokal wendet
er Chininl38ung als Einspritzung und ala Inhalation
mit Erfolg an. Gegen daa Asthma fand er Brom-
ammonium und SalpeterrHucherungen ala daa Wirk-
8amate. Auch bei den Verhandlungen in der medi-
ciniachen Akademie zu Cincinnati, welche durch daa
hftufige Anftreten dea Heufiebera im August 1873
angeregt waren , wurde der Nutzen der innerlichen
imd ftnaaerlichen Anwendung des Chinin anerkannt.
Ausaerdem empfiehlt Dr. Gobrecht Zinc, valeria-
nicum innerlich ; Dr. 0 r r Einspritzungen mit Mor-
phium und achwefela. Zink in die Naae ; Dr. Kem-
per Inhalationen mit Jod , Carbolaiure und Chinin.
Ein ganz vorztiglichea Mittel , wenn daa Nieaen
beginnt, 1st nach Dobell: Chloralhydrat und Kam-
pher ana 16 Gran (1.00 Gram.), Carbols&ure
20 Gran (1.20 Gram.) , Morphium 12 Gran (0.72)
gel6st in 20 Gran (1.20) Oel, Ricinuadl 7Drachmen
(26.25 Gram.). Der Pat. soil dieae Miachung in
einem Flftchchen bei aich ftthrcn und aobald aich ein
Niesreiz einatellt, mit einem Elfenbeinstftbchen etwas
von der Fltlasigkeit durch die Nasenldcher an die
Kitzelstelle bringen, was ao oft geschehen kann, als
nbthig ist.
Dem Chinin zieht Dobell besonders bei gleich-
zeitigen Fiebererecheinnngen die Tincture Eucalypti
globnli vor.
347. TJeber eine neue Art von grasgrunem
Sputum; von Dr. Ottomar Rosenbach, Assi-
stenzarzt der medicin. Klinik zu Jena. (Berl. klin.
Wchnachr. XB. 48. 1875. »).
Ea handelt sich im vorliegenden Falle urn ein
grouweisaea, achleimig-eitriges Sputum f welches im
Speiglase im Laufe von 24 Stunden eine schdne,
grasgrUne Farbe angenommen hat. Der Kr., von
dem das Sputum expektorirt wurde , Ieidet an aus-
geaprochenem Asthma bronchiale mit typischen
orthopnoischen Anfillen, bei welchen weaentlich die
Exspiration erechwert ist , und an consekutiver be-
deutender Zunahme dea Volumens der Lungen.
Wfthrend der Anfhlle zeigt das sparsame, zJLhe Spu-
tum genau den von Leyden geachilderten Charek-
ter und enthalt namentlich grosse Mengen der von
ihm beschriebenen apitzen Krystalle von der ver-
achiedensten GrCsse. Ea ist von weiaalicher Farbe,
von starker Schaumschicht bedeckt, mit vielen Luft-
blasen gemengt, enthalt ziemlich zahlreiche Klflmp-
chen und Pfrflpfe von grauer Farbe, mit aehr reich-
lichen Krystallen, welche in der Flttasigkeit in gerin-
gerer Menge vorkommen. Die Krystalle werden
mit der Abnahme der In- und Extensit&t der Anf&lle
immer weniger zahlreich, das Sputum wird mehr
aer8a, weniger zAhe , zuletzt ziemlich reichlich,
schleimig-eiterig, lewht zerfliessend.
') Ffir die Uebersendung dankt verbindlichat W r.
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III. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
Em solches Sputum am Ende eines Anfalls (etwa
5 Essl. einer zerfliessenden ^ weiseen, sclileimigen
Grundsubstanz mit eingebetteten, weissgelben Eiter-
ballen ohne llblen Geruch) hatte nacli 24 Std. eine
vtlllig grttne Farbe angenommen, wclclie fast nur auf
die Flflssigkeit besclirflnkt war , wflhrend die Eiter-
ballen einen ganz unbedeutenden grtinen Scbimmer
zeigten. In dtlnnen Schicbten war die Farbe hell-
griln , in dicken grasgriln ; auf Zusatz von starker
Kalilauge (im Anfange war die Reaktion neutral)
nahm die grllne Farbung deutlicb an Intensitflt zu.
Schaum war auf dem Sputum nicht melir vorhanden.
Mikroskopisch fanden sicli in der FKlssigkeit neben
ungemein zablreichen , sich lebhaft bewegenden Vi-
brionen leicbt grttn gefflrbte Sporen und grflssere
Conglomerate von kleinen, stark lichtbrechenden,
Sporenkaufen sehr flhnlichen Kflmchen. Die Form
dieser Haufen war meist kreisrund , die Grbsse sehr
verscliieden, ihre Farbe gelbgrtln imd viel deutlicher,
als die der Kdmchenhaufen beim eigelben Sputum ;
in dernflchstenUragebung zeigten sich die grtinlichen
Sporen reichlicher. Sauren hatten auf die Haufen
keinen Einfluss, ebensowenig Aether und Alkohol,
nur Kali causticum schien eine deutlichere Farbung
zu bewirken, doch nur in geringem Grade. Die
Schleim- und EiterkOrperchen , sowie die Epithelien
waren voll von kleinen, grtinen KOrnchen, welche, nach
der Zeretflrung der Zellen durch Reagentien, in klei-
nen HAufchen zurtlckblieben.
Die Entstehung der Farbung scheint jedenfalls
von den Sporenhaufen , und zwar von der grdssem
oder geringem Intensitflt derselben, abzuhflngen. An
die Schaumschicht , wie beim eigelben Sputum , 1st
die Farbe nicht gebunden, da sie erst nach dem Zer-
fliessen derselben auftrat , auch nicht an die Eiter-
ballen , die nur eine gelbe Farbe zeigten ; grasgriln
gefflrbt war nur die homogene, serOse Flflssigkeit.
Durch HinzufUgung von einigen Tropfen der
grtinen Flflssigkeit gelang es, in dem schleimig-
eiterigen Sputum eines Tuberkultfsen eine leichte
grllne Fflrbung zu erzielen; die Kbrnchen- oder
Sporenhaufen waren jedoch in weitgeringererMenge
vorhanden. Auf Milch, welche schwach alkalisch
reagirte, entstanden nach Auftropfen des grtinen
Sputum nach 12 Std. gelbgrttne, fest anhaftende
Borken in ziemlicher Ausdehnung, die auf Zusatz von
Kalilauge eine smaragdgrflne Fflrbung annahmen,
und nach Iflngerer Einwirkung des Reagens mikro-
skopisch flusserst zahlreiche , ziemlich grosse, stark
grtln gefflrbte Sporen, theils einzeln , theils zu grtts-
seren Haufen angeordnet (etwa von der Grflsse der
Hefezellen) zeigten, welche nach Aufldsung des zwi-
schen ihnen befindlichen Fettes und Detritus noch
deutlicher hervortraten. Leptothrixfflden hat R.
nicht mit Sicherheit nachweisen kflnnen.
Das Sputum des nflchsten Tages zeigte wiederum
dieselben Verflnderungen, doch gelangen Zttchtungs-
versuche nicht ; das Sputum des 3. Tages wurde bald
fbtid und zeigte keine grllne Farbe mehr.
Dass es sich im vorliegenden Falle um keinen
Gallenfarbstoff gehandelt hat, dafflr spricht 1) das
Fehlen jedes Ikterus, 2) das Auftreten der Fflrbung
im Speiglase , wflhrend erbrochene , gallig gefflrbte
Flflssigkeit ja sofort eine grllne Fflrbung hatte er-
zeugen mflsscn , 3) das Fehlen der Gallenpigment-
reaktion bei Zusatz von salpetriger Sflure. Gegen
die Anwesenlieit eines aus Hflmatin entstandenen
grtinen Farbstoffs spricht 1) das Fehlen von rothen
Blutkorperchen im Auswurfc und 2) die leicht mdg-
liche Exklusion der 3 von Traube angegebenen
Bedingungeu fttr das Zustandekommen der grtinen
Sputa: durch Lysis endende crotipflse Pneumonie,
croupose Pneumonie, die in Lungenabscess flbergeht,
subakut verlaufende, kflsige Pneumonie, in deren Be-
ginn sich bisweilen grasgrllne Sputa zeigen.
Eine pathologische Bedeutung scheint das be-
schriebene Sputiun , wie Vf. selbst hervorhebt, nicht
zu besitzen, jedoch wegen der Entstehung und der
mflglichen Verwecliselung des von Traube be-
schriebenen grasgrflnen Sputum (vergl. Jalirbb.
CXXIII. p. 278) Beachtimg zu verdienen.
(Z i n k e i s e n.)
348. Zur Histologie des Lupus (Willani),
gleichzeitig ein Beitrag zur Lehre von den regres-
siven Metamorphoeen ; von Prof. E. Lang in Inns-
bruck. (Wien. Jahrbb. 1875. p. 237 ; 1876. p. 37.)
Vf. stellt sich die Revision der Anatomie des
Lupus zur Aufgabe unter gleichzeitiger Beantwor-
tung derFrage nach demWesen und demUrsprunge
der sogenannten Riesenzelle, welche durch 8 c h 11 p -
pel’s Arbeit „ liber Lymphdrflsen-Tuberkulose 14 zu
einer „ungeahnten“ Bedeutung gekommen sei.
Das Lupuszellennetz , fttr welches — wie man
sich bei der Untersuchung von Randpartien von Lu-
pus flberzeugen kann — Auswachsungen des proto-
plasmatischen Rohres der Capillaren, sowie auch der
Adventitiaelemente der kleinen Gefflsse des Blut-
und Lymphgefflsssystems den voraehmsten Ausgangs-
punkt bilden , stellt sich in zwei verschiedenen For-
men dar : in der infiltrirten und in der herdartigen.
Erstere ist die seltenere, aber grossere Strecken er-
greifende, letztere die hflufigere imd die Haut durch
die Menge der Einzelherde bedrohende Neubildung.
Wflhrend bei dem infiltrirten Lupus erst nach lflnge-
rem Bestande die Zellen ihr gleichmflssiges Ansehen
verlieren, indem sich an vielen Stellen Emflhrungs-
storungen mit demCharakter derdegenerativen Atro-
phie — Degenerationsherde — geltend machen,
bllssen die Zellen des Herdlupus , ihr gleichartiges
Aussehen schon sehr frtth ein. Es tritt n&mlich, wie
am schdnsten im Herdlupus zu verfolgen ist, in den
Lupuszellen — und zwar je ntther der Mitte des
Herdes, in um so bedeutenderem Maasse — ein Auf-
quellen und Blasswerden des Zellkdrpers und Zell-
kemes auf, welches ihnen den Anstrich von epithe-
lialen Zellen giebt, wenn nicht ihr noch lange Zeit
hindurch wahmehmbares Zusammenh&ngen mit dem
Lupusnetze ihren Ursprung verriethe. Es sind diess
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III. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
die Zellen, welche Schllppel „Tuberkelzellen u
nennt and von den Riesenzellen abstammen lftaat.
Weiterhin treten in dem Lupusherde brfiunlich bis
biass auaaehende, oft sehr viele Kerne enthaltende
Gebilde — die vielkemigen Massen — auf, an denen
jedoch ebenfalls meistentheils der Zuaammenhang mit
dem Lupuageflechte deutlich hervortritt. In noch
spStern Stadien nehmen besonders die Mitte des Her-
des aus Zellfragmenten beatehende Partikelchen ia
Form einea Detritus ein. Mehrere solche auf ein-
ander stossende Herde bilden einen makroakopiachen
Knoten ; Bchlttaslich fliessen diese Herde durch Ver-
lust ihrer charakteristiachen, aus zu langen Spindeln
ausgezogenen , concentrisch gelagerten Zellen be-
stehenden Umrandungen in einander u. gleichen dann
den Degenerationsherden der infiltrirten Form. Die
oben genannten Gefksswandelemente wachsen jedoch
durch parallels Vorachieben zwischen die die Ge-
webslticken umapinnenden Bindegewebafaaern noch
zweiten8 zu einem die Beatimmung einea Cirkulations-
apparates ftthrenden Rohrensyatem aus , welches in-
dessen immer am Rande , nie im Innem dea Her-
des zur Beobachtung kommt, wie ttberhaupt im In-
nem einea Lupuaherdes keine Spur von Gefissen zu
linden ist. Die Frage liber das Schickaal der oft
ziemlich starken Gefksse inmitten oder in n&chster
N&he ernes Lupuaherdes beantwortet Vf. dahin, dass
dieselben von dem wachaenden Zellennetz erdrflckt
und atilckweiae aus dem Kreialauf auageachieden
werden, ilire Elemente aber denselben degenerativen
Akt der Aufquellung u. a. w. durchmachen, wie die
Lupuazellen selbat. Aber auch an den in der Nahe
einea Lupus befindlichen epithelialen Gebilden macht
aich der Einfluaa der Neubildung geltend. Die Ge-
fease um die Schweisadrtlaen wachsen zu einem Lu-
pusnetz aua. Die Schweissdrttsenkn&uel sowohl ala
die Ausfilhrungsgilnge zeigen Epithelproliferationen,
die ala neugebildete Anaftthrungsgilnge innerhalb der
Cutia mit einer kolbigen Anacliwellung enden und
mei8ten8 im Centrum von einem Lupuaherde erschei-
nen. Auch sie erleiden den degenerativen Process,
indem aich ihre Epithelien zu vielkemigen Masson
umwandeln. Derselbe Vorgang der Neubildung und
regressiven Metamorphose findet sich bei den Talg-
drtlsen. Hierbei ergeben noch Schnittd an zu Bkl-
gen ausgedehnten Talgdrtlsen , dass diese Balge in
ihrer ttusaern Schichte von einer nahezu durchaus
zusammenhingenden, vielkemigen , gegen die Peri-
pherie hin radi&re Zerklttftungen darbietenden Masse
gebildet werden , wie auch aus den dem Text bei-
gegebenen Abbiidungen aehr schOn zu sehen iat.
Die das Stratum Malpighi bildenden Epithelien wer-
den ebenfalls zur Proliferation angeregt , verdicken
entweder das Epidermidalsti’atum oder wachsen als
Anlagen zu AuafUhrung8gilngen den neugebildeten
SchweissdrttBenknaueln entgegen.
Bei aammtlichen Proliferationavorgttngen konnte
Vf. nie wahmehmen, dass eine Zellenart in die an-
dere Ubergegangen sei. Rttcksichtlich der vielkerni-
gen Massen hebt er noch ausdrttcklich hervor, dass
man in denselben hier und da Vacuolen und ander-
weitige Defekte oder deutlich begrenzte Zellenhkuf-
chen oder auch Hassal’sche Kttrperchen antrifft.
Diese letztem treten htlufiger im Herdlupus als im
infiltrirten, httufiger in den dem Endstadium n&her
gerflckten Lupusstellen, am meisten in detritushalti-
gen Lupuacentren oder zusammen mit vielkemigen
Klumpen auf, und zwar glaubt Vf. aus der Art der
Lagerung der letztem schliessen zu dUrfen, dass die
Corpp. amylacea zuerat da waren und dass sich die
regressiv metamorphosirten Zellen in Form von viel-
kemigen Massen erst nachtr&glich angelegt haben
mussten. Vf. betrachtet sodann die Endstadien des
Lupus und das Schickaal der Regreaaivprodukte an
einem bereits narbig verfinderten Hautattlck einea
nahezu geheilten Lupus tuberculosus und kommt zu
dem Schlusse, dass die zerfallenen Massen des Cen-
trum, ebensp die vielkemigen Massen, welche letz-
tem er nur einmal als Ueberbleibael eines Lupus-
herde8 antraf, zur Resorption gelangen , der (ibrige
Theil zu Bindegewebe wird, wie auch Kaposi an-
nimmt. Die geschichteten Kdrper kttnnen jedenfalls,
wenn sie ttberhaupt aufgesaugt werden , aehr lange
in den Geweben ohne Nachtheil liegen bleiben.
Ebenso bieten die im Lupusgewebe eingeachlosse-
nen Drttsen neben Organisations- Resorptionsvor-
gllnge. Bei der Frage, ob Lupus als eine Binde-
gewebsneubildung (A u 8 p i t z) oder als Adenomart
(R i n d f 1 e i s c h) aufeufassen sei, constatirt Vf., dass
er in den meisten Fallen keine Drttsenneubildung in
den Hautstttcken gefunden, und dass, wo eine solche
da geweaen sei , entschieden die Bindegewebs- und
Gefisaneubildung immer den Vorrang gehabt habe.
Zum Schluss faast Vf. das Ergebnisa seiner Unter-
suchungen in folgenden Worten zusammen. „Die als
Lupus bekannte Hautkrankheit zeichnet sich als Er-
n&hrangsatbrungen aus, welche zu einem fortwtth-
renden Entatehen und Vergehen von Bindegewebe,
Gefllssen und epithelialen Bildimgen flihren ; je nach
dem Stadium des Krankheitsproceasea werden bald
die progreasiven, bald die regressiven Produkte die-
ser oder jener Gewebsart in die Augen springen ;
stets wil'd man aber wahmehmen, dass der von den
Geftssen ausgehenden Zellenproliferation die Haupt-
rolle znfalle und dass in den letzten Stadien der
Krankheit nicht allein Resorption der retrograd me-
tamorphosirten Bildungen, sondem auch Organisation
von Zellenneubildung zu Bindegewejie eingeleitet
wird , wodurch die lupdse Haut auch ohne voraus-
gegangene Verachwftrung ein narbenartiges Aus-
8ehen gewinnt.“
• Vf. unteracheidet 3 Entwicklungsstadien des iM 1
pus: 1) Lttngenzunahme der Papillen und e#8^jwd
cbende Verl&ngerung der interpapillaren 1 J Epith#
einsenkungen ; 2) Ueberschreitung des"Pi^ill8ffttt^
pei-s fiber das Niveau der Umgebung plfr) Zerkfifttfig
der freien Oberflttche dadurch, i flMS ll '<&l , hW<tttrlf#>
8prosaenen Papillen aich grUprfretf' l hw'd ll 'Vofit'»i«9
Nachbarschaft seitlich abtrfend6tti’ , *Wahl , ettd , ' ! fe deiJ
ersten Stadien die voft J 4hltt&’IL/tftfaMfta 'ttfiiafif^g
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III. Pathologic, Therapie u. medieiniscbe Klinik.
Papillen eine gentlgende Epitheldecke besitzen, wird
letztere im 3. Sadium dnrch stftrkere Wachsthums-
zunahme des Papillarkorpers sehr verdlLnnt und stel-
lenweise von dem Lupuszellennetz durchbrocben ( Ver-
schwftrang) — Lupus hypertrophicua papillaris Ka-
posi.
Da die hypertrophische Form erst dann allge-
mein diagnoaticirbar wil'd, so entspricht der klinische
Begriff des Lupus bypertropbicus nur diesem 3. Sta-
dium, in dem also an einzelnen Stellen bereits Ulce-
ration eingetreten ist, an andern die Papillengruppen
als rothe Granulationswfirzchen durchschimmem durcb
die Epitheldecke, die zwar dtinn, aber noch resistent
genug ist, urn — was Kaposi im klinischen Theil
betont — - beun Reiben mittels Charpie nicbt zu blu-
ten. Thtlrmt sicb das Epithel an der Spitze von
Uber die Nacbbarschaft emporgewucherten Papillen
zu’ einem vielfach geschichteten , verhomten Lager
auf, so entsteht das klinische Bild von bauthomarti-
gen Formen , welches Lang bei einem Lupus hy-
perti'ophicus boider Wangen sab.
Vf. geht sodann zu dem im Corium und subcuta-
nen Gewebe sitzenden //croflupus Uber, insbesondere
zur Wflrdigung der daselbst vorkommenden vielker-
nigen Massen, deren Ursprung — wie auch beige-
fflgte Tafeln schbn erlSutem — ein verschiedener
ist. So sab L. vielkemige Bildungen, welche einem
verddeten Gefiss, odcr solcbe, welche einer Scbweiss-
oder einer Talgdrllse entstammt sein mussten , oder
solcbe, die Haarquerschnitte in sicb schlossen. Bezug
nehmend auf seine frilhern (soeben mitgetheilten)
Untersnchungen bespricbt Vf. die Genese dieser viel-
kemigen Massen ausftlhrlicher u. kommt im Gegensatz
zu der berrscbenden Meinung zu dem Schlusse, dass
die bei Weitem grbsste Anzabl derselben eine Phase
in der regressiven Metamorphose, eine Mittelstufe
zwischen einer Degeneration und einer nekrobioti-
schen Atrophie reprksentirt. Gerade so wie die
Zellen eines Lupusherdes gegen das Centrum hin auf-
quellen, anebiander rUcken, ihre Contouren verlieren,
und wie hierdurcb ein Klumpen entsteht, in dem die
Kerne noch lange kenntlich bleiben und an den such
im Verlaufe die benachbarten Zellen in gleicher
Weise anrciben, gerade so bilden sich die vielkerni-
gen Massen in zweiter Reibe durcb Aufquellung und
Verschmelzung der Wandelemente und des zelligen
Inhaltes eines Lymph- oder BlutgefftssstUckes , wel-
ches in mitten eines wuchernden Lupusherdes von die-
sem erdrtlckt oder durch zwei gegen einander wach-
sende Lupusherde aus der Cirkulation ausgeschaltet
wird. Diese Annahme wird durch die Thatsache
untersttltzt , dass man in den j lings ten Lupuszellen-
herden ziemlich hkufig, im Innern eines solchen Hor-
des me ein Geffiss, wohl aber unendlich h&ufig viel-
kernige Klumpen zu sehen bekommt. Ferner kfin-
nen diese vielkernigen Massen durch Degeneration
der epithelialen Zellen der in einem Lupusherd ein-
gebetteten Schweiss- und TalgdrUsen, so wie scliltlss-
lioh dadurch entstehen, dass die die geschichteten
Kbrper nmgebendea retrograd metamorphosirten Zel-
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len zu schaligen Maasen zusammenaehmelaen. Das
femere Wachsthum dieser Massen geschieht durch
Vereinigung zwei oder mehrerer solcher neben ein-
ander liegender Klumpen , bei welcher Gelegenheit
auch zwiBchen ihnen liege nde Objekte mit einge-
schlossen werden, daher sich auch die zuweilen auf-
tretende Anordnung der Kerne in sich kreuzenden
Zttgen, so wie das Vorkommen von besonders sich ab-
hebenden Kdrpern (Zellenh&ufchen, geschichtete K5r-
per u. s. w.) innerhalb der vielkernigen Maasen er-
klftrt
Vf. tritt durch diese Ansicht, welche also den
vielkernigen Massen den Charakter der Degenera-
tion aufdrttckt, besonders der Lehre Schflppel’s
(„Ueber die Entstehung der Riesenzellen im Tuber -
kel“, vgl. Arch. d. Heilk. XIII. 1872) entgegen,
welcher die Riesenzelle als ein mit Lebenseigenschaf-
ten und Prolifikationsvorgingen begabtes Gebilde
betrachtet. Auch die Angabe Friedlfinder’s,
an den im Serum isolirten Riesenzellen dee Tnberkels
deutliche, allerdings ziemlich trdge Gestaltverftnde-
rungen , analog den amdboiden Bewegnngen beob-
achtet zu haben , halt Lang nicht fttr hinreichend,
das Leben dieser Gebilde — Wachsthum dnrch Er-
nfthrung u. eventuell Fortpflanznng — ausser Zweifel
zu setzen. Den Beweis fHr die Identitat der von
ihm nntersuchten vielkernigen Massen mit jenen von
Schflppel in der Lymphdrtlse dni'chforschten
bringt Vf. dadnrch, dass seine Befunde mit den von
S c h tl p p e 1 und andern Autoren gelieferten tiberein-
stimmen, dass die in Rede stehenden vielkernigen
Massen frtlher schon in der Haut nnd anch in der
lnpdsen Haut angetroffen wnrden , und endlioh dass
eine von Pantleu onter Schttppel’s Prftsidium
geschriebene Dissertation „ fiber Tuberkulose der
Haut“ sich unter Anderem anf die Untersnchung von
2 Prftparatcn von Lupus stfitzt.
Schlfisslich theilt Lang noch mit, dass seine
Prfiparate von Lnpns hypertr. einer Pat. herrflhren,
bei der 3 Mon. nach ausgeftlhrter Rhinoplastik und
Scarifikation ein Recidiv ausbrach , welches von den
Wangen und der Oberlippe her auf die neugebildete
Nase ttbergegangen wai-; trotzdem halt Vf. die
Volkmann’sche Scarifikation fllr diejenige Be-
handlnngsmethode des Lupus, welche mit der Schnel-
ligkeit des Erfolges auch den Vortheil einer mflg-
lichst geringen Entstellung verbindet. (0 e h m e.^
349. Zur Lehre vom Tripper.
James H. Hutchinson (Philad. med. and
surg. Reporter XXXIV. 6. p. 105. Febr. 1876)
beobachtete einen Fall, in welchem nach Tripper
Pyamie auftrat.
Die betr. Kr. zeigte bei der Aufnahme die Er-
scheinungen eines typhdsen Fiebers. Sie hatte be-
trftchtliches Fieber , heftigen Kopfschmerz , trockene
and rissige Zange, vollstfindige Anorexie und Durch-
fall , geringe Tympanitis mit Empfindlichkeit in der
rechten Fossa iliaoa nnd Sabsoltus teudinum. Am
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III. Psthologie, Therapie u. medichtische Klinib.
Thorax war histeo links Dtapfnng vorhanden tmd
die Perkussion verarsachte an dieser Stelle Schmerz ;
bei der Auskultation horte man feuchtes Rasseln auf
beiden Seiten and auf der linken Seite Reibegerausche.
Oedem am linken Angenlid stellte sich ein, und die
Untersuchung des Hams ergab , dass dieser Eiweiss
und Eiter in grosser Menge enthielt, nnd bei ge-
nauerer Nachforschung ergab sich , dass die Kr. an
einem reichliclien Ausfluss von verdaditigem Gharak-
ter ans der Vagina litt. H. war nun Uberzeugt, dass
es sich um Typhus nicht bandelte , namentlich weil
weder Roseolae noch Gehbrsstdnmgen vorhanden
waren , sondem er nahm Pyftmie geringeren Grades
an, bedingt durch die Resorption von Produkten der
gonorrhoischen Absondemng , die einen Susserst un-
angenehmen Geruch besass; ausserdem waren die
Nymphen in hohem Grade odematds und an der
rechten Seite batte es den Anschein , als ob sicluein
Abscess bilden wollte. Auch die Temperaturcurve
bewiee, dass es sich um Typhus nicht handeln konnte.
H. gab grosseGaben von EisenchloridlOsung und, als
Prostration einzutreten drohte , Stimulantien. Unter
dieser Behandlung besserten sich die Krankheits-
erseheinungen, spttter jedoch stellte sich ausgedehnte
Induration am Halse ein nnd es hatte den Anschein,
als ob sich an dieser Stelle ein Abscess bilden wollte.
Was den bei Mannern unter dem Namen des
Tripperrheumatismus bekannten Krankheitszustand
betrifft, so halt ihn H. ftlr nichts Anderes als fllr eine
Form von Py&mie, und es scheint ihm nicht unwahr-
scheinlich, dass aucb bei Frauen die Gonorrhfle nicht
seiten der Ausg&ngspunkt von septiseher Vergif-
tnng sei.
Nervenaffektionen sind nach JuliusAlthaus
(Med. Times and Gaz. April 8. 1876) bei verschlepp-
tem oder unvollstandig geheiltem Tripper oft selir
hartnackig nnd schwer zu behandeln. A. theilt fol-
genden Fall mit , in dem die Galvanisation nach ver-
geblicher Anwendung anderer Mittel endlich zur
Heilung ftthrte.
Ein 43jahr. Kaufmann hatte im J. 1870 an Tripper
gelltten, der, anfangs durch Injektionen nur unvoUstandig
geheilt , erst nach etwa einem Jahre dnrch Tanninbongies
beeeitigt wurde. Nach tnehr als »/, J. fuhlte der Kr., der
sich inzwischen verheirathet hatte, nach dem Coitus
Schmerz im hintero Theile der Urethra, und nach einem
Samenverlust in der Nacht bemerkte er , dass dabei Blut
abgegsngen war. Nach einiger Zeit vermehrte sich der
Schmerz und verbrettete sich bis in die Lendengegend,
bauflg in die Leistengegenden , die Huftgelenke und die
Schenkel ausstrablend. Am heftigsten war der Schmerz
gew5hnlich Morgens , den Tag fiber liess er nach , hSrte
aber nicht auf, bei Bewegnngen , besonders beim Fahren,
wrote er arger. Dazu gescllte sich permanenter Schmerz
in der Harnrohre mit qualender Keizbarkeit der Blase.
Nach langercm llarnhaiten trat Retention auf. Eine
Striktur war nicht vorhanden. Der Kr. war in Folge der
fortwahrenden , sich immer mehr steigernden Schmerzen
sehr angegriffen nnd sein Leiden ffihrte ihn zu Selbst-
mordgedauken. Die Ernahrung Iiatte gelitten , der Harn
hatte 1027 spec. Gewicht und enthielt llarnstoff und
Lithate in grossen Mengen , aber keinen Zucker , kein
Eiweiss und keinen Blasenschleim. Ausserdem litt *der
Kr. an msserorctentUcher Sehlatfkeit rod Mattigkeit, tort-
wihrendem Zittern und hinfigen Zuoknngen in den Entro-
mitaten , schiessenden Schmerzen in den Unterschenkeln,
Gefuhl von Taubsein und Nadelstichen an den Ffissen.
Die Muskeln waren schlaff und atrophisch. Der 8chlaf
war unruhig und viel geetbrt. — Mittels des constanten
Strom es erregte A. Katelektro tonus des Rfickemnarks,
ausserdem wurde die Anode am Perinaum angesetzt,
wahrend mit der Kathode fiber die ganze Lendengegend
gestrichen wurde. Der Schmerz wurde dadurch nach
Jeder 8ltzung sofort beschwichtigt. Anfangs mussten die
Sitzungen tiglich vorgenommen werden , bald waren sie
aber seltener nothig. Die Besserung machte bei dieser
Behandlung stetige Fortschritte und nach 7w5chentlicber
Behandlung schien Pat. genesen.
Der Schmerz in der Urethra war nach A. ohne
Zweifel die Folge clironischer Hyperkmie der Schleim-
haut mit Ablbsung des Epithelialtiberzugs. Die Gal-
vanisation wirkte als Gegenreiz, und obwobl nur
schwache StrOme in Anwendung kamen (25 — 35
Elemente der Bccker-Muirhead’schen Batterie) , wa-
ren diese doch binreichend, die Hyperilmie der
Sohleimhaut durch Erweiterung der Hautgefksse in
der Nachbarschaft zu beseitigen. DieReizbarkeitder
Blase war wahrscheinlich nur durch die Reizung von
der Hamrflhre aus bedingt , sie verschwand in glei-
chem Maasse mit der letztern ohne specielle Behand-
lung.
InBezug aufdi e Behandlung erwihnen wir
znnftchst, dass J. Perrot Prince (Med.Timesand
Gaz. Oct. 23. p.468. 1875) eine Spritze empfiehlt,
welche den Flllssigkeitsstrahl nicht vorwftrts, sondem
von der Endolive ihres Ansatzrohres rilckwKrts treibt.
Die AnsatzrOhre zu dieser 8pritze sind von versehie-
dener Dicke , Lange und Gestalt , gerade oder ge-
krflmmt , doch so eingerichtet , dass sie in die Ham-
rflhre eingefuhrt werden kflnnen bis hinter die Stelle,
welche der Sitz der Krankheit ist. Die Oeffnungen
ftlr die ausstrflmende Fltlssigkeit beftnden sich an
dem olivenfflrmigen freien Ende des Ansatzrohres
nieht vorn , sondem seitlich nach hinten zu , wo der
Knopf auf dem Ansatzrohre befestigt ist. Bel der
Einfilhrung bestreicht P. das Ansatzrohr mit CarbolOl,
die ausgespritzte Flflssigkeit, deren Vorwartsdringen
nach der Blase zu die sich den HamrShrenwandungen
anliegende Olive hindert , lftsst er einige Minutes in
der Hamrflhre. Auf diese Weise erreicht man nach
P. eine vollkommenere Reinigung der Hamrflhre von
krankhaften Stoffen als bei den Injektionen mit den
gewflhnlicken Spritzen, man vermeidet dabei aber
auch eine Reizung der oberhalb der krankhaften Stefle
gelpgenen Theile der Ilarnrflhre dnrch die Injektions-
fltlssigkeit, die zuStrikturen ftlhren kann. Strikturen
werden freilich der Einftlhrung eines solchen Spritzen-
rohrs bis zu einem gewissen Grade hinderlich sein,
doch wird es In den meisten Fallen mflglich sein,
mittels eines feinen Ansatzrohres durch die verengte
Stelle hindurch zu konunen.
Dr. C.M. Nirgon (Gaz. desHAp. 113. p. 1140.
1875) empfiehlt neuerdings das schon seit langerer
Zeit , unter Andcm auch von BerkeleyHill im
Jahre 1867 (Jalirbb. CXXXV. p. 163) mit Erfolg
gegen Tripper angewendete SandelAoizdl , das in
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38
III. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik .
ahnlicher Weise wirkt, wie die balsam ischen Mittel,
und nach H i 1 l’s Erfahntngen mitunter zur Heilung
ftlhrte, wenn Cubeben und Copaivbalsam ohne Wir-
kung blieben. N i r g o n empfielilt zur Einverleibung
des Mittels die GlutenJcapseln von Mathey-Cay-
1 u s , die sich rasch im Magen auflosen , den Gemch
des in ihnen enthaltenen Oels vollkommen verdecken
und dessen Anwendung auch bei Personen mit
empfindlichem Magen ermOglichen.
Dr. Giorgio Lecchini (Riv. clin. 2.8er.IV.
11. p. 335. 1874) bestatigt die gllnstige Wirkung
der Injektion von Chloralhy drat bei akutem Tripper,
welches zuerst von Par on a empfohlen und von
C i a 1 1 a g 1 i a , sowie von Prof. G a m b e r i n i gleich-
falls gerlihmt worden ist. L. benutzt eine Ldsung
von 1 : 100 und lftsst frflh und Abends eine Ein-
spritzung machen. Er giebt an, dass gerade die
quftlendsten Symptome, welche bei dem gewdhnlichen
Verfahren nur allmAlig verschwinden , durch diese
Injektionen sehr rasch gehoben werden. Nur in ein-
zelnen Fallen sah sich L. genOthigt , spater nocli
Einspritznngen mit Zinksulphat machen zu lassen.
Zum Beweis fttr seine Angaben theilt er folgende
Falle mit.
1) Z. F. , 20 J. alt, fruher noch nicht Inficirt , seit
34 T. tripperkrank , hatte bereits Pulver nnd Pilien ge-
nommen, als er am 18. Dec. 1873 in das Spital kam.
Schmerzhafte Erektionen, Brennen beim Harnlassen,
starker Ausflusa. Die alsbald vorgenoramenen Injektionen
hatten entschiedene Besserting zur Folge. Der Kr. ver-
liess bereits am 22. Dec. das Spital und kehrte erst am
17. Jan. 1874 wieder zuruck, weil die Erscheinungen sich
von Neuem verschlimmert hatten. Nach den Injektionen
liessen das Brennen und die schmerzhaften Erektionen
sehr bald nach und das diinne Sekret entleerte sich nur
noch in massiger Menge , weshalb Pat. das Hospital ver-
liess.
2) S. M. , 18 J. alt, seit 8 T. zum ersten Male an
einem Tripper leldehd , wogegen noch nlchts versucht
worden war, kam am 19. Dec. 1873 in das Spital. An-
haltendes Brennen in der ganzen Harnrohre und reichllche
Sekrefion. Durch die Injektionen wurden diese Erschei-
nnngen so rasch gehoben , dass Pat. bereits am 22. Dec.
das Spital verliess.
3) A. P. , zum ersten Male an Tripper leidend, hatte
verschiedene Mittel (Kampher) gebraucht , ohne dass das
Brennen und die schmerzhaften Erektionen nachliessen,
und kam deshalb , etwa 40 T. nach Beginn des Trippers,
in das Spital. Mit Beginn der Injektionen am 6. Dec.
6tellte sich alsbald in beiderlei Bezlehungen Besserung
eln , doch Nieb der Abgang , der eine mebr flfisslge Be-
schaffenheit annahm , noch reichlich. Eine starkere In-
jektion (1.6%) wurde nicht vertragen und es wurde wie-
der zur fruhem Verdiinnimg gegrififen, wobei das Brennen
und die Erektionen ganz schwanden.
4) A. R., 26 J. alt, der schon frfiher einen Schanker
nnd einmal den Tripper gehabt hatte , war seit 4 W. wie-
der tripperkrank u. hatte schleimiges Getrank, Kampher-
pillen mit Opium ohne Erfolg gegen das Harnbrennen und
die schmerzhaften Erektionen angewendet. Schon nach
der 1. Injektion mit Chloralhydrat (2. Mai Abends) konnte
der Rr. zum ersten Male wieder ohne Erektionen ruhlg
schlafen. Das Harnbrennen war zwar nur wenig gebessert,
am 6. Mai waren jedoch alle Erscheinungen gehoben.
6) A. T., 25 J. alt, hatte schon fruher Schanker und
einmal einen Tripper gehabt; am 4. Mai 1874 kam er mit
Kondylomen am Scrotum und einem seit 10 T. bestehen-
den Tripper in das Spital. Am 7. wurde mit den Injektio-
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nen angefangen und danach hSrte das frnhere Harn-
brennen sehr rasch auf, der Ausfluss wurde sparsamer nnd
dunner, und nach einigen Tagen verliess der Kr. das
Spital ganz geheilt. L. sah den Kr. am 21. Mai und auch
sp&ter wieder und erfnhr , dass die HamrOhre immer frei
geblieben war, obwohl Pat. das Verbot des Trinkens nicht
beobachtet hatte.
6) F. G., 31 J. alt, war 1 J. mit weichem Schanker
behaftet , litt seit 24 T. an Harnbrennen und an schmerz-
haften Erektionen von einem Tripper, wogegen die bisher
gebrauchten Mittel nichts genutzt hatten. Am 14. Mai
begann er mit den Injektionen, nnd danach trat rasch
Besserung in den genannten Erscheinungen ein. Am
29. Mai bestand nur noch ein sparsamer, mehr serSser
Ausfluss , welcher durch Einspritznngen mit Zinc, sulph.
bis zum 1. Juni beseitigt wurde.
7) V. G., 16 J. alt, zum 1. Male seit 6 T. tripper-
krank , kam am 13. Mai mit Harnbrennen und copiSsem
Ausfluss in das Spital. Am 14. Injektionen; das Harn-
brennen war bis zum 16. ganz voruber. Die Iujektionen
wurden fortgesetzt , weil noch ein dunner, wassriger Aus-
fluss bestand. Am 18. wurde Pat. geheilt entlassen.
8) F. A. , 38 J. alt, seit etwa 16 T. zum 6. Male an
Tripper leidend, kam am 26. Mai in das Spital. Vom 26.
ab Injektionen mit Chloralhydrat (1%), die jedoch auf
das Harnbrennen und die schmerzhaften Erektionen ohne
Wirkung blieben. Als aber am 30. Mai eine L5sung von
1.6% genommen wurde, h5rte das Brennen alsbald auf
und die Erektionen* waren weniger schmerzhaft. Am 10.
Juli bestand nur noch massiger Ausfluss , wogegen Ein-
spritzungen mit Zinc, sulph. gemacht wurden. Am 16. Juli
vollstandige Heilung.
9) G. 8. , 17 J. alt, kam am 26. Mai 1874 mit den
gewdhnlichen Erscheinungen des akuten Trippers in das
Spital. Am 27. fing er mit Injektionen an, und gleich am
namlichen Tage waren das Brennen und die schmerzhaften
Erektionen beseitigt. Der Ausfluss minderte sich rasch
und am 31. Mai konnte der Kr. das Spital verlassen.
10) A. D. P., 19 J. alt, etwa seit 4 W. zum 2. Male
tripperkrank, trat am 27. Mai in das Spital. DerKr., der
noch keine Arzneimittel gebraucht hatte, klagte uber
Brennen in der ganzen Lange der HarurShre , zumal beim
Harnlassen , und der Ausfluss war sehr copi5s. Gleich
nach der ersten Injektion Auf horen des Brennens ; weiter-
hin fortschreitende Minderung des Ansflusses. Entlaasung
am 1. Juni.
Nach Analogie der Balanitis und mancher Falle
von weichem Schanker mit Phimosis , bei denen die
Ursache des dauemden Entztindungszustandes in der
Bertlhmng der einander gegentlberliegenden Flacben
zu suchen ist, glaubt Dr. John Chiene (Med.
Times and Gaz. June 24. p. 686. 1876) in dem-
selben Dmstande auch eine Ursache desNachtrippers
vermuthen zu dflrfen. Um die gegenseitige Bertlh-
rung der HamrOhrenwiLnde zu verhilten , schien ihm
das von Dr. F. W. Godon (Amer. Jouro. of Syphi-
lography Oct. 1874) empfohlene Kaolin (Olay -earth)
geeignet, wenn es nicht, wie G o d o n , der die Wirk-
samkeit des Mittels den antiseptischen Eigenschaften
desselben zuschreibt , rath , einige Minuten , sondem
Stonden lang in der Urethra liegen bleibt. Es wirkt
dann , wie Chiene hervorhebt , wie ein zwischen-
geschobenes Leinwandsttlck bei Balanitis.
C h. wandte das Mittel zuerst in besonders liart-
nackigen , spater auch in alien Fallen von Tripper
an, wenn das akute Stadium vorflber war. Das Re-
sultat war in der Mehrzahl der Falle zufrieden-
stellend. In einigen Fallen erfolgte die Heilong auf-
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IV. Gyn&kologie u. P&diatrik.
ftUlig nach ; nor in einem Falle trat ein Abler Urn-
stand ein, der Kr. hatte ein unreines Prftparat benutzt,
das in der Urethra hart wurde und nur mit Mtthe
wieder entfernt werden konnte. In akuten Fallen
hat C b. das Kaolin nicht benutzt , anch nie mehr
davon eingespritzt , als nbtliig war , um das vor dem
Lig. triangulare liegende Stflck der Urethra zu fttllen.
In den Fallen, wo der gewtlnschte Erfolg nicht erzielt
wurde, glaubt er, dass die Ursache desAusflusses im
hintern Theile der Urethra gelegen war. Es ware
zwar vielleicht in diesen Fallen mdglich gewesen,
durch AusMIung der ganzen Urethra bessere Re-
sultate zu erzielen , C h. hat diess aber nicht zu thun
gewagt in derBesorgniss, dass etwas von der injicir-
ten Masse in die Blase gelangen und den Grand zu
Steinbildung legen kdnne.
Das Kaolin wird mit Wasser oder mit Wasser
und Oel gemischt zu einer dicken Paste , die mittels
einer Glasspritze nach dem Hamlassen Abends und
Morgens in die Urethra langsam eingespritzt wird ;
dann wird ein Stuck Leinwand Aber die HarnrOhren-
mAndung gelegt und durch DarUberziehen des Prt-
putium festgehalten. Das in die HamrShre einge-
spritzte Kaolin trocknet bald ; wahrend des Tages
wird es nur mit Schwierigkeit in der Urethra zurAck-
gehalten, wahrend der Nacht aber macht diess keine
Schwierigkeit , wenn der Fall chronisch ist und die
Einspritzung langsam ausgefUhrt wurde.
Mit bestem Erfolg hat Ch. das Kaolin auch bei
Balanitis und bei weichem Schanker mit Phimosis in
Anwendung gezogen. (G A n t z.)
IV. GynSkologie und Pfidiatrik.
350. Ueber Karunkeln der Harnrbhre;
von Dr. Chs. H. F. Routh. (Obstetr. Journ. II.
p. 537. 1875.)
Die fragliche , ziemlich haufig vorkommende
Affektion ist auf den Meatus urethrae beschrfinkt, wo
man kleine , von stecknadelkopf- bis haselnussgrosse,
maulbeerartige Gewachse rund um die Oeffnung he-
rn erkt. Dieselben sind bald teigig und brAchig, bald
hart und blnten oft bei der leisesten BerUhrung. Sie
sind der Sitz von excessiven Schmerzen , die in ein-
zelnen Fallen eine solche Heftigkeit erreichen , dass
die Harnentleerung mit Ohnmachtsanwandlungen ver-
bunden ist und das ganze Aussehen der Kr. auf ein
schweres organisches Leiden hindeutet. Zuweilen
sind die Harnrflhrenkarunkeln die palpable Ursache
filr den Vaginismus , durch welchen jede geschlecht-
liche Vereinigung unmdglich wird , bald wieder sind
sie so wenig empfindlicb, dass ihre Anwesenheit erst
zuf&llig wahrgenommen wird. Die kleinen Tumoren
selbst sind Ubrigens in alien Fallen unempfindlich,
da sie der Nerven vAllig ermangeln , empfindlich ist
nur die Schleimhaut, welcher sie aufsitzen. Die
Diagnose ist leicht, nur in einzelnen Fallen entgehen
sie der ersten Beobachtung und werden erst bei
nochmaliger sorgfaitigerer Untersuchung entdeckt.
I. E. 8., 33 J. alt, von gntem Allgemeinbeflnden,
16 J. verheirathet , Mutter von 7 Kindern; Katamenien,
im 14. J. zuerst eingetreten, regelmassig, von 4 T. Dauer
mit 4w6chentl. Pausen. Pat. gab an, seit 3 W. an ausserst
heftiger Dysurie zu leiden; Bie war nnfahig, einige Minuten
aufrecht zu steben , ohne ausserst heftiges Schnciden in
der HamrShre zu empflnden. R., nach mehrfacher ander-
weiter erfolgloser Behandlung zu Rathe gezogen, fand
innerhalb des Oriflcium urethrae einen kleinen , bei der
Berflhrung sehr emptindlichen , leicht blntenden Gefass-
tnmor. Nach Dilatation der Urethra wurde der Tumor
ecr&sirt und die Wundstelle mit HSUensein touchirt. Die
Schmerzen verschwanden am nachsteuTage und die Frau
ist seit dieser Zeit geheilt geblieben.
II. J. S., 60 .1. alt, in kummerlichen Verhaltniasen
lebend, Beit 13 J. nnfahig, Etwaa zu thun, war 14 J. ver-
heirathet gewesen, hatte 6 Kinder geboren nnd einen
Abortus fibers tanden, litt an leichtem Uebirmnttervorfall.
Die Menstruation, im 10. J. zuerst eingetreten, war stets
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regelmassig gewesen ; es bestand leichter Vorfall der Ge-
barrantter. Vor 12 J. bemerkte sie zuerst Hitze und
Brennen im Oriflcium urethrae ; nach aclittagiger Dauer,
wahrend welcher Pat. ausserordentlich viel litt,- ver-
schwand das Leiden plotzlich ohne jegliche Behandlung.
Seit 4W. waren die fruhern Symptome wieder aufgetreten,
unter Schwellung der auBsern Genitalien. Nach Dilatation
der HamrShre wurde ein gefassreicher Tumor von der
Grosse einer Marmel sichtbar , welcher mit der Scheere
ezcidirt wurde. Die Urinbesch werden verschwanden
nicht nnd die Verabreichung einer Mixtur mit Belladonna
brachte uur unwesentliche Erleichtemng. Ala nach 3 „T.
die Urethra wieder dilatirt worden war, wurde am andern
Ende derselben noch ein zweiter Gefasstumor entdeckt,
nach dessen Exstirpation die genannten Erscheinungen
sammtlich verschwanden.
III. A. H., 6 J. kinderlos verheirathet, litt seit 3 J.
an weissem Fluss und Pruritus pudendorum. Sie hatte
anch namentlich zur Zeit der Menses Kreuzschmerzen,
bestandiges Brennen beim Urinlassen , zuweilen anch In-
continentia urinae. Die Menses hatten im 16. J. an-
gefangen , dauerten 7 T. nnd kehrten alle 6 W. wieder.
Bei der Anfnahme der Kr. in das Hospital fand man die
aussern Schamtheile gerothet und schmerzhaft, die an-
iiegende aussere Haut gerStbet und excoriirt. Nach Er-
weiterung der Urethra unter Chloroformnarkose kam ein
kleiner Gefasstumor in und nra den Meatus urinarius zum
Vorschein, welcher herausgeschnitten wurde. Vier Tage
darauf verliess die Kr. erheblich gebessert das Hospital.
Einen Monat spater wurde sie mit den fruhern Syraptomen
wieder aufgenommen, nur waren die Bruste noch sehr
schmerzhaft und die Leukorrhoe starker. Bei einer er-
neuerten Dilatation der Urethra wurde am Blasenr&nde
der Urethra ein erbsengroeser Gefasstumor entdeckt, nach
dessen Entfemnng die Symptome dauerad verschwanden.
IV. U. H., 63 J. alt, litt seit einiger Zeit an Schmer-
zen in der HamrShre , die bei der geringsten Beruhrung
derselben ausserst heftig wurden. Die Einffilirung des
Fingers in die Vagina war unertraglich, und nur unter
Chloroformnarkose gelang es , einen ganz feinen Katheter
in die Blase einznfuhren. Die Urethra wurde an belden
Seiten durch ein Hysterotom '/»“ tief gespalten und die
Oeffnung dnrch Laminariastiftc, welche 2 — 3 Std. liegen
blieben, erbalten. NachdemdieseErweitemng einige Tage
hinter einander ausgefuhrt worden war , konnte die Kr.
ohne Schmerzen entlaBsen werden. Als sie 9 Mon. spater
mit heftigen Schmerzen an der Urethra znruckkehrte, war
die untere Flache der Harnrohre stark geschwollen nnd
bei der Berfihrang sehr schmerzhaft. Am Eingange der
,Urethra fand sich ein 2'" dickes , hartes, fungosee Ge-
wachs von der Grosse eines Schillings , welches fast das
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IV. Gynftkologie n. Pftdiatrik.
Ajtaaeken einer blamenkohlartigen Excreacenz darbot.
W&kxend die Urethra olrne Schmerx katheterisirt werden
konnte , erregte ein Druck gegen die Geschwulst die hef-
tigsten Schmerzen. Aug Fnrcht vor einer Hftmorrhagie
bei der Excision fulirte R. zwei Ligatnren durch die Ge-
sebwulet hindurch und liegs dann Jodtinktur, spater Liqu.
ferri perchl. aufpinselu. Die Schmerzen waren nach Ver-
heilung derWunde voligtandig vereeltwiinden, so dass Fat.
geheilt entlasseti werden konnte.
V. .). T., 31 J. alt, 6 J. verhelrathet, Mutter von
2 Kinderu , litt seit der Geburt dee 2. Kindes an einem
gelblicben Vaginalausiiueg init beftigen .Sehmerzeu beim
Uriniassen uud einem Gefubl von Drangcn. Zuweilen
bemerkte sie auch , dase ein Tumor von Wallnugggrdsee
ansserhalb der Vagina siebtbar wurde , der nach 14 T.
aber ron aelbet wieder zurncktrat. Die Untersuchnng
ergab grosse Empflndlicbkeit der Harnrohrc bei der Be-
rfihrnng, starke Congestion und bedeutende Anschwellung
der Umgebungen. Innerhalb der aussern Ilarnrohren-
mundnng war eine kleine Karnnkel sichtbar , welche an-
acheinend kaum die heftigen Erscheinungen bewirken
konnte. Da jedoch ein Blasenstein nicht vorhanden war,
wurde die Karunkcl vermittelst einer Drahtseblinge ab-
getragen, woranf die Syinptome von Seitcn der Harnrohrc
ginzHch schwandeu.
VI. 8., eine kraftige bOJfihr. Fran, die gut lebte,
klagte uber intensiven Schmerz in der Urethra. Das Urin-
iassen war schmerzhaft, das Gehen sehr unbequem, rings
nm die Schamtheile war ein brenuender Schmerz vor-
handen. Innerhalb der Urethra, etwas hervorragend,
fanden eich eine Anzahl mehr oder weniger schwamm-
artiger, •/« — 1" langer , bei der Beriihrung sehr schmerz-
hafter Geschwiilste, deren Excision von der Kr. nicht ge-
stattet wurde. Dieselben waren Jedoch , als Pat. einige
Mon. spater von Nenem zur Untersnchung kam, sammt-
Hch verschwnnden, ohne dass eine Rehandlung stattgefun-
den hatte.
VII. Frau R., 39 J. alt, suchte wegen heftiger
Dysnrie HiUfe; der Schmerz beira Uriniassen war so
stark, dass die Kr. aus Fnrcht den Urin sehr lange anzu-
halten versnehte. Das Leiden hatte in den letzten Wochen
an Intensitat zugenommen. Die fniher thatige magere
Fran war corpulent geworden , da sie sehr hiiuttg das Be-
diirfniss zum Essen fQhlte und viel und gut ass. In der
Urethra fand sich eine grosse Excrescenz , * naeh deren
Incision eine lebhafte Blutnng eintrat. Nach einigen
Tagen waren jedoch die lastigen Symptome sammtlich
verschwunden nnd die Frau wurde rait dem Rathe , eine
BAnting-Kur zn brauchen, geheilt entlassen.
In iltiologischer Hinsicht kann Vf. der Annahme,
dasa sexuelle Reize zur Entstehung der Karunkeln
Veranlasaung geben, nicht beistimmen, da er sie
seltener bei Prostituirten als bei verheiratheten Frauen
im mittlern Lebensalter fand. Andererseits fand er
sie bei den reinlichsten , enthaltsamsten und voreich-
tigaten Frauen , so dass auch unreinlichea Verbal ten
keineswegs als Ursache gelten kann. Vf. glanbt,
dass Karunkeln im Allgemeinen durch aaure und
irrltirende Eigenschaften des Urins entstehen, be-
sonders bei rheom&tiscber Diatheae ; indem Urin-
trdpfchen am iiuasern Meatus aufgehalten werden,
ftihren sie zur Entwicklung der in Rede stehenden
Qeschwtllste. In andern Fallen scheinen sie einer
sitzenden Lebensweise und Excessen in den Mahl-
zeken ihre Entstehung zu verdanken , so sclieint im
Falle VI. die grtissere Regelmftssigkeit im Essen eine
nattlrliche Heilnng herbeigeffthrt zu haben , wtthrend
im Fall IV. die den Inciaionen folgende Reizung erst
zur Entstehung der Karunkeln Veranlasaung gegeben
hat. (Lasch.)
361. Chronisohe Vulvitis mit multipoln
Uloerationen (Esthiomfene de la vnlve) ; von DDr .
Nacy u. Fiquet. (Arch. gdn. 6. Sdr. XXVII.
p. 604. Mai 1876.
Vff. beschreiben sehr ausfflhrlieh 2 von jenen
Fallen, in welchen die ftussem Genitalorgane der
Franen der Sitz kolossaler Schwellungen nnd Ver
dicknngen des cutanen und subcutajien Zellstoffs ge-
worden sind. Mons veneris und grosse Labien sind
in unfiirmliche Gewebspartien verwandelt, daneben
finden sicli mehrere Ulcerationen, ROtlning und Eut-
zUndungder ganzen Vulvoanalgegend ; dieexcoriirten
Stellen secerniren etwas serbsen Eiter. Ausdrtlck-
lich Betzen Vf. dazu, dass sich keine Spur von alter
oder fri8cher Syphilis, nicht einmal von Drflsen-
schwellungen gezeigt hatte. Trotzdem bestand die
Verordnung in Jod-Jodkalium , sowolil ausserlich als
innerlich, femer in dein innem Gebranche von Leber-
thran, mehrmals tagliehen Badern undUeberschlageu
mit Nnssblatterabkochung. [Ref. hat in ahnlichen
Fallen Aetzung mit dem Hbllensteinstifte mit grosser
Erleichtening ftir die Pat. ausgeltllirt , obschon der
moment&ne Schmerz erheblich war. J Von den bei-
den Kr. der Vff. war die eine schwanger; sie wurde
geheilt, gebar aber im 7. Mon. ein todtfaules Kind.
Daa Wochenbett verlief ohne Stoning ; in Folge einer
stai'keu Leukorrhoe recidivirte jedoch der Zustand.
Vff. inaehen auf den Einfluss des Jod, auf
die Entwicklung des FiJtus aufmerksam, welcben
Cazeaux und Barallier bereits hervorgehobeu
haben. Ob das Jod nicht eben so gut, wie es
das Gewicht des Kiudes herabsetzt, auch den Tod
desselben bedingen kbnnte, lassenVf. unentschieden.
Am meisten schien ihnen der Leberthrangebrauch zu
ntitzen. (Kormann.)
352. Die Struktur der Oeb&rmutter*Sohleim-
haut und deren periodische Wee fuel; von John
Williams. (Obstetr. Journ. II. p. 681. 1874 —
1875.)
Dievielfach schwankenden Darstellungen von den
Veranderungen, welchen die Gebarmutter-Schleiin-
haut in den verschiedenen Menstrua tionsstadien unter-
liegt, gaben Veranlassung, dass Vf. die betreffenden
Verh<nisse einer eingehenden Prtifung unterwarf,
wozu sich ihm durch die Untersnchung der Gebftr-
mutter von 12 Frauen, welche in verschiedenen
Menstruationszeiti'kumen oder intermenstrualeu Pe-
rioden starben, Gelegenheit bot In alien Fallen,
bis auf zwei, konnte die Menstruationszeit genau
festgestellt werden, in den zweien aber war in der
Beschaffenheit der Organe selbst die MOglichkeit ge-
geben, sie am passenden Orte in der gesammten
Folge einzureihen.
Als Ansgangspunkt ftir seine Untersnchungen
nimmt Vf. die Verhaltnisse , welche die Gebarmutter
am Ende der Menstruation darbietet, denn einmal
kann dieser Zeitpunkt leicht bestimmt werden , und
dann bietet die Beschaffenheit des Uterus zn dieser
Zeit einen ganz bestimmten Charakter dar.
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IV. Gyn&kologie n. PHdiatrik.
41
I. Der erete Uterus gehflrte einer 85Jihr. Frau an.
die Kinder gehabt hatte u. am 8. Tage im Hospital einem
typhoiden Fieber erlag. 8ie war 4 Tage vor ihrem Tode
menstruirt und die Peri ode hatte noch nicht ganz aufge-
hort, als sie starb. Der Uterus war einige Tage vor der
Untersuchuug in Spiritus aufgehoben worden.
Die Cavitat des Korpers war grosser als gewShnlich.
Sie enthielt einige morabranose Fetzen mit etwas blutigem
Sehleiin. Die Oberflache war blutig tingirt und nnebcn
dnrcli anhangende kleine Schloimhautfetzen. Verfolgte
man die Utorinschleimhant nach aufwarts, so konnte man
beobachten, wie sie ganz plotzlich mit dcutlich erkenn-
barem Randc am Os internum aufhorte und oberhalb des-
selben ginzlich fehlte. Eine gleiche Beobachtung hat
aneb Tyler Smith geinacht.
II. Uterus einer FTau, die an Tetanus zu Grnnde
gingr, als die Menstruation beinahe voruber war. Der
Uterus bot ein dem eben beschriebenen ahnliehes Aus-
selien dar. Der noch im frischen Zustande geprufte Ute-
nis zeigte zalilreiche Blntpnnkte. aus welchen Blut dnrch
Drnok ansgeprcsst werden konnte. — Unter dem Mikro-
skop wnrden lose meinbranoae Fragmente in der Uterin-
hohle gefunden , wclelie aus feinen KSrnchen , kleinen,
rtinden und spindelformigen ZeUen, kleinen kurzen, stab-
fomiigen Korperehen, Muskelkernen vergleichbar, bes tan-
den. Alle diese Elemente waren im Zustande fettiger
Degeneration und enthielteu eine Menge Blntkorperchen.
Die Oberflache der Uterinhohle glich genau derjenigen,
welche der Uterus nach einem Abortus darbietet, bei wel-
chem die Decidua oder mit andern Worten die entwickelte
Sehleimhaut ausgestossen worden 1st.
Tn der GebSnnutter , in welcher die Menstrua-
tion eben zu scliwinden beginnt, existirt also keine
Schleimhant. Unmittelbar oberhalb des innern Mun-
des fehlt sie gilnzlieh tind ist die Muskelwandnng
v5llig entblSsst. Weiter hinauf bedeckt die Mnskel-
fliielie eine diinne Zellenlage im Zustande fettiger
Degeneration, welche zweifellos noch die Kesiduen
der sich ablSsenden Schleimhant darstellen. Spuren
von Drflsengewebe innerhalb der Muskelwandung
sintl wahrscheinlich der Anfang einer Neubildung.
III. Uterus oincs 20jahr. Madchcns, welche 8 Tage
nach dem Versuche, dnrch einen Schnitt in den Hals sich
das Deben zu nehmen, an einer Lungenrntzundung starb,
3 T. nach Heendigiing der Menstruation. Die innere Ute-
riiittSehe war bleich u. glatt, die Hohle nicht vergrossert.
sie enthielt keine membranosen Fetzen. An der einen
Seite, unmittelbar an der innern Flache, zeigte sich eine
kieine prominente Schleimhautfaltc , eine ahnliche nahe
dem Fundus. Nur an dem obem Theile der Uterinhohle
fanden sich einige feine, frei niitcinauderanastomosirende
Blutgefasse, sonst konnten nirgends solche an der innern
Flache beobachtet werden. Die Oberflache war mit klei-
nen weissen Punktchcn ubersiiet. Die Schleimliaut er-
schieii auf dem Dnrelischnitt als eine diinne bleiche
Scliicht in den untorn beideu Dritteln des Kfirpere, auf
welche sie beschrankt war. Diese Hohlenabtheilnng war
von einem Cylinder-Epithet bekleidet, dessenZcllcn '/jooo“
Lange hatten. Das andere Drittel des Korpers, sowie
der Fundus war uneben und enthielt kleine leicht braun-
liche Fetzen, ahnlich den unter I. und II. beschriebenen,
nur vielkleiner; sie bestauden aus Spindol- und runden
ZeUen im Zustande fettiger Degeneration, mitBlutkSrper-
ehen, Drusenfragmenten und zerrissenen Gefassenden.
Die Muskclschicht an den nntern Partien des Gebar-
motterkorpers war von einer Lage weichen Gewebes be-
deckt, bestehend aus rnnden und Spindelzellen, kurzen
Stabchen undDriisen, in einem strukturiosen Gewebe ein-
gebettet. Die sich an der Oberflache Cffnenden Druseu
waren nicht sehr zahlreich, wahrend unmittelbar unter-
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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halb der Oberfliche Drflsen in grosser Menge gefunden
wnrden, deren Mfindnngen nicht verfolgt werden konnte* ;
sie waren mit Cylinder-Kpithelien von 'Umn — Visoo' ' LInge
bekleidet. Die nahe der Oberflache liegenden Drusen
waren am meisten eutwickelt, das Lumen dereelben war
jedocii nicht immer grosser als das der tiefer gelegenen.
Eine schichtweise Untersnchnng des Driisengewebes von
der Oberflache aus ergab zuerst Drusen mit gnt gebilde-
ten Cylinder-Kpithelien bekleidet, nachstdem solche mit
kleinern Cylinderzellen , endlich solche mit kernartigen
Zellen. Diese Zellen waren um ein Lumen so angeord-
net, class ihre Enden einwfirts gegen das Centrum , ans-
warts gegen die Peripherie gerichtet waren, sie bildeten
gleichsam die Kadien eiues Kreises. Unter den derarti-
gen ZeUen fauden sich kleine runde ZeUen rings um cir-
, kulare oder ovale Oeffnungen gelagert und noch tiefer
Grnppen von runden Zellen ohne bestimmte Anordnung.
Die mannigfachen Zellgruppen, welche verschiedcnon Ent-
wicklungsstadicn entsprechen, konnen entweder Abschnitte
derselben Druse in verachiedenen Ticfen von der Ober-
flitchc aus oder, was Vf. fur wahrecheinlicher halt , ver-
schiedeue Drflsen in progressiven Wachsthumazustanden
darstellen.
•
Die Drflsen verliefen meist schrag gegen die Ober-
flache, einige parallel mit dereelben . so zwar, dass bei
einem Langsschnitte, senkrecht zur Oberflache, die Difl-
sendurchschnitte wie langliche Ovale erschienen ; in der
Tiefe wnrden die Drflsendnrchschnitte mebr kreisrund,
weil sie hier einen mehr queren Verlauf nahmen. Daa
Gewebe. in welchem die Drflsen eingelagert waren, be-
stand aus kleinen rnnden nnd spindelformigen Zellen,
diese nahmen in der Tiefe immer mehr ab, um Moskel-
zeUen Platz zn inaction. In den letztem wurden keine
Drusengebilde gefunden. Wahrend die runden ZeUen
nnregelmassig dnrch das Gewebe vertheilt waren, erschie-
nen die spindelfbrmigen ZeUen in Bflndeln wie Muskel-
zellen geordnet. Die Reprodnktion des Gewebes nahm an
dem innern Muttermunde seinen Anfang und schritt nach
dem Fundus zu fort. Wahrend das Muskelgewebe in der
Nachbarschaft des Os internum in Fall I. und II. Drflsen
enthielt, fehlten dicsellien hier, viclmehr wurden Grnppen
von runden ZeUen in ansehnlicher Menge gefunden. Naher
nach dem Fundus bin erstreckten sich mit Cyiinderepitbe-
lien ausgekieidete Drusen in einiger Tiefe in die Muskel-
wandung, als Bcweis. class das Muskel- und Bindegewebe
dnrch Proliferation in das die Schleimhant bildende weiche
Gewebe umgewandelt werde. In dieser Periode war anch
noch koine sebarfe Schcidung zwiseben spindelformigen
ZeUen und Muskeifascrn , sondem nur allmaligcr Ueber-
gang zwiseben beiden wahrzunehmen, ebeu so wenig eine
Trennungslinie zwiseben den mit gnt gebildeten Cylinder*
Epithelien bekleideten Drusen und den Gruppen runder
ZeUen, welche sich in den Masclien derMuskelbundel fan-
den. Vielinehr bestand ein stufenweiser Uebergang dnrch
kleinerc ZeUen, Gruppen runder ZeUen, welche rings mn
ein Lumen unregclrniissig in Masson angchiiuft waren.
IV. Uterus einer 29jahr. Frau, welche inFolge einer
aknten Pneumonie starb, am 6. Tage naehdem die Menses
cessirt hatten. Uterus nnd Adnexen waren stark con-
gestionirt. Die Schleimhant am Os externum mangelte,
wahrend sie am Cervix normal erechien. Die Schleimhant
am Corpus nteri war sehr dfinn und congestionirt , am
st&rketen am Fundus. Mikroskopisch ergab sich , dass
die Sehleimhaut sich in der ganzen Ausdehnnng des Ge-
barmutterkorpere reproducirt hatte, am innern Mntter-
munde war sie dflnn, nabm allmalig an Dicke bis znrMitte
zwischen Fundus und Cervix zu und wurde nach dem
Fundus hin wieder dunner. Die Drflsen waren ihrer Epi-
theUage beraubt, nur in den tiefern Gewebslagen fanden
sich Spuren von Epithelien vor. Die Struktur der Schleim-
haut war ahnlich der des unter III. beschriebenen Uterus,
nur waren die runden und spindelfbrmigen ZeUen grdsser ;
in der gansen Hohle, mit Ausnahme des Fundus, wo swi-
ll
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IV. Gyn&kologie n. Pidiatrik.
sebe* Schleimhaut and Muskellage elne scharfe Trenaung
war, fasd ein allmillger Uebeigmng von spiadelffirmigen
an Mnskelzellen statt.
V. Uterus einer an denFolgen eines Stories verstor-
benen , 36 J. alten Frau , fiber deren menstroale Verhfilt-
nisee nlchts bekannt war. Die innere GebarmntterflSche
erschien leicht gelblich geftrbt und tnit zahlreichen
weiesen Punkten versehen. Gefasse waren nirgends zu
eatdecken. Die Schleirahant, am Oriflc. int. dunn, nahm
gegen den Fnndns hin an Dicke zu , welche das Maximum
Im obern Drittel nnd am Fundus erreichte. Die ganze
Flfiche war von Cylinderepithel bedeckt. Die Membran
zelgte auf dem Durchschnitt zahllose Drusen , welche wie
weisse Streifen in halb durchscheinendes Mnttergewebe
eingebettet waren. Sie verliefen ira untem Drittel schrfig
gegen die Oberflache , nahmen im mittlem Drittel einen
mehr perpendiknlaren Verlauf an, wfthrend sie im obern
Drittel in der Tiefe schrfig gegen den Fundus verliefen,
narh einer plOtzlichen Umbiegung aber einen perpendiku-
laren Verlauf gegen die OberflSche annahmeu. Zahlreiehe
Drfisenlnmina offneten sich nach der Hohle. Nahe dem
Cervix und im untem GebSrmntterkfirper bestand elne
deutliche Trennungslinie zwischen der Schleimhaut u. dem
darnnter liegenden Muskdgewebe , hier erstreckten sich
nirgends Drusen in die Muskellage , wahrcnd naher dem
Fundus cine solche Trennungslinie nicht bestand und
Drfiaen in die Muskelwandungen hineindrangen.
Ein Vergleicb dieses Uterus mit dem unter IV.
beschriebenen zeigt, dass die Sclileimhaut Uberall
dicker war ala in letzterem. Hieraus und aus dem
Bestehen einer dentlichen Trennungslinie zwischen
Schleimliaut und Muskellage am Cervix , wftlirend in
letzterem die beiden Lagen am Cervix nicht genau
geachieden waxen, lhast sich schliessen, dass der
Uterns V. in einem hflhern Entwicklnngsznstande
war als die frtther beschriebenen nnd dass demgemftss
eine lftngere Zeit seit der Menstruation verstricheu
war.
VI. Uterus eines 21 J. alten , in Folge eines Stunes
ans dem Fenster plOtzlich verstorbenen Mfidchens. Die
Mutter gab an, dass ihre Tochter vor S W. menstrairt ge-
wesen sei und dass die Periode in 3 — 4 T. hatte wieder
phttreten mfisscn. Die Sclileimhaut war von gelbHch-
weisser Farbe und halb dnrchschcinend. Sie war dicker
nnd prominenter Im GebarmntterkSrper als am Cervix.
An ihrer Oberfllche zeigten sich nnzahlige kleine opake,
weisse Pnnkte, welche nnter der Loupe als Vertiefungen
ereehlenen. Am obern Theil des Uterus, wo die Schlelm-
hant am dicksten war, maass sie */T% am Orif. int. nnr
1 Linle. Die Struktur war ahnlich wie in Uteres V., nnr
War die Scblelmhant weicher. Wahrend im Uterus V.
die Drfisenlnmina in gleicher Ebene mit der Schleimhaut
lagen , Cffneten sie sich bier am Grande der kleinen
trichterformigen Grubchen. Oyliuder-Epithel fand sich
nicht auf der SchlcimhautAache , wahrscheinlich hatte
es sich bald nach dem Tode in Folge der extremen Er-
wdchung des unterliegenden Gewebes abgestossen. Zwi-
schen Schleimhaut und Muskellage fand sich uberall , den
Fundus ausgenommen, einc deutliche Trennungslinie.
Im Gebarmutterkorper ermangelte das Mtiskelgewebe der
Drusen, aber am Fundus, wo ein Ucbergangsstadiuui zwi-
schen Schleimhaut und Muskelschicbt bestand , wurdeu
Drusen in grosser Menge in den Maschen des Muskel-
gewebes gefunden. Es kann kaum ein Zweifel Uesteben,
dass die Schleimhaut diesee Uterus hoher eutwickelt war
ala die frfihere.
VTI. Uterns (bicornis) einer Person , die an einer
Peritonitis , in Folge Berstnng eines Abscesses im rechten
Ovarium, zu Grande ging : der Tod trat ein, ais die Men-
•trngtkm eben begbmen wollte. Die innere Flftche war
yon dunkelrotber Farbung , die Schleimhaut dick , glatt
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and sehr welch. Unifihllge Geffisee verliefen parallel mit
einander, perpendikular znr OberflAche. Hamorrhagie in
das Schlelmhantgewebe hatte noch nicht stattgehabt.
VIII. Uterns eines 20 .7. alten , an einem typholden
Fieber verstorbenen Mfidchpns. Die GebSrmutterhOhb-
enthielt hlutigen Schleim , der aber noeh nicht Ms rum
aussera Oriticium gelangt war. Die Schleimhaut glicli
fur das unbewaflfnete Auge der des Uterus VII., nnr war
sie wegen beginnender Ablfisnng weniger eben. Das
Schleimhautgewebe war in den letzten beiden Fallen im
Zustande fettiger Degeneration , welche in der Naho des
Os int. und an der Oberflache starker ausgesprochen war.
als aui Fundus und in den tiefera Tbciien. Blutextra-
vasationen in das Qewebe waren unter dem Mikroskop
nicht wahrznnehmen. Das Drusenepithel , mehr Oder
weniger intakt am Fundns, war im Gebarmntterkdrper
bereits zerstort ; die Raumc , welche es eingenommeu
hatte, waren verengt. Zwischen diesen Raunien verliefen
Blutgefasse , welche wie braune Streifen aassahen und
sclilingenfonnig unter der Oberflache endeten , gegen die
Flache. Die Trennung zwischen Schleimhaut and unter-
liegendem Muskelgewebe war in der ganzen Gebarmutter-
hohle deutlich ausgesprochen.
LX. Uterns einer 29 J. alten , an Peritonitis bach
einer Ovarialcysten-Operation verstorbenen Fran, die
1 Tag vor dem Tode menstrairt war. Unmittelbar am
Os int. bestand eine dentliche Excavation , die sich auf-
warts fast 1“ weit erstreckte , der untere Rand derselben
war wie abgerissen, der obere unregelmassig and zerfetat.
Ihre Oberflache war blass und flockig. Sie zeigte aahl-
reiche Oeffnungen, dnrch welche Bint ausgepresst werden
konntc. Die Schleimhaut fehlte theilweisc. Obcrhalb
der Excavation ragte der Schleiinhautrest in die Gebar-
mutterhShlo hinein , sie war weich , dunkel colorirt, stark
oongestionirt. Ein Durchschnitt durch die Schleimhaut
zeigte zahlreiehe feine , weisse Streifen , welche von der
angehefteten zur freien Flache verliefen , zwischen ihnen
waren zahlreiehe Blutgefasse von gleicher Richtung, unter
der freien Flache Schlingen bildend , siehtbar. Die Ge-
ffisse waren stark mit Bint erffillt ; unmittelbar nnter drr
Oberflache bestanden kleine Blntextravasate.
Die mikroskopiachc Untersuchung ergab in der Ex-
cavation zahlreiehe Blutgefasse mit abgerisscnen Endeu.
Nur wonlge Cylinderepithelicn bekleideten ilic Dn'iHcn und
die noch fibrigen waren im Auflosnngsznstande bogriffen.
Oberhalb der Excavation waren viele kleine Extravasate
bemerklich, welche mcist unmittelbar enter der Oberflache
an den Winkeln lagen, welche durch die schlingenformige
Oefassverfistelung gebildet wurden. An manchen Punkten
warden die Gefasswandungen kolbig hervorgetrieben.
Die Uamorrhagie war in alien Fallen nur auf die Ober-
ttiche beschrinkt.
X. Uterus mit Fibroldbildnng eines 2 — 3 T. nach
Eintritt der Periode verstorbenen Madchens. Die Schleim-
haut fehlte mit Ansnahme des Fundus und der umliegen-
den Theile ganzlich. Im Uebrigen zeigte der Uteres fait
dleselben Verhaltnisse wie der nnter IX. beschriebene.
XI. Uterus einer 25 J. alten, am 6. T. der Men-
struation an Pleuritis verstorbenen Frau. Die Gebar-
mutterhohle enthielt eine sanguinolente Flussigkeit und
3 Membranstiieke , die an der hintern Wand lose sasseu.
Nach Entferaung der Schleimhaut erschien die nnter-
liegende Flache flockig und blutig tingirt. Die Schleim-
haut war fast void ganzen Uterus abgeloat, und zwar hatte
sich die Ablosung voin innera Muttermund aus gegen den
Fundus hin ausgebreitet. Die Schleimhaut war nicht
in ihrer ganzen Dicke auf einmal ausgestossen , sondera
es bestand noch eine selir dfinne Lage am innern Mntter-
rnnnd nnd eine etwas dickere am Fundus. Cylinder-
epithelien fanden sich nnr in schT geringer Menge vor, die
Ablosung der Schleimhaut von dem unterliegenden Gewebe
war uberall dentlic.h zu erkeunen ; am Isthmus war sie
jedoch wegen beginnender Proliferation des Mnskelgewebes
weniger dcntlich wahrznnehmen.
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IV. Gynakologie a. Pldiatrik.
43
XII. Uteres einer in Folge for Operation etaer Anus-
ftatel in Grande gegangenea Fran. Die Menstruation er-
aebien fine Woche ror der Zeit nnd hatte bei dem Tode
her pits 5 T. bestanden. Die Gebarmutterhohle entfaieH
blntigen Sohleim , die Oberflfiche war ttockig. Am Os
int. best and ein Kiss in der Schleimhaut , ahnlich dem in
Fall I. beohachteten. Die Schleimhant hatte sich hier
▼dllig abgestossen und die Muskelfasern waren entblOset;
holier oben am Kfirper und Fundus war noeh eine dunna
Lage einer theilweise in Autiosung begriffenen Membran
siohtbar, weiche Drusenfragineute enthielt. Sammtliche
Elemente dieser Lage waren fettig degensrirt and angen-
soheinlich in Abstossung begriffen.
Ein Blick anf die hier beschriebenen Ver&nde-
rungen, weiche im Uterus wahrend der Menstruation
Plata greifen, zeigt, dass derselbe bestandig in einer
sehr lebhaften Thatigkeit sich befindet, indem er
entweder die Fahigkeit erlangt, das etwa impragnirte
Ei aufzunehmen oder das nicht befrucbtete anszu-
stoasen. Wollte man ja ein Stadium in den monat-
lichen Zeitraumen als das der uterinen Inaktivitat
bezeichnen, so ware es die Zeit, wo das Blut fliesst,
denn alsdann unterliegt die Schleimhaut der t'ettigen
Degeneration. Auch wahrend des Aufldsiuigszustan-
des der Schleimhaut befindet sich jedocli das unter-
liegende Muskelgewebe in lebhafter Proliferation zur
Reproduktion der neuen Schleimhaut.
In Fall VII. und VIII. zeigte sich die fettige
Degeneration der Schleimhaut , noch beror die Men-
struation begonnen hatte ; hier ging die Degeneration
der Hamorrhagie voran und war auch vermuthlich
die Ursache derselben. Es giebt indessen noch ein
anderes , die Bluttmg verursachendes Moment , nkm-
lich die Contraktion des Utenismuskels selbst. 1st
auch kein direkter Beweis daftlr beizubringen , ao
die Contraktion des Uterus wahrend der Men-
struationszeit kanm bezweifelt werden, weil die
Cavitat des Uterus, nach abgelaufener Menstruation,
obgleich weiter als gewbhnlich, kleiner ist, als es
der Fall sein mflsste , wenn nach Ausstossung der
Schleimliant der Uterus nicht contrahirt ware. Ferner
ersehien in einigen der wahrend der Menstruation
untersuchten Uteri die Muskelwandung bleich, ob-
schon die Schleimhaut , das subperitonaale Oewebe
und die breiten Bander stark congestioDirt waren,
weil namlich das Blut durch Contraktion des Muskels
in die oberflachlichen Gef&sse hineingedringt war.
Endlich ist es eine bekannte Thatsache , dass die
Munkelthatigkeit des Uterus wahrend der Schwanger-
8cliaft beginnt, wenn die Placenta einer fettigen
Degeneration unterliegt , und es ist der Schluss ge-
rechtfertigt , dass der Muskel des ungeschwingerten
Uterus in Thatigkeit tritt, wenn seine Schleimliaut,
die ein integrirender Theil der Placenta ist , einem
ahnlichen regressiven Processe verfallt.
Durch die Contraktion des Uterus wird das Biut
in die Schleimhaut getrieben , die fettig degenerirten
Gefesse geben nach und das Blut extravaairt. Die
Fluxion nach den Schloimliautge&ssen treibt den In-
halt der Drtlsen sammt dem grdssern Tlieile des sie
bekleidenden Epithels aus. Dies geschieht, noeh
bevor das Btat anssea zam Vorschei* kommt , daher
die vermehrte Sehletaabsonderung einige Standea
vor Eintritt der Blutung. Nachdem die Extravasa-
tion des Blutes in die Schleimhaut stattgehabt, unter-
liegt letztere einer rapiden Zereetzung und wird
ganzlich abgehoben, diess geschieht nicht stack-, son-
dern zellenweise, indem die Ablbsung Langs derOber-
flache gegen den Fundus hin und gleiohaeitig nach
der Tiefe gegen die Muskelwandung vorzchrettet
In einigen Fallen ist die Abldsung in 3 — 4 T., in
andem in 7 — 8 T. beendet.
Wahrend der destruktive Process in der Schleim-
haut statthat, findet eine Zeilenwnebenmg in den
submukdsen Muskelgewebe statt, weiche ebenfalb
Tom Orif. int. aus nach dem Fundus zu fortachreitet
Nach Ablauf des 3. Tages nach Aufhdren der Menses
sind die untern beiden Drittel des Kdrpers, am Ende
der 1. Woche die gauze innere Flache mit einer
dttnnen Schleimhaut bedeckt. Die Muskelfasern
produoiren die spindelfbrmigen, das Bindegewebe die
runden Zellen und die Gruppen runder Zellen, weiche
in den Maschen von den Muskelbandern gebitdet
werden, das Drttsenepithel. Am 3. Tage naeh
Cessiren der Menses sind die untern beiden Drittel
des Kdrpers mit Cylinderepithel bekleidet , am
Ende der 1. Woche die gesammte Schleimliant.
Das Cylinderepithel wird wahrscheinlich durch die
Epithelialbekleidung des Cervix producirt , indessen
ist es leicht mbglich, dass das Epithelium der schlaaeh-
fbrmigen Drflsen im Gebirmutterkftrper zu seiner
Bildung beitrhgt. Am 10. Tage nach der Men-
struation tritt wieder eineAbhebung der Schleimhant
von der submukdsen Mnskelschicht am Cervix ein
und schreitet bis knrz vor Beginn der Menstruation
nach dem Fundus zu fort Die Schleimhant hat als-
dann die hdchst mdgliche Entwickelung im unge-
schwingerten Uterus erlangt und ist befthlgt , das
befruchtete Ei aufzunehmen. (Lasch.)
353. Beitrag zur intrauterinen Behand-
lung ; von Dr. F. W e b e r in St. Petersburg. (Berl.
klin. Wchnschr. XE. 41. 42. 44. 1875.)
Durch die mehijahrige Erfahrung des Vfls. , se-
wie durch die kflrzlich von uns mitgetheilteu Resul-
tate des Dresdner Entbindungsinstitutes wird der
Ansicht, dass intrauterine Injektionen gefUirlich und
daher zu vermeiden seien, immermehr der Boden
entzogen. Vf. , welcher bereits seit 5 Jahren diese
Injektionen bei Uterinblutungen und bei katarrhali-
schen Erkrankungen der Geblrmutter augewendet
hat, beobachtete nur einen Fall (von Parametritis),
der mit dem Tode endete ; in andern Fallen stell-
ten sich nach der Injektion, weiche Vf. damals
mit der L e o h e r ’schen Ballonspritze auafflhrte, hin
und wieder kolikartige Schmerzen von kuner Datter
in den Hypogastrien ein. Um tlbele ZufUlle zu vor-
httten, ist es vor alien Dingen ndtliig , die Luft sorg-
filltig aus der Kanttle zu entfemen u. die Flttssigkeit
sanft in die Gebarmutterhdhle einzuspritzen. Indi-
cirt sind die intrauterinen Injektionen im Aligemeumn
bei alien Leiden, weiche Ausflttsse der GeUniutter
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IV. Gyn&kologie u. Pftdiatrik.
bediagen. Dagegen muss vor denselben im All-
gemeinen gewarnt werden , wenn es sich am pan-
metritische Infiltrate oder peritonitische Exsudationen
handelt, oder wenn Ovarialerkrankungen vorliegen.
In den meisten Fkllen hat Vf. die Injektionen gegen
Uterinblutungen, sowie gegen die dieselben bedingen-
den Krankbeiten angewendet. Am nicht puerperalen
Uterus kamen meist Fibroide , beim puerperalen
Abortns und Spktblutungen zur Bebandlung. Beson-
ders bei den durch in terstitielle Fibroide der Gebtlr-
mntter bedingten Blutnngen erwiesen sich die intra-
uterinen Injektionen mit Ferr. sesquicblor. von aus-
gezeichnetem Erfolg. Als Beleg hierftlr theilt Vf.
einige Fftlle aus seiner Praxis mit , in Betreff deren
wir auf das Original verweisen. Bei Blutnngen,
denen Krebs zu Grande liegt, wttrde die intrauterine
Iiyektion nur dann angezeigt sein , wenn trotz An-
wendung der Mittel, welche wegen des hier gewflhn-
lich tiefen Sitzes des Uebels zunftchst angezeigt
sind, die Blutung nicht nachlassen will. Das Instru-
ment muss aber dann mit grosser Vorsicht in die
Gebirmutter eingebracbt werden, da das oft morscbe
Gewebe dieses Organs leicht tiefer verletzt werden
kdnnte. Selten war die Blutung durch Ovarialcysten
oder andere Neubildungen der Ovarien ver&nlasst ;
anah in diesen Fallen hat jedocli Vf. die Injektion
mit Erfolg angewendet. Sehr erfolgreich waren die-
selben auch bei der Metritis haemorrhagica s. in-
terna. Hierunter versteht Vf. eine chron. Metritis,
welche zu anhaltenden und dalier die Krifte der
betr. Frau sehr reducirenden Blutungen Veranlas-
sung giebt. Die Schleimhaut des Collum ist dabei
gelockert und hat eine hellrothe Farbe , der Mutter-
mund zeigt verschiedene leicht blutende Exulcera-
tionen, aus denselben fliesst ein hellrothes Blut,
welches nacli der Ansicht des Vfs. kleinen geborste-
nen Arterien an den Uebergangsstellen in die Capil-
laren entstammt. Ist die Blutung noch unbedeuteud,
so behandelt Vf. die Krankheit zunichst antiphlogi-
stisch (Eiscompressen , Kaltwasserinjektionen). Ist
die Uterushdhle gentlgend ausgewaschen , dann geht
man zu den intrauterinen Injektionen von Ferr. ses-
quichlor. liber, welchen man spa ter Injektionen von
verdllnnter Jodtinktur folgen lassen kann.
Eben so erfolgreich ist auch die intrauterine In-
jektion bei Blutungen bei und nach Abortus. Sind
die Eihautreste mdglichst entfernt worden (mit dem
Finger , der Polypenzange oder R e c a m i e r ’ schen
Cflrette), so wird die Uterashdhle mittels der Doppel-
kantlle mit lauem Wasser ausgespiilt. Hfirt hiernach
die Blutung noch nicht auf, so sind dann die intra-
uterinen Injektionen von Liquor ferri sesqnichlor. von
vortrefflicher .Wirkung. Bei Blutungen nach der
Geburt sind schon langst diese Injektionen angewen-
det worden ; es sei hier nur ein eclatanter Fall in
Ktlrae mitgetheilt , bei welchem sich diese Methode
der Blutstillung wiederam glanzend bewahrte.
Die betr. 28 J. alte anamische Frau kara mit dem
2. Kinde plotzUch uieder; der Austreibung des Kindes
foigte sofbrt die der Placenta. Bald daranf dehnte sich
die Gebirmutter bis rum Nabel aus und es erfolgte eine
profuse Blutung, In Folge deren die Kr. einer Ohnmacht
nahe gebracht wurde. Trotz der raehrmaligen Einfuhrong
der Hand in den Uterus und derEntfernung aller daselbet
noch vorhandenen Gerinnsel dauerte die Blutung fort. Es
wurde jetzt eine EisenchloridlOsung in die Utemshdhle
eingespritzt, was allerdings eine Contraktion herbei fuhrte,
welche aber von nur kurzer Dauer war. Mittels der
Doppeikanule wurde daher ein Elmer Eiswasser, welchem
spater Liqu. ferri sesquichlor. zugesetzt wurde, durch die
Uterashohle geleitet und so dieselbe von noch vorhande-
nen Flocken und festhaftenden Gerinnseln befreit. Von
aussen wurde ein Druck auf die Gebirmutter wahrend
dieser Operation ausgeubt. Erst jetzt, nach Verlauf einer
Stundc , zog sich der Uterus bleibend zusammen. Trotz
der Folgen einer akuten Anamie uberstand die Fran gldck-
lich das Wochenbett. Die Blutung trat nicht wieder ein.
Auch bei chron. Uteruskatarrli salt Vf. von der
Anwendung der intrauterinen Injektionen, und zwar
mit Arg. nitr. , gute Erfolge. Ebenso wurde die
sogen. Endometritis chron. polyposa, ferner der
8chleimig-eitrige und stinkende Ausfluss bei alten
Frauen am besten mit Carbolsiure intrauterin behan-
delt. Nach Beseitigung des libeln Geraches empfiehlt
sich die Anwendung der Jodtinktur und endlich des
Silbers. Die resorbirende Wirkung der Jodtinktur
zeigte sich dem Vf. in vielen Fallen.
So litt in dem einen vora Vf. in der Med. Central-
Zeitung schon verfffentlichten Falle eine Fran an heftigen
Metro rrhagien , welche von einem cavernbsen , nach der
Ezstirpation immer wiederkehrenden Uterustibromyom
herstammte. Es wurden daher Injektionen von ziemlich
starker Jodlbsnng in die Uterushohle gemacht. Nach der
11. Injektion barst die Kapsel der Nenbildung und es
wurden zahlreiche Gewebsfetzen mit einer jauchigen stin-
kenden Flussigkelt entleert. In den so entstandenen lee-
ren Sack wurde wiedemm Jodtinktur, sowie eine Losung
von Kali hypermangan. eingespritzt. Die Neubildung ver-
5dete vollstandig, der Uterus erhielt fast vollstandig seine
frohere Gestalt wieder. Nach Verlanf von 6 Jahren hatte
sich keine Geschwulst wieder gezeigt.
Vf. bespricht ferner die bereits von Braxton
Hicks empfohlenen , von Spiegelberg aber fttr
mindestens unnflthig gehaltenen intrauterinen
Duschen im Puerperium. Diese Auswaschungen
derGebarmutter werden dann vorgenommen, wenn die
Lochien stinkend sind, u. wird hierdurch einer Selbst-
infektion am besten vorgebeugt, wie diess sich in der
Gebaranstalt fiir eheliche Frauen zu Petersburg am
glanzendsten gezeigt hat. Unbedingt contraindicirt
sind diese Duschen bei dem puerperalen Uterus
auch dann nicht , wenn eine Para- oder Perimetritis
vorliegt.
In Bezug auf die Ausftlhrang dieser Injektionen
schickt Vf. voraus, dass es ftlr dieselhen durchaus
nicht unbedingt nothwendig war, den Muttermund
vorher durch Pressschwamm oder Laminaria zu er-
weitera, auch fllhrt das Einflllu-en und Liegenlassen
eines Quellmittels zu mannigfachen Gefahren. Zur
Injektion selbst hat Vf. sich derBraun-Leiter’-
schen Ballonspritze als des in dieser Hinsicht be-
quemsten Instrumentes bedient. Keinesfalls darf die
Flttssigkeit mit Gewalt eingeftlhrt werden; ein
Hemmniss des gleichm&ssigen Einfliessens kann
gleich im Anfange eine sich vor der Mttndnng der
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IV. Gynflkologie n. Pkdiatrik.
Spritze lagernde Schleimhautfalte abgeben ; in die-
sem Falle muss das Instrument etwas zurflckgezogen
und so Iange gerichtet werden , bis die Flflssigkeit
mit Leichtigkeit eindringt. Bei der Injektion muss
ferner immer daranf geaelitet werden, dass die Fltts-
sigkeit freien Abfluss hat , damit der Uterus nicht
ttberfflllt werde. 1st der Abfluss der Flilssigkeit
dnrch die Enge des Muttennnndes verhindert oder
sehr erschwert, so wendet Vf. die Doppelkanttle an ;
dieselbe ist auch dann sehr zu empfehlen , wenn ein
l&nger dauerndes BespUlen der innem Oberflftcke
des Uterus bezweckt , oder eine Benetzung der
Vagina und Ausseren Genitalien vermieden werden
soil. Je nach dem Involutio'nsstadium der Geb&r-
mntter wendet Vf. Doppelkantllen von der Katheter-
stArke 9 — 13 an. An dem vom Vf. verwendcten
Instrument ist die Oeffnung der Doppelkanttle, durch
welche die Flflssigkeit in den Uterus dringt , schmal
und spaltenartig, so dass dieselbe in flachem Strahle
heraustritt und so ein direktes Eindringen der Fltts-
sigkeit in die Tuben sehr erschwert wird. Die Ab-
flnssdffnung ist dagegen breiter, kttrzer und erleich-
tert hierdurch das Abfliessen der Flflssigkeit, welcbe
oft Gerinnsel mit sich ftlhrt. Damit die Flflssig-
keit nicht zurflck in die Scheide fliesst, muss das
Instrument so weit vorgeschoben werden , dass der
untere Winkel der Abflussflflnung fiber dem flussern
Mnttermunde zu liegen kommt. Bevor eine medi-
kamentdse Einspritzung gemacht wird , muss eine
Answaschung der UterushShle mit Wasser voraus-
gegangen sein. Sollen grosse Mengen einer Flflssig-
keit durchgeftihrt werden , dann ist am besten eine
Sangpumpe mit 2 Schliuchen anzuwenden. Bei
lflngerer Bespttlung der Gebarmutterhflhle , so z. B.
bei 8tinkenden Lochien, kann man auch den in ent-
sprecbender H5he anzubringenden Richter’ schen
Topf in Gebrauch ziehen , dessen Schlauch mit der
Doppelkanttle verbunden wird. In Bezug auf die
Injektionsflttssigkeit empfiehlt Vf. nach Auswaschung
der Utenishflhle eine geringe Menge einer starken
LOsnng (1:3) von Liqu. ferri sesquichlor. anzn-
wenden ; die Jodlflsungen mflssen dagegen schw&cher
sein.
Was die intrauterine Behandlung durch Pesta-
rien anlangt, so ist Vf. im Allgemeinen nich( sehr
flir die Anwendung derselben ; nur bei reinen, nicht
dnrch Gewebsverflnderungen hervorgebrachten Flexio-
nen , wobei heftige dysmenorrhoische Erscheinungen
auftreten , hat Vf. gute Erfolge von intrauterinen
Pessarien gesehen. Und zwar wurden hierbei dem
Martin’ schen und Simpson’ schen Pessarium
ahnliche, mit einer Beckenkrttmmung versehene Pes-
sarien in Anwendung gezogen, welche von den mei-
sten Frauen sehr gut vertragen wurden. Das In-
strument ist aus Hartgummi verfertigt uud besitzt
einen nicht sehr dicken Stift. Etwa 1 Woche vor
Eintritt der Menstruation legt Vf. bei den betr.
Frauen dieses Pessarium ein und sobald sich die
Regeln melden, wird das Instrument wieder entfernt.
Die Menstruation tritt hieraul’ meist viel leichter und
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schmerzIo8 ein. Die Spitze des intrauterinen Stiftes
kann (gegen die Ansicht Spiegelberg’s) recht
wohl den innern Muttermund flberragen , ohne der
Kr. lastig zu werden. Obenerwtthntes Instrument
Ubt wegeu seiuer Leichtigkeit und sonstigen Be-
schaffenheit keinen besondem Reiz auf die GebAr-
mutterschleimhaut aus, in einzelnen Fallen war nur
eine etwas stflrkere Sekretion der Mucosa zu bemer-
ken. Uebrigens hat die Anwendung dieses Pessa-
rium auch auf die Wegsamkeit des Collum und des
innem Muttennnndes grossen Einfluss, was Vf. be-
sonders in Bezug auf SterilitAt hervorhebt.
Nachdem Vf. noch einige Winke fiber die Tech-
nik der EinfUhrung der intrauterinen Pessarien ge-
geben hat, erwflhnt derselbe noch die direkte Kaute-
risation der Uterusschleimhaut mittels der sogen.
Uteruspistole, welchem Instrument flbrigens an Wir-
kung das L a 1 1 e m a n t ’ sche an die Seite zu setzen
ist. Endlich macht Vf. noch auf die von Spiegel-
berg mit Erfolg ausgeflbte Kauterisation mittels
Glttheisen aufmerksam , eine Methode , welche ohne
Zweifel eine Zukunft vor sich haben wird.
Im Anschluss an vorstehende Mittheilung er-
wtthnen wir, dass auch Dr. Draper in York (Ob-
stetr. Transact. II. p. 218. 1874 — 75) in mehrern
Fallen von gefahrdrohenden Metrorrhagien die intra-
uterinen Injektionen sehr wirksam und vollkommen
ungefAhrlich gefunden hat. Im Allgemeinen verdie-
nen nach Draper die Injektionen mit Liqu. ferri
vor alien andem Stypticis den Vorzug, allein in man-
chen Fallen sind Einspritzungen von Tannin, Matico
und Eiswasser gleichfalls sehr hlllfreich.
I. Eine im 8. Mon. schwangere Frau lift self 3Tagen
an profusen Hamorrhagien. Der Cervix uteri war weloh
und nachgiebig und bis anf 1 Drittel verstrichen. Die
Fingerspitze konnte in den aussern Muttermund leioht
eingefuhrt werden , wahrend der innere nicht dilatirhar
war. Da die Blutung trotz Sauren u. ausserer Applikation
von Eis starker wurde und der innere Muttermnnd an
demselben Abend dem Finger zuganglich war , so ffihrte
D. einen elastischen Katheter unter sorgtaltiger Vermei-
dung der Eihaute zwischen Kopf und Uterinwand in die
Gebarmutter ein und injicirte 60 Grmm. eines starken
Matico-Infnsee, woraut 1 die Vagina tamponirt wurde. Am
folgenden Morgen kehrte bei Entfemung des Tampon*
eine leichte Blutung wieder, die aber augenblicklich wie-
der durch eine Matico-Injektion gestillt wurde. Einige
Tage spater trat die Geburt unter den gunstigsten Um-
standen ein.
II. In Folge einer Hamorrhagie nach der Entbindung
war so hochgradige Erscbopfung eingetreten, dass man zu
den Analepticis Zuflncht nehmen mueste. Da die gewohn-
lichen Styptika zur Hemmung der Metrorrhagie nicht aus-
reichten, fiihrte D. einen elastischen Katheter in den Ute-
ruB ein und injicirte mehrere Unzen Eiswasser. Die Ge-
barmutter contrahirte sich augenblicklich und keine Blu-
tung trat wieder ein.
III. Eine an Retroversio uteri leidcnde Frau zog D.
wegen sehr profuser Menorrhagien zu Rathe. Da gerado
starke Blutung vorhanden war und alle andere Mittel kei-
nen Erfolg gehabt batten , so entschloss sich D. in Anbe-
tracht der ausgesprochenen Entkraftung der Kr. zu einer
intrauterinen Injektion von 60 Grmm. einer LQsung von
Ferr. perchlorat. (1 : 10). Die Haminorrhagie stand so-
fort und kehrte auch nicht wieder ; keinerlel ungfinstige
Erscheinungen folgten der Injektion. Die Injektionen
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IV. Gyn&kologie u. Pidiatrik.
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wurdeo bei «pater«n Metrorrhagien jedesmal mit dem
glelchen Erfolge wiederholt. (H 5 h n e.)
.354. Die Embolie der Lungensohlagader
bei Schwangern und Wdchnerinntn ; von Prof.
C. Hennig in Leipzig. (Deutach. Arch. f. klin.
Med. XV. 3 n. 4. p. 436. 1875%
Vf. hebt zun&chst die eigenthttniliche Erscheinung
hervor, dass im Gegensatz zu Frankreich und Eng-
land in Deutschland die Embolie der Lungenschlag-
ader in geburtshillf liclier Bezielmng selten zur Beob-
acbtung gelangt ist. Seit H e c k e r sind nur wenige
Falle veroffentlicht worden. Diese SpkiTichkeit der
Falle mag ihren Gnind in der grossem Vorsicht
deutscher Aerzte haben , mit welcher sie die betr.
Falle beurtheilen. Da bei Embolie der Lungen-
sohlagader khnliche Symptome wie bei starken Blut-
verlusten , Herzkrankheiten, Hirnblutungen, Nerven-
ersehttttenmgen beobaclitet werden , so drkngt sich
die Nothwendigkeit auf, durcli Zusammenstellung
einer moglichst grossen Anzahl von Fallen die Er-
seheiuungen jener unheilvollen AfFektion deutlicher
in’s Licht zu setzen.
Was nun die Aetiologie der Embolie in geburts-
btllflicher Beziehung betrifft, so nehmen Einige nach
dem Vorgange von Hayes an, dass das Blut der
Schwangern viel melir zur Gerinnung disponire , als
dasNichtschwangerer. Ausserdem erwahntVf. noch
2 Momente, welche bei der fragl. Affektion eine Rolle
spielen konnen : 1) Die durch hkufige Verstopfung
und trkge Lebensweise hervorgerufenen Erweiterun-
gen der untem KOrpervenen, wobei es leicht zuVer-
fettung der Wande und endlick zu Atrophirung der
Venen kommt. Oefters schliessen solchc Venen Ge-
rinnsel ein ; dieselben ktfnnen aber auch in Folge
der Erschlaffung der Vene primar entstehen imd
geben dann zu Entztlndungen derselben Anlass.
2) Wenn die Uterusmuskulatur keine sehr kriftige
ist, kdnnen sich die Gef&sse nach Ausstossung der
Placenta nicht vollkommen schliessen und es bilden
sich in ihnen Gerinnungen, welche bei erster Ge-
legenheit sich loslSsen und zur Embolie ftlhren kdn-
nen. Ein solcher Embolus passirt nun , meist ohne
erhebliche Symptome zu machen , das rechte Hera
und setzt sich dann in einem grdssern Aste der
Lungenarterie oder auf einer Theilungsstelle der-
selben fest ; ist er sehr klein , so kann derselbe nach
Hervorrufung bestimmter Erscheinungen wieder re-
sorbirt werden ; ist er aber von grbsserem Umfange,
so bringt er Veranderungen in deT Lunge hervor
oder kann auch sich nach und nach auflSsen. Mit
den wiederholten Einwanderungen von Gerinnseln
in die Lungen steigt, wie das auch an Thieren nach-
gewiesen wurde , gleichzeitig die Temperatur. Die
Hirnerscheinungen lassen sich theils auf Hirnanftmie,
theils auf Kohlens&urevergiftung imd HimOdem zu-
rtlckftlhren. Bei den blitzkhnlichen TodesfUllen ist
Hirnan&raie die einzige Ursache ; dieselbe wird durch
das plbtzliche Aufhfiren des gentlgenden Blutzuflusses
zum Gehirn in Folge einer hochgradigen Embolie der
Lungen hervorgerufen.
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Vf. stellt nun eine Anzahl aus der Liters tar von
ihm gesammelter Falle von Lungenembolie bei
Schwangern und Wdchnerinnen zusammen , welchen
er die 3 von ihm selbst beobachteten einreiht. Die
Falle werden eingetheilt : a) in solche mit todtlichem
Ausgange und b) in solche mit Ausgang in Heilung.
Unter 33 Fallen wurde 9mal Ausgang in Heilung
beobaclitet, unter den letzteren sind 2 vom Vf. be-
richtete. Wir geben hier den letzten vom Vf. aus-
fiihrlich mitgetheilten Fall in Kttrze wieder.
Die betr. Frau hatte *2mal leicht geboren, f&hlte sieb
aber oach der letzten Gebnrt sehr angegriffen, so daes sie
das Stillungsgeschaft nicht fortsetzen konnte. Am 6. T.
nach der Geburt trat Fieber und grosse Aufregung ein.
Die Extremitaten wurden kiihl , die I.ippen blass , die
Respiration war beschleunigt. Am nachsten Tage fuhite
Pat. Schmerzen in der linken .Schuller ; die Untersuchnng
ergab oben vom links Dampfung und schwacheres Athmen.
Am 9. T. deutliche Entzundung des entsprcchenden Lnn-
gentheils , die sich auch auf die rechte Lunge ansbreitete.
Die Temperatur stieg iiber 40°. Es wurde ein Bad ver-
ordnet und am Abend desselben Tagcs wiederholt ; am
26. August (12. Tag) erfolgte nach Opium etwas Schlaf.
Die nachsten Tage traten typhnsahnliche Erscheinungen
ein. Der Lochienfluss war zeitweilig stinkend , der Urim
ohne Eiweiss. Am 9. Sept, zeigten sich oben am Rwckea
Pemphignsblasen. Hauptsitz der Entzundung war jetzt die
rechte Lunge. DieLippen wurden cyanotisch, auch zeigte
das Gesicht 5fters eine blauliche Farbung. In den n§ch-
sten Tagen stellte sich Schweiss und zuweilen rablger
Schlaf ein. Am 20. Sept, wiee die physikaliache Unter-
suchung entschiedene Besserung nach im Dec. erfolgte
vSlllge Genesnng.
Aus der Zusammeustellung der von Vf. gesam-
melten Fklle ergiebt sich nuu , dass die moisten der
betroffenen Frauen im Alter von 20 — 25 Jahren
standen , Erstgeb&rende warden etwas hkufiger als
Melirgebkrende befallen. Was den Tag der Er-
krankung betrifft, so fiel deraelbe lmal (in dem
Playfair ’schen Falle) in die Schwangerschafl,
4mal auf den 1. Tag des Wochenbettes , in den
tlbrigen Fallen war der Erkrankungstag mehr oder
minder weit vom Tage der Geburt entfernt, in 1 Falle
begann sogar die Erkrankuug erst in der 3. Woche.
Herzkrankheiten wurden in 3 Fallen nachgewiesen.
Die Blutung aus den Genitalien fand sich nicht so
constant, wie man nach Frankenhauser glauben
mochte. Varices kamen hingegen liftufig vor. Am
hauiigsten trat Lungenembolie ein beim Aufsitzen
und beim Einreiben Uber der Schenkelvene. Von wioh-
tigen Ei*8cheinungen sind zu erwahnen : Frost, Fieber,
Schmerzen in der Herzgegend, in der Magengegend,
in der Schulter, ferner Husten, welcher ziemiich
haufig vorkam , Herzklopfen , Erbrechen imd emdlich
Ohnmacht. In Bezug auf die Diagnose ist zunachst
hervorauheben, dass in den meisten Fallen der rechte
Ast der Lungenschlagader von Embolie getroffen
wird , und dass daher das Augenmerk zunachst auf
die rechte Lunge zn richten ist. Ausser der Dampfung
halt Vf. das Fehlen des Athemgerausches fUr be-
sonders charakteristisch. Im Aufange der Erkrankong
ist anch auf das Wechseln der gedampften Stelleo
Bedacht zu nehmen. Der Puls ist in oder gieich
nach dem Anfalle klein und frequent. Die fast blat-
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IV. Gynftkologie u. PAdiatrik.
lenrenLippen verden erst splter blftalioh, dieErtre-
mitftten werden ktlhl und endlich treten die Zeichen
der akuten Hirnankmie ein. Die Dauer der schweren
Symptome bei ungllnstigem Ausgange kann wenige
Sekunden bis mehrere Tage — in 1 Falle 20 Tage —
betragen , bei gflnstigen Fallen 5 — 9 Tage. Unter
den von Vf. gesammelten Fallen hat der 4. Theil
mit Qenesung geendigt, und zwar standen die betr.
Penonen in dem Alter von 28 — 32 Jahren. Die
Behandlong betreffend, von welcher in diesen Fallen
von vorn herein niclit viel zu erwarten ist , empfiehlt
Vf. (irtliche Blutentziehnng bei grosser Beklenimnng,
femer haben sich demselben Vollbader und warme
Handbader als wirksam erwiesen. Vor Allem muss
aber dem Uebel vorgebeugt werden und diess ge-
achieht am sichersten dadurch, dass unpassliche, be-
sonders mit Gefitssanomalien behaftete Schwangere
oder WOchnerinnen die mOglichste Ruhe bewahren u.
sich vor jeder heftigen Bewegnng oder Anstvengung
hOten. Eine entzttndete Vene darf nie mit Einreibun-
gen behandelt werden. (Hdhne.)
355. Mangel deg Liquor amnii bei der
Geburt ; von Dr. L e n t e. (Amer. Journ. of med.
scienc. CXLI. p. 125. Jan. 1876.)
Vf. fand bei einer Multipara den Muttermnnd
vOllig erweitert. Die Hebamme sagte aua, dass kein
Tropfen Fruchtwasser abgeflossen sei. Da dieWehen
cessirtcn , so wurde beschlossen, das Kind dnrch
Compression des Uterus von aussen herauszudrflcken.
Der Uterus fflhlte sich dabei wie ein festes Fibrom
an. Die Manipulation flthrte zum Ziel. Bei der
Geburt des Kindes floss nicht ein einziger Tropfen
Wasser ab. Das Kind war sehr schwach, enorm
blass , so dass man meinen konnte , es sei verblntet.
Zwar gelang die Wiederbelebung, doch starb es bald
unter leichten Convnlsionen. (Fritsch.)
356. Die Complikation der Scbwanger-
schaft und Geburt mit akuter Pleufitis ; von
Dr. J o s. F i s c h 1 in Prag. (Prag. Vjhrschr. CCXVII.
| XXXII. 4.] p. 1. 1875.)
Wie tiberhaupt die Krankkeiten der Brustorgane,
sofern sie als Complikation der Schwangerschaft auf-
treten , bisher wenig Beachtung gefunden haben —
tiber Herzkrankheiten bei Gravidit&t haben vorztlg-
liche Arbeiten geliefert Ilecker, Spiegelberg
nnd Lebert, tiber Pneumonie Gusserow nnd
Wernich — , so ist unter jenen Krankheiten
wiedemm die Pleuritis sehr vemachlkssigt und nur
hiei' und da oberflkehlich besprochen worden. Es ist
daher sehr dankenswerth , dass Vf. drei von ihm
selbst beobachtete , in mehrfacher Beziehung interes-
sante Falle verdffentlicht, an welche derselbe seine
weitcm Betrachflingen fiber den fragl. Gegenstand
knflpft. Wir theilen diese Falle in Ktlrze mit nnd
bemerken nur im Vorans , dass in alien drei Fallen
Genesung eintrat. Ans den weitern Deduktionen des
V fa. wird ferner dentlich die Beantwortnng der Frage
hervorgehen, ob eine PlenritU wfthrend der Sehw&n-
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gerschaft ein stftrkeres therapeutisches Eingreifen
(Einleitnng der Frflhgebnrt) indicire oder nicht.
Der 1. Fall betraf eine im 8. Mon. ihrer 13. Schwan-
gerschaft Btehende Fran , welche seit mehreren Tagen an
Schmerzen in der rechten Seite des Thorax litt , zu denen
sich bald heftige Dyspnoe gesellt hatte. Als Vf. Pat.
zuerst sah, fand er Respiration 50, Puls 120, Achsel-
temperatur 40.2. Die Perknssion ergab Dampfung rechtB
vorn von der 6. Rippe bis znm Arcus costalis, rechtB
hinten vom untern Winkcl des Schnlterblattes bis znr
Thoraxbasis. Die Auskultation imRcreiche der Dampfung
ergab bronchiales Athmen u. Bronchophonie. Im weitern
Verlanfe breitete sich die Dampfung vorn und hinten nach
oben weiter ans u. jetzt schwand das bronchiale Athmen n.
die Bronchophonie, es war nur noch nnbestimmtes Athmen
vernehmbar oder es fehlte auch ganz. Die Dyspniie er-
reichte einen bedenkliclien Grad ; wegcn eines heftigen
Schmerzes in der Gegend des rechten Rippenbogens ver-
mochte die Kr. nicht kraftig zu hasten. Es stellte sich
lautes Rasseln ein, die bereits vorher bestehende Cyanose
wurde intensivcr, Puls und Respiration frequenter, die
Extremitateii zcigten sich kuhl. Trotz dicser bedenklichen
Symptome trat bald Besserung ein und das Exsudat be-
gann zu schwinden. Die 4 W. spiiter erfolgende Geburt
ging ohne Stornng voruber, ebenso die Zeit des Wochen-
bettes. Bei der etwa 1 Mon. spatervorgenommenenUnter-
suchung war nur noch ein Rcibegerausch an der Basis der
rechten Thoraxseite zu vernehmen , die Frau befand sich
im Uebrigen wohl, sie stillte sogar ihr Kind selbst.
Die Auskultationserscheinungen, welche im An-
fange der Krankheit beobaclitet wurden nnd mit der
Diagnose einer Pleuritis nicht flbereinstimmten , er-
klfirt Vf. aus dem Zustandekoromen einer Hyperaraie
der Lungen. Dieselbe wird schon durch die Schwan-
gerschaft allein leiclit herbeigefllhrt , sowohl wegen
der gesteigerten Herzaktion als auch wegeu der grfis-
sern AusdehnungdesUnterleibe.^ welche ebenfalls zu
eollateralen Fluxionen ftlhren kann. Unter diesen
Verhilltnissen kann aber das hyperftmische oder 5de-
matiise Gewebe der Lunge aueli dnrch eine nur kleinO
Menge Fllissigkcit innerhalb der Tlioraxhdhle com-
primirt und luftleer gemacht werden und es kOnnen
dann jene auskultatorisclien Erscheinungen auftreten.
Der 2. , in Hinsicht auf die Diagnose ebenfalls in-
teressante Fall betriflft eine schwachliche , im 6. Mon. der
4. Schwangerschaft stehende Fran. Dieselbe klagte Aa-
fang Februar fiber stechende Schmerzen in der rechten
Thoraxseite, fiber Dyspnoe, hautiges Frosteln und Mattig-
keit. Die PerkuBsion ergab vom rechts Dampfung von
der 3. Rippe bis znm Rippenbogen, hinten rechts von der
Mitte des Schulterblattes bis zur Basis des Thorax. Bei
der Auskultation vernahm man in den obem Theilen un-
hestimmtes Athmen mit Rasseigerauschen, weiter a b warts
horten Athemgerausch und Pectoralfremitus vollstandig
anf. Die Hauttemperatur war nicht sehr hoch , der Puls
100 — 116, Respiration 40 — 48. Ein reichliches katarrha-
lisches Sekret wurde ausgehustet. Das Exsudat reichte
bald bis zur 1. Rippe. Jetzt konute man mehrere Tage
hindnrch lantes bronchiales Athmen am Thorax horen,
welches aber mit dem Nachlasse des Fiebers wieder ver-
schwand . wo dann dieselben Auskultationserscheinungen
wie im Anfange wiederkehrten. Bald trat entschiedene
Besserung ein ; am 8. April war rechts hinten noch etwas
Dampfung zu constatiren , das Athmen war aber wieder
normal nnd die Schwangerschaft worde in keiner Weise
gestfirt.
Eigenthttmlich in dieaem Falle war noch , dass
trotz des reichlichen Exsudates die Leber den Rippen-
bogen nicht ttberragte, ferner zeigten rich die Inter-
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' UNIVERSITY OF CHICAGO
48
IV. Gyn&kologie a. Pidiatrik.
coatalfurchen nicht abgeflacht. Das Fehlen der Ver-
drftngungssymptome lasst sich auf die Ausdehnung
des Unterleibes nnd das dadurcli unmdglich ge-
machte Herabilleken des Zwerchfells leiclit beziehen ;
was die Intercostalfurchen betrifft , so war anznneh-
men, dass die betreffenden Zwischenrippenmuskeln
ihre Contraktionsfahigkeit noch nicht gauz eingebtlsst
hatten , andemtheils auc.li die Zugkraft der compri-
mirten Lnngenpartie nocli nicht vSllig verloren ge-
gangen war, zwei Momente , wolche ja bei dem Zu-
standekoiumen der Abflachung der Intercostal furclie
in Frage kommen. Das im Anfange hdrbare Bron-
chialathmen leitet Yf. von dem Fieber her, insofern
dasselbe Dyspnde veranlasstc ; letztere verschwand
mit dem Geringerwerden des Fiebers nnd auch das
Bronchi&lathraen wurde jetzt nicht niehr wahrge-
nommen.
Der 3. Fall, von welchem Vf. selbst nur knrze Noti-
zen besitzt, betraf eine 36 J. alteFran, welche im 6. Mon.
Ihrer 6. f'Ohwanpprschaft ebenfalls an einer rechtseitigen
Pleuritis erkrankte. Trotzdem verlief die Gebnrt nnd das
Wochenbett normal.
Vf. eriirtcrt nun die Frage, worauf wolil die
allerdings nacligewiesene grossere Gefahrlichkeit der
Krankheiten der Brustorgane bei Scliwangem berulie.
Man glaubte frllher , besonders seit H e c k e r , dass
dnrch die GraviditSt der Raum im Tliorax verengt
werde und durch eine nkuto serilse Ausscbwitzung
die bereits beengteu Lungen leiclit ihre Funktions-
fthigkeit verlieren konnten. Es kainen hier besonders
Herzkrankheiten nnd LungenentzUudung in Betracht.
Gesttltzt anf diese Voranssetznng glaubte man daher
auch in solchen Fallen in der Einleitung der FrUh-
geburt ein rationclles Heilmittel gefunden zu haben.
Durch neuerliche Uutersuchuiigen aher auf dem
Gebiete der Spirometrie (K 11 c h c n m c i st e r , F a -
b i u s und Wintrich) , femer dnrch die von G e r -
hardt gemachten Beobachtnngen liber den Zwercli-
fellstand Schwangerer hat sich herausgestellt , dass
durch die Schwangcrschaft in kciner Weise eine
Verminderung der Respirationsflache herbeigeflihrt
werde. Hingegen soil nacli den Untersuchungen von
Eichliorst liber Pneumatometne in der Gravidit&t
ebenso wie bei Emphysem oder Bronchitis eine ex-
spiratorische Insuflicieuz bestehen. Man konntedem-.
nacli immerhin auch an eine Abnahme der Vitaleapa-
citfit der Lungen wilhrend der Schwangerschaft
denken. Jedenfalls vvird durch diese Untersuchungen
jene Frage in Betrell der grcissern Gefahr noch nicht
beantwortet. Vielmehr mllssen nacli Gusserow
wenigstens bei Pneutnonie — und dasselbe gilt auch
ftlr die Pleuritis — die verilnderten CirkulatioDSver-
haltnisse zur Erklarung herangezogen werden.
Ebenso weist Vf. auch auf die Auseinandersetzungen
von Wernich und femer von Jllrgensen tlber
diesen Gegenstand bin (Volkmann’s Samm-
lung; Ziemssen’s Ilaudbuclu. Ein weiteres Ein-
gehen aber auf diese Verhaltnisse wird nicht bios
eine nattirliche Erklarung der grbssern Gefiihrlichkeit
einer Pneumonie oder Pleuritis herbeifuhren, sondern
es wird sich anch weiter erkennen lassen, in welcher
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Zeit — Schwangerschaft oder Geburt — die Gefahr
ain grdssten ist. Bei der nicht durch Schwanger-
schaft complicirten Pneumonie und Pleuritis trifft die
Cirkulationsstdrung besonders den kleinen KreiaLauf,
daher auch die Gefahr der Herzinsufficienz. In der
Schwangerschaft kOnnen aber, auch ohne dass sonst
die Brustorgane erkrankt siud, Cirkulationsstdrungen
leiclit eintreten, u. zwar wegen der Einschaltung des
Placcntarstroingebietes imd wegen der fllr die 2. Halfte
der Graviditat wenigstens erwiesenen grcissern Blut-
menge. Die Folge hiervon ist Erhtllmug des Druckes
in der Aorta und starkeres Arbeiten des linken Ven-
trikels. Ilierans wird es begreiflich, dass Pneumonie
oder Pleuritis, bei welchen Krankheiten besonders
der kleine Kreislauf betheiligt ist , in der GraviditSt,
welche Cirkulationsstdruugen im grosaen Kreislaufe
herbeifllhrt, oft so gutartig verlaufen. In Bezug aber
atif die Gefahr jener Erkrankungen bei der Gebnrt
selbst muss die Ansicht Gussero w’s , W c r n i ch’s
und ebenso Spiegelberg’s festgehalten werden,
dass bei der Geburt die Cirkulationsstbrung den
kleinen Kreislauf betrifft. Dass also eine dsueben
bestchentle Pneumonie odor Pleuritis grosse Gefahren
nacli sich ziehen kann , ist somit leiclit erklfirlich.
Hicrinit stinnnt aber auch die durch statistische Zu-
sammenstellung erwiesene Thatsache , dass der Ge-
burtsakt ftlr lnngenkranke Mutter von verderblichen
Folgen begleitet ist. Weiter aber ergiebt sich ails
diesen Deduktionen , dass bei Pleuritis oder Pneu-
monie die Einleitung der Fruhgeburt duvehaus contra-
indicirt ist. Vf. stellt am Schlusse seiner Arbeit den
21 von Gusserow zusammengestellten Fallen, bei
welchen wegen Lungenerkrankung die FrUhgeburt
eingeleitet wurde , andere 2 1 FiLlle entgegen , in
denen die Frauen exspectativ beliandelt wurden. In
den eretem Fallen gingen 15, in den letztern nur
3 Frauen zu Grunde , so dass sich also die Mortali-
tfitsziffer bei Gusserow auf 71.4%, bei den vom
Vf. am Schlusse kurz mitgethcilten Fallen auf 14.3° „
bcliiuft. (Hflhne.)
357. Ueber Anwendung der Salicylafture
fiir geburtshulfliche Zwecke, Mitth eilnng an a
der geburtehidflichen Klinik zn Leipzig ; von Dr.
H. Fehling. (Arch. f. Gynakol. vill. p. 298.
1875.)
Sehon im December 1874 (Arch. f. Gynakol.
VII. p. 567. 1874) veriiffentlichte Prof. Credd eine
kurze Notiz, in welcher er die Auwendung der Sali-
cylsiiure an Stelle der Carbolsaure zu Desinfektion
der Hande, Vaginalduschen der WcJchuerinnen, Be-
strenen der Ulcera puerperalia u. 8. w. empfahl.
Credc? stcllte damals einen ausftlhrlichen Bericht
in Aussicht ; derselbe liegt jetzt aus der Feder sei-
nes Assistenten Dr. Fehling vor.
Vf. war selbst in England bei Lister (vgl. sei-
nen interessanten Reisebericht im WUrtemb. Corr.-
Bl. 30. 31. 1875) und erzahlt, dass dei-selbe die
Schwierigkeiten der Anwendung der antiseptischen
Methode in der Geburtshtllfe fttr unUbersteiglich halt.
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IY. Gyn&kologie n. P&diatrik.
49
In der Leipziger Entbindungsanstalt wurde schon
seit 20 J. propkylaktisck - antiseptisch verfahren.
Frilher wurde Kreosotwasser, Kali hypermangani-
cum, dann Carbols&ure gebrauckt, vom 1. Juli 1874
an aber Salicyls&ure. Die Art der Anwendung iat
folgeude. Man spttlt die Vagina mit Lbsungen von
1 : 600 — 900 aus ; auf die Ulcera puerperalia, reap.
Dammrisse, wird mittels einer Glasrbhre Acid, sali-
cyl., mitAmylum gemisclit(l : 5), aufgeblasen. Eine
Zeit lang wurde die Lister’sche Methode auch
darin ailoptirt, dass beiui Touchiren jedes Mai Car-
bolspray angewendet wurde. Dabei traten jedoch
anffallend li&ufig Nacbblutungen eiu , ungef&hr 3°/ 0
inebr als gewoknlich. Deshalb hat man den Spray
wieder anfgegeben und sich anf grllndliche Desinfek-
tion der iI&D(le beschriinkt. Nach der Entbindung
wird die Sclieide mit Salicyls&urepulver ausgepudert ;
werden die Locliien sp&ter tlbelriechend , so spritzt
man 4 — 8mal (in einem Fade sogar l&mal) t&glick
die erwalmte Salicyls&urelbsung in die Vagina ; zu
jeder Duschc wird ein Liter Fltlssigkeit verwendet.
Auch innerlich liat man die Salicyls&ure versuebt,
aber dicse Medikation wieder aufgegeben , da sich
h&ufig Erbrechen danach einstellte.
Der Nutzen der Anwendung der Salicyls&ure be-
steht darin , dass sowohl die lokale Infektion , die
Wunddiphtherie, die Verwandlung der Verletzungen
in Pnerperalgeschwttre als auch die Allgemeininfek-
tion, die Septikamie, vermieden wird. Wenn die
Lochien Uber die mit Salicylsilure gepuderten Wund-
H&chen am Vaginalausgang fliessen, so werden sie
dabei desinficirt. Nur selten beobachtet man bei
dieser Methode das sonst so hflufige Oedem der
Vulva; nur 3mal bei 182 Entbindungen trat st&r-
keres Oedem ein. Alle Dammrisse heilten durch
erste Vereinigung. Eine andere Stelle, an welcher
Infektion stattfinden kann, ist bekanntlich der Cervix
uteri mit seinen unausbleiblichen Verletzungen. Anch
diese Lokalitat wird durch Irrigation mit 8alicyl-
saurelosung am besten geschtltzt. Beztlglich des
Allgemeinbefindens zeigte sich , dass in den meisten
Fallen die Temperatur nnd die Pulsfreqnenz 24 Std.
nach der ersten Injektion sank. Namentlich die
Abnahme der Pulsfirequenz ist wichtig, da sie pro-
gnostisch von Bedeutung ist. Durch mehrere Kran-
kengescliichten und Curven wird der Einfluss der
betr. Beliandlung verdeutlicht.
Es folgen statistische Angaben. Unter 142 Ge-
burten, welche vom 1. Juli bis 31. Dec. 1874 statt-
fanden, warden in 112 die Salicylsilure angewendet.
Die andern 30 verliefen vollstilndig fieberlos, oder
das Fieber war durch Mastitis, Phlegmonen an an-
dern Kbrpertheilen bedingt , so dass fttr die fragl.
Anwendung der Salicyls&ure keine Indikation vor-
lag. In 37 Fallen gebrauchte man die Irrigation
bios wegen des flblen Gernchs der Lochien, ohne
dass Fieber existirte. Bei 75 Fallen war Fieber
eingetreten, von diesen zeigte sich in 41 Fallen ein
deutlicher Abfall von Puls und Temperatur, in 10
Med. Jahrbb. Ud. 171. Hft. 1.
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Fallen trat ein isolirter Abfall von Puls oder Tem-
peratur ein, in 15 Fallen blieb m&ssiges Fieber and
in 9 F. stieg die Temperatur trotz der Behaudlung.
Vom 1. Jan. bis 30. April 1875 fanden 112
Geborten statt. Bei 64 WiJchnerinnen wurden Sali-
cylsaureduschen angewendet, und zwar wurde 3 —
15mal in 24 Std. irrigirt. In 27 Fallen fand das
Aussplllen der Vagina nur wegen (lbelrieckender
Lochien statt, bei 37 Fallen dagegen wegen des
Fiebers ; von diesen zeigte sich bei 20 der gUnstige
Erfolg der Methode. In einem Falle von Py&mie
und in 4 F. von Phlegmone des Lig. latum trat
kein Fieberabfall ein.
Um beztlglich der Allgemeinverh<nisse eine
Anschauung zu gewinnen, hat Vf. — von ilim nicht
mitgetheilte — vergleichende Tabellen liber die Jahre
1873, 1874 nnd Jan. bis April 1875 angefertigt.
Aus denBelben ergiebt sich kein gttnstiger Einfluss
der Salicylsanrebchandlung auf die Mortalitat. Dock
halt Vf. diesen Umstand nicht fttr wichtig , da die
Mortalitat von.Einflttsaen beherrscht wird, welche in
einer Entbindungsanstalt sich der Berechnung ent-
ziehen. So werden verschleppte Falle ans der Pri-
vatpraxis in die Anstalt gcbracht, oder die Studiren-
deu iniiciren direkt bei den Explorationen. Viel
wichtiger ist dem Vf. die Abnahme der Morbilit&t,
und diese Hess sich allerdings constatiren. Nnr
2mal vom Jnli an erhebt sicli die MorbilitAt Uber
60°/' 0 und bleibt vom Nov. an fast stets unter 50°/ 0 .
In frtiherer Zeit bewegte sich die MorbilitAt zwisoben
50 und 70®/ 0 „nnd stieg zu wiederhoiten Malen
noch hOher. “
V r f. empfiehlt die Salicyls&ure, nach der ange-
gubenen Methode angewendet , nicht als Specifikum,
sondern als nicht rcizendes Desinficiens , als Pro-
phylaktikum gegen Erkrankungen im Wochenbette.
Auch fttr die Privatpraxis sei das Verfahren geeignet.
Bei Leitung der Geburt soil man H&nde und Instru-
mente mit wSssriger Lbsung der Salicyls. (1 : 300)
sorgf<ig reinigen, nach der Geburt aber die Mischung
von Salicyls. u. Amyl. (1:5) in die Vulva einblasen
und noch Salicylwatte davor legen. Diese Einpul-
venmgen sind, bes. bei Erstgebarenden , 1 — 2mal
tftglich fortzusetzen, bis sich rein eitriger , geracb-
loser Wochenfluss zeigt, bei den ersten fieberhaften *
Erscheinungen aber sofort t&glich 4—8 Vaginal-
duschen (Salicyls. 1 : 1000 — 1 : 600) zu machen.
(Fritsch.)
358. Beitrage surBehandlung desKephal-
haematoma neonatorum ; von Dr. AloisMonti.
(Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. IX. 4. p. 407. 1876.)
ErftUlt auch eine Behandlungsmethode (d. i. die
exspektative) alle Erwartungen, so hat doch auch
eine andere (d. i. die operative) gerechten Anspruch
anf BerUcksichtigung, wenn sie gleich gute Resultate
erzielt. Im Anschluss an den Gassner ’schen Fall
[vgl. Jahrbb. CLXVUI. p. 39] theilt daher Vf. 2 eben-
falls gttnstig verlaufene Falle von operativer Behand-
7
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50
IV. Gyri&kologie u. Pidi&trik.
lung des Kephalhimatom mit. Die Behandlnng bte-
atand in Punktion mit einem mittlem Trokar ; 8 Tage
danaeh war unter Anwendung ernes Heftpflaster-
droekverbandea die Gesehwnlst veraehwunden.
Vf. theilt die allgemeine Ansicht von demNutzen
der exapektativen Behandlung (vgl. z. B. Steiner,
deegl. Ref.) nicht und hofft, (lass Fachgenossen ihre
Erfahrungen mittheilen. Ref. verftibr bisher in 7
Fallen von Kephalhttmatom — von denen 2 die
Grbese einer Kindcsfaust (wie in Vfs. Fallen) hatten
— exspektativ und hatte alle Ursaehe, darait vbllig
anfrieden zu sein; denn es war naeh Ablauf von
4 — 7 Wochen vollstandige Heihung eingetreten. Da-
gegen ist Ref. ein Fall ana der Praxis ernes Collogen
bekannt, der in Folge der Operation lethal verlief.
(Kormin n.)
859. Leberoirrhoea mit Asoltea Lei einem
futifjdhrigen Knaben ; von Dr. S. Unterberger
in Petersburg. (Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. IX. 4.
p. 390. 1876.)
Das seit elnigen Mona ten ohne nachwelsbare Ursaehe
erkmnkte Kind wnrde mit hochgradigem Aaeltes in das
Nikolaikinderhospital aufgeuomnieu. Der Bauchumfang
un denNabel betrug 68 Ctmtr. und nahm in den nachsten
8 Thgen nm 5 Ctratr. zu. Die naeh der Indicatio vitalls
aMhige Pnnktion lieferte 2000 t'ctmtr. einer gelben.
Uaren , ca. 2% Eiweiss enthaltenden Flfissigkeit ; trots-
dem behielt der Bauch einen Unifang von 58.6 Ctmtr.
Die Untersuchnng ergab nun eine hochgradige Vergrosse-
rong der Leber tmd eine leicht hockerigc Beschaffenheit
ihrer Oberflfiche. Die Anwendung von Dampfbidern,
tonUchen und diuretuchen Mitteln , sowie von Jodkaliam
(von dem 4 Grmm. tagl. ohne Eintritt von Intoxikations-
erschcinungen gegeben werden konnten), hatte keinen
Einflnss anf den Gang der Krankheit. Naeh weiteren
2 Pnnktionen trat der Tod unter den Erscheinungen einer
Peritonitis 7 Wochen naeh der Aufnalime des Kindes ein.
Die Autopsie ergab ausser enormen Fettansamra-
iungen im stark hypertrophirten Mesenteriuin und auf dem
Peritonaalfiberznge des Magcns und des Dfinudarms die
Bfthon im Leben angenomniene Lebercirrhoee. Die Leber
war 18 Ctmtr. lang, 13 hoch, 6 breit , der linke Leber-
lappen 11 lang, 13 hoch, 6 breit. Die Consistenz war be-
souders rechts derb. Die Obertiache des rechten Lappens
War mit erbsen- bis haselnussgrossen fiaehen Iiockem
bbfcetzt. der ganze linke Lappen glatt. Unter dem Mikro-
ikope zeigte aich im ilnken Lappen und im Lob. Spigelii
junges zartes Bindegeweiie zwischen den einzelnen Leber-
zelien. wahreud die andern Theile der Leber fertiges
Mlndegewebe zeigten. Ausserdem bestand Stauungsmilz.
Vf. — welcheT die einschlagende , wenig nin-
fangreichc Literatur seiner eigenen Beobachtung
vonulsgeschickt liat — macht besonders darauf auf-
merks&m , dass auch in dicsem Falle wie in den 2
von S teffen beschriebeneu der rechte Leberlappen
zuerat erkrankte, wklirend bei Erwachsenen der
linke Leberlappen der zuerst befallene ist.
(Kormann.)
360. AJcuto Leberatropixie bei einem Kna-
ben vo* r 2>/| Jahren; von Dr. H. Rehn in Frank-
furt a. M. (Berl. klin. Wchnschr. XII. 48. p. 649.
1875.)
Unter den Zeichen eines hoch grad i gen Ikterus
und unter Abuabme der Leberdilmpfung traten bei
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dem zart gebanten Kinde Anftlle von hdchstem
Schmerzgeftihl mit Schwinden des Bewusstseins ein,
bei denen uni- Morphium Linderung verechaffte. Der
Tod erfolgte am 10. Tage des Leidens.
Die Srktion ergab das angenommene Leiden in
Wirklichkeit. Ansser einigen Intussnsceptionen des
Ddnndarma faud man die Nieren und die Leber ver-
fettet, letztere anch erheblich an Unifang und Ge-
wicht redneirt. Es betrng nflmlieh der Llngsdurch-
tnesser der Leber 14 Ctmtr. (der des linken Lappens
4.5), die Hbhe des rechten Lappens 10 Ctmtr., die
grflsste Dicke desselben 4.5, und die des linken 2.5
Ctmtr., das Gesammtgewicht beider 231 Gramm. Es
wechselten opak - citronengelbe Stellen des Leber-
gewebes, an welchen das Gefilge voller tmd weicher
war, mit rothen Stellen, an denen es fester erechieu ;
nur am rechten Rande war ein festes brannrothes Ge-
webe vorhanden.
Prof. Peris in Giessen, weicher das Priiparat
untersncht hat, macht bes. noch daranf aufmerksam,
dass der Fall ein neuer Beweis daftir sei , dass die
8ogen. rothe Atrophie naeh der Resorption des fet-
tigen Detritus durch sekundare Erweiteruug der Ca-
pillaren aus der eigentlicheu gelben Atrophie hervor-
geht, und dass, wie aucli Zenker bereits annalmi,
beide Flrbungeu nicht durch 2 verschiedene Pro-
cesse entstehen. Mikroskopische wie eheraiache
Untersuchung liessen die fettige Degeneration er-
kennen und die Fettinfiltration ausschliessen. In
100 Th. frlscher Lebersubstanz fanden sich 76.9
Wasser, 7.C Fett, 15.5 fettfreie Snbstanz, with rend
diesdben Zahlen in 2 normalen fettarmen Lebern
Erwabhsener sich folgendermaassen gruppiren: 71.3,
resp. 77.1 — 2.0, resp. 3.4 — 20.7, resp. 19.5.
(Kormann.)
361. Koprostasls, bedlngt durch Kotb-
stein, mit Wdtlichem Ausgarige ; von Dr. Bauer
in Stettin. (Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. IX. 4. p. 386.
1876.)
Ein 8jShr. Knabe, der aeit Berner Geburt an sehr
hartnackiger Obstruktion gelitten hatte , zeigte ira Stet-
tiner Kindergpitale eine bochgradige Auftreibung de9 I.ei-
bes (fiber deni Nabel 73 Ctmtr. Umfang); die gauze linke
Scite ergab einen tynipanitiseh-gedampften Pcrkussion.s-
schall; es bestanden starke subcutane Venennetze fiber
den ganzen Unterleib. Zwei Tage nacli der Anfnahmc
trat unter Collapsus der Tod ein.
Die Autopsie zeigte als Ursaehe der Auftreibung des
Leibe-< eine enorine Dilatation des Dickdarm» , an dessen
hinterer Flaclie allenthalben die Serosa im Zustande
frlscher Kntzundung sich befand. Im untern Theil des
Recta m , dicht fiber dem Sphinkter, fand sich ein fast
fanstgrosser runder Kothstein von nicht nnbetruchtliclier
Harte. Er bestand nur aus eingbdickten Kothmaasen
ohne eigentlichen Kern. (Kormann.)
362. UebervaooinaleaFruh-Erysipelas; vou
Dr. R. Sinnholdin Connewi tz bei Leipzig. (J alirb.
f. Kinderlteilk. N. F. IX. 4. p. 383. 1876.)
Vf. beschreibt eingeheud einen hbclist interessan-
ten, wenn auch fttr den ImpfarZt hbclist rumugeneh-
nien Eintritt von Irapi'-FrttherySrpel in 4 Fallen.
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61
V. Chirurgie, Opbtbalmotogie a. Otatrik.
Glia vttllig gesundes Kind gesunder Eltern , bei
wetehem die Impfpnsteln vdilig normal entwiekelt
waren , wnrde zum Abimpfen von Arm zu Aim be-
nutzt ; es wurden unter penibler Beobachtung aller
Vorsichtsmaassregeln 6 Kinder mit dersclben Lan-
zette nnd auf gleiohe Weise (je 3 LAngsimpfstriche
auf jeden Oberarm) geimpft; 2 davon blieben ge-
sund (darunter der Zwillingsbruder einea vou Frtth-
ervsipel bcfallencn Kindes"). Bei den flbrigen 4 Kin-
dern stellten sich sehr balil (in 2 Fallen 14, reap.
20 Std. uacli der Impfung) Zcicben der Erkraokung
ein ; bei sammtlichen bildete sich am Tage nach der
Impfung ein Erysipel aits , das in 2 Fallen auf die
Oberarme beschr&nkt blicb, in den 2 andern Fallen
abcr wauderte. In eincm der letztexen trat sogar
hdehste Lebensgefahr duroh Collapsus ein und er-
holte sich das betreffende Kind erst nach 6 Wochen.
Die Impfpusteln entwickelten sich walirend des Ver-
laufes der Erkrankung vfillig normal. — Bei dem
Mutterimpfling entwickelte sich an dem Arme , von
dem die 6 Kinder abgeimpft worden waren , kein
Erysipel , an dem andern Arme aber zeigtc sich am
2. Tage nach der Abimpfuug eine fingerbreite Stelle
der Uant erysipelatbs entztlndet (gewflhnliches nnd
sehr hftnfiges Spaterysipel'i.
Vf. schliesst liieraus, dans derEryaipelstoff schon
bei der Abiiupfung vorhanden gewesen 1st und (lass
die Nrchterkrankung der 2 Abgeimpften , resp. die
leichtere oder schwerere Erkrankung der flbrigen
4 Kinder anf die Menge der inoculirten Lymphe zu
beziehen sei.
Ref. benutzt auch diese Gelegenbeit, um bervor-
zahebeu , wie wichtig es ist , nur mit Kuhpockcn-
iymphe zu impfen, nach deren Verwendung Frtth-
Erysipele noch niclit beobachtet worden sind. Der
Staat , der fttr den Impfzwang mit Reclit eingetreten
ist, muss dem Arzte aucb die nfltbigen Mengen bester
Kuhpockenlymphe zur Verfllgung stellen !
(Kormann.)
363. Ueber die Reaktlon derKuhmilch;
von Prof. C. Hen nig. (Jahrb. f. Kinderheilk.
X. F. IX. 4. p. 357. 1876.)
Ans Vfs. fllr die Emahrung der Kinder so wicb-
tigea Untersucbungen , die entsebieden fortgeaetzt
werden sollten, gebt liervor, dass die Milch der
Kobe , auch bei bester Emalirung auf der Aim, ver-
sobiedeo reagiren kann , besonders wenn die Kilbe
sebr von Insekten belastigt oder dui'ch Gewitter ge-
angstigt wurden. Jedoch erwies sich die Milch bei
freier Alpenweide allenneist haltburer als die Stall-
milch. Die Untersucbungen in den Sennhtitten mit
schwach violetten Reaktionspapierstreifen ergaben
rielfach das Resultat : deutlich allfalisch , aber nur
einmal verdiente die Reaktion die Bezeicluuigg : sebr
alkalisoh. Nach Ungerem Steben ist fflr Singling#
nnr der untere Theil der Aschmilch zu verwenden,
da djer obere schon deutlich sauer sein kann. Duroh
Erwirmen bis unter 60° R. (nit duroh Aufkoofuu)
wird die saure Reaktion in die amphotere flberge-
fflhrt. Die amphotere oder nentrale Reaktion kommt
den meisten Milchsorten bei Alpentrift und guter
Stall flltterung selbst in der Stadt zu. Vf. kebt da-
her auch hier mit Recht den Werth der Troeken-
ffltternng der Kflhe hervor, wenn ihre Milch znr Er-
nabrung junger Kinder benutzt werden soil.
(Kormann.)
364. Bebandlung dor Nabelbr&obe bol
Kindern duroh Collodiumverband ; von Dr.
Ginseppe Rapa. (Riv. clin. 2. 8er. V. 12.
p. 363. Die. 1875.)
Nach kurzen Bcmerkungen fiber die Entstebung
der Nabelbrttcbe und die bekannten dagegen em-
pfohlenen Verfabren beriebtet Vf., dass er seit 20 J.
zur Beliandlung der Nabelbrtiche der Kinder aus-
schliesslich den Collodiumverband benutze. Der-
selbe sei leicht ausfUhrbar, unterstfltze die Heilbe-
strebungeu derNatur in einfacher Weise, maclie dem
Kinde keine Bcschwerdc und (lbe , richtig angelegt,
genflgenden Druck auf die Hemie, obne die Schlies-
sung des Nabelringes zu behindern.
R. fflhrt den Verband folgendermaassen ans.
Nachdem der Leib des Kindes gewaseben und gi^
abgetrocknet worden ist, nimmt die Mutter daaselhe
so auf den Schooss , dass die Scbultem auf dem lin-
ken, das Becken des Kindes auf dem rechten Bei«
der Mutter ruhen. Die oberen Extremitaten des Kin-
des werden vou der linken Hand der Mutter, die un-
teren Extremitaten von der rechten fixirt. Darauf
wird die Hernie und deren Umgebung in breiten
Stricben mit Collodium flberpinselt. Ueber die daan
reducirte Hernie wird eine doppelt zusammengelegte,
4 Ctmtr. breite und 3 Ctmtr. lange Compresse mtt
der Seite aufgelegt, welche man vorher mit Collodiuip
bestrichen hat. Diese Compresse wird von einem
Assistenten an ihrem riebtigen Platze festgehalten,
darauf ein 3" breiter, langer Streifen Heftpflaster
mit seiner Mitte applicirt, der so lang sein muss,
dass seine Enden , fiber den Rflcken hinweggeschla-
gen, sich auf dem Bauche wieder kreuzen. Wahrend
der Anlegung dieses Heftpflasterstreifens lasst man
vom Assistenten die MM. recti aneinandersehieben.
Ueber cliesem Streifen wird nun noch eine eben so
breite und lange lei sene Binde befestigt nnd die
ganze Oberflache der Binde fiber dem Bauche mit
Collodium bestrichen. (Z i n k e i s e n.)
V. Chirurgie, Qphthalmologie u. Otiatrik.
365. Beltrige but C&autstik derVorletaon- Dr. August Reverdin in Genf beschreibt
gem zusapynengestellt vpn 0.-St.-Arzt Dp. Asch$. (Deutsche Ztschr. f. Chir. VI. 4 u. 6. p. 418. 1876)
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52
V. Chirurgle, Ophthalmologic u. Otiatrik.
ciucn „Fall von Ahreumng der K ojtjhauf in
welebem dnrcb 7'rav*p/antation Heilung er-
ziblt wurde.
Eine Sljkhr. Arbeiterin wurde dnrch die RoUe einer
Maschine an den Haaren gefasst and scalpirt. Ale R. die
Pat. A Mon. spater sah, war auf dem Kopfe eine colouale
Wande, die von der Nasenwurzel bis zum Nacken 36 Ctmtr.,
von einem Ohre bis zum andern “28 nnd 1m Umfange
67 Ctmtr. maass. Es war eine reichliche Eiterung vorhan-
den , dnrch welohe eine fortwahrende Reiznng der Hant
dosGesichts und des Halses hervorgerufen wurde ; ausser-
dem bestand bedeutende Retraktion der Haat. Ale Vor-
bereitung fur die Transplantation und nnidie mangelliaften
Gramilationen zu bessern , wurde ein Heftpflasterverband
angelegt und zweimal taglich erneuert. Nach 8 Tagen
hatten dieOrannladonen bereits sich so gfinstig verandert,
dace die Traasplantationen nach Jacqaes Reverdin
gemacht werden konnten.
Vf. hat zum Ausschneiden der Hantlippchen ein
Bistouri construirt, das eine lanzenftirmige Klinge
besitzt, auf eiDer Seite convex, auf der andern concav,
so dass die Binder der Klinge baker Rind ala der
mittlere Theil , wodurch der Lappen leicht lieraus-
geschnitten werden kann, da man nur einesgcringen
Drucks bedarf, um dieses laffelf&rmige Instrument
dnrch die Haut zu schieben. In der Regel gentlgt
der geringste Verband, um kleine Transplantations-
stllcke zu fixiren, R. hat sogar manclunal gar keinen
Verband angelegt; in Fallen, wie der fragliche,
trocknet jedoch der Eiter leicht zu Krusten ein,
welche die transplantirten Sttlckchen leicht ablOsen
kOnnen , weshalb es gerathen ist , letztere zu fixiren.
Vf. benutzt hierzu einen HeftpHasterstreifen von
2 Ctmtr. Breite , der an der Stelle , wo er auf dem
Lippcben aufliegt, mit Cerat bestrichen ist; die
Lippchen brauchen etwa 2 Tage, um gehflrig fest zu
haftcn , nnd dann leistet der HOllensteinstift , einige
Millimeter um dieselben herum applicirt, gute Dienste.
Im vorliegenden Falle hat Vf. etwa 50 Versuche
angestellt , um Hunde- und Kaninchenliant zu trans-
plantiren, ebenso wurde vcrsucht, Transplantation
aus der Haut eines Hundes vorzunehmen , die scbon
mit Granulationen bedeckt war, aber simmtliche
Versuche waren erfolglos. R. n.achte daher Trans-
plantationeu aus menschlicher Haut, und zwar wurde
dazu der amputirte Oberschcnkel eines Knaben
*/ s Std. nach der Operation benutzt.
Es wurden 2 Lappen von 6 Ctmtr. Lange und Breite,
dann noch kleinere Lippchen , die mit der Schere abge-
schnitten waren und endlich 2 *1, Std. nach der Operation
noch “2 Lappchen von je 1 Ctmtr. nnd noch mehrere
kleine transplantirt. Alle diese Transplantationen hatten
Erfolg, so dass 13 Tage nach dieser Ueberpflanzung die
Halfte der grossen Wunde bedeckt war. Es wurden nun-
mehr 8tficke von den Wandangen einer frisch exstirpirten
Dermoidcyste mit Erfolg transplantirt. Nach einem wei-
tern Monat war der ganze vordere Theil der Wunde ge-
hellt . bedeckt von einer schonen Narbe , in der grosse
Oefasse bemerkbar waren. Der hintere Theil der Wunde
wurde mit Epidermldaltransplantationen zur Heilung ge-
bracht. Im Ganzen hatte die Behandlung, die durch
raschere Transplantationen hatte beschleunigt werden
konnen und die durch ein intereurrirendesErysipelgestSrt
wurde, 7 Mon. in Anspruoh genoromen.
In einem ahnlichen Falle von Abreissung der Kopf-
baut , In dem der Snbstanzverlust victleicht noch grosser
ah? in dem oben besehriebenen war, wnrde vonTripon el
mittels Transplantation von Epidermis ein sebr guns tiger
Erfolg eraielt.
Den ausserordentlicli seltenen Fall vr»u ,,halb-
seitiger Yerletzung des RHckenmarkt u hat Dr.
Georg v. Dali ’Ar mi in Wttraburg beschrieben
(Bayer. lnt.-Bl. XII. 48. 1875T
Zwei Jahre vor seiner Aufnahme in die med. Klinik
zu Wurzburg hatte ein 13jihr. Knabe von einem Schul-
kameraden eine Stichwnnde zwischen dem llnken Schulter-
blatt und der Wirbelsaule von angeblich -2 Ctmtr. Tlcfe
bekommen. Die Beweglichkeit der Beine war sogleich
ganzlich , die der Arme grSsstentheils aufgehoben. Nach
8 Tagen heilte die Wunde; die Beweglichkeit der Arme
stellte sich bald wieder ein , spater auch die des rechten
Belnes, nnd nach 6 — 8 W. konnte der Verletzte einige
Bewegungen im Knie- nnd spiter auch im Fussgelenke
machen. Als er aber zu gehen versuchte , knickte das
llnke Bein zusammen. Neun Monate nach der Verletsung
konnte er wohl gehen, hinkte aber, da er das Bein nur im
Hfiftgelenke bewegen konnte ; im rechten Beine hatte er
das Gef&hl von Pelzigsein. Spater traten heftige , ste-
chende Schmerzen in den Gelenken der llnken nntern
Extremitat auf, die aber wieder verschwanden. Eine
Fraktur des Radius , die Pat. I 1 /* J. nach der Verletauiig
in Folge eines Stnrzes erlitt , war nach 8 W. wieder ver-
hellt; l»/« J. nach der Verletzung trat Pat. in die chlrurg.
Klinik wegen Furnnkelbildnng an beiden Beinen. Er
wurde hier elektrisch behandelt und es stellte sich das
Gefiihl im rechten, nicht aber im liuken Beine wieder her.
Als Pat. in die med. Klinik aufgenommen wnrde, zeigte
sich die rechte Geslchtshilfte etwas kleiner , die Pupille
enger als auf der Unken Seite : die Zungeuspitze sah beim
Herausstrecken etwas nach rechts. Druck auf die Proc.
spinosi des 3. und 4. Brostwirbels war etwas gcbmerzhaft ;
die Motllitat und Sensihilitat der Arme war normal , der
linke Arm jedoch starker als der rechte. An der llnken
untem Extremitat war unvollstandige Liihmung, besonders
desUntersehenkels, vorhanden, mitHyperastbesie des ge-
Lfthmten Theiles bei vollstandig erhaltener SensihilitSt,
aber geschwachtem Kraftsinne ; dabei bestand gleichxetttg
erhbbte Reflexerregbarkeit , Atrophie der llnken untern
Extremitat, Anasthesie der linken Brust-, Bauch- und
Ruckenhalfte. Rechterseits zeigte sich keinerlei Motilitata-
stdrung, aber Anasthesie der Unterextremitat bis zur
Sebenkelbeuge.
In der Epikrise weist Vf. darauf kin, dass sich
die eben angeflihrten Symptome mit wenig Ab-
weichungen in alien Fallen von halbseitiger Durch-
trennung des RUcken marks linden, und ftlhrt die
bekannten physiologisclieu und pathologischen That-
saclien, welche dieses Verhalten erlkutem, au. Wir
kOnnen wegen derselben auf frflhere Mittlieilungen
in unsern Jahrbflchem verweisen (Bd. CLV. p. 22 ;
OLVII. p. 19 etc. etc.) und erwftlmen hier nur noch,
dass im mitgetheilten Falle nach Injektion von Sol.
arsenic. Fowleri eine Abnahme der Hyperisthesie
eintrat.
Folgenden Fall von Verletzung des Iierzeus
beobachtete Dr. Tillaux (Bull, et M6ui. de la Soc.
de Chir. de Paris. N. S. I. 10. p. 765. 1875).
Eine 31jahr. Fran wurde in einem Zustande grosser
Aufregung in das Hospital gebracht, nachdem sie so eben
zwei Revolverschusse in die Brnst bekommen and far den
Augenblick das Bewnsstsein verloren hatte. Starke Dys-
pn6e ; beim Husten starke Blutung aus der Wunde ; fa-
denfbrmiger Puls, am Herzen nichts wahrnehmbar. Es
waren *2 Wunden, beide im eraten rechten Intercostal -
raume vorhanden , die eine 1 Ctmtr. vom Sternum ent-
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53
V. Chirnrgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
ferat, die andere etwas nach aussen ron der Brustwarze.
Die Perkussion ergab stark sonoren So hall fiber der
obern Halfte der rechten Lunge, raatten Ton in der nn-
tem Halfte , die Auskultation amphorisches Athmen. Am
3. Tage nach der Verletzung taatte sicb die Dampfung des
Perkussionsschalles fiber die ganze rechte Lunge verbrei-
tet. Nach 14 Tagen wurden mittels der Thorakocentese
530 Grmtn. einer blutig-eiterigen Flfissigkeit entieert, am
andern Tage die Operation des Empyem gemacht , wobei
aber keine Flfissigkeit entieert wurde. In den nachsten
beiden Tagen trat Besserung ein , doch erfolgte der Tod
am 18. Tage nach der Verletzung, nachdem T. nochmals
die Operation des Empyem erfolglos versucht hatte.
Autopsie. Nach Wegnahme des Sternum gelangte
der Finger in eine Eitertasche der rechten Lunge, die von
einer zweiten eben solchen durch das Diaphragma ge-
hrennt war ; die erste Tasche befand sich im Lebergewebe
und an ihrem hintern Rande fand man die eine Kugel.
In der linken Lunge war keine Spur einer Schussver-
letzung vorhanden ; die innere Flache der 7. Rippe war
an einem Punkte ihrer hintern Portion des Periost be-
raubt. Das Perikardinm enthielt ca. 900 Qrmm. einer
trfiben, aber nicht sanguinolenten Flfissigkeit ; beide Blat-
ter des Herzbeutels waren mit fibrin5sen Exsudaten be-
deckt. An der hintern Wand des linken Ventrikels zeigte
sich eine gelbliche Masse, in der sicb die andere Kugel,
in Fibrinmassen eingebettet, befand. Eine lineare Narbe
an der hintern Flache des Herzens entsprach dem Sitae
der Kugel.
Hiemach hat die erste Engel die rechte Lange
bis znr 7. Rippe durcbbohrt, von dieser war die En-
gel zorilckgeprallt and in die Leber eingedrungen.
Die andere Engel hatte die hintere Wand des Her-
zens durchbohrt.
Bemerkenswerth erscheint ausser der langen
Fortdauer des Lebens, dass wfihrend der ganzen
18 Tage welclie die Pat. noch lebtc, nie ein Anfall von
Synkope oder Herzpalpitationen vorgekommen war ;
eben so wenig hatte Pat. fiber Prficordialangst ge-
Wagt.
Den seltenen Fall einer Zerreissung des Zvnerch-
fells theilt Julias Dollinger (Pester med.-
ehir. Presse XL 49. 1875) mit.
Bel einem plfitzlich verstorbenen Arbeiter zeigte sich
die rechte Thoraxhalfte starker gewfilbt als die linke, die
Intorcostalraume waren verstrichen ; in der rechten Tho-
raxhalfte befand sich 1 Kgrmm. missfarbiger fakal riechen-
der Flfissigkeit ; die rechte Lnnge war gegen die Wirbel-
sanle gedrangt, blutleer. Samratliche Rippen der rechten
Selte, mit Ansnahme der ersten und der zwei letzten, wa-
ren in einer Linie von vorn u. oben nach hiDten u. unten
quer gebrochen und die Bruchenden mit einer kleinen
Verschiebnng der hintern nach innen und vorn voilkom-
men knochern vereinigt. Dieses Trauma musste wenig-
stens vor 4 Mon. stattgehabt haben und hatte gleichzeltig
einen Riss in der rechten Halfte des Diaphragma hervor-
gerufen, der sich bei der 8ektion als ein vierkreuzergros-
ses, mit narbigen Randern versehenes Loch nach anssen
vom For. quadrilaternm darstellte. Ein 30 Ctmtr. langes
Stfick Netz war durch dieses Loch mit der Pleura fest
verwachsen, ein Beweis, dass die Ruptur des Zwerchfells
gleichzeitig mit dem Rippenbrtnjhe entstand. Aber gleich-
zeitig war auch durch den Riss im Diaphragma ein 40
Ctmtr. langes Stilck Darm mit dem dazn gebfirigen Stfick
Mesenteriura in die Brusthfihle gelangt, und bei der Con-
traktion des narbigen Randes um den Diaphragmariss kam
es znr Gangran und Perforation des Darms , wodurch der
tbdtlich gewordene Pyopneumothorax entstand.
O. Faber (Wttrtemb. Gorr.-Bl. XLV. 33. 1875)
hat folgenden Pall von Rnptnr der Leber nnd der
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rechten Nie re beschrieben, der wegen der Gering-
ffigigkeit der finsserlich sicht- nnd ffihlbaren Lftsio
nen im Gegensatze zn der Zerstflrung innerer Organe
bemerkenswerth ist.
Ein 22jahr. Mensch gerieth unter einen etwa 40 Cent-
ner schweren Holzwagen. Er wurde, nachdem sein Herr
ihn getroffen und Ihm gesagt hatte, er solle ihm nachfol-
gen, am andern Tage, nachdem er stark erbrochen and
defacirt hatte, todt gefunden. Bei der Inspektion des
Cadavers zeigten sich einige parallel laufende, 1 Ctmtr.
breite nnd 3 — 5 Ctmtr. lange Striemen anf der linken
Hfiftbeingegend. In der BrnsthOble 2 Liter Bint. Der
grosse Lappen der Leber war von rechts oben nach links
nnten in seiner ganzen Dicke nnffirmlich zerrissen ; aus-
serclem noch drei theils parallele, theils quere Einrisse in
der Leber; in der rechten Niere ein dnrch ihre ganze
Dicke von rechts oben nach links nnten verlanfender Riss ;
die 8. bis 11. Rippe waren ohne Verletzung des Periost
geknickt.
Einen namentlich des gttnstigen Verlanfes halber
ausserordentlich interessanten Fall von, ,Schus8 durch
das Beclcen “ beschreibt Stabsarzt Dr. Albert
Michaeli8 (Wien. med. Presse XV. 47. 1874).
Ein Mann schoss mit einem Lefanchenx - Revolver,
dessen Projektil, eine Spitzkngel von 12 Mmtr. Durch-
messer , aus einer Entfernung von 60 — 80 Ctmtr. in den
Leib eines 6j5hr. Madchens drang. Das Qewicht der
Kngel betrng 12 Grmm. , die Ladung 1 Gnmn. Pnlver,
nnd spater angestellte Versuche ergaben , dass das Pro-
jektil durch die genannte Ladung auf 4 Mtr. Entfernung
2 Ctmtr. tief in einen eichenen Balken hineinging. Der
Schuss drang l 1 /* Ctmtr. von der Linea alba links in
der Mitte zwischen Nabei und 8ymphyse in die Banch-
wand ; die Wunde war schlitzfbrmig, blutete wenig, hatte
eine Lange von l'/i Centimeter. Das Kind war, als es
den Schuss bekommen , stehen geblieben und hatte anch,
wenn es ruhig lag, keinen Schmerz; die Kleider waren
angesengt ; eine AusgangsSfFnnng des Schusskanais Hess
sich nicht nachweisen. Beim Versuche, zu gehen, stellte
das Kind das linke Bein in Abduktion und bat nm Unter-
stfitzung , weil es sich schwer stehend erhaltm konnte,
wenn auch keine besondern Schmerzen vorhanden waren.
Auch in der Ruckenlage hielt das Kind constant die Ab-
duktion ein und suciite die Mittellage des Geieuks; beim
Versuche. denSchenkel zu beugen, ffihlte es unbestimmte
flfichtige Schmerzen in der untern Kreuzgegend ; endlich
zeigten sich auch Spuren einer Ekchyniose am obern
innern Thelle des Oberschcnkels nach seiner hintern
Flache zn. Aus diesen Erscheinungen schloss V r f. , dass
das Projektil dnrch die lucis. ischiadica major dasBecken
verlassen habe nnd sich nnter den Glutaen bettnde. Zwei
Tage lang war Pat. fieberlos nnd frei von Schmerzen,
dann trat Frost nnd Fieber, Breclineignng, Auftreibung
des Bauches anf , welche Erscheinungen nachliessen , als
nach 4 Tagen sich Eiter aus der Banchwnnde entleerte.
Am 8. T. liess sich das Kind nicht melir im Bette erhai-
ten ; es bestand nnr noch Noigung zur Abduktion des
Schenkels , die sich erst allmiillg verlor. Nach 3 Mon.
wurde M. znr Pat. gerufen , da die Kugel sich nunmehr 7
bis 8 Ctmtr. nnter der Gesassfalte gezeigt hatte. Dieaelbe
wurde leicht entfemt. In denAbdrucken der flachenZfige
an der Kngel und zwischen diesen befauden sich kreidige
Flecken und Streifen, die sich als Kalkphosphat erwiesen
nnd die M. fur den Ruckstand der Ekchymose und eines
angelagerten Entzfindungsprodnktes halt.
Der Fall wurde Gegenstand einer gerichtlichen
Untersnchung ; der Definition nach war ohne Zweifel
die Verletzung eine schwere, dem Verlanfe nach eine
leichte ; das Gericht entschied sich fttr die letztere
Auffassnng.
i
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V. Cbirnrgie, Ophthalmol ojrie n. Otiatrik.
H
Van einom Iknlich glfioklieh verlaufenen Falle,
Id dero ein Projektil von der Spitze dee grossen Tro-
chanters ans diircli das Oarmbein scldug , oline den
Verwmideten zu gefkhrden, bericlitet M a c C o r m a c.
Aelinliche Falle aus den Spitalern nach der Sclilacht
von Waterloo werden von Thompson mitgetheilt.
Wenn anch andere von gltleklich verlaufenen sclte-
nen Beckenschfissen erzahlen, wie a. B. Beck, der
der geheilten Verschiebung eines ganzen Beckentlieils
dnrch einen Laffettenstoss erwahnt, so vermochte
M. doch in der Literatur kein Seitenstflck zn seinem
Falle aufzufinden.
Prof. E. Rose (Samml. klin. Vortrage von R.
V olkmann Nr. 92.; Chir. Nr. 29. Leipzig 1875)
bespricht die „Stichu>unden der Gefaaae dea Obe.r-
a chenkela und ihre nrherste Behandlung“.
Dass die H n n t e r’sclie Methodc , mit der Conti-
nnitAtsligatnr den Stromlauf sicher zn nnterbrechen
nnd anf diese Weise die Blutung eines Astes zu
stHlen , ein Abweg ist , liaben die Erfahningen ent-
schieden dargethan. H u n t e r’s Methode bewirkt nur
eine Herabsetzung des Blutdrucks, und man ist dartt-
ber einig, dass die unmittelbare Unterbindung an Ort
nnd Stelle nach Richter und Guthrie weit vor-
zuziehen aei ; doch wild sie von einigen (Neudfir-
f e r) fiir unausffihrbar erklart. R. hat es sich nach
seinen Erfahrnngen zum Gnindsatze gemacht , unter
jeder Bedingung bei einer Arterienwunde die beiden
Enden zu unterbinden , und hat diess selbst gethan,
wenn die Arterien sklerotisch waren , odor auch bei
seknndaren Blutungen, wenn die Ligaturen abgegan-
gen waren, trotz der Eiternng. Er hat bis jetzt noch
keinen Fall gchabt, wo die Schwierigkeiten der Unter-
hindung unilberwindlich gewesen waren. Gegen die
Sioherheit der lokalen Unterbindung kann mit Grand
nur ein Einwand gemacht werden, den schon P i r o -
goff erhoben hat. Es kann namtich vorkommen,
dass zwischen zwei Ligaturen bedeutende Collateral-
iste in die hintere Wand des Sackea einmiinden, wo-
durch natflrlich bei Entwicklung des collateralen
Kreislaufs unvermeidlich eine schwere Nachblutnng
erfolgeB wtlrde. Urn diesem Uebelstande zu begeg-
nen , verfthrt Rose so , dass er sich schon vor deni
Kntipfen der Ligatur durcli Einflihren einer silbernen
Knopfsonde zunkchst Uberzcugt, dass der mit der
Unken Hand oomprimirte Strang auch wirklich hohl
ist. 8ind beide Ligaturen fest angelegt, so wird jedes
Coagulum sorgfSltig entfernt, die Arterienwunde
erweitert und genau beobachtet, ob irgendwo Bint
beraussickert. Zeigt sich nur eine Spur von Blutung,
so wird das Gefass durchschnitten oder der ganze
fleftsstheil herausgeschnitten. Die beiden Arterien-
enden ziehen sich zurtlck. Man sieht nun die Rfick-
goite des herausgesohnittenen Arteriensttlokes an,
ob der Stich anch noch die hintere Wand verletzt
hat und so noch eine BlutqueUe existirt. So ist nach
Ansioht des Vfs. der Ortlichen Unterbindung die
letate Unsioherheit benommen. Wenn ein Faden
durchachneidet, so ist das Verfahren zu wiederholen.
Was nun die provisorischen Blutstillungsmittcl
•
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betrifit , um bei der Erweiterung einer Stiehdflsnng,
um die Arterie zugftnglich zu maohen , die shark e
Blutung zu hindern , die ja auch das Aufsuchen der
Arterie erscliwert, so ist die Compression des zu-
ftthrenden Stammes gerade so unzuverl&ssig, wLe sie
es als definitives Blntstilliingsmittel ist. Die zuver-
ltlssigstc Hftlfe ist ein Finger der linken Hand in der
Wunde selbst, wenn man anch silmmtliche unblutigen
Compression smethoden uiemale versehraahen darf. R.
macht besonders darauf aufmerksam, dass Stichwun-
den oft sehr laug sind , so dass der Finger znweilen
viel zu kiiTZ ist, um bis zum Grunde des Stichkanals
zu dringen. Man begnfigt sich dnnn zunUchst tun
den eingefuhrten Finger die Haut, die Fascie und die
oberetc Muskelschicht in ihrer LJlngsfaserung zu
spalten , worauf man den Finger tiefer in den Kanal
drfingt und ihn aufs Neue als Leitungssonde benutzt.
Bis jetzt ist R. so jedes Arteriensticlies Meister ge-
worden.
Man ttbersehe flbrigens nicht, dass die Diagnose
eines Arteriensticlies nicht bios anerkanntennaassen
schwierig, sondem oft absolut unmdglich 1st.
Im 2. Theile seiner Abhandlung geht Vf. zu den
Wunden der Oberarhenkelvenen und zu den aller-
gefllhrlichsten, nSmlich den Verletzungen von Arterie
und Vene zugleich , fiber. Dass VeneDwunden des
Oberschenkels tddtlich ablaufen kfinnen, beweisen
FiUle von Dupuytren, B. v. Langenbeck,
P i r o g o f f .
Einfache Venenverletzimgen heilen durch Tam-
ponade bei genfigender Vorsicht und absolut ruhiger
Lage. Eine Verwundung der V. femoralis hoch oben
ist besonders ftir Anfimische gefkhrlich, da die Bhi-
tung nicht nur aus dem peripheren, sondern auch
aus dem centralen Ende unterhalten wird. Die blose
Arterienunterbindung genflgt znrStillung der Blutung
aus der Venenwunde nicht, sondern es muss die
doppclte Ligatur der Vene gemacht werden ; sie
schtttzt am sichersten vor Nachblutungen und da-
durch auch vor Pvimie. Die Ligatin’ der grossen
Venen ist in der Regcl nicht letlial und ebenso ist
die doppelte Ligatur beider Gef&sastfiname nicht ab-
solut letlial. Bei Stich wunden der Gefasse ist die
doppelte Unterbindung stets mit der nachfolgenden
Durclischneidung oder der Exstirpation des verletzten
Stttckcs zu verbinden, wo es gilt, Blutinfiltration oder
Eiterverhaltung h inter dem unterbundenen Stttoke
Arterienrohr bei grosser Tiefe der Wunden zn rer-
meiden.
Von ausserordentlicher W T ichtigkeit und grAsstem
Interesse sind die ArbeiteB , welche von deutseken
MilitJlr - Aerzten unter Benntznng der Akten der
Mili tAr- Medicinal- Abtheilung despreussischen Kriegs-
ministeriumg, speciell afts demKriege 1870/7}, fiber
Gele.nkack uas wunden ventfieniiieht worden
sind D.
') Vgl. a. die Abhandlung fiber Schussfrakturen des
Huftgelenkea von 8t.-A. Dr. Deinl nger, fiber welche
wir schon (Jahrbb. CLXIX. p. 168) be rich tot haben. A.
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V. Chlrurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik. 55
Wif besprechen zunftchst die Arbeit des St. -A.
Dr. H e i n z e l : „ Ueber die conservirende Behand-
lung der Khiegelenksehusse , sowie iiber die
Indikationen zur primdren Amputation und die
Diagnose der Knoclienverletzung bei penetrirenden
Schusswunden dee Kniegelenks“ (Deutsche milit.-
ftretl. Ztg. IV. 6. p. 305. 1875).
Wahrend man, wie bekannt, die Kniegelenk-
sehllsse frfiher fttr im hochsten Grade gefftbrlich hielt,
sneht man dnrcli die Amputation wenigstens das
Leben , oder exspektativ und durch Resektion auch
das Glied zn retten. Die Knlegelenkschtlsse kOnnen
bedingen : einfache Erflffnung der Kapsel ohne Aus-
gangsbffnnng und ohne Knochen- und Knorpelver-
letzung ; oder Erbflhung der Kapsel mit Ausgangs-
dffnung ohne oder mit Knochen- nnd Knorpelver-
letzung; oder Erdflnung der Kapsel mit Patella-
schnss; oder endlich ErSffnung der Kapsel mitSchuss-
frakttrr des Femur oder der Tibia oder beider, wobei
di« Patella ebenfalls mit verletzt Bein, die Verletzung
anf die Epiphysen dieser Knochen beschrankt sein
oder sich sogar auf die Diaphysen erstrecken kann.
Je mehr Knochen nnd Knorpel betheiligt sind , um
so ungttnstiger ist der Fall , am gttnstigsten sind die
Schttsse der ersten oder zweiten Kategorie. Bekannt-
lich sind die perforirenden Kniegelenkschilsse ohne
Verletzung der Knochen besondere von 8 i m o n ge-
nOgend aufgeklftrt worden nnd seine Versnche haben
ergeben, dass bei flektirtem Knie Stfibe vonderDlcke
der Chassepotkugel oder des Langbleies das Knie-
gelenk ohne Verletzung der festen Theile perforiren
konnten.
Die conservirende Behandluug zerfUllt in die
conservirend exspektative und in die conservirend
operative. Als zur exspektativen Behandlung geeig-
net bezeichnet man einfache Perforationen des Knie-
gelenks , ErOfinnng des Knicgelenks mit Schrammen
oder Schussrinnen der Epiphysen, Perforation der
Gelenkkapsel mit ZertrtlmineruDg der Patella, Erdff-
nung des Kuiegelenks mit Sclmssverletzung des
Femur oder der Tibia odor beider zugleich mit oder
ohne gleichzeitige Verletzung der Patella. Dagegen
ist an eine conservirende Behandlung bei aus-
gedehnten Zerreissungen des Unterschenkels , bei
umfangreicher Zerstflrung der Gelenkknochen und
ihrer Umgebung, bei Blutnngen aus den grossen Ge-
fftssen der Kniekehle nicht zu denken. Die Indivi-
dualist des Falles , aber auch die Berttcksichtigung
der Nebenumstftnde, namentlich in Bezug auf den
Transport, mtlssen hier die Entscheidung geben. Zur
conBervirenden Behandlung gehSrt in erster Linie die
complete Immobilisining des Gelenks und eine sorg-
fattige Ueberwachung der reaktiven Entztlndung.
Bleibt der Verwundete an Ort und Stelle , so schnei-
det man sofort die Fenster ein, wfthrend man sie fftr
den Transport vorliufig nur bezeichnet. Von beson-
derer Wichtigkeit ist die Anwendnng der KAlte , die
v. Langenbeck nicht zu lange fortgesetzt haben,
sotidern nach 3 bis 4 Tagen mit einem in eine anti-
septische FlUssigkeit gctauchten Charpieverband ver-
tauschen will, wfthrend Esmarch, Simon u. A.
die Eisbeutet wochenlang in Gebrauch zogen ; auch
hier muss individualisirt werden. Die amerikanischen
Chirurgen legen grossen Werth auf die innere Dar-
reichung des Opium ; C h a Hh p e 1 1 ftlhrte bei einer
drohenden tftdtlichen Phlegmone die Ligatur der Art.
femoralis aus, ein Verfalireri , das der Gefahr der
Gangrftn wegen nicht nachznahmen ist. Entzllndung
und Fieber sind sorgfftltig zu controliren und dnrch'
Blutentziehungen zu bckampfen ; bei eingetretener
Eiterung sind Incisionen zu machen, die Petit recht
gross anzulegen rieth , wfthrend v. Langenbeck
sie nur klein gemacht haben will.
Vielfacli hat man es aber in der Wirkliclikeit mit
veralteten Fallen zu thun , wo sclion septische Infek-
tion besteht u. ein beschwerlicher Transport voraus-
gegangen 1st. Hier kommt es meistens zu Fluktna-
tion und Incision , wobei der eingeftlhrte Finger zu
ermittelu hat, ob eine conservirende Behandlung noch
weiter fortzusetzen , oder ob die Resektion Oder gar
die Amputation vorannehmen ist.
In seiner 1. Tabelle steltt Vf. aus der Literatur und
deu Akten des preuss. Kriegsministeriums 191 Falle zu-
sammen — davon 35 vor dem Feldzuge 1870/71 und 166
wahrend desselben — in denen die conservirend-exspekta-
tive Behandlung eingeleitet wurde. Iliervon gehoren
96 Falle zur 1. Kategorie der Perforation des Knlegelenks
mit einer oder zwei Oeffnungen , ohne oder mit oberflftch-
licher Verletzung dor Epiphysen ; 30 Falle gehftren der
2. Kategorie der Eroffnung des Knicgelenks mit Patella-
schuss, und endlieh C5 Falle der 3. Kategorie von ErSff-
nnng des Knicgelenks mit Sclmssverletzung des Femur
oder der Tibia oder beider zngleich Oder in Verbindung
ralt Verletzung der Patella an.
Die (jiesaramtresultate stellen sich so :
1. Kat. : 96 F., davon geh. 82, gest. 14 ; Mortal. 14.5° „
II- - 60 „ , „ 27 „ 3 „ 10.0° o
HI. - 65 , „ tt 64 , 31 B 47.6%
Sa. 191 „ „ , 143 , 48 „ 25.1%
Dem Feldzuge 1870/71 gehoren hiervon au :
I. Kat. : 88 F., davon geh. 76. gest. 13 ; Mortal. 14.7%
II. „ 24 ^ „ 21 „ 3 „ 12.5%
HI. . 44 » „ * 17 , 27 „ 61.3%
Sa. 166 „ , 116 _ 43 , 27.6%
Die Resultate des amerikanischen Krieges siud viel
ungttnstiger, da hier nach Chisholm die Mortahtftt
in den conservirend - exspektativ behandelten Fallen
52°/„ betrng. Die durchschnittliche Behamllungszeit
der im Feldzuge 1870/71 tbdtlich verlaufenen Fftlle
betrug 38 Tage, die kllrzeste Behandlungszeit 10,
die lftngste 217 Tage. Bei den gelieilten Fallen
betrug die durclisehnittliche Behandlimgsdauer 99 T. ;
die kllrzeste Behandlungszeit war 25 , die lftngste
300 Tage.
In Bezug auf die conservirend - operative Be-
handlung kommt vor Allem die Resektion in Betracht,
die bekanntlich eine totale oder partielle, eine primftre
oder sekundftre sein kann. Die Schnittrichtung bei
der Resektion ist von dem zn erstrebenden Ziele ab-
hftngig. Wfthrend der v. Lan gen beck ’ sche
Lftngsschnitt am inuern Rande der Patella sich bd-
sonders da empfiehlt , wo man die Beweglichkeit
milglichst herzustellen sich bestrebt , so macht man,
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56
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
wo man eine Synostoae erreichen will, entwedereinen
Lftng88chnitt Uber die Mitte der Patella mit Fort-
uahme deraelben oder bildet einen halbmondfSrmigen
happen , wobei man die Patella auascliiilt. Ein be-
aonderer Lobredner der Resektion ist v. N u a a -
baum, der bei 41 Knieresektionen 19 Kr. rettete n.
dieae Operation im Kriege wie im Frieden fltr unge-
fklirlicber halt ala die Amputation ; nach ihm aind
die achlechteaten Reaektionareaultate besaer ala die
der Amputation. Eben ao gtlnatig apricht aich V e -
r a r d i n i Uber die Reaektion dea Kniegelenka aua.
Die prim&re Reaektion dea Kniegelenka wird
von Stromeyer, Esmarch, Macleod, Le-
goueat, v. Nuaabaum u. A. beaondera empfoh-
len , wahrend die der eigentlich exapektativen Be-
handlung mehr zugeneigten Chirurgen aieaufeinzelne
ganz beaondera dazu geeignete Falle beachrankt
wiaaen wollen. Es iat nicht moglich, die Indikationen
fllr die primiire Reaektion genau zu prkcisiren , und
man k&nn wold am richtigsten aageu, daaa aie aolclie
Fftlle betreffen wird, die die conservirend - exspekta-
tive Beliandlung verbieten imd von der Frilliamputa-
tion abrathen. Bei Verletzung der Kapael z. B. in
einem Umfange , der die conaervirende Methode ver-
bietet , ohne daaa man jedoch an der Erhaltung dea
Gliedea gitnzlicli verzweifeln mllaste , wdnle die pri-
mkre Reaektion indicirt aein. Nach v. Nuaabaum,,
der aicli auf die auf dcm Schlachtfelde vorgenomme-
nen Reaektionen atfltzt, kann die Operation selbat
unter den achwierigaten Umatitndeu gemacht werden
und er bestreitet, daaa die Reaektion mehr Pflege ala
die Amputation erheiache. In Bezug auf die Ent-
Bcheidung werden die Individuality dea Fallea, die zu
berflckaichtigenden Nebenumstande und die Erfah-
rung de8 Chirurgen von groaater Wichtigkeit sein.
Die aekundllre Kniegelenk - Reaektion , welclie
von v. Langenbeck, Pirogoff, Ltlckeu. A.
empfohlen wurde , ergab wfthrend dea deutsch-fran-
zOsiachen Kriege8 eine aehr atarke Mortalitat.
Nach der vom Vf. zusammcngestellten Casuistik
1st wihrend dea Krieges 1870/71 die primiire Resektion
bei 17 Pat. ausgefQhrt worden, von denen 7 geheilt, 10
gestorben sind. Mortalitat — 68.8%. Unter Hinzurech-
nung der hierbei nicht aufgefuhrten Fade von v. Nuss-
baum, Demarquay, Cousin wurden im Ganzen 41
primare Reaektionen auagefuhrt, uach denen 16 Mai Hci-
lnng, 25 Mai der Tod eintrat (Mortalitat 69.9%).
Unter 37 Fallen von sekumliirer Resektion, die H. zu-
sammengestellt hat, trat nur in 3 Heilung, in den ubrigen
derTod ein; die Mortalitat betrug hiernach91.8%. Rech-
net man noch die von Lotzbeck, Lucke,MacCor-
mac, Rupprecht, Arnaud. Franck ansgefutarten
Reaektionen hinzn, so erhalt man 44 Falle von sekundarer
Resektion mit 41 Todesfallen , also eine Mortalitat von
93.1°/ 0 [wahrend die der Amputation (264 Falle) nur
77.9% betrug].
daaa, wenn die Heilung gelingt, leicht ein unbranch
bares, verkrtlppeltea (Hied zurtlckbleiben kann , das
fltr den Operirten eine lebenalkugliche Last abgiebt.
Von 9 geheilten Resecirten gingen 3 mit Qtllfe einea
Stockea und erhdhter Sohle, 2 mit Htllfe zweier
Krflcken, 1 mit Htllfe einer Krflcke und einer Stfltz-
maschine, 1 mit einer Sttltzmaachine, 1 mnaste wegen
Difformitat nachtritglich ini Oberachenkel amputirt
werden; bei 1 war wegen betr&chtlicher Fissuren
der Tibia nachtr&glich die Unterachenkelamputation
ndthig.
Im 2. Theile aeiner Abhandlung beapricht H.
die Indikationen zur primaren Amputation bei Knie-
gelenkachuaswnnden. Die Anaichten der Chirurgen
hierttber gehen weit auaein&nder und aind aowohi
von der Verletzung aelbat, wie von gewiaaen Neben-
umat&nden abhkngig. Die absolnten Anzeigen zur
primkren Amputation aind achon oben beaprocben
worden ; ea aind die Falle , in denen entweder eine
Zermalmung dea Unterschenkela bis an daa Gelenk,
oder eine umfangreiclie Zersohmetterung mit weit-
gehender Zerreiaaiuig der Weichtlieile oder lebena-
gefklirliche uud anderweitig nicht atillbare Blutungeu
aua der Art. und V. poplitaea vorliauden aind.
Wahrend des Krieges 1870/71 wurde die Oberschenkel-
amputation im Ganzen bei 1148 Verletzten vorgenommen,
von denen 281 geheilt, 686 gestorben sind, bei 181 1st der
Ausgang nicht ennittelt [Franzoaen, die franzosischen
Aerzten ubergeben wurdeu]. Mortalitat 70.9%. Anf die
363 primaren Ainputationen kommen 119 lleilungen, 174
Todesfalle, 55 Mai ist der Ausgang unbekannt ; Mortalitat
■=* 60.06%. Auf die 734 sekundaren Ainputationen hin-
gegen kommen 140 lleilungen, 486 Todesfklie, 108 Fille
mit nnbekanntem Ausgange ; Mortalitat = 77.6%. In
61 Fallen fehlt die Angabe ob primar, ob sekundar.
Wegen .Schussverletzung des Kniegelenk* wurden 424 Am-
putationen auagefuhrt. mit 102 lleilungen, 265 Todea-
fallen , 64 Fallen mit unbekannteni Ausgange ; Mortality
= 72.2°/ 0 . Fur die 117 primaren Ainputationen ergeben
aicb 41 lleilungen, 60 Todesfalle, 16 Falle mit unbekann-
tem Ausgange ; Mortalitat = 69.4%. Fur die 289 sekun-
daren hingegen 66 lleilungen, 198 TodesfSlle , 35 Falle
.mit nnbekanntem Ausgange ; Mortalitat «= 77.9%. In
16 Fallen fehlt die Angabe , ob primar oder sekundar ; 6
dieser Verletzten wurden geheilt, 7 starben.
Die Diagnose der Knochenverletzung bei pene-
trircuden Kniegelenkachtlaaen iat nicht immer ganz
leicht. Man mosa zum Behufe der Diagnostik die
subjektiven und objektiven Symptome , aowie die
Lage und Stellung u. a. w. in Rechnung ziehen. Hat
der Schuaa daa Gelenk, wkhrend es sich in fiektirter
Lage befand , aeitlich durchdrungen , so denke man
an die MOglichkeit einer Perforation im Sinne
Simon’s. Hat der Schnss daa Kniegelenk von der
Kniekehle her durchaetzt, so kann man in der Regel
eine Knochenverletzung vermuthen. Daaa die Wir-
kungen eines Schuaaes in der Nkhe des Gelenka aich
Fllr die einfachen Kapaelachllaae ohne oder mit bis in daaaelbe erstrecken, kann vermuthet, aber
Streifung der Epiphyaen und bei Patellarachtlsaen nicht leicht mit Beatimmtheit auageaprochen werden.
mit Eroffhung des Gelenka wird man daher atets die £ Bei j ungen Individuen kann man hoffen , daaa die
exapektative Behandlung einachlagen. Dagegen s Sphtterung die Grenze zw iachen Diaphyae und Epi-
entatehen Zweifel, aobald es sich um Gelenkschttsaeflphyae nicht llberschritten habe. Schoasverletzungen
mit Betheihgung der Tibia , dea Femur handelt. Ivdea Femur im untern Dritttheil, wo die hOchste Aua-
Hierbei ist anch noch in Bertlcksichtigung zu ziehen, Wdehnung des Kapselbandes ihre Grenze findet, also
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V. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
mehr als 7 */ a Ctmtr. Uber der Patella, dringen
flusserst selten bis in das Gelenk. Deutet vorlftufig
nichts auf eine Knochenverletzung und liegt eine
Aufforderang zu einem ernsten Eingriffe nicht vor,
so unterlasse man es zu sondiren, was flbrigens stets
mit dem Finger gescheben sollte. Sollte es unab-
weislich sein , eine Sonde zu gebrauchen , so wfthle
man die von S a r a z i n oder N 6 1 a t o n , oder eine
der elektrischen Kugelsonden.
Stabsarzt Dr. Dam in ik hat „die Schus.wer-
letzungen dee Ellen bogengelenke und die
Re eul t ate Hirer Behandlung , besonders im letzten
Feldzuge" zum Gegenstande einer sehr fleissigen und
sehr lehrreichen Arbeit gemacht (a. a. 0. V. 1. 2. 3.
p. 1. 69. 1876).
Im Allgemeinen sind die deutscken Chirargen
fiber den Werth der conservirenden Behandlung bei
Gelenkschnsswunden einig, wenngleich die Ansichten
ttber die Indikationen zu einem operativen Eingriffe
und die Zeit, iu der ein solcher stattfinden soil, aus-
einanderweichen. Vf. hat das zur Entscheidung die-
ser Fragen zur Verfllgung stehende officielle Mate-
rial durch die in der Liter&tur zerstreuten und nicht
zur amtlichen Kenntniss gekommenen Ffllle vervoll-
stflndigt, so dass er glauben kann, alle von deutsclien
Aerzten und in deutschen L:izarethen ansgefllhrten
oder beobachteten Ellenbogengelenkresektionen ge-
sammelt zu liaben. Die Mittheilungen Uber die End-
resultate der Resektionen basiren sich auf die luva-
lidenakten ; bei den Franzosen entnahm D. die be-
zttglichen Daten dem Chenu’schen Werke.
Die Gelenke der oberen Extremitflten werdeu
hflufiger verwundet, als (be der unteren Extremity ten,
wiewohl sonst im Allgemeinen die Schussverletzungen
an den unteren Extremitflten hflufiger sind , als an
den oberen. Unter den Gelenken der oberen Extre-
mi til ten wird am hflufigsten das EUenbogengelenk
verletzt, so dass dieses von alien Gelenken (les
raenschlichen KOrpers am meisten gctroffen wird ;
das rechte EUenbogengelenk wird nach Bert ho Id
und v. Langenbeck hflufiger getroffen als das
linke.
Von 400 Ellenbogengelenkresektionen , die Vf. zu-
sammeugestellt, entfallen 220 auf die rechte, 180 auf die
linke Seite. Von 136 wegen EllenbogengelenkBchuBg-
tverletzung vorgenonmienen Oberarmamputationen be-
rafen 86 die rechte, 60 die linke Seite , so dass im Gan-
zen 306 Verletzungen do» rechtcu EUenbogengeleuks 230
der linken Seite gegenfiberstehen. Beim Schuller </elenk
ist das VerhaltnisB gerade umgekehrt; diese Verschieden-
heiten erklaren aich aus der Stellung des Infanteristen
beim Anschlagen und Abfeueni des Gewehrs. Von den
636 erwahnten Verletzungen des Ellenbogengelenkg waren
bedingt durch Infanteriegeschosse 477 oder 88.9%, durch
Granaten 66 oder 10.2%; durch MitralUeasen oderSibel-
hiebe je 2 oder 0.3%.
Von den 66 durch Granatschues herbeigefuhrten Ver-
letzungen fuhrten 41 zur Amputation , reap. Exartikula-
tion , 14 zur Resektion ; von den beiden Sabelhieben
machte 1 die Resektion, 1 die Amputation nothig.
Die Diagnose der Ellenbogengelenkschusswunden
ist in der Regel nicht schwer ; liegt die Gelenkwnnde
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
offen zu Tage, so kann die Fingeruntersuchung fiber
die Ausdehnung der Verletznng Auskunft geben ; bei
snbeutaner Kapselwunde oder wo man von der ex-
spektativen Behandlung einen gttnstigen Erfolg er-
warten kann , ist die Untersuchung zn unterlassen.
Man hat folgende Kategorien der Schussverietznngen
des Ellenbogengelenks zu unterscheiden : a) ein-
fache Kapselverletznngen , die jedoch hier zu den
Seltenheiten gehOren , Beck hat 2, Bergmann
1 solchen Fall beschrieben; b) Verletzungen des
Knorpels und der knUchernen Gelenktheile ohne
Schwellung, sie stellen die Loch-, Rinnen- u. Kanal-
schasse dar; c) Splitterbrfiche der Gelenkfissuren ;
Contourschfls8e des Ellenbogengelenks geliflren zu
den Seltenheiten.
Fflr die Schussverletzungen des Ellenbogenge-
lenks kommen die conservirend-exspektative Behand-
lung, die Resektion (resp. die Exartikulation) des
Oberarms in Betracht ; bei Schussfrakturen des Ober-
arms mit Erbffnung des Ellenbogengelenkes und in-
taktem Oberarme kflnnte aucli noch die Exartikula-
tion im Ellenbogengelenke in Fi-age kommen. Die-
selbe ist auf franzbsischer Seite 2 Mai, auf deutscher
Seite gar nicht gemacht worden. Im Krimkriege,
im amerik. Secessionskriege wurden im Ganzen 98
Ellenbogengelenkexartikulationen, darunter 52 Mai
mit unglttcklichem Ausgange, gemacht.
Fflr die conservirend - exspektative Behandlnng
ist ein zweckmftssiger Gips- oder Wasserglasverband
die Hauptsache ; der Gipsverband ist — da bei der
conservirenden Behandlnng meist Ankylose des Ge-
lenka zu erwarten steht - — sogleich in rechtwink-
liger Stellnng des Gelenks und bei Mittelstellung der
Hand zwischen Pro- und Supination anzulegen. Aus
den Kriegen vor 1870/71 ergab nach der Znsammen-
stellung des Vfs. die conservirende Behandlnng
eine mittlere Sterblichkeit von 46.8 °/ 0 , die Re-
sektion von 21.1 , die Amputation von 33.3 0 / 0 . —
Es ist schwierig, das Verhfiltniss der Mortalitfit bei
rein conseiwirender Behandlung gegenttber der bei
operativer festzustellen, da es bei der conservirenden
Behandlung an Angaben fiber die Ausdehnung der
Verletzung fehlt nnd dann ist von deutschen Aerzten
die conservirende Behandlung nur in den Fallen ein-
geschlagen worden , in denen entweder gar keine
oder eine sehr unbedeutende Verletznng der Knochen
vorhanden war. Wenn also schon die gleichwerthigen
Vergleichnngspunkte fehlen , so ist ausserdem noch
zu berflcksichtigen , dass viele Anfangs conservativ
behandelte Ffllle spater operativ behandelt wurden
und ihre Mortalitfltsziffern somit der operativen Be-
handlung zur Last fallen ; man kann demgemfiss sich
nicht wundern , wenn die Resultate der conserviren-
den Behandlung in diesem Kriege sehr gttnstige
waren. Im Ganzen sind in der Literatur verhalt-
nissmflssig wenige Ffllle von conservirender Behand-
lung aus dem letzten Kriege verfiffentlicht; Vf. hat
davon 51 gesammelt, von denen 6 (9.8°/ 0 ) tddtlich
veriiefen.
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58
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. OtUtrik.
In 163 vom Vf. hierzu zusammengeatellten Fallen
trat nur In 10 Fillen (6.1%) frele Beweglichkeit, in 18
Fallen (11%) nnvollkommene Ankylose, in 133 Fillen
(81.6%) feste Ankylose ein ; in 2 Fallen war der Ansgang
unbekannt^ Unter den 133 mit fester Ankylose ge-
heilten Fillen befanden sich 12, in denen der Arm als
branehbar, reap. Hand nnd Finger als Orel bezeichnet
warden , in 49 Fallen war der Arm unbrauchb&r , resp.
Lahmung der Hand und der Finger vorhanden (32 Ver-
stflmmelte ') , 72 Mai fehlt die nahere Bezeichnung.
Hiemach hat die conservative Behandlung kei-
neswegs gUnstige Resultate in Bezug anf die Ge-
brauchsfkhigkeit des Gliedes aufznweisen, trotzdem
dass sie nur bei den leichteren und leichtesten Fillen
in Anwendung gezogen wurde.
Die Resektion, welche bekanntlich zueret von
Moreau, im Kriege zuerst von B. v. Langen-
beck ausgefUhrt wurde, ist indicirt bei bedeutender
und umfangreicher Zerschmetterung der gelenkbil-
denden Knoclien mit weiter Erttffnung des Gelenka,
ferner wenn im Verlaufe der conservativen Behand-
lung sich eine diffuse eitrige oder jauchige Synovitis
entwickelt, und endlicli wenn bei conservirender Be-
handlung ein unbrauchbares, steifes, in einem stfiren-
den Winkel geheiltes Gelenk entstanden, behufs des-
aen Verbesserung die Operation nttthig erscheint.
Die Resektion ist noch mdglich geweaen, wenn 3, ja
wenn 4 bis 5" lange Sttlcke entfemt werden mussten,
und auch im letzten Feldzuge Bind recht bedeutende
Knochenstttcke entfernt worden. Sind die Weich-
theile in mehr als der Hftlfte der Circumferenz weg-
gerissen , oder ist gleichzeitig die Art. cnbitalis ver-
letzt, so ist die Amputation indicirt, wenngleich
Fischer daranf aufmerksam macht, dass nach der
Resektion aich durch die Retraktion der Muskeln die
Defekte wesentlich verkleinern. Im Ganzen hat Vf.
ana dem letzten Kriege 400 F&lle von Ellenbogen-
gelenkresektion gesammelt.
FUr die umfangreichen und bedeutenden Zer-
schmetterungen der Knochen mit weiter ErOffhung
des Gelenka , die wir oben ala erate Indikation fttr
die Resektion angaben , empfehlen die meisten Chi-
mrgen die prim&re Resektion, und die Resultate aus
frtlheren Feldzllgen sprechen unbedingt zu ihren Gun-
sten , wahrend die Resultate aus dem letzten Kriege
sich wesentlich auders gestalten. Doch sprechen die
wisaenschaftlichen Grllnde fUr die primllre Resektion
zu deutlich, als dass sie durch die ungtlnstigen Resul-
tate desKriegesgknzlich umgeatossen werden kdnnten.
Vf. will zugeben, dass der funktionelle Effekt bei den
sekundkren Resektioneu gtlnstiger sein mag, schon
deshalb, weil die subperiosteale Resektion liier leichter
ist, aber die vitale Prognose fitllt entschieden zu Gun-
sten der primkren Operation aus. Ftlrdiese wird sich
die vitale Prognose tlbrigens um so gtlnstiger gestal-
') Fur Nichtmilitirirzte oder nicht deutsche Aerzte
eel bemerkt, dass nach dem Qesetz uber Pensionirung von
Militarpersonen des dentseben Reiches der Verstiimme-
lnng gleich zu erachten sind : StSrungen der aktiven Be-
wegungsfahigkeit einer Hand oder eines Armes, sowie
eines Fusses in dem Grade , dass sie dem Verluste des
Gliedes gleich zu erachten sind.
ten , je frtther nach Eintritt der Gelenkeiterung ope-
rirt worden ist. Die partielle Resektion des EUen-
bogengelenks ist mehrfach im letzten Kriege gedbt
und von vielen Chirurgen empfohlen worden. Zu ihren
Gegnem gehSrt H u e t e r , der sie ftlr sch&dlich hilt
in Bezug auf die Erhaltung der Funktion u. vor Allem
fittr lebensgefkhrlicher als die totalen, da er bei den-
selben Eiterverhaltungen und ihre Folgen beftlrchtet.
In 2 Dritteln aller Fttlle ist der Langenbeck'-
sche Lkngs schnitt angewendet worden ; am h&uiig-
sten nichst demselben der Liston ’sche T-Schnitt,
besonders von Wilms nnd Stromeyer ausge-
ftthrt ; die S y m e ’ sche Methode des H-Schnitta ist
ausschliesslich von Beck, von diesefh aber auch
durchweg ausgefUhrt worden. Der von Hue ter
empfohlene , von v. L a n g e n b e c k als ein Fort-
schritt bezeichnete , radiale Langsschnitt ist einmal
zur Verbesserung der Stellung eines beinahe in voll-
standiger Streckung ankylosirten Armes durch
v. Langenbeck gemacht worden.
Wahrend die Mortalitatsstatistik der frllheren
Kriege (aus denen 428 Ellenbogengelenksresektionen
vom Vf. zusammengestellt sind) 21.1°/ 0 betrug, war
sie unter den 400 Fallen aus dem letzten Kriege —
95 Todesfille, wovon indessen 5 ausser Betracht
kommen , weil bei ihnen der Tod in Folge compli-
cirender innerer Krankheiten eingetreten war —
23.8%. Chenu berechnet franzdsischeraeits fttr
diese Operation eine Mortalitat von 77.3%. Von
den 90 obigen Todesftlllen waren 75% durch Sepsis
bedingt, 13 Mai wurde die Amputation, 1 Mai die
Exartikulation des Oberarms nach der Resektion
nSthig ; die Art. brachialis wurde 4 Mai unterbunden.
Die Sterblichkeit nach der Resektion des Ellenbogen-
gelenks war nach der Statistik des Vfs. in der 3.
Woche nach der Operation am grdssten. Zu bemer-
ken ist noch, dass die nach Resektion des Ellen-
bogengelenks erforderlich gewordenen Amputalionen
.des Oberarms eine hOhere Mortalitat als die Ober-
armamputationen im Allgemeinen zeigten.
Die Durchschnittsprocentzahl der prim&ren Re-
sektionen betrug in frfiheren Kriegen 9.4°/ 0 , im
Kriege 1870/71 28.2°/ 0 , wobei nur die innerhalb
der ersten 24 Std. als prim&re gerechnet sind.
Rechnet man die innerhalb der zweiten 24 Std. ge-
machten Resektionen hinzu, so erhalt man 25.2°/ 0 .
Die Statistik des Vfs. lehrt ferner, dass die inter-
mediar ausgefilhrte Resektion keine so grosse Gefahr
bietet, als man es nach dem Urtheile vieler Chirurgen
annehmen sollte. Unter den Resektionen , die Vf.
zusammengestellt, sind 144 partielle, 286 totaJe Re-
sektionen ; fdr die erstere berechnet Vf. eine Morta-
litat von 20.7, fttr die letzteren von 25.1%.
Die partiellen Resektionen ergeben in den ersten
24 Std. ein besonders nngttnstiges Resultat, wahrend
sich fttr diese Zeit das Resultat bei den totalen etwas
gtlnstiger gestaltet. Besonders niedrig ist die Morta-
litat in den Fallen von partieller Resektion, in denen
die Epiphysen des Vorderaras unter Zurttcklassung
des Humerus resecirt wurden.
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V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Die Resultate der Resektionen des Ellenbogengelenks
in Beaug auf die Funktion sind in der Frledenspraxis
ansserordentlich gunstig (vgl. die Statistik von Dontre-
lepont, Bickersteth). Unter 263 Fallen aus dem
letzten Kriege, in denen das Resnltat gcnau ermittclt wer-
den konnte, war dasseibe in 28 Fallen (10.G°/ 0 ) eine gute
aktive Beweglichkeit , in 36 Fallen (13.3%) bescbrankte
Beweglichkeit mit mehr Oder wcniger brancbbarer Hand,
in 43 Fallen Ankylose (ohne geuauere Angabe), in 66 Fal-
len Ankylose mit mehr oder weniger branchharer Hand,
in 31 FSlien Ankylose mit unbrauchbarer Hand — im
Hanzen also 129 Mai Ankylose (49%) , in 24 Fallen ak-
tives Schlottergelenk mit mehr oder weniger branchbarer
Hand ; in 41 Fallen passives Schlottergelenk — imGanzen
also 65 Mai Schlottergelenk (24.4%) , nnd in 6 Fallen
(2.3%) unvollkommene Ankylose mit unbranchbarer
Hand. Diese* Resultate werden besser, wenn wir an-
nehmen , dass unter den 43 Fallen von Ankylose ohne
genane Angabe in der Halfte ein gunstiges Resultat hin-
sichtlich der Beweglichkeit der Hand erzielt worden war.
Die besten Resultate sind bei denjenigen Operirten
erreicht worden , welche dem Officierstande und den ge-
bildeten Klassen des Soldatenstandee angehdren, denen
also an einer Wiederherstellung bcsonders lag nnd die den
Arm fleissig ubten. Fur die partiellen Resektionen rech-
net Vf. 58.0% gunstige Erfolge, 56% Ankylose, 17.6%
Sehlottergelenke, fur die totalen 60.4°/ o giinstige Erfolge,
46 % Ankylose, 28% 8chlottergelenke heraus.
Die gtinstigsten funktionellen Resultate ergaben
die Resektionen der Epiphysen der Vorderarmknochen
mit Erhaltung der Humerusepiphyse ; den hftchsten
Procentsatz an Ankylosen und den geringsten an
8chlottergelenken ergeben die Resektionen eines ein-
zelnen V r orderarmknochens ; die moisten Schlotter-
gelenke endlich kommen bei Resektion der Humerus-
epiphyse zn Stande.
Die Indikationen ftlr die Amputation, reap. Ex-
artUculation , des Oberarms nacb Verletznng des
Ellenbogengelenks sind schon oben besprochen wor-
den. Nur in 2 Fallen aus dem letzten Kriege ist
eine Zerschmetternng des Ellenbogengelenks alsVer-
anlassung zur Exartikulation des Humerus notirt;
beide Ffille verliefen tddtlich. In 137 Fallen wnrde
im Kriege 1870 u. 71 die Amputation des Oberarms
nach EUenbogengelenkschusswunden gemacht, hier-
nnter 48mal (35 °/ 0 ) mit tddtlichem Ausgange, wah-
rend unter 167 aus andern Ursachen vorgenomme-
nen Oberarmamputationen die Mortalitftt 53 (31. 7°/ 0 )
betrug. Die Amputationen des Oberarms ergeben
also fOr Erhaltung des Lebens ein ungttnstigeres Re-
sultat als die Resektionen. Uebrigens hatten die
innerhalb der ersten 24 Std. ausgeflihrten Amputa-
tionen die besten, die am 2. Tage ausgeftthrten die
schlechtesten Resultate.
Zum Schlusse giebt D. eine ausfflhrliche Analyse
der sammtlichen Falle von Resektion u. Amputation
nach Schussverletzung des Ellenbogengelenks aus dem
letzten Kriege.
Den besprochenen beiden ausgezeichneten Arbei-
ten fiber Gelenkschussverletzungen schliesst sich wflr-
dig die vortreffliche Abhandluug an , welche Stabs-
arzt Dr. v. S c h e v e n fiber die Schmsverletzungen
des Handgelenlct (a. a. 0. V. 2 u. 3. p. 114.
1876) verbffentlicht hat.
Bel Betrachtung der Schussverletzungen des
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Handgelenkes darf man sich auf die anatomische
Definition des letztern nicht beschrfinken, muss viel-
mehr die untere Epiphyse der Ulna und die 2.Reihe
der Carpalknochen, sowie das untere Radio - Ulnar-,
das Intercarpal-, ja sogar wenigstens auch das ge-
meinschaftliche Carpo - Metacarpal - Gelenk mit be-
rficksichtigen , da sie in Bezug auf die Funktion der
Hand von Wichtigkeit sind. Bei der anatomischen
Betrachtung des Handgelenks und der Handwurzel-
gelenke hat man sich vor alien Dingen klar zu
machen, dass bei der eigenthttmlichen Anordnung
der Synovialmembranen ein destruktiver Process von
mehreren Seiten her zu den Handwurzelknochen Zu-
gang findet, wodurch dieselben — auch gleichzeitig
in Folge ihres spongidsen Gewebes — um so ehsr
cariOs werden und gefelirliche Eiterungen unterhal-
ten, zu deren Verbreitung dann noch die vielen Seh-
nen mit ihren Synovialscheiden , die Bandapparate
und Aponeurosen beitragen. Das Erkennen der
Handgelenkschfisse bietetwegen der wenigen Weich-
theile geringe Schwierigkeiten ; umfangreiche Split-
terungen fehlen, da das Handgelenk zum grossen
Theile von kleinen Knochen gebildet wird.
Nach den von v. S c h. angestellten Ermittelun-
gen kamen im letzten Kriege auf im Ganzen 73758
Schussverletzimgen 636 Schussverletzungen des
Handgelenks oder 8.7 0 /qo und diese nehmen in der
Ilaufigkeits8cala der Gelenkstelle die zweitniedrigste
Stelle ein. [Die niedrigste Stelle nehmen die Hftfl-
gelenkverletzungen mit 3.1 0 / 00 , die hochste die des
Schultergelenks mit 20.9 ein.J
Die Schussverletzungen des Handgelenks sind
entweder einfache Kapselwunden ohne Knochenver-
letzung oder Frakturschfisse. Bei den einfachen
Kapselwunden ohne Knochenverletzung unterschei-
den wir peripherische und perforirende Schttsse.
Nach einzelnen Versuchen, die v. Sell, an Leichen
angestellt hat, scheint es, als ob kleinere Kugeln das
Handgelenk in der Richtung von der Dorsal - nach
der Volarseite ohne Knochenverletzung perforiren
kfinnen , wenn sie dasseibe in dem Zwischenraume
zwischen dem untern Ende des Radius, der Ulna und
dem Os triquetrum , besonders bei Radialflexion der
Hand, durchdringen. Unter den Frakturschflssen
sind LochBchfisse beobachtet worden und die fibrigen
sind Knochenfrakturen mit Fissuren, welche letztere
gar nicht so seiten bei Schussverletzungen der Epi-
physen der Vorderarmknochen beobachtet werden.
Ein besonderes Gewicht ist darauf zu legen , ob das
Projektil von der Vola oder vom Dorsum her das
Handgelenk perforirt hat , da die an der Vola dicht
zusammenliegenden Sehnen u. Weichtheile bei Schfis-
sen, die von der Vola kommen, ganz anders ge-
quetscht werden, als wenn der Schnss von der Dor-
salseite kommt, wo die Weichtheile mehr auseinander
getrieben als direkt zermalmt werden.
Besondere Schwierigkeiten flir die Diagnose
macht die specielle Entscheidung darttber, ob Fissu-
ren oder Splitterungen der Vorderaimknochen vor-
handen , und ob irgend welche FremdkOrper in oder
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60 V. Chirurgie, Ophthalmologie u. OtUtrik.
zwischen den Knochen oder in der Wonde Belbst
stecken geblieben sind.
Im weitern Verlaufe der Handgelenkschussver-
letzun^en treten — abgesehen von den einfachen
Kapselerflffnungen und Perforationsschflsaen — fast
stets phlegmonfise Entzttndungen , Abscediningen,
Eiterverhaltnngen mit Ficber und starker Schmerz-
haftigkeit ein. Die Verletzungen des Handgelenks
erfordern durch das oft unmerkliche Eintreten der
Eitemng in der Tiefe stets Aufmerksamkeit ; na-
mentlich scbeinen lange Transportc ftlr solche, die
Bchwere Schussverletzungen des Handgelenks davon
getragen haben, in den erstenTagen nicht ungef8.hr-
lich zu sein. Verhftltnissmftssig hftufig tritt Pyftmie,
verhftltnissmftssig selten Tetanus [3mal unter 225
Fallen] ein.
Die meisten Chirurgen sind ftlr rafiglichste Er-
haltung der Theile. Auch ftlr Behandlung der Hand-
gelenkschusswnnden 1st die conservativ-exspektative,
die conservativ - operative (Resektion) und die ver-
stttmmelnde (Amputation, Exartikulation) Methode
zn nnteracheiden.
Ftlr die conservativ • exspektative Methode sind
Eisumschlllge , erhOhte, resp. vertikale Lagening
[Suspension] und frtlhzeitige Incisionen anzuwenden.
Wfthrend v. Langenbeck kleine hftnfigere Inci-
sionen empfiehlt, sind Demme und Fischer ftlr
weite Einschnitte; v. Langenbeck rath femer
Lagerung auf einer Liston ’schen Schiene, exakte
Wundbehandlung und wfthrend des Verbandwechsels
frflhzeitige Fingerbe wegnn gen . Ftlr die Behandlung
empfiehlt v. S c h. — seinen Erfahrnngen in der B a r -
d e 1 e b e n ’schen Klinik gemftss — die L i s t e r ’sclie
Wundbehandlung.
Unter 382 Schussverletzungen des Handgelenks, die
der exspektativ - conservativen Methode nntenogen war-
den, heilten mit vollstaudiger Ankylose und Verlust der
GebrauchsfShigkcil der Hand und Finger 186 (48.6%),
mit vollstandiger Ankylose und Beweglichkeit einzclner
Finger 63 (13.8%), mit Ankylose und Atrophie der Hand
n. des Vorderarms 17 (4.5%), mit Ankylose ohne n there
Angabe der Gebrauchstahigkeit der Finger 61 (16.0%),
mit Verlust der Gebrauchstahigkeit der Hand 7 (1.8%),
mit Atrophie und Paralyse der Hand 2 (0.6%). — Im
Ganzen warden also 226 (86.2%) mit Ankylose geheilt
und darunter 63 (13.8%) mit beschrankter Gebrauchs-
fahigkeit der Hand und Finger. In 56 Fallen wurde un-
vollstandige Ankylose erzielt (14.64%) und in 62 Fallen
(13.6%) blieb die Beweglichkeit der Finger cinigermaas-
sen erhalten.
Die Resultate der conservativ-exspektativen Me-
thode sind also in Bezug auf Erhaltung derFunktion
sehr traurig. Nach einem Verglciche mit dem frtt-
hern Kriege wurden im letzten keine wesentlich
bessern Resultate in der Beweglichkeit des Hand-
gelenks erzielt; indessen gelang cs hftufiger, denGe-
brauch der Finger zu retten. Im Ganzen ergab die
exspektative Behandlung bei den Frakturschflssen
der Ulna noch die besten funktionellen Resultate,
demnftchst bei denjenigen der Carpalknochen , dann
be! denen des Radius ; die Frakturen des Radius und
der Handwurzel , sowie die der Ulna und der Hand-
worcel lieferten' dieselben schlechten Resultate.
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Die Mortalitftt betrug bei der exspektativen Me
thode im letzten Kriege 11.4°/#, wfthrend Demme
eine solche von 1 5% berechnei In 23 Fallen , in
denen der Tod erfolgte, war 17mal Pyftmie die
Todesursache.
Was die Indikationen ftlr die exspektativ-conser-
vative Methode anbelangt, so mttssen zunftclist die
einfachen Kapselwunden und Perforationcn des Hand-
gelenks und des Carpus so behandelt werden. Kann
aber die beginnende Infiltration durch Einschnitte
nicht gehoben werden u. droht sie anf den Vorderarm
tlberzugehen, so soil man nach v. Langenbeck’s
und S o c i n ’ s Rath dieselbe aufgeben und also im
Infiltrationsstadium operiren , wfthrend ‘Billroth u.
andere Chirurgen erst spftter, wenn Eitenmg, Fieber
und Schwellung excessiv werden , die conservirend-
exspektative Methode zu verlassen rathen. Die Zahl
der Handgelenkresektiouen nach Scliussverletzungen
ist zu gering, um an der Hand der Statistik wichtige
Fragen zum Abschlusse zu bringen. Die Hoffhungen,
die man beim Aufgeben der exspektativen Wund-
behandlung im Stadium der Infiltration f(lr einen
bessern Wundverlauf and ein gates Funktionsresultat
hegt, verwirklichen sich nicht so prompt, dass man
leicht von der einmal eingeschlagenen Behandlung
abgehen kann. — Bei den Schussfrakturen der
Vorderarm-Epiphysen und der Carpalknochen oder
bei Zerscbmetterungen dieser Knochen mit darin
steokendem Projektil empfehlen v. Langenbeck,
Billroth und Czerny, von der exspektativen Me-
thode abzustehen , wfthrend L fl c k e nur das frflh-
zeitige Evidement der Knochen vorzunehmen rftth.
Nach den ZusammeDstellungen des Vfs. ist nur 2mal
— beide Male mit gflnstigem Erfolge. — die conser-
vativ-exspektative Methode sofort aufgegeben und znr
operativen tibergegangen worden, abgesehen selbst-
veretftndlich von denjenigen Fftllen , in denen sofort
ampntirt werden musste.
Die conrersativ-operative Kurmethode — die
Resektion — ist nach Schussverletzungen , so viel
Vf. in der Literatnr ermitteln konnte, im Ganzen
94mal znr Anwendnng gekommen, und zwar 35mal
im nordamerikanischen Kriege allein. Die erste
Handgelenksresektion wurde 1762 von demStabsarzt
Beyer nach der 8chlacht von Freiburg gemacht.
[Stromeyer nennt in seiner Chirurgie B i 1 g u e r
als den ersten Operateur 1762.] Einen grossen
Theil dieser Fftlle hat Vf. ansser Betrachtung lassen
mflssen , da fiber die Ausdebnung der Operation,
sowie fiber das funktionelle Resnltat etwas Genaues
nicht zu erfahren war. Zur Verwcrthnng bleiben hn
Ganzen 50 Fftlle; das rechte Handgelenk wurde 16,
das linke 23mal resecirt ; die nfthere Bezeichnung
fehlt in 11 Fftllen. In 35 Fftllen wurde die par-
ti ell, in 15 Fftllen die totale Resektion gemacht;
ftlr eretere betrttgt die Zabl der Todesfftlle 7 (20® / 0 ),
fttr letztere 5 (33.33°/ 0 ).
Es kommen mithin auf die erwfthnten 50 Resek-
tionen 12 Todesfftlle, von denen als durch ander-
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V. Chirurgie, Ophthalmol ogie n. Otiatrik.
weite Gomplikationen bedingt noch 4 abzuziehen
sind , so dass sich die Mortality auf 17.4°/ 0 beliuft.
Es muss hierbei bemerkt werden, dass die Be-
zeichnung ,,partielle“ und „ totale" Resektion fllr
das Handgelenk anders zu definiren ist , als fill- die
andern Gelenke, da selbst bei den sogen. totalen Re-
Bektionen des Uandgelcnks , also der Resektion des
Radius und der Ulna , sowie der ersten Carpalreihe,
eine neue Gelenkreihe erbffnet wird, man also in ge-
wissem Sinne wieder partiell operirt. Es ist des-
halb , wenn man von den totalen und partiellen Re-
sektionen und ihren Resultaten ein genaues Bild
haben will , besonders darauf Gewicht zu legen , wie
die nicht von der Resektion direkt betroffenen Ge-
lenkhShlen sich dabei verbielten, da das Resultat ja
haupts&chlich von der Vereiterung der Gelenke ab-
hftngt. Betrachtet man hieroach die Handgelenk-
resektionen , so ergiebt sich , dass alle Resektionen
des Handgelenks, bei denen die blossgelegten Ge-
lenke der Carpalknochen nicht in umfassender Weise
durch Entferaung dieser Knochen freigelegt werden,
einen ungttnstigen Verlauf haben. Hierher gehCren
die Totalresektionen mitFortnahme dererstcn Carpal-
reihe, femer die Resektion eines Vorderarmknochens
mit Entfernung eines Knochens des Carpus oder von
Basaltheilen des Metacarpus, und endlich die Resek-
tionen der Basis von Metacarpalknochen und eines
Knochens der zweiten Carpalreihe.
Fllr die Operation waren in fast alien Fallen
seitliche Schnitte gemacht worden. Dass nach Re-
sektion der Ulna sich eine auffdllige Mortalittlt ge-
zeigt hat, kann bei der geringen Zahl der Flllle wohl
nor als Zufklligkeit angesehen werden.
Was die Erhaltung der Funktion bei den 35 Ge-
heilten betrifft, so wurde ein guter Erfolg (wobei
auch ankylosirte Gelenke mit guter Gebranchsfahig-
keit der Finger eingerechnet sind) bei 8 erzielt
(5 aus frtihern, 3 aus dem letzten Kriege), ein be-
schrftnkter Erfolg (ankylosirte Gelenke mit einiger
Beweglichkeit mit eingerechnet) in 8 Fallen (1 aus
frtihern , 7 aus dem letzten Kriege) ; schlechter Er-
folg wurde in 18 Fallen (2 aus frtihern, 16 aus dem
letzten Kriege) erreiclit ; unbekannt war der Erfolg
in 1 Falle. Es ergab sich ferner, dass die partiellen
Handgelenkresektionen ein um 8% besseres Re-
sultat ergaben als die totalen. Die weitere Betrach-
tnng lehrt , dass unter den Schussverletzungen des
Vorderarms, Incl. der Carpalknochen , die sogen.
radikalen Resektionen nach Lister [welcher z. B.
bei Caries der ersten Reihe der Handwurzel sowold
die untern Epiphyscn der Vorderarmknochen , sowie
sammtliche Handwurzelknochen, spater sogar auch
die Basis der Metacarpalknochen entfernte] die
gllnstigste Bedingung fur die Genesung des Pat., wie
fllr die Funktion der Extremit&t ergeben. Ferner
sind bei Schussverletzungen beider Vorderarmknochen
ohne Erdffnung der Inter- und Metacarpalgelenke
nur die partiellen Resektionen des Radius und der
Ulna vorzunehmen , sonst uur die radikalen. End-
lich ergiebt sich, dass bei Schussverletzungen der
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Carpalknochen allein die totale Excision derselben
genttgt.
In 10 Fallen handelte es sich um isolirte Schuss-
frakturen des Radius und der Ulna. Es ergab sich
hierbei , dass die partiellen Resektionen der Radius-
epiphyse ein sehr gttnstiges physiologischeB , aber
ein um so schlechteres funktionelles Resultat haben,
was die Ausicht von Gudpratte bestiitigt. Bei
Schus8verletzung der Ulnarepiphyse allein ist es
nach v. Langenbeck erlaubt , die Resektion auf
die Ulna zu besclir&nken. In Bezng auf die Zeit der
Operation ergab es sich , dass die prim&ren Resek-
tionen die weitaus besten funktionellen Resultate lie-
ferten , hiernftchst kamen die zwischen der 5. und
9. Woche ausgefithrten , wihrend die schlecbtesten
Resultate auf die zwischen dem 3. und 21. Tage
gemachten Operationen kamen.
Ein Vcrgleich zwischen der exspektativen Be-
handlung und der Resektion ergiebt , dass bei der
erstera unter 382 Fallen 273mal (71. 5%), bei der
letztern von 35 Fallen 18mal (51.4 °/ 0 ) vollst&ndige
Unbrauchbarkeit der H&nde n. Finger die Folge war.
Hiernacli spricht sich Vf. dahin aus, dass die
primftre und radikale Resektion bei Frakturschtissen
grtissern Umfangs, wenn Fingereehnen und Nerven
intakt geblicben sind, angezeigt ist. Selbst wenn
sie theilweise zerrissen sind, soli diese Operation ge-
macht werden, um noch eine beschrtinkte Gebrauchs-
fUhigkeit zu erhalteu. Bei Schussverletzungen des
grtissten Theils der Carpalknochen muss , wenn die
Wnnde sich nicht binreichend glatten und eine antd-
septische Wundbehandlung sich nicht exakt aus-
flihren I&sst , die totale Excision der Carpalknochen
sofort gemacht werden. Die Schnssfrakturen der
Vorderarmknochen dagegen erheischen eine primftre
Resektion nnr dann , wenn die Splitterung bis in die
Epiphysen hineingeht und die einfache Entfeniung
der Splitterung eine imregelmassige Wunde zurtick-
lftsst. Die Resektion kann sich auf beide Vorder-
armknochen oder eventnell auf die Ulna allein be-
schr&nken.
Hieraus ergiebt sich schon, dass der vertfum-
melnden Kurmethode, Amputation, Exartikulation ,
diejeuigen Verletzungen anheimfallen , in denen eine
Restitution unmoglich erscheint. Eine Abtrennung
der Hand, so dass sie nnr mit dem Geffcssgebiete der
Ulnar- oder Radialarterie in Verbindung bleibt, giebt
noch eine Indikation zur Amputation ab.
Im letzten Kriege warden wegen 8ehnssverletzung
des Handgelenks 8 Amputationen des Oberarms , 46 des
Vorderarms , 1 Exartikulation des Ellenbogen- and 1 des
Handgelenks gemacht. Unter den 8 Oberarm-Amiiutatio-
nen, die in Eolge von jauchiger Eiterung , hohem Fieber
und beginnender Pyamie gemacht worden warm , eudeten
7 tftdtlich ; von den 46 Vorderarm-Ampntationen eudeten
26 todtllcb , darunter allerdings 2 in Folge andorweitiger
Leiden : imuier aber bleibt eine MortalitSt von 54.4%.
Nach dem Zritpunkte dcr Vordcrarm-Amputation stcllt
sich das Verhaltniss so. dass von ft primar Ampntirten
keiner starb ; von don 8 zwischen dem 3. und 14. Tage
Ampntirten starben 6 (76%), von 7 vom 16. bia 21. Tage
Operirten starben ft (71.4%) u. von 22 spsiter Amputirten
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V. Chirargie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
11 (50%). Nach der Exartikulation Im EUenbogengelenk
erfolgte der Tod, nach der im HandRelenke Heilung.
Vf. giebt zum 8chlusee eine Analyse der aus dem
letzten Kriege von ihm ala Material zu vorntehender Arbeit
benntzten Falle und ale Anbang noeh ein Verzeichnigs
von 7 Fallen , in denen wegen Verletznng der Mittelhand
die Exartikulation im Handgelenk gemacht wnrde. Von
4 primaren Exartikulationen endete hier nnr 1 Fall tddt-
lich, die 3 epater Exartikulirten genasen gammtlich.
366. Ueber Spondylitic; von Prof. Dr. A.
6. Drachmann in Eopenhagen (Nord. med. ark.
VII. 3. Nr. 12. S. 1—18. 1876. — Ugeakr. for
Liger 3. R. XXI. 17. 18. 23. 1876); Cand. med.
F. C. Lund (Ugeakr. for Lager 3. R. XXI. 9. 10.
21. 1876); Prof. Malmsten (Hygiea XXXVII. 7.
Sv. iAkaresAllak. forh. S. 144. 1875. XXXVIII. 4.
Sv. lakaresallsk. fdrh. 8. 88. 1875).
Der Arbeit Drachmann ’s liegen 161 Falle
(135 im Laufe der letzten 8 J. von ihm selbst be-
obachtete und 26 von Dr. II irach sprung im
Kinderhospitale zu Kopenhagen ihm mitgetheilte) zn
Grande, die er zunftchst statistisch verwerthet.
Von den 161 Fallen betrafen 73 (45.3%) mannliche,
88 (54.7%) weibliche Kr., es zeigte eich demnach ein
Ueberwiegen (ies weiblichen Geschlechts nm nahezu 10%;
ob diees die Regel ist, hat D. nicht fegtznstelien vermocht,
weil er in der Literatur keine Anhaltepunkte in dieeer
Hinsicht anffinden konnte.
Dem Alter nach standee von den Kr. im 1. bis 6. J.
66 (41%), im 6. bis 10. J. 68 (36%), im 10. bis 16. J.
22 (13.7%), im 16. bis 20. J. 8 (6%), im 20. bis 25. J.
7 (4.8%). Einen Fall von constatirter Spondylitis bei
einem Klnde nnter 1 J. hat D. selbst nicht beobachtet,
er ffihrt aber einen von H o w i t z beobachteten Fall an,
in welchem Spondylitis der Halswirbel bestand und die
Diagnose durch die Sektion hestatigt wurde. Ganz vor-
wiegend zeigte sich in D.’s Fallen eine Hauflgkeit der Er-
krankung bei der Aitersetofe bis zum 10. J., doch ist
hierbei zu bemerken , dass sich nicht immer ganz genaue
Grenzen in Bezug auf das erste Auftreten und die Daner
der Krankheit ziehen lassen.
Kyphoxc bestand in 145 (90%), Lordoet in 9 (6%)
nnd Kypho-Lordose in 7 (4.4%) Fallen. Alle 7 Falle
von Spondylitis der Halswirbelsaule waren von lordotlscher
Krummung derselben begleitet.
In Bezog auf den Theii der Wirbelsaule , welcher
den AusgangBpnnkt des Leidens bildete , land sich , dass
In 7 Fallen einer oder mehrere der 6 untersten HaUvnrbel,
In 20 Fallen der 4 obern, in 38 FSllen der 4 raittlern nnd
in 45 Fallen der 4 untersten Bnutwirbel, in 23 Fallen der
unterste Rucken- oder der oberste Lendenwirbel, in
28 Fallen nnr die Lendenwirbel ergriffen waren. Am
hSuflgsten wurden also die Rfickenwirbel (64%) erkrankt
gefonden.
Die hauflgsten Symptome der Krankheit sind Neural-
glen (in 67 von D.’s 161 FSllen -» 36.4%) Paralyse, (in
22 FSUen — 18.6%) und Congestionsabsoesse (in 21 FSl-
len — 13%).
Der Sitz nnd die Ausdehnung der Neuralgien
htngt vom Sitze der Spondylitis ab , ihre Intensit&t
nnd Dauer steht zur GrOsse der DeformitSt durchaus
in keinem VerhSltnisse; es kbnnen eben so wohl bei
den geringsten DeformitSten Neuralgien vorhanden
■ein els bei den grfissten fehlen , mitunter sind sie
schon vorhanden , ehe noch die DeformitSt deutlich
hervortritt, oder sie schwinden oder bleiben unver-
Sndert, wthrend die DeformitSt im Znnehmen be-
griffien ist. In Bezng auf den Sitz der Neuralgien
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beobachtete D. solche besonders hSufig in den Hflllen
und abwSrts liber die vordern SchenkelflSchen ans-
gebreitet, seltener kamen sie in den Nerven des
RUckens vor.
Die Ldhmung hatte inD.’sFSllen alle mCglichen
Grade. In 21 FSllen waren davon die untern Ex-
tremitsten ergriffen; in den FSllen, wo sie Blase
und Mastdarm zugleich ergriffen hatte, bestand sie
in LShmung der Sphinkteren mit unwillkttrlicbem
Abgangc von Ham und Kotli. Contrakturen der
Muskeln an den nntern ExtremitSten , die oft die
Lshmungen begleiten, hat D. 3mal allein, obne
LShmung, beobachtet.
Die Congestionsabscesse hatten ihren Sitz meist
an den verschiedensten Stellen des KSrpers, am
hSufigsten kamen sie am obern innern Theile der
Schenkel vor; einige Male konnte D. einen Con-
geBtionsabscess durch die Unterleibswandung bin-
durch ftlhlen, ohne dass spSter an einer andern Stelle
einer zum Vorscheine kam.
Was die Ursache der Krankheit betrifft , so war
ausgesprochene Scrofulose in 25 FSllen (15.5%)
vorhanden, Einwirkung ausserer Gewalt war in
21 FSllen (9.3°/ 0 ) als solche anzunehmen, schlechter
Emahrungsiustand in 15 FSllen (9.3%). Kurz
nach flber8tandenen Matern war die Spondylitis in
3 FSllen aufgetreten , nach Keurhhwlen in 1 Falle.
Nicht ganz selten fanden rich wohlgcnShrte nnd ge-
sunde Kinder von der Krankheit ergriffen. Bei der
grftssten Mehrzahl (100 FSlle = 6.2%) konnte eine
bestimmte Ursache nicht angegeben werden.
Die Dauer der Krankheit konnte nur in wenigen
FSllen genau festgestellt werden, theils war der
erste Beginn zu schwer zu bestimmen, theils wurden
die Kr. vor vollendeter Heilung der Beobachtung
entzogen, theils aber anch hSlt es D. fbr unmdglich,
den Zeitpunkt festzustellen , wann die Krankheit als
abgeschlossen betrachtct weirien muss. In 3 von
D. beobachteten FSllen traten nach einer Dauer der
Krankheit von 6, 7 und 10 Jahren, als anscheinend
definitive Heilung erfolgt war, Congestionsabsoesse
anf, die auf das Dentlichste darthaten , dass der
Krankheitsprocess noch im Gange begriffen war.
Ein Kr. kam 8 Jahre nach der angeblichen Heilung,
nachdem er in der Zwischenzeit schwere Arbeiten
verrichtet hatte, mit Congestionsabscessen und Pneu-
monie in Behandlung ; er starb, und bei der Sektion
fand sich ausgebreitete cari6se Zerstdrung der un-
tersten Lendenwirbel, von der der Congestionsabscess
ausging, und mit aller Wahrscheinlichkeit konnte
angenommen werden , dass der bei der Sektion ge-
fundene Krankheitsprocess auf den vor 8 Jahren vor-
handenen und nicht geheilten znrtlckzuftlhren war.
In 38 FSllen, in denen sich die Krankheitsdauer
nach MOglichkeit feststellen liess, betrag sie im
Durchschnitt 2.5 Jahre; 2 FSlle befanden sich aber
daranter, in denen sie 12 und 10 Jahre betrug, und
wenn diese beiden FSlle bei der Berechnung des
Mittels ansgeschlossen werden, so ergiebt sich eine
dnrchschnittliche Dauer von 2 Jahren.
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63
V. Chirnrgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Der der Krankheit zu Grande liegende patholo-
gische Process bestand in alien zur Sektion gekom-
menen Fallen in caridser Osteitis, selten auf einen
WirbelkiJrper beschrfinkt, sondern meist liber mehrere
ausgebreitet and zagleich mit ihnen anch die Band-
scheiben zerstdrend. Ob , wie V o 1 k m a n n und
L o r i n s e r annehmen , ausserdem auch Caries sicca
ohne Eiterbildong der Spondylitis za Grande liegen
kann , lfisst D. dahin gestellt ; so viel ihm aber be-
kannt ist, ist diese Form als Sektionsbefund bei
Spondylitis noch nicht festgestellt.
Die Lahmung war nach den Sektionsbefunden
in D.8 Fallen nie dnrch den Druck vorspringender
oder abgeldster Knochenstttcke bedingt , sondern
durch purnlente Infiltration in das lockere Binde-
gewebe zwischen Dura-mater und Wirbelkanal, Ver-
dicknng der Dura-mater, Verwachsung der Haute
oder Druck von in den Wirbelkanal ergossenem Eiter.
In einem Falle , den D. ausffihrlich mitthcilt , war
trotz bedeutender Zerstfirung der erkrankten Wirbel,
Compression und Atrophie des Rfickenmarks, dock
keine Lahmung aufgetreten.
Das seltene Vorkommen von Senkungsabscessen
(in D.’b Fallen nur 13%) erklart sich nach D. daraus,
dass die drtlichen Verhaltnisse ihrcm Zustandckom-
men nicht gfinstig sind und lange Zeit dauerade und
bedeutende Eitemng erforderlich ist, urn den Wider-
stand der Fascia longitudinalis anterior und der die
einzelnen Theile der Wirbelsaule umgebenden Bflnder-
massen zu flberwinden und den Durchbruch des Eiters
zu gestatten. Dieses seltene Vorkommen von Sen-
kungsabscessen hat nach D. zu der Annahme geffihrt,
dass dem Leiden mitunter Caries sicca zn Grunde
liege.
Fflr die Diagnose ist die Art der Deformitat
der Wirbelsaule (in 90% von D.’s Fallen Kyphose)
zwar nicht ohne Bedeutung , doch tritt sie erst spat
auf, wenn der Entzfindungsprocess schon ziemlich
weit vorgeschritten ist. Die beschrinkte Beweglich-
keit der Wirbelsaule nimmt unter den objektiven
Symptomen den ersten Platz ein , sie ist es , die die
charakteristische Korperhaltung der an Spondylitis
Leidenden bedingt. Diese Haltung ist begrttndet in
dem Bestreben, die Wirbelsaule zu immobilisiren.
Alle andem diagnostisclien Zeichen sind nach D.
mehr oder weniger unzuverlassig. — Nach Lund
ist es mfiglich, die Diagnose schon zu einer Zeit zu
stellen, wo noch keine Defonnitfit vorhanden ist,
wenn man die Wirbelsaule vornttber beugen lasst
und dann Druck auf dieselbe ausflbt ; die schmerz-
hafte Stelle soil dann dem Sitze des Leidens ent-
sprechen. Drachmann dagegen halt dieses dia-
gnostische Zeichen ffir hSchst unzuverlassig.
Cnzweifelhaft zu den seltensten Ausnahmen mag
es gehoren , dass Congestionsabscesse und Lahmung
der Deformitat vorausgehen, doch steben sie nicht
immer in gleichem Verhaltnisse zu dem Grade der
Deformitat. — Von den 21 Fallen D.’s, in welchem
Congestionsabscesse vorhanden waren , hatte die
Deformitat in 12 ihren Sitz in den untersten, in 7
in den mittlern, in 1 Falle in dem obem Theile der
Rfickenwirbelsanle imd in 1 Falle in den Halswir-
beln. Paralyse gleichzeitig mit Congestionsabscessen
war vorhanden in G Fallen , Paralyse allein in 16
Fallen, und zwar waren die mittelsten Rfickenwirbel
in 10, die obersten Rfickenwirbel und die Lenden-
wirbel in je 3 Fallen erkrankt
Relativ am hfiufigsten scheinen nach D.’s Fallen
Congestionsabscesse bei Affektion der mittlern Rflcken-
wirbel (in 7 Fallen von 38 = 18.2%) vorzukom-
men, weniger haufig, obwohl absolut am haufigsten
(in 12 Fallen von 96 = 12.5%) bei Affektion der
ontersten Rfickenwirbel und der Lendenwirbel. Lih-
mungen kamen hingegen sowohl absolut als aach
relativ am haufigsten bei Affektionen der mittelsten
Rfickenwirbel (lOmal in 38 Fallen = 26.3%) vor.
Eine Vermehrung der Ausscheidung der Phos-
phate im Ham konnte D. in den von ihm in dieser
Hinsicht untersuchten Fallen nicht nachweisen. Er
untersuchte denHarn von 2 an Spondylitis leidenden
Kindem und den von 2 von andem Krankheiten in
der Reconvalescenz begriffenen Kindem nach der
von Neubauer angegebenen Titrirmethode auf
Phosphorsaure , doch Hess sich aus den dabei gefun-
denen Resnltaten auf eine vermehrte Ausscheidung
der Phosphate bei Spondylitis nicht schliessen.
Die Prognose wird meist als sehr ungflnstig an-
genommen und D. selbst hat anfangs diese Ansicht
getheilt , doch ergeben sich die Verhaltnisse aus D.’s
statistischer Zusammenstellung durchaus nicht als so
ungUnstig. Die beiden Complikationen der Spon-
dylitis, die hanptsfichlich die Prognose ungflnstig
machen und zu den in den spfitem Stadien der Krank-
heit so haufig auftretenden Complikationen (Pyfimie,
Morbus Brightii, Tuberkulose, Amyloidentartung der
Unterleibsorgane , Decubitus u. Entkrfiftung) ftthren,
sind Congestionsabscesse und Paralyse, und diese
kamen in den von D. gesammelten Fallen nicht gar
zu haufig* vor. Congestionsabscesse fanden sich
unter den 161 Fallen nur in 21 (13%) und Paralyse
in 22 (13.6%), wobei jedoch noch zu bemerken ist,
dass Paralyse allein nur in 1 6 Fallen vorkam , da in
C Fallen gleichzeitig mit ihr auch Congestionsabscesse
bestanden. Gfinstig in Bezug auf die Prognose ist
es, wenn der Krankheit kein constitutionelles Leiden
za Grande liegt, sondern sie nach einer Verletzung
entstanden ist, wenn der Kraftezustiuid des Kr. gut
ist und die Lebensverhfiltnisse die erforderliche Hal-
tung in hygieinischer und diatetischer Hinsicht ge-
statten, der Congestionsabscess seinen Sitz in der
Lendengegend hat und der Kr. nicht fiber das Kindes-
alter und die erste Dentitionsperiode hinaus ist.
Unter solchen Umstanden hat D. sowohl bei Paralyse,
als auch bei Congestionsabscessen Heilung eintreten
sehen, freilich oft erst nachmehreren (bis zu 10 und
12) Jahren.
Die Behaudlung hat vor AUem die Funktion
des von der Krankheit ergriffenen Knochentheils and
des von diesem umgebenen Rfickenmarks, in zweiter
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V. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
Linie erst die mit der Krankheit fast nnvermeidlich
verbundene Deformitit zu bertlcksiclitigcn. — Der
Theorie nach sollte man meinen, dasa bier der ganze
therapeutische Apparat, mit dem man Krankheiten
der Knochen und Gelenke bekimpft , den Verhalt-
nisaen und Umstiuden angepasst, Anwendung finden
mtU8te und docli glaubt D., (lass die Erfahrung diese
Annahnie nicht bestatige. Was die Indikationen in
Bezug auf die Funktion betrifft, so meint D., dass
bei Spondylitis die Funktion , die freie Beweglichkeit
der WirbelsAule unwiderraflich verloren ist und des-
halb die erste Indikation die ist , eine so vollstAndige
Ankylose als mbglich anzustreben, was der gtlnstigste
Ausgang der Kranklieit ist. Zu diesem Zwecke
findet die Immobilisation eine ausgedehnte Anwen-
dung , am besten in Form der Rllckenlage bei An-
legung eines zweckentsprechenden Apparats. Bei
Erwachsenen ist die strengste Einhaltung der Immo-
bilisation nStliig, bis die Ankylosenbildung unzweifel-
haft vollstandig zu Stande gekommen und der Krauk-
beitsprocess beendigt ist. Zur Besehrftnkung des
cariosen Processes ist es Hauptbedingung, den Kr.
unter mciglicbst gate bygieinische Verlitlltnisse zu
bringen, auf Hebimg der Kr&fte und Verbesserung
der Constitution hinzuwirken. Dass, wie die Meisten
annehmen , lange fortgesetzte Rllckenlage die Defor-
mitat der Wirbels&ule bedeutend vermindeni soli,
kann D. nach seiner Erfahrung nicht zugeben. Grad
und Form der Deformit&t stehen im geraden Ver-
hftltniss zum Grade und zur Ausdelmung des zer-
stSrenden Processes u. zn demTheileder Wirbelsiule,
welcher Sitz der Affektion ist Mechanische Mittel
zur Beseitigung der Deformitit halt D. nicht ftlr in-
dicirt, mitiuiter sugar fllr geftlhrlicli. In Bezug auf
die Seebdder glaubt D. die Erfahrung gemacht zu
haben, dass sie von an Spondylitis leidenden Kindern
nicht vertragen werden, so lange der Eiterungs-
process noch nicht vollstandig aufgehort hat.
Die Schmerzen bei der Spondylitis, dip sehr oft
einen neuralgischeu Charakter haben , weichen fast
stets der Anwendung der Immobilisation, auch weun
diese nicht strong durchgeftlhrt wird und nur in
ruhigcr horizontaler Rtlckenlage besteht Zu eigent-
lich schmerz8tillenden Mitteln hat D. kaum je seine
Zuflucht zu nehmen gehraucht. Auch die Lnhmnn-
gen bessern sicli nicht selten bei bios exspektativer
Behandlung, wenn sie isolirt vorhanden sind, obgleich
sie ausserordeutlich langwierig sein konneu. In
mehreren Fallen hat D. von der Anwendung der
Wiener Aetzpasle an der am meisten vorragenden
Stelle der WirbelsAule Nutzen zu sehen geglaubt.
Wenn der Kranklieitsprocess in denWirbeln abge-
laufen ist, wendet D. Massage und passive Bewegun-
gen an. Von der ElektricitAt hat er keine hervor-
ragenden Erfolge gesehen; Aufenthalt in frischer
Loft hatmitunterllberraschende Wirkungen ausgetibt.
Congestionsabecesee flberlftsst D. sicli selbst, wenn
sie keine weitem Syinptorae darbieten ; wenn sie
nabe am Aufbrechen sind , erOflfnet er sie dttrch
Punfetion, mit oder ohne Adspiration.
Nach Lund’s Angabe war in 845 Fallen , die
Charles F. Taylor in New York behandelt hat,
die Ursache in 5 3% Trauma , in 1 5°/ 0 Erblichkeit
einer Krankheitsdisposition, in 19% fand sich als
prAdisponirende Ursache eine krankhafte Diatbeae
(Scrofulose u. 8. w.). Wahrend im Uebrigen die
Statistik Taylor’s mit der Drachmann’s ziem-
lich tlbereinstimmt, findet sich in Bezug auf das Vor-
kommen von Verletzungen ein sehr grosser Unter-
scliied, der sich viellcioht daraus erklftren liesse, dass
Taylor zu grosses Gewicht auf den tranmat Ur-
sprung gelegt hat, wfthrend Drachmann kritischer
zn Werke gegangen sein mag und nur die Falle ge-
rechnet hat , in denen der Zusammenhang zwischen
der Verletzung und der Spondylitis wirklich nach-
weisbar war. Taylor nimmt nach Lund nicht
Caries als das der Spondylitis ursprttnglich zn Grunde
liegende Leiden an, sondern er betrachtet sie als von
den Intervertebralknorpeln ausgehend, nur in seltenen
Fallen tritt sie nach ihm als primilre Caries auf. Die
durch Spondylitis bedingte Kyphose entsteht nach
T. durch Einknickung an der Stelle, wo es zu Sub-
stanzvcrlust gekommen ist , darauf basirt seine Be-
handlung der DeformitiU , die in vollstAndiger Immo-
bilisation mittcls eines portativen Apparats besteht.
Taylor’s Ruckennmchine besteht nach L.'s Be-
schrelbnnsr im Wesentliehen aus 2 zu bciden Seiten der
Processus spinosi lanjjs der Wirbelsiiule verlanfenden
Schienen, unteu in einen das Uecken penau nmsehliessen
den Ring ausgehend, obeu in zu beiden Seiten des Halses
vorwarts und nach den Aehselhohlen hprabgehende Bander
und unter den Aehspln weggehende Bander, an die nieren-
fbrmige. genau der Brnstwandun g angepasste. von den
Schlusselbeinen bis in die Aehselhohlen reichende and
mit eineni quer iiher die Brust gehenden Stahlbagel ver-
bnndene Platten angehracht sind.
Von grosster Wichtigkeit ist es dabei naturlich . dass
der Apparat uherall ganz genau passt und nirgends zu
Drnck Oder Gxcoriationen Veraniassiing giebt. Wahrend
der ersten Zeit , wo der Apparat getragen wird , moss oft
nachgeschen werden , ob alien Anforderungeu riebtig ent-
sproclien ist.
Bei Sitz der Affektionen in den obern Brnstwirbelu
oder den Ualswirbeln wird der Apparat verlangert nnd
oben mit einem ans 2 IIRIften bestehenden . drehbaren
Ring versehen, in dem das Kinn ruht und am Herabsinken
verhindert wird. Wenn es sich lira Affektion der Hals-
wirbel handelt und wunschenswerth ist, dass der Kopf
nicht seitlich gedreht werden kann , wird diess dadurch
verhindert, dass der Kinnring unbeweglich gemacht wird.
Nach Lund wird die Wirbelsiiule durch T a y -
1 o r’s Apparat vollstandig immobilisirt , jede Bewe-
gung in den erkrankten Theilen wird dadurch un-
mOglich gemacht, der Dmck des KOrpergewichts auf
die kranken Theile der WirbelsAule vermieden und
auf die gesunden tlbertragen.
Drachmann hingegen glaubt nicht, dass durch
T a y I o r’s Apparat die Rllckenlage unnbthig gemacht
wird , ja er glaubt tlberhaupt nicht , dass es mSglich
ist , einen Apparat zu construiren , der es dem Kr.
gestatten kOnnte, sich unbehindert zu bewegen, und
dabei doch die WirbelsAule vollstandig immobilisirt.
D r. will damit der T a y 1 o r’sehen RUckenmaschine
durchaus nicht ihren Werth absprechen, aber er hilt
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V. Chirurgie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
sie nur fttr diejenigen F&lle fttr geeignet , wo ea sich
uach abgelaufenem Krankheitsprocess nur noch uni
die Beaeitigung der DeformitSt handelt. Spondylitis
ohne Deformitftt zu heilen , ist nacli D r. nicht mdg-
licb, da sie niclit ohne Zustandekommen von Ankylose
gebeilt werden kann.
Malms ten theilt folgende 2 Fiille von Spon-
dylitis mit Affektion des Ruckenmark* mit. Der
1. Fall betrifft Spondylitis der obem Halswirbel , in
Folge deren Myelitis entstand.
1) DerKr., dcssen Mutter gestind, dessen Vater aher
im Alter von 68 J. an Lungenschwindsucht gestorben war,
und von desscn Geschwistem einige brustkrank waren,
hatte als Kind an Fieber , spater an Engbrustigkeit und
ini Alter von 17 J. an Lungenentzfinriung gelitten , war
dann aber bis anf mitunter eintretende Symptome von
chronischera Magenkatarrh gesund gewesen ; im J. 1868
hatte er an Schanker gelitten und darauf ohne nene In-
fektion an Geachwulst des Penis ; Bautausschlage waren
nie vorhanden gewesen. Er war Blau fiirber, hatte aber
nie 8ymptome von Bleivergiftung gezeigt.
Ende Sept. 1874 hatte derKr. ohne vorhergegangene
Symptome das Geffihi von Steifheit ini Nacken bei Be-
wegungcn bekommen , dann dumpfcn Schmerz , der sich
uach nnten zu und nach den Ohren hin verbreitete ; der
Schmerz war nnr zeitweilig vorhanden , wurde durch
Druck vom Kopfe aus vermehrt und war am heftigsten in
der Nacht. Nachdem der Zustand langere Zeit mit nur
geringen Abwechselungen unverandert geblieben war, trat
gegen Ende des J. 1874 Verschlinimenmg ein , die durch
ein von einem Arzte danials verordnetes Mittel (elne
wasserklare Flussigkeit) vorfibergehend beseitigt wurde,
der Hals blieb aber steif und schien etwas aufgetrieben.
Angeblich nach langerm Arbeiten in freierLuft, woliei
Pat. trotzdem, dass er scincn Hals vcrbundcn hatte, doch
Kalte im Nacken verspurte, vermehrten sicli die Steifheit
und der Schmerz rasch, ein Pnnkt zwischen den Schnlter-
bliittern begann zu schmerzen und der Schmerz brcitele
sich bis in die Acliseln und dieObcrarme ans, Zuckungen
in den afflcirtcn Thcilen und Ameisenkriechen waren nicht
vorhanden. Anch der Allgemeinzustand wurde schlecht.
Nach BreiumschlSgen nahraen die Schmerzen etwas ab,
doch musste der Kr. hauflg das Bett hflten and blieb
arbeitsunfahig. Dabei bestand hartnackige Verstopfung.
Anfang April bemerkte der Kr. , dass das Gefuhl in den
Handen abznnebmcn begann nnd taubes Gefuhl stieg von
den Hiinden aufwarts, sich fiber die Brust nnd den Bauch
verbreitend ; nnr Kopf, Hals und Bciue schienen normales
Gefuhl zn besitzen ; gleichzeitig begann die Respiration
crschwert zu werden und Lufthunger stellte sich ein.
Harnbcschwerden begannen ebenfalls aufzutretenundPat.
ffihltc nicht, wenn der Ham durch die Urethra ging. Da
sich der Zustand immer mehr verschlimmerte , wurde der
Kr. in das Seraphimerlazareth in Stockholm aufgenom-
men.
Bei der Untersuchung fand man das Geffihl an Brust,
Bauch, oberm Theil des Kfickens und an den obera Extre-
mitaten bedeutend herabgesetzt , an den untern Extremi-
titen zura Theil an den Oberschenkeln ; Nadelstiehe wur-
den zwar fiberall gefuhlt, aber ungleich stark; im Allge-
meinen schien die Anasthesie auf der rechten Seite stirker
ala auf der linken , am starksten war sie in der Hand und
in den Fingern : eine scharfe Abgrenznng zwischen den
anasthetischen Tiieilen und denen, wo das Gefuhl erhalten
war, konnte nicht oachgewiesen werden. Gleichzeitig
war die Motilitat bedeutend eingeschrankt. Gehen und
steben konnte Pat. zwar, obwohl mit Schwierigkeit, aber
wenn er lag, konnte er nicht ohne Htxife seine Lage ver-
andern. DieArme konntcu nicht gehobeu, dieEUcnbogen
nicht gebengt werden , die Finger waren zwar beweglich,
aber kraftloa. Der Hala war ateif und nur aehr unbedeu-
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
tend beweglich, da jeder Versueh, denaelben zu bewegen,
Schmerz verursachte. Die elektromnskulare Contraktili-
tat erschien normal, Krampfe und Muskelznckungen waren
nicht vorhanden. Anf deni Rficken konnte der Kr. wegeu
Vennehrang des Schmerzes im Nacken nicht liegen ; der
Schmerz war fast stets vorhanden , druck end u. spanneud
nnd strahlte oft bis in denilinterkopf ans. In denAchseln
war kein Schmerz vorhanden, auch der Rficken war
schmerz ftrei.
Im Nacken sah man eine einige Centimeter breite,
von einer 8eite zur andem sich erstreckende , auf der
linken Seite am meisten hervortretende Gescliwulst , die
sich bei der Palpitation nicht elastisch, sondern melir
etwas teigig zeigte. Sie war diffus und ging ohne scharfe
Grenzen in die Umgebungen fiber. In der ganzen Aus-
dehnung des Nackens erregte Druck Sclinierzen , am
stfirksten an den beideu obem ilalswirbeln , besonders
stark links von diesen , und zwar bis zum Unterklefer
reicbend in einer Breite von 7— 8 Ctmtr., an den untersten
Halswirbeln dagegen nur unbedeutend. Vcrsuche, deu
Kopf zu bewegen , erregten heftigen Schmerz , ebenso
Druck, der vom Kopfe auf das Ruckgrat ausgeubt wurde.
Allnialig verBchlimmerte sich der Zustand des Kr.,
bald konnte er den Harn nicht mehr selbst entleeren , die
Sensibilitiit nahm auch an den Untcrextremitaten mehr
ab , Stuhlgang konute nnr mit vieler Muhe durch Klyatire
erzielt werden, die Athembeschwerden nahmenzu, Athem-
notb stellte sich otter ein , der Kr. wurde cyanotiscb und
starb mit zunehmender Suffokation. in den letzten Tagen
vor dem Tode war die rechte Korperseite vollstandig ge-
lahmt.
Bei der von Dr. Wallis ausgefuhrten Sekliun fand
man bei ErSffnung des Rfickenmarkskanala in der Hdhe
des 2. , 3. nnd 4. Halswirbels eine Menge zerstreute Oder
zusaiumenfliessende subperiosteale Blutergusse, der grosste
von ihnen, etwa 2 Ctmtr. lang und Ctmtr. breit, fand
sich an der hintern Wand unter dem Periost der Bogea
des 2. und 3. Halswirbels. Ein vorspringendes Knochen-
stfick am 2. llalswirbel verengte das Lumen des Rficken-
markskanals um etwa 2 Ctmtr. , hatte aber das Periost
nicht durchhrocheu. Der untere Theil des 2. Wirbels war
der Sitz eines caribsen Processes, der einen grossen Theil
des Knochens zerstiirt hatte ; die vordere untere Halfte
war untergegangen u. von hier aus hatte sich der Process
nachhiuten zu anggebreitet, so dass auch hier die Knochen-
substanz feblte und nnr das Periost den Ruckeumarks-
kanal von der durch den cariosen Process gebildeten
Abscesshohle trennte. Der Process hatte sich auf dieser
Seite weiter ausgedohnt , so dass der Knorpel zwischen
dem 2. und 3. Wirbel auf der linken Halfte vollkommea
zerstort war und die Abscesshohle von der angefressenen
Flache des Korpers des 3. Wirbels begrenzt wurde. Auf
der rechten Seite hatte der caribse Process keine so
grossen Fortschritte gemacht , aber das erwiihute Frag-
ment abgelbst, das etwa 1 Ctmtr. laug und ' , Ctmtr. breit
war ; 2 andere, kleiuere Fragmente, die sich vom Kfirper
des 2. Wirbels abgelost hatten , waren in ilirer Lage ge-
bliebeu. Die Abscesshohle war sehr unregeiuassig ge-
formt, drang nach unten zu zwischen den 3. Wirbel-
korper und dessen Periost und endete an der oberu Halfte
dee 4 . Wirbels , ihr Iuhalt war rothgrau . fast gerncblos
und ziemlicb dfinnflfissig.
• Die Rfickenmarksbaute , besonders die Pin , zeigten
in der H5he des 2. bis 4. Halswirbels lebhafte Injektkm,
aber kein Ersudat. Das Ruckenmark war in derselben
Aosdehnnng hyperamisch nnd erweiclit, namentlich da,
wo das abgeloste Knochenstfick in den Markkanai binein-
ragte ; die Grenze zwischen grauer und weisser Substaaz
war verwischt und an der Stelle , wo die Compression
stattgefunden hatte , zeigten sioh in beiden Substanzen
pnnktftrmige Blutergfisse. Die Erweichung er-treckte
sich raebrere Zoll abwarts and erst in der H6he derBmst-
wirbel wurde die Consistenz des Ruckenmarks normal.
l J
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66
V. Chirnrgie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
Als Uraache nimmt M a 1 m s t e n in diesem Falle
Erkaltung an, da eine andere Ursache sicli nicht
auffinden Hess. Wenn der Kr. zeitiger in Behandlung
gekoinmen wire, wire jedenfalls Hfllfe mftglich ge-
wesen.
Der 2. Fall betrifft ein 14jfthr. MKdcheu, das am
10. Sept. 1875 im Seraphimer - Lazaretli aufgenom-
men wurde.
Erbliche Krankheitsanlage war nicht naohzuweisen,
nur war eln Brnder in fruhem Klmlesalter an Lahmung,
elne SchweBter an Krampfen erkrankt. Die Kr. selbst
war mit Auenahme der Masern im K indesalter and elites
Halsfibels (wahrecheinlieh Diplitherie) gesnnd gewesen,
hatte aber oft an Angina tnnBillaris mit Schlingbeschwer-
den gelitten. Naeh einem Falle anf den Kueken im Alter
von 8 J. konnte die Kr. nicht gehen, nach einer Woche
schien aber Allen wieder in Ordnung zu sein. Im Marz
1876 trat wieder Anschwellung der Tonsillen auf, die
Tonsillen warden exstirpirt, doch bliebSteifheitim Nacken
znrnck. Im Mai und Jnni traten oft chi starke Kopf-
schmerzen anf. die im nntem Theile desKopfes ihrenSitz
hatten nnd in den Nacken ausstrahlten. Mitte Mai bekam
die Kr. einen Schiag in den Naeken, worauf andanernder
heftiger Schmerz folgte mit Steifheit de« Nackeng und
vollkommenem Unvermdgen , den Kopf zn bewegen.
Elektrieitfit niltzte niclits, Bader verechlimmerten den Zu-
gtand. Mitte Juli begann plotzlieh der linke Arm schwer
beweglicb zn werden, bald darauf das linke Bein, inbelden
Gliedern stellte sich bald vollkommene Lahmung ein.
Spftter traten 8chmerz und Stiche im Kreuze und in der
Unken Lumbargegend ein. Bei der Aufnahme im Hospital
lag die Kr. meist auf der rechten Seite , den Kopf nach
links gedreht, andere Lagen erregten entweder Schmerzen
Oder Respirationsbeschwerden. Die Kr. konute nich nicht
alleln lm Bette bewegen , die linken ExtremitSten waren
gel&hmt , bei Bewegung des Kopfes entstanden heftige
Schmerzen im Nacken , die eiektrorausknlare Contraktili-
tit war besonders in den linkseitigen Gliedmaassen bedeu-
tend herabgesetzt, doch reagirten dieMnskeln des rechten
Arme« noch etwas. Wenn beide Pole anf das Ruekgrat
aufgesetzt wurden , entstanden heftige Schmerzen. Die
Sensibllit&t war unbedeutend herabgesetzt. Heissen und
Amelsenkriechen waren in Armen nnd Beinen vorhanden,
in den Zshen mitnnter heftige Stiche, sowie anch imKreuz
und im Nacken in der Hohe des 2. und 3. Halswirbels;
an letzterer Stelle erregte Druck heftige Schmerzen , we-
niger an den Processus spinosi. Schlaf erfolgte nnr auf
Morphium. Die Respiration war mfihsam. Stuhlgaag
konnte nnr dnrch Klystire erzielt werden , die spontane
Entleerung des Harns wurde umnoglich. Unter Behand-
lnng mit Jodkalium und Vesikatorien im Nacken beaserten
rich die Lahmnngserscheinungen nnd die Schmerzen im
Nacken etwas, die Respiration wurde leichter, Schmerzen
and Reissen in den Extremititen hbrten anf. Im Nov.
wurde ein Streckapparat angelegt , der aber wieder ent-
fernt werden mnsste , da er nicht gut vertragen wurde,
statt dessen kam gestreckte Lage in Anwendnng. Bei
dieser Behandlung schritt dieBesserung allmalig vorwirte.
der allgemeine Gesnndheltsznstand besserte sich ebenfalls.
Nach Anwendung des Cauterium actnale zu beiden 8 el ten
des Halses in der H6he des 3. and 4. Halswirbels trat
noch mehr Besserung ein nnd die Kr. konnte bald leichte
Beschaftigungen ausfohren. So machte die Besserung
raache Fortschritte and bald waren alle Bewegungen un-
gest&rt, so daas die Kr. am 20. Febr. 1876 entlaaeen wer-
den konnte.
Obwohl die Prognose im Anfang nicht gut war,
konnte doch Heilung erzielt werden. Ob der Schiag
in den Nacken die eigentiicke Ursache der Erkrau-
kung gewesen ist, litsst sich nicht mit Oewissheit
besthnmeu, doch trat danach entschiedene Verschlim-
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merang ein. Eine tiefere Rflckenmarksaffektion war
jedenfalls nicht vorhanden gewesen, sondem die
Symptome waren die Folge eines Exsndats, das all-
mftlig resorbirt wnrde. (Walter Berger.)
367. Friihseitige subperiostal© Besektion
der gansen Diaphyse der Tibia wegen Periosti-
tis diffusa, phlegmonosa ( akute Osteomyelitis) ; von
S. Duplay. (Journ. de Th4r. II. 20; Oct. 1875.
Vgl. Jahrbb. CLXV1. p. 268.)
Einjunger Mann von 16 J., der wegen eitriger Perio-
stitis der 2. Phalanx des Mittelfingers nnd Vereiternng der
beiden angrenzenden Gelenke im Hospitale war, bekam
eine diffuse plilegmonose Periostitis des linken Unter-
schenkels. Drei Inclsionen am 4., 7. nnd 18. Tage nach
BeginnderErkrankung entleerten subperiosteal gelegenen
Eiter, und die Sondirnng ergab , dass die Tibia in Hirer
ganzen Liingenausdehnung voui Periost eutblSst war. Die
schwere Stiirung deg Allgemeinbefindens (P. 120 — 130,
Temp. 40), DiarrhOe. Oedein des Gesichts, eine sehmerx-
hafte Anschwellung der linken Schulter und eln Froatan-
fall liessen bei der drohenden PyAmle D. nnr die Wahl
zwischen Amputation des Oberschenkels und totaler Re-
sektion der Tibia (dasKnicgelenk war frei). D. entschied
sich ffir die letztere, welehe unter Chloroformnarkose nnd
Esmarch’ scher Constriktion so ansgefiihrt wurde, dass
D. einen LangBBchnitt vom Condyl. int. bis zura Malleolus
internus (dnrch die alten Inclsionsstellen) fflhrte, mit dein
Finger das Periost abschalte und den Knochen oben mit
der Kettensage durchtrennte , woranf sich derselbe leicht
an der nntern Epiphysenlinie ablosen liess. Blutverlust
gieich Null. Die Lange der entfernten Diaphyse betrug
26 Ctmtr. ; auf dem Langsschnitte zeigte sich die Mark-
hoble init Eiter durchsetzt. Die Wundbohle wnrde mit
Cbarpie ausgefullt und das Bein durch eine Gipsschiene
(an der Aussenseite) mit Sohle fUr den Fuss flxirt. Ab-
gesehen von einer Nachoperation zur Entfernung des ne-
krotiBch gewordenen oberen Stuekes der Diaphyse von
3 Ctmtr. Lange , das sitzen geblieben war , erfolgte die
Heilung ohne besondern Zwischenfall , so dass der Pat.
nach C Mon. das Hospital anf Kr&eken verlassen konnte.
Die Consolidirang war am spatesten an der nntem EpI-
physengrenze erfolgt, welcher entsprechend ein StQek
Periost am Knochen sitzen geblieben war. Drei Monate
spater wnrde der Kr. der 8ociete de chirnrgie in Paris
vorgestellt. Das Bein war solid , um 2 Ctmtr. verkurzt
und nm 2 Ctmtr. dicker als das andere ; das Kniegelenk
frei ; das Tibiotarealgelenk beweglicb , aber etwas steif.
Der Kranke hlnkte ein wenig, ging aber ohne Stock.
D. citirt 3 Beobachtungen von H o 1 m e a , Ollier
(Letenneur) und Macdougall, welehe gleich-
falls Erhaltnng des Lebens und der Funktion (bis auf
1 Pseudarthrose) erzielten, u. empfiehlt die Operation
statt der Amputation. Besonderes Gewicht ist auf
die Blutsparung durch elastische Constriktion nach
Esmarch, auf die sorgf<ige Schonung des Pe-
riostea (die erwfthnte Pseudarthrose mOchte D. auf
Verletzung des Periosts an der entsprechenden Stelle
zurflckftlhren) und auf die rnhige Lage und Fixation
bei der Nachbehandlung zu legen. Eine geringe
Verkllrzung von 2 — 4 Ctmtr. lftsat sich bei der Tibia
nicht vermeiden. Mfiglicherweise kann in Folge des
Wegfalls des Epiphysenknorpels die Extremitat
spflterhin noch weiter im Wachstlmm zurflckbleibeu,
doch fehlt es hierilber noch an Beobachtungen.
Jedenfalls aber halt D. diese Behandlung nieht f&r
an wendbar bei akuter . phlegmonOser Periostitis des
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V. Chirurgie, Opbthalraologie u. Otiatrik.
Humerus und Femur, weil die betreffenden Giieder
nicht in der Stellung fixirt werden kflnnen , welche
nothwendig ist, wenn der neugebildete Knochen die
nattlrliclie Form wiedqr erhalten soil. (Bloc k.)
368. Zur Pathologic and Therapie der
Coxitis; von Thomas Annandale. (Edinb.
med. Jonrn. XXI. [Nr. 245.] p. 410. Nov. 1875.)
Nach zahlreichen Beobaclitungen an frtthzeitig
resecirten Hllftgelenken spricht A. sich entschieden
dahin aus , dass , ausser in den akuten, auf Synovitis
zurttckzufiihrenden Fallen , der Process meistens mit
ZeratiSrung des knorpeligen Ueberzngs des Caput
femoris beginnt, wihrend die Pfanne und deren
Knorpel gewtthnlicli anfangs nur wenig betheiligt
sind. — Die pathologischen Veranderungen , welche
A. am Kopfe des Femur beobachtet und durch Ab-
bildung charakterist. Praparate illustrirt hat, sind
folgende : 1) Zeratdrung des Gelenkknorpels mit Osti-
tis des darunter liegcnden Knochens und mehr oder
weniger ausgedehnter Abldsuug des Knorpels von
dem Knochen ; an einem Praparate liess sich der
Knorpeltlberzug wie ein Deckel abheben. 2) Um-
schriebene , oberflachlich gelegene cariose Stellen
(Ldcher) im Kopf oder Hals des Schenkelbeins mit
oder ohne Nekrose in der Tiefe. 3) Entztlndung und
Vereiterung in der Epiphysenlinie zwischen Kopf und
Hals, begleitet von Erweichung and Zerstdnmg der
umgebenden Knochensubstanz und mehi - oder weni-
ger vollstandiger Trennung des Kopfes vom Halse.
4) In mehr vorgeschrittenen Fallen ist der Kopf und
bisweilen selbst der Hals des Femur mehr oder we-
niger durch Caries zeratttrt. 5) Zweimal hat A. das
ganze Femur und Os ilium in ihrer ganzen Dicke
krank gefunden. Die Rindenschicht war dllnn und
mit dem Messer leicht zn zerschneiden, das Knochen-
mark enthielt nur wenige knttcherne Lamellen und
Nadeln.
In den sub 1 bis 3 registrirten Fallen war die
Pfanne nur wenig erkrankt , bis auf die Insertions-
stelle des Lig. teres [?]. Auch gaben die vorhande-
nen Lasionen keinen Anlass zu Stttrungen nach Ent-
fernung des kranken Kopfes. Die Synovialmembran
war allemal verdickt, Eiter jedesmal vorhanden, es
bestanden aber keine Fisteln. Ware, meint A., das
Leiden von der Synovialis ausgegangen, so hatte der
Knorpel nnd die Wandung der Pfanne mehr bethei-
ligt sein milssen.
Die Pfanne, welche gewbhnlich erst nach l&nge-
rem Bestehen afficirt wird , wird in Folge cariiiser
Zeretttrnng des Knorpels und der Wand vergrOssert
und vertieft bis zu ausgiebiger Perforation und Com-
mnnikation mit dem Becken. Die Verhaltnisse bei
Caries des Schultergelenks sind analog.
Die von A. beobachteten Ausgange durch Natur-
heilung sind : Vollstandige Wiederherstellung ohne
Starring des Gelenks und seiner Funktion , wenu der
Process frtthzeitig zum Stillstande kam. Sobald
Eiterung eingetreten ist, resultirt entweder fibrfise
Ankyloae oder knttcherne Verachmelzung bis zum
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Verwischan jeder Grenze. Die Formveranderung
und vttllige Verse hi ebung der Pfanne sind bekannt.
In dem letztern Falle obliterirt die ursprttngliolie
Pfanne und es bildet sich eine neue Gelenkflache auf
dem Rande der alten oder dem Dors, ossis ileum.
(Block.)
369. Eine Folge krankheit dea Aufreoht-
stehena (Contusion der Ferae ) ; aus Dtspris'
Klinik mitgetheilt von Marchant. (Gaz. des H6p.
62. 1875.)
D. bekam in kurzer Zeit 3 Polizisten zur Be-
handlung, welche gleichmilssig ttber Schmerzen in
der Ferse klagten , die sich bei ruhiger Lage ver-
loren, beim Stehen erneuerten, bezw. vermehrten.
Die Haut der Ferae zeigte keinerlei Verttndorung,
weder Rttthe noch 8chwielen, war im Gegentheile
eher dttnn. Drnck venu-sachte keinen Schmerz ; bei
verstArktem und linger andauerndem Drucke genau
an der Stelle, welche beim Stehen als Sttttzpunkt
dient, wurden dagegen lebhafte Schmerzempfindungen
angegeben. Die Kr. verglichen iliren Schmerz mit
der Empiindung , den Stiefel verursachen , die den
grossen Zehen drtteken, und bezeichneten ihn als ein
Geftthl von Wttrme oder Brennen.
D. nimmt an , dass die Krankheit auf einer Mo-
difikation des subcutanen fetthaltigen Bindegewebea
unter der Ferse benihe, das sich vor dem Fettgewebe
anderer Regionen durch relativen Reichthum an Blnt-
gefissen auszeichne und eine geringe Menge Flttssig-
keit enthalte, die dem Inhalte der Schleimbeutel
nahestehe. Beweisende pathologisch anatomisohe
Befunde giebt es fttr die supponirte ,,Modifikation u
noch nicht.
Dass in den drei Beobachtungen jedesmal nur
die eine Ferae afficirt war, erki&rt sich daraus , dass
man sich beim Stehen vorzugsweise immer auf ein
Bein sttttzt. Einer derKr. bekam dem entsprechend
nach der Hcilung des einen Fusses den Schmerz
hinterher in der Ferse des andern, weil er nun
diesen voi’zugsweise als Sttttzpunkt benutzte.
Hohl- und Schweissfttsse, sowie kleine Fflsse mit
dttnner Hant sind besonders disponii-t. Dttnne Sohlen
und lange Mirache auf holprigem Pflaster begttnsti-
gen die Krankheit.
Die Behandlnng besteht in lingerer Ruhe ; beim
Wiedergebrauch der Fflsse mflssen die Kr. dicke
Sohlen mit Kautschukeinlagen tragen. Platte Sohlen
ohne Absitze sind durohaus naehtheilig. Zwei von
den drei Kr. wurden geheitt , der dritte mnmte den
Bemf aufgeben. (Block.)
370. Eine none Behan dlungamethode ge-
wisser Lymphdrusengeschwulste; von S. Mes-
senger Bradley. (Laneet II. 10; Sept. 1875.)
B. empfiehlt Injektionen von Jodtinktur in Lymph-
drttseugeschwttlsten des Halses. Besonders geeignet
fttr diese Methode sind : a) wahre , nicht Bcrofulttse
Hypertrophien der Lymphdrttsen ; b) scrofulttse, aber 1
noch nicht eitrig erwelchte Tumoren; c) harte
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V. Chirnrgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
Lymphome ; d) bei eingekapselten Geschwfllsten ist
wenigstens der Versuch zn machen , ehe man an die
Excision geht. Die besten Resnltate werden erzielt,
wenn es sich um eine einzelne hypertrophische
Drttoe bei einem sonst gesunden erwachsenen ln-
dividnnm handelt Ungeeignet dagegen sind syphi-
litiscbe nnd carcinomatose Affektionen n. das maligne
Lymphom.
In der Regel genttgen 5 oder 6 Injektionen der
gewflhnlichen Jodtinktur von je 5 oder 10 Tropfen,
je nach der GrOsse des Tumor , in Zwischenrftumen
von 4 Tagen. B. erw&hnt einen abgekapselten Drtt-
sentnmor von Wallnnssgrtfose unterhalb des Unter-
kiefers , der nacb der ersten Injektion nahezn voll-
stftndig versch wand . (Block.)
371. Ueber die Entzundung dex Mamma
bei jungen Mftnnern; von Dr. Leisrink in
Hamburg. (Deutsche Ztschr. f. Chir. IV. 1. p. 19.
1874.)
Obgleich weder allzu selten, noch besonders
leicht zu behandeln , ja in vielen Fallen sehr hart-
nlckig, ist die Entztlndnng der rafinnlichen Brust-
drflse in den Lehrbflchern der Chirnrgie meist. sehr
kurz abgehandelt. GewOlmlich wird angenommen,
dass die Mastitis bei Mftnnem fast ausschliesslich in
Folge eines Trauma entstehe; es kommen jedoch
Fille zur Beobachtung , in denen die Mastitis ohne
bekannte Ursache, sicher nicht nach tranmatischer
Einwirkung sich entwickelt bat.
Die Mastitis tritt bei ganz gesunden jungen
Mlnnern zur Zeit der Pubertfit auf, und zwar akut
unter heftigen Schmerzen mit leichtem FiebeT und
Anschwellnng der Drttsen der Achselhfthle. Die
Brustdrtlse , auf Druck sehr empfindlich , liegt wie
eine flache Scheibe unter der Haut und sind an der-
selben einzelne Knoten und Hervorragungen zu fQh-
len. Der Ausgang ist Zertheilung , Verhkrtung oder
Abscedirung. Die Behandlung ist von der gegen die
fragl. Affektion beim weiblichen Geschlechte einzu-
schlagenden principiell verschieden , da das Leiden
bei letzterm vorwiegend in der Periode der Thitig-
keit der Drlise entsteht , welche bei den davon be-
fallenen Mfinnem nicbt beobachtet wurde.
Ein lijahr. kr&ftiger Jungling, bis dahin steto gesond
gewesen, klagte fiber Schmerzen in der Brust. Beide
Mammae waren in flache Scheiben verwandelt , hart , die
bedeckende Haut heiss, sehr empflndlich. DieDrfisen der
Achselhohle waren geschwollen. Geringes Fieber mit
Appetitlosigkeit und Stnhlverhaltung. Da Pat. keine Eis-
umschlage vertrug, wnrden warme Umschlage angewen-
det, die die Schmerzen nnd sonstigen Entzfindungserschel-
nungen bald beseitigten. Nach 6 T. durfte Pat. das Bett
verlassen : firtlich wurde Merknriaipflaster aufgelegt,
innerlich erhieit er, da er sich sehr matt ffihlte, Eisen nnd
Chinin. Nach 8 T. trat eine nene aknte Entzundung ein,
die zwar bald zurfickging, aber seit der Pat. stetige
Schmerzen in beiden Mammae spfirte. Bei 14tag. Land-
anfenthalte hatte die Qeschwnlst etwas abgenommen nnd
die 8chraerzen batten sich ziemlich verloren. Nachdem
Pat. wieder 8 T. gearbeitet hatte , bekam er einen nenen
sehr heftigen Anfall, der eine bedentendere Geschwnlst
und lebbaftere 8ohmerzen hinterliess. Beim Anfenthalt
auf dem Lande nnd Arbeit in freier Lnft hat sich Pat.
wesentlich erholt, doch wird er, wte die BeobaeManfr
eines andern FaUes lehrte , wohl erst wenn die voile Ent-
wicklnng eingetreten ist, von neuen Anfallen verschont
bleiben.
In einem andern Falle hirtten sich Fistelgfinge
gebildet, die eret auf energisches Auskratzen mit dem
scbarfen LiJffel heilten. In der Mehrzakl der Fille
trat jedoch auf einfache Behandlung Zertheilung ein.
Ekzem nnd Rhagaden der Mammilla treten
ebenfalls in der Entwickelungsperiodc ftftei’s bei
jungen M&nnem auf, ohne dass man in der Mebrzahl
derFftlle, wie Billroth meint, ftussem Urnchen
ihre Entstehung zuschreiben kann. (H. M 8 c k e 1.)
372. Die tempor&re Ligatur der Arterien
nebst einem Anhange uber Litter's Catgutliga-
tur; von Dr. Paul Bruns. (Leipzig 1875. Druck
von J. B. Hirscbfeld. gr. 8. 77 S. — Deutsche
Ztschr. f. Chir. V. 4 u. 5. p. 317. 1875.)
Die temporftre Ligatur wird seit Anfang 1868
auf der Ttibinger Klinik in Anwendung fast aos-
schlies8lich gezogen. Die Technik derselben ist fol-
gende.
Als Leitung fttr den Ligaturfaden dient ein dfln-
nes silbernes RShrchen von 2 Mmtr. Dicke, das Li-
gatur- oder Arterienrflhrchen. Es besitzt seiner
ganzen L&nge nach ein einfaches Lumen, nnr die
vordere, der Arterie zugekehrte Oeffnung ist doppelt,
indem durcb die Mitte derselben eine quere, 1 — 2
Mmtr. hohe Scheidewand hindurchlluft (Fig. 1).
An dem hintem Ende des Rdhrchens ist ein schmaler
Querbalken aufgesetzt, welcher in seiner Mitte eine
Vertiefung fllr dieAufhahme des Fadenknotens trfigt.
Als Ligaturfaden wird ein mitCarbolwachs getrink-
ter Seidenfaden benutzt. Dieser wird bei der Unter-
bindung eines blntenden Arterienendes so durch das
Rdbrclien hindurch gezogen , dass seine Mitte als
Schlinge aus der doppelten Oeffnung am vordem
Ende des ROhrchens hervorsteht, wfthrend die Enden
des Fadens aus der entgegengesetzten Oeffnung her-
vorgezogen und zu beiden Seiten des Querbalkens
vorbei geleitet werden. Hat man nun das Arterien-
ende mit der Schieberpincette gefasst, so wird die
Fadenschlinge mit dem Ligaturrdhrchen fiber die
Pincette hintlbergeffihrt, um die Arterie berumgelegt
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V. Chirargie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
and schlflsslicb durch doppelte Knotnng der Faden-
enden fiber dem Querbalken zusammengeschntlrt.
Die Fadenenden werden dicht am Knoten abge-
schnitten. Selbstverstftndlich mflssen vor dem Be-
ginn einer blntigen Operation eine genttgende Anzahl
Ligaturrohrchen, in der angcgebenen Weise mit Fa-
denschlingen armirt, bereit gehalten sein. Bei der
Unterbindnng in der Continuitftt wird im Voraus nnr
das eine Fadenende dnrchgezogen, das andere dagegen
erst dann , wenn es mit der Aneurysmennadel unter
der isolirten Arterie hindurch gefflhrt worden ist.
— Nach der Applikation wird das je nach der Tiefe
der Wimde verschieden (2 — 12 Ctmtr.) lange Rdhr-
chen auf dem kttrzesten Wege aim der Wunde ge-
leitet and steht etwas fiber dem Niveau der Wund-
rftnder oder der ftiissern Haut hervor. Zur Entfer-
nung des Fadens werden beide Fadenenden dicht
unterhalb des Querbalkens durchschnitten , das eine
Ende mit einer gewfthnlichen anatomischen Pincette
gefasst und nm dieselbe anfgewickelt. Die Entfer-
nnng geschieht nach Ablauf von 2 — 3mal 24 Std.,
je nach der Grdsse der Arterie.
Das Verfahren hat sich in den 6 Jahren seiner
Anwendnng in der Tflbinger Klinik in befriedigender
Weise bewfthrt, denn bei weit fiber 1000 Ligaturen,
daranter Unterbindungen der Carot. communis und
eat., Femoralis u. Brachialis, wnrde nnr 2mal Nach-
blntung beobachtet. Der eine Fall betraf eine Un-
terbindung der Carotis comm, bei Gelegenheit der
Exatirpation einer carcinomatdsen Stnima, der an-
dere Fall ham nach einer Oberschenkelamputation
zur Beobachtung, als nach 72 Std. die Ligatur von
der Art. femoralis entfernt wurde.
Die Vorzflge der temporftren Ligatur von dem
gewOhnlichen Unterbindungsverfahren zeigen sich
1) in dem Heilungsverlanfe der Wnnde, welcher
dnrch den als Setaceum im Kleinen wirkenden Un-
terbindungsfaden oft ungebfihrlich lange hinausge-
schoben und ehen wegen fortbestehender Eiterung
bisweilen von accidentellen Wundkrankheiten unter-
brochen wird, wfthrend das glatte Metallrflhrchen
die Schliessung der Wunde nicht wesentlich verz5-
gert , 2) and vor Allem in der grdssern Sicherheit
der definitiven Blutstillung.
Nach den mitgetheilten Vereuchen bleibt bei der
temporftren Ligatur die Adventitia an der einge-
sehnflrten Stelle nicht nur vollkommen erhalten, son-
dern wird sogar noch durch die Produkte der Peri-
arteriitis betrftchtlich verdickt ; es erfolgt weder
Eiterung noch Continuitfttstrennung und daher bleibt
anch bei der Unterbindung einer durchscboittenen
Arterie das jenseits der Ligatur gelegene Ende in
Zosammenhang mit der Gcfftsswand und verwandelt
sich schlfisslich in einen der Ligaturstelle aufsitzen-
den > fc^Jbkngeligen Knopf.
Die Media und Intima werden an der Ligatnr-
steUe cirkular getrennt und bis zur gegenseitigen
Berflhrung einwftrts umgerollt gefanden, wfthrend
die so entblCste Innenflftche der Adventitia durch
den umgelegten Faden ringsum in inniger Berflh-
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rang gehalten wird. Durch Zwischenlagerung einer
Schicht fibrindsen Gerinnsels , sogen. plastischer
Lymphe, erfolgt zuerst Verklebung, durch Organisa-
tion des Gerinnsels feste Verwachsung des Arterien-
lumens, nach dem Vf. ein wesentliches Moment fflr die
definitive Blutstillung. Denn wenn auch ein vollkom-
men entwickelter und adbftrenter Thrombus sichern
Schutz gegen den And rang der Blutwelle gewfthrt
und auch allein die Blutstillung sichert, so kann
der Tlirombus doch nicht als exclusiver Faktor der
Blutstillnng angesehen werden, da die. Thrombusbil-
dung gar nicht so constant ist, als gcwdhnlich ange-
nommen wird , und in nicht seltenen Fftllen Gefftss-
wnnden auch ganz ohne Thrombirang durch Ver-
wachsung der Gefftsswand heilen. Der bei der ge-
wdhnlichen Methode liegen bleibende Faden muss
dagegen die Continuitftt des Gefftsses jedes Mai unter-
brechen. Schneidet er zu einer Zeit durch , wo die
Verklebung und Thrombusbildung noch nicht genfl-
gend consolidirt ist, um die Oeffnimg zu verlegen,-
oder hat sich die von dem Faden eingeleitete Eite-
rung in der Gefftsswand weiter erstreckt und Erwei-
chung u. Schmelzung der Adhftsionen und des Throm-
bus veranlasst , so kommt es zu Sekundtlrblutungen.
Nach Porta kommen auf 600 Continuitfttsunterbin-
dungen 75 Nachblutungen mit 30 Todesfftllen, nach
Pilz auf 158Fftlle von Ligatur der Carotis commu-
nis wegen Blutung 35 Nachblutungen mit 16 Todes-
fftllen, bei Billroth (1870) nach Bruns’ Berech-
nung auf 14 Unterbindungen grosser Gefftsse wegen
Schussverletzungen sogar 7 Verblutungen. In der
Tflbinger Klinik ist dagegen (ohne dass derVf. darin
einen statistisch vollwerthigen Gegenbeweis sehen
will) in 13 Fftllen von Continuitfttsunterbindungen
mittels temp. Ligatur (Carotis comm., Poplitaea und
Ulnaris je 1 Fall, Femoralis, Tibialis post, und Ra-
dialis je 2 Fftlle, Lingualis 4 Fftlle) kein Mai eine
Nachblntung erfolgt.
Die Grflnde, wegen welcher nach dem Vf. der
temporftren Ligatur der Vorrang vor der Acupressur
gebflhrt, mttssen im Originale nachgelesen werden.
Hinsichtlich der Catgutligatur kommt der Vf. zu dem
Schlusse, dass dieselbe der temporftren Ligatur zu-
nftchst wegen ihrer grCssem Einfachheit entschieden
flberlegen ist und in Beti’eff der Sicherheit voile
Garantie bietet, wenn dieselbe bis zur vfilligen Zer-
reissung der innern Arterienhftute zusammengezogen
wird and wenn rie als integrirender Bestandtheit
der antiseptischen W umlbehandlung zur Ausfiih-
rung gelangt. vB 1 o c k.)
273. Ueber kunstliohe Atrophisirung des
Augapfels; von Dr. Sigmund Vidor in Pest.
(Jahrb. f. Kinderheilk. IX. 3. p. 259. 1876.)
Vf. b68pricbt das Geschichtliche der Veriklung
des Bnlbus und theilt die v. Graefe’schen Vor-
8chriften hierfiber mit. Er selbst hat die Operation
wegen Staphyloms bei Kindera 6mal gemaclit und
schildert 3 Beobachtungen ausflihrlich. Es scheint,
als ob das Auge der Kinder viel langsamer gegen
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V. Chimrgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
den eingelegten Faden reagiro , ala man bishcr an-
genommen hat Vf. hat ihn n&mlich 6-8 Wochen
liegen laaaen. — Da wir vor Kurzein dieae Methode
besprochen (Jahrbb. CLXVIII. p. 50), glauben wir
eines weitern Eingehens auf die F.inzelheiten enthoben
zu aein. (Geissler.)
374. IJeber symmetriaohe centrale Chorio-
retinitia bei Peraonen im hohern Alter; von Jon.
Hutchinson. (Ophthalm. Hosp. Rep. VIII. 2.
p. 231. Sept. 1875.)
Die Affektion ist charakterisirt (lurch sehr kleine,
ninde, gelblich weiase Flecke am hintern Augenpol,
welche biaweilen in Gruppen beiaammen atehen und
hier und da confluiren. Eine Anh&ufung von Pigment
findet nicht statt , nur scheinen ala Auagangacrachei-
nung Blutergttaae in der Gegend dea gelben Flecka
vorzukommen, welche eine Pigmentirung hinter-
laaaen. Die Papilla bleibt geaund , hflehstena er-
acheint sie etwas blass, die Netzhantgefiaae aind
nicht verftndert. Beide Angen aind in nahezu gleicher
Weise ergriffen. Die Kr. atehen im hbhem Alter,
meiatena aind aiesonat geaund, bei einigen findon aieh
andere Zeichen der aenilen Decrepiditat. Ea werden
die Krankengeachichten von 10 Peraonen mitgetheilt,
3 davon waren Schwe8tern im Alter von 40 — 60
Jahren. Die amblvopischen Eracheinungen waren
bei Allen mehr oder weniger auageaprochen ; viel-
leicht ist die Affektion eine der Uraachen der aenilen
Amaoro8e. Ob die Flecke in colloiden Audagerungen
an der Lamina elaatica der Aderhaut bestehen, bleibt
noch zu ermitteln. (G e i 8 a 1 e r.)
375. Ueber drei Fftlle von NeuroretinitiB
mit Symptomen tinea intracrauiellen Aneuryema;
von Dr. E. L. Holmes in Chicago. (Arch. f.
Augen- u. Ohrenheilk. V. 1. p. 172. 1876.)
Vf. theilt nachatehende Beobachtungen mit.
1) Ein SSJahr. Mann hatte seit 3 J. Brausen imKopfe
bemerkt nnd war 1 J. spater nach und nach auf beiden
Ohren taub nnd hlerauf auch blind geworden. Die Binde-
haut war an beiden Augen lebhaft injicirt, die PupiUen
waren weit, starr. An der rechlen Schldfe t ear ein sehr
lautea aneurysma tisches Sauaen hdrbar , (lessen Starke an
andem Stellen des Kopfes geringer war. Pat. Vemiinderte
zu seiner Erleichterung das Blasen , wenn er die Hand
fest an die Kinnlade stemmte. Drack auf die rechte
Carotis beseitigte das Blasen. Pat. wurde , wiewobl sich
kelne Syphilis nachweisen liess, mit Jodkalium und spater
durch die Schmierkur behandelt. Das Rauschen im Kopfe
besserte sich dabei , so dass es nur vom Pat. selbst wahr-
genommen wurde, schlusslich wurde es auch fur den Kr.
selbst nur zeitweilig wahrnehmbar. Pat. lebte noch 8 J.
In ungestSrter Gesnndheit , doch stelite sich allmalig trotz
imgeheuren Appetits Muskelschwacbe ein. Kurze Zeit
▼or dem Tode flossen sehr reichliche Mengen serdser
Flfissigkeit ans der Nase ab. Keine Sektion.
8) Ein 6</sJahr. Knabe litt seit einigen Monaten an
zdtwelHgen oerebralen Relzerscheinungen, die eine genane
Diagnose niebt zuliessen. Sausen im Kopfe war dem
Klnde von vorn herein bemerkbar geweBen. Man hUrte
es am lautesten an der rechten Schldfe. Pat. konnte mit
grosser Genanigkeit die HBhe nnd den Ton des Gerausches
nachahmen. Pat. war wkhrend der Hirnkrankheit toU-
■t&ndig erbiindet. Die Bbndheit blieb bestehen, die
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&brigen8ymptomevenchwandenallm&Ug, auch das Blasen
hdrtc gSnzlich anf. Noch zu bemerken ist , dass Pat. das
Vermdgen in ausgezeichnetem Grade besass, je nach
Wuntch die Pupillen zu contrahiren. Dieses VermSgen
bestand auch trotz der Erblindung fort.
3) Bei einem 21j;ihr. Manne war unter dem Gefuhl
von Schwere im Kopf linksscitige Taubheit eingetreten,
anch hatte sich ein anfangs nur im Liegen, spater auch
im Stehen und Sitzen wahrnehmbares Pnlsiren im Kopfe
eingestellt. Pat. erblindete l>ald bernach auf beiden
Augen. Dann erlosch auch der Geruchssinn ganzlich, der
Geschmackssinn theilweise. Man unierhand die linke
Carotis communis , jedoch nhne Nulzen fir den Kranlcen.
Eine Zeit lang klagte Pat. fiber einen hBckst widerlicben
snbjektiven Geruch , der durch Druck auf die rechte
Carotis verstarkt wurde. Bcim Gehen wurde die Zabl
der Pulsschlfige uugewohniich vermehrt. Pat. lebte noch
3 1 /* J • : alle Sinne mit Ausnahme des Oehdrs am rechten
Ohr tcaren vemichtet , Mnskeiparese und Muskeikrampfe
traten ein , die Sprache und die psychischen Fahigkeiten
crhielten sich bis zum Tode. Merkwfirdig war noch, dass
zuietzt das Sausen manchmal aufhdrte , wonach sich aber
sofort hdchst pcinliche Schmerzen Im rechten Hfift-
gelenke einstellten. Diese Schmerzen wicben, sobald das
Sausen im Kopfe wieder auftrat. — Die Sektion ergab
eine huhnereigrosse Geschwulst der Glandula pituitaria,
, welche durch Drnek auf die Carotis ein bedentendes
Aneurysma verursacht hatte u . [Etwas Naheres fiber den
Sltz und die Art des Aneurysma ist nicht angegeben.
Auch sonst ist lediglioh bemerkt, dass die Sehnerven
atrophisch waren. Der fibrigen Nerven geschieht kelne
ErwShnnng.] (Geissler.)
376. Fall von plfitaliober, mit Chorea ver-
bundener Amaurosis; von H. R. Swanzy.
(Ophthalm. Hosp. Rep. VIII. 2. p. 181. Sept. 1875. !
Ein lOjahr. Madchen war eines Abends nach lingerer
kBrperlicher Erregung mit Kopfweh nach Hause gekommen
und hatte am andern Morgen beim Waschen bemerkt.
dass das linke Ange erbiindet sei. Die Untersuchung
fand erst 14 T. spater statt. Man fand ein der Embolie
der Centralarterie sehr ahnliches Bild. SSmmtliche
Arterienzweige waren bleich nnd dfinn , aber nicht ganx
blutleer, die Venen waren ebenfalls verengt, die Netzhaut,
besonders nach oben und nach aussen vor der Papilla, ge-
trfibt , an der Macula war der bekannte rothe Fleck vor-
handen. Am Herzen war nichts Abnormes. Im linken
Arm nnd im linken Bein wurden choresShniiche Krampfe
bemerkt, welche angeblich gleichzeitig mit der Erblindung
aufgetreten waren. Pat. wurde mit Brom- und Jodkalium
behandelt. Nach 10 T. wurde hell und dunkel unter-
schieden und nach 14 T. wurden central Finger gezahH.
Die Netzhauttrfibung war verschwnnden , der rothe Fleck
mehr diffus und schwiicher gerothet. Nach 8 Wochen
schieu die ah- und einwarts ziehende Arterie ganz bint-
leer zu sein , das untere Drittei des Sebfeldes war defekt.
Aber nach 6 Wochen hatte sich die Blutleere wieder ver-
loren, alle Aeste waren jetzt glelch gut wahrnehmbar.
In den nachsten Wochen hob sich das SehvennBgen, nuob
die Chorea hBrte auf. Der Defekt im Sehfeld blieb in-
dessen trotz der Rfickkehr der Cirkulation bestehen. [Es
wire hierbei zu erinnem , dass Hughli ngs Jack son
ais Ursache der Chorea eine capillare Embolie des Corpus
striatum annimmt.] (Geissler.)
377. Ueber hysterisohe Amblyopie; von
Dr. E. Land o It. (Arch, de Physiol. 2. S6r. II. 5.
p. 624. Aoftt — Sept. 1875.)
Vf. beachreibt ztinAchat sehr ausftihrlich die
Symptome deijenigen Hysterie , welche von Char-
cot ala epileptiforme Hyaterie bezeichnet worden ist.
Wir gehen hieranf nicht nJLher ein , eben so wenig
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V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
wie auf die Untersuchnngsmethoden fiber Licht- and
Farbenperception , da dieselben gentlgend bekannt
8ind. Anf Grand der sehr umstftndlich mitgetheilten
Krankengeschichten stellt L. folgende vier „Katego-
rien“ der hysterischen Amblyopie auf.
1) Die Angen zeigen weder ftusserlich noch bei
der Untersuchnng mit dem Augenspiegel eine Ab-
normitat. Aber beidereeits 1st das Sehfeld con-
oentrisch eingeengt , wenn auch nicht ftlr die Licbt-,
so docb ftlr die Farbenempfindung. Das Auge der-
jenigen Seite, auf welclier das Ovarium bei Druck em-
pfindlich 1st u. dessen Compression einen hemmenden
Einfluaa auf den Krampfanfall h&ufig zeigt, auf wel-
cher ferner Antlsthesie oder Analgesie vorherrschend
ist — zeigt sich auch vorwiegend gestdrt, so dass
auch die Sehsch&rfe selbst gelitten hat. Die Seh-
schirfe auf dem Auge der gesnnden Seite bleibt
normal.
2) Dieselben Erscheinungen sind auf dem Auge
der kranken Seite noch melir ausgeprkgt , aber auch
die Sehschfirfe des nndern Auges ist beeintrichtigt.
3) Man findet ophthalmoskopisch Erweiterung
der Netzkautgeftsse und serose Exsudation. Das
Sehfeld ist bis in die Nalie des Fixirpnnktes einge-
engt, es besteht partielle oder totale Farbenblindlieit
und das Auge der kranken Seite vennag kaum Finger
zu zaklen.
4) Es koinmt eine partielle Atrophie beider Seh-
nervenpapillen zu Stande.
Da sich die vom Auge ausgehenden Symptome
mit dem Verlauf der Hystero-Epilepsie selbst beasern
oder verschlimmem, werden die verschiedenen Grade
der Amblyopie bei demselben Individuum auch zu
verschiedenen Zeiten beobachtet. (G e i s s 1 e r.)
37S. Fall von Erblindung in Folge einer
Flintenkugel , we/cfie 23 Jahre lang im Collum
chirurgicnm des rec/ilen Oberarms gelegen ; von
Dr. Agost. Paci. (Lo Sperimentale XXXVI. 12.
p. 602. 1875.)
Ein ital. Soldat hatte im J. 1848 einen Schnsg in die
Gcgend des Processus coracoideus an der rechten Scholter
erhalten nnd war ais Gefangener in einem osterreichischen
Lazareth verpdegt wordeu. Es vergingen 17 J., ais sich
(im J. 1865) ein Abscess iu der Gegend des Deltamnskels
bildete. Dieser Abscess war geoffnet worden undamTage
nach der Operation war Pat. vollstandig crblindet. Die
Erblindnng dauerte 3 Tage , dann kehrte bald die Seh-
kraft vollstandig znruck. 8eit jenerZeit verflossen wieder
0 J. ohne besondera Znfall. Im Juli 1871 wurde mit der
NcUton’schen Sonde das Vorhandensein einer Kugel im
Oberarm constatirt und es sollte zur Extraktion geschrit-
ten werden. Am Morgen des bestimmten Operationstages
war die Erblindnng wiederum eingetreten. Hie hielt 2 T.
an and nach 6 T. war das SehvermOgen wieder hergestellt.
Die Pupillen batten ihre Reaktionsfahigkeit behalten nnd
der Augenspiegel ergab nichts Abnormes. Die Fistel
wurde jetzt init Laminaria 4 T. lang erweitert nnd dann
ein Extraktionsversuch geinacht. Dieser Versuch schei-
terte nnd am Tage darauf erblindete Pat. zum 3. Male.
Naeh 3 T. kara die Hehkraft wieder nnd war nach 10 T.
wieder normal. Bald darauf wurde der Extraktionsversuch
wiederhoit nnd eine etwaa abgeplattete Kugel ausgezogen.
Tags darauf verdunkelte sich das Sehverm5gen wiederum
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und war nach 4 T. ganz erloschen. Der Augenspiegel-
befund btteb negativ. Dlessmal kehrte die Sehkraft nur
sehr langsam znruck und war nach 16 T. nur unvollkom-
men. Da die Fistel sich nicht schloss , wurde nochmala
eine Operation behufs Entfernung von Knocheusplitteni
geinacht. Die nachste Folge war wieder der Verlust dea
Sehvermogens. Einen Monat spater wollte sich Pat. in
seine Heimath begeben. Dnrch einen unglficklichen Zu-
fall erlitt er beim Einsteigen in den Eisenbahnwagen eine
Verletzung des kranken ArmeB. Es trat eine sehr lieftige
Entzfindnng des Hchnltergelenks ein. Pat. mnsste noch-
mals 3 Mon. im Spital bleiben : es blieb noch eine Fistel
znruck und derDeltamuskel wurde atrophisch. Aber auch
alle Versuche der erfahrensten Angenarzte hlieben erfolg
los, das Sehverraogen wieder herzustellcn. Der Ungl&ck-
liche vermochte kaum eine dicbt vor ihin stehende Person
wahrzunehmen. Die Pupillen batten die Weite und die
Unbeweglichkeit wie bei einem Amaurotischen.
Die Deutung dieser Erblindung ist in diesem
ganz nngewdhnlichen Falle nicht mbglich. Wollte
man annelunen , dass das Blei die Ursache sei , so
bleibt ea unerkl&rt , waram gerade nach Entfernung
des fremden KOrpers die Blindheit stationftr wurde.
Nimmt man dagegen an , dass der operative Eingriff
das Causalmoment abgab, so gilt diese Erkl&rung
dock nicht ftlr den 2. Aufall, der ohne Operation
erfolgte. (G e i s s 1 e r.)
379. Ueber die Abnahme der Sehsoh&rfe
bei abnehmender Beleuchtung , nebst Miltheilung
einer neuen Methode , den Liohtsinn zu messen ;
von Emil Carp. (Inaug.- Dissertation. Marburg
1876.*)
Vf. bespricht zunkchat die Schwierigkeiten, einen
Maassstab ftlr die Beleuchtungsintensitftt zuermitteln.
Ehe ein solchev gefundeu wird, sei es zu praktiscben
Zwecken genilgend , das Sehvermogen bei gewdha-
licber Tageshelle in der Weise zu prtlfen , dass man
Rauchgl&ier von verschiedener Durchsichtigkeit vor-
hM.lt und die Entferaungen bestimmt , iunerhalb
welcher die bekannten Scbriftproben noch erkanni
werden. Um ausser mit den kkuflichen Kauchglftsern
verschiedener Stfirke noch hOhere Verdunkelimg zn
erzielen , braucht man nur zwei oder mehr solche
Flatten ilbereinander zu legeu. Vorlkufig ist es
zwar noch nicht gelungen, die Rauchglkser nach be-
stimmten Probenuancen anzufertigen , so dass diese
Methode eben nur dann vergleichbare Wertlie liefert,
wenn man immer mit denselben Glftsern experimen-
tirt. ■ — Durch das Uebereinanderlegeu verschiedener
Glaser hat Vf. nun 12 verschicdene Inteusitaten der
Verdunkelnng angcwendet. Er fand bei seinen an
Studenten angestellten Untersuchungen, dass gesunde
Augen erst bei den hbhern Graden der Verdunkelung
eine Abnahme der Sehscharfe zeigen, wfthrend kurz-
sichtige Augen rascher und starker durch Verdunke-
lung in ihrem Sehvermogen abgeschwacht werden.
[Letzteres scheint der gewbhn lichen Erfahrung zu
widersprechen, dass Kurzsichtige in der Daimnerung
leichter noch zu lesen vermCgen, wenn Normalsichtige
bereits ermllden. j Ftlr Hemeralope und Amblyope
') Besten Dank fhr die Zuaendung. G.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
72
V. Cliirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
soil die geoannte Methode ein gutes Mittel sein, sich
ranch von V erschlimmerungen oder Beaaerangen des
Zustandes zu tlberzeugen. Nfiheres siehe im Original.
(Geissler.)
380. Zur ophthalmologischen Casuistik;
von C. H i g g e n 8 ; fieo. Lawson; Charles
Bell Taylor.
Higgena (Med. Tim. and Gaz. April 3. 1875)
bericlitet (lber nachatehende 4 Fillle, welche nament-
licb in Bezug anf die Prognose beachtenswerth sind.
1) Neuroretinitis mit Cyanosis bei eiuem 19jabr.
Madchen. Die Cyanosis des Gesielits bestand so lange,
als sich Pat. erinnem konnte. An der Herzspitze war ein
systolisches Geransch wahraehmbar. Das Sehvermogen
des recliten Auges war seit 14 T. erlosohen. Die Papilla
und die gie umgebende Netzhaut war grau geschwellt, am
gel ben Fleck waren Ekchymoseu vorhanden , die Venen
der Netzhaut waren erweitert, dieArterien verengt. Auch
am linken Auge, dcsscn Sehvermogen noeh gut war, fand
sich die Erweiternng der Venen vor. Bereits nach 6 bis
7 W. war der rechte Opticas atrophirt. Auch am linken
Auge hatte sich die Papilla gerSthet and das Selivermogen
auf die Halfte redocirt. Bemerkenswerth war, dass noch
nach Ablauf von 2 J. das lirke Auge sich nicht verschlech-
tert hatte.
2) Complete Amaurosis mit negativem Augenspiegel-
befund ira Laufe von wenigen Wochen , erst am linken,
dann am rechten Auge entetanden. Der Kr., ein BOjahr.
Mann , hatte Krampfzufalle gehabt und 1 Jahr fruher den
Gemch ganz verloren.
3) Wunde der Sklera bei einem 12jfihr. Knaben am
rechten Ange in der Nahe des inuern Hornhautrandes.
Es war Glaskorper ausgeflossen. Es wurde dureh die
Sklera eine Naht eingclegt, fiberdiess eine Iridektomie
gemacht. Vollstandige Ucilung mit einer linearen Narbe
und normaler Augenspannung.
4) Glaucoma fulminans bei einer 62jahr. Frau anf
beiden Augen. Das rechte Auge war vor 3W. fiber Naeht
nnter den heftigsten, mit biliOsem Erbrechen verbundenen
Schraerzen vollstandig erblindet und am linken Auge hatte
sich derselbe Zustand im Laufe der letztenNacht ebenfalls
ausgebildet. Wegen Glaskorpertrubnng konnte der
Angenhintergrund nicht gesehen werden. Sofortige Iri-
dektomie nach oben und 1 Mon. spater Wiederholung der
Iridektomie nach nnten auf beiden Angen. Die Spannung
der Augen wurde normal und Nr. 3 Snellen wurde auf 8"
gelesen ; das rechte Auge schien etwas besser zn sehen.
Das Sehfeld blieb massig eingeengt.
Der von Lawson (1. c.) beobachtete , in fitio-
logischer Beziehung bemerkenswerthe Fall betrifft
ein 7 Mon. altes Madcben, in dessen linkem Auge in
der Mitte der zusammengezogcnen Pupillle ein Ex-
sudatpfropf sich vorfand , wilhrend die Rander mit
zahlreichen Adhasionen an die Linsenkapael ange-
lQthet waren. Die Mutter hatte eine Augenentzttn-
dung nicht wahrgenommen. Vermutblich w r ar eine
{Stale Iritis auf syphilitisclier Basis zugegen ge-
wesen, das Kind hatte im Alter von 4 Wochen einen
Ausschlag am Mnnde und bald nachher syphilitische
Ernptionen an den Nates und der Vulva gehabt.
Taylor (1. c. Aug. 21) ist vom Zufall begttn-
stigt gewesen , mit Gllick eine Anz ahl Blinder operi-
ren zu kdonen, bei denen die frllliere Beliandlung
oder die operativen Versucbe fehlgesclilagen waren
und die sich bereits lange Jahre mit der Gewissheit,
blind zu bleiben, vertraut gemacht batten. Einekurze
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Mittheilnng fiber solche Falle wird nicht ohne In-
teresse sein.
1) Eine BOjahr. Fran, blindgeboren , war als das
einzige Kind ihrer Eltern in frfihester Jugend den rer-
schiedensten Behandlungsweisen , darunter anch einer
zweimaligen Operation unterworfen worden. Spater hatte
sie in einer Blindenanstalt langere Zeit Aufnahme gefun-
den. Beide Pupillen waren verschlossen und hinter ihnen
waren verkalkte Linsen vorhanden. Die Lichtperception
war noch gut. T. operirte beide Augen in einer Sitznng,
und zwar aus dem Grande , well , wenn er nur ein Auge
operirte und dieses verloren giug , die Operation des an-
dern voraussichtlich nicht gestattet worden ware. Die
Operation bestand in der Eztraktion und Iridektomie.
Nach 14 T. vermochte die Operirte gTosse Gegenstande
zu erkennen. Weil aber die Pupillen noch mit alten und
neuen F.xsudatmassen erffillt waren, wurde nach 6 W.
nochmals beiderseits ein Stuck Iris excidirt. Die anfiing-
lich noch bestehende Lichtscheu verlor sich nach und
nach , sowohl fur die Ferae als ffir die Nahe wurde ein
vollstandig befriedigendes (^perfectly excellent 11 ) 8eb-
vennogen erzielt.
2) Eine 64jahr. Frau hatte in iiirem 30. Lebensjahre
wahrend einer Schwangerschaft durch wiederholte Ent-
zundungsanfalle das Sehvermogen verloren. Sie hatte
seitdem noch 2 Kinder geboren und hatte in England and
in Deutschland die bedeutendsten Autoritaten consultirt.
Die Pupillen waren bis auf Punktgrosse verengt und
dnrch festes Exsndat geschlossen. Das Irisgewebe war
brfichig in hfichstem Grade. Doch gelang es , auf beiden
Augen nach aufwarts und ahwarts ein Stuck zu entfemen.
Da die Linsen verkalkt waren , wurden sie mehrere Wo-
chen spater extrahirt. Das linke Apge schien jede Re-
aktion verloren zu liabcn , es schnimpfte allmalig zusain-
men. Mit dem rechten aber lerate Pat. so gut sehen, dass
sie zu lesen and zu schreiben und einem grossen Haashalt
vorzustehen vermochte.
3) Ein 67jahr. Mann war seit der Kindheit erblindet.
Die Ursache der Blindlieit war ebenfalls vollatindiger
Pupiilenverschluss mit KaikBtaar. Am linken Auge
zittertc die Iris und die Staarraasse , bo dass Glaskorper-
verfiussignng anzunehmen war. Da auf diesem Auge auch
nicht die geringste Lichtperception bestand , wurde hier
keine Operation versucht. Am rechten Auge gelang ea,
ein genfigend grosses Stuck der brfichig gewordenen Iris
sammt der Linsc zu entferaen und einen umfanglichern
Glaskorperverlust zu vermeiden. Das Sehvermogen wurde
so weit hergesteUt, dass das Lesen und Schreiben mfigiicli
war. Nach 4 J., als der Operirte sich gelegentlich wieder
vorstellte, war er kaum wieder zu erkennen, so selir hatte
sich sein ganzes Aeussere umgestaltet.
4) Ein 28jahr. Fraulein war mehrere Jahre erblindet
und 2mal erfolglos operirt worden. Ain linken Auge war
das Sehvermogen verloren. Am rechten Ange wurde es
dnrch cine Kataraktextraktion so weit gebessert, dass
grBssere Schrift gelesen nnd Personen in betrachtlichcr
Entfcrnung erkannt wurden.
T. giebt noch eine kurze , summarische Ueberaicht
fiber ahnliche Falle. Einen blinden Bettler operirte er
anf beiden Augen durch Iridektomie ; einen 20jahr. Bur-
schen wegen congenitalerKatarakt ; eine alte Dame wegen
seit 40 Jahren bestehender Katarakte ; feraer einem alten
Mann, der beim Steinsprengen beide Augen verloren hatte
und in den verschiedensten Spitalera der Hauptstadt ge-
wesen war, verschaffte er wenigstens an einem Ange
durch dreimalige Operation eine kfinstliche Pupille , so
dass er als Fuhrmann sein Brod verdienen konnte. Bei
einem GOjahr. Mann, der als Knabe durch eine Verletzung
das linke Auge verloren hatte , gelang es , diesem Auge
durch Iridektomie und Sta&rextraktion ein genugendes
Sehvermogen zn verschaffen , nachdein das and ere Auge
erblindet war. Aehnlich war es bei einem andera Pat.,
der das eine Auge durch einen Dora vor 20 Jahren ver-
loren hatte.
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VI. Sta&ta&rzneiknnde.
73
Endlich macht Vf. noch anf solche Ainaurosen mlt
Sehnervenatrophie aufmerk&am , welche trotz langen Be-
st&ndea blsweilen dnrch Stryohnlninjektionen geheilt
warden. (Ge is Bier.)
381. Bericht uber die pathologische
Sammlang des oph th almologischen Hospitals in
London; von W m. A. Brailey. (Ophtlialm.
Hosp. Rep. VIII. 2. p. 279—315. Sept. 1875.)
In diesem Bericht des derzeitigen Curators des
pathologischen Museums ist wiederum eine Fttlle
von Enucleationen mitgetheilt. (Vgl. die frUhern
Berichte : Jahi'bb. CLV. p. 308 und CLXI. p. 280.)
In dem kurzen Zeitrgum von den ersten 6 Monaten
des Jahres 1875 sind allein 40 Augen wegen Ver-
letz ungen enucleirt worden.
Fremde K&rper im Augeninnern : 10 Falle , samint-
lich Metallsplitter. Die Zeit , welche seit der Verletznng
verflossen war, betrng meistens nur wcnige Tage , einige
Male 2 — 6 Monate, lmal 3 und lmal 10 Jahre. In den
frischen Fallen land sich Eiter im Glaskfirper , in den
chronischen meistens Netzhautablosung.
Penelrirende Wunden : 20 Falle , darunter 8 frische
Verwundungen, 7 vor mchrern Wochen, 6 vor Jahren
(6, 8, 14, 16 nnd 61 J.) entstanden. Die FSlle von sebr
langer Daner zeichneten sich dnrch Kalk- nnd Knochen-
ablagerungen im Augeninnern aus.
Contusionen: 10 FSlle, darunter mehrere Staphylome,
Kalksta&re etc. von mehrmonatlichem (lmal 20Jahr.) Be-
stande.
Leider ist in den Fallen , wo das andere Auge
gereizt war, niemals bemerkt , welchen Einflttss die
Enucleation gehabt hat.
Ausftllirlich sind feruer noch eine grdssere An-
zahl (22) pathologische PrSparate beschriebeu. Wir
erwahnen davon hier nur summarisch die 12 Fftlle
von Autjengeschwiilsten :
G Home der Netzhaut 3 Falle bel Kindern von 2. bis
3 Jahren.
Geschumlsi der Aderhaul 6 Falle bei alteren Fersonen
meist im Alter von 66 — 66 Jahren. Einmal trat der Tod
nach der Operation in Folge von Hamorrfaagien ein.
Fibrom der Augenhdkte hinter dem Bolbus bei einer
32jahr. Frau.
Kniichemer Tumor outer der Bindehaut, angeborea,
1 Fall.
Snrlcom der Coruea-Stlera bei einem 70Jahr. Mann.
Bemerkenswerth ist bei den Geschwillsten die
sorgfhltige Erdrternng der her editor en Verhaltnisse.
Die Ergebnisse sind allerdings fast negatives Art,
denn nur beim Gliom war lmal Gebarmutterkrebs
bei einer Cousine, lmal ein Tumor in der Brust bei
einer Tante zu ermitteln. Mehrmals wurde das Auf-
treten von Phthisis in denFamilien angegeben. Diese
kurze Mittheilung mag genQgen , nm den Leser be-
treffs des eingelienden Studinms auf diesen Bericht
selbst hinzuweisen.
Anhangsweise radge hier noch ein Fall von aus-
gebreiteter Ossifikation im Augapfel Erwilhnung
findeu, welcher von Dr. Santisson (Petereb. med.
Ztschr. N. F. V. 3. p. 267. 1875) mitgetheilt wot-
den ist.
Das rechte atrophische Auge einer 29jahr. Frau wurde
exstirpirt , weil das linke , hochgradig kurzsichtige Auge
erheblich gereizt war. Ursache der Atrophie war der
Pockenprocess, den Pat. im 7. Lebcnsjahre durchgemacht
hatte. Hinter der Iris befand sich eine dicke Sehwarte
mit einer Hfthlung , in welcher die verkalkte Linse lag.
Mit dieser Sehwarte war die geschrnmpftc, abgeliiste Netz-
haut verwachsen. Die Adcrhaut lag der Sklera uberall
an, an ihrer Innenwand befand sich eine derbe Knochen-
schale, die den Binnenraum des Augapfels fast allein au»-
follte. Sie zeigte lamellosen Bau, concentrische Schichten
und deutliche Knochenkorperchen. (G e i s a 1 e r.)
VI. Staatsarzneikunde.
382. Ueber Vortftusohung von Blindheit;
von Stabsarzt Dr. Rabl-Rtlckhard. (Vjhrschr.
f. ger. Med. XXIV. 1. p. 74. 1876.)
Die nachstehenden beiden Beobachtungen zeigen,
mit welchen Schwierigkeiten die Entscheidung der
Frage fiber simnlirte Sehschwftche verknflpft sein
kann.
1) Ein polnischer Soldat war im Juni 1863 an einer
heftigen Augenentzundnng erkrankt, aber nach raehr-
monatlicher Lazarethbehandlung zur Reserve entlassen
worden. Wenige Wochen naehher meldete sich dersclbe
ale Invalid unter der auch von einem 8tabsarzt bezeugten
Angabe , dass wegen Homhauttrubnngen das linke Auge
v&Qig, das rechte Auge so weit erbllndet sei, dass nur auf
6 Schritt noch Gegenstande erkannt werden k5nnten.
In das Invalidenhaus anfgenommcn, fuhrte der Soldat die
Rolle eines Blinden ansgezeichnet dnrch. Auf den Horn-
hAatenbeider Augen waren nur zwei kieinc, nicht centrale
Flecke zu eutdecken, im rechten fand sich uberdiess noch
eine unbedeutende vordere Synechie. Der Simulant lag
wochenlang im Bett und es war wegen seines sturapf-
sinnigen Gebahrens nicht moglich , ihn zu fiberfuhren.
Im J. 1868 wurde bei A. v. Graefe ein Gutachten ein-
gehott. In demselben (der wdrtliche Abdruck im Original
ist interessant zu lesen) wird auageffihrt: 1) das* die
. Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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Papilla nervi optici ihr normales Colorit beibehalten, wJh-
rend bei einer nur 6 Mon. lang besteheuden SehstSrung
vou der vorgegebenen Grosse bereits die Papilla bleich,
flach , arm an kleinen Gefasszwoigen werde ; 2) dass die
Pnpillen ganz pracis auch bei vollig unbewegliehen Ang-
apfeln je nach der Lichtintensitat sich contrahiren nnd
dilatiren , was bei einer mehrjahrigen , fast vollstandigen
Erblinduugganz undenkbar sei. Da aber auch v. Graefe
nicht positiv beweisen kemnte , dass der Simulant ein nor-
males oder nnr wenig geschwachtes Sehverrabgen babe,
blieb der dorh offenbare Betruger im Invalidenhanse.
Auch die Hinzuziehung eines polnisch sprechenden Arztes
war nicht hinreichend, die Entlarvung herbeiziifuhren.
Der Simulant blieb bei seiner Behauptung , nur hell von
dnnkel nnterscheiden zu konnen , mit dem anssern Theiie
des rechten Auges wollte er bisweilen einen Schein von
Gegenst&nden haben, wenn sie ganz dicht vor ihm waren.
Finger wollte er nicht sehen konnen. So gait der Soldat
bieEndel873 als ein BetrDger, den man nicht uberfuhren
konnte. Zu ietztgenannter Zeit wurde er Jedoch von
einem LazarethgehQJfen in Begleitung eines Madchens im
Berliner Rathhauskeller gesehen, wo er sich in dem uber-
fullten , ihm unbekannten Raume ganz ungenirt bewegte.
Ein anderer, sehr gravirenderUrastand ergab sich daraus,
dass der Simulant , welcher seinen eigenen vorgebaltenen
Finger mit dem Zeigeflnger der andern Hand beim Vor-
stossen nicht treffen konnte , dless einige Tage spater zu
10
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74
VI. Staatsarzneikunde.
thun vermochte , aachdem er am Tage des 1. Versuchs
bemerkt hatte , dass ein Lazarethgehulfe diess zu thun im
Stande war, dem in seiner Gegen wart die Augen verbunden
worden waren. Es lag nahe . anzunehmen , dass der
Simulant das verinderte Verhalten nnr darum eingeseh la-
gen hatte , vreil er sich dnrch den Augenschein uberzengt
hatte, dass auch ein Nichtsehender den fragl. Versueh mit
dem Finger auszufiihren ini Stande sei. Da im Uebrigen
auch das Pupillenspiel und der Sehnerv so normal ge-
blieben als vor 5 Jahren, so warder Aussprurh bereohtigt,
dass Blindh eit nicht vorhanden set. Der Simulant wurde
daher aus dem Invalidenhanse in seine lleimath cntlassen.
Da man aber nicht positiv beweisen konnte, dass seine
Erwerbsfahigkeit gar nicht gelitten, erhielt er etne Pension
von jahrl. 216 Mark.
2) Ein Hauptmann war nach dem Kriege von 1866
wegen Muskelrheumatismus mit Pension verabschiedet
worden. Im J. 1870 trat er freiwillig wieder in den
Kriegsdienst und war 9 Wochen kriegsgefangen. In der
Geihngenschaft behauptete er nun , augenkrank geworden
an sein , das linke Auge aollte erblindet , das rechte seh-
schwach geworden sein. Er brachte ein Zeugniss von
Pagenstecher in Wiesbaden bei. Diesem gegenuber
wurde allerdings constatirt, dass er auch nach der Ge-
Cangenschaft seinen Dienst ohne StOriing verrichtet hatte.
Die Militariirzte , welclie anfanglich keinen Verdacht
hatten , wiesen anf beiden Augen Myopie mit hinterem
Staphylom nach und glaubten fflr die linksseitige Amanrose
ein centrales Leiden zur Erklarung annehmen zu mtlssen.
Prismenversuche fuhrten nicht zum Ziele der Entlarvung.
Diess gelang endlich durch das von Vf. ange-
gebeue und durcligebildete Verfaliren mit Httlfe des
amerikanischeu Stereoslcops, aber welches er sehon
1874 in der deutschen mil.-irztl. Ztg. (p. 1 — 161
WBttheilung gemacht hat. Dasselbe hat seitdem, wie
Vf. selbst anftthrt , durch Dr. Max Burchardt ')
mehrere Verbesserungen erfahren. In Bezug auf
die Proben hilt er jedoch es filr vorztlglicher , nicht
wieB.dieProbenselbst, die auch der Betvttger kaufen
k&nn , sondem nnr die Schemata der verschiedenen
Anordnnng derselben zu geben , die dann von jedem
nach Bedarf gefertigt werden kOnnen, wozu Vf. eine
Anleitung mittels einer beigeftlgten Tafel beigegeben
hat. Wir mttssen jedoch wegen des Qenauem auf das
Original, sowie auf die Schrift von Burchardt
und auf ein Capitel in dem Handbuch der Augenheil-
knnde von tiraefe-Saemisch Bd. VI. 1. Halfte
p. 174 verweisen.
Bezflglich des 1. Falles wirft Vf. die Frage auf,
ob man solcbe Simnlanten nicht durch einen Schluss-
verband zum Aufgeben ihres Betnigs zwingen kOnne,
da dieser docli bei wirklicher Blindheit keine Qual
sfei. Auch kOnne man vielleicht die Entlaming da-
durch ermOglichen, dass man solchen Leuten ein
Sehriftetflek in die H&nde spiele, welches etwas
Wichtiges fttr sie enthalte. (G e i s s 1 e r.)
383. Ueber die geriahtsttratliohen Qut-
aehten betr. den Vollzug von Haftstrafen an
sSugenden Milttem ; von Dr. Ftlrst in Qrttfenberg.
(Bayer. ttrztl. Intell.-Bl. XXn. 45. 1875.)
') Praktiache Diagnostik der Simulationen von Ge-
ffihlslihmung , von SchwerhSrigkeit und von Schwach-
•ichtigkeit. Berlin 1876. Guttmann.
Im Anschlusse an eine Denkscbrift, welche Vf.
zur Erlangung bestimmter Direktiven fttr die gerichts-
arztliche Entscheidung in solchen Fallen, in denen
es sich um die Flail sangender Mtttter handelt , an
die Staatsanwaltsehaft gerichtet hat , theilt er seinen
sehr belierzigensv erthen Gedankengang hier dem
arztlichen Publikum mit. Er erreichte in einem der-
artigen Falle die iiSchste Specialentschliessnng , daas
der Strafvollzug gegen die betr. Skugende so lange
ausge8etzt blieb, bis nach gerichtsarztlichem Gut-
achten die EntwOhnung des Kindes von der Mutter-
brust ohne Nachtheil fttr dasselbe thunlich er-
scheine. Die betr. SSugende beschloss, die erreichte
Nachsicht dadnrcb zu missbrauchen , dass sie ihr
Kind 2 J. stillen wollte ; dem darf natttrlich von der
Gesetzgebung nicht gewillf&hrt werden.
Vf. verftthrt in seiner Denkschrift nach folgendeu
Grundsatzen :
Das Entwbhnen 1st entweder nothgedrungen,
natttrlich , sobald die Milchabsondemng immer gp&r-
licher wird, oder willkllrlicli , kflnstlich, wenn die
Milchabsondemng Jahre Iang dauert, wenn nicht das
Anlegen des Kindes willkUrlich bescbrankt wird.
Die Folgen flir das Kind bemiset Vf. nach folgendeu
3 Laktationsperioden.
1. Periode. Von der Geburt bis zum 8 . Monat.
Die Muttermilch ist von solcher Beschaffenlieit und
iu solcher Menge vorhanden , dass sie die alleiruge
Nahrung des Kindes ausmacht. — Das Kind darf
nicht entwdhnt werden , ausser bei Krankheiten der
Mutter. Auf keinen Fall darf das Entwdhnen pldtz
lich geschehen.
2. Periode. Bis zum Ende des 1 . Lebens-
jahres des Kindes. Die Muttermilch wird dttnner,
weuiger reichlich ; sie bildet immer noch einen wesent-
lichett Bestandtheil der Nahrung des Kindes und
schtttzt dieses in Fallen von Erkrankungen vor dem
Tode. — Das Kind darf nicht entwOhnt werden,
wenigstens hat pltttzliches EntWohnen auch hier noch
Brechdurchf&lie mit Ausgang in Tod oder Atrophic
zur Folge.
3. Periode. Bis in das 3. Lebensjahr des
Kindes. Die Milch wird, wenn auch noch ziemlich
reichlich vorhanden, so diinn, dass sie das Kind nur
noch schwach nahrt, aber jederzeit zu Gebote steht
und gem genommen wird ; sie spielt nur noch eine
untergrordnete Rolle in der Emahrung des Kindes.
PlOtzliches EntwOhnen hat hier keinen Schaden fttr
das Kind.
Im AUgemeinen nimmt ein Kind sehr ledcht
Schaden, wenn es im 1. Lebensjahre entwOhnt wird.
Am scliadlichsten ist plOtzliches EntwOhnen, und
zwar nicht allein fttr das Kind , sondem auch fttr die
Mutter. Vorgebeugt ksmn den Folgen fttr die letstere
stets werden , wenn man ihr eine 2 — 3w5chentliche
Frist zum EntwOhnen giebt. Aus dem Gesagten er-
geben sich folgende gerichtsttrztliche Vorschriften :
Eine erwiesener Maassen Sttngende hat im 1 . Jahre
stets Strafaufschnb bis zu Ende des 12. Monats- im
Intcresse ihres Kindes zu erhalten ; nach dem 1. Jahre
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VI. Staatsarzneikunde.
75
dagegen nor einen Strafaufechub von 2 — 3 Wochen
im Interesse ilires eigenen Befindens zu erhalteu,
diesen aber sofort zum allmftligen Entwbhnen zu be-
nutzen. In criminellen Fallen ist die Zeit des Ent-
wbhnens in einer Krankenabtheilung (Gebftrhaus)
zn verbringen. (Kormann.)
384. Mord duroh Erdrosselung und Kopf-
verletzung ; mitgetheilt von Prof. Dr. A. Jftder-
holm. (Hygiea XXXVII. 11. Svenska lftkaresftllsk.
ffirhandl. 8. 231. 1875.)
Ein Frauenzinuner wurde init einer Kopfwunde
und einer Sclilinge um den Hals todt in ihrer Woh-
nung aufgefunden. Das Ergebniss der gerichtlichen
Sektion war folgendes.
Die klaffende , 13- Linien lange Kopfwunde bebuid
sieh fiber der Iinken Schlafe und verlief ziemlich horizon-
tal , doch etwas von hinten oben nach vom unten ; ihr
oberer Rand war gerade , der untere war gebogen Oder
sack auswirts gezogen ; an der Stelle, wo die Rander am
writes ten von einander entfernt waren, klaffte die Wunde
etwa 4 Linien weit , die Hander waren uneben , nicht
scharf, wie sie dnrch ein schneidendes Instrument hervor-
gebracht werden , die untere Kante war gegen den Boden
der Wunde eingedrfickt und auch Haare waren in die
Wimde hineingezogen. Die Schlafenfaade zeigte sieh In
querer Kichtung dnrcbtrennt, der obere Rand des M. tem-
poralis abgeschnltten , das Periost zeigte einen quer ver-
laufenden geraden Rise, durch welchen hindurch ein klei-
ner. fast horizontaler Sprung im Knochen eichtbar wurde.
Am hintern Ende der Wunde fielen die Weichtheile steil
gegen den Boden der Wunde ab, am vordern war dieHaut
etwas unterminirt. NachEntfernung der Weichtheile fand
sieh ein ungefihr ateigbfigelfS ranges Stuck der Sussern
Tafel desScheitelbeins fast vollstindig von dem nrageben-
den Knochen losgeeprengt und etwas eingedrfickt ; der
obere Rand dieses abgesprengten Knocbenstficks war der
durch den Riss im Periost sichtbar gewesene Sprung und
stiess mit dem nntern Rand nach hinten ia einen Winkel
zusatnmen, wo sieh viele kleinere, nicht ganz vonderUm-
gebung losgelSste Bruchstucke fanden , der vordere Rand
war ziemlich gerade ; die Bruchflachen waren feinzackig,
am unebensten am vordern Rande, kleine Splitter fanden
•ich mehrere. Die Depression war sc h rag nach innen
gerfehtet, 3 Depressionslinien trafen sieh 7'" vom un-
tern, 2'“ vom vordern und 3“' vom obem Rande, die
grdeste Tiefe derselben befand sicb in der Mitte der vor-
dem Infraktionslinie und betrug 2’,,'" und von da an bis
zum untern Rande des eingedrfickten Knochens war diese
Ltnie gerade. Wahrend das Periost am ohern Rande ge-
ipnmgen war, zeigte es an den andern Rinderu nur theil-
weise , von einander dnrch Brficken getrennte Risse , an
alien Infraktionslinien war das Periost unversehrt. Die
innere Tafel war an mebreren Stellen gesprengt, doch
eutapmehen die 8prfinge in der Richtong niebt den in der
mnsaeni Tafel gefundenen und eine vollstandige Loslosung
hatte nicht stattgefnnden , doch waren scharfe Knochen-
kanten in die harte Hirnhant eingedrungen. Blutung fand
sieh nicht in der Hirnschale.
Rund um den Hals fand sieh eine starke Schnur fest
angezogen nnd hlnter dem iinken Ohre mit elnem gewbhn-
Hohen Doppeiknoten geknfipft. Die gelbgrauliche, etwas
pergamentartige Strangrinne ging rund um den Hals, vom
in der H6he der Mitte des Schildknorpels. An dem ohern
Rande der Strangrinne fanden sieh ungefShr gerade unter
dem Iinken Unterkieferwiakel einige Urine, eberfiich-
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liche, mit blntigen Schorfen bedeckte Kratzwnnden.
Unterhalb der Strangrinne erschien die Haut blass , wih-
qand sie oberhalb derselben dentlich eine starkere Blut-
fiille zeigte und zahlreiche kleine pnnktformige Eztra-
vasate, wie sie bei Erstickungstod vorzukomiuen pflegen.
Das Gesicht war leicht gerothet , etwas angeschwollen,
die Lippen waren blaulich. In der Bindehant der Aug-
ipfel zeigten sieh kleine Blutaustritte.
Andere Zeichen von Einwirknng ausserer Gewalt
fanden sicb an der Leiche sonst nirgends vor, auch keine
Anzeichen, die anf einen stattgehabten Kampf hStten
schliessen lassen. Die Untersuchung der Genitalien er-
gab , dass reichliche Menstruation zur Zeit des Todes be-
standen hatte. Aus der Anordnung der Todtentlecke liess
sieh erkenneu , dass die Leiche auf der rechten Seite ge-
legen hatte mit geschlossenen und leicht gebeugtenBeinen,
etwa der Stellung eines Schlafenden entprechend.
Um Selbstmord konnte es sicb sowohl nach der
Beschaffenheit der Kopfwunde als auch den andern
Um8tllnden nacli entschieden nicht handeln, sondern
nur um die Frage , ob der Tod durch die Wunde
oder durch Erdrosselung erfolgte. Die Wunde war
entschieden nicht mit einem scharfen , sondern mit
einem kantigen und mit einem Stiele versehenen
Werkzeug, wie z. B. einem Hammer, zugeftlgt wor-
den, und zwar musste der Hieb mit diesem mit gros-
ser Kraft gefllhrt worden sein , nnd , wenn man die
Lage der Wunde und die der Leiche bertlcksichtigt
nnd annimmt , dass letztere vor dem Tode dieselbe
gewesen sei, wie nach dem Tode, von einem gerade
vor dem Gesichte der Frau Stehenden. Sowohl die
Beibringung der Kopfwunde als die Erdrosselung
hatten wfthrend des Lebens stattgefnnden. Der
durch die Sektion festgestellte Umstand , dass das
Bint, das in reiclilicher Menge ttber Gesicht und
Hals der Frau gelaufen war , auch fiber die um den
Hals gebundene Schnur gelaufen war , wfthrend sieh
zwischen der Schnur und dem Halse kein Blut vor-
fand , spracli dafilr , dass die Schnur zuerst um den
Hals gelegt nnd dann die Wunde zugefilgt worden
war ; trotzdem ist aber auch die Moglichkeit nicht
abzustreiten , dass die Schnur nach Zuffigung der
Wunde um den Hals geknfipft worden sein k&nn,
nachdem der Schlag schon gefllhrt war , jedoch
schnell genug , ehe das Blut noch bis zum Hals ge-
laufen war.
Daffir, dass die Erdrosselung als (wenigsteni
wesentlichste) Todesursache anzosehen ist, spraohen
die deutlichen Kennzeichen der Erstickung , die vor-
gefunden wurden, wfthrend die Kopfwunde keine
Blutung und keine andere merkbare Verletzung des
Gehirns herbeigeflihrt hatte, auch die Knochen-
depression keine besonders grossen Ver&nderungen
des Druckes in der Schftdelhflhle herbeigeftthrt haben
kann, und obgleich im Bett, wo die Leiche lag,
ziemlich viel Blut gefunden wurde , fand sieh doch
bei der Sektion an den innera Organen kein Anhalte-
punkt fllr die Annahme von Verblutung.
(W alter Berger.)
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76
VII. Medicin im Allgemeinen.
VII. Medicin im Allgemeinen.
385. Bemerkungen fiber Statiatik in Besug
auf Go sun dheitspfiege ; von Geh. M.-R. Dr. H.
R e i n h a r d , PrSs. des sJlchs. L.-M.-Coliegiums,
Mitgl. der med. Abth. des deutsclien Bundesraths ').
Daas fttr Jeden, der sich eingehend mit der
offentlichen Gesundheitspflege beschftftigt , die Stati-
stik unentbehrlich ist, ist allbekannt. Nur durch sie
kann die Frage nach dem Stande der Gesundheits-
veriikltuis.se in dor Ges&mmtbevolkening oder einem
Theile derselben, sowie die nach den Erfolgen
welche die im Interesse der Offentlichen Gesundheits-
pflege getroffenen Maassregeln erzielt haben, ge-
ntigend beantwortet werden. DerWege, aufwclchen
hierau vorgegangen zu werden pflegt, sind verechie-
dene. Am gewohnlichsten ist es das Verhftltniss
zwischen der Zahl der Lebenden und der im Laufe
eines Jahres Gestorbenen (da* Sterblicbkeit*verhdlt-
7118*), welches als Maassstab dient, und der Vergleich-
barkeit wegen wird die Zahl der Lebenden auf 1000
und die der Gestorbenen auf die entsprechende Grdsse
reducirt, so dass der herkOmmliohe Ausdruck lautet:
auf je 1000 Lebende kommeu x Sterbeflllle. Bei
der Leichtigkeit und Sicherheit in Erlangung der
erforderlichen Zahlen , um zu diesem Ausdruck zu
kommen , hat derselbe fast allgemeine Verbrcitung
gefunden, und nahezu ausuahmslos wird er als
Maassstab benutzt, um die Salnbritatsverhaltnisse
eines Orts , eines Bezirks oder sonst einer BevOlke-
rungsgruppe, welche alle Altersklassen einscbiiesst,
im Grossen und Ganzen zu charakterisiren. Kann
man sich auch fltr diesen Zweck daran genUgen las-
sen, so darf man dabei doch diejenigen Fehlerquellen
nicht aus den Augen verlieren , welche auf das Stei-
gen und Fallen der Sterblichkeitszifler Einfluss haben,
°hne dass letzteres in den SalubritAtsverhaltoissen
begrflndet sei. Abgesehen von der nicht durchaus
gleichmkssigen Zusammensetzung der BevOlkerung
den Altersklassen nach sind es besonders die Todt-
yehurten und die Fruchtbarkeit der Bevdlkerung,
welche liier hervorgehoben zu werden verdienen.
Erstere werden in einigen Lkndern, z. B. in Eng
land , bei Zfthlung der Sterbeflllle nicht mit einge-
rechnet, in andem dagegen, z. B. in Deutschland,
geschieht diess. Es wird dadurch aber ein nicht
unerheblicher Unterschied in der Hohe der Sterblich-
keitsziffer bedingt, wie denn z. B. im Kdnigreich
Sachsen im Mittel der 4 Jahre 1867—1870 mit
Einschluss der Todtgeburten 29.51, mit Ausschluss
derselben nur 27.59 Sterbeflllle auf je 1000 Ein-
wohner kommen. Je mehr man aber bei dem regen
Interesse , welches die Bevfllkeruug und die Gesetz-
gebung in England der Offentlichen Gesundheitspflege
zuwenden und bei den verhftltnissmftssig niedrigen
Sterblichkeitsziffern der meisten dortigen Stkdte and
Distrikte gewohnt ist, diese Ziffern als zu erstreben-
des Vorbild anzusehen, desto nothwendiger ist es
auch , um nicht lingered it gegen uns selbst zu sein,
auf jenen Umstand Rflcksicht zu nohmen. In Eng-
land ist die mittlere Sterblichkeitszifler 24 pro Mille.
NachAussei-achtlassung der Todtgeburten findet man
aber auch in Saclisen zahlreiche Bezirke , welche
nicht nur die gleiche, sondem selbst weit niedrigere
Ziffern zeigen , so betrkgt sie z. B. im Amts bezirke
Neukirchen nur 17, in den Amtsbezirken Radeberg,
ilsdruff, Neustadt, SchOneck, Bischofswerda, Ka-
menz, KOnigsbrilck , Pulsnitz und Schirgiswalde
') Mjt Genehmlgung des Herrn Vfs. aus der Ztachr.
Sedm^t wl 1 ' Bnr ‘ Heft 4 6 : 1876 > “>■
/ o 7 - uuu uvuu^irtwalU^
weniger als 22, und selbst in 3 der grOsseren Sttdte,
in Plauen i. V. , Reichenbach und Annaberg, bleibt
sie noch hinter 24 pro M. zurflck , wtthrend aller-
dings in der Mehrzahl der grOsseren Stkdte und auch
in vielen , besonders den industriereicheren Amtsbe-
zii-ken , die Sterblichkeitszifler hOher steigt, bis zu
35 auf 1000 Lebende. Bei der selir entfemten Be-
ziehung, welche die Todtgeburten znr Zahl der
Sterbeflllle haben, wenn letztere als Maass der Volks-
gesundheit dienen sollen, ist es daher , wie auch die
Commission fllr Vorbereitung einer Reichsmedicinal-
statistik empfohlen hat, wichtiger und richtiger zu-
gleich, die Zahl der Todtgeborenen mit der Zahl der
Geborenen und nicht mit der Zahl der Gestorbenen
in Beziehung zu setzen. — Was die Fruchtbarkeit
der BevOlkerung anlangt , so kann sie insofeni das
Urtheil tlber den Stand der Volksgesundheit nach
Maassgabe der Sterblichkeitszifler trtlben, als unter
den Sterbefllllen bald nach der Geburt viele , insbe-
sondere die durch angeborene Lebensschwkche oder
durch Missbildungen bedingten, fttr diese Frage von
keiner oder nur sehr geringftigiger Bedeutung sind.
Je grosser aber die Zahl der Geburten in einer Be-
vOlkerungsgruppe ist, desto hOher steigt natttrlich
auch die Zahl der oben angegebenen SterbefSIIe und
damit die Zahl der Gesammtsterblichkeit. Bei dem
grossen Antheil aber, welchen die Kindersterblich-
keit an der Gesammtsterblichkeit hat (es schwankt
in Sachsen z. B. die Zahl der im ersten Lqbensjahre
Gestorbenen in den verschiedenen Bezirken 'izwischen
24 und 62°/ 0 aller Todesfklle), kann auch jener Ein-
fluss Behr stOrend sein. Sachsen aber hat \iielleicht
die hOchste Fruchtbarkeit unter den europ»ischen
Lftndem, indem jfthrlich im Mittel ca. 41 bis 42 Ge-
burten auf je 1000 Lebende kommen , w&hrond in
England diese Ziffer 35 nicht ttbersteigt.
Bei diesem grossen Einflusse der Fruchtbarkeit
und der davon abhftngigen KindersterbliclikeitSce-
wahrt die Betrachtung der Zahl der Sterbeflllle schdb
dann emen klareren Einblick in die Gesundheitsvei r-
haltnisse der BevOlkerung, wenn man sie nach de n
Altersklassen getrennt halt. Doch ist diess biahej
selten benutzt worden und wo es geschehen, hat mam
sich in der Regel damit begnttgt, die Gesammtzahll
/
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VII. Medicin
der TodesfKlle nur in 2 oder 3 Grnppen zu scheiden,
in die dee Kindesalters bis zum 10. oder 15. Lebens-
jahre und die des sp&teren Alters, theilweise mit
noch besonderer Abtrennung des Greisenalters. In-
dessen ist weder in Betreff der Altersgrenzen bei die-
sen Grnppen eine Gleiclimttssigkeit beobachtet wor-
den, noch hat, wie gesagt, diese Betrachtnngsweise
eine grOssere Aufnahme und Verbreitung gefunden.
Weit grdssere Bedeutnng fttr die dffentliche Ge-
sundheitspflege , als die reine Mortalitittsstatistik,
welche nur die Sterbefalle zttblt und allenfalls sie
noch nach Alter und Geschlecht nnterscheidet , hat
die Statistic der Todesursachen. Bei den grttsse-
ren ihr entgegenstehenden Schwierigkeiten ist die-
selbe allerdings noch weniger entwickelt. Zwar hat
Schweden bereits seit Iftnger als einem Jahrhundert,
auch England seit bald 40 Jahren ilir die erforder-
liche Aufmerksamkeit zugewendet, in hOherem Grade
ist diess aber mit der sicli immer weiter verbreiten-
den Ueberzeugung von ihrer Wichtigkeit in den
letzten Decennien geschehen, freilich noch immer
nicht in der erforderlichen Allgemeinheit. Ohne
hier auf die Verhfiltnisse in andern Staaten ntther
einzugehen, sei hier nur des in Sachsen Geschehenen
gedacht, insbesondere der Verordnung des Ministe-
riums des Innern vom 13. Oct. 1871, die Statistik
der Todesursachen betreflFend, nach welcher die eine
Rnbrik fttr die Todesursache enthaltenden Leichen-
seheine den Bezirksttrzten zu weiterer Bearbeitung
zagehen und ihnen einen genaueren Einblick in die
Gewmdheitszustilnde ilirer Bezirke ermiJglichen. Auf
Veranlassung des Landes-Medicinalcollegiums wer-
den von ilinen alljflhrlich Tabellen eingereicht, in
welchen die vorgekommenen Sterbefalle unter Be-
rflcksichtigung des Alters und einiger fttr die Ge-
sundheitspflege besonders wichtiger Todesursachen
eingetragen sind. Gegenwttrtig liegen diese Tabellen
allerdings erst ans 2 Jahrgftngen, von 1873 und
1874 vor, doch bietet der Inhalt schon manches,
auch hier Erwihnenswerthe dar. Folgende Tabelle
giebt die Zahl der in den beiden Jahren an einer der
bezeichneten Krankheiten Verstorbenen ohne Unter-
scheidung der Altersklassen, so wie in Procenten den
Antheil, den jede derselben an der Gesammtzahl der
Todesfttlle (excl. Todtgebnrten) hatte.
Es starben nberhaupt
In Procenten
aller Todesfalle
“
1873
1874
1873
1874
Pocken
1772
636
2.36
0.85
Masern
206
249
0.27
0.33
Scharlach ....
1266
8130
1.72
2.86
Croup u. Diphtheritis
1704
2014
2.26
2.70
Keuchhnsten . . .
686
458
0.78
0.61
Unterleihstyphns . .
1070
987
1.42
1.32
Fleck typhus . . .
11
3
0.01
0.004
Kindbettfleber . . .
718
626
0.96
0.84
Ruhr
281
177
0.37
0.24
tsiatische Cholera . .
366
—
0.48
—
Krebs . . . •
1646
1616
2.00
8.16
Luagenschwiudsoeht .
6038
6038
8.00
8.08
Snnuna
165*1
14938
*0.61
19.98
im Allgemeinen. 77
Unter den hier anfgeftthrten Krankheitsformen
hat, wie in der Regel , die Lungenschwindsncht den
gTttssten Antheil an der Gesammtsterblichkeit. Die
Bedeutung desselben wttchst aber, wenn man zugleich
die Altersklassen mit berttcksichtigt ; denn auf die-
jenigen, auf deren Thatigkeit vorzugsweise der Volks-
wohlstaud beruht , auf die Altersklasse vom 20. bis
ziun 50. Lebensjalire , kommen allein fiber 60° / 0
aller Todesfalle an Lungenschwindsncht und von den
im Alter zwischen dem 20. und 30. Jahre Gestor-
benen unterliegen 40% der genannten Kranklieit
Aehnlich verhalt es sicli mit dem (Unterleiba-)
Typhus, auch er holt sicli seine Opfer vorwiegend
ans den in der Blttthc des Lebens Stehenden , und
mehr als die Hfllfte der an Typhus Gestorbenen ge-
htirt dem Alter zwischen dem 20. und 50. Jahre an.
Die Todesfttlle an Pocken sind seit 1871, wo
sie bekanntlich eine selir bedeutende Hflhe erreiciiten,
in rascher Abnahme begriffen. In jenem Jahre,
wo allerdings genauere Erhebungen noch nicht statt-
gefunden batten, sind wahrscheinlich nahe an 10000
Personen (ca. 12% aller Todesfttlle), vielleicht selbst
etwas darttber, an Pocken in Sachsen gestorben. Im
folgenden Jahre 1872 waren es 5863 (= 7.33%),
1873 wie angegeben 1772 (=2.35%) und 1874
nnr noch 635 (= 0.85%). Hier sind es aber ttber-
wiegend die jflngsten Altersklassen , welche von
dieser Krankheit betroffen werden, 80% der Pocken-
todesfttlle gehttren Kindem bis znm 10. Lebensjahre
und 30% allein den weniger als 1 Jakr alten an.
Dasselbe gilt auch von den an Scharlach,
Masem, Croup, Diphtheritis und Keuchhusten Ge-
storbenen , auch hier ist es fast ausschliesslioh dap
Kindesalter, welches die oben angegebenen Zahlen
an Todesfilllen liefert. Bei diesen Krankheiten
kommt aber die lokale Verbreitung sebr in Betracht,
so gehttrt z. B. im vorigen Jahre den amtshauptmann-
schaftlichen Bezirken Zwickau, Auerbach und Plauen
allein die H&lfte der an Scharlach Gestorbenen und
dem Regierungsbezirke Leipzig allein ca. 40% der
an Diphtheritis Gestorbenen ao.
Immerhin sind in der vorstehenden Tabelle nur
eret von ca. 20% der Todesfttlle die Todesursachen
ermittelt und aufgeftthrt , der Nachweis der flbrigen
ist noch zuvermis8en, und wenn er auch in grttsserem
Umfange schon jetzt geftthrt werden kttnnte , so ist
bei den grossen entgegenstehenden Schwierigkeiten
eine Vollstindigkeit wohl noch.lange nicht zh ev-
warten.
Ein grosser Theil der in der mehrgedachten
Tabelle genannten Krankheiten gehttrt zu denen,
welche von der englischen Gesnndheitspflegc als„ver-
meidbare Krankheiten" bezeichnet werden, weil
auf ihre Verminderung und Verhtttung gesundheita-
polizeiliche Maassregeln von Einfluss seien. Inwie-
weit diese Auffassung ganz begvttndet sei , kann da-
hingestellt bleiben, jedenfalls aber giebt es zahlreiche
und mannigfache Schkdlichkeiten , welche den nor-
malen Verlauf des Lebensprooesses stdren, Krank-
heiten erzeugen und welche vermieden werden
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78
YU. Medicin im Allgemeinen.
kfianen. Inaofam kann daher der gedachten Be-
zeiehnung eiae erweiterte Bedeutung beigelegt war-
den . Prttft man von dicsera Gesichtspunkte aus die
bestehende Medicinalgesetzgebung , insoweit die sick
auf die Verhtltung von bestimmten Krankkeiten be-
zieht, so verdient allerdings vor Allem die das Impf-
wesen betreffende hervorgehoben zn werden. Sie
ist bekanntlich nicht direkt gegen den unbekannten
Trtger des Kranklieitsgiftes gerichtet, sonde rn be-
absiclitigt , in der Bevolkerung die Empfanglichkeit
fHr dieses Gift zu beschranken. Der Zweck der
Verminderung der Erkrankungsgefakr wird natttrlick
auf diesem Wege ebenso erreicht, als wenn man, was
alierdings bis jetzt in irgend genttgender Weise nocii
nicht au8fttkrbar ist, den Ansteckungsstoff selbst zer-
storte. Dass von den Geimpften, wenn sie an Blat-
tern erkranken, ungleick weniger der Krankkeit er-
liegen als von den Ungeimpften , ist bereits vielfach
statistisch nachgewiesen worden. Aber aucb del'
hohe Grad , in dem die Empftlnglickkeit ftlr die In-
fektion mit dem Blatterngifte durch die Impfang
harabgesetzt wird, ist einige Male bereits, wenn
aueh weit sparlicher, Gegenstand statistischer Unter-
suchnngen gewesen. Letztere sind aber weit schwie-
rigcr als die erstern, da die Frage, wie viel Individuen
einer Bevblkerungsgruppe geimpft und wie viel un-
geimpft sind , in der Regel nur durch umst&ndliche
ErCrterungen zu beantworten ist. V on hervorragender
Wiehtigkeit in dieser Beziehung sind die von Med.-R.
Dr. Flinzer ip Chemnitz veranstalteten Unter-
8uchungell , ), zu welchen die von Anfang 1870 bis
Mai 1871 in Chemnitz herrschende Blattemepidemie
Anlass gegeben hatte, und welcke dadurck besonders
werthvoll sind, dass inVerbindung mit einer Zablung
der stftdtischen Bevdlkerung auch die Zahl der Ge-
impften nnd die der Ungeimpften ermittelt wurde.
Aus diesen tmd anderweiten Erhebungen ergiebt sich
als Resultat, dass von je 10000 Ungeimpften 2843
erkrankt und 261 gestorben waren, von je 100Q0
Geimpften 173 erkrankt nnd 1 gestorben war. Die
ErkrankungsfiUiigkeit der Ungeimpften verkielt sich
mithin zu der der Geimpften wie 100 : 6.
In der Tliat , es giebt keine gesimdheitspolizei-
llche Maassregel , welche sich in der Verminderung
der Erkrankungsfthigkeit und der Sterblichheit an
einer bestimmten Krankheit auch nur entfernt der
Resultate rflhmen kdnnte, welche die Impfimg zu
varaeichnen hat. .
Mustert man die 8ammlungen der tlbrigen gegea
einzelne Erankheiten gerichteten gesetzlicken Vor-
schriften, so bieten sie im Allgemeinen wenig Erheb-
Kehes. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen darin
z. B. die Bestimmungen zur Verhtltung der Wasaer-
seheu in Folge von Verletzungen durch wuthkranke
Thiere. Glflcklicherweise sind die Ftlle , wo Per-
sonen on ter solchen Umsttnden erkranken und ster-
ben, verhaltnissmkssig doch wokl selten, obschon
') Mitthell. d. Btattit. Bftreau* der Stadt Cheamits.
Henuufeg. voa Dr. Fllnsai. Heft I. 187k.
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man rdohlichan Grund hat , an der Wirksamkeit der
herkdmmliohen kratlichen Behandlungsweiae dieser
Verletzungen , wie der zalilreichen Geheimmittel in
betreff der Verhtltung der Wassersebeu zu zweifeln.
Letztere eutwickelt sich eben vielmehr nur ausnahms-
weise als Folge der genanuten Verletzungen. Trotz
der schon seit einer Reihe von Jahren in Sachsen
verbreiteten Epizootie der Hundswuth sind doch seit
1867 bis Eude 1874, d. i. in 8 Jahren, nur 23 Per-
sonen, im Mittel eines Jabres also nur 3, an Wasser-
scheu gestorben.
Eine andere Reihe von gesetzlichen Vorschriften
betrifft den Verkehr mit Giften , nnd sind von ihnen
nicht wenige besonders gegen giftige Faiben an den
verscliiedensten Gegenst&nden , wie z. B. an Kinder-
spielwaaren, Farbekksten, Conditoreiwaaren, Garnen,
Kleiderstoffen, Tapeten, Rouleaux u. s. w. , gerichtet.
Wie viele Personen durch solche giftige Stoffe er-
krankt oder gar gestorben sind , ist zwar statistisch
noch nicht nachgewiesen, indessen ergiebt die Irat-
liche Erfakning, dass dergleichen Erkrankungen,
obgleich auch jene Vorschriften nicht immer strikte
befolgt werden, zu den Seltenheiten gehdran.
Neuerdings ist auch der Erlass polizeilicher
Maassregeln zur Einftlhrung der mikroskopischen
Fleisch8chau , der Trichinengefahr wegen, vielfach
verlangt worden und auch theilweise erfolgt. Ueber
die Grflsse dieser Gefahr und die Bedeutung, welche
die Trichinose ftlr die GesammtbevClkerung hat, smd.
soviel bekannt, bis jetzt nur in Sachsen genanere
Erhebungen gemacht worden. Seit Anfang 18#0,
wo durch Prof. Zenker’s im Dresdener Stadtkran-
kenhanse gemachte Entdeckung erst die Trichinose
als Krankheit erkannt worden ist, sind bis Ende
1874, also in 15 Jahren, in Sachsen 32mal grnppen-
weise Erkrankungen (sogen. Epidemien von Trichi-
noset in Folge des Genusses von rohem oder halb-
rohem trichinigen Fleische beobachtet worden. Sie
gehCren also in Sachsen keineswegs zn den Selten-
heiten. Dabei sind im Ganzen 1074 Personen er-
krankt gewesen oder wenigstens als erkrankt er-
mittelt worden, da namentlich bei zahlreichen Er-
krankungsfallen die leichtesten derselben nicht alle
zur Kenntniss der Aerzte kommen. Die Zahl der
durch sie bedingten Todesftlle betragt aber nur 18 1 ),
so dass also auf jedes der 15 Jahre im Mittel nur
1.2Todesfall an Trichinose kommt, unter ca. 75000
bis 78000 im Jahre flberhaupt.
Erkennt man es als die Hauptaufgabe der Offent-
lichen Gesundheitspflege an, durch allgemeine Mtasa-
regeln auf die Verhtltung von Erkrankungen hinzn-
wirken und dadurch auch das Sterblickkeitsverbftlt-
niss der Bevolkerung zu vermindem, so muss man
im Hinbliok auf die vorstekend aufgeftlhrten Vor-
sohriften der Medicinalgesetzgebung zugestehea, dass
') Folgende Zusammeiutellung der beobachtetea Kr-
krankungsf&He (debt den nihern Nachweis :
(a. die Tabella mf folf . Se(te)
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VII. Medicin im Allgemeinen.
79
(abgesehen von den Pocken und der Impfung) bei
der relativen Seltenheit der Erkrankungen nnd be-
ziehentlich Todeafalle in Folge deijenigen Schftdlich-
keiten, gegen welche sie gerichtet sind, ilir Einfluss
auf die MorbilitAt und MortalitSt im Allgemeinen ein
minimaler ist. Wenn z. B. tansendmal mehr Men-
schen an Typhus sterben ala an Triehinose und in
noch hdherem Grade diess von Scharlach, Diphthe-
rias, Limgenschwindsucht u. s. w. gilt, so kdnnte
die Medicinalpolizei in ihrem jetzigem Stande, insoweit
sie gegen einzelne Krankheiten vorgegangen ist, den
Vorwurf , dass sie MUcken seihe und Kameele ver-
scblucke , mit Rtlcksicht auf ihre Erfolge nicht ganz
zurllckweisen. Und dock ware er ungerecht, da sie
in ihrem Vorgehen an den Stand der arztlichen
Wissenschaft gebunden ist. Die Lehre von der Ent-
stehung der Wuthkrankheit bei den Menschen, von
der der Triehinose und von den Wirkungen der
Gifte ist wohl hinreichend geklkrt, um der gegen sie
zu richtenden Gesetzgebung eine Handhabe zu bieten,
dagegen liegen die aussem Ureachen des Typhus,
der Lungenschwindsucht u. 8. w. ftlr diesen Zweck
noch viel zu sehr im Dunkeln. Die krztliche Wissen-
schaft ist sich der ihr hier vorliegenden grossen Auf-
gabe auch wohl bewusst und ihre besten Kr&fte
unter alien KultnrvSlkem sind eifrig bestrebt , liierin
grdasere Klarheit zu scliaffen. An einem endlichen
Erfolge dieser Bemtlhungen ist nicht zu zweifeln,
Jahr
Ort
Zahl der
Erkrank-
ten
davon
geatorben
1
1860
Pianen b. Dresden . .
2
1
a
1862
Dresden
2
—
s
1863
Plauen i. V
23
1
i
Glauchaii
7
—
6
*
Falkenstein ....
4
—
•
Pianen i. V
21
—
T
f»
Leipzig
16
2
8
1864
Plauen b. Dresden . .
3
—
1
ft
Dresden
1
—
10
1866
Dresden
12
—
11
V
Chemnitz
16
2
18
ft
Leipzig
2
~
IS
*
Zwickau
16
—
14
Seitendorf b. Zittau . .
60
—
15
1867
Dresden
32
—
16
II
Stfinz b. Leipzig . . .
3
1
17
1868
Rohredorf b. Wilsdruff .
27
—
18
n
Chemnitz
43
—
19
ft
Glauchau
6
—
20
ft
Meerane
5
—
21
1869
Plauen i. V
2
—
n
m
Hohcnstein b. Chemnitz
10
—
28
1870
Eibau
89
7
24
n
Dresden
12
—
16
1871
Chemnitz
18
i
28
II
Hirschfelde . . . .
36
—
27
1872
Ebersbach i. d. Lauaitz 140
i
28
Dresden
7
—
19
1873
Chemnitz
199
—
30
1874
Gettengrun b. Adorf . .
44
2
31
ft
Leipzig
7
—
32
fl
Leisnig
209
—
Summa
1074
18
und damit wird auch die Medicinalgesetzgebung sich
weiter und fruchtbarer entwickeln kdnnen.
Es erObrigt endlich noch , der Statistik der Er-
krankungen , der Morbilitatsatatistik zu gedenken.
Sie wtlrde allein, oder wenigstens vorzugsweise , die
voile, klare Autwort auf die Frage nach dem Stande
der Volksgesundheit geben, und ihr gegenUber wflrde
die Mortalitatsstatistik gewissermaassen nur noch als
ein Nothbehelf gelten kdnnen , da viele Krankheiten,
die docli durch Vemichtung der Arbeits- und Er-
werbsfahigkeit und andere mit ihnen verbundene
Nachtheile den Volkswohlstand erheblich schfldigen,
nicht zum Tode fllhren und daher auch in der Mor-
talitatsstatistik nicht erkennbar werden, andere aber
in bald grdsserer, bald geringerer Hkufigkeit tddtlich
verlaufen und daher ihren verderblichen Einfluss aus
den Todtenlisten nur in sehr zweifelhafter Weise
ersehen lassen. Leider stehen ihrer Entwickelung
aber grosse und fast unttberwindliche Schwierigkei-
ten entgegen , wenn man sie auf die Erkrankungen
der G esammtbevOlkerung ausdehnen will. Wohl hat
man sich vielfach bestrebt , die Morbilitat innerhalb
gewisser Berufsklassen und der Bevdlkerung ge-
schlossener Anstalten zu ermitteln , aber so lelirreieh
diese auch in manchen Beziehungen sein mbgen , so
kdnnen sie doch nicht befriedigen, da die Mdglichkeit
fehlt, sie an dem Maassstabe zu meBsen, den die
Morbilitat der Gesammtbevolkerung bieten wtlrde.
Wenn man auch constatirt hat, dass z. B. unter den
Bergleuten eines gewissen Heviers so und so viel
Ffille einer bestimmten Krankheitsform vorgekommen
sind , so l&sst sich doch immer nicht sagen , ob das
ungewohnlich viel oder wenig sind , ob der Beruf zu
dieser Krankheit vorzugsweise disponirt oder ihrer
Entstehung hinderlich ist, weil man nicht weiss,
wie viel Falle derselben Krankheit in den entspre-
chenden Alterklassen der ganzen Bevdlkerung vor-
kommen.
Bei dem vollstandigen Mangel einer allgemeinen
Morbilitatsstatistik verdient immerhin diejenige noch
hier eine besondere Erwllhnung , welche eine Reihe
von Jahren hindurch in einem Theile von Sachsen,
dem Medicinalbezirke Meissen, durch das Zusammen-
wirken der hier wohnhaften Aerzte auf Anregung
des Bezirksarztes Dr. K 0 r n e r in Meissen ausgefllhrt
worden ist. Sie betrifft zwar auch nicht alle Er-
krankungsftlle der Bevdlkerung , sondern nur die in
ftrztliche Behandlung gekommenen, indessen ist doch
in Betracht zu ziehen , dass bei der ziemlich verbrei-
teten Wohlhabenheit der Bevdlkerung des Bezirks ')
letzterer mit Aerzten gut besetzt und den Erkrankten
daher die irztliche Htllfe leicht erreichbar ist. Diese
Statistik umfasst einen Zeitraum von 6 Jahren (1867
■) Zu derZeit, auf welche grSsstenthells die Statistik
sich bezieht, umfasste der Bezirk ca. 7 Qu.-Meilen mit
fiber 60000 Bewohnern, 2 Stadte (Meissen ti. Lommatzsch),
ziemlich zahlreiche gewerbliche Aulagen , bei der im All-
gemeinen grossen Bodenfrucbtbarkeit aber eine fiberwie-
gend zckerbsntreibesde BevSlkamng. S pater ist er etwas
vergrfissert worden.
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80
VII. Medicin im Allgemeineu.
bis 1872) and im Ganzen 58466 Einzelerkrankun-
gen. Aus derselben *) sei hier nnr das Eine hervor-
gehoben, dass (nacli der darin angenommenen Ter-
ininologie) als die lifiufigsten Erkranknngen sich fol-
gende ergeben haben :
Akute und chronische Ratarrhe der
Athmungsorgane ....
Aknte and cbronr Magenkatarrhe
Aknte und chron. Uannkatarrhe
Blutarmuth und Bleichsucht .
Augenkrankheiten ....
Wnnden
Bhenmatismen
Magenkrampf
Geschwfire
Kratze
u. b. w.
1st aucli hier auf eine Scheidung nach Alter und
Geschlecht keine Rtlcksicht genommen, so bietet doch
achon das jetzt gewonnene Resultat wichtige Ver-
gleicliBpunkte , besonders ftlr die Morbilitit einzelner
Bernfs- und Stand esklassen und ftlr ein besseres Ver-
stindniss der in ilir gefhndenen Verhftltnisse.
[Im Anschlusse an vorstehende interessante Arbeit
lamen wir eine kurze Mittheilnng fiber einige statist.
Leistungen im KOnigreich Sachsen folgen, welche
auch filr die Medicinalstatistik Frfichte versprechen
(vgl. Aerztl. Vereinsbl. Nr. 50. Juni 1876. p. 75).
I. Die Zeilschrift des kgl. sdchs. statistischen
Bureau's ; redigirt von deasen Direktor Dr. Victor
Boehmert. XXI. Jahrgang. 1875. HeftIH,IV;
ansgeg. im Monat Milrz 1876. (Dresden, in Com-
mission von R. v. Zaliu. S. 61 — 163, mit Beilagen.)
Unter den in dieser Liefemng enthaltenen Abhand-
longen sind , ausser der obigen des G. M.-R. Rein-
hard, die Unterauchungen des M.-R. Dr. Flinzer
in Chemnitz : fiber die Erkrankungen dea Beamten-
personals der unter kgl. a. Staataverwaltnng stehen-
den Eisenbahnen (vgl. Jahrbb. CLXX. p. 191), sowie
die gediegenen monatlichen Berickte fiber die meteo-
Tologischen Stationen im K. Sachsen , zusammen-
gestellt von Prof. Dr. Bruhns in Leipzig, hervor-
znheben.
') Wegen dea Weiteren rergl. die Jahreeberichte
1. — V. dea Landes- Medicinalcollegiume fiber das Medici-
nalwesen im Kfinigreich Sachsen.
II. Mitthei/ungen des statistischen Bureaus der
Stadt Dresden ; herausgegeben von R. Jannascb, 1
Dr. jur. et phil. Heft III. (Dresden , in Comm, bei
v. Zahn. 1876. 4.) Dieses neubegrflndete stlidtische
statist. Bureau liefert ebenfalls mehrere medicinisch
wichtige Abhandlungen , insbesondere 1) fiber die
Wohnungsverhilltnisse der Dresdener Civilbevfilke-
rung im J. 1874, - 2) die Geburts- und Sterblich-
keitsverhaltnisse derselben Civilbevolkerung 1873 —
1874, — 3) die Sterblichkeit der Dresdener Wohn-
bevOlkerung in den JJ. 1873 -1874 nach Polizei-
bezirken und Strassen berechnet. Letztere 1st auf
die Einwohner- und Todtenzald procentig berechnet
und giebt so lidchst beachtenswerthe Ziffern fttr die
Ortagesundlieitspflege ; wfthrend in manchen Stadt-
theilen die Sterblichkeit nicht ein voiles Procent er-
reicht, steigt sie in andem auf 5, 6 und 7°/ 0 . Daa
erste Heft (ebenda) enthfilt eine Ueberaicht der in-
direkten Steuern der Stadt Dresden; das zweite Heft
giebt die Resultate der Volkszahlung von 1871.
III. Die Mittheilungen des statist. Bureaus
der Stadt Leipzig. Die ersten 8 Hefte (1868 —
1874), herausgegeben von dem seit Oct 1874 nach
Strassburg berufenen Prof. Knapp, enthaiten
hauptskchlich die Nachrichten fiber die Bevfilkerung
Leipzigs, wobei als besondei-s interessant das 6. Heft
hervorzuheben ist, welches eine Zusammenstellong
der Bevfilkenmgsverhfiltnisse Leipzigs ini Zeitraume
von 1595 bis 1849 enth<. Auch das 8. Heft, den
Bevdlkerungswechsel daratellend , welches die An-
gaben nach den Todesursachen und die Sterblichkeit
nach den Wobnungsverhfiltnissen, besonders nach der
BevSlkerungsdichtheit enthalt, ist sehr beachtens-
werth. Das 9. Heft (1875), herausgeg. vom stadt.
Bezirksarzt, Med.-R. Prof. Dr. Sonnenkalb, be-
spricht den Bevdlkerungswechsel im J. 1874 mit
Berttcksichtigung der Statistik der Todesursachen.
Das 10. Heft endlich (1876), herausgeg. vou dem
gegenwartigen Vorstand des Bureau’s, Herm Ernst
Hasse, giebt in derselben Weise eine Debersicbt
des Bevdlkerungswechsels im J. 1875 und enthAlt
ausserdem eine sehr bemerkenswerthe Abhandlung
des Dr. M. Schramm: „ttber den Einfluss des
Alters der Erzeugenden auf die Sexualverhfiltnisse
der Gebomen“, welche an einer andem Stelle Be-
rticksichtigung finden wird. R e d a k t i o n.]
4761 — 8.14%
43S8 — 7.89
3138 — 6.37
2340 «=> 4.00
2332 = 3.99
2080 3.66
1949 -> 8.38
1666 — 2.88
1640 — 2.80
1607 — 2.76
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T h e i 1 e , Anatomie u. Physiologie des Herzens.
81
B. Originalabhandlungen
and
Uebersichleu.
Vm. Die neueren Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie
und Physiologie des Herzens.
Von
Prof. Dr. F. W. Theile in Weimar.
Atrioventrikularklappen.
Dem Titel nach wftre in der Schrift von Dr.
Marc S 6 e : Recherehes sur V Anatomie et la Phy-
siologie du Coeur, spicialement au point de vue
du fonctionnement des valvules auriculo-ventricu-
laires ') eine Anatomie des Herzens zu erwarten.
Durch die beigefdgte Einschrankung (spdcialeinent du
fonctionnement des valvules auriculo - ventriculaires)
wrd aber der Inhalt der schatzbaren anatomischen
Monographic auf das richtige Maass zurtlckgeftlhrt.
Die Bestimmnng und die Wirkungsweise der Val-
vula mitralis sowohl als der Valvula tricuspidalis
versucht der Vf. durch genaue Daratellnng der ana-
tomischen Verhaltnisse klar darzolegen.
Beinahe die Halfte der Schrift (p. 6 — 30) ist
der historischen Darstellung der Ansichten gewid-
met, wie man sich das Zustandekommen des Schlusses
der Atrioventrikularklappen gedacht hat. Eine grosse
Reihe von Autoren hat sich an Lower, Vieus-
sens, Sdnac angeschlossen mid lasst den passi-
ven Drnck des Blutes auf die Klappen vorzugsweise
oder selbst einzig und allein wirken; die Musculi
papillares lassen diese Autoren so gut wie unbeachtet.
Eine andere Reihe von Autoren, die nach Sde durch
Meckel (Handb. der menschl. Anatomie 3. Thl.)
erSflnet wird , lasst dagegen den Schluss der Atrio-
ventriknlarklappen wesentlich durch Muskelcontrak-
tion zu Stande kommen.
• *
Die hierauf folgenden eigenen Untersuchungen
(p. 30 — 64) erfifinet Sde mit Besprechung des be-
kannten Lower ’schen Experiments, die Atrioven-
triknlarklappen durch in den Ventrikel eingeftthrtes
Wasser zur Hebung, bezllglich zum Schlusse zu
bringen. Ein treues Bild des Vorganges im leben-
digen Herzen darf man darin keineswegs finden, in-
sofern der Ventrikel bei diesem Versuche sich nicht
im Zustande systolischer Verengerung befindet, viel-
mehr diastolisch erweitert ist. Zudem liefert dieser
Versoch ein nach den verschiedenen Lebensaltern
wechselndes Res ul tat. Beim Kinde ergiebt sich voll-
') Paris 1876. G. Masson. 4. 67 pp. avec 4 Plchs.
Med. Jabrbb. Bd. 171. Hft. 1.
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st&ndige Sufficienz der Mitralis sowohl wie der Tri-
cuspidalis ; beim Erwachsenen wird an der Mitralis
vollst&ndiger Schluss erzielt, weniger dagegen an
der Tricuspidalis ; am Greisenherzen endlich schliesst
die Mitralis hitulig unvollst&ndig , und ftlr das rechte
Herz ist die Insufficienz sogar die Regel. Diese an-
scheinend normale Insufticienz der Tricuspidalis im
hbhern Alter ftthrte den Englander King sogar zu
der abenteuerlichen Hypothese, die Insufficienz der
rechten Atrioventrikularklappen habe die Bedeutung
eines Sicherheitsventils, um der Blutliberftlllung der
Lungen bei Stdrnngen im Lungenkreislaufe vorzu-
beugen.
Fragen wir zun&chst nach derFunktion der Mus-
culi papillares in den Ventrikeln. Die Contraktion
dieser Muskeln sowohl wie der Trabeculae caraeae
failt mit der Contraktion der ganzen Ventrikelwan-
dungen zusammen, das darf mit ziemlicherSicherheit
schon daraus geschlossen werden, weil jene Muskeln
in continuirlichem Zusammenhange mit den Ventrikel-
wandungen stehen. Thatsachliche Beweise ftlr die-
ses Verhalten sind aber auch durch Haller, durch
S 6 n a c , durch zahlreiche neuere Forscher bei Vivi-
sektionen erbracht worden. Ob und wie die Con-
traktionen der Papillarmuakeln mittels der in drei
Ordnungen zerfallenden Chordae tendineae auf die
Klappen wirken, das versucht nun Sde an der Hand
der anatomischen Untersuchung nachzuweisen. Die
Papillarmuskeln, die von der Herzspitze bis tlber die
Mitte der Ventrikelhdhe hinauf reichen, unterschei'
den sich darin von der flbrigen Ventrikelmuskulatur,
d«ss ihre Fasem insgesammt Lftngsfasern sind , die
fast parallel mit einander verlaufen: ihre Verktir-
zung muss daher weiter gehen , als die Verkdrzung
des Ventrikels in der L&ngsrichtung, deren Vorkom-
men ja selbst noch vielfach bestritten wird , sicher
aber sehr unerheblich ausfkllt Es darf als ausge-
macht gelten, dass die wirkliche Verkllrzung der
Papillarmuskeln nach der Herzspitze hin durch die
Verkdrzung des ganzen Ventrikels noch nicht erreicht
wird. Die von den Papillarmuskeln nach den Klap-
pen verlaufenden Chordae tendineae mtlssen so mit
bei der Systole des Herzens angespannt werden, die
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82
T h e i 1 e Anatomic n. Physiologic des Herzens.
Mitralis so gut wie die Tricuspidalis mttssen dadurch
herabgezogen werden. Die Spann ung der Chordae
tendineae im Momente der Systole ist bereits von
Harvey beobachtet worden, and die Vivisektionen
haben das Herabgezogenwerden der Klappen li&ufig
genag nachgewiesen. Mit genauester Besclireibung
derPapillarmuskeln und der Atrioventriknlarklappen
im linken wie im rechten Ventrikel, die dnrch die
beigegebenen Tafeln veranschaulicht wird, schliesst
die Monographic.
Am rechten Herzen des Vogels felilt bekanntlich
die Tricuspidalis, und eine Maskellamelle, die in der
Gestalt eines halben Sphinkters die zwei ftussern
Drittel des Ostium atrioventriculare nach innen um-
s&umt, bewirkt hier den Abschluss des Ventrikels
vom Vorhofe. Ein ahnliclies Muskelbtlndel findet
S4e anch im menschlichen Herzen. Dasselbe ver-
Lftnft von der hintem Wand des Infundibulum aus,
3 — 4 Ctmtr. lang , schief nach rechts zur aussern
Ventrikelwand , wo ea sich in der N&he des vordern
Papillarmuskels verliert. Da dieses Btlndel die anf-
liegende Klappe zu oomprimiren vermag , so glanbt
84 e dasselbe als Compressor valvulae tricuspidalis
bezeichnen zu dtlrfen. Zwischen ihm und dem vor-
dern Winkel des rechten Ventrikels zeigt sich eine
cylindrisch gestaltete, abgeplattete, ganz glatte Par-
tie, die in die Arteria pnlmonalis auslinft ; dieeelbe
wird von S 4 e mit dem besondern Namen Canalis
pulmonalis belegt.
Die beigegebenen 4 lithographirten Tafeln ent-
halten 26 Abbildnngen, von denen zehn besondere
Verhftltnisso am Herzen des Pferdes , des Hundes,
des Rindes , dee Truthahns erl&utern ; alle flbrigen
smd dem menschlichen Herzen entnommen.
Cirbilation in der Herzsubstanz.
Den bereits vor vielen Jahren von Brticke
auugesprochenen Satz, „die Capillaren werden dureh
die Contraktionen des Herzmuskels bis zum Ver-
schwinden zusammengedrflckt“, hat Dr. Perd.
Klug in Budapest (Med. Centr.-BI. XV. 8. 1876)
der experimentellen Prtlfung unterzogen. Bei einem
Proeche wurde das Herz im Momente der Systole,
bei einem andem im Momente der Diastole unter-
bunden ; die dann ausgeschnittenen Herzen wurden
in verdtlnnte Schwefels&ure gelegt, nm das darin
enthaltene Blut zur Gerinnnng zu bringen ; weiter-
hin wurden von den erst etwas abgetrockneten Her-
zen dtlnne Schnitte angefertigt und untersncht. Die
Muskulatur des in der Diastole unterbundenen Her-
zens erwies sich nngemein blutreich , wogegen das
in der Systole nnterbundene Herz nur in den ftusser-
sten Schichten seiner Wandungen Blutspuren zeigte.
Das in den Lacunen der Muskulatur des Froschher-
sens enthaltene Blut muss also w&hrend der Con-
traktion des Ventrikels ausgepresst werden u. w&h-
rend der Ausdehnung des Ventrikels wiederum in
jene Lacunen eindringen.
Ob aber da , wo die Muskelsubstanz des Ventri-
kels nicht unmittelbar von der VentrikelhOhle aus
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mit Blut versorgt wird, sondem dnrch besondere
Kranzarterien , das gleiche Verhalten nachweisbar
ist? Indem er die Hemmungswirkmig der Vagi mit
zu Hfllfe nahm , gelang es King auch beim Kanin-
chen, die diastolischen und selbst die systolischen
Ventrikel zu unterbinden. Die Behandlung mit ver-
dtinnter Schwefels&ure und die Anfertigung dflnner
Schnitte geschah gleich wie beim Froschherzen,
und schon mit freiem Auge war ein wesentlicher Un-
terschied im Blutgehalte wahrnehmbar. Die GefiUse
des wfthrend der Diastole unterbundenen Herzens
smd in alien Schichten der Muskulatur blutreich ;
besondcrs an der Herzspitze sind die Capillaren sehr
blutreich, dagegen weniger gefullt an der Herzbasis.
Das zur Zeit der Systole unterbundene Herz enth<
in den oberfl&chlich liegenden GefUssen Blut ; in den
tiefern Gef&ssen finden sich jedoch nur Spuren von
Blut, und die Schnitte nahe der Herzspitze er-
scheinen fast blutleer.
Diese Versuche sprechen also daftlr , dass das
Blut w&hrend der Systole der Ventrikel aus den
eigenen Gef&ssen des Herzens ausgetrieben wird und
w&hrend der Diastole frei in diese Gef&sse tritt.
Reizbarkeit des Herzmuskels ; Fortleitung »m
erregten Herzmuskel.
Die dem Herzmuskel eigen thumliche Reizbar-
keit , das eigenthilmliche Verhalten des ermtldenden
und sich erholenden Herzmuskels hat Dr. H. P.
Bowditch (Berichte fiber d. Verh. der k6n. sflcbs.
Ges. d. Wiss. zu Leipzig 1872. VI. VH. p. 652—
689) der experimentellen Untersuchung , aber le-
diglich am Froschherzen, unterzogen.
Das zu den Versuchen benutzte Praparat words in
folgender Weise hergestellt. Am ausgeschnittenen Frosch-
herzen wnrde vom Vorhofe her eine Glaskannle in die
Hohle des Ventrikels geschoben, and etwa an der Grenze
des obem Drittels wnrde die Wand des Ventrikels anf
das Rohrchen festgebunden. Dadurch wurden die untern
zwei Drittel der Rammer aus dem lebendigen Znsammen-
hange mit dem Vorhofe ond dem obern Hinge der Ram-
mer geldat und dem Einilusse der innern Herareiie ent-
zogen. Der Hohlranm des abgebnndenen Rammers tucks
wurde dnrch die Kanule mit reinem Serum gefullt und mit
einem Manometer (ein Qnecksilberraanometer erwies sich
als vorafiglicher) in Verblndnng gesetat, so dass der Dm-
fang der hervorgemfenen Contraktionen durch die in das
Manometer ubergefiihrte Flussigkeitsmenge gemessen wer-
den konnte. Induktionsstrome, deren Schl&ge durch die
Wandungen des nnterbondenen Stocks gingen , worden
als Reize angewendet.
Zuu&chst wurden die numerischen Ver/tfUtmisse
zwischen Reieen und Herzcontraktionen der Prt-
fung unterworfen. Wird der abgeschnttrte Ventrikel
in regelm&ssigen Intervallen von immer gleich star-
ken Induktionsschl&gen getroffen , so kann eine re-
gelm&ssige Schlagfolge eintreten, indem jedem Reize
eine Contraktion folgt, oder der Contraktionen sind
tnehr oder weniger, was man als ttberz&hlige oder
anssetzende Schlagfolge bezeichnen kann. Die fiber-
z&hlige Schlagfolge tritt nur selten auf, meistens
nur, wenn der Ventrikel nioht tief gemig outer bun -
den wurde. Die regelm&asige und die aassetzende
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83
Theile, Anatomie n. Physiologic dea Herzens.
Schlagfolge L&esen sich naoh Belieben erzeugen,
wenn man in der Sttrke oder in der Reihenfolge der
Induktionschl&ge beatimmte Aenderungen eintreten
Iftast. Wird mit schwachen Induktionaachl&gen an-
gefangen und deren Stftrke allm&lig geateigert , so
erreicht man bald einen Punkt , wo jeder Reiz eine
Contraktdon auslost. Bleibt man bei dieser Starke
atehen a. ltsat die InduktionsachlAge in regelmksaigen
Intervallen auf einander folgen , so bleiben allmftlig
bei einzelnenReiznngen die Contraktionen aus. LAsst
man alsdann die Starke der Induktionsschlage weiter
ansteigen, so gelangt man allm&lig zu einem Punkte,
wo die Schlagfolge wiederum eine regelmkaaige ist.
Zaweilen ereignet es sich aber auch, daaa unerachtet
der grosaen Intenaitat der Induktionastrdme doch nor
eine Annahemng znr regelmisaigen Schlagfolge er-
reieht wird.
Die anasetzende Schlagfolge des abgeaohnllrten
Ventrikela kann aber auch noch anf einem andern
Wege in eine regelmissige umgewandelt werden,
wenn namlich bei unverknderter Starke dea Reizes
daa zwiachen zwei Reizungen liegende Interrall ver-
grdaeert wird.
Eine bemerkenawerthe Eigenthttmlichkeit dea
Herzmnskels liegt nun aber darin , daas seine Reiz-
empfhnglichkeit durch die Zuckungen , zu denen er
veranlasst worden war, eine Abknderung erffclirt,
was haufig dazu ffthrt , dass nach einer langern
Zuckungsreilie nunmehr schon ein scliwacherer Reiz
zur Auslfisung einer regelradsaigen Schlagfolge ge-
nflgt. So kann der Fall vorkommen, dasa ein Reiz,
(lessen Starke ureprtinglicU nicht ausreichte, um eine
regelmaaaige Schlagfolge hervorzurufen , allmalig
dennoch zu einer solchen filhrt, wenn er in den
nAmlichen Intervallen vielmals liinter einander znr
Anwendung kommt.
Bei der regelmassigen 8chlagfolge, gleichwie
bei der aussetzenden Schlagfolge kdnnen die einzel-
nen Zuckungen am Manometer die gleiche Intenaitat
oflfenbaren, oder sie kdnnen auch ungleiche Gritaae
zeigen. 1st aber letzteres der Fall , daun kdnnen die
Zuckungen der aussetzenden Reihe bald grosser, bald
kleiner sein, als jene der regelmassigen Reihe. Den
Reiz, welcher jedeamal eine Zuckung veranlasst , ao
oft er daa Herz trifft, nennt Bowditch einen un-
fehlbaren, jenen dagegen, der die maximale Zuckung
but zeitweilig hervorruft, bezeichnet er als hinrei-
ckenden Reiz. Der Grand, weshalb der hinreicbende
Reiz sick nicht bis zum unfehlbaren Reize erhebt,
lr Min nicht in einer Ermfldung der Mnakelmaaae ge-
sueht werden. In aolchem Falle mlisste doch die
in einer aussetzenden Reihe eintretende Zuckung
kleiner auafhllen ala die Zuckung der regelmassigen
Reihe ; auch kdnnte es dann nicht gesohehen , dass
bei h&ufiger Einwirkung des namlichen Reizes in
denaelben zeitliehen Abstanden der anfsLngiich nor
zureichende Reiz sich in einen unfehlbaren Reiz am-
wandelt.
Andere Yersuehsreihen batten den Umfang der
Hertzuehung sum Gegenatande. Wird der abge-
schnUrte Ventrikel, aachdem er mehrere Minnten
lang in vollkommener Ruhe verblieben ist , in Inter-
vallen von 4—6 Sek. durch Reize von gleich blei-
bender Intenaitat getroffen, so gestaltet sich das
Grdsaenverhaltniss der succeaaiven Zuckungen in
folgender Art: die erate Zuckung ist die kleinste
und jede folgende nimmt an Umfang zu , jedoch in
der Weise , dass auf die fortschreitende Zuckunga-
ziffer nur ein immer kleiner werdender Znwachs ent-
flllt, bis zuletzt jeder Zuwaclis aufhdrt and die dann
noch weiter folgenden Zuckimgen alle denaelben
Umfang besitzen. Werden die successiven Zuckungs-
werthe als vertikale Linien succeasiv nebeneinander
gestellt, so erhalt man eine Reihe, wofhr Bow-
ditch die Bezeichnung als Treppe angenommen
hat.
Weiterhin folgen Vereuche, welche darthnn, dass
die Richtung und die Starke des Induktionsstromes
die Gestalt der Treppe nicht beeinflusaen , und dass
der Umfang der Zuckungen von dem je zwei Reize
einer unfehlbaren Reihe trennenden Intervalle weaent-
lich abhangt; ferner Verauche Uber den Gang der
Zuckungen bei continuirlich fortschreitender Ermli-
dung dea Herzens; weiterhin Vereuche, wo die
Hdhle des unterbundenen Ventrikela anatatt Seram
mit Gummildsnng gefUllt wurde , mit dem Erfolge,
dass das treppenfbrmige Ansteigen der anfeinander
folgenden Zuckungen auafiel, und Vereuche, wo dem
in der Hdhle des unterbundenen Ventrikels ent-
haltenen Seram Gifte zugesetzt wurden , namentlich
Mnscarin (andert das treppenf&rmige Ansteigen der
Zuckungen in der Weise , dass die Minima und die
Maxima , sowie der relative Zuwachs geringer aus-
fallen), Atropin (bringt das stufenartige Ansteigen
der Zuckungen, die Treppe, zum Verachwinden),
Delphinin (bringt ebenfalls die Treppe zum Ver-
schwinden und zeretdrt in grdssern Gaben die Reiz-
barkeit des Herzens ganz rasch) , endlich Vereuche,
um den Einfluss der verknderten Temperatur festzu-
stellen. Von der genauern Vorftthrung dieser Ver-
suohe darf um so eher Abstand genommen werden,
als koine einfach formulirten Resultate aus denaelben
gezogen werden.
Wie ferner die Leitung der Erregung im Herz-
muskel erfolgt, hat Prof. T h. W i 1 h. Engelmann
(Arch. f. Phys. XI. 10. p. 465 — 480. 1875) eben-
falls an Frosckherzen (liana esculenta und tempo-
raria) experimentell nachzuweisen untemommen. In
seiner im J. 1869 verdffentlichten Arbeit „Zur Phy-
siologie des Ureter" hatte Engelmann dargethan,
dasa der Ureter bei Fortieitung von Erregungen sioh
wie eine einzige kolosaale, hohle and nervenfreie
Muskelfaser verhklt, und dabei bereita die Vermnthung
ge&nsaert , auch in der Muskelsubstanz des Herzens
erfolge die Fortieitung von Erregungen nicht unter
Vermittelung von Nerven, sondem die Erregung
pflanze aich direkt von Muakelzelle zu Muskelzelle
fort. Die zahlreichen anatomiachen und physiologi-
achen Analogien zwiachen Herzmnakel und Ureter
lieaaen dieas vermuthen. Beide Organs beetehen ana
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84
Theile, Anatomic a. Physiologic des Herzens.
contraktilen “Zellen, die weder durch Membranen,
noch durch Zwischenraume von messbarer Brerte von
einander getrennt sind ; in bciden werden nur sehr
wenig Nervenenden gefunden, jedenfalls sehr viel
weniger, als die Zahl der Muskelzellen betrftgt;
Ganglienzellen fehlen , mit Ansnahme einiger ganz
beschrflnkter Gegenden ; beide kflnnen von jeder
Stelle aus znr allgemeinen Contraktion angeregt
werden, die Erregung kann sich also von jeder
Stelle nach jeder beliebigen andem hin mittheilen,
ja diess gilt anch von jedem mit Messer oderScheere
isolirten Stttcke ; in beiden pflanzt sich die Erregung,
wie es scheint, nach alien Richtungen hin mit gleicher
Geschwindigkeit fort, nnd zwar ausserordentlich viel
langsamer als die Erregung im Nerven.
Diese frtlhere Vermuthung nun, dass anch im
Herzen (wenigstens im Ventrikel) die Erregungs-
leitung durch Contakt der Muskelzellen zn Stande
kommt, begrflndet Engelmann jetzt durch folgen-
genden einfachen Versuch. Wird die Herzkammer
eines eben getftdteten Frosches mit einer feinen , bis
zur Spitze scharfen Scheere in zwei oder mehr
Stllcke zerschnitten , die untereinander nur durch
ganz schmale Brflcken von Muskelsnbstanz noch zu-
sammenh&ngen , dann beobachtet man nach einiger
Zeit , dass auf Reizung eines dieser Stttckclien anch
die andern Stftckchen nach einander in Contraktion
gerathen. Es ist ganz gleichgiltig , an welchen
Stellen die einzelnen Sttlckchen mit einander zusam-
menhflngen, wenn sie nuT durch Muskelsubstanz ver-
bnnden bleiben. Der Versuch beweist also, dass
sich die Erregung in der Herzkammer von jedem
Punkte aus nach jedem andern beliebigen Punkte
fortpflanzen kann.
Die mikroskopische Untersuchung der Muskel-
substanz des Herzens spricht entschieden dagegen,
dass die Erregung von Zelle zu Zelle durch besondere
anatomische Elemente, durch Nervenfasern fortge-
leitet wird. Im Allgemeinen sind in der Muskel-
substanz keine Nervenfasern oder irgend and ere
nervfise Elemente aufRndbar; nur in unmittelbarer
Nfthe der Ganglienhaufen an der Herzbasis ist die
Muskelsubstanz reich damit ausgestattet. So war
denn auch bei wiederholten Untersuchungen in den
schmalen Brflcken, welche die Herzstflcke in Ver-
bindung setzten , nichts von Nervenftserchen oder
Ganglienzellen auffindbar, ausgenommen, wenn diese
Brflcken ganz nahe der Herzbasis sich befanden. Es
bleibt deshalb nur die zweite Aunahme flbrig , dass
bei jenem Versuche die Erregung, ohne Vermittelung
besonderer anatomischer Elemente , direkt von Zelle
zu Zelle fortschreitet. Jedoch wirkt nicht etwa die
Contraktion der einzelnen Zelle als mechanischer
Reiz auf die Nachbarzellen , sondern der unsichtbare
Molekularprocess, der innerhalb der Zelle Contraktion
bedingt, pflanzt sich von Zelle zu Zelle fort. Das
ist aber mdglich , weil die Mien von keiner Zell-
membran umhflllt werden, bis zur OberflSche hin
ans reizbarer Substanz bestehen und mit einander in
Molekularoontakt stehen. Die Reizung und Er-
regung irgend eines Punktes der Mnskelsabatanz
kann sich somit flberall hin ausbreiten und die ganze
Herzkammer in Contraktion versetzen.
Die Angaben Pagliani’s, dass bei direkter
Reizung der KammeroberfUlche die Contraktion anch
an einer von der Reiznng entfernten Stelle anfangen
kann und dass Reiznng des die Muskelsnbstanz be-
deckenden Endokardium nnd Ektokardinm, nicht
aber unmittelbare Reiznng des Muskelgewebes zn
Contraktionen fflhrt, hat Engelmann niemals be-
stfltigen kSnnen.
Der von Pagliani u. Andern ansgesprochenen
Vermuthung, dass alle durch direkte Reizung der
Herzkammer erregten Contraktionen Reflexbewegnn-
gen sind , steht die Thatsache entgegen , dass anch
das kleinste abgeschnittene Sttlckchen der Kammer
bei direkter Ortlicher Reiznng als Ganzes sich za-
sammenzieht.
In Betreff des obengenannten Vereuchs mit der
Kammer des Froschherzens ist aber noch Folgendes
zn beachten. In der ersten Zeit nach der Operation
pflegt die Fortleitung durch die Muskelbrtlckchen,
welche die einzelnen Muskelstttcke verbinden , noch
nicht zn erfolgen, wenigstens nicht, wenn die Brflck-
chen sehr schmal gemacht wnrden. Allm&lig erst
Btellt sich das Leitnngsvermbgen her, im Ganzen um
so frflher, je geringer die vorausgegangene mecha-
nische Reiznng war. Es kann eine Viertelstnnde
und mehr, in einzelnen Fallen selbst 1 Std. ver-
gehen, ehe alle Brflcken leitungs&hig sich erweisen.
Man Ittsst deshalb das Herz nach der Operation am
besten erst einige Zeit im feuchten Raume rnhen.
In Folge zu heffiger mechanischer Reiznng bei der
Operation entwickelt sich das Leitnngsvermflgen
manchmal auch gar nicht. Besonders in den heissen
8ommermonaten misslang der Versuch vielfilltig. —
Je grosser die Zahl der Stflcke ist, in welche das
Herz zerspalten wurde, u. je dflnner die Commissuren
zwischen den einzelnen Stttcken sind , nm so schwie-
riger gelingt der Versuch. — Hftngt ein Stack der
zerschnittenen Kammer noch mit der Vorkammer
zusammen und ist das Leitungsvermttgen durch die
verechiedenen Brflcken hergestellt, so contrahrrt
sich nach jeder Vorkammersystole zunftchst jenes
mit ihr verbundene Stflck, dann das daran grenzende
u. 8. w., das heisst die Contraktion pflanzt sich von
der Basis nach der Herzspitze fort. Zeigt das Prtl-
parat keine spontanen Bewegungen mehr , dann
richtet sich das Fortschreiten der Contraktionen
lediglich nach dem zuerst gereizten Stttcke. — Die
Leitnng einer Brflcke scheint sich manchmal schneUer
herzustellen , wenn die beiden dadnrch verbnndenen
Stttcke oder auch nur eins davon in Intervallen von
einigen Sekunden wiederholt gereizt werden. — F.in
scheinbar gleichzeitiges Zusammenziehen alter Stflcke
des zerschnittenen Herzens , also eine gleiche Fort-
pflanzungsgeechwindigkeit der Erregung, wie am
unverletzten Herzen, kann vorkommen, wenn das
operirte Herz ein sehr kriftiges war. In der Regel
aber schreitet die Contraktion sohon in der ersten
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T h e i 1 e , Anatomie n. Phyaiologie des Herzens.
Zelt nach dem Zerschneiden , znraal aber im spiltem
Verlanfe des Versucbs, wellenfbrmig fort.
Die Fortleitungsgeschwlndigkeit, mit Hfllfe elnea
Viertelaeknnden echlagenden Metronoms beatimmt, wurde
im Maximum etwa gleich 30 Mmtr. in der 8eknnde ge-
funden; gewShnlich aber erreichte sie nur 20 — 10 Milli-
meter. Die Abhangigkeit dieser Fortpflanziingsgesctawln-
digkeit von der Temperatnr Hess slob leicht naehweisen.
Fine Abkuhlnng von 17° C. anf 6° genQgte , nm sie von
20 Mmtr. anf 10 Mmtr. herabzuaetzen. und bei allmSliger
Erwarmnng anf die anfangliche Hflhe stieg sie dann
wieder anf etwa 20 Millimeter.
Der oben beschriebene Grnndversuch , welcher fflr
die Leitnng der Erregnng dnrch Zellcontakt spricht, 1st
Engelmann anch bei Fischen (Anguilla flnviatills.
Tinea chrysitis) , bei Reptilien (Tropidonotns natrix,
Testudo graeca) , bei Siiugethieren (Mus musculns und
decumanus, Lepus cunicnlns) gelungen. Bei den warm-
blfitigen Tbieren wird jedoch der Versucb durch das
schnelle Sinken der Erregbarkeit , bei den Fischen dnrch
die Neignng der einzelnen Herzkammerstuckcben zu
spontanen Contraktionen erschwert.
Funktion der Herzganglien.
Neuere , ebenfalle am Froschherzen ausgefilhrte
Untersnchungen hieriiber lieferte Dr.LudwigPag-
liani (Moleschott’s Unters. XI. 4. p. 358 — 389.
1874). Die zuerst von Volkmann im J. 1844
eingeftlhrten, mehrfach wiederholten und verknderten
Versnche am Froschherzen, um zn ermitteln, welclien
Emfluss Einschnitte oder Durchschnitte oder auch
Unterbindungen einzelner Theile anf die Schlagfolge
des Organs haben , warden von P a g I i a n i nach
einer abge&nderten Methode wiederum durchgeflihrt.
Wihrend nftmlich die frflhern Experiments to ren bfe-
stimmt dirigirte Durchschnitte durch das Herz auf
einmal ausftlhrten, oder mit einer einzigen Unterbin-
dnng einen speciellen Theil des Herzens auf einmal
umfassten, ftlhrte derselbe an den betreffenden HeTZ-
theilen nnr kleine, in abgemessenen kleinen Zeit-
rSumen weiter ausgedehnte Schnitte aus. Er theilt
13 mannigfaltig modificirte Einzelversuche mit sol-
chen succeasiven Durchschneidungen und den jeweili-
gen Verftnderungen der Herzschlagfolge mit, aus
denen er fttr das Froschherz folgende Resultate
glanbt ziehen zu dflrfen.
1) Die nervflsen Herzganglien sind als Centra
thltig , in denen sich die Reiznngen reflektiren , von
denen die Endignngen sensibler Nervenfasern im
ftussern oder im innem Ueberzuge des Herzens be-
troffen werden.
2) Die Fnnktionen der Herzganglien nnterschei-
den sich nicht in solcher Weise , dass man zu der
Annahme berechtigt wkre, ein Theil derselben hemme
die Bewegnngen des Herzens , der andere Theil da-
gegen fSrdere diese Bewegnngen.
3) Die Verinderungen in der Bewegnng des
Herzens oder dessen Stillstand sind nicht dadnrch
bedingt, dass die eine oder die andere Qanglien-
gnippe abgetrennt wurde, sondera sie sind abhSngig
von der verschiedenartigen Reiznng von Fasern,
welche in die Ganglienzellen eintreten oder ans den
Ganglienzellen hervorgehen.
4) Es giebt 2 Arten von Nervenfasern im Her-
zen, die sich im Reizbarkeitsgrade imterscheiden imd
in dem Widerstande, den sie den Reiznngen ent-
gegensetzen. Eine Gruppe dieser Fasern tritt dnrch
den Hohlvenensinus zn den Vorkammern und begiebt
sich von hier auch znm Vcntrikel, haupts&chlich an
die hintere Wand und an den Sussern Theil des
Ostium venosnm. Die Fasern der zweiten Gruppe
dringen in der Nfthe des Ostium arteriosum in das
Herz , und nachdem sie die ganglienhaltigen Netze
gebildet haben , vertheilen sie sich an den Vorkam-
mem und am Ventrikel.
5) Die Fasern der ersten Gruppe ermflden leicht
bei heftiger Reiznng, wenn z. B. eine gewisse Menge
derselben auf einmal durch einen Schnitt getroffen
wird, so dass eine ErschOpfung der Hcrzthittigkeit'
hervortritt ; werden sie aber weniger gereizt , wenn
7. B. nur wenige mittcls einer scharfen Schecre auf
einmal durchschnitten werden , dann erlid.lt sich die
Thatigkeit dieser Fasergruppe und das Herz bleibt
in Bewegnng, ja es vermehrt sich wohl gar ibre
Thatigkeit und die Schlagfolge des Herzens wird
beschleunigt.
6) Die Fasern der zweiten Grnppe sind weniger
reizbar und weniger leicht zu ermttden ; leichte Rei-
zungen wirken deshalb nicht auf sie ein , starke Kei-
zungen aber erhdhen ihre Thatigkeit.
Nervus accelerator cordis der Katze.
8orgfaitige Untersuchnngen liber diesen Nerven
lieferte Prof. Dr. R. Boehm in Dorpat (Arch. f. exp.
Pathol, u. Pharm&kol. IV. 4. p. 255 — 279. 1875).
Diese Untersnchungen warden unter Mitwirkung des
Dr. H. Nnssbaum ausgefhhrt und sind schon des-
halb sehr beachtenswerth, weil die bisherigen Unter-
suchnngen fiber beschleunigte Schlagfolge des Her-
zens dnrch elektrische Nervenreizung an FrOschen
(8 c h m i e d e b e r g), an Kaninchen (v. B e z o 1 d nnd
Bever, Cyon), anHunden (Ludwig, Schmie-
deberg) vorgenommen worden sind, mit Ausschlnss
der Katzen.
Ein die Schlagfolge des Katzenherzens beschlen-
nigender Nerv lasst sich anatomisch mit Bestimmt-
heit naehweisen, wie die der Abhandlung vorans-
geschickteDaretellnng des Plexus cardiacus am Halse
der Katze, die durch eine dem Texte eingefttgte Ab-
bildung in instniktivster Weise vervollstandigt wird,
dentlich darthut
Von dem oftmala ansnehmend kleinen Ganglion oer-
vicale medium des Sympathies setzt sich der Grenzetrang
beideraeits als ein doppelter Ast nach abwarts fort. Der
Susaere Ast tritt anf beiden Seiten uber die Art. snbclavta
weg zn elnem am Wirbelende der ersten Rippe anf dem
Longiaaimua colli Iiegenden Ganglion, das dem verschmol-
zenen Ganglion cervicale inflmum and Ganglion thoraci-
enm primum entspriebt nnd wegen mehrfacber radien-
fSrmig mit ibm in Verbindung etehender Nervenfiden ala
Ganglion stellatnm bezeichnet werden kann. Der innere
Ast verlanft llnkerseits als geeonderter Nerv gleichfalls
znm Ganglion atellatum fort , wogegen derselbe rechter-
seits aich alabald an den Vagoa anlegt nnd eratinderHShe
des "Recurrens sich wieder davon abtrennt , am sioh
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T h e i 1 e , Anatomic n. Physiologic des Herzens.
schlflselioh ebenfalls znm Ganglion gtellatom za begeben.
Das Ganglion stellatum erhilt sodann, vom 6. Halsnerven
anfangend , aus 4 auf einander folgenden RQckenm&rks-
nerven Rami communicantes. Aus Ihm geht ferner der
abate Igende Grenzstrang des Sympathlcus ala einfaeher
dicker 'Nervenatamm hervor, aowle vereohiedene Rami
cardiac!. Letztere legen aich auf der recbten 8eite guten
Theila an den vorbelzlehenden Vagua an , und erat ana
einem verwickelten Plexus erfolgt die Verelnigung zu
einem abatdgenden Nervns cardiacus a. Accelerator dexter.
Linkeraeita dagegen sind die Rami cardiaci alabald zu
einem anaehnlichen . meistena gleicb am Abgange ein-
fachen Nervua cardiacus e Ganglio a. Accelerator sinister
vereinigt, der nach unten nnd innen verlauft, daa Perikar-
dium an der Art. pulmonalia durcbbohrt and aich anf dem
linken Vorhofe und in der Muakulatur dea link en Ventrikela
verliert.
Den Cardiacus e ganglio atellato, der nach aeinem
phyaiologischen Verhalten ala Accelerator bezelchnet en
werden verdient, hat B. an chloroformirten und apaterhln
auch an curarisirten Katzen der elektrischen Re'znng
unterworfen nach einer ganz genau beschriebenen Methode,
deren Ausfuhrung 1m einzelnen Falle , auch bei recbt
gfinatigem Verlaufe, 30 Min. erforderte.
Nach der eben vorgelegten kureen anatomischen
Beschreibung des Accelerator wtlrde man wohl er-
warten dtlrfen , dass der linkseitige Accelerator zu
den Vereuchen erw&hlt wurde. Das ist aber nicht
der Fall, nnd die Bevorzugung des rechten Accelera-
tor wird ausdrtlcklich durch ein besonderes Verhalten
des linken Nerven motivirt , wodurch fast ein etwas
zweifelhaftes Licht anf die ganze Untersuchung zu
fallen scbeint. „Der Nervns cardiacus e ganglio
atellato sinister bietet, Dank seinem von Aufang an
isolirten Verlaufe , viel einfachere Verh<nisse dar,
8teht aber doch dem gleichnamigen Nerven der an-
dern Seite insofern nach , als seine beschleunigende
Wirkung auf den Herzschlag eine geringere ist.“
Der aus dem Ganglion stellatum hervorgehende
und zum Herzen verlaufende Cardiacus wurde an
20 Katzen im Ganzen 145mal gereizt, nnd nur 2mal
wurde bezllglich der beschlennigenden Wirkung anf
den Herzschlag ein negatives Resultat erhalten. Es
wurde immer die Pulsfrequenz fllr je 10 Sekunden
vor der Reizung, wahrend der Reizung und nach der
Reizung gezfthlt und danach die procentische Be-
schleunigung des Pulses festgestellt. Das Nahere ist
in der tabellarischen Znsammenstellong von 101
Reiznngen , aus der Zahl der 145 entnommen , zur
Anachauung gebracht.
Der Wertli der Pulsbeschleunigung schwankte
in den verzeichneten Fallen zwischen 7 nnd 70 °/ 0 ;
der am baufigsten beobachteteZuwachsjedochbetrng
21—30 »/ 0 .
Das Maximum der 8chlagbeschleunigung wurde
in der Mehrzahl der Falle im zweiten Zehnsekunden-
abschnitte der Reizung erreicht. Die Daner der
latenten Reizung betrug durchschnittlich 5 — 10 8e-
knnden.
Was Schmiedeberg bereits fllT den Hund er-
mittelt hat , das bestatigte sich auch ftlr die Katie,
dass namlich die Erregbarkeit des Accelerator ftlr
elektrische Reize eine ziemlich geringe ist. Strom-
Btkrken, welche am Nervua vagus gerade noch maxi-
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male Effekte hervorrufen, sind in der Regel zu
schwacli , tun den Accelerator ttberhaupt in Thttig-
keit zu versetzen. Dass der Accelerator durch
mechanische Reize , durch ZiJg, Druck, Durchschnei-
dung nicht in Erregung versetzt wird, diess zu con-
statiren hot sich wahrend der langern Untersuchungea
mebrfach Gelegenheit. Chemische und thermisebe
Reize sind jedoch nicht in Anwendnng gezogen
worden.
Zweifelhaft darf es erscheinen, ob man von einer
Ermlldung des Accelerator durch elektrische Reize
reden darf : zu wiederholten Malen wurde der Nerr
mit maximalen Stromst&rken 2 Min. lang anbaltend
gereizt, obne dass ein Abnehmen der Wirkung im
Verlaufe der Reizung wahrgenommen werden konnte.
Die erreichte Pulsbescbleunigung erhob sich nur
in ein paar Fallen bis zu 46 Schligen in 10 8ek.
und blieb noch 'unter dem Werthe zurtlck, den die
Pulsfrequenz der Katzen bei Einwirkung einiger
Gifte erreichen kann , namlich liber 50 Sohlage in
10 Sek. bei Baryt- oder Delpliininvergiftung , 58
Sclilage in 10 Sek. bei Ammoniakvergiftung.
Paradoxe Vacruswirkung.
Die bei curarisirten Thieren vorkommenden pa-
radoxen Wirkungen des Vagus hat Prof. Dr. R.
Boehm in Dorpat (Arch. f. oxper. Pathol, u. Phar-
makol. IV. 5 u. 6. p. 351 — 386. 1875) genauer
untersucht. Die Abhandlung bringt eine Vervoll-
standigung und Vermehrung jener Resultate , die in
der frtther erscliienenen Inaugural - Dissertation von
Dr. H. Nussbaum (Beitrilge zur Kenntniss der
Anatomie und Physiologie der Heranerven und der
phyaiologischen Wirkungen des Curare) mitgetheflt
wurden.
Die bereits vor 20 Jahren von Cl. Bernard
gemachte Entdeckung, dass durch Curareein wirkung
der elektrisch gereizte Vagus der HemmuDgswirkung
auf die Herzbewegungen verlustig geht, fand alsbald
mebrseitige Bestatigung , und die Experimentalpliy-
siologie hat aus dicser Beobachtung vielfacb Nutzen
zu ziehen gewusst. Indessen schon 1858 machte
v. Bezold darauf aufmerksam, dass durch Curare-
ein wirkung die Erregbarkeit der Vagusfasern doch
erst spater verloren geht, als in andem motorischen
Nerven, und spSterhin sprach sich dereelbe bestimmt
dabin aus, dass es von der Dosis des Curare abhftngt,
ob der Vagus dadurch gelahmt wird oder nicht. So
wird es denn erklflrlich , wenn Meissner, Vul-
pian die specifische Wirkung des Vagus anf das
Here bei Cnrarevergiftung noch fortbesteben sahen.
W. Wundt (Heidelb. Jahrbb. 11. p. 172. 1860),
der in Gemeinschaft mit S c h e 1 s k e den Einfluss des
Curare aufNieren und Muskeln untersuohte, beobach-
tete sogar das entgegeugesetzte Verhalten des Vagus,
nUmlich eine Beschleunigung des Herzschlags bei
tetanischer Reizung des Nerven , welche Beschieuni-
gung mit dem Wachsen der Reizung znnahm.
(Uebrigens ist eine solohe paradoxe Wirkung des
Vagus auch nach Einwirkung anderer Gifts beobaehtet
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T b e i 1 e , Anatomic u. Phyaiologie des Herzen*.
worden: Sehmiedeberghai dieselbe am Froach-
heracn bei Nikotinvargiftung geaehen ; Rutherford
sab aie bei mit Atropin vergifteten Thieren, and
■p&terhin much Rossbach; Boehm selbst beob-
achtete vom Aconitin mehrfach aolche paradoxe Va-
gus wirkung.)
Im Handel kommen eben aehr verschiedenartlge
Corareaorten vor, die aioh nicht nor im phyaikalischen
VerhaJten, sondern aach in der Intensitat der Wirkung
wesentlich yon einander unterscheiden , und so kann es
geschehen, dass die bei den gewShnlichen Versuchsthieren
gebranchliche Injektionsraenge , 1 oder 2 Cctmtr. einer
lproeent. waaaerigen Losung, worin also 0.01 bis 0.02
Grmm. Curare enthalten sind, iu dem einen Falle genugt,
den Vagus vollstandig zu lahmen, dagegen in einem andern
Falle den Vagus ganz intakt lasst. Es 1st deshalb erfor-
derlich , dass bei dem namlichen VereuchBthiere die wie-
derkolte Anwendung des Curare i miner mit den namlichen
Corareaorten oder richtiger mit dem namlichen Curare-
praparate vorgenommen wird.
Boehm theilt am Schlusse der Abhandlung die
Versuchsprotokolle tlber seine Versuche mit Curare-
vergiftung mit , die meistens an Katzen , zum Theil
aber auch an Hunden ausgefhhrt worden sind. A us
diesen Versuchen ergiebt sich zunftchst die Bestftti-
gung des Satzes, dass Curare , in gewisser nach den
Sorten verschiedener Dosis in die V enen eingebracht,
die Hemmung der Herzbewegung bei Reizung des
Vagus aufhebt, ohne dass jene Reizung sonst eine
sichtbare Verftnderung der Blutdruckcurve hervor-
ruft.
Die Erregbarkeit der Vagusenden eriischt aber
nicht mit einem Schlage bei der Curarevergiftung,
sondern verliert sich schneller oder langsamer, je
nach der angewandten Curaredose. Durch sehr
kleine Dosen erfolgt Abschwftchung des Hemmungs-
efrektes , so dass bei der Vagusreizung eine mltssige
Verlangsamung der Schlagfolge des Herzens beob-
achtet wird, und zugleich zeigt sich eine geringe
Wirknng auf den Blutdruck. Die pulsverlang-
samende Wirkung schreitet jedoch langsamer vorwftrts,
als die Wirkung auf den Blutdruck , so dass zuletzt
ein Stadium erscheint, wo die Vagusreizung auch mit
starken elektrischen StrSmen nur eine Verlangsamung
der Pulse ohne Verminderung des Blutdrucks hervor-
ruft. Dann genflgt aber schon eine ganz geringe
Curaredosis, um die vBllige Lfthmung der hemmenden
Vagusfasern herbeizufllhren.
1st einem Thiere eine grOssere Curaredose ein-
gespritzt worden und wird erst einige Minuten spate r
zur Prflfung des Vagus geschritten , dann kann der
Nerv vielleicht schon bereita ganz unerregbar gewor-
den sein. Hftafiger jedocb beobachtet man in solchen
Fallen ein rasches bedeutendes Ansteigen des Blut-
drucks, wahrend die Pulsfrequenz nocb unverUndert,
oder vermindert, in selteneren Fallen aber auch ver-
mehrt 1st. Wenn vermehrte Pulsfrequenz besteht,
so gentlgt es , den Nerven 3 bis 4 Male liinter ein-
ander zu reizen , und man beobachtet dann wieder
unvertlnderte oder verlangsamte Pulsfrequenz. —
Ftlr die Blntdrucksteigerung wird immer eine sehr
ateil ansteigende und etwas weniger steil abfallende
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Curve erbalteu ; innerhalb 2 bis 3 Sekunden , vom
Begiime der Vagusreizung an , wird das Maximum
des Blutdrucks erreicht, das sich erhalt, bo lange die
Reizung andauert. Beim Sistiren der Reizung fftllt
der Blutdruck innerhalb 15 bis 30 Sekunden auf
ein Minimum berab, das aber um 10 — 15 Mmtr. Hg
fiber dem frttheren Blutdrucke zu stehen pflegt. An
der Katze beobachtet man bei der Vagusreizung eine
Drucksteigenmg von 100 bis 160 Mmtr. Hg, so
dass also der Blutdruck nicht selten verdoppelt ist.
Der Grand dieser bedeutenden Drucksteigenmg wah-
rend der Vagusreizung dtlrfte wohl darin zu suchen
sein, dass, wie Rossbach ftlrdie Atropinvergiftung
nachgewiesen hat, so auch bei der Curarevergiftung
vasomotorische Nervenfasern erregt werden , die
durch den Hals- und Bauchvagus zu den Unterieibs-
organen verlaufen. Dabei ist es freilich schwer ver-
stftndlich , warum nur bei ganz bestimmten Graden
und Stadien der Curarevergiftung jene Wirkung der
im Vagus verlaufenden Vasomotoren zu Tage tritt.
So lange die hemmenden Herzfasern des Vagus sich
noch in normaler Erregbarkeit befinden , komrat boi
Reizung des Vagusstammes nur insofern eine Andeu-
tung von gleichzeitiger EiTegung vasomotorischer
Fasera zur Beob&chtung , als nach dem Abklingen
der Hemmongswirkong der Blutdruck sehr ranch
wieder steigt und das vor der Reizung beobachtete
Niveau hftufig um ein Bedeutendes tlberschreitet.
Es kommen femer Falle vor, wo bei Reizung
des Vagusstammes die vasomotorischen Fasern und
die Hemmungsfasern gleichzeitig in Aktion treten,
wo also die rasche Blntdrucksteigerung von Puls-
veriangsamung begleitet wird. Diesen Zustand beob-
achtet man am hftufigsten wahrend des Schwindens
der Curarevergiftung. Hftufig genug wird aber auch
jede Blntdrucksteigerung vermisst, wenn sich die
Hemmungsfasern bei Reizung des Vagusstammes als
vflllig gelfthmt erweisen.
Es ist somit nicht mdglich, feste Beziehungen im
Verhalten der hemmenden und der vasomotorischen
Fasern des Vagus nachzuweisen. Die vollstandige
Lfthmung der hemmenden Fasern ist keineswegs
dazu erforderlich , um die Wirkung der andern her
vortreten zu lassen, vielmehr kSnnen beide gleich-
zeitig in Wirksamkeit treten; die Thfttigkeit der
vasomotorischen Fasern andererseits kann bei volliger
Lfthmung der Hemmungsfasern wahrend und nach
der Reizung latent bleiben. Das drftngt zu der Ver-
muthung, dass bei Curarevergiftung die Erregbarkeit
der vasomotorischen Fasern selbst eigenthtlmlichen
Schwankungen unterliegt.
Ist bei einem Thiere durch Injektion mehrerer
kleiner Cnraredosen oder durch Injektion einer mitt-
lern Curaredose vollstftndige Lfthmung der Hem-
mungsfasern eingetreten, so dass Vagusreizung ohne
alien Einfluss auf den Blutdruck ist , und wird nun
noch eine femere kleine Dosis einmal oder anch ein
Paar Mai injicirt , so gelangt man in der Mehrzahl
der Fftlle zn dem durch Wundt hervorgehobenen
Punkte, t oo die Vaguer eizvng eine Acceleration
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Theile, Anatomie a. Physiologie des Herzens.
der Her zbeweg ttngen hervorruft. Die Aussicht,
dieses Versuchsreeultat zu erzielen, 1st um so grosser,
je vorsichtiger die Coraredosen gesteigert werden,
und mit je kleinerea Dosen der Versuch erdffnet
wird. Die Versuche lieferten stets nor undeutiicbe
Resultate, wenn gleich Anf&ngs grosse Dosen Curare
in Anwendung gekommen wareu. Bestimmte Ur-
sachen, warom auch der wohlangeordnete Versuch
nicht allemal zu jenem Resultate fllhrt , liesaen sich
tlbrigens nicht ermitteln. — Ohne Zweifel sind bei
diesen Versuchen accelerirende Nervenfasera bethei-
ligt, die im Vagus verlaufen und nur bei voiist&ndi-
ger Lahmung der Qemjnungsfaaem ihre Wii-kung
unmittelbar aussern kOnnen. Die Beschleunigung
des Herzschlags, welche in diesen Fallen durch
Vagusreizung erzielt wird, atimrnt ganz mit jener Be-
schleunigung (therein, die zur Erscheinung kommt,
wenn die sympathiscben accelerirendeu Ilerzvenen,
die aus dem Ganglion stellatum zum Herzen treten,
gereizt werden. Namentlich ist der procentiscbe
Werth der Pulsbeschleunigung in beiderlei Fallen im
Ganzen der namliche.
Mit dem Auf hflren der Curarewirkung schwindet
auch die Erregbarkeit der accelerirenden Vagus-
fasem, und man nahert sich nach einigen Reizungen
allnUUig dem Zeitpunkte, wo die Vagusreizung wie-
der ohne alien Einfluss auf die Scblagzahl des Her-
zens ist. Wie lange die bescldeunigende Wirkung
der Vagusreizung andauert, ist einigermaassen von
der Grdsse der zuletzt eingespritzten Curaredose ab-
hangig ; nach grbsseren Dosen verfliesst eine Utngere
Zeit. Dabei ist aber nicht zu (lbersehen, dass durch
zu grosse Curaremengen die Erregbarkeit der acce-
lerirenden Vagusfasern von vom herein auf immer
vemichtet wird. Ist nun der Zeitpunkt eingetreten,
wo die Vagusreizung keine Pulsbeschleunigung mehr
hervorbringt, dann kann man die Erregbarkeit der
accelerirenden Fasern sofort dadurch wieder her~
etellen, dass man von Neuem eine kleine Dose
Curare injicirt, und diess lasst sich bei einem kraf-
tigen Versuchsthiere 2 — 3mal in dem namlicben Ver-
suche wiederholen.
Sehr auffallend ist es , dass durch Reizung des
linken Vagus, ungeachtet der Versuch vielfach wieder-
holt wurde, niemals eine deutlicbe Beschleunigung
der Schlagfolge eraielt werden konnte, wahrend doch
die (lbrigen Kategorien paradoxer Vagus wirkung
durch den linken Nerven so gut, wie durch den rech-
ten, zur Wahrnehmung gebracht warden. Diese
Thatsache dttrfte ftlr die Annahme sprechen, dass
besondere accelerirende Fasern, die im Vagus selbst
verlaufen, die Pulsbeschleunigung direkt bewirken.j
Die verschiedenartigen Wirkungen, welche bei
Curarevergiftung durch Vagusreizung hervorgerufen
werden, Bcheinen zu der Annahme zu drangen, dass
dreierlei Fasersysteme centrifugal im Vagus (wenig-
stens im recbten Vagus) verlaufen: X) hemmende
Fasern, welche zuerst durch Curare gelfihmt werden ;
2) beschleunigende Fasern , welche nicht durch das
Curare gelahmt werden und bei Reizung einea
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Vagus, dessen Hemmungsfasem gelihmt sind, zur
Wirkung gelangen ; 3) vasomotorische Fasern fBr die
Baucheingeweide , deren Wirkung namentlich wih-
rend des allm&ligen Schwindens des Curareedekts zu
Tage tritt.
Erscheinungen der Herzthdtigkeit.
Ueber mehrere Punkte der Physiologic des
Herzens kam es im Jahre 1874 in der Pariser Aca-
demic de Mddecine (Bull, de l’Acad. 2. S£r. HI. 14.
16. 17. 18. 1874) zu einer erregten Diskusaion,
die jedoch in keiner Weise zu einer festeren Begrlln
dung der fragbchen Punkte ftlhrte. Die Haupt-
redner entwickelten ihre persdnlichen Auffassungen
und Anschauungen, hoben das Verdlenstliche ihrer
eigenen Untersuchungsmethoden hervor, verdfichtig-
ten zum Theil die andern Untersuchungsmethoden,
namentlich die physikalische Methode, vor der Auf-
deckung eines wissenschaft Lichen Skandals (sit venia
verbo !) dabei nicht zurflckschreckend, und verharr-
ten schlflsslich auf ihren personlichen Ansichten. Fin
versdhnender Ausgleich der entgegenstehenden An-
sichten ist nicht zu Staude gekommen, ja nicht einmal
versucht worden. Trotzdem glauben wir, dass eine
tlbersichtliche Darstellung dieser Verhandlungen ftlr
unsere Leser nicht ohne lnteresse sein wird.
Prof. Colin, an der Thierarzneischole inAlfort,
hielt am 7. April einen Vortrag tlber den Mechanis-
mus des Herzs tosses , sowie fiber die an der ein-
zelnen Herzphase unterscheidbarsn zeitlichen Ver-
haltnisse.
Zun&chst wird hervorgehoben , dam es nicht be-
grilndet ist , wenn man beim Menschen die Erschei-
n ungen der Herzthktigkeit jenen ganz gleich an-
nimmt, die man bei den zu diesen Untersucbungen
meistens verwandten Thieren, namentlich beim Pferde
und bei den Wiederkftuern, beobachtet. Im seitlich
abgeplatteten Thorax der Thiere liegt ein konisches
lhngliches Herz, dessen Spitze nur an das Sternum
anschlagen kann ; der Thorax des Menschen ist in
aagittaler Richtung abgeplattet , auch das Herz ist in
dieser Richtung abgeplattet, und seine Lhngsachse
liegt schief zum Sternum , so dass die Spitze nach
links gerichtet ist. Wird beim Pferde linkerseits am
Thorax eine Oeffnung angebracht, um die Bewegun-
gen des Herzens dem Auge zug&ngig zu machen, so
bemerkt man fast keine Stellveranderung an der
Herzspitze, und nicht die Herzspitze stdsst oder
schlflgt an die Rippenknorpel , sondem die untere
Halfte der linken Flflche des Herzens. Verfolgt man
nun die Bewegungen deB also blosgelegten Herzens
des Pferdes mit dem Auge , so lassen sich an der
einzelnen Herzphase deutlich 4 zeitlich auseinander
liegende Abschnitte unterscheiden, 2 *8ystolen und 2
Pansen oder Intervalle. Wird von dem Momente
ausgegangen , wo das Herz ganz erschlafft ist, dann
erscheinen jene 4 Abschnitte in folgender Reihe :
1) Rasche Systole der Vorhofe.
2) Kleine Pause Oder kleines Intervall.
3) Systole der Ventrlkel.
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Theil e, Aaatomie u. PL^Wogie des Herzens.
4) Lange Pause, ErBChlaffung all<ir He rzhohlen.
Diese Reihenfolge kommt nicht bios bei den Araphibien
vor, sondern auch ebenso bei den Saugeth:ieren.
Das sind nach C. die wahren p hysiologischen
Abschnitte der einzelnen Herzplia.se , und das beob-
achtends Auge erkennt deutlich Folgendes. Beim
1. Abschnitte wird der obere Theil des Herzen j allein
erschflttert ; wfihrend des 2. Abschn itts nehmen die
sich erweiternden VorhOfe wie.dennn ihre frtlhere
Stellung ein , das Kammerhevz aber ist nocb unbe-
weglich ; wftlirend des 3. Ahschnittes wird der untere
Theil des Herzens nach links gedreht und stOsst an
die Bmstwandungen , der dumpfe Herzton ist zu
lioren; im 4. Abschnitte erfolgt die Wiedererweite -
rung der sich ftlllenden Ventrikel, der helle Herzton
ist zu horen und darauf folgt die lange Pause.
Das Ohr des Auskultirenden erfasst ebenfalls
4 Abschnitte in der einzelnen Herzphase , n&mlich :
dumpfer Herzton ; kurzes tonloses Intervall ; heller
Herzton ; langes tonloses Intervall. Dieue 4 Ab-
schnitte fallen aber nicht genau mit jenen 4 Ab-
schnitten zusanunen, die das Auge an der einzelnen
Herzphase unterscheidet. Der 1. wahre Abschnitt
der Herzphase , der dem Auge sich darstellt , wird
durch die Auskultation nicht erkannt, die Vorhofs-
systole verlituft eben tonlos und ist in das lange
Intervall aufgenommen. Beim Auskultiren beginnt
die Herzphase mit dem dumpfen Herztone , und die-
ser ist mit der Systole der Ventrikel und dem An-
stossen des Herzens an die Rippenwandung synchro-
nise!). Die 3 andem beim Auskultiren unterschie-
denen Abschnitte , das kurze tonlose Intervall , der
helle Herzton und das lange tonlose Intervall , ent-
sprechen zusammen, ohne bestimmte Abgrenzung,
der beginnenden Diastole der Kammem , dem Ende
dieser Diastole, der tonlosen Systole der Vorhofe und
der kurzen Ruhepause. Die durchs GehOr bestimm-
ten Abschnitte der Herzphasen lassen sich also nicht
mit den durch das Auge ermittelten Abschnitten
parallelisiren. Die auskultatorischen Abschnitte ver-
kntlpfen je 2 durch das Auge festgestellte Pliasen,
sie reihen das Ende der einen Phase an den Anfang
der andern Phase. — Wenn man z. B. beim Pferde
den Thorax erOffhet, ohne jenen Abschnitt zu scha-
digen, an den das Herz anschlkgt, und nun gleich-
zeitig mittels des Stethoskops und mittels des Auges
das Verhalten des Herzens untersucht, so kann man
diese Verschiedenheit zwischen den eigentlich physio-
logiachen Abschnitten und den auskultatorischen Ab-
schnitten mit aller SchArfe wahrnehmen. Die letz-
teren glaubt Colin als willktlrliche, als falsche Ab-
schnitte bezeichnen zu dttrfen. Der Physiolog halt
sich an die wahren Abschnitte der Herzphase , der
Kliviker sttttzt seine Diagnosen anf die falschen Ab-
schnitte.
Der Daxstellung Colin’s tratsogleieb Bouil-
land entgegen. Bei seinen in Alfort vorgenomme-
nen Versuchen an Hunden, bei denen Colin selbst
Hand mitanlegte , hfttten die Anwesenden die nim-
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hit. 1.
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lichen successiven Abschnii?®- ^ er Heratbitigkeit oon-
statirt, wie beim Menschen, Systole derVen-
trikel r wahrend die Vorhdfe diasto'^ 88 * 1 bleiben, hier-
auf kuize Ruhe, dann Diastole der , v entrikel, womi
eine Art Systole der VorhOfe (systo.'^ a 11 ™™* 1 ™
telle quelle) zusammenfaHt , zuletzt lan fe rer ® e
oder eigentliche Ruhe des Herzens. Beim ^rosehe
nnd bei der SchildkrOte mit einfacher Herzka
gestalte sich die einzelne Herzphase allerdings
wie es Colin angegeben habe, das heisst die Systole
der VorhOfe mache den Anfang, jedoch falle bei
ihnen der Herzstoss und die Geradestellung der Herz-
spitze nicht mit dieser ersten Herzbewegung zusam-
men , vielmehr mit der zweiten Herzbewegung , mit
der Systole des Ventrikels. Die klinische Beobach-
tnng spreche anch in nnwiderleglicher Weise fhr das
Zusammentreffen bestimmter Bewegungen und be-
stimmter Tone des Herzens : der sogenannte dumpfe
Herzton oder das Klappen der Atrioventrikularklap-
pen falle mit der Systole der Ventrikel zusammen ;
der helle Herzton oder das Klappen der arteriellen
Herzklappen treffe mit der Diastole der Ventrikel
zusammen.
Wenn Bouilland und andere Beobachter, be-
merkt Colin dagegen, bei den hflheren Thieren
wahmehmbare Contraktionen der Vorhdfe nicht ge-
sehen haben, so rtlhrt diess daher, dass sie die Thiere
in ungeeignete Verhftltnisse versetzten. Oeffnet man
ntailich einem Thiere den Thorax , dann erweitert
sich der rechteVorhof ganzenorm durch das aus den
Hohlvenen eindringende Bint , er vermag sich nicht
mehr durch Contraktionen des Bints zn entledigen
und deshalb kOnnen auch keine Contraktionen beob-
achtet werden. Wird dagegen der st&rkere Blutzu-
fluss und die Stase im Vorhofe abgeh<en, dann
l&sst sich gleich bequem, wie an den Ventrikeln,
Systole nnd Diastole daran nnterscheiden. Bouil-
land seinerseits will von jener tlbermtoigen Aus-
dehnung der Vorhofe nnd der hierdurch behinderten
Cirkulation nichts gesehen haben, wenn er anch
Stunden lang das blosgelegte Herz der Thiere beob-
achtete. Ueberhaupt aber lksst sich bei den grOssem
Thieren (Pferd? Wiederkauer?) eine wahre Systole
der Vorhofe nicht beobachten , da letztere sich bios
wie confcraktile Behalter verhalten.
In der Sitznng voin 21. April brachte dann
Colin auch die Funlction der Atrioventricular -
klappen zur Sprache. Auf zweierlei Wegen kann
man eine klare Voretellung von dem Wirken dieser
Klappen bekommen.
a) Bereits seit 20 Jahren hat er das Spiel der
Klappen an lebenden Thieren nntersacht. Bei einem
grOssern Thiere wird der Thorax seitlich geOffnet
nnd die Respiration ktlnstlich nnterhalten , urn durch
eine entsprechende Oeffnung des Vorhofes einen
Finger einzufllhren und bis zu den Klappen oder
selbst bis in die Mitte des Ventrikels vorzuschieben.
Schott wahrend der Diastole filhlt man die Klappen
etwas gehoben , keineswegs an den Wftnden des
12
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
90
T h e i l e , Anatomie a. Physiologie des Herzens.
Ventrikels anliegend. W&hrend der Systole heben
sie aich plfltzlich noch mehr, sie werden geapannt
und beiUhren aich nicht bios mit den R&ndem , wie
Magendie annahm, aondern miteinein erheblichen
Abachnitte der obem Fl&che , so dass die einzelnen
Zipfel der Kl&ppen geknickt eracheinen , und zwar
die grdasem Zipfel in st&rkerem Maasse. Die Kl&p-
pen verhalten aich in dieaer Beziehung gleichartig
im rechten und linken Herzen, nur acheinen die
Klappen links doch genauer zu achlieasen.
b) Aber auch am heransgenommenen Herzen
kann man das Spiel der Atrioventrikularklappen sehr
gut (lbersehen. Man nimmt daa schlaffe Herz eines
getddteten Thieres, bevor noch die Todtenstarre ein-
getreten oder nachdem dieselbe bereita abgelanfen
ist , h&ngt dasselbe mit der Spitze nach unten auf,
entfemt den obem Theil der Vorhdfe und fllllt nun
die Hfihlen mit Wasser. Werden dann die Kam-
mem atoasweisae comprimirt, so kommt es ebenf&lls
zu einem ganz genauen Verschluss der vendsen Oeff-
nungen der Ventrikel.
Bouillaud entgegnete hier&uf mit einem l&n-
gera Vortrage fiber den Mechaniemus der Uerz-
klappen und liber die Klappengeraiuche.
Nach Vorausschickung eines geschichtlichen Ueber-
b licks dieser Lehren bei Harvey, bei Haller, bei
Bichat (Baisson), beiMagendie entwickelt B o u i 1-
laad die wesentlichen Punkte seiner eigenen in den Jah-
ren 1834 nnd 1835 unternommenen Untersuchangen , die
in der Einleitung zu seinem Trait 6 clinique des maladies
dn coeur 1836 Anfnahme gefunden haben , sowie in der
S. Anflage dieses Bnches, die im Jahre 1841 erscbien.
Bouillaud beschreibt daseibst a Papillannuskeln
im linken, 3 Papillarmnskeln im rechten Ventrikel, sowie
die von ihrer Spitze ausgehenden und am freien Rande
der Klappen sich anheftenden Chordae tendineae ; er be-
zeichnet diese Papillarmuskeln als Tensores s. Levatores
valvularum anriculo-ventricularinm. Wenn diese Mns-
keln bei der Contraktion des ganzen Ventrikels sich eben-
falls contrahiren , dann werden die' Bander der Klappen
nach der Mitte hin gedrangt und die venose Oeffnung
dee Ventrikels wird verschlossen , ohne dass jedoch die
Klappen durch das andrangende Bint nach dem Vorhofe
answeichen konnen. Hie Atrioventrikularklappen werden
somit erst durch die Papillarmuskeln befahigt, als Ventile
beim Pumpwerke des Herzens zu wirken , wahrend die
Semllunarklappen auf ganz passive Weise, gleich wie bei
einer gewShnlichen Fenerspritze , als Ventile tbatig sind.
Den ersten Anstoss zu jener Theorie, welche die
Herztone durch das Spiel der Klappen entstehen lasst,
gab Rouanet, der sich in seiner These inaugurate aller-
dlngs nur anf eine einzige Beobachtung stutzen konnte.
Bouillaud erlangte aber alsbald eine hinreichende An-
zahl klinischer Beweise dafur, dass die Herztdne durch
Klappenkrankheiten stets becinflusst werden , weshalb er
die Tone auch als Bruits valvulaires oder Claquements
valvulaires benannt haben wollte, undbereits in der ersten
Ansgabe des Traitd cliniqne des maladies da coear dnrfte
Ro nan et's Theorie als eine expert raentell featgestellte
bezeichnet werden.
Der erste oder der dumpfe Ton, f&lirt Bouil-
laud fort, fkllt mit der Contraktion der Ventrikel
zus&mmen : die Atrioventrikularklappen werden dabei
ganz rasch , gleichsam momentan aufgerichtet und
schlagen mit den eiu&nder zugewandten Fl&chen an
einander, indem das Blut aus dem Ventrikel in den
Vorhof zurttckstauen will, und gleichzeitig werden
die Valvulae sigmoideae rasch nach den Wandungen
der Aorta und der Lungenarterie hin bewegt. — Der
zweite oder der helle Ton trifft mit der Erweiterung
der Ventrikel zusammen: die Valvulae sigmoideae
werden durch das zurilckstauende Blut, worauf auch
die Contraktion der Aorta und der Lungenarterie
einwirken , gegen einander bewegt, so dass sie
mit den einander zugewandten Fl&chen aneinander
schlagen, die Atrioventrikularklappen aber senken
sich in Folge der Diastole der Ventrikel und weil
auch durch die Contraktion der Vorhbfe das Blut in
die Ventrikel getrieben wird. Ein kleines tonloses
Intervall liegt zwischen dem 1. und 2. Tone, ein
l&ngeres tonloses Intervall oder eine Iftngere Pause
folgt auf den 2. Ton. Die beiden Tonpausen oder
Gehfirpausen liegen zwischen den entgegengesetzten
Bewegungen, die im Verlaufe einer Herzphase durch
die Ventrikel ausgeffihrt werden, und zwiBchen den
Tonpausen und den Thfttigkeitspausen der Ventrikel
besteht vollstiindiger Synchronismus. An der ein-
zelnen Herzphase sind demnach folgende snccessiv
auftretende und zeitlich zusammenfallende Momente
zu unterscheiden : 1) Kammersystole und erster oder
dumpfer Ton. 2) Kurze Pause in der Herzbewegung
und kurze Tonpause. 3) Kammerdiastole und
zweiter oder hoher Ton. 4) L&ngere Pause in der
Herzbewegung u. lftngere Tonpause. — Dieser Anf-
fassung trat C o 1 in entgegen , der den Synchronis-
mus in den gleichzeitig durch das Auge und durcli
das Ohr erfasabaren Momenten der einzelnen Herz-
phase vennisst; nur der dumpfe Herzton und die
Systole ventriculorum sind Colin synchronisch , die
3 andern akustischen Momente (kurze Tonpause,
heller Herzton, l&ngere Tonpause) erkl&rt er fflr
wiilkilrliche oder falsche akustische Momente , wo-
durch zwei successive Phasen der Herzthatigkeit mit
einander in Verbindung stehen. Schltlsslich aber
wiederholt Bouillaud, der Isochroni9mns der
durch Auge und Ohr, ja sogar auch durch die
Palpation unterscheidbaren vier Momente sei eine
feststehende Thatsache; der Kliniker so gut wie
der Pbysiolog h&tten mit jenen vier Momenten zn
rechnen.
Darauf erwiderte Colin , bei den Untersuchan-
gen an Katzen, Hunden, Kaninchen, Ratten, Frflschen
u. s. w. habe Haller bereita beobachtet , dass der
Vorhof sich zuerst contrahirt nnd dann der Ventrikel.
Wird bei den Versuchen tiber Herzth&tigkeit die
ktlnstliche Athmung in Auwendung gebracht, dann
gelingt es , das in Th&tigkeit befindliche Herz stun-
denlang zu beobachten, wobei zugleich eine Ver-
l&ngerung der einzelnen Herzphasen sich einstellt.
Beobachtet man dagegen das Herz, nachdem der
Thorax einfach erdffnet worden ist, dann ist die Be-
obachtung nur w&hrend einer kurzen Zeit mOglicli
und die Bewegungen selbst vollziehen sich sehr stttr-
miscb. Bouillaud habe das in stflrmisclier Be-
wegung befindliche Herz beobachtet, ans diesem
Grande sei er in BetrefF des Anfangs der einzelnen
Herzphase der T&uschung verf&llen.
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Theile, Anatomie u. Physiologie des Herzens.
In der Sitznng vom 28. April ergriff Marey
das Wort. Die Unterscheidung der beiden Herz-
tdne , meint er , wird keinen Schwierigkeiten unter-
liegetl , wenn der Rhythmus des Herzens immer der
nfimliche bleibt. Treten jedoch Stdrungen der Herz-
thiltigkeit ein, dann ktfnnen die beiden Tonpausen
gleich lang werden, ja die Dauer dieser Pausen kann
sich wohl selbst umkehren. Dann biete sich aber
immer darin ein fester Anhaltspunkt , dass der Herz-
stoss nach Harvey mit der Systole ventriculorum,
oder nacli der jetzigen Auffassung mit dem durcli
die Atrioventrikularklappen bewirkten Schlusse der
venOsen MUndung zusammenf&llt ; damit schwinde
jede Ungewissheit darUber, was als erster Herzton
zu deuten ist.
Anders verhalte es sich in Bezng auf den sogen.
Herzstoss. Als Bean die bis dahin aufgestellten
Theorien tiber den Herzstoss durch eine nene ver-
mehrte , def gernUss der Ventrikel in dem Momente,
wo der Vorhof sich contrahirt , pldtzlich gefilllt und
dadnrch vorgeschoben werden soil , war man in
Alfort sowohl wie im Laboratorinm der med. Fakultkt
bemtlht, dnrch Vivisektionen der Sache anf den
Grand zu kommen. Jeder deutete aber die an dem
blosgelegten Herzen wahrnehmbaren Bewegnngen
gemftss jener Theorie, zu der er sich bekannte. Das
Ange und die tastenden Finger gentlgen eben nicht,
um Yorgftnge, die so nngemein rasch erfolgen, aus-
einander zu halten und zu unterscheiden. Dazu be-
darf es ganz genauer und zuverlftssiger Unter-
snohungsmittel ; in Verbindnng mit Chauveau hat
sich Marey der Benutzung der graphischen Me-
thode zugewendet. Mittels derselben konnte er fest-
stellen, dass die Systole der Vorhdfe dem sogen.
Herzstosse vorausgeht , dieser aber genau mit dem
Beginne der Ventrikelsystole zusammenfkllt , dass
somit die Herztdne jene Bedeutung haben , die
Bouillaud denselben immer zuertheilt hat; mittels
derselben ist die wirkliche Kraft der beiden Ven-
trikel , das VerhSltniss dieser Kraftftusserung in ver-
schiedenen Momenten der Systole , der vollst&ndige
Synchroni8mus beider Herzh&lften, das Verhkltniss
des Herzdrucks zum Aortendruck, das jeweilige Vor-
kommen eines negativen Drucks in den Herzhdhlen
ermittelt worden, auch dass der sogen. Stoss des
Herzens nicht dicsen Namen verdient , sondern eher
als Herzpuls zu bezeichnen ist.
Bouillaud verwahrt sich dagegen, wenn
Marey den Herzstoss daraus erkl&ren will, dass
die zusammengezogenen und harten Wandungen der
Ventrikel gegen die Brustwandungen drUcken , denn
der Stoss und das rasche Zurllckprallen der Herz-
apitze sei auch am blosgelegten Herzen zu erkennen.
Die Curven ferner, welche die Herz- und Arterien-
bewegungen im normalenZustande oder unter patho-
logischen VerhSltnissen darlegen , erachtet Bouil-
laud auch nicht ftir ganz zuverlftssig, denn die
aufgestellten Deutungen derselben lassen Vieles zu
wflnschen librig. Wenn aber Marey und Chau-
veau aus den bei grossen Thieren und beim Men-
schen erhaltenen Curven der einzelnen Herzphasen
entnehmen wollen, dass die Systole der VorhtJfe das
erste ist, so gerathen sie in Widerspruch mit der
andem Beobachtung , wonach die Systole der Ven-
trikel und der Herzstoss synchronised sind.
Colin findet sich durch M a r e y ’s Anpreisungen
der graphischen Methode veranlasst , seine Verwun-
derung darUber auszusprechen, dass man durch com-
plicirte Apparate festzustellen untemimmt, in welcher
Reihenfolge die Herzbewegungen vor sich gehen,
wenn die VorhOfe oder die Ventrikel sich contra-
hiren. Darilber belelirt das blose Auge in aus-
reichender Weise, wenn man den Versuch zweck-
mftssig einrichtet, indem man grdssere Thiere mit
langsamem Pulse dazu nimmt upd die Respiration
kllnstlich unterhalt. Aber selbst am rasch ausge-
schnittenen Herzen Iksst sich die Reihenfolge der
Bewegungen constatiren , da der Rhythmus der Be-
wegungen durch das Ausschneiden keine Abando-
ning erf&hrt. Als Beweis dafllr, dass die Be-
nutzung von Instrumenten und Apparaten bei der
Untersuchung der Herzbewegungen wenig zweck-
mftssig sei, erzkhlte er, dass er es selbst erlebt habe,
dass Lon get, bei einem in Gemeinschaft mit
Gavarret in Alfort zurPrllfung des Kardiographen
und verbesserten Sphygmographen an einem Pferde
angestellten Versuche, das links Here mit dem
rechten verwechselte, wfthrend doch die Leistungen
der Apparate alien Ansprttchen vollkommen genttgen
sollten.
Wenn Marey, fuhr Colin fort, durch seine
Apparate den Synchronismus in der Thtttigkeit beider
Herzhilften herausgebracht hat , so ist das doch nur
eine von aller Welt anerkannte Sache , und bei der
Anordnung der Muskelfasern des rechten und des
linken Herzens kann es gar nicht anders sein. Dieser
Synchronismus tritt ttbrigens deutlich genug in die
Erscheinung, wenn man bei einem Thiere ein Fenster
im Thorax anbringt , um das Herz bloszulegen , und
dann in die Aorta sowohl wie in die Lungenarterie
eine kleine Rdhre einfllgt : das Steigen des Blutes
erfolgt gleichzeitig in beiden Rdliren. Oder stdsst
man die schreibfederartig zugespitzten Rflhrchen in
den rechten und den linken Ventrikel , so entleert
sich das Blut ebenfalls gleichzeitig aus beiden R5hr-
cben. Man braucht aber auch nur einfach einen
Finger auf die Aorta und einen andern auf die Lun-
genarterie zu legen, und der Synchronismus des
Pulses in beiden Gefassen wird deutlich wahrgenom-
men.
Zur Bestimmung der relativen Kraft beider Ven-
trikel bedttrfe es ebenfalls keiner Kautschukinstru-
mente ; seit 20. J. demonstrire er dieselbe bei Pfer-
den und auch bei andem Thieren mittels des alten
Manometers von Hales.
In Betreff des Herzstosses sei Marey in einen
Irrthum verfallen, weil er die am Herzen vorgehenden
Formverknderungen bei Thieren beobachtete, die
nach Bloslegung des Herzens von der linken Seite
her seitlich auf dem Thorax lagerten. Wird einem
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108 .
T h e i 1 e , Anatomie u. Physiologic des Hem
j-
92
Honde oder Scliweine , dem das Sternum gespalten
worden ist, die SteUimg auf die vier Beine gegeben,
oder eine vertikale Stellung des Rumpfes, so zeigt
dasHerz keineswegs die gleicheForm wic bei Seiten-
lage. Das Herz mit seiner ganzen Masse, nicht bloss
die Herzspitze, wird nach der linkcn Seite gedrftngt ;
diese Bewegung , die an der Herzbasis anfUngt und
nach der Spitze des Herzens hin zunimmt , ist die
wahre Ursache des Herzstosses. Dieses Linksdreben
des Herzens scheint aber dadurch zn erfolgen , dass
die Muskulatur des Herzens nicht symmetrisch an-
geordnet ist : der rechte Ventrikel ist dilnnwandig,
der linke ganz dickwandig, die Fasermasse des linken
Herzens contrahirt sich deshalb mit griisserer Kraft,
so dass der Herzklgel eine drehende Bewegung
macht und nach links sich wendet. — Wenn ferner
Marey Stdrungen der Cirkulation dadurch lierbei-
zuftthren suche, dass er von der Carotis aus eine
Sonde in den linken Ventrikel einffihrte , so sei woh!
der Zweifel zulSssig, ob damit eine wirksame Zer-
stdrung der Valvulae sigmoideae erreicht wird, denn
die Sonde kann die Oeffnung zwischen den 3 Klappen
passiren , oder sie wird sich in der Tasche einer der
Klappen fangen und liier durchbohren , und es blei-
ben noch immer 2 Klappen normal wirksam.
Hlrard glaubte auf das durch Fauvel ge-
nauer untersuchte prftsystolische Gerftusch , eine Art
dumpfes Rollen nach Duroziez, aufmerksam
machen zu sollen, welches dem ersten dumpfen Herz-
tone vorausgeht, und bei dessen Vorhandensein durch
die Sektion eine mehr weniger ansgesprochene Ver-
engerung des Orificium mitrale nachgewiesen wird ;
dieses Gerftnsch kOnne doch nur bei einer der Systole
ventriculorum vorausgehenden Contraktion der Vor-
hfife entstehen. Hierauf entgegnet jedoch B o u i 1 -
laud mit vollem Rechte , dass dieses zuerst durch
Gen dr in erwftbnte Gerftusch zu den pathologischen
zfthle und bei der vorliegenden Diskussion gar nicht
in Betracht kommen kOnne , wo bios die normalen
Gerttusche in Frage st&nden , die dnrch das Heben
und Querineinanderklappen der Atrioventrikular-
klappen und durch die einfache Ventilstellung der
SemUunarklappen zu Stande kommen.
Fauvel seinerseits bemerkte, er habe dieses
prftsystolische Gerftusch bereits vor 30 J. genauer
untersucht und weiterhin aucli gefunden , dass aller-
dings einzelne Fftlle von Verengerung des Orificium
mitrale angetroffen werden , wo jenes prftsystolische
Gerftusch nicht gehOrt wird. Uebrigens habe er
schon urn die genannte Zeit Gelegenheit gehabt wahr-
zunehmen , dass auch im gewohn lichen Verlaufe der
Herzbewegungen die einzelne Phase mit einer Con-
traktion der VorhOfe beginnt, die sich auf die Ven-
trikel fortsetzt. Bei einem 4monatl. FOtus, der noch
nicht athmete und dessen Herz blosgelegt war , er-
folgten nftmlich die Contraktionen ganz regelmftssig,
aber allmftlig sich verlangsamend , so dass man nur
noch 30 Herzphasen in der Minute zfthlte. Alle An-
wesenden komuten sich, gleich Fauvel, davon
flberzeugen, dass hier, nachdem vollstftndige Rnhe
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eingetreten war , die . ®y®t®lische BeweguDg allemal
an den Herzohren anfing, 11180,1 di® Vorhfife tiber-
ging und ohne Unterbrechi > w >e well.enartig , auf
die Ventrikel sich ausbreitci e ; F a u v e 1 ist es
demnach eine auf physiologu ^hem und ki'iniscliem
Wege erwiesene Thatsache , da*. ,s di® einzelne Herz-
phase mit einer Systole atrioruin *uftngt und dass
diese Bewegung wellenfOrmig von .den Vorht’fen zu
den Ventrikeln fortschreitet.
In der Sitzimg am 5. Mai snohte G a v a r r e t
L o n g e t gegen die ihm von Colin schuldgegetbene
grobe Tftuschung zu rechtfertigen , wfthrend C o i’ i n
seine Behauptung aufrecht erhielt , ftlr und gege. n
welcbe flbrigens der Akademie von Nichtmitgliedern
mehrfache Zuschriften zugekommen Bind.
Die Diskussion in der Akademie veranlasste Prof.
E. Farge in Angers (Gaz. hebd. 2. Sir. XI. 17.
1874), fiber die so ungemein rasch sich vollziehende
Verechliessnng des Orificium atrio - ventriculare sein
Votnm abzugeben. Man kann bei dieser Ver-
schliessung em doppeltes Tempo unterscheiden :
a) konisches Convergiren der freien Hinder der
Klappen, die durch die Contraktion der Papiliar-
muskeln und durch das andrftngende Blut in Span-
nung versetzt werden wfthrend zugleich die Taschen-
rftnme, welche durch die sich verbreitemden AnsJUze
der Chordae tendineae an den Klappen entstehen,
Druck und Ausdehnung erfahren ; b) Aneinanderlegen
der entgegengewamdten Flachen der Klappen, so
dass die Spitze des Klappenkegels gleiclisam abge-
stntzt wird, wobei die Ventrikelwand an die Klappen-
wand sich anlegt und die VentrikelhOhle vollstftndig
verschwindet. Wenn auch vielleicht das zweite
Tempo zu einer Tonerzeugung keine Veranlassnng
gftbe , so kOnne wohl der dumpfe Herzton im ersten
Tempo erzengt w erden, wo die Klappen in Spannung
gerathen und dies kleinen Fatten der Taschenrftume
in Berfihrung konamen.
Erwfthnt sei nur noch , dass auch ausserhalb der
Sitzungen der Akademie Colin’s Daretellung dea
Ablaufs der einzelnen Herzphase der Znstimmung
sich zu erfreuen hatte. So hat D e c b a m b r e (Gaz.
hebd. 2. Sir. XI. 23. 1874) durch Autopsie sich
davon ttberzeugt, dass die knrze und rasche Con-
traktion des Vorhofes auf das Ende der Diastole des
Ventrikels trifft.
Ein Einverstftndniss fiber die der sinnlichen Be-
obachtung durchaus zugftngigen Verhftltnisse wnrde
in keiner Weise erreicht , die an der Diskussion in
der Akademie wesentlich Betheiligten haben sich von
ihren mitgebrachten Ansicbten nicht abwendig machen
lassen. Die Streitenden haben eben nicht erkannt
oder es doch nicht bestimmt ausgesprochen , dass sie
der identischen Basis bei ihren Untersuchungen er-
mangelten. Die ganze Herzphase ist doch bei
B o u i 1 1 a u d wesentlich nur das Produkt der Ven-
trikel , und der Synchronismus der motorischen und
der akustischen Erscheinungen tritt daun klar ge-
nu g hervor. Colin seinerseits lftsst mit vollem
Rechte die VorhOfe an dem Ablaufe der einzelnen
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T h e i 1 e , Anatomie u. Physiologic des Herzens.
Herzphase Theil nehmen , and da ist jener Synchro-
nismus eine Unmtiglichkeit. An den bequemer zu
beobachtenden Ventrikeln ist der Systoleabschnitt
unzweifelhaft ktlrzer, als der Diastoleabscbnitt , und
an den VorhSfen, wo die Beobachtung schwerer f&llt,
ist dieser Unterschied vielleicht noch starker aus-
geprftgt, die Systole also vielleicht im Verhftltniss
zur Diastole noch kttrzer. Die kurze Kammersystole
kann deshalb nicht dnrch eine gleich kurze Vorhofs-
diastole gedeckt werden und ebenso steht derkurzen
Vorhofssystole eine lange Kammerdiastole gegentlber.
Die zeitlichen vier Abschnitte , die an der einzelnen
Herzphase unterscheidbar sind , liegen somit anders
am venftsen und am arteriellen Herzen, and nament-
lich erfllllt die Systole der Vorhofe nur einen aliquo-
ten Abschnitt der Kammerdiastole, wie Colin richtig
annimmt. — Auch hfttte wohl eher eine Verstftndi-
gung eintreten konnen, ware esscharfhervorgehoben
worden , dass die Wahrnehmung der Vorhofssystole
dnrch die Beobachtung am langsam schlagenden
Herzen wesentlich erleichtert oder flberhaupt ermog-
lioht wird. Colin selbst hat seine Beobachtungen
wesentlich am Pferde gemacht, wo man nur 40 Pulse
zfthlt. Fauvel gelang es , beim menschlichen
Embryo die vorausgehende Vorhofssystole zu beob-
achten , weil der Puls bis auf 30 Schlftge in der Mi-
nute gefallen war. Fllr die Amphibien mit dem
seltenen Pulse kann selbst B o n i 1 1 a u d die voraus-
gehende Vorhofssystole nicht in Abrede stellen.
HerztOne.
Mit der Genese derselben und der Arterientfine
beschftftigt siefi eine Arbeit von Dr. S. Talma
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 2. Afd. p. 1. 1875).
Wegen der Ergebnisse derselben kdnnen wir jedoch
auf die in unsem Jahrbflchem (CLXX. p. 59) schon
gemachte Mittheilnng verweisen.
Aktive Diastole der Ventrikel.
Luciani, gegenwftrtig Professor in Bologna,
hatte gich bereits vor einigen Jahren , gesttttzt auf
seine im physiologischen Laboratorium in Leipzig
auageftthrten Untersucluingen, ftlr die aktive Diastole
der Herzventrikel ausgespi'ochen. Derselbe hat die
dafttr spreehenden, theil weise dnrch neuere Unter-
snchungen noch vermehrten Thatsachen nochmals
zusammengestellt, und diese Arbeit, von Dr. C a a s e
in Brtissel tlbersetzt , ist in der Preese mdd. XXVII.
1 — 4. Dec. 1874 abgedruckt.
1st die Diastole der Ventrikel ein akdver Vor-
gang , dann erweitern sich die Ventrikel nicht des-
halb , weil sie dem Drucke des durch die Systole der
Vorhfife eintretenden Blutes mechanisch* nachgeben,
sondern das aus den VorhOfen kommende Blut wird
sich wesentlich deshalb in die Ventrikel ergiessen,
weil deren Hdhle eine Erweiterung erfahrt, oder mit
andern Worten, durch die selbststftndige Erweiterung
der Ventrikel wird ein negativer Druck in denselben
gesetzt , wodurch die aktive Adspiration des Blutes
aos den Vorhbfen erfolgt. Fttr ein derariiges Ver-
halten sprecben aber folgende Thatsachen.
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1) Wfthrend der Systole der Vorhbfe ist ein
Rttckstrbmen des Blutes in die Hohlvenen, eine Stase
in den Hohlvenen nicht wahrzunehmen , obwohl die
letztem durch keine Klappen vom rechten Vorhofe
abgeschlossen werden, abgesehen von derrudimenta-
ren Valvula Eustachii. Das Manometer in der Jugu-
laris des Hundes oder des Kaninchens verzeichnet
nur Athmungscurven auf dem Kymographencylinder,
das Zustrdmen des Blutes muss also continuirlich vor
sich gehen. Der Blutdruck im Vorhofe kann somit
wfthrend dessen Systole keine Steigerung erfahrtn
und den Blutdnick in den Venen nicht erhOhen;
durch die diastolische Adspiration des Ventrikels wird
der mechanische Effekt der Vorhofssystole aufgeho-
ben. Das bestfttigt sich, wenn man die Bewegungen
des Herzens unmittelbar beobachtet , denn es zeigt
sick kein venoser Puls , die Vorhofssystole erfolgt
rasch und unvollstandig , dabei aber besteht nacli
Vierordt ein Missverhllltniss zwischen der Erwei-
terung des Ventrikels und der Verengerung des Vor-
hofes.
Hieraus ist aber zu entnehmen , dass den Bewe-
gungen der Vorhitfe ein anderesZiel zuGrnnde liegt,
als den Bewegungen der Ventrikel. Durch ihre
Systole wird dem vorgebeugt , dass die diastolische
Adspiration der Ventrikel sich nicht bis zu den Venen
erstreckt, durch ihre Diastole aber wird der Ansamm-
lung des Blutes und der Zunahme des veniteen Blut-
drucks vorgebeugt. Somit sind die Vorhofe wirkliche
Regulatoren der vendsen Cirkulation: ihre Bewegun-
gen bedingen einen gleicbbleibenden Dmck in den
VorhOfen und in den Venen.
2) Bei Pferden, wo die einzelne Phase der Herz-
thfttigkeit so langsam verlftuft , dass eine dentliche
Prftsystole unterscheidbar ist, kann man am Mano-
meter, das in die Vena cava inferior eingefilhrt wird,
eine negative Welle oder eine Adspiration erkennen,
die mit dem Beginn der Ventrikeldiastole zusammen-
fftllt. Nach Lnciani ist das Nftmliche selbst beim
Hunde trotz der kurzen Prftsystole wahrznnehmen,
wenn man die mechanische Wirkung der Vorhofs-
systole kOn8tlich zurtlckhftlt.
3) Wird beim Hunde eine MetallrOhre dnrch
einen Einstich in die HOhle eines Ventrikels einge-
filhrt und damit eine horizontale an beiden Enden
offene ROhre als Manometer in Verbindung gesetzt,
so kann man bei jeder Diastole eine schwache Ad-
spiration des wfthrend der vorausgegangenen Systole
eingetriebenen Bluts beobachten. Luciani fand
tlberdiess, dass diese diastolische Adspiration nur
starker hervortritt , wenn man die Wandungen des
Vorhofs mit der Pincette fasst und so den systoli-
schen Drnck des Vorhofs aufhebt oder doch min-
dert.
4) Wird der Druck im rechten Vorhofe direkt
nach Pick ’s Methode gemessen, so findet sich, dass
derselbe fast constant ist und ziemlich aufNull steht.
Die geringen ErliOhungen des Drucks, die in der
Curve bemerklich sind, treffen nioht auf die Vorhofs-
systole, sondern auf die Systole des Ventrikels.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
94
T h e i 1 e , Anatoraie u. Physiologie des Herzens.
Dies® Beobachtung widerspricht dem , was mit M a -
rey’s Kardiographengefunden wird, und lehrt, dass
die Systole der Vorhdfe den Zweck hat, der durch
Ventrikularadspiration erzeugten Gleichgewichtsstfi-
rung entgegenzuwirken und einen im Ganzen con-
stanten Druck im Vorhofe hervorzubringen.
5) Wird die Curve des Vorhofdrucks, wie man
sie mit Fick’s Methode erhfilt, fllr die einzelne
Phase der Herzthfttigkeit genaucr verglichen, so fin-
den wir: Rasches Ansteigen bei der Systole der
Kammer, gleich rasches Abfallen bei beginnender
Diastole, aber noch imter Null herab, und dann erst
langsames Ansteigen fiber Null bis zu jenem Punkte,
von dem aus das rasche systolische Ansteigen wiede-
rum anhebt.
Der Haupteinwand , den man gegen die diasto-
lische Adspiration erhoben hat, ist der, dass bei der
Diastole lediglich die Elasticitfit in Betracht kommt :
mit dem Aufhoren der Systole sollen die Muskel-
fasern in gleicher Weise elastisch zurflckschnellen
nnd sich wiederum verlfingem , wie eine elastische
Spirale, die zusammengedrttckt wurde. Die Diastole
des Ventrikels mtlsste nun wohl immer bis zu dem
nfimlichen Grade vorsclireiten, wenn sie als die Her-
stellung des elastischen Gleichgewichts aufznfassen
wire ; es kommen jedoch verschiedene Grade von
Diastole vor, die schon durch einfaches Betrachten
des Herzens erkannt werden kfinnen. Neben der
normalen, neben der im Leichnam sich darstellenden
Diastole kennen wir auch jene flbermflssige Diastole,
welche durch Vagnsreizung zn Stande kommt. Dabei
fkllt noch in’s Gewicht, dass Lnciani bei jener
hochgradigen , durch Vagnsreizung hervorgerufenen
Diastole auch vermehrte Adspiration constatirt hat. —
Femer kann bei Frfischen die nach der Methode von
Coats ausgeffihrte Vagnsreizung manchmal die Folge
haben, dass hochgradige Diastole eintritt, ohne dass
die Frequenz der 8ystolen abnimmt. — Sodann ist
zu berttcksichtigen , dass der Curvenabschnitt , wel-
cher die Diastole des Ventrikels veranschaulicht,
keine ganz gleichmfissige Gestaltung zeigt, die doch
zu erwarten wfire, wenn die Muskelfasem vermfige
elastischer Spannung ihre nattirliche Lftnge wieder
bekfimen. Die bei tetanischen Reizungen der
Herzmuskulatur erhaltenen Curven lassen sich auch
nicht wohl erklftren, wenn man annimmt, die
Diastole der Ventrikel sei das Produkt der elasti-
schen Spannung, die durch vorausgegangene Systole
gesetzt wurde. — Dagegen darf man wohl in den
Eracheinungen des periodischen Rhythmus, die am
unterbundenen Herzens des Frosches graphisch dar-
gestellt werden kbnnen , und namentlich in den Mo-
difikationen , die durch Erwfirmung des Herzinhalts
in entschiedenster Weise hervortreten, Anhaltspunkte
fiflr das Bestehen einer aktiven Diastole finden.
Schlttsslich gedenkt L u c i a n i auch noch patho-
logischer Verhilltnisse, bei denen die aktive Diastole
der Ventrikel in Betracht kommt.
Wenn bei fieberhaften Zustfinden , bei Gemflths-
erregungen u. s. w. die Pulsfrequenz in der Zeitein-
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heit eine mehr oder weniger erhebliche Vermehrung
erfahrt , so fragt es sich , ob damit auch eine ent-
sprechende Beschleunigung der Blutstrftmung zusam-
menffillt. Wird bei jeder Systole das gleiche Blut-
volumen in die Aorta ttbergeftlhrt, wie bei normaler
Frequenz des Pulses , dann hat der fieberhafte fre-
quente Puls eine raschere BlutstrOmung zur Folge.
Wird dagegen durch jede Systole weniger Blut aus-
getrieben, als bei normaler Pulsfrequenz, dann kann
es zu einer Compensation der vermehrten Pulsfre-
quenz kommen , so dass in der Zeiteinheit doch die
nflmliche Blutmenge in die Aorta tritt, die Geschwin-
digkeit der Blutstramung also unvetfindert bleibt;
oder die Geschwindigkeit der Blutstrfimung kann
selbst abnehmen , wenn das bei jeder Systole auage-
triebene Blutvolumen ein zu geringes ist und somit
in der Zeiteinheit nicht die gleiche Blutmenge in die
Aorta gelangt, wie bei der normalen Pulsfrequenz.
Nun hat z. B. Ludwig bei einem Hnnde, der kfinBt-
lich in Septikfimie versetzt worden war, mittels der
Stromuhr nachweisen kfinnen, dass die Stromgeschwin-
digkeit unerachtet der betrftchtlich gesteigerten Pnls-
frequenz im Ganzen unverfindert war. Andererseits
aber sind wir wohl ganz berechtigt zu der Annahme,
dass bei synochalen Zustfinden, wo der Puls nicht
nur frequent, sondem anoh voll und krftftig ist , die
Stromgeschwindigkeit zugenommen hat, und umge-
kehrt bei Typhus, bei Pnerperalfieber, bei Urfimie
u. s. w., wo der frequente Puls klein und leer ist,
abgenommen hat. Dadurch wird deutlich darge-
than, dass die diastolische Excursion nicht immer
die gleiche Stufe erreicht, dass sie vielmehr, wenn
auch die Systolen rasch und vielleicht gleich rasch
auf einander folgen , in verschiedenen Formen und
Graden zur Erscheinung kommen kann.
Neuerdings hat Dr. Chi rone in Neapel die
Genese der excentrischen Hypertrophie des Herzens
unter Bezugnahme auf aktive Diastole der Ventrikel
besprochen. Wenn man diese Hypertrophie sonst
dadurch zu Stande kommen lfisst, dass das Herz
wfihrend der bestehenden Diastole durch das ein-
dringende Blut passiv einem stfirkern und somit aus-
dehnenden Drucke unterliegt, so kommt Chirone
In der Annahme, die pathologische Erweiterung des
Herzens werde eben so wohl wfihrend der Diastole
wie wahrend der Systole begrtindet, und die Systole
betheilige sich selbst in stfirkerem Maasse an ihrem
Entstehen. Dieser Auffassung schliesst sich Lu-
ciani an, ja er geht noch weiter und lfisst die ex-
centrische Hypertrophie lediglich durch die systoli-
schen Dehnungen der Herzfasem entstehen.
HerrstoM.
Einen Beitrag zur Lehre vom Herzstoss lieferte
Dr. Paul Guttmann (Virchow’s Arch. LXV. 4.
p. 537. 1875). Von Gutbrod und Skoda wurde
der Herzstoss als ein Rflckstoss gedeutet, der da-
durch erfolgt, dass jener Druck, welcher in der Dia-
stole gleichm&ssig auf die Ventrikelwfinde wirkt,
wfihrend der Systole pldtzlich an den arteriellen
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Theile, Anatomie a. Physiologie des Herzens.
Ostien in Folge der Entleerung des Blntes geringer
ausfftllt als an der diesen Ostien gegenllber liegen-
den Herzspitze; deshalb wird das Herz mit einer
der Schnelligkeit und der Menge des ansstrQmenden
Blntes proportionalen Kraft in der den Arterienmiln-
dungen entgegengesetzten Richtnng fortgestossen.
1st diese Annahme begrtlndet , dann wird der Herz-
stoss verechwinden mUssen , sobald dnrch Unterbin-
dnng der zuftlhrenden Venenstamme die Ventrikel
ausser Stand gesetzt werden , Blut in die Arterien-
stamme zu treiben, und ebenso anch dann, wenn
dnrch Unterbindnng der Aorta und der Art. pnlmo-
nalis die Austreibnng des ungehindert in die Ventri-
kel tretenden Blutes gehindert wird. Frtlhere, in
diesem Sinne unternommene Vera ache lieferten ein-
ander widersprechende Resultate. Hiffelsheim
(1856) beobachtete Aufbdren des Herzstosses,
Chauveau (1857) dagegen fand, dass der Herz-
stoss anf der linken Thoraxseite dentlich ftlhlbar
blieb. Beide Experimentatoren batten ttbrigens die
Vereuche insofern ungen^gend ansgeftlhrt , als die
Venae pnlmonales nicht mit in die Ligatnr einge-
schlossen worden waren.
Diesen Umstand hat Jahn (Deutsches Arch. f.
klin. Med. XVI. p. 200) bei neuern Verauchen an
Kaninchen besondera in’s Auge gefasst. Dereelbe
sah die Locomotionen des Herzens nach abwftrts
augenblicklich verechwinden, wenn die Venae cavae
und zugleich auch die pulmonales dureh eine Liga-
tur zugeschntlrt wurden; waren dagegen nur die
Venae cavae zugeschntlrt, dann dauerten die Loco-
motionen des Herzens eine Zeit Iang fort, wenn auch
nicht ganz so kr&ftig als vor der Unterbindnng.
Gemeinschaftlich mit J.Rosenthal hatte G u 1 1-
mann (Virchow’s Arch. XL VI. p. 223) bereits
frflher beim Hunde einen ahnlichen Versuch ausge-
ftlhrt , wobei die Venae cavae und pnlmonales von
einer Schlinge nmfasst wurden , dnrch deren altemi-
rendes Heben und Senken den Ventrikeln das Bint
abgeschnitten und wieder zugelassen wnrde. Jedes
Mai, sobald das Herz blutleer gemacht war, warden
die Contraktionen desselben viel schwficher, und
eigentliche Locomotionen waren nicht mehr zu sehen.
Indessen erachtet Gnttmann diesen Versuch in der;
vorliegenden Frage doch nicht ftlr entscheidend, weil
beim Emporheben der Schlinge das Herz etwas ans
seiner Lage verrflckt wnrde.
Er hat daher denselben in folgender veranderter
Weise bei 2 Kaninchen auagefuhrt. Bei dem vorher
tracheotomirten nnd dann curarisirten Thiere wurde die
knnatltche Respiration dnrch einen Gehulfen eingeleitet
and dauernd unterhalten ; alsdann wnrde der gross ere
Theil des Sternum (nach vorheriger Unterbindnng des
obersten Theils, tun die Bintnng ans den Artt. mammariae
zu verhindern) mit den angrenzenden Rippen entfernt, so
dass das Herz mit den GefSssen vollstandig frei lag ; das
Perikardium wnrde erOffnet , das Herz ein wenig erhoben
and eine Llg&tamadel mit doppeltem Faden zwischen die
nach vorn liegenden Arterien und die nach hinten liegen-
den Venen eingefnhrt ; in der einen Ligatnrschlinge lagen
die Arterien , in der andem sammtliche Venen , namlich
die V. cava sup. dextra et sin. , die V. cava inf. nnd die
W. pulmonales.
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95
Die Lokomotion nach abwarts war an dem sehr
kr&ftig sich contrahirenden Herzen trotz der Frequenz
des Herzschlags sehr gut erkennbar. Wurde aber
die Schlinge um die Venen, und im nichsten Augen-
blicke auch die um die Arterien g&nzlich zugeschntlrt,
so hOrte die Lokomotion des Herzens nach abwarts
so fort auf. Die Contraktionen des blutleeren, colla-
birten Herzens wurden zugleich langsam ; man sah
jetzt sehr deutlich , wie das Herz wfthrend der Sy-
stole in Folge der Zunahme seines Durchmessera
von hinten nach vorn sich etwas emporwblbte. —
Die Praparation des Herzens ergab, dass sammtliche
Venen vollkommen zugeschntlrt und vor der Unter-
bindungsstelle mit Blut prall geftlllt waren. Die
beiden Ventrikelhdhlen enthielten nur wenige Tropfeu
Blut.
Die positiven Ergebnisse dieser Vereuche lassen
sich flbrigens nieht bios ftlr die Theorie von Gut-
brod nnd Skoda verwerthen, sondern anch ftlr
eine andere Theorie des Herzstosses , die das Ab-
wartsrOcken der Herzspitze dnrch einen andern Me-
chanismus zu Stande kommen lasst. Nachdem
Bamberger (Virchow’s Arch. IX. S. 328) an Ka-
ninchen die Beobachtung gemacht hatte , dass wali-
rend der Systole des Herzen s die grossen Arterien
sich nach abwarts strecken , wodurch eine Lokomo-
tion des ganzen Herzens in der namlichen Richtnng
veranlasst wird, und zugleich auch eine Rotation des
Herzens um seine Langsachse von links nach rechts
eintritt, versuchte Kornitzer (1858) , aus dieser
Abwartsbewegung des ganzen Herzens und seiner
Rotation von links nach rechts den Herzstoss ent-
stehen zn lassen , den Rilckstoss also dureh einen
Rotationsstos8 zu eraetzen. Herm. Wilckens
(Deutsches Arch. f. klin. Med. XU. S. 233. 1873),
der bei einem Kranken mit grosser in der Nahe der
Herzspitze befindlicher Thoraxfistel diese Rotation
von links nach rechts direkt zu sehen Gelegenheit
hatte , lasst den Herzstoss ebenfalls dureh die roti-
rende Bewegung der Herzspitze nach vorn zu Stande
kommen. Das dnrch die Vereuche Jahn’s und
Gnttmann’s nachgewiesene Verechwinden der
Lokomotion des Herzens bei Blutleere kOnnte somit
anch als ein Beweis fUr diese Theorie gelten.
Keine der biBher anfgeBtellten Theorien des
Herzstosses findet Gnttmann fQr sich allein ge-
nflgend, die unter normalen nnd pathologischen Ver-
haltnissen auftretenden Erscheinungen insgesammt zu
erkl&ren. Man muss, um ungezwungen sammtliche
Erscheinungen des Herzstosses auch bei Herzaffek-
tionen erklai-en zu keinnen, die Gutbrod-Skoda’-
sche Riickstosstheorie mit der Theorie der Volume
zunahme des sich contrahirenden Herzens ver-
knlipfen, welche Ietztere Theorie zueret von Arnold
(1842) ausgesprochen , dann dureh Kiwisch
und Ludwig weiter ausgeftlhrt wurde und in
Marey’s systolischer Erhartung des Herzmnskels
wiederkehrt.
Den Herzschlag hat Marey (Physiologie ex-
p£rimentale. Travanx du laboratoire de M. Marey.
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96 Theile, Anatomie u. Physiologie dee Herzens.
Anu6e 1875. Paris 1876. p. 19 — 85), unter Be- Beim Pferde bildet das Eadsttlck der obem
l-ilckaichtigung aller einzelnen dabei in Betrachtung
kommenden Momente, aus kardiographisehen Ourveu
klar zu legen untcrnommen, die theils durch das noch
thfttige Herz , zumal das seltener schlagende Sckild-
krotenberz, erhalten wurden, theils durch ein ktlnst-
lich construirtes , aus Einer Vorkammer und Einer
Hamm er bcstehendee Herz, dessen Beschreibung
und Abbildung (Fig. 45) im Originale nachzu-
sehen ist.
Vor Allem weist Marey darauf bin, class
man den fraglichen Effekt der Herzthktigkeit nicht
als Stoss (Sliock) bezeichnen dtlrfe : das kurz Abge-
brochene , das fast Momentane gehdrt zum Begriffe
des Stosses, und der Herzschlag hat immer eine ge-
wisse Dauer ; ausserdem aber kann das Herz schon
deshalk keinen Stoss ertheilen, weil cs im Herzbeutel
eingeschlossen ist und nicht ausser Bertihrung mit
der Thoraxwand kommt, um bei der Systole der
Yentrikel daran stossen zu kbnnen.
Aus den am Schlusse der Abhandlung verzeich-
neten Resultaten folgende hervorzuheben, dllrfte hier
genUgen :
Meistens gelingt es auch beim Menschen, Curven
seines Herzschlags zu erhalten, wenn der in Fig. 15
abgehildete Trommelexplorator (Explorateur a tam-
bour) beuutzt und ein recht empftudliches Kymo-
grapliion in Anwendung gezogen wird.
Die kurze Systole des Vorhofs und die entschie-
den langerc Systole des Veutrikels sind nicht als
Contraktionen aufzufassen , sondem als das Produkt
aneinander gereihter Zuckungen, die sich nurnahezu
aber nicht vollstilndig , zu einer Contraktion vereini-
gen. Die Fonn der einzelnen Systole, der Ein-
6uss der Ennttdung, der KtLlte oder Warme auf das
ausgeschnittene schlagende Froschherz sprechen filr
diese Annahme, vor Allem aber die Thatsache, dass
die inducirte ElektricitAt, die man nach Matteucci
vom systolischen Herzen aus auf die pr&parirte
Froschextremitat einwirken lkast, nur Zuckungen der
Froschmuskeln hervorbringt
Die Yerknderungen de8 Volumens des Ven-
trikels, je nachdem derselbe gefttllt oder leer ist,
desgleichen die YerSnderungen der Cousistenz des
Ventrikels, je nach dem ungleichartigen Efiekte des
Blutdrncks, wirkeu bestimmend auf den Herzschlag.
Am Ilerzen mancher Thiere, z. B. der Schildkrbten,
ist es moglich, diese beiden Momente bei der Unter-
suchung aus einander zu halten und ihren relativen
Wertli zu bestimmen.
Meistentheils verkleinert sich das Yolumen der
jedesmal durch den Ventrikel ausgetriebenen Blut-
welle , wens die Frequenz des wiederkehrenden sy-
stolischen Effekts eine Abnahme erfkhrt.
Contraktionen der Hohlvenen.
Die rhythmischen Bewegungen der Hohlvenen,
an iiirer Einmllndung in den rechten Vorhof, hat
Prof. Colin in Alfort (Bull, de l’Acad. 2. S4r. HI.
p. 418. Mai 1874) genauer untersucht.
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Holdvene, vom Zusammenfluss der Jugulares und der
Brachiales an bis zum Vorhofe hin, eine sinudse Er-
weitenmg , die mit rothen Muskelfasern ausgestattet
und dickwandig ist, zumal zuniichst dem Vorhofe.
Wird beim Pferde der Thorax rechterseits erbffnet
und auch die rechte Ililfte des Hcrzbeutels wegge-
nommen , so ttberbliekt man diese sinudse Erweite-
rung der obern Hohlvene in einer Strecke von 15
bis 16 Ctmtr. , und man kann dieselbe lange Zeit in
Tlultigkeit sehen, wenn die Medulla oblongata durch-
schnitten ist und die Respiration kllnstlich unterhaltea
wird. Zuniichst gewahrt man nur ein wecliselndea
Engerwerden und Weiterwerden des Theils, allmSlig
aber ei'kennt man, dass dieses Alterniren gleich
hilufig wie am Vorhofe stattfindet, und ferner aucb,
dass am Vorhofe und am Sinus synchronisch die
systol. Verengening und die diastolisclie Erweiterung
erfolgt. Wiihrend der Verengerung bekommt der
Sinus durch die stark vortretende Muskulatur ein fe e-
runzeltes Aussehen. Zuniichst dem Vorhof ist die
Verengerung am stiirksten; doch wird das Lumen
des Sinus niemals vollstftndig zum Verschwinden ge-
bracht. Das im Sinus enthaltene Blut wird durch
die Contraktion in den Vorhof getrieben , und nur
der geringere Theil desselben bewegt sich in peri-
pherischer Richtung. Diese Bewegungen des Sinus
erhalten sich gleich lange, wie jene des Vorhofs.
Es sind aber dem Sinus selbststiindig zukommende
Contraktionen. Denn wenn der Sinus dicht am Vor-
hofe mit einer Pincette oder durch eine Ligatur zu-
sammengedrtlckt wird, so dauern seine rhythmischen
Bewegungen zunMchst gleichwohl unverSndert fort ;
nach Ablauf einer gewissen Zeit indessen wird der
Sinus durch das sich ansammelnde Blut derartig ge-
schwellt, dass keine Contraktionen mehr eintreteo
kbnnen. Wird bei einem Thiere einfach der Thorax
erdffnet und das Herz blosgelegt, ohne dass dem
Collapsus der Lunge und dem Sistiren des kleinen
Kreislaufa vorgebeugt wird, dann dehnt sich der
Sinus ebenfalls aus und ger&th in eanen paralytischen
Zustand.
Auch bei kleineren Thiereu bat Colin dieThStagkeit
des Sinus cavae superioris beobachten konoen. Bei einer
Katze wurde das Herz von der rechten Seite her blos-
gelegt, die Medulla oblongata dnrchschnitten und die
kdnstliche Respiration hcrgestellt ; der 8tnos pulsirtc zu-
erst 90 — 100 Mai in der Minute, nach 13—30 Hinuten
aber nur noch 66 — 60 Mai , und jetzt liess sich der Syn-
chronismns in den homologen Bewegungen des Vorhofe
and des Sinus mit Bestimmtheit erkennen.
Die Vena cava inferior [des Pferdes?] ist nur etwa
in einer Strecke von 3 Ctmtr. zuniichst dem rechten Vor-
hofe mit Mnskelfasern verschen , und in dieser Strecke
koramen ebenfalls rhythmischc Bewegungen vor , die mit
jenen des Vorhofs isochionisch sind.
Colin betrachtet diese muskulbsen Absehuitte
der beiden Hohlvenen als accessorische oder subsi-
dikre Vorhofe, die den Eintritt des Veuenbbits be-
gttnstigen und einigermaassen dessen Kiiokstatung
verhindern. Bei Thieren mit langem Halse, die ihre
Nahrung mit gesenktem Kopfe vom Boden aufheh-
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97
Theile, Anatomie u. Physiologic des Herzens.
men , scbeinen diese subsidiaren Vorhdfe besonders
nflthig zn sein. Dem Menschen fehlen sie.
Vulplan (1- c.) weist darauf hin , dags diese Be-
wegungen an den Hohlvenen der Thiere langat schon be-
kannt Bind, und dase er dieselben im physiologischen Cur-
8U8 , zumal am Hunde, zu demonatriren pflegt. Der iBO*
chronischen Contraktion des Sinus nnd des Vorhofs muss
aber V u 1 p i a n widersprechen . Die Contraktion des Sinus
schreitet von oben nach unten fort und geht hier auf den
Vorhof uber , so dass also die Sinuscontraktion der Vor-
hofssystole um einen Augenhlick vorausgeht. Colin ver-
theidigt seine Beobachtung zwar damit, dass seine Unter-
suchungen bei grossen Thieren mit ganz regelmassiger
rhythmiscber Herzthatigkeit vorgenommen wurden. V n 1 -
pi an hat aber aurh curarisirte Hunde mitkunstlich unter-
haltener Respiration zu seiuen Untersucbungen benutzt,
wo die Herzbewegnngen ganz regelmassig veriaufen und
Stunden lang beobachtet werden kbnnen.
Pneumatische Krafte bei der Cirkulation.
Dass pneumatische Kritfte im Organismus tiber-
hanpt, zumal aber bei der Cirkulation wirksam sind,
hat Prof. Andr. Buchanan zn Glasgow in seiner
Schrift ,,the forces which carry on the circulation
of the blood “ nachzuweisen unternommen *).
Um die Arbeitsleisttmg des Herzens (effective force,
1. Hanptabsehnitt) zn bestimmen, muss einerseits die
Menge des bei jedem Herzschlage aus dem linken Ven-
trikel ausgetriebenen Bluts nnd die Schnelligkeit dleser
Anstreibnng ermittelt werden , und ist andererseits aus-
flndig zn machen , welchen Werth die der Blntbewegung
entgegenstehenden Widerstande haben. Rechnen wir
im Mittei 2 Unzen ausgetriebenes Blut und 72 Herz-
schlSge in der Minute, so ergiebt diess fQr die Minute 144
Unzen oder 237.6 C.-Zoll Blut, oder wenn wir mit Keil
(der Vf. nennt ihn immer Kiel) den Qnerschnitt der
Aortenmundung = 0.4187 Qu.-Zoll setzen, eine Blutsanle
von 568.67 Zoll oder 47.3 Fuss.
Im Mittei statuirt Buchanan elite 50' hohe
FlUasigkeitsskule ftlr die Minute, oder fur 1 Seknnde
eine 10" hohe FlUssigkeitsskule. Die Hbhe der
Blutskule in den grossen Venen erreichtnach Hales
nor den zehnten Theil der Aortensttnle.
Im 2. Hauptabschnitte wird die Elasticitats-
einwirkuug der Arterien auf die Blutbewegung, so-
wie der Einfluss der Muskulatur der Blutgefasse auf
die lokale Blutvertheilung kurz besprocben ; des-
gleichen die Saftbewegung in den Pflanzen, die zu
den verschiedenen Entwicklungsphasen im Leben der
Pflanze in Beziehong steht.
Der 3. Hanptabsehnitt ist der Betrachtung der
pneumatischen Krafte gewidmet. An der Blutbe-
wegung betheiligen sich wesentlich dreierlei Krafte :
die centrale Propulaivkraft des Herzens , sodann die
Mnskelcontraktilitat der Blutgefasse [richtiger wohl
die Elasticitat der Blutgefasse !] , drittens aber eine
centrale pneumatische Kraft oder der atmosphfirische
Druck auf Thorax und Herz. Die aktive Erweite-
rang, die in diesen letztern zur Erscheinnng gelangt,
halt dem atmospharischen Drucke das Gegengewicht.
Uebrigens kann die pneumatische Kraft nur alfl
<) Second Edition. London 1874. J. and A. Churchill.
8. IX and 101 pp. 6 Shill.
Med. Jshrbb. Bd. 171. Hft. 1.
Hillfsmittel der Propulsivkraft oder der Vis a tergo
in Betracht kommen, niemals aber ein primflres Blut-
bewegung8moment bilden, weil die Flilssigkeit durch
biegsame, leicht zusammenfallende Rbhren fortbewegt
wird.
Die Wirksamkeit der pnenmat. Krafte im mensch-
lichen Organismus ist wesentlich an den bei den
Saugern and den Vdgeln gleichartig wirkenden
Thorax gebunden. Durch den Wechsel von Erwei-
terung und Verengerung des Thorax wird dessen
Hohlraum abwechselnd vergrflssert und verkleinert.
Bei der Vergrbsserung muss das Blut in Folge des
atmospharischen Drucks in den Thoraxraum ein-
strdmen, gleichzeitig aber freilich auch die atmospha-
rische Luft selbst : die Luft erftillt das von der Re-
spirationsschleimhaut nmschlossene Cavum pulmonale, ,
das Blut strbmt in den als Cavum circnmpulmonale
zu bezeichnenden Raum. Die physikalischen Vor-
gange , die in einer sich erweitemden Ilblilung bei
gleichzeitigem Einstrbmen von Luft und von Fltlssig-
keit stattfinden, werden deshalb in genauere Be-
trachtung gezogen und durch beigefllgte Abbildungen,
die eine respiratorische Pumpe versinnlichen sollen,
erlautert. Diese Darstellung verliert aber gar sehr
an Werth dadurch , dass der Vf. p. 57 ausdrflcklich
erklart, in jenen Abbildungen liefere er nicht etwa
praktisch erprobte Modelle, sondem nur fingirte
Schemata.
Das Here, welches pneumatische Kraft oder nach
dem gewbhnlichen Sprachgebrauche Saugkraft ent-
wickelt, ist unbestreitbar mit der Fahigkeit ausge-
rliatet, nach vorgangiger Contraktion und Verkilraung
sich aktiv zu erweitern oder zu expandiren. Diese
Fahigkeit , nimmt Buchanan an, ist nicht in den
Herzwandnngen selbst begrilndet, sondem in dem
fibrocartilaginbsen Septum an der sogen. Herabasis
zwischen Vorhofen und Ventrikeln. Die desfallsige
Beweisftlhrung ermangelt abervollstandig derDurch-
siohtigkeit und Klarheit. Sie geht von dem sonder-
bar klingendenSatzeaus: dieAtrioventrikulardffnung
1st weit offen, wenn der Vorhof gefUllt ist, verengert
sich aber allmalig wahrend der Contraktion des Vor-
hofs und ist zu einem ganz kleinen Umfange reducirt,
wenn die letzte Portion Blut durch diese Oeffnung
in den Ventrikel llbergetreten ist (p. 61).
Nun folgt der wesentlichste Abschnitt, der im
Inh<sverzeichnisse die Ueberschrift tragt: physio-
logical evidences and illustrations (p. 65 — 87).
Die pneumatischen Erscheinungen sind vojmehmlich
an die respiratorischen Bewegongen gebunden. Die
Venen, znmal die grossen Venen am Eingange in die
Brusthahle fallen beim Inspiriren znsammen, werden
aber wiederum geschwelty und aufgetrieben , wenn
das Exspirium beginnt; — an dem blosliegenden
Gehirne beobachtet man ein altemirendes Einsinken
und Gehobenwerden , entsprechend den wechselnden
Inspirationen und Exspirationen ; — in dem in ein
Gef&ss eingefiigten Manometer beobachten wir ein
Sinken der Blutsiule wahrend der Inspiration, ein
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98
The ile, Anatomie u. Physiologie des Herzens.
Steigen wlhrend der Exspiration , und z war in den
Arterien so gut wie in den Venen, worin der Beweis
liegt , dass der pneumatische Effekt im gesammten
Gefisssystem zur Geltung kommt. Die bekannten
Polgen des Lufteintritts in geoffnete Venen sprechen
ebenfalls fflr die Adspiration des Herzens. Bei
Asphyxie, wenn die Athmungsbewegungen aufge-
hoben oder doch unterbrochen sind , ermangelt das
Here des pneumatischen Effekts , es vennag deshalb
die Widerstfinde der Blutbewegnng niclit mehr zn
Uberwinden , und so kommt es zn Anh&nfungen des
Bintes im Gehirn. Nun vollzieht sich aber doch beim
Pfitus die Cirknlation , obwohl hier die ftespirations-
bewegung und somit die pneumatische Kraft nicht
wirkt. Beim F5tus nEmlich betheiligt sich der rechte
Ventrikei zngleich mit dem linken an der Propulsion
des KOrperblntes , und dilrfte man deshalb vielleicht
zn dem Schlusse berechtigt sein , dass die Leistung
dee rechten Ventrikels dem fehlenden pneumatischen
Effekte Equivalent ist.
Ans seiner geburfshlHflichen Erfahmng hat
Buchanan noch einige mehr oder weniger zu
seinem Thema Bezug habende Beobachtungen ange-
fttgt , die einer besondem Erwfthnung nicht unwerth
erscheinen.
Die gewdbnlicbe Angabe, dass das Blut der
Nabelarterien vends geferbt sich darstellt , das der
Nabelvene aber als Folge der Placentareinwirkung
gerdthet ist, erweist sich nicht als vollst&ndig zu-
treffend. Wird nach erfolgter Geburt de3 Kindes
nnr eine Ligatur urn den Nabelstrang gelegt, der
Nabelstrang jenseits dieser Ligatur durchschnitten
und nun das Blut aus dem Placentarsttlcke ausge-
strichen und aufgefangen, dessen Menge’wohl 90 bis
120 Gnrnn. betragen kann, so bekommt man nicht
zweifarbiges Blut , sondem alles ist schwarz , oder
alles ist gerdthet. Diess hEngt von der Art ab , in
welcher der Versucb ins Werk gesetzt wird. Er-
folgte die Unterbindung der Nabelschnur in dem
Angenblicke , wo das Kind den ersten Schrei aus-
stiess , also eben zu athmen angefangen hatte , dann
kommt aus den Arterien wie aus derVene schwaraes
Blut, das allerdings beim Stehen an der Lnft wie
gewOhnliches Blut sich rothet; hat aber das Kind
langere Zeit geathmet, bevor die Nabelschnur durch-
schnitten wird , dann zeigt das gesammte Blut die
hellrothe FErbung, womit es von den Lungen des
Kindes her zur Placenta gelangt ist.
Feraer beobachtete Buchanan bei einer Zwilling g-
geburt Folgendea. Das erste Kind wurde leicht geboren,
das zweite folgte erst 3 8td. spater. Die Fusee des letz-
tera mussten geholt werden, danach aber blieben die
Wehen wabrend einer halben Stunde vollstandig aus.
Wabrend dieser Wehenpause untersuchte Vf. zn wiedcr-
holten Malen die Nabelschnur und wurde dabei auf Be-
wegnngen an des KindeB Rippen aufmerksam ; durch Zu-
fuhlen mit beiden Hfinden uberzeugte er sich dann davon,
dass die Rippen auf beiden Seiten, ahnlich wie bei rhyth-
mischer Respiration , abwechselnd eine Hebung und 8en-
knng erfnhren. Zuletzt karaen die Wehen wieder und
mm erfolgte die Ansstosenng des Kindes ganz plOtzlich.
In diesem Falle sollen nach Buchanan bei
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einem ungeborenen Kinde , das von der atmosphA-
rischen Luft ganz abgeschlossen war, respiratorische
Bewegungen stattgefunden haben, die einen pneu-
matischen Effekt auf den grossen Kreislanf ftusserten.
Bertlcksichtigt man jedoch den ganzen Geburtsher-
gang, so mftchten wold der absoluten Gewissheit
jener Annahme, die Athembewegungen batten bei
vollkommenem Lnftabschlusse stattgefunden , erheb-
liche Bedenken entgegen stehen.
Ferner erwahnt B. einen einschlagenden von ihm
beobachteten Fall unter der sonderbaren Ueberschrift:
Zwillinge , deren einer unwissentlich das Bint des andern
ansaugte und hierdurch dessen Leben gefahrdete. Obne
alle Miihe wurde der erste Zwilling geboren , ein lebhaft
zappelndes und kraftig athmendes Kind, in dessen dunkler
Hautfarbung deutlich genug cine Blutiiberfullung ausge-
sprochen war ; dabei schrie das Kind kraftig, so dass seine
Nabelschnur alsbald untcrbunden und dnrchschnitten
wurde. Der weiterhin nachfolgende Zwilling war ganz
biass und blutleer, verhielt sich nach der Gebnrt sehr
rnhig und flng erst langere Zeit nach dem Kintritte der
Respiration zu schreicn an, worauf dann zur Unterbindnng
der noch klopfenden Nabelschnur gescliritten wurde. Das
schwiichliehe Kind mit einer alabasterweissen Haut lebte
nnr 30 Stunden. Die beiden Zwillinge batten eine gemein-
schaftliche Placenta und ihre Gefasse standen darin in
vollkommen freier Communikation. Der zuerst geborene
Zwilling, mcint Bnchanan, babe durch kraftige Inspi-
rationen und starkes Schreicn sein Gefasssystem in der
kleinen und grossen Blutbahn ganz gefullt, dadurch aber
dem andern Zwillinge von der Placenta her die znm Le-
ben erforderliche Flussigkeit entzogen. Eine ganz rasche
Unterbindung der Nabelschnur beim erstgeborenen Zwil-
linge, dagegen eine recht spate Unterbindung derselbeu
beim zweitgeborenen Zwillinge wurde wobl in diesem
Falle nach Buchanan das geeignete Verfahren gewesen
sein.
Blutdrur.k.
Die Abliangigkeit des arteriellen Drucks von
der Blutmenge wurde von Dr. Worm Mtiller
(Arbeiten aus der physiol. Anstalt in Leipzig. 8.
Jabrg. 1873. p. 159—250) nntersuclit. Die um-
fangreiche Abhandlung basirt auf 9 an Hunden an-
gestellten Einzelvereuchen. Es wurden aber kleinere
Hunde zu den Versuchen genommen, um die dem
Versuchsthiere zugeftthrten oder auch abgelassenen
Blutmengen beqnemer in Procenten des vorher be-
stimmten Korpergewichts ausdrilcken zu kOnnen.
Bei Ausfuhrung der Versnche wurde die eine Carotis
mit einem Qnecksilbermanometer verbunden, dessen Ver-
andemngen anf einem mit bekannter Geschwindigkeit
fortlaufenden Papierstreifen sich aufzeichneten. War der
Blutdruck nach Ablauf einer langern Zeit , die ausrcichte.
um die Grenzen der normalcn Schwankungen zu erkennen,
notirt, dann wurde in eine Vena jugularis eine Kan&le
eingesetzt, um das einem grossen Hunde entnommene
Blut, welches deflbrinirt , filtrirt und auf 37 — 38° C. er-
halten wurde, einzuspritzen. Die jedesmal eingespritzte
Henge wurde auf 40 Cctmtr. normirt. In einzelnen Ver-
snehen wurden aber selbst bis 17 Einspritznngen anage-
f5hrt. Der Druck in der Carotis wurde nicht bios wah-
rend and nnmittelbar nach der einzelnen Einspritznng be-
obachtet, sondem auch einige Zeit naebber.
Die erste Hauptreihe von Versuchen war darauf
gerichtet, die Aendenmgen des Blutdrncks in der
Carotis fflr den Fall zu bestimmen, dass das Kdrper-
gewicht durch khnstliche Vermehrung der Blutftlllung
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99
Theile, Anatomic n. Phyaiologie des Herzens.
sich erhdht. Alle 9 Einzel versuche werden in die-
sem Abschnitte der Reihe nach, d. b. nach den wich-
tigsten Daten in tabellarischer Uebersicht zus&mmen-
geetellt, vorgefllhrt.
Um die Stdrangen , welche von Seiten der ner-
vtaen Centren der Gefkss- nnd Skeletmuskeln auf-
treten kflnnen , zum grOssern Tlieil auszuschliessen,
wnrden die Einspritzungen zun&chst bei solchen Thie-
ren vorgenommen, denen die Vagosympathici nnd
das Rflckenm&rk durchschnitten worden waren. A us
den 3 ersten bierher gehOrigen Versnchen darf Fol-
gendes entnommen werden :
w&hrend der Daner der Einspritzung , die im
Mittel etwa % Min. wkhrte, nimmt derBlutdruck zu ;
nach vollendeter Einspritzung sinkt der Drnck
ab, steigt aber kurze Zeit darauf wieder an ;
anf dieses zweite Wachsthum folgt ausnahmeios
wieder ein Absinken des Drucks ;
das Maximum , worauf der Druck durch die zu-
nehmende Blutmenge ansteigen kann , erreicht all-
mftlig eine obere Grenze , die auch bei fortgesetzter
Vermehrung des Blutes nicht flbersciiritten wird,
and dieser sich erhaltende Maximaldruck liegt in
der N&he der normalen DruckhOhe , die das Thier
vor der Dnrchschneidung des Halsmarkes darbot;
die Exkursionen des Pulses werden wahrend
jeder Einspritzung grosser , die Pulsfrequenz aber
wird im Ganzen dnrch die Einspritzungen nicht be-
einflusst.
Der 4. bis 7. Versuch wnrden an Hunden aus-
gefhhrt, bei denen das Riickenmark und die Vago-
sympathici nnversehrt geblieben waren. Die aus
diesen Versnchen gezogenen Resultate fallen weit
nnbestimmter aus. Wahrend der Dauer der Ein-
spritznng ist ein regelraassiges Verhalten des Drucks
nicht wahrnehmbar , er kann steigen oder auch ab-
nehmen. Nach vollendeter Einspritzung kann ein
Anwachsen des Mitteldrucks eintreten, jedoch so un-
bedeutend , dass man noch Bedenken tragen muss,
ein regelmassiges Anwachsen anzunehmen. Dieser
Mitteldruck (lberschreitet nicht den Werth von 160
bis 170 Millimeter. Beim Bestehen eines niedrigen
Drucks erfolgt durch die Einspritzungen rasch eine
Hebnng auf jenen Mittel werth. Auch die Puls-
frequenz verhalt sich unregelmassig , man kann eine
Zunabme oder eine Abnahme derselben beobachten.
Ana dem Ductus thoracicus entleerte sich bei diesen
Versnchen eine grOssere Menge von Lympke, die
dorcb Gehalt an Blutkdrperchen rflthlich gefkrbt er-
schien ; die festen Bestandtheile der Lymphe hatten
zugenommen.
Beim 8. und 9. Versuche wurde den Hunden,
ebe zn den Einspritzungen gegriffen wurde, erst 3.2,
resp. 3.7% des KOrpergewichts Blut entzogen. Als
dann mit Einspritzungen begonnen wurde , stieg der
Druck nicht nur wfthrend der Einspritzung , sondern
auch in der Zwischenzeit zweier Einspritzungen
danernd nnd erreichte die HOhe des onprtlnglichen
Normaldrucks.
Beim 9. Versuche wurde ausserdem noch die
Modifikation eingeschaltet , dass , nachdem durch an-
fkngliche Einspritzungen die Blutmenge Uber das ur-
sprtlngliche Maass liinaus zugenommen hatte, neuer-
dings ein Aderlass vorgenommen wurde, dem dann er-
neuerte Einspritzungen folgten. Diese Einspritzungen
bewirkten zwar eine Steigerung des Drucks, aber
die Steigerung wahrend der Einspritzung fiel im
Allgemeinen etwas geringer aus und sank in der
Zwischenzeit zwischen zwei Einspritzungen erheb-
licher , so dass schltisslich , obwohl der procentische
Blutgehalt des Tliieres ein groaserer war , als nach
der ersten Serie von Einspritzungen , doch nnr eine
niedrigere Druckgrenze erreicht wurde.
Die zweite Reihe von Versnchen gait den Ver-
ftnderungen des an der Garotis beobachteten Drucks
fttr den Fall , wo das Kdrpergewicht durch kflnst-
liche Verminderung der Biutftlllnng herabsinkt
Aderlassartige Blutentziehungen wurden bei Thierea
vorgenommen , deren Blutgehalt entweder noch un-
verandert war, oder deren Blutmenge durch vorann-
gegangene Einspritzungen bereits einen Zuwachs er-
fahren hatte. Die desfailsigen Versuche konnten
bei einigen der 9 Hauptversuche nebenbei mit zur
Ausfiihrung gebracht werden. Es wird genflgen,
die bei einem der Hunde gewonnenen Ergebnisse
vorzuftthren.
Bei dem in g&nz natfirlichem Zustande beflndliofcen
Thiere sank wahrend des Blntabflnsses aus der einen
Carotis der arterielle Druck in der andern Carotis sehr
rasch ; sowie aber die erste Carotis geschlossen wurde,
stieg der Druck iu der andern Carotis alsbaM wieder.
Der Hand hatte 6.29 Kgrmm. KSrpergewicht, und es
wurden in kurzen Zwischenraumen nach einander 4 Blut-
entleerungen von je 60 Cctmtr. ausgefuhrt. Wahrend der
ersten Entleerung flel der Druck von 130 auf 67 Mmtr.,
w&hrend der zweiten von 161 auf 92 Mmtr., wahrend der
dritten von 129 auf 63 Mmtr., wShrend der vierten von
112 auf 49 Millimeter. Die Entleernngsdaner oder die
Ausflussgcschwindigkeit betrug bei den 3 ersten Entlee-
rungen 10— 8— 11 Sek., erreichte dagegen bei der vierten
Entleerung 44 Sekunden. Durch die 3 ersten Entleernn-
gen waren 2.82% des K6rpergewichts an Blut ausgetreten
nnd der Blutdruck konnte nach deren Beendigung nahean
zu jener Hdhe zuruckkehren , die vor dem Beginne der
Versuche bestand ; nach der vierten Entleerung dagegeD,
wo das gesammte ahgelasseue Blut 3.76% des Korper-
gewichte betrng , erhleit sich der Blutdruck wahrend der
nachfolgenden Minnten auf 49 Mmtr., bis wohin er wah-
rend der Entleerung gefallen war, das heisst er betrug
fast nur noch ein Drittel des ursprunglichen Drucks. —
Als nun bald darauf dem namlichen Hunde wiederholtBlut
eingespritzt warde, bis die eingespritzte Menge 11.80%
des KOrpergewichts betrug, und anzunehmen war, die
Blutmenge des Hundes habe, unter Abzug der fruher ent-
leerten 200 Cctmtr., einen Zuwachs von 480 Cctmtr. er-
fahren, schwankte der Blutdruck zwischen 167 u. 162MilIi-
meter. Jetzt wurden 6 ganz kurz auf einander folgende
Blutentleerungen , jedesmal 60 Cctmtr., vorgenommen
mit einer AusflusBgeschwindigkelt von 7 — 7 — 7 — 7'/* — 9
Sek., wobei der Druck amEnde der einzelnen Entleerun-
gen auf 146 — 114 — 86—78—60 Mmtr. absank , aber
jedesmal rasch wieder in die NShe des fruhern Standee
zuruckkam , und selbst bei der funften Entleerung inner-
halb 3 '/, Min. wlederum bis zu 116 Mmtr. sich erhob.
Nach vorgAngigen Bluteinspritzungen konnte so-
mit der Hand einen weit grOseern Blutverlnit er-
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100
Theile, Anatomie u. Physiologic des Herzens.
tragen, als zur Zeit , wo seine Blutmenge eme ganz
unvertnderte war.
Aus den Depletionsversuchen ergaben sich fol-
gende Resultate. Beim nnverfinderten oder normalen
Thiere konnte in aderlassartiger Weise eine Blut-
menge entzogen werden, die 1.6 — 2.82°/ 0 des KOr-
pergewichts betrug, obne dass der Druck in der Ca-
rotis bedeutend herabgesetzt wurde, was indessen
erfolgte, als die abgelassene Blutmenge 3.76% des
Kflrpergewichts erreichte ; wurde aber die Blutent-
leerung am Thiere vorgenommen , das bereits Blut-
einspritznngen erfahren hatte, so konnte in der
Regel ein grdsserer absoluter Blutverlust ohne be-
deutendere Herabsetzung des Blutdrncks ertragen
werden. Vergleicht man aber die nach den Ader-
Utesen restirenden Blutmengen beim normalen and
beim vorher (lberfttllten Thiere, so zeigt sich , dass
die zur Erhaltung der normalen Blutdrtlcke erforder-
hche Blutmenge im letzteren Falle eine weit grCs-
sere sein moss , vielleicht die doppelte oder selbst
eine noch grOssere.
Die Thatsache , dass nach verhiltnissmiasig
groesen Blntverlusten das Geftlsssystem ftlliig ist,
■ich dem geringeren Blntvolumen binnen kurzer Zeit
ohne wesentliche Druckabnahme anzupassen, ver-
dient in der ftrztlichen Praxis die genaueste Berflck-
sichtigung. Wenn AJerlime in der ausgesproche-
nen Absicht , das Geftlsssystem zu entlasten , ange-
ordnet werden, so sollte man dabei nicht vergessen,
dass selbst eine sehr reichliche Entleerung nur fttr
einige Minuten ein nennenswerthes Herabsinken des
Drucks hervorbringt, nnd dass diese reichlichen
Aderlfisse wiederholt werden mtlssen, wenn eine
dauernde Herabsetzung des Drucks beabsichtigt wird.
Ein Aderlass von 350 — 470 Cctmtr. beim erwach-
senen Menscben kann nur ein vorflbergehendes
Herabsinken der Spannung, unmittelbar nach der
Blutentziehung, hervorbringen, ist also in dem beab-
sichtigten Sinne so gut als wirkungslos. Zur wirk-
lichen Herabsetzung der Blutspannung dagegen er-
■cheint die besonders in Italien getlbte Methode der
reichlichen und wiederholten Aderlksse physiologisch
wohl begrflndet.
Fragen wir tlbrigens nach dem Mechanismus,
wodurch das Gefftsssystem in den Stand gesetzt wird,
so grosse Blutmengen, wie in den vorstehenden
Versuchen, ohne nennenswerthe Aenderungen des
arteriellen Normaldrucks anfzunebmen, so kflnnte
man zun&chst vielleicht an ein Auatreten von Blut
durcb die Gefksswandungen oder an ein Exsudiren
von Blutplasma denken ktinnen. Die Sektionen der
getfldteten Versuchsthiere haben jedoch nur aus-
nahmsweise im Darme, in der Lunge einen ganz ge-
ringen Blutaustritt nachgewiesen , und eben so auch
nur seltene und sparsame Exsudate. Eine Ueber-
fflllung der Arterien gab sich femer bei den Sektio-
nen niemala kund , und nur die grOsseru Venen im
Unterleibe, so wie gewOhnlich auch die rechte Herz-
bllfte zeigten eine sttrkere FtiUung. Diese im
Ganzen negaUven Sektionsergebnisse dttrfen wohl zu
der Annahme ftlhren, dass die vennebrte Blutmenge
gleichmAssig im ganzen KOrper im Gefksssystem ver-
theilt sein muss , nnd zwar in den Capillaren. Die
physiologischen CongestivzustUnde , z. B. die starke
FtUlung der Darmschleimhaut wUhrend der Verdau-
ung, die ROthung der Leder- und Schleimhaut unter
dem Einflusse von Druck, Irritation , Gemlithserre-
gung , das Strotzen der Coi’pora cavernosa wkhrend
derErektion u. s. w. weisen mit Bestimmtheit darauf
hin, dass die r¨iche Capacitat des Gefksssystems
in normalen VerhUltnissen, ohne dass eine besondere
Dehnung der Gefksse stattzufinden braucht, eine be-
dentende sein kann. An dieser FilUung betheiligen
sich die Gefhssnetze zwischen den kleinsten Ai-terien
und Venen, manchmal verschwindet sie eben so pldtz-
licli, als sie entstand u. machtwohleiner tastvollstto-
digen Blutleere Platz ; tlberhaupt aber finden sich
unter normalen Verhiltnissen die mannigfaltigsten
Abstnfungen zwischen starker und schwacher Ftil-
lung. Dadurch wird es sehr wahrscheinlich , dass
ttberall im KOrper eineAnzahl leerer oder wenig ge-
f till ter Capillaren gleichs&m zur Disposition stdit,
um je nach dem Bedflrfnisse dem Blutstrome zugftng-
lich zu werden. Man wird deshalb vermuthen dfir-
fen, dass bei den Einspritzungsversuchen die ver-
mehrte Blutmenge haupts&chlich dadurch im Gef&sa-
gysteme Platz findet, dass sich eine grOssere Anzahl
von Capillaren fllllt , als im normalen Znstande.
Dann braucht aber eine besondere Dehnung der Ca-
pillaraetze in Folge jeiler Ueberftlllung des Gefkss-
sy stems nicht einzutreten.
Die Ueberfallung des Gefhsssy stems , wodurch
gewisse krankhafte Erscheinnngen hervorgerufen
werden, ist eine in der Laienwelt von Alters her ver-
breitete Vorstellung, die unter der Bezeichnung der
Plethora auch in der Pathologie eine Rolle spielt.
Auf demGebiete der Transfusion ist dem entsprechend
von jeher und noch jetzt der Grundsatz geltend ge-
wesen, dass in jenen fllr die Transfitnon ausersehe-
nen Ffillen, wo nicht unmittelbar vorher eine Blutung
8tattgefunden hatte, der Transfusion selbst ein Ader-
lass vorhergehen mtlsse, um den Gefahren zu begeg-
nen, die mit einer abnorm vermehrten Blutmenge
verkntlpft sein kOnnten. Nun hat sich wohl gezeigt,
dass ein schnelles Einapritzen , eine plOtzliche Ein-
fhhrung grosser Blutmengen schkdlich wirken kann,
es fehlt aber noch gftnzlich an experimentellen Be-
weisen daftlr, dass die Vermehrung der Blutmenge an
und fllr sich Stflrungen hervorbringt. Vielmehr
haben wir einen geradezu widersprechenden Versnch
von Heinrich Mittler (Sitz.-Ber. der Wiener
Akademie 1868. Abth. H. Nov. S. 8) , der einem
mittelgrossen Hunde durch ErOfibung der Schenkel-
schlagader so lange Blut entzog, bis Athmungs- und
Pulsatillstand eingeti'eten war, dann aber durch un-
mittelbare Transfusion des Blutes aus einem grossen
Hunde das Thier wieder belebte. Der Hund erhidt
dadurch wohl % mehr Bint, als er ursprilnglich
beseasen hatte, und nichts desto weniger befaad
er sich weiterhin ganz wohl. Man wird 4—
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101
Lebert, allgem. Pathologie u. Therapie.
wohl fragen dtlrfen, ob die sogenannte normale Blnt-
menge eine constante GrOsse 1st, ob dieselbe nicht
vielmehr aach im normalen Leben gewissen Schwan-
knngen nnterliegt , nnd ob es begrflndet 1st , wenn
die Physiologie den Satz aufstellte: die Natur hat
einen gewissen unverfinderlichen Procentgehalt dea
Gesammtkarpers an Bint festgestellt und behanptet
dieaen Procentwerth auch in den Zehrkrankheiten,
wo fast keine Nahrung genommen wird , durch Auf-
nahme ana den Geweben. Die verbreitete Annahme,
daae der nach reichlichen Hahlzeiten beobachtete
voile und gespannte Pnla anf die atattgefhndene In-
haltszunahme des Gefhsssystems zn setzen sei, scheint
wenigstena in den mitgetheilten Versurhen keine
Stfltze zu finden , insofern durch dieae mit Sicherheit
featgeatellt worden ist, dass selbst eine grdssereVer-
mehrung derBIutmenge ohne irgend eine bemerkens-
werfhe Drncksteigerung eintreten kann.
Zur Yornahme neuer Untereuchungen fiber Blui-
druck und Blufgegrhwin diaksit hat sich Marey
(Physiol. exp6r. p. 337—371) veranlaset gesehen,
weil man von mehreren Seiten dem Satze entgegen
getreten ist, den M. frtlher iD den Worten formulirt
hatte: Bei unverftndert bleibender Innervation des
Herzens nimmt die Frequenz der Herzschlftge ab,
wenn die arterielle Spannnng zunimmt , und umge-
kehrt. Marey bespricht die Leistungen der ver-
sehiedenen, zur Bestimmung des Blutdrucks und der
Blntgeschwindigkeit dienenden Apparate, und er
weist nach, dass bei den auf die Blntgeschwindigkeit
abzielenden Apparaten die Einfflgung sogenannter
Pitot’ scher Rflhren in das horizontal gelagerte und
mit aufgesetzten Piezometern versebene Ansflussrohr
besonders beachtenswerthe Ergebnisse liefert. Ans
den mittels der geeignetsten Apparate gewonnenen
Cnrven entnimmt. er schlflsglirh folgende Resultate.
Der Blutdruck in den Arterien kann durch
zweierlei Momente erhfiht werden, durch st&rkere
KraftAusserung des Herzens, oder durch vermehrten
Widerstand in den kleinen Geflssen. Umgekehrt
kann der arterielle Blutdruck abnehmen , wenn die
HerzthStigkeit abgeschwftcht wil'd , oder wenn eine
Erschlaffung der Gefasse eintritt.
Auf die Geschwindigkeit der Blutbewegnng in
den Arterien haben ebenso zwei Momente Einfluss,
die verftnderliche Kraft des Herzens einerseits , nnd
andererseits der Widerstand in den kleinen Geftssen,
der andera ausfAllt , je nachdem sie contrahirt oder
erschlafft Bind.
Soli eine in der Cirkulation eingetretene YeriLn-
dernng begriffen werden, so muss man fiber den
Blutdruck und fiber die Blutgeschwindigkeit im Kla-
ren sein.
Nach der B e r n o u 1 1 i ’schen Formel muss, wean
mit Erhfihung des Blutdrucks auch eine vermehrte
Geschwindigkeit der Blutbewegung eintritt, dieTrieb-
kraft des Herzens zugenommen haben, wogegen dann,
wenn mit der Erhfihung des Blutdnicks eine vermin*
derte Geschwindigkeit der Blutbewegung einhergehi,
die kleinen GefAsse verengert sein mflssen , wodureh
dem Blutstrome ein Hindemiss entsteht.
Abnahme des Blutdrucks, verbunden mit Abnahme
der Blntgeschwindigkeit , bedeutet , dass die Trieb-
kraft des Herzens abgenommen hat; Abnahme des
Blutdrucks mit gleichzeitiger Zunahme der Blut-
geschwindigkeit spricht dagegen filr Erschlaffung in
den kleinen Gef&ssen.
^ Wenn bei der manometrischen Ermittelung des
Blutdrucks der Stand des Quecksilbermanometers
zwiseben 20 und 24 Ctmtr. oscilliri, so hat man die
20 Ctmtr. als constanten Druck, die 24 Ctmtr. als
variabeln Druck bezeichnet. Der variable Druck
ist durch die discontinuirliche Thltigkeit des Herzens
bedingt (Auch in Betrcff der Blutgeschwindigkeit
kann man mitChauveau den constanten und den
variablen Werth unterscheiden.) Beobachtet man
eine Zunahme deg constanten Drncks , willirend der
variable Druck abnimmt, so weist diess darauf hin,
dass die WiderstAndc zugenommen haben , weil sich
die Capillaren verengerten. Nimmt der constante
Druck ab , wfthrend der variable Druck wftchst , so
bedeutet diess eine Verminderung der Widerstftnde,
weil die Capillaren erschlafften. So kann also der
Blutdnick filr sich allein , wenn man den constanten
und den variablen Werth bestimmt , fiber die Cirka-
lationsverhftltnisse Aufschluss geben.
G. Kritiken.
42. Handbnoh der allgemeinen Pathologie
und Therapie alt Einleitung in das klinische
Studium und die arztHche Praxis ; von Her-
mann Lebert, G.-M.-R. und Prof., Arzt in
Vevey. 2. vollstAndig nmgearbeitete Auflage.
Tflbingen 1876. H. Lanpp’sche Buchhdlg. 8.
XVI u. 728 S. (14 Mk.)
Dass Prof. Lebert seine durch den Rficktritt vom
Breslauer Profesaorat erlangte Muse nioht als eine
Aufforderung zum dolce far niente betrachtet, ereehen
wir aus der vor uns liegenden hfichst umfangreichen
Arbeit, welche in der That eine vfillige Umarbeitung
seines Handbuclies der allgemeinen Pathologie und
Therapie dar3tellt und den ersten oder allgemeinen
Theil des bereits in 4. Auflage erschieuenen Hand-
bucli8 der praktischen Medicin zu bildeu bestimmt ist.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen fiber die
Bedeutung der allgemeinen Pathologie und Therapie
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102 ' Lebert, allgem. Pathologic u. Therapie.
ala An fan g and Ende der speciellen Fftcher gleiches
N&mens und fttr die Medicin ilberhanpt giebt Vf. in
der 1. Abtheilung einen allgemeinen Ueberblick der
Krankheiten und der sie begleitenden morphologischeu
Veriinderungen.
Der 1. Abschnitt erlautert die Begriffe der Krankheit
und Ihrer Erscheinungen, sowie die Methode der Beobach-
tung und ihrer Verwerthung. Das 1. Cap. besprieht die
Krankheit und ihre Erscheinungen : Begriffsbestimmung,
aiigemeine Krscheinungen der Krankheiten , Symptome,
Diagnose, Prognose, Dauer, Verlauf und Ausgange. Das
2. Cap. behandelt die Feststellung der Thatsachen in der
Medicin, die Krankenuntersuchung , die pathologisch-ana-
tomiscbe Forschung, die Methode der Analyse fur Verall-
gemeinerung in Beschreibung der Krankheiten und Anf-
stellung der Lehrsatze.
2. Abschnitt: Aiigemeine pathologische Morphologie,
Werth und Erscheinungslehre der Zelle in der Patho-
logic: aiigemeine Bedeutnng der Zelle, Vergleich der
Thier- und Pflanzenzelle. Definition und HaupteigenBChaft
der Thierzelle, Zellenmembran und ihre aussere Form,
Inhalt der Zelle zwischen Membran und Kern, Zellenkern,
Kernkfirperchen , chemlsehe Beschaffenheit und Funktio-
nen der Zellen , Art der VervielfSltigung der Zellen , ver-
schiedene Formen der ZellenstCrung durch regressive
Metamorphose , Verhaltnisse der Zelle zur pathologischen
Oewebsbildung.
2. Abtheilung. Abnorme Verftnderungen in den
verscbiedenen Kttrpertkeilen.
1. Abschnitt: Veranderung desBlntes in Krankheiten :
Abnormitaten in derMenge der rothen Blutzellen : relative
Polycythimie Oder Plethora, Anamie, Oligocythimie,
Dyshfimie , Blntarmuth , Blutverarmung durch nachweis-
bare Ursachen , dnrch Safteverlust , durch unzureichende
Zufuhr nahrender Stoffe (Inanitionsdvshamie) , aus unbe-
kannter Ursache (Chlorose , essentielle An&mie). Aiige-
meine therapeutische Bemcrkungen fiber Behandlung der
Blntverarmnng. Abnormitat der Qualitat der Blutkfirper-
chen , der Quantit&t der weissen Blutzellen , Veranderun-
gen in den Bestandtheilen der Blutflussigkeit , der 8alze
dea Blutes, die Fette dee Blutes, abnorme Anhaufung von
schadllchen, nur chemisch nachweisbaren Stoffen im Blute,
abnorme kbrperllche Bestandtheile , Abnormitaten der
Blutmischung , welche ihrem Wesen nach nnbekannt sind
(Ichorrhamie und Pyamie) , kurzer Ueberblick fiber Ver-
anderungen des Blutes in einzelnen Krankheiten.
2. Abschnitt : Von den pathologischen Modiflkationen
der verscbiedenen beim Kreislauf mitwirkenden Krafte.
1) VomFieber: Temperaturverhaitnisse indemselben
und ihre wahrscheinlichen Ursachen , Krisenlehre , Lysis,
eonstige durch das Fieber bedingte Erscheinungen und
Funktionsstfirungen.
2) Von den Kreislaufsstdrungen , welche von der Er-
krankung und Kaliberverfindernng der Gefasse ausgehen
und von den sie begleitenden Erscheinungen: Der Puls
und die Pulslehre, Atherom der Arterien, Aneurysma,
Verengerung und Verschliessung der Gefasse und ihre
Folgen (Thrombose, Embolie, metastasirende Dyskrasie),
Erweiterung der Venen, Cyanose.
3) Von den Srtllchen KreislanfstSrangen durch ab-
norme Blutvertheilung, partielle AnSmie, lokale Blutfiber-
ffillnng.
4) Von der Entzfindung (eztravasirendeHyperamle) :
Aiigemeine Bemerkungen , Experimentelles fiber Entziin-
dnng. Definition der letztern (VerhSltniss derReizung zur
Entzfindung , pathologische Anatomie der Entzfindung,
Hyperamie in entzundeten Theilen, entzundliche Dios-
mose, Transsudation, Exsudation, Extravasation). —
Chemische Beschaffenheit derProdukte der entzfindlichen
Diosmose und Extravasation. — Ueber die bei der Exsu-
dation noch nlcht erwfihnten anatomlschen Ansgftnge der
Entzfindnng. — Heilung der Entzfindung durch Seeoln-
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tion. — Kurzer Ueberblick der Heilung der W unden. —
Entzundliche Verhartung, Erweichung, Hypcrtrophie und
Atrophie. — Degenerative Vorgfmge bei der Entzfindnng.
— Symptome, Verlauf, Charakter und Prognose der Ent-
zundung. Aetiologie und Eintheilung der Entzundnngen.
5) Von der Ulceration und dem Brandc.
6) Von der Blutung: Definition, verschiedene Arten,
Quellen dersclben, anatomisehe Veriinderungen je nach
dem Sitzc und der Menge der Blutung, spontane Blut-
stillnng, Veranderung des ergossenen Blutes , Blutnng in
verechiedenen Korpertheilen , Ursachen, Erscheinungen
und Folgen, Behandlung der Blutung.
7) Wassersucht : Definition und Terminologie, allge-
meiner und ortlicher Hydrops , chemische Beschaffenheit
des hydropischen Exsudats , Entstehen , Verlauf, Dauer
und Ausgange , Prognose , Behandlung der Wassersucht.
Anhang: Verhaltniss der Mittel und Methoden, welche
die Sekretionen und Exkretionen fordern, zum natfirllchen
und knnsthfilflichen FortBchaffen hydropischer Transsu-
date.
3. Abschnitt: Von den Storungen der Ernahrung.
1) Von dem rfickgangigen patholog. Stoffwechsel :
Atrophie, Dystrophic Oder Degeneration.
2) Von der Hypertrophle einzelner Gewebe und
Organe.
3) Von der Neubildnng und den Geschwfilsten : Neu-
hildungen, welche einfachen Gewebstypen enteprecken
(Blndegewebsgeschwfilste ; Geschwfilste vom Bindekitt des
Centralnervensystems herrfihrend — Gliome ; Geschwfilste
aus organise!) erMuskelsubstanzgebildet — Myome, Metro-
myome ; dem Bindegewebstypus nahestehende Knorpel —
Knochen- und Zahngeschwfilste ; einfache firtliche Epi-
dermiswucherung mit weiterer Umwandlung j Neubildun-
gen, welche vom Epithelialtypus ausgehen und sich dnrch
Tendenz zu Ortlicher und allgemeinerAusdebnung charak-
terisiren — Krebs , Cancroid , Carcinom , Epitheliom). —
Nenbildungen , welche zusammengesetzten GewebBtypeu
entsprechen (Lymphadenom undLymphadenosarkom, die
Angiome, dieCystome, partielle Schleimhanthypertrophle,
Polypen , Polypome) — pathologische Processe und Pro-
dnkte, welche zwischen Neublldung und Entzfindnng, Je-
doch mehr zur letztern gehfirend , stehen (Granulosen,
Tnberkulose, verschiedene Lokalisationen dorselben nnd
Veriinderungen der Organe bei denselben , therapeutische
Bemerkungen , einige Bemerkungen fiber das Verhaltniss
der scrofulOsen Krankheiten zu den tuberkulfisen).
4) Parasiten des Thier- und Pflanzenreichs: Infuso-
rien, Wfirmer; Pilze als Phycomyceten, Hypodermel und
Schizomyceten , Ektophyten als Grindparasiten , Tricho-
phyton tonsurans , Trich. uicerum , Microsporon furfur,
Endopbyten, als Leptothrix buccalis, Oidinm albicans nnd
Sarcina ventriculi.
6) Von den pathologischen Conkretionen : Substanzen
fester Niederschlage, eigentllche Conkretionen nndSteine.
4. Abschnitt: Von den 8t5rnngen der Harnbildnng
und der Harnexkretion. Kranker und normaler Ham,
Schwankungen in der Menge und in den festen Bestand-
theilen des Harns , spontane Zereetzung und Gihrnng in
Krankheiten , Hamsedimente , Schwankungen der einzel-
nen normalen Hambestandtheile in Krankheiten, abnorme
morphologisch nnd chemisch nachweisbare Bestandtheile
des Harns, Uebergsng heterogener Substanzen in den
Ham, Stfirungen in der Exkretion des Hams. Ueber einige
dnrch Untersnchnng der Nieren gebotene Zeichen.
6. Abschnitt: Ueber chemische Umsetzung der Organ -
bestandtheile in Krankheiten.
3. Abtheilung. Lehre von den Ursachen der
Krankheiten, aiigemeine Aetiologie, Allgemeines.
1. Abschnitt: Individuelle Krankheitsnreachen.
1) Dem Individuum innewohnende Ursachen: Ein-
fluss des Alters, Geschlechts , Temperaments , der Consti-
tution, der Conformation und des Habitus, derldiosyn-
krasie anf Krankheiten and aiigemeine Mortal! tat.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
103
R i z z o 1 i , della Onichia.
8 ) Dem Individnum oaabhajigig von Minem WiUen
ubertragene Krankheitsanlagen : erbliohe Anlagen , die
Consanguinitat.
3) Aeusaere. dem Individaam znm Theil unabhangig
von seinem Willen zakommende Eintiusse : Einflnss der
Gewohnheiten, der Berufsarten , der N ah rang nnd Ernah-
rnng , der Bewegnng , der Kleidung , dee Rcichthnms und
der Armuth , pathogenetiseher Einfluss fruherer Krank-
heltenund einzelnerKrankheiten auf einander, moralische
Einflusse, individuelle Krankheitsanlagen (in einfachen
Geweben nnd Theilen , in zusamraengeseUten Theilen,
pathologische Diathese zn dystrophiecher Entzundung, mit
vorwiegend chemischer Umwandlung . complexe Diathese
ohne bestimmt nachweisbare specielle chemische n. bisto-
logische Veranderung).
2. Abrchnitt: In der Aussenwelt begrundete , vom
WiUen des Individaums unabhangige Krankheiten.
1) Atmospharische und kosmisohe Einflusse.
2) Tellurische Einflusse.
3) Miasmatische . contagiose , parasitische , ende-
miache, epidemisclie Erkranknngen , herrschender Krank-
heitscharakter.
4) Vims nnd viralente Erkranknng, Gift und Ver-
giftung.
Diese neue Bearbeitung enthalt trotz ihres Um-
fangea einige Materien weniger, ala die frtthere, theils
weil dieselben noch vielfacher Untersuclrang unter-
liegen , theils weil die massenhaften Fortschritte der
Wissenschaft eine gewisse Beschrankung der Dar-
stellung geboten. Sonst aber hat der Vf. die Bedilrf-
nisse des praktischen Lebens durchgehends mit den
Resnltaten der wissenschaftlichen Forschung in Ver-
bindung zn erhalten und so viel als mdglich zur
KlSrung mancher bis jetzt noch nicht spruchreifen
Fragen beizutragen versucht , sein Buch steht durch-
weg auf der Hbhe der Zeit. Die hier und da einge-
strenten therapeutischen Bemerkungen gehSren wohl
mehr in das Gebiet der allgem. Therapie, sind aber zn
vereinzelt, um auch diesem Gebiete die nbthige Wtlr-
dignng darznbringen und scheinen mehr aus einer
speciellen Vorliebe des Vfs. ftlr dieses oder jenes
Kurverfahren hervorgegangen zu sein. Besondere
Rflcksicht hat der geehrte Vf. den Infektionskrank-
lieiten, der Parasitenlehre und einigen andern Special-
fichem gewidmet. Druck und Papier sind sehr be-
friedigend. J a f f 6.
43. Della Oniohia ulcerosa lurida e della
maligna. Memoria del Prof. Comm. Fran-
cescoRizzoli. Bologna 1875. Typi Gam-
berini e Parmeggiani. 4. 42 pp. Estratta dalla
Serie III. Tomo VI. delle Memorie dell’ Aca-
demia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna e
letta nella Sessione del ll.Novembre 1875 ').
Im Jahre 1872 erschien von Prof. Vanzetti,
frtlher in Charkow, zur Zeit in Padua, eine Abhand-
long unter dem Titel : Intorno all’ Onichia mab’gna
e al modo di curarla, in welcher der Vf. das von
dem belgischen Arzte Moerloose anempfohlene
salpeters. Blei als unfehlbares Mittel zur Heilung der
Onychia maligna darstellt, die Bpeciellern Regeln zur
Applikation dieses Mittes auseinander setzt und die
') Fur direkte Uebersendung sagt seinen verbind-
lichen Dank W r.
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HoflFnung ansspricht , dass dasselbe in Zuknnft der
Qual und Pein , welche die Ansziehung des Nagels
vernreacht, ein Ende machen und diese Operation
ftlr iminer der Vergessenheit tlberliefern wtlrde.
Diese Verbffentlichung (vergl. Jahrbb. CL VI.
p. 241) 1st ftlr Rizzo I i ein Beweggrund geweaen,
seine in dem Spedale maggiore zu Bologna gesam-
melten Erfahrungen liber denselben Gegenstand dem
chirurgischen Publikum darzulegen. Er beginnt,
wie Vanzetti, mit einer kurzen historischen Ein-
leitnng in BetrefiF der Literatur Uber diesen Gegen-
stand und gelangt zu dem Schlusse , dass der Name
„Onychia maligna “ ein imgeeigneter ist Rizz.
will diese Benennung ansschliesslich fllr diejenigen
Fftlle angewendet wissen , in welchen eine Carcinose
des Nagelgliedes und somit eine wirkliche Bbsartig-
keit bestebt, wkhrend er den liaufigern Fallen der
Onychia ulcerosa lurida nicbt an und ftlr sich einen
bbsartigen , hSchstens einen hartnackigen Charakter
zugesteht. Ob R. mit dieser Vermehrung der chi-
rurgischen Nomenclatnr durchdringen wird, muss die
Zuknnft lehren.
C&rcinome des Nagelgliedes sind freilich nicht
haufig nnd kommen dann gewflhnlich unter der Form
des Epithelioma vor, meistens entstanden durch rei-
zende oder vemachlassigte Behandlung traumatischer
Entztindungen der Fusszehen. Auch R. fUhrt (S. 5)
einen Fall bei einer 68jahr. Dienerin an, in welchem
er wegen eines Carcinoma die grosse Zehe des
rechten Fusses amputiren musste. Obgleich in den
ersten Tagen keine bemerkenswerthen Symptome
auftraten , ging Pat. doch 14 Tage nach der Opera-
tion zu Grande. Die Sektion zeigte, dass der Krebs
nnter der Form von mehr oder weniger dicken Kno-
ten nnd mit schneller Entwicklung sich innerhalb
der Unterleibsbdhle aosgebreitet hatte.
Nach diesem Krankheitsberichte giebt der Vf.
(S. 6) , wie er sagt , zum bessem Verst&ndnisse des
Folgenden eine sehr minutiOse und eingehende ana-
tomische Beschreibung des Nagels und seiner nich-
sten Umgebung mit den Bedingungen seiner Ent-
wicklung. Darauf bemerkt er, dass die Onychia
selten spontan entsteht, sondem fast ohne Ausnahme
als Folge eines Trauma auftritt, welches unterhkutige
Blutungen (Ekchymosen) oder Entzllndungen ver-
ursacht und endlich eine Zerstdrung der Schleim-
schicht und des Nagelbettes herbeifuhrt. Der all-
gemeinen Annahme , dass bei der eintretenden Ab-
lbsnng.des Nagels die Lunula und die Nagel wnrzel
verschont bleibt, tritt R. entschieden entgegen, da er
selbst Falle beobachtet hat , in welchen der gauze
Nagel 8ammt der Wurzel abfiel nnd sogar geseben
hat, dass bei Verecbwftrungen der mittlern Hautfalte
die Wurzel sich zuerst loslOste und erst spftter mehr
oder weniger grosse Sttlcke des Nagels selbst ab-
fielen. In andern Fallen wieder bleibt der Nagel mo-
an einer der Seitenfalten und m&nchmal nur an der
Fingerapitze anhangen. Diese Verschiedenheiten
werden moist von der Stelle bedingt, an welcber
das Trauma am bedeutendsten eingewirkt bat.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
104
Rizzoli, della Onichia.
Der Geruch , welohen der Eiter verbreitet , ist
von manchen Autoren ala charakteriatiach filr diese
Krankheit beschrieben worden ; Vanzetti atreitet
gegen dieae Angabe und auch R. apricht nur im All-
gemeinen von einem achlechten Geruche (S. 10).
Dieae Widersprttche der Autoren laasen Bich wahr-
aeheinlich dadurcli erkl&ren, dass der eine Beobachter
gat innervirte, der andere hingegen annfthernd vasa-
motoriach geschwichte FUaae (Neigung zu Plattfuaa)
in Behandlung hatte, deren gewdhnlicher Geruch
Bohon ein sehr verschiedener ist und aicli den Ge-
achwflren an aolchen Extremitfiten mittheilt. Femer
mdchte zu bemerken sein, dass das Stratum mucoanm
an und fill- aich achon eine aecemirende FUche ist,
deren Sekret in Contakt mit dern Geschwttreekret
eine 8chnellere Zeraetzung erleidet.
Nach einigen andem Bemerkungen fiber die
Symptomatology der Onychia constatirt R., dass die
CWrnrgen aller Zeiten traditionell geglaubt haben,
das Uebel kdnne kaum auf andere Weise als durch
die Entfernung des Nagels, welchen man als Ursache
der Hartnackigkeit der Verachwfirang ansah, geheilt
werden, was wir bestitigeu kdnnen, z. B. durcb das
Handbuch d. allgem. u. spec. Chirnrgie, red. von
v. Pitha und Billroth, Bd.IV. Abth. 1. Heft II.
S. 135. Als Blflthe dieser Tradition muss das Ver-
fahren von Dnpuytren angeseben werden, welches
dnrch die Autoritftt des Erfinders dieser Operation
bei dem eingewachsenen A 'agel eine leider nur zu
groese Vei'breitung unter den Cbirurgen erlangt hat.
Trotzdem dass die pathologiscbe Anatomie uns lehrt,
dass bei der sogen. Incarnatio unguis der Nagel
selbst an der Krankheit vollstilndig unschuldig ist,
weil dieselbe nur durcb eine Hyperplasie der die
Nagelrfinder nrngebenden Haut und des Unterhaut-
bindegewebes bedingt ist, trotzdem dass seit man-
chen Jahrzelinten sowohl deutsche als franzOsiscbe
Chirnrgen aus hundertfdltigen Erfahrungen gezeigt
haben , dass die Wegnahme dieser hyperplastischen
Gewebe , sei es durch Kaustika , durch Abschnfiren
oder durch das Messer, vollst&ndig zu dem gewfiusch-
ten Ziele ffihrt, spukt dennocb das grausame und
mmfitze Dupuytren’sche Verfahren noch in den
meisten Lehrbflchern der Cliirurgie und in der chi-
rnrgischen Praxis umher. Manche Chirurgen haben
daeselbe nnter Schaudern kennen gelemt und die
meisten von ihnen Oben es unter grdsserem oder ge-
ringerem inneren Widerstreben aus. Zu diesen ge-
hflrt auch Vanzetti, welcher deshalb um so be-
reitwilliger das V erfahren von Moerloosein seiner
Praxis anwendete und durch die damit erreichten
gflnstigen Results te der eifrigste Lobredner desselben
geworden ist.
Auch R. war der festen Meinung geweeen , dass
der kranke (sic) Nagel einen mehr oder weniger
grossen Einfluss auf die Unterlialtung und die Ver-
schlimmernng der geschwfirigen Entzfindung des
NagelbetteB hatte. Um sich von der Richtigkeit der
Ansicht Vanzetti’ szu ttberzeugen, dass die Ent-
fernung des Nagels nicht nothwendig sei, soudern
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dass es schon hinreiche , das geachwfirige Nagelbett
durch ein Kaustikum in einen Brandsehorf zu ver-
wandeln, nach dessen Abfallen die Verschwttrung
sehr bald zum Stillstande gebracht werde, untemahm
er daher im Verein mit dem Prosektor der verglei-
chenden Anatomie und Histologie an der Univeraltftt
zu Bologna , Dr. AgostinoRossi, mikro-anato-
mische Untersuchungen, aus deren Ergebniss wir nur
einige von R. als wichtig betrachtete Punkte hervor-
heben wollen.
R. kann nicht glauben, dass die Verfinderungen,
welche an einem kranken ausgezogenen Nagel ge-
funden werden , indifferent fttr die Heilung des Ue-
schwtlres sein kdnnen. Die mikroskopische Unter -
suchnng eines solchen Nagels zeigt, dass einige
Zellen eine spharische Form annehmen und dass
man in andem einen Kern beobachtet; wahrend bei
einem gesundeu Nagel die auf dein Nagelbett liegende
Fliche verbaltuissni&ssig glatt ist, lindet man die
ttbrig bleibeude freie Flfiche des Nagels oder Nagel-
stumpfes uneben durch geringe Erhdhungen, die von
kleinen Anaammlungen von Zellen gebildet werden.
Diese Disposition ist auf der dem Nagelbett zuge-
wandteu Flicbe noch deutlicher walirnelimbar. Hier
linden sich fbrmliche Splitterbildungen , welche an
einigen Stellen diese F lac he ausserordentlich rauh
erscheinen lassen. Es sind anuahemd geschweifte
Plattchen von dreieckiger Form, deren Basis an der
untera Nagelhache ruht, wahrend die Spitze nach
dem Nagelbett zu gerichtet ist; sic bestehen aus
selir jungeu Zellen, da eine Ammoniakldsung von
(Jarrnin ihren Kern sehr schnell fftrbt Bei andem
Nageln fand man die Uuterflache durch zahlreiche
Homhautschuppcu uuregelmassig.
Aus diesen pathologischen Verandenmgen schliesst
R., dass eiu solcher Nagel bei der grossen Empfind-
liclikeit des dui-ch das Geschwfir der schutzenden
Sclileimschicht beraubten Nagclbettcs dem Fortgange
der Heilung Schwierigkeiteu bereiten muss, nnd be-
tont nun die Alternative, vor welcher der Chirurg
sich befindet : entweder den reizenden Nagel fortzu-
nehmen oder aber die Empfindlichkeit des Nagel-
bettes dnrch medikamentdse Einwirkung anfzuheben.
Nun folgt eine vergleichende Pathogenie des
Nagels und der Homhaut des Auges hiusichtlich der
Geschwfire der letzteru und ilires Verhalteus gegen
Kaustika , in welcher R. sich auf das Handbuch der
Ophthalmologie von Scarpa (1816) beruft.
R. selbst scheint die Ausziehung des Nagels
ebenfalls mit Widerstreben ausgefllhrt zu habeD,
denn er erfand, um das Dupuy treu’sche Ver-
fahren so viel als moglich zu mildeni, filr diese Ope-
ration eine Pincette mit breiten gezfthnten Armen,
welche nach der W eise der Amussat’schen Pincetten
zur Drehung der Arterien construirt und S. 18 ab-
gebildet ist, wo auch ihre Vortheile eingehend aua-
einander gesetzt sind.
Um die Frage klarer zu stellen , welche Ortliche
Behandiungamethode in den einzelnen Fallen anzu-
wenden sei, giebt R. eine Reihe von 17 Beobaeh-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
105
K i 1 1 o I i . della Onifthia.
twegfiTi , welehe er in den ietxten Jahren iu seiner
Praxis geaammelt hat und welehe in folgende Kate-
goiien gebracht werden kflnnen.
1) AnssSehnng des Nagels allein :
Otoe. I. Heilung ia 16 Tagen,
Obs. H. Heilnng in wenlgen Tagen,
Obs. III. Heilnng in 17 Tagen,
Otto. IV. Heilung in 14 Tagen,
Ota. V. Heilnng in 14 Tagen.
t) Rwektton dea Nagels und naobfolgeade Anweto-
dnng von Bleinttrat :
Ota. VI. Hefiung ia 13 Tagen,
Gt*. VII. Heilnng in 80 Tagen,
Ota. VHI. Heilnng in ca. 4 Wochen,
Obs. XI. Heilnng in 86 Tagen.
3) Ausxiekung dee Nagels, daon Anwendang von
Silbemitrat und dann von Bletnitrat :
Ota. XIU. Heilungsaeit tnehr ale 6 Monate.
4) Atachneldung des Nagels , dann Anwendang von
Bromkalinm :
Ota. XIV. Heilung in 18 Tagen,
Ota. XV. Heilnng in 21 Tagen,
Ota. XVI. Entlasenng nach 4 Tagen ; das Weltere
nicht angegetan.
6) FreiwilligesAbtallen des Nagels, dann Anwendang
von Nltr. plumbi :
Ota. XH. Heilung in 19 Tagen.
6) Anwendung von Bleinttrat, spa ter Auszlehung des
Nagels:
Ota. X. Behandlung mlt Nitrat ea. 1 Monat , nach
der Ansziehnag Heilnng in 16 Tagen.
7) Anwendung von Bleinitrat allein :
Obs. IX. Heilung in ungetahr 6 Wochen.
8) Anwendung von Bromkalinm allein :
Ota. XVII. Heilnng hi 18 Tagen.
Bei den Beobachtungen der ersten Kategorie :
Erstfrpation des Nagels und Nachbehandlung mit
erweichenden Pflastern, untertlsst R. nicht, zu tanner-
ken , daas der neugebildete Nagel eine normale Ge-
stalt hatte. Anders hingegen verhAlt sich die Re-
produktion des Nagels nach der Anwendang von
Bleinitrat : der nene Nagel erscheint unregelmAsng
gebildet und unvolUcornmm. Diese Wahrnahme
steht im Widerspruche mit denjenigen V a n z e 1 1 i ’s.
In dem 11. Falle, in welchem ein Stttckchen der
ersten Nagelphalant mit abgestossen war, wurde so-
wohl die Fingerkuppe ala der Nagel cKfform. Eben-
80 in dem 12. Falle, in welchem der Nagel von
selbst abgefallen , aber auch zugleich ein StUckchem
der Nagel phalanx nekrotisch verloren gegangen war.
In der 9. Beobachtung wird des neuen Nagels als
feJeta , dtlnn und rauh auf seiner Oberfllche Erwth-
nung gethan ; auch im 13. Falle war die Reproduk-
tion des Nagels etne untoUkommene , da bier eben-
fafta eta Theft der Nagelphalant verloren gegangen
war. Bel den Beobachttmgen fiber Bromkalfttm-
behandlung ist nur In 2 f iQen , aber ausdrficklich
b mer ht , dtaas die Fora dee neugebildeten Nagels
eiaa tekr sufriedenetellende gewesen sea.
£ki Untoand , aaf wnlehen R. grosses Gewkht
legt, besteht bet der Bekasdhnig mit aalpeters. BM
is dec grosaen , wnadeilmj, aadaueradun Sehmen-
haftigkeit nach jnder AppUkatten des Pulvers. In
nehreten Ffthan wurde das Mittei wiederholt atrfge-
taagnn, and aooh dabei warden Sohmemen, t weaa
mm Mkritk id. ito, HU. t.
auch nicht in dem Grade, wie nach der ersten An-
wendung beobachtot. Hanptafiehlich diese Schmer-
zen , sowie die Wahrnehmungen fiber die anonule
Neublldung der Nigel veranlasste Rizzoii, das
von Peyraud in Libourne als eta topisch narko-
tisches Mittei angegebene Bromkalinm zu versuchen,
nachdem er, sowie andere italienische Aerate, Kali
camtioum, ungelOschten Kalk und essigs. Blet schoa
frflher geprflft hatte. Die Reenltate waren : gerin-
gere und schneller vorfibergehende, ertrftgliche
Sohmerzen , der neue Nagel scheint , wie schcm oben
gesagt , im Gegensatz su der Blelbehandlung nlefat
diffonn wiederzuwachsen ; die Heilungszeit variht
bei den versohiedenen Mitteln nicht weftentlich.
Duroli die 18. Beobachtung sucht R. den Beweis
zu ftlhren, dass in manchen Fallen alle topiuchen
Mittei machtlos stad, weun dieeelben nicht von einer
antidyskratischen Knr begleitet werden. Els hsndelt
sich um einen Fall , in welchem bei einer tfattmat.
Onychia des rechten Zeigefingers eines scrofulOsen
Mldchens weder die Aitsziehung des Nagels, noeh
die topische Applikatton von rothem Prteipitat,
nnch von IlOllenstein , noch von salpeters. Blei eine
Beeserung herbeiftthrte , bis nach dem tanern Ge-
brauche von Leberthran und enter nthrenden Dllt
nach 5 Monaten die Heilung eintrat.
Am Schlnsse seiner Arbeit steltt R. kurz die Re-
mits te seiner normal-anatomischen, sowie seiner kli-
nischen Wahrnehmungen zusammen. Als Haupt-
ergebniss dieser Schluasfolgemngen muss nach seiner
Meinung die Formverlndening des Nagels, sowohl
an seiner obern als an der dom Nagelbette zugtekehr-
ten E'liche, aagesehen werden, da dnrohdie Uneben-
heiten der untern FlAche die Gesehwfire dee Nagel-
bettee fortwlhrend im Reizungszustand erhalten war-
den. Diese Ausicht vertrlgt sich indessen wenig
mit anderen Beobachtungen , welehe fiber lluiliche
patiiol. Verfinderungen des Nagels bis jetzt gemacht
worden stad. Die von R. an den Fl&chen des Nagels
angegebene u FormVerlnderungen sind einfach auf
eine Nutritionsstdrung des Nagelbettes zurflckzuffih-
ren und kommen auch bei fieberhaften Krankheiten,
z. B. nach Maseru, Scharlach, Typhus vor, obne bei
gleicher Unebenheit irgend welehe Reixuug oder an-
dere krankhafte Erscheinungen des Nagelbettes her-
beizuftlhren, wie dieas von Alfred Vogel undAn-
dern durch eine Rerhe von Beobachtungen festge-
stellt worden ist. Wenn eine Reizung der von R.
beschriebenen keilftrmigen Hornkorperehen an der
untern Fllche stattflnden sollte, so mttaste noth-
wendigerweise eine Bewegliohkeit zwischen Nagel
und Nagelbett vorausgesetzt werden , welehe jedoch
nicht beatetot, da nicht anZuAehmen ist, dasa das all-
mllige Waehsan dee Nagels eine Reizung hervor-
bringt Wir kfianen daher der Meinung R. ’s , darn
es die Ranhigtxii der untern Fldekt dee Nagels ist,
welehe der HeiMag der Onychia so grosse Hinder-
nisBe in den Weg legt , nicht befctunmen. Wir fol-
gern jedoch daraua heiamweg*, dam die partielle
li
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106
Bianchi, Ospedale di San Spirito.
Resektion oder in manchen Fallen vollstandige Ex-
cision des Nagels nicbt gerechtfertigt wire , indem
wir von der Ansicht ausgehen, dass die Ulcerationen
des Nagelbettes durch die der Aufldsung widet-
strebenden Hornhautgebilde eine Art von Ulcus si-
nuosum mit alien seinen Ublen Folgen darstellen und
dass durcb die theilweise oder vollstandige Entfer-
nung des Nagels eine offene Qescb wtlrsflache ent-
steht, welche der weiteren Therapie zug&nglicher
ist Die Excision hat ferner , wie R. ausftthrt, hin-
sichtlich des Sclimeraes vor der Anwendung der
Kanstika den Vorzug, dass wahrend der kurzen blu-
tigen Operation das zu operirende Glied allein, oder
der ganze Pat. anksthesirt werden kann , und dass
eine Nekrotisirung der Nagelphalanx durch eine zu
weit gehende Schorfbildung ausgeschlossen wird.
Ganz richtig beuierkt tlbrigens der Yf., dass bei nie-
dern Graden der Onychia die Anwendung der Aetz-
mittel rationell ist , weil in diesem Falle dann der
Schmerz nur ein geringer ist und die Yemarbung
unter dem Schorfe in ktlrzester Zeit stattfinden kann.
Die Kaustika mflssen nacli seiner Meinung besonders
der Ausziehung des Nagels vorgezogen werden,
wenn die Onychia mit Osteitis fungosa der unterlie-
genden Phalanx complicirt ist, oder wenn nach der
Entfemung des alten Nagels ein neuer missgestal-
teter Nagel der noch bestehenden Onychia Schwie-
rigkeiten in der Heilung bereitet. Dass R. unter den
Aetzmitteln dem Bromkalium den Yorzug einrHumt,
ergiebt sich aus dem Yorhergehenden von selbst Er
hoflPt, dass seine unparteiische Auseinandersetzung,
die Yielseitigkeit der von ihm gemachten Erfalmmgen
und die von ihm daraus gezogenen Schltlsse in vor-
kommenden Fallen den Chirurgen von Nutzen sein
kdnnen. Adelmann.
44. Sulla Cura degl’ Infermi, ricoverati nell’
Ospedale dl San Spirito, neg/i Anni 1874 —
1873. Relazione statistica e Osservazioni del
Dott. Achille Bianchi, Medico Ispettore in
detto Ospedale. Roma 1875. Coi Tipi di L.
Cecchini. 8. II e 52 pp. 5 Taf.
Das heil. Geisthospital in Rom , nnterhalb der
Engelsborg gelegen, mit seiner RUckfront dem rech-
ten Tibemfer zugewendet, liegt mit seiner Haupt-
front an der Borgostrasse und zieht schon durch sein
Aeusseres, besonders durch eine Reihe von Biisten
berUhmter italienischer Aerzte , welche liings seiner
Fronte angebracht sind, die Aufmerksamkeit der
Vorttbergehenden auf sicli. Es ist in 2 Etagen sei-
nes bedeutenden Umfanges ftir ca. 1000 Betten ein-
gerichtet.
Der schon seit 20 Jahren am Hospitale th&tige
inspicirende Arzt, Dr. Bianchi (vor wenigen Mo-
naten in Rom verstorben) , hat im vorliegenden Be-
riohte im Allgemeinen dieseiben Grunds&tze beibe-
halten, welche er in friiheren ahnlichen Yerdffent*
lichungen befolgte, glaubt aber, dass der statistische
Werth durch nine Gegentthersteliung der Resultate
von 2 Jahren wesentlioh erhOht werden wird. Er
fttgt dem Berichte fiber die Krankenbewegtmg beider
Jabre eine Betrachtung der hauptsftchlichsten Kraak-
heiten, ihres Yerhaltnisses in Bezug anf die Ur-
sachen, die verschiedenen Epikrisen, die gewonnenen
Erfolge und Erl&aterongen je nach der Wichtigkeit
der Fille bei.
Die Krankenbewegung steilte sich wie folgt :
1. Jan. bis 31. Dec. 1874. 1. Jan. bis 31. Dec. 1873.
Aufgenoounen 80313 Pat. Aufgenommen 10079 Pat.
Geheilt od. go- Geheiltod.ge-
bessert 19108 r bessert 18603 „
Gestorben 1833 „ Gestorben 1178 „
Mittl. Sterblichk. 6.07% Mittl. Sterblichk. 6.90%
In Betracht jedoch des Uebergangs von Kranken,
welcher von 1873 anf 1874 609 Kranke betrug, wahrend
von 1872 auf 1873 nur 679 Kranke dbergingen, stellt sich
das VerhSltniss der Sterblichkeit wesentlich anders, und
zwar fBr 1874 auf 6.89%, fflr 1878 auf 6.73%.
Dabei muss ausserdem bemerkt werden . dass diese
Zahlen die mittlere Sterblichkeit alter Patienten aus-
drucken, und dass, wenn man die Anzahl von 687 Todes-
fSIlen in Folge von chronischen Krankheiten in 1874 da-
von in Abzug bringt, der Proceutsatz der ubrig bleibenden
Todea falle nach akuten Krankheiten auf 3.32 % herab-
sinkt , und da in 1873 die TodeafaUe nach chronischen
Uebeln 606 betrugen , das noch gflnstigere Kesultat von
2.96% erzielt worden ist.
Yf. schreibt diese ausserordentliob gtlnstigen Re-
sultate den bedeutendeu Reformbn zu, welche in dem
Hospitaldienste selbst eingefiihrt worden sind , und
ftlhrt znr Bekviiftigung seiner Ansicht eine Reihe von
italienischen und aualiindischen Hospitalern , z. B.
Mailand, Neapel, Paris , London, Brllssel und Lyon
an, in welchen die Sterblichkeitsziffer zwisclieu 6.27
uud 13.54°, 0 zu variiren pflegt.
Darauf folgt eine Gegenliberstellung der Aufnah-
men , der Entlassungen und der SterbefAlle in den
einzelnen Munaten der beiden Jabre , aus welcher
hervorgeht, dass in beiden J&liren im August die
grdsste , im Juni die geriagste Aufnalune stattfand,
wahrend die Sterblichkeit 1874 im Februar, 1873
im December am griissten, hingegeu 1874 im Juli,
1873 im Juni am geiiugsten gewesen ist.
In einer Tabelle giebt Vf. alsdauu die Reihen-
folge der Monate je nach der Zalil der Krankenauf-
uahmeu und der TodesfUIle, in einer 2. Tabelle eine
Uebersicht der j&hrlichen Aufnalxmeu und ihrer Re-
sultate inneriialb zweier ftinfjahriger Periodeu vou
1865—69 und von 1870 bis inclusive 1874, aus
welcher sicli ergiebt, dass, obgleich die Zahl vou
8007 iu 1865 bis auf 20313 in 1874 gestiegen ist,
der Procentsatz der Mortalitat von 10.75®/* in 1865,
ja sogar 11.12®/* in 1867 sich bis auf 5.84°/* in
1872 mid 6.07°/* in 1874 herabgemindert hat.,
Der bedeutend steigende Zuwachs der Krankan,
welclier von 1870 — 74 beobacktet worden ist, mass
dem grosseu Andrange der Arbeiter und des Land-
volkes zugeschrieben werden , welcher mit den ver-
anderten politischen und dkondmischeu VerhAltnissen
Roms im eugsten Zusammenh&nge steht
Bei Besprechung der grdsstetn Mortalitat in dem
beiden angefilhrten Quinquennien ftlhrt V L an, i dass
die hohe Sterblichkeit im J. 1867 durch die graase
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107
Biancbi, Oepedale di San Spirito.
Choleraepidenlie bedingt war, welche von Mai bis
Oct. desselben Jahres dem Hospitale 441 Kranke
uoit 269 Todesftlllen zufilhrte. Diese Epidemie war
nur die Folge der Einschleppiuig der Cholera im
Jahre 1866 von Afrika ilber Ancona nach Itatien,
und auch die Einschleppung aus den nkchstgelege-
nen neapolitanischen Provinzen nach Rom liess sich
unschwer nachweisen.
Am 1. Oct. 1866 wurde zuerst ein 25jahr. Landmann
aufgenommen, welcher erzahlte, dass er einige Tage vor*
her i(n Neapolitanischen gearbeitet habe , von wo er mit
noch einigen Genossen geflohen sei, weil in einer einzigen
Nacht 10 Personen in demselben Hause , in welchem er
wohnte, von der Cholera ergriffen worden seien. Er hatte
daranf in der romisehen Campagna gearbeitet, war nach
2 T. auch von der Krankheit ergriffen und in das Hospital
gebracht worden. Bald erschien ein zweiter , ein dritter
Patient, alle aus demselbeu Orte.
Von dieser Zeit an veranderte sich der bis dahinsehr
gate Gesundheitszustand der Stadt Rom : es erschienen
gastriscbe Stdrungen und Diarrh5en. Andere Falle von
Cholera folgten in den Hospitalern und in der Stadt; diess
war der Beginn der Epidemie, welche, sich langsam ana-
breitend, bis zum Oct. 1867 dauerte.
Znr Bestatignng dieser Behanptung fugt Vf. hlnzn,
dass, obgleicb die Cholerastation iro heil. Geisthospitaie
am 10. Dec. 1866 gesch lessen worden war, dennoch wJh-
rend des Winters und des folgenden Frflhlings Cbolera-
kraake in einem besonderen Saale aufgenommeu wurden.
Am 18. Dec. 1866 kam ein Franker aus 8. M. del
Popolo, der am 15. starb , am 16. Jan. 1867 kam ein an-
derer aus derselben Gegend , der am 18. dess. Monats
starb. Ein 8. Cholerakranker erschien am 5. Febr. aus
Torre in Pietra und starb schon an demselben Tage , ein
4. aus Ostia starb auch am Tage seiuer Ankunft am 7.
Harz; am 20. April wurde abermals ein Franker, und
zwar aus der Via dei Folegnami anfgenommen.
Im Mai stieg die Zahl der Cholerakranken auf 6 , im
Jnni anf 66 , im Jnli auf 154 . im August auf 149, del ha
September anf 57, im Oct. anf 10.
In Bezug auf die Zahlen der Aufgenommenen
hn Jahre 1874 theilt B. die interessante Thatsache
mit, dass von den 20318 Kranken nnr 5284 die
Stadt Rom selbst bewohnten , wkhrend die ttberwie-
gende Anzahl von 15029 Landbewohnem , welche
im Hospitale Aufnahme fanden, ans 9916 Land-
bauern , 4267 Manrern nnd 846 Ziegelbrennern be-
standen.
Die Laadleute bilden also fast die Halfte der Kr. t
sie kamen ans jeder Gegend der ansgedehnten Campagna
und ihre grftsste Anzahl fallt wie gewOhnlich in die Som-
mer- and Herbstzeit.
Die Maurer kamen moist ans der Gegend der neuen
Axbeiten vor Porta Pia und Porta Saiara, sowie der neuen
Strasscnanlagen amEsquilin, und erkrankten meist gegen
Ende des Fruhlings und im Sommer. — [Bei derBesichti-
gung der Arbeiten zn den Anlagen von Strassenzugen in
etoem ganz nenen Stadtviertel zwischen Bahnhof und
Lateran hat Ref. sich selbst iiberzcugt , dass das dortige
ganze Terrain ein sumpflges ist, so dass vor Allem eine
hedentende Relhe von Fanalen gczogen worden musste,
ehe an die Fnndamentirung der zukunftigen Hauser ge-
sehritten werdea konnte, und dass die Arbeiter znm Theil
tagelang in den nenen Durchzogsgrobenitn Wasserstehend
arbeiteten.]
Von den Ziegelbrennern stammtc die grosste Zahl
ans der Gegend zwischen Porta Angelica am Vatican und
niobt weit vom Tiber gelegen.
Die Kranken ans der Stadt waren mit Ausnahme
einiger kleiner Pensionire und armer Kunstler fast alle
Handwerker.
Nach dem Gebnrtsorte grupplrt sich die Anzahl der
Anfgenommenen in 1874 folgendermaassen :
Rdmer aus der 8tadt Rom .... 2164
Rftmer aus der Provinz Rom .... 3236
Ans andern Provinzen des KSnigreichs
* Gebfirtige 14907
Anslander 7
20313
Also hat Stadt und Provinz Rom nur etwa den 4. Theil
allcr Aufgenommenen geliefert.
Die Behandiungstage des Hospitals S. Spirito im J.
1874 bctragen 206278, im J. 1873 201166, danach die
Mittelzahi fur jeden einzelnen Pat. in 1874 10 Tage , in
1873 10.8 Tage.
Nach diesen allgemeinen Nachrichten ilber die Kran-
kenbewegung geht Vf. dazu fiber, von den vorherrschen-
den Krankheiten Bericht zu erstatten und giebt ein sehr
ubersichtliches Bild von den hervorstechendsten Krank-
heiten der 2 Jahre , welches wlr hier zur weitern Ver-
gleichnng mit andern Hospitalern und Gegenden folgen
lassen.
1874. 1873.
Januar. J armor.
Keine vorberrschende Ausserordenthch grosze
epidem. Constitution. Et- Zahl von Malariaflebern,
was mehr als ein Dritttheil viele bosartig , die meisten
der Fieber Malariatieber ; componirt. Sehr wenig Ty-
wenige bosartig, viele com- phus, Keine hervorragende
ponlrt. Zwei Falle von epidem. Krankheitsoonstitu-
Typhus. Bemerkenswerthe tion. Aknte Brustentzna-
Anzahl von akuter Brust- dung in gewfthniicher Zahl,
entznndung bei mit Sumpf- aber nicht einfachu. primar.
kachexie bebafteten Land- Viele Fille von Masern, gut-
bewohnern. Sehr wenig Ma- artig, u. einige von Blattern.
sern. Ein Fall von Blattern,
mehrere FSlle von Gesichts-
roee nnd einige Dysenterie.
Feb mar. Febmar.
Zunahme der Brustent- VenninderungderWeeh-
zfindnngen. bes. Lungenent- selfieber an Zahl und Heftig-
zfindung. Sehr viele Falle keit. Progressive Zunahme
von subakutem Bronchial- derBrustentzundungen. Ty-
katarrb, sonst wie im ver- phus, Masern, Blattern in
gangenen Monate. demselben Verhaltnisse wie
im vorigen Monate. Einige
schwere Falle von Gesichts-
rose nnd einige von Rohr.
Mttn. Mttrz.
Ansserordentliche Zn- Neae Zunahme der ein-
nahme derWechselfleber im fzchen Malariafieber n. Ver-
Verhaltniss zn den vorher- roinderang der pernicideen.
gehenden Monaten a. beson- Vermehrte Masern, ein Bin-
ders mit Rucksicht auf die ziger Typhusfall. Viele ohro-
Jahreszeit und die Anzahl nische Affektionen tSdtlich,
von pemiciSsen , welche besonders Tuberkulose, die
schwere Formen darbieten. ubrigen Krankheiten wie im
Viele schwere cbron. Kronk- vorigen Monate.
helten ; sonst wie im Fe-
brnar.
April. April.
Geringe Vermindemng Mlt geringen Abweichnn-
dereinfachenWechselfleber, gen deroelbe Znstand.
nleht aber der pernici5sen.
Bemerkbare Vermehrnng
der componirten (proporzio-
nate). Viele Falle von Ge-
slehtsroee.
Mai. Mai.
Die Zahl der Brustent- Bemerkenswerthe Ver-
zfindnngen noch lmrner sehr minderungder aknten Brnst-
koch , Vermindemng der entsfindnflgen. Wenig Ver-
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108
Bianebi, Ofepeiale 4t San Spuid*.
1814.
Weohzslfleber, die oorapo-
nbten wie hn April.
Jura.
Verminderung der ein-
faohen n. pernidfeen Wech-
selfleber , doch in grosser
Anzahl Fortdauer der com-
ponirten , bes. unter rbeu-
matischer Form. Dieakulen
Entzflndungen d. Brunt sehr
sahlrelcb u. outer dem Ein-
flusse der Malaria. Sehr
yiele Fille von Gesichtarose.
Hautkrankbeiten fast ver-
schwunden. Fan von Dys-
enterle.
Juli.
In der letzten Decade
bedeotende Zsnahme der
Wechnelfisber bei Landleu-
tea. Vemrindtrvng der com -
ponirten. Die Rrustentafin-
dugea in fortwfthiend grea-
ser Anzahl hn VerWUtebs
znr Jakretzeit. Einige Ge-
slebtsro s ea, vieie Fille von
Ruhr nnd sehr hi* fig Gaatro-
Intesttnalkatarrh.
August.
Fortwibreude Vermeh-
rvng der elnfachen u. pemi-
dOsen Wechselfleber, letz-
tere besonders unter der so-
porSsen n. komatdsen Form,
aoch die eomponirten in
grbsserer Anzahl. ketee ein-
dge Hanteruptlon. Vieie
Fills von Gaztro-Intestinal-
katarrb. Einige Typhus-
aile. 9 Diphtherleftlle, die
fibrigen Krankhelten bedeu-
teai vermmdert.
September.
Bering* Modlflkation in
der Menge der Malariafleber,
in der pernieideen Form
hernoht die snboontinuir-
llefce. Geringe Abaakme
der Intestinalkatarrhe. Zn-
nahmed.Reapirationakrank-
hdten, vieie and sekwere
ehroa. Affektionen. Zwei
Fille von Diphtherle.
October.
Stetige Verminderung
der Wechselfleber. GrOssere
Gef&hrlichkeit der pernlciS-
sen, bes. der subeontinulr-
Hchen Form, wo lobe vor-
zugswelse typhoid stnd. 1m
Uebrigen wie im vorigen
Monate.
November.
Weekeelflaker gart a g wr
1878.
iaderuog In den Wechaet-
flebern , Vermebnmg von
Gedrhtnroten. Venninde-
rang der Blathevn n. relative
Vermebraagder Maaern. Ei-
nige Fille von Diphtheric n.
erkObte GefahrBehkeit der
ebron. Affektionen.
Jura.
Leichte Malariafleber,
aber an Zahl 2mal so viel
als in den vorhergebenden
Jahren. Geringe Zunahme
von Dlphtberie. Fortschrei-
tende Abnahme der Brust-
entzflndungen und Maaern.
Zwei Fille von Blattern,
wenlg Typhus.
JuU.
In der 9. Hilfte beden-
tende Zunahme d. elnfachen
Wechselfleber, Vermlnde-
rnng der eomponirten. Haut-
ernptloaen nnd Brustenain-
d on gen beinabe verzchwna-
dea. Zwei Fille von Dlph-
terie and wenige von lei ob-
tain Frieael. Einige Fille
von Geaiekteroe.
August.
Sehr grosse Zunahme dor
elnfachen nnd pernicMeca
Wechselfleber, besonders
bei Laadleutea. Im letzten
Dritttheii einige Formenvoa
Unterleibsstanmgen, heilbar
derah Chlnin.
September.
Fortdauer desselben Zu-
standes, jedoch slnd die Ple-
beian falie hartnaekiger, lin-
ger, kehren ielcht winder
a. verbinden sich mit Gastro-
Intestinalkatarrh ; bei den
pernieftseu herrsoht die eol-
Uquative Form vor.
Qetober.
Verm dining dee Gastro-
Intestinalkatarrhs, wekshor
die Malariafleber compUdrt.
Diese letvteru nehmen an
Zahl ab, die Eigentbomlich-
keit einiger pernieieer Tor-
men giebt zu hemerkens-
wertken Beobaobtungco Ge-
legenheit. Zunahme der
Ruhrfille and akater Bnt-
zflndungen dorRespirations-
oegane.
November.
Leickte Vennlndenag
1874.
an Zahl , aber leioht reeidl-
virend. Bedentende Ver-
mebnmg der akoten Brust-
entsflndungen u. Dysente-
rien. Vieie compoairte Fie-
ber unter Form von Lungen-
entzfindung. Verscbiedene
Gezichteroeen. Eln Fall von
Blattern, 8 von Dlpbtherie.
Vieie chron. Krankhelten.
December.
Fortwiihrende bedenten-
de Verminderung der Mala-
riafleber. Einige Falle von
Typhus, Dysenterie, Blat-
tern und Diphtherle. Ver-
mehrte schwere Brustent-
zfindnngen und bemerkena-
werthe Zahl von Erysipel.
1878.
der dnfacb pertodisebeo
perniciflsen u. eomponirten
Fleber. Mehrere Fille von
Ruhr. Hiuflgeres Vorkom-
men von Biustentaflndnngen
and neues Erschelnen von
Geaichtsrose. Schwere chro-
nizche Affektionen in beden-
tender Anzahl.
December.
Die Wechselfleber neh-
men ab, die compor.irten zu
unter pneumoniseber Form.
Zunahme der akuten Ent-
zfindungen der Respirations-
organe. Einige Fille von
Friesel. Fortdauer der Dys-
en terie und dee Inteetinal-
katarrhs. Die lmmer an-
wachsende Zahl der chron.
Krankhelten verunaeht viel
Todee fille.
Atm Vonteliendem ergiebt aieh , dan ia dem
Hospitale keine epidemiache Constitution herrscht,
sondem die Krankheiten nnr nnter der station! ren
Constitution stauden. In einer weitern Tabelle
werden die Krankheiten nach der Zahl der in den
verschiedenen Monaten Anfgenommenen mit Angatie
der Heilungen tmd Todesfftlle amammengastellt,
welche Uebereiclit als Ergtnzung der vorhergebenden
angesehen werden kann.
Wir heben ans dieser Tabelle horror, dww im J.
1874 nicht weniger ala 12644, Im J. 1878 18838
an Wecluelfieber Erkrankte bebandelt warden, also
60, reap. 61% aller Aufgenonunenen, wobei jedoch
nicht auaaer Aeht gelassen werden darf, daea die
Recidlve immer wieder als nene Fille mtt aofgenihK
werden. Uebrigena erlaubt dieae Zahl keinen RQck-
sohluaa anf die S&lubritftt der Stadt Rom aelbst , da
nnr sehr wenige Einwohner denelben, und diese nur
aus der irmsten Klasae , die bei weitem grOeate An-
zabl der Fieberpatienten dagegen aus der Campagna
mit ihren schlecliteu Lebensverhkltnissen in das
Hospital gekommen waren. Im J. 1874 fillt anf
die Uonate August und September die grfeste Zahl
der Fiebererkrankungen , die mittlere anf Mirz nnd
December, die geringste auf JunL Im J. 1873 war
die grttsate Zahl im August, September und October,
die mittlere im Jannar nnd December, die geringste
anch hn Jnni. Dabei verdient die Thataaohe Er-
wihnung, dasa die Malariafleber, anstatt wie frflher
im Winter nnd Frilly ahre zu verachwinden, sich mit
wenigen Modifikationen den Winter fiber Loch bielten
nnd sowohl an Hiaflgkeit als Intenzitit im Frilly abre
sich vermehrten, indem sie nicht allein Solche er-
griffen , welche achon frflher daran gelitten hatten,
sondem auch Solche, welche frflher immon sebisnen,
zum ersten Male befielen. Sehr onfihnlieh den ge-
wOhnlichen Frflhjahraflebem, machten sie sehr tange
Paroxysmen , waren mit bedentender Ejitkrflftung
verbunden and veracbwanden weder nach dem Ge-
branche eines Emetikum noeh einea Purgans. Anoh
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Biasehi, Gspedale di San SphrMo. 100
die exapektatire Methode hstte niemals Erfolg, so
dass nan eh g row i n Doeen Chinin Znflncht nehmen
mnsste , ohne 'welches schwere and tCdtHche AnfUle
an fasten.
Dieses so nngewOhnliche Faktnm, das nnn schon
in swei ante blander folgnnden Jahren beobachtet
wrrd , beweist jedoeh keineswegs die Meinnng Der-
jenigen , welcbe die miasmatische Natar der Frtth-
jahrafieber leugnen, wie z. B. Maggiorani (Rag-
gnaglio di dm; tnrni di Clinica Medica nella R. Uni-
versity di Roma). Vf. erwfihnt, dass auch Graves
bei Gelegenheit des letzten abyssinischen Krieges
der Englinder die Beobaclitnng gemaeht hat, dass
aueh der selinelle Wechsel der Temperatur n. s. w.
nicht zur Erklftning der IlAndgkeit and Hartnickig-
keit der Wecbselfieber hinreiche. Nach Vf. hat
diese nngewfllmliche Erscheinung der grossen An-
zahl, der Dauer, der langen Paroxysmen, der Reci-
dhre , der HartnAokigkeit n. des Widerstandes gegen
therapentische Mittel ihren Grand darin , dass diese
Fieber fast immer mit Gastro-Intestinaikatarrh ver-
bonden waren nnd deshalb die Anfsaugnng der
Arzneinrittol nicht gehfirig bewerkstelligt werden
konnte.
Die Quantitit des hn Jahre 1874 ira Hospital ver-
braqebten Chtnins belSnft aich aaf 65967.96 Grmm., was
die tigliche Durchechnittazahl von 180. 106 Grmm. ergiebt.
A of Jeden Fieberkranken kamen also 4.610 Gramib.
Im J. 1873 warden 64 Kgrmm. Chin In verbrancht,
d. h. tSgljch durchschnlttllch 148.606 Gramm., aaf den
Kopf 3.636 Grmm. ; also trotz der bOhem Aura hi der
Fieberkranken eta geringerer Verbrauch von Chinin
( 8 . 88 ).
Der vorherrschandc Typos der tinfachen Wech-
Mlfietm im J. 1874 war nnregelmiasig , die Quar-
tans im Winter , die Quotidians , die Tertiana nnd
Dappeltertuna im Sommer nnd die einfachc nnd
dvppelte Quartans im Herbet.
Wie schon oben bemerkt, kamen die meisten
Fieberkranken an 8 der Campagna, nnd ewst ans den
neapolitanischen Provinzen, ans den Marken nnd aus
Umbrien, deren Bewahner, nm Arbeit zn suchen, im
fl—mer schaarenwejee in die Gegend von Bom wan-
dern , wo sie fast nhrgcnds diejenigen bygieiniseben
Versicbtnaaassregeln fisden , welcbe sie vor den
tranrigen Einfltlasen der Malaria schfttzen kflunten.
D» sie nicht Obermll nnter Dach nnd Fach enter-
gebracht rind, mfissen sie die Nkchte anf Strob nnter
freiem Himsael zubringen. Bei scJawerer nnd an-
gesnnder Nahrnng rind sie mit weaigen Lumpen be-
dedrt, es 1st daher kein Wnnder, dass sie der Malaria
untcrUegen. An diese Tbatsachen knfipft B. eine
Reihe von hnmanitiren Rathschljgen znr Beasernng
eSeser Znsttnde. Er hilt es fttr sehr nothwendig,
dass jedpr Arbeiter, welcher in die Campagna zieht,
dirakt anf dem KOrper ein wollenes Hemd tragen
nfisste, «m dem sehnellen Wechsel von Fenchtigkeit
nnd Wirme beswr begegoen zn kOnnen , nnd dass
ieder Arbotgeber Sorge tragen mflsste , dass seine
Lente trockene Nachtlager an der Arbeitsstelle selbst
ftndcp. E» wttrde genfigen, w«uj j enter Laadeigan-
thflmer oder Pichtar rich verpflichtete , ein&efae ge-
snndhritsgemisse Hlnser zn errichten nnd dass Alle
flberein kimen , die Arbeiter wenigstens mit zwei
woTlenen Jacken, die sie ihnen ja als Lohn anrechnen
kOnnten, sn verse hen. Ansserdem mflssten die Ar-
beiter eine besaere, reizendere und snbstantideere
Nahrnng, besonders in den Monaten Jnli nnd August,
nnd im Sommer t&glioh vor Beginn der Arbeit 16
bis 20Ctgrmm. Chinin erlialten, was nnter ihnliehen
Umstinden schon sehr gate Resultate gegeben bat.
[Sollte der Kostenpnnkt die Duirhfflhrung einer
solchen Maassregel nnmflglich machen , so sei daran
erinnert , dass in Ungarn derselbe Erfolg durch die
Daireichung von Arsen erreicht wird.]
Zn den pernicibsen Fiebern, welcbe besonders
in den Sommermonaten auftreten , flbergehend , be-
richtet Vf., dass im J. 1874 die Ztdil der daran Lei-
denden 563 betnig , viel mehr als hn Jahre vorher.
Zur Totalitlt der Anfgenommenen ergiebt diess
6.69 °/q. Die mittlere Sterblichkeit war 25.04°/ 0 .
Unter den Verstorbeneu warden ttbrigess 3 schon
todt eingebracht, 23 Iebten nnr noch einige Stunden
nnd 21 starben nach 24 Stnnden.
Tn Bezng anf die Fonnen ist hervorznheben, -
dass die subcontinuirlichen Fieber kaum aeltener
auftraten als die begleiteten (comitate). Von erstern
warden Fille in jedem Monate beobachtet , von teta-
tem besonders im Sommer und Frtthjahre. Unter
den Bubcontinuirlichen Fiebern war besonders die
typhoide Form hilufig, unter den begleiteten trat die
aoporttse und komattfee im Sommer und Frfltyahre,
Brechform und Rnhr im Herbst, Pleurrtte nnd Pneu-
monie im Winter auf.
Ausser der gewOhnliehen Weise der Darreiehnag
des Chinins wurde in dringenden nnd schwere n
Fallen die tuh rutane Injektion desselben mit gntem
Erfolge ansgefllhrt (S. 24).
Im J. 1873 kamen 487 pemieidee Fille, d. b.
2.37 °/ 0 vor, die meisten im August, September tad
October , die mittlere Freqneoz fiel anf den April,
die geringste anf den Jmii , die mittlere Mortalitftt
betrag 24.66°/*.
In der 2. Flilfte des August, als in Italics die
asiatische Cholera rich seigte, kam das pernirifise
Fieber anch unter der cholerischen Form vor. In
18 Fallen waren die Erscheinoagen so ch&rakte-
ristisch , dass sic kanm von der wirklicben Cholera
m unterscheiden waren. Die Diagnose wurde jedoch
dadnrch festgestellt , dass alle diese Kr. ans der
Campagna kamen, alle schon mit Fieber behaftet
waren nnd keine Cholernanfteekvmg nachgewiesea
werden konnte. Auch start) von all’ diesen Erkrank-
ten keiner. Sie warden nnverztlglich mit hypoder-
matuchen InjekUonen von doppeltschwefcl*. Chhnn
in der Dosis von 1.60 Grmm. in Zwisehedp s nsen
von 5, hSohstens 7 Std. behsndelt, wormnf bei
thfttiger Rahe and profhsen Schweissen jedes chdle-
rische Symptom vmohwand (S. 25).
Diesem interessanten Faktnm sehtimst Bianihi
Betrachtangen fiber die mOgliclie Aehnlichkeit in
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110
B i a n c h i , Ospedale di San Spirito.
genetischer Hinsicht zwischen der Malaria- und der
Cbolerainfektion an. Man glaubt, sagt er, dass die
nngeheure Krstfteabnahme der Cholerakranken von
einern fast paralytischen Zustande des Ganglien-
systems abgeleitet werden kdnne , auf welches dais
Chinin unzweifelhaft eine erregende Wirkung aus-
abt, und konnte also dasselbe einen guten Einfluss
anch bei Cholerakranken haben. Bekannt ist, dass
schon seit 1854 dieses Mittel bei Cholera angewendet
wurde, aber die Resultate haben nocli zu keinem
allgemein flberzeugenden Schlnsse fiber seine Wirk-
samkeit gefflbrt , was nach B i a n c h i in der bisher
ungeeigneten Form der Darreichung seincn Grand
findct, weil e8, in Ihilverform dem Darmkanale ein-
verleibt, wegen Lfihmung desselben nicht anfgesogen
wird und daher wirkungslos bleibt.
Die componirten Fieber (Febbri proportionate) er-
relehten 1874 die Zabl 1002 gegen 573 im Jahre 1873;
die hanfigste Form war die pleuritische und pneumonische
im Winter nnd zu Anfang des Fruhjahres , die rheuma-
tische am Fruhlingsende und im Herbste , die gastrische
nnd typhOse Form im Sommer.
Der Typhus (1.62 pro Mile der Oesammtaahl der
Kr.) nahm keinen epidemis'-hen Charakter an ; 1874 be-
trng die Mortal! tat 38.23%; im J. 1873 war das Verhalt-
nisR 3.06 pro Mille, mit einer Sterbllcbkeit von 49.20%
(8. 27).
Die Entziindungen der Respirationsorgane gaben
5.56% aller Kr. nnd traten 1874 besonders im Febrnar
auf, am wenigsten im August. Am haudgsten waren
Bronchitis, dann doppelte Pleuro-Pneumonie , biiaterale
Pneumonien und soichc der rechtsseitigen Unterlappen.
Unter den linksseitigen Pleuritiden hatten 6 Hydro-Peri-
karditis zur Folge nnd 1 1 Endokarditis , wornnter 6 mit
Gelenkrheumatismns.
Wenn auch in den letzten 2 Jahren keine herr-
schende Epidemie, wie z. B. frtiher die typhftse, sich
in den Pneumonien abspiegelte , so konnte doch das
Snmpfmiasma als Ursache niclit ansgeschlossen wer-
den, ziunal Individuen, welcbe mit demselben be-
haftet waren, von Pneumonie ergriffen warden. Die
Behandlang musste demzufolge von der gewdhn-
Bchen abweichen , daher , was fllr Italien bcsoiiders
wu beachten, selten Aderlasse, hftufiger flrtliclie Blut-
entziehungen , Ipecacuanha-Infus , Tart, stibiat. am
Anfange , spfiter Expectorantia nnd Revellentia. —
Die mittlere Sterblichkeit betrug 24.75°/ 0 , zu deren
Aufklkmng B. auf 8. 30 eine Tabelle zusammen-
stellt , nach welcber ein Individunm schon todt in
das Hospital gebracht wurdc, 10 nach wenigen Stnn-
den ; 21 am 1. T., 16 nach 2 T., 20 nach 3 T.,
16 nach 4tftgigem Aufenthalte in derAnstalt starben.
Vf. bemerkt zwar , dass in den frtlhern Jahren das
proeentische Verhilltniss ein viel ungflnstigeres war,
z. B. 1873 35.05°/ 0 , allein auch das gflnstigere
Verhllltniss von 1874 I Asst ihm noch viel zn wfln-
schen fibrig und veranlaast ihn, die Ursachen der
Versehleppungen der Krankbeiten aufzndeeken,
welche er in der Annuth der Landbewohner und
daher in dem Mangel aller hygieinischen Maassregeln
bei beginnender Kraukheit , so wie in dem jammer-
volten und oft sehwierigen Transporte in das Hospital
findet.
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Bei der Beschreibang der socialea VerhUtniase
der armen erkrankten Landbewohner kflnnen wir
nur ausrufen: alles wie bei uns! Der Vf. vergisat
jedocli die moralische Seite der Armen, ilire Stumpf-
helt gegen ktirperliche Leiden und ihren Widerwillen
gegen das Hospital , welcbe alien Ungebildeten ge-
meinschaftliche Eigenschaften sind nnd dieselben oat
dann dem Hospitale geneigt machen , wenn ihnen
selbst eine Ahnnng von dcr Gefahrlichkeit ihres Zu-
standes auftaucht oder noch hftufiger von ihrer liebe-
vollen [?) Urngebung in nnzweideutiger Weise vor-
demonstrirt wird. Der Vorschlag B.’s: Einrichtung
zu treften, nach welcher Wagen, nach der Form der
Militftrkrankenwagcn, tftglich zn bestimmten Stunden
die Kr. von ihren Wohnungen aus dem Hospitale zn-
fllhren sollen, ist ein scbwicrig ins Werk zn setzendes
nnd zweifelhaftes Palliativ , so lange der italienische
Bauernstand nur ein Dritttheil des Bodens des K5nig-
reichs Italien sein eigen nennt, so lange keine Vicinal-
wege existiren und die Schulbildung noch nicht weiter
fortgeschritten ist, d. h. der allgemeine Wohlstand
sich nicht gehoben bat.
Der BronchiaUralarrh , am hftuflgBteu im Winter und
Frfiblinge anftretend, gab
im J. 1874 499 Kr. =» 2.38%,
im J. 1873 351 Kr. — 1.70%,
davon in 1874 kein Todesfall , 1873 eine Mortalitat von
3.70°',.
Der G astro- Intestinalkatarrh trat in jedem Monate
des Jabres 1874 auf, besonders jedoch im 8ommer und
Herbste, mit 2.67%. Die Kr. waren meistens Landleute.
zugleich ofter mit Malariafleber behaftet. Ira J. 1873 war
das V erhaltniss 2. 1 0%, er war haufig mit W echselfl eber ver-
b unden und in einigen schwereu Fallen WdtLich (1.38%).
Maseru, welche in manchen Jahren epidemiscb und
heftig anftreten , gaben 1874 nur 2.48%,, , mit der hftch-
sten Aufnahmezahl im Min (11), wihrend 1873 der
Mittelsatz 5.49%o betrug, mit ebenfalls hochster Auf-
nahme (27) im Monat Marz. Die mittlere Sterblichkeit
betrug 3.84%, bezuglich 1.76% im Jahre 1873 (8. 34).
Blattem, welche in den JJ. 1871 u. 1872 epidemisch
and heftig grassirten, linden sich im J. 1874 not in
13 Fallen vertreten , wo von 5 von schwerer nnd con-
fluirender Form , bei Landleuten , welche gar nicht oder
in der Kindheit erfolglos geimpft worden waren. Von
Revaccination war bei keinem Kr. die Rede , MortaHtlt
16.38%, im J. 1873 bei 68 Fillen 23.62%.
Diphtheria kam nnr bei Kinderft an ter 7 J. vor , mit
einer mittlern Sterblichkeit von 40.00% fan J. 1874, von
16.66% im J. 1873.
Erysipelas, mit 128 Fallen, also 0.61%, kam in
Jedem Monat vor, besonders aber im Juni. Vorzugsweise
warden Landbewohner davon ergriffen , welche friiher an
WCchselfleber gelitten hatten. Znm Beweise , dass aneh
beiGesichts-undKopfrosen mitDelirien nnd anderwoitigen
Nervcnsymptomen die Malaria eine Rolle spielt, fuhrt
Vf. die vortheilhafte Wirkung derChinapraparate an. Die
Sterblichkeit war = 8.69% im J. 1874, wihrend flie-
selbe im J. 1878 bei einer grfabern Zahl soirwerer Fifle
15.0O°/ o betrug.
Wahrend in den vorhergegangenen Jahren Dysenterie
epidemisch geherrscht hatte, ergab dieselbe ein Verhalt-
nisevon 8.68° der Anfnahme im J. 1874, von 2.28° oo Im
J. 1873. Besonders gross war die Anxahl derartiger Fifle
in den Monaten Juli und Nov. 1874 and Dec. 1873. Aaoh
bier wurden Bauern vorzugsweise ergriffen , zuweilen mit
Complikation durch Wechselfleber. Die Sterblichkeit be-
zifferte sich 1874 auf 9.09%, 1878 auf 17.09% (8. 36).
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Ill
Bianehi, Ospedale di San Spirito.
Die Zahl tier Fiile von Luuyenluberhtiate betrug
1874 368, 1873 442 (1.73, bezuglicb 2.19%); die Sterb-
lichkeit 47.66, bezuglich 49.36%. Hinsichtlich der Pro-
fessionen stehen voran die Schnhmacher, dann folgen die
Schmiede , dann die Wollkartiitscher , Maurer nnd Land-
leate. Obgleich auoh noch andere Berufsklaasen ver-
treten waren, fehlten die Matrosen ganzlich. Am liautig-
sten standen die Kr. zwischen dem 16. und 35. Jahre. —
Ala Ursachen der Krankheit warden in mehr ala der
H&lfte der Falle erkannt : Erbliohkeit, Serofeln, Syphilis,
die Aosubnng mancher Handwerke und vorausgegangene
Entz undung der Respiratiousorgane.
Obgleich das Ueil.-Geist-Hospital eigentlich nor
fdr die Aufimhme von akuten fieberhaften und ent-
zilndlichen Krankheiten bestimmt ist, so kbnnen
doch aus humanitilren RUcksichten aucb chroniselie
Kranke nicht abgewiesen werden, deren Procentzahl
im J. 1874 5.25 , im J. 1873 3.66 betrug. Bei
1099 Aufnahmen (5.25%) chronischer Kr. iin J.
1874 starben davou 412, d. k. 37.48%. Bei einer
allgemeiueu Sterblichkeit von 1233 Pat. lieferten
also die chroniscken Krankheiten ca. den 3. Tkeil
aller TodesfAlle, ebenso wie im J. 1873, in welchem
746 chroniselie Kr. (3.66%) aufgenommen wurden,
von denen 388 , also mehr als die Hklfte (52%),
starben. Bei einer allgemeinen Sterblichkeit von
1178 ergiebt auch diess ungefhlir ein Dritttheil.
Die Krankheiten waren melir oder weniger voll-
kommene Paralysen, organische Herzleiden, Tabes
senilis und Sumpfkachexie. Die Unzukommlichkeiten,
welche durcb die Verbindung akuter und chronischer
Kr. in einem Hospitale entstehen , lassen den Yf.
den Wnnsch ansspreeben, dass bald ein eigenes In-
stitut ftlr chronische Kr. errichtet werden moge.
Hinsichtlich der criminellen Verwwuiungen,
welche in dem Hospital znr Behandlung kamen, con-
statirt B. nut Befriedigung , . dass , wenn sebon im
J. 1873 gegen 1872 eine Verminderung derselben
stattfand, diese 1874 noch bedeutender war und
diess namentlich in der Camevalszeit. Ob diese er-
freuliche Erscheinnng die Folge der Wirksamkeit
der wirklich ausgezeichneten kdniglichen Carabinieri
oder des bessem sittlichen Zustandes der Bevdlke-
rung ist, giebt Y f. nicht an.
IJnter den Verbe.sterungen , welche in letzter
Xeit in dem Hospitale stattgeftmden, betont Vf.
beeonders die Baileanstalt nnd das eltktrothera-
pevdsehe Cabinet. Erstere befindet sich innerhalb
dee Krankenhanses , da, wo frtlher das p&pst-
liche MilitArlazareth untergebracht war. Da die
Badeaastalt durch die Uebenchwemmnng des Tiber
in Jahre 1870 sehr beschfldigt worden war, muss ten
bislang die Kranken , welche einer hydro-therapeu-
tisohen Kur unterworfen werden sollten , ausserhalb
dee Hospitals geftlhrt werden ; jetzt aber geniessen
nicht nur die Ineassen des Hospitals , sondern and)
alle Unbemittelten der Stadt, welche sich deshalb an
die Verwaltungsdeputation wenden, die Wohlthat
derfreien BAder indenvergriJsserten und verbesserten
K&uinen outer der Leitung eines damit betraoten
Specialarztes. Eine Tabelle giebt die Krankheiten
der 41 internen und 51 externen Kranken an, nebst
den dturch Dusoben und Sohwitzkuren erzielten Re-
sultaten, welche zufriedenstellend aind.
Aucb das elektro-therapeutieche Cabinet, unter
der speciellen Leitung des anch als Schriftsteller in
diesem Gebiete bekannten Dr. B r u n e 1 1 i , ist nicht
nur den Hospitalkranken, sondern auch Externen zit-
ginglich, welche bei einer Gesammtzahl von 292
binnen 2 Jahren 234 , also mehr als drei Viertheile
ansmachten. Auch hier werden. die Krankheiten
angegeben, gegen welche die Elektrotherapie in Ge-
brauch gezogen wnrde, es finden sich daranter 68
Heilnngen, 90 Pftlle von ausgesprochener , 39 von
geringer Bessernng, 1 Todesfall, 79 Kr. verblieben
in demselben Zustande, 15 in Behandlung. Ausser-
dem wurden dem Cabinete durch Stadt&rzte 82 Pat.
behufs der einge bender en Diagnose zugefllkrt(S.43).
Ala weitere hygieinische Verbesgerungen fflhrt Vf..
folgende an. l) Die Herstellung eines neuen Fussbodens
im alten Flugei , bestehend in der Mitte aus venetiani-
schem Cement , in der Nahe der Wande aus rothen Mar-
8elller Ziegelsteinen , welche nicht poros sind nnd keine
Feuchtigkeit anfnehmen. 2)Nene, einfache zweckmfts-
sige Wasserclosets , welohe ansfuhrlich beschrieben wer-
den. 3) Eine kunstliche Ventilationsvorrichtung, be-
stehend fur jeden der beiden Sale aus 2 Rohren , welche
die reine Daft von aussen nnd oben nehmen und in der
Hoke der Betten in elegante marmorne Pilaster endigen.
Die Wirkung dieser Ventilatoren wird durcb 2 Kamine
fur jeden Saal unterstntzt, in welchen sich spiralige Gas-
rShren befinden. Diese bewirken, sobald sie angezundet
sind, eine Luftverminderung im Innern des Kamins, Aus-
tritt der Luft durch den obem Theil und dadurch eine
Adspiration der niedern Luftschichten der Sale. Dieser
kftnstfichen Ventilation stebt znr Bette die natnrliche mit-
tels einer reichlichen Fenstersahl, so dass anf jeden Kr.
91 Cubikmeter Luft kommeu.
Anstatt der fraheren holzemen sind jetzt eiserae
Bettstellen eingefuhrt, 1 Meter von einander aufgestelit
und mlt keinerlei Gardinen versehen.
Die S51e werden mittels grosser Oefen aus weissen
Thonsteinen erwarmt . welche mlt Holz gespeist werden.
Auf jedem derselben Bteht ein kupferner Kessel . in wel-
chem sich das gemeinschaftliche Getrank beiindet, und
welcher ausser dem Nutzen ein uberschlagenes Getrank
zu liefeni . durch die daraus entweichenden Dunste die
Trockenlieit der Luft mindert und sie so gesund erhalt.
Es wird ebenfalls die Verbesserung der Wasche rthd
der Kleidungsstucke, sowie die Restauration der Fresken
des innern Corridors ala Verechonerung hervorgehoben,
sowie mancher andern Sclimuckarchitektur im ubrigen
Gebaude.
Dem Werke sind 5 graphische , sehr ubersichtliehe
Tafeln angefugt.
Die erste Tabelle zeigt die Anfnahme der Kranken
im J. 1874 mit ihrer relativen Sterblichkeit naehDekaden
mit gleichaeitiger Eiufugung der ElektricitSt , des Baro-
meter- so wie des maximalen nnd minimalen Thermometer-
standes.
Die ziceite Tabelle giebt dieselben Verhaitnisse fiir
1878.
Die dritte Tabelle liefert die Graphik der handgsteu
Krankheiten, d. h. der Interm, perniciosa und der Respi-
rationskrankheiten mit ihrer Mortality , ebenfalls nach
Dekaden fBr das Jahr 1874, die merit Tabelle dieselbe
f6r 1873. Die fiinfte graphische Tabelle enthalt eineVer-
gleichung der hauptsachlichsten Krankheiten wahrend der
JJ. 1873u. 1874 mit der relativen Sterblichkeit fiirMonate
nnd Dekaden im Verhaltnisse zu den atmospharischen Er-
scheinongen.
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112
Zor Geechichle der Median.
Diwe Uebersicht dee Inhattes der besprochenen
Jahreaberichte wird dem Leser die Ueberaeagung
gewlhren, dasa aie mit Lie be, Emsigkeit und Wahr-
heit auagearbeitet warden ; sie sind eim willkommener
Beitrag zor geographischen Noaologie dee Ager ro-
man ue im Beaondern, aowie zu einer vergteichenden
geographischen Noeologie im AUgemeinen ; die Hjr-
gieine findet darin eine Beihe interesaanter Anhalta-
ponkte belmfa Formulirung von Vonehlfigen lur Ver-
bessemng lokaler GeaundheitsverhAl tniane and der
teehniaobe Vorstand jedes grtoseren Krankenhanaee
einen Sporn zar Nacheiferung in aeinem stillen and
dooh so fcief eingreifendeu Berufe. Adelmann.
45. 1) Hietoire de la znddeeine. Etude sur
not tradition* par le Dr. F. Frddault.
Paris. J. B. Bailtihre et fils. gr. 8. T. 1. 1870.
208 pp. T. H. 1873. 408 pp. (12</i Free.)
2) Die Meoklenburgiaohefn Aerate von dm
dltesUn Zeiten bit zur Gegenwart mit kurzen
Attgabm fiber ibr Lei ten und Hire Schriften ;
von Dr. raed. A. Blanc k, Oberstabeant a.D.
Schwerin 1875. Alex. Schmiedekampf. 8. XII
u. 255 S. (5 Mk.)
3) Aanali Dalle EpMwmle Oodone In
Italia Dalle Prime Memorle Fine A1 1800.
Scritti Dal Prof. Alfonso Corradi. Parte
IV. d’AlT Anno 1701 A1 1801. 4. S. 530.
Bologna 1876. Tipi Gsmbertai e Parmeggiani.
Die nnter Nr. 1 genannfe Schrift verdient nur
imofern hier eine Anzoige, ala sie bekundet, mit wel-
ch eta regen Eifer in Fiamkreich die Mstoriachen Sta-
dien tlber Medicin jetzt betrfeben warden. Inner-
halb eines kurzen Zeftramns von 6 Jahren ist es be-
reits das 3. Werk fiber mediclniache Dniveraalge-
achichte, welche dort erachienen and von uns be-
aproehen worden and. W Ahrend daa Bach von
Daremberg das grttadliehate andselbstatlndigste,
das von Bone hat das origineUate ist, mass daa vor-
liegende ala daa oberflichlichste bezeichnet warden.
Daaeelbe ist eine blosae Compilation , ohne Quellen-
stndium and Kritik verfasat, auch nicht frei von vie-
len Irrfhflmem. Efeeh eiaa kOnnea die Deutschn
noch von dieaem Buche lernen. Der VF. versteht,
wie die moisten franzdsischen Autoren, zu tchreiben,
so dasa es in einer gefAUigen Form uns entgegentritt.
Das Aeussere einea Bnchea bildet aber zan&cbst den
Mssssstah, naoh dem daaeelbe beortheiit wird. Die
Medicfa wflrde in Denteehland lkagat action eine weit
popttlirere Wtsseuachaft ge worden adn, wenn (fie
SchriftsteQer endllch einmal aufhOren woltten , an
aiaem beaondexn Gelehrtan- Jargon Gefallen at fin-
den ! Frankreich nnd England kfinnen una in dieses*
Bezlehnng znm Muster dienen.
Der Vf. von Nr. 2 hat mit grosser tienauigkeit
und nnter sorgfiUtiger Benntzung der Qnellen von
den ftltaeten Zeiten bis anf dio Jetatseit alk dieDstea
ztraamtnengeatdlt, welche rich anf dan Leben and
cUe&ehriften der mecklenbwgieehtn Aerate beniehen.
Das Werk 1st In jeder Beziehnng als eine gedlegene
Bereicherung der mediciniach-historiachen Literatur
Deutschianda zu bexeiehneo. MOohte daw Book vial*
Naehahraoag Auden! Dena die moisten Staate*
Deutschianda besitzen noch nicht aolche WeAe,
wenn auch Frinkel, Gernet, Strieker und
der dr»thcJ»e V train in Bremen beraits mit g o ia m
Beispiele vorangegangen siad.
Corradi ’a Werk (Nr. 3) nimmt unsere game
Anftnerkaamkeit in Ansprnch. Man hat In ItfcUen,
den lustorischen Stodien, gerwiBsermaaasen als Erb-
thefl der Rftmer, ateta eine grouse Pflege gewidmet
and nnter den lebenden medicirrachen Historikern
ItaKerw nhrnnt Corradi eine hervorragende Stei-
lung ein. Es war aber ein sehr glflcklicher 8e-
danke dee Vf. , in Ahnlichem 8inne one Geaehlchte
aller in Italien verbreiteten Epidemien zu schrefben,
wie aein Landamann Rienzi ee in Bezug aaf die
mediciniachen Doktrinen und Aerzte seines Vater-
landes gethan hat. Erweislich ist die hkrtorisebe
Pathologie eine der Diaciplinen, deren wiaseaachaft-
liche Begrttndung einem Dentsohen snkommt , dem
bekannten Klasetker Hensler, nnd die in kehiem
Lande deehalb auch eine grfesere Pflege erhiett als
in Deutschland. Wie es aber nun charakteristiaeb
ffir die Dentschen 1st, dass sie eine gifiesere Vorfiebe
ffir das Allgemeine als das Bceondere haben, obgleseh
anf dem Gebiete der Wisaenrehaft allgemeine Pria-
oipien erst dann mit Erfolg gewonnen werden kffn-
nen, naebdem ihnen eine Menge von einzelnea Dnter-
auch ungen und detalllirten Prltfungen vora ua g eg a n
gen , so sind die Dentschen auch in Bezug anf die
historisohe Pathologie dieaem Nationalfebler ver-
falien. Obgleich der einaiohtsvolle Hensler gam
richtig die historisebe Pathologie dadnrch izMragu-
rirt und damit begonnen hstte t an einer einzelnea
Krankheit ihre geschichtiiehen Phaaea sa ergrtnden
and ihre Entwicklung im Laafe der Zeiten naehzu-
weisea , so verlieasen seine Nachfolger bald dieecn,
von ihm eingeachlagenen, Weg and befassten aich
alabald mit historisch-pathdogiachen Unterauchuufea
im AUgemeinen. In dieaer Weise entatanden die
hierher gehbrigen dickleihigen fittcher, als deren
Prototyp dieChronik derSeuobes von Sehnarrer
ztt beseichnen ist. Boll aber die Geschiohte der Epi-
demien ttberhanpt etwaa leisten, so Mia no amt
Elazelaatersuchungen beginnen.
Von solchea, durchaus richtigea Prindplea ging
Vf. bei Abfaaaang Mines Werkce aw, dm aich der
Vollendung nAhert. Die 8bhilderang der bttr. Epi-
demics beniht anf genauen QueUenstadien ; die darfcuf
bezttgliche Literatur' ist vom Autor mit groewS Gw-
njuugktat aagegeben. Dw ganaa Werk ist daher
ein scbUsbaier Bawtein zor maatigen mnveMeUoe
hiatoriechen Pathologie.
Druek und Anawtattmy laasen Nm 4M an won'
aehea ttbrig. Heinrich Bohtfa.
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JAIIRBOCHER
der
in- und auslandischen gesammten Medlcln.
Bd. 171. 1876. MV,
A. Auszttge.
I. Medicinlsche Physik, Chemie und Botanik.
386. Beitr&ge rorLehre von der Verdauung;
zusammengestellt von Dr. Rndolph M tiller in
Dresden.
Referent hat von den in den letzten J&hren fiber
die Verdanong in grfisserer Anznhl verdffentliohten
Untersnchungen folgende bei seinemBerichte berfick-
sichtigt, welche zum Theil anch in prakt. Hinaicht
von hohem Interesse sind.
1) Moriggia, A., Ueber Verdannngsvermdgea and
V erdauungs vorginge beim FStus : Moleschott’s Untersnch.
XI. 6. p. 456. 1876.
2) Z w e i f e 1 , P. , Untersnchungen fiber den Ver-
dannngBapparat derNeogebornen. Berlin 1874. A.Hirsch-
w#]d. gr. 8. 47 S.
8) Brficke, Ernst, Studien fib. die Kohlehydrate
a. fiber die Art, wie sie verdaut nnd aufeesaugt werden :
Sit«.-Ber. d. k. Akad. zn Wien. m. Abth. April 1872.
4) Rabutean, MAthode gtcerale pour la recherche
dea addea fibres : Gaz. de Par. 9. p. 118. 1874.
6)Laborde,J.V., Nouvelies recherohes sur l'aeide
fibre du snc gaatrique : Gaa. de Par. 82. 33. 84. 1874.
6) Leven, Sur la digestion de diveraea substances
alhnentaires : Gaz. de Par. 9. p. 117. 1874.
7) Leven, Dea monvements de I’estomac : Gaz. de
Par. 48. p. 808. 1876.
6) Brann, H. , Ueber den Modus der Magenaoft*
sekretlon: Beitrlge znrAnat. n. Physiol, von C.Eckhard.
VO. 1. p. 27. 1873.
9) Grfitzner, P. , Nene Untersnchungen fiber die
BOdnng n. Ausscheidnng des Pepsins. Breslau 1876. Max
Cohn n. Welgert. 8. 86 8. mit 1 Taf. 8 Mk. 60 PI.
10) Hoftn eister, Victor, Kfinstl. Verdadungs-
versnehe : Bericht fib. d. Veterlnirwesea im K6nigr. 8aeh-
sen f. d. J. 1874. XIX. p. 110. 1874.
11) Klemensiewlcz, Rudolf, Ueber den Suc-
cnu pyloricus : 8itz.-B«r. d. k. Akad. d. Wlss. m Wien.
IIL Abth. Mara 1876.
12) Paschontin, Victor (Kaaan), Influence des
suca digestifs sur la fermentation butyrique : Arch, de Phy-
siol. 2. 84r. 13. p. 773. Oct. k D6c. 1876.
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 2.
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13) Steiner, J. , Ueber Emnlsionen; ihre Ent-
stehnng u. ihr Werth ffir die Resorption der neutralen
Fette Im Dflnndarm : Arch. f. Anat., Physiol, n. wise.
Med. 1874. p. 286.
14) Pldsz, P., n. Gyergyai, A. , Ueber Peptone
n. Ernahrung mit denselben : Arch. f. Physiol. X. 10 n.
11. p. 686. 1876.
16) Czerny, V., n. J. Latschenberger, Phy-
siologische Untersnchungen fiber die Verdauung u. Re-
sorption im Dickdarm des Menschen : Virchow’s Arch.
LEX. 2. p. 161. 1874.
16) Marck wald , M. , Ueber Verdauung a. Re-
sorption im Dickdarme des Menschen: Virchow’s Arch.
LXIV. 4. p. 506. 1876.
Die Frage, ob bereits im Fdtalleben ein gaslri-
sches Verdauungsvermdgen vorhanden sei, in wel-
cher Entwicklungsperiode e» eventuell auflritt und
wie et sich gestaltet, behandelte Prof. Moriggia
in Rom (1). Er untersuchte Rindsembryonen. Schon
gegen Ende des 3. FOtalmonats begllnstigte der
Labmagen die Gerinnnng von Milch. Der fltissige
Inhalt des Pansens von noch niebt 5monatl. Embryo-
nen bewirkte eine zwar langsame, aber vollkommene
Verdauung, wobei es dahingestellt bleiben musste,
ob das Pepsin nicht von dem Sekrete des Labmagens
stamme. Auch kilnstliche Selbstverdauung von Em-
bryonen verschiedenen Alters in Essigsfiuremischon-
gen wurde zaldreich beobachtet. Selbst Epithelien,
Knorpel und Klauen blieben dabei nicht gftnzlicb
verschont. — Von der Mitte des 3. Monats an fand
sich in den 4 Abtheililngen des Magens meist ein
flflssiger Inhalt in wechselnder Menge, der gewdhn-
Iich neutrale oder alkalische, nur im Labmagen fast
immer saure Reaktion zeigte. Darminhalt wurde
znerst bei Embryonen von 3 Mondmonaten beobachtet,
und zwar war derselbe bei verschiedenen Individuen
verschieden weit abwfirts vorgedrungen. Die che-
15
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114
1. Mediciuische Physik, Chemie u. Botanik.
mischen und morphologischen Bestandtheile der Ma-
genllllssigkeit und des Darmiuhalts crwiescn sich im
Wesentlichen identisch init dt-ncn des Amnionwassere.
Auch M. bezweifelt dalier nicht, dass das Frucht-
wasser sclion frllhzeitig und normalcr IVeisc in die
Verdauuugswege des Ffltus eindringe und so auch
von inncn her zur Ern&hrung dessclben beitrage. —
Das VeruiOgen , St&rkeinelil in Dextrin und Zucker
umzuwandeln , besassen die Speicheldrtlsen und das
Pankreas der untersuchten Embryonen, nach deni
Infusionsverfahren geprllft, nur in minimalem Grade.
Peptone waren weder im Magen-, noch im Darm-
inhalte nachweisbar, obschon das Fruchtwasser Spu-
ren von eiweissartigen Kdrperu enthielt. Dagegen
fand sich sclion um die 2. Hillfte des 3. Fdtalnionats
Traubenzucker und Glykogen in der Leber. Galle
war bei Embryonen von 3 Monateu bereits bis zuin
untem Theile des Darms vorgedrungen. Ham wurde
am 72. Tage angetroffen, Scybala-Bildung erfolgte
gegen die 2. H&lfte des C. Monats.
Schon vor M o r i g g i a hatte Z w e i f e 1 (2) die
entsprechendeu Verhilltnisse beim mensehlichen F0-
tus, hauptsilchlich aber beim neugebornen Kinde
untersucht. Er operirte theils mit dem Wasser-,
theils mit dem Glycerin - Extrakte der betreffenden
Organe. Die Speicheldrtlsen zweier Fiitus, von de-
nen der eine im 3. , der andere im 4. Monate aus-
gestossen worden war, zeigten keine Fermentbildung.
Das Submaxillarextrakt eines 9monatl. Fetus war
ohne jede Wirkung auf Kleister, das (w&ssrige) Pa-
rotisextrakt Hess erst nach ca ®/ 4 st(lndiger Einwir-
kung eine Spur von Zucker erkennen. Dagegen
rief das Extrakt der Parotis von Neugebornen stets
reichliche Zuckerbildung liervor, wfihrend das der
■Submaxillaris (und der Thymusdrtlse) wirkungslos
war. Das (aus Parotis und Submaxillaris in Ver-
einigung gewonnene) Speicheldrlisenextrakt kranker
Kinder,, die je in der 2. oder 3. Woclie gestorben
waren, zeigte sich bald wirksam, bald nicht. Der
negative Befund bei der Prttfung der Speicheldrtlsen
eines an Soor erkrankten , unter den Erscheinungen
des Brechdurclifalles zu Grunde gegangeneu Kindes
veranlasste dazu, in einem 2. Falle von Soor mittels
eines Kleisterbeutelchens zu prtlfen, ob unter diesen
Verhilltnissen im Muude Zuckerbildung eintrkte. Es
gescliah uicht, aber dennoch zeigte nach dem 2 Tage
spkter erfolgenden Tode das wkssrige Extrakt der
(in ihrem Gewebe pathologisch verUnderten) Parotis
Ptyalinwirkung. Der Submaxillaris - Auszug war
wirkungslos.
Die Reaktion der Magenschleimhaut fand Z w.
Immer sauer. Das wUssrige Extrakt der letztern,
mit Salzsllure angesfiuert, lieferte, wenn es im Brtit-
ofen auf Casein oder Fibrin einwirkte, stets Peptone.
Das Casein schien dabei leichter verdaut zu werden
als Fibrin.
Bei einem an Soor zu Grunde gegangenen Kinde,
welches mit iVeat/e’schem Kindermelde emAhi\ wor-
den war, aber in den 2 letzten Lebenstagen fast
nichts mehr davon erhalteu hatte, fand Vf. den Ma-
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gen um das Zwei- bis Dreifache vergrbssert u. prall
angefOllt. Den Inhalt bildete eine schleimige, ge-
quollene Masse, die sich als Stkrke und eine FlUssig-
keit, die sich als zuckerhaltig erwies. Auch der
jjesammte Dickdanninhalt bestand fast nur aus un-
verdautem Amylum. Da Z w. femer bei alien mit
Nestle’ schcm Kiudermehle aufgezogeneu Siiugl ingen
reichliche Mengen von St&rkemehl in den Ausleerun-
gen nachweiscn konnte, halt er es ftlr gerechtfertigt,
alle starkcineldhaltigen Nahrungsmittel bei Skuglingen
so lange zu verwerfeu, bis die Submaxillardrtlse und
das Pankreas zurUmsetzung des Amylum mitwirken
kfinnen. Denn auch die Bauchspeicheldrtlse enthilt
nach der Geburt und in den ersten Lebensmonaten
kein zuckerbildendes Ferment, wie Z w., in BestAti-
gung einer ihni zur Zeit seiner Versuchsvornalune
noch uubekaunt gewesenen Angabe von Korowin,
durch seine Befunde von Neuem darlegte. Er fand
das diastatische Ferment nur ein einziges Mai in der
Bauchiipeic/ieldruse , and zwar bei einem Kinde,
welches nach Ablauf des 2. Monats gestorben war
und bei welchem auch die Submaxillaris Ptyalin ent-
hielt. Vor dem genannten Termine scheint letz-
teres weder im Pankreas, noch in der Submaxil-
lar druse aufzutreten. Das eiweissverdauende Fer-
ment dagegen fehlte in 8 Fallen , bei denen darauf
geprllft wurde, nur 2mal , und zwar waren die be-
treffenden Kinder an einer rasch verlaufendeu Diar-
rhfle gestorben. Das fettzersetzende Ferment , ge-
prllft durch die Ein wirkung des wassrigen Pankreaa-
Extraktes auf neutrale Butter, fehlte bei 6 Ver-
suchen 2mal, und wiederum bei Kindern, die an
Diarrhoe zu Grunde gegangen waren. In Berflck-
sichtigung der constant positive n Ergebnisse bei nor-
malen Kindern ist Zw. dalier geneigt anzunehmen,
dass die DiarrhOe eine tiefere Stdning der Ver-
dauungsfunktionen des Pankreas verursache.
Glykoyengehalt der Leber konnte bereits bei
4monatl. Embryonen nachgewiesen werden. Aucb
bei einem Kinde , welches an Soor zu Grunde ge-
gangen war, fehlte es nicht. — Die charakteristischen
G&llenbestandtheile fanden sich schon am Ende dea
3. Mon. im Darmkanale. In Bezug auf die Fllllung
des letztern maclite Z w. die Beobachtung , dass bei
Frtlohten, die durch einen langdauernden geringen
Druck auf die Nabelschnur oder auf andere langsame
Weise abstarben, der Darm fast vollkommen leer
war , wkhrend sich derselbe stark mit Mekonium an-
geftlllt zeigte, wenn der Tod durch einen plOtzlichen
intensiven Druck auf die Nabelschnur zu Stande ge-
kommen war. —
Einer Reihe von Versuchen liber die Verdauung
und Resorption der Kohlehydrate liess B r 11 c ke (3j
eine eingehende Untersuchung aber dieverschiedenen
Arten der Sttlrke und des Dextrins vorausgehen.
Er unterscheidet unveranderte Stkrke, gequellte
(Kleister) und Idsliche (Nasse’s Amidulin). Alle
drei Modifikationen werden dureh Jod geblknet. —
Das Dextrin ist theils Erythrodexlrin , welches sich
mit Jod roth fftrbt und kein Reduktionsvermogen
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115
I. Medicinische Physik, Cliemie u. Botanik.
besitzt, theils Achroodextrin (N a ss e’s Dextrinogen),
welches rich mit Jod nicht fllrbt, aber durch Alkohol
aas eeinep wftsserigen Ldsungen gef&llt wird. Eg
existirt ein nicht reducirendes, mdglicher Weise auch
ein reducirendes Achroodextrin. — Die blaue oder
blanrothe bis weinrothe Farbe, welche das kaufliche,
meist durch blosses Rflsten von roher Starke erzeugte
Dextrin mit Jod giebt , rflhrt von beigemengter 15s-
licher Starke her. Das nach derMethode vonPayen
(Befeuchtcn mit Salpetersaure, Trocknen undROsten)
hergestellte Dextrin f&rbt sich mit Jod rein roth ; es
enthalt neben Erythrodextrin noch Achroodextrin und
Zucker. — Zur Trennung von Starke und Dextrin
fand B r. die Gerbsaure am geeignetsten, die er aber
nicht, wie Griesmayer, in verdtinnter Lbsung,
pondern in Substanz anwandte. Auch die vorher
gelbste Starke (Amidulin) kann durch sie von den
Dextrinen getrcnnt werden , welche letztere in das
Filtrat tlbergehen, wenn man die Gerbsaure nicht in
bedentendem Ueberschusse zusetzt, in welchem Falle
auch sie niedergeschlagen werden. — Bei der Be-
handltmg von Starke mit verdtinnter Schwefelsaure
zeigte sich, dass das erste Umwandlungsprodukt lbs-
liche Starke ist, demnachst bildet sich Erythrodextrin,
daranf Achroodextrin und endlich Zucker. Wird da-
gegen dieUmwandlung der Starke durch Malzaufguss
bewirkt, so stellt sich der Verlanf wesentlich anders
dar. Es tritt dann ein KSrper hervor, den Br.
Erythramylum nennt. Diese Substanz farbt sich
durch Jodtinktur roth, wird aber, im Gegensatze zum
Erythrodextrin, durch Gerbsaure gef&llt. Das Ery-
thramylum hat grbssere Verwandtschaft zum Jod,
als die Starke , denn Jodstarkekleister , der keinen
Ueberschuss an Jod enthalt, wird durch ungefarbtes
Erythraraylum enttarbt. Auch ganz frischer und
imverandeiter (WeizenstKrke -) Kleister erhalt bei
vorsichtigem Jodzusatze zuerst einen rbthliclien Ton,
der erst bei weiterem Jodzusatze in Blau tlbergeht.
Das Erythramylum fib- ein Umwandlungsprodukt zu
halten, liegt kein Grand vor. Da vielmehr auch die
rohen StSrkekdmer einen ahnlichen Farbenunter-
schied zeigen , je nachdem sie sehr wenig oder mehr
Jod aufgenommen haben , so ist anzunehmen , dass
schon in ihnen das Erythramylum (als Erythroyra -
nulose, neben Granulose und Cellulose) praforrairt
ist. — Wie bei der Behandlung mit verdtinnter
Schwefelsaure wird zwar auch durch Malzaufguss,
also durch Diastase, Erythrodextrin gebildet, aber
durch die weitere Einwirkung des Fermentes bald
wieder zeretbrt. Dagegen tritt Achroodextrin liier in
grosser Menge auf. Die Angabe von M u s c u 1 u 8 ,
dass das letztere durch Diastase nicht in Zucker
umgebildet werde, scheint durch die Versuche von
B r. , wie frtlher durch die von Schwarzer, Be-
statigung zn linden. — Wiederum anders als bei der
Behandlung mit Schwefelsaure und mit Malzaufguss
stellt sich der Umwandlungijproeess der Starke bei
der Yerdauung dar. Die Verdanungsversuche witr-
den an Hnnden angestellt, denen theils Starkekleistcr,
theils ein Brei von gewOlmlichetn Weizenmehl ge-
geben wurde. Der Inhalt des Magens und der des
obern Theils des Dflnndarms ward gesondert heraus-
genommen und nntersneht. — Wnrden die Thiere
1—5 Std. nach der Nahrungseinnahrae getddtet, so
fand sich im Magen , je nach dem Stadium der Ver-
dauung und der Masse des Gefressenen, eine grflssere
oder geringere Menge von Starkekleistcr, welcher
bald weniger, bald mehr und endlich bis zur volligen
UebeifUhrung in Erytliramylum seiner Granulose be-
raubt war. Ausserdcm fanden sich Ibsliche Starke
(die auch schon im Starkekleister an sicli enthalten
ist) und Erythrodextrin in rcichlicher Menge , letzte-
res namentlich gegen Ende der Magenverdauung.
Achroodextrin bildet sich im Magen, aber scheint
sich nicht in grbsscrer Menge daselbst anzuhaufen.
Zucker war gar nicht oder nnr in sclir geringer
Menge vorhanden. Im Dtlnndarm dagegen fand rich
immer Zucker, wenn bereits Mageninhalt (ibergetreten
war, wahrend Idsliche Starke und Eiythrodextrin
in Folge der energischen Einwirkung des Pankreas-
saftes ganz oder fast ganz fehlten. Br. fand also
die von anderer Seite gemachte Angabe, dass der
saure Magonsaft die Einwirkung des Speichels auf
den Stftrkekleister hindere, bestatigt. Auch der
menschliche Speichcl verliert nach ihm dnrch die
Sauregrade, wie sie sich im Magen des Mcnschen
finden , seine diastatische Wirkung. — Die Bildnng
der reichlichen Menge von Erytlirodextrin bei der
Magenverdauung schreibt B r. , gestiltzt auf die Be-
obaclitung , dass in dtlnnem Kleister beim spontanen
Sauerwerden oder auf Zusatz von Milch oder von
zerquetschtem Fleiach Erythrodextrin auftritt, der
Einwirkung desselben Fermentes zn, welches die
Milchsauregahrang hervorruft. Durch letztere komme
die Umwandlung von Starke noch zu Stande bei
Sauregraden , bei welchen der Speichel schon g&nz-
lich unwirksam ist. Auch lassc sich nicht bezweifeln,
dass das Ferment, welches milchsaure Gahrung her-
vo.ruft, im Magen immer vorhanden sei. Den
wesentlichsten und liberzeugendsten Grand fllr die
Annalime, dass die grosse Masse des Eiythrodextrins
im Magen nicht von Spcichelwirknng , sondem von
dem Fermente , beziehungsweise von dem Processe
der Milchsauregahrang herrrtthrt, schflpft Br. aus
den zeitlichen Verhaltnissen.
r In den ersten Stunden der Verdanang besteht fast
der gauze Mageninhalt ans Amidulin and wenig verinder-
tem Kleister. Ja , in einzelnen Fallen kann sich ein sol-
dier Zustand his in die 5. Std. nach der Nahrungseinnahrae
eretreckon. Diese Thatsache vertragt sich nicht mit der
Idee, dass es der Speichel sei , der die Hauptrollc bei der
Verdauung der Starke im Magen spielt, denn erstens wird
der Speichel in der ersten Zeit nach der Nahrnngselnnahme
in den kurzesten Intervallen verschlnckt, zweitens ist diese
Zeit seiner Wirkung am gunstigsten, weil dieReaktion im
Magen noch weniger sauer ist , ala spater , und drittefls
wirkt der Speichel, wenn er uberhaupt wirkt, rerhaltnlss-
massig schnell und nicht in einer Zeit, die nach Stunden
rechnet. Eine Wirkung , die er nicht bald ausubt , kann
er uberhaupt nicht mehr ausuben , weil er , wenn ihn die
Magcnsaurc bis zn einem gewissen Grade durchdringt,
unwirksam wird. Wenn sich also grosse Mcngcn nicht
nur von Kleister, sondem auch von Amidulin im Magen
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I. Medicinische Physik , Chemie u. Botamk.
vorflnden, die der Einwirkung dee Speichels wider? tanden
haben , so 1st dies* wohl ein deutliches Zelehen , in wie
weit dnrch die Saure des Magensaftes seine Wirkung ge-
hindert war. Nun tritt aber in einer noch spatern Zeit,
in der der Mageninlialt glcirhmaasig stark saner reagirt
nnd an Wirkung des Speirhels niclit mehr gedaeht werden
kann , gewohnlieh im Lanfe der 4. Oder zu Anfang der
6. Std. , massenhaft Erythrodextrin auf , nnd in gleichem
Maasse zeigt sieli die Menge der jodblauenden Starke ver-
mlndert , indem sich die eingetretene saure Gahrung zu-
gleicb schon dtireh den Gerneh verrath. -
Wie weit der bei der Magenverdauung in gerin-
ringen Mengen auftretende Zucker und die sich bil-
dende Milchsaure schon im Magen resorbirt wird,
lftsst eich niclit bemessen. Jedenfalls aber ist, nach
B r. , die Behauptung , dass die Magenverdauung ftlr
die Starke von ganz untergeordneter Bedeutung sei,
ebenso unrichtig , wie die , dass der saure Magensaft
keinerlei Hindemiss ftlr die Umwandlung der Stftrke
durch den Speiehel bilde. Der Werth der Magen-
verdauung besteht ftlr die Starke darin, dass ein
grosser Theil derselben in Amidulin und Erytbro-
dextrin umgewandelt und dadurch der Pankreasver-
dauung vorgearbeitet wird.
Br. spricht schltisslich die Vermnthung aus, dass
der im Magen begonnene Process der Milchsaure-
gahrnng dnrch die alkalischcn Safte des Dlinndarms
nicht erldsche , sondern nur verdeckt werde und dass
das Wiedererscheinen des genannten Processes im
Dickdarme nicht als ein neues Aufitreten, sondem
als ein Wiedersichtbarwerden desselben zu betrachten
sei, was darauf beruhen mCge, dass im nntern Theile
des Darmkanals die nentralisirenden alkalischen
Sekrete nicht mehr in der Menge wie im Dtinndarme
ufliessen.
Wenn hiernach B r fl c k e das Anftreten der milch-
sauren Gahrung im Magen und somit das Vorkommen
von Milchsaure neben Salzsaure als eine normale
Erscheinnng hingestellt hatte , traten in Frankreich
noch weiter gehende Ansichten zu Tage. Im Gegen-
satz nfimlich zu der Annahme , die in den letzten
Decennien eine gewisse, wenig bestrittene Herrschaft
erlangt liatte , dass die freie Saure des Magens we-
Bentlich SalzBaure sei, ist neuerdings von Laborde
wieder die Milchsaure als die einzige freie Saure
des Magensaftes bezeichnet worden. Die Veranlas-
sung znr Wiederaufnahme der Frage hatte R a b u -
t e a n (4) gegeben , ein Anhanger der Salzsanre-
theorie. Er brachte in derSitzung der Pariser biolog.
Gesellschaft vom 31. Jan. 1874 ein Verfahren znr
Anfsnchung von freien Sanren bei Vergiftungsfallen
in Vorschlag, welches von der Methode von T a r d i e u
und R o u s s i n (Sattigung der freien Sauren mit Chi-
nin, Eindampfen und Extraktion der Chininsalze mit
Alkohol) nur insofern abweicht , als er Amylalkohol
statt Aethylalkohol in Anwendung zu bringen empfahl.
Diese wtirde den Vortheil haben, dass man das Tar -
dien-Ronssin ’sche Verfahren aucb zur Aufsuchnng
freier Salzsaure verwenden kfinnte, da der Amylalko-
hol aus dem Eindampfungsrtickstande zwar etwa vor-
liandenes salzsaures Chinin, niclit aber wie der Aethyl-
alkohol auch etwa vorhandenes Chlornatrium auf
nehmen wtirde, welches letxtere freie Salzsinre in
der zu untersuchenden Substanz vortauschen mQaste.
R. versprach sich von der Abanderung, die er in
Vorschlag brachte, namentlich auch die Mdglichkeit,
die Frage ttber die Gegenwart freier Salzsaure im
Magensafte definitiv zur Erledigung zu bringen. Man
wtirde bei Untersuclnmg des Lelzteren in folgender
Weise zu verfahren haben. Zu dem mit destillirtem
Wasser verdflnnten Magensafte setze man fritch
gefalltes Chinin im Ueberschusse und digerire mehrere
Stunden bei einer Teraperatur von 40 — 50°. Man
erhitze die Masse alsdann zum Kochen , um die Ei-
weisskdrper zu coaguliren , filtrire und dampfe bis
znr Trockniss ab. Den Rflckstand behandle man mit
Amylalkohol , filtrire abermals , verjage alsdann bei
etwa 100° den Amylalkohol (der bei 132° siedet),
lOse den nnn bleibenden RUckstand und prtlfe mit
8alpetersaurem Silber. Man werde dann sicherlich
Chlor finden , welches nur von der freien Salzsaure
herrtlhrcn kdnne. — Er selbst , sagte Rabuteau,
betrachte die vorliegende Frage als schon lange ge-
ldst, zuerst durch Bracounot und durch Prout,
ferner durch Lassaigne, endlich durchSclimidt,
welcher so Uberzeugende Beweise ftlr die Existenz
von SalzsSure im Magensafte beigebracht habe , dass
sie von der Mehrzahl , um niclit zu sagen von der
Gesammtheit der Chemiker nnserer Tage angenom-
men sei. Es sei w&hr , dass Lehmann, Hilne-
feld, Barreswill, Cl. Bernard, Pefonze,
Thompson die Angabe machen, Milchsaure im
Magensafte gefunden zu haben. Aber man habe auch
Essigs&ure und Buttersaure darin gefunden und alle
diese verschiedenen Sauren seien als Verdaunngs-
produkte zu betrachten. Enderlin habe, unter
Leitung Liebig’s, keine Spur von Milchsaure ent-
decken kfinnen, und nur Salzsaure sei die wahre nor-
male Saure des Magensaftes. Auch seine , R.’b , in
Gemeinschaft mit Papillon angestelltcn Unter-
suchungen liber den Magensaft der Fische batten die
Anwesenheit von Salzsaure in demselben dargelegt.
Ja man dttrfe behaupten, dass die normale Saure
des Magensaftes keine organische Saure sein kdnne,
da der letztere nach den Untersuchungen von M e 1 -
sens Fluorcalcium angreife. Cl. Bernard und
Barreswill haben behauptet, dass der Magensaft,
falls er Salzsanre enthielte , sich aof den Zusatz von
Oxalsaure nicht trttben wtirde ; aber nach den Unter-
suchungen von Ritter sei diese Trflbung verschwin-
dend gering oder sie trete gar nicht auf, indem sich
eben der gebildete oxalsaure Kalk in der vorhande-
nen Salzsaure ldst. Schltisslich erinnert Rabuteau
an einen Versuch, den er selbst frtlher der Gesell-
schaft vorgefflhrt habe. In einer Lflsung von Jod-
kalium, welche jodsaures Kalium enthalt, werde auf
Zusatz von Magensaft sofort Jod frei, was sich durch
Zusatz von Starkekleister erkennen lasse. Setze man
nun zn der erwahnten Ldsung von Jodsalzen Wasser,
welches ein Tausendstel Salzsaure enthalt, so zeige
zugeffigter Kleister ebenfalls intensive Blauung, wah-
rend keine Farbenverftndernng desselben erfolge,
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117
1. Medicinische Phyaik, Cbemie u. Bot&nik.
wean man Wasser znfllgt, welches ein Tausendstel
Milchsfture enthilt.
Die Riclitigkeit der Anschauungen Rabuteau’s,
wie aller derer , welche freie Salzskure im Magen-
safte annehmen , bestritt nun in einem ebenfallB in
der Pariser biologischen Gesellschaft gehaltenen,
sp&ter erweitert in Druck gelegten Vortrage der Prof.
Laborde (5).
L a b o r d e weist zun&clist die Annahme Blond-
lot’s zurtick , dass die saure Reaktion des Magen-
saftes von saurem phosphorsaurein Kalk herrtthre,
denn die von letzterem Forscher gemachte Angabe,
d*M keine Entwickelung von CO s stattfinde, wenn
man zu Magensaft kohlensauren Kalk bringe , liabe
Schiff nicht best&tigt gefunden. Es kdnnc sich
nur nm Milchsaure oder urn Salzsilure handehi. Das
von Schmidt zum Nachweis der Letztern einge-
scldagene Veifahren sei von vorn herein , wie schon
Milne-Edwards hervorgehoben habe, Misstrauen
erregend durch seine Complicirtheit. Nkher be-
trachtet sei es aber auch vollkommen mangelliaft,
namentlich weil bei der Calcination des Magensaftes
ein Theil der so eminent fldchtigen Chloride ent-
weichen mtlsse. [L. vergisst wohl , dass das Chlor
vor der Veraschung ausgefillt wird.] Die zur Con-
trole vorgenommene Bestimmung der in dem zu un-
tersuchenden Magensafte vorhandenen Menge von
freier Skore mittels einer titrirten Kalilauge sei fib-
die Entscheidung der Frage werthlos, da man dadm-ch
nur eine quantitative, nicht eine qualitative Auskunft
erhalte. Mittels des von R a b u t e a u (s. oben) in
Vorschlag gebrachten, jedoch nicht ausgeftlhrten Ver-
fahrens werde man zuletzt unzweifelhaft salzsaures
Chinin finden ; indessen sei diess nur die Folge einer
doppelten Zersetzong zwischen dem Kochsalze des
Magensaftes und dem milchsauren Chinin, welches
sich bilde , wenn man Chinin in den Magensaft ein-
tr>. Diess lasse sicli durch eiuen wiederholt von
ihm, L., ausgeftlhrten Vereuch beweisen. Man setze
zu einer Milchskureldsung , welche Kochsalz etwa in
demselben Verhkltnisse enthklt, wie es sich im Magen-
safte findet , Chinin und man werde , wenn man in
der von Rabutean angegebenen Weise operire,
salzsaures Chinin erhalten. — Die Versuche von
Schmidt sowohl wie die von Rabuteau lassen
also, nach L., die Frage offen und erschllttern durcli-
ans nicht den Satz von Claude Bernard, dass
die wahre freie Skure des Magensaftes wohl un-
zweifelhaft Milchsaure sei. Dass sich in Frankreich
die Annahme , es exfetire im Magen freie Salzskure,
allgemein verbreitet liabe, sei zu nicht geringem
Theile einem in verschiedene andere Werke (lber-
gegangenen Druckfehler in den Lemons de Physiologie
von Claude Bernard zuzuschreiben , woselbst
sich in der Tabelle tlber die Zusammensetzuug des
Magensaftes vom Hunde statt des Wortes „Milchskure“
das Wort „Salz8knre“ finde. — Die Untersuchungen
von Cl. Bernard nnd Barreswill seien neuer-
dings von J. Regnauld und E. Ilardy wieder-
holt und vollstkndig bestktigt worden. Deunocli hat
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ach L. durch das hohe Interesse , welches die Frage
in wissen8chaftlicher wie therapeutischer Beziehung
biete , veranlasst gefunden , die Frage von auderer
Seite her in Angriff zu nelimcn. Er stellte 3 Ver-
suchsreihen an. Die erste nimint zum Ausgangs-
pnnkte die Thatsaehe, dass Salzskure die Fiihigkeit,
Stkrkemchl in Dextrin und Traubenzncker zu ver-
wandeln, selbst bei selir grosser Verdilunung behklt,
wenn man den Druck gentigend erlidlit. Die zweite
Reibe von Versucben grilndet sich auf die Fiihigkeit
der Salzskure, Rohrzucker in Traubenzucker zu ver-
wandeln, und die dritte bescliilftigt sich mit einigen
andern cheinischen Yorgkngen.
A. I. 3 Grmm. 8tarkemehl werden mit 16 Cctmtr.
einer 0.1% Salzsanre (also mit l&Mgram. HC1) bei einer
Temperatnr von 156° C. (nnter einem Drucke von 5 At-
mospharen) 2 Std. lang erhitzt. Nacli dieser Zeit ist
dae gesammte Starkemehl umgewandelt, Jod rnft keine
Keaktion melir hervor. Die Pruftrag mit titrirter alka-
lischer Kupferlosung ergiebt 1.92 Gram. Zucker, also
64%. Der Rest ist Dextrin.
3 Gram. Stdrkcmehl werden in dersclben Weise mit
16 Cctmtr. einer 0.06% Salzsanre behandclt. Es ver-
sohwindet ebenfalls das (resammte Stark emehl ; dafur
findet sicb Zucker 40% und Dextrin.
Diesclbe Menge Starkemehl wird ebenso mit einer
0.025% Salzsaurc (also mit 3.75Mgrmm. HC1) behandclt.
itefund : Traubenzucker 10%, der Rest Dextrin ; keine
8pur von Starkemehl vorhanden.
L. rechnet , dass sonacb 3 Mgram. HC1 ihr tausend-
faches Gewiuht an Stilrkcmehl uragewandelt haben.
II. 15 Cctmtr. Magensaft vom llund ') werden in
vorlger Weise 2 Std. lang mit 3 Gram. Starkemehl er-
hitzt. Es flnden sich nur Spnren von Traubenzucker.
Setzt man aber der genannten Menge Magensaft
3 Mgram. Salzsanre zu und verfahrt wie vorher, so findet
sich das gesammte Starkemehl umgewandeit.
Wenn dieser Erfolg erst nicht eintrat, so lag diess
also daran, dass keine Salzsanre im Magensaft war.
B. I. 5 Mgrmm. Salzsfttire , 6 Ctgrmm. gnt kryst.
Rohrzuckers, 60 Cctmtr. destill. Wassers werden 10 Min.
lung in einem Kolben erhitzt , in welchen die Dampfe zu-
ruckfliessen, so dass sich die Flussigkeitsmengen nicht
andern. — Man findet nach der Operation 74% Trauben-
zucker. — A uc h der 4. Theil der angewandten Menge
Salzsaure zeigt noch kraftige Einwirkung.
II. 10 Cctmtr. einer Milchs/iure von 0.112%, also
0.0112 Mgram., werden mit 5 Ctgrmm. Rohrzucker und
60 Cctmtr. destill. Wassers erhitzt. Nach 10 Min. an-
haltendem Sieden findet man 34% Traubenzucker.
III. 10 Cctmtr. verduunten Magensaftes 0.20: 1000),
5 Ctgrmm. Rohrzucker, 50 Cctmtr. dest. Wassers werden
10 Min. lang im Sieden erhalten. Es flnden sich 38%
Traubenzucker.
Die Wirkung der Milchsaure und die des Magensaftes
druekt sich durch Zahlen aua , die als identisch betrachtet
werden durfen. Salzskure wirkte in geririgerer Menge
viel energischer.
C. Von 3 gleich grossenBecherglasern wird das erste
bis zu einer gewisaen Hohe mit einer 0.1% Salzskure,
das zweite mit derselben Qnantitat 0.1% Milchsaure ge-
fuilt. In das dritte bringt man 2 — 3 Cctmtr. Magensaft,
■) Der Magensaft wurde mit Hulfe der Schlundsonde
und einer Adspirationsapritze gewonnen , nachdem vorher
dem Thiere etwa 126 Gram. Wasser in den Magen ge-
spritzt worden waren. Die alsdann ausgepumpte Flflsslg-
keit war deutlich saner. Die Aciditat betrng , wie aicli
bei der Titrimng hcrausstellte, 2 pro Mille.
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I. Mediciniache Physik, Chemie u. Bot&nik.
welchen man mit einer den vorgen&nnten Fl&ssigkeiten
an Volomen gleichen Menge dest. Wassers verdunnt. In
jedes Gian giesst man ferner etwa 4 Crtmtr. einer
schwachen Losung von sehwefols. Anilin. Bringt man
nun in jede der Flussigkeiten 1 oder 2 Tropfen eines
rtunnen Breies von Bleihyperoxyd und Wasser, so zeigt
sich im ersten Glase Pine dunkelmahagonibraune Farbnng ;
im zweiten tritt augenblicklich eine hell weinrothe Farbe
mit einem Stich in’s Violette auf ; im dritten Glase , mit
dem Magensafte , gleicht die Farbe genau der Flussigkeit
im zweiten, mit der Milcbsaure.
L. halt es dnrch diese Experiment* filr un-
umstdaslich bewiesen , dass die freie Sfture des nor-
roalen Magensaftes Milchsdure set uncf dass der letz-
tere keine Spur von Salzsdure. enthalte. In der That
geht aii8 den Versuchen nur liervor, dass der Magen-
s aft, den er nnter den Hftnden gehabt hat; keine
Salzsfture, wohl aber Milehsfture enthielt. Dass salz-
sfturefreier Magensaft tlberhaupt vorkommt , ist be-
kannt. Wie lange der Hund, von welchem der
Magensaft entnommen wurde, vorher gefastet hatte ;
ob die zuletzt gereichte Nalming reich an Kohle-
hydraten nnd somit zu Milchsfturebildung Veranlas-
sung gebend gewesen war ; ob die Magendrttsen des
Thieres vor der Entnahme des Magensaftes durch
Vorhalten von Futter reflektorisch zur Absonderung
gereizt wurden ; ob der gewonnene Saft lebhaft vet-
dauend auf Albuminate wirkte — Uber alle diese
Punkte finder sich keine Angaben.
Rabuteau bat spftter die letzterwfthnten Ver-
suche von Laborde wiederholt (Gaz. de Par. 9.
AoQtl5. 1874. p. 118), aber die Farbenunterschiede
nicht charakteristisch genug gefunden , als dass sich
aus ihnen die Anwesenheit verschiedener Sfturen er-
schliessen lasse.
Eine Sttltze der Ansicht von Laborde kdnnte
man dagegen in einer Beobachtung von Paschutin
(s. nnten) finden, nach welcher selbst sehr ver-
diinnte Salzsfturelosungen die Buttersfturegfthrung
unterbrechen, wftbrend Magensaft diesen Effekt nicht
hatte.
Ueber die Rolle des Magensaftes bei der Ver-
dauung der Eiweisssubstanzen, besonders des Flei-
sches, suchte L e v e n (6) weitere AufschlUsse zu er-
langen und theilte seine Resultate in der Pariser
biologischen Gesellschaft mit. Die Angaben des
Sitzuug8berichte8 aind jedoch etwas dtlrftig. Wenn
L. einem Hunde 200 Gram. Fleisch gegeben hatte
und das Thier in der 1. Std. nach der Fattening
getfldtet wurde, war die im Magen vorgefundene
Masse trocken , die Mucosa gespannt. Die Letztere
verdaut, wenn zur ktinstlichen Vcrdauung verwendet,
30 Grmm. Eiweiss. Erfolgt die Tddtung in der
2. Std., so findet man die Nahnmgsmasse feucht;
auch die Schleimhaut ist feucht und verdaut, grob
geschfttzt, die doppelte Menge Eiweiss. In der
3. Std. lassen die Massen deutliche Zeichen der
Verdauung erkennen ; die Fleischfasem trennen sich
von einander. In der 10. Std. ist Alles verdaut ;
die Schleimhaut selbst verdaut nur etwa den 10. Theil
der Quantity Eiweiss , welclie verdaut wurde , wenn
tier Magen in der 2. Std. nach der Ftttterung den
Thieren entnommen wird. [Man vergl. hiermit die
Angaben von Grtltzner (s. u.) fiber den wechseln-
den Pepsingehalt der Schleimhaut.] Lftsst man nur
100 Grmm. fressen, so ist die Verdauung in 6 Std.
beendet. Der Mageninhalt ist in dicsem Falle von
der 1. Std. an mit Magensaft durch trftnkt, aber die
Schleimhaut verdaut nur 6 Grmm. Eiweiss. Der
Experimentator schliesst aus diesen Thatsachen, dass
die Lebhaftigkeit der Magensaftabsonderung in Pro-
portion stehe zur Ausdehnung des Magens durch da s
N ahrungsquantum.
Bei einer 2. Reihe von Versuchen hat L. beob
achtet, dass die Einfuhr von 200 Grmm. Fett nach
*/« Std. ira Magen eine Art Indigestion bewirkt. Es
tritt eine wtlsserige, bald neutrale, bald saure Fltlssig-
keit auf, der die Eigenschaften des Magensaftes fehlen.
Der Magen ist dabei gespannt. — Alkohol bewirkte
fihnliche Erscheinunge^i : einen betrfichtlichen Zufluss
cines wfisserigen Liquidum und, als Folge derdirekten
Einwirknng des Alkohols, Entztindung der Schleim-
haut.
Anknflpfend an den Vortrag von L even inter
pellirte Cl. Bernard den in der Sitzung anwesen-
den Berthelot, wie sich die Abscheidung saurer
Fl(l88igkeiten (Magensaft, Schweisa , Urin u. s. w.)
aus dem alkalischen Blute erklUren lasse. Nach
Berthelot (s. Gaz. de Par. 9. 1874. p. 117) be-
raht die Mbglichkeit der Erklfirung dieser Thatsachen
auf der Kenntniss der durch die neuern thermoehemi-
schen Untersuchungen aufgehellten Constitution deT
Ldsungen derjenigen Salze, welche die schwachen
Sfturen mit den Alkalien bilden. In der That habe
er erkannt, dass die Alkalisalze der schwachen
Sfiuren von dem Theile Wasser, welcher sie auflfist,
den Anfang einer Zersetzung erfahren, dergestalt,
dass die Flttssigkeit zwar scheinbar neutral bleibt,
w&hrend sie in der That einereeits ein neutrales Salz
und Wasser, andererseits eine fireie Sfture und eine
freie Basis, die beiden letztem in kleiner Menge,
enthftlt. Die Zersetzung ist um so weiter vorge-
schritten , je betrfichtlicher die Menge des Wassers
ist. Bei den Salzen mehrbasischer Sauren sind die
V orgfinge bei der Ldsung durch Wasser entsprechend,
aber complicirter. Das Wasser zersetzt dieselben
ebenfalls zum Theil und bildet verschiedene saure
oder basische Salze.
Im Blute und in andern Gewebsflttasigkeiten fin-
den sich fthnliche Verhaltnisse vor : viel Wasser und
eine verliftltnissmfissig geringe Menge von milch-
sauren, doppeltkohlensauren, hamsauren und andern
Alkalisalzen schwacher Sfturen. Daselbst findet sich
auch phospkomure8 Natrium , welches von Wasser
theilweise in basisches und saures Salz gespalten
wird. Die zereetzende Wirkung, welche das Wasser
auf die Blutsalze austtbt, kann in Bezug auf einige
von ihnen direkt nachgewiesen werden. SchUttelt
man z. B. Aether mit Blut, so nimmt derselbe eine
von den in sehr geringer Menge im Blute vorhande-
nen fettsaiu-en Alkalisalzen herrtlhrende Spur freier
fetter Sfturen auf, welclie letzteren sich trotz der ;il-
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I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik.
119
kaiisclien Reaktion des Blutes darin vorfinden and
die man dui'ch Abdampfen des Aethers darstellen
kann. Eine ahnliche partielle Zcrsetzung milsse
nach den allgemeinen Erfalirungen ilber die Lbsung
von Salzen auch fllr die andern Blutsalze mit schwa-
chen Sauren angenommen werden. Diess voraus-
gesetzt denke man sich das Blut in der Nachbar-
schaft einer Merabran, durch welche die geldsten
Stoffe passiren kbnnen. Sie thun es je nach Hirer
Natur mit verschiedener Geschwindigkeit. Es ist
also leicht vorstellbar, dass einige der freien Slluren
die Gef&sswtlnde schneller passiren, als die ent-
sprechenden Basen der neutralen Salze, durch deren
Zersetziuig Skuren und Basen frei wurden. Ein Se-
kret wird also eine freie Saure enthalten kbnnen,
ohne dass es zu deren Auftreten eines besondem
chemischen Vorgangs bedtlrfte. — In dem Falle,
in welchem im Blute die Menge des freien Alkalis
unabh&ngig von der Sfiure, welche dem Sekrete
saure Eigenschaften ertheilt, starker anwachst, als es
im Allgemeinen die Regel ist , wird es vorkommen
kbnnen, dass das Sekret alkalisch ersclieint (obschon
in schwkcherem Grade, als das Blut) , weil die Ver-
mehrung der Menge des Alkalis seine geringere
Durchgangsgeschwindigkeit compensirt. Daher giebt
Blut , welches durch Einfuhr von kohlensaurem Na-
trium oder einen iquivalenten Vorgang starker alka-
lisch wurde , Veranlassung zur Absonderung eines
alkalischen Hames.
Berthelot beeilt sich hinzuzufbgen, dass diese
Erklarung des Auftreten s saurer Sekrete aus alkali -
schem Blute vielleiclit nicht fllr alle FaUe gentlge und
dass er sie mehr deswegen geboten habe, um zur
Vornahme neuer Versuche anzuregen , als um eine
abgeschlossene, vollkommen gentlgende Theorie auf-
zustellen.
Eine andere Untersuchung von Leven (7), an
dessen Vortrag sich die vorstehende Darlegung an-
gekntlpft liatte , erstreckte sich auf die Bewegungen
det Magen*. Die Verschiedenheit der recliten und
der linken Halfte dieses Organes, in Bezug auf Form,
Muskelanordnung und Beschaffenheit der Schleim-
haut, muss nach Vf. die Vermuthung hervorrafen,
dass dasselbe zweierlei Funktion habe. Die Beob-
achtung seiner pbysiologischen Thatigkeit bestatige
diess. — Da man am nicht uarkotisirten Thiere bei
Erbffhuiig der Bauchhbhle und Bloslegung des
Magens immer vom physiologischen Zustande ab-
weichende Bilder erhalte , weil das Tliier Luft ver-
schlucke, welche den Magen erweitere, ihn lahme
und seine Bewegungen verandere oder behindere,
beobachtete L. den Magen bei curarisirten Bunden.
Der Magen contrahirt sich nach ihm bestandig, selbst
• wenn er keine Nahrung enthalt. Die Contraktionen
sind schwach, wenn die Nahrung flllssig ist; ist sie
fest und enthalt sie Fleisch, so werden dieselben all-
malig immer starker. Um die 4. Stunde nach der
Nahrungseinnahme erreicht die Intensitat der Con-
traktionen ihr Maximum ; man nimmt alsdann in 3
verse hi edenen Regionen des Magens von einander
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unabhangige und verscliieden energische Zusammen-
ziehungen walir. 1 Ctmtr. vom Oesophagus nach
links , am Fundus , erfolgcn die Contraktionen sehr
schwach und 7 oder 8 Mai in der Minute. Da, wo
der Magen sich zu veijtlngen beginnt, sind die Zu-
samincnziehungen viel lebhafter und erstrecken sich
bis in die Gegeud des Antrum pyloricum. Sie er-
folgen immer nur auf einer Strecke vonetwa 1 Ctmtr.
Lange, wahrend die davor- und die dahinterliegen-
den Muskelfasern erschlafft sind. Die Bewegungs-
welle lauft stefs von rechts nach links , niemals in
umgekehrtem Sinne. Wenn man in jdieser Region
antiperistaltische Bewegungen bcobachtet liat, so sind
sie nur das Resultat von Brechbewegungen der Thiere
gewesen. — Die 3. Stelle, au welcher sich Contrak-
tionen zeigen , ist die Regio pylorica. Sie verengt
und erweitert sich 7 — 8 Mai in der Minute. Die
Bewegungen erfolgen senkrecht auf die Achse dieses
Magentheiles und nicht in der ganzen Gegend gleicli-
zeitig, sondern von. Stelle zu Stelle fortschreitend.
Wenn die Contraktionen am Sphincter pylori , der
sich ebenfalls wechselud erweitert und contrahirt,
angekommen sind , schreiten sie von da aus wieder
rtickwarts , um an der Uebergangsstelle der Portio
pylorica in den eigentlichen Korper des Magens zu
enden. Also nur iu der Reg. pylorica kommen anti-
peristaltische Bewegungen vor , mittels welcher der
Bolus, wenn er zu gross ist, um den Pfortner zu pas-
siren, zurhckgetrieben wird, wobei die Speisemassen
gleichzeitig einer starken Pressung unterliegen.
Whhrend der drllsenreiche Fundus sonach wesentlich
ein Speisereservoir ist, in welchem zugleich die
Durchfeuchtung mit Magensaft erfolgt, hat die mus-
kelreiche Regio pylorica die Bedeutung eines Tritu-
ritionsorganes. — Da der Sphincter pyl. an der
wechselnden Contraktion und Erschlaffung Theil
nimmt, kann er nicht wahrend der Verdauungszeit
geschlossen sein , wie Magendie zu Gunsten der
Theorie , dass die EiweisskSrper bereits im Magen
zu Peptonen verwandelt wtlrden , angenommen hat.
Sowohl alle Erfahrungen an Hunden mit Duodenal -
fisteln , als die Befunde bei Tliieren , welche nach
Futtereinnahme getbdtet wurdeu, haben L. die
Ueberzeugung verschafft , dass keine Peptonbildung
im Magen eintritt. Man gebe einem Hunde mit
Duodenalfistel Milch oder ein rohes Ei und man wird
einige Zeit nach der Flltterung das Casein coagulirt,
das Eiereiweiss nicht verwandelt und nicht peptoni-
sirt hervortreten sehen. Dagegen kann man beob-
achten , dass 4 Std. nach einer Fleischfhtterung das
Fleisch in Fasern zerlegt abgeht.
Ueber den Modwt der Magensaftnekretion
wurde eine grbssere Arbeit von Braun (8) geliefert.
Nach einer reichhaltigen Zusaramenstellung der sich
widersprechenden Angaben, welchen man bei den
neueren Autoren Tiber die Wirksamkeit verschiedener
Agentien auf die Magensaftsekretion begegnet, tbeilt
er die Resultate mit , welche er selbst in dieser Be-
ziehung bei der verschiedenartigsten Reizung des
Magens erhielt. Er verwendete mittelgrosse , etwj.
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120
I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik.
6 — 10 KgTmra. schwere Hunde, denen in der Linea
alba eine Magenfistel angelegt worden war.
Die mechanische Reizung wurde mit an F&den
befestigten Schw&inmchen bewirkt, die theils bestftn-
dig liegen blieben, theils nur vortibergehend einge-
flllirt wurden. Selbst bei der mannigfachsten Ab-
anderang der V T ersuclie konnten in 1 Std. nie mehr
als hOchstens 15 Cctmtr. Magensaft, durchschnittlieh
noch nicht eiumal die Hdlfte dieser Quantitat gewon-
nen wcrden. In der Mehrzahi der Versuche ward
in der ersteu Stunde immer eine grdssere Menge er-
halten , als in den folgenden. — Auch Reizung mit
eiuer Federfahne oder mit kleinen Kicselsteinen ver-
mehrte die Absonderung nicht.
Die chemise /ip Reizung ftlhrte B r. in der Weise
aus, dass er Essigs&ure (etwa alle 5 Minuten */ 4 bis
3 / 4 CctmtT.) oder Aether in den Magen brachte.
Auch hierdnreh wurde die Quantitflt des Magensaftes
nicht vennehrt ; nach 1 Std. waren nicht mehr als
3 — 5 Cctmtr. abgesondert worden. Ebeusowenig
bewirkte concentrirte oder verdflnnte Ldsung von
Natr. bicarb. , in der verschiedensten Weise ange-
wendet, eine reichlichere Absonderung. Auch da-
durch, dass Speichel in den Magen gebracht wurde,
konnte eine solclie nicht erzielt werden. Von sym-
pathischer Th&tigkeit der Magenschleimhaut bei Rei-
zung der Speicheldrllsen des Thieres konnte Br.
nicht das Mindeste wahrnehmen; ebensowenig von
Absonderung der letzteren bei Reizung der Magen-
scldeimhaut. Reizung der Fresslust durch vorge-
haltenes Fleisch, oder wirkliche Einfuhr von Nah-
rungsmitteln vermelmte die Absonderung ebenfalls
nicht. — Durch diese negativen Resultate sieht sich
Vf. zu der schon von Spallanzani vortibergehend
gehegten Ansicht lungedrUngt, dass die Absonderung
des Magensaftes durch die Labdrtlsen coniinuirUch
erfolge, Almlich derjeuigen des Harnes durch die
Nieren. Die Augabe des geuannteu italienischen
Forachers , dass sich (beini Federvieh) stets Magen-
saft im Magen vorfinde , fand B r. auch bei Hunden
besttltigt, wenn er sie tbdtete , nachdem sie einige
Zeit gefastet batten. Er erhielt in solchen Fallen
15, 21, 52, ja 60 Cctmtr. eiuer sauer reagirenden,
Ei weiss verdauendeu Fltlssigkeit bei Erdffnung des
Magens. Um dem Einwande zu begegnen, dass die-
sen Mengen Speichel beigemischt sein kdnne , wur-
den bei 3 Hunden mit Magenfisteln die Speichel
gS-nge durchschnitten und ihnen in den folgenden
1 2 Std. alle feste Nahrang und alle Fltlssigkeit ent-
zogen. Nichtsdestoweniger konnten bei dem einen
Thiere 1G, bei dem zweiten 21, beim dritten 32
Cctmtr. einer, alle physiologisckcn Eigenachaften dea
Magensaftes zeigenden Fltlssigkeit entleert werden.
Auch bei einem vierteu Hunde, welcher in der
Rtlckeulage erhalten worden war, um die mSglicher
Weise mechanisch reizende Kantlle entbehren zu
konnen, fanden sich 25 Cctmtr. verdauende Fltlssig-
keit. — Einen weiteren Grand ftlr die Annahme
einer continuirliclien Sekretion des Succus gastricus
findet Br. ,,in der grossen Analogic, welche zwischen
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der Absonderung des Magensaftes und der Sekretion
des Harns bei der direkten Einleitung verechiedener
gelOster Stoffe in das Blut besteht".
Es wurden einem Hnnde in den centralen Theil der
Vena femor. 4 Std. lang atfindllch je 680 Cctmtr. etaer
1% Harnstoffl5sung injicirt, lro Gansen alto 8830 Cctmtr.
1m Laufe der nachsten 7 Std. sonderte der Magen eine
stark saucre , nur iu der ersteu Verauchsstunde noch ver-
dauende Eigenschaft zeigende Flussigkeit ab (im Gaozen
427 Cctmtr.), in welcher Hamstoff nachgewiesen werden
konnte. Das Thier bekam in der 2. Std. heftige tonltcke,
da un klonische Krampfe und war in den letaten Stnnden
comatos ; es ward am Ende der 7. Std. getodtet. — Einem
andern Hunde wurde liinnen 7 Std. 1626 Cctmtr. einer
2 n / 0 HarustofflSsung injicirt. Wegen des Eintrlttes allge-
tneiuer Krampfe musste von Einleitung weiterer Mengen
abgeschen werden. Man erhielt im Gansen 176 Cctmtr.
einer saucru, pepsinhaltigen , harnstoffreichen Flussigkeit
aus dem Magen. Auch die Dannsekretion war stark ver-
lnehrt; oft lief den Hunden die Flfissigkeit in grosser
Menge aus dem After ab. Losungen von Kochsalz |und
von Natr. acet., iu das Blut injicirt, vermehrten die Flil*-
sigkeitsmenge im Magen ebenfalls. Einem Hnnde warden
4mal, in Zwischenraumcn von je 1 Std., 1200 Cctmtr.
Clncr l°/„ Kochsalzlosung eingeleitet. Man erhielt im
Laufe von 4 Std. 636 Cctmtr. einer Anfangs saueron,
a pater neutralen , Eiweiss nicht verdauenden Flussigkeit.
Diese Resnltate, verglichen mit denen von Bock
und Hoffmann, sowie von Killz, welche Por-
scher bei injektion von Flilssigkeiten in das Blut die
Sekretion des Harns bedeutend vermehrt fanden,
machen es nach B r. wahrscheinlich , dass der Ab-
sonderungsmodus des Harns und der des Magensaftes
ein aiinlicher, n&mlich ein continuirliclter sei. Far die
Analogic beider Vorgauge spreche auch der L'mstand ,
dass bei vielen VOgeln beide Flflsaigkeiten gleich
nach der Sekretion consistent werden. Auch scheme
Durchschneidung des N. splanchnicus die Magensaft -
sekretion zu vermehren, wie andererseite die Nieren -
thatigkeit von ihm beeinflusst werde.
Wenn Br. es wahrscheinlich findet, dass die
Sekretion des Magensaftes eine continnirliche sei , so
behauptet er dock nicht, dass sie den ganzen Tag
flber ohne 8chwankungen von statten gehe, und will
nicht in Abrede stellen, dass unter Einfluss verechie-
dener Faktoren (Nahrungsaufnahme , Tageszeit etc.)
eine Abnahme oder Zunahme der Sekretion statt-
finde. Ein nicht unbetr&chtlicher Theil seiner Be-
obachtnngen wurde ttbrigens von anderer Seite her
(siehe das Folgende) durchans nicht bestitigt.
Ueber quantitative Bestxmmung, Bildung, Aus-
scheidung und Verbrauch des Pepsin, fiber den
Pepsingehalt des Magens in seinen verschiedenen
physiolog. Zustanden und bei Magenkatarrh , sowie
fiber die Betheiligung der Chloride an der Pepsin-
absonderung hnndelt eine Schrift von Qrtltzner(9).
Er bestimmt den Pepsingehalt von Flilssigkeiten
mittels einer schon frtlher von ihm (Arch. f. Physiol.
VIII. p. 452 fig.) beschriebcnen colorimetrischen
Methode, die in der vorliegenden Schrift insofem
weiter ausgebildet erscheint , als Vf. jetzt eine be-
stimmte Farbcnskala von 10 Nummera hergestellt
hat. Die scliwftchste Nuance (ganz hellresa) enthllt
auf 19.9 Cctmtr. Wasser 0.1 Cctmtr. einer l°/ 0
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I- Medicinteche Phygik, Cbemte u, BotanJk.
Carminglycerinlftsung, die intenaivste (carmoisin) aaf
19.0 Cctmtr. 1.0 Cctmtr. derselben CarminlOsnng.
Werden nnn gleiche Mengen gleichmftssig mit Cartnin
geftrbten Fibrins mit Verdauungsflttssigkeiten von
verschiedenem Pepsingehalte zusammengebracht , so
hat man in der Vergleichung der auftretenden Farben-
tdne ein zwar relatives, aber gut ausdrttckbaresMaass
fllr die in jedem Zeitmoment gelOsten Fibrinmengen,
also f&r den Gehalt an Pepsin. —
Die von Schwann nnd S c h i f f bejahete , von
Vogel und B r tt c k e verneinte Frage , ob bei der
Verdanung ein Yerbranch von PepBin stattfinde , be-
antwortet Q r. dahin , dass dasselbe zum Theil ver-
braucht werde. Er fand n&mlich, dass in einer Ver-
dauungsfltlssigkeit , nachdem der Verdauungsprocess
einige Zeit vor sich gegangen, nicht mebr so viel
Pepsin anzutreffen ist, als am Anfange, dassvielmehr
eine saare Pepsinliisung desto mehr an peptischer
Kraft verliert, je langer sie zersetzend auf Albuminate
eingewirkt hat. Auch wenn PyloruBSchleimhaut der
Selbstverdauung tlberlassen wnrde , zeigte sich , dass
dabei die geringe in ihr vorbandene Menge Pepsin
zerstdrt ward , wie denn auch haufig ein Glycerin-
extrakt eines Pylorus bedeutend wirksamer gefunden
wurde, als ein Salzsaureinfus , weil in letzterem
Verdanung der Schleimhaut und damit Verbrauch an
Pepsin eintritt. Mit Bezug hierauf spricht G r. aus,
dass ein mbglichst sicheres Urtheil tiber die Gesammt-
menge des in einer Schleimhaut befindlichen Pepsin
nur durch (8 Tage) lang dauemde Extraktion mit
Glycerin und darauf folgende Behandlung des Rtlck-
standea mit Salzs&ure von 0.1 — O.15°/ 0 in Brut-
wftrme gewonnen werden kann.
Diese Erfahrung war von besonderem Werthe
for die Prdfnng der Angabe von Schiff, dass der
Gehalt der Magenschleimhant und des Magensaftes
an Pepsin ein wecbselnder sei and sich darch die
sogen. „peptogenen Stoffe“ vermehren lasse. So we-
nig wie Andere konnte G r. diess bestatigen. Er fand
den Magensaft, sobald er einmal sauer reagirte,
ebenso die Magenschleimhant nnter alien Umstanden
pepsinhaltig. Der Fehler von Schiff soli, nach
Ansicbt Gr.’s, darin bestehen, zn wenig und zu
schwache Sanre zur Extraktion der Magenschleim-
hant angewendet zn haben nnd sie zn kurze Zeit
darauf haben einwirken zu lassen. Dagegen fand
G r., dass durch Injektion von gewissen FlOssigkeiten
(Dextrin-, Kochsalzldsung) in das Blut allerdings das
Pepsin der Magenschleimhaut leichter extrahirbar
wird, worauf sich die Behauptung von Schiff zu-
rtlckfUhren lassen mag.
Vf. nahm auch die frtther bereits von v. Brunn
und Ebstein bearbeitete Frage wieder auf, ob sich
mit dem verschiedenen mikroskopischen Anssehen der
Hanptzellen der MagendrUsen der Pepsingehalt der
Magenschleimhaut andere. Die zahlreichen , daher
hier nicht wiederzugebenden Yersuche fOhrten zu
folgenden Resultaten :
Ued. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 2.
„Der Pepsingehalt der Magenschleimhant ist ein
wechselnder. Er steht nicht im geraden Verhaltniss snr
GrOsse der Belegzellen, andert sich aber mit deT verschie-
denen Beschaffenheit der Hauptzellen. Sind diese Gebilde
hell und gross , so enthalten sie viel Pepsin , sind sic ge-
schrumpft und getrubt , so ist ihr Pepsingehalt ein mini-
maler, und sind sie von mittlerer Grosse und ebenfalia
gstrubt, so ist auch ihr Pepsingehalt ein mittlerer. Alles,
was {fir die Hauptzellen des Fundus gilt , gilt auch fur die
Drfisenzellen des Pylorus. “
Hinsichtlich des Pepsingehalte der Fundnsschleim-
haut in den verschiedenen Stadien der Vevdauung
fand G r. , dass derselbe nach lUngerem Fasten ein
maximaler ist. In der 1. Verdauungsstunde nimmt
er ab und erreicht um die 6. — 9. Verdauungsstunde
sein Minimum. Letztere Angabe stimmt gut tlberein
mit der von Leven (s. oben unter 6). Um die 15.
bis 20. Std. nach Nahrungsaufnahme steigt der
Pepsingehalt des Fundus wieder an. Anders da-
gegen sind die Verhkltnisse am Pylorus. Der Pepsin-
gehalt desselben steigt von dem Moment der Nah-
rungsaufnahme bis gegen die 9. Stunde. Yon da an
(mitunter aber anch schon frtther) sinkt er langsam
bis gegen die 30., um alsdann bis gegen die 40. Ver-
dauungsstunde wieder sehr langsam zur bleibenden
HOhe anzusteigen.
Die Richtigkeit der AnBicht von B r a u n (s. oben),
dass die Sekretion des Magensaftes eine continuirliche
sei, bestreitet Grtltzner. Er beobachtete, wenn
der Magen frei von Speisen war und das Thier sich
wohl befand, niemals Magensaftabsonderung , da-
gegen trat sofort eine lebliafte Sekretion eines sauern,
peptisch wirksamen Magensaftes auf, sobald irgend
welche (verdauliche oder unverdauliche) Stoffe in den
Magen eingeftlhrt wurden.
Die Sekretion ist in den ereten Stunden am reich-
lichsten and wird allmfilig schwftcher ; mitunter
nimmt sie um die 6. — 7. Std. noch einmal ein wenig
zn. — Das Sekret zeigt zu verschiedenen Zeiten be-
8timmte Aenderungen seines Pepsingehalte.
n Bald nach Einfuhrung der Speisen ist es sehr reich
an Pepsin , bleibt es einige Zeit (gewohnlich 1 Std.) und
nimmt bierauf continuirlich bis zur 4. — 6. Std. ab, am
dann nocli einmal um die 6. — 7. Std. eine Steigerung
seines Pepsingehaltes zu erfahreu. “ Die letztere ist nach
Gr. als der Ausdruck der beginnenden sekretorischen
Thatigkeit der Pylornsschleimhaut zu betrachten.
Vf. hatte auch Gelegenheit , einen Magenfistel-
bund mit chronischem Magenkatarrh zu beobachten.
Er fand Folgendes: ,,Der Magen eines derartig er-
krankten Thieres secernirt continuirlich ; das abge-
sonderte Sekret enthalt stets, wenn auch mitunter
nur kusserst wenig Pepsin. Die Reaktion des &b-
gesonderten Saftes 1st nicht immer saner , mitunter
neutral, ja alkalisch. Der Saft ist trtlbe und zih und
filtrirt viel schwerer als normaler Magensaft. Der
Mechanismus seiner Sekretion ftndert sich nicht oder
nur wenig , auch dann , wenn Speisen in den Magen
eingeftllirt werden. Der physiologische Reiz bleibt,
da beraite ein pathologischer seine Macht entfaltet,
vOllig wirkungsios. u Anf Grand dieser seiner und
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122
I. Medicinische Physik , Chemie n. Botanik.
Anderer Beob&cktungen mOchte Gr. rathen, bei
chroniachem Magenkatarrh h&ufig, aber immer nur
sehr wenig Nahrung zu geben, damit sic von der
(wenigstens relativ) geringen Pepsinmenge bewilltigt
werden kbnne, und init der Nahrung odor bald lunter-
her 30 — 40 Cctmtr. einer etwa 0.4°/<>. SalzsAure
nehmen zu lassen. Experimented hat er diess Ver-
fahren nicht geprflft.
Der letzte Theil der Arbeit von G r. besclutftigt
sich mit der Betheiligung der Chloride an der Pepsin-
abeonderung. Gr. hatte, mit Ebstein, gefunden,
dass der Pylorus sein Pepsin leichter an Glycerin
abgiebt, wenn er vorher mit Koclisalz behandelt wird,
indem letzteres das Pepsin von den Albuminaten, der
sogen. pepsinogenen Substanz, frei maclit. Diese
Beobachtung und der Umstand , dass der Magensaft
reichljph Chloride enthlllt, veraulasste zur Frage, „ob
es auch im Organismus die Chloride seien, welche
das Pepsin von den albuminatlialtigen Ilauptzellen
spalten mid mit ihm auf die freie Oberflilche treten“.
Sowohl die Pylorus-, als die Fundusschleimhaut ver-
schiedener Thiere zeigte nun in der That , dass die
Menge der Chloride in ihnen bestimmten, wenn auch
geringfUgigen Schwankungen unterliegt und dass
grosse, namentlich secerpirende Hauptzellen mehr
Chloride enthalten , als kleine und geschrumpfte.
Die Frage, ob ausser Kleber auch andere
PJlanzeneiweisse der Verdauung durch Magen -
saft rmterliegen, nahm Hofmeister(lO) mit einer
Reihe von Versuchen in Angriff. Zur Vcrwendung
kam auf das Feinste zerkleinertes Wiesenheu.
Dasaelbe enthielt in 100 Theilen Trockensabst&nz
8.2 Mineralsalze , 7.6 Eiweias, 26.6 Rohfaser, 2.9 Fett,
66.8 stickatofffreie Extraktivetoffe. Von 100 Theilen der
Trockenanbatanz waren 28-40 in Waaaer lualieh , namlich
7.16 Mineralaalze , 1.20 Eiweisa, 6.30 Zucker , 13.76
Extraktivstoffe. Von 100 Theilen Heueiweias li'mten sich
demnach in Wasser 16.8Theile. — Zur Verdauung wurde
ein Glycerinauszug ans Scliweinsmagen uud 0.2% Salz-
saurc benutzt. Auch Pepsinwein kam in Anwendnng.
Andererseits wurde auch mit Spcichel und mit Bauch-
speichel experimentirt. —
Wenn die Heumengen langereZeit (6Tage) bei einer
Temperatur von 34 — 40° C. mit den Verdannngsdussig-
keiten dlgerirt wordcn waren, wurden die letzteren so gut
als mdgiich durch Auswaschen entfernt, die restirende
Snbstanz getrocknet und ihr Gewicht von der in Anwen-
dung gekommenen Menge abgezogen. Von 100 Theilen
der Heutrockensubstanz waren durch Pepsin-Glycerin mit
Salzsaure 44.6 Tlieile , von 100 Theilen des Heueiwciaaes
06.8 gclost worden. Beim Controlversuche mit Salzsanre
ohne Pepsin waren von der Heutrockensubstanz 41.6 Th.,
vom Hcueiweiss nur 28.2 Theile gclost. Ein nochmaiiger
Versuch mil Pepsin-Glycerin ergab ganz ahnliche Zahlen,
wie der erste. Die kunstliche Verdauung, bei welcher
sich imMlttel 67.0% der Heueiweissatoffe verdant fanden,
hatte also zicmlich ahnlich wie die natnrliche gewirkt , da
das Rind im Mittel 63.0%, das Schaf 68.8%, die Ziege
68.2% der Heueiweissstoffe verdauet.
W Ahrend man bei der annftheraden Ueberein-
stimmung dieser beiderseitigen Procentsfttze anneh-
men darf, dass auch im Organismus die Heu-Eiweiss-
stoffe hauptsAchlich durch den Magensaft verdaut
werden , war eine verdauende Einwirkung des Letz-
tern auf Cellulose, die notorisch im Organismus der
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Verdauung unterliegt, nicht zn constatiren. Jedock
erschien Rohfaser, welche erst mit Pepsin- Chlor-
wasscrstoffsAure , dann mit schwacher Kalilauge be-
handelt wurde , in ihrem Gefllge zarter , feiner und
durchsichtiger als solehe, die vorher nicht mit Ver-
dauungstillssigkeit zusammengebracht worden war.
Danach ist es denkbar, dass der Aufenthalt im
Magen dazu dient, die Rohfaser den Einwirkungen
der alkaliscben VerdauungssAfte zug&nglicher zu
macken, welche Letztern dann als die eigentliclien
Verdannngsmedien der Cellulose anzusprechen sein
wttrden.
Klemensiewicz (11) suebte die Funktion
der Pylorusschleimhaut zu erforschen , und zwar
in der Weise , dass er die Pal’s pylorica des Magens
g&nzlich aus dem Verdanungstrakte ausschaltete.
Dieselbe wm-de sowohl vom Fundus wie vom Duo-
denum durch Scheerenschnitte vollkommen abge-
trennt. Das nach dem Duodenum sehende Schnitff-
ende des ausgeschalteten Sttlckes wurde vollstftndig
durch Naht gesclilossen , das andere Schnittende nur
zum Theil vereinigt, so dass eine Art Sack entstand,
in dessen Oeffnung eine Kantlle eingebracht werden
konnte. Dann wurde der Fundustheil des Magens
mit dem Duodenum vereinigt. Die Operation konnte
an 3 Hunden ohne Unfall vollendet werden , doch
gelang es nicht , einen derselben linger als 6 Tage
am Leben zu erhalten. Die Thiere gingen uacli
dieser Zeit an heftiger Peritonitis zu Grande. Auch
12 andere Hunde, bei denen die Operationsmethode
zum Tlieil abgeindert wurde , starben sogai- spate -
stens binnen 4 Tagen. Gleichwolil gelang es , vor-
her ein Sekret der Portio pylorica zu erhalten. Dieser
Succus pyloricus war zihflllssig und gallertig , von
gelblicher Farbe. Er besass eine deutlich alkalische
Reaktdon und in den 3 Fallen, bei welcken darauf
untersucht wurde, 20.49, 18.78 und 16.50 0 / o feste
Bestandtheile. Unverftndert vermoclite er Eiweias
nicht zu verdauen , in salzsaurer Ldsung besass er
diese Fahigkeit in hohem Grade, wodurch ein Ge-
halt an Pepsin bewiesen wird. Der Succ. pyl. be-
sitzt femer die Fahigkeit, die collagene Substanz
der Sehnen zu losen und Starke in Zucker umzuwan-
deln. D (Inner StArkekleister mit ihm versetzt zeigte
nach einigen Stunden die Trommer' sche Reaktion.
Die Absondening des Pylorussekrets erfolgte auch
beim bungeraden Thiere.
Im Gange sehr interessanter „Untersuchungen
(lber einige Arten der putriden Zersetzung“ ') prtlfte
Paschutiu (12) auch den Einfiuss der V er-
dauungssdfte auf die Butlersauregahrung. Als
Beweis (dr das Auftreten der Letztern im Darmkanale
hat man das Vorkommen von Wasserstoffgas und
von KohlensAore an gen&nntem Orte betrachtet.
Aber es fragt sich , ob diese Gase nicht and era Ur-
’) Der Originalartikel tragt ausser dem in der Lite-
raturangabe verzeichneted auch folgenden andern Titel :
Recherches aur quelques eapbcea de decompositions pn-
tridea.
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sprungs seien , zumal da man das Produkt der Gfth-
rung , die Buttersfture selbst , nur in verschwindend
geringen Mengen oder gar nicht im Darminhalte
finde , was sich nicht dnrch eine schnelle Resorption
derselben erklftren lasse , da sie alsdann ihre ener-
gische Einwirknng auf den Organism us geltend
machen wttrde.
Zur Losung der Frage sochte P. zun ftchat den
hindernden oder fbrdernden Einfluss von Speichel,
Magensaft und Galle, sowie einiger andera sauern
and alkalischen FlUssigkeiten auf eine in buttereanrer
Gfthrung begriffene Lbsung von milchsaurem Natrium
oder Calcium festzustellen. Es zeigte sich, dass
frischer und gekochter Speichel die genannte Gfth-
rung, deren Intensitftt stets nach der Menge der ent-
wickelten Gase beurtlieilt wurde, nicht beeinflusst.
Bezflglich seiner Wirksamkeit auf Fibrin geprtlfter
Magensaft, aus einer Fistel gewonnen, war der Gfth-
rung nur in sehr unbedeutendem Maasse hinderlich ;
der Process verlief noch immer wie in der Portion,
welche keinen Magensaft enthielt, mit grosser Energie.
Dagegen wirkte Salzsfture, wenn der Gehalt der
Flttssigkeit 0.05°/ 0 betrag, bereits verlangsamend
auf die Gfthrung. Salzsfturegehalt von 0.12% er-
schwerte dieselbe sehr bedeutend und ein Gehalt von
0.15% Salzsfture scheint sie gar nicht zu Stande
kommen zu lassen. Magensaft von normaler Aciditftt
wttrde also die Buttersftnregfthrung stark beeintrftch-
tigen mflssen, wie sie sich denn auch, nach Carius,
Popoff, Ewald, nur sehr selten im Magen findet.
Dass der Magensaft bei seinem prftsumptiven Ge-
halte an Salzsfture in den angestellten Experimenten
nicht hinderlich wirkte, erklftrt sich P. durch die
Annahme, dass die Sfture durch die Vermischung mit
der fermentirten Flttssigkeit zu sehr verdtlnnt ge-
wesen sei , urn mehr als hdchst unbedeutend stbrend
einwirken zu kflnnen.
Es darf daran gedacht werden , dass , wie
L a b o r d e (s. oben), so auch P. vielleicht mit einem
Magensaft operirte, der wirklich frei von Salzsfture
war, wenn schon er sich peptisch wirksam erwies.
Milchsfture beginnt nach Vf. erst bei einem Ge-
halt von 0.15% hinderlich einzuwirken. In einer
Flttssigkeit mit 0.45% Milchsfture kommt Butter-
sfturegfthrung nicht mehr zu Stande. Die letztere
Gfthrung ist also da unmbglich , wo bereits Milch-
sfturegfthrung stattgefunden hat und der Gehalt an
Milchsfture ttber 0.5°/ 0 gestiegen ist. — Zweifach-
kohlensaures Natrium begann bei einem Gehalte von
0.18% die Gfthrung hinderlich zu beeinflussen , na-
mentlich ftnderte sich durch dieses Salz das Verhftlt-
niss zwischen Wasserstoff und Kohlensfture, indem
der Erstere in geringerer Menge auftrat.
Galle hinderte selbst in sehr geringerer Quantitftt
die in Rede stehende Gfthrung, was, wie ein weiterer
Versuch lehrte , den Gallensalzen zuzuschreiben ist.
Wfthrend aber die Galle (beziehentlich die Gallen-
salze) die Buttersfturegfthniug unterbricht , halt sie
andere mit Gasbildung verlaufende Zersetzungen
organischer Substanz nicht auf.
Pankreas-Infus begttnstigt die Buttersfture gfth-
rung. Aber bei Controlversuchen ohne Zusatz von
milchsauren Salzen, also unter Ausschlnss der Butter-
sfturegfthrung , fand P., dass sowolil die Galle wie
das Pankreas-Infus selbststftndig gasige Zersetzungs-
produkte liefert. Diese Gasmengen bestanden beim
Versuch mit Galle zu 90%, beim Versuch mit Pan-
kreas-Infus zu 80% aus Kohlensfture. Schon hieraus
geht hcrvor, dass es noch andere Quellen der Gas-
entbindung im Darmkanale giebt als die Buttersfture-
gfthrung. Weitere, sehr eingehende, daher im Ori-
ginale selbst nachzusehende Untersuchungen ttber die
spontane putride Zersetzung organischer, besonders
eiweisshaltiger Substanzen (wie Blut , Kftse , Infuse
von Leber , von Gehirn , von Muskelfleisch und von
Froschhaut) zeigten, dass dabei Kohlensfture, Wasser-
stoff und Stickatoff in reichlicher Menge auftreten.
Da nun die Galle und andere Verdauungssftfte dieser
Zersetzung nicht entgegenwirken, wfthrend die Galle
gftnzlich die Buttersfturegflhrung hindert, schliesst
P. , dass nicht diese letztere die im Verdauungs-
kanale gefundenen Mengen von Kohlensfture und
Wasserstoff liefere.
Steiner (13) versuchte eine experimentelle
Beantwortung der von D u B o i 8 - R e y m o n d auf-
geworfenen Frage, durch welches mechanische
Mittel die Emulsionirung derFette im DUnndarme
geschieht, da es ansserhalb des Organismus zur Her-
stellung einer Emulsion nicht genttgt , dass ein Fett
und eine emulgirende Flttssigkeit in Bertthrung kom^
men, sondem die Massen mechanisch, in der Reib-
scliale oder durch SchUtteln, vertheilt werden mttssen.
Es fragt sich nun , inwiefern die schwachen peristal -
tischen Bewegungen des Dttnndarms das Gleicbe zu
leisten im Stande sind.
Um zu prttfen , ob vielleicht die Galle ein ganz
besonders gutes Emulgens und somit das Zustande-
kommen der Emulsionen im Darme ein sehr erleich-
tertes sei , wurden einerseits mit Htllfe einer 10°/ 0
Losung von glykochols. Natrium, andererseits mit
einer Lbsung von Gummi arab. Emulsionen darge-
stellt. In beiden Fallen wurde Olivenbl dazu ver-
wendet. Es ergab sich, dass die Gallenemulsion,
nach 2stdndigem SchUtteln , eine fast weisse Farbe,
die Gummiemulsion nur eine gelblichweisse zeigte.
Dagegen hatten sich die FlUssigkeiten bei der Gallen-
emulsion nach einigen Tagen schon theilweise , nach
Monaten vollstftndig getrennt , wfthrend die Gummi-
emulsion sich in dieser Zeit so erhielt, wie sie wenige
Stundeu nach der Darstellung erschien.
Diese Befunde veranlassten St., die nfthern Um-
stftnde zu erforschen, welche bei Bildung von Emul-
sionen iiberhaupt maassgebend sind, und er zog als
solche zunftchst die innere Reibung oder die Zfthig-
keit und die ftussere Reibung der FlUssigkeiten in
Betracht. Nach dem Vorgange von Plateau be-
diente er sich zur Ermittelung dieser Verhftltnisse
einer auf einer vertikalen Spitze ruhenden Magnet-
nadel, die auf der Oberflftche der zu prttfenden Fltts-
sigkeit schwimmend von Letzterer nur an ihrer untem
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Seite benetzt wird. Eine Anzabl im Originate nach-
zusehender Tabellen giebt [Auakunft fiber die bei
den verschiedensten Flttssigkeiten gefundenen Ver-
h<nisse.
Weiter ffihrt St. aus, dass eine Emulsion sich
dar8tellt als eine Funktion der mechanischen Kraft,
des speciiischen Gewichts, der innern und fiussern
Reibung und des MassenverkiUtnisses, in welchem
Oel und Menstruum zu einander stehen, dass aber
die F&higkeit irgend eines Menstruum, eine Emulsion
zu bilden, durcbaus nicht identiscb ist mit der Fahig-
keit, die Emulsion zu conserviren. — Rflcksichtlich
der Haltbarkeit der Emulsion kommt vielmehr das
specifische Gewicht der beiden Flttssigkeiten in Be-
tracht. Mittels einer Schfittelvorrichtung wurden nun
zahlreiche Emulsionen mit den verschiedensten Sub-
Btanzen hergestellt. In Bezug auf Galle und Gummi
arab. ergab sich, dass bei Eraterer die Emulsion be-
reitende Fihigkeit etwas grosser ist, w&hrend bei
Letzterem die Emulsion conservirende Fahigkeit
ganz bedeutend flberwiegt. Die Galle stellte sich
in der That zu den Flttssigkeiten , welche am besten
emulgtren.
Hiermit war aber immer noch nicht erkl&rt , wie
der Damn mit anscheinend so geringen mechanischen
Mitteln eine Emulsion zu liefern vermag. Es wurde
daher zu Yersuchen an Thieren geschritten und zu-
nichst geprttft, ob der Darmsaft allein zur Bildung
einer Emulsion genfigt.
Einem Hunde , der 24 8td. gefastet hatte, wurde so-
wobl der Duct, choled. als der Duct, pancreat. nnterbnn-
deu uud um das Ende des Dunndarms da , wo derselbe in
den Dickdarm ubergeht, eine Ligatur gelegt. Nachdem
alsdann mittels einer Spritze mit Stichkanule 40 Cctmtr.
reinstes Klauenfott durch die Wand in den Dunndarm in-
Jicirt worden waren , wurde die Bauchhohle wieder ge-
schlosseu und 2 8td. spater das Thier durch einen Schlag
auf den Kopf getodtet. Die Chylusgefasse zeigten sich
am obern Thelle des Duodenum in kurzer Ausdehnung
milchweiss injioirt. Das in den Darm gebrachte Fett war
anscheinend unverandert. Bei einer VergrSsserung von
gegen 300 erblickte man jedoch FetttrSpfchen von ver-
schiedenster Grosso, vom Uinfange eines Groschenstfickes
bis zu dem eines Pnnktes.
S t. glaubt durch diesen Befund hinreichend be-
wiesen zu haben , dass wenigstens ein Theil des in
den Dflnndann gelangenden Fettes durch den Darm-
saft emulgirt wird.
Ein anderer Hund, welchem nach Anlegung oben er-
wihnter Ligaturen 30 Cctmtr. Leberthran und 16 Cctmtr.
frlscher Rindergalle ins Duodenum injicirt worden waren,
wurde 1 Std. darauf getodtet. Die vorgefundene Flussig-
keit zeigte unter dem Mikroskop zahlreiche Fetttropfchen,
nach kurzer Zeit aber hatte sich die Galle wieder voll-
stindig vom Fett getrennt. Bei einem 3. und 4. Versuche
erfolgte die Todtung erst nach 2>/ a Stunden. Der ent-
leerte Darminhalt sah gelb aus , zeigte unter dem Mikro-
skop zahlreiche feinsteTropfchen, trennte sich aber eben-
falls nach nicht langer Zeit in Thran und Galle.
Man sieht hierans , dass der Darm langsam ar-
beitet, das heisst, an Zeit zusetzt, was er an me-
chanischer Arbeit erspart, und dass er, entaprechend
der Eigenschaft der Galle , schlecht haltbare Emul-
sionen liefert. Dass er ttberhaupt mit semen schwa-
chen peristaltischen Kr&ften so feine Emnlsionen fer-
tig stellen kann, erkl&rt sich, wenn man in Betracht
zieht, dass sich auch bei ganz schwachem Schtttteln
mit der Hand in kurzer Zeit (5 Minuten) eine , die
feinsten Trtfpfchen zeigende Emulsion herstellen liast,
wie ein Versuch lehrte.
Pldsz nnd Gyergyai (14) erfirterten von
Neuem die auch in praktischer Beziehung wichtige
Frage , ob zur voWcommenen Decking der Stick-
stoffbedurfnisse des Organismus Peptone genugen,
oder ob dazu die Resorption unveranderten Ei-
weisses erforderlich xei. Die bisher von Andera
beigebrachten Versuclie zurLSsung dieser Streitfrage
bezeichnen Vff. als nicht beweiskriftig genug. Sie
selbst experimentirte n in folgender Weise.
Ein ansgewachs«ener Hund, dessen Kdrpergewicht
sich durch mehrtagig es Fasten merklich verringert hatte,
wurde in einen Beob achtungskasten gesetzt , dessen Ein-
richtung ein moglich st genaues 8ammeln der Exkremente
zuliess. Die Sticks'toffbestimmungen geschahen nach der
Methode von 8 e e g e n. Die Peptone wurden aus gekoch-
tem und getrockne tem Fibrin mittels einer Verdauunga-
flussigkeit dargestellt, die durch Extraktion vonSchweine-
magen mit O.lprocentiger Schwcfelsaure bereitet worden
war. Um aus einer bestimmten Menge Fibrin mSglichst
viel Peptone und moglichst die letzten Verdauungspro-
dukte zu erhalten , wurde die Verdauung jeder Portion
20—26 Tage hindurch ununterbrochen fortgeBetzt , unter
mehnnaligem Znsatz neuer Vcrdauungsflusaigkeit. Die
Neutralisation erfolgte durch CaCOj-Pulver. Die von dem
(immer sehr geringen) Nentralisationspracipitat befreite
LSsung enthielt kein dnrch Sicden oderErhitzen nach Zu-
satz von viel Essigsaure und Giaubersalz fallbares Ei-
weisa. Ebensowenig entstand durch Salpetersaure eine
Trfibung. Essigsaure und Ferrocyankalium riefen nor
eine Spur von Trnbung hervor, die spater eineu sehr ge-
ringen Niederschlag bildete. Die eingeengte , vom Cal-
Ciumsulphat befreite Flussigkeit wurde bis zur Sympdicke
eingedampft, dann mit absolutem Alkohol behandelt
Schiusslicb wurde die ausgefallte Masse durch heisses
Wasser vollkommen von Kalksalzen befreit. — Das Thier
erhlelt , nach 4 Hungertagen, 6 Tage lang 430—490
Cctmtr. einer 6procentigen Peptonlosung ; daneben noch
160 — 300 Cctmtr. einer Losung von Traubenzucker
8 tarkekleister und ausgekochter Butter. Der eingefuhrte
Sticketoff betrug im Ganzen 14.461 Grmm. ; dagegen
wu rden 13.463 Grmm. mit den Exkrementen ausgeschie-
den. Der Stickstoffansatz betrng demnach 0.988 Gnnm.
und das Gewicht des Thieres nahm wahrend der Pepton-
ffitterung um 269 Grmm. zu.
Es kann also durch eine Fattening, bei welcher
das Eiweiss durch Peptone vertreten ist, Gewichts-
zunahme und Ansatz von Stickstoff, resp. stickstoff-
haltiger Gewebssubstanz bewirkt werden. „Sonach
ist jetzt keine zwingende Nothwendigkeit fllr die
Annahme der Resorption von unverftndertem Eiweiss
zu finden, wobei die Mdglichkeit einer solchen, durch
kttnftige Untersuchungen darzuthuenden Resorption
dnrehans nicht in Abrede gestellt werden kann/'
Yff. suchten auch fiber die femeren Schicksale
der resorbirten Peptone in der Blutbahn oder in den
Organen etwas in Erfahnmg zu bringen. Mehrere
Stunden nach Injektion von Peptonlfisung in den
Magen von Hunden wurde deren Blut nnd verschie-
dene Organe untersucht. Der grfisste Gehalt von
Peptonen fund sich im Blute der Mesenterialvenen
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and in dem Extrakte des Mesenterium, viel weniger
in der Leber, nur Spuren im Lebervenen- und Ca-
rotisblut. Peptone in geringer Menge inn Blut in-
jicirt konnten 3 — 4 Std. nachher nocb nachgewiesen
werden ; spftter fanden sich keine mehr darin vor.
Worden grOssere Mengen injicirt, bo erschien ein ge-
ringer Theil derselben auch im Harn. Auch einzelne
Organe (besonders die Leber) wurden rttcksichtlich
ihrer Betheiligung an der Umwandlung der Peptone
geprilft. Es zeigte sich , dass die letztere nicht an
ein bestimmtea Organ gebunden ist.
Der von P16sz und Gyergyai als noch nicht
vorhanden bezeichnete Beweia ftlr die Resorption un-
verinderten Eiweisses kSnnte durch die von den
eben genannten Forechern nicht erwkhnten Beob&ch-
tungen von Czerny undLatschenberger wohl
bereits beigebracht ,'erscheinen. Wenigstens kommt
den Versnchen der lctzteren gegenilber das Be-
denken, welches Pldsz und Gyergyai gegen die
Beweiskrkftigkeit der Experimente von Bauer und
von Eichhor8t erheben konnten, in Wegfall.
Wenn die Letztgenanriten Eiweiss in einen normalen
Dickdarm brachten und aus der Hamstoflvermehrung
auf Resorption von Eiweiss schlossen, so war es
allerdings mfiglich, ja wahrscheinlich , dass das Ei-
weiss durch Pankreasferment , welches wohl immer
in grQsserer oder geringerer Menge in den Dickdarm
mit tlbertreten mag, in Peptone verwandelt und erst
in dieser Form resorbirt worden war. Diese Mdg-
lichkeit bestand aber in Folge pathologischer Ver-
hftltnisse nicht bei der Versuchsreihe , tiber deren
Resultate im Nachstebenden berichtet wird.
Czerny und Latschenberger (15)benutz-
ten zu ihren Versuchen ein 49 J. altes mknnliches
Individuum mit Anus praeternaturalis, der sich nach
einer Brucheinklemmung in der linken Inguinal-
gegend gebildet hatte. Da der gesammte Koth
durch die Fistel austrat, war das untere, 29 — 30"
lange Darmende (ein Theil der Flexura sigmoidea
und das Rectnm) vollst&ndig isolirt; es konnte von
oben mit Nahrungsmitteln gefilllt und per aniun ent-
leert werden. Ein vorliegendes Stlick der Schleim-
haut war von hellrother Farbe und zeigte auf mecha-
nische und elektrische Reizung vollkommene Con-
traktilitat. Man war sonach berechtigt anzunehmen,
dass das ausgescbaltete Darmstiick sich auch in an-
derer Beziehung normal erweiscn werde. — Die Ab-
sonderung von Schleim war sehr gering ; derselbe
war klar, reagirte intensiv alkalisch und brauate bei
Skurezusatz etwas auf. — Wahrend in das benutzte
Darmstdck bei einem Wasserdruck von 40 Ctmtr.
180 — 210 Cctmtr. Wasser eingefilllt werden konn-
ten , behielt es bei Bewegungen des Patientcn nur
etwa 20 Cctmtr. Fllissigkeit zurtick. Die Unter-
suchungsfldssigkeiten wurden dalicr in 4 Portionen
zn je 15 Cctmtr. alle 2 Std. eingegossen.
Es wnrde experimentirt mit Eiweisslosnng , mit nn-
verdunntem Hfihnereiwei.-s, mit Olivendlemulsion und mit
sehr vcrdunntcm Kleister. Die Eiweisslosung ward aus
Huhnerei weiss bereitet, welches mit dem andertkalbfachen
Volumen Wasser abgeruhrt worde. Das Eiltrat enthiclt
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dann durchschnittllch 4.5°/ 0 Eiweiss. Bei den Versnchen
mit unverdunntem Huhnerciweiss wurde dasaelbe erst zn
Schnee geschlagen und nur die beim Zusammenfallen des
letztem ablaufende Fliissigkeit verwendet. — Die Be-
stimmung der Menge des resorbirten Eiweisses geschah in
folgender Weise : Die Fliissigkeit, weiche bei Beendignng
des Versuchs etwa nicht resorbirt war, wurde durch ein
per anum eingefiihrtes Schlundrohr separat aufgefangen,
dann das Darmstuck ein oder mehrere Male mit je 60
Cctmtr. Wasser ausgespult. Da das Gewicht des einge-
gossenen Spulwassers bekannt war, ebenso das Gewicht
der abgeflossenen Spulwasser, nnter Abzug des feBten
Ruckstandcs derselben, gefunden werden konnte, so war
die Menge des im Darm zuruckgebliebenen Spulwassers
zu berechneu, und da das zuriickbleibende Spulwasser die
Concentration dcr letzten Portion Spulwasser haben
musste, so konnte aus dem festen Ruckstande der letzte-
ren die Menge des festen Ruckstaudes des im Darme ge-
bliebenen Spulwassers berechnet werden. Sonach war
es mogiich , die Gesammtmengc des festen Ruekstandes
(der etwa nicht resorbirten Eiweisslosung und der ver-
sehiedenen Spulwasser) festzustellen und durch Abzug
derselben von der Menge des festen Ruckstandcs der ein-
gegossenen EiweiBslosiing die Menge des resorbirten Ei-
weisses (als Trockensubstanz) zu bercchnen. Da die
berausgenommene Fliissigkeit keinen wesentliehen Unter-
schied von der friachen Eiweisslosung zeigte , mussto die-
ses Verfahren durchaus statthaft erscheinen.
Die theils mit Darmsaft im Brtltofen, tlieils mit
dem Darme selbst angestellten VerdauuDg8versuehe
ergaben nun , dass '„der menschliche Dickdarm und
sein Sekret weder auf coagulii-tes, noch auf Idsliclies
Eiweiss, noch auf Fett eine vrrdauende Wirkung
hat." Ebensowenig erfoigte eine Umwandlung des
Kleisters in Zucker.
Positive Resultate dagegen gaben die Resorp-
ftonsverauche. Zunftchst wurden in Pausen von je
’/ a Std. 15 Cctmtr. Wasser eingegossen, doch muss-
ten die Pausen auf je 2 Std. verl&ngert werden, weil
sonst Wasser ablief. Es zeigte sich, dass das in
Betracht kommende Darmsttick diu-clischnittlich
innerhalb 7 Std. 40 — 50 Grmm. Wasser resorbirte.
Hierauf folgten Versuche mit EiweisslcJsimg. Es
wurden im Ganzen immer ungefkhr 60 — 65 Grmm.
derselben durch die FistelSffnung eingegossen.
Wenn der Darm gesund war, wurden davon wahrend
eines Zeitraums von durchschnittlicb 24 Std. unge-
fahr 61 — 68°/ 0 resorbirt. Im Maximum wurden in
dcr genannten Zeit ca. 1.5 Grmm. Eiweiss aufge-
nommen. Da der Dickdarm etwa 4 Mai so lang ist,
als das benutzte Stlick , so konnte er im Laufe eines
Tages ungef&hr 6 Grmm. Eiweiss resorbiren, was
freilich flir die Ernahrung des Meuschen nicht aus-
reicht. Wurde der Eiweisslosung Kochsalz zuge-
setzt (etwa 1.5 °/ 0 ) , bo traten Erscheinungen der
Darmreizung auf und die Resorption des Eiweisses
war gehindert.
Hulinereiwei88 in Subetanz ward nur in sehr
geringer Menge (4.28 ®/ 0 in lO 1 /* Std.) resorbirt.
Selbst durch das Peitschen zu Schnee schienen die
Sepimente nicht zerstOrt worden zu sein.
Von sehr concentrirter Oelemulsion wurden in
10 Vs Std. 15°/ 0 (3.017 Grmm.), von einer sehr
verdunnlen in 25 Std. nur 31 °/ 0 (1-422 Grmm.)
resorbirt.
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I. Mcdicinische Phyaik , Chemie u. Botanik.
Auch kleine Mengen von Kleister warden vom
Darme aufgesaugt, wobei unentschieden blieb , ob
derselbe vorher eine Umwandliing in Zucker erfuhr.
Nach C z. und L. rcsorbirt also der menschliche
Dickdarm Eiweiss, Fette uud Kohlehydrate , wenn
diese Stoffe ihm in geeigneter Form zugeftihrt wer-
den.
Wahrend bei dem Individuum, an welcbem diese
Resultate gewonnen wnrden,' nur ein Theil der
Flexura sigmoidea und das Rectum benutzt werden
konnten, warMarckwald (16) in der angeneh-
men Lage, einen Dickdarm in ganzer Lange zur
Verftlgung zu habcn. Er experimente an dem Pat.
mit grossera, aus einer Cocalhernie hervorgegangenen
Anus praeternaturalis, ttber welchcn Simon in
Langenbeck’s Arcliiv, Bd. XV. Heft 1. 1872,
berichtct. Das perforirte DarmstUck, welches in der
recliten Leistengegend vorlag, konnte dadurch, dass
es moglicli war, die lleococalklappe siclitbar zu
machen und eine Uterussonde in den Processus ver-
miformis einznfllhren , mit Sicberlieit als die Ueber-
gangsstelle dcs Odeum in das Colon adscendens be-
stimmt werden. — Durch den Umstand, dass (ter
gesamiute Kotli schon am Ende des Dllnndarms zum
Anus praeternaturalis austrat, war der Dickdarm in
seiner ganzen Ausdelmung vollstfindig isolirt.
Da seit Entstohung der Kothflstel ein Zeitraum von
mchr als 8 Mon. verstriehen, die Dickdannschleimhaut
demnach eben so lange in Unthatigkcit geblieben war, so
prnfte M. znnaehst die Eunktionsfahigkeit derselben. Die
mit Leichtisfkeit aus der Wundoffnung in der Leisten-
gcffen<l aiiszuetulpende Sebleimhaut ersehicn dem Auge
vollkonmien gesund. Sie war rosenroth , hatte einen
feuehten Glanz und zeigte lebhafte Bcwegung. Ein mit
der Seheere abgetragcncs Stiiek derselben liess miter dem
Mikroskope die nonnaleStruktur erkennen. Ungekochtes
Fihrin aus Orlisenblut, dureh die FisleliiflTming in den
Dickdarm gebraebt, erseliien naeli 48 Std. iin Mastdarm
als grauweisse, ubelriechende Masse , die zum Theil nn-
verandertes , zum Theil in einen sehmierigen Brei uber-
gegangoncs Fibrin erkennen Hess. Bei spateren Wieder-
holungcn des Versuchs trat niclit eelten Btuhlgang ein.
Das Vorhandensein einer kraftigen Peristaltik war Bomit
constatirt.
Die 3 Hauptfragen, welclie sich M. stellte, waren
dieselben , welclie Czerny u. Latschenberger
zu beantworten suehten: 1) Besitzt der Dickdarm
ein znckerbildendcs Ferment? 2) hat sein Saft eine
verdauende Wirkung auf Ei weisskorper, und 3)fmdet
im Dickdarm eine Resorption von Naliningsstoffen
statt und wie mtissen letztere eventuell besebaffen
sein? — Von einer Priifung dcs Verhaltcns der Fette
im Dickdarm musste abgesehen werden , weil der
ungeduldige Pat. das Krankenhaus zu frtlh verliess.
M. suclite zunachst Darmsaft zu gewinnen, indem
cr durcli die DickdarmOffnung feine , lange Zeit aus-
gekochte Sclnvftmme, deren Gewicht vorher geuau
bestimmt war, an Fiidcn cinfflhrte. Er erliielt in
2 Std. durchsclmittlich 3.5 Grmm. Darmsaft, welcher
von stark fadenziehender Beschaffenheit und von
alkalischer Rcaktion war, eine leiclit gclbliche F&r-
bnng und geringen Eiweissgelialt zeigte. Kartoflfel-
stitrkekleistcr damit versetzt und bei 40° C. im Brttt-
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ofen gelassen, gab selbst nach mehreren Stunden mit
der Trommer’schen Probe keine Zuckerreaktion ;
eben so wenig der Inhalt von Gazebeujeln , die mit
Stftrkekleistcr angefllllt in den Dickdarm eingebracht
worden waren. M. bait daher fllr erwiesen, dass im
Safte des menschlichen Dickdarras kein zncker-
bildendes Ferment vorhanden 1st. Czerny nnd
Latschenberger waren zn derselben Ansicbt
gekommen.
Zur Lflsung der Frage, ob der Dickdarm Eiweias-
kbrper zu verdauen im Stande sei, benutzte Vf.
Fibrin und Hllhnereiweiss. Wurde ersteres roh oder
gekocht, letztercs coagulirt in den Dickdarm ge-
bracht, so zeigten die nach 48 Std. theils dnreb Aus-
spttlen des Darms gewonnenen Massen eine theils
brdcklige , theils breiige Consistenz , weisslich-grane
Farbe und alkalische Rcaktion. Der Gestank der-
selben war fast unertraglicb. Sie enthieltcn in Menge
Vibrionen und Bakterien. Die Prtlfdng auf SHj ergab
ein negatives Resultat, die aufPeptone ein als positiv
zu bezeiclincndes. Wie zu erwarten, liess sich Indol
erkennen, welches bekanntlich auch bei Incarceration
nnd andem Zust&nden, die ein liingeres Verweilen
von organischen Substanzen im Darme mit sich filh-
ren, vorkommt. Leucin war krystalliniscb nicht
nachzuweisen , dagegen gelang cs , Tyrosinkrystalle
darzustellen. Das Aetherextrakt zeigte Cholestearin
und eine reiche Menge von Fetten. Ausserdem war
unverkndertes Fibrin, NaCI und eine Anzahl anderer
Salze nachweisbar.
Konnte es nach diesem Befunde zweifelhaft er-
scheinen, ob man eine Verdauung oder nur eine FSul-
niss der eingeflllirten Eiweissmassen anzunehmen
habe, so lehrte ein Controlversucb mit Darmsaft, der
wieder mittels eingefllhrter Schwftmme gewonnen
wurde, dass die erfolgten VerSnderungen in der
That nur aufFkulniss der Eiweisskfirpcr, bei welcher
ja auch Peptone auftreten, berubten. Denn selbst
nach 16sttlnd. Einwirkung im BrQtofen hatte der
Darmsaft rohes und gekoebtes Fibrin nicht verftndert,
somit konnte auch im Darm nicht wobl eine ver-
dauende Wirkung von ihm ge&usaert worden sein.
Eine weitere BestStigung der Annahme, dass die bei
lftngerem Verweilen der Eiweissmassen im Darme
sich zeigenden Peptone F&ulnissprodukte seien, gaben
spftter zu erwahnende Harnuntersuchungen , welche
tlber die Zeit des Auftretens dieser Peptone belelir-
ten. —
M. suebte femer zu bestimmen , ob und welchen
Gewichtsverlust die eingeftlhrten Eiweissstoffe er-
litten. In der That zeigten die mit gewogenen
Mengen von coagulirtem Hllhnereiweiss in den Darm
gebrachten und nach bestiramter Zeit wieder hervor-
gezogenen Beutel eine bedentende Gewichtsabnahme,
die bei einem Beutel, welcher 26 Std. im Darm ver-
weilt hatte, 54.5°/ 0 , bei einem zweiten nach 46 Std.
65.8°/ 0 , bei einem dritten nach 72 Std. 55.2°/ 0 be-
trug. Bei einciu vierten Versucbe (mit Fibrin) zeigte
sich nach 26 Std. sogar eine Abnahme von 84.6°/ 0 .
Merkwdrdiger Weise fand sich weiterhin, dass die
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Beschaffenheit der Ueberreste keinen wesentlichen
Unterackied zeigte , wenn die Beutel 24 oder wenn
aie 72 Std. im Dame verweilt hatten. Der Grad
der Fflulniss war in beiden Fallen ziemlich derselbe.
Dieaa erklkrt aich durch die Annahme , dass die Ei-
weissmassen in der ihnen anhaftenden Feucbtigkeit
eine Faulnissbedingung mit aich brachten, die dann,
ala daa Wasser dem Beutelinlialte vom Darme ent-
zogen wurde, immer mein 1 in Wegfall kam. Mit dem
Wasserstrom, der aus dem Beutel in den Dann flber-
ging, werden nun auch die beim Zerfalle dea Ei-
weisses sich bildenden lOslichen Produkte (Peptone
n. a. w.) hinausgeschwemmt worden sein, und so er-
klirt sich , dass der Gewichtsyerlust stets am ersten
Tage bei Weitem am groasten war. — Wurden die
Beutel an der EinfUbrungsstelle nicht befestigt , son-
dern der Fortbewegung durch den Darm ttberlassen,
so zeigte sich bei der etwa nach 19 — 21 Std. erfol-
genden spontanen Entleerung durch den After das
Eiweiss fast ganz unverandert , auch in Bezug auf
Form undFarbe, und nur wenig riechend, ftlrwelche
Erscheinung M. in der schnellem Fortbewegung im
Darm eine gentlgende Erklkrung findet. Die in die-
ser Weise durch den ganzen Dickdai'm befdrderten
Eiweissmassen zeigten nur eine Abnahme von 30.4,
reap. 26.5%. Da nun die Beutel 19 Std. und lflnger
im Dame verweilten, so ware zur Verdauung ihres
Iulialtes gentlgende Zeit gewesen. Sie batten aber,
wenn solche tiberhaupt eingetreten ware , anniihemd
dieselbe procentige Gewichtsabnahme zeigen mtlssen,
die sich bei den am Eingange desDickdarms fixirten
Beuteln bemerkbar machte. Daraus jedoch, dass die
Abnahme eine viel geringere war, ergiebt sich, dass
die Veminderung des Gewichts in alien Fallen, d. h.
sowohl wenn die Beutel befestigt waren , als wenn
sie den Darm durchwandert hatten , nicht auf Ver-
dauung und Austritt von Verdauungsprodukten be-
ruhte, sondern wesentlich durch Faulniss des Inhalts
imd Austritt der Faulnissprodukte zu Stande gekom-
men ist. Und lediglich der durch die schnellere
Fortbewegung im Dame bewirkten Behinderung der
Faulniss ist der geringere Gewichtsverlust bei den
nicht befestigten Beuteln zuzuschreiben.
M. prttfte ferner , ob sich , wenn der Kftrper des
Pat. in Stickstoffgleichgewickt gesetzt war, nach
Einbringung grbsierer Mengen von coagulirtem
Hflhnereiweiss eine Vermehrung des Stickstoffgehalts
des Haras nachweisen liess, was der Fall sein musste,
wenn Peptone gebildet und resorbirt und somit dem
Organismus stickstoffhaltige Kflrper zugefllhrt war-
den. Der Nachweis gelang nicht, wenigstens nicht,
wenn die Massen nur 24 Std. im Darme verweilt
hatten, innerhalb welcher Zeit ja die Verdauung
sicher hatte eintreten mtlssen. Wohl aber zeigte der
Haro 48 Std. nach EinfUhrang des Eiweisses eine
deutliche Vermehrung seines Stickstoffgehaltes (um
2.6 Grmm. ; das 2 Tage vorher eingefllhrte Eiweiss
reprftsentirte etwa 22 Gmm. Stickstoff), was auf
Resorption der mittlerweile durch Faulniss entatan-
denen Peptone beruhen wird. Verdauungspeptone
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batten sich innerhalb der ersten 24 Std. bemerkbar
machen mtlssen. — Also weder Fibrin nock coagu-
lirtes Hilhnereiweis8 wird im mensckliclien Dickdarm
verdaut, wohl aber werden geringe Mengen im
Darme entstandeuer Faulnisspeptone resorbirt.
Nachdem M. alsdann die Rcsorptionsfahigkeit
der Dickdarmschleimhaut in Bezug auf Wasser ge-
prtlft, wobei er fand, dass, um 250 Grmm. Wasser
zu resorbiren, mindestens 12 Std. erforderlicli sind,
untereucht er das Resorptionsvermbgen des Darius
hinsicbtlich grdsserer Mengen fertig eingefUhrter
Peptone.
Dieselben wurden'aus gut ausgewascbenem und gc-
kochtem Fibrin mittels Salzaaure und Glycerin -Pepsin
dargesteilt und dann gereinigt. Dnrcli ein in die Fistel-
bffnnng eingefuhrtes Schlnndrohr ward eine Menge von
230 Cctmtr. der reincn wassrigen Peptonlosung einge-
spritzt , worauf sich beim Pat. starkes Breunen in der
Wunde, Leibschmerz und Stuhlgaiig einstellte. Wahrcud
ein grosser Theil der eingebrachten Fliissigkeit innerhalb
der beiden eretcn Stnnden durch die Fistcl in den Ver-
band floss, ging ein anderer Theil nach 6 Std. und nnter
vielem Drangen durch den Anus ab. Das Ausgellossene
erechien viel heller gelb und wasserreiclier. Der Ham
zeigte nicht nur nicht eine Vermehrung des Stickstoff-
Gehaltes, sondern in Folge der eingetretenen Diarrhoe
eine geringe Verminderung.
Dieser Befund, dass Peptone in concentrirter Form
(im vorliegenden Falle war 1 Theil Peptone in 8
Theilen Wasser gelOst) und in grbaserer Quantititt
den Darm stark reizen und Durchfall erzeugen , da-
her nicht zur Resorption gelangen, entsprickt den
Erfahrungen von Eichhorst und Leube.
Schltlsslich untersuclite M., ob fltlssiges HUhner-
eiweiss, welches vorher mit einer Scbeere geseknit-
ten und heftig mit Luft geschuttelt wnrde, vom Dick-
darm resorbirt werde. Das Resultat fiel vollkommen
negativ aus, sowohl mit als oline Zusatz von Koch-
salz, welches nach Einigen die Resorption von fltlssi-
gem Eiweiss veranlassen soli. Bei keinem der Ver-
suche zeigte sich eine Vermehrung des Stickstoff-
gehaltes im Ham. Freilich geben Czerny und
Latschenberger auf Grand ihres Versuchs
(siehe oben) an, dass im Hflhnereiweiss das Albumin
in einer fllr die Resorption ungtlnstigen Form ent-
halten ist. Mit wiissrigem Htlhnereiweissauszug, Wie
er von ihnen mit Erfolg verwendet wurde, hat M.
aber nicht experimentirt.
Wie Czerny und Latschenberger, fand
auch M., dass Chloraatrium eine hochgradig reizende
Wirknng auf die menscliliche Darraschleimhaut aus-
flbt, die sich bei kleinen Dosen (3 Grmm.) in Ro-
thung, Schwellung und lokaler TemperaturerhOhnng
der Darmschleimhaut, bei grossen Dosen (25 Grmm.)
noch ausserdem durch Allgemeinerscheinungen , wie
erhbhte Hauttemperatur, Pulsbeschleunignng, heftige
Peristaltik und Transsudationen auf die Darmober-
flkche zu erkennen giebt.
Versuchen, betreffs der Fettverdauung im Dick-
darm, entzog sich der Pat. durch Verlassen des Kran-
kenhauses. Um noch verschiedene, hierher gehflrige
Fragen erledigen zu konneD, hat M. deshalb bei
Hunden Fisteln am Anfangstheile des Dickdarmcs
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128
11. Anatomic
herzustellen gesucht nnd beschreibt seine Operations-
metbode ausftlhrlich , ohne jedoch zunichst fiber an
Thieren gewonnene Resultate zu berichten.
Auf Grand der Ergebnisse seiner Untersuchnngen
am Menscben glaubt M. aussprechen zu dttrfen, dass
„als einzige rationelle Methode eincr ErnAhrung vom
Diekdarme aus die erscheint, welche eine kunstliche
Verdauung im Darme etablirt , indem sie letztern
nur als Ofen benutzt , um in ihm allmAlig Peptone
zu bilden , und ihm dann diese ktlnstlich gebildeten
Peptone zur Resorption tiberlAsst. 14 Die Eiweias-
Pankreas-Klystire , die von K fl h n e vorgeschlagen
wurden, halt er dazu ftir besonders zweckmAssig und
bezweifclt nicht, dass durch sie die Stickstoff-Ab-
nahme im Korper verlangsamt werde ; doch erschei-
nen ihm weitere Versuche am Menschen nothwendig,
um das Urtheil darflber zu sichern.
II. Anatomie
387. Beitrfige zur Anatomie und Physiolo-
gic dea Bindegeweboa ; von Prof. W. Flem-
ming. (Arch. f. mikroskop. Anat. XII. p. 434.
1875.)
11. Abschnitt 1 ). Beobachlungen iiber Fetl-
gewebe.
A. Anatomigch.es .
1) Die topographische Verbreitung des Fett-
gewebes. Toldt (Beitr&ge zur Hiatal. n. Physiol,
des Fettgewebes, Wiener Sitz.-Ber. LXII. Abth. 2.
Juli 1870) hat darauf aufmerksam gemacht, dass
sick bei SAugethier - Embryonen das Fett von be-
stimmten Stellen (Entwicklungspunkten) aus verbreite.
Eine solche Abgrenzung des Fettgewebes in Einzel-
organe ist nach Fl. nicht zulAssig, vielmehr steht
das Fettgewebe in engster ZusammengehSrigkeit mit
dem Bindegewebe, und zwar mit dem lockem Inter-
stitialgewebe. Absolut allgemein gtiltig ist diess
aber eben so wenig, wie eine absolute Trennung von
lockerem und festem Bindegewebe. So ist ja das
feste Stratum reticulare der Haut vieler Sftuger
(Mensch, Schwein) von Fettzellen durchsetzt und der
Fettreichthum verwiscbt hier an vielen Stellen alle
sichtbare Abgi’enzung beider Lagen gegen einander.
Zum Stadium der Verbreitungsweise des Fettes wfthlt
man daher besser andere Thiere (Hund, Katze, Ka-
ninchen, Meerschwein). In Uebereinstimmung mit
Toldt findet F 1. , dass das Fettgewebe genetisch
wie anatomisch an die BlutgefUsse gebunden ist, und
zwar Sind es folgende Blutbahnen des Subcutan-
Gewebes, denen das Fett angelagert ist. a) Aeste
der schr&g zur Cutis auf- und absteigenden Arterien
und Venen. Von diesen zweigen sich Aeste fttr das
Fettgewebe ab, welche sich in dessen Capillametz
auflbsen. Die so versorgten Fettlager oder - Lftpp-
chen sind nicht rund , sondern bilden pilzformig ab-
geflachte, convene Scheiben mit scharfen R&ndern,
') I. Abschn. s. Jahrbb. CLXX. p. 3.
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u. Physiologle.
Hierzu sei nochmals hervorgehoben, dass Czerny
und Latschenberger auch bei Injektion eines
wkssrigen Htthnereiweissauszuges Resorption beob-
achteten. Freilich handelte es sich auch dort um
geringe Mengen. Es ist zu bedauern, dass Marck-
w a 1 d , der die Resorptionskraft des gesammten Dick-
darmes ausnutzen konnte, w Ahrend die Resultate von
C z. und L. nur an dem untera , wie man annehmen
darf, am wenigsten wirksamen Viertel des Danns
gewonnen wurden, nicht ebenfalls mit Hflhnereiweiss-
Auszug experimentirte, was sich wohl nur darans
erklftrt, dass die beiderseitigen Untersuchnngen, wie
angegeben wird, annAhernd gleichzeitig und daher
unabhflngig von einander ausgeftlhrt wurden , wenn
schon die Arbeit von C z. und L. 20 Monate frilher
als die von M. V erdffentlichung erfuhr.
u. Physiologic.
erhalten ihre Gefasse von der nntern Flftche her und
werden durch Septa lockern Bindegewebes wieder
in eine Anzalil ahnlich geformter Lftppchen zerlegt
(sie erhalten denNamen „eigentlicheFettlfippchen“).
b) Es finden sich Lager von Fettzellen in Begleitnng
von Gefilssztlgen , die im subcntanen Gewebe keine
Aeste abgeben, sich vielmehr nur in der Cutis ver-
zweigen. Sind solche „ FettstrAnge u besonders gross,
so erhalten sie von dem Gefhsae, dem sie anliegen,
wohl auch kleine Verzweigiuigen , aber nie ein so
dichtes Capillarnetz wie die eigentlichen Fettl&pp-
chen. Es findet sich diese Form des Fettgewebes
auch an andern KOrpergegenden als in der Cutis.
c) Es kommen vielfach isolirte „ Fettinseln u im Stratum
reticulare der Cutis, an den Arterien, Venen und
CapillargefAssen der Haarbalggrllnde und Schweiss-
drttsenknAuel vor. Ebenso in den Muskeln. Ausser-
dem giebt es noch zahlreiche andere Stellen , an
denen Fettgewebe ausser Zusammenhang mit den
Hanptfettlagern angetroffen wird. So in der Snb-
mucosa des Darmrohres, um die Beckeneingeweide,
in den Mediastinen, Muskeln, Drflsen u. s. w. Die
Gefilsse, an denen es hier liegt, dienen hauptsAchlich
der Emilhrang anderer Organe und das Auftreten
vou Fett an ihnen kann zu dem Schlusse fuhren,
dass das Fettgewebe nicht „ eigne 14 BlutgefAsse be-
sitzen muss, sondern dass es an Gefhssen anderer
Bestimmung entstehen kann, wo die noch unbekann-
ten Bedingungen zu seiner Entwicklnng gegeben
sind. — Die Nachbarschaft der Blutgeftose ist flber-
haupt nicht unbedingt erforderlich , obschon sie als
die Regel zu betrachten ist. So findet man im Un-
terhautgewebe von Sftulingen oder Altern Embryonen
neben gefasshaltigenFettlAppchen Gruppen meist lings
gereibter Fettzellen ohne alle Blutgefftsse und ohne
Geftssverbindung mit den benachbarten FettlAppchen.
Besonders hitufig ist diess bei siugenden Nagern,
seltner bei Carnivoren. SpAter erhalten die gefllss-
losen Fettinseln zum grdasten Theil noch Gefhase,
und zwar geht die Geftaabildung hAafig von dem
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II. Anatomic
isolirten L&ppchen selbst ana , doch linden sich anch
beim Erwachsenen noch gef&sslose Ioseln (be Bonders
im Netz der Katze und des Kaninchens).
2) Eine Abyrenzung des Fettgevoebes gegen das
anliegende Gewebe ist von Dursy (H. u. Pf.’s Zeit-
schr. f. rat. Med. VI. p. 339) beschrieben worden ;
eine solche ist nach F 1. nicht nachweisbar.
3) Die Histologie des Fettgewebes. Die Binde-
substanz des Fettgewebes ist fibril lares, collagenes
Bindegewebe. Es tritt bei Atrophie des Fettes und
an natUrlichen und ktlnstlichen Oedemen gut hervor.
Die Bindegewebszellen finden sich stets im Zusam-
menhange mit dem Plasmahof der Fettzellen. Diess
erkl&rt sich aus der Entwicklung der Fettzellen.
Dieselben sind fetthaltig gewordene Bindgewebszell-
platten, zwischen denen sich als intralobulare Zellen
diejenigen befinden, in denen noch keine Fettbildung
erfolgt ist. Je nach dem Fettreichthum ist daher
Hire Anzahl grosser oder geringer. Nicht abgeplat-
tete , stern - oder spindelffinnige Zellen finden sich
nur im atrophischen oder entzilndeten Fettgewebe.
Nerven besitzt das Fettgewebe nur an seinen Gefis-
sen. Lympkgefilsse, deren Wurzelgebiet das Fett-
gewebe ist , hat Klein (the Anatomy of the lym-
phatic system. London 1873) am Netz und Mesen-
terium beschrieben und daraus geschlossen, dass das
Fett zum LymphgefUsssystem gehOre und umgewan-
deltes lymphatisches Gewebe sei. Den Befund selbst
bestatigt F 1. , aber er spricht ihm jede Berechtigung
ab, so verallgemeinert zu werden, da bei Sftugethie-
ren die Hauptmasse des Fettes (das subcutane und
interstitielle) keine eigenen Lymphgef&sse besitzt
Die subcutanen Lyrnphgefil8.se, welche die zur Cutis
aufsteigenden Blutgeffisse begleiten, durchsetzen mit
diesen das Zellgewebe, aber ohne Aeste hineinzu-
schicken. Auch in seiner Anlage und im Wachs-
thuin sind die Verhlltnisse des Mesenterialfettes
eigenthttmliche und nicht auf die ttbrigen Fettlager
des KOrpers zu flbertragen. Die Fettzellen ent-
wickeln sich aus den fixen platten Elementen des
Bindegewebes und den Produkten ihrer Proliferation.
Ob auch freie lymphoide Zellen der Fettinfiltration
unterliegen und sich als Fettzellen lokalisiren kfln-
nen (W a 1 d e y e r , fiber Bindegewebszellen ; Arch,
f. mikroskop. Anat 1874. p. 176) ist bis jetzt un-
entschcidbar.
B. Biologisches. Die Membr&n der Fettzelle
ist das hohlkugelartig ausgedehnte Plasma der ur-
sprflnglichen, fettbildenden Zelle und hat die histo-
chemischen Eigenschaften der fixen Bindegewebazell-
platte, namentlich die Tinktionsffihigkeit beibehalten.
Eine zweite, nicht tingirbare, zarte Hfille, welche
Bich um diese herum legt, kann man als eine sekun-
dfir gebildete wahre Membran des Fettzellenplasma
betrachten, doch ist dieselbe so unconstant, dass man
sie nicht zu den nothwendigen Bestandtheilen einer
Fettzelle rechnen kann.
Ob der Inhalt der Fettzellen ein Tropfen nicht
org&ni&rten reinen Fettes ist, kann durch folgende
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 8.
u. Physiologie. 129
Beobachtungen zweifelhaft werden. Im Innern des
geronnenen Fetttropfens einer in Pikrocarmin ge-
f&rbten , frischen Fettzelle findet man meist in der
Umgebung der ungefkrbten Fettkrystalle rosenrothe
Flecke mit starker rothen , kOraigen Massen , wkh-
rend doch reines Fett durch Carmin unfkrbbar ist.
Ferner spricht das Auftreten von Vacuolen, welche,
nach ihrer Lichtbrechung zu urtheilen , flttssigkeits-
haltig sind, gegen die Homogenitfit des Fetttropfens.
Das Verhalten des Fettgewebes in der Atrophie.
Die 3 Hauptformen des Fettschwundes sind : 1) Die
einfache Atrophie, d. i. eine gleichmfissige Verklei-
nerung der Fettzelle, wobei das Plasma dem Schwunde
des Fetttropfens folgt, ohne Hfihleubildung. Sie fin-
det sich bei langdauernder mangelhafter Emahrnng
(bei alten Thieren u. Individuen, die an langdauem-
den chronischen Krankheiten gestorben sind). Ihre
Erkenntniss wird dadurch erleichtert, dass sie fast
nie ganz rein, sondern gleichzeitig mit der folgenden
Art vorkommt.
2) Die serdse Atrophie, mit Bildung eines mit
Flttssigkeit erfttllten Binnenraums in der Fettzelle.
Sie tritt bei starker, rascher Carenz ein (akute
Krankheiten und Exacerbationen chronischer) und
wird dabei hftufig die alleinige Form. Im Vergleich
mit Thieren wird das Fett beim Menschen, namentlich
das subcutane, fiusserst langsam consumirt, so dass
es in Leichen an akuten , ja selbst an chronischen
Krankheiten Verstorbener zum grossen Theil ganz
wie beim Gesunden gefunden werden kann. Die Ab-
magernng solcher Leichen betrifft dann oft allein
die Muskulatur und mag ausserdem in einer allge-
meinen Abnahme der Gewebsturgescenz, verursacht
durch den Sfifteverlust, zu suchen sein. Die gelbe
Farbe des Fettes berechtigt zur Annahme einer Atro-
phie, aber man darf aus der F&rbennfiance nicht auf
den Grad derselben schliessen.
3) Die Wucher- Atrophie, Kemvermehrung und
Wucherung der Fettzellen , kommt nnr als Begleit-
erscheinung der einfachen oder serfisen Atrophie vor,
namentlich der rapid verlaufenden serflsen. In der
Plasmahfille entstehen aus dem Kerne der Fettzelle
2 — 5 Kerne, die sich zu Tochterzellen weiter ab-
grenzen kOnnen. Man hat dieselben fflr eingewan-
derte Leukocythen gehalten, doch ware es dann un-
verstilndlich , warum die Einw&nderung nur in ein-
zelne Fettzellen erfolgte und die benaclibarten ganz
verschont blieben ; auch in der Form und gegensei-
tigen Lagerung unterscheiden sie sich in vielen Fal-
len von vornherein von jenen.
In atrophirenden Fettzellen trifft man constant
und in den interlobularen Bindegewebszellen bei
stfirkerem Schwunde fast constant kleinere Fett-
tropfen (Nebentropfen). Sie liegen im Plasma der
atrophirenden Fettzelle , nehmen vielfach an GrOsse
und Zahl in dem Maasse zu , als der Haupttropfen
schwindet, und haben in vielen Fallen andere Eigen-
schaften als dieser. Sie kOnnen daher nicht aus dem
zerfallenen Haupttropfen kommen, sondern bilden
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II. Anatoruie u. Physiologie.
iao
sicli sekundkr im Plasma der atropkirenden Fett-
zelle. — Wollte man die fetttrttpfclieulialtigen lntra-
lobularzellen nickt fib' sekundkr gefilllte, sondem fib'
alte, vollig atropliirte Fettzellen lialten , so liisst sicli
diess dadui’ch widerlegen, dass man nicht selten alle
intralobularen Bindegewebszellen ernes Fettliippchens
fetthaltig fiudet, w kb rend dock normaler Weise das
Lkppcben mehr intralobulare fettlose Zelleu besitzt
als Fettzellen. Auck mtlsste man dann Uebergaugs-
formeu in Form uudFettmeuge zwiscken fctthaltigen
Interlobularzeilen und Fettzellen erwarten; statt
dessen sind die erstern alle platt, verkstelt oder
spindelfbrmig und ilu'e Fetttrdpfcken sind ldein.
Auck um eine krankhafte Erscheinung , um fettige
Degeneration in den Zelleu, handelt es sicli bier nickt,
denn die Erscheinuug bleibt in den meisten Fallen
auf die Fettlager und dereu nichste Umgebung be-
schrankt. Bei der Atropkie wird demnach der In-
kalt dear Fettzellen nicht sofort in loco verbrannt,
sondem umgesetzt und die Umsetzungsprodukte wer-
den nickt alsbald s&nmitlick durcli den Blut- oder
Lymplistrom weggeftthrt, sondern erfalircn zum Theil
im Fettgewebe selbst (in seinen Fett- und Inter-
stitialzellen) zunkchst weitere Umsetzimgen, deren
Produkte jene Tropfchen sind. In den Eudstadien
der Ati’ophie, wo die Haupttropfen bereits aufge-
brauckt sind, werden auck sie consumirt und kdnnen
vollig verachwinden. — Die Bestaudtkeile , welcke
die serdse Fettzelle kurz vor oder bei ilirer volligen
Fettentleerung besitzt, sind : serfise Flllssigkeit, Fett,
Kern , granulirtes Plasma und die Membrau. Das
Plasma umsckliesst kauptskcklick die Heste des pri-
rnkren Fettee , sowie die sekimdaren Tropfen , liegt
dem Httllplasma an oder ist mu* durch sckwacke
BrtLcken mit ihm verbunden und kann selbst frei im
Innem liegen; im letztemFalle sckliesstes den Kern
der Fettzelle ein. Die Kapsel der serds atrophiren-
den Fettzelle gelit ans dem Httllplasma kervor, wird
allmklig hinfklliger und gelit in deu Endstadien der
Atrophie kkufig zu Gnmde , so dass das frei gewor-
dene Plasma mit dem Kerne den allein fortlebenden
Theil der Zelle reprksentirt Emeute Untersuchun-
gen ttber das Endschicksal der atropliiscken Fett-
zellen (vergl. Flemming, ttber Bildung und Rttck-
bildung der Fettzelle im Bindegewebe n. s. w. ; Arch,
f. mikr. Anat. VII. p. 32 u. 327. 1870) bestkrkten
FI. in der frflhern Vermntkung, dass dieselbe wieder
zu einer freien Bindegewebsplatte werden kann. Die
Vermebning der Fettzellen bei der Wucheratrophie
erfolgt walirscheinlich durch Kemtheilung, nicht
durek freie Kemneubildung {Paling enese , Auer-
bach). Im entztlndeten Gewebe und bei langsam
verlaufender Atropkie kounen (munentlicb beim
Hnnde) die prolifei-irten Fettzellen verkstelte Formen
annehmen und Kdrbe oder Kritnze von Stemzellen
an Stelle je einer Fettzelle treten; allmklig ver-
schwinden sie wieder. Nickt selten trifflt man end-
lick bei stkrker kungemden Thieren Tocliterzellen
von Fettaellen, die sick so exoessiv vermelirt haben,
dass sie rundlicbe (mit blossem Auge sichtbare)
Haufen von 2DO fi bis 1 Mmtr.) bilden, welcbe aus
rundiicben Zellen bestehen. — Feinste Fetttrdpfcheu
(von sebon 0.5 ft) tinden sick beim Fettanaatz und
beim Fettscliwuud frei im Fettgewebe. Da ibre
Lageinngsstelle weder die Fettzellen, nock die ver-
dickteu Kernportionen der Bindegewebszellen , noeh
die Gefttsswiinde sind, so bleibt ibncu ltaurn eutweder
zwiscken den Fettzellen oder sie nittsseu iu die zaile
Substanz der ZelUikntcben eingebcttet sein , die sicli
ilirer Blksse wegen der Beobachtung entzieben.
Den Schluss des Abschnittes biljlet die Er5rte-
rung derVorgknge des Fettansatzes und -Scliwundes.
Gegenttbcr der frflhem Ansiclit von einer mechani-
schen Fettinfiltration, wobei, wie man sick vorstellte.
das fertige Fett in feiner Vertheilung in die Zelle
eindringe , hat F 1. schon frttber (1. c.) in Ueberein-
stimmung mit T o 1 d t eine cliemisclie Anffassung des
Vorgauges dargelegt, wonach das Fett innerbalb des
Fettzellenkftrpers entstebt. „Der Stoff, weksher als
Bildungsmaterial fttr das anzusetzende Fett aus dem
Blute in das Gewebe der Fettzelle gelnngt, hat selir
wahrscbeinlicb eine wksserige, also diffiindible Be-
schaflcnhcit , ebenso der Stoff, welcber bei der
Atropkie aus den Zellen auf Kosten ihres Fettinbaltes
entfemt wird, um fttr den Kdrper nutzbar gemacht
zu werden. Die Bildung des Fettes im ersteni, seine
Umsetzung im letztern Falle erfolgt innerbalb des
Fettzellenplasma." — Der Vorgang ist also analog
dem der fettigen Degeneration, nur dass luerbei die
in den Zellen zu Fett umgesetzte Substanz nickt auf
Kosten zugeftlhrter Substanz , sondem der Gewebs-
theile selbst gebildet wird. Statt des Ausdnicks
Fett-Infiltration scblkgt F 1. deshalb den niebts prk-
judicirenden ,,Fettfttllung“ (,,Impletion“) vor.
RUckbildung der Gefassnetze im atrophischen
Fettgewebe. Die Gefilsse der Fettlkppcben geben
mit dem 8chwunde des Fettes zn Gnmde. Diess
kann so geschehen , dass einzelne Stellen der Capil-
laren Atresien, Verdicbungen der Wand nnd Con-
tinuitatstrennungen erfaliren, so dass die Capillarnetze
spkrlicher imd langmascliiger werden (atretisclier
Schwund). Auch etwas stkrkere Gefilsse kOnnen so
schwinden. Die Gefkssrttckbildimg tritt am frflhesten
an den kussersten Sprossen der fettversorgenden
Netze ein , d. i. an den jtlngsten Fettikppchen. Die
andere Form des Gefkssschwundes (Maschenverenge-
rang) findet sich besonders bei kurzdauerader, starker
Nahrungsentziehung. Die Capillaren rllcken sich in
dem Grade entgegen , als die in iliren Maschen ge-
legenen Fettzellen schwinden , gelangen zur Bertlli-
rnng und verschmelzen schlttsslicb mit einander.
111. Abschnitt. Zur A natomie der kleinem
Lymphgefdsse.
Ueber Verlauf. and Qefihung der H&uUyraph-
gefksse bringt der Abschnitt niebts wesentlich Neues
(vgl. den vorigen Abschnitt). Dagegen berichtet er
von dem Bau der kleinem Lympiigefksse , welclie
eben eine Muscularis besitzen, eine EigenUittmlich-
keit , die in der Frage naeb der Entwickluag der
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II. Anatomic n. Physiologie.
131
gintten Muskelzellen Bedeutung gewinnen kann. Die
kleinern Lymphrbhren sind nSmlich von einem
zierlichen Flechtwerk umschlossen, dessen Elemente
spindelfbrmg und zum Tkeil 3- und 4fach verSatelt
sind. Ausser ihnen finden sich aber am das Endo-
thel im Niveau der Muskelzellen noch verzweigte
Bindegewebszellen , und die Frage iat , ob die ver-
zweigten Zellen alle den letztem angehflren oder ob
welche von ihnen musknlbs sind. FI. halt Letz-
teres fttr wahrscheinlich und grtlndet darauf die Ver-
mirthung, dass man es hier mit sich entwiekelnden
Muskelzellen zu thun hat ; in dem Netze der ver-
sa telten Bindesubstanzzellen sollen sich einzelne
Zellen kdrper mid Theile ibrer Auslaufer zu contrak-
tilen Faserzellen zu differenzircn anfangen. Bei der
weitgclienden Bedeutung , welche diese Beobachtung
erlangen wUrde, sind weitere Untersuchungendartlber
abzuwarten. (F. Hesse.)
388. Beitr&ge zor Anatomie der Cutis
des Hundes; von W. Stirling. (Bcr. d. math.-
pliysik. Klasse d. k. sacks. Gcs. d. Wiss. 1875.
p. 221 fig.)
Die Untersnchungen St.’s wnrden in Prof. Lud-
wig’s physiolog. In8titut , und zwar in der Ab-
sicht vorgenommen , die Bahnen kennen zu lernen,
welche die in der Ilaut gebildete Lymphe zu nek-
men hat , am von der Wand des Blutgef&sses in die
LymphgefHsse zu gelangen. Da der physiologische
Versuch hiertiber, wie er auch von Emmingkaus
angestellt wurde, auf die Haut des Hundes an-
gewieaen ist, so musste der Vergleichzwischen dieser
und der menschlichen Cutis angestellt werden, zumal
in den Arbeiten von Rollett, Langer u. Tomsa
die Cutis nur in ihren Eigenschaften als elastisclie
Umhtlllting des Korpers berllcksichtigt wurde. Um
die Haut in einen Zustand von Qucllung und Weich-
heit zu bringen , in dem sic sich in feine , fflr die
mikroskopische Untersuchung geeignete Schnitte zer-
lcgen liisst, bediente sich St. folgender Verdauungs-
methodc.
Das rasirte , auBgeachnittene Stuck Haut wird Qber
einen Glaaring von 20 — 30 Mmtr. Durchmeaaer pespannt
and ineine VerdauungBtiussif’keit gelegt. welche aua einer
Losnng von 2 Cctmtr. Salzaaure in 1000 Cctmtr. Waaser
und einem Glycerinpepsin besteht. Die Fliisaigkeit wird
1- oder 2mal erneuert und die Haut bci einer Teinperatnr
von 38 — 40° C. 4 — 6 Std. der Verdauung anageaetzt. Ea
tritt dadurch cine QneUung und AuHoaung des collagenen
Gewepca , der noch nicht verhornten Zcllkorpcr , der
JV erven und endlich sogar cine Vcrfliiaaigung dea grosaten
Theila der elastiacben Gcbilde ein. Darauf wird das auf-
geapannte Hantstuck abgeapult und 24 Std. indeat. Wasaer
gelegt , wobei es um das 4- bis Gfache aeincr Dicke auf-
quillt. Ea laaat sich jetzt leicht in feine Schnitte zer-
legeu , die man weitem Behandhmgaweiaen der mikroako-
piacheu Technik unterziehen kann (Farbung mit Carmin,
liaraotoxylin u. a. w.). Auch die injicirte Haut laaat aich
nach dorsclben Methode bchandcln. Zur Injektion be-
nutzte St. eine klare, waaaerige Loaung von Horliner-
blau, die er unter einem constanten Drucke von 200 — 300
Mmtr. Quecksilber in den Arterienatamm einer Extremltat
spritzte. Die zu injicirende Extremitat wird oberhalb
der lnjektion8steIle mit einem Measingdraht (eat abge-
scbndrt, am das Auataafen der Flussigkeit nach dem
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K5rper hin zu verhuten. Man injicirt so lange , ala fiber-
haupt unter diesem Drucke noch ein Einstromen atatt-
flndet, gewohnlich mehrere Stunden. Der Farbstoff
schlrigt aich dabei innerhalb der Gcfaaae niedcr, daa
Waaaer aber tritt dnrch die Gefaaswand in daa Binde-
gewebe, erzeugt bierbedcutendesOedem und flleaat 5ftera *
in feinen Tropfcheu durch die Cutis ab.
1) Die Lageverhaltnisse der elaatischen Faaern
und der Bindegewebszellen zu den collagenen
Bundeln.
An einem senkrechten Schnitte liegen in dem
Itaume zwischen Haarbalgen, Fett- und Schwdiss-
drilsen ein elastisches Netz und zalilreiche Zellen.
Die bogenformigen Begrenzungsfasern der Maschen
des Netzes sind von ungleicher Starke; von den
stilrksten derselben zweigen sich zartere ab , so dass
die grbssern Rinme zwischen ihnen in ein immer
feineres Netzwcrk zergliedert werden. Die in der
Mitte der Cutis gelegenen starken Binder kann man
meist gegen den Haarbalg liin verfolgen, welcher
danach von einem korbartigen elaatischen Netze um-
schlossen zu sein scheint. Von dieser Umhttllung
des Haarbalges geht eine zarte elastisclie Faserung
mit dem Erector pili nacli aufwUrts , die sich unter-
wegs in feine , in das elastische Netzwerk der Cutis
Ubergehende Zweige vertheilt-. Flichenschnitte zei-
gen, dass die collagenen Faaern geradlinige Ztlge
bilden, die parallel der ' Hautoberfl&che liegen und
sich inannigfacli kreuzen ; sic steigen also beim
Hunde nicht schritg vom Unterhautgewebe gegen die
Epidermis auf, wie es an der menschlichen Cutis be-
schrieben wird.
Von den Zellen , die dem Stroma der Cutis an-
gehoren , haben die einen rnndliche, die andem
spindelfbrmige Kerne. Die ersteren sind viel seltner
mid wesentlieh an den Orten zu finden, die reich-
liche Blutgefiisse besitzen, wie die Oberfl&che der
Cutis und das Unterhantbindegewebe ; sie sind sehr
wahrsclieinlich Lymphzellen. — Die Zellen mit spin-
delfdrmigen Keruen widerstehen der Verdauung sehr
lange und ein grosser Theil von ihnen befindet sich,
anch wenn das collagene Gewebe vbllig verschwun-
den ist, noch in normaler Lage. Die l&ngste Achse
ihres Kerns liegt in der Richtang des collagenen
Faserzugs und bei starkerer Verdauung bilden sie
oft einen Belag der stkrkeren elastisclien Fasern in
znsammenhilngenden Schichten. Sie gleichen den
von Schweigger-Seidcl an den Faserztlgen der
Homhaut und von Ranvier an denjenigen der
Sehnen beschriebenen Zellen.
Ausser der in die Gewebe imbibirten liegt Fltls-
sigkeit in denSpalten, welche zwischen den unebenen
Formbestandtheilen um so mehr entstehen mflssen,
als dieselben vermflge ihrer Elasticit&t ilire eigen-
thtlmliche Gestalt immer zu erhalten snehen. Da die
Lehre von der Saftbcwegung in der Cutis mit der
Kenntniss ihrer morphologischen Eigenschaften nicht
erschdpft ist, so mtlssen hierUber in Zokunft ’neue
Untersuchungen angestellt werden.
2) Die Verbreitung der Blutgefasse stimmt
mit dcr von Tomsa beschriebenen Gef&ssvertharlnng
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132
III. Hygieine, Difttetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
in der menschlichen Haut im Wesentlichen flberein ; schen Umhtlllung dee Haarbalgs und ein Theil der-
namentlich bleiben auch beim Hunde die zwischen selben gesellt sich dem elastischen Netzwerk dee
das Fett , die Muskeln und Drtisen eingeschobenen obem Theils der Cutis bei.
Bindegewebsmassen frei von Gefkasen. Zura Sellings weist S t. darauf tun , dass die der
3) Die Schweissdrusen der Hvuidehaut sind Verdauung wideretehende Httlle der st&rkeren und
sehr zahlreich und mttnden zwischen der Oeffnung feineren BindegewebsbUndel denselben zuweilen ein
der TalgdrOse und der Austrittsstelle des Haares in quergestreiftes Aussehen verleiht , so dass sie qoer-
den Haarbalg ein. Die Wandung ihres Sclilauches gestreiften Muskeln ihnlicli sehen.
besteht aus einer iussern Lage platter Zellen, welche Die Capillaren der stark verdauten Cutis sind
von dem Epithet durch eine selir feste, flberall gleich bisweilen nur durch den Vergleich mit dem injicirten
starke und homogene Schicht getrennt wird. Prftparate von Nervennetzen zu unteracheiden. Doch
4) Der Erector pili besteht aus einem Zuge ist der Verlauf der Nervenfkden meist geradiiniger
elastischer Fasem, mit eingesprengten Muskelzellcn. und die Kerne der Nervenscheide stehen weiter aus
Erstere stammen, wie oben erwihnt, aus der elasti- einander als die der Blutgefksse. (F. Hesse.)
III. Hygieine, DiStetik, Pharmakoiogie u. Toxikologie.
389. Ueber die pharmakologisohe Gruppe
des Piperin und des Atropin; von Prof. R.
B u c h h e i m. (Arch. f. exper. Pathol, u. Pharmakol.
V. 5. 6. 1876.)
A. Piperin.
1) Vf. fand die bereita von Pelletier gemachte
Angabe, dass der eine der beiden im schwarzen
Pfeffer enthaltenen Stoffe (welche letztere bei ana-
loger chemischer Constitution sehr ahnliche Wir-
kungen zeigen) , ‘das Piperin, um so weniger scharf
schmeckt, je reiner es ist, bestfttigt.
Seine Reindarstellung in vierseitigen , fast ganz
weissen Saulen beruht auf der Unloslichkeit dieses Alka-
loides in Wasser (daher die fast complete Geschmacklosig-
kelt der auf die Zunge gelegten Krystalle) und Aether,
Fortschaffung eines anhaftenden sauren Harzes durch Be-
handlung mit Thierkohle , Auskochen der alkoholischen
Lftsnng mit Thierkohle und Umkrystallisiren des rohen
Piperin aus Alkohol. Neben dem Piperin ist im schwar-
zen Pfeffer ein zweites in das athcrische Kxtrakt der Dro-
gue ubergehendes, von Vf. nach derMutterpflanzeChavica
off. „C/iavicin u benanntes amorphes, durch Schutteln mit
Kalilauge , Behandlung mit Thierkohle und L'nifcrystaili-
siren aus moglichst wenig Aether wenigstens piperinfrei
zu erhaltendee Alkaloid von Consistenz eincs dicken Ter-
pentin und ausserordentlich scharfem Pfcffergeschmack
enthalten. Piperin so wenig wie Chavicin bilden mit
Siuren Salze. Wegen grosserer Loslichkeit in wassrigen
Flussigkeiten schmeckt Chavicin vie! scharfer brennend
als Piperin. Beim Kochen mit weingeistiger Kalilosung
nnd unter Wasseraufnahme wird Piperin in Piperidin und
Piperinsaure , Chavicin in Piperin- und Chavicinsaure
(letzteres durch Unkrystallisirbarkeit und Leichtldslich-
keit in Alkohol von der Piperinsanre unterscheidbar) ge-
spalten. Piperin ist ein Piperidin N j g sH| °, in welchem
das noch vertretbare Atom H durch den Rest der Piperin-
siure (Ci,H«0]) «— N ersetzt ist; Chavicin ein
Piperidin, in welchem 1 Atom H durch den Rest der
Chavicinsaure ersetzt ist.
2) In der Bertramwurzel (Radix Pyrethri) fand Vf.
bei einer der unter 1 angegebenen anaiogen Behandlungs-
weise einenStoffPyrethrin, von ebenfalls brennendemGe-
schmack , talgahnlich , aus mikroskopischen Nadeln be-
stehend, in Wasser, verdunnten Sauren und Alkalien un-
IfisUch, leicht loslich in Alkohol und Aether (Piperin ist in
letzterem unlftslich), mit Aetzkaik Ammoniak entwickelnd
nnd nach Neutralisation des Destiliats schwefeisaures Pi-
peridin liefernd, also zu denselben Gruppe, wie das Piperin
gehMg, vor.
3) In der Parakresse (Herba Spilanthis) befindet sich
ein dritter homologer und bei der Kalibehandlung eben-
falls (ein schwefeisaures Salz bildender) Piperidin liefern-
derKorper, welchen B. mit dem aus der Rad. Pyrethri
stammenden fur identisch halt.
4) Das zuerst von C a h o u r s durch Einwirkung von
Clilorbenzoyl auf Piperidin dargestellte Benzopiperid
untersuchte B. ebenfalls. Dassclbe ist als Piperidin , in
welchem 1 Atom H durch Beuzocsaure C T H 4 0 vertreten
! C H
Ct'h'o’ Auch
das Benzopiperid schmeckt scharf und brennend , ist in
farblosen Krystallen zu erhaltcn und liefert, mit Kalilauge
(alkoholischer) 24 Std. behandelt , nach der Destination
im Paraftinbade und Neutralisation mit Schwefelsaure,
schwefeisaures Piperidin. Kndlich gehort
5) das von Cahours durch Behandlung von Chlor-
cumyl mit Piperidin dargestellte Cumylpiperid, d. h. Pipe-
ridin, worin 1 Atom H durch Cuminsaure (C, 0 H,,0) er-
setzt ist, hierher : N J q.
S&mmtliche 5 Gliedcr der Piperingruppe sind so-
mit als Piperidin, worin 1 H durch die entsprechende
(Piperin-, Chavicin- , Pyrethrin- etc.) Siiure ersetzt
ist, zu betrachten und werden durch Kochen mit al-
koholischer Kalilbsung unter Wasscreintritt insge-
sammt in Piperidin und die entsprechende, im Destil-
lationsrtlckstande bleibende Saure gespalten ; alle 3
Glieder dieser Gruppe ilussem unbedeutende physio-
logische Wirknngen , bilden keine Salze mit Siuren
und mtlssen somit zu den Amiden (nieht wie bisher
zu den Alkaboiden) gerechnet werden. Dire Kry-
stallisirbarkeit ist derjenigen der darin 1 Atom H
ersetzenden organischen Skure adiqu&t. Eine her-
vorragende Rollc in derTherapie zu spielen sind die-
selben , wie auch aus den Versucben J. C. Neu-
mann’s hervorgeht, jedenfalls nicht bestimmt.'
B. Atropin.
Nach Lossen spaltet sich Atropin (C, T H U NG 3
+H,0) in TropasOure und Tropin und ist somit als ein
! C h O
H * M , worin das eine noch vertretbare
Atdm H durch den Rest der Tropaaaure (C t H«0,) ersetzt
in ti o
ist: N betrachten. Kraut und Hfibscta -
mann entdeckten in der Tollkirsche neben dem Atropin
noch ein zweites, nach der empirischen Formal C, ,H„NO,
zusammengesetztes Alkaloid, welches letzterer Belladotmin
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133
III. Hygieine, Di&tetik, Pharmakologie n. Toxikologie.
nannte. An einem von £. Merck bezogenCn, als Hoh-
bclladonnin bezeichneten Abfallsprodukte bei der Atropin-
darstellung im Groasen iaolirte Buchheim nach einer
im Original zu vergleichenden , auf der UnlSalichkeit dee
Atropinaulphata in Aether beruhenden Methode 600 Gram.
Belladonnin. Letzteres stelit eine achwierig zn trocknende,
gelbbraune barzahnliche , pulveriairbare, leicht in Wein-
geist und Chloroform , schwerer in Aether lOsliche Masse
dar. Nachdem Belladonnin in einem Kolbcn mit Ruck-
fluaakuhler 24 Std. lang mit einer alkoholiachen Knli-
loaung gekocht, mit Waseer verdnnnt und mit Schwefel-
aanrc veraetzt worden war, schied aich eine braune har-
zige Masse ( Belladonninsaure ) ab. Das Filtrat, durch
Kalilauge alkalisch gemacht , wurde mit Chloroform aua-
gezogen und die Chloroformloaung mit verdunnter Schwe-
felsaure geschiittelt. Nach dem Abdampfen des Schwefel-
saureuberachusses durch Barytwaaser und Kindampfen deB
Filtrates resultirte krystallinischea schwefelsaures Tropin.
Belladonnin ist sonach als ein Tropin , toorin ein ersetz-
bares Atom H durch Belladonninsaure vertreten ist, zu be-
trackten.
Tropin wurde sub dem Ruckstande dee Rohbelladon-
nin von der Belladonnin- und Belladonninsaure-Darstel-
lnng durch Destination bei 203 — 210° C. als farblose , an
der Luft braun werdende , dem RicinusSl an Dickflussig-
keit gleichende tind nach einiger Zeit krygtaUinisch er-
starrende Masse , welche aich leicht in Wasaer und Alko-
hol lost und alkaliache Reaktion zeigt, gewonnen. Auch
das Tropinaulphat iat schon kryatallinisch und leicht in
Wasaer iOslich. Endiich stellte Buchheim durch Be-
handlung dea Tropin mit Chlorbcnzoyl das Benzoyl-
tropin, d. h. ein Tropin, worin daa eraetzbare 1 Atom
! n u O
c'u'q dar.
Eine vergleichend physiologische Prtlfhng der
Pupillen and Herzwirkung dea Tropin , BeUadon-
nin und Benzoyltropin , welche 0. Schmiede-
b e r g anstellte , ergab , dass Tropin die Pnpille gar
nicht und die Hemmungsapparate des Ilerzens nur
nnerheblich beeinflusst, dass vielmehr beide Wirkun-
gen erst in den gepaarten, d. h. denjenigen Verbin-
dungen des Tropin , in welchen 1 II durch Tropa-
silure , Belladonnin- oder Benzoes&ure vertreten ist,
— am prftgnantesten im Atropin , weniger intensiv
im Belladonnin, zurGeltung gelangen. Von Daturin
wiasen wir durch v. Plants und v. Schroff sen.,
dans dieses Alkaloid zwar dieselbe procentische
Zusammensetzung wie das Atropin — daher auch
dieselbe empirische Formel wie letzteres — besitzt,
jedocli doppelt so intensiv in den angegebenen Rich-
tungen [imd auf die Grosshirnfunktionen] wirkt.
Buchheim vermuthet daher, dass im Daturin die
Tropasilure durch eine metamere Sfture vertreten
sei, eine Ansicht, welche so lange, als bei der Sp&l-
tung des Daturin keine Tropasilure erhalten und als
solche erkannt worden ist, sehr pl&usibel erscheint.
Endiich macht Vf. bezllglich des Hyoscyamin
die interessante Mittheilung, dass in der bei der
Darstellung des ersteren restirenden Masse noch ein
zweites, ganz anders als Hyoscyamin wirkendes,
bez. Refiexkrampfe — bei Frdschen — erzeugen-
des Alkaloid [dergleichen Krftmpfe erzeugen von den
Solaneenalkaloiden nnd deren Substitutionsprodnkten
anch Atropin (Fraser) und Benzoyltropin (Buch-
heim), Hyoscyamin niemals ; Buchheim, Hell-
man n] enthalten sei. Dasselbe wtlrde, ebenfalls
amorph , dem Belladonnin in der Belladonna analog
sein. Buchheim schl> vor, dasselbe, nach
der persischen Bezeichnung: siker&n fllr Hyos-
cyamus, „Silceranin“ zu nennen.
(H. Kdhler.)
390. Ueber die elektive Wirkung und die
Eliminationsweise des Chin in ; von Dr. P. A 1 -
bertoni undProf.Francesco Ciotto zu Padua.
(Gazz. med. Ital., Provinc. Venete XIX. 12. 1876.)
Wenngleich die Elimination des Chinin durch
den Harn feststeht, so sind doch nur wenige und
noch dazu negativ ausgefallcne Vcrsuche itber die
Ans8cheidung des genannten Alkaloides durch die
Galle angestellt worden. Letzteres ist urn so rnehr
zu bedauern , als die Beziehungen der Leber zu der
Malariainfektion bekannt sind und man mit Gubler
annelimen kann , dass die Arzneimittel die Funktio-
nen deijenigen Organe, welche mit ihrer Elimination
betraut sind , in erster Linie zu beeinflussen pflegen.
Ausser dem Nachweis in der Galle ist VfF. auch die
Auffindung des Chinin in verschiedenen innem Or-
ganen gelungen.
Vff. eztrahirten zu dieaem Behuf die entbluteten
Eingewelde mit schwefelsanrehaltigem Wasaer unddampf-
ten das Filtrat zur Extraktconaistenz ein, oder atellten
sich vonfluaaigenUnterauchungaobjekteD, wieBlut, Galle,
Harn etc. durch Neutralisation mit sehr verdunnter Schwe-
felsaure und Kindampfen ebenfalla ein Extrakt , welches
mit achwefelsaurehaltigem Alkohol digerirt wurde , dar.
Nachdem der unidsliche Ruck stand nochmaia mit fast
abaolutem Alkohol erschopft worden war , wurde der
Alkohol vom Filtrate abdeatillirt, derRflckatand inWaaacr
aufgenommcn und flltrirt , daa Filtrat eingeenfft und mit
Aether, bis dieaerNichta mehr aufnahm, geschiittelt. Von
der fur sich getrennten Aetherachicht wurde der Aether
abdeatillirt, der Ruckstand mit friach gefalltem Baryt-
hydrat behandelt , das Alkaloid durch Aether auagezogen
nnd schluaalich anch die letztc Spur freier Schwefelsaure
durch Digeation mit Bleioxydhydrat entfernt.
Fur den Nachweis dea Chinin wurden die bekannten
Reagentien : Chlorwaaser (l°/ 0 ), Ammoniak (68.6 Grmm.
zu 1 Liter Waaaer) und Kaliumeiaencyaniir (60 Grmm. zu
1 Liter Waaaer) verwendet ; znr Controle dienten LSann-
gen von Chininaulphat in der Starke von 0.001 — 0.00026
Grmm. zu 1 Cctmtr. Waaaer.
Vff. erfirtem zunftchst die Frage, ob innerlich
gereichtes Chinin mit der Galle eliminirt wird, bez.
in diese Ubergeht. Der Nachweis des Chinin gelang
2 — 5 Std. nach Einverleibung in der Galle in 3 Ver-
suchen (an Hunden). Sofern sich bei einer Exkretion
von etwa 400 Grmm. Galle in 24 Std. stets nicht
mehr als 9 — 20 Grmm. Galle im Mittel in der
Gallenblase befinden, und auch wenn nur 0.6 Grmm.
des Alkaloides durch das Maul Hunden beigebracht
sind , der Nachweis des Chinin in der Galle gelingt,
*muss die Elimination desselben mit dem Lebersekrete
eine sehr rege und augenscheinlich vollstilndige sein.
Wo kein Chinin in der Galle aufzufinden ist, war die
Resorption vom Darmk&nale aus durch zu grossc
AlkalinitUt des Darminhaltes oder Vorhandensein
grosser Mengen freier Gallensfture , mit welchen das
Chinin unidsliche Verbindungen eingeht, verlangsamt,
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134!
III. Hygienic, Difttetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
nnd wiederholt fandenVff., auch wenn dieGalle kein
Chinin enthielt, solches in der Leber vor.
Chinin auf andern We gen dem Organismus
einverleibt, passirte den Pfortaderkreislauf nicht
nnd wurde nicht mil der Gal/e , sondern mit dem
Nierensebrete eliminirl. In diesen Fallen kommt
die Chininwirkung anf die Leber in Wcgfall ; viel-
mehr gelangt das Alkaloid sehr bald in das Herz
nnd von da durch die Carotis zu den Nervencentral-
organen , weswegcn es nicht wunderbar erscheinen
kann , dass nach subcutaner Injektion in erster Linie
die Nervensphare durch das Chinin bceinflusst wird.
Alsdann kommt, wie bereits Schroff sen. seiir
richtig hervorhob , nicht die therapentisclie , auf die
Leberzellen gerichtete, sondern die physiologisch-
toxische Wirkung des Chinin zur Bcobachtuug, und
demgemass wird das Alkaloid nicht in der Galle
oder der Leber , sondern im Ilarn wieder aufgefun-
den.
Vff. crdrtem ferner, ob nach innerlicher Ein-
verleibung dee Chinin vielleiclit ein Theil des
Chinin , oline den grossen Kdrperkreislauf zu be-
riihren, von den Pfortaderasten des Darmkanals
aufgesogen , direkt der Leber zugefuhrt wird , mit
der Galle in das Duodenum gelangt und vielleicht,
von den VV. meseraicae nochmals resorbirt, in den
Leberkreislauf iibergefiihrt , mit der Galle in den
Darm ergossen , bez. mit den Faces eliminirt wird,
und so iintcr Vcrmittlung des kurzen Darm-Leber-
kreislaufs densclbenWeg zweimal macht, ehe es den
Organismus verlasst. Dass sich die Eisenpr¶te,
denen Vff. ebenfalls einc specifischc, anf die Leber-
fuuktionen gerichtete Wirkung (wodurch sie die
Sanguinifikation besclilcunigen u. begtinstigen sollen),
zuschreiben, und das Curare, welches bekanntlich
subcutan injicirt, ganz anders wie innerlich einver-
leibt wirkt, so verhalten, ist bekaqnt. Nach Vff.
8chliesst sich Chinin den genannten beiden andern
Mitteln an. Nach Beibringung durch den Mund wird
stets eine grossc Menge unverandertes Chinin in den
Faces angetroflfen ; da es in diesem Falle dcr Haupt-
sache nach nur den Pfortaderkreislauf passirt , so
wird man , um bci Malaria cnergisch auf die Leber-
funktionen zu wirken , wie dieses auch die klinische
Erfahrnng bestatigt, ftlr die Knr der genannten
Krankheit weniger, aber grosser Chiningaben be-
dUrfen.
Endlich snehen Vff. festzustellen, wie. lange das
Chinin nach seiner Resorption im ThierkOrper
verxoeilt und in welchen KOrpertheilen es chernisch
nachweisbar ist. In dieser Hinsicht haben zahlreiche
Versuche ergeben, dass das Chinin bereits 1 Std.
nach seiner innerlichen Einvcrleibung im Blutc, nach
2 — 3 Std. in den Eingcweiden, nach 3 Std. im Ham
nnd nach 4 Std. in dcr Galle nachweisbar ist.
Wernor’s Versuche, welcher das Alkaloid noch
16 Std. nach der Medikation im Ham auffand, be-
weisen, dass dasselbe lange im Organismus verweilt,
bez. langsam wieder ausgeschieden wird. Beim
Menschen fanden sich 6 Std. nach der Einvcrleibung
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von 0.6 Grmm. Chininm sulfmic. 0.045 Grmm. des
Chiuinsalzes im Ham vor. Von innem Organcn, aus
deren Parenchym Chinin isolirt werden konnte, sind,
ausser dcr Leber, die Milz, der Darm nnd das Him
zu nennen. In ictztcrem ist es namentlich schnell
nach der innerliehen Iiinverleibung auffindbar. Auch
im Herzen wird Chinin nach derselben genannten
Applikation in kleinen Mengen angetroffen ; grdssere
Mcngen finden sich nach subcutaner Injektion nnd
Einspritzung in die Jugularvenc daselbst vor. Die
Resultate von 16 an Hunden und Menschen ange-
stellten Versnchen fassen Vff. in einer Tabelle zii-
sammen, welche eine kurze Wiedergabe nicht gc-
stattet. (H. Kohler.)
391. Zur Pharmakologie des Queoksilbera
und seiner Prftparate ; nach Marie; v. Bam-
berger; Hamburger.
Dr. MaxMarle in Breslan (Arch. f. experim.
Pathologie u. Pharmakol. III. 5 u. 6. p. 397. 1875 s )
untersuchtc das Verhalten des Sublimat gegen saure
Huhnereiweissldsuug, sauren Mngensaft von Tldcrcn,
Peptone und Lftsnngen von Serumalbumin.
Gegen saure Tlulinereiweissldsung ist das Ver-
halten des Sublimat vbllig abweichend von dem gegen
alkalische Eiweisslosung. In 10 Cctmtr. einer Illlhner-
eiweisslosung be wirkt 1 Cctmtr. einer 1% Sublimat
nnd 10 °/ 0 Koclisalz enthaltenden Lbsung deutliche
Trttbung , 1 Cctmtr. einer 1 °/ 0 Sublimat und 20° /„
Koclisalz enthaltenden Lbsung einen anschnlichen
"Niederschlag , wShrend einc 20°/ 0 Kochsalz ohne
Sublimat haltende Losung keine Triibung hervor-
braclite. Der durch Sublimat und Koclisalz bewirkte
Niederschlag kommt nach M. jedenfalls durch cbe-
mische Verbindung des Sublimate mit dem Ei weiss
zn St&nde, da er ansehnliche Quecksilberreaktion
giebt.
Im Magensaft erzeugt Snblimat nach M.’s Vcr-
suchen einen Niederschlag nicht, wenn der Gchait
der Lbsung l°/ 0 nicht iibersteigt. In Pepfoulosungen
erzeugte Zusatz einer lprocent. Sublimatlbsung deut-
liche Triibung, doch blieben sie vbllig klar nach
Zus&tz einer der innerlichen tlicrapentischen Anwen-
dnng entsprechenden Concentration (0.03°/ 0 ) der
Sublimatlbsung , es tritt also nach Anwenduug der
therapeutisch gebrauchlichen Sublimatconcentrntion
anch ohne Zusatz von Kochsalz eine Fkllnng der
Peptone nicht ein. Im Serumalbumin wnrde die
Fftllung verhindert , wenn dem Snblimat mindestens
die lOfache Menge Kochsalz zugesotzt wnrde.
Bei der Magenverdauung ilnssert Snhlimat allein
einen auffallend hemmenden Einfluss auf die Ueber-
ftlhmng der Eiweisskbrper in Peptone , sclbst wenn
nnr kleine Mcngen Sublimat einwirken ; die die Ver-
dauung hindemdc Wirkung wird proportional der
zunehmemlen Sublimatmenge stirker, verringert sich
jedocli im Verhftltniss zur znnehmenden StArke der
Verdanungsflilssigkeit. Ueberschreitet die Sublimat-
menge im Verhkltniss zum Pepsingehalt eine gewisse
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135
HI. Hygieine, Diatetik, Pkaraakologie u. Toxikologie.
Grenze, so wird jegliche Verdauung aufgeboben.
Dabei aimmt die verdauuugshemmentle VVirkung dea
Sublimat wakrend dea Ablaufs der Verdauung all-
milig an Intensitat zu. Nach den Versuchen, die M.
bell ufe der Aufklaruug dieses Verhalteua angeatellt
bat, lifest aicli t’aat mit Sicherlieit aublieaaen, dass eine
Zers toning des Pepsin durcb das Sublimat niclit be-
wirkt wil'd , sondern namentlicli der Umstand , damn
die Intensitat der Verdauung wihrend des Ablaufes
der letzteni immer mehr abgesch wiiclit wirnle, machte
es walirscbeinlieh , dass die Eiweisskorper durcb
lingere Bertllirung mit dem Sublimat geeigneter wer-
den , dem Angriff des Pepsin zu widersteheu , und
sehr walu'scheinlich berulit dieses ver&nderte Ver-
halten der Eiweisskorper gegen Pepsin auf einer
cbemiscben Verbiudung, die das Sublimat aucli in
sourer Lbsung mit denselben eingebt.
Kochsalz allein beeinfiusste in kleinem Mengeu
die Magenverdauung niclit merkiicb , in grbsaern
Mengen bewirkte es eine mkssige Verlangsamung,
die jedock bedeotend geringer war, als bei Zusatz
von Sublimat.
Sublimat mit kleinen Mengen Kochsalz, sowie
das Doppelsalz des Sublimats mit dem Kochsalz
(ClHg -f- CINa) bcmnit die Uebei-fiilinuig in Peptone
niclit starker als die gleiclie Dosis Sublimat fiir sick
allein. Die gleickzeitige Einwirkung von miissigen
Mengen Sublimat und Kochsalz in grbsserer Gabe
hcmmt die Verdauung so bedentend, dass dieser
liemmende Einfluss sich nicht allein aus dem biosen
Zusammenwirken der angewendeten Mengen Sublimat
nnd Kochsalz erklaren Ulsst ; M. uimmt an, dass die
clieraischc Verbindung des Sublimat mit dem durch
die Koclisalzeinwirkung gcsclirumpften Eiweiss fllr
die UeberfHbrung in Peptone ganz besondere Sclrwie-
rigkeiten bietet. Wie M.’s Venmche mit Htthner-
eiweiss ergaben, entstcht eine chemische Verbindung
des Eiweisses mit dem Sublimat.
Aus dieseu Versuchen folgt nach M. , dass beim
innerlichen Gebrauch von Sublimat sowohl stark
kochsalzlialtige Nakrung, als aucli der tberapeutische
Zusatz grbsserer Koeksalzmengen vermieden werden
muss. F(tr die subcutanen lnjektionen verhalt es
sid> hingegen an dem, da Sublimat mit entsprechen-
den Koeksalzmengen keine Gerinnung von Serum-
albumin bewirkt, wohl aber Sublimat allein. In einer
grbssern Anzabl von Fallen, wo Sublimat allein und
Sublimat mit Kochsalz gleichzeitig in derselben Dosis
an symmetrischenKorperstellen eingespritzt wurden,
war die Schmerzhaftigkeit fast ohne Ausnakme auf
der Seite geringer , auf welcber Sublimat mit Koch-
saiz eingespritzt war, und die nach reinen Sublimat-
i^jektioneu zurtlckbleibenden Bindegewebaknoten
traten bei Zusatz von Kochsalz entweder gar nicht
oder dock in geringerem Umfange auf.
Prof. H. v. Bamberger (Wien. mod. Wochen-
aclir. XXVI. 11. 1876), tlberaeugt von den grossen
Vorthedlen, welcbe die subcutane Injektion von Queck-
silberprkparaten zu bieten im Stande ist, halt es fUr
die weitere Verbreitung der Methode fUr erforderlicb,
dass zu diesem Zwecke statt des Sublimats ein brtlich
mebr indifferent sick verkaltendes Quecksilberprftpa-
rat in Anwendung komme. Er empiieklt dazu Queck-
silberalbumiuat in einer Cliloniatrium lbsung | boreits
im J. 1872 von Staub in Strassburg — vgl. Jakrbb.
CLVI. p. 153 — zu gleichem Zwecke vorgeschla-
geuj uud giebt fllr die Darstellung des Prilparats
folgende Vorschriften.
Zur Darstellung bedient man sick nach B. am
besten des llilhnerei weisses, das man nach Entfer-
nung der Membraueu mit Wasser verdUnnt und filtrirt,
dann mit Sublimatliisuug fallt, den Niedei'scklag lost
man, ohne zu filtrireu , sogleich in Cliloniatrium und
filtrirt dann. Man kaun aucli zuerst die Chlomatrium-
lbsung mid dann die Sublimatlbsung in deu spelter
auzugebenden richtigeu Verkaltnissenzusetzen, wobei
sick gar kein Niedersclilag , sondern nur lbsliclies
Albuminut bildet.
Die einzige Schwierigkeit bei iliesen Bereitungs-
weisen liegt in der Filtration , die B. in der Weise
ausflllirt , dass er das mit Wasser verdilnute Eiweiss
durch ein niclit zu grobes Tuck colirt und cs dann
durch einen Glasti'icbter uiit Glaswolle entlialteuder
Kugel Hiesseu lksst. Auf diese Weise erhklt man
das Prkparat ganz klar oder kbekstens ganz leicht
opalisirend.
Wenn man das Serum mit Su blima t filllt mid den
Niedersckag mit Cklornatrium lost, so ist die Lbsung
immer etwas trtlbe und muss mindestens 2 — 3 Tage
ruhig in einem bedeckten oder geschlossenen Gefdsse
stelien , dann filtrirt man entweder wieder zuerst mit
Glaswolle oder gleicli durch ein angefeuclitetes dop-
peltes Filter aus schwediscliem Papier. Die Filtra-
tion dauert, auch wenn die Menge niclit bedeutend
ist, gewdhiilich melirere Tage, doch darf man sie
nicht zu beschleunigen sueben.
In Bezug auf die Concentrationsverhaltnisse der
einzelnen Flllssigkeiteu fand B. am zweckm&ssigsten
eine Verdtlnnung des Eiweisses mit dem l 1 /,- bis
2facheu Volumen destillirten Wassers, eine 5procent.
Sublimatlbsung und eine 18 bis 20procent. Chlor-
natriumlbsung.
Da die Flflssigkeit absolut kein freies Queck-
silberchlorid entlialten soil, so darf man bei dem
Zosatze desselbeu die Grenze der F&llbarkeit des
Albumins nicht tlberschreiten, doch istesandererseits
rfithlich, dieser Grenze so nahe als mbglich zu kom-
men , weil die Flllssigkeit um so leichter zu filtriren
ist nnd sich urn so besser halt , je weniger freies Ei-
weiss sie enthalt. Um dieses Verhaltniss zu bestim-
men , mackt man , wie B. rath , zuuachst mit ganz
kleinen Mengen eine vorbereitende Probe in der
Weise, dass man 3 — 4 Cctmtr. der Eiwcisslflsung
auf ein grosseres Uhrglas bringt, dasselbe auf ein
schwarzes Papier oderGlas stellt und aus einer Glaa-
hahnburette Tropfen fllr Tropfen der Sublimatlbsung
zufiiesaen lasst. Auf diese Weise kann man mit
grbsserer Sch&rfe das Ende der Beaktion erkennen.
Fllr die Gesammtmeoge nimmt man etwas weniger
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III. Hygieine, Diltetik, Pharmakologie n. Toiikologie.
als sich durch die Probe als erforderlich heraus-
gestellt hat. Die Chlornatriumldsung setzt man in
gleicher Weise zur Probe tropfen weise zu , bin nur
eine leicbte Trttbung bleibt, die sich nicht weiter ver-
mindert.
Nach der Voraussetzung , dass das s&mmtliche
zngesetzte Quecksilberchlorid in Quecksilberalbumi-
nat umgewandelt werden mttsse, zum Tlieil durch
die Chloralkalien in Ldsung gehalten, zum Theil
durcli den nachtraglichen Zusatz von Cldomatriom
ganz oder doch mit nur uubedeutendem Verluste in
Ldsung gebracht, musste der Quecksilbergehalt der
Fltissigkeit ganz proportional der zugesetzten Subli-
matmenge sein, und die Probe zeigte, dass diessganz
genau oder nur mit gar nicht in Rechnung zu ziehen-
den Differenzen der Fall war.
Urn eine Ldsung zu erhalten , die auf 1 Cctmtr.
genau 1 Ctgrmm. Quecksilberalbuminat enthalt,
nimmt B. 100 Cctmtr. Eiweissldsung , 60 Cctmtr.
bprocent. Sublimatlosung und 60 Cctmtr. Kocbsalz-
losung und setzt 80 Cctmtr. destillirtes Wasser zu,
so dass die Gesammtmenge der Fltissigkeit 300
Cctmtr. betrilgt ; das zugesetzte Sublimat betrkgt im
Ganzen 3.00, auf 1 Cctmtr. also 0.01 Cctmtr. =
1 Centigramm.
Die Ldsnng ist nach Bamberger’s Erfahrun-
gen ganz gut haltbar; weisslicher Niederschlag , der
sich nach l&ngerm Stehen auf dem Boden des Ge-
fUsses bildet, ist offenbar eine Reduktionserscheinung,
durch welclie, abgesehen von geringer Verminderung
des Quecksilbergehaltes , die Brauchbarkeit der Ld-
sung nicht beeintrilchtigt wird , doch muss man den
Niederschlag aus der zur Injektion zu verwendenden
Fltissigkeit sorgfhltig fernhalten.
Versuche mit der Anwendung der so bereiteten
Fltissigkeit zu subcutanen Injektionen ergaben , dass
sie , wenn sie ganz klar oder hdchstens leiclit opali-
sirend ist , eben so wenig eine drtliclie Reizung her-
vorruft, wie eine Morphiumlosung. Die Erfolge waren
in den von B. mittels dieser Losung behandelten
Fallen (meist specifische Exantheme , zum Theil von
betrachtlicher Intensitfit) ilusserst glinstig ; schonnach
wenigen Injektionen trat eine rasche Abnahme aller
Erscheinuugen ein. Sammtliche Kr. nahmen wahrend
der Behandlung an Kdrpergewiclit zu; Salivation
kam nicht vor, obwohl keine prophylaktischen Maass-
regeln getroffen wurden. Der Uebergang des Qneck-
silbers in den Harn war selir bald (schon nach 2 In-
jektionen von je 9 Mgrmm.) nachzuweisen. — Auch
flir die innerliche Anwendung scheint das Prilparat
sehr geeignet; zwar konnte man annehmen, dass,
wenn der Magen freie Salzskure entlialt, das Queck-
silberalbuminat sich wieder in Quecksilberchlorid um-
wandeln wtlrde, doch kdnnte man dem vorbeugen,
wenn man vorher durch eine geringe Menge eines
alkalischen Mineralwassei's die Saure neutralisirt.
Um das langwierige Filtriren der Eiweissldsung
abzukUrzen , das durch den Gehalt an Mlbarem Ei-
weiss bedingt ist , und damit die Moglichkeit zu be-
seitigen , dass das Eiweiss faulen kann , rath Dr. E.
W. Hamburger (Wien. med. Wchnschr. XXVI.
14. 1876) , der Versuche tlber die Darstellung des
Bamberger ’schen Quecksilberalbuminats im La-
bora to rium des Prof. H. Huppertin Prag anstellte,
das Ml bare Eiweiss durch Zusatz einer Saure abzu-
Bcheiden. [Wegen des von Prof. H u p p e r t zur
Bestimmung der zur Fallung gerade erforderlichen
Menge benutzten Verfahrens muss das Original ver-
glichen werden.] Um die andere Schwierigkeit, der
Grenze der Fallbarkeit des Albumins mbgliclist nahe
zu kommen , ohne dieselbe zu (lberschreiten , zu be-
seitigen, benutzte Hamburger den Umstand, dass
Quecksilberalbuminat in einer Ldsung von kohlen-
saurem Natron weiss bleibt , so lange kein Ueber-
sciiuss von Sublimat vorhanden ist , ausserdem aber
in Folge der Bildung eines basischen Quecksilber-
salzes gelb , rdtlilich oder brauu wird , so dass man
durch Einbringen eines Tropfens der Quecksilber-
albuminatlbsung von Zeit zu Zeit genau den Zeit-
punkt bestimmen kann, wann das Sublimat im Ueber-
schuss vorhanden ist.
Zu 100 Cctmtr. verdtlnnter Eiweissldsung
brauchte Hamburger 44 Cctmtr. Sublimatldsung,
die in 100 Cctmtr. 4.1 Grmm. Sublimat und 40
Cctmtr. einer Kochsalzldsung , die in 100 Cctmtr.
20 Grmm. Kochsalz enthielt; das Quecksilberalbu-
minat enthielt also nahezu 1% Sublimat.
Bamberger (a. a. 0. Nr. 14) halt den Zusatz
von Stlure zur Beschleunigung der Filtration nicht
fllr nothig, sondem glaubt, dass stkrkere Verdiinnung
mit Wasser zu diesem Zwecke vollstandig ausreicht.
Er empfiehlt demnach nachtrkglich, statt wie frtilier
1 */ a — 2 Voliunina Wasser, die Verdtlnnung mit 3
bis 4 Vol. , die ganz gut zulkssig ist, um noch die
Ei-reichung eines Quecksilbergehaltes von 1 °/ 0 zu
gestatten. Das Verfaliren Hamburger’s, den
Ueberschuss von Quecksilber nachzuweisen, bezeich-
net B. als ausserst zweckmhssig.
Die Darstellung einer vollkommen klaren und
haltbaren Quecksilberalbuminatlbsung h&ngt also
wesentlich ab 1) von der Bereitung einer vollkom-
men klaren Eiweissldsung und 2) von der Vermei-
dung jedes EiweissUberschusses in der Ldsung. Die
2. Bedingung erfUllt man durch die Anwendung der
Sodaprobe, die erste in derMehrzahl der Falle durch
4fache Verdtlnnung oder, wenn diess noch nicht
genflgt, nach B. durch Zusatz von einigen Tropfen
Glycerin zur Eiweissldsung. Nach diesem Zusatze
lftS8t man die Ldsung 10 — 12 Std. lang stehen,
schllttelt sie jedoch wiederholt stark, dann filtrirt
man sie durch ein angefeuchtetes Filter, wenn ndthig
wiederholt , bis sie ganz klar geworden ist. Nach
dem Zusatze der Sublimat- und Koclisalzldsung l&sst
man die Fltissigkeit, auch wenn sie vollkommen klar
geblieben ist, doch noch 2 Tage stehen, ehe man sie
filtrirt , und ftlllt sie in kleine FlXschchen , die man
an einem ktthlen Orte anfbewahrt.
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III. Hygieine, Difitetik, Pharmakologie u. Toiikologie.
392. Toxikologiaohe Mittheilungen ; von
A. B o 6 ; Sidney Ringer; G. F. Schreiber;
Netolitzky; Ileschl; P. Carles; H. L a s -
sing.
Eine Vermftung dutch Blatter ran La riven
viroxa (Salat) beschreibt Dr. A. Boe (Bull, de
Th6r. XC. p. 368. Avril 30. 1876.)
Am 15. Marz assen 4 Personen : ein 1 Ojiihr. Kind,
seine 28jahr. Mutter, der BOjiihr. Oheim und ein 45jahr.,
im Uause beschaftigter Arbeiter, einen ans den jungen
Trieben von LGwenzahn und Cichorie and Salatbl&ttern
zubereiteten Salat. Her Oheim fand die Salatbliitter un-
geniessbar ; die ubrigen 3 Familienglieder. wclclie davon
gegessen , erkrankten noch vor Einbruch der Nacht nnter
heftiger Kolik und Erbrechen , Pupillenerweiterung hoch-
sten Grades , Unvermogen zu sehen , Injektion der Con-
jnnetiva bulbi und dumpfein Kopfsehinerz. Bei dem Kna-
ben kamen hierzu noch Gesichtshallncinationen n. heitere
Delirien. Diese Krankheitserscheinnngen hielten etwa
36 Std. an ; nnr das Kind klagte noch einige weitere Tage
fiber Kopfweh. Hie Behandlung bestand in IJarreichung
starken sebwarzen Kaffces , wonach sich Nausea nnd Er-
brechen minderten. Das Kind erhielt ausserdem ein
Emetikum.
Diese Beobachtung widerlegt die Angabe Or-
fila’s, wonach nur das Extr. Lactucae virosae, nicht
aber die griinen Bliltter dieser Pflanze giftig wirken.
Sidney Ringer (Lancet 1. 10. p.346. March
4. 1876^ hat anf Grnnd der Erfahrung, dass Atropin
und Pilorarpin (der wirksame Bestandtheil des Ja-
borandi) sich in Beeinflussung gewisser Organ-
fnnktionen, wie der Pupillen weite, der Speichel- nnd
Schweissabsonderung , als AntagoniBten verhalten,
das Pilo e at pin in nachstehenden beiden Fallen
von Atropinvergiftung [angeblicli] erfolgreich
angewandi
1) Ein BOJfihr. Herr hatte am Wethnachtstage rrm
12 Uhr 30 Min. ans Versehen ca. 7.60 Grmm. eines atro-
pinhaltigen Liniments verschluckt. 8ehr bald wurde Pat.
bewusstlos, sein Korper steif und seine Kiefer zusammen-
gepresst. Eine Stunde spater kam er in Ilospitalbehand-
lung. Die Pupillen waren jetzt enonrn weit, und wiewohl
Pat. an ihn gerichtete Kragen zu verstehen schien , rer-
mochte er doch nicht zn antworten. Der behandelnde
Arzt applicirtedieMagenpumpe, gab innerlieh 3 Drachmen
(etwa 11.0 Grmm.) Ipecacuanhawein und liess '/ I00 Grain
(ea. 0.6 Mgrmm.) Pilocarpin wiederholt subcutan Injiciren.
Ein Erfolg wnrde danach nicht beobachtet ; vielmehr war
nm 2 Uhr 60 Min. ausscr completer Bewusstlosigkeit,
scbnarchendes Athemholen, pro see Trockenheit der Haut,
Lippen etc. , tetanische Steifheit der Ellbogengelenke,
convulsivischee Zucken der Rnmpf- und Extranitilten-
mnskeln nnd hochstgradige Mydriasis vorhanden ; Puls
104 ; Reap. 22. Um 8 Uhr Abends kehrte das Bewn set-
seta thellweise zurfick ; doch delirirte Pat. hestandig nnd
die tetanische Steifheit der Gliedermnskeln hatte zuge-
nomracn. Die Trockenheit der Haut und Lippen blleb
nnverandert. Um 10 Uhr spraoh Pat. bestandig unver-
stfindliches Zeug , rise an den Betttftehern hernm nnd war
sehr misstrauisch gegen die Uragetrang. Dieser Zustand
hielt am ganzen nachsten Tage an ; 86 Std. nach der Ver-
gifttmg stellten sich furibunde Delirien ein ; doch war es,
la de reel he ein notorischer SSufer war, schweranzngeben,
\b wirklich noch Atropinvergiftung allein Oder eine Com-
■Jlkatieu imt Delirium tremens voriag. Pat. mnsste
eftere 2 Tage in der Zwangsjacke zubringen mid erhielt
.a d^r 3. Naeht gegen Morgen 0.016 Grmm. Morphinm
si' entan. Am 4. BehamManptage kennte die Zwangs-
Ued. Ja’hrbb. Bd. 171. Hit. 2.
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jacke entferut werden. Pat. musste jedoch noch immer
1.2 Grmm. Bromkalium und 1.8 Grmm. Chloralhydrat,
weiche ihm Schlaf verschafften , erhalten. Er erwachte
gegen Abend frei von Delirium. Pat. musste bestandig
das Nachtgeschirr beuutzen , liess jedoch stets nur wenige
Tropfen Urin (MorpkinwirLuny f). Urinverhaltung be-
sland nicht. Die 4. Nacht verlief ruhig und Pat. konnte
am 6. Tage nach der Vergiftung geheilt entlassen werden.
Wahrend sonst \l t Std. nach subentaner Injektion
von 0.p2 Grmm. Pilocarpin profuse Schweiss - nnd
Speichelsekretion erfolgt (was sich auch an deni
wiedergenesenen Pat. best&tigte), genttgten im vorlie-
genden Falle 0.08 Grmm., in 2'/, Std. nuf dieselbe
Weise beigebracht, nicht, diesen EfFekt hervorzu-
bringen, wiewohl es nach der 3. Injektion auf kurze
Zeit den Anscliein hatte. Von antagonistischer Wir-
kung beztlglich der Vermelirung und Beschrftnkung
der Sekretionen kann also zwischen Pilocarpin und
Atropin nnr insofera die Rede sein, als V’,,*, Grain
(0.6 Mgrmm.) Atropin die durch Jaborandierzeugten,
profusen Schweisse etc. sofort sistirt; das Umgekehrte
gelingt nicht. [Auch ftlr den Antagonismus betrefft
der Pupillenwirkung legt obiger Bericht kein Zeug-
niss ab; die Pupillen bliebeu sehr weit, und R.’s Be-
merkung, dass er die Mydriasis nach Atropin in
andern Vergiftungsfallen bedeuteuder gesehen habe,
kann die Tliatsache , dass es nicht zu Myosis kam,
nicht eutkrftften. Ausserdem ist der ganze Fall we-
gen Complikation mit Delirium tremens und Anwen-
dung versebiedener anderer und sehr energisch wir-
kender Mittel ftlr den therapeutischen Nutzen des
Jaborandi (Pilocarpin) bei Atropinvergiftung niclits
weniger als beweiskrftftig.]
2) Die 4jahr. M. B. wnrde 5 Min. , naehdem Me ca.
16 Grmm. Belladonnalinlment vcrschhickt hatte trad sofort
wie betrunken umhergeschwankt nnd an die Wand ge-
fallen war, in halb bewusstlosem Znstande in das Hospi-
tal gebrftcht. Die Symptome der Atropinvergiftung
waren in augen falligster Wei<*e entwickelt; dazu kamen,
wie im 1. Falle, 4 Std. nach erfolgter Vergiftung convul-
sive Erscheinungen , nnd nachdcm das Kind 3 Std. im
Halbschlaf dagelegen , auch Delirien u. GeelchtshaUucina-
tionen. Diese Erscheinungen liessen erst nach 28 Std.
nach. Die Haut blieb trock n ; das bekannte Exanthem
erschien imGesicht, Nacken, an Rnmpf, Armen u. Belnen
und ebenso hielt auch die Mydriasis bis zn der 29 Std.
nach der Vergiftung nnter Eintritt mehrstundigen rohlgen
Schlafes erfolgenden Genesung an. Der Puls schwankte
zwischen 96 und 160. Hier war, weil Jatgorandi anf Kin-
der nach Ringer weit weniger schweiss- und spelchei-
treibend wirkt , als auf Erwachsene , Pilocarpin in Gabon
von 0.06 Grmm. subentan injicirt worden, ohne jeden
Erfolg in den angegebenon Richtnngen ; und gleiohwohl
reiht Vf. diese Beobachtimg der vorigen als dureh Jabo-
randi geheilten Fall von Atropinvergiftung an.
Um A conitvergif tung handelte es sich in
nachstehendem , von G. F. Schreiber in Weat-
Brooklyn (Philad. med. and surg. Reporter XXX. 4.
p. 125. [Nr. 989.] 1876) mitgetheilten Fatte. Wo
genannte Drogne schweisstreibend und herzparaly-
sirend wirkt , ist sie nach Vf. in toxischen , also zu
grossen G&ben gereicht worden; als Beleg dient
folgende Krankengeachichte.
E. B. , ein Arbeiter von 36 J. , hatte gegen Tremor
potator. MdSchlafioslgkeit urn 9 Uhr Morgens 2 Tbeeloffel
18
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138
III. Hygieine, Di&tctik, Pharmakologie u. Toxikologie,
Aconitpulver (Wnrzel) eingenommen. Bald darauf traten
to kurzen Intervallen Convulslonen auf. Pat. klagte fiber
Troekenheit im Halse, erbraeh wiederholt und lltt an
Kfilte nndTaubwerden dcr Extremitaten, sowie an grosser
Mnskelschwache. Der Puls war kaum zu fuhlen und die
blasse, runzelige Haut niit kalteui, klcbrigcm Schweias
bedeekt. Vf. Hess Senfwasser in grossenMengen trinken,
wonach Erbrechen mit Aconitwurzel vemiiBchten Magcn-
inhaltes erfolgte. Ausserdem wurdcn hcisse Saudsaeke
anf die Fusse applicirt und wiederholte Friktionen des
KOrpers vorgenomuien. Es trat jedoch nochinals Er-
brechen, von tetaniseher Starrheit der Muskeln, Vortreten
der Buibi, Suspension der Athmung und andem Vorboten
des Todes begleitet, ein. Vf. setzte nun eine Elektrode
des elektrischen Induktionsapparates auf den Nacken und
die andere auf die Ilerzgegend , worauf sich die Athmung
besserte. Pat. klagte fiber durch das Elektrisiren bewirk-
ten Schmerz und bat , ihn sehlafen zu lassen , was jedoch
Vf. nicht zugab , Bondem vielmehr den Induktionsapparat
unter grosser Nahcrung der Rollen in kurzen Zwischen-
pausen einwirken liess , da dieses Verfahren offenbar von
Nutzen war. Um 12 Uhr wurde der Puls wieder deutlich
ffihlbar; es wurde ein Klystir mit Salzwasser gcsetzt, wo-
nach Abgang mit Aconitthellen vermisrhter Faces erfolgte,
und nachdem Pat. noch einroal stark collabirt und hierauf
sofort wieder mit sebr starken Induktinnsstromeii behan-
delt worden war, trat er um 3 Uhr Nachmittags, wo ein
defer, ruhiger Schlaf erfolgte, in die Genesung ein. Pat.
war bierdurch nicht nurvonder Aconitvergiftung, sondern
auch vom Trinken grundlich kurirt.
Einen nicht uninteressanten Fall von Arsen-
vergif tung hat Dr. Netolitzky in Bdhm.-
Zwickau (Prag. med. Wchnschr. I. 12. p. 225. Milrz
1876) mitgetheilt ; die genommene Dosis Arsenik
Uberstieg die ala toxisch - letliale festgeetelltc bei
Weitem.
Vf. fand die 25jfihr. , frfiher gesunde, aber schwSch-
licbe Pat. , fiber Brenden und herben Gescbmack im
Monde und Schmerz bei Druck auf die Magengegend kla-
gend , angekleidet auf dem Sopba liegcn. Die ilaut war
mit klebrigemScb weiss bedeekt und kuhl anzufuhlen, das
Auge glanzend , die Conjunctiva injicirt , das Gcsicbt ge-
rothet, dieStimrae heiser und klangios und der Puls klein,
frequent. Dabei waren starke Herzpaipitationen zu fuh-
len und die cboleraahnlicben, bei akutem Arsenicismus zn
beobachtenden Darmsymptome stark ansgesprochen. Pat.
batte 1 Std. vorher ein wallnussgrosses Stfick arseniger
Saure in Wasser geldst unter dem Pretext , dass es ein
Mundwasser sei, inGegenwart ihrerGeschwister in selbst-
morderischer Absicht in Kaffee eingenommen nnd die nn-
gelfisten Stfickchen unter aucb der Umgebung hOrbarem
Knirschen mit den Zahnen zerkleinert und kinunter-
gescbluckt. Speicheltiuss , Durchfall, Erbrechen und
Collapsiis machten sich schon nach 30 Min. bemerklich,
und nachdem Pat. ein Gcstandniss abgelcgt , trank sie auf
vieles Bitten l 1 /* Std. nach dem Genusse des Arseniks
etwa */j Liter fetter Milch. Vf. fand Pat. nocb im Besitz
von 175 Guam, aus der eigenen Glashutte der Pat. heim-
lich entnommener arseniger Saure. Ein dem verschlnck-
ten angeblich an GrOsse und Schwere glciches Stuck wog
15 Gramm. Ordin. : grosse Mengcn Magnesia bydrica;
Unterstutzung ties Erbreclicns. Am folgenden Tage war
Pat. schr matt, dasGesicht gedunsen, dieAugenlidcr ode-
matos und die Augen fnnkelten. Erbrechen und Diarrhfie
hieltcn an. Der Urin wurde nur in sehr kleinen Mengen
(tropfenweise) entleert; er war eiweissfrei. Die Nacht
verlief schlaflos. Im llarn war wahrend dcr nachsten
16 Tage , in welchen Pat. unter Gebrauch des Ecrruui
bydratum (Antidotum Arsen?), diaphoretiseber und diure-
retischcr Mittel sehr allmiillg genas, constant Arsenik
nacbzuweisen. Die Pat. gestand nach ihrer Genesung,
aeit etwa >/, J. mit Selbstmordgedanken umgegangen su
sein und bei Gelegcubeit hauslicher Zwiste von Zcit zu
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Zeit mit tier Zunge an apfelgrosseu Arseniks tucken geleckt,
die weitere Ausfuhrung ihrer Absicht jedoch aus Angst
vor den traditionellen Lcihschnicrzenstcts in letzter Stunde
wieder aufgegeben zu haben.
Als gfinstige, bez. lebeurettende Momeute dflrfen
in vorliegendem Falle wolil der vorher getrunkene
Milchkafl'ee, die allnifilige GewShnung an den Arsen-
genuss durch das Leckcn an arseniger S&ure , und
die Schwerldslichkeit der letztern hervorgeboben
wei'den. Denizufolge dllifte die Hesorption wesent-
lich verzdgert nnd die Elimination der ftlr die Todtung
von 50 Menschen ausreiclienden Menge Arsenik znm
gross ten Theile durch das Erbrechen bewerkatelligt
worden sein.
Prof. Heschl in Wien (Wien. med. Wchnschr.
XXVI. 20; Mail3. 1876) berichtet fiber folgenden,
in hohem Grade mcrkwtlrdigen Fall von Phos-
phor ver gif tun g mit liimhdmorrhayie.
Ein 19jahr. Schnstergeseile von robustem Bau hatte
denSonntag ausserHauBe zugebracht, war Montage wieder
an der Arbeit und entdeckte an verschiedeuen Stellen
seines Korpere rothe, durch Waschen nicht zu beseitigende
Fleckeu, deren Zahl, wahrend Pat. sich sehr matt ffihltc,
zunahm uud am 3. Tage die Aufnahme des Pat. in das
Hospital veranlasste , wo bei Abwcsenheit jedcs Eiebers
die Diagnose auf , Purpura rheumatica 1- gestellt wurde.
Am Tage nach der Aufnahme fand man die filteeten der
Flecken braunroth, die jungsten hellroth , das Zabntieisch
kaum geschwellt, die Mundschleimhaut blass ; an der Zunge
und den Lippen zeigten sich kleinc Ekchynuisen. Pat.
klagte fiber Mudigkeit und verminderte Arbcitskraft und
Hess normale Mengen blutigen nnd stark eiweisshaltigen
Urlns. Am folgenden Tage blieb der Znstandunverandert.
Am nachstfolgenden konnte Pat. nur noch lallcu , wobei
jedoch das Bcwusstsein erlmlten war. Sehr bald bildeten
sich paretisclie Erscheinungen in der rechten Gesichts-
halfte nnd dem rechten Anne aus, es trat vollstandige
Lahmung des Facialis und Hypoglossus ein ; nach Mitter-
nacht kam Erbrechen und um 6 Uhr Morgens verschied
der Kranke.
Die Leiche zeigte eine schwach ikterische liautfarbe
und waren zwar wenige Todtenflecke , wobl aber allent-
halben auf der Haut punktformige bis linsengrosse Blut-
austritte , uameutlich an den Unterschenkcln , ain Epi-
gastrium, iu der Symphysengegend und an der Streckseite
der Oberschenkel, woselbst sic streifenfunnig contiuirtcn,
vorbanden. Die Pupillen waren weit.
Die Obduktion ergab starke Turgescenz des tiebiras
und Abplattung der Hirnwindungeu. Im Centrum semi-
ovale dcr linkeu Grossbimhemisphare befand sich ein
wallnussgrosscr , mit gcronnenem Blute gefullter apoplek-
tischer Herd und in dessen Umgebung waren zahlreiche,
theils isolirte , theils zu diebten Gruppen vereinigte capil-
lar e Hamorrhagicn von Punkt- bis fiber llanf komgrosse vor-
handen. In der Umgebung dieser Uerde war die Substanz
des Gehirns schwach gelblich, sehrfcucht, fast zerdiessend
weich nnd von homogcnoin , gelatinosem Anscben. Die
Arterien an dcr Iiimbasis waren normal und euthielten
flfissiges Blut. — Die Lungen waren blutreich und odema-
tos. Das Hcrztleisch war sebr consistent u. in den Kain-
merwandungen , sowie im Septum zeigten sich zahlreiche
Extravasatc von ziemlicli grosser Ausdehnung. Ekcbymo-
sen fanden sich auch an dcr Laryngeal- und Tracheal-
schleimhaut, der Lungcnpleura , dom Pcrikard , dem
Bauchfell, dem subserosen Zellgewebe , der gewulsteten,
und stellenweise gerotketen Magenschleimbaut, derDarm-.
mucosa in der Pylorusgegcnd und auch sonst an zabl-
reicben Steilen derDarmschlcimhaut, sowie indenNieren.
In und zwiseben dcr Korpermuskulatur waren kleine
Suffusionen eingestreut. In der Umgebung des apoplek-
tiseben Uerdcs im Gehim waren in die Adventitia der
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IV. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
klelneren Artericn bis in die Capillaren hinein zablreiche
kleine Fettkornchen eingelagert nnd auch in andcrn
K5rpergegenden fand aich fettige Entartung der Gefasse,
welche ztierst den Verdacht anf das Bestehen von Phos-
phorvergiftung erregte. Fur letztere 8prachen anch das
Besteben der Virchow’acben Gastroenteritis, die Fett-
entartung der Leber nod Niere. Das Blut war dunkel und
fluseig. Die Maskeln und die angeblich ihrer Zahl nach
vermehrten weissen Blntzellcn erachienen gleiehfalls fettig
entartet.
Trotzdem dass die chemische, nach M i t s c h e r -
lich’8 Methode ausgefilhrte Untereuchung der
Leichenreste auf Phosphor negativ ausfiel , sprach
sich Bamberger, Rokitansky gegenflber, wel-
cher die Diagnose auf Phosphorisraus nicht als fiber
jeden Zweifel sichergestellt oder, falls es sich am
genannte Vergiftung handelte, in demconkretenPalle
einen ganz besondern, einzigen erblicken wollte,
rundweg gegen die Purpura und fQr das Vorhanden-
gewesensein von Phosphorvergiftung aus. Diese
Annahme wurde durch die anamnestischen Ennitte-
lungen insofera best&tigt , als sich hcrausatelltc, dass
Denatus trotz seiner 19 Jahre ein kindischer, lappi-
sclier Mensch gewesen sei und die Gewolinheit gehabt
habe, seinen Mitgesellen den Genuss des Vesper-
brodes durch fbrmliches Spicken mit Zilndholzer-
kopfehen zu verderben und dieselben , wenn sie das
Brod fortspieen, anszulachen. Einige Tage vor dem
Todesfalle hatten die Gesellen dasselbe gethan , so
dass es mehr wie wahrscheinlich ist , dass Denatus
ein zur Herbeiftlhrung der lethal ausgegangenen
Phosphorvergiftung ausreichendes Quantum Phosphor
verschluckt habe.
Eine Vergiftung durch Eau de J are lie
(unterchlorigsaurc8 Kali) hat P. Carles in folgen-
dem Falle beobachtet (Ann. d’Hyg. 2. S4r. XLV.
p. 550. Mai 1876).
Ein Frachtfnhnnann trank aus Versehen */* Glas
Eau dc Javelle und wnrde seinen Irrthum auch nicht eher
gewabr, als bis sich IntoxikationscrBcheinungen einstell-
ten ; bia dahin blieb er bei der Arbeit nnd trank frisches
W'asser. Dio hervorragendsten Yergiftungaerscheinungen
waren heftige Koliksehmerzen , Kiihlwerden der Extremi-
taten , unanfhorlieher Hasten und mfihsame Respiration.
Den Kopf anf die Arme geatutzt, sass Pat. da und hatte
Nausea ohne zu erbrechen. Vf. liess Pat. 8 — 10 Gram,
nnterschwefligsaures Natron in 250 Gram. Wasser mog-
lichst schnell hinunterschlucken. Sofort cessirte der
Hustcn und war Pat. leicht zu bewegen , 1 Gram. Ipeca-
cuanhapulver in Wasser zu nchmen , wonach Erbrechen
eintrat; dasEmetikum wnrde dann noch mehrmals wieder-
holt. Pat. ffihlte sich zwar sehr abgeschlagen danach,
aber weit besser. Als der Brechreiz nachliess , erbob er
sich, um zu uriniren; hierauf crzahlte er, was vorge-
gangen war und konnte nach seiner Wobnung gefuhrt
werden. Glanbersalz (16 Gram.) in Wasser erbracb
Pat. zweimal sofort wieder weg. Zwei Tage spater
sprach Pat. bei Vf. wieder vor; abgesehen von grosser
Blasse nnd weisslicher Farbung der Rachenschleimhaut
bot er nichts Abooraes mehr dar. Das Natriumsulphid
hatte sleh , seinem Namen im Volksmnnde entsprechend,
als . Antichtor “ bewahrt.
Einen Fall von Vergiftung durch Cyanic a lium
theilt William Gillibrand (Lancet II. 7; Aug.
p. 223. 1876) mit, in dem derAusgang in Genetung
erfolgte.
Ein 35jahr. Mann hatte etws gegen 1 Gram. Cyan-
kalium genommen und war fast nnmitteibar daranf be-
wnsstlos zusammengebrochen. Kanm '/» Std. daranf (bad
man im Hospital die Augen stier , die Pnpillen erweitert
und nicht reagirend , seichtes, krarapf haftes Athmen,
Schaum vor dem Munde, die Kiefer geschlossen, schwa-
chen, unzahlbaren Puls, Erschlaffung derMuskeln, k alt on
kiebrigen Schweiss am Korper und Blaus&uregertloh.
Kfinstliche Respiration , Galvanisation (ein Pol am Phre-
nicus, der andere am Epigastrinm) und Reizung der Nase
mit Aetzammoniak warden sofort angewendet. Da sich
in den obern Luftwegen ein llindemiss fur die Respiration
zeigte, wurde die Tracheotomie gemacht und durch die
Kanfiie mittels Druck auf die Brust zaher Scbleim entleert.
Nach iangere Zeit fortgesetzter kunstlicher Respiration
begann derKr. wieder selbst zu athmen. Heisse Flaechen
wnrden an die Ffisse gelegt und der K5rper warm gehal-
ten. Als der Kr. wieder selbst durch die Nase athmen
konnte, wurde dieTrachealkanule entfemt. Funf Stnnden
nach Einfuhrung des Giftes kam der Kr. wieder zu Be-
wusstsein und erbrach nach Blaus&ure rlechende Massen.
Er klagte uberSchmerz im Epigastrium und grossenDnret
und bekam Milch und Kalkwasser zu trinken, beim
Schlingen hatte er Schmerz. Nach kurzer Zeit erfolgte
wieder Erbrechen , diessmal mit Blut gemisehter Massen.
In der folgenden Nacht schlief der Kr. gut , am andern
Morgen klagte er noch uber Brennen im Epigastrium uad
das Geffihl von Wundsein am ganzen Korper. Die Zunge
war dick peizig belegt, diePupillen waren noch erweitert.
Der Puls war anfaiigs nur wenig beschleunigt , nahm aber
in den nachsten Tagen an Frequenz zu, die Temperatur
war anfangs erhijht und sack spater wieder. DieSchmer-
zen im Epigastrium nahmen allmalig ab , nach 2 Tagen
war noch geringe Bronchialreizung vorhanden , nach 4 T.
be fand sich der Kr. wieder ganz wohl. (H. K5hler.)
IV. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
393. Hirntumor nach Trauma; von Dr.
Den tan. (Schweiz. Corr.-Bl. VI. 2. p. 46. 1876.)
Einem 49jahr. Gasanzfinder flel im Herbst 1872 eine
Gaslaterne 10' hoch auf die linke Seite des Kopfes.
Darauf folgte 2stundige Bewusstlosigkeit , doch heiltc die
Wunde ohne andere Symptome. Erst 6 Woehcn spater
bekam Pat. Kopfschmerzen n. einen cpileptiformen Anfall
mit Bewusstlosigkeit , dor sich im Winter 1872/73 Hmal
wiederholte, wahrend die Kopfschmerzen anhielten. WSh-
rend seines ersten Aufenthaltes im Spital im Frfihling
1873 bestanden Kopfschmerzen , SchwerhSrigkeit im lin-
ken Ohr nnd eitriger Ausflnss aus diesem Ohr [?]. Nacb-
dem Pat. wieder den Sommer hindurch gearbeitet , trat
am 28. Jan. 1874 Abends Erbrochen und ein Anfall ein;
wahrend einer viertelstundigen Bewusstlosigkeit schlug
Pat. um sich herum -, in der Nacht Kopfschmerzen und
Eingenommenheit. Am 31. neueAnfalie, die sich seit-
dem etwa alle Stunden wiederholten ; bei schwereren An-
fallen war Pat. meistens bewusstlos. Nach der Aufnahme
des Kr. (31. Jan.) in das Spital wiederholten sich die
Krarapfanfalle mit steigernder Haudgkeit , bei denen der
Kopf, die Bulbi und das Gesicht stark nach rechts ge-
zogen warden und die Extremitaten rechterseits befallen
waren. Das rechte Bein war in tetanischer Streckung,
der rechte Arm , halb flektirt , machte Schleuderbewegun-
gen , die linksseitigen Extremitaten wurden ebenfalls be-
wegt, konnten aber auch passiv bewegt werden.
3. Februar. Ptipillen glcich, meist sehr eng ; Respi-
ration schnarchend ; tiefe Bisswunde am rechten Zungen-
rande ; Bewusstsein wahrend der Anfalle vollstandig auf-
gehoben , auch in don Pausen nur unvollkommen ; Kopf-
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IV. Pathologic, Therapie u. roedicinische Klinik.
schmeraen ; kein Erbrechen ; Schlingen mangelhaft, Stahl
und Urin unfreiwilllg entleert; Urin frei von Ei weiss.
Puls 132, Temp, (bisher normal) Ira After gemcssen 38.8°.
In der Nacht vom 3. zuni 4. waren die Anfalle sehr
h HuGg; am 4. Morgens grSssere Mitbetheilignng der linka-
seitigen Extrcmitaten ; die rechte obere Extremitat scheln-
bar gelilhmt , zwischen den Anfallen tiefes Koma. Die
Retinalgefasse beiderseits etwaa weit. Tempera tur con-
stant hoch ; zwischen 39.8° n. 40.6°. Tod am 4. Febr.
Mittags.
Auiopnie. Entspreehend der 4 Ctmtr. langen, am
Knochen adharenten Uantnarbe xeigte sich ini linken
Stirnlappen eine rundliche , von ree.hts nach links etwaa
zusammengedruckte Geschwnlst , ira Durchm. 6.6 Ctmtr.
von vom nach hinten, 6 Ctmtr. von oben nach unten.
Die Geschwnlst grenzte slcta gegen die Ilimsubstanz ziem-
Itch seharf ab , nor nach hinten war letztere gelhlieli ver-
farbt , zeUjg erweicht. Die Himoberflache erreichte sie
nnr in der Mitte der 1. Stirnwindung , nahe der Mittel-
linie , als eine hlanrothe und grau marmorirte Stelle vom
Umfiang nines Frankenstflcks , sowie an einer eben so
grossen damit znsammenh&ngenden Stelle an der Medlan-
spalte. Von der BasalSAche bHeb die Geschwnlst 0.6, vom
Linaenkern 1.0 Ctmtr. entfernt. In derselhen befanden
sieh 3 Hohlen mit dankelgelb-rSthlicher Flfissigkeit er-
fillt. Die Geschwnlst , eln Gliosarkom , war von mark-
ibnhoher Consistenz n. granrother Farbe mit zahlreichen
theils injicirten, theils hamorrhagischen Stellen. Die
wetase and die grane Snbstanz waren in beiden Hemi-
sphiren sehr blntreich, die Seitenventrikel etwas weit,
dju Ependyma lelcht kornig.
Vf. halt cs fill- moglich, dass sich im Anf&ng
umsokriebene trauma tische Encephalitis und auf den
Boden des Ent'/.flndungsherdes erst die Geschwnlst
entwickclt hat. Vielleicht sind die Cysten der Ge-
schwulst damit in Verbindung zu bringen.
(See ligm tiller.)
394. Bin Fall von Hlrntumor in der
hintern Centralwlndung ; von Dr. A. Seelig-
mttller. (Arch. f. Psych, u. Nervenkrankh. VI. 3.
p. 823. 1876.)
Eine Glj5.hr. Fran , die stets gesund gewesen war,
Htt sett 2 Mon. an eigenthflmlichen klonischen Krampfen
der rechten Gesichtahafte , welche etwa 1 — 2 Min. an-
hlelten und 6mal in 24 Std. wiederkehrten. Diese
Krimpfe warden meist eingeieitet durch Sehmerzen in
der linken Thoraxhalfte , die alsdann von der Mitte der
Brnstwirbelsaule nach der Herzgegend und dem Kehikopf
hin ansstrahlten nnd den Athens and die Sprache ver-
aetzten.
Die hagere und gracile, ihrem Alter entspreehend
gnt anssehende Fran zeigte sich bei Drock nnd Perknssion
in der ganzen Ansdehnnng der Brnstwirbelsaule, der
Here- und Kchlkopfgegend sehr empfindlich. Das Zapf-
chen stand schief mit dcrSpitze nach der linken Seite der
Pat. hin. Etwa 3 Mon. nach dem ersten Auftreten der
Gesichtskrampfe zeigten sich deutliche Lahmungserschei-
nungen im Gebiete des rcehteu FaciaUs. Kurze Zeit
daranf traten wiederholt Zuckungen im rechten Arm auf,
welche ebenfalls Bchr bald einer sensibeln u. motoriscben
Parese desselben Plat z machten. Gegen das Ende war
anch der rechte Fuss paretisch. Dazn kam eine mehr nnd
mehr zunehmende Tonlosigkeit der Stirame und das Un-
vermogen, die Liquidae 1 m n anszusprechen nnd die
Zunge zu bewegen , so dass Pat. schlusslich nur noch un-
artiknlirte Laute von sich geben konnte. Auch das Scblin-
gen war schl&sslich nnmoglich, so dass Pat., naebdem
sich an den rechten Extremitaten noch Contraktnr aus-
gebildet hatte, am 17. April 1874 an Marasmus zu Grande
gin«-
Bei der Sektion fand sich anf der concavcn Ober-
flache der linken Ilcmisphare in derGegend, woStirn- und
Scheitclbein an einandcr grenzen, eine fiber die benach-
barten Stirnwindungen prominirende, mehr als zweithaler-
grosse, unregelmassig ovale Stelle, welche durch ihre
braunrothcFiirbung von ihrcrlJmgebiingdontlicb abstach,
dicht fiber der Sylvi'schen Spalte begann u. etwa 5 Ctmtr.
weit nach oben hin sich erstreckte ; sie hatte 4 Ctmtr.
im grossten Breitendurchmesser. Die weitere Unter-
snehung ergab, dass sic die aussere Oherfiache einer etwa
klein-apfclgrossen Geschwnlst darstellte , welche voh der
nntem Hiilfte der hintern Centralwindung , welche in die-
selbe vollstandig aufgcgangen war, hervor- und in den
Sulcns Rolandi hineingewnchert war. Mikroskopisch
stellte sich die Geschwulst als eln SpindclzeUensarkom
dar. Die der Gesehwulst benachharten Theile, die weissc
Snbstanz der linken Hemisphare, besonders aber die
Insel, der I.insenkern und Sehhugel crschlenen anf einem
Frontal schnltt ziemHch comprimirt.
Wic viel von dieser Compression auf die unge-
ntigende Aufbewahmng des Gehirns in zu verdflnn-
tem Spiritus , wie viel auf den von der Geschwnlst
selbst ausgellbten Druck kommt, lftsst Ref. dahin-
gestcllt. Er glaubt jedoch die erwllhnten Symptomc
motorisclier Reizung und der allmalig sich ent-
wickeluden Liibmnng nicht der Compression jener
bcnaehbartcn Theile , sondem der Lasion der untern
Hiilfte der linken Centralwindung, welche in dem
Tumor vollstandig aufgegangen war , zuschreiben zu
mtlssen. (8 e e 1 i g m fl 1 1 e r.)
395. Sklerose der Seitenstrftnge dee
Bucken marks bei vier Kindern dereelben Fn-
milie; von Dr. A. SeeligmUller. (Deutsche
med. Wchnschr. II. 16. 17. 1876.)
Ein krftftiges Ehepaar vom Lande , in dessen
Pamilie weder Neuropathien noch sonstige erbliche
Krankheiten vorgekommen sind , hat 7 Kinder , von
denen nur 3 gesund, und zwar das lljalir. erst-
gebome lmd die beiden vorletzten , die llbrigen aber
seit frilbestcr Kindiieit an eigenthflmlichen Lahmungs-
erscheinungen erkrankt sind. Die Krankheit war
bei sflmmtlichen 4 Kindern genau in derselben Weise
verlaufen. Die Kinder waren gesund und frisch zur
Welt gckommen ; als sie aber im Alter von 9 Mon.
sitzen sollten, Helen sie hftufig urn und spiiter str&ub-
ten sie sich unter heftigem Geschrei gegen den Ver-
such, sie hinzusetzen. Im 2. Lebensjahre stellten
sie sich zum Laufen mOglichst ungeschickt an ;
schlllsslich lerntcn sie, an den MCbeln sich festhaltend ,
etwas laufen, verlernten diess aber bereits wieder
im Alter von 5 — 6 Jahren allm&lig vollstandig, so
dass jetzt die beiden ftltesen kranken Kinder weder
sitzen, noch geben, noch stehen, sondem nur liegen
kOnnen , ohne irgendwie willktlrlich ihre Stellnng
verandem zu kflnnen. Das 3. Kind kann ebenfalls
kaum nocli am Stuhle stelien; das 4., erst 1 */ 3 J.
alt , strftubt sicli schon lebhaft gegen das Sitzen und
follt dabei um.
Bei dieser Bewegungsstdrung spielen zunilchat
hochgradige Contrakturen der verechiedenen Qe-
lenke des Kbrpers eine nicht zu untersch&tzende
Rolle, welche auch die passiven Bewegungen der-
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IV. Pathologic, Therapie n. medicinische Klinik.
141
selben sehr erschweren nnd scbmenshaft machcn.
Die Fosse stehen in mehr oder weniger hochgradiger
Equiuovarnsstellung durcli Contraktur der Waden-
muskeln. In der Cliloroformnarkose nahro die teta-
nische Steifigkeit der Mnskeln so zn , dass man bei
dem 3. Kinde (welches allein chloroformirt wurde)
im Stande war, den ganzen KOrper wie ein Stflck
Holz an einem Beine wagerecht in die HShe zn
halten. Auch bei dem jtlngsten Kinde begannen die
Contrakturen sich schon zu zeigen.
Ein drittes Moment, welches bei den 3 Altera
Kindem in Betracht kommt, ist die ziemiich hoch-
gradige A trophic. sdmmtlicher Muske/n des Kdr-
pers, mit Ausnahme der Gesicbtsmnskeln, diese war
bei dem jtlngsten Kinde nocli nicht ausgesprochen.
Die faradioche Erregbarkeit der Mnskeln war bei
alien Kindem herabgesetzt.
Die Refiererregbarkeit zeigt sich bei Kitzeln
oder 8techen der Fnsssohlen nicht erhflht; dagegen
ist das Unterschenkelphanomen bei alien Kindem
schr erhdht , das Fussphknomen dagegen feblt. Die
Smsibilitdt. ist bei den Kindem in keiner Weise ge-
stdrt.
Zu diesen Symptomen der Lahmung, Contraktur '
und Atrophie hatte sich bei den 3 Altera Kindem
noch der allmdlige Verlust des frtlher bereits fast
zur normalen Ansbildung gekommenen Sprachver-
mdgens gesellt, so dass die beiden Altesten nnr noch
nnartiknlirte Laute, das 3. aber nur einzelne Wflrter
nnd sehr undeutlich hervorbringen kdnnen. Bei
den 3 altesten bestehen auch Schluckbeschwerden.
Trotzdem den beiden altesten Kindem fortwAhrend
der Speichel aus dem Munde heranslftnft nnd die
fast regnngsloscn Gcsichtszllge einen stnpiden, nichts-
sagenden Ansdmck zeigen, schcint die Intelligenz
der Kinder in keiner Weise gestdrt zu aein.
Ref. scldiesst bei der Diagnose progressive Mnskel-
atrophie ans , weil bei den Kindem die LAhmungs-
crscheinungen langst vor der Atrophie vorhanden nnd
daher nicht dnrch diese bedingt waren, weil die Ab-
magerung eine allgemeine, keine sprungweise war,
weil Contrakturen bei der progressiven Muskelatrophie
nicht beobachtet werden. Er erklArt die Kraukheit
vielmehr identisch mit der von C h a r c o t als Sklerose
der Seitenslrange des Ruckenmarks ( ScUrose late-
ral* amyotrophique ) bei Erwachsenen beobachteten
Affektion. In der That stimrnt der Verlauf der
Krankheit bei den 4 Kindem mit dem von Charcot
geschilderten vollstandig tlberein : die allmalig sich
entunckelnde motorische Schwache in alien Mus-
kebi dee K&rpers , welche sich nicht zvruckfuhrm
laset auf die der Zeit naeh viel spSter auftretende
Atrophie, die gleichmdsrige Verbreitnng der letz-
tem, die permanenten spasmodischen Contrakturen
der geldhmten und atrophischen Glieder , die
Schmerzen bei passiven Bewegungen , wie beim
Dehnen und DrUcken der Muskeln , die hochgra-
dige Erhdhung der Sehnenrejlexe und schlusslich
das Uebergreifen der Lahmungserscheinungen auf
die vom Bulbtis abgehenden moioruchen Nerven,
besondeis dm Hypoylossm — alles dieses Bind ge-
nan dieselbcn Erscheinungen, wie sie Charcot
schildert. Aetiologisch lAsst sich kein anderes
Moment auffinden, als dass die Kinder aus einer
Ehe von Geschwisterkindem hervorgegangen sind.
Ref. ftlgt aus frtlher gemachten Beobachtungen
noch 2 Fftlle an, in welchen erebenfallseineSklerose
der SeitenstrAnge anznnehmen geneigt ist.
(S e e 1 i g m U 1 1 e r.)
396. Zur Casuistik der Riiokenmarks-
krankheiten; von Prof. Carl Morello und Dr.
Carl Stacchini. (Lo Sperimentale XXXVI.
p. 3 ; Luglio 1875.)
1. Fall. Krebs der Wirbel und des Riickenmarls.
Ein 38J&hr. Mann litt seit 4 Mon. vot seiner Atifhahme
In das Hospital (0. April 1874) an einem Schmerz in der
linken Fossa iliaca nnd Regio hypochondriacs, welcher
bei Bewegung nnd besonders beim Aufstehcn nach dem
Sitzen sich sehr steigerte ; gleichzeitig stellte sich Kr-
brechen und Diarrhoe ein , welche von Zeit zu Zcit
schwanden und wiedor kamen. Nachdem die Schmerzen
nnter dem Gebrauche von Salzbadern etwas nachgelaseen
batten, trat im 4. Bade plotzlich complete motorische nnd
sensible Lahmung der untera Extremitaten , verbunden
mit nnwillkurlichem Abgange von Koth and Harn, ein,
welchem letztern knrzeZeit Ischurie vorausgegangen war.
Gleichzeitig stellte sich Oedem der nntern Extremitaten
und Coxitis , Fieber mit Frostschauem und schncll sich
ausbreitender brandiger Decubitus in derKreuzbeingegend
ein. Im Abdomen ffihlte man wiederbolt einen harten
Tumor. Bei der am 21. Mai 1874 ansgefuhrten Autopsie
fanden sich 3 eigrosse meduliare Tumoren in der Unter-
leibshohle, yon denen der eine den K&rper des 10. Brust-
wirbels vollstandig zerstdrt und das Ruckenmark selbst
eomprimirt hatte. Sie erwiesen sich mikroskopisch als
Alveolarkrebs. Das Ruckenmark bot makroskopiseh
uiobts Abnormes, mikroskopisch dagegen zeigte es auf
seinem Qnerschnitt verschieden grosse Erweichungsherde
in den Hinterstrangen , dem rechten Hinterhorn und dem
hintern Abschnitt des rechten Seitenstrangs und an der
comprimirten Stelle, besonders im rechten Seitenstrang,
eine Beschaffenheit . die auf beginnende Erweichung in
zerstreuten Herden hinzudeuten schien. Die erweichten
8tellen zeigten ein grobes Maschenwerk von stark ver-
dicktem Bindcgewebe mit sehr erweiterten Gefassen ; die
Maschcn waren ausgefullt dnrch eine wciche , halbflussige
durchseheinende Substanz, in welcher sich grannlirte
KSrner, aber koipe normalen nervosen Elemente vor-
fanden.
2. Fall. Erweichung des Riickenmarks. Eine ver-
heirathete Frau von 48 J., von robustem Korper und
heiterem Gemiith, wurde am 11. Mai 1874 anfgenommen.
Fruher stets gesund , litt sie 6 Mon. lang an heftigen
Nackenschmerzen , mit Schwerbeweglichkeit des Kopfes,
Uebelkeit bei Bewegungsyersuchen und Ansetrablen in
den rechten Arm. Erst seit 1 Mon. waren die Schmerzen
wieder verschwunden.
Zwei Tage vor ihrer Aufnahme bekam sie plotzlich
die schmerzhafte8ten Rrampfe in den Beinen nnd Tags
darauf trat unter dem heftigsten Brennen motorische und
sensible Lahmung derselben ein , welche innerhalb der
nachsten 2 T. den vorgefundenen Grad erreicht hatte und
von Retentio alvi et urinae begleitet war. Klystire unci
Yesikatore langs der Wirbclsaule brachten keine Besse-
rnng; vielmehr breitete sich die Lahmung bis in die
Gegend der Brustwarzen aus and war mit heftiger Athem-
noth verbunden. Unter aligemeiner Abmagerung und
Entkraftung, sowie schnell um sich greifendem Decubitus
sacralis starb Pat. unter pyamischen Erscheinungen am
25. Juni,
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142
IV. Pathologie, Thcrapie n. medicinische Klinik.
Die Aulopxie ergab, ausser pyamisehen Abscessen in
Lange und Leber, eine Erweiterung deg Ruckenmarks
vom 5. Brustwirbel abwarts his zii dor Cauda equina ; an
einer Stellc, 4 Ctmtr, untcrbalb des 5. Brustwirbels,
zeigte die linke Halfte desRiiekonmarks eine chokoloden-
t'arbene Verfarbung. In der erweichten Substanz fandcn
sieh weder Blut-, uoch Eiterkorperchen , wobl aber viele
riosige Myelinkugeln und Nervenriihren , auch vercinzelte
granulirte Ganglienzellen [?].
3. Fall. Slclerose des Gehirns und Riicl-cnmarlc s.
Eine nnverehelichte Cigarrenarbeitcrin von 43 J. wnrde
am 13. April 1874 in das Hospital aufgenommen. Fruher
stilts gesund, hatte sic zuerst vor 2 J. .Schmerzen und Ge-
fiihl von Sehwiiche in den Beincn bemerkt. Wahrend
die crstcren alsbald nachliesscn , nahm die Lahmung so
schnell zu, dass sie in kurzerZeit nicht mclir ohne Unter-
stutzung gehen konnte. Ihr an sich schon unsicherer
Gang, bei welchem sie die Fiisse nicht von der Erde er-
hob, wurde noch erschwert durch oscillatorisehebewegun-
gen am Humpfe und Kopf (nicht in den Armen) in der
Richtung von vorn nach hinten , sowie durch die bestin-
dige Fureht zu fallen. Bader und Vesikatore langs der
Wirbelsaule hatten zu Uausc keine Besscrung gebracht.
Bel ihTer Aufnahme ersehicn Pat. als eine rohnste,
wohlgenahrte Frau , mit ansdruckslosem Gesicht und
lenchtcnden Angen. Anfgtehen odor gehen konnte sie
nicht ohne Unterstutxnng. und sobald sie sich in Bewegnng
setzte , beganncn jene oscillatorischcn Bewegnngen ; sie
glng im Wesentlichen auf den Fersen. Die Sprache war
behindert, Appetit, Funktion der Blase und des Mastdarms
dagegen ungestort. Die geistlgen Fahigkeiten waren etwas
geschwacht , entspreehend dem ausdmcksloscn Gesicht,
hesonders auch das Gediichtniss. Deshalh konnte man
fiber das Verhalten der Scnsibiiitat nicht ins Klarc kom-
men ; die KeHexerregharkeit war eher herahgesetzt , als
erhBht. Die Kraft gewisser Mnskeln war sehr geschwacht.
Nach melireren Schwindelanfallen verfiol Pat. in einen
halb soporosen Znstand, in welchem sic mit nach oben ge-
drehten , starren Angen dalag nnd auf Fragcn langsam
antworteto. Durch Decubitus wurde bald ein grosser
Theil des Kreuzhcins entblost. Die Retina war aniimisch.
Sie starb an Kntkraftung.
Bei der Autnpsie fand sich schr vielFlussigkeitinden
Subanuihnoidealriinmen , Ausdchniing der Hauptvenen-
stamiue des Ochims , Kleinheit des Kleinhims und Ver-
Kchmalemng seiner Windungen , ca. 20 Grmm. Flussig-
keit in den Hirnventrikeln und in heiden Snbstanzen des
Grosshims, namentlich aber in der Marksubstanz, disse-
minirtc Horde graulich und durchscheinend. Im Rucken-
markc fand man viol klares Serum in dem Arachnoideal-
sack , Gefiissinjektion auf der Oberflache , die beiden
Seitenstrauge graulich verfarht nnd halbdurchschcinend.
Im obersten Halsmarkc nahm die Sklerosc die Hinter-
strange fast total ein, ebenso vollstAndlgdicScitenstriinge,
wahrend im Brustmarke die Affektion sich auf die Seiten-
striinge allein beschranktc ; im Lendemnarke zeigte nnr
ein schmaler Strcifen unmittelbar nach aussen von dem
rechten Hinterhom die beschriebcne Beschaffenheit. Auch
in den gesunden Partien war das Bindegewche veriindert.
Die Blutgefasse hatten verdickte Wandungen und waren
mit Blut gefullt. Die Nervcnzellen nnd Achsencylinder
erschienen in den degenerirten Thcilen noch intakt.
4. Fall. Slclerose des Gehims und Riickenmarls.
Eine 31jahr. Niihterin wurde am 2. Miirz 1874 aufgenom-
men. Pat. hatte im 16. Lebensjahrc an Chlorose mit
Verlust der Regel und im 18. anPneumonie gelitten. Seit
10 Jahren hatte sic hestandig heftige Kopfschraerzen, bes.
in der Stim , zuweilen mit Erhrechcn. Zahlreiche Vesi-
kantien brachten ihr nur wenig Linderung ; ebenso eine
Pontanelle am linken Arm. Spater hildete sich eine
Flcxorencontraktur der Finger dcr linken Hand aus , nnd
kaum war diesc wieder verschwunden, so trat Pareso des
rechten Beines ein , ausserdem Gurtolschmerz in der nn-
tern Ruckengegend , der fortwahrend zunahm. Als vor
4 Monaten auch noch das linke Bein paretisch wurde,
musste sich Pat. zu Bett legen. Jetzt trat schmerekaftes
Oedem beider Beine und Araeisenkriecben cin , gleiohzci-
tig bildete sich die Contraktnr an der linken Hand wieder
ans. — Der Vatcr der Kr. starb 40 Jahre alt im Irren-
hause, die Mutter an Phthisis, cine noch lebendeSch wester
leidet an Convulsionen.
Bei der Aufnahme zeigte die Kr. Oedem im Gesicht
und fast am ganzen ubrigen KSrper, sie war blass und
klagte fiber Schmerzen , welche von der Lcndenwlrbel-
saule ansgingen. Letztere war empflndlich bei Perkus-
sion, Palpation und Bewegnngen des Rnmpfes. Die Kr.
konnte weder stehen , noch ini Bett aufsitzen. Vollstan-
dige Bewegungslosigkeit der untem Extremitiiten , Sensi-
bilitat noch nicht ganz erloschen , Contraktur der Adduk-
toren , zuweilen Erhrechcn. I’ntcr Gcbrauch von Arg.
phosphor. 0.01 Grmm., hestandig steigend, trat Bessernng
cin, so dass Pat. mit Unterstiitzung einige Schritte gehen
konnte, wobei das rcclitc Bein ieidiich seine Funktion er-
fullte, das linke dagegen, nach innen rotirt, kaum das
Gewicht des Korpers tragen konnte. Schmerzgefuhl
herahgesetzt ; nach Nadelstichen Reflexzittern der Beine.
hesonders des linken. Vermindemng der faradischen
Erregharkeit am rechten, fast normales Verhalten am lin-
ken Bein ; umgekehrt verhalten sich die Extremitiiten
gegen denBattericetroin. Links dasGefuhl abgeseliwacht,
rechts gut.
Am 13. Mai trat ein Zufall von Convulsionen ein,
* welchcr 3 Std. lang anhlelt nnd sich am 16. nnd 17. Mai
wiedcrholte. Nach diesen Anfallen blieb complete Para-
lyse des linken Beines zuruck, wiihrend die andern 3 Ex-
tremitaten wieder Ieidiich beweglirh wurden. Ansserdem
wurde rechts vom Nabel ein nicht sehr volnminSser Tu-
mor gefuhlt.
Unter den Erscheinnngen des hektischen Fiebcrs
mit copidsem Answurf und sehr stinkendem Urin und
ausgebreitetem Decubitus Bacralis starb Pat. am 22. Juli.
Bei der Section fand man bctrachtliches Oedem der
weichen Haute, Vcrkleinemng des Gehims, Verschmale-
rung der Windungen, Verbreiterung der Sulci, Blasae der
grauen Substanz, ma&sige Erweiterung der Vcntrikel, das
Epcndym dcrsclbcn verdiekt , undurchscheinend und mit
Grannlationcn bedeckt. Sowohl in der grauen wie in der
weissen SubBtanz hesonders nm die Seitcnventrikel hernm
waren zahlreiche, durchscheinendeFlecke von verschiede-
ner Gestalt und Grossc ; ein grossercr befand sich auf der
rechten hintern Schcitelwindung, ein anderer auf der me-
dialen Seite des linken Corpus striatum.
Ausserdem fand man in den Lnngcn vorgeschrittene
tuberkuldse Entartnng mit Cavernenbildung ; Fettleber ;
Erweiterung des rechten Nierenbeekens durch einen groa-
sen Stein mit Verkleincrung der Nierensubstanz.
Innerhalb der Dnra-mater des Ruckenmarks fand
sich viel helles Serum. Schon auf der Oberflache zeigte
das Ruckenmark viele gratillehe, helldnrchscheinende
Flecke. Auf den Querdurchschnitten des Halsmarks
breitete sich die Sklerose links fiber den ganzen Vorder-
strang und einen Thei 1 der Scitenstriinge aus , wiihrend
rechts dcr Seitenstrang nnd der ausserc Streif des Hinter-
stranges von der Affektion hetroffen wurde. Die GulP-
schen Strange waren intakt, jedochauch hier, wieuberall,
das retikulare Bindegewebe vermehrt. Auf den Quer-
schnitteu des Brustmarks erachien fast die ganze Flache
sklcrotisch, wahrend auf solchen des Lendenmarks nur
die innern beiden Drittel des Vorderstrangs afficirt
waren.
Im 1. Fallc fehlten die von Charcot als cha-
rakteristisch filr Wirbeikrebs bczeichneten lanciniren -
den Schmerzen , welche fiber diejenigen Theile sich
erstrecken, die mit von den erkrankten Wirbeln ans-
gehenden Nerven versorgt werden (Paraplegic dou-
lonreuse des canc£renx).
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IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
143
In den beiden Fallen von Sklerose (3. und 4.
Fall) erklkrt Vf. den Umstand , dass die Motilitkt
wolil gestSrt , aber nicht aufgehoben war , aus dem
Intaktseiu der Acbsencylinder , als den Leitungs-
bahnen der willkilrlichen Bewegungen.
(S e e 1 i g m U 1 1 e r.)
397. Mittheilungen fiber Rotz. *)
Einem Aufsatze von (Prof. 0. Bollinger in
Mtlnchen (Deutsche Ztschr. f. Thiermedicin n. vergl.
Pathologie II. 1 u. 2. 1875). „Beitrkge zur experi-
mentellen u. vergleichenden Pathologie dea Rotzes“
entnehmen wir Folgendes.
Die Lelire von der Selbstentwicklnng des Rotzes
harrt noch immer der tliatskcliliclien Begrllndung
und selbst die noch immer zahlreichen Anliknger der
autochthonen Entstehung dieser Krankheit milssen
zugestehen , dass in der weitaus grdssten Mehrzahl
der Fklle die Entstehung der Krankheit auf eine An-
steckung durch das specifische Rotzgift, welches
fixer und fltlchtiger Natur ist, zurtlckgefUhrt werden
muss. Man nimmt gewbhnlich an, dass das Gift auf
der unverletzten Haut oder Sclileimhaut haftet , bier
Iokale Processe verursacht und dann in den llbrigen
Korper eindringt. Jedenfalls verdankt aber die
grosse Mehrzahl der Rotzfklle dem Eindiingen eines
in der Luft snspendirten Infektionsstoffes ihre Ent-
stehung, wodurch entweder eine primkre Blutvergif-
auch jene Fklle von jRotz , in denen die Dauer der
Incubation auf Wochen und Monate angegeben wird,
wkhrend man solche Fklle durch die lange Latenz
der Krankheit erklkren muss. Es besteht nkmlich
bei den anscheinend gesunden Thieren Rotz in den
innem Organeu, die del' Untersuchung nicbt zugkng-
lich sind. Pferde , die keine Nasenaffektion liaben,
kftunen nichtsdestoweniger andere Pferde durch
flllchtigen AnsteckungsstolT inficiren und auch diese
konnen lange Zeit das Bild der Gesundheit bieten,
bis nach lkngerer Zeit die Affektionen der Nase, der
kussern Haut und der Drtisen auftreten. Solche
Fklle werden dann hkufig als beweisend filr die
Selbstentwicklung des Rotzes aufgefasst. Mit den
experimentcllen Ergebnissen stimmen die klinischen
Beobachtungen Uberein; so fand Bagge unter 107
Pferden eines dknischen Regiments, die binnen 3
Jahren als rotzig und rotzverdkchtig getddtet wur-
den, lOmal entschiedeue , 13mal geringe Nasen-
affektionen , bei 53 Thieren nur Lungenknoten und
einzelne Geschwtlre in der Luftrtthre , wkhrend bei
31 Tliieren jede Verkndening fehlte.
Man hat vielfach versucht, die Rotzki'ankheit
mit andern Krankheiten zu identificiren. Nament-
lich liaben die neueren Experimente liber die Impf-
barkeit des TuberkeU dazu* beigetragen, die Ansicht
von der Identitkt zwischen Rotz und Tuberkulose
plausibel zu machen. Die vom Vf. angestellten Ver-
tung mit sekundkren specifisclien Produkten , oder suche sprechen entschieden gegen eine solche Iden-
eiue primkre Lokalisation im Respirationsapparat mit tificinmg, da man durch die verschiedenen Impfungen
sekuudkrer Allgemeininfektion bewirkt wird. Den mit Rotzgift, resp. Tuberkeleiter, die spccifischen Re-
Beweis hierftlr liefern die Sektionen rotziger Pferde, sultate erhklt. Uebrigens ist der Rotzkuoten zum
bei denen sowolil Nasengeschwilre, wie Lokalisatiouen Unterschiede vom lymphoiden Bau des gefksslosen
auf der kusseren Haut fehlen , wklirend sich Lokali- Miliartuberkels durch seinen Ofters gefksshaltigen
sationen in dem Kehlkopfe und den Lungen finden. Bau, durch seine Zusammensetzung aus Eitcrkorper-
Dass das Rotzgift nicht nur ein fixes , sondern auch chen, sowie durch die fast regelmkssige Abwesenheit
ein flttchtiges sei , beweisen die beim Menschen vor- von Riesenzellen auch histologisch scharf vom echten
kommenden Fklle, in denen eine ortliche kussere In- Miliartuberkel getrennt. Auch anderen Processen
fektion nicht nachweisbar ist, Fklle, die man nament- gegentlber, mit denen man den Rotz identificiren
lich bei Menschen, die mit der Pflege und Wartung oder parallelisireu wollte, lksst sich durch Impfung
rotzkranker Pferde zu thun hatten und mit den rotz- die Differentialdiagnose feststellen und somit die
kranken Pferden in einem Stalle scldiefeu, findet. — Specificitkt des Rotzes ganz strikt beweisen.
Die Annalune, dass die Nasensckleimliaut constant Was die Uebertragbarkeit des Rotzes auf andere
die Eintrittsstelle des Rotzgiftes in den Kiirper sei, Tliiere anlangt, so berticksichtigt Vf. hier speciell
ist nicht richtig. B. hat unter 52 Fallen von Rotz Kaninchen, Scliafe, Ziegen. Diese V T ersuche liaben
und Wurm, die er in dieser Hinsicht untersucht, die die praktische Wichtigkeit, dass man von ihnen zur
Nase 5mal von jeder rotzigeu Verknderung frei ge- Feststellung der hkufig so schwierigen Differential-
fnnden. Allei'dings schein( die Nasensclileimhaut diagnose des Pferderotzes lifter Gcbrauch zu machen
des Pferdes einen Prkdilektionsort ftlr die Rotzinfek- im Stande ist. Aus den Verauchen ergicbt sich, dass
tion zu bilden, gleichgttltig von welchem Punkte aus Ziegen und Kaninchen eine ausgesprocheue Empfkng-
der Eintritt des Rotzgiftes in den KSrper erfolgt ist. lichkeit ftlr das Rotzcontagium liaben und dass beide
Vf. hat 2 Impfungen von Pferderotzgift an einem , Thierkdrper sich, klmlich wie der Mensch , durch
Kaninchen (an denOhren) und einerZiege (Lijektioii ( ' Aufentlialt in Stallungen, in denen sich rotzige Pferde
in den Bauchfellsack) vorgenommen; in beiden Fallen befinden, spontan inficiren konnen. VVahrscheinlich
traten als Schlussakt der Infektion Rotzeruptionen L steht das Schaf auf gleicher Stnfe der Empfknglich-
auf der Nasensclileimhaut auf, deren metastatischeijkeit.
Natur unzweifelliaft war. Jene obengenannte An jj FUr andere Tliiere stellt sich die Sache so, dass
nahme bestktigt sich hierdurch. Diesclbe erklkrtjHbei Hunden die Disposition filr das Rotzgift nur eine
Blkusserst geringe ist, da man nach Impfungen meist
Vgl. Jahrbb. CLXXI. p. 27. fcl nur Iokale Infektion beobachtet; einmal (Nord-
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144
1Y. Pathologic, Therapie a. medicinische Klinik.
s t r 8 m) wurde bei einem Hunde nach dem Genusse
von rotzigem Fleische eine spontane Iufektion beob-
aclitet. Bei Katzen kann derRotz sich sowolil durcli
Impfung, wie durcli denGenuss von rotzigem Fleische
entwickeln ; ebenso ist beim Prairiehunde wie beim
Ldwen nacli Gennss rotzigen Fleisches Rotz beob-
aclitet worden. Ftir das Rotzgift sind fenier sowohl
Meersehweineheu als Mause empfauglich. S p i n o 1 a
behauptete diess aucli von Schweinen , doch batten
die Impfversuche (Gerlacli und Steffen) bei
dieser Thiergattung wie beim Rinde eine Allgemein-
iufektion nicht erzielt.
Einen Fall von Rotz beim Menxchcn theilt Dr.
Kriill (Aerztl. Mittheil. aus Baden XXVIII. 23.
1874) mit.
K. wurde zu einem Thierarzt gernfen , der anschei-
nend eine beginnende Pleuropneumonie des rechten untern
Lappens hatte , welche er sicb in Folge einer Erkaltnng
bei rorlier schon bestehendem Bronchialkatarrh zugezogen
haben wollte. Am 10. Tage stellte sich eine erbaengrosse
nicht besonders scbmerzhafte Anscbwellnng auf der Mitte
der Stirn gerade iiber der Nasenwurzel ein ; im Verlaufe
desseiben Tages bildete sich eine taubeneigrosse Ge-
schwuist in der rechten Eilenbogenbeuge ; an den nachsten
Tagen zeigten sich weitere Knoten auf deinlinken Wangen-
beine und auf dem Scheitel. Dabei bestanden Diarrhoe,
Erysipel auf der linken Schnlter und in der linken Lunge
die Zeicben eines Katarrhs. Auch ap andern Stellen bil-
deten sich bohnengrosse Geschwiilste und scblusslicb wur-
den in der linken Nasenhbhle Schmerzen gespurt. Die
Lnngencrscheinungen wnrden immer schwerer. es traten
profuse Schweisse auf ; uberall entatanden neue Knoten.
Dabei hohes Fieber, Deiirien, Drusenauschwellungen, an
der rechten Seite der Naseuscheidewand ein Geschwur.
Filnfzehn Tage , nachdem K. den Pat. in Behandlung ge-
lioramen hatte, erfolgte der Tod.
Obscbon die Sektion nicht gestattet wurde , liSlt
K. die Diagnose ,,Rotz‘ £ fllr nnzweifelhaft , zumal
auch die Anamnese ergab, dass der Veratorbene ein
rotzkrankes Pferd bei sich eingestellt hatte. Die
sorgfkltigste Untereuchung der Haut im Beginne der
Krankheit liess eine Verletzung und hierdnrcli be-
dingte Aufnahme des Rotzgiftes nicht nachweisen ;
ebenso bot Anfangs die Nasen- und auch die Mund-
schleimhaut keine Abnormitat. Die Allgemein-
erkrankung trat zunftclist in die Erscheimmg , erst
nach den Lungenerscheinungen kamen die Zeichen
des akuten Worms. Jedenfalls ist hier die Infektion
dnrch flflchtiges Contagium erfolgt, nnd auch in die-
sem Falle hat es sich bestatigt , dass die Nasener-
krankung nicht immer im Anfange auftritt.
Zweifelhaft blieb die Diagnose auf Rotz in fol-
gendem Falle, fiber welchen Prof. Chvostek in
der Wiener milit.-&rztl. Gesellschaft Bericht erstattet
hat (Allg. unlit. -llrztl. Ztg. 1 u. 2. 1875).
Ein Cavallerist gab an , 3 J. vor seiner Aufnahme
in das Wiener Garnisonspital habe nnter den Pferden sei-
ner Schwadron der Rotz geherrscht nnd 10 von seinen
Kameraden seien binnen Knrzem einer Krankheit , deren
Uauptsymptom Hasten gewesen sei, erlegen. Er schrieb
die Ureache der Krankheit dem Umstande zu , dass sie
alle aus den znm Tranken der Pferde diencnden Butteln
getrunken, wie es bei der Cavallcrie ublich sei. Er selbst
babe 14 Tage lang damals rotzkrauke Pferde gcwartet,
woranf sich 1 1 listen mit blntigem Answnrfe, nebst An-
schwellung der untern Extremitaten einstellte. Der Zu-
staud beaserte sich cwar, Pat. erkrankte aber spate r au
Scorbut und endlich an Anisthesie nnd Parese der untern
Extremitaten. In dem Spital zu Wien musste man die
Krankheit zunachst fur eine Spinalaffektion halten , bis
sich atonische Abseesse in der Haut und im subcntaneu
.Zellgewebe bildeteu , die theils durchbrachen nnd einen
serdsen , missfarbigen Eiter entleerten , theils durch Re-
sorption beseitigt, bald aber durch neue ereetzt wurdeu.
Spater bildete sich Decubitus, im ganzen Verlanfe der
Beobachtung waren weder Fiebersymptome, nocbllusten.
noch Diarrhoe eingetreten. Der Tod erfolgte 3 J. nach
der mutbmaasslich stattgebabten Rotziufektion.
Selction. In den Lungenspitzen beiderseite eine In-
duration von geringer Ausdehnung mit einzelnen , kauin
haselnussgroBsen, broncbiektatischen Hoblen ; in den nn-
tern Lappen einzelne kfisige Knoten ; ein ebeu solcher
von llaselnussgrosse unter dem Peritonualuberzuge des
rechten Leberlappens ; tuberkulose Geschwure im Dunn-
und Dickdarm ; die Lymphdrusen des Mediastinum, des
Mesenterium und des Retroperitonaalranmes vergrossert
and mit kaeigen Knoten durchsetzt; Caries am rechten
Oberarm , an der 2. Phalanx des linken Zeigetingers, am
hintern Knde der G. Rippe und dem entsprcchenden Wir-
bel. Um die harte Ruckeinnarksliant votn 7. Hals- bis
9. Brustwirbel knotige Massen , in neugebildetes Binde-
gewebe eingebettet, das Ruckenmaik eomprimirend. An
vielen Korperstellen Haut- und Mnskelabscesse, theils mit
dickem, kasigem Brei, theils mit geronnenem Blute erfullt.
Nasensclileimbaut intakt.
C li. hatte in diesern Falle anfangs eine Spinal -
Erkrankung augenommeu, bis die midtiplen Abseesse
eintraten, die Vermuthung von chron. Rotz erregteH.
Nun erst vemiochte man vom Pat. die Anamnese zu
eruiren ; die Krankheit wurde als chronischer Rotz
betrachtet und erst die bei der Sektion im Darme
gefundenen Geschwtlre machten die Diagnose wieder
zweifelhaft. [Scbon altere Autoren , z. B. C a n -
statt, machen darauf aufmerksam, dass beim cliro-
nischen Rotz im Digestionskanale Rflthung, Injektion,
Ekchymosen, Erweichung, Geschwtlre au einzelnen
Stellen vorkommen, dock seien diese Verinderungen
nichts weuiger als constant.] Dennoch halt Ch. die
Diagnose „ chronischer Rotz“ fllr diesen Fall fest.
Was ziuiadist die lange Dauer der Krankheit aulangt,
so finden sich in der Literatur Falle von 4'/*-, selbst
1 ljahr. Dauer (Bollinger); auch das Intaktaein
der Nasenschleimhaut spricht nicht gegen diese Dia-
gnose, da erfahnmgsgemass der Rotz beim Menscben
sich unter 70 Fallen nur 30mal auf der Nasen-
schleimhaut zu lokalisiren pflegt; auch der fieber-
lose Verlauf, der bei Tuberkulose nicht vorkommt,
spricht for chron. Rotz.
[Ref. hat gegeuwartig einen Fall im Johanniter-
Krankenhause zu Jtlterbog in Behandlung, den
er nur als chron. Rotz zu deuten vermag. Pat. be-
sorgte langerc Zeit rotzige Pferde, erkrankte dann
an einer Lungenaffektion (wie imChvostek ’schen
Falle). Spater traten flberall an den Extremitaten,
wie am Halse Abseesse auf, die missfarbigen Eiter ent-
leerten ; das intermuskulare Bindegewebe war flberall
verjaucht, die entstandenen Geschwtlre zeigten unter-
minirte Rftnder, keinerlei Granulationsbildung. Tem-
peratur stets um 40° herum ; DiarrhSe ; in den Lnngen
Spitzeninfiltration, beginnende Cavemenbildung.
Chronischer Rotz scheint h&ufiger zu sein , als
man iin Allgemeinen aunimtnt.] (Aseh6.)
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IV. Pathologic, Therapie n. medicinische Klinik.
145
398. BeiMge aur Lehre von der Pleuritic,
derm Behandlung u. Folgezuetandm ; nach neuem
Mittheilungen zusammengestellt von Dr. J. Lasch
in Berlin.
Seit unserem letzten Berichte Bind abermals eine
grdasere Anzahl von Arbeiten erschienen, welche die
Pleoritis in Bezug anf Symptomatology und Behand-
lung betreffen.
Vorwiegend hat auch in der letzten Zeit die ope-
rative Behandlung der Pleuritis Beachtung gefunden.
Wir erwfthnen von den einschlagenden Arbeiten zu-
nllchst eine Abhandlung von Boucquoy (L’Union
31. 33. 39.40. 1874), welche auf zahlreiche, wfth-
rend des letzten Jahres von B. in der Hospitalpraxis
auagefnhrte Thorakocentesen begrflndet ist.
Nach kurzer Anftlhrung der bekannten Indika-
tionen ftlr die Operation u. Widerlegung der gegen
dieselbe gemachten Einwendungen giebt B. eine
Uebersicht der bekannten operativen Verfahren und
spricht Bich schltlsalich dahin aus, dass die von P o -
tain angegebene Modifikation der von Dienlafoy
empfohlenen Capillarpunktion unter gleichzeitiger
Adapiration am meisten Empfehlung verdiene *) . Pot.
verwendet die Adapiration in der Weiae, dass er daa
Vacuum vorher in einem Kolben mit einer Schrdpf-
pumpe erzeugt; die D ieulafoy ’ache Nadel er-
setzte er durch einen ganz feinen Nadeltrokar , so
daas man beim Ausziehen deaS diets nicht besorgt zu
sein braucht, daaa daa atumpfe Ende der Kantlle eine
Verletzung der Lunge veranlaaaen konne. (Vergl.
Jahrbb. CLII. p. 105.)
Daa Potain’ache, in den Pariser KUniJcen
sehr hHufig angewendete Verfahren bietet nach B.
folgende Vorzllge dar.
1) Man kann mit dem feinen Trokar an jeder
S telle dea Ergnaaea eindringen, ohne durch den
engen Zwischenrippenraum Schwierigkeiten zu fin-
den.
2) Der Punktion braucht keine Incision voran-
zugehen, da daa Eindringen des dOnnen Trokar
keine grdasem Schmerzen verarsacht, als eine hy-
podermatische Injektion.
') Wir machen hierbei anf eine vortreffliche Mono-
graphic aufmerksam, welche von Dr. Castianx unter
dem Titel „ Documents pour servir a Vitude de la mithode
aspiratrice“ (Paris 1873. A. Delahaye. 8. 190 pp. avec
12 plchs.) veroffentlicht worden ist. Wir konnen nns je-
doch anf eine kurze Angabe des Lnhaltes beschranken, da
die ron C. vertretenen Anschaunngen in nnsern Bericbten
•chon Erwahnnng gefnnden haben.
Cap. 1 behandelt den diagnostischen und therapeuti-
schen Werth der Adapiration, Cap. 2 giebt eine Beschrei-
bung der Apparate und des teohnischen Verfahrens. In
Cap. 3, 4, 5 wird die Verwendung der Capillarparacentese
mit Adspiration bei Affektionen der Athmungsorgane, bei
Perikarditis und bei Affektionen des Digestionsapparates
(Qasansammlung, Brucheinklemmung) geschildert. Cap. 6,
7, 8 enthalten Belege ffir die Nutzlichkeit des fragl. Ver-
fahrens bei perinephritischen Abscessen, Harnverhaltang
and Hydarthrosen.
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 2.
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3) In Folge der Adspiration ist daa Ausstrdmen
des Ergusses trotz dea feinen Instruments ein regel-
mkssiges und vollstkndiges und erfolgt nicht stoss-
weise, wie bei dem Reybard ’schen Verfahren, wo
der Abfluss anfangs unter dem Einflusse der Elasti-
city der Lunge und dem Gegendruck des Thorax
continuirlich vor sich geht , dann aber in einer mehr
oder weniger langen Zeit, wenn die Wirksamkeit
dieser Krhfte erlischt, vollstkndig gehemmt wird und
oft selbst trotz des neuen Impulses, welchen die
Hustenstbsse geben, nicht wieder hervorgerufen wird,
selbst bei noch ansehnlichen FlUssigkeitsmengen.
W Ahrend frtlher zur Entleerung eines mittlern Er-
gusses 30 — 45 Min. erforderlich waren, geniigen bei
dem Po tain ’schen Verfahren 10 — 15 Minuten zu
demselben Zwecke. Die Hustenstbsse whhrend
des Abflusses, die eine Folge der Wiederentfaltung
der Lunge sind, kommen auch bei der Adspirations-
methode vor, allein sie sind weniger heftig und be-
ginnen erst spftter als bei den frllhern Methoden.
4) Trotz der sehr ausgebildeten Untersuchungs-
methode kommt es vor, dass die Punktion negativ
ausfftllt, indem man entweder auf Pseudomembranen
oder auf eines der unterliegenden Organe stbsst.
Punktionen von Leber und Lunge mit dem gewdhn-
lichen Trokar. verlaufen allerdings meist schadlos,
das Kaliber des Instruments kann jedoch keineswegs
dabei gleichgilltig sein. B. ist es selbst begegnet,
dass er bei einem massigen rechtseitigen eiterigen
Erguss, wo merkwtlrdiger Weise die Leber nicht
verdringt wai-, dieselbe bei verschiedenen Punktio-
nen , wie bei der Autopsie beobachtete Zeichen er-
gaben, getroffen hat , ohne dass auch nur ein Sym-
ptom intra vitam es bemerkbar gemacht hktte.
5) Endlich ist auch der Vortheil nicht zu unter-
schatzen, dass man mit den feinen Trokars die Punk-
tion ohne Widerstreben des Kr. nach Belieben wie-
derholen kann, w&hrend bei dem frdhern Verfahren
kaum ein Kr. zu einer zweiten Operation zu be-
wegen war.
Der hauptsichlichste Einwurf gegen dieCapillar-
methode ist der, dass die vollstftndige Entleerung des
Ergusses der allmfiligen Entfaltung der Lunge keine
Rechnung trkgt und dassdalierin verstilrktem Maasse
heftige Hustenanfklle , Lungencongestionen und Blu-
tungen entstehen milssen. Nach Vfe. zahlreichen
Beobachtungen kommen jedoch bei der Capillar-
methode diese llblen Folgen viel Beltner als frtlher
vor , auch hat man es in der Hand , durch das Spiel
der Hfthne den Abfluss zu mftssigen. Eben so wenig
gerechtfertigt ist der Einwurf, daas die Adspiration
die Umwandlung eines serOsen Ergusses in einen
purulenten begtlnstige , denn es ist von Moutard-
Martin bereits bewiesen worden , dass in diesen
Fallen schon bei der ersten Entleerung zahlreiche
Eiterkttgelchen , mit dem Mikroskop nachweiBbar,
den verborgenen Charakter der Fltlssigkeit offen-
baren. Hinsichtlich des mehrere Stunden nach der
Operation eintretenden serds - albuminOsen Auswurfs
19
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IV. Pathologie, Therapie n. medicinische Klinik.
146
iBronchorrhfle), welcher einige Stunden andauertnnd
ein sehr ansehnliches Qaantum einer dem entleerten
Pleurae tsudate fthnlichen Flllaaigkeit liefert — glaobt
Vf. nicht , wie W o i 11 e z , dass es aich hier um -eine
traumatiache Perforation handelt. Die dorch die
Trokarspitze gemachte Oeflnung kflnue nicht die
Pleurafllissigkeit durchtreten laasen, wenn Qberhaupt
noch eine genflgende Flttssigkeitsmenge znrtlckbliebe,
mn eine so abondante Entleerang zu bedingen. Eine
spontane Perforation ist eben so wenig annehmbar,
da nie Zeichen von Pneumothorax beobachtet worden
aind. Dass der Pleuraerguss plfltzlich resorbirt and
eben so plfltzlich durchdieBronchienwiederseceruirt
werde, ist gleichfalls undenkbar. Abgesehen da von,
dass das Vorliandensein einer so erlieblichen Fldssig-
keitsmenge nach der Operation kaum denkbar ist,
scheint es doch fast unmflglich zu sein, dass eine mit
dickeu Pseudomembranen besetzte Pleura filug ist,
bo ansehntiche Mengen von Serum hindurch zu filtriren.
Es bleibt daher nur die Annahme (tbrig , dass unter
den Druckverilnderungen, nacli der Thorakocentese,
ein Congestionszustand der Lunge eintritt, welcher
zu einer Transsudation von Serum ans den Blut-
gefftssen in die Lungenalveolen und einer daranf
folgenden Entleerung durch die Bronchien ftlhrt.
Der Capillarthoracocentese kann aber daraus kein
Vorwurf gemacht werden , da schon vor ihrer Ein-
ftlhrung bereits fthnliche Beobachtungen gemacht and
nur eben jetzt mit der grflssern Frequenz der Opera-
tion die Beispiele hhufiger geworden sind.
B. will ttbrigens die Thorakocentese keineswegs
als allgemeine Behandlung der Pleuritis unter Ans-
schluss aller Ubrigen Mittel empfehlen. Sie ist nur
gegen eines der pleuritischen Symptome, nfimlich
gegen den Erguss gerichtet und eine antiphlogistische
Behandlung wird gegen den entztlndlichen Process
dnrchaus geiechtfertigt bleiben. Ob und wie sie aber
anzuwenden, hftngt von dem IntemriUtsgrade und
dem Auftreten der Krankheit ab. Bald tritt die
Pleuritis plfltzlich wie eine Achte akute Krankheit mit
SchOttelfrost, heftigem Fieber, starker Dyspnfle auf;
hier ist die energische Antiphlogose am Platse.
Andere Male ist Her Beginn der Krankheit weniger
heftig, oder die Heftigkeit der Symptome nimmt
allm&lig wieder ab ; in diesem Falle werden Diuretics
und Vesicantia eine passende Verwendung linden.
Endlich giebt es noch eine Reihe von Fallen, wo die
Initialsymptome unbemerkt vorttbergehen und der
Kr. mit einem erheblichen Pleuraergusse wegen der
Respirationsbeschwerden Arztliche Htllfe sucht; hier
besteht nun die Indikation , den Erguss zu hemmen
and fortzuschaffen , oline dass man viel unntttze Zeit
mit Ableitungsmitteln vorflbergehen lAsst.
Vf. hat im letzten Jahre allein unter 35 Fallen
akuter Pleuritis in 25 die capillare Punktion an-
gewendet und dabei nicht erst die Zeit abgewartet,
wo fbrmliche Anzeigen ftir die AusfUhrung der Ope-
ration bestanden. Selten hatte es Vf. mit excesaiven
Exsudaten zu than , nur einmal betrug die QuantitAt
4 Liter, tlbrigens achwankte sie zwischen 1200 und
2000 Gramm. Fast idemals ward die Operation vor
dem 10. Tage nach Eintritt der Krankheit gemacht,
am hAufigsten zwischen dem 15. and 20., am welche
Zeit die Kr. gewflhnlich erst Aufnahme im Hospital
suchten , ohne zuvor unter arztlicher Behandlung ge-
standen zu habeu.
Nach der Punktion blieben die Kr. imBett unter
ziemlicb strenger Dittt , und nor in Ansnahmefttilen,
bei Furcht vor Recidiven, wurden Vesicantien anf die
Brust gelegt. Die Resultate dieser Behandlung and
folgende.
Unter 25 durch die Thorakocentese behandeiten
Fallen wnrde in 21 Flflssigkeit entleert ; 4mal wnrde
trotz der deutlichsten Zeichen eines Exsudates der
Trokar wieder zurtlckgezogen, ohne dass Serum ans-
flo88. Unter den 21 Fallen wurde in 15 durch ein-
malige Punktion vflllige Heilnng erzielt, in 6 Fallen
war eine Wiederholung der Punktion nothwendig.
Jedoch ist bervorznheben, dass bei einem der letztem
eine anscheinend von der Pleuritis unabhangige
Phlegmone des vordern Mediastinum als Compli-
kation bestand und in einem zweiten Falle die Pleu-
ritis eine symptomatische Aeussernng einer Tnber-
kulose war.
In den Fallen , wo die einmalige Punktion znr
definitiven Heilung genllgte , verliessen die Kr. zwi-
schen dem 10. und 20. Tage nach der Operation
dasKrankenhaus; wobei zu bemerken, dass bei einer
grflssern Zahl der Anfenthalt hatte abgekdrzt werden
kOnnen , wenn nicht wegen der Sicherheit einer voll-
standigen Heilnng eine lAngere Beobachtung zweck-
massig erschienen ware. Vergleicht man damit die
Resnltate der gewflhnlichen medicinischen Behand-
lung , so kann man wenigstens so viel sagen , dass
selbst in den leichtern Formen der Pleuritis das akute
Stadium 30 — 35 Tage nnd darflber wfthrt and mithin
die Thorakocentese die Krankheitsdaner abkflnt.
Die thermometrische Beobachtung gegen Ende der
Krankheit ist Ausserst ntttzlich und zeigt mit ziem-
licher Bestimmtheit an , wann die Krankheit als be-
endet angesehen werden kann. Trotz dem grflssten
Wohlbefinden des Kr. giebt das Thermometer noch
einige Tage nach der Operation eine ganz leichte
Temperaturerhflhung an , mit deren gftnzlichem Ver-
schwinden die Krankheit erst als vflllig geboben
gelten kann.
Uebrigens hat sich die capillare Punktion nicht
nur gefahrlos gezeigt, wenn die Flflssigkeit dorch
den Adspirator entleert wurde, sie ist auch vflllig
unschAdlich gewesen in Fallen , wo die Punktion
erfolglos war. In den letztem Fallen drug der
Trokar meist in Pseudomembranen ein , was durch
das Ausfliessen von etwas Blut und das Gefflhl eines
resistenten Kflrpere angezeigt wird ; eine Verletzung
der Lunge ist anznnehmen , wenn kurze Zeit darauf
blntige Sputa expektorirt werden. Aile diese ver-
fehlten Operationen sind jedoch, selbst nach Ver-
letzung der Leber, spurlos an den Kr. vorflber-
gegangen , ja nach 2 solchen nutzlosen Pnnktioaea
hat Vf. beobachtet, dass die Resorption des Ergusses
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IV. Pathologic, Therapie u. medioiniache Klinik.
147
muaitteibar angeregt wurde and dyspnoetische Er-
schemungem verschw&ndea. Endlich macht Vf. noch
darauf aufmerksam , dass in seltenen Fallen , beson-
dere wenn ea rich am frische Plenritiden handelt,
eine sehr spirliche Fldsrigkeitsmenge entleert wird,
trots den dentlichsten Zeichen eines massenhaften
Ergusses , w&hrend nmgekehrt 1 — 2 Liter Seram
durch die Kanille abffiessen, -wenn anf Grand der
physikal. Unterenchung ein sehr reichlicher Erguss
erwartet wurde.
Nach genauer ErwHgung aller mOglichen Um-
stande, auf Grand eigener Erfahrungen and eines
eingehenden Studiums der in den letzten Jahren
pnblicirten Beobachtimgen , kommt Vf. zu folgendem
Resultat. Jeder Erguss mittlem Umfanges , welcher
nach Ablauf der Entzttndungsperiode keine Tendenz
zu scbneller Resorption zeigt, oder welcher trotz
Anwendong der tlblichen medicinischen Mittel zu
steigen fortfllhrt, erfordert die Punktion mit dem Ca-
pillartrokar unter Znlitllfenalime der Adspiration.
In einer Abhandlung liber die Paracentese der
Brast theilt Henry Barnes, Arztam Cnmberland-
Hospital, seine Erfahrnngen zu Gunsten der Capillar-
thorakocentese mit ’). Unter den Instrumenten be-
nutzt er mit Vorliebe Dieulafoy’s Nadel-Trokar
und Adsprrator. Die geeignetste Zeit zum Operiren
tritt fttr ihn ein , wenn dyspnotische Erscheinungen
sich geltend machen , oder wenn der Erguss bei der
gewShnlichen medicinischen Behandlung sich nicht
vermindert ; je frllher man zur Punktion schreitet, nm
so besser. Weder Alter, Geschlecht, GraviditSt noch
irgend eine andere Complikation sind Gegenanzeigen.
Die gegen die Operation gemachten Einwllrfe sind
bei dem jetzt tlblichen Verfahren gegenstandslos ge-
worden, die Fltlssigkeit kann jetzt aflm&lig und Iang-
sam entleert werden und die vorangegangene genaue
phyrikal. Untersuchung schlltzt vor Fehlgrififen und
Irrfhflmern.
/
Vf. theilt 5 eigene Beobachtungen mit, in wel-
chen durch die Paracentesis thoracis der Krankheit
ein schnelles Ziel gesetzt wurde.
1) Llnkseitige aknte Pleuritis bei einem 20jahr. Mad-
chen. Das Exsudat hatte die linke Thoraxhalfte erheblich
erweitert, das Here so weit nach reehts dislocirt, dass der
Herestoss unter der rechten Brustwaree zu fflhlen war.
Da die Dampfung der Brest und die Respirationsbeschwer-
den trotz energiseher medikamentoser Behandlung zu-
nahmen , so wurde mit der Capillamadel die Punktion
gemacht nnd 66 Unzen (ca. 2100 Grmm.) einer albumin-
rekshen Flfissigkeit entleert. Vesikularathmen Hess sich
in den folgenden Tagen dentlich wieder vernebmen nnd
die Kr. wurde in kurzester Zeit vollig geheilt entlassen.
2) In einem andem Falle trat die Pleuritis im Ge-
folge eines schweren und protrahirten typhosen Fiebers
auf. Am Ende der 8. Krankheitswoche zeigte sich neben
einem ausgedehnten Anasarka totale Dampfung an der
reohten Brustseite, welche vorn selbst den linken Sternal-
rand fiberschritt. Da die Athembeschwerden sich noch
vermehrten, wurde znr Punktion geschritten und 46 Unzen
') Some remarks on paracentesis of the chest. Lon-
don 1876. Macmillan and Co. 8. 15 pp. [Reprinted from
the Practitioner, Sept. 1876.]
(ca. 1400 Grmm.) einer strohgelben, durch Hi tie coaguUr-
baren Flfiseigkeit entleert. Nach der Operation wnrde
das Athmen bedeutend erleichtert und die vordern ver-
strichenen Intercostalraume dem Auge wieder sichtbar.
In den folgenden 8 Tagen nahm die Dampfung wieder
vorn ihre fruhere Ausdehnung an, hinten hdrte man langs
der Spina entferntes Bronchialathmen. Die Punktion wurde
wiederholt und 56 Unzen (ca. 1700 Grmm.) Serum ent-
leert ; der Kr. war wieder bedeutend erleichtert, athmete
freier und schlief besser. Da die Erleichterung nur kurze
Zeit wahrte nnd die frfihera gefahrdrohenden Symptome
wieder eine schnelle Hfilfe nothwendig machten , wurde
eine 3. Punktion gemacht, dnrch welche 123 Unzen (ca.
3700 Grmm.) einer dunkleru, wenigergerinnbaren Flissig-
kelt als in den fruliern Malen entcogen wurde. Numnehr
war die Bcsserung andaucmd und der Kr. verliess nach
knreer Zeit geheilt die Anstalt.
S) Ein 43jahr. Mann, Ende August wegen eines
gastrtechen Fiebers im Carlisle-Fieber-Hospital anfgenom-
men , klagte fiber hfiufige Schmereen in der Brust , ohne
dass man eine Affektion der Resp. - OTgane nachweisen
konntc. Nach 14tagigem Aufcnthalte im Krankenhause
fand man anf der linken Seite DSmpfung, Bronchialathmen
und Aegophonie. Das Here war verlagert, die Herzspitze
schlug im 4. rechten Intercostairnum an ; besondere
Dyspnoc war nicht vorhanden. Gegen Ende October, wo
das Fieber bereits verschwunden war, bestand Dampfung
an der ganzen linken Seite dcs Thorax vorn und hinten,
mit Ausnahme der Reg. supraspinalis, und da die Anwen-
dung der Diuretika , Vesikantien , Jodbepinselungen ehne
Einduss anf das Exsudat blieb , wurde die Punktion ge-
macht und 50 Unzen (ca. 1500 Grmm.) gclbiich-gruner
FlfisBigkeit aasgepumpt. Dio Punktion musste schon nach
14 Tagen wiederholt werden , da das Exsudat sich wieder
sehr schnell reproducirte. Naeh Entleerung von 47 Unzen
(ca. 1400 Grmm.) Flfissigkeit konnte man vorn an der
ganzen linken Brust , hiuten in den obern zwei Dritteln
Respirationsgerausche wahrnehmen. Die MQssung mit
dem Woillez’schen Cyrtometer ergab den Umfang der
linken Brusthalfte urn 2" geringer, als den dor rechten.
Der Kr. verliess bald darauf in gutem Wohlbefinden das
Hospital. Als 5 Mon. spater ihn IS. wioder besuchte, hatte
das Pleuraexsndat sich wiedemm gebildet und es warden
90 Unzen (ca. 2700 Grmm.) einer serosen, truben Flfissig-
keit durch die Punktion entfernt. Seitdem 1st das Wohl-
beflnden ein ungetrubtes geblleben , das Hera hat wieder
seine frfihere Lage gewonnen, weder ilusten noch Athem-
beschwerden hindem den Kr. an Beiner gewohnten Be-
schaftigung mit Holzfiillen in den Waldnngen.
4) J. M. , 20 J. alt , litt seit einem Jahre in Folge
einer heftigen Erkaltuug an Ilusten und Schmereen in der
rechten Brust, die Jede Beschaftigung unmoglich machten.
Die Untersuchung der Brust ergab Erweiterung der rech-
ten Seite urn 1 die Intercostalrauine waren volts tandig
verstrichen , der Ton fiber der ganzen Seite vorn und hin-
ten war absolut gedampft, Respirationsgerausche waren
ganz schwach horbar, an der rechten Lnngenspitze Bron-
chialathmen and Broncbophonie wahrzunehmen. Das
Here war etwas nach links versehoben , die Anskultation
desselben ergab ein lautes systolischesUerausch, amdeut-
lichsten an der Herzspitze. Da starke DyspnOe vorhanden
war , machte B. sofort die Thorakocentcse und entleerte
vermittelst der Capillamadel 25 Unzen (ca. 750 Grmm.)
Serum ; die Operation musste alsdann wegen Verstopfung
der feinen Punktionsnadel unterbrochen werden. Die Er-
leichterung, welche der Kr. durch die Punktion empfand,
war trotz des geringen Fiussigkeitsquantnm sehrerheblioh.
Ein paar Wochen spater hatte jedoch die Flfissigkeit in
der PleurahShle derart zngenommen, dass der Spitzenstoss
2" jenseits der linken Brustwaree fuhlbar war. Nachdem
104 Unzen (ca. 3100 Grmm.) Flfissigkeit entleert waren
und in den folgenden 8 Mon. wegen Wiederansammlung
des Exsndates die Punktion fast wOchentlich wiederholt
worden was, konnte der Kr. nach einem 18woclieutl. Auf*
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148
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Kiinik.
enthalt im Hospital v81Ug geheilt entlassen werden. Als
der Kr. naeh einigen Monaten sich im Hospital wieder
vorstellte, wurde dasHerz in dernonnalen Lagegefunden,
ein Herzgerausch war nicht mehr vorhanden. Die Brust-
resonanz war uherall gut, nnr an der recbten Lungenbasis
etwas verroindert. hier war das Respirationsgerauschnoch
etwas schwarh, an alien ubrigen Theilen dagegen dentlich
und scharf.
6) Ain 9. Sept. 1874 wurde Vf. von einer 19 J. alten
Dame, welche in Folge einer Erkaltung seit 6 Wochen
kr&nk war , zu Rathe gezogen. Sie kiagte fiber heftigen
Hasten , Brimtschmerzen , hochgradige Schwache und an-
dauernde Schlaflosigkeit. Die Untersuchung der Brnst
ergab an der linken Seite absolute Dampfung und voll-
standiges Fehlcn der Athmungsgerausche , nur unterhalb
der Clavicnla war saccadirtes Athmen und leises Bron-
chialathmen horbar. Der Herzstoss erfolgte 1" nach
recbts von der untern Brustbeinbalfte. Der BruBtumfang
betrug oberhalb der Mamma recbts 16 , links 16'/* Zoll.
Die Morgen- und Abendtemperaturen waren nur massig
erhfibt. Es -wurde sofort die Paracenteee gemacht und
durch Dieulafoy's Adspirator 60 Unzen (ca. 1800
Grinin.) gerucblosen Eiters entleert. Durch den weiteren
Gebrauch von Tonicis hatte sicb der Zustand der Kr.
wenentlich gebessert. Am 14. Sept, war jedoch wieder
weeentliche Zunahme des Exsudates nacbwcisbar. Durch
die Punktion wurden 27 Unzen (ca. 800 Gnnm.) Eiter
entfemt. Am 21. Sept, kiagte Pat. fiber starke Schmer-
zen in der linken Brustseite ; die physikalische Unter-
snchung ergab vorn hcllen Perkussionsschall , aber
schwache Respirationsgeriiusche , hinten Dampfung bis
znm Angulus scapulae. Durch den Adspirator wurden
nnnmehr 19 Unzen (ca. 570 Grmm.) rait Blut tingirten
Eiters entleert. Die Athmungsgerausche wurden deut-
iicher , die PerkusBionsdampfung weniger ausgesprochen.
Die Messung der linken Seite der Brust ergab eine bedeu-
tende Contraktion, ihr Umfang betrug l'l t “ weniger als
der der rechten Seite. Am 28. wurde die 4. und letzte
Pnnktion gemacht und 8 Unzen (ca. 240 Grmm.) Flussig-
keit (1 Drittcl Blut, 2 Drittel Eiter) ausgepumpt. Von
jetzt ab besserte sich der Zustand der Kr. unter starken-
der Behandlung stetig. Die Untersuchung am 19. April
1875 ergab Folgendes. Allgemeinbefinden gut; Brust-
umfang 30 3 /,“, rechts 15 s /, , links 14 3 /,“ ; Brusterweite-
rung wahrend der Athmung allseitig bedeutend ; linke
Schniter massig gesenkt ; leichte Abplattung in der linken
Reg. infraclavicularis und supramammaria, femer in den
untern, seitlichen u. hintern Partien, daselbst ganz leichte
Dampfung. Respirationsgerausche ein klein wenig scbwa-
cher als rechts.
Dr. Fraentzel, dirig. Arzt an der Charitd
(Berl. klin. Wchnschr. XI. 12. 1874) erkennt den
kohen Werth der Adspirationsmethode fllr die Be-
handlung pleuritischer Exsudate an. Er halt es aber
ftlr gleichgtlltig, ob man sich Dieulafoy’s Spritze
oder Po tain’s Flasche oder der der Magenpumpe
fihnlich constniirten B o w d i t c h ’ schen oder end-
lich der Q u i n c k e ’ schen zweihahnigen Spritze be-
dient , da sie alle znr Anspumpung der Pleuraexsu-
date gleich brauchbar sind. Die Frage, ob der
Hohlnadel oder der capillare Trokar den Voraug
verdiene, beantwortet Fr. zu Gunsten des letztern,
weil durch den Hohlnadel leicht einmal stfirkere
Lungenlfisionen veranlasst werden kbnnten. Von
ganz besonderer Wichtigkeit 1st es, dass die Trokar-
kanflle behufs absoluten Luftabschlusses mit einem
luftdicht. schliessenden Hahn versehen sei , und dass
eine Vcrstopfung des capillaren Lumens der Kantlle
durch Fibrinklilmpchen verhindert werde. Um die
Wegsamkeit der Kanllle jederzeit zu bewerkstelligen,
ohne dass sie erst heratugenommen und ants Neoe
eingeftthrt zu werden braucht, ist es nothwendigr,
dass der Capillartrokar mit einem Seitenrohr ver-
sehen ist , bei welchem das Stilet nur bis hinter die
Oeffnung des Seitenrohrs zurflckgezogen wird usd
jederzeit wieder in die Randle eingeschoben werden
kann.
Ein solches , in jeder Bexiehung brauchbares Instru-
ment ist durch A. Schmidt in Berlin (Gr. Friedricht,-
strasse 105c) auf F.’s Veranlassung angefertigt worden.
Der vordere Theil der Kanfile ist ein 5 Ctmtr. langes Ca-
pillarrohr , dessen Wandungen nach unten, der Haltbar-
keit wegen, an Dicke zunehmen, wahrend das Lumen un-
verandert bleibt. Am untern Ende der Kanfile geht von
dereelben unter einem Winkel von 45° ein kurzes Seiten-
rohr ab, welches durch einen Hahn luftdicht verschloeaen
werden kann. Jenseits des Hahns lauft das Seitenrohr
in einen metallnen Trichter aus , in welchen das metallne
Endstuck des zu dem Adspirationsapparat gehenden
Gnmmischlauchs hineinpasst. Etwa 0.5 Ctmtr. oberhalb
des Abgangs des Seitenrohrs endet die Kanfile in eine
Schraube, welche sorgfiltlg eingepasst 1st, in einen
Scbraubengang, welch er das obere Ende eines seitlich auf-
geschnittenen Hohlcylinders darstellt. Unterhalb der
Schraube ist ein kleiner Raum znr Aufnahme von Gnmmi-
plattchen vorhanden. Die ffir die Schraube bestimmte
Hohlung schliesst unten mit einer kleinen durchbohrten
Oeffnung ab, durch welche das Stilet hindurchtreten
kann. Am andern Ende des Hohlcylinders beflndet sich
ein grSsBerer Knopf, welcher abgeschraubt werden kann
und die Reinigung des Hohlcylinders ermoglicht. Das
durch die mit dem Schraubengang verbundene Kanfile
hindurchgehende Trokarstilet ist nach unten kolbig ange-
schwollen und tragt an dem kolbigen Ende seitlich einen
Knopf, welcher in dem Seitenausschnitt des Hohlcylinders
hin und her verschoben werden kann. Um zu verhindern,
dass be! der Verschiebung dee Stilets Luft durch die Ka-
nule in den Pleurasack gelangt , werden in den oben er-
wahnten Raum unterhalb der Schraube 3 dunne Gummi-
plattchen, welche das Stilet luftdicht nmschliessen, hinein-
gepresst ; die Gummiplattchen werden nach jedesmaligem
Gebrauch herausgenommen und wieder ersetzt ; man kann
sie beliebig aus jedem Gummiscblauch sich herstellen.
Die Handhabung des Instruments ist wohl nach
der gegebenen Beschreibung so verstindlich , dmw
sie nicht erst besonders erwfilmt zu werden braucht.
Nach seinen bisherigen Beobachtungen in den ver-
schiedensten Fallen kann F. dasselbe als kusserst
praktisch und brauchbar empfehlen. Er f&nd es
nicht allein erprobt, wenn es sich um einen dick-
lichen EJiter handelte, sondern er war selbat im
Stande, mit Leichtigkeit den visciden Inhalt eines
Kniegelenks zu adspiriren.
E. B e 8 n i e r kam in seinem Berichte fiber die
in Paris im 1. Vierteyahre 1873 herrschenden
Krankheiten zu dem Schlusssatze , dass die Sterb-
lichkeit in Folge der Pleuritis ganz bemerkens-
werth gestiegen sei — 1867: 7.89%; 1873:
15.69% — seit die Thorakocentese allgemeine Ver-
breitung gefunden habe. Besnier legt aber auf
diese Thatsache um so holieren Werth, weil die Pleu-
ritis gerade eine deijenigen Affektionen ist , welche
am wemgsten zu Fehldiagnosen und daher zu einer
falschen Statistik Veranlassung giebt.
Als einen Beitrag zur Beleuchtung dieser Be-
hauptung verdffentlicbt Dr. L. M a r t i n e au ’(L’ Union
123. 124. 128. 137. 152. 1874) das Ergebniss
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IV. Pathologic, Therapie a. medicmische Klinik.
149
sdaor Erfakrangen ttber die Behandlung der Pleuri-
tls tmd des Empyem mittels der Thorakocentese.
Seine Beobachtungen, welche B.’s Angabe nicht zu
beatitigen scheinen, erstrecken sich auf 27 Falle,
4 Empyeme und 23 sero-fibrinhse Pleuritis ; von den
letztern sind 19 primkre nnd 4 eekundftre. Wir
geben die Beobachtnngen in Folgendem ganz kurz
wieder.
1) Idiopathische akutc Pleuritis.
1) Rechtseitige Pleuritis. Beginn am 1. Febr. —
Thorakocentese am 1 . Marz mit der R e y b a r d schen Ka-
nule ; 4000 Grmm. entleert. Die Fliissigkeit reproducirte
sieh nicht wieder. Pat. am 15. Marz gebeilt entlassen.
2) Rechtseitige Pleuritis, Beginn am 10. Oct. Tho-
rakocentese nach Reybard am 9. Nov. Entleerung
von 1600 Grmm. einer opalinen Fliissigkeit rait zahlreichen
Fibrinflocken. Pat. am 16. Nov. gebeilt entlassen.
3) Linkseitige Pleuritis ; Beginn den 14. Aug. Tho-
rakocentese nach Potain am 25. Aug. ; entleerte Flussig-
keit — 1750 Grmm. Die Temperatur im Mastdarm um
0.3° nach der Operation erh5ht. Auswurf von 63 Grmm.
eines mucinreichen Sputum. Pat. am 2. Sept, vdllig ge-
hellt entlassen.
4) Linkseitige Pleuritis seit dem 10. Aug. Thorako-
centese am 27. Aug. nach Potain. Erste Punktion im
8. Intercostalraum erfolglos ; nach der 2. Punktion im
6. Intercostalraum 1020 Grmm. gelblichen Serums entleert.
Vollstandige Heilung am 7. September.
6) Rechtseitige Pleuritis seit dera 22. Aug. Thora-
koeentese nach Potain am 2. Sept. Entleerung von
1000 Grmm. rdthlich gefarbter Fliissigkeit. Eine kleine
Quantitat Fliissigkeit wurde in der Pleurahohle zuruckge-
lassen , weil nach dem Abfluss von 900 Grmm. ein sehr
quilender Husten entstand. Die expektorirten Massen
enthielten hauptsachlich Mucin. Schnellc ,Resorption des
zuruckgelassenen Exsudats. Pat. am 7. Sept, geheilt.
6) Rechtseitige Pleuritis ; Thorakocentese nach P o -
tain 34 Tage nach Beginn der Krankheit ; Abfluss von
260 Grmm. blutigen Exsudats ; Heilung 10 Tage apater.
7) Rechtseitige Pleuritis seit dem 30. Jull ; Thorako-
centese nach Potain am 18. Aug. ; Entleerung von 500
Grmm. gelblichen Serums; am 30. Aug. vollkommene
Heilung.
8) Linkseitige Pleuritis seit dem 2. Sept. ; Thorako-
centese nach Potain ; 4000 Grmm. ser&s-flbrinOsen Ex-
sudats entleert. Pat. am 26. Sept, vdllig geheilt.
9) Linkseitige Pleuritis seit dem 28. Dec. ; Thorako-
centese nach Potain; 2600 Grmm. gelblichen Serums
entleert. Temperatur im Rectum vor und nach der Ope-
ration 39°. Unmittelbar nach der Operation 2 Spuck-
nipfe voll einer gelblichen aerSsen Flusaigkeit ausgehustct.
Am 28. Jan. war Pat. vollig hergestellt.
10) Rechtseitige Pleuritis bei einer mit Insufflcienz
der Mitralklappen behafteten Frau. Beginn am 22. Jan. ;
Thorakocentese nach Potain am 26. Jan. Nach Abfluss
von 340 Grmm. 8erum musste die Operation unterbrochen
werden , weil die flbrindse Fliissigkeit im Apparat coagn-
lirte. Am folgenden Tage ergab die physikalische Unter-
suchong vollstandige Resorption des in der Pleurahdhle
belassenen Flussigkeitsquantums. Vollstandige Heilung
am 10. Febrnar.
11) Rechtseitige Pleuritis seit dem 10. Dec. ; Thora-
kocentese nach Potain am 3. Jan. ; 2000 Grmm. Flus-
sigkeit ausgepumpt; die Flflssigkelt nicht reproducirt.
Die Kr. verblieb wegen Ulcerationen am Collum uteri bis
sum 28. Jan. im Hospital.
12) Linkseitige Pleuritis seit dem 16. Sept. ; Thora-
kocentese nach Potain am 17. Sept. Es wurden nor
einige Tropfen Bint entleert, keine Spur von Serum. Am
folgenden Tage Dampfung bedeutend geringer, A ego pho-
nic , crepitirende Rasseigerausche verschwunden. Am
20. Sept. Athmung normal. Die Kr. verlasst geheilt die
Anstalt.
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13) Linkseitige Pleuritis bei einer Frau mit Insuffl-
cienz und Stenose der Mltralklappe. Thorakocentese
nach Potain am 6. Krankheitstage ; Abfluss von 860
Grmm. oiner schwarzlichen, fotiden, blutigen Fliissigkeit ;
keinerlei ubie Zufalle nach der Operation. Die Kr. ver-
tices nach 14 Tagen in gutem Wohlbeflnden das Hospital.
14) Linkseitige Pleuritis , Beginn Mitte Sept. ; Tho-
rakocentese nach Potain am 14. Oct. ; Abfluss von 1000
Grmm. Seram ; am 26. vollige Heilung.
16) Linkseitige Pleuritis seit 1. Jan. ; Thorakocen-
tese mit Reybard'B Kanule am 22. Jan. ; Entleerung
von 4000 Grmm. Fliissigkeit. Am folgenden Tage er-
neutes Exsudat. Zwcite Punktion am 29. Jan. ; Entlee-
rung von 2000 Grmm. FlusBigkeit. Pat. am 3. Febr. voll-
standig geheilt.
16) Linkseitige Pleuritis seit dem 4. Aug. ; Thorako-
centese nach Potain am 18. Aug.; 950 Grmm. Serum
entleert, einTbeilzuruckgelassen, dader Apparat mangel-
haft funktionirte und Luft bei jeder Adspiration in die
Brusthohle eintrat. Thorakocentese am 22. Aug. wieder-
holt; 350 Grmm. serdBer Fliissigkeit entleert. Dauernde
Heilung.
17) Linkseitige Pleuritis seit 10. Aug. Durch Punk-
tion am 20. 1000 Grmm. einer gelblich serfisen Fliissig-
keit entleert. Neue Ansammlung von Flussigkeit; Tho-
rakocentese resultatlos am 23. wiederholt. Heilung voll-
standig am 1. September.
18) Rechtseitige Pleuritis seit 4. Febr. ; Thorakocen-
tese nach Potain am 8. ; Abfluss von 850 Grmm. klarer
Fliissigkeit; 12 T. spater wegen Wiederansammlung des
Exsudats Thorakocentese wiederholt; Entleerung von
840 Grmm. Am 15. Marz noch geringe Dampfung in den
untern Thoraxpartien, Athmungsgerausche daselbst schwa-
cher als gewohnlich. Pat. verlasst bei ziemlicbem Wohl-
beflnden das Hospital.
19) Linkseitige Pleuritis, Beginn am 10. Aug. ; Tho-
rakocentese nach Potain am 5. Sept. ; bei 2 hinterein-
ander an verechiedenen Stellen vorgenommenen Punk-
tionen Austritt von nur wenig Tropfen blutigen Serums.
An demselben Abend empfand die Kr. bedeutende Er-
leichterang, sie hatte wedcr Husten nochAuswurf, am 15.
war die Respiration vollig normal. Die physikalisehen
Zeichen verschwanden nach und nach und die Pat. ver-
liess am 30. in bestem Wohlbeflnden das Krankenhaus.
Die Betrachtung dieser Falle ergiebt, daas die
Heilung in alien vollkommen gelungen 1st , und zwar
genttgte in 14 Fallen eine einzige Punktion, nur in
5 war Wiederholung derselben nbthig. Nirgends
war ein Unfall nach der Operation eingetreten , wie
auch das congestive Oedem , auf welches seit meh-
reren Jahren als Folgeersclieinuug der Thorakocentese
die Aufmerksamkeit gelenkt war, in keinem Falle
sich einstellte [Fall 3 und 9?]. Der Zeitpunkt, an
welchem die Operation vorgenommen wurde , wobei
die ersten Fiehererscheinungen oder das Auftreten
von Seitenstechen als Beginn der Krankheit angesehen
werden, schwankte zwischen 33 und 3 Tagen. Die
Menge der durch jede der Operationen entzogeneu
Fliissigkeit schwankte zwischen 4000 u. 250 Grmm.,
das spec. Gew. der Fltissigkeiten zwischen 1016 u.
1020. Von den 5 Fallen, die eine 2malige Punktion
nothwendig machten , sind nur 3 wirklich dahin zu
rechnen , da in einem Falle die 2. Punktion resultat-
los ahlief und im andem nur wenige Tropfen san-
guinolenten Serums ausflossen.
2) Sekundare Pleuritis.
20) Linkseit. Pleuritis nach akutcm Gelenkrheuma-
tismus , coraplicirt durch Perikarditis und Pneumonle :
Beginn am 6. Jan. ; Thorakocentese nach Potain am
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150
IV. Pathologic, Therapie u. medksinfeche Klinik.
13. Jsrt. ; Ansflusa von 800 Grmm. Seram. Pat. am 26.
geheilt.
21) Peritonitis tuberculosa. Ascites; ParacentSse
abdom. ; AbflusH von 8000 Grmm. sehr albnminreiober
Flflssigkeit. Beginn einer rechtseit. Pleurltls am 28. Dec. ;
am 24. Jan. darch Pnnktlon 1800 Grmm. einer sero-san-
gninolenten Fiasslgkelt entleert. Pat. verliess das Hospital
am 16. Febr. vdlllg geheilt, kehrte aber am 30. April
mit einer linkseit. Pleurltis zurfick. Dnrch die Thora-
kocentese am 24’. Mai 2600 Grmm. Sernm abgelassen ;
bis rum 14. Junl keine neue Ansammlung von Flussigkelt.
22) Kechtseit. Pleuritis bei einer tuberkuldsen Fran
von 22 J. ; erstes Auftretcn unbekannt. Thorakocentese
am 8. Febr. ; der Abflnss nach Kntleerung von 800 Grmm.
(tehenimt. Dio in der PleurahShle zurfickgebliebene
Flflssigkeit in den folgenden Tagen schnell resorbirt.
Tnberknlose stationer.
23) Doppelseit. Pleurltls seit dem 11. Nov., daneben
kasige Pneumonie. Durch Punktion der rechten 8eite
am 4. Dec. 1600 Grmm. Serum entleert; linkseit. Ersndat
bereits am 6. Dec. ganziich resorbirt. 24. Dec. : keine
Erneuerang der rechtseit. Pleuritis, linkseit. vdlllg ver-
schwunden ; Zeichen der inflltrirten Tuberkulose unver-
andert.
3) EUerige Pleuritis.
24) Eingekapselte rechtseltige Pleurltls seit dem
15. Nov.: l.Thor. nach Potain am 3. Jan., 1200Grram.
k'ares Serum entleert; 2. Thor, am 9. Jan., 800 Grmm.
.Serum entleert; 3. Thor, am 16. Jan., 850 Grmm. einer
milchweissen Flussigkeit entleert; 4. Thor, am 29. Jan.,
800 Grmm. Elter entleert. Am 28. Febr. Operation des
Empyem, 2000 Grmm. stinkenden Eiters entleert. Hei-
lung gegen den 15. Sept, mit ansehnlicher Verengung des
Thorax und Deviation der Wirbelsaule.
26) Linkseit. Pleuritis Beit dem 30. April: 1. Thor,
mit demApparat von Castiaux am 3. Mai, Ausfluss von
4—500 Grmm. durchsichtigcn Serums ; hauflge Schfittel-
froste in der folgenden Zeit ; 2. Thor, am 30. Mai , Ent-
leerung von 800 Grmm. stinkenden Eiters ; Injektion von
Chloral und einer alkohol. Losung von Essentia Eucalypti
in die Pleurahohie ; 4. Thor, am 5. Juni , Abg&ng von
000 Grmm. fotiden Eiters ; putride Infektion. Operation
des Empyem am 10. Junj. Waschungen der Pleura mit
dem gen. Mittel. Tod am 7. Oct. anscheinend In Folge
von ohron. Alkoholismus ; die Pleuritis ergab sich als voll-
kommen geheilt.
26) Linkseit. Pleuritis seit 4 Wochen. Punktion am
17. Oct. mit der R ey b a r d’sehen Kanule, Entleerung von
2000 Grmm. klaren Serums. Da in der Folge heftiges
Fieber mit adynamlschem Charakter anf elne eiterigeUm-
wandlung des Exsudats schliessen liess , wurde am
6. Nov. die Operation des Empyem gemacht and 1 Liter
Eiter entleert. Ansspulung der Pleura mit Jodtinktur.
Am 19. Dec. Heilnng.
27) Lnngenschwindsucht, linkseit. Empyem. Longen-
perforation, Hydropneumothorax. Durch den Pot a in’-
schen Apparat am 4. Dec. 1600 Grmm. Elter entleert.
Operation des Empyem am 11. Dec. ; sehr grosse Massen
Eiter entleert. Ausspfiluug des Cavum pb-urae durch
eine Losung von Chloral und alkohol. Encalyptus-Essenx.
Am 12. Jan. erlag der Kr. der sehr ausgedehnten Tuber-
kolose. Jedenfalls ist in diesem Falle dor Tod nicht der
Operation zur Last zn legen , sondern die Folge einer
langeTeZeit bestehenden Lungenschwindsucht ; wenn auch
die Operation den lethalen Ausgang nicht aufbaltenkonnte.
so hatte sie doch wenigstens den Erfoig , dass der Kr.
ausserordentliche Erleichterung fand. In den andern vor-
benannten 3 Fallen ist die Heilung trota der ungunstigsten
Umstande in zicmlich knrzer Zeit erfolgt.
Folgenden interessanten Fall von Empyem nebst
Bemerkungen dartlber theilt Dujardin-Beau-
roeta mit (Gaa. des Hfip. 77. 1872).
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Bln 32 J. alter Mann , der MM 8 Men. baba itksus
leiehtes Seitenstechen empfonden , Jedeeh seine Arbeit
nicht eingestellt hatte , kara am 27. Febr. 1872 zur Auf-
nahme. Die Untersuchung des sehr abgemagerten Kr.
ergab: ausserst hochgradlge Dyspn6e , Gesiehtcyanottech.
Puls kanm ffihibar. Thorax links stark gewftlbt, die
Zwischenrippenrinme hervorgebanoht ; absolute Dampfuag
fiber der ganzen linkeu Halfte , Pektoralfremitus fl be rail
vSlllg verschwunden. Herz verlagert, Spitzenstoss 2 Ctmtr.
jenseits der rechten Mammillarlinie.
Es wurde sofort im 7. Interoostalraara elne Pnnktian
mit dem Rev bard 'schen Trokar gemacht und 8 Liter
guten Eiters entleert. Nachdem die Punktlonsfiffnung mit
einem geknfipften Bistouri nseb beiden Seiten ausgiebig er-
weitert worden war, wurde eine Kolyre mit weitem Lumen
eingefiihrt nnd sorgsam befestigt. Bedeutende Erleich-
terung , Pnis gehoben ; Dlslokation des Herzens onver-
Sndert. Durch die RChre flossen in den folgenden Tagen
erhebliche Mengen geruchlosen Eiters ab; Ausspfilnng der
Pleurahfihle mit verdfinnter Jodtinktur. Am 1. MSrz
wurde eine doppell&ufige KautschukrShre eingeffihrt, deren
aussere Aeste durch Quetsohhabne verschllessbar w a re w :
an der Bifurkationsstelle der R5hre war eine kreisfOrmlge
Gummischeibe angebracht, welche sich an die Thorax -
wandungen anlegte, sobald die R5hre in die Pieurahftkle
eingeffihrt wurde. T)er Eiter hatte freien Abfluss und die
Waschungen der Pleurahohie waren leicht ansf&hrbmr.
1m Laufe der vcrschiedenen Operationen machte Vf. die
Beobachtung, dass Pat., wenn die RShre voliatitadig eia-
geffihrt nnd gut flxirt war , die Quetschhfihne einen Ver-
schluss der beiden aussern Aeste bewirkten, mit lauter
Stimme u. ziemlich fliessend sprechen konnte, sobald aber
die Rfihre herausgenommen und die Thoraxwnnde frei
geOffnet war , nur einzelne Silben mit leiser Stimme , ge-
wissermaassen stossweise hervorzubringen vermochte.
Die Besserung machte outer starkender Behandlung
schnelle Fortschritte, so dass Pat., alB cr am 2. Juni anf
seinen Wunsch entiassen wurde , seine Beschittigimg
wieder aufnehmen und vSllllge Heilung erwartet werden
konnte.
In der Epikrise giebt Vf., nach weitliufiger Be-
grOndnng des von ihm eingeschlagenen Verfahnema,
folgende ErklArung der vortlbergehenden Apftome
bei besteliender Communikation zwischen ftnsserer
Loft und Pleurahdhle. Dieaelbe beruhte auf der
mechanischen Unmdglichkeit, das Diaphragma and
die Rippenwandungen zu immobilisiren. War die
Pleurafistel geschlossen, so konnte der Thorax einen
Sttttzpunkt an der in die Pleurahdhle eingetretenen
Luft finden , welche, von alien Seiten umschlosmn,
einen genilgenden Widerstand darbot. War dagegen
die Fistel gedflhet , so fehlte dem Thorax der Sttltz-
punkt , indem links die Luft aus der Pleura bei den
Exspirationsbewegungen entwich, rechts die gegen
die Mediant inalwand zurtlckgedrftngte Lnnge keinen
gentlgenden Halt darbot.
In prognostischer Hinsicht von hohem Interesae
ist der nachstehende Fall, in welchem der Tod
wahrend dts Verlaufes einer akuten Pleuritis in
Folge von Thrombenbildung in der Pulmonal-
arterie eintrat.
Dujardin-Beanmetz (Gzz. de Par. 14. 1878)
bekam am 26. Febr. 1871 einen 48 J. aKen Settahmacher
zur Behandlung , der vor 2 W. nnter den Erscbeimageii
einer Unkseitigen Pleuritis erkrankt war.
Bei der Aufnahtne war die Respiration nicht sehr be-
bindert (30), jedoch bestand heftiger Hasten mit schlei-
mlgem Answurf. Uechtslage unmfiglich ; Sehmeraen an
der iinken Seite crtragiich. Der Thorax aeigte links etae
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IV. Pathologic, Ther&pie a. medicdniiche Klinik. 151
dmrtttche HprrorwSRwng ; Inks Mnten flberal) absolute
Dfimpfong , Torn ebeaso bit 8 Querflnger tin ter der Cla-
vicnla Pektoralfremitus vullig anfgehoben ; absolnter
Mangel der Respirationsgeransche , Aegophonie. Herz
leicbt verechoben, Spitz enstoes nnter dem Sternnm and
etwas jenseits dee recbten Sternalrandes , Anorezie ; kein
Fieber. (Grosses Vesikator nnd Sedlitz-Wasser.) In
den nachsten Tagen Zustand unverandert. Als Pat. am
4. T. nach dem Eintritt in dasKrankenhans aus dem Bett
anfstand , nm zn Stahl zn gehen , stiess er plotzlieh elnen
Sohrei ans and war todt , ohne dass der Krankenwarter
irgend etwas Besonderes in seinem Zustande hatte be-
obachten konnen.
Autoprie: In der linken PlenrahShle 3 Liter ernes
citronengelben dnrchslchtigen Exsadats. Herzspltze, gegen
die Median Uni e gerichtet, den rechten Sternalrand nicht
Oberschreitend. Linke Lange nach oben gegen den 7.
obern Rfickenwirbel znruckgedrangt , ibr Gewebe spleni-
airt, nnr im obern Flugel bestand Crepitation. In der rech-
ten PlenrahChle 200 Grmm. derselben Flussigkeit. An
der rechten Lnngenspltze Cavemen anf dem Wege der
Vernarbnng. Herzfleisch blase , Herzwande dflnn ; im
linken Ventrikel ansser gelatinfbrmigen postmortalen
Klnmpen ein harterer, welcher, mehrere Ctmtr. langer
Thrombus. Im rechten Ventrikel haftete ein volnmindser
Thrombus der Innenwand an , er hatte eine Lange von
12 Ctmtr., nahm seinen Ansgang vom innern Warzen-
maskel and dehnte sich bis in die Pqlmonalarterie ans,
die er verschloss.
D.-B. hebt hervor, dass gerade diese platz lichen
Todesfhlle sehr zu Gunsten der frtlhzeitigen Thora-
kocentese sprechen. Das Fehlen dyspnotischer Er-
scheinungen darf keine Contraindikation gegen die
Punktion sein, da dieseiben ein sehr trtlgerisches
Zeichen aind ; Kr. gewOhnen sich selbst an enorme
Exsndate nnd es ist eine h&ufige klinische Erfahrung,
dass Kr. mit linkseitigen Pleuraexaudaten nnd be-
deutender Verlagerung des Herzens lingers Zeit ohne
bedentende Athembescbwerden existiren kdnnen.
D.-B. ist flberzeugt, dass eine rechtzeitige Operation
im mitgetheilten Falle den lethalen Ansgang ver-
hlitet haben wiirde.
Sowohl in Bezng anf Prognose als anf Diagnose
sehr bemerkenswerth erscheint femer folgender von
Ernest Besnier beobachtete Fall, in welchem
wihrend der Thorakocentese der Todpldtzlich durch
Synkope eintrat (L' Union 76. 78. 1875).
D., 43 J. alt, wohlbelelbt nnd von gnter Constitution,
kam in den ersten Tagen des Jtrni 1876 mit heftlgen
Schmerzen an der Basis des rechten Thorax in B.’s Be-
handlung. Seit dem Beginne der Krankheit war das Aus-
sehen der Kr. merklich alterirt nnd drangte sofort die
Ueberzengung etnes Leidens mit malignem Charakter anf.
Am 9. wnrde ein rechtseitiges plenritisches Exsndat nach-
gewfesen, gegen welches Vesikantien and IMaretika in
Anwendung gebraeht warden. Das Exsndat stieg jcdoch
in den folge&den Tagen , die Kr. wnrde dyspnotisch ;
links war jedoch das Athmungsgerausch laut nnd normal,
abgeseken von sparlichen snbcrepitirenden Rasselgeran-
sehen an der Lnngenbasis. Der Allgemeinzustand war
aiemKch Bchlecht , die 8cbwache bedentend , indeseen
glanbte man keine Abweichnng von andern abundanten
Bxandaten. gegen welche die Thorakocentese sich so hfllf-
reieh erweist, vor sich an haben. Bei Abwesenheit jedes
pnenmonischen Symptoms , sowie eines fotiden Answnrfs,
lag namentlich kein Verdacht anf gangran&se Plenritis vor.
Es wnrde mitkin, da die bisherige Behandkuig ohne Erfolg
geblieben war n. der Znstand derKr. schleunige Hdlfe er-
beischte , am 81. Jnni snr Thorakocentese geschritten.
Mit der grftssten Vorsicht wnrde der CapHlartrokar in
etnen Z wtschen rl ppenranm elngestossen , woranf sofort
■uiSaer El ter von einem achreckhchen F6tor aastrat.
Kamn waren jedoch 300 — 400 Grmm. abgefloosen , als
das Verhalten der Kr. , welche ihre sitzende Stellnng
wahrend der Zeit keinen Angenblick verlaesen hatte,
plotzlieh hSohst anffallend wnrde. Die Augen waren weit
gedffnet, dasGcsicht tod ten b lass, sie machte keine Athem-
bewegung , weder Pulse noch Herzschlage waren wahrau-
nehmen. Alle Wlederbelebongsverenche blieben erfolglos.
Man kOnnte glauben, dass es sich in diesem Falle
um eine blose Coincidenz der Pnnktion und dev
Synkope handelte. Besnier theilt jedoch diese An-
sicht nicht, er glaubt vielmehr, dass unter gewissen
Umatftnden der durch die Pnnktion vernrsachte
Schmerz einen Stillstand des Herzens veranlassen
kcSnne. Es ist durch die Erfahrung lftngst bewiesen,
dass selbst die leichtesten Ursachen bei bedeutendev
geistiger Depression oder erheblicher Abnahme der
Krfifte eine todtliche Synkope veranlassen kdnnen.
Anch hat Claude Bernard bekanntlich den ex-
perimentellen Beweis beigebracht, dass die leichtesten
Schmerzen reflektorisch anf das Herz wirken kdnnen.
Besnier hebt in Bezng auf diesen Fall hervor, dass
es ndthig Bei , die Pat. wahrend der Thorakocentese
mit gleicher Sorgfalt zn ilberwachen, wie beim Chlo-
roformiren. Er ist jedoch weit entfemt, aus solchen
Fallen eine Contraindikation gegen die Thorako-
centese abzuleiten ; er will vielmehr vor einer zn
langen Verzdgerung der Operation warnen, damit
nicht die Krftfte der Kr. so sehr damieder liegen.
Was nun schlliaslich die Diagnose im mitgetheil-
ten Falle anbelangt, so ist B e s n i e r der entschiede-
nen Meinimg, dass eine gangrandae Plturiiia be-
st&nden habe, woftlv der gangrftndse Genich des aus-
fliessenden Eiters, die Schwere des Leidens von
Beginn an , das vdllige Darniederliegen der Krafte
sprechen. Anf das Vorangehen einer Lnngengangrin
'weisen keine Erscheinungen hin. Schon 1820 hat
Corbin zn einem L a e n n e c’schen Fall von ober-
fl&chlicher Lungengangrftn die Bemerknng gemacht,
dass die Pleuritis die Initialerscheinung und der
Lungenbrand die Folge sei. In der Literatur wird
allerdings der primkren gangrknOsen Pleuritis kaum
Erwahnung gethan. Besnier halt jedoch die An-
nahme einer primaren u. einer sekundaren gangrHnd-
senPleuriti8 fttr vollstandig gerechtfertigt, vondenen
dieerstere die weniger hauiigere, aber schwerere ist.
Auf diese Mittheilung Besnier’s bezieht sich
eine vortreff liche Abhandlung B o u c q u o y’s „tiber
Pleuritis bei der Lungengangrtin" (L’Union 84. 86.
91. 93. 95. 1876).
Den Bemerkungen B e s n i e r’s gegentlber , dass
Beobachtungen fiber gangrftndse Plenritis in der
Literatur nur sehr vereinzelt verzeichnet sind , hebt
B o u. hervor, dass die Nachforschungen erfolgreicher
gewesen waren, wenn Besnier statt nach Fallen
gangittnOser Pleuritis nach denen von Lungengangrftn
geforscht haben wiirde. Das primare Anftreten der
gangrftnOsen Plenritis mflsste Uberhaupt in Frage
geetellt werden ; Bie Beige sich nnr im Gefolge u. als
Complikation der LungengangrSn. Boncqnoyhat
schon 1872 die nachstehenden 3 Falle beobachtet.
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152
IV. Pathologic, Therapie u. mediciniache Klinik.
1) Ein 43jahr. Mann von minister Constitution hatte
nach einer Erkaltung am 17. Nov. 1872 Hch&ttelfroste
mit Hasten and furchtbar heftiges Keitenstechen bekom-
men auch bald bemerkt , dass tier Athem fotid wnrde.
Das Athmen war beim Eintritt in das Hopital Cochin
(27. Nov.) mulisam und saccadirt . der schmutzig - graue
Auswurf hatte cinen charakteristischen gangranosen Ge-
ruch. Die l'crkussion ergab vorn und hinten absolute
Darapfung, das Athemgerauach fehlte vollstandig . in der
linken Lunge waren zerstreute |)felfende Itasselgeriiuschc
zu horen. Puls 100, Teniperatur .'18.4°. Der Auswurf
wurde in den folgenden Tagen ahundanter, der Huston
heftiger. Seit dem 30. November bestand oberhalb des
Dampfungsbezirks selir verbreitetes Blasen und an einem
uiuschriebenen Punkte cavernoses , mit feuchtera Kasseln
gemisclites Athmen . beim 11 listen gurrende Gcrauschc.
Trotz Steigerung der lokalen Symptome sank die Tempe-
ratnr von 38.4 auf 37.2°. Euealyptnstinktur in Dosen von
2 Grmui. milderte wenigstens den Husten und beseitigte
den fotiden Athem. Am 8. Dec. traten Delirien und
Collapsus ein und am 10. Dec. erfolgte der Tod.
Seklion: Bei ErSffhnng des Thorax fand man rechta
unten ein abgekapseltes eitriges Exsudat ; die Eitertasche,
welche ungcfahr l'/jLiter cnthielt, war durch eine Scbeide-
vvand mit einer fur 2 Finger durcligangigea Oeffnung in
eine vordere und eine seitliche Ahtheilung getrennt. Die
Scheidewand war theils aus der verdichteten Lungenplenra,
theils auB dichtem, sklerosirtem Lungengewebe gebildet.
Oberhalb der Eitertasche adliarirte die verdichtete und
stark vaskularisirte Lungenpleura an der Rippcnpleura
und bildete die iinssere Wand einer den mittlem Lnngen-
lappen einnehmenden faustgrossen Hohle. Die ganze
Hdhlc, deren innereWand das Lungengewebe ausschliess-
lich bildete , war mit graulichem . leicht abschabbaren
Detritus ausgekleidet. Unterhalb derselben waren weiss-
Hche, fibrose Zuge, alB Zeichen einer heginnenden Rege- .
Deration, und das verdichtete, schwarzlich-graue Lungen-
gewebe sichtbar. In der gangrandsen Excavation war
keine Flussigkeit enthalten, in dieselbe Sffnete sich weder
ein grosserer Bronchus noch ein ulcerirtes GefiUs. Der
untere, durch das Exsudat comprimirte Lnngenlappen war
hart, ohne Crepitation. Die Lunge wariibrigens5demat3s.
Nirgends Tuberkel.
Der Verlauf der Krankheit, der Sektionabefand
lassen nach Bon. deutlich erkennen, dass die Pleuri-
tis niclit die Folge der Lungengangrfln war, sondem
dass beide Krankheiten gleichzeitig auftraten. Die
Annahme einer gangrSnosen Pleuritis wftre nur ju-
lassig, wenn die gangrfinOse Afiektion von der Pleura
aus mehr oder weniger schnell auf die Lunge (iber-
gegriffen hatte. Im fragl. Falle sind aber beide
Krankheiten gleichzeitig neben einander aufgetreten,
nnr sind die Symptome der Lungengangran zu An-
fang durch die augenf&lligem Zeichen der Pleuritis
verdeckt gewesen.
Der fotide Geruch macht sich tlberhaupt oft erst
sehr spat bemerkbar. So beobachtete Aran einen
j ungen Mann, welcher seit Monaten alle Zeichen
einer sehr verbreiteten Lungentuberkulose darbot.
Bei der Autopsie fand man nicht einen Tuberkel,
dagegen 2 — 3 Liter sangninolenter Flussigkeit in
der Pleura, welche einen enteetzlichen Geruch ver-
breitete, und auf der Lungenpleura grosse braunliche
Plaques. Man dachte anfangs an eine gangrandse
Pleuritis, fand aber im untem Lappen eine ansge- }
dehnte Gangrftn, welche sich einerseits auf die Pleura, *
andererseits auf einen sehr weiten, dilatirten Bron-
chus erstreckte. Der Athem war erst 2 Tage vor
dem Tode so stinkend geworden.
Solche Beispiele, die sich leicht in Menge bei-
bringen liessen, ndthigeu, wie B o u. hervorhebt , zu
grosser Vorsicht bei der Diagnose einer echten gan-
grftniJsen Pleuritis. Wenigstens hat er selbst unter
seinen zahlreichen Beobachtungen niclit eine einzige,
in welcher das pleuritische Exsudat einen gangrino-
sen Geruch angenommen hatte, ohne dass auch das
Lungengewebe gangrtLnfts afficirt war.
2) Am 30. Oct. trat ein 43jahr. Lederzurichter vou
kraftiger Constitution mit einer rechtseitigen Pleuritia iu
ilas Hospital Cochin ein. Die Krankheit, welche iu Folge
einer Erkiiltung vor 4 Tagen entstanden war, verlief fa-t
fieberlos und liattc das massige Exsudat nach 14tiigigem
Bestehen sich so bedentend verringert, dass der Kr. auf
seinen Wnnsch am 11. Nov. cntlassen wurde. Nach eini-
gen Tagen bemerkte er jedoch bei im Ucbrigen vortreff-
licheni Befinden, dass der Athem stinkend wurde und am
17. Nov. warf er zieinlich erheblicke Blutmengen beim
Husten aus. Am 12. ffihltc er sich zwar so wohl, dass er
seine Arbeit wieder aufuahm, wurde aber nach wenigeu
stundcu von eiuem heftigen Husten uberrascht, bei welchem
er 2 Liter Blut herausbrachte. Bei seinem Wiedereintritt
in das Hospital hatte er ein sehr bleiches Aussehen, stin-
kenden Athem, indessen war das Allgcmeinbeflnden niebt
merklich verschlechtert. Bei ziemlich haufigem II us ten
expektorirte er sparlicbe grauliche Sputa, welche wie
der Athem den charakteristischen Gernch der L ungen -
gangran darboten. Das rechtseitige Exsudat hatte den
untern Winkei der Scapula nieht uberschritten ; in der
Fossa infraspinata borte man cavem5ses Athmen , ge-
mischt mit fenchton , suberepitirenden Rasselgeranschen
und Bronchophonie. Am 30. waren die Gesichtsznge des
Kr. selir eingefallen, der Appetit vermindert, der Hasten
anhaltend und der Genich des Sputum uberaus stinkend.
In Folge des Gebrauelis von Euealyptnstinktur (2 Grmm.
pro dosi) wurde der Husten in den folgenden Tagen gerin-
ger, die Expektoratiou massiger und weniger stinkend.
Die Perkussion wies am 4. Dec. Zunahme der Dampfnng
nach vorn bis zur Ilohe der Brustwarze nach. In der
Fossa infraspin, fand man das cavemose Athmen inten-
siver, die Rasselgerausche grossblasig ttnd fencht, nnter-
halb derselben fehlte das Athmungsgeransch vollstindig.
Am C. neue Hamoptyse, durch welche der Kr. ansaent
erechopft wurde ; HuBten sehr qualend, Auswurf und gan-
granoser Gernch versehwacden. Am 13. bestanden alle
Zeichen von Pyopneumotherax. In Rucksicht anf die
Lungengangran, welche das Empyem complicirte, wnrde
die Operation des Empyem sofort gemacht. Nachdem die
Pleura parictalis eroffnet war, sturzte ein Eiterstrom von
einem entsetzlichen Fotor herans. Das Allgemeinbefin-
den des Kr. besserte sick danach ganz erheblich, allein
es stellten sich bald Durch falle, Oedem, Dyspnoe ein and
der Kr. starb am 6. Tage nach der Operation.
Sektion. Thorax wunde geschwarzt, die Kinder in-
ti I trirt. Das Periost der 8. Rippe mortifleirt , am Kao-
chen selbst oberfiachliche Nekrose. Die Eiterhdhle war
in 2 Taschen getheilt, die durch eine Art Kanal von
2 Querflnger Breite mit einander communicirten. Die
Tasche selbst war von der verdichteten, briichigen, mit
granlichen Pseudomembranen bedeckten Pleura auage-
kleidet; sie enthielt keine Flussigkeit, da sie kune
Zeit vor dem Tode noch ausgewaschen worden war. Die
rechte Lnnge war vorn und hinten Btark adharent, das
Gewebe stellenweise sklerosirt , stellenweise wieder ode-
mat os. Nach AblOsung derselben zeigte sich anmittelbar
unter der Pleura im untem Lappen eine biihnereigroase
fluktuirende Tasche, aus welcher beim Einreissen eine
sanidse, eiterige, sehr ffttide Flussigkeit a us trat. Die
Wande waren mit schwarzlich-grauen Fanlnissprodnktea
bedeckt, and atpjgezackte Lappen des Parenchyma schweb-
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IV. Pathologic, Ther&pie u. medic inische Klinik.
tea fan JLunern der H6hle. Die Darehbruchsttffntiiig, welche
zam Pyopneumothorax Veranlasaung gab, wurde nicht
aufgefunden. Die linke Lunge war hyperamlach und ode-
matfte ; nnten nnd vorn fanden sich 8 kleine gangr&n5se
Cavemen, von gleicher Beachaffenheit wie in der reehten
Lange.
Durch die Sektion aind nach Bon. die nnmittelbaren
Beziehungen zwischen dem Brandberde and dem pleurit.
Ergnas erwiesen , wodurch ea zngleich begreiflich wird,
wie spater der Pyopnenmothorax zn Stande kommen
keante. Die Plenra war die einzige Schranke zwiscben
den sphacelosen Partien und dem Exsudate, gab aie ein-
m&l nach, so mussten die Lungendetritus sich mit dem
eiterigen Exsndat vermischen. Die mnltiplen Brandherde,
welche man bei Lnngengangran hauflg antrifft, haben als
sicbere Zeichen einer sekundiiren Infektion hinsichtlich
der Prognose die gleich uble Bedeutnng, wie die metaata-
tischen Lnngenabscesse bei der Pyamie. Uebrigens kon-
nen gangranose Herde in der Lnnge beatehen, ohne dass
das Leben des Kr. unmittelbar gefahrdet war, wie nacb-
stehende Beobacbtnng B o u.’s zeigt.
3) Eine 22 J. alte Naheriu gab bei der Aafnahme in
das Hospital (2. April 1872) an, schon seit langerer Zeit
an Hasten , des Morgens mit fotidem Auswarfe, gelitten
zn haben. Seit 1 Monat etwa seien Appetit nnd Kr&fte
geechwunden nnd vor 14 Tagen babe sie Schfittelfroet,
Seitenstechen und Karzathmigkeit verspurt.
Pat. zeigte Dyspnoe, Cyanose dep Gesichts ; die Haut
war mit Schweiss bedeckt. Puls 124, Temp. 37.8°. Der
Athem hatte den charakteristischen FStor der Lnngen-
gangran, der Answnrf war schwarzlich grau , klebrig and
abelriechend. — Die Perkussion war rechta schmerzhaft,
es bestand Dampfnng in dem mittlem Drittel der reehten
Lnnge and die Auskultation ergab daselbst crepitirende
nnd snberepitirende fenchte Rasselgerausche. Der Urin
war albnminhaltlg. Unter Steigernng der Ortlicben and
aligemeinen Erscheinongen erfolgte der Tod sebon am
7. April.
Die Sektion ergab Pleuritis diaphragmatica der rech-
ten Seite. Zwischen den untern Lungenpartien and dem „
correspondirenden Abschnitt des Zwerchfells fand man
eingekapselt in weiche, neagebildete Pseudomembranen
1600 Grmm. Serum. An der reehten Lnngenbasis hinten
zeigten sich unter dem ViBceralblatt der Pleura 4 — 6 Ta-
schen, deren aussere Wandungen durch die Pleura selbst
gebildet warden und aus denen beim Einschnitt eine gran-
liche, eiterige Flnssigkeit ohne Geruch aastrat. Die in-
nere Wand erechien aus ulcerirtem, ausgezacktem Lungen-
gewebe gebildet und stand in naber Beziehung zn dem
eiterigen Inhalt des Sackes. Im nntern Lungenlappen
bestanden noch zahlreiche Kerne von disseminirter lobn-
larer Pneumonle.
In der Epikrise hebt B o u. als besonders beach-
tenswerth hervor das Vorkommen der Lnngengangran
In kieinen, zerstreuten und abgegrenzten Excavatio-
nen, wie es die metastatisclien Abscesse sind. Was
die Pleuritis diaphragmatica betrifft, so ist es merk-
wtirdig, dass das Exsndat serds geblieben ist, wahr-
sebeinKch hatte aber die eiterige Umwandlnng noch
nicht stattgehabt, weil diese Complikation erst hdeh-
stens 3 Wochen vor dem Tode eingetreten war. Die
Angabe der Kr., dass sie seit der Kindheit an einem
fbtiden nnd abundanten Answnrfe gelitten habe, ist
mit dem Sektionsbefnnde kanm zu vereinen , da die
Lungenlksionen erst seit kurzer Zeit bestanden und
Bronchialerweiterungen oder sonstige Ursachen einer
ftNiden Bronchitis nicht gefnnden wurden.
In Bezng anf die Symptomatologie findet sich
in sammtlichen Beobachtungen das fnrehtbar hef-
Med. Jabrbb. Bd. 171. Hft.2.
tige, persistente Seitenstechen, das durch kein
Mittel zn beseitigen war, besonders hervorge-
hoben. Stokes betont schon, dass das Seiten-
stechen bei der Lnngengangran intensiver als bei der
gewdhnlichen Pleuritis ist nnd dass die Entztlndung
der Serosa zu dem Grade des Leidens in keiner Be-
ziehnng steht. Dieses Symptom ist deshalb von bo-
hem Werth, weil es zuweilen noch vor dem Erschei-
nen des ffttiden Answnrfs auf die Diagnose leiten
kann. Erst nach melir oder weniger langer Zeit
manifestiren sich die pathognomonischen Zeichen der
Gan gran in dem fnrehtbar stinkenden Auswurf nnd
Athem. Wkhrend die meisten Beobachter die Ex-
pektoration pntrider Massen als Zeichen einer Erwei-
chung des br&ndigen Herdes ansehen , sprechen die
Erfahrungen Stokes’ dafflr, dass diese Expektora-
tionen schon 1 — 2 Tage nach Einwirkung der Noxa
zn Tage kommen, eine Zeit, in welcher noch kerne
brandigen Excavatdonen sich ausgebildet haben kdn-
nen ; er setzt hinzu , dass oft erst nach Monaten der
Nachweis von Hdhlenbildungen gelang. In Fallen,
wo sich der F5tor der Expektorationen so frllhzeitig
wie in Beobachtung 1 zeigt, ist die Annahme wobl
zniftssig, dass die Sekretionen derBronchien sich mit
den aus den brandigen Geweben exhalirten Gasen
imprfigniren. Jedenfalls ist vor der Erscheinung der
pntriden Auswurfsmassen die Diagnose dnnkel nnd
man wird sie bald auf Pleuritis, bald anf Pneumonie
stellen. Zn der erstgenannten Kategorie gehdrt ver-
mnthlich auch der Fall B e s n i e r ’s. Bon. schl>
daher vor, eine pnenmonische oder plenro - pnenmo-
nische n. eine pleuritische Form der Lnngengangran
zu unterscheiden.
Die pneumonischeForm entspricht nicht einer is
G&ngran ausgehenden Pneumonie, sondern der Lun-
gensphacelus erscheint nur unter der Pneumonie ahn-
lichen Symptomen. Schon L a 6 n n e c hat im Gegen-
satz zu den meisten Autoren , welche den Lungen-
brand als einen der Ausgftnge der Pneumonie ver-
zeichnet haben, behauptet , dass die Gangrftn kaum
unter die Zahl der Ausgange der Pneumonie einge-
reiht werden kbnne, da der entztlndliche Charakter
bei dieser Affektion sehr wenig ausgesprochen ist.
Auch Gri sol le bestatigt, dass unter 50 von ihm
bebachteten Fallen von Lungengangrftn kein einzi-
ger im Gefolge einer Pneumonie aufgetreten war
and dass andererseits keine der zahlreicben von
ihm beobachteten Pneumonien in Lungenbrand ge-
endigt habe. Bei einer vergleichsweisen Analyse der
Symptome zeigen sich die verschiedenen Charaktere.
Bei Lungenbrand sowohl als bei Pneumonie besteht
Fieber, Seitenstechen, Dyspnoe, Hnsten u. s. w. Die
Seitenstiche bei der Lungengangriln haben aber, wie
schon erwahnt , eine Persistenz und Intensitat , wie
man sie me bei Pneumonie beobachtet. Bei der
Lnngengangran bietet das Fieber sehr ausgespro-
chene Exacerbationen dar, die Temperatnr zeigt sicb
aber nnr sehr mftssig erhoht, w ah rend die Puisfre-
quenz der Schwere des Gesammtleidens entspricht.
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IV. Pathologle, Therapie n. medkinuehe Klinik.
Die Dyspnde 1st gewdhnlich viel intenmver bei der
Lungengangrin ale nach Ausdehming und Site der
Erknuikung zu erwarten wire, der Husten ist ganz
be Bonders qu&lend und hartnttekig. Die Expekto-
ration ist an fangs sehr gering und schleimig , nach
einiger Zeit nimmt sie das klebrige und roatfarbene
Ansehen der pneumonischen Sputa an. Hat aich als-
dann um die mortificirten Theile eine collatenile
Fluxion ausgebildet, bo zeigen sich erst hftmoptoische
Sputa und sp&ter anaehnliche H&moptysen. Diese
blutigen Auswiirfe genttgten B o u. zuweilen , um die
Diagnose dee Lungenbrandes festzustellen. Endiich
ist ala ein sehr wertbvollea Zeichen fttr die Diagnose
der Lungengangr&n der j&he Eintritt des Krfiftever-
falls zu betrachten.
Die Symptome der pleuritischen Form der Lan-
gengangr&n wind mit denen der pneumonischen Form
identiach, nur dass hier noch die physikaliBchen Zei-
ofeen eines Exsudates in der Pleurahdhle frtther oder
sp&ter nachzuweisen Bind. Zu diewer Form gehttrt,
wie bereits erwilhnt, Besnier’s Fall und das Feh-
len der fdtiden Expektoration begrtlndet noch durch-
aus nicht die Existenz einer Gangrttn der Pleura.
In einer Abhandlung „tlber oberfl&chliche Lungen-
gangran “ berichtet Corbin, dass in 4 unter 6 von
ihm beobachteten Fallen das charakteristische Sputum
fehlte und die Krankbeit dadurch with rend des Le-
bens verkannt wurde. In einem der 4 Falle von
Lungengangran bestand eine partielle Pleuritis als
Complikation, in den 3 andera eine allgemeine, bei
2 gleichzeitig noch Pneiunothorax. Corbin ge-
langt zu dem Sclilusssatze, dass bei jeder oberflftch-
lichen Lungengangran der fbtide Auswurf fehlen und
eine consekutive Pleuritis , hftufig mit Pneumothorax
verbunden , zur Entwieklung kommen wird. C o r -
b i n hebt — der Angabe von B e s n i e r entgegen —
ausdrflcklich hervor, dass die Pleuritis reine Folge des
Uebergangs von putriden Stoffen aus dem gangrknd-
sen Lungenherde in die Pleura Bei. Corbin’s Ein-
theilung der Gangrttn in eine oberfl&chliche und tiefe
entspricht der von B o u. aufgestellten pleuritisohen
und pneumonischen Form. Ausnahmsweise bleibt
der pleuritische Erguss serfts, wie in Beobachtung 3,
fast immer nimmt er einen eiterigen Charakter an.
Ist der Krankheitsverlauf sehr schnell, so ist die
Pleuritis fast eine allgemeine , w&hrend sie im ent-
gegengesetzten Falle eine partielle und dann das
Exsudat meist abgekapselt ist. Unterliegt der Kr.
nicht frUhzeitig den schweren Symptomen der Longen-
gangrhn, so nimmt die Pleura frtther oder spfiter an
der Mortifikation Theil, sie giebt an einzelnen Stellen
nach, es verschmelzen sich die gangr&ndsen L ungen-
prod ukte mit der PleurailUssigkeit und das Exsndat
nimmt den ftusserst stinkenden Geruch an, wie diess
in Beobachtung 2 der Fall war.
Dass es ausser diesen fbtiden pleuritischen Exsu-
d&ten im Gefolge von Lungenbrand eine tvirkliohe
prim are Gangrdn der Pleura , wie sie B e a n i e r
annimmt, giebt, leugnet Boucquoy, dabiaberkein
einziger Fall durch die Autopaie bewiesen ist und in
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den von Besnier angeffehrten Beobaehttwgen em
oder mehrere Kerne von Lungengangrtn geftmden
worden sind ; das Fehlen der oharakteristischen
Sputa spricht , wie bereits erw&hnt , durehaua awht
gegen die Existenz einer Lungengangran , da aie
von verschiedenen competenten Beobachtern bei
sehr verbreiteter Lungengangriln vermisst wurden.
Uebrigens scheint es im Allgeneinen auch weurig
wnhrncheinlich, dass eine serbse Membran einer pri-
m&ren Gangrftn nnterliegen kdnne , da die ganze
Struktur der Membran einer solchen L&sion wider -
Btrebt. Trot* der grossen Verschiedenheit in den
Ansichten liber das in Rede stehende Leideu stinamt
Vf. mit Besnier darin flberein, dass man ee biaber
Bber Gebtilir vemaclilassigt babe.
Was die Aetiologie des Lungenbrandes anbe
langt, so werden bekanntlich eine grosse Anzahl Ort-
licher sowohl als allgemeiner , den Organismus
schwachender Ursachen angefllhrt. Im Allgemeine n
ist es aber selir sebwierig, den Lungenbrand auf
seine wahre Ursache zarttckznftthren. In den oben
angefllhrten Fallen spielte der Einfluss einer inten
siven Erkaltung eine bedeutende Rolle, in eineui
Falle von Jackson und in einem von Hayem be-
schriebenen war als bestimmte Ursache eine di-
rekte Contusion der Thoraxwandnngen angegeben.
Die Diagnose ist in der ersten Zeit meist in Dunkel
gehttllt, indessen giebt es , wie schon oben erwithut,
gewisse Symptome , welche die Aufinerksamkeit anf
die Lungengangran lenken mttssen. Lassen die fftti-
den Massen keinen Zweifel an einer Lungengangran
mehr zu, so kann es sich fragen, ob die Pleuritis die
Folge des Uebergangs putrider Massen aus dem
Brandherde , oder ob sie eine einfache Complikation
darstellt. Ist die Enteflndnng der Pleura der Lnngen-
gangrftn vorangegajigen oder gleichzeitig mit ihr er-
schienen , so darf man annehmen , dass die Pleura-
h'Ohle nicht mit dem Brandherde commnxucirt , so
lange man but die gewChnlichen Zeichen eines flfls-
sigen Exsudats wahrnimmt; communicirt der Brand-
herd mit der Pleurahdhle , so hat der Kr. suffokato-
rische Anfalle, bleiclies Gesicht, livide Lippen, klei-
nen fadenfbrmigen Puls , trockene, heisse Hast, zu-
gleich zeigen die Symptome des Pneumothorax den
Eintritt von Gas in die Pleurahdhle an. Die poru-
lenten und gangrilnftsen Massen Risen zuweilen , be-
vor sie durch die Hant durchbrechen , die Mnskeln
von den Rippen ab, zerstdren das Periost u. nekroti-
siren die Rippen. In einem Fall von Stokes hatte
sich die Fltlssigkeit zwischen Brustmuskeln und
Peritonftum hindurch bis zum Scrotum hingezogen.
Wenn das eitrige Exsndat nach den Bronchien
hindurchbricht, so kann es vor seiner Entleerung der
Lungengangran analoge , pntride Eigenschaften an-
nehmen und zu diagnostischen Irrtlitlmern Veran-
lassung geben ; genaue Beach tung des Vertaufes der
Krankheit wird aber auch hier die Diagnose aiehern.
Die Prognose der pleuro - pnlmonalen Gangrttn
ist im Ganzen sehr ungtlnstig , obgleicii auch zahl-
reiche Beobachtungen vorliegen, in welchen Heilung
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155
IV. Patfeologie, Ther&pie a. medicinische Klinik.
erziett wurde. Die Plearitis kaen in dieses Fallen
als nine Complikation angesehen werden, welche die
Sehwere der Krankheit nieht bedentend vermehrt,
sie ksnn sogar unter UmsUnden eine gtlnstige Com-
plikation werden, wenn eine Elimination sphacelflser
Massen durch die Operation des Empyem bewirkt
wird. Die Operation des Empyem zeigt bier zw*r
bei Weitem nicht eine so gtlnstige Statistik wie bei
der pnrulenten Pleirritis , aber es liegen Fille von
Heilnng dnrch sie vor nnd sie ist das einzige Mittel,
welches Hoffbung giebt, den Kr. zu erhalten.
Schlflsslich hebt Boncqnoy noch die gflnstige
Wirknng der Tinktur dee Euealyptne globulus bei
Lrmgengangrftn hervor. Der innere Gebrauch der-
selben in Dosen von 2 Grmm. mehrmals tAglieh
raodificirt schnell den Gernch des Athems nnd des
Answnrfs nnd mildert den Husten. B. hat in jedem
der letzten Jahre im Hftpital Cochin 2 — 3 Fklle von
Limgengangrtn zu behandeln gehabt und stets hat
er die Encalyptnstinktur bewUhrt gefbnden ; sie hat
setbst in den Fallen auf Answurf nnd Hasten gfln-
stige Wirknngen gezeigt, welehe einen lethalen Ana-
gang nahmen.
Dr.L. Becker iuMflnchen (Berl. klin. Woclien-
schr. XI. 41. 42. 1874) halt die operative Entlee-
rung des Exsudats bei serds-fibrinflser Pleuritis nur
ftlr ein palliatives Mittel, dessen Anwenduug nur
dann indicirt ist, wenn es sicli darum handelt, das
Leben des Kr. bedroliendc Vorgknge zu beseitigen,
der Wiederersatz des Exsndats lcann die Entleerung
desselben jedoch nicht verhflten, bisweilen ersetzt
sich dasselbe sehr reach wieder nnd die Entleerung
hat nur dem Kflrper einen Theil eiweisshaltiger Stoffe
undSalze entzogen, einUmstand, der bei geschwkch-
ten Kranken mit daniederliegender Ernfllining be-
sonders zu berflcksichtigen ist Wo die Indikation
ftlr Ausftlhrung der Thorakocentese vorliegt, zieht
B. den Trokar der Adspiration vor, weil ersterer
mehr Sicherheit gegen Lufteintritt gew&hrt. Dass
bei der Adspiration der Lufteintritt mit Sicherheit
dnrchaus nicht verhfltet wird, davon hat sich B. da-
durch ttberzeugt, dass er eine mit Wasser gefflllte
Flasche mit einem langen, gut schliessenden und mit
Gewalt eingetriebenen Korkstdpsel verscMoss, nach-
dem die zuvor mit Wasser gefflllte KanUle durch den-
selben geatossen worden war. Der Zwischenraum
zwischen Glas und Kork wnrde mit Siegellack aus-
geflillt. Bei Ausfflhrung der Adspiration drang
nachweislich Luft zwischen Kanflle und Kork ein.
Wenn nun bei einem feat anliegenden Kork schon
Luft auf diese Weise eindringen kann , so ist diess,
wie B. meint, bei der dflnnen Brustwand noch leich-
ter mOglich.
Zom Be weise ftlr seine Angaben theilt |B. den
folgtaden Fall mit
r«»b 38 J. alte Naherin litt an betxaehtUoher recht-
sei tiger Pleuritis, die DyspnSe hatte einen so hohen Grad
erreicht , dass die Kr. nicht Iiegen konnte, sondern mehr
im Bctt sltzen mnsste, sehwaoh gegen die kranke Seite
genefcrt. Bel jeder Aendernng dw Lage bekam die Kr.
Schwindel- and Ohnmachtsanfille , sie schiuckle schwer
and bekam darauf die heftigsten Erstickungsanfalle. Re-
spiration and Pals waren sehr beschieunigt, die Tempera-
tar war nicht erhSht. Reohts vorn ging die Dampfting
bis zur Clavicula , hinten ebenialls bis gauz nach oben ;
Athemgerausche waren vom gar nicht zu horen , hinten
horte man in der Gegend der Lungenwurzel, wo die com-
prtmlrte Lange lag, hronchialee Athmen. Links nnten
klagte die Kr. spater ebenfaUs fiber Schmerzen, hier fand
sich keine Darapfung, sondern nur pleuritisches Reiben,
die Ruckseite war links frei. — Es wurde die Adspiration
ausgefuhrt und mittels derselben wurden 614 Cctmtr.
rfithlich gefarbte Flussigkeit entleert. Der Einstich war
am obern Kande der 6. Kippe in der Axillarlinie gemacht
worden. Wahrend der sehr langsamen Entleerung halite
sich unter der Clavicula der Perkussionston auf and wurde
tympanitisch , das anfangs bronchiale Athmen wurde ver-
sch&rft vesicular und an der Spitze war leiebtes Knister-
rasseln zu horen. Die Lange hatte sich etwa handbreit
ausgedehnt. Pat. warf ofters blutig gefarbte Sputa aus.
Zuletzt ging das Auspumpen nur schwer von Statten, ohne
dass sich die Kanule verstopft hatte , mehr Bint war der
adspirirten Flussigkeit beigemischt. Der Schlauch , der
von derNadel zur Pumpe fuhrt, bog sich ofter undlangere
Zeit ein , debate sich dann allmalig wieder aus und lang-
sam stieg dann die Flussigkeit in der Pumpe auf. Diess
wurde als Beweis angesehen , dass wohl die Lunge einer
weiteren Ausdehnung nicht mehr fahlg sei ; die Nadel
wurde ausgezogen and die Stichstelle mit Heftpflaster ver-
klebt. — Nach der Operation horte man bei der Auskul-
tatlon an einer Stelle von der Ausdehnung eincs Kronen-
thaiers rechts oben , wo die Perkussion exquisit tympani-
tischen Schail mit metallischem Beiklang ergab, Flaschen-
sausen und metaUisches Klingen, es bestand also utn-
schriebener Pneumothorax. Die Operation hatte der Kr.
indessen entschiedene Erleichterung gebracht. Schon in
den nachsten Tagen aber sammeltc sicli rasch das Exsudat
wieder und die frflheren Erscheinungen traten in noch
verstarktem Maasse wieder auf , so dass die Adspiration
wiederhoK werden musste. Es wurden 466 Cctmtr. stark
roth gefarbte Flussigkeit entleert, die Kanflle verstopfte
sich dabel 5fters durch Blutgeriunsel. Nach der Opera-
tion erfolgte wieder Erleichterung , jedoch nur auf sehr
ksrze Zeit. Das Exsudat stieg sehr rasch wieder und
noch in derselben Nacht starh die Kr. bei fiusserster
Sehwache unter Suffokationsanfailcn.
Bei der Sektion entwieh bcim Einsehneiden der Rip-
pen rechts eine grosse Mengc Luft aus dem Pleuraranm,
links war diess in viel gerlngerem Grade der Fall. Blutig
gefarbtes Serum lief aus dem rcchten Pleura raum aus, die
ganze rechte Pleuratifible war von solchem hamorrhagi-
schen Exsudate ausgcfullt , im linkcu fand sich gieiches
Exsudat in geringer Menge. Die rechte Lunge war total
ooraprimirt, ihr untender l^appen mit seiner hlntersten
Spitze in der ilohe der 8. Rippe an der Grenze dee hin-
tern Drittels derselben durch eine alte Adhasion mit der
Pleura costalis verwachsen. Die Pleura zeigte flberali
rothlioh gefarbte derbe Faserstoffauflagerungen, auf der
gansen Flache derselben fanden sich zahlreiche Ekchy-
inosen. Eine Verletzung der Lunge war an ibrer Ober-
dache nirgends aufzutinden, ihre Struktur war vollkommen
)iormal , ihre einzeluen Lappen waren mit Faserstoff ver-
klebt und die ganze Lunge mit Faserstoff uberzogen. Auf
der linken Lunge fanden sich vorn unten ebenfaUs Faser-
stoffauflagerungen , ihr Gewebe war normal. Das Herz-
fteisch erschien briichig, die Klappen waren normal.
Die Wirkung der Thorakocentese war nur pal-
liativ und das Auftreten von blutigem Auswurf wah-
rend der Operation, der vermehrte Blutgehalt der
Flflssigkeit gegen Ende derselben und bronchitische
Erscheinungen, die nach ihr auftreten, deuteten ent-
schieden darauf hin, dass durch die Operetion grds-
serer Blutgehalt der Lunge herbeigeflllirt wurde.
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156
IV. Pathologie, Therapie o. medicinische Klinik.
Ferner trat trotz aller Vorsicht nnd ohne Verletzung
der Lange Luft ein. Auch ergiebt aich aus dem
Sektionsbefunde , wie leicht man, da schon alte Ad-
hftsionen vorbanden waren, die Lunge hfttte ver-
letzen kflnnen , wenn man den Ort fUr den Einstich
etwas tiefer imd weiter nach hinten gewfthlt hfttte.
B. spricht aich daher nochmals dahin aus , dass
die Operation nur als Palliativmittel zur Abwendnng
drohender Lebensgefahr gelten kflnne , dass sie den
Wiederersatz der Fltlssigkeit niclit ausscbliesse, son-
dern oft sogar beschleunige , allerhand Gefaiiren ftlr
den Kr. berge und den Krankhcitsprocess nur in die
Lllnge ziehe und unter Umstftnden verschlimmere.
Schlllsslich erwfthnen wir bier nocb die ausge-
zeichnete Abbandlung uber die operative Behand-
lung pleuritisclier Exeudate , welche von Dr. C. A.
Ewald in dem 1. Jahrgange der Charitt-Annalen
(Berlin 1876. A. Hirschwald. p. 139 — 192) ver-
affenllicht worden und ftlr die Beurtheilung der neuer-
dinga, namentlich von Frankreich aus empfohlenen
Methoden und Instrumente von hoher Wichtigkeit ist.
Ewald hat auf Veranlassung dea Q.-R. Fre-
richs, unter Zugrundelegung der in der Klinik
desselben wfthrend der letzten 15 Jahre zurBeobach-
tung gekommenen Fftlle , die Frage , wie sich daa
Verhftltniss der Eeilung serfoer u. eiteriger Pleuri -
tiden unter exspeklativer u.operativer Behandlung
herausstellt, einer sorgftlltigen kritiachen Erwftgung
unterzogen. Er ist bemltht , olme jedes Prftjudiz ftlr
die eine oder andere Behandlung, seine Aufgabe unit der
grOsatmoglichen Objektivitftt zu Idaen, u. giebt an der
Stelle subjektiver Anscliauungen unumstdasliclie Zah-
lenbeweise. Unter dem vorhandenen Material hat er
nur echte, nncomplicirte Pleuritiden u. Pleuro-Pneumo-
nien in Betracht gezogen, letztere weil aus ihnen ein
grttaaerer Theil derFftlle von Incision wegen Eiterung
hervorgegangen ist. Da den Aufnahmebestimmungen
der med. Klinik zufolge nur Kr. Uber 12 J. recipirt
werden konnen , so erstreckt aich daa von E w. be-
nutzte Material auf genuine Pleuritiden bei Individuen
Uber 12 Jahren.
Es wurden behandelt vom 1. Jan. 1860 bis 1. Juni
1876 260 Fftlle mit 30maligem Exitus lethalis, und zwmr :
204 (4) ') serose Pleuritiden,
36 (19) punktirte, resp. incidirte eiterige Pleuritiden,
11 (7) nicht incidirte eiterige Pleuritiden.
Bis rum Jahre 1870 wurde iiberbaupt nicht punktirt,
sondem nur die ublichc Therapie in Anwendung gebracht,
von da ab wurde die Pnnktion bei augenscheinlicher Le-
bensgefahr oder bei einem langer als 4wochentl. Bestehen
des Ergusses vollzogen.
Berucksichtigt man zunachst die rein serosen Pleuri-
tiden mit Uebergehung der Anfangs serSsen , in der Folge
eitrig werdenden Ergfisse, so kamen in Behandlung
Mortal.
1870 — 76 serose, nicht punktirte Fftlle 178(4) «=2.24%
1870 — 75 ser5se punktirte „ 26 (0) «= 0.0O°/ o
Von den erstem sind wieder eine Anzahl von leich-
tern Fallen , die nie zur Punktion gekommen waren , ab-
zusondern ; werden diese auagenomraen und nur Pleuri tl-
’) Die eingeklammerten Zahlen bezlehen sich anf die
Todesfftlle.
den von mehr ab 3w6chentl. Bestande beriieksiehtigt , so
ist das Verhiltniss folgendes :
I860 — 76 serSse, nicht punktirte Plenritiden
143 (4) = o
1870—76 serSse pnnktirte Pleuriditen 26 (0) — 0.00°, 0
Vergielcht man noch die Abschnitte 1860—70 and
1870 — 76, so erhfilt man
1860—70 78 (4) — 6.12%
1870-76 116 (0) =- 0.00 %
Von alien uncomplicirten punktirten F Alien ver-
lief kein einziger lethal , von den 1860 — 70 in der
Klinik zur Beobachtung gekommenen, wo Ubertuiupt
noch nicht punktirt wurde, dagegeu 4 oder 5.12°/ 0 .
Es hat demnach die Punktion vor der gewdhnlichen
Behandlung ganz unbestreitbare Vorztlge , die noch
um so grSsser erscheinen mtlsaen , als die grtfssere
Zalil von Fftllen im Zeitraum von 1870 — 75 zur
Beobachtung gelangte.
Nach den auf der Klinik herrscheaden Grand -
sfttzen wurde die PunktioD unter zwei Bedingnngen
als indicirt angesehen , nftmlich bei augenscheinlicher
Lebensgefahr und bei vergeblicher innerer Behand-
lung nach mehr als dreiwflchentlichem Bestehen des
Ergusses. Wfthrend Uber die erste Indikation bei
alien Autoren Einstinimigkeit herrecht, haben sich
bei der zweiten vielfache Meinungsverschiedenheiten
geltend gemacht. Hier handelt es sich zunftchst um
die Frage, nach wie langer Zeit der Compression die
Lunge ihre Ausdehnungsffthigkeit beliftlt. Mit Sicher-
heit kann man, auf Grand des Ergebnisses zahlreicher
Sektiouen, 8 Wochen als die Zeit annehmen, bis zu
welcher eine durch einen Erguss comprimirte Lunge
ihre frilhere Ausdelumng wieder erlangen kann ;
lftngere Zeitrftume sind zwar wiederholt beobachtet
worden, mllssen indessen nach den heutigen Erfah-
rungen als Ausnahme angesehen werden. Da man
durch die Pnnktion nur ein Krankheitsprodukt, nicht
die Krankheit selbst entfemt, so halt es Ew. ftlr
faisch, die Punktion vorzunehmen, so lange noch die
Gefabr einer Rcproduktion des Ergusses gegeben ist,
also zu einer Zeit , die dem Beginne der Krankheit
naiie liegt. Es kfinnte sogar fraglich sein , ob nicht
die plCtzliche Entlastung der Gefftsse , nachdem der
Exsudationsprocess zum Stillstand gekommen ist,
durch Erweiterung derselben zu erneuerter Exsuda-
tion Veranlassung geben kann. Evans behauptete,
dass in 820 Fftllen die Punktion nur 28mal wieder-
bolt werden musete, d. b. in 3.4<>/ 0 der Fftlle ; B e s -
nier hat unter 14 und Blachez unter 6 Fftllen,
in denen die Punktion nach der 3. Woche gemacht
wurde , die Punktion ttberhaupt nur lmal gemacht,
und in den von E w. gesammelten Fftllen musste in
4 die Punktion zwei- und mehrfach wicderholt wer-
den. Von den 4 genannten Fftllen ist aber nur in
einem im Verlauf der 3. Woche, in den 3 andern am
7., 8. oder 10. Tage, wo der Process verarathlich
noch in Bitithe war , punktirt worden ; rechnet man
daher die letzten 3 Fftlle als vorzeitig punktirt ab, so
bleibt unter 26 nur einer noch, bei welchem die
Wiederholong der Punktion nach der 3. Woche noth
wendig wurde, d. h. in 3.86 •/* der Fftlle, eine An-
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IV. Pathologie, Therapie n. mediciniSche Klinik.
157
gabe , die ziemlieh genau mit der von Evans auf-
gestellten Bereohnnng flbereinstimmt. Ans dem Ge-
sagten geht evident hervor, daaa man ohne dringende
Indikation die Thorakocentese nicht in den ereten
Wochen vornehmen soli , dagegen kiinne man in der
4. Woche unbedenklich zur Punktion schreiten.
Es wnrde der Thorakocentese zur Last gelegt,
dass sie eine Umwandlnng des serftsen Exsudates in
eitriges bewirke, und zwar: 1) durch Schkdlichkei-
ten , welche mit dem operativen Eingriffe verbunden
anf die Fltlssigkeit einwirken , 2) dnrch einen „um-
stimmenden Einfhiss“, welchen der mit der Ent-
leernng verbundene Eingriff zur Folge haben soil.
Im Ganzen wurde in 35 Fallen punktirt , von denen
in 26, also 74.28°/ 0 , das Exsudat seros blieb, wftli-
rend dasselbe in 9 Fallen, d. i. in 25.72°/ 0 , einen
eiterigen Charakter annahm. Hinsichtlich der Zeit,
in welcher die eiterige Bescliaffenheit des Exsudates
eintrat, ergiebt sich folgendes Verhaltniss :
Nr. d. Tabelle.
Anzahl der Tage
n.Beg. d.Pl. n. d. 1. Punkt.
XXX.
29
XXII.
2
XXXIII.
33
XXI.
41
XI.
18
XXXV.
27
XXXI.
90
XXV.
60
XIX.
120
1
(trube rothlich)
2
do.
2
do.
7
do.
10
19
25
44
25
Unter den genannten Fallen Bind die 4 erstem von
vorn herein anszuEchliesaen , well der Erguse gleieh zu
An fang von Eiter und Blut triihe rothlich erschien , und
Fall XXXI., weil hier, abweiehend von dem gewohnlichen
Verfahren , die Entleerung tagllch durch eine Dieulafoy'-
sche Canule 4 demenre vorgenommen wurde.
Es bleiben somit nur 4 Falle , in welchen das
Eiterigwerden des Ergusses der Punktion zugeschrie-
ben werden konnte. Die der Abhandlung am Schlussc
beigefilgte grosse Tabelle zeigt, dass in den genann-
ten Fallen die Punktion vor oder wahrend der4.W.,
vom Beginn der Kranklieit an gerechnet , gemacht
worden ist , halt man dem gegentlber die Thatsache
fest , dass in den andern Fallen , in denen erst nach
der 4. W. punktirt wurde , das Exsudat den serOsen
Charakter bewahrte , so muss man zu dem Schlnsse
gelangen , dass die Punktion in keinem Falle von
mehr als 4w6chentlichem Bestehen nnd serosem Cha-
rakter, mit den nSthigen Cautelen unter Luftabschluss
getlbt, eine eiterige Umwandlnng verschuldet.
Hinsichtlich der Operationsmethoden ist Ew.
entschieden dafllr, die Thorakocentese unter Luft-
abschluss vorzunehmen , wenn auch die Frage selbst
tlber Schadlichkeit des Lufteintritts noch eine offene
bleiben muss. Auf der Klinik kam das Reybard’-
sche Verfahren bisweilen in Anwendung , meist aber
der Hahnentrokar mit vorgelegter Spritze. Dagegen
blieben die in Frankreich so vielfach gepriesenen
Apparate mit dem Princip a vide pr&ilable , wie sie
Bieulafoy, Thenot u. A. eingefHhrt haben,
ganz ausser Betracht. E w. halt dieselben fllr geradezu
geflhrlich; der Austritt der Fltlssigkeit ist hier nicht
wie bei den gewbhnlichen Spritzen zu reguliren , die
feinen KanUlen verstopfen sich leicht und endlieh
sollen sie eine mdglichst ausgiebige Evakuation der
Pleurahohle bewirken, wahrend doch die Entleerung
der Fltlssigkeit offenbar nur so weit getrieben werden
darf, als der dadurch entstehende leere Raum durch
die Nachbargebilde ausgeftlllt werden kann. Ein
Mehr muss zu Zerreissungen des Lungenparenchyms
und Blntextravasationen Veranlassung geben. Ew.
hatte Gelegenheit. , in einem Falle von eiterigem Ex-
sudate , welches zum 2. Male pnnktirt wurde , sich
augenscheinlich davon zu ftberzeugen , dass durch zn
starken Zug Zerreissungen des Lungenparenchyms
herbeigefflhrt werden. Unmittelbar nacli der Punktion
hatte sich ein beti'ttchtlicher Pneumothorax , der vor-
her nicht bestanden hatte, ausgebildet ; die Unter-
suchung der Luft im Cavum pleurae ergab 6.4°/ 0
KoblensMure, 0.3% Sauerstoff, so dass es gar keinem
Zweifel unterliegt , dass sie aus der Residualluft der
Lungen stammte , dazu kam in den nhclisten Tagen
die Expektoration dtlnnflltssiger, eiteriger Massen bis
zum Betrage von 500 Cctmtr. pro die. Man thut
daher am besten, die Entleerung des Exsudates dem
ihra innewohnenden Druck zu tlberlassen, und nur im
Falle , dass der positive Druck fehlt , ist es erlaubt,
leichten Zug anznwenden. Die Vei’stopfung des
Trokar durch Fibrinflocken wird am besten vermie-
den, wenn man sich des Thompson'achan , Potcdn'-
schen oder Fraentsel' schen (s. o. S. 148) bedient.
Es ist wtlnschenswerth , dass der Trokar vor
dem Gebrauch in verdtlnnter Carbolskure gekocht
und in CarbolSl getaucht wird. Was die Auswahl
der Punktionsstelle anbetrifit, so ist ea zweckmftssig,
so tief als mdglich zu punktiren , nachdem man sich
zuvor von dem Stande der auliegenden Organc tlber-
zeugt und der eigentlicken Punktion eine Probe-
punktion mit der Prauaz’schen Spritze vorausge-
schickt hat. Sobald der Abfluss der Fltlssigkeit
stockt, vorausgesetzt dass die Kantlle nicht verstopft
ist, sind Thorax, Lunge und Zwerchfell an ibrem
Ziele angelangt; fordert man den Kr. alsdann zu
energischen Respirationsbewegungen anf, so kann
die Entleerung noch weiter getrieben werden ; meist
treten sclion von selbst in Folge des Reizes , den die
eindringende Luft setzt, heftige Hustenparoxysmen
ein, die den Austritt des Exsudates fordem. Von
verschiedenen authentischen Beobachtem ist ttber-
diess betont worden , dass Exsudatreste schnell nach
der Punktion resorbii-t werden. Falle von albuminb-
ser Expektoration, wie sie T^rillon dai-gestellt,
sind Folgen der Transsudation aus den Bronchial-
geftssen in die Bronchien , sei es , dass sie durch ein
mechanisches Moment oder nervose Ursachen bewirkt
wird. Ein derartiger Fall ist in der Klinik nur ein
einziges Mai beobaclitet worden, Andeutimgen in
altera Krankengeschichten konnte E w. nicht finden.
Nach der Punktion nimmt man bisweilen an
frtlher gedilmpften Stellen eine leicht metallisch
klingende Perkussion und schwaches amphorisches
Athemgerkusch wahr , ohne dass eine Affektion des
Lungenparenchyms oder Pneumothorax vorhanden
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IV. Pathologic, Therapie u. medieiabohe Klinib.
lit. Diese Erscheinung erkllrt sich einfach dadurcb,
dans In Folge der Adspiration der Fltlssigkeit durch
die Spritze ein luftverdflnnter Raum entateht, in wef-
CbftP bis znr Ausgleiehung der Druckunterschiede die
Gase ans der Fltlssigkeit hineinstrftmen.
Eilerige Pleuritiden.
Unter die eiterigen Pleuritiden rechnet E w a 1 d
nicht nur diejenigen Falle , in welchen der eiterige
Charakter des Exsudates durch die Incision oder Per-
foration von vornherein deutlich war , sondern auch
die Fillle mit ursprtlnglich serdsem , sp&ter eiterigem
Ergusse , da ja der Keim zur eiterigen Umwandlung
in ihnen selber schliimmert und , wie nachgcwiesen,
nicht der Beliandlung zur Last fallt Eine sichere
Diagnose ist nur mit Htilfe einer Probepunktion durch
die /Vaoaz’sche Spritze zu erlangen , da die dem
Empyem zugeschriebenen Symptome, wie Fieber,
Oedem u. a. m. , bei dessen Bestehen fehlen kdnnen
und umgekehrt das eine oder andere Symptom vor-
handen sein kann, ohne dass der Erguss wirklich
eiterig ist. Wie bei den serdsen hat E w. auch bei
den eiterigen Pleuritiden nur die reinen uncomplicir-
ten Falle benutzt. In einer Anzahl von Fallen ist
nicht die Incision, sondem mehrfach die Punktion
gemacht worden, diese sind als ,,punktlrte“ bezeich-
net. E w. hat seine Fftlle nach folgenden Gesichts-
punkten geordnet:
1) incidirte, Incl. Empyema necessitatis,
2) nicht incidirte, eiel. Emp. nec.,
S') incidirte, excl. Emp. nec.,
4) nicht incidirte, Incl. Emp. nec.,
6) Empyema necessitatis.
Es ergiebt sich ad 1) and 2) :
Summe aller eitrigen FSlle . 48 (26) — 56.62%
hiervon pnnktirt, resp. incidirt 36 (19) — 54.28%
davon incldirt . . . . 26 (12) — 46.16%
davon pnnktirt . . . 9 (7) — 77.77%
medikamentSs behandelt . 11 (7) = 63.63 %
ad 3) und 4) :
Pnnktirt, resp. Incidirt . . 29 (16) => 66.17%
davon incidirt . . . .21 (10) — 47.74%
davon punktirt . . . 8 (6) — ■ 76.00%
medikament5s behandelt . 17 (10) = 58.82%
ad 6):
Empyema nec. mit Perforation nach anssen
6 (3) — 60.00%
Dem Uebelstand, ans der germgen Zahl von
Fallen Procentzahlen ftlr die Mortalitat zu besthn-
men , suchte Vf. durch verscbiedene Combinationen
zu begegnen , welche in ihrer Uebereinstimmung ftlr
die allgemeine Richtigkeit einigermaassen bflrgen. Die
Mortalitat bei eiter. Pleuritiden, bei denen nicht in-
chfirt oder incidirt wnrde oder der Aufbrnch spontan
nach anssen erfolgte , ist nnr wenig unterschieden,
nkmlich 63.63, 55.17 und 50. Sie verkleinert sich
noch mehr, wenn man das Emp. nec. zu den Fallen,
Wo nicht incidirt wnrde, rechnet, indem das Verhtlt-
niss aisdann 58.82 : 55.17 betr> ; reclmet man
das Emp. nec. aber zu den Fallen mit Incision, so
ergiebt sich 63.63 : 54.28. Nimmt man selbst das
ietztere Verhaltniss an , so bleibt es ' immer noch
binter den Erwartungen zurtlck, welche man sich
gewOhnlich von den Erfolgen der Incision gegenllber
der medikamentdson Behandhmg maobt Bei einer
grdssern Reihe von Fallen wird vielletebt dev Var-
zng der ope rati ven Behandlung entschiedener horror -
trtten und be Bonders dann , wenn man die IncWon
mOgliehet frtlh gema^it hat. Das easuktisehe Ma-
terial in der Literatnr 1st jedocb znr Zeit weaig in
dieser Beziehnng zu verwerthen , weil gftnatig ver-
laufene Fille verdffentlicht, ungtinstige verschwiegan
werden und operativ behandelte Falle mehr in die
Oeffentlichkeit gelangt sind als medikamentds be-
handelte. Die geringste Mortalitat ergiebt das Emp.
nec., welche sich noch gttnstiger gestaltet, wemn
man die Perforation in die Bronchien zuaihlt , indem
sie aisdann selbst bis anf 30 % zurflekgeht , die nn-
gdnstigste Mortalitat erhalt man mit der Tborakoeen-
tese. Wenn nun auch das Emp. nec. das beate
Verhaltniss giebt , so ist damit keineawegs bewwsen,
dass die Incision in den betreffenden Fallen nioht eiu
eben so gutes and vielleicht noch sehneileres Resaitat
hatte erzielen kdnnen, ausserdem kann das Emp.
nec. der Incision gegenllber ftlr die Therapie kanm
In Betracbt kommen , da eine spontane Perforation
nicht vorausgesetzt werden kann.
Nimmt man incidirte und punktirte Fftlle zuaam-
men, so betragt die Mortalitat 54.28% oder excl.
Emp. nec. 55.17%; sondert man die ponktirten
Fftlle , die eine viel grdssere Mortalitat ergeben , ab,
so erhalt man ftlr die incidirten 47.74, ftlr die ponk-
tirten 75%, ftlr die Ietztem also eine erhebb'ch
grdssere Sterblicbkeit als ftlr die medikamentds be-
liandelten. Endlich hat Vf. aus den Jahren 1860 — 67
und 73 — 75 nahezu gleich viel serdse und eiterige
Fille zosammengestellt, and zwar
1860—67 1878—76
serdse 56 (8) — 6. 86% 66 (0) — 0.00%
eiterige 13 (8) — 61.63% 14 (8) — 67.14%
davon 1 inc. davon IS tnc.
Diese Zusammenstellung ergiebt wieder das frtlher
angegebene Verhaltniss mit einem auffallend germgen
Unterschied zu Gunsten der Falle mit Incision.
Was die Dauer der Behandlung anbetrifft, so
verhalt sich die der nicht incidirten mit Einschlnas
des Emp. nec. zn den incidirten Fallen wie 5.2 : 6.2
Mon. , lasst man die Todeefftlle ausser Betracbt , wie
5.2: 6.8 Monaten. Die Rraukheitsdauer war in
jedem Falle eine latere bei den incidirten ala bei
den medikamentds behandelten.
Hinsichtliob des Zeitpnnktes der Incision von
Beginn dee Processes an gerechnet, cottrtatirt Vf.
Folgendes.
Zwtschen dem 16. bis 30. T. — 8 (8)
* „ 80. Ns 60. T.— 18(7)
* „ 60. bis 90. T.— 1(0)
„ „ 90. bis 300. T. — 4 (2)
Punktion
„ „ 14. Ns 80. T. — 6 (8)
* * 30. bis 200. T. — 4 (4)
So viel ans den Angaben erachtlich ist, ist die
Mortalitat um so geringer, je naher der Zeitpnnkt
der Incision dem des AuBgangs der Krankheit liegt ;
ea ist also Hoffnnng vorhanden , dasa die ReanHate
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169
IV. PiUMogto, Tbarspie m. uedicomobe KLinik.
um go g flnrti g tr werden , je fr«lnr maa sich nach
Conatattrang do* mterigen Pleura- Inhaltes aur Incision
eatachliesst
la Beaug airf das Alter der Kr. 1st Folgendes id con-
statirsn
Voa 12 — 20 Jahren
Inc. a. punkt. 8(4) — 60%
nur Inc. 6(2) — 33',%
nicht Inc. 2 (2) — 100%
Von 20 — 80 Jahren
inc. n. punkt. 14 (8) — 67.14%
nor Inc. 11 (6) — 64.84%
nichtinc. 8(2) — 26%
Von 30 — 60 Jahren
ins. u. punkt. 9 (6) — 66*/*%
nur inc. 6 (3) — 60%
nicht Inc. 6 (8) — 60%
Wie zu erwarten, steigt die Mortalit&t mit den Jah-
ren ; dim stimmt auch gut mit H i 1 1 i e r ’a Angaben
tlberein, der bei 17, Kinder unter 12 J. betreffenden
Fallen die Mortality auf 29.4°/* berechnet hat. Die
geringe MortaliUt der nicht incidirten Fftlle von 20
bis 30 J. hat ihren Grnnd darin , dass in diesem
Alter die grCsste KOrperkraft und Widerstandsfahig-
keit existirt.
Da ein Empyem wie eine Abacessbdhle eine aus-
giebige Entleenuig des Eiters erfordert , so muss es
schon von vorn herein unwahrscheinlicli erscheinen,
dass der Eiter durch einfache Pnnktion unter Luft-
abschluss heransbefbrdert werden kSnne; Versnche,
dnrch wiederholte Punktionen Incisionen zu ver-
meiden, missglflckten , indem man schlflsslich doch
immer zu deu letztern schreiten musste. Wie un-
glliutige Resultate die Pnnktion ergiebt , lehrt schon
ein Bliek auf die frOher genannten Zahlen , nach
welchen von 8 nur pnnktirten Kr. 6, d. i. 75®/ 0 , zu
Grande gingen , wobei noch bemerkt werden muss,
dass die zwei a us der Klinik entlassenen Kr. dieselbe
in einem Zastande verliessen, der fOr die Zuknnft
nichts Gates hoffen liess.
Die frtthzeitige Incision, die entschieden jedem
and era Verfahren vorgezogen zu werden verdient,
wnrde roetet im 6. Intercostal raniu zwischen Mamillar-
und vorderer Axillarlinie theils schichtenweise, theils
durch Stich in die Pleurahdhle mid Erweiterung ge-
macht. Die Pleurahdhle wurde Anfaugs 2mal,
spiter lmal tUglich durch desinficirende Ausspttlun-
gen gereinigt, and zwar wurden Lfoungen von Carbol-
sftnre , Uberaangans. Kali , Hdllenstein , Jod , Jod-
kalium, Galle und Chinin in den verschiedensten
Concentrationen gebrancht, Salicyls&ure wnrde in
einem Falie mit glinstiger Einwirkung auf das zur
Potrescenz neigende Exsudat augew&ndt.
In den 11 nicht tddtlich verlaufenen unter den
21 iaeidirten Fiilen sind nnr 7 Kr. in einem Znstand
enllassen worden , welcher gestattet , sie als geheilt
zu betrachten. Die Fistel hatte sich vollsttlndig ge-
schloesen , die Respiration ging nngehindert vor sich
oad es fehlten durohausalle subjektiven Beech werden,
dagegen erianertea das Eingesunkensein der afficirteu
Sette, nehr oder weniger gedimpfter Perkusaions-
schall and die nachweisbare Dialokation der an-
liegenden Organs an das vorangegaageae sckwere
Leiden. Du Oefilhl subjektiven Wohlbeflndeus (and
sich nach der Incision aueh in alien Fiilen ait letha-
lem Verlanf stark ausgesprocben , die mit offener
Fistel endlich „ungeheilt“ eutlasseaen Kr. gingen
znm Theil wieder zn die Atutlbung ihrer gewohn-
heitsmfissigen Besch&ftignngen.
Von 26 der eiterigen Plenritis eriegenen Kr.
starben 14 an Lnngenaifektionen oder damit in Ver-
bindung stehendem allgemeinen Marasmus, 12 an
complicirenden Krankheiten; bei den erstem trat der
Tod meist durch Compression der betreffenden Lunge
und Erkrankung der andern Lunge ein , obgleicb die
seknndire Erkrankung der letztern seltener war, als
diess gewOhnlich angenommen wird. Unter den
complicirenden Krankheiten werden erwlhnt 1 Fall
von Endokarditis , 2 von Perikarditis , 4 von Peri-
tonitis , 2 von Amyloiddegeneration , 2 von Pylmie
und 1 von Thrombose der Himarterien.
Was endlich die Falie von tuberkulOser und
far cinomat fleer Pleuritic anbelangt, so will sie Vf.
zur Entscheidung der Frage verwerthen , ob blutige
Exsudate auf die maligne Natur der Pleura-Erkran
kung hinweisen. Von Pleuritis tuberculosa n. car-
cinomatosa kamen 20 Falie, zum Theil doppelseltig,
vor, von welchen 10 tuberkulose n. 3 carcinomatOsc
blntiges Exsudat, C tuberkulOse und 3 carcinomatOsc
serOses Exsudat batten. Nur ein einziger Kr., bei
welchem die wiederholte Punktion ein sanguinolenteu
Exsudat ergab, ist gebessert auf seinen Wunsch ent-
lassen worden , alle andern verstarben ; es ist somit
der bereits von Trousseau ausgesprochene Schlnss
gereebtfertigt , dass blutige Exsudate durch maligne
Nenbildimgen der Pleura bedingt siud und die aller-
nngllnstigste Prognose geben , wflhrend serfise Ex-
sudate Tuberkulose und Carcinom der Pleura nicht
ausschliessen.
Als Anhang geben wir noch eine kurze Ueber
sicht der Verhandlungen Uber die sogen. albumittflue
Expectoration , welche bisweilen , wie auch in deu
vorstebendeu Mittheilungen augefllhrt wird, in grosser
Menge nach der Tlwrakocentese zur Beobachtmig
kommt
In Bezug auf die Aetiologie der fraglichen Er-
scheinung aind, wie Terrillou in seiner sehrfleissi-
gen, durch reiche Casuistik ausgezeichoeten These •)
dargethan hat, von den verschiedenen Autoren fol-
gende Ursachen angenommen worden.
1) Perforation des Lungengewebes durch den
Trokar bei der Thorakocentese.
2) Spontane Perforation des Lungengewebes.
3) Durchschwitzung (Filtration) und Resorption
des Rentes des Exsndatee in Folge oberflichlicher
Neluoae der Epitltelien und des Bindegewebes der
Lange.
4) Congestives LuugenOdem.
•) De l’expectoration altromtneage aprts la thora-
cocentese. Paris 1878.
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160
IV. Pathologic, Therapte u. nedieiniache K linik .
Zar ErlAuterung dieser Sltze ftihren wir zoo&chet
eine Mittheilong von F6r6ol an , des Hauptverthei-
digers des 2. und 3. Satzes.
F£r<5ol (L’Union 66. 1873) hit.lt die Bildnng
einer pleurobronchialen Fistel ohne Pneumothorax
nach der Thorakocentese fllr uidglich, wenn auch
eine genaue Einsicht in den nattlrlichen Entwicklungs-
vorgang hier noch fehlt. Bei einein Pleuraabscess,
der sick durch die Bronchien entleert, kann si eli die
Communikation ilhnlick herstelleu wie bei einer
Mastdarmfistel, dagegen 1st dieser Vorgang weniger
denkbar bei einem serdsen Erguss, welcher sich
durch ein melir oder weniger verdichtetes, cai'nificirtes
Lungengewebe entleeren soli. F. erkl&rt sich diesen
Process hypothetisch durch eine Art oberflachlicher
Nekrose der Epithelien und des Bindegewebes im
Lungenparenckym , wodurch dieses in eine Art Filz
oder Schwamm verwandelt, an gewissen Puukten
mechanisch durchgslngig wird. Eine Ahnliche Ver-
hnderung greift in der Pleura Platz und es bilden
die so verhnderten Gewebe ein Filtrum, durch
welches Flttssigkeiten ein- und austreten konneu.
Dieser Mechanismus wtlrde ferner auch erklkren, wie
es koinmt, dass die expektorirte Fltlssigkeit nicht
immer genau mit dem Pleuraexsudate Iibereinstinimt.
Ein ganz fthnlicher Process scheint (Ibrigens bei
alien spontanen Perforationen statt zu haben , wie
diess von Leplat bei den Pleurocostalfisteln , von
Bernutz bei Phlegmonen der vordern Bauch wand
nachgewiesen worden ist. Leplat kommt zu dem
Schlusse , dass die meisten Perforationen der Pleura
sich nicht direkt von innen nacli aussen vollzieben,
sondern dass eine Plilegmone der dem Abscess gegen-
tlberliegenden Wand ala Mittelglied sich einschiebt,
beide Entztlndungen einander cntgegen kommen
und sich spftter in einem Vereinigungspunkte treffen.
Man bemerkt oft, dass die Plilegmone sich nach
aussen iJffnet, bevor noch eine Communikation mit
der Pleura hcrgestellt ist. In gleicher Weise scheint
auch eine intermediare EntzUndung in der Lunge
die Communikation zwischen Pleura und Bronchien
vorznbereiten , nur muss bei einer serBsen Pleuritis
der entzttndlicbe Process in der Lunge offenbar in
ether Periode stehen bleiben, welche von der Eiterung
noch weit entfemt ist. Es ist diess ein Punkt, der
noch genauere Forschungen nSthig macht.
F6r6ol will keineswegs jede albnminBse Ex-
pektoration nacli der Thorakocentese auf diesen
Mechanismus zurtlckfilhrcn , sondern leitet auch eine
Zahl von Fallen von einem broncho-alveolaren Oedem
her, das pldtzlich nach der Rttckkehr der Lunge zu
ihren Funktionen entstanden ist. Es ist leicht denk-
bar, dass bei dem schnellen Znfluss des Blutes nach
den langere Zeit comprimirten Capillaren der Drack
z* einem Austritt von seroser oder seros blutiger
Fltlssigkeit Veranlassung geben kann.
Der pathologisch-anatomische Nachweis wird in
den betreffenden Fallen mit Schwierigkeiten ver-
knllpft sein, weil wohl meist eine theil weise oder
vollstandige Herstellung stattfindet.
Bei der Disktusion , welche ttber dieae Frage im
J. 1873 in der Soc. mddicale des hopitaux de Paris
stattgefunden hat, haben sich die liervorragendateu
Mitglieder dahin ausgesprochen, dass die albuminbse
Expektoration als ein Produkt der Transsudation mb
den stark congestiouirten Lungengefilssen zu be-
trachteu sei. Sehr lelirreich in dieser Hinsicht ist
folgende Beobachtung von Dujardin-Beaumetz
(L’Union 73. 74. 1873).
Eine 22 J. altc Wascherin war zuerst im Jan. 1872
wegen einer Hamoptoe in einem Hospitale behandelt,
nach 4 W. abeT wesentlich gebessert wieder entlasseu
worden. Im Jan. 1873 trat von Nenem unter Seiten-
stichen, Husten u. s. w. Hamoptoe ein und nach mehr-
monatl. Behandlung in verscbiedenen Hospitalem kam
Pat. iin llopital Bcaujon znr Aufnahme. Hier constatirte
man einen enormen rechtseitigen Plenraergnss mit Pneumo-
thorax nnd entleerte wegen excessiver Athemnoth aofort
mit Uiilfe von Dieulafoy's Adspirator 1885 Gnnm.
einer griinlich gclbcn, klarcu , nicht eitrigcn Flussigkeit.
Die Kr. , nach der Puuktion etwas erleichtert , erzahlte,
ale habc schon seit einiger Zeit bei schnellen Bewegungen
pliitschernde Gerausche in der Brnat wahrgenommen. Ee
bestand unzweit'elhaft Hydropneumothorax auf tuberku-
loser Grundlage. Die Kr. batte Blutspeien und Nacht-
schweisae. Am 1. Mai, 3 Tage nach der eraten Puuktion,
machte Zunalime der Dyspnoe eine 2. Punktion nothwen-
dig, durch welche 650 Grram. Flussigkeit von gleicher
Beschall'eulieit entleert warden , auch sah man deutlich
Luft aus der Pleura in die Pinnpe iibertreten. Am 2. Mai
expektorirte dieKr. eine ziemlicbe Quantitat einer klaren,
wiissrigen , weiasliehen , achanmigen Flussigkeit, am 4.
eine neue Menge, in welcher munzenformige Sputa
sclnvammeu. Am 18. nnd 26. Mai wurde die Punktion
wiederliolt nnd je 100 nud 1200 Gnnm. griinlich-gelhe
Flussigkeit entleert. Am 2. Juni warf die Kr. eine dem
entleerten Exsudate genau entsprechende Flussigkeit ana,
nnd von da ab wiederholten sich dieae Expektorationen
taglich, uur wurde derAuswurf mehr weisslich und schan-
mig. Das Belinden der Kr. war dabei den Umstiinden
nach ganzertraglich.
Salpetersaure bewirkte in dieser Flfissigkeit einen
Niedersclilag von Eiweis3; die genauere Analyse ergab :
spec. Gew. der Flussigkeit 1010, Reaktion neutral. Die
deeantirte Flussigkeit mit Aether geschuttelt klarte sich,
nach Verdainpfung des Aetliers zeigten sich Cholestearin-
krystalte und aniorphe Fettmassen. Eesigsanre erzeugte
in der dltrirten Flussigkeit Kicderschlag von Mucin ; Su-
blimat , ilitze , Biutlaugcnsalz und Gerbsfiure fallten das
Albumin, (lessen Menge 1 Grinin, im Liter betrug. In der
von Mucin und Albumin befreiten Flussigkeit fanden sich
noch 2.360 Grmm. Harustoff auf 1 Liter.
In diesem Falle , wo nach D.-B. nnzweifelhaft
eine Lnngenfistel vorhanden war, wird man leicht ge-
neigt sein , die albuminose Expektoration von dem
Pleuraexsudate abzuleiten. Allein die chem. Diffe-
renzen beider namentlich in Bezug auf den Albumin- j
gehalt (imPlenraBacke66°/oo; im Auswurf nnrl <, / 00 ')
spreelien gegen dieae Annabme. Vf. ist der Mei-
nung, dass die expektorirten Massen ein direktes
Produkt der Bronchialschleimhaut Bind , zu welcher
jedesmal, wenn daa Exsudat durch die Punktion ent-
leert wurde, ein Afflux statthatte, welcher die Hyper-
sekretiou wohl erklkrt. Die von F d r 6 o i anfge-
stellte Hypo these (spontane Perforation ; Durch -
achwitzung) ist mit den Thatsachen nicht vereinbar.
Die Vf. bekannten Beobachtungen von albuminfleer
Expektoration bei Erwacheenen nach der Thorako-
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j
161
IV. Pathologic, Therapie u. mediciniscbe Klinik.
centese beziehen sich immer nur auf aknte Pleuri-
tiden, wkhrend spontane Perforation fact nur im Ver-
laufe von chron. purulentcn Pleuritiden beobachtet
wurde. L&ast man also die MOglichkeit pleuro-
bronchialer Perforationen zur ErklUrung der albumi-
nOsen Expektoration zu, so muss man doch immer-
hin anerkennen , dass sie in der von F 6 r 4 o 1 ange-
gebenen akuten Periode noch nicht beobachtet wor-
den sind. Weiter ist gegen die Hypothese von F 6 -
rdol einzuwenden, dass die Lungenperforationen
ohne Pneumothorax iiusserst selten vorkommen, ja
0 u 1 m o n t behauptet, dass die Lungenfistel stets mit
Symptomen von Pneumothorax einhergeht. Giebt
man aber auch die Pseudoperforation zu, wie sie
Fdrdol sich theoretisch construirt, so mttsste die
Expektoration immer abundanter werden, so oft das
Pleuraexsudat sich wieder erzeugt, da unter dem
Einflusse des Druckes der FlUssigkeit die Filtration
energischer werdeu mttsste. Allein die von Terril-
1 o n gesammelten Beobachtungen beweisen, dass die
nach der Thorakocentese sich einstellende albumi-
nOse Expektoration oft genug verschwindet , wenn
das Exsudat sich erneuert. Es ist kaum verstftnd-
lich, wie in Fallen, wo das Exsudat durch Saugpum-
pen so vollstandig eutfernt ist, dass die physikalischen
Untersuchlmgsmethoden dessen Existenz nicht mehr
nachzuweisen im Stande sind , schon nach wenigen
Augenblicken Massen von 500 — 1000 Grmm. durch
den Mund ausgeworfen werden sollen.
Die sammtiichen oben nach Terri lion aufge-
ftlhrten Ansichten ttber die Aetiologie der albumi-
nOsen Expektoration nach der Thorakocentese wer-
den von Moutard-Martin (1. c.) einer sehr ein-
gehenden Beurtheilung unterworfen, aus welcher wir
Folgendes hervorheben.
Was die erste Ursache anbetrifft, so sah man die
albuminose Expektoration ausschliesslich bei massen-
haftem Exsudate, selten bei 2000, meist 4 — 5000
Grmm. Fltlssigkeit , also in Fallen , wo eine Ver-
letzung der Lunge durch den Trokar am aller-
wenigsten zu erwarten steht. Man stfltzte die Ver-
muthung einer Lasion der Lunge auf das eine Fak-
tum der albuminOsen Substanz im Auswurfe, die nur
aus der Pleurahohle stammen kOnne , bewiesen hat
man die Verletzung der Lunge nicht. Eben so wenig
scheint die dritte Ursache haltbar, denn es ist nicht
denkbar, dass eine mit Pseudomembranen austape-
zirte serose Membran so schnell und viel resorbiren
kdnnte, wahrend die Physiologie lehrt, dass die Re-
sorption durch den grossen Kreislauf erfolgt.
Gegen die Annahme einer spontanen Perforation
muss angeftihrt werden , dass es jedenfalls als ein
ganz ausserordentlich seltenes Ereigniss zu betrach-
ten ist , wenn ein serOses Exsudat bei einem nicht
tuberkuldsen Individuum sich durch die Bronchien
entleert. Bei der eitrigen Pleuritis sind pleuro-
bronchiale Fisteln ohne Pneumothorax ailerdings beob-
achtet worden. Die Dicke der Pseudomembranen,
die Riehtung der Fistel, eine besondere Klappendis-
Med. Jakrbb. Bd. 171. Hft. 2.
position gentlgen, um den Durclitritt von Elter in die
Bronchien ohne gleichzeitigen Durchtritt von Luft in
die Pleurahohle zu gestatten. Wie diese spontane
Perforation zu Stande kommt, kann M.-M. nicht an-
geben , dagegen begreift er wohl , wie ein Pneumo-
thorax verhatet werden kann , wenn sie einmal ein-
getreten ist. F 6 r 4 o 1 nimmt an, dass die spontane
Perforation eintrete, wenn solche zur Zeit der Pnnk-
tion schon eingeleitet war ; kommen heftige Htisten-
stOsse dazu, so vollendet sich die Perforation. Dnrch
eine heftige Anstrengung, die von den Bronchien
gegen die Pleura gerichtet ist , durch eine gewalt-
same Ausdehnung der Lunge, die nicht melir in dem
Ergusse einen Widerstand findet, muss aber die in
den Bronchien enthaltene Luft in die Pleura hinein-
getrieben werden. Ebenso kann eine Ruptur der
Lunge zu Stande kommen, wenn man mit der Saug-
pumpe ttbermassig evacuirt, allein auch hier wird
eine Fistel unter Bildung eines Pneumothorax ent-
8tehen massen. Schlflsslich ist die Thatsache mit
F 6 r 6 o l’s Hypothese nicht zu vereinbaren,'dass nach
der Punktion oft eine ansehnlichere Menge von FlUssig-
keit expektorirt wil'd, als in der Pleurahohle zurttck-
geblieben sein kann. Nach diesen Auseinander-
setzungen bleibt demnach nur noch die vierte Ur-
sache als die einzige zur Erkl&rung der albuminOsen
Expektoration ttbrig. Es ist unbestreitbar, dass die
meisten der punktirten Kranken einige Stunden
wenigstens nach der Operation die auskultatorischen
Zeichen eines LungenOdems in der afficirten Brust-
hftlfte darbieteu. Wie eine durch einen Contentiv-
verbaud fixirte Extremitat OdematOs wird, wenn man
den Verband entfernt, weil die Tonicitilt des Gewebes
geschwunden ist , so bildet sich in einer von Druck
befreiten Lunge , in der noch dazu in Folge
der schnellen Ausdelmung ein stftrkerer Afflux statt-
findet, ein Oedem aus. Dieser Congestivzustand der
Lunge verrftth sich durch eine mehr oder wenigeT
starke Dilmpfung an Stellen, wo sie bereits ver-
schwunden war , durch subcrepitirende Rasselge-
rSusche und selbst Hfimoptysen. Eine Lunge , die
wochenlang ihrem natUrlichen Reize, der Luft, ent-
zogen war, befindet sich in einem abnormen Zustande,
und so mag das Epithel in den Bronchien und Al-
veolen eine wesentliche Modifikation erlitten haben ;
unter diesen Umst&nden erklfti*t es sich wohl , dass
die Schleimhaut der Alveolen , gleich den Epithelien
in den Nieren unter pathologischen Verhaltnissen,
ein albuminhaltiges Serum durchtreten lflsst. Claude
Bernard und Robin haben tlbrigens den direkten
Nachweis geftlhrt, dass beim LungenOdem nach Ver-
letzung des Vagus eine sero-albuminOse Fltlssigkeit
an der Oberflilche der Bronchien secernirt wird.
Dr. W o i 1 1 e z sncht den in Frage kommenden
Punkt auf einem andern Wege , dem der chemischen
Analyse, zu lOsen (L’Union 77. 78. 1873). Unter-
sucht man die expektorirten serOsen Flflssigkeiten,
so wird man sie wesentlich chemisch different finden,
je nachdem sie von einem LungenOdem oder von
21
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162
IV. Pathologie, Therapie a. medicinische Klinik.
einer traumatischen Perforation der Lunge nach der
Thorakocentese herrtthren. Ftlr erstere mrtchte er
den Auadruck accidenteller serdser Expektoration
dem der albuminosen Expektoration vorziehen. Dim
Expektoration kommt , abgesehen von der Thorako-
centese , bei nervoaem Asthma , Ilerzaffektionen und
beaonders beim Lungenempliyaem vor. In den ge-
nannten Fallen ergiebt die Prtlfnng dieses tranapa-
renten, mehr weniger klebrigen Auswurfs, dass Ilitze
oder Salpeters&ure eine einfach opaline Trfllmng her-
vorruft, w&hrend bei gleiclizeitiger Anwendung beider
ein Niederscblag von Albumin verursacht wild , wel-
cher aber nur , / J0 — 1 / 8 der FldssigkeitahOhe betrkgt.
Die Untersuchung eines pleuritischen serosen Ex-
sudates ergiebt dagegen einen Eiweiasniederscblag,
welcher fast die ganze FlUssigkeitshohe einninunt.
Eine zuf&llige Verletzung der Lunge durch den
Trokar wird von einigen Beobachtem zugegeben,
von andern bezweifelt Der Nachweis einer Ver-
letzung der Lunge muss sich auf folgende Grtlnde
sttltzen : 1) die Thatsache , dass die Operation erst
ganz frisch ausgefilhrt wurde, 2) die physikalische
und chemische Aehnlichkeit des Pleuraexsudates und
des Auswurfs , 3) den Austritt von Bint durch die
Kanflle und die Qegenwart vonBlut in den expekto-
rirten Massen , und 4) den Austritt von Luftblasen
durch die Kantlle w&hrend der Operation. Dem
gegenttber wirft man ein , 1) dass eine serdse , der
pleuritischen khnliche Fltlssigkeit auch zufkllig ohne
Pleuritis und Punktion expektorirt werden kann,
2) dass zwiachen der Punktion und Expektoration
oft Intervalle bestehen, die mit einer Lungenverletzung
unvertr&glicb sind, 3) dass ein Austritt von Luft-
blasen aus der Gegenwart von Luft, die im Exsudat
aufgeldst ist, erkl&rbar ist, 4) dass man bei sehr
reichlichem Exsudat die Lunge nicht treffen kann,
und endlich 5) dass bei der Nekropaie das Trauma
in keinem Falle erwiesen wurde. Die Mdglichkeit
einer Verletzung der Lunge bei der Thorakocentese
ist nach W. nicht abzuleugnen , da man ausser bei
excessiven Ergflssen nicht weisa, ob die Limge in der
Fitlsaigkeit schwimmt und ob sie nicht an einzeln'en
Punkten adherent ist. Wo die chemische Analyse
die Identit&t des Pleuraexsudates und der expekto-
rirten Fltlssigkeit festgestellt hat, ist an der Lungen-
verletzung kein Zweifel moglich. Dasselbe beweist
der Austritt von Luftblasen durch die Kanille kurz
nach der Thorakocentese. Zwar meint Bdhier,
dass die Saugapparate das in der Fltlssigkeit aufge-
ldste Gas adspiriren , allein , nimmt man denselben
Process in einer geftillten Wasserflascbe vor, so hat
man Mtlhe , die kleinen von onten nach oben auf-
steigenden , fast mikroakopischen Luftblasen mit den
Angen wahrzunehmen. Eben so ungerechtfertigt ist
der Einwurf, dass der Zeitraum zwischen Punktion
and Expektoration gegen das Lungentrauma spricht,
denu in den von T e r r i 1 1 o n angeftihrten Fallen, wo
die Idea ti tit der Fltlssigkeiten fast mit Sicherheit ftlr
ein Lungentrauma spricht, hat man die Expektoration
in 2 Fallen am Ende der Operation, lmal nach 3 / 4
Std. , 3mal nach 1 Std. und lmal nach mehreren
Stunden eintreten sehen. Man sieht ja auch zuweilen
nach der Punktion die Fltlssigkeit erst nach Verlauf
von 1 Std. mit einiger M&clitigkeit durch die kussere
Haut hindurcbtreten, warum sollte nicht dieselbe Zeit
verstreichen konnen , ehe sie durch eine enge Oeff-
nung in die Alveolen eintritt ? Endlich ist auch der
Einwurf, dass bei der Nekropsie das Traoma nicht
erwiesen werden konnte, gegenstandslos. Um es
leicht constatiren zu ktinnen , ware ein Substanzver-
lust des Lungengewebes notiiwendig. Ist nur ein
Einriss vorhandeu, so kann er unbemerkt bleiben.
Es liegen eine Anzahl Falle vor, wo die Beretnng
von Alveolen beim Lungenemphysem , die nnzweifel-
haft stattgefunden liatte , vergeblich gesucht wurde.
Es istoftschonschwer, wie Terrill on angiebt, die
Punktionsoffiiung an der innern Thoraxwand aufzu-
finden, selbst wenn der Tod nur wenige Stunden
nach der Operation eintritt. W. fasst am Schlusse
das Ergebniss seiner UntersuchuDgen dahin zusam-
men : dass die sogen. albuminbse Expektoration dnrch
ein Lungenddem herbeigeftlhrt werden kann , insbe-
sondere auch bei Pleuritis ; dass aber auch eine Ver-
letzung der Lunge mit dem Trokar zu einer serdsen
Expektoration in Folge von Durchtritt des Exsudates
in die Lungenalveolen Veranlassung geben kann. Im
erstem Falle ist die Quantitat des Albumingehaltes
verhaltnissmassig gering, im letztern ist der Eiweiss-
gehalt bedeutend und die durch Punktion entleerte
der expektorirten FlUssigkeit gleich.
Besnier erinnert daran (L’Union 81. 1873),
dass die albuminose Expektoration schon im Jahre
1853 von Pinault beobachtet und dahin gedeutet
wurde, dass sie, wenn auch der serosen Pleuraflttssig-
keit khnlich, nicht aus dem Innern dieser Hdhle her-
rflhren kann ; ihre Bildung muss vielmehr auf Rech-
nung des Blutzuflusses gesetzt werden , welcher be-
wirkt, dass der flllssigste Theil dnrch die Membranen
transsudirt und stromweise von derBronchialschleim-
haut austritt.
Schlttsslich fllhrt Besnier noch folgende Sktze
ans einer Abhandlung von LouisLande Uber den
fraglichen Gegenstand an : Die albumindse Expekto-
ration nach der Thorakocentese verdankt ihre Ent-
stehung einem Congestivzustande der Lunge, dessen
Ursache in dem Reize, welchen der Contakt der Luft
setzt, zu suchen ist. Dieser Zufall ist meist ohne
schwere Folgen , kann jedoch in Ausuahmefcllen zu
einem j alien Tode fllhren, wenn auch die andere
Lunge ihre Funktionen nur unvollstUndig verrichtet.
Im letztern Falle mnss man eine energische medici-
nische Behandlung einleiten , welche ebensowohi ge-
gen den Erguss als gegen die Complikation in der
andern Lunge gerichtet ist, und darf die Thorako-
centese erst als Unsserstes Hdlfsmittel in Anwendung
ziehen. 1st endlich die Operation unvermeidlich ge-
worden , so darf man die Fltlssigkeit nnr sehr laag-
sam entleeren.
Ftlr die Entstehung der album in dsen Expektora-
tion nach der Thorakocentese durch ein coogestives
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163
IV. Pathologie, Therapie n. medioiniaehe Klinik.
Longenftdem sprechen sich ferner sehr entschieden
aus Hdrard and Dean os (L’Union 86.- 1873),
oline jedoch den schon oben nach Moutard-Mar-
tin angefilhrten Grfinden wesentlich neuebeizuffigen.
Pdrdol dagegen vertheidigt in einer langen Ab-
handlung (1. c. 92. 93. 99. 100), unter Anfflhrung
mehrerer einachlagender Beobachtungen , die mehr-
fach erwfihnte, von ihm angenommene Entstehnngs-
ureache der fragl. Erscheinung. Scbltlaslich spricht
er sich jedoch sclbst dahin aus, dass die Annalime
eines congestiven Oedem als Ureache dereelben durch
die Ansieht derMehrzahl competenter Foracher aller-
dings bewiesen erscheine. Es gebe jedoch Aus-
nahmsftllle , in denen zwischen Plenrahfihle und
Bronchien eine Communikation bestelit , wenn auch
kein Symptom von Pneumothorax vorhanden ist. Es
Bei daher ndthig, das Pleuraexsudat stets mit grosser
Vorsicht und thunlichst langsam zn entleeren.
Zu den mehrfach angefiiiirten Hypothesen ttber
die Entstehung dor albumindsen Expektoration ist
eine none von J o li n s o n hinzugcffigt worden. Der-
selbe nimmt an, dass durch die Blutstase in den
comprimirten Lungen Coagula in den LungengefUssen
und besonders in den kleinern Lungenvenen ent-
stehen ; tritt nun alsdann nach der Punktion wegen
VerstopfuDg der Venen cine UeberfUllung der Ca-
pillaren ein, so mttsse nothwendig eine serose Trans-
sudation in den Lungenzellen erfolgen.
Dieser Ansieht tritt Alfred D u f f i n (Brit. med.
Journ. March 21. 1874) entgegen. Seine EinwUrfe
sind : 1) dass die albuminose Expektoration nur in
Fallen bemerkbar wird, wo das plcuritische Exsudat
excessiv ist ; 2) dass bei einein und demselben Indi-
vidunm, wie B6hier beobachtete, die Thorako-
centese 4mal hintereinander von albuminbser Ex-
pektoration begleitet war ; — 3) dass in keiner
Beobacbtung mit lethalem Ausgange der Coagula in
den Lungengefkssen Erwahnung geschah, obgleich
das Oedem so hochgradig war, dass die Coagula
ausserst zalilreieh hatten sein m Us sen ; — 4) dass
das Phanomen selten 24 Std. flberdauert.
Die Mehrzalil der Autoren, zu denen auch Duf-
fin zahlt, haben sich der namentlich von Moutard-
Martin vertretenen Hypothese angeschlossen, welche
die albumindse Expektoration von einem Lungenddem
herleitet. Dagegen kann Duff in dieser Ansieht
insofem nicht beitreten , als aie die letzte Ursache in
einer Vagnsaffektion suchti L e g a 1 1 o i s sah aller-
dings bei jungen Kaninchen nach VaguscTurchschnei-
dungen am Halse fast constant Lungencongestionen
entstehen, dagegen haben Blainville und Pro-
vencal nicht die geringste Lasion walirnehmen
kitonen. ClaudeBernard leitet Lungenlasionen
nach Vagusdurclischneidungen , wenn sie vorhanden
sind, von erschwertem Kespirationsmechanismus her.
EinTbier, dessen Vagi beiderseitsdurchschnitten sind,
athmet langsamer, jedoch grdssere Luftmengen bei
jeder Inspiration ein, und so erklirt es Bich, dass
schnell ein traumatisches Emphysem entsteht. Auch
Reid meint, dass alle krankhaften Verinderungen
in den Lnngen nach Yagnsdurchachneldung von der
verminderten Respirationsfrequenz abzuleiten sind.
Er filhrt Beobachtungen von Sterbenden mit ausserst
langsamer Respiration an , wo die Vagi ganz intakt
waren und doch starke Congestion und Oedem der
Lungen bestand.
Unter Erwagung aller dieser Grtlnde glaubt
Duff in die Ursache des Lungenddems in das vaso-
motorische Nervensystem der Lungen verlegen zu
m(l8sen. Ganz analoge Verhaltnisse scheinen ihm bei
einer Extremitat vorzuliegen , welche mit einem Es-
march’schen Compressionsverband umwickelt wurde.
Nach Entfernnng der Gummibinde beobachtete man
eine aussergewohnliche Rdthe ilber dem ganzen Theile
und zuweilen eine stUrmische Blutung aus den durch-
schnittenen Flachen. Durch die Compression warden
nicht nur die Gefhsse geleert, sondern aach die Ner-
ven und das vasomotorischc Nervensystem betroffen.
Kehi-t das Blut nach Aufhebung der Compression
zurfick , so tindet es die Geffcsse nicht nur leer , son-
dern in Polge vorttbergehender Paralyse der vaso-
motori8chen Nerven auch erschlafft. In der Lunge
werden durch ein massiges Exsudat nicht nur die
Gefasse , sondern auch die vasomotorischen Nerven
comprimirt. Strdmt das Blut nach der Punktion
wieder ein , so wird die Spannung in den Gef&ssen
sehr gross ; wird nun nach einigen Stunden das vaso-
motorische System durch die Cirknlation wieder
restituirt, so ttbt es seinen regulatorischen Effekt auf
dasGefAsssystem wieder aus und macht die Spannung
normal. Hieraus erklart sich das ziemlich schnelle
Anftreten und die nor kurze Dauer der album in Osen
Expektoration.
Auch Ranvier’s Untersnchungen fiber das
Oedem sprechen sehr fflr die eben ausgesprochene
Meinung. R. fand nilmlich , dass bei Hunden nach
Unterbindung der V. cava inf. nur ein Oedem der
Beine eintritt, wenn derN.ischiadicus durchschnitten
wurde ; geschah das nur auf einer Seite , so war nur
auf dieser Seite das Oedem wahrzunehmen. Schnitt
R. statt des Ischiadicus die 3 letzten Lumbal - und
Sacralnerven im Spinalraume durch, so blieb das
Oedem aus. Die Vagi enthalten gewdhnlich eine
Menge vasomotorischer Nerven liir die Lnngengeffisse.
Je mehr dieser vasomotorischen Nerven in der Vagus-
bahn verlaufen , um so leichter kommt bei Durch-
8chneidung des Vagns eine mehr weniger umfang-
reiche Lungenhyperamie zu Stande ; so erklAren sich
auch die verechiedenen Ergebnisse der Vagosdurch-
schneidungen ffir die Lunge, wenn man annimmt,
dass die vasomotorischen Nerven bald in der Vagus-
bahn, bald davon gesondert verlaufen. In der grossen
Mehrzahl der Falle vereinigen sie sich sohon hoch
oben mit dem Vagus und werden bei der Dureh-
schneidung desselben mitgetroffen.
Als Beweis ffir die von Woillez bezweifelte
MOglichkeit , dass eine dem intrapleuralen Serum an
Albumingehalt'vergleichbare serfise Flflssigkeit , bei
Ausschluss jeder acddentellen oder traumatischen
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164
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
Commuaikation zwisclien Pleura und Lungenzellen,
expektorirt werden konne, theilt R e v i 1 1 o u t folgen-
den Fall mit, in welcltem cine abuudante albuminose
Expektoration die Stelle eines aathmaiischen An-
talks vertrat (Gaz. des Hop. 77. 1873).
Der betr. Kr. hatte innerhalb 6 Mon. 4 fast gleichc
Anfallc, die mitten in der Naeht unvennutliet, ohne jed-
wedes pramonitorischc Symptom eintraten , uberstanden.
Wihrend der Krise war der Perkussionsschall beider
Brostseiten vollkonamen sonor, bei der Auskultation horte
man weitverbreiletes fciichtes Rasseln. Der Paroxysmus
begann mit Brnstbcklemnniiigcn , kurzen , zicmlich ohcr-
flSchlichcn Hustenstosscn , durch welehe die durchsichtige
Fliissigkeit in enormer Mengc hcrausbefSrdert wurdc.
War die Krisc vorfiber, so wurdcn die Sputa consistent,
klebrig und wurdcn in langcnZeitraumenunterqualcndem
Huston ausgeworfen. Die expektorirtc Flussigkeit, in den
verschiedenen Anfallen zwischcn 2.5 Liter und 0.5 Liter
schwankend, war von einem dichten, persistenten Schanm
bedeckt, selir durchsichtig, klar and leichtflussig. In den
beiden ereten Anfallcn war die Fliissigkeit durch anhaf-
tende Blutkorperchen 1 nicht gcrothet , boim 3. dagegen
vollig frei von Hint, wahrend dieselbc beim letzten Anfalle,
Anfangs hernsteingelb , dnrch die spate™ stark hluthalti-
gen , auf den Boden des Gefasses sich senkenden Hpnta
roth gefarbt wurdc. Hitzc und Salpctcrsaure pracipitirten
sehr bedcutende Albuminmengen aus der Fliissigkeit,
welehe einem plenrit. Exsndate sehr ahnllch war.
Als R. 8 8td. nach der letzten Krise den Kr. zu Ge-
aicht bekam , waren reclits , auf welcher Seite der Kr.
gcw5hnlich lag , die Respirationsgcrausche etwas abge-
schwacht, daneben horte man sanftes Hauchen , kiein-
blasige zcrBtreute Rasselgerausche , dem pneumonlschen
Knlsterrasseln vergleichbar ; die Stimmvibrationen dieser
Seite waren verstarkt. Aus diesem Befunde glaubt R. auf
einen Congcstivzustand dcr Lunge von hamorrhagischer
Form schlicssen zn konnen.
SchltUslich mdgen nock 2 neuerdings verdffent-
liclite Beobachtungen von albumindser Expektoration
Erw&linung finden , welehe ftlr die Entstehung der-
8clbcn von Bedcutung sind.
Die Mittheiliing von A. Laboulbfene (Gaz. hebd.
2. S<5r. XI. 41. 1874) betrifft einen *21jahr. Arbeiter,
weleher am 2. Juli im Hdpital Necker mit intensiver
DyspnSe anfgenommen wnrde. Die linke Thoraxseite
war bei den Respirationsbewegnngen unbeweglich, die
Perkussion ergab fiber derselben in iiirer ganzen H5he
absolute Dapipfung , die vom noch fiber dem rcchten
Stemalrand fast bis an die rechte Bnistwarze reichte.
Der Pektoralfrcmitus fehlte ganzlich ; uberall horte man
intensives Blascn , deutliche Aegopbonie. Rcchts supple-
mentares Athmen mit mittelgrossblasigen Rasselgeriui-
schen. Puls 112, Rcspir. 36—38 in der Minute. Am
3. Juli trat, bei sonst gleiehem Zustande, eine selir pro-
fuse serose Expektoration hinzu. Am 4., wo der Spuck-
napf mit derselben angefullt war, warden vermittelst der
Capillartliorakoccntese 2600 Grmm. gelblichcs Senim ent-
lecrt, in welchem sicii keine Spuren von Blut fanden.
Nach derPunktion zeigte sich starker, anhaltenderlluBtcn
trad abnndanter Auswurf. Am Abend des 4. respirirte
die linke Lunge wieder ziemlicb gut, jedoch fehlte der
Pektoralfremitus noch. Die albuminose Expektoration
danertc in den folgenden Tagen bei guteni Allgemein-
beflnden fort. Am 10. war die Respiration fast in der
ganxen linken Brast vollstiindig , auch der Auswurf nahm
mehr tmd mehr ab. Am 20. vollstandigc Heilung.
Die chemische Unterenchung des entleerten Pleura-
exsodates und der expektorirten Fliissigkeit ergab Fol-
gendes :
Gewicht des entleerten Exsudats . 2666 Grmm.
Dichtigkeit 1.020 bei 20° C.
Feste Bestandtheile auf Je 1000 Grmm. 66 Grmm.
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darunter :
Fibrin 0.67 ,
Mineral. Bestandtheile 7.50 „
Sputa
3. Juli :
Dichtigkeit 1.013 bei 20° C.
Feste Bestandtheile auf je 1000 Grmm. 18.70 Grmm.
darunter :
Mineral. Bestandtheile 3.53
4. Juli:
Feste Bestandtheile 16.47 „
Mineral. Bestandtheile .... 5.0 .
6. Juli:
Feste Bestandtheile der flltrirten Flus-
sigkeit 24.60
Mineral. Bestandtheile .... 7.4
7. Juli:
Feste Bestandtheile der flltrirten Flus-
sigkeit 27.1 „
Mineral. Bestandtheile .... 7.8 „
Das Albumin ist ausser Betraclit geblieben, wei!
ea nicht genau dosirt ist , auch ist seine tiedeutnng
viel geringcr als die Verscliicdcnhcit in der Menge
der Aschenbestandtheile, welehe gross genug ist, uni
zu beweisen , dass die expektorirten Massen nicht.
direkt von dem Exsudat abstammen konnen. Auch
L. ist vielmehr der Ansicht, dass die album ipdse
Expektoration eine Folgc dcr aero - albuminoscn
Transsudation durch das Lungcnparcnchym ist und
dass diese dem Congcstivzustand dcr Lunge in Folge.
iiirer Wiederentfaltung ihre Entstelmng verdankt.
Auch Prdvost (Gaz. de Par. 20. 1875) theilt
einen in vieler Beziehung interessanten Fall mit,
dnrch welchen er einen deutlichen Beweis ftlr die
soeben erwkbnte Entstelnnigsweise der albnminftscn
Expektoration liefert.
Dcr betr. Kr., ein 44 J. alter Gastwirth, klagtc bei
der Aufnahme in das Genfer Cantonal-Hospital fiber
Ucbelkeit und gastrische Bcschwerden, seine Zunge war
weiss belegt, die Farbung des Gesichts und der Con-
jnnetiva gelblich. Leber leicht hypertrophisch , kein
Fieber. 16. Dec. Leberschmerzen , Husten mit sero-
albuminosem Auswurf.
22. Dec. Absolute Dampfung vorn an der Lungen-
spitze, Dyspnoe ; Puis schwach und klein. Bei der Thora-
kocentesc mittels des Potain’schen Apparates floss eine
rothliche sohaumgebende Fliissigkeit von dem Aussehen
des Blutes in der Asphyxie aus. Nach Entleerung von
1000 Grmm. der Flussigkeit wurdc die Operation unter-
brochen. Die rothbraune Flussigkeit nahm mit Luft ge-
schlagen die Farbe des arteriellen Blutes an , fiber Nacht
in einem Gefasse aufbewahrt, zeigte sie am folgenden
'Page coagulirtes Fibrin, ein Viertel des frfihern Volumens
elnnehmend, und <iberhalb dcsselbcn eine serose , dem
Blutserum analoge Flussigkeit. Die mikrnskopische Unter-
suchung ergab uberall normale Blutkorperchen. Eine
Ursache des hamorrhagischen Exsudats war trots des
sorgfaitigsten Krankenexamen nicht zu ermitteln. Pat.
war zti Ilamorrhagien nicht geneigt.
24. Dec. Geringe Erleichterung , physikalischo
Symptome unverandert. Die Dampfung rechts eine ab-
solute , Kesplrationsgeransche nirgends daselbst hdrbar,
28 Respirationen in der Minute. Wegen Znnahme der
Dyspnoe wurde am 26. Dec. die Thorakocentese wieder-
holt u. durch dieselbe 3200 Grmm. eines rothlichbraunen,
dem frfihern vollig gleichen Exsudats entieert. Einige
Augenbiicke nach der Punktion bekam die Kr. heftige
Hustenanfalle und expektorirtc wenigstens 4 — 500 Grmm.
einer serosen, gelblichen, dem Eiweiss ahnlicben Flussig-
keit, welehe, mit Salpetersaure beh&ndelt, massenhafte
Coagula zeigte.
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IV, Pathologie, Therapie a. medicinische Klinik.
Der Znetand , in den nichsten Tagen ertrSgHeb,
wnrde vom 2. Jan. 1876 ab wieder sehlimmer. Pat.
klagte fiber Schmerzen am rechten Schenkel in Folge von
Deenbitns , die Conjunctiva war leicht geffirbt. Am fol-
gendeo Tage wnrde wegen znnehmender Dyspnoe eine
nene Pnnktion geraacht nnd 1800 Gnnm. der fruhem
ahnlicher Flfiiwigkeit entleert. Wegen Kteigernng der
Dyspnoe wurde am 7. nnd am 22. Jan. die Punktion
wiederholt; an letzterem Tage wurden 2160 Grmm. Flus-
sigkeit entleert. Suffokatorische Anfalic am 31. Jan.
machten eine nene Pnnktion nothig, bei welcher 2000
Grmm. abflossen. Von dieBer Zeit ab nabm der Kr. zu-
sehends ab . er litt an haufigen Anfallen von Dyspnoe nnd
Erbrechen. Der Thorax war rechta stark gewolbt , das
Herz liedentend nach links verschoben. Die wegen der
Dyspnoe von Zeit zu Zeit auch spater nothigen Pnnk-
tionen wurden durch Bildung von starken nnd dichten
Pseudomemhranen immer schwieriger n. von geringerem
Erfolge. An einem der zablreichen Einstichpnnkte hatte
slch ein wallnnssgrosser Tumor von cartilaginfiser Harte
gebildet. Der Kr. starb am 22. April.
Autopxie. Bei der Erfiffnnng des Thorax flossen ans
der rechten Pteurahfihle ungcialir 3 Liter Flussigkeit von
(\er schon beschriebenen Beschaffenheit und Farbe, aber
fnrchtbar stinkend ; die linke Pleurahohle war frei. Das
Perikardium adharirte an der ganzen Iferzoherflache durch
Pscudomembranen ii. Villositiiten von gcringer Kesistenz.
Linke Lunge voliiminos und emphysematisch , auf ihrer
ganzen Oberflache kleine gelblichgrauc und harte Kerne
von koniseber Form , die Spitzc gegen das Centrum dcs
Organs , die Basis gegen die Peripheric gckehrt. Rcclite
Lunge gegen die Wirbelsaute gedriingt , von der Tho-
raxwand dnrch zahireicbe Pseudomemhranen getrennt.
Letztere umgaben kleine, mit sanguinolenter Flussigkeit,
stellenweise mit schwiirzlichen Klumpen gcfullte Kam-
merchen. Die Pseudomemhranen waren stark vaskulari-
slrt, die beidenPleurablattcrdesDiaphragroa mit zackigen
membranfisen Fetzen von purulentem Ansehen n. fotidem
Gernch bedeckt. Die Flussigkeit, welche diesen Theil
der Pleurahfihlc erffilite , war dick und trube. Unter der
an der Lunge haftenden Pleura fanden sich weissliche
Kerne von verschiedencmUmfange (bisNussgrosse), nicht
deutlich abgegrenzt von dem anliegenden Gcwcbe, auf
derDurchschnittsflache kasig. Die Bronchialdrusen waren
ctwas vergrossert, allcin ffir das unbcwaffnctc Auge un-
verandert. Die ubrigen Organe hyperamisch. Der Tumor
an den Thoraxwandungen, von dem Aussehen eines Mark-
schwarnms, ergab sich aus Spindclzellen und runden
Zellen zusammengesetzt und war auf Kosten der Moskel-
fasern gebildet. Die mikroskopische Untcrsncbung ergab
sarkomatose Beschaffenheit desselben , sowie auch der
Tumoren in den Lungen.
399. Ueber die Pulsation der Vena oava
inferior in ihrer Beziehung zu pathologiachen
Zustanden der Leber ; von Dr. L u d w i g D i e m e r.
(Inaug.-Diss. Bonn 1876. 8. 27 S.)
Die physiologisch bereebtigte Annahine des Vor-
handenseins einer Pulsbewegung in der Cava inf.,
die ans dem Regurgitircn des Blutes aus dem rech-
ten Herzen in dieselbe sich herleitet, wird von Vf.
aof Grand mehrerer am lebenden Thiere gemachter
Beobachtnngen anatomisch begrflndet. Die Versuche
ergaben das Vorhandcnsein einer physiologischen,
mit der Contraktur des rechten Atrium isochronen
nnd von derselben hervorgenifenen Pulsation der
V. cava, die an der Einmtlndungsstelle der Lcber-
venen noch minimal , an der der Nierenvcnen nicht
mehr nachzuweisen war. Ansserordentlich dentlich
erwiea sie sich in grdsscrer Nihe des Herzens in der
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Thoraxhfthle , liess aber anch hier mit znnelimender
Entfemnng vom Herzen eine Abnahme ihrer Inten-
sity wahrnehmen. Durch Spaltnng des Zwerchfells
nnd Losprilparirung der Vene wurde die Mdgliehkeit
einer etwaigen Beeinflnssnng des Zwerchfells, dessen
Contraktion eine scheinbare Pnlsation vorspicgeln
konnte, ausgeschlossen , dagegen festgestellt, dass
aus einem kleinen Einschnitt in den Brasttheil der
Cava infer, das Blut in kurzen StrOmen ent-
sprechend der Systole des Atrinm ansfliesst nnd dass
ferner die nach rtlckwitrts abgeklemmte und naeli
dem Herzen zu ktinstlich entleerte Vene von letzterem
aus wieder in rascher Weise sich ftlllt.
Unter normalen Verhaltnissen nun entweicht bei
der SyBtole des Atrium nur ein minimaler Theil sei-
nes Inhalts in die Cava inf., der grossere geht in den
unter geringerem Drnck stehenden Ventrikel — auf
der andem Seite aber entsteht durch die Diastole des
Herzens und gleichzeitige Einwirkung der Adspira-
tion des Thorax eine krftftige Strom- und Blutbe-
wegung nach dem Herzen , die von lingerer Dauer
und grftsserer Energie, die regurgitirende positive
Pul8welle in der Cava in ihrem Weiterschreiten para-
lysirt. (Die Cava sup. wird dnrch ilirc ftir eine
rilcklanfige Blutbewegung Ausseret ungilnstige Rich-
tung und durch ihre Klappen vor der Theilnahme an
dieser Pulsation bewahrt, wie bekannt ist.)
Eine Aenderang dieser Verhiltnisse tritt ein, so-
bald der Dnick im rechten Ventrikel wfthrend der
Diastole steigt und sich die Differenz der Druck-
grSssen im Ventrikel und der Cava verringert, wie
es ausser den Klappenfehlern und Krankheiten des
Herzens die den Kreislauf der Art. pulmonalis be-
hindernden Lungenerkrankungen unter Einwirkung
der von K 5s ter und Friedlftnder nacbgewiese-
ner Arteriitis obliterans der Pulmonalarterieniiste be-
d ingen.
Die hierdurch erzeugte Blutstauung in der Cava
afficirt wie bekanntlich hanptsichlich die Leber und
raft hier die Erscheintmgen der cyanotisch-atrophi-
schen Muskatnussleber hervor. Da aber die unter
fast gleichcn StauungsverhUltnissen stehenden Niercn
sich bei dieser Erkrankungaform der Leber wohl nie
in gleicber Weise afficirt zeigen, wie es physiologisch
zu ei'wartcn ware, muss nicht die blose Behinderung
des R(lckflu8ses aus den Lcbervenen, sonderu viel-
mehr die pathologisch verstftrkte Pulsation der Cava
inf, , die sich in das Lebervenensystem , welches bei
seiner spitzwinkligen Inserinmg den ankommenden
Cavapuls nicht bricht, fortpflanzt und bis zu dessen
capillaren Anfingen wirksam bleibt, als Causal-
moment der Leberatrophie angenommen werden,
wahrend das Nachlassen, resp. Fehlen der Pulsation
jenseits der Lebervencneinmflndung die Nieren un-
beeinflusst lasst. Lasst aber ein femeres Wachsen
der Widerstande den Venenpuls noch kraftiger wer-
den , so zeigt die der Leber naher gelegenc rechte
Niere in der grflssem Haufigkeit der Hyperamie der-
selben gegenUber der linken Niere den Einfluss der
Venenpulsation.
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IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
Auf den Menschen tlbertragen zeigen die ana-
tomischen VerhJlltnisae die Leber noch direkterer
Einwirkung eines vom Herzen ausgehenden Venen-
pulses ausgesetzt , indem die Leber der Cava direkt
anliegt und die Strecke zwischen Cava und Herz
kleiner wird , als bei den zu den erw&hnten Ver-
suchen benutzten Kaninchen.
Das Vorhandensein einer wirklichen Pulsation
wurde vom Vf. auch in den Pulmonalvenen beob-
achtct, oline dass er hieraus weitere Schlttsse auf
etwaige consekutive Lnngenerkrankungen ziebt.
Znletzt gclit Vf. auf die aus den Vorgiingcn in
der Cava inf. sich ergebendc Mdgliclikeit ein , dass
frcindc Korper, die sich dem Bhit im rochten Herzen
ziigemischt haben , durch den rcgurgitirenden Blut-
strom in die V. cava inf. gesehleudert werden , und
dann der lUcklftnfigen Blutbewegnng eutgegen in die
Lebervenen gelangen kftnnen , cine entgegen Bill-
roth und 0. Weber, Prerichs, besonders aber
BArensprung, von M a gen die und Merkel
und nenem Antoren aufgestelltc Theorie. Nach ihr
lftsst sich in leichter Weise derauffallendeZusammen-
hang zwischen Kopfverletzungcn oder nlcerdsen Vor-
gangen in der Seh&delhohle und den so bftufig bcob-
achteten Leberabsecssen ohne gleichzeitiges Vorhan-
densein von ahnlichen Processen in der Lunge er-
klkren, aus ihr auch ein VerstAndniss d a fit r sich fin-
den, dass auch bei andern pathologisc.hen Vorgangen,
in denen Partikelchen dem Hint beigemischt sind,
die Leber als die LieblingsstAtte der Metastasen er-
scheint, wie diess besonders beim Carcinom der Fall
ist. (Schumacher II. , Aachen).
400. Chronische Ureteritis mit Cystenbil-
dung uebet cyatiacAer Degeneration der Nieren ;
von Dr. M. Litten. (Virchow’s Arch. LXVI. 2.
p. 139. 1876.)
Als zufitlligen Refund bei der Sektion einer 75jahr.
Frau fand Litten eigenthumliche Missbildung dea einen
Ureter und der dazu gehorigen Niere. Wahrend die linke
Niere nur ctwas verkleinert und geschrumpft war, sonst
aber eben so wenig wie der Ureter etwas Abnormea dar-
bot, war die rechte aehr hochgradiz verkleinert und zeigte
gar kein normalcsGcwebemehr. DioKapsel Hess sich nur
mit Substanzverluat abtrennen. Unter der unebenen und
liockrigen Oberfliiche bemerkte man zahlreiciie kleine
Cyaten, theils klare, durchscheinende, theila durch Blut-
pigment schwarz gefiirbte. Das noch erhaltene Nieren-
gewebe zeigte auagesprochene Wachafarbe und Wacha-
glanz. Die Rindensubatanz bildete, in nur 2.5 Mmtr.
Dicke , die Wandung eines derben , mehrkammerigen
Saekea, der erweiterten Kelche und dea Nicrenbeckens.
Die Schleimhautdieses Saekea zeigte zahllose Blntnogen
und war mit Eiter bedeckt.
Der Ureter dieaer Seite stellte Rich ala dicker gewun-
dener Strang dar, in aeinem obern Abachnitt von 4 Ctmtr.
Umfang. Die Schleimhaut zeigte eine aehr unebene
Fiache, bedingt durch Anaainmlung kleiner gelb bis braun
gefarbter hiraekorn- Oder erbsengrosser Blaachen. Die-
aelbenwaren vollgefullt, flnktuirend und atanden so dicht,
dass die ganze Schleimhaut ein gleichmasaig grobkomiges
Gefuge darbot. Die Veranderung reichte vom Nieren-
hilns an ca. t>:t Ctmtr. nach abwarta. Von hier an ver-
mindertc sich der Umfang schnell bis anf 2 Centimeter.
Die Veranderung zeigte aich hier weniger stark, die Blis-
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chen hingen vereinzelt wie Beeren an dfinnea. Stielen und
lieaaen zwischen aich groasere Stnckchen der stark vaakn-
lariairten Schleimhaut erkennen, welche alle Zeichen des
chron. Katarrha darbot. — Noch weiter nach der Blase
zn fehlten die Blaachen vollstandig. Unmittelbar unter
dem letzten mit Blaachen besetzten Schleimhautstfick
verlief quer um die Wandung des Ureters herum ein weias-
licher Narbenatrang. Ein zweiter, ihm parallel verlaufen-
der, lag 1.4 Ctmtr. tiefer. Zwischen beiden, den ganzea
zwiachenliegenden Raum der Mucosa einnehmend, fand
sioh eine seichte Erosion, in welcher ein rauhea, zackiges
Conkrement lag, aus einera harnsauren Kern und einem
Mantel von oxalsaurem Kalk beatehend. Unterhalb des
2. Narbenstranges befauden sich noch 2 andere Conkre-
mente von deraelben chem. Zusammenaetzong in die
Schleimhaut eingebettet. — Dicht neben der Insertion in
die v&llig normals Blase betrug der Umfang des Ureter
nur noch 7 Millimeter.
Die feinere Unterauchung der in die Ureterenachleim-
haut eingebetteten Cysten wies verachieden dicke, reich
vaakulariairto bindegewebige Wandungen mit einem ein-
achichtigen Plattenepithel auf der freien Fiache nach.
Ihr Inhalt bestand ana einer schleimigen Fliissigkeit,
in welcher aich ala morphologiachc Bestandtheilc weiaae
BlutkSrperchen , freie Kerne , Plattcnepithelien und
eigcnthQmliche , den Riesenzeilen ahnlichc Gebilde vor-
fanden.
Vf. glaubt, dass diesc hochgradigc cystische De-
generation der Ureterenscbleimliaut veranlasst wor-
den sei durch den die Einkcilung der Conkremente
begleitcndeu heftigen Katarrli, nimmt jedocb ausser-
dem an, dass liicr noch besondere anatomische Ver-
knderungen bestanden hfttten , die das Zurtickhalten
des katarrhalischen Schleimes und in Folge dessen
die cystbse Entartung dorSchleiiudiilaen, resp. Kryp-
ten bewirkt h&tten.
In der zu dieaem Ureter gehorigen Niere fanden aich
mikroskopiaeh folgende Veranderungen. Der Oberflache
parallel gefuhrte Schnitte zeigten das normale Nieren-
gewebe eraotzt durch ein System ungleich grosser rnnder
Hohlranme, zwischen denen derbea, kernreichea Binde-
gewebe . verodetc Gcfaase und ganz vereinzelt cinige
achelnbar unveranderte Hamkaniilchen aich befanden.
Die Cysten liessen sich leicht als ausgedebnte Harnkanal-
ehen erkennen, wahrend Glomeruli oder dcren Reste nur
aelten zu bemerken waren. Der Inhalt dcr Cysten bestand
aus gallertigen scholligen Massen, von gelber bia gelb-
brauner Farbe, gallertiger Beschaffenheit, mit Einschluss
von Zellreaten Oder Harnsaurekrystallen. — Andere wa-
ren mit veriindertem Blut gefullt. Die Innenwand der
Cyaten war bekleidet mit einem Epithel, das dem der ge-
raden Harnkanalchen durchaus iihnlich erachieu. An we-
nigen Stellen war dieses Epithel unverandert, an den mei-
aten hochgradig colloid entartet. — Ob auch die Glomeruli
sich zu solchen Cysten mit colloidem Inhalt umgewandelt
hatten, laast Vf. dahingeatellt.
Da die linke Niere die Erscheinungen derGrann-
laratrophie darbot, glaubt der Vf. annehmen zn k8n-
nen, dass auch in der eben beschriebenen dieser Pro-
cess der eystoiden Entartung vorhergegangen sei
und dass sich dadurch der von einer gewohnlichen
Hydronephrose sehr abweichende Befirnd erkl&ren
lasse. (Neelsen.)
401. Ueber Hirnsyphilis ; von H u g u e n i n ;
PaulBaumgarten; Giovanni Pierantoni.
Prof. H u g u e n i n hat sich ttberzengt, dass auch
diffuse Erkranknngen des Gehirns und seiner Haute,
sowie der Medulla oblongata und spinalis existiren,
’ Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
167
IV. ^Pathologic, Therapie n. mediciniache Rlinik.
die nur auf Syphilis bezogen werden kiinnen. Der
einzige bis jetzt mit Sicherbeit erkannte Fall von
Meningitis syphilitica wurde von Griesinger be-
schrieben. Die Beobachtungen von H. betreffen
3 Falle (Schweiz. Corr.-Bl. V. 20. p. 588. 1876).
1. Fall. Em 23jahr. Kaufmann hatte 1870 ein Ulcus
mit nachfolgenden sekundaren Erscheinungen , welche anf
Merkurlalgcbrauch verschwanden. Im Soinrapr 1873
Tremor der Hiinde, Ncigung zu Salivation; im Herbst
Abnabme des Geruchs u. Geschmaeks, Stimkopfsehmerz,
Schlafsucht, Almahme der UrtheilBkraft, grosse Gleich-
gultigkeit ; spater trat motorische Scbwache ein , hanflge
Ohnmachten. Nach Schmierknr nnd Dec. Zittm. Besse-
ruug in der 4. Woche , so dass Pat. wieder ganz klar nnd
gesnnd wurde.
Beraerken8wertk ist, dass die Erscheinuogen des
Tremor und der Salivation, die denen bei Merkurial-
kachexie ahnlicli sahen , sich im Gegentheil auf die
Darreichung von Quecksilber verloren.
2. Fall. Ein jetzt 45jahr. Kanzlist hatte 1865 ein
Ulcns Induration , nachher Roseola , 1 866 Condylomata
am After and Pharyngitis; 1867 war nichts mehr nachzu-
weisen. Im J. 1869 neue Erscheinungen : zuerst Mudig-
keit, Schlaffheit, bedeutender chronischer Stirukopf-
schmerz , starker Schwindel. In der 3. u. 4. Woche
atarkes Ohrensausen , Verlust der Urtheilskraft, Gleich-
gnltigkeit, cynisches Wesen , Unreinlichkcit. Die Kraft
der Uande nabm ab , ebenso die Coordination ; dagegen
bestanden keine Storungen im Gebiet des Facialis und
Hypoglossus , keine Spracbstorung. Grosso Schlafsucht ;
Enge der Pupillen. Als an Runipf und Extremitaten ein
kupferrothes Syphilid auftrat, neue merknrieile Behand-
long : nach 3 Wochen Besserung , dann Salivation. Anf
den Gebrauch von Kal. jod. erholte slch Pat., das Ge-
dachtniss und die Urtheilskraft warden besser and all-
rnalig erfolgte Genesnng.
Die Diagnose konnte nun mit Sicherheit Dementia
paralytica ausschliessen und es konnte nur an Him-
syphilis ohne Herdsymptome oder an doppelseitiges
ll&matom der Dura gedacht werden. Letzteres ist
aber nie cine primare Krankheit, sondern ein Folge-
zustand anderer, besonders des Alkoholismus.
Im J. 1870 traten dieselben Symptome von nenem
auf. Fahle Gesichtsfarbe , Kachexie, Schlafsucht , Ver-
engnng der Pupillen , Ohrensausen und dieselben psychi-
schen Symptome wie das 1. Mai. Antisypbilit. Behand-
lnng ohne Erfolg. Nach Eintritt von linkBseitiger llemi-
parese , anch einer Parese der Mund- nnd Augenaste des
Facialis, starb Pat. nnter Blasenkatarrh nnd Decubitus.
Die Selrtim ergab eine Affektion der Arachnoidea n.
Pia. Von der Stirn bis gegen das Occiput war eine starke
Verdlckung der Haute vorhanden, die Arachnoidea war
mit der HimoberflSche verwachsen, der Blntgehalt ausser-
ordentlich vermindert, das Gewebe sebnig getrubt nnd
verdlckt, die Gefasne znm grossen Thell obliterirt. Ueber
dem Nachhirn und der hintern Centralwindnng war die
Affektion am starksten. Im Uebrigen war das Gehim
nicht atrophisch , anch kein Hydrocephalus internns vor-
haaden. Somit beschrankte sich die Affektion auf die
Hirarinde, nur in der subarachnoidealen Fossa Sylvii
zeigte sich eine Hamorrhagie. Man hatte es also mit
etoer chronischen Meningitis zu than, die in zwei AniUllen
aufgetreten nnd deren Natur syphilitisch war.
3. Fall. Ein 42Jahr. Kaufmann liatte vor 12 J. ein
Ulcns , seit 6 J. aber keine Erscheinungen von Syphilis
mehr. Vor 2 J. traten psychische Symptome anf, dazu
Kopfscbmerz und Schlafsncht. Periphere Dysastheslen,
Kriebeln, Gurtelgefuhl , dazu eine heftige Neuralgic in
der FnsaaoMe. Anf eiue antisyphillBsche Therapie folgte
Qeifaisg to 4 Woobeo. Diess fand im J. 1873 etatt ; 1874
kehrten die gleichen Symptome wieder : es erfolgte aber
wiedernm Heilung.
Die Diagnose kann bier nur eine specifische
Affektion der Meningen annehmen, eine geuauere
Lokalisation ist absolut unmdglich.
Die genauere physiologische Erklining der ziem-
lich regelmitssig bei chronischer Meningitis auftreten-
den Symptome kaun zur Zcit uocli niclit gegebeu
werden. Unerkl&rbar sind die apoplektischen An-
lUlle ; ebenfalls unsicher ist die pliysiologisclie Deu-
tung von Kopfsclunerz , Schwindel und Schlafsncht.
Die psychischen Symptome kann man auf clironische
Ankmic und Degeneration der Rindenelemente be-
zielien ; die Vcrengerung der Pupillen ist ein fast
constantes Symptom chronischer Meuingealerkran-
kung. [Durcli die mitgetheilten Beobachtungen wird
dieAnsicht vonHughlings J ackson (The syphi-
litic affections of the nervous system ; Journ. of ment.
science July 1875), dass es keine Meningitis syphi-
litica gabe, entschicden unhaltbar. j
Dr. Paul Baumgarten (Zur Ilirnarterien-
syphilis; Arch. d. Heilk. XVI. 5 u. C. p.452. 538.
1875) war es vergonnt , an eincm kliniscii klaren,
frisch zur Sektion gekomtnenen Fall die Heubner’-
sclien Aufstellungen vom pathologisch-histologischen
Standpunkte aus bis in das Detail luuein zu prtlfen
nnd zu bestdtigen , betreffs einiger Punkte vielleicht
zu erweitern.
L., 28 J. alt, zog sich im Juni 1873 elnen harten
Schanker anderEichel zu, der von einer langandanernden
Infiltration des Prapntium begleitet war. Erst bei Ein-
tritt der sekundaren Erscheinungen (Roseola , Gaumen-
geschwure, allgemeinc Lymphdrusenschwcllungen, De-
flnvinm caplllornm) wurde eine 4wnclientliclie Schmierknr
eingeleitet. Spater traten breite Kondylome am After
anf. Nachdcm Pat. sowobl 1873 wie 1874 Aachen ge
brauebt hatte , wurde er auf einer anstrengenden welten
Reise plotzlieh von Bewnsstloslgkeit nnd Stoning des
Sprachvermogens anf knrze Zeit befallen. Anf der lleim-
reise batte er die „furchtbarsten Kopfschme rzen “. Nach
Hause zuruckgekehrt verlor Pat. am 17. Oct. Vormittags
plotzlieh das Sprachvermogen , Naclunittags sturzte er
plStzlich bewusstlos zn Boden : sodann flel er zum 2. Male
wahrend des Briefschreibens plotzlieh vom Stnhl hernnter,
war vollstandig bewusstlos ; rechter Arm und rechtes
Bein waren total gelahmt. Im Laufe des Abends etwas
Besserung; Naclits Verscliliinnienmg. So dauerte der
Zustand bis zum 20. Morgens ; hln und wieder st-hien das
Bewusstsein klarer zu werden. Am 20. fruh wurde Pat.
plotzlieh ganz blan im Geeicht. Der Pule , der bis dahin
immer untcr f>0 betragen liatte , stieg plotzlieh auf 160.
Extremitaten und Gesicht erschienen tief schw:irzblau, es
erfolgten noch wenige Athemzuge nnd nach 2—3 Std. trat
der Tod ein. — Wahrend dieser letzten Tage waren
Inunktionen von grossen Quecksilberdoeen gomacht nnd
Jodkalium verabretcht worden.
Autopne. Oberflacblicbe Gehirnvenen starker ge-
fullt als gcwohnlich. Im linken Linsenkern eine aile 3
Giieder einnehmende, in die Capsula interna liinctn sich
erstreckende Erweichung der Substanz; Corpus striatnm,
sowie das ubrige Gehirn ohne sichtbare Veranderungen.
Die Anfangsstucke der mittlern und vordern linken Gehirn-
arterie erschienen weiss und undurchsiehtig ; in dem cen-
tralen Ende der entschieden verdlckte Wandungen zeigen-
den Carotis int. sin. lag ein brockliger, ziemlich entfSrb-
ter Thrombus, der sich in die Art. fossae Sylvii sin. bis zu
ihrer ersten Theilung hlnein erstreckte. Anch hier war
die Wand der Arterie nicht unerheblich verdlckt.
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168
IY. Pathologic, Therapie u. mediciuiache Klinik.
An dem linkenZipfel der Valvula mltralis elne linsen-
grosse , ziemlich weiche, glatte , runde Eicresceuz , mit
ihrer Unterlage fest verwachsen (einfache Hypertrophie
des Klappenbindegewebes). Von Atherom in den grossen
Gefassen keine Spur.
Bei der mikroskopischen Untersucliung dea Ge-
hirns fand sich eine nicht sehr ausgeprkgte Fett-
dcgeneratinn der Kerne in der Capillaradvcntitia an
ImpfprSparaten des Erweichungsherdes , neben sehr
sporadisclien Fettkomchenhaufen ; eine melir oder
weniger vollkommene Obturation gewisser Strecken
des Lumens der den Circulus Willisii bildenden Ar-
terien, deren Wftndc sich ungleichmilssig verdickt
zeigten. Kurz, es fanden sich die Keunzeichen der
von Heubner beschriebenen luetischen Erkraukung
der Himarterien. Docli glaubt B. in seinem Falle,
im Gegensatz zu Heubner, annehmen zu mtlssen,
daas es sich nicht urn eine primarc Intima-Erkran-
kung handelte, sondem dass im adventitialen Binde-
gewebe zweifellos die erste Wirkung des krankhaften
Processes auftrat, und dass erst von der in Reizung
versetzten Peripherie aus die Infektion des Endo-
thels erfolgte. B. fasst den ganzeu Process auf als
eine durch den Reiz inficirter Lymphflllssigkeit ver-
anlasste Gewebsproliferation , weiche von aussen
nach innen zu fortschreitet und weiche in eine cha-
rakterische Wuchemng des Arterienendothels ver-
lftuft , die sehr bald zur durchaus dominirenden Er-
scheinung des ganzen Vorgangs sich gestaltet.
Prof. Heubner (a. a. O. p. 538) bemerkt zu
der vorstehenden Arbeit, dass es offenbar auf einem
Missverstandnisse berube, wenn Dr. Baumgarten
augebe, dass H. in seinem Bucbe iiber Syphilis der
Himarterien von einer primSren Intimaerkrankung
spreche , weiche die adventitielle Wucherung sekun-
dkr errege und durch das Blut verinittelt werde. H.
hebt, unter Hinweis auf mehrfaclie Stellen seiner
gen. Schrift her\ r or, dass er weder das Eine nocli das
Andere behauptet babe. Die Frage sei nur die:
must die Intimaerkrankung immer von aussen her
angeregt werden , und , wenn diess der Fall , muss
denn regelmilssig die Adventitia mit erkranken V
Das Letztere habe er auf Grand von Beobachtungen
vemeint, tlber das Erstere sich andeutungsweise aus-
gesprochen , da er bestimmte Beweise weder dafttr,
noch dagegen beibringen konnte. Uebrigens habe
er selbst ansdrUcklich gesagt (p. 168 seiner gen.
Abhdl.) , „auf welchem Wege das Gift unter das
Eudothel der Arterien gelangt, ob durch die Vasa
nutritia, ob in Lymphb&hnen, ob von dem Strome im
gTossen Gefksse selbst aus: das zu entscheiden, ist
die vorliegende Untereucliung nicht genttgend.“ Ob
diess durch B.’a Deduktionen und Abbildungen er-
mdglicht sei, erscheine ihm sehr zweifelhaft.
Die Mittheilung des Dr. Giovanni Pieran -
toni (Raccogl. med. 4.Ser. IH. 18. p. 561. Giugno
1875) bctrifft eincn 20 J. alten abgeinagerten , mit
kupferfarbeneu Flecken auf der Haut und geschwol-
lencn llalsdrUsen behafteten Mann , der seit 8 Mon.
an linkseitiger Amblyopie , Parese der linken Ober-
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extremit&t, hartnAckigem und heftigem Kopfschmerz,
Schwindel und Erbrechen litt, weiche zu verschiede-
nen Zeiten wiederkehrten. Der Unterleib war stark
eingezogen, dabei bestand Diarrlioe. Vf. glaubt von
den genannten Symptomen : die Amblyopie , die Pa-
reae des linken Amis und die DiarrhSe (als neuro-
pai'alytische : S c h i f f ’ s vasomotorisches Centrum
fttr die Unterleibsorgane) durch die Annahme eines
Tumor voi^ kleinem Volumen uud langsamer Ent-
wicklung im rechten Thalamus opticus erklaren zn
kdnnen. Die syphilitische Natur des fraglichen
Tumor halt Vf. , trotzdem dass Pat. jede An-
steckung beim Coitus leugnete, fttr kaum zweifelhaft,
weil Pat. wiilirend der Pflege eines notorisch syphi-
Iitischen Vetters einen kleineu Tuberkel im linken
Mundwiukel mit kolossaler Anschwellung der Unter-
kiefer- und Nackendrflsen bekommen hatte, welcher
sich, w&hrend die oben beschriebenen Symptome
sicballmaligausbildeten, ohne zuulceriren, zertheilte.
(S e e 1 i g m U 1 1 e r.)
402. Zur Casuistik der Pharynxstenosen
inFolge von Syphilis; von Keyu. Bruzelius;
Verueuil; Lucas Championnifere; Richet.
Einen interessanten Fall von ausserordentlich
bedeutender Stenose des Pharynx dicht oberhalb des
Kehlkopfs, auf Narbenbilduug, offenbar sypliilitischen
Ursprungs beruhend, beobachtete Prof. Bruzelius
in Stockholm; Prof. Axel Key theilte (Hygiea
XXXVII. 12. Svenska lakaresSllsk. fbrh. S. 268.
1875) den Sektionsbefund mit.
Die Kr., In deren Familie keinerlei erbliche Krank-
heitsanlage bestand , war fruher stets vollkommen gesund
gewesen ; vor 10 J. hatte sie , nachdem sie eine Zeit lang
an den Erscheinungcu eines Magenkatarrhs gelitten hatte,
plotzlich einen Hlutaturz bekommen nnd r einen Mund
voll“ gcronnenes, fast schwarzes Bln t erbrochen. .Seitdem
litt sie an verschiedenen Symptomen gestorter Verdaunng.
Seit 6 J. war Kopfschmerz anfgetreteu , hanptsachlich in
der rechten Kopfhalfte und im Nacken, und am heftigsteu
in der Nacht ; er liess nach, als eine Geschwnlst im Nacken
sich zu entwickeln begann , die aufbrach und eine Zelt
lang, aller Bchandlung trotzend , offen blieb, dann aber
rasch zuheiltc und eine glatte , weisse , strahlige Narbe
hinterliess. Wiihrend der Zeit , wo der Kopfschmerz be-
staud und die Geschwuist sich entwickelte, verlor die Kr.
ihr ganzes Kopfhaar, das mir langsam wieder wuchs.
Die Rcgeln waren nie sehr regelmaasig gewesen, seit 4 J.
waren sie ausgeblieben ; vor 20 J. war Pat. von einem
Kinde entbunden wordcu , das angeblich gesund war und
blieb. Die Moglichkeit einer syphilitischen Ansteckung
oder fruheres Bcstchen syphilitischer Erkrankungen wnrde
entschiedeu gelcugnet.
Symptome vou Sciten der Uespirationsorgane waren
fruher nie vorhandeu gewesen , erst vor etwas mehr als
1 J. trat lleiserkeit und Husten mit nnbedeutendem , nie-
mals Blut enthaitendom Auswurfe auf. Die Heiserkeit
wechselte, angeblich nach Erkaltungen schlimmer wer-
dend, der Ilustcn blieb fast unverandert. Spater wurde
die Heiserkeit schlimmer , Schlingbeschwerden steilten
sich ein und bald auch Athcmbeschwerden. Seit einem
halben Jahre konnte die Kr., die trotz alledem gute Em-
lust behielt und ununterbroclien arbeitete, obwohl die
Stenosenbeuchwerden bald ausserst heftig wurden , nur
noch Flussigcs geniesseu.
Bei der Aufnabme, die am 9. Nov. 1876 stattfand,
klagte die Kr. aiuser Scbliag- und Atbembeseb werden
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IV. Pathologic, Therapie n. medieinieche Klinik. 169
ubor Empflndllehkeit im Bnatkorb and Unterleib , die
sie den Hustenanstrengungen zuschrieb. Die Schleim-
haut des Mundes and des Rachens war stark gerBthet,
das Ganmensegel mit der hintera Rachenwand verwach-
s«, nnr die Uvnla war noth beweglich ; die vordern Gau-
menbogen bildeten ein Paar ganz kleine Faltchen , Ton-
Billen waren nicht zu sehen. Bei der laryngoskopischen
Untersuchang sah man keine Epiglottis, sondern Zungen-
worzel , GanmenbSgen nnd hintere Pharynxwand bildeten
elne Art Tnchter , der nach nnten zu in eine so kleine
OeAmng auslief , dass kaam ein Gansefederkiel hindurch
gekonnt hatte ; alle an der Bildung dieser trichterfbrmigen
Oeffnung betheiligten Tbeile zeigten sich ziemlich lebhaft
gerSthet und hyperamisch , stellenweise schwielig. Bis
unter die trichteriormige Yerengnng hinab konnte man
nicht sehen. Sprache und Stimme waren eigenthumlich
and schwer veretandlich. Die Respiration war sehr er-
schwert und von Stenosengerausch begleitet , das bei der
Auskultation der Lnngen alle andern Gerausche uberall
ubertonte. — Nachdem der Znstand der Kr. einige Tage
lang unverandert geblieben war, starb sie plStzlich und
unbemerkt am 17. November.
Bei der Sektion fand man den weichen Gaumen auf
dem grdssten Theile seiner Ausdehnnng mit der hintem
Pharynxwand verwachsen , so dass beide eine zuBammen-
haagende Flache bildeten , nur hinter der stark zuaam-
mengezogenen Uvula befand sich eine Oeffnung, die kanm
fdr eine kleine Fingerspitze durchgangig war und nach
der obern RacbenhShie und der Nasenhohle fuhrte. Be-
sonders nach links von der Uvula befanden sich starke
Narbenbildnngen , von der Vorderaeite des weichen Gau-
mens beginnend und sich direkt auf die Rachenwand fort-
setzend , auch auf der rechten Seite befanden sich deut-
liche Narbenbildnngen , aber nicht so stark. Die Zunge
war in ihrem hintera Thell 6 Ctmtr. von der Spitze, stark
nach hinten gegen die hintere Pharynxwand hin gezogen
und mit dieser verwachsen durch starke Narbengebilde,
welche die Zunge anch von einer Seite znr andern gegen
die MItte zn zusammenzogen. Dadurch war die starke
Verengung des Pharynx zu Stande gckommen , deren
Lumen kaum 11 Mmtr. im Durchmesser weit war. Da-
durch wurde der Kehlkopf und die Epiglottis , die nnver-
sehrt waren nnd nichts Abnormes zeigten , von oben her
ganzlich unsichtbar. Unter der Stelle, wo die Narben-
stenoee sich befand, war noch ein Stuck derZungenwnrael
in einer Ausdehnnng von etwa 1 Ctmtr. vom Narben-
gewebe ganz frei. Dagegen war die hintere Pharynx-
wand , namentlich am Sitze der Stenose , stark verdickt
nnd Bklerotisch, 6—7 Mmtr. dick , die Verdicknng nahm
nach nnten zu alimalig ab nnd hSrte beim Beginne des
Oesophagus auf.
Von besonderem Interesse war in diesem Falle
der Umstand, dass bei der zur Narbenstenose fBhren-
den Geschwttrsbildung noch ein Stftck vom untereten
Theile der Zungenwurzel , der Kehldeckel und der
Kehlkopf unversehrt blieben, wkhrend man beim
ersten Anblick von oben her nicht auders glaubte,
ala dass die Epiglottis vollstkndig zerstOrt sei. Das
Geachwflr, das znrNarbenbildungfilhrte, muss seinen
Site an der hintem Pharynxwand gehabt und anf
die Zonge tlbergegriffen haben. Fllr den plotzlichen
Tod erlangte man dorch die Sektion keine vollstandig
genaue Anfklarnng, aller Wahrscheinlichkeit nach
w» er aber wohl dadnrch herbeigefllhrt worden,
dass ein Schleimpfropf die enge Oeffnung an der
durch die Narbe verengten Stelle verstopft hatte.
Verneuil (Gaz. des H6p. 45. p. 356. 1876)
theih einen Fall von fast vollstllndiger Verwachsung
de« weichen Gaumens mit der hintem Rachenwand
Mod. Jahrbb. Bd. 171. Hfk 2.
mit , der wegen der von V. ausgefllhrten Operation
von Interesse ist, am so mehr, da nach der Operation
dauernde Beseitigung der Verwachsung festgestellt
worden ist.
Bei der 22 J. alten Kr. begannen im 4. Mon. einer
Schwangerachaft , die im 7. Mon. zn Ende ging, die Zel-
chen von sektradarer 8yphilis sich zn entwickeln, mehrere
Recidive folgten und 1 J. nach dem ersten Auftreten der
sekundaren Symptome (im Oct. 1873) begann betracht-
liche Schwellung des Gaumensegels mit Geschwurebildung,
die znr vollstandigen Verwachsung des Gaumensegels mit
der hintera Rachenwand mit alien damit verbundenen
Beschwerden fQhrte. Die vordere Flache des Gaumen-
segels war von Narben durchzogen , vordere und hintere
Gaumenbogen waren mit einander verlothet , Tonsillen
nicht vorhanden ; nnr die Uvula war frei geblieben und
hinter ihr befand sich eine nach der NasenhShle zu fBh-
rende, hSchetens 2—3 Mmtr. Im Durchmesser weite Oeff-
nnng.
Zur Durehtrennung der Adharenzen, die in der Mitte
eine Dicke von 3—4 Mmtr. hatten und an den Seiten
noch mehr , benutzte V. ein flaches Biatonri , durchstach
damit an einer Stelle die Adharenzen und erweiterte die
Oeffhung znerst mit einer Polypcnzange , dann mit dem
Finger. Urn das Wiederverwachacn der Oeffnung zu ver-
hindera, fuhrte er nach Art einer Pansflote mit einander
vereinigte Drainagerohren ein von etwa 6 Mmtr. Durch-
messer und 30 Ctmtr. Lange; das obere Ende der
aussersten Rohren wurde durch die Nasenhdhlen gefuhrt
und vor der Nasenscheidewand befestigt, wahrend die
untem Enden durch den Mund auswarts gefuhrt und an
den Ohren befestigt wurden. Der Blutverlust bei der
Operation war gering gewesen. Nach der Operation traten
Dysphagie und Salivation auf , die einige Tage dauerten,
anch erregte der Druck der RShren an einzelnen Stellen
Ulceration, aber nach Entferaung des Apparats verschwan-
den diese Erscheinungen wieder. Noch 1 Mon. nach
der Entferaung des Dilatationsapparats war die Oeff-
nung fur einen Zeigetinger bequem durchgangig. Nun
wurde taglich einige Male auf einem Katheter eine Kaut-
schukblase eingefuhrt, die anfgeblasen wurde, doch fShrte
die Kr. h pater diese Dilatation nicht sorgfaltig aus und die
Oeffnung verengte sich wieder etwas , blieb aber immer
noch weit genug , um alle die Nachtheiie , die die fruhere
Verwachsnng bedingt hatte, zu verhCten.
Einen Khnlichen Fall von LucasChampion-
ni&re (Annates des maladies de Foreille et du larynx
11. 2. p. 88. Mai 1876) efw&hnen wir an dieser
Stelle des Interesses wegen, den er in Bezug auf die
Operation bietet , obwohl L. C h. nicht Syphilis ala
Ursache der Verwachsung annimmt.
Ein 19'/i J. altes Frauenzimmer hatte im Alter von
12 J. ein llalsleiden gehabt, das sich nicht wieder verier
und nach einlgen Jahren zu Respirationsbescbwerden und
Taubheit fuhrte. Die Kr. konnte nnr durch den Mund
athmen , hatte Geruch und Geschmack verloren und die
Sprache war undeutlich ge worden. Bei der Untersuchung
fand man das Gaumensegel und die veretrichenen Gaumen-
bogen mit der hintera Rachenwand in voller Ausdehnung
verwachsen. Die verwachsenen Weichtheile erschienen
gerothet nnd so dick, dass eine durch die Nase elngefBhrte
Sonde vom Monde aus nicht durch den weichen Gaumen
gefuhlt werden konnte. Vom Rachen aus drang durchaus
keine Luft in dieNasenhohle ein. Syphilis liess sich nicht
nachweisen, wohl aber Scrofblose. Die Operation machte
groese Schwierlgkeiten, da es sich nicht um Trennung von
Adharenzen, sondern um Zersehneldung dicker Geweke
handelte , doch gelang es , eine Incision zu machen , in
welche eine Bellocq sche Rohre eingelegt werden konnte ;
dann wurde die IncisionsSffnung nach beiden Seiten hin
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IV. Pathologic, Therapie n. jnedicmkche Klinik.
nrweltert and durh 2 Kantochakb&ndw , die in belde
Naaenhohlen and hinter dem Ganmensegel weg gef&brt
warden , sollte die geschaffene Oeffnung klaffend erhalten
werden. Nach 3 W. wurden die Kautschiikbander ent-
fernt und der Durchtritt der Luft blieb eine Zeit lang gnt,
aber nach weitern 3 W. war wieder vollstandige Oblitera-
tion vorhanden. An der Stelle, wo die erste Incision ge-
macht worden war, zeigte aich eine trichterformig vertiefte
Nju-be. Eine neue Operation wurde vorgenommen , und
swar wurde an der Grenze zwiscben Gaumensegel und
Rachenwand, wo dasGewebe am dunnsten zu sein schien,
das Bistonri eingestocben, die Erweiterung der Incisions-
offnung nach beiden Seiteu hin aber in grossen Bogcn aus-
gefuhrt, so dass ein Zsigeflnger bequem durcb die neu-
geachaffene Oeffnung hindurchgefuhrt werden konnte.
Naeb der Operation wurden wieder Kautschukbander ein-
gefuhrt, die durch den Mund, die neugeschaffene Oeffnung
und die Naaenhohlen hindurch gingen und vom geschlos-
sen warden. Spater wurde ein besonderer Apparat ein-
gelegt, der aus einer gekrummten Kohre bestand nnd
mlttels 2 abwarts gehender Branchen an 2 Backzahnen
befestigt wurde. Obgleich der Apparat den Zweck der
Offenhaltung des Einsclinlttes erffiillte , hatte er doch den
Nachthei) , dass er slch leicbt verschob und Speisen dnrcb
ihn hindurch in die NasenhShle geriethen.
Einen Fall, in welchem R i c h e t dieselbe Opera-
tion ansfllhrte, erwihnte Le Den to (Gaz. des Hop.
45. p. 357. 1876) bei der Besprechung in der
Socidte de chirurgie zn Paris, welche sich an die Mit-
theilung des oben erw&hntea Falles von V e r n e u i 1
ansohioss.
Nach einer schweren syphllitischen Angina war voll-
Bt&ndlge Verwacbsung des Ganmensegels mit der hintem
Rachenwand eingetreten. R1 c h e t wollte die Adharenzen
abtrennen, musste aber der betrachtlichen Hlutung wegen
davon abstehen, einen Sticb durcb das Gaumensegel
machen nnd KautschukrOhren einiegen. Die durch diese
Operation erlangte Besserung der Beschwerden des Kr.
war betracbtllch.
In Bezng auf die Durchtrennung der AdhArenzen
hilt V e r n e n i 1 die Zerreissung derselben fttr besser
als die Durchsehneidung , weil letzterer gewfthnlkh
betrftchtliclie Blntung folgt. Taglich mehrere Male
wiederholte tempo rare Dilatation scheint ihm das
wirkaamste Mittel, nm das Wiederverwachsen zu
verirttten , nur muss man sich dabei auf die Pat. ver-
lassen kOnnen. (Walter Berger.)
403. Laryngitis syphilitioa mil Verlusl der
Epiglottis, Ulcerations* % und Vegelaliouen ; Para -
plegie; Taubkeit ; Himajfektion ; Hemipleyie des
Larynx vor dem Tode; von Dr. Ch. Pdronne
is Sedan, rad Dr. Isambert. (Ann. desmalad.de
l’oreille et dn larynx I. 5. p. 337. Nov. 1875.)
Im Jan. 1872 faad Pdronne bei der damals
50 J. alten Kr. , die kraftlos nnd abgemagert war,
eine chronische Laryngitis mit Aphonie, Schmerz am
Sitze der Krankheit, namentlich bei Druck in der
Gegend des Schildknorpels , schleimig-eitrigem Ans-
wurf, Unfahigkeit, Festes zu schlingen nnd selbst
erachwertem Schlingen von Flflasigkeit. Die Kr. litt
ansserdem an hartn&ckiger Verstopfung u. l&hmnags-
arbger einseitigerSchwftche der Bewegungen. Sicht-
bare Zetcben von Syphilis waren zur Zeit nicht vor-
handen , aber an verschiedenen Kdrperstellen fanden
sich Narben and sp&ter konnte anch feetgestellt
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werden, dass die Kr. aa syphiVt. Sywptonen ge-
litten hatte. Der Znstand verscblimmerte sich und
bald kamen hfiufig die Speisen in die Luftwege; die
SchwAche nahm zu. Unter lokalen Aetzungen [ohae
Htilfe des Laryngoskops] besserte sich der Znstand
des Halses einigermaassen , namentlich wurde das
vorher sehr erschwerte Schlingen etwas leichter;
auch der kachektische Zustand besserte sich unter
Anwendung von Eisenmitteln , China rad nahrhafter
Dilt. Dabei wurden Antisyphilitika gegeben. Deut-
liche Kennzeichen von Syphilis traten zu wiederhol-
ten Malen auf, die jedoch der angegebenen Behaod-
lung wichen bis auf ein Geachwdr am Gaumensegel,
das zn perforiren drohte, und bis auf die Aphonie.
Die von Isambert ausgeftlhrte laryngoskop.
Untersuchung ergab, dass die Epiglottis an ihrer
oberu Fllche , die Plicae glosso-epiglotticae bis car
Zungenbasis, die Plicae aryepiglotticae und dieKOpf-
chen der Arytaenen von unregelmftssigen GeschwOren
besetzt waren u. reichliche Vegetationen den Larynx -
eingang ausfliUten, wAhrend die Stimmblnder nor
blass roth und ohne Ulceration erschienen. Die
Vegetationen wurden mit saurem salpetersauren
Quecksilber, spit ter mit Zinkchlortlr und ChromsAure
gefitzt nnd ansserdem wurde eine energische anti-
syphilitisohe Bebandlnng eingeleitet. Nach einigen
Tagen waren die Vegetationen beseitigt und' non
zeigte sich, dass die Epiglottis zerHtort war. Die
Gescbwtlre heilten anfangs nur langsam , aber in
Laufe von 6 W. war doch betrilchtliche Besserung
erzielt worden. Der Schildknorpel, der Ringknorpel
und die Giesskannenknorpel schienen Ubrigens un-
vereehrt zu sein , letztere bewegten sich gnt und die
Aphonie war nicht ganz vollst&ndig, denn Stimm-
gebung war unter UmstAnden moglich. Das Schlingen
ging trotz dem Mangel der Epiglottis ganz gut von
Statten [was als bemerkenswerth hervorgehoben wird,
von Ref. aber in mehreren Ahnlichen Fallen aus-
nahmslos beobachtbt worden ist] , und als die Vege-
tationen im Larynxeingange beseitigt waren , wurde
aneb die Stimme besser. Endlich waren alle Ge-
schwtlre verheilt nnd die Symptome von Seitea des
Kehlkopfs waren beseitigt , nur blieb die Kr. iamer
noch schwach und die beginnende L&hmung der
rechten Seite besserte sich nicht.
Im Frtlhjalir 1873 begana Schwerhflrigkeit sich
zu entwickeln, aber sowohl die otoskopisohe wie die
pharyngoskopische Untersuchung ergab keine Ver-
Inderung, die derselben zu Grande hatte liegen
kbnnen. Gleichzeitig verscblimmerte sicb die Llh-
mung , die auf beiden Kdrperseiten vorhanden war,
aber rechts deutlicher hervortrat. Nach T r i p i e r*B
Untersuchung schien die Paraplegic aaf einer ASektion
der grauen Rtickenmarksstrftnge zu beruhen and
wahrscheinlich dnrcb eine Skier ose derselben bediagt
zn sein.
Trotz Anwendung der RlektricitAt rad nach
mehrfachem Aussetzen inane? wieder vorgeaommener
antisyphilitischer Behaadlung blieb die Paraplegie
und die GehOrsstflrung unvertodert. AllmAlig ent-
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V. GynAkologie n. Pidiatrik.
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wlcbelte 8ich 8ebwAehe des Sehvenndgens , haupt-
sAchlich anf dem rechten A age, Sehwindet stellte sich
ein und war fast unausgesetzt vorhanden, die Intelli-
gent blieb aber nngetrilbt. Schniei'zen verecliiedener
Art, hauptsiciilich Gttrtelgeftlhl und Drnck hinter
dem Sternum und im Epigastrium, Zittern und Coa-
traktnren in den untern Gliedmaas&en stellten sich
ein mit verschiedenen Perversionen der Senaibilit&t,
usd die L&hmung nahm zu. Die elektromuskulare
Coniraktilit&t war zwar erhalten geblieben, abereine
therapeutiache W irkung ausserte die Elektricitat nicht.
Dabei bestand hartnftckige Stuhlverstopfimg und
Harnincontinenz ; der Schlaf war durch nkchtlichen
Kopfschmerz und Kr&mpfe in den Gliedem gestdrt
Die Contrakturen warden &rger und spater traten
blitzkhnliche Schmerzen hinzu. Ende 1874 traten
heftige Schmerzen im Nacken auf mit Kopfschmerz
und Schwindel , die Stimme erlosch von Neuem und
das Schlingen wurde sehr erschwert , namentlich filr
Flflasigkeiten , die leicht in die Luftwege gelangten.
Die Gaumenpfeiler erechienen auf der rechten Seite
veretrichen , die Znnge wich beim Herausstrecken
nach links ah. Das rechte Stimmbaad bbeb bei defer
Inspiration bewegnngslos in der Mitte stehen. Vort-
bergehende Bessemngen dieses LkhmoBgasustandes
warden dadurch erzielt , dass man den (sonst nichts
Krankhaftes zeigenden) Keklkopfeingang mit HdUea-
stein ktzte. Aucb die sonstigen Lfthmuagserscheinun-
gen nahmen manchmal etwas ab, kehrten aber stets
nach kurzer Zeit wieder. Ende Oet. 1874 traten
heftige Schmerzen im linken Ohre anf mit Neuralgic
der Zweige des Plexus cervicalis. Dyapnde und
Dysphagie kamen hinzu und wurden immer bedroll -
licher, alle Nervenerecheinnngen steigerten sieh, Er-
seheinungen von Seiten des Herzens und Oedem der
untern Extremity ten traten hinzu und Ende Febraar
1875 erechienen die Symptome der akuten Encepha-
litis. Nach versehiedenen SuflFokationsanfitllen verfiel
die Kr. am 19. Mkrz in einen komatdsen Znstand,
der 60 Std. danerte , aber erst am 2. April erfolgte
der Tod.
Die Sektion konnte leider nicht ansgeftthrt werden.
(W alter Berger.)
V. Gyrtakologie und Pddlatrik.
404. Rapide Dilatation der weibliohen
Urethra behufs Entfemung eines Fremdkdrpera ;
von Dr. GeorgeJewett. (Boston med. and surg.
Journ. XCIV. 4. p. 90. Jan. 1876.)
Der von Vf. mitgetheilte Fall liefert einen nenen
Beweis fttr die Wichtigkeit der Simon’ schen Me-
thode, die Harublase zug&nglich zn machen.
Ein Madchen von 16 J. hatte sich den Griff einer Ha-
kelnadel in die Blase gebracbt. Zwei Aerzte versuchten
vergeblich, den Frcmdkorper zu entfemen. Nach 4 Tagen
wurde Vf. zu Rathe gezogen. Die subjektiven Symptome
bestauden in wehcnartigen Schmerzen und Incontinentia
nrinae. Die comblnirte Untersuchung ergab grosse
Schmerzhaftigkeit des die Blase uberziehenden Bauchfelle
und der ganzen linken Seite. Mit der Sonde uberzengte
sich Vf., daas der Frcmdkorper an beiden Enden flxirt
nnd vollstandig unbeweglich war. Aethernarkose ; ra-
pide Dilatation mit dem Finger, wobei links anten eine
4"* tiefe, schrage Ruptur der Harnrohre entstand. Der
Fremdkorper, welcher sich tief in die Blasenwande ein-
gebohrt hatte, wurde entfernt ; die masslge Blutung stand
nach 5 Minuten spontan. Die Incontinentia urinae war
sofort beseitigt nnd nach 1 Woche konnte Patientin voll-
kommen gesund entlassen werden . (F r i t s c h.)
405. Mangel des Uterus mit zweifelhaften
Titnwren in jeiletn Lmtenkanal ; von Dr. C. E.
Underhill. (Edinb. med. Journ. XXI. p. 906.
[Nr. 250.] April 1876.)
Die Unteracheidung , ob In dem von Vf. mitge-
theitten interessanten Fall von Missbildung Mangel
des Uterus mit Ovarialheraien , oder ob transverser
Hermaphroditism us besteht , ist wAhrend des Lebens
HJMBbglich. Vf. zeigt bei der Besprechung des Fallee,
welche dem dentschen Leser nichts Nenes brinfet,
- pine sehr gute Kenntniss der emschlftgigeu deutschen
Literatnr. Der FaU ist folgender.
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Die betr. nnverheirathete Person von 80 J. hat nle-
mals menstrnirt , auch niemals Molimina men strands ge-
habt. Die Entwicklung des KSrpere 1st got , die Stimme
rauh, dieBruste sind gross mit kleinen Warzen, dasBecken
ist weit, von weiblichem Charakter. Geschlechtstrleb 1st
vorhanden. In jedem Lelstenkanal fublt man einen Tu-
mor, der nach Form und Grftsse auffaltend einem Hoden
gleicht ; die beiden K5rper sind beweglich und beim Be-
ruhren nicht schmerzbaft. Der Mons Veneris ist unan-
sehnlich, mit wenig diinnen Haaren bedeckt. Die grosaen
Scbamllppen sind diinn, schlaff, klein and fettlos, ebenso
die Kiitoris und die Nymphen. Das Hymen fehlt. Die
2 — 3" lange Vagina endet in einen Blindsack , an dessen
Ende die Spur einer Portio nicht zu entdecken ist. Die
bimanuale Untersuchung, von Vagina, Bauchdecken, Blase
mid Rectum, wechselseitig vorgenommen, zeigt das voll-
st&ndige Febien irgend eines KSrpers, der als Ovation
Oder Uterus betraohtet werden kdnnte. (F r i t s c h.)
406. Ueber die Uloerattonen am Os uteri ;
von Dr. Clifton E. Wing (Boston med. and surg.
Journ. XCIV. 11. p. 289. March 1876) n. Rich.
J. Hal ton (Dubl. Journ. LXI. p. 501. [3. S.
Nr. 54.] June 1876).
Wing, auf eine reiche Erfahrung gestttzt, setzt
seine Ansichten fiber die „8ogenannten Ulcerationtn
des Os uteri“ anseinander. Deijenige Zustaad,
der gewfthnlich als „ Ulceration u behandelt wird , ist
etwas Anderee. Zweierlei Irrthflmer sind hier vor
Allem hervorzuheben. ZunAchst findet man oft bei
Frauen, welche niebt geboren haben, einen EpitfceA-
veriust, eine „ Abrasion “, gerade um das Os uteri
herum. Dieser entsteht durch den reizenden Einfhus
des Uterussekreta bei Erkrankimg des Endometrium.
Es handelt sich also nicht um ein Geschwllr am Os,
sondern um eine Endometritis. W. gebraucht hier
den mebr plausiblen als richtigen Vergleich mit der
Coryza. Auch beim Schnupfen habe man an den
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V. Gyn&kologie n. Pftdiatrik.
Naaenltichem and der Oberlippe Excoriationen durch
die Reizung von Seiten des kat&rrhalischen Sekrete.
Hier aber gebrauehe man ein Taschentuch , wische
das Sekret fortwMhrend weg und verhindere oder
heile so die Excoriation. Bilde sich trotzdem eine
Ulceration, so werde mit Cold cream oder einer an-
dern Salbe die Hautpaitie geschdtzt. Leider lasse
sich der Utemskatarrh nicht so einfach und rationell
behandeln. Andererseits zeige gerade diese Par&llele,
wie falsch jedes Aetzmittel , namentlicii ein stilrkes
sei. Der Uternskatarrh milsse vor AUem behandelt
werden. Dereelbe sei meist chronisch geworden,
ehe Pat. in Behandlung kftme. Dann sei der Grund
der epitbellosen SteUen hypertrophirt, granulirt, and
man diagnosticire felschlich „Granulationen“. Hkufig
anch stamme das Geschwtir allein von dem Aetzen
her, welches leider bci den Praktikern sehr beliebt
sei. Die Behandlung ist einfach , man entfernt das
Sekret, heilt die Endometritis und die Ulceration
verechwindet danach spontan.
Der andere Zustand, welcher mit Ulcerationen
verwechselt wird, ist die Ruptur des Cervix mit
Eversion der Lippen. W. reproducirt hier die be-
kannten Ansichten von Emmet (Risse des Cervix
uteri etc. von Emmet, deutsch von Vogel. Ber-
lin 1875. Denicke’s Verlag). Durch Druck des
Speculum wird, beiTrennung der Portio in eine hin-
tere und vordere Lippe, ein Theil der Cervikal-
schleimhaut sichtbar gemacht. Diese ist rother als
die Portio, wird deshalb mit einem Gesckwtir ver-
wechselt und ffclschlicher Weise geUtzt. Eine bei-
gegebene Figur entspricht, wie so oft in amerikani-
schen Publikationen , wohl der Meinung des Autors,
aber nicht der Wirklichkeit. In diesen Fallen em-
pfiehlt W. die Emmet ’sche Operation.
Hal ton bespricht nach einem Hinweis auf die
Wichtigkeit des Gebrauchs des Speculum in der Gy-
nakologic zun&chst die bekannten ortlichen und all-
gemeinen nachtheiligen Wirkungen der Excoriationen
am Os und Cervix uteri. Alle Frauen , welche an
Excoriationen leiden, sind nach H. schwanger ge-
wesen; in 12 Jahren sail er nur einmal bei einer
unverheiratheten Frau eine Excoriation. Die jUngste
der Pat. war 16, die illteste 47 J. alt, die meisten
waren zwischen 25 nnd 45 J. alt. Von 30 hatten
7 Blutungen, 13 Leukorrhfte, 8 hatten keinen Aus-
fluas. In 3 Fallen waren die Excoriationen auf die
vordere, in 2 auf die hintere Lippe beschrftnkt; in
alien andern fanden sie sich hinten nnd vorn. Der
Cervix war an der Affektion stets betkeiligt, aber
nur in einem Falle war der Cervix allein erkrankt
und fand sich auf den Lippen keine Excoriation.
Ob eine gleichzeitige Erkrankung des Uterus existirt,
ist nicht leicht zu entscheiden. Audi ferner liegende
Organe scheinen manchmal erkrankt. So wurde eine
Dame lange Zeit an Magenkrankheit behandelt und
genas erst dann vollstftndig, als die Uterinexcoriatio-
nen geheilt waren. Gerade dieses Symptom (Magen-
katarrh) fand H. fast stets. Er beobachtete, daas
die Excoriationen hfiufig einen Monat nach Abortus
oder Entbindungen sich durch Leukorrhbe kund-
geben. Hkufig ist das Ovarium gleichzeitig er-
krankt.
Die Behandlung nach der Dubliner Schnle be-
steht in Beseitigung der Iokalen Congestion und in
Aetzungen mit Argentum nitricum. Adstringirende
Injektionen werden seltener gebraucht, hftufiger noch
Pessarien mit Tannin eingelegt. Auch werden Blut-
egel und Blasenpflaster reichlich in Anwendung ge-
zogen. Inncrlich wird Ergotin und Cannabis indica
verordnet; ferner Strychnin, letzteres in folgender
Formel : Liquor Strychn. 6, Acid. nitr. dil. 8, Tinct.
Gentian. 15, Liqu. Hoffmanni 12, Aqu. dest. 240
Grmm., wovon 3mal taglich vor den Mahlzeiten ein
Essldffel voll genommen wird. (Fritsch.)
407. Uterus bicornia septus Vagina parb'm
septa; Atresia vaginae dextrae congenita consecu-
tiva ; Hamatokolpos ; Punktion der Hdmatometra ;
Tod; von Dr. P. Naecke. (Arch. f. Gynikol. IX.
3. p. 471. 1876.)
Vf. filgt zu den bis jetzt publicirten 38 Fallen
(Schrdder zahlt nicht 34, sondern 38 , davon 29
kliniscfa beobachtete) von einseitiger Hamatometra
bei Verdoppelung des Genitalkanals den 39. hiuzu,
welcher in der Entbindungsanstalt in Dresden zur
Beobachtung gekommen ist.
Ein 20jahr. Madchen , das immer regelmassig men-
struirt war , aber stets dabei viel an Leibschmerzen au
leiden hatte, bemerkte einige Zelt nacb der ersten Regel
eine schmerzhafte Geschwulst von Huhnereigrdsse fiber
dem rechten Lig. Poupartii. Die Geschwulst wuchs, nnd
zwar stets wenn Schmerzen eintraten. Bei der Unter-
suchung wurde fiber dem rechten Lig. Poupartii eine ganse
eigrosse, bei der Respiration unbeweglicheGeschwulstent-
deckt, die 5 Ctmtr. breit, 4',, Ctmtr. hoch war, bis dicht
an die Mittellinie reichte und nach binten in eine schmale,
bis zur Nabelhfihe reichende Geschwulst uberging. Die
untere Geschwulst hing mit dem Uterus und der vordern
Beekenwand innig zusammen und war kaum beweglich.
Fluktuation in der Vagina deutlicb. Da die in der Ueber-
schrift angegebene Diagnose durch eine Probepunktion
Bestatigung fand, wurde eine Punktion ausgeffihrt, bei
welcher 22 Grmm. dicken, syruposen Biutes ausflossen,
das auf Wasser schwamm. Nach und nach flossen noch
weitere 73 Grmm. aus. Trotzdem dass der Eintritt von
Luft durch die Kanuie nnmoglich gemacht worden war,
traten docb deutliche Erscheinungen von Peritonitis diffusa
auf. Ihnen folgte am 5. Tage nach der Operation derTod,
der aber, wie die Scktion zeigte, nicbt direkte Folge der
Operation war, sondern in Folge einer Perforation der
cystisch degenerirten Tube stattgefunden hatte.
Bei der Sektion fand man das rechte Uterushorn fiber
noch einmal so gross, als das linke. Vom Fudns ana
konnte man mit einer Sonde die rechte Tuba auf einer
8trecke von ca. 2.5 Ctmtr. verfolgen , von da ab war der
Kanai obliterirt nnd der fibrige Theil bildet die oben er-
wahnte cystoee Auaweitnng. Letztere hatte eine Lange
von 11.6, eine grosste Breite von 12.25 Centimeter. —
Ein zweiter Tumor senktc sich von der obem Wand der
Schelde herab, ca. 1.5 Ctmtr. in dieselbe vorragend. Hier
befand sich die Punktionsfiffnung, 4.5 Ctmtr. vom Os uteri
int. des rechten Uterushornes entfernt. Zwischen belden
Hornern des Uterus schob sich in der ganzen Lange seines
Mittelstuckes das rechte Scheidenrudiment ein , in Gestalt
elnes fast rechtwinkligen Dreiecks. Wegen der genauern
Beschreibung verweisen wir auf das Original.
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V. Gynllkologie u. Pftdiatrik.
Vf. hebt in derEpikriee bervor, class derTuben-
tmnor die Polge nicht der Rflckstaunng des Blutes,
sondern der Blutausscheidung aus der Tubenschleim-
haut gewesen-ist. Die Zerreissnng des Blutsackes
nach der Punktion der Hftmatometra hilt Vf. fllr die
Folge der Verminderung des Luftdruckes ira Abdo-
men nach Entlastnng des Uterus und der Bauchpresse ;
cr mflchte sich daher filr fthnlichc Fftlle der Ansicht
von Dupuytren u. Cazeaux anschliessen, welche
vor der Punktion der Hftmatometra warnen, wenn
neben derselben Hftmato salpinx besteht.
(Kormann.)
408. Ueber Cysten des breiten Mutter-
bandes; von Prof. A. Gusserow. (Arch. f. Gy-
nftkol. IX. 3. p. 478. 1876.)
Es gewinnt nach den neuern Erfahrungen der
Satz immer grdssere Wabrscheinlichkeit, dass alle
sogen. einfAcherigen Ovarialcysten keine solchen, son-
dern Cysten im Ligamentum latum sind. Die Be-
handlnng der letztern unterscheidet sich von der der
(mehrfAcherigen) Ovarialcysten ganz erheblich ; denn
sie sind cueist dnrch Punktion ftthlbar, die Ovarial-
cysten nicht oder nur selten. Die bereits von Schatz
(Arch. f. Gyn. IX. 1. p. 127 ff. 1876) angefllhrte
Literatur ergftnzt Vf. noch durch wenige Fftlle
(Baker Brown, Bright und Boinet).
In Vfs. Falle bestand eine grosse Abdominalcyste
der rechten Seite, die allenthalben fluktuirte; der
Erndhrungszustand der 17jfthr. Pat. war vortreff-
lich. In derLinea alba war derScliall bis handbreit
on ter dem Proc. xiphoideus gedftmpft. Bei der
Ponktion der Geschwulst [ob von der Vagina oder
vom Abdomen aus ist nicht angegeben] wurden 7016
Cctmtr. einer wasserhellen Fliissigkeit von 1002
epee. Gewicht entleert; sie enthielt kein Paralbumin
and kein Mucin. Beide Ovarien waren in normaler
Grdsse nachweisbar. Anderthalb Jahre nachher hat
sich die Cyste nicht wieder gefttllt.
Vf. weist zunftchst darauf hin , dass , wie nener-
dings von mehreren Seiten dargethan wurde, die
Gegenwart von Paralbumin weder fttr Cysten des
Ovarium, noch fflr solche des Parovarium spricht.
Er konnte sogar in einem Falle von freiem Ascites
in der Fliissigkeit Paralbumin nachweisen. Die
Diagnose kann daher nur mit Sicherheit gestellt wer-
den, wenn neben der Cyste die beiden Ovarien nor-
mal gefflhlt werden kdnnen. Ist dieses der Fall, so
entscheidet sich Vf. stets fiir die Punktion, wfthrend
Koeberle auch fiir die Cysten des breiten Mutter-
bandes stets die Exstirpation vorschlug. Vf. empfiehlt
hiergegen auch fttr die Diagnose der Ovarialtumoren
die mdglichst vollstftndige Entleerung derselben durch
eine Punktion (nicht Probepunktion) , obwohl er die
mdglichen Gefahren nicht verkennt (Kormann.)
409. Zur Diagnose des spondyloliathetl-
sohen Beokens an der lebenden Frau ; von Prof.
A. Breisky. (Arch. f. Gynftkol. IX. 1. 1876. p. 1.)
Die betr. Frao war im 18. Lebensjahre von einem
Battme berab asf Kreoz and Rflcken gefallen , hatte
8 Wochen danach gelegen , dann 2—3 Wochen lang nur
mit Krficken geben kfinnen und bemerkte darauf eine Ab-
nahme ibrer fruheren Korperlange. Im 25. Lebensjahre
hat eie nach 2'/ 1 tagiger, nicht zu achwerer Geburtearbeit
ohne Kunsthulfe ein lebendes Kind geboren ; sie war
4 Wochen bettlagerig (BlutverluBt).
Die Darmbeinschaufeln springen bei der Person stark
bervor, der Proc. xyphoid. sterul steht von der Syraphysen-
partie nur 142 Mmtr. ab. Besonders auffallend ist die
LSnge der Unterextremitaten im Verhaltniss zur Verkfir-
znng des Rumpfes, bez. des Unterleibs , der als kleiner,
schlaffer Hangebanch uber die Reg. pubica herabh&ngt.
Das Becken an sich ist weit und wird durch die herein-
ragende Lendenwirbelsaule nicht absolut verengt ; die
Conjugata vera ist auf 8 Ctmtr. zu sebatzen , die diago-
nalis wegen Straffheit der Vagina (bei der Nlchtschwan-
gern) nicht mesa bar.
In diagnostiecher Hinsicht macht Vf. besonders
auf 2 Punkte aufmerksam: nftmlich auf die ver-
ftnderte Stellung der lordotischen Lendenwirbel zum
Kreuzbein und sodann auf die verftnderte Stellung
der Beckenknochen gegen einander. Der erste
Punkt ist nur ftlr die innere Untersuchung nachzu-
weisen, wenn es gelingt, den herabgerflckten, unter-
sten Wirbel auch seitlich zu betasten ; dann erst kann
man sicher annehmen, dass er sich unmittelbar von
der vordera Sacralfiftche abhebt. Eine von dort
entspringende grosse Exostose wird durch verftnderte
Lendenwirbelkrtlmmung u. Kreuzbeinstellung auszu-
schliessen sein. Bei jeder winkeligen Knickung des
Kreuzbeiu8 und beim einfachen starken Vorspringen
des Promontorium findet sich stets ein entsprechen-
des Zurflckweichen der Kreuzbeinfltlgel, wfthrend im
Eingangsumrisse bei uncomplicu-ter Spondylolisthesis
sich die Contouren des herabgerllckten Wirbels unter
Heretellung scharf ausgeprftgter Winkel von den
Kreuzbeinfltigeln abheben. — Ansserdem sind, wie bei
kyphotischen Becken [und ein spondylolisthetisches
Becken ist ja auch ein kyphotisches !], Stellungsver-
ftnderungen der hintern Darmbeinrftnder stets zu-
gegen. Die Winkel der S-Krttmmung sind stumpfer
und abgerundeter und sie stehen weiter von einander
ab. Ferner ist der Winkel , unter welchem die ge-
dachten Punkte gegen die Spinae post. inf. zn con-
vergiren, meist merklich stumpfer, als beim nor-
malen , und stets sehr auffallend stumpfer , als beim
rhachitischen Becken.
Einen fthnlichen Fall sah Vf. in Prag auf der
Klinik von Weber v. Ebenhof; in beiden Fftllen
stimmte die Haltung des Korpers darin Uberein, dass
bei aufgehobener Neigung des Beckens die steile
Kreuz- und Gefftssregion unterhalb des Ijendensattels
vorsprang und der Banch bei regelmftssiger Bildung
des Thorax und der Extremitftten auffallend verkllrzt
war. (Kormann.)
410. Fftlle von Zuriiokbleiben desOvulum
nach dem Absterben des Fotus; von Fleetwood
Char chill. (Dubl. Joum. LXI. p. 455. [3. S.
Nr. 53.] May 1876.)
1) Vf. wurde wegen Blutung consultirt, nachdem
3 Mon. vorber ein Abortus stattgefunden hatte. Nach
Verabreichung von Ergotin kamen am nachsten Tage die
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V. Gyn&hologie u. Ptdiatrik.
H alien eines Dies cam Voreebein ; rom F6tas wnrde
Nicht* gefanden.
2) Eine an chronlscher Endometritis leidende Frau,
die schon tnehrmals geboren hatte , verlor ihre Regel and
glaabte im 2. oder 3. Mon. schwanger zn sein. Dann trat
wieder Blutung, aber mit unregelmassigen Zwischenzeiten
ein. Drei Monate danach sah Vf. die Pat. ; auch hier er-
folgte nach Ergotin die Ausstossung des macerirten Eies,
welches einen Fotus von ea. 3 Mon. enthielt.
3) Bei einerFrau, die schon mcbrfach geboren hatte,
und sich selbst nicht fur schwanger bielt, glaubte Vf. der
Anamnese nach eine gewohnliche Metrorrhagie annehmen
zu durfen. Bei der Untersucbung wurde der Muttermund
ofifen angetroffen, die Sonde drang 4" weit in den Uterus,
wobei reines Blut abfioss. Am andern Tage wurde spon-
tan ein 2 Monate altes , maeerirtes Ovnlum ausgestossen.
4) Vf. wurde von einer Frau consultirt wegen Menor-
rhagie, die schon seit einigen Monaten he. taud. Die sonst
regeliniissige Menstruation war so reiehlirh , dass Pat.
hochgradig anamisch geworden war. Obwohl sie schon
abortirt hatte, hielt sie sich diessmal nicht fur Bchwangor.
Vf. fand den Uterus vcrgrosBert, das Os gran ulirt und
nahm das Bestehen von Endometritis an. Nach 3 Wochen
trat eine bedeutende Blutung ein , weshalb die Scheide
anstamponirt wurde. Die Wehen hfirfen anf, die Blutung
stand. Sie kehrte aber wieder und wegen starker An-
amie wurde Ergotin verordnet. Am andern Morgen wurde
ein Ei, schon im Macerationszustand ,- 3 Mon. alt, ausge-
stossen.
5) Bei einerFrau, die mehrmals geboren hatte, fOhMe
Vf. zwar den vergrdsserten Uterus, hielt aber, wegen Ab-
wesenheit snbjektiver und objektiver Syraptome der Gra-
viditat den Tumor fiir ein interstitiellcs oder polyposes
Fibrom. Nach Einfnhrung der Sonde traten jedoch
Wehen ein nnd ein macerirter 4monatlicber Ffitus wnrde
ansgestossen.
6) Eine 48 J. alte Dame bemerkte einen Tumor im
Leibe. Dieselbe hatte 14 Kinder gehabt und hielt sich
wegen des Mangels aller Symptome nicht fur schwanger.
Vor 6 Mon. war 2mal die Menstruation weggeblieben,
dann kebrte sie scbwaeh nnd onregehnassig wieder. Nach
einer Sondirung wurde ein macerirter 4monatl. Fotus aus-
gestoasen.
Vf. lxM.lt solche Falle nicht fllr selten. BeimStel-
len der Diagnose wird man namentlicli dadurch ge-
tauscht, dass Franen, welche geboren haben, die
Mfiglichkcit der Graviditftt leugnen. Die richtige
Behandlnng — Ergotin und Sondirung — lassen
die Diagnose mit Sicherbeit stellen. Nicht constant
ist Blutung; 1st das Ei macerirt und liingere Zeit
abgestorben, so kann sie felden. (Fritscb.)
411. Abortus in Folge von Syphilis; von
Dr. Forster. (Boston ined. and snrg. Journ.
XCIV. p. 309. March 1876.)
1. 8eb wangerschaft : Abortus ira 3. Monate. 2. 8chw. :
Partus praem. Im 7. Mon. ; ein 8cblag anf den Leib wird
als Grand angegeben. 3. Schw. : Partus praem. Im
7. Mon. ; kein ausserer Grand. 4. Schw. : Partns praem.
im 3. Mon.', nach einem Anfall von Erbrechen ; nach der
Gebnrt Entwicklung eines Exanthems. 6. Schw. : Abortus
im 3. Mon. ; nach der Gehurt Endometritis. 7. Schw. :
Partus praem. im 6. Monate. 8. Schw. : Partns praem.
im 5. Monate. 9. Schw. : Part, praem. im 7. Monate.
10. Schw.: Abortus im 4. Monate. 11. und 12. Schw. :
Part, praem. im 6. Monate.
Ansser dem oben erwahnten, von dem Vf. als Chloasma
bezeichneten Exanthem hatte Pat. nlemals ein Symptom
▼on Syphilis. Der Mann gab an , dass er 3 J. vor seiner
Verheirathung an einem vonerischen Leiden behandelt
worden eel, aber nlemals wieder irgeud ein Symptom ge-
habt habe. Zur Zeit der Mitthellung dieses In Bexug anf
den Einflnss der Syphilis aaf Unterbreefctmg der Scbw.
sehr wichtigen Falles befanden sieh beide Eheleute aster
Behandlnng des Vfs. (Fritsch.)
412. Spontane Ruptur dea Uterus im
8. Sehwangersnhaftnnonate ; Tod; von Dr. Lust-
garten in Krakau. (Wien. med. Prease XVIT.
1876. Nr. 13. 1876.)
Eine bis dabin anscheinend gesunde Zweitgescbwan-
gerte, welche vor 6 J. schwer, aber ohne Ktmsthftlfe ge-
boren hatte, empfand im 8. Mon. plStzlich heftige Schmer-
zen [ob es Wehen waren oder nicht, ist nicht angegeben].
Der prall gespannte Uterus stand ca. 2 Querfinger fiber
dem Nabel. Zehn Stunden nach Beginn des Scbmerz-
anfalles war die Schwangere bereits collabirt, noch bei
Bcwnsstsein, bot aber dieZeichen beginnender Peritonitis
dar. Es wnrde eine Ruptur der Gebarmutter mit tfidt-
licher Blutung diagnosticirt. Der Tod erfolgte 2'/* Std.
spater. Aus dem leider sehr kurzen Sektionsberichte er-
giebt sich, dass in der Bauchliohle eine Menge roth ge-
fSrbter Flussigkeit , am linken obern Umfange des Uterus
ein fanstgrosser Riss und Zerreissung der Eihaute gefnn-
den wurde. Die PJacenta war seitlich angeheftet (Pi.
praevia lateralis dextra) ; das Gewicht des Fotus wurde
auf 9 Kilo geschatzt.
Der mitgetheilte interessantc Fall 1st leider fQr die
Wlssenschaft nicht zu verwerthen, da fiber die Besehaffen-
heit der Rissstelle des Uterus kein Wort gesagt 1st ; dm
das Alter des Kindes (8 Mon.) nicht mit dem angeblioben
Gewichte stimmt. Ob cs sich urn einen Uterus bilocu laris
oder um eine Graviditas tabo-uterina gehandelt habe,
bleibt ebenfalls fraglieh. (Kormann.)
413. Fall eines Hautemphysem, wdhrend
des Gelurlaaktes entstamlen ; von Dr. Alexeeff
aus Moskau. (Arch. f. Gyn&kol. IX. 3. p. 437. 1876.)
Gegenttber den , wenn such an sich selten , so
doch relativ hlufig vorkommenden Fallen des Ein-
tritta von Hantemphysem der untera Kdrperhilfte
wilhrend der Geburt theilt Vf. einen Fall desselben
Zustande8 der obern Korperhftlfte mit. Als Ursache
beschuldigt er das Platzcn einzelner oberflftehlie.her
Lnngeitalveolen des obern Lappens in Folge des an-
haltenden und zu starken Verarbeiteus der Wehen,
wobei die Luft von da in das Zeligewebe unter die
Pleura und, den Bronchien folgend, in das Mediastinum
antieum anstrat.
Von hier bewegte sie sich unter der Haut des Jugulnm
fort, wo sie meist zuerst als Tumor erscheint, bis sie
sich von da nach alien Seiten bin gleichmassig vertheilt
hatte. In Vf.’e Falle war der Lufttumor oberhalb dea
Sternum nnd der rechten Clavicula wShrend erfolgloser
Zaogenextraktionen entstanden , welche mit heftigem Mlt-
pressen verbunden gewesen waren. Es war darauf das
ganze Gesicht, die vordere Haifte des Halses mid der
obere Theil der Bruet stark angeschwollen , beide Augen
durch die Geechwnlst der Augenlider geschlossen. An
den Lnngon war niehts Abnormes nachzuweisen. Die
Entbindung wurde mit der nochmals angelegten Zange
schwer, aher glucklich beendet. Nachher erhielt die
Mntter Seeale cornatum [36 Grram.? wohl Gran oder
3.6Grmm. ?]. Nach Beseltignng einer Diphtheritis vulvae
verschwand void 11. T. ab das Hautemphysem bie ram
IS. vollatandig, ohne dass eine Behandiung dagegen ein-
gesehlagen worden w&re.
Aehnliche Falle flnden sich nor 13 In der Thine von
Haultcoenr (Gas. obstitricale 1874. Nr. 16) erwahnt ').
(Kormann.)
') Drei weitere Fftlle s. Jabrbb. Cl, XX. p. *67. Rid.
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V. Gynikologie u. Pidiatrik.
175
414. Ueberdie Perinialroptaur, irubeiondore
iiber die Trermung de* Perinaum und der Recto-
vagimtlxoanil, durch Brand nach der Entbindung ;
von Matth. Duncan. (Edinb. uied. Journ. XXI.
p. 865. [Nr. 250.] April 1876.)
Der l.Theil tier Abhandlimg bietet nichts Neues.
Vf. berichtet in ihm , dims cr 3mal centrale Damui-
ruptnren beobachtete, von denen er eine durch Naht,
zwei durch spate re Operationen heilte.
Die Durchtrcnnungen der Rectovaginalwand
kommen im Anschluss an grosse Dammrupturen vor,
jedoch niclit in alien solchen Fallen. Vf. ftilirt
2 Falle an, in denen eine Rectovaginalfistel bestand,
wihrend der Sphincter ani und ein Theii des Damms
nnversehrt waren.
•Der 1. Fall betrifft eine Fran, welche an einer Recto-
▼aginalflstel Htt, die den Daumen durchlless. Das Gin -
rige , was hi Erf ah rung zn bringen war , bestand ha der
Angabe , dass die Fistel in der zweiteu Geburtsperiode
entstanden sei. Ausser der liectoraginaldstel war das
Perinaum in der gewohnlichen Art gerissen.
Im 2. Fall war das Perinaum bei der ersten Gebnrt
in der gewdhnlichen Weite vollstaadig gerissen, und zwar
waren Sphincter ani nnd Rectovaginalwand in den Kiss
mit inbegriffen. Danach fanden 6 Gntliindungen statt.
Nach der 7. opertrte Vf. glucklicb. Bei der 8. wurde
der nene Damni durch Herausdrdcken des Kopfes In der
Wehenpaase erhalten.
Im 2. Theii liefert Vf. die Beschreibnng einer
eigenthUmlichen Art von sekundftrer Dnrchtrennung
des Damms. Die Haut ist nach der Geburt erhalten,
oberhalb aber ist die Vaginalwand verletzt; die
ttbrig gebliebene Haut wird im Wochenbett nekro-
tisch und somit ist das Resultat dieses Vorgangs eine
sekund&re Dammverletznng. Die beiden angefflhrten
Fftlle sind folgeude.
1) Bei einer langdanernden mittete der Zange be-
endlgten Gebnrt waren Damn md Frenulum erhalten
worden. Nach der Entbindung ragte zwischen Anus nnd
Frenulum eine */«" im Durchmesser haltende Stelle her-
▼or. Die corabinirte Unteraucliung zeigte, dass hier alles
Fleisch bis auf die dunne aussere Haut von oben nach
unten trichterformig durchtrennt war. Am 9. T. fand man
aa der prominenten Stelle ein Loch : eine Perinaalflstel.
Am 12. T. stellten sichSymptome derPyamie ein, welsher
die Wdchnerin am 27. T. erlag.
2) Cretine mit Becken von 2'/*" Conjngata. Wen-
dnag, Extraktion. Auf dem Damme fand sich eine dacha
1'/*" lange, das Corium nicht durchtrennendc Fissor.
Der Spbinkter war intakt. Am 12. T. fand man die Llaut
and den Sphinkter v511ig durchtrennt. Pat. genas nnd
entaog sich einer DtummopenUioa. Fritsch.)
415. Zur Behan dl ling der Blutungen in
der Nachgeburtsperiode; von A. V. Macan u.
Kidd. (Dubl. Journ. LXI. [3.8. Nr. 53.] May
1876.)
Du Eintreten von Collapeas bei Blutungen naeh
der Entbindung kann man durch grosse Doeeu von
Spirituosen und Injektion von Eisenehloridldsung
vayhindem. Heeker hat bekanntlich zu diesem
Zwecke die snbeutanen Injektionen von Aether em-
pfoblen. Macan (1. e. p. 462) hat in folgendem
Falk die vorzflgiiche Wrrkung dieaer Iqjektionen
bwtttigt gefoadea.
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M.G., A3 J. alt, In der 11. Schwangemchaft stebend;
4 auagetragene Kinder, 4 Abortus, dann nomude Ge-
burten. In der letzten Schwangerschaft viel Schnierzen
in der Regio hypoehondriaca, Magenbeschwerden u. s. w.
Die Geburt begann am 1. December. £s war enonn
viel Fruchtwasser vorhanden. Kunstliche Sprengung der
Blase, trotz dessen Tragbeit des Uterus. Sobald der
nntersuebende Finger in dieGegend der Medulla oblongata
kara , maebte der F5tns heftlge Bewegungen , woraus M.
auf Hemicephalie schloss. [Eine ahnliehe Keobachtnng
machte Kef. s. Klinik d. geburtshulfl. Oper. 11. Aud.
p. 206.] Sclilusslich erfolgte die Geburt spontan und
darauf noeh , che die Placenta ausgestossen wurde , eine
bedeutende Blutnng. Puls 140 , kanm fOhlbar ; ansser-
dem die bekannten Symptome der akntesten Anamie.
Der welche Uterus reiebte bis zum Nabel ; bei Druck auf
den Fundus wurden grosse Masscn Coagula ausgestossen.
Die Placenta wurde mit der in den Uterus eingefuhrten
Hand leicht entfernt. Die Blntung war dabei so gering,
dass die Injektion von Liquor ferri nicht n6thig erscMen.
Trotz dessen war der Zustand so bedenklich, dass, nach-
dem auch rcichlichcGaben Branntweiu ihn nicht besserten,
M. sich znr subcutancn Injektion von Aether cntsrldoss.
Diese konnte erst nach */, Std. bcschafft werden, der
gfinstige Erfolg trat jedoch sofort ein; nach Smaliger
Einspritznng von je 2 Gram. Aether kehrte der Puls
wieder. Es erfolgte spiiter Erbrechen , doch wurde Pat.
vollkommen geheilt eatlassen.
Ref. hat diesen Fall ausftlhrlicher mitgetheilt iu
der Hoflhung, dass die auch von ihm vielfach er-
probte Ilecker’sche Methode immer mehr An-
h&nger finde. Jeder, der einmal den augenblick-
lichen Erfolg gesehen, wird in alien einschlUgigen
Fallen die subcutanen Aetherinjektionen anwenden.
Besonders gut wirken diese Einspritznngen dann,
wenn c'uloroformirt werden musste ; die Entbundenen
kommen nach 1 — 2 Aetherinjektionen Behr schnell
zu sich nnd jeder Praktiker weiss , wie -wflnschens-
wertb es meistens 1st, die Narkose dann zu beendi-
gen, wenn sie nicht mehr nOthig ist.
Die Mittheilung von Dr. Kidd (1. c. p. 469)
betrifft einen Fall von Blutung nach der Entbindung
mit Retention der Placenta aus der Praxis des Dr.
Roe. Derselbe beweist, dass unter UmstUnden auch
die exspektative Methode in solchen Fallen angezeigt
sein kann.
M. C., 26 J. alt, hatte einen Abortus mit starker
Blutung im 3. Mon. eriitten und 11 Mon. spiiter zur
rechten Zelt ein lebendes Kind ohne Beschwerden ge-
boren. Im 8. Mon. der 3. Schwangerschaft erfolgte die
Gebnrt eines lebenden Kindes. Die Hebamme konnte
die Placenta nicht entfernen, weil der Muttermund ge-
scblosscn war. Bedentende Blutung trat ein. Ein herbei-
gerufeuer Arzt konnte die Placenta nicht ausdrficken.
Nach 3 Std. fand Dr. Koe die Pat. pulsloB und 4eu
Muttermund feat um die Nabelschnnr znsammeigezogen.
Da die Blutung aufgehOrt hatte, machte R. vorlauflg keine
Versuche, den Uterus zu entleeren. Nach 20 Std., wah-
rend welcher keine Blntnng eintrat and der Uterus un-
beruhrt blieb, g clang es verbaltnissmassig leicht, die
Placenta durch Eingehcn mit der Hand zu entfernen.
Eine Blutung trat nicht ein. Das Wochenbett verlief
normal. (Fritsch.)
416. Ueber die Beaiehung der Aether*
inhalation but Entstehung von Nachblutung;
von Francis Minot. (Boston med. and surg.
Journ. XCIV. p. 469. April 27. 1876.)
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UNIVERSITY OF CHICAGO
176
V. Gynlkologie a. Pidiatrik.
Man ist verschiedener Meinung darttber , ob die
(Aether-) Narkose w&hrend der Entbindung Hftmor-
rhagie in der NacbgeburtsperioJe hervorbringt oder
nicht , und doch ist ea gewiss aehr wichtig , hier zu
einer Entscheidung zu kommen, denn die An&sthesie
hat eben so grossen Werth als die Nachblutung Qe-
fahr. Der einzige Weg, die Frage zu losen, ist der
der Statistik. Aber auch hier existiren viele Schwie-
rigkeiten. Es mtlssten wo inCglich die Huascm Be-
dingungen gleich sein. Predisposition oder acquirirte
und constitutionelle Tendenz zur Blutung kann be-
stehen. Der KOrper kann schon geschw&cht , eine
Anzahl von Geburten vorangegangen, die Kreissende
in schlechten socialen Verbal tnisseu, die Geburt selbat
se hr schwer oder sehr leicht sein. Ebenso kommt
ea darauf an , wie viel und welches von den An-
as theticis gebraucht ist. Ferner ist es wichtig , die
verschiedenen Principien bei der Behandlung der
Nachgeburtsperiode zu kennen. Werden alle diese
Umst&nde in Erwftgung gezogen, so zeigen sich eine
Menge ungeahnter Schwierigkeiten.
Unter Nichtbeachtung der angeftlhrten Einzel-
heiten verglicb Vf. 1000 Falle aus einem Gebhr-
hause, in welchem Aether angewendet wind, mit eben
so viel Fallen aus einem andern , in welchen die
Narkose keine Anwendung findet. Dabei stellte
sich heraoB, dass im erstern entschieden mehr Nach-
blutungen vorkamen.
Eine genaue Statistik verschaffte sich Vf. durch
Aufzeichnung der Vorkommnisse bei 151 von ihm
selbat beobachteten Fallen , in welchen Aether an-
gewendet wurde. Bei 5 Fallen , die ohne Anwen-
dung von Aether verliefen , fand eine Nachblutung
statt Der Charakter der Nachblutung selbst ist
sehr verschieden , in objektiver Uinsicht sowohl als
in subjektiver. Bei der einen Eutbundenen ruft eine
Nachblutung die bedeutendsten Symptome hervor,
wahrend bei einer andern ein gleich grosser Blut-
verlust ohne Wirkung bleibt. Vf. unterscheidet
2 Klassen von Nachblutung, je nachdem dieselbe
bedenkliche Folgen hat oder nicht. Betreffs der
Symptomatologie bringt er nichts Neues.
Keine der atherisirten Frauen starb. Der einzige
Todesfall in Folge von Nachblutung betrifft vielmehr
eine Frau, bei welcher kein Aether angewendet
worden war. Unter den 151 Frauen kam bei 25
eine Nachblutung vor, welche 12mal zu der l.Klasse
gehOrte (8%). Nur in 7 (vielleicht 8) Fallen konnte
die Narkose als einzige Ursache der Nachblutung
betrachtet werden , obwohl 6 von diesen Frauen bei
vorherigen oder spatern Entbindungen Aether inh&lirt
hatten , ohne eine Nachblutung zu bekommen. In
3 Fallen war die Geburt schwer und mnsste mit der
Zange beendigt werden. Das Verhaltniss der dem
Aether allein zur Last fallenden Nachblutungen stellt
sich mithin auf 5.5°/ 0 , eine Zahl, die gewiss als
niedrig zu betrachten ist.
Die Obrigen Bemerkungen ttber den (wenn auch
geringen) Einfluss der Narkotika auf Abnahme der
W ehenthitigkek entspreehen ungefahr dem , was in
den deutschen Lehrbttchem angegeben wird.
(Fritsch.)
417. Cystitis in Folge der Entbindung;
von W. L. Richardson. (Boston med. and surg.
Journ. XCIV. 5. p. 113. Febr. 3. 1876.)
Vf. fand ausser bei Holmes in keinem Lehr-
buch erwahnt , dass eine Cystitis mit langdauernder
Geburt zusammenliangen kann. Diess komme wohl
mit daber , dass hkufig eine Cystitis ftlT Metritis oder
circumscripte Peritonitis gehalten wurde. Vf. scheint
die deutsche Literatur fiber diesen Gegenstand , die
Arbeiten von Olshausen (Arch. f. Gyn. U.p. 273),
Kal ten bach (a. a. 0. 111. p. 1), nicht zu kennen.
Wenigstens hat er nicht den Verdacht, flans in den
F&llen, wo l&ngere Zeit katbeterisirt werden musste,
der Blasenkatarrh durch den Katheterismns hervor-
gebracht wurde.
Die 4 Ffille Vfs. bieten zu wenig Interessantes,
um sie einzeln zu referiren. In alien danerte die
Geburt l&ngere Zeit, 2mal war das Kind mit der
Zange extrahirt worden. Alle Frauen waren Erst-
gebarende. Zweimal begann die Cystitis mit Frost,
Erbrechen und Uebelkeit. In 3 Fallen war die ganze
Regio hypogastrica schmerzliaft. Stets bestand Dys-
urie.
Die von Vf. eingeschlagene Tberapie bestand
darin, dass die Blase zuerst mit lauwarmem Wasser
und dann mit einer scbwachen Carbolsiturelosung
(6 Tropfen zu 1 Fiasche Wasser) ausgespfllt wurde.
Morphium gab Vf. in Suppositorien. Der Unterleib
wurde mit Leinsamen-Senfmcbl-Kataplasmen bedeckt.
Unter dieser Behandlung trat in wenigen Tagen
Heilung ein. Nur einmal wurde ein Rfickfall, der
sich durch einen Frost ankfindigte, beobachtet.
(Fritsch.)
418. Das Verhalten des Harns imVerlaufe
des normalen Wochenbettes ; von Prof. Lud-
wig Klein wichter in Prag. (Arch. f. Gynakol.
IX. 3. p. 370. 1876.)
Vfs. grfindliche und umfassende Untersucbungen
eines Gegenstandes , der bisber nur sehr wenig be-
arbeitet worden ist, weil die Handhabung des Stoffes
mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden ist,
welche mindestens zeitraubend sind, weichen von
denen Winckel’s in ganz bedeutenden Punkten ab.
Vf. giebt als Ursache dafUr an, dass Winckel
(Studien fiber den Stoffwechsel etc. im Anschluss an
Harnanalysen etc. Rostock 1865) seine Wftcbnerin-
nen viel dfinner ernihrte , als es in Prag ttblich ist.
DerVergleich der beiden Speisekarten weist ffir Prag
einen betrfichtliclien Ueberscbuss an snbstantiener,
bes. stickstofireicher Nahrung nach.
Vf. stellte 179 Harnuntersuchxmgen in denersten
8 Tagen des Wochenbettes an und gruppirt deren
Ergebnisse in maunigfacher Statistik, deren Resnltate
er in 5 gut ausgeftihrten Curven graphiscb darsteUt
Trotz der bessern Ern&hrung der Proger Wfich-
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V. GyuAkologie n. Pftdiatrik.
177
nerinnen bleibt jedoch die eine Thatsache unwider-
legbar, dass nftmlich die Nierenfunktion xcAlerend
dm normalm Pnerperittm gegteigert 1st, wenn auch
nicht in dem Grade, welchen Winckel annahm.
Die tftgliehe Rammenge giebt K. durchschnitt-
lich auf 1324 Cctmtr. (Winckel 2190) an. Die
absolute Rarnstoffmenpe betrftgt durchschnittlich
26.550 Gnnm., ausser am 2. Tage, an welchem sie
in Folge der beginnenden Milclisekretion nur 22.346
Grmm. betrftgt An demselben Tage ist aus gleichem
Grande auch die abgesonderte Harnmenge geringer.
Am 3. Tage steigt die Curve der Hamstoffmeuge in
Folge der stickstoffreichern Nahrung bedeutend und
halt sich bis zum 5. Tage hoch. K. halt gegen
Winckel, der einen Gehalt von 1.075% Harn-
stoff als Maximum der Norm annahm , selbst einen
3%igen Hamstoffgehalt noch fUr normal. — Das
syecijurhe Gewic/d ist etwas vermindert. — Die
Uarvfarbe wird vom ersten Tage ab immer etwas
dunkler. Die relative tftgliche Menge des im Earn
ausgeffihrten Kochsalzes ist fast stets dieselbe. Der
Norm enspricht eine absolute Ausfuhr von 14.168
Grmm. pro Tag (Winckel 16.42); die relative
Kochsalzmenge betrftgt nachK. 1.07 (nach Winckel
0.75) Grmm. — Unterschiede , die ebenfalls durch
die Kost bedingt sind. — Die ausgefttlirten Plioi «-
phorsduremenaen betragenO.164° /0 (nach Winckel
0.716%).
Um den Einfluss des Alters, der Huufipkeit der
Sehwaugersehaft und der Wehendauer auf Menge
und Bescbaffenheit des Haras zn ermitteln, theilt Vf.
seine Fftlle zunftchst in 2 Gnippen. Er unterscheidet
die 17— 23jfthr. von den 24 — 42jfthr. Wdchnerin-
nen und findet, dass die relativen tftglichen Ilarn-
stoffmengen ftlterer Wochnerinnen sich jenen der
Wochnerinnen Uberhaupt viel inniger anschliessen,
als es bei jenen der jtlngern der Fall ist. Ferner
nimmt mit dem zunelimenden Alter die Harnmenge,
die absolute und relative Kochsalzmenge ebenso wie
die der Phosphorsfture ffir den Tag ab, die der Harn-
stoffmenge dagegen zu , der Ham wird dunkler und
specifiseli schwerer. — Unterscheidet man jedoch
4 Altersgruppen , so muss der letzte Satz dahin for-
mulirt werden, dass die tftgliche Harnmenge parallel
mit zunehmendem Alter abnimmt, ferner die absolute
Menge des tftglich ausgeschiedenen Harastoffes nur
so lange zunimmt , bis das Weib die Blllthe des Ge-
schlechtslebens erreicht hat ; die absoluten tftglichen
Kochsalzmengen werden bis zum 30. Jahre stets
geringer , ebenso auch die tftglichen Phosphorsfiure-
mengen. — Es wllrde jedoch hier zu weit fuhren,
den interessanten Untersucliungen Vfs. Schritt ftlr
Schritt zn folgen , wir mttssen uns vielmehr begnfl-
gen , nur seine Schlusssfttze hier noch fast wdrtlich
anzufhhren, wegen aller Einzelheiten auf das Original
verweisend.
Die Harnmenge tlbersteigt im ganzen Wochen-
bett die Norm, besonders am 1. Tage. Am 2. Tage
beginnt ein Abfall, der sich bis zum 4. erstreckt und
Med. Jahrbb. Bd. 171. HR. 8.
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durch dieFldssigkeitsabfuhr der innerhalb dieserZeit
beginnenden Milchsekretion , die Wochenschweisse
und den Lochialfluss bedingt wird. Yon da ab steigt
die Harnmenge an und verliarrt auf so ziemlich
gleicher Hiihe bis zum 8. Tage.
Die absolute Hamsloffabgabe fftllt nahezn mit
der Norm zusammen. Am 1. Tage ist sie etwas
vermindert, sinkt am 2. und ist vom 3. bis 5. am
bedeutendsten , worauf sie allmftlig zur Norm herab-
fftllt.
Die absolute Kochsalzmenge ist wenig oder gar
nicht vermebrt ; die tftgliche Ausfuhr richtet sich
streng nach der Harnmenge.
Die absolute Menge der Phosphorsiiure ist ver-
mindert. Am 1. Tage ist ibre Ausfuhr gesteigert,
am 2. und 3. vermindert ; in den nftchsten 2 Tagen
erfolgt eine die Norm nicht erreichende Steigerung
und in den letzten 3 Tagen des Wochenbettes sinkt
die Phosphorsftureabgabe unter die Norm.
Die Hamfarbe ist am l.Tage blassgelb, weiter-
hin hellgelb, am letzten Tage gelb.
Das specifische Gewicht ist im Mittel 1.015 bis
1.016, es steht im Allgemeinen in umgekehrtemYer-
hftltnisse zu den Harnmengen.
Mit Zunahme des Alters sinkt die tftgliche Ham-
menge , sowie die absolute Kochsalz- und Phosphor-
sfturemenge ; die Harnfarbe wird dunkler, das spec.
Gewicht hbher. Die Harnstoffabgabe richtet sich
aber weniger nach der Zunahme des Alters als nach
der Hdhe des Gesrhlecldsle.bens , innerhalb welcher
sie am bedeutendsten ist Ober- und unterhalb der-
selben wird sie geringer.
Die Hauer der We/ienthiltigkeit lftuft mit einer
vortlbergehenden Steigerung der Harnmenge parallel,
ohne dass die Ausscheidung des Harnstofis , Koch-
salzes und der Phosphorsfture durch sie alterirt wird.
Der Beginn der Milchsekretion wird von einer
Verminderung der Harnmenge , sowie der relativen
und absoluten Harnstoffmenge begleitet Auf die
Phosphorsftureausscheidung scheint der Beginn der
Milchsekretion von naliezu keinem, auf die Kochsalz-
mengen von nur ganz unbedeutend herabeetzendem
Einflus8e zu sein. (Kormann.)
419. Die Respiration des Fotus; von Dr.
P. Zweifel, frtlher in Strassburg, jetzt Prof, in
Erlangen. (Arch. f. Gynftkol. IX. 2. p. 291. 1876.)
Alles was lebt muss eine Respiration haben.
Irgend eine Vorstellung musste deshalb jeder Natur-
forecher sich auch aber die Respiration des Ffltus
machen. So haben Hippokrates, Harvey,
A r a n t i n s fiber diesen Gegenstand Hypothesen auf-
gestellt. Clarke und Darwin schlossen aus der"
verschiedenen Fftrbung des Blutes im bebrtttetcn Eie
auf die Respiration des Htthnerffttus und nahmen
fthnliche Verliftltnisse beim mensclilichen Fdtus an.
Bohn wollte sogar bei Hunden , Hoboken beim
Menschenffitus das Blut der Umbilikalvene hellroth,
das der Umbilikalarterien dunkelroth gefunden haben.
23
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178
V. Gynftkologie a. Pftdistrik.
Spiter wurde v«n Scheel, Schtltz und Auten -
rieth diese Angelegenheit einer Prttfung unterzogen,
aber kein Farbenunterschied entdeckt. Zu gleichen
Resultaten kam Bichat, wfthrend Johannes
MUlIer erst eine Placentarrespiration annahm, sp ti-
ter aber, merkwttrdigerweise seine Meinung vftllig
Andernd, sie verwarf. Ebenso sprach sich Bischoff
gegen Placentarrespiration ans, indem er die Placenta
ein Organ der Mutter nannte. Dagegen trat Litz-
mann ganz entschieden auf. Anch Krahmer,
Hecker und Veit ftussern sicb fUr die Placentar-
respiration in Arbeiten , welche mehr die Todesart
des Fdtus zum Gegenstande haben. Ein Beweis
Bischoff’s, dass der Fetus keine Eigenwftrme
babe, wurde von Baerensprung, Wusternnd
Fehling widerlegt. Alle diese Antoren wiesen
nach, d«jw der Fetus Eigenwftrme besitze.
Es ist nun klar, dass die Beurtheilung des Blntes
allexn nach der Farbe dem heutigen Stande der
Wissenschaft nicht mehr entspricht. Deshalb war es
ein sehr glflcklicber Gedanke , mit genaueren Appa-
raten das Blut der Nabelvene und der Nabelarterien
anf den 8anerstoffgehalt zu prttfen. Angeregt durch
Hoppe - Seyler unterzog sich Zweifel mit
seiner ans andern Arbeiten bekannten Sorgfalt dieser
Anfgabe. Es musste festgestellt werden, ob sich im
Blute eines Kindes schon vor dem ersten Athemzug
die Absorptionsstreifen des Oxyhftmoglobin beobach-
ten lassen. Die Dntersuchung wurde zunftchst mit
dem kleinen von Hoppe-Seyler angegebenen
Apparat und spftter mit einem Browning’ sohen
Spektroskop gemacht. Sie ergaben , dass schon vor
dem ersten Athemzug die Absorptionsstreifen sehr
dentlich sichtbar wares und es wfthrend 24 Std.
blieben. Diess ist besonders interessant, da sie sonst
viel eber verschwinden.
Hiermit hat Zweifel das grosse Verdienst,
zuerst in exakter Methode den Sauerstoff im Blute
des Fdtus nachgewiesen zu haben. Die Quelle dieses
Sauerstoffs muss nothwendig das mtltterliche Blut
sein. Doch ist dieser Nach weis noch nicht gentigend,
um die gebrftuchliche Auffassung von der Placentar-
respiration zu beweisen. Es musste also wieder das
Thierexperiment zu Htllfe genommen und der Weg
betreten werden , auf dem schon viele Forscher zu
einem entscheidenden Ziel nicht gelangen konnten.
Zweifel verfuhi - in folgender Art. Er machte zu-
nichst die Tracheotomie , am kUnstliche Athmung in
den Gang zu setzen , dann liielt er das Kaninchen in
eine warme RocbsalzlOeung und erdffnete nun schnell
den Leib und Uterus. Es ergab sich hierbei, dass,
sobald die kttnstliche Athmung unterbrochen war,
also die Sauerstofizufuhr aufhdrte, sehr schnell In-
spirationen beim Fdtus entstanden. Allmftlig hflrten
sie auf, wfthrend das Herz noch einige Zeit weiter
schlug. Wurde sauerstoff haltiges Blut zugefohrt, so
erholten sich die Thiere. Auch entsprach die Zeit
vom Luftabschlnss bis zur Asphyxie der Dauer fflr
das Anfzehren des Sauerstoffs beim geborenen Thiere.
Zweifel hat daher das fernere Verdienst, „den
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exakten Beweis einer Athmung des Fdtus durch die
Placenta vollkommen sicher gestellt zu haben , und
zwar einer Athmung , die durchaus den gleichen Be-
dingnngen unterworfen ist, wie diejeuige des gebore-
nen Thieres“. (Fritsch.)
420. Ueber die fotale Pulsfrequenz ; von
Dr. Ernst Engelhorn. (Arch. f. Gynftkol. EX.
3. 1876. p. 360.)
Vf. kommt durch interessante Untersnchungen
und Vergleiche mit den Ansichten anderer Antoren
zn dem Schlusse, dass die EinflUsse anf die Freqnenz
des Fdtalpulses wohl nie so genau festgestellt wer-
den kdnnen , dass man a us dem Verhalten derselben
einen sichern Schluss auf den Zustand des Fdtus vor
der Geburt machen kann, dass aber die Pulsfrequenz
viel eher in einem Verhftltnisse zur Kdrperlftnge des
Fdtus , als zu dessen Geschlecht zu stehen scbeint ;
trotzdem wird es wohl schwerlich gelingen, das Alter
der Frucht aus der Frequenz seines Pulses richtig
zu scMtzen. — Vf. nntersuchte 37 Fftlle zu wieder-
holten Malen and bestimmte die muthmaassliche
Grdsse des Fdtus nach A h 1 f e 1 d ’ s Methode. [Hier-
durch kommen sofort 2 Fehlerquellen in die Statistik ;
denn eine so kleine Zahl berechtigt doch sicher zn
keinerlei Schlllssen, und die Methode, die Lange der
Frucht intrauterin zu bestimmen, ist so unsicher, dass
man sich leicht Tauschungen unterzieht. Diess Bieht
man auch sofort den Tabellen an ; denn nach Vfs.
Messungen ist z. B. in 27 Tagen ein Fdtus nur um
0.5 Ctmtr. gewachsen , wfthrend ein anderer Fdtus
in 5 Tagen um 5.0 Ctmtr. an Lftnge zunahm !]
Nach Mittheilung der erwfthnten Zahl von F&llen
stellt sich Vf. sofort auf Seite von Breslau und
Haake, die dem Geschlechte des Kindes keinen
Einffass auf den Fdtalpuls zuerkannten (gegen
Frankenhau ser , Schnrig, Steinbach,
Z e p u d e r). Ausserdem weist er d&ranf bin , dass
der Fdtalpuls nicht allein bei Erkrankungen der
Mutter (hohe Temperatur) , sondern auch bei Ge-
mflthsbewegungen derselben anffallenden Steigerun-
gen unterworfen ist.
Am interessantesten ist der Theil der Arbeit,
durch welchen Vf. seine Ansicht zu begrttnden sucht,
dass mit der Zunahme der Kdrperlange die Puls-
aahl xich mindert , dass also dasselbe Geaetz , das
R a n k e fttr die verschiedenen Thiere , V o 1 k m a n n
filr den Menschen nachgewiesen hat , auch auf den
Fdtus Bezug hat. — Mdge ein reichhaltigeres Mate-
rial bald dazu dienen , Vfs. Ansichten zu constatiren
oder zu corrigiren ; nur so weit sie Bezug haben anf
die von Frankenhftnser und Andern vertretene
Ansicht, sind sie als unanfechtbar zu betrachten.
(Kormann.)
421. Fall von Ileus bei einem Neugebor-
nen; von Dr. M. Jacoby in Bromberg. (Berl.
klin. Wchnschr. XII. 4. 1875.)
Ein 8tftgiges Kind starb, nachdem es Meconium
erbrochen hatte nnd nachdem das Rectum vergebens
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V. GynAkologie a. PAdistrik.
179
mit eiaem elastischen Katheter ca. 14 — 15 Ctmtr.
hoch sondirt, die Colotomie aber nicht gestattet wor-
den war. Die Sektion ergab , dafls der Diinndarm
in der Heocoecalgegend plotzlich mit einem prall ge-
ftillten Ende wuratTdrmig aufhfirte. Rectum und
Colon hatten nur die Starke einer dttnnen Bleifeder ;
beide zusammen waren 20 Ctmtr. lang; an daa
Colon schloss sich das wenig (lber groschfengrosse,
sackcbenartige , nierenfSnnige Coecnm und ein etwa
3 Ctmtr. langes Stttckchen Ileum an, das in der
Gegend des Foramen Winslowii der hinteren Bauch-
wand feat adharirte und an die Wirbelsftule gedrttckt
blind endigte. Narben oder Pseudoligamente waren
nirgends zu entdecken. [Existirte keinNabelbruch?]
Vf. versetzt die Entstehung der Darmobliteration in
eine spatere Zeit des Fdtallebens , und zwar in die
Zeit, zu welcher der bis dahin senkrecht hangende
Magen seine Achsendrehung macht, durch welche
der Saccos omentalis gebildet wird.
(Kormann.)
422. Ueber die Behandlung der Atrophia
infantum (Athrepsie)] von Prof. Parrot. (Bull,
gdu. de Tkdr. XC. p. 198. Mars 15. 1876.)
Das kraftigste Neugeborne kann mit grdsster
Bestimmtheit atrophiscb gemacht werden , wenn es
unter den Einfluss eines Spitals (Findelhauses) und
einer scblechten Ernahrung gesetzt wird — mit die-
sen Worten erSffnet Parrot seine Vortrage fiber
die Bebandlung der Atrophie der Sauglinge , indem
er auf ihre Ursacben hinweist. Dagegen ist Mutter-
milch , oder ttberhaupt Frauenmilch das beste Pro-
phylaktikum der Kinderatrophie.
Nachdem Vf. die Eigenschaften und Kennzeichen
einer guten Amme besprocben hat, verbreitet er sich
fiber die Ernahrungsweise der Amm e und fiber die
Ordnung im Anlegen, Dinge , fiber welche Vf. eine
mit der in Deutschland allgemein gfiltigen voilkom-
men Ubereinstimmende Ansicht kundgiebt. In Be-
zng auf die kfinstliche Ernahrung des Sauglings be-
spricht Vf. 2 Methoden, zuerst die weniger gebrauch-
liche , das Saugen am Enter eines Hausthieres , am
besten einer Ziege — und sodann die gebrauchlichste
Form, die Anwendung der Saugflasche. Letztere
giebt gute Resultate nur auf dem Lande, ist dagegen
die Quelle der ungeheuren Kindersterblichkeit in den
grossen Stadten, besonders aber in Spitalem. Vf.
bespricht hier eingehend die Experimente von G u i I -
lot, der jedoch zu grosseMengen von Kuhmilch als
zor taglichen Nahrung nothwendig gefunden hat, so-
wie die von Bouchaud und Biedert (Virchow’s
Arch.) und glaubt hiemach, dass von reiner, guter
Kuhmilch im 1. Monat taglich 300 Grmm. , im 2.
bis 5. taglich 600, vom 6. ab taglich 800 Grmm.
die zur Ernahrung des Sauglings genfigende Menge
darstellen , wenn man den betreffenden Quantitaten
hn 1. Mon. taglich 30, vom 2. bis 5. 40 und vom
6. Mon. ab 50 Grmm. Milchzucker zusetzt und bin-
nen 24 Std. nur 6mal die Flasche reicht.
Die Behandlung der Atrophie selbst muss be-
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ginnen, wenn die sie einleitenden Diarrhden mit Ent-
leerung gelber oder grflner Massen eintreten. Bei
saugenden Kindem ist h&ufig eine Erkaltung > der
Amme die Ursache [nicht haufiger Diatfehler der
Amme ?] ; es genfigt dann meist Warmhalten des
Leibes des Sauglings und das Verabreichen vor dem
Anlegen eines Theelfiffels einer Mischung von 3
Grmm. Bismuth, snbnitr. auf 100 Grmm. Syrup, bei
grflngefArbten Entleerungen von 3 Grmm. Bismuth,
auf je 50 Grmm. Syrup und Kalkwasser. Bei lekh-
tem Fieber empfiehlt Vf. eine adstringirende Mirtur,
bei belegter Zunge ein Brechmittel (5 — 10 Grmm.
Ipecacuanhasyrup), bei schleimigen Entleerungen ein
Abfllhrmittel (5 Grmm. Ricinusdl). — Grdssere Auf-
merksamkeit verdient aber das Leiden, wenn es nach
Fehiern in der Ernahrung des Sauglings bei gemisch-
ter oder kttnstlicher Alimentation auftritt. Hier
handelt es sich stets urn thunlichst schnelle Beschaf-
fung von Frauenmilch, resp. Ammenwechsel, da die
Brechruhr, die Kindercholera (Athrepsie aigue) be-
kanntlich das Leben des Sauglings oft binnen weni-
gen Stunden beendet. Vf. lasst in solchen Fallen
aller 10 — 15 Minuten einen KaffeelSffel voll einer
Mischung von 200 Grmm. eiskaltem Zuckerwasser
und 10 Grmm. altem Cognac abwechselnd mit eis-
kalter , frischer Fleischbrfihe , die ohne Wurzelzeug
bereitet, von Fett viillig befreit, wenig gesalzen und
mit gleichen Theilen Wasser versetzt ist, geben.
Dazu taglich 2 — 3mal 5 Minuten lang ein 35° C.
warmes Bad, dem auf 25 Liter Wasser 40 — 50
Grmm. Senfmehl (in einen Leinwandbeutel geffillt)
zugesetzt werden ; nach dem Bade Frottiren des
ganzen Kfirpers. Bessert sich das Befinden und ist
das Kind nicht zu schwach, so wird es wieder ange-
legt ; bei zu grosser Ermattung zieht sich die Amme
die Milch ab und giebt sie auf diese Weise fort. Ist
die Milch einer Amme nicht zu erlangen, bo Hast Vf.
Eselinnen milch verabreichen.
Bei den mehr torpiden Formen der Atrophie er-
fordert die Behandlung grosse Vorsicht. Vf. verord-
net hier 6mal taglich einen halben Kaffeelfiffel voll
Mialhe’s Pepsinelixir und lasst die Milch nur mit
dem Ldffel verabreichen. Werden die dttnnen Ent-
leerungen unter grossem Geschrei und bedeutender
Unruhe abgesetzt, so ftihrt Vf. das runde Ende eines
Thermometers in das Rectum ein und erzielt oft
Ruhe , da die daselbst krampfhaft zurfickgehaltenen
StuhlmaS8en entleert werden; nachher Ulsst er ein
kleines Suppositorium von Cacaobutter einlegen.
Klystire mit Opium wendet Vf. nie an.
Als Complikationen der Athrepsie bespricht Vf.
schlfisslich noch den Intertrigo und den Soor
(Muguet). Gegen letzteren verordnet er Aus-
waschen des Mundes und ein Bestreichen (3mal tag-
lich) mit Borax-Rosenhonig. Dass die in DeutBch-
land sehr gebr&uchliche Methods, die Mnnd-
schleimhaut mit einer wfissrigen Boraxldsung stfind-
lich zu bestreichen , unbedingt den Vorzug verdient,
braucht Ref. nicht erst hervorzuheben , da es Ungst
bekannt ist, dass zuckerhaltige Flfisaigkeiten Pilz-
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180
VI. Chirurgie, Opbthalmologie u. Otiatrik.
vegetationen nor begttnstigen. Auch das Aufetreuen
von Stirke- oder Reismehl, oder Lykopodium 1st bei
bereito vorhandenem Wundsein nur schftdlich ; hier
ist ebenso wie bei oberflkchlichen Ulcerationen eine
adstringirende Salbe weit vorzuzieben ; denn Pndem
soli und kann nur das Wundwerden verhmdem,
nieht heilen. (Kormann.)
423. Zur Lehre von den Zahnfraiaen ; von
Dr. Ludwig Fleischmann. (Wien. med. Presse
XVH. 13. 14 u. 16. 1876.)
Vf. zeigt an der Hand einer interessanten ge-
schichtlichen Skizze, dass der Begriff der Zahnfraisen
(Convulsionen) im gewdhn lichen Sinne unhaltbar ist;
er tritt damit gegen Vogel auf, der wegen der
Gleichzeitigkeit der Convulsionen mit den Dentitions-
perioden einen innem Zusammenhang zwiscben den
letztem und den Nervenerscheinungen annimmt.
Aber anch L. M. Politzer’s Vorgehen (vergl.
Jahrbb. CLXVI. p. 143) erscheint dem Vf. gewagt,
da er aus einem Extrem in ein anderes verfSLllt und
Alles leugnet , sogar anch die grbssere Reflexerreg-
barkeit des ersten Kindesalters im Vergleich zum
Erwachsenen. Politzer’s Behanptnng , dass bei
Kindern die Reflexerregbarkeit sogar auffallend ge-
ring sei , halt Vf. entscliieden fllr unrichtig. Nur
halt er nieht die Zahndurchbruchsperiode fllr die
Zeit, in der eine physiologisch gesteigerte Nerven-
thatigkeit in Folge der Gehim- und Gesammtentwick-
lung bestehen soil. Er deutet darauf bin , dass die
Entwicklung des Sftuglings stetig, nieht sprungweise
erfolgt und dass daher zur Zeit der Dentition bereits
ein wesentlicher Theil der Gehimentwicklung voll-
bracht ist, dass die spinalen Reflexe sebon einge-
schrankt und die Bahnen der bewussten Willens-
ausseningcn vorhanden sind. Wahrend der Denti-
tionsperiode erffthrt aber weder die Motilitat, noch
die Sensibilitat eine besondere Steigerung; es ist
daher nieht mdglich, die gesteigerte Reflexerreg-
barkeit als eine Quelle der Zahnfraisen anzusehen.
Vf. schliesst mit dem Satze : „Es widerspricht nieht
nur dem physiolog. Raisonnement, sondern aller kli-
nischen Erfahrung, dass der Reiz des durchbrechen-
den Zahnes im Stande sei, die schwersten Stdrungen
des Kftvpers auszuldsen. So lange nieht besser be-
glaubigte Falle zur Kenntniss kommen als bisher,
sind wir demnach geneigt, die Zahnfraisen in das
Gebiet der schleeht and mangelh&ft beobaehteten
Thatsachen zu verweisen." Ref. glaubt , Vf. hatfc
mit Recht noch einen Schritt weiter gehen kdnnen.
Die Annahme von ,, Zahnfraisen" hat auch nieht den
leiBesten Untergrnnd und lrLsst sieh durch Niehts
rechtfertigen. Die frtlhere Annahme von Abhangig-
keit der Krampfe von der Zahnung beruht auf der
allerdings grOsseren Haufigkeit von Krampfen wAli
rend dieser Periode. Allein es ist durchaus unstatt-
haft, den Durchbruch derZilhne alsUreache des Um-
gtandes zu betrachten , dass Kr&mpfe w Ahrend der-
selben leichter ausgeldst werden. Diess geschieht
vielmehr fast ausschliesslich durch Vermittelung von
lndigestionen, die ja bekanntlich in Folge von Di&t-
fehlem bei SAuglingen, und noch mehr bei kdnstliob
emfthrten Kindern so ausserordentlich hftufig vor-
kommen. Referent forscht bei Convulsionen wah-
rend des fraglichen Zeitraums stets zuerst nach
Difttfehlern oder Obstruktion und hat in der grossen
Mehrzahl solcher Falle in diesen die richtige Quelle
und Ursache entdeckt. Erst wenn diese Ursache
direkt auszuschliessen ist , hat man an prim&re Er-
krankungen des Gehirns (auch traumatischer Natur,
wie ein Fall von Fleischmann lelirt) zu denken,
schitlsslich aber an den Ausbruch einer Infektions-
krankheit (auch Pneumonic). — Dass in den Zah-
nungsperioden lndigestionen schwerer ertragen wer-
den als sonst , ist schon deshalb zu begreifen , weil
oft Obstruktion oder Neigung zu Durchfllllen besteht,
deren direkten Zusammenhang mit dem Zahnungs-
rcize wohl Niemand ernstlich leugnen kann, wenn es
auch P o 1 i t z e r versucht hat.
Ref. sail Kinder , die nie ganz ricktig erzogen
worden waren , in der Zahnungsperiode nach dem
Genusse von Brodrinden, schleeht gekauten Kartoffeln
oder rohen Frtlchten (einmal eine Weintraube mit den
Schalen) in verschieden schwere Convulsionen ver-
fallen , die stets glllcklich verliefen , nachdem theils
durch Bi’echmittel , theils durch Klystire der Darm-
kanal von dem schadlichen Inhalte befreit war, der
im Organi8mus des Sftuglings oder jungen Kindes
einen einer Vergiftung so sehr fthnlichen Zustand
hervorraft. Aehnlich sprach sich Ref. in seinem
Compendium der Kinderkrankheiten (p. 146 u. 169)
aus , in welchem „Zahnkrilmpfe << gar nieht erwAlint
sind. (Kormann.)
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
424. Beitrftge zur Caauistik der Oelenk-
krankbeiten , am der neuem skandittavischen
Liter atur milgetheilt von Walter Berger.
Kopf und Wirkelsdule.
Cand. med. B. L. F. Bang in Kopenhagen
(Hosp.-Tidende 2. R. 1.32. 1874) beobachtete einen
Fall von Caries des Hinter/iauptsknochens und der
obersten Halsunrbel bei einem am 8. Oct. 1873
im allgemeinen Hospitale zn Kopenhagen anfgenom-
menen Manne von 46 Jahren , der mit Syphilis be-
liaftct wai'.
Das Knochenleiden begann vor "2 J. mit heftigen
Scbmerzen, besondere im Kacken und Hals, aber auch an
venschiedenen andern Theilen des Korpers , wobei der
Pat. sicb sehr krank fuhlte nnd moist tn Bett liegen
mosste. Ob Kieber damals vorhanden war, liens sieh
nieht feststellen. Das Umdrehen im Bett war schwer an
bewerkstelligen und der Kr. stiitzte scinen Kopf, wenn er
sich legte oder sieh erhob. Nach und nach concentrfrte
sich der Schmere mehr im Nacken , deesen BewegUchkeit
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VI. Chirnrgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
Mhr eingeschrankt wurde. 1m Sept. 1872 begannen
Schlingbeschwerden aich einzustellen n. spater trat beim
Vereuehe , feste Nahrung zn echlingen oder flfissige in
grossem Mengen zn schlucken , Erbrechen ein. Im April
1873 litt der Kr. in hohcm Grade an Dyspnoe , die ab-
nahm , als er einen grossen festen Klumpen ausgeworfen
hatte. Eine Parese des rechtcn Armes war ebenfalls
einmal eingetreten, hatte sich aber wieder verloren.
Bei der Anfnahme zeigte sich derRr. in hohem Grade
kachektiseh , abgemagert and iiusaerst matt. Er konnte
nicht gerade ausgestreckt im Bette liegen , den Kopf hielt
er etwas schief nach der rechten Selte nnd die Beweglich-
keit des Halses and des Kopfes war sehr eingeachrankt.
Der Athem war Obelriechend , die Zunge belegt, die
Rachenschleimhaut gerothet n. geschwollen, am Ganmen-
segel fanden sich grouse Perforationsoffnungen, Geschwnlst
im Kachen Hess sich nicht fuhlen. Eine Veranderung
der Halswirbel in Bezug auf Richtnng oder Form liess
sich nicht erkennen , aber sie waren sehr empflndUch bei
Drnck , namentlich an den Proc. transvereis. Rleine in-
dolente Drusengeschwulste fanden sich im Nacken und in
den Leistengegenden. Die Respiration war erechwert,
schnanbend , die Stimme heiser, die Sprache nasetnd.
Bei der Untersuchung der Brnet- u. Unterleibseingeweide
fand sich nichts Abnormes. Der Kr. klagte besonders
fiber starke Sehmerzen im Nacken and an den Seiten des
Halses nnd bedentende Schlingbeschwerden. Pat. hnstete
vlel nnd warf etwas serose Fiussigkeit mit einzelnen
festern, znm Theil kSseartigen Klnmpen aus. Unter gnter
Ermahrnng begann das Allgemeinbeflnden sich etwas zn
heben, aber nach einigen Wochen verschlimmerte sich
deT Znstand wieder. In der letzten Zeit fuhlte man etwas
Infiltration am Nacken and an den Seiten des Halses.
Der Kr. collabirte immer mehr und starb am 9. Nov. 1873,
ohne dass eine bestimmte Diagnose gestellt worden war.
Bei der Seition zeigte sich nach Heransnahme der
Znnge, des Larynx nnd des untersten Theiles des Pharynx
in gleicher H5he mit dem Schildknorpel eine dunkel ge-
farbte Oeffnung von der Grosse eines Vierschililngsstucks
in der Wirbclsanle, die in einen giattwandigen Kanal
ffihrte. Dnrch diesen Kanal konnte man mit dem kleinen
Finger nach oben nnd hinten in den Wirbelkanal eindrin-
geo. Im obersten Theile des Pharynx konnte man eben-
falls mit dem Finger zwischcn dem 1. jind 2. Halswirbel
eindringen und das Rfickenmark in seinen Hauten fuhlen.
An den Knochen der Schadelbasis fand man den hintersten
Theil des Clivus Blumenbachii weich and dem Drncke des
Fingers nachgebend. Die Dnra-matcr zeigte nur an
einigen kleinen Stellen zwischcn den Genickgelenken
Spnren von Entzundung. Der hinterste Theil der Basis
des Hinterhauptsbeins war carios , der grosste Theil des
spongifisen Knochengewebes nnd ein Theil der obern com-
pakten Knochenlameile war zersWrt und es hatte sich eine
mit dunnem Eiter und nekrotischen Knochenstucken ge-
fullte H3hle gebildet. Vom linken Condylus occip. war
die Halfte zerstort , doch war noch ein Theil der Gelenk-
flache erbalten , der rechte Condylus occip., sowie die
rechte Massa lateralis atlantis waren beim Herausnehmen
in Stncke gegangen , sie waren angenscheinlich in noch
hoherem Grade von der Caries ergriffen gewesen. Von
der linken Gelenkflache des Atlas war die hinterete Halite
zerstort , die hintere Flache des vordem Bogens war sehr
ranh. Der Processus odontoideus des Epistropheus zeigte
sich fast vollstfindig zerstort, von seinen Ligamenten sah
man nnr noch nekrotische Reste. Die Gelenkflachen
zwischcn Atlas und Epistropheus fanden sich nnr in ge-
ringem Grade angegriffen , die hintere Flache des Corpus
epistrophei war etwas ranh , zwischcn dem 2. u. 3. Hals-
wirbel lag die nekrotische Bandscheibe lose zwischen den
stark carlbsen Knochcnflachen. Den 3. nnd den 4. Hals-
wirbel fand man mit ihren KSrpem verwachsen , ihre
hintere Flache ranh , das Periost nekrotisch nnd znm
grossten Theil abgestossen , so dass zwischen den ranhen
Knochenflichen nnd der verdickten Dura-mater an den
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4 ersten Wirbeln eine H5hle bestand , die seitlich von den
nekrotischen Ligamenten begrenzt wnrde. Von dieser
H5hle aus ging zwischen dem 4. und 6. Wirbelkorper
schrag nach unten und vorn der erwahnte Kanai nach dem
Pharynx. Hier fehlte die Bandscheibe vollstandig. Der
Kanal ging etwas weiter nach unten dnrch die sehr in-
filtrirten Weichtheiie in den Pharynx and mGndete in
demselben in der Hohe der Giesskanucnknorpel in einer
dnrch eine Schleimhautbrucke getheiiten Oeffnung.
Die den Pharynx umgebenden Weichtheiie zeigten
sich sehr verdickt, bei der mikroskopischen Untersuchung
fand man aber nur Infiltration mit lymphoiden Zellen
nnd reichliche Bindegewebsblldung , keine Geschwulst-
elemente. Als Kennzeichen der Syphilis fanden sich die
Perforationen am Gaumensegel und Gnmmageschwulste
und Narben in der Leber. In den Lungen fand sich
Oedem, aber sonst keine pathologiscbe Veranderung.
Daas die Syphilis die Ursache der Wirbelerkran-
kung abgegeben hat, ist nicht nnwaltrscheinlich,
ausserdem hat der Kr. aber anch in frilherer Zeit
an Scrofulose gelitten. Den festen Klumpen, den
Pat. iin April 1873 ausgeworfen hatte, wonach die
damals bestehende heftige Dyspnde nachliess, bait
B. tttr die nekrotische Bandscheibe zwischen dem
4. und 5. Halswirbel, die wahrscheiniich in ihrem
ganzen Zusammenhange abgegangen war.
S chulter gelenk.
Hjort (Norsk Mag. 3. R. IV. 3. Ges.-Verh.
5. 4. 1874) theilt einen Fall von Caries ohne Eiter -
bildung, Caries sicca Volkmann’s, mit.
Der Kr. begann vor 3 J. Sehmerzen im rechten
Schnltergelenk bei Anstrengungen zu empflnden ; all-
mSlig entwickelte sich Steifheit im Gelenk ohne Ge-
schwulst nnd endlich vollstandlger Mangel der aktiven
Beweglichkeit im Gelenk und hoebgradige Atrophie der
Mnskeln des Gliedes. Bei der Anfnahme zeigte sich noch
geringe passive Beweglichkeit, bei den Bewegtingen hatte.
aber dcr Kr. bedentende Sehmerzen und man ffihlte
Crepitation im Gelenk. Die Schulter hatte ihre abgernn-
dete Form verloren und das Akromion bildete einen
scharfen Vorsprung, der Deltnidens und die Muskeln an
der Scapula batten ansserordentlich an Umfang verloren,
Oberarm und Vorderarm hingegen hatten ihren Umfang
bewahrt. Man konnte den Finger unter dem Akromion
tief eindrucken und fuhlte dabei, dass der Oberarmkopf
nicht seine gewShnliche kugelfbrmige Gestalt behaiten
hatte , sondem deutlich verkleinert und etwas nach innen
geruckt war. Jeder Bewegung folgte die Scapula nnd
Abduktion des Armes war unmoglich. Der Kr. soli in
seiner Kindheit an Rhachitis gelitten haben.
Einen ahnlichen Fall hat Hj. fruher zn beobachten
Gelegenheit gchabt. Es bestand dieselbe schmerzhafte
Atrophie und Steifheit im Schnltergelenk und dieselbe
Atrophie der Schultermuskeln bei einem sonst gesnnden
jungen Madchen. Unter der Behandlung verschwanden
die Sehmerzen, aber das Gelenk blieb unbeweglich.
Nach den im letzten Falle gemachten Erfahrungen
hat HJ. bei Behandlung des neuen von ihm beoiiachteten
Falles von Bewegungsversuchen des Gelenkes abgestanden
nnd den Arm in einer Binde tragen lassen , da eine voll-
stiindige Immobilisirnng des Armes unnothig erschien.
Ausserdem wurden Bader und Umschlage am Gelenk an-
gewendet, die die Sehmerzen verminderten. Die Schulter-
mnskeln, die ihre elektrlsche Contraktilitat bewahrt
hatten, warden elektrisirt.
Znr subperiostealen Resektion, die Volkinann
angewendet hat, konnte sich Hjort nicht ent-
schliessen , weil es ihm zweifelhaft erschien , ob es
berechtigt sei , den Kr. einer doch immerhin nicht
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VI. Chirurgie, Ophthalmologic a. Oti&trik.
ganz gefahrlosen Operation zu unterwerfen, um einer H and g e len ke.
am weniges bessern Beweglichkeit willen, namentlich
da die Krankheit ja mit fester Ankylose am Gelcnke
zum Abschluss kommen u. bei Ankylose im Schulter-
gelenke sich doch ein hoher Grad von Beweglichkeit
im Sternoclaviculargelenk und im ganzen Schultcr-
apparat entwickeln kann.
Spftter wurde, wie Nicolaysen in dem Referat
tiber Hjort’s Mittheilung (Nord. med. ark. VI. 4.
Nr. 32. S. 22. 1874) mittheilt, die subperiosteale
Resektion doch noch ausgeftihrt und Hjort’s Dia-
gnose hat sich als richtig erwiesen. Der grtteste
Theil dcs Caput humeri war absorbirt und die Ge-
lenkenden durch fibrSses Gewebe mit einander ver-
einigt; auch ein Theil des Proc. glenoid, scapulae
war von der Krankheit ergriffen. Der Verlauf nach
der Resektion war gdnstig.
Ellenbogengelenk.
Thaulow (Norsk. Mag. 3. R. IV. 12. Ges.-
Verh. 8. 214. 1874) theilt einen Fall von Resektion
des Ellenbogcns wegen Erkrankung des Gelenks
mit, in dem zur Zeit der Verdffentlichung zwar noch
nicht vollstandige Heilung eingetreten , aber doch
Hoifnung auf dicselbe vorhanden war.
Als Th. den Kr. zuerst sah , war das untere Drittel
des rechten Oberarms und die oberste Halfte des Vorder-
arms gleiehmassig geschwollen ; die Gcschwulst hatte
ihren grossten Umfang am Ellenbogengelenk, das etwa
12 Ctrotr. mehr Umfang hatte als das linke. Die Tem-
peratur der Ilaut schien etwas erhOht. Nirgends war
dcutliche Fluktuation wahrzunehmen. Ungcfahr 4 Ctmtr.
oberhalb des Epicondylus internus befand sich eine Fistel-
Sffnnng , aus der dunner , mit Blut gemischter Eiter aus-
# floss ; dnrch dicselbe konnte die Sonde nach aussen und
unten nach dem Gelenk zu gefiihrt werden, bis sie am
Epicondylus erternus wiedcr gegen die Haut stiess ; auf
blosgelegten Knochen traf man dabei nicht. Es bestand
abnorme Beweglichkeit in seitlicher Richtung. In ruhiger
Lage fiihlte derKr. nur geringe Sohmerzen, beiBewegung
waren sie aber heftig ; die Empflndiichkeit gegen Drurk
war nicht gross. Bei der Resektion, die am IS. Juli 1874
vorgenommen wurde, fand man die Gelcnkhohle ausge-
fullt mit gallertartigem Granulationsgewebe und den
Knorpcl an alien 3 Knochen zerstort. Es wurde nicht
ganz •/»" von alien Knochen abgesiigt, die Wunde wurde
mit Karlsbader Nadeln vereiuigt bis auf den untenten
Winkel , wo ein Tampon eingelegt wurde , und ein Gips-
verband angelegt. Der Verlauf war gunstig und Ende
October hatte der Ellenbogen fast normale Form und
Aussehen, wenn auch das Endresultat noch keineswegs
sis gesichert zu betrachten war.
Ein Fall von eitriger Erkrankung des Ellen-
bogengelenks mit gleichzeitiger Erkrankung mehrerer
Fingcrgelenke bei einem Tuberkulosen findet sich in
dem von Prof. J. Nicolaysen und Reserve&rzt
Th. Egeberg erstatteten Berichte (lber die chirurg.
Abtheilung des Reichshospitals zu Christiania fttr
das Jahr 1872 (Norsk. Mag. 3. R. IV. 3. S. 120.
1874). Als Ultimum refugium musste die Am-
putation des linken Vorderarms gemacht werden,
auf die Ausserst geringe Rcaktion folgte. Der Zu-
stand des Kr. war derart , dase nur rasche Heilung
Hfllfe bringen konnte , deshalb war die Resektion
contraindicirt.
Demselben Berichte von Nicolaysen und
Egeberg entnehmen wir folgenden Fall von eitriger
Erkrankung der Handwurzelknochen.
Arthrocace mantis. Das Leiden bestand seit 3 J. ;
seit 1 1 Mon. wurde der Kr. im Hospital behandelt ohne
jede Bessernng. Es bestand bedentende Geschwnlst, die
sich auch anf die Hand and den untern Theil des Vorder-
arms erstreckte, und abnorme seitliche Beweglichkeit des
Handgelenks ; dnrch einen Fistelgang an der Dorsalseite
fuhlte man blosgelegten und losen Knochen im Gelenk.
Nekrotische Knochenstucke wurden entfernt, wonach
Ffeber auftrat and Schmerz und Geschwulst zunahmen.
Spater wnrde die subperiosteale Resektion des Handge-
lenks vorgenommen und 1“ vom untern Ende des Vorder-
arms abgesagt, auch das, was nocb von Handwurzelknochen
vorhanden war , ausser dem Os mnltangulum majus, mit
entfernt. Die Operation wurde unter Anwendung des
Lister’scbeu Verfahrens ausgefuhrt, die Incisionen
wurden an der Ulnar- und Radialseite angelegt. Nach
der Operation wnrde Vorderarm and Handgelenk mit
Gipsbinden anf eine Esmarch ’ache Reaektionsschiene
befestigt , die Operationsstelle frei gelassen und Draiuage
angelegt. Die Heilung ging rasch von statten, doch starh
der Kr. nach etwa 2 Mon. an Lungentuberkulose. Die
Finger waren sammtlich gut und ohne Bchmerzen beweg-
lich gewesen.
In dem bereits erwabnten Falle von Erkrankung des
Ellenbogengelenks , in weichem die Amputation gemacht
werden musste , wurde an der rechten Hand die sub-
periosteale Resektion beider Gelenkenden am 2. Gliede
des 4. Fingers gemacht, so wie beider Gelenkenden im
3. Digitometacarpalgelenk. Wahrend nach der Amputation
des Vorderarms die Reaktion nur sehr gering war, folgte
nach der Resektion am andern Tage Frost und das All-
gemelnbcfinden litt in der folgenden Zeit.
Huftgelenk.
Den sehr seltenen Fall von doppelseitiger An-
kylose im Hilftgelenk hat Prof. CarlJ. Ros San-
der zweimal zu beobachten GelegenheK gehabt.
Der erste Fall (Hygiea XXXVI .3. S. 121. 1874) be-
trifft einen 12 J. altenKnaben, der an Rheumatismus
der Ellenbogen- und Kniegelenke gelitten hatte ; als
er 14 Tage lang ohne gehdrige Pflege gelegen hatte,
hatten die Beine die bei der Aufnahme im Serafimer-
lazareth (am 2. Aug. 1873) gefundene Stellong an-
genommen.
Beide 8chenkel waren gebeugt und abducirt in rech-
tem Winkel nach aussen vomK5rper. Wederaktive, noch
passive Bewegungen waren mdglich. Die Kniee waren
ebenfalls im rechten Winkel gegen die Schenkei gestellt,
konnten aber gestreckt werden. Die Ankylose in den
Huftgelenken zeigte sich bei genauerer Untersuchnng
durchaus fest. R. begann zunacbst die Ankylose auf der
Seite zu behandeln , wo sie am schlimmsten war , auf der
linken. Der K. wurde tief chloroformirt , sein Beeken
flxirt und, da das Gelenk sclbst durchaus nicht im Ge-
ringBten nachgab, wurde der Schenkelhals gebrochen, was
ohne besonders grosse Muhe gelang, entweder in Folge des
jugendlichen Alters des Kr. Oder in Folge grdsserer Zer-
brechlichkeit, durch die langereUnbeweglichkeit bediagt.
Die Weichtheile boten keinen besondern Widerstand und
es gelang sofort, das Bein in die von R. vorher als
gfinstigste erkannte Stellnng zu bringen, in voile Extension
und ieichte Abduktlon ; der Eintritt von Beweglichkeit in
den Hflftgcleoken war nicht zu hoffen , ja bei der Fraktur
nicht zu wunschen, darum wahlte R. diese Stellung, die
immer noch den Gang am wenigsten beschweriich mac ben
konnte. Noch wahrend der Kr. unter der Einwirkung der
Chlorofonnanasthesie sich befand, wurde ein Gipsverbaad
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183
VL Chirnrgie, Ophthalmologie a. Otiatrik.
angelegt , der die ganze linke Extremitat and das Becken
umfasste. Um das Hfiftgelenk wnrde ansaerdem Eis hernra
gelegt. TTotzdem stellte sich zjemlich heftiger Schmerz
ein , der darch Morphiuminjektionen elnlgenna&ssen ge-
roildert wnrde , fibrigens nie so heftig wnrde , dass man
deawegen an die Abnahme des Gipsverbandes hatte denken
mfisseu, und auch nach 2'/i Wochen aufgehort hatte.
Bei der Operation am rechten Beine, die am 30. Aug.
vorgenommen wnrde, zeigte das Oelenk Neigung , nach-
zugeben , bei weiteren Manipulationen gab es aueh nach,
so dass es gelang , das Glied ziemlich in die richtige Stel-
lung zu bringen. Die dazu verwendete Kraft war keines-
wegs geringer als die am andern Beine bei dem Zerbrechen
des Schenkelhalses anfgebotene ; die Verbesserung der
Stellnng war aber nicht so vollstandig and aasserdem bis
zum Anlegen des Gipsverbandes weit schwerer zu erhal-
ten; die Neigung, die vorige Lage wieder einznnehmen,
war so bedeutend, dassR. beffirchtete, derKr. werde den
Gipsverband nicht vertragen konnen. Die Reaktion war
auch viel bedeu tender als nach der ersten Operation , der
Scbmerz war 4 Wochen lang ansserordentlich heftig nnd
nnr haufige Morphiuminjektionen vennochten dem Pat.
einige Ruhe zu gewahren. Der Gipsverband muBste am
26. Sept, abgenommen werden , da sich Anzeichen von
Abscessbildung am Schenkel eingestellt hatten ; nach der
Abnahme des Verbandes fand sich anch ein Abscess an
der Aussenseite des Schenkels, 12 Ctmtr. unterhalb des
Trochanter major ; aus ihm wnrde eine bedeutende Menge
Eiter entleert und eine eingefuhrte Sonde drang in der
Richtung nach dem Gelenk hin vor, aber auf krauken
Knochen sticss man nicht. Unter antiseptischer Behaud-
lung verminderte sich die Eitermenge ranch , der Abscess
war aber gleichwohl noch nicht geheilt , als der Kr. am
16. Oct. entlassen wnrde. Das Resultat der Behandlung
war folgendes. Das rechte Bein stand ziemlich gerade
nnd im Hfiftgelenk zeigte sich eine Spur von Beweglich-
keit , der Trochanter stand hdher und mehr nach aossen
als an der rechten Seite. Das linke Bein war etwas mehr
beweglich im Huftgelenke und mehr sbducirt ; beide Kniee
standen etwas von einander ab. Das linke Bein war kur-
zer als das rechte , doch wnrde diese Ungleichheit durch
die bedcutendere Abduktion des rechten Beines ausge-
glichen. Stehen konnte der Kr. ohne Krucken und Stock,
zumGehcn musste er sich aber auf 2 Stdcke stiitzen, doch
glaubt R., dass es dem Kr. spater noch moglich geworden
sei, ohne Stutze zu gehen. Das Gehen wnrde naturlich
nnr dnrch rotirende Bewegnngen des Beckens ermoglicht.
In dem 2. Falle (Hygiea XXXVIII. 5. S. 263.
1876), der einen 36jahr. Mann betraf, wurde an
beiden Beinen die Fraktur des Schenkelhalses aus-
geftihrt.
Seit etwa 12 J. hatte der Kr. zu wiederholten Malen
an rheumatischen Schmeraen in verechiedenen Gelenken
der EitremitSten nnd dann anch im Rficken gelitten.
Nach den Schmerzanfallen befand sich derselbe an fangs
wieder ganz wohl, spater aber begann der Rficken krumm
za werden und in den Hfiftgelenken wurde die Beweglich-
keit geringer. Nach 6 J. hatte die Steifheit in den Hfift-
gelenken solche Fortschritte gemacht, dass der Pat. die
Sehenkei weder ausstrecken, noch abduciren oder adduci-
ren konnte ; nnr das Vermfigen , den Schenkel fiber den
Winkel zu bengen, in welchem er gewohnlich zum Becken
stand, war in geringem Grade vorhanden gewesen , seit
etwm 1 J. aber war alle Beweglichkeit anfgehoben. Die
Kriunmung des Rfickens hatte seit Beginn der Krankheit
immer mehr zugeraommen. Die fibrigen Gelenke waren
beweglich. WShrend der letztenZeit war wiederholt Iritis
autgetreten, Pat. lengnete indessen , mlt Syphilis bebaftet
mi Min.
Die Schenkel standen gegen das Becken ineinem Win-
kel, derklelnerals ein rechter war, die HOhe der Krummung
dee Rfickens entsprach den mittelsten Rfickenwirbeln, die
obern Rfickenwirhel and die Halswirbel zelgten eine starke
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lordotische Krummung , der Kopf wnrde nicht vollstfindig
aufrecht getragen. Beim Liegen erschien die Deformitat
geringer. Das Kuckgrat war, ebenso wie die Huftgelenke,
unbeweglich bis anf den llalstheil , so dass eine gewisse
beschrankte Bewegung des Halses und Kopfes moglich
war. Die Flexion der Schenkel war durchaus rein, weder
Abdnktions- noch Adduktionsstellung war vorhanden, auch
keine Rotation. Alle fibrigen Gelenke waren frei bis anf
das linke Kniegelenk [aus dem , was fiber die Anlegung
des Gipsverbandes an dem znerst operirten Beine gesagt
ist, geht hervor, dass es wohl das rechte gewesen ist] , in
dem die Beweglichkeit etwas eingeschrankt war , so dass
die Extension des Unterschenkels nicht vollstandig ans-
geffihrt werden konnte.
Am 17. Sept, wurde der Kr. chlorofonnirt , dann
wurde mit der Kraft der Hande unter Verwendung eines
moglichst kurzen Theiles vom Schenkel als Hehelarm ge-
waltsame Flexion angestrebt , wobei ohne grosseu Kraft-
aufwand eine Fraktur des Schenkelhalses zu Stande ge-
bracht wnrde. Darauf versuchte R. , den Schenkel zu
strecken, diess war aber unmoglich, weil der Tensor fasciae
latae nnd der Sartorins zu nnnacbgiebig waren. Nach der
subcntanen Tenotomie an diesen beiden Muskeln wurde
aber die vollstandige Streckung ausffihrbar. Zuletzt
wnrde ein Gipsverband angelegt von den Fussknficheln
fiber die ganze Extremitat und das Becken, wobei zngleich
das Knie gerade gerichtet wurde.
Die nachsten Tage nach der Operation waren die
Schmerzen heftig and da der Kr. der Krommung seines
Rumpfes wegen nicht liegen konnte, sondern eine halb
sitzende Stellung im Bett einnehmen musste, druckte der
obere Rand des Gipsverbandes gegen den Bauch, was
ebenfalls viel Beschwerde verursachte. Nach einigen
Wochen ging es jedoch besser und der Kr. trieb aelbat,
die Operation des andeni Beines vorznnehmen. Diese
wnrde am 8. Oct. ganz in derselben Weise und mit dem-
selben Resultate wie bei dem rechten Beine ausgefuhrt,
auch hier musste an dem Tensor fasciae latae und am
Sartorius die mibcutane Myotomie gemacht werden. Der
Gipsverband wurde anf dieselbe Weise wie der erste an-
gelegt, der liegen blieb.
Auch nach dieser Operation traten heftige Schmerzen
ein und der Drnck des obem Randes des Gipsverbandes
gegen den Bauch wnrde so qualend , dass der Verband
abgenommen nnd dnrch einen Heftpflasterstreifenverband
mit permanenter Extension ereetzt werden musste , was
um so leichter geschehen konnte , da ja eine absolute Un-
beweglichkeit der Fraktnrstellen hier kanm wunschens-
werth war, denn Pseudarthrosen konnten dem Kr. bessere
Dienste leisten als nene Unbeweglichkeit der Schenkel,
wenn auch in verbesserter Stellung. Indessen verursachte
die Extension dem Kr. mehr Beschwerde als der Gips-
verband, namentlich erregten selbst lelse Bewegungen der
Schenkel heftigen Schmerz , so dass wieder ein Gipsver-
band angelegt werden musste , der nun besser vertragen
wnrde.
Noch wabrend des Anfenthaltes im Hospital hatte der
Kr. eine sehr schwere Enterocolitis n. 2 Recidive der Iritis
auf dem rechten, 1 anf dem linken Auge durchzumachen,
Anfang Febrnar konnte er aber das Bett verlassen. Bei
der Operation waren die Schenkel absichtlich in leichte
Abduktion gestellt worden, wodnrch das Gehen bedeutend
erleichtert wnrde. Am 17. April wurde der Kr. entlassen.
Er konnte ganz gut an 2 Stdcken gehen , aber das Sitzen
war natfirlich schwer.
Einen Fall von Coxarthrocace, der inBezng anf
die Diagnose von Luxation dea Htlftgelenks Interesse
bietet, theilt Prof. J. Nicolayaen (Norsk Mag. 3.
R. III. 6. p. 272. 1873) mit.
Ein 21 J. alter Seemann hatte eine Contusion am
Krenze und an der linken Hufte erlitten , wobei aogleich
der linke Unterschenkel gebrochen war. Ob das Hfift-
gelenkleiden gleichzeitig mit entstanden war, liess sich
nicht ermitteln; der Kr. bemerkte es erst spfiter. Ala
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184
VI. Chirurgie, Ophthalmologic a. Oti&trik.
Pat. Sra Reichshospital an Christiania aufgenommen wards,
waren 1'/, J. seit der Verletzung vergangen. Die linke
Unterextremitat war ini iluftgelenk dektirt in einem
Winkel von 140° und schien mn 1" verkurzt, derAbstand
zivischen Trochanter nnd Symphyse betrug links 1 “ mehr
als rechts; dieMuskulatnrdes linken Beines warschwacher
ala die des rechten , die linke war viclleicht etwas mehr
ansgefullt, das Becken rotirt. sowohl um die sagittate, als
urn die vertikale Achse , so dass die Spina ilei ant. und
sup. links hoher und weiter vorn stand als rechts. Von
Bewegungen war Flexion , Adduktion und Rotation nach
innen frei, Extension, Abduktion und Rotation nach aussen
nnmoglich. Der B u r o w'sche Winkel (Trochanter — Crista
ilei) betrug etwas weniger als 90°, die N 6 1 a t o n'sche Linie
del etwas vor die Trochanterspitce.
Die Art der verletzenden Oewalt, sowie die Stellnng
des Gliedes konnten die Annahme einer Luxation des
Schenkelkopfs nach oben und hinten zulassen, ebenso die
Verhaltnisse der Beweglichkeit ; dagegen aber sprach der
Umstand, dass die Plica inguinalis jedenfalls nicht weniger
ausgef&llt war als auf der andern Seite, dass der Schenkel-
kopf nicht an der der Luxation entsprechenden S telle ge-
fiihlt werden konnte, sowie der Umstand, dass die Linie
von der Tuberositas ilei nach der Spina ilei ant. sup. bei
rechtwinkliger Beugnng des Schenkels gegen das Becken
(die N 6 1 a t o n’sche Linie) nur um Weniges vor die Trochan
terspitze flel, sowie die geringe Verminderung desBu*
row'schen Winkels. An cine unvollsandige Luxation mit
geringer Zerreissung der Kapsel i nd der vordern Ver-
starknngsbander mit Stehenbleiben des Kopfes am hin-
tern Rande des Acetabulum hatte man ebenfalls denken
konnen , namentlieh wegen des vergrosserten Abstandes
xwischen Trochanter und Symphyse , aber dann hatte
ebenfalls der Schenkelkopf gefuhlt werden mussen nnd
die Plica inguinalis wurde wahrscheinlich mehr einge-
snnken gewescn sein. Gegen das Bestehen von Coxar-
throcace sprach cinestheils der Umstand, dass das Glied
▼on An fang an in Adduktion und Rotation nach innen ge-
standen hatte, andemtheils, dass durch den Gebrauch des
Gliedes sich der Zustand nicht verschliramert hatte , auch
konnte die freie und schmcrzlose Flexion , Adduktion nnd
Rotation nach innen gegen ein Huftgelenkleiden sprechen,
sowie der gnte Gesundheitszustand des Kr. , doch sind
diess alles keine zwingenden Grunde. Um in’s Klare in
Bezng anf die Diagnose zu kornmen , wurde der Kr. chlo-
roformirt und man fand , dass die sonst unmoglichen Be-
wegungen nnbehindert ausgefuhrt werden konnten; bei
der Extension fuhlte man eine schwache Crepitation. l>a
nach der Narkose das Glied annahemd seine vorige Stel-
lnng wieder eingenommen hatte , mnsste man Coxarthro-
cace annehmen. ZurBehandlung wurde Gewichtaextension
angewendet.
Metastaiisc/ie Abscesse in den Muskeln, dem
Herzen , den Lungen , den Pleuren , den Nieren und
der Haut an der Bmst fand Prof. Otto E. A.IIjelt
(Ettuaen likfipningar. Helsingfors 1872. S. 217) bei
der Sektion in einem Falle von Coxitis.
Caries im Acetabulum und Coxitis mil Abscess-
bildung beobachtete Distriktsarzt Petraeus auf
Fand (Hosp.-Tidende 2. R. I. 14. 1874) bei einem
Knaben , bei dem in der Reconvalescenz von Schar-
lach sich ein anfangs wegen seines schleichenden
Verlaufs verkanntes Huftgelenkieiden entwickeit hatte.
Das Becken folgte den passiven Bewegungen des
Beines; der in Flexion und Abduktion stehende
Schenkel wurde immobilisirt nnd permanente Exten-
sion angewendet. Als P. am 6. April 1872 den Kr.
in Behandlung bek&m , hatte sich der Zustand , der
vorher action sehr gebessert gewesen war , in Folge
einer Reise wieder versclilimmert.
Die linke untere Extremitat war im Ganzen atro-
phisch, geneigt, sich dektirt, zugleich aber adducirt zu
halten ; aktive Bewegungen konnte der Kr. ansfuhren,
passive waren ohne besondere Schmerzen ausfuhrbar,
doch folgte bei ihnen das Becken den Bewegungen , der
Schenkelkopf war nun auf die hintere Flache des Os ilei
luxirt. Die Extremitat erschien verlangert, weil das Becken
schrag geneigt gehalten wurde. Einige Zoll unterhalb des
lluftgeieuks begann eine iluktiiirende Geschwulst an der
aussern und zum Theil auch an der vordern Flache des
Oberschenkels , sie lag in der Tiefe . schien aber Neigung
zu haben , nach aussen durchzubrechen zwischen dem
M. rectus und vastus extcmus. Die Behandlnng bestand
in Extension, die nicht streng dnrchgefuhrt werden konnte,
weil der allgemeine Zustand deg Kr. , der sehr herabge-
kominen war , fortwahrendes Liegen nicht gestattete ; die
Krafte hoben sich indessen rasch wieder. Die Geschwulst
nahin an Urnfang, namentlieh in der Breite. zu n. naherte
sich mehr der Oberflache. Durch 2 Incisionsoffnungen,
von deueu sich die . eine am obern Theile, die andere in
der Mitte der Geschwulst befand , wurden ausser einer
ausserordentlichen Menge Eiter noch kasige und speckige
Stucke von unregelmassiger Form , von verschiedener
Grosse (die grossten waren erbsengross) in bedeutender
Menge entleert. Die Abscesshohle wurde taglich 2mal mit
Carbolsaurelbsung ausgespult. Beim Sondiren zeigte sich
die Abscesslidhle gross und geraumig, die Sonde geiangte
aufwarts bis zum Acetabulum , dessen Rand dem Gefuhle
mit der Sonde nach carios und brocklig erschien. Mittels
eines eingef&hrten Loffels wurden die cariosen Stucke ab-
gekratzt und mittels desselben kaseartige Massen ent-
fernt. Nach der Operation war die Eiterung nur gering,
Fieber trat nur vorubergehend auf. Die Abscesshohle
schloss sich allmalig und beim Sondiren traf man nirgends
mehr anf cariosen Knochen ; nach 6 W. war die Wnnde
ganz gcschlossen und der Kr. konnte als geheilt betrachtet
werden. Lie durch die Luxatiou entstandene Ankylose
des Schenkelkopfes mit der hintem Flache des Dannbeins
war ziemlich solid, so dass sich derKr. auf sein etwa 3 / t "
verkurztes Bein gut stutzen konnte. In der Folge nahm
auch der Urnfang des linken Beines wieder zn. Eine Spur
von dem Leiden am Acetabulum kehrte nicht wieder.
Ilin und wieder bildeten sich zwar Abscesse an dem krank
gewesenen Beine , aus denen wieder kasige Maasen ent-
leert wurden , aber nach P.’s Annahme entstanden die
Abscese nur dadurch , dass nach der Operation derartige
kasige Massen zwischen den Muskeln und dem Zeligewebe
zuruckblieben , die als fremde Korper wirkten ; mit der
UelenkhOble standen die Abscesse , die iramer nur ober-
flachlich waren, in keiner Vcrbindung.
Dass die grossen Incisionen , die P. in die Ge-
schwulst machte , von entschiedenem Nutzen waren,
ist nicht zu bezweifeln. Obwohl P. selbst den guten
Erfolg deraelben hauptsadilicli den vorhandenen,
ausserordentlicli gilnstigen Verhiiltniasen zuzuschrei-
ben geneigt ist, glanbt er doch, dass bei Coxitis mit
Abscessbildnng grosse Incisionen denPunktionen vor-
zuziehen seien, da es sich leicht um Entfernung mor-
tificirter KnochenstUcke und Gewebstheile handeln
kOnne. — Die Lnxation, die P. bei der Untersnchung
des Kr. fand , ist nach ihm unzweifelhaft wfthrend
der langen und beschwerlichen Reise des Kr. von
Kopenbagen nach Fand entstanden ; die zerrissene
Gelenkkapsel nnd das beschkdigte Acetabulum mass-
ten die Entstehung deraelben entschieden begtlnstigen.
Hjort jun. (Norsk Mag. 3. R. HI. 6. 1873;
Forhandlinger i det Norake med. Selskab i 1873.
8. 1 10) ftthrte die Resekdon des Huftyclenks wegen
Coxitis bei einem 8 J. alten Knaben aus und erzielte
damit ein sehr gutes Resultat.
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VL Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Schon im Alter von 2 J. war das Kind an Coxitis
behandelt worden , aber ohne Erfolg ; seit 2 1 /, J. hatte
sich an der Vorderfliche des Schenkels eine fluktuirende
Geachwulst gebildet, die bis cor Grosse eines Ganseeies
anwucbs, aber nicht mit dem Hfiftgelenk in Verbindung
zu ate hen schien, sonst auch nicht weiter storte. In der
letzten Zeit Hng der Kr. an fiber Empdndlichkeit am Tro-
chanter major zn klagen, wo sich ein empflndlicher Sen-
kungsabscess gebildet hatte. Bei der am 6. Marx 1872
auagefiihrten Operation wurden l'/ 4 “ vom Knochen ent-
fernt. Dieser war verhfiltnissmfissig gesnnd , aber der
Schenkelkopf war ganz untergegangeu , das Acetabulum
von Fungositaten fiberwuchert. Nach der Operation stellte
sich ziemlich heftiges Wundtleber ein, aber nach Ueber-
fuhrung des Kr. Ln seine Heimath besserte sich sein Zu-
stand rasch and der Kr. genas bald. Die Verkur/ung be-
trng V/ x “, dieBeweglichkeit imHfiftgelenk war aber gut,
mit fixirtem Becken konnte der Schenkel nach oben fiber
46* gebeugt werden. Der Knabe sprang mit Leicbtigkeit
und warf oft seine Krucken weg, die ihm in der ersten
Zeit zur Unterstfitzung gegeben warden. Die Extremitat
war woblgenahrt, die Muskniatnr kraftig, das Allgemein-
befladen des Knaben gut.
Dr. Dannevigin Tdnaberg (Norsk Mag. 3. R.
III. 2. Ges. -Verb. S. 221. 1873) ftthrte an einem
5jhr. Knaben die Resektion des Hflftgelenks aus.
Ein Vlerteljahr nach einem Sturze begann Pat. anf
dem linken Beine zn hinken und fiber Schmerzen in dem-
selben zn klagen. 1m Sept. 1871 bestand Geschwulst
nach hinten vom Trochanter und Empfindlichkeit gegen
Druck, starke Flexion und Abduktion erregte Schmerzen,
aber nicht Druck des Schcnkelkopfes gegen das Acetabu-
lum. Im Jan. 1872 war das Bein fast unbeweglich im
Hfiftgelenk and stand in Flexion, Adduktion und Kotatloa
nach innen. Mach vorn und aussen am Schenkel befand
sich ein grosser Abscess. Sowohl die spontanen Schmer-
zen als die beim Vereuch passiver Bewegungen waren viel
beftiger geworden. Nach Spaltung dee Abscesses gelangte
man mittels der Sonde auf blosgelegten Knochen, weshalb
am 31. Jan. 1872 die Resektion des Hfiftgelenks ausge-
fuhrt wurde. Der Ilautsehnitt wurde zwischen Trochanter
und Spina ilei ant. snp. nach unten and hinten gemacht,
bei der Resektion wurde Kopf, Hals nnd das obere Dia-
physenende des Femur abgetragen und ein Theil von bei-
den Trochanteren. Der Schenkelkopf war abgelost und
im Scheukelhalse fand sich ein grosser Sequester. Die
Heilnng ging gut von Statten, seit Ende October ging
der Kr. mit Krficken Oder mit dem Stock leicht und gnt
nmher. Die Verkfirzung des Gliedei betrug ungefahr 1",
die Beweglichkeit war frei nach alien Richtungen , doch
nicht vollstandig so wie normal.
W. Boeck, der den Kr. am 11. Dec. in der med.
Gesellschaft in Christiania vorsteltte, hob hervor, dass
dasResultat ein in jederHinsicht ansgezeichnetes genannt
werden mfisse, nnd dass dieser Fall aufs Neue beweise,
dass man mit der Resektion nicht zugern soil, bis die Ge-
snndheit des Pat. schon in hohem Grade gelitten hat.
Eine im Wesentlichen statistische Arbeit von
Lndwig Jacobsen fiber die Renal tate der Re-
sek turn des Hiiftgelenks bei Caries und Erie rung
(om Resektion af Hofteleddet i Tilfilde af Caries og
Suppuration. AfbandL f. d. med. Doktorgrad K6-
benhavn 1874. 8. 253 S. — Nord. med. ark. VI.
4. Nr. 32. S. 23. 1874) zAhlt in einer Tabelle 250
Falle auf, von denen in41.60%Heilung, in 58.40°/ o
der Tod erfolgte.
Ftlr die einzelnen Linder stellt sich das Mor-
tal! t&teprocent folgendermaassen heraus: England
34.33%, Amerika 45.71°/ ft , Deutschland 69.57%,
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 2.
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Frankreich 87.50% » Russland 60.0°/* und Dfine-
mark 100%. Dabei ist jedoch zu bemerken , dass
sich diese Bcrechnung anf eine sehr ungleiche An-
zahl von Fillen stfitzt (in derselben Reihenfolge
der Linder 67, 35, 115, 16, 10 und 7), wodnrch
sie einen nur sehr bedingten Werth bekommt.
Das Alter hat eine grosse Bedeutung ftlr die
Sterblichkeitsverhiltnisse, die hiufigste Todesursache
war Entkriftung (59 Fille) , danach Phthisis und
Pyimie (je 17 Fille).
In Bezug auf die Indikationen und Contraindi-
kationen ffir die Resektion giebt J. eine statistische
Uebersicht fiber Fille von suppurativer Coxitis , die
auf andere Weise und nicht mittels der Resektion
behandelt wurden. Diese Fille, 63 an der Zalil,
stellt er 167 Fillen von Resektion gegentlber. Von
den 63 exspektativ behandelten Kr. wurden 17
(26.98®/ 0 ) geheilt, 46 (73.02®/ 0 ) starben; von den
167 Kr., an denen die Resektion ausgefUhrt wurde,
wurden 86 (51.49%) geheilt, 81 (48.5 1%) star-
ben. Doch anch diese statistische Berechnung ver-
liert , wieDrachmann in seinem Referat hervor-
hebt, an Werth, einestheils dadurch, dass die eiuah-
der gegenilber gestellten Zahlen zu ungleich sind,
anderntheils aber auch dadurch, dass sich unter den
Fillen von Coxitis, die exspektativ behandelt wurden,
vielemit schweren Complikationen finden, und solche,
in denen die Kr. schon bei der Aufnahme sehr her-
untergekommen waren.
(Schlusa im n&cbsten Hefte.)
425. Subcutane Resektion des Sohenkel-
halsea auf beiden Kdrperseiten we gen Ankylose ;
von Edward Land. (Brit. med. Journ. Jan. 29.
1876.)
Ein 20 J. alter Mann hatte an rheumatischer Affektion
beider Hfiftgelenke gelitten nnd danach hatte sich voll-
stfindige Ankylose in gestreckter Stellung auf beiden Sel-
ten gebildet. Passive Bewegungen , die bei Chloroform-
narkose deB Kr. versucht wurden , waren absolut unmog
llch und man entscbloss sieh zur Operation. Am 6. Mfirz
wurde der Schenkelhais an der linken Selte ganz nach
dem Vorgapge, wie diess Adams ausgeffihrt hatte, sub-
catan durchsfigt , wonach eine Bewegung bis 7,um rechten
Wlnkel und auch eine geringe Rotation des Gliedes m5g-
Uch wurde. Die Operation wurde unter genauerBeobach-
tnng der antiseptischen Methode ausgeffihrt nnd auoh der
Verbaud war antiseptisch. Am 21. Mfirz (16 Tage nach
der Operation) war die Wunde geheilt, geringe Bewegun-
gen des Gliedes im Bett waren ohne Schmerz mOgllch.
Unter Chloroformnarkose deB Kr. wurden spfiter wieder-
holt aasgiebige passive Bewegungen vorgenomraen and
vom 7. Mai an kam Gewichtaextension inAnwendung; der
Kr. wurde angewiesen, tfiglich mehrerc Male Bewegungen
(Beugimg des Knles) auszufuhren, wobei dasGIied augen-
scheinlich an Kraft gewann. Am 28. Mai konnte der Kr.
an Krucken gehen and selbst mit dem linken Fosse aaf-
treten. Man warde die Operation am rechten Fusse ganz
in derselben Weise vorgenomraen , wobei d r Sfigeschnltt
schrfig durch den Schenkelhais geftihrt wurde. Die Ope-
ration war mfihsamer und dauerte langer, well L. mit der
linken Hand operiren musste ; nach Beendignng derselben
konnte der Schenkel mit Leichtigkeit flektirt und nacb
innen und aussen rotirt werden. Am 18. Juni war die
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VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Wnnde geheilt. Die Nachbehandhiug bestand wieder in
ausgiebigen aktiven nnd passlven Bewegungen and An -
wendaag der Oewichtseztension. Am SO. Jnli konnte der
Kr. auf einem Stable sitxen , auf das recbte Be in konnte
er sich aber nocb nicbt stutzen.
Von besonderem Interesse ist der Umstand, dass
derKr. nach vollendeter Heilung aufrecht stehen and
das Gleichgewicht bewahren konnte, obwohl anf
beiden 9eiten das Ligamentum ileo - femorale hatte
dnrchschnitten werden mtissen, das Humphry far
ndthig halt, um das Hintendberfallen des Kdrpers zu
verhflten. Jedenfalls mnssten die Psoasmuskeln die
Stelle des dnrchschnittenen Ligamentes vertreten.
Auch die Branchbarkeit des Gelenkes Terdient her-
vorgehoben zu werden. (Asch4.)
426. Zur Behandlong des Hygroma prae-
patellare mittels der Incision ; von Prof. Dr. Ri-
chard Volkmann. (Berl. klin. Wchnschr. XIII.
8. 1876.)
Wahrend die Heilung nach der ErOffnung der
SchleimbeuteLhygrome mittels des Schnittes gewbhn-
lich lange Zeit in Ansprnch nimmt u. unter Fieber nnd
Eitemng vor sich geht , kommt sie bei antiseptischer
Nachbehandlung, wenn Ski erase und Verdickung der
Sackwandnngen nicht zn erheblich sind , rasch nnd
ohne jeden Znfall durch primftre plastische Verkle-
bnng des an seiner vordem Flache klaffend offen ge-
haltenen Sackes an Stande unter gleichzeitiger An-
wendnng eines festen Druckverbandes.
Das Verfahren besteht darin , dass der Sack des
Hygroms durch einen Longitudinalschnitt gespalten
wird , dessen Lange sich nach der GrOsse des Hy-
groms richtet ; wenn die Hantdecken schlaff und aus-
gedehnt sind, wird ein elliptisches Stttck gleichzeitig
aus Haut und Balgwand ausgeschnitten. Der Inhalt
wird entleert , gestielt aufsitzende Reiskdrperchen
oder dickere den Binnenraum dnrchsetzende Strange
werden ausgeschnitten und entfernt, der Wand auif-
sitzende derbere Gerinnungsschichten mit dem schar-
fen Loffel abgescliabt. Nach wiederholter Aussptt-
lung der HOhle mit CarbollOsung (bis zu 5%) wer-
den zu beiden Seiten des Schnittes 2 dicke Wfllste
aus zusammengeballter Lister’scher Gaze aufgelegt,
welche die Tasche comprimiren und den etwa noch
darin vorhandenen Inhalt vollstandig ausdrflcken;
wenn dann der Schnitt klaflt, werden 2 Drainage-
rflhren eingelegt. Die Lflcke zwischen beiden Gaze-
wtllsten ilber der Wundspalte wird mit einem Banach
von carbolisirter Gaze sorgfaitig ausgefttUt, die ganze
Kniegegend mit Gaze umhflllt, welche mit Binden-
touren aus carbolisirter Gaze befestigt wird. Zuletzt
wird das Bein auf eine lange Hohlschiene gelegt und
anf dieser durch Gazebindentouren befestigt.
Bei dieser Behandlung verklebt der Sack binnen
2 — 3 Tagen vollst&ndig ; wenn die Wundspalte klafit,
so fftllt sie sich entweder mit einem glasigen Exsu-
date aus oder mit einem Blntgerinnsel, das die eigen-
thflmlichen Metamorphosen durchmacht. Nach 8 —
10 Tagen (nach 3 — 4maligem Verbandwechsel)
pflegt die Verheilnng so weit vorgeschritten zu sein,
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dass man zu einfachern Verbandweisen tlbergehen
kann, nach 14 Tagen bis 3 Wochen ist die Vernar-
bung gewdhnlich vollendet.
In 7 Fallen von chronisehen Hygromen (6 die
Bursa praepatellaris und 1 die Bursa anconaea be-
treffend) hat V. diese Behandlung angewendet und
nie Vereiterung des Schleimbeutels oder entzOndliche
Schwellung oder Phlegmone auftreten sehen. In
6 Fallen trat gar kein Fieber auf, im 7. nur kurz
nach der Operation massiges Fieber, wahrend der
ttbrige Verlauf fieberlos war.
Auch bei akuter eitriger und selbst phlegmo-
ndser Bursitis ist bei antiseptischer Behandlong der
Verlauf gtlnstig und selbst dann noch , wenn bereits
Perforation der Sackwand oder Phlegmone in der
Umgebung eingetreten ist, kann unter gltlcklichen
Umstanden rasche plastische Verklebung des Sackes
erreicht werden. V. ftlhrt 3 solche Falle an, in
denen rasche Heilung nnd vollstandige Verklebung
stattfand. In schwerern Fallen wird zwar die Ver-
klebung nicht sofort erreicht und es findet immer
noch einige Tage lang Eiterung statt, aber dann er-
folgt doch noch Verlbthung und rasche Heilung, wie
2 von V. mitgetheilte Falle zeigen.
V. hat mitunter die Gelegenheit wahrgenommen,
bei der Incision kleine Streifen der Wandung mit
den daran sitzenden gestielten ReiskOrperchen be-
hnfs der hintologischen Untersuchung auszuschneiden
und dabei gefunden, dass die chronisehen Schleim-
beutelentzUndungen meist spater denselben fibrindsen
Charakter annehmen, wie ihn V. fflr das Zwerch-
sackhygrom der Fingerbenger (s. d. betr. Abschnitt
in den Beitragen zur Chirurgie. Leipzig 1875) be-
schrieben hat, nur nicht in so hohem Grade. Die
stets nor in geringer Anzahl vorhandenen freien
Kflrper erwiesen sich als feste Fibrinconcremente,
gestielt an der Wand haftend, um feine Zotten, Binde-
gewebsfasern oder um die Stttmpfe abgerissener oder
atrophirter Septa angesetzt; die Balgwand zeigte
an ihrer freien Flache fiber dem hypertrophischen
Bindegewebslager eine continuirliche Auflagerung
von homogenen, struktnrlosen Fibrinschichten , die
allerdings nie eine grosse Dicke erreichten.
In 3 von V. mitgetheilten Fallen war der Inhalt
ein hamorrhagischer, besonders in einem d&von han
delte es sich um ein exquisites Hamatom.
(A s c h 4.)
427. TTeber die Sohusaverletzungen des
Fussgelenka wahrend des letzten Krieges und die
Resultate ihrer Behandlung ; von Stabsarzt Dr.
Grossheim. (Deutsche milit.-arztl. Ztschr. V. 4
u. 5. p. 217. 1876.)
Vf. — dessen Abhandlung sich in rflhmlichster
Weise den von uns achon besprochenen Arbeiten fiber
Schnssverletzungen der Gelenke (Jahrbb. CLXIX.
p. 168 ; CLXXI. p. 54) anschliesst — hat die Akten
der Militar - Medicinal - Abtheilung des preussischen
KriegHministerinms benutzt und ausserdem durch spe-
cielle Rttckfragen sich fiber den gegenwartigen Zn-
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VI. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otlatrik.
stand der Verletzten Aufkl&rung verschafft. Das
Fussgelenk ist fhr die vorliegende Arbeit in seiner
engsten Bedentung ala Talo - Cniralgelenk aufgefasst
worden nnd somit warden auch nnr diejenigen Fftlle
bertlcksicbtigt, welche die drei das Gelenk bilden-
den Knochen oder ihre GelenkflAchen betrafen. Nur
in wenigen Fallen wurde anch der verletzte Calca-
neus und die andem in der Nahe gelegenen Fuss-
wurzelknochen hinzugerechnet , wenn eine gleich-
zeitige Verletzung des Talo - Cruralgelenks wahr-
scheinlich war , wahrend alle (lbrigen Verletzungen
des Tarsus nnd der Tarsalgelenke ex nexn blieben.
Abgesehen von den einfachen Kapsel Streif-
und ContusionsschUsaen sind nach S o c i n drei Kate-
gorien der Fussgelenksschllsse zn unterscheiden , je
nachdem die Unterschenkelknochen allein, der Talus
allein oder beide zusammen verletzt sind. Bei der
ersten Kategorie pflegt meist eine ausgedehnte Kno-
chensplitterung vorhanden zu sein , bei der zweiten
sind in der Regel mehrere Tarsalgelenke mit verletzt,
wahrend die Falle der dritten Kategorie sich in der
Regel auf das Fussgelenk beschr&nken. Hue ter
bemerkt , dass Schussfrakturen eines der Malleolen
ohne Betheiligung des Gelenks vorkommen kbnnen
und dass Schttsse, die in einiger Entfernung vom
Gelenk durch den Knochen verlaufen (die gefohr-
lichste Stelle ist 1 — 2" liber dem Gelenke), dasselbe
mehr geiUhrden als diejenigen , die in unmittelbarer
Nahe des Gelenks den Knochen durchbohren. Im
Allgemeinen ist die Diagnose der Schussverletzungen
des Fussgelenks nicht schwer, doch kommen Falle
vor , die anscheinend leicht durch ihren stllrmischen
Verlauf erst ihre Bedeutung erkennen lassen; na-
mentlich muss man auch an die bis in das Gelenk
sich hinein erstreckenden Fissuren denken.
In Bezug auf die Behandlung ist die con-
servative Behandlung ohne oder mit Operation (Re-
sektion) und die verettlmmelnde zu unterscheiden.
Die rein conservative Behandlung der Fussge-
lenkschbsse wurde in frtthem Kriegen nur in ganz
leichten Fallen gettbt, im letzten Kriege dagegen
vielfach, doch ist Vf. nicht in der Lage, die genaue
Zahl der so behandelten Falle angeben zu kfinnen.
Besondere Beachtung hat L tick e dieser Behandlung
gewidmet und B. v. Langenbeck bat dieselbe des-
halb empfohlen, da gerade bei diesem Gelenke die in
Frage kommende chirurgische Behandlung : vollstan-
dige Immobilisirung bei rechtwinkliger Stellung des
Fussgelenks, Incisionen und Splitterextraktionen, be-
sonders ausfilhrbar ist. Er ertheilt den besondern
Rath, bei Zertrtlmmerung des Fussgelenks durch
Geschosse schweren Calibers exspektativ zu verfah-
ren und nicht etwa primar zu reseciren, sondern das
Gelenk vSllig zu immobilisiren imd eine sekundare
Resektion in Aussicht zu nehmen. Die sorgfaitige
Immobilisirung des Fussgelenks ist besonders wichtig,
da das Gelenk in der entztlndlichen und Eiterungs-
periode die rechtwinklige Stellung zu verlassen strebt,
wie diess Bonnet’s Versuche gezeigt haben. Durch
Incisionen in das Gelenk , durch feste Verbande ge-
lingt es, der Neigung des Gelenks, in die Spitzfuss-
stellung flberzugehen , entgegenzutreten. Von Wich-
tigkeit ftlr den Verband ist es, den Decnbitus an der
Ferse zu verhflten, wozu die Volkmann’sche
Schwebe und dieRiB’sche Methode, bei welcher
durch entsprechende Vorrichtungen das Bein so ge-
lagert wird, dass die Ferae frei liegt, in Anwendung
kommen. Ausser dem festen Verbande kommen noch
das antiseptische Verfahren , prolongirte Fussbader
(bei mit Damaraharz getranktem Gipsverbande) in
Betracht nnd man wird in Zukunft vielleicht in dieser
Behandlung noch gltlcklicher sein, wenn man bei der
Evakuation sorgfaltig ist und Kr. mit schweren Fuss-
gelenkverletzungen (lberhaupt nicht, oder mttglichst
spat langere Zeit hindurch transportiren lasst. Die
Casuistik von Beck Aber conservirend behandelte
Fussgelenkschasse ergiebt bei 38 Fallen eine Mor-
talitat von ll.l®/ 0 , Lttcke hat 8 Falle behandelt,
die in denen Heilung erfolgte ; ahnlich werden von
andem Autoren gttnstige Resultate berichtet. Die
Resektion des Fussgelenks wurde bekanntlich 1792
von Moreau wegen Caries verrichtet, aber erst
durch B. v. Langenbeck in die Kriegschirnrgie
eingefllhrt, der die Operation 1864 5mal, darunter
1 tbdtlicher Ausgang, verrichtete. Wahrend des
Krieges 1870/71 ist die Resektion (totale und par-
tielle) im Ganzen 97mal ausgeftlhrt worden. Ueber
das Endresultat der Resektion ist Vf. mit den Operir-
ten , so weit als moglich , in direkte Correspondenz
getreten, theils sind dieselben besonders nochmals
untereucht worden , so dass bei 93 Resektionen ge-
nauere Angaben (bei 4 Franzosen war diess nicht
mOglich) gewonnen werden konnten.
Die Totalraektion des Fussgelenks wurde 60mal aus-
geffihrt , in keinem Falle am Tags der Verwundung oder
am Tage nach derselben ; lmal am 2. , lmal am 7. Tage,
in aUen ubrigen Fallen nach diesem Tage , und swar vom
8.— 14. Tage 9, vom 15. — 21. 12, vom 22. — 28. 9 nnd
noch spater 18mal. In den beiden Fallen von Frfih-
resektion blieb das Leben erhalten ; bei dem einen Kr.
wurde eine Nachamputatlon nothig. Von den In der 9.
Woche operlrten 9 starben 4, in einem Falle war Naoh-
amputation des Oberschenkels ndthig; von den in der
3. Woche operirten 12 Kr. fiberlebten 6 die Operation
[1 starb an Knbr], In den 17 Fallen, in denen die Re-
Bektion nach Ablauf der 3. Woche ausgefubrt wurde, trmt
7mal der Tod ein. Von den 60 Totalresektionen im Gan-
zen blieb in 4 F. der Ausgang unbekannt , in den fibrigen
46 F. warden 26 = 62% das Leben erhalten (darunter
2 Amputirte) , 20 Operirte starben 40% (darnnter 7
Ampntirte) oder bei Berechnung von nnr 46 Fallen resp.
66.7 und 43.3«/„.
Obscbon hiemach die Tot&lresektion in Bezug
auf Erhaltung des Lebens nicht gttnstig eracheint,
so bat sie doch bessere Resultate ergeben , als die
durch Fussgelenk schtisse bedingten Amputationen
des Unterachenkels , welche eine um 2.9% hdbere
Mortalit&t bieten. Diese Resektionen warden aber
nur unternommen, wo nach den frflhem Grundsitzen
die Amputation gemacht worden wire ; sie sind also
schon hinsichtlich der Lebensrettung als ein Fort-
schritt zu bezeichnen. Eben so wichtig sind aber
noch die funktionellen Resultate. Die Verktlrzung
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VI. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
des operirten Beines variirte von 1 — 15 Ctmtr. ; sie
enteprach vielfach dem Maaase der entfernten Kno
chcntheilc, in andern Fallen war sie durch die reioh-
liche Knoehenproduktion gegeuilber den durcli die
Operation gesetzten Knoclicndefekten sehr vermindert
oder gar aufgehoben. Der gross te Theil der Operir-
ten konntc mit dem betreffenden Fusse , wenn auch
mit Hiilfe cines Stockes oder ciner Killcke, gelien ;
in einzelnen Fallen war allerdings die Stellung des
Fusses eine so feklerhafte , dass ein Aufsetzen des
Fusses nicht nioglich war. Die Heilung erfolgte mit
Ankylose , die als gutes Resnltat zu bezcichneu ist,
wenn sie im rechten Winkel erfolgte ; es sind des-
halb, da Ankylose erstrobt werden muss , alle Bewe-
gungsversuche im Gelenke zu unterlassen.
Von partieUfH Resektionen des Fussgelenks hat
Vf. 47 Falle genayor ermitteln konnen; von den
betreffenden Operirten wurden 33 = 7O.2 0 / o gelieilt
(darunter 1 Amputirter) , wahrend 14 = 29.8°/ 0
Btarben (danmter 1 Amputirter).
Pie Entfernung der Tibia urul Fibula wurde 18mal
ausgegefQhrt ; 13 Operirte (72.2%) wurden gehellt und
5 (27.8%) starben j die Operationen nach der 3. Woehe
waren in Hezug auf Lobensrettung am gunstigsten. Als
auaserordentlich giinstig vcrlaufen wird ein Fall erwahnt,
in dem Hue ter die Operation ausgefuhrt hatte. Der
Operirte vermag Stunden lang auf die Jagd zu gehen nnd
Treppen zu stelgen und hdchsten im tiefen Sande nimmt
er ein geringes Mindermaa-ss der fruhem Leistungsfahig-
keitwahr; dasGelenk istaktiv beweglieh, etwas inValgus-
stellung und verdiekt ; cine Verkurzung von 4 Ctmtr. let
vorhanden, ohne den Operirten zu behindern. — Naehdie-
ser Operation ist auch der einzige Fall von Schlottcrgelenk
beobachtet. Es erfolgte 7mal Heilung mit Ankylose, 2raal
im stumpfen Winkel , Imal mit Subluxation nach aussen ;
die Verkurzung der Extremitat betrug von 2 bis 10 Centi-
meter. Ausser dem obenerwabDten Pat. war keiner, der
gaoz ohne Stock ging ; 5 hedienen sich eines solchen , 2
gebrauchen Krucken. Hiernach mass die Entfernung der
Tibia nnd Fibula als eine heilbringonde Operation ange-
eehen werden.
Dio Entfernung der Tibia aUein wurde 6mal ausge-
fuhrt, nur in 1 Kalle mit todtlichem Ausgange (16.6%);
in elnem andern Falle mnsste die Amputation nachtr&glieh
gemacht werden ; in 1 Failc tratBeweglichkeit im Gelenke
ein, so dass dasselbe bis zu 75 Grad flektirt werden
konnte ; in den 3 ubrigen Fallen erfolgte Ankylose.
Die Entfernung der Fibula all ein wurde 6mal ausge-
fuhrt, wovon 2 Falle todtlich verliefen; in den 3 ubrigen
war das Resnltat 2mal ein reeht gutes , lmal ein ungenu-
gendes ; die Operation ist also fUr geeignete Falle recht
empfehlenswerth.
Die Fibia und der Talus zugleich wurden 2mal resecirt ;
in beiden Fallen blieb dasLeben erhalten. In einem Falle
war das Resultat eine Verkurzung von 8 Ctmtr. und eine
gate Stellung des Fusses ; im andern Falle trat Ankylose
In Spitzfuasstellung ein.
Die Entfernung der Fibula und des Talus bat ein sehr
ungilnstiges Resultat ergeben ; von 6 Operirten starben 5
(darunter 1 spater am Oberechenkel Amputirter) ; der
einzige am Leben gebliebene hat eine Verkurzung von
3 Ctmtr., geht aber mit erhohter Sohle am Stocke.
Ebonso hatte die Entfernung des Talus allem nn-
g&nstlge Resultate, indem von 3 Operirten 1 starb, 1 sich
einer nachtraglichen Amputation desUnterschcnkelsunter-
ziehen musste und 1 mit ADkylose in Spitzfussstellnng ge-
beilt wurde.
In einem Falle wurde Fibula, Talus, Os cuboid- und
ein Theil des Calcaneus von B.v.Langenbeck entfernt;
das Resultat war ein sehr gutes.
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Talus und Calcaneus oder Thole dieser Knochen wur-
den 3mal mit recht gutem Erfolge entfernt. In 1 Falle,
in dem allerdings die carioeen Wande des Schusskanals
nnd einige Enoch ensplitter beider Knochen entfernt wur-
den , vermochte der Operirte (Offlcier) leichten Dienst zu
thun.
Der Calcaneus wurde 2mal mit gflnstigem Erfolge
entfernt.
In einem Falle wurde Talus, Calcaneus, Os navicular e
entfernt, nachderu das Os enhoid. in Stucken extrahirt
war. Der Operirte konnte mit einem entsprechenden
Stiefel gehen.
In alien diesen Fallen von partieller Resektion
wurden diejenigen Knochen und Knochentheile ent-
femt , die erlieblich beschUdigt waren , with rend die
intakten Partien und auch einfach frakturirtc oder
angesplitterte Knochentheile ohne Nachthei! flir den
Pat. stehen blieben.
Die osteoplastisc/ie Operation nach Pirogoff
wurde wahrend des Krieges 1870/71 wegen Schuss-
verletzungen des Fussgelenks 6mal ausgefiihrt; 2 F&lle
endeten todtlich. Nach den wegen anderer Verwun-
dungen wahrend desselben Krieges vorgenommenen
23 Operationen nach Pirogoff starben 11. — Die
Exartikulatiion nach Syme wurde wegen Schnss-
verletzungen des Fussgelenks 4niai gemacht ; in 2 F.
erfolgte der Tod.
Die Amputation des (JnterschenkeU wurde we-
gen Schussverletzung des Fussgelenks wahrend des
letzten Krieges 1 4 5raal ausgeftlhrt ; 71 Falle endeten
in Heilung, 61 mit dem Tode , in 13 Fallen konnte
das Resultat nicht sicher ermittelt werden ; es ende-
ten also 46.2°/ 0 mit dem Tode, eiu Resultat, das die
T otalresektionen um 2.9° 0 und die partiellen Re-
sektionen um 16.2 und alle Resektionen im Ganzen
urn 9.6% tlbertrifft. Die sonst mit den Resektionen
verglichene Amputation im untern Drittel des Unter-
sclienkels ergab 53.9°/ 0 Todte, wogegen die Morta-
litat nach der Amputation im obern und mittlern
Dritttheil nur 38.5, resp. 36°/ 0 Todesfillle ergab.
Die primare Amputation ergab die beaten Resultate,
dann folgten die in der Zeit vom 1. bis 7.Tage vor-
genommenen, wahrend die in der Zeit vom 22. bis
28. Tage ausgefilhrten das ungtlnstigste Ergebniss
batten. Ganz spate Ampntationen , welche erst nach
der 12. Woehe, und zwar in einem Falle 1 Jahr und
8 Mon. nach der Verwundung, vollzogen wurden, lie-
ferten librigens die weitaus besten Resultate, namlich
keinen Todesfall, wahrend die in der 1. Woehe ge-
machten Amputationen 38.5°/ 0 Todesftllc hatten. Die
haufigste Todesursache gab die Pyimie ab.
Der Abhandlung sind tabellarische Uebersichten,
sowie eine ganz specielle Analyse aller zur Arbeit
benutzten Falle beigefQgt. (A 8 c h 6.)
428. Ueber Behandlung dor varikdaen
Geschwtire rnittels der Ldsung des xceinsteinsaureii
Kiserdcali ; von Dr. H. Bourguignon. (L’Union
38. 1876.)
B. wendet das Mittel in Lttsungen von 2, 4 oder
6 Grmm. anf 100 Grmm. dest. Wasser (mit Znsatz
von 10 Tr. Ammoniak , um Nlederschlag zu vermei-
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VI. Chirurgio, Ophth&Imologie u. Otiatrik.
den) , je nach der Toleranz des Kr., an bei chroni-
Bchen Geschwflren, besondera aber bei varikosen Ge-
schwttrcn , nnd zwar in Form von Waschungen und
von Vcrb&nden. Ein Bauscb von feiner Charpie, mit
der Losung getrknkt, wil’d an fangs fillh und Abends
anf daa Geschwflr aufgelegt , spelter , wenn die Ver-
narbnng weiter fortgeschrittcn ist, nnr Abends;
darftber wird ein Ceratverband angolegt. Wenn die
Application des Mittcls anfangs Schmerzen erregt,
•wird abwechselnd rait Opinmcerat verbunden ; nach
einigen Tagen kann man dann das Mittel in der
Regel ausschliesslich in Anwendung bringen. Wenn
die Vernarbnng ziemlich vollstandig ist, wird mitdem
HbHensteinstift geiitzt, um die Oberfl&che der Narbe
zu glatten und die Heilnng zu beschleunigen. Die
anf diese Weise erhaltenen Narben sind fest und
sieher vor Rccidiven in Folge der soliden Organisa-
tion des neugebildeten Bindegewebes. Von der sorg-
f<igen Ausfiihrung des Verbandes hingt der Erfolg
ab ; die Charpie muss fein sein , die Ceratbedeckung
reichlich, der Charpiebauseh muss sich, mit warmeni
Wasser getrttnkt, so abnehmen lassen , dass keiu
Fadchen auf der Wundflftche zurtickbleibt , weil da-
dnrch der Heilungsvorgang gestdrt wlirde.
(Asch4.)
429. UeberPapillome und Epithelioma der
FnMsohle ; von Prof. Dr. W e r n h e r. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. VI. 6. p. 519. 1876.)
Die schon von Streubel ausgesprochene An-
sicht, dass die Bezeichnung „Mal perforant du pied“
keine typisch begrenzte Kraukheit begreife, kann
nach den Arbeiten von H. Fischer und Paul
Brnns (vgl. Jahrbb. CLXVIII. p. 178) nicht mehr
bezweifelt werdcn , so dass es ein Bedllrfniss gewor-
den ist, jene Bezeichnung ganz fallen zu lassen und
die VerachwHrungen an der Fusssohle nach ihren
weeentlichen Eigenscbaften zn benennen. Auoh der
von P. Bruns vorgesclilagene Name „Decnbitusge-
schwttr" passt nur fttr viele, aber nicht fttr alleF&lle,
da bei vieien Personen , die streng im Bett gehalten
warden, derartige Geschwflre vorkommen. Fttr viele
Fttlle passt die Bezeiclimmg „neuroparalyti8che Ge-
schwtire“, w&hrend der Name „I)eciibitusgeschwttre“
fttr sie nicht, wofal aber fttr solche, die in einer trau-
matischen LXhmung des Rttckenmarks begrttndet
sind , passt', wie ja Drnckgeschwflre in gelRhmten,
bdematdsen Partien langst bekannt gewesen sind.
In ttlmlicher Weise erklaren sich die bei intaktem
Centralorgane bei Verletzung eines Nerven entstan-
denen Geschwflre , wobei W. der interessanten Be-
obachtung gedenkt, diecraneinemStudentenmaclite,
welcliem im Duell die meisten Nerven des Plexus
brachialls durchschnitten waren und bei dem die hart-
nflckigsten, dem Mai perforant gleichen Anschwellun-
gen an deq Fingem auftraten.
Zu den bereits frttber bekannten Formen des
sogea. Mai perforant hat Schoemaker (Arch. f.
kiln. Chir. XVI; Jahrbb. OLXV. p. 164) eine hig-
her kaum beachtete Form hinzngeflgt, die er als das
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ttchte Mai perforant bezeichnet, nkmlicb das Epilhe-
liom , oder besser das weitausgebildete Papillom der
Ferse. W. kennt (entgegen der Behanptung Son-
nenbnrg’s, dass das Epithcliom der Fusssohle
nic-hts Neues sei) nur noch eine kurzc Mittbeilung
von V o 1 k m a n n flber das Cancroid der Fusssoble
(Jahresber. 1868 bei Gelegenheit einer Besprechung
einer Arbeit von Lucain). Bei der Dttrftigkeit des
bezttglichen Materials maclit daherW. folgende zwei
Beobachtungen bekannt.
1) Kin 68jahr. Landmann zeigte bei seiner Aufnahme
am vordern Theilc der Ferse pin resp. 9 und 6 Ctmtr. in
den Durchmessern haltendcs , ziemllrji rundes Gescbwur,
(lessen ganze Flaehe, mit papillamiWiiehernngen bedeekt,
sich als wahres Rlumeikohlgewachs prasentirte; die ein-
zelnen Wucherungen von Haselnussgrfisse sassen auf
dunncn Stielen und waren auf ihrer Oberflache vjeMbch
zerkluftet; die Zwischcnraume mit sehmierigem flbel-
riechenden Epithelialbrei crfaitt ; die umgebende Epider-
mis etwas verdiekt und aufgeboben; der Fuss stand in der
Spitzfussstellung. Sonst befand sich Pat. wohl ; die Tera-
peratur und Fmpflndlichkeit des Unterschenkels war mit
Ausnahme der GeschwiireteUe normal ; die Sonde drang
nur zwischen die Papillen ein. Zuerst war vor 54 Jahren
durch Druck von sehlechtem 8chnhwerk eine groschen-
grosse Schwiele entstanden, die sich langsam vergrfsserte
und den Pat. nftthigte auf den Zehen zn gehen ; erst 1 */ a
Jahre vor seiner Anfnahme begann die Exulceration. Das
Hautstuck wtirde exstirpirt und die Untersuchung ergab,
dass die elnzelnen Wucherungen aus maehtig vergrosser-
ten , vielfach verastelten , mit dicker Epidermis belegten
Papillen beBtanden, und dass die krankhafte Verinderung
die Cutis noch nicht fiberschritten hatte. Es erfolgte
Heilung.
2) Ein 45jahr. Mann hatte seit langen Jahren eine
Schwiele auf der Fusssohle , die vor 4 Jahren zu wachsen
nnd heftig zn schmerzen begann, nndanflngzuexulceriren.
Es zeigte sich eine kreisrunde Schwiele von der Gr5ase
eines Funfmarkstiicks , die der Lange nnd Quere nach
rissig und gespalten war. YV&hrenrt die SensibilitSt sonst
uherall normal war, war die Schwiele selbst sehon bei
leisester Bertthrung unertraglich schmcrzhaft. In Ihrer
Mitte war eine kleine Oeffnung ; die Sonde konnte im gan-
zen Umfange des Geschwurs herumgefuhrt werden ; der
Boden des Geschwurs zeigte sich dieht mit schmutzig
dunkelrothen , derhen papillaren Wucherungen bedeekt.
Da der Pat. in eine Exstirpation nicht willigte , die Ab-
tragung der verdicktcnEpidermisschicht undnachfolgende
adstringirende Uraschlage nicht zum Ziele fuhrten, wtirde
die Salpetersaure zunrichst und , da diese zu langsam zu
wirken schien, Kali caust. angewandt, wodurch die papil-
laren Wucheningen vollstandig zerstCrt wurden ; die ge-
sunde Narbe erhielt sich mehrere Jahre bis zu dem an
einem Hcrzleiden erfolgenden Tode des Rranken.
Auffallend ist der langs&me Verlauf der mibepi-
dermoidealen Papillome und Epithefiome der Ftws-
sohle, ebenso die Seltenheit des Auftretens derselbeu
bei dea vieien ortlichcn Reizen, die an dieser Region
wirken, und bei der starken Entwicklnng der llaut-
papillen. Es muss also noch etwas kiuzukoiinaen,
damit sich ein Papillom uttd aus diesem ein Epithe-
lium ausbilde ; die Beobachtungen von Schoema-
ker und V o 1 k m a n n zcigcii diesen Uebergang zum
malignen Epithcliom bereits und W. nimmt an, dass
in 8einem eraten Falle die rasche Ausbreitung der
Exulceration, nachdem die Geachwulst 54 Jahre gtft-
artig geblieben war , darauf hindeutete , dass sic ki
die maligne Form ttbenmgehen im Begriflf sei. Da
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
190
VI. Chirnrgie, Ophthaljnologie u. Otiatrik.
so der Uebergang der gutartigen in eine bdsartige
Form sich constatiren lisst, so istdieNothwendigkeit
eines Eingriffs geboten. (A s c h 6.)
430. ZurCasuistik der angebornen Augen-
krankheiten; nach Burnett; Santisson, Web-
ster.
Dr. Swan M. Burnett in Knoxville (Arch. f.
Augen- u. Ohrenheilk. IV. 2. p. 261. 1875) beob-
achtete einen Fall von unvollkommener Enhoicke-
lung dei ■ Iris in beiden Augen eines Negers.
Die Iris war nur als ein schmaler Streifen dunkel-
brauncn Oewehes vorhanden. Dieser Streifen bildete
keinen gleichmaasigen Ring, sondern war an manchen
Stellen (der Abbildung nach an ffinf) vollstandig ver-
schwunden. Die Verbindung zwischen diesen Stellen war
geradlinig. Auf der vordem Linsenkapscl befand sich
eine kleine , etwas erhabene Trubung. Pat. klagte fiber
Blendungscrscheinungen. Sonstige Anomalien desKorpers
waren nicht vorhanden.
Korektopie mit Linsenverschiebung fand Dr.
Santisson (Petersb. med. Ztschr. N. F. V. 3.
p. 262. 1875) bei einem lljfthr . , gracil gebauten
M&dchen.
Die ubrigens runde Pupille war beiderseits nach oben
u. aussen verlegt, so dass vom Ciliarrande der Iris nur ein
ganz schmaler Streifen ubrig blieb. Die Iris war normal,
bias von Farbc, aber stark schlottcrnd. Am linken Auge
war dieKrystalllinse nach oben u. aussen versehoben; am
rechten Ange deutete das verzerrte Bild des Augenhinter-
grundes ebenfalls auf Ektopie der Linse , doch Hess sich
deren Lage nicht genau ermitteln. Das Sehvermbgen war
erheblich beeintrachtigt.
Lentikonus bestand nach Dr. D. Webster in
New -York (Arch. f. Augen- u. Ohrenheilk. IV. 2.
p. 262. 1875) bei einem 24jfthr. Burschen , welcher
wegen schwachen Sehvermflgens keine Beschftftigung
finden zu kdnnen angab.
Pat. laB mit beiden Augen kleine Schrift anf einen
Maximaiabstand von nnr 3", ffir die Feme waren sehr
starke Concavglaser (Nr. 2 und Nr. l'/a mit Cylinder-
kriimmung) nothwendig. Naeh erweiterter Pupille wurde
das Sehen in die Feme durch Convex Nr. 10 gebessert.
Mit dem Augenspiegel sab man zwei Bilder: in einem
centralen Kreise tauchten die Blutgefasse der Netzhant
auf, die an dessen ausserer Peripherie plOtzlich wie ab-
gebrochen aufhorten, in gleicher Weise sah man in dem
peripherischen Theile Blutgefasse , welche an der innern
Grenze aufhorten. Je nachdem der Boobachter durch den
centralen oder den peripherischen Theil der Pupille blickte,
brauchte er Concav Nr. 2 Oder Convex Nr. 10. Die Augeu
waren also im centralen Theil kurz-, im peripherischen
fibersichtig. Krst bei seitlicher Belenchtung liess sich die
Ursache dieser Anomalie erkennen ; die Linse w51bte sich
nimlich im Centrum kegelformig in die vordere Kammer
vor. Von vom geseben erschien die Pupille wie mit con-
centrischen Kreisen versehen und glich bei einer gewissen
Belcuchtung einem Ocltropfchen. Die Horahaut hatte
eine normale Krummnng. An der h intern Linsenkapsel
war ein geringer Polarataar vorhanden , auch schien die
Netzhaut nicht ganz normal zn sein. (G e i s s 1 e r.)
431. Zur Casuistik der Augengesohwulste.
Aus den pathologisch - anatomischen Demonstra-
donen des Prof. Dr. v. Buhl inMflnchen theilen die
Assistenz&rzte Dr. H. Mayer und Dr. E. Schwe-
ninger die nachstehenden F&lle mit (Bayer, krztl.
Intell.-Bl. XXIII. 4. 1876).
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1) Pigmentirtes Rundzellensarkom, das sich bei einem
lljahr. MSdchen an der Innenseite der linken Orbita im
innigen Znsammenhange mit den Muskeln und Fasclen
angeblich binnen wenigen Wochen entwickelt hatte. Der
Bulbus war stark nach aussen gedrangt, unbeweglich; die
Schmerzeu waren unertraglich geworden. DicGeschwuist
wurde sammt dem Bulbas entfemt. Sie war von Wall-
nussgTosse , lappig , pigmentirt. Der histologische Cba-
rakter ist schon angegeben. Die Papilla ragte um 3 Mmtr.
in den Glaskorperranm vor.
2) Rundzellensarkom (Gliom??) bei einem 64Jahr.
Manne , dessen Auge seit 1 J. wiederholten Entzundungs-
anflUlen ausgesetzt war. Die Geschwulst stellte eine
sulzige, weiehe, weisse Masse mit welliger Obcrflache dar.
Sie lag hinter der Linse im vordem Theile des Glaskor-
pers und erstreckte sich fiber die Ora serrata hinaus , an
einzelnen Stellen in die Aderhaut hinein. Sie hatte sich
wahrscbeinlich vor dem vordem Theile der Netzhant ent-
wickelt. Die Netzhant war ubrigens abgeiost.
3) Sarkombildung an der Hinterflache der Iris nebst
Eiterbildung im Glaskorper in Folge eines vor 3 Wochen
eingedrungenen Eisensplitters. Drei Monate nach der
Operation zeigte der Stumpf in der Orbita ein Sarkom-
reeidiv in Form einer rothen , wulstigen Masse. Noch-
malige Entfemung. Spater kein Recidiv mehr.
4) Rundzellengeschmulst im Glaskbrperranme eines
phthisischen Bulbns. Vor 2 Mon. war ein Metallsplitter
eingedrungen , der sich auch in Mitten der Neubildung
vorfand. Von der Netzhaut war selbst mikroskopisch
nichts wahrzunehmen. Zwischen Aderhaut und Sklera
zeigte sich an einzelnen Stellen eine braunliche , sulzige
Masse. Die ubrigens derbe, weisse Geschwulst war leicht
pigmentirt and von zahlreichen Gefassen durchzogen.
Edw. Nettleship bericlitet liber nachstehende
Fftlle von gleichfalls sarkomatdsen Geschwtllsten
(Ophtbalm. Hosp.-Rep. VIII. 2. p.264. Sept. 1875).
1) Ein 18jahr. Madchen hatte vor l'/i J- eine Con-
tusion des rechten Auges erlitten. Es entwickelte sich ein
traumatiseber Staar, welcher operirt wurde. Auffallig
war , dass das Sehfeld eingeengt war. Vier Monate nach
der Staaroperation wurde das Ange schmerzhaft und
wurde enukleirt. In demseiben fand sich ein pigmentirtes
Spindelzellensarkom von nahezu runder Form und der
Grosse einer kleinen Kirsche. Seinen Ursprung hatte es
von der etwas vertieften Skleralnarbe am obern finssern
Cornealrande genommen , welche jetzt als eine schmale,
weisse Bandmasse erschien. Hinter dem Ciliarrand der
Iris gelegen, hatte die Geschwulst den Ciliarkorper von
der Sklera abgedrangt.und war nach dem Raum , wo die
Linse gewesen , und der Glaskorperachse zn gewuchert.
— Drei Jahre nach der Enukleation war das Madohen
noch gesund geblleben.
2) Bei einem 12jahr. Madchen, deren Mutter an
Krebs gestorben, hatte sich seit einigen Wochen eine Ent-
zfindung des rechten Anges entwickelt. wobei hinter der
Linse eine trfibe, grunliche, mit gelben Flecken hesetate
Masse zu sehen war. Der Bulbus wurde enukleirt. Die
brechenden Medien waren normal, die Retina grossten-
theils von der Aderhaut abgelfist. In der Aequatorial-
gegend nach unten aussen befand sich ein Aderhauttumor
von 6 Mmtr. Dicke , welcher mit der Sklera und der Re-
tina fest verwachsen war. Die ganze Aderhaut erschien
ausserdem dicker als gewohnlich. Zahlrelehe miliare
Knotchen waren fiber die Aderhaut und die Netzhaut zer-
streut, auch an der hintem Irisflache waren zwei Knfitchen
vorhanden. Histologisch musste die Geschwulst als ein
Rundzellensarkom erklart werden, welches sekundare
Wncherungen erzeugt hatte. Man konnte die Zellen-
wanderung in dem verdickton Gewebe verfoigen.
3) Ein kleinzelliges Sarkom der ThrdnendriUe rechter-
seits hatte sich scheinbar binnen wenigen Wochen bei
einer 42jahr. Fran entwickelt. Drelviertel Jahr fraher
war ihr ana dem rechten GehOrgang ein „ Polyp* entfemt
Original froim
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VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. OtUtrik.
worden. Der Tumor war 2 — 3mal grosser ala die normale
Druse, flach gedruckt , leicht gelappt. Ein Theil der
Driuensubstanz war noch erhalten , grosstentbeils war sie
in der Gesehwulstmasse nntergegangen. Das weitere
Schicksal der Operirten blieb unbekannt.
Ein pi-imdres h-ismrkom beobnchtete Dr. Char-
les J. Kipp in Newark (Arch. f. Augen- u. Ohren-
heilk. V. 1. p. 177. 1876) bei einem 36jfthr. Mann,
dessen Vater Lidkrebs gehabt hatte.
Pat. hatte vor 12 J. am nntern Pupitlenrande der
Iria des rechten Auges ein rSthliches, stecknadelkopf-
grosses Knotchen bemerkt. Dieses blieb stationar, bis es
eret in den letzten 4 Woehen atif das Doppelte wuchs.
Schmerzen hatten sich ebenfalls erst in der letzten Zeit
eingestellt. Hinter der dnrchsichtigen Hornhant des fibri-
gens reizlosen Auges sah man in der vordernKammereine
deischfarbige , glatte Geschwulst von 7 Mmtr. Hohe and
6 Mmtr. Breite. Diese ging mit breiter Basis von dem
nntern innern Quadranten der Iris ans nnd verdeckte die
Pnpille fast vollstiindig. Es bestanden keine Synechien,
die Pnpille war nach oben crweiterungsfahig , Linse nnd
Angenhintergrund waren gesnnd. Die Spannung war nor-
mal , die Sehkraft ebenfalls. Die Excision des betrelfen-
den Irisstuckes init der anfsitzenden Geschwulst gelang
ohne besondere Schwierigkeit. Nach 18 Mon. war Pat.
noch als frei vou jedem Recidiv zu betrachten. Die Ge-
schwulst bestand hauptsachlich aus spindelformigen, fein-
k&rnigen Zellen mit sehr langen , feinen Auslaufern. An
der Basis fanden sich auch freie , ovale Keme. Pigment
war theils in freien Kornem, theils in Grnppen eingestreut.
Die Basis king mit derPigmentschicht der Iris zusammen,
nbrigens aber war das excidirte Irisstuck normal. Blut-
gefasse waren in ziemlich bedeutender Anzahl vorhanden.
Dusaussoy (Boll, de la Soc. anat. de Paris
3. Sdr. X. p. 211. Mars — Avril 1875) verOffentlichte
folgenden bemerkenswertlien Fall von angiolithiechem
Sctrkom ( Psammoma ) des Se/inerven , in welchem
nach Extirpation des Atigapfels Convexitdtsmenin-
gitis mit tOdtlichem Verlaufe eintrat.
Ein 60jahr. , ansserst kraftiger Fuhrmann war an-
geblich vor 18 J. , nnd zwar nnmittelbar nach der Aus-
ziehnng eines Backzahns, anf dem linken Ange erblindet.
Vor 6 J. hatte sich anscheinend in Folge eines Schlages
ein Exophthalmus eingestellt, der An fangs sebr langsam,
in dem letzten halben Jahre rasch zugpnommen hatte. Seit
einigen Jahren bestanden unregelmassig, meistens Nachts
anftretende, nicht sehr heftige, linkseitige Kopfschmerzen.
Syphilitiseh war Pat. nicht gewesen. Bei der Vorstellnng
war der Bulbas beinahe ganz ans der Orbita hervorge-
drangt, so dass die Hornhaut von den Lidern nicht mehr
bedeckt werden konnte. Die ganze Blndehaut bildete einen
rothen, fleischigen Wulst. Der Bulbus war nnr ein wenig
nach unten nnd innen abgelenkt nnd war noch ziemlich
gat beweglich. Be ini Eingehen mit dem Finger zwischen
ihm und Orbitaldach fuhlte man in der Tiefe nach der
N^salseite zn eine Geschwulst.
Die Extirpation wnrde in der gewohnlichen Weise
vorgenommen. Da die Thranendrfise 1m Znsaromenhang
mit dem Tumor zu stehen schien, wnrde auch sie mit ent-
fernt. Die vom Sehnerv durchzogene Geschwulst hatte
dieGrosse einer Kastanie und zeigte eine nnregelmassige,
warzenformige Oberflache , anf dem Dnrchsehnitt war sie
welssgTau , von derbera Gefuge , mit einzelnen verfetteten
Herden. Der Sehnerv selbst war in der Geschwulst nur
als ein flbroser Strang zu erkennen. Nach geeigneter Pra-
paration der erharteten Geschwulst wnrde constatirt, dass
in einer ans Spindelzellen und Zellenkernen bestehenden,
mit BindegewebBfasem dnrchzogenen Masse zahlreiche
nengebildete Blutgelasse vorhanden waren. An dlesen
Gefassen sassen klelne runde KOrner In grosser Anzahl,
ahnlich dem Hiraaand an den Gefkssen des Aderhautplexus
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191
in den Himventrikeln. Diese KSrner bestanden aus einem
Kalkkern , der von plattgedruckten Sarkomzellen einge-
hullt war.
Am 3. Tage nach der Operation traten Delirien anf,
die Atkmung wurde unregelmassig , der rechte Arm war
gelShmt , ebenso das rechte Bein . die Beugesehnen am
rechten Vorderarm waren contrahirt. l>ie Hautsensibilitat
am ganzen KOrper war herabgesetzt. Pat. fleberte, wurde
mebr und mebr soporos und starb am 7. Tage nach der
Operation.
Die Sektion ergab eitrige Convexitatsmeningitis , die
insbesondcre in der Oegend der Seitenwandbeine eine
mehrere Millimeter dicke Schicht bildete, wiihrend an den
Stimlappen und an den Ulntcrhauptslappen die Affektion
nur unbedeutend war. Bcmerkenswerth war noch eine
Resorption des compakten Gewebes mehrerer Knochen
der Scbadelbasis : am linken Stimbein war das Orbital-
dach kaum mehr knocheru zu nennen . nicht vie! dicker
war das rechte Stirnbein , beide Fclsenbeine waren so
dunn und durchsichtig , dass man sie mit einer Pincette
durchstosscn und die Gehorknochelchen herausbolen
konnte. Der iinke Sehnerv innerhaib der Schadelh5hle
war urn ein Drittel diinner als der rechte. Zwischen dem
Chiasma und seinem Durchtritt durch das Keilbein / and
tich eine zweite, bohnenformige Geschwulst . die denselben
Charakter wie die Orbitalgeschwulst hatte. Indem diese
nicht nur um den Sehnerv herumgriff , sondern auch nach
oben nach der nntern Frontalwindung sich heraufschlug,
war auch der iinke Riechkolben verschoben nnd abge-
plattet. [Durch Prufung des Geruchsinnes vor der Opera-
tion hatte man vielleicht das Dasein einer Hirngeschwulst
vermuthen kSnnen.]
Guy on erw&hnt den nachstehenden Fall eines
Sarcoma fasciculatum der Orbita (Bull, et Mdm.
de la Soc. de chir. de Paris I. 10. p. 780. 1875).
Bei eiuem 35jahr. Kaufmann hatte sich hinter dem
obern Augenhohlenrand rechterseits seit 3 Jahren eine
Geschwulst entwickelt. In den ersten beiden Jahren war
sie erbsengross geblieben und war BChmerzlos gewesen,
erhebliche Zunahme und heftige Schmerzen hatten sich
erst in den letzten 6 Monaten gezeigt, die Schmerzen
kamen namentlich des Nachts und strahlten bis nach dem
Hinterkopf aus. Das Sehvermogen war nicht alterirt.
Die Geschwalst war nussgross , sehr hart, uneben. Sie
war bedeckt von den beiden fiussem Dritteln des obern
Lides und zog sich dann hinter den aussern Winkel bis
outer das untere Lid herab. Unter der Augenbraue,
gewissermaassen der grossern Geschwulst aufsitzend, be-
fand sich noch ein klcincr, beweglieher Tumor. Durch
einen die Grcnzcn der Geschwulst umfasscudcn und nach
der Wange zu verlangertcuSchuitt wurde zuerst die kleinc
Masse entfernt , hierauf die eigentliche Geschwulst mit
ziemlicher Muhe vom Knochcn abgeschftlt. Kinzelne
Reste blieben in dem Bindehantsack sitzen , auch ergab
Bich, dass sich nach hinten zwischen die Augenmuskeln
[?] Fortsatze erstreckten , welche nicht entfernt werden
konnteu. Die Geschwulst bestand ans ovalen, zweikerni-
gen Zellen, grosstentheils aber aus Spindelzellen von un-
gewOhnlicber Grosse. Zahlreiche Bindegewebs- and ela-
stische Fasern waren ebenfalls vorhanden. — Ueber das
weitere Schicksal des Kr. ist Nichts bemerkt.
Folgender Fall von congenitaler Enceplialo-
cele , welche einen pu/sirenden Orbitaltumor vor-
tauschte , kam nach Dr. F. Raab (Wien. med.
Wchnschr. XXVI. 11. 1 2. 13. 1876) in v. W e e k e r ’s
Klinik in Paris zur Beobachtnng.
Der Pat., 24 J. alt, war in seiner korperlichen Ent-
wicklung znriiekgeblieben. Der Schadel war breit , die
Stirnhocker sprangen weit vor, die Gesichtshalften waren
asymmctrisch. Ans dem innern Winkel der linken Orbita
drangte sich eine hfihnerelgrosse Geschwalst hervor,
welche von normaler Haut bedeckt, nach unten ohne
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UNIVERSITY OF CHICAGO
192 VI. Chirurgie, Ophthalmologic a. Oti&trik.
scharfe Greuze In die Weiehtheile der Wange fiberging,
in derMitte durcb dasLidbaod etwas eiugekerbt and naoh
oben vom Knocbenrande dnreh eine seichte Hautfalte ab-
gegrenzt war. Der Bulbus war nach aussen verschoben,
aber frcl beweglich, das Sehvermogen war sehr bedeutend
berabgesetzt und der Sehnerv war atrophisch. Die Ge-
schwulst war theilweise von einer dicht unter der Haut
liegenden Knochenplatte gedeckt, dieselbe ging nach oben
und nach unten in den entsprechenden Rand der Orbita
fiber und endete seitwartB mit freiem Rande, wo sich
eine kleine Wolbung befand , die dem innern Lidband ala
Ansatz diente. Lin Uebrigen fuhlte aich die Geschwulst
weicb , elastisch an und pulxirte deutlich isochronisch mit
dem C&rotidenpulse. Die linke Nasenhohle war frei, der
Geruch war erhalteu. Ala 9jahr. Knabe war der Pat. in
die Klinik von Gosselin gebracbt worden. Denelbe
hatte eine Probepunktion vorgenommen, wobei aich serose
Fluasigkeit entleert hatte. Dieae Pnnktion hatte keine
ublen Folgen gehabt.
t
Raab geht nun die Literatur sehr eingehend
durch , um zu zeigen , daas dieae tieschwtllste prak-
tiscb insofem eine Wichtigkeit haben, ala ohne rich-
tige Diagnose ein operativer Eingriff von Behr ttblen
Folgen begleitet sein kann. Spring hat am aus-
fllhrlichsten diesen Gegenatand behandelt (vergl.
Jahrbb. LXXXV. p. 285), Houel hat in einer 4 um-
faasenden Statiatik nachgewiesen, dags unter den an-
gebornen Gehirnbrilehen ca. 10®/ 9 an der Basis,
18°; 0 in der Regio frontonasalis u. 72®/ 0 amHinter-
hanpt vorkommen. Vgl. auch Azam’s (Jahrbb.
XCVIH. p. 214) und Foucher’s (CII. p. 52)
Bcobaclitungen. In der Orbitalgegend sind F&lle
beobachtet worden von Breschet, Lyon, Clar,
Richoui, Breslau, Guersant und Ripoll.
Lin kurzes Keferat mdge genttgen.
1) Breschet: NuBsgrosse Geschwnlst an der Ver-
bindungBetelle zwischen 8tirn- and Thranenbein. Das
Kind lebte nur wenlge Tage. (Arch. gdn. 1831. XXVI.
p. 76.)
2) Lyon: Erbsengrosse Geschwnlst an jeder 8eite
der Nasenwurzel , die hinnen wenigen Tagen zu Mandel-,
bez. Pflaumengrfisse heranwncbsen. 8ie waren von Ge-
fassen durchzogen und pulsirten deutlich. Nach einer
Pnnktion rechterseits erfolgte der Tod. Die Sektion er-
gab Meningocele in Verbindung mit dem vordem Horn
der Seitenvcntrikel. Die Cysten waren durch den Proc.
nasal in oasis frontis und die Crista galli geschieden , ira
genannten Processus befand sich je eincOeffnung von der
Dicke einer Rabenfeder. (Gaz. de Par. p. 122. 1843.)
3) Lyon: Pulsirende Geschwulst zwlschen Nasen-
nnd Thranenbein iin innern Wlnkel bei cinem mehr-
monatlicben Kinde. V ergrosserung der Geschwnlst beim
Schreien. (a. a. U.)
4) Clar: OUvengrosse Geschwulst im linken innern
Angeawinkel, im rechten eine kleinere. Die im 6. Lebens-
monat gemachte Autopsie ergab Erweiterung des linken
Seitenventrikels. (Jahrbb. LXXII1. p. 197.)
6) Riohoux : Haselnussgrosse Geschwulst fiber dem
aussern Augenwinkel rechterseits. Operation am 10.
Lebenstage. Nach Oeffnnng der Cyste entleerte sich
gerutn und in der Tiefe zeigte sich Gehlmsubstanz , von
welcher eine kleine Menge abgetragen wurde. Naht der
llautwunde. Heilnng nach 8 Tagen mit einer linearen
Najrbe. (Presse m&l. 23. 1851.)
6) Breslau: Taubeneigrosse, gestielte, glatte, vom
innern Augenwinkel linkerseits nach der Nase zu herab-
liangeude Geschwulst, welche spoutan in Vcrschwarung
fiberging und am 5. Lebenstage den Tod des Kindes her-
beifuhrte. Die Sektion ergab Hydrops derSeitenventrikel
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und Meningocele, welche (ohne Gehirninhalt) vom vordem
Horn ansgehend durch eine Oeffnnng zwischen Stirn- und
Nasenbeln durchtrat.
7) und 8) Guersant: Nusagrosae pulsirende Ge-
schwulst im innern Augenwinkel rechterseits bei einem
fijahr. Kinde. In einem iihnlichen Palle war einige Jabre
frfiher von G. ein erek tiler Tumor diagnosticirt und der
Tod durch die Operation herbeigeffihrt worden.
9) Ripoll: Gelappte Geschwulst anf der Wnimel
nnd der linken Selte der Nase , die in die Orbits Mucin-
ragte. Tod im 5. Lebensjahre nach einer vorbereitenden
Incision. Hirnbruch des linken Vorderlappens dnreh die
Lamina cribrosa.
10) Ripoll-Batut: Ganseigrosse , welche Ge-
schwulst, welche von der rechten Nasenseite bis zur Mitte
der Fossa zygomatica hlnfiber und nacb aufwarts unter
das Orbitaldacb sich erstreckte. Linkerseits im innern
Augenwinkel 2 kleine, harte Geschwulste. Tod nach
einer Injektion von Jodtinktur im 3. Lebensmonat. Die
Sektion ergab, dass zu beiden Seiten der Crista galli eine
von den Meningen bedeck te, >/a Ctmtr. dicke Lage Him-
substanz an der V erbinduugss telle des Stirnbeins mit dem
aufsteigenden Aste des Oberkiefers sioh herabgedrangt
hatte. (Bull, de Th6r. 1868.)
11) Oettlngen (Jahrbb. CLXIU. p. 169).
Eine neue Beobachtung von dem im (Jansen sel-
tenen Vorkommen von Ec/tinococcu* in der Orlntu
theilt Dr. Waldhauer in Riga (Mon.-Bl. f. Augen-
heiik. XIV. p. 152. Mai 1876) mit.
Ein 21jahr. Russe wurde mit einem seit nngeflUir
4 Jahren bestehenden Augenleiden anfgenommen. Das
rechte A age war ganz aus seiner HShle beransgedringt
und mit Schorfen bedeckt. Unter dem nacb oben geklapp-
ten Lidc befand sich eine pralle, fluktuirende, mit einzel-
nen Buckeln versehene Geschwulst, welche fiber dem Bul-
bas aus der Orbita sich hervordrangte. Pat. klagte fiber
sebr qualende Schmerzen , die schou seit Jahren constant
aadauerten. — Nach Spaltnng des aussern Lides und
h&lhkreisformiger Trennung der Bindehaut von aussen bis
zur Thranencarunkel wurde versucht, die Geschwulst un-
verletzt herausznBchalen. Wegen Dfinnheit der Wandang
in der Tiefe gelsng diess jedoch nicht. Nach dem Zer-
reissen des Sacket sturzten eine Menge Echinococcus-
blasen von Linsen- bis Haselnussgrosse heraus. 1 >er Bul-
bas wurde dann sammt der GeschwulsthfiUe und einer
Menge hypertrophischen Zellgewebes entfernt. Die Nach-
blutuug war bedeutend. Die Eiterung war reiohlich and
hatte eine Zeit lang elnen cadaverosen Geruch. Die
llohle hatte sich erst naoh 2 Mon. mit Granulatkmen ge-
fullt.
Den vom Vf. angeftlhrten iihnlichen Fallen ftlgt Ref.
noch den von Schmid in Odessa beobachteten hinzu.
(Vgl. Jalirbb. CL VII. p. 163.) Frillier liat man den
Echinococcus gewiss Offer fttr gewOhnliche Cyaten-
geschwnlst gehalten. (Vergl. A n s i a n x : Jahrbb.
LX XXVI. p. 92.)
C. Higgens (Med. Times and G&z. April 24.
1875) berichtet fiber folgenden Fall von CysUnbil-
dnng in der Augenhdlde nach einer Verfetsung.
Ein jnnger Mann war vor 4 Monaten zwischen Ang-
apfel und Angenbraue rechterseits mit einem Finger ge-
stossen worden. Ohne dass ein Bluterguss stattgefunden,
schwoll doch sofort das Gewebe an der Yerlctznngsstelle
an. Das obere Lid und der obere gcrade Angenmuskel
waren paretiech. Anfangllch schien es, als ob die Schwel-
lung von der ThrSnendrfise abliSnge ; nach und nach
stelHe sich heraus, dass eine wallnussgrosBe, fluktuirende
Geschwnlst binter dem aussern Thell des Orbitaldaches
sich entwiekelt hatte , die den Bulbus nach abwSrts
dr&ugte. Nach einer Pnnktion der Geschwulst entleerten
Original from
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193
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
(ieh ca. 2 Drachm an etner gelbgeflrbten, zaletzt mjt Bint
vermischten Flfissigkeit. Der Tumor verechwand danach
unter der Anlegnng eines Druckverbandes. Eine che-
mische Untersuchung der Flfissigkeit scheint nicht ange-
stellt zn sein.
Higgens tfaeilt ferner kurz die Beobachtung
einer sogen. fungSaen Encantfua bei einem 48 J.
alten Manne mit.
Dieselbe stellte ein hartes Qewebe dar, die Ober-
flache eiterte. Die Geschwulst war binnen einigen Wochen
von der Groase einer kleinen Warze bis zum Umfang der
Thranendruee herangewachsen, welcher sie auch aonat in
ihrem Aeuaaem gllch. Der Lidachluas war unbehindert,
daa Sehvermogen ungestort. Die a mikroakopiache Unter-
aocbung der mittels derScheere abgetragenen Geachwnlat
ergab, daaa aie grOsatentheila nnr ana Rundzellen bestand.
Endlich erwfthnen wir noch einen Fall von Fi-
bromamobem Augenlide, welcher von Jonathan
Hutchinson (Ophthalm. Hosp. Rep. VHI. 2.
p. 245. Sept. 1875) beachrieben worden ist.
Ein 38jahr. Mann hatte vor 9 Monaten die eraten An-
fange einer an dem freien Lidrand beginnenden Ver-
diekung bemerkt, welcbe nach und nach daa ganze Lid
eingenommen hatte. Wenn man mit dem Finger zwiachen
dem rechten Bulbna nnd dem oberen Lid einging , fuhlte
man eine feate , die ganze Breite einnehmende Snbatanz,
von der aich ein zungenfbrmiger Lappen nach hinten frei
zwiachen Lid nnd Bnlbua hinzog. Die Exatirpation wurde
14 Monate nach Beginn der Geachwulat gemacht. Der
nnteTe Abacbnitt ging unmittelbar in den Tarsus fiber, ein
Tbeil der feat anhaftenden Bindebaut war mit entfemt
worden. Die Maaae war */ 4 " dick, 1" lang and schob
aich zwiachen die Bfindel des Scbiieaamnakels und in daa
snbconjunctivale Gewebe hinein. Sie war aehr feat, wie-
wohl sie keine verknorpelten oder verkn3ch#rten Theile
enthielt. Sie bestand nur aus einem flbrocellularen Ge-
webe. Unmittelbar nnterder Bindehaut waren nur kleine,
rnnde , einkernige Zellen sichtbar , auch in den tiefern
Schichten fanden aich einzelne Zelienhaufen, docb herrachte
hier ein faaerigea Netzwerk vor. Gefasae waren nur spar-
aam vorhanden. — Pat. kam nach 3 Jahren wieder zur
Untersuchung. Ein Recidiv war nicht eingetreten, doch
war am aussern Winkel zwiachen Lid und Bulbua eine
kleine , feate Masse vorhanden. Die Lidhaut war nach
der Operation aehr schlaff geblieben und die Ptosis war
nicht beaeitigt.
432. Kritisches zur Lehre vom Pterygium ;
von Dr. F. Mannhardt. (Arch. f. Ophthalm.
XXII. 1. p. 81. 1876.)
Indem wir die historischen Rtlckblicke flber-
gehen, heben wir aus vorliegender Abhandlung ledig-
lich die Bemerkungen des Vfs. fiber die Entstehung
des Flllgelfells hervor. Am meisten lehnt er sich
dabei an A r 1 1 an.
Als anatomiache Grunduraache des Flllgelfells
betrachtet Vf. den Lidapcdtenfleck oder die Pingue-
cula. Beide Bildungen kommen fast ausschliesslich
am innern oder am fiussem Hornhautrande , beide
fast nur im reiferen Alter , beide vorwiegend beim
mfinnlichen Geschlechte vor, far beide Bildungen
endlich geben die Autoren fibereinstimmend direkte
L&aionen oder chemische Reize (durch Rauch, scharfe
Dfimpfe u. s. w.) als iussere Ursachen an. Bei ge-
nauer Betrachtung einer Pinguecula kann man den
leichten Anfang einer Faltenbildung mit stftrkerer
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft.2.
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Entwicklung der Geftsse in der L&ngsrichtimg, eine
Spannung der halbmondftrmigen Falte , endlich ein
knopffbrmigea Ueberragen auf dem Hornhautrand
gradatim beobachten. Dem Pterygium geht ein
„prfiparatorischer Zng“ der Bindehaut voraus , der
bedingt ist durch die Pinguecula. Man sieht Pat.,
die ein Pterygium an dem einen, eine Pinguecula am
andem Auge haben. 1st die erste Hervorragung des
Pterygium auf der Cornea zu Stande gekommen , so
hllngt es davon ab, -wie oft durch einen neuen Reiz
an dieser Spitze ein CornealgeschwHr entateht", in
welches dann das Ende des Pterygium hineinwftchat
und so weiter fort bis zur Mitte der Cornea, worflber
bald Monate, bald Jalire vergeben kOnnen.
Etwas verschieden hiervon ist das Pseudoptery-
gium oder Pterygoid. Zu seiner EnWhung bedarf
es keines pr¶torischen Zuges , es kann an jeder
Stelle des Homhautumfanges entsteben. Ein (trau-
matischer) Epithelverlust oder ein Hornhautgeschwfir
ist der wesentlichste Punkt. Mit diesem Defekt
kommt eine Verwachsung einer Conjunktivalfalte zu
Stande. Die Form ist dreieckig , wie beim echten
Pteiygium, oder abgestutzt kegelfarmig oder unregel-
mfissig , z. B. nach Verbrennungen , wo das Ptery-
goid aich vom Symblepharon nur dadureh unterachei-
det, dass die Bindehaut mit der Homhaut verwach-
sen ist. (Geissler.)
433. T&towirung der Hornhaut; von Dr.
A. v. Reus s in Wien (Mon.-Bl. f. Augenheilk. XIV.
p. 139. Mai 1876) u. Dr. J. Hock in Wien (Arch,
f. Augen- und Ohrenheilk. V. 1. p. 90. 1876).
Den wiederholt in unsem JahrbUchem (CXLVI.
p. 190 ; CLVU. p. 73 u. CLXV. p. 171) fiber die
Methode, die Hornhaut zu fUrben , gemacliten Mit-
theilungen sind noch einige neuere Erfahrungen hin-
zuzuffigeu.
v. Reuse gelang es, nicht nur die Hornhaut,
sondern auch die Bindehaut zu far ben. Der etwas
geschrumpfte Bulbus hatte eine kleine centrale Horn-
hautnarbe, urn welche lierum die Bindehaut fiber den
zerattirten Randtheil der Hornhaut herangewuchert
war. Es waren ca. 30 Sitzungen nOthig , um eine
schdne schwarze Pupille zu erzielen. — In einem
andern Falle wurde auf die Hornhautmitte eine Pu-
pille t&towirt, umeine verkalktegelbweisseKatarakte
zu verdecken. Dabei wurde in Erfahrung gebracht,
dass die imitirte Pupille auf einmal verschwunden
war und sich an ihrer Stelle ein Geschwfir gebildet
hatte. Erst nach Heilung des Geschwfires konnte
die F&rbung mit bleibendem Erfolge vorgenommen
werden. Vf. giebt den Rath, in den Fallen, wo man
sehr ^ahlreiche Stiche eng aneinander reilien will,
am ein intensives Schwarz zu erzielen , den Bnlbua
zu fixiren und die Sitzungen in grOssern Pausen vor-
zunehmen , damit die alten Stichkau&le verheilt sind.
— - Die Warnung, bei sogen. Leucoma adhfirens nur
mit grosser Vorsicht zu tfitowiren , wiederholt Vf.,
wiewohl er zahlreiche Homhfiute gefarbt hat, in
25
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UNIVERSITY OF CHICAGO
194
VII. Staatsanneikunde.
deren N ax ben die Iris eingeheilt war. Einmal wurde
beobachtet, dass eine vorgewdlbte sichelf&rmige Stelk
am Skleralrande, ein sogen. Intercalarstaphylom,
* wfthrend des dnrch die Tatowirung der Horahaut-
narbc unterhaltenen Reizzustandes nach ca. 8 W.
nm ca. 2 Ctmtr. breiter geworden war.
Hock erzahlt zunachst die Operationsgeschichte
eines tot&len Leokom der Horaliaut. Dasselbe hatte
eine dllnne Stelle, die sich von Zeit zu Zeit ttflnete
(Hornkautfistel) , wobei der Bulbils weich wurde.
Wahrend der Versuche, das Leukom zu tatowiren
(die Mitte sckwarz , den Rand braon) trat 4mal
Drucksteigerung ein, wobei die Linae deutlich an
die Homhaut sich anlegte und der Bnlbus stein hart
wurde. Jedesmal rausste eine Punktion gemacht
werden. Die Zahl der Sitzungen betrug 50 — 60,
die gewilnschte Farbung wurde schltlsslich erzielt.
— Da nach der Punktion , wobei nur ein Trdpfchen
FliUsigkeit aich entleerte , jedesmal die Narbe und
die Linse zurUcktrat , schhesst Vf., dass sich hinter
die Iris Serum ergossen habe. Die intraoculare
Venenstauung nach Reizung der Homhaut scheint
dem Vf. das Primare , die Steigerung der Sekretion
das Sekundare zu sein. (G e i 8 b 1 e r.)
434. Die Behandlung der Amblyopien
und Amaurosen mit Amylnitrit ; von Dr. Stein-
heim in Bielefeld. (Berl. klin. Wchnschr. XIH.
17. 1876.)
Vf. hat die Inhalation von Amylnitrit in solchen
Fallen von Sehstorungen versucht, in denen die
ktlnstliche Erzeugung einer Hyperftmie des Gehiras,
bezftglich des Sehnerven, eine Funktionserregung der
nervdeen Elemente des Sehorgans erwarten liess, also
in Fallen , in denen man bishcr cmpirisch Strychnin
anzuwenden pflegte. Von seinen Beobachtungen
theilt er jedoch „vorlaufig“ nur die folgende mit,
die allerdings um so interessanter ist, als es sich um
die bishev fdr fast unheilbar erklarte fulminante
Erblindung nach Blutverlust (vgl. Jahrbb. CLXJX.
p. 53 und die dort in der Note angogebeue Literatur)
handelt.
Eine 42jahr. Frau hatte, nachdem 2 Mon. die Menses
ausgeblieben , piotzlich eine heftige Metrorrhagie behom-
raen , welche sie ganz aniimisch und kraftlos uiaclite.
Sechs Tage danach vcrdunkelte sich rapid das Sehvermo-
gen des rechten nnd am 7. T. auch das des linken Anges.
Als Vf. die Kr. sah, hatte die Blindheit 6—6 T. ange-
dauert. Dio Pupillen waren unbewcglich , die Sehnerven
hattcn ein grauea Colorit, die Gefasse waren versclileiert,
die Artcrien eng, die Venen geschlSngelt. ltechts war
die Amaurosc vollstandig , links bestand an einer excen-
trischen Stelle noch unbcBtimmtcr Lichtschein. V f. liess
8 Tropfcn Amylnitrit auf Baumwollc tropfeln und kraftig
einathmen, bis sich das Gesicht rothete und sich Brennen
im Kopfe cinstollte. Nachdem sich die Wirkung ver-
loren , wurde die Einathmung wiederholt. Nach Verlauf
von >/* Std. vcrmochte Pat. links Finger zu zahlen. Pie
Kr. wurde nun im Dunkelzimmer gehaiten, die Einathmun-
gen wurden taglich mehrmals fortgesetzt. Nach 9 T.
erkannte Pat. Earbcn und GcgenBtande mit dem linken
Auge nnd konnte sich gut im Zimmer orientiren. Pas
Ocdem der Papillcn war verschwunden und hatte einer
atrophiachen weissen Farbung Piatz gemacht, die Gefasse
waren Bpuxlich und dunn. Das Schfeld blieb indesseu,
auch nachdem noch eine Woche lang die Einathmong
wiederholt worden war, in der ganzen untern llalfte
defekt. Ob das rechte Auge amanrotisch geblieben , ist
nicht gesagt. Nach 2 Mon. wurde derselbe Befnnd con-
statirt. (Geissler.)
VII. Staat8arzneikunde.
435. Der Begriff „Biechthum“ in § 224
des deulschen Strafgeselzbuc/is; von Ober-Med.-R.
Dr. v. Holder. (Wiirtemb. Corr. -Bl. XLVI. 4.
1876.)
An der Hand dreier Falle von schweren Kopf-
verletzungen mit iliren Folgezustanden , die seiner
Beurtheilung imterlagen, will H. die wtlnschens-
werthe Diskussion Uber die Unklarheit in Betreff der
Definition des Begriffs Siecbthum in gerichtsarztlichen
Kreisen auch Wtlrttembergs anregen. Das Wort
Siecbthum werde im gewOhnlichen Sprachgebrauch
nur selten , in der Srztlichen Terminologie gar nicht
gebraucht, im Strafgesetzbuch sei scin Begriff nicht
erlhutert.
Nach Zerlegung des vorhandenen Stoffee und ge-
sonderter Betrachtung des einschlagenden, vom ftrzt-
lichen Standpunkte aus in Frage Kommenden und
Beachteuswerthen fasstH. am Schlusse desAufeatzes
seine Ansicht — entgegen der ihm extrem ddnkenden
Anschauung des k. sticks. Landcs-Med.-Collegiums,
wonach eine durch Kbrperverletzung bedingte 8t0-
rnng allgemeiner Natur erst dann zum Siecbthum
werde, wenn dieselbe mit grossen Sfliteverlusten ver-
schiedener Art verbunden sei, oder sonst die Nerven-
kraft erschopft, so dass der Bescbadigte kraftlos,
elend, hinfkllig geworden sei — folgendermaaasen
zusammen :
„Unter Siechthum im Sinne des § 224 des deut-
schen Strafgesetzbuchs ist ein durch pine Kdrperver-
letzung bewirkter , lang dauemder , in seinem Ver-
laufe nicht abgeschlossener Krankheitsprocess zu
verstehen ,■ welcher durch BeschUdigung wiebtiger
Organe eine Schwachung oder Hinfailigkeit des Ge-
sammtorganismus , eine Beeintrachtigung des Allge-
meinbefindens und somit der Erwerbsfilhigkeit nach
sich zieht. In seinem weitem Verlaufe kann er
zwar tiefe Ernahrungsstorungen und Erschdpfung
der Nervenkrafte bewirken, also den Beschadigten
dem Tode nahe bringen, diese schweren Folgen
mflssen aber nicht nothwendrg von vom herein auf-
treten. Die Mdglichkeit einer Bessenmg ist so wenig
ansgeschlossen als die Gefahr einer Verschlimme-
mng. (Walter Hesse.)
436. Die k. bayer. Inatruktion fur die
Leiohenschauer vom 6. Aug. 1839 nnd die
Strafgeselze ; von Dr. Mair, k. bayer. Bezirksant
zu lugoktadt. (Bayer, itrztl. InteU.-BL XXIII. 18.
1876.)
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VII. Staatearzneikunde.
196
Dr. Soratroy zu Neustadt a. D. hatte in
9 Fallen den Terrain der zwerten Leichensehan , die
nach der betreffenden Verordnung erst 48 Std. (resp.
24 — 30 Std.) nach dem Ableben vorgenommen wer-
den darf, in landlaufiger Weise gelegentlich der
ersten Leichensehan und im Widerspruch mit der
wirklichen Vornahme in den Leichenscheinen nnd
Todtenregistern eingetragen. Er wurde, da das Be-
zirksgerieht Landshut die Thatsache , ob und wann
die zweite Leichensehan stattgefunden, als eine recht-
lich erhebliche anffasste, neun real concurrirender
Vergehen im Amte , begangeu durch Urkunden-
fklschung (ohne dass solche beabsichtigt war , und
nur durch unvorhergesehene Hindemisse die be-
treffende Leichensehan zur festgesetzten Stunde ver-
eitelt wurde) schuldig gesprochen und gegen ihn
eine G esammtgefkngaisstrafe ron 2 Mon. 15 T. er-
kannt.
M. macht gegen diese Entseheidung geltend:
der Vollzug des einschlagenden Art. XV. sei kein
regelrnassiger und auf dem Lande ganz uumoglich,
anaserdem zeigen sich sichere Merkmale des Todes
nioht Btets erst nach 48Stunden, die Stunde der Vor-
nahme sei also keinc rechtlich erhebliche Thatsache
und die rechtliche Erheblichkeit auch nicht in das
Bewusstsein der mit der Leichenschau betrauten In-
dividuen gedrungen; Jahreszeit und Oertlickkeit,
invariable und usuelle Beerdigungsstunden, den prak-
tischen, besouders den Landarzt betreffende Velleita-
ten, gewisse Todesursachen verlangen gleichfalls ge-
bieterisch eine Abweichung von der festgestellten
Frist
Den Usus, alle Columnen des Leichenschauscheins
schon bei der ersten Leichenschau auszufilllen , finde
beinahe jeder Leichenschauer , der zugleich fllr die
zweite Leichenschau aufgestellt ist , auf dem Lande
beim Antritt seiner Stelle vor, und entspriinge der-
selbe insbesonderc da, wo der Pfan'sitz nicht am
Sterbeorte selbst sich befindet, dem Bedllrfniss, den
meist sehr bediAngten und sonst von vielen Gkngen
in Anspruch genommenen Angehbrigen und Nachbarn
des Verstorbenen einige Lauferei zu ersparen.
(W alter Hesse.)
437. Geriohta&rztliohe Casulstik ; mitge-
theilt von Reg.-R. Prof. Jos. Maschka. (Prag.
med. Wchnschr. I. 6. 11. 22. 1876.)
I. Tddthehe Kopfvarletzvng . Snhlag odir
Fall *
B. parirte die Peitechenschlage K.'s mit seinem
Stocke, den er am untern Ende hiclt, wobei der Ansatz
aus Hirachgeweib (cin Kopf) absprang. Hicrauf floh K.
(ca. 54Schritte), wurde jedoch gefaast , crhielt 3 Oder
4Hiebe mitdemRohrstocke, lief hiernach fort und sturzte
in einen 5 Schritt weit entfernten Straasengraben , wo er
liegen blieb. Er starh nach ca. 18 Stunden.
Bei der Obduktion fand man, ameer drei sngilUrten
Hautstellen am Kopfe, 2'/*" nach rechts von der Spitae
der Hinterhauptechuppe eine 6"‘ lange, 2*“ breite scharf-
kantige IV unde, das diesen Verletzungen entsprechcnde
Zellgewebe war mit Bhit dnrehtrinkt, das Bchadelge-
wolbe nicht besohhdigt. Unter der hartenHirnhaut befand
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sich auf der rechten OrosBhtmhemisph&re ein retehlloher
Bluterguas. Bei Unterauchung des Schadelgrundea zejgte
sich dor anssern Kopfwundo cntsprcchend ein Knochen-
spning, der cinerscits V," weit ini Seitcnwandbein ver-
lief, andererseits in der Lambdanaht miindete; ein Unsen-
grosses Stuckchen des Knochens war bewegiich nnd an
dieser Stelle der Knocben dnrch seine ganze Dick© ver-
lctzt.
Der betr. Graben, 2' 1 V," tief, 2' 1“ breit, mit
Gras bewachsen, zeigte keine Blutspuren; am Grande des
Grabens, an derStoUe, woK. gelegen, befanden siob zwei
ganseeigrosse Steine mit abgerundeten Eeken u. Kan ten ;
3' davon lagen drei Steine, von denen zwei flach, der
grosste knollig war.
Die Obducenten sprachen sich dabin aus :
„1) K. ist in Folge der mit einem Knochen-
sprunge und Blutextravasate in die Schadelholile
verbundenen Wnnde gestorben, welclie 2) entweder
dnrch einen krkftigen Hieb mit einem kantigen
Werkzenge oder auch durch Auffallen auf einen
derartigen Gegenstand, z. B. einen Stein, entstaoden
sein konnte , das letztere erscheint allerdings wahr-
scheinlicher.^
Das von der Fakultftt verlangte Gutachten be-
stitigt die Ansicht der Obducenten im AUgemeinen,
es erkenut ausdrUcklich die Moglichkeit der Eut-
stehung der todtlichen Verletzung durch einen krttf-
tigen Hieb mit den nasenfSrmigen Ansatze des mit
dem Hirschgcweihgriff versehenen Stockes an, halt
aber diese Entstehungsweise fllr unwahrscheinlich
und ni mm t aus folgenden Grtlnden an, dass die Ver-
letzung durch Auffallen auf einen Stein bedingt wurde :
a) Die Form der erwfthnten Sugillationen spricht
daftlr, dass sie mit dem Rohre zugefilgt wnrden,
wahrend die Wunde am Hinterhaupte nur mit der
Kante des Griffes hatte beigebracht werden kdnnen ;
es hatte somit, vorausgesetzt , dass zu jencr Zeit
der Griff an dem Stocke noch gehaftet hatte , letz-
terer wahrend der Misshandlung umgcdreht werden
milssen, was doch wohl nicht anzunehmen sei.
b) Die Lage der Kopfwunde spricht gegen die
Entetehung dnreh Schlag mit dem Stocke.
c) Die Wunde war geradlinig, scharfkantig, was
wieder nicht mit der Besobaffenheit des Griffes liber-
einstimmt, indem eher eine Lappenwunde entstanden
ware.
d) Der Griff des Stockes wurde 54 Schritte weit
von der Stelle, wo K. niederstilrzte, und zwar an der
Stelle vorgefunden , wo B. zuerst mit E. zus&mmen-
traf und von wo aus der letztere die Flncht ergriff.
Es konnte somit an der Stelle, wo B, den K. schlug,
der Griff nicht mehr am Stocke gewesen sein , ohne
diesen sei aber die Zuftlgung der Wunde nioht wohl
anzunehmen.
[Das Gutachten der Fakultftt grttndet rich offen-
bar auf die absolute Znverlissigkeit der Auwage des
Betheiligten B., dass er bei dem ersten Zosammen-
treffen mit seinem am umgekehrten Ende gefassten
Stock den K. nicht auf den Kopf geschlagen, son-
dem den Stoek nur znr Abwehr der Hiebe K.’s be-
nutzt babe ; in diesem Fade bleibt allerdlngs keine
andere Erklarung ffbrig. Sowie rich aber Zweifel
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VII. Staatearzneikunde.
fiber die unbedingte GUubwflrdigkeit jener Angaben
ergeben, ist fttr Ref. die Entstehun gsweise durch den
Griff des Stocks xnindestcns ebenso wahrscheinlich
ala durch den Fall in den Graben , um so melir , als
fiber die Art des S tunes nichts bekannt ist und die
an der Stelle , wo K. lag , vorgefundenen Steine als
mit abgerundeten Ecken und K&nten versehen be-
zeichnet werden. Auch liease sich reclit wohl an-
nehmen , class K. nach einem Schlage auf den Kopf
mit dem Stockknopfe noch 54 Schritte und dann,
nachdem er noch 3 oder 4 Stockschlkge erhalten
hatte, weitere 5 Schritte bis zum Graben gelaufen
sei , wo er zusammenstfinte , was zeitlich mit dem
inzwischen anwachsenden Bluterguss auf die Him-'
hemisphere aehr gut in Einklang zu bringen wire.
Ref.]
II. Misshandlung mit nach/olgender tddtticher
Limgenentziindung, Nachweieung ursdchlichen Zu-
tanmenhangt.
Der 61 J. alte J. F. wurde von R. u. A. geechlagen,
niedergeworfen und mit Fussen getreten ; wie lange er
gemisshandelt wurde, vermochte er wegen bald eingetre-
tenen Verlnstes dee Bemisstaeins nlcht anzugeben. Hler-
an echlos* sich nach Aussage der Experten elne Lungen-
emtzundung , die sich F. bei 6 Std. langem Liegen am
Wahlplatze (wo sich ubrigens cine Blntlache hefand)
durch Erkaltung zugezogen habe ; sie sei also eine mittel-
bare Folge der Verletzung, wozn F. auch noch durch Em-
physem disponirt gewesen sei ; die BeBchadignngen —
ee bestanden ausserdem divente Bchwellungen, Abscbur-
fungen and Hautwnnden, Verlust eines Schneidezahns —
bilden in ihrer Gesammtwirkung eine lebensgefahrliche
schwere Verletzung, die zur Heilung fiber 20 Tage brau-
chen werde.
Circa 17 Tage aaeh der Verletzung starb F. Bei der
Obduktion fand sich lm Wesentlichen an der rechten Seite
von der Achselhohle an eine bis zur 7. Rlppe herabrel-
chende flachh&ndbreite Sugillation ; beide Lungenflogel
waren an den Randern erweitert, rechts der mlttlere nnd
obere Lappen unter einander und in einer Ausdehnung
von Handtellergrosse mit dem Brustkorbe verwachsen. in
beiden Brustfellsacken befand sich cine ansehnliche Menge
schroutzigen 8erums. Entsprechend der Verwachsungs-
stelle zeigte sich im rechten Mittellappen eine faustgrosse
Abscesshohle mit schmutziggrauem Eiter u. nekrotischem
Gewebe erftillt , hinter derselben ein zweiter kleinerer
Abscess ; in der Umgebung derselben Hepatisation. Der
linke Unterlappen war compakt, scbwer, luftleer, braun-
roth hepatisirt. Rechterseits erschienen sammtliche Rip-
pen von der 2. bis zur 8. in der Mitte der rechten Thorax-
seite gebrochen, und z war an gleicher 8telle und fast in
gleicher Llnie von oben nach abwarts. Die Bruchflachen
zelgten mit Ausnahme der 3. Rippe weder Zeichon eines
Blutergusses, noch in der Umgebung eine Callusbildung.
Nur die Bruchflachen der 3. Rippe waren mit Eiter be-
deckt, die Lunge an dleser Stelle war, wie erwahnt, mit
dem Brnstfell verwachsen. Der fibrlge Befund bot nlohts
Erwahnenswerthes dar.
Die Experten gaben ihr Gutachten im Wesent-
lichen dahin ab , dass F. mit Lungenemphysem be-
haftet war und an Entzfindung des rechten mitUem
und linken untern Langenlappens gestorben sei, der
Bluterguss am rechten Thorax spreche daftlr, daas er
einen Fusstritt erlitten habe oder gegen einen har-
ten Kftrper geschleudert worden sei; durch die
Enchtttterung des Thorax sei die Lungenentzttndung
entstanden; die Brttcbe der 7Rippen seien erst nach
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dem Tode erfolgt , da keine Reaktioneerseheinungen
und keine Callnsbildung gefhnden wurde.
Das Gutachten der Fakultit weist die Anachauung
fiber den postmort&len Ursprung der Rippenbrttche
zurflck, da
1) kein fiusserlicher Umstand fllr eine Bolche An-
nahme spricht ;
2) die Intensit&t der Misshandlung and das
schlechte Befinden F.’s danach sehr wohl im Ein-
klang mit erlittenen Rippenbrllchen stehen ;
3) eine Anzahl Hantabschfirfungen and die nmch-
trfiglich entstandene Blutunterlaufung an der rechten
seitlichen Brustgegend dafllr sprechen ;
4) an der 3. Rippe in der That Eiterung , also
eine ganz entschiedene Reaktionserecheinung nach-
gewiesen wnrde.
Der Mangel eines Blutaustrittes nnd von Callus-
bildung an den flbrigen Bruchstellen habe an sich
nichts Auffallendes , da seit der Verletzung schon
18 Tage verflossen waren und bei Fraktur der stets
bewegten Rippen Callusbildung zuweilen erst spit
bemerkt wird. Uebrigens sei es bei der Ausdeh-
nung dee Lnngenabscesses zweifelhaft , ob in der
That nur an der 3. Rippe Reaktionserscheinungen
bestanden haben.
Es sei daher anzunehmen, dass die Rippenbrflche
schon wfthrend des Lebens zugefHgt wurden und
eine eiterige zum Tode fllhrende Lungenverletzung
zur Folge hatten ; die Verletzung war demnach eine
tOdtliche und unter Zurfickweisung von durch das
Emphysem bedingter Disposition als solche zu be-
trachten , welche den Tod ihrer allgemeinen Natur
nach herbeigeftlhrt habe.
III. Magenblutung nach exner Verletzung ;
natiirliche oder gewaltsame Todesart.
Der trunkene, 40 J. alte J. wurde den 3. Febr. von
3 Mannern uberfallen und mit Stbcken geschlagen. Er
ffihlte sich am 4. u. 6. Febr. unwohl und soil den 6. Febr.
reichlich gslUges und schwanllches Erbrechen gehabt ha-
ben. Am 10. starb er nach plStzlich eingetretenem rcich-
liohen Bluterbrechen. — Eine bei der Prugelel enthaltene
Verletzung am Kopfe war nach Aussage des Arztes eine
leichte.
Bei der Obduktion fand sich im Wesentlichen : Leiche
sehr blass; auf dem rechten Seitenwandbeine eine 1"
lange, in der Heilung begriffene Wunde, ihr ensprechend
unter den Schadeldecken eln handtellergrosses Blutextra-
vasat ; Beinhaut und Knochen unverletzt. — Hlrnhaute
verdickt, die Gefasse derselben und das Gehlrn blutarm,
letzteres etwas odematSs. Die Lungen steilenweise durch
altere Adhasionen flxirt, die Unterlappen 5demat5s, nlcht
hepatisirt. Das Herz mit viel Fett umgeben, die Musku-
latnr schlaff, Vor- und Herzkamraern leer. In der Brust-
und Bauchhfihle etwas gelbliches Serum. Die Leber be-
dentend vergrossert, derb, graugelb, blass, blntarm. Die
Mils vergrossert, derb, anamisch. Der Magen auage-
dehnt, blass, Schleimhant erwelcht, abstreifbar, mit Blut-
extravasaten dnrchsetzt, im Magen mehrere Unzen zer-
setzten Blates, ebenso im Dfinn- a. Dickdarme eine grosse
Menge zersetzten Blates. Die Nieren blass, in der Ham-
blase dunkler Ham.
Im Gutachten wird die in der Heilung begriffene
Wunde am Kopfe als leiohte Verletzung bezeichnet,
die Magen-Darmblutong von der Entartung der Un-
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197
VIII. Medicin im Allgemeinen.
tarleibsorgzne abgeleitet , mit der Verletzung nicht vorhandene SchMdelverletzung in keinem ZuBammen-
in Zuaammenhang gebracht, die Leber als exquisite
Fettleber bezeichnet, und der Tod als nattlrliche
Folge der Trunksucht darstellt.
Indem, die Fakultftt das Gutachten der Experten
besUtigt, fUgt sie erg&nzend hinzu , dass das Statt-
haben einer die Verblutong verarsachenden ErschUt-
terung nicht angenommen werden kOnne , dass die
VIII. Medicin im
438. Ueber Milaperkussion ; von Prof. Dr.
Joseph Meyer. (Charitd - Ann&len 1. Jahrg.
Berlin 1876. p. 378—401.)
Die vorliegende , in mehrfacher Beziehung von
den bestehenden Methoden der Milzperkussion ab-
weichende Untersuchung muss durch die grflssere
Klarheit und leichtere Uebersichtliclikeit , welche sie
auf diesem schwierigen Gebiete ermUglicht, sowie
durch die Venninderung vorhandener Fehlerquellen
als ein wichtiger Fortschritt in der physikalischen
Diagnostik dieses Organes bezeichnet werden. Nacb
der verbreitetsten Annahme vermeidet man, um eine
Mitschwingung der Umgebung zu verhUten, einen
jeden starken Anschlag und perkutirt schief nur ein-
mal Lknge und Breite der Milz. Man erh< zwar
in der Mehrzahl der Fftlle durch dieses Verfahren
ein genflgendes Ergebniss, doch wird einestlieils ge-
rade durch die leise Perkussion Ufter nur die ober-
fiichliche Dftmpfung wider Willen perkutirt, anderer-
seits macht es die nur einmalige Breitenmessung bei
einer Abweichung des Lkngsdurchmessers von der
gew&hnlichen zur Medianlinie diagonalen Lage mehr
als schwierig, sich die Milz in situ richtig vorzu-
stellen.
Vf. legt das Hauptgewicht auf die Umgrenzung
der ganzen Milz , also eingeschlossen des von der
Lunge bedeckten 8ttickes. Zur Perkussion der-
selben eignet sich am besten der Hammer, welcher
selbst fUr den vordern untern Abschnitt sichere Re-
soltate liefert. Ftlr die Bestimmnng dieses letzteren
Theiles empfiehlt es sich nur, dort die Grenze anzu-
nehmen, wo der Unterschied zwischen gedimpft und
hell deutlich ausgesprochen 1st , wkhrend nach oben
hinten geringere Differenzen BerUcksichtigung ver-
dienen. Die Resistenz dagegen hat bei der Milz-
perkussion nur einen sehr geringen Werth. Die
Untersuchung geschieht in der rechten Seitenlage mit
einem unter diese Seite geschobenen Kisoen, weil
hierdurch eine Ausbiegung der Lendenwirbelsftule
convex nach rechts und in Folge dessen ein Zusam-
menrflcken der linken untern Rippen mit der Crista
ilei verhtltet wird. Wegen dieser Verbiegung lagert
Schuster den Kranken zwischen rechter Seiten-
und Rtickenlage in der diagionalen Seitenlage.
(Die Perkussion der Milz. Giessen 1866.) Zur
methodischeren Ansffrhrung der Untersuchung in der
rechten Seitenlage dienen folgende anatomische Vor-
bemerkungen.
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hange mit der innern Blutung stehe, dass dagegen,
da J. dem Branntweintrunke ergeben war und alle
Erscheinungen an der Leiche fllr den Bestand einer
chronischen Alkoholvergiftung sprechen, die Magen-
darmblutnng in Folge des Alkobolismns eingetreten
sei. (Walter Hesse.)
Allgemeinen.
Der Lilngsdurchmesser der normalen Milz Iftuft
1) den Rippen parallel, so dass ihr oberes hin-
teres Ende in derNkhe der Vertebralartikulation der
9. oder 10. Rippe beginnt, das untere vordere an
dem vorderen Theile der 11. Rippe oder des 10.
Intei'costalraumes endigt, ihr oberer Rand der 9.
Rippe oder dem 9. Intercostalraum , ihr unterer fast
immer der 11. Rippe oder dem 11. Intercostalraum
entspricht ;
oder 2) mehr oder weniger eenhechl zu den Rip-
pen, das obere Ende liegt dann in gleicher Hohe mit
dem 8. oder 7. Intercostalraum, das untere ebenfalls
an der 11. Rippe.
Zwischen diesen Hauptlagen bestehen natllrlich
intermediftre Ueberg&nge. — Die dussere Flftche der
Milz wird von den Rippen durch das Zwerchfell , in
dessen Concavit&t sie liegt, und oben durcli ein Stuck
des untern Endes der linken Lunge, welches sich
zwischen Zwerchfell, Rippen und Wirbelsaule hinein-
Bchiebt , getrennt. Von der innern Flftche bedeckt
der kleinere hintere Abschnitt theils ein Sttlck des
ftussern Nierenrandes und die Nebennieren, theils ist
er wie das oberste hinterste Ende der Uussern Flkche
nacb oben hin unter dem Zwerchfell und zur Seite
der Wirbelsaule umgebogen.
Dieser letztere Theil der Milz entzieht sich meiBt
der Perkussion , der kleinere hintere Abschnitt da-
gegen liefert wegen der ziemlich constanten Lage
der Niere an dem Vertebralrande des 11. Intercostal -
raumes, reap, der 12. Rippe, brauchbare Anhalts-
punkte. Durch mehrere ligamenttSse 1.5 — 2.5 Ctmtr.
lange Fatten , welche von dem periton&alen Ueber-
zuge der Niere nach der Milz verlaufen , wird die
Beweglichkeit derselben sehr vermindert, so dass bei
Typhuskranken mit vergriteserter Milz durch Lage-
wechsel eine Verschiebung von nur 2.5 Ctmtr. durch
die Palpation nachzuweisen war. Ebenso wurde bei
Lebenden und Verstorbenen mit normal grosser
Milz je nach Rticken- oder Seitenlage bald eine deut-
liche Aendernng der vordern obern Perkussionsgrenze
um 2.5 Ctmtr., bald keine aufgefnnden. Da sich
folglich der untere , resp. hintere Rand der Milz nur
um das angegebene Maass von dem 11. Intercostal-
raume entfernen kann, dtlrfte dessen Verhftltniss zur
Niere, resp. 12. Rippe, als fest und constant fUr die
Perkussion zu benutzen sein. Diese Ligg. reno-lie-
nalia flndeu nur bei llteren Anatomen einige BerUck-
sichtigung (Haller, Elements physiolog. Tom. VL
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
198
VIII. MedLcin im Allgemeinen.
p. 391. Anm. b*. Bern 1764). Oiesker (Anat.-
phyaiol. Unters. tlb. die Hilz des Menachen p. 35 u.
36) sieht sie ftlr Residuen einer Peritonitis an. Jene
genannten Bander sind ausserdem noch von Einfluss
bei der von oben and hinten , nach nnten und vorn
stattfindenden inspirator. Verschiebung der Milz an
derNiere und ebenso auf die pendelartige Bewcgung,
welche die Milz am Magengrunde durch das dreieckige
Lig. gastro-lienale , dessen Spitze nach oben und
hinten, dessen Basis nach unten und vorn gerichtet
ist, erfahrt.
Diesen anatomischen Verhaltnissen gemftss w&hle
man als Ausgangspnnkt bei derperkutorischonUnter-
suchnng derMilzden 11. Intercostalraum ; falls wegen
Fett oder zu stark entwickelter Muskulatur die Auf-
findung der 12. Rippe erschwert ist, so bezeichnet
man dieselbe durch Abzahlen derProc. spinosi. Man
perkutirt nun, indem man die haufigste Lage, Lkngs-
durchmesser der Milz parallel der 10. und 11. Rippe,
voraussetzt, mit starJcem Anschlag von der Mitte des
Abdomen gegen das vordere Ende dieser Rippen,
bis man auf einc pr&gnante Dilrapfung stbsst, welche
durch Magen und Colon einen tympanitischen Bei-
klang besitzt. Von dieser mit Kreide zu bezeichncn-
den Stelle geht man im Verlaufe der 11. und 10.
Rippe nach oben und hinten bis znm Angul. costa-
rum ; je hflher man kommt , desto mehr tritt , wenn
der Magen nicht zu sehr ausgedehnt , an Stelle des
Darmtones eih immer hellerer Lungenschall.
Auf dieser vorlftufig als der grflaste Lftngsdurch-
messer angenommenen , von vorn nach hinten oben
verlanfenden Linie perkutirt man, von rechts oben in
der Gegend der 6. Rippe beginnend, an etwa 3 Stel-
len in senkrechter Richtung wahrend der Exspira-
tion. Verbindet man nnn die ftusseren Punktc dieser
Linien, an denen der tiefere Schall in einen ged&mpf-
ten und hCheren (lbergeht , durch eine Linie , so ge-
winnt man den obern’, reap, vordera Rand der Milz,
und es zeigt sich zugleich, ob der angenommene
L&ngsdurchmesser als richtig beizubehalten oder zu
Undent ist. Die senkrechten verlangert man nun
weiter nach unten, bis der ged&mpfte Schall in einen
hellen, meist tympanitischen ttbergeht. (Die An-
nahme von Hamernik und Luschka, dass das
vordere Milzende eine von dem linken Sternoclavicu-
largelenke oder der Brustwarze zur Spitze der 11.
Rippe gezogene Linie nicht ttbersclireiten soil, ist
nach Conradi, Gerhardt, Schuster wegen
der verachiedenen Lange der 11. Rippe nicht zu ver-
werthen.) Bei der Bestimmnng des liintem Milz-
randes erscheinen die bekannten Hindemisse : „Nihe
der Wirbelskule , Grflsse der dartiber befindlichen
Lungenschicht, verschiedene Ausdehnung des Magens
und Dickdarms , Will bung des Thorax , Dicke der
Muakel- oder Fettschicht." In der Regel findet man
5.0 — 6.5 Ctmtr. von den Domfortsfttzen des 9. oder
10. Rflckenwirbels in dem Raume zwischen den Proc.
spinos. und den Angul. costar, des 9. oder 10. — 11.
Wirbels bei kr&ftigem Anschlag und starker Exspi-
ration einen Lungenschall , welcher otwas gedtopf-
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ter ist als oberbalb dieser Rippen. Dieser Punkt
entapriebt, wie man sich an Leichen (tberzeugen
kann, entwoder dem wahren hintern obera Ende,
oder nur dem durch die Perkussion zu erreiehenden
Theile, wftbrend das wirkliche Ende dann naher der
Wirbelsiule liegt. Der Grand ist voraiiglich in 2
Ursachen zu suchen. Erstens kann die Milz eine
mehr oder weniger rechtwinklige Krflmmung unter
dem Zwerchfell erlitten haben und darflber ist gieich-
zeitig eine starke Lungenschicht gelagert , zweitens
wird durch die Nothwendigkeit krkftig zu perkutiren
in dem lufthaltigen Magen nnd Darm after der helle
Ton erzeugt. Es zeigt sich also als erste Pehler-
quelle fill- die Lingenbestimmung , dass ein verhklt-
nis8ma.8sig heller Schall neben der WirbeMuIe am
hintern Ende dcr 9. — 11. Rippe die Anwesenheit
der Milz hicr nicht ausschliesst. — Durch die erhal-
tene Dampfungsfignr ist der Lftngen- nnd auch Brei
tendurchmesser gewonnen , man bestimmt dieselben
aus dem aufgezeichneten Umfange am einfachsten
vennittelst eines Tasterzirkels. Bei der Perkussion
des Langsdurehmessers kbnnen ferner verschiedene
andere Verhaltnisse Schwierigkeit bereiten.
1) Die st&rkere Krflmmung des Thorax am An-
gul. costar, bedingt einen etwas weniger hellen
Schall an dieser Stelle als am Vertebralende der 10.,
resp. 9. Rippe. Vergleicht man aber den Schall am
Angul. costar, der 7. und 8. Rippe mit dem der 9.
und 10. , so ist der Schall an letzterer Stelle dnrch
die darunterliegende Milz dennoch gedftmpfter.
2) Zuweilen wird bei starker Perkussion die
Dampfung an dem lateiaien Theile des 10. Inter-
coetalraumes dnrch eine Zone ziemlich hellen Lungen-
schalle8 unterbrochen. Durch leisen Anschlag kann
man sich aber iiberzeugen, dass der Lungensaum
oberhalb verlauft und die Milz unmittelbar der Brnst-
wand anliegt. Der schnclle Wechsel der Erschei-
nung deutet dar&uf hin, dass in der variirenden Fiil-
lung von Magen and Dickdarm der Grand zu
suchen ist.
3) Bei einfacher Gasauftreibung des Magens and
Dickdarms, oft auch durch Hinflberlagenmg der
auBgedehnten Flexura coli lienal. liber den vordem
Theil der Milz fUllt der Langsdui’chmesser zu klein
aus; bei starker Spann ung des Magens und Dick-
darms dagegen, sowie Ueberdeckung mit fettreichem
Omentum wird derselbe vergrbssert erscheinen. Doch
giebt unter solchen Verhkltnissen die starke Ham-
merperkussion und die Beachtung der intensiveren
Resistenzunterschiede immer noch die reiativ ge-
nauesten Resultate.
4) Einen grossen und meist unvermeidliehen
Fehler veranlasst das grosse Netz , wenn es in dcr
Gegend zwischen Magen, linker Colonflexur und
Milz, namentlich an dem Falze des sogen. Ligament,
pleuro-col. mit vielem Fett durehsetzt ist. Der urn
die Milz entstehende Fettsaum kann hier ebenfalis
vermittelst der Hammarperkussion und wenn der
Dickdarm noch etwas Luft enth&H , ausgeaohahet
werden.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
199
VIII. Medicin im Allgemeiaen,
line ftlnfta Fehlerquelle bildet die physiologische
Volumenzunahme der Milz nach der Einftthrung von
Nahrungmitteln , welche 3 — 4 Std. nach einer ge-
hdrigeu Mahlzeit hereto zu ermitteln ist, 5 — 6 Std.
darauf die grosste Halie erreicht. Nach D i 1 1 m a r
(Uber period. Volumenveranderungen d. menschl.
Milz; Inaug.-Diss. unter der Anleitung von Prof.
J. Vogel. Giessen 1850) betrug dieselbe bei einem
Individuum durchschnittlich 2 — 3 Centimeter. Vf.
konnte selbst eine geringe Zunahme bei einer ver-
grdaaerten Milz nachweisen. Durch diese wechselnde
Schwellbarkeit dee Organa werden daher auch leicht
Schwankungen in der Grouse der Durchmesser ver-
anlaast. Eine Zosammenatellung von Messnngen an
Hingerichteten und gesunden Gestorbenen ergab,
daas die normale Gauge nicht unter 12 Ctmtr. anil
nicht Uber 14 Ctmtr., die normale Breite nicld unter
8 Ctmtr. and mcht Uber 9.5 Ctmtr. sein soli, also
Lange zur Breite = 13:8 Centimeter.
Um den Grad der ZuverlUssigkeit bei der per-
kntorischen Grdssenbesfimmung der Milz zu prflfen,
stellte Vf. vergleichende Messungen an 60 Leichen
Erwachsener an.
Ein Anszug ana der beigefugten Tabelle ergiebt, dass
4mal die perkut. Lange — der anatomiachen
36mal „ „ zwiachen 0.33—4.23 Ctmtr. grosser
llroal „ „ 0.33 — 2.28 Ctmtr. kleiner
7mal „ „ Breite — * der anatomiachen
32mal „ „ 0.33 — 3.&8 Ctmtr. grosser
llmal „ „ 0.33 — 2.6 Ctmtr. kleiner sich heraus-
atellte.
Von der oberjldchlichen Milzdftmpfung, also des
der Bnistwand direkt anliegenden Stllckes, bildet
der nntere Rand der linken Lunge die obere Grenze,
die hintere Grenze ist wegen der Beziebung zur
Niere nicht zu bestimmen; die Aufsuchung der vor-
dern und untem bietet die erwahnten Schwierig-
keiten. Dieselben phyaiologischen u. pathologischen
Verhaltnisse , welche den Werth der oberflUehlichen
Here- u. Leberdampfung beeintrachtigen, machen sich
auch bei der oberflachlichen Milzdampfung geltend.
Schuster fand (a. a. 0. p. 143) unter 80 Unter-
snehungen Gesonder die obere Grenze bei der rechten
diagonalen Seitenlage, IGmal an der8.Rippe, 18mal
zwischen 8. und 9. Rippe, 24mal an der 9. Rippe,
8mal zwischen 7. n. 8. Rippe, lmal an der 7. Rippe,
2mal an der 10. Rippe, 2mal zwischen 9. and
10. Rippe.
Die Perkussion vergrdsserter , bald den Rippen
parallel , bald senkrecht gelagerter Milzen , welche
nach den gegebenen Regeln geschieht , findet nm so
leichter statt , je besser ihr vorderes Ende der Pal-
pation zug&ngig ist. Bei einer Volumenzunahme
erstreckt sich ihr hinterer Rand mehr oder weniger
weit zur Wirbelsaule , nach oben und vom scliiebt
sie sich verschieden weit unter dem Zwerchfell bis
zur Leber und mit dem vordern Ende zu der Median-
linie des Korpers vor , nach unten erstreckt sie sich
bis zur 12. Rippe oder ilberragt den Rippenrand
und die iinke Niere. Dabei finden nur sehr geringe
Verse hiebun gen statt, freilich bedingt in den meisten
Fallen durch peritonitische Adhisionen zwischen
Kapsel und Bauchwand. Bei zwei Milztumoren,
deren Langsdurchmesser 26 , resp. 29 Ctmtr. be-
trug, constatirte Vf. eine Dislokation a nach rechts
von 4 and 5.5 Centimetem.
Bei Verkleinenmgen ergiebt die Perkussion
meistens ein ebenso negatives Resultat als bei der
Wandermilz , falls es nicht gelingt, letztere zu
reponiren. Die perkutorischen Verhaltnisse sind
zuerst von D i e 1 1 genauer festgestellt und auch in
1 Falle durch die Sektion bestatigt worden. Die
vergrdsserte und vollstiindig bewegliche Milz lag
mit dem Hilus nach aufwilits Uber den drei letzten
Lendenwirbeln , der Magen hatte sich mit dem
Pylorustheile etwas gesenkt. Die frilhere Stelle der
Milz nahm vollstandig die Flexura coli sinistra ein,
welche bis in die Zwerchfellwdibung reichte, das
Colon descend, war dadurch scheinbar linger, das
S Roman, fast vollstandig ausgeglichen. Das Lig.
gastro-lienale war 6" lang, sclimal u. zart, das Lig.
pleuro-col. wahrscheinlich sehr kurz ; vom Lig. phre-
nico-lienale keine Spur. Letzteres sah Vf. auch bei
normaler Milz after fehlen. Von den krankhaften
Zustanden der Nachbarschaft, welche die Milzperkns-
sion er8cliweren, resp. unmfiglich machen, bildet die
Gasanftreibung von Magen und Darm das wichtigste
Moment. In einem exquisiten Falle faud Vf. die
bedeutend vergr8sserte Milz neben der Wirbelsaule
3 — 4 Ctmtr. von den Proc. spin, bis zum 9.Rilcken-
wirbel an die Rippen gepresst und den untem Rand
der linken Lunge bis eben dahin zorUckgezogen.
Die Ricbtung des Langsdurchmessers der Milz wird
in solcben Fallen durch das ansgedelmte Organ be-
stimmt. Bei alleiniger Erweiterung der Flex, coli
sinistra und erschlafitem Magen (Typhus , Cholera)
liegt derselbe mehr horizontal , wahrend eine gleich-
zeitige Ausdehnung von Magen und Dickdarm eine
mehr senkrechte Lage bewirkt ; die Perkussion er-
giebt dann after trotz betrachtiicher Volumenzu-
nahme kein Resultat. Letztere Richtung findet nach
Rokitansky auch nicht selten bei bedeutenden
ohronischen Vergrasserangen statt (Pathol. Anat.
3. Aufl. III. p. 296). Wenn sich die Leber in das
linke Hypochondrium erstreckt und die Milz vom
Zwerchfell abdrangt , gelingt es znweilen durch die
perkutorische Umgrenzung der sich beriihrenden
Rftnder, annahemd dieM, zu bestimmen. Als Unter-
scheidnngsmittel zwischen einer vergrosserten Milz
und einem kleinern abgesackten Pleuraexsudat wird
die Gleichheit des Tones bei letzterer Erkranknng
neben der Wirbelsaule und am Angnlus angeftthrt.
Die linke Lunge retrahirt aich aber auf gleiche
Weise bei ansgedehnten Milzvergrteserungen , als
nach pleurit. Exsndaten.
Dem liistorisch kritischen Schlusse entnehmen
wir folgende Hauptmomente.
Piorry (Traitd de mdd. prat. VI. p. 25) wies
zuerst auf die Maglichkeit einer Milzperkussion hin.
Er perkutirt bei der rechten Seitenlage l&ngs der
Axillarliuie zuerst stark den unter der Lunge liegen-
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
200
VTLl. Medicia in Allgemeinen.
den Milztheii , dann schw&cher die eigentliche Milz-
dimpfang , wendlich erkennt er bei gtunz leisem An-
schlag an der betr&chtlichen Sonoritat des Darmes
die nntere Grenze. Auf die Axillarlinie zieht er
eine Perpendiiulare mitten dorch die aufgefundene
Milzdampfung and sucht, wie es scheint, die vordere
Grenze zu bestimmen. Durch den Kreuzungspunkt
beider Linien legt P. zwei Senkrechte u. gewinnt so,
noch ausserdem zwischen diesen Radien perkutirend,
den Umfang der Milz. Extravagant ist die Aufsuchung
des hintera an der Niere liegenden Abschnittes und
die Bestimmnng der Dicke des Organ es. Seiner
ganzen Metbode mangelt vorztlglich eine genttgende
Kenntniss der anatomischen Verhaltnisse (Atlas de
plessim. Taf. IX. X. XXX.).
Maillot (Traitd prat, de percussion Paris 1843.
p. 220), ein Schtller Piorry ’s, gelangte zwar, auf
anatomische Basis gesttitzt , zur Einsicht , dass die
Aufsuchung der hintern Milz grenze oft uumOglich
sei, verfkllt aber in den Fehler, die Milzbreite in
einer Linie zu suchen , welche er von der Spin. sup.
oss. il. nach der Achselgrube zieht. Eine normale
Milz ist aber me, eine vergrdsserte selten in dieaer
Linie anfzufinden. Sonst weicht M. im Ganzen von
der Piorry ’schen Methode nicht ab. Dasselbe
gilt von Siebert (Diagnostik d. Rrankh. d. Unter-
leibs. Erlangen 1855. p. 61).
Hamernik (Prag. Vjhrschr. X. [III. 2.] p.41.
1846) hat unter den deutsch schreibenden Aerzten zu-
erst selbstst&ndige Beobachtungen angestellt. Die ge-
sunde nach ihm vertikal stehende Milz darf die schon
oben erwahnte von der linken Brustwarze oder der
Aiticulat stemo-clavicnl. sinistra nach der ll.Rippe
gezogene Linie nicht Uberschreiten , diess geschieht
nur von der sicli vergrdssernden und zugleich hori-
zontal lagernden Milz, welche hierdurch der Wirbel-
sttule am 1 Ctmtr. naher rtlckt. Es k5nnen aber
ziemlich bedeutende Milztumoren , vorztlglich beim
Typhus vorhanden sein, ohne dass diese Lines
costo-clavicul. tlberschritten wird.
Bamberger (Krankh. d. chylopo€t. Systems:
Virchow’s Handb. VI. 1. p. 597 — 598. 2. Aufl.)
findet die normale Milzdampfung hinten durch den
Kftrper des 11. Brustwirbels, nach unten durch das
freie Ende der 11. Rippe, nach oben durch die
9. Rippe , nach vom durch eine vom vordern Rande
der Achselhdhle gegen das freie Ende der 11. Rippe
gezogene Linie begrenzt. Die Lfingendkmpfong
betrfigt 1 — 2Plessimeter [?], die Breite 5 — 6 Centi-
meter. Aber auch hier kCnnen Vergrdsserungen diese
Linie nicht tlberschreiten oder sie kaum berdhren.
Eben so wenig entspricht die Bamberger ’sche
Annahme, dass ein 2.25 — 4 Ctmtr. grosser heller
Schall an der Wirbelsflule eine Verschiebung der
Milz nach links anzeigt (a. a. 0. p. 599), den ana-
tomischen Befunden.
Conradi (a. a. 0. p. 45) stellte, gesttitzt auf
anatomische Studien, die sorgfaltigsten Untersuchun-
gen fiber Milzperkussion an, scheint aber von der
unrichtigen Voraussetzung auszugehen , dass der
Lfingsdurchmesser der Milz denRippen stets parallel
laufe. Er perkutirt im linken Hypochondrium vom
Arcus costal, an, von vorn und innen gerade nach
auBsen und hinten und findet das vordere Ende an
oder etwas hinter der Spifze der 11. Rippe. Dann
erhftlt er parallel und etwas hinter der Linea
axill. von oben nach unten gehend (in der von
Piorry Ligne spldno - colique genannten Linie:
Atlas de plessimfetr. p. 24) die vordere Breite der
Milz. In der Linea spino - dorsal, perkutirend
findet er den obem Rand der Milz * in der Gegend
der 9. Rippe. Lfie Lange und Breite beBtimmt
er 1) mittels eines taste rzir k elartige n Instruments,
dessen einen Schenkel er auf die Process, spin,
der WirbelBfiule, den andern aber auf die vordere
Milzspitze aufsetzt und so nach Abzug der Dicke der
Wirbelskale den geraden Durchmesser im Mittel zu
13 Ctmtr., die Breite zu 5 Ctmtr. erbfilt, 2) ver-
mittelst des Bandmaasses.
Gerhardt (Ueber d. Stand d. Diaphragma.
Tflbingen 1866. p. 55 fig.; Lehrb. d. Auskolt. u.
Perkuss. 2. Aufl. p. 143) verzichtet auf die Lfingen-
messung der Milz und bestimmt nur die Breite in
aufrechter Stellung and in der Rttckenlage zu 5 bis
6 Centimeter. Sein Hanptaugenmerk ist auf die
Lageverfinderungen des Organes gerichtet. Die Spitze
der Milz verkndert nach ilim in der Rttckenlage und
aufrechter Stellung nicht ihren Ort, wahrend sie in
der rechten Seitenlage 4 a / s Ctmtr. weit nach vom
und unten rllckt und sich die Dampfung wie bei
starker Inspiration verkleinert. Die verkleinerte
Dampfung erklfirt G. dadurch , dass der langer und
dicker werdende keilfcinnige Lungentheil die Milz
eine Drehnng um ihre Langsacbse erleiden lasst.
Schuster (a. a. 0.) perkutirt nur die ober-
flachliche Milz dampfung. Er sucht vorzugsweise
die obere, vordere imd untere Grenze auf und be-
stimmt in diesemdreieckigenRaome, der nach hinten
offen ist, den vertikalen Durchmesser, welcher, 5 bis
6 Ctmtr. betmgend , so ziemlich der Langsachse der
Milz entspricht.
Die Auffassang der ihrer Wichtigkeit halber
ausftthrlicber von Ref. mitgetheilten Untersuchungen
wird durch mehrere beigegebene Abbildungen im
Original — auf das wegen der genauem Angaben
verwiesen werden muss — noch bedeutend erleich-
tert. (Tan be.)
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UNIVERSITY OF CHICAGO
M e d i n g , Beschflftigung von Frauen u. Kindern in Fabriken.
201
B. Origmalabhandlungen
und
Uebersichten.
IX. Welohe Anforderungen hat die offentliche Gesundheits-
pflege an die Gesetzgebung betreffs Beschaftigung der
Frauen und Kinder in Fabriken zu stellen?
Von
Dr. B. M eding
Das* der vorliegende Gagenstand, um aioh jour-
n»lja±i«ch anszudrticken , „ein hochwichtiger u oder
vqb „eminenter Tragweite 1 * 1st oder, ntlchtern ge-
sprochen, ein sehr ernster ist, daftlr spricht , dass er
1875 bei der Versammlung der deutschen Natur-
fonclier u. Aerzte in Graz trotz der vorhergegange-
neu griindlichen Bearbeitungen und Verhandlungen
durch Prof. Birt und Dr. GOttisheim bei den
Versammlungen in Breslau und Danzig zum 3. Male
auf die Tagesordnung gestellt und von einer berufe-
nan Kraft abermais neu bearbeitet worde. Trotz
der reichlich aufgewandten Sorgfalt scheint dieFrage
aber inuner noch im Zustande der Vorbereitung aich
zu befinden ; es scheint nicht, dass sie sobald werde
von der Tagesordnung der Offentlichen Gesundheits-
pflege versehwinden dtlrfen, wenn diese den gesetz-
g^beriacben Kdrpem des Reichs greifbare Anhalte
zur Schaffung wirksamer u. rttckeichtsvoller Gesetze
gebeu will. Wenigstens lebren die Untersuchungs-
ergebnisse des Reichslubzleramtes , dass unsere
Kenntnisse der einschlagenden Fabrik- und Gewerbe-
verbftltniase sich in der Mehrzahl der Fille nicht,
win m sollen , grtlnden auf die entsprechende Sta-
tiatik der Gesundheit, Erkrankungshiufigkeit und
3terbUchkeit der bezllglichen Arbeitergruppen an
sich und im Verbid tniaa zu denen der Nicht-Fabrik-
arbfiter, sondem auf wiUkUrliche ScbiUzung und
wissenschaftlich nahezu werthlose Erfabrung von
Laien (hochst eelten Aerzten) , welche hftufig genug
ihre gefkbrdeten Privatinteressen bei der Urtbeils-
abgabe wiaseutlich oder unwissentlich mitsprechen
Lassen. Die ^Ergebuisse 44 , der erste diessbezUgliche
atatistische Versuch im Grossen von wissenschaft-
*) Mlt Rfloksloht anf das gleicbnamige .Referat des
Decent Dr. E. Levy in Wien bei der 48. Vereamm-
lnng dantaeher Naturforecher und Aerate in Graz“ (Deut-
sche Vjhrschr. f. off. Oeshpfl. VU. 4. p. 663—678. 1876)
and auf .die Ergebniaae der fiber die Frauen- u. Kinder-
arbeit in den Fabriken anf Beschluss dea Bundesrathes
angesteliten Erhebungen“, znsammengeatellt im Reichs-
kanzleramt. (Berlin 1876. K5n. geh. O.-Hof-Bnchdrncke-
rei R. v. Decker.)
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 2.
in Frankenberg 1 ).
lichem Gepr&ge, leider aber von ungentlgendem,
wissenschaftlich wenig verwerthbarem Erfolge, be-
st&tigt ausser dem Bewusstsein von der Mangelhaftig-
keit unseres Wissens die Klagen der erw&hnten drei
Gelehrten (Hirt, GOttisheim, Lewy), dass
„das wichtigste Moment bei Behandlung der vorlie-
genden Frage, die wissenschaftliche Begrilndung je-
ner Thatsachen, welche wir a priori als richtig er-
kannt haben , durch statistische Daten ttusserst ge-
ringe Fortschritte gemacht hat“, mit andern Worten,
eine gesetzliche Entscheidung der Frage ist zur Zeit
kaum zu wagen. Es erscheint durum trotz der an-
geftlbrten Grttnde immerhin zweifelhaft, ob der letzte
Bearbeiter der Frage in seiner zebnparagraphigen
„ These 44 das Interesse der Offentlichen Gesundheits-
pflege an der Fabrikgesetzgebung beztlglich ihrer
Mflglichkeit u. Nothwendigkeit in den rechten Gren-
zen gewahrt hat, oder ob ihre „Forderungen“ zur
Zeit nocb, weil noch nicht vOllig begrUndbar, zu weit
gehende sind, denn in Ermangelung von wissen-
schaftlich - praktischen — statistischen — Beweisen
wird der Gesetzgeber nicht gewillt sein und sein
dtlrfen, die ansschliessliche Richtechnur in aprioristi-
soben Annahmen zu fiuden. Viebnehr kaun die
Frage erhoben werden, ob die Offentliche Gesund-
heitspflege nicht richtiger handle, wenn sie auf „For-
dernngen 44 ganz verzichtend, nur auf Grand ihres
eigenen Nachdenkens, ihrer eigenen Versuche und
der „ Reicha-Ergebnisse “ neue Erhebungen veranlasse
und den R&hmen skizzire , innerhalb dessen diese
zum 2. Male und in regelmfissiger Wiederkehr vor-
zunehmen Bind.
Denn bei allem Fleisse, bei Wahrung aller Vor-
sichtsmaassregeln dflrften die Untersnchungen ein-
zelnerForscher, die nicht alleMal durch behOrdliche
Einwirkung ermOglicht sind, kein Allgemeinbild ent-
werfen. Das aber muss der Hygieiniker habeD, um
seine theoretischen Bedenken an der Praxis zu prfl-
fen und zu ergftnzen und um den flbrigen in Frage
kommenden Rttcksichten gerecht zu werden. Und
diese Rtlcksichtnahme , wenn auch in den Schriften
26
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UNIVERSITY OF CHICAGO
202
M e d i n g , BeschSftigung von Pranen n. Kindern in Fabriken.
hftufig vernachlftssigt oder geringgeschfttzt, 1st fttr die
Entwicklung des Bewusstscins von der Nothwendig-
keit der Offentlichen Gesundheitspfiege im Volke und
fttr ihr erfolgreiches Wirken unbedingt ndthig. Wie
viel hllufiger begegnet man nicht bei Behflrden und
Publikum offenbarem Widerwillen oder ttusserst
zweifelhaftem Vertrauen gegen sanittttspolizeiliche
oder hygieinische Maassnahmen, ais dem Gegentheile,
und wie bftufig hdrt man nicht als Entschuldigung
dafttr den Hinweis auf das Schwanken der Wisaen-
achaft selbst, die heute Dinge als erwiesen betrachte,
die morgen oder von andern Vertretem der Wissen-
schaft stark angezweifelt und erschttttert werden
' Deainfektion, Cholera-, Typhus-Prophylaxe u. Aetio-
logie). Auch bei der Fabrikarbeiterfrage tauchen
fthnliche Differenzpunkte auf und erlangen Bestati-
gung durch „ die Reichsergebnisse “, selbst wenn man
die Ffthigkeit des menschlichen Kfirpers ausser Acht
l&ast, sich in verh<nissmftssig weiten Grenzen den
umgebenden Einflttssen ohne erhebliche Stoning sei-
ner selbst anzupassen.
Aber abgesehen von dieser Vorsicht und von
dem Mangel wissenschaftlicher Beweise hat die Offent-
liche Gesundheitspfiege zweifellos noch mit zwei
Thatsachen zu rechnen, ehe sie ihre „Forderungen“
mit dem Nachdrucke erhebt, der nothwendig wird,
wenn sie einmal Offentlich ausgesprochen sind. Ihre
Forderungen dtlrfen , mdgen sie theoretisch noch so
richtig und wtlnschenswerth sein, die wirthschaftliche
Lage der betreffenden Erwerbszweige und der dabei
betheiligten Arbeitergrnppen nicht in soldier Weise
beeinflussen , dass dadurch fttr jene die Concurrenz-
ffthigkeit aufgehoben, fttr dieseeine Verschlechterung
ihrer Lebensverhaltnisse herbaigeftihrt wird. End-
lich muss wenigstens die Form der Forderungen den
Bildnngsgrad und die Lebensbedtirfnisse der betref-
fenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer berttcksichti-
gen. Den in Fabrikbezirken Lebenden begegnet es
nicht selten, dass gerade der Arbeiter gegen die fttr
ihn erlassenen Schutzmaassregeln sich wehrt und
dass auch der sonst hochgebildete , auch menschlich
ftthlende Arbeitgeber, aller Strafen ungeachtet , die
bezttglichen Anordnungen der Behbrde unausgeftthrt
ULsst — die „ Reichserhebungen “ best&tigen diess
vielfach. Diese Unbegreiflichkeit muss aber eine
werthvollere Ursache haben, als Eigenwillen, Unver-
stand u. gewohnheitsmassige Widersetzlichkeit. Fttr
den Fabrikanten wird es meist die tttglich wieder-
holte Erfahrung sein , dass gewisse Industrien ohne
Frauen- und Kinderarbeit , d. h. deren niedrigeren
Arbeitslohn , den Kampf mit dem Auslande nicht be-
stehen kdnnen, also zu Grunde gehen mttssen, man
erziele denn eine internationale Fabrikgesetzgebung,
welche Frauen und Kinder ganz ausschliesst (siehe
auch die „ Reichserhebungen “), den Arbeiter hinwie-
derum zwingen oft genug die gesteigerten Bedttrf-
nisse der wachsenden oder krilukelnden Familie,
die in Steuern ausgedrttckten Bedlirfnisse von Staat,
Gemeinde und Schule, die Kraft der Frau und des
Kindes zum Erwerb mit heran zu ziehen , mag er
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sich immerhin mtthen , selbst Freuden und Genttsse
entbehren , wie er kann , und mag er sich wohl be-
wuast sein , dass er sich das Weib genommen mehr
ziun Erhalten als zum Erwerben, weniger zum Mit-
kttmpfen uni das Dasein als zum Geben von Liebe
und Frieden nach dem Kampfe, mag er immerhin
schmerzlich ftthlen , dass auch sein Kind , das arme
Kind , zum Spielen u. Geniessen, sp&ter zum Lernen
und nicht zum Geldmachen berufen ist. Und das
Alles bei regelmSssigen oder gar guten Zeitlkufen,
bei gnten und ftthlenden Menschen ! Wie aber in-
dert sich die Sachlage zu Ungunsten der bygieini-
schen „Fordemngen“ bei ungttnstigen Erwerbsver-
hilltnissen, bei einem Arbeiter- u. F&brikantenstande,
dessen allgemeinere Geistesbildung eine Ittckenhafte,
dessen Herzensbildung gleich null ist? Mindestens
wird dann die Form der Forderungen, die Gesetzes-
Handhabung, eine vorsichtige, rttcksichtsvolle sein
mttssen und allseitig der Mangel eines nnr einiger-
maassen erheblichen Verstilndnisses fttr hygieinische
Fragen schmerzlich und die Vorbildung dazu auch
auf den gewerblichen , nicht bios Hocb - Schulen ala
nOthig empfunden werden. Man mdge einfach die
n Reichsergebnis8e“ durcharbeiten nnd wird es nicht
ungereebtfertigt finden, dass im Gegensatz zu der
gewdhnlichen , bisherigen Entscheidung der Frage
liber die Forderungen der flffentlichen Gesundheita-
pflege an die Fabrikgesetzgebung auf die Bedenk-
Hchkeiten derselben aufmerksam gemacht and die
Berechtigung von Forderungen zunttchst nur znr Vor-
untersuebung der auf diese Frage bezttglichen Ver-
haltnis.se anerkannt wird.
Als bekannt darf vorausgesetzt werden, dass zu
den Erhebungen, deren Ergebnisse erst jttngst im
Drucke vorliegen, Petitionen aus den Jahren 1872
und 1873 an den Reichstag die Veranlassung gewe-
sen sind. Im Verfolg deraelben beantragte derselbe
am 30. April 1873 beim Reichskanzler „diejenigen
Erhebungen, welche fttr die Beurtheilung der Ange-
messenheit und Nothwendigkeit gesetzlichen Schutzes
der in Fabriken beschaftigten Frauen und Minder -
jfthrigen gegen sonntigliche Arbeit , sowie gegen
ttbermttssige Beschftftigung in den Werktagen erfor-
derlich sind, zu veranlassen und die Ergebnisse dem
Reichstage mitzutheilen.“ Laut Beschluss des Bun-
desraths vom 31. Jan. 1874 warden nun im ganzen
Reiche, mit Ausnahme von Elsass-Lothringen , diese
Erhebungen im J. 1874 und zum Theil auch 1875
angestellt nach folgendem Programm, welches Me-
dicinal-Polizei und Statistik recht wohl zur Grand -
lage fllr ihre kttnftigen „ Forderungen 44 nehmen
kann.
r Bezweckt wird die Kenntnus der eigentlichen Fa-
brikarbelt, der Arbeit in Berg- nnd Hiittenwerken nnd der
Arbeit in Werkstatteu, die fttr gewOhnlich mind catena 10
Peraonen (Arbeiter und Arbeiterinnen) beschiftigen. Ans-
geschlossen ist die Hausarbeit nnd das eigentiiche Hand-
work.*
Die Unterauchung hat sich zu erstrecken auf
A. die allgemeinen Verhdltnisae , zunichst I. der
Uber 16 Jahre alien Arbeiterinnen und II. der
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Me ding, Beschkftigung von Frauen u. Kindern in Fabriken.
203
jugendlichen Arbeiter nach 7 Industrie-Hanptgrup
pen mit 16 Unterarten : A. Bergwerksindustrie :
1) Eisenstein - uT andere Erzbergwerke , Stein - und
Braunkohlengruben ; 2) Hfltten — Eisen, Zink,
Knpfer, Arsen. — B. Steinzeug: 3) Ziegeleien;
4) Thon- und Erdenwaaren, Porzellan, Glas. C. 5)
Ztlndwaaren. D. 6) Kurz -, Knopf-, Spielwaaren,
Stahlfedera, Nah- und Stecknadeln. E. Textil-
industrie: 7) Fabriken filr Seiden-, Streich-, Kamm-,
Flachs-, Baumwollen-, NAh-Garn und -Zwirn ; 8) filr
Stoffe nnd Zeuge ans Seide , Sammt, Strcichgam,
inch Tuch, Kammgarn, incl. Teppiche, Shawls,
Plflsche , Flachs- und Baumwollengam ; 9) Bleiche-
reien, Garn- und Stttckf&rbereien, Appreturanstalten,
Druckereien for Gewebe ; 10) filr Watte und Kunst-
wolle; 11) filr TtlD, Bobbinets, Spitzen, Strick- und
Posamentirwaaren. F. Papier- und Strohindustrie :
12) Fabriken filr Papieratoff, Papier, Pappe, Bunt-
papier, Tapeten, Cartonagen, rapierwAsche ; 13)
Strohhut- u. a. Strohwaaren. G. 14) Fabriken filr
Rauch-, Kau-, Schnupftabak, Cigarren, Cigarretten ;
16) Cbokoladen und Cichorien; 16) Rflbenzucker.
Zu berflcksichtigen sind hier: Zahl der Arbeiter,
Arbeits-Zeit, -Pausen, -Lohn (niedrigster, mittlerer,
liflchster), Sonntags- und Nachtarbeit, Arbeitsrftume
und endiich die Arbeitserleichterungen.
B. Hinsichtlich der betondem Miesstande ist
zn erftrtern , ob diese lediglich einer bestimmten In-
dnstriegruppe oder alien eigen sind, sicli an bestimmte
Rftume oder Orte binden oder alien, bez. der ganzen
Gegend angehoren, im Zu- oder Abnehmen begriffen
sind , nnd endiich seit wann Frauen — in kleinerer
oder grdeserer Zahl — verwendet werden.
Insbesondere soil ferner festgestellt werden der
Einfluss dieser Missst&nde auf die gesundheitlichen
Verfaftltnisse (ans Maschinen- und Arbeitsr&umen —
Stanb, Feuchtigkeit — Lebensdauer der Frauen und
dor ganzen Familie — grSssere oder geringere Sterb-
liohkeit der Sftnglinge, Verkttmmerung der Altern
Kinder, schlechte Rekrutirangszahlen) und auf die
geaellschaftiicben Verh<nisse (Sittllchkeitszustftnde
der Arbeiterfamilien — Trunksucht un ter den Frauen,
Hlnfigkeit der frtlhzeitigen, unbesonnenen Heirathen,
der unehelichen Geburten; VemachlSssigung des
Familienlebens , der Kinder, der Wirthschaft dutch
die Frauen; Schulbesuch; Schuldeumachen).
Endiich sollen die Ansichten gehdrt werden , ob
eine Abhiilfe gegen dieee Mi*»e(nnde, mdglich ist
1) ohne Beschrdnkuug der Fobrikarbeit — durch
Verbes8erung der Fabrikeinrichtungen , der Lebens-
verbAltniese der beztlglichen Arbeiter ausserhalb der
Fabrik ; Trennung der Geschlechter bei der Arbeit ;
paasende Arbeitskleidung ; Abschliessung der Maschi-
nao und Maschinentheile ; gute Ventilation ; Arbeits-
erleichterungen , z. B. Auskleide -, Bade -, Wasch-,
Schlafr&ume, Logirh&user, Koch- und Speiseanstalten,
Unterricht in den weiblichen Handarbeiten , Kinder-
bewahranstalten nnd Spielschulen , Erleichterangen
bei Beginn nnd >Schlnss der Arbeit und betreffs der
Arbeitgpausen — oder nur moglich 2) durch Kin-
ecJirdnkuvg der Fabrikarbeit a) betr. der Zeit (ge-
wis8e Tag- und Nachtstunden , Sonntagsarbeit) oder
gewisser, bez. aller Alters - nnd Civilstandsklassen ;
b) oder g&nzliches Verbot — jedes oder bios eines
bestimmten Industriezweiges, bez. deren Abtheilungen
fHr alle oder gewisse Klassen. Hinzuzuftlgen sei die
Mittheilnng, ob die Durchfllhrung der zu nehmenden
Maassregein die Arbeiterfamilien wirthschaftlich,
bez. die betroffene Industrie erheblich schftdigt (Ver-
theuerung der Arbeit, Stdrung des Betriebs durch
Verkdrzung der Arbeitszeit und dadurch Concurrenz-
unfAhigkeit, resp. Unersetzlichkeit derFrauenarbeit).
II. Betreffs der jugendlichen Arbeiter sei zu
beachten, ausser den Angaben tlber Zahl u. Wochen-
lohn (in vorgeschriebenertabellarischerForm), 1) die
Arbeitszeit, namentlich ob allseitig dem § 128 der
Gewerbeordnung des dentschen Reichs, Alin. 2, 3
(Beschaftigung von Kindern und jungen Lenten von
12 — 14, bez. 14 — 16 J. bis hdchstens t&glich zu
6, bez. 10 Std.) nachgegangen wird , oder ob eine
schftrfere Controle durch die BehCrden zu Gunsten
des Arbeiters mdglich ist, ohne den Betrieb der
Fabrik empfindtich zu hemmen; 2) die Arbeits-
pansen, ob die gesetzlich bestimmten Pausen (§ 129
der d. G.-Ordnong) in der Arbeitszeit streng inne
gehalten werden , oder ob die jugendlichen Arbeiter
freiwillig oder auf AndrAngen der Eltern, Fabrik -
herren etc. auch wahrenddem fortarbeiten , endiich
ob gesetzliche Verhtltung dieser Ucbertretung , bez.
unter Verantwortlichmachung des Arbeitgebers filr
alle Zuwiderhandlungen mdglich ist ; 3) die etw&ige
VerschArfung der gesetzlichen Bestimmungen fiber
Beschaftigung der jugendlichen Arbeiter — Ver-
kflrzung der Arbeitszeit, bestimmte Arbeitszeit, Ver-
bot der Sonntag- und Nachtarbeit, der Beschaftigung
bei gewissen Indnstriezweigen oder nur gewissen
Arbeiten in ihnen — ohne diese und ihre Familien
wirtbschaftlicb, die Concurrenzfthigkeit der betroffe-
nen Industriezweige erheblich oder nicht zu beein-
trachtigen ; 4) die Handhabung der gesetzlichen
Console oder Nothwendigkeit weiterer Maassregein
(besondere Aufsichtsbehdrden).
8o"vielversprechend diess vorstehende Programm
bei zweckentsprechender Ansfilhrnng anch filr die
dffentliche Gesundheitspflege und insbesondere filr
deren Anforderungen an die Fabiikgesetzgebnng
betreffs der Frauen nnd jugendlichen Arbeiter er-
scheinen muss, so steht leider das erzielte Gesammt-
ergebniss weit hinter den Wllnschen des Hygieinikers
zurllck. Von sehr verscbiedenem Werthe sind die
Ergebnisse in den einzelnen Staaten oder LMnder-
gruppen, in deren 7 das Reich filr die „Erhebungen“
getheilt worden ist.
Preussen — Bayern — Sachsen — Wfirtemberg —
Baden-Hessen — Mitteldentsche Staatengrnppe : Saohaen-
Weiraar, sachs. Herzogthfimer , Schwarzbnrge , Rensse,
Anhalt — . Norddeutsche Staatengrnppe : Oldenburg,
Brannschwelg, Waldcck, beideLippe, beide Mecklenburg.
Hansestiidte.
Einmal mag die Neuheit der Sache daran Schuld
tragen , zuin Wesentlichen aber wohl die Erhebnng
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204
Med ing , Besch&ftigung von Frauen u. Kindern in Fabriken.
durch nicht allseitig geeignete Personen. Es mag
recbt gut sein nnd nothwendig , dnrch Verwaltungs-
beamte die Erhebungen anstellen zu Lassen unter
Mitwirknng von Geistlichen , Lehrem , Fabrikanten,
Arbeitem, sonstigen zuverl&asigen Personen, Aerzten,
aber aus den Ergebnissen geht hervor , in wie nnzu-
reicbender Weise Aerate and Arbeiter zu Rathe ge-
zogen worden sind and dass sie neben den Fabri-
kanten die eigentlichen Ausftlhrenden sein sollten.
Bei zu verboffender Fortsetznng dieses Anfanges
wird man einen andern Weg einschlagen mtlssen.
*Und diesen vorzuzeichnen , wird Sache der Offent-
lichen Gesundheitspflege, vielleicht unter Vermittlung
des Reichsgesundheitsamtes, sein mtlssen.
In Beaug aof die Sache selbst lehren die im 8. Thetl
der „Ergebnisse“ (8. 11 — 11G) sub A. in' Tabelleaform
zusammengestelltcn Krmittelungen im Allgemeinen , dass
in den lfi Industriegruppen beschd/tigt find in Summa
880500 Pertnnen : 566500 mdnnlichc Erwachsene , 226000
Arbeiterinnen Uber 16 Jahre alt , 88000 jugendl. Arbeiter
(mm. 64.5°/ 0 , 25. 7°/ o , 9.8%) , und zwar sind in Preussen
in Sachsen die Ilaifte niehr Manner ala Frauen
beschaftigt, in Hessen ubersteigt dieZahl der Arbeiter die
der Arbeitermnen um 75°/ 0 , in Baden diese die der Arbeiter
ntn 10°, o, in Bayern und VVQrtemberg sind beide Ge-
schlechter ungefahr gleich vertreten.
Von den Arbelterinnen Bind etwa 24% 16 — 18, 49%
18 — 26 , 34% uber 25 J. alt, 24% verheirathet (namllch
0.6 % zwischen 16 — 18, 20.5% bis 26 , 79% fiber 26 J.
alt). Von den 226000 Arbelterinnen kommen 53% anf
PreuBsen, 18% anf Sachsen, 9% anf Baden-Hessen, 8%
auf Bayern , je 6% auf Wfirtemberg nnd Mitteldeutsch-
land , 2% auf Norddeutschland. Nach der VoikBzahlung
vom J. 1871 waren von der weibl. Bevolkerung Fabrik-
arbelterinnen 1 % in Preussen , 3% in Sacbsen , etwas
unter 1% in Wfirtemberg , 0.76% in Bayern , Oder von
der 16 — I8jahr. Franenbev51kernng Fabrikarbeiterinnen
in Preussen 4%, Bayern 2.6%, Sachsen 14%, Wurtem-
berg 6%, von der 18 — 26jahr. 3.5, 2, 11, 3.6%. Von
der 12 — 16jahr. MannerbevBlkerung derselben Zihlung
waren Fabrikarbeiter in Preussen 1.8%, in Bayern 1.8%,
Sachsen 6.6%, Wfirtemherg 1.8%, und zwar 24% 12 —
14 J., 76% 14 — 16 J. alt. Von den jugendl. Arbeitem
uberhaupt waren 60% Knaben, 40°, 0 Madchen.
Die Zahl der Fabrikarbeiterinnen vermehrt sich also
durch Hinzutritt der 31200 weiblichen jugendl. Arbeiter
von 226000 auf 257200 Personen. Am moisten — und
diess ist hygieinisch sehr beachtenswerth — waren von
diesen 2 Gruppen besehaftigt in der TextilindustrU :
Franen 128500 (Preussen 63000, Bayern 12000, Sach-
sen 30000, Wfirtemberg und Baden je 8000, Hessen
4600, MltteldeutBchland 1600, Norddeutschl. 700) ;
Jugendliche Arbeiter 84000 (Preussen 14600, Bayern
3100, Sachsen 10600, Baden-Hessen 2300, Wfirtem-
berg 1850, ubrige Staaten 1750);
Cigarrenindustrie :
Franen 34000 (Preussen 16600, Sachsen 4000, Bayern
1700, Baden-Hessen 8800, Wfirtemberg 900, fibrige
Staaten 2000) ;
jugendliche Arbeiter 14800 (Preussen 48%, Baden
24%, Sachsen 15%, Hessen 6%).
8ehr verschieden 1st die Arbcisteil ffir die Arbeiterin-
nen — durchschnittlich 10—11 Std. — meist von friih bis
Abends 6—7 Uhr mit 1 % — 2stundiger taglicher Pause.
Der Arbeilslotin schwankt zwischen 2 — 19 , ganz einzeln
his 24 Mk. wdchentlich und halt den Durchsehnitt von
6 — 8 Mk., bei den jngendlichen Arbeitem von 3 Mk.
(1 — 9, Ja sogar 13.60 Mk.).
Wahrschelnlieh Ist die Fabrikarbeit Uberhaupt , wie
iiberhanpt die der Franen noch im Stelgen.
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SpeeMler behind el t tier 2. TMl der ,Br gebpt »»e‘
auf S. 11 — 80 die Arbeitsverhaifailsse In den
Staaten ffir die Arbeiterinnen , auf S>. 81 — 100 ffir die
jugendlJchen Arbeiter.
Bis ist nicht mflglich , auf kurz zugemessenetn
Raume alle Einzelheiten dieses vielgestalteten Bildes
wiederaugeben, in dem auf diesem gewerblichen und
gewerbs - hygieinischen Gebiete unser liebes Vater-
land sich darstellt. Der Leser mftge darum ver-
zeihen, wean er manches gewiss nur nebenskchliches
Erwttnschte vermisst ! Die IJmrisse des Bildes sind
zutreffend und vielleicht genligend, sick fiber die
betr. der Fabrikgesetzgebnng medicinisoh wichtigen
Gcsichtspunkte ein Urtheil zu bilden.
Hygieinische Theilnahme erweeken von den
Einzelergebnis8en : die Sonntag- und Nachtarbeit,
die Arbeitarkume, die Aibeitserleichteruagen and die
gefundenen Missstknde.
Bezfiglich der Sonntag - und Nachtarbeit war
den Untersuchenden die Frage gestellt: „Bestebt aie
und kdnnen sich die Frauen ihr ohne Folgen ffir
ihr wei teres Arbe itsver hAltnisa nach Belieben cat
ziehen ?“
«
Die Sonntag- undNachtarbeit ist in alien 8taaten
und Lftndergruppen im Allgemeinen die Ausnahme,
in Sachsen geeetzlich verboten und nur in ganz dring-
lichen Fallen, bei drkngenden Geschkfts-, drohenden
Witterungs- oder bei bestimmten Gewerbsverhllt-
nissen gestattet. Sie wird anch, da der Arbeitgeber
selbst Nachtheile davon hat, nur im Nothfialle an-
geordnet. Dann aber scheint es selbstverstAndlich
oder zwingend , dass die Arbeiterinnen daran theil-
nehmen ; in einzelnen Lflndern ist die Theilnahme
freigestellt. In manchen Industriegruppen ist Sonn-
tag- und Nachtarbeit unumgfinglich und wird dann
wechselsweise, in Schichten, von beiden Geacbleehtern
gethan: Berg- und Hllttenwerke, ZuckeriabrikMi —
w&hrend der sogen. Gampagne — . Theilweise, aber
regelmkssige Nacht - oder Sonntagaarbeot wird tot
fiberall von Glasfabriken berichtet ; zeitweiseim Jthre
ist die betr. Arbeit Regel (sei es, dass sie frflh 4 — 5
beginnt oder Abends 9 — 10 Uhr sehliesst, sei es,
dass sie den halben oder ganzen Sonntag umfinet)
bei A. (einzelne Schmelz-, Hfitfcen-, Brennfifen, t. B.
Kalk-, HochCfen) ; B. Steinzeug (Ziegeleien , Thon-
und Erdenwaaren — Brennfifen — ); E. Textil-
industrie (bes. 7) Spinnereien , 8) Zengwebereien,
meist und bei sehr dringendem Geschlftsgange als
seltene Ausnahme , vereinzelt bei einzelnen Arbeiten
in 9) Bleichen, Fttrben, Appretiren, Drucken; 11)
Spitzen , Posamenten etc.) ; F. Papier - und 8troh-
indnstrie (Papier-, Wachstuch-, Stroh-) ; G. Tabak-
industrie — in einzelnen Bezirken Baierns u. Badens ;
H. Chocolade und Cichorien — aus Baden, Wfirtem-
berg , Baiern , Mitteldeutsehland und vereinzelt aus
Norddeutschland angegeben, aus Baden aueh bei
Zflnd-, Knopf- und Spielwaaren.
Im Allgemeinen ist also die Ausbeutnng der
menschlicben Arbeitskraft in den jugenilichen nnd
weiblichen Kfirpern Ausnahme , als regelmfiaaig aber
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205
Me ding, Beaehaftignng von Frauen u. Kindern in Fabriken.
gwandhoHHoh nod wlrthsehaftlich von Bedentung im
Bcrgwesen, in Glws- mid Zuckerfabriken.
Die betr. der Arbeitsrdume gestellte Frage:
,,0b die far das weibliche Geschlecht nflthigen Rttck-
siehten bei Anstellnng in und an den verschiedenen
Arbeits - Rflumen nnd -Maschinen beobachtet wird",
wird fast allgemein verneinend beantwortet , nur in
Wflrtemberg zur Halfte etwa mit Ja.
In der Mehrzahl bezieht sich die Trennong der
Geschlechter , wenn sie vorkommt, nur auf einzelne
Arbeiten , z. B. in der Textilindnstrie (Spinnereien,
Watte, Spitzen, Posamenten, Weisswaaren) , bei der
Fabrikation von Zflnd-, Knopf-, Kara-, Spielwaaren,
Papier, Cartonnagen, Chocolade, Cicborien (vrillig
durchgeftthrt Lat die Trennong in den Angsburger
Spinnereien nnd Webereien). Vereinzelt ist dieTren-
nung ausserdem hier und da bei Glas, Porzellan,
Tbon und Ziegel , ganz selten bei Tabak und Cigar-
ren, bei einzelnen Htttten, fast nie oder nie bei
Zucker erw&hnt, dagegen fast steta in den preuss.
Bergwerken. Die Trennung bezieht sich oft nur auf
einzelne Theile derselben Mascliine oder nur auf den
Arbeitsplatz im selben Saale — vollkommene Raum-
trennung sehr selten, in einzelnen neueren Fabriken.
Weibliche Aufseher giebt es ganz selten , ausser
in Wflrtemberg (wo vielieicht fttr l /s der Arbeiterin-
nen Aufseberinnen angestellt sind). Auch hier sind
die Zuckerfabriken am ungtlnstigsten gestellt, eine
beetimmte Regel indessen ist nicht anzugeben , weU
die VerhiUtnisse selbst in den gleichen Industrien sehr
sehwanken und meist dadurch geregelt werden, dass
die Frauen den Mflnnern gewisse Vor- und Bttlfe-
arbeiten verrichtea. In manchen Fabriken hat man
nor weibliche Arbeiter (Corset, Blnmen, zuweilen
Cigarren).
Die ArbeiUerleichterungeti bezieben sich auf die
brim Progtamiti bereits angefflhrten Einriehtungen.
Di« Urtheile lauten durchgehends ungflnstig: in
Prcossen „im Allgemeinen wenig Ftirsorge“, in
Bajrern „meist ungenflgende VerhiUtnisse", in Sachsen
„besondere Veranstaltungen zu Gnnsten der Arbei-
terinnen nur in einem kleinen Theile der Fabriken",
in Wflrtemberg „sehr /wenig", in Baden, Mittel-
dwtsebiand und Norddeutschland „ vereinzelt, sehr
vereinZelt".
Als Entschuldignng wird der Mangel des Be-
rt tirfniases und die Nichtbenntzung seitens der Arbei-
terinnen angegeben, besonders gilt diess von Kost-,
Logir-, Schlafhiusern , vom Unterricht in den weibl.
Arbeiten, am wenigsten noch von den Ess- u. Ankleide-
rtnmen in den Zflndwaarenfabriken. Die verhflltniss-
mflsstg melsten Erleichterungen zeigen Wflrtemberg,
Baden, Hessen bei Textil-, Papier-, 8pielwaaren, Ta-
bak, Zucker n. Chocolade betr. der Wohnungen, der
Uaterrichtsanstalten , Kleinkinderschulen (vereinzelt
aoeh in Preussen). Die Pansen werden hilufig dureh
die Aecordarbeit geregelt, anf Verlangen Verheirathe-
ten , Sehwangern nnd Wdchneriimen Iflngere Pausen
bewilligt. Am nngentlgendsten 1st flberall fflr
Schwangere und Wflchnerinnen gesorgt, d.h. eswird
keine Rttcksicht genommen, als etwa die l&ngem
Pausen; Ausserst selten wird ihnen der Lolrn ein
paar Wochen wkhrend des Wochenbetts bezahlt,
meist werden sie einfach als zeitig ausser Arbeit
betrachtet. In Sachsen bezahlen sogar Fabrikarbeiter-
krankenk&ssen die era ten 4 Wochen des Wochenbetts
kora Krankengeld. In einzelnen chemischen Fabriken
Preussens besteht Zwang , 2 Mon. vor der Nieder-
kunft die Fabrikarbeit einzustellen.
Das Cap. I. C. ,,Mi8i*tdnde und deren Betti-
tigung" dttrfte hygieinisch das wichtigste der „Er-
gebnisse" sein. Bei den Erhebungen ist haaptskch-
lich zu unterauchen:
„Bedroht die Fabrikarbeit oder nur gewisse Fabrik
Einriehtungen oder Statten die Gesundheit der Arbeiterin-
nen erfahnmgggemasg unmittelbar oder, wenn dieser Zu-
sammenhang nicht wahmehmbar, stehen sie gesundheltlich
ungiinstiger da, als andere BevOlkcrungsklassen gleichrr
Verhaltnisse, nnd weichen Einfinss anf pers6nliches nnd
Families - Leben der Arbeiterinnen flbt die Fabrikarbeit
aus?"
Im Allgemeinen wird in alien Sta&ten, mit Aue-
nahme der L&ndergruppe Norddeutschland, einsch&d-
licher Einfluss der Fabrikarbeit auf die Gesundheit
der Fabrikarbeiterinnen zugegeben , dahingegen der
Gesundheitszustand der Familien als nicht ungflnstig,
wemgstens nicht schlechter als der anderer Klassen
hingestellt. Gewiss mit Recht wird aber von einzel-
nen Seiten daranf hingewiesen, dass sich der Fabrik-
industrie oft nurLeute mit an sich schwachem Kbrper
oder bereits angegriffener Gesundheit zuwenden, weil
ihre RrAfte fttr Dienst , Handwerk oder Handarbeit
nicht ausreichen. Andere wieder meinon , dass die
Gesundheit der Arbeiterinnen nicht sowohl geschfldigt
werde durcb die Fabrikarbeit an sich , als vielmelir
durch die bei gewissen Zweigen herrschende Unsitt-
lichkeit, verhflltnissmassige Wolilhabenlieit nnd die
missbrSuchlichen Gewohnheiten. Noch Andere halten
die Fabrikarbeit nicht fttr scMdlicher , als die Haus-
industrie , ja Einzelne sogar flir erheblich gesflnder,
als diese. Obwohl diese Stimmen keineswegs alleiu
dem Kflnigr. Sachsen entstammen , so werden dock
alle die gemachten Einwflnde nnd Beschr&nkungen
der allgemeinern Behauptnng durch dessen Verhalt-
nisse bestatigt
Im Besondem scheinen die UnglGcksfalle durch Ma-
schlnen und Maschinentheile sehr selten und meist Schuld
der Unachtsamkeit der Arbeiter selbst zu sein.
SchSdlicher wirken durchschnittlich uberall die In-
dustrieabfalle , besonders der Staub , namentlich in der
Textilindnstrie (Flachs-, Woll-, seltener Banmwollen-
spinnereien, Webereien, Hasenhaarschneidereien), Respi-
rationgaffektionen , allgemeine Blntarmutb , Angenleiden
— bei Tabakfabriken , Papier- und 8trohwaaren ; beson-
ders durch dasSortiren der Lumpen — zymotische Krank-
heiten, z. B. Blattern, Cholera, Haut- u. Respir.-Krank-
heiten , Blutarrouth — bei Metallwaarenfabriken , z. B.
Stahlschleifereien, Bronce- n. Blechspielwaarcnfabrlken —
vorefiglich Lungenaffektionen — Kohlengrnben — Kohlen-
lunge. Wcniger mechaniacb, ala auf cbemiaehem oder
physikalischem Wege wirken Wasserdampf, gewbhnlioho
verdorbene Lnft, sch&dlichc Uasarten (ersterer in Flachs-
splnnerelen , der Verediungsindustrie (E. 9] , Ziegeleien.
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206
M e d i n g , BeachAftigung von Frauen u. Kindern in Fabriken.
Thon- nnd Porzellanfabriken , Zuckerfabriken (Zucker-
kritse) — Rachen-, Luftrohrenaffektionen, Rheumatismen,
allgemeine Ernahrnngs- und Verdauungsstdrimgen. — Die
verdorbene Luft aussert Rich in alien Fabrikanlagen , in
denen Seitens der Fabrikanten eine gcringere Sorgfalt
obwaltet . wie ja uberhanpt dieser Missstand die allgemei-
nen und besondera Uebelstande erheblich verechlimmem
oder mindern kann. Schadliche Gasarten entwickeln sich
in Zundholz - oder Kerzenfabriken — Phosphornekrose,
durch entsprechende Vorschriften (TerpentinOI, aroorpher
Phosphor ) fast uberall ganz heseitigt, — in Spiegeibelege-
reien, Hutten — arsen. Schwefelwasseretoff , Quecksilber
— Gummiwaarenfabriken — Schwefelkohlenstoff, alkal.
Dampfe, schwedige Sanre -- Bantpapierf&briken , Erden-
waaren, Farbefabriken , Blechspielwaaren — Bleivergif-
tungen — chemische Fabriken mit ihren oft schwer be-
schreibbaren Dunsten aus der FettsAurereihe, mit Chlor ,
Salpetersaure Ammoniak- and Theerdampfen , Leucbt-
gas etc. — Bpeciflsche Vergiftnngen, allgemcine Schwache-
zustande, M agenda rmaflfektionen, Respirationsaflfektionen,
Nenraigien. Blutarmuth , Hysteric — Nlkotinvergiftungen
in Tabakfabriken. Bestiramte Metallvergiftungen ausser
den erwahnten in Blumenfabriken (Schweinfnrter Grim,
Cyan, Chrom, Blei etc.).
Hftofig ist auch bios die Einseitigkeit derTh&dg-
keit zu beschuldigen — Varices an den Beinen, Fluor
albns , Hyaterien , Neuralgien und Bleichaucbt bei
langem oder ausachliesalicbem Stehen , beim NAh-
masohinennAhen , andererseits das gebilckte Sitzen,
echAdlich f(ir Augen, Lnngen und Verdauung. Ein
sichsiacher Arzt achiebt auf das gekrttmmte Sitzen
von frttheater Kindheit an die hftufig beobachteten
Beckenabweichungen bei Spielwaarenarbeiterinnen.
Nicht unerwAhnt mag bleiben , dass nicht selten
die befragten Aerzte Hauptgewicht zu legen acheinen
auf die mangelhafte, beaondera stick atoffarme Nahning
und auf den frtihzeitigen Gescblechtaverkehr mit aei-
nen Folgen.
Anf die in dem Berickt aua einzelnen Bezirken
(Augaburg, Sachsen) beigeftlgten atatiatiachen An-
gaben sei nicht eingegangen , weil derartige hSchat
vereinzelte, kurzzeitige Zusammenstellungen eine all-
gemeine Gtlltigkeit nicht beanspruchen kdnnen.
Im Allgemeinen darf man wohl dem Urtheile
beitreten , dass bei atrenger Reinhaltung , bei guter
Lilftung , bei peinlicher Ordnung und bei Befolgung
der von Erfahrung und Wiasenacliaft empfoblenen
Vor8icht8maa8aregeln die Fabrikarbeit kaum scbAd-
licber sein wird , ala die Handarbeit , und dass die
Hausarbeit wegen der ungenflgenden , ftir Arbeits-
und Wirthacbaftszwecke zugleich benutzten RAum-
lichkeiten ohne Lflftung , mit meiat zweifelhafter
Reinlichkeit , der meiat durcb FamilienverhAltniaae
gebotenen langen Nachtarbeit in nngtlnstiger Kfirper-
stellung bei noch geringerem Genusae friaclier Luft
durchachnittlicb verdAchtiger filr die Gesundheit sein
muss.
Der GeeundheiUzuttand der Familien wird
fast allgemein als nicht schlecht , ja vielfach besser,
ala der bei Handarbeit nnd bcim Kleingewerbe an-
gesehen, weil der erhdhte VerdienatbessereNahrung,
Wohnung und grtfasere Bildnng gestatte.
Nnr da wird auch das Befinden der Familien
nngtlnstig beeinflusst, wo die aittliclien VerkAltniaae
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der Arbeiterinnen zu wilnachen flbrig lassen , boson
dera bei Cigarren, Glaa (Nachtarbeit!!), Ziegelei,
Torfetick, Stickerei, Weisawaaren, Blumen, woPutz-
und Vergn(lgtmg8-, Trunksucbt den erhdhten Lohn
verprasaen lasaen , wo der Hang zum VergnUgen
Wirthachaft und Kinder vernachlAssigen lAsst , Yer-
liAltnisse , die aich in grdsaerer Kindersterblichkeit,
Verkttmmerung der grdaaem Kinder und achlechtern
Rekrutirungsergebniaaen dar8tellen. Freilicb lassen
die „Ergebnis8e“ kein Urtheil gewinnen, welcbe In-
du8triezweige nacb den beregten Rilckaicbten beson-
ders aclilecht aind und ob flberhaupt die Arbeit als
aolche, die MaasenanhAufung „die Ertbdtung des
Selltet- und Familiengefiikls durch die Arbeit mit und
an Maschinen , ala deren bloses AnhAngsel rich der
Men8ch ftthlen leme“ (wie aich ein Pfarrer vieileicht
mehr geistreich klingend ala sachgemAsa au8drflckt'i
wesentlich moralisch und kOrperlich verschlechtere.
Nicht nur in denaelben Staaten und LAndergruppen,
in denaelben Bezirken , auch in denaelben Erwerbs
arten lauten die Urtheile ganz wideraprechend , so
dass man wohl annebmen musa , es mils sen ausser-
fabriklicbe VerhAltniase dabei maasagebend sein.
Ala auflAlligea Beiapiel ist die Cigarrenfabrikation
anzuflihren , die sehr krank- , namentlich scbwind-
suehtmaehend , aehr entsittlicbend wirken Roll, nach
aeltneren Urtheilen aber aich gtinstig anazeichnet.
Die aAchaiachen Erfahrungen [Ahnlich wie die
der k. k. Oaterr. Tabaksregie] vermOgen jedoch jene
durcb atatiatisclies Material nicht erhArteten abfAIli-
gen Urtheile nicht zu beatAtigen , vielmehr eine sehr
wahrnehmbare Bessening der LebensverhAltnisse der
Einzelnen und der Familien zn behaupten. Die ge-
rflgten UebelstAnde zeigen rich in aller Fabrik- und
Hauaindurtrie, wo Noth, d. h. kArglicher Verdienat,
achlechte Erziehung, hAufig gebotene Vergnflgungen,
(namentlich das leichte Erlaubniasertbeilen von
„Tanzmu8iken <f ) and Gemflth- und Hereloeigkeit der
Fabrikanten zu Hanse aind. Sachaen irt ein deut-
liches, warnende8 Beiapiel , dass flberall da der Ar-
beiter den zersetzenden Lehren der internationalen
Socialdemokratie zugAngig irt, wo der Fabrikant
gTOsae Summen anhAnfte , ohne vom Ueberfluss fttr
geiatige und sittliche nnd. leibbche Hebung seiner
Mithelfer, der Arbeiter, abzngeben (Conaumvereine,
Renten- und Invalidenkaascn , Kinderbewahr- nnd
Pfiegeanatalten , Vereinsweaen , Regel ong der Ver-
gntlgungen und dea Leaestoffa etc.). Daa leibliche
Wohl irt nun einmal unzertrennlich von der sittiicheD
Entwicklung , ao dass auch die dffentliche Gesund-
heit8pflege mit der „Moralstatistik (< recbnen musa.
Die Abhulfe vorhandener Missttande und
Durehfuhrbarkeit vorgeschlagener Maattregeln irt
nach 3 8eiten mdglicb: 1) V erbeeserung der Fabrik-
einrichtungen , 2) grfanre Sorge fur die Arbeite-
rinnen und Hire Kinder auMerhalb der Fabrik,
3) Beeehrdnkung in der Beech n ftiguug der Frauen.
Nach dem Programm soil zugleich der EinfluBs
geprttft werdeu, welchen etwaige zur Abhillfe be-
atimmte Maaasnahmen auf die Lage der Arbeiter-
Original from
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Meding, Beschftftigung von Frauen u. Kindem in Fabrlken.
207
fantiHen und anf die Verh&Hmsse der betheiiigten In-
duatriezweige vorauaaichtlich a ns ft ben werden.
Naliezu alle Urtheile lauten gegen Einachrdn-
kutig der Frauenarbeit im Interease der Industrie
und des Wohlbefindena der Familie. B ease rung der
Lage, „Beaeitigung der Missstande bei der heutigen
Produktionsweiae unm3glich a (Wllrtemberg) , nur
durch Beaserung der Fabrikeinriclitungen. Fflr gknz-
liche Beaeitigung der Frauenarbeit sprechen aich die
aocialdemokrat. Arbeitervereine Wttrtemberga und
Sachaena (damit die mSnnlicben Arbeiter Hirer ge-
hr lichen Conkurrenten enthoben, Ieicbter hiihere
LOhne und Strike durchsetzen kdnnen), 1 Fabrikant
und 1 Geistlicher aua, die die M&nnerarbeit zur
Deckung der nflthigen Lebena-, freilicb nicht Luxus-
bedtlrfniaae ftir gentlgend eracbten, die Frauenkraft
beoser fflr weibliche Handarbeit in Haus und Feld-
wirthachaft und dadurch auch Nebenverdienst erzie-
lend erachten ; gegen Einschr&nkung die meisten zu
Rathe gezogenen nicht aocialdemokratiscken Ar-
beiter.
Betreflfa der Abhulfemaatsregeln , wenn man
aich flberhanpt flber aie nicht lieber achweigsam ver-
halten hat, gehen die Anaickten aehr auaeinander,
sowohl unter den Fabrikanten aelbat, ala unter den
untersuchenden Behdrden. Von Vorachl&gen Seitens
der Arbeiter verlautbart leider Nichts. Die grSasere
MehrzabI halt die geaetzlichen Bestimmungen ftlr
ausreichend, ein Theil wdnacht beasere Handhabung
and strengere Ueberwachung, namentlich auch durch
arrtliche Sachverstilndige (beaonders bei den geffthr-
lichen Indus trien : Ztlndwaaren, Glas, Strohbleichen,
Gonuniwaaren , Appreturen , Haderrftume) ; nur
Wenige wttnacheu strengere Gesetze.
Manche Stimmen wtinachen Gleichateliung der
Frauen mit den jugendlichen Arbeitern nach Maass-
gabe der englischen Geaetzgebung ; manche , eine
grouse Anzahl, gftnzliches Verbot der Sonntag- und
Nachtarbeit, geaetzliche Featstellung von 9 — 11,
fllr Schwangere , WOchnerinnen, Verheirathete oder
Matter Uberhaupt von nor 8 Arbeitaatunden, wkhrend
andere darin eine Beaclir inkling der persouliehen
Freiheit aehen ; Manche wo lien von einzelnen Arbei-
ten , Manche von gef&hrlichen Indnstriezweigen
Frauen ganz oder nur bis zum 16., 18., 20. J. aua-
geschlosaen wiasen (Ztlndwaaren, Metallschleifereien,
F&rbcreien u. a. w.), bei manchen bios Hfllfsarbeiten,
z. B. Verpacken, ihnen erlauben (Glaa, Steingut).
Auch fllr intemationale Arbeitageaetze werden nicht
wenig Ansichten laut.
Trennung den Geachlechter ala Abhlllfe halten
die Meiaten (gegen eine Minderzahl) fllr mdglich and
wanschenswerth, wenn die einzelnen Arbeiten in be-
atimmtcn imd in 8ich abgesclilos8enen R&umen aua-
fllhrbar aind, nicht, wo Milnner und Frauen aich
gegenseitig in die Httnde arbeiten (Glas, Steingut,
Textilindnstrie, Zflndwaaren).
Durchfflhibar and gnt hilt man ongleichzeitigea
Verlaaaen der Fabrik, weil Unsittlichkeiten fast nur
auaser der Fabrik und gewdhnlich nicht outer Zu-
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aammenarbeitenden vorkimen (gegentheilig bei Ci-
garren und Stickerei). Auch fllr zweckmiasigere
Arbeitakleider, ihnlicli den minnlichen, beaonders in
Zttnd-, Papierfabriken, Spiegelbelegereien , Spinne-
reien, aind nicht alle Sachveratandigen eingenommen,
weil aie den Arbeiterinnen aelbat nicht anmuthig
aeien, wenn schon aie sich in englischen Spinnereien
und Webereien bewihren.
Vollkommener Abschluaa der Maachinen , wirk-
samere Ventilation, aei ea maachinelle , beaondere
Eaa- und Waachi'iume , Reapiratoren fllr Mund und
Naae (Staub und Ga8 und „Dflnste“ entwickelnde
Induatrien , dazu Watte in die Ohren bei Spiegel-
indnatrie) , baupolizeiliche Anordnungen , wie fllr
Schulen (cubiscber Inhalt einea Raumes, geregelt
nach der Zalil der daftlr beatimmten Arbeiter ; Be-
leuchtung, Abtritte) , gute Arbeiterwohnungen, Fllr-
8orge fllr Schwangere und Wflchnerinnen werden in
vielen Bezirken gewllnacht, in manchen Manchea fllr
nicht ndthig erklirt. Nahezu einatimmig ungflnstig
lantet daa UrtheU flber den Werth der Volkakflchen,
dea Unterrichta in weiblichen Handarbeiten und fiber
Logir-, Waach-, Bade-, Schlafriume , flber deren
Benutzung aich kaum eine Arbeiterin Vorachriften
machen liease.
Ala Einrichtungen im Interesae der Arbeiter-
familien empfiehlt man hiullg Kindergirten (aoll
wohl flberall Kinderbewahranatalten heiaaen), zuwei-
len mit dem Vorachlag, aie fllr grCasere Fabriken
obligatorisch — auf Kosten des Fabrikanten nach
einea Pfarrera Ansicht — zu machen, wflhrend Ein-
zelne vom Zwange nichts Erapriessliches oder die
Lehrer von zu grosser Ausdehnung Lockerung der
Familienbande erwarten. Consumvereine , Bauge-
aellachaften, um dem Arbeiter eigenen Hausbesitz zu
ermdglichen und durch die Sesshaftigkeit zuverlflssi-
ger zu machen , Sparvereine , Renten- , Invaliden-,
Krankenkassen werden allseitig — • outer theilweiser
Betonung von zwanggweisem Beitritt zu denaelben
— empfohlen , von einer Seite Auszeichnungen fllr
Arbeitgeber „fUr Treue im Beruf“ , wie fllr die Ar-
beiter, von einem bairischen Bezirksarzt „Stillpr&-
mien“. Selbat zwangsweiser Unterricht im Kocheu
und in weiblicher Handarbeit findet seine Vertreter
(letzterea in Sachsen durch das Schulgesetz vom
April 1874 geregelt).
Die Aufgabe dea Programme II., „ob betreffa
der jugendlichen Fabrikarbeiter die Bestimmungen
der §§ 128. 129 der Reichsgewerbe-Ordnung ge-
hand/iabt wird und ob aich Einrichtungen empfeh-
len, welclie achdrfere Controle ermdglichen und
Umgehungen dea Geaetzea verhuten , ohne den
Fabrikbetrieb zu hemmen “ iat noch ungenUgender
erfUllt worden. Nur so viel Ueberzeugung darf man
aua deu „Ergebniaseu“ gewinueu, dass allseitig
gegen die Paragrapheu gesflndigt werde, hkufig mit
dem vollen Bewusatsein und trotz der auferlegten
Strafen , mit der Entschuldigung , der Fabrikbetrieb
gestatte keiue Rflckaichtnahme, man mtlsae denn die
jugendlichen Arbeiter lieber ganz entlaasen, oder die
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208
Meding, Beechlftigung too Frauen a. Kindem in Fabriken.
Vhter selbst liinderten an dor Schonung , ja die Ar-
beiter selbst wollten sie nicht (besondere die Pansen
im Winter) oder, die Fabrikarbeit sei so mannigfal-
tig, dass sie der Handarbeit oder dem Handwork
khnlich oder noch besser sei, ja der Charakter man-
cherFabriken imSinne der Gewerbeordnung sei noch
gar nicht festgestellt.
Diese Uebertretungen erstrecken sich auf den
Mangel der gesetzlichen Pausen (Berg-, Htittenwerke,
Glas , Erden , Ztlndwaaren , Cigarren , Teitil) , zu
lange Ausdebnung der Arbeitszeit und Annahme von
zu jnngen Arbeitern , bei Spielwaaren schon von
6 Jahren an.
Zuweilen haben die Uebertretnngen ganz bedenten-
den Umfang gewonnen, so im Bez. Arasberg ia IV* J. in
■268 Febrile en 673 Falle , wovon 87 an Kindern anter
12 J. ; in Coblenz waren in 39 Etabiisaementa diegewerbe-
gesetzliclien Bestiminungen uberhaupt noch gar nicht zur
Ansflihrung gelangt ; in 1 6 andern Bezirken iiberall Ueber-
tretungen, wo die Hauptarbeit Gehfilfen braucht — Zink-,
Eisenhutten, Glas, Ziegel, Spiel waaren, Papier, Cigarren,
Spiunereien , — in Bayern liauilge Uebertretungen nach
Lange der Arbeitszeit, Kurze und Mangel der Pausen und
Annahme zu Jnnger Kinder ; in Sachsen, desgl. Wfirtem-
berg, Baden, Hessen u. s. w., sei es in Folge Lassigkeit
der Behorden, eignen Widens des Arbeitern, Zwanga der
Eltern Oder Arbeitgeber oder geboten dnrch die Art der
Industrie.
Betr erf's der Abhulfe der Missstande gehen die
Ausichten ebenfalls auseinander , wenn nicht 'gauz
darilber geschwiegen ist : schirfere Controle durcli
behordliebe Revision , Erhdbung der gesetzlich vor-
geschriebenen Strafsatze, Haftbarmachung des Arbeit-
gebers filr alle oder gewisae Uebertretungen oder der
Eltern von den Arbeitern , Auschlagen der Pauseu-
zeit, Verbot des Aufenthalts in den Arbeitsrftumen
wiihrend dieser, besondere Fabrikinspektorate , zu-
sammengesetzt nach verschiedenem Muster, besondere
Spiel- oder TurnplAtze fordert man hier, wahrend
man sie dort verwirft.
Betr erf's C. und D. Vers char fung des GmUet
vnd Controls des Gesetzes lauteu die Ansichten der
Befragten gerade so verschieden, wie im bisher
Skizzirten und ist das Wesentlicbe bereita bei diesem
erw&hnt. Bezttglich des Uebrigen, VollstUndigen
sei deshalb auf das Original venviesen-
Wflrden znr Zeit der Grazer Versammltmg die
„Erhebungen‘ £ aus dem deutschen Reiche bekannt
gewesen sein, so wftre dem dortigen Bericbters tatter
L e w y die Arbeit um ein gut Tbeil erleichtert worden,
vielleicht auch seine „These“ etwas audere gestellt
worden. Aus seiner ZusammeDstellung geht hervor,
dass die Untersucbungen ttber Arbeiter- , beziehent-
lich Fabrikarbeiter - Hygieine und -Gesetzgebung
ueuesten Urspmngs und in fast alien europtischen
Landern nur sehr tlickenhaft Bind.
Am meisten haben (lie Schweiz (Glarns, Basel) und
England die jngendlichen Arbeiter gesohfitzt (dnrch die
Bill von 1867/68), und zwar veranlasst dnrch die wahr-
haft emporende Ananntzung selbst ganz kleiner Kinder.
Jugendliche Arbeiter von 14 — 18J.dfirfen nicht voll, d. h.
nicht fiber 64'/, 8td. wSchentlich beschaftigtwerden, inter
14 J. nicht fiber 6'/, Std. taglich ; ffir gewisse lnduatrie-
zweige besondere Vorsehriftea ; Bohulbesnoh vurassaksn ;
in Bergwerken, Sonntag- und Nach tar be it ffir Kinder and
Frauen verboten. — Frankreich hat 1874 ein bezfigliches
Gesetz erlassen — gewohnliche Grenze 12 J., nur ffir ge-
wisse, n&her beseiohnete Arbeitsgrnppen 10 J. Naeht-
artoeit bis 16 J. ganz, Frauen bis 21 J. ganz verboten;
anter 16 J. nicht fiber 6 Std. taglich arbeiten nnd nicht
mit gefahrlichen Stoffen ; die AufBicht ffihrt der Malre.
Leider 1st die Beschrankung biB 12 J. dnrch das Gesetz
von 1876 wieder sehr besohnitten. Beilaufig ist Frankreich
das einzige Land , das die Kinder von hernmziehenden
Gauklern (Seiltanzern etc.) gesetzlich schfitzt. — Holland
verbietet Kinderarbeit unter 12 J. ganz (ausgenommen
hansllche, persdnliche , landwirthschaftllche Dienste) und
macht die Chefb der Etahlissements fur Uebertretungen
haftbar bei Geld- oder Qe&ngnissstrafe (1875 — 1877).
— Schioeden hat eine bezfigliche Commission enuumt,
ahnlich Italien (Dr. Bonomi). Oesterreich schaffte 1864
die Bergwerksarbeit ab, hat aber keinen statistischen
Ueberblick fiber die in den Fabriken besch&ftigten
„Scbntzbedurftigen u (jugendliche Arbeiter nnd Franan).
Die Gewerbeordnung von 1869 zeigt Sporen , dass man
die Nothwendigkeit des Schutzes filhlt, ein bezfigllcher
Gesetzcntwurf sollte 1876 dem Reichsrathe zur Beschlnss-
fassung vorgelegt werden. Berichterstatter beklagt mit
Recht den Mangel des Schutzes fur die Frauen , ffir die
nur die Gesetzgebung einzelner Schweizer-Cantone gorge.
Der dem schweizerischen Bundesrath vorzulegende Fabrik-
gesetz-Entwurf sei als ein grosser Fortschritt zn be-
grfissen.
Nachdem noeh Dr. Lewy an der Hand emceiner
Statistiken die Sterbhchkeit der Kinder ana dan aiedern,
den onbemittclten u. ungebiideten Standen (nach Jervis
starben in England 14. 6°/ 0 Kinder der gebildelen, 84.9
der weniger gebildeten Klasse, nach Hammer aus den
hfihern Standen 14.8, dem Mlttelstande 30.6, dem Ar
beiterstande 47.8, den unehelichea 60.3% Kinder im
1. Lebensjahre) gegeufiber den ubrigen und die Gefahr
der Fabrikarbeit ffir die Frauen wahrend der Menstruation
(also ca. 40—96 Tage lm Jahre) , anf die Schwanger-
sobaft, besiehendlich ffir Vermehrung der Fehl- undFrfih-
geburten, das Wochenbett angegeben, weiterhin den Ein
lluas besprochen hat, der den bei verschiedenen Gewerben
erforderlichen Stellungen des KSrpers auf denOrg&nismus
(Stehen — Varices , Lageabwelchnngen des Uterus —
Nahmaschinentreten — Sexualkrankh. , Hysterie, Neural-
gien, Abort) , der ubermilssigen Anstrengung der Aogen,
einzelner Moskelgrnppen, des ganzen Organismus, den ab-
oonnenTemperaturverhaltnissen, den gefShrlichen Staub-
arten, den Gtftstoffen znkommt, — fasst er seine Ansicbt
in folge nde „Satze“ zusammen.
1) Die „ SchutzbedurfUgen * dfirfen nicht Nachts.
Sonn- und Festtags , nicht nnterirdiach in Bergwerken be-
sebaftigt werden ; sie sind
2) femer auszuscbliessen von alien mit Giften arbei-
tenden oder scharfkantigen Stanb erzeugendenlndostrien,
heziehendlich von Fabrikzweigen , die sieh wegen dee
Fortschritts der Gewerbe nicht gesetzlich. voranabeatim-
men , sondern von Fall zu Fall dnrch die Fabrikinspek-
toren festzustcllen sind.
3) Die Daner der Arbeit betrage vom 16. bis 18. J.
nicht fiber 8 Std. taglich, vom 14. bis 16. J. 6 Std., da-
Bwiscben Pansen von je '/* Std. Vdr- nnd Nachmittngs
und 1 Std. fur Mittagsmahl mit Erholnng in miner Loft
ausserhalb des Fabrikraums.
4) Schwangere sind auBzuschliessen von den „Gift-
industrien“, ebenso Sangende , sollen aach bei den nicht
giftigen je 6 Wochen vor und nach der Niederknnft nicht
arbeiten dfirfen , aber wahrend dieser Zeit den gew&hm-
lichen Arbeitslohn aus der Fabrik-Krankenkasse erhalten .
6) Die • Schutzbedurftigen “ sind vor der Aufnahme
in die Fabrik arztlieh zn untersnehen.
6) Kinder unter 14 J. sind unter keiner Bedlngnug
aufzunebmen.
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209
Med in g, Beaeh&ftigung von Frauen n. Kindern in Fabriken.
7) Unabhangigc, materlell gutgestellte Fabrikinspek-
toren mlt der n&thigen Autoritat.
8) 'Wlseenschaftllche Begr undnng der Arbeiterhygieine
diirch Lieferung gewissenhaft abgefasster atatistischer
Oaten bebnfs ziffemmaasiger Begrfindong der diirch Ver-
uunft und Erfahrung ala richtig erkannten Principlen der
Fabrikgcaetzgebung und Berechnung der 8umme der
Arbeitakraft und der Dauer der Arbeitafahigkeit einea In-
dividanma in nationaldkonomiecher Beziehnng.
9) Fabrik-Krankenkasae , welche die Schwangern
and Neuentbundenen (a. oben) erhalt.
10) Bildung von Scbutzvereinen for Lehrlinge and
Fabrikkinder , „ der wahren Humanitat wurdiger ala die
hencbleriacbe Theilnahme an Anti-Thierqualervereinen,
die in Ermangelung anderer Beachaftignng gegen daa
wiaaenachaftliche Experiment am Thiere eifern“.
Wir erwilhnen hierbei, dass die in Rede stehende
Frage emgehend behandelt worden int von Prof.
L. Hirt in seinem Schriftchen „die gewerbliche
Thktigkeit der Frauen vom hygiein. Standpnnkte
au»“ (Leipzig 1873). Ausserdem finden aich sehr
werthvolle Mittlieilungen fiber dieselbe in H.’s klaa-
siachem Werke „die Krankheiten der Arbeiter",
sowie in Dr. Kerschensteiner’s Abhandlnng
„die Further Industrie in ihrein Einflnsse anf die Ge-
snndheit der Arbeiter (vgl. Jahrbb. CLXIX. p. 61).
AnsfUhrlicher glauben wir noch die Berichte berttck-
siehtigen zu mtlssen, welche (wie Eingangs schon
erwAhnt) von Prof. Hirt und Dr. Gttttis-
heimer, bei der 2. Versamml. d. deutsch. Ver.
f. afentl. Geshpfl. (zu Danzig 1874) and in der
Sekt. f. flff. Geshpfl. bei d. Naturf.-Versamml.
za Breslau erstattet worden sind. Vgl. Deutsche
Yjhrocbr. f. Off. Geshpfl. VII. 1875.
Prof. Hirt (a. a. 0. p. 107) giebt zunkchst ge-
scbichtl. Andeutnngen ttbar die Entwicklnng der Ge-
werbegesetzgebong in ihrer Beziehnng zur Gesund-
beitspflege im Allgemeinen und betreffs der Franen-
nnd Kinderarbeit. A us denselben erffchrt man, dass
seit 1700, wo der Italiener Ramazzini eine stark
penunistisch gefirbte Schrift „ fiber die Krankheiten
der Gewerbetreibenden“ heransgab, bis in die nenere
Zeit nirgends etwas geschehen ist, and dass sich die
Geeetzbttcher fast aller Lander gegenUber dieser
Frage schweigend oder gleichgflltig verhalten. Eng-
land z. B. gestattet fllr Fraueu nur 60 wOchentliche
Arbeitestnnden in den Fabriken (Frankreich 72,
Holland 78). Frankreich mSckte gern die Frauen
von der Fabrikarbeit ausschliessen , freilich vergeb-
lich , Oesterreich halt Rttcksicht auf Schwangere nnd
Neuentbnndene fttr wUnschenswerth , Belgien lasst
Frauen sogar zur nnterirdischen Bergarbeit zu , die
Deutschland seit 1864 beseitigt hat. Nor die
Schweiz in einzelnen Cantonen and der bekannte
Grossuidnstrielle Dollfus inMUlbaosen i/E. sctdiessen
Arbeiterinnen je 6, beziehendl. 3 Wochen vor nnd
nach der Entbindnng von der Fabrik ans, obne ihnen
den Lohn zu ktlrzen. Und dock ndthigt der schlanke,
achwAchere , weniger widerstandsfAhige Kttrper des
weiblichen Geschlechts, die regelmAssige Wiederkehr
leicht in Krankheiten Ubergehender physiologischer
Znstande , wie Sckwangerschaft , Wochenbett [und
li*4. Jahrbb. Bd. 171. Hft.8.
wobl auch die Menstruation] und die Rttcksicht auf
die Entwicklnng der Frncht und des Neugeborenen
zu besonderem gesetzlichen Schutze. Prof. H. be-
schrUnkt sich zuxn Beleg seiner Behauptungen anf
die Gefahren , die fttr Frauen aus der Beschaftdgung
mit Giften drohen. Trotz fehlender officieller Sta-
tistik geht doch aus den Arbeiten von C. Paul und
Sick (fiber Blei 1861 u. 1865), Colson, Russ-
ia aul, Hirt (fiber Quecksilber 1861), Hirt (fiber
Arsen und Anilin) hervor, dass 58 — 78.6°/ 0 Blei-
arbeiterinnen abortiren, dass die mit Quecksilber und
Anilin Beschfiftigten sehr zu Abort neigen nnd dass
es fttr Arsen nach den noch nicht abgesehlosseneu
Untersuchungen ebenfalls sehr walirecheinlich ist;
ferner , dass die Frucht leidet (Anilin , Blei ist im
Fruchtwasser nachgewiesen) : nach Paul starben
von 100 von Bleiarbeiterinnen geborenen Kindern
im 1. Lebensjahre 40, im 2. und 3. fernere 30,
nach Sick von 1000 Geb. 34.3; von Quecksilber-
arbeiterinnen in den Spiegelbelegereien Ffirtlis and
Glasschleiferinnen starben 45, resp. 55°/ 0 Kin der im
1. Lebensjahre — gegen 20% unter normalen Ver-
hftltnissen, 25 — 30% in grossen StAdten.
Den Hirt’schen Angaben ffigt Gdttisheim
in seinem Vortrag (a. a. 0. p. 303) noch Beispiele
aus Basel hinzu, nachdem er mit dem vorigen Be
ricbterstatter betreffs der Grfinde zu besonderem
Schutze fttr die Frauen eipverstandeu sich erklttrt
und die FabrikschAdlichkeiten von den Giften noch
ausgedehnt hat: auf die Arbeitsdauer Uberhaupt,
die Desozonisirung und ungenttgende Lflftuug in den
inenschengeffillten, zudem oft ungenfigenden Kiumen,
die Art der Rokprodnkte und die Erzengnisse ana
der Verarbeitung dieser (mechan., cheinischwirkender
Staub , Luftverpestung aus andern Ursachen). Auf
alle diese VerhAltnisse habe die Gesetzgebong noch
keine Rttcksicht genommen, hdchstens auf die Gifte.
Und doch werde das nfitbig, seien doch in Basel
1860 56% mfinnlicbe und 44% weibliche Fabrik-
arbeiter, 1870 aber 30%, resp. 70°/ 0 gewesen und
dazu noch 32°/ 0 , resp. 68% zu Hause bei derselben
Arbeit beschAftigt — ein BeweU, dass die Frauen-
arbeit eher im Zunehmen sei. Andererseits weise
das Jahr 1870 unter 988 Todten in Basel bei &70
Erwachsenen 25 Manner nnd 40 Frauen aus der an
sich gewiss unschAdlichen Seidenbandweberei auf
(davon 17 an Phthisis),’ 1871 unter 705. 36 M. und
49 W. (davon 21 an Phthisis) und wiederum er-
krankten alle Arbeiterinnen in Floretseidespinnereien
in Folge der schlechten Dtlnste beim Faulen der
Cocons in regelmAssigen ZwischenrAumen auf 8 bis
14 T. an bestimmten Krankheitserscheinungen (nach
dem Etablissement Morb. Rnmplioni genannt). Er
empfiehlt das Uirt’sche Buch ,, Krankheiten der
Arbeiter" und schliesst sich den von Hirt in sei-
ner bekannten Broschllre fiber die gewerbliche
ThAtigkeit der Frauen aufgestellten Forderungen an:
1) Schutz dorch allgemeine Vorschriften fttr weib-
licbe Arbeiter. 2) Gesundbeitsattest vor Auf-
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LUO
Meding, Besehflftignng von Frauen n. Kindern in Fabriken.
nalnne in die Fabrik. 3) Wflehentliche Anzeige des
Bestandcs der weibliehen Arbeiter an die Ortspolizei
nnd Controle (lurch diese. 4) Arbeitszcit bin lOStd.
fllr junge MAdchen , Verheirathete und Mutter ,11
ftir Unverheirathete Uber 18 Jahre. 5) Beginn der
Arbeit nicht vor 6 lilir frllli, Scliluss uicht nach 6 Uhr
Abends. 6) je */ a stflnd. Frflhstflcks- und Vesper-
pause, l 1 /, stflnd. Mittagspause filr Verheirathete,
lstflnd. ftir Unverheirathete. 7 — 8) Verbot der Nacht-
und der Bergwerksarbeit unter Tage. Kur wlinsclit
G. noch Revaccinationsschein und Verbot der Be-
scb&ftignng von Frauen nnd Kindern bei Giften und
Ausaehluss der Frauen von der Fabrikarbeit flber-
haupt.
Prof. Hirt (a. a. 0. p. 308) als Ref. flber
Kinderarbeit in Fabriken begrenzt die Kindheit mit
dem 14. J., vom 14. bis 18. J. gebrauebt er die
Bezeichnnng , jugendliche Arbeiter". Vor 1833 habe
man in England Kinder vom 8. J. an nach Belieben
beschaftigt, von da an trennte man Kinder von 9 bis
13 J. mitttlglich hdchstens 9, wftchentlich 48 Arbeits-
stunden nnd 2stttnd. tAglichem Schnlbesuch und jAhr-
lich 2 ganzen und 8 halben Feiertagen, von 13 bis
18jflhr. ,jongen Leuten" mit t&glich 1 2, wbchentlich
hdchstens 69 Arbeitsstunden ; das Alter sei hinfort
vom Arzt zu bestStigen. Durch Annahme der Grdsse
ala Grenze ftir 9 J. (3' 10") und 13 J. (4' 3'/*")
snchte man das Gesetz zp umgehen , und so fand
1842 eine k. Commission thatsAchlich 4 — 7jfthr.
Kinder 11 — 12 Std. tflglteh, auch Nachts in den
Bergwerken bescbflftigt. In Folge dessen verbot
das Berg gesetz von 1842 Frauen und Knaben unter
10 J. die Bergwerksarbeit ganz , olme irgend eine
andere Beschrinkung betr. der Zeit und Bestimmung,
betr. der Schule hinzuzufttgen , nnd bestimmte die
Fabrikakte von 1844 ftir Kinder von 8 — 13 J.:
G'/jSttind. Arbeitsdauer — zwischen 5 */ s Uhr frtlh u.
8*/ s Uhr Ab. ; Verbot der Nachmittagsarbeit bei Be-
schftftignng wfthrend des Morgens; Verpflichtnng der
den Lohn der Kinder mit benntzenden Eltem, diesen
je 3 Schulstunden an den 5 ersten Wochcntagen
geben zu lassen ; mbgliche Annullirang der Arztlichen
Alterszeugnisse dnrch den Fabrikinspektor. Seit
1853 vrarde die Arbeitszeit der Kinder auf 6 — 6 Uhr
fegtgestellt und befohlen, die Arbeit „der Schntz-
befohlenen" Sonnabends splltestens 2 Uhr zn
schliessen. Im Grossen nnd Ganzen aber schfltzt
England die Kinder doch niclit so als die dentsche
Gewerbeordnung; freflich sei „regelmas8ige" Fabrik-
arbeit in § 128 sebr verscbiedener Deutungen fohig,
nnd richtiger sollte statt der Zeit zwischen 5'/j frtlh
nnd 8 1 /* Ab. die englische Zeit von 6 — 6 Uhr ge*
wfthlt sein. Principiell am richtigsten handele die
Schweiz, welche Kinder unter 14 J. ganz ausschliesse,
sehon mit Rflcksicht auf die Fortbildnngsschule. Ref.
schlflgt deshalb ftir die Gesetzgebung betr. der Be-
schftftigung von Kindern und jimgen Leuten vor*
12 — 14 J., 14 — 18 J., Beschuftigung zwischen 6
und 6 Uhr, Kinder nnr am Vor- oder nnr am Naeh-
mittag, h debate ns 6 , jugendlicke Arbeiter hdchstens
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lrt Std. tflglich mit Pausen in frischer U*ft Vor der
Aufhahme Arztliches und Schulentlassungs-Zengniss
(Augeu, Brust, Here, Impfimg), far scbAdliche Be-
triebe BesehrAnk ungen durch Abinindemng der A r-
beitsdaneT, bfteres Ablflsen, Hinansschieben des Nor-
malaltere bis 16 oder 18 J. (vgl. Hirt, Arbeiter-
krankheiten"). Verbot gewisser Gewerbebetriebe
trotz des wahrscheinlichen Zeterns der Fabrikanten
(mineral, acharfkan tiger Stanb: GlasstampPwerke,
Nadelsclilcifereien, Glasfltzcn mit SalzsAure, Fertigen
von Samiut- und Scbmirgelpapier , Lumpenzupfen,
Shoddy fabrikation, Fabrikation von Bronce, frana.
Mflhlsteinen, chroma. Kali und Chlorkaik) ; hdchstens
zn gestatten bei ganz vorztlglicher Ventilation. Ftir
alle gesetzlichen Maassregeln strengste Controle
durch besonders beanftragte Personen.
Zweifellos darf man indessen ohne Selbsterhebuag
auasprechen , dass Deutschland , welches so lange
kein VerstAndniss ftir die Wichtigkeit der bffentlichen
Gesundheitspflege hatte, sich mAchtig zn rtlhren be-
gonnen hat. An der Keichsregiernng ist es nun **i-
nitchst, von dem endlich gegrflndeten Mittelpnnkte des
Gesundheitswesens des Reichs aus die Einzelarbeiten
zn sammeln, zn fdrdem nnd die gesetzgebenden Kdr-
per in seinen Bann zu zwingen. Die „Fabrikgeseti-
gebung“ ist eine von den vielen wichtigsten Nummern
der Registrande des Reichs-Gesnndheitsamtes. Man
greift viclleicht auch deshalb nicht fehl , wenn awn
die „ Forderungen “ zur Zeit der parlamentarischen
Rnhe an diese Adresse richtet.
Diese „Forderungen u , wie wir Eingangs beraits
erwfthnten, beziehen sich nicht aufRedaktion dea als
selbstverstAndlich zu betrachtenden „ Fabrikgesetzea 4 *,
sondern auf die Rtteksichten, die sich aus dem Nach-
denken und den Erfalirungen ergeben haben. Wean
die „Forderungen“ anders geworden sind, als die der
eben genannten Gelehrten, so ilndct diess wohl setae
ErklArung in den inzwischen erschienenen r Reichs-
erhebungen u .
Zunflchst muss die flffentliche Gesundheitspflege
im Interesse der Fabrikarbeiter, in Soaderbeit der
Frauen u. der jngendlichen Arbeiter ( n $chutzbedttrf-
tigen u ) folgende Forderung stellen.
1) Statutische Erhebungen.
Alle Forscher anf dem wichtigen Gebiete ftlhlen,
dass in dem Mangel der Statistik die eigentlieiie
Grundlage der Gesetzgebung fehlt. Dass die „ Reichs-
erhebungcn“ diese beabsichtigte Grundlage nicht ge-
worden sind, lehrt tleren Betrachtang.
Das Reich veranlasse deshalb eine nene Erhe-
bnng nnd wiederliole diese in regelmAssiger Wieder-
kehr, aber nicht, wie bisher, durch jnristisch gehil-
dete Vcrwaltnngsbeamte , sondern unter der amt-
lichen Mitwirkung durch besondere Comraissiooen
(ein Teclmiker, ein Arzt), denen Befragung der Ar-
beitgeber nnd Arbeitnehmer, bez. getrennt, sodann
der OrtBbehOrde, beztlglieh anderer geeigneter Perao-
nen zur Pflicht gemacht werde. Bei der Befragung
werde ein vom Reichs-Gesundheitsamt nach dem bis-
herigen Programm auszuarbetteudes Programm zu
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UNIVERSITY OF CHICAGO
211
Meding, Besohiftigoag von
Gftfllde gelegt nod die d&raus eintstandenen gemein-
Bamea oder getrennten Gutachten der Commissare
oder der Zugezogenen an das Reichs - GesuodLeits-
amt abgegeben.
An diese einmaligen statistischen Erhebungen
seflHesst sich die jihrliche Sterblichkeits - and Er-
knmknngB - Statistik der bezflglichen Fabrik&rbeiter
nnd der Fabrikarbeiter Oberhanpt an , bez. im Ver-
hlRniss zum Handwerk and der Haaaindustrie glei-
eben Erwerbs and der gesammten BevfHkerung.
2) Bweaukratisch und materiell vnabhangige
FabrUdrupeklorate. Der Fabrikinspektor wird ein
Teehniker sein mflssen, der Bezirkaarzt, Kreisphysi-
ktra , event, ein anderer Arzt ist ihm beizngeben.
Bei MebinngsverBchiedenheiten fiber hygieinische oder
medicmische Angelegenheiten entscheidet die hfihere
VerwaltungsbehOrde (Kreis- od. Landesregierungen).
Die Fabrikinspektion hat die jihrliche 8tatistik auf-
zrutellen, worn ihr der Stoff vom Fabrikanten zu
Hefern ist. Im Uebrigen ist Ausfflhrung and Ueber-
wachang des Fabrikgesetzes ihres Amtes. Sollte
ge gen die Mdgliehkeit dieser zwei Fordemngen die
Kostspieligkeit und Umffingliclikeit des Geforderten
eiagehalten werden, so muss darauf bemerkt werden,
dans die Kosten im Verhftltniss zu dem erlialtenen
Leben und der geschohten, ffir fernere Arbeit er-
sparten Kraft, im Verhaltniss zu den Ansgaben ffir
gaiatige Bildung (hdhere und niedere Schulcn) ffir
Sohutz des Eigentliums und des Uechts (Polizei,
Fenerwehr, Justus) nnd ffir Sehntz der Grenzen
(Milititr) , ffir Schutz des religiflsen Bedflrfhisses
(Kirche) unverhaltnissm&ssig gering sich stelleu dflrf-
ten. Unser n humaaes“ Zeitalter, unsere „iiberalen u
Parteien in den gesetzgebenden Kflrpem, nnsere
n conservativen“ Kreise dfirfen vor dieser so mensch-
lioben Forderung eines freiea , gleiches Recht anch
Mr den Armen wahreoden Geistes nioht zurfick-
sehrecken.
3) Zroeekenteprechende Belehrung : Vortrilge
anf den gewerblichen, polyteclinischen u. fachlichen
Schulen, Anschlige in den Fabriken, enthaltend die
gesetzlichen Vorschriften , nnd Beleoohtnng der Fa-
brikgefaliren und ihrer Verhtitung.
Wttn8chen8wertii und deshalb die Verwirklichung
den bezfiglichen Belifirden und Fabrikanten dringend
anzuempfehlen ist die Fttrsorge ffir zweckentsprechen-
den Lese- (und Unterhaltunga-) Stoff (laienverstind-
liche Abhandlung Uber die gesundheitlicheBedeutung
(tor Fabrikiadnfltrie im Allgemeinen und im Beson-
dern), bez. allgemeine u. gewerbliche Fortbildungs-
schulen.
4) Hiilfskasten fur Krankheit und dauemde
Erwerbsitnf&Jrigkeit.
Der Beitritt ist ffir jeden Arbeiter Zwang (sofern
nicht bereits die Gewerbeordming die Saehe regelt).
Die Beitrige hat der Arbeiter und Arbeitgeber je
nach bestimmten Sitzen zu leisten ((lurch die Landes-
regiemng zu regeln). Vier Wociien vor und nach
Frauen a. Kindern in Fabriken.
der Entbindung sind die Frauen aus der Arbeit zn
entlassen , ihnen aber der voile Arbeitslohn aus den
Mitteln der Fabrik zu zahlen. Keiner Kasse Grund-
geaetz ist regierungsseits zu genehihigen, welches
bestimmte Krankheiten oder Zustfinde (Syphilis,
Tuberkulose, Alkoholismus , Wochenbett) von der
Gewfthrung der Krankenunterstfltzungsgelder aus-
schliesst, wie z. B. in verschiedenen sficlisischen Gc-
werbekrankenk asset).
Den Behflrden und Fabrikanten ist dringend an-
zuempfehlen, ffir Benutzung von Alters-, Renten-,
Spar-Kassen, Consumvereinen , bez. gemeinnfitzigen
Baugesellschaften , Seitens der Arbeiter besorgt zn
sein.
Ueber diese 4 Punkte liinans zn fordern, dttrfte
zur Zeit schwer wissenschaftlich zu begrflnden sein.
Dahingegen werden die Erhebungen wahrscheinlich
die Ergebnisse der bisherigen Einzelforschungen bc-
stfitigen und durch sie auch die Forderung eines
weiter gehenden gesetzlichen Schutzes ffir Frauen
und jugendliche Arbeiter gerechtfertigt erscheinen
lassen. Es betrifft diess
den Antechlvm der „SchutzbedurfUgen“, set es
theQweise, von Sonntag- u. Nachtarbeit, von ganzen
Industriezweigen — giftigen — oder einzelnen Ar-
beitszweigen dieser, sei es ffir alle Verhftltnisse oder
nnr vorflbergehend — vorgerflckte Schwangerschaft,
Wochenbett, Ehe;
die Arbeiledauer, nach Geschlecht, Alter nd
Arbeitsart zu regeln ;
die Verbeeserung gewiseer, auf die Fabrikbeechdf-
tigung hezuglicher Einrichtungen : Ban- und Slcher-
heitspolizei , Respiratoren , Kleidung; Schlaf-, Ess-,
Waschraume. Tumanstalten mit einfachen Gerfl-
then, Kinderbewahranstalten , thnnlichst Bftder sind
dringend zu empfehlen, der Grflndung von Bildungs-
vereinen ist mfiglichster Vorschub zu leisten.
Gtwitse sittenpolizeiliche Maasmahmen : Ver-
bot von Branntwein innerlialb der Fabrik und wftb-
rend der Arbeit, Verbot dcsBesuchs von Tanzlokalen
ffir die jugendlichen Arbeiter. Aerztliche Zeugnisse
behufs Eintritt in die Fabrik dttrften wohl mehr in
derTheorie als in der Praxis sich bewftliren, Schutz-
vereine fflrLehrlinge und Fabrikkinder (These $ 10'
durch zweekmassige Gesetze und sorgfkltige Hand-
habung und Ueberwachting von berufenen Krftflen
unnfithig gemacht werden. Zugleich (larf man auch
die Hoffnung hegen, dass die „ Fordemngen “, wenn
sie nicht lediglich vom hygieinischen Standpunkte
aus gestellt werden, sondem die nicht zu unter-
schfttzenden tlbrigen Rttcksichten bcachten (Gewohn-
heit, Volkswirthschaft, Bilduugsgrad), gerade durch
diese Vereinigung am ehesten zur gesetzlichen Gel-
tung gelangen und in das Bewusstsein allerBetheilig-
ten als etwas Unabweisbarcs eindringcu — ein dop-
pelter Sieg der Offentlichen Uesaiidlteitspflcge : ffir
die Wisseuschaft und die Menschlichkeit.
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212
Kr an*", allgem. u. mlkroskop. Anatomie.
C. Eritiken.
46. Allgemeine und mlkroskopisohe Ana-
tomie , durchaus nach eigenen Vntertuchrm-
gen bearbeitet von W.Krause, Professor in
Gottingen. Mit 302 Fignren in Holzschnitt.
Hannover 1876. Hahn'sche Hofbnchliandlung.
gr. 8. I. Band: Allgemeine n. mikroskopische
Anatomie. XIII n. 581 S. 14 Mk. ( Hand-
bveh der menachlichen Anatomie, von Carl
Friedr. Theod. Krause, weil. Geh.Ober-
medicinalrath nnd Professor der Anatomie zu
Hannover. Dritte, durchaus nach eigenen Un-
tersuchungen neu bearbeitete Auflage , von W.
Kranse, Professor in Gflttingen.)
Das anerkannte Handbnch der Anatomie von
Carl Fr. Theod. Krause, zuerst 1833 — 34,
und in zweiter Auflage von 1841 — 43 erschienen,
will alB lang hinausgeschobene dritte Auflage, die
aus den Handen des .Sohnes hervorgeht , beim ftrzt-
licben Publiknm wiederum Eingang suchen , und bei
der mit solcher TUchtigkeit ausgefllhrten Bearbeitung
wird es diesen Eingang voranssichtlich raach genug
gewinnen. Mit vollstem Rechte dnrfte aber der
Heransgeber gleich auf dem Titel hervorheben , dass
diese 3. Auflage durchaus nach eigenen Untersuchun-
gen neu bearbeitet worden ist. Durch die jetzt un-
erltoslichen Holzschnitte , lauter Originale , die mit
bekannter Eleganz von Herrn Peters in Gflttingen
gezeiclmet wurden, wird der neuen Auflage noch die
wflnschenswerthe Vervollstandigung zu Theil.
Werden nicht bios die Seitenzahlen in Betracht
gezogen, sondern wird zugleich auf das grftssere
Format und anf den entschieden compendiOsen Druck
der neuen Auflage gebflhrende Rilcksicht genommen,
dann mag sich das Volumen dieses 1. Bandes im
Vergleiche znr „Allgemeinen Anatomie desErwachse-
nen“ in der 2. Auflage leicht vervierfacht haben.
Eine derartige Vermehmng sclieint ftir den 2. Band,
der die specielle oder descriptive Anatomie bringen
wird, nicht in Aussicht genommen zn sein: nach
einer Bemerkung auf dem Umschlage soil die spe-
cielle Anatomie nur einen dem vorliegenden gleich-
kommenden Band bilden.
Das Vorwort zu diesem 1. Bandebetont, dass
derselbe eine compakte Summirung des Thateftch-
lichen in der Gewebslehre bringen soil. In welch’
erfolgreicher Weise das erreicht worden ist, wird
schon ans der Vorftlhrung seines Inhalts, den ich
vielfach znsammendrangen muss, gentlgend erhellen.
Einleitung (1—5).
Blaster , Keiroe oder Zellcn ( — 22).
Epithelien und Endothelien (—41).
Gewebe der Bindembetanz. Das Bindegewebe,
das elnstisrhc Gcwebe , das Knochen-, Kuorpel- nnd
Zahngewcbe bilden eine zusanimengelidrige Gruppe.
Das Gemcinsame dieser auf don ersten Blick sehr
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verschiedenartig aussehenden Substanzen Uegt darin,
dass eine als Zellenderivat oder Zellenausscheidung
betrachtete und deshalb gewdhnlich Interoellular-
substanz genannte Grundsubstanz mit eingelagertea
ZellenktSrpern in alien vorhanden ist. Die Analyse
im polarisirten Liohte erweist jene Grundsubstanz
ans zahlreichen kleinsten , einaxigen , positiv doppelt
brechenden Kfirperchen zusammengesetzt , welche
mit ihrer Hauptaxe der L&ngenrichtung jener Zellen-
kflrper , die meist lftnglich - oval sind, oder derail
Flichenausdehnnng parallel liegen. In chemischer
Hinsicht stimmen sie insoweit tlberein , dass sie beim
Kochen Leim , bezflglich Chondrin (Knorpel) geben.
— Dazu gehOren also Bindegewebe , desgleiohen
elastisches Gewebe , Fettgewebe , Pigmentgewebe
( — 54) ; Knorpelgewebe ( — 58) ; Knochengevoebe.
Knochensystem u. Verblndungen der Knochen ( — 79).
Muskelsystem : Muskeln mit quergestrelften Fasern
( — 97) ; Muskeln mit flatten Fasern ( — 101).
Eingeireidesyatem : Haul mit 8chleimhinten ( — 116) ;
Ohr ( — 137) ; Auge ( — 176) ; Note ( — 179) ; Geackmaekt-
nrgan nnd Mnndhdhle ( — 196).
Athmungsorgane mit Schilddriise u. Brnstfell( — 204).
Verdauungsorgane , namllch Schlnndkopf, 8pelae-
rOhre, Magen, DQnndarm, Dickdarm, Maetdarm, Leber,
BanchapeicheldrQse, Mila ( — 286).
Hamorgane mit Nebennieren ( — 262).
Mdnnliche Getchlechtsorgane ( — 276).
Weibliche Geschlechtsorgane mit Brfisten ( — 296).
Bauchfell (—298).
Blutgefdsssystem mit Bint ( — 884).
Lymphgef assay stem mit Lymphe u. Thymol ( — 861).
Nervensyatem ( — 646). Als einzelne Abtheilungen
dieses langen Abschnitts Bind zu nennen :
N erven fibrUlen ( — 377) , sich theilend in eigentBche
Fibrillen (marklose nnd markhaltige) , nnd in Nerven-
fasern (Terminalfasern , elnfach contonrirte Nervenfasem
[Olfactoriusfasern , blasse Nervenfasern oder Kemak’sche
Fasern, blasse Endfasern], markhaltige [varikSee und
nichtvarikSse] Nervenfasern).
Ganglienzellen ( — 378).
Rilckenmark , nnd xwar grane Substanx, weisee 8ub-
stanz, Bindegewebe mit Hullen and Qefassen ( — 401).
Urspnmgsgebiet del Nervus cervicalis primus ( — 406).
Medulla oblongata ( — 414).
Pons (—428).
Eminentia quadrigemina (—431).
Cerebellum ( — 486).
Ventriculut tertiut ( — 439).
Grotshimrinde (443).
Cornu Ammonia, Bulbua olfactorms, Ckiasmm ( — 449).
Fcuterverlauf im Gehim ( — 466).
Bindegewebe , Hiillen u. Gefdsse des Gehims ( — 465).
Him- und Rilckenmarksnerven ( — 473).
Sympatkisches Nervensyatem ( — 485).
Endigungen motoriacher N erven ( — 501).
Endigungen sensibler N erven als Vater'sche K6rper-
chen, Tastkorperchen, Endkolben, Endkapseln, Genltal-
nervenk5rperchen, Gelenknervenk5rperchen (—631).
Nervenendigungen im sympathischen Systeme( — 584).
Zweifelhafle Nervenendigungen ( — 646).
In typograpbischer Beziehung ist zu erwtthnen,
dass neben dem grdssem Drucke filr den laufenden
Text ein mittlerer Druck gebrauebt ist , der im All-
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213
Zeis si, Lehrbuch der Syphilis u. s. w.
geuiefoen der Besprechung speeieller VerhAltnisse
dieat. Ausserdem ist aber anch noch in grosser Aus-
dehnnng ein kleinster Druck verwendet , der in der
Hauptsaehe zur VorfBhrunghistorischer, literarischer,
entwicklnngsgeschichtl. , vergleichend - anatomischer
Thatsachen dient. Namentlich werden nnter dieser
Form mit scrupulftser Gewissenhaftigkeit die Ent-
deeknngen , bleibende wie verflossene , verzeichnet,
aber nicht durch VorfUhnmg der literarischen Citate,
sondern einfach dnrch den Namen des Entdeckere
nrit der in Klammern beigefligten Jahrz&hl.
Ein vollstftndiges Sachregieter (546 — 581)
kommt der Benutznng dieses mit nnsagliobem Fleisse
ansgearbeiteten 1. Bandes von Krause's erprobter
Anatomic zn Htllfe. T h e i 1 e.
47. Lehibuoh der Syphilis und der mit dieter
verm and ten 6 rtlichen veneritehen Krank-
heiten; von Prof. H. Zeissl. 3. Aufl. Stutt-
gart 1875. Ferd. Enke. gr. 8. I. Bd. XII u.
238 8. II. Bd. XI u. 435 S. Mit Holzschn.
u. einem Atlas von Jul. Heitzmann, 29 chro-
molith. Taf. mit Text. (30 Mk.)
Die vorliegende 3. Anflage von Z.’s Werk bietet
im Ganzen dieselbe Eintheilnng wie die wesentlich
mngearbeitete 2. Aufl., liber welche wir frtlher in
misern Jahrbttcbern ausfnhrlich zu berichten Gelegen-
hett hatten. Wir begntlgen nns daher, auf diese
Uebersicht der stofflichen Anordnung und Eintheilnng
des Werkes zu verweisen, und beben diessmal einige
Pnnkte, welche der besondern Aufmerksamkeit wertli
erseheinen, hervor.
Im 1. Bande, welcher von den veneritehen
lokalen Erkrankungen, vom Tripper, teinen Folge-
krankheiten und Complikationen etc., vom Schanker
in ausftlhiiicher flbersichtlicher Weise handelt , filhrt
rich Vf., seiner frUhern Ansicht im Allgemeinen treti
blelbend , wieder als Dualist bei seinen Lesern ein.
— Die Abhandlung liber den Tripper ist sehr lehr-
Teieh tmd erschftpfend abgefasst. Es freut nns , an-
filhren zu kftnnen , dass Vf. einigen modemen , ent-
gegengesetzten Bestrebungen gegentlber an der
Existenz eines Trippercontagiiun festhklt. Wenn
aucb die Frage diskussionsfkhig erscheinen kann und
anf alle gegen das Trippercontaginm vorgebrachten
Rhrwftnde nicht ersch ftp fend eingegangen worden
ist, so stfltzt rich Vf. nach unserem Erachten gerade
mit 8eharfblick den jetzigen Kenntnissen entsprechend
mit Uebergehung desNebensHchlichen auf die Haupt-
sache. Vf. filhrt als Beweis fllr die Existenz des
Trippercontaginm die Tripperaugenenlzundung an.
Wir pfliehten hier dem Vf. vollkommen bei imd ftlgen
nach unseren eigenen Erfahrungen hinzn , dass zur
Zeit die Frage nur auf dem klinischen Wegs be-
ortheilt, wenn auch nicht entschieden werden kann.
Jeder, welcher Tripperangenentztlndungen von An-
fang an beobachtet hat, wird nach unserer Erfahrung
anf den ersten Blick erkennen mllssen , dass man es
hoi der Tripperangenaffektion mit einem ganz be-
stimnnten Veriauf gegenflber andem akuten Augen-
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Hdbindehautentztlndungen zu thun bat. Man erkenDt
ein kurzes Incubationsstadinm der inficirenden Snb-
stanz, schon nach einigen 8tunden eine reichliche,
dthme , schlaffe Sekretion bei wenig Rftthnng und
stellenweise Blksse , wobei der Kr. wenig beltettgt
wird, welche Erscheinungen bei vorhandenem Tripper
nur von dem Kenner fitr gefahrvoll gehalten werden.
Nach Veriauf eines halben Tags, selbst weniger
Stunden schreitet die Krankheit mit Rapidit&t bis
zum Grade der hoclisten Entzllndung fort. Der Ver-
iauf dieser Augentrippercntzllndung in ihren ersten
Stadien bietet genane Vergleichspunkte mit dem
akuten Harnrfthrentripper. Femer ist unserer Mei-
nung nach fllr die Existenz eines Trippercontaginm
die erfolgreiche, desinficirende, antiphlogistische The-
rapie der Tripperaugenentzllndnng in die Wagschale
zu legen.
In Betreff der spitzen Kondylome ist Vf. p. 150
der Ansicht , dass diese Gebilde ttbertragbar seien.
Obwohl die Mehrzahl der Autoren sich gegen die
Uebertragungsfabigkeit der spitzen Kondylome ans-
gesprochen hat, bezieht rich Vf. ausser auf das
Cooper’ sche Beispiel anf die positiven Impfeiperi-
mente von Kranz, deren Beweiskraft jedoch von
Hebra zurilckgewiesen wird. Ref. glaubte zwar
frtlher (Jahrbb. CLVU. p. 260) diese Beweiskraft
der Experimente von Kranz anerkennen zu mllssen
gegentlber der Ansicht von Prof. Petters, welcher
sich gegen unsere dort enthaltene Bemerkung wendete
(Vjhrschr. f.Dennat. u. Syphilis 1875. 2. u. 3. Heft
p. 255). Ref. stellte aber inzwischen Control-Impf-
versuche mit spitzen Kondylomen an , bei welchen
er die Fehler, die Hebra den Experimenten von
Kranz vorgeworfen , vermidden und negative Re-
sultate erhalten hat. In Folge dessen sprach Ref.
die Ansicht aus (Vortr. in d. Ges. f. Natur- u. Heilk.
zu Dresden 1876), dass die Frage von der Ueber-
tragbarkeit der spitzen Kondylome noch nicht zn
entscheiden sei, obwohl es mehr den Anschein haben
mllsse , dass die spitzen Kondylome nicht (lbertragen
werden kftnnten. Diess zur Richtigstellung der
Thatsachen dem Vf. gegenttber, welcher in seinem
aneTkannt maassgebenden Lehrbuch hfttte vermeiden
mllasen, eine noch niclit abgeschlossene Frage als
scheinbar definitiv abgeschlossen vorzuflthren.
Mit grosser Klarlieit und Volleudung ist das
schwierige Capitel von der Dualitdt des weichen
Schankergiftes und dee Syphilitpiftet durchgeftthrt.
Obgleich entschieden Dualist, hatVf. die Thatsachen
nnparteiisch betrachtet und seinen unitaristisdien
Freunden die kleine Concession gewahrt, in ihr Lager
ein wenig mit den Worten einzuschwenken (II. Bd.
p. 24) : „Das Svphiliscontagium ist vielleicht eine
noch nicht nfiher deklarirte Modifikation des Schanker-
contaginm^. Seine dualistischen Anschauungen hftlt
er aufrecht u. fasst sie (a. a. O.) dem Siune nach ge-
nan in folgender Weise zusammen. Er filhrt au, dass
nnr der Hiter oder die Gewehstrllmmer der speciell
der Syphilis angehftrigen Produkte im Staude siud,
unter gllnstigen BedingungeS Syphilis hervorzurufen.
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214
Zeis si, Lehrbnch
Vom der Annahme eines gemiscbten Schankers im
Sinne der Lyoner Sohule 1st er ltagst ztirttckgekom-
men; er erkennt alierdihgs an, dass das Sekret
"weicher Schanker , anf syphilitische Effloresce nzen
eingepflanzt, ebenso wie an gesnnden Haata telle n
seine destruirende Wirkung entfalten und zur Ge-
schwttrsbildung ftthren kann ; ist aber, wie Vf. sagt,
der Zerfall der syphilitisched Eftiorescenzeti dnrcli
das Schankerglft eingeleitet , so hat das entstandene
Geschwttr mit dem weichen Schanker keine wesent-
Ikke Geraeinschaft mehr. Wird nlmlicli , filhrt Vf.
welter aus, der Eiter eines durch Schankersekret auf-
geeclilossenen syphilitischen Entzttndnngsproduktes
(syphilit. Papel) auf cm gesundes Individuum ein-
gepflanzt, so enteteht Syphilis, w&hrend dereelbe
Schankereiter, wenn er an einem solchen Punkte
eines syphilitischen Individ minis eingeimpft wird, an
welcliem kcin syphilitlsches Entztlndnngsprodukt
sitzt, uur elded weichen Schanker hervorruft, welcher
aiif gesunde Individnen zurttckgeimpft , wieder nur
Schanker, aber keine Syphilis erteugt. Und in der
That hat Ref. eide Analogic hinztiziiftigen , welohe
biaher bekannt, aber in dieser Weise nicht veCwerthet
wnrde Und geeigiiet ist, die Aufmerksamkeit der
^icngenossen zu verdiencn. Wenn man demonstriren
will, wie zwel verschiedene Contagien in einem Men-
schen neben einander bestehen kdnnen, ohne dass es
nothwendig ist , dass beide Contagien anf einen An-
dern ttbertragen werden mtlssen , so bertlckslchtige
man fbtgendes Beispiel. Ein mit bltlhender oder
latenter Syphilis behafteter Mensch producirt, mit
Vaccinelymphe geimpft, wenn dielmpfung Uberhanpt
bei ihm anschltlgt, scheinbar normale Vaccincpnsteln.
Von diesen kann man erwiesener Weise unter Cau-
telen auf Gesunde abimpfen, es entwickelt sich
Vaccine und durcliaus nicht hitufig Syphilis. Im
Vaecinebllschen ist, wenn man kein Blut oder keine
Gewebselemente mit Uberimpft, an welche das syphi-
litteche Contagium gebnnden gedacht wird, trotz der
Syphilis kein Syphiliscontagium ttbertragen worden.
Dieser Umstand wird von den Iinpffireunden aller-
ding8 in unverstttndiger und zu dreister Weise fQr
das seltene Vorkommen der Impfsyphilis angefthrt.
Wenn man Schankerblilschen durch Impfung auf
einen Syphilitischen an einer Stelle erzeugt, an
welcher kein Syphilisprodukt sitzt, und entnimmt aus
diesem Blttschen voraichtig helle oder seibst gelb ge-
fitAte Flttssigkeit und ttberimpft auf Gesnnde dieses
Sekret , so kann man unter Umstttnden so glttcklich
sein, weiter verimpfbare Geschwttre [Schanker-
gesohwttre?] zu erzeugen, ohne dass anf dem Ge-
impften Syphilis nachfolgt. Wir kommen also
durch die Analogie mit der Vaccine wohl ttber die
merkwttrdige Thatsache von einer bedingten Ueber-
impfnngsmfiglichkeit nur des einen Contagium, trotz-
dsrn wir gleiclizeitig in einem Individuum zwei flber-
impfb&re Gifte haben kttnnen, zu Gunsten der Dualk&t
hinweg , drelien uns aber streng genommen burner
im Kreise, ohne den endgihigen Beweis der DnaKt&t
der veneriachen Contagien zu liefern , weil wir den
der Syphilis n. a. w.
Be griff des Schankers nicht gewm pritciairea kd —en.
Der Gegner kann dem Dnalisten vorhalton, nan
habe mit Prodnkten operirt, von denen man die vt>U-
stftndige Begriffsbestimmung schuldig gehBeben eel,
da das Kriterium der Autoinocnlabilitat sowohl den
syphilitischen Prodnkten, als auch dem weichen, an
geblich nicht syphilitischen Schanker angehdre , von
welch letxterem man jedoch noch eine genaae De-
finition veriangen mttsse. Wir stehen also trotzdeOn
mitten in dem alten Streit, wkhrend wir affording#
den Unitariern den Vorwnrf machen mtlssen, das#
sie nicht immer die Grenze der Forschung bei
unsern heutigen Kenntnlssen and Unteriagen er
kennen , ebenfalls die Definition des weichen Schan-
kers schuldig bleiben und einseitig die Unicttkt als
ansgemacht und anerkannt proklamiren. Bei der
heutigen Methode der Forschung mtlssen wir die
Entscheidung der Frage von Unicitfit und Dnalhftt
der Zukunft ttberlassen. Diese Bemerkimgen ftlgt
Ref. zur Richtigstellung der Thatsachen hinzu and
er hat dieselbe Ansicht anf der Naturforscherver-
sammlung in Breslau in einem von ihm tlber dieses
Thema gehaltenen Vortrag vertreten.
Im 2. Band p. 3 zihlt Vf. den Galen x« den
Arabisten ! ?
Im 2. Band p. 79 wird das Ernptionsfieber der
Syphilis besprochen. Referent kann bei dieser Ge-
legenheit nicht seine missbilligende Verwnnderaag
unterdrflcken, dass Vf. die Untersnohongen des Ref.
ttber das syphilitische Fieber, sowie diejenigen von
Prof. B¨er, von B. Duff in und Berkeley
Hill vollstftndig mit Stillscbweigen ttbergeht, am so
mehr als Vf. eigene, sp&tere Beobachtungen fiber
diesen Gegenstand bringt, welche geradexa theilweue
unrichtige und folscbe Angaben und Deutungen und
eine lttckenhafte Schildenmg des Gegen Standee er
kennen lassen , wMhrend Vf. sonst in seinem Werke
sich durch Grttndlichkeit anszeichnet. So kann man
z. B. p. 80 nicht sagen, „die schub weise anftreten
den nenen Effiorescenzen des papulOsen Syphilids
veranlassen eine Temperatursteigerung von 1° C.“ :
denn Ref. kann versichern , dass sie mitnnter keine ,
mitunter eine htthere Steigerung veranlassen. Vf.
mnsste sich httten, in einem Lehrbnch einen falseben
Lehrsatz anfznstellen , er durfte nur sagen: Nadi
meinen Beobachtungen haben sie eine Temperatnr
steigerung von 1® C. veranlasst Vf. hfttte aber nicht
verschweigen dttrfen, dass andere Autofen anderc
Resnltate schon frflher erlangt haben. Ferner sagt
Vf. : ,,Der Fiebertypus war beim makoldsen und pa-
pnldsen Syphilid ein rasch intermittirender “ etc.
I Mess ist falsch , denn der Verlauf ist entweder cos
tinuirlich oder remittirend, wie diesa dem Referenten
darch andere Beobachter bestfttigt worden ist Was
will Vf. mit den nicht versthndlichen Worten „raach
iatennittiren<l“ sagen? Vf. hat jedenfalls den ther-
mometrischen Charakter eines intermittirenden Fie-
bers thermometrisch nicht richtig auigefasst Es
komrot dem Ref. gerade darauf an, die anoh von
framSsischer Seite durch Aafstellung eines intermit
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215
Hildebrandt, die nene gynftkol. Univ.-KKnik u. s. w.
tirenden ayphllrtiselien Fiebertypns begangenen lrr-
tlrthner nu eKminiren and zu berichtigen. Ebeneo
ist es in der apodiktischen Weise, wie es Vf. gesagt
liat , falseh in Bezng auf das pustulflse Syphilid :
„Wenn sftmmtliche Geschwtlre ihrer Decke verlustig
werden . . . tritt eine Temperatursteigerung anf, die
ilber 1* C. betragen kann.“ Ref. halt hier entgegen,
dass outer diesen Verlutltnissen nuch absohit normale
oder selbst subnormalc Temperatur vorkomtnen kann.
E§ 1st femer nicht zu billigen, dass Vf. unterlassen
hat, B ft u m I e r bei desaen Tem peratnrbeobachtnngen
fiber den Jodkalimngebranch zn nenncn , nnd statt
dessen seine eigenen, lfickenhaften Ang&ben fiber
die Wirknng des Jodkalinm anf die Temperatur an-
gefthrt hat. Dieas macht einen (Ibeln Eindruck. Es
liease aich noch Manches anfUhren, was Vf. nicht er-
wfthnt hat and was er notliwendig hfitte anfUhren
mosses , da er den Gegenstand einmal bertlhrt hat
nnd ihn nnter saner Autoritat nnd seinen Anspicien
uns kennen lehren will.
Anf p. 327 spricht Vf. von der Prognose der
congenitalen Syphilis. Nach seinen Beobachtnngen
hat die im Mntterleib oder kurz nach der Geburt
entstandene Krankheitsform der congenitalen Syphi-
lis frfiher oder spftter einen tfidtlichen Ausgang. Da
Vf. nns hier seine Beobachtungen vorfilhrt , so be-
grfiasen wir dieselben als schfttzbares Material eines
genanen Beobachters, fllgen fllr ihn aber hinzu, dass
erwiesener Weise die congenitale Syphilis, anch wenn
sie selbst einige Wochen nach der Geburt ausge-
broehen ist , bei Weitem nicht absolut tbdtlich ver-
laufen muse , sonderu dass recht gut die Krankheit
fleh mildern nnd fttr die Beobachtung symptomlos
werden kann, so dass spftter zuweilen die Kinder
noeh krftfUg werden und heranwachsen. Eine ab-
solute Tfidtliehkeit kann man nicht annehmen.
Vollendet geschildert Bind die syphilitisehen
H anter krankungen .
In thcrapentischer Beziehnng hat das Werk des
Vf. versehiedene vortheilhafte Erweiterungen erhal-
ten. Vf. widmet namentlich anch den Schwefel-
wftssem mehr Aufmerksamkeit als frfiher, er erkennt
ihren Nntzen bei einzelnen Formen (Psoriasis) nnd
bei Merkurialismue an, ohne jedooh direkt zuzugeben,
•lass nach den Beobachtungen , welche er gemaeht,
die Schwefelbftder in der Weise gewirkt hfttten, dass
dwell dieselben latente Syphilis sum Vorschein ge-
kommen ware.
Fflr das Werk vortheilhaft ist der vervollstfln-
digende Anhang : Bemerknngen fiber die Aufnahme,
den Umsatz nnd die Ausscheidnng des Qnecksilbere
im Organismns, verfasst von Prof. Maly.
Dieser netten Anflage ist als Beilage ein Atlas
chromoKthographirter Tafebi mit erklftrendem Text
beigegeben. J. Edmund Gllntz.
48. Die neue gyaftkologlsehe Univervtiftts-
UanUt und Hebammeotofcranadalt su K5-
Bigsbaag i. Pr. BtriclU untsr Beihuife seiner
Amstenzarzte Dr. Bluhm , Dr. Man t ter
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nnd Dr. Weyer hrarbeitet und herausye-
gebrn con Prof. Dr. H. Hildebrandt.
Leipzig 1876. Breitkopf & Hftrtel. gr. 8.
IV u. 132 S. mit 3 Gnmdriesen. (5 Mk.)
Vf. giebt einen eingehenden Bericbt fiber die nun
seit 2 Jahren dein Gebrauclie Ubergebene nene
geburtshfllfliche Anstalt zu KiSnigsberg , die nach
den neuesten Fordenuigeu von Wissenschaft und
Praxis angelegt worden ist und gekandhabt wird.
Die Anstalt hat, abgesehen von guten rftumlichen
Einrichtungen (we gen deren wir auf das Original
verweisen mfissen), besonders 2 Eigenthlimliclikeiten,
welche ihr unserer Ausicht nach ganz besonders zum
Nntzen gereichen und vollste Anerkennungverdienen.
1) Die Wbchnerinnenzimmer lulngen nicht mit-
einander zusammen , sondem haben nur Zugang von
den Corridoren aus. Die Wochnerinnenzimmer im
1. und 2. Stock werden abwechselnd benutzt, so dass
jedes Zimmer wochenlang frei steht, gelttftet und
gesftubert werden kann. Jedes Wochenzimmer hat
nor 3 Betten fllr die Wdchnerinnen.
2) Jedes Wochenzimmer ist zugleich Gebftrz bu-
rner ; nur schwere und voraaseichtiich langwierige
Gebwten werden in Isolirzimmern abgewartet, wo
daan aber aucli die Wfichnerin bleibt. Hi I de-
brand t glaubt diese Einrichtung besonders und mit
broken Worten vertlieidigen zu mfissen , was unserer
Ansicht nach vdllig uunothig ist, denu sie ist die
zweckmiUsigste, weil sie den Gesundheitszustand der
Wbchnerinuen im Auge hat und nicht die Bequem-
lichkeit des Docirens , wie sie allerdings bei Gebftr-
zimmem grosser ist. Erkrankimgen werden aller-
dings bei der Kbnigsberger Einrichtung viel leichter
vermieden und, was die Humanitftt betrifft, so ist es,
wie auch Vf. betont , nicht zu viel verlangt , wenn
eine Kreissende zwei, die andere aber nur eine mittel-
schwere Niederkunft anhoren muss. Wer, wie Ref.
auf der Wiener Hebammenklinik , zngleich 10 — 20
Kreissende nebeneinander in demselben Saal hat
kreissen sehen , wird in diesen Anordnungen nichta
Inhumanes erblickeu. Auf der andern Seite stellt
sioh Vf. aber das T ransportiren aus den Gebftrzim-
mem nach den Wochenzimmern zu schwervor, wenn
er glaubt , es finde auf den Armen zweier Manner,
auf einer Matratze , einem Rollwagen oder eine in
Krankenkorbe statt, er Iftsst gerade das, was mit der
Einrichtung noch allenfalls versohnen kann , hinweg,
dass nilmlich , wie es in Leipzig der Fall ist , nach
der im Gebftrzimmer abgewarteten Entbindung die
Wbchnerin vom Gebftrlager in das friache Wochen -
belt gelegt und in diesem transportivt wird. Hierbei
wird die Veranlassnng zur Erkfiltnng nach Mfiglich-
keit vermieden, nur bleibt immer die Unannehm-
liehkeit des permanenten Gebftrzimmere , des perma-
nenten Infektionsherdes in der Anstalt
Ansserdem hat Hildebrandt noch einzelne
gute Esrichtangen aufzuweiaen. Er verwendet 1
Meter grosse, 6 Mmtr. dieke, an dev Oberflftcbe rul-
kanisirte Gummiplatten, derfin jede 15 Marie kostet.
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Hildebrandt, die neue gynakul. Univ.-Kliuik u. 8. w.
JIG
ale Unterlagen, welclie nach jedesmaligem Gebrauehe
nen vulkanieirt werden, und litsst das Warte personal,
sowie die Hausschwangern nur leinene Kleider tra-
gen ; letztere erhalten aie von der Anatalt geliefert,
ebenso das Kinderzeug bis zum Abgange aus der
Anatalt. — Die Placenten werden dnrch eiue aebr
einfache Vorrichtung verbrarmt und dabei noch ala
Heizmaterial verwendet. Durch dieae Vorsichts-
maaaaregeln konnte H. , trotzdem dasa 3 Infektiona-
flllle von der alten Anstalt tranaferirt u. 2 F&lle von
auaaen inficirt wurden, w&hrend der J. 1873 u. 1874
weitere Erkrankungenen verhtlten ; aie waren u. blie-
ben die 5 einzigen, die das neue Institut bis jetzt auf-
zuweiaen hat — allerdings ist eine grOssere Beobach-
tungazeit nothwendig, um zu eineni endgiltigen Ur-
theile zu gelangen. Allea Wasser, welches zu Reini-
gungen der Genitalien und Injektionen fllr die
Wftchuerinnen gebraucht wird, wird vorher abgekocht
und mit etwaa hypermangans. Kali versetzt. Jede
Wdclinerin, welche Injektionen nOthig hat, erhklt an
der Stelle der gewdlinlichen Mutterrdhre aua Zinu
oder Horn ein neues Glasrohr, welches nach jedes-
waligein Gebranche in Chlorkalkldsung gelegt und,
wenn es die betr. Wdchnerin nicht mehr braucht,
vom Aaaistenten eigenhkndig vemichtet wird. Jeder
Kiiniker, der nnterauchen soil , muss aich die H&nde
in eineni dUnnen Chlorkalkbrei deainficiren — allea
Vorsichtsmaaasregeln , die nicht hoch genug anzu-
erkennen aind und bei denen aich, wie Vf. sagt, er
und seine Wttchnerinnen aelir wohl befinden. —
Waram Vf. nicht gern zahlende Schwangere auf-
uimmt, ist nicht recht ersichtlich , besonders da diese
gewi88 in vielen Fallen sehr gern der auagezeichne-
ten Einrichtungen theilhaftig werden mdchten und
jede Einnahme dem Institute zu gute kommen kann,
aelbst wenn die Liberalit&t der Staatsregierung eine
derartige ist , dasa , wie in Kdnigaberg , allein fllr
Heizung jllhrlich ca. 8079 Mark verausgabt werden
dtlrfen. Leider werden, wie llberall, so auch in
Kdnigsberg die Hebammen-Lehrtftchter nur ein halbes
Jahr ausgebildet, waa una nie zu guten Hebammen,
dem waliren Bedttrfniaae derNeuzeit, verhelfen wird;
es ist geradezu unglaublich, wie viel theoretische
Schwierigkeiten dieaem Punkte gegenttber gemacht
werden ; wie gut lieaaen sich die Hebammenschttler-
innen im 2. halben Jahre in der Klinik als Wilrter-
innen etc. verwenden, da es allerdings anf der audern
Seite nicht gerathen sein wdrde, die jetzige Hdhe des
Lehrgeldes etc. um dasDoppelte zu erhdhen ! Dann
wtlrden aber aicher die Erfordernisse der Praxis an-
n&hernd erfHllt werden kOnnen , wflhrend diesa jetzt
gar nicht der Fall ist [Ref.].
Von Mitte Sept. 1873 bis Ende October 1873
warden 32Geburten beobachtet. Drei Todeaflllle an
PueTperalinfektion ; seitdem kein Fall wieder beob-
achtet.
Der klinieche Bericht vom 1. Nov. 1873 bis zu
desoselben Datum des n&chsten Jahres euth< 367
Fftlle; 361 Frauen wurden in der Anstalt entbonden,
6 kamen als WOchnerinnen in dieselbe. in 30.6°/#
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der Geburts&lle traten StCrangen im Gebortsveriaufe
auf (z. B. 32mal Verletzungen der Genitalien, 23mal
Krampfwehen, lGmal regel widrige Haltungen und
Lageu der Frucht, 14mal Atresia uteri, lOrnal Becken-
verengerungen [apilterhin berichtetVf. liber 16 hdher
gradige Beckenvereugerungen ; Ref.] etc. etc.). Wie
Vf. die Morpbiuminjektioneu (0.01 — 0.02 Grmrn.j
gegen Krampfwehen in der Gegend des Ori/icium
internum applicirt , ist leider nicht angegeben ; sie
wirken nach der Erfahrung des Ref. von den Bauch-
deckeu aus eben so gut. Dammrisse hat Vf. nocli
weniger als Olshauaen beobachtet; beaondera zu-
frieden istVf. mit dem sogen. Kitgen’achenDamm-
achutzverfahren [welches aber das II o ffmann’sche
genannt zn werden verdient; vgl. Cohustein ge-
gen A hi fe Id: Arch. f. Gyuitkol. VII. 2. p. 323.
1875]. WasVf. bei derTherapie dea engen Beckens
itber die Zange sagt, ist vdllig auzuerkennen , Uber
die Wendung beiut engen Becken uitheilt er eut-
sclueden zu ungUnstig , was aber daraus hervorgeht,
dasa er fast nur die Wendung nach Abflpas des Was-
sers im Auge hat , wahrend sie (gegen v. H a s e 1 -
berg) natilrlich vor Abfluss desselben auszuftlbren
ist. Hier hat aber selbst das Durchleiten des nach-
folgenden Kopfea durch den Beckeneingang nicht
mehr die frtlhern Bedenken , wenn man nur beherzi-
gen wollte , waa Ref. darilber kflrzlich gesagt hat,
ukmlich wenn man das Durchleiten des uachfolgeu-
den Kopfes durch den Beckeneingang durch Zug am
Rumpfe bei tiefem EindrUcken der vordern Schnlter
in den Danuu bewerkstelligen wdrde (vgl. E. Ko r -
maun: Arch. f. Gynakol. VII. 1. p. 1. 1875).
Von den 3G7 Wochnerinnen machten 201 ein
absulut normales Wochenbett durch, 166 zeigteu
patholog. Zustande, 4 starbeu (2 an Puerperalinfek-
tion, 2 an Septikihnie nach Endometritis, und zwar
lmal nach kilns tl. Ldsung der Placenta und lmal
nach kdnstl. FrUhgeburtseinleitung bei Carcinoma
uteri). — Die Anforderungen , welche Vf. an ein
„normalea“ Wochenbett stellt, sind entscliieden zn
hoch , da er sie von der Temperatur abh&ngig macht
und alle Falle , welche liber 38° C. zeigen , zu den
p&thologischen rechnet. Wer , wie Ref. , einen Fall
von Obstmktion (Vf. berichtet 16 Falle von Kopro-
staaen mit Temperatur von 38.4 bis 40.8° C.) be-
obachtet hat, in welchem eine akute Temperatur -
steiger ung im Wochenbette von der Durchschnitts-
temperatur von 36.7 auf 41.2° erfolgte, die aber
nach erfoigter Defakation binnen 15 Std. wieder anf
die Norm herabgegangen war, wild nicht genaigt
sein , auch derartige F&lle pathologisch zu nennen.
Denn wenn W. Linn geradezu alle F&Ue mit Tem-
peratur fiber 37° C. pathologisch nennt, so spricht
die klinische Beobachtung entschiedeu dagegen.
Auf der gyuikologischen Abtheilung wurden
160 Frauen beliandelt, davon 7 5 voilkommen geheilt,
56 gebeasert, 24 nicht gebessert und 5 starbeu
(1 an Cystocarcinoma ovarii, 2 an Cystoaarkouu
ovarii, lmal mit 'Tuberkulose und Lmal mit Peritonitis,
1 an Parametritis ohue vereiterudes Exsudat und 1
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mi Carcinoma uteri). In 1 Falls smarten nach der
Operation einer Blasenseheidenfistei die Drahtnfthte
bereits nach 36 Std. entfernt werden , da fde Perito-
nitis bedingten ; trotzdem war die Operation Tollst&n-
dig gelungen. — Eine Ovariotomie wnrde mit gtlnati-
gem Erfolge ausgefltbrt ; die vorgenommenen Rrgotin-
injektionen batten wesentliehen Einfluss auf die Dauer
and Menge der Menorrhagien und Metrorrhagien,
zuweilen warden auch complieirende Tumoren kleiner
(lmal ein Ovarialtumor).
In der geburtshfllflichen Poiiklinik warden 176
Frauen entbuuden , C da von starben. In der gyn»-
kolegiaohen Poiiklinik wurden 475 Peraonen behan-
dett.
Daa gyuAkologiache und geburtahtllfl. kliniache
umd polikbaiacbe Material zusammengerechnet belief
aich im genannten Jahre auf 1106 FAlle.
Kormann.
49. Etude comparative des diveraes Mdtho-
des de l’exdrese ; par C h. Monod. These
d ’aggregation pour la cbirurgie. Paris 1875.
J. B. Baillifere et fils 8. 115 pp. i2Fr. 50 Ct.)
Vf. unterzieht in vorliegender Arbeit die mannig-
fachee chirnrgkchen Encheireeen eioer kritischen Be-
trachtaug, welche die Entfemang eines rait deni flbri-
gen KOrper noch incontinnirlicher Gewebsverbindung
stehenden Theiles (Mlssbiklung , kr&nkeo Olied oder
Neubildung) dureh Trennung oder ZeraWrung des-
selben bezwecken. Die eine Reihe derselben, welehe
min als blntige Methoden znsammenfaast , vollrieht
diese Trennung mit rchneidenden Instruinenten, wfth-
rend die Reihe der unbintigen Methoden entweder
in meehanischen Htllfen, In Form constringirender In-
stnmente, oder in chemischen Agentien in Form
der Canterien besteht. Zu der ersteu der beiden zn-
ieizt genannten Kategorien zftlilen die einfache und
elaatische Ligatur, das Ecrasement lin6alre und die
Ligature extemporan6e, zur letztern die Verwendung’
dee Gitlheisens, der Aetzmittel und der galvanokau-
stisehen Apparate.
Nachdem ein kurzer historischer Ueberblick Zeit
und UmstAnde aagegeben, denen me ihre Entatehung
verdankt, wird jede einzelne dieser Methoden in Be-
zug aaf ihre Technik, Wirkungaweise nnd Indikatio-
nen besprochen und schlttaslich mit den fthnlichen
Varfahren in Paraltele gebracht , um thren relathren
Werth zu bentimmen u. die Gruoda&tze festzustellen,
die filr ihre praktiflehe Verwerthnng maassgebetid
sein zsitaseu.
Die Schea vor der Anwendung des Messers and
der Verletznng von GeOWsen macht sieh beim Vf. in
der den Frkiiaoeen eigenthtlmliehen Weise gel tend,
and es ist bei seiner KenntniM der nicht-frnnzOsi-
scben Literatur sehr nuffMUg , das* die gttnzebden
Eesaitate, die man ausBerhalb Fraokreicha bei ver-
voUkommneter Wundbehandtung mit der ao&gedehn-
teeten Anwendung des Messers ereielte, nicbt vnr-
taodht ha ben , seine Anaiehtn in diemu Punkte dm-
■M. Jabrbb. Bd. 171. Hft. 8.
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zagestaitan. 6o knmnt es, dasa die Vnrtkeika der «n
biutagen Methoden — unsern Begriffeft nach — in
Qbertriebener Weise hervorgehoben und Indikationen
fttr die Verwendung derselben festgehalten warden,
die man andertrseits nor ate Spielereien oder Ver-
immgen anaehen dttrfte.
Unter diesen Reserven 1st das aufznfassen , Was
Vf. itn Schlnsscapitel fiber den Werth utid die Ver-
werthbarkeit der einzelnen Methoden sagt. Er be-
zeichnet dort die Anwendung der schneidenden In-
stnnnente als das einfachste nnd rationellste, als das
allein chirurgisclie Verfahren, daa sieh dnfch 8icher-
helt und Bchnelllgkeit der Ausfllhrnng, sowie initasige
Hfihe des flchmerzes auszelchnet, die unmittelbare
Vefdnigung der Wuhden gestattet imd Recidive am
ehenten zu verliflten geeignet ist. Fflr das Nutzbar-
inachen desselben giebt nur in seltenen Fallen die
Gefahr primkrer Blutungen ein ernstes Uiuderniss
ab ; seknndare Hkmorrliagien treten nach ibm aller
Wahracheinlichkeit uach seltener auf als nach den
rivali8irenden unblutigen Encheiresen und zudem
sind die letztern nicht ini Stande, die Entwicklung
aceiden teller Wundkrankheiten mit &icherheit Auszu-
schHesBen. Die blutige wird immer die allgemeine
Methode bleiben , der gegenfiber das nrtblutige Ver-
fahren nnr flir die AiisnahinefUlle WSetn'ri bleiM,
wo die Bescliaffenheit der Umgebung des Kr. (dureh
seuchtes Hospital'), Sehwfiche nnd An&niie desselben,
Reiehtlium der m Betracht kommenden Kttrpergegend
an Gefkssen, namentlidi Venen (Rectum, Penis, Va-
gina, Uterus, Zunge, Schilddrflse) jene nicht oppor-
tun erschemen lassen. Inwieweit man die Gflltig-
keit dieser Contraindikationen ansdehnen will, bleibt
natttrlieli voltkonunen dem slibjektiven Ermessen des
Einzelnen anbeim gegeben.
Bei der Walil unter den in Betracht kouimenden
unblutigeti Methoden filr den gegebenen Fall sind
folgende Erfahmngss&tze maassgebend.
Die Ligatur en masse ist ungemein schmerzhaft
und nicbt selten durch Schmerz und aceideutellc
Wundkrankheiten gefabrbringend , sie hat, gewiaae
specielle Fklle ausgenommen (UAmorrhoidalknoteu),
gegenwai-tig nur historisches Inter esse. — Leber
deu Werth der elastisciien Ligatur kann weitere Er-
fabrung erst endgtlltig entscheiden.
Die auschliessUche Anwendung der Kantenea
fordern , wean man vom galvanokaustischeu Messer
absieht, die umfknglicheu, niohtgesbelteaGesebwulst-
bildungen. 1st ein Stiel vorhtmden oder kdBstlkih
herzustellen , so verdient der galvauokaUstische Ap-
parat deu Voreug, da er weaiger langsam, schmerz-
haft und uueontrolirber, aber in gletcher Weise ener-
gisch und sicber wurkt und bei Weitem gtriager*
brtliche Reaktion hervorruft.
Der Eoraaeur u. die gatvinokaustisehe Schneide-
schlinge zeichuen sich dureh proopte nnd Schthert-
loae Wirkung aua. Stksse das Anlegen der KeMS
nicbt fiAer auf &efcrwitevigbhH4n, besOhBUtktS die Re-
98
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218
D tl r r , Kitte bei Augenkrankheiten .
siateaa der Haut nicht seinen Gebranoh , ware er im
Stand e , die Gefahr purulenter Infektion noch mehr
herabzusetzen , so wtlrde der Gcrasenr tlberall den
Yorzug verdienen, um so mehr, sis noch die Einfach-
heit und die weniger umstftndliche Handhabung fllr
diesen erheblich billigern Apparat in’sGewicht fallen.
Diesen relativen Nachtheilen gegenflber spricht zu
Gunsten der galvanokaustischen Schlinge die viel
kritftigere und schnellere Wirkung, die erheblich
geringereGefahr der Blutuag und derUmstand, dass
die ihrer Anwendung folgende entzOndliche Re&ktion
nahezu gleich Null ist.
In Bezug auf die in vielfacher Beziehong interes-
santen Details muss auf das Original verwiesen
werden, das sich durch reiche Lite ratu ran gaben aus-
zeichnet. R i s e 1.
50. Ueber die Anwendung der Kalte bei
Angenkrankheiten; von Dr. Ednard
DQrr, prakt. Arzt n. Sanitktsrath in Hannover.
Hannover 1875. C. Rttmpler. 8. 109 S. (2Mk.
70 Pf.)
Vf. hat sich das Verdienst erworben, ein ent-
schieden vernachl&ssigtes Capitel der oculistischen
Tberapie zu bearbeiten. Als consequent eingehalte-
nes Verfahren finden wir die Kalte nur von wenigen
Augen&rzten und nur bei wenigen Krankheiten in
Anwendung gezogen. Auch seit der Einfllhmng des
Eisbeutels in die Chirurgie durch Esmarch, als
demnach weder der Oftere VVechsel der Compressen
noch die N&sse als Gegengrtlnde gegen die Kalte-
Tberapie mehr angeftihrt werden konnten , list sich
diese Methode bei den Augenkrzten nicht einbtirgern
kdnnen. Vf. findet den Hauptgnind der Abneigung
darin, dass sie noch nicht von den gtlnatigen Wir-
kungen durch Jahre lang fortgesetzte Vereuche eine
deutliche Anschauung erlialten haben. Ref. meint
indessen, obwohl cr selbst als Schltler R u e t e ’s eine
Vorliebe daftlr mit in die Praxis gebracht hat , dass
ein Hauptgnind darin liegt, dass in der That auch
bei richtiger Anwendung ungewhhnlich viel Augen-
kranke die Kalte ftir die Daner doch nicht vertragen,
dass femer die Applikation zur Coupirung aknter
EntzOndungen der Bindehaut doch ziemlich nmstand-
licher ist als die Anwendung anderer Topika. Im-
merhin haben wir die Ausftlhrungen des Vfs. , wel-
eher im Henriettenstift zu Hannover seit 7 Jahren
bei den Angenkranken die Kaltetherapie zum Prin-
cip erhoben hat, mit sehr grossem Interesse gelesen :
wir erfahren wenigstens von ihm aus sicherer Quelle,
welche Indikationen zur Anwendung der Kalte vor-
ltegen und in welchen Fallen sie contramdicirt ist.
Vf. fand die Eisbehandlnng ntttzlich bei der
akuten Lidentztlndnng und beim Ekzem der Lider,
Bowie als Vorbereitung zu Operationen. Contraindi-
cirt ist die Kalte nach plaetischen Operationen , da
sie. die Vereinigung verhindert — Die Bindehaut-
•atzhndungen weichen sammtlich, soweit sie akut
verlaufen, uqter dem Qebrauch der Eisoompnoen
oder des Eisbentels. Die Blennorrhde behandelt Vf.
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auch in dem Eiternngsstadhun mit Eiscompressen,
welche Tag und Nacht gewechselt werden, auch die
Diphtheritis behandelt er mit Kalte den ganzen Ver-
lauf hindurch, ferner die akuten Granulationen. Die
miliare Form der phlyktanularen Conjunctivitis soli
die Kalte nicht vertragen, wohl aber die pnstuldse
Form. — Auch die HomhautentzUndungen sollen
die Kalte viel besser vertragen als man gewdhnlich
annimmt, sogar die eitrigen EntzOndungen, bei de-
nen man gewfihnlich die Kalte flir contraindicirt halt.
Selbst die Hypopyon-Keratitis tUlcus serpens) soli,
wenn die Constitution nicht zu schwach ist und der
Zerfall nicht zn ausgedehnt, bei der Eisbehandlnng
gftnstig verlaufen und nicht zur Perforation fllhren.
Die ringfcirmigen Abscesse dagegen, die neuropara -
lytischen EntzOndungen, dann diejenigen Geschwtlrs-
formen, welche in einer decrepiden Constitution ihren
Grund liaben, vertragen die Kalte nicht. Bei Ver-
wundungen der Homhaut wirkt der Eisbeutel auf
die befriedigendste Weise, selbst Hornhantfisteln wer-
den durch mehrwflchentliche Anwendung des Eis-
beutels, dessen Schwere hier gleichzeitig mitwirkt,
danernd zum Verschluss gebracht. — Bei den ver-
schiedenen Formen der Episkleritis u. Skleritis wird
die Kalte stets gut vertragen. — Die Iritis ist die-
jenige Erkrankung, for welche gewdhnlicb die Kalte
nicht passt, doch glaubt Vf. deshalb noch nicht, dass
durch sie Exsudate in der Pupille hervorgerufen wer-
den. Oefters lasst sich kein Grund angeben, waram
bei Iritis unter der Anwendung von Kalte Verschlkn-
menmg erfolgt; bei schwachlichen u. nervOsen Per-
sonen mache man keinen Versuch damit, auch bei
kraftigen Kr. lege man eine Compresse unter den
Eisbeutel u. lege ihn nicht fortwahrend auf. Ueber-
haupt passt die Kalte nur fllr das akute Stadium.
MerkwQrdig ist, dass die syphilitische Iritis die Eis-
behandlung fast immer gut vertragen soil, selbst die
Gommiknoten sollen sich rasch zurOckbildcn. — Un-
ter den Chorioideitisformen ist nur die akute, mit
pericornealer Injektion verlaufende Chor., ferner die
disseminirte Chor. der Kaltebehandlung zuganglich.
Die Kr. vertragen die Kalte wochen-, selbst monate-
lang, man lasse abwechselnd das eine, dann das an-
dere Auge mit dem Eisbeutel bedecken. Alle Er-
krankungen des Uvealtraktus, welche mit ErhtJhung
des inti-aocularen Drncks einhergehen, vertragen die
Kfilte nicht, eben so wenig alle intraocularen Krank-
heiten, welche ohne Hyperamie verlaufen und zur
Atrophie der Gewebe fllhren. Dagegen ist die Kalte
wieder nfltzlich bei Blutungen im Glaskdrper und in
der Netzhaut, ferner bei akuter NetzhautentzOndung
and bei der Sehnervenentztlndung.
Der Vf. hat seine Methode, von welcher wir hier
nur eine ganz kurze Skizze geben konnten , durch
zahlreiche instruktive Krankeugeschichten erlautert.
Er zeigt sich durch dieseiben als einen umsichtigen
Beobachter, der tlberhanpt einer energischen Thera-
pie zngeneigt ist. Wir empfehleu alien Collegen,
insbesondere auch den praktischen Aerzten, die Schrift
zu weiterem Studium. Gei safer.
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919
Snellen, Optotypie. — Schweigger, Sehproben.
51*. Optotypi ad visum determincmdum.
Confecit Herman Snellen. Edit, quinta,
metrico syatemate. Berlin 1875. Herm. Peters.
8. (3 Mk. 50 Pf.)
b. Sehproben von Prof. Dr. Schweigger.
Berlin 1876. Aug. Hirachwald. (4 Mk.)
Die Snellen 1 schen Probelettern haben wir in
enter Ausgabe bereits (Jahrbb. CXXill. p. 266) be-
sprochen. Sie haben sich seit 13 J. einer steten
Aufhahme in flrztlichen Kreisen erfreut. Die jttngste
Ausgabe iat einmal insofern umgeindert , class die
Sehweite nach metrischem System bestimmt ist,
and zwar von 0.5 — 4 Mtr. fttr zusammenhkngende
Leaeproben ansteigend, fttr eiuzelne Buchstaben von
1 — 60 Mtr., wobei wie frtther als nomaler Seh-
winkel der von 5 Min. angenommen wird, ferner
aber dahin vervollatilndigt, dass Leaeproben in latei-
niacher , engliacher , franzdaiacher , italienischer und
b ollAndia cher Sprache gegeben sind. Dadurch er-
h&tt die Zusammenate Hung einen internationalen
Charakter. Merkwflrdig bleibt dabei, daas Sn. auch
die deutachen Leaeproben nur in lateinischen Lettern
druckt, die deutachen Lettern der frtlhem Auagaben
ganz weggela8aen hat. Warum dieas geachehen,
iat nicht geaagt, fttr den Praktiker, der auch Pat. zu
unterauchen hat , welche nur deutachen Druck leaen
kdnnen , ist also nebenbei die Anschaffung einer frtt-
hem Auagabe nothwendig. Fttr jede Sprache sind
aowohl Leaeproben mit Minuskeln als mit Majuskeln
vn rband en. Auch einigeTafeln mit Strichen u. 8. w.
sind beigegeben, die auch unter Anderm zur Beatim-
mnng dea Astigmatiamus dienen. Die fllr 3 und
4 Mtr. gewihlten Proben sind zum Theil, wenigstena
in dem dem Ref. vorliegenden Exemplar , etwaa un-
rein im Druck ausgefallen, im Uebrigen aber ver-
dient die groase Sorgfalt in der Auaftthrung wieder-
holt alle Anerkennung.
Die Sehproben, mit welchen Prof. S c h w e i g g e r
jeizt vor das Publikum tritt , sind zum Theil nach
and era Principien zuaammengeatellt. Sie sind drei-
sprachig: deutach, englisch und franzbsisch , die
eretera aowohl in lateiniacher ala in deutacher Schrift.
Die Zahl der Proben ist, namentlich in unaerer
Sprache , sehr reichhaltig. Die Minimaldistanz ist
0.3, die Mavimsldistanz 12 Mtr. : von 0.3 — 1 Mtr.
sind 8 Nummera (um je 0.1 Mtr. aufw&rta), wilhrend
bei S n. von 0.5 — 1 Mtr. nur 4 sind. Auaaer diesen
Leaeproben sind auch fllr die kleinaten Lettern solche
Proben gegeben , die nur aus unregelmksaig neben-
eiaander atehenden Buchstaben . combinirt aind , so
rUim der Unterauchte aus dem Zusammenhange heraus
sich nicht orientiren kann. Die einzelnen groaaen
Lettern gehen bei Schw. von 1 — 36 Meter. Uebri-
genB iat der S n e 1 1 e n 1 ache Normalwinkel von 5 Min.
beibehalten. Wahrend aber S n. nicht nur die HOhe,
sondern auch die Breite der Lettern mSglichst genau
diesem Normalwinkel angepaaat hat, iat Schw. nicht
so wthlerisch gewesen , aondem er hat fUr die in
den OfScinen vorrtthigen SchriftBorten die deutliche
Sehweite empiriaoh bestimmt. Laut der Vorrede,
die der Kkufer nicht ttberachlagen mbge, halt Schw.
die auf solche Weiae gewonnenen Results te fttr
eben so genau, ala wenn aie mathematisch berechnet
w&ren. Besondera macht er auf den Einfluaa der
Beleuchtung aufmerkaam, welche fttr die Beurthei-
lung der Sehschirfe von grosser Wiohtigkeit iat.
Die in die Praxis durch Sn. eingeftthrte Methode,
die gefundene Seliachttife durch einen Bruch auszio
drttcken , dessen Ztthler die Distanz , desaen Nenner
die kleinate noch erkennbare Schriftprobe angiebt,
acheint Schw. mehr fttr eine mathematische Spielerei
zu halten und er vermuthet , dass manche kliniach
con8tatirten Besserungen der schlechten Sehschttrfe
sich durch Besaerung dea Wetters erklttren liewen.
Ref. giebt ihm hierin nicht ganz Unrecht, namentlich
ist dem Ref. die in Mode gekommene Art u. Weiae,
den nach obiger Rechnung gefundenen Bruch dureh
Division in einen solchen zu verwandeln , desaen
Zahler 8tet8 1 ist, als eine physiologiache Monstroaitllt
vorgekommen, da sich daraus nicht einmal mehr die
Nummer der zur Untersuchung benutzten Proben
erkennen lksst. Einen photometriachen Maaaatab
h.hon wir freilich nicht. Schw. glaubt diesem
Mangel zu entgehen, wenn er im Untereuchungs-*
protokoll die Bezeichnung der Sehachttrfe dadurch
kurz bemerkt , daas er ala Nenner dea Bruchs die
kleinate vom Pat. geleaene Nummer , ala Zllhler die
von ihm, dem Unterancher, gleichzeitig geleaene
Schriftprobe einsetzt. Hierbei fehlt aber die Angabe
der Distanz und fttr Andere aind dieae Qrfeaen,
besondera wenn der Untersucher aelbat eine Seh-
anomalie hat, doch absolut unbrauchbar. Nach dieaer
Abachweifung wollen wir noch hervorheben, daas
Schw. auch noch 3 Tafeln mit Ziffem in 21 ver-
schiedenen Grttsaen , so wie 1 Tafel zur Beatimmung
dea Astigmatismus beigegeben hat. Papier und,
Druck sind ganz ausgezeichnet.
Im Anschluss an die Besprechung der Sohriften
von Snellen und Schweigger mdge eine von
Stabsarzt Dr. Seggel in Mttnchen verttffentlichte
Abhandlung ttber „die objektive Bestimmxmg der
Kurzsichtigkeit und die Bestimmung der Seh -
tcharfe bei dem Militdr-Er»aUgeschafte“ (Bayer,
irztl. Intell.-Bl. 13. 14. 1876) Erwtthnung finden.
Seggel macht den Vorschlag, die Normaldiatanz
in den Zahler, diejenige Buchstabenprobe aber,
welche vom Kr. in dieser Distanz geleaen wird , in
den Nenner zu aetzen. Nach Snellen prttft man
bekanntlich in der Weise, daas man die in dem Fern-
punktabstand des normalen Auges gehaltene Letter-
nummer so weit heranrflckt, bis aie vom kranken
Auge geleaen wird, nach Seggel soil man den-
aelben Fernpunkt beibehalten und ermitteln , welche
grOsaere Letterprobe in demaelben vom kranken
Ange geleaen wird. Wird z. B. Nr. XX. nur auf
10' Distanz geleaen, so schreibt man nach Snellen
Sehschirfe — ^ *=» i, nach Seggel wflrde man
Nr. XL. in die Distanz von 20' setzen und der
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820
Transactions.
on i
Bruch wttrde lauten — = — . Legt m»n diesen
Ziffern df« neua MeUrmaas an Grande , so warden
die Befeicbnumgen fttr die aiUalichen Sckrtftprpben
Bteh Snellen 8 —■ nach Seggel 8 -=
■=» lenten. Fttr die kleineten Schriftnammern
herab wttrde nech Snellen die Bezeichnung S =>
lenten , wean die kleinste Probe stett euf 50
■nr nnf 95 Ctmtr. erkennt wttrde, wtthrend nech
Seggel in 50 Otmtr. Distanz die fttr 1 Mtr. nor-
mirte Probe einzusetzen iat und der Bruch S = ~
laatet. Offenbxr krnunt Beidea euf desselbe hinaus,
vie each die fttr die Sehweiier Mibtttrttrzte eriasseae
Intfrnktion die Fern el nech Seggel angenommen
bet. Gaissler.
52. Transaction* of the American ophthal-
mologic*) Society. Eleventh annual Meeting.
Newport, July 1875. New York 1876. Will.
Wood and Comp. 8. p. 275—359. ')
Wir betrachten den Inhalt dieses 11. Jabres-
berichts onrsorisch in ihnlicher Weise, wie den seiner
Voigttager (vgl. Jahrbb. OLXVI. p. 102) , indem
wir Zasammengehdriges verbinden. Verstorben ist
seit der letzten Vemammiung deren 1. President,
Edw. Delafield, im 81.Lebenqjahre. SeinBild-
nits ist diesem Berioht beigegeben. Die Zahl del'
Ifitglieder betrkgt jetzt 73.
Unter den nervfoen SWrungen dee Auges ist zu
nennen ein von 0. D. Pomeroy (p. 283) erwtthn-
ter Fall von erworbenem Nystagmus bei einer 33jtthr.
hdSnderin , der mlt doppelseitigem Schielen verbun-
den war. Dureh zweimalige Sehnendurchschneidung
am innera Rectus dee linken Auges und duroh ern-
malige desselben Muskels am rechten Auge wurde
das Muakelzsttem gehoben. — E. W i 1 1 i a m s (p.
991) machte bei einer 35jttbr. : mit Glotzaugen be-
hafteten Frau die Occlusion der Lider durah die N»fct
mit sehr ungttnstigem Erfolge , an beiden Augen tr&t
Vereitervmg der Hornhant ein und Pat. starb wenige
Wochen spttter. In einem 2. Falle wurde ebenfalls
bald nach der Lidnabt eiue Entziindung erregt, in-
dem sich Phlyktinen auf der Bindehaut bildeten;
dumb die Trenaung der Naht konnte der Process
glflcklichenveiee noch unterbroehen werden. — Der-
selbe theilt noch einige Falle von Andathtsie der
Netzhaut mit hoohgradiger Einengung des 8eWeWs
mit. Strychniniujektionen ware* in 2 Fallem von
ttberrasohend schnellem Erfolg; in einem 3. Falle,
der eine dumb obrooische Dysenteric und schvere
(ieuittthahewBgungau herantergekommene Frau be-
traf, wurde das Uebel chronisob. — UnaufgekUrt
bbeb ein Fall von tempcmaler Bemiopie beider
Angen bei einem 44j*hr. Manne. Die inner* Htttfte
') 'Pttr die direkte Zusendung den verbindlichsten
Saak.
derNetahaut war bei genau vertikaier Trannungsttnie
an beiden Amgen unempfindlioh. Der Angenspiegel-
befnnd war negativ. Es wurde eine dicht vor dem
Chiasma sich entwickelnde Geschwuist angenommen.
— Geo. Strawbridge (p. 302) heilte eigen
hysterisphon LidJcrampf bei einem jungep Madchen
binnen wenigen Tagen durch forcirtes Emporheben
des obern Lides mittels Heftpflasterstreiftn , wie es
sobon im vorigen Bericht von Matbewson ( Jahrbb.
1. c. p. 106) angegeben war. — H. W. Williams
(p. 325) beobachtete bei einem 8jihr. Madchen tem-
porary Blindheit and Taubheit , die sioh alle 1 bis
2 Tags wiederholte und einige Stunden dauerte. Die
Augen rollten bestandig umber, wurden aber Bar
Fixation gezwungen, wenn ein Beobachter dem Kinds
scharf in das tiericht sah. Man diagnosticirte eine
Seflexneurose ; durch eine Bandwurmbur wurde
alsbald Heilnng erzielt. — Wm. Thomson (p. 337)
biMet einem eigenthttm lichen seJctorenfdrrnigen Lteftki
im Sehfeld eines SOjahr. Mannes ab , welohdr in bei-
den Augen fast gletchfSrmig war. Pat. hatte vor 4 J.
einea scbwacben apoplektischen (eder embolisehem ?)
Insult gehabt.
Aus der Casuistik der Guck wOlsU be ben wir
Folgendes hervor :
Geo. 8trawbridge(p. 304) deutet als Binde-
gewebmeubildtuig im Glaskdrper eine im Fnndns
oculi befmdliche Geschwuist , welche seheinbar von
der Papilla in drei Theilen nach aufwarts , abwarts
und einwftrts sich erstreckte. Die einnelnen Theile
glichen weissen, dicken, fttcherfbrmig sich ausbreiten-
den Bandera. Zahlreiche neugebildete Gefttsse in
spiralfbimiger Anordnung zogen darflber hin. Der
Kr., ein 42jahr. Mann , hatte seit 3 J. Ober amblyo-
piecbe Erscheinungen geklagt und vermochte beider-
seits nur noch Finger zu zihlen.
Ein congenitales Aderhautsarkom sah R. J.
Me Kay (p. 345) bei einem ljahr. Klnde, welches
gleioh bei der Geburt eine Schwelhmg des reehten
Auges und der rechten Gesichtshatfte gezeigt hatte.
Die gauze rechte Kopfhalfte war volumlnoser als die
limke, der rechte Oberkiefer war aufgetrieben. Der B«I-
bas wurde evtirpirt. Die vordere Hammer war selw tief,
ubrigens waren die brechenden Medien gesund. Die Net* -
haut lag der Aderhaut an. Letztere war in toto verdickt,
am starksten hinter dem Aequator bulbi bis fast cum 8eh-
nerven. Das Stroma der Aderhaut war mit runden und
ejwadelformigeo ZeUen durohseUt. Seeks Menate naeh
der Extirpation war die Differenz in der Bildung der
reqhten Kopfhalfte weniger auffallig, die Wange war aber
noch dicker als die linke und stand tiefer, die Zahnfleisch-
gegend war aufjgetrieben.
Dr. C. R. Agnew (p. 349) hat hei einem ljihr.
Kind© zuerst das linke und 6 Monate spater das reckte
Auge wegen QUom eistirpirt. Ein Jahr nach der 2.
stirpation war das Kind noch gesqnd gehUeben.
Dr. Geo. C. Harlan (p.327) giebt eine Fort-
setsapig zweier schon frtther mitgetbeflter Kr&aken-
geschichten , GefdssgetchmuUte der Orbita be-
t^effend.
Ib dem eretep Falle, einem ocmgfnikUyn 4meu-
rym« per anattomoun (s. Jahrbb. CXI4X. p. 202.
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Trmasaetiotu.
221
nk t) war nach 4 Jahran das Garfiaseb in der lin-
ken Orbita bedsutend vermindert nnd nurnoekdirekt
fiber dem Tumor hdrbar. Die arteriellen Zweige der
Art. aupraorbitalis and frontalis hatten aich erweitert
imd verdickt und schwirrten unter dem Fingerdruck.
Dagegen hatte sich ein rechtseitiger Exophthalmos
eotwickelt, die Venen der Bindehaut waren varikde,
ebenso die der Netzhaut. Pulsation war indesseu
linkerseits nlcht wahrnehmbar. Pat. klagte ttber
erhebliche Abnahme der Sehkraft in der Dfimme-
rnng.
Im ?. Falle , fiber welchen auch schon Jahrbb.
CXLIX. p. 202 sub Nr. 5 referirt ist, war das trau~
matische Anewrysma durch Djgitalcompression be-
handelt worden. Pat hatte die Compression nach
der Entla8snng aus dem Spital zeitweilig fortgesetzt.
Zwei Jabre spa ter waren beide Bulbi in ihre natflr-
liche Luge zurfickgegangen und nach einem weitern
Jahre batten sich auch die letzten Reste des Ge-
rfiusches verloren.
*Auf die Refraktion des Augss beziehen sich
folgends Notizen:
Dr. W®. Thomson (p. 310) bemerkt , dass
er hoehgradige Myopic ohne jede Verfinderung am
hintern Augenpoi (Staphyloma posticum) Often ge-
fnnden habe, und dass mit entsprechender Brille die
Sehkraft ganz normal sei. Dagegen selbei Astigma-
tisnius, mOge diess nun eln myopiacher oder ein
hyperaetropiseher sein, in der Regel hinteres Staphy-
lom vorhanden , und zwar entspr&che die Richtung
der halbmondfbrmigen Figur dem astigmatischen
Meridian der Hombaut. Bei den niedereten Graden
van Astigmatismus seien die Centralgefllsse des Seh-
nerven naeh eiuwfirts dislocirt und die Figur zeichne
sich nur durch eine Verschiebung der seehseckigen
ZeUen aus. Bei hOheren Graden sei der Opticus
elliptiaeh und seine phytiologische Excavation schlitz-
ftnaig , so dass die Geflase wie unter einem ttber-
htngenden Rand hervortreten, im rechten Winkel zn
dor lan gen Aohse des Sehnervenquersohnitts stehe
dam die halbmondfflrmige Figur. In den hOchsten
Graden sei der Discus von beiden 8eiten oder ring-
fOmig von der bekannten Figur umgeben. Sei ein
Ange myoplsch , das zweite astigmatiscb , so finde
mm nur im letetern die halbmondfSrmige Figur. *)
Dr. G. Hay (p. 318) und Dr. 0. F. Wads-
worth (p. 342) maohen elnige Angaben fiber Cy-
l i ndw b tfllen , deren Wiedergabe obne Zeicbnung
nicbt verst&ndlich wftre.
Dr. Henry D. Noyes (p.356) schlhgt ffir ge-
wisse Fille eine Verbesserung der Brillengestelle,
sowie bei kurzer Brennweite die Einfttgnng doppelter
0 Die niters Beatatigung ttiwer von der gewdhn-
licbe? Erfabmw ganz abweichenden Angaben blelbt ab-
znwarten. Green hat frilher schon Aehnliches behanp-
tet. Die jungst von Halke (Ophthalm. Hosp. Rep. VIII.
3. p. 141. 1876) mitgetWIte TabeUe fiber 380 astdgma-
Hsabe Asgen eathfilt letter gar kotos Aagahep fiber das
AngensplegelbUd. G.
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G lfiser von je der halben Brennweite vor, von denen
das eine nach Bedarf leicht entfernt worden kann.
Ferner ist noch Folgendes zu erwfihnen:
Ueber die Behandlung der Netzhaulabldsung
fand eine kurze Diskusaion statt. Die Operation
sohien wenig Anklang zu finden. Einige Fillle wur-
den mitgetheilt, in denen 4 — 6wdchentliche Rttcken-
lage die Wiederanlegung bewirkt baben soil, die aher
bei andern Pat. erfolglos blieb. Bei schwaober Con-
stitution sei tibrigens die Rfickenlage fttr daa Leben
nicbt ungeftUirlich. Es wurde zugegeben , dass in
seltenen Fallen spontane Heilung eintritt Webster
gab eine Statistik fiber 21 Falle, mit Bezug auf das
Alter der Pat. , die Refraktion der Augen , den Sitz
and die Ausdehnung der Abldsung.
Von Dislokation der Lines theilt E. W i 1 1 i a m s
(p. 291) 4 Falle mit. Die Verschiebung fand auf
beiden Augen statt , 2mal nach unten , 2mal nach
oben. Sie betraf beidemal ein Geschwi&terpaav
(Bruder und Schwester) , einmal war an dem eineu
Ange die Verschiebung frisch nach einer ganz leich-
ten Contusion entstanden , wthrend am andern die
verechobene Linse bereita verschrumpft war.
Ungewfihnliohe Rigidit&t der Muskeln beim
Schlelen fand Williams (p. 298) in 4 FlUen,
darunter 3mal doppelseitig. Wahrscheinlich war die
Affektion angeboren. Ausgezeichnet war dabei die
starke Convergenz n. die hOchst geringe Bewegungs-
Olhigkeit nach aussen. Die Operation war mtthsarn.
Ueber die Iridotomie nacli Wecker spraeh
sloh John Green (p. 362) sehr gttnstig aus. Er
hielt die Methode ftlr vortrefflich bei aphakischen
mit Pupillenverschluss behafteten Augen. — Der-
selbe hat auch die Augen eines Erhdngien sofort
nach dem Tode untersuclit und die von Andern be-
hauptete Linsenverschlebung oder die Kapselrisse
nicht gefunden. — Als sehr gates Vehikel fttr Atro-
pin erklftrt G r. das RicinusOl. Er lost Atropin in
einigen Tropfen Alkohol auf und verreibt es bei
miUsiger Wfirme mit frischem Oel in verschiedener
Menge. Bei Phlyktilnen und bei Wunden oder Ver-
brenn ungen sei diese Lfisung der w&ssrigen bei Wei-
tern vorzuziehen.
Schlttsslich noch einige Mittheilungen fiber Ver-
IsLtungsn des Anges.
8trawbridge (p. 303) theilte 3 FUIe von
eingekapselten fremden Kdrpern mit.
1) Am hmtem Augenpoi nach anssen unten von dor
Papilla sasz ein Eisenspklter , der vor 2 Jahren durch die
Sklera ohne LlnsenverleUung eingedrungen war , In der
Mitte eines vollstandlg weissen Fleckes. Es waren Glaa-
k3rpertrfibungen und ein Defekt im Sehfeld vorhanden.
— 8) Sehr Shniiche Verletznng, nnr dass der Splitter
durch die Homhaut , Iris und Linse eiugedrungen war.
Lm Laufe von 3 Jahren hatte sich mehrmals Iridochorloi-
deitis eingestellt , so dass die Enucleation nothig wurde.
Der 8plitter sass feet eingebettet in der Sklefa dicht neben
der Papilla nach anssen. — 3) Einkapsekmg eines Split-
ters In der Nike des innern geraden Augenmuskels in
Bindehaut und Sklera seit 21 Jahren. Der Splitter war
gam kekfci flwto r. Dooh wurde die Extmkthm ver-
weigert.
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222
Massachusetts Eye and Bar Infirmary. — Charitd-Annalen.
Bei einem vor 6 Jahren dnrch eine perforirende
Wande zu Grande gegangenem Augapfel fand sieh
eine maseenhafle Cholestearinbildung. In der vor-
dera Rammer fanden sich die Kryst&lle in z&hlreiche
Taschen eingebettet, welche durch multiple vordere
Synechien gebiidet w&ren. Die geschrumpfte und
mit verkalkter Kapsel flberzogene Linse enthielt
ebenfalls Cholestearin, feraer war der Raum zwischen
Sklera und Aderliaut mit denBelben Krystallen und
rait Pigment angeftlllt. Der Glaskdrperraum ent-
hielt einen becherfbrmigen Knochenkorper am hin-
tern Pol und einen zweiten ringfbrmigen an der
Innenflttche des Corpus ciliare.
Dr. Geo. T. Stevens (p. 308) ent/emte aus
dem Augeninnem einen vor 17 Tagen durch die
Hornhant eingedrungenen Metallsplitter auf folgende
ingenidse Weise.
Zueret wurde im AUgemeinen mit dem Spiegel fest-
geatellt , dans der Splitter im untern aussem Quadranten
bin ter dem Aeqnator auf, bezuglich in der Netzhaut etch
betand. Dann wurde der Pat. in die Mckenlage gebracht
und in tiefster Narkose die Bindehaut sammt dem subcon-
junctivalen Gewebe in dera Kaume zwiachen unterera und
ausaerem Augenmuakel J /«" weit nach ruekwarta von der
Sklera abpraparirt. Nachdem dieaa geachehen , wurde
das Zimmer verflnstert und der Sltz des fremden KOrpers
nocbmals mit dem Spiegel genau bestimmt. Es wurde
eine Staarnadel von aussen durch die Sklera eingestochen,
deren Spitze man genau am vordem Rande des fremden
KBrpers vordringen sah. Die Nadel wurde nun In dieser
Stellung gelassen , das Zimmer wurde wieder erhellt und
bei Tageslicht eine 3"‘ lange Incision dnrch die Sklera
gemacht. Dann wurde eine feine Zange eingefuhrt und
der fremde Korper ausgezogen. Dabei wurde ein Stuck
Netzhaut mit der Scheere abgeschnitten. Der Bindehaut-
lappen wurde wieder ubergelegt und mit einer Naht be-
testigt. Am 17.Tage n. d. Oper. trat unerwartet eine in-
traocuiare Hamorrhagie ein, welche zurZeit der Veroffent-
lichung noch nicht ganz aufgesaugt war. G e 1 ■ s 1 e r.
53. Fiftieth Annual Report of the Massa-
chusetts charitable Eye and Ear Infirmary,
for the year 1875. Boston 1875. AlfredMudge
and Son. 8. 35 pp. *).
Diese Broschtire enthklt zunkchst eine Statistik
liber 5557 Augen- und 2085 Ohrenkranke, welche
vom Oct. 1874 bis Oct. 1875 zur Untersuchung
kamen. Es sind nur die Ziffern der einzelnen Kr&nk-
heiten, nicht die Heilungsresultate mitgetheilt. Die
Z&hl der Operationen am Auge betrug 340. In
einer Schlusstabelle sind 61 Kataraktextraktionen
nach v. Graefe, 11 nach der Assuktionsmethode
operirteTalle, 5 lineare Extraktionen und 3 Disci-
sionen zusammengesteUt. Unter den 61 Skeral-
extraktionen gaben 47 ein gutes , 6 ein gentlgendes
Resultat, 3 Augen erhielten nurLiclitempfindung und
5 Augen gingen verloren. Von den 11 Assuktionen,
rait einer einzigen Ausnahme traumatische Staare be-
treffend, endete 1 Fall mit Verlust des Auges in
Folge einer .zufUlligen Verletzung in der Heilungs-
periode. Wegen der Einzelheiten mlissen wir auf
die Tabellen selbst verweisen. G e i s s 1 e r.
’) For die direkte Znsendnng sagtdenverMndlichsten
Dank G.
54. Gh&ritd - Annalen , herausgegeben von der
Direktion d. k. Charitd-Krankenhanse* in Ber-
lin ; redigirt von dem ftrztl. Direktor Dr. Mehl-
hausen, Gen. - Arzt a la suite d. Sanittts-
Corpe. 1. Jahrgang (1874). Berlin 1876.
A. Hirschwald. gr. 8. VIII u. 752 8. Mit
zalilr. Tabellen u. 4 lithogr. Tafeln. (20 Mk.1
Bekanntlich sind unter dem Titel „ Annalen des
Charili-Krankenhauses und der ubrigen k. med.-
chir. Lehr- und Krankenamt alien zu Berlin " in
den Jahren 1850 — 1869 eine Reihe von B&nden er-
schienen ’), welche durch die Reichhaltigkeit und die
Gediegenbeit ihres Inhaltes die allgemeine Anerken-
nung geftmden haben, so dass das AufliSren dersel-
ben lebhaft bedauert worden 1st. Mit um so grds-
serer Freude begrllssen wir das Wiedererscheinen
dieser Mittheilungen in dem vorliegenden stattlichen
Baade, dessen Inhalt ein neues Zeugniss fllr das
eben so rege als erfolgreiche wissenschaftliche Stre-
ben der an dem grflssten Krankenhause der prepss.
Monarchic angestellten Aerzte darbietet.
Die neue Folge der Charity- Annalen unterschei-
det sich von der frtthern Reihe namentlich dadurcb,
dass in ihnen die Statistik, welche in den frtthern
Bftnden vollstindig vernachlilssigt worden war, eine
eingehende Berttcksichtigung gefunden hat.
Der 1. Abschnitt „StatistiJc?‘ (S. 3 — 136), be-
arbeitet von Dr. Mehlhansen, giebt in Form von
Tabellen eine Uebersicht liber die K rank cube we gong
auf den einzelnen Abtheilungen liber den Zu* und Ab-
gang (einschl. der Todesftlle) im AUgemeinen, nach
den einzelnen Monaten, sowie liber die zur Behand-
lung gekommenen Krankheiten und den Ausgang
derselben, sowohl im AUgemeinen als auch in Bezng
auf die einzelnen Abtheilungen.
Wir konnen aus dieser kusserst mtthsamen und
sorgfkltigen Arbeit hier nur hervorheben , dass, ein-
schliesslich von 1221 (748 M., 473 W.) aus dem
J. 1873 im Bestande VerbUebenen, wkhrend des J.
1874 im Ganzen behandelt worden sind 15013
(8848 M., 6165 W.) Kr. , von denen geheilt ent-
lassen wuiden 10059 (5710 M., 4349 W.), gebes-
sert 1093 (701 M., 392 W.), ungeheUt782 (499 M.,
660 W.) ; gestorben sind 1858 (1198 M., 660 W.),
todt eingeliefert 41 (31 M., 10 W.) ; Bestand am
Schlusse des J. 1180 (709 M., 471 W.). Die skmmt-
lichen Kr. erforderten 465678 Verpflegstage, mithin
kommen ca. 31 Verpflegstage auf jeden einzeiaen
Kranken.
Der 2. Abschnitt „Kliniken “ (S. 139 — 688)
enthklt wissenschaftliche, zum grossen Theile casuiati-
sche Mittheilungen aus den einzelnen AbtheUungen
des Krankenhauses, deren 18, von 13 dirigirenden
Aerzten geleitet, vorhanden sind. Eine specieDe
Anfzkhlnng der einzelnen MittheUungen werden wir
in der Bibliographie dieses Bandes unserer Jahr-
’) Berlin. Tb. Enslin. Vom J. 1850 — 1868 aeht
Bftnde in Quartalheften, Bd. 9 — 16 von 1860 — 1869 ohne
beatlmmten Termin des Erseheinens.
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223
Billroth, Lehren a. Lenten u. s. w.
bftcher (Beriehte ana Krankenh&nsern : XIX. 4.)
geben, ansserdem aber nicht verfehlen, den im hohen
Grade beachtenswerthen Inhalt derselben an geeig-
neter Stelle zur Kenntniaa unserer Leser zu bringen,
wie diess in diesem Hefte.S. 156 und S. 197 bereits
gesebehen iat.
Der 3. Abschnitt „pathologisehe Anatomie , ‘
enthalt eine Daratellnng der Sektionstechnik im Lei-
chenhause des Charite - Krankenhanses mit besonde-
rer Rflcksicht anf gerichts&rztl. Praxis ans Vir-
chow’s Meisterhand.
Wir and flberzeugt, dasa der nach dem Vor-
worte dnrch Verbffehtliehnng der Annalen angestrebte
Zweck : einen Ueberblick liber die Leistnngen der
Anstalt auf dem gesammten Gebiete der med. Wis-
senschaft zu geben und dem prakt. Arzte durcli
Darlegung der gewonnenen Resultate einen reellen
Nutzen zn gewfthren, vollstftndig erreicht worden iat.
Die Auaatattung des Buches entspricht dem be-
kannten Rnfe der Verlagshandlung. Winter.
55. Ueber das Lohren und Lernen der me-
dtcinischen Wlssenschaften an den Uni-
▼erait&ten der deutschen Nation nebst all-
gemcinen Bemerleungen a ber Universitaten .
Eine cnltnrgeschichtliche Studie von Dr. Th.
Billroth. Wien 1876. Carl Gerold’s 8ohn.
8. X. und 508 8. nebst 5 Tabellen. (12Mk.'i
Dieses Buch hat bei seinem Erscheinen viel Auf-
sehen erregt und manche Parteileidenscliaft geweckt,
indem der bertlhmte und geistreiche Vf. in dem-
selben nieht allein die bestehenden Einrichtungen an
den deutschen Universit&ten bespricht und ihm ge-
eignet scbeinende Reformvorschlage macbt , sondern
auch mit dem ihm eigenen Freimuth Streif lichter auf
religiose und sociale Zustknde fallen l&sst, die nicbt
verfehlen konnten , nach verechiedenen Richtungen
hin zu verletzen und verwundbare Gemflther tief zu
afBciren. Jetzt sind die erregten Wellen, in welche
Herr Prof. B. selbst Oel einzutrkufeln versucht hat,
l&ngat berubigt und es mag uns vergonnt sein , wie
immer in rein objektiver Weise den sachlichen Inhalt
dea vorliegenden Buches unsern Lesern vorzufllhren.
Dasselbe zerf&llt in folgende 5 Abschnitte.
Der 1. Abschnitt behandelt die Entwieklung der
medicinischen Fakultftten an den deutschen Univer-
sititten. Der Begriff n medicinische Fakultat u. Uni*
veraitftt u ist ein sehr moderner. Seit Bestehen der
Heilkunst ist dieselbe gelehrt worden anfangs nur
darch Tradition , spftter dnrch schrifUiche Aufzeich-
nungen und durch Tradition. Das Mittelalter ge-
ataltete den griechischen (Hippokrates), den rd-
mischen (G a 1 e n u s) und den arabischen (Avi-
cenna) Kanon zu Dogmen , nach denen allein an
den Universitaten gelehrt wurde, die direkte Tradi-
tion vom prakticirenden Arzte zum Schiller wurde
erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts an der Fakul-
tit zu Leyden eingeftthrt, was bis dahin nur bei den
Wund&rzten stattgefunden hatte. Die im 13. bis
15. Jahrhundert gegrtlndeten Universitaten batten
meist 2 — 3 Lehrer in den medicinischen Fakultateu,
welche Avicenna und Galen tradirten, commen-
tirten und dartlber disputiren liessen. Die Anatomie
hatte sich vom 14. bis 16. Jahrhundert zwar bereits
machtig entwickelt , aber demonstrativ wie heut zu
Tage wurde sie erst seit der Mitte des vorigen Jahr-
hunderts gelehrt , seit nicht viel langerer Zeit sind
besondere Professuren fUr Anatomie, meist mit Phy-
siologic verbnnden , errichtet worden. Die Chirur-
gie gelangte erst im 17. und 18. Jahrhundert zu
einer selbststUndigen Stellung in den Fakultaten und
erst seit Anfang dieses Jahrhunderts wird sie als
wichtiger Zweig der medicinischen Wissenschaft all-
gemein anerkannt. Seit der Mitte des 18. Jahrhun-
derts datirt sich der praktisch-mcdicinische Unter-
richt, aus den praktisch klinischen Professuren wucb-
sen im 3. und 4. Decennium dieses Jalirliunderts die
chirurgischen und geburtahUlflichen Kliniken heraus
und erst im jetzigen Decennium trennte sich die
Augenhcilkunde als selbststandige Professur ab. Die
raschc Entwieklung der paihologischen Anatomie
fUhrte in den 50er und 60er Jahren zur Bestellung
besonderer Professoren und in derselben Zeit gestal-
tete sich die Physiologic zur selbststaudigen Lehr-
stelle.
Der 2. Abschnitt behandelt den Lehrstoff, die
ietzige dentsche Methode des Lehrens der medicini-
schen Wissenschaften und die Lehrfreiheit. Es wird
hier zunftchst fiber die Naturwissenschaften als Grund-
lage des arztlichen Stadiums und Uber die Ausdeh-
nung , in welcher sie dem Mediciner gelehrt werden
sollen, gesprochen (Chemie und medicinische Chemie,
Physik und physiologische Pliysik , specielle Bedeu-
tung der beschreibenden Naturwissenschaften ftlr den
Mediciner, Botanik, Zoologie, Mineralogie und Geo-
logie, Logik, Psychologie , Gescliichte der Medicin),
dann geht Vf. auf die eigentlich medicinischen
Fftcher : Anatomie und topographische Anatomie,
Materia medics, specielle Pathologie, Chirurgie, Ge-
burtshillfe und Augenheiikunde, fiber, bespricht den
klinischen Unterricht im Allgemeinen , die medicini-
sche, chirurgische, Augen-, geburtshttlfliche Klinik,
die Poliklinik, die Specialkliniken und die sociale
Medicin. Als Studienplan schlllgt er folgenden vor :
Chemie mit kurzem praktischen Curs 6st(lndig 1 Jahr,
Physik 4sttlndig 1 Jahr, Geologie und vergleichende
Anatomie 3stilndig 1 Jahr, allgemeine und specielle
(medicinische) Botanik 3sttlndig 1 Jahr, Mineralogie
und Geologie 2sttlndig 1 Jahr , Anatomie mit Histo-
logic und PrkparirUbungen lOstllndig 1 Jahr, Phy-
siologic mit kurzen praktischen Uebungen 8stttndig
1 Jahr , allgemeine Pathologie und specielle patho-
logische Anatomie mit praktischen Uebungen 6sttln-
dig 1 Jahr, Pharmakologie, Toxikologie und Recep-
tirkunst 4sttlndig ein Halbjahr (oder 2stllnd. 1 Jahr),
specielle Pathologie und medicinische Klinik mit
Cursen in den Untersuchnngsmethoden lOstflndig
2 Jahre, allgemeine und specielle Chirurgie, chirur-
gische Klinik mit Verband- und Operationscurseu
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Billrotjh, Lfehren a. Lemen ■. 8. w.
lOsttadig 1 Jahr (oder 5stflndig 2 Jahre) , geburU-
hfllfliche und geburtehtllflich - gynftkologisehe Klinik
3stflndig 1 Jahr, Augen- and Ohrenklinik mitCursen
in den Untersuchungsmethoden und Operationen
4sttlndig 1 Jahr nnd sociale Medicin 4sttlndig ein
halbea Jahr (oder 2stflndig 1 Jahr). Eine gewisse
staatliche Contrnle des Studinms und planmAsage
Beschrftnknng der Lehrfreiheit beftlrwortat Prof.
Billroth.
Der 3. Abschnitt bespricht den Schuler und den
zukOnftigen Arzt, die Vorbildiuig zum Studium, Prtt-
fungen und Lernfreiheit, die Freqnenz der deutschen
medicinischen Fakultftten nnd den ftrztlichen Stand.
Vf. spricht far die Nothwendigkeit der Gymnasial-
bildung ftlr das Stndiuni der Medicin , bespricht den
Andrang zum Stadium der Medicin namentlich in
Wien und lftsst sich hierbei in mehr oder minder ge-
rechtem Unwillen Wber eine gewisse Sorte wenig ge-
bildeter nnd oft bettelarmer jUdischer Studenten un-
gari seller oder polnischer Abstammung , wie sie in
Wien nicht selten sind , zu christlich germanischen
Anachauungen ttber die Stellung der Juden Uberhaupt
zum christlichen Germanen verleiten, wie sie solehen
Mannes in solcher Stellung nnr wenig wtlrdig sind.
Er bespricht weiterhin die Lernfreiheit, die Geschiobte
und den gegenwftrtigen Zustand der ftrztlichen PrU-
fungen in Oesterreich und Preussen im Verhftltuiss zu
den frflhern, das Wiener Doktorencollegium , die
Examina in Rnssland nnd in der Schweiz. Vf. er-
klftrt sich fltr eine 5jfthrige Studienzeit, erktftrt ftlr
den kflnftigen Arzt ein Vermftgen von 24000 M.
bis zur Erlangung einer gewinnreichen, selbststftn-
digen Thiltigkeit f ?] ftlr nftthig , will vor Ablauf des
24. Lebenajahres kein Staatsexamen znlassen , hilt
den Wechsel der Universitftt ftlr vortheilhaft, spricht
sich fUr das Abhalten der Examina von Fachprofee-
soren aus nnd diskntirt die Frage Uber die ftrztlichen
Grade. Darauf folgt eine Zusammenstellnng der
Frequenz der Medicin Studirenden an den deutschen
Universitftten vom Jahre 1867 — 74 nnd schlttaaHeh
einige allgemeine Apery’s Uber den ftrztlichen Stand
und Uber die jetzige Gewerbefreiheit.
Der 4. Abschnitt behandelt den Lehrkdrper, die
Znsammensetzung der medicinischen LehrkOrper an
den deutschen Universitftten, die Ergftnzung der-
selben , die Bildnng von Schulen und die Leistungen
des Staate8 ftlr die Erhattung und Grttndnng natur-
wiwenflchaftlich-medicnrischer Fakultftten. Vf. sehil-
dert hier zumeist ans den ihm von den verschiedensten
Seiten zugegangenen Mittheilungen die einschlagen-
den Verhftltnisse auf den verschiedenen dentsehen
Universitftten, zfthlt die ihm bekannt gewordetien
Schiller nnd Nachfolger berllhmter Vorgftnger auf,
. bespricht die Gehalte der Profeasoren an deutschen
Universitftten , die Penaionsverfaftltnitse , besonflare
Anstellungs - Bedingungen , CoUegiengelder — fUr
deren Beibelialtung sich B. ausspricht — , die Kosten
der Institute ftlr die naturwissenschaftlich-medicinuehe
Fakultftt, das Budget einer solehen neu zn errichten
den Fakultftt und stellt schlUsslich einen VergieicL
dieser Kosten an mit den Kosten ftlr Infaaterie-, Ca
vallerie- und Artillerie-Regimenter.
Der 5. Abschnitt handelt von der Stellnng der
naturwissenschafti.- medicinischen Fakultftt zur Uni-
versitftt.
Vf. erkennt die bedeutenden Lekrtongen der
dentsehen Universitftten dankbar an und betont na
mentlich das ideale Streben derselben , erklart aicb
ebensowohl gegen die Erweiterung der Universitas
literanim , als gegen die Auseinanderlbsung der Fa-
knltftten, obwohl eine besondere naturwissenschafti. -
medicinische Fakultftt eine berechtigte Existenz finden
kiJnnte. Ftlr ihn ist das gemeiusaine Band aller
Wissenschaften das rilcksichtslose Forschen , die
strenge Wahrhaftigkeit in der Darstellung der Me-
thoden und der Resnltate des Denkens u. Forsehens,
nnd gerade dieses Ziel am geeignetsten zu erreichen
vermbgen insbesondere die Naturwissenschaften. Er
bespricht die Selbststftndigkeit der naturwissenachafti.
Fakultftten, die Stellnng der theologischen Fakultftten
im Universitfttsverband, Universitftten u. Fachschnlen,
sowie kriegschirurgische Akademien.
Ein Anliang giebt Notizen uber die medicinischen
Universitatsfaknltaten und die medicinischen Schnlen in
Holland, Belgien, Danemark, Norwegen, Schvroden, Finn-
land, Kuasland, Polen, Serbien, Croatien , Rum&nton,
Griechenland, Tfirkei, Aegypten, Ungarn, Italics, Spaaien,
Portugal, Frankreich, England, Nordamerika, Sudamerikz,
Bnenos-Ayres.
Den Schluss bilden einige Tabellen fiber die Freqnenz
der Stndlrenden, die Zahl der Facher nnd det Professoren
an den verschiedenen dentsehen Universitaten.
Wie man sieht , hat Hr. B. die verschiedenarBg-
sten Fragen und Gesichtspunkte, welche mit den be-
atehenden deutschen Universitftten nnd iiaraentikh
mit dem Stadium der medicinischen Wissenschaften
im Zu8ammenhange atehen, in Erw&gung genomzhen
und einer offenen , ehrlichen Kritik unterzogen. Er
hat eineMasse hOclist schfttzbaren Materials von alien
Seiten her znsammengetragen , nnd zwar kein verfl-
endetea Gauze geachaffen, was anch eben kanm seise
Absicht gewesen sein kann , aber ein Bncb gesebrie-
ben, welches wegen Reichthum und Interesae seines
Inhaltes , wegen SchOnheit und Wftme der Diktien
und wegen der Ftllle der dnrch dasselbe angeregten
und anregenden Gedanken von jedem Gebiidetan
dentacher Nation, namentlich aber vonjedetn dentsehen
Arzte, Stadehten und Professor gteleeen Ml warden
verdfent. J aft'6.
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JAHKB0CHER
der
in- und ausl&ndischen gesammten Medicin.
Bd. 171. 1876. J9 3.
A. Auszftge.
I. Medicin ische Physik, Chemie und Botanik.
439. Ueber das Vorkommen von Alkohol
im Organismus; von Arcadius Rajewaky.
(Arch. f. Physiol. XI. 2 u. 3. p. 122. 1875.)
In Hoppe-Seyler’s Laboratorium zu Strass-
burg stndirte Vf. die Frage vom Uebergang des Al-
kohols in das Gehini und von der Dauer seines dorti-
gen Verbleibens. Nachdem die Kaninchen , denen
Alkohol eingespritzt war, durch Verbluten getOdtet
waren, wnrde das Gehirn mit Wasser zerrieben und
schnell destillirt ; die ereten Proben des Destillates
wurden noch einige Male rektificirt und dann die
Jodoformreaktion angestellt. Auffallend war, dass
die QuantitUt der Jodoformkrystalle in Vfs. Versu-
chen fast stets diesel be war. Auch das Gehirn eines
ganz gesunden Kaninchens zeigte, auf obige Art zu-
bereitet, die Jodoformreaktion. Aber auch das Mns-
kelgewebe und die Leber von Kaninchen, sowohl
von solchen, die Alkohol bekommen hatten, als auch
von normalen, ergaben bei der Unterauchung die-
selbe Reaktion auf Jodoform. Vf. zieht daher den
Schluss, dass zur Bestimmung des Alkohola im Or-
ganismus nach seiner Aufnahme die Reaktion auf
Jodoform nicht verwendbar ist, da entweder im thie-
rischen Organismus immer Bestandtheile existiren,
die bei der Destination Alkohol geben , oder die Or-
gans der Thiere stets ganz geringe Mengen von prft-
formirtem Alkohol enthalten. (Goldstein.)
440. Beitr&ge zur Kenntnisa der menaoh-
liohen Galle; von Dr. N. Sokoloff. (Arch. f.
Physiol. XII. 2 n. 3. p. 166. 1875.)
S. richtete seine Untersuchungen, die im Labora-
torium Hoppe-Seyler’s gemacht wurden, haupt-
sUchlich auf den Schwefelgehalt der Gallensiluren
und auf die Verbal tnisse der sogenannten Seifen in
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 3.
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der menschlichen Galle. Er entnahm dieselbe von
Leichen solcher Personen, deren Krankheit keine
bemerkbare Stttrung in der Leber herbeigefllhrt
hatte.
Was die Methode der Untersuchung betrifft, so wurde
die gewogene u. eingedampfte Gallo mit absolutem Alkohol
bis zur Farblosigkeit extrahirt , abdestillirt und , so lange
ein Niederschlag erfolgte. mit Aether versetzt. Nach 2 —
3 Tagen Abgiessen des Aether, wiederum Lflsen in Alko-
hol und Fa Hung mit Aether. Ho erhielt S. im Aether-
niederschlag gallensaure Salze und Cl Na -j- Cl K.
Die Bestimmung des Schwefels gescltah nach Lie-
big durch Hchmelzen mit Aetzkali und Salpeter. Nach
der Mengc des Schwefels wnrde die der Taurocholsaure
and des taurocholsauren Natron berechnet.
Die alkoholhaltige Aetherlosung wurde abdestillirt,
der Ruckstand getrocknet und mit wasserfreiem Aether
vollig extrahirt. Was der Aether ungeldst liess, wurde
als Seife berechnet, das
im wasserfrelen Aether QelSste
ist Fett, Cholestearin und Lecithin.
Aus den 6 Analysen ergeben die Mittelzahlen :
flussige
Aether-
unlosl. Bestandtheile im absol.
Qalle
niederschlag
Alkohol ....
= 3.724% —
Aetherniederschlag .
=. 6.471
—
Hchwefel ....
=» 0.092
1.483%
Taurocholsaure . .
■= 1.490
23.833
taurochols. Natron .
• • •
= 1.662
24.726
Seifen
• • •
= 1.463
—
Die QuantitAt der Aethemiederschlage zeigte be-
deutende Schwankung von 3.819 — 9.749 °/ 0 , wel-
ches Verh<niss auch von andern Autoren gefunden
wnrde. Constanter ist die Menge des Schwefels.
Nicht constant ist das Verhaltniss bei den Seifen , es
schwankt zwischen 1.30 und 2.082°/ 0 . Vf. glaubt,
dass die gegebenen Zahlen dem normalen Zustande
des Leberaekretes entsprechen.
In einem Falle von Peritonitis puerperalis war
die Menge der Taurocholsaure bedeutend vergrflssert
29
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226
I. Medicinische Phyaik, Chemie u. Bot&nik.
(52.31 1°/ 0 des Aetherniederschlagea), bei amyloider
Entartung der Leber outer die Norm geaonken
(8.927% des Aetherniederschlagea). Unterauchan-
gen nach dieaer Richtung hin werden in Betreff der
progresaiven oder regreasiven Verlnderung der Le-
ber von Intereaae sein, da im ersten Falle die Leber-
zellen vergrbaaert, stark getrttbt und wahrscheinlich
atSrker producirend, bei der amyloiden Degeneration
hingegen die Zellen vielfach zo Grande gegangen
waren. (Goldstein.)
441. Kdnstliohe Verdauung von Cellulose ;
von Th. H. Mac Gillavry. (Veralagen en Mede-
deel. der k. Akad. van Wetenachappen. Afd. Natoork.
2. Reeka. IX. p. 380—386. 1876.)
Durch frflhere vergleichende Untersuchungen war
ermittelt worden, daaa die in den Kleien enthaltene
Cellulose durch die Pfknzenfresaer verdant werden
kann, niclit aber durch Fleiaclifresaer und durch den
Menachen. Neuere, auf verachiedenen Vereuchsata-
tionen auagefQhrte Verauche Itaben dann den Beweis
erbracht, daaa die Cellulose, die in den Rohfaaern
oder Pflanzenfaaem des Futtere der Pflanzenfresaer
enthalten iat , einen groaaen Theil der Ausgaben im
Organismus dieaer Thiere deckt. Ea drftngt aich
demnach aehr nattlrlich die Frage auf, an welcher
Stelle des Darmrohra oder durch welches Sekret des
Darme8 dieae Verdauung der Cellulose vor aich geht
und welche Umaetzungen dabei stattfinden.
In Gemeinschaft mit Aronatein u. Van der
Hasst nnternahm Mac Gillavry im Sommer
1875 in der Thierarzneischule zu Utrecht hierauf
gerichtete Verauche. Die aua Watte und aus schwe-
diachem Filterpapier dargestellte Cellulose wurde
mit einer aus Schleimhaut deaVerdauungsrohrea und
aua Pankreas bereiteten kllnstlichen Verdauunga-
flflaaigkeit behandelt. Eine Aufldaung der Cellulose
und eine Umsetzung in Traubenzucker liesa aich
nicht nachweisen. Nur bei Benutzung des Blind-
darma der Ziege wurde eine ganz zweifelhafte Reak-
tion auf Traubenzucker beobachtet. Positive Resul-
tate erzielte jedoch MacGillavry ap&terhin , ala
er den Blinddarm von Kaninchen benutzte.
Der dfinne Theil des Blinddanns (Processus vermi-
formis) wurde in ganz frischem Zoatande mit Wasser ge-
relnigt, dann in Stuckchen zerschnitten , 24 Std. lang mit
86procent. Weingeiste digerirt, hierauf an der Luft ge-
trocknet und mit Glycerin in einem Morser zu einer Emul-
sion verrieben. Nach geschehener Abklarung warden ein
Paar Tropfen dieses Auszugs in eine schwache Lfisung
▼on kohlensaurera Natron (0.2°/ 0 ) gegeben ; in diese Lo-
sung kam dann feucbte chemisch reine Cellulose, und sie
wurde auf 38° C. gehalten. Nach einigen Tagen opalisirte
die Flussigkeit, auch wenn sie sorgfSltig ftltrirt wurde,
und B r S c k e ’s Reagens bewirkte nicht bios eine Farben-
andenmg, sondern sogar einen reichlichen rothen Nie-
derschlag. Wurde die Natronldsung mit Glycerin ohne
Cellulose digerirt, oder wurde statt der Natronldsung Salz-
sanre (0.2%) genommen, so lieferte Brficke’s Reagens
nur negatiye Kesultate.
Hieraua wird aber gefolgert werden dttrfeu, daaa
die Schleimhaut des Processus vermiformis vom Ka-
ninchen ein Sekret liefert, das in einer alk&liach rea-
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girenden Ldaung die Cellulose in einen in Wasser
liialichen Kdrper umsetzt, der sich gegen Brttcke’s
Reagens wie Traubenzucker verhklt und bei genaue-
rer Untersuchung hSchat wahrscheinlich ala Trauben-
zucker aich herauaatellen wird.
Wurde der eigentiiche Blinddarm des Kaninchena
in gleicher Weiae behandelt , wie der Processus ver-
miformis, ao hatten die Verauche nur ein negatives
Ergebniss. (Theil e.)
442. Untenuohungen iiber den sogen&nn-
ten blauen Eiter; von Dr. Girard. (Chir. Centr.-
Bl. n. 50. 1875.)
Im Gegensatze zu L 0 c k e ’a Anaicht, der blaue
Eiter verdanke seine Farbe zahllosen Mengen vibrio
nenartiger Organiamen , die durch ihre eigene Fftr
bung und immense Anzahl das Verbandmaterial der-
artig fkrbten, und sich anachliessend an die von
F e r d o z gemachte Entdeckung des Pyocyanin und
der PyoxanthoBe (eines blauen u. gelben Farbstoffa)
fand Girard ala Hauptursache der blauen F&rbung
zahlreiche Krystalle von Pyocyanin, die sich ala
hexagonale Tafeln, blaue Nadeln, in Kryatallgruppen
oder ala aehr kleine Kryatillchen, aeltner ala achSne
dunkelblaue Oktaeder darstellen. Daneben waren
auch immerPyoxantho8e (meist in kOmig kryatallini-
acher Form), aowie niedere Organiamen vorhanden. Je
nach dem Ueberwiegen des einen oder andern Farb-
stoffa wird die Farbe eine mehr gelbe, grflne oder
blaue. Der blaue Eiter charakterisirt aich immer
durch einen apecifischen stisslich - aromatischen Ge-
ruch. (Riemer.)
443. Ueber die venchiedene Empflndlioh-
keit der Reaktioaen der Carbols&ure und der
Salioyisfture ; von Aug. Aim fin. (Upaala lflkare-
f(5ren. ibrhandl. XI. 5. S. 393. 1876.)
Bei den Verauchen, die A 1 m <5 n fiber das Ver-
halten von verdflnnter Carbolakureldaung gegen ver-
achiedene Reagentien anstellte *), wozu er die reinste
Carbolskure (Aciduni phenylicum Calvert’s prima)
anwendete, fand er, class man mit M i 1 1 o n’a Reage na
auf eine einfache und sichere Weiae Phenol erkennen
kann , aelbat bei einer weit aber die Grenzen der ftlr
andere Reagentien zuliiasigen Verdflunung hinaua.
Fortgeaetzte Verauche zeigten ausaerdem , dass die-
aelbe Reaktion auch ftlr die Salicylsfiure anwendbar
iat. — Die Ergebnisae seiner Verauche mit den ein-
zelnen Mitteln aind folgende.
a) Carbolsdurereaktionen.
1) EisencMorid. Mit Eisenchlorid giebt eine
verdflnnte PhenoUSsnag eine schfln violette Fir bung,
') A. fand bei iusserllcher Anwendung der Carbol-
■&nre eine abnorme Menge Phenol im Mensehenharn and
venraohte, ob sich nicht die Gegen wart eines phenolbUdeo-
den Stoffes lm normalen Mensehenharn nachweisen 11 esse,
wozu sich anch die besten Ausaichten zeigten ; auch im
Blute von Pferden und Ochsen fand A. einen 8 toff, der
dleselben Reaktionen mit dem Reagens zeigte, wie Phenol.
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227
I. Medicinische Physik , Chemie u. Botanik.
die gana bestftndig ist, wenn das Phenol rein 1st
Von einer Eisenchloridldsung aus 1 Theil krystalli-
sirtem Salz aaf 1 9 Theile Wasser zeigte sich die An-
wendung einer sehr geringen Menge (1 — 2 Tropfen
and noch weniger bei starker Verdttnnung) bei jedem
Versnche , der mit etwa 20 Cctmtr. von der Phenol-
lfietmg angesteilt wurde , am vortheilhaftesten. Ein
grOsserer Ueberschuss von Eisenchlorid scbadet der
Reaktion and kann die Farbe zerstoren , was eben-
falls geschieht bei Zosatz von Chlorwasserstoffsttnre
oder Ammoniak. Der Versuch , durch Schtitteln der
gefitrbten Ldsung mit Aether die Farbe zu fixiren
and die Empfindlichkeit der Reaktion zu vermehren,
missglttckte. Bei Anwendung einer Phenolldsung in
destillirtem Wasser von 1 : 1000 zeigte sich eine
schfine und intensive violette Farbung, eben so sicher
and deatlich war die Reaktion noch bei einer Ldsong
von 1 : 2000, eine schwache Andeutung von violetter
Farbung zeigte sich bei einer Ldsung von 1 : 3000,
bei einer Lbsung von 1 : 4000 aber war keine Re-
aktion mehr nacbweisbar. Die Grenze fttr die Deut-
bchkeit der Reaktion dttrfte demnach eine Verdttnnung
von 1 : 3000 sein.
2) Ammoniak und unterchlorigsaures Natron.
Wenn eine ammoniakalische Phenolldsung mit unter-
chlorigsanrem Natron erwilrmt wird, entsteht eine
intensive blaue Farbung , die bei Zasatz von S&uren
in Roth tlbergeht ; wenn bei Zusatz von Siuren sich
freies Chlor entwickelt, namentlich wenn die Ldsung
warm ist, wird die Farbung zerstttrt. Wenn viel
Phenol in der LSsung vorhanden ist (z. B. ’/ iooo)j
kann die Menge von Ammoniak und unterchlorig-
sanrem Natron bedeutend wechseln , ohne dass die
Reaktion darunter leidet. Wenn dagegen die Phenol-
ldsung sehr verdttnnt ist, muss die Reaktion mit Vor-
sicbt ausge ftihrt werden , da Mangel an Ammoniak
viel rnehr schadet als Ueberschuss, wilbrend hingegen
Ueberschuss von unterchlorigsaurem Natron sch&dlich
wirkt nnd die ganze Reaktion vernichten kann ; am
beaten ist bei sehr verdtlnnten Phenolldsungen ein
Zusatz von etwa 10 Tr. Ammoniak von 10% NH S .
Von unterchlorigsaurem Natron wandte A. eine
ziemlich concentrirte Ldsung an, benutzte davonaber
bei jedem Versuche nur 3 — 5 Tr., nach deren Zusatz
die Mischnng bis zu beginnendem Kochen erhitzt
wurde, hierbei begann die blaue Farbung gewbhnlich
aufzutreten , nach einiger Zeit aber nahm ihre Inten-
sitftt bedeutend zu ; wenn die Ldsung sehr verdttnnt
ist, tritt die blaue Farbung erst mehrere Stunden, ja
bisweiien erst am folgenden Tage, nach dem Er-
hitzen auf. Bei einer Menge der Carbollbsung von
etwa 20 Cctmtr. wurde besonders deutbcbe Reaktion
erlangt bei einer Verdttnnung von 1 : 1000 bis
1 : 5000 ; viel schwttcher , aber doch nach einiger
Zeit ziemlich schdn trat die blaue F&rbung auf bei
einer Verdttnnung von 1 : 10000 bis 1 : 15000 ; bei
Verdttnnungen von 1 : 20000 bis 1 : 30000 erhielt
A. anfangs keine Farbenverinderung , aber schon
15 Min. nach der Erhitzung erschien die Farbung
deutlich grttnblau und wurde sp&ter noch tiefer;
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keine Reaktion oder Farbenverinderung erschien
wihrend langerZeit bei Verdttnnungen vonl : 40000
bis 1 : 50000 , aber nach 24 Std. zeigte sich auch
hier eine zwar schwache, aber leicht erkennbare
blaue Firbung. Bei einer Verdttnnung von 1 : 60000
missglttckte die Reaktion, als Grenze derselben dttrfte
hdchstens eine Verdttnnung von 1 : 50000 angenom-
men werden , bei der jedoch ebenfalls die Reaktion
bisweiien missglttckt.
3) Anilin und unterchlorigsaures Natron. Wenn
Carbolsaure mit gleichem Gewichtstheile Anilin ver-
setzt und unterchlorigsaures Natron zugeftlgt wird,
entsteht eine dunkelblaue, reine und bestindige Fir-
bung , welche durch Zusatz von Siuren in Roth und
wieder in Blau tlbergeftthrt wird , wenn Alkalien zu-
gesetzt werden. Gegen diese Reaktion wird bisweiien
der Einwurf erhoben, dass Anilin allein, ohne Zusatz
von Phenol , durch unterchlorigsaures Natron blau-
violett gefirbt wird, doch kann man, wenn die
Phenolldsung nicht ungewdhnlich schwach ist, die
unbestindige Farbung des Anilin ohne Schwierigkeit
von der best&ndigen blauen Firbnng bei Zusatz von
Carbolsaure unterscheiden , namentlich auch durch
ihr Verhalten gegen Sauren. Wenn man indessen
sehr wenig unterchlorigsaures Natron anwendet, was
fttr das Gelingen der Reaktion bei sehr verdttnnten
Carbolldsungen ndthig ist, nehmen Phenol und Anilin
anfangs gleiche Farbung an und es kann % bis 2
Std. dauera , bis die blauviolette Farbung des Anilin
verschwunden ist, und die schmutzig gelbe Farbung,
die d&rauf folgt , kann bis zu 24 Std. bestehen ; da-
durch wird der Werth und die Anwendbarkeit der
Reaktion bedeutend geschmalert. Ein Uebei'schuss
von unterchlorigsaurem Natron schadet bei dieBer
Reaktion ebenfalls ; als das beste Verhiltniss hat A.
3 — 4 Tr. gefunden. Die Versuche wurden in einem
Spitzglas mit 30 — 40 Cctmtr. angesteilt Wenn die
Miscbung nach Zusatz des unterchlorigsauren Natron
nicht umgertthrt wird, beginnt die blaue Farbung
bei starker Verdttnnung der Phenolldsung oben nach
der Oberflacbe zn und breitet sich langsam nach
unten zu aus. Die Reaktion ist flbrigens bei starken
Verdttnnungen ziemlich unzuverlassig und launenhaft,
doch gelang es A. mitunter , bei Verdttnnungen von
1 : 50000 — 60000 nach 5 — 24 Std. eine schwache
blane Farbung zn erhalten; sie scbeint demnach
empfindlicher als die vorhergehende , aber weniger
sicher.
4) Bromwauer. Bei semen Versuchen versetzte
A. etwa 20 Cctmtr. verdttnnte Phenollbsung mit so
starkem Bromwasser, dass die Ldsung eine stark
rothgelbe und [dauemde Bromfarbe annahm. Bei
einer Verdttnnung der PhenollOsung von 1 : 5000 bis
20000 wurde die Mischung sofort milchig getrttbt,
nach einigen Minuten bUdete sich ein weissgelber,
krystallinischer, gewdhniich glitzernder Niederschlag,
der bei einer Verdttnnung der Phenolldsuug von
1 : 30000 nur gering und mehr opaUsirend erschien,
beim Umschtttteln zu verschwinden schien, sofort
darauf aber wieder als feine, glanzende, beim Schttt-
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
228
I. Medicinische Physik, Chemie n.'Botanik.
teln glitzernde Punkte zum Vorschein kam. Fast
ebenso verhielt eich eine Lflsung von 1 : 40000 , bei
einer Losung von 1 : 50000 erechien nach Std.
ein geringer, aber grober krystallinischer Nieder-
schlag ; bei einer Verdttnnung von 1 : 60000 erhielt
A. nach 24 Std. gleichfalls einen geringen Nieder-
schlag, der sich unter dem Mikroskop leicht als
Tribromphenol erkennen Hess. Bei stkrkem Ver-
dttnnungen gelang die Reaktion nicht.
Die8e Niederechlttge von Tribromphenol treten
stets mit grosser Sicherheit hervor und bieten unter
dem Mikroskop bei starker Vergrosserung so cha-
rakteristische Formen , dass sie leicht zu erkennen
sind, namentlich wenn sie sich langsam bilden in
LAsungen von 1 : 30000 oder darttber. In concen-
trirten Lflsungen besteht derNiederschlag aus ausser-
ordentlicb kleinen Krystallen , feinen , oft zu Sternen
vereinigten Nadeln , die nach 24 Std. nicht selten in
die fllr Tribromphenol eigentlich charakteristischen
Fonnen ttbcrgehen nnd lange , an ihren Enden trep-
penfflrmig zugespitzte Nadeln oder Tafeln bilden , in
der Mittc oft mit einem Kreuz oder einem liegenden
X verseben.
Als Grenze ftlr das Gelingen dieser Reaktion ist
von Landolt eine Verdllnnung von 1:60000 an-
gegeben worden, docb bildct sich dabei derTribrom-
niederschlag erst nach sehr langer Zeit, aufderandern
Seite aber zeigen sich eben hicrbei die charakteristi-
schen Krystallformen am schonsten. Diese Reaktion
gehflrt demnach zu den besten und bietet dabei den
Vortheil, dass man aus dem Nicderschlag zugleich
einen Schluss auf den grflssern oder geringem Phenol-
gehalt der Lflsung zu ziehen im Stande ist.
5) Salpetereauree Quekeilberoxydul mit einer
Spur salpetriger Saure. A. kochte die Carbolstture-
lflgung mit etwas salpetersaurem Quecksilberoxydul
und setzte dann vorsichtig eine Spiff salpetrige Skure
zu in Form von Untersalpeterskure mit Wasser oder
etwas gelostemsalpetrigsaurenKali, was noch zweek-
mllBsiger war. Phenollflsungen von 1 : 50<)0nahmen
rothe, solche von 1 : 10000 nur eine gelblichrdthliche
Fttrbnng an, bei stftrkern Verdttnnungen war die
Reaktion nur unsicher und undeutlich, wfthrend
P 1 u g g e angiebt, bei Lflsungen von 1 : 60000 deut-
liche und bei solchen von 1 : 200000 mitunter noch
merkbare Reaktion gesehen zu haben ; A. konnte sie
nur bis zu Lflsungen von 1:15000 erhalten imd
selbst bei mehr Phenol entlialtenden Ldsungen ver-
sagte sie ihm mitunter.
6) Salpetersauree Quecksilberoxyd mit einer
Spur salpetriger Sdure. Diese Reaktion hat A. ent-
schieden gut gefunden. Er kochte die Phenollflsung
mit moglichst neutraler salpetersaurer Quecksilber-
oxydlflsung und setzte dann vorsichtig tropfenweise
eine sehr verdtlnnte Lflsung von rauchender Salpeter-
skure oder salpetrigsaurem Kali zu. Beim Kochen
wird ein Theil des Oxyd zu Oxydul reducirt. Zu
jedem Vernche verwendete A. ungeflhr 20 Cctmtr.
Phenoll&sung und erhielt bei einer Verdttnnung der-
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selben von 1 : 5000 einen geringen Niederschlag and
eine schSn und intensiv roth geftrbte Flttssigkeit.
PhenollOsungen von 1 : 10000 bis 30000 ergabeo
alle dasselbe Resultat, bei verdtlnnteren (1 : 40000
bis 60000) wurde die Flttssigkeit erst schwach ge-
rflthet, nach 5 Min. aber war sie lichtrotb. Phenol-
lOsungen von 1 : 80000 bis 100000 blieben anfangs
imverindert, 5 Min. nach dem Kochen wurden sie
aber schSn rosa gefkrbt. Eine Verdflnnung der
Phenollflsung von 1 : 150000 bis 200000 gab kerne
Reaktion beiZusatz vonNO t , wohl aber mit KO,NO, ;
die letztere Verdttnnung dflrfte als Grenze fttr die
Reaktion zu betrachten sein.
7) Millons Reagens. Dieses Reagens war nach
Hoppe-Seyler’s Vorsclirift in der Weise bereitet,
dass Quecksilber in rauchender Salpetersfture gelflet
und die Ldsung mit 200 Voll. Wasser verdtlnnt wird.
Von dem Reagens hatte A. VorTath und verwendete
zu seinen Versuchen dasjenige , das am freiesten von
Sfiure war. Die Versuche wurden in der Weise an-
gestellt, dass ung^filhr 20 Cctmtr. Phenollflsung mit
5 — 10 Tr. von Millon’s Reagens versetzt wurden und
dann die Mischung gekocht wurde. Dabei bildet sich
gewflhnlich eine gelbweisse Trflbung von basischem
Salz, dessen Fftllung indessen auch in blosem Wasser
ohne Phenol vor Bich geht. Wenn die Mischung noch
kochend heiss ist , wird von Salpeterskure vorsichtig
tropfenweise so viel zugesetzt , als nflthig ist , den
Niederschlag aufzulflsen, wobei die Mischung eine
schfln rothe Farbe annimmt , die in kurzer Zeit noch
zunimmt. Die Reaktion ist sehr einfach auszuftthren
nnd ae misslingt nie ; etwas mehr oder weniger von
der Millon’schen Flttssigkeit macht wenig Unter-
schied , aber ein bedeutenderer Ueberschuss von Sal-
petereaure muss vermieden werden. Die rothe Farbe,
welche die Flttssigkeit annimmt, ist sehr intensiv und
bleibt mehrere Tage lang unverilndert. In Bezug
auf die Einfacliheit der Ausftlhrung und die Sicher-
heit des Erfolgs ttbertrifft diese Reaktion alle andern.
Bei einer Verdttnnung der Phenollflsung von 1 : 50000
bis 200000 erhalt man scliflne rothe F&rbung ; bei
Verdttnnungen von 1 : 250000 bis 400000 wird die
Mischung etwas schw&cher, aber immerhin noch stark
genug und dauemd roth gef&rbt. Bei Verdttnnungen
von 1 : 500000 bis 600000 erscheint die Flttssigkeit
sofort etwas gefkrbt; in 10 — 15 Min. aber wird die
F&rbung deutlich, wenn aucb nicht stark roth. Bei
Verdttnnungen von 1 : 800000 bis 1000000 erhielt
A. binnen */ 4 Std. eine deutliche und sichere Reaktion
und leicht erkennbare rothe F&rbung , und selbst bei
Verdttnnung von 1 zu l’/j Millionen war die rothe
Fttrbung noch deutlich. Als Grenze fttr die Deutlioh-
keit der Reaktion dttrfte nach A. eine Verdttnnung
von 1 Phenol in 2 Millionen Wasser anzunehmen
sein ; in einer Probe von 20 Cctmtr. Phenollflsung
kann man demnach 0.01 Mgrmm. Phenol nachwei
sen. Freilich giebt das Millon’sche Reagens auch mit
verschiedenen andern Mitteln rothe F&rbung, dooh
geht A. darauf, sowie ttber die beste Art, Phenol in
einer Flttssigkeit zu entdecken , nicht ein , da dleas
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II. Anatomic n. Physiologie.
229
nachzuweisen nicht seine Absicht in dem vorliegenden
Aufsatz gewesen sei and seine Versnche in dieser
Richtung noch nicht abgeschlossen seien. Vorlftufig
theilt er nor mit, dass man nach Zusatz von Schwefel-
store zn 100 — 200 Cctmtr. Menschenharn , Blut-
senun vonPferden und Pferdeblut ein Destillat erhalt,
das mit Millon’schem Reagens ziemlich gate Phenol-
reaktion giebt
b) S alicylsaurere aktionen.
Von der besten Salicylsiure (sogen. sublimirte
S.-S.) , rein weiss und aus kleinen feinen Krystall-
nadeln bestebend, von hdchst geringem Geruch, ldste
A. 1 Grmm. in warmem Wasser und verdflnnte die
Liteung bis zu einem Liter; durcb weitere Verdtln-
nung mit destillirtem Wasser wurden LSsungen von
verschiedener Starke bereitet und von diesen ftlr jeden
Versuch 20 Cctmtr. verwendet. Als Reagentien wur-
den die nach den vorhergehenden Versuchen fUr
Carbolsaure als die besten befundenen in derselben
Weise geprtlft.
Erhitzung einer Mischung von Salicylsftureldsung
mit Ammoniak u. etwas unterchlorigaaurem Natron
gab stets keine Reaktion , selbst wenn die Salicyl-
saureldsung 1 : 1000 betrug.
Die Bromisasserreaktiion gelang jedoch stets fast
in gleichem Maasse wie bei der Carbolsaure und lie-
ferte bei der mikroskopischen Untersuchung fast
gleich charakteristische Krystalle , doch erschien die
Reaktion Air dieSalicylsaure etwas weniger empfind-
lich. Bei einer SalicylsanrelOsung von 1 : 10000 er-
IL Anatomle
444. Die mensohliohe Oberhaut und deren
Anhangsgebilde ; von Dr. P. Unna. (Arch. f.
mikroskop. Anat. XII. 4. p. 665 — 741. 1876.)
Die in Strassburg ausgeflihrten Untersuchungen
wurden wesentlich an Tinktionspraparaten vorge-
nommen, wozu Ueberosmiumsaure , Pikrocarmin und
Hamatoxilin verwendet wurden.
Die Epidermis wurde an der Fingerbeere der
menschlichen Hand nntersucht. An ihr unterscheidet
Unna 3 verschiedene Abschnitte : a) eine Stachel-
sehicht (Stratum spinoBiun), womit die sonst als Rete
Malpighi oder als Stratum mucosnm bekannte Schicht
bezeichnet wird. Dieser veranderte Name verdient
den Vorzug, weil wir jetzt wissen , dass das ganze
Rete Malpighi an den geschichteten Epithelien Er-
wachsener , nach Unna aber auch der Embryonen,
aos Stachelzellen besteht ; b) eine KSrnerachicht
(Stratum granulosum) ; c) eine Hornschicht (Stratum
oornenm). Alle 3 Schicbten jedoch sind durch mehr
oder weniger ausgepragte Uebergange mit einander
verbunden.
Am Haare untersuchte U. zunachst die Hflilen,
um Einsicht darttber zn erlangen, ob die Uebergangs-
schichten der Epidermis auch ftlr den Ban des Haars
von Bedeutung sind. Die an den Tinktionspraparaten
gewonnenen Anschauungen ttber das Verhalten der
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hielt A. nach Zusatz von Bromwaseer sofort milchige
TrBbung , die nach 5 Min. durch eine Masse schCn
glitzernder kleiner Krystalle ersetzt wurde. Eine
Salicylsaurelflsnng von 1 : 20000 wurde fahl and
setzte in 5 Min. kleine KOrner von krystallinischem
Aussehen ab ; bei einer Ldsung von 1 : 30000 brachte
das Bromwasser anfangs keine sichtbare Veranderang
hervor , aber bald stellte sich auch hier ein gleicher
Niederschlag ein wie bei der vorhergehenden Probe.
Bei starkern Verdtinnungen , bis zn 1:50000, er-
kannte man erst nach 24Std. mittels der mikroskop.
Untersuchung einige Krystalle.
Die Reaktion mit Millon’schem Reagent gelang
in gleicher Weise wie bei der Carbolsaure. Dieselbe
rothe Farbung erschien darauf selbBt noch in einer
Ldsung von 1 : 1000000, womit indessen die Grenze
der Wirkung durchaus noch nicht erreicht zu sein
schien.
Besser als mit der Carbolsaure gelang die dauemde
violette Farbung durch Zusatz von etwas Eisenchlorid-
Idaung, sie zeigte sich sehr einfach und misslang auch
bei sehr bedeutender Verdllnnung nicht, selbst wenn
nur sehr wenig Eisenchloridlosung (*/ a — */, Tr.)
zugesetzt wurde. Die violette Farbung war sehr
bestandig und blieb mehrere Tage, wenn dieSalicyl-
saurelSsung nicht zu verdtlnnt war (etwa 1:30000).
Die Reaktion ist ftlr Salicylsaure so empfindlich,
dass man bei LSsungen von 1 : 100000 noch starke,
ja oft bei Ldsungen von 1 : 800000 — 1000000 zwar
schwache , aber doch noch leicht erkennbare violette
Farbung erhalt. (Walter Berger.)
u. Physiologie.
innern Wurzelscheide und des Oberhautchens werden
durch zahlreiche Abbildungen, znm Theil auch sche-
matischer Art, dargelegt, aus denen hervorgeht, dass
die innere Wurzelscheide dererate Theil des Haares
ist . der mit zunehmendem Alter sich von seinem
Mutterboden ablest. Mit grosser Ausftlhrlichkeit
verbreitet sich U. weiterhin tiber die Vorgange beim
AblOsen des auf der Papille sitzenden Haares (Pa-
pillenhaar) von dieser Papille und seine Erscheinung
als sogen. Beethaar , sowie tiber den Haarwechsel
im Allgemeinen, worttber jedoch das Original mit den
zugehdrigen Abbildungen nachzusehen ist.
Behn Nagel ftlhrte die Anwendung der Tinktions-
methoden zu Anschauungen, welche von den gegen-
wartigen Darstellungen des Nagelbaues mehrfach
abweichen. Die Ergebnisse der noch keineswegs
abgeschlossenen Untersuchungen werden in folgenden
Satzen zusammengefasst :
1) Die alleinige Matrix des eigentlichen Nagels
ist der Boden des Falzes.
2) Der Nagel wird in Schichten abgesondert,
die der Nagelmatrix parallel sind und desh&lb im
Falze und auf dem Nagelbette eine von hinten oben
nach vorn unten schrag herabgehende Lage besitzen.
3) Die Dicke des Nagels , verglichen am freien
Rande und an dem Punkte, wo die Nagelmatrix auf-
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230
II. Anatomic n. Physiologic.
hdrt and das Nagelbett beginnt, ist vollkommen
gleich beitn Erwachsenen. Beim Nengebornen und
spite r nocfa ist der Nagel am freien Rande so gar
d tinner.
4) Der eigentliche Nagel erhilt keinen Zuschuss
von der St&chelschicht des Nagelbettes. Beim Neu-
gebornen steht der hintere Theil der Stachelschicht
des Nagelbettes nackt am Nagel , wihrend von vorn
her Kdrner- und Homschicht sich zwischen Stachel-
Bcbicht und Nagel einschieben. Beim Mwftchentlichen
Kinde liat diese normale Homschicht einem Gebilde
besonderer Art Platz gcmacht, das aus glashellen
Schollen besteht und Uber der fertigen Homschicht
der angrenzenden Oberhaut plotzlich eine 4 — 5fache
Dicke einnimmt. Kdraerzellen sind zwischen diesem
Stratum und der Stachelschicht des Nagelbettes nicht
zu finden.
5) Die Homschicht, die den Nagel von der Decke
des Falzes trennt , ist vollst&ndig wie an normaler
Oberhaut gebildet. Das Deckenepithel des Falzes
fliesst rait der Oberhaut des Fingerrtlckens unter
Bildung eines eigenthtlmlichen Wulstes, des „Decken-
wnlstes", zusammen , der im Innem eine besonders
lockere, focberige Beschaffenheit besitzt.
fi) Der Nagel selbst entsteht durch einen von der
Oberflichenverhomung bedeutend abweichendenVer-
homungsprocess. Kleine, zur schrftgen Richtung der
Nagelschichten senkrecht gestelltc Epithelzapfen
fliessen zu einer Schicht hellerer Stachelzellen zusam-
men ; in dieser werden die Stachelzellen immer deut-
licher , wihrend die Zellen sich abplatten , wodurch
eine stark punktirte, dunklere Uebergangsschicht
entsteht. Aus dieser Schicht gehen endlich die sehr
platten , glfinzenden und mit feiner Z&hnelung ver-
sehenen Nagelzellen hervor. Von einer Kflmerschlcht
findet sich bier keine Andeutung.
7) In der Entwickelung des Nagels sind 4 Pe-
rioden zu unterscheiden : a) das Eponychium oder
der primitive Nagel (2. — 8. Mon.) ; b) der fra zu
Tage tretende, aber noch fest anliegende eigentliche
Nagel (8. — 9. Mon.) ; c) der fra sich erhebende
Nagel des Nengebornen; d) der Nagel des Er-
wachsenen.
8) Vom 2. bis 8. Mon. vertritt eine partiell stftr-
kere Verhomnng der Oberhaut am Rtlcken des letzten
Fingergliedes die Stelle des Nagels. Die aus Cylin-
der- und Stachelzellen bestehende Epidermis der
Volareeite verftndert sich auf der Dorsalseite , indem
hier eine besonders stark geschichtete und fest zu-
sammenh&ngende Homschicht , das „Eponychium a ,
die Stachelzellen in ihrer Entwicklung zurUckhftlt.
Dasselbe zieht vom Walle Uber den Falz des sp&tern
Nagels und fiber eine Einbuchtung nahe der Finger-
spitze hinweg , urn sich an der Fingerbeere zu in-
eeriren. Bei der starken Entwickelung der Finger-
beere im 4. und 5. Mon. bleibt es zwischen diesem
Punkte ausgespannt und giebt zuerst im vordern
Theile nach , worauf die Epithelien jener Bucht «ch
stark vermehren, blftttert aber endlich bis gegen den
spfttera Nagelfalz hin ab, wodurch der eigeatUshfl
Nagel frei wird. Ein Rest des Eponychium bleibt
wihrend des ganzen Lebens ala „Deckenwulst“ be-
stehen.
9) Die eraten Nagelzellen entstehen vorderhalb
des Nagelfalzes unterhalb des Eponychium. Mit der
Lockerung des Eponychium schieben sich diese
grossen hellen Zellen in dttnner Schicht zueret nach
vom vor, dann erst producirt auch der Falz in immer
grflsserer Tiefe Nagelzellen. Die am weitesten vor-
geschobenen Nagelzellen verhomen zuerst, indem sie
platter werden und einen dichten Stachelpanzer er-
halten. Von hier aus rflekt die Verboraung nach
hinten in den Falz vor. Im 7. Mon. bedeckt ein
dflnner eigentlicher Nagel den etwas hervorragenden
Abschnitt zwischen Falz und oberer Bucht, das spi-
tere Nagelbett, selbst noch bedeckt vom Epony-
chium.
10) Der Abschnitt, welcher dem Nagelbette ent-
spricht, erleidet wihrend des Embryonallebens keine
besondem Verindemngen. Er besteht aus strafferem
Bindegewebe, als die Fingerbeere und der Nagel wall
enth<en, und besitzt nach dem Epithel zu eine
homogene Grenzmembran, die erst mit der Lockerung
des Eponychium von vom nach hinten sobwindet.
Das Epithel desselben sebiekt weder Kolben in die
Tiefe , wie an der Fingerbeere , noch trigt es zur
Bildung des darllber fortgeschobenen Nagels bei.
11) Nach Abblitterung des Eponychium reicht
der darunter gebildete Nagel so weit wie dieses, um-
greift also noch einen kleiDen Theil der Fingerkuppe.
12) Nach der Geburt erhilt das bis dahin un-
produktdve Nagelbett sehr schrig liegende Papillen,
also noch keine Blitter oder Leisten. Die Epithel-
zapfen, welche diesen Papillen entsprechen , werden
nach hinten zu bedeutend kleiner , lassen sich unter
der Nagelmatrix im Falze kaum mehr einzeln erken-
nen und machen erst unter dem hintersten Falztheile
wieder 3 — 4 michtigen Epithelzapfen Platz, welche
die Durchschnitte von ebeu so viel hufeisenfbrmig am
Nagelrande entlang laufenden Epithelwillen dar-
stellen. Mit dieser letzteren papillaren Entwickelung,
die zu sehr verschiedenen Zeiten (8. Mon. bis mehrere
Mon&te nach der Geburt) eintreten kann, scheint das
Herab rtlcken der Nagelmatrix in den hintersten Theil
des Falzes znsammen zu hingen. (Theile.)
445. Ueber die Nervenendigung in der
Epidermis der Siuger ; von Dr. Aug. v. Moj-
si so vie s. (Sitzb. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in
Wien. LXXI. 3. Abth. Mira. 1875.)
An derSchnauze des Hausschweins wurdensenk-
rechte Durchschnitte unter Anwendung der Vergol-
dung untersucht, und im Allgemeinen stellte sich eine
Best&tigung dessen heraus, was E berth an der
Haut des Lippenrandes bei Kaninchen gefunden hat.
Aus dem reichen Cutisnervengeflechte treten Aus
Uufer theils in die dttnnen Cutispapillen, theils direkt
in die Epidermis. Die in die Epidermis emtretenden
Nerven verlaufen meist leicht geschltagelt gegen die
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II. Anatemie n. Physiologic.
231
Oberittebe bin, indem sie dichotomische Theilungen
erfahren and im weitern Verlaufe sich veijtlngenund
varikSs werden. Sie lassen sich so bis nahe an die
Hornschicht verfolgen. Die Fasern verlanfen aber
zwischen den Epidermiszellen und endigen mit kol-
benartigen EndanscbweUnngen , die ebenf&lls noch
zwischen den Zellen gelagert sind. Dnrch Macera-
tion bereits mikroskopisch untersuchter gelungener
Goldprftparate mit 35procent. Kalilauge gelang ea,
alle zelligen Elemente znm Schwinden zu bringen,
wobei das vollstkndig intakte Nervenskelet bis zu
dessen feinsten Auslkufem und Endigungen zurttck-
blieb. — Vom Zusammenhange der varikSsen Ner-
venfkden mit stemf&rmigen oder Langerham ' schen
Kflrperchen hat sich M. niemals mit Bestimmtheit
flberzeugen kSnnen.
An den Tasthaaren der Schnauze des Maulwurfs
und der Mans liessen sich Nervenf&serchen auf senk-
rechten Durchschnitten in gleicher Weise gegen die
der Hornschicht der ftussern Epidermis entsprechende
innere Wurzelscheide des Tasthorns hin verfolgen,
wo sie knapp vor dieser in ganz fthnlichen kdlbchen-
artigen Anschwellungen endigten.
Es scbeint somit die Endausbreitung der sensibeln
Nerven in der Epidermis der Sftugethiere im Wesent-
lichen flberall die gleiche und mit der im vordern
Hornhautepithel gefundenen flbereinstimmend zu sein.
(Theil e.)
446. Die Nerven der gl&tten Muakul&tur ;
von Stud. d. Med. M. LOwit. (Sitz.-Ber. d. k.
Akad. d. Wissensch. in Wien. LXXI. 3. Abth. April
1875.)
Zn den im histologischen Institute im Prag aua-
gefttbrten Untersuchungen wurde hauptsftchlich die
Harnblase der einheimischen Amphibien benutzt. Die
Beobachtung wurde am besten durch Goldtinktion
gef&rdert; nur muss der Yergoldung ein Ansiuern
des Prkparats vorausgehen, namentlich durch reine
Ameisensfture von 1.12 spec. Qewicht.
Klebs wie Arnold haben in der Harnblase
des Frosches einen Grundplexus , ein intermediares
Netz nnd ein intramnskulares Netz unterschieden.
Der Grundplexus besteht nach L 0 w i t aua Primitiv-
fibrillenbflndeln mit Markscheiden ; das intermediare
Netz enthtt.lt Primitivfibrillenbtlndel mit und ohne
Schwann’sche Scbeide ; die intramuskulare Nerven-
aosbreitung enthklt TerwinalfibrilUn , die 1 — 4
Mikr n-Mmtr. Dicke haben. Die Terminalfibrillen
gehen im Allgemeinen in der Weise aus dem inter-
mediaren Netze hervor , dass dessen Bflndel fort-
sehreitend sich mehr und mehr verksteln. Im Be-
rriche der intramuskularen Nerven kommen die von
Frankenhanser und von Arnold hervorgeho-
benen Theilungen und Anastomosen im Ganzen doch
nor sehr selten vor. Nirgends findet sich eine Kem-
anschwellung an den Terminalfibrillen.
Verfolgt man an der Harnblase des Frosches
oder des Salamanders eine einzelne Muskelzellen-
reihe , so sieht man derselben eine Terminalfibrille
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anliegen, und im Allgemeinen ist dieses Anliegen in
der Nahe des Muskelkems am engsten. Sind zwei
Muskelzellenkerne an einander liegend, so verlkuft
eine Terminalfibrille in der zwischenliegenden Kitt-
substanz oder die Seitenr&nder jeder Doppelreihe
werden durch zwei Fibrillen begrenzt.
Fflr die starken , aus mehrfachen Muskelzellen-
reihen zusammengesetzten Muskelbander ergeben
sich aus den Beobachtungen folgende Resultate. Die
Nervenfibrille verlauft auch hier in der Kittsubstanz
zwischen den reihenfformig geordneten Muskelzellen,
also parallel mit diesen Reihen , und im Allgemeinen
kommt auf jedeMuskelzellenreiheeineeigeneNerven-
endfibrille; ein Zusammenliang zwischen Nerv und
Muskel ist immer vorhanden , und zwar in der Nahe
des Muskelkems ; direkt mit dem Muskelkeme httngt
aber die Nervenfibrille nie zusammen , sondern nur
mit der Muskelsubstanz in der Nahe des Kems.
Eine eigentliche Nervenendigung in der glatten
Muskulatur ist nicht auffindbar, Eine Verschmelzung
von Nerv und Muskelfaser scheint auch nicht statt
zu finden ; das enge Aneinanderliegen beider in der
Gegend des Muskelkems mag schon genttgen , um
die Energie der Muskelfaser zu erwecken.
(Theile.)
447. Der Musoulua stemooleldomastoidaos ;
von Prof. W. Krause. (Med. Centr.-Bl. XIV. 25.
1876.)
Am Stemocleidomastoideus sind statt der ge-
wflhnlich angenommenen zwei Muskelztige vier zu
untencheiden , deren Ursprtinge and Insertionen
durch folgende Bezeichnungen bequem sich darstellen
lassen:
1) Die Portio steroomastoidea entspringt am obera
Rande des Sternum, inserirt sich am lateralen Rande
des Proc. mastoid, und dem angrenzenden Theile
der Pars mastoid, des Schlafenbems ; sie ist die
starkste Portion.
2) Die Portio steraooocipitalis entspringt seitwirts
dicht neben der vorigen Portion vom Sternum, ist
dtlnn, oberfikchlich gelegen, schliesst sich aufsteigend
der dritten Portion an und inserirt sich am lateralen
Ende der Linea semicircularis superior des Hinter-
hauptsbeins, bis zur Insertion der Portio steroo-
mastoidea hin reichend.
3) Die Portio cleidooccipitalis entspringt am Schltis-
selbeine in grOsserer oder geringerer Breite, gewdhn-
lich aber in grttsserer Breite als die Portio sterno-
occipitalis. Diese oberfikchlich liegende Portion
vereinigt sich im Aufsteigen mit der Portio steroo-
occipitalis und inserirt Biel? medianwftrts neben der-
selben an die Linea semicircularis superior.
4) Die Portio cleidomastoidea entspringt breitvom
Schlttsselbeine hinter der Portio cleidooccipitalis, tritt
unter die Portio sternomaatoidea und wird der tiefste
Theil des ganzen Muskels. Sie heftet sich mit der
PoTtio cleidomastoidea gemeinschaftlieh an den Zitxen-
fortsatz bis zu dessen Spitze herab.
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232
II. Anatomie u. PhyMologie.
Der Nervus accessorius durchbohrt die Portio
cleidomastoidea oder dringt zwischen dieser und der
Portio sternomastoidea ein und tritt zwischen den
beiden vom Schltisselbein kommenden Portionen aus.
Die vier Portionen erhalten gesonderte Nerven-
st&mmcben.
Bei Saugethieren fehlt bald diese, bald jene
Portion : so hat der Dachs nur die Portio stemo-
mastoidea u. cleidooccipitalis, der Marder die Portio
sternooccipitalis u. cleidomastoidea, Lepus die Portio
sternomastoidea u. cleidomastoidea.
Die gewolmlichen Variety ten beim Menschen er-
kl&ren sich leicht aus Isolirtwerden oder Fehlen ein-
zelner Portionen , bezilglich aus der Ausdehnung der
Portio cleidooccipitalis bis zur Protube rantia occipitalis
externa. (Theile.)
448. Ueber die Muskul&tur der grdasern
Arterien, tnsbesondere Hirer Tunica adventitia;
von Dr. Max B res gen. (Virch. Arch. LXV. 2.
p. 246—261. 1875.)
Die Untersuchung wurde wesentlich an Tinktions-
pr¶ten ausgefdhrt, die der Iliaca communis,
Iliaca externa et interna des Menschen entnommen
warden.
An der Tunica media zeigt sich die gewdhn-
liche Anordnung (ringfCrmig verlaufende Muskel-
fasern mit eingeschobenen elastischen Faseni und
Lamellen) , von der nur selten Abweichungen vor-
kommen. Auf die Media folgt stets, scharf davon
abgesetzt , nacli aussen eine schmalere oder breitere
Schicht dichter , mit sp&rlichem Bindegewebe durch-
setzter elastischer Fasern , die einen stark welligen
Verlauf aufweisen. Auf diese Scliicht folgt meist
lockere8 Bindegewebe, in dem hier und da einige
Bllndel glatter L&ngsmuskulatur vorkommen. Weiter
nach aussen jedoch mehren sich diese BUndel von
Lilngsmuskulatur , so dass schlttsslich eine Schicht
anftritt , worin die Muskulatur durch kusserst zakl-
leiche Bttndel vertreten ist. Dann folgt stets sehr
lockeres Bindegewebe und Fettgewebe. Unmittelbar
nach aussen von den MuskelbttndeLn reisst bei dtln-
nem Schnitten das Gewebe schon beim AbsptLlen in
Alkohol ab, wodurch die Annahme gerechtfertigt
erscheinen mag, dass die Grenze der Adventitia hier-
her zu verlegen ist. — Die einzelnen Langsmuskel-
bllndel der Adventitia bekommen von dem sie um-
gebenden Bindegewebe eine besondere Hfllle , ganz
ilhnlich deijenigen, welche in der Media die dicht
neben einander liegenden RingmuskelbUndel umgiebt.
Die einzelnen Fasern der Lkngsmnskulatur zeigen
in der Adventitia durchgilngig eine dichtere An -
ordnung als in der Media. — Auf Lftngsschnitten
der Muskulatur der Adventitia sieht man meist schmk-
lere oder breitere Binder, die auch bei schwacher
Vergrbsserung schon eine streiiige Struktur erkennen
lassen ; diese tritt aber bei stirkerer Vergrdsserung
deutlich hervor, so dass man die einzelnen Fasern
unterscheiden burn ; dunklere Stellen innerhalb dieser
deuten den Kern an.
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Lkngsfasermuskeln hat B. auch in der Adventitia
derMesenterica superior, der Renalis, derSpermattca
interna gefunden. Dagegen fand sich in der Mesen-
teries inferior, der Lienalis, der Gastroduodenalis
nichts von einer Lkngsmuskulatur und ebenso auch
nicht in den Arterien der obern und der untern Ex-
tremitkt. Nur die Poplitaea zeigte in der Tunica
media mkchtige Lagen von Lkngsmuskulatur. Auch
die gTdsseni Gehirngefesse , die wenigstens einige
Male untersucht wurden , liessen stets nur eine dicht
gedrkngte Ringmuskulatur , und zwar in der Media,
erkennen.
Uebrigens kamen auch in den Iliacae in einzelnen
Fallen Abweichungen von der beschriebenen An-
ordnung vor. So waren in einem Falle Langsfaaer-
bflndel in der Media einfach eingesprengt und auch
in geschichteter Anordnung vorlianden ; bei einem
andern Individuum war eigentlich keine Adventitia
zu unterscheiden und somit fehlten auch die ihr zu-
gehtirigen Langsfaserbttndel, woftlr aber in die Ring-
fasermuskulatur der Media zahlreiche Lkngsfaser-
btindel eingesprengt erschienen. Zieht man nun
ferner in Betracht, dass bei einigen Prkparaten der
Mesenteries superior weder in der Adventitia noch
in der Media Lkngsmuskulatur angetroffen wurde,
und dass ein anderes Mai in der Renalis die L&ngs-
muskulatur in der Media reichlich entwickelt sich
zeigte, so wird man wolil annehmen mtlssen, dass
der Bau der Arterienrohre kein unwandelbar fest-
atehender ist, vielmehr mannigfachen Schwankungen
unterliegen kann. (Theile.)
449. Ueber den Bau der Splnalganglien ;
von M. H o 1 1. (8itz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. zu
Wien. LXXn. 3. Abtli. Juli 1875.)
Ueber das Verhalten der Nervenfasem und der
Nervenzellen im Ganglion der hintern Wurzel der
Rtlckenmarksnerven sind im Verlauf der Zeit dreierlei
Ansichten aufgestellt worden. Dass die Zellen apolar
wftren und mit den ein- und austretenden Fasern in
keiner. wirklichen Verbindung stknden , wurde seiner
Zeit von V o 1 k m a n n behauptet. R. Wagner,
Robin, Bidder, Remak, S tannins, und in
neuester Zeit zumal Arndt, lassen eine einzelne
Nervenfaser in die Zelle Ubergehen und ebenso wieder
von der Zelle abgehen , so dass diese als bipolar zu
bezeichnen ist. Nach Axmann, Beck, Cour-
v o i s i e r und Andern sollen die Zellen unipolar sein,
nkmlich nur in peripherischer Richtung eine Faser
entsenden.
R. W a g n e r versuchte bereits, die ein- und aus-
tretenden Fasern des Spinalganglions und die darin
enthaltenen Zellen beim Frosche abzuzkhlen und auf
diesemWege dieFrage der Entscheidung zuzuftlhren,
und dieses Verfahren wurde auch von Beck ange-
wendet. Gleichwohl sind beide zu einander wider-
sprechenden Resultaten gekommen.
Ho 11 hat den nkmlicheu Weg eingeschlagen,
nur aber von vorn herein auf die zn unsichere Zih-
lung der Nervenzellen verzichtet. Die Nerven wur-
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Q. Anatomie n. Physiologie.
233
den theils in Ueberosmiumsfture, theils in Chromsiure
erhartet and tingirt and dann warden die beiden
noch vollstandig getrennten Wurzeln des Nerven
oberhaib des Ganglion durchschnitten and zur Ab-
zihlang ihrer Fasern verwendet , and ebenso wurde
der unterhalb des Ganglion vorhandene Nerven-
stamm, der aus der Vereinigung beider Wurzeln ent-
standen ist, durchschnitten und zur Abzablung seiner
Nervenfasern benutzt. Vom Frosche wurde hierzu
der letzte Nerv oberbalb des Plexus ischiadicus , der
zur Lenden- und Weichengegend herabsteigt, 2mal
verwendet (I. II.), nnd auBeerdera wurde die Zahlung
anch 2mal (III. IV.) bei FrSschen an dem obereten
Nerven des Plexus ischiadicus selbst ausgeftlhrt.
I. Die motorische Worzel enthielt 196, die sensible
Wnrzel 339 Fasern, zusammen also 535. Die Zahlung der
Fasern des Stammes fuhrteauf die Zahlen 540^-636 — 634.
n. Die motorische Wurzel hatte 174, die sensible
Wnrzel 462 Fasern , zusammen also 636. Im Stamm e
warden 647 Fasern geziihlt. Die Differenz betragt 11.
III. Die motorische Wurzel hatte 696, die sensible
Wurzel 798 Fasern , zusammen 1393. Der Stamm ent-
hielt 1416 Fasern. Differenz 23.
IV. Die motorische Wurzel hatte 731 , die sensible
Worzel 996 Fasern, zusammern 1726. Der Stamm ent-
hielt 1739 Fasern. Differenz 13.
Ferner gestattete auch die bedeutende Dunne der
obem und mittlern Ruckenmarksnerven der Katze eine
gleiche Abzahlung der Fasern, nnd hier wurde gefonden :
V. In der motorischen Wurzel 358 , in der sensibeln
Wurzel 898 Fasern , zusammen 1266. Der Stamm ent-
hielt 1268 Fasern , so dass die beideriei Summen nur um
2 dHTeriren.
VI. In der motoriscben Wurzel 722, in der sensibeln
Wurzel 989 FaBern, zusammen 1711. Der Stamm ent-
hielt 1696 Fasern. Differenz 16.
Diese Zahlen sprechen wohl deutlich daftir , dass
im Ganglion keine durch nnipolare Zellen hervor-
gebrachte Nervenfaservermehrung stattfindet, oder
dass diese Vermehrung, mit der Gesammtsumme der
Fasern verglichen, doch nur eine ausserordentlich
geringe ist. Die gefundenen geringen Differenzen
der beideriei Summen wird man wohl fllglich als auf
Feblem der schwierigen Zahlung beruhend ansehen
dtkrfen. Indirekt sprechen also diese Zahl ungen daftir,
dass die Nervenzellen in den Spinal ganglien, wie bei
den Fischen, so auch bei den nackten Amphibien
and bei den S&agethieren bipolar Bind. (Theile.)
450. Zur Kenntnias der Schilddriise und
des Sohildknorpels ; von Dr. Wenzel Gruber
in Petersburg. (Virch. Arch. LXVI. 4. p.447 — 457.
1876 .)
I. Schilddrute. An dieser zeigt sich bisweilen
die (an die Thierbildung erinnernde) Varietat, dass
sie bei Mangel des mittlern Lappens oder des Isthmus
als ein paariges Organ (Glandula bipartita) sich dar-
stellt , was Gruber bei den vor mehr denn 30 J.
in Prag an den Leicben von Czechen vorgenommenen
Untersuchungen bei 1%, dagegen bei den in Peters-
burg ausgefilhrten Untersuchungen an den Leichen
von Russen bei 5% augetroffen hat Die Theilung
der DrOse kann aber auch bei Vorhandensein des
Med. Jahrbb. Bd.171. Hft.3.
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Isthmus gefunden werden, indem derselbe vom rech-
ten oder vom linken Seitenlappen getrennt ist Dieser
Fall kam in Petersburg unter 400 F&lleu nur ein-
mal vor.
Nach der 8. 454 gegebenen Beschreibung lag der
rudiraentare Isthmus (7 Mmtr. boch, 6Mmtr. dick, 1 Ctmtr.
breit) vor dem 2. Tracheralringe , war durch einen 2 bis
3 Mmtr. hohen und dicken Stiel mit dem rechten Lappeu
der Druse im Zusammen hange , dagegen mit dem linken
Drfisenlappen nur durch ein gefSsshaltiges Bindegewebs-
band verbunden.
Eine Glandula tripartita, wo der Isthmus von
beiden Seitenlappen der DrOse getrennt ist, hat
Gruber bei 300 Leichen von Russen einmal be-
obachtet.
Am haufigsten erscheint die ScbilddrOse dadurch
getheilt , dass von einem der Beitlichen Lappen oder
noch hftufiger vom Isthmus ein accessorisches L&pp-
chen nach oben , in einzelnen Fallen aber auch nach
abwarts sich ausbreitete, vom DrflsenkOrper sich ab-
lOste und nun als Glandula thyreoidea accettoria
erscheint. Bei den Leichen der Czechen hatte
Grnber die Glandula thyreoid ea accessoria superior
einmal in 50 Fallen gefunden. Nach den spater
vorgenommenen Untersuchungen Bruch’s wflrde
diese obere accessorische Drtlse haufiger vorkommen.
Seit 1860 hat Gruber dann in Petersburg das
Vorkommen der Glandulae thyreoideae accessoriae
an 400 Leichen nntersucht und Folgendes gefunden:
A. Glandula thyreoidea accettoria superior.
Eine solche fand sich im Durchschnitt bei jedem
13. Individunm nnd sie kommt vielleicht bei weitem
haufiger vor , da sie bei den 50 weiblichen Leichen
in 5 Fallen angetroffen wurde. Sie liegt vor dem
Schildknorpel , manchmal vor dessen Mitte, haufiger
jedoch seitlich, und dann vorzugsweise auf der rech-
ten Seite. Ihr unteres Ende kann bis zum Inter-
stitium crico-thyreoidenm herabreichen , das obere
Ende manchmal bis zum Kttrper des Zungenbeins.
Meistens ist sie abgeplattet, nach oben an Breite ab-
nehmend , jedoch auch gleichmassig breit , oder an
beiden Enden zugespitzt Sie hat anch wohl eine
geknickte oder gebogene Gestalt. Sie kann bis zu
4 Ctmtr. Lange haben. Ihre Arterienzweigelchen
kommen von der Art. crico-thyreoidea.
B. Glandula thyreoidea acceetoria inferior.
Eine ziemlich grosse Drtlse wurde einmal alsMediana
beobachtet , fest auf der Trachea aufliegend. Eine
Lateralis wurde bei 10°/ c unter 100 untersuchten
Fallen beobachtet, und zwar haufiger linkerseits.
C. Eine Glandula thyreoidea accettoria potte-
rior, nach abwarts gerichtet, 6 — 9 Mmtr. lang, hat
Gruber 5mal angetroffen, das eine Mai auf beiden
Seiten zngleich.
II. Schildknorpel. Das in der seitlichen Platte
auch beim Menschen vorkommende Loch wurde unter
170 untersuchten EehlkOpfen bei 71 angetroffen,
darunter bei 26 in beiden Platten des Schildknorpels
zugleich. War nor die eine Platte durchbohrt, so
30
Original from
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234
II. Anatomie n. Physiologie.
war diass hftofiger die linke. Unter den 36 weib-
liehen KehlkOpfen wnrde das Loch etwas hftofiger
angetroffen. Bei einem Manne und bei einem Weibe
war das Loch in der linken Platte ein doppeltes.
— Das Loch findet sich vor oder hinter oder enter
dem Tuberculum der Knorpelplatte, aber in wech-
selnder H5he : es ist rend , oval , bisweilen einiger-
maas.se u dreieckig; aber selbst ein biskuitfiirmiges
nnd ein birnformiges Loch wurde beobachtet. Der
grOsste Durchmesser kann bis zu 9 Mmtr. (beim bim-
ftJrmigen Loche) ansteigen. — Bei vorgeschrittener
Osaiiikation des Kehlkopfs zeigte sich das Loch,
wean es klein gewesen war, bisweilen obliterirt,
manchmal nor an der innern M (indung.
(Theile.)
451. Persistlrende Muller’sohe G-ftnge bet
einem Manne ; von J. A. Boogaard. (Verslagen
en Mededeelingen der k. Akad. van Wetenschappen.
Afd. Natnurkunde. 2. Reeks. Deel EX. 1876. gr. 8.
p. 266— 27Q.)
Im akademisehen Krankeahsuse an Leiden starb ein
Maan von 66 J. an Morbns Brightii, bei dessen Sektion
am Geschlechts - Harnapparate folgende, durch eine Ab-
bfldung erlauterte Abnorraitat gefnnden wnrde.
Die Ureteren haben nngleiche Ausdehnung ; ■ der Um-
fang des rechten betragt nnr etwa 1 Ctmtr., jener dee
linken 3 — 3.6 Centimeter. Das Nierenbecken nnd die
Kelche der linken Seite sind ebenfails grSsser. An der
Innenseite Jedes Ureters verlanft ein ihn an Umfang nber-
treffender Kanal, der ebenfails von der Niere zur Ham-
blase herabzusteigen scheint. Der Kanal der rechten
Seite bat 3.6 CtmtT. Umfang , der Kanal der linken Seite
dagegen hat einen doppelt so grossen Umfang und ver-
Uuft nlcht geradllnig, sondern in geschlftngelter Richtung
von oben nach unten. Beide Kan&le waren mit einer Flfis-
sigkelt erfullt, die leider bei der Sektion verloren ging.
Es Btehen aber diese Kanale nach oben weder mit den
Nierenbecken, noch mit den Nierenkelchen in Verbindnng,
sondern sic schlagen sich von innen nach anssen nm das
obere Nierenemde hernm , mit dem sle eng verwachsen
sind. Das obere Ende des rechten Kanals lauft hier in
eine Spitze aus, wogegen das obere Ende des linken Ka-
nals eine blasenartige Erweiterung von 7.6 — 8.6 Ctmtr.
Umfang bildet. Das untere Ende kommt allmaMg hinter den
Ureter zu liegen und ist eng mit diesem verbunden, 8ffnet
sich aber gleichwohl nicht mit diesem in die Hamblaae,
sondern waiter abwarts in die Pars prostatica urethrae,
oberhalb des Colliculus seminalis und dicht neben der Me-
dianlinie. Die Ocflfnungen beider Kanale ahneln denen
der Ductus ejaculatorii, so daas nur eine feinere Sonde in
sie eindringen kann. Die Ductus ejaculatorii munden,
wie gewohnlich, zu beiden Seiten des Colliculus seminalis
in die Harnrohre. Eine znr Vesicula prostatica fuhrende
Oeffnung 1st am Colliculus seminalis nicht vorbanden.
Zwar zeigt sich 4 — 6 Mmtr. oberhalb der Mundungen der
Ductus ejaculatorii in der Medianlinic eine feine Oeffnung ;
diese Oeffnung fulxrt jedoch in den linken starker erwei-
terten Kanal , der also eine doppelte Eimnfindung in die
Pan prostatica urethrae beaitzt.
Diese beiden Kan&le lassen sich nach Boog.
nnr als persistirende Mttller’sche Gftnge deuten , die
bekaftntlich zwischen der Geschlechtsdrtlse und dem
WolfFschen KCrper sieh entwickeln. Ueberzfthlige
Ureteren kdnnen es nicht sein, da sie mit den Nieren
keine nfthere Verbindung eingehen, und da sie nicht
in die Blase mtlnden, sondern in die Pars prostatica
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urethrae. Freilich sind es zwei Dinge, die mit dle-
ser Den tong nicht gana im Einklange Btehen. Das
erste ist, dass ihr Anfangstheil nicht mit dem Hoden
verwachsen ist, sondern mit der Niere. Zum andem
aber sind die Enden der beiden Kanftle nicht n
einem Gange verschmolzen , wfthrend die Mailer’ -
schen Gftnge doch bei mftnnlichen Embryonen znr
Bildung des Uterus masculinus oder 8inus proetati-
cus zusammentreten. (T h e i I e.)
452. Ueber die Kitteubetana der JSptthel-
aellen; von Dr. Richard Thoms. (Virchow’s
Arch. LXIV. 3. p. 394. 1875.)
Durch die Untersuchungen J. Arnold's (Vir-
chow’s Arch. LXIV. p. 203) ist nachgewiesen, daas
die Kittsubstanz der Epithelzellen von den Blutge-
f&saen her injicirbar 1st. Die Iqjektiongflttssigkeit
tritt hierbei durch die Wand der Blutgefftsse in die
Lymphrftume dee Bindegewebes und gelangt von
da an die unterste Epithellage. Es lftsst sich da-
nach vermuthen, dass auch die aus den Gef&seen
anatretende Lymphe denselben Weg nimmt und dass
die Kittsubstanz der Epithelzellen ausser dem mecha-
nischen Zusammenhalten der Zellen auch den Ver-
kelir filr deren Ernfthrungsflttssigkeiten vermittelL
Man wird aber bei Beurtheilung der durch die Ver-
snche gewonnenen Beobachtungen nicht ausser Augen
verlieren dflrfen , dass die Bahnen der Injektionsflfls-
sigkeit die der Lymphe angeben konuen, aber nieht
muesen . Je weniger die physikalischen und ohemi-
schen Eigenschaften der Injektionsflflssigkeit von
denen der Lymphe abweichen, urn so wahrschein-
licher wird es, dass ihre Bahnen die der letztern
darstellen. — Die Methode, deren sich T h. bediente,
ist folgende.
In die Vena abdominalis medians des Frosches wird
eine Kaniile gebunden , durch weiohe bei 16—30 Cctmtr.
Wasserdruck jede 3. Minute 0.1 Cctmtr. einer O.Sprocent.
wassrigen Losung von reinem indigschwefels. Natron in-
fundirt wird. Ueber das zu untersuchcude Organ wird
ein continuirlicher Strom von 1.6procent. Kochsalzldsung
Irrigirt (stiindlich 160—800 Cctmtr.). Nach f Std. be-
ginnt die Farbung der Kittsubstanz.
Als Beobachtungsstelle wfthlt man am sichersten
die untere Flftche der Zungenschleimhant (bei 300 —
400facber Vergrbsserung). Hier sieht man zuerst
im Epithel verstreat kleine, blaue Punkte auftreten ;
allmftlig vervollstandigt sich die blaue Zeichnung,
bis ein vollstftndigesMaschenwerk zu Stande kommt,
welches die ganze Zungenoberflftche einnimmt. Un-
terbricht man jetzt den Versnch, so ist nach S Tagen
die Zeichnung wieder verschwunden nnd nor in den
Becherzcllen bleibt Farbmasse zurtlck; anch hier
verliert sie sich , wie aus dem ganzen (ibrigen K5r-
per, in den folgenden Tagen. Anf dieselbe Weise
wurde die Kittsubstanz der Zellen der Papillen und
der zwischen ihnen liegenden Schleimhautflftchen des
Zungenrilckens, derDrttsen denselben, der Zellen der
Gaumenschleimhaut, der Sohwimmhaut, des Rete
Malpighi und der Membrana nictitans des Frosches
gefftrbt. — Die Lagerungsverhftltnisse des Farbstoffs
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U. Anatomic u. Physiologie.
235
wordfla an} getddteten Thiere n&ber geprfift. Man
sehabt einen Theil der Epithelien ab und betrachtet
rie ohne Znaatz oder in gesftttigter Chlorkaliumlfimmg.
Die Epithelzellen aind farblos und nnr selten adhftri-
ren ihnen feine donkelblaue Kdrnchen , wahrechein-
lioh Reste der Kittsubstanz. Die losgeldsten Kitt-
leisten stellen aich dar als kurze, breite Binder einer
homogencn, scheinbar farbloeen Masse, welche dicht
durchsetzt aind von feinen, zn kleinen Linien grnp-
pirten , dnnkelblauen Kdmchen. — Feine Schnitte
der gehirteten Sehleimhant zeigen den abgeschiede-
nen Faibstoff an den Seitenflichen der Epithelzellen
wieder, wihrend er die dem Bindegewebe zugekehrte
Flftche der Zellen frei lfisst.
Die Bedingungen der Abscheidnng des indlg-
schwefelsauren Natron in die Kittsnbstanz der Epi-
thelzellen ftndern sieh in zweifacher Weise. Vorans-
geechickt wird , dass die Abscheidnng des Farbetoffs
nur eintritt, wenn derselbe von der Seite des Binde-
gewebes her (also wie der Flflssigkeitsstrom im Le-
ben) an die Zellen gelangt. Aenderungen in der in
derselben Zeiteinheit zugefUhrten Menge von Indig-
fltlssigkeit brachten anch eine Aendernng hervor in
der Dauer des Eintritts der Firbung der Kitticisten,
und zwar sind in den angewendeten Grdssen die
Zeitdifferenzen den Fltlssigkeitsdifferenzen ann&hernd
proportional (vgl. das Original). Es ist hieraus
der ScbliiBs zu ziehen , dass die Abscheidnng in der
Zeit beginnt, in welcher das Blut und die Gewebe
einen bestimmten Procent - Gehalt an Indigfarbstoff
angenommen haben. Danach wtirde es aber uner-
kl&rt bleiben, dass Indigniederschlftge zu einer Zeit
in den Epithelien auftreten kdnnen, wo rich im Blute
und Bindegewebe noch keine finden. Die Erkl&rang
dieser Erscheinung findet T h. in dem verschiedenen
Salzgehalt der Gewebe. Die LdsungsfiUiigkeit des
Menstruum nimmt n&mlich mit dessen Kochsalzgehalt
ab und so tritt im Gewebe die Ausscheidung des In-
digpigments am so frtther ein (bei um so geringerem
Procentgehalt an IndigflUssigkeit) , je stllrker der
Salzgehalt der Gewebsflttsaigkeit ist. Aus diesem
Grunde bringt man durch die Irrigation mit 1.5pro-
centiger Kochsalzldsnng die untersucbte Schleirahaut
auf einen hdhern Salzgehalt.
Obgleich hierbei vorausgesetzt ist, dass der Nie-
derschlag wieder indigschwefeisaures Natron ist,
wflrden die ana den Versuchen gezogenen Folgerun-
gen nicht gestdrt werden, wenn rich heransstellen
soUte, dass der in der Kittsnbstanz pr&cipitirte Farb-
stoff ein anderes indigschwefeisaures Salz sei, da
dessen phyaikalisohe Eigenschaften , insbesondere
seine Ldslichkeitsverhfiltnisse, mit denen des Natron-
salzes sehr nahe ttbereinstimmen mtlssen.
Den Sohinss der interessanten Arbeit bilden Ver-
suche, welche darthun, dass durch Irrigation mit
starken oder schw&chern Salzldsungen in den Epi-
thelien der glatten Zungensehleimhautflftche sieh Vor-
gftnge abspielen (Aenderungen der Grctaae, Form,
Luge rung und des Inbaltee der Zellen), welchen ein
Stdgen oder Sinken des Salzgehaltes der Epithelien
zu Grunde liegt. (F. Hesse.)
453. Ueber die Kittsubstanz der Endothe-
lien; von Prof. Julius Arnold in Heidelberg.
(Virchow’s Arch. LXVI. 1. p. 77. 1876.)
[Betreffs der ausftthrlich angegebenen Literatur,
die Arbeiten fiber Endothelien nnd ihre Beziehungen
zum Lymphstrom, verweisen wir auf das Original.]
Zur Untersuchung der Kittsubstanz der Endo-
thelien bediente sieh A. einmal der von Thoma
fftr die Epithelien benutzten Methode (8- o.). Sodann
erweiterte er die Untersuchungen durch Anwendung
anderer Farbstoffe; indessen modificirte er die In-
fusionsmethode selbst dadurch, dass er den Infusions-
strom continuiriich machte und dabei den Druck der
InfusionsilUssigkeit mit Httlfe eines Tropfapparates
constant erhielt. Es lassen sieh so grdssere FlUssig-
keitsmengen infundiren und es treten nicht so leicht
Stfirungen im Strome ein. Zur Infusion mit indig-
schwefelsaurem Natron in das Blut wurde ebenfalls
eine 0.2procent. Ldsung (stfindl. 2 — 4 Cctmtr.), zur
Infusion in die Lymphsficke eine 0.4 — 0.5procentige
Ldsung benutzt. Die Untersuchung erfolgt an den
vorgelagerten lebenden Theilen (besonders Mesente-
rium), oder die Theile bleiben in situ nnd das Thier
wird nach beendigter Infusion getddtet. In beiden
Fallen wird fiber das Untersuchnngsobjekt ein Strom
von 1.5procent. Kochsalzldsung geleitet. Durch In-
fusion von 5 — 6 Cctmtr. in das Blut (Frosoh) erhftlt
man ein dichtes , blaugefkrbtes Netz in der Geffcss-
Bcheide, namentlich der Venen, welches sieh durch
Auslaufer nach der Intima hin mit den unvollstindig
gefkrbten Kittleisten derselben zu einem Netz ver-
einigt, und bei lingerer Dauer (10 — 1 5 Cctmtr.) der-
jenigen des Mesenterium selbst. Auf dieselbe Weise
und durch Infusion in die Lymplis&cke (Frosch) oder
Bauchhdhle (Frosch u. Kaninchen), wurden die Kitt-
leisten an den serdsen Ueberzfigen der Blase, der
Bancbwand , des D&rmkanals and der Lungen dar-
gestellt.
Eine 2. Versnchsreihe wurde so angestellt, dass
der Farbstoff nicht fertig in das Geftsssystem einge-
filbrt wurde, sondern dass man denselben in dem
Gewebe sieh selbst bilden liess. Es wurde n&mlich
als Infusionsflfissigkeit eine 0.2 — 0.5procent. Ldsung
von Kaliumeisencyanflr benutzt (stfindl. 2—4 Cctmtr.),
als Irrigationsflaasigkeit eine Ldsung von Eisenchlorid
(0.05 — 0.1°/ 0 ) , oder von schwefelsaurem Kupfer
(O.l 0 / 0 ) in einer 1.5procenb Kochsalzldsung. Zur
Eisenchloridldsung wm-de die Eisenchloridtinktur der
Pharmacop. germanica verwendet. Die Infnsion ge-
schah in die Venen oder subcutan. Die Firbung der
Kittleisten tritt mit dieser Methode der vorigen ent-
sprechend ein. Da sie sieh aber durch Irrigation
mit Eisenchloridldsung nur am Mesenterium darstel-
leu liess , so wurde zu ihrer Darstellung an Blase,
Lunge, Bauchwand u. s. w. nach der Infusion das
betreffende Organ heranagenommen und in 0.5 —
l.Oprooent. Eisenchloridldsung eingelegt. Es trat
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236
III. Hygieine, Di&tetik, Pharmakologie n. Toxikologie.
hierbei die Zeiehnung such zwischen den Endotbei-
zellen der hintem Horahautflftche auf , ebenso zwi-
schen den Epithelzellen der Hornhant, der Linsen-
kapsel and zwischen den Linsenfasem.
In einer 3. Versuchsreihe endlich wurde kflrni-
ger Farbstoff infundirt. A. benutzte dazu nach dem
Vorgange von Recklinghausen u. Rajewski
(Virchow’s Arch. LXIV. 1875) eine *Aufreibung
von TuBcbe in 0.75procent. KocbsalzlOsung , die
durch porOses Papier filtrirt wurde. Es lassen sich
damit nicht nur die Kittleisten der Endothelien der
Blutgefhsse darstellen, sondern auch ausgedehnte
FttUungen des Saftkanalsystems der Gefessscheiden
and angrenzenden Gewebspartien erzielen.
A us den angefuhrten Versuchen werden folgende
Schltlsse ttber das anatomise he Wesen und die funk-
tionelle Bedeutung der Kittsnbstanz der Endothelien
gezogen. Der schmale Raum zwischen den Endo-
thelien ist mit einer fltlasigen oder hOchstens zfth-
weichen Snbstanz geftlllt, welche den. Dn rofc trltt
kOrniger oder gelOster Farbstoffe ennOglicht. Die
zwischen den Zellen gelegenen R&ume &ndern sich
mit den Spannungs- und Diffusions- VerhAltnissen der
endothelialen Membranen (sie warden bei starker In-
fusion stets breiter gefunden) , so dass die Lagerang
der Endothelzellen zu einander verinderlich ist Die
zwischen den Endothelzellen der Blntgefksse befind-
lichen kleinen OeShungen (Stigmata) sind lokale Ver-
breiterungen der Kittsnbstanz. Die Kittsnbstanz ver-
mittelt den S&fteaustausch zwischen Geftsswand and
Gewebe, Ge&ssinhalt u. Inhalt des Saftkanalsystems.
Ftlr KreislaufstOrungen und bei der EntzOndung ist
diese Funktion der Kittleisten von der hOchsten Be-
deutung. So treten bei der Diapedesis die rothen,
bei der Entztlndung weisse Blutkorper zwischen den
Endothelien in das Gewebe und es wird immer wahr-
scheinlicher , dass diese Vorgftnge auf einer Locke-
rang der Verbindang der Endothelzellen beruhen.
(F. Hesse.)
III. Hygieine, Difitetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
454. Usher die Wirkung der Barytsalzo
auf den Thierkorper nebst Bemerkungen uher die
Wirlcungen der Cicuta viroaa ; von Prof. R. Bohm
in Dorpat. (Arch. f. experim. Pathol, u. Pharmakol.
HI. p. 216-275. 1874.)
Zn den anf Barytwirknng bezUglichen Versuchen
diente Chlorbaryum . Dasselbe erzeugt bei FrOschen
nach Iiyektion grttsserer Dosen (0.06 Grmm.) Lkh-
mung alter willkflrlichen Mnskeln, wfthrend nach
Einverleibung kleinerer MeDgen und Vortibergehen
ernes 15 — 20 Min. daaernden Latenzstadiam die ge-
nannten Thiere eine von Vf. „Barytstellung“ ge-
nannte Stellung der Extremitfiten, bez. derer auf das
Original verwiesen werden muss, einnehmen. Auch
nach kleinern Gaben entwickelt sich Parese der hin-
tern Extremit&ten, w&hrend die vordem in tonischer
Contraktion verharren. An dem aufgetriebenen
Banche werden jetzt heftige Muskelzuckungen be-
merklich und das mechanisch gereizte Thier stOsst
einen lauten , sehr lang gezogenen Schrei ans ; am
prftgnantesten wird dieser bis zum 2. bis 3. Tage
dauernde Schreireflex bei weibliohen FrOschen wahr-
genommen.
Ganz so wirkt der Wasserschierling , and beiden
giftigen Subetanzen reiht sich das Pikrotoxin als
dritte an. Wird den Versuchsthieren vor der Ver-
giftung das Halsmark durchschnitten, so wird dem
Ausbruch der Krftmpfe, aber nicht dem der Parese
▼orgebeugt. Kleine Barytmengen bewirken ferner
bei FrOschen unter Gleichbleiben der Frequenz vor-
flbergehende Zunahme der Energie der Herzcontrak-
tionen. Nach grOssem Gaben Baryt contrahirt sich
der Herzmuskel krampfhaft and das Organ gelangt
unter immer seltenerem Auftreten der Contraktionen
in Systole oder Diastole iu Stillstand. Wie Atropin
paralysirt Baryt die peripheren Vagnsendigungen
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iih Herzen und hebt dem entsprechend den Muscarin-
8tiLIstand auf. Gaben von 0.12 — 0.3 Grmm. Chlor-
baryum bedingen bei Kaninchen und K&tzen (snb-
cutan), 8owie bei Hunden (innerlich) copiOse Koth-
entleerungen , Speichelfluss und Muskelschwftche ;
grOsscre Gaben erregen ausserdem bei Katzen und
Hunden kraftiges Erbrechen und fliliren nach we-
nigen Stunden unter schwachen, nicht von Respi-
rationsstflrungen abhangigen Convulsionen zumTode.
Sowohl nach kleinern (0.01 Grmm.) als nach mitt-
lem Gaben Chlorbaryum steigt der Blutdruck
bei Katzen vorllbergehend , kehrt jedoch nach
plOtzlichem Anschwellen bis auf 200 Mmtr. Queck-
silber bis auf und selbst bis unter die Norm zurflek.
Das Ansteigen ist mit Acceleration und das Abainken
mit Unregelniassigkeit des Pulses verkniipft und sehr
grosse Gaben liaben rasch zur Entwicklung kom-
mende Herzparalyse im Gefolge. Halsmarkdiscision
hat anf die Drucksteigerung keinenEinfluss; letztere
wird, da sie auch nach Halsmarkdurchschneidung
auftritt und sich die Mesenterialvenen deutlich sicht-
bar contr&hiren , von B 0 h m nicht auf vermehrte
Herzarbeit, sondern auf periphere Geftlsscontraktion
bezogen. Der N. depressor wird durch Baryt nicht
gel&hmt, wohl aber werden es, wie bereits oben be-
merkt wurde, die Herzenden des Vagus.
(H. KOhler.)
455. Ueber den giftigen Bestandtheil dee
Wassersohier lings ( Cicuta viroea ) und seine Wir-
kungen ; ein Beitrag zur Kenntniss der Krampf-
gifte ; von Prof. R. B 5 h m. (Arch. f. exper. Pathol,
u. Pharm. V. p. 279. 1875.)
Zu der Darstellung des wirksamen Prmdps des
WasserBchierlings wurden Herbst - u. Sommerp Han-
zen, bez. die Wnrzeln dereelben angewandt. Durch
Troeknen an der Loft geht die Wirksamkeit nicht
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UL Hygieine, Difttetik, Pharmakologie a. Toxikologie.
237
vertoren, wohl aber beim Erhitzen fiber 100® C., bei
weichem eine Zereetzung des wirksamen Stoffes, oboe
dass derselbe flfichtig ware , eingeleitet wird. Sehr
giftige Dekokte gehen ihrer Wirksamkeit, wfthrend
alkoholische oder fttherische Ldsungen des Giftea die-
selbe, bei gewfihnlicher Temperatur aufbewahrt,
Jali re lang behalten , binnen 24 — 48 Std. verlustig.
Die fluorescirenden Eigenscliaften verdanken Cicuta-
extrakte dem LJmbelliferon , welches llbrigens , wie
B. dnrch Versuche nachwies, ungiftiq ist. Dnrob
Destination mit Alkalien wird ein ebenso beschaffenes
Destillat erhalten. Durch Extraktion mit Aether und
wiederholte Behandlung des Extraktes mit Alkohol
und Petroleumftther wurde der wirksame Bestand-
tbeil der Cicuta squat., ein Harz, von einem grfinen,
inoffensiven Oele und einem zweiten , ebenfalls un-
wirksamen Harze getrennt und fast ganz rein als
vfillig homogene , zfihflfissige , nicht trocknende,
atnorphe Masse — ldelich in Aether, Alkohol und
Chloroform — dargestellt und von B. „Cicutoxin“
genannt. Durch die Endigung „oxin“ soli auf die
Verwandtschaft der Wirkung der genannten Substanz
mit dem Pikrotoxin hingewiesen werden. Eine Ana-
lyse des genannten Kfirpere konnte wegen Mangels
an Material bisher nicht ausgefilhrt werden ; doch
gelang es Vf. noch nach zwei andern , im Original
zu vergleichenden Methoden, denselben 8 toff, wenn
auch stets bei weniger gllnstiger Ausbeute , darzu-
atellen.
Bezfiglich der physiologischen Wirkungen des
Cicntoxins bemerkt Vf. , dass seine Resorption von
der Magenmukosa aus langsam , frfihestens 20 Min.
nach der Ingestion erfolgt ; auf weichem Wege und
in welcher Form aber das in Wasser fast gftnzlich
unldsliche Cicutoxin im Traktus gelost wird und in
die Blutbahn gelangt, ist bisher nicht zu ermitteln
gewesen. Die Obduktion der unmittelbar nach dem
Tode durch Cicutoxin gedffneten Thiere ergab im
Magen und obern Darm stets unzweifelhaft den Ge-
ruch ; vielfach fand sich noch ein unresorbirter Theil
des Giftes vor. B 6 h m rftth daher in forensischen
Fallen den Magen und Darm mit Aether auswaschen
und mit dem Extraktrflckstande Versuche anstellen
zu lassen. Vom Unterhautzellgewebe aus wird
Cicntoxin weit langsamer, als von der Magenschleim-
hant aus resorbirt.
Anlangend die Wirkung auf Frttsche , so hatte
Vf. bereits in der Abhandlung fiber die Wirkung der
Barytsalze hervorgehoben , dass die der letztern, des
Wasserschierlings und des Pikrotoxin identisch seien,
und sowohl das Prodromal-, als das eigentliche
Krampfstadium dieser Vergiftungen ausftihrlich ge-
schildert. Bei Frfischen genttgen 0.001 — 0.003
Grmm. Cicutoxin, diese auf Reizung des Krampf-
centrnms (He u bei) beruhenden Kr&mpfe hervorzu-
rufen. Sie sind beim Cicutoxin anhaltender wie beim
Pikrotoxin und bieiben aus, wenn das Mark unter-
halb der untern Spitze der Rautengrube durchschnitten
wm-de. Nach Entfemung des Grosshirns traten die
Eracheinungen der Cicutoxinvergiftong ganz ebenso
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auf wie ohne dieselbe ; nur wurden die Thiere eher
paralysirt und starben frflher. Die Vergiftung wurde
in diesen Fallen stets erst 12 — 24 Std. nach Aus-
ffihrung der vorbereitenden Operationen bewirkt ;
das Grossliirn hat mit Entstehung der Cicutakrampfe
nichts zu than. DasselbeBild der Vergiftung kommt,
wenn Grosshim und angrenzeude Theile bis zu den
Lobis opticis hin durchschnitten werden , zur Beob-
achtung. Fallt der Schnitt in die Lobi optici, so ist
die Schwfiche des Thieres nach der Operation so
gross , dass die Cicutakrfimpfe nur unvollstftndig zur
Entwicklung gelangen. Da dieselben, auch wenn
der Sclmitt untcrhalb des Kleinhirns und im obern
Theile der Rautengrube geftlhrt wurde, ganz wie
beim intakten Thiere auftreten , so kann der Sitz der
Krfimpfe auch nicht im Klcinhim zu suchen sein.
Wird der Schnitt unterhalb des Calamus scriptorius
durch das Rilckenmark gefllhrt, so sind die von unter-
halb des Schnittes austretenden Spinalnerven \ ersorg-
ten Partien desRumpfes und der Gliedmaassen, wkh-
rend die Reflexerregbarkeit erhalten bleibt, gelahmt.
Hier kommen diecharakteristischenkrampfhaftenBe-
wegungen amKopfe, an denllalsmuskeln, denBrust-
muskeln , die tetanischen Contraktionen (Betstellung
der obern Extremitkten) und der eigenthfimliche,
auch bei Eintritt der Pikrotoxin- (R 8 b e r) u. Baiyt-
vergiftung (Vf.) vorkommende Scluei zur Beobach-
tung. Die Athembewegungen der FrOsche sind vor
Ausbrucli der Cicutoxinkrftmpfe stark beschleunigt
und wfthrend deiselben sistirt, Erscheinungen, welehe,
wie der eben erwalmte Schrei, auf centrale Vagus-
reizung zu beziehen sind. Durch die bedeutend die
Exspiratiou Uberwiegende Inspiration pumpt sich der
Frosch zun&chst die Lungen so voll , dass dadurch
die Aufbltlhung des Bauches erzeugt wird. Der
Schrei entsteht, indem die in den Lungen angelikufte
Luft durch die den Krampfanfall erSffnenden krampf-
haften Contraktionen der Bauchmuskeln dnrch die
ebenfalls spastisch verengte Glottis durchgetrieben
wird. Auch das Herzvaguscentrum in der Medulla
oblongata wird durch Cicutoxin , Barytsalze , Pikro-
toxin, Toxiresin, Digitaliiesin u. Coriamyrtin, welehe
Gifte Vf. zur Gruppe der „Krampfgifte“ vereinigt
wissen will , gereizt und die Sohnelligkeit der Puls-
schlfige anfangs retardirt.
Skugethiere verhalten sich die ersten 15 — 30
Min. nach der Vergiftung mit Cicutoxin normal and
haben in der Regel 1 — 2 Stuhlansleenmgen. Dann
belecken sie die Schnauzen , fflhren sich schnell wie-
derholende Schlingbewegungen aus und bekommen
Speichelflnss. Das Thier sitzt oder liegt nnn meist
ruhig, zeigt aber rasch sich steigerndes Unbehagen
und von Zeit zu Zeit schon kleine Zncknngen in der
Kopfmuskulatnr bei starkera Erschfitterungen und
Gerfiuschen. Die Athmung wird beschleunigt und
zngleich defer. Die Unruhe nimmt femer, wfthrend
plfitzliche krampfhafte Erschfitterungen ihre Bewe-
gungen vorflbergehend sistiren, unter Verkriechen ia
den Ecken des Kftfigs und unruhigem Umherlaufen
bis zum Ausbruch des ersten, ausgebildeten , unter
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238
III. Hygieine, Dittetik, Phamakoktgie n. Toxikologie.
einem lanten Schrei erfolgenden Krampfanfalles be-
stindig zu. Dabei werden dieThiere mit aller Macbt
sn Boden geschleudert , dor Speichel fliesst ana den
mit grosser Schnelligkeit dnrch Beisskr&mpfe gegen-
einander geschlagenen Kiefern als feinerSchanm ans,
der Kopf wird durch tonische Krftmpfe stark nach
hinten oben gezogen , die Nackenmuskeln nach oben
and hinten, nnd die vordern Extremitaten werden im
Streckkrampf gerade ansgestreckt , wkhrend die an-
f&nglich zuweilen anch von knrzen Streckkrftmpfen
befallenen liintern Extremitaten in alternirende zap-
pelnde Bewegungen gerathen. Wegen tonisohen
Krampfes aller Flexorennmskeln erscheintdie Wirbel-
saule in der Regel im Bogen gekrilmmt. Wie bei
den Frdschen cessirt die anfknglich accelerirte Ath-
nrang wegen Tetanus des Zwerchfells auf der Htthe
des Anfalls g&nzlich, der Harn wird wegen Con-
traktion der Bauchmuskeln im Strahle ausgetrieben
nnd der Herzschlag ist jetzt so verstftrkt, dass er anf
1 — 2 Schritt Entfernnng deutlich vernommen werden
kann. Nach */, — 2minutlicher Dauer der Kr&mpfe
tritt die erste Krampfpauae ein, wkhrend welcher das
erschdpfte Thier tiefathmend und wie gelfthmt in
Seitenlage verharrt , sich wieder erhebt und bei un-
getrflbtem Sensorium in einen Winkel zu fltlchten
sucht. Der Gang ist jetzt schwankend und nach
wenigen Schritten schon brechen neue Krlmpfe aus,
welche nur wflhrend dieser ersten Pause etwas linger
cessiren und sphterinimmerkttrzernZwischenriumen
exacerbiren. Die Pupillen erweitern sich ; die Reflex-
erregbarkeit ist auf das Aeusserste gesteigert und
indem sich die Paroxysmen immer hiufiger wieder-
holen, gehen die Thiere an den Folgen dereelben
und der mangelhaften Respiration zu Grunde. Bei
kleinern Dosen sind die Krampfpausen linger; bier
ist Wiederherstellnng mflglich. Hunde gehen lang-
samer als andere Warmblflter zu Grunde. Bei
Applikation per os sind 0.05 Grmm. , bei Injektion
in die Vene 0.007 Grmm. pro 1 Kilo Katze — fttr
Hunde mehr — Cicutoxin erforderlich , um lethale
Vergiftung zu bewirken. Die Pulsretardation nach
kleinen Dosen des Giftea zu hat in centraler Vagusrei-
zung, die sekundire Beschlennignng des Pulses in Rei-
zung der beschleunigenden Nerven ihren Grand, wo-
bei es unentschieden bleibt, ob die Centra durch das
Gift direkt oder durch abnorme ErhOhung des Blut-
drucks indirekt gereizt werden. Cicutoxin wiePikro-
toxin haben die Medulla oblongata zum Angriffs-
punkte ihrer Wirkung. (H. KOhler.)
456. Die physiologisobe Wirkung des ge-
fleokten Sohierlings und seines Alkaloides;
von B. F. Lautenbach. (Philad. med. Times
V. 181 ; April 17. p. 367. 1875.)
Das Coniin repritsentirt das toxische Princip des
Wasserschierlings. Letzterer ist, wie Vf. unterWie-
dergabe von 4 altera Experimenten nach Scfiweiger’g
Journal (Schllbler und Zeller) an Pflanzen
(Ailanthua glandulosus) nachzuweisen bemflht ist,
sowohl fttr Thiere als aucb fllr Pflanzen ein zerstfl-
rendes Gift. Beim Menschen erzeugt Coniin in enter
Link hochgradige MuskeLschwiche , Schwindel and
Gesichtsstdrungen. Mit Coniin Vergiftete verspttren
ein unbesiegbares Verlangen, in horizontaler Lage
auszuharren und liegen wegen Schwere der Angen-
lider mit halbgeschlossenen Augen wie Schlafende
da. Die Beine sind beim Gehen unvermdgend den
OberkQrper zu tragen und knicken im Knie macbtloe
zosammen. Der Puls ist anfknglich abnorm krAftig
nnd frequent, spAter schwach und verlangsamt.
Frflher oder spAter bildet sich Pupillendilatation ans;
nicht constant dagegen sind Symptome von Reisung
des Darmkanals, wie Nausea und Erbrechen, welche
in freilich seltenen Fallen den zuerst beschriebenen
Vergiftungserscheinungen vorweggehen kdnnen. En-
verleibung toxischer Dosen hat complete L&hmtmg
aller willkttrlicben Bewegungen nnd Convulaionen
zur Folge. Bei lokaler Applikation vernichtet Coniin
die FunktionsfAhigkeit aller hdher organ isirten Ge-
webe , der periphoren Nerven , der organiachen und
qnergestreiften Muskeln, und in gleich delet&rer Weiae
beeinflusst Coniin auch die nervflsen Centren. Im
Widersprucb mit L. v. Praag beobachtete Vf., dass
nach nicht allzu langer Einwirkung des Coniin auf
die genannten Gewebe Restitutio ad integrum mflg-
lich , dem genannten Alkaloide also jede kaustische
Eigenschaft abzusprechen ist. Als Hypnotikum darf
das Coniin, es sei denn, dass man die durch das-
selbe hervorgerufene gSnzliche Erschlaffung der will-
kllrlicben Muskeln als Vorbereitung fttr den Schlaf
ansprechen will , nicht betrachtet werden , trotzdem
dass es auch die sensorischen Centra nicht unbeein-
flusst l&sst. Ist neben der Muskelerschlaffung eine
schwerfAllige Einbildungskraft vorhanden, so wird
das Gro8shirn in dem Schlafe allerdings gttnstige
Bedingungen versetzt.
Die Convulsionen bei der Coniinvergiftung sind
cerebr&len Ursp rungs nnd sind weder anf Reieung
der peripheren sensiblen oder motorischen Nerven
oder des Rdckenmarks , noch auf Beeinflussung der
Muskelsubstanz selbst zurllckzufilhren. Anderseits
paralysirt iudessen das Coniin die Endigungen der
peripheren motorischen Nerven und wirkt auf die
Fnnktionen der motorischen RtlckenmarksstrAnge
deprimirend. Die Paralyse der peripheren motori-
scben Nerven ist in alien Fallen das am frdhzeitig-
sten nnd augenfolligsten zur Entwicklung kommende
Symptom der Coniinvergiftung; das Rflckenmark
wird steta erst weit spftter gelahmt ; daa umgekehrte
Verhalten stellt die seltene Ausnahme dar.
In medilcamentdser Dosis gereicht, vermebrt
Coniin die Zahl der HerzschlAge aufAnglieh, um die-
selbe spftter herunterzusetzen , wobei zu bemerken
ist, dass diese Abnahme der Frequenz die in der
Norm zu beobachtende Schlagfolge nur bei An wen -
dung stark toxischer Gaben Coniin nm ein Erheb-
liches flberschreitet. Die primAre Pnlsbeschleunignng
ftlhrt Vf. anf Lfthmung oder Subparalyse der Vagna-
ureprttnge und die sekundAre Verlangaamung der
HerxschlAge anf GefttsnervenlAhmnng und Herab-
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239
IQ. Hygieine, Di&totik, Pharmakologie n. Toxikologie.
seining der Erregbarkeit der im Rtlckenmarke ver-
lanfenden Beschleunignngsnerren des Herzscblags,
bez. Rackenmarkslfthmung zurttck. Der durch Coniin
anf&nglich herabgesetzte arterielle Seitendrack steigt
spkter fiber die Norm wieder an.
Toxische Dosen Coniin bewirken dnrch Beein-
flusaung der Lnngenfiste des Yagas anf&nglich Be-
schlennigung der Athmung, welche in eben dem
Maasse , als die Paralyse der willkUrlichen , bei der
Respiration thfttigen Muskeln fortschreitet, in Retar-
dation, ja Cessiren der Athmung ttbergeht.
Anch bei subcutaner lujektion ruft Coniin bei
Bunden, seltener beim Menschen, Erbrechen hervor ;
dabei hat es keine drtliche Wirkung auf den Magen ;
dagegen reizt es die Chorda tympani and erzeugt aaf
diesem Wege Speichelfluss. Eine Vermehrung der
Harnsekretion und Hautperspiration ist experimentell
nieht nachgewiesen ; aaf eine Anregung der Gallen-
sekretion schliesst man daraus, dass man bei Obduk-
tionen dnrch Coniin zn Grande gegangener Versuchs-
thiere and Menschen die Gallenblase stets strotzend
angeffillt fand. W&hrend die Contraktilit&t direkt
mit concentrirter Coniinlbsung in Contakt gebrachter
qnergestreifter Muskeln verloren geht, bleibt letztere
nach interner Applikation des Mittels auch bei Ein-
verieibnng toxiscber Dosen lange Zeit erhalten. Indem
Coniin die organiscbe Muskelfaser in sehr prfignanter
Weise beeinflusst, gerathen Zwerchfell und Darm-
muakulatur in fibrillare Zuckungen.
Die nach Coniinbeibringung zn Stande kommende
Mydriasis hat nach Vf. in L&hmung der zum Ganglion
ciliare tretenden Oculomotoriusfasem ihren Grand.
Sowohl nach Einverleibong medikamentdser , als
toxischer Coniindosen steigt die Kdrpertemperatur
nm 1.6 bis 2° C. and halt diese Temperaturznnahme
3 J t bis 1 Std. lang an.
Die Alten statuirten eine durch Coniingebrauch
zu Stande kommende Atrophirung der Hoden and
Eierstdcke. Yon einer solchen kann indessen des-
wegen keine Rede sein , weil wahrend der Entwick-
langsperiode an Chorea leidende und mit Coniin be-
handelte junge M&dchen ihren Monatsfiuss bekommen.
Coniin wurde von JohnHarley gegen Erschfipfung
und An&mie des Rttckenmarks bei durch Onanie Ge-
schwftchten empfohlen. (H. K <J h 1 e r.)
[ Wir reihen hieran eine Mittheilung von J. H a r 1 e y
(Med.-chir. Transact. LVII. p. 119. 1874) fiber
die gfinstige Wirkung ungewbknlich grosser Dosen
des Succu8 conii in einigrn Fallen von unwillkur-
licher Mmkelbeweguttg .
1) Chronuche mterrmltirende Kritmpf* der rechten
Peetorakmmkdn , des linken Stemocleidomaetoideut and
der Unkeeitigen Nackenmuskeln. — Der Kr., eta 44J*hr.
Man tod krfiftlgem Baa and In gnten Verhaltnissen
lebend, war friiher, mit Ansnahmeeines rheumat. Fiebers,
gesund , aber in den letzten 2 J. vor Ausbruch seiner
jetslgea Krankheit Wochenlang angestrengt beschaftigt
gewe so n. Die Krimpfe begaunen vor 6 J. im rechten
Arm , ergrMTen S J. » pater die Nackenmuskeln and be-
wirktea nach abermais 4 Mon. die Drebung des Kopfee.
Seibdem batten sieh die Kr&mpfe nicbt welter ansgebreitet,
aber trota aweekmfisaiger, lange danerader Behandlung an
Heftigkeit fortwfchrend zngenommen. H. verordneto
Snccns conii in der Gabe von 30 Gram., die bis turn
10. T. um 16 Gram, taglich gesteigert wnrde. Die letztere
Dosis wurde in 2 Portiouen taglich bis znm 19. T. fort-
gesetzt, von da bia znm 36. T. nahm Pat. taglich eine ein-
zige Dosis von 90 Gram., vom 63. bis 57. T. 2mal tag-
lich 120 Gram., vom 67. bis 70. T. taglich 105 Gram,
anf etamal. Um diese Zeit war eine entschiedene Besse-
rnng cingetr^ten, so dass Pat., sobald er seine Aufmerk-
samkeit anf etwas anderes richtete, den Kopf ruhig halten
konnte; anch waren die Krampfe bedeutend scbwacher
geworden. Wahrend der Nacht konnte er jetzt uugesttrt
schlafen. In der Zeit, wo er 2 Dosen taglich nahm, zeigte
sieh die grfaste Bessernng knrz nach dem AufhSren der
toxischen Wirkung des Mittels.
Was die Wirkung des Mittels betrifft, so ver-
ursachten 30 Gram, des Saftes etwas Uebelkeit und
Schw&che in den Beinen , die ungef&hr 45 Min. an-
hielt, bei weniger als 60 Gram, zeigte sieh keine
Wirkung auf die Krftmpfe; 105 Grmm. bewirkten
eine erhebliche ErschlafFung der Muskeln , so dass
der Kr. auf der II (She der Wirkung uicht im Stande
war, aufzustehen oder ohne Unterstlltzung zu gehen.
Dabei bestand vollst&ndige Ptosis , mftssige Erweite-
rang der Pupillen, Doppeltsehen und leichtes Herab-
h&ugcn des Uuterkiefers. Die toxische Wirkung
trat 15 Min. nach dem Einuehmen auf and steigerte
sieh bis znr 3. Oder 4. Stande. Das Mittel wnrde
im fragl. Falle nach einer kurzen Pause noch 6 Wochen
fortgenommen , innerhalb welcher Zeit die Krampfe
erheblich nachliessen. Doch trat schltlsslich eine
grosee geistige Abspannung ein, die den Kr. ver-
anlasste, die Medicin auszusetzen. — Im Allgemeinen
kann man das Mittel ohne Gefahr anwenden, bis
Schlingbeschwerden auftreten, was je nach der Em-
pf&nglichkeit der Kr. nach verschieden grossen Do-
sen der Fall ist.
Der 2. Fall, bei dem dieselben Muskeln ergriffen
waren, betrifft einen 40jahr. kraftigen Graveur. Der-
selbe war fruher nlemals krank gewesen , hatte aber im
letzten Jahre vlel hitaslichen Kummer gehabt und bis
tief in die Nacht gearbeitet. Die Krampfe bestanden, als
er in Behandlung kam , seit 6 Wochen und hatten rasch
an Heftigkeit zngenommen. Pat. erhielt den Snccns in
einer von 30 allmalig auf 120 Grmm. gesteigerten Tages-
gabe ; die letztere Dosis wnrde vom 40. T. an auf 2 Por-
tionen gegeben. Die toxischen Erscheinnngen waren ganz
dieselben wie iin vorigen Falle. Durch diese Behandlung
warden jedoch die Krampfe so weit beseitigt , dass nur
ab und zu nach starker Aastreogung eta leichtes Drehen
des Kopfes eintrat. Der Erfolg hieit uoeh 6 Mon. nach
Schluss der Behandlung an.
3) Chronische Krdmpfe der Extensoren des reckten
Armes und des rechten Pectoralis major. — Pat., ein
19jUir. , fruher gesunder Uhrmacher, war seit mehreren
Jahren krank and wiederholt erfolglos mit Galvanismus
behandelt worden. H. verordnete zuerst 6 Wochen lang
taglich 26 Grmm. Schierltagssaft, in den nachsten 6 Mon.
der Reihe nach kleine Gaben Strychnin , grossere Dosen
Bromkaliura und zuletzt den Saft von Aethnsa cynapium,
Jedoch ganz vergeblicb. Schl&ssiich griff Vf. zn grdssern
Dosen Succ. conii, indem er im Verlauf von 6 Wochen
von 30 auf 60 Grmm. taglich stieg und endlich 6 Wochen
lang 90 Grmm. t&glieh nehmen Hess. Wahrend der letzten
Gabe nahmen die Krampfe ab , kehrten aber , nachdem
das Mittel ansgesetzt worden war, wieder zurflek.
4) Epilepsie and Hemiplegic. — DieKr., ein4 J /,Jahr.
Midchen, wnrde 2 J. suvor nach einer Kopfverletaung
von Kxampfen befallen , welche bisweUen in grCasera
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240
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
Zwisehenraumen , biaweilen t&glich anftraten. Die rechte
KSrperhalfte war dabei vorzngswcise ergriffen und ea
bildete sich im Lanfe der Zeit eine unvollkommene Lah-
mnng dersclbcn ans. H. verordnete den Succus conii
Anfangs zii 8 Ormm. taglich 2mal und stieg damit im
Lanfe von 5 Mon. anf taglich 30 Grram., worauf die oben
beechriebeneu toxischen Erseheinnngen auftraten. Das
Resnltat war ein gunstiges ; die Krampfe nahmen rasch
an Zahl mid Heftigkeit ab, blieben von der 6, Woche der
Behandlnng an aus und sind seitdem nicht wiedergekehrt.
Die Kr. kann wieder gehen nnd aucb den rechten Arm
ziemiich gnt gebranchen. Redaktion.]
457. Ueber krystallisirtes bromwasserstoft-
sanres Coniin ( Ciculine x ) ; von M o u r r a t. (Ball,
de Thdr. XC. p. 446. Mai 30. 1876.)
Die leichte Zersetzlichkeit , die hygroskopischen
Eigenschaften and Verunreinignng der Coniinsalze
durch Salze der Zersetzungsprodykte dieses Alkaloi-
des liessen die Dosinmg and therapentische Anwend-
barkeit der genannten Verbindungen bisber etw&s
problematisch erscheinen. Vf. fand zur Darstellnng
von Coniinsalzen nnd Doppelsalzen das aus Deutsch-
land [wohor?] bezogene , fast farblose Coniin am
vortheilhaftesten nnd die BromwasserstofMure am
meisten geeignet, damit ein gut krystallisirendes,
dauerhaftes Salz zu bilden.
Bromwasserstoffsanre nnd Coniin werden znsammen-
gebracht, wobei sich Tempera turerhohnng des Gemisches
u. Entwicklung weisser, eigenthumlich riechenderDampfe
knnd gicbt. Dabei farbt sich die Mischung erst grun nnd
spater schwarz mit rothem Lichtreflex. Nach kurzcr Zeit
schiessen Krystalle, noch dnrch eine braune Snbstanz ver-
unreinigt, an; durch Umkrystallisiren werden die Krystalle
ganz rein erhalten. Je unreiner das angewandte Coniin,
desto weniger vortheilhaft ist die Ausbente.
Das bromwasserstoflfsaure Coniin krystallisirt in farb-
losen . feinen , nadelformigen Prismen und ist in Wasser
und Alkohol sehr leicht , in Aether und Chloroform da-
gegen weniger gut liislich. Dicse Krystalle zerfliessen
nicht an der Luft, sind geruchlos u. fast obneGeschmack.
Zwischen denFingern gerieben entwickeln sie einen deut-
lichen Coniin- (Mtiwevrin-) Geruch. Beim Contakt mit
der Luft rothen sie sich , ohne sich zu zersetzen ; im
Finstern aufbewahrt bleiben sie nngefarbt; bei 100°
scbmelzen sie ; daruber erbitzt entwickeln sie Coniin. Sie
enthalten ungefahr V, ihres Gewichts anBrom. Bei Hun-
den von 7 —8 Kilo erzeugten 0.06 Grmm. des Bromconiin
Somnolenz; nach 0.1 Granin. trat Lahmung der Hinter-
extremitaten ein , doch erfolgte sehr rasch Wiederherstel-
') Die Franzosen branchen das Wort rl Ciculme u viel-
fach for das Alkaloid des Conium maculatum ; so jed en-
tails, wie der Zusammenhang ergiebt, anch bier.
long; auch Gabon von0.16 — 0.2 Grmm. warden ertragen;
nar waren die Lahmungserscheinungen ansgesprochener.
Nach 0.4 Grmm. trat Collapsus ein und die Diurese war
vSIilg nnterdriickt ; anch hier fand nach 4 Std. Erholung
statt. Wahrend 0.6 Grmm. anf 5mal in 70minntlichen
Pausen gereicht, zwar Vergiftung und Lahmung erzeugten,
aber den Tod nicht bewirkten , geschah dieses . wenn 0.5
Grmm. auf einmal einverleibt wurden, in 2'/* Std. nnter
bedeutender Erweiternng der Pitpille nnd den dbrigen
oben erwahnten Lahmungserscheinnngen.
Lahmung der Respiration war entschieden die
Todesursache. Bei derObduktion fand sich inbeiden
Herzhdlilen dunkelschwarzrothes geronnenes Blut vor ;
Gerinnsel liessen sich bis weit in die Aorta hinein
verfolgen; die Meningen waren stark injicirt; im
Darmtraktus fehlten pathologische Verftnderungen
dnrehans; die Harnblase war collabirt nnd enthielt
wenig, stark ammoniakalisch riechenden Ham.
An Kr&nken warden von den DDr. Saison,
Landnru. Regnauld Versuche mit Brom-Coniin
angestellt. Saison gab einem 3jfthr. Kinde, welches
an Keuchhnsten litt, 0.005 Grmm. ; es schlief daranf
die ganze Nacht und hustete nicht. Auch Laudur
beobachtete bei Keuchhusteu , Asthma und Husten
der Phthisiker von dem Prilparat gflnstige Erfolge ;
deegl. bei dem die Dentition begleitenden Schmerz ;
Kindcm gab L. 0.002 Grmm. , Erwachsenen 0.01
Gramm. Reg nan It wandte das Bromconiin bei
einem an Ischias leidenden 35jtthr. Manne subcutan
an ; er spritzte 5 Tropfen einer Lflsnng 1 : 50 ein.
Zwei Einspritzungen innerhalb 3 Tagen, welche
weder von Schmerz , noch von andern Uebelstanden
gefolgt waren, genllgten zur Beseitigung der genann-
ten Neuralgie. Ebenso genllgten 0.003 Grmm. bei
einer 23jfthr. Fran , urn dieselbe von Intercostal-
neuralgie zn befreien.
Gnbler hob hervor, dass es zweifelhaft sei, ob
in dem Prilparat wirklich Coniin oder ob einer der
Zersetzungsprodukte (Conhydrin etc.) darin enthalten
sei. Er fand das C hri sti s o n’sche Coniin von weit
intensiverer Wirkung, als das von Mo r son und das-
jenige des Codex. Das Coniin Morson soil mehr con-
vulsive , als paralytische Erseheinnngen hervorrafen.
Jedenfalls zeigte Vfs. PrSparat Coniinwirkungen.
[Das Conhydrin soil wie die llbrigen Zersetzungs-
produkte des Coniin physiologisch unwirksam sein ;
eine theilweise Zersetzung des Coniin in Conhydrin
findet bei Lnftzntritt immer statt.] (H. Kdhler.)
IV. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
458. F&lle von Gehirnkrankheiten ; von
E. Bull; Kjellberg; Malmsten.
Einen Fall von Apoplexie , in dem sich bei der
Sektion 3 verschiedene Stadien von Blutextravasat
im Gehirn fanden , deren Ursprungszeit sich bestim-
men Hess, theilt E. Ball (Norsk Mag. 3. R. IV. 7.
S. 432) mit. Der Fall ist ausserdem von Interesse
in Bezug auf die Diagnose der Himsyphilis.
Ein 44 J. sites Frauenzimmer wurde am 31. Oct.
1873 in bewosstlosem Znstande in das Reichshospital in
Christiania gebracht. Pat. war sc bon (Taber an verse hie-
•
denen syphilitischen Affektionen bebandelt worden; im
April 1873 war sie wieder anfgenommen worden mit un-
kiarem Bewusstsein, Gedachtnissschwache, Doppeltsehen,
OBteokopischen Schmerzen and Zeichen tertiarer Syphilis,
und im Juli desselben Jahres abermals mit Himerschei-
nuagen , aber ohne Paralyse. Seitdem war die Kr. nie
wieder gesund geworden und hatte immer an Kopfac timers
in derScheiteigegend, Schwindei, Scbwarzwerden vor den
Augen und Mattheit geiitten. Am Vormittage vor der Anf-
nahme im Reichshospitale war dieKr. unter knmpfhaflen
Zuckungen umgefallen. Noch bei der Anfnabme bestanden
tonisebe Contraktion der Moskeln am gansen Korper, feat
geschlossene Aagenlider and Kiefer, Contraktion der
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IV. Pathologie, Therapie n. medicinische Klinik.
Pupillen , Beugung der Extremitaten «ind geringer Opis-
thotonus. Nach einem Bade, Anwendung von Senf-
teigen nnd Erzielnng von Damientleerung durch Klystire
hlieb die linke 8eite des Korpers steif, die rechte aber
erschlaffte und zeigte sich paralytisch ; die Kcspiration
war schnarchend , der Puls hart and voll. Das Bewusst-
sein schien zuni Theil ziiruckzukebren. Am andeni Tage
war die rechte Unterextremitat etwas beweglich , Strabis-
mus war anfgetreten, das Gesicht congest ionirt, die Caro-
tiden pulsirten schwach, an den Halsvenen zeigte sich
midulirende Bewegung. Am 2. Nov. traten Athem-
beschwerdeu und unwillkfihrliche Darmentleerung auf und
am 3. starb die Kr. unter zunelimender Athemnoth.
Bei der von Prof. H. Heiberg ausgefuhrten Station
zeigten sich die Gyri des Geliirns fiber der linken Hemi-
sphare etwas abgeplattet , die Arteria basilaris und alle
ihre Verzweigungeu , nainentlich die Art. fossae Sylvii,
atheromatos entartet , die linke Insula Reilii vergrossert
nnd ihre Gyri fast verstrichen , dabei war sie viel weicher
als die rechte und fast fluktuirend. Ini linken Seiten-
ventrikel fand sicli etwas flussiges Bint, das durchgebrochen
war aus einer etwa huhnereigrossen, mit coagulirtem Blut
gefullten und ini hintem Theile des Corpus striatum und
Thalamus opticus gelcgenen Ilohle. Die Wande dieser
Huhle waren roth, weich, mit capillaren Apoplexien
durchsetzt; Dnrcbbruch nach der Basis fand sich niclit.
Ungefahr gerade fiber diesem Blutaustritte nach derOber-
dHche zu , in dor Nahc des 8inus lougitudinalis fand sicli
eine mit alterem brannlichen , coagulirtcn Blute gefullte
Cyste mit brannlichen Wanden, die wie pignientirt er-
schienen nnd harter als in der vorlier bcschriebenen llfihle
waren. Die ubrigens ziemlich anamische Uirnsubstanz
zeigte einzelne Bliitpnnkte. In der linken Ilalfte des
Kleinhinis, im Vermis superior und in der weissen Sub-
stanz fand sich einc ungefahr haseinussgrosse Cyste mit
fast klarem , flussigen Inhalt , braun pigmentirten , festen
Wandimgen und nurwenig pigmentirten, sonst nicht krank-
haft veranderten Umgebungen.
Der linke Herzventrikel war liypertrophiseh , in den
Lungeu fand sich Oedem und llypostase, die Oberflache
der Nieren zeigte narbenartige Einziehnngen mit Vermin-
derung der Corticalis an diesen Stelleu, ohne sonstige
Degeneration , au der Oberflache der linken Niere zeigten
sich einign gelbweisse kleine Punktchen , wahrscheiu licit
Kalk , im linken Nierenbecken fanden sich 2 kleine aus
phospliorsauren F.rdalkalien bestehende Steinchen.
Jedenfalls hat es sich im April und Juli desselhen
Jahres ebenfalls, so wie bei der letzten Erkrankung,
nm Apoplexie gehandelt und die Cyste mit dent
klaren flilssigen Inhalte eutsprach dem Herde der
eraten , die mit dem brilunlichen coagulirtcn Blute
dem der zweiten Apoplexie. Beide Male waren die
Symptome nnbestimmt nnd vage gewesen , was auch
dem Sitze der apoplektischen Herde nach wahrscliein-
lich ist. Besondere Beachtung verdient aber in dem
vorliegenden Palle der Umstand , dass bei unzweifel-
haft vorhandener tertiSrer Sypliilis die Hmiaffektion
ohne Bedenken als auf sypliiLitiscber Gnindlage an
genommen wurde, nanientlich da die Krauipferschei-
nimgen , die am eraten Tage vorlianden waren , die
Diagnose einer Apoplexie noch einigermaassen zwei-
felhaft erscheinen lassen konnten.
Einen Fall von akutem Hydrocephalus bei einem
28 J. alten Manue beobachtete Kjellberg (Hygiea
XXX VI II. 3. Svenska lkkareskllsk. forh. S. 46.
1876.)
Der Kr. hatte , anscheinend nach einer Erkiltung,
wobei besonders der Kopf Zug ausgesetzt gewesen war,
Med. Jahrbb. Bd. 171. lift. 3.
am 30. Dec. 1875 Abends Frost u. bald darauf Erbrecheu
bekominen, am 31. Dec. wiederholte sich das Erbrechen,
aber heftiger als vorher, ebenso am 1. Jan. Abends,
wobei heftiger Kopfschmerz bestand, der in ungeschwacb-
tem Maassc fortbestand nnd am 3. Jan. auch von Schmer-
zen im Korper, besonders in den Beinen , begleitet war.
Hclilaf war fast gar niclit vorhanden, Delirien, Lichtscheu
mid Empflndlichkeit traten hinzn. Am 6. Jan. fand Kj.
die Temperatnr erlioht (39°C.), den Puis rasch, dieZnnge
belegt. die Stim inerkbar heiss : der Kr. klagte fiber hef-
tigen Kopfschmerz und Bteitigkeit im Nacken ; auf Pragcn
antwortete er gut. KJ. stellte die Diagnose auf Cerebral-
meningitis nnd verordnete Calomel und Jodkalium , liess
eine spanische Fiiege in den Nacken und Eisblasen auf
den Kopf legeu . Danacli nahm der Kopfschmerz ab und
es trat iiberhaiipt vorubergehend Besserung ein. Doch
bald verschlimmerte sicli der Zustaud wieder, Erbrechen
trat von Neuem auf und wieder heftiger Kopfschmerz mid
llitze im Kopfe, Fieber und belegte Zunge. Kj. gab
zuerst Phosphoraaiire nnd am Tage darauf, als das Er-
brechen sich wieder einstellte , Ernulsio hydroeyanata nnd
Eis innerlich , Senlteige auf das Epigastrium , Morphium-
injektion , eine spanische Fiiege in den Nacken und ein
theils abfuhrendes, tlieils reizendes Klystir, Abends Chloral
in Klystir, woranf ruhiger Schlaf folgte. Als das Er-
brechen aufgeliort hatte , wurde wieder Jodkalium ge-
geben , aber der Kr. vertiel in einen soporiisen Zustaud,
die Pupillen wurden weit , die Krafte nahmeu ab und am
1 . Febr. Morgens trat der Tod ein.
Bei der von B 1 i x ausgefuhrten Sektion zeigte sich
die liarte Hirnhaut liyperamisch und stark gespannt , die
Sinus enthiclten dunntiussiges dunkles Blut, die weichen
Iliruhaute waren ebenfalls liyperamisch. Die Gyri er-
schienen bedeutend abgeflacht , doch nicht in deni Grade,
(lass die Furchen zwischen ilinen verstrichen gewesen
waren. Bei Eroffnung der Seitenventrikel floss eine
Menge serose, stark getrfibte Flussigkeit aus, die hintern
llorner der Ventrikcl waren von gleiclier Flfissigkeit stark
ausgedchnt. Die Plexus cliorioidei erschieneu scliwach
hockrig , dicker als gewohniich und von schmutzig grau-
rother Farbe, der linke Strang mit einer graugelben eiter-
ahnlichen, leicht ablosbaren Membran belegt. Der dritte
Vcntrikel war ebenfalls ausgedchnt, das Velum iuter-
positnm verdickt , aufgelockert und granlieh verfarbt.
Das Ependym der Vcntrikel zeigte die gewohniiche Glatte
und Dnrchsichtigkeit , aber es erschieu , ebenso wie die
oberflachliehsten Lageu der Corpora striata und der
Thalami optici, etwas maeerirt. Corpus callosum, Fornix
u. Commissuren waren teigig erweicht. Die Ilimsnbstanz
zeigte lockere Consistenz, die Schnittfliichen scliwach
blutig punktirtes Aussehen. Die centralen Gauglien fand
man locker , teigig uud blutami. An der Basis fand sich
uichts Bemerkenswerthes.
Die mikroskopische Untersuchung der Plexus eho-
rioidei und des Velum interpositum zeigte die Gewebe
derselben intiltrirt von einer reichen Menge render lym-
phoidcr Zellen, Fettkomzellen und Fettkorokugeln. Die
Blutgefasse erschienen stark ausgedchnt und mit Blut-
kugeln erfullt, uamentlich deutlich zeigte sich diesa in
den Capillaren , deren Epithel theils abgestossen , theils
augeschwollen und kSrnig war.
Da bei den mikroskopischen Unterauchungen
weder Tuberkelelemente , noch in andern Organen
kiisige Herde oder Tuberkel aufgefunden wurden,
konnte der Hydrocephalus nicht, wie es auf den
ersten Blick den Anschein hatte, auf tuberkulflser
Gnindlage beruhen, aucli der Verlauf deutete auf
priiukren akuten Hodrocephalus bin. Die von
Lebert filr akuten Hydrocephalus angegebene Ver-
finderung des Ependyms fand sich nicht in diesem
Falle , denn alle am Ependym vorgefundenen Ver-
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242
IV. Pathologie, Therapie n. medicinische Klinik.
iindeningen Rtanden nur im Zusammenhang mit dem
Erguss in die Ventrikel ; inflammatorische Verftnde-
rungen fanden sich iin Ependym nicht , wolil aber
im Geftanetz und im Velum interposition. Die Ent-
zttndimg scheint sich demnach hauptsftchlich auf die
Plexus chorioidei concentrirt zu haben, aus deren
hypertlmiachen Gefkssen nicht bios Serum , sondem
auch weisse Blutkorperchen in reichlicher Menge
austraten. DerVerlauf war fbr akuten Hydrocephalus
ausserordentlich langwierig, denn der Kr. starb erst
im Verlauf der 5. Woche, wiilirend Leber t an-
nimmt, daas der Tod entweder am Schluss der ersten
oder am Anfang der 2. Woche erfolgt.
Einen Fall von Gehimabscess, in dem besonders
der Lange Zeit hindurch latente Verlauf von Interease
i8t, theilt Prof. Malms ten (Hygiea XXXVIII. 2.
Svenaka l&kares&llsk. fiirh. S. 27. 1876) mit.
Der 46 J. alte Kr. war fruher bis auf ein Nerven-
fleber vor 32 J. und einige Verletzungen nnd chimrgische
Affektionen stets vollkommen gesund geweaen , er hatte
stets ordentlich , eher etwas zu sparsam gelebt , angeblich
nio an Syphilis gelitten und keine Kopfverletznng er-
litten. Im Sommer 1874 hatte der Kr. einen heftigen,
aber rasch vorubergehenden Schwindelanfall gebabt. An-
geblich nach einer Erkaltung waren am 26. Not. 1876
Ualsschmerzen und Schlingbeschwerden aufgetreten, aber
ohne jede andere Storung, nur war es dem Kr. schwer.
den Buchstaben R auszusprechen. Am 29. Nov. Morgens,
als Pat. noch im Bett lag , hatte er ein eigenthumliches
trocknes Geffihl im Munde, ein eigenthumliches Gefuhl
im Kopfe, schneidende Schmerzen in der linken Schlafen-
gegend und verlor, wie es scheint, dasBewusstsein. Etwa
IStd. danach war er vollkommen beiBewusstsein, konnte
aber nicht sprechen und hatte heftigen Schmerz in der
linken Schlafengegend ; der rechte Arm zitterte und beim
Versnche , den Kopf gegen die rechte Schulter zu neigen,
ging diese Kewegung matt und iangsam vor sich. Wenn
der Rr. sich durch Schreiben verstandlich machen wollte,
wurde es ihm schwer, Worte zu finden, denn diese fehlten
entweder ganz oder er wusate nur den Anfang eines
Wortes und musste in einem Worterbuche nachscblagen,
urn den Schluss zu finden. Es wnrde Eis auf den Kopf
gelegt , innerlicb Frangnla und China gegeben und
Quecksilbersalbe und Karapher5l zu gleichen Theilen ein-
gerieben. Dabei blieb der Znstand des Kr. unverandert,
der Schlaf war schlccht , Stnhlgang und Harnentleerung
waren gestort, Pat. nahm keine Nabrung zu sich.
Am 2. Dec. 1876 fand man die Intelligent des Kr.
insofem ungestSrt, als er seine Wfinsche schriftlich in
kurzcn Satzen auszudrucken vermochte, so welt sein
Wortvorrath reichte ; seine Umgebungen kannte er und
an ihn gerichtete Fragen fasste er vollstandig auf. Der
rechte N. facialis wax gelihmt , das rechte Auge konnte
nicht vollstandig geschlossen werden, der rechte Arm war
in geringem Grade paretisch , die Znnge konnte ganz un-
behindert bewegt werden, die Uvula zeigte sich etwas
nach links geneigt ; im Pharynx bcstand gcringe Hyper-
amie. Die Pupillen waren etwas eng. Der Ham enthielt
Eiweiss. Nach Chloral erfolgte guter Schlaf. Die Be-
bandlung bestand in Anwendung von Laxantien, Jodkalium
und Eisblasen auf den Kopf. In der Nacbt vom 8. bis
4. Dec. traten Zuckimgen in den Fingem der rechten
Hand anf, die sich weiter nach oben verbreiteten, so dass
baW dor Arm heftig geschfittelt ward ; dabei war der Kopf
nach hinten gezogen , die Angenlider waren in fortwah-
render Bewcgung, die Augapfel starr nach oben gerichtet ;
der Kr., der dabei vollstSmlig bei Bewusstsein war, gab
durch Zeichen zu erkennen, dass er heftigen Schmerz in
der linken Schlafengegend habe. Die Bewegungen des
Kopfes und der Augen danerten nur einige Mlnuten , die
des Armes liessen nach Morphium ebenfalls nach. A«n
4. Dec. hatte sich der Zu&t&nd verschlimmert , der rechte
Am war ganz gelahmt , so dass sich der Kr. nicht naehr
dnrch Schreiben verstandlich machen konnte. Statt des
Jodkalium wurde, da sich Schnnpfen eingestellt hatte,
Amikatinktur gegeben. Nach Anwendong von Blutegeln
hinter die Obren uahmen die Schmerzen im Kopfe ab,
der Kr. war aber somnolent geworden und schlief fast
immer; Fieber war nicht vorhanden. So blieb der Zn-
stand unverandert bis zum 7. Dec., wo der Kr. unraUg
wurde und die gesnnde Hand immer nach der linken
Schlafengegend fuhrte ; nach Morphium wurde er aber
wieder ruhig. In der Nacht vom 7. bis 8. Dec. wurde
die Respiration erschwert , spater begann sic mitunter zu
sinken und erst nach einigen tiefen Athemzugen wieder
in Gang zu kommen ; bei derartigen Anfallen von Atbem-
noth war die linke Hand krampfartig contrahirt, wenn die
Respiration wieder in Gang kam , horte der Krampf anf.
Gegen Mittag des 8. Dec. trat Lahmung der Extremitaten
auf der linken Seite anf und bald darauf horten die Be-
wegungen des Kopfes auf. Der Kr. verflel in Koma und
starb am niichsten Tage.
Bei der von B I i x anageffihrten Section fand sich die
stark fiber das Him gespannte harte Himhant in hohem
Grade hyperamiseh nnd stellenweise in geringem Grade
fibrils verdickt; die Sinus enthielten nur dunnflfissiges
dnnkles Bint; die weichen Hirahaute waren ebenfalls
sehr hyperamiseh, zeigten aber sonst nichts Abnonnes,
nnr am mittelsten Theile des Gyrus centralis anterior und
posterior der linken Hemisphere fanden sie sich verdickt
und grfinlich verfarbt , darunter ffihlte man Floktuatioa.
Beim Einschneiden an dieser Stelle gelangte man in eine
mit dickflfissiger , grunliaher , etwas mit Bint gemisehter,
stinkonder Flussigkeit gefullte Hohle von der Grasse eines
kleinen Huhnereies. Die HShle lag im hintern mittiern
Theil des Parietallappens unter dem Gyms centralis an-
terior nnd posterior und war von der Himoberflache nur
durch eine 2 — 3 Mmtr. dicke Sehicht von Rindensnbstanz
getrennt. Die Wande der Eiterhohle warden von einer
dunnen, ziemlich fasten, stark pigraentirten Bindegewebs-
inembran gebildet, an deren innerer Flache sich ein gran-
gelber, lookerer, leicht ablosbarer Belag befand. In der
Umgebung der Eiterhohle war die Himsnbstans sehr locker
und von gelbweisser Farbe bis an das Corpus striatum
ainistmm. Die Gyri des Gehims ersebienen, besonders
an der linken Hemisphere , in hohem Grade abgeplattet,
die Himsubstanz sonst von gewohnlicher Consistcnz, aber
stark hyperamiseh. An den Blutgefassen der Himbasis
konnte keine Veranderung anfgefnnden werden , anch an
der Schadelbasis nicht.
Mai ms ten nimmt an, dass die ersten Anf&nge
der Krankheit bis zn dem etwa 1 J. vor dem Tode
anfgetretenen Schwindelanfall zurttckzufilhren seien ;
einen gleichen Fall, in welchem ein gleiches Him-
leiden so lange latent verlief, bis Reizungserschei-
nnngen in der Umgebung des Herdes auftraten , hat
M. schon frOher beobachtet. Lemchen, der den
Kr. seit lange gekannt hat, hat von den Angehdrigen
desselben in Erfahrung gebracht , daas er in seinen
jungen Jahren einen heftigen Schlag auf den Kopf
bekommen habe, anscheinend aber ohne weitere anf-
fkllige Folgen. ( W alter Berger.)
459. Ueber die Folgen der Him- und
Buokenmarks-Brsohiitterung naoh Eisenbahn-
unf&Uen; von Dr. M. Bernhardt. (Berl. klin.
Wchnschr. XIII. 20. 1876.)
1. Fall, Der 8chaffner W. Sch. war stets gesund
und kr&ftig gewesen, als am 28. Aug. 1874 bei, einem
Zusammenstoss zweier Zuge der Packwagen, in w'eloham
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I
IV. Pathologie, Tlierapie n. medicinische Klinik. 243
er sasa , zertrummert und er selbat am Kopfe verletzt
wurde. Doch konnte er, von einem Verwandten begleitet,
zu Fusse nach Hause gehen, wo er 3 Wochen lang an
seiner Kopfwunde und wegen Sehmerzen im Oenick ini
Bett bebandelt wurde. Wahrend dieser Zeit wiederhoites
Erbrechen ohne auaeere Veranlasaung. Ala Pat. das Bett
verlassen konnte, klagte cr fiber allgemeine Krafte-
abnahme , besonders aber fiber Schwache der Beine und
dee Geaichtsainns ; nnr in den allerersten Wochen war
Doppeltachen vorhanden geweaen. Bei 2 Untersuchungen
(Mttte Nov. 1875, reap. Endo Jan. 1876) fand B. einen
grosaen kraftigen Mann mit wohl entwickelter Muskulatur
und Panniculus. Er war fleberfrei unil ging umber. Zeit-
weilig hat cr Kopfschmerzen , specieil in der Umgebung
einer aiif dem linken Scheitelbein gelegenen, fast 2"
langen linearen Narbe. Entechiedeue Abechwachung des
Gedachtnisaes, grosse Reizbarkeit und Heftigkeit. Gegen
Hitze iat er gegen fruher sehr empflndlich , ea wird ihm
dabei leicht achwindlig , in der Narbe fangt ea an zu ham-
inern. Wagengeraaeel und Strasaenlarm iat ihm nn-
ertraglich, auch iat er niclit raehr im Stande, in Omnibus,
Droechke oder Pferdebahn zu fahren, weil er die Erachut-
tening nicht mebr vertragt. Sein Allgemeiubefinden ist
lcidlieh ; Schlaf im Ganzcn gut, ebenao der Appetit ; Durst
gegen fruher vormelirt. Beim Bucken, beim Blick in die
Kobe oder zur Seite wird ihm schwindlig. Doppelteelieii
fehlt. Beim langera Lesen Flimmera und Ineinaudcr-
laufen der Buchstaben. Papilien normal. Erapfimllirhkeit
gegen helleres Licht, sonst normale Augen. GehSr ist
gut; Ohrenaanaen fehlt; Geruch und Geachmack normal.
Auch im Bereich der fibrigen Hirnnerveu nichta Beaon-
derea. Druck auf die Proe. spin, iat nur im untern
Nackentheil noch empflndlich. Subjektiv besteht ein Ge-
ffihl von Spawning im Kreuz, daa Hinsetzen nnd Auf-
atehen von einem Stuhl geachieht nur rait grosser Mfihe
und sehr steif. In beiden Oberextremitiiten aind alle
Bewegungen frei , die motorische Kraft aber aelir vermin-
dert; die ausgestrocktcn Hande uud Fusae zittem; so
braucht er zum Briefschreiben oft einen ganzen Tag , cla
die 8chwache und das Zittem der Hande ihn zum oftern
Abbrechcn nothigeu. Pat. steht mit geschlossenen Augen,
ohne zu schwanken ; Gang ateif ; linkes Bein aclileppt
eine Spur nach ; Pat. kann auf einem Beine kurze Zeit
stehen. Ueberraachend geringe Widerstandskraft in den
Kxtremitateu •. Fuss- oder Kniephanomen fehlt. Sensi-
bilitat normal. Pat. geht grouse Strecken mit llfilfe einea
Stockea, er muss aber Zeit dazu haben und der Weg muss
gut sein; Abends geht er unsicher, weil er sicb dieStellen,
wo er hintreten will , nicht aussuchen kann. Die Urin-
sekretion iat frei ; dagegen besteht leichte Incontinentia
alvi bei gewfthnltcher Consistenz des Stulils ; Eiweiss und
Zucker fehlen im Urin ; Potenz ist crhalten.
2. Fall. Der fruher durchaus gesunde und kraftige
Bodenmeister W., 30 J. alt, sasu EndeJuli v. J. an einem
aufgeklappten Tische achreibend in einem Packwagen
einea stillatehenden Zuges , gegen welchen ein anderer
anrannte. Er wurde bewnastios ; als er erwachte, fand er
-ich auf den Knieen liogend, den Kopf vorafiber gebeugt,
er hattc sich iibergeben. Trotz heftiger Sehmerzen in
der linken 8chulter stieg er allein aus , begab sich zum
Inspektor des (viele Meflen von Berlin entfemten) Bahn-
hofes , meidete sicli dort krank , fuhr aber noch an dem-
s el ben Tage nach Berlin , wo er allein nach Hause ging,
sich zwar zu Bett legte , aber nicht glaubend , dass ihm
etwas Besonderea pasairt aei, lachte er unglaubig, als ihm
ein zufallig hinzugekommener Arzt , welcher eine Fraktnr
der linken Clavicula entdeckte, zur Voralcht mahnte.
In der That fuhlte er sich die ersten 5 — 6 Tage nach
dem Unfalle leidlich wohl, dann aber anderte sich die
Scene. Er ting an ohne auaaere Veranlasaung zu er-
brechen; Schwindelanfalle traten auf, die sich zu Ohn-
niaehten steigerten. Dazu gesellten sich heftigo Kopf-
u. namentlich Kreuzachmerzen, die Stimmnng verdfisterte
sich, Pat. wurde rastlos, leicht aufbranaend, mitAUem un-
zufrieden. Sein Gedfichtnlas nahm ab ; er vergass , was
er eben gelesen hatte , sowie was er eben noch sagen
wollte. Er schrieb Briefe mit kindischem Inhalt und
Satzbau und liess sich nicht abhalten , ale abznschicken.
Die Sprache war nach den Ohnmachtsanfallen lallcud,
fur gewohnlich aber auffallend leiae, das ihm frfiher
eigenthfimliche kraftige Commando war verloren. Schwere
Worte sprach er nur noch mit Muhe aus ; seine Stimmung
iat eine andanernd trube , der Gesichtsansdruck tief lei-
dend, die Farbe bleich kachektisch. Der frfiher so kriif-
tige starke Mann ist in bedauemswerther Weise ver-
iindert, seinMuthgeknickt, dieLebensfreudigkeitdurchaus
geschwunden.
SeitEndeJan. 1876 hat Pat. keine eigentlichen Kopf-
achmerzen mehr , aber dauernd das Gefuhl , als drficke
ein Gewicht sein Him zusammen ; auf der Strasse geht er
oft wie ein Trunkener. Auf der Kopfliaut oder im Ge-
sicht beateht weder Ueberempflndlichkcit , noch Un-
empfindlichkeit. Augen normal ; ehenso daa Geh5r, zeit-
weilig aber Sausen und Glockenlauten. Auch die fibrigen
Sinnes- undGehironerven fnnktioniren normal. Zeitwellig
Pracordialangat mit Brechneigung , SchwindelanfSille und
zeitweiliger Bewnsateinsverluat. Die Bewegungen des
Kopfes sind nach den Seiten bin ziemlich frei , nach vora
nnd hiuten aber schmerzhaft, nnd zwar sitzt dieser
Schmerz in der Tlefe des Nackens , wo auch tieferer
Druck schmerzhaft ist. Nach abwarts hin dagegen iat
schon leichtes Ueberstreiehen der Ilant von der Hohe der
Schulterblatter ab bis zur Mitte des Kreuzbeins soerapflnd-
lieh, dass Pat. dabei rait lautem Wehgeschrei zuruckzuckt.
Energischer tiefer Druck wird bei weitem besser ver-
tragen. Diese enorme Hyperasthesie der Haut erstreckt
sich fiber die ganze hintere Rumpfbalfte nicht ganz bis
unten und nach vora hin bis zur Axillarlitiie. Tiefer
Druck in der Herzgmbe, auf Hypochondrium, Hinterbacken
undUnterextremitaten ist dem Kr. sehr unangenehm. Die
Extremitiiten aind frei beweglich , aber ihre motorische
Kraft ist sehr beeintrachtigt , beaonderB die der rechteu
untem ; die Bewegungen der untern aind sehr wenig aus-
giebig, da aie Spawning der Rficken- und Lendenhaut
und dadurch die lebhaftesten Sehmerzen auslosen. Par-
asthesio und Taubsein flnden sich im Bereich des linken
N. medianus in den ersten 3 Fingern and an der rechten
Unterextremitat. Das Kniephanomen findet sich beider-
seits, das Fussphiinomen fehlt. Hinsetzen und Aufstehen
vom Stuhl gehen langsam und vorsichtig vor aich ; er
steht vomuber gebeugt , auch mit geachlossenen Augen,
ohne Schwanken, n. geht, mit der linken Hand die Kleider
an die hyperaathetische Rfickenhaut andriickend , rait
kleinenSchritten, ausserat vorsichtig, meiatmitdem Stook ;
<las rechte Bcin wird ctwaa nachgeachleppt. Fahren im
Wagen iat der Erachfitterung wegen unmoglich. Stuhl
angehalten ; Urinsekretion ungestort; Appetit und Schlaf
inaasig gut.
Indem Bernhardt bei beiden Fallen auf die
Scliwierigkeitaufmerksam macht, die Gehimsymptome
zu lokalisiren , glaubt er die vom RUckenmark ab-
zuleitenden Symptome auf eine Affektion in den
Vorderseitenstrfingen des Rtickenmarks mit walir-
scheinlichem Ausschliiss der weissen Hinterstringe,
aber eventueller Betheiligung der den Vorderseiten-
strftngen benachbarten grauen Markpartien zurtlck-
ftthren zu mtlssen , welche durch die Erschlttterung
des Marks entstanden ist. In dem 2. Falle dilrften
auch die Meningen an dem entzilndliehen Processe
Theil nehmen. Der Grundcharakter des auf diese
Weise entstandenen Krankheitsbildes ist der einer
allgemeinen Abschtodchung, eines allgemeinen Dar-
niederliegens der normal von Him und RUckenmark
ausgettbten Funktionen. Ftir schwerere Fille dieser
i
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244
IV. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
Art giebt ea keine bessere Bezeichnung ala die einer
geknickten Existenz , einer wandelnden Ruine. Die
Behandlung anlangend , empfiehlt B. absolute Rube
in geistiger wie leiblicher Beziehung , Linderung der
Schmerzen durcli Blutentzieh ungen oder Narkotika,
Bader und spftter kraftige Diat, frische Luft, gymna-
stiflche Uebungen , Anwendung elektriacher und mo-
dificirter Kaltwaaserkuren. (S e e 1 i g m tt 1 1 e r.)
460. Bin Fall von Agrapbie ; von Dr. George
Shearer. (Jonrn. of ment. Sc. XXI. p. 583. Jan.
1876.)
Ein 42jihr. Mann , der stark ranehte and sein Bier
trank , aber dnrchaas miseig , verlor , nacbdem er Tags
suvor fiber gross e Mfidigkeit geklagt hatte , plotxlich die
F&faigkeit, zu schreiben. Bei jedem Versuche , zu schrei-
ben , bedel ihn eine grosse Angst , ,als wenn Jemand auf
einer Fallthur stebt, die jeden Augenblick ihn hlnunter-
sturzen lassen kann“. Eben so wenig konnte er seinen
Namen unterschreiben, bis erschlusslicbausdndigmacbte,
dase ihm dies* bei gescblossenen Augen gelang: spater
konnte er wieder schreiben bei Verschluss eines Auges
und schlfisslich auch wenn beide Augen geSITnet waren,
aber nur anf hSchstens 15 — 20 Minuten. Ausserdem lltt
er an Hemiparese der linken Korperhalfte. Im Beginn
der Rrankheit 1870 hatte er schi&sslich pl5tzlich Anlalle
von Diarrhoe, weiche jeden Morgen vor dem Fruhstiick
unerwartet und st&rmisch eintrat.
Im April 1876 hatte Pat., wenn seine taglichen amt-
lichen BrieCe geschrleben waren, keine 8chreibkraft mehr ;
11 Tage lang hatte er au einem Extrabriefe geschrleben.
Bo bald er 20 Min. lang geschrleben hat , fuhlt er , daas er
aufgeregt wird, als wenn das, was er schreiben wolle, von
den schwersten Folgen ware Oder als ob eine traurlge
Katastrophe eintreten musste. Diese Aufregung versetzt
ihn in grosse Angst, so dass er sehr schnell schreibt ; fahrt
er trotzdem fort, so verlaest den linken Arm allmalig die
Kraft, wie den rechten Arm eines Zlmmermanns, der eine
halbe Stunde lang Hoiz gesagt hat. H5rt er dann noch
nicbt auf, so erstreckt sich das Gefuhl von Hulflosigkeit
auch noch auf das linke Bein und schiusslich trritt in den
Eingeweiden eine Bewegung ein, als wenn er das starkste
Abffihrmittel genommen hatte. Alsdann ist er auseerst
erschopft , der Gesichtsausdruck ist scheu und angstlich,
ein Geffihl von Unfahigkeit sich zu bewegen kommt fiber
ihn — er lechzt nach einem Btimulans, Brandy u. Wasser
nnd nach friscberLuft. Hat er denAnfall soweitkommen
lassen, so ist fur die nachsten 8— lOStd. der Anblick von
Feder und Tinte ihm ganz uuertraglich.
Im Juni 1876 konnte Pat. die Briefe an seine Frau
wiedenim nur mit gescblossenen Augen schreiben.
Zu bemerken ist noch , dass Lesen den Kr. noch
echneller in Jenen Znstand von Hfilflosigkeit versetzt , als
Schreiben. (Seeligmfiiler.)
461. Der Gehirnbeftmd bei allgemelner
Paralyse; von J. Mierzejewski in Petersburg.
Arch, de Physiol. 2.8dr. II. 2. p. 195. Mars — Avril
1875.)
M. berichtet zunMchat fiber seine mikroskopischen
Untersuchungen der Zwischengewebe der weissen
Substanz der Hirnwindungen im normalen Zustande.
Die Prfiparationsmethode von R a n v i e r bat er dahin
modificirt , dass er Stficke von der weissen Substanz
der Hemisphiren von 1 Ctmtr. Cubikinhalt wahrend
12 — 24Std. in eine Vjprocent Lfisung von Osmium -
sfiure legte und aus der Schicht unmittelbar aus der
sehr festen ftossern Kruate Schnitte machte. Das
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Ergebnisa dieser Untersuchungen wird in folgendAs
Satzen zusammengefasst.
1) Zwischen dem interstitiellen Qewebe desNeu-
gebornen und des Erwachsenen besteht ein wesent-
licher Unterschied. — 2) Zwischen den nervtoen
Elementen der weissen Substanz in den Hirnwindun-
gen Erwachsener findet sich kein anderes interstitielles
Gewebe als das von R a n v i e r im Rttckenmark nach-
gewiesene. Das Bindegewebe besteht aus platten
Zellen, Lymphzellen u. gekreuzten Bflndeln. Letztere
haben keine organische Verbindung mit den Binde-
gewebszellen , sondern jedes dieser Elements ist eine
abgesonderte histologiscbe Einheit. — 3) Henle's
Metbode, die feinen Bindegewebsbttndel von den
Achsencylindern nach dem verschiedenen Wider-
stande gegen kaustisches Kali zu unterscheiden , ist
nicbt stichhaltig. — 4) In der Nachbarschaft der
grauen Himrinde konnte M. kleine multipolare Zellen
isoliren , mit runden oder platten Kernen , stark ge-
fkrbt durch das Pikro - Carminat ; mit 3 bis 4 Fort-
sfttzen, die sich durch ihre runde Form und ihre
GrOsse von den sich kreuzenden Fasern (sie Bind
2 — 3mal dicker) unterscheiden lassen. Ihr Lings-
durchmesser betragt 0.007 — 0.010 Mmtr. , die des
Kerns 0.005 — 0.007 , die Lange der Fortsatze er-
reicbt zuweilen 0.034. Ob diese Zellen bindegewe-
biger oder nervdser Natur sind , ist nicht festzustel-
len. Meynert hat sie ftir Ganglienzellen erklart.
(8tricker’s Gewebslehre p. 709.)
In der weissen Substanz der Hirnwindungen von
Neugebomen hat M, folgende verschiedene Fonn-
elemente gefnnden : 1) Platte Zellen von ovaler Form,
von 0.005 bis 0.007 Mmtr. GrOsse, mit 2 — -3Keni-
kOrperchen. 2) Winklige polygonale Zellen mit sehr
dttnnen und kurzen Fortsatzen. Zuweilen sind sie
in parallelen Reihen angeordnet (Jastrowitz).
3) Karper ohne Kerne oder amfiboide Karper von
sehr unregelmassiger Gestalt, Osmiumsaure fkrbt sie
schwarz , die unter 1) und 2) erwabnten grau. Sie
liegen dem Achsencylinder auf und bilden varikfiae
Ketten ; zwischen den einzelnen Karpern lagern sich
Myelinkarner auf dem Achsencylinder ab.
Die non folgenden Auseinandersetzungen fiber
den Hirnbefnnd bei allgemeiner Paralyse sttttzen
sich anf 17 Falle, weiche M. in Petersburg und inn
Asyl St. Anna zu Paris beobachtet hat. Die Gehime
wurden sowohl im friachen , wie im erharteten Zu-
stande untersucht Ftir die frische Untersuchung hat
M. die oben ftir die Neuroglia angegebene Metbode
angewendet; zur Erhartung des Gehiras die von
Deiters; die mikroskopischen Schnitte wurden
nach der Metbode von Lokhart-Cl&rke oder in
Glycerin untersucht
M. bespricht der Reihe nach den patbologischen
Befund 1) an den Geftssen , 2) an der Zwiachensub-
stanz und 3) an den Nervenelementen.
Ad 1) Die Veranderang der Gefdsse ist sehr
constant und geht den tiefern Veranderungen der
Nervensubstanz voraus. Sie findet sich nicht fiber
ein ganzes Gefltos verbreitet , sondern ist an etnigeo
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245
IV. ■ Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
Stflllen sehr ausgesprochen, an andern fehlt sie ganz,
aelbst in der vorgeschrittensten Periode der Krank-
heit
Im Beginn der Krankheit findet man a) Vermehrung
der Keme an den Wfaden der Capillaren ; b) primUre
(subadventitielle) Extravasation in die Lymphscheide ;
sp&ter c) miliare Aneurysmen ; d) Blutergttsse mit
Raptor der Gefksswknde ; e) Verdickung der Capilla-
ren and der Geftlsse von kleinerem Kaliber mit ho-
mogenem glasigen Aussehen ihrer Wande ; endlich
f) fettige Degeneration der Geffcssw&nde.
a) and b) Die Neubildung von Capillaren iat von
Lubimoff nnd Westphal gelengnet worden,
wefl sie nur erhartete Praparate untersuchten. M.
grttndet seine Behauptung in Betreff der Neubildung
von Capillaren auf kleine Anhange an den Capillaren,
die man bis zu der Lange von 0.070 Mmtr. verfolgen
kann. Auch die verzweigten Zellen im interstitiellen
Gewebe, welche durch ihre Auslaufer mit den Gefilss-
w&nden verbunden sind (R a n v i e r’s Cellules vaso-
formatrves) , kdnnen wahrscheinlich zur Neubildung
von Capillaren beitragen. In Bezug auf die Frage,
durch Wucherung welcher Elemente die Vermelirung
der Capillarkeme zu Stande kommt, ergeben die
Untersuchungen M.’s, dass zueTst und constant die
rnnden, kugligen Elemente der Adventitia sich ver-
mehren ; erst spater , aber schr haufig, die oblongen
longitudinal gestellten und oblongen quergestellten
Kerne der Tunica intima und media. Ausser den
Blutaustritten in der Lymphscheide findet man eben-
daselbst Ablagerungen von rundlicben oder elliptischen
Pigmentkdrnern. c) Die subadventitiale Hamorrhagie
raft in den Gefksswanden zuweilen einen Entztln-
dungsprocess hervor, welcher ihre Zerstbrung und
gleichzeitig die Entstehung von miliaren Aneurysmen
zur Folge haben kann. d) Die Blutergflsse kommen
meist ohne Ruptur der Gefasswftnde (per diapedesin)
zu Stande. Extraparietale Hamorrhagien hatte M. in
17 Fallen nur lmal gefunden. Die GefasswUnde
zeigten in diesemFalle tnehr weniger vorgescbrittene
fettige Degeneration, e) Verdickung der Wande hat
M. bei Gefkssen von grbsserm Kaliber nie beobachtet,
ausser bei colloider Entartung, die aber so selten ist,
dass Vf. sie in seinen 17 Fallen nicht ein einziges
Mai angetroffen hat.
Die ana verschiedenen Partien des Gehirns isolir-
ten Geftlsse und Capillaren haben ein atacheUgea
Aussehen. Dieses kommt nach M.’s Untersuchungen
an frischen und erharteten Pr¶ten dadurch zu
Stande , dass 1) die Capillaren zuweilen sehr kleine
Cadenfbrmige Fortaatze zeigen; 2) durch das Hangen-
bleiben von feat mit der Gefttaswand verbundenen
Bttndeln von sehr feinen verzweigten Bindegewebs-
fasern , und 3) durch den Gefksswknden anhkngende
Bindege webszellen mit polyp enartig ramificirten Fort-
s&tzen.
Ad 2) Mag nan hat zuerst auf die Verinderun-
gen der Zwischensubstanz aufmerksam gemacht und
sie als , inflammation interstitielle diffuse du cerveau“
bezeichnet. Vf. theilt dieeen Process in 3 versohiedene
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Perioden ein. In der 1. Periode findet sich eine sehr
betrftchtliche Veraehrung der Kerne des interstitiel-
len Gewebes, vielleicht urn das Doppelte der Zahl im
gesunden Gehirn. Die Keme sind bald rund , bald
oval, bald langlich mit oder ohne Ausbuchtungen,
mit einem stachelartigen Fortsatz oder mit vielen
glanzenden Nadeln an den Randem veraehen. — In
der 2. Periode sieht man in dem interstitiellen Ge-
webe die spinnenfbrmigen Zellen (Cellules arraignSes),
anfangs mit verschwommenen , spater mit deutlichen
Contouren, welche schon M e y n e r t beschrieben hat.
Diese Zellen sind nicht als dasProdukt einerWuche-
rung der praformirten und praexistirenden Spinnen-
zellen anzusehen , sondem sie bestehen vielmehr ans
Bindegewebskernen und coagulirtem Fibrin , welche
mlteinander zu einem Conglomerat vereinigt sind.
Nur selten darf man sie als wirkliche stemfbrmige
Zellen ansprechen. — In der 3. Periode sind die
Keme des Zwischengewebes ganz ausserordent-
lich geschrumpft. In der weissen Substanz der
scbraalsten Windungen hat Vf. auf einem Quadrat-
centimeter 300 — 250 Keme von winkliger Gestalt
gesehen , deren grbsster Durchmesser 0.004 Mmtr.
nicht flbertraf.
Ad 3) Die Verknderungen an den Nervenzellen
anlangend , behanptet Vf., dass die von den Antoren
als pathologische aufgefllhrten Merkmale nicht cha-
rakteristisch genug sind , urn die kranken Zellen von
den normalen zu unterscheiden. Vf. hat seine Auf-
merksamkeit besonders auf die pyramidalen Riesen-
zellen desLobus praecentralis gelenkt. In derNach-
barschaft der Gefksse sieht man die Ganglienzellen
umgeben und eingeengt durch die vermehrten inter-
stitiellen Elemente, sowie durch ein femes Fibrinnetz ;
oft sind sie vergrfissert. Theilung oder Vermehrung
der Kerne hatVf. nie beobachtet. Spater verliert die
so eingeengte Ganglienzelle ihre fibrillare Struktur,
ftlllt sich mit braungelblichen Molekttlen , der Kem
zerfilllt und die Zelle verliert immer mehr die Fahig-
keit, sich mit C&rmin zu ffcrben. Andere Male ent-
halten die geschwellten Ganglienzellen eine gelbliche,
kbrnige Substanz, die sich in Aether l<5st.
Ausserdem hat Vf. in nach der Methode von
Lokhart - Clarke gehftrteten und prftparirten
Schnitten eigenthtimliche ovale KiSrper in der weissen
Substanz der Stirn - und Hinte rhauptslappen gefun-
den, von 0.019 Mmtr. Breite und 0.075 Mmtr. Lange.
Sie bestanden aus einer uniformen Masse , die sich
mit Carmin fUrbte imd keine amyloide Reaktion gab.
Indem sich diese ovalen Kdrper verlangerten, stellten
sie varikOse Bander von 0.004 — 0.010 Mmtr. Breite
dar. Beide Formen hHltVf. nach dem Vorgange von
Hayem ftlr hypertrophische Achsencylinder.
Die Bcigabe vorzttglicher colorirter Abbildungen
erleichtert das Verst&ndniss der Abhandlnng ausser-
ordentlicb. (SeeligmtUler.)
462. Fall von Reflexl&hmung naohSohoss-
verletzung; von Dr. Schwahn. (Deutsche mil. -
arztL Ztschr. V. 6. p. 339. 1876.)
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246
IV. Pathologie, Therapie h. mediciniache Klinik.
Lieutenant B. erhielt in der Schlacht bei Sedan am
1. Sept. 1870 einen Fleischscbuss an der Aussenseite dee
linken Obcrsehenkels ; die Kugel bewirkte 5 Ctmtr. fiber
deni Kniegelenk einen ca. 35 Mmtr. Iangen , horizontal
verlaufonden Schunskanal im anssern Dritttheil deg Ober-
schenkelg. Lie Verletzung hattc zuerst Anschwcllung
und Schmerzhaftigkeit des linken Kniegelenks zur Folge
und verheilte in etwa 4 Wochen. Im Oct. 1870 zum
raobilen Truppentheil zurfickgekehrt , machte B. alie An-
strengungen dee Dienstes mit. ohne andere Beschwerden,
als ein ab und zu auftretendes Muskelzucken im liuken
Oberschenkel. Anfang 1873 bemerkte B. Abmagcrang
und gehnelleres Ermuden des linken Being , Unfahigkeit,
das Knie vollkommen zu beugen und schmerzhafte spa-
stische Beugungen des linken Kniegelenks, die 25—30
Sek. datierten nnd sich in kurzen Zwischenzeiton wieder-
hoiten.
Anfang Juli 1873 fand S. bei dem sehr kraftigen,
frisch und bliihend aussehenden Herrn B. an der Aussen-
seite des linken Obergchenkeis 5 Ctmtr. fiber dem Knie-
gelenk zwei runde Hautnarben von etwa Groschengrosse.
Die ausaere war beweglich und nicht schraerzhaft, die
lnnere mit den tiefer liegenden Theilen verwachsen , bei
Druck auf dieselbe entstanden kribbelnde Empflndungen
an der AussenBeitc des linken Unterschenkcls. Die
Mnskulatur der linken Unterextremitat mit Einschluss
der Hinterbacke crschien magerer und schlaffer als an
der rcchten ; der linke Oberschenkel niaass in der H5he
der Schussnarbe im Umfang 4.25 Ctmtr. weniger als der
rechte. Das Schmerzgefuhl war nicht herabgesetzt , die
faradischc Erregbarkeit crhdht , die Wirbelsaule nlrgends
bei Druck emptindlich. B. gebrauehte in den Sommern
1873, 74 n. 75 4 — 6 Wochen lang Bader in Wildbad und
daneben , sowie im Herbst 1873 den constanten Strom.
Am 2. Juli 1875 wurden von Prof. Roger in Marburg die
sehr festen Narbenstrange , welche die innere Narbe
trichterformig einzogen , subcutan durchschnittcn. Ende
1876 war der Zustand des Beines nahezu derselbe , wie
im Jnli 1873 ; achon each 1 /, Std. stellten slch Schwache
und Lahmheit des linken Beins ein . obenso kehrten jene
spastischen Contraktionen immer wieder.
S. halt den Fall fttr analog mit den beiden von
finmke (Virch. Arch. LII. p. 442; cf. Jahrbb.
CLII. p. 28, wo sie Bar wink el mit Recht fttr
Drucklahmnngen erklkrt) nnd den 2 von Leyden
(Klinik d. Rttckenmarkskrankh. 2. p. 232) be-
obachteten Fallen von Reflexlahmung nach Schuss-
verletzung und nimmt eine von der Narbe in Zweigen
des Plexus lumbosacralis aufsteigende Neuritis als
Ursacbe an. (A. Seeligmtlller.)
463. Ueber Asthma dyspeptioum ; von
Prof. Henoch. (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 18.
1876.)
H. beobachtete in Gemeinschaft mit Traube
bei einem j ungen Kinde einen eigenthttmlichen Sym-
ptomencomplex von bedeutender Dyspnoe mit sehr
frequentera, oberflacblicbem Atlimen, Cyanose, aus-
serst kl einem Puls und KUhle der Hande (bei Ab-
wesenheit jeder objektiven Stfirung am Herzen oder
in den L ungen), welchen er mit Traube, gestQtzt
auf die Versnche von S. Mayer u. Pfibram
(Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. Jnli 1872) in folgender
Weise zu erklaren geneigt ist. Durch den vom
Magen ausgehenden Reflexreiz entsteht vasomoto-
rischer Krampf in den kleinen Arterien, daher die
Kftlte der Extremitaten, der unfilhlbare Puls, Stanung
jm Yenensyatem und im rechten Herzen, Cyanose,
Ankaufung von Kohlensaure im Blut und dadjBKh
bedingt die frequentfe dyspnotische Respiration.
Das betr. Kind , ein 9 Mon. alter Knabe , seit 10 T.
entwfihnt, war mit Knhmilch ernihrt , im Bonita von
5 Schneidezahuen , abgeeehen von elner habituellen Hart-
leibigkcit stetsgesund, wurdc am N'achmittage des 21. Min
1875 nach dem Genusse von Milch und Wasser (gl. Th.)
von Erbrechen befallen , welcheg sich am 22. nach jedem
Geniessen von Milch wiederholte. Daa Kind sah etwas
verfallen aus, zeigte m&ssig beschlennigte Respiration,
schric viel und war sehr unruhig. Nach Verabreichung
von Calomel erfolgten am 23. fruh drei grune Stuhle.
Das Erbrechen hatte aufgehort, aber das Kind hot ein
ganclich verandertes Aussehen dar : aueserst angst lichen
Gesichtsausdruck . sehr frequente, jagende Respiration,
kleinen, fast unfuhlharen Puls, auffallende Blasse der
Haut, Cyanose der Lippen, vollige Theilnahmlosigkeit.
Die wiedcrholt vorgenommene Untersuchung der Brnst-
organe ergab nicht die geringste Icrankhafte Verdnderung.
weder in den Lungen, noch am Herzen. Trotz hydro-
therapeutlschonUmschlagen, nebenKampher und Benzoe,
wurden Collapsus und Cyanose bis zura Abend intensiver,
ebenso die Dyspnoe fRcsp. 60 in der Min.), um Mltter-
nacht war der Puls unffiblbar, das Athmon wurde un-
regelmassig. Der behandeinde Arzt , Dr. M ay er, ent-
scbloss sich , den Tod erwartend , zur Applikation von
10 trockenen SchrBpfkopfen auf den Thorax. Schon wah-
rend dersolben licss die Unruhe nach , das Kind schlief
ein, das Athmen wurde regelmassiger. Als uacb */, Std.
wieder Unregelraassigkeit desselben bemerkt wurde , Hess
M. aberraals den Thorax mit Schrfipfkdpfen bedecken.
Dabei nahm das Kind theeloffelweiBe Ungarwein mit
Fleischbrfihe , wahrend es vorher jcde Nahrung bpharr-
lich zuruckgewiesen hatte. Am 24. frfih war die Respira-
tion von 60 auf 36 zuriickgcgangen , der ganse Korper
gleichmassig warm , aber der Puls noch nicht fiihlbar.
Am 27. vollkommenes Wohlbefinden. Ein am 6. April
sich ahnlich ankiindlgender Anfall wurde dnrch Applikation
von 4 Schr6pfk3pfen rasch unterdrnckt.
H. theilt feraer folgenden Fall mit, welcher in ent-
scheidender Weise beweist , dass eine Magenreizung
allein die Ursacbe des bestehenden Symptomencom-
plexes werden kann.
Am 10. Nov. 1875 crschien in H.’s Poliklinik ein
9jahr. Madchen in einem bejammernswerthen Znstande :
heftigste Dyspnoe, Reap. 70, stShnende Exsplration,
ansserst kleiner nnd schwaeher Puls, 108 in der Mlnnte,
ausserstc Schwache , so dass zu verwundem war , wie das
Kind den 10 Min. wciten Weg hatte zu Fuss zurucklegen
kfinnen. Ausserdem klagte Pat. fiber Kopfschmerzen und
grosse Empflndlichkeit in der Magengegend , welche ancb
in der Rtickenlage etwas aufgetrieben war, einen tympani-
tischen Schall gab und gegen Druck empfindlich war.
Erst am Abend vorher hatte Pat. fiber Stiche in der Magen-
gegend zu klagen begonnen und nach einer sehr nnruhigen
Nacht sci erst am Morgen Dyspnoe und Cyanose hinzn-
getreten. Hen und Lungen gaben einen durchaus nor-
rnalen Befund. Noch bevor das Kind die verordneten
kleindn Gaben von Morphium geuonimen, wurde es, kanm
zn Hanse angelangt, von spontanem Erbrechen befallen,
wodurch bis zum Abend wlederholt 8peisereBte herans-
befbrdort wurden , unter denen sich grosse Stuoke eines
unverdauten Eies bcfanden. Nun kam es herans , daw
das Kind am vergangenen Tage , nachdem es viel in der
Stadt umhergelaufen war , mit grosser Hast ein hartes El
vertchlungen hatte. Nach der Entleernng dieser MaWfln
erfolgte ruhiger Schlaf und Wohlbefinden.
In diesem Falle aehen wir durch den Reis un-
verdauter Ingesta, daa „ Asthma dyspepticum a eat-
stehen, nach der Evacuation dor reiaendea Stnffc
aber wie durch Zaober verschwinden.
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247
IV. Pathologic, Therapie a. medicinische Klinlk.
H.^st geneigt, ancheinen frtther von ihm beobach-
teten and dnrch Kreosot geheilten Fall von Gkhrungs-
dyspepsie, sowie andere Falle von Dyspepsie, welche
auch ohne nachweisbare Gasausdehnung des Magens
oder Colons von Oppression begleitet sind , auf einen
Reflex auf den N. vagus zu beziehen.
Schlttsslich theilt er noch 2 andere Falle mit;
in dem erstern schien eine Verstopfung des Darms,
in dem andera eine dyspeptische Verdauungsstdrung
bei einem 9jttbr. Knaben mit Insufficienz der Mitralis
die Ursache des Asthma zu sein, indem dort ein Ab-
filhrmittel, hier aber ein Brechmittel sofortige Heilnng
hervorbrachte.
In derSitzung derBerl. med. Ges. vom22.Febr.
d. J., in welcher H. seinen Vortrag flber Asthma
dyspepticum hielt, theilten zun&chst einige An-
wesende ahnliche Erfahrungen mit. Sodann setzte
Dr. Senator auseinander, wie die Experimente
von Mayer u. Pfibram zu dem Henoch ’achen
Krankheitsbilde nicht stimmten: dart Sinken der
Pulsfrequenz — hier Beschleunigung ; dort Steigen
des arteriellen Drucks — hier nach der Cyanose zu
urtheilen wahrscheinlich Verminderung desselben;
ferner bei Kohlens&ure - Anhflufung abnorm tiefe
Athemzttge — hier eine sehr oberflkchliche Athmung.
Dr. Lewin ist geneigt, an eine Intoxikation durch
Resorption der bei perverser Verdauung sich ent-
wickelnden Gase, Kohlen- und Schwefelwasseretoff
an denken, wodurch DyspnSe und Asphyxie erzeugt
werden kann; die DDr. Senator, Ewald and
Wiss sprachen gegen diese Annahme. Dr. Be-
gins ky halt dyspnotische AnfSlle in Folge von
Indigeetionen und Stdrungen der Verdauung bei Kin-
dern ftlr durchaus nicht selten und theilte einige der-
artige von ihm beobachtete Falle mit. [Ref. ist
wenigstens fflr die minder hochgradigen Falle der-
selben Ansicht. In Halle wird der beschriebene
dyspnotische Zustand der Kinder von den Mtittern
als „Herzspann u bezeichnet und steht das Streiclien
der Magengegend („B(lssen des Herzspanns“) als
Heilmittel ingrossemAnsehen. Vielleicht, dass durch
diese Manipulation angehaufte Gase ausgetrieben
werden oder selbst Erbrechen der Indigesta hervor-
gerufen wird.j (8 eeligm tiller.)
464. Ueber dreifhohes perikardiales Reibe-
geriusoh und Verdoppelung des ersten Herzlones ;
von Dr. GeorgeJohnson. (Lancet I. 20 ; May
1876.)
Vf. hat die von Dr. Hyde Salter (Lancet H.
4 ; July 29. 1871. p. 151) ausgeaprochene Ansicht,
dass das dritte Reibegerausch dnrch perikardiale
Reibnng am Vorhofe entstehe , in folgendem Falle
best&tigt gefunden.
J. E., ein 66jahr. Gewohnheitstrinker , wurde am
27. Oct. 1873 in das Krankenhans aufgenommeu mit den
Symptomen gnsularer Nierenschrumpfung in vorger&ek-
tem Stadium. Bei der ersten Untersuchung horte man ein
^yatolisehes Reibegerausch , am dentlicfasten zwischen del
linkea Bruatwane und dem Sternum , welches J., da ee
deutlick mit der Systole des Vorhofs synchroniach war,
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auf Verdlckung eines Vorhofs durch Exsudat bezog. —
Am 30. Oct. trat dazu noch ein systolischea Reibegerausch,
am dentlichsten horbar an der Herzspitze etwas nach
links von dcr YVarzenlinie. J. diagnosticirte nun auch
Exsudat an der Herzspitze. Am G. Nov. war daa prii-
systolische Gerausch an der Herzbasis nicht mehr horbar.
Das systolischc Gerausch an der Herzspitze hatte bis zum
8. Dec. an Deutlichkeit verloren , dagegeu horte man nun
ein endokardiales systoiisches Blascgcransch. Wahrend
nach nnd nach das erst vernommene systolische Reibe-
gerausch den Charakter des Reibens immer mehr verloren
hatte , war das mitrale Gurgelgerausch immer lauter ge-
wordcn und hatte bis zum Todc des Kr. angedauert, der
am 3. Jan. erfolgte.
Dnrch den Sektionsbefund — Exsndate auf dem rech-
ten Vorhofe und an der Herzspitze , sowie Verdickungen
der Mitralklappen — wurde die Diagnose bestatigt.
Im Winter 1875/76 behandelte J. im Hospital
7 Kr. mit akuter Perikaxditis , von denen bei 4 drei-
fache perikardiale Reibegerkusche gehdrt wurden,
und zwar zur Zeit , als die Erkrankung iliren Hfllie-
punkt erreicht hatte. Der dreifache Charakter des
Gerkusches war am deutlichsten Uber der Vereinigung
der Herzventrikel mit den Vorhofen zn erkennen ge-
wesen. In 3 Fallen wurde das Reibegerausch nur
doppelt vemommen ; hier war durch zeitige Anwen-
dung von Blutegeln die Steigerung der Affektion,
wie es schien, abgeachnitten worden. Salter ver-
gleicht den Rhythmus des dreifachen Reibegerausches
mit dem Gange eines in kurzem Galopp gehenden
Pferdes. Die ersten beiden Gerilusche folgen knrz
auf einauder , das dritte nach einem etwas liLngern
Intervall , dann entsteht eine Pause , nach welcher
sich die Gerkusche wiederholen. Wenn man die
Hand auf die Herzspitze oder auf die Carotis legt,
wkhrend man anskultirt , tmd dabei die Art der Be-
wegung des Herzens wkhrend des Lebens bertlck-
sichtigt, so kann man nach J. nicht im Zweifel
darllber sein, dass das 1. Reibegerkusch mit der
Systole des Vorhofes , das 2. mit der Systole der
Herzventrikel zusammenflllt , das 3. wkhrend der
Diastole der Ventrikel entsteht, das Intervall zwischen
den Gerftuscheu aber der naclidiastolischen Pause
synchron ist.
Dr. Sibson erklkrt die Entstehung der sogen.
Verdoppelung des 1. Herztones vorzflglich bei Morbus
Brightii durch ungleichzeitige Systole der Herzven-
trikel , indem der rechte Ventrikel wegen der Span-
nung der BlutsSule im grossen Kreislaufe seine Con-
traktiou spkter beendige als der linke. Dieser An-
sicht kann J. nicht beipflichten. Wkre sie richtig,
so mdsste auch der 2. Ton verdoppelt werden , weil
der Schluss der Klappen in der Pnlmonalis eben-
falls spkter zu Stande kommen mdsste als der der
Mitralis. Diess sei aber nieht der Fall. Der Asyn-
chronismus der Bewegung der Herzventrikel ist ttbri-
gens bei der innigen Verbindung der Muskelfasera
beider Herzventrikel ansserordentlich selten. J. hilt
es ftlr erwiesen, dass die Contraktionen eines ausge-
dehnten, namentlich eines hypertrophischen Vorhofes
Gerkusche erzengen und dass die Verdoppelung des
1. Tones bei Morbus Brightii und andern Affektionen,
welche mit Behindernng des Rflckflnsses des Slates
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248
IV. Pathologic, Therapie a. medtetnische Klinik.
aus dem grossen Kreislauf einhergehen, aaf die
Systole des Vorhofs zu beziehen sei. Der Rhythmns
dieser sogen. Verdoppeluug des 1. Herztones sei
genau dereelbe wie der oben beschriebene (bruit de
galop der Franzosen). Die Stelle, wo diese drei
GerAusche am deutliclisten walirgenommen wttrden,
liber der Verbinduug zwischen Herzventrikel und
Vorhof, sei die nfimlichewie bei heftiger Perikarditifl,
wobei an der Herzspitze das Ger Ansel i nnr einfach
oder unbestimmt getheilt walirgenommen werden
konne , wilhreud man es im dritten Zwischenrippen-
raum entscliieden doppelt bare, einfach aberwiederum
liber der Aorta. Dieser Umstand , dass man tiber
der Herzspitze den Ton oft einfach , seine Verdop-
pelung aber nicht wahmelime , sprilche entschieden
gegen seine Entstehung aus derBewegung des Herz-
ventrikels , da die von diesem erzengten GerAusche
an der Herzspitze am deutlichsten gehort zn werden
pflegen. Die ungleiclizeitige Zusammenzieliung der
Herzventrikel und der Vorhdfe Bei aber eine aua-
gemachte Thatsaclie , und dass auf diese gesonderte
Systole der VorhOfe GerAusche zu beziehen seien,
daftlr habe man wenigstens in 2 Affektionen Beispiele :
1) das prAsystolische, Oder nach Dr. Gairdner
systolisehe VorhofgerAnsch bei Mitralklappenstenose,
bei welcher die dnrch Verlangsamung des Blutlaufes
verzOgerte Systole des Vorhofs das fragliche ge-
dehnte GerAusch hervorruft , dem ein kurzer erster
Herzton folgt, bedingt durch die rasche Zusam-
menziehung des nur halb geftillten linken Ventrikels,
und 2) das prAsystolische oder besser systolisehe
VorhofgerAnsch, welches entstehe bei Rauhigkeit der
VorhofsoberflAche durch Exsudate. In diesen Fallen
1st der Rhythmns der GerAusche genau derselbe wie
in den Fallen, in denen diese Verdoppelung des
1. Tones bei Morbus Brightii vorkommt. Diese
Theilung des 1. Herztones ist nach J. ein beinahe
constantes Zeichen bei hochgradigem allgemeinen
Lungenemphysem. Ebenso hat er dieselbe hAnfig
bei Alteni Personen mit rigiden Arterien wahrgenom-
men , selir deutlich oberhalb und rechts von der lin-
ken Brustwarze auch in einigen Fallen von Mitral-
regurgitation. Allen diesen Fallen gemeinsam ist
die Beliinderung der Cirkulation entweder im kleinen
oder im grossen Kreislauf, welche rflekwirkend die
Ausdehnung und Hypertrophie der Vorhdfe bedingt.
Dass die Systole so ausgedehnter und hypertrophirter
Vorhofe Gerausche anzeugen kdnne, ist nach J. im
hfichsten Grade wahrscheinlich. Dieselben kOnnen
entstehen: 1) durch die pldtzliche Muskelanspannung
der Vorhofs wandungen; — 2) durch den Stoss der-
selben gegen die Brustwanduug ; — 3) durch eine
gewaitsame Fortschleuderung der Blutwelle des Vor-
hofs gegen das in dem Herzventrikel verharrende
Blut.
J. vereuchte aus der Stelle, an welcher die Ver-
doppelung der Herztdne am deutlichsten gehOrt
wnrde , zu erkennen , welcher von beiden VorhOfen
die Tbeilong des Tones veranlasse.
Bei Yerdickung des Vorhofs durch Euudat wird
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das ReibegerAusch am beaten im 3. In
vernommen , und zwar mehr nach rechts oder
vom Sternum, je nachdem der rechte oder
Vorhof afficirt ist.
Bei Emphysem mit behinderter Cirkulation in
der Pulmonalis wird das GerAusch mehr am rechtec
Rande des Sternum und nach unten hin gehfirt als
nach links. Bei Nierenkrankheiten und seoiler
Degeneration der Arterienw&ndungen ist das GerAusch
zwischen der Brustwarze und dem linken Stern&l-
rande am deutlichsten , d. h. an der Stelle , wo ein
ausgedehnter Vorhof den Ventrikel ttberdeckt.
(Zinkeisen.)
4G5. Insuffloienz und Stenose der Aorten-
miindung' von DDr. G. Martin undToledano.
(Bull, de la Soc. anatom. 3. Sdr. X. Mare — Avril
1875.)
Der von G. Martin (1. c. p. 245) auf der Ab-
theilung von Widal im Hospital St. Louis beobach-
tete Fall erecheint dnrch die grosse Ausdehnung der
chronischen Entzttndung der Aorta bemerkenswerth.
Eine 38 J. alte, stets regelmussig, aber sparaam men-
struirte, seit dem 19. J. verheirathete Frau hatte im 21. J.
ein Kind geboren, vom lb. — 26. J. an nervfisen Z u fallen
gelitten, war daon 6J. lang wohl gewesen, im 30. J. aber
von Gelenkschmeraen mit Pieber befallen worden. Seit
2 J. waren oftera Erstickungsanffille mit trocknem Hasten
anfgetreten.
Bei der Aufnahme der Kr. (16. Mira 1876) ergab die
Untersuchnng folgenden Znstand: Bleichee , etwaa ge-
schwollenes Gesicht; raiissiges Oedera der Unterextremi-
taten ; kein Eiweiss im Urin. Puls 108, links beinahe un-
ffihlbar , etwas weniger schwach rechts. — An der Here-
basis ein rauhesGerauschanstatt beiderHerztone, nament-
lich beim ersten accentnirt; in den Arterien dee Halses
bestandiges , verstarktes Hausen horbar, ebenso fiber der
ganzen vordem Thoraxflficbe , am lautesten in der Mittel-
linie lings des Verlanfes der Aorta. — Keine Vergr base-
rung der Leber. Widerwilien gegen Spelsen , Schllng-
bewegnngen ersebwert, gefolgt von Uebligkeit und cn-
weilen von Erbrechen. Manchmal Pricordialangst. Veei-
katore in die Herzgegend ; innerlieb eine Miscbung von
Alkohol und Aether.
Mach vorfibergehender Besserung Zunabme der Be-
schwerden am 30. Mara. Vom 3. April ab An fall e von
Eretickung und Schwindel, Aufregnng nnd Schlaflofdgkeit :
imfreiwilliger Abgang des Urins. Tod am 7. April outer
komatosen Erschclnungen.
Autoprie. Hepatisation des rechten untern Lungen-
lappens -. im untern Thelle des obern Lappens der linken
Lunge ein etwa nussgrosser, sehwarzllcb gefarbter , dich-
ter Infarkt , mit der Basis auf der Oberflacbe aufsitxend
und von congestionirtem Parenchym begrenzt. Ira Hera-
beutel keine Flfissigkcit. Einige dfinne, weniganbaftende
Psendomembranen auf der etwas gerotheten Vorderfliche
des rechten Ventrikels. Here sehr gross, Dnrchmesser
auf der Hohe zwischen llerzkammern und Vorhofeu ge
messen 16 Ctmtr. , Lange des linken Ventrikels 13 , des
rechten 14 Centimeter. Die IlOhle des linken Ventrikels
erweitert, seine Wandnng 4 Ctmtr. dick.
Das die grossen BlutgefisBe, namentlich die Aorta
nnd die Aorta thoracica, einhfiilende Zellgewebe entzfindet.
gerfithet. Die Ganglien in der Gegend des Herzens nnd
der grossen Gefasse etwas hart nnd vergrfiseert. Die
innere Wand der Aorta im grossten Theile ihres Verlauf*
mit einer wenig consistenten , leicht abide baren Membran
ttberkleidet ; dfinne, leicht aerrelssliche , mUchfmrbigc
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
249
IV. Pathologie, Therapie n. mediciniache Klinik.
Plattchen im Baibas aortae , atheromatose Einlagerungen
anch beinahe im gaozea Verlaafe der Aorta abdominalis,
namentlicb dick and fest la der Gegend der Theilangs-
stelle der Aorta. In der Aorta thoracica die innere Mem-
bran stellenweise geschwellt and verdickt , anf ihr etwa
10 weisslicbe , halbkuglige , hirsekorn - bis linsengrosse
Erhabenheiten, anf dem Durchschnitte etwas erweicht.
Die Aortaklappen insufficient ; das Lnmen der Aorta
nicbt wesentlieh vergrBsaert. Anf dem freien Haade der
Semilnnarklappen der Aorta mehr oder weniger weiche
papiiienartige Vegetationen von der Groese einer Erbee,
znm Theil aufsitzend, zam Theii gestielt.
Keine Abnormitat der Hirnventrikei ; leicbte Tfipfe-
lnng an der Basis and in der Gegend des 4. Ventrikels;
atheroroatdse Entartnng in alien Arterien der Hirnbasls ;
sehr ausgesprochen namentlicb in dem Stamme der Art.
basilaris.
Die Kapsel der Nieren der Rindensubstanz fest an-
hangend ; an einigen Stellen der Nierenoberflaohe ziemlich
anagedehnte narbige Einziehangen , das Gewebe hier der-
ber and gelblich gefarbt, ubrigens beginnende Erweichang
deaselben; Rindenschicht anf dem Dnrchschnitto etwas
atrophisch. Beinabe in der Mitte des Nierenkelches ein
kegelfbrmiger alter Infarkt , mit nach der Peripherie ge-
richteter Basis und gelblicbcr Farbe. Die Niereaarterien
erweitert and atheromatos entartet.
Die kugelfdrmigen Erhebnngen in der Aorta er-
wiesen sich unter dem Mikroskop ala hypertrophische
Stellen der Tunica interna, zwischen einer Reihe von
parallelen Schichten waren platte Zellen gelagert, in
deren Innerem man keine Keimelemente fand. Diese
Plattchen stellen demnach den ersten Grad chron.
Aortitis dar.
In dem Falle, fiber welchen Toledano (1. c.
p. 328) beriobtet, beetand betrilchtliche Erweiterung
dee linken Vorhofe.
Der betr. Kr. , ein 44 J. alter Elfenbeindreher , der
in Beiner Jngend viel Entbehrungen and Anstrengangen
ertragen and seit 20 J. wegen eines Herzleidens wieder-
holt in Behandlang gewesen war, wurde am 20. Sept. 1874
anf der Abtheilung von Worms im Hospital Rothschild
anfgenommen.
Die Untersnchong ergab gelbgrfinliche Haatfarbe,
sebr starkes systolisches Blasegeransch an der Herzapitze.
Starker Herastoss. Dampfnng in der Lange vom 2. Zwi-
schenrippenraum an bis zur 7. Rippe , in der Quere einen
Finger breit nach reehts vom Stemalrande and bis un-
gefahr 4 Ctmtr. fiber den linken Brostbeinrand hinans.
Pols klein , nnregelmassig. Intensive Atbemnoth bis zor
OrthopnSe. Lebhafte Schmcrzen in der Herzgegend.
Pat. litt hanfig an Blnthnsten , das mebrere Tage an-
hielt, an Schwindelanfallen, Ohnmachten , znweilen traten
Delirien mit Sclbstmordtrieb anf. In rnhigern Zwischen-
pansen be fand er sich verhaltnlssmasaig gut. Anfang Mai
miasiges Oedem der Unterscheokel und Ascites. Tod am
10. Mai 1876.
Autopsie. Herz 666 Grmm. schwer , fettreich , na-
raentlich an der Vorderaeite. Umfang an der Basis 28,
Breite 13 Centimeter. LSngsdnrchmesser vorn 12, hinten
10 Centimeter. Die Wandnngen des linken Ventrikels
12, die des rechten Ventrikels 9, die des rechten Vorhofs
2 Mm tr. stark. Der linke Vorhof 12 Ctmtr. lang, 11 Ctmtr.
breit, seine Wande 4Mmtr., an den Stellen vonGerinnael-
ablagernngen 13 Mmtr. stark. Der rechte Ventrikel war
erweitert , leicht hypertrophirt , sein Yorhof ebenfalls er-
■weitert, die HShle des Ventrikels etwa 4mal geranmiger,
ala die des linken Herzens ; Klappen and Mfindnngen nor-
mal. Im linken Ventrikel fanden sich einige dunkle Ge-
rinnsel , die Wande waren verdfinnt. Die Aortenklappen
waren hart, wie verhomt and mit klein en Aaswfichsen
Med. Jahrbb. Bd. 171. lift. 3.
bedeckt ; das Orlflcinm liess kanm den kleinen Finger
dnrchfuhren. Der linke Vorhof gllch elnem weiten Sacks,
dessen Weite ungefahr der Hfilfte des ganzen Volnmens
des Herzens gleichkam. Er war mit organisirfeen, flbrinfl-
sen Gerinnseln ausgefullt, die an seinen W&nden, nameat-
lich an der hintern Flache, festhingen.
Lnngen congestionirt ; Leber fett; geringer serSser
Ergnss in die Unterleibsh6ble , wie In den Herzbentel.
Gehirn normal.
Wie in andern fihnlichen Fallen von Andral
und T r o i 8 i e r konnte nur die bedeutende Breite der
Herzdfimpfung die Erweiterung der VorhOfe andeuten.
8tokes hat bei Erweiterung der Vorhofe Pnls&tio-
nen oder Compression des linken Bronchus gefunden.
Beides wurde in vorliegendem Falle nicht wahrge-
nommen , daher die Erweiterung nicht diagnosticirt.
(Z i n k e i s e n.)
466. Ueber Ruhr; nach Kelseh; Hand-
field Jones; Czernicki; Leoard; Caspar!;
Berthold.
Im Anschluss an unsere frflhem Mrttheilnngen
tragen wir aus einer filtern Abhandlnng von Kelseh
(Arch, de Physiol. V. 4. p. 406. Juillet ; 5. p. 572.
Sept. 1873) den Sektionsbefund bei chronischer
Dysenterie nach. K. batte flberhaupt 4mal Gelegen-
heit, die Sektion bei an chronischer, in den Tropen
erworbener Ruhr Verstorbenen zu machen. Da sich
die Yerfinderungen nahezu glichen, so kdnnen wir
uns mit der Wiedergabe des einen Befhndes begnfi-
gen. Pat. war als Soldat in Cochincbina erkrankt
und starb in einem Pariser Hospital ein Jahr s pH ter
an Marasmus.
Im Colon, als der am wenigsten erkrankten Darm-
partie, befand sich zwischtm den Ausffihrungsgftngen
der Drttsen ein zartes , jnnges Bindegewebsnetz mit
einer Masse von Kernen, spindelfbrmigen n. grossen,
6 — 10 Kerne enthaltenden Zellen, ansserdem waren
kleine, den Lympbkdrperchen gleichende Zellen vor-
handen. Durchzogen war dieses Nets von einer
Mange sehr feiner neugebildeter Gefksse. Mit einer
grossen Regelmttssigkeit wechselten Drfisen mit den
kleinen „Fleischwkrzchen“ ab. Weiter nach abwlrts
im Darm, nach dem Rectum zu, warden die Drfisen
sparsamer und die Vegetationen nahmen zu, so dim
zuletzt fast nur ein solides, halb aus Zellen, haib aus
Fasera bestehendes Gewebe vorhanden war. An der
OberflAcbe der ursprtlnglicben Schleimhaut, im Urn*
fang der Drtlsenausftlhrungsgllnge war das neugebil^
dete Gewebe am mkchtigsten und gefksareichsten,
w&hrend sich weiter in der Tiefe die pbyaiologische
Drtlsenbildung mehr erhalten zeigte. Besonders auf-
fallend war das Verhalten der (Lieberkfihn’schen)
Drttsen. Im Allgemeinen kamen sie selten vor. Ein-
zelne Parti en waren ganz ohne Drttsen, an ihrer
Stelle sab man nach oben von der normalen Tunica
mnscnlaris weiter nichts als Fleischw&rzchen , ganz
wie bei einer wunden FUche. An den Stellen , wo
die Drttsen noch vorhanden waren, befanden sie sich
nicht mehr in der regelm&asigen Anofdnung (gleieh
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UNIVERSITY OF CHICAGO
250
IV. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik.
• diclit an einander gelegten FlintenrOhren) , sondcrn
ware a auseinander geschoben und in verschiedener
Hflhe von ihrer Unterlage abgedrMngt ; der luhalt der
Drflsen und das Epithel der Innenwand war pfiropf-
fbrmig durch den Ausftlhningsgang hindurcli bis zur
freien OberflAche naeh der Darmhflhle zu ausgedrflckt.
Statt der geraden , zur Oberfliiche senkreclit stehen-
den Richtung war der Drtlsengang gebogen, nach
verschiedener Richtung gekillmmt und gewunden.
Weil die Wucherang des Bindegewebes am stilrksten
nach der freien OberflAche bin war , waren auch die
Enden der Drtlsenschliiuche am stArksten der Com-
pression ausgesetzt, die Ausfilhningsausgilnge schlos-
sen sich demnacb, w Ahrend die DrflsenwAnde selbst
noch in der Tiefe Sekret absonderten. Daraus ent-
sprang eine cystenartige Drilsenentartung , der Drfl-
aencylinder wurde kugelfdrmig , nm das 4 — 5fiache
erweitert, und diese „Rete.nUon8cy8ten“ nahmen
durch gegenseitigen Druck eine perlschnurAhnLiche
Gestalt an. Durch partiellen Schwund der W&nde
solcher Retentionscysten kamen schlflsslich in dem
derben Narbengewebe gro88e , verilstete , rOlirenfOr-
mige, mit glasigein Schleim gefllllte GAnge zu Stande,
in deren blinden Enden noch Massen kolossaler,
wandstAndiger Epithelzellen vorhanden waren. — In
den solitArcn Follikeln derSubmucoaa fand sichtheils
einfache Volumsvermehning mit enorm erweiterten
KanAlen vor; anderwArts waren die Follikel ge-
sehwunden und an ihrer Stelle eine gefaltete , platt-
gedrflckte Hflhle vorhanden. Am Grunde solcher
Ildhlen fand sich noch ein Zwischengewebe, wfthrend
nach oben bin die Umgebung zerstbrt war, so dass
der Hals des Follikelganges weiter war als die Basis.
Das Epithel dieser erweiterten Follikel hatte eine
becherfbrmigc Gestalt. Die GefAsse der Submucosa
lkatten verdickte Wftnde , die LymphgefAsse ein ge-
schwelltes Endothel , sie enthielten freie Kerne Oder
gro8se ein- bis mehrkernige Zellen.
K. verbreitet sich schlflsslich noch fiber die Frage,
in welcher Weise die ausgedehnten Lieberkflhn’schen
Drflsenschifluche sich in die Tiefe nach den solit&ren
Follikelhaufen einsenken und gewissermaassen an
Stelle des erweicliten lymphoiden Gewebes treten. Er
liSlt sowolil einen aktiven Vorgang fflr mflglich, in-
dem die nach der Oberfliiche zu mit Schleim verstopf-
ten Schltiuche sich am leichtesten nach den solitftren
Follikeln hin ausdehnen kflnnen , ist aber auch nicht
abgeneigt, die Gegenwart der Lieberkflhn’schen Drflsen
innerhalb des entleerten Follikelraums als einen rein
passiven Vorgang anzuselien, indem sich die Schleim-
hant, nachdem sie durch Entleerung der Follikel ihre
Basis verloren, in den leeren Raum liineinsttllpt.
Dieses „effondrement“ der Schleimhaut hat Colin
schon iMngst auch bei der akuten Ruhr coustatirt
(Arch, de mdd. 4. 8<$r. XVI. p. 432. 1848) , indem
er die Schleimhaut mit verschieden grossen , 0.5 bis
2.5 Ctmtr. breiten Vertiefungen versehen fand, welche
mit einem harten, erhabenen Wnlst umgeben waren ;
mit blo8em Auge sah man die Schleimhaut scheinbar
unverletzt tlber die Vertiefung und den Rand hinweg-
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ziehen , blies man aber auf die vertiefte Stelle , so
erhob sich die Schleimhaut ampullenformig und zeigte
ein Loch in ihrer Mitte.
VonC. Handf ield Jones werden (Med. Times
andGaz. June 19. 1875) zwei FAlle von chron. Ruhr
mitgetheilt.
Der eine Pat., ein 8oldat, der l&ngere Zeit in Indien
gedlent hatte , wnrde scheinbar geheilt entlassen , auch
hatte sein Korpergewicht um 80 Pfund zugenommen.
Einige Monate spater kehrte er aber in ganz erschopftem
Znstande zuruck und starb bald darauf. Die Sektirm ergab
eine mausige Peritonitis und multiple Leberabscesse
jungern und altem Datums. Die Leber wog 117 Unzen
(ca. 3600 Gramm). Vom Cocum an , wo die stark ge-
rothete Schleimhaut erodirt war u. Geschwure mitkleinen,
gran gefarbten Flecken vorhanden waren, begann die
dysenterische Veranderung den ganren Dickdarm hin*
doroh. Derselbe war dcr Sitz einer grauen Ulceration mit
streckenweiser Ablagernng schwarzen Pigments.
Beim 2. l'at. trat Heiiung ein. Klystire mit salpeter-
saurem Silber, sowie Opium u. Ergotin innerlich schienen
eine heilsame Wirkung gehabt zu haben. Allerdings hatte
die Erkranknng auch nur 6 W. gedauert.
Epidemisch trat die Ruhr in den JJ. 1873 und
1874 , von Strassburg aus eingeschleppt , in einigen
im Renchthale gelegenen Ortschaften auf (Aerztl.
Mittheil. a. Baden XXIX. 12. 1875).
Im Herbst 1873 war die Krankheit in 3 Dorfern ver-
breitet. In Nussbach starben von 229 Kr. 29, inUlm von
36 Kr. 9, in Tbiergarten von 74 Kr. 18. In benachbarten
Gemeinden wurden noch 10 Sterbefalle notirt. Sonst gab
es in ganz Baden keine Epidemie. Ohne dass sonst sich
die Ruhr gezeigt , brach in demselben Thale im Juli 1874
die Krankheit von Neueui aus und dauerte bis in den
Oktober. In Haslach erkrankten von 601 Einwohnern 38
(gest. 16), in Ulm von 1517 Einw. 9 (gest. 3), in Oppenau
von 1879 Einw. 46 (gest. 12) und in Stadelhofen von 716
Einw. G (gest. 3). Die Sterhlichkeit in der ersten Epidemie
betrug daher 17, in der letzten 31°/„. Es waren sammt-
liche Altersklassen vertreten.
*L 6 c a r d berichtet (Rcc de m&n. de mdd. etc.
milit. 3. S€r. XXXI. p.568. Nov., D6c. 1875) flber
zwei Ruhrepidemien in der Garnison von Rochelle.
Die erste dauerte vom 18. Juli bis 19. Oct. 1873
und befiel ca. 10 # / 0 der Mannschaft (164 Mann), die
zweite, vom 3. Aug. bis 26. Oct. anhaltende war
weniger extensiv, indem nur 4.5°/ 0 (85 Mann) er-
griffen wurden. Typhoide und choleraAhnliche For-
men felilten bei der 2. Epidemie. Am hAufigsten
war die katarrhalische und die rein bilidse Form,
einige Male kam auch die mit Gelenkrheumatismus
verbundene Form vor, nicht selten war die remitti-
rende oder intermittirende, dem Tropenklima eigene
Form. Von sftmmtlichen 249 Kr. starben 3 , die
mittlere Behandlungsdauer belrug 20 — 24 Tage.
Von den Einzelbcobachtungen mag die nachsteheode
Erw Alin ung flnden.
Ein kraftiger Soldat erkrankte mit heftiger Kollk
und ungewohnlich haufiger DiarrhBe (100 am 1. Tage),
wobei viel schanmiges Bint entleort wurde. Die Zunge
war trocken, der Athem stinkend, der Puls machte 92
Scblagc. An dem folgenden Tage verier Pat., der ruhe-
los anf dem Stable sass, D', Liter Blut. Pat. erbielt
Ratanha, Eisenpcrchiorid, Bleiessig u. Kaltwasserklystire.
sowie Eiseompresscn ohne wesentlichen Erfolg. Zwar
wurden die blutigen StQhle seltner und zeigten schleimige
nnd galligc Reimischting, aber der Puls wurde kleiuer und
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IV. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik. 251
frequenter, die Extremititen warden k<. Trotz der Be-
lebungsmittel trat am 5. Krankheitstage der Tod ein. —
Sektion. Gehim und Lnngen gesund, Herz schlaff, welch,
dtinnwandig, Herzfleisch entfarbt, im rechten Herzen wel-
ches, schwarzes Blut, linkes Herz nud Aorta leer. Magen
und Dunndarme leer, im Colon oberdachhche Vasculari-
satiou und Oedem der Schleimhaut. Dio Zotten und iso-
lirten Drusen gaben der Flache ein sammetartiges, roth-
b ratine s Ansehen. Diese „apoplektiforme Congestion"
erstreckte sich von der Ileocokalklappe bis zum After,
aus welchem ein Scbleimbautstuck prolabirte. Ueschwure
waren nirgends vorhanden, eben so wenig waren zerris-
sene Gefasse zu entdecken. Die Leber war blass, Nleren
and Blase gesund.
Ueber eine kleine Ruhrepidemie wfthrend dea
Sept. 1875 im Lager von Chalon a macht Czer-
nicki folgende Mittheilung (l c. 3. Sdr. XXXLL.
p. 125. Mara — Avril 1876).
Das 8. Dragonerregiment war ana seiner Garnison
mit vollstandig gestinder Mannschaft ausgeruckt und batte
auf elnem Otagigem Marsche, ausser leicht Verletzten,
keine Kr. gehabt. Im Lager waren die Soldaten zu je
2 Escadronen in 2 verschiedenen , 4 Kilometer von ein-
ander entfernten Gehoften einquartirt. Die eine Lag im
Tbale und bestand aus H Gebauden mit einem Ilofranm in
der Mitte, welchcr wegen ungenugendcr Lokalitaten mit
Zelten bedeckt war. Das andere Geboft lag auf einem
Berge, der die ganze Flache beherrschte. die Lokalitaten
waren geraumig. In beiden (juartieren hattc man ver-
nachlassigt, die Senkgrabeu zu reinigen und zu desinfici-
ren, auch war uachgewiesen, dass ein nnmittelbar vorher
daselbst einquartirtes Kuraanirregiment mehrere Kubr-
kranke gebabt hatte. — Seeds Tage hindurch, naeh der
Einquartirnng , liess die Gesundheit nichts zu wunschen
iibrig, dann aber klagten mit einem Male mebrere Solda-
ten in dem Thalquartiere uber DiarrhSen, welche schon
Tags darauf eine blntige Beimischung zeigten, den 3. Tag
began n die Krankheit auch in dem Bergquartier. Binnen
10 Tagen stieg die Ziffer der Erkrankteu auf 39, dann
wurden die Quartiere verlassen und das Regiment nach
dem Monrmelon evacuirt. F.s erkrankteu binnen 20 Tagen
nocb 17 (im Ganzen demnach 56), von denen die melsten
die Entstehung der Kraukheit auf den ersten Aufenthalt
zuruck datirten. Eine weitere Uebertragung auf- andere
Truppen fand niebt statt. Da die Gesammtziffer des Re-
giments 544 betrug, so war demnach das Morbilitataver-
hiltnlss ca. 10 — 11%, bel den Uemeinen war es etwas
hoher (12 — 13%) als bei den Chargirten.
Die Krankheit selbst hatte den adynamiacheu
Charakter : bei mkssigem Fieber war der Krfiftever-
fall und die Muskelsckw&cke, die rapide Abmagerung
aaffillig , die Kr. lagen mit erdfahlem Gesicht und
tief eingesunkenen , glanzlosen Augen und sclnnerz-
liaft verzogenen Zttgen da, Zuerst waren die Diar-
rheien abundant und gallig, Tenesmus, Koliken und
die Entleerung sparsamer, blutiger, eiweisshaltiger
Massen zeigten sich vom 3. Tage ab. Gewohnlich
verlief die Krankheit binnen 10 Tagen. Die Thera-
pie bestand anfbnglich in der Darreichung von Wis-
muth mit Opium , so lange die galligen Diarrhoen
dauerten, dann wurde Ipecacuannha allein oder in
Verbindung mit Calomel gegeben. Ein tiJdtlicher
Ansgang wurde nicht beobachtet.
Zur Therapie der Dysenterie bemerkt Dr.
Caspar! (.Deutsche Klin. 5. 6. 1875), dass er so-
wohl in Kriegslazarethen, als in der Privatpraxis von
den gebrftuchlichen Kurmethoden einen deutlichen
Nutzen nicht bemerkt habe. Dagegen hat er in dem
besonders von Rademacher warn empfolilenen
Natronsalpetei ■ ein heilsames Mittel sowohl bei der
Mastdarmruhr als bej den dysenterischen Dttrcbftllen
gefunden und (lasselbe sehr liMufig erprobt. Bei der
reinen Mastdarmruhr giebt er pro Tag 15 — 25 Gmm.
Chilisalpeter in einer Gummimixtur , bei den dyaen-
terischen Durchfilllen ist indessen diese Dosis viel
zu stark, sie muss auf 5 — 8 Grmm. pro die herab-
gesetzt werden. Ist Erbrechen vorhanden , so wil’d
Wismuth oder essigs. Natron gegeben und erst naeh
Stillung desselben das Natron nitricum verordnet.
EinreibungenvonBelladonnasalbe in die Aftergegend
lindern den Tenesmus. C. betont noch besonders,
dass man sich auf Suppendifit beschr&nke und anoh
in der Reconvalescenz dem Appetit des Kr. nicht
nachgebe. Das Verlassen des Bettes wfthrend der
Entleerung ist strengstens zu vermeiden.
Dr. Berthold in Dresden empfiehlt (Arch. d.
Heilk. XVII. 2 u. 3. p. 262. 1876) Klystire mit
Salicylsuure (2 : 300 mit Zusatz von etwas Alkohol).
Tkglich sollen 3 Klystire gegeben werden. Der
Tenesmus soil danach sofort verschwinden und den
Dejektionen fast augenblicklicli ein Ziel gesetzt wer-
deu. Bei 3 an Ruhr fast hoffnungslos erkrankten
Kindern, von denen namentlich das eine, ein 13jkhr.
Mkdchen, durch den Blutverlust aufs Tiefste erschdpft
war, war der Erfolg ganz ausserordentlich.
(G e i s 8 1 e r.)
467. Fall von allgemeiner chronisoher Pe-
ritonitis mit. Prolapsus des Nabels; von Stabsarzt
Dr. Stitzer und Ass.-Arzt Dr. Rochs in Mainz.
(Berl. klin. Wchnschr. XIII. 21. 22. 1876.)
L. K. , aus gesunder, von erbUchen Krankhelten
freler Familie, war bis zu ihrem 8. J. vollkommen gcsnnd,
zeichnete sich sogar durcb |ihr korperliches and geistiges
AufblQhen aus. Weder sie nocb ihre Geschwister haben
jemals an Scrofulose gclitten.
In ihrem 8. J. (1868) litt L. an einem akuten Exan-
them, angeblicb Maseru, setzte sich aber, da die Krank-
heit erst spiiter bemerkt wurde, im Verlatif derselben wie-
derholten Erkaltungen und Dnrchnassimgen aus. Erst
nach mehreren Monaten bemerkten die Elteru hei unge-
stortem Allgemeinbetinden eine massige Auschwellung des
Unterleibes mit Erscbwerimg der Bewegungen. Diese
und die Druckerecheiuungcn von Seiten ties allmalig stark
aufgetriebeuen Unterleibes auf die Brustorganc nothigten
im Fruhjahr 1871 znr Punktion, durch welche 10 Schop-
pen einer grungelben, stark schanmemleu Flfissigkeit ent-
leert wurden. Oedem der untem Extremltaten soil nicht
vorhanden gewesen sein ; fiber die Zusammensetzung der
abgelassenen Fliissigkeit nnd die BeschafTenheit des Hams
war nichts zn erfahren. Wenige Tage nach der Opera-
tion war L. wieder ganz munter nnd erschien auch noch
im 12. Lebensjahre geistig und kfirperlich frisch. All-
malig schwoll jedocb der IJnterleib wieder an und traten
die alten Erscheinnngen wieder ein, so dass im Frfihjahr
1872 abermals pnnktirt werden musste. Es wurden 15
8choppen der oben beschriebenen Flfissigkeit entleert.
Es trat zwar hiemach nicht so vollkommenes Wohlbefln-
den wic nach der 1. Punktion ein, doch war Pat. geistig
frisch, hatte gnten Appetit und die fruhere gesunde Farbe
kehrte zuruck. Allmalig trat in noch hSherem Grade die
Anschwellung wieder ein, nnd im 8ommer 1873 wnrden
abermals 30 Schoppen der beschriebenen Flfissigkeit ent-
leert.
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252
IV. Pathologie, Therapie u. medicinisehe Klinik.
UngeAhr 4 Mon. nach der 3. Operation blldete sioh
•Ine Ausstfilpimg dee Nabels, in dem eine kleine bohnen-
ffinnlge, eohnell znnehmende, nach 14 Tagen schon faub-
nereigrosse, pralle, fluktuirende Geschwulst aus derBaueh-
hOhle, die Nabelschnurnarbe vor slch her trelbeDd , sich
entwiokelte. So blieb die Geschwulst lingere Zeit nnverin-
dert, wuchz jedoch mit der zunehmendcn Anfullnng dee
Unterleibes. 1m Fruhjahr wurde mit einer Lancette die
Nabelgeschwulst incidirt n. 40 Schoppen der mehrfach er-
wihnten FIfissigkeit abgelassen. Nabel und Leib eolla-
birten vbllig. Es trat eine lang anhaltende Ohnmacht
eta, anf welohe ein mehrtagiges Krankeniager folgte. Es
biieb allgemeine Schwache and Mattigkeit zuruck, gegen
welohe Eieentropfen nichta ausrichteten. Nach und nach
stellte sich trockner Husten eln, and die K5rperfulle und
Kraft nahmen relativ schnell ab ; die geistige Regsamkeit
■elgte sich seitweise noch. Es trat Oedem der untern
Extremit&ten auf und unter allmaliger Abmagernng ikte-
rische Hautfarbung , der Appetit yerschwand , die Ver-
dauung wurde unregelmSssig und es traten Schmerzen
in der Gegend zwisehon Nabel, Leber und Magen ein,
welohe sich spater yorzugswelse anf den Nabel selbst be-
sohrinkten.
Als Vff. die nun 16 J. alte Pat., die fast immer sass,
da sie Liegen und Stehen nicht vertragen konnte, zum
ersten Male (IS. Not. 1876) sahen, fanden sie hochgra-
dige Abmagerung, graue, etwas ikterische Gesichtsfarbe,
Cyanose der Lippenschleimhaut, matte, dumpfe Sprache,
schnelle Athmung. Pat. klagte ledlgllch fiber heftige,
betDmck znnehmende Schmerzen in derNabelgeschwnlst,
sowie oberhalb derselben nach der Leber hin.
Der Umfang des hochgradig aufgetriebenen Unterlei-
bes betrng oberhalb des Nabels etwas fiber 2Mtr., dieNa-
belgeschwulst stellte elnen cylindrlschenKfirper vondurch-
sohnlttl. 0.26 Mtr. Umfang dar. Die gesammte Baucbhaut
zelgte, wie bel Mehrgebarenden, Striae, die Haut der Na-
helgeschwnlBt war sehwarz, an einigen zackenartig her-
▼ortretenden Stellen dunkelroth ; zahlreiche blaue Venen
dnrchaogen die Banchdecken. Links vom Nabel zeigten
sieh 3 Punktlonsnarben ; die Narbe der Nabelgescbvrulst
war nicbt mehr siehtbar, die Nabelschnurnarbe sass anf
dem Gipfel der Geschwulst. Bauchhohle and Nabel-
geschwulst erschienen bei der Palpation mit FIfissigkeit
oder, da nicht alleTheile gleioh reslstent waren, mit einer
elaatischen Masse angeffillt. Die rechte Bauchseite war
reslstenter als die linke, In der, sowie in den zackonarti-
gen Vorsprungen der Nabelgeschwulst deutliche Fluktua-
flbn bestand. Die Hauptmasse war mehr reslstent , die
nach oben sehende FISche ganz hart nnd ansserordentlich
schmerzhaft ; nirgends Hydatidenschwirren.
Die Perkusslon ergab beidereelts von der 4. Rlppe ab
bis znr SchoosBfuge leeren Schall bel alien Lagen , theil-
weise Sehenkelton, anch die Nabelgeschwulst gab absolut
leeren Schall. Durch die Auskultatlon Hess sich, selbst
wenn die FIfissigkeit bewegt wnrde, nichts hfiren.
Die untern Extremitaten nnd grossen Schamlippen
waren Qdematfls. Taglich warden 100 CctmtT. eines stark
sedimentlrenden Haras entleert, der viel harnsauro Salze,
etwas Gallenfarbstoif, aber kein Elwelss enthielt. Belde
Lungen waren zurfickgedrangt, in der reohten, bis auf die
felnsten Bronchien auagebreitet, Katarrh, der Athemnoth
yerursachte. Herzdampfong im 1. bis 3. Intercostalranm,
Herz quer gelagert , mit der Spltze in der rechten Brust-
h&lfte, TCne dumpf, Aktion schwach. VergrSBsenmg nicht
su oonstatiren. Pols kleln, undulirend, etwas beschleu-
olgt ; Temperatur normal. Appetit ganz verschwunden,
Verdaunng retardlrt. Schlaf gerlng. Nirgends angeschwol-
lene Lymphdrfisen ; Haut sprSde und trocken, selten
Sehweiss; Wachsthnm der Haare und Nagel normal.
Sttmmnng deprimirt , Funktionen der Slnnesorgane nor-
mal. Mammae absolnt unentwickelt , Menses noch nicht
dngetreten.
Da die grosse Anfollung des Unterleibes nnd die
brettartige HArte der Banchdecken eine Untersuchong
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der Leber, Milz n. s. w. nicht znliess, anch die
Anamnese keinen Anhaltspunkt bot, so blieb die
Diagnose unbestimmt. Namentlich gait diess voo
der Nabelgeschwulst. Obwohl dieselbe nach der In-
cision 1874 vflllig collabirt gewesen sein sollte, so
mu8ste doch ein theilweise fester Inhalt angenommen
werden. Da sich die Geschwnlst weder reponiren
liess, noch Einklemmungserscheinnngen ein traten,
so bestand sicher kein Nabelbrnch. Die roth gefUrb-
ten fluktuirenden, zackenartigen Vorsprllnge machten
den Eindruck, als ob der Inhalt der Geschwulst theil-
weise in Suppuration Ubergegangen wire. Anch die
Btellenweise Schmerzhaftigkeit sprach dafUr.
Die pralle Anfilllung des Unterleibes konnte
Folge einer Entzflndung mit Hinterlassung ibrer Pro-
dukte oder einer Neubildnng sein. Man konnte an
chronische Peritonitis oder an eine adhkaive Pfort-
aderentzttndung denken, oder bei Nenbildungen an
Degenerationen der Mesenterial- oder Retro peri tonfial-
Drtisen, die auf die grossen VenenstSmme driickten,
oder an eine grosse Cyste, oder an Echinococcus.
Ftir letztere Annahme sprach , dasa in der Familie
stete mehrere Hunde geh<en worden waren nnd
der bisherige Verlauf, wiewohl deutliche Symptome
fehlten. Da die Anschwellung der untern Extremi-
tkten erst spate r ein trat, so musste jedenfalls die
Geschwnlst mehr die Pfortader als die Vena cava
comprimiren. Da das spite Anftreten des Ikterns
eine prim&re Erkrankung der Leber ausschloss , so
mussten anch die Gallenwege comprimirt werden.
Am meisten ftir sich hatte daher die Annahme einer
Echinococcus - Geschwulst im Unterleibe nnd einer
einzelnen Blase in der Nabelgeschwulst. Erstere
schien der grdssten Resistenz nach in der rechten
Seite des Unterleibes zu liegen und durch Druck auf
die Gefisse Hydrops bedingt zu haben. Die Pnnk-
tionen batten dann nur die hydropische FlUssigkeit
entleert, den Echinococcusaack aber unverletzt ge-
lassen.
Gestdtzt wnrde diese Annahme namentlich da-
dnrch, dass, wie V£F. in einer sehr eingehenden Ans-
eisandersetznng — wegen welcher anf das Original
verwiesen werden muss — nachweisen , ftir eine
chron. Peritonitis keine Ursache aufzufinden war.
Ebenso musste, wie Vff. darthun, das Bestehen einer
Affektion der Mesenterial- oder Retroperitonialdrfl-
sen, einer Cystengeschwulst des Ovarium oder einer
Neubildnng ausgeschlossen werden , sowie auch die
Anamnese nicht ftir eine Affektion der serdsen Haute
sprach, welche nach der Angabe von Bamberger
nnd Thomas nach Maseru nur fiussert selten vor-
kommt. Ascites soil allerdings nach Bamberger
bei akuten Exanthemen anftreten, aber schnell wieder
verschwinden , wahrend er im fragl. Falle bei jahre-
langer Dauer nach wiederholten Punktionen immer
wlederkehrte. Man musste also zur Erklamng des-
selben einen lokalen Reiz annehmen. Der lange
Zeft bestehende hochgradlge Ascites bot dagegen
eine Erklamng ftir die Nabelgeschwulst, da naob
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UNIVERSITY OF CHICAGO
253
IV. Patbologie, Therapie n. medlcinische Klinlk.
Bamberger bei hochgradigem Ascites Verstrei-
chungen , HervorwOlbungen und sogar Exulceratio-
oen dee Nabels vorkommen.
Da die Nabeigeschwulat stark fluktairte nnd an einl-
gen Stellen dnrchbreohen zu wollen schten, so schien eine
Incision angezetgt, die jedoch anterlassen werden mnsste,
da fiber Nacht eine rechtseitigc Lungenentziindung elnge-
treten war, die sicb am andern Tage fiber die ganzo Lange
▼erbreitete. Die Sputa waren ikteriech gefarbt. Nach
Ablanf der Lnngenentzfindung in Zeit einer Woche traten
pIStzlich Erscheinungen von akuter Peritonitis auf, wie-
derholtes galllges Erbrechen, anffallende Schmerzhaftig-
keit in der Qegend zwischen Leber und Magen, klciner,
ffcdenfSrniiger Puls. Uebelkeit and Brechueigung gestat-
teten niclit einmal Zufuhrung von Flfissigkeit. Nach eini-
gen Tagen trat ansserordentlicbe Schwfiche der Athem-
bewegang ein. Da dieselbe auf einen erhfihten Druek
auf die Lungen durch die Flfissigkeit im Unterleibe be-
zogen wnrde, so wurde, theils auch zu diaguostischen
Zwecken, mitteis eines Probetrokars puuktirt und dadurch
in 1 8td. ein Liter Flfissigkeit entleert. Die Flfissigkeit
enthielt Chioraatrium, Eiwelss und Gailenfarbstoff. L'nter
dem Mikroskop fanden sich in Ihr zahlreiche kleine, stark
Hchtbrechende, gelbliche, nnregelmasslg geformte Kfirn-
chen ; Scoliees und Hakchen fehltrn. Darauf verstopfte
die Punktionsfiffnung ein gelblicher , gallertiger Pfropfen,
der aus oben erwahnten Kdrnchen bestand. Nach der
Pnnktion Hess sieh eine Abnahme der Flfissigkeit nntor
dem Zwerchfell nachweisen. Die Banchdecken fanden
sicb ausserordentiich dick, wahrscheinlich odematos infll-
trirt, bei der Palpation bildeten sicb tiefe Loclier, die
erst spater wieder verschwanden, so das* anfangs die Le-
ber oberflachlich fur hockerig gehalten wurde.
Gegen die absolute Srhlaflosigkeit warden Opium
und Morphium vergcblich angewendet. Der Iktcrus und
die 8chwache der Athembewegungen nahmen immer mehr
zu und am 4. Dec. 1875 erfolgte der Tod an Ersohfipfung
— nicht an Luugen&dem.
Die Section, welche auf die BauchhOhle beschrfinkt
werden musste, ergab Folgendes. Keine Todtenstarrc.
Zahlreiche Todtenfiecke. Hfichste Abmagerung und be-
dentende ikterische FSrbung. Die Ansehwcliung des Un-
terleibes und Nabels war nicht zusammengcfallcn , die
Hast fiber der Nabelgeschwulst etwas gefaltet. Dio un-
tern Extremitateu und grossen Lahion waren Odematfis
geschwollen. — Nach der Eroffnnng der Bauchhohle floss
nur wenlg gelbiiclie Flfissigkeit ab. Der ganze Ruttm
vom Zwerchfell (oberer Rand der 4. Rippe) ab bis in das
kleine Becken war von einer gallertigen, gclblicben, theil-
weise blutigen Masse erffillt, welche die Eingewcide voil-
kommen bedcckte, ihhen abcr nicht Test adliarirtc, fester
an den Itaucbwandungen. Der ganze Darmkanal mit dem
Magen war zu einem grossen Knaucl verlothet. Das grosse
Netz war vollig in jene Galiertmasse vcrwaudelt. Die
Flexura sigmoidea sah durch eigeuthfimliche Geflissinjck-
tion in ihrer Serosa und zwischen den Gefassplatten wie
ein eylindrischer ausgczacktcr Korper aus.
Das parietale Blatt des Bauch fells war etwa raesser-
rfickendick , mit blutig punktirten Stellen bedeckt und
liess sich lelcht absiehen. An manchen Stellen, besonders
wo das Colon transversum in das C. deseendens umbiegt,
und in der Gegend der Bauhin'schen Klappe fanden sich
strangartige , feste, rothgefirbte Adh&sionen zwischen
betden Bilttern des Banchfeils. Ebensolche Strange fan-
den sich an derMilz, deraPankreas und der untern Leber-
flache.
Die Leber — eine atrophische Muskatnussleber —
war nach alien Seiten mit den angrenzenden Organ en so
feet verwachsen , theils dnreh breitere Membranen , theils
duroh Strfinge, dass sle herausgeschnltten werden mnsste.
Die Gallenbla8e enthielt eine kleine Menge diokflfissiger
Galle ; keine Gallensteine. Die Duct, hepaticus, cysti-
ca*, cheiedoehns waren vollkommen wegzam. Die nicht
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verwachsen en Stellen der Leber waren mit einer dickan
Auflagerung des fibrinosen Peritonaalexsudats bedeokt.
Der Dannkanal vom Magen bis zum After zeigte
nirgends eine alte oder noch bestehende Continuitats-
trennnng. Die Serosa war stark vcrdickt , die Muscularis
schwach, die Mucosa ohne geschwfirige oder narbige Stel-
len, obne Schwellung der drfisigen Organe, gefhltet, ana-
misch. Die Scbleimbaut des Magens zeigte die Erschei-
nungen eines chronischen Katarrhs. Die Mesenterial- and
Retroperitonaaldrfisen, Milz a. sonstige Eingeweide waren
normal.
Der ausgcstfilpte Nabel war vfilllg von Peritonium
ausgekieidet und enthielt dieselbe gallertige Masse wie
die Bauchhohle. Die zackenfonnigen rothen Vorsprfinge
waren besonders ausgedehnte Stellen der Nabelgeschwulst.
Die nntere Hohlvene nud die Lebervenen waren er-
weitert n. strotzcnri gefulit. Die Pfortader war dfinn nnd
vfillig blnlleer, aber wegsam. Ebenso saramtllche arteriel-
len Gefasse. Die Gefasswanduogen waren nicht entartet.
Zwischen den Muskcln dcr Bauchdecken u. zwischen
denen des kleine i Beckens befand sich eine suizige 8ub-
stanz , wahrscheinlich ein langc bestehendes Ocdem des
intermuskularen Zellgewebes.
Die Gallerte war amorph. Unter dem Mikroskop
zeigten sich in ihr 1) eine relativ geringe Menge grauer
kngellger . kemhaltiger , grannlirter Zellen , durchschnitt-
lich 3 — 4mal so gross als Blutkorperchen ; 8) kleinere,
ebenso beschaffene Zellen, wahrscheinlich Blutkorperchen ;
3) eine Anzahl kleiner, stark lichtbrechender, gelblicher,
unregelmassig geformter KOrnchen, wahrscheinlich to*
untergegangenen Zellen berstammend.
Die Gallertmasse war von zahlreichen, oft sehr dlch-
ten Bindegewebszfigen durciwetst , sonst zeigte sich von
einer Organisation keine Spnr. Die auf der Oberflache
liegenden Blntgefassenden stammten vom parietalen Blatt
des Bauchfells her.
Die Peritonitis war nach diesem Befunde als der
eigentliche und einzige Process, der zumTode fiilirte,
anzusehen , alle andern Erscheinnngen waren erst
Folge derselben. Da ein nrsllcliliches Leiden der
Brustorgane fehlte, so wares wahrscheinlich , dass
die Verwachsungen der Leber zuerst ein Cirkulations-
hindemiss in der Cava inferior an ihrem lJurchtritt
durch das Zwerchfell bedingten , hierdurch mecha-
nische Ilyperfimie der Leber — Muskatnussleber —
und dadurch Ascites entstand, welcher wiederum
mechanisch die Peritonitis unterhielt. UnaufgekllUrt
blieb , ob die Peritonitis primftr wfihrend der Maseru
entstand oder ob sie Folge eines wflhrend Oder nach
jener Erkrankung entstandenen Ascites war. Jeden-
falls trat sie von vorn herein chronisch auf und setzte,
wie die Punktionen zeigten , anfangs mehr weniger
serdses Exsudat ab , das erst nach 7jhhr. Bestehen
der Kraukheit , in Folge der allgemeinen Atrophie
nnd der Ernkhrungsstdruug sich gallertig umwan-
delte.
Die Annahme, dass die Muskatnussleber das
PrimAre gewesen sei und die chronische Bauchfell-
entzilndung bedingt habe , ist unhaltbar, weil fllr die
Muskatnussleber erst durch die Peritonitis eine Ur-
sache — ein Cirkulationshindemiss in der untern
Hohlvene — geschaffen wurde.
Die Nabelgeschwulst war wahrscheinlich dadurch
entstanden, dass der fltlssige Inhalt die Bauchdecken
hervordrftngte und dass die zu grosse Dehnung der
Batichwand die Rttckbildnng hinderte. Nach der
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254
IV. Pathologic, Therapie u. medicinische Rlinik.
4. Punktion verwandelte rich der Inhalt der Nabel-
geschwulst ebenfalla in Gallerte , nahm dnrch neue
Entztindungsprodukte des auskleidenden Periton&ura
immer rnehr zu und bewirkte 80 die ungeheore GrOsse
der Geschwulst.
Der beschriebene Fall gehdrte zn den von For-
ster (spec, pathol. Anatomie p. 96) kurz geschil-
derten. (H. MOckel.)
468. Ein Fall von Ascites adiposus; von
Dr. H. B a 1 1 m a n n in Graz. (Med. Centr.-Bl. XIV.
16. 1876.)
Der nachstehende FalLliefert einen neuen Beitrag
zurLehre von den fetthaltigen Transsudaten, welclie
von Prof. Quincke einer eingehenden Besprechung
nnterzogen worden ist (vgl. Jahrbb. CLXIX. p. 66).
Am meisten Aehnlichkeit besitzt derselbe mit dem in
Q u i n c k e’s Aufsatze mitgetheilten Falle von Fried-
reich (a. a. 0. p. 69).
Bei einer 39jahr. Frau, die wegen Ascites in das
Krankenhaus aufgenommen wurde, war seit lingerer Zeit
die Menstruation sehr unregelmassig und hatten sich die
Beschwerden , die durch das Exsudat veranlasst wurden,
verroehrt, Wegen Athemnoth wurde punktirt und 8630
Cctmtr. einer milchigen Flussigkeit abgelasseu. Dieherab-
gekommene Pat. starb 1 Mon. nach der Punktion.
Bei der Sektion zeigten sich die Baucheingeweide
derart verlOthet, dass dadurch in den beiden Seiteugegen-
den der Bauchhohle Kaume gebildet waren, von denen
der rechte serds-eitriges Exsudat enthielt , der linke ein
granweisses , welches der durcb die Punktion entleertcn
Flussigkeit glich. Das Peritonanm war mit bis hanfkorn-
grossen Tuberkeln ubersat. UeberEntstehung des milchi-
gen Transsudats gab die Sektion keine Aufschlusse.
Die Punktionsflussigkeit sah der Milch iihnlich, hatte
einen schwach blaulichen Schimmer und war sehr wenig
pellucid. Sie roch fade, reagirte alkalisch mid hatte 1018
spec. Gewicht. Unter dem Mikroskop waren in derselben
keine Zellen zu erkennen, sondem nur kleine amorphe
Kflrperchen mit Molekularbcwegung. Grossere Fetttrdpf-
chen fehlten. Nach Schutteln mit Aether schied sich nach
langerem Stehen die schwach gelblich gefarbte Aethcr-
schicht von einer nur noch opaleseirenden ziemlich klareu
Schlcht. Nach einigen Tagen bildete sich auf der Ober-
flache eine ziemlich hohe rahmartige Schicht, schncller
und deutlicher, wenn die ursprungliche Flussigkeit mit
dem doppelton Volumen Wasser vorsetzt wurde.
Die Analyse ergab in 100 Tb. Punktionsflussigkeit :
Was8er88.26; feste8toffell.76, darunter 6.08G Eiweiss ;
4.231 Fett; 0.091 Cholestearin ; 0.096 Lecithin; 1.022
anorganische Salze, in Alkobol lOsliche Extraktivstoffe
0.063 ; in Wasser losliche 0.169.
Das Transsudat war reich an festen Stoffen, nauient-
lich an Fett ; Zucker und Harnstoflf wurden nicht gefun-
den. Das Eiweiss war meist Serumeiweiss , nur in gerin-
gcr Menge gehorte es zu dem Globnlin.
Ein ahnlicher Fall wurde von Dr. Bergeret
(de St. L6ger), Hospitalarzt zu St. Etienne, als Ascite
huileuse (Journ. del’Anat. et de la Pbysol. IX. p. 586.
Nov., D6c. 1873) mitgetheilt.
Er betraf ein 27 Jahre altes Madchen, welches im
13. Lebensjahre an Typhus erkrankt gewesen war und
seitdem an schweren Erecheinungen der Scrofnlose litt.
Letztere wurden unter dem Gebrauche von Leberthran
und Nussblattertbce wesentlich gemildert, allein es stcllte
sicb Anschwellung des Leibes ein , welche , trotz der An-
wendnng von drastischen Abffihrmitteln und Diureticis,
so betr&chtlieh wurde, dass hoebgradige Erechwerung des
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Athmens und anbaltender Husten eintrat. Bei der deehalb
ausgefuhrten Punktion wurde eine milchige, leicht blauliche
Flussigkeit von 1007 spec. Gew. nnd ncutraler Reaktion
entleert , in weleher das Mikroskop nur zahlreiche Fett-
tropfen von verschiedener Or6sse , sonst aber keine ge-
formte Substanz nachwies. Unter demEinflusse derHitae
wurde weder das Ausseben noch die ConBistenz derselben
verandert, Salpetersanre bewirkte eret nach einigen 8tun-
den einen leichten gclblichen Niederscblag. Mit Aether
geschiittelt blieb die Flnssigkeit unverandert. An der Lnft
anfbewahrt zeigte die Flussigkeit trotz ziemlich hoher
Luftwarme 6 Tage lang keine Veranderung. Am 6. Tage
bildete sich zwar auf derselben ein schillerndes Hautchen,
eret am 10. T. aber eine Art von Rabmschicht (cremor),
die allmalig zu Boden sank. Dabei war keine Spur von
Fanlniss zu bemerken, nur die Reaktion war in Folge der
Bildung von Fettsauren leicht sauer geworden. Sowohl
die Rahmschicht als auch das Sediment zeigten unter dem
Mikroskop gelbliche und graue, dasLicht stark brechende
Grannlationen. Das Fett war, wieB. noch besonders her-
vorhebt , so innig cpiulgirt , dass die beschriebenen Ver-
anderungen erst nach so langer Zeit aufgetreten waren.
Als einen Monat spater wegen erneuter Ansammlong
eine 2. Punktion noting geworden war, wurde eine weise-
liche Flussigkeit von neutraler Reaktion und 1007.40 sp.
Gew. entleert . die jedoeh aus einem Serum bestand und
anstatt der Fetttropfen liehtbrechcnde Granulationen ent-
bielt. Die chemische Untersuchung ergab jetzt im Liter
16.70 Grmm. Fett, ziemlich viel Eiweiss und Cbiorure,
eine geringe Menge von Sulphaten und Spuren von Phoe-
phaten. (H. MSckel.)
469. Ueber den Einfluss des Erysipelas
auf Syphilis : von A. Deahna. (Vjhrschr. f. Der-
matol. u. Syph. III. 1. p. 57. 1876.)-
Vf. giebt eine kurze Uebersicht deijenigen An-
gaben von Antoren, welche von dem Einflnsse akuter
Erkrankungen auf eine bestekende Syphilis handeln.
Bekanntlich sind verschiedene Beobachtungen ver-
5fFentliclit,.nach welchen bei dem Hinzutretcn akuter
Erkrankungen die syphilitischen Neubildungeu zum
Schwiuden kamen. Fast immer erfolgten indessen
spater Rtlckfaile , nur aimnahmsweise trat dauemde
Heiluug ein. Die folgende Beobachtung Vfs. lftsst
den Eintiuss ernes Erysipelas auf die in der Bid the
steheude Syphilis sehr deutlich wahmehmen.
F. G. , ein 27j&hr. Holzknccht, wurde am 25. Nov.
1873 in die chirurg. Klinik zu Freiburg aufgenommen.
Er litt seit 7 J. an einer ohne aussere Veranlassung ent-
standenen chronischen Entzundung des linken Ellenbogen-
gelenks , so dass seit 4 W. mehrere Fisteln entstanden
waren. Die Aufnabme in das Hospital wurde wegen eines
makulfts-papuloscn syphilitischen Exanthems uachgesncht,
welcheB vor 6 W. unter starken Fiebererseheinungen zura
Aushrucli gekommen war. Der Ausschlag war ziemlich
gleichmiissig uber den K5rper verbreitet. An der phimo-
tisch gewordenen Vorhant sassen verschiedene lndnratio-
nen ; am iunern Vorhautblatt befanden sich 4 kleine Ge-
schwure : ausserdem bestand allgemeine Driisenanschwel-
lung, leicliter Rachcnkatarrh und Papelbildung an beiden
Mnndwinkeln. Der Kr. erhielt 4 Iujektionen von Hydr.
bichlorat. corr. (von je 0.01 Gramm). Am 3. Dec. wurde
der in gestreckter Stellung flxirte Arm in der Chlorofora-
narkose rechtwinkelig gestellt und ein Gipsverband an-
gelegt. Am Abend war holies Fieber eiugetreten ; nach
Hinwegnahme des Verbandes zeigte sich an der flstulOeen
Wunde ein betrachtlichesErysipel, welches sich nach dem
Oberarm erstreckte; Contagion; war als Ursacbe sehr
wahrsebeinlieh. Das Fieber blieb mehrere Tage hoofa,
erreichte znweilen frfih schon 40.6° C. Im Verlaufe der
nachsten Tage blasste der dnrch die Hublimatinjcktioncn
Original fronn
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IV. Pathologic, Thermpie a. medicinische Klinik.
255
noeh in keiner Wrtw verSnderte Aussohlag rasch ab , am
10. Dee. (7. T. dee Erysipels) waren die Maculae voll-
stindig geschwnnden und anStclic derPapeln fanden sicb
brartne Pigmentflecke ; die Vorhant war normal anzuffih-
len, die Indurationen waren geschwnnden, die Geschwfire
nnd Papeln an den Mnndwinkein verheiit. Das Erysipel
verbreitete sich noch anf Schulter, Brust nnd Kucken,
nad erst am 19. Dec. trat rasche Entfieberung ein, allein
derKraftezustand hob sich nur sehr langsam wieder. Der
Kr. blieb frei bis zmn 17. Jan. 1875, von welcher Zeit ab
sich anfangs successive , spater raacher wieder eine spar-
liche Eruption rother Flecke am ganzen rechten Arm,
Banch, Kucken und untem Extremitaten entwickelte. Die
von Erysipel befallen gewesenen Stellen blieben von dem
syphilit. Ausschlag verschont. Das syphilit. Kecidiv ver-
lief ohne Fieber. Am 4. Febr. entwickelte sich von der
Fiatel aus ein neues , nur den linken Vorderarm befallen-
dee Erysipel; die Dauer betrug 6 T., die hochste Fieber-
liohe 39.4° C. Schon am 3. T. dee Bestehens waren alle
Syphiliserscheinnngen geschwunden u. kehrten aucb nicht
wieder. Der Kr. erholte sich rasch , so dass am 2. Mara
die Kesektion des Ellenbogengelenks vorgenommen wer-
den konnte. Da, wie Yf. annimmt, die W unden Syphili-
tischer schwer heilen [was von andern Autoren geleugnet
oder doch nioht so allgemein bingestellt wird] . so war es
nm so mehr zu verwundern , dass bei dem schweren Ein-
griff die Wunde am 5. April nahezn schon geschlossen
war. Bei der Entlassung des Kr. (10. April) waren die
Erocheinungen der Syphilis vollstandig getilgt, und waren
es geblieben bei der im August erfolgten VorsteUung des
Qenesenen.
Zur Erklarung des Schwindens der Syphilis-
erscheinungen, welche meist spiiter recidiviren, nimmt
Vf. an, dass durch den wilhrend fieberhafter Krank-
heiten vermelirten StofTumsatz auch die in das Ge-
webe deponirten indifferenten Zellen beeinflnsst wer-
den. Ausserdem untersckeidet Vf. noch die flrtliche
Wirkung, d. h. die Stellen, an welchen das Erysipel
selbst znm Ablauf gekommen war. Er flllirt die
Ansicht Banmler’s an, nach welcher unter dem
Einflusae einer st&rkern Blutzufuhr ein regerer Stoff-
wechsel eingeleitet wird und die in das Gewebe ein-
gebetteten Zeilen entweder rascher zerfallen and zur
Resorption gelangen oder wieder in Bewegung ge-
setzt werden. (J. E d m. G tl n t z.)
470. ZurKenntniss der syphilitisohen Epi-
physenabloBung ; von Dr. 0. H a a b. (Virchow’s
Arch. LXV. 3. p. 366. 1875.)
Vf. berichtet liber zwei Ffille, welche nach seiner
Beobachtung, Beschreibung und Beurtheilung von den
bisher durch Wegner, Waldeyer und K ft b n e r
beobachteten Erkrankungen abweicben. Wegner
scliildert den von ihm zuerst beschriebenen patholo-
gischen Vorgang mehr als eine Osteochondritis, so
dass der Ausgangspunkt der Stftrung von ihm in den
Knorpel gelegt wird, der durch die Affektion verhin-
dert werde , sich in Knochen umzu wandein , und in
dem theils zu rasche Verkalkung und zu reichliche
Wucherung seiner Zellen eintrete, sowie eine ab-
norae, gewissermaassen stagnirende, sich verbrei-
ternde Schicht zwischen der Zone des Knorpels und
den Markrkumen der Diaphyse sich hilde , Eiterang
nnd Loelftsung entstehe. Waldeyer und Kftbner
(tagegcn heben mehr eine vom Knochenmark aus-
gehende Granulationsbildung und deren Vordringeu
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in den Knorpel hervor und benrtheilen den Process
als eine syphilitische Granulationsbildung.
Fall 1. Humerus, Femur, Tibia und Fibula eines zu
fruh und todtgeborenen Kindes, daa kcine weitern Zcichen
von Syphilis an sich trug und von Eltern stammte , bei
welchen nur Verdacbt auf Syphilis vorhandeu war, wurden
in geeigneter Weise conservirt u. entkalkt. Periostitische
Erecheinungcn waren nicht vorhanden. Die Gelenkflacheo
der Epiphysenknorpel und der ubrige Theil der Epiphyse
waren normal. Nach der Entkalkung zeigte der durch
den Knochen gefuhrte L&ngsschnitt mikroskopisch folgen-
des auffallige Bild. 1m Bereich des Epiphysenknorpels,
ungefahr 0.6 Mmtr. oberhalb der Ossiflkationslinic , na-
mentlich an der obern Epiphyse des Humerus and der
Tibia und an der (intern des Femur, konnte man eine
ziemlich parallel der Ossiflkationslinic verlaufende feine
Spalte scheu, welche in den mittlem Theilen theils
schmaler, theils breiter gcgen das Perichondrium hin sich
successive verlor. Die aussern Theile des Knorpels war-
den von der Spalte nicht erreicht und hierselbst war der
Znsammenhang zwischen Diaphyse u. Epiphyse noch er-
halten. Die Ossiflkationsiinie verlief bei den untersucbten
Knochen in einem sanften Bogen , scbeiubar nonnal , ab-
geseben von hier und da vorhandencn , unbedcutenden
wellenforraigen Aus- und Einbuchtungen. Entgegen den
F&llen von Wegner u. Waldeyer konnte Vf. nirgenda
ein zackiges Uebergreifen der Ossiflkationszone in den
Knorpel hiuein beobachten. Schon makroskopisch war
die Spalte in der Epiphyse nicht von gleicher Ausdehnung.
Besonders deutlich trat sie an der obem Epiphyse des
Humerus in der Mitte am axialen Theile, dann an der
untern Epiphyse des Femur , hiernach an der untern des
Humerus , der obern der Tibia und am wenlgsten an der
obern des Femnr auf und fehlte am nnternEnde der Tibia
und an der Flbnla.
Vf. hebt hiernach hervor, dass diese Scala nicht
ganz mit derjenigen sich in Uebereinstimmung be-
finde, welche Wegner ans seinen Fallen abgeleitet
hat. Vf. ftlhrt ferner ala sehr auffallig an eine
brfiunliche Verferbung des Knorpels in derUmgebnng '*
der Spalte in einer Zone von 2 — 3 Mmtr. oberhalb
der Osaifikationslinie.
Unter dem Mikroskope erschienen die Markzellen
ohne Abweichung, die Sponglosabalken waren von nor-
maler Dicke , Richtung und Osteoblastbelag. Unterhalb
der hypertrophischen Zone dea Epiphysenknorpels ergab
der Knochen keine Abnormitat. Die Storung zeigte sich
eret in der hypertrophischen nnd In der oberhalb an die-
selbe anstossenden Proliferationszone des Knorpels. Hier
bemerkte man, bald mehr in der einen, bald mehr in der
andern Zone liegend , die betreffende Spalte. Und zwar
Mldete diesclbe nicht auch nur annahernd eine Grdnze
zwischen dem proliferlrenden und hypertrophischen Knor-
pel , sondem es griffen an der einen Epiphyse die Zellen-
saulen dieser hypertrophischen Zone etwas fiber siehinauf
nnd anderwarts wieder zog die Spalte quer durch die pro-
llferircnden Zellenhanfen hindurch. Von denselben er-
Btreckten sich an einzelnen Stellen kurze Aualaufer zwi-
schen die Zellenhaufen hinein oder auch die Spalte theilte
sich , so dass zwischen sic Knorpelinseln zu liegen ka-
men. Diese Spalte ist keineswegs als Kunstprodukt anf-
znfassen , denn die KnorpelgrandsubBtanz war brSnnlloh
verfarbt und zeigte moleknlareTrfibang, welche nioht von
Kalkimpritgnation oder von Fettdegeneration herruhrte,
woffir die entsprechenden bekannten Reaktionen maass-
gebend waren. Die Spalte selbst war mit feinkomigem,
br&unliehem, leicht herausfallendem Detritus, geffiUt, da-
zwischen lagen die Knorpelzellen , welche durch den Zer-
fall der Grundsubstanz frei geworden waren. EilerztUen
oder Granulationtgetoebe waren nirgends zu finden. In der
Nahe dieser Bpaltbilduug waren die Knorpelzellen , zwar
hier und da getrubt und etwas braunllch gefarbt , aber
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
256
IV. Pathologic, Tkeraple n. roedioinische Klinik.
uirgeods in ihrer Anordnuug a. GrSsse gestort, aber nlcht
in dem Grade ergriffen , all Vf. nacb den sonstigen Ver-
andeningen glaubte erwarten zu konncn. An andcrn Epi-
physen zeigten die Knorpelzellen absolnt nichts Abnormes
tmd die feinkfimige TrSbung der Knorpelgrundeubetaiu
betraf nur die der Spalte zanachst liegenden Theile und
stirkere Vermehrnng der Knorpelzellen als bei gesunden
Knochen war auch nicht vorhanden, ebenuowenig war vor-
zeitige Verkalkang von den Randern her bemerklich.
Wenn Knorpelkanale mit der Spalte communicirten , war
nnr eine hrannliche, moleknlare Trlibnng ihrer Kander
bemerklich nnd die hier nnd da in den Kanalen liegenden
Zellen geriethen steUenweise in den Detritus, welcher die
Spalte fullte. Die GrSsse der Spalte war verschieden, an
der untem Epipbyse des llumems war dieselbe klaffend,
mlt regelmassigern, glfittern Contouren, als an andem Epi-
physen. An andem Epiphysen war eine elgentliche
Spalte nnd Defekt nlcht vorhanden , vlelmehr charakteri-
slrte sich die Stelle nnr dnrch eine braunliche , verfarbte
Zone , wie ein Strom , welcher den Knorpel durchflles-
send Knorpclzellengruppen dazwisehen Hess. Dieso Knor-
pelzellen zeigten, ubrigens wohlerhalten , kornige Ein-
lagemng nnd gelbliche FSrbung. An der obern Epiphyse
des Humems dagegen klaffte die Spalte breit, sendete Ans-
Unfer ans nnd hatte stark zerfallene Hinder und lief seit-
lieh gegen das Perichondrium hin als feine Linle weiter;
der von ihr durchzogene Knorpel war zwar nicht verf&rbt,
Jedoch feink&mig getrnbt.
Jene feinkdmige Triibung , welcbe die Linie zu
begleiton pflegt, ist nach Vf. als das erate Stadium
der Spaltbildung za betrachten, welche durch den
hier stattfindenden lebhaften W achsthum process be-
fbrdert wird ; die feiue Spalte wird immer unregel-
m&ssiger und grosser und zuletzt wird in den ober-
lialb und darunter liegenden Partien des Knorpels
der Zusamuienhang gelockert. In den beobachteten
Fallen trat vollst&ndige Ablosung niebt ein , da die
Spalte da8 Perichondrium , durch welches der Zu-
sammenhang noch erhalten wurde , nicht erreichte.
An verschiedenen Epiphysen war die Spalte noch
schmal uud wenig verzweigt, woraus Vf. auf einen
noch nicht lange bestehenden Process schliesst. Am
sttrksten trat der Process an den Partien auf, an
welchen das st&rkste Wachsthum zu herrachen pflegt,
womit Vf. eine fllr diese Stellen in Zusammenhang
stehende charakteristische S Wrung zu begrtinden
sneht. Da die hier beschriebene von den bisherigen
Schildeningen der sypliilitischen EpiphysenlOsnng
bedeutend abweicht und die ayphilitische Affektion
des Kindes im Uebrigen nicht absolnt zn beweisen
war, so kdnnte man, wie Vf. sich selbst entgegen’
halt, den Fall andere, fllr Trauma, Veijauchung oder
sonst wie, erkliiren wollen. Dem widerapricht aber
nach Vf. der Mangel an Eiterung , ttberhaupt auch
ein dann zu erwartendes auderes Bild, ferner das
multiple Vorkommen der Affektion , welche bei einer
gewlssen Aelmliclikeit anderw&rts beschriebener sy-
philitisclier Affektionen und bei dem starken Ver-
dacht anf Syphilis nicht gut eine andere Erklarang
als far eine ayphilitische Knochenaffektion zulasst.
Fall a. Bel elnem 8monatlichen todtgebomen Kinde
eiaer syphllitischen Matter faaden sich ausser Lockerung
n. AblSsnng der meisten Epiphysen keine weitem Syphilis-
eraebeinungen. Der Prooess war hier viel weiter vorge-
schritten , die Spalte niherte sich dem Perichondrium bei
einaelnenGelenken bia anf 0.6 Millimeter. Auf den Lings -
sohnltten waren die Bilder an den beinahe abgel&aten Epi-
physen ganz ahnlich.wie im l.Falle. Uebrigens war auch
• hier an den Knochen nicht* Abnormes oder was anf
Periostitis hingedeutet hatte, zu bemerken. Die mikro-
skopisebe Untersucbung dagegen zeigte hier, daee der
Spaltbildung ganz andere Vorgange zn Grunde lagen.
Das Markgewebe, die Spongiosa nod Subetaatia eon-
pacta verhielten sich normal. Die znnachst an die Dia-
physe stossenden Schichten des Epiphysenknorpels boten
ganz normale Verhaltnisse. An der Greuze zwischen Pro-
liferations- und hypertrophiselier Zone lagen in quer-
lanfenden , meist spindelfonnigen oder nnregelmassigen
lianmen des Knorpels eine Menge kleiner Zellen. Diese
Ranine confluirten stellenweise nnd blldeten grossere.
jedoch stets mit Zellen erfiillte , langgestreokte , parallel
zur Ossiflkationslinie verlaufende Raume, welche Anfanga
meist in den axialen Partien des Knorpels lagen , rechta
nnd links gegen das Perichondrium hin fehltcn . woselbat
der Knorpel dem entsprechend die nortn&len Verhaltnisse
erkennen liess. Wo aber die Spalten grosser und breitor
wurden , dehnten sie sich nach gegen das Perichondrium
hin aua zu einer nach und nach halbmondfortnig sich ge-
staltenden Zone iiber (lent hypertrophischen Knorpel , be-
stehend aus iauter klelnen Zellen, freienKernen mit darin
zerstrenten Resten von Knorpelgrundsubstanz. Da, wo
diese Zone eine grossere Michtigkeit erlaugt hatte , war
sie anch alsbald auf den zwischen ihr u. der Ossiflkations-
linie liogenden Theil Knorpel unter Verbreiternng and
Vordringeu in diese Schicht gelangt. Von nnteu traten die
jongen Markraume heran and das in selbigen enthaltene
Markgewebe breitete sich nach oben aus, so dass sich
schlusslich die beiden entgegenwncherndenGewcbe zuerat
in der Mitte und dann in der ganzen Breite der Epiphysen
vereinigten , womit die AblSsnng der Epiphyse als voll-
endet sich darstellte. Vf. fand , dam die Knorpelzellen
durch iibermdmge Proliferation eine Art Granulatione-
gewebe producirten , welche* durch ferner e Wucherung den
nach der Diaphyse zu liegenden Knorpel zugleich mit dem
von un ten her vorriickenden Markgewebe zum Schwinden
braehte. Betreffs der weltern Einzelheiten verweisen wir
anf das Original, welchem eineAnsahl Abbildnngen beige-
geben sind, heben nnr noch hervor, dass nach Vf. dieMit-
betliciligung des Markgewebes sekvndflr ist. Abnorm in
diesem Markgewebe fand Vf. nur den ungewdhnlichen
Reichthum an RiesenseUen, welche anch in deraKnochen-
mark der Spongiosa kemesweg * febltea, einen Befund, den
Vf. den Angaben W a 1 d e y e r’s gegenuber betont. Vf.
erwahnt nocb, dass er in den aus proliferirendem Knorpel
hervorgehenden Zellenhanfen gar keine Gefasse fand, wo-
dnreb er zum Theil die rasche Nekrobiose der AbkSmm-
linge der Knorpelzellen erklirt.
Dieser 2. Fall unterscheidet sich von W e g n e r’s
uud Waldeyer’s Fallen durch das Fehlen der
abnorm breiten Verkalkungszone des Knorpels, sowie
der Verkalkung nnd VerknScherung der Knorpel-
grundsubstanz lAngs den Geftlsskan&len. Das Kno-
chen mark zeigte normale Struktnr. Die Abldsnng
der Epiphyse wurde be Bonders dadurch bewirkt, dass
die Knorpelzellen der Proliferationszone nicht in die-
jenigen der hypertrophischen Zone Ubergingen , son-
dern weiter proliferirten und dann zerfielen. Der
Knorpel zeigte eine vom normalen Knorpel ab-
weichende Struktur. Der ganze Process muss als
Knorpelerkrankung aufgefasst und geradezn als
syphifiKsche Chondritis bezeichnet werden.
(J. Edm. Gflntz.)
471. Ueber Syphilis hereditaria tarda;
von Prof. G. Lewin. (Berl. klin. Wchnschr. XIII!
2. 3. 1876.)
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IY. Pathologic, Therapie a. medieinische Klinik.
367
Lades Yf. anMurt, dass nor wenige Autoren
eine SypMfo hereditaria tarda armehmen , berichtet
er liber einen Fall , bei welchem erst nach Jahren
die heredit&re Syphilis zum Ausbrnch kam. Dereelbe
zieht dabei eine Par&llele zwischen dem Zeiipunkt
dee Ersebeinens der HautafFektionen bei dem Kinde
und dem Zeitpnnkt der Infektion der Mntter und
sagt : ,,da die Infektion der Frucht nur duvch das
Blut der Mutter stattfinden kann , so wird ebenfalls
bei der Fracht die Hautsyphilis, als erstes Symptom
der vollzogenen Blnterkranknng, zwisehen der 8. bis
10. Woche (wie bei der Mutter) auftreten inttssen.
. Fallt nun dieser Terrain mit der Zeit der Geburt des
Kmdea zusammen, so wird das Kind mit der Flecken-
syphilis geboren werden; hat sich die Ansteckung
spate r volizogen , ist sie also dem Tage der Geburt
niier gerllckt , so kann das Kind Husserlich gesund
znr Welt gelaagen und erst spater, nach einigen
Tagen bis einigen Woehen , spfttestens also (die In-
fektion desKindes knrz vor der Geburt vorausgesetzt)
nach 8 — 10 Woehen zeigen sich die syphilitischen
Erscheinungen“. — „ Wenn dagegen die Mutter echos
vor der Schwangernng oder gleiehzeitig mit oder
bald nach derselben inficirt wird , also die Infektion
des Kindes schon lange vor der Entbindung , viel-
leicht schon in den ersten Mouaten des Fdtuslebens,
stattfand , wird das Kind , wenn es nicht im Uterus
abstirbt , mit den vorgeschrittenen syphilit. Derma-
tosen zur Welt kommen, somit Pape In, Pusteln,
Pemphigus und vielleicbt auch gleiclizeitigspecifische
Vtoer&lerkrankungen aufweisen.“ [Hierzu gestattea
wir uns die vervollstflndigende Bemerbnng — wo-
durch die Frage allerdings nicht so einfach erschei-
nen dttrfte — dass man neuerdings annimmt, wie
wir kttrxlieh in unsem Jahrbb. CLXX. p. 24G aum
Theil referirt haben , bei jeder hereditfiren Erkran-
kung sei eine Infektion des Eies vorhanden , welche
entweder dadurch zu Stande komme , dass entweder
die Mutter vor der Zengung schon syphilitiseh Bei
und ein krankes Ei produeirt habe , auf welches der
gesunde oder kranke Same wirke, oder dass der
syphilitieche Yater, durch seinen syphilitischen Sa-
men , das gesund producirte Ei der xur Zeit der
Zeugung gesunden Mntter inficire, in welchem letzten
F&lle die Mutter ein krankes Kind geb&re uud selbst
gesund bleibe, wenn sie nicht von aussen her in-
ficirt werde, wie sich durch ihre nachherige Ver-
heirathung mit einem gesunden Manne und Zeugung
eines nunmehr gesunden Kindes erweisen lasse.
Wenn die Frau von einem zur Zeit der Zeugung ge-
sunden Manne geschwftngert sei und erst im Verlauf
der Schwangersebaft an Syphilis erkranke , so war-
den stets nicht syphilitiache Kinder geboren, da
durch den Placentarkreislauf nach Strieker’s
Untersuchnngen eine Infektion des gesund gezeugten
Fdtus nicht mdglich sei. Das zeitigere oder spfttere
Erscheinen der Syphilissymptome bei den Neugebo-
renen hftngt hiernach von der grOasern oder gerin-
gern Intensitflt der Syphilis der Eltem ab nnd wird
Med. Jahrbb. B4. 171. Hit. S.
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nach diesen Anschauungen nicht damit in Znsam-
menhang gebracht , ob die Fran zu einem von der
Niederkunft entfemtern oder derselben n&hern Ter-
mine inficirt worden war. Wir sehen aus unserer
Bemerkung, wie verschieden die Ansichten derAuto-
ren sind , mtlssen uns aber an dieser Stelle ein ein-
gehendes Urtheil versagen.]
Le win's eigene Beobachtung von Syphilis heredi-
taria tarda, betrifft eine Frau, welche vor 19 J. von einem
Kinde inficirt worden war, welches sie an die Brnst gelegt
hatte. Sie inficirte wiedenrm ihr eigen es Kind , welches
sie sangte , and ebenfalls Ihren Ehemann. Das fremde
Blind mit angeborener Syphilis starb. Die Fran and das
Kind wurden nach grosaern Karen scheinbar geheilt.
Die zur&ekgebliebenen groasen Defekte im Pharynx war-
den von venchiedenen Aenten conststlrt. Der inflekte
Ehemann starb an Gehirnsyphilis , wie dices a os den
Charit4protokoUen ersichthch war. Die Fran verhei-
rathete sich wieder. In dieser zweiten Ehe gebar die
Fran 2 Kinder. Das eine, mit syphilitischen Affektionen,
starb im Alter von 6V* Mon. , das andere , xnr Zeit tier
Mittheilnng ein Madchen von 16 J., bis nun 6. J. gesnad,
bekam daan wiederholt syphiMtischa HaataasecihUge,
die dnrch Qnecksilber geheilt warden nnd seit 2 J. nicht
wieder aafgetreten sind. Das MSdchen ans erster Ehe
wnrde als Saagiing schon mit QaecksUber bebandelt and
geheilt. Die Untorsaobang ergab Defekte am Pharynx
Had Substanzverlust der Epiglottis. Im 17. J. verhsi-
rathete sich dieses Madohen mit einem bisher gesunden
Manne, der nach 1 V* J. angeblich an Meningitis tnber-
enlosa starb. In dieser Ehe kam ein fr&hgeborenes
Kind, weich as nach 14 T. starb. Die Fran verheirathete
sich wieder ; der Oatte starb im 3. J. der Ehe an Tnber-
kulose. Aos dieser Ehe stammt ein jetzt 2 l /s J- alter Knabe,
der an Lichen scropholosorum krank and am rechten Ober-
schenkel mit einem, augenscheinllch ans dem Zerfiall eines
Ohimma hervorgegangeoen Qesehwflr behaftet ist and
an einer Hyperostose am Metacarpus des rechten Fossae
leidet. Die Fran selbst litt seit lhrem 16. J. an einem
Lupus des rechten Oberechenkels und Periostitis tibiae
et oasis frontta , welche Affektionen trots Qneokailber-
behandlnng wiederholt rtckfhllig warden.
(J. Edm. OQnts.)
472. Ueber die Contagiositftt der heredi-
tftren Syphilis; von Dr. J. Caapary in KOnigs-
berg (Berl. klin. Wchnschr. XII. 41. 1876) u. Prof.
EdlefBen (Das. XIII. 5. 1876).
Wfthrend Gttnzburgin Moskai mil Zugmnde-
legen einer grdssern Zahl von Fallen in einem im
fisterr. Jahrb. f. Pftdiatrik (II. Bd. 1872) enthaltenen
Artikel die Contagiositftt der hereditftren Syphilis
bestreitet, wogegen sich Eisenschitz (Wiener
me<L-chir. Rundschau 1873) wendet,fllhrt Caapary
eine Krankengeschichte nach seiner eigenen Beobach-
tong zum Beweise der Contagiositftt der hereditftree
Syphilis an. Vf. analysirt zugleich den Anfcatz von
Gflnzburg sowohl nach dem Original, als aach
nach dem kritischen Referat im Archiv f, Dermato-
logie n. Syphilis (1874. IV. Heft). Hiernach waren
die eigenen, von Gttnibnrg im Moekaner FindeU
ha us gemachten Beobachtungen geeignet, den An-
sichten der moisten Autoren von der Contagiositftt
der hereditftren Syphilis gegenttber Aufsehen an er-
regen. In den Jahren von 1868 — 1870 warden
im Mosksner Findelhaus 120 hereditftr ayphilitbche
33
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UNIVERSITY OF CHICAGO
258
IV. Pathologie, Therspie u. medicinische Klinik.
Kinder von 31 Ammen gestillt; keine Amme wurde
weniger als 6 Mon. verwendet, einzelne bis zu 2 J.,
wobei keine weniger als 2, andere bis 16 verschie-
dene syphilitische Kinder mit den verschiedensten
Pormen der Syphilis, auch mit Mundgeschwtiren be-
haftete, gestillt hatte. Trotzdem er/craukte keine
dieser Ammen an Syphilis. In alien Fallen han-
delte es sich um zweifellose Gesundheit der Ammen
und urn erwiesene hereditare Syphilis der Kinder,
die im Findelhaus selbst zwiscben der 6. bis 12. W.
nach der Gebnrt zum Ansbruch gekommen war.
Infektionen von Ammen durch Kinder wnrde nur
dann beobachtet , wenn die Kinder mit Syphilis be-
baftet in die Anstalt gebracht worden waren, so
das8 die Mdgliehkeit acquirirter Syphilis nicht aus-
geschlossen war, obgleich dieselbe nicht immer nach-
gewiesen werden konnte. Indem nun Casparyim
Allgemeinen das Verfahren von Gtlnzburg an-
erkennt, wonach G. seine grossen Zahlen noch zu
reduciren sucht durch BerUcksichtigung verschiedener
Fehlerquellen, so d&ss zuletzt immer noch zu Gunsten
der SchlUsse von Gtlnzburg gentlgend grosse Zah-
len tlbrig bleiben, so erinnert er doch an den Satz,
daas eine positive Beobachtung in Fragen wie die
vorliegende werthvoller ist als unzahlige negative.
Eine solche positive Beobachtung ist nun nach C.
ein Fall von Le Barillier (vgl. Jahrbb. CVUI.
p. 41), den Gtlnzburg citirt , jedoch so deutet,
dass nicht Ansteckung von dem mit hereditarer Sy-
philis behafteten Kinde aus stattgefunden babe, son-
dem die Frau mit latenter Syphilis behaftet gewesen
sei und, nachdem dieKr&nkheit wieder ausgebrochen
war, das Kind dadurch inficirt habe. C asp ary
macht jedoch dagegen den Einwurf , dass der ganze
Verlauf der Syphilis der Frau nicht dem Ausbruch
einer latenten, sondern einer frisch erworbenen Sy-'
plulis entspreche , so dass es bier sich deutlich um
eine Ansteckung der Frau durch das hereditar syphi-
litische Kind handle. [Wenn Gtlnzburg liierbei
beliebig eine schon vorhandene latente Syphilis der
Frau annimmt , so ware man eben so gut berechtigt
zu behaupten, dass es erlaubt sei, in einzelnen Fallen
hn MoBkauer Findelhause, bei denen hereditar syphilit.
Kinder ihre Ammen nicht angesteckt haben, den
Grand in einer latenten Syphilis der Ammen zu su-
chen. Mit Syphilis behaftete Weiber geben zuweilen
gentlgende Milch und sucht man ja auch in andern
Fallen Syphilis der Kinder durch quecksilberhaltige
Milch der Ammen gtlnstig zu beeinflussen.] C as-
pary ftlhrt nun seine selbst beobachteten Falle an,
welehe geeignet sind, wie er sagt, die Behauptungen
Gtlnzburg’s zu widerlegeu.
Die 34JShr. kraftige Arbeiterfrau H. in Konlgsberg
war seit 8 J. verheirathet und sowohl vor, als anch wah-
rend der Ehe gesund. Sie hatte zwei gesunde Kinder ;
das letzte stiUte sie bis zum Alter von einem Jahre and
nahm lm Fruhjahre 1869 ein uneheliehes Kind zum Nahren
an. Dasselbe wurde Ihr im Alter von 8T. in sehr elendem
Zustande ubergeben mit Ausschlag an Anus und Mund,
der bald zunahm nnd als Syphilis constatirt wurde. Wah-
rend die Frau dieses Kind stillte , trat einmal die Men-
struation ein, dann jedoch nicht wieder. llierauf bemerkte
die Fran eine Wnnde an der Brust and bald daraaf all-
gemeine Roseola ; die Untersnchung in der Polikllnik er-
gab Syphilis. Im 5. Mon. der Schwangerschaft wurde
eine Einreibungskur mit vollstandigem Erfolge durchge-
fuhrt. Syphilissymptome kehrten nicht wieder. Der
Ehemann ist ohne Ansteckung geblieben. Am 4. Mirz
1870, zur Zeit des normalen Schwangerschaftsendes, trat
die Geburt eines gesund auBsehenden kraftigen Knaben
ein. Dieses Kind blieb vollstandig gesuud bis znm
14. April , zu welcher Zeit Flecken im Gesicht , am Scro-
tum nnd am Anus vorhanden waren. Es wurde Roseola
syphilitica constatirt und Calomel gegebeu. Am nachsten
Tage war das Kind todt. Die durch Prof. E. Nenin&nn
ausgefuhrte Sektion ergab: massig gut genahrtes Kind
von entsprechender Grosse , abgeblasste Maculae ab den
erwahnten Stellen. Thymus, Kehlkopf normal, abcr
hoch oben in den Bronchien begann eine sich tief hinein
erstreckcnde porulente Bronchitis, die muthmaassliche
Todesursache. Unter beiden Pleuren befanden sich Ek-
chymosen etc. Die Bauchhdhle war frei von Peritonitis,
die Leber uberragte mehr als einen Finger breit den
Thoraxrand ; an der vordern Flache war eine groschen-
grosse , anamische Kinziehung , auf dem Durchschnitt mit
weisslichen Strangen, vorhanden. Das Gewebe war durch-
weg ziemlich hart, (lummata waren nicht vorhanden.
Die Drusen an der Porta hepatis vergrossert nnd indorirt,
durch peritonitische Adhasionen mit der Leber verwach-
sen. Nieren and Nebennieren waren beiderseits etwas
vergrossert. Milz sehr gross, von nicht abnormem Aus-
sehen. Die mikroskopische Untersnchung der Leber
zeigte allgem eine Wuchernng des interstitiellen Binde-
gewebes.
Ein anderer' Krankheitsfall, den Vf. noch znr Zeit in
Beobachtung hatte, wird gleichfalls angefuhrt.
Ein uneheliehes Kind war gleich nach der Geburt
an Ausschlag erkrankt, aber erst & Wochen alt in
der Poiiklinik prSsentirt worden. Es war Syphilis here-
ditaria constatirt und Sublimatbader wurden verordnet.
Scheinbar gesund geworden , wurde das Kind im Alter
von 7 Mon. einer Fran zum Saugen ubergeben , welehe
soeben ein gleich altes, eigepes Kind von der Brnst
abgesetzt hatte. Diese Frau , welehe , wie ihre Familie,
bisher gesund gewesen war , gab an , bald nach der
Uebernahme, Neujahr 1874, wunde Stellen an der Innen-
flacbe der Schenkel des Kiudes beobachtet zu haben.
Mitte Marz 1874 bildete sich eine Schrunde an der linken
Brustwarze, die sich alsbald vergrosserte, verhartete und
anfangs ortlich , bald aber innerlich mit Jodkalinm beban-
delt wurde. Vf. constatirte eine flache, narbtge uber-
kleidete Induration in der untern Halfte der linken Brust-
warze, multiple, iudolentc Druseninfllt ration, verbreitetes
maculo-papuloses Syphilid , fenchte Papeln am After , in
Mnnd- and Rachenhohle. Nach einer Einreibungskur
schwanden die Symptome , um mehrmals leicht zu recidi-
viren. Trotz vielfach erapfohlener Vorsicht wnrde das
jungste Kind und der Ehemann unter den Erscheinungen
der acqnirirten Syphilis angesteckt.
Caspary zweifelt an der Beweiskrafl dieser
beiden Falle nicht im mindesten, obwohl er sie nicht
von Anfang bis zn Ende beobachtet hat. Ein nicht
unwichtiges Experiment zur Sicherstellung der Con-
tagiositkt musste ein Impfversncb geben. Wenn
namlich die hereditare Syphilis wirklich nicht an-
steckend ware, so mflsste sie von der acqnirirten
wesentlich verschieden sein und es ware dann Immu-
nitat des von dem einen Gift durchseuchten Organis-
ms gegen das andere nicht ohne Weiteres anznneh-
men. Behufs eines solchen Impfversucbes snehte C.
2 frflher von ihm an liereditarer Syphilis ljeiiandelte
Zwillingskinder (vgl. Berl. klin. Wchnschr. XII. 13.
14. 1875. — Jahrbb. CLXIV. p. 22) auf und impfte
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259
IV. Pathologie, Therapie u. medicinisehe Klinik.
aie mit Bypkilisgift von acquirirter Erkrankung, doch,
wie zn erwarten stand, ohne Erfolg. Bei dieser Ge-
Iegenheit bot sich jedoch C. ein nener Fall , der die
Ansteckungskraft der hereditHren Syphilis beweist.
Eine kriftig gebante, aber blase anssebende Arbeiter-
frau von 91 J., die mit Mann nnd Kind in derselben
8tnbe wohnte, wo sich die erwahnten Zwillinge befanden,
war vor 3 Mon. zum ersten Male entbnnden worden. 8eit
6 W. war die eine Brnst wnnd geworden , seit 3 W. hatte
sich die Wnnde vergrossert und bot, als sie C. sab, die
Wane halbmondfSrmig nmgebend , das Bild einer syphi-
litlschen Induration. In der rechten Achselhohle zeigten
sich geschwolleneDrusen, die Fran klagte uber 8chwache.
Appetitmangel und ftftere Fietierbowegungen , wahrend
sie fruher, wie ihr Mann und ihr Kind noch, ganz gesund
war. Wie sich ergab, hatte die Frau das eine der beidcn
Zwillingskinder (das Mfidchen , das schon 14 T. nach der
Geburt die Erscheinungen unzweifelhaft hereditarer Sy-
philis gezeigt hatte) wiederholt an die Bnist gelegt , ais
es gerade Plaques an den Lippen hatte. Das Geschwur
an der Brust der Frau heilte unter geeigneterBehandlung,
aber bald traten multiple Driisenanschwellungen und ein
papulo-sqnamoses Syphilid auf. Das eigene Kind der
Fran, dera bald nach Wundwerden der rechten Brust-
warze nur die linke gegeben wurde, blieb gesund.
An diesem letzten Falle 1st , wie C. hervorhebt,
ein Zweifel nicht moglicli ; eine andere Eingangs-
stelle des syphilitischeu Giftes als die wunde Brust-
waize war nicht aufznfinden u. diese zeigte durchans
das Anssehen einer geschwtlrigen Induration oder
eines luirten Schankers und die sogen. Sekundar-
symptome stellten sich 10 — 13 W. nach dem Auf-
treten der Wnnde ein. C. bekennt aich entschieden
zu der Ansicht, dass die heredithre Syphilis An-
steckungskraft besitze, und erklart die entgegen-
gesetzte Meinung Gllnzburg’s fill - irrig und ge-
fthrlich.
Edlefsen bekam am 17. Nov. 1871 eine im 6.
Schwangerschaftsraonat beflndliche Frau zur Behandlung,
welche , wahrscheinlich von ihrem Manne inflcirt , deut-
liche Zeichen der Syphilis darbot. Die Zeicben der Sy-
philis bestanden in breiten Kondylomen an den grossen
Labien nnd der Umgebung des Afters und einer Rhagade
daselbst , in einem maculosen Exanthem iiber den ganzen
K6rper verbreitet, in Plaqnes mnqueuses der Rachen-
schleimhant , in Schwellung der Inguinal- und Cervikal-
drfisen. Wahrend einer Merkurialbehandlung besserte
sich die Krankheit nur langsam; am 16. Jan. 1871 wurde
ein todtfaules Kind geboren. Nach der Entbindung und
einem dnrch grosse Blutverlnste veranlassten Kranken-
lager besserte sich die Syphilis zwar rascher, aber die
Behandiong wurde doch noch bis zum Jnni 1872 fort-
gesetzt. Die Frau wurde inzwischen wieder schwanger
n. am 22. Dec. 1872 von einem lebenden, ausgetragenen,
kriftigen Kinde entbunden , welches keine Zeichen von
Syphilis erkennen liess und auch noch Ende Jan. 1873
frei von Syphilissymptomen war. Nach Angabe eines
andera Arztes , welcher inzwischen die Behandlung uber-
nommen hatte, war das Kind ImMarz mit einem maculosen
Exanthem behaftet , wogegen Sublimatbader verordnet
worden waren, worauf die Krankheit scheinbar getilgt
war. An der Mutter des Kindes fand Vf. spater nie
wieder Zeichen von Syphilis, doch abortirte sie gegen
Ende des Jahres 1873 unter starken Blutungen. Am
3. Juli 1874 abortirte sie wieder mit heftiger Blutung und
suchte Hulfe In der Poliklinik. Bei Untcrsncbung durch
Dr. Weatphalen wurde an der Frau selbst kein Sy-
phllissymptom constatirt , jedoch an den Chorionzotten
des abgegangenen Eies Syphilis festgestellt. Bei dem in-
zwisehen 1'/, J. alt gewordenen, fruher mit Syphilis-
zeichen behafteteu Kinde zeigte sich an der Schleimhaut
der Unterlippe ein trichterforraiges erbeengTOsses Ge-
schwnr mit speckigem Belag und indurirter Umgebung;
dieses Geschwur entsprach einer verhkltnissmSssig spaten
Form der Syphilis. Weitere Symptome von Lues konnten
nicht bemerkt werden. Anf Jodkaliumgebrauch heilte
das Geschwur. Am 24. Aug. 1874 sah Vf. das Kind
wieder mit einem ganz ahnlichen Geschwur an derselben
Stelle. Jodkalium erwies sich jetzt wirkungslos. Vom
10. Sept, an wurde O.OlGrmra. Calomel 4mal taglich ver-
abreicht. Nach Verbrauch von 0.30 Grtnm. Calomel
Stomatitis, aber keine Besserung; auch Jodkalium braehte
keine Aenderung. Hieranf wurdcn 1m Ganzen noch 0.3
Grmm. Sublimat innerl. verbrancht, worauf das Geschwur
gSnzlich verheilt war und keine Symptome wiederkehrten.
Wahrend dieses besehriebenen Krankhcitsverlaufs kam
am 24. Ang. 1874 die OOjahr. Grossmutter dieses Kindes
in die Behandlung des Verfassers. Die Frau litt seit
eihiger Zeit an einer squamdsen Psoriasis syphilitica,
an kleinen syphilitischen Papeln an den groBsen Labien,
starker RSthung des Rachens und Gaumens , Schwellung
der Inguinal- und Cervikaldrusen. Die Syphilis war
zweifellos. Nach 1.0 Sublimat, auf 100 Pillen vertheilt,
schwanden dieSyphilissymptome rasch und zusehends nnd
es hatten sich seit dieser Zeit keine Erscheinungen wieder
bemerklich gemacht.
Ueber die Entstehungsursache der Krankheit
dieser Frau ftlhrt Vf. Folgendes an : die Frau hatte
wie fruher , so auch wahrend des Bestehens des Ge-
schwtlrs an der Unterlippe des Kindes in der ersten
Ilalfte des Jahres 1874 vorwiegend das Kind ge-
pflegt, es vietfacli gektlflst und aneh regelmftsaig
gefllttert , wobei sie , um die Temperatur der einge-
fUhi-ten Nahrungsraittel zu priifen , den Ldffel auch
regelmassig an ihren Mund geftlhrt hatte. Vf.
schuldigt nun dieses Verfahren als Ursaohe der hier
stattgefundenen Infektion an. Dass am Munde der
Frau keine drtliche Affektion bemerkt worden sei,
spricht , wie Vf. sagt , nicht gegen die hier einzige
Mdglichkeit der Uebertragung und ist der Fall noch
besonders insofera interessant , als eine verhaltniss-
massig spate Form einer hereditarcn Syphilis sich
als Ubertragungsfkhig erwiesen hatte.
(J. Edm. G Untz.)
473. tJntersuohungen iiber den Naohweis
des Queoksilbers in der Frauenmilch wahrend
einer Einreibungskur mit grauer Salbe ; von Dr.
Eduard Klin k. (Vjhrschr. f. Dermatol, u. Syph.
UI. 2. p. 207. 1876.)
Vf. giebt zunAchst eine Uebersicht von den An-
sichten verschiedener Autoren Uber die Frage, ob
bei einer syphilitischen Frau, welche mit Qnecksilber
innerlich oder ausserlich behandelt worden, die Milch
quecksilberhaltig sei. Ein Theil der Autoren Ieugnet
den Uebergang des Saugenden verabreichten Queck-
silbers in die Milch '), wfihrend in einzelnen Fallen
der Nachweis gelungen sein soli. Vf. fUhrt das
Nichtgelingen jenes Nach weises darauf zurtlck, dass
zu geringe Quantity ten Milch untersucht worden
seien. Er selbst hat daher grdssere Mengen Milch
untersucht und beschreibt die chemische Analyse
*) So neuerdings Dr. K abler in Prag. Vgl. Jahrbb.
CLXIX. p. 36. Wr.
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260
V. Gynhkologie a. Pidiatrik.
genau. Der von Vf. mitgefheilte Fall 1st fol-
gender.
Die syphllltieche Matter war mit papuiSsem Hautaus-
•ehlag, Kondylomeu an den Oenttalien and am After,
K«ri« mit Druaenanachwellungen behaftet. Eb warden
26Blnrelbungen von tiglicb 2.0Gnnm. 8albe angewendet.
Bei dem Kinde fehlte Jede Hautaffektioa , dagegen waren
nJeerirte breite Kondylome and DrGsenanschwellungen
vo rh an den. Das Kind bekam 3 Bader mit je 0.3 Grmm.
Snblimat. Es steilte sich Abmagerung und Diarrh5e ein,
worauf die Bader aoBgeeetst warden. Die Syphillserechei-
nangen scbwanden and das Kind erholte sich wieder.
Vf. schlose, dags naeh dem gunstigen Verlanfe der
Syphilis dee Kindee, weloher wobi nicbt auf die Bader be-
sogen werden konnte , die veramthiich queeksilberhaltige
Milch der Matter die Ursache dee Schwindena der Sym-
ptoms gewesen sei. Er anterwarf daher die Milch der
Matter in dem Lnboratoriam dee Prof. Tndakoweki
in Wars chau und nnter deaeen Beihulfe einer chemlachen
Uateraucbcng.
Die Milch warde von der 18. Elnreibuog an wahrend
16 T. entnommen, eo daae ha Oaaaen 800.0 Oram. Mlieh
znr Untennchnng kamen. Die Milch bcfand etch in
earner Gabrung and beease einen widerlicben Gtornch.
Nach bekannter Weise wnrden die organischen Be stand
theile durch chlore. Kali nnd Chlorwasserstoffsaure nnter
Abdampfen im Wasserbad zerstArt. Das Piltrat wnrde
der Elektrolyee nach der Soheider’schea Methode mit
dem Unterechied unterzogen , dase etatt dee Platinblecbs
ein Goldbleoh angewendet wnrde. Der grane Queckmlber-
beecblag wnrde in elnem Glaerdhrohen verdampft , mit
Jod zasammengebracht, wobei die charakterietische Reac-
tion dee gelben Hydrargyrum jodatum eintrat.
Die Erfahrung, dass Kinder, welche von Ammeo
oder Mflttem gestillt wnrden, welche man mitQueok-
ailber behandelt hatte, viel eher genaaen al« Andere,
wlrd nach Vf. somit vollstUndig erklftrlich, doch
dttrfe man den curativen Werth einer solchen queck-
silberhaltigen Milch nicht zu hoch anschiagen.
(J. Edm. Gants.)
V. Gynakologle und PSdlatrfk.
474. PolypenfSrmiger Tumor des linken
Labium majus; von Dr. Franz H. Rankin.
(Amer. Joura. of Obst. VIII. 4. p. 642. Febr. 1876.)
Bei einer 40 J. alten Jungfrau hatte etch von der
linken groesen Schamllppe eine kleine Warze entwlckelt,
welche 6 J. lang stationer geblieben war, seitetwa 8 Mon.
jedoeh sn wachsen begonnea nnd binnen 4 Mon. den
Dnrcbmeeeer eines Ideinen Fingers erreicht hatte. Von
da an blldete sich anf ihrer Spitze eine kuglige Anschwel-
lnng and sie erreichte binnen wieder 2 Mon. den Umfang
eines Tsnbeneles. Bieranf trat ein Stillstand im Wachs-
tham ein. Pat. gab nor an , dass das knotige Ende von
Zelt an Zeit grosser and kieiner geworden sei , aucb Bei
ihr die Geschwulst oft beim Gehen hinderlich and sehr
schmerzhaft gewesen. Vf. fand eine mit zarter Oberhaut
bekleidete, geetielte Geschwulst von 2" Lange and dem
Umfknge einee kieinen Fingers, mit einem sn drei Vier-
theilen geschwfirig zeretorten Stiele in der Hohe der
HarnrShrenm&udang inserirend. Nach dem Unterbinden
und Abschneiden des Stieles wog die Geschwulst 6*/ 4 Un-
sen (ca. 180 Gram.) und maass 9“ im Umfange, 3“ im
horinontalen, */ t “ im vertikalen Dnrchmesser. Sie hatte
das Ansseben eines odematosen Scrotum and war duroh-
scheinend mit Ausnahme dee Centrum.
NaohdemVf. einige Tage spater den Stiel dureb eine
elastische Schnnr nnterbnnden hatte, flel aucb dieser
binnen wenigen Tagen ab.
Seitdem die Geschwulst Ihr Waohathom begonnen,
waren bei der bis vor Jahresfrist v6IUg regehnassig men-
stmirten Pat. die Regeln ansgeblieben.
Beim Einechneiden der Geschwulst floss Seram aos
und sie flel zusammen. Der Hauptsaobe nach bestand
dieeelbe aus Zeligeweben a. Serum, nach ihrem zufSlligen
Eintrocknen im Alkoholgefisae war nnr eine l'y‘ breite,
1"' dicke Masse fibrig geblieben. (E. Schmiedt.)
475. HftmatomderFulva; vonDr.Canivet.
(Boll, de la 8oc. anat. 3. 86r. X. 3. p. 440. Mai —
Jnillet 1875.)
Die 26Jahr. B. hatte in Folgeelnes Stosses im Alter
von 2 J. eine Geschwulst der linken groesen Schamllppe
bekommen, derm Umfang sioh bisher nicht wesentllch
vermindert hatte. Sie war bObnereigross, indolent, ragte
In die Vulva empor, eo dass ein Theil von der aussern
Haut, der andere von der Scbleimhaat flberzogen war.
Es bestand Ftnktnatton und dem Gef&hle nach war anzu-
nchmeu , dase die darln enthaltene Flflseigkeit in einer
grSssera Aneahl von Fachern abgesaokt war. Aus dleeem
Grande ecbien die Punktion nicbt rathsam , sondern die
Enucleation erforderlich. Diese Hess sich im vordern
Theile leicht bewerkstelligen , schwierlger war sie nach
hinten , wo sich die Geschwulst weit gegen das Sitsbein
hin erstreckte. Der Inhalt bestand ans etwa 50 Grmm.
dicken, chokoladenfarbenen , in zahlrelchen Fachern ver-
thellten Blntes, welcher sich rings nm die intakte Bartho-
Un’sche Druse ergossen hatte. (E. Schmiedt.)
476. Oyate dea Ovarium bei einem ntupe-
bornen Kinde; vonDr. Culling worth. (Obstetr.
Journ. II. p. 401. 1874/75.)
Bel einem anscheinend snffokatorisch zu Grande ge-
gangenen Kinde fand sich innerhalb des Leibes in der
linken Beg. iliaca eine Cysts, welche mit den Gesoblecbts-
theilen bebufs weiterer Unto ranch ung berauageschnitten
wurde.
Die Geoohlechtsthelle waren normal and gaeund mit
Aosnabme dee nnr 4 Mmtr. langen linken Ovarinm , wel-
ches als Appendix einer kirsch groesen, von s einem innern
Baade entopringenden Cyste erschien. Die Lange der
vordern Gebarmntterfl&che bet rag 24 , das Cavum maass
90, der Fundus war 12 Mmtr. breit. Die Lange der reek-
ten Faliopi’schen Tube betrag 20, die der linken 21 Mmtr.
Dos rerhte Ovarinm war 14 Mmtr. lang uad hatte eine
Breite von 3 Millimeter.
Die Cyste, welcbe an der Verbindungnstefle des oben
mad innern Baades dee linken Ovarium ents prang , hatte
einen vertikalen Umfang von 48 , einen h orison talen von
40 Millimeter. Sie war nuiioknlar , kugelfSraig , anssen
glatt, halbdurchsohelnend und vom Baucbfell in ihrem
ganzen Umfange bekletdet ; Blutgef&sse fan den sich zahl-
rdich in den Wandungen. Der Inhalt der Cyste war eine
dtinne, rflthlicbe, sernmartige Flflssigkeit von leicht alka-
lischer Beaktion, welche in der Hltze coagnllrte. Die
mikroskopische Untersuchttng ergab die Gegenwart von
granularen Masscn , freien Kernen , Lymphzellen mH k6r-
nigem Inhalt nnd grossen Kernen, zahlreiche Cylinder-
epithelien mit abgestnmpfter Basis. Das linke Ovarinm
hot nortn&Ie Strnktur dar and enthieit in s einem Stroma
tablreiche Eis&ckchen. Zwtschen dem obern Rande des
Ovarium und der Fallopi'sehen Tube waren eine Ansahl
kieiner Schl&uche mit kenlenf&rmigen Enden siebtbar,
anscheinend Reste der WolfTecben KSrper. Der Inhalt
der Cyste, wie ihre Lage z eigen den ovariellen Charakter
nnd ihre Entstehnng ans einem Graafschen Follikel.
(Lasch.)
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261
V. Gynflkologie u. PUdiatrik.
477. Fall von apontaner Euptur einer
Ovarialoyste und von Compression der Trachea
durch die Kropf druse ; von Dr. Martinet. (Bull,
dg la Soc. anat. 3. 86r. X. 3. p. 386. Mai — Juillet
1875. )
Eine 46 J. alte Frau hatte eine grosse unilokulare
Cyste in der linkenOvarialgegend, die bereita 3mal pnnk-
tirt worden war , aieh aber immer wieder raach angefBMt
hatte. Nach der Aufnahme der Kr. in das Krankenhans
warden die Punktionen mit Einspritzung von Jodtinktur
yerbunden, bei der 3. Punktion floss lauter Eiter ab.
Einen Monat nach dereelben starb die Er. rasch an ak liter
Peritonitis.
Wahrend des Aufenthaltes Im Krankenhause waren
bei der Fran Athmnngsbeachwerden und vorliingerte und
verscharfte , zuweiien mit groben Raspelgerauschen ver-
bundene Respiration ohne DJmpfung in den Lnngenspitzen
beobachtet worden. Diese Symptome verschwanden jedes-
mal rasch nach der Punktion und kehrten erst allmilig zu-
rfick, wenn sicb die Cyste wieder aufullte. DadieKr. eine
betrachtlich grosse Struma hatte , so mussten diese Sym-
ptome auf Compression der Luftrohre durch dieselbe be-
zogen warden.
Bei der Sektion fand man die Lungen gesund and die
Luftrfihren in einer Aasdehnung von 3 Ctmtr. vom Kropfe
comprimirt und in ibrem Volumen verengt. [Der Grad
der Verengung 1st nicht naher angegeben. Sehr bedeutend
kann sie jedoch nicht gewesen sein, da die Athem-
beschwerden , wie ausdrucklich erwahnt ist , eng mit der
Ab- u. Znnahme der Fdllung der Cyste nnd der davon ab-
hingigen Compression der Lungen zusammenhingen.] Am
linken Rande der Ovarialcyste zeigte sich eine Oeflfnnng,
die indessen durch die Punktionen nicht verursaclit worden
war , da dieselben den rechten Rand der Cyste getroffen
batten. Die Cyste war unilokular, nicht verwachsen und
mit langem geraden Stiele vereehen , so dass die Ovario-
tomie muthmaasslich einen gunstigen Erfolg gehabt haben
wurde. (E. Schmiedt.)
478. Interess&nte Ffille aus der gyn&kolo-
gisohen Klinik zu Rostock; von Prof. Fried r.
Schatz. (Arch. f. Gynakol. IX. l.p.115; 3. p.485.
1876 . )
Der l.Fall liefert einBeispiel — wohl das erste
bekannte — von primnrer Enhmckbmg von Echi-
nocfcetrssdcken tin Ligarnentum latum.
Die Gescbwulst bestand aus 2 gleich grossen Abthel-
lungen von dem Umfange ralttelgrosser Aepfel; sie lagen
rechts vom Uterus , von diesem durch eine mflssig grosse
Furcbe zu trennen ; beide Abtheilungen erschienen eben-
falis durch cine seichte Querfurche getrennt. Als Fieber
eintrat, wurde der Tumor punktirt, durch das Mikroskop
die fruhere Wahrscheinlichkeitsdiagnose aufEchinococcus
erh&rtet, obwohl der Verlauf in letzterer Zeit auf einen
Beckenabscess bingedeutet hatte. Nachdem hierauf die
PuuktionsofTnung in der Vagina erweitert worden war,
warden wegen Verjanchung des Geschwulstinhaltes Car-
bolsaureinjektionen gemacht, bei einer derselben aber,
wahrecheinlich in Folge von zu hohem Drucke, die Abscess-
kapsel gesprengt ; eine eitrige Peritonitis fuhrte zum Tode.
Bei der Sektion zeigte sich im Peritonaalsacke eine Ocff-
nnng von fast ZweithalerstuckgTosse , innerhalb des Peri-
toneum aber noch eine deatliche Echinoeoccnsblase.
Im 2. Falle , eine sehr grosse Cyste des Lig.
latum betreffiend , war die Entfemung nach dem
Bauchschnitte unmdglich, es erfolgte jedoch nach
Einnahen des Sackes in die Bauch wunde Heilung.
Die Diagnose war anf&nglich anf eine Ovarialcyste
gestellt worden , da das linke Ovarium niebt nach-
weisbar war nnd die Cyste sich so ziemlich an der
Stelle desselben entwickelt hatte.
Nach der Er3ffnung der Bauchhohle (in der Linea
alba) zeigte es sich jedoch , dass man eine ungewShnlich
grosse Cyste vor sich hatte , welche das Lig. iatam sin.
ausgedehnt und das Peritonaum vor und hinter demseiben
in weiter Aasdehnung abgehoben hatte, so dass sie in das
Mesenterium des 8 Romanum hineingewachsen erschien.
Da kein Stiel vorhanden war, wurde einTheil derCysien-
wand in die Bauch wuude eingenaht , eine doppelte Drai-
nage angebracht , eine von der Peritonaalhohle durch den
Dougla8’Bchen Raum in die Vagina, die andere aus der
Cyste durch die Bauchwunde nach anssen (leidcr nicht
von demCysteninnern nach der Vagina). Es erfolgte eine
mehrfach unterbrochene Reconvaleseenz, zuerst stiess sich
ein grosseres Stuck Cystenwand gangranos los , dann ent-
wickelte sich , als schon die Heilung vollendet erschien,
ein Abscess neben der Cyste. Trotz alledem erfolgte aber
schlusslich relative Heilung, obwohl die Obliteration der
Cystenh5hle noch nicht vollendet ist und der Bericht
hieruber erwartet werden muss.
Die chemische Untersuchung der Flflssigkeit der
Cyste und ihrVergleich mit demlohalte der kleinern
Ovarialcysten (Prof. Jacobsen) beweist, dass man
auf diesem Wcge eine Cyste des Lig. latum und eine
solche des Ovarium in manchen Fallen nicht von
einander unterscheiden kann. Beigegeben Bind die
Literaturangaben nnd eine Znsamroenstellnng (von
Dr. Prochow'nik) von 23 Fallen, in denen eine
Cyste des Lig. latum operirt worden ist, wobei nur
die Arbeit von Westphalen noch naehgetragen
wird.
An der Hand dieser Falle stellt Schatz fllr die
Differentialdiagnose der Ovarial- und Parovarialcysten
verschiedene Punkte auf, die aber auch nicht im
Stande sein dtlrften, jeden diagnostischen Irrthum
vor dem Bauchschnitte zu vermeiden. Den meiatea
Werth hat noch eine Probepunktion , welche in dem
Falle von Schatz nicht vorausgeschickt wurde.
Sollte eine speciflsch leichte, eiweissarme, gewdhnlich
helle Fltlssigkeit gefunden werden , so ist eine Cyste
des Lig. latum viel wahrscheinlicher und man thut
dann gut , bei der Punktion alle Fltlssigkeit zu ent-
leeren [bei etwaigen Recidiven aber wohl lieber von
der Vagina aus eine griissere Oeffnung anzulegen,
ehe man den Banchschnitt wagt , wenngleich K o e -
be rid diess ausdrficklich anrSth].
3. Fall. Entzundetes Myom des Uterus mit den
Erscheinungen von Myosarkom.
Vf. theilt den weitern Verlauf des vonWinckel
(Arch. f. Gynlkol. III. p. 300 ft) veroffentlichten
Falles mit. Hatte es anfangs geschieneD, als handle
es sich am die Umwandlung eines polypenfOrmigen
UteruBmyoms in ein Myosarkom, so bestttigte die
gpfltere Untersuchung der exstirpirten Geschwulst
doch die alte Diagnose. Der recidivirte, fiber dem
Os internnm haftende Tumor wurde von Schatz in
Stttcken entfemt, nachdem er mit der Zange von
Spencer Wells festgefasst worden war; eine
Kapsel war nicht zu bemerken. Um ein abermaliges
Recidlv zu verhttten, wurde einTheil dcrUteruswand
zugleieh mit abgetragen. Die von Prof. Acker-
mans untersaefcten TumorstAcken steilten sioh ab
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262
V. Gynikologie a. Pldiatrik.
durchweg aus Muskel- und spkrlichem Bindegewebe
bestehend dar. S&rkomzellen waren nirgends za
finden. — Eine ahnliche Beobachtung machte Vf.
neuerdings bei der Operation eines Myom. Hier zeig-
ten sich zwischen den Muskelfasern in langen Reihen
and theilweise herdweise eine grosse Masse von rnn-
den Zellen — weisBer Blutkftrperchen — die bei
grflsserer Zahl ein Sarkom vorgetiuscht batten , ob-
schon es sich nnr nm ein entztindetes Myom han-
delte.
Im 4. — 7. Falle berichtet Vf. liber 4 Ovario-
tomien , 1 mit tfldtlichem , 3 mit gliicklichem Aus-
gange ; in einem der letztern wnrde die Ovariotomie
zam 2. Male an derselben Frau ausgeftlhrt.
Im ersten Falle (4.) waren starke Cohasionen mit
dicken Gefassen vorhanden ; e» wurde nicht unter dem
Carbolregen operirt nnd keine Peritonialdrainagc cin-
gelegt. Wegen starker Tympanitis wiedcrholte Punktio-
nen des Darms durch die Bauchdecken. Tod 36 8td. nach
der Operation in Folgc von Herzparalyse , deren Gefkhr
schon vorhergesagt worden war. Die Sektion ergab eine
allgemeine Peritonitis , keine Reaktion der pnnktirten
Stellen der Darme.
5) Nachdem vor 26 J. eine glGckllche Ovariotomie
von Dr. K ran el In Rostock ausgefnhrt worden war,
wnrde dieeelbe Jetzt an derselben Fran wiederholt. Die
Cyste war Test mit dem Netze verwachaen , welches in
eine Klammer gelegt nnd durchschnitten wurde ; dabei
groase N&ehblutung , wclche erst stand, nachdem der
elgentliche Stiel dee Tumors (Lig. latum) ebcnfalls in eine
Klammer gelegt war. Wegen Verwacksungen nach der
ersten Operation war die Peritonaaldrainage schwierig.
Der Netzstiel wurde iu don obern , der Ovarialstiel in den
untern Wundwinkel eingenSht. Abgesehen von starken
Bl&huDgebeschwerden ging die Reilnng ziemlich glatt von
Statten.
Vf. stellt hierzu die Falle zusammen , in denen
bisher eine 2. Ovariotomie ausgeftlhrt wurde (At lee
2 Falle , Wells 4 Falle , Bird, Boinet, Car-
well und Schatz je 1 Fall) ; die zweite Ovario-
tomie erscheint nicht erheblich gefthrlicher als die
erste; denn es starben nnr 3 Von den betr. 10 Frauen.
— Die Frage , ob man in dcrartigen Fallen nicht
besser gethan hatte , sofort bei der ersten Operation
beide Ovarien zu entfemen , glanbt Vf. vemeinen zu
mttssen, weil 1) die Prognose der doppelseitigen
Ovariotomie schlecht ist (Wells unter 25 nirr 14,
Dutoit unter 25 nnr 11 Heilungen) und 2) weil
selbst schon leicht erkrankte Ovarien noch ,,reichen
Kindereegen bringen“ kflnnen.
6) Sehr kurzer Stiel ohne l\tbe in Klammer; stark
erweiterler Plexus pampiniformis. Lange Dauer der Ope-
ration. Bauchdrainage. Die Leber stark bedrohende
Tympanitis Sfter mit vorzGglichcm Erfolge dnrch den
Darmstich beseitigt. SekundSre Abtragting der nach
aussen vorstebenden, eingeheilten Tuba. Am ersten Tage
nach der Entlassong schwerer Diatfehler (neueKartoffeln,
viel Wasser getrunken) ; 16 Std. nach der Mahlzeit starb
die Frau an den Folgen ihres Unverstandes , nicht an
denen der Ovariotomie.
7) Sehr kurzer Stiel in Klammer. Keine Drainage.
Heilung ohne ZwischenfUlle. Entlassung am 39. T. nach
der Operation. Vf. liess bei der Operation wegen eines
sehr kurzen Stieles ein 2Ctrotr. langes Stuck Cystcnwand
steheu und fasste mit diesem eine kleine Tochtercyste in
W e 1 1 s’ neuer Klammer. Dieses Cystenstuck wurde 6de-
matOe und aog sich aua der Wunde heraus, wo Vf. durch
die Basis der Geechwnlst eine Nadel mit doppeltem Faden
durchzog und nachtraglich [an weichem Tage?] den Stiel
nach beiden Seiten unterband , worauf er sich sofort so
stark zuruckzog, dass die Unterbindungsfaden nur sehr
schwer entfernt werden konnten. Heilung.
Vf. macht noch einige epikritische Bemerkungen
zu diesen Fallen , aus denen hier nur hervorgehoben
werden kann, dass er die Drainage, der Bauchhdhlc
bei Ovariotomie nur in den ersten 2 Tagen fUr nfltz-
lich halt, ausser wenn starke Peritonitis eintritt, and
dass er die Drainage nnr von dem Douglas’schen
Raume aus nach der Vagina hin ftir wirksam halt;
ausgeftlhrt wird sie am besten mit einem Trokar von
dem Donglas'Rchen Raume aus nach der Vagina
(nicht umgekehrt). — Kin Ausspfllen derBanchhdhle
in den ersten Tagen durch das Drainagerohr halt
Vf., selbst wenn die Bedenken liber die AusftUirbar-
keit beseitigt wtlrden, ftir mindestens flberflttssig.
Dagegen halt er das Ausspfllen des Drainagerohres
selbst mit dttnnen CarbollOsungen (bei niedrigem
Drucke) ftir wichtig und wesentlich. — Die Para-
eentese des Darms bei hochgradigem Meteorismus
halt Vf. fUr ausserst niltzlich. . (Kormann.)
479. Zur Kenntniss des GraaFsohen Folli-
kels und des Corpus luteum ; von Dr. E. L. C a 1 1
aus Boston und Dr. Slgm. Exner in Wien. (Sitz.-
Ber. d. k. k. Akad. d. Wiss. LXXI. 3. Abtli. April
1875.)
Vff. benutzten za Untersuchungen die Ovarien
der Kaninchen nnd haben an ihnen eine Entdecknng
gemacht, deren Wichtigkcit uns veranlasst, eine ge-
n&ue Analyse der betreffenden Arbeit zu geben.
( l Es ist bekannt , dass das Sftugethierei eine nm-
gewandelte Zelle des Ovarialepithels ist. Diese Um-
wandlnng geht vor sich , wahrend das kflnftige Ei
noch im Epithel sitzt , oder in der spatem Zeit , wo
die betreffende Epithelpartie schon in das Innere des
Ovarium hineingezogen ist. Die sogen. Ovarial-
schlauche , welche durch diesen Vorgang entstehen,
bilden den Graaf sclien Follikel. Es ist also nach
dieser jetzt allgemein gllltigen Ansicht das Epithel
des Graaf sclien Follikels genetisch gleichwerthig mit
dem Ovarialepithel. Und es ist deshalb nicht unmflg-
lich, dass auch das Epithel des Graaf schen Follikels
Eier ausbildet. Diesa haben die Vf. constaliri. An
Schnitten der Ovarien sieht man mit blosem Auge
mehrere grosse Graaf sche Follikel. Im Follikel liegt
in der Mitte oder etwas excentrisch das Ei. Am
R&nde befindet sich das oft geschilderte Epithel.
Und in dem letztern gelang es den Vff., grosse, bliis-
chenfSrmige Zellen aufzufinden, welche den sp&tern
Eiern ahneln und spater zu wirkliclien Eiern werden.
Vff. geben die Abbildung dieser Zellen sowohl bei
schwacher, als auch starker Yergrflsserung. Die
Grflsse der fraglichen Gebilde schwankt zwischen 0.03
bis 0.04 Mmtr. , sie werden nie in jungen Follikeln
angetToffen und haben verschiedene Grflsse. Die Vff.
glauhen , dass erst lange nach Ansstossung des
Follikeleis diese randstandigen Eier zur Ausbildung
ge langen.
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V. Gynikologie n. P&di&trik.
263
Da Vff. Ovarien von trftchtigen Kaninchen unter -
suchten , so batten sie Gelegenheit, die VerhAltnisse
des Corpus luteum zu verfolgen. Dabei kamen sie zn
• der Ansicht, dass die jungen Eier dnroh die Wuche-
rnng der Epithelzellen in das Corpus luteum vorge-
schoben werden. Vielleicht erklkrt sich dadurch die
gro8se Anzahl der Eier , welche die Kaninchen pro-
duciren. Vff. nennen aber die beschriebenen Zellen
nicbt einfach „Eier“, sondem maclicn auf einige
Differenzen aufmerksam. Die Zellen sind stark gra-
nulirt, lassen keinen Kern erkennen und sind in
jungen gelben Kill-pern nicht zu linden. Vff. ver-
wahren sich dagegen, etwa einen ItTlhum in der Art
begaugen zu haben, dass zwei Eier, iD einem Ovarium
existireud, flir diese Zellen gelialten warden. Auch
machen sie darauf aufmerksam, dass bei Verschmel-
znng zweier Follikel Bilder entstehen, welche diesen
Zellen Ahneln.
Die Umwandlung des Graafscken Follikels in
ein Corpus luteum lksst sich am Kaninchenovarium
gnt studiren. Die Epithelschicht des ehemaligen
Graaf schen Follikels nimmt an Dicke zu, die Epithel-
zellen selbst werden langlich, stellen sich radi&r und
fkrben sich schlechter als vorher mit Carmin. Im
zweiten Stadium tritt zwischen den Zellen Binde-
gewebe auf, das sich radiSr zwischen den Zellen vor-
drkngt ; auch dUnnwandige BlutgefUsse sind zu er-
kennen. Vff. geben die'Abbildung eines Corpus lu-
tenm in diesem Stadium. Gegen das Lumen hin drfcngt
sich die nengebildete Masse inWlllsten vor. Das Lu-
men selbst enthalt Trllmmer von Blutkorperchen und
vielleicht Fibrinfasern. Im dritten Stadium fehlt das
Lumen fast ganz, die Zellen des Corpus luteum sehen
wie gewShnliche Ovarialzellen aus. Im Centrum des
Corpus luteum befindet sich haufig eine erweiterte,
bei Injektion der BlutgefUsse sich mitfllllende Vene,
in welche kleine Blutgefasse mllnden. Auch radifir
verlaufende Lymphbahnen sind (durch Einstich) nach-
zuweisen. Die Substanz des gelben Korpers ent-
spricht schon in diesem Stadium vtillig der Ovarial-
snbstanz.
Zum Schlnase flihren Vff. an, dass schon Roki-
tansky „die Ausfdllung des Corpus luteum des
Menschen durch eine bindegewebige Wucherung zu
Stande kommen lftsst , welche von der gefassreichen
Schicht der Tunica propria des Graafschen Follikels
ausgeht.“ Auch W a 1 d e y e r spricht dem Follikel-
epithel eine Rolle bei der Bildung des Corpus luteum
zu. Es sei ihm aber nicht gelungen, in der Literatur
dartlber irgend eine Angabe zu finden, dass diese
Wucherung weiterhin zu einer Neubildung von Ova-
rialsnbstanz ftlhrt. (Fritsch.)
480. Mittheilnngen aber H&matometra ;
von Prof. Dr. Alois Valenta in Laibach. (Me-
morabilien XXII. p. 481. 1875.)
Fall 1. Aleut entslandene kolouale Hdmatometra in
Folge narbiger Verwachsung des Muttermundes nack der
Ent binding ; spontaue Ruptur ; Heilung.
Die mit diesem Leiden bebaftete, 31 J. site, etwas
zarte, Boast aber geaunde Frau war im Dec. 1874 unter
heftigen Qualen mittela Perforation und Kranioklaat von
einem starken Knaben entbnnden worden. Bieranf folgte
ein aehr schweres Wochenbett. Bis Ende Marz 1876 war
aaaser dem Wegbleiben der Periode das Beflnden gnt ge-
wesen. Zn dleaer Zeit traten aber pl5tzlich heftige Unter-
leibsschmerzen ein, welche zwar nach einigen Tagen ver-
schwanden , aber am 26. April heftiger wiederkehrten.
Mit einer gewissen Periodicitat zeigten sich von jetzt an
diese KolikanfMle jeden Tag und steigerten sich bi» zu
einem sehr hohen Grade. Die genaue Untersuchung der
Kr. ergab, da 8ch wangerschaft mit Sicherheit ausgeschlos-
sen werden musste, eine hochgradige Hamatometra. Der
sehr empfindliche Uterus reichte etwa bis zum Nabel.
Die Vulva zeigte sich in Folge einer Perinaalruptur kiaf-
fend, in der Schelde stiess man auf viel narbiges Gewebe.
Statt des Muttermundes fand man nur ein kleines, im
Narbengewebe sich verbergendes Grttbchen ; an dieser
Stelle war die Wand sehr dunn and man konnte deutliche
Fluktuation wahmehmen; eine Portio vagin. war nicht
vorhanden. In Folge der friihern Geburt war offenbar
der Mnttennund narbig verwachsen und so der Ansfluss
des MenBtrnalblntes verhtadert worden. Urn die Schmer-
zen zn lindern, wurdenMorphiuminjektionen gemacht und
von einem operativen Eingriff einstweilen abgesehen , da
es den Anschein batte, als wenn ein Durchbrach bald
spontan erfolgen wUrde und Qbrigrns auch Pat. eine Ope-
ration nicht gestatten wollte. Am andern Morgen erfolgte
in der That unter dem Gefuhle eines Kisses der Dnrch-
brnch eines massenhaften zaheu und chokoladenartigen
Ergnsses, woranf sofort Erleichterung eintrat. DieZerreis-
sung war an der Stelle des erwahnten Grubchens erfolgt.
Der Uterus bildete sich schnell zuruck. Pat. erholte sich
bald, die Menses wurden normal, nnr blleb ein Uterin-
katarrh znriick.
Fall 2. Chronische Hdmatometra in Folge unper/o-
rirten Hymens ; sponlaner Durckbruch ; Heilung,
Ein 17jahr., noch nicht menstrnirtes Madchen fuhlte
Ende Marz plStzlieh heftige Kreuzschmerzen mit der Em-
ptindung, als wenn etwas nach unten driingte. Ende April
wiederholten sich diese Schmerzen aber in noch hoherem
Grade, es trat Appetitlosigkeit, Stuhlverstopfung, Harm
verhaltung nnd Frosteln auf. Trotz der Versicheningen
der Pat. suchte man den Grand dieser krankhaften Er-
scheinungen in einer bestehenden Scbwangerschaft. Des-
lialb sollte sie jetzt in das Spital gebracht werden. Auf
der Boise mittels Eisenbahn dahin stellte sich plotzlich
Erleichterung ein, eine grosse Masse Bint entleerte sich,
so dass Ohnmacht eintrat. Bei der genauen Untersuchung
der nun in das Spital anfgenommenen Pat. war nichts von
einer Geschwulst ini Unterleibe wahrzunehmen. Bei ober-
flachlicher Besichtigung zeigte sich das Hymen vollstan-
dig geschlossen, bei genauerer Untersuchung erkannte
man jedoch in der Mitte desselben eine ganz frische Riss-
Qffnung, aus welchor bei Drack vom Rectnm aus eine
chokoladenfarbige Flusaigkeit sich entleerte. Der Uterus
Hess sich als eine weiche Geschwulst vom Mastdarme aus
fuhlen , die Vaginalportion stand sehr nahe hinter dem
Hymen, so dass durch jene Rissoffnung die Sonde iu den
Uterus eiugefuhrt werden konnte. Die Oeffnung selbst
wnrde durch das Messer noch etwas erweitert nnd Press -
achwamm eingelegt. Das Mkdchen wurde bald gesund
entlassen. (H 5 h n e. )
Im Anschluss an vorstehende Fftlle theilen wir
noch folgende interessante Beobachtung von Hdma-
tometra bei Atresia vaginae, mit Raemaloce.lt n-
trouterina complicirt , mit, welche von Prof. L. L e h -
mann zu Amsterdam 1868 (Nederl. Tijdschr. v.
Geneesk. 1. Afd. p. 449. Sept.) verSffentlicht worden
ist, allein auch jetzt noch ausfUhrlichere Erw&hnaug
verdient.
A. D. , eine kleine, zart gebaute, chlorotisch aus-
sehende Dienstmagd von 17 J. , kam am 13. Dec. 1867
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264
V. Gynlkologie a. PidUtrik.
auf die gynikol. Abtheilung aster Lehman a. Das MAd-
cken hatte nooh nienuls menstruirt, litt seit 1 J. wieder-
holt an heftigen Leibschmerzen ond hatte seit ein Paar
Monaten Anschwellung des Leibes bemerkt. Es war elne
langliche, schmerzloie und nur wenig bewegliche Ge-
achwulst zu fuhlen, die von der Beckenhohle aus bis ein
Paar Finger breit fiber den Nabel binanfreicbte, unmittel-
bar an der Bauchwand anlag und sich ganz wie die Gebar-
mutter ausnabm. Die aussern Geschlechtstheile erschie-
nen noch ganz unentwickelt : Schamberg kanm angedeu-
tet und noch unbehaart, grosse Schamlippen dunn und
klein, Nymphen fast nicht wahrzunehmen , Ilymen eine
ringformige rudimentare Palte, Scbeideneingang eng, Kli-
toris und Orificium urethrae normal. Die innere Unter-
sucbung war dem Bladchen schmerzhaft. Die Scheide
scbien nur zolllang zu sein ; sie endigte trichterfonnig in
einen hautigen blinden Sack, hinter dem eine elaatische
duktuirende Gescbwulst zu fuhlen war, die sich gegen die
llohlung des Heiligbeins hin auszudehnen scbien. Ein
eigentliches Scheidengcwolbe war nicbt zu unterscheiden,
von einemUebarmutterhalse n. einemMuttermunde nichts
zn ffihlen. Vom Mastdarme her fuhlte man die namliche,
die Beckenhohle erfullende Gescbwulst, die beim Gcgen-
druck auf deu Unterleib deutlich duktuirte ; ein GebSr-
mutterbals aber war aueb von hier aus nicht zu erkennen.
Durch Einffihrung des Katheters wurde ermittelt, dass die
Blase an der in die 8clieide vorragendeu Ueschwulst kei-
nen An theil hatte.
Es bestand also eine unvollkommen eutwickelte Atre-
sia vaginae und Hainatometra durch Retention des Men-
strual hlutcu, und bereits am 17. Dec. wurde zu der nfithi-
gen Operation geschritten, die wegen ungemein grosser
Einpdndlichkeit des Madcbens in der Chlorofonnnarkose
vorgenommen wurde. ZunachBt wurde versucht, die
Scheide mittels des eingeffihrten Fingers zu erweitern,
das sackformige hautige Ende der Scheide zu durchbob-
ren und die Blutgcscbwulst zu erSffnen. Zwar wurde
dadurch das lose Bindegewcbe gelockert, wodurch die
Scheide nach hinten angeheflet war, so dass sie langer
und weiter wurde, und es kam auch eine geringe Blutung ;
der gespannte Sack jedoch, worauf der Finger stiess, liess
sich nicht eroffnen. Es musste desbalb unter Leitung des
Fingers ein massig dicker Trokar elngestossen werden,
und nun entleerte sich auf einmal reichlich 1 Pfund einer
chokoladcnfarbigen, theerartigen und geruchlosen Fl&ssig-
keit, worin das Mikroskop Blutkorperchen , zum Theil
fettartig umgewandelt, sowie Schleimkorpcrchen nach-
wies, jedoch keine Krystalle. Diese Oeffnung wurde mit-
tels des eingeffihrten Fingers zn erweitern der Versuch
gemaclit, wobei sich noch weiterhin blutige FIfissigkeit
entleerte, zunial bei Druck auf den Unterleib. Der Finger
kam dabei in eine hautige trichterformige Hohle, worin
aber kein Gebarmutterhals und kein Muttermund zu ffih-
icn waren. Die Gebarmuttersonde drang 6“ weit vor,
ansclieinend in der Lange der ausgedehnten Gebarmntter,
die sich jedoch nach der Operation nicht in der Weise
verkleinert hatte, wie man erwarten durfte, denn sie war
noch cine Hand breit oberhalb der Symphyse ffihlbar.
Die Scheide wurde mit warmem Wasser ausgespritzt.
Am 19. Dec. erfolgte ein heftiger Fieberanfall. Die
Gebarmntter stand immer noch fiber der Symphyse und
der Unterleib war schmerzhaft, zumal links neben der
Geb&rmutter. Der blutige Abgang aus der Scheide war
sehr ubelriechend. Die Einspritzungsflussigkeit wurde mit
Chlorwasser versetzt und Chinin mit Opium verordnet.
Am 20. Morgens entleerte sich auf einmal wieder eine
grosse Menge der namlichen theerartigen u. syrupsdicken
FIfissigkeit, wie nach der Punktion , wonaeh die Gebar-
mntter ganz in die Beckenhohle znrfickgesonken war.
Die Schmerzen im linkeu Hypochondriacs bestanden je-
doch noch fort nnd hielten auch nebst dem Fieber wfih-
rend der beiden nachst folgenden Tage an und der dunkle
Abgang aus der Scheide wurde stinkend. Der unter-
siuhende Finger kam noch immer in die enge trichter-
f&rnige TrokarCffnnng , ohne den Gebarmutterhals oder
den Gebarmuttermund zn ffihlen. Ml tte Is Laminaria wurde
der Kanal so erweitert, dass das Mutterrohr 3'/,", ja am
zweitfolgenden Tage 6" weit vordringen konnte. Das Fie-
ber nahm Jetzt ab, doch fand sich an demselben Tage Eiter
in dem Abfliessenden, weshalb nun zur Injektionsti&ssig-
kelt hypermangans. Kali genommen wurde.
Vom 25. bis 27. Dec. traten die Erscheinungen einer
lokalen Peritonitis immer starker hervor nnd das Fieber
zeigte immer mehr den pyamischen Charakter. Am
29. Dec. zeigte sich an der Innenseite des linkeu Schen-
kela ein Erythema diffusum, das sich weiterhin fiber das
ganze linke Bein ausbreitete ; der eitcrlge Ausfluss ans
der Scheide und die colliquativen Erscheinungen nafamen
mehr und mehr ca , und am 6. Jan. Abends erlag das
MSdchen.
Sektion. Frische Verwacbsung der Lungen, Serum
in den Pleuren, Oedem der Lungen ; etwas vergroaserte
Fettleber. Uterus von der Grosse einer Mannsfaust, ganz
im kleinen Becken liegend. Linkerseits ein ausgebreite-
ter Abscess hinter dem Peritonanm, vom kleinen Becken
aus lAngs des lleopsoas sich nach hinten erstreckend and
nach vom bis zum Rectus abdominis reichend , weshalb
auch beim Eroffnen der Bauchholile zwischen dem Peri-
touamn und der Aponeurose des linken Rectns eine Eiter-
ansammlung zum Vorschein gekomraen war.
Nach Herausnahme der Genitalien wurde die Scheide
nebst der Gebiirmutter langs der vordern Waad auage-
schnitten, wobei es sich zeigte, dass der ganze Gebarmut-
terscheidcnkanal einen 2‘* weiten und 6'/,“ langen cylin-
derfbrinigen Sack mit gleiehmassig dicken Wandungen
bildete. Die Schleimbaut der 1 */ 4 * ' langen Scheide er-
schien blassroth, unbeschadigt, mit zahlreichen Querfal-
ten bedeekt, zwischen denen viele kleine Papillen lagen.
Vorder- n. Hinterwand der Scheide hatten gleiche Lange.
Am muthm&asslichen Uebergange in den Mntterhals, der
gleich weit und dick wie die Scheide war, bildete die
Schleiinhaut 2 seitliche halbmoudformige Falten, die frfi-
her offenbar mit einander znsaminenhingen und den haut-
artigen Schluss bildeten. Unter der linken Falte sah man
die Trokarfiffnung, durch die der Finger in die zwiachen
Gebarmutterscheide und Mastdarm beflndliche H5hle ge-
tangte. Die Gebiirmutter bildete eine uberall gleich weite
und gleich dickwandige Hohle ; Hals, Kftrper und Grand
waren nicht darau zu unterscheiden ; die Plicae palmatae
im uutem Theile derselben waren nicht mehr fiberall vor-
handen ; die Schleiinhaut erschien fast durchgangig glatt,
ohne Glaudulae utriculares und von Pflaaterepithel be-
deckt, theilweise mit kfimigem Inhalt. Die Gebar-
mntterSffnnngen beider Tuben waren ganz geschlossen.
Die rechte Tube ging fast reebtwiakelig von der Ge-
barmutter ah, war 2'/j" lang, hatte ein gehorig mit Fim-
brien umgebenes Ostium abdominale und zeigte auch die
normale Weite bis in die Nahe des Gebarmuttergrundea.
Das rechte Ovarium, von gewdhnlicher GrOsse, zeigte sirf
Durchschnitten neben mehreren kleinen auch einen gros-
sen mit Serum geffiUten Follikel nahe dem untern Rande
der Kapsel. — Die linke Tube, so weit sie noch vorhaa-
w&r, verlief gcschlangelt. Ihr Lumen war bis 1" vom
Gebirmuttergrunde weg ganz geschlossen ; dem folgte
eine sackartige, dnrch Scheidewande mehrfach getheMto
Erweiternng, deren Hohlungen zum Theil mit theerarti-
gem chokoladenfarbigen Blute, zum Theil mit eiterartiger
FIfissigkeit erfullt waren. Die Reste des fibrigen TheUee
der Tuba aammt den Fimbrien hlngen in die mit Eiter
oder zersetztem Blute geffillte Hohle zwischen Oebannat-
ter, Mastdarm und Lig. latum hinein. Vom linken Ova-
riam (land sich nnr ein kleiner Rest, der mit dem erwei-
tertea Theile der Tube verwachseu war. Durch die linkar-
seits in der Scheide vorhandene Trokar6ffuung gelangte
man mit der Sonde hinter Scheide und Gebirmutter weg
zwischen dem Lig. latum durch die grosse Abseesshfihle
bis In die zerrissene Tnbe.
Durch die Sektion war somit dargelegt , dass
neben derHimatometra auch eine Haematocele retro -
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V. Gynftkologie a. Phdiatrik.
•265
uterina bestanden hatte, deren blutiger lnhalt nach
der Operation durch den freien Lufitzutritt in faulige
Zersetzung Ubergegangen war und die Py&mie her-
vorgerufen hatte. Im Uebrigen beattLtigte der Befnnd
die Richtigkeit der Diagnose in Bezug auf die Aetio-
logie der Hilmatounetra. Die Scheide war zwar
nebst den aussern Genitalien nrsprtlnglicli nieht ge-
hdrig entwickelt, die bei der Sektion vorgefundenen
halbmondformigen Klappen sprechen aber dafllr,
dass die Atresie der Scheide nicht angeboren , son-
dern nach der Geburt wahrscheinlicli durch eine ad-
hesive Entzllndung entstanden war.
Die Hamatocele zwischen den Falten des Bauch -
fella im Douglas’sclien Raume, welche die Hilmato-
metra nach oben und nach vorn gegen die Bauch-
wandungen gedrSngt hatte, war wklirend des Lebens
nicht erkannt , das durch den Trokar entleerte Blut
irrthtimlicli als aus der Gebarmutter kommendes an-
geaehen worden. Der Gebarmutterumfang hatte
sich nicht im Verhaltnisse zur Menge des entleerten
Blutes verkleinert , erst nachdem am 3. Tage nach
dem Einstiche spontan eine grosse Menge Blut durch
die Scheide sich entleert hatte, war die Gebarniutter-
geschwulst nicht mehr durch die Bauchdecken zu
fDhlen. In Folge der Yerschiebiuig der Gcbarmut-
ter nach vorn durch die Haematocele retrouterina
gelangte der Trokar nicht in die Gebarmutter-
hbhle, sondem durch die hintere Scheidenwand in
die Geschwulst im Douglas’schen Raume ; erst
nach Verkleinerung dieser Geschwulst und Entfer-
nung des Druckes auf die Gebarmutter wurde die
spontane Entleerung der letztem mOglich. Die als
diagnostisches Hfllfsmittel gertthmte Gebarmutter-
sonde bewahrte sich in diesem Falle nicht : sie Hess
sich durch den Trokarstich 6" weit vorschieben, wo-
mit aber nicht der Langsdurehmesser der Gebar-
mutterhdhle angegeben war, sondem nur die Aus-
debnong der Hamatocele im Douglas'schen Raume.
Die gesammten Symptome wahrend des Lebens
lassen dentHch erkennen, dass die Haematocele retro-
uterina oder periuterina mit Stdrungen der Menstrua-
tion in atiologischem Zusammenhange gestandeu
hatte, und die Frage ist vielleicht nicht unberechtigt,
ob eine solche Hamatocele, abgeseben von mechani-
schen Einfllissen, Uberhaupt nocb auf andere Weise
zn Stande komuieu kaun. Die menstruate Hyper-
amie, die der Ovulation und dem Blutanstritte in den
Tuben und in der Gebarmutter vorausgeben muss,
hatte die Hamatocele veranlasst. Wahrscheinlich
hatte in der Tube und im Ovarium der linken Seite,
die schon frtlher verwachsen waren, die Blutung au-
gefangen ; das aus geborstenen Capillaren der Tu-
benschieimhaut kommende Blut aber konnte nicht
dnrch den obliterirten Gang in die Gebarmutter ttber-
treten und wirkte deshalb ausdehnend auf den er-
haltenen Theil der Tube. Die Hyperamie der im
Lig. latum befindUchen GefUsse hatte weiterhin noch
dazu beigetragen, die Blutansammlung in dem Dou-
glas’ schen Raume zu vergrbssern. Durch RUckstauung
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 3.
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des in Folge der Atresie der Scheide in der Geblr-
mutter zurttckgehaltenen Menstrualblutes konnte die
Hamatocele nicht bedingt gewesen sein , da die Tu-
benmttndung obliterirt war. (R e d a k t i o n.)
481. Bemerkungen iiber einige physiolo-
gisohe and pathologisohe Ph&nomene der
Cirkulation bei schwangern Frauen ; von Dr.
Robert Barnes. (Brit. med. Journ. Nov. 13.
1875.)
Vf. bemtlht sich, durch eine Anz&hl weiter unten
zu erwalinender Falle nachzuweisen , dass wahrend
derGraviditat eineZunahme der arteriellenSpannung
und eine Neigung zu Phlebektasien besteht. Durch
die Schwangerscliaft werde die Cirkulation modifi-
cirt, sowohl durcli die bekannte Veranderung des
Blutes (Abnahme der rothen BlutkOrperchen , Zu-
nalune von Wasser und Fibrin) als auch durch dy-
uamische Einflflsse. Vf. niinmt unit Guillot, L a r -
cher und Duroziez eine Herzhypertrophie wah-
rend der Graviditat an, welche sich durch Puls-
beschleunigung kimdgebe. Es cirkulire eine grosse re
Blutmenge, der Sphygmograpli babe die Zunahme
der arteriellen Spannung nachgewiesen. Aucb die
nervdse IiTitation sei von Wichtigkeit. Die Folge
davon ist allgemeine Hyperamie u. specielle Hyper-
amien mit Neigung zu Blutungen u. s. w. Entweder
gelange das Blut aus geborstenen GefUssen der
Schleimhaut nach aussen, oder es erfolge iunere Blu-
tung oder Abortus. Bei Unterdrtlckung der Blutung
komme es zu Albuminurie und Eklampsie. Hamat-
urie und Albuminurie sei cigentlich dasselbe. Aus
den durch die Falle festgestellten Thatsachen ent-
nimmt Vf. fUr die Behandlung , dass allgemeine nnd
topische Blutentziehungen ndthig werden konnen.
Ferner sind saline und purgative Medikamente an-
zuwenden ; die Diat ist zu regeln, Stimulantien sind
zu vermeiden. Horen tvotz alledein die Blutungen
nicht auf, oder wird die durch sie herbeigefllhrte An-
amie gefaiuUch, so muss die ktlnstliche FrUhgeburt
eingeleitet werden.
Wir lassen nun die Falle folgen, enthalten uns
aber jeder speciellen Kritik. Der Leser wird sehen,
dass manche Falle wenig passend sind, andere wie-
derum eine andere Deutung zulassen, und dass viele
nur etwas gewaltsam zum Beweise filr die Ansichten
des Vfs. dienen konnen.
1) Fran von 34 Jabren. Im 3. Mob. der 3. Schwan-
gerschaft bedeutende Phlebektasien und Oedeme ; Kopf-
sehmerz ; starkes Klopfen der Carotiden ; verst&rkter
Herzstoss ; vermehrte Promtnenz der Glandula tbyreoidea
und der Augapfel.
2) Frau von 28 Jahren. Im 6. Mon. der 4. Schwan-
gerschaft hauflge Ohnmachteu. Grosse Yenenausdehnung
und Hyperamie der Scheidenwande, der Labien und dei*
Heine. Keine Thrombosen.
3) In der 2. Schwangersehaft grosse Varices an den
Ueinen, in der 3. ebenso, namentlich betrachtliche Aus-
dehnuug der Saphena, in den Kniekehlen grosse varikdse
Packete.
4) Eine Geburt, zwei Abortus, im 7. Monate der
nichsten Schwangersehaft Krebs rortauschender, die ganze
34
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266
V. Gynftkologie u. P&diatrik.
Vagina ausfullender Tumor, nur ana Varices bestehend
und nach der Entbiudung verschwindeud.
6) Scbwellung der Varices wahrend der Schwauger-
schaft.
<o) Zunahme eines Naevus wahrend der Sehwauger-
schaft, Verkleinerung desselben im Wocheubett.
7) Herzhypertrophie in Folge der Schwangerschaft ;
zu gleicher Zeit tumultuose llerzaktion, unregelmassige
Menstruation und Anaruie.
8) Vier Geburteu zur recbten Zeit, 4 Abortus; seit
der 1. Geburt Herzhypertrophie und Vcrgrosserung dcr
Glandula thyreoidea, Oedem der Fusse und Congestion
der Scheide.
9) Multipara, seit der letztjn Schwangerschaft Ilerz-
palpitationen und hantige Ohnmachten.
lOj Convulsioneu , Stertor und Ohnniacht bei einer
Achtgebarenden ; Geburt eines lebendeu KJudes ; 20 Min.
dauach Tod der Mutter ; ein kleiner apoplektischer Herd
im Thalamus opticus , ein grossercr im linken Crus ce-
rebri.
11) Frau von 87 J., hat 10 Kinder gehabt. Ini 2. Mo-
unt der nachsten Schwangerschaft Blutungen. Die Frau
springt plotzlich aus dem Bett und ist auf der linken Seite
gelahmt. Completer Collapsus, Anurie von 24 Std., kurze
Zeit danaeh Tod. Lm Urin kein Eiweiss,
Vf. macht darauf aufmerksam, dass man in vie-
len Fallen von tOdtlicher Eklampsie Verletzungen
der Himgef&sse mit Effusion von Blut und Serum
findet.
12) Erste Schwangerschaft, plotzlicher Tod wahrend
der Geburt. Bei der SeJction fand man im Perikardium
eine Menge tiussiges und coagulirtes Blut. Die Aorta war
geboreten, in der Wand de reel ben sass eine Hxjilatidai-
Cysle, welehe die Wand verdunnt hatte.
Vf. bebauptet, auch die Bildung einer retrouteri-
nen HAmatocele wahrend der Schwangerscliaft beob-
acbtet zu baben. Die Hyperimie der Geftsse der
'ruben und breiten Ligaments macht ihm diesen Vor-
gang w&hrscheinlich.
Zu den nachsten Fallen bemerkt Vf. , dass die
Blutung aus Scbleimhauten der Respirations- oder
Verdauungsorgane mitunter beilsam sei.
18) Eine Multipara bekam wahrend der Schwanger-
schaft Herzpalpitationen und ll&nioptysis. Eiweiss er-
schien im Urin, Iliinde und Fusse schwollen an, hautige
Ohnmachten traten ein. Verdacht auf Tuberku lose bo-
stand. Normale Geburt. Die Haraoptysis kehrte nie
wieder ; die Frau blieb gesund.
14) Starke Hamoptysis im 7. Mon. der Schwanger-
schaft. Keine Kranklieit der Brust. Auch Montgomery
hat einen ahnlichen Fall beriehtet.
16) In der ersten Zeit der 1. und im 6. Mon. der 2.
Schwangerschaft Abgang grosser Masson flussigen nnd ge-
ronnenen Blutes mit den Faces. Rectnm ohne Krankheit.
Terpentiuolklystire nutzlos, dagegen 3mal taglich 20 Tro-
pfen Liquor ferri von gunstiger Wirkuug. Erst nach der
Niederkunft horten die Blutungen voliig auf, traten aber
in einer spatern Schwangerschaft, die mit Abortus endete.
wieder auf. Dann blieb die Frau gesund.
16) Multipara, die in den letzten 7 Jahren 7 Kinder
geboren hat. Im 5. Mon. der nachBten Schw. trat eine
to bedentende Blutung eiu, dass Pat. hochgradig anamisch,
maniakalisch und imbccill qrurdc. Nach der Niederkunft
Hellung. Neue Schwangerschaft, Blutung, Schreck,
Abortus, Genesung. Bei einer abennaligen Schwanger-
schaft zelgte sich wieder eine so erhebliche Blutung, dass
der kunstliche Abortus eingeleitet werden musste ; Ge-
nesung.
17) Multipara ; nach der Geburt des 6. Kindes groase
Blutung aus dem Anus.
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18) Frau von 26 J. ; im 5. Mou. der 6. Schw. Rlut-
erbrechen ; hochgradige Anamie.
19) Hamatemesls. mehrere Tage danaeh Eklampsie.
Albuminuric, bedentende Blutnng aus derNase; Kind todt
geboren ; Genesung.
20) lm 6. Mon. der 1. Schwangerschaft allgemeine
Wassersueht, danaeh Haniaturie und dann Albuniinurie.
(Fritsch.)
482. Zwillings- und Molenschwangersch&ft;
von Dr. Geisae zu Ems. (Deutsche med. Wchnschr.
II. 25. 1876.)
Die betr. 31ja.hr. Frau von zarter Constitution hatto
3mal zur recbten Zeit geboren, die Kinder starben samint-
lich 8 T. nach der Geburt. Ausserdem hatte Pat. Snial
abortirt. Am 2. Juli 1876 war die letzte Periode eingo-
treten , 4 W. darauf fuhlte Pat. l)ruck und Schivere im
Unterleibe. Ende Aug. traten webenartige Bchmerzen
ein, wobei Blut abging. Dieser Zustand dauerte mit
Zwischenpausen von einigen Tageu bis zum 24. Oct. fort.
In dieser Zeit faud Vf. das Ausschen der Kr. alt und sehr
heruntergckominen. Bei Untersucbung des Unterleibes
zeigte sich eine bis zum Nabel reiehende, bei Drack
schmerzhafte Geschwnbtt. Die Vagina war weich , der
aussere Muttermund geoffnet, der innere noch verschlos-
sen ; das untere Segment der Geburmutter fuhlte sich fest
an. Die Schmerzen waren jetzt anhaltend, sic nahmeu nur
ab, wenu cine stinkende blutige Flussigkeit abgegangen
war. HSrte der Blutabgang einige Zeit auf, so nahin der
Leib an Umfang zu. Die Auskultation gab keine Resol-
tate. Es wurden Carbolsaure-Einspritzungen in die Va-
gina gemacht, ausserdem VVein, Cbinin etc. gcreicht. In
den nachsten Tageu wurde l’at. inuner schwacher , die
Schmerzen steigerten sich und die Briiste fielen zusam-
men. Am 10. Nov. cntschlosa sich Vf. zur Entleerung
des Utenis, bedientc sich dazu jedoch nicht des Press-
schwamms oder der Laminaria, sondem des Instrumentes
von Dr. Greenhalgh, welches aus einer knopfloseu
Sonde und einem innen mit Oesen versehenen Kopfstuck
besteht. Dasselbe wird mittels der Sonde in den Mutter-
mund eiugcfuhrt. Wird nun die Sonde entfemt , sower-
den die Branchen des im Muttermund verblcibeudcu
Kopfstucks in Folge eines darin angebrachten Mechanis-
inus auseinauder gedrangt.
Nach Einfuhrung dieses instruments traten wehen-
artige Schmerzen ein und es wurde eine janchige Flussig-
keit entleert. Nach 20 Std. wurde das Instrument ent-
fernt und die Kr. konnte die ganze Nacht gut schlafen.
Den nachsten Morgen wurde das Instrument wieder ein-
gelegt und des Abends entfernt. Am andern Morgen fand
Vf. in der Scheide eine derbe Masse von Handtellergrosse,
welehe blassroth , in der Mitte dick und nach den Ran-
dem scharf zugehend ersehien. Solcher klumpenartiger
Massen giugen noch drei ab und hierauf erst folgte die
Ausstossung eines mannlichen u. weiblichen, etwa 4 Mon.
alten Fotus. Beide Piacenten — die eine rechts, die
andere im Grunde haftend — mussten wegen Verwach-
sung kiinstiich entfemt werden. Bei dcr Untersucbung
der Uterusholile fand Vf. im recbten Home eine weicbe,
verdickte , mit Zotten besetzte handgrosse Stelle. Die
1 Std. nach der Entbindung eingetretene Blutung wurde
bald duroli Ergotineinspritzungen gestillt. Bis zur 4. W.
des Kindbetts erholtc sich die Frau sichtlicb , dann aber
trat eine 8 T. dauemde Blutung ein ; welehe erst durch
Einffihren und Liegenlassen eines Hbllensteinstiftes be-
seitigt wurde.
Die mikroskopische Untereuehung jener Gebilde
durch Dr. Letaerich ergab, dass man es nicht mit Pla-
centarresten, sondem mit einer Flelschmole zu than hatte.
(H 5 line.)
483. Hydrocephalie des Fotua ala Qe-
burtehinderniaa ; von Dr. Walter R. Gillette
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
V. Gynlkologie u. PAdiatrik. 287
In New York. (Amer. Journ. of Obstetr. VIII. 4.
p. 632. Pebr. 1876.)
Frau L. hatte schon 3 Kinder mit Hydrocephalus ge-
boren, wodurch der Geburtsverlauf Jedesmal verzogert
worden war. Am 3. April 1873 hegann die 4. Geburt,
wobei Vf. durch Eingehcn mit der ganzea Hand, nachdem
bereits sehr viel Fruchtwasser abgeflossen war , Hydro -
cephalie des Fotus in hohem Grade erkannte. Er machte
eine Punktion des Fotuskopfes mit dem Trokar. Es floss
etwa 1 Quart Wasser ab , wonach enter kraftiger Wehen-
wirkung bald das Kind , mit der KanGle noch im Kopfe,
lebend geboren wurde ; aus der PunktionsofTnung sickerte
noch fortwahrend Serum. Vf. legte eine Bandage um den
zusammengefallenen Kopf, der sich , nachdem am 2. T.
die Oeffnung sich geschlossen hatte , rasch wieder an-
fullte, so dass er einen Durchmesfler von 19—22" zeigte.
Nach Erdffnung des Trokarlochs floss das Semm wieder
ab, das Kind befand sich *2 T. lang wohl , dann stellten
sich, ohne dass die Flussigkeit wieder erheblich zunahm,
Convulsionen ein , welche durch Chloralhydrat und Brom-
kalium erfolgreich bekampft wurden. Nath dem 16. T.
hijrten die Convulsionen ganzlich auf und das Kind sebien
zu gedeihen, bis es5W. nach seiner Gebnrt einer Diarrhoe
rasch zum Opfer flel. (E. Schmiedt.)
484. Einapritzungen mit heissem Wasser
bei Qebflrmutterblutungen ; von Dr. R. W in-
ti elband. (Deutsche med. Wchnschr. II. 24. 1876.)
Vf. spricht sich, gesttltzt auf 2jfthrige Erfahrang,
sehr entschieden ftir die gtinstige Wirkung dieser
Wa8gereinspritzungen aus. Er hat dieselben bei
starken Blutungen bei Abortus, bei Frtthgeburt und
ebenso auch bei rechtzeitiger Geburt, wenn grosse
Wehenscliwflche ausserdem vorh&nden war , in An-
w'endung gezogen. Ebenso bediente sich Vf. dieser
Methode bei proftiser Menstruation, welcher Erweite-
rnngen des Uterus, LageverAnderungen oder chro-
nische Entzflndungsvorgknge zu Grundc lagen ; ferner
bei gefalirdrohenden Blutungen bei Uterusfibromen,
sowie bei Blutungen in Folge von Krebs. In alien
Fallen war der Erfolg sehr befriedigend.
Den ersten Versuch mit dieser Methode machte Vf.
bei einem Abortus im 3. Monat, nachdem die heftige Blu-
tnng mit alien moglichen Mitteln vergebens bekampft
worden war. Selbst die Tamponade hatte die Blutung
nicht zu stiilen und Wehenthatigkeit anzuregen vermocht.
Das vorliegende Ei liess sich durch den etwas geSffneten
Muttermund mit der Spitze des Fingers erreichen. Die
Gebarnmtter zeigte noch keine Neigung, sich zusamtnen-
zuziehen und die Blutung dauerte in dem Maasse fort, dass
ein Collapsus zu bcfurchtcn stand. Die heissen Ein-
spritzungen wurden mit einer gewohnlichen Spritze mit
Mutterrohr gemacht. Das zur Einspritzung verwendete
Wasser hatte eine Temp, von 38—39° R. In Pausen von
5 — 10 Min. wurden 8—10 solcher Einspritzungen ge-
macht ; gleich bei der ersten derselben flng der Uterus an
sich zu contrahiren , bald wurde anch das Ei ausgestossen
und die Blutung stand vollstandig. Der Fall verlief im
Uebrigen ganz glucklich.
Ein 2. Fall betrlfft eine hochst erechopfte Kreis-
sende , bei welcher heftige Blntongen eingetreten waren.
Der sehr rigide Muttermund zeigte sich thalergross er-
offnet und mit dem Finger sticss man auf die seitlich
vorliegende Placenta. Die Blutung war bei der Unter-
snehung sehr heftig; dieWendung war wegen der grossen
Starrheit des Muttermundes nicht zu ermoglicheu , wenn
man diese nicht selbst erst beseitigen wolite. Durch die
heissen Einspritzungen wurde die Blutung sofort gestillt,
der Uterus zur Contraktion gebraeht, wodurch eine Menge
Fruchtwasser noch ausgetrieben and das in Scholterlage
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befindliche Kind noch .so in gtinstige Lage gebraeht wurde,
dass dasselbe in Schadellage zur Welt kam.
In einem 3. Falle, wo im 7. Mon. heftige Biutangen
bei Placenta praevia eingetreten waren , lelsteten die
heissen Wassereinspritzungen ebenfalls die beaten Dienste.
Ein 4. Fall betriflft eine Frau mit 2 intramuralen
Uterusfibromen , in Folge deren bei jeder Gemuthsbewe-
gung Blutungen auftraten. Hier lelsteten ebenfalls diese
Einspritzungen scbnelle llulfe, so dass die Pat. den Ap-
parat stets auf Reisen bei sich fuhrte und sicher darauf
rechnen konnte , die eintretende Blutung sofort zu stiilen.
In Bezug auf die Technik der Methode hebt Vf.
hervor, dass die Einspritzungen am besten vermittelst
eines Irrigators, und zwar in der Rtickenlage der
Kr. ausgeftlhrt werden; man beginnt mit einer Tem-
peratur von 38° R. und kann dieselbe je nach Be-
dttrfnis8 bis zu 41° steigern. Besondere etnpfehlend
fiir diese Methode ist auch der Umstand , dass bier-
durch derKr. keine unangenehme oder gar Schmerz-
empfindung erwflchst , vielmehr das heisse Wasser
sehr gut vertragen wird.
Die gtinstige Wirkung des heissen Wassers
schreibt Vf. dem Reize zu, welchen die Hitze anf
die Mu8kelfasem der Gebarmutter austlbt. Ein
niederer Grad von Wttrme wllrde nattlrlich durch
Ausdehnung der GefAsse die Blutung nur verstllrken.
Das wesentliche Moment ist also hierbei der hdhere
Grad von WArme. Dass durch die Hitze eine
Coagulation des Blutes, in deren Folge Thromben-
bildnng eintrete, bewirkt werde, kann Vf. nicht zu-
geben, da er niemals davon etwas hat entdecken
konnen. Zum Schluss erwAhnt Vf. noch , dass ihm
von verschiedenen Seiten von dem guten Erfolge der
beschriebenen und empfohlenen Methode berichtet
worden ist. (Hdhne.)
485. Beobachtungen uber das Verhalten
der EigenwArme w Ahrend der Geburt; von Dr.
F. Massmann. (Petersb. med. Ztschr. N. F.
V. 1. p. 23. 1876.)
Vfs. Arbeit schliesst sich gewissennaassen an
die von Winckel *im J. 1869 verdffentlichten Un-
tersuchungen tlber das Verhalten der Temperatur
wAhrend dev Geburt an. Seine Beohachtungen wnr-
den bei 248 normal verlaufenden Geburten angestellt
und dabei 679 Messungen vorgenommen ; dieselben
sind stets in der Vagina der Kreissenden angestellt
worden. Die von Vf. gewonnenen Resultate werden
im Folgenden mit den von Winckel aufgestellten
SAtzen verglichen.
1) Die Temperaturhdhe bei durchaus normalen
Geburten schwankt zwischen 36.6° u. 38.0° C. und
betrAgt im Mittel 37.44° C. Vfs. Zahlenreihen er-
geben ein Minimum von 36.5°, ein Maiimum von
38.0°, im Mittel 37.464° C., also fast gar keine Dif-
ferenz von denen W i n c k e 1’ s.
^2) Die Temperatur gesunder Kreissender ist
etwas hflher ala die anderer gesunder Menschen,
durchschnittlich 0.2 — 0.3° C. ; Vf. bestatigt diess.
3) Der Gang der Temperatur bei normalen Ge-
burten gleicht im Ganzen durchaus der tAglichen
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
268
V. Gynflkologie u. P&diatrik.
Temperaturcurve Gesunder. Im Allgemeinen wird
auch dieser Satz durch Vfs. Beobachtungen bests tigt,
doch fallen die Maxima und Minima der mittlern
Temperatur nicht genau in dieselben Tagesstunden
wie bei W i n c k e 1, and es 1st die Differcnz zwischen
Maximum und Minimum eine geringere. Der Be-
liauptung Lehmann’s, dass die Temperatur wtth-
rend der Geburt immer rasch und constant steige,
trittVf. ebenso wie Winckcl diess thut, entgegen;
unter 193 Fallen ergab sich eine constante Steige-
rang nur 27mal, ein coustantes Fallen 88mal, gleiche
Werthe 13mal ; Schwankungen 65mal. Diese Zahlen
sprechen deutlich filr die Behauptung von Gruber,
dass die Temperatur von Beginn der Geburt bis zum
Ende sinkt.
4) DieDifferenz zwischen Maximum u. Minimum
der Temperatur bei ein und derselben Kreissenden
ist nicht grosser wie die normale Beweglichkeit der
EigenwSrme ganz gesunder Menschen, im Mittel nur
0.15°. C. Auch dieser Satz wird von Vf. bestatigt.
5) In der Austreibungsperiode scheint die Tem-
peratur etwas hdher zu sein als in der ErSffnungs-
periode. Hier widersprechen Vfs. Beobachtungen
denen von Winckel, indem sich bei llOGeburteu
die Temperatur in der 2. Periode 89mal niedriger
ergab als in der ersten , in 1 5 Fallen waren beidc
gleich und nur in 6 Fallen war die Temperatur der
Austreibungsperiode hdher.
6) Erst- und Mehrgeb&rende zeigen in Bezug
auf Hdhe der Temperatur und Differenz zwischen
Maximum und Minimum keinen Unterschied. Die
zweite Halite dieses Satzes wird aucTi durch Vfs.
Beobachtungen bestatigt, was aber die Hdhe der
Temperatur anlangt, so stellte sich die mittlere Tem-
peratur bei Mehrgebarenden um ein Geringes hdher
als bei Erstgebarenden.
7) Die Temperatur unmittelbar nach Ausstossung
der Nachgeburt richtet sich im Vergleich der inter
partum gefundenen meist nach der Tageszeit, d. h.
sie fillt im Vergleich zu jener in der Zeit der Re-
mission, sie steigt in der Zeit der Zunahme ttber-
haupt. Obgleich Vf. die Temperatur unmittelbar
nach der Geburt nur in 55 Fallen gemessen hat, so
Hess sich eine solche Regelmassigkeit durchaus nicht
erkennen.
8) Die Temperatur gleich nach der Geburt ist
im Ganzen und Grossen etwas hdher , wie die Tem-
peratur bei der Geburt selbst. Unter Vfs. 55 Fallen
betrng die mittlere Temperatur 37.59°, was gegen
die Durchschnittstemperaturen wfthrend der Geburt
ein Plus von 0.17° C. ergiebt.
9) Wie bei alien Gesunden , so ist auch bei ge-
sunden Kreissenden die Temperatur weit constanter
als der Puls und die Respiration derselben ; diesem
Satze stimmt Vf. vollst&ndig bei. (S i c k e 1.)
486. Zur Caauistik der Extrauterin-Schwan-
gersobaft *).
') Vgl. Jahrbb. CLV1II. p. 168 flg.
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Folgende 2 Falle von AbdominaUchwanger-
achaft mit Perforation des Rectum beobachtete Dr.
Fritz Benicke (Ztschr. f. Geburtsh. u. Frauen-
krankh. I. 2. p. 344. 1875).
1. Fall. Frau St. rechnete, nachdem sie 6 J. zuvor
znm 2. Male normal entbunden worden war, von Mitto
Jnni 1847 den Beginn ihrer 3. Sehwangerschaft. Diese
verlief regelmiissig , ohne Blutungen , bis zum 20. Marz
1848, wo sich ohne jeden Schmerz ein rothlicher Abfla*>
mis den Genitalien einstcllte. Aber weder Wehen , noch
die Geburt traten ein , die Kindesbewegungen hSrten auf.
die Hcbamme faud keine Eroffnung des Mnttermundes,
der Arzt sagte . dass das Kind todt sei. Dagegen zeigte
sich im Mai die Menstruation wieder , die seitdem regel-
massig, wenn auch etwas reichlich u. mit Abgang hantiger
Fetzen verbunden, wiederkehrte. Der Leib behielt 4 J.
lang fast den gleicben Umfang, der Gesundheitszustand
verschlechterte sich , darauf verkleinerte sich der Bauch-
umfang und das Allgemeinbeflnden wurde besser, nnr eine
Unterleibsentzundung und ein heftiger Langenkatarrh
traten in der Zwiscbenzeit auf.
Nachdem in den letzten 2 J. Unterleibsschmerzen n.
hartnackige Diarrhoen mit dem Abgang von kleinen
Kn3chelchen die nun 66 J. alte Frau beunruhigt hatten,
land B. am 8. Aug. 1874 den Leib der ziemlich magem.
leidend aussehenden Frau flach , gegen Druck nicht ern-
plindlich, etwas gespannt, so dass etwas Bestimmtes nicht
durchgefuhlt werden konnte. Die Portio vaginalis war
fast verstrichen , hinter ihr befand sich ein harter , rund-
licher, schmerzhafter Tumor, der sich wie ein pergament-
artiger Schadelknochen anfuhlte, daneben noch andere
kleine harte Steilen. Die Mastdarmuntersnchnng ergab
keine weitera Anfschlusse. Durch einige kleine Wirbeln
ahnliche Knochenstucke, welche die Kr. vorzeigte, wurde
jedoch die Diagnose auf „in den Darm perforirende
ExtrauterinBchwangerschaft 11 gesichert.
In den folgenden Monaten gingen noch eine Anzahl
anderer Knochen ab, deren grosster die linke Halfte dee
Unterkiefers war, dann Wirbel, kleinere Kopfknochen,
langliche Knochen, sogar ein Zahn, wonach dann die
Knochenausscheidung, so wie dleLeibschmerzen u.Durch-
falle aufhOrten und das Allgemeinhetlnden gut wurde.
Dtirch die innere Untersuchung konnte jedoch diesel be
Geschwulst hinter der Portio vagin. noch gefuhlt werden.
Erst im Anfange des Jahres 1875 stellten sich die alten
Beschwerden von Neuem ein, weshalb Pat., nachdem
wieder kleine Knochen abgegangen waren, sich in das
Augusta-Hospital aufnebmen iiess. Bei der Untersucbnng
land man daselbst im Mastdarm ein Os femoris , nach
dessen Ausziehung man hoch oben in eine etwa funf-
groschenstuckgrosse Oeffnung gelangte, welche in eine
mit losen Knochen gefullte Hohle zwischen Geharmutter
und Mastdann fiihrte. Diese Knochen liessen sich mit
Finger und Komzange in einer Sitzung entfernen , ohne
dass man noting gehabt hatte, die Oeffnung zu erweitern ;
nur die Schadelknochen muss ten vorher mit der Korn-
zange zusammengebogen werden. AuBser den genannten
waren die Beckeuknocken , die rechte Halfte des Unter-
kiefers , die Kuochen der Gliedmaassen und eine Anzahl
Klppen ausgezogen worden.
Nach dieser Operation , welcher man sofort Ausspn-
lungen der Hohle mit Carbolsaurelhsung durch den Doppel-
katheter folgen licss , erholte sich Pat. rasch und die Ge-
schwnlst hinter der Portio war nicht mehr zn fuhlen.
Von Interesse ist in diesem Falle der Umstand,
dass sich vor dem Absterben der Frucht nicht die
gering8te Geburtsth&tigkeit gekussert hatte, so wie
dass erst nach 27 J. der Kbrper begann, sich des in
ilun geborgenen fremden Kdrpers zu entledigen.
Nach Hecker fand in 28 Fallen bei 18 die Aus-
stossung in den ersten 8 J. statt.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
269
V. Gvnfikologie n. Pidiatrik.
8. Fall. Die S8J61ir. Fran D. , welohe am 16. Min
1876 in die Charity gebracht wnrde , hatte 6 Kinder ge-
boren und 3mal abortirt , zuletzt ror 3 Jahren. Seitdem
litt eie an Fluor albus und andernBeschwerden, besonders
seit 3 Mon. , wo die Regel ausblieb , an Unterleibschmer-
zen, Erbrecben und stinkendem Austhiss aus dem Rectum.
Sie war ungemeln abgemagert , mehrere Querflngerbreite
fiber der Sympbyse fuhlte man die obere Grenze eines
harten , sich in das Becken erstreckenden Tumors , der
auch hinter der Portio zu palpiren war. Scbon nach we-
nigen Tagen starb Patientin. Sie hatte , wie die Sektion
ergab , eine vielfach verwachsene , kindskopfgrosse Ge-
echwnlet, in welche die linke Tuba elntrat, im Lcibe.
Die Oberfiache derselben war reich vaskularisirt , von
schlefergrauer Farbe und enthielt schwefelgelbes Fett-
gewebe. Nach Einschneiden dieser Geschwulst gelangte
man in einen grossen Sack, dessen Wande 0.5 Ctmtr. dick
waren und dessen Inhalt aus einer schmierigen, kornigen,
thongrauen Masse bestand, worin dieKnochen eines F6tus
eingebettet waren. Diese Knochen hatten an einigen
Stellen Perforation des Sackes und sogar des Mastdarms
bewirkt , so dass man oberhalb des Anus eine 2'/ a " lange
Fisteloffnung , in welche ein fotales Schulterblatt hinein-
ragte , vorfand. — An der Eintrittsstelle der linken Tuba
in den Sack traf man auf Reste des linken Ovarium
in Form einer Anzahl erbsengrosser , glattrandiger, mit
waserigem Fluidum erffiilter Cysten.
In dem Falle; welcher von Dr. Cullingwortli
(Obstetr. Journ. III. p. 448. [XXXI.] Oct. 1875)
kurz verfiffentlicht worden ist, scheint die Ent-
wicklung des Eies in der Tuba Btattgefunden zu
haben.
Die 36 J. alte E. D. , seit 11 J. verbeirsthet , war
nle schwanger geworden. Am 7. Sept. 1874 waren die
Regeln zueret auBgeblieben , worauf allmalig der Leib
grOsser wurde, paroxysmenweise 8chmerzen eintraten nnd
aneb Oedem nnd Abmagerung bemerkbar wurden. Bei
der Aufnahme in das Krankenhaus (20. April 1875) hatte
Pat. leichtes Fieber, hektische R5the im Gesicht , Hasten
und Auswurf, leichtes Oedem an Handcn und Ffissen
und war sehr mager. Der Ueib zeigte eine bis znr Mitte
zwischen Nabel und Proc. ensiform. reichende, platte,
wenig flukttiirende , sehr schmerzhafte Geschwulst, die
Schmerzen wiederholten sich von Zeit zu Zeit inParoxys-
men. Der Muttermund Btand hoch, der Uterus war ante-
flektirt und der Sondenraeseung zufolge von normaler
Lange. Die muthmaassliche Diagnose lautete auf Ovarial-
cyste. Eine Pnnktion lieferte dunkelrothe, trfibe Flfissig-
keit , spater worde eine Drainagerohre eingelegt , dnrch
weiehe sehr bald stinkende Janche abfloss. Nach 2 Mon.
machte C. eine 3" lange Probeincision in derMedianlinie.
Dabel gelangte er auf einen mit den Bauchdecken so innlg
verwachsenen Sack, dass an ein Herausnehmen desselben
nicht zu denken war. Er wurde erOffnet und die ein-
gehende Hand stiess in derTiefe auf einen fauligen FStus,
dessen Knochen fast von den Weichtheilenentblost waren;
seine TotaUange betrug 14 Zoll. Die Cyste war glatt-
wandig und zeigte keine Spur einer Placenta. Die wenige
in ihr beflndliche jauchige Flfissigkeit wurde daraus ent-
fernt , sie selbst sorgfaltig gereinigt , desinfleirt und die
Banchwunde bis auf ein 2" langes Stuck durcli die Sutur
geechlossen. DieKr. starb am 8. T. unter den Symptomen
akuter Phthisis. Bei der Sektion fand man den Sack
6'/*" breit und lang, ein '/j" langer sessiler Polyp sass Im
Fundus der Gebarmutter, deren H5he 2 7 /," maass. Die
linke FallopischeRohre liess eine Borste '//* weitein, wiih-
rendvomSacke aus ein Rabenfederkiel '/*" weitgegenden
obern Uteruswinkel vordringen konnte. Zwischen beiden
Kanalen war die Tube auf eine kurze Strecke obliterirt.
Einen fttr die Lehre der Ueberwanderung de»
Eies sehr lehrreichen Fall von Tubenschwanger-
schaft haben Dr. Conrad und Prof, Langhans
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in Bern (Arch. f. QynAkol. IX. 3. p. 337. 1876)
beschrieben ').
Die blsher vSllig gesunde and normal menstrnirte,
30Jahr. Frau A. bemerkte etwa 3 Wochen nach ihrer
Verheirathungdieer6ten Schwangerschaftszeichen. Sieben
Wochen darauf wurde sie plfitzlich ohne nachwelsbare
Veranlassung von heftigen Schmerzen in der Tiefe des
Unterleibs und Stuhldrang befallen. Bald folgten Er-
brechen, Blass- und Kfihlwerden, Verfall derZfige, grosse
Unrnhe , frequenter Pnls und , naebdem der Arzt noch
eine in der BauchhShle vom Becken bis gegen den Nabel
aufsteigende Geschwulst constatirt hatte , der Tod binnen
10 Std. vom Beginn der Symptome.
Bei der Sektion fand man in der BauchhShle 2 bis 3
Liter Blut, inderGegenddesProc. veraiformis einen lang-
lichen, runden, einer Darmschlinge mit injicirter und ver-
dickter Wand ahnlichen Korper, der sich als die nach
oben verlagerte rechte Tuba herausstellte. Nirgends be-
standen Adhasionen im Becken. Nach Herausnahme der
Genltalien erschien der Uterus vergrossert, 9.5 Ctmtr.
lang, 2.6 dick, 6 breit, die Schleimhaut enthielt eine De-
cidua, im Cervix befand sich ein starker Schleimpfropf.
Die linke Tuba war normal durchgangig, 9.5 Ctmtr. lang,
nicht geknickt , das linke Ovarium normal , in ihm ein
Corpus luteum, oval, von 11 — 16 Ctmtr. Durchmesser,
mit weisalichera Centrum, in dem eine kleine serumhaltige
Hohle sich befand, und gelbemRandsaum, welcher an der
Oberfiache des Ovarium, der Rissstelle entsprechend,
1.6 Mmtr. dick und gefaltet war und in den ubrigen Par-
tien bis auf 5.5 Mmtr. anschwoll. Das rechte Ovarium
war normal und enthielt keine' Corpora nigra. Die rechte
Tuba enthielt das Ei in threm mittlem Theile , gegen den
Uterus hin war nur ein 1 Ctmtr. langes Stfick, am auseern
Ende ein 4.6 Ctmtr. langes Stfick durchgangig. In der
Nachbarechaft des Eisacks war die Tuba undurchgangig.
DerEisack hatte eine Lange von 7.6Ctmtr., war von vora
nach hinten etwas abgeplattet, 1.6 Ctmtr. dick, von oben
nach unten 3 Ctmtr. hoch. In seiner Mitte und hinten
befand sich an der Insertionsstelle der Placenta ein 1 Ctmtr.
langer Hiss in der Tubenwand, in den nur einige Chorion-
zotten vorgefallen waren. Im Eisacke fand sich , von
wenig Fruchtwasser umgeben , ein gut erhaltener, regel-
massig gebildeter FStus , der ersten Halfte des 2. Monats
entsprechend, mit einer 2.6 Ctmtr. langen Nabelschnur.
Bemerkenswerth erscheint die Entwicklung von
Tubenschwangerschaft bei einer bisher ganz geann-
den , regelmilssig menstruirten Erstschwangern , die
nie an Uterinkrankheiten gelitten hatte; der Ver-
scliluss der rechten Tuba zu beiden Seiten des Ei-
sacks ist als sekund&r zu betrachten. Hauptsfich-
lich aber ist Qewicht auf den Befund eines grossen
Corpus luteum im linken Eierstock mit Schwanger-
schaft in der rechten Tuba zu legen , welcher , da
sich im rechten Eierstock durchaus ein Corpus luteum
nicht nachweisen liess, eine Ueberwandervng des
Eies von links nach rechts testate 11 tc. Die Annahme,
dass bei der Conception im rechten Eierstock ein
Corpus lnteum entstanden und schon nach l*/ s Mon.
spurlos verschwunden ware, ist durchaus unstatthaft ;
ebenso spricht der anatomische Befund dagegen,
dass die rechte Tuba an das linke Ovarium sich an-
gelegt nnd das Ei direkt aufgenommen habe ; znmal
auch die Uterusschleimhaut das Verhalten wie in der
14. Schwangersch&ftswoche zeigte. Duroh ein-
gehende mikroskopische Prttfang dieses Falles konnte
') Ffir Uebersendung eines Sep.-Abdrucks dankt ver-
bindlichst . W r.
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270
V. OyuMkologie n. Pftdiatrik.
Prof. Langhans die Untersuchungen Erco 1 ani ’ 8
bestfttigen , dass die Uterusschleinohaut bei eitra-
nteriner Schwangerschaft sich wie bei normaler
Schwangerschaft verhilt. Langhans selbst, sowie
Friedlinder, Kundrat und Engelmann
haben tiber die Beschaffenheit der Schleimhant des
schwangem Uterus Arbeiten geliefert.
Dr. Jnl. Dollinger (Pest, med.-chir. Presse
XI. 50. 1875) theilt gleichfalls 2 Beobachtungen
von Tubenschwangerschaft mit.
Die 1. Beobachtung betrifft eine 40 J. alte schwangere
Fran, weiche von einer niedrigen Stiege gefallen und kurz
darauf gontorhen war. Bei der Section zeipte die Oebar-
mntter die Griisse wie im 3. Mon. der Schwangerschaft,
enthielt eine 5 Mratr. dicke Decidua , im Ostium einen
Schleimpropf, dicLippen waren abgerundet. Inderfreien
Banchhohle waren etwa 1500 Grmm. geronnencn Blutes,
von diesem umhullt das Ei eines f> Mon. alten Embryo.
Die linke Tuba war zti einem vom Uterus ausgehenden
30 Ctmtr. langen Strange ausgedehnt und endigte in einer
mannsfaustgroRBen , an der untem Flache aufgerissenen
Auftreihnng , deren Hohle vom Mutterkuchen ausgcfulit
und deren Wandung die Dicke der Wand des im 9. Mon.
schwangem Uterus besass. Am vordern untern Rissende
hing das 9 Otmtr. lange Endstiick der Tuba mit unver-
sehrtem Abdominalostium und sondirbarem Kanalc. Da
nun die normale rechte Tuba 10 Ctmtr, langwar, so wurde
gewiss , dans das Eichen 1 Ctmtr. von der Uterininsertion
der liDken Tuba festen Fuss gefasst und sich daselbst
entwickelt hatte. Im linkenEierstock fand sich das letzte
Corpus luteum.
Vf. nimmt an, dass gleicliwie quergestreifte Mus-
keln anch der glatte Tubenwandmuskel bei erhOhter
Th&tigkeit durch Vermehning der Fasem an Dicke
zunehme, dass aber mit dem spiltem raschen Wachs-
thum des F&tus das VVachsthum der Muskelwand der
Tuba nicht gleichen Schritt lialte und letztere endlich
an der dttnnsten Stelle zerrcisse , zumal wenn noch
eine ErschUtterang , etwa durch Fall , wie hier , die
Tuba trifFt. Ilier schien die Zerreissimg erst nach-
dem sich die Frau , den Abortus erwartend , zu Bett
gdegt hatte, zu Stande gekommen zu sein, denn jetzt
erst hatte si? einen heftigen schneideuden Schmerz
gefdhlt , war erblasst und binnen wcnigen Sekunden
verstorben. DerTubariss entstand so wahrscheinlicb
durch heftige Contraktionen nach pldtzlicher Con-
gestion.
In andern Fallen hypertrophirt nicht die ganze
Tubenwand gleichmMssig , der obere Theil bleibt
dilnner und reisst leichter. Oft bleibt die Blutung
unbedeutend, weil auch mit der Verditnnung die Ge-
ftsee atrophiren , zumal wenn die AblQsung der Pla-
centa nicht gleich erfolgt. — Bleibt die Bauchfell-
reizung gering, so wird der ausgetretene Embryo
nicht selten eingekapselt.
Im 2. Falle hatte ein Arzt bei einer im 4. Monate
Schwangem nach einem Anfalle von heftigen Unterleibs-
schraerzen eine fluktuirende Gcschwnlst im Douglas’schen
Raume und darin dunne Rippcn gefuhlt. Die Frau starb
nach 6 Monatcn. Man fand in deni durch Bindegewebc
voa oben her abgeschlossenen Douglas’schen Raume ubel-
riechende Jaucbe und einen maccrirten 4monatl. Embryo;
in der Gegend der linken Tuba ein eigrosscs hohies Ge-
bilde, von runzlicher Membran ausgekleidet , welches hin-
ten durch cln haselnussgrosses Loch mit dem Douglas’-
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seben Raume communicirte und 0.6 Ctmtr. Wanddicke
hatte. Ein gleiches Loch fuhrte in den Mastdarm 1 2 Ctmtr.
flber dem Anus. Die EiereWeke waren dnrch El te rung
zerstArt.
Zietnbicki (Bull, de la Soc. anat. 3. Sdr. X.
3. p. 488. Mai — Juillet 1875) besebreibt folgenden
Fall von anscheinend interstitieller Schwangerschaft.
Bei der angeblich scit 9 Mon. schwangem, 34 Jahre
alten V. G. stellten sich im Dec. 1874 fruchtlose Geburts-
bewegungen cin, worauf nach 2 Mon. stinkende Ausschei-
d ungen aus Scheide und Rectum erfolgten. Im weitern
Verlaufe verfiel die nunviel magerergewordeneFrau nnter
Erbrechen und Verstopfung in eine Gachexie , an welcher
sie im Juni 1875 starb. Zwci Wocben zuvor war sie in
das Krankenhaus aufgenommen wnrden, wo man im
Bauche einen sehr oberflaehlichen , von der Symphyse bis
ilber den Nabel reichenden Tumor gefunden hatte , der
sich zu beiden Seiten in die Darmbeingruben erstreckte,
unbeweglich war, sich im Allgemcinen teigig anfuhlte und
hier imd da knochige Harten , deren clnige unter dem
Fingerdrurfke verschwanden , zeigte. Fliissigkeit befand
sich Im Bauche nicht und durch die Auskultation war
nichts zu horen, die Perknssion des Tumors ergah
uberall matten Schall. Bei der Schcidpnuntersuchung fand
man den Mutterhals weich , den Uterus unbeweglich , itn
hintem Soheidengewolbe eine harte Geschwnlst , deren
Inhalt sich vom Rectum ans als ein halbkugeligerSchUdel-
knochen feststellen Hess.
Bei der Autopsic kamen nach F.rflffnung der Bauch -
hohle in der Hohe der Symphyse Eiter und Kirschkeme
zu Gesicht und ebendaselhst eine deutliche Perforation
der Fotalcystc , welchc an 4 8tellen mit den GedSrmen
communicirte. Einige dieser Perforationen waren frisch,
andere altoren Datums. Die Cyste enthielt Keste des
F6tus , Fakalmassen und eine ungeheure Menge von
Kirschkeraen. Eine Tibia mit Fibula war eben im Be-
griffo , durch die eine Perforationsstelle in den Darin zn
treten , in der Cyste lagen noch zwei Seitenwandbeine.
der Thorax und eine Hand vom Fottis. Die Cyste ging
von dem obem Endc des Uterus aus and war namentlich
an der Insertion der Placenta ziemlich dick. Beide Ovarien
und Tnben erschlenen normal.
Die Aussche idling einer Decidua ohne Blutung
wAhrend muthmaasslichen Bestehens vonExtrauterin-
schwangerschaft beobachtete Hu tin el (Bull, de la
Soc. anat. 3. S£r. X. 3. p. 555. Mai — Juillet 1875'
bei einer 25 J. alten Frau, welchc im 20. u. 23. J.
geboren und nach der letzten Niederkunft eineerheb-
liche PeIvi-Peritoniti8 tlberstanden hatte.
Nachdem die Menses wieder l'/i Mon. ausgeblieben
waren , erkrankte die Frau plotzlich nnter den Erschei-
nungen heftiger Untcrleibsentzundnng , weiche paroxys-
menweise ansserordentlich licftige Schmerzen im Hypo-
gastrium, Auftreibung desLeibes, griines. galliges Er-
brechen und ohnmachtahnliche Anfalle hervorrief. Weder
durch Sclieide noch Rectum war Blut abgeflossen, nur aus
der Nase etwa ein Kssloffel voll Blut ansgeschieden wor-
den. Bei der Aufnahme der Kr. in das Hospital, 14 Tage
uach deni Beginn der Krankheit, bestand hochgradige
Anainle. Puls 120, Temperatur 40°. Die Vaginalunter-
suchung Hess einige Anscliwellung im hintern Scheiden-
gew51be erkennen , der Uterus war unbeweglich , der
Mattermund ein wenig geoffnet, die Scheide frei von Blot.
Selbst die leiseste Betastung des Leibes erregte Schmerz-
ompfindung. — Am 2. Tage nach Aufnahme fand man in
der Scheide eine dreicckige , 0.5 Ctmtr. dicke , auf der
einen Flache zottige Membran , deren andere Flache nur
etwas h6ckerig und mit Oeffnungen vereehen war, weiche
man als die Mundungen von Drusen der Uterinschleimhaut
erkannte. Pat. trat achon nach einigen Tagen in die Rc-
convalescenz cin,
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V. Gynlkologie o. Pbdiatrik
271
Prof. T. Gaillard Thomas (Amer. Journ.
N. S. CXXX1X. p. 284. July 1875) veroffentliclit
folgenden sehr interessanteu Fall , in welchem er bei
einer Tubenschwangerachaft den Sack erftffnet und
den FOtus nebst der Placenta mit gttnstigem Aus-
gange entfernt hat.
Die Kr. wurde mit Aether narkotisirt, auf einem vom
Fenster au» intensiv belenchteteu Tische in die linko
Seiteniage gebracht, und SimB’ Speculum eingeffihrt.
Auf dieaem Wege konnte der links vom Uterus gelegene
Eisaek mit Sicherheit betastet werden. Eine lataggestielte
Uakenzange wurde in den Cervix , eine 2. in die Vagiua
in der Nahe des linken Darmbeins eiugesetzt und beide
wurden von Assistenten dergestalt Test angezogeu , dass
die iinke Seite des Scheidenkanals ein Dreieck mit der
Basis am Eisacke , mit der Spitze au der Vulva bildete.
Thomas fuhrte nun das zum Weissgluhenerhitzte Messer
des „galvanokaustischen Apparates u sanft uber die Basis
des DreieckB von einer Zange zur andern und so wurde
dnrch wiederholte Zuge die fiber deni Eisacke gelegene
Scheidenwand langsain durchschiutten. Nach 6 Min. hatte
das glfihende Messer den Eisaek eroffnet, wobei eine stroh-
gelbe Flussigkeit mit grosser Gewalt hervorepritzte. Blut
war noth niebt abgetlossen. Th. konnte nun mit dem in
die Eiblase eingeffihrten Finger den Fotus betasten , wel-
cher horizontal mit dem Kopfe nacli dem Darmbeine , mit
den Ffissen nach dem Uterus gerichtet, lag. Er ergriff die
Ffisse mit Zeige- und Mittelfingcr und zog sie wie bei der
gewohnlichen Wendung aus. Die Extraktion der.Scbnlter
mit den Armen war schon sehwicriger, der Kopf blieb
stecken und musstc mit einer langamiigen Nachgeburts-
zange entwickclt werden. Danach durchschuitt Th. den
Nabelstrang und suchte (lurch sanften Zug und Auslosung
die Placenta zu entfernen. Die Operation hatte bis dahin
13 Min. gedauert. Walirend des letztenAktes trat jedoch
eine ausserst heftige Blutung ein , so dass sich T h. ge-
nothigt sah , fast die Halfte der Placenta sitzen zu lassen
und schleunigst durch einen elastischeu Katheter eine
Eiseuchloridlfisung einzuspritzen, worauf die BIntung
stand. Der Eisaek, mit dem PlacentaTreste uud coagulir-
tem Blute gefullt , wurde durch Eisenchloridwatte tampo-
nirt nnd die Kr. zu Bctt gebracht. — Der Fotus war6'/ a "
Lang, der einem gcwfihnlichen uterineu ganz ahnlichc
Frnchtkuchen wnrde aufH'/jMou. Alter gcschatzt. Ausser
einem Anfall von Septikamie am 4. und von Emboiie im
Afme am 16. Tage verlief das Wochenbett ohne Stoning.
Die Wunde fand sich nach 6 Wocheu vollig vernarht.
Ein operativer Eingriff wurde feracr in folgendem
F&Ue von ExtrauterinschwaDgerschaft unternommen,
tlber welchen Cullingworth (Obstetr. Journ. IV.
p. 660. [Nr. 34. J January 1876) .bericlitet bat.
Die 26jahr. M. B., fruher stets gesund, war seit 2 J.
verheirathet , hatte aber noch kein Kind gehabt. Zwar
waren ira 2. Mon. nach der Verhcirathung dicRcgeln 3mal
ausgeblieben, dann aber 1 Jahr lang fast normal gewesen,
bis sie im Nov. 1874 wieder sparsamer wurden. Von da
an litt die Frau Monate lang an H&rnbeschwerden mit
Hamsedimenten , bis aucb der l.eib grosser wurde, die
Bruste sich entwickelten und undeutliebe Kindesbewegun-
gen geffihlt wurden. Nachdem die Menstruation 8 Mon.
laag ganzlich weggebiieben gewesen und die Frau viel an
Leibschmerzen gelitten hatte, trat eine Woche hindurch
Blutabgang aus der Vagina ein. Ein Arzt diagnosticirte
Schwangcrschaft im 7. Mon. mit schwachem Kinde. Am
2. Oct. 1875 fand man die Brfiste schlaff, im Bauche eine
undeutlich fluktuirende Geschwulst von gleichmassiger
Consistenz, glelchmassig gedampften Perkussionston obne
Gerausch oder horbare Pulsation. Der Nabelumfang be-
trug 33", der Cervix war weich , liess eine Sonde ein-
dringen, aber nicht bis in die Gebirmntterhdhle. Im vor-
dem ScheidengewSlbe bestand eine glatte elastische Ge-
schwulst.
Nach einer Durchnassung bekam Pat. Fieber und
magerte ab ; aus der fluktuirendeu Geschwulst im Bauclie
wurde eine solide , in welcher man einen kindlicheu Eil-
bogen zu fuhien glaubte.
Nach Aufnahme der Kr. in das St. Mary’s Hospital
(4. Nov. 1875) machte C. bei einer Temperatur von ca.
31.5°, PuIb 132, Respiration 24, unter dnrch Methylen-
Bichlorid erzeugterNarkose in derMcdianliuie, vomNabel
abwarts, eine 3" lange incision, die spater erweitert
wurde. Das Messer drang in die fest verwacbsene Ge-
schwulst ein, welclie zunachst einen stinkenden gelben
Brei enthielt. Dann stiess man auf einen Fotusarin , an
welchem ein geschrumpfer , 18" langer weiblicher Fotus
ausgezogen wurde. Der Eisaek war 7“ lang und breit.
Nach Keinigung und Ausspritzen desselben mit Jodtinktur
wurde die Wunde zugemacht imd die Drainage angelegt.
Die Frau starb aber aber am 3, T, unter den Symptomen
der Gangran. ’
Lawson Tait (Med. Times and Gaz. Aug. 2.
1873) berichtet Uber folgenden Fall, in welchem er
wegen Extrauterinschwangerschaft [deren Sitz nicht
n&her angegeben istj einen operativen Eingriff aus-
fUlirte.
Die 32 J. alte Frau T. , welcbe vor 9 J. ein Kind
geboren hatte, war seit einiger Zeit leidend , nachdem sie
sich mehrere Monate lang fur schwanger gehalten hatte.
T. fand (16. Juli 1872) cine im Bcckeu imd der Danu-
beingrube gelegene Gescliwulst , er horte , wenn er mit
dem Stethoskop auf eine kanm halbzollgrosse , etwa 1"
unter dem Nabcl gelegene Stelle drfickte, ein Gerausch.
V’on der Vagina aus fuliltc er einen fast das ganze Becken-
gcwolbe crlullcnden teigigen Tumor, vor welchem der
Uterus gelegen war. Diellohle des Uterus hatte 4"Tiefe,
sein Fnndus war antevertirt und fiber der Symphyse ffilii-
bar. Durch das Rectum glaubte T. das Kuie eines Fdtus
und den Rand einer Placenta zu fuhien. Da keineZeichen
von llacmatocelc retroutcrina vorlagen , stellte T. die
Diagnose auf Extrauterinschwangerschatl und pnnktirte
sofort unter Chloroforinnarkosc mit einem Adspirations-
trokar den Tumor in der Scheide , wobei cinige Unzen
einer Elfissigkcit austraten , die zweifellos Liquor Anmii
war. Mit deni Messer Btiess er Bodann auf ein Bein des
Fotus , den er nach Erweiterung des Bchnittes nebst der
nach vorn davon gelegenen Placenta rasch auszog. Leider
fand sich bei letzterer Operation , (lass der Eisaek obeu
geborsten, und dass Darmschlingcn in ihn vorgefaiien
waren. Die sehr harte u. fleischige Fnicht, welche Bclion
seit langer Zeit abgestorben sein mochte, wog mit der
Placenta fast 3 Pfund. Pat. starb nach einigen Stunden.
Obwohl die Operation fast ohne Blutverlust verlaufeu war,
fand man doch bei der Seklion bctrachtlichc Masson ge-
ronnenen Blutes zwisetien den Eingeweiden, den Uterus
vergroasert und stark seitlich und vorwarts abgelenkt , so
dass sein Fundus links fiber der Symphyse stand. Die
Cyate war 2 Fiiuste gross und enthielt Eingeweide.
T. deducirt hieraus: 1) dass es nicht wohlgethan
sei , eine extrauterin gelegene ausgetragenc Frucbt
nacli ihrem Absterben in der Mutter zu belassen ;
2) dans der Vaginalschnitt ala der wiasenachaftliche
und weniger gefabrvolle dem Bauchacluiitte vorzu-
ziehen sei ; 3) dass die Placenta zurtlckgelaasen wer-
den solle.
SchlUaslich erw&linen wir noch die intereasante
Beobachtung von Anus praeternaturalis in Folge
von Extr&uterinsehwangerschaft, welcbe Prof. Luin-
niczer (Pester med.-chir. Presse XI. 50. 1875)
bei einer Frau machte, welcbe 3mal normal geboren
hatte und im 5. Monat der Ubrigens normalen 4.
Schwaugerschaft aucb Kindesbewegungen gefilblt zu
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272
V. Gyn&kologie n. Pldiatrik.
haben angab. Nach 6 Wochen batten diese jedocb
aufgehiirt und die Kr, war UDter den Symptomen
von Peritonitis erkrankt. In den folgenden 7 J.
hatte Pat. noch 2mal todte Kinder geboren. Nach
der 5. Gebnrt waren wiederholt aus deiu Anus FOtus-
knochen abgegangen. Vor 2 J. hatte aich in der
Gegend des Steissbeins eine scbmerzhaftc Geschwulst
gebildet, aus welcher nach der Erdffhung ein Scheitel-
bein und drei and ere Schadelknochen ausgestossen
worden waren. Nun hatte die Kr. in der Steiss-
beingegend eine trichterformige , uiit dem Mastdarm
communicirende Oeffhung, dureh welche hindurch
ein Finger einetu andern in den Anus eingeftlhrten
Finger begegnete. Bisher fand die Def&kation dureh
diese Fiateldffnung statt, welche Lumniczer dem-
n&chst dureh Plastik zur Heilung zu bringen be-
absichtigte. (E. S c h m i e d t.)
487. Zur Pathogenic und Therapie des
Keuchhuatens.
Dr. Octavius SturgeB, Arzt am Kranken-
hanse ftlr Kinder in Great Ormond Street zu London
weist (Lancet I. 19. 21 ; May 1876) darauf hin,
dass das Wesen bes Keuchhustens besonders desbalb
rkthselliaft ist , weil es schwierig ist , die besondern
Faktoren seines Znstandekommens unter einem Ge-
sichtspunkte zu vereinigen. Der Keuclihusten scheint
seiner Natur nach mit nervSsen Krankheiten , mit
zymotischen, sowie mit gewtthnlichen katarrhalischen
Affektionen gleiche Entstehnngsursachen zu haben.
Urn die Entstehung des eigenthiimlichen Husten-
anfalles zu erklftren , muss man sich vergegenwkrti-
gen, was bei demselben vorgeht. Zunfichst wird bei
dem ersten Akte des Paroxysmus dureh anhaltende
heftige Hustenstdsse, olme dazwischen vorkommende
Inspirationen , ein grosser Theil der Lungenluft aus*
getrieben. Der dadurch gesetzte Luftmangel regt
alsbald den zweiten Akt an , in welchem dureh un-
willktirlich erfolgende heftige Inspirationsaustrengun-
gen die Athemnoth auszugleichen gesucht wird.
Trotz der tiefen Athemzllge erfolgt jedoch Wieder-
filllung der Brusthohle mit Luft nur hdclist unvoll-
kommen , weil der gleichzeitig mit der Inspiration
eintretende Krampf nur geringe Mengen von Luft
dureh die verengte Stimmritze durchtreten lflsst, wo-
durch zngleich die charakteristisch pfeifenden Inspi-
rationsgerftusche erzeugt werden.
Dureh den Keuchhustenkrampf wird plOtzlich
die schnelle rhythmische Bewegung des Zwerchfelles,
dureh welche das Kind seine Athmung bewirkt, auf-
gehoben. Dagegen butt heftige anhaltende Austrei-
bung von Luft aus derBrust ein, wodurch derRaum,
den die Lungen einnehmen , betrftchtlich verkleinert
wird , wfthrend gleichzeitig das mehr und mehr er-
schlaffende Zwerchfell hOher und hiJher in der Brust
sich hinaufwdlbt. Am Ende eines solchen Ahfalles
nehmen die Lungen demnach den mQglichst geringsten
Raum ein , die Erschlaffung des Zwerchfells hat die
hOchste Stufe erreicht, so dass es in der That augen-
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blicklich vollstAndig wirkungslos ist. Beim Kinde,
bei welchem die Rippenmuskeln wenig oder keinen
Antheil an den Respirationsbewegungen haben , ist
diess von um so grftsserer Bedeutung, als dieNerven-
reizbarkeit desselben eine hohereist. St. istgeneigt,
hieraus sich den nun eintreteuden Krampf des Zwerch-
fells sowohl als der Stimmritze zu erklMren , zumal
da die nach den Hustenanfdllen folgendeu Atliem-
bewegungen zwar tief, aber grdsstentheils erfolglos
gemacht werden, weil die dureh Krampf bedingte
Stimmritzeuenge die Fflllung der Lungen mit Luft
ausserordentlich behindert.
Derartig sympathisch zugleich eintretender
Krampf des Zwerchfells und der Stimmritze ist
zwar nur dem Keuclihusten in so charakteristischer
VVeise eigenthtlmlich, kommt aber doch alinlich auch
beim spasmodischen Asthma vor, das bei Erwachse-
nen, nach St.’s Ansicht, einigermaassen dem Keuch-
husten der Kinder entspricht. Nur entspricht der
Anfall beim Asthma, wie St. nHher ausfdhrt, einem
Zustand extremer Inspiration, wUhrend er beim
Keuchlmsten als extremes AuBathmen auftritt. Der
asthmabsche Anfall schliesst plotzlich mit einem der
Affektion eigenthiimlichen Exspirationsstosae , der
Keuchhustenanfall mit einem ebenso charakteristischen
Inspirationsmomente. S t. macht weiter aiifmerksain
darauf, dass niebt bios das spasmodische Asthma,
sonderu tlberhaupt jedes Asthma , das sich ja meist
vorfinde, wo chronische Bronchitis zu Lungenempliy-
8em geftlhrt hat , stossweise Respiration u. krampf -
hafte Anfillle zeige und deshalb das mechanische
Moment des Zustandekommens der Anfillle zum Ver-
gleich mit Keuchhusten auffordere. Er fragt sich,
ob nicht die Anfillle aller drei Krankheitsformen aus
gestdrter oder verUnderter Thatigkeit des Zwerch-
fells sich erklSreu lassen. S t. meint, dass beim reineu
Astlima ein Reflexkrampf des Zwerclifells , beim
Emphysem und Keuchhusten mechanische Bewegungs-
storungen desselben als Ursache der KrampfanfAUe
anzunehmen seien, bei ersterem hervorgerufen dureh
voluminOse unelastische Lungentheile, bei dem letztern
dureh Lungencollapsus und respiratorisclie Stasis.
FUr S t. ist der nervtise Charakter des Keuch-
hustens unzweifelliaft. Dafttr sprechen ihm: der
periodische Eintritt der Anfillle, der Einfluss der
Gewohnheit und des Willens auf dieselben, denn
dureh Ermahnung und namentlich dureh Straf-
androhung lassen sich die Anftlle verringern , na-
mentlieh auch der Umstand , dass dutch Ortswechsel
(wie bei Asthma und zuweilen bei Chorea) Keuch-
husten zuweilen plfitzlich aufhdrt. [Letzterer Um-
stand dtlrfte kaum ftlr den rein nervOsen Ursprung
des Keuchhustens anzufHhren sein , da beim Orts-
wechsel ausser dem psychischen noch sehi' wirksame
und mannigfaltige anderweitige Heilmomente zur
Wirkung kommen.]
Von 523 Kindern armer Eltern, die in das Kin-
derhospital wegen irgend welcher Erkrankungen
Aufnahme gefunden hatten, wurde ermittelt , dass
237 den Keuchhusten gehabt hatten. Demnach
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273
V. Gyndkologie n. Padiatrik.
glanbt St. annehmen zu dtlrfen, dass anMhemd die
Hftlfte aller Kinder einmal an Keuchhusten leide.
Nadi St. entstcht Keuchhusten a«8 Katarrh.
Ein an Katarrh leidendes Kind ist, seiner Ansiclit
nach, dem Kenchhusten beiWeitem melir ausgesetzt,
als ein nicht katarrhaliscli afficirtes Kind.
Obsclion Keuchhusten in der Tliat durch Nacli-
ahmung oder Anstecknng erworben werden kann,
so ist St. doch der Ansicht, dass die allgemeine
Annahme der Contagiositat and ttberhaupt der An-
xUchmgsfdhigkeit tlbertrieben sei, da das Zusammen-
leben der Kinder den Vorwand dazu steta biete. Als
Beweis der Geneigtheit, Anstecknng anzunehmen,
wo solche doch unwahrscheiniich sei , ftthrt S t. fol-
gende Beobachtungen an.
Zwei Kinder, die getrennt von eiuandcr, aber in dem-
selben Stadtthrile Londons wohnten, in welchem Kenrh-
hnsten herrsehte , verlebten etnen Abend zusatmmen ; bei
keinem von beiden war Verdacht auf Kenchhusten vor-
handen, doch hustete eines von ihnen. Bei dem einen
entwickelte sich nach einiger Zeit Keuchhusten, etwas
spater auch bei dem andern, nnd nun war esfflr die Mutter
deeselben ausser aliem Zweifel , dass ihr Kind von dem
andern angeBteckt worden sei.
In einem andern Falie besuchten sich eines Tages
2 Kinder, von denen das eine in einem entfernten Landes-
theiie vor 10 Mon. Kenchhusten , seit 8 Mon. aber keinen
Anfall mehr gehabt hatte. Zehn Tage darauf begann das
andere Kind zn hasten und nach 14 Tagen entwickelte
sicb voilstandiger Keuchhusten. Auch bier war der Vater
(ein bekanuter Arzt) der Ansicht, dass der Kenchhusten
durch Anstecknng entstanden sei.
S t. behauptet nicht das Gegentheil , weist aber
daranf bin , dass , wenn man den Einfluss der An-
steckmig so weit zurflck sucht, nnd so weit nach
vorwarts ohne alle BeschrSnkung wirksam sein lasst,
man ohne Mflhe in jedem Falle eine Anstecknng atis-
findig machen kflnne. Dass sich Keuchhusten in an-
nfihemd dcrsclben Iirtensitat wie etwa Scharlabh
durch Ansteckung verbreiten sollte , kann St. nicht
annehmen , eben so wenig wie ihm die Nothwendig-
keit der Annahme eines specifischen Giftes als Ver-
breitungsgrrmd desselben einlenchtet.
Genaue Beobachtungen fiber die Art der AuS-
breltung des Keuchhustens seien darchans wttnschens-
werth. Im Kinderhospital von Great Ormond Street
m&chte man die Erfahrung , daas die Weiterverbrei-
tung nicht von Bett m Bett oder in geradlirtigem
Weiterschreiten gescliah, sondern dass die Erkrankung
sprungweise weiter griff, luerhin oder dorthin. Das
Kind in dem nachsten Bett neben einem Keuehhusten-
kranken liegend, war nicht mehr der Ansteckung
ansgesetzt, als ein Kind am andern Ende des Saales
oder in der nfichsten Abtheihmg des Krankenhaoses.
Steckt Kenehhusten auch nicht in der Weise an, wie
es bei Scharlach der Pali ist , so greift er vieileicht
in fihnKchet Weise um sich, wie Furcht, Mitlcid oder
Unzufriedenhett , oder steckt an wie Gahnen oder
Lacben. Wie ein Hustenanfell einer Person eine
Memge Anderer gleichfalls zmn Hasten reize , sei
AMen bekahut, die eine Hdrehe besacbt haben.
Mbd. Jahrf/W. Bd. 171. EM. 3.
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Die vorzttglich gelobten Specialmittel gegen
Keuchhusten, welche mit der Mode wecbseln, haben
nacli St. alle das Gcmeinsame, dass sie den Kr. um-
stimmen , sei es durch ihre Widerlichkeit , dnrch die
unangenehme Form ihrer Anwendnng, durch die
Veranderang, die sie in Gewolmheiten des Kindes
und seiner Umgebungherbeiffihren. Auf solche Weise
wttrden Brechmittel, Auspinselung des Larynx, tlbel-
riechende Inhalationen , Ortswechsel , Ruthenschl&ge
wirksam.
In Bezug auf die Verhiitung der Ausbrrittmg
dee Keuchhuetens wird in einer Zoschrift an die Re-
daktion der Lancet (I. 5. p. 181. March 1876) her-
vorgehoben, dass dieselbe in bevfllkerten Distrikten
in der rapidesten Weise durch die Kinder selbst ge-
schehe. Wfthrend einer Epidemie kflnne man in
jedem Omnibus den pfeifenden Husten kranker Kin-
der hflren. Ein Gesundlieitsbeamter babe in einer
Schule die Znlassung kenchiiustenkranker Kinder
untereagt, unterdessen liabe eines seiner eigenen
Kinder, bevor die Eltern die Natnr des Keuchhustens
erkannt batten, die andern Kinder damit angesteckt,
da es frei umhergelaufen sei. Man mflsse darauf
dringen , dass die gesundon Kinder sowohl von den
kranken fern gehalten wfirden , als auch von denen,
welciie man im Verdacht habe, angesteckt zu sein.
Um diess besser zu bewirken , mttsse man den Leh-
rern die Pflicht auferlegen , Kranke zurttckzuweisen
und Verdfichtige abzusondern , dieselben aber auch
in den wesentliclisten Punkten der praktischen
Epidemiologic unterrichten , damit sie den Beginn
verdachtiger Krankheiten erkeimen und recktzeitig
Isolirung ins Werk setzen kflnnten. Schwierig sei
es, sich darflber seliltlssig zu machen, was weiter zu
geschehen habe , um wirksamere Abschliessung der
Erkrankten zu ermflglichen. Wahrscbeinlicb dauere
der Husten noch lange Zeit fort , nachdem die An-
steckuugsfUhigkeit desselben aufgehflrt habe. Es
sei nflthig, diese Verhaltnisse durcli genaues Stadium
kl&r zu legeu.
Dr. WillismS. Cortis (Lancet I. 7; Febr.
1876), .dessen Bemerknngen dnrch die vorstehende
Mittheilnng veraiilasst woTden sind , hat Gelegenheit
gehabt, sich von der deutlichen Periodicitfit im Ver-
lanfe des Keuchhustens zu Oberzeugen. Er fand,
dass genau 21 Tage nach siclier festgesteliter An-
steckung die Krankheitssymptome die hflehste Hflhe
erreichten, wenn wShrend dieser Zeit die Angesteck-
ten in pasSend erwarrnten Rfiumen gehalten wurden.
Am 21. Tage boten dieselben mehr oder minder
Steigerrtng der Krankheitserscheinungen dar, wfih-
rend diese nach diesem Tage nachliessen und binnen
der nachsten 14 Tage mehr oder minder rasch die
Reconvalesceuz erfolgte. Selbstverst&iidlich erleidet
die Wiedergenesung eine Unterbrechung , wenn zn
detn Keuchhusten noch Bronchitis oder Pneumonie
hinzukommt. Diese Complikafionen sind nach C.
dnrch sorgfeltige Pflege meist zn vermeiden.
35
Original from
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274
V. GynAkologie n. P&dJatrik.
Aufl diesem Verhalten der Krankheit entnimmt
C. Indikationen fUr die Behandlung, sowie fllr Be-
echrilnkung der Verbreitung derselben. Die Be-
handlung soil hauptsitchlich darin bestehen, dass mau
die Kr. wfihrend der ersten 3 Wochen durchaus in
erwfirmten RAurnen hii.lt , in den darauf folgenden
14 Tagen die Beschr&nkung auf die warae Zimnier-
luft vorsiehtig mindert , dann aber die Kr. wo mttg-
lieh fUr einige Zeit an das Meer , vielleicht mit zeit-
weiligen Excursionen auf dasselbe schickt. So be-
liandelt, wird die Dauer der Krankheit verkllrzt und
dnrch BeschrSnkung der unndtliig langen Recon-
valescenz auch die Ansteckungsgefahr verringert.
C. empfiehlt zur Erreichung dieses Zieles die Unter-
bringung keuchliustenkranker Kinder der bedtlrf-
tigeren Klaasen in Krankenhilufleni , die vielleicht
lediglich zu diesem Zwecke zu errichten w&ren, wie
es bereits solche Specialhospitdler fllr khnliche an-
steckende Krankheiten in England gebe , die in der
That zur Vermindening u. rascheren Unterdrtlckiing
einiger Epidemien wesentlich beigetragen batten.
[Die von Cortis vorgeschlagene Errichtnng
besonderer Krankenhauser {vielleicht a uch nur be-
sonderer Stationeu in solchen) fllrKeuchhustenkranke
dttrfte wohl zu beaehten sein. Nur dtlrfte die Schwie-
rigkeit der sichern Diagnose bci Beginn der Krank-
heit die rechtzeitige Unterbringuug der Kranken nnd
die genaue Innehaltung der von C. gewtlnschten
Isolirungsperioden oft vereiteln. Ebenso bietet
die oben erwahnte Unaicherheit der genauen Fest-
setzung der Dauer der Ansteckungsfehigkeit fllr die
Ausfllbrung von Praventivmaassregeln ausserordent-
lich grosse Schwierigkeiten. Ueberhaupt gehOrt die
Aufgabe, die Uebertragung akuter ansteckender
Krankheiten durch den Besucli der Schulen zu ver-
htlten, sicher zu den allerschwierigsten der Hygieine.
Sollen alle Geschwister eines derartig erkrankten
Kindes vom Schulbesnche ale der Ansteckung ver-
dachtig ausgeschlosseu werden? Und wenn diess
wirklich ausfahrbar ist , sollen sie alle , gleich dem
erkrankten , auf das Zimmer beschrftnkt , oder doch
ganz abgesondert werden , urn nicht beim Spielen
mit andern Kindern die Krankheit zu verbi^iten ?
Wie soil es bei Absonderong der Ansteckung ver-
dachtiger Kinder in der Schule selbst vennieden
werden, dass dieselben auf dem Wege nach und aus
der Schule oder daheim mit andern nock gesunden Kin-
dern zusammen kommen ? Die Ausftthrbarkeit sol-
dier, derTheorie nach unstreitdg sehr zweckmftsaigen
Maassregeln erscheint mindesteins sehr zweifelhaft.
Schon der Absonderung der wirklich erkrankten
Kinder wkhrend der erfahrungagemfissen Dauer der
Ansteckungsfahigkeit werden sich unendliche Schwie-
rigkeiten entgegeustellen.J
Hinsichtlich des Vorkommens eines Getc/twOrs
am Zungenbandchen bei KeueUnuten berichtet
Dr. Thomas Morton (Brit. med. Journ. June 10.
1876. p. 720) in der Sitzung der Uarveian Society
vom 4. Mai 1876, dass ein solches nach semen Er-
fahrungen in grosser Hftufigkeit zur Beobachtung ge-
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langt Er hat unter 83 am Keuchhusten erkrankten
Kindern bei 33 (41°/ 0 ) ein solches gefiinden , da-
gegen unter 100 Kindern, die an andern Affektionen
(Stomatitis, Heiserkeit, Scharlach, Maseru, Diphthe-
ritis, Syphilis etc.) litten, nur ‘2mal. Ja, der eine
dieser beiden Fklle betraf ein Kind , das an Husten
litt, der nach Keuchhusten zurllckgebliebeu war, in
dem andern konnte Keuchhusten nicht sicher ausge-
schlossen werden.
M. glaubt annehmen zu mtlssen, dass diese Ge-
ne hw tire noch likufiger als in 41°/ 0 der Keuchhusten
fklle vorkommen, da er sie nnter 41 fortgesetzt beob-
achteten Kindern bei 25 (61°/ 0 ) gesehen hat, wkh-
render sich nur bei 19 (25°/o) der Kranken genO-
gend davon Uberzengte, dass wdhrend der Dauer der
Krankheit keine Geschwllre am Zungenbandchen ent-
standen waren. M. halt dalier ein schmales weisses
Geschwtlr am Frenulum linguae , rundliek oder eine
qnere Kinne bildend , ftlr ein ch&rakteristisches
Zeichen des Keuchhustens, welches sich in mehr als
der Halfte allerFalle vorfindet, am hkufigsteu in der
3., 4. und 5. Woche der Erkrankung, aber auch
schon in der 1. und noch in der 8. Krankheits woche
vorkommt. Ueber die Entstehungsursache des Ge-
schwtlrs lasst sich nach M. etwas Sicheres nicht an-
geben. Seine erste Annahme , dass dasselbe durch
Spannung des Frenulum und Reiben desselben liber
die untern Schneidezahne bei Hustenanfailen zu
Stande komme, liess er fallen, nachdem er das Ge-
schwtlr auch bei einem Kinde angetroffen hatte, das
noch keinen Zahn hatte.
Was di e Behandlung des Keuchhustens be-
trifft, so sind in der neuern Zeit namentlieb lnhala-
tionen verschiedener Arzneistoffe empfohlen worden,
jedenfalls wie Dr. Burchardt (Deutsche Klin. 41.
1874) hervorhebt, weil anzunehmen ist, dass durch
solche auf die eigentlich kranke Stelle eingewirkt
werden kann.
Prof. Bohn in KOnigsberg hat bekanntlich 1865
eine 0.1 — O.2°/ 0 Ldsung von Argentum nitricum
zu diesem Zwecke empfohlen, walirend Dr. H e 1 m c k e
(Med. Centr.-Ztg. 1. 4. 1868) eine 0.25°/ 0 Ldsung
von BromkaUum (lmal taglich 8 Min. laug) ge-
rtthmt hat.
Dr. Burchardt hat mit dem Bohn’schen
Verfahren gleichfalls gtlnstige Erfolge erzielt. Das-
selbe hatjedoch die grosse Unannekmlickkeit , dass
durch den Bdllenstein die Wftsche gefkrbt und zer-
stflrt wird , sowie dass es einen gut wirkenden Zer-
st&ubungsapparat erfordert , der beim Gebrauche in
den Familien bekanntlich leiclit in Unordnung ge-
rttth. B. selbst hat Einathmungen der D&mpfe einer
1.5 — 2.O°/ 0 CarboUdvreldsung sehr nlltzlicb ge-
fnnden, welche einfach durch Kochen der Ldsnng in
dem Kessel eines 8 i g 1 e ’ schen oder ahnlichen Ap-
parates erzengt und in einer Entfernung von unge-
fkhr 20 Ctmtr. von der Spitze des Dampfrohrea in
den weitgedffneten Mund etwa 2 — 3 Min. lang 3mal
taglich eingeathmet werden. Wesentlich ist, dass
i
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UNIVERSITY OF CHICAGO I
275
V. Gynftkologie a. Phdiatrik.
man tief, wie beim Seufeen, einathmen Usst. Selbst
kleine Kinder von 2 Jahren haben solche Einath-
mungen ohne nennenswerthen Widerstand gemacht.
Die heftigen Hustenparoxysmen , bei denen die Bon-
der sich nicht anfrecht halten konnten , verschwan-
den dabei stets in 2 — 3 Tagen , und der Keuch-
hnsten machte in 8 Tagen einem gewAhnlichen Ka-
tarrh Platz.
Attch gewAhnliche katarrhal. Affektionen der
Stimmbdnder werden nach B.’s Erfahruug durcli
dieae Einathmungen schnell beseitigt. Ebenso hat
er nach Anwendnng dereelben bei chron. Luft-
rdhrenkatarrhen, namentlich wenn der Auswurf eine
faulige Bescliaffenheit oder die bekannte eigenthtlm-
liche, von Pilzwucherung herrilhrende gelbe F&rbung
hatte, die im Sommer Afters vorkommt, binnen weni-
gen Tagen g&nzliche Beseitigung dieser Eigenschaf-
ten des Answurfs beobachtet, (lessen Menge zugleich
schnell abnahm.
Dr. Ortille zu Lille (Abeille m6d. — Jonm.de
Brux. LXI. p. 226. Sept. 1875), welcher mit
Letzerich eine Pilzbildung ftir die Ursache des
Keuchhngtens halt und die HustenanfUlle ale ein Be-
streben der Natur , sich des Paraaiten zu entledigen,
betrachtet, stellt folgende Indikationen filr die Be-
handlnng des KeuchhuBtens auf :
1) die Krankheitsureache direkt durch Einath-
mungen anzugreifen ;
2) die nervAse Reizung des Athmungsapparats
durch Antispasmodika zu bek&mpfen ;
3) die Krfifte der Kranken je nach deren Alter
zu erhalten und sie unter die bestmAglichen hygieini-
achen Bedingungen zu bringen.
Znr Erfftllung der 1. Indikation bedient sich 0.
der Carboisaure, und zwar lksst er in dem Momente,
wo die pfeifende Inspiration, die auf wiederholte In-
spirationen folgt, sich einstellt, eine mit Carbols&ure-
lAsung angefllllte und mit weiter MUndung versehene
Flasche dem Munde des Kindes nfthem und aucli
einige Minuten nach dem Auswerfen der Schleim-
massen , in dem Bereiche der Athmungsatmosphkre
des Kindes halten. 0. glaubt, dass, weil dann ge-
rade die Luftwege von Schleim frei sind , die einge-
athmete Carbols&ure den Pilz erreichen kann , des-
halb wendet er aucli nach jedesmaligem Erbrechen
die Inhalationen an. Nachts lftsst 0. ein Sch&lchen
mit Petroleum , Benzin oder Carbols&ureldsung im
Zimmer aufstellen.
Als Antispasmodika gebraucht 0. Hyoscyamus
and Belladonna , zur Entleerung der Schleimmassen
Ipecacuanha. Seine Vorschriften in Bezug auf das
diitetische Verhalten weichen von den gewAhnlichen
nicht ab.
Bei seinem Verfahren soil die Affektion meist
binnen 3 — 4Wochen, und zwar ohne Complikationen
abgelaufen sein.
Samuel Lee (Brit. med. Joum. March 18.
1876. p. 348) — welcher Zurtickhaltung keuch-
hustenkranker Kinder ans den Schnlen und Abson-
derung dereelben in Hospit&lera zur Beschrtlnkung
der Epidemien dringend anrflth — empfiehlt gleich-
falls Inhalationen mit Carbols&ure. Er vervrendet
eine schwache LAsung imd bedient sich behnfs der
Inhalation eines gewAhnlichen Dampfzerstilubunga-
apparats, bei dessen Benutzung der freie Zutritt von
atmosphurischer Luft die Einathmung mehrere Stun-
den lang fortsetzen zu lassen gestattet. Dabei sind
keine tieferen Inspirationen nAthig, so dass auch
kleine Kinder diese Inhalationen ohne Schwierigkeit
ausftlhren. Dieselben brachten sowohl in leichten,
wie in schweren Erkrankungsfhllen wesentliche Er-
leichterung, namentlich auch in 3 hartnfickigen
Fallen, welche Erwachaenc betrafen.
Andsthesirung mit Schwefeldther wird von
Seneca D. Powellin New York (Chicago Joum.
of nerv. and ment. Dis. I. 2 ; April 1876. p. 231) em-
pfohlen. Er wurde zur Anwendung dereelben durch
die Beobachtung veraulasst, dass bei einem Kinde,
welches behufs der Einrichtung und des Verbandes
eines Humerusbniches ziemlich 1 Std. lang in tiefer
Anastliesie erhalten worden war, auffallende Ver-
minderung des gleichzeitig bestehenden Keuchhustens
eintrat. Zur Begrtlndung seiner Empfehlung theilt
P. folgende Falle mit.
A. O. , 4 J. alt , seit 4 W. an Keuchhueten Ieldend,
hatte in Gegenwart P.’s mehrere heftige Keuchhusten-
anfalle, die mit Erbrechen endigten. Das Kind wurde mit
Genehmigung seiner Mutter 40 Minuten hindurch in
Aethemarkose gehalten. Am nachsten Tage berichtete
die Mutter, dass das Kind nur einige Male gehustet , aber
keinen Keuchhngtenanfali mehr gehabt habe. Ee wurde
noch etwas bronchialee Kasseln gehdrt, weshalb P. Am-
mon. tnuriat. verordnete. Drei Tage spater fand er das
Kind vdliig huetenfrei und gee und.
M. W., 6'/i J. alt, hatte seit 6 W. an ausserordent-
lich heftigem Kcuchhusten gelitten, warsehrabgekommen,
rteberhaft. Unter der Conjunctiva beider Augen bestanden
Blutextravaaate. Mit Verwendung von etwas uber 120.0
Grmm. Schwefelather hielt P. das Kind 60 Min. lang
vollstandig anastbesirt. In der Nacht darauf hatte das
Kind einige Male gehustet , aber nur 2 wirkliche Keuch-
hustenanfalle gehabt. P. anasthesirte dasselbe am folgen-
den Tage abermals 20 Min. lang. Bis zum nachsten
Tage hatte sich keinKeuchhustenanfall wieder eingestellt.
Die Bronchitis war unbedeutend und verschwand beim
Gebraucbe von Ammon, mnr. mit Tinct. Bellad. in 3 bis
4 Tagen.
J. F. , ein 2 J. altes, seit 9W. an Kenchhueten lei-
dendes, sehr abgezehrtes Kind wurde von Dr. O’Reilly
am 6. Sept. 1876 16 Minuten lang durch Schwefel&ther
anasthesirt. Am 7. Sept, befand sich das Kind weit bes-
ser , die Zahl der Hustenanfalle hatte sich urn die Halite
vermindert und das Erbrechen hatte ganz aufgehSrt. Die
Anasthesirung wurde abermals 20 Min. lang unterhalten.
Am 10. Sept, berichtete die Mutter, das Kind habe in den
letzten 3 Tagen nur 5mal gehustet. Nochmals 16 Minuten
lang Anasthesirung. Nach 1 Woche berichtete die Mut-
ter : es habe nacb der letzten Anasthesirung der Husten
sich nicht wieder eingestellt, das Kind sel gesund.
In einem 4. Falle , einen 9jahr. Knaben betreffend,
welcher einmal 36 Min. lang , und nach 3 Tagen noch-
mals 16 Min. lang anasthesirt worden war, war der Er-
folg eben so gunstig.
Das von M.-R. Wilde zu Plau (Deutacb. Arch,
f. klin. Med. XIV. 2. p. 261. 1874) auf Grand viel-
facher Erfahrangen empfohlene Verfahren gehArt
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276
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Oti&trik,
gleichfalls in das Gebiet der Inhalationstherapie. W.
lAsst nimlick bei Beginn jedcs Ilustenanfalls von
einer Miachung aus 3 Th. Chloroform, 6 Th. Schwefel-
Ather und 1 Th. rcctif. Terpentinol 1 Thecloffel voll
auf ein mehrfach zusammcngefaltetes Taschentuch
breit ausgiessen und dasselbe 3 Querfinger breit
[3.4 Ctmtr.] von dem Mimde des Pat. entfemt so
lange halten, bis der Anfall beendet 1st. Blciben die
Kr. Btets in der Stube , so ist bei strenger Durch-
ftLhrung dieses Verfahrens der Keuchhusten schon
nach 8 T. ganz oder doch fast ganz bcseitigt.
Ist nacb einigen Tagen unter Anwendung der an-
gegebenen Dosis keine Besserung eingetreten, so
lAsst W. zu jeder Inhalation lV a TheelSfJfel voll ver-
wenden.
If.-R. C. Mettenheimer in Schwerin (Me-
morab. XXI. 2. p. 49. 1876) bezeichnet — nach
einer kuxzen Besprechung einer grbssera Anzahl der
gegen den Keuchhusten empfohlenea Mittei [outer
denen wir das Chloralhydrat vermissen] — die voon
Wilde angegebene Mischung als eine sehr branch-
bare und empfehlcn8werthe. Namentlich wird durch
dieselbe die Behauptung des Prof. Steiner wider-
legt, dass man in der Piivatpraxis Chloroform die
kleinen Pat. nicht einathmen lassen krtnne , weil nur
der Arzt diess tliun dllrfe. Dagegen fand M- bei
vielen Kindern gegen die Einathmung selbst einen
Widerwillen, der oft nicht zu Uberwinden war. Wo
sie anwendbar war, schien das Mittei giinstig zu
wirken und Hess M. dasselbe stets schon bei Eintritt
der Vorboten einathmen. Auch gegen krampfhaften
Husten , z. B. bei Tuberkulose und Bronchitis , hat
M. dasselbe Mittei mit Erfolg angewendet und nie
eine cumulative Wirkung desselben beobachtet.
(Schlus8 folgt.) (Redaktion.)
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
488. Beitrttge aur Casuistik der Golenk-
kr&nkheiten, aus der neuerti skandinavischen
Literatur mitgetheill von Waite r Berge r. ')
Kniegelenk.
Im Beichshospital zu Christiania wurden im J.
1872 (Bericht tther die chirurgische Abtbeiluug, von
Prof. Nicolaysen und Th. Egeberg: Norsk.
Mag. 3. R. IV. 3. 8. 119. 124 flg. 1873) 6 Fftlle
von Uydarthrus des Kniegelenks behandelt. In
2 Fhllen wurde die Acupunktur angewendet, wonacli
zwar Veminderung der Fltlssigkeit erfolgte, aber
die Ansammlung nahm dann wieder zu. Nun kam
Elektricitat in Anwendung, spAtcr Vesikatorien in
dem einen, Jodbepinselung in dem andern Falle und
dann Immobilisation des Gelenka. In beiden Fallen
wurde Heilung erzielt, in dem einenbinnen5 Wochen,
im andern nach etwas mehr als 2 Monaten. In einem
Falle wurde durch Massage Heilung erzielt; 2 Falle,
in denen die Krankheit schon sehr lange bestanden
hatte, werden ansflihrlich mitgetheilt.
1) Der 32jahr. Kr. bemerkte vor 6'/j J. nach vielem
T arizen SchwAohe, Steifhelt und Gesohwulst tn beiden
Knieen, wurde dadurch aber nicht in seiner Beschaftignng
gestSrt. Erst seit 3 1 /., J. hatte das Gelenkleiden so zu-
genommen, da6s er seine Arbeit (er war Maler) einstellen
mnsstc und l’/ 2 J. langmitverschiedenen Mitteln, dantnter
wiederholte Entleerungen mittels der Pravaz’echen Spritze
and danaeh Gipsverband, behandelt wurde. Seitdem war
die Ansammlung bald grosser , bald geringer gewesen.
Im Reichshospital wurden am 2. Mai mittels Punktlon mit
dem Probetrokar aus dem linken Kniegelenk l'/ 5 Pegel
[etwas Aber */a Liter) klare, gelbliche, etwas zaheFlussig-
kelt entleert , ein Gipsverband angelegt and eine Eieblase
anfgelegt. Am 28. Mai wurde aus dem rechten Knie-
gelenk 1 Pegel [gegen */< Liter] FlOssigkeit entleert. Nach
4 Wochen , als die Verbfinde entfernt warden . waren die
Kapseln noch verdlckt, die Ansammlung war abeT nur
gering; die Bewegllchkeit war noch ansserordentlich be-
schr&nkt. Nun wurde der Kr. mit Massage behandelt
und das Kniegelenk wurde gestreckt und gebeugt, was
an fangs starkea Schmerz verursacbte. Nach 14 T. konnte
') Scbluss •, vgl. Jahrbb. CLXX1. p. 180.
Pat. mit Kriicken gehen. Nach 8 Wooten zelgte sioh
neue Ansammlung in beiden Kniegelenken, die FlusuigkeU
war aber so dick a. zahe, dass nach der Punktlon nur eine
geringe Menge (namentlich aus dem linken Kniegelenke)
entleert wurde. Nach Abnahme der Gipsverbande wurde
von Nenem massirt und ausserdem taglich Dampfdnsehe
angewendet. Unter fbrtwabrender Anwendung der Mas-
sage erfolgte Heilung, aber erst nacb mebreren Monaten.
2) Der Kr. war 16 J. alt und hatte vor 10 J. im
rechten Kniegelenk ohne jede bekannte Ursache eine Ge-
schwulst bekomtnen , die bald zunahm , bald abnahm ; er
ermudete leicht, konnte aber gehen. Bei der Anfnahme
war das Gelenk bedeutend angeschwollen, von der Tubero-
sitas tibiae bis 5" oberhalb der Patella, uberall bedeutend
duktuirend. Flexion war bis zum rechten Winkel m6g-
lich, Extension fast voilst&ndig. Nacb Punktion und Knt-
leeruug einer grosseu Menge FluBsigkeit mit folgender
Anwendung eines Gipsverbandes fand man bei der Ab-
nahme des Gipsverbandes nach etwa 5 Wochen die Be-
deckungen schlaff und faltig, die Kapsel aber gut zusani-
mengezogen. Langs der Seiten der Patella fand sioh die
Kapsel mit weichen Auswiichsen besetzt, die bei der Be-
riihrung ahnlieh crepitirten wie Reiskomer. Der Erguss
war nur noch sehr gering. Mittels der Massage wurde
noch weitere Besserung erzielt, die vollstAndige Heilung
konnte der Kr. aber nicht im Hospital abwarten.
Dr. Valdemar Rasmussen (Hosp.-Tidende
XVI. 14. 15. 1873) empfiehlt gegen Hydartftroae
des Kniegelenks die Adspiration als eine sehr wesent-
liche Verbes8erung der Punktion. R. meint, dass
dabei der Eintritt von Luft in das Gelenk abBolnt
vermieden werde, namentlich wenn man statt eines
capilLaren Trokars eine capillare Ubergoldete oder
Uberwickelte 8tahlnadel mit knrzer Spitze anwendet.
[Dr. Becker in Mtlnchen hat durch den Versuch
sich flberzeugt, dass bei der Adspiration aus einer
fest verschlossenen Flasche doch Luft zwischen
Kantile u. Kork eindringt (Jahrbb. CLXXI. p. 165) ;
abaolut dflrfte demnach die Verhtttung des Luftein-
tritts in das Gelenk wobl kaum Hein. ] Ausserdem
kaun man auf diese Weise die Kapsel ganz oder
ziemlich ganz entleeren, man vermeidet die Blutung,
der Schmera ist Auseerst gering und die 4rdegftng
eines erbArtenden Verbandes ist unncSthig.
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277
VI. Chirnrgie, OphtUalmologie u. Otiatrik.
Die Operaiaonsmethode, deren sich Rasmussen
bediemt, besteht im Wesentlichen darin, dasa wkhrend
der Auspumpung , oberhalb und unterhalb der Ge-
schwnlst, Heftpflasteretreifen angelegt und nach und
nach fester angczogen werden, so dass auf diese
Weiae die Flussigkeit gegen die Kaniile bin gedringt
wird. Den Einstich macht E. am hussersten Eande
der Patella nach oben. Wenn die Entleerung voll-
endet ist, wird die StichOffnung mit in styptisches
Collodium getauchter Charpie geschlossen und der
letzte Heftpflasteretreifen in der Mitte angelegt, so
dass auf diese Weise gleichzeitig bei der Operation
der Compreasionsverband angelegt wird. Ausaerdera
legt R. noch eine RoUbinde an und l&sst das Glied
in absolute!' Rube.
R. theilt die Fftlle , die er auf diese Weise be-
bandelt liat, mit ; in den ersten beiden war die Krank-
heit w&hrscheinlich gonorrhoischen Ursprungs.
1) Der 87jahr. Kr. hatte action fruher 2mal an An-
sammlong im rechten Knie gelitton und 3 und 5'/s Mon.
lang llegen mussen. Am 28. April 1872 wurde der Kr.
im Conununehoepital aufgenommen wegen fflotzlich auf-
getretener Ansammlung im rechten Knie mit heftlgen
Schmerzen (14 T. vorher war ein akuter Tripper mit In-
Jektionen beseitigt worden). Es bestand bedentende Qe-
sohwnJst dea Knics mit starker Ausdehnung der Kapsel;
spontane Schmerzen bei ruhiger Lage bestandcn nioht.
MUtels der Adspiration wurden am 1. Mai 90 Grmm.
klebrige grunllche Flussigkeit entleert, am 6. Mai 80
Gnnm., wonach die Kapsel vollstandig entleert erschien.
Am 8. Mai land sich nachAbnehmen desVerbandea keine
Spar von Ansammlung. Leichtes Oedem des Fusses nnd
Unterscbenkels , das am 8. Mai vorhanden war , schwand
aebr raach. Am 10. Mai konnte der Kr. obne Schmerzen
mit einem Stocke gehen. Am 18. Mai trat aber das Ge-
fobi von Schwere im linkenKnie auf, am 19. Mai Schmerz
beta Auftreten und Ansammlung. Am 20. Mai warden
40Grmm. einer gelblichgrauen, faatgallertartigen Flussig-
keit entleert und am 2. Juni 80 Grmm. die Ansammlung
trat nioht wieder auf, aber nach einigen Tagen fuhlte man
einen beweglicben Korper in der Kapsel , der immer
kieiner wurde and endlich ganz verechwand ; wahrschein-
lieh handelte es sioh um ein durch geringen Blutaustritt
bei der Adspiration erzeugtea Fibrincoagulum. Am
10. Jnnl konnte der Kr. am Stocke gehen. Der Ergnss
kehrte aicht wieder nnd der Kr. wnrde am 20. Juni ent-
laaeen.
2) Ein 16jShr. Bursche , der vor 3 Mon. an Tripper
behsndelt worden war, wSbrend weloher Zeit aich Ergusa
im linken Kniegelenk entwickelt hatte , wurde wiederholt
an Reeidiven dea Kniegelenksergusses hehandelt. Am
16. Oct. 1872 wurde die Punktion mit Adspiration sns-
gefUhrt. wobei 40 Grmm. klebrige Flussigkeit entleert
•warden. Am 20. Oct. musste die Adspiration wiederholt
werden ; die entleerte FlfisslgkeitBmenge hetrug 30 Grmm . ;
era cute Ansammlung von FlBssigkeit wurde durch Mas-
sage beaeitigt.
Wenn bei akiitem Gelenhrheumaiismus die Ge-
lenkentzttndung sich auf ein einzelnes Gelenk be-
schrAnkt oder dooh vorzugsweise ein Gelenk, nament-
licb das Kniegelenk , bef&llt , wahrend andere uur
leicht und vortlbergehend ergriffen werden, und wenn
bei den gebriuchlichen Behandlungsmetboden die
Anagmmlung nicht raach verschwindet und chronisch
zu werden Keigung zeigt, dann halt R. die subcutane
Adjuration ebenfalls fttr indicirt. Er theilt 3 Fille
mit.
3) Der 46 J. alte Kr. hatte zuerst Geschwulst in bei-
den Fnasgelenken gehabt, die sich bald wieder verlor ; es
schwollen nun heide Kniee an , das rechte schwoll rasch
wieder ab , aber am linken nahm die Geschwulst zu und
trotzte der Anwendmtg von Jodtinktur und Compression.
Bei ruhiger Lage hatte der Kr. keine Schmerzen , wohl
aber bei passiveu Bewegungsversuchen ; aktive waren
kaum m5glich. Temperatur und PuLsfrequenz waren er-
hflht. Mittels Adspiration wurden 40 Grmm. gelblicher
klebriger Flussigkeit entleert , aber nicht der ganze Er-
guss. Die Qbrig gebliebene Ansammlung, die sich nach
raehreren Tagen durchaus nicht vermehrt hatte, wurde
dnrch Massage beseitigt. Gleich nach der Adspiration
war Temperatur und Pulsfrequenz gesnnken.
4) Bei einem 42j5hr. Frauenziramer trat voruber-
gehende Schwellung anderer Gelenke und zunehmende
bedeutende Schwellung im rechten Knie mit sehr heftigen
Schmerzen und Ficber auf. Mittels der Adspiration wur-
den 75 Grmm. Flussigkeit entfernt, worauf die Schmerzen
nach! lessen , der Erguss vermehrte sich wieder und die
Geschwulst hatte bald ihre frfihere Grosse wieder er-
reicht. Die Kr. musste vor der Heilung entlassen werden.
6) Der 19jahr. Kr. lilt an Geschwulst , Empfindlioh-
keit und heftlgen Schmerzen in beiden Fuss-, Knie- und
Hiiftgelenken , besonders heftig war das linke Kniegelenk
befallen. Das Fieber war nicht sehr bedeutend. Nach
der Adspiration, durch die 30 Grmm. Flussigkeit entleert
wurden , waren eine kurze Zeit nach deT Operation die
Schmerzen heftig, nahmen aber sehr bald ab. Die Punktion
wurde nur am linken Kniegelenk vorgenommen , weil in
den andern Gelenken die Ansammlung zu gering war.
Nach der Adspiration war zwar immer noch etwas Flflssig-
keit im Gelenk , sie nahm aber rasch ab nnd verachwand
bald ganz.
Dass im letzten Falle die Schmerzen nach der
Adspiration zunahmen, lag nach R. htichat wafar-
scheinlich daran, dass anfangs der Vereuch gemacht
worden war , mit einer Messingnadel in das Gelenk
einzudringen , was nicht gelungen war. Uebrigens
halt R. die Adspiration bei GeLenkrheumatismus nor
fttr ein Palliativmittel, das nur dann zw Anwendung
kommt , wenn der Erguss sehr betr&chtlich and der
Schmerz sehr heftig ist.
In den beiden ttbrigen vonR. angefllhrten Fallen
handelte es sich um akute oder chronisohe Hydarthrose
ohne bek&nnte Ursache.
6) Bei dem 73 J. alten Kr. waren ohne bekannte
Ursache pl5tzlich in der Naoht heftige Schmerzen im
rechten Knie aufgetreten. Die Kapsel war sehr gespannt
und empflndlich gegen Beruhrung. Die Schmerzen raubten
dem Kr. den Schlaf. Nach der Entleerung von 25 Grmm.
Flussigkeit nahmen die Schmerzen bedeutend ab und
horten bald ganz auf, anoh der Ergnss erzeugte sioh nicht
wieder. Eine Verdickung der Kapsel wnrde durch Mas-
sage beseitigt.
7) Ein 44jahr. Kr., der an einer chronischen Nieren-
krankheit litt, zeigte am rechten Knie eine schon sett
langerer Zeit bestehende Geschwulst, die durchaus nicht
schmerzhaft war und die Bewegung nicht wesentlich hin-
derte. Mittels der Adspiration wurden 65 Grmm. serfiser,
gelblicher, etwas klebriger Flussigkeit entfernt. Es blleb
nur wenig Flussigkeit zurtck , die mittels Massage be-
seltigt werden sollte. Znr Zeit der Mitthellnng war der
Fall noch nicht vollstandig abgelaufen, aber die Ansamm-
lung schien geringer geworden zu seln.
In keinem von alien diesen Fallen zeigte sioh
nach der Adspiration irgend eine Spur von Entcttn-
dung. Wenn vorher grosse Empfindlichkeit dea Ge-
lenks und heftige Schmerzen vorhanden geweaen wa-
ren, liessen sie nach. Alle Flussigkeit auf einmal zu
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278
VI. ' Chirnrgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
entfernen, gelingt allerdings nicht immer, doch hat
B. aus Vorsicht diess auch nicht erzwingen wollen,
rumal da der Rest leicht mittels Massage beseitigt
werden kann. R. will dnrchans nicht die Adspiration
gleich in jedem Palle von vorn herein angewendet
wissen, Bondem r&th, erst die gebrkucklichen lokalen
Behandlungsweisen zu versuchen and erst dann,
wenn diese unwirksam bleiben, soli man zur Adspira-
tion grcifen , diese indessen nicht zu lange verschie-
ben , um so leicht sich einstellende , oft langwierige
Entztlndungen zu vermeiden.
Oberarzt Holmer (Hosp.-Tidende XV. S. 169.
173. 177. 181. 185. 1872. — Nord. ined. ark.
V. 2. Nr. 15. 8. 24. 1873) zieht in den vorgerflck-
tern Stadien chroniacher deatruktiver Kniegelenka-
lcranklieiten mit Senkungsabscessen oder ohne solche
die Besektion der Punktion oder Incision vor, da
die letztem nicht ohne Gefahr sind und man spftter
doch noch oft zur Rescktion seine Zufiucht nehmen
muss. Auch in den frtlhem Stadien ist nacli H. die
Resektion indicirt , sobald der destmktive Charakber
der Krankheit zu erkenneu ist, weil durcli sic die
Heilung beschleunigt wird. H. wendet T e x to r ’ s
halbmondftSrmigen Schnitt an und durchsiigt das
Femur von vorn nacli liinten, die Tibia hingegen von
hinten nacli vorn mit Butcher’s Sage ; er excidirt
die Patella, entfernt die suppurirenden und infiltrirten
Kapseltheile so viel als moglich u. macht ausgiebige
Incisionen in Senkungsabscesse mit naclifolgender
Drainage. Soweit miiglich wendet H. bei der Opera-
tion streng das antiseptische Verfaliren nach Lister
an, doch hat dieses den Nachtheil, dass die fort-
wkhrende Ueberrieselung der Wundflachen mdglichcr
Weise eine noch nicht gestillte Blutung verdeckt.
Zur Unterbindung benutzt H. antiseptische Catgut-
ligaturen, zur Vereiuigung der Knochenenden Silber-
drahtsuturen , die mit einem Drillbohrer angelegt
werden, in welchem sich eine Rinne wie in einer
Hohlsonde, zur Aufnahme des Drahtes, befindet.
Statt des Gipsverbandes , den H. ftlr diese Ftllle
nicht empfiehlt, benutzt er eine hohle Blechschiene
mit Fasssttick und Seitenklappen am Kniegelenk,
die zugleich die Suspension leicht ermdglicht. Die
Knochenn&hte bleiben liegen, bis sie sich selbst
Ibsen oder biB die Ankylose vollstftndig fest ist, dann
wird eine einfache Holzschiene in der Kniekehle an-
gelegt. Holmer theilt (1. c.) 4 Ftllle mit und fllgt
neuerdings (Hosp.-Tidende 2. R. II. 1. 2. 3. 1875)
3 weitere Ftllle hinzu.
X) Ein 8 J. alter Knabe litt Beit 2 J. an fungdser Ge-
lenkentziindung mit Zeretorung der Gelenkknorpel , ober-
flachlicher Caries der Gelenkenden u. Congestionsabscess
an der aussern Seite des Oberschenkels. Am 7. Juli 1871
wurde die Resektion ausgefuhrt , wobei vom Femnr
und 1 / 4 * ' von der Tibia entfernt wurde. Die Fossa patel-
larie , die oberflachliche Caries zeigte , wurde mit der
Rugine abgeschabt. UngefShr 3 Mon. nach der Operation
hatte sich feste knbcherne Vereinigung gcbildet. Bel der
Entlassung, am 30. Juni 1872, ging der Kr. gut und ohne
jede Stiitze, aber eine kleine Fisteloffnung war noch nicht
verbeilt. Die Verkurzung an dem operirten Beine betrug
etwa 2 Ctmtr., die Atrophic der Muskeln war nur unbe-
deutend. Spiter Jedoch betrug die Verkflrzung 4 Ctmtr. ,
ob sie sich im Lanfe der Zelten noch bedeutender hermus-
stellen werde, liess sich nioht bestimmen.
2) Ein lljahr. Knabe litt nach einer Verletznng aeit
2 J. an einem cariosen Process an der Patella mit Durch-
brnch in das Gelenk und darauf folgender Kniegelenks-
entztlndiing , rcichlicher Entwicklnng von Grannlationen,
Eiterinflltrationen In den LIgamenten nnd Decnbitnage-
schwuren an den Gelenkknorpeln. Bei dor am 9. Nov.
1871 ausgefilhrton Resektion wurde das tielenkende des
Femur entfernt , der Sagcsclmitt wurde durch den obera
Theil der Fossa so gelcgt, dass nach hinten zu etwas von
den knorpeluberkleideten Enden der Condyli fibrig ge-
lassen wurde. Von der Tibia wurde eine dfiiine 8 cheibe
abgesagt. Eineu Monat nacli der Operation hatte sich feste
kndclieme Vereiuigung gebildet. Ende Juni 1872 bestand
feste knbeheme Ankylose, der Kr. konnte ohne Stiitze
gehen, die Verkurzung betrug etwa 2 Ctmtr. und wurde
auch im Laufe der nachsten Jahre nicht bedentender.
Die Atrophic an der operirten Extremitat war nur sehr
unbedeutend.
3) Ein 4'/, J. alter Knabe war im Alter von l'/i J.,
als er noch nicht gehen konnte , znm ersten Male in Be-
handlung gekominen. Das rechte Knie hatte ohne be-
kannte Veranlassung eine ziemlich im rechten Winkel ge-
liengtc Stellflng cingcnomnien ; es war in geringem Grade
geschwollcn und nur heschrankt bewcglich gewesen , An-
samnilimg oder Selimerzeu in deinselben konnten nicht
nachgewicsen werden. Nach einige Monate langer Be-
handlimg init Scliienen war die Hteltung gut und das Kind
begann mit dcin Beine aufzutrctcn. Nach 1 J. aber hatte
das Knie wietler die gebeugte Stcllung eingenommen and
diessmal war die Geschwulst bedeutender , namentlich an
den Seitcn des Lig. patellae inferius. und die Bewegungen
erregten sehr heftigen Schmerz. Es wurde ein Gipsver-
band angelegt und das Kind mit demselben entlassen.
Als aber der Gipsverband abgenommen wurde, beugte
sich das Knie von Neiiein und wurde schmerzhaft. Oefter
wiederholteu sicii derartige Erkrankungen und jedeemal
wurde Besserung erzielt ; allmalig aber wurde der Zn-
stand doch immer scbliminer und bei der letzten Auf-
nahmc, am 9. Oct. 1872, war es zur Eiterung, zumDurch-
brnch der Kapsel und zur Biidung eines Congestions-
abscesses am Schenkel gekommen. Nach Anwendung
von Punktion, Oipsverband, Adspiration, Inspiration und
Gewichtaextension wurde am 7. Mai 1873 znr Resektion
geschritten. Dio Kapsel fand sich dabei sehr verdickt.
ebenso das umgebende Gewebe , die Gelenkflkche fur die
Patella carios , die Knochenaffektion erstreckte sich nach
u n ten bis zwischen die Condylen des Oberschenkels nnd
auch etwas nach oben , da ging aber der Process nicht
sehr in die Tiefe. Vom Femur wurden die Gelenkenden
entfernt mittels eines durch die Condylen gehenden Schnit-
tes , von der Tibia brauchte nur eine dunne Scheibe ent-
fernt zu werden. Von den verdickten Kapseltheilen wur-
den einige ezstirpirt. Die Kapsel war nach oben zu
dnrchbrochen. Die Knochenenden wurden mit 8 iiber-
drahtsuturen vereinigt und durch eine von fruher vorhan-
dene Incisionsoffnung wurde eine Drainagerohre von der
Kapsel aus nach aussen gefuhrt. Am 16. Aug. wurden
die Knochensutnren entfernt und am 22. Sept, hatte sich
knocherne Ankylose in schwach gebeugter Stellung ent-
wickelt. Die Verkurzung betmg etwa 3 Ctmtr. und im
Jan. 1874, wo der Kr. entlassen wurde , bestand feste
kn5cherne Ankylose -, das Bein war gut brauchbar.
W&hrend bei Kindern H. stets gute Resultate
nach der Resektion des Kniegelenks erzielt bat,
waren die Resultate bei Erwachsenen weniger gut.
In 2 von den 4 Fallen , in denen H. die Resektion
ausfilhrte , wurde spitter doch noch die Amputation
nftthig, allerdings waren in diesen beiden Fflllen
auch ungtostige VerhAltnisse vorhanden. Die von
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279
VI. Chirargie, OphthaLmologie n. Otiatrik.
H. mitgetheilten Fklle • die Erwachsene betrafen,
sind folgende.
4) Eine 36 J. alte Frau litt seit 2 J. an Entzundung
ties linken Kniegeienks mit Senkungsabscess langs der
Sehne des Biceps zum Capitulum fibulae. Die Resektion
wurde am 17. Nov. 1872 vorgenommen , die Knochen-
enden waren carios, die hintere Kapsel war dorchbrochen.
Das Femur wurde hart an der obern Greuze der Gelenk-
flache abgesagt, von der Tibia wurde nur eine dunue
Scheibe weggenommcn. Nach 4 Mon. bestand noch reich-
liche Eiterung und Vereinigung war noch nicht zu Stande
gekommen. Die Kr. war hektiscli ufid zeigte Syuiptome
beginnender Lungentuberkulose. Spater mueste die Am-
putation des Oberschenkels ausgeffihrt werden , nach
vrelcher die lleilung ohtie Storung erfolgte.
6) Bei der SOjahr. Kr. hatte vor 8 J. das rechte Knie
anzuschwellen und beim Gehen zu schmerzen begonnen,
2 J. vor der Aufnahme wurde nach cinem Stoss an das
kranke Knie die Geschwulst bedeutender , Schmerz und
EntziiDdung nahinen zu und bald konnte Pat. mit dem
kranken Fnsse nicht mehr auftretcn. Bei der am 11. Jan.
1874 erfolgten Aufnahme zeigten sich die aktiven Be-
wegungen des lioktirten Knies sehr beschrankt u. schmerz-
haft, die Muskeln desOber- undUnterechenkels atrophirt,
die Weichtheile odematfis inflltrirt. Das kranke Bein
zeigte sich gegen das gesunde uni 7 — 8 Ctmtr. verkiirzt.
Die Geschwulst am Knie hatte zum Theil die Form der
Kapsel, eine schwainmige Consistenz und rcichtc eine
Hand breit fiber das untere Femurende hinauf , unterhalb
der Patella fand, sich fiber die ganze Vorderllache des
Knies ausgedehnt , wie auch in der Kniekchle Ansamm-
long mit Fluktuation, von Blutextravasat herruhreud, wie
eine Probepunktion ergab. Der Unterschenkel war nach
unten und ausseu luxirt, so (lass die Gelenktlache des
Femur stark nach voru prominirte und ziemlich deutlich
dnrch die Geschwulst gefuhlt werden konnte. Die Tibia
besass abnorme Bewegliclikeit nach aussen.
Dnrch wiederholte Incisionen wurde zwar viel Eiter
entleert, aber keine weitere Besserung erzielt. Am 30. Jan.
wnrde die Resektion ausgeffihrt, wobei man ausser Eiter-
anaammtung noch reichliche Granulatiousmassen fand.
Die innern und die seitlichen Ligamente waren fast ganz
verscbwnnden ; die Gelenktlache des Femur war vonKnor-
pel entblost und stark carios, eben so wie die Gelenkflache
for die Patella. 1 las Gelenkende der Tibia fand sich eben-
falls stark carios , uberall von Knorpel entblost , nur ein-
zelneStellen erschienen glatt, eburnirt, wie abgeachliffeu.
Da der cariose Zustand der Tibia und die Entbldsung von
Periost bis unter die Tuberositas reichte , musstc der
Schnitt in dieser Hohe geffibrt und auch die Gelenkflache
der Fibula abgetragen werden. Auch die Patella fand
sich, nachdem sie exstirpirt worden war , von Periost ent-
blfist und carios. Die Sagellachen passten gut auf einan-
der, nur die an der Tibia war von aussen nach innen etwas
selling. Die Knochenenden warden mitSilberdrahtsaturen
vereinigt.
Anfangs waren zwar Ausaichten auf gunstigen Ver-
lauf vorhanden , bald aber stellte es sich heraus , dass die
Vereinigung der Knochenenden, unter dem Einflusse eines
Allgemeinleidens (Miliartuberkulose), sich nicht einstellte,
Eiterung und Grannlationen nahinen ein schlechtes Aus-
sehen an und es inusste zur Amputation geschritten wer-
den. Die ganze Extremitat war stark odematos, nament-
lich waren die obern Theile sehr stark gescliwollen , aucli
Lappen und Weichtheile an der Amputationsstelle (dicht
fiber den Oberechenkelcondyien) waren stark odematos
inflltrirt. Vor der Amputation wnrde E sm arch's Apparat
znr Blutspaning angelegt und es war wahrend der Opera-
tion fast gar kein Blutverlust eingetreteu. Wahrend der
ganzen Operation hatte die Pat. volistandig ruhiggeathmet,
der Puls, der gleich anfangB schwach gewesen war , hatte
nur zu Ende etwas abgenommeu. Nach Beeudigung der
Operation wurde die Chioroformirung eingestellt. Etwa
10 Min. Oder linger danacb . ala die Kr. in das Bett ge-
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schafft werden sollte , collabirte sie plotzllch ; es gelang
zwar , den Collapsus theilweise zn bekampfen , aber er
stellte sich bald wieder ein, nach abermaliger Bekampfung
desselben collabirte die Kr. zum 3. Male und starb auf
dem Operationstische , 3 / 4 Std. nach der Amputation.
Elektricitat und Transfusion wurden zuletzt vergeblich
versucht. Die Sektion ergab ausgedehnte Thrombose in
den Zweigen der Lungen&rterie.
Den Werth der Resektion nacli dem Ausgange
zu bemessen , wie er in den beiden letzten Fallen
ytattgefunden hat, hebt H. hervor, ware unbillig,
denn im 4. Falle wurden die Verhaltnisse ungilnstig
gestaltet durch eine besondere Disposition zu Knochen-
leiden (auch das Os ilei dextruni war cariQs) , im
5. Falle bestanden innere Erankheiten , die sicher
vor der Operation schon vorhanden waren.
6) Ein 18 J. alter Meusch litt seit 3'/, J. an chrou.
fungbser Entzundung des linken KniegelenkB mit Abscess
an der Vorderllache des Sehenkels. Bei der am 16. Dec.
1871 ausgeffihrten Resektion fand man die KapHel durch-
brocheu , die Gelenkenden durch Caries zerstort , ausser-
dem Subluxation der Tibia nach hinten und aussen. Es
wurde 'It" vom Femur und von der Tibia entfernt.
Im April 1872 hatte die Vereinigung zwischeu den Gelenk-
enden gutc Fcstigkeit erlaugt , aber erst im Sept, konnte
Pat. mit Krficken gehen. Die Verkfirzung betrug etwa
6 Ctmtr. , die Atrophie war nicht unbetrachtlich. Spater
klagte der Kr. fiber Schmerz an der Vorderllache des
Knies und nach Erweiterung von 2 noch bestehenden
Fisteloffn ungen konnte tnan in eine mit scliwammigem
Gewebe geffillto Uohle in der Femnrepiphyse geiaugen ;
das schwainmige Gewebe wurde mit dera scharfeu Lfiffel
ausgekratzt, die Wandungen der Uohle waren glatt und
fest, nur nach obuu etwas weich. Unter antiseptischer
Behandlung machte die Ueilung rasche Fortschritte. Die
Verkfirzung blieb dieselbe. Der Kr. konnte sein Bein gut
gebraucheu.
7) Bei der 2.3 1 /, J. alten Kr. bestand eine Synovitis
hyperplastic* granulosa, deren Anfange sich erst etwa
2 Mon. vor der am 29. April 1872 erfolgten Aufnahme
gezeigt hatten. Das linke Knie zeigte bedeutende Ge-
schwnlst, hauptsachlich in der Uingebung der Condyli
tibiae ; die Geschwulst war uberall weich und elastisch,
nirgends fluktuirend. Das Knie befand sich iu ieichter
Beugung und konnte nicht volistandig gestreckt werden.
Aktive Bewegungen waren kaum moglich , passive nur
beschrankt und schmerzhaft. Nach Anwendung von Ge-
wichtsextension trat Besserung ein , aber bald verschlim-
merte sich das Leiden wieder und es bestand nun abnorme
Lockerheit des Knies in der Seitenbewegnng desselben.
Nach Gewichtsextension und spater Gipsvcrbaud erfolgte
wieder Besserung, doch konnte dicKr. nicht ohne Schmerz
mit dem kranken Fusse auftreten. Im Dec. 1872 trat
Fieber mit heftigera Kopfschmerz, Apathie, Erbrechen
auf ; Uirnsymptome fehlten , blutige Sputa wurden nur
einen Tag lang ausgeworfen , unter der rechteu Clavicula
fand sich geringe Dampfung und etwas abgeBchwachte
Respiration. Wahrend dessen verschlimmerte sich auch
der Zustand des Knies wieder. Djc Geschwulst, die
fibrigens nicht bedeutend war , befand sich unterhalb des
Knies zu beiden Seiten des Lig. patellae inf. und fiber dem
innern Theile des Caput tibiae. Die geriugsten Bewegun-
gen und der leiseste Druck erregten heftige Schmerzen,
zuletzt waren Schmerzen auch spontan vorhanden , Atro-
phie der Muskniatur und leichtes Oedem am Sehieubein
stellten sich ein. Da sich der Allgemeiuzustand etwas
bes8erte, wurde am 6. Febr. 1873 die Resektion ausge-
fuhrt, tiei der man die Kapsel und das dieselbe umgebende
Gewebe in speckige Masseu umgewandelt fand, besonders
am obern Ende der Tibia und des Lig. pat. inf. ; Eiterung
oder Abscessbiidung bestand nicht , dagegen fanden sich
ausgebreitete Ulcerationen von unregelmassiger Form an
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280
VI. Chirnrgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
•leu Geienkknorpeln , nicht sehr tiefgehcnd nnd nnr an
einem beschrilnkteD Theile der innern Condylen des Fe-
mur nnd tier Tibia den Knoehen cntblosend , dor Oelenk-
knorpcl hatte nuT stcileuwciBe seine glatte Beschaffenheit
verloren und war gelblich atrophirt. Die Ligg. erne, fan-
, dpn sich stark infiltrirt mit reiehliehen Granulationsmassen.
Sowohl Tom Femnr als auch von der Tibia wurden nur
dunne Scheiben abgesagt, die Patella wurde exstirpirt:
die dereelben entspreehendo Oelcnkflache am Femur fand
BichinitGranulationsgewebeausgcfullt. Schouani 27. April
zeigte sich beginnende Vereinigung der gut auf einander
passenden nnd mit Silberdrahtanturen befestigten Resek-
tionsenden. Unter Fieberbewegungen trat im Juni Eiter-
senkung ein, die durcb Lneisionen und Drainage hehandelt
wnrde, dann Erysipelas migrans, aber Anfang September
war gate , feste , knficheme Vereinigung der Resektions-
enden etngetreten. Schlusslich erfolgteHeilungmit4Ctmtr.
Verkurzung und vollkommener Brauchbarkeit des nor in
ganz leichter Flexion stebenden Heines.
Seved Ribbing (Hygiea XXXV. 6. S. 319.
1873) theilt einen Fall von Tumor albus des Knie-
gelenks mit, in welchem die Resektion des Knie-
gelenks ausgefUkrt und Heilung erzielt wurde.
Der 12jfthr. Kr. wurde im Krankenhanse von Citn-
brishamn am 12. Juni 1872 aufgenommen. Vor mebr als
3 J. hatte der Kr. einen Hnfschl&g an das reehte Knle
bekommen, das, gleieh naeh der Verletzung gar nicht ge-
schont, nach •/* J. schmerzhaft, geschwollen und steif
wnrde ; das Leiden nabm rasch zn, so dass der Kr. zulctzt
nnr noeh mit Krfieken gehen konnte. Bei der Anfnahme
zeigte sich in dem kranken Knie Ankylose im hdehsten
Grade der Flexlonsstellnng, bedentende Anschwellung nnd
gerlnge Empflndlichkeit des ganzen Kniea, Hnbluxation
der Gelenkflache der Tibia , Fixirung mid Verwachsung
der Patella mit dem CondylnB extemns. Die Extension
wurde dureh die Verwachsung in dem Gelenke gehindert,
Muskelcontraktnr bestand nicht , beim Versncbe der Be-
wegnng hatte Pat. heftigen Schmerz im Gelenk. An der
iinssern Seite des Condylus ext. befand sich ein 8 Tage
vor der Anfnahme anfgebrocbenes langliches Geschwur,
von der Grosae eines Specicsthalers, mit nnebenen, unter-
minirten Randern ; ans tliesem Geschwur floss sparUeher
dfinner Eiter, auf dem Bodcn desselben befauden sich
gangTfinescirende grauweisse Hindegewebsfetzen ; berm
Son dir en geiangte man in den vom Condylus extemns inn*
gebenen Theil der KniegelenkshShle. Nachdem einige Zeit
lang Carbolfil und Uraschlage angewendet worden waren,
reinigto sich das Gesohwur , es floss nur noch wenig gut*
artiger Eiter ans, aber Heilnng trat nicht ein.
Am *25. Aug. wnrde die Resektion vorgenommen bei
unvollstSndiger Narkose des Kr. (bei atarkerer Narkose
begannen Respiration und Puls ansznsetzen) nnd nnter
Anwendung der CarbolzerstSnbung. Der Schnltt wnrde
bogenformig vom von der Spitzc des einen Condylus bis
zum andern gefBhrt. Bei EriVffnting des Kniegelenks find
man in dlesem eine Menge grauweiase sehwartige Massen,
am imtem fiussem Theil des Condylus intern us eine wall-
nussgrosse, mit dickem Eiter geffillte AbscesshBhle, welehe
Jedoeli nur In dem Knorpel lag nnd die Knochensnhstanz
nirgemla angriff. Die Patella war mit dem Condyhw dnreh
sehwartige Blndegewebsmassen fest verwachsen, dieSSge-
schnitte wurden oben gleieh oberhalb der Fossa intercon-
dyloidva , parallel mit den Gelenkflfichen des Femur, und
unten dicbt unterhalb des Gelenkknorpels der Tibia ge-
ffihrt. Als die HageflSehen anf einander gepasst werden
sollten, zeigte sich, dass wegen Contraktnr der Beuge*
musket ir eine Streekung dea Kniegelenks fiber 120° nicht
mOglich war, so dass die Sebnen der Muskeln subcutan
dnrchschnitten werden mussten ; aneh danach war noch
kelne Streekung mSgllcb nnd Ribbing sah sieh znletzt
gen&thlgt, noeh ein Stfick vom Obersehenkel nnd eta
Stfick von der Tibia abzus&gen und erst dann gelaflg es,
die Sigeflfichen zn adapttren. Bei dem letzten Operations*
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akt wnrde anch die Patella weggfenommen. Die Reaktion
nach der Operation war nicht unhedeiiteml , aber nnter
antiseptischer Behandlung maclitc die lleiiung doch bald
gute Fortschritte. Die Knocbenendeii bcilteu sozusauunen.
dass Rotation , Abduktion und Adduktion von der ganzen
Extremitat ausgefGbrt wurden , doeh zeigte sich , wenn
der Kr. im I.iegen sein Bein erhob, eine sehr geringe
lteugiing in der Knicgegend. Es wurde deshalb ein Stutz-
apparat an das Knie gelegt , der dem Kr. gestattete , uiu-
berzugchen , anf ebenem Boden sogar nur mit Hfilfe des
Storkes. Das Bein . an dem die Resektion ausgefuhrf
worden war, blleb naturlieh etwas verkurzt.
In derEpikrwe liebt R. hervor, dasa eine gewalt-
same Streekung bei der bedentenden Featigkert der
Ankylose nicht indicirt erechien ; die Amputation
wtlrde zwar jedenfalls eine raschcre Heilung herbei-
gefillu*t haben, aberR. versuclite die Resektion einee-
tlieils deshalb, weil die Angehdrigen des Kr. die
Amputation vermieden zu wissen wflnschten, andern
theils der gnten Resultate wegen, die er von der-
artigen Operationen ini Comnulnehospital in Kopen-
liagen geselien hatte.
Wegen Ankylose tm Knieyelenk, die nach einor
Verletzung des Gelenks sich gebildet hatte, fHhrte
Prof. Mesterton (Upsala Ifikarefbren. fbrhandl.
XI. 5. S. 377. 1876) die Resektion aus bei eineoi
8 J. alten Knaben.
Der Kr. hatte dnreh emen Axthieb eine von der Knie»-
scheibe sc brag nach unten nnd iunen gehende 2“ tango
und 1" tiefe Wunde erhalten. Von einem Ante war ale
mitNfihten verschlossen nnd ein Schienenverbandangolegt
worden ; Nfihte n. Verband wurden aber von einer Qnaek-
salberin entfernt. Als sich der Znstond wleder veTSCbllm-
mert hatte, wnrde wieder arztiiche Hfilfe gesneht. Naeh
der Heilnng war das Bein etwas flektirt, aber nnr in leicb-
tem Grade, nach einem Obcrechenkelbrnch wnrde aber
die Betigung immer schiimmer. Mb znletzt der Unter-
schenkel in reehtem Winkel gegen den Obersehenkel ge-
beugt und zngleich die Extremitat nach innen rotirt war.
Die Bewegliehkeit im Kniegelenk war aufgehoben; die
PateUa war unbewegiich nnd sass an der Vorderseite dea
Femnr mitten zwischen beiden Condylen , die vengrfiesert
waren und eine Menge UnebenheRen zeigten. Die Hast
am Knie war gespannt und etwas gertthet . aber Schmerz
oder Empflndlichkeit bestand nicht am Gelenke. Der AH-
gemeinznstand des Kr. war gut.
Am 12. Nov. 1876 wurde die Resektion auageftlltrt.
Vor der Operation wnrde ein Gipsverband on den Fuss
und den untera Theil des Unterschenkels gelegt. Nacb
der ErofThung des Gelenka fand sich sowobl die PateUa
alB die Tibia rrrittels Knoobengewebe mit dem Femnr rer-
wachsen. Vom nntem Ende des Femnr wnrde ein keH-
fOrmiges Stuck (mit der 3 Ctmtr. breiten Basis nach vom
und der Spitae nach hinten) abgesagt , wobei der untere
Theil der Patella mit weggenommen wnrde, von der Tibia
ein ahniiches . aber kleineres Stfick , dessen Basis nnr
1 Ctmtr. gross war. Diess genfigte jedocb noch nicht, am
das Bein vollstandig strecken zn konnen , deshalb mussto
nacbtrfiglich noch ein dfinner Keil vom Femnr abgesfigt
werden. Die Blntung ans den 8ageflfiehen war nicht ge-
ring und wurde mit kaitem Waaser gestillt. Nach Znsam-
menpassen der Knochenenden nnd Verschlnss der Wunde
mit Nahten wnrde der sebon vor derOperation begonnene
Gipsverband vollendet bis mrLeistengegendunddasGlied
anf ein Planum incllnatnm gelagert. 8 pater wnrde ein
Fenster in den Gipsverband an der Wnnde gemacM und
diese mit Asepflo [Borsinre; s. Jahrhb. CLIV. p. 811]
verbunden. Der Verlanf war gut , wahrend des ganzen
Heilungsprocesses trat kein einaiger stdrender Zufall aaf
and im Jannar war die Wnnde vollstftndlg geheiit, der
Gipsverband wurde Ende Jan. 1876 abgeno mm en mid
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281
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
(lurch eine Binde eraetzt. Der Kr. konnte an Krflcken
gehen , das Bein war gestreckt and nicht ganz 4 Ctmtr.
kurzer als das andere und der Kr. hatte weder Schraerz
noch Empflndlichkeit im Knie , wenn er aufzutreten ver-
auchte.
In 3 von Nicolaysen (a. a. 0. S. 101. 165.
166) mitgetheilten Fallen von ansgedehnter Er-
krankung des Kniegelenks musste die Amputation
des Oberschenkelx , im letzten Falle im Kniegelenk
nach Gritti, ausgefuhrt werden. Im ereten Falle
bcstand kndc/ierne Ankglone.
1) Der 13 J. alte Kr. wurde am 2. April 1872 mit
bedeatender Anschwellung am linken Knie aufgenominen,
die sich uber den ganzen Oberschenkel und fiber den
grossten Thcil des Unterschenkels erstreckte, am meisten
vorragend war sie an der innern Seite in der Gegend der
Condylen des Femur und der Tibia ; beide Condylen er-
schieuen deutlich verdickt; bei Dmck von oben nach
anten an den Seiten der Patella filhlte man Andentung
von Fluktuation. Die ganze Extremitat war empfindlich
bei Bcruhrung, am meisten an der innern Seite deB Knie-
gelenks, aktive Bewegungen erregten keine besonders
grossen Schmerzen, wcnn sie langsam ausgefuhrt warden.
Die Erkrankung bcstand zur Zeit der Aufnahme erst seit
G Tagen. Die Fluktuation wurde deutlicher und auage-
breiteter. Nacli Incisionen entleertc sich Eitcr und man
fuhlte den obern Theil der Tibia in elner Ausdehnung von
ungeiahr 3" blosgelegt. In der folgenden Zeit warden
wiedcrholt Absccsse geoffuet und es bcstand reichliche
Eiterung aus den verschiedenen Oeffnungen, wodurch der
Kr. sehr geschwacht wurde ; aus einer Fisteloffnung an
der ausBern Seite des Unterschenkels , einige Zoll unter-
balb deB Knies, wurden Sequester entfernt, von denen der
grosste etwa 1*' lang and l 1 breit war. Bei der am
26. Juli ausgcfiihrten Amputatio femoris tr&nscondylica
tanden sich erweichte Thrombenmassen in den VV. popli-
taeae. Ein AbscesB an der binenseitc crBtreckte sich auf-
warts bis zum mittlern Drittei des Oberschenkels. In der
Folge bildetc sich Decubitus am Kreuzbein , Diarrhoe
stelltc sich ein und Oedem am rechten Beiue und unter
rasch zunehmender Abmagerung erfolgte der Tod am
23. August.
Bei der Seltion fand man Nekrose des Obersehenkel-
knochens, kasige Ablagerungen in der einen und Embolie
mit hamorrhagischem Infarkt in der andern Lunge, Throm-
bose der Vena cava inferior , der V. iliaca und femoralis
dextra.
Bei der Untersnchung des amputirten Bernes fand
man knficherne Ankylose im Kniegelenk, hanptsachlich ent-
wickelt an den innern Condylen. Die Ubertlache des Con-
dylus int. tib. nekrotisirt, matt gr&ulichweiss, ohne Knor-
pelbekleidnng, znm Theil ansgehohit, derCondy lus war lialb
abgeliSst. In der Tibiadiaphyae lagen 2 grosse abgeloste
Knochenstucke , uberall von eitrig iaflltrirtem Grannla-
tionsgewebe nmgeben. Ausserdem fand sich eine Abscess-
hohle unter dem innern Kopfe des Gastrocnemius, welche
dnrch verschiedene Fistelgange mit der Umgebnng der
Sequester communicirte.
2) Ein lO'/j .1. altes Madchen wurde mit starker
Geschwnlst am Knie and am nntem Theile dee Ober-
achenkels am 1. Sept. 1872 aufgenoromen. Die An-
schwellung betraf znm Theil die Weichtheile, hauptsach-
lich aber denKnochen an beidenFemurcondylen bisgegen
die Mitte des Femur hin. Oberhalb der Patella befand
sich ein grosses Geschwur mit verdickten and nnregel-
massigen , unterrainirten Kandern, der Boden war mit
livid en Papeln besetzt, nicht empfindlich und leiclit blu-
tend. Durch eine darflber beflndliche , '/»" lange Spalte
konnte die Sonde bis in das Kniegelenk eingefuhrt werden,
traf aber nicht auf blosgelegten Knochen ; bei Druck floss
daraus eine klare , zahe Flfissigkeit in reichlicher Menge
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 3.
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ab. Am Capitnlnm fibulae befanden sich 2 flstul&se Ge-
schwfire , durch welche die Sonde in verschiedenen Rich-
tnngen mehrere Zoll weit eingefnhrt werden konnte, aneh
in das Kniegelenk. Die Tibia war nach aussen rotirt und
etwas nach hinten subluxirt. Das Kniegelenk stand in
rechtem Winkel uud konnte nicht mehr als bis zu 100°
extendirt, aber vollstandig flektirt werden. Bei der Ex-
tension , die keine besondem Schmerzen verursachte,
fuhlte man die Muskeln an der Hinterseite des Schenkels
straff and verkurzt. Die Affektion hatte vor 3 Jahren
ohne bekannte Veranlassung begonneu ; die Oeffnung an
der Aussenseite des Knies bestand seit 1 Jahre, die an
der vordem Seite erst Beit 14 Tagen. Mitnnter hatte die
Kr. in der Nacht heftige 8chmerzen in den Knien.
Am 23. Sept, wurde die Amputation des Ober-
scbenkels mittels Cirkelschuitt ausgcfiibrt. Am 7. Dec.
war die ganze Wundfliiche geschwollen und weisslich be-
legt. Fieber und Delirien stelltcn sich ein, spfiter Wund-
heit im Mnnde und Hachen und Durchfall und erst 3 W.
nach der Operation begann das Befinden sich zu bessern.
Am untern Theile des Knochenstumpfes eatwickelte sich
Nekrose , danach zog sich die Wumle zuaammen und
heilte.
S) Der 6jahr. Knabe hatte nach dem Scharlachfleber
Geaehwulst und Schmerz im linken Knie bekommen, naeh
etwa */ 4 J. , 8 Tage vor der am 17. Jnli 1872 erfolgten
Anfnahrae, wnrde ein Abscess unter dem Knie am Sohien-
bein geoffnet. Das Bein wnrde im Kniegelenk etwas fiber
einen rechten Winkel gebengt gehalten. Die Geschwalst
nahm das ganze Kniegelenk ein bis zur Insertion der
Kapsel, sie war gespannt , fluktnirend nnd sehr empfind-
lich , die darflber beflndliche Ilaut war von erwelterten
Venen dnrchzogen, am Schienbein, etwa 1“ unterhalb
des Kniegelenks. befand sich eine Fistelflffnnng, die Innern
Condylen des Fomnr nnd dor Tibia schienen geschwollen.
Jede Bewegung vemreachte Schmerzen. Ein Gipsverband
wurde angelegt mit einem Fenster, dnrch welches hin-
dnrch die in das Gelenk fuhrende Fistel gespalten , das
Gelenk mitCarbolwasser ausgesptilt, dann wnrde einCar-
bolsanreverbaud u. eine Eisblase aufgelegt wnrde. DaEi-
tersenkung eintrat u. der Zustand trotz wiederholter Inei-
-sionen n. Drainage sich verschliinmcrte, wurde am 8. Oct.
die G r 1 1 1 i'sche Amputation ausgefuhrt. Die Amputations-
wnnde heilte nur theilweise und der Stumpf schwoll an
nnd wnrde empflndlioh , der Allgemeinznstand ling aa zu
leiden und am 9. Nov. starb Pat. an Meningitis tubercu-
losa.
Bei der Untersuchnng des amputirten Beincs fand
sich, dass von der stark verdickten Synovialis aus liberal!
fungflse ProHferationen sich fiber die Gelenkflachen ver-
breiteten ; der Knorpel an den Gelenkflachen war durch-
broefaen und stellenweise ganz zerstort. An der Gelenk-
flache der Tibia fand sich im Condylus interims eine Ver-
tiefnng und in deren Grund cin erbseugrosses, halb abge-
lostce nckrotischesKnochenetuckchen, nicht von vielEiter
umgeben , noch rothlich nnd gleich unter der Obcrflache
liegend . Fistelkanale im Knochen bestanden nicht , anch
keine deutliche purulente Infiltration.
Hieran reihen wir 2 Falle von Gelenkmduaen
im Kniegelenk, in deren einem der freie Kdrper zu-
fSUlig auf der Anatomie bei der Sektion entdeckt
und von Prof. v. Dtlben (Hygiea XXXVI. 5.
Svenska lakares&Usk. fiirh. 8. 100. 1874) in der
Schwedischen Gesellschaft der Aerzte vorgezeigt
wurde. Der Kdrper aass im linken Kniegelenk am
innern Condylus, war oval, 17 Mmtr. breit und 22
lang, scheibenfbrmig , weissglftnzend und giatt und
lag frei im Gelenk. An der untern und innern Seite
des Condylus erternus femoris fand sich ein Sub-
stanzverlust, der nach Form und GrOsse ziemlich
36
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
282 VI. Chirurgie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
der Gelenkmaus entspracli , die zum grossen Theile
aus Knochen , umgeben von einer ungeformten kOr-
nigen Masse, bestand. v. D. nimmt an , dass der
GelenkkOrper aus deni Snbstanzverlust im Femur
stammte, und zwar koDnte er bei demSitze des Sub-
stanzverlustcs wohl kaum durcli eine iussere Gewalt
abgelbst worden sein, sondern diess war wahrechein-
lich in Folge eines begrenzten nekrotischen Processes
zn Stand e gekommen, wovon sich auch an der be-
treffenden Stelle Spuren auffinden liessen. Das Ge-
lenk zeigte sonst nichts Krankhaftes.
In dem andern Falle wurde von Sddermark
in Mariestad (Om lasarettsvftsendet i Sverige aar
1874, af Med.-Radet Dr. 0. F. Halliiu Hygiea
XXXVII. 12. S. 683. 1875) die Entfernung mit-
telt direkler Incision bewirkt.
Der 36 J. alte Kr. hatte Beit mebreren Jahren einen
bewegllchen Korper ini Kniegelenk bemerkt, den er durch
verschiedene Manipulationen an die Oberflache bringen
konnte und der deutlich fublbar war. Er hatte Gr5sse
und Form einer grfissern Mandel. Die Beschwerden, die
der Korper verursachtc, veraniassten den Kr. , sich der
Operation zu unterziehen. Der KSrper wurde an der aus-
sern Seite des Kniegelenks so hocli oben flxirt , als diess
die Kapsel erlauhte, etwa einen /.oil nach obcn davon
wurde die Incision gemacht und mittels eines Tenotom
die Kapsel gespalten ; da es aber nicht moglich war, den
K5rper durch den Schnitt aus der Kapsel herauszudrficken
und 8. daran daehte, dass der Korper einen Stiei haben
konne , wurde direkt auf ihn eingeschnitten , wobei es
jedoch nicht gehindert werden konnte, dass etwas Luft
in das Gelenk cindrang. Der K5rper konnte nun init
Leichtigkeit ausgezogcn werden u. zeigte sich ungcstielt.
In den ersten Tagen nach der Operation bildete sich ein
nicht unbedeutender Erguss in das Oelenk, aber ubrigens
ohne entzundliche Erscheinungeu. Nach 1 Woche, wah-
rend welcher energische Antiphlogose angewendet wurde,
war das Knie wieder in vollkommen nonnalem Zustande,
doch wurde der Kr. vorsichtshalber erst nach ein Paar
Wochen entlassen. Das Oelenk war in jeder Hinsicht
normal and vollkommen beweglich.
Fussgelenk.
Prof. J. A. Hst lander (Finska l&kareskllsk.
iiandl. XVI. 1. S. 28. 1875) ftlhxte in einem Falle
von Erkrankung des Fussgelenks die subperiosteale
Resektion desselben aus.
Der 18 J. alte Kr. hatte Ende Dec. 1870 beimGehen
Schmerzen im rechtcn Fussgelenk bekommen u. bemerkt,
dass der Innere Knochel geechwollen war. Einige Wochen
daranf ging ein Abscess am aussern Knochel auf und der
Kr. konnte kaum auftreten und zuletzt gar nicht mehr
gclien. Am 3. Sept, fand E. das ganze Gelenk bedentend
geschwollen, mehrere Eistelgsinge leiteten auf erweichten
Knochen, die Gelenkendcn beider Uuterschenkelknochen,
namentlich der Tibia, waren stark aufgetrieben. Am
16. Sept, wurde die subperiosteale Kcsektion des Gelenks
ausgefuhrt, wobei ein l’heil von der Gelenkflache des
Astragalus und 6 Ctmtr. vom untern Ende jedes der bei-
den Unterschenkelknochcn weggenommen wurden. Die
letztern Stfickc bestanden nur aus diinnen Schalen, hyper-
amisches Mark enthaltend. Unter Dchandliing mit dem
Gipsverband schritt die Heilung ohne Zwischenfalle vor-
w&rts und schon nach 2 Mon. war Knochenneubildung ein-
getreten. Das Gelenk wurde zieuilich normal, nur Flexion
und Extension blieben eingeschrankt. Der Kr. lernte
ohne Stfitze auf ebenem Boden gehen.
Die Exartikulation des Fussgelenks nach Syme
ftlhrte Nicolayaen (a. a. 0. S. 1081 in folgen-
dem Falle aus.
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Der 20 J. alte Kr. wurde am 2. Jan. 1872 aufge-
nommen mit einer Geschwulst, die den ganzen Fussrficken
und den Sussem Fussrand nnd den Malleolus extemus des
linken Fusses einnabm , am meisten prominirte die Ge-
schwulat einen Zoll vom aussern Fussrande und etwas
nach hinten von der Tuberositas ossis metatarsi quinti.
wo sich ein etwas langliches Goschwur mit ausserst ge-
ringer Sekretion befand. Die Haut fiber der Geschwulst
war etwas heiss, intensiv rosenroth gefarbt. Die Uni-
gebung des Geschwflrs war empfindlich gegen Druck, nn-
mentlich nach innen und hinten. Mit der Soude konnte
man ziemlich 1 Zoll weit in die Tiefe dringeu und ent-
blosten rauhen Knochen fuhlen in grosser Ausdebnung.
wenn man die Sonde in schriiger Richtung nach oben
fflhrte. Beim Versuch , mit dem kranken Fusse aufzti-
treten, hatte der Kr. Schmerzen, ebenso bei starker
Flexion und Extension des Fusses, die Schmerzen hatten
namentlich im Gelenk zwischen Calcaneus und Os cnboi-
deum ihren Sitz. Die Affektion hatte 8 Wochen vor der
Aufnahme mit Schmerz und Empiindlichkeit an der Stelle
begonnen, wo sich das Geschwur befand, im Laufe eines
Monats nahm die Geschwulst zu. Bei einer 14 Tage vor
der Aufnahme ausgefuhrten Punktion war nach Aussage
des Pat. nur Biut, kein Eiter entleert worden. In der
iinken Leiste und an der linken Seite des Halses fand aich
je eine geschwoliene Druse. Nach Erweitemng derWunde
konnte man ffihlen, dass das Os cuboidenm und das vor-
dere Ende des Calcaneus blosgelegt und nekrotisch waren.
und dass das Gelenk zwischen bciden Knochen erSffriet
war. — Am 20. Jan. wurde das nekrotische Os cuboidenm
entfemt, Anfang Febmar hatte sich unterhalb und vor
dem Malleolus intemua Fluktiiation gebildet und man
konnte hier eine Sonde fuhlen, die man durch die Oeffnnng
am aussern Fussrande einfuhrte. Es wurde eine Incision
gemacht und ein Setaceum durchgeffihrt, das aber nach
cinigen Tagen wieder entfemt werden musste. Nach
oiner ncuen Incision glcich unterhalb des Malleolus inter-
nus wurde etwas dunner Eiter entleert. In der Oeffnung
am aussern Fnssrande entwickelten sich luxurirende Gra-
nulationen und man fuldte Mitte Marz von derselben aus
den Caicanus und den Talus blosgelegt. Am 25. Marz
wurde die Exartikulation des Fusses nach Syme ausge-
fuhrt. Der Verlauf nach der Operation war im Ganzen
ziemlich gut. Am 22. Juii wurde der Kr. entlassen.
Bei der Untersuchung des exartikulirten Fusses fand
sich die Oberflache des Calcaneus rauh und nneben, von
Periost entbldst, der Knochen selbst ziemlich morsch, der
gross te Theil des Proc. ant. war durch Nekrose unter-
gegangen, von einer Gelenkflache fand sich keine Spur.
Die 8telle, wo das extrahirte Os cuboideum gesessen
hatte, war von Granuiationsgewebe ausgeffiilt. An der
Gelenkflache des Caput tali zeigte sich der Knorpel zer-
stort, ebenso an der entsprechenden Gelenkflache des Os
navicuiare. Die Ossa cuneiformia waren morsch und
leicht mit dem Messer zu schneiden , an ihren Gelenk-
tiachcn zeigte sich ZerstSrung desKnorpels, nur die gegen
die Metatarsalknochen gerichteten Gelenkflachen erschie-
nen unversehrt.
In einem andern von Nicolaysen (a. a. O.
S. 121) mitgetheilten Falle wurde die Pir og of
sche Operation zugleich mit der Tenotomie der
Achillessehne gemacht. Der Fall hat ansserdem
noch besonderes Interesse insofern , als er zeigt,
dass Albuminurie, die in dem Falle bestand, eine
Amputation nicht contraindicirt , da dieselbe kurze
Zeit nach der Operation zurdckging und fast ver-
schwand.
Bei dem 22'/, J- alten Kr. waren vor 10 Mon. erst
Schmerzen, dann ausserdem Geschwulst im linken Fnss-
gelenk aufgetreten , spater offnete sich ein Abscess am
Malleolus intemus nnd dann einer nach hinten nnd oben
vom Malleolus extemus. Bei der Aufnahme fand sich ab-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
283
VI. Chirurgie, Ophthalmologie a. Otiatrik.
norrae Beweglichkeit hn Qelenk and Crepitation an den
Gelerkenden. Der Kr. hatte auaserdom Husten and fiber
der ltnken Lungenspltze erechlen der Perknsalonsschall
etwae gedampft and hoher. Der Harn enthlclt ziemlich
viel Eiweiss. Ea wurde die Pirogoff’sache Operation
mit Tenotomie der Aehilleaaehne ansgeffihrt. Nachdem
der Fersenlappen ruit Suturen befestigt war, wurde ein
Gipsverband angelegt, der den nntern Wnndwinkel frei
lieas. Wabrend die Heilung der Wnnde gut vor aich ging,
verscbwand die Albaminarie fast ganz , der Zuetand der
Lnngen verschlimmerte aich nicht. Im 3. Mon. nach der
Anfnahme etarb der Kr., wabrecheinlich an tuberkulfiser
Meningitis.
Bei der Unteranchnng dea amputirten Fuasea fand
man die obere Gelenkflache dea Astragalus mit ziemlich
dicker Granulationamaaae bedeckt und darin eine Menge
bis stecknadelkopfgroaser Korner, die kleinen Tuberkeln
ahnlich sahen , unter dem Mikroskope aber aich als fett-
kfimiges Orannlationagewebe erwiesen. Der Knorpel war
meistentbeile verschwunden , die Knochenflache nneben,
ziemlich locker nnd morsch. Nekrotische Herde f&nden
sich nirgenda.
Nach dem Tode dee Kr. wurde die Sektion nicht ge-
atattet, doch konnte man sich wenigstens mittels Abnahme
einee Stuckes yom Knochenatumpf fiberzengen , daee die
Sageflachen dee Proc. post, calcanei and des Unterschen-
kels dureh festes flbrSsee Gewebe mit einander verwach-
een waren.
Ohne Operation erfolgte die Heilung in folgendem
Falle von Anlhrocace pedis, den Hicolayaen
(a. a. 0. S. 123) mittheilt, durch Entfernung der
den caridsen Knochenflnchen ansitzenden kleinen
abgeldslen Knochenlheilchen mittels einee gedrehten
Tampons.
Der 40 J. alte Kr. hatte im Alter von 14 J. Schmer-
zen und Geschwulat mit Abscessbildung am linken Fuss-
gelenk bekommen , erst nach 3 Jahren schlossen sich die
Fiateln. Bis 4 J. vor der Aufnahme war nichts Krank-
haftes an dem Gelenk vorhanden geweaen auaaer Unbe-
weglichkeit, dann stellten sich aber wieder Schmerzen
und Abscessbildung hinter dem Malleolua extern ua ein.
Bei der Aufnahme bestand bedeutende Geschwulat am
Fnssrficken , am Fussgclcnk und am untern Theile des
Unterschenkels. An der aussern , der hintern und der
innern Selte dee Fussgelenks bestand je eine Fistel , die
auf entblosten Knochen fubrten ; nach Erweiterung der
Fiateln fiihlte man mit dem Finger rauhen und zum Theil
morschen Knochen aowohl am untern Gelcnkrande der
Tibia , als auch am hintem Rande des Astragalus und an
der obern Flache des Proc. post, calcanei. Nachdem ein
Paar grossere Sequester entfernt worden waren , wurde
ein flngerdicker feat gedrehter Tampon einige Male rasch
vorwarts nnd rfickwarts in aagender Bewegung gezogen
und auf diese W'else wurde eine Menge kleiue Knoehen-
stuckchen entfernt. Nach Verlauf einca Monate ffihlten
sich die caridsen Knochentificben ganz glatt an and er-
schienen mit festen Granulationen bekleidet, die hinterc
Flache des Astragalus ausgenommen, von der inderaelben
Weise noch einige kleineKnochenstfickchen entfernt wur-
den. Bald waren alle vorher cariosen Knochenflachen
mit guten Granulationen bedeckt. Dann wurde eine Drain-
rdhre eingelegt; nach 14Tagen konnte derKr. am Stocke
gehen, er wurde geheilt entlassen nach einer Behandlung
von nnr wenig fiber 3 Monaten.
Nicolaysen empfiehlt dieae namentlick bei
spongiiisen Knochen (besondera im Hand-, Knie- und
Fussgelenk) anwendbare Methode der Entfernung
feiner Knochensplitterchen als sehr bcachtenswerth.
Die geaunden Knoclientheile werden dabei gar nicht
oder nur in aehr unbedeutendem Maaaae gerieben
und die kleinen Splittercben aetzen aich leicht in dem
Gewebe des Tampons fest. In einem Falle hat N.
nach dieser Behandlungaweise ein cariOaea Fusage-
lenk normale Form und vollat&ndige Beweglichkeit
wieder gewinnen aehen.
In einem andern Falle von Erkrankung dee
Fussgelenks, in welchem zngleich auch Osteomyelitis
der Tibia bestand, muaate Nicolayaen (a. a. 0.
S. 100) die Amputation des Unterschenkels aus-
ftthren.
Bel dem 18jihr. Kr., der am 4. Juni 1872 anfgenom-
men wurde , war die Unke Unterextremitat vom Knie an
abwarts stark geschwollen , besonden bedeutend war die
Geschwulat am Fnssgelenk, und zwar am allermelsten an
der innern 8eite. Die Ilaut fiber der Geschwulst war ge-
spannt, roth undglanzend, besondera am Fussgelenk. Am
ganzen Fnssgelenk, hanptsacblich an der prominlrenden
Stelle fiber dem Malleolus, ffihlte man Flnktuation. Der
Kr. hatte l'/i Mon. vor der Aufnahme einen heftigen
Stoss an dieinnereSeitcdesKnochelserlitten, bemerkens-
werthe Schmerzen aber nicht sofort danach , sondern erst
seit 13 Tagen gehabt, wobei sich gleichzeitig die Ge-
scliwnlst und Frost eingcstcllt hatte. Am 6. Juni wurde
eine Incision nach oben nnd vorn vom Malleolus gemacht,
wonach Eiter ahtioss und blosgelegter Knochen gefublt
wnrde. Am 18. Juni hatte sich fiber dem Malleolus in-
ternus und in dessen Umgebiing cine nlccrirende Flache
von der Grusse eines Handtellers gebildet, die durch die
ganze Dicke der Ilaut ging; init dem Finger konnte man
bis auf den blosgelegtcn Malleolus dringen ; am 18. Joni
war das Fussgelenk croffnet und man fand die -untere
Epiphyse der Tibia blosgelegt und abgelost. Am 23. Juni
wnrde die Ampntation in der Mitte des Unterschenkels
mittels Girkelschnitts ansgeffihrt. Durch Gangran dea
Amputationslappens entstand eine chronische Osteomye-
litis and die llcilang ging laugsam von Statten. Mehrere
Hauttransplantationen mussten gemacht werden. An der
linken Hand entstand ebenfalls Eiterung, weshalb eine
Incision gemacht werden musste. Erst am 30. Nov.
konnte der Kr. entlasaen werden.
An dem amputirten Fusse ffihrte von der erwlhnten
Ueschwfirsliae.he aus ein sinnoser, zum Theil mit Eiter
gefullter Kanal In das Fussgelenk , in der Umgebung be-
standen einige klcine Eiterherde. Der Malleolus internns
hing nur locker mit der Tibia zusammen, mehrere abge-
loste Theile desselben waren mit den Weichtheilen ent-
fernt worden. Die Gelenkflachen im Fussgelenk waren
fast iibcrall von Knorpel cntblost, in der Synovialia fand
sich Geschwulst und In.jektion. Die untere Tibia-Epi-
phvse hatte sich vollstandig von der Diaphyse abgelfiet,
an der tirenze des abgelosten Epiphysenknorpels zeigte
sich eine missfarhige , eitrig infiltrirte Zone , auch welter
oben in der Tibia fand sich ein osteomyelitischer Herd,
von dem aus man mit der Sonde weit abwarts, aber nicht
bis in das Fnssgelenk gelangen konnte. Im Talo-Calca-
nensgelenke fand sich am Calcaneus elu erbsengrosser
Defekt im Knochen, im Talo-Navicnlargelenke von beiden
Knochen der Knorpel abgelSst und der Knochen darimter
stark injicirt (Osteitis). "Bei der mikroskop. Untersuchung
eines Stfickes Knorpel aus dem letzteren Gelenke fand
man starke Theilung der KnorpelkOrper.
489. Zar Behandlung der OefBoage-
echwdlste ; von Prof. E. Bergman n. (Dorpat.
med. Ztachr. VI. 1. p. 31. 1875.)
Das8 nicht eine Operationamethode ftir alle An-
giome pasaen kdnne, 1st leicht begreiflich. Sie bieten
achon in ihrer ftusaern Erscheinung genug Verachie-
denheiten dar, aber anch innerhalb der beiden groa-
aen Gruppen , der Teleangiektasien und der oaver-
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284
VI. Chirtirgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
nteen Angiome, wird die Besonderheit des einzelnen
FaUes fflr das einzuschlagende Verfahren maass-
gebend sein.
Die cavern (5sen Angiome entwickeln sich wold
meist aus einem angebornen Naevus, der ursprtlnglich
im Niveau der Haut lag und aus einem feinen Gcf&ss-
netz bestand , spfttcr sich Ober die Haut erhob und
zugleich in die Tit le wuchs. In fortgesclmttenem
Zustanci findet sich dann eine bis hlllinereigrosse Ge-
schwnlst mit verdilnnten Hantdecken und deutlich
dnrchschimmenidcn rflthlichen Flecken, die mit ihrer
Basis in das subcutane Gcwebe gedrungen ist- , sich
jedoch, da sie selbst weich und coinpressibel ist,
niclit scliarf abgrenzen lUsst. Bei Druck verkleinert
sie sich merklich und Iftast einen lappigen Ban er-
kenncn. Fflr diese ilussern cutanen und meist glcich-
zeitig aubcutanen Gef&ssgesckwOlste empfieldt B e r g-
mann besonders seine Behandlungsweise.
Gewolinlich fmdcn hier die Galvanopunktur oder
die Einspritzung von Liq. ferri sesquichlor. Amven-
dung. Beide Mcthoden ftthreu zwar ziun Ziel , sind
jedoch nicht ungeftthrlich. Bei der Anwendung der
Nadeln kann es allzuleicht von Hautverschorfungen
aus zu Eiterung in der Tiefe kommen. B. aah bei
einem Madchen , dem er innerhalb 6 Wochen durch
Galvanopunktur ein grosses Angiom zum Schwinden
gebracht hatte , naeh der letzten Sitzung Eiterung,
die zu Ofterfcn Incisionen ndthigte , eintreten. In
einem andern Fall trat schon nach der 1. Sitzung
eine geftlhrliche Phlegmone auf, die sogar das Leben
bedrohte. Dass nach Injektionen von Eisenchlorid-
lfisung wiederholt pldtzlicb der Tod eingetreten ist,
ist bekannt.
Seit Einfilhrung der kttnstlichen Blutleere wird
man bei Geschwfllsten an den Extremitaten haufiger
zum Messer greifen als bisher. Jedoch ddrften in
der blutleeren Geschwulst die Grenzen gegen das
gesuiide Gewebe sich bedentend verwischen. Bei
derartigen Gescliwttlsten im Gesicht und Hals, wo
Blutungen , die oft schou nach dem ersten Schnitt
zum Aufgeben der weitem Operation zwingen, nicht
zu vcrmeiden sind , schlllgt B. , nach Analogic des
V erfahrens von Langenbeck’s bei Hftmorrhoi-
dalgeschwtllsten, die Anwendung des Gluheisens vor.
Schon wfthrend der Applikation desselben gerinnt
das Blut in den Venen und die intensive Hitze macht
die Thromben so fest, dass sie nicht leicht zerfallen
und bis zur split erst erfolgenden Abstossung des
Brandschorfes Zeit haben sich zn organisiren.
B. klemmt die Geschwulst mit v. Langenbeck’s
Isolirzange oder der von Krassowsky zum Fassen
und Halten des Stieles von Ovarialtumoren angegebe-
nen Zange an der Basis so weit als mbglich ab. Die
Geschwulst raht dann auf den platten Branchen der
Zange, die dnrch eine Klemmvorrichtnng geschlossen
ist. Die Umgebung wird durch nasse Compressen,
die fortwihrend mit eiskaltem Wasser benetzt wer-
den , vor der Einwirknng des Gltlheisens geschtltzt.
Die Geschwulst wird langsam mit dem Gltlheisen so
weit abgebrannt, dass sich schlttsslich nur noch ein
liuearer trockner fester Schorf zwischen den Bran-
chen der Zange befindet. Als Beleg flir die Vor-
theile seines Verfahrens theilt Vf. folgende Fille
mit.
Ein 17jahr. Madchen war mit einem nur wenig er-
babenen , kaum bohnengrossen , dunkelblan gcfarbten
Flecke an der rcchten Seite der Oberlippe geboren wor
den , der limner grosser wurde und aus der Umgebung
hervortrat , so dass schlnsslich die Oberlippe , besonderr.
rechterseits , rfisselformig verlangcrt fiber die Unterlippc
herabhing. Die Oberlippe bildete hier einen blanliehen
hfihnereigrossen Wulst mit giatter, von Gefassraniiflkatio-
nen durchsetzter Obertiache. Der Tumor liess sich ziem-
licb leicht comprimiren und man fuhlte zwischen den zu-
sammendruckenden Fingern cinzelnc hartliche Strange.
Die Grenzen der Geschwulst waren gegen Oberlippe und
Wange au der Haut - u. Schleiinhautscite vcrwischt, doch
liess sich dieselbe bis gegen den Nasenfifigel vcrfolgen.
Die Geschwulst wurde mit der Kras so wsky 'schen
Zange etwas oberhalh der Grenze von Dippenroth gegen
auszere Haut abgeklenimt. Sie schwoil prall an und
wurde , wahrend die Umgebung durch nasse Compressen
geschutzt wurde , langsam bis auf einen linenren Schorf
zwischen den Zangenarmen abgebrannt. Es folgte weder
eine lokale noch allgemeine Reaktion. Nach <> Tagen be-
gann die Abstossung des Seborfcs. Mit derselben uud der
Ueberhautung der Granulationen bildete sich aueii die
fruherc Verdickung der betreffenden Lippenhalfte zurfick,
ja die Stelle der Verschorfung sebrumpfte so zusammen,
dass ein seichter Einkniff am Lippenrande entstand , der
durch eine weitere Operation ansgefullt wurde.
Ein 2jahr. Madchen war mit einer Teleangiektasie
fiber dem linken Dcltoideus , ein paar Querfinger breit
nnter dem Acromion, geboren worden, welche selir schnell
wuchs. Vf. fand eine Geschwulst von Hfihnereigrdssi'
mit zahlreichen rothen Flecken und erweiterten Venen *
bedeckt. Die Phlebektasien zogen fiber die Schulter,
durch dieFossa supraclavicu laris in dasGebietdcraussern
Jugularvene. Die Grenzen nach der Tiefe und den Sei-
ten waren verechwommen, bei Druck verklcinerte sich die
Geschwulst und fuhlte sich gleichmassig an. Uuter Nar-
kose wurde der grfisste Theil des Tumor mit der L a n -
genbeck’Bchen Zange abgeklemmt und dann versengt.
Ueber den Schorf wurde der Lister’scbe Verband ango-
legt. Als das Kind erwachte, hatte es keinerlei Schmer-
zen , spielte ruhig und bewegte sogar die Finger des fest
an den Thorax gebundenon Armes. Ficber trat bis zur
vollendeteu Hciluug nicht ein. Der Schorf bestand zwar
nicht lange als linearer Streif, sondera ging auseinander.
wurde aber ohne starke Eiterung bald abgestosscn. Mit
der Vemarbung an derOberfliiehe ging ein Schrumpfungs-
process in der Tiefe Iland in Hand, so dass nach voll-
endeter Ueberhautung (innerhalb 6 ’Wochen) jedc Spur
einer frfiheren Schwellnng oder Ektasie radikal beseitigt
war.
Vf. glanbt, dass unter Anwendung deB Lister’-
schen Verbandes in vielen Fallen eine Vernarbung
unter dem Schorf zu erzielen sei. Dass sie bei eben
erwahntem Kind nicht zu Stande kam, war vielleicbt
Folge der ambulatorischen Behandlnng. Fdr die
Behandlung in der Privatpraxis wflrde sich Bedeckcn
des Schorfes mit Salicylwatte , nach Thiersch’s
Angabe bereitet (am besten ll°/ 0 ) eignen. Die
Verwendung dieser Verbande ftir die Nachbehand-
lung der in der angegebenen Weise entfernten Tn-
moren wflrde die Beseitigung einer grossen Gruppe
von Angiomen zu einer ebenso radikalen als gef&hr-
losen machen. (H. MOckel.)
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285
VI. Chirnrgie, Ophth&lmologie n. Otiatrik.
490. Watteverband und Tannin verband ;
von Dr. Graf in Elberfeld. (Arch. f. klin. Chir.
XX. 1. p. 195. 1876. *)
Vf. Bcliildert in der vorliegenden Mittheilung,
welche in der 1. Sitzung des 5. Congresses der deut-
schen Gesellschaft fttr Chii'. im April d. J. gemacht
worden ist, ein seit 16 Jahren bei gewissen Arten
von Verletzungen mit selir gutem Erfolge von ihm
gellbtes Verfahren.
Die erste Empfehlung des Watte verband es scheint
von L. J. v. Bierkowski, Prof, der Chir. in
Kaaan 2 ), ausgegangen zu sein. B i. nennt in seinem
Aufsatze n tlber die Baumwolle als ftusseres antiphlo-
gist. Mittel“ den Prof. Vanzetti als Erfinder des
Watteverbandes. Er selbst betont die Nothwendig-
keit, stets ungebrauchte Baumwolle zu verwenden,
ihre direkte Applikation auf die verwundete oder
eiterude Stelle, ohne Salben und Leinwand, sowie
das Liegenlassen des Verbandes wfthrend der ersten
3mal 24 Stunden.
Ausserordentlich lebhaft wurde spftter der Watte-
verband empfohlen von Dr. Burggraeve in Gent 3 ),
dessen Methode in R a v o t li einen warmen Vertreter
fand*). Dieselbe bestand im Weseutlichen in der
8ofortigen Applikation von mit Watte dick gepolster-
ten Schienen auf das verletzte Glied und walirte be-
sonders das Princip der Inamovibilitftt, ohne sich um
vorhandene Wnnden zu kdmmern. Dadurcli war
dieselbe bei groseem Hautdefekten und Zersclunette-
rungen nicht ausfllhrbar und wurde z. B. bei Hand-
u. Fingerverletzungen nicht angewendet. Diewesent-
lichste Modifikation, die seine praktische Brauchbar-
keit ausserordentlich erhohtc, verdankt der Watte-
verband dem Bocliumcr Knappschaftsarztc Her-
mann Schulte, dessen er&tc Veroffentlichungen
(Med. Centr. -Ztg. 1857; Deutsche Klin. I860 5 )
leider nur geringe Beachtung fanden. Dasselbe gilt
von der sehr lesenswerthen Monographie: Beitrage
zur conservativen Chirurgie (Bochum 1863), in wel-
cher Schulte Theorie u. Praxis seines Verfahrens
schildert und von 68 complicirten Frakturen (Hand-
uud Fingerverletzungen nicht einbegriffen) berichtet,
von welchen nur eine todtlich, eine mit dem Verlust
des Gliedes endigte ; doch scheint es sich nicht in
alien Fallen um Complikation mit Hautwunden
gehandelt zu haben.
Wfthrend Burggraeve seine mit Watte ge-
polsterten Pappschienen so lange als mbglich liegen
Bess, betont Schulte die Nothwendigkeit, die Ver-
letzung nach einiger Zeit wieder zu untersuchen.
') Fur Uebereendnng elnea Sep. - Abzugs dankt ver-
bindlicbst W r,
*) Cbirurgische Erfahrungen. 1. Heft. Berlin 1847.
Vgl. Jahrbb. LVIII. p. 258.
*) Nouveau syst^me de pansements inaraoviblea. Bru-
xelles 1847. Aus d. Franz, von Dr. Vo eke. Berlin 1863.
Vgl. Jahrbb, LXXXIH. p. 330.
*) Deatscbe Klin. 1873. Vgl. Jahrbb. LXXXV.
p. 324.
•) Vgl. Jabrbb. CVH. p, 321.
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Er legt um das verwundete Glied eine l l /a — 2 Zoll
dicke Lage Watte, die auch die Wunden gleichmlls-
sig bedeckt, und comprimirt dieselbe fest durch eine
Rollbinde. Alsdann folgen mit Watte gepolsterte
Schienen und nun die tibrigen Requisiten des alten
Schienenverbandes, Strohladen, Spreukissen u. s. w.
Watte und Blut verfilzen sich, trocknen ein, oder bei
mftssig fortdauernder Blutnng wird der Verband bin-
tig durchtrftnkt , wobei jedoch die das Glied selbst
umgebende Watte trocken bleibt und nur derWunde
gegenllber feuclit wird. Dieser Verband wird nach
4 — 6 Tagen gewechselt ; ist weder Entzllndung noch
Eiterung eingetreten und sitzt der Scliof fest, so
bleibt er ruhig an seinem Platze und nur die um-
gebende Watte wird ernenert; ist Eiterung vorhan-
den, so wird nach allgemeinen Regeln weiter behan-
delt : Ceratbedeckung, Gipsverbftnde u. s. w.
Es handelt sich also bei diesem Schulte ’schen
Watteverbande um die methodische Anbahnung der
sogenannten Heilung water einem Schorf, aber avs-
gedehnt auf grdssere Verletzungen , mag diese Hei-
lung nun eine definitive werden , oder mag der Ver-
band als Vorkur die Gefahren der ersten Periode
vermindern und ftlr die splltere Behandlung gtlnsti-
■ ere Bedingungen schaffen.
Diese Methode unterscheidet sich mithin wesent-
li«h von film lichen; von der Burggraeve ’schen
durch den regelmftssig vorzunehmentfen gftnzlichen
oder theilweisen Wechsel des Verbandes; von den
erhftrtenden Contentiwerbftnden mit Kleister oder
Gips dadurch, dass bei ihnen der Wechsel viel
schwieriger und die Eintrocknung der etwa ergosse-
nen Flttssigkeit (Blut oder Eiter) wegen der mangeln-
den Verdunstung weit unvollstftndiger erfolgt; von
den Watteverbftnden anderer Chinirgen dadurch,
dass dieselben die Wunde zuerst mit Chlorwasser,
BleiwasBer, Cerat u. s. w. und dann erst iiiit Watte
bedecken, oder dieselbe sofort dnrch eingesebnittene
Fenster freilegen und anderweitig behandeln, wo-
dorch das Princip der Schorfbehandlung wegfilllt.
Der Able Umstand , dass der so angelegte Ver-
band durch unvorhergesehene Nachblutungen nicht
Belten gleich in den ersten Tagen von Blut durch-
trftnkt wurde, wobei entweder zur Stillung jener
oder zur Verhinderung der fauligen Zersetzung in
den nassen Verbandsttlcken ein Wechsel sich noth-
wendig zeigte und wodurch dann die Vorzllge des-
selben illnsorisch warden, fllhrte Vf. zu einer Com-
bination des Watteverbandes mit Tanninpulver.
Die der Wunde zugekehrte, ihres Leimtlberzuges be-
raubte Watte wurde messenllckendick mit dem Pul-
ver imprftgnirt und der Verband imUebrigen wiean-
gegeben angelegt. Bei nur geringcr Blutnng bleibt
der so gebildete Schorf vollkommen trocken und
haftet 4 — 14 Tage (linger hat ihn Vf. noch nicht
liegen lassen) ; bei betrftchtlichem Blutungen ergiesst
sich gewOlmlich am 1. Tage eine mftssige Quantitftt
gelblicher Flflssigkeit (tanninhaltiges Blutserum) in
die umgebenden VerbandstOcke, deren Eintrocknung
mit oder ohne nachtrftglich flbergelegte Watte bald
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286
VI. Chirurgie, Ophtlialmologie u. Otiatrik.
erfolgt. Stellt sich nach cinigen Tagen ein Feucht-
werden des Verbandes ein , so *kann zunftchst durch
Nachlegen trockner Watte oder dureli Aufgiessen
von Carbolftl der beginnenden Zersetzung vorgebeugt
werden, oder es wird bei haherem Grade der Durch-
feuchtung znm Wechsel des Verbandes geschritten.
Muss der Vcrband beiVerdacht auf entzllndliche Er-
scheinungcn, beiSclinierz oderFieber gelOst werden,
so hat man den grossen Vortheil, dass man, falls die
Inspektion der Wundrander keinen Grand zur Ent-
feraung des Schorfes gicbt, diesen selbst sitzen las-
sen und mit neuer Watte umhUllen kann , olrne das
Wesen des Verbandes zu tangiren.
In den ersten 4 — 6 Tagen baftet der Scliorf
meist nocli ziemlich fest, wird es nothwendig, ihn zu
entferncn, so bedient man sich des waraien Wassers
oder besser des Oels (Carbolols). Die Wuude er-
sclieint dann braunlich schmutzig, mit Tanninparti-
kelchen bedeckt ; war betrftchtliclie Blutung vorhan-
den gewesen, so befindet sich zuweilen zwischen
Schoi-f und Wuude ein brfiuulicher Brei. Vf. hebt
daher liervor, dass die Blutstilhmg durch Arterien-
unterbindung nicht zu vernachl&ssigen sei, da die
Trockenheit und grftssere Haltbarkeit des Schorfes
durch einen (wenn auch noch so geringen) n&ch-
trftglicben Bluterguss immerhin etwas beeiutrftchtigt
wird.
In den normal verlaufenden Fallen, wo der
Scliorf am Ende der 1. oder im Laufe der 2. Woche
entferat wird, lftsst sich derselbe mittels des Spatels
leiclit und ohne jede Anfeuchtung abheben und unter
demselben erscheint eine entweder geheilte oder
granulirende, nur bisweilen mit Eiter bedeckte Ober-
flaelie. Die dann noch folgende Wundbehandlung
ist verschieden: offene Wundbehandlung , Ceratbe-
deckung, Protektive mit Carbolfll, Salicylwatte etc.
Es liegt also der Hauptwerth auch dieses Ver-
baudes in der entzttndungswidrigen oder, wie man
sich heute ausdrllcken bill'd e , antiseptischen Be-
handlung der ersten, der gefahrdroliendsten oder
mindestens die Grandlagen ftir die spaterenGefahren
abgebenden Periode. Ist durch Verklcbiuig oder
Granulation der Schutz gegen das Eindringen der
Zersetzungsprodukte gegeben, so ist die nacbfolgende
Behandluug8methode von geringerer Bedentung. Die
von den Erfindern des Watteverbandes hervorge-
hobene Beobachtung , dass FiebeG und Entztlndung
meist ganzlich fehlten, machte Vf. auch bei dem
Tanninverbande , so dass er denselben bald auch in
Fallen angewendet hat, wo er der Blutstillung halber
nicht nothwendig gewesen ware. Zur Erklarung
dieses gtlnstigen Verlaufes hatten schon Burg-
graeve und Schulte die Abhaltung der Luft mit
ihren Schfidlichkeiten betont ; auch Lister betrach-
tet bekanntlich die Watte als ein Filter fllr die in
der Luft suspendirten Partikelchen. Als wichtig fllr
die Theorie des Tanninverbandes hebt Vf. noch ber-
vor, dass Prof. Fleck in Dresden in seiner Schrift
„Benzo£aHure, Carbolsfture, Salicylsfture" dem Tan-
nin einen so hohen Platz neben und tlber den ge-
nannten Desinfektionsmitteln anweist. In Betreff
der ausgezeichneten Wirkung des Tannin als Hftmo-
statikum erwftlint Vf. einen Fall von Aneurysma
spurium nach Unterbindung der Art. carotis com-
munis (in der Berl. klin. Wchnscbr. 35. 1871 von
Dr. Hopmann mitgetheilt), in welchem ihm durch
Ausstopfen des Sackes mit Tannin-Tampons die Hei-
lung gelang. Aehnliche Fftlle, wie z. B. ein Dolch-
stich in den Unterleib, durch welchen die V. iliaca
ext. dicht tlber dem Schenkelringe angeschnitten
war, und bei welchem kolossale Nachblutungen das
gleiche Verfahren (ebenfalls mit gflnstigem Erfolge)
erfordert hatten, waren ihm schon frtlher zur Beob-
achtung gekommen , als er den Tanninwatteverband
bei den Verletzungen des Arcus volaris in Anweu-
dung brachte. Der in jeder Beziehung gilnstige
Verlauf machte die Tanninbehandlungbei den massen-
liaft ihm zur Behandlung kommenden Maschinenver-
Ictzungen der Hand und der Finger bald zur Regel ;
die Zahl der seit 1860 von Vf. so behandelten Fftlle
mit Knochenverletzung reicht weit tlber 100. In
keinem frisch zur Behandlung gekommenen Falle
sind Phlegmonen, Sehnenentztlndungen oder fthn-
liche Wundkranklieiten aufgetreten. Fieber und
Schraerz fehlten ganz oder waren sehr leicht. Dabei
wurde nur das vollstftndig Unbrauchbare , ganz lose
Knochenstticke, abgerissene Haut- und Sehnenfetzen,
entfemt ; alles Uebrige , auch wenn es der sichem
Nekrose verfallen schien , blieb sitzen , nnd oft trat
noch Conservirung ein , wo man sie nicht mehr fllr
mOglich gehalten hatte. Nach genauer Reposition
und Unterbindimg der leicht erreichbaren Arterien,
aber ohne Sondiren und Untcrsuchen in der Wunde,
ohne minutiOse Reinigung der durch Kohlentheile,
Schmutz etc. oft veranreinigten Hant wurde der
Tanninverband angelegt, die Hand, resp. die einzel-
nen Finger auf untergelegten mit Watte gepolsterten
Schienen sorgfftltig fixirt nnd bis zur vollstftndigen
Dui-chfeuchtnng des Verbandes in Ruhe gelassen.
Die nothwendig werdenden Correktivoperationen,
mit Ausnahme der mtlhelosen Entfemung nekroti-
scher Theile, wurden meist in der 3. Woche oder
noch spftter ausgeftlhrt. Primftre Amputationen oder
Exartikulationen der Hand sind gar nicht vorgekom-
men ; das kleinste gerettete Rudiment erweist sich in
den meisten Fallen weit vortheilhafter als eine ktlnst-
liche Hand.
Der von Thiersch beim Salicylverbande, und
von Kraske beim Benzogverbande liervorgehobene
Geruch fehlt auch bei dem Tanninverbande an Hftn-
den und Ftlssen nicht.
Bei complicirten Fr&kturen der flbrigen Extre-
mitftten hat Vf. frtlher fast ansnahmslos den Schulte ’-
schen Watteverband in Anwendung gezogen, spftter
auch den Tanninverband da, wo nicht die zu grosse
Ausdelmung der Hautverletzung den vollstftndigen
Schorfverachlnss unthunlich erscheinen liess. In
neuerer Zeit, wo er complicirte Fraktnren des Unter-
sehenkels gern direkt auf die Watson ’sche Schwebe
legt , hat er ebenfalls mit sehr gutem Erfolge den
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VI. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Tannin schorf auf der von der Gipsbinde freigelasse-
nen Stelle zur Anwendung gebracht.
Bei Mamma- Amputationen mit reiner Flkchen-
wande hat Yf. den Tanninverband sehr zweckm&ssig
gefunden. Ebenso hat er nach der Entfemung von
Blutgeschwlllsten , bei welchen die zufilhrenden Ge-
fesse nur theilweise unterbunden werden konnten
nnd bei welchen Nachblutung drohte, den fraglichen
Verband da mit gutem Erfolge angewendet, wo eine
feste Unterlage Gelegenheit zur Compression bot.
Nach der Extirpation eines Angiom der beliaarten
Kopfhant von der Grftsse einer mkssigen Faust, vor
welcher die dickste zuftlhrende Arterie isolirt nnd
nnterbunden worden war , dauerte die Blutnng trotz
der Ligatur von weitern 7 Arterien fort. Der Tannin-
verband stillte dieaelbe sofort und nach seiner Ent-
fernung am 12. T. war nur noch eine thalergroase
glatte, grannlirende Flftche ohne Eiter llbrig. Eben
so gtinstig war die Wirkung des Tanninverbandes in
2 Fkllen, in denen unter Anwendung der Esmarch’ -
schen Blutleere ein phlebogenes Angiom an Vorder-
arm nnd Hand nnd ein Cancroid an der Ferse ope-
rirt worden war.
Fflr Operationen, welche grosse sinudse Wuuden
setzen, ftlr grdssere Amputationen etc. passt, wie Vf.
selbst hervorhebt , seine Methode nicht. Die Aus-
bnchtungen der Wunde lassen sich nicht desinficirt
erhalten, die Wundsekrete ohne freien Abflnss fallen
der Zersetznng anheim ; hier sind die L i s t e r ’ sdhe
Methode und dieoffene Wundbehandlungvorzuziehen.
Bei der operativen Erttffnung von Gelenken und Con-
gestionsabscessen wird ttberhaupt kein Verfahren mit
dem Lister’schen concurriren kdnnen. Ftlr grosse
Hautdefekte bei complicirten Frakturen wtlrde ilberall
da, wo der Lister ’sche Verband aus irgend wel-
chen Grllnden nicht anwendbar ist , dem einfachen
Watte verbande inuner noch eine hervorragende Stelle
einzur&umen sein.
Neben seinen antiseptischen Eigenschaften be-
zeichnet Vf. als Voraflge des Watte verbandes und
seiner Modifikation, des Tanninverbandes, die Reiz-
losigkeit, den Schutz gegen Blutungen, die Einfach-
heit und die Billigkeit.
Die Wichtigkeit, das Fernhalten aller Keize ftlr
gequetschte, an der Grenze der Mortifikation stehende
Gewebe ist bekannt. Die absolute Ruhe , das Ver-
meiden des Verband wechsels wahrend der ereten
Zeit, die milde Wirknng des Tannins gegenllber den
reizenden Eigenschaften der Carbols&ure , der Sali-
cyLsfture, des Eisenchlorids sind nennenswerthe Vor-
theile. Die Hiufigkeit von Nachblutungen in der
Reaktionsperiode nach gequetachten Wunden und
ihre Gefdhrlichkeit ist bekannt. Hierin liegt anch
der Nachtheil des permanenten Wasserbades bei
Handverletznngen , welches ausserdem noch durch
die schwierigere Heretellung und die Nothwendigkeit
bestkndiger Aufsicht sich nur ftlr gut bediente Ho-
spitaler , nie ftlr ambulante Falle eignet. Die Ein-
fachheit des Verfalirens ist so gross, dass seine Tech-
nik ganz leicht erlernt werden kann ; sein Material
ist billig (4 Grmm. Tannin kosten 3 Pfennige) und
Ilberall leicht zn beschaffen nnd aufzubewahren.
Deshalb halt Vf. auch dafltr, dass so lange, bis
er durch Besseres verdrkngt sein wird , der Tannin-
verband einen Platz in der Kriegschirurgie verdient.
Ein einfacher Verschluss der frischen Schuss- oder
Hiebwunde durch Tannin und Watte wird wahrend
der ersten bflsen Transporttage den Blutnngen und
der Sepsis zunachst vorbeugen, ist mtlhelos und rasch
zu revidiren, resp. zu entfemen , nnd kann einen di-
rekten Schaden nicht stiffen. Fdr das Schlachtfeld
kennt Vf. keine praktischere Methode. Trende-
lenburg stellt als nothwendige Eigenschaften eines
Schorfes auf, dass derselbe trocken sei , der Fanlniss
wideratehe und die Faulniss von der Wunde abhalte,
— alien diesen Forderungen entspricht der Tannin-
schorf.
Als bemerkenswertheThatsache hebtVf.schlflss-
lichhervor, dass, wie der Watteverband der Vor-
laufer der grossen Lister’ schen Methode gewesen
ist, jetzt wieder die Verbesserungen und Modifika-
tionen der letzteren sich des gleichen Materials be-
machtigen. Die Verbande mit Salicylwatte und
Benzodwatte sind sehr werthvolle Vereinfachungen
des Lis ter ’schen Verfahrens, und begttnstigen
wesentlich die allgemeinere Verbreitung desselben ;
auf dem Princip der Schorfheilung basiren beide
nicht, was ihnen, je nach der Art der Verletzung,
als Vortheil oder Nachtheil ausgelegt werden kann.
491. Ueber congenitalen Buphthalmus;
von Dr. Fritz Raab. (Mon.-Bl. f. Augenheilk.
XIV. p. 22. Jan.— Febr. 1876.)
Vf. hat Gelegenheit gehabt, ein durch Enuclea-
tion bei einem lOjahr. Knaben entferntes Auge, wel-
ches seit der Geburt des Kindes vergrdasert und
spater ti'otz einer Iridektomie entzUndet n. schmerz-
haft geworden war, zn seciren. Charakteristisch
war die gleichmassige Vermehrnng der Dimensionen
in alien Richtungen, die Verdttnnung der form-
gebeudeu Membranen in der Zone des Cornealfalzes,
wobei durch Verstreichen des zwischen Homhaut
und Sklera befindlichen Absatzes die Kugelgestalt
gebildet wurde. Vordere und hintere Kammer
waren vergrdssert, die Iris nach vorn, dieLinse nach
rdckwarts getreten. Als primfire Ursache der Miss-
bildung betrachtet Vf. eine fStale Entztlndung im
Corpus ciliare und den periphereu Iristheilen, wobei
die Gegend des Cornealfalzes erweicht wird. Wegen
der Einzelheiten des Sektiousbefundes muss auf das
Original verwiesen werden. (G e i s s 1 e r.)
492. Anatomisohe XJntersuohung eines
Eolobom der Iris und der Chorioidea; von
Prof. Wilh. Manz. (Mon.-Bl. f. Augenheilk. XIV.
p. 1. Jan. — Febr. 1876.)
Das Kolobom best&nd in beiden Augen eines an
Convulsionen gestorbenen Kindes, welches ttberdies
noch eine Hasenscharte nebst Gaumensp<e hatte.
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288
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
A os dem sehr auaftlhrlichen Sektionsprotokolle iat
hier nur hervorauheben , dass filr diesen Fall — im
Gegenaatz zu fast alien Ubrigen — (lcr Beweis des
Vorkomineus vonNetzhaut Lnnerhalb derSpalte aucli
mikroskopisch erbraclit ist. Die inaelformigen, ver-
ddnnten Netzhauttlberreste , welche im Bereich des
Koloboms vorhanden waren , bcstanden aus der in
netzformiges Bindegewebe uingewamlelten Nerven-
faserechicht , aus den defekten innern Scbicliten und
den, mit Einschluss der Stiibclien besser erlialtenen
dussern Schichten. Das Pigmentepitliel feliltc voll*
sttindig. Von den Scliichten der Aderhaut feblte die
Choriocapillaris g&uzlich, die tlbrigen waren , sowie
auch die ektatiscbe Sklera, verdltnnt. Die Rilnder
des Iriskolobom waren durch einzelne Fiden und
durch Gef&ssstUcke Uberbrllckt. (G e i a s 1 e r.)
493. Epidemie von Conjunctivalblennor-
rh5e, veranlasxt durch Conjunctivitis gonorrhoica ;
von Dr. A. Bru n h liber in Freiburg. (Mon.-Bl. f.
Augenheilk. XIV. p. 44. Jan. — Febr. 1876.)
In die Klinik der Freiburger Universitat war Fade
Jnli 1875 ein Maurer mit gonorrhoischer Ophthalinie auf-
genommen worden. Zwei Wochen lang liatte sich dieser
Pat. wegen I'eberfullung des Spitals init 6 andem Augen-
kranken in einem Zimmer befundcn, oline dass dinse Pat.
Zeichen finer Conjunctivitis dargeboten hiitten , seine
eigene Aft'ektion war beinahe gehcilt und die Eitersekrc-
tion hatte fast ganzlich anfgehort.
Erst am 20. Aug. erkrankte ein Pat. , welcher nach-
weisbar mit dein Maurer Tags zuvor langere Zeit zusam-
men gcwesen und lioclist walirscheinlich dessen Sc.Iiwamm
benutzt hatte, am linken, bereits durch fine tranmatische
Panophthalmitis zerstorten Auge an gonorrhoischer Con-
junctivitis , welche 8 Tage lang untcr profuser Eiterung
verlief, dann binnen 14 T. zuruokging ; das rechte, unter
einem Schutzvcrbaud gebraclite Auge blieb verschont.
An demselben Tage crkraukte ein Cjalir. Knabe,
welcher wegen beiderscitiger scrofuloser Keratitis sich in
einem audern Zimmer befand, ohne dass cine dirckte Be-
ruhrung naehzuwcisen war. Hier verlief der Process
sehr stiimiisch auf beiden Augen, hatte aber nacli seinem
Ablaut' in der 3. Woche einen ersichtlich guten Einfluss
auf die AnfheUuug der aiten vascularisirten Trubungen
gehabt.
Der 3. Pat. war ein 3jahr. Kind, dessen linkes Auge
durch Kalkverhrennung verschorft war. Auch dieses
Kind lag in einem andem Zimmer, eine Infektion war
nicht nachzuweisen. Hier wurde ebenfalls am 20. Aug.
ziterst das verbrannte Ange. TagB darauf das ganz gesnnde
rechte von gonorrhoischer Entzundung ergriffen. Letzte-
res heilte, das linke war ohnediess verloren.
Der erate Pat. war Anfang Sept, entlaasen worden,
aber am 11. mit einer frischen Blennorrhoe des linken
Auges zuruckgekehrt. Tags darauf wurde ein 12jahr.
Madchen inticirt, und zwar am rechteu Auge, welches mit
Irisvorfall behaftet war, das linke Ange blieb frei. Das-
selbe Miidchen hatte vorbec 14 Tage lang den eben er-
wahntcu 6jahr. Kuaben mit gcpUegt , ohne angesteckt
worden zu sein. Nur bei dieser letzten Pat. zeigte die
Blennorrhoe die diphtberitiache Form, ea trat jedoch
rasch gute Heilung ein . (G e i a a 1 e r.)
494. Ueber die Spinalmyoais; von Dr.
Hem pel in Gdttingen. (Arch. f. Ophthalm. XXII.
1. p. 1. 1876.)
Die Pupillenverengernng bei spinalen Leiden hat
das EigenthUmliche, dass zwar der Lichtreiz keine
Bewegung der Iris zu Stande bringt , dasa aber die
Accommodation noch Reaktion hervorruft. Wahrend
z. B. bei Tabes dorsalis die engen Pupillen im tief-
h ten Dnnkel nicht weiter, im hellsten Lichte nicht
enger werden, verengern aie sich prompt beim Sehen
in die Feme. Vf. nimmt an, in Uebereinstimmung
mit fust alien Autoren , dass die spinale Myosis nicht
allein eine Lahmung dca Dilatator papillae ist (dessen
Centrum sich im Rtlckenmark befindet ), sondera dass
sich sekundar eine Contraktur des Sphinkter hinzn-
gesellt hat , ganz ahnlick , wie sich nach einer Ltth-
mung des iiussern Augenmuskels auch nach und nach
eine VerkUrzung des innern M. rectus ausbildet.
Die Lahmung des Dilatator and die Contraktur des
Sphinkter wird dadurch bewiesen , dass Atropin nur
die letztere aufliebt, also auch nnr einen mittlem
Erweiterungsgrad zu Stande bringt, der (lbrigens
viel rasclier wieder in Myosis umachlagt als beim
normalen Auge.
Femer aber ist die erhalteue accommodative
Thatigkeit durch Lkbmung dea Centrum des N.
oculomotorius nicht zu erkldren , im Gegentheil muss
dieses' Centnim intakt sein. Die fehlende Reaktion
der engen Pupille auf Lichtwechsel deutet nur auf
eine Unterbrechung der Xcrvcnbahu zwischcu Seh-
nerv und N. oculomotorius. Wo diese Unterbrechung
8tattfindet, weiss man nicht. Da die meisten Falle
von Spinalleiden die Myosis bereits zeigen, wenn das
Sehvermdgen noch gut erhalten ist, kann die Lkh-
mung des Sehnerven oder seines Centrum in der
Regel nicht die Ursache der aufgehobenen Reflex-
thfttigkeit des N. oculomotorins sein.
Die Casuistik zeigt Ubngens manche Verschieden-
heiten. Ein Spinalleiden ist nicht immer sicher zu
constatiren , die Myosis sclieiut daher als fruliestes
Symptom auftreten zu konnen. Audi einseitdge
Myosis kommt voV ; femer giebt es nnansgcbildete
Formen , in denen die Reaktion auf Licht noch nicht
g&uzlich erloschen ist. Niheres hierUber siehe im
Original. (G e i s s 1 e r.)
495. Allgemeine Tuberkulose, Tuberkuloae
der Aderhaut; von Dr. Dubrisay. (Gaz. des
Hop. 107. 1875.)
Folgender Fall kam in B o u c h u t ’ s Klinik bei
einem 8jahr. Miidchen zur Beobachtung, das vor
3. Mon. eine Pneumonia gehabt hatte, wonach es
sich nicht vollstaudig erholen konnte.
8eit einigen Tagen waren ResplratioiiBbeschwcrden
aufgetrcten , doch erwiesen sich die Lungen geaund , da-
gegfn war die Herzdampfnng vom 2. bis 6. Zwischen-
rippenraum verbreitert und ein starkes Blason war onter-
halb der 2. Rippe rechts vom Sternum und zwischen 6.
und 6. ltippe nach aussen von der Brustwarze wahmehm-
bar. Weuige Tage danach wurde die Kleine sehr auf-
geregt und schlaflos , warf Arme ond Beine umher und
klagtc Qber Verschlechterung des Sehverm5gens. Mit
dem Augenspicgel constatirte B o u c k u t ein peripapillares
Oedein und glaubte auch , im linken Auge einen weisseu,
stecknadelkopfgrossen Knoten cinmal erblickt zu haben.
Wegen der grossen Unruhe war die Untersuchung sehr
schwierig. Das Kind starb 2 T. spa ter , ohne Zeichen
eiuer Lahmung dargeboten an haben.
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VII. Psychiatrik.
289
Die Sektion ergab serfieenErgnss enter die Meningen
und in die Ventrikel, vereinzelte (12 — 16) tuberkuloae
Granulationen auf der Convexitat beider Hemispharen.
Beide Lnngen waren mit miliaren Knotchen durchsetzt,
die Bronchialdrusen waren tuberkulos. Das Herz war
sehr hypcrtrophisch, Insnfficienz derMitralis nnd Stenosis
der Aortenmundnng. In der Aderhaut beider Augen
fanden slch je 7—8 klcine Tuberkelknotchen , tbeils nach
anssen and unten , tbeils nach innen vor der Papilla ge-
legen. (GeisBler.)
49C. Ueber Embolie der Arteria centralis
retinae; von Dr. Friedrich Popp. (Inaug.-
Dias. Regensburg 1875. Dnick von G. J. Manz.
gr. 8. 28 S.)
Der nachstehende Fall hat , da Sektionsbefunde
bisher nur selfcen (7mal) veTdffentlicht worden sind,
vorztlglich pat hologisch-anatom isches Interesse.
Eine 62jahr. Frau war vor ca. 3 J. , nachdem sich
6 J. frnher bereits Symptome einer Hirnapoplexie mit
nachfolgender linkseitiger Lahmung gezeigt hatten , am
linken Ange erblindet. Die Augenspiegcluntersuchung
hatte damals das charakteristiscbe Bild der Embolie der
Art. centralis retinae ergeben. Es hatte Insnfflcienz der
Uitralklappen bestanden und der Tod war an Hydrops er-
folgt.
Yon dom Obduktionsberichte interessirt uns hier nur
der Befund am Auge : der rechte Tractns opticus nnd der
linke Sehnerv waren dunner als der linke Tractns , bez.
der rechte Sehnerv, nnd zwar :
Reehter Tractus. Linker Tractus.
horizontal 4 Mmtr. horizontal 6 Mmtr.
vertikal 2.3 Mmtr. vertikal 3 Mmtr.
Linker Sehnerv. Reehter Sehnerv.
dicht am Bulbas 3 Mmtr. dicht am Bulbus 3'/i — S*/ 4 Mmtr.
1 Ctmtr. davon 2 — 2 1 /* 1 Ctmtr. da von 3‘/ 4 — 3 s / 4
Millimeter. Millimeter.
Die Scheide des linken Opticus war faltig, die linke
Papilla massig excavirt , die Gegcnd der linken Macula
lntea auffallig dunner als rechts. Wahrend links die Ge-
fiase der Retina geringer gefullt waren, erschienen die
Aderhautgefassc links starker gefullt als reclits. Die
bindegewebige Atrophie war dnrch den ganzen linken
Sehnerv, sowie durch den ganzen rechten Tractus opticus
deutlich zu verfolgen , im Chiasma konnte man dnrch
successive Schnitte die totale Kreuzung der atrophischcn
Faaern des rechten mit den normalen des linken Tractns
sicher nachweisen. In der linken Retina war eine Ab-
nahme der Nervenfaser- und der Ganglienzellenschicht
uberall zn bemerken. Reste von Bluteztravasaten waren
weder im Tractus, noch im Sehnerven, noch in der Netzhaut
aufzufinden , auch nicht in der Aderhaut. Nirgends eine
Obliteration der Gefaese , nirgends eine Spur eines Em-
bolus , ledigiich ein kleiner Ast der nach unten verlaufen-
den Netzhautarterie hatte etwas verdickte Wandungen.
Eine lokale Ursache der Erblindung war dem-
nach nicht gefunden , weder ein Embolus noch ein
Blntergu8s im Sehnerven. Man musste die apoplek-
tischen Herde im Gehirn , die sich sowohl in der
rechten als in der linken Hemisphare, im rechten nnd
linken Streifenhtlgel , vorzugsweise aber im rechten
Sehhfigel vorfanden (neben Arteriensklerose an der
Basis), fUr die Ursache der Erblindung halten.
(Geissler.)
VII. Psychiatrik.
497. Ein interessanter Fall von Melanoho-
lie; von Dr. Hospital, Chefarzt des Asyl zu
Clermont-Ferrand. (Ann. m&L-psych. 5. Sdr. XIII.
p. 11. Janv. 1875.)
Die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 sind
wohl geeignet gewesen , Vielen den Verstand zn rau-
ben nnd haben in Frankreich die Zahl der Geistes-
kranken positiv vermehrt , und zwar in den vom
Feind besetzten Departements in hdherem Grade alB
in den tlbrigen. Die Erfahrung, dass ein ganzea
Volk eine solche moraliache Erachlltterung mit alien
ihren Folgen erleidet , ist schon wiederholt im Alter-
tlmm gemacht worden. In Frankreich selbst trat
schon einmal , wenn auch in geringerem Grade , vor
der grossen Revolution eine gleiche allgemein oder
weit verbreitete Furcht anf, dass in mehreren Pro-
vinzen plbtzlich and zugleich , man weiss nicht wie
nnd woher, die LandbevSlkerung von einer Art Panik
ergriffen wurde, stets die Brigands erwartete, Abends
anf die grosse Strasse lief, nm zn sehen, ob sie
kftmen etc. Eine khnliche Erscheinung zeigte im
Mittelalter das ganze Abendland beim Herannahen
dee Jahres Ein Tausend in Folge religiOser An-
scbannngen. Ferner erzfthlt Esqnirol, dass in
Pern nach der Eroberung durch die Spanier die
Gelsteskrankheiten pltttzlich zunahmen ; dasselbe war
der Fall in Nordamerika nach dem Unabhftngigkeits-
kriege , in England zu Anfang des letzten Jahrhun-
Med. Jahrbb. Bd. 171, Bft. 3.
derts, in Frankreich wahrend der Revolution. Auch
andere speciellere Angaben beweisen diess. 8o fand
Pin el bei 30 von 113 Kr., deren Antecedentien
genau bekannt waren, die Ursache der geistigen Er-
krankung in den Ereignissen der Revolution liegend;
beim Rttckzug aus Russland entdeckte man unter den
Trtlmmem der grossen Armee zahlreiche Geistes-
kranke. Aehnliche Falle erwShnen Demazy, aus
dem J. 1830, bei einer Fran, Delasiauve, aus
dem J. 1848, von einem Manne, Esqnirol, ans
demJ. 1815, Pinel, aus denKriegen derRepnblik,
sowie F err us, Quesnoy u. noch andere gleich-
zeitige (franzbsische) Irrenarzte. Es kann kein
Zweifel fiber diesen nnheilvollen Einflnss mehr be-
stehen.
Man bat zwar constatirt, dass die Zahl der Irren
in den Asylen wahrend der Jahre 1870 nnd 1871
nicht merklich erhfiht war ; in Clermont-Ferrand war
sie sogar etwas vermindert, Diess erklart sich aber
daraus , dass wahrend des Krieges die Fflrsorge fllr
die Versorgten zurflckgedrangt war von den Sorgen
n. Befttrchtnngen fittrs Vaterland, die Armee n. 8. w.,
oder dass man die Kosten fllr die Verpflegung der
Irren scheute und sie sich selbst fiberliess , wahrend
man sie sonst den Asylen Obergeben hatte. Vf. selbst
hat folgenden Fall beobachtet.
D., Infanterieofflcier , 30 J. alt, ein grosser starker
Mann, hatte w&hrend des Krieges eine grosse EnttSuschnng
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290
\TL Psychiatrik.
erlitten, indent er nach einer ruhmvoilen That die er-
wartete Beforderung nicht erhlelt , vielmehr In ein Lager
im Suden geschickt wurde. Lines Tages soil er nebst
einigen Kameraden cine solche Hitze unter dem Zelt em-
pfnnden haben , dass 6 von ihnen den Sonnenstich be-
kommen und delirirt batten ; einer von diesen habe ihu
rnfen latsscn und , indent er sich den Bauch Sffnete und
die Eingewelde herausgezogen , geaagt : „ich bin unschul-
dig“. Schwer getroffen von diesem tragischen Ereigniss
wurde D. traumerisch , befangen , bildete sich ein , dass
seine Kameraden ihn fur einen Spion hielten, ihn raieden,
ihn mit zweideutigen Stichelreden verfolgten. Wegen
dieser Sonderbarkeiten erhielt er einen Urlaub zur Er-
holung. Anf der Eisenbahn iiberflel ihn plotzlich die
Idee , dass man ihn des Todes des durch Selbstmord ge-
endetcn Offlciers anklagen wcrde , er verlangte zu beich-
ten, obwohl er sonst nicht devot gewesen war. Zu Haase
angekommen , sctzte er durch Betragen und Rcden seine
Eltern , die er nicht Du , sondem Herr und Madam an-
redete, in schmerzliches Erstaunen. Er bat sie, ihn als
ihren Diener anzustelien oder aaf einem Landgnte zu be-
sehaftigen u. s. w. Spater furchtete er vergiftet, seines
Erbes von seinem Bruder beraubt zu werden. Da sein
Zustand sich verachlechterte , brachte man ihn im Aug.
1871 nach St. Marie. Dortwar or anfangs still, mcnschen-
scheu , aber innerlich beschaftigt, beunruhigt und zer-
atreut , obwohl er mit Niemand spracli. Fragte man ihn,
so war er wohl im 8tande , diese innere Unkiarheit zn
verbexgen und antworteto zutreflfend ; er gab zu , dass
sein Verstand geetort sei, schrieb diess aber einigeu „Ge*
wohnheiten “ zu. Er verlangte nicht seine Entlassung,
lief viel bin und her. Nach 3 T. indessen langweilte er
sich , beschnldigte seine Familic , ihn willkurlicher Weise
eingesperrt zu haben und wollte fort. Naeh wenigen
Tagen schwand diese Erregtheit wieder ; Pat. verflel in
Lassheit, verlangte nicht mehr seine Entlassung, beklagte
sich nicht mehr , antwortete mit Muhc und mSglichst
kurz. Er that nichts , las nichts, isolirte sich, zoichnete
nur bisweilen etwas mit der Fcder, wollte nicht mehr
ranchen. Wille und Urtheil wurden schwacher, er ahmte
nur das Thun der Andern nach ohne Thoilnahrue , ge-
dankenlos. So blicb der Zustand bis zuin Sept., wo er
nach Charenton versetzt wurde. llier erklarte F o v i 1 1 e
den Kr. in geistiger Bcziehung fur sehr krank ; eii.e Bes-
sernng konnte anch spater nicht constatirt werden. D.
blieb in Charenton wahrecheinlich rachrere Monate ; darauf
soil er einige Zeit in seiner Fatnilie verweilt haben und
endlich im Stande gewesen sein , seinen Dienst als Militdr
wieder anfzunehmen. Bald aber trat D.'s geistige 8to-
rnng von Neuem zn Tage. Er bat um einen Urlaub, der
i hm nicht gegeben werden konnte. Trotedem reiste er
zu den Seinigen. Bald darauf schoss er anf seinen Bruder
ohne jede Ursachc, begab sich dann nach R., erklarte
sich fur einen Gefangenen und gab seine Waffe ab.
Im Gefangniss blieb D. stets fur sich , spr&ch nie mit
den andern Gefangenen, ging den ganzen Tag auf und ab.
Dabei war er sehr friedfertig, obwohl ihn Fragen irritirte ;
die ihm von aossen zngestellten Speisen wics er oft zu-
rfick. — D. wurde ffir geisteskrank erklart und freige-
sproehen.
Vf, weist nnn besonders aaf die Erscheinuag
bin, dass D. sich herabzusetzen suchte und aus einem
hbhern Stand in einen niedem treten, aus einem Offi-
cier ein Domestike oder Bauer werden wollte , die
„Mikromanie“ . Dieses Symptom kommt zwar sonst
auch vor, aber anders motivirt, bei religibsen Wahn-
sinnigen als Busse, oder bei Andern, die sich schwere
Arbeiten auferlegen , geringes Essen , hartes Lager,
gleichfalls zur Strafe , um ibre Eigenliebe zu ztich-
tigen, oder bei Blbdsinnigen.
Ferner hebt Vf. als bemerkenswerth deu Mangel
an Langeweile inmitten der BeschMftigungslosigkeit
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hervor, welehe bei einem Geisteskranken entweder
eine grosse innere ThUtigkeit der Einbildung anzeigt,
und dann mit Neigung zu deliranter Erregtheit ein-
hergeht, oder auf Collapsus mit Neigung zu Blddsion
hinweist. (Max Huppert.)
498. Alkoholismns und der Verfolgnngs-
wahnsinn ; von Dr. C u 1 1 e r r e. (Ann. m6d. pBych.
5. Stir. Xin. p. 398. Mai 1875.)
Der Verfolgungswahnsinn bietet eine ganz be-
stimmte Form des partiellen Irrsinnes, nicht als Aus-
drnck einer speciellen Krankheit, sondern als ein
immerwiederkehrender Complex von Krankheits-
erecheinungen. DieWahnideen nehmeneinetypische,
syatematische Gestalt an , die sich in derselben Art
genau wiedcrholen. Der Kr., der sich des Diebstahls
beschuldigt , der vergiftet zu sein angiebt , bleibt
stereotyp der Dieb, der Vergiftetc, und zwar Jahre
lang. Dieses Delirium ist gewbhnlich \on Hallucina-
tionen begleitet und lediglich von solchen des Ge-
hdrs. Im Alkoholismus kommen zn gewissen Perio-
den auch Verfolgungsideen vor, aber diese sind nicht
abgegrcnzt , sondern fltlchtig , abwechselnd ; hier
nehmen schreckhafteGesichtshallucinationen dieerstc
Stelle ein. Der Alkoholismns kann auch mit deni
wirklichen Verfolgungswahn zusammen auftreten ;
die Krankheit wird alsdann, sowohl was die Prognose
der Krankheit als anch die Offentliche Sicherheit an-
geht, ausserst gefahrlich. In diesen Falleu erscheint
bald der Alkoholismus zuerst , und unter seiner Be-
einflnssung tritt der Verfolgungswahn allmalig auf
— ganz besonders bei erblicher Anlage — , bald ist es
auch ein schon alter Fall von Verfolgungswahn , in
dem die Erscheinungen des Alkoholismus anftreten,
namentlich das Delirium tremens. Am haufigsten
lksst sich in der Praxis die Prioritat dieser Krank-
heiten nicht feststellen , thatsachlich kommen beide
gleichzeitig vor und lassen sich von einauder un*
schwer unterscheiden. C. veranschauiicht dieses Ver-
halten durch 4 klinische Beobachtungen. (Bar.)
499. Ueber das Langenwachsthum der
Idioten ; von Dr. Kind, Direktor der Idiotenanstalt
zu Langenliagen. (Arch. ?. Psychiatrie u. Nerven-
krankh. VI. 2. p. 447—472. 1876.)
Das Material zu den zahlreichen Messungeo der
Kdrperhdhe , die in Kind’s beachtenswerther Ab-
handlung statistische Verwerthung finden, lieferten
mehr denn 500 Idioten (293 mannliche u. 210 weib-
liche). Etwa 50 dieser Idioten befanden sich in der
Kern’scben Privatanstait in Mdckern bei Leipzig,
worin zum grossen Theil Kinder wohlliabender
Eltern, auch Auslander, Aufnabme finden; die tlbri-
gen waren der ftlr die Provinz Hannover bestimmten
Anstalt zn Langenbagen angehbrig, deren Zdglinge
mit wenigen Ausnahmen aus der genannten Provinz
kommen nnd im Allgemeinen aus den mittlem und
untern Standen stammen. Die Mehrzahl der Indivi-
duen wurde wfthrencl einer Reihe vonJahren wieder -
holt gemessen und sind dann fttr eben so viele auf
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291
VII. Paychiatrik.
etnander folgende Lebenajahre in den Tabellen ein-
gereiht ; dock kommen aach mehrfache Einzelbeob-
achtungen in den Tabellen mit vor. So konnte ea
geachehen, daaa fttr die vom 4. bis zum 29. Lebens-
jabre ansgedehnten Mesaungen der Idioten ana den
hannoverachen Landen und in Mftckern , die in einer
ersten Tabelle chronologisch zusammengestellt 8ind,
nach des Ref. Zahlung 1281 m&nnliche und 909
weibliche Idioten Aufnahme gefunden haben. (Ge-
legentlich aind (lbrigena auch Mesaungen von Idioten
in W Urtemberg , von lusassen der Strafanatalt oder
Rettungsanatalt in Ruysaelede in Flandern , von In-
saaaen dea pommerschen Rettungshaasea in Zttllchow
mit berbeigezogen worden.)
SelbstversUndlich war ea bei vielen in gekrflmm-
ter scblaffer Haltung verweilenden Idioten eine recht
schwierige Aufgabe, die wirkliche Kdrperhohe zu
ermitteln , und manche boten der Mesaung so ernat-
licbe Schwierigkeiteu, daaa aie geradezu weggelaaaen
werden musatcn.
Da die ontersuchten Idioten in der Mehrzakl der
Provinz Hannover angehdren , so wtlrde ea am vor-
tbeilhafteaten aein , wenn die filr die Provinz Hanno-
ver gllltige normale Entwickelung der Kdrperhdke
znr Vergleichnng benutzt wUrde. In Ermangelung
einea derartigen Substrata haben jedoch im Wesent-
lichen die der belgiBchen Bevolkerung entnommenen
Mesaungen Quete let’s zu Grande gelegt werden
mtlssen.
Vorausgesetzt nun , daaa die spatern Idioten bei
der Geburt die gleiche Kdrperhdhe haben, wie die
normalen Individuen , so lehrt die tabellariaclie Zu-
aammenatellung der Mittelwerthe der Idioten in den
auf einander folgenden Jabren , daaa aie urn ein Er-
beblicbea gegen die normalen Individuen znrUck-
bleiben: die mAnnliclien Idioten um 61 Mmtr. , die
weiblichen Idioten um 118 Millimeter. For die aller-
eraten Lebenajahre iat eine Differenz in der Kdrper-
liinge der Idioten und der Normalen niclit vorhanden ;
init dem 6. Jabre jedoch erreicht dieae Differenz
bereita 10 Mmtr. , und sie nimmt von da an raach
zn, so daaa das Maximum der Differenz bei den mftnn-
iichen Idioten bereita mit dem 13. Jahre erreicht iat,
bei den weiblichen Idioten dagegen erst mit dem
16. Jahre. Dieae Thatsache kann anch in folgender
Form zur Anschauung gebracht werden. Iat die
Kflrperhdhe bis zum 6. J. die gleiche bei den Idioten
und bei den Normalen , so betrftgt die Zunalime der
KftrperhOhe vom 6. bis zum 20. J. nach Quetelet
bei normalen Mannern 682 Mmtr. , bei normalen
Weibern 601 Mmtr., wogegen die Idiotentabelle nur
eine Zunahme von 579 Mmtr. bei den Mannern und
von 446 Mmtr. bei den Weibern ergiebt,
Wahrend nun aber bei normalen Individuen vom
20. bis zum 30. J. nur noch 16 Mmtr. (Manner) mid
8 Mmtr. (Weiber) liinzutreten, um das Maximum der
Mittelgrttese zu erreiohen , ergiebt sich fttr die m&nn-
lichen Idioten eine Zunahme von 59 Mmtr. bis zu
dem im 26. J. erreichten Maximum , und die weib-
licbea Idioten wachaen nor noch um 1 Mmtr., um im
23. J. daa Maximum der Kdrperhflhe zu erreichen.
Uebereichtlicher noch tritt dieses Verhaltniss hervor,
wenn man die Zunahme der KSrperlhnge flir je 5 J.
bei Q u e t e 1 e t mit dem Idiotenwachsthum vergleicht.
Das Wachathum in Millimeter betrilgt n&mlich :
vom 6. — 10. Jahre
Quetelet.
M. W.
225 218
Idioten.
M. W.
161 172
. 11.— 16. „
240
239
207
189
• 16.-20. *
168
87
166
86
„ 21.— 26. „
12
4
59
1
Daraus ergiebt sich, daaa daa Wachathum der
Idioten in der spatern Zeit der Wachsthumsphase cin
intensivere8 iat , als bei den normal sich cntwickeln-
den Individuen. Die letzteren wachaen vom 16. J.
an noch um 170 (M.) und 91 (W.) Mmtr., die Idioten
dagegen um 225 (M.) und 1 (W.) Millimeter.
Daa Ergebniss dieser Untersuchungen lisst sich
somit in dem Satze fonnuliren: die Intenaitftt dc.s
Waclisthums ist bei den Idioten nicht bios eine
achwSchere, sondern auch eine langsamere; dan
Langenwachsthum des Idioten ist verringert und
verzOgert. (Hierzu ist jedoch zu bemerken, daaa eine
VerzOgerung des Wachsthums bei den weiblichen
Idioten keineawegs klar bervortritt. Dieae Differenz
zwischen Mannern und Weibern muss aber um ao
mehr auffallen, weil, wie weiter oben erwalint wnrde,
daa Maximum der L&ngendifferenz bei den m&nnlichen
Idioten auf das 13. J., bei den weiblichen Idioten
anf das 16. Jahr trifft.)
Diese merkwflrdige Thatsache hangt unzweifel-
liaft mit dem Weaen derldiotie zusammen. Um einer
ErklSrung deraelben etwa naher zu kommen , achien
e8 angemessen, die acrofuldsen und rhacbitiachen
Idioten auszusclieiden und speciell auf Hire Wachs-
thumsverhiiltniase zu untcrsuchen , desgleiclien anch
die epileptischen Idioten , sowie die gelfthmten , die
an doppelaeitiger oder einaeitiger , an vollstfindigcr
oder unvollstfindiger Lahmung litten.
Die Wachsthumacurve der mannlichen epilepti-
schen Idioten zeigt, daaa sie filr daa 6. bis 10., das
13. bia 17., endlich ftlr daa 20. J. liber die den ge-
aammten Idioten entapreebende Curve sich erhebt,
dasa also die mannlichen epileptischen Idioten den
ilbrigen Idioten hiosichtlich der KSrperhOhe in den
genannten Jaliren voraua sind. Die Wachsthums-
curve der weiblichen epileptiachen Idioten erhebt
sich sogar durchweg vom 8. bis zum 24. J. , einzig
daa 11. Lebenajahv ausgenommen, Uber die den ge-
aammten weiblichen Idioten entaprechende Curve.
Freilich sind es vom 8. bis Zum 20. Lebensjahre nur
8—9—11—10—13 — 13—14—15—12—10—
8 — 6 — 4 Einzelf&Ue.
FQr die gelahmlen Idioten (das Maximum der
Einzelf&lle iat 12 im 15. Lebenajahre) ergiebt sich,
(lass die Curve der Kdrperhtthe in nicht geringem
Grade unter die Curve der gesammten Idioten herab-
gedrflekt ist.
Die Curve der scrofulOsen Idioten (mit 26 und
26 KinzelflLllen ftlr eutzelne Jahre) zeigt , dass sie
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VIII. Staatsarzneikunde.
sich vom 6. bis zum 13. J. der Geaammtidiotencurve
ziemlich nahe anschmiegt, sich d&nn da von entfernt,
um im 16. und 17. J. am meisten zu differiren,
hierauf jener aUgemeinen Curve sich wiederum nhhert
und 8ie im 21. J. sogar etwas iiberschreitet. Wenn
flbrigens die scrofulbsen Idioten vom 6. bis zum 15.
Lebensjahre nur um 329 Mmtr. wachsen (die ge-
sammten Idioten um 368 Mmtr.) , dagegen fllr die
Zeit vom 15. bis 21. J. eineZunahme von 245 Mmtr.
(die gesammten Idioten nur 190 Mmtr.) aufweisen,
so dtlrfte das letztgenannte Plus dem lftngern Auf-
enthalte in der Anstalt und der durch den Einfluss
der letztern mehr oder weniger getilgteu Constitu-
tionsanomalie unbedenklich zuzuschreiben sein.
Die Zahl der rhachitischen Idioten ist allerdings
eine sehr geringe , das Maximum der Einzelftlle ist
ftlr die mannlichen Idioten nur 9 im 8. Lebensjahre,
ftlr die weiblichen Idioten nur 6 im 9. Lebensjahre.
Die allgemein anerkannte Thatsache , dass die Rha-
chitis das L&ngenwachsthum beeintrkchtigt , erhillt
aber auch hier Best&tigung: die Wachsthumscurve
bleibt vom 8. Lebensjahre an stetig hinter der Curve
der gesammten Idioten zurtlck, und noch mehr hinter
der Curve der Normalen.
Nicht minder erschien es angemessen , die Aus-
dehnung des Sch&dels und das L&ngswachsthum der
Idioten mit einander in Parallele zu etc lien. Filg-
licherweise konnte nur der Horizontalumfang des
Schadels , liber die Stimhbcker und den vorragend-
8ten Theil des Hinterhaupts gemessen , als Ausdeb-
nung des Schadels benutzt werden , bei dessen Er-
mittelung an Lebenden die Dicke der Kopfschwarte
mit Einschluss des aufliegenden Haarwuchses in Ab-
zug zu bringen war. Kind hatte mehrfach Gelegen-
heit, jenen Horizontalumfang an lebenden Individuen
und sp&terhin an deren getrockneten Schadeln zu
bestimmen, und nach diesen coraparativen Messungen
glaubt er jenen auf die Kopfschwarte und den Haar-
wuchs entfallenden Abzug bei M&nnern wie bei
Weibem im Durchschnitt mit etwa 20 Mmtr. ansetzen
zu mflssen. Die Schadel selbst brachte er nach den
gefundenenWerthen in 3Kategorien, namlichmittel-
grosse kleine und grosse. Unter den gemessenen
164 mannlichen KOpfen befanden sich 57.3°/ 0 naittel-
grosse , 21.3°/ 0 grosse und 21.3% kleine. Unter
den gemessenen 127 weiblichen Schadeln waren
61.4°/ 0 mittelgroBs, 12.6% gross und 26% klein.
Aus der Vergleichung der tabellarisch zusammen-
gestellten Schadel ist aber zu entnehmen , dass die
weiblichen Idioten bextlglich der Kopfgrtsse hinter
den mannlichen Idioten zurflckbleiben , — dass die
L&ngsentwickelung der mannlichen Idioten mit mittel-
grossen Kdpfen mit der Langsentwickelung der ge-
sammten Idioten gleichen Schritt halt, — dass der
Horizontalumfang des Schadels der Idioten im All-
gemeinen der geringem Kiirperhdhe der Idioten nicht
ganz adaquat ist , vielmehr etwas liber die fUr die
KOrperhdhe zu erwartende Grbsse binausgebt.
Das Vorragen des Unterkiefers liber den Ober-
kiefer (progenee Schadel nach L. Meyer) fand
sich bei mindestens 10% der von Kind untersnch-
ten Idioten. Aus einer tabellarischen Zusammen-
stellung dieser Progeneen (22mannliche u. 17 weib-
liche) ist zu ersehen , dass bei ihnen die Langsent-
wickelung des Kttrpers im Ganzen eine ungttnstige ist.
Den weiter folgenden , mehr aphoristischen Be-
merkungen liber Kbrpergrdsse der Cretinen , der
Irren, der jugendlichen Verbrecher reiht Kind
schlllsslich noch eine praktische Frage an , namlicb
in welchem Alter die Uebersiedelung der Idioten in
eine Anstalt am gerathensten erscheine? Voraus-
setzung dabei ist, dass der Aufenthalt des Individuum
in einer Anstalt doch nur ein Durchgangsstadium *
bildet. Fllr viele von vorn herein nicht bildungsfihige
und nur der Pflege bedtirftige Idioten , ebenso ftlr
solche, welche an besserungsffchigen Constitutions-
anomalien leiden, kann die Aufnahme in eine Anstalt
nicht friib genug erfolgen. Auch die Familienver-
haltnisse , Rtlcksichten auf Eltern und gesunde Ge-
schwister fordern oft dringend die baldige Ueber-
siedelung. Wird aber im Hause hinreichend ftlr die
kdrperliche Entwickelung gesorgt, findet die nOtbige
Aufsicht und einige Anleitung zuBeschaftigung statt,
kann das Individuum voraussichtlich nur wenige
Jahre in der Anstalt verbleiben, dann erscheint es in
Gemftssheit der verzdgerten Entwickelung der Idioten
r&thlicher, dieselben erst einige Jahre spllter, als es
gewhhnlich geschieht, einer Anstalt zuzufllhren, etwa
zwischen dem 12. und 16. Jahre. Die Erfabrungen
in der sftchsischen Staatsanstalt in Hubertusburg
scheinen dieser Ansicht gtlnstig zu sein. In dem
3. Offentlichen Berichte dieser Anstalt, nach deren
25j&hr. Bestehen, wird erwfthnt , dass der durch-
schnittliche Aufenthalt in der Anstalt nur 4.8 Jahre
betrug. Dieses Resultat wurde en-eicht, weil das
durchschnittlicbe Alter bei der Aufnahme schon 11.4
Jahre erreicht hatte. (T h e i 1 e.)
VIII. Staatsarzneikunde.
500. Fall von aweifelhafter Todesursache
(Erhenkung, ErwUrgung oder Tod durch Kopf-
verleteung) ; von Dr. 0. Passauer in Gerdauen.
(Vjhrschr. f. gerichtl. Med. N. F. XXIV. 1. p. 26.
Jan. 1876.)
Eine Frau, wurde in einem Stricke hangend todt auf-
gefunden. Der Strlck war um einen B&lken geschlungen
und die Leiche soil (Jedoch unverbfirgten Naohrichten zn-
folge) so in demselben gehangen haben, dass die Schllnge
nur lose geschurzt war und die Knle denBoden berQkrten.
Bei der gerichtlichen Sektion fand man in den Haupt-
haaren der Leiche, namentlich am Hinterkopfe, Sand,
Erde, Moos und kleine Bl&ttchen. Die Augenlider , na-
mentlicb die obem , waren geschwollen und blauroth ge-
farbt, bei Einschnitten zeigten sich in ihnen Blutergusse.
In der linken Schlafengegend zeigten eieh 2 kleine blan-
rothe Flecke ohne 8chwellung , in einem deraelbea liens
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VIII. Staataarzneikunde.
393
sich Blutergoss nachweieen: ein grosserer, dunkler ge-
farbter rather, bogenformiger Fleck befand sich am linken
Mundwinkel, die Haat war an dieser Stelle lederartig
troeken , beim Einschneiden ergab sich geringer Blutaus-
tritt. In der Nahe des Ohres , in der linken Unterkiefer-
gegend , befand sich ein grasserer , runder , dnnkelblau-
rother Fleck mit lederartig trockner Haut und ganz ge-
ringem Blutaustritt unter derselben and darunter mehrere
kleinere ohne Blutaustritt. Das linke Ohr war blauroth
gefarbt. Beim Abheben der Lippen von den Zaknreihen
zeigte sich die Unterlippc an verscbiedcnen Stellen dorch-
gerissen , blauroth gefarbt und geschwollen. Der Ober-
kiefer war uber dem ersten Backzahn [welcher Seite?] so
verletzt, dass die Wurzel desBackzahns durcb den Kiefer-
rand hindurch zu fiihlen war. Am Halse fanden sich dicht
unter dem Unterkiefer auf der linken Seite verschiedene,
fast parallel schrag von oben nach hinten und unten ver-
laufende, hellrothgefarbte, nichtscharfbcgrenzteStreifcn,
uber denen die Haut weich war und nicht blutunte rlaufen.
Rechts urn Halse fand sich an 2 Stellen (dicht unter dem
Kieferwinkcl und etwas weiter nach unten) die Haut
abgeschunden und punktffinnig hellroth gefarbt, unter der
Oberhant Hessen sich nur geringe Spuren von freiem Blut
bemerken. In gleicher Richtung mit dem Unterkiefer-
bogen der rechten Seite und dicht unter deraselben ver-
laufend , zeigte sich , nach keiuer Seite hin scharf abge-
grenztc verwaschene Rothe, nach hinten zu in dieTodten-
flecke am Halse ubergehend , nach vorn zu allmiilig sich
verlierend. Beim Durchtrennen der behaarten Kopfhaut
zeigte sich in der rechten Halfte derselben an verachiede-
nen Stellen gleichmiissige, nicht Bcharf umgrenzte Schwcl-
lnng, ihre Innenflache schmntzig braunroth gefarbt , an
einzelnen Stellen hochroth , ausserlich erschlen die Kopf-
haut an diesen Stellen blauroth gefarbt ; unter derselben
fanden sich stellenweise , namentlich uber der Schlafen-
gegend , Blutergusse. Auf der linken Seite zeigte sich In
der Schlafengegend ebenfalls eine blauroth gefarbte Stelle
der Kopfhaut , welche beira Einschnitte Bluterguss erken-
nen lie6s. Die Knochenhaut des Schadels war stark mit
Bint durchtrankt und hochroth gefarbt. In den Schlafen-
mnskeln zeigte sich beiderseits Bluterguss. Dasknochernc
Schadeldach erschlen unverletzt, doch die Knochenzwi-
schensubstanz Behr blutreich ; ebenso war die weiche
Hirnhaut und die Hirnsubstanz, such 1m Kleinhim , sowie
die Medulla oblongata sehr blutreich; die Hirnventrikel
enthielten viel wassrige Flussigkeit, die Adergeflechte,
sowie die Hirnblutlelter waren stark mit Blut gefSllt. Die
Knochen der Schadelbasis zeigten sich unverletzt. Die
obem Luftwege enthielten kelne Flussigkeit, ihreSchleim-
haut war schrautzig braunroth gefarbt. Die rechte Herz-
kammer war leer , die linke enthielt nur eine geringe
Menge dunklen, flussigen Blutes, Aorta u. Art. pulmonalis
enthielten viel flussiges, schwarzrothes Bint. Die Vorhflfe
enthielten keine Blutgerinnsel. Die Lnngen erschienen
flberall lufthaltig, ihre Gewebe blutreich, beim Einschnei-
den auf Drnck viel schaumiges Blutwasser entleerend.
Die stark vergrosserte Leber, Milz und Nieren zeigten
grossen Blutreichtham.
Die an der Leiclie gefondenen Eopfwunden er-
regten den Verdacht ernes Verbrechens und der Mann
der Verstorbenen, auf den der Verdacht fiel, gestand
ein, seine Frau durcb Schlftge auf den Kopf getfldtet
und dann in den Strick gehingt zu haben. Es han-
delte sich nun aber damm , nachzuweisen , ob nicht
die durch die SclilSge nur betflubt gewesene Frau
lebend an den Strang gebracht worden und welches
die Todeaur8ache sei.
Dass derTodFolge der gefundenen Verletznngen
am Kopfe hfttte sein kOnnen, ist nicht wahrscheinlich,
da diese dazu nicht bedeutend genug erschienen,
namentlich da die Knochen nicht verletzt waren,
obwohl die Mdgliehkeit nicht ganz in Abrade gestellt
werden kann. Dahingegen hatten die am Halse auf-
gefundenen Verletzimgen, obwohl aie nur die Haut
betrafen, im Verein mit dem Befunde der innern
Organe , grdssere Bedeutung und man musste wohl
nach dem Leichenbefunde annehmen , dass der Tod
in Folge von Erstickung eingetreten sei , ob durch
Erwtirgung oder Erhenkung, das liess sich nicht
bestimmen. Das Gericht legte das Hauptgewicht auf
die Frage, ob der Tod vor der Strangulation oder in
Folge derselben herbeigeftlhrt worden sei , und ein
bei dem Medicinal - Collegium in Kdnigsberg einge-
holtes Gutachten sprach sich dahin aus, dass als
Todesursaclie nur die Mi-shandlungen ohne Strangu-
lation anzusehen seien Ein Obergutachten der wissen-
schaftlichen Deputation fUr das Medicinalwesen trat
diesem Gutachten bei, obwohl dabei ausdrtleklich her-
vorgehoben wird , dass sich ans den Ergebnissen der
Sektion nicht beweisen lasse, dass die Frau an den
erlittenen Kopfverletzungen gestorben sei, die Sektion
aber wesentliche Anhaltspunkte flir die Annahme des
Erstickungstodes geliefert babe , wahrend das Gut-
achten des Medicinal- Collegiums Erstickungstod nicht
annahm. Unter Verletzungen muss jedenfalls iu dem
Obergutachten auch die Gewalt verstanden sein , die
anf den Hals einwirkte, doch liess die wissenschaftl.
Deputation die Frage in Betreff des Erwtlrgungs-
todes offen, weil sie ihr nicht vorgelegt worden war.
(Walter Berger.)
501. Zur gerichts&ratliohen Caauintik; von
Privatdocent Dr. Otto Oesterlen in Tubingen.
(Vjhrschr. f. gerichtl. Med. N. F. XXIV. 1. p. 1.
1876.)
In dem von Oesterlen mitgetheilten interes-
santen Falle handelte es sich nm die Frage , ob Er-
stickung durch innere oder durch aussere Ureachen
entstanden sei, ob Tod durch einen Zufall oder Mord
anzunehmen sei.
R. lebte mit seiner epileptischen Frau wenig giflek-
lich ; die Anfalle traten bei ihr , durch einen Schrei ein-
geleitet , tagelang mehrmals tSglich auf nnd blieben zeit-
weise mehrere Tage hintereinander aus. Nachdem ihr am
22. Jan. frfib soeben aus dem Dachboden durch einen
Schlauch Haekerling auf den Scheuerboden hernnter- nnd
zugeschuttet worden war , stiess die Frau den charakteri-
stischen Schrei aus und wurde unmittelbar, bez. kune
Zeit danach, mit dem Gesioht naoh unten auf dem mit
einer etwa dngerdicken. H&ckerlingsaehicht bedecktea
Boden liegend gefunden. Sie wurde etwas in die Hohe
gehoben , im Kreiso herumgedreht und angeblich volletan-
dig auf den Rucken , und zwar auf den unter dem Futter-
scblauch beflndlichen etwa 1‘ hohen Hickerlingshufen
gelegt. Die R. athmete dabei , lebte unzweifelhaft , war
aber etwas „Iummelig“ and wnrde Ihrem Scblafe uber-
lassen. Mehr ais '/, 8td. Bpater wurde sie auf der rechten
Seite liegend, dasGesichtfrei, todtgefunden. DerLeichen-
besebauer constatirte einlge offenbar vom Stnrz im epilept.
Anfalle herrubrende Contusionen. Es entstand der Ver-
dacht, R. habe seine bewusstlose Frau absichtlioh in eine
Lage gebracht, in der sie ersticken musste.
Der Obduktionsbefund ergab am 24. Jan., abgesehen
von den erwabnten Contusionen Folgendes. Die Zahn-
reihen feat geschlosaen; die Hande leicht eingescblagen.
Schadeldach dick , sehwer , fast ohne Zwischensubstaaz ;
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VIII. Staatgarmeikunde.
hfertc Hirnhnnt, namentlich nach kimten so, mit der Innem-
flache des Schadele stark verwachsen , ubrigens normal ;
aus den Sinus ca. 200Grmm. schwarzes dickflussiges Blut
entleert ; weiche Himhaut stark injicirt, leicht abziehbar ;
Windungen flacb, Trie zusammeDgedruckt, namentlich am
8tirntheile ; Piex. chor. blutrcich ; graue Substanz blass
and schmal , in dcr weissen aussergewbhnlich viel Blut-
punkte. — Kehlkopf, Luftrohrcn und Bronchien mit
schaumlgem weissen Sckleim stark angefiillt, Bronchial-
sohleimhaut ger&thet ; Lungen sehr blutreich und beson-
dera links stark odematfis. Hechter Yentrikel dilatirt,
seine Wandungen mit Fctt durchsetzt; in beiden Ventri-
keln wenig Blut, keine Gerinnsel. — Uebcrzng der etwas
vergrdsserten Leber an der vordern Flache schwartenartig
verdickt und mit dem Lebergewebe fest verwachsen , in
lets tore m beginnende Fettablagerung und stellenweise
amyloide Degeneration. Milz etwas vergrSsscrt, sehr
weich; Kicren lang, schmal, blutreich. Magcn leer.
Menstrnal-Blutnng. Nachtriiglich wurde das Vorhanden-
seln von Hfickerlingsthcilen in beiden Angen in den Fatten
zwiachen Lidern und Augapfel constatirt; desgleichen
nach Spaltung der Nase in der linken NasenhOhle in einer
Tiefe von 1 — 4 Ctmtr. , in der rechtcn nur ganz wenig
kleinere. An der vordern Flache des linken Gaumensegels
faad sioh ein etwas dickcrer , 0.8 Ctmtr. langer Futter-
stengel. Der Kehldeckel war offen , der obere Thell des
Keblkopfs frei , desgl. Schlundkopf und hintere Nasen-
hohle.
Das Gntaehten wurde dabln abgegeben, dass der Er-
stickungstod hDchst wabrscheinllch dadurch herbelgefQhrt
worden sei , dass die Verstorbene mit dem Gesichte der
Art im Hackerling lag, dass die Athemwcrkzeuge voll-
standig von der Luft abgesperrt waren. Der Unter-
snchnngsrichter legte hicranf den begntachtenden Aerzt.cn
folgende 4 Fragon vor.
1) Lasst sicb nach dem Ergebniss der Sektion mit
WahrBcheinlichkeit oder mit Gewissheit sagen , dass der
Entioknngstod nloht dnrch einen etwa mit dem angeb-
lichea Anfkil in Yerbindnng stehenden Krampf erfolgtist?
2) Lasst sich ans dem Ergebniss der Sektion fest-
stellen, obderaTod ein epileptischer Anfail vorangegangen
1st oder nicht?
8) 1st daraus , dass sich Hfickerlingstheile im Innern
der Nase befsnden , darauf zu schliessen , dass der Kopf
gewaltsam in den Hackerling bineingedruckt worden ist
oder nicht?
4) Ist es mSgiich , das9 die Verstorbene in Folge der
Gegenwart der bei der Sektion in den Oeffnungen ihres
Kopfes vorgefundenen Hackerlingstheile erstiokt ist, anch
wenn der Kopf , so lange sie nocb lebte , ausserhalb des
Hackerlings frei, das Gesicht nach oben, zu liegen kam
oder nicht?
In der Beantwortang dieser Fragen heben die Obdn-
oenten zunichst hervor, dass das dicke und schwore Scha-
deldaeh far sich allein anf lange bestandene Epilepsie
schliessen lasse.
Die in der 1. Frage berfihrte Art des Erstickungs-
todee sel hochst unwahrsekeinlieb. Verletznng oder Luft-
abechnitt dnrch den Fall auagesohlossen , sterben Epi-
leptiscbe fast nie Oder hbchst Belten an einem nnr kurzere
Zeit dauernden Anfalie. Derartige Verletznngen waren
im fragl. Falle nicht vorhanden, und der Tod sei anch
nicht in der nrsprfinglichen Lage anf dem Gesicht erfolgt.
Feraer fehle bei im Anfalie verstorbenen Epileptiechen
selten Oedero oder Blntextravasat imGchirn, die im fragl.
Falle nicht gefunden warden. Endlich lasse sich bet der
seit vieien Jahren gleich bleibenden Intentensitat u. Daner
der epileptischen Anfalie der Verstorbenen vermnthen,
dass auch der ietzte ein solcher war , der an sich nloht
tddtlich verlaufen musste.
Far das Voransgegangensein eines epilept. Anfalles
(Frage 2) sprechen die Verletzungen (duroh Fall anf den
harten Pflasterboden) , der weisse Sohanm xwischea den
Lippea, die Kiefers pc rre Had die eingeschlagenen Finger.
Die outer 8) gestellte Frage sei nicht nnhediagt ca
vemeinen, doch sei es wahrscheintlcher, dass die Haoker-
lingstheile erst dann in die Nase kamen , als die Verstor-
bene anf das Uackerlingshanfchen gelcgt war. Ganz
sioher seien die Hackerlingstheile nur dadnrch in die
Angen , und zwar in die tiefen Falten zwischen Lid and
Augapfel gekommen , dass die Verstorbene mit dem Ge-
sicht wahrend desLebens in dem Hack erlinghaufchen lag.
Die 4. Frage wird ganz entschicden verneint, weil
die Nase nicht so mit Hickcrlingtheilchen ansgefullt war,
dass die R. nicht hatte durch die Nase noch genflgend
athmen konnen . Es sei vielmehr anzirachmen , dass der
Tod dadurch eintrat, dass die R. mit dem Gesicht im
Hilckerling lag und der Luftzntritt in die Nase dadurch
abgesperrt war. Der Sektionsbefbnd (hochgradige Bhit-
uberfullnng de9 Gehirns nnd seiner Haute, stark ansgebil-
detes Oedem der Lnnge, R5thung der Schleimhant der
Bronchien. weisser Sehanm in grosser Menge in letzteren,
in der Lnftrohrc und im Kehlkopfe) spreche mit grosser
Wahrscheinlichkeit fur Erstickungstod von aussen.
In der Hauptverhandlung gab der eine der Obdncen-
ten, Oberamtsarzt Dr. Munk von Gflppingen , noch an,
dass bei der Obduktion die Pnlmonalarterie nicht unter-
bunden worden ware und mogliclierweise eine im rechten
Herzen enthaltcne Blutmenge bei Ilerausnahme des Her-
zens ausgefloBsen sein konnte. Es sei anzunehmen , dass
der Zutritt der Luft zu den Luftwegen durch den Hacker -
lingshaufen, in wclchen der Kopf vermogc seiner Schwerc
einsinken musste, abgesperrt ward. Dagegen sei nicht
anznnehmen , dass die R. in Folge von Convulsionen,
deren Vorhandensein vorausgesetzt , von der Ruckenlage
in eine Banchlagc gekommen sei , erstere in eine Seiten-
lage aber verwandelt worden sein konne. Er stellt es
dahin , in wie weit das Eindringeu der Hackerlingstheile
in Nase und Augen fur eine Lage mit dem Gesicht auf
dem Hackerlingshaufcn beweiskraftig sei , and spricht es
Jetzt selbst aus , dass dicss auch schon bei der Lage , in
der die R. anfgcfundcn wurde, geschehen sein konne.
Doch sei es wahrscheinlieher , dass wenigstens das Ein-
dringen in die Bindchautfalten durch Aufliegen des Ge-
sichts im Hackcrliogshaufchcn zu Stande gekommen 6ei.
Anch Oboramtswundarzt Dr. Landerer erklart es
fur hochst wahrscheiniich , dass dio Erstickung durch Die-
gen mit dem Gesicht im Hackerlingshaufen entsta&den
sei; auch er erklart die Erstickung durch den epilepti-
schen Krampf fur hochst unwahrschcinlich. Bei den in
Goppingen dirckt an ihren Anfallen zu Grunde gegangenen
Epileptikcrn seien meist die Anfalie in der letzten Zeit
desLebens cumulirt anfgetreten, Anfail war auf Anfail
gefolgt und si-hlusslicli waren oft nurkurzefreieZwischen-
raume , oder wenn die Convulsionen voruber waren , ein
sopor&ser Zustand vorhanden gewesen. Im Gehirn war
immer Oedem oder Blutextravasat gefunden worden.
Dass die Verstorbene im Anfail vom Rocken anf den
Bauch zu liegen gekommen sei, sei sehr un wahrschein-
iich.
Dr. Oesterlen nimrat mit hoher WahrschelnHch-
keit Erstickungstod an. Er macht darauf anfraerksam,
dass die R. im bewusstloscn Zustande bei vorhandener
Klefersperre unfahig zu gewaltsameu Athemanstrengungen
war und dass so im vorliegenden Falle der Tod sehr raeeh
eingetreten sein konne, dass gewisse Zeichender Erstickung
fehlen konnten , gewisse vorhandene anch auf das cpilep-
tische Grundleiden zn beziehen seien und anch wenlger
Hackerlingstheilchen in den Athemorganen anfsndnden
waren , als so.is't wohl anzunehmen sein wurde. Die
Ruckenlage konne recht wohl im epileptischen Anfalie in
eine Seitenlagc und Bauchlage verwandelt worden sein.
Es sei femer sehr moglich, dass schon beim ersten Fallen
und in der Seitenlage die Hickerlingstheilohen in Nase
nnd Augenlidfalten gelangten, ja dass, wenn, wie gewdhn-
llch, der Hackerling sehr stark staubte, die betrellenden
Hkckerlingstheilchen schon vor dem Anfalie an die Stelle
komaaen konnten, wo sie gefunden warden , wie snob der
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VIII. Staatsarzneikunde.
395
Fnttentoagel vor das Gaumensegel gekommen seta m5ge,
ehe eine Kiefersperre vorhanden war. Andererseits giebt
Oe. die MogLichkeit zu, daes die R. in Folge des epilep-
tischen Krampfes erstickt sei. Den SektionBbefand bei
epiteptischen Irren findet er nleht durchaae anf Epilep-
ttache uberhanpt anwendbar. Es giebt Falle von Tod im
epileptiachen Anfalle , wo ini Oebirn , ja im ganzen Orga-
nism us , keine Veranderungen gefunden werden konnten,
dnrch welche der Tod irgendwie hatte erklart werden
kdnuen; einige Umst&nde sprechen daffir, dass der be-
treffende Aufall eiuen besonders schweren Charakter hatte.
Oe. fasst seine Ausfubrungcn sclilusslich folgendermaaaaen
znsammen : 1) die Verstorbene ist h5chst wahrsclieinlicL
den Ersticknngstod gcstorben ; 2) die Obdnktion giebt
ketaen gendgenden Anhalt znr Entscheidung der Frage,
ob diese Eratiekung aus innerer Ursache (doroh den epi-
leptischen Krampf) Oder durch Verechluas der Athmunga-
wege von anssen erfolgt ist.
Ober-Med.-R. Dr. v. HSlder halt nicht nur den Er-
stickungstod furerwiesen, sondern halt es anch fOr zweifel-
los , dass die Ersticknng in Folge des (lurch den Hacker-
ling bewirkten Luttabachlusaes eingetreten ist. Die Er-
acheinungen, welche an den Epileptikern inderlrrcnanstalt
zuO. beobachtet worden sind, konnen anch bei nicht deti-
nirten Epileptikern verwerthet werden , da auch letzteTe
mehr Oder weniger geistig-abnorm beschaffen sind und
die Anfalle beider Kategorien Epileptischer sich wesent-
lich gleich verhalten. Die Annahme eines besonders
schweren Anfalls und die Adspiration der Hackerlinga-
theilcben durch Stauben beim Herabfalien weist v. H.
znruck ; ob letitere beim Fall auf den Boden oder naeb
dem Legen anf den Hickerlingahanfen stattfand, lasso
sich nicht entscheiden. Die R. konnte ihre Lage auf dem
Hanfen verandern, und endlich ist es wohl auch sehr
mogiich , dass der Vorgang im Sinne der Anklage sich ab-
spielte.
Bei derDilferenz derQntachten der Sachverstandigen
verneinten die Qeschworenen nach korzer Berathung die
Schuldfrage a. cndete die Verhandinng mit Freisprecbnng
des Angeklagten.
Bei dieser Geiegenheit erwahnt Ref. einen Fall ans
der Praxis seines Vaters , wo ein BjShr. Knabe , der in
etaen Hanfen Spren gespnmgen war , in demselben todt
anfgefonden wnrde. (W. Hesse.)
502. Casuistische Uotizen ; von Dr. Fried-
r i c h F a 1 k , Kreis- Wundarzt in Berlin. (Vjhrscbr.
f. ger. Med. N. F. XXIU. 1. p, 14. 1875.)
Der erate der von Vf. xnitgetheilten Falle be-
trifft etae Vergiftung durch SchtcefeUaure.
Ein 2j&hr. sohw&chlicher Knsbe trank am 31. Mai
ans Versehen zum Pntzen kupferner Geschirre bestiinmte
Sohwefelsaure , schrie sofort furchtbar nnd starb 12 Std.
danach , obschon er bald nach dem Verschlucken der
Schwefelsanre Milch und Magnesiapnlver erhaiten hatte.
Schmerzen waren 1 Std. nach dem Unfalle nicht vorhan-
den , es war weder Erbrechen nooh Durchfall , sondern
nur etwas vermehrte Speichetabsonderung und Respira-
tionafrequenz zn bemerken.
In Anbetracht des nicht sehr pragnanten Befundes
(die Aetzung hatte kanm bis zum Schlunde gegriffen,
namentlich waren Magcn and Darm intakt) bei der am
2. Juni nach sehr heissen Tagen vorgenommenen Sektion
lautet das sammariscbe Gutachten : der Obduktionsbefund
widersprioht in keiner Weiae dem Verdacht einer todt-
licben Vergiftung durch eine 85ure. Obwohl das Kind
die Saure bald ausgespien haben konnte , ergab das Ge-
fass, worin sich Speiserohre, Magen, DQnndarm nebst
Inbait befand, bei der durch Prof. 8onnenschein ans-
gefuhrten Untcrsucliung so viel Schwefelsanre als 0.003
Grnmi. engl. SehwefelsSnre entsprieht, sowie in den in
AJkohot tral&stiche® Thellen so viel Esd- and Alkallsulpbat
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als 0.006 Gnus. Schwefete^urehydrat entsprieht; in
einem zweiten Gefasse aufbewahrte Stucke von Milz,
Leber, Nieren, Blase, Here und Blntgerinnsel ergaben
deutliche Spuren freier SehwefelsSnre.
Es entsteht die Frage , wie es zu erklftren ist,
dass bei der Widerstandsfiiliigkeit der Magenwand
der Tod dem Unfalle so bald folgte. DieReizimg der
Magenwand (reflektorisehe Oontraktion der Kdrper-
arterien , An&mie des cerebralen Respirationseen-
tnim und dadurch Vernichtnng der vitalen Fnnk-
tionen) gentlgt hierzu nicht.
Ein rascher Ersticknngstod durch obstrnirende
Beachfidigung des Laryngo-Trachealkanals war anch
nicht voihanden. Die in den ersten Wegen berech-
neten Mengen von Scbwefels&ure waren sehr ge-
ringe, besonders da keine Entfemung der Sfture durch
Mund oder After stattgefunden hatte. Der schnelle
Tod muss demnach bei positivem Nachweis in den
Sekreten, u. a. als Wirkung der Resorption von
Schwefelsfture anfgefasst werden, und zwar als Herz-
l&hmung durch resorbirte S&ure, auf die insbesondere
die Blutfillle derLungen zu beziehen ist. Bemerkens-
werth ist noch, dass der Verwesungsprocess sich
keineswegs z&gemd zeigte.
Im 2. Falle lag die Frage zur Entscheidung vor,
ob der Tod durch absichtliche oder zufallig* Vet -
letzung herbeigeftihrt worden -sei.
8, lebte mit seiner Frau in Unfriedem ; wenige Woohan,
nachdem er gegen seinen Sohn ausgesprochen , dass er
sie gelegentlich „kalt machon“ werde , stach er dieselbe
am 26. Dec. Nachm. im Beiseiu seiner jnngen Kinder mit
dem Taschenmesser in den Unterleib. Die Fran starb
am nacheten Morgen 9 Uhr. S. gab an , dass er dicht
links neben seiner Frau gesessen and geschnitzt habe uad
von derselben mit der bloscn Hand derartig auf den rech-
ten Ann geschlagen worden sei , dass letzterer mit Wucht
nach unten geschleudert wurde und dabeiderunglfickliche
Stich erfolgte. Dr. F. gegenfiber sprach er nur von
einem Aufrennen der Verstorbenen in sein anfgekiapptes
Taschenmesser. Der Sektionsbefund ergab das Vorhan-
densein einer gleiclifSrmigen geradlinigen Stichschnittver-
letznng. Die Wnnde tnaaas in den Snssern Banchdecken
2.26 Ctrotr. (war mithin schon gr$sser, als sie durch eta-
fachen Stich verursacht werden konnte), an deren Innen-
flache 3, an der vordern Magenwand 5 Ctmtr., der untere
Wundwinkel war Btumpfcr; eine anaehnliche Menge eines
Gemisehes von Bint nnd Mageninhalt lag in der Baueh-
h&hle.
Die Wunde war von unten und oben zngineli
von anssen nach innen beigebracht worden. Da
aber noch ein Tuchrock, ein starker wollener, faltiger
Friesrock und ein grobleinenes Hemd durchbohrt
worden war, so musste das Messer mit betrilchtlicher
Qewalt eingestochen worden sein. Die Verietzung
konnte mithin nicht anders als durch gegnerischen .
Stoss erfolgt sein. Bemerkenswerth erscheint noch,
dass in der Leiche keine Spur von Blutgerinnung
um die Wnnde , weder in der Bauchwand , noch im
Magen oder in der PeritonkalhOhle gefunden wurde.
Eben so wenig waren Injektionen oder aonstige
Reakti onaerscheinnngen um die Wunde wahrzuneh-
men, obwohl der Tod erst mehrere Stunden nach der
Verietzung eingetreten war. Als Grand hierf&r be
tracMetVf. den fitntrerlwt, den synkepaka Zwrtand,
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296
IX. Medlcin im Allgemeinen.
wdcher bald nach der Verletzung reflektorisch ein-
getreten war.
Im 3. Falle handelte es sich um die Art des
verletzenden Werkztuges.
Neben verschiedenen Verletzungen mit einem Messer,
resp. Beil , die den Tod zur Folge gehabt hatten , fand
sich bei der Sektion eines Leicbnams in dcr linken Achsel-
b6bie, und zwar nach dem Thorax hin 2 Ctmtr. vom
anssern Kande des M. pector. maj. entfemt, eine bohnen-
grosse Hautwunde , die oval , aber doch anch , namentlich
bei Abduktion des linken Oberarms, als ein linearer senk-
recbter Spalt erschien. Vom anssern RandedieserWunde,
qner nach hinten, verlief ein 7 Ctmtr. langer, stellen-
weise bis auf das Zellgewebe dringender, am vordem
Uritttheil 1 Ctmtr. breiter , weiterhin aber ganz schmaler
Riss ; Bander und Grnnd zeigten starken Bluterguss.
Von dieser Wnnde wird im Gutachten gesagt,
dass sie ihre Entstehung der Einwirkung eines
schm&len spitzigen Instruments verdanke. Die MOg-
lichkeit, dass dieselbe von einem taschen- oderfeder-
messerartigen Instrumente herrtlhre, ist allerdings
nach F.’s Ansicht nicht zu leugnen, er halt es aber
fllr eben so wahrscheinlich , dass ein pfriemen- oder
dornftirmiges Instrument als WafFe gedient habe.
Schon Dupuy tren machte die Bemerkung, dass
ein stechendes Werkzeug von runder Form keine
runde Verletzung setzt , sondern eine , wie sie durch
einen flachen zweischneidigen Dolch verursacht wird.
Auch F.’s zahlreiche Vereuche ergaben, dass solche
spulrunde, dornftJrmige Werkzeuge keine junden
StichCflhnngen , sondern lineare Spalten bewirken,
welche an verschiedenen KOrperstellen verschiedene
Richtung haben. Er glaubt jedoch im Widerspruch
mit Dupnytren und Langer wahrgenommen zu
haben, dass, wenn das Instrument tief vordringt, die
WundOffnungen in dcr Haut meist den Werkzeugen
conformere, rundliche Gestalt darbieten kcinnen. In
Uebereinstimmung mit Langer fand F., dass bei
stumpfer Spitze stellenweise gerissene Wnnddflhungen
auftreten. Dass Stichwunden durch die Haut bald
auseinander gezerrt, bald verkleinert werden, hilngt
davon ab, ob die Verletzung der Richtung jener
Hautfaserzflge nnd ihrer Krenzungen entspricht oder
nicht.
Der 4. Fall erscheint filr die Diagnose des Er-
trinkungstodea von Wichtigkeit. Bekanntlich wird
bei Ertrunkenen die erstickende Fltlssigkeit constant
in den Luft- und Verdauungswegen gefunden; dless
gilt namentlich auch fllr Neugeborene. Um so mehr
Beachtung verdient die von F. an einem neugebo-
renen ausgetragenen Kinde, das */i Std. gelebt
hatte , lebend in einen Ttlmpel gelangt , dort ertrun-
ken und l’/g Std. danach herausgefiseht worden
war, gemachte Beobaclitung. Bei der 3 T. nachher
vorgenommenen Sektion konnte namlich die Er-
trftnkungsmasse , trotz reichlichster AnfUllnng ailer
Athmungswege mit derselben, im Magen nicKl auf-
gefunden werden. (W. Hesse.)
IX. Medicin im
503. Zur Lohre von der Perkussion und
Auskultation.
Dr. 0. Rosenbach gelangt in seiner Abhand-
lung „ein Beitrag zur Lelure vom Perkuasionsschall
dee Thorax f* (Deutsches Arch. f. klin. Med. XVII.
6.p. 609. 1876), anknflpfend an die von Da Costa
sogenannte respiratorische Perkussion , d. h. die die
Respirationsphasen begleitenden Verinderungen des
Schalls, zn nachstehenden Folgerungen. 1) H6he-
verftnderongen des Perkussionssehalls fiber den Lnn-
gen finden sich stets bei In- und Expiration. 2) Sie
bAnge n nicht von Spannungs&nderungen des Lungen-
parenchym , sondern von solchen der Thorax wand,
besonders der Muskulatur ab. 3) Die durch Span-
nungsverknderungen des Parenchym bei In- und Ex-
spiration entstebenden Schallhdhever&nderungen Bind
zwar onbedentend vorhanden, werden aber durch
die Thoraxwand verdeckt. 4) Zur Erkenntniss von
pathologischen Spannungsveranderungen des Paren-
chym ist daher der Hdhewechsel bei In- und Expi-
ration nicht zu verwerthen. 5) Aus dem Auftreten
des tympanitischen Schalls in der Athmungspause
oder Expirationsstellung kann man jedoch nnter ge-
wisaen Verhaltnissen auf veranderte Spannungsver- .
halts isse des Parenchym schliessen. 6) Das Lauter-
werden des Schalls wahrend der Inspiration lfisst
sich mit Vojraicht diagnostisch verwerthen. 7) Der
tympanitische Schall entsteht in begrenxten Rlamen
von gewisser GrOese durch Schwingungen der in
Allgemeinen.
ihnen enthaltenen Luft. 8) Die Wahrnehmung eines
tympanitischen Schalls in solchen Raumen hangt ab
von der Durchgangigkeit der Wande fllr die Schall-
wellen von innen und fllr dieselben erregende Stdese
von aussen. 9) Eigenschwingungen der Wandung
stdren den tympanitischen Schall nicht, so lange fllr
einen genflgenden Durchtritt der Schallwellen der
eingeschlossenen Luft nach aussen gesorgt isL
10) Bei stark gespannten oder dichten Wanden ist
das Zustandekommen des tympanitischen Schalls um
so schwieriger, je gekrtlmmter die Flachen aind.
11) Beim Perkutiren gekrtlmmter Flachen wird die
Intensitat des Perkussionsstosses abgeschwacht , die
innen befindliche Luft weniger erschilttert und das
Heraustreten der Schallwellen durch starkere Re-
flexion gehindert.
In einem 2. Artikel „die Relaxation des Lun-
gengewebes und Bemerkungen aber den Schachtel-
ton und Schallh6hewechseV ‘ (a. a. 0. XVHI. 1.
p. 68 flg. 1876) unternimmt Rosenbach eine
nachtriLgliche Kritik der von Baas gegen die An-
n&hme einer Relaxation als Ursache des tympaniti-
schen Schalls gerichteten Bedenken. In einer Iangen,
indessen nicht recht klaren und verstindlichen De-
duktion gelangt R. zu dem Ergebniss : „Es ist theo-
retiBch kein Zweifel dartlber mflglich, dass eine Re-
laxation des Lungengewebes stattfinden kann, sie
lasst sich theilweise (beginnende Atelektase) patho-
logisch-anatomiscb nachweiaen. “ [Ref. vermisst hier-
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IX. Medidn im Allgemeinen.
297
bei dem Nachweis, daas Das, was Vf. bier „ Relaxa-
tion 11 nennen zu dtlrfen glaubt , auch tympanitischen
Schall zu erzeugen gentigt.] In direkter Polemik
wird als Hauptfehler der Baas’schen Deduktionen
beaeichnet, dass sie Spannungsabnahme mit Elastici-
tUtsabnahme gleichsetzen und das Zusammenfallen
der Lunge durch ihre Elasticity (also gerade die
Relaxationszustilnde) von einer Compression durch
den Luftdruck ableiten. Den Widerspruch , den
Baas vergeblich zn Ibsen sucht, klSrt R. so auf:
„ nicht die Elasticit&t geht verloren, sondem die
Sp&nnung; erutere tritt in Kraft. “ Bei der heraua-
geaommenen Lunge ist es nicht der Hussere Luft-
druck, welcher die Lunge comprimirt , sondern die
zur Geltung gelangende Elasticitat, welche sie ver-
kleinert, w&hrend der ftussere Luftdruck diese Wir-
kung nur ermflglicht.
Im 2. Theile seiner Arbeit untersucht Ros. die
Qenese des „Schachteltones“ bei Emphysem, von
Biermer zuerst, neuerdings auch von H e r t z be-
schrieben: „ein sonorer, leicht tympanitischer Schall,
der fiber geblabten Lungenpartien vorkommt.“ „So-
nor u ist in die Componenten „sehr laut“ u. „hoch“
zn zerlegen. Das tympanitische Timbre tritt bei
Versuchen an Schachteln erst hinzu , wenn man ein
Loch einsticht. Ausserdem ist mbglichst geringe
Convdxitat wesentlich. Daraus schliesst Ros., dass
der Schachtelton allein von Grosse und Material der
perkutirten Wand abhange, die Luft bei der starken
Spannung der Wand unbetheiligt bleibe. [Ref. findet
ahnlichen, aber tiefen Schall bei alten Lenten mit
starrer, flacher Bnistwand und senilem Emphysem.]
Was den Schallhdhe wechsel am Thorax bei In-
und Exspiration betrifft, so vervollsttlndigt Ros.
seine frflhern Ausfilhningen durch Betrachtung eines
3. Faktor : die Weite der Stimmritze bei den Respi-
rationsphasen , auf welche schon Friedreich Ge-
wicht legte. Doch kann Vf. weniger die grfissere
oder geringere Weite der Stimmritze (mit Fried-
reich) von Einfluss sein lassen, als vielmehr, beim
Tieferwerden wahrend des Verschlusses der Glottis,
die exspir&torische Erschlaflhng der Thoraxmnskeln.
Beim Schallhdhewechsel in Cavemen bei Lage-
verftnderungen kommen 2 Faktoren in Betracht : un-
willkflrliche Inspiration beim Aufsetzen und Verkn-
demngen im Gleichgewichtszustande der Rippen
durch Muskelcontraktion. Dass erstere nicht allein
im Spicle ist, beweist die Erfahrung, daas dieaer
Wechsel auch an Leichen beobachtet wird. Bei der
Diagnose der Cavernenform ist daher Vorsicht um
so mehr anznrathen, als der Hbhewechsel selbst da
nicht ausbleibt, wo die Cavemen mit FlUssigkeit ge-
fllllt sLnd. Auch bei Feststellung eines Tieferwerdens
des Schalls bei anfrechter Haltung ist daranf zu ach-
ten, dass man in beiden Lagen bei derselben Respi-
rationsphase perkntirt.
Beobachtungen uber SchalUiOhewechsel bei Ca-
vemen bringt die Wtlrzburger Inaug. - Diss. von
Med. Jahrbb. Bd. 171. Hft. S.
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Ho be in (abgedr. im Deulsch. Arch. f. klia. Med.
XVII. 6. p. 535. 1876). Dieselbe enthalt die Be-
richte von 10 Fallen, die unter folgende Rubriken
vertheilt sind : 1) 4 Falle mit langstem senkrechteu
Durehmesser ; 2) 4 Falle mit langstem sagittal en
Durchmesser; 3) 2 Fade mit complexen VerhaiE
nissen. Daran schliesst sich ein 11. Fall, in wel-
chem dieser sogenannte Gerhard t’sche Scball-
wechsel vorhanden gewesen , die Sektion aber keine
Caveme ergab. Das Gesammtergebniss H. ’s lautet :
n Wird der tympanitische Schall fiber der Lunge im
Liegen hOher, so ist stets eine Caverne vorhanden,
wird er im Sitzen hdher, ■ so kann bei Verdichtung
des Unterlappens diese Schalldifferenz auch olrne vor-
haudeue Cavemenbiidung durch die grdsaere Spaunung
des tympanitisch schallenden Lungengewebes be-
dingt sein.
Beitrdge zur 1'heorie dee Raseelne liefert Dr.
S. Talma (a. a. O. XVIII. 1. p. 53. 1876), zu-
n&chst hervorhebend , dass schon Laennec voa
einer physikalischen Erklftrung des „Gurgelns u , mit
dem sich diese Arbeit vorerst adein befasst, nicht so
weit entfernt war als ihm gewdhnlich nachgesagt
werde. Sodann bekampft T. die Anschauung, als
werde das Gurgeln durch das „Zerspringen der Bla-
sen u erzeugt, weist vielmehr auf Grand von elemen-
taren Versuchen nach, dass dieses Schallzeichen von
diesem Zerspringen zeitlich verschieden ist, ihm vor-
angeht. Es entsteht, „ weun der Lnftball sich trennt
von der Luftsaule in der (in Wasser getauchten und
angeblasenen) ROlire und die zurllckeilende Flflssig-
keit diese Luftsaule gleichsam liUmmert. “ Dadurch
wird die Luft in der Rdhre in Schwingungen ver-
setzt und die Schallhohe des dabei gebildeten Gur-
gelns ist von den Dimensionen dieser Luftsaule ab-
hangig. Hieraus folgt, dass auch da, wo eine Fltls-
sigkeit der durch eine Ri5lire streichenden Luft den
Weg versperrt und von ihr durchbrochen wird , das
dabei gehdrte Rasseln ebenfalls nicht durch Zersprin-
gen von Blasen entstehen kann , und einige von T.
mitgetheilte Versuche bestatigen diese Folgerung.
Vielmehr ist die gerauscherzeugende Thatigkeit der
FlUssigkeit mit der einer Zunge in Musikinstramen-
ten zu vergleichen, und, diesen Gedanken experimen-
tell verfolgend, gelangt T. zn der Aufstellung : „die
Fltlssigkeit bildet Zungen, welche schwingen und in
der Luftmasse der die FlUssigkeit enthaltenden Rflh-
reu sekundare Schwingungen erwecken. Diese Rflh-
ren verhalten sich also wie Orgelpfeifen. “
Talma’s Bemerkungen uber das Vesicular -
athmen (a. a. 0. p. 65) irren zunflchst darin, dass
sie, Gerhardt nachschreibend , Ref. eine falsche
Theorie nnterschieben. Ein Blick in des Ref.
„Grundri88 etc.“ (2. Anfl., Fig. 23. 8. 80 u. J 74.
Z. 8 v. u.) lehrt , dass er das vesiculare Gerausch
nicht in den Blaschen, sondern oberhalb der Infundi-
bula, also ebenfalls in den kleinsten Bronchien (nicht,
wie T. behanptet, „in der Luft der Alveolen“) ent-
stehen lasst. Im Uebrigen erklart T. die Laennec-
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IX. Medioin im Allgeraeinen.
Skoda 'ache Theorie „um ein Geringes modifieirt*
fttr die am meisten berechtigte. Die Modifikation
ginge dahin, dass nicht die Reibmig der Loft an den
Winden , sondern die „immer rhythmische Reibnng
der Flttssigkeitstheilcben (sic!) gegen einander die
Unacbe sei.“
Zxtr physikalxsr.hen Differentialdiagnostik der
Pleuraergusae , insbesondere deren besonderen ana-
tomischen Beschaffenheit nnd mit ROcksicht auf die
vor Anstellung der Thorakocenteee zu erwilgenden
Fragen bringt Prof. B a c c e 1 1 i in Rom , nach einer
Ifittheilung von Dr. Valentiner in Salzbrunn
(Berl. klin. Wchnschr. XIV. 21. 1876) Folgendes
bei. Je dttnnfltlssiger und homogener der Erguss,
um so leichter , vollstindiger and auf grdssere Ent-
fernungen hin wird auch die leicbteste Stimm-
vibration, selbst das geflilsterte Wort, fortgeleitet
(„Aegophonie“). Am deutlichsten ist die Fortleitung
nach der Basis der Ansammlnng hin, am schwAchsten
nach dem obern Theile des Ergusses. Fibringerinnsel,
Bhit, Eiter d&mpfen die Fortleitung in aufsteigendem
Grade, Empyem hindert sie am vollstAndigsten.
Zwr Lehre von der Herzperkusnon bietet Prof.
W. Ebstein (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 35. 1875
und L 11 n i n g , Inaug.-Diss. Gdttingen) einen auf eine
neue Lasting der von Conrad i vergeblich ange-
strebten Erkennung der ,,Herzleerheit“ und „Herz-
dAmpfung" hinauslaufenden Beitrag. Nicht die GrSsse
der Herzdftmpfung ist ihm maassgebend, sondern
der Umfang der „nerzresistenz“ , wie er das bei
„palpatorischer Perkussion" oder „perkutirender
Palpation" empfiradene Geftlhl des gtArkern Wider-
standes nennt. Dass auf diesem Wege die voile
Herzgrenze bestimmbar sei , lelirten E.’s Controlver-
suche an Leichen mit eingestochenen Nadeln , sowie
die Verschiebung der „Resistenzfigur‘ f bei seitlicher
Lagerung von Lebenden gleiclizeitig mit Verschiebung
des Spitzenstosses. Eine Zeichnung veranschaulicht
die nach dieser Methode gewonnene Projektionsfigur
der HerzdAmpfung.
Ueber Gefdstgerdusche bei Unterleibege-
schwulsten, speciell bei einem Leberkrebs , bemerkt
Dr. G. Leopold (Arch. d. Heilk. XVII. 5. p. 394.
1876) zunAchst im Allgemeinen, dass die Stetho-
skopie nicht nur bei Schwangerschaft und Uterus-
tumoren , sondern auch bei Geschwtilsten des Unter-
leibes aller Art einen wesentlichen Theil der Unter-
suchung zu bilden babe. Spencer Wells und
Winckel haben in diesem Sinne Gefkssgerftusche
bei Uterus- und Ovarialtumoren , Milzvergrfisserung
und retroperitonfialen Tumoren besprochen ; L. beob-
achtete solche in folgendem Falle.
Derselbe betraf eine 48jahr. Fran von kachektischem
Habitus , aber mit enormem Leibesumfang (fiber dem
Nabel 98 , outer demselben 101 Ctmtr.). Der Unterlelb
war nimlich von einer derben, harten GeschwoUt ange-
fUt, welcbe sicb vorn unter dem rechten Rippenrande
weit herab ins grosse Becken und nach links in die Herx-
grnbe erstreckte u. sicb durch ihre scharfen, umgreifbaren
Rknder als Leber herausstellte. In der rechten Unter*
baachgegend stark dorchseheinende Yenenerweiterungen,
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mehr nach his ten and a of dem Sternum w iiftumg roM C
Varices. Perkussionsscball im ganzen Bereiche leer.
Die Auskultation ergab in der Gegend des Nabels sehr
lante blasende, dem Poise isochrone GefSssgerausche, leb-
haft an dasUteringerausch bei Schwangerschaft erinnernd.
Herstfine rein. Nach raschem Wachsthume der Oe-
schwulst erfolgte der Tod 3 W. nach der ersten Unter-
suchung , nachdem 2 T. vorher die Gefassgeratiscke ver-
schwonden waren. Die Sektion ergab einen 12 Pfd.
schweren melanotischen Leberkrebs mit Ascites.
In der Epikrise bezeichnet L. die GerAuBche als
„continuirliehes Sausen mit st&rkerer systolischer
Betonung" und sncht deren Sitz in den Leber&rterien,
und zwar in einem Capillarpulse. Beachtenswerth
ist der Umstand, dass dieselben vorwiegend bei Th-
moren von solider Beschaffenheit , am seltensten bei
solchen mit wftsarigem Inhalte auftreten. [Diesa
dflrfte eben gegen den „Capillarpuls" sprechen und
Vf. selbst schreibt den soliden Tumoren grflasere
Compressionsfkhigkeit zu.] (P. N i e m e y e r.)
504. Eine ungewShnliche Phlebektasie am
Halse nebst ru>ei retrotraehealen Retentionscysten ;
von Dr. Wenzel Gruber. (Virch. Arch. LXV. 2.
p. 227—233. 1875.)
Bei einem Alteren an Typhus verstorbenen
Mami e fanden sich rechterseits am Halse die beiden
folgenden AbnormitAten.
a) Dicbt an der Yereinigung der Jugularis interna
mit der Subclavia hatte die aussere Wand der keineswegs
stark hervortretenden Jugularis , im Sinns einer daselbst
beflndlichen Klappe, eine 4 Mmtr. grosse Oeffnung , die
jedoch durch eine cirknlare Klappe von 1.6 Mmtr. Durch-
measer so verengt war, dass nur eine 1 Mmtr. grosse Oeff-
nung ubrig blieb. Diese Oeffnung fuhrte in eine Erwei-
terung, eine Phlebektasie oder einen Varix von 3.6 Ctmtr.
in querer nnd 2.6 Ctmtr. in vertikaler Richtung. Diese
Erweiternng war, abgeseben von der genannten Oeffnung,
vollstandig geschlossen, ihre Wandungen aber waren fast
gieich dick, wie jene der Jugularis interna. Sie lag ober-
halb der V. subclavia auf dem Scalenus , auf der Trans-
versa scapulae und der Transversa colli , sowie auf dem
Phrenicus , durch die Fascia omoclavicularis bedeckt nnd
elngehullt. Ein platter fadenformiger Strang, der von der
vordem Flfichc der Wirbelsauic her hinter der Jugularis
int. aufstieg , war unter einem spitzen Winkel an die
obere Wand jener Venenerweiterung angeheftet. Ver-
mnthlich war dieser Strang der Y. vertebr. ext. anterior
angeh5rig, die in die Jugularis einmundete. Durch be-
sondere Kiappcnverhaltnisse bedingt, scheint das End-
stfick dieser Yene in der angegebenen Weise eine Erwei-
ternng erfahren zu haben.
b) Eben falls an der rechten Seite des Halses fanden
sich 2 Ausstulpungen oder Cysten , eine obere kleinere
und eine untere grossere , die der hintern Wand der Tra-
chea, da wo diese an die Seitenwand der Trachea stSsst,
gestielt aufsassen.
Die kleine Cyste, die prall gefullt war, sass unter halb
des dritten Trachealknorpels stielffirmig an der genannten
Stelle der Trachea. Sie hatte 9 Mmtr. Hohe, auf 4 bis
6 Mmtr. Breite und Dicke. Wo der Stiel dieser Cyste
aufsass , zeigte die Scbleimhaut der Luftrfihre eine ganz
feine Oeffnung, die ohne Zweifel zn dieser Cyste ffihrte.
Die grouse Cyste, welche sagittal abgeplattet war,
2.4 Ctmtr. Hdlie und 1.8 Ctmtr. Breite besass , haftetc
vermittelst eines vom vordem untern Umfange abgehen-
den Stiels , gegenuber dem Interstitium zwischeu 6. and
6. Trachealknorpel , an der hintern Wand der Luftrohre.
Sie lag hinter der Scliilddrfise und wurde von der Carotis
communis bedeckt. Durch eine bis 2 Mmtr. lange Qner-
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IX. Medicin itn Allgemeinen.
spalte la dor LuftrShrensohleimhaut communicirte diese
Cyste mit der Trachea. Sie bildete eine einzige groase
HChle, deren Wande 0.25 — 1 Mmtr. Dicke hatten, und
zeig-te auf der Innenflache ein Netz glatter Balken , zwi-
sehen denen sich 8 pal ten and aam Theil Auebnchtangen
befanden. A us diesen S pal ten Hess sich eine schleimige
Flussigkeit in die sonst leere Ho hie herausdrucken.
In der aufgeachnittenen Luftrohre erschien die Schleim-
haut etnas verdlckt , sonst aber zeigte sich nichts Abnor-
mes , abgerechnet einen am rechten Ende der hintern
Wand etwa bis zum 13. Knorpelringe herablaufenden und
etwa 2 Mmtr. breiten Streifen , auf dem in einer Langs -
linie gelegenegrbssere meistspaltformigeDruBenoffnungen
sichtbar waren. Eine dieser Oeffnungen , die nur etwas
grosser war und in einer trichterffirmigen Vcrtiefung lag,
fiihrte in die Hdhle der grossern Cyste. Auch die feine
Oeffnnng, die zur kleinem Cyste fiihrte , entsprach einer
der Drusenbffnungen dieser Reihe.
Diesem nach werden die beiden Cysten niclit als
Hernien der Trachealschleimhaut aufzufassen sein,
sondern als Schleimcysten oder Retentionscysten,
die durch Retention des Sekrets in retrotracliealen
Schleimdrtlsen sich biideten. An der Bildung der
grOsseren Cyste haben mehrere Schleimdrflsen An-
theil genommen , an der Bildung der kleinen Cyste
nur eine einzige. (T h e i 1 e.)
505. Ueber Unregelmftssigkeit im Vor-
handensein des Canalis infraorbitalis bet Geistes-
feranken, Verbrec.hern und Gesvnden; von Dr.
Cornelli. (Riv. clin. 2. Ser. V. 12. p. 367. Die.
1875.)
Namentlich seit den Arbeiten von Calori 1st
man auf die Seltenheit und Wichtigkeit des Vorkom-
mens eines doppelten Infraorbitalkanales anfmerksam
geworden. C. fand bei der Untersuchung der Scha-
del mehrerer Sammlungen Folgendes.
Unter 115 Schadeln der Sammlungen der Prof.
Z o j a und Prof. Lombrosodes anatomischen Mu-
seums zu Pavia waren 4 mit beiderseitig doppelten
Infr&orbitalkanftlen , bei 5 Schadeln wurde ein dop-
pelter Infraorbitalkanal nur rechts , und bei eben so
vielen nnr links ein doppelter Kanal gefunden.
Von 130 Schadeln der psychiatrischcn Sammlung
zeigten 6 beiderseitig einen doppelten Infraorbital-
kanal , 5 nur rechts und 4 nur links doppelt vor-
bandene.
Der Befund bei Gesunden und Geisteskranken
zusammen betrachtet bietet eine grosse Aehnlichkeit
mit den von Calori (10 °/ 0 ) und Gruber (ll°/ 0 )
mitgetheilten Thatsachen, denn er ergiebt 12°/ 0 .
Nur giebt Gruber eine bedeutend vorwiegende
Hiufigkeit des Vorkommens der Anomalie der rech-
ten Seite (71 zu 45 linkerseits) an, wahrend obige
Zablen eine beinahe gleiche Haufigkeit beider Seiten
als Befand der Sammlungen in Pavia ergeben. Doch
1st zu bemerken , daas an den Schadeln geistig Ge-
stflrter 6mal von 15 die Unregelmassigkeiten auf
beiden Seiten vorhanden waren, wahrend bei den
andern Schadeln nur 4 unter 14 eine gleiche Ano-
malie zeigten.
Interessanter war ea , die Art der geistigen Sta-
rring zu bertlckachtigen. Unter 14 Cretinenschadeln
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waren 3 mit doppeltem Foramen supraorbitale
(= 23°/*). Merkwttrdiger Weise war unter ihnen
ein Schadel mit beiderseitig 3fachem Foram. supta-
orbitaie, eine Unregelmassigkeit, die Gruber. unter
3000 Schadeln nur ein Mai gefunden hat.
Unter 11 Schadeln von MiJcrocephalen oder
Submikrocephalen hatten 3 beiderseitig ein doppeltes
Foram. supraorbitale (=■ 27%), wogegen unter 17
Verlrrecherechadeln nur 3 mit gleicher Anomalie
(= 17%) gefunden warden. Auffallender Wetee
waren aber unter 95 Schadeln von Geisteskranken
nur 8 Anomalien dieser Art vorhanden , also 8%,
d. i. weniger selbst als bei den Schadeln Gesunder.
(ZinkeiBen.)
506. Ueber Schlaflosigkeit , ihre Ursachen
und Behandlung ; von Dr. J. Milner Fother-
gill. (The Practitioner XCII. p. 103. Febr. 1876.)
Die Experimente von Durham, Hammond,
Donders u. A. haben es ausser alien Zweifel ge-
stellt, dass wahrend des Schlafes ein anamiBcher Zu-
stand des Gehirns besteht, was man an und fUr sich
anznnehmen geneigt sein musste nach dem physio-
logischen Gesetze , class die funktionelle Thatigkeit
eines Organs in geradem Verhaltniss stebt zu seiner
BlutfUlle. Jene Anitmie nun wird durch das Zu-
sammenwirken von 2 Faktoren hervorgebraebt,
namlich durch eine Veranderung im GefUsssystem
und eine Verminderung der Thatigkeit indenNerven-
zellen des Gehirns selbst. Diese beiden F&ktoren
mtlssen bei der Behandlung der Schlaflosigkeit wohl
ins Auge gefasst werden.
Leiehtere Formen von Schlajlosigkeit werden
durch folgende Ursachen hervorgebraebt.
1) Kalte Fusee sind niebt seiten die Ursache von
Schlaflosigkeit, indem die Contraktion der kleinen
Arterien nicht nur an den Fttssen, sondern an einem
grOsseren Theile des KiJrpers eine arterielle Hyper-
amie des Gehirns hervorbringt , welche den Schlaf
verhindert. Mehr als die Anwendung von Warm-
flaseben empfiehlt sich hier, besonders bei j ungen
Leuten, Eintauchen der FUsse in kaltes Wasser und
Abreiben mit einem groben Tuch , bis sie warm
werden.
Ebenso kann die niedrige Temperatur des Bette
besonders bei alten Leuten und Herzkranken den
Schlaf verhindern. Hier wird Ausw&rmen des Bette
oder der Genuss eines alkoholhalflgen Getranks
Schlaf bewirken.
2) Erhdhte K firper temper atur kann ebeifalls
schlaf hindemd wirken. Fieberkranke schlafen, so-
bald Kalte applicirt ist ; andere , wenn sie kalt ge-
tnrnken haben, noch andere , wenn man einen Theil
ihrer Bettdecken entfernt und endlich manche, wean
sie ein Glied unter der Bettdecke hervorstrecken.
3) Erhdhte Vascularitdt des Gehirns, begleitet
von allgemeiner Aufregung im Gef&sssystem ist
Ursache der Schlaflosigkeit bei schmerzhaften und
entztlndlicben Krankheften oder bei den verschiede-
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900
Henle, Oeftaelehre.
mo Forman von Geistesknmkheit. Hier kommen
3 Faktoren m Betracht, n&mlich 1) die lokale Him-
hyperAmie , 2) die allgemeine GefAssaufregung, and
3) die Temperaturerhphung. Das Opium allein kano
hier nicht helfen ; Graves rAth vielmehr , es mit
Tartarus stibiat. zu verbinden. Den bei dieser Form
von Insomnie bestebenden Indikationen entspricht
das Chloralhydrat , indem es das Nervensystem be-
rubigt , die Herz&ktion verringert and die Tempera-
tur herabsetzt.
4) Schmerz wird dadurch zur Ursacbe von
Schlaflosigkeit, dass er als ein Reiz auf die Cirkula-
tion wirkt und eine ErhOhung des Blutdrucks im
g&nzen Kbrper, einschliesslicb des SchAdelinnern be-
dingt. Das in solchen Fallen von Schlaflosigkeit
gereichte Opium sollte daher combinirt werden mit
einem den Gefftssdruck herabsetzenden Mittel, wie
Aconit, Tart, stibiat. oder Chloralhydrat.
6) Steinleiden und Gicht bringen Schlaflosigkeit
hervor, auch wenn Schmerzen fehlen, durch den er-
hfihten Blutdmck. Hier hilft Opium wenig, kann
sogar schaden. Chloralhydrat, Kalinm bromatnm,
combinirt mit Hyoscyamus- oder Hopfentinktur kdn-
nen neben einer stickstofflreien Diftt und alkalischen
Wassern von Nutzen sein.
6) Getnnxandmie bedingt eine total verschiedene
Form von Schlaflosigkeit. Solche Pat. kflnnten am
Tage, so lange der Kopf der hbchste Theil des Kflr-
pers ist, recht gut schlafen, Naclits aber wacben sie.
Diese Form findet sich besonders ansgesprochen
auch bei Melancholikern. Bromkalium und Chloral
ktinnen nach Vf. hier weiter nichts bewirken, als die
Melaneholie zu einer chroniscben Dementia zu
machen; Crichton Browne u. Hammond em-
pfehlen daher Alkohol und Opium , jedes allein oder
zusammeu ; daneben kr&ftige Dint, Eisen und Cbinin.
Auch Digitalis ist zuweilen von Nutzen. Der Alko-
hol ist in den F Alien von Melaneholie, wo Unrube u.
Angst die hervortretendsten Symptome sind , das
beste Schlafmittel , indem unter seinem Einflus.se an
statt der traurigen , frbhliche und heitere Bilder am
Gemtithshorizont aufsteigen.
7) Aktive Gehimhyperarnie ala Ursacbe von
Schlaflosigkeit ist schon oben (Nr. 3) erwAhnt wor-
den. Die von Niemeyer beschriebene passive
HyperAmie , welche durch eine LAhmung der vaso-
motorischen Nerven der intracraniellen Blutgeftsse
bedingt ist und meist von geistiger Ueberanstrengung
herrUhrt, wird bei Opium- oder Chloralgebrauch
meist verschlimmert, wAhrend Bromkalium, in Ver-
bindung mit Digitalis, von Nutzen ist, auch Ergotin
wirkt hier gllnstig. Daneben vollstSndige Ruhe des
Geliims , krAftige , aber leicht verdauliche Kost ;
etwas guter Wein , Eisen mit Cliinin oder selbst
Strychnin. Bei Arthritikcm erfordert diese Form
von passiver HyperAmie ausaerdem den reichlichen
Genufls von alkalischen Wassern.
Ausser den pbarmaceutischen Mitteln empfehlen
sich gegen Schlaflosigkeit gehbrige Muskelanstren-
gung , da nach P r e y e r die Produkte der Muskeg
anstrengimg direkt scblafbringend wirken. — Be-
kanntlich hat man in Deutsciiland daraufhin bei
Kranken Versuche mit MilchsAure und milebsanrem
Natron als Schlafmittel, innerlich dargereicht , ge-
macht ; glAnzende Resultate scheinen bis jetzt nicht
erzielt wordeu zu sein. Die von Referent selbst da-
mit angestellten Versuche fordem gerade nicht sehr
zn einer Wiederholung auf. (S e e 1 i g m tt 1 1 e r.)
B. Kritiken.
56. Handbach der Gef&sslehre des Men-
soben; von Dr. J. Henle, Prof. d. Anat. in
Gbttingen. Mit zahlr. mehrfar bigen in den Text
eingedr. Holzschnitten. Zweite verb. Auflage.
(Handb. d. system. Anatomie 111. 1.) Braun-
schweig 1876. Friedrich Vieweg u. Sohn. gr.8.
XU u. 484 8. (1. Abtheilung.) (13 Mk.)
Die neue Auflage der GefAsslehre des ausge-
zeiebneten Henle’schen Handbuchs kann selbst-
verstAudlich wesenUiche Abflnderungen im Vergleiche
mit der 1. Aufl. (1868) nicht aufweisen; immerhin
finden sich hier und da einzelne vervollstAndigende
NaohtrAge, and darf sie deshalb mit vollem Rechte
als eine verbesserte Auflage bezeichnet werden.
Die 1. Auflage hat allerdings nur 440 Seiten.
Gleichwohl ist der Text der neuen Auflage doch nur
nm 28 Seiten vermehrt, denn auf p. 469 — 484 sind
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alphabetische Sachregister der lateinischen und der
deutschen Benennungen enthalten, die der 1. Aufl.
fehlen.
Die Abbildungen, deren Ziffer bis 181 ansteigt,
sind unverAndert aus der 1. Aufl. herUbergenommen
worden , mit einer einzigen Ausnahme : im Lymph-
gefAssabschnitte ist eine die Hirnrinde betreffende
Abbildung ausgefallen und durch 2 neue Figuren
ersetzt worden.
Die grtlndliche Bearbeitung der Arterien- and
VenenvarietAten wird in der neuen. Auflage, ebenso
wie in der ereten, durch Prof. W. Krause ver-
treten.
Die Darstellung des Herzens ist beinahe unver-
Andert geblieben ; selbst die rAumliche Ausdehnung
dieses Abschnitts ist genau die n&mliche. Die Dar-
stellung der Arterien hat urn 7 Seiten , jene der Ve-
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301
M o a 8 o , Movimenti dei vaai sangoigni.
nen um 8 Seiten zngenommen. Anch die Arterien-
und die Venenvarietiten haben etwa 8 Seiten mehr
in Anspruch genommen. V erh<nisamissig den
moisten Zuwachs jedoch bat die Darstellung der
Lymphgefisse erfahren. T h e i 1 e.
57. Sopra an naovo metodo per eorivere i
movimenti dei vasi sanguigni nell’ uomo;
Ricerche fatte nel Laboratorio fisiologico di
Lipsia dal Dottore Angelo Mosso. Con
17 inciaioni intercalate nel teato. Torino 1875.
G. B. P&ravia e C. 8. 67 pp. ! )
Der Mfiglichkeit, den Pula der Beobachtung aucli
dadorch znginglieh zu machen, daaa eine Eitremitit
in einen mit Waaser geftlllten und mit einem Mano-
meter versebenen Cylinder eingeschlossen wird , hat
C. Cheliua (Prager Vjhrschr. XXVI. p. 103. 1850)
zuerst gedacht , ohne jedoch wirkliche Untersuchun-
gen in dieser Richtung vorzunehmen. Dagegen be-
nutzte A. F i c k in der That eine derartige Einricli-
tung, um die Volumsznnahme einer Extremist in
Folge der jeweiligen Herzcontraktionen am Kymo-
graphion za verzeichnen. Ferner hat Pidgu achon
seit 1846 derartige TJntersuchungen vorgenommen,
u. in Marey’s Laboratorium in Paris fand Mosso
anch eine khnliche Vorrichtung in Gebrauch.
Einen entechieden vollkommenen Apparat, wo
Hand und Vorderarm bis liber das Ellenbogengelenk
hinaus in einen mit Waaser geftlllten glasernen Cy-
linder abgeschlossen stecken, die Volumsverfinde-
rungen aber an einer Millimeterskala abgelesen wer-
den konnen, oder mit nocb grbsserer Sicherheit durch
eine einer hydrostatischen Wage ihnelnde Einricli-
tnng auf einem Kymographion verzeichnet werden,
hat M o 8 8 o construirt. Er bezeichnet diesen Apparat
al8 Plethy8mograph (nh i&vafiof, Vergrdsserung,
Erffillung), dessen Abbildung und Beschreibung
p. 11 — 21 gegeben wird.
Die mit dem Plethysmographen ausgefUhrten
Versuche werden durch Diagramme tlberaicbtlich dar-
geetellt, worin horizontal verlaufende Curven das
Verhalten der Respiration , des Pulses , sowie des im
Cylinder befindlichen Wasservolums darlegen, so
dass ihr Synchronismns durch die beige fllgte in Zeit-
sekunden getheilte Linie bequem erfasst werden
kann. Wie die p. 33 — 41 vorgelegten Versuche
lehren, erf&hrt das Volumen des im Cylinder des Ap-
parats eingeschlossenen Vorderarms rasche und ent-
schiedene Verftnderungen, wenn bestimmte Modifika-
tionen der Respiration eingeleitet werden. Als z. B.
ein Erwachsener eine etwa 30 Sekunden andauemde
tiefe Inspiration vornahm , begann bbreits nach Ab-
lauf von 5 Sek. das Vorderarmvolumen abzunehmen,
diese Abnahme aber setzte sick noch Uber die Daner
der Tief-Inspiration fort und betrug schltlsslich
5.8 Cctmtr. ; die Pulsfrequenz blieb dabei unverindert.
Umgekehrt hatte eine 34 Sek. anhaltende tiefe Ex-
gpiration eine Volnmszunahme des eingeschlossenen
') Fflr die Uebenendung dankt beetens W r.
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Vorderarms am 5.6 Cctmtr. but Folge. Bine Ab-
nahme dee Vorderarm volumens , wie bei emmaKger
tiefer Inspiration , stellte sich dann ein , wenn das
gewfihnliche ruhige Athmen auf *einmal durch eine
grfissere Anzahl (28) rasch auf einander fol gender
tieferer Inspirationsbewegungen ausgeldst wurde; ja
eine kurz danemde Abnahme des Volumens stellte
sich auch dann ein , als mitten im ruhigen Athmen
2mal hinter einander tief inspirirt wnrde. Warden
die respiratorischen Bewegungen lingere Zeit (fiber
1 Min.) ganz sistirt, so erfolgte, wie bei ansgedehnter
tiefer Inspiration, Volnmszunahme der eingeaehlos-
senen Extremist, die indessen nur sehr Un gmn
zunahm und schltlsslich nor 3.2 Cctmtr. erreieht
hatte.
Eine andere Reihe von Versuchen (p. 41 — 50)
gait der Ermittelung, ob die in den Cylinder des
Apparates eingeftigte Extremitit eine Volumsver-
knderung erleidet, wenn Indoktionsstrdme daranf
einwirken. Bereits einige Sekunden nach erfolgter
Schliessung der Kette, deren Elektroden dem Vorder-
arme im Cylinder aofgesetzt sind, bemerkt man eine
Abnahme des Volnmens , die sich so gar noch weiter
fortsetzt, wenn bald darauf die Kette wieder gefiflbet
wird. Dieser Effekt tritt tlberdiess nicht bios an der
dnrch den elektrischen Strom unmittelbar getroffenen
Extremitit hervor, sonde rn gleichzeitig auch an der
nicht gereizten Extremist der andem Seite, selbst
bei so schwacher Reizung , dass die Vereuchsperson
dadurch keinen Schmerz empfindet , sondern nur eia
Geftlhl von Ameisenkriechen bekommt.
Sodann werden p. 51 — 65 Versuche angeffihrt,
wodnrch die Einwirkung bestimmter Cirkulations-
storuDgen auf das Volumen des eingeschlossenen
Vorderarmes erlilutert wird. Eine Volumsabnahme
tritt ein , sobald durch Comprimirung der Art. bra-
chialis der Zufluss des arteriellen Blutes abgebalten
wird ; wenn aber bald darauf beim 4 " Nachlasse der
Contraktion das Blut wiedernra kraftvoll eindringt,
dann erlangt die Extremitit ganz plfltzlich aogar ein
grfisseres Volumen, als vor Beginn des Versuche.
An der Extremitit der andem Seite zeigt sich zm-
ntchst eine geringe Znnahme des Volnmens , sobald
die Compression jener Art. brachialis begonnen hat,
dann aber folgt eine geringe Abnahme des Volumens,
wenn die sekundire Volnmszunahme in der von der
Compression befreiten Extremist sich einstelit.
Durch eine andere Versnchsreihe wurde ferner dar-
gethan, dass bei einem horizontal gelagerten Menschen
durch das blose Hinge nlassen der untem Extremi-
tftten oder durch die Erhebung der untem Extremi-
titen fiber die Horizontalebene daq Volumen des im
Glascylinder eingeschlossenen Vorderarms erheblich
beeinflusst wird ; im erstgenannten Falle kommt es
zu einer Volumsabnahme, die alsbald wieder ver-
schwindet , wenn die Beine passiv in die horisontale
Lage zurflckgeftthrt werden.
Im Ganzen kann man die Ergebnisse der vor-
genannten Versuchsreihen unschwer begreifen und
Erklirungen daffir linden. Dagegen ftthrtuas Mosso
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808 Brenneoke, incomplete Uterus rupturen.
in Bekeff dea Einftnaaea , den Gehirnerregnngea anf
die Mntbewegung ausflben, Versuche vor (p. 21 — 32),
die xu ganz unerwarteten , mehr weniger wunder-
baren Erscheinung%n Veraniaasung gaben. Lag eine
Venraebgperson (Mobbo selbst oder Pagliani) in
TollBtttndigster Buhe horizontal da, den Vorderarm
in den Glaacy Under des Apparates eingeftthrt, bo
gentigte der bloee moralische Eindrnck, der mit dem
Eintreten einer hochverehrten Person in den Ver-
sncharanm unvermeidlich verkntlpft ist, eine Volumfl-
abnahme der eingeBcblosBenen Extremit&t herbeizu-
ftthren , die nach Mobbo als das Produkt einer
Geftaacontraktion zu deuten sein dttrfte. Der nhm-
liehe Effekt am eingescliloseenen Vorderarm zeigte
Bich ferner , wenn die in vollkommenster Ruhe hori-
zontal gelagerte Versuchsperson der Aufforderung
naehkam, die anf einem hingehaltenen Zettelchen
vereeichneten zwei Ziffern (267 und 8) im Kopfe zn
multipUciren. Die Volomsabnahme war dabei be-
dentend genng, denn sie betrug in diesem Falle
7 C.- Centimeter. In einem andern Versuche, wo
die geiatige ThAtigkeit der ruhig daliegenden Ver-
Bnohaperson angespannt wurde , erreichte diese Ab-
nahme selbst den Werth von 11.5 C.-Centimeter.
— Ein nicht geringeres Interesse nimmt auch der
Verench in Anspruch-, wo an dem in den Cylinder
dee Apparates eingeschlossenen Vorderarme eine
Volomsabnahme sich einstellte , alB der Rttcken der
firwen Hand der andern Extremit&t mit einem Eis-
etttcke berflhrt wurde. Diese Volumsabnahme stellte
sich im Momente der Eisbertthrung ein und betrug
raach 8 C.-Ctmtr. ; mit der gleichen Rasohheit, wie
sie entstanden war, erfolgte aber auch wieder die
Awgleichung. T h e i 1 e.
58. Ueber incomplete Uterusrupturen ; von
Hans Brennecke. Halle a/S. 1875. Ploetz.
8. p. 44.
Das vorliegende 8chrifteben (Inaug. -Dissertation)
giebt eine reoht nette Daratellung dee fiber Ruptura
uteri inter p&rtzun incompleta interna vorliegenden
Materials , welches awar nicht ganz vollst&ndig be-
nntzt ist , aber doch so weit besprochen wird , als es
die oft mangelhafte Beschreibung der einschl&gigen
Fille gestattet. Trotzdem hat Vf. unter seine 22
aus der Literatur gesammelten Falle noch einige , in
denen nur mit Wahrscbeinlichkeit eine Ruptura in-
eompleta interna anznnehmen war, mitaufgenommen
und ware die Zahl dieser noch erheblich zu vermeh-
ren gewesen , w&hrend die durch die Sektion besta-
tigten Fftlle allerdings spariich Bind. Der von ihm
beobachtete Fall enthalt folgendes Bemerkentwerthe.
Eine 27Jahr., nur vor 2 Jabren an missigem Geleuk-
rheumatlsmuj) erkrankte Frau , Viertgebarende , verlor
ohne Wehen das Fruchtwasser ; erst 8 T. spater trat die
Geburt ein. Der Kopf des lebenden Kindes trat binnen
2 T. defer und war in der Schamspalte, mit grosser Kopf-
geeohwuist bedeckt, sicbtbar. Jetzt wichen ziemlich plotz-
lich die bisber kraftigen Wehen einer stundeulangen, fast
absoluten Wehenloeigkeit. Die Untersuehung erwies,
ebenso wie die angelegte Zange , deren Grlffe sehr weit
von einander abstanden, einen Hydrocephalus nach ; dea-
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halb waren die Zange utraktionen erfolgloa. Naeh Per-
foration der Pfeilnaht flossen 8 — lOUnzen Wasser ab nnd
nun eret folgte der Kopf leicht dem elngehakten Finger.
Ca. 5 Min. nach Entfermmg der Placenta dnrch
aussem Handgrlff klagte die Neuentbundene fiber Enft-
m angel , Schwarzwerden vor den Augen nnd hochgradigea
Schwachegefubl ; dabei entfarbte sich das Gesicht , die
Lippen warden cyanotisoh, starker Coliapane. Der Uterus
war gut contrahirt, es floss keinUlat ab. Ungefahr’/^Std.
nach der Entbindung starb die Frau.
Die Autop/ie ergab massige Anamie simmtlicher
Organe, beide VV. cavae strotzend mit Blut QberfuQt.
Uterus median gelegen , gut contrahirt. Kechts von ihm
waren die Peri tonaalfal ten des Lig. lat. dextr., sowie die
Peritonaalauskleidung der Fossa iliaca dextra von durcta-
schimmerndem Blute blau verfarbt. Periton&um nirgends
verletzt. Im obem Drittei des Cervix fand sich rechter-
seits, etwa flngerbrcit unter derGegend des innern Mutter-
mundea , eine ca. thalergrosse , rnndliche Stelle mit fetzi-
gen blutig sugillirten Randcrn und Grunde. Der Schleim-
hautfiberzug dieser Stelle war deutlich usurirt, aber erst
in einer gewissen Tiefc nach dem Peritonalfibergange bin
nabm sie den nnverkennbaren Charakter einer vertikai
verlaufenden Ruptur an. Die ganze Muskelschicht war
durclibrochen. Zwei bier eingeffihrte Finger gclangten in
eine grossc, von den auseinander gewichenen HISttem des
Lig. latum dextr. gebildete und mit Behwarzrothen Blut-
coaguiis erfuliteHohlc(subperitonaale8Hamatom), welche
sich auf die Fossa iliaca dextra , und hinter dem Colon
adseendens bis zur Nierengegeud in die Hohe , nach vorn
und unten zn bis in das lock ere Bindegewebe zwischen
Cervix uteri nnd Harnblase erstreckte. Die Menge des
ergossenen Blutes betrug etwas mehr als 1 Pfund. An
der hintem Wand fand sich ausserdem , oberhalb des
innern Muttermundes , eine zweitc, fast eben so grosse,
rundliche Stelle, an welcher nur die innereten Muskellagen
in einer Tiefe von ca. 0.26 Ctmtr. usurirt waren. Das
Herr war v511ig normal ; im rechtcn Ilauptzweige dor Art.
pulmonalis sass ein lockeres, etwa haselnuss grosses, altes
Gerinnsei, dessen Ursprungsstelle nicht gefunden wurde.
Den Tod erklftrt Vf. wohl mit Recht nur zum
Theil aua der innern Blutnng , deren Menge keine
tddtliche war , zum andern Theile aus der Embolie
der Pulmonalarterie.
Vf. unterecheidet streng iwischen Usuren und
Rupturen , zwischen unvollsttndigen Durchreibungen
nnd Zerreissungen der Uteruaw&nd und l&sat nur
letztere unter dem Namen ,, incompleter Rupturen"
gelten. Dieselben zerfallen wieder in 2 Gruppen,
je nachdem der Riaa den Peritonaalflberzug betrifift
und die Muscularis mehr weniger intakt lisst (be-
deutend softener) oder die Muscularis von der Deci-
dualMche her der zerreissenden Gewalt nachgiebt
(Vfs. Fall) ; hiernach ist eine Ruptura incompleta in-
terna und externa zu unterscheiden. Dem gewdhn-
lichen Sprachgebrauch entgegen nennt Vf. die Rup-
tur, bei der der Periton&alzug reisst, R. incompleta
externa [also mit innerer Blutung], die aber mit
unverletztem Peritonilum R. incompleta interna [mit
bald innerer , bald ftuBserer Blutung]. Ihre Aetio-
logie ist durchgreifend verschieden. Die Ruptura
incompleta externa entateht stete unter scheinbar
ganz normalem, zu keinen operativen EingriffenVer-
anlasaung gebendeu Geburtsverlaufe ; weder rftum-
lichea MisaverhAltniae und dadurch veranlasste lang-
wierige Geburtsarbeit, noch sttlrmiache Wehenthfttig-
keit laasen die L&aon ahnen, walche zuweilea bereits
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108
Arlt, Kurxrichtigkeit.
bei dcm schwaohen Wehenbeginne eiatritt. Vf. sieht
mis die Ursache dieser von ihm als „externe“ be-
zeichneten Klasse incompleter Uteruarupturen stets
eine mangelnde Elasticit&t des Peritonttum an. —
Die Aetiologie der Rupt. incomplete interna erbliekt
er dagegen in RigiditJU des Muttermnndes , krank-
hafter Degeneration der Muscularis des Cervix , ent-
zttndlicher Erweichung des Uterusparenchyms und
besonders hftufig in einer vorgtLngigen Usur, die bald
dnrch Drnck des Cervix zwischen vorliegendem
Kindestheile und der Beckenwand oder nur dnrcli
anhaltendes Andrftngen besonders prominenter Kindes-
theile erzengt wurde. Es ist die Aetiologie von die-
ser Klasse der incompleten Rupturen identisch mit
der der corapleten Rupturen; bei gegebener Prft-
dispoaition wirken als ver&nlassende Ursachen beider
letztgenannten Zerreissungsformen enges Becken,
Hydrooephalie des Kindes oder Querlagen der Frncht
(Spontanruptnren) eben so gut als operative Eingriffe
dnrch die Zange oder die zur Wendung eingehende
Hand (traumatische Rupturen).
Die Symptomatologie der Ruptnra uteri incom-
plete interna (ohne Peritonftalriss) , nnter welche Vf.
aber die einfachen Risse in die Portio vaginalis nicht
einzfthlt , schildert er recht flbersichtlich ; sie ist zu-
sammenge8etzt dnrch folgende Momente.
Das am meisten constante Symptom ist ein
frequenter kleiner , hin und wieder unregelm&ssiger,
anssetzender Puls; nicht constant ist im Momente
der Ruptur ein zerreissender Schmerz , noch seltener
plOtzlicher Nark lass oder selbst pldtzliches Auf-
hdren der Wehenthatigkeit. Ein sofortiges Auf hflren
der Wehen mit schnellem Collapsus wird nur da
beobachtet , wo der Riss weit auf das Corpus uteri
ttbergreift , doch kann selbst ein Tetanus uteri trotz-
dem fortbestehen. Am werthvollsten ftlr die Dia-
gnostik ist die Zerreissung grtisserer Uteringefasse,
welche bei dem fast ausschliesslich seitlichen Sitze
der inCompleten Ruptur ziemlich constant ist. Hftufig
bleibt aber trotzdem die Blutung eine innere , wahr-
scheinlich in Folge von Verlegung der Schleimhaut-
wunde dnrch ein Blutcoagulum. Fllr diese Flllle
machte Hecker auf die schnelle Bildung eines
Hdmatoms der vordern Scheidenwand aufmerk-
sam und D ohm’s Fall bestfttigte sie.
Ausser dnrch die innere oder ftussere Blutung
kann der jfthe Collapsus noch durch reflektorischen
Vagusreiz nnd dnrch Shok herbeigefUhrt werden.
Der erstere entsteht bei akutem Hftmatom oder beim
AusschlUpfen einzelner Kindestheile durch den in-
completen Riss in Folge der Dehnung und Zerrung
des Bauchfelles (G o 1 1 z’s Klopfversuche). Die Stftrke
dieses Reizes entscheidet liber das Vorllbergehen des
Collapsus oder Uber den sofortigen Stillstand des
Herzens in Diastole. Der Shock wtlrde dagegen die
Folge des intenaiven Schmeraes sein.
Die Folgen der incompleten innem Ruptur sind
stete schwer, aber verschieden ; die Kreissende kann
nnentbunden sterben (Verblutung) ; auch die Neu-
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entbundene ist dnrch Fortdauer der Blutng gefthr-
det. Ob die Blutung ans Zerreissung vou Uterm-
Arterien oder -Venen stemmt , unterscheidet Vf. da-*
dnrch , dass bluteude XJterinarterien bei tester Oon-
traktion des Uterus nicht zn bluten auf hSren, sondern
noch proteser bluten, w&hrend zerrissene Uteruseene/i
dabei comprimirt werden ; die Blutung aus letztern
wird daher nur bei gleichzeitigeT Atonia uteri ge-
ffthrlicb.
Das Wochenbett verlftuft stets schwer. Mallgne
Peritonitiden , zuweilen neben subperitonitelem Em-
physem, nach Vfs. Ansicht oft durch SeptikSmie
bedingt, sind hftufig. Nach dem Ueberstehen dieser
Gefahr tritt eine zweite ein, die diffuse Beckenzell-
gewebsvereiterung nnd die Verjauchung des Inhaltes
des Hilmatoms. Es kommt daher auch spftter noch
nach Wochen zum tfldtlichen Ausgange. Einen Fall
von Genesung nach Monate langem Krankenlager
fhhrt Vf. aus der Literatur an (Duparcque-Ne-
vermann, 135. Beobachtung, p. 168).
Die Symptomatologie der Ruptnra incomplete
externa (Peritonftalriss) ist ziemlich dieselbe, nur
fehlt die ftussere Blutung stets.
Die Prognose der incompleten Rupturen ist hier-
nach hdchst ungtlnstig. Kormann.
59. Ueberdie Ursachen und die Entstehung
der Kunzsi chtigkeit ; von Prof. Dr. Ferd,
Arlt. Wien 187G. Wilk. Braumflller. 8.
77 S. und 2 Tafeln.
Der berflhmte Vf. bespricht zun&chst die wesent-
liehsten an atomise hen Befunde am kwisichtigen
Auge. Als solche bezeichnet er die Verlftngerung
der sagittalen Achse (iber 2G Mmtr., die stilrkere
Entwicklung der Lftngsfasero des Ciliarmuskels bei
schwftcherer Entwicklung der Ringfasern , so dass
die Ciliarfortsfttze, die Linse und die Iris weiter nach
iiiekwftrt8 von der Cornealbasis zn liegen kommen,
ferner die Zurttckdr&ngung nnd Verdtlnnung der
Sklera am hin tern Pole, wobei das Gewebe der
Aderhaut auf eine grdssere Flftche ausgedehnt wird,
der GlaskSrper im hin tern Abschnitte hftnfig ver-
fltlssigt ist. Die Verdflnnung der Aderhaut zeigt
sich ophthalraoskopisch in Form des sogen. Meniscus
oder Conus. Dieser darf nicht mit der angeborenen
Skleralprotuberanz verwechselt werden , welche nur
in Verbindung mit Aderhautkolobom als Entwicklungs-
fehler vorkommt , stets an der untern Seite des Seh-
nerven liegt , niemals an der Schlftfenseite, wie diess
die Regel bei dem Conus des myopischen Anges ist.
Dass eine Sklerochorioideitis posterior als regeB
mftsaige Ursache der Myopie vorkomme, lengnet
Arlt, wohl aber hftlt er die zuweilen vorkommenden
EntztindungBvorgftnge fftr die Folge hbhergradiger
Myopie.
Dass die Myopie angeboren vorkomme, kann A.
nicht zugeben. Wenn Jftger die Augen von Neu-
geborenen knrzsichtig gefnnden hat , so bezieht sich
die® auf die Form der Linse , welche mehr einer
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804
Mediomiacbe Bibliographic des Is- a. Auslands.
voUkommesen Kugel gleteht, nicht auf den Langb&a
dee Auges. Die Myopie ist in dieeer Beziehung der
Uebersichtigkeit entgegengesetzt , letztere , d. i. die
Verklirzung der sagittalen Achse , ist allerdings an-
geboren.
Auch der Auadruck „erbliche Kurzsichtigkeit"
darf nach A. nicht so veretanden werden, als ob das
Ange in Folge eines von den Eltem Uberkommenen
Bildungstriebes in den Langbau hineinwachse, viel-
uiehr kann man nor in der abnorm geringen Wider-
standsfkhigkeit eine erbliche Disposition annehmen.
Ferner kann hier nur noch on die Schkdelform der
Knrzsichtigen imVergleich zu der der Uebersichtigen
gedacht werden. Bei ersteru stehen die Bulbi, folg-
lich auch ihre Drehpunkte, weiter auseinander als
bei letztern. Beim Nahesehen werden also die
ttuasern geraden Augenmuskeln einen grdssem Bogen
beschreiben mllssen.
In dem letztern Verhalten ist A. geneigt, die
haupts&cblichste Ursache der erworbenen Kurzaich-
tigkeit zu sehen. Bekanntlich hat A. frtiber die
Ansicht aufgestellt, dass die Accommodation, wenig-
stens zum Theil , durch die kussern Augenmuskeln
bewirkt werde. Diese Hypothese ist natllrlich als
unhaltbar aufgegeben worden , wohl aber erscheint
ihm die Convergenz der Sehlinien beim Nahesehen
von grdsserer Wichtigkeit bei Entwicklung des Lang-
bans , als die accommodative Thktigkeit des Ciliar-
muskels, welche, nebenbei bemerkt, in Bezug auf die
Fnnktion der verschiedenen Faaerzttge auch nach der
auf p. 35 — 42 gegebenen Darstellung heute noch
nicht vollstilndig klar ist. A. denkt sich u&mlich
— and hierbei wllrde eben die grdesere Entfemung
der Augendrehpunkte bei der Bchidelfbnnation der
Myopischen als disponirendes Moment hinzu kommen
— dass bei stkrkerer Convergenzstellung (beim Ar-
beiten fill- die Nkhe) beide MM. recti extend sowohl
als beide MM. obliqui inferiores durch ihre stkrkere
Spannung einen Druck auf die Wirbelvenen austlben
da, wo aie hinter dem Aequator in schrkger Rich-
tong aus der Sklera beraustreten. Uebersichtige
Augen , wenigstens solche stkrkern Grades , werden
trotz steter Anspannung ihrer Accommodation nicht
kurzsichtig, weil die rasch nach hinten zu vom Aequa-
tor her abfallende Wiilbung des Bulbus eine Beetn-
trkchtigung des Blutabflusses seitens des M. rect.
externus nicht zulksst. Auch den Nutzen der metho-
discheu Anwendimg des Atropin gegen progressive
Myopie erklkrtA. nicht durch Aufliebimg der Accom-
modation, sondern durch Hinausrllcken dee Nahe
punk tea , welches die gewohnte stkrkere Convergenz
verbietet. Die ven&se Stauung, welche durch den
Muskeldruck auf die Wirbelvenen erzeugt wird , ist
von Coccina an Kurzsichtigen wkhrend der An-
strengung der Augen direkt nachgewiesen ; aie ftlhrt
nach und nach zur Vermehrung der FKlsaigkeiten
im Augeninnem , vielleicht auch zur serdsen Durch -
trftnkung imd damit zum Weicherwerden der Sklera.
Hiermit haben wir in der Hauptsache das nam-
haft gemacht, worin sich A.’s AnBchauung von den
gewdhnlichen Ansichten nnterecbeidet. Aufgefallen
ist es uns, dass die noch immer Iebhaft diskutirte
Frage fiber wirkliche Myopie und scheinbare , durch
,,Krampf des Accommodationsmuakels“ bedingte Ver-
grdsaerung des Grades derselben von Vf. gar nicht
berflhrt worden ist. G e i s a 1 e r.
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zwischen den vordem Qnerfortsatzen der rechten 8eite
des 5. u. 7. Halswirbels. — b) Hinterer Abschnitt der
rechtseit. Bogenhalfte am 3. Haiswirbel u. der Unkseit.
Bogenhalfte am 6. Haiswirbel als besondere artikulirende
Knochen. — c) Durch den Defekt des Bogenhatees am
6. Haiswirbel bedingte Abweichungen. — d) Brnstwirbel
mit einem Foramen transversarium. — e) Unvollkommen
gebildete 1. Brastrippe. — 0 Anomaler M. transversus
perinaei superflcialis. — g) Verlangerung d. M. spinalis
n. semispinalis cervicis durch ein gemeinsames Fleisch-
bfindel auf dem Hinterhaupt. — h) Bursa mnoosa capital!
oasis hyoidri. — i) Kehlkopf mit aaseerbalb dess, gelager-
tem Ventrikel ; Reste des Uterus maseulinus hohern Gra-
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von H. Senator. — Fettsucht ; HSmophilie ; Scorbnt ;
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Reimer, Aus d. Nicolai-Kinderhosp. zn St. Peters-
burg. (Maseru. — Scharlach. — Pocken. — Typhus. —
Keuchhusten. — Diphtheritis. — Croup. — Dysenteric.
— Cholera asiatica. — Cerebrospinalmeningitis. — Sy-
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VHI. 2. a. Dulles; 2. b. Onimus; 8. c. Banze;
3. e. Dubrlsay; 9. Bulkley; 10. Bulkley, Cory.
XU. 2. Bresgen; 3. Leopold; 6. Gherinl; 6.
Haynes, Woodbury. XIX. 4. Chariti-Annaltn.
Vgl. a. fiber Scrnfulose u. Diphtherie VIII. 2. a;
Croup u. Keuchhusten VIII. 6 ; Hautkrankheiten u. Vacci-
nation VIH. 9; syphilit. Affektionen VIH. 10; Helmin-
thiasis VIU. 11 ; FdtallebenX ; Zahnperiode XV ; Tbdtung
d. Neugebornen XVH. 1 ; Kindersterblichkeit XIX. 4.
XII. Chirurgie.
1) Allgemeines.
Antiseptlsehe Behandlung s. XII. 1; sowie
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Vgl. a. VIII. 3. b. Operationen wegen Krebs. IX.
Amputation der Brust, Fisleloperationcn , Perindorrhaphie ,
Operationen hei Verschluss der Vagina , V or fall der Ge-
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der impfende Privatarzt den VerwaltungsbehOrden gegen-
Ober zu erffillen. Thfir. Corr.-Bl. V. 6.
Tod, plfttzlicher, s. VIII. 4. Lente . Per g ami ; 8.
Kohler.
Todesnrsachen , Nothwendigkelt einer zuverlas-
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Conrad, Pflfiger, Treiehler, Wood. XIV. 1.
Cassels, Nelson, Nix, Thomas. XV. Thornes.
XVI. ilbcr zweifelhafte SeelenzuMtiinde, Filrxorge f. Geixtex-
inrank e. Hospital, Klopfel. XIX. 1. Gavarret;
2. Crothers, Schweninger, iibcr Verhiitwig der
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Chariit-Armalen (V i r c h ow).
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arztl. Bildungsanstalten zu Berlin. Berlin. Mittler n.
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Derblich, Ueber simulirte u. kfinstlich erzeugte
Hautkranjcheiten beira Militar. Militararzt X. 12. 13.
Eilert, Znr Frage von d. mweckmassigsten Wond-
behandlang im Felde. Deutsche mil. -arztl. Ztschr. V.
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Gfidicke, Militararztl. Augcnuntersucliuugen bei
d. Trnppe u. beim Ersatzgeschaft. a) Hcitrage zum 8eh-
vermogen unserer Soldatcn. — b) Die indirekte Bestim-
mung von Fcmpunkt u. Sebscharfe , bes. beim Ersatz-
geschaft. Deutsche mil. -arztl. Ztschr. V. 8 u. 9. p.464.
Hand buck fur d. k. k. Militir-Saait&tswesen.
liemusg. von Reg.-Ant Dr. Slauta , Reg.-Arzt Dr. Carl
Krnwi u. Ober-Stabsarzt Dr. Jnx. Leiden. 6. bis 7. Lief.
Wien. Seidel u. Sohn. 8. 464 S. mit 1 Taf. 6 Mk.
v. Hasselt, Ueber d. Krankheiten im uiederland.
Heereira J. 1876. Nederl. Weckbl. 28. 29.
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Peraoneuwageu als fabrendesLazaretb. Dresden. Conrad
Weiske. 8. 60 S. mit eingedr. liolzschn.
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thierische Warme, Athmung ; v. WiMicfi u. Goltz, Hamo-
dynamik u. spec. Nervenphysiologie.
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mann, allgem. Pathologie ; Grohe , patholog. Anatoinie,
Teratologie u. Onkologie ; Ponfick, pflauzl. u. thier. Para-
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therapie ; Liman, Gerichtsarzneikunde ; Skrzeczka, Sani-
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Herausgeg. von Dr. Jos. Herzog. Wien. Perles. 16.
368 S. 3 Mk. 20 Pf.
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J. J. Weber. [Illnstrirte Gesundheitsbficher . ] 8. XV u.
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buch , mit besond. Riicksicht anf Kurorte n. Badelrzte.
4. Jahrg. 1877. Herausg. von Holzer. Mit d. Portr. d.
Hofr. Prof. Dr. Heinr. v. Bamberger. Wien. Perles.
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Salinger v. , Die positive Heilkunde. Die erste
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43 S. 1 Mk.
Schanenbnrg, C. Herm., Die exaathemat. Heil-
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Leipzig. Zechei. 8. VII u. 407 S. 6 Mk.
Schussler, Eine abgekfirzte Therapie , gegr&ndet
auf Histologie n. Celiular-Pathologle. Mit einem Ankaag :
SpecieUe Anleit. zur Anwend. d. anorgan. GewebebUdner.
3. Aufl. Oldenburg. Schulze. 8. 48 S. 1 Mk. 60 Pf.
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Boston med. and snrg. Joum. XCIV. 28 ; Jane.
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Stokoe, Pan! Henry, Ueber Anwendung d. 8e-
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Schnittler ; 7. Vulpian ; 10. Sigmund. IX. Atthiil, Sckmen*
niger. XVI. Hcrgt. XIX. 3. Dieulafoy, Ehrlich.
Transfusion s. VII. Jacoby. VIII. 3. d. Kethiscke;
6. Wood. XIX. 3. Carpentier, Cube, Haynes.
VenSsektion s. X. SchOnberg. XIX. 2. Le Sting.
Vogel, J u 1. , Korpuienz. Ihre Ursachen , Verhl-
tung u. Heilung dnrch etnfache, dtitet. Mtttel. AufGfund-
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8. 64 S. 1 Mk.
Woillez, Ueber d. Spiro phor, ein Apparat znr
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V. 26. 31—88. p. 611. 764. 816. 886. Julllet— Aofit. —
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relze auf d. Nlerenabsondemng. Virchow's Arch. LX VII.
3. p. 419. Vgl. Med. Centr.-Bl. XIV. 81.
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gen 8 tJdten Schwedens im Jan. bis Mira 1874. Upsala
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Mediciniscbe Biblkig nphin *de8 In- u. Atulanda. 147
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ABn n Eder tod d. J. 1869 biz Eade 1876, Wiea, Jooaph-
atadt Laageg. Nr. 53. Wien. Bnunoflltar. 8. X n. 260 S.
mit 16 Taf. 6 MX.
Beeaier, Ernest, Bericht fiber d. herraehenden
Krankheiten in Paris im April, Mai a.Jonl 1876. LUmen
91. 93. 94. 96. 99. 102. 106.
Buasemaker et Ch. Daremberg, Oeuvres
d’Oribaae, terte grec en grande parti e intdit, ooUattwnd
aar lea manuscrito, tradnit pour la premiere fol* en fran-
C*i», avee une introduction, des notes, dea tables et des
planches. Tone YL Anoiennes traductions latinea de la
synopsis et dea euporistes, publides d’aprbe lee manuscrtts
par A. Molimer. Paris. Impr. nat. gr. 8. XXVII et
811 pp. 16V* Frca,
Charite-Annalen, berausgegeben von d. Direk-
tlaa d. k. Charity • Krankenhanaee in Berlin, redlgirt von
Dr. MeUkaute r. 1. Jahrg. (1874). Berlin. Aug. Hirsch-
waid. gr. 8. VIII u. 762 S. mit 4 Tafeln.
I. Statistik; von Dr. Mehlhausen. 8.8. — II. K li-
mit**: Med. UrrioeraiUUsklmik: Ewald, Znr operati-
tch Behandlung pleurit. Exsudate. 8. 139. — Eick-
horst, Neuropatholog. Beobachtungen. Uebdr Apoplexie
in d. Bfiokenmarkssubstana. 8. 192. Erweichungaherd in
d. Varolsbrficke in Folge syphilit. Entartung d. Art. ba-
silaris. 8. 206. Zwangsbewegungen bei Erkrankung dea
Oebirns. 8. 224. — Propbdeutische Klinik: Traube,
Der Angina pectoris ihnl. Anfalle b. Aneurysms d. Aosta
adscendens. S. 248. Pneumonie von ungewBhnl. kuraer
Daaer ; hohe Temperatur u. geringe Pulsfrequenz. 8. 260.
Sefaneller Eintritt starker Digital Iswirknng b. Gelenkrbeu-
mstiauins, dnrch lane Biderod. Eisblasen bedingt. 8. 268.
Erwetteruog der linken Herskammer unter d. Einfl. einer
BtBrang d. Lnngengasweehsels. 8. 268. Interstitielle Ne-
phritis ; Hellung. S. 266. Pnlsns paradoxus bei chron.
Perikarditis. 8. 270. Pleuropneumonie duroh Erkaltung
aacb ubermasslger Anstrengung bedingt. 8. 276. Erysi-
priisfirini ; Gelenkrheamatismua mit Endokarditis. 8. 278.
VsrMalnlektian wihrend d. Maseru. 8. 283. Diffuse Ne-
phritis; Perikarditis; Pleuritls. 8. 286. — Strieker,
TyphuaBtatiatik d. TrauAe’scben Klinik. 8. 292. Nephri-
tis iaterntitialis ; uram. Convulsionen b. reiohheher Diu-
raae u. erhdhter Spannung im Aortensyatem. 8. 806.
Pieuropne a aonle ; Digitalis; Pulsus trigeminus. 8.318.
Bieilntoxikatk) n mit doppelaeit. Neuroretinitis. 8. 822.
Hepatitis inters titialis ; Ikterns ; Retinalblutangen. S. 884.
Naohweis von Tnberkeln in d. Chorioidea wihrend dea
Lebeas. 8. 329. — 1) Nebenabth.f. irmerl. kranke Manner
u. Frauen: Fr&ntzel, Typhus exanthema ticus. 8.339.
Operative Behan dl. d. Meteorismus. 8. 340. Falle von
Ileo typhus. 8. 360. Delirien bei Gelenkrheu matismns.
8. 367. Alternirender Puls. 8. 861. Syatol. u. diastol.
Tea in d. Cruralis okne hochgrad. Insufflcienz d. Aorten-
klappea. 8. 367. Temperatureruiedrigung bei Alkobol-
iabnikation. 8. 371. Heilreeultate duroh A tropin erzielt.
8. 374. — 8) Nebenabth. f. mnerl. kranke Manner:
Meyer, Joseph, Ueber Milzperkusaion. 8. 378. —
Gyndkolog . Klinik : Beinlich, Ovarientumoren. 8.403.
PuerperalAIle. 8. 411. Uterusgesohwfilste. 8. 416. —
Nervenktiuik : Westpbal, Senaibllitats - u. Motilitits-
■ttruacen im Bereiche d. Plexus pudendalis u. coocygous ;
gummOee Meningitis spinalis sacraiis. S. 421. Paraplegie
mH Coatraktur ; fleckweise graue Degeneration d. Hlrns
a. Rftokeamarks. 8. 427. Doppelseit. Amauroae (Nenro-
ratinitis) u. doppekeit. Taubheit; Qeschwulnt im KMn-
hfan, in d. iunem Gehdrgang hineinwuohermd. 8. 436.
AaflUle von Bewnsstiosigkeit ; Sprachstorung ; rechtaek.
Beaipareoe ; Krampfe im Bereich d. reobten Arms u. der
rachten Facialis ; Careinom d. linken vordern Central wto-
duag a. d. Kopfea d. reobten Corpus striatum. 6. 442.
Krampfimfille in d. linken Hand obneVerlust d.Bewusat-
arins; plBtxl. Erblindung ; link sett. Hemiplegie. Sarkom
fas d. reobten Groashinihetnispkire. 8. 447. — - Psychiatr.
Ktinik: Westphal, Ueber Aufn&hme u, Behaarilrrug
Getstesk ranker u. fiber payohiatr. Unterricht. 8. 463.
nog; Beaaeruag. 8.466. DtpeomanlO ; Hiraerkraakmug.
8. 478. Langes melancbol. Stadium ; Mani a • Helksag.
8. 490. Period. Manic ; akutes Delirium ; iatermenin-
gealer Blnterguss. 8. 494. Hypaehondrie bei einem 12-
JAhr. Knaben. 8. 498. — C hirer g. Klinik: Barde-
leben, Uebersioht der ha J. 1874 auageffihrten grOseoim
Operationeu. S. 600. — 8 tar eke, Znr Operation der
Hamorrboidalknoten. 8. 636. — Augenklmik: 8chweig-
ger, Operetiouastatlatik. 8. 649. — Kinderktirtik : He-
noch, 8tatistischea. 8. 667. Hlrnkrankheiten. 8. 641.
Krankheiten d. Reepirationsorgane. 8. 676. Infektious-
kraakheiten. 8. 588. Krankheiten d. Verdauungsorgane.
8. 609. Syphilis. 8. 616. Gao gran. 8. 618. — Ktinik
f. Syphilis: Lewin, Statiatlk. 8.620. Bedenken gegen
d. Circumcision. 8. 628. Ueber parasitare 8ykosls. 8.639.
H i e b e n , Arteria hyaloidea persistens. 8. 648. — Ent-
bindungsawtaU: Beinlich, Jahresbericht. 8.661.—
Znelaer, Ueber d. Ausscbeidung d. Phosphorsiure im
Urin bei tieberbaften Krankheiten. 8. 673. — III. Patho-
logitche Anatomie: Virchow, Die Sektionsteehnik im
Leichenhaused. Chari tdkrankenbauses, mit besond. Rfick-
siebt auf d. gerichtsarztl. Praxis. 8. 689.
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Wiener, Chr., Ueber d. Starke d. Beatraiilang
d. Erde dorch d. Sonne in ihren vfrschied. B r el te n u. Jah-
resseiten. (Verb. d. naturw. Ver. zu Karlsruhe.) Karls-
ruhe. Bielefeld. 8. 37 8. mit Tafeln. 2 Mk.
Wolzendorf, Znr Gesohichte d. Blutstillang im
Alterthume u. im Mittelalter. Berl. kiln. W chase hr. XHI .
89. SI. 32. 37,
8. a. III. 3. Ceradini. V. 1. Flflckiger. VHI.
8. a. Peinliob, Sullivan; 3. e. Scriven, Wood;
6.Bidron, Normand; S.Tscherepnln; 11. Cob-
bold. X. Kotelmann. XI. Hogg. XII. 9. Dud-
geon. xm. Magnus. XVII. 1, Lindenmayr,
London, Pardo.
D. Miscellen.
i.
Das schnelle Schmelzen des Eists, namentlich wenn
es in kleinen Stfickohen in elnem Glase neben dem Bette
vorrithig gehalten wird , hlndert bekanntlich oft die An-
w end ang desselben, namentlich in den fruhen Morgen-
stunden. Sampson Gamgee (Lancet I. 24; June
1876) empflehlt daher, um das Schmelzen an verlang-
samen, folgende Aufbewahrnngsart.
Ein Krug oder Glas wlrd mit einem etwa 9 Qu.-Zoll
grossem Stuck locker gewebten Flanell so uberbunden,
dass der Flanell bauchfonnig in das Gefass hineinhangt.
Legt man das Eis nun auf den Flanell , so kann das vom
Else beta Schmelzen sich bildende Thauwasser durch die
Maschen des Gewebes um so leichter abtropfen, je weiter
sle sind , das Eis bleibt dann trocken liegen nnd conser-
vlrt sich so weit besser. G. constatirte diess durch fol-
genden Controlversuch.
• Er fiberspannte 1) einen Krug mit ganz lockerem bil-
ligen Flanell, 2) einen andern mit theuerem, sehr dichtem
Flanell, In dem er jedoch in der Mltte ein Loch von der
Grtsse einer Federspule anbrachte, 3 ) mit sehr dichtem
Flanell, ohne angebrachte Abflnssfiffbung , and 4) nahm
er einen King ohne ihn mit einer Flanelldeoke zu ver-
sehen. In Jedes Geflss legte er, resp. auf die Flaneli-
deeken , Je 2 Unzen Eis in Stuck en, wie man sie dem
Kranken in den Mund zu geben pflegt. Dae Ergebniss
war folgendes.
In Nr. 1 war das Eis erst naoh 10 8td. 10 Min. v61-
lig gesohmolzen.
In Nr. 8 verschwand das letzteEis nach 8*/, Stunden.
In Nr. 3 fand sich nach 5 1 /< 8td. der von dem ein-
gestfilpten Flanell gebildete Sack fiber die H&lfte mit
Wasser gefflUt, in welchem nnr nooh wenlge Eisstfiokchen
•ckwammen. Das letzte Eis war l 1 /, Std. s pi ter (also
im Ganzen nach 6 1 /* Std.) zergangen.
In Nr. 4, in welchem sich lose Etsstfickchen ohne
Flanell auf dem biosen Glase befanden , war das Els
bereits nach 8 Std. 66 Min. volistindig geschmoUen.
Die Temperatur des Versuchszlmmers hatte 16.6 s C. be-
tragen.
Dss Schmelzen der Eiestflcken wlrd , nach G.’s Mtt-
tbeUung. noch besser hintangehalten, wenn man diesel-
ben aoeh nit einem Flanellstfick fiberdeokt. Ausserdem
kaan maa einen Verrath EM in grOssern Stfieken auaser-
halb des Krankenzimmers anf ganz gleiohe Welse auf-
bewahren, woduroh man sich die M5gllchkeit verzchafft,
an alien Stunden und in ausreichender Menge Eis anaa-
wenden and somlt dieses nutzliche Hilfomittel sich fur
alle Fall* zu sichern.
2 .
Zur meehanitchen BeJumdhmg du Hydrops empdehit
Dr. Ganghofner (BAhm. Corr.-Bl. III. p. 168. [Nr. 26.]
1876) unter Hinweis anf die hauflge Nutzloslgkeit and die
bekannten nachtheillgen Folgen der Scariflkationen bei
Hydrops folgendes Verfahren. dessen gunstigen Erfolg er
vor l'/i J- In der Bonner Klinik zu beobaehten Gelegea-
heit gehabt hat. Dasselbe besteht darin, dass man einen
Explorativtrokar in den 5demat6sen Theil elnst&sst, naoh
Entfernnng des Stilets fiber dss freie Ende der Handle
eine KautschukrShre stfilpt und am Bettrande naoh ab-
warts lettet, wo dann das hervorsickernde Serum in einem
Becken aufgefangen wlrd. Die Handle kann man St lin-
den lang liegen lassen und so betraohtliebe Qnantitihem
Flftssigkeit aus dem Unterhautzellgewebe entleeren. Dr.
G. hat dlese Methode bei einem j ungen Menschen auge-
wendet, der sett Wochen an Nephritis mit hochgradigeni
aUgemeinen Hydrops darniederlag und bei dem am reeh-
ten Oberschenkel , wo die enorm gespannte Haut mekr-
fache Einriase bekommen hatte, Erysipel und raach sus-
gedehnte Gangran aufgetreten waren. Die Drainage warde
3 Tage hinterelnander abwechselnd am rechten u. Uaken
Unterschcnkel unterhalten, die Trokarkanule zuerstfl, spi-
ter meist 12 Std. hindurch liegen gelassen, da der Kr. dap
durch nicht im mlndesten belastigt wurde and koine Spnir
von Entzfindung an der EinatichsteUe sich zeigte. fkt
wurden ca. 4000 Cctmtr. Serum aufgefangen , etwa eben \
so viel mochte in die Bettenun terlagen gosiokeit seta , da ^
die Entleerung nach dem Hemuszlehen der Kan file Jedes- \
mal noch einige Stunden fortdauerte and die Unter bigen J
stets stark durohnfisst waren. Die untern ExtremKfiten f
scbwollen bedeutend ab, ee schwand das Oedem des Sero-
tnm, endlich ging snob der Ascites, das Hautodess am
Rficken etc. grSsstentbeils zurfick. Die Diureae war wib- f
rend der ersten 3 Tage ein wenig angestiegen von 600 auf ,
800 Cctmtr. , sank jedoch s pater winder auf 600 , ohne ,
dass die Wirkong der Drainage dad arch b e et a tr a chtigt ^
worden wire.
*
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Sacli-Regist er.
549
S a c h - Register.
(Die Zahlen bexiehen rich aaf die 8rite.)
Abd om i nalsoh wanger schaft , Perforation des
Reetum 268.
A her to s , intraaterhie Injektion wegen B hi tang 44. — ,
ia Folge roil Syphilis 1 74. — , Einapritnung yon heisaem
Wmsaer gegen Blotang 267.
Abscess, im Gehirn (Erscheinungen) 6. (mit latentem
Verlaufe) 242. — , metaotat. bri Coxitis 184. — 8. a.
Conges ttonsabaoeee.
Acetabalum, dee Huftgelenks, Caries 184.
Achillessehne, Teaotanrie bei der Pirogoff ' schen
Operation 282.
Aehroodextria 116.
Aeidnm s. Carbol-, Galhia-, Gerb-, Milch-, Saticyl-,
8alx-, Sehwefeisaare.
Aeonit, Vergiftung 137.
Aderhaat ». Chorioidea.
Aderlass, Einfl. anf den Blutdruck 100.
Adapiration, des Ergnases bei Plearitis 148. 166.
167. — , bei Knlegelenkkrankheiten 278.
Adstringenti a, Srtl. Wirkung aaf die GefSsee 9.
Adventitia, der grSssern Arterien, Ban 282.
Aerate, Mecklenbnrgs , von d. iltesten Zetten bis aur
Gegenwart (von A. Blanek, Rec.) 112.
Aeatbiomene, d. Vulva 110.
Aether, sabcntane Injektion gegen Nachgeburtablutung
176. — , Inhalation (Bezieh. snr Entstehnng von Bta-
tnqg naeh der Entbindnng) 176. (Nutzen bei Keuoh-
hnsten) 276. 276.
Agraphie 244.
Agrypnie s. Sehlaflorigkeit.
Alkobol, Vorkommen im Organismns n. Nachweis
dorch Jodoform 226.
Alkoholismae, Bezieh. za Verfoigangswahneinn 290.
Alter, hSheres, Chorioretinitis centralis 70.
Amanrose, Chorioretinitis centralis als Urs. d. senilen
TO. — , pldtal. b. Chorea 70. — , bei Verweilen elner
FUntenkugel im chir. Halse d. Oberarms 71. naeh
Bintverlust, Nutzen des Amylnitrit 194.
Amblyopic , b. Hysteric 70.
Amidulin 114.
A m m e , Ansteokung dnrch d. heredit&r-sypbilit. Baug-
Ung 268.
Ammoniak, mit unterchlorigsanrem Natron als Rea-
gent (anf Carbolsaure) 227. (auf Salicylsanre) 22B.
Amputation, Veranderungen im Rtickenmark naeh
solch. 15. — , des Fusses, naeh Pirogoff mitTenotomle
d. Achillessehne 282. — , im Kniegelenke naeh Gritti
281. — , des Oberarms wegen Schussverletzung (im
Eilenbogengelenk) 67. 69. (im Handgelenke) 61. — ,
dee Obersehenkels (primare, naeh Sohussverletzung d.
Knlegelenks) 66. 66. (znr Statist: k) 66. (wegen Anky-
lose n. Erkranknng d. Knlegelenks) 281. — , d. Unter-
sehenkeb , wegen Sehussverletzong a. Erkranknng des
V>nsgelenksl88. 288.
Amylnitrit, Nutsen b. Amblyopie u. Amanrose naeh
Motverhut 194.
Amyloidentartnng, der Niere u. Milz bei Gicht 26.
Anamie , Erblindong dnrch solehe bodingt , Nutzen des
Amylnitrit 194. — , des Gehirns als Ura. von Scblaf-
Mgkrit 300.
Animie, progressive pemicitite , Bymptome n. Dia-
gnose 17. 21. (Veritadernngen in der Retina) 17.
21. (Kdrperwarme) 17. (Fieber) 18. (Veranderungen
(■Leber n. Milz) SO. — , Casuistik 18. — , Bezieh. zu:
ltrk rankung des Knoohenmarkes 20. Pseudolenkamie
21. Anamie d. Tropen a. Ankylostomum duedenale 28.
— , Behandiung (Blut-Transfusion ) 19. 20. 23. (Elsen)
28.
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Anasthesirung, mit Schwcfelather (b. d. Entb in-
dung) 176. (bei Keuohhnsten) 276.
Anatomic s. Handbueh.
Anearysma, lnd. Schidelhohle, Symptome solch. bei
Neuroretinitis 70. — , per anastomosin, aageborMs in
der Augenhohle 220.
Aageborne Krankheiten n. Missbildungea e.
Anearysma ; Bnphthalmos ; Darm ; Encephaioeele ;
Ektrodaktylie ; Finger; Fuss; Hand; Iris; Korehto-
pie ; I.entikonus ; Polydaktylie ; 8arkom ; Syphilis.
Angiom, cavemftses, Behandl. mit d. Glfihelsen 286.
A n i 1 i n , mit unterchlorigs. Natron als Reagens anf Car-
bo lsanre 227.
Ankylose, des Hflftgelenks, doppelseitige (Osteoklaae
des Bchenkelhalses) 182. 183. (subcutane Resektion
dess.) 183. — , im Kniegelenk (naeh Verletznng, He-
sektion) 280. (Amputation d. Obersehenkels) 281.
Ankylostomnm duodenale, Bezieh. zur penrioihsOn
Animie 29.
Annalen s. Charitd-Annalen.
An nal i delle eplderaie ooeorse in Italia dalle prinse me-
morie lino all860 (di Alfonso Corradi, Rec.) 112.
Antiseptische Behandiung, in der GeburtsMilfe
49. — , bei der Arterlenligatnr 68. — , bei der IncislAn
d. Hygroma praepatellare 186. — , mittels des Watte-
Tanninverbandes 286 flg.
Anus praeternaturalis (Versnche fiber Verdanog bei
soloh.) 126. 126. -<in Foige von Extrauterinaoh wimg ri-
sehaft) 271.
Aorta, Beschaffenhelt der Innenflache bei Argyrie 26.
— , Insuffloienz u. Stenose d. Ostium 248.
Aphonie, bei Empyem 160.
Apoplexle d. Gehirns b. Syphilis 240.
Arbeitsraume, in Fabriken, RfiekBichten auf Frauen
206.
Argentum, nitricnm (8rtl. Wirkung aaf die Gefissd)
9. (Inhalation der Losung bei Kenchhnsten) 274. — ,
sulphuratnm, Wirkung auf das Nerven* n. MusAei-
system 10.
Argyrie, Veranderungen b. solch. in: Leber 24. Be-
spirationswegen 24. Nebennieren a. Nteren 24. Milz
24. Augapfel 26. Blutgefasaen 26. Opticas 26. - — , B«-
schaffenh. des Harns 24.
Arsenige Saure, Vergiftung, Genesong 136. — 8. a.
Kali arscnicosum.
Arteria, basilaris, Embolie mit Erweiohung d. Varols-
brucke 16. — , centralis retinae , Embolie 289. — ,
umbilical is, Beschaffenh. d. Biutes in solek. 98. — 8. a.
Aorta; Carotis ; Lungenarterie.
Arterien, d. Obersehenkels, 8tichwanden, Behandbing
64. — , temporare antisept. Ligatur 68. — , d. Gehirns,
syphilit. Entartnng 167. — , Mnskolatnr d. grSeseren
232. — , Degeneration d. Wandungen , abnorme Ge-
rausche b. solch. 248.
Arterienr5hrchen, znr Ligatur 68.
Arthritis s. Geleukentzfindang ; Gicht.
Arthrocace s. Fuss-, Hand-, H&ftgelenk.
Ascites, b. Lebercirrhose b. einem Kinde 60. ■**-, adi-
posns 264.
Asthma, Nntzen d. Silbersulphid 11. — , dyspeptteam
246. — , albumtnose Kxpekto ration b. Mich. 281.
Astlgmatismns , hinteres Staphylom b. notch. 221. •
Ataxia locomotoria progressiva (Nutzen d. Silbersul-
phid) 11. (anatom. Verilnderungen) 15. 16.
Athrepsie, b. Kindern, Behandiung 179. t
Atlas, Carles 180. 181.
Atresie, d. einen Halfte einer getheilten Vagina bei
Uterus bico nils septu ; HaCmatokotpos ; Panktion 171.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
MO
8 * o b - B • g i s t e r.
— , d. Vagina, mit Hsematometrs a. Haematocele
retrouterine 368.
Atrloventrikularklappen, Anatomic n. Physio-
logic 81. 89. 90.
Atrophia , d. Muskeln, progressive, anatom. Verinde-
rxmgen 16. — , d. Leber, aknte bei cine* Kinds 60.
— , Verhalten d. Fettgewebea 189. — , d. Kinder, Be-
hand king 179.
Atrophisirung, kunsUiche, d. Augapfels 69.
A tropin, chem. Verhalten 183. — , Vergiftnng, Nutaen
dee Piloearpin 187. — , in BicinnaSl gelfist sur An wend,
an 4. Angen 831.
Aufrechtstehen a. Stehen.
Aagapfel, Beschaffenh. b. Aigyrie 26. — , kflnstliche
Atrophisirung 69. — , Enucleation wegen Verletsung
78. — , Geschwfilste in solch. 73. 330. — , ange borne
Krankheiten 190. — , Barkombildong in rerschied. Ge-
bUden dess. 190. 191. — , Extirpation, Meningitis mit
I6dtl. Ausgange 191. — , Geschwulste an solch. 820.
— , Beschaffenh. b. Erhenkten 321.
A age, eingekapselte Fremdk&rper in aoleh. 321. — ,
Befraktion 331. — 8. a. Buphthalmos; Encaathis;
Iris ; Pterygium.
Augenentz&ndnng, gonorrhoische 218.
▲age nhShle, Barkom in den. 191. — , Sarcoma fasd-
cn latum 191. — , Symptoms von pnlsirender Gesehwnlst
in ders. bei angeb. Encepbalocele 191. — , Cyatenbil-
duag in den. naeh Verletsung 193. — , aagebornea
Aneurysms peranaetomosin 320. — , GefSaagesoh wills te
in den. 220.
Angenhospltal von Massachusetts , Bericht f. 1876
(Beo.). 222.
Augenkrankhelten, Anwendung d. K<e bei aoleh.
(ven Eduard Dfirr, Bee.) 218.
Aagenlid, Fibrom am obern 198. — , Naht bei Glotz-
augen 220. — , hyster. Kiampf, Heilung mlttels Heft-
pflastentreifen 220.
Auskultation, d. Thorax 298. (Entstehung d. Ras-
selns) 297. (Entstehung d. Vesioularsthmens) 397. — ,
d. Unterleibs, Gefassger&usche b. Geschwfilsten 398.
Aaswnrf s. Sputum.
Band warm, tempor&re Blindheit u. Tanbbeit dureh
solch. bedingt 220.
Baryt, Wirkung d. Salse auf d. Thierkorper 286.
Bauchfeil b. Feritonaum.
BauebhShle, Drainage b. Ovariotomie 262.
Banohseh wangersohaft 268.
Bauchspeicheldrfise s. Pankreas.
Bayern, Instraktion f. d. Leiohenbeechauer 194.
Beckon, Schnssverletsang 63. — , Spondylolisthese,
Diagnose an d. lebenden Frau 173. — , enges, Iadika-
ttonen f. d. Wendung 216.
Belenchtung, Einfl. auf d. Sehscharfe 71.
Belladonnin 182. (Wirkung) 188.
Bensoiltropi n , Wirkung auf Hen u. Pupiilen 188.
Berlin a. Charltd-Annalen.
Bsrtramwurael, Pyrethrin in dm. 182.
BevAlkernng, statist. Bestimmung der Fruchtbarkelt
76.
Bewegungsataxle, Nntsen des Silbersulphid 11.—,
anatom. Ver&aderung 16. 16.
Bewegnngscentren im Gehirn 3.
Bindebaut, Tatowirung 198. — , epidem. Blennorrh&e
288.
Bindeanbstanz, histologische u. chem. Elgenschaften
212.
Bistouri, zar Hauttransplantatisu 62.
Biamntkam, Unsnlisaigkeit der Verfaindnng mit Pep-
rinS.
Blansiure s. Cyaakalium.
Biel s. Plumbum.
BlennorrhSe, d. Conjunctiva, Epidemic 228. — , der
HansBkr* s. Tripper.
Blepkarozpasmns s. Aagenlid.
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Blindheit, Simulation 78. — , tempor&re duck Baad-
wurm bedingt 220. — g. a. Amaorose.
Bint, Transfusion bei progressiver perniciSser An&mie
19. 20. 23. — , Verhalten bei Rots 26. — , Beschaffen-
heit in den Mabelgefassen 98. — , Einfl. der Menge auf
den Blutdruok 98. — , Abscheidung sanrer Floasigkeiten
aos solch. 118. — , Oxy haemoglobin in aoleh. b. F6tns
178.
Blutcirkulatlon, in der Herssubstanz 89. — , pueu-
mat. Krifte bei solch. 97. — , Bemiehung d. Gssohsrta-
digkeit sum Blntdraek 101. — , St&rungen w&hread d.
Sehwangerschaft 266. — , Einfl. der Erregung den Ge-
hims 802.
Blntdrnck, Abhangigkeit von der Blntmenge 98. — ,
Bezieh. zor Geschwindigkeit der Cirknlation 101.
Blntgefisse, 5rtl. Wirkusg der Adstringeaiia anf
dies. 9. — , Veranderungen bei Argyrie 26. — , d. Ge-
hims, Veranderungen bei allgem. Paralyze 846. — ,
graph. Daretellung d. Bewegungen den. 801. — 8. a.
Arterien ; Gefasssystem ; Venen.
Blntgeschwulst s. Hamatocele; Hama tom.
B in tk 6 rp ere h e n , Verhalten bei progress. pentieidaer
Anamie (rothe) 17. 21. (weisee) 21. — , Verhalten bei
Rotz (weisse) 26.
Blntmenge, constonte im Organismus 101.
Blntstillnng, tempor&re ArterienUgstur 69.
Blutsverwandte, Ehe ewiachen soldi., R&ckcn-
marksaffektion b. d. Kindern 141.
Blutung, im Gehirn b. Phosphorvergiftnng 188. — 8. a.
Gebarmutter-, Magen-, Ihujhblutuag.
Blutverlust, Erblindong sack solch., Nutaen d. Amy 1-
nitrit 194.
Brand s. Lnngengangr&n.
Bromooniin, Darateilung u. tberspeut. Ver wendung
240.
Bromkalium , ala lokales Anasthetikum b. d. Opera-
tion d. eingewachsenen Nagels 106. — , Nutaen bei
Schlaflosigkeit 300.
Bromwasser, als Reagens (auf Carbolsnure) 227. (auf
Salicyls&nre) 229.
Buphthalmos, angeborner 287.
Bnrsitis, Incision mit antisept. Behandlung 186.
Buttersaureg&hrung, Einfl. d. Verdauungssifte auf
dies. 122.
Calabarin, chem. Elgenschaften 11. — , physiolog.
Wirkung 12.
C a n a 1 i s infraorbitalls, doppelter 299.
Capillarpunktion, mit Adapiration , b. Bekandhing
d. plenrit. Ergusses 146.
Capillarthorakocentese, b. Pleuritis 146. 147.
— , Instruments 146. 148.
Capillartr okar 146. 148.
Carbolsaure, Reagentien auf soiche 226. — , Inha-
lation d. Losung (b. Keuchhusten) 274. 276. (b. katsr-
rbal. Affektionen d. Stimmbandcr) 276.
Caries, d. Hinterhauptbeine u. d. obenten Halswirbel
180. — , sicca d. Sehultergelenks 181. — , des Aoeta
buhun b. Coxitis mit AbBoessbiidung 184. — , im Hiift-
gelenke, Resektion 186. — , im Fussgelenke, Eat/er-
nung d. Knochensplitter mittels gedrehter Tampons
288.
Car otis communis, Unterbindung wegen d. Symptoms
eines Aneurysms in d. Sohadelhbhle 70.
Cartilago thyreoidea, Ban 283.
Carnncula lacrymaUs s. Euoanthis.
Catgut, carbolislrtes , Verwendung zur Artarianligatur
68. 69.
Cavemen a. Lungencavernen.
Cellulose, kflnstl. Verdauung 226.
Chari td-Annalen (herausgegebeo von d. Direktion
d. kfln. Charitd-Krankenhausee , redJgtrt von Meh 1 -
hausen, 1. Jahrg. 1874, Reo.) 222.
Chimin, Nutaen b. epidem. Grippe 32. — , Nutzea bei
Henfleber 83. — , snboutaoe Injektion b. Wechaelflpber
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
8 ■ ch-R«glit«r
361
n. CMm 1W. — , eldkttre WMnmg n. lUntnntions-
weise 133.
OhPkralhydrat, Knkni Injektiou b. Tripyer 88.
— , Nntzen b. Schlaflosigkelt 300.
Chloride, Ehrfl. snf 4. Pepelnabsondenlng 122.
Chlornatrinm, Wirknng anf die DickdarmaekMa-
M m — , Kind, anf d. Wirknng d. Subltmat 136.
— , zur Ldsung von Quecksilberalbuminat 136.
Chloroform, Nntzen der Inhalation bet Keuchhnston
276.
Cholera, N—kweis d. Ansteekung 102. — , ssbeutane
lajnktinn ron Cbdnin 102.
Chondritis, syphilitica, als Urs. d. Epiphysc— bMkrnng
266.
Chorea, pt&tal. Amanrose b. solch. 70.
Ckorioidea, centrale Entzflnd. bei alten Lenten 70.
— , Sarkom 120. (angebornea) 220. — , Kolobom ders.
n. der Iris 287. — , Taberkuiose b. allgem. Tnberku-
tone 268.
Cienta virosa, Wirknng 236. 238.
Cicntine 240.
Clcatozin, glfHge Wlrkung 237.
Cirknlation s. Blatdrknlatioa.
Oirr kos* d. Leber, ink Ascites b. einem Kinds 60.
Collodiomverband, zur Behandl. des Nabeihrnehs
61.
Com pressor vahmiae trlcnapidalia 82.
Cengestloasahscesse b. Spondylitis 62.
Congestionszustinde 100.
Coaiia, pkyniokog. Wirknng 238. — S. a. BroneonHa.
Cealnm, i— rnlntnm, physiolog. Wirknng 288. — ,
Nntzen d. Salles in grossen Gabon gegen Mnekeikritnpfe
239.
Cnaj-nnetira a. Biadekaat.
Cob serr irende Bebandlnng b. Schussveristz— gen
d. Oelenke (Knie) 66. (Elleabogen) 67. (Hand) 69. 60.
(Fnss) 187.
Contagiosltftt, d. heredtt&ren Syphilis 267. — , des
K— ekhustens 278.
Centaginm, k. Kota 80. — , d. Trippers 213. — , des
Sehaakem n. der Syphilis 213.
Contusion, d. Ferae in Folge von Aufrechtstehen 67.
Cornea a. Hornhant.
Corpus luteoa, Ban 262.
Cacnrtbroeaee, Diagaoae ron Luxation im Hflft-
gelenke 183.
Coxitis, Pathologie u. Tberapie 37. — , mit Claries des
Aeetabohna 184. — , metastat. Akncesse b. solch. 184.
— , Eesektion d. Hfiftgelenks 184.
Carare, Vergiftung, Bind, anf d. StofTwechsel 18. — ,
Bind, anf d. Wirknng d. Vagus 86.
Cutis, Anatomie b. Hunde 131.
Cyankalinm , Vergiftung mit g&nst. Aosgange 139.
Cyzte, d. Harnleiters u. d. Nieren 166. — , am Ligam.
atari latum 173. 261. — , Entwicklung In der Augen-
hflhle naoh Verletonng 192. — , d. Ovarium (b. einem
Klnde) 260. (spontane Knptur) 261. — 8. a. Bcteu-
tionscyste.
Cystitis, in Folge d. EatbMnag 176.
Kiln a. P oi l n dua .
Darm, angeb. Blldunga fishier b. Neugebomen 178. — ,
anatom. Verandeni n gen b. ebron. Dysenteric 149. — ,
Faraeentese b, Meteortsmus 262. — 8. a, Dick-, DSnn-
darm.
Darmkanal, Urs. d. Gasentwfckhmg ia setok. 123.
Darmyerstopfnng s. Koprostase.
Datnrin , Zuaammensetsung n. Wirknng 138.
Deeldoa, Ansseheidng ohne Blntung b. rnntfamaassl.
B atran t e rinschwangersckaft 270.
Deekenwulst d. Nagels 280.
Dentition, Krankketten wikrend ders. 180.
Den taeh land, Stadium d. Medirin an d. Unkreraitaien
223.
Deck* in, Verdaaang 114.
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Diastole, aktive, d. Herxventrtkcl 23.
Dickdarm, Verdauung in solch. 126. 126. — , Re-
sorption von Nahruagnstoffen von toleh. ans 126. 128.
— , znckerbildendes Ferment in solch. 126.
Digitalin, Darstellung d. krystallMrten 8.
Dilatation, d. HamrShre b. Weibe behufa Entloeraag
▼on FremdkSrpern 171.
Doeaments pour serrir k 1’dtnde de la mdtkodeasptrh-
trice (par Castiauz, Sec.) 146.
Drainage, d. Bauchhftkle b. d. Orariotomie 262.
Dresden, Statistik 80.
Drfise s. Lymph-, Schlld-, Hchweias-. Speiehel-, Tfari-
nen-, ZlrbekLriUe.
Ductus s. Mailer* scher Gang. •
Diland arm , Emnlsioaintng d. Fette in soich. 128.
Dura-mater, Sensibilitdt 4. *
Dnscbe, intrauterine im Wockenbett 44.
Dysenterie, Vorkommen ia Bom 110. — , chroa.,
anatom. Veranderangen 249. — , Epidemien 260. 201.
— , Behandlung 261.
Esn de Javelle, Vergiftung 189.
Echinococcus, in d. Orbits 192. — , im Ligam. latum
261.
Ecrasement, Indikattonen 217.
Ehe zwischen Blutsverwandten , Rlckenmaikaatfekti—
b. d. Kindern 141.
Ei, Znruckblelben nach Absterben d. F6tna 173. — ,
Ueberwanderung 269. — , Entwicklung b. Siagetkieraa
262.
Einrelbungskur s. Inunktionakur.
Ei s , Verfahren zor Anfbewahrung 348.
Eisen s. Ferrum.
Eisenbabnunf&lle, Foigea d. Enehnttnrnag d. Ge-
hlrns a. Ruckenmarks b. solch. 242.
Eisenkali, weinsteinsanrea , Nntaen b. varik&sea Ge-
achwuren 188.
Eiswasser , zu lntraaterinen Iajektioaen 46.
El ter, blauer, Entstehung 226.
Ei weiss, Einfahrung durch Klystlre but EraAhraag
128. — , im Auswurf (nach d. Thorakooentese) 167 flg.
(ehem. Untersuchung) 164. (an 8telle eines Asthma— -
fallea) 164. — 8. a. Hihner-, Pflanze nei weiss ; Queck-
ailberalbuminat.
EiweisskOrper, Rolle d. Magensaftes b. d. Verdanokg
ders. 118. — , Verdauung im Diekdanne 126. 126.
Ektrodaktylie 7.
El 1 enbogengelenk , Sehussverietsang (exspektathre
Behandlung) 67. (Resektion) 67. 68. — , Reeekttou
wegen ckron. Erkrankung 182.
Embolie, d. Art. baailaris mit Erweiohuag d. Varols
brucke 16. — , d. Art. pnlmonalis b. Schwangen u.
Wochnerinnen 46. — , d. Art. centralis retinae 289.
Embryo s. F5tus.
Emphysem, d. Haut an d. obern Kurperhalfte wAhread
d. Entblndang entstanden 174. — 8. a. Longeaemphy-
aem.
Empyem, Aphoade b. solch. 160. — , C&piUarptmktioM
n. Adspiration 160. — , operative Behandtnng 163.
Emulsion, Art d. Bildnng 123.
Encaathla fungosa 193.
Encephalocele , angeborae, eiae pulslrende OrMtal-
geschwulst vortauschend 191.
Endothel, Kittsnbstans dess. 236. (Fanktion) 286.
Entbindnng, Hautemphysem b. ders. entstanden 174.
— , Gebarroutterblutung naoh solch., subcnt. Injektion
▼on Aether 176. — , Durohtrennnng d. Dammes in
Folge von Brand nach solch. 176. — , Bezieh. d. Aether-
inhalation zor Entstehung von Naehblntmag 176. — .
Cystitis in Folge den. 176. — , Hydrocephalus 4. FOtus
als Hlndemiss 266. — , Temperatnr d. Matter wEmend
ders. 267. — 8. a. Geburt.
Entw&hnung, Zeit f. seleke 74.
Eats&ndung, Bezieh. d. Kitt— beta— d. FtatotheUeu
236.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
36 *
Sach-Regi at e r.
Epidemic, von Grippe 88. — , von DyaenteHe 2*0.
Ml. — , von CoeJunetivalblennorrMe 888.
Epidemics in Italien (von Alfonso Corradi, IV.
1701—1801, Eec.) 112.
Epidermis, b. Menschen, Anatomic 229. — , d. Singer,
Nervenendigung in aoleh. 230.
Epilepsie, Nutzen d. Silbersulphid 11. — , Nutzen d.
Phyaostigmin 12. — , b. Idioten, Einfl. auf d. Langcn-
wachsthnm 291.
Epiphyse, Ablbeong b. Syphilis 266.
Epistropheus, Caries 180. 181.
Epitbel, Kittsnbstans dees. 28*.
Epltheliom, d. Fusssohle, Wesen u. Verlaof 189.
Epoaychium 230.
Erblichkelt, b. malignen Geschwfilsten im Angapfel
73. — , d. Kurzsichtigkeit 304. — 8. a. Syphilis.
Erblindung s. Amaurose ; Amblyopie.
Erdrosselung, Mord dnrch sole be b. Kopfverletxung
86.
Erector pili b. Hunde 132.
Erhenkung, Beschaffenh. d. Augen nach solch. 221.
— , Tod durcb solche Oder dnrch Kopfverlefcnmg 292.
Eraihrung, Tom Dickdarme aus 128.
Erstickung, Tod durch solche, Znfall Oder Mord 293.
Ertrinkungstod, Diagnose 296.
Brweicknng, d. Rfickenmarks 141.
Erwfirgnng, Tod dnrch solche oder dnrch Kopfver-
letzang 292.
Erysipel, Bezieh. an Malaria 110. — , Einfl. auf d.
Syphilis 264. — S. a. Frfiherysipel.
Erythramylum 116.
Erythrod eztrln 114. *
Eserin 12.
Etnde comparative dee diverses mdthodes de l’eidrfese
(par Ch. Mo nod, Bee.) 217.
Eaealyptns globolas, Nutzen b. Henfleber 33.
Exartiknlation, wegen Schussverletzung (im Schnlter-
gelenk) 69. (im Ellenbogengelenk) 69. (im Handge-
lenk) 61.
Exerese, Arten n. Indtkationen 217.
Expektoration, eiweisshaltige (nach d. Thorakoceu-
tes«) 167. 169. 161. 163. (chem. Untersuchung) 164.
(an Stella einee asthmat. Anfalles) 164.
Exstirpation, d. Angapfels; Meningitis mlt tSdtllchem
Anagange 181.
Exsndat, pleuritisckes, CapUlarpnnktion u. Adspintion
146. 148. (b. serSsem) 149. (b. eitrigem) 160. — , Zu-
nahrse d. Sterblichkeit salt haufiger Anwendung d.
Thorakocentese 148. — , Entlearung mittels d. Trokar
(b. ser5sem) 166.156. (b. eitrigem) 168. — Entlearung
mittels Incision b. eitrigem 168. — , exspektative Be-
bandl. 166. 168. — , Differential diagnose 298. —
S. a. Pleuritts.
Extraute rlnsch wangerschaft s. Schwanger-
sehaft.
Extremitaten, Missbildnng am Endgiiede 7.
Vabrikarbelt, Betheiligung d. Frauen u. Kinder an
solch. 201 flg. 210.
Faeces s. Kothsteln.
Farbenempfindung, Einschranknng b. Hysteric 71.
Febris intermittens a. Wecbselfleber.
Fehlgeburt s. Abortus.
Femur, Operation amHalse wegen doppelseit. Ankylose
im Hfiftgelenke (Osteoklase) 182. 183. (subeutaae Re-
sektion) 186. — S. a. Oberechenkei.
Ferment, zuckerbildendes in d. Speicheldrftsen n. im
Faakreas b. Neogebomen 114. — , im Diekdarm 126.
Ferrum sesqnichloratum (6rtl. Wirkung anf d. Gefiwse)
10. (iatranterine Injektion mit solch.) 44. 46. (Keagens
anf Carbols&ure) 226.
Ferse, Contusion in Foige von Anfrechtstefaen 67.
Fett, Emulsionirung im DAnndarme 123. — , Ansat* a.
Sohwnad ini Oigaolsmus 130. — , in Ascites fifissigkeit
264.
Digitized by Google
Fettgewebe, VsrbfettSng IM. — , Histotogie 198i — ,
Verhalten b. d. Atrophic 129.
Flbrom, am obarn Augen IM 198. — S.a. Gobfinmttw-
flbroid.
Fibnla, Rcsektton wegen Sehassverletaung A Foaa-
ge leaks 188. — 8. a. Untersehenkel.
Fieber, Verhalten b. progreasiver pernicWser AaisMe
18. — b. Syphilis 214.
Finger, angeborner Mangel 7.
Fist el s. Kothflstel.
Fleisob, Verdauung, Rolle d. Magensaftw 118.
Flintenkngel, langes Verweilen im chintrg. Hahw d.
Oberarms, Erblindung 71.
Flugelfeli s. Pterygium.
FStus, Byphilit. Iritis 72. — , VerdanungsvermSgen 118.
114. (Gehalt d. Speicheldrflsen a. d. Paakrena an
znckerbildendem Ferment) 114. — , Glykogengehalt
d. Leber 114. — , Zurfickbleiben d. Ovnlnm nach AJb-
sterben dess. 173. — , Respiration 177. — , Pulsfreqnenz
178. — , Oxyhamoglobin Im Btnte 178. — , Hydxo-
cephalie als Oeburtshinderniss 266. — , Extrafctton b.
Tubensch wangerschaft 271.
Follikel s. Graafscher Follikel.
Fowler'sehe Ldsnng, subeutaae Injektkm gegen
Hyperasthesie 62.
Fraktur s. Osteoklase.
Frauen, Betheiligung an d. FabrikarbeR 201 flg.
Franenmilch, Nacbweis d. QneoksUbers in dem. wih-
rend d. Inunktionskur 269.
Fremdkorper, im Angapfel, eingekapseite 221. — ,
in d, Hamblase b. Wei be , Entfernnng aaeh DUatatton
d. Hamr6hre 171. — S. a. Flintenkugel.
Frenulum linguae s. Znngenbandchen.
Frnchtbarkeit, d. Bevdikenmg, statistisehe Besttm-
mnng 76.
Frfiherysipel, vaccinates 60.
Friihgeburt, Einleitnng wegen Pleuritis 48.
Fflsse , kalte, als Uroache von Schlaflosigkeit 48.
Fuss, angeborne Spaitung, Polydaktylie 7. — , Amputa-
tion nach Pirogoff mit Tenotomie d. Achilla mnhae
282. — , Arthrocace , Entfernnng d. oaridsen Knocfcen-
theiiohen mittels gedrehter Tampons 288.
Fussgelenk, Schussverletzung, Reenltate d. be han d
lung 186. (conservative) 187. (Resektkm) 187. 188.
(osteoplast. Operation) 188. (Amputation d. Unter-
schenkels) 188. — , subperiosteale Resektion 282. — ,
Amputation d. Unterschenkels wegen Erkranknng 283.
— , Caries , Entfernung d. Knochensplltterehar mMtels
gedrehter Tampons 288.
Fusssohle, Epithelioma n. Papillomo 189.
Gahrnng s. Buttersauregihrnng.
Galle, Einfluss auf d. Bntters&oregahrnug 128. — , E in-
Hass auf d. Emulsionirung d. Fette Im Dfinadarme 128.
— , Elimination d. Chintn mit solch. 184. — , ahem.
Znsammensetxung b. Menschen 226.
Gallensau ren , Gehalt an Schwefel 226.
Gallussaure, 5rtl. Wirkung anf d. Gef&sse 9.
Galvanokaustik, Indikationeu 217.
Ganglien s. Hera ; Ruckenmark.
Gan gran, d. Dammes mit Dnrchtremmag dess, naoh d.
Entbindung 176. — S. a. Lungengangran.
Gasentwicklung im Darmkanal 123.
Gebarmutter, Struktur u. period. Wechsel d. SebMm-
haut 40. — , Injektioneu in dies. (Indikationen) 43. (b.
chron. Katarrb) 44. (Technik n. verschiedene Mittei)
46. (mit heissem Wasser gegen d. Blntimg b. Fibrom)
267. — , Mangel ders. mit zweifelhaften Gesohwnistea
in d. Leistenkanalen 171. — , zwethSrnlge getheilte mit
partieller Theilnng d. Vagina n. Atresie d. eineo Bette
d. letztern, Hamatokolpos , Pnnktion 172. — , Rnptar
(spontanc im 8. Sehwangerachaftsmonat) 174. (ta-
oomplete; von Hans Brenneoke, Bee.) 802. — ,
Myom mlt d. Erscheinungen von Myosarkom 261. - —
S. a. Hamatocele ; Himatometra ; I ilgamimtnm Mam.
Original fronn
UNIVERSITY OF CHICAGO
8 a e h-Re g i ■ t • r.
868
aebaaaaattaxhlwtaflg, Itah—iHang iriiMt intn*-
uterinerlnjektlonen 44. (von heissem Wasser) 287. — ,
aarh d. Entbindung (anhcutane Injektionen von Aether)
176. (Beziehung d. Aethermhalation zur Entstehuug)
1T6. — , Ansae beidnng einer Decidua ohne solche 270.
Ue barm utter fibroid, intrauterine Injektionen wegen
Blatong (mit Eisenchlorid b. inters titiellem) 44. (mtt
heiseem Wasser) 267. — 8. a. Myom.
Gebarmntterkrehs, Behandl. d. Blntungen mltteta
intrauteriner Injektionen 44.
Gebirmnttermnnd, Ulcerationen an solch. 171. — ,
narbige Verwachsung ale Ursacbe von H&matometra
263.
Gebnrt, durch akute Pleuritis complicirt 47. — , Mangel
d. Liquor amnii 47. — 8. a. Entbindung.
Geburtshfilfe, Anwendung d. Salicylsaure 48.
Gefasse a. Arterien ; Blutgefasae; Lymphgef&aae ;
Venen.
Gef&ssgeransche, b. Unterleibsgeschwulsten 298.
Gef issgeschwulst, in d. AagenhOhle 220. — , For-
men u. Behandl. 283.
Gefasslehre, d. Menschen, Handbuch ders. (von
J. Henle, 2. Anti. Eec.) 300.
Gefisssystem, Aufregung ala Uraache von Schlaf-
loeigkeit 299.
Gehirn, Erregbarkeit d. Rinde 3. (patholog. Beweiae)
6. — , Fortpflanzung d. Reize an d. OberflSche 6. — ,
Erweichnngaherd , Abscess , Diagnose 6. — , Faser-
verlauf in solch. 14. — , llamorrhagie in aolcb. b.
Phosphorvergiftung 138. — , Geschwulst in solch. (nacb
Verletzung) 139. (d. hintern Centralwindung) 140. — ,
Sklerose dess. u. d. Ruckenmarks 142. — , Affektion
b. Syphilis (Entartung d. Arterien) 167. (mit Hemi-
plegie) 170. (mit Apoplexie) 240. — , Erschutterung
b. EisenbabnnnfSllen , Folgen 242. — , Abscess mit
latent em Verlaufe 242. — , Zwischengewebe d. weissen
Snbstanz in d. Winduugen 244. — , anatom. Verande-
rangen b. allgem. Paralyse 244. (d. Blutgefasse) 246.
(d. Zwischensubstanz) 246. — , Hyperamie ala Ursacbe
von Schlafloaigkeit 299. 300. — , Anamie ala Ursacbe
von Schlaflosigkait 300. — , Eiuiluas d. Erregung anf
d. Blutbewegung 302. — S. a. Dura-mater; Encepha-
iocele ; Glandnla pltnltaria ; Hydrocephalus ; Varols-
brficke.
Geisteskranke, Abnormitat d. Canalia infraorbitalis
299.
Geiatesstorung s. Melancholic; Mikromanie ; Ver-
folgungawahnalnn.
G e 1 e n k e , Conkremente aue barnsaurem Natron in solch.
b. Gicht 26. — , Schussverletzungen , Behandlung 64.
— , Krankheiten 180 276. — 8. a. Ellenbogen-, Fnss-,
Hand-, Hfift-, Knie-, Schnltergelenk.
Qelenkmans, im Knlegelenk (Entatehang) 281. (Ope-
ration mittols direkter Incision) 282.
Geriasch s. GefSssgerauache ; Reibegerfiuaok.
Gerbsiure, 5rtl. Wlrkung anf d. GefSsse 9.
Geaebichte, d. Medicin (von F. Frddault, Rec.)
112. — 8. a. Aerate ; Epidemien.
Geachwfir, varikSses, Nutzen d. weinateina. EiaenkaH
188. — , am Zungenbandchen b. Keuchhuaten 274.
Gaaak waist, d. Ljrmphdrusen, Behandlung 67. — , im
Augapfel 78. — , polypen fbrm. an d. grossen Scham-
Hppe 260. — , Im Unterleibe, Qefassgerausche b. solch.
298. — 8. a. Echinococcus ; Encanthis ; Fibrom ; Ge-
fltaageschwlilste ; Gehirn -, Gliom ; Hamatocele ; Hama-
tom ; Krebs ; Myom.
Geaetzgebung, in Betreff d. Beachaftigung von Frauen
a. Kiadern in Fabriken 201 fig. 210.
Geaicht, Behandlung d. GeOaageadhwfllate in aoleh,
204.
Geannd hei tap f lege, Statistik in Beatig anf solche
76. — , Forderungen an d. Gesetagebmg in BetrelT
4. Beachifttgnng von Fraaen u. Ktndern in Fabriken
201 «g. 210.
Mad. Jahrbb. Bd. 171. Hft 8.
Digitized by Google
Qesrebe, tnntsmin dma. 212. . »
Geweblebre, Lehrbuch den. (vwaW.Krnnae, Bee.)
212.
Gicht, gait Amytoidentartung 26. — , Bohlaflorigkeit b.
solch. 800.
Gift s. Krampfgift; Yergiftung.
Glandnla, lacrymalis, Sarkom 190. — , pituitaria,
Neuroretinitis b. Geschwulst in solch. 70. — , thyre-
oidea (Bau) 283. (Geschwulst, Compression d. Trachea)
261.
Glaucoma fnlminans 72.
Gliom, d. Netzbaut, Exatirpation d. letztern 220.
Glotzangen, Nutaen d. Lidnaht 220.
G 1 u h e 1 a e n , Operation von Gefasageschwulsten mi tie is
solch. 284.
Glykogen, in d. Leber b. F5tus u. Neugebornen 114.
GonorrhOe s. Tripper.
Graaf’scher Follike 1, Ban n. Besieh. zur Eibildnng
262.
Greiaenkrankheiten a. Chorioretinitis; Zittern.
Grippe , epidemiscbe, Wesen u. Behandlung 82.
Grosshirn a. Gehirn.
Gy nakologische Universitatsklinik n. Heb-
ammenlehranstalt zu Konigsberg in Preuaaen (Bericbt
von H. Hildebrandt, Rec.) 215.
Kaare, Muskelapparat znrErektion ders. 182. — , Ban
ders. 229.
Hackerling, Tod in einem Hanfen von solch. 2*4.
Haematemese, nach Verletzung 196.
Haematocele retroutertna (u. Haematometra b. Atresia
vaginae) 268. (Entwickelung wihrend d. Sehwanger-
schaft) 266.
Haematokolpos, b. Atresie d. getheiNen Vagina,
Punktion 172.
Haematom, d. Vulva 260.
Haematometra, b. Atresia vaginae (b. UternsMeornls
septus ; Punktion) 172. (mit Haematocele retrouterina)
263. — , dnrcb narbige Verwachsung d. Muttermunds
263. — , durch Imperforation d. Hymen 268.
Haemorrhagie s. Apoplexie; Blutung.
Haftstrafen, Volltug an S&ugenden 74.
Hals, Behandlung d. Gefassgeschw&lste 284> — , Phleb-
ektasle 298.
Halswlrbel, Spondylitis mit Myelitis 66. — , Caries d.
obersten 180.
Hand, angeborner Mangel von Flngern 7.
Handbuch, d. allgem. Pathologie n. Therapie (ton
Herra. Lebert, 2. Anfl., Rec.) 101. — d. memichL
Anatomic (von Carl Fried r. Theod. Krause,
8. And., bearbeltet von W. Krane, allgem. n. mikro-
skop. Anatomle, 1. Bd., Rec.) 212. — , d. Gefasslehre
d. Menschen (von J. Henle, Handbuch d. systemat,
Anatomie HI. 1 ; 2. Aufl., Rec.) 300.
Handgelenk, Schussverletzung (Diagnose) 69. (con-
servative n. exspektative Behandlung) 60. (Resektioa)
60. (Amputation u. Exartikulation d. Oberarms) 61.
— , snbperiosteale Resektion wegen Arthrocace 182.
Ham, Verhalten: bei progressiver pernidSser Anamie
17 ; bei Argyrie 24 ; bei Spondylitis 63 ; im normalen
Woehenbett n. wihrend d. Wehen 176 ; bei Beginn d,
MUchsekretion 177. — , Gehalt an Queekailber bei Ver-
abreichung d. Quecks.-Albuminat 136.
Harnblase, b. Weibe (Entfernung von FremdkSrpern
nach Erweiterung d. HarnrOhre) 171. (Entzfindong in
Folge d. Entbindung) 176.
Harnleiter, chron. Enta&ndung mit Cyat e n h Udu n g u.
Cysten entartung d. Nleren 166.
Harnrohre, b. Weibe (Kanmkeln den.) 89. (rapide
Dilatation behufs Entfernung von Fremdk&rpern) 171.
— , BlennorrbAe a. Tripper.
Harnstoff, Menge d. Ansseheidang Im aonauden Wo-
chenbette 177.
45
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
864
Saeh-Regintar.
*
• Haut , Emphysem an d. obera KBrperkSUte wibread d.
Eatbtndasg entstaaden 174. — 6. ». Kopfhaut.
Hanthorn, ahnl. Blldang b. Lupus 36.
Havtpapillen, Hypertroptale b. LafM 46. .
Hauttransplantatlon, nach Abreissen d. Kspf-
haut 68.
Hebammenlehranstalt zu Kftnlgsberg (Bericht von
H. Hlldebrandt, Rec.) 816.
Herbstkatarrh s. Henfleber.
Herdlnpus 36.
H e r n i e s. Nabelbruch .
Hera, Wirktmg d. Pbysosttgnrin anf Gass. 1*. — ,
Schossverletzung 62. — , NeurordtinltlB b. EfkrxnkUng
dess. 72. — , Anatomle u. Physiologic, nenere Leistnn-
gen anf d. Gebiete ders. 81. (Reizbarkeitd. Mnskulatur)
82. (Cirkulation in d. Substans) 82. (Nervns accelerator
b. d. Katze) 85. (Fnnktion d. Ganglien) 86. (paradove
Wirkung d. Vagus nach Cnrarteirtmg) 86. (Ersehei-
nungen d. Thatigkeit) 88. (aktive Diastole d. Ventrikel)
99. — , cxcentrische Hypertrophic , Entstehnng 94. — .
Wirktmg' d. Tropin , Belladonnin n. Benzoyltropin anf
dass. 133. — , Bexieh. d. Contraktlon d. VorhCfe cur
Verdoppelung des 1. Herstones 248. — , Insnffleienz n.
Stenose d. Aortenmfindung 248. — , Erweiterung d.
linken Vorhofs b. Stenose d. A Often ostium 249. — ,
Lahmung ala Todesursache b. Vergiftnng durch Schwe-
felsanre 296. — , Perkussion 298.
Hercgeranscb s. Reibegrausch.
Heraklappen, Anatomic n. Phyaiologie 81. 89. 90. —
8. a. Aorta.
Hersstoss, Entstehnng 91. 94. 96.
HerntOne, Entstehnng 90. — , Verdoppelung d. ersten
247.
Heufieber, Wesem a. Urtachen 32. — , Symptome,
Verlanf, Bebandlung 33.
Hinterhanptsbein, Carles 180.
Hirnhaot a. Dura- mater ; Meningitis.
Histoire de la mddedne (par F. Frddault, Rec.)
112.
Hohlnadel, cur Capillarthorakoceatese 148.
Hohlvene a. Vena cava.
Hornhaot, T&to wirung 193. — , Entaundung, An wend,
d. Kalte 218.
Hospital s. Ospedale; Sammlung.
Hfiftgelenk, Entaundung, Patbologie n. Therapie 67.
— , doppelseit. Ankylose (Osteoklase d. Schenk elhalses)
182. 183. (snbcntane Resektiou) 186. — , Arthrocace,
Diagnose von Luxation 183. — , Resektiou (wegen
Coxitis) 184. (b. Caries u. Eiterung) 186. (Statistik u.
Indikationeu) 186.
Hftfcnerei weiss, Veihaften d. Hydr, Wchlor, corr.
gegen saure Losung 134. — 3. a. Eiweiss.
Humerus, langes Yerweilen elnefr Plhrtenkugel Im Cbi-
rurg. liaise, Erblindung 71. — , Caries sicca d. Kopfes,
Resektion 181. — S. a. Oberartn.
Hand, Anatomie d. Cutis 131.
Hundemilch, Nntzen b. Rhachitb 27.
Hydarthrose d. Kniegelenks, Behandbmg 876.
Hydrargyrum, Uebergang in d. Harn 136. — , Nach-
weis in d. FraueuroUcb wahrend d. Inunktioaskur 269.
— , Mohloratum corrostTum (VerbaKen gegen Hubner-
eiweiuitaungen u. Magensaft) 134. (xu submit. Iqjek-
tionen) 136. — , nitricum oxydatam u. oxydnlatnin, mit
aalpetr. Saure als Reagens auf Carboisaure 228. — 8, a.
Quecksilberalbuminat .
Hydrocephalus, d. Fotas als Gebuitshindttnias 266.
— , abater b. einem Erwaobaenen 281.
Hydrops, median. Behaadbmg 848.
H ygr o m . cbronisehes , Incision aster antisept. Behan d-
ling 186.
Hyg roma praepatellare , -incision -enter a nt is e p t. Be-
kandlong 186.
Hymen, Im perforation als Urs. von IRksatsssstn 963.
Hyoscyamln, Wirkung 133.
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Hyper&naie, d»flehhna als Ursaeke van 8ckisflo si g k ett
299. 800.
Hyperistkesie, Nxtxes d. lajektien d. Fewler’sehen
LSaaag 62.
Hypnrtrophie, d. Heraens, exoeotrisehe Entstehang
94.
Hypnotikum s. Bromknliam; CUaialhydrat ; Conium ;
MUchsanre.
Hysterie, Amblyopic b. solch. 70. — , Lidknonpf,
Heilung mittels Heftpflaate mt re tfe n 220.
Jfaborandi, Antagonismus mit Atropin 137.
Idioten, L&ngenwachsthuro 290. (b. eplleptiachen) 291.
Ileus, b. einem Neugebornen 178.
IndigoschwefelsanresNatron, zum Nachweis d.
Kittsubstanz (d. Epithelieu) 234. (d. Endothelien) 236.
Influenza s. Grippe.
Inhalation, von Aether, Bezlehnng zur Entstehnng
von Blutimg nach d. Entbindung 175. — , b. Kencb-
bnsten (LOsung von Arg. nitr. oder Carbolsanre) 274.
275. (von Chloroform, TerpentinOl oder Schwefelather)
276. 276. — , von CarbolsaurelSsnng gegen katarrhal.
Affektionen d. Stimmbander 276.
Injektlon, in d. HamrShre 37 flg. — , in d. GebSr-
mutter 43. (mit heissem Wasser) 267. — , mit Jod-
tinktnr gegen Lymphdrflsengeschwulste 67. — 8. a.
snbcntane Injektion.
Instrument, zur Capillarthorakocentese 146. 148. —
8. a. Bistouri ; Werkzeug.
Insufficienz n. Stenose d. Aortenmilndnng 248.
Intertrigo, Behandlnng 179.
Intrauterine Behandlung 43. 45. 267.
Innnktlonsknr, Nachweis d. Qnecksllben in d.
Franenmilch wahrend ders. 269.
Jo do form, als Reagens anf Alkohol 226.
Jodtinktur, Injektion gegen Lymphdrfisengeschwulste
67.
Iridektomie, wegen Katarakte 72.
Iris, willkfirl. Contraktlon 70. — , syphillt. Entzftndnng
b. F5tus 72. — , Wirkung d. Tropin, Belladonnin u.
Benzoyltropin anf dies. 133. — , unvollkommene Ent-
wickelnng an beiden Augcn 190. — , Sarkom (an d.
HlnterflSche) 190. (primSres) 191. — , Anwendnng d.
Kalte b. Entzundung ders. 218. — , Kolobom ders. u.
d. Chorioldea 287. — 8. a. Pupflle.
I s c h 1 a s , Nntzen d. subcntanen Injektion von BromConiin
240.
Italien, Epidemien daselbst (von Alfons Corjradi
IV. 1701—1801, Rec.) 112.
J Angling, Entzftndnng d. Brastdrftse 68.
MAlte, Anwendaag b. AngenkMakbciten (vosE4s«rd
Durr, Rec.) 218. — , d. Fusbc als Ursaeke m llthlnf
losigkeit 299.
Kali, arseniooenra , snbcntane Injektion gegen Hyper*
asthesle 62. — , unterchlorigsaures, Vergiftang 139. —
8. a. Bromkalium ; Cyankalium ; Eisenkali.
Kaolin, Nutsen b. Tripper 38.
Karnnkeln, d. Uarnrohre b. Weibe 39.
Katarakte, gunstiger Erfolg d. Extraktioo, IrMektomie
oder PupiUenbildung nach langjahr. Bestehen 72.
Katarrh, d. Gebarmntter, Behandtang mittels intra-
■teriner Injektiime* 44. — , d. Sthnmbander , Nwtsen
d. Inhalation von Carkotsaureiftsong 276k — 8. a. Heu-
fleber ; Magen katarrh.
Katse, Nervus accelerator cordis 86.
Kephalaematom,d. NengehortNO, Funkthmtf.
Keratitis s. Horahaut.
Keuchhnsten, Nutzen d. Bromconiin 240. — . Patho-
genic u. Therapie 272. — , Contagiositat 273. — , pro-
phytaktisehe ftiaaaorageln 274. — , Gesehwftr am Zun-
geebftndchen b. soloh. 274. — , Inhalation (voa Arg.
nitr. oder Carboisaure) 274. 276. (Chloroform , Ter-
pentin51 oder Schwefelather) 276 276.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Sack-Register.
355
Kt*4, iMe Lebe m Amp hi e 66. — , Labcv ci wfaoae aa»
Ascites 60. — , BehandL i. NabeKruchs mitts is Cbllo-
dhBTtrtitnd 61. — , Be ha ad 1. d. Athrepsie 70. — ,
Krankheiten wahrend d. Dentition 180. — , Besohfifti-
gung in Fabriken 201 fig. 210. — , asihmat. Zsfille b.
Stftrong d. Vend anting 246. — 8. a. F6tas; Frtth-
erysipel ; Intertrigo ; Koprostase ; Knhmilch ; Neu-
geborne ; Soot.
Kiadermehl, Nettle’s, Verdannng 114.
Kittsnbstana, d. EpMheAn 284. — , d. Endothellen
236. 286.
Klappen a. Atrioventriknlarklappcn.
Klystir , mit Eiweiss n. Pankreas zur Eraihrang 128.
— , mit Salicyls&are gegen Ruhr 261. •
Kniegelenk, Schussverietznng (Diagnose) 66. (ooa-
servirende Behandl.) 66. (Reeektkin) 66. (Amputation)
66. — , Hydarthroee, Behandl. 276. — , Resektion wegea
Erkrankong 278. (Tomor albns) 280. — , Ankylose
(Resektion) 280. (Ampntation d. Oberschenkels) 281.
— , Ampatation naeh Griiti 281. — , GelenkkSrper in
solch. (Entstehung) 281. (Operation mittels direkter
Incision) 282.
Knoehen, Aflektiom b. Rkaekltis 26. — , Epipkysem-
lSnang b. Syphilis 266.
Knochenbildung fan Angapfel 78.
Knoehen mark, Veranderungen b. progress, perni-
eioser Anamie 20.
Kochsalz s. Chlonatriom.
KSrperbalfte, obere, Haatetapbysem wihrend d. Ent-
bindnng 174.
Kirperwarne, Verhalten bei progress, parnici&ser
Anamie 17. 18. — , d. Matter wahrend d. Eatbindnng
267. — , ErhOknng als Ure. von Schlaflosigkeit 299.
Kohlehydrate, Verdanung a. Resorption 114.
Kolobom, d. Iris a. d. Chorioides 287.
Koadylom, spitzes, Uebertragbarkeit 218.
Kopfblatgesokwnlst s. Kephaiaematem.
Kopfhant, Verletzung , Nutzen d. Hanttransplaatation
62.
Kopfverletsnng, b. Mord durch Erdrosselang 76.
— , Bildvng einer Gesehwaist im Gehim naeh soleh.
139. — , todtliche, Sehlag Oder Fall 196. — , Tod durch
solehe Oder Erwfirgen 292.
Koprostase, bedingt durch Kothstein , t6dtiksher Ana-
gang 60.
Korektopie mit Linsenrerschiebung 190.
Kotbfistel, Beobachtangen uber Verdaunng b. soleh.
126.
Kothstein, als Ursache von Koprostase mit tddtl. Aus-
gaage 60.
Krampf, wahrend <L Dentition 180. — , d. Angenllds,
kysterischer , Heilnng mittels Heftpflasterstreifen 220.
— , d. Mnskeln, Nntaea grosser Gabon von So ecus eonli
239.
Kratnpfgift, Cicuta virosa 236.
Krankheiten, Statistik 79.
Krebs, d. Gebarmntter , Behandl. d. Blutongen mittels
intnnteriner Injektionen 44. — , d. Wirbel u. d. Rficken-
marks 141. — , Pleuritis b. soleh. 169. — , d. Leber,
Gefaasgerausche b. soleh. 298.
Kreisianfst5rnngen , Elnfloss d. Kittsnbstana d.
EndetheUea 286. — 8. a. Bluteirknlatka.
Krlegschirnrgie, Anwendang d. Watte-Tanotarer-
bmsdes 287. — 8. a. SchussverleUnng.
Kropf , Compression d. Trachea dnrch soleh. 261.
Krystallllnse, angeborne Versohiebang 190. — , spen-
tane Dislokation 221. — S. a. Lentikonns.
Kahmileh, Keaktion 61.
Karssichtigkeit, Bestisunnag 219. — , hoehgradige
ohne Veranderang am hintern Augenpol 221. — , fiber
<L Ursacben a. d. Eatatehnug dan. (van Ferd. Arlt,
Ree.) 80S.
Labium a. Behamllppe.
Lactuea vima, Vergiftaag dank d. Blittw 137.
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L Kb m da# s. Farfdyae.
Lingenwachsthum d. Idieten 299. (epUepthwher)
291.
Larynx, Gicbtaffekttsa 96. — , syphllit. Eat afia dnng
170. — , Katanrh, Natsea d. Inhalation v. Carbolsfiure-
1 fisting 276.
Leber, Verfindernngen b. progress, pnrnisinnrr Anivie
20. — , Veranderungen b. Argyrie 23. — , Ctarhose mit
Ascites b. einem Kinde 60. — , Atrophie b.einem Kinds
60. — , Zerreissung 63. — , Glykogen in ders. b. F5tus
u. Neugebornen 114. — , Pulsation d. V. cava inferior
b. Affektionen ders. 166. — , Krebs , GeQssger&usche
b. solch. 298.
Lekrbnoh, d. Syphilis a. d. mit diner verwandtea
ortl. veaer. Krankheiten (von H. Zeiss 1, 3. And.,
Rec.) 213.
Lehren a. Lernen d. mod. Wissenschaften an d. Uni-
versitaten dentscher Nation (von Th. Billroth, Rec.)
223.
Leichenbeschauer, Instruktion f. solehe In Bayern
194.
Leipzig, Statistik 80.
Leistenkanal, Geschwnlst in solch. bei Mangel des
Uterus 171.
Lentikonns, angeborner 190.
Lenkamie, LenkoeythSmie, Diagnose von pro-
gressiver peraleiSser Anamie 17. 18. — , b. Rotz 27.
Lenkom, d. Hornhaut, Tatowirung 194.
Licbtslnn, Messnng 71.
Lidspaltenfleck, Bezieh. znr Entstehung d. Ptery-
gium 193.
Ligamentnm uteri latum (Cysten an solch.) 178. 201.
(EchinococcusBack in solch.) 261.
Llgatnr, d. Arterien, temporire (Verfahren) 08. (antl-
septische) 68.
Ligature en masse, Indlkationen 217.
Linse s. Krystalllinse.
Liquor amnli, Mangel b. d. Geburt 47.
Lithiasis, Schlaflosigkeit b. solch. 300.
Lister’s cheB Verfahren, Anwendang ind. Geburtshfilfe
49. — S. a. Antiseptische Behandlung.
LnftrShre s. Trachea.
Lungenarterie, Embolic b. Schwangem u. W5ch-
nerinnen 46. — , Thrombose ala Tod esursache b. aknter
Pleuritis 160.
Lnngencavernen, SchallhShewechsel b. d. Perkus-
sion 297.
Lungenemphysem, Herzgeransche b. solch. 248. — ,
Schachtelton b. d. Perkussion 297.
Lnngenentzfindnng, b. Schwangem, Indikation zu
Einleitnng d. Frflhgebnrt 48. — , Bezieh. zu Malaria
110. — , naeh Verletzung 196.
Lnngengangran , Pleuritis b. solch. 161. 163.
Lnngengewebe, Relaxation, perkntor. Erscheinnngen
296.
Luugentuberkulose, Vorkommen in Rom 111, —
S. a. Lnngencavernen.
Lap ns, histolog. Veranderungen 34. — , Entwickluqgs-
stadien 36. — , verschied. Formen 36. — , hypertrophi-
ens papillaris 36.
Lnxation , 1m Huftgelenk, Diagnose von Coxarthrocace
183. — , spontane d. Linse 221.
Lymphdrfisen, GeschwClste, Behandlung 67.
Lymphe, Verhalten b. Rets 26. — , Bildung n. Ltltung
in d. Hant 131.
Lymphgefaese, Anatomic d. kleinem 130.
Hagen, Verdaunng tn soloh. (b. F5tns)118. (d. Kohle-
hydrate) 116. — , Bcwegungen H». — . Peprtngehalt
in verschied. Zustfnden 120. — , Fimktfon d. Sehlstm
hant am Pytosae 129 , Reining ala Urn. von Asthma
246.
Magenblntung, naeh Verietaang 196. — 8. a. Himat-
emeae.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
S a o h - Ref i I i e r.
866
Magenkatarrh, Pepsingehalt d. Magens n. Absoade-
rang 181. — , DUt b. solch. 188.
Magensaft, frele Satire 116. 118. — , Bedeutnng f. d.
Verdauung der Eiweisesubstanaen 118. — , Sekretion
119. 120. 121. — , Verdauung von Pflanzeneiweiss
dnrch solch. 122. — , Einfl. auf d. ButtersAoregihrung
188. — , chon. Wlrkung d. Hydr. bichlor. corros. auf
aoleh. 184.
Malaria, Bezleh. zu Erkranknngen der Resplratlons-
organe 110. — , Bezleh. zu Erysipel 110.
Mamma, Entzundung b. jnngen MSnnem 68.
Massachusetts s. Report.
Mastdarm s. Rectum.
Matleo, zu intrautertnen Injektionen gegen Blutung 46.
Mecklenburgisch e Aerste, von der hltesten Zeit
bis zur Gegenwart (von A. Blanck, Rec.) 112.
Medlcin, Geschlchte ders. (von F. Frddault , Bee.)
112. — S. a. Aerzte ; Epidemlen.
Medicinische Wiss enschaften, fiber Lehren u.
Lernen ders. an den deutachen Univeraltaten (von Th.
Billroth, Rec.) 223.
Melancholie, eigenthfiml. Fall 289. — , Schlaflosig-
keit b. solch. 300.
Meningitis, syphilit. Ursprungs 166. — , nach Exstir-
pation d. Angapfels wegen Sarkombildung 191.
Menorrhagie s. Gebarmutterbintung ; Menstruation.
Mensch, Rotz b. solch. 144.
Menstruation, Retention des BluteB als Ursache von
Hfimatocele u. Hamatometra 263. — , profuse, Nutzen
der Einspritzung von heissem Wasser 267.
Messer, zur Hauttransplantation 62.
Metamorphose, regressive, Lupus als solche 34.
Meteorismus, Paracentese des Darms 262.
M6thode aspiratrice, documents pour servir k
l'6tude (par Castlanx, Rec.) 146.
Metrorrhagie s. Gebarmutterbintung.
Mlkrocephalie, Verhalten des Canalis infraorbitalls
299.
Mikromanie 290.
Milch s. Frauen-, Hunde-, Kubmilch.
Mllchahsonderung, Verhalten des Harns b. Beginn
177.
Mllchs&ure, 1m Magensaft 116. 118. — , Einfl. aufd.
Buttersauregfihrung 123. — , Nutzen bei Schlaflosigkeit
800.
Militarersatzgesch&ft, Bestimmung d. Sehscharfe
218.
MUlon’s Reage ns, auf CarbolsSure 228. — , auf Sali-
cylsaure 229.
M i 1 z , Verandemngen bei progress, pernlcdser Anamie)
20. (b. Argyrie) 24. — , Amyloidentartnng b. Gicht 26.
— , Perkussion 197. — 8. a. Wandermllz.
Misshandl ung, Lungenentzundung nach solch. 196.
MItth eilungen , des statist. Bureaus (in Dresden) 80.
(in Leipzig) 80.
Mole, Entwicklung bei Zwillingsschwangerschaft 266.
Morbilitfit, Statistik 79. — , an PleuHtls 272.
Morbus Brlghtit, Verdoppelung des ersten Herztons
247.
Mortalitat, Statistik 76.
Mfiller’scher Gang, Perslstenz b. Manne 234.
Mnsculus, stemooleidomaatoldens , Ban 831. — S. a.
Compressor; Erektor.
Muskelatrophie, progressive, anatom. Veranderun-
gen 16.
M n s k e 1 n , Wlrkung des Sirbersulphid auf solche 10. — ,
Wirknng des Physostigmin auf solche 12. (auf quer-
geetreifte) 13. — , Pseudohypertrophie , anatom. Ver-
iaderungen 16. — , Nerven d. glatten 231. — , Nutsen
d. Succus conil b. unwillkfirl. Bewegungen 289.
Mnskulstur, dee Herzens (Cirkulatlon in ders.) 82.
(Relzbarkeit) 82. — , der grSssern Artorien, Bau 288.
Mntterband s. Ltgamentnm.
Muttersch eide s. Vagina.
Myelitis, Nutaen des SObersnlpAM 12, — , b. Hpeady-
litis der obera Hatewirbel 66.
Myom, d. Uterus, mlt d. Emeheinungen vos Myasavkom
861.
My o pie s. Kurxsiehtigkeit.
Myoearkom, Erecheinungen solch. b. Myom d. Uterus
261.
Myoais, bei Splnalleiden 288.
•
Mabel, Vorf&ll bei aUgem. chroa. Peritonitis 861.
Nabelarterien, Beschaffenbeit d. Blutes In aoleh. 98.
Nabelbrucb, b. Klndern, Behaadl. mittels OoUodhun-
verband 61.
Nabelvene, Beschaffenheit d. Blutes in solch. 98.
Nachblutung, nach temporirer Arterienligatur 69.
Nachgeburtsblutung a. Gebarmutterbintung.
Nachtarbeit, in Fabriken, Betheiiigung der Frauen
204.
Nadeltrokar, zur Capiliarpunktion u. Adsptration 146.
N a e v u s , Behandlung mlt dem Glfiheisen 286.
Nagel, etagewachsener, Behandlung 104. 106. — , Bau
u. Wacbstham 229. — 8. a. Eponychium.
Nagelgesch wfir, malignes s. Onichia.
Nahrungsstoffe, Resorption im Dickdarme 126. —
S. a. Eiweiss; Emahrung ; Flelsch.
Naht s. Augenlid.
Natrium s. Chlornatrium.
Natron, indigsch wefelaaures , lujektion mlt solch. tram
Nachweis d. Klttsubstanz (d. Epithelien) 234. (d. En-
dothelien) 236. — , nitricum, gegen Dysenterie 861.
— , unterchlorigsaures , mit Ammoniak Oder AniHn,
Reagens (auf Carbolsaure) 227. (auf 8alicylsinre) 329.
— , uricom, Conkremente aus solch. In deuGeleukemb.
Gicht 26.
Nebennteren, Verandemngen b. Aigyrle 24.
Nerven, Affektion bei Tripper 37. — , Endigug kn d.
Epidermis d. Sauger 230. — , d. glatten Muskulatur 881.'
— 8. a. Herz.
Nervencentren s. Gehirn; Ruckenmark.
Nervenkrankheiten, Nutzen des Silbersulphid 11.
Nerven sy stem, Wlrkung des Silbersulphid auf dass.
10. — , Wirknng des Physostigmin auf dass. 12.
Nervenzellen, des Gehims, Yerinderung b. aUgem.
Paralyse 246.
Nervus, accelerator cordis bei der Katce 86. — 8. a.
Opticus ; Vagus ; Sympathies.
Nestle’s Kindermehl, Verdauung 14.
Netzhaut s. Retina.
Nengeborne, Kephalaematom , Punktioa 49. — , Gly-
kogengehalt der Leber 114. — , Verdauung bei solch.
114. (Gehalt d. Speicheldrfisen u. d. Pankres an zuoker-
bildendem Ferment) 114. — , ange borne BUdungsfoHer
des Darms 178. — , Bau der weissen Bubstanz d. Hira-
windungen 244. — , Cyste des Ovarium 260.
Neuralgic, in Folge von Spondylitis 62. — 8. a.
Ischiaa.
Neuroglia, im Gehirn (Dantellung) 244. (Verinderung
b. ailgem. Paralyse) 246.
Neuroretinitis, mit den Symptomen von Aneuyama
in der Schadelh5hle 70. — , bei Herzfehler 72.
Niere, Verinderung bei Argyrie 24. — , Amyloidentar-
tung bei Gioht 26. 26. — , Zerreissung 63. — , Cysten-
entartnng bei Ureteritis 166.
Nierenkrankheiten, Verdoppelung d. 1. Henbanes
247. — , Herzge rau ache 248.
Nystagmus, mit doppelseit. Strabismus 280,
Oberarm, Amputation u. Kxartikuiation nach Sohass-
verletzung (im Ellenbogengelenke) 67. 69. (im Haad-
gelenke) 61. — 8. a. Humerus.
Oberhaut, Anatomie beim Hunde 181. — 8. a. Epi-
dermis.
Obersohenkel, Amputation (zur Statistik) 66, (wegen
Ankylose u. Erkrankung des Knlegeienka) 281. — ,
Kefiexl&h suing nach Sduusvarletaug dess, 846.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
8 a o h - Refiiier,
857
Oh*, AiMrtkw b. aypkiti* 170.
Ohrenhospltal Ton Massachusetts , Berickt f. 1876
(Bee.) 288.
01 earn, ligni sandal! , gegen Tripper 87. — , terebin-
th lnae s. Terpentinfll.
Oaichia nloerosa Inrida e maligna (di Franeesoo
Rizzoli, Rec.) 103.
Operation a. osteoplastische, unblutige Operation.
Ophthalmological Society, American, Trans-
action* (11. Meeting 1875, Rec.) 820.
Ophthalmologlsches Hospital, in London, patho-
Ugiscfae Hamm in ng 73. — , in Massachusetts 822.
Options, Beschaffenheit bei Argyrie 26. — , angtolithi-
sches Sarkom 191.
Optotypi ad visum determinandum (von Hermann
8nellen, Rec.) 219.
Oa, coedgie t. Stciasbein. — , ooclpitii, Caries 180.
Ospedale di San Spirito, sails curs deglTiifermi (di
AehilleBiancbi, Rec.) 106.
Ossifikatioa, im Angapfel 78.
Oateoklase, des Schenkelhalses wegen Ankylose im
Hdftgelenke 182. 183.
Osteomyelitis acuta d. Tibiadiapbyse, Resektion 66.
Osteoplastische Operation, nach Piroyoff 188.
282. — , nach Syme 188.
Ovariotomie, Falle 862.
Ovarium, Gyste (bei einem Nengebornen) 360. (spon-
tane Rnptnr) 361.
Ovnlnm a. Ei.
Oxyhimoglobin, im Blnte b. F6tna 178.
Pankreas, Gehalt an znckerblldendem Ferment beim
Ffltna n. Nengebornen 114. — , Einftnss d. Infuses anf
Battersknregahrnng 188. — , nahrende Klystire mlt
aoleh. 186.
Papillom, der Fusssohle, Wesen u. Verlanf 189.
Paraeentese, des Darms b. Meteoriamns 868. — , des
Thorax s. Tborakocentese.
Paralyse, allgem. fortschreitende (Nntaen des Silber-
snlpbid) ll. (anatom. Ver&ndernngen) 16. (versebled.
Formen) 16. (Affektion d. Gehirns) 244. — , In Folge
•von Spondylitis 63. — 8. a. Reflexlahmong.
Paralysis agitans (Nntxen d. Silbersulphid) 11. (snat.
Verindernngen) 16.
Paraplegic, durch Syphilis bedingt 170.
Parotis, Gehalt an snekerbildendem Ferment b. Ffttus
n. Nengebornen 114.
Patella, Hygrotn vor ders., Incision, antisept. Behand-
hmg 186.
Pathologie n. Thera pie, allgemeine, Handbncb ders.
(von Herm. Lebert, 8. And., Rec.) 101.
Pepsin, verschied. im Handel vorkoramende Sorten 8.
— , Nachtheile des Znsatzes von Wismuth 8. — , Aus-
scheidnng n. Verhalten bei der Verdanang 180. (Elnfl.
der Chloride) 120. 122.
Peptone, Bedentnng f. d. Stiekstoffenfuhr 124. — , Re-
sorption im Dickdarme 187.
Perikardinm, dreifaches Reibegeransch an soleh. 247.
PerinSnm, Durchtrennung in Folge von Brand nach d.
Eatbindnng 176.
Perioatitis, diffusa pblegmonosa der Tibiadiaphyse,
Resektion 66.
Peritonitis, allgem. ehron. , mit Vorfali des Nabels
261.
Perknsslon, der Mila 197. — , d. Thorax (Schallarten
n. Scballhbhewechsel) 296. — , des Hersens 298.
Pertnssis s. Kenchhosten.
Pessarinm, In traute rines, Indikationen u. Formen 46.
Pferd s. Rots.
Ptlanaenelweiss, Verdanang durch den Magensaft
122 .
Pfrieme, Form der dnrchsolche beigebrachten Waaden
S96.
Pharynx, Stenose syphUlt. Ursprnngs 168.
Phenol, Phenylsanre a. Carboiainre.
Pblebek tasie, am Haiae 228.
Phosphate, Aoaaoheidnng dnreb den Ham : bei Spon-
dylitis 63. im normalen Wochenbette 177.
Phosphor, Vergiftung, mit Himhamorrbagie 138.
Pbyaostigmia, cbera. Eigenschaften 11. — , physiol.
Wirkung 12.
Pilocarpin, Nntxen bei Atropinvergiftnng 137.
Pilsbildnng, ala Uraaehe von Kenehknsten 276.
Pingneonla, Bezieh. snr Entstehong dea Pterygium
193.
Piperin, Piperidin 182.
Pirogoff’s Operation, wegen Schuasverletxong im
Fnssgelenke 188. — , mit Tenotomie der Achilleaaahne
382.
Placenta praevia, Einapritzung von heiseem Waster
gegen die Blntnng 267.
Placentarreapiration, dee F6tns 178.
Plethora 100.
Plethy smograph 301.
Plenritis, akute, w&hrendSchwangersehaftn.Woeben-
bett 47. (Indikationen rur Fruhgebort) 48. — , CapUlar-
pnnktion u. Adspiration 146. — , Thorakocentese (Ver-
mehrnng d. Sterblichkeit durch solche) 148. (Zeitpankt
zur Vomahme) 160. — , akute, Tod durch Thromboee
d. Lungenarterie 160. — , gangriinoso 161. (b. Lungen-
gangran) 163. — , eiterige, Behandlnng 160. 168. — ,
ser&s • flbrinose , Indikationen znr Thorakocentese 166.
— , Vergleich der exspektativen n. operativen Bekand-
lnng 166. — , carcinoma toBe 169. — , taberkulSee 169.
— , Ergnas b. solch., DifTerentialdiagnose 298. — 8. a.
Exsndat.
Plumbum, aceticom , 5rtl. Wirkung anf d. Gefiase 10.
— , nltricnm, Nntaen b. Onychia maligna 106.
Pnenmatisch.e Krafte, bei der Chhulation 97.
Pnenmonie s. Lungenentzundung.
Po Hals ten, Contusion der Ferae in Folge von Stehen
67.
Poly daktylie, am Fusee 7.
Poly p en f 6 rm i ge Gesehwnlst, an der groasen
Schamlippe 260.
Pona s. Vsrolflbrucke.
Processus vermlformis, Verdanung der Cellnlose
in solch. 226.
Progeneen, nnter Idioten 292.
Psammom, am Sehnerven 191.
Psendohy pertrophie, der Muskeln, anatom. Ver-
inderungen 16.
Psendolenk&mle, Bexieh. an progressiv. pernieidter
Anamie 21.
Pterygium, Lidspaltenfleck als anatom. Uraaohe 193.
Pterygoid 198.
Pnerperinm a. Wocbenbett.
Pnlmonalarterie b. Lungenarterie.
Puls, Freqnenz beim FStns 178.
Pnlsation, der V ena cava inferior , Bezieh. zu pathol.
Zustanden der Leber 165.
Pnnktion s. Capillarpunktion ; Darm; Exsndat.
Pnpille, angeb. Verlagernng 190. — , Verengnqg bei
RQckenmarksleiden 288. — S. a. Iris.
Puplllenbildung, wegen Katarakte 72.
Pyamie, nach Tripper 86.
Pylorus, Funktion der Schleimhant an aoleh. 122.
Pyocyanin 226.
Pyoxanthln 226.
Pyrethrin 132.
^necksilber s. Hydrargyrum.
Qnecksllberalbnminat, lSsliches (Darstellung) 136.
136. (zn subcut. Injektion bei Syphilis) 136.
Rasseln, ala Anaknltationaeracheinnng , Entatehung
297.
Rauchgliier, sur Prfifnng des Llchtsinns 71.
Rectovaginalwand, Dorebtrennong in Folge von
Brand nach der Entbindnng 176.
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SaohiBegiriter.
3fS
Reetum, Perforation b. Abdo ml a ah s h w an gcrsc haft998.
Beflexl&hmung, nach Schuseverietzung 246.
Refraktion, dm Auges 221.
Regenbogenhaut s. Iris.
Retbegerausch, perikardialm, drelffcches 247.
Reisk5rperchen, in entziindet«n Schletonbeuteln,
histolog. Beschaffenheit 186.
Report, fiftieth annnal, of the Massachusetts charitable
Eye and Ear Infirmary (f. the year 1876, Ree.) 222.
Resektion, des Ellenbogengelenks (wegen Schusever-
letzung) 67. 68. (wegen chron. Erkranknng) 182. — ,
ink Fassgelenke (totale wegen 8ohussverletzung) 187.
(4es Tains) 188. (der Tibia n. Fibula) 188. (subperios-
teale wegen Arthrocace) 282. — . d. Handgelenks (nach
Sehussverletzung) 60. (snbperiosteale wegen Arthro-
oace) 182. — , des Huftgelenks (wegen Coxitis) 184.
(bei Caries n. Eiternng, Indikationen) 186. — , des
Kniegelenks (nach Schussverletzung) 66. (wegen Er-
krankung) 278. (bei Tumor allnis) 280. — , d. Schenkel-
halses , subcntane auf beiden 8elten wegen Ankylose
186. — , des Schultergelenks , snbperiosteale, wegen
Carles sicca 181. 182. — , der Tibia, der ganzen Dia-
physe, subperiosteale wegen aknter Osteomyelitis 66.
Respiration, beim F5tus 177. '
Respirationsorgane, Veranderungen bel Argyrle
24. — , Bezieh. der Krankheiten zu Malaria 110.
Ret enti onscy ste n , hinter der Trachea 298.
Retina, Himorrhagie bei progress, pernici&eer Anamie
17. 21. — , Abl6snng, Bebandlung 221. — , Embolie d.
Art. centralis 289. — 8. a. Chorioretinitis; Nenroreti-
nitis.
Rhachitis, Pathoiogie n. Therapie 26. 27.
Khenmatismns s. Tripperrheumatismue.
RicinnsSl, als Vehikel f. Atropin 221.
Rippenfell s. Pleura.
Rom s. Ospedale.
Rohr, f. intrauterine Injektionen 39.
Rotz, Leukocythamie b. solch. 27. — , Virnlens29. — ,
Prophylaxe 30. — , Pathogenese 30. — , IdentitSt mit
Tuberkulose 143. — , Verbreitung dnreh ehien Infek-
tionsstoff 143. — , Uebertragbarkeit anf andere Thiere
143. — , b. Mensehen 144.
Rubreserin 11.
RQckenmark, Entzundnng , Nutaen des SUberaulphid
11. — , Veranderungen in solch. nach Ampntatkmen 16.
— , Veranderungen bei progress. Bewegungsataxie 16.
— , einseit. Verletzung 62. — , Affektion b. Spondylitis
der obern Halswirbel 63. 66. — , Sklerose der Seiten-
strange bei mehreren Geechwistern 140. — , Krebs bei
Wirbelkrebs 141. — , Sklerose dees. n. d. Geblrns 142.
— , Bau der Ganglien 282. — , Ersehutterung b. Eisen-
bahnnnfallen , Folgen 242. — , Myosls bei Affektionen
dess. 288.
Ruhr s. Dysenteric.
Sachsen, KSnigreich, med. Statisttk 80.
Sangende, Vollzug von Haftatrafen an solch. 74.
Singethlere, Nervenendignng is der Epidermis 230.
— , Entwicklung des EiCB 262.
Singling, stirkemehlhaltige Nahrung 114.
Sinre s. Acidum.
Salbe s. Ungnentum.
Salicylsanre, Aswendung zn geburtshftlfl. Zweoken
48. — , Reagentien anf solche 229. — , ImKlystlrgegen
Ruhr 261.
Salzsanre, im Magensaft 116. 118.
8 a m m 1 n n g , pathologiache, des opbtbalmolog. Hospitals
an London 73.
SandelholzSl, gegen Tripper 37.
SanSpirito s. Ospedale.
Sarcoma fasclcnlatum in der Angenhdhle 191.
8 a r k o m , in versebiedenen Gebilden des Augapfels n. in
der Augenh6hle 190. 191. — , angioiithlsches am 8eb-
uerven 191. — , angebornes d. Cborioidea 220.
Sauerstoff, im Biota des F5tu 178.
Schachtelton , bei der PerkaastaB 296. (bei Lungen-
emphyaem) 997.
8 c h a d e 1 , Wacbsthnm b. Idloten 292.
Soh&delh5hle, Symptome eines Aneurysms ia soldi,
bei Neuroretinitis 70.
Schallhahewechsel, bei der Perkneekm 296. (bet
Lungencayernen) 297.
Schamlippe, grosse, potypeaf&ran. Geschwnlst an
solch. 260.
Scbanker, Verschiedenbeit des Giftes von dem derSy ,
philis 218.
Schenkelhals, Opermtienen an solch. wegen Ankytose
lm HSftgelenk (Osteoklase) 182. 188. (subcntane Re-
sektion) 186.
8chlelen s. Strabismus.
S chi er ling s. Cicuta; Coninm.
Schilddrfise, Ban dors. 283. — , Geschwnlst, Com-
pression d. Trachea 261.
Schiidknorpel, Ban dess. 233.
Schlafiosigkeit, Uraaeben u. Behaailimg 299.
Schlafmittel s. Bromkaham ; Coninm; Chloralhydrmt ;
Milchs&nre.
Sohlelmbentel, Entzllndung, Mstolog. Charakter 186.
— 8. a. Hygrom.
Schleimhaut, der Gebirmutter , Strnktnr a. period.
Wechsel 40. — , am Pylorus, Fnnktion 122.
Schlnssy erband , sum Nachweis der Shnnlatioa von
Blindheit 74.
S c h m e r z , Schlafiosigkeit dnreh solch. bediagt 900.
Schmierkur s. Innnktionsknr.
Schneideschlinge, galvanokanatische , Indikationen
217.
Scbrelben s. Agraphte.
Sohnltergelenk, Exartiknlation nach 8cbassver-
letzung (lm Ellenbogengelenk) 64. (im Handgelenk) 61.
— , Caries sicca 181. (snbperiosteale Resektion) 182.
Schussverletzung, dee Herzens 62. — , dm Beekena
63. — S. a. Ellenbogen-, Foss-, Hand-, Kniegeieak ;
Oberschenkel.
Schwangerschaft, Embolie der Lvngeaarterie arih-
rend ders. 46. — , aknfee Pleuritis wahread ders. 47.
— , spontane Uternsruptur im 8. Monate 174. — , Cir-
kniationsstdmngen wahrend ders. 266. — , Entwtokhmg
von Haematocele retrouterina 266. — 8, a. Moien-,
Zwillingsschwangerschaft.
Schwangerschaft awaerhalh der Qebdrmutter (in d.
Bauchhohle, Perforation dm Rectum) 268. (hi d.Toba)
269. 271. (InteretitieUe) 270. (Anna praeternaturalis
dnreh solche bedingt) 271. (operative EingrMfe) 2tl.
— 8. a. Decidua.
8 c h w e f e 1 , Gehalt der Gallens&nren an solch. 226.
Schwefelather, Nntzen d. Inhalation b. Keuohhusten
276. 276. — 8. a. Aether.
Sohwef eisanre , Vergiftnng dnreh solche 296.
Sch weissdrfis en , der Hant b. Htmde 182.
Scrofnlese, als Ursache von Spondylitis 62. 64.
Sehne s. Achillessehne.
Sebnerv s. Options.
Sehproben (von Scbweigger, Rec.) 219.
8ehscharfe, Abnahme bei abnehmender Baleuobtang
71. — , Bestimmung bel der MiUtiraushebung 919.
Sei fen , Gehalt der menschl. Galle an solch. 226.
Sens! bilitat, deT Dura-mater 4.
Septikamie , Tripper als Ansgangspunkt 37.
Sieebthnm, gerichts&rztl. Begrlff 194.
Sikeranin 138.
Silber s. Argentum; Argyrie.
Simulation, von Blindheit 78.
Ski era, Verletzung 72.
8 k 1 e r o a e , der Seltenstriiage dm Rfiokemnarks b. Beh-
reren Geschwistern 140. — , d. Gehirns n. Ruckeiunarks
142.
Sommerkatarrh s. Heufleber.
Sonntagsarbelt, in Fabrikzn, BetMHgwg d. Frauen
204.
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S*eh-Regi«ter.
SM
floor , Benchaffeah. [4. Speksheta b. solsh. 114. — , Be-
hs adk r ag 179.
S)MBH8 8. Blepharospasms ; Krsmpf.
S.poichel, Beschaffenh. b. floor Hi. — , Elnfl. auf die
Buttersauregshrung 123.
Speioheldrusen, Gehatt an auokerbildendem Fer-
ment b. Foetus a. Neugebornen 114.
Spinalganglien, Bau den. 232.
Spondylitis, flymptowe, Ursachen , Dauer 62. — ,
Diagnose, anatom. Veranderungen , Behandlung, Pro-
gnose 63. 64. — , d. obern Halswirbel mit Myelitis 66.
— , Erkaltung als Ursaebe 66.
Spondyiolisthese, am Beckon, Diagnose an d. le-
benden Frau 173.
Spreu, Tod in einetn Haufen von soldi. 296.
Spritze, zu injektion b. Tripper 87.
Sputum, grasgrfines, Vorkommen, Weses u. Bedeutdng
33. — , albumiadses (naoh d. Thorakoceutese) 167. 169.
161. 163. (chem. Untersuchung) 164. (an fltelle eines
astbmat. Aufalies) 164.
Starke, Verdauung 114. (Umwandlusg b. den.) 116.
— , zur Ernahrung von Sauglingen 114.
Staphyiom, kunstliche Atrophisirung d. Augapfels 69.
— , hinterea (Mangel b. hocbgrad. Myopie) 221. (Vor-
kouinea tv. Astigmatism ua) 221.
Staatsarzneikunde s. Alkobolismus ; Arbeitsraume ;
Blntsverwandte ; Ehe ; Eisenbahnunfalle ; Erdrosselung ;
By mpathiene, UUmnhc b. therm. Erregngd. Bfan-
oberflache 6.
Sykope, plOtal. Tod durch soiebe wahrend d. Tborako-
centese 161.
Syphilis, Iritis in Folge von soleh. b. Foetus 72. ■ — ,
subeutane Injektion: von Hydr. bieblor. esrr. 186; von
16sl. Queckailberalbuminat 136. — , Meningitis durch
solche bedigt 166. — , d. liimarteriea 167. — , Steusae
d. Pharynx durch solche bedingt 168. — , Laryngitis,
Tanbbeit u. Hirnaffektion b. solcb. 170. — , Abortus
durch solche bedingt 174. — , Carles d. Hinterbaupts-
beins u. d. obenten Halswirbel 180. — , Lehrbuob den.
(von H. ZeiBsl, 3. Auii., Eeo.) 213. — , V erochleden-
heit d. Glftes von dem d. weichen Schanken 213. — ,
Eruptionsfleber b. solch. 214. — , congenitale, Prognose
216. — , Apoplexie d. Gehirns b. solch. 240. — , Einfl.
d. Erysipelas auf dies. 264. — , Epipbyseuablbsnng 246.
— , hereditare (mit spatem Anftreten) 266. (Contagio-
sitat) 267. — 8. a. Kondylom ; Tripper ; venerische
Krankhelten.
Taenia s. Bandwurm.
TStowirnng, d. Hornhant 193.
Talus, Resektion wegen Schussverletznng d. FuBsge-
lenks 188.
Tampons, gedrehte, Entfernung von Rnochenpartikel-
chen b. Caries mittels solcb. 283.
Erhenkung; Erstiokung; Ertriukung; Erwurgung; Fa- Tannin, 3rtl. Wirknng auf d. Geffisse 9. — , Anwen-
brikarbeit; Frauen; Gesetzgebung ; Gesundheitspflege ; dung zum Wundverband 286.
Rackerling ; Haftstrafe ; Hebammen ; Kopfverletzung ; Taubbeit, durch Syphilis bedingt 170. — , tempor&re
Leichenbeschaner ; Militarersatageschuft ; Misshand- durch Bandwnrm bedingt 220.
lttng ; Morbilitat; Mortalitat; Nachtarbeit; Policisten; Taylor’s R&ckenapparat, b. Spondylitis 64.
Skogende ; flehscharfe ; Siechthum ; Simulation; Sonu- Teleangiektasie, Behandl. mit d. Gluheisen 286.
tagaarbeit; Spreu; fltatistik; Tod; Todeeursachen ; Tenotomie, d. Achillessehne b. d. Pirogoff'&chen Ope-
Todtgeburt; Universitaten ; Vaccination; Vergiftung; ration 282.
Werkaeag ; Wnnde. TerpentinOl, Inhalation gegen Keuchhusten 276.
Statistik, in Besug auf d. Gesundheitspftege 76. — , Therapie u. Pathologie, allgemeine, Handbuch den.
medicin. in Sachsen 80. (von Hermann Lebert, 2. Aufl., Rec.) 101.
8tehen, anhaltendes, Contnaion d. Ferae durch solch. Thor&kocentese, b. Pleuritis, Vermehrnng d. Sterh-
bedingt 67. j. lichkcit durch solche 148. — , Zeltpunkt zu solch. 164.
Steinleiden, als Un. von Schlaflosigkeit 300. — , pldtzl. Tod wahrend den. dnrch flynkope 161. ■ — ,
Steissbein, schmershafte, F6tnstheile enthaltende Ge- Indikationeu b. seros-fibioser Pleuritis 166. — , albu-
Bchwulst In d. Gegeud dees. b. Extrau terinuchwanger- mindse Expektoration nach solch. 167. 169. 161. 163.
sohaft 272. (chem. Untersuchung) 164. — , Indikationeu 298. —
Stenose, d. Pharynx, ayphilit. Ureprungs 168. — , u. 8. a. Capillarthorakocenteee.
Insufdcienx d. Aortenmundnng 248. Thorax, Perkusslon, Schallarteu 296. — ■, Auskuttation
8ter bliohk el t a. Mortalitat. (Entstehung d. Vesikolarattnneas) 297. (Entstehnng
Stereoskop, Anwenduag saw Nachweis d. Simulation d. Rasselns) 297.
sou BkuheK 74. Thranendr nse, Sarkom 190.
flt s r aoel e ido mas to id e us , Bau 231. Thranenkarunkel s. Encanthis.
8 tie h ve rle tana g , d. Gefasse d. Obenchenkels, Be- Thrombose, d. Pulmonalarterie, Tod an sokth. b. aku
handlong 64. — , absichtl. od. zufallige 296. ter Pleoritis 160.
Stickstoff, Bezieh. d. Peptone sur Zufuhrung dess. Thrombus, Bildung nach d. Arterieuligatur 69.
in d. Organismus 124. Tibia, Resektion (d. ganzen Diaphyse wegen Qsteomye-
Stillende, Vollzug von Haftstrafen an solch. 74. litis) 66. (wegen Schussverletznng d. Fnssgelenks) 188.
Stimmband, Katarrh, Nutseu d. Inhalation von Car- "" — S. a. Unterschenkel.
boleanreloaung 276. I Tod, durch Thrombose d. Pulmonalarterie b. akuter
8timmlosigkeit s. Aphonie. f ~Pleuritis 160. — , plotzlicher durch flynkope wahrend
Stoffwechsel, Eiud. d. Curarevergiftung 13, ■> d. Thorakocentese 161. — , durch Zufall oder aussew
Strabismus, doppelseitiger b. Nystagmus 220. — , || MGewalt 196. 196. 292. 293. 296. — 8. a. Ertrinknags-
nngewohnl. Rigiditat d. Mustek: 221. m tod, Erwurgongstod.
Struma s. Kropf. £ Todesursacben, statist. Beetimunng 77.
Subeutane Injektion, mit Kali araenicoBum b. Hy-2 Todtenschan s. Leichenbeschaner.
peristhesie 62. — , mit Chinin b. WechseWeber u.Cho-" Todtgebnrten, statist. Feststellnng 76.
ier* 109. — , von Hydr. bichlorai. eerr. 136. — , mit » Trachea, Compression durch einen Kropf 261. — , R< -
)6sL QnecksUberulhuminat 136. — , von Aether gegen " tentiousoysten hinter ders. 298.
Nachgeburtsblutung 176. — , vonConiin, Wirknag 239. 'Transactions of the Amerioau ophthalmologic*! Bo-
— , von Bromconiin, Nutzen b. Ischias 240. | '* ciety (11. Meeting 1876, Ree.) 220.
Sab 11m at s. Hydrargyrum. 1 Transfusion, d. Blntes b. progress. perniclSser Anit-
flubmaxiUar druse, Gchalt an suckerbildendem Fer- " 1 * mle 19. 20. 23.
meat b. Foetus n. NeugehornOn 114. I- Transplantation A Haottransplantation.
Snbperiosteale Resektion, d. Tibiadiaphyse we- Trichinose, fltatistik 78.
gen Osteomyelitis 66. Tripper, Pyamic nach solch. 36. — , Nervaoaffektipu
Syme’s Operation, wegen Sohussverletsung im Fnss- s b. solch. 87. — , Bezieh. zu sept, VeegUtung 67. — .
geienk 188. „ ' Be hand lung (Spritze zur Injektion) 87. (Chiondhydretj
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360
N a m e n - R e g i a t • r.
38. (Kanttn) 88. — , Augenentzindang 918. — , Coota-
gium 213. — , Pathologic 213.
Trippe rrheumatismuB, alt Form von Py&mie 87.
Trokar, Vorzug vor d. Adapiration b. Pleurltis 166.
167. — 8. a. Capillar-, Nadeltrokar.
Tropenklima, Bezieh. in aolch. entstcbendcr Anamie
but progreaeiven pemiciosen 23.
Tropin , Wirkung anf Hera n. Pnplllen 183.
TabaFallopiae, Schwangerschaft in dere. 269. (ope-
mtiv. Eingriffe) 271.
Tnberknlose, Identitat d. Botaea mit dera. 143. —
Plenritia b. solch. 169. — , d. Chorioidea b. allgem.
Tnberknlose 288. — 8. a. Lungentuberknloee.
Tumor albua, d. Kniegelenks, Reeektion 280.
Tnnica adventitia, d. grossern Arterien, Ban 282.
Tnaais oonvnlniva s. Keuchhusten.
Tympanitiscber Schall, b. d. Perkusskm 296.
Umbelliferon, UngifUgkeit 237.
Unblutige Operationen, zur Entfernung mit dem
KSrper in Zuaammenhang stehender Gebilde 217.
Ungnentnra hydrargyri cinereom, Nachweis d. Queck-
silbers in d. Franenmilch wahrend d. Einreibungskur
269.
Universltaten, Bemerkungen fiber dieselben 223.
Universitatsklinik, gynakolog. zu KOnigsberg (Be-
richt von H. Hildebrandt, Rec.) 216.
Unterbindnng s. Ligatnr.
Unterchlorlgsaures Kali, Vergiftung 133.
Unterchiorigsaures Natron, ais Reagens (auf
Carbolsaure) 227. (anf S&licylsaure) 229.
Unterieib, Ausknltation b. Geschwfilsten 298. S. a.
Abdomen ; Bauchkohle.
Unterschenkel, Amputation ( wegen Scbuseverletzung
d. Fnasgeleniu) 188. (wegen Erkranknng d. Fussge-
leaks) 283.
Ureter s. Ilarnlelter.
Vaccination, Frfiherysipel nach aolch. 60.
Vagina, tbeilweiaeTrennnng n. einaeit. Atreaie b. Ute-
rus bicornis septus, Hamatokolpos, Pnnktion 172. — ,
Atreaie mit Haematometra n. Haematocele retronterina
268.
Vagus, paradoxe Wirkung anf d. Hen 86.
Vartkfises Geschwfir s. Geschwfir.
Varolabrficke, Erweiehong, Embolie d. Art. baella-
ris 16.
Vasl sanguigni, sopra nn nnovo metodo per scrivere 1
movimenti (di Angelo Moeso, Rec.) 301.
Vena, eava (Contraktionen) 96. (inferior, Besieh. d.
Pulsation zu patbolog Zustanden In d. Leber) 166. — ,
Jugnlaris externa, Ektasie 298. — , umbilicalis, Bescbaf-
fenh. d. Blntes in soleh. 98.
Venaeeektlon, Einfl. auf d. Blutdruok 100.
V e n e n , d. Oberechenkels, Stichwunden, Behandlnng 64.
Venerlsche Krankheiten, Lehrbnch ders. (von H.
Zeissl, Rec.) 213.
Ventilation, im Ospedale di 8an Spirito in Rom 111,
Ventrikel s. Hera.
Verband s. Collodinm-, Schluss-, Watteverband.
Verbrecher, Abnormit&t d. Canalis infraorbitalis 299.
Verdaonng, Physiologie 1 IS fig. — , b. FOtns 113.
114. — , b. Neugebornen 114. — , d. Kohlehydrate 114.
— , Umwandl. d. St&rke b. ders. 1 16. — , d. Eiwelss-
substanzen, Rolle d. Magenaaites 118. — , Versuche an
mR Anns praeternaturalis Behafteten 126. 126. — ,
im Dicfcdarme 126. 126. — , Wirkung d. Hydrarg. M-
cblor. corros. anf solche 136. — , Stftfnng wifcrend d.
Dentition als Un. von Krfimpfen 180, — , kfinstfiohe
von Cellnloae 226. — , 8*6 rang als Urn. von Asthma
246.
Verdanungss&fte, Kind, anf d. Butters&uregihraag
122.
Verdauungswege, Abwesenheit d. erstlckenden FM a-
sigkeit in solch. b. Ertrinknngstod 296.
Verfolgnngswahnslnn, Bezieh. zu AlkohoUmnns
290.
Vergiftung s. Aconit; Argyrie; nrsenige 84nre ; Atro-
pin ; Curare ; Cyankalium ; Emu de Javeile ; Kali ; Lae-
tnca virosa ; Phosphor ; Schwefelsaure.
Verletzung, als Urs. von Spondylitis 62. 64. — , d.
Sklera 72. — , d. Anges, Enucleation 78. — , d. Augen-
gegend, Cystenbildung ind. AngenbOhle naoh soleh. 192.
— , Lungenentzfindnng nach soleh. 196. — , Magenbln-
tung nach soleh. 196. — , Bestimmnng d. Werkzeug;
nach d. Beschaffenh. d. Wunde 296. — 8. a. Becken ;
Herr ; Kopf ; Kopfhaut ; Leber; Niere ; Rfickemnarkn
Schussverletzung ; Stich verletzung ; Zwerehfell.
Veslknlarathmen, Entntehnng 297.
Virnlenz, d. Rotzes 29.
Vulva, ebron. Entzfindnng mit mnltiplen Ulcerationen
40. — , H&matom an den. 260.
Waehithnm, d. Idioten 290. 291.
Wandermilz, Nachweis mlttels d. Perknssion 199.
Wasser, heisscs, Einspritzung gegen GebSrmntterblu-
tnng 267. — , kaltes s. Kalte.
Wasserschierling b. Cicuta.
Watteverband, mit Tannin 286.
Wechselfieber, Vorkommen in Rom a. Umgebung
108. — , pernioioses 109.
Wehen, Verhalten d. Haras w&hrend ders. 177.
WeinsteinsanreB Eisenkall, Nntaen b. varik Seen
Geschwfiren 188.
Wendung, b. engem Becken 216.
Werkzeng, verletzendes, Bestimmnng nach d. Art d.
Wnnde 296.
Wilde’s Kenchhnstenmittel 876.
Wlrbel s. Halswirbel ; Spondylitis.
Wirbelsfiule, Ab weichnngen in Folge von Spondylitis
62. — , Krebs ders. n. d. Rfickenmarks 141.
Wismnth s. Bismnthnm.
Wochenbett, intrauterine Dnaehen wegen Blntnng 44.
— , Embolie d. Lnngenarterie 46. — , aknte Peritonitis
47. — , Nntzen d. prophylakt. An wend. d. SalicyisSnre
49. — , Verhalten d. Haras b. normaiem Verlaufe 176.
Wnnde, Form nach Verletzung mit pfriemen- od. dora-
form. instrumenten 296.
Wnndsein, Behandlnng 179.
Wnrmfortsatz s. Processus vermiformis.
Sahnfraisen, b. Kind era 180.
Zehen, fiberzahlige 7.
Zeitschrlft, d. kon. sichs. statist. Bureaus 80.
Zirbeldrfiae s. Glandnla pitnitaria.
Zitterlahmung s. Paralysis agitans.
Zlttern, b. Greisen 16.
Znck erbildendee Ferment s. Ferment.
Zungenbindehen, Geschwfir an solch. b. Keuoh-
husten 274.
Zwerehfell, Zerreissung 68.
Zwllllngssehwangerschaft, mit Stolen bWdnag 266.
Z wischensubstanz s. Neuroglia.
Namen-Re
Agaew, C. R., 220
Albertoni, Pietro, 3. 138.
Ak«ee» (Moskau) 174.
Ahndn, Aug., 226.
Althaus, Julius, 37.
Annandale, Thomas, 67.
g i s t e r.
Arlt, Ford., 808. (Rec.)
Arnold, Julius, 286.
Aachd, Heinrich, 61.
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861
Namen-Registar.
■Ucoelli (Bom) 898.
Ttillmim H. (Om), 864.
Bamberger, H. y., 136. 134.
Bang, B. L. F., 180.
Barklaj 88.
Barnes, Henry, 147.
Barnes, Robert, 866.
Bauer (Stettin) 60.
Banmgnrten, Paul, 167.
Becker, L. (Munehen), 166.
Benicke, Frits, 868.
Berger, Walter, 180. 876.
Bergeret (St.-L4ger) 864.
Bergmann, E. (Dorpat), 883.
Bernard (Montbrnn-lea-Bains) 87.
Bernhardt, M., 848.
Bertbelot 118.
Berthold, Arth. Brnso, 261.-
Besaier, Ernest, 148. 161. 168.
Bianchi, Achille, 108. (Eec.)
Billroth, Th., 888. (Rec.)
Birch-Hirechfeld, V., 6.
Blanck. A., 118. (Rec.)
Blahm 216.
Bo8, A., 137.
Boehm, Rudolph, 86. 86, 836.
Bollinger, O., 148.
Boogaard, J. A., 834.
Boucquoy 146. 161.
Bonillaod, A., 80. 90.
Bouley, H., 89.
Bourgnignon 188.
Bowditch, H. P., 88.
Bradley, S. Messenger, 67.
Brailey, Wm. A., 73.
Bramwell, Byrom, 82.
Braun. H., 3. 119.
Breisky, A., 178.
Brennecke, Hans, 308. (Bee.)
Bresgen, Max, 838.
Brown-S6quard, E., 5.
Brficke, Ernst, 114.
Broahnbcr, A., 888.
Brans, Paul, 68.
Braseliua (Stockholm) 168.
Buchanan, Andrew, 97.
Buchheim, R.. 138.
Bohl, L. r., 190.
Boll, Ed yard, 840.
Boll, Georgs j., 7.
Bnrchardt 974.
Barnett, Swan M„ 190.
Call, E. L., 968.
Canlret 860.
Caries, P., 139.
Carp, Emil, 71.
Carrttre, Ed.,' 38.
C aspary, J., 867.
Caase (Brfissel) 93.
Castlanx 146.
Casenave 88.
Championnl^re, Lucas, 169.
Chiene, John, 38.
Chlrone (Neapel) 94.
Churchill, Fleetwood, 173.
Chyostek, Ft., 144.
Ciottl, Francesco, 133.
Colin, Ldon, 87. 88. 89. 91. 96.
Conrad (Bern) 869.
Cornell! 899.
Corradl, Alfonso, 118. (Rec.)
Cortfo, William S., 873.
Craci, Antonio, 10.
Mod. Jahrbb. Bd. 171. Hft. 3.
CnUerre 890.
Cullingworth 860. 869. 871.
Caeraicki 861.
Caerny, Vincens, 186.
Dali' Armi, Georg y., 68.
Dannevig (TSnabeig) 186.
Darolles 16.
Deahna, A., 864.
Dechambre, A., 98.
Den tan 139.
Despr&s, Arman d, 67.
Dickson, J. Thompson, 16.
Diemer, Ludwig, 166.
Dleulafoy 146.
Dobell, Horace, 38.
DolUnger, Julios, 63. 970.
Domiuik 57.
Drachmann, A. G., 68.
Dubrisay 288.
y. Dfiben (Stockholm) 281.
Dfirr, Eduard, 218. (Reo.)
Dnffln, Alfred, 163.
Dnjardln-Beaumetz 160. 160.
Duncan, J. Matthews 176.
Duplay, Simon, 66.
Dusaussay 191.
Ebstein, Wilhelm, 898.
Eckhard, C., 6.
Edes, R. T., 8.
Edlefsen 969.
Egeberg, Th., 188. 276.
Elchhorst, Hermann, 81.
Engelhorn, Ernst, 178.
Engelmann, Th. Wilhelm, 83.
Estlandcr, J. A., 882.
Ewald, C. A. (Berlin), 166.
Exner, Sigmund, 262.
Eaber, 0., 63,
Falk, Friedrich, 296.
Farge, E. (Angers), 92.
Faurel 92.
Fede, F., 20.
Fehling, K., 48.
F6r6ol 160.
Fleischmann, Ludwig, 180.
Flemming, W., 128.
Fiqnet 40.
Fischl, Joa., 47.
Forster 174.
Fothergill, J. Milner, 299.
Fraentxel (Berlin) 148.
FrMault, F., 112. (Rec.)
Frerichs 19.
Frey, Aston, 14.
Ffirat (Grifenberg) 74.
Ctangee, Sampson, 348.
Ganghofner 348.
Geiase, M., 266.
Gelpke, Helnr. Otto mar, 6.
Genzmer, Alfred, 16.
Gillette, Walter B., 966.
Ginibrand, Wm., 139.
Girard 266.
GUky, W., 6. 7.
Godon, F. W., 88.
OOttisheim 809.
Goldstein, L., 8.
Graf, Ednard (Elberfeld), 886.
Green, John, 991.
Grosshebn 186.
Grnber, Wenxel, 233. 298.
Grfitaner, Paul, 120.
Gubler, Ad., 29.
Gnsserow, A., 173.
Gnttmann, Paul, 94.
Gnyon, Fdlix, 191.
Gjefgyki. A., 124.
Haab, 0., 266.
Habenhon, S. O., 20.
Hallin, O. F., 282.
Halton, Rich. J., 172.
Hamburger, W., 186.
Harlan, George C., 890.
Harley, J., 239.
Harnack, E., 11.
Heinzel 66.
Hempel (Gftttingen) 288.
Henle, J., 300. (Rec.)
Heanig, C., 46. 61.
Henoch, Edu., 246.
Hertzka, Carl, 6.
Heschl, Richard, 23. 188.
Heubner, O., 168.
Higgens, C., 72. 192.
BJelt, Otto E. A., 184.
Hlldebrandt, H., 216. (Reo.)
Hjort (Christiania) 181. 184.
Hirt, L., 209.
Hitxig, Ednard, 4 flg.
Hobein, Rad., 297.
Hock, J., 194.
H61der, H. y., 194.
Hofmeister, Victor, 122.
HoU, M., 232.
Holmer (Kopenhagen) 278.
Holmes, E. L., 70.
Hospital 289.
Hnguenin 166.
Hutchinson, James H., 36.
Hutchinson, Jonathan, 70. 193.
Hntinel 270.
Jacobsen, Ludwig, 186.
Jacoby, M., 178.
Jaderholm, A., 76.
Jahn 95.
Jewell, J. 8., 3.
Jewett, George, 171.
Immermann, H. (Basel), 18.
Johnson, George, 247.
Jones, C. Handheld, 260.
Isambert 170.
Kelsch, 8., 249.
Key, Axel, 168.
Kidd 176. .
Kjellberg (Stockholm) 941.
Kind, Karl Frdr., 890.
King 22.
Kipp, Charles J., 191.
Kirchner, C., 30.
Klelnw&chter, Ludwig, 176.
Klemensiewics, Rudolph, 182.
Klink, Ednard, 269.
King, Ferd., 82.
Knauthe, Th., 32.
Krause, Friedr. Theodor, 912. (B«a.)
Krause, W., 919. (Reo.) 98L
Krieg (Stuttgart) 18.
KrflU 144.
Ijaborde, J. V., 117.
LaboulMne, A., 164.
46
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UNIVERSITY OF CHICAGO
3 91
M * fee o-Regi8l#r.
Landolt, E., 70.
Lang, E., 34.
Langhans (Bern) 269.
Lasch, J., 146.
Latschenberger, J., 126.
Lautenbach, B. F., 238.
Lawson, George, 72.
Lebert, Hermann, 101. (Bee.)
LAeard 260.
Leochini, Giorgio, 38.
Le Dentu 170.
Lee, Samnel, 276.
Lehmann, L. (Amsterdam), 268.
Leisrink, H. (Hamburg), 68.
Lente 47.
Leopold, Gerhard, 298.
Leren 118. 119.
Lewin, Georg, 266.
Litten, M., 26. 166.
Liwit, M., 231.
Lneiani (Bologna) 92.
Lining 298.
Lnmnlczer 271.
Land, Edward, 186.
Lund, F. C., 64.
Lnstgarten (Krakau) 174.
Lnxnn, P., 87.
Hacan, A. V., 176.
Mac Gillavry, Th. H., 226.
Me Kay, R. J., 220.
Mair (Ingolstadt) 194.
Malmoten, P.H., 66. 243.
Mannhardt, F., 193.
Mans, Wilhelm, 21. 287.
Marchant 67.
Marey 91. 96. 101.
Markwald, M., 126.
Marie, Max, 134.
Martin, G. , 848.
Martin eau, L., 148.
Martinet 261.
Maachka, Joseph, 196.
Massmann, F. (Petersburg), 367.
Matczyiiski, Stanislaus, 19.
Mayer, H., 190.
Mayer, Joseph, 197.
Meding, B., 201.
Mehlhausen (Berlin) 222. (Bee.)
Mesterton (Upsala) 280.
Mettenheimer, C., 276.
Michaelis, Albert, 68.
Michieli, Marino, 3.
Mierzejewaki, J., 244.
Minot, Francis, 176.
bottler, Heinrich, 100.
Mojsisovice, Ang. v., 230.
Monod, Ch., SIT. (Bee.)
Monti, Alois, 49.
MoreUo, Carlo, 141.
Moriggia, A., 118.
Morton, Thomas, 274.
Mosso, Angelo, 801. (Bee.)
MourrutSaO.
■ontard-Martin 161.
Mflller, Jacob Worm, 86 .
Miller, Rudolph (Dmdea), 118.
Mlatfer'336.
Wacy 40. »
Nicke, P., 172.
Netolitsky (B5hm. -Zwickau) 188.
Nettleship, Edw., 190.
Nlcaise 7.
Nlcolaysen, J., 182. 183. 276. 281.
282. 283.
Nirgon, C. M., 37.
Noyes, Henry D., 219.
Nuaabaam, H., 86.
•esterlen, Otto, 293.
Ortille (LlQe) 276.
Pad, Agost., 71.
PagUani, Lndwig, 86.
Parrot 179.
Paschntin, Victor, 122.
Passaner, 0., 292.
Pepper, William. 19. 21.
Peris (Giessen) 60.
Peronne, Ch., 170.
Petraeus (Fan8) 184.
Pierantoni, Giovanni, 168.
P16er, P., 124.
Pomeroy, O. D., 220.
Popp, Friedrich, 289.
Potain 31. 146.
Powell, Seneca D., 276-
Prevost 164.
Prince, J. Perrot, 37.
Quincke, H., 17.
Saab, Fritz, 191. 287.
Rabl-Rnckhard 73.
Rabnteau, A., 116.
Rajewsky, Arcadins, 226.
Rankin, Franz H., 260.
Rapa, Giuseppe, 61.
Rasmussen, Valdemar, 276.
Rehn, H., 60.
Rein hard, Hern., 76.
Reuse, A. v., 193.
Reverdin, Ang., 61.
Revillont, Victor, 164.
Ribbing, Seved, 280.
Richardson, W. L., 176.
Richet 170.
Rlemer, B., 23.
Ringer, Sydney, 137.
RUzoli, Francesco, 103. (Rec.)
Roberts, W. C., 32.
Roche (Mainz) 261.
Roe 176.
Rose, E., 64.
Roeenbach, Ottomar, 33. 296.
Roeengtirn, Hugo, 9.
Rosenthal, J., 96.
Rossander, Cart J., 182. 183.
Ronth, Charles H. F., SB.
Santisson (Petersburg) 78. 190.
Schatz, Friedrich, 261.
Scheby-Bnch 22.
▼. Scheven 69.
8chreiber, G. F., 187.
Schwahn 246.
Schwdgger, C., 219. (Rec.)
Schweninger, E., 196.
86e, Mare, 81.
Seeligmuller, Adolph, 140.
Seggel (Mfinchen) 219.
Shearer, George, 244.
Sinn hold, R., 60.
Smith, Pye, 19.
Snellen, Hermann, 219. (Rec.)
S6dermark (Marfestad) 282.
Sokoloff, N., 226.
Stacchini, Carlo, 141.
Steiner, J. (Berlin), 193.
Stelnheim (Bielefeld) 194.
Stendener, F., 26.
Stevens, Geo. T., 222.
Stirling, W., 131.
Stitzer (Mainz) 261.
Strawbridge, George, 220. 221.
Stuart, T. Grainger, 21.
Sturges, Octavius, 272.
Swanzy, H. R., 70.
Tait, Lawson, 271.
Talma, 8., 297.
Taaret, Ch., 8.
Taylor, Charles Bell, 72.
Taylor, Charles F., 64.
Terrillon 169.
Thanlow 182.
Theile, F. W., 81.
Thoma, Richard, 234.
Thomas, T. GalBard, 271.
Thomson, Wm., 2*1.
Til lain 62.
Toledano 249.
Underhill, C. E., 171.
Unna, P., 229.
Unterberger, S., 60.
Valenta, Alois, 268.
Valentiner (Sale brum) 298.
Vemeuil, Aristide, 169.
Vidor, Sigmund, 69.
Volkmann, Richard, 186.
Vulpian 97.
Waldhaner (Riga) 199.
Weber, F. (Petersburg) 48.
Webster, D. (New York), 190.
Wecker, L. v., 191.
Weger 216.
Wernher, A. (Giessen), 189.
Wllekens, Hermann, 96.
Wilde (Plan) 276.
Williams, E., 220. 221.
Williams, John, 40.
Wlndelband, R., 267.
Wing, Clifton E., 171.
Witkowski, L., 11.
Woillez 161.
Wymann, Morffl, S3.
■eissl, H., 218. (Rec.)
Ziembicki 270.
Znntz, N., 13.
Zweifel, P., 114. 177.
Druck von Walter Wtgand In Lelpxig.
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UNIVERSITY OF CHICAGO
SCHMIDT’S
jahrbOcher
DEB
IN - UND AUSLANDISCHEN
GESAMMTEN MEDIC IN.
REDIGIET
VON
Prof. Dr. ADOLF WINTER
ZU LEIPZIG.
JAHRGANG 1876.
HUNDERT UND ZWE1UNDSIEBZIOSTER BAND.
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
JAHKB0CHER
der
in- and ausl&ndischen gesammten Medlcln.
Bd. 172. 1876. M T.
A. Ausz&ge.
I. Anatomie u. Physiologle.
507. Beitrag but EatwioUungageaohiohte
dor Oelenkhfihlen ; von Stud. mod. G. E. Ben-
tzen in Christiania. (Nord. med. ark. VII. 4. Nr. 25.
3. 1. 1876.)
Die vorliegende Skizze iat nach B. nor als vor-
latrfige Mittheilung fiber die Resultate einer in Prof.
Hj. Heiberg’s Laboratorium ausgeftlhrten Arbeit
fiber die Gelenke zu betrachten.
Wenn man von erharteten Handen nnd Ffissen von
2 Mon. alten Foetus mikroskoplsche Schnitte anfertigt,
findet man eine game Keihe kleiner Knorpel n. swtschen
dieaen and urn diese indifferente Zellen. Wenn nan der
Knorpel wachst, was naoh B. vennuthlich durch stetig
fortschreitende Differenzirung der umgebenden indifferen-
ten Zellen geechieht, wird der Zwischenraum zwiechen
den Knorpelenden alhnillg geringer, die embryonale Zel-
lenmasse nimnat ab and gleicbzeitig verandern die runden
Zellen in der Umgebung des Knorpels ihreForm and wer-
den oval , mit dem Langsdnrchmesser parallel der Ober-
flache dee Knorpels , wodurch die Begrenznng dee Knor-
pele scharfer markirt wird ; allmalig nehmen diese ovalen
Zellen immer gestrecktere and mebr flach gedriickte Form
an and erscheinen .bei etwa 4monatl. Foetus auf Durch-
schnitten spindelformig mit langen Auslaufem nach beiden
Seiten hin. Zwischen den Knorpelenden bilden sie elne
sehr danne Lage, die belm ersten Anbliok fibiillarem Bin-
degewebe gleicht. Bei Foetus von diesem Alter linden
sich anch Zeichen von Bildnng der Gelenkhohlen.
Gegen die Mittc der die Knorpelenden von einander
trennenden Lage beginnen kleine spaltformige Raurae auf-
zntreten , die von eplndelfbrmigen Zellen begrenzt wer-
den , and bei noch welter vorgeschrlttener Entwicklung
hat sich eine grossere Ho hie, eine wirkliche Gelenkhdhle,
entwickelt; die splndelformigen Zellen sind verschwun-
den nnd nnr lings der Gelenkflichen besteht noch eine
einselne Lage von denselben, die primitive Gelenkhdhle
begrenzend. Je alter der Foetus wird, desto grosser wird
der Hoblraam and nimmt bald den ganzen Raum zwiechen
den Gelenkflichen ein, die jetzt nicht mehr von den Bpin-
delfdrmigen Zellen bedeckt Bind; die Zwischensubstanz
and die Zellen des Knorpels grenzen direkt an dieGelenk-
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hit. 1.
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hOhle ; anr weit nach anssen , aosserhalb der direkt artl-
kulirenden Theile der Gelenkflichen flnden sich bei etwa
4monatl. Embryonen noch spindelfdrmige Zellen , die den
Hantchenzellen von Key und Retzlus vollkommen
gleichen. Bei Embryonen von etwa 6 Mon. steht die Qe-
lenkhohle in Being aaf die Umgebang bereits in dem re-
lativen Vcrhaltniss zu ihren Umgebangen wie beim Er-
wacbsenen. Sie ist von einer ausscrordentlich zellen-
reichen Synovialhant begrenzt, die eine innere vollstin-
dige ZeUenbekleidong hat, dooh hat diese Synovialhant
noch nioht denselben histologLchen Bau, anch hat der
Gelenkknorpel nocb nicht dasselbe histologische Ausseken
wie bei Erwachsenen ; die Intercellularsabstanz ist sehr
sparsam vorhanden und die Zellen llegen dichter beisam-
men. Die Absetcang der Intercellnlarsubstanz geht erst
allmalig vor sich, weit in das Leben nach der Gebart hin-
ein. In gleicher Weise wie an Hinden und Fussen geht
anch die Entwicklung anderer Gelenke vor sich, selbst
bei dem complicirten Kniegelenk. Anch die Knorpel-
anlagen der Tibia and des Femnr Bind anfangs dnrch eine
dlcke Lage indifferenter Zellen von einander getrennt,
die an den den Condylen entsprechenden Stellen rasch
dunner wird , gleichzeitig betreffen die die Knorpel am-
gebenden Zellen die angefahrten Verindernngen ; die
Fibrocartilagines Interarticulares differenziren sich aus
der embryonalen Zellenmasse herans. Bei 3 Mon. alten
Embryonen findet man auf Langsschnittcn , dass Femur,
Tibia, Patella und Fibrocartilag. interarticulares an alien
Stellen, wo sie spater direkt mit einander artikullren,
nor dnroh eine diinne Zwischenlage von splndelfBnnigen
Zellen von einander getrennt sind. Die Fibrocartilago be-
kommt dabei eine scbarfe Begrenzung , da noch spindel-
fSrmige Zellen sich bogcnfbrmig um ihre scharfe Kante
blegen. Der Theil, der der Fossa intercondyloidea ent-
spricht, ist von weichem embryonalen Bindegewebe aus-
geffillt, in dem die Ligg. crnciata deutlich abgegrenxt sind,
deren spindelformlge Zellen, mit ihren Lingsdarchmessem
in der Langsrichtung der Ligamente, dicht aneinander
gedrangt liegen.
Die Entwicklung der Gelenkenden geht dem-
nach nach Vf. nieht dnrch Schmelznng des indlflfe-
renten embryonalen Zellgewebes vor sich , sondern
vielmehr durch fortschreitende Entwicklung der hi-
1
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
4
I. Anatomic n. Physiologic.
differenten Zellen zn membranartigen platten, wo-
durch mehr oder weniger contmoirlich zusammen-
hingende Membranen gebildet werden, die schichten-
weise tlbereinander zwischen den Knorpelenden lie-
gen! Die GelenkhOhle selbst scheint sich nach Vf.
in der Weise zu bilden , dass sich zwischen den ver-
schiedenen Lagen Serum ansammelt and die spalt-
fbrmigen Riume zn Stande kommen, die allmfilig
durch Scbwinden der zwischen ihnen gelegenen
Sebeidewtnde confluiren zu einer grOssern Hdhlnng.
Ala Begrenzung fllr die GelenkhOhle beateht anfangs
flberali eine zusammenhingende Lage von Endothel-
zellen, die selbst die Gelenkfl&chen eine Zeit lang
bekleidet; diese schwindet, wenn die GelenkhShle
ihre vollkommene Ausbreitung erlangt hat.
(W alter Berger.)
508. Bober den Bau and die Baftbahnen
der Sehnen; von Prof. Dr. Axel Key nnd Dr.
Gnstaf Retzins. (Nord. med. ark. VII. 4. Nr. 21.
S. 1—18. 1875.)
Vff.stellten ilireUntersnchungen zunichst an den
Sehnen von Nagem an , da sie leicht in frischem Zu-
stande zn erlangen , leicht von den ilbrigen Geweben
an isoliren Bind nnd wegen ihrer Kleinheit ungespal-
ten nntersucht werden kOnnen , dabei sind sie ein-
facher zusammengesetzt als die von Menschen and
hdhern Thieren. Sie benutzten die Schwanzsehnen
von Sciurus vulgaris , Mas decumanns nnd Mns mns-
culus, die sie in frischem Zustande mit nentraler oder
sanrer CaruiinlSsung firbten, mit Essigsiure oder
Holzessig behandelten , mit Versilberung oder Ver-
goldnng , in Mttller’scher LOeung nnd Spiritns erhir-
teten nnd mit Ueberosmiumsiure, Anilinfirbnng etc.
behandelten. Mit grossem Vortheil wurde Trocknen
und Erhirten der Sehnen in Gummiglycerin ange-
wendet, wonach sehr dflnne Lings- oderQuerschnitte
sehr leicht herzustellen waren. Ausserdem kamen
auch Stichinjektionen sowohl frischer als anch einige
Zeit lang in MUller’scher Ldsung geh&rteter Sehnen
in Anwendnng.
Bei schwacher Vergrdsserung erscheint eine aus
einem Rattenschwanz ausgezogene , in Wasser oder
Glyoerin nntersnchte and nicht absichtlich gestreckte
Sehnewie in einer Art contrahirtem Znstande. Inner-
halb einer dflnnen Aussenscheide mit geraden Con-
tonren sieht man den Inhalt zickzackftrmig zus&m-
mengezogen und in ihm unterscheidet man eine An-
zahl parallel mit einander verlanfender kleiner Bttn-
del , die alle dieselbe Zickzackform zeigen. Daraus
geht hervor , dass nicht , wie man gewdhnlich an-
nimmt, die Sehnenbfindel selbst sich contrahiren, son-
dem dass sie vielmehr von der inssern Scheide in
diese Zickzackform znsammengezogen werden ; die
Scheide ist elastisch, nicht aber die Selin enbflndel
selbst. Zwischen Scheide und Sehnenbttndeln be-
steht ein nicht unbetrichtlicher , mit Flflsaigkeit ge-
fllllter Zwischenraum , der den Sehnenbtlndeln Spiel-
mom ftlr diese Lageverinderung gewilirt , bei der
sich die einzelnen Btindelfasera oft etwas von einan-
der Idsen. Schon bei frischen Sehnen sieht man, dass
die nmgebende Scheide aus mehreren dflnnen , con-
centrisch angeordneten Hiuten oder Lagen znsam-
mengesetzt wird, in denen sich nach Firbung mit
Carmin von Protoplasma umgebene, einzeln oder
gruppenweise bei einander liegende Kerne finden, die
in der Regel der innern Flfiche der Hiute anzngehd-
ren scheinen nnd sich ziemlich leicht von ihr los-
ldsen.
Im Sehnenbundel selbst treten na«h der Firbung
lungs verlanfende, parallele, breitere oder schmilere
Binder auf, die durch Querlinien in kleine recht*
winklige , Kerne und protoplasmatische Zellen ent-
haltende Abtheilnngen getheilt sind. In dem zwischen
ihnen liegenden fibrillaren Gewebe nimint man lings
verlaufende feine Linien wahr (wie feine Fiden),
ebenso lings der Zellreihen.
Nach der Versilberung der Schwanzsehnen findet
man auf ihrer Oberfliche ein im Ganzen zusammen-
hingendes Netz von Linien , die grosse polygonale,
Kerne und helle lingliche Flecke enthaltende Zellen-
flichen einschliessen ; bei tieferer Firbung treten die
Zellencontouren in 2 oder 3 Lagen auf. Alle diese
Zellzeichnungen gehflren der Sehnenscheide an , die
somit, wie das Perineurium, aus einer mehrfachen Lage
von endothelialen Hftuten besteht. An Stellen , wo
diese Scheide beim Ausziehen der Sehne ganz oder
theilweise abgegangen ist , zeigt sich bei der Versil-
berung eine Zeichnung von eigenthflmlicher Form :
kleine polygonale Felder, in parallelen Lingsreihen
lings der Sehnen verlaufend , dicht und mitten unter
jedem solchen Feld findet sich eine Zellenreihe , die
von den innern Zellen der Sehne gebildet wird. Diese
Zeichnung ist constant und deutet darauf hin , dass
die Zeichnung durch die letztgenannten Zellen zu
Stande kommt, u. zwar durch die zunichst der Ober-
fliche der Sehne gelegenen Zellenreihen. Zwischen
den Reihen dieser Felder finden sich kerne Silberlinien,
oft aber eine allgemeine briunliche Firbung. Oft ist
diese Zeichnung ganz regelmissig , oft aber zeigt sie
auch sehr unregelmissige Contouren. Jcdenfalls stellt
diese Zeichnung die subendotheliale Zellenlage (Ran-
v i e r) oder das subserflse Endothel (L 6 w e) vor.
Wenn man ein von seiner Scheide befreites Seh-
nenbflndel grflndlich versilbert, nainentlich wenn man
es der Linge nach spaltet, zeigen sich lings ver-
laufende , parallele Reihen von anfangs gelblicben,
spite r mehr braun gefirbten Zellen, deren Contouren
deutlich sind ; liberal! sieht man die Grenzen zwischen
den einzelnen Zellen aus 2 parallel verlaufenden
Linien bestehen, die durch einen schmalen Zwischen-
raum getrennt sind ; diese Zellgrenzen verlaufen moist
gerade quer, oft aber auch etwas schrig. Die Zellen
sind meist von ungefihr gleicher Linge, aber von
sehr verschiedener Breite , was darauf beruht , dass
man sie theils mehr von der Fliche, tbeils mehr von
der Kante sieht.
Diejenigen Zellen , die man in der Flichenaus-
dehnung sieht, erscheinen im AUgemeinen viereckig,
qoadratisch oder rhombisoh begronat, oft etwas brei-
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
5
I. Afi&tomie
ter als lang ; sie Bind etwas bauchig gebogen und
kefaren entweder die concave oder die convexe Seite
naeh oben , aber ihre aussern Seitencontonren , die
indes8en oft ziemlich schwer zu erkennen sind , Bind
gerade and parallel mit der Langsachse derSehnen;
parallel mit diesen Seitencontonren gehen mehrere
and ere, ongefahr in gleichem Abst&nde von einander
angeordnete Linien , welche jede Zelle der Lange
nach in mehrere rechtwinklige Abtheilungen theilen
usd sich gleichsam von einer Zelle in die andere
dnreh die ganze Zellreihe hindurch fortsetzen; bei
genanerer Untersuchung findet man , class es flUgel-
oder kammartig von der convexen Zelloberflache in
Form von iuaaerst dttnnen Hautchen in divergirender
Richtung und in ziemlich gleichen Abstftnden von
einander abgehende Blatter sind. Zwischen diesen
Blittern liegen kleinere Btindel von Sehnensubstanz.
Mitnnter kann man auch scbon an solcben Langs-
bildern die Theilung eines solcben Blattes in 2 be-
obachten and die Theilungslinie sieht man dann als
einen feinen glanzenden Faden. In einzelnen von
den rechtwinkligen Abtheilungen der Zellen sieht
man kdrniges Protoplasma mit dem Zellkerne von
flacher , abgerundeter oder ovaler, meist ziemlich
regel mlssiger Form , m&nchmal aber auch mit mehr
nnebenen Conturen ; der Zellkem ist stets excentrisch
gelegen, in der ganzen Zellieihe sind die Kerne aber
so angeordnet , dass immer an der einen Grenze
zwischen 2 Zellen 2 Kerne einander gegentlber liegen,
wibrend an der andem Seite 2 Grenzen ohne Kerne
aneinander stossen , doch finden sich davon mitnnter
Ansnahmen. Die qner verlaafenden Grenzen der
Zellen haben in der Regel eine schiefe Richtung,
wodnrch die Zellen eine mehr oder weniger rhom-
biscbe Form bekommen, anch bilden die Qnergrenzen
gotten genau gerade, sondern meist den Winkeln der
kleinen Zellabtheilnngen entsprecbend gebrochene
Linien.
An denjenigcn Zellenreihen , die man mehr von
derKante sieht, kann man die Form der Zellen nicht
so dentlich unterscheiden , die Seitentheile und die
HJtntchenbl&tter treten an ihnen in der Regel nicht
so dentlich hervor , aber bei genauerer Betrachtung
kann man anch sie erkennen als feine glanzende,
an den TheiluDgsstellen dickere Faden, von Zelle zu
Zelle verlanfend , manchmal auch zwischen 2 Zellen
hindurch lanfend. Die klare Zwischensnbstanz zwi-
schen 2 Zellreihen ist so von lings verlaafenden
klaren Faden dnrchzogen, welche wahrscheinlich alle
den Sehnenzellen angehdren and &ub dichotomischen
Theilangen der Hiutchenblatter entstehen. Wenn
ein Sehnenbflndel dnreh Qaetschnng, Zerreissang oder
eine ahnliche Verletzung ans seiner ureprtlnglichen
Anordnnng herausgebracht ist, verlaufen diese Faden
nnregelmas8ig und verworren und sind nicht leicht
bis znr Zellreihe zu verfolgen, die Zellen zeigen dann
ebenfalls ihre nrsprtingliche Form nicht mehr.
Solche paraUele Zellenreihen durchziehen die
8ehne in ihrer L&ngsrichtung in nngeffchr gleichen
Abstanden von einander. An der Oberflacbe der
i. Physiologic.
Sehnen sieht man mitnnter innerhalb der Scheide
Reihen von Sehnenzellen , die nicht die beschriebene
regelinassige Form haben , sondern mehr veraweigt
sind, von ihnen gehen aber ebenfalls Blatter zwischen
die Btindel ab.
Nach Hartong in A/tlWer’scher Ldsung oder in
Essigsaure erhalt man ziemlich dieselben Bilder wie
nach der Versilberung , aber die Zellen erscheinen
klarer und mehr dnrchsichtig und die gl&nzenden
Verstarkungsfaden besonders deutlich und scharf ; in
der Sehnenscheide findet man dabei theils der L&nge
nach , theils der Quere nach nnd schrag verlaufende
Fibrillen. Behandlung mit A/n/Zer’scher Ldsung und
nachfolgende Erhartung in Spiritus gab ahnliche,
aber weniger durchsichtige Praparate ; Anilinfarbung
gab meist keine sehr brauchbaren Praparate in Bezug
auf die Sehnenzellen , um so besser aber waren sie
zu verwerthen ftir das Studinm der Zwischensnbstanz.
Die Zwischensnbstanz zeigte sich bei AnilinfUrbung
als ans vollkommen parallel langs verlaufenden
ausserst feinen Fibrillen beBtehend , die nur bei den
starksten Vergrdsserungen eine kaum messbare Breite
erlangen , tlberall gleich dick sind nnd glanzend ;
eine die einzelnen Btindel zuaammenhaltende Kitt-
substanz liess sich nicht nachweisen. Erhartung in
Ueberosmiumsaure giebt eben solche Bilder, Vergol-
dnng ebenfalls.
Wenn man die Sehnen nach Erhartung in Mailer'-
scher Ldsung und Spiritus oder in Ueberosminmsaure
in Gommiglycerin eintrocknen lasst, kann man sehr
gut Schnitte in jeder Richtung anfertigen, was ohne
die Eintrocknung nicht leicht gelingt. Langsschnitte
lassen indessen nicht mehr erkennen , als die schon
erwahnten versilberten Praparate ; die Zellen erschei-
nen in ihren Langsreihen als dtlnne Bander, von
welchen in verschiedenen Riclituogen noch dflnnere
Haute abgehen, und an den Verzweigungsstellen der
letztern sieht man Verstarkungsfaden. Auf Sckrag-
schnitten tritt dieses Verhalten noch deutlieher heT-
vor , man sieht , wie die blattahnlichen Hautchen in
verschiedenen Richtungen von der Zelle ausgehen
nnd wie an den Abgangs- und Theilungsstellen Ver-
starkungsfaden verlaufen. Einen vollstandigen Ein-
blick in die genaue Anordnung erhalt man indessen
erst an Querschnitten. Man sieht die verschieden ge-
deuteten stemforaigen Zeichnungen; in der Mitte
befinden sich starker gezeichnete 3- und 4eckige,
meist jedoch langlich rechtwinklige Figuren , von
denen mehrere (1 — 5 , oft noch mehr) Linien ab-
gehen, die meist sehr fein sind (1 oder 2 haben je-
doch oft dieselbe Starke wie die Contouren der Figur
in der Mitte) und die Sehnensubstanz in verschiede-
nen Richtungen durchziehen; nach kurzem Verlauf
werden sie abgebrochen von einem stark glanzenden
Kern , von dem wieder gewdhnlich unter einem sehr
stumpfen Winkel 2 andere , noch feinere gerade Li-
nien abgehen, die wieder ihrerseits nach kurzem Ver-
laufe von einem glanzenden Kern abgebrochen war-
den , nnd so geht es weiter. Oft verschwinden in-
dessen diese feinen Linien kurz nach ihrem Abgange
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6
I. Anatomie u. Phyridogie.
von dem Kerne, auch ftndet man mitunter Kerne,
deren Verbindnng mit dem Centrum nicht mitSicher-
heit nachgewiesen werden kann, wfthrend doeh
manchmal such von solchen isolirten Kemen ein
Paar divergirende Linien ausgehen. Die innern
Pigmtn entsprechen nun den Sehnenzellen, die davon
abgehenden Linien den Hftutchen , die Kerne den
Verstarkungsf&den, die weiter von diesen abgehenden
Linien den Verzweigungen der Hlutchen, die mit
andem, aus andern Zellenreihen stamraenden zu-
sammenbHngen. Dadurch wird die 8ehne in eine
Menge Fftcher getbeilt, in welchen die einzelnen
polygon alen , grdssern oder kleinern Btlndelgruppen
einge8chlo88en liegen.
Hin und wieder kommen , oft gruppenwelse in
die Zellenreihen eingescblossen , Gebilde von lang-
gezogener Spindelform vor, die mit ihren zugespitz-
ten Enden in Sehnenzellen von gewdhnlichem Ban
flbergelien , diese letztern haben dann oft , besondera
an dem einen Ende , ihre protoplasmatische kdrnige
Beschaffenheit eingebttsst und seben nur noch wie
dllnne glasige Haute aus. Diese spindelfbrmigen
Kflrper , die die Lange mehrerer Zellen besitzeu,
haben auf ihrer Oberflache kammartige Erhdhungen
und sehr kdrnigen , protoplasmakhnlichen Inhalt ;
Kerne haben aber K. und R. in denselben nicht ge-
sehen , wahrsclieinlich werden diese durch den kflr-
nigen Inhalt verdeckt. Stellenweise fanden sich
Uebergangsformen von den gewfihnlichen Zellen in
diese spindelfbrmigen, und es schien, als ob die letz-
tern auf einen durch vermehrte Ansammlung von
Protoplasma bedingten Reizungszustand zurflckzu-
fllhren seien.
Die Sehnenscheiden, mOgen sie eine oder mehrere
Sehnen umfassen , bestehen alle aus demselben Ge-
webe. Auf Querschnitten in Muller' bc\\ct Lfisung
erhftrteter und dann getrocknetcr Sehnen erscheineli
sie wie eine klareSubstanz, die eine Menge glanzende
Kbrner einschliesst. Hier und da sieht man eine con-
centrische Streifung und concentrisch angeordnete
randstandige Kerne. Oft sieht man sie aber auoh
mehr oder weniger getheilt in eine Anzahl ausserst
dflnner concentrischer Haute, welche auf ihren Durch-
schnitten glanzende Kerne (Durchschnitte stark licbt-
brechender Faden) zeigen. Die von den Scheiden
zwischen die verschiedenen Fascikel ausgehenden
Auslaufer bestehen aus demselben Gewebe. Auf
Langs8chnittcn sieht man , dass jede der concentri-
schen kernftlhrenden Lamellen, aus denen die Scheide
znsammengesetzt ist , aus einer elastischen Haut be-
steht mit einem darin eingelagerten Netzwerk aus
feinen Faden ; an der Innenseite der Haut belinden
Bich die Zellkerne mit ihrem Protoplasma. Die ein-
zelnen Lamellen sind jedoch nicht alle von dem-
selben Ban. Die innern Lamellen sind mehr homogen
und enthalten nur wenige elastische Faden, wahrend
die aussersten elastische Faden in reichlicher Menge
enthalten und ausserdem in der Langsrichtung pa-
rallel verlanfende Fibrillen vom Aussehen des ge-
wObnllchen Bindegewebes nnd im Allgemeinen an
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der Anssenseite der elastischen Haut gelegen. In
der innersten, bomogenen und glasartigen Haut sind .
die Zellkerne von einem dichotomisch sich theileade
Auslaufer entsendenden Protoplasms umgeben, das
oft an seinem freien Ende in eine Spitze auslauft und
dem Ansehen nach sehr an die Purlcinj e’schen Gang-
lienzellen erinnert. Wenn man mehrere solche Hanfc-
lamellen fiber einauder liegend untersncht, treten eine
Menge von ihrem Protoplasma umgebene Kerne her-
vor , die bei oberflachlicber Untereuchung den Ein-
druck eines zusammenhangenden Epithets machen
kfinnen , aber , wie man bei genauerer Untersuchung
bemerkt, in verachiedener Tiefe liegen und verechie-
denen Hautlamelleu angehciren. Das elastische Netz
in den andern Hautlamellen hat entweder mehr nach
einer Richtung (der Lange nach , schrag oder quer)
oder auch nach alien Richtnngen verlaufende ausserst
feine Faden , die , gerade oder geschlangelt verlau-
fend, auf der selbst homogenen Haut liegen und Bich
manchmal von ihr abldsen und ein Netzwerk von
geringerer oder grbsserer Dichtigkeit bilden, manch-
mal so dicht , dass es die Haut selbst fast verdeckt ;
mitunter befinden sich unter diesen Faden dickere,
die feinere Auslaufer entsenden. Das Ganze hat
grosse Aehnlichkeit mit dem Perineurium und ist
nach Vff. auch ein Gebilde dereelben Art.
Ausser dieser von den Vff. Peritenium genann-
ten Scheide gieht es auch noch andere von der ge-
nannten im Ban ganz verschiedene Scheiden. Auf
grbssern Querschnitten eines Rattenschwanzes sieht
man von dem die Schwanzwirbel nmschliessenden
Periost anfangs dickere Haute ausgehen, die akh
dann in dllnnere spalten und in verschiedenen Rich-
tungen zwischen die Muskeln und Sehnen eindringen
und diese umgeben und unter dem Unterhautzeli-
gewebe sich wieder zu einer alle Organe umschliessen-
den Fascie vereinigen. Diese Haute bestehen aus
quer oder schrag gegen die Lftngsachse der Sehne
verlaufenden , einander in spitzem Winkel kreuzen-
den, verflochtenen , steifen, geraden, glanzenden,
ziemlich dicken Balken , mit eingelagerten oder an
der innern Seite aufgelagerten von Protoplasma um-
gebenen Kemen.
Die Sehnenscheiden setzen sich auch in die ent-
sprechenden Muskeln, zwischen die einzelnen Btadel
fort. Der Uebergang zwischen Sehne und Muskel
kommt so zu Stande, dass die einzelnen Muskel-
fibrillen da , wo sie mit der Sehne zusammentreffen,
sich abplatten und in sehr spitzem Winkel sioh wie
ein diinnes Band in die Sehne einlegen , dann geht
dieses aus quergestreiften Muskelfasem bestehende
Band mit einem runden, abgerundet spitzen oder
fingerartig mehrfach verzweigten Ende in ein Band
aus Bindegewebe fiber , eine dfinne Haut , im Allge-
meinen von der Breite des Muskelbandes , mit mehr
oder weniger deutlicher, lings verlaufender Streifung
von Fibrillen ; im Innern werden mitunter einzelne
Zellen sichtbar, die den Sehnenzellen ahnlich sind.
Am Uebergang zwischen Muskel- und Sehnengewebe
finden rich in der Regel von spiriichem Protoplaama
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I. Anatomic u. Physiologie.
7
■mgebene ovale Kerne, die auf, nicht in detnSehnea-
baade liegen nnd nicht wohl ala eine Art Fort-
setzong der Sarkolemmkeme zu betrachten sein
dttrften, aber regelmlsaig an dieser Stelle vorhanden
aind. Wie aich das Sarkolenun stun Seimenbande
verhfllt, haben die Vff. noch nicht beatinunt fest-
stellen ktanen.
Bei dem Menschen and den hohern Sftngethieren
1st das Verhalten flhnlich, ein Unterechied besteht
nr in der verscbiedenen Anordnnng der Sehnen-
scheiden n. dem verschiedenen Anseehen der Sehnen-
nllen.
Anf Querschnitten der Achillessehne von Em-
bryonen von 5 — 7 Mon. sieht man von der concen-
trisch geschichteten Scheide ans, die Vff. Periteninra
nennen , in das Innere der Sehne eine Menge Blnt-
gefflsse ftihrender Hautlamellen (das Endotenium der
Vff.) sich einsenken nnd die Sehne in eine Menge
grOssere oder kleinere Fflcher theiien. Diese La-
mellen bestehen aus doppelten Hiluten mit den dazn
gehOrigen H&utchenzellenlagen. In diesen Fflchern
sieht man sternfbrmige Qnerschnitte von Sehnenzellen,
von denen ans feine Verzweignngen ansgehen , die
das grdssere Fach wieder in eine Menge kleinere
Fflcher theiien, nnd in diesen liegen nnmittelbar Seh-
nenbflndel von polygonalem Dnrchschnitte.
An Lflngsschnitten sieht man dasselbe Verhalten.
Zwischen den grUbern Fflchern und Btindeln laufen
Haute mit doppelter Zelllage , in den Fflchern liegen
abgeplattete , spindelfSrmige , in Lflngsreihen ange-
ordnete Zellen mit blattartigen Auslflufern, die die
kleinem Fibrillenbttndel theiien and umschliessen ;
in diesen Anslflnfem oder in innigem Zasammenhang
mit denselben sieht man den elastischen flhnliche
Fflden,
Bei dem erwachsenen Menschen iat das Ver-
halten ganz dasselbe , nur haben die Zellen weniger
Protoplasma , in der Mitte sind sie sc hm flier and an
den Enden mehr zngespitzt , ihre Kerne sind mehr
wnrstfarmig a. die Zellen liegen weiter aus einander.
Die Auslflufer treten deutlich hervor an Schrflgschnit-
ten von getrockneten Osmiumprflparaten und an
Querschnitten von getrockneten Holzessjgprflparaten,
an letztern sieht man die von den sternformigen
Zellenfiguren ausgehenden Fflden sehr deutlich und
deren Verbindung mit benachbarten Zellen. Von
besonderem Interesse iat die Anordnnng der elasti-
schen Fflden, die man anf Querschnitten in onzflhliger
Menge sieht und von denen ein Theil sich ohne
Schwierigkeit bis zu den Zellenauslflufern verfolgen
Iflsst ; ob diess bei alien der Fall ist, lflsst sich schwer
bestimmen, doch ist es nach den Untersnchungen
an Schwanzsehnen von Nagern wahrscheinlich. Anf
Lflngsschnitten sieht man diese elastischen Fflden
ebenfalls nach Behandlnng mit Essigsflnre.
Aach beim Menschen ist demnaoh die Sehne
dnrch reihenweise geordnete nnd onter einander zn-
sammenhflngende Hflntchenzellen mit mehreren flttgel-
ftmigen AuaUnfern in kleine Fflcher getheilt, aber
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diese kleinen Fflcher werden , abweichend vom Be-
funde an den Schwanzsehnen der Tliiere, dnrch eine
Menge vom Peritenium ansgehende Hflute (Endo-
tenien) partienweise zu immer grOssem Fflchern zu-
sammengefasst.
Bei Injektion mit Richardson’s blauer In-
jektionsflassigkeit verbreitete sich diese im Allgemei-
nen zwischen den Hfluten des Endotenium und des
Peritenium , gelangte dagegen nur ausnali msweise
in das Innere der von diesen gebildeten Fflcher and
verbreitete sich dann in verhflltnissmflssig breiten
Gflngen lflngs der Zellenreihen. Lud wig’s As-
phaltchloroformmasse dagegen verbreitete sich schon
bei schwachem Drucke theils anf getrennten , theils
auf zusammenhflngenden Balinen tlber die Zellen-
reihen , meist von diesen ans dann den Auslflufern
folgend und sich mit von andern Zellenreihen kom-
mender InjektionsflUssigkeit vereinigend zu einem die
einzelnen Fflcher umspinnenden Fachwerk , das sich
auf Querschnitten als verzweigtes Netz zeigt mit
dreieckigen Knotenpunkten. Weiter breitet sich die
InjektionsflUssigkeit zwischen den Hfluten des Endo-
te ilium aus, dann zwischen den Hfluten des Peritenium
und an Prflparaten von Rattenschwflnzen Hess sie
sich sogar bis zwischen die Muskelfascikel und end-
lich in neben den Gefflssstflmmen der Sehne ver-
laufende Lymphgefflsse verfolgen. Es linden sich
also in den Sehnen reichliche Saftbahnen , die mit
dem eigentlichen Lymphgelflsssystem in Verbindung
stehen. (Walter Berger.)
509. Zur Kenntniss der Saftbahnen der
mensohliohen Haut; von Prof. Dr. Axel Key
n. Dr.Gustaf Retzins in Stockholm. (Nord.med.
ark. VIH. 1. Nr. 5. S. 5. 1876.)
DieVff.belenohten die biaher noch sehr vemach-
l&ssigte Frage Uber die Saftbahnen in den oberflflch-
lichsten Tlieilen der Haut, das Verhalten derselben
in der Cutis und im Unterhautzellgewebe fflr spfltere
VerCffentlichung sich vorbehaltend. Ausser abfflh-
renden Lymphgefflssstflmmen haben sie in den ober-
flflchlichen Theiien der Haut ein ausgedelintes , mit
diesen Gefflssen in Zusammeniiang stehendes System
von weiten Saftrflumcn gefunden, die sich sehr leicht
injiciren lassen, offenbar den bei Oedom mit Flttssig-
keit gefullten Rflumen nnd ganz gleichen von den
Vff. schon frdher inderNasenschleimhautgefundenen
entsprechen. Sie umschliessen die verschiedenen
Gewebstheile der Haut und nach der Oberflflche zu
werden sie in der Cutis zwar kleiner in Bezug auf
GrOsse nnd Weite, liegen aber dichter beisammen;
in den Papillen bilden sie ein feines Netz von G&n-
gen und Spalten zwischen den Bindegewebsbtlndeln.
Oft sieht man zwar bei Stichinjektionen, namentlick
mtt geringem Druck, die InjektionsflUssigkeit in der
Nflhe der Papillenflflche stehen bleiben , doch ist es
den Vff. bei Injektionen vom Unterhautzellgewebe
ans , von innen nach anssen , auch gelnngen, ein Sy-
stem von feinen Gflngen im Rete Malpighii in grosser
Ansdehnnng zu iqjiciren. Zu diesen Injektionen
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I. Anatomic u. PhymoLogie.
wurde die Ludwig’ sehe Asp halt- Chloroform masse
angewendet, die von der Oberfliche der Papillen aus
in ein reiches Netzwerk rings am die einzelnen
Zellen des Rete Malpighii austrat, ohne eine Con-
tinuitatstrennung oder Verschiebung der betreffenden
Theile aus ihrer natttrlichen Lage herbeizuftthren ;
die Zellen erscheinen dann nor dnrch eine dttnne
Lage von Injektionsflttssigkeit von einander getrennt
nnd an dtinnen Schnitten zeigte sich das Bild von
kleinen korn&hnlichen Figuren mit lichten schmalen
Zwischenrkumen. Von solchen kleinen KOrnern er-
sehienen die einzelnen Zellen rings umgeben ; aber
nicht bios einzelne Zellen oder Zellengruppen , son-
dem ganze Zellenlagen erschienen oft im Rete Mal-
pighii in grosser Ausdehnung auf dieseWeise injicirt,
es waren feine intercellulare Rflume injicirt , die ein
reichliches zusammenhftngendesNetz bildeten. Nach
aussen zu war die Injektion stets von der Hornschicht
begrenzt , in diese drang die Injektionsflttssigkeit nie
ein , wold aber beobachteten die Vif. nicht selten
gleichzeitig Injektion der Ausftlhrungsgftnge der
Schweissdrtlsen, allem Anscheine nach in Zusammen-
hang mit den Saftbahnen im Rete Malpighii. Es
exiatiren also ftlr die Injektion offene Communika-
tionen zwischen den Saftbahnen des Unterhautzell-
gewebes nnd der Hautoberflkche. Offenbar ent-
gprechen die von den Vff. injicirten Zwischenrftume
zwischen den Zellen des Rete Malpighii den von
Max Schultze, Bizzozero u. Ranvier be-
schriebenen ahnlichen Bildungen nnd bestehen aller
Wahrscheinlicbkeit nach aus einem ausgebreiteten
System von Saftbahnen zwischen den Zellen, das
nach innen zu mit dem allgemeinen Saftbahnsystem
der Haut in Verbindung steht, nach aussen zu an
der Oberflilche dnrch die Ausftlhrungsgange der
Schweissdrtlsen often ist. ( W a 1 1 e r B e r g e r.)
510. Die peripheriaehe Nervenaelle und
das sympathisohe Nervensystem ; von Prof. Or.
Sigmund May er zu Prag. (Arch. f. Psychiatrie
u. Nervenkrankh. VI. 2. p. 353 — 446. 1876.)
Vf. legt in diesernmfangreichen Arbeit die Frucht
einer ftlnfjfthrigen Untersuchung nieder. Es ist
nicht wohl hier am Platze, Schritt ftlr Scbritt den
geistreicheu Deduktionen des Autors zn folgen und
begntlgen wir uns daher mit der Wiedergabe der
hervorstechendsten Punkte dieses Aufsatzes, welcher
eine fast vollstftndige Umgestaltung der herrschenden
Ansichten fiber das Wesen und die Thatigkeit der
peripheren Nervenzelle und des sympathischen Ner-
vensystems bringt , indem wir jeden sich ftlr dieses
Capitel Interessirenden in Betreff der n&hem Details
auf das Original verweisen, dessen Stndium dnrch
die klare Ausdrucksweise hdchst auregend ist.
Das Ergebniss der 1. Abtheilnng: „Von dem
Verbal ten der peripheren Nervenfaser” gipfelt in
dem Satze, dass in den peripheren Nerven des Cere-
brospinalsystems Spuren nachweisb&r sind, aus denen
wir schliessen dttrfen , dass der Nerv der Sitz von
Stoffweehselvorgftngen ist, die dazu dienen, die nor-
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male Form des funktionirenden Nerven zn sichem,
und die sich ferner unter gewissen Bedingungen
quantitadv derart steigern, dass eine Neubildung
anftritt. Den Beweis hierftlr leitet M. zunichst aus
dem mikroskopischen Verhalten des peripherischen
Verlaufes der Nervenfaser her , indem er zeigt , dass
die Fasern cerebrospinalen Ureprungs, von Schwann’-
scher Scheide umgeben , kein gleich bleibendes Aus-
sehen in ihrem Verlaufe darbieten, da der Inhalt der
Schwann ’schen Scheide an gesonderten Stellen der
Continuitftt eine Anhilufung von Substanz bildet, die
sich vom Nervenmarke scharf unterscheidet. Indem
dann das Nervenmark seine physikalischen u. chemi-
schen Eigenscbaften ablegt, geht es in die Kerne
liber, welche nicht wirklich freie Kerne, sondern
Zellen mit charakteristischen Kernen darstellen. Da
also an gewiSscn Stellen der in der Peripherie ver-
laufenden Nervenfaseru das Nervenmark schwinden
kann , ohne dass eine Einbusse in der Funktion der
erstem stattfindet, so wird der Acbsencylinder anch
ohne Markumhtlllung die Funktion erffillen kttnnen.
Ferner lehren die Nerven ohne Nervenmark , wie z.
B. der N. olfactorius , dass dasselbo zur Aufnahme
und Fortleitung einer Erregung nicht unbedingt
nttthig ist. Die Morphologie erweist dann endlieh
noch, dass die spate Bildung des Markes sekundarer
Natar ist. Ferner wird zum Beweise des oben auf-
gestellten Satzes und zurFrage nach dem Wesen und
Wirken des Nervenmarkes die Veranderung, die
dasselbe nach der Durchschneidung erfUbrt, heran-
gezogen. Im Wesentlichen stimmt hier der Vf. mit
Eichhorst und Neumann flberein. Das End-
ergebniss ist, dass eine Alteration in dem chemischen
und morphologischen Verhalten des Nervenmarkes
und Achsencylinders eintritt, wodurch der zwischen
beiden vorher bestehende Unterschied verwischt wird.
Jedenfalls beweist die schnell auftretende Verftnde-
rung des Markes nach der Discision , dass der Stoff-
wechsel im Nerven kein sehr trager ist. Die nun
des Langem beschriebenen Erscheinungen im cen-
tralen und peripheren Stumpf sttltzen ebenfalls die
Annahme, dass das Nervenmark nicht sowohl ftlr
die eigentliche Nerventhatigkeit , als vielmehr ftlr
die Unterhaltnng des normalen Stoffwechsels in Be-
tracht kommt. Mit Eichhorst nimmt dann ferner
der Vf. noch an , dass die oft anzutreftenden schma-
len, in Bttndeln zusammenliegenden , mit reichlichen
Kernen der Schwann’schen Scheide vereebenen Fa-
sem neugebildete seien.
Die Frage, ob ein cardinaler Unterschied beztlg-
licli der bis jetzt erwfihnten Verhaltnisse zwischen
den Bestandtheilen des Cerebrospinalsystems und
des sogen. sympathischen Nervensystems bestehe,
filhrt zum zweiten Theil der Untersuchung:
logi&che und physiologische Charakteristik des sym-
pat/iisehen Nervensystems” . Nach Auseinander-
setzung der bisher angenommenen Lehre fiber das
Wesen des Sympathicus , fussend auf dessen ansto-
mischem Bau , der ihm eine Sondemtellung hn Qe-
sammtnervensystem anzuweisen scbien , kommt Vf.
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1. Anatomic n. Physiologic.
9
m» der Band lOeMeraer Uebertegang mit Zngrnnde-
tognag der thatsicMich gegebenen Verh<nisse za
dem Ausspruche, class der Sympathies nicht sowohl
(torch den Alleinbeeitz von schmalen , markhaltigen
Ncrvenfuern , als vielmehr nnr dnrch einen aasge-
sprochenen Reichtham an dieserFasergattong gegen-
ttber den andern Theilen des Nervensystems ausge-
eetchnet ist. Auch in der Anwesenheit markloser
Nervenfasem im 8ympathicus lAsst sich kein speei-
fisches Merkmal far diesen Nerven erkennen , — es
giebt Nerven , die mit dem Sympathies gar nichts
za thnn haben und kein Mark besitzen, — sondern
es laasen sich nur einige EigenthQmlichkerten in Be-
ing anf Ort, Anzahl und Vorkommen dieaer Faser-
gattong nachweisen. Endlich bieten auch die beim
Sympathies reichlich vorkommenden Ganglienzellen
nichts von den ttbrigen Eigenthtlmliehes, sie erfahren
hier nnr eine besondere rftumliohe Anordnung. Die
Frage , worin nun die Bedeutung des im Sympathi-
es gesteigerten Vorkommens markhaltiger , sebma-
ler Nervenfasem liege, worin die Bedeutung der
peripheren Ganglienzellen zu suchen sei , ftthrt anf
dM Gebiet der experiment. Physiologie ; Vf. beginnt
die Bespreehnng derselben mit einer l&ngem Ansein-
aaderaetzung flber die Naturgeschicbte der peripheren
Nervenaelie. Ohne anf die im Text in geachickter
Weise erl&uterten Ansichten frflherer Autoren einzn-
geben, fasaen wir hier des Vfs. Meinong kurz dahm zu-
aammen, dass in den Nervenzellen darch die Nerven-
zellenfortsitze Anlass zurBildnng nener Nervenfasem
gegeben sei; dieBeobachtong lehrt nnr, dass die Ner-
venzellenfortsfttze oft anf weiteStrecken mitdenFasern
verlanfen, ibr endgflltiges Verhalten ist sehr wand el-
bar nnd leider sehr oft nicht zn fixiren. Von Seite
der Physiologie liegt nun gar kein Beweis vor, dem
Sympathies die Einleitnng vasomotorischerNerven-
erregung znznschreiben ; als Lei ter dient er so gat,
wie die Nerven der Gerebrospinalaohse , in welchen
aUein der primttre Erregungsvorgang elngeleitet wird.
Man hat sich nun Beit l&nger Zeit daran gewflhnt,
den peripheren Nervenzellen centrale Fnnktionen
znznschreiben , man hat in ihnen, wie Vf. sagt, ge-
wiasermaassen Filialanstalten von Him nnd Rtlcken-
mark erbiiekt , namentlich urn die Bewegungen der
von letztereu loegetrennten Organe za erklftreu.
Wenn man aber 2 Arten- von Irritabilitilt snbstituirt,
d. h. wenn man neben der in der heutigen Physio-
logie dominirenden „Nearo-Irritabilitftt“, wonmter
irgend eine unter dem Einflusse von den im Cerebro-
spinalsysteme oder dessen peripheren Filialen ent-
sprangenen Impnlsen entstandene Erscheinung zn
denken ist, noch eine „aotomatische Irritabilitat“ an-
nimmt, welche auch andere als Nerveneinflllsse , wie
z. B. den Ehrfhus der ErokhrunggflOssigkeit , zom
Znstandekommen fttr die Reizbarkeit der Gewebe
feetstellt, so wflrden fllr die Bewegnngserscheinnngen
losgetrennter Organe nicht me hr die peripheren
Nervenzellen ala Filialen der Cerebroepinalzellen
nOthig sein. Gad in der That besitzen wir in der
Med. Jakrbb. Bd. 178. HR. 1.
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Erfahrnng der neneren Zeit, dass isollrte Zellen, bei
denen an einen Znsammenhang mit dem Cerebro-
spinalsysteme nicht gedacht werden kann, „auto-
matisch irritabcl" sind, in den Versuchen Kttbne 's
flber Mnskelirritabilitilt , in den Untersnchnngen
Engelmann’s flber direkte Reizung der glatten
Muskulatnr nnd endlich in der mechanischen Reizung
des Froschherzens von Rossbach, Belege genug,
um wenigstens die Omnipotenz der „Neuro-Irritabi-
lit*t“ bedentend in Frage zn steilen.
Der Schwerpunkt der ganzen Arbeit aber scheint
uns in den im 3. Abschnitte: „Darlegung der dem
Sympadiicus eigenthilmlichen ki*tologi»chen Ele-
mente “ niedergeiegten Untersnchungen nnd Reflexlo-
nen zu Iiegen. Vier Sfttze sind es , in welchen der
Vf. Im Grossen nnd Ganzen seine Meinung flber den
uns bier beschkftigenden Gegen stand darlegt.
1) Die Einleitung von Innervationsprocessen fln-
det nnr Im Cerebrospinalsysteme statt. Dazn mfls-
sen die dem Centralorgane entstammenden periphe-
ren Nerven ausserhalb desselben eine Vermehrung
ihrer Masse erleiden.
2) In den dem vegetativen Leben vorstehenden
Organen muss diese Massenvermehrang in viel be-
deutenderem Grade vor sich gehen , als in den Or-
ganen mit willkflriicher Bewegnng nnd bewnsster
Empfindung, bei welchen letzteren dieselbe nahe der
deflnftiven Endausbreitung von Statten geht.
3) Die Ma88envermehrung der peripheren Nerven-
snbstanz , und hierauf legt Vf. das Hauptgewicht,
bedingt eine grflssere Energie der vegetativen Pro-
cesse , die in dem Auftreten von Nervenzellen und
von marklosen und schmalen markhaltigen Nerven-
fasem ihren Ausdmck findet.
4) Diese Spnren einer vermehrten vegetativen
Energie sind imsogen. sympathischenNervensysteme
bald nach dem Austritte der Nervenfasem aus den
Cerebrospinalorganen. in scharfer Weise ausgeprtlgt.
Da es dem Vf. gelungen ist , jedem beliebigen
Nerven durch kflnstlicbe Eingriffe Anlass znr Bfl-
dnng von Nervenzellen, von marklosen nnd von
schmalen, markhaltigen Nervenfasem , also den Be-
standtheilen des sogen. sympatbischen Nervensystems
zn geben , so ftllt dadurch die centrale Bedeutung
der peripheren Nervenzelle. Die Beweise hlerfflr
leitet er aus den Verftnderungen am centralen
Stnmpfe durchschnittener Nerven her, deren Zulflssig-
keit in Betreff derAnwendnng auf vorliegende Frage
er mehrfach betont. Im Wesentlichen werden Neu-
mann’s und Eichhorst’s Versuche bestfitigt
und wird hervorgehoben , dass sich Bilder ergaben,
welche zeigten, dass die nen entstandenen Fasem
aus der Conti nuitflt der alten hervorgehen u. dass sie
die grOsste Aehnlicbkeit haben mit den von Bidder
und Volkmann dem Sympathicus zuerkannten.
In Betreff der Kemwncherung des Neorilemm (vgi.
flbrigens dasReferat in unsera J&hrbb. CLVT1I. p. 123)
weicht Vf. von Eiehhorst nnd Nenmann ab.
Er leitet die sen entstandenen Kerne von den in
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II. Hygieine, Diitetik, Phaimaholggie a. Toxikologie.
der Umwandlung zurtlckgebliebenen Portionen der
Schwann’schen Scheide ab. Diese Kerne erscheinen
aber nicht allein in der Form sogenannter freier
Kerne , sondern bUufig &ls kernli<ige Zellen. Da
nun aber die Beobachtung an verschiedenen Theilen
des Sympathies lehrt, dass die morphologischen
Charaktere der Nervenzellen eie nicht die Rolle von
centralen Apparaten spielen l&ast , da ferner durch
einen angelegten Schnitt die vegetativen Verbal tnisse
cerebrospinaler Nerven in vdllig andere Bahnen ge-
lenkt werden, so dass sich am centralen Stumpfe
Nervenfasern und Nervenzellen bilden, die den gym-
patliischen gleichen , so mfissen wir uns der Ansicht
zuneigen , dass die neu eingefillirten Ern&lirungs-
verldlltnisse entweder zu bestimmten Zeiten, oder
inuner Anlass geben zum VVerden derjenigen Form-
elemente , die ftlr den Sympathies als charakteri-
stisch hingestellt sind.
Das Sclilnsscapitel : ,, Revision der ThaUachen
und Schlussfolgerungen “ bespriebt noch eine Menge
interessanter , sich an den vorliegenden Gegenstand
anreihender Details. Die Antwort auf die Frage
nach der Erklarnng der in frflherStnfe der Entwick-
lung auftretenden Anhkufung von Nervenzellen, zn
einer Zeit, wo Nervenfasern noch gar nicht, oder
sp&rlicli auftreten , lautet nach M. , dass die einmal
aofgetretenen peripheren Nervenzellen, die bei der
ersten Anlage ron Nervenfasern zurtlckgebliebenen
Bildungszellen ftlr letztere darstellen. Mit des Vfs.
Worten wollen wir noch einige von ihm neu formu-
lirte Satze aus der allgemeinen Histologie und llisto-
genese wiedergeben.
1) Unter eingreifenden verfinderten Bedingungen
des Stoffwechsels kdnnen faserige Elemente , die zu
gewissen physiologischen Verrichtungen bestimmt
sind , Hire morphologischen und chemiscben Eigen-
schaften derart kudern , dass das Produkt dieser
Verftnderungen mit derjenigen Bildungsenergie be-
gabt erscheint, wie wir sie normal nur zu der Periode
der embryonalen Entwicklung beobachten. In die-
sem Zustande kann die veranderte Substanz der alten
Faser Anlass geben zur Biidung sowohl von neuen
Fasei-n dcrselben Art , als auch von solchen Forma-
tionen , welche hergebraebtermaassen als Zellen und
freie Kerne bezeiebnet werden.
2) ZarBilduag der letxteren aad also akdit unter
jeder Bedingung als aolche exietuende Zellen notb-
wendig.
3) Die Entstehung von Zellkernen 1st nicht dureh-
aus geknUpft an die Existenz eines bereits vorhaode-
nen, aus dem die neuen durch Theilung und Zer-
kltlitung hervorgehen. Zellkerne scheiuen vielmehr
durch eine im Detail noch nicht zu Ubersehende Dif-
ferentiation frei im ZellenkOrper entstehen zukonnen.
Nachdem der Vf. sich Uber die Faservermehrung
im Sympathicus ausgesprochen , nachdem er Wal-
ler’s und Schiff’s Angaben betreffs der Gang-
lien in ihrer Beziehung zur normalen Ern&lirung vou
Nervenfasern erSrtert und zu dem Kesultate gelangt
ist, dass es im peripheren Nervensysteme Orte giebt,
welche von hervorragender Wichtigkeit fllr die vege-
tativen Verhaltnisse der Nerven sind , fragt er sich
schldsslich , welche Funktion denn nun diese grosse
Menge von Gebilden im Organisms erftllle , da nir-
gends die Annahme gegrUndet eracheint, dass sie cen-
tralen Funktionen vorstehe. Obwohl Vf. selbst einge-
steht, dass es fllr endgllltige Beantwortung dieser Frage
noch mancher Detailforschung bedarf, so steht er
doch nicht an, nach seinen Erfahntngen zu behaupten,
dass sie dazu dienen kOnne — namentlich in Ana-
logic mit der Fettzelle — zu gewissen Perioden des
Lebens mit ilirem staff lichen Inhalte fllr die Ernkh-
rung der Nerven einzutreten. Die periphere Nerven-
zelle wtlrde dann vielleicht als Vorrathszelle ftlr das
periphere Nervensystem dienen. Damit erklftrt sich
denn anch die in ihnen auftretende Neubildung von
Kernen und Zellen, deren Vorkommnisse wieder
analog denen in den Fettzellen aufzufassen sind.
Wir haben im Vorstehenden nur skizziren kdnnem,
da es uns zu wait gefUhrt und dem Zweck der Jahr-
bttcher nicht entsprochen haben wtlrde , einen voll-
st&ndigen Auszug aus dem reichhaltigen Materiale
zu bringeu. Wir hoffen zuversichtlich , durch die
kune Andeutung der interessanten Ponkte , die wir
mit Fleiss oft in des Vfs. eigenen Worten wieder-
gaben, die Aenderung bezeichnet zn haben , welche
die hier entwickelte Lehre , falls sie sich auch von
anderer Seite bests tigen sollte , ftlr die Auffassung
mancher wichtiger Theile der Nervenphysiologie
herbeiflthren wird. (Goldstein, Aachen.)
II. Hygieine, Diatetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
511. Ueber den therapeutisohen Worth
des krystallinisehen Stoffes in der AloS ; von
Nelson C. Dobson zu Bristol u. W m. A. T i 1 d e n
zu Clifton. (Med. Times and Gaz. Aug. 12. 1876.)
Von den beidengewbhnlich benutzteh Alofisorten,
der Al. socotrina und der Al. barbadenne , hat die
eratere eine rothbraune Farbe, einen eigenthtim lichen,
nicht gerade unangenehmen Gerucli und ist in dtlunen
Stttckchen durchscheinend. Nach Befeuchtung mit
Weingeist lassen sich in deraelben zahlreiche Kry-
stalle wahruehmen , welche isolirt kleine bellgelbe,
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in Wasser and Weingeist losliche Prismen darstellen
und 14°/ 0 Krystall wasser enthalten. Vff. nenueu
diesen Staff Socaloin oder Zanaloin , nach der Ab-
st&mmung von Socotra oder Zanzibar.
Die Aloe barbadeusis, von achwarzbrauner Farbe,
muschligem Bruch und widerlichem, knoblaucharti-
gem Geruche , zeigt mit Weingeist befeuchtet gleich-
falls eine grosse Anzahl von Krystallen, welche unter
dm: Beneuiiung A loin bekannt sind. Sie sind gleieh-
falls prismatisch and in Wasser und Weingeist Ita-
lic! i , unterscheiden sich jedoch von denen der Al.
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II. Hygielne, DUMetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
sooo tr. dumb ibre gelbe FMw rad den geringem
GehaH an Krystallwasser (5 4 /o). Vff. bezeichnen
dieeelben mit dem Namen Barbaloin,
Nenerdings kommt noch eine dritte Sorte AloS
ana Natal im Handel vor, welche gelbe Parbe hat,
aehr opak ist nnd keinen Geruch wahrnehraen lfisst.
Dieselbe enthftlt gleichfalls zahlreiche Krystalle,
•welche jedoch dllnne rechtwinklige Plfittchen dar-
stellen, eine gelbe Farbe haben, nur wenig in Wasser,
etwas mehr in Weingeist lfislich sind rad kein Kry-
stall wasser besitzen. Vff. geben ihnen den Namen :
Nataloin.
Diese 3 verechiedenen Substanzen haben naeh
Vff. folgende chemische Znsanunensetzrag :
Socaloin = C ie H, s 0 7 ■+* 3 Hj 0
Barbaloin = C tl H lg 0 7 -f- H g 0
Nataloin = C 14 H, g 0 7
Dieselben sind mithin im wasserfreien Zustande
isomer. Mit Salpeterskure gekocht, geben jedoch
die beiden erstern Chrysaminsiure , die letzte da-
gegen Oxal- und Pikrins4ure. Sie sind dadurch von
einander zn raterscheiden, dass beim Auftrfipfeln von
Salpetersilnre das Socaloin seine Farbe fast gar nicht
verfindert, das Barbaloin eine schnell verschwindende
scharlachrotbe, das Nataloin aber eine blutrothe, nur
durch den Einfluss der Hitze verschwindende Fkr-
bung annimmt.
Hinsichtlich der Wirksamkeit des Aloin (des
Barbaloin der Vff.) sind die Ansicliten bekanntlich
noch sehr getheilt. Vff. haben mit alien 3 Sorten
des Aloin in 50 Fallen, vorwiegend an erwaclisenen
Milnnern, Versucheangestellt, bei denen siedasMittel
mit Conserva rosarum , in einigen Fallen auch mit
Seife zu Pillen geformt verabreichten. Nach den-
selben scheint das Barbaloin die kr&ftigste, Socaloin
und Nataloin gleich starke Wirkung zu besitzen.
AUe drei Korper wirkten in der Gabe von 2 Grains
(ca. 12 Ctgnnm.) mehr oder weuiger purgirend, das
Barbaloin starker in der Verbindung mit Seife. Die
Wirkung trat 2*/ s — 15 Std. nach dem Einnehmen
des Mittels ein , war aber auch nach weit grdssern
Gaben als die angegebene nie eine drastische. Die
Wirkung ist flberhaupt sehr verachieden und un-
sicher, Vff. haben die Ueberzeugung gewonnen, dass
das Aloin weder starker noch vortheilhafter wirkt
als gleiche Gaben der Aloe selbst ; vielleicht bewirkt
es etwas seltener Leibschneiden als letztere.
(Winter.)
512. Ueber die Anwendnng der Tinktur
and des Oeles des verdorbenen Mais als Heil-
mittel von Impetigo, Chloasma, Pityriasis ; von Dr.
Giaointo Rossi. (Riv. clin. di Bologna 2. S.
VI. p. 115. Aprile 1876.)
1) Frau P. G., Matter zahlreicher Kinder, wurde im
Mai 1875 nnter heftigem Jncken am Kopfe von Pityriasis
capitis furfur acta befallen. Bie erhielt jeden Morgen nnd
Abend einen Kaffeelfiffel voll der aos verdorbenem Mais
bereiteten Tinktur innerlich und musste den Kopf mit
einer aus ranzigem Maisol und Fett bereiteten Salbe , an-
statt welcher spSter Einpinselungen mit unyermischtem
MaMI trot en.etmwi ben. Dm Jncken am Kopfe gab sfcfc
bald ; aur complete n Heilnag des Kleienansschlags waron
20 T. erforderlich. Anfanglich erzengte die innerlioh gt-
nommene Maiatlnktnr leichte Nausea nnd Ructus.
2) Die 7J&hr. M. L. erkrankte Im Oct. 1876 an 7m-
petigo capitis ; die gesammte Kopfhaot war in den Pro-
cess hlneingezogen nnd bedeckte sich nach der Entleenug
gelblichrotlien Eiters aus den Pusteln mit einer derben
braunlichen Kruste , nnter welcher sich Parasiten ent-
wickelten und welter wuchsen. Es wurde jeden Morgen
ein KaffeeKSffel der Tinktnr von verdorbenem Mais ge-
reicht nnd Maisol eingcpinselt. Die Kr. klagte fiber all-
gemeines Unwohlsein , Nausea und ein ungewohuliches,
sich fiber den ganzen Korper yerbreitendes Hitzegeffihl,
welche Beschwerden jedoch in wenigen Tagen wieder
versebwanden. Die Knr danerte in diesem Fall 1 Moo.,
bewirkte aber vollkommene lleilong.
3) Die Schwestern Rosa u. Maria P. hatten Chloasmcn
von verschiedener GrSsse an den Brfisten und Armen,
namentlich an der vordern 8eite der lets tern. Jncken
oder anderweitige unangenehme Empflnd ungen warden
durch dae Exanthem nicht vernrsacht. Durch die aobea
angegebene Behandlung wurde binnen 36 T. Heilung er-
zielt.
Anch die Matter wurde von dem namlichen Uebel
durch die Bepinselnngen mit dem Mais51, welches den
Vorsog hat, anf den leidenden Theil direkt applieirt wer-
den zu kfinnen und gegen (lessen Anwendung sich die Kr.
niemals , wie gegen die innerliche Verwendnng stranben,
in kfirxeeter Zeit befreit. (H. K 5 h 1 e r.)
513. Ueber die physioiogisohen Wirkun-
gen de» Colchicin; von Prof. J. M. Rossbach.
(Arch. f. d. ges. Phys. XII. 6. p. 308. 1876.)
Vf. giebt eine erschdpfende literaturhistorische
Einleitung, aus welcher die geringe Uebereinstim-
mnng der frflhern Beobachter fiber die wichtigsten,
die Colchicinwirkrag betreffenden Fragen, z. B.
dartiber , ob Colchicin vermehrte Ham s&ore au sschei-
dung bewirkt oder nicht, mit Sicherheit hervorgeht.
Seine eigenen Untersuchnngen beziehen sich I. aaf
die Beeinfiuesung des Nervensx/stems rad der quer~
gestreiften Musleeln durch Colchicin. Die anf-
fallendste durch gen. 8toff hervorgerafene Erscfaer-
nung ist der bei Kalt- wie Warmbltttem nach Ein-
bringung des Colchicin rater die Haut oder in den
Magen hervortretende g&nzliche Verlust der Ernpftn-
dnng, demzufolge die Versnchsthiere mit geschlos-
senen Augen wie im tiefsten Schlafe daliegen, in der
rabequemsten Stellung verharren und auch durch die
heftigsten Schmerzeinwirkungen nicht erweekt wer-
den kfinnen. Bei einigen Fr6schen gingen dem
g&nzlichen Erlflschen der Reflexe tonische rad klo-
nische Krfimpfe voraus (2 Ctgrmm. Colchicin innerl.)
rad auch Kaninchen zeigten lebhaftere , von Vf. als
Schmerzens&usserungen gedeutete Kdrperbewegun-
gen. Das Stadium der tiefen Narkoae dauert bei
alien Thieren viele Stunden bis zum Eintritt des
Todes an. Colchicin lfthmt a) die peripheren sen-
siblen Nerven rad b) die reflexvermittelnden Centren
des Rflckenmarks, w&hrend die motorischen Nerven
rad Mnskein ihre Erregbarkeit bis zum Tode bin
beibehalten. Namentlich lassen die mittels des
Myographion gewonnenen Znckungscurven von ver-
gifteten und unvergifteten Froschmnskeln keinerlei
bemerkenswerthe Unterschiede erkennen. Ob anch
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IL Hygidne, DiAUtifr, Ptonfcih^ o. TogilMlogte.
dieOuttraadesBewowteeim dureh das Gift baeiriuat
warden , lAsst Vf. weges Mangels an Versnehen am
Menschen bis auf Weiteres unentschieden.
U. Herzbewtgung und Blutdruok ! werden im
Widerspruch mit frflbem Angaben naeh Rossbach
dtrrch Colchicin nur wenig modificirt nnd fAhrt na-
mentlicli das Herz sclbst nach eingctretener LAh-
Biung des Centralnervensystems fort zu pulairen.
Frbsche erbielten 0.0Q5 — 0.02 Grmm. und zeigten
danach nur ansnabmsweise ein vorflbergehendes imd
sehr bald wieder dem normalen Verbalten Platz
machendes Abainken der Pulafrequenz. Ebenso ver-
batten sich Warmbltifeer nacli Einapritznng des Mit-
tels in Gaben von 2 Ctgnnm. ; hler slnkt die Pnls-
frequenz ebenfalLs Ausserst langsam. Aucb die Hdhe
derHerzhube erleidet (gelbst wAhrend der Iqjektion !)
kdne irgendwie auff&llige VerAnderung. Die Er-
fegbarkeit des Vagus nimmt sehr allmAlig ab und
tritt complete LAhmung der Herzhemmungsnerven
erst kurz vor dem Tode ein. Naeh Iqjektion von
0.1 Gram. Colchicin auf 6mal war die Reizung des
Halevagiisstiimpfesnnter Veriangsamungder Contrak-
tionen von sofortigem betrAchtlichen Anateigcn des
Blutdrucks gefolgt; nach 0.22 Grmm. stieg derBlnt-
druck ohne jede Aenderung der Pulsfrequenz , ein
Verbalten, welches nacli Rossbach’s Untermiehnn-
gen liber den Bauchvagns (Jahrbb. CLXVII. p. 13)
mit Sicherheit den Selduss gestattet, dass nach LAh-
mnng der zum Herzen gebenden Vagusfascm die
den Magen nnd Darm versorgenden vasomotoriscken
Fasern dcsscllien Nerven nocli nicht gelAhmt waren.
Bei Kanincben warden arrbytbmische Herzcontrak-
tkmen beobachtet.
II I. Die Respirationtn werden immer langsamer
aad seltener, bis aflmAlig in Lihmung des Athem-
oen train begrttndeter respiratorischer Still stand ein-
trttt. Nie treten dyspnoischeErsclicinungenanf; die
Athemztlge gleichen denen eines Schlafenden. Nur
bei Katzen kamen Unregelmftsaigkeiten , plbtsHeh
der Retardation Plats machende Acceleration der
Athmung nnd zum Tode fdbrende allgemeine KOrper-
krftmpfe vor. Nieht dnrch HerzlAhmung, sondern
dnrch Respirationslihmung tfldtet das Colchicin.
IV. Magen- u. Darmschleimhaul werden nach
Einverleibnng des Colchicin stark geschwellt, alle
Geftsse der Schleimhaut stark injicirt und die Mucosa
selbBt mit ausgetretencm , dem Schieim beigemisch-
tem Blut bedeckt angetroffen ; wfthrend des Lebens
bestehen Koliken , DiarrhOe und Erbrechen. Die
Ursacben des Blntanstritts n. a. w. waren nicht zu
ermitteln : Bauchvagus und Splanchnicus aind wAh-
rend des grdssten Theils des Verlaufes nicht ge-
lihmt. Auch die Nieren sind stark hyperftmisch
und ihre Absonderung ist vermindert.
V. Colchicin ist ein langsam wirkendes und erat
naob Stunden sum Tode flihrendes Gift. Ueberein-
stimmend mit Sehr off fand Vf., dass die Grfis ae
der Gabe auf IntensitAt and Sohnelligkeit der Cob
chjcinwirkung ohne Einfluss 1st. Das Herz schlftgt
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nach erfolgtem AthnmngsstHIstande noeh fort and
scheint Ben endlicher Tod nicht dureh das Colchicin,
sondern durcli Kohlensfturettberladnng des Blutes
herbeigeftlhrt zu werden. Nach dem Stillst&nde
der Respiration nnd wAhrend das Herz aoch fort-
BclilAgt auftretende KrAmpfe (bei Katzen) betrachtet
Vf. als ErstickungskrAmpfe. Colchicin kdnnte nach
Vf. als lokales AnAsthetikum vieileicht gebraucht
werden. (H. K Shier.)
614. Ueber den* Antagonlsnros der phy-
siologisohen Wirkungen des Pikrotoxin nnd
Chloralhydrat; von J. Crichton Browne.
(Brit. med. Journ. March 27. p. 409; April 3.
p. 444 ; April 10. p. 476 ; April 17. p. 506 ;
April 24. p. 640. 1875.)
Die Thatsache , dass Chloralhydrat die heftigen,
nach Einverleibnng einer toxisch-leth&len Dosis
Strychnin ausbrechenden tetanischen Convulsioncn
zu mildern vermag, und die ErwAgung, dass die
Wirkung des Strychnin im Wesentlichen mit der-
jenigen des Pikrotoxin flbereinstimmt [ebcnfalls
klonische und tonische KrAmpfe von grosser Heftig-
keit und zum Tode fUhrend herbeiftlhrt] , veranlasste
Vf., Chloralhydrat als Antidot des Pikrotoxin zu
versuchen. Er glaubte von diesem Verfahren einen
um so grOssem Erfolg erwarten zu dflrfen, als
Pikrotoxin die Hirnfnnktionen weit mehr beeinflnsst
als Strychnin und bekauntlich vom Chloralhydrat
dasselbe gilt. Die Wirk ungen des Pikrotoxin waren
nur mangelhaft bekannt, bis ROber an FrOschen
ein komatbses Stadium, gefolgt von tonischen, spftter
einen klonischen Charakter annehmenden Krftmpfcn
und bcgleitet von abuonn verstArkten Inspirationcu,
rCtardirter Herzaktion und verlAngerter Diastole be-
obachtete , Erscheinuugen , welche auf Reizung der
Medulla oblongata und des Vaguscentrum zu beziehen
Bind. Vf. fand die Angaben Rflber’s durch Ver-
suche , bei welchen das Pikrotoxin in Aether gelflst
snbeutan applicirt wnrde, an Kaninchen bestfitigt;
als kleinste toxisch-lethale Dosis ftlr Kaninchen wurde
Vto Grain «= 0.003 Grmm. ermittelt. Symptome
und Leichenbeftmd bei Pikrotoxinvergiftung Almeln
denen bei Epilepsie ; das Auftreten von Opisthotonus
ftUt mit dem Zeitpunkte, wo die Corpora quadri-
gemtna vomGifte inMitleidenschaft gezogen werden,
zusammen. Der Nach lass der KrAmpfe ist von Be-
wegungslihmimg gefolgt. Stupor , Taumel und
schlAfriges Wesen kommen aucb bei Kaninchen zur
Beobachtong und beweisen die ASektion der Gehirn-
hemisphAren. WAhrend sensible Roize keine KrAmpfe
auslOaen, treten letztere bei jedem Versuche der
Thiere , willkflrliche Bewegungen auszofUhren , auf ;
dem Stupor geht ein Anfregungsatadinm varan.
Pikrotoxin regt die Darmperistaltik stark an. In
der Leiche wird Blutflberfllllung des rechten Herzens,
aber keine LungeohyperAmie gef unden ; die Pupillnu-
weitebieibtunverAudert; Pikrotoxin eraeogt Speiohel-
fluss und vermehrt die Diurese. Respiration nnd
Herzschlag sind im Anfange beschleunigt and viel-
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II. Hyrieine, Dittetik, Pharaakowgie u. Toxikologie.
flmli uurogetmAssig ; dieses Verhalten macht spater
dem gegentheiligen Platz. Die KOrpertemperatur
sinkt. Das Him wird atets von Blut strotzend , oft
mit Himorrhagien an der Oberflftche angetroffen.
Wnrde Kaninchen neben der genannten kleinsten
toxisch-letbalen Doris Pikrotoxin 0.72 Gnnm. Chlo-
raBiydrat beigebracht, so trat Wiederhcrstellung ein ;
wurde 0.007 Gram. Pikrotoxin and 0.72 Gram.
Chloral injicirt, so geschah dieses weit lnngsamer
and nnter wiederholtem Auftretcn von KrSmpfen;
wnrde die Pikrotoxindosis auf 0.01 — 0.04 Gram,
geeteigert, so modificirten 1.2 — 1.5 Gram. Chloral-
hydrat zwar den Verlanf der Pikrotoxin vergi flung
nnd vcrzdgerten den tCdtlichen Ansgang, warcn
jedoch nicht im Stande , das Leben der Thiere zu
retten. Wurden toxisch-lethale Cliloraldosen zuerst
md ernige Zrit nachher das Pikrotoxin beigebracht,
so find rich die antidotarische Wirkung des letztem
ebenfalls selir beachrSnkt, indem es nicht gelang,
Kaninchen, welclie mehr als 0.24 Gram, ttber die
Uemste toxisch-lethale Dosis von 0.72 Gram, pro
1 Pfd. Kdrpergewicht Chloral erhalten hatten, durch
Pikrotoxin das Leben zu retten. Die gen. Thiere
erholten rich sogar , wenn rie die grossen Chloral-
dosen ttberlebten , ohne Pikrotoxin eben so schnell,
als wenn dasselbe angewandt worden war. Nnr
sank die Temperatur und Athemfrequenz nacb der
Chloralisirung weniger rapid , wenn Pikrotoxin ein-
verieibt wnrde.
Anf Katzen wlrkt Chloralhydrat weit langsamcr,
aber weit nachhaltiger als auf Kaninchen und Meer-
schweinchen, wkhrend Pikrotoxin die oben genannten
Gentren eben so rasch und intensiv erst reizt und
spfter paralysirt. Pikrotoxin 1st daher in sehr be-
schrankten Grenzen ein Antidot des Chloralhydrats
ftlr Kaninchen ; niemals darf ersteres spater als
10 — 15 Min. nach derChloralisinmg injicirt werden.
Pflr Katzen , bei denen slch die herzlahmenden Wir-
knngen beider Snbstanzen addiren , fallt das anti-
dotarische Verhalten beider zn einander flberhanpt
fort. Bezflgiich der sehr zahlreicben (97) Versnche
des Vfs. an Kaninchen and Katzen ist anf das Ori-
ginal zn verwrisen. (H. Kohler.)
515. Toxikologisohe Uittheilungen ; von
Jules Simon n. Paul Rdgnard; James J.
Palnam; Lanz; Francis H. Brown; John
F. Hodges; F. Sabarth.
Jules Simon n. Paul Rdgnard (Gaz.hebd.
2. Sdr. XHI. 19. p. 290. 298. 1876) tkeilten Falle
voar Jodismus nnd Aibuminurie nach Pinselungen
der Hant mit Jod mit
Bei einem kleinen Madchen wnrde wegen Eczema
capitis Jodtinktur anfgepinselt Es zeigten sich Ver-
giftangssymptome nnd Albnminnrie ; diese Zaf&lle
wiederholten rich zweimai. Unter 11 andem, an
deraelben Krankbeit leidenden nnd der n&mlichen
Behaadlnng uaterworfenenKindem trat bei 4 Eiweiss
im Earn anf ; eben so bei 2 grOssem, flrtlich mit Jod
bahsidslfcen Madeken , wetehe vor dem Jodgebrauch
eiweissfreren Ham gehabt batten. Bowie das Jod
von der Hant abgewaschen wurde , liessen die be-
drohliehen Erscbeinnngen nach nnd die Genesimg
erfoigte. Interessant an dieses 14 Beobaohtnngea
ist die Elimination des Jod durch den Harn nach
Applikation auf die Hant , der dabei zu Stande ge-
kommene Jodismus und die Aibuminurie. Ob es rich
bei den grOssern Madchen (Phthisis pulmon., Tumor
albus genu) , bei welchen die Epidermis intakt war,
wirklich um Absorption des Jod von der Haut us,
oder nm Einfilbrung desselben durch die dasselbe
resorbirende Lungenschleimhant handelt, lassen Vff.
unentschieden. Der Jodismus gehort bei dusserlicher
VeTabreicbung des Jod nach Dumontpallicr zu
den grOssten Seltenheiten , wahrend er bei 7 von S.
nnd R.’s 14 Pat. anftrat. Es fragt sich daher, ob
eine Idiosynkrasie , wie sie betreffs des Jodkalinm
zur Beobachtvmg kommt , vorlag , oder ob man mit
Rdgnard den Schwftciiezustnnd , die scrofuldse
Diathese u. das jugendliche Alter als Grflnde betrach-
ten soli , weswegen gerade diese Pat. dem Jodismus
verfielen. Dieselbe Scbwierigkeit macht die ErklA-
rong der Aibuminurie in vorstehenden Fallen. Jod
nnd Jodkaiium sind nicht nur geschfttzte Heilmittel
bei der Aibuminurie, sondem werden, Ortlich an-
gewandt, auch von TuberkulOsen wochenlang gut
vertragen. Anch den Grund , dass Jod in letzteren
Fallen nicht als Jodkalinm , sondem als Jod in die
Blutbahn — wo es freies Alkali genug autriflt —
gelange, kann man nicht gelten lassen, sondem wird
aDnehmen mOssen, dass bei mit besonderer Prftdispo-
sition znr Entstehung von Morb. Brightii ausgestatte-
ten scrofuldsen Kindern eine solche Irritabilitat des
Nierenparencbyms bestebe, dass der Contakt des-
selben mit Jod , bez. Jodkaiium eine Nephritis zn er-
zeugen vermag. Filr die Praxis wird sich hierans
die Regel ergeben, bei Jodpinselungen, sofera sie
kleine , scrofulOsc Kinder betreffen , die grflsste
Vorsicht in der Weise walten zn lassen , dass maa
das fragl. Mittel weder auf sehr ausgedehnte Haut-
partien, noch sehr oft applicirt.
Dr. James J. Putnam (Boston med. and snrg.
Journ. March 16. p. 296. 1876) prttfte die von
Ashburton Thompson anfgestellte Theorie dee
Zu stand ekommens der Phosphorver gif twig, wonach
sich der Phosphor [was besonders, wenn er in Oel
geldst ist, gesebehen soil] in uuterphosphorige Saure
verwandelt , welche nicht nur selbst in hohem Grade
giftig wirkt , sondem anch metallischen Phoeplior «n
lOsen vermag , in B o w d i t c b’s Laboratorium expe-
rimentell und gelangte zu Thompson's Hypotbese
durchaus widersprechenden Resultaten. P. brachte
abgewogene Mengen metallischen Phosphors in eine
ebenfalls gewogene Quantitat 50°/ 0 iger LOsung von
unterphosphoriger Saure , digerirte die Mischung bei
gewOhnlicher Zimmertemperatur 4 Tage u. erwamte
sie alsdann 1 8td. lang auf 60° C. Wurden hierauf
die Phosphorsttlckchen und die davon befreite Saure-
lOsnng ftlr sich aufs Neue gewogea, so fand sich,
dass weder das eine , noch das andere an Gewfcht
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EL Hygielne, DiAtetik, Pharmakologie a. Toxibologfe.
ab- oder zngenommen hatte , die tmterphosphorige
Store (Personne, auf welohen sich Thompson
bezieht , spricht von phosphoriger Stoi'e) also aU
Ldaungamittel ftlr metallischen Phosphor nichl zu
betrachten iat.
Um zu erfahren, ob unterphosphorige SAnre
toiische Eigenschaften besitzt, wurden einem Frosche
2 Cctmtr. 5O°/ 0 iger LSsung der genannten Silure sub-
cutan injicirt. Unter VerfArbung der Hant in Blass-
bl&n und Erweichung sowohl der Haut, als der ftbri-
gen Gewebe an der Injektionsstelle trat der Tod des
Thieres binnen 24 Std. ziemlich ruhig ein. Das
Here war schlaff und mit Blut strotzend angeftlllt.
Von dcrselben LOsung veruraacliten 8 Ctgrmm. bei
2 Frdschen nur 14 Tage anhaltencfe Depression, ein
3. starb nacli 2 nnd ein 4. nach 5 Tagen; die Ver-
ftnderungen an der Injektionsstelle waren die oben
beschriebenen. Berechnet man die Dosis toxica der
unterpliosphorigen Silure fllr den Mensclien nach dem
mit dem des Frosches verglichenen Kdrpergewicht,
so kommen etwa 8 Grmm. heraus, eine enorm grosse
Gabe in EvwAgung, dass 3.75 Grmm. der 5O°/ 0 igen
Lbsung von unterphosphoriger Stture 0.9 Grmm.
Phosphor entsprechen. [HypophoepliitlOsung 1st be-
kanntlich frllher als Specifikuiu gegen Lungentuber-
kulose vielfach therapeutisch angewandt worden.]
Da P. die toxische Wirknng der unterphosphorigen
Silure ihrem SAnrecharakter beimaaas , versuchte er
Injektionen mit verdflnntcr SchwefelsAure von un-
gefAiir derselben Neutralisationskraft. Die flrtlichen
Reiznngserscheinnngen waren vehementer, als bei
der unterphosphorigen SAure, FarbenverAndenmg u.
sonstige Intoxikationserscheinungen kamen jedoch
nicht zur Beobachtung. T h o m p s o n’s Theorie ist
somit falsch, und die Ursache, dass unter UmstAnden
minimale Mengen Phosphor die bedrohlichsten Ver-
giftnngssymptome hervorrufen , bleibt ebenso un-
erklftrt, wie sie die grosste Vorsicht bei therapeu-
tischer Anwendung des genannten Mittela nach wie
vor dringend zur Pflicht macht.
Drei FAlle von Kohlendunstvergiftung wurden
von Dr. Lanz in Biel (Schweiz. Corr.-Bl. I. 12.
p. 324. 1871) mitgetheilt, welche selbst jetzt noch
ErwAhnungverdienen, da siebeweisen, wieschwierig
der Nachweis der Ursache sein kann.
1) Am 27. April wurde ein Reisender um 11 Uhr
Vormittags in seinem Betl todt vorgefunden. Die Obduk-
tion des noch mit einer lose angelegten Cravat te bekleide-
ten , sorgfaltig zugedeckten und noch nicht vollig erkalte-
ten Leichnams crgab beginnende Starre , Ansammlung im
Eintrocknen begriffcnen weissen Schauma vor demMunde.
Zahlreiche lividrothe Flecke an Wangen , Ohren , Scbnl-
tem, Hinterflache der Arme, an den HandrAcken , den
Schenkeln , Fuasen , dem Scrotum und dem Praia zeigten
das Eigentbumliche, dass sie durch Druck mit dem Finger
zum Verschwinden gebracht wurden. DieLippen und daa
Zahnfleisch waren auffallend blass und die Mundhdhle mit
dem erwAhnten blutig tingirten Schaume angefUllt. Kopf-
haut , Galea , Periost , Schadelhdhle , Meningen , Schadel-
basia , Sinus und Him selbst enthielten grosse Mengen
sehr intensiv rothen Blutes , welches bei Durchscbnitten
der Hlrnsubstanz Qberall punktfbrmig auftrat und auch die
die Plexus ohortoidei bildenden Blutgefasse strotzend an-
ffillte. Auch die Bronchi waren mit enbaaiaiger , bMg
tingirter Fliissigkeit angefullt; Hypostase unten in dor
linken Lunge ; im recbten Hcrzvorhof ein Blutcoagulum ;
Leber und Milz bedeutend vergrdssert , Nieren sehr roth
und etwas Urin in der Blase. Die Todesursaehe wurde
in Apoplexia capillaris gefunden und der Befund in den
Lungen auf den Todeskampf bezogen. Es wurde Kohlea-
dunstvcrgiftung vermuthet ; Beschaffensein der Zimmer-
luft und Offensein der Ofenklappe entfernten diesen Ver-
dacht jedoch ganzlich.
2) Am 24. Jan. ging eine Junge Frau gegea A Uhr
Morgens in dem namlichen Zimmer mit dem Befebl zu
Bett, ihr um 11 Uhr Bouillon zu bringen. Man fand sie
znr angegebenon Zeit tief schlafend, stohnend, mit schnar-
chendem Athem, beschleunigtem Pulse und sehr empflnd-
lich gegen Hautreize. Auffallende Palpitationen des Her-
zens und der Carotiden fehlten. Erst nach weiterem,
8stundigem Scblaf in demselben Zimmer wurde Pat. zum
Bewqsstsein zuriickgebracht. Auch die Ursache dieses
Vorfalls blieb dunkel.
3) Am 31. Jan. endlicb legte sich ein junger, krif-
tiger Offlcier gegen 11 Uhr Abends in demselben Zimmer
in’s Bett. Ein Freund, welcher ihn am folgenden Morgen
besucben wolltc, erhielt auf Anklopfen keine Antwort.
Da man ein starkes Sohnarchcn im Zimmer vernahm,
wurde die Thur erbroehen, und obwohl die Luft nicht
verdacbtig erschien und die Ofenklappe geoffnet war,
oftnete man die Fenster. Der hinzugerufene Vf. fand
den Pat. bewegungslos auf demRucken liegcnd mit schwe-
rem , retardirtem und schnarchendem Athem , ublem Ge-
ruch aus dem ringsum mit eingetrocknetem Scbaum um-
gebenen Mnnde, geachiossenen Lippen, zusammengebte-
senen Kiefem, umherrollenden Augen , injicirter Augen-
bindchaut , sehr beweglichen Pupillen , heisser Oberhaut
am ganzen Kdrper , steifen Armen , krampfhaft geballten
Handen, deren Finger sich nicht strecken Hessen, vollem,
nicht hartem Pulse von 90 und nicht ebcn stark pulsiren-
den Carotiden. Nach einem Adcrlasse floss ein wenig
Wasser aus der Wunde. Drei Stunden lang konnte Pat.
nicht schlingen , dann kam , wahrend die Muskelkrampfe
fortdauerten , das Gefuhl wieder; der Scblaf und daa
echnarchende Atbmen dagegen hielten bis gegen 7 Uhr
Abends, wo der Junod’scheSchropfstiefel applicirt wurde,
an. Dann kehrte das Bewusstsein wieder ; Pat. antwortete
auf Fragen jedoch noch verwirrt und' hatte noch nm
10 Uhr grosse Neigung zum Schlaf ; er spnoh indeesen
deutlich und der Krampf war voriiber.
Hier war eine Hirnapoplexie auszusehliesaen
(Puls; Pupillen). Man nahm vendee Hirncongestion
in Folge von Vergiftung mit Kohlendunst an und
fand diese Annahme daduroh bestAtigt, dass der (xnr
Probe geheizte) Ofen fllr das kleine Zimmerchen viel
zu gross befunden wurde und am obern Rande der
nicht gut schliessenden Ofenthflr wenigstens 1" Oeff*
nting blieb, so dass sich die Zimmerlnft — auch bei
gedffneter Ofenklappe und gutem Zug — bestAndig
mit den gllibenden Kohlen in BertLhmng befand und
CO diffundiren konnte.
Ueber Anenik-Vergiflung , bedingt durch mit
arsenhaltigen Substanzen geferbte Tapeten, haben
John F. Hodges in Belfast u. Francis H.
Brown in Boston Beobachtungen mitgetheilt.
John F. Hodges (The sanitary Record IV.
p. 277. [Nr. 95.] Avril 1876) verlangt sehr ent-
schieden , dass die Behorden eben so strenge Ueber-
wachung des Verkaufs bunter Tapeten anorduen,
wie solche bezflglich bemalten Kinderspielzengs nnd
gefArbter Condi torwaaren schon stattfmdct. FAlle
mit tOdtlichem A us gauge smd bekanntlich vorgekom-
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II. Hygietae, Dittetik, Phanakologie a. Toxikologie.
mo usd eg soltto dem Laieapablikam der Umstand,
d»8 die in den schdnsten, namentlich grtlnen Farben
prangenden Tapeten gemeinhin bo viel Arsenik ent-
halten, dasa letzterer, bez. cine Verbindung deaselben
mit dem Fingernagel abgeachabt werden kann, bo
lange vorgehalten werden, bis es keine Tapeten ohne
Bescheinigung einea Handelschemikers, dasa sic
arsenfrei 8ind , mehr kauft und in die Wohn- oder
Schlafzimmer kleben lkast. Kinder und jugendliche
Personen aind durch den Aufentlialt in aolchen Zim-
mern besonders gefUhrdet , weil die Einpfiinglichkeit
fllr die VVirknngen dea Giftes bei denaelben vorzuga-
weiae entwickelt 1st. Erst vor Kurzem hatte II.
Gelegenbeit , ein 4 J. altes Kind , welches in einem
mit lebhaft grtlnen Tapeten ausgeklebten Zimmer
achlief und nnter Conjunctivitis , Husten , Digestiona-
storangen und Prostration erkrankt war, dorch Ent-
fernen der arsenh<ig gefundenen Tapeten vor den
Wirkungen des Giftes zu bewahren und zu heilen.
Nicbt zutreffend 1st der gegen die Gef&hrlichkeit die-
ser Zimmerdekoration gemacbte Einwand , daas die
araenige Sinre nur bei 66° C. , also einer sehr er-
hdhten Temperatur, in den gasfftrmigen Zuatand
flbergeht, deswegen, weil sich die Arsenpartikelchen
leicht mechanisch abstosaen und abreiben, dem Staube
and der Zimmerluft mittheilen und mit letzterer ein-
geathmet werden. Noch grosser ist, wie bekannt,
die Gefobrlichkeit der in Rede stehenden Tapeten,
wenn sicb ana ilinen znfolge Aufklebens auf feucbten
Winden Araenwaaserstoff entwickelt und der Zim-
merlnft mittheilt. Gelbe und Ledertapeten euthalten
nicbt selten Schwefelarsenik (Auripigment). Zur
Prflfung der . verdilchtigen Tapeten anf Arsenik boII
man nachH. ein filnfzigpfennigsttlckgrosses Fragment
der Tapete in einer Untertasse mit einem TheelOfFel
Ammoniakflflssigkeit flbergiessen. Ist Arsen vorhan-
den , so fkrbt sich letztere in wenigen Minuten schOn
blan ; trdpfelt man dann eine Spur Silbernitratldsung
zu, bo geht das Blau wegen Bildung arsensauren
Siiben in lebhaftea Canariengelb liber.
Brown (1. c. p. 387. [Nr. 102.] June) giebt
eise sehr ausfflhrliche Schilderung der bekannten
Symptoms des chronischen durch den Anfenthalt in
mit anenhaitigen Tapeten veraehenen Ziramern be-
dmgten Areenicismua. Anch er verlangt strenge
Deberwachnng dee Verkaufes derartiger Tapeten von
Seiten der BehOrden. Die intereaaantesten der von
Br. mitgetheilten (8) K ran kengeeehichten geben wir
in Kflrze wieder.
Frau A., 66 J. alt, in gfinstlgen finssern Verhiltnissen
lebend , bewohnte dea Nachts , wShrend ale am Tage in
astern Theilen des Uaoaes und in freier Luft verwellte,
ein mit hellgTiiner Tapete beklebtee Zimmer; hier ent-
wickelte sich, well der Anfenthalt in dem arsengeschwan-
gerten Ranme stets ein vorubergehender war, das Uebel
langsam. Erst S— 4 J., nachdem Pat. das erwahnte
Sehlafzlmmer bezogen , wnrde ale unwohl und fuhlte atch
n erechOpft und matt , daas es ikr , wiewobl an Pruhauf-
stehen gewuhnt, schwer del, das Bett des Morgens zu vcr-
lassen. Die Schwache nahm zn ; znweilen fuhlte sich
Pat. zwar ganz kraftig , allein so wie sie eine Bewegung
assffihren wolMe und naeb geisttger Anfregung kehrte da*
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Okmnacbtsgefdbl zuruck. Pat. nahm sohnell am 36 Pfd.
an KSrpergewicht and Fulle zu ; nach einigen Monateu
machte dieser Zustand Abmagerung Platz. Die funktio-
nellen Btdrungen in der Verdauungs-, Kreislaufs- and
Nervensphire exacerbirten und remittirteu bis zum Juni
1876, wo Pat. in Vfs. Behandlung uberging, periotliach.
Zn dieser Zeit fand Vf. die Pat. im Bett licgend , mit
kohl, trocken und rauh anzufuhlenden, motorisch gelahm-
ten Extremitaten ; die Abmagerung war weit vorgescbrit-
ten ; das sonst blubende, rothe Gesicht war blass, die ent-
zuudete Zunge trocken , schrundig ; in der Mittc braun
belegt und auch das Zahnfleisch erschien trocken und
missfarbig ; Pat. hatte das tiefuhi , als wurde die Hand-
schleimhaut mit Flanell abgerieben. Des Nachmittags
stellte sich haufig Nausea ein , abwechselnd mit Geffihl
von Drnck in der Magengegend , besonders beim Er-
wachcn , Duratgefuhl , namentlich des Abends exacerbi-
rend, und perversem Appetit oder Heisshunger. 8eit etwa
3 J. trat periodiscbe Entleernng waaseriger StubJe von
Kolik begleitet auf und wurde mit Diatfelileru in Zusam-
menhang gebracht ; Blut war in den Faces nicht wahrge-
nomuien worden. Brnstbcklemmung und katarrhalische
oder Congestiverscheinnngen seitens der Respirations-
organe fehlten ; nur die Augen waren zeitweise entzundet
und die Sehkraft geschwaeht ; zuletzt konnte Pat. die
Augen des Nachts nicht 5ffnen , ohne die Lider mit HOlfe
zweier Finger auseinander zu ziehen. Ein Geffihl schmerz-
hafter Ermudurg ptianzte sich von der Schadelbasis durch
den Riicken nach der Lendengegend fort; oftmals war
anch die Lebergegend schmerzhaft ; doch ging diese Er-
scheinuug gewohnlich unter Auftreten von Diarrhoe wieder
voruber. Wedcr nervfise Reizbarkeit , noch Depression
bestand ; wohl aber fuhlte sich Pat. der Erffillung ihrer
Pfllchten als Hausfmu nicht inrhr gewaehsen. Zweimal
traten Carbunkel auf; Ausschlige anf der Hant aber
kamen sonst niemals zur Beobachtung. Dor Schlaf war
leicht gestiirt und oft erwachte Pat. unter Frostcln oder
fleberhaftcr Anfregung. Endlich zeigten sich indenFussen
and Knieen hauflg Krampfe, welche durch Friktionen und
warme Ueberschlage bald gebessert warden.
Alle bisher geschilderten Symptome waren, wenn
Pat. von ihrer Wohnung entfernt war, weniger ausgespro-
chen, traten jedoch wieder starker auf, sowie Pat. , von
einer Reiee zuruckgekehrt , ihr Schlafzimmer wieder be-
zog ; Beelnft bekam Pat. besonders gut. Da Malaria-
siechthum auszuschiiessen war ,' liess Vf. die Tapeten des
Schlafzimmers , in welchem die Kr. sich besonders matt
und elend fuhlte, untcrsuchen uud fand in dem Arsen-
gehalte derselben die Ursache des Leidens der Ver-
dannngsorgane nnd des Nervensystems.
Der Ehemann der Frau A., welcher da* gen. Zimmer
nur selten betrat, erkrankte gleichwohl unter dyspeptischen
Beachwerden, Trockenheit der Mund- und Zungenachlelm-
hant , nahm an Korpergewicht zu und liatte ubelrieohen-
den Athem. Dieses Unwohlsein hielt einen Winter fiber
an , verschwand jedoch von der Zeit an ganzlich , wo Pat.
das Zimmer mied.
Eine andere Dame , welohe in einem grfin tapesirten
Arbeitszimmer der Kunst oblag , zeigte ebenfalls Prostra-
tion und bekam ein durch die gewohnlichen Mittel nicht
heilbares Geschwur im Gesicht ; Abreissen der Tapeten
bewirkte auch hicr in kfirzester Zeit Besserung nnd Hel-
lung. Die fibrigen Kr. zeigten ebenfalls der Mehnahl
nach Storungen der Digestion nnd Innervation ; bei einem
Herrn waren Ncigung zu fleberhaften Zustanden und De-
llrlen besonders ausgesprochen. 81e wnrden sammtlich,
nachdem die arsenhaltig befnndenen Tapeten entfemt
waren, geheilt.
Eine Vergiftnng durch die Kdmer dee Gold-
regent (Cytisue laburnum) hat Dr. F. S&bartli
beaohrieben (Geaundheit I. 16. p. 243. 1876).
Ein 4 J. altes Mfidchen kam 1 1 •/* Uhr Vorm. von etnem
Besneb im Garten ihrer Freandin, wo sie mit letzterer mit
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16
111. Pathologic, Tfcerapie u. medkiaieohe Ktiak.
Gotdregea gmplett rad elaige sole be KOmer g egw e n
hatte, lustig and anecheinend geeimd aach Hanse. Kanm
hatte jedoch das Kind den ersten Blssen von einem gn-
forderten Batterbrode im Monde, ala es in sohwanken an-
ting, sich beim Gehen anhalten mnsste, fiber Uebelkeit
klagte und sehr bald anch heftig erbrach, wobei jedocii
koine KBrner des Ooldregens entleert warden. Stnhlgang
erfolgte gleichzeitig unter gellndem Leibweh ; die Pupfllen
waren sehr bedentend erweitert , die Aogen moistens ge-
sehlossen. Mit leichenbleicber Gesichtsfarbe nnd blau-
liehen Lippen lag die Kleine schlafend im Bett ; ihre Rnhe
wnrde nnr dnrch das in halbstfindigen Pansen auftretende
heftlge Erbrechen nnterbrochen. Die Extremititen waren
sohwach and kfihl ; Sehmerz war nicht vorhanden , der
Puls vfillig normal. 80 verlief der Nachmittag u. Abend ;
Stnblentleernng trat nicht mehr ein and anch die Naoht
verlief rnhlg. Am folgenden Tage hatte sich das Kind
bis anf gelinde, mit Reaktionslosigkeit der Iris verbnndene
Mydriasis, Blisse nnd Mattigteit nnd test vOyigen Mangel
der Ksalust winder etMl Erst naah 3 Wosben trat
jedoch vOliige Genesnng ein , zuletxt schwand die BUUse
des Gesichts.
Bei der Frenndin der Pat., welche mehr von den
gen. Kdrnern venehrt hatte, trat die Intoxikstion mit den
gleichen Symptomen , aber weit stormischer nnd naob-
haltiger auf ; besonders heftig war die Diarrhoe , so dasa
das Kind 3 T. das Bett huten mnsste. Im Erbrochenen
fanden sich die verzehrten SamenkSrner des Goldregens
vor.
Das Cytisin reizt demnach die Magendsrm-
schieimhant stark nnd paralygirt die Nerven (Schlaf,
Sckwdche , Unfkhigkeit zum Gehen).
In demselben Herbert hatte S. Gelegenheit , noch
3 Ffille von Cytisinvergiftnng , wovon der eine tfldt-
lich verlief, zn beobachten ; die Sektion konnte leider
nicht gemacht werden. (H. K 0 h 1 e r.)
III. Pathologfe, Theraple und medic! nische Klinik.
516. Ueber Neurasthenie und ihr Ver-
haltniss but Hysterie und but Anamie ; von
Dr. V. Holst. (Dorpat. med. Ztschr. VI. 1. p. 14.
1875.)
Bevor Vf. ea versncht , die Neurasthenie als ein
selbetetftndiges Leiden hinznstellen, rechtfertigt der-
selbe zunfichst den von deu Amerikanem Beard
und Rockwell eingefilhrten und von ibm acceptor-
ten Ansdruck Neurasthenie. Diese Bezeichnnng ist
insofern gerechtfertigt, als dnrch dieselbe eine Reihe
von Symptomen, welche zu verschiedenen Benennun-
gen Veranlassung gaben , wie : Nervenschwacbe,
Nervositat, reizbare SchwKche etc., in einem Namen
zuaammengefasst wird. Es soil durch diesen der
Mangel an Nervenkraft analog der Anamie in Bezng
auf das Bint angedeutet werden. Ein charakteri-
stosdies klinischcs Bild der sogen. Neurasthenie ist
auch von den erwihnten Autoren nicht gegeben
worden. Das am meisten entsprechende Bild hat
nnr Hasse (Lehrb. der Nervenkrankheiten) von
dieser Krankheit entworfen, welcher Vf. eine selbst-
stftadige Stellung gegenilber der Hysterie and An-
kmie zuweisen mdchte.
Derselbe versteht nnter Neurasthenie einen Zn-
stand von eiiiOhter Erregbarkeit des ganzen, in-
sonderheit abcr dessensibleuNerveosystems, welcher
Zustand zugleich mit schnell eintrctender Erschbpfang
verbtmden 1st Jeder Eindrnck , sei es aaf das Ge-
mttth oder auf die Sinnesnerven , wirkt als flber-
mftsslger Reiz auf daa gauze Nervenaystem , liierbei
kommt es leiclit zu Reflexbewegungen und Empfin-
dungen, Mitbewegungen nnd Mitempfindnngen. Als
besonders wichtig hebt Vf. hervor , daas bei dieaem
Zustandc auch die trophischen Nerven in Mitleiden-
scliaft gezogen werden. In dieser Hinsiclit sind die
Beobachtungen an nemSsen Personen von Wicktig-
keit, bei denen in Folge |geringer Veranlassungen es
afters zb sehr rejchlicber Sekretion der Nieren , der
ThrinendrQsen oder auch der Schweisadrtisen kommt.
Ebenao tritt nech nnr geringen GemUthseindriloken
leiakt Diarrkde oder beiMknnern in dieaem Zustande
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Samenergnss ein. Wird non so das vegetative Leben
von jenem Zustande beeinflusst, so ist es einleuch-
tend, dass hierbei der ganze Ernahrungszustand des
Kfirpers leiden und es in Folge dessen zur Anamie
kommen kann. Hierzu kommt ferner noch, dass in
Folge der Mitleidenschaft des Sympathicus StOrun-
gen in den GefUssnerven (Krampf oder Lakmnng
derselben) eintreten. Vf. erinnert liierbei an die bei
nervdsen Personen haufig beobachtete fliegende
Hitze , an die oft plQtzlich auftretenden and bald
wieder verschwindenden Oedeme (der Lippen , der
Augenlider etc.). Die unregelmassigen Herzoon-
traktionen bei nervdsen Individuen sind ebenso eine
haufige Ersclieinung. Bildet sich aber in Folge der
Neurasthenic anch Anamie aus , so hat diess natttr-
lich einen doppelt unheilvollen Einfluss auf das Ner-
vensystem ; es kdnnen hierdurch verschiedene Neu-
roscn entstehen. Auf diese Weise k&nn es anch
zn der Entstebung der Hysterie als einer allgemeinen
Neurose kommen.
Wie auf der ein on Seite eine allgemeine Anfiake
in Folge der Neurasthenie eintreten kann , so muss
anf der andern Seite anch zugegeben werden , daas
Anftmie die Veranlasaung zur Neurasthenie gehen
kann. Es ist wichtig , diese 2 verschiedenen 7a-
stande genau von einander zu scheiden; zur Auf-
stellung einer Differentialdiagnose Iassen sich folgeade
Punkte verwerthen. Die Neurasthenie kann oboe
naohweisbare organisehe Erkrankung beatehen, eie
lasst sich dagegen stets mit Erblichkeit oder sllge-
meiner Disposition zu Nervenkrankheiten in Verbin-
dung bringen. Bei der Anamie dagegen finden sich
gewbhnlich gewisae organisehe Erkranknngen odor
es sind derselben atarke 8afteverluste vorausgegan-
gen. Als eine Ansnahme hiervon stellt Vf. hOch-
stens die Chlorose oder Oligocythamie wahrend der
gesohlechtl. Entwicklung der Frauen bin. Beard
und Rockwell ffthren noch als charakteristisch ftlr
die Anamie die Gefassgerausche und den schwachen
Puls an. Die auflalleiide Blisse des Gesichts und
der Lippen kommt ebenfalls der Anfiiase ml Bei
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III. Pathologie, Therapie n. medicinlsohe Klinik.
17
dieser soli ferner mehr nach kdrperlicher Anstren-
gung, bei der Neurasthenic mehr nach geistiger eine
anffallende Ermttdung eintreten. Letztere Affektion
hat endlich Schlaflosigkeit und geistige Niederge-
schiagenheit viel Ofter als die Anllmie zur Folge.
Beztlglich der Aetiologie spielen bei der Neur-
asthenic die Erblichkeit nnd gewisse Erkrankungen
der Sexualorgane eine grosse Rolle. Ferner kOnnen
flbermkssiger Geschlechtsgenuss , sowie geistige
Ueberanstrengung , viel deprimirende Gemttthser-
regungen ebenso gewisse physiologische Zustande
wie Menstruation , Schwangerschaft etc. zur Ent-
stehung der Nervositat beitragen. Endlich fllhrt Vf.
auch noch gewisse giftige Substanzen an, deren h&u-
figerGenuss zu jener Affektion geneigt machen kann,
so der Tabak , das Opium u. a. m. Einfacher ge-
stalten sich die atiologisclien Momente bei der An-
imie ; hier sind es, wie schon erw&hnt, haufig Safte-
oder Blutverluste oder langer bestehende dyskrati-
sche Krankheiten, welehe die Veranlassung zurBlut-
verarmung geben. In Folge dessen wird die An-
amie mit Hebung der Grundkrankheit und durch
Eisenprdparate schwinden , welehe letztere bei der
Neurasthenic ohne alien Erfolg sind. Vf. giebt sich
der Hoffnung bin , indem er zugleich auf die neuere
Arbeit von Erb fiber Tetanie aufmerksam macht,
dass vielleicht in Zukunft die erhdhte Erregbarkeit
der Nerven bei der Neurasthenic direkt k clone nach-
gewiesen werden.
Um nnn die Neurasthenic von der Hysterie,
welehe aus der erstern hervorgehen kann , zu unter-
scheiden , sucht Vf. zunachst die Frage nach dem
Wesen der Hysterie zu beantworten. Es sind schon
viele Definitionen der Hysterie aufgestellt worden
nnd Vf. ftihrt liier nnr die im AUgemeinen ttberein-
8timmenden vonHasse, Beard und Rockwell
nnd von B e n e d i k t an, von denen er der des letzt-
genannten Autor den Vorzug einrftumt. Dieselbe
lantet : „Die Hysterie ist eine Abart des physiologi-
schen Seins — eine Diathese — welehe sich durch
eine die Norm tlberragende Labilitat der Erregbar-
keit des Nervensystems und durch abnorme Einfltlsse
der verechiedenen Theile des Nervensystems auf ein-
ander charakterisirt.“
So sehr der Zustand der Neurasthenic mit dieser
Definition auch Ubereinstimmt, so halt Vf. , der An-
riebt anderer Autoren entgegen, die wirklichen Para-
lysen, diemotorischenwie sensiblen, fllr mehr charak-
teristisch ftlr die Hysterie als ftlr die Neurasthenic, da
diese nur einen „erhdhten Erregbarkeitszustand mit
verfrllhter Erachflpfbarkeit“ darstellt und einen Un-
ger danernden Zustand von Paralyse oder Anfisthe-
sie nicht mit sich fUhren kann. Der Behauptnng
deijenigen, welehe jede hysterische Paralyse nur fUr
eine Reflexlahrnting , also abhangig von der gestei-
gerten Erregbarkeit der Geftthlsnerven , erkUren,
halt Vf. die Resnltate der neueren Arbeiten ent-
gegen — Gall, Remak, Knssmanl, Leyden
nnd Tiesler — , wonach Reflexparalysen nnr sehr
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
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vereinzelten Fallen zukommen, dieselben vielmehr
auf eine fortschreitende Neuritis zu beziehen sind.
Nach Beard und R o c k w e 1 1 ist die Hysterie nur
eine Steigerung der Neurasthenie nnd in der That
ist es in klinischer Beziehung schwer, eine bestimmte
Grenze zwischen diesen beiden Affektionen zu ziehen.
Dennoch ist es aber gerechtfertigt, die Neurasthenie
als selbststandige Krankheit zn betrachten. Die-
selbe ist auch haufig der Ausgangspunkt von Geiatex-
stdrungen. Solche Kranke, welehe unter dem Namen
einer ,,beginnenden Gemttthsstbrung" oder „leichten
Verstimmung“ in dazu geeignete Heilanstalten ge-
bracht werden, leiden ohne Zweifel an einer zu Psy-
chosen neigenden Neurasthenie.
Was die Behandlung dieser Krankheit betrifft,
so wurde oben schon angedeutet, dass in den Fallen,
wo nicht Anamie die Ursache der Neurasthenie ist,
die Behandlung mitEisen eine vdllig erfolglose bleibt,
die Behandlung muss vielmehr auf dasNervensystem
direkt gerichtet sein. Diess kann nach Vf. auf 3
Wegen geschehen. 1) Die ursachlichen Momente,
wie sie oben beschrieben wurden, mllssen so viel als
mdglich aus dem Wege geschafft werden. 2) Die
betreffenden Individuen mllssen sich au eine frische
Gebirgsluft gewOhnen, einer allgemeinen Abhartungs-
kur sich unterwerfen, dabei ein regelmassiges Leben
besonders in Bezng auf Wachen und Schlafen, Ar-
beiten und Ruhen ftthreo, oder Usst sich diess nicht
‘durchfithren, so ist der Aufenthalt in einer Anstalt
das Heilsamste. Von solchen Heilanstalten nennt
Vf. besonders die Erlenmeyer ’sche zu Benndorf
am Rhein, die von Dr. Otto Muller in Blanken-
burg am Harz nnd endlich die Anstalt von Dr.
Scliwabe in Blankenbnrg in Thttringen. 3) Es
existiren Mittel, welehe direkt heilsam auf das ganze
Nervensystem wirken, und hier sind es zun&chst
pharmaceutische Mittel, welehe beillcksiclitigt werden
mUs8en. Unter diesen hebt Vf. die ChinaprUparate
nnd den Alkohol in Form des Weines hervor, welehe
sich ihm in Fallen von Neurasthenie am erfolgreich-
sten gezeigt haben. Ein besonderes Gewicht legt
aberVf. auch auf die verschiedenen Methoden, durch
aussere Reize die Energie des Nervensystems zu er-
hbhen und wieder zur Norm zurUckzufUhren. Diess
kann geschehen entweder durch den Gebrauch koh-
lensaurehaltiger Thermen (der Soolbader, Rehme
und Nauheim) und kohlensaurebaltiger Eisenwasser
zu Badern, oder durch hydrotberapeutische Proce-
duren (kalte Abreibungen etc.) oder endlich durch
die von Beard und Rockwell zuerst eingeflllurte
allgemeine Elektrisation. Dieselbe ist bisher wenig
in Anwendung gezogen worden , sie wurde bis jetzt
nur von B e n e d i k t , und zwar mit gutem Erfolge
verencht. Die Methode der allgemeinen Elektrisa-
tion bestcht darin , dass ein ganz schwacher Strom
— am besten Induktionsstrom — nach und nach auf
die ganze OberfiUche des Kdrpers geleitet wird. Vf.
bedient sich zn diesem Zwecke einer mit feuchtem
Leder ttberzogenen Kupferplatte von der GrOsse bei-
3
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111. Pathologie, Therapie u. medicinlsche Klinik,
der Fusssohlen , welche an die Fusseohle befestigt
die eine Elektrode darstellt. Eine mit langem recht-
winklig gebogenen Heft versehene Halbkugel von 2
bis 3" Durchmesser stellt die andere Elektrode dar ;
mit dieser streicht man non 5 — 10 Minuten lang
fiber alle Korperstellen hinweg, indem man die
St&rke des Stromes nach der Empfindlichkeit der
verschiedenen Korperstellen einrichtet. Der Strom
muss Uberhaupt nur so stark sein , dass er ein leich-
tes Prickeln hervorruft. Vf., welcher diese Methode
erst seit Kurzem anwendet, hat in 2 Fallen einen
sehr guten Erfolg erzielt. (Htihn e.)
517. Zur Therapie der Neuroaen ; von Dr.
0. Berger in Breslau. (Sitzungsbericht d. med.
Sektion d. scliles. Ges. f. vaterl. Kultur 1876.')
1) Phosphor. B. hat den Phosphor in 22 Fallen
von Neuralgie versncht , ist aber keineswegs in der
Lage , die glftnzenden Resnltate der englischen
Autoren best&tigen zu kbnnen. Zwar gelangten
unter der Phosphorbehandlung 5 dieser Falle zur
Heilung , doch waren diess erst seit kurzer Zeit be-
stehende; in den fibrigen Fallen blieb das Mittel
ohne Wirkung , obwobl die Mehrzahl derselben bei
andern Behandlungsmetboden geheilt oder gebessert
wurde. In 6 tiberhaupt ungcheilt gebliebenen Fallen
war auch die consequente Anwendung des Phosphor
ohne gfinstigen Einfluss. Demgemass erscheint seine
so gertthmte antineuralgische Wirkung sehr proble-
matisch , und Vf. kann , zumal bei der nngfinstigen
Einwirkung des Mittels auf die Verdauung, nicht zu
weitem Versuchen rathen. — Das Mittel wurde
ferner in 6 Fallen einer eigenthllmlichen , bislier als
selbststSndige Erkrankung wonig beachteten Neurose
angewandt, fttr welche z. Z. keine bestimmte ana-
tomische Grundlage existirt und die Vf. mit dem
niehts prajudicirenden Namen der „Neuraslhenia
certbralis “ bezeiclinen mfichte. Er versteht darunter
einen Zustand pathologischer Erschfipfbarkeit der
hfihern psychischen Funktionen, die zu beinahe voll-
standiger Unffihigkeit zu geistiger Thiitigkeit ffihren
kann , ohne dass irgend welche Symptome einer pal-
pablen Lfision, sei es desGehims selbst oder anderer
Organe, vovhanden sind. Els handelt sich nicht um
eine Theilerscheinnng anderweitiger Erkrankungen
oder allgemeiner Depression, sondern die Neurose
tritt selbststfindig auf, als hervorstechendstes Sym-
ptom , um welches sich erst in zweiter Reilic andere
Begleiterscheinungen (besonders flfichtige Sensibili-
tfttsstdrungen) gruppiren. Sammtliche Pat. waren
junge Manner aus den gebildeten Stfinden, die
Melu-zahl zu Neuropathien pradisponirte Individuen ;
gei8tige Ueberanstrengung bildete die haufigste Ur-
sache dieser schweren , die Kr. oft fill* viele Jahre
ihrem Benife entziehenden Erkrankung, welche wohl
gewflhnlich — aber durchans mit Unrecht — in
den Rahmen der „Hypochondrie“ einrangirt wird.
') Fflr Uebersendun? elnes Abziiges dankt bestens
W r.
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Tern pin i empfahl gegen analoge Zustftnde („Hirn-
parese“) den Phosphor als ein souverfines Mittel.
Vf. hat auch nicht in einem dieser Ffille einen
gfinstigen Einfluss constatiren kbnnen, selbst bei
monatelaugem Gebrauche ; die Mehrzahl besserte
sich hingegen bei entsprechend langer geistiger Rube
unter gfinstigen klimatischen Verb<nissen (Alpeu-
luft).
2) Zincum phosphoratum hat B. in 15 F fillen
verschiedener Nervenerkrankungen versucht (Neural-
gie, Chorea, Singultus hystericus etc.), in Dosen von
3mal t&glich 5 — 8 Mgrmm. , in Pillenform. Nur
2mal zeigte sicli ein Erfolg bei Hemikranie ; die Pa-
roxysmen erschienen weniger heftig u. von kttraerer
Dauer. In alien andern Fallen konnte kein eut-
schiedener Einfluss festgestellt werden. Bei lfinge-
rem Gebrauche machen sich leichte Magenbeschwer-
den geltend.
3) Camphora monobromata. Das Ergebniss
der von B. mit diesem Mittel in 36 Fallen von ver-
schiedenen Neurosen angestellten Versnchen ist fol-
gendes. a) Als Hypnoticum ist der Monobrom-
kampher, selbst in Dosen von 1.0 — 1.5Grmm., fast
wirkungslos. b) Von 5 Fallen von Chorea besserten
sich 2 , kurze Zeit nach dem Gebrauche des Mittels,
in den 3 fibrigen war keine gtinstige Einwirkung zu
constatiren. c) Sehr wenig zufriedenstellend war die
Wirkung bei Neuralgien (in 12 Fallen) und bei
Hysterie. d) GuteErfolge wurden bei nervfisenHerz-
palpitationen und bei Reizungszustanden der Uro-
genitalorgane constatirt. e) Geradezu entscheidend
— in negativem Sinne — waren die Versuche in
6 Fallen von Delirium tveinens. Allmfilig gestei-
gerte Dosen, bis zu 0.5 — 1 Grmm. halbstfindlich
(ohne dass die sorgftlltig controlirte Temperatur
einen Abfall zeigte), bewirkten keine Bemliigung der
Kr., wfihrend der Gebrauch des Chloralhydrat von
promptem Erfolge begleitet war. In einem einzigen
Falle erfolgte die Genesung ohne Anwendung eines
andern Medikaments, nach Verbrauch von 1C Grnam.
Camph. monobr., allein erst nach Gtfigiger Dauer
des Delirium, so dass in Rficksicbt auf die fibrigen
Falle u. namentlich bei dem Mangel einer momentan
beruliigenden Einwirkung die Heilung hier als spon-
tan eingetreten aufgefasat werden muss. Vf. muss
daher von weitern Verauchen mit dem Mittel beim
Delirium tremens eutschieden abrathen. f) So weit
nur wenige Falle und eine relativ kurze Beoback-
tungsdauer zur Beurtheilung ausreichen, erschieu
der Einfluss des Mittels auf epileptische ZustAnde
sehr fraglich. Im AUgemeinen wurden Dosen von 0.1
— O.G Grmm. 3 — 4mal pro die gegeben, theils in Pul-
verform (meist in Gelatinkapseln), seltener in Pilleu.
Zur Bestimmung der Maximaldosis , bis zu welcher
gestiegen werden darf, cmpfiehlt sich die Controle
der Temperatnrmessung ; sobald ein Sinken unter
die Norm eintritt, muss die weitere Anwendung
sistirt werden. Bei grbssern G&ben empfiehlt es
sich , sie refracta dosi zu geben — um so melir , als
ziemlich hiinfig Mageubcschwerdeu beobachtet wur-
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111. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
19
den. — A Lies in Allem glaubt Vf. sich Uberaeogt zn
haben, dass die Bedeatung des Monobromkamphers
fiir die Therapie der Nervenkrankheiten von den
fmnzdsischen Antoren sehr flberschatzt wird. Immer-
hin empfiehlt es sich, in geeigneten Fallen (d) weitere
Versnche damit anzostellen.
4) Bonrneville hat vor Kuraem mehrere Be-
obachtungen von Hysteroepilepsie und Epilepsie ans
Charcot’s Abtheilnng in der Salp&rifere mitge-
theilt, in welchen die methodische Applikation des
Eises von gfinstigem Erfolge begleitet war. Bei
Ovarialhyper&athesic wurde die Eiablase with rend
mehrercr Stunden am Tage auf die Ovarialgegend
applicirt, nnd bei dicser Behandlnng erschienen die
hvsteroepileptischen Anfhllc weniger haufig und auch
der Allgemeinznstand bessertc sich. Uebcrdiess
konnte durch recbtzeitigc Anwendnng des Eises der
Ausbrucli eines Anfalls — angekttndigt durch eine
ovariale Aura — verhiitct werdcn. Auch bei selir
schmerzhaften Ilerzpalpitationen hysterischer und
epileptischer Natnr erwies sich die Applikation der
Eiablase auf die Herzgegend sehr vortheilhaft.
Diese wfthrend lingerer Zeit regelmissig fortge-
setzte Behandlung blieb zwar ohne Einfluss auf
die schweren epileptischcn Anfttlle, verminderte aber
in sehr bemerkenswerther Wcise die Anfhlle des
„Petit Mai". Vf. berichtet von zwei bereits vor Jah-
ren beobachteten Fallen schwerer Hysteroepilepsie,
in welchen die mehrstflndige Applikation der Eis-
blase auf die hyperisthetische Ovarialgegend stets
in prompter Weise den drohendcn Anfall coupirte.
Auch bei hartnickigem Singultus hystericus hat sich
ihm wiederholt die Applikation auf die Halswirbel-
sinle bcwahrt. Ueberhaupt verdient die bereite
seit einem Dccennium von Chapman eingeftthrte
„Thormotherapie" der Wirbelsiule bei verschiedenen
cerebrospinalen Affektionen eine ausgebreitetcrc An-
wendnng, als sie in deutschen irztlichen Kreisen ge-
funden zu haben scheint.
518. Neue Boobachtungen uber Akro-
dynie.
Historische Vorbemerkuny. Im J. 1828 trat
in Paris eine bis dahin unbekannte Krankheit epide-
mi8ch auf, welche die damaligen Aerate nacli den
beiden licrvorstechendsten Symptomen, den Glieder-
schmerzen und der Hautverffirbung, entweder „ Akro-
dynie" oder ,, Erythema epidemicum" genannt haben.
Die Krankheit erschien zucrst in den Wintermonaten,
steigerte sich im Frilhjahre und hatte bis zum Beginn
des Sommers bereits melirere Tausend Menschen er-
griffen. Im Herbst minderte sich die Zahl der
Ergriffenen in auffallender Weise nnd im Winter
1828/29 traten nur noch vereinzelte Falle auf; im
Frilhjalir 1829 nahm die Krankheit einen neuen
Anfschwung, erlosch aber scblllsslich im Winter
1829/30 vollstandig. Die ersten Pat. waren tiber
die ganze Stadt zerstreut, bald aber wurden die Sol-
daten mehrerer Kasernen, die Bewohner der Ver-
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sorgungsanstalten, die Gefangenen etc. ergriflfen, und
zwar so, dass nur wenige Einzelne verschont blieben
und fastAlIe gleichzeitig erkrankten. Einzelne Vor-
stkdte und Quartiere wurden durchgkngig durch-
seucht. Ansserhalb Paris wurde derselbe Sympto-
mencomplex in nnr wenigen Orten , z. B. in Meaux,
Troyes, Coulommiers, Soissy-sous-Etiolle , St. Ger-
main-en-Laye beobachtet. Im Ganzen sollen gegen
40000 Menschen befallen worden sein. — Der Ver-
lauf war folgender : die Krankheit begann mit Ma-
gendrUcken , Appetitlosigkeit , Uebelkeit, Erbrechen
und Kolikschmerzen , woran sich gallige oder dfinn-
flfissige, zuweilen auch blutige Diarrlide anschloss.
Gleichzeitig oder etwas spitter trat eine Rotliung der
Augen , besonders der Augenlidr&nder , mit stechen-
den Schmeraen, Liclitscheu und Thriinenfliiss auf,
zuweilen auch Coryza und Pharynxkatarrh ; haufig
war Oedem des Gesichts, wobei dassclbe fleckig ge-
rfithet oder auch starker erblasst erschien. Hatten
diese Anfangssymptome einige Tage bis 2 Wochen
gedauert, so begannen die Kr. fiber prickelnde Em-
pfindungen in den Zelicn und Fingem und stechende
Schmeraen daselbst zu klagen. Diese Seusibilitftts-
stflrangcn verbreiteten sicli aufwarts langs der Beiue
und langs der Arme, zuweilen bis auf den Unter-
leib, die Brust und den Hals. Das Tastgeftihl war
dabei, namentlich in den Ffisscn, abgestumpft, Uber-
haupt waren die Fttsse und die untern Extremitaten
starker ergriffen als die liande und die Arme. Pa-
rallel diescrNcurose ging der Ausbruch eines flecken-
artigen Erythema oder eincr erysipelatosen Rfithe,
auch wurden Quaddeln und blasenfbnnige Erhebun-
gen der Epidermis beobachtet. Nach nnd nacli
wurde die Haut derb, pergamentartig, gerunzelt und
durcli Pigmentirung dnnkel , selbst schwarzlich ge-
fftrbt. In den Solilcn und den Handflaclien bildeten
sicli dicke, homartige Auswflcbse, die Nagel wurden
lang, gekrflmmt und unter heftigen drtlichen Sclimer-
zen wuclierte die umgebende Pnlpa wallartig fiber
den Nagel hinttber. In den Gelenkfaltcn, am Unter-
leibe, um die Brustwarae, am Halsc, zuweilen selbst
am ganzen Kfirpcr sahen die Kr. wie Sckomstcin-
feger aus , bei Andern bedingte die rissige vertrock-
nete Epidermis Farbungen, als ob sie mit Spinn-
gewebe Uberzogcn ware. — In heftigen Fallen stei-
gerte sicli die Neurose zn Krampfen und Lahmungen
in den befallenen Gliedern , wobei diese ddematfis
wurden und scblfisslich abmagerten. Die Krampfe
kamen anfallsweise , waren auch manchmal auf eine
Seite beschrfinkt. Oertliche oder auch allgemeine
Schweisse waren nicht selten. Manclie Pat. litten
auch an Dysurie. In dieser Weise zog sich die
Krankheit einige Wochen und selbst mehrere Monate
hin. Nach der allgemeinen Desquamation ver-
schwanden die Verfftrbungen , das Gefllhl und die
Beweglichkeit kehrten zurilck, Schwache und Steifig-
keit in den Gliedern wurden jedoch noch lange em-
pfunden. Manche, im Ganzen jedoch nur wenige
Personen , starben an Marasmus , besonders solohe,
bei denen die Stfirungen Seitens der Yerdauungs-
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111. Pathologie, Therapic u. medicinische Klinik.
organe heftiger geworden waren und wAhrend des plication avec le cholera et la dysenterie, ses rapports
ganzen Verlaufs angehalten hatten. avec le scorbut et la gangrene causde par le
Die Krankheit ist von A n d r a I , C h o m e I und froid“ berichtet der Leibarat des Schah von Pereien,
Andern beschrieben worden, wortlber die Quellen Tholozan, in der Gaz. de Par. 41. 42. 44. 46.
in dem Handbuche der historisch-geographischen Pa- 52. 1861 Folgendes.
thologie von Dr. A. Hirsch (Bd. I. p. 468 — 472) Unter den Pat. der unter seiner Direktionstehen-
nachzulesen sind. I den Lazarethabtbeilnng in Constantinopel kamen vom
Man hat damals die Krankheit mit dem Pellagra,
richtiger wohl mit dem Ergotismus in Verbindung
gebracht, merkwtlrdiger Weise aber weder Mehl,
noch Brod, noch andere Nahningsmittel weder che-
mise!) noch mikroskopisch untersucht. Auf dieAehn-
licbkeit mit der Trichinose istdurchLe Roy de M d -
ricourt (vgl. Jahrbb. CXXX. p. 114) aufmerksam
gemacht, ein Beweis durch nachtrkgliche Sektionen
damals Erkrankter jedoch nicht erbracht worden.
Scit 1830 war die Krankheit erloschcn und sic
cntschwand dem GedAchtniss der Aerate fast voll-
stAndig. Es mag dahin stehen , ob die nachstehen-
den Beobachtungcn wirklich die charakteristischen
Zttge der Pariser Epidemie an sicli tragen ; wir geben
sie indesaen hier im Auszuge wieder.
Der erste ist Chav eri at, welcher in der Gaz.
des Hop. (18. p. 71. 1850) aus Barrier’s Ab-
thehung im Hotel Dieu zu Lyon 2 FAlle mittheilt,
cine 68 J. alte, bei der Weberei beschkftigte Frau
und einen 18 J. alten kraftigen Fleischerburschen
betrefend.
Bei beiden Kr. traten mehr oder weniger blftu-
lich-rothe Flecke auf, welche selir schnell verschwan-
den , aber noch an demselben Tagc odcr am folgcn-
den wiederkehrten. Diese Flecke zeigten sich an
der Streckseite des Rniegelenks , der Fingergelenke,
Bowie namentlich am innem Rande des Fusses und
wiren Sitz schiessender , durch Druck gesteigerter
Schmerzen. Ausserdem bestand das Gefllhl von
Ameisenkriechen in der Fusssohle , Ahulich dem bei
Bleivergiftung vorkommenden , und zwar bei dem
jungen Manne in viel hdherem Grade als bei der
alten Frau. Lctztere litt auch an deutlichen Ver-
daunngsstdmngen und leichtem Fieber, wovon der
junge Mann frei war.
Abfllhrmittel wirkten bei der Frau so gtlnstig,
dass sie sclion nach 10 T. vflUig geheilt abgehen
konnte. Bei dem jungen Manne nil tz ten sie jcdoch
gar nichts , eben so wenig ein Aderlass und Blutegel
an den Kopf wegen an verschiedenen Stellen des-
selben zeitweise auftretender Schmerzen. Dagegen
verschwanden dieselben sofort , nachdem Blutegel
nochmals an den Kopf und direkt auf die schmerz-
haften Stellen der Ftlsse applicirt worden waren.
Chav6riat glaubt in Folge einer reizenden Ein-
wirkung der Egel auf die Haut, wodurch die ur-
sprflngliche Reizimg verdrAngt worden ist.
Hieraof folgt eine Beobachtung aus dem Krim-
kriege.
Unter dem Titel : „De 1’acrodynie qui s’est
montrte en Octobre et en Novembre 1854 k l’arm^e
d’Orient. Observations sur cette maladie , sa com-
10. Oct. bis 10. Nov. 1854 insgesammt 24 Fftlle
von Akrodynie zur Beobachtung. Danmter ent-
wickelten sich 9mal die Symptome im Spitale selbst,
die ttbrigen Kr. hatten die Anfangsstadien bereits in
der Krim gezeigt. Die meisten Kr. waren Recon-
valescenten , hatten entweder die Cholera oder cho-
leriforme oder dysenterische Processe durchgemacht.
Meistens begann die Krankheit mit einem Prickeln
in der Haut , bisweilen mit einem Geftthl von Hitze,
seltener von Kalte , zuweilen wechselten Hitze nnd
Kftlte mit einander ab. Vorwicgend wurden diese
sensiblen Stdrungen in der Nacht empfunden. Bei
manchen Pat. gcsellten sich noch durchschiessende
Schmerzen hinzu, auch hatten sie das Gefllhl des
Eingcschlafeu- oder des Erstarrtseins in den befal-
lenen Tlicilen. Die Soldaten , welche wahrend des
Marsches befallen worden waren, klagten flber stum-
pfes Gefllhl in den FUssen oder als ob sic auf Steck-
nadeln gingen. Die genannten Empfiudungsstdrnn-
gen waren am hAufigsten in den FUssen allcin , zn-
weilen auch noch in den Bcinen und in den HAuden ;
lmal wurde eine Hyperasthesic am OhrlAppchen,
2mal ein Prickeln u. ThrAnen derAugen beobachtet.
An den FUssen waren besonders der vordere Theil
mit den Zehen und den NAgeln , die Verbindung der
Phalangen mit dem Metatarsus, der innere u. Aussere
Fussrand , die Ferse und die Kndchel ergriffen ; an
den Bcinen die Wade, die innere Scite des Knies
und die vordere FlAclie des Oberschenkels ; an den
obern ExtremitAten waren es die Finger u. die Hand-
gelenkgegend. — In der Nacht suchten die Pat. die
kalten Stellen des Lagers, den Druck der Decke
konnten sie nicht vertragen, auch nicht Einwickelun-
gen. Oedemc kamen selir oft vor , auch im Gesicht
wui-den dieselben beobachtet ; sie dauerten nm 1 wenige
Tage, nur ein cinziges Mai wurde Anasarka und
Albuminurie beobachtet. Dagegen kamen die flecken-
formigen Erytheme nur bei einzelnen Pat. zum Vor-
schein. — RUckfAlle wurden zuweilen beobachtet.
Bei den meisten dauerte die ganze Krankheit 2 bis
3 Wochen, die lAngste Dauer betrug 2 Monate.
Vf. giebt eine kurac Charakteristik sAmmtlicher
FAlle der Reihe nach. Darunter sind die letzten
4 vom Vf. als anomal bezeichnet, welche wir kura
hier folgen lasscn.
21) Kin 23jahr. Soldat hattc nach 1 ', 5 monatl. Aufcnt-
halt in der Krim einen Anfall von mit Diarrhoe verbun-
dener Kolik bekommen , wonach eine auffiillijje Schwache
der Beine zuruckblicb. In Constantinopel bestand diese
Scliwache noch, inden Schenkeln, den Knieen, denWaden
waren tiefsitzende Schmerzen nebst einem Gefuhi von
Erstarrung vorhanden.
2*2) Ein 26jahr. Artillerist war bereits kurz nach
seiner Anknnft in Varna an einer fieberhaften Affektiou
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111. Pathologie, Therapie a. medicinisehe Klinik.
erkrankt gewesen, woaach die Ffisse und Beine anschwol-
len. In der Krim hatte er Krampfe in den Handen ge-
habt. Nachdem er eine heftige Diarrhoe mit Kolik fiber-
s tan den, traten vage Schmerzen in den Extremitaten anf,
in den Augen wnrde cin Gefuhi von Prickeln, in den
Lidern ein Gefuhi von Starrheit , ira Kopf ein Gefuhi von
Schwere angegeben. Dabei war grosse Neigung zum
Schlaf vorhanden.
23) Ein 27jahr., kraftiger Soldat war auf der Ueber-
fahrt und anfanglich aueh in der Krira geaund gewesen.
Die Krankheit begann dann mit Erbrechen u. Diarrhoen,
denen sich Krampfe in den Waden und in den Fusssohlen
zugesellten. Diese Krampfe blieben aueh nach Ablauf
der Diarrhoe bestehen, hatten sich wahrend dee Marsches
vermehrt , traten besonders Nachts und In der Kalte auf.
Andere Symptome waren nieht vorhanden.
24) Ein HOjahr. Marinesoldat hatte bereits auf der
Hinfahrt ofters an Diarrhoe gelittcn, war aber in der
Krim anfanglich gesund gewesen. Spater wiederholte
sich dieselbe, Hemeralopic wurde gleichzeitig beobachtet.
Die Diarrhoe war blutig , mit Erbrechen und Krampfen
verbnnden. Danach trat eine Paralyse der Extensoren
der Hand ein, welche 4 T. dauerte.
In Atiologischer Beziehung trftgt die Arbeit
Th.’a nichts zur Aufklfirung bei. Die Frage , ob
eine verdorbene Nahrung schuld gewesen , wird gar
nicht bertihrt. Vf. widerlegt nur die Ansicht, ala
ob KAlte oder Seorbut die Ur&ache gewesen sein
kfinnten. Ob aueh sonat die Akrodynie wklirend dea
Krimfeldznges beobachtet worden , iat nicht geaagt.
|Ea ateht (lberhaupt dahin, ob die Beobachtungen
dea Vf8. mit Recht zur Akrodynie gehoren oder ob
sie nicht lediglich ala aolche nervdae Eracheinungen
zu betrachten sind , die man nicht selten in Folge
erechdpfender Krankheiten und nacli Anstrengungen
findet. Eine Vorliebe fUr eine beatimmte, an und
fUr aich dnnkle Krankheitsspecies kann dann leicht
dazu fiihren, 8olclie Bilder wiederzufinden. Mfig-
licherweiae haben zum Theil aueh nervose Nach-
krankheiten von Febria reenrrens vorgelegen.]
B a r u d e 1 glaubt in den nacliatehenden 3 Fallen,
welche er im Monat Mfirz 1859 im Milit&rapitale
von Lyon zu beobachten Gelegenheit hatte, daa Vor-
kommen einer sporadi*c/ien Akrodynie annehmen zu
mflasen (Gaz, de Paris 40. 41. 1862).
1) Ein 27jahr. Soldat, der im Arrest sass, hatte seit
3 Tagen Oedem dea Gesichta, der Fusee und der Hande.
Die Verdanung war gestort, es bestand eine leichte Bron-
chitis. Pat. klagte fiber ein Prickeln in den Augen, fiber
Ameisenkriechcn und Geffihl von Starre in Handen und
Ffisaen. Das Gehen war dnrch lancinirende Schmerzen
in den Beinen erschwert. An den Ffissen waren einzelne
rothe Flecke aichtbar. Nach 8 Tagen waren dieae Er-
scheinnngen verschwunden.
2) Ein 23jahr. Soldat , wie der vorige im Arrest mit
dem Znpfen von Wirrseide beschaftigt, war bei der Auf-
nahme in das Spital bereits 4 — B Tage krank. Er klagte
fiber Ameisenkriechen in den Fingern nnd Zehen, ferner
fiber Stechen in den Beinen , Hfiften und Armen. Beim
Gehen batte er das Gefuhi , ais ob er auf Dornen trate.
Die Glieder befanden sich , namentlieb aueh die letzten
Phalangen der Finger und Zehen , in einem Zustand der
Contraktion , deren Ueberwindnng die Schmerzen ver-
mehrte. An den Oberechenkeln , den Waden und den
Vorderarmen bemerkte man flbrillare Zuckungen. Der
Pat. litt ausserdem an Conjunctivitis , Bronchitis und er-
heblichen gastrischen Stomngen , dabei bestand massiges
Fieber. Die Haut des ganzen KBrpers juckte , Gesicht
und Hals waren Sdematfis , die Arme und Beine gerothet
nnd gescbwollen. Einige Tage spater traten noch krarnpf-
hafte Zusammenziehnngen der Halsmuskeln , Bowie der
Muskeln des Larynx hinzu. Dadurch wurde die DyspnBe
noch gosteigert. Nachdem sich die Bronchitis gebessert,
gingen anch (binnen 12 Tagen) die nervosen Storungen
rasch zurfick.
3) Ein junger Corse, zu 2'/jjahr. Gefangenscbaft
* verurtbeilt und im Gefangniss ebcnfalls mit dem Reinigen
von Flockseide beschaftigt, war mit dem vorigen gleich-
zeitig erkrankt. Appetitlosigkeit , Erbrechen und Diar-
rhoe, sowie heftige Bronchitis leiteten die nervosen Sto-
rungen ein. Letztere bestanden in bctrachtlicher Schwache
der Ffisse und Anne, in durciiBchiessenden Schmerzen in
der Handflaehe und den Fusssohlen. Das Tastgefuhl war
geschwacht, die Epidermis verdickt, im Uebrigen war die
Haut der Hande und Fusse gerothet, das Gesicht ge-
schwollen. Die Affektion dauerte ca. 2 Wochen.
Vf. betrachtet die Krankheit als eine Art Spinal-
irritation. Die Gefangenen arbeiten taglich 10 Std.
in einer feuchten, warmen, sehr staubigen Atmo-
sphire. Die Arbeit des Reiuigeaa der Seide iat
8chwierig , 8ie geschieht im Stehen , wobei sich der
Rumpf unter Strecken dcrArme wechselnd nachvora
beugt und wieder gerade richtet. Aueh die andern
Arbeiter klagten fiber grosse Ermfldung in den Ar-
men und Beinen. In der Nahrung der Gefangenen
konnte die Uraache nicht gesucht werden.
Dr. T. Sauce rotte bezeiclmet die nacli-
8tehende Beobaclitung ebenfalls als sporadiache
Akrodynie (Gaz. dc Paris a. a. 0. 46. 1862).
Ein 8jahr. Madchen wurde Ende Septbr. 1856 von
Schmerzen in beiden Armen und unter der rechten Bmst
befallen. Es stellte sich eine fleberhafte Brustaffektion
ein : die Schmerzen gingen auf die linke Brusthalfte und
auf die Bauchwand fiber, dann trat cine Schwellung nnd
Rothung der Ffisse nnd Hande auf, ferner lancinirende
Schmerzen in den Gliedern, flbrillare Zuckungen und
Krampfe. Das Kind inagertc ab, vcrlor den Appetit, der
Puls blieb frequent, als die Korperwarme nachliess.
Spater stellten sich dysurische Beschwerden, DiarrhBe
wechselnd mit Verstopfung und Erstickungsanfalle ein.
Das Erythem der Extremitaten fuhrte zur Abschuppung,
dann zu einer papulfisen Eruption. Die Schmerzen in den
Ffissen und in der Bauchwand widerstanden sowohl den
ableitenden, als den narkotischen Mitteln. Nach Verlauf
von 2 Monaten bildeten sich am linken Bein 3 kleine Fu-
runkel, diesen folgten nach melireren Erythempusteln am
Stamme und den Gliedern , an den Handen kleine Ab-
scesse. Die Krankheit dauerte fiber 3 Monate und hinter-
liess noch eine bis zum niichsten Sommer anhaltende
grosse Schwache. — Bezfiglich der Ursachen bemerkt S.
nur, dass das Kind zwar arm war , aber keine ungesunde
Wohnnng hatte und daas die Nahrung weder in Mats noch
in Roggen bestand.
S. erwahnt flbrigena noch 2 von Raimbert
im J. 1843 bei 2 Wfichnerinnen bcobachtete Fillle
aogen. sporadischer Akrodynie. Wir haben das Ori-
ginal (Rev. mgdico-chirargic. T. III.) nicht nachleaen
kOnnen.
Die jflngaten Beobachtungen werden von A.
Bodros (Rec. de m6m. de radd. etc. milit. 3. S.
XXXI. p. 428. Sept. — Oct. 1875) erwfthnt, durch
deren Verdffentlichung aich A. Laveran (Ebd.
XXXII. p. 113. Mars— Avril 1876) veranlasat ge-
aehen hat, nachtrkglich fiber Ffille aua dem mexika-
nischen Feldzug zu berichten.
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111. Pathologie, Therapie u. raedicinische Klinik.
A. Bo dr os hat im Lager von Satory unter den
dort befindlichcn Tmppen 14 Pillle einer nervdsen
Erkraukung der Extremit&ten beobaclitet, wclchc er,
wiewohl die Storungen Seitens der Digestiousorgane
fehltcn, geneigt ist als Akrodynie zu betrachten.
Skmmtliche Kranke kamen im Sommer (Juli u. Aug.)
1874 znr Beobachtung und gchortcn demselben
Regimente au. Vf. tlieilt 8 Ivrankcngeschicbten init,
bei deren Kflrze sicb allerdings ein sicheres Urtheii
nicht gcwinnen blast.
1) Ein Soldat hatto vor 14 Tagen eine kleinc, sehr
schmerzhalte Phlcgmone an der Nagelphalanx des linken
Mittelfingers gehabt. Seit jencr IScit klagte er filter lan-
cinirende Schmerzen in llandcn und Fusscn, namentlich
in den Fingerspitzcn , die in der Naelit hcsonders lcbhaft
waren. Gefuhl von Taubheit und Ameisenkrieehen war
heim Ktehen bemerkbar. Hande und Kusse waren kalt,
blau, mit klc’-rigem s©h weiss bcdeekt, die Finger- und
Zehenspitzcn und die Nagel waren ganz bla«s. Die Sen-
sibilitiit war vemiindert. Der Pnlsschlag war normal.
Die Kusse waren mit llohstichalinliehcn Ekchymosen be-
deckt. Im weitern Verlauf tratcn noch 3 Absccsse an den
Fingern anf, deren bornartige Narben in der Mitte cinen
schwarzen Fleck liatten. Im Sept, ging der Fat. ungc-
hcilt in Heine Heiraath.
2) Ein Soldat war wahrend der Parade plotzlich von
Lfihmimg des reeliten Arms befallen worden , so dass er
das Gewebr nicht mehr haiten konnte. Er empfand
AmeiHenkriecben daselbst und aueh in der linken Hand.
Fusse und Hande waren kalt, blau, schwitzcnd ; das Go-
fiihl war abge»tumpft , ein dumpfer , massiger Schmerz
wurde augegeben. Dlese Symptome bestanden 8 'l'age.
3) Bei eincm Soldatcn hatte die Kranklieit vor 3 W.
mit rothen Fleeken an den Handcn und Kriebebi in den
FfiBsen begonnen. Cyanose , Kiilte , Schwcisso tratcn
binzu. Die Haut der Finger und Zehen war rissig, die
Epidermis schilferte »ich in Flatten al). Am Nagelglied
des linken Daumens und Zeigeflngrrs waren 2 kleine.Haut-
abscesse vorhanden. Im Monat Sept, war Pat. noeli nicht
vollstandig genesen.
4) Ein Soldat batte An fang Juli eine Blepharitis
ciliaris gehabt. Trotz iler grosspn Wfirme konnte er im
Bett kanm Hiinde und Ffisse erwarmen. L>iese Theile
waren immer im Schweisse gpbadet, kalt, blau, dabei
hatte er ditnipfe Sehmerzen. Am Daumen und ani Mittel-
flnger der linken Hand waren unter den Nagcln 2 kleine
Blntflecke, am linken Fussruekeu war eine Blutblasc vor-
handen. Die Krankheit dauerte 2 Woeben.
6) Ein Soldat bemerkte fruh beim Ankleiden, dass
seine Finger unempflndlich geworden waren. In den
naebsten Tagen traten lancinirende Schmerzen und
Zueknngen in den Sehnen auf. Ekcliymosen waren nicht
zn selicn. Bei dieaem einzigen I’at. waren Diarrhoc,
Appetitlosigkeit und ein fieberhaftor Znstand vorhanden.
Das Uebel dauerte 3 Wochen nnd hinterliess eine hoch-
gradige Anamie.
6) Bei einem Soldaten bestanden die Schmerzen, die
Cyanose und die Kiilte seit einigen Woehen. Die Epider-
mis der Hiinde war ganz losgoschalt , auf deni rechten
Handriicken fanden sicb einige Fblyktanen. Die Fuss-
sohlen schmerzten so , dass Pat. kaum gehen konnte, in
der Naeht wechselte zuwciien in den Fiissen ein Hitzege-
fuhl mit der Kaltc ab. Die Hiinde waren so gcfubllos.
dass sie Fat. in heisses Wasser tauclien konnte . ohne es
zu fuhlen. Die Krankheit dauerte noch 1 Monat.
7) Wahrend einer Revue hatte ein Soldat einen dum-
pfen Schmerz im linken Vordcrarm und linken Mittelfinger
gespurt. Man sah weder Iiothe , noch Schwellung , die
Cyanose war undeutlich, dieBewegungcn des Arms waren
schmerzhalt. Es bestand starker fjchweiss. Im Uebrtgen
war Pat. gesund.
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8) Bei einem Soldaten traten an demselben Tage wie
beim vorigen folgende Erscbeinungen ein: Kriebeln im
rechten Arm, besonders in den Fingern , erschwerte Ben-
gung und Streckung der letzteren, Schmerzhaftigkeit beim
Druck.
Ueber die Aetiologie weies B. nichts Beetiramtes
anzugeben. Die Befallenen hatten keine andere
Nahrtmg und filhrten Uberhaupt keine andere Lebens-
wcisc, al8 ilire freigebliebeneu Kameraden. Aller-
dings fand sicb bei dem Nachfragen , dass mehrere
Andere achon Bekanntscbaft mit dieser Krankheit
hatten , indem sie selbst davon befallen gewesen
waren. Unter diesen wnrden noch 3 aufgefunden,
bei welchen das Uebel chronisch geworden war. Der
eine liatte mit Unterbrechungen von wenigen Tagen
kalte, achwitzende, geftlhllose Hande und Ftlsse seit
3 Jahrcn, rotbe Flecke und mkssige Schmerzen gin-
gen den Anfalleu voran. Ein anderer hatte seit 2
Jahrcn eine cyanotischc und eine wacbsbleicbe Hand,
dabei kriebclnde Empfindnng , kleine Ekchymosen
und Ab8chuppung der Epidermis, dabei sehr stark c
Fus88cbwei8se. Der dritte endlieb, ein Officier, hatte
vor 3 Jahren beftige Schmerzen ini rechten Mittel-
finger bekommen , ctwas Schwellung und Rttthe da-
selbst hatte sicb hinzugesellt. Gleichzeitig kam eine
Otitis , welchc einen Monat dauerte. Drei Monate
spftter , al3 Pat. nicht mein 1 an diese Zufalle dachte,
bemerkte er, dass der Nagel dieses Fingers schwarz
geworden war und die Fingerkuppe schwarze Punkte
zeigte. Unter lancinirendcn Schmerzen wurde her-
nach auch der Daumen befallen und am Mittelfinger
entstand ein kleiner Abscess. Die Narbe zeigte
noch bei der Untcrsuchuiig einen schwarzen Fleck.
Jeder leichte Stoss an den Finger verusachte fort-
wfthrend den hefltigsten Schmerz, aucli in der Kiilte
warden beide Finger sehr schmerzhaft. Im letzten
Jahre war aucli der Zeigefinger befallen worden.
Da mau ein syphilitisches Grundleiden vermuthete,
wurde eine specifische Kur durchgefiihrt, aber ohne
Erfolg.
A. Laveran bemerkt in Bezug auf voratehende
Mittheilung, dass er gegen die Diagnose einige Zwei-
fel liege. Nicht nur fehlten die Digcstionsstdrnngen,
die in der Pariscr Epidemic charakteristiseh waren,
sondern auch die Schmerzen in den Extremity ten,
das Erythem und die Abscliuppung , dagegen liatten
die Pat. Cyanose und ein Geftihl von Kiilte , wclcbe
Symptome im Jahre 1828 nicht beobaclitet warden.
Allerdings fehlten bei der belgischen Epidemie im
Jahre 1840 (welche von L. Colin im Diction,
encyclop. des sciences mdd. unter dem Artikel Ra-
plianie bescliricben ist) aucli zuweilen das Erytlieui
und die gastrischen Storungen, wahrend Cyanose u.
Kttlte der Extremitaten bei einigen Kranken vorhan-
den waren. Mfiglich , dass beide Krankheiten sehr
fthnlieh sind. Solchc Fillle, wie sicBodros be-
sclireibe , habe R a y n a u d (in dem von J a c c o u d
herausgegebenen Dictionnaire, art. Gangrene symm6-
trique des extreinites) als „Aspbyxie locale des ex-
tr6mit&“ bekanut gemaebt. Man kdnne sie auch
als „Akrocyanie“ bezeichnen.
Original fronn
UNIVERSITY OF CHICAGO
23
111. Pathologie, Therapie n. medicinieche Klinik.
Der Pariaer Epidemic gleichen aber vollstftndig
die Beobachtungen Bresson’s in Mexiko , welche
bisher noch nicht durch den Druck verdffentlicht
sind. Laveranistim Stande, hiertlber Folgendes
mitzntheilen.
Die Epidemie war lediglick auf eine Compagnie
mexikanischer Freiwilliger und ein Bataillon algieri-
scber Jager beschrankt. Diese Truppen wareu am
14. M&rz 18G6 in Zitacuaro , 40 Meilen westlich
von Mexiko gelegen , angelangt. Bereits auf dem
Marscli daliin batten mehrcre Soldaten Uber Schmer-
zen in den untern Extremitaten geklagt, die Fflsse
waren leicht gescliwollen, die Zehen geriithet. Die
Krankheit dauerte vom 20. Miirz bis 23. April und
verier sich, nachdem die Truppen den genannten
Ort verlasseu hatten. Ein Tlieil von der Mann-
schaft , welche nacb den Minen von Anganguco ent-
sendet war, wurde ebenfalls ergrifleu. Von 150
Fuassoldaten wurden 89, von 70 Trainsoldaten und
Keiteru wurden 23 befallen. Den Formen nach
wurden gezflhlt:
Leichte Akrodynie der Hande 4 Falle
Schwere „ „ „ 1 „
Leichte . * Ffisae 42
Schwere „ „ 11 *
Akrodynie der Hande n. Fusee 2 „
Isolirtc Eraptionen .... 43 „
Isolirte Conjunctiviten . . . 9 „
Die Krankhheit dauerte in den leichten Fallen
1 Woche, in den schweren 1 bis l l / s Monat.
Der Symptomencomp/ex war folgender : Im
Beginne klagten die Kr. (Iber MagenstOrung , Kr-
brechen oder Brecbueignng , die Zunge war belegt,
der Stulil verstopft, ofter noch diarrhoiscli , dabei
bestand zuweilen leichtes Fieber. Diesen Vorboten
folgte eine Scliwellung der Hande und Ftlsse , die
Finger und Zehen waren wurstfSrmig gestaltet und
ihre Bewegnngen waren gehindert. Die Haut war
warm und an den Stellen mit diinner Oberhaut ge-
rbthet , schmerzhaft bei Druck. Die Epidermis der
Ilohihand und der Fusssohle war triibe, gelb, weiss-
lich oder braim geworden , sie war dick und lflste
sich ab. Auf dem Rtlcken der Filsse oder Hande
schuppte sich die Oberhaut kleienfdrmig ab, von den
Fereen lbste sie sich oft in einem ganzen Stuck ab,
welches die Kranken als sonderbares Andenkcn be-
wahrten. Schweissbildung fand nicht statt. Die
junge Epidermis blieb langere Zeit schmerzhaft, was
das Gehen zur Qual machte. Die Schmerzhaftigkeit
beschrankte sich meist auf Hande oder Fflsse , zu-
weilen war sie so stark, dass sie den Schlaf raubte,
die Abschuppung machte diesen starkera Schmerzen
ein Ende. Ansser dem Erythem an 1 linden und
Fflssen kamen noch als Complikationen vor : Ekzeme
des Scrotum und mehr oder weniger rcbellische
Conjunctiviten. Manche hatten auch Erythem am
Hake oder an der Brust, Urticaria, Herpes, Angina
oder leichte Bronchiten.
Ueber die Ursachen weiss auch L. etwas Be-
stimmtes nicht auszusagen. Die Soldaten waren erst
in del' heissen Zone gewesen , hatten dort die ende-
mischen Krankheiten durchgemacht, dann waren sie
nach Toluca (2658 Mtr. hoch) gekommen und hat-
ten von den Krankheiten der kalten Zone zu leiden
gehabt und zuletzt waren sie in die gemissigte Zone,
nach Zitacuaro (2000 Mtr. hoch) lierabgestiegen.
Die Soldaten selbst beschuldigten das Wasser als
Ursache. Genauer nach den Schadlichkeiten im Ge-
trink und in den Speisen nachzuforschen , ist Nie-
mand eingefallen und somit lassen uns auch diese
Beobachtungen vollst&ndig in itiologischer Hinsicht
im Stich. (G e i s s 1 e r.)
519. Ueber erbliche Uebertragung der
Gicht; von Jonathan Hutchinson. (Med.
Times and Gaz. May 20. 1876.)
Wahrend jeder Schriftsteller zugiebt, dass Gicht
vererblich ist, ist nach Vfs. Ansicht ausserst we nig
geschehen , um die Bedingungen festzustellen, unter
welchen Gicht von den Erzeugera auf die Sprfisalinge
flbergeht, und dieModifikationen zu erflrtera, die sie
dabei erleiden mag. Die Gicht bietet aber gcrade
filr die wissenschaftliche Betrachtung dieser FVagen
ein ergiebiges Feld , da sie eine sehr leicht erkenn-
bare Ki’ankheit ist, die dazu neigt, lange in einer
Familie heimisch zu bleiben, und nicht wie Tuber-
kulose oder Syphilis gem todtgeschwiegen wird.
Gewiss ist nun, dass in einer gichtischen Familie
die jflngsten Kinder am ehesten und am starksten
an hereditirer Gicht erkranken , umgekehrt wie bei
Syphilis , wo die altern der Gefahr hereditarer Er-
krankung am meisten auagesetzt sind. Der Grund
filr diese Erscheinung liegt darin, dass die Gicht,
wenn einmal von Seiten des Erzeugera acquirirt,
mit den Jahren immer starker wird , dazu auch
meist erst in altern Jahren in die Erscheinung tritt,
wo die altern Kinder also schon der Gefahr der
Anstecknng entronnen sind. Letztere ktinnen aller-
dings auch eine constitutionelle Neigung zur Ent-
stehung der Gicht nnter begflnstigenden Umstanden
davongetragen liaben.
Femer lasst sich jedenfalls mit Gewissheit be-
haupten, dass die Uebertragung sicherer, die Neigung
zur spatem Gichtentwickelung mehr ausgeprkgt ist,
wenn beide Eltern gichtisch sind.
Die weitere Frage, ob bei Uebertragung vom
Vater allein oder von der Mutter allein sich eine be-
sondere Eigentlillmlichkeit in Betreff des Geschlechts
der erkrankten Kinder ergebe, lasst sich nicht be-
jahen , wie diess ja auch bei andern erblichen Er-
krankungen der Fall ist , und zeigt es sich , dass bei
Eintritt von Gicht in jttngern Jahren die Madchen
ebenso haufig ergriffen werden als die Knaben.
Mit Beziehung auf direkte Uebertragung fragt
es sich, inwieweit diese allein liinreicht, die Krank-
heit zur Entwickelung zu biingen. Da die Kinder
gichtischer Eltem wohl haufig schon dmlurch er-
kranken , dass sie in unriehtiger Weise ernahrt und
erzogen werden , so ware es wichtig , Falle zu be-
trachten, wo Kinder gichtischer Eltem trotz mit Ab-
sicht geleiteter antigichtischer Erziehung dennoch
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24
III. Pathologie, Therapie a. medicinische Kliuik.
erkranken. Wahracheinlich ist, dags, falls Gicht
mehrere Generationen helmgesucht hat, dieselbe sich
in ihnen mehr specialisirt and die Nachkommen desto
sicherer sich unterwirft.
Ein sehr eigenthllmliches , aber unbestreitbares
Factum ist die Uebertragung der Gicht vom Gross-
oder Urgrossvater auf Enkel, obne dass die da-
zwisclien liegenden Generationen mit gelitten haben.
Besonders merkwtlrdig ist diese Uebertragung bei
oder auf Personen , die vbllig frei waren von gicht-
erzeugenden Gewohnheiten. Uebersehen darf man
dabei allerdings nicht, dass oft eine Generation ge-
siind geblieben ist, weil sie vor Entwickelung der
Gicht in frtlhen Jabren gestorben ist. Selir wahr-
scheinlich muss Erblichkeit liberal! da zugestanden
werden, wo bei einem vdllig entbaltsamen Mitglied
der zweiten Generation sehr heftige Gicht sich ent-
wickelte.
Die wichtigste Frage endlich ist, ob bei erblicher
Uebertragung die Gicht dieselbe bleibt. Stellen wir
hier nun vorerst ala Definition der Gicht auf, dass
der Mensch gichtisch ist, der zu recidivirenden An-
fkllen von pldtzliclien und mehr oder weniger akuten
Gelenkentzllndungen neigt, welche Deposits von
harnsauren Salzen in den entztlndeten Partien hinter-
lassen ; dass er an rheumatischer Gicht leidet, falls
er Anfdlle von Gicht hat, ohne dass Salze abgelagert
werden, so kann die Ablagerung von harnsauren
Salzen , wenn aucli sehr wichtig aLs vdlliger Beweis
fllr das Vorhandensein von Gicht, doch nur das Re-
sultat einer Ursache sein, die wahrscheinlich zu man-
chem andem Effekt in gleicliem Yerh<niss steht.
Es ist die Constitution , die Neigung zu jenen Depo-
siten, welche die Gicht charakterisiren, giebt — and
kommt es auch alsdann bisweilen nicht bis zur
Ablagening derselbcn, so ist dennoch Gicht vor-
handen. Jedenfalls ist der Glaube richtig , der von
„latenter, unterdrtlckter Gicht* ‘ spricht. Danach
mllssen wir auch acquirirte Gicht als Ursache man-
cher Erkrankungen erkennen, die nicht mit harn-
sauren Ablagerangen einhergehen.
Fragen wir danach , was denn ein Kind gich-
tischer Eltern eigentlich erbt, so ist es wohl eine be-
stimmte Organisation seiner Verdauungsorgane , die
einzelne Nahrnngsbestandtheile nicht zu verdauen
vermdgen — daneben aber gewiss auch eine Eigen-
thdmlichkeit des Nervensystems , die atmospbilrische
und ftussere Stdrungen schlechter ertragen liLsst. Ist
letztere grosser als erstere, so wird sich wohl
eher der Symptomencomplex des Rheumatismus ent-
wickeln — treten aber zu ersterer defekte Nieren,
so entwickelt sjch die wahre Gicht. Es vererbt sich
also mehr eine Empf&nglichkeit, als eine Neigung
znr Gicht, nnd EinflUsse nach der Geburt werden
jedenfalls das Endresulat bedingen. Damit drllckt
Vf. zugleich seine Ueberzeugung aus von der Existenz
einer „Basi8-Diathese“ , auf der beide, Gicht und
Rheumatismus, sich entwickeln, so dass Kinder gich-
tlscher Eltern an rheumatischer Arthritis erkranken
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und umgekehrt rheumatisch-arthritische Eltern gich-
tische Kinder zeugen.
(Schumacherll., Aachen.)
520. Peliosia rheumatic a ; von Dr. F. P.
Kinnicut. (Arch, of Dermat. I. 3. p. 193. April
1875.)
Das von Schdnlein 1829 aufgestellte Krank-
heitebild der Peliosis rheumatics wurde von der
deutschen 8chule als ein filr sich abgegrenztes ange-
nommen und als Coincidenz von Purpuraeruption mit
akuten rhenmatischen Gelenkschmerzen charakte-
risirt. Die franzdsische Schule warf die Peliosis
rheumat. als identisch mit dem Erythema nodosum
zusammen und desgleichen wollten weder T i 1 b.
Fox noch Wilson dieselbe von letzterer Affektion
als selbststandige Erkrankung abtrennen. Vf. er-
klftrt sich anf Grand nachstehender Beobachtung
gegen die Identit&t.
H. 0., 13 J. alt, war bis znm J. 1874 gesnnd, er-
krankte daun plotzllch unter hcftigen Allgemelnsymptomen
mit starken Gelenkschmerzen ohne lokale Vcranderung,
zugleich stellte Bich eine Purpuraeruption an den Bei-
nen u. Obereitremitaten ein. lnnerhalb 1 Wnche liessen
alle Erscheinungen nach , ohne dass sich weitere einge-
stellt batten. Gcnau 8 T. nachher vollig gleiches Recidiv,
was sicli rachrere Woclien hindurch alle 8 T. wiederholte.
Immer fehlte jegliches Symptom von entzundlichen Vor-
gangen, hamorrhagischer oder serdser Exsudation im sub-
cutanen Gewcbe , dagegen zeigte sich die Eruption ganz
dentlich als auf obertlachlicher entaner Hamorrhagie be-
ruhend. Vorher oder gleichzeitlg traten akute Gelenk-
schmerzen auf, die auf Bewegung und Druck zuuahtnen,
und endlich war die Neigung zu Recidiven dentlich ans-
gepragt. — Unter anfanglichera Gebrauch von Chinln
(O.GGrmm. tagl.), Leberthran und Eisen, spater Fowler’s
Solution , 2 — 3 Tropfen , trat bis Mitte April vdllige Ge-
nesung ein.
Da nun die deutlich hervortretende Gelenkaffek-
tion der Peliosis rhenmat. sich nie bei Purpura sim-
plex findet, da ferner die schwere constitutionelle
Stdrung und die grossen Ekchymosen, ebenso die
Purpura haemorrhagica von ihr unterscheiden , da
endlich zwar bei der PelioBis gleich wie beim Ery-
thema nodosnm ein Blutaustritt stattfindet, bei der
eretern aber als einfache cutane Hamorrhagie, ohne
begleitende entztlndliche Symptome, bei letzterer hin-
gegen in das subcutane Bindegewebe hinein u. unter
entzlindlichen Erscheinungen, so dass gewiss beide
als verschiedene Krankheitsgruppen unterschieden
werden mtlssen , so folgert hieraus Vf., dass wir
nothwendig die Peliosis rheumatics als eine selbst-
standige und von ansclieinend ahnlichen Vorgangen
deutlich unterscheidbare Krankheitsform anzunehmen
haben. (Schumacher II., Aachen.)
521. Ueber den Krankheitscharakter der
chronisohen Alopecie nnd i/ire gewOhnlichc Be-
sr.hrdnkrmg auf den Vorder- und Mittelkopf ; von
Dr. J. P incus in Berlin. (Berl. klin. Wcknachr.
XII. 4 u. 5. 1875.)
Vf. be8pricht zunftchst das Wesen der in den
allermeisteu Fallen die Ursache der Kr&nkheit bil-
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25
III. Pathologic, Thevapie n. mediciniache Klinik.
denden Alopecie nnd bezeichnet die allgemeine An-
nahme als nnhaltbar , dasa ea sich bei dieser Krank-
heit am eine der Altersinvolution analoge Atrophie
der Cutis handele , die nach den Ginen (v. V e i e 1)
durch eine primare VerOdung der Gefaaae, nach den
Andem (Voigt, Hebra) durch Atrophie der peri-
pheren Nervenaatchen bedingt aei. Er ftlhrt dagegen
den zu Grande liegenden Proceaa auf eine Induration
des die Cntia mit den tiefern Schichten verbindenden
Biadegewebe8 znrflck , indem allmaiig eine Verenge-
rung der einzelnen Maschen desaelben, eine Ver-
breitemng nnd Annaherung der Bindegewebsbalken
an einander und ein Schwinden der in der Norm mit
FlU8aigkeit oder weicher Grandaubatanz auagefllllten
Partien atattfinde. Dieser Process, weicher eine
vermehrte Spannnng der Cutis und eine festere An-
Iieftuug deraelben an die miter ihr liegenden Theile
bewirkt, hat auf das Wachsthum der Haare einen
doppelten Einfiuas : in der eraten Zeit bllaat das Haar
an seiner typischeu Lange ein.
Die Krankheitaerscheinungen in diesem sich auf
einen Zeitraum von 6 Mon. bis zu 5 J. erstreckenden
mien Stadium aind : vemngerter Glanz des Haares
bei nnverandcrter Ftllle (Dicke) desaelben, etwaa er-
hdhte Menge des t&glichen Ausfalls, insbeaondere
aber qualitative Veranderung des Auafalls : w&hrend
in der Norm hfichstens ’/i des Auafalls eine Lange
von weniger ala 6" hat, steigt der Procentaatz dieser
typiach kurzen Haare bis auf mehr ala die Halfte dea
Gesairmtauafalla. Ferner findet eine Hyperplasie
der Talgdrtlsen statt, meistens mit Seborrhoea sicca,
und Vf. nennt diese letztern Falle Alopecia furfuracea
zum Unterachied von denjenigen, bei denen die
Ceberaekretion fehlt (10°/ 0 ), die er ala Alopecia
simplex bezeichnet. Letztere aollen weniger ala die
erstere auf erblicher Anlage oder Genitalreizung,
sondem mehr auf aktiver Aufregung des Gemfltha
beruhen (verantwortungsreiche Amtsstellung , Preis-
bewerbungaarbeit etc.). Auch zeichnen sich diese
Falle durch Rapidit&t des Verlaufes aus. — Im wei-
tern Verlaufe nimmt auch die Dicke des einzelnen
Haares ab — zweites Stadium. Da namlich die
Dicke dea Haares von der Dicke der Papillen ab-
hRngt , die letztern aber von dem immer 3traffer
werdenden Bindegewebe wie von einer Mauer ein-
geengt werden, auch der Grund dea Haarbalgea
nicht — wie ea in der Norm zu geacliehen pflegt —
in das weiche Gewebe der Fettschicht rttcken kann,
so muss sich der Hbrigena gesundc Haarbalg be-
schranken , sein kleinea Wollharchen zu produciren.
Vf. geht Bodann (lber zur Besprechung der Ur-
sache der Beschranknng der Glatze auf den Vorder-
und Mittelkopf und des Umatandes, dass sich die
krankhafle Verflndernng an andern Stellen des
CapQIitium auf Schtippchenbildung und Verkttrzung
der typiachen Lange dea Haares beschrankt, und
kommt zu dem Schluss, dasa die Galea die Uraache
der Glatzenbildung aei vermOge der grOaaern Straff-
heit ihres Gewebes im Vergleich zu den andern sub-
Ved. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
cutanea Fascien : aus welchem engmaschigen Gewebe
m&chtigere Ztige in die liber ihr liegende aubcutane
Schicht und in die Cutis ttbergehen und so diese
Gegend zu grSaaerer Intenaitat jenea Processes prft-
de8tiniren. Die Gegend des YVirbels werde oft
am frtlhesten von der Kahlheit ergriflfen, weil hier
die meistens senlcrecht aufsteigenden Bindegeweba-
brflcken ihrenZug in gerader Linie mitungeschwHch-
ter Kraft auatlben kOnnen und hier die Haarbklge
am wenigaten achief in die Cutis eingepflanzt aind.
Ebenso aei die weniger feate Anheftung der Cutis an
die Galea einer der Grtinde, warnm bei Frauen
die Alopecie seltcn liber das er3te Stadium hinana-
komme. Den Zusammenhang der Glatze mit Hyper-
plasie der Schildelknochen weiat Vf. zurllck nnd
macht weiterhin darauf aufmerksam , dass bei durch
mehrere Generationen fortgepflanzter erblicher An-
lage zur Kahlheit schon in der Mitte des Lebeua eine
ao straffe Anheftung der Cntis eintritt, dasa man die
Nfthte der Schildelknochen durch die Haut hindurch-
achimmem sieht.
Vf. bespricht sodann die SenaibilitiltsverhftltniBae
der behaarten Kopfhaut, die er mittela des W ebe r’-
schen Versuches und durch Druckprtlfung raittels
des E n 1 e n b n r g ’achen Dmckmesaera an einer groa-
8en Anzahl von Personen festgestellt hat.
A. In der Norm. Im mittlcrn Alter (vom 10. bis 18. J.
ist das UntcrscheidungsvermOgen feiner , vom 20. bis 50.
bleibt es stationar, dann nimmt es ab) werden die Zirkel-
spitzen bei einer Entfernuug von 2.5 Ctintr. am ganzen
Kopf als zwei Beriihruugspunkte cnipfunden , wenn man
den Zirkel an den Schlafen parallel dem I.angen-, an den
ftbrigen Kegionen parallel dem Querdurchmesser des
Schadels aufsetzt. Soli der Oesunde die Zirkelspitzen
als glcich weit von einander abstekend emptinden, so
muss der Abstand betragen : an den ScliUifen und am
Hinterhaupt 25, am Vertex 31, am Vorderkopf 32 , am
Mittelkopf 36 Millimeter. Unter 3 gesunden Personen
empdndct eine, besonders am Hinterkopf, 26 Miutr. nicht
als 2 , Boudern ala 3 Beruhrungspunkte. — Die Unter-
8ucbung des Drucka inues ergab , ausser einem ctwas gc-
ringern Empflndungsvermogen am Mittelkopf, keine Em-
pflndmigsdifferenzen.
B. Bei der Alopecie. Die Rauimdnn-HyperilstheBle
am llinterkopf ist beonders im 1., aber auch im 2. Sta-
dium der Erkrankung erheblich hauflger als in der Norm,
w&hrend die Glatzengegend im 2. Stadinm nnr die Em-
pflndnng tine* Berflhrungspunktes hat. — R&ckslchtllch
des Dructsinnea ergiebt sich: in der Mitte des 1. Stadiums
seien die Zahlen von Berilhrung , Umwandlung derselben
in Druotcmpfludung und vcrmqhrtem Druck an der rechten
Schlafe 0—70 — 80 oder an der linken 0 — 60 — 60, so
laoten die Zahlen am Vorderkopf 0 — 60 — 100, am
Mittelkopf 0 — 60 — 100, am Vertex 0 — 90 — 120, Hinter-
kopf 0—60 — 90. Gegen Ende des 1. Stadiums:
Schlafe 0—60— 80, Vorderkopf 0—100—140, Mittel-
kopf 0—170— 260, Vertex 0—130— 230, llinterkopf 0—
60—90.
Wahrend Vf. aus der Herabsetzung dea Drack-
ainne8 die Erkrankung der Cutis schon etwa in der
Mitte dea 1. Stadiums diagnosticiren konnte , weiat
in der Mitte dea 2. Stadiums zneret der W e b e r ’ ache
Verauch eine etwa eintretende Besaening dnrchRflck-
kehr das Raumsinnes zur Norm , ja selbst bis liber
dieselbe hinans, nach.
4
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III. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
Der Abstand der Zirkelspltzcn . welcher dan Gefubl
einer gleich grossen Entfernung erzeugt , betragt alsdann
an den Schl&fen: 26Mmtr., amVorderkopf 28, ainMittel-
kopf 24 , am Vertex 28 , aui Hlnterkopf 21 , wogegen der
Druckmeaaer ergiebt : an den Schlafen 0 — 70 — 110,
Vorderkopf 0—100—190, Vertex 0—90—160, Hinter-
kopf 0—100—160.
RUcksichtlich des Verhaltnisses der peripheren
Nerven zur Alopecie aussert sich Vf. im Gegensatz
zu der Ansicht von Voigt, welcher den erstem
die Primftrerkrankung zuschreibt, dahin, dass die
feinsten Nervenstammchen durch das indurirende
Bindegewebe erdrtickt wttrden, und zwar meist ganz
allmklig und in Folge dessen unmerklich , dagegen
bei akuter Verscldimmerung des Processes (Gemllths-
bewegungen, Typhus etc.) mit keftigen auf der
Vertexgegend oder dem Mittelkopf auftretenden
Neuralgien.
TherapeutUch rtihmt Vf. im 1. Stadium eine
consequent*, 1 — 3 J. fortgesetzte Anwendung einer
schwachen Kali- oder Natronl&sung (Sol. Kal. s.
Natr. caust. 1:250—500 oder K. s. N. bicarbon.
4:50 — 150 oder K. s. N. carbon. 4:100 — 200
2 — 3 Essldffel voll 3 — 5 Min. lang einzureiben, &n-
fangs taglich, spater seltener), ein Heilverfahren,
welches nur den Nachtheil hat , dass das Haar in
Folge einer Verkleinerung oder theilweisen Aus-
waschung des Pigments eine unangenehme Farbe
bekommt, ein Umstand, der jedoch mit demWechsel
des Haares allmftlig schwindet. Will man diese
MissfUrbung Ycrmeiden , so ist die freilich weniger
wirksame und andere Naclitheile bietende Solut. Kal.
jod. (1 — 2:100) zu empfehlen. — Im 2. Stadium
der Krankheit , in dem vor einer Verwechslung mit
der rein funktionellen Stdmng des Defluvium capill.
nur die Untersuchung des Haai'ausfalls schlitzt (in der
Norm und bei Alopecie veijflngt sich das Wurzelende
des Haares bei ca. 50° / 0 der ansgefallenen ldngern
Haare, nur bei den Ubrigen ca. 50% ist das Wurzel-
ende unverjttngt, wahrend bei Defluvium fast alle
Haare des Ausfalls keine Veranderung der Dicke
des Wurzel8tflckB zeigen), wendet Vf. dieaelben Ld-
sungen in starkerer Dosis oder eine Sublimatsolution
(0.02:150.0) an, warnt dagegen vor den von
„Haar-Conservateuren“ oft verabreichteu Excitan-
tien. Wenn auch Vf. unter dieser Therapie bei be-
reits eingetretenem 2. Stadium noch keinen einzigen
Fall von einer volligen Restitutio in integrum ge-
sehen, so gelingt es doch bei etwa ’/» der Falle, die
Kranklieit zum Stillstand zu bringen. Von snb-
cutanen Injektionen mit oben genannten Medika-
menten , sowie von der Applikation des constanten
Stroms sah Vf. bis jetzt keine Erfolge , rath jedoch,
weitere Versuche damit anzustellen. (0 e h m e.)
522. Ueber venose Stauung in der Haut;
von Heinrich Auspitz. (Vjhrschr. f. Dermatol,
u. Syph. I. 2 u. 3. p. 275 fig.* 1874.)
Vf. schildert zunkchst die Keihenfolge der Er-
scheinungen, welche bei UmschnUrung eines gesunden
Armes liber dem Ellenbogengelenke auftreten, bei
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denen besonders hervorzuheben ist, dass der Gang
des Auftretens der Cyanose gewdhnlich der ist, dass
dieselbe an der Ellenbeuge beginnt, sich laugs der
innern Vorderarmflache bis zur Handwurzel ausbrei-
tet und an derselben auf denRtlcken der Hand ttber-
springt, wkhrend die aussere Flache des Vorder-
armes erst cyanotisch zu werden beginnt , und dass
zuletzt erst die Handflaclie an der Cyanose Theil
nimmt , welche letztere hAufig nur ein dunkel rosen-
roth marmorirtes Aussehen darbietet. RUcksichtlich
der Temperaturverhaltnisse — Kdrperthermometer
unter mdglichst gleichem Druck nnd langere Zeit
durch Binden befestigt — zieht Vf. aus 20 ange-
stellten Versuchen folgende SchlOsse :
1) Die Temperatur der Hohlhand war vor der
Unterbindung hdher als jene des Handrtlckens , im
Mittel 1.57°.
2) Nach Anlegung der Binde fiel die Temperatur
in der Hohlhand weit starker (im Mittel um 1.06°)
als auf dem IlandrUcken (im Mittel 0.56°) , so dass
nach 20 Minuten und darflber die Temperatur
an Hohlhand und Handrtlcken sich nahezu ans-
glichen.
3) Nach Abnahme der Binde stieg die Tempe-
ratur in der Hohlhand rasch und sehr bedeutend,
am HandrUcken weniger rasch und weniger intensiv.
Hinsichtlich der Reihenfolge derStauungserschei-
nungen sah Vf. 5 — 10 Min. nach Anlegung der
Binde Inseln von zinnoberrother bis gelbrother Farbe
entsteheu, welche mit den d&zwiscken Ubrig bleiben-
den blaulicheu Streifeu oder Fleckeu abwechselten.
Diese Inseln, sich an der Beugeseite des Armes ver-
breitend, gehen auf den HandrUcken Uber , wahrend
die Streckseite am nnteru Drittel des Armes und die
Handflaclie (mit seltener Ausnalune des Daurnen-
ballens) frei bleiben. In einzelnen Fallen entwickelt
sich statt der cyanotischen eine mehr alchgraue
Farbung, und statt der zinuoberrothen schmutzig
weisse oder graue Flecke, welche entweder allmalig
verschwinden oder in Zinuoberrothe Ubergehen.
Beide Arten entspreclien einzelnen zwischen den
grossen Venen gelegenen Capillarbezirken der Haut.
Zuweilen kommen alle genaimten Farbungen an dem-
selben Anne vor ; auch treten mauchmal die ziuuober-
rothen, after die w'eissen Flecke erst uach Abuahme
der Binde deutlich hervor. Endlich treteu im wei-
tern Verlaufe auf den zinnoberrotheu Fleckeu uu-
regelmassig zeretreute, carminrothe oder blauscb warze
stecknadeUpitzengrosse Punkte auf. Nach in 10 Min.
bis % Std. erfolgter Losuug der Binde tritt eine
sich bald verlierende hell roaenrothe Farbung des
gauzen Armes ein, die zinuobeiTothen Flecke nehmen
eine Stunden und Tage lang bleibende schmutzig
braune Farbung an, die ebenso wie die ersteren
unter Fingerdruck nicht schwindet und auf welcher
jene Punkte noch massenhaft siclitbar bleiben.
Naclidem Vf. alsdann die Auatomie der Venen des
Vorderarmes geschildert, fUhrt er zur Erklarung der
Temperaturdifferenz zwischen Hohlhand und Hand-
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111. Pathologie, Therapie u. medkinische Klinik.
27
rtJcken, sowie der Zeitdifferenz in dem Anftreten der
Stanungserscheinungen an den einzelnen Stellen die
von Tomsi gezeigte Thatsache an, dass Hautstellen
mit dickerer Epidermis — Hohlhand und Streckhaut
des Ellenbogens — ein mttchtigeres oberflttchliches
Capillarnetz fttr die Papillen besitzen , welches zn-
gleich von einer grttssem Zalil Arterien gespeist wird
und an welcbem der Querschnitt der abftthrenden
Venen jenen der zuftthrenden Arterien in ungewtthn-
liehem Grade ttbertrifft, dass somit an diesen Stellen
rnwohl die Temperatur constant eine hOhere sein,
als auch die venttse Staining nicht so rasch zu Tage
treten kttnne. Fttr letztere komrat noch das eben-
falls von T o m s a erwiesene mehr senkrechte Auf-
steigcn der Arterien , sowie die geringere Spannung
und die von L a n g e r dargetkane ungleiche , wenig
scharfe Spaltbarkeiterichtung der Hantpartien in Be-
tracht.
Nach kurzer Erwtthnuug, dass frei im Gewebe
befindliches Blut , wenn es im obem Theil der Cutis
sitzt, carminroth, wenn es die ganze Dicke der
Lederhaut einnimmt, dunkelbau aussieht, gebt Vf.
znr ErklArung der zinnoberrothen Flecke tlber,
welclie er mit Heranziebung der Expcrimcnte von
Strieker, Cohnheim und eines cignen am Ka-
ninchcnohr angestellten Versuches als den Ausdruck
von durcb Beimiscbung aufgelttstcn aus den Blutkdr-
perchen ausgetretenen Httmoglobins rttthlich gefArbten
Transsudaten aus Capillaren und Venen ansieht ; so-
wie zur Erklttrung der stecknadelspitzcngrossen, zn-
meist in der Ntthe der Unterbindungastellc anftreten -
den Punkte, welche er fttr durch Diapedesis von
rothen Blutkttrperchen entstandene Ilftmorrhagien
dentet.
Rttcksicbtlicb endlich der obenerwtthnten weissen
bei der Stauung auftretenden Flecke glaubt Vf. die
ungleiclimassige Anfttllufig des Capillarbczirkes mit
Blutkdrperchen als Ursache annebmen zu mttssen,
nach Analogic von 0. Weber (Pitha-Billroth
Handb. Bd. I. p. 113. 1865) am Kaninchen, von
Samuel (Virchow’s Arch. Bd. 51. und „der Ent-
zttndung8process u 1873) in der Entzttndungslelire ge-
machten Beobachtung, dass bei der Blutstasc in den
Venen sich die BlutsAule in von rothen und weissen
Blntkdrperchen gebildete rothe und weisse Abschnitte
scheidet.
Im 2. Theil seiner gediegenen Arbeit liat Vf.
die Stauungserscheinungen bei einer Anzahl Krank-
heitaformen stndirt. Die Untcrbindung geschah im-
mer in der oben angegebenen Weise. Mit Ueber-
gebung der im Original genau berichteten Krauken-
geschichten und Versuchsbeobachtungen halten wir
uns hier nur an die Resultate.
A. Morbilli.
1) Die Cyanose trat ebenso auf , wie bei nor-
maler Haut , am sp&testen in der Hoblband , welche
ttbiigcns auch keine Morbillenflecke zeigte. 2) Die
zmnoberrothen Flecke Men mit den prttexistenten
Morbillenflecken zusammen. 3) Bisweilen bildeten
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sich urn diesc Punkte weisse Httfe , welche in einem
Falle spttter etwas gelblich warden und sich tlber
das Hautniveau erhoben. 4) Neben den freien Ek-
chymosen traten bisweilen mttasige Blutaustritte auf
den Flecken hervor. Diese Phttnomene, von denen
ttbrigens kein einziges constant erschien , traten am
deutlichsten und vollstttndigsten zur Zeit der Akme
des Morbillenexantliems zu Tage.
B. Urticaria.
1) Die gelbrotbe bis zinnoberrotlie Fttrbung der
Quaddeln kommt in der Regel bei linger bestchen-
der Urticaria vor. Die Fttrbung ist am ansge-
sprochensten am Rande. 2) Das Centrum der Ef-
florescenzen, welches auch sonst bei Urticaria weniger
dunkel , stets jedoch erhaben erscheint , wird nach
der Unterbindung flacher und bleibt auch in der gel-
ben oder zinnobervothen Fttrbung blasser als der
Rand. 3) Die Quaddeln prominiren nach der Stau-
nng, vermdge einer stttrkeren serttsen Diirehfeuchtung
des Gewebes , besonders mit ihren Rttndem stftrker
(bei Urticaria vesiculosa stArkcre Anfttllung derBlfts-
chen mit Serum). 4) Ebenso wie bei Morbillen tritt
znweilen in der Umgebung bei Urticaria ein weisser
Hof auf. 5) Freie Blutaustritte treten wenig , viel-
leicht weniger als bei der Normalstauung, hervor.
Im Ganzen gleicbe Resultate mit denselben
Farbenverttnderuugcn erliielt Vf. in den bei Ery-
thema papnlat. und Lichen urticatus angestellten
Stauungsversuchcn. Bei dem akuten Ekzem gaben
sich die Folgcn der Stauung durch Steigerung der
serose n Exsudation — Oedem und vermehrte Bltts-
chenbildting — kund , der sich dann die Extravasi-
mng von Blut in Substanz zugeselltc. 20 Min. nach
Abnahme der Binde wird, so lautet der Versuchs-
bericht, die centrale Partie des Ekzems rosenroth,
die Cyanose versebwindet , das Oedem verliert sich.
Tags darauf ist alle Bldscheneruption verschwim-
den und Abschuppung reichlich vorhanden. Bei den
chronischen Ekzemformen treten ausser Ekchymosen
in das infiltrirte Gew’ebe und in die Zwischenpartien
keine wesentlicben Verttnderungen hervor; Ekthy-
mapustcln umgaben sich mit einem dunkelblanen,
blntigen Hof und in die Pnsteln selbst fand ein Er-
guss von Blut statt.
Aus einer grttssem bei dem Blattemprocess an-
gestellten Versuchsreihe — 11 Versnche bei nicht
httmorrhagischer , 8 bei httmorrhagischer Variola —
zieht Vf. folgende 8chlflsse :
A. Nicht hdmorrhagische Variola.
1) Bei diffusem Eruptionserythem tritt keine
Verttnderung durch die Unterbindung auf, ausser
einzelnen hellen Flecken (ungleiclie Blutvertkeilung
in den Capillaren). 2) Wo die Blatternefflorescenzen
auf rosenrother Basis aufsitzen und ebenso, wo noch
fleckige Prodromalerytheme vorhanden waren, stellt
sich constant die Farbenverttnderang dieser Httfe in
ZinnobeiToth oder Rothgelb ein. 3) Die Basis der
Blatternpusteln Wird stets von dunklen Ekchymosen
durchsetzt, bisweilen mit dunkelblaurothem 8aum um
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111. Pathologie, Tkerapie u. medicinische Klinik.
die Pusteln; besonders wenn im Prodromalstadium
Ekchymosen vorhanden waren. 4) Der Inhalt der
BlSechen und Pusteln bleibt stets hell und frei von
Blut, nimmt dagegen an Serum zu. Ueberg&ng von
Blischen in Pusteln war niemals zu bcobachten.
5) Die Masse der freicn Ekchymosen 1st variabel,
aber im Allgemeinen ziemlich gross. Die Blutaus-
tritte versebwinden nach einigen Tagen. 6) Weisse
H<5fe entstanden after in Fallen, wo Entzfinduugs-
rdtlie um die Pusteln vorhanden war.
B. Ilamorrhagieche Variola.
1) Kura nach der Unterbindung massenhafte
Blutextravasation, so dass oft die llaut eine ununter-
brochene blauschwarze jFlache darbot. 2) Die Menge
der entwickelten Blatternpustcln hat auf diese H&-
morrhagien keinen Einfluss. 8) Die Pusteln bleiben
in der Kegel blutfrei.
Nachdem Vf. sodann bei der Vergleichung der
bishcr aufgefiihrtcn Krankheitsprocesae darauf hin-
gewiesen , dass bei den Processeu , welcke der Ery-
themgruppe angehdren , als wesentlicher Stauungs-
effekt die Infusion vonBlutfarbstoff, dagegen bei den
Pustel - Processen der Blutaustritt in Masse her-
vortritt, berUhrt er noch die Identitiit der Krank-
heitsformen von hamorrhagiaclier imd niebt hanior-
rhagischer Variola, welche durch die Stauuflgsresul
tate eine beweiskraftige Sttltze crhaltcn.
Stauuugsvcrsuche bei Scar/ah'nakranken er-
gaben ausser Cyauose und stecknadelspitzengrossen
Ekchymosen keinc Veranderung, ein Umstand, der
im Verein mit der Beobachtung, dass die Lederhaut
vonjeder tiefgreifenden Veranderung frei ist, dem
Vf. den Scliluss gerechtfertigt erscheinen lftsst, dass
die zinnoberrothe Fkrbung nur dann in gerotheten
Hautpartien auftritt, wenn eine Ilyperkmie der tiefer-
liegenden Cutispartie vorhanden ist. Bei Erysipel
trat eine diffuse zinnobeiTothe Farbung der eiysipe-
latdsen Ilautpai'tie mit Blutcxti'avasaten und steckna-
delspitzengrossen freien Ekchymosen auf; ausserdem
zeigten sich , wahrscheinlicb den Grenzen je eines -
Eryaipclnachschubes entspreebend , mebrfach dunk-
lere Grenzlinien.
Ueberrascbend waren die Resultate bei scorbu-
iisehen Erlcrankuugen. Es traten n&mlich ausser
Cyanose und sehr mkssigen Ekchymosen keine Ver-
anderungen nach der Unterbindung ein undes waren
die Blutungen nicht nur nicht reichbcher , sondern
eher geringer, als bei normaler Haut; ein Umstand,
der das Wesen jener Erkrankungen weniger in einer
Veranderung der Struktur der Geftsswande, als viel-
mehr in der Blutmischung, welche durch die vendse
Stase nicht beeinflusst werden kann , zu suchen hin-
weist.
Bei Psoriasis, Ichthyosis, Prurigo wurde kein
anderer Effekt als bei normaler Haut erzielt; bei
Roseola luetica traten Verftnderungen wie bei alteru
Morbillenflecken hervor.
Im 3. Theil seiner Arbeit betritt Vf. das Gebiet
der allgemeinen En Uundungtlthre. Nach Bestati-
gung der von Cohnheim etc. aufgestellten An-
nahme einer Alteration der Gefksswknde als Ursache
der entzllndlichen Erscheinungen , sowie der Beob-
achtung, dass Venensperre indirekt als Entziludungs-
reiz stkrkster Art wirke, geht er zu der Frage tlber,
welche Erscheinungen durch die longer dauernde
Venenabsperrang allein in den GcfUssen liervorge-
bracht werde, bevor man nocli die Ligatur ldst oder
ohne sie Uberhaupt zn loscn. Hicr beobachtet man
niemals jene Ran ds tell ung der weissen Blutkbrper-
chen und deren Emigration. Es mtlsete also die
Unter8uchung eiues Gewebes, in dem venose Stauung
herrsebt, wohl rotbe Blutkdrperchen und angesam-
meltes Blutplasma, aber nur wenig Lymphzellen
enthalten , wie es auch Cohnheim fUr das „Stau-
ungsodeni" angiebt. Im Widerspruch hiermit steht
jedoch ein voin Vf. am Kaninchenohr angestellter
Stauungsversuch , bei dem sich im untersuchten Ge-
webe constant reichliche EiterkSi’percben fanden.
Vf. nimmt, gesttltzt auf Untcrsucbung der frischen
Schnittflacbcn , wo sich nur wenig lymphoidc Ele-
mente fanden, und auf die Untersuchung von in
Goldchlorid gcfkrbten Stflcken, welche Bildcr grosser
Gewebselemcnte mit Keratbcilung im Bindcgewebe
der ddematosen Haut darboten, an, dass obiger Bc-
fund durch einen selbststandigen Vorgang ain Ge-
webe ohne Austritt weisser Blutkorpcrchcu aus den
Gefkssen erzeugt werden kdnne. Er halt deshalb auch
durebaus fllr nothig, das entziindliehe Oedem, bei
dem ja Auswandcrung weisser Blutkdrpcrchen statt-
bat, vom Staiiungsodem zu trennen. Vf. bertlhrt
liierauf kurz die R a n v i e r ’sche Bcbauptung , nach
welclxer nach Unterbindung einer grossenVeiic (Cava
inf., Iliaca, Cruralis) nur dann Oedem der untcrnEx-
tremitkten erfolgen solle, wenn gleiclizeitig durch
Durchschncidung des N. ischiad. cine vasomotori-
sche Litlimung hinzugekonynen sei ; sowie die An-
sicht von 8 c h i f f , dass die Steigerung des Druckes
in denVenen danu Oedem erzeuge, wenn sic grosser
ist, als der Druck nach Unterbindung dcr Ilaupt-
vene allein, dass also zur Unterbindung der letztern
entweder noch eine Unterbindimg der kleinen Venen
oder ein ahnlich wirkendes Moment — z. B. die
eine Paralyse der Gef&ssnervcn erzeugende Durch-
schneidung des Ischiadicus — hinzukommen mtlsse.
Hinsichtlich der weitem Frage, welchen Einfluss die
Combination der eutztlndlichen Gefassver&nderungen
und der Stauungswirkungen babe, geht aus den im
Original genau dargclegten Thierverauchen hervor,
einmal dass die Entzttndungserscheinungen auf einem
Boden, dessen venbse Abfhhr gehindert ist, wenigeT
intensiv hervortreten , dass sie durch die Stauimgs-
symptome gedeckt erscheinen , und ferner , dass die
unvollstandige Venenligatur , wenn sie lcurze Zeit
nach einem Entzilndungsreize stattfindet, das Zu-
standekommen der Wirkuug desselben verhindert.
Bei einer sclion vorhandenen Reizwii’kung werden
durch die Venenunterbindung die Entztlndungssym-
ptome vielleicht etwas liinausgezogen , aber sicker
nicht beseitigt. Zum Schluss stellt Vf. folgende far
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111. Psthologie, Therapie a. medicinisehe Klinik.
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die Vennehsthiere wie fttr den Menschen feststehende
Sltee &af.
1) Durch die vendse Staining tritt in pr&existen-
ten, achon derrtlich entwickelten Entztlndungsherden
schneller nnd m&chtiger ala an andern Stellen Dia-
pedeais anf.
2) Die Entztiudungardthe trat in Folge der Stea-
ling an dem Ramie der Hauterythenie, Quaddein etc.
krSftiger nnd in ticferer Filrbung liervor , wfthrend
das Centrum blasser wtirde.
3) Bei den Versuchsthieren wie beim Mensclien
findet man die UngleichfSrmigkeit in derFttllung der
einzelnen Abscbnitte je eines Capillarbezirks nnd ins-
beeondere die in der Umgebung (lberfllllter Bezirke
bisweilen durcli weisse HOfe um dieselben markirte
Anlmie.
4) Niemals wird durch die venftse Steuung wfth-
rend ihres Bestehens Eiternng angeregt oder eine
schon voriiandene befBrdert. (0 e li m e.)
523. Anatomische TTntersuchungen iiber
Lupus ; von Dr. R, T h o m a in Heidelberg! (Vir-
chow’s Arch. LXV, 3. p. 300 flg. 1876.)
Durcli vorliegende Arbeit, in welcherVf., ebeuso
wie er es frtlher bei Lepra Arabum gethan , nach-
weist, das* auch die lupdsen Neubildungen durcli
Conflucnz von perivascularen Zilgen Iymphoidcr Ele-
mente entstdicn, nnd dass dabei die Gescbwulst-
zellen dieselben Umwandlungen ihrer Form durch-
macken, wie bei Lepra, bestatigt sich von Neuem
die bereits von Virchow nacbgcwiesene Verwandt-
scliaft bcider Erkrankungen. Die Uutersuchungen
warden tlieils an frischen Objekten nninittelbar nach
der Ansschneidung aus dem lebenden Kiirper, theils
an in Kochsalzlrtsung gelegten Schuitteu aus gefror-
nen Gescliwttlsten , theils an in Alkohol gchkrteten
Pritparaten vorgenoinmen. Nach genauer anatomi-
scher Beschreibung der 18 von ihm studirtcn Ge-
Hchwfllste von Lupus vulgaris und serpiginosns der
Hant , sowie der Nasen- , Raclien- und Kehlkopf-
8chleimhant, geht Vf. zu einer mehr zus&mmenfas-
8enden Besprechnng derselben fiber.
Die unter dem Nainen Lupus vulgaris u. serpi~
ginosua zusanimengefassten Ilautgeschwlllste sind
als Erzeugnisse des Bindegewebes aufzufassen , und
zwar zeigt sich die Entwicklung derselben gebunden
an die Ausbreitung der Blutgefdsse. In der Um-
gebong der letztem bilden sich , wie anch bereits
andere Forscher — Anspitz, Kaposi, Essig,
Lang — beobachtet haben, Zflge von lymphoiden
Elementen, welche bier und da zu Geschwulstknoten
confluiren. Alsdann treten in diesen Knoten, deren
Gewebe dem Granulationsgewebe gleicht, Gruppen
von grossen Rundzellen auf, in deren Mitte meist
einige Riesenzellen liegen. Die jetzt beginnende
regressive Metamorphose ftlhrt darch fettige Degene-
ration und klsige Eindickung zur Resorption oder
zur Ulceration und endlich znr Vernarbung. An
den kleinea Arterien und Venen der Haut liegen
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diese lymphoiden Elemente in einem Raume, welcher
von der Adventitia des Gefttsses einererits nnd den
derbcn Bindegewebsbtlndeln andererseits gebildet
wird, den Vf. als perivascularen Raum bezeichnet
und welcher unter normalen Verbid tnissen kanm
deutlicli erkennbar 1st. Auf beiden Seiten scbeinen
diese Rftume von glattcn, sich an den Rilndem nicht
berUbrenden Bindegewebszellen ausgekleidet zu sein.
Diese R&ume hilngen mit den zwischen den Binde-
gewebsfibrillen liegcnden engen Spalten und durch
diese erst mit den in der limit relativ weit von den
Blutgefaaseu entfernt laufenden Lymphgefkssen zu-
sammen. An einzelnen Bezirken findet sich die pe-
rivasculare Wncherung ntir wcnig, dagegen eine
grdssere Zalil Bindegewebszellen neben einer Um-
wandlung der bindegewebigen lntcrcellularsubstanz,
wodurch das Gewebe den Charakter einer Narbe an-
nimmt. Die Capillarbahnen der Haut sind in glei-
cher Weise von lymphoiden Elementen umgeben,
nur eracheinen die ZellenzUge vielfach weniger scharf
nach aussen begrenzt. Diese perivasculare Zellen-
wuchemng findet sich immer bis auf die Entfernung
von 0.5 — l.OCtmtr. , zuweilen bis 2.5 Ctmtr. im
Umkreisc der grOssern Tumoren. Rttcksichtlich der
einzebien Gefissbezirke weist besonders das Blut-
gef&ssnetz der Papillarschicht sehr dichte ZellenzUge
auf, welche sich bis in die Spitze der Hantpapillen
hineinziehen und sich l&ngs den zu- u. abftihrenden
kleinen Arterien und Veuen fortsetzen in die peri-
vascularen lUume der netzformigen , im Sti'atum re-
ticnlare der Haut gelegeuen Blutgefilssansbreitung.
Um die Capillaren der Ilautdrttsen und Haarbiilge
hflufen sich die Zellenelemente ebeufalls besonders
stark an, so dass hier frUhzeitig kleinste Geschwfllst-
knotelien entsteben , welche auch am Lebenden als
kleinste Erkrankungsherde geftthlt werden kdnnen.
Im Centrum dieser Knfltcheu entwickeln sich mit
dem Waclisthum der letztem zerstreut eingelagert
zwischen die lymphoiden Elemente ein- und mehr-
kemige protoplasmareiche Zellen , dieselben Zellen,
welche von Anderu in liyperplastischen Lymphomen,
in sypliilit. Neubildungen , in Tuberkeln u. s. w.
nachgewiesen warden. Die grilssem Knoten ent-
stehen einestheils durch centrales, in vicl hflherem
Maasse jedocli durch peripheres Wachsthum , indem
die KnOtchen unter einander und mit den perivascu-
laren Ztlgen verschmelzen, wodurch ein Gewebe mit
sp&rlicker bindegewebiger Grundsubstanz und zabl-
reichen lymphoiden Elementen und weiten Blutgefts-
sen gebildet wird. Dieses Gewebe liat meist kune
Dauer. Nor bei ulcerirtem Lupus finden sich zu-
weilen in dem Gewebe vereinzelte vielkernige Riesen-
zellen und Zflge von Spindelzellengewebe , sowie
spindelzellenreiches Bindegewebe, welche Bildungen
einen lftngem Bestand haben. Die nicht ulcerirten
Lupnsgeschwttlste verflndem sich sehr bald , indem
sich Rundzellen, wie in den beschriebenen KnOtchen,
bilden. Diese Rundzellen liegen oft in Hftufchen
( Areolen) grappirt , von Blutgetessen u. lymphoiden
Elementen umshumt, in den mittlern Theilen Riesen-
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III. Pathologic, Ther&pie a. medicinische Klinik.
zellen in grosser Zahl enthaltend. Die Zellenareolen
liaben grosse Neigung zur fettigen und kftsigen Me-
tamorphose: Zunahme der Rundzellen, Verschwin-
den der lymphoiden Elemente, Zusammenfliessen ein-
zelner Areolen , und es kommt so zu Anh&ufung be-
trttchtlicher Kisemassen, wenn nicht vorher Ulcera-
tion eingetreten ist. — W Ahrend im Coriumgewebe
der Lupusprocess durch Zusammenfliessen der lang-
gedehnten Zttge lymphoider Elemente fortschreitet,
schiebt er sich im Unterhautzellgewebe vermOge des
daselbst befindlichen sehr engen , gleichmftssig ver-
zweigten Capillarnetzes mehr als geschlossene Infil-
tration vor, die Fettzellen auseinandev dr&ngend und
atropliirend. Ausserdem aber kriecht die Neubil-
dung nocli cntlang den grdssern Blutgefkssen weiter
in Gestalt einer kleinzelligen Infiltration der Adven-
titia, besonders den Vasa vasorum der Adventitia
folgt die Anhhufung der lymphoiden Elemente und
Bildung eben solcher Areolen , wic im Corium. —
Bezttglich der Lymphgefasse lassen sich nur selten
solche mit Geachwulstmassen gefUllt nachweisen , so
viel aber liess sich erkennen, dass die Geschwulst-
elemente im Innern der Lymphgeftssc voraussioht-
lich nicht vom Lymphendothel abstammen , sondem
wohl aus den Bindegewebsspalten in die Lymph-
gefksse hineingelangten. Was die epithelialen Ge-
bilde anlangt, so gehen die Zellen des Epithets nicht
ilber in die Zellen des Lupusgewebes, das RcteMalp.
ist stcts scliarf abgegrenzt , die Papiilen fiber den
Knoten sind meist verstrichen. Die Dicke des Rete
Malp. u. der Hornschicht war meist etwas vcrringert.
Die Haare waren meist im Bereiche der Neubildun-
gen ausgefallen. Einzelne HaarbAlge enthieltcn Milien ;
auch im Bereiche der kleinern und grossern Haut-
knoten fanden sich solche Milien sowohl als leere
Haarbalge. Talg- und Schvveissdrtlsen zeigten keine
Abnormithten. Rllcksichtlich der aus ulcerosem Lu-
pus hervorgehenden Narbe ist zu crwfthnen , dass
Vf. noch zuweilen in der Tiefe perivasculare Zellen-
anh&ufungen nachweisen konnte, eine Beobachtung,
die vielleicht das Zustandekommen mancher Recidive
erklirt.
Zum Schluss kommt Vf. noch einmal zur Be-
sprechnng der Anh&ufnng lymphoider Elemente in
perivascularen RAumen und hebt hervor, dass die-
selbe als ein eigenartigcr Vorgang ffir Lupus durch-
aus nicht zu betrachten sei, dass sie vielmehr bei
nahezu alien Tumoren nnd Entzilndiuigsprocessen
der Haut und der innern Organe beobachtet werde,
wie es z. B. auch fttr Erysipel, Fibrome, Warzen,
Lepra, syphilit. Neubiklungen u. s. w. bereits nach-
gewiesen sei. Doch glaubt Vf., dass dieser Process
bei Lupus und Lepra eine besondere MAclitigkeit
besitze. Die lymphoiden Elemente ist er geneigt,
fttr ausgewanderte weisse Blutkorperchen oder Ab-
kommlinge derselben zu halten. Endlich weist Vf.
noch auf die Beziehungen der lymphoiden Elemente
zu den grossen Rund- und Riesenzellen hin , welche
letztere mit Wahrscheinlichkeit aofgefasst werden
dttrfen als Metamorphosen der era tern , welche ab-
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h&ngig sind von bestimmten Raum- und Zeitverhttlt-
nissen und auch von bestimmten lokalen oder allge-
meinen EraAhrungsstclrangcn. Diese Metamorphose
ist der unmittelbare Vorl&ufer der Verfettung und
Verk&sung und darf demnach auch als regressive
Metamorphose der lymphoiden Elemente bezeichnet
werden. (0 e h m e.)
524. Lupus und Carcinom; von Prof.
Eduard Lang in Innsbruck. (Vjachr. f. Derma-
tol. u. Syphilis I. 2. p. 165. 1874.)
Nachdem Vf. sich dagegen ausgesprochen , dass
die F&lle , welche eine Complikation von Lupus und
Carcinom aufweisen sollen, bisher ohne jede Aus-
wahl neben einander gestellt wurden, und seine An-
sicht dahin geAussert , dass auch die als zweifellos
hingcstellten Beobachtungen von Lupus und Krebs
in 2 Gruppcn geschieden werden sollten, je nachdem
das Carcinom in der Narbe eines lAngst geheilten
Lupus auftaucht , oder aber dasselbe sich an einen
bestehcnden Lupus anschlosS, geht er zur Beschrei-
bung eines von ibm beobachteten Falles fiber.
Es handelt sich um einen 23jahr. Mann, der seit sei-
nem 2. Lebensjahre an Lupns litt und bei dem die K ran k-
heit sich fiber den gansen Kfirper verbreitet hatte. Das
Gesioht war nahezu in seinem ganzen Umfangc von einer
Lupusnarbe, hier und da roit Lupusknotchen , occupirt.
ausserdem aber befand sich zwischen Oberlippe und un-
terem Augeulide rechterscits ein nagelgliedgrosses. carci-
nomatoses Gcschwiir, dessen unter Knotchenbildung ein-
hergegangenen Anfang Pat. T J. zuruckdatirte. Nacken-
und Ilalsdrusen derselben Seite hocligradig infiltrirt. Fer-
ner Lupusuarben und Knotchen an zahlreichen Stellen
des Stammes und der Gliedmaasscn , unter andern Efflo-
rescenzen an den Fingem mit tnberoser Form, die Pat.
mit denen verglich, die ursprunglich an oben erwahnter
Geschwiirsstelle geBCssen batten. Die Untersuchung der
Geschwfirsfliissigkeit hestiitigte die Diagnose eines Carei-
nom und (and Vf. unter andern epithelial® Zellen von
mehrkantiger und geschwanzter Form, welche sehr hanfig
Kerne darboten, an denen sich dieselben Furchnngspha-
nomene abspielten, wie sie Vf. in den Zellen einer carci-
no mates entarteten Lymphdruse nachwies (Virchow's Arch.
LIV.) und wie er sie immer nur bei schnell wachsenden
Careinomen fand.
Die ZerstSrung des Geschwurs griff mit Vehemenz
um sich und war an manchen Tagen eine wahrhaft
enorme : es folgte der Zerfall jedem frischen Carcinom-
ansatz auf dem Fuss, so dass wahrend der ganzen Dauer
die Harte des Carcinomgesehwurrandes vermisst wurde.
Der Kr. start) 2 Monate nach der Aufnahme.
Die anatom. Untersuchung einiger dem Cadaver
entnommener, znerst in M ft 1 1 e r ’scher Flflssigkeit,
dann in Alkohol conservirter Geschwftrsstftcke ergab,
dass der Krebs in Form einer Schilssel vorlag nnd
in Lupus eingebettet war. Die Lupnsmassen hkuf-
ten sich gegen die Hautoberil&che hin bedeutend an,
verringerten sich gegen die Tiefe. Dabei griffen
die beiden Neubildungen durch verschiedenartig ge-
bildete Netzformen in einander fiber ; grttsstentheils
war Krebs mit Lupus vergesellschaftet , wiihrend
letzterer fiber grosse Strecken oft allein getroffen
wurde. Der Lupns , welcher dem Carcinom als
Stroma diente, nahm an der convexen Region des
schalenffirmigen Krebs - Ganzen immer an Michtig-
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IQ. Pathologic, Therapie a. mediemische Klinik.
31
keit zu , wurde aber gegen die ConcavitAt hin von
der epithelialen Neubildung verdrftngt. Nirgends
sah Vf. UebergAnge von Krebs zu Lupus oder um-
gekehrt. Ferner sah er Bilder von gefAssartiger
Verzweignng von CarcinomschlAuchen, aus denen er
folgert, dass Krebszellen sich theils in Lymph-,
theils in Blutbahnen aktiv hineinbegaben.
Zum Sclduss stellt Vf. die beiden SAtze auf:
„Das Carcinom kann gegen lockeres, von Lupus er-
weichtes Gewebe viel leichter und schneller vordrin-
gen und somit in viel kilrzerer Zeit grosse Ausbrei-
tung erlangen ala es sonst der Fall ist. u
„Das Concurriren von Lupus und Carcinom be-
dingt darum eher raschen Zerfall und ausgedehnte
Zerstdrung, weil die ohnehin geringe LebensfXhig-
keit der Krebszellen durch den untergeordneten
Werth des lupdsen Stroma als Nahrboden nur noch
mehr heruntergesetzt werden muss.“ (O eh use.)
525. Ueber Anwendung von Acetum
plumbi und Jodoform bei veneriachen Afifek-
tionen; von Dr. 0. Martini 1 ).
I. A ceium plumbi. Dieses Mittel ist gegen
Entzundung der Leietendruten zuerst von Prof.
Zeissl in Wien (Wien. med. Wchnschr. 10. 1872) u.
daun von Dr. Patzeltin Prag (Arch. f. Dermatol,
u. Syphil. 1873. Heft 3 u. 4) empfohlen worden.
Die Beobachtungen im Stadtkrankenhause zu Dres-
den , wo das Mittel auf der Station ftlr Syphilis und
Hautkranke in der Zeit vorn December 1874 bis
Ende Januar 1876 zur Anwendung kam, ergaben
folgende Kesultate.
Die Gesammtzah] der mit Acetum plumbi behandel-
ten Bubonenfalle bet rag t 78. Die Priinaraffektion war
lmal Blennorh. urethr., 61 mat weiche SchankergcachwGre,
4mal indnrirte , lOmal Anfangs weiche, dann indurirte
Ulcera, lmal Oondyl. syphil. und Bl. vaginae, lmal nicht
mehr zu ermitteln.
Von diesen 78 Fallen konnte bei 44 die Behandlung
bis zur volistandigen Heilung durcbgefiihrt werden. Bei
den flbrigen 34 musste dieselbe schon fruher anfgegeben
werden , und zwar 3mal wegen vorzeitigen Abganga der
Pat., 7mal wegen zu profuser Eiterung, bez. zu bedeuten-
der Fisteibilduug naeh der Eroffuuug, 3mal wegeu bedeu-
tenden schankrosen Zerfalles des Gruudes und der Ran-
der, 2mal wegen unveranderten Fortbestehens der hoch-
gradigen Verhartung des umgebeuden Zellgewebea , 7mal
wegen Ueberganges in Adenitis indurativa , llmal wegen
zu bedeutenden Erythema und Ekzeina der Iiaut und
lmal wegen starker Blutung aus der Punktionswiinile.
Von den uhrigen 44 Fallen , wo die Behandlung mit
Acetum plumbi fortgefiihrt werden konnte , gelang es, in
19 Fallen Resorption herbeizufulireu, wahrend 26 Bubonen
die Punktion oder Incision erforderten.
a) Resorption. 19 FAlle. Dauer der Behand-
lung mit Acetum plumbi — 4 — 41 Tage, d. i.
dorchschnittlicb 17 •/* Tage. Hiervon brauchten die
5 Falle , welclie eine mehr oder weniger deutliclie
Fluktuation zeigten, 17—41 Tage, d. i. durch-
schuittlich 31 Tage, w Ah rend die tibrigen 14 ohue
') Xus dem Jahresber. d. Ges. f. Natur- u. Heilk. zu
Dresden Oct. 1876 — Juni 1876 mit Genehmlgung des
Herm Vft. entlehnt. Wr.
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nachweisbare Fluktuation in durchschnittlich 12 , / s
Tagen zur Heilung gelangten.
b) Punktion. 25 FAlle. Wenn die Fluktua-
tion einigermaassen betrachtlich war und hiemach,
sowie wegen der Grdsse und Schmerzhaftigkeit der
Geschwulst, der Verdflnnuug derHautdecke etc. eine
Resorption nicht mehr wahrscheinlich erschien,
wurde mit der Lancette punktirt. Abweichend von
P a t z e 1 1 wurde kein Compresaionsverband, welcher
als wirklich nutzbringend schwer durchfilhrbar , an-
gelegt, sondem der Inhalt durch entsprechendes
DrQcken taglich einmal nach Mdglichkeit entleert.
Wenn die Punktion Vormittags geschehen, wurde
erst Nachmittags wieder mit den Bleiessig-Ueber-
schlagen begonnen. (Bei sehr umfanglichen Driisen-
abscessen mit stark verdtlmiter Hant wurde von
vornherein von der Punktion und der Bleiessigbe-
handlung abgesehen und, wie frilher, eiD ergiebiger
Lang8sclinitt gemacht. Eine grdssere Wundfladte
wird durch das Acet. plumbi nur iu ciner fortwAh-
renden unndthigen Reizung erhalten.) Dauer der
Behandlung im Krankenbause (lberhaupt 7 — 38 Tage,
d. i. durchschnittlich 19 Tage. Nach erfolgter
Punktion bedurften die Bubonen im Durclischnitt
13 */ t Tage zur Heilung. — Beztlglicb der Beschaf-
fenlieit des Sekrets und des Verhaltens der Buboneu-
dffnung sind die 25 FAlle noch in 2 Kategorien zn
trennen, nAmlich: a) in 19 FAllen schwieg die Eite-
rung nach der Punktion fast gAnzlich und trat nur
eine sp&rliehe , rOthlich-gelbliclie oder weisslicbe Se-
kretion ein, sowie eine rasche Verklebung und bal-
dige definitive Schliessung der WundrAnder, dnreh-
schnittlich in 9 Tagen. — b) In 6 FAllen dauerte
dagegen die Eiterung lAngere Zeit noch fort und
kam es auch 3 Mai znr Bildung von Hohlgilngen.
Hier war auch die Heilungsdauer dnrchsclmittlich
2 6*/ 9 Tage. In ein Paar FAllen musste mit der
nach der Punktion fortgesetzten Bleiessigbehandlung
wegen starken schankrOsen Zerfalles der WundrAnder
ganz aufgehdrt werden.
Im Allgemeitien sind die Resultate der Behand-
lung mit Acet. plnmbi nicht als ungtlnstige zu bc-
zeichnen , wenn auch nicht als so ausgezeichnete,
wie es Patzelt angiebt. Einen Theil der Schuld
tragen bierbei jedenfalls die verschiedenen VerhAlt-
nisse eines Civilkrankenhauses , wo die Kranken —
die meistentheils die Kosten der Kur selbst tragen
m()8sen — nach Belieben ein- und austreten, gegen -
Uber denen eines Militilrhospitales , wo die Kranken
in der Regel frillizeitig aufgenommen werden nnd
ihre Entlassung ausschliesslich von dem Ermessen
des behandelnden Arztes abhAngt. Auch wurden
im Dresdner Krankenhause Manner und Frauen ver-
Bchiedenen Alters behandelt, in Prag nur junge krAf-
tige Soldaten; ausuerdem auch die UeberschlAge
(nach Zeissl’ s Vorschrift) fleissig eraeuert. Das
Lob der Einfachheit, Bequemlichkeit , Reinlichkeit,
sowie der raschen Beseitigung der Scbmerzen kann
Vf. ebenfalls im Allgemeinen bestAtigen. Das Ent-
stehen von sehr schmerzhaften Erythemen und Ek-
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32
III. Pathologic, Therapie u. mediciniache Klinik.
zemen, die bei lkngerer Fortsetzong des Uittels wohl
selbst in Erysipelas uud Phlegmone (lbergehen kdn-
nen, wird in den Prager Fallen nicbt erwilhnt. Audi
die Bildung von Hohlgangen kam bei Vf. — trotz
einer gewissen Auswalil der Falle — etwas hftnfiger
vor.
Eine Hanptregel ist auch hier , dass man indivi-
dualisirt, jedenFall nncli seinen besonderen Verhalt-
nissen bebandelt und nidit urn jeden Preis auch da
eine Knrmetbode durchzufllhren sucht, wo sich die
uuzweideutigsten Anzeichen herausstellen , dass die
eingeschlagene Behandlung niclit passt und vom
Organismns, so zn sagen, nicht vertragen wird.
Als Contraindikationeu betrachtet Vf. von vorn-
herein sehr grossen Umfang des Bubo , reichliclien
eitrigen Inhalt, sehr verdtinute livide Haut, begin-
nende oder gar schon ausgebildete Gangriln etc. ; —
im Verlaufe der schon eingeleiteten Behandlung gel-
ten als Gegenanzeichen : sehr empfindliclie Haut,
Entstehen von Ekzemen oder rosenartiger Entztln-
dnng, starke Eitemng, Bildung tieferer Ilohl-
giinge etc.
II. Jo do form. Die Gesammtzahl der von
Vf. im Stadtkrankenhause zu Dresden vom 20. Oct.
1875 bis Febr. 1876 mit Jodoform behandelten
Falle belauft sich auf 89 , und zwar wareu es : 1)
weiche aypbilitische GeschwUre = 30 ; 2) eiternde
Bubonen = 22 ; 3) exulcerirtc und niissende syplii-
litische Papeln (Condyloui. lata) — 25 ; if Ulcera-
tion nach zerfallenem Gumma == 2 ; 5) allgemeine
Syphilis = 8 ; C) Unterschenkelgeschwtlre = 1.
1) Weiche sgjdiilitische Geenhvure. 30 Falle ;
davon 5 mit entztludlicher Plumose , 2 mit Parapbi-
mose complicirt. Die Geschwttre waren von sehr
verscliiedener GrOsse, die Ileilungsdauer oft ttber-
raschend kurz, durchschnittlich 10 — 14 Tage. Un-
reine , reichlich eiternde , wenig Heiltrieb zeigende
Geschwttre boten meist schon am zweiten Tage der
Jodoformbehandlung ein auffallend reines Aussehen,
frische , lebhaft rosenrothe Granulationsflache , sehr
geriuge Eiterung, rasche UeberhMutung. Wo es
irgend ausfuhrbar war, wurde das Pulver direkt auf
die Wunde applicirt, tttglich lmal, darttber in der
Regel Watte und Guttaperchapapier. Bei starker
PhimoBe im Anfang Injektion einer Jodoformlttsung
(1 : 15 Aether). Dem Einspritzen ist tibrigens das
Eintrkufeln oder Einpinseln vorzuziehen, da die
Jodoforrnlftsung den Stempel der Spritzen verdirbt
und die Wttsche leiclit befleckt (Jodstftrkc). Bei
M&nnern gab die Anwendung des Jodoformpulvers
viel bessere Resultate, als bei Frauen, wo das Mittel
meist 2mal des Tages applicirt wurde. Bei den
Frauen ist das Pulver auf die vorzugsweise an den
Carunkeln und den Fatten des Scheideneinganges
siteenden primftren tieschwtlre schwierig zu appli-
ciren, wird auch beim Uriniren, beim Einspritzen in
die Vagina und durch die Unruhe , bez. Uiiart dcr
betreflfenden Kranken ttftera bald wieder entfemt.
Bei Mknnern musste in keinem Falle die Jodoform-
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behandlung der Sehankergeachware anfgegeben
werden.
2) Eiternde Bubonen. 22 FiUe , darunter
solche von sehr bedentendem Umfange; einer bei der
Aufhshme mit stark gangr&nbser Zerstdrong der
Haut und des Zellgewebes. Anwendung des Mittels
vorzugsweise nur bei unreiner GeschwUrsfliche, tlg-
licli 1 Mai in Pulverform oder in Lttsung (bei Holil-
g&ngeu). Auch hier zeigte sich sehr bald Nachlass
der Eiterung, Herstellung einer frischen, gesunden
Granulationsflkclie und begiunende Veruarbung. Die
Narbe selbst ist in der Regel linear, weich , nur bei
starkem Substanzverluste uud tief unterminirten
Rkndem zuweilen etwas knotig und uneben. In
manchen Fallen scliicn ein Stadium einzutreteu , wo
es aussah , als ob man des Guten zu viel gethan.
Die RUuder wurden nkmlich lebhaft gerOthet, gliln-
zend , leiclit ddematfls gescliwellt , die hochrothen
Grauulationcn zn Blutungen geneigt. Es wurde
dann die Applikation des Jodoform einen oder meh-
rere Tage ausgesetzt und mit Cliamillenumscht&geii
vertauscht, worauf sich bald wieder ein gleichmlissiger
Heiltrieb herstellte. Die durchschnittliche Heilungs-
dauer bei den Bubonen betrug 12 — 20 Tage, nur
in sehr schweren Fallen tiber 1 Monat. Die Kranken
selbst klagten nur in den era ten Tagen , und zwar
einige Minuten nach der Applikation des Mittels fiber
einen brennenden Schmerz ; in der ttbrigen Zeit be-
stand eine mehr oder weniger vollstftndige AnAsthe-
sie, die Kranken fuhlten von ihrer Wunde so gut
wie nichta.
3) Exulcerirende und ndsscnde Papeln (breite
Kondylome, Plaques etc.). 25 Fftlle. Nebeu ent-
sprechender Allgemeinbehandlung mit Merkur oder
Kalium jodat. kam hier voraugsweise die Jodofonn-
salbe (1 : 10 — 15 Ungt. glycerin.) zur Anwendung.
Die secemirenden Flachen wurden danach bald
trocken, die Schmerzliaiitigkeit, besonders der gegen-
Uberstehenden Kondylome , geringer , die Knoten
flacher , weicher. Bei sehr starker Induration und
Umf&nglichkeit musste in einzelnen Fallen die ROck-
bildung noch durch Anftrageu von Sol. Plenckii be-
fbrdert werden.
4) Ulceration nach zerfallenen syphiUtiechen
Tuherkeln, Gvmma der Haut und dee eubcutanen
Zellgewebe* , Syphiloma. In 2 Fallen von soge-
nanntem Lupus sypliilit. exnlccrat. ail den Nasen-
fldgeln wurden durch flrtliche Applikation des Jodo-
formpnlvers anf die krankhaften Wncherungen anl-
fallend rasche und gflnstige Erfolge erzielt. In dem
einen Falle wurde noch Jodkalium , in dem andem
Jodoform innerlick gereicht.
5) lnnerlich wurde das Jodoform gegen con-
etitutionelle Syphilis (an Stelle des Merkur oder Jod-
kalinm in Pilleu zu 0.1 Grmm. tigl. 6 — 8 — 10 Sttlck)
uur in 8 Fallen angewendet. Das Mittel wurde im
Allgeineinen gut vertragen, nur bei langerem Ge-
brauche grOsserer Dosen klagten die Kranken zu-
weilen liber Aufstossen, liblen Geruch aus dem
Munde , Appetitlosigkeit etc. Der Vertauf war in
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1IT. Pathologie/Thercipie n. medirinische Klinik.
33
kemem Falle nngflnstig, dock ist die Zahl der Beob-
achtungen noch zu gering, am den Werth der inner-
lichen Anwendung dee Jodoform gegentlber den be-
wihrten Heroen der Syphilifl-Therapie — Queck-
silber nnd Jodkalinm — endgflltig festzustellen.
6) Yon Ortlicher Behandlang eines Unterschenkel-
geschwures mit Jodoform liegt nur ein Fall vor.
Naehdem dnrch Applikation des Jodoformpnlvers die
nnreine, schmntzige, schlaffe Geschwttrsflftche binnen
wenigen Tagen zn lebhaftester Grannlationsbildnng
gebracht war, wnrde das fast den ganzen Umfang
des Unterschenkels einnehmende Ulcus schhlsalich
dnrch den B a y n t o n ’ schen Heftpflasterverband zn
dauernder Heilung geftlhrt.
Die Srtliche Behandlang mit Jodoformpulver hat
sich demnach besonders bei weichen syphilit. Geschwd-
ren, bei eiternden Bubonen nnd bei zerfallenden sy-
philit. Hautknoten als vortheilhaft und empfehlens-
werth erwiesen ; ebenso die Anwendung der Jodo-
formsalbe bei breiten Kondylomen. Ueber den Werth
des innerlichen Gebrauches des Mittels bei Lues mils-
sen noch weitere Erfahrungen entscheiden Stdrend
fllr die Anwendung des Mittels — zumal in der
Privatpraxis — wird immer der charakteristische
Gernch bleiben, weniger der gegenw&rtige Preis
(1 Gram. = 25 Pf., 10 Grmm. = 2 Mk.).
[Bei dcr Diskussion liber M.’s Mittheilung er-
w&hnte Dr. Gflntz, dass er dasJodoform seitl873
angewandt nnd als ein ansgezeichnetes , nnr dnrch
seinen Geruch stflrendes Mittel in mehreren hundert
Fallen von Syphilis bewfthrt gefnnden habe. Er
wendet dasselbe besonders in Pulverform bei alten
Geschwflren, Balanitis, Phimose mit Schanker, Ry-
pia , Ragaden an und sah schnelle Heilung. In der
innem Anwendang gleicht das Mittel dem Jodkalinm,
es genflgt nicht allein. Zur Anwendung des Acet.
plumbi auf Bubonen bemerkt Gllntz, dass alle die
eiternden Bubonen gflnstig verlaufen, bei denen sy-
philit. Infiltration der Drfisen noch nicht eingetre-
ten ist.
Dr. Birch-Hirschfeld wandte das Jodo-
form an seiner rechten Hand auf bdsartige Leicher -
tuberkel, aus denen sich eine serpiginds kriechende
Dermatitis entwickelt hatte, welche bisher aller Be-
handlung trotzte, mit groesem Erfolge an und konnte
eine bedeutende Besserung , stellenweise selbst Hei-
lung, constatiren.
Dr. Kttntzelmann wendet zur Behandlung
gewfihnlicher Bubonen die kalte Diuche an nnd
konnte in vielen Fallen deren Aufbrechen verhindem;
er sah sehr haufig das Wiederanlegen der Haut ein-
treten, welches oft mit einer nabelartigen Einziehung
in der Mitte begann.]
526. Ueber die Poliklinik fQr venerisohe
Kr&nkheiten am Hospitale St. Corona zu M in-
land ; von Dr. Achille Francesco Turati.
(Ann. univers. Vol. 228. p. 30. Aprile — Maggio;
p. 449. Giugno 1874.)
Gegentiber den Einwendungen, welche man frfl-
her gegen eine ambulatorische, poliklinische Behand-
lung Sypliilitischer, insbesondere gegen die fllr diesen
Zweck eingerichteten Dispensations - Anstalten ge-
macht hatte, ist man in den letzten Jahren zu der
Ubereinstimmenden Ueberzengnng gelangt, dass in
grossen und mittlern Stadten entsprechende Anstalten
eine Forderung der Zeit sind und ihren unverkenn-
baren Nutzen haben. Frtlher hatte man nnr in Paris
und in einigen andern grossen Stadten solche An-
stalten fllr die Benutzung des Publikums, in nenerer
Zeit haben sich jedoch in verschiedenen L&ndern die
poliklinischen Anstalten fllr syphilitische Kr. ge-
mehrt. Ein grosser umfhnglicher Bericht aus sach-
kundiger Feder liegt una aus Mailand vor, wo-
selbst im J. 1865 eine Ambulanz fllr syphilit. Kr.
errichtet worden war.
Dieser 242 Druckseiten umfassende Bericht be-
weist nicht allein den Nutzen und die praktische
Durchfllhrbarkeit einer poliklinischen Behandlung
Syphilitischer , sonderu, dass auch in theoretischer
Hinsicht auf wissenschaftliche Weise das Material
gentlgend benutzt werden kann. Wir begnflgen uns
hier, eine kurze statistische Uebersicht der Frequenz
dieser Anstalt zu geben, um darauf hinzuweisen,
welche grosse Zahl von Kr. einer Behandlung be-
dllrftig gewesen ist.
Jahr
1865
CO
«
QO
H
r867
18G8
1869
1871
1872
Totalsumme 1
Sogenannte venerische j Manner
Kranke | Frauen
Totalsnmme
Syphilitische Kranke |
Totalsumme
Krankhelten der Ge- (
organ e (
Totalsumme
62
11
613
64
487
34
680 | 689
72 ! 62
627
37
801
49
718
38
4468
347
14815.
1 '
> 6746
73
667
521
1 662 | 732
1 664
860
766
1 . 1
24
9
174
61
139
70
170
76
164
77
134
45
152
41
85
39
1042
417
! 14691
L /
33
235
209
245 |
241
1 179
193
124
1
1
2
9
7
14
20
12
16
33
18
45
58
42
101
43
60
199
272 ;
, 1
| 471/
3
1 16
34
28 | 51 | 103
143
| 93
1
109
) 818
764
1 925 1 1024 1 946 1 1186
1 973
lied. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
(J. Edmund Gflntz.)
5
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III. Pathologio, Thcrapie u. mediciniBche Klinik.
527. Ueber blennorrhagiaohe Entsundang
der Sehnenscheiden; von Dr. A. May mo u.
(Arch. gdn. 6. S6r. XXVI. p. 655. 653. Nov., Ddc.
1875.)
Die Th&tsache, dass im Verianf ernes Trippers
rheamatische Erecheinungen, Affektionen der Gelenke
and Gelenkbknder , sowie der Sehnenscheiden ein-
treten kdnnen , wird nicht mehr bezweifelt. Es be-
steht jedoch noch grosse Verschiedenheit in der Deu-
tung dieser Krankheitserscbeinungen. Einige Auto-
ren nehmen an , dass diese rheumatismusartigen Er-
acheinungen , welche jedoch mit dem Rheuniatismus
nichts gemein haben, eine Theilerscheinnng des Trip-
pers sind , wahrend die Mehrzahl der Autoren nur
zugesteht, dass die Blennorrhoe die disponirende
Drsache sei, urn rhenmatische Erecheinungen bei
einem Individuum hervorzurufen, welches unter dem
Einflusse der rbeumatischen Diathese sich schon be-
findet.
Die erwiihnten rheumat. Erecheinungen kdnnen
zwar zu jeder Periode des Trippere auftreten , die-
selben kommen aber am haufigsten gegen die dritte
Woche, von der Entwicklung des Trippere an gerech-
net, zur Eracheinung. DieSehnenscheidenentzttndung
kflndigt sich nicht durch Prodrome an.
Vf. unteracheidet 1) die Periode der Invasion.
HOchstens tritt manchmal etwas Abgeschlagenheit
ein, plAtzlich kommt Frdsteln oder Frost, welche
Zufklle auch fehlen kdnnen. Bald kommt etwas
Schmerz in einem Gelenk , seltner in einer Sehnen-
scheide ; dieser Schmerz dauert einige Stunden und
manchmal werden in dereelben Weisc neue Gelenke
befallen. Schwellung und Rdthung werden nicht
bemerkt. Manchmal bleibt nach Vf. das Gelenk
2 — 3 Tage befallen , so dass man glauben konnte,
die Affektion wolle sich hier fixiren ; jedoch das Ge-
lenk wird wieder normal und die Affektion fixirt sich
mm in einer oder mehreren Sehnenscheiden. Zu den
eben genannten treten einige allgemeine Erschei-
nungen : Abgeschlagenheit, leichtes Fieber, Appetit-
verlust, belegte Zunge, selbst zuweilen Erbrechen.
Der Ausfluss bei den Mannem bleibt unverandert;
von Frauen fehlen die Beobachtungen.
2) Periode der Entwicklung. Wenn sich die
Affektion ausgebildet hat', findet man anfangs An-
schwelliuig mit dem GefUlil der falschen Fluktuation.
Die Anschwellung, anfangs begrenzt, verbreitet sich
nachher im Verlauf der Sehne ; zuweilen entspricht
die Form der Anschwellung nicht dem Verlauf der
Sehne, sie erscheint vielmehr nur als ein kleiner
runder oder viereckiger Fleck auf der Sehne, wel-
cher die Breite dereelben besitzt. In andern Fallen
findet man eine begrenzte rothe oder in’s Violette
spielende rOthliche Fki-bung der Haut, und zwar ge-
nau an den erkrankten Stellen der Sehne, jedoch
nicht immer in der Ausbreitung der Anschwellung,
sondern zuweilen durch abgesetzte rothe Flecke mar-
kirt. Hiereelbst ist zuweilen der grdsste Schmerz
bei Druck vorhanden ; zuweilen jedoch findet sich
der Schmerz auch nur in der Umgebung der Schwel-
lung. Zuweilen hat die Schwellung und Rdthnng
das Aussehen wie bei Phlegmone. Zuweilen besteht
in der Umgebung der angeschwollenen schmerebaf-
ten Stelle noch eine ddematdse, nicht schmerzhafte
Zone. Dieses Oedem entspricht der akuten Entztin-
dungsperiode.
Die Schmerzen sind das constante Symptom der
Erkrankung und treten entweder spontan auf, oder
werden hervorgerufen durch Druck auf die krank-
hafte Stelle, oder durch Bewegungen der kranken
Sehne.
Der spontane Schmerz ist am heftigsten in den
eraten Tagen des Bestehens der Erkrankung , und
zwar wahrend des Tags weniger heftig als wahrend
der Nacht, zu welcher Zeit meist Exacerbationen
sich einstellen. — Der Schmerz nach Druck auf die
kranke Partie ist immer vorhanden und folgt dem
Verlauf der Sehne. Der Schmerz nach Bewegung
tritt stets auf bei extendirenden, dagegen nicht oder
schwacher bei den entsprechenden entgegengesetz-
ten Bewegungea
Der Site der Erkrankung ist am haufigsten in
den Extensorensehnen der Hand und in der Beuge-
sehne des Daumens ; am Fusse ist eine so genauc
Lokalisation nicht bemerkbar. Im Allgcmeinen kann
gesagt werden, dass sowohl nur einzelne oder viele
und tlberhaupt jede Sehne betroflen werden kann.
Wahrend Hand- und Fnsssehnen am haufigsten be-
fallen w&ren, kam auch eine Erkrankung am Biceps
fcmoralis u. brachialis vor.
Die Dauer der Erkrankung betrilgt gewdhnlicli
4 — 6 Wochen, sehr selten nur eine und selten mehr
als 6 Wochen.
Unter den Complikationen ist am haufigsten die
GelenkentzUndung.
Verlauf. Die Sehnenscheidenentztlndung ist eine
gutartige Form des blennorrhag. Rheumaiismus.
Die Prognose ist gut, der Termin der Heilung jedoch
nicht mit Sicherheit voraus zu bestimmen.
Die Diagnose ist sehr leicbt; die lokalen Er-
scheinungen , der Mangel oder der geringe Grad des
Fiebers, sowie das Vorhandensein eines Trippers
sichern nach Vf. die Diagnose vollstandig. Sind
mehrere Sehnen in der Umgebung eines Gelenks be-
fallen, so kann man allerdings an eine gichtische
Affektion denken. Aus der freiern oder wenigstens
im Innem des Gelenks schmerzlosen Bewegimg und
durch die Prtlfung der einzelnen Sehnen in ihrem
Verlauf wird man jedoch die Diagnose feststellen
kdnnen. Von der rheumatischen Sehnenscheiden-
entzundung unterecheidet sich die blennorrhoische
dadurch, dass erstere viel heftiger und von stets star-
kem Fieber gefolgt ist, sowie dass nur ein oder
einige Gelenke oder Sehnenpartien befallen werden,
ehe eine definitive Lokalisation in einer Sehne oder
in einem Gelenk stattfindet. Endlich ist die rheu-
matische Sehnenentztlndung flflchtdger (mobile) mit
der Neigung multipel zu werden. Die syphiUtische
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35
111. Pathdogie, Tberapie u. medicinisclie Kliirik.
Sehamachadenentz drafting soil nie den Grad er-
refehen wie die blennorrhoische ; anch soli dieselbe
nach verschiedenen Antoren bei der Frau hftufiger
vorkommen als beim Manne. Die Synovitis bei Ge-
wttbetreibenden befUllt gewfthnlich diejenigen Seh-
nen , welehe bei der betreffenden Beschilftigung am
maifften in Gebrauch gezogen werden. Sie ist meist
sehr heftig , von langer D&uer and macht RflckfoUe.
Die Behandlung theilt Vf. in eine allgemeine
nnd in eine lokale ein.
Wahrend man bisber Diuretika in hoben Dosen,
Jodkalium u. s. w. anwendete, mass daran fest-
gehalten werden, dass nach dem Urtheil der meisten
Aerate diese Mittel erfolglos sind ; R o 1 1 e t will gate
Erfolge mit Brech- und Abfilhrmitteln erzielt haben.
In der neaesten Zeit hat man sogar Merkurialien nnd
Cbmin angewendet. Vf. halt auch diese Medikamente
ftir natzlos nnd selbBt schadenbringend.
Eine gut geleitete drtlie/ie Behandlung hat dem
Vf. den meisten Nutzen gebracbt. In der ersten
Periode der Erkrankung, zur Zeit der Anschwellung,
wendete Vf. Srtlich sedative, narkotisclie und er-
weicbende Mittel an. Bei heftiger Entztindung
konnen wiederholte Crtliche Blutentziehungen von
Nutzen sein. Wenn die Entztindung nicht mehr
intensiv ist, wende man fliegende Vesikatore oder
Einpinselnng von Jodtinktur an; sehr vortheilhaft
hatte sich auch ein fester Druckverband erwiesen.
Treten bei ziemlich abgelaufenem Process vcrschie-
dene Fnnktionsstdrungen auf, so empfiehlt Vf. Dn-
scben von Schweielwassern, Dampfbider, aromat.
Riucherungen, Massiren und Mineral wftsser.
Vf. ist tlbrigens der Ansicht, dass der gleich-
zeitig bestehende Tripper zunftchst behandelt wer-
den muss. DieBe Behandlung des Trippers , welehe
dadnrch, dass der Kr. im Bett liegt, sehr erleichtert
wird, hat jedoch keinen Einfluss auf den Verlauf der
Synovitis.
Vf. ftigt 10 ausfUhrlich beschriebene Beobach-
tungen bei , von denen wir folgende 2 wiedergeben.
Beobachtimg 1. Synovitis der Extensorensehnen der
Finger. Die verheirathete M. H., 37 J. alt, Kdchin,
wurde am 20. April 1875 in das Hospital de la Pitid auf
die Abtheilnng des Prof. L a s £ g u e aufgenommen. Pat.,
von krilftiger Constitution , hatte nie an Rhenmatismus
oder eonst an irgend einer Krankheit gelitten. Ungefahr
14 T. vor ihrer Aufnahme hatte sic etwas Schmerz belm
Wasserlassen bemerkt, unter (lessen Znnahme etwas
grfinlicher Ansfluss sich eingestellt hatte. Die Kr. ver-
riehtete ihre Arbeit bis znm 18. April fruh , zu welcher
Zeit sie Schmerz und leichte Anschwellung in den Selmen
der Finger bemerktc. Am selbeu Abend hatte sich die
Geschwulst fiber den Rucken der Hand und die Finger
voltetandig verbreitct , so dass Pat. anfhorte zu arbeiten.
Die Kr. klagte wcder fiber Schwache nocb Anorexie;
Fieber war nicht rorhanden , nnr heftiger Schmerz im
rechtenUandgclenk. Man fand eine langliche Geschwulst,
beginnend lingefiihr 0 Ctmtr. fiber der Zwischenlinie des
Handgelenks , sich ausdehncnd nnd verbreiternd fiber den
Rfleken der Hand bis zu den Fingcrspltzen. Bei genaner
Untersuchung der Geschwulst liatte man das Gefuhl einer
Anschwellung ini Verlaufe der Sehnenscheiden in einer
Range von 7 — 8 und in einer Breite von 3 Centimeter.
Drack auf diese Schwellung rief heftigen Schmerz hervor ;
Pat. vermied Jede Bewegung der Finger. Bei dem Ver-
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luche, die letzten 4 Finger zu bewegen, war der Schmerz
eben so lebhaft wie bei Druck ; der Daumen war weniger
schmerzhaft. Die Haut fiber der schmerzhaften Stelle
war roth , mit einem Stlch in’s Violette gefarbt , nnd In
derUmgebnng bis zuden Fingerspitzen fand sich schmera-
loses betriichtliches Oedem. Wenn die Kr. die Muskeln
achlaff machte, so waren die Bewegungen des Handgelenks
schmerzlos ; die Finger befanden sich in der Hand halb
gebengt. Art nnd Sitz des Schmerzes Hessen an eine
blennorrhoische Affektion denken ; Pat. gab anch an, daae
sie nach einem verdaohtigen Coitus Bchmenen bei dem
Urlniren empfunden und grfinlichen Ansfluss bemerkt
habc.
22. April. Viel Schmerz wahrend der Nacht. Auf
Druck die Sehmerzen im Gleichcn. In der Umgebung
der schmerzhaften Stcllen war die Hant schwach rothllch
gefarbt. Das Oedem, welches die schmerzhaften Stellea
umgab und welches besonders anffalUg in der Gegend der
Gelenke zwischcn Mittelhandknochen und Phalangen war,
hatte sich wesentlich vermindert ; die Stellung der Finger
war noch dieselbe geblioben. Kcin Fieber , Znnge rein.
Appetit vorhanden, Herz frei. Die Untersuchung mit dem
Speculum ergab eine Urethritis. Katarrh des Collam
uteri. — 33. u. 24. April. Dersclbe Zustand ; die nacht-
lichen Sehmerzen Behr heftig. Belladonnasalbc brachte
keine Erleichternng ; Einwickelung in Watte. — 25. April.
Fester Watteverband ; wegen der Urethritis Copalvbslsam.
— 4. Mai. Abnahme des festen Watteverbandes ; Scfcwel-
lung fast verscliwunden ; Sehmerzen im Gleichen. — Am
folgendcn Morgen war die Schwellung in derselben Con-
figuration wiedergckehrt ; Vesikator. — 14. Mai. Wegen
Zunahinc der Schwellung, der Sehmerzen nud des Oedem
neuer Compressivverband mit Watte. Urethritis und be-
trachtlicherUteruskatarrh im Gleichen. — 21. Mai. Watte-
verband erneuert ; Finger gestreckt und in dieser Position
befestigt. — 26. Mai. Nach Entfernnng des Wattever-
bandes war die Anschwellung gesehwunden; kein Schmerz
bei Druck mehr vorhanden ; die spontane Bewegung der
Finger war noch nicht moglich; die gewaltsame Bcu-
gung der Finger verursachte Sehmerzen. Ee warden
Dampfdnschen auf den Vorderarm und die Hand angewen-
det. Es bestand immer noch geringe Urethritis.
Beobachtung VI. F. C., 29 J. alt, Zimmerkellner,
am 20. April anfgenomraen, frfiher stets gesnnd , nie mit
Rhenmatismus behaftet, hatte sich mit 16 J. den ersten
Tripper zugezogen , welcher ohne Compllkation verHef.
Mit 21 J. war Pat. zum 2. Male an Tripper erkrankt und
cinige Tage spater von Sehmerzen in der linken Ferae u.
im Tibiotarsalgclenk befallen worden. Die Behandlung
fand im Hospital du Midi statt. Ein Jahr spater wieder ein
Tripper u. zuglcich Sehmerzen in den Extensorensehnen
des Fusses in der Umgebung der Sehnenscheide des Wa-
denmuskels. Ira Jan. 1875 zog sich Pat. zum 4. Male
cinen Tripper zu und bemerkte 3 Wochen nach Beginn
dieser Klennorrhoe Anschwellung am innera Rande des
Fusses. Der Tripper war bei der Aufnahme in’s Hospital
unbedeutend und dor Heilung nahe. Am linken Unter-
Bchcnkel an der Hinterseite war die Haut violett roth ge-
farbt; Anschwellung, Schmerz auf Druck; bei Druck
oberhalb und unterhalb des Malleolus ffihlte man Fhik-
tuation. — Der Appetit war gut , allgemeine Erechelnun-
gen fehlten vollstandig ; der Kr. war nicht im Stande zn
gehen, er konute ohne heftige Sehmerzen nicht anftreten.
— Vesikator anf die angeschwollene Partie. Einigc Tage
nachher bemerkte man eine leichte AnsohweUung am
innera Rande des rechten Knies. Diese Anschwellung
schien ebenfalls von einer Sehnenscheide auszugehen.
Nach 1 Mon. verliess der Kr. vdllig geheilt das Hospital.
(J. Edmund Gfintz.)
528. Ueber hereditkre Syphilis ; nach
Boeck; Owre; Engelsted.
Prof. W. Boeck in Christiania hielt noch in
seiner letzten Schrift (Erfaringer ora Syphilis. Chri-
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36
QI. Pathologie, Therapie a. medicinische Klinik .
stiania 1875. 8. 147 flg.) an der Ansicht fest, dass
die Syphilis im Allgemeinen von der Mutter, nur
ausnahmsweise vom Voter auf das Kind ubertragen
werde and &uch von der Mutter dann nur selten,
wenn sie vor der Pubertat an Syphilis behandelt
worden ist. Sowohl B o e ck als auch Thoresen
fanden nach ihren sehr reichen statistischen Aufzeich-
nungen flber die Nachkommenschaft an Syphilis Be-
handelter nor sehr selten unter den Kindern frflher
an Syphilis behandelter Vftter hereditftr syphilitische.
Zwischen Syphilis hereditaria und congenita
macht B o e c k einen Unterschied, und zwar bezeicli-
net er alB heredit&r die Sypliilis des Kindes , wenn
die Mutter vor der Conception syphilitisch gewesen
ist , als angeboren hingegen , wenn die Mutter die
Syphilis erst nach der Conception erworben hat ; die
letrtere bedingt, wie B. glaubt, eine glinstigere Pro-
gnose und nach Beinen Erfahrungen wild das Kind
in der Regel gesund geboren, wenn die Mutter erst
in den letzten beiden Schwangerschaftsmonaten die
Syphilis erworben hat. Ebenso htllt B. die Prognose
auch ftlr gttnstiger, wenn die hereditftre Syphilis vom
Vater herstammt.
Aus der Zusammenstellung aller derjenigen Falle,
flber die B. die betrefFende Auskunft hat erlangen
kdnnen (UndersSgelser angaaende Syphilis. Chri-
stiania 1875. S. 19—25, 212 — 214) geht liervor,
dass bei syphilitischen Frauen , wenn sie entweder
noch gar nicht oder kurz vor der Schwangerschaft
behandelt worden sind, am haufigsten die Kinder im
Uterus absterben und faultodt zur Welt kommen,
oder vorzeitig todt geboren werden, oder nach weni-
gen Stunden oder Tagen sterben. Je kiirzer die
Zeit ist , die Beit der Behandlung der Syphilis ver-
flossen ist , um so sicherer wird das Kind nicht ge-
sund zur Welt kommen. Das erste Band, das syphi-
litisch geboren wird, leidet nach Boeck ’ s Erfah-
rungen in der Regel an entwickelteren Formen , als
das zweite ; und so pflegt im Allgemeinen jedes fol-
gende weniger intensiv erkrankt zu sein und eine
grflssere Lebensfahigkeit zu besitzen , als jedes vor-
hergegangene. Wie lange eine solche Mutter fort-
fehrt, syphilitische Kinder zu gebaren , dflrfte sicli
wohl kaum bestimmen lassen ; in einem Falle hat
Boeck eine syphilitische Mutter in einer langen
Reihe von Jahren 12 syphilitische Kinder gebaren
sehen. Die Regel, dass die Kinder je nach der
Reihenfolge , in der aie zur Welt kommen , weniger
intensiv von der Syphilis ergriffen sind, istjedoch
keineswegs ohne Ausnahme , ja es mttssen nicht im-
mer syphilitische Bander auf einander folgen, sondern
es kflnnen dazwischen auch gesunde Kinder geboren
werden. Es kann auch das zuerst geborene gesund
sein und diesem kOnnen syphilitische folgen. In
einem von Boeck mitgetheilten Falle gebar eine
Frau, die mit dem 10. J. syphilitisch war und spater
2mal Recidive gehabt hatte , zuerst 5 gesunde und
dann erst ein syphidtisches Kind , ohne dass eine
neue syphilitische Erkrankung vorausgegangen war.
Die Methode , nach welcher die Syphilis bei der
Mutter behandelt wird , scheint nach B o e c k ’ s st»-
tistischen Aufstedungen keinen entschiedenen Gin-
fluss auf die Vererbungsverhaltnisse der Syphilis aaa-
zuflben, nur will es B. scheinen, als ob nach Behaad-
lung der Mutter mit Quecksdber langere Zeit hin-
durch syphilitische Bonder geboren wflrden, als nach
Behandlung ohne Quecksdber.
Die Ursache davon, dass spater geborne Blinder
weniger heftig an Sypliilis zu erkranken pflegen, ale
hither, dem Infektionstermine der Mutter naher, ge-
bome , dflrfte man , wie B. geneigt ist anzunehmen,
vielleicht nicht allein in der Wirkung der Zeit zu
suchen haben, sondern es kann wohl auch durch
wiederholte Geburten vielleicht eine Reinigung des
Organismus bewirkt werden. Dass die Zeit allein
diese Abschwachung nicht hervorbringt, dafllr scheint
die Beobachtung B o e c k ’ s zu sprechen , dass anch
dann, wenn das erste Kind lange Jahre nach der
Behandlung der Mutter geboren wird , dasselbe sehr
heftig von hereditarer Syphilis befallen sein kann,
wenn auch die Mutter ganz gesund schien ; wfthrend
nach wiederholtem Auftreten von schweren tertiAreu
Erkrankungen ein gesundes Kind geboren werden
kann. Die Ansicht Bassereau’s, dass bei here -
ditir syphilitischen Neugebornen die Symptome stets
denen entsprechen , die die Krankheit der Eltern
zur Zeit der Conception zeigte, kann Boeck
nach seinen Erfahrungen durchaus nicht best&-
tigen.
In Bezug auf die Zeit des Ausbruchs bei here-
ditarer Syphilis stimmt Boeck im Allgemeinen mit
Diday (therein; dass ein Kind gleich mit den
Zeichen der Syphilis zur Welt kommt, ist sehr selten,
raeist erfolgt der Ausbruch erst nach einigen Wochen
bis Monaten ; bei Zwillingen hat B. wiederholt ge-
sehen, dass die Syphilis nicht bei beiden zu gleicheT
Zeit zum Ausbnich kam, sondern im Zwischenranme
von Wochen. Spater als nach 5 Mon. hat B. den
Ausbruch nicht beobachtet, wahrend Andere behaup-
ten , dass die hereditare Syphilis erst nach Jahren,
ja erst im erwachsenen Alter ausbrechen kOnne,
nachdem sie bis dahin latent geblieben sei. Wenn
sich in spaterem Alter Erscheinungen tertiarer Syphi-
lis zeigen , kann es sich nach B. nie um den ersten
Ausbruch einer hereditaren Syphilis handeln, son-
dem um ein Recidiv. Bei genauer Durchsicht der
Spitalsprotokolle von Christiania aus einem Zeit-
raume von 50 Jahren hat er diese Regel, von der er
selbst nie eine Ausnahme beobachtet hat , vollkom-
men bestatigt gefunden. Als Kinder von hereditarer
Syphilis Befallene kamen in spaterem Alter oft mit
tertiaren Symptomen wieder zur Behandlung und
manche von ihnen wussten vom ersten Ausbnich der
Krankheit gar nichts, der nicht unbedingt mit grosser
Heftigkeit zu geschehen braucht , sondern , nament-
lich wenn voider schon mehrere syphilitische Kinder
geboren waren , auch in so milder Form verlaufen
kann , dass ein Arzt zur Behandlung gar nicht her-
beigezogen wird.
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111. Pathologic, Therapie u- medkinische Klinik.
37
la Being daranf , oh die Wirknng des syphiliti-
seken Virus von dem Vater oder der Mutter aus sich
welter vererben kfinne alsauf die Kinder, 1st Boeck
naeh seinen Erfahrungen entschieden der Ansicht,
dass diese geschieht , aber nicht in Form von Syphi-
lis, sondern in anderer Krankheitsform, namentlich
als Scrofulose *und Rhachitis.
In Bezug anf die Syrup tome der hereditAren Sy-
philis erwfthnt Boeck zunAchst die Hautaffektionen.
Von diesen Bind am hAufigsten die Schleimtuberkel,
die wie bei den Erwachsenen , hauptsAchlich an den
Qenitalien und am Ohr ihren Sitz haben , aber auch
an andern Kflrperstellen vorkommen kflnnen ; in
einem Falle hat sie B. fiber den ganzeu Kfirper ver-
breitet [gefunden , mit Ausnahme des Gesichts , der
Hinde und Ffisse und zum Theil der Vorderarme
und Waden. Der PemphiguB syphilitischer Neuge-
bomer unterscheidet sich nach B. von dem anderer
Kinder dadnrch , dass die Blasen eine missfarbige
FlOssigkeit enthalten ; er kann an verschiedenen
Stellen vorkommen , Handteller und Fusssohlen bc-
ftllt er aber atets ; die Prognose wird durch Pem-
phigus schlecht, doch hat B. auch Fftlle gesehen, in
'ienen Heilung erfolgte. Tuherkuldses Syphilid hat
B. nicht beobachtet, dagegen 6ftcr Entwicklung klei-
ner Furunkel oder snbeutaner Abscesse in grdsserer
oder geringerer Menge, die ein schlechtes Zeichen in
prognostischer Hinsicht abgehen. Ein hAufiges Zei-
cben ist auch die dunkler gefarbte imd glAnzendc
Haut in der Handflache und an der Fusssohle und
(burnt verbundene Abschuppung. Uebrigens kfinnen
alle bei Erwachsenen beobachteten Exantheme ancli
bei hereditlr syphilitischen Kindern vorkommen.
Ein Symptom, das B. bei mit hereditArer Syphi-
lis behafteten Kindern wiederholt beobachtet hat,
besteht in einer Menge Furchen , die durch die Lip-
pen zur Mundoffnung hingehen, die das Centrum fUr
alle diese radifiren Linien bildet ; der Mund sieht aus
wie ein mit einem Zugbande zusammengezogener
Beutel. B. Ii3.lt diese Furchung ftlr Folge des
Schwindens des Fettes, und mithin fllr ein Zeichen
der rasch sinkenden ErnAhrung. Ferner erwAhnt
B. noch die Onychie, die Coryza, die Affektionen des
Larynx, des Pharynx, der Knochen und der inneru
Organe unter Beiffigung einiger einschlAgiger FAlle.
Die Prognose ist bei der hereditAren Syphilis
sehr ungflnstig. Von 186 in der Zeit von 1857 bis
1870 behandelten Kindern im Alter von 1 Tag bis
9 Monaten starben 116 und70wurden geheilt, doch
starben auch von den gebeilten noch 5 nach knrzer
Zeit an Recidiven, so dass in der That 121 starben
und nur 65 , also kaum */ 3 , geheilt wurden. Die
Prognose hingt von folgenden UmstAnden ab. 1) Ob
das Kind ausgetragen ist , hat insofern Einfluss, als
bei vorzeitig gebomen Kindern die Prognose sehr
nB 5®nstig ist. 2) Bei ausgetragenen Kindern
kommt es darauf an , zu welcher Zeit der Ausbruch
der Syphili88ymptome erfolgt ; je zeitiger diess der
Pall ist, um so schlechter ist die Prognose in der
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Regel. 3) Je n&her die Geburt des KindeS der Zeit
liegt , zu welcher die Mutter an Syphilis behandelt
wurde , desto schlechter ist die Prognose ; doch er-
leidet diese Regel manchmal Ausnahmen, da ja nach
einem syphilitischen Kinde ein gesundes und dann
wieder ein syphilitisches geboren werden kann.
4) Die ungfinstigsten Symptome ffir die Prognose
Bind Pemphigus, Furunkel oder subcutane Abscesse,
hochgradige Coryza oder die der tertiAren Periode
der Syphilis angehSrigen Erscheinungen. Bei an-
scheinend leichten Formen ist dagegen die Prognose
nicht mit Sickerheit gfinstig zu stellen, es kann vor-
kommen , dass alle Symptome geschwunden zu sein
scheinen auch das Allgemeinbefinden anscheinend
gut ist, und doch stellen sich plStzlich KrAmpfe ein
und das Kind ^tirbt entweder im ersten Anf alle oder
in einem kurze Zeit darauf folgenden. 5) Die Er-
nAhrung mit der Flasche ist fllr hereditAr syphili-
tische Kinder mit viel grdsserer Gefahr verbunden
als fllr gesunde Kinder; wenn das Kind von der
Mutter gestillt wird, sind bessere prognostische Aus-
sichten vorhanden. 6) Pflege und sonstige Verhftlt-
nisse sind von grosser Bedeutung, da derartige Kin-
der von Aussern schAd lichen Einwirkungen viel mehr
beeinflusst werden als andere Kinder.
Wenn ein mit hereditArer Syphilis behafletes
Kind die erste Reihe der Symptome fiberstanden hat,
entwickein sich nicht selten andere Krankheiten
(Hydrocephalus, Rhachitis, verschiedene Knochen-
affektionen u. s. w.) und diese folgen so unmittelbar
nach der wahren syphilitischen Erkrankung, dass
man sie als Folgen der anscheinend geheilten Syphi-
lis betrachten muss. Diese Folgen entwickein sich
nach B. am hAufigsten, wenn die Syphilis mit Qneck-
silber behandelt wurde.
Der Unterschied zwischen der hereditAren und
der acquirirten Syphilis in Hinsicht auf die Prognose
ist so gross , dass in dieser Beziehimg ein Vergleich
zwischen beiden gar nicht moglich ist, obgleich beide
durch dasselbe Virus hervorgebracht werden. Der
Unterschied aber liegt, wie B. hervorhebt , darin,
dass bei der erworbenen Syphilis das Virus durch
die Haut oder Schleimhaut in den Kfirper gelangt,
bei der vererbteu aber [wie B. annimmt] durch das
Blut der Mutter ; als Analogon ftthrt B. den Unter-
schied zwischen der Sterblichkeit an Pocken an , je
nachdem das Pockengift eingeathmet oder eingeimpft
worden ist, aowie die Pleuropneumonie beim Rind-
vieh, die, auf die gewOhnliche Weise fibertragen,
eine Bchwere Erkrankung, durch Inoculation flbertra-
gen, dagegen viel leichter ist.
Dr. Adam 6wre (Nord. med. ark. VH. 3.
Nr. 14. 1875) hat zu den schon frtther von ihm ge-
sammelten noch weitere Falle hinzugefllgt, in denen
er genaue Nachrichten fiber den Gesundheitszustand
von Eltem und Kindern besitzt. Im Ganzen hat Q.
bisher fiber 42 VAter, die syphilitisch gewesen waren
und zusammen 83 gesunde Kinder batten, Notizen
gesammelt ; die betreffenden Mutter waren alle ge-
rnrnd und wohl , ohue jemals das geringste Zeichen
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38
HI. Pathologic, Therapie u. medicinische Klinik .
Ton Infektion geboten zn haben. In einzelnen der
von 0. gesammelten Fftlle datirt die Zeit der Beob-
achtung 16 — 17 Jahre zurtlck. Aus seinen Beob-
aohtnngen zieht er folgende Schlitsae. 1) Ein mit
latenter Syphilis behafteter Yater hat keinen direk-
ten Einflusa auf die Entwicklnng der ererbten Syphi-
lis. 2) Die Kinder eines aolchen Vaters aind friach
und gesund. 3) Angeborne Sypliilia aetzt ateta eine
inficirte Mutter voraus. Der Same eines syphiliti-
tischen Mannea tlbt keinerlei Einflusa auf den Orga-
nismus der Mutter aus , weder direkt , noch indirekt
(durch die 8chwangerschaft).
Dr. 8. Engelated (Ugeskr. f. Lftger 3. R.
XXI. 13. 14. 1876) erkl&rt sich ebenfails ftlr die
Vererbnng der Syphilis von der Mutter aua, obgleich
er zugiebt, dasa eine Erklftrung fllr die UeberfUhrung
dea Contagium von der Mutter auf die Frucht zur
Zeit noch nicht vollatftndig gcgeben werden kdnne.
In klinischer Hinsicht ist dieBeziehung zwiachen
einer ayphilitiachen Mutter und der Frucht verschie-
den , je nachdem die Mutter bei der Conception sy-
philWsch geworden , oder es achon vorher gewesen
oder es erst w&hrend der Schwangerschaft geworden
ist, und je nachdem die sypliilitisclien Symptoms der
sekundfiren oder der tertiftren Periode angehflren.
E. hat hftufig mit Symptomen tertiiirer Syphilis be-
haftete Frauen geaunde Kinder geb&ren aehen , die
auch spftter gesund blieben, doch scheint ea in man-
chen Fallen, als wenn die tertiftre Syphilis der Mut-
ter Einflusa auf die Ernfthrung der Fnicht im Allge-
meinen haben kdnnte. Mit sekundftrer Sypliilia be-
haftete Weiber gebaren dagegen nachE. selbst dann,
wenn sie sich die Syphilis erst w&hrend derSchwan-
gerachaft zugezogen haben , fast unverraeidlich mit
den Symptomen der Syphilis behaftete oder bald
solehe bietende Kinder. Als eine Ausnahme von
dieaer Regel fflhrt E. einen Fall an, in welchem das
Kind einer in den letzten Schwangerschaftsmonaten
ayphilitiach gewordenen Frau wahrend der l 1 /* J.,
in denen sie in Beobachtung war, gesund blieb [vgl.
B o e c k ’ s Angabe, dass Erwerbung der Sypliilia in
den letzten 2 Monaten der Schwangerschaft in der
Regel nicht auf daa Kind wirkt].
Den Umstand, dasa Frauen mit latenter Syphilis
abwecliaelnd gesunde oder ayphilitiache Kinder ge-
baren kflnnen , erklftrt E. nach Virchow’s Meta-
stasentheorie daraua , dasa die latente Syphilis den
Znstand daratellt, in dem der Organismus anschei-
nend frei von Syphilis und das Virus in innern Or-
ganen deponirt iat, von wo ans ea bei einer gelegent-
lich hervorgerufenen Irritation wieder in die Cumu-
lation gebracht werden und eine neue Eruption her-
vorbringen kann, ao dass ea Periodcn giebt, in denen
d>8 Blut inficirt ist, und andcrc, in denen diess nicht
der Fall ist. Eine aypliilitische Frau kann nach E.
eine unberechenbarc Zeit lang fortfahren, syphili-
tisohe Kinder zu gebaren , bis die Kranldieit bei ihr
in daa tertiare Stadium gekommen ist.
Wie weit die Frucht vom Vater aua inficirt wer-
dtn kann, ohne dass die Mutter erst inficirt wild, ist
nach E. sehr zweifelhaft In denjenigen F Allen, die
dafhr zu sprechen scheinen , liegt nach E. die An
nah me einer latenten Syphilis nahe, namentlich des-
halb, weil die Symptome von Syphilis , wenn spftter
wieder solehe auftreten, in der Regel charakteristi-
sche spfttere Ansbrflche derselben (grnppirte Papeln,
tiefe Ulcerationen n. s. w.) seien, und weil eine Mut-
ter , die ein syphilitisches Kind geboren habe , von
diesem nicht durch das S&ugen angeateckt werde,
wahrend nicht syphilitische Ammen in der Regel an-
gesteckt zu werden pflegen.
Die Symptome der angebornen Syphilis kflnnen
zwar schon bei der Gebnrt vorhanden sein, gewflhn-
lich aber erscheinen aie nach E. zwiachen der 2. und
12. Woche nach der Geburt, so daas die Kinder mit
latenter Syphilis zur Welt kommen. Die Symptome
entaprechen stets spfttem Formen und achon nach
wenigen Wochen kdnnen Gummata auftreten. Der
Auabruch, der beim Neugebornen wahrgenommeB
wird , muss ala ein nener Auabruch n&ch einem frfl-
hem, nicht beobacliteten , betrachtet werden. In
einem von E. mitgetheilten Falle fand sich bei einem
18 T. alten Kinde achon Bildung gummbser Ge-
schwtllste an mehreren KOrperstellen. Am h&ufig-
sten aind bei hereditftrer Syphilis Ilautaffektionen
vorhanden und unter diesen am hftufigsten die papu-
ldsen ; Schleimpapeln kommen nach E. nie charak-
teristiaeh entwickelt vor bei Kindern mit hereditftrer
Syphilis, und dieaa ist von Bedeutung fllr die Diagnose,
da gerade die Schleimpapeln bei Kindern mit er-
worbener Syphilis zu den gewOhnlichsten und am
beaten entwickelten Symptomen gehfiren. Lymph-
drtlsengeachwtllste aind bei heredit&r syphilitischen
Kindern nicht vorhanden , dagegen bei Kindern mit
erworbener Syphilis. Von den Schleimhftuten linden
sich bei heredit&rer Syphilis besonders diejenigen er-
griffen , die den Cebergang zur Haut bilden , doch
kommen auch geachwtlrige Affektionen dea Larynx
und Pharynx vor. Die Schleimbaut der Nase ist ge-
wbhnlich eines der zuerst angegriffenen Organe, be-
deutenderc ZerstCnmgen , namentlich mit Caries der
Nasenknochen und Deformit&t der Nase, hat indessen
er bei angeborner Syphilis nie gesehen, dagegen hat
0. tiefere zerstCrende Affektionen des innern Ohrea
geaehen, die von Entzllndung des flnssern Ohres aus-
gingen und tddtliches Ende herbeifllhrten.
Kinder, die bei der Geburt Zeichen von ange-
borner Syphilis darbieten, aterben gewOhnlich rascb ;
tritt hingegen die Syphilis bei von Anfang an wohl-
gen&hrten Kindern erst nach mehreren Wochen auf,
so ist der Verlauf langsamer und Aussicht auf Hei-
lting vorlianden. Oft iat im letztern Falle die Bease-
rimg nur vorllbergehend und unter Funmkelbildnng
tritt wieder Verschlimmenmg auf. Mitunter treten
in solchen Fallen terti&re Symptome auf , im Gamen
aber aelten zeitig, meist erst spftter, und solohc
Fftlle, in denen terti&re Symptome spftter auftreten,
sind es nach E. hanptaftchlich, die als aogen. tardive
■Syphilis angefUhrt werden. Nicht immer aber han-
delt es sich bei tardiver Syphilis wirklich urn an
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IV. Gyn&kologie u. Pidiatrik.
89
geborne , sondern sie kann anch erworben sein , wie
Oberhaupt die Anzahl der Individuen, die in so zeiti-
gem Alter ayphilitisch inficirt werden, ohne spftter
eine Erinnerung daran zu haben , durchaus nicht ge-
ring 1st. Eine Hauptquelle der Uebertragung der
Syphilis bei Eindern sind die Kinder syphilitischer
IV. GynSkologie
529. Ooppelbildungan an den weibliohen
Harnwegen; von Dr. L. F first in Leipzig. (Arch,
f. Gynakol. X. 1. p. 161. 1876.)
Die beiden interess&nten Pr¶te, dieVf. nnter
Beiftigung von 5 Abbildungen bescbreibt , befinden
rich in der Sammlung des patholog.-anat. Institute
zu Leipzig.
Das erste derselben betriift eine vollkommene
Verdoppelung dee rechten Ureter. Each den Be-
obachtungen von K u p f f e r entsteben Nierenbecken
and Ureteren aus den beiden Urnierengkngen. Das
bleibende Hamsystem bildet sich nach diesem Be-
obachter als eine Aussttllpung aus der Rilckwand
des Wolff’ schen Ganges heraus. Diese Ausstfll-
pung, „Nierenkanal“ genannt, zeigt sich am blinden
Ende von einer Zellengnippe umgeben , welcbe nach
His aus den Kemen der Urwirbel stammt und die
sp&tere Nierenanlage darstellt. Dieses Zellenbftufchen
findet sicli in die Urniere , und zwar zwischen diescr
und der hintern Wand der Leibeshdhlc eingebettet,
ohne dass aber diese Nierenanlage mit der Urniere
in direktem Znsammenhange steht. In dieses Nierc
genannte Organ wadist nun der Nierenkanal, d. h.
Ureter und Nierenbecken, herein. Es entstehen
demnacb die Nieren ganz unabhkngig von der Ent-
wicklung des ausftthrenden Kanalsystems. Und so er-
kl&rt es sich auch leicht, wie Missbildungen der Nieren
ohne Betheiligung der Ureteren vorkommen kdnnen.
So wurde in einem Falle (Virchow’s Arch. XXXIII.)
ein Rest des linken Ureters bei Felilen der Niere
derselben Seite gefunden. Von andern Anomalien
kommcn nach F 5 r s t e r Ofters Verdoppelungen der
Nierenbecken und Ureteren vor. GewOlmlich ver-
einigt sich ein solcber doppelter Ureter auf seinem
Wege zur Harnblase zu einem Gange ; sehr selten
sind die Falle, wo diess nicht stattiindet und der
Ureter mit 2 getrennten Einmtlndungen in die Blase
eintritt. Ein solcher Fall ist der vom Vf. mitge-
theilte.
An dem Praparate , welches von einem 5jahr. Mad-
chen herrfihrt , flndet sich die rechte Niere vergrSssert,
6.7 Ctmtr. lang, 3.8breit, die linke dagegen nur 6.3,
bes. 2.2 Centimeter. Das auf dem Langsdurchschnitt
sick darbietende Nierenbecken wird durch eine 1.2 Ctmtr.
breite Schcidewand in 2 Raume gethcilt, von welckcn der
nach der Medianlinie zu gelegene am weitesten ist. Die
wahrscheinlich durch Hydronephrose atrophisch gewor-
deae Nierensnbstanz bat an dem aussern Nierenbecken
eiae Dieke von 0.46, an dem innern von 0.16 Centimeter.
Der In das grossere Nierenbecken einmundende Ureter
hat eine Lange von 16.6 Ctmtr. and nahe an der Niere
zeigt er einen Dnrchmesser von 1.3 Ctmtr., der andere
von dem kleinern Raame augehende 1st dagegen nur
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Mtitter , die um so geffchrlicher sind , da sie in den
ereten Monaten den Anschein der Gesundheit be-
wahren kdnnen; sie kdnnen die Syphilis auf ihre
Ammen Ubertragen und durch diese auf die Kinder
derselben , denn die hereditftre Syphilis ist sekundfir
und contagids. (Walter Berger.)
und PSdiatrik.
11.3 Ctmtr. tang und am obern Ende 0.6 Ctmtr. dick.
Im weitern Verlanfe nach der Blase hin erhalten beide
Ureteren einen annahcrnd gleichcn Dnrchmesser. An der
Stelle , wo sie noch 3.6 Ctmtr. von der Blase entfernt
sind , werden sic von einer gemeinschaftlichen Hulle vom
Peritonaum aus uuigeben. In dieser Hulle erreichen sie
gesondert die Blase und munden ebenso in der rechten
Halfte derselben ein. Zwischen den beiden Mundungen
bleibt ein Raum von 1.4 Ctmtr. Breite. Der Eintritt des
innern Ureter ist von demjenigen des normalen linken
Ureter 1.2 Ctmtr. entfernt.
In diesem Falle hatte ohne Zweifel von dem Ur-
nierengange aus eine doppelte AusstUlpung statt-
gefunden. Nach K 1 e b s sollen solcbe Doppelbildun-
gen noch vor der Entwicklung der Nieren sich voll-
ziehen.
Bei dem 2. Falle , Verdoppelung der Urethra,
handelt es sich um eine Bildungshemmung der Aus-
fflhrungsOffnungen der Allantois in die Kloake. Die
Allantoisanlage wird nkmlicli von mehreren Forechem
als doppelt, von H i s als zweizipflig in ihrem vordem
Abschnitt bezeichnet. Bevor nun beide H&lften sich
vereinigen , kann eiue Hemmung in der Entwicklung
eintreten und die Duplicit&t bleibt bestehen. Das
PrSparat zeigt folgende Verhftltnisse.
Auf der liintem Seite der vordern Blasenwand ist
die einfache HamrOhrenmunduug sichtbar. Bei weiterer
Untersuchunng aber tbcilt sich die Harnrohre nnd lasst
zwischen sich ein immer breitcr werdendes Septum, wel-
ches die Urethra in eine vordere und hintere Halfte thelit.
Bei dem weitern Verlanfe erfahren beide Ausfuhrungs-
kanale eine derartige Drehung , dass der vordere rechts
von der Medianlinie der Vagina , der hintere genau in der
Mitte nebeu dem erstern mundet; beide I larnrohren haben
hier einen Itaum von 0.3 Ctmtr. Breite zwischen sich.
Die in der Mitteilinie ausmiindende Urethra hat ein urn
0.2 Ctmtr. wei teres Kaliber als die rechte. Die gesammte
Harnrohre besitzt eine Lange von 2.6 Centimeter.
(Hdhne.)
530. Eine dberafthllge secemlrende Brust-
warae; von Dr. Max Bartels. (Arch. f. Anat.,
Phys. u. wiss. Med. VI. p. 745 — 751. 1875.)
Eine Frau von 22 J. , die nach 2maligem Abortiren
einen kraftigen Knaben gebar , nahm arztliche Ilulfe in
Anspruch, weil, wie sic sich ausdruckte, aus einem Loche
am nntemThcile der rechten Brust die Milch continuirlich
abfloss , besonders aber beim Anlegen des Kindes. Der
Auaflnss erfolgte, wie die Untersuchung lehrte, aus einer
dort beflndlichen uberzahligen Brustwarze.
Die Frau hat gut entwickeltc , starke , in massigem
Grade hangende Bruste. Aus der Mitte der vordem
Flfiche erhebt Bich an jeder Brust aus einem 6 Ctmtr.
messenden granulirten uud.rosa pigmentirten Hofe eine
zapfenfonnige Warze von etwa 1.5 Ctmtr. Hohe. Am
unternUmfange der rechten Brust erhebt sich aber ausser-
dem auf einem 3 Ctmtr. messendou, ebenfalls pigmentirten
Hofe eine zweite mSssig entwickelte Brustwarze. Die
beiden Warzen der rechten Bmst stehen 7 Ctmtr. ans
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40
IV. Gyn&kologie a. P&diatrik.
oiuander. Eine Kia»enkung r.wiaclien den beideii Warzen
Oder eine bcsondere Farbung der rwischcnliegenden Haut-
partie ist nicht zu bcmcrkcn. Indessen fulilt man der
normalen Warze entsprecbend eincu grosHcn mndlichen
Drfiaenkuchen nnd eine wallmisagrosse rundliche Drusen-
masse liegt unter der uberzahligen Warze. Ein finger-
dicker Strang glandalaren Gewebes verbindet abcr diese
belden Drusenabtheilungen in gerader Richtimg rait ein-
ander.
Bepinaelungen mit Collodinm waren nicht ansrcichend,
die Oeifnnngen der Drusengange an der uberzahligen
Warze gegen den Andrang der Milch zu verschliessen.
Nach einigen Wochen, ala daa Kind kraftigcr und hauflger
sangte , nahm dann die Nahrung in der rechten Brnat
stark ab und damit kam die LaktorrhSe von selbst znm
StUlatande.
Die iinke Bruat verhalt sich ganz normal.
Ueber etwa vorhandene Erblichkeit liess sich nichts
ermitteln.
Die beim mfinnlichen Geschleclite nur selten vor-
kommenden, beim weiblichen Geschlechte um so
h&ufiger beobachteten FAlle von tlberzttliligen Brust-
warzen lassen sicli nach Bartels unter 5 Kate gorien
bringen. Zunfichst kommt ein heterotypes Auftreten
von Brustwarzen vor ; so hat man das Vorkommen
derselben am Schenkel, am Rflcken beobachtet.
Sehr hkufig ist dann das als Atavismus zu deutende
Vorkommen, wo Brustwarzen in typischer Anzahl
und an bestimmten typischen Stellen gefunden wer-
den, wie bei einzelnen Siugethierord nungen . Bo
8ass in einem von Jussieu berichteten Fade eine
Qberzkblige Mamma in der Leistengegend , wo die
Zitzen bei manchcn S&ugethieren ihren Platz baben.
Daa Vorkommen Uberzilhliger Brtlste in den Achsel-
hbhlen und in der Medianlinie oberhalb des Nabels
erinnert an die fliegenden Silugethiere. Die abdomi-
nalen llberziihligen Brllste wiederholen den Typus
einiger Lemurinen. Zur letzten Kategorie gehOren
jene Fftlle, wo an den normalen Brilstcn (lberzfihlige
Warzen vorkommen ; hier handelt es sich um eine
Verdoppelnng der Mamma, die in sehr verschiedenen
Graden auftreten kann, von einer biscuitformigen
Gestaltung der Warze anfangend bis zur melir oder
weniger ausgesprochenen Theilung des Drttsenparen-
chyms nnd entsprechender Vermehrung der Warzen.
(T h e i 1 e.)
531. Ueber die Resorption von Arsnei-
stoffen duroh die Vaginalschleimhaut ; von Dr.
E. W. Hamburger in Franzensbad. (Prager
Vjhrschr. CXXX. rXXXIU. 2.] p. 145. 187G.)
Aus den Versuchen, welche Vf. im Laboratorium
des Prof. Huppertin Prag unternommen hat, geht
unzweifelhaft hervor, dass manche Substanzen, wenn
sie mit der Schleimhaut der Vagina in unmittelbare
Berfihrung gebracht werden, nach einiger Zeit im
Harne wieder erscheinen , folglich von der vaginalen
Schleimhant resorbirt wurden. Bei den Versuchen,
welche an Individuen im Alter von 20 — 30’ J., mit
vollkommen gesunden Geschlechtsorganen, angestellt
wurden, brachte Vf. zwei aus gereinigter entfetteter
Baumwolle gefertigte und mit der betreffenden Sub-
atanz durchtrfinkte Tampons mittels des Fergusson’-
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sclien Speculum in die Vagina ein und legte darftber
noch zwei trockene Tampons. Damit der hi unter -
suchcnde llarn nicht irgendwie durch den Vaginal'
schleim verunreinigt wiirde , bediente man sich zu
seiner Entleerung des Katheters. Der Harn wurde
zum 1. Male nach 2 — 3 Std. nach Einftthrung der
Tampons abgenommen. Von den verschiedenen
Substanzen warden nur solche in Berfihrung mit der
Vaginalschleimhaut gebracht, welche im normalen
llarn sich sonst nicht vorfinden, sich leicht lOsen nnd
die Schleimhaat nicht anitzen.
1) Nach Anwendung einer 15proc. Lttsung von
Jodkalium war das Jod im Harn 2 Std. nach Ein-
legnng der Tampons und noch 24 Std. nach Ent-
fernung derselben dnrch St&rkekleister oder Chloro-
form deutlich nachznweisen.
2) Ferrocyankalium (5proc. Ldsung) wurde
3 Std. and auch noch 24 Std. nach Einfflhrung in
die Vagina im Ham nachgewiesen.
3) FerricyankaUum (9proc. LOsung) wurde
nach 2 Std. als zum Theil in Ferrocyankalium ver-
wandelt wieder gefunden.
4) Die Salicylsdure (2proc. Ldsung in phosphor -
saurem Natron) wurde 3 Std. nach der Einftthrung
der Tampons im Ham mittels Eisenchlorid nachge-
wiesen.
5) Nach Anwendnng einer Gproc. Ldsung von
Bromkalium war im frischen Harn das Brom nicht
zu erkennen. Als aber der nach 3 Std. entleerte
Ham, mit etwas Natronlauge versetzt, auf dem
Wasserbade eingedampft, der Rfickstand verkohlt
und mit verdttnnterSalzs&ure ausgelaugt wurde, liess
sich im Filtrate das Brom mittels Chloroform nach-
weisen.
6) Rhodankalium (lOproc. Lfisung) wurde nach
3 Std. im frischen Ham mittels Eisenchlorid wieder
erkannt.
7) Eisen, als schwefels., milchs. oder citronens.
Salz in Ldsungen von verschiedenem Gehalte ein-
gefilbrt, konnte im frischen Ham nicht nachgewie-
sen werden. Eben so wenig wurde es aber auch
nach innerlichem Gebrauche im frischen menach-
lichen Ham gefunden. In der Haraasche dagegen
hat Vf. auch im normalen Zustande stets Eisen nach-
gewiesen. Ebenso konnte Vf. eine sehr kleine
Menge eines zu frischem Ham gesetzten Eisensalzes
— 400 Cctmtr. Ham, 0.00072 Grmm. Eisen — mit-
tels Schwefelammonium nachweisen. Obgleich aber
die in der Asche von 100 Cctmtr. normalen Hams
gefhndene Eisenmenge jene dem frischen Ham zuge-
setzte noch Ubertraf, so konnte das Eisen im frischen
Ham dennoch nicht nachgewiesen werden. Um zu
eutschciden, ob die Eisenausscheidung im Ham durch
iunerlichen Gebrauch von Eisenprfiparaten oder dnrch
Berfihrung mit der Vaginalscheimhant irgendwie ver-
findert wird, hat Vf. eine Reihe von quantitativen
Eisenbestimmungen gemacht, welche bis jetzt zu
demResnltate geftthrt haben, dass die Eisenaaaschei-
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IV. Gynfikoiogie u. Padlatrjk.
41
dttg an Him dwelt den inner lichen Gebrauch von
Kiaenpxftparaten nicht beaonders heeinfluast wild.
In Bezag aaf die hierbei aagewendeten Method fin
verweisen wir auf das Original.
8) End licit wurde ein Verauch mit GdvrUtLium
i lOpnoc. L&eung) gemacht. In dem Ettcketande dee
naoh 2 Std. abgenommenen Hants konnte das Lithium
naehgewiesen warden. (H&hne.)
532. Die Sohleimhaut dea Uternak6rpera ;
von Dr. John Williams. (Obstetr. Joum. III.
p. 496. [Nr. XXH.] Nov. 1875.)
yf. sieht den Utems nicht als Organ an, dae
eine Schleimhaut besitzt , sondern als eine Schleim-
hant, deren Submucpsa eehr entwickelt ist. Die ver-
gieichende Anatomie lehrt, daee die Uterus wand
grOestentheils durch die Submucosa gebildet wird.
Alle Schleimhlute sind an ihre Unterlage durch
areo lares Qewebe angeheftet, im Menscheuuterus
fehlt dieses Lager von Bindegewebe. Im Rehuterus
trennt ein dflnnes Bindegewebslager die Mttskelwand
in swei Lagen. In dieser Bindegewebsschicht ver-
Uufen die GefUsse. Die kussere Muscularis zwischen
Peritoneum und dem gefftsstragenden Bindegewebe
enthfilt lings-, rings- n. qner- verlaufende Muskelzflge.
Die innere ist so diek, wie das Peritonhum , auf
ihr befindet sich die Schleimhaut. Aehnliche Ver-
hiltniase existiren beim Schaf. Bei einem Quer-
sehnltt quillt die Schleimhaat bervor, wthrend die
Mnaon laris sich znrflckzieht.
Beim Menschen fand Vf. die trennende Binde-
gewebsschicht nicht, nnr die Lage der Gefasse erin-
nert an den Thiemterus. Drei Viertel der moskn-
loaen Wand sollen als Muscularis zur Mncosa gehO-
ren. Die Drttsen findet man nocli in dem mosknlO-
sen Theil des Uterns hineingewachsen. Eine be-
stimmte Grenze giebt es hier nieht, submuktees
areolares Qewebe fehlt ebenfalls, und wir mflssen
ileahalb den Theil der MnscnlariB, welcher Drflsen
enthllt, als Mnscnlaris mucosae anffassen.
Engelmann’s Arbeit 1 ) wird erwfthnt, undvor
AUem gerflgt, dass in keinem Falle genan ange-
geben wtlrde, welchem Moment in Bezhg anf die
Menstruation die geschilderten Znst&nde entsprftchen.
Leider sei das Datnm der Menstruation meist unbe-
kannt gewesen. (F r i t s c h.)
633. Bor Oaauistlk und Behandlung der
Uterusl&brome *).
Unter den zur Besprechung vorliegenden Mitthei-
lungeu fiber die fragl. Affektion haben wir zun&chst
die hSciist lehrrejche, zuin pigenen Studium augelegent-
') Die ip Strieker’s Jahrbucbern 1873 erachleneno
vorrfgliche Arbeit von Kondrat nnd Engelmann ist
imn 2. Male im Amer. Jonrn. of Obstetr. May 1876 ab-
gedruokt ; numaehr aber nnter Augabe der alleinigen An-
torsohaft Engelmann’s.
>) Vgl. Jfthrbb. CLXIX. p. *61.
Med. Jajkrbh. BJ. 172. Hft. 1 .
licit zu empfehlendeAbhandlung su erwihnen, welebe
von dem Direktor des Entbindungsinstituts zu Dres-
den, Prof. F. Winckel, in Volkmann’a S&mmlung
klin. Vortrkge (Nr. 98 ; Gynkkologie Nr. 32. Leip-
zig 1876. Breitkopf u. Hfirtel. gr. 8. 29 S.) ver-
liffentlicht worden ist.
Als Material dienen Vf. 116 selbst beobachtete
FaJle, eine ZusammenBtellnng slier in der Literatnr
bis 1870 bekannt gemachten F&lle durch Sflsse-
rott in Wismar und Mittheilungen von etwa 40°/,
der mecklenburgischen Aerzte im J. 1870 fiber die
daselbst gemachten Erfahrungen.
Rflcksichtlich des Baues der Fibromyome ver-
weist W. auf V i r c h o w ’8 Darstellnng und erinnert
nnr daran, dass diese Geschwfilste scharf begrenxte
Hyperplasien des Uterusgewebes sind , in denen der
Hauptbestandtheil , die glatten Muskelfasern, viel
grosser sind als im nichtschwangern Uterus, aber
such zuweilen die in der Regel sp&rlichem Elemente,
GefUsse , Lyinphgeffesse , Bindegewebe (lberwiegen
kflnnen, wonach dann Fibromyome, Lymphomyome,
cystische, insbes. teleangiektatische oder cavern bee
Myome unterschieden werden. Bios praktisch wkh-
tig ist die Eintheilung der Myome nach ibrem Sitae
in intramurale, submukdse, subparietale. Sehr sel-
ten sind Myome, die von dem Geb&rmutterkflrper
ana in den Mntterhals hineinwachsen, oder sich zwi-
sclten die Blfttter des breiten Mutterbandes schiebend,
intraligamentds werden. Der gewOhnliehste Bits iat
die hintere Wand und der Fundus.
Unter 116 F&llen waren 28 — 24.3°/ 0 aubaerfa, 76
— 66*/,- tntraparietal nnd 12 — 10.7*/, snbmnkOs. He-
witt notlrte unter 98 Tumoren nur 14 Polypen, (Up
Mecklenburgischen Aerzte aber hatten unter 92 Myomen
39 gestielte nnd nur 60 intraparletale oder snbaerBae Ge-
schwdlste. Letsterer Widersprnch der Ergebniaae der
mecklenburg. Aerzte gegen W. and Hewitt ’a VerMUt-
niaa durfte sich ana der leichtern Diagnosticlrbarkeit der
gestlelten Polypen erkl&ren laasen.
Ferner zahlte W. unter 116 :
aubserSae: vordere Wand 17, hintere Wand 6, Fundus
3, intraligamentSse 2 — 28;
intraparletale : vord. Wand 23, hintere Wand 30, beide
Winde 8, Fundus 10, seitUch 6, cervikal 6 = 76 ;
•nbmuk&se : vord. Wand 2, hintere Wand 6, seitUch 1,
nicht notirt 4 — 18.
Dagegen fand Marion Sima unter 119 Flhrolden
62 in der vordera Wand, 36 In der hintern.
Von fast alien nenero Autoren ist Virchow
der einzige , welcher die Aeliolojie der Fibroide
berUcksichtigt hat , indem er bervorhebt , dass der
„irritat ive C/iarakter “ der Myombildung nicht auf
einen phyaiologischen Reiz, ahnlich der Schwanger-
schaft , sondern auf ein krankhaftea Moment , d. b.
eutweder ungewOhnliche Xldhe des Ortlichen Reizes
oder Schwachezu8tand der betroffenen Stelle, zu be-
ziehen sei. Ausaer den von den Autoren schon er-
Orterten Einflflssen von Rasse, Alter und Gescblecbts-
verhfiltnissen auf das Zustandekommen von Fibromen
ist es aber wichtig , auch die von ihnen unbeachtet
gelaasenen ors&cblicben Einwirkungen von Chlorose,
Abortus, Puerperium, Mangel an Gebrauch , krank-
6
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42’
IV. Gyn&kologie n. Pftdiatrik.
hafte Menstruation, Erkranknng dor Nnchbarorgane
u. 8. w. in Erwfigung zu ziehen.
Das Alter, in welchem mit Fibroiden behaftete
Frauen zuerst in &rztliclie Behandlung zu treten
pflegen, ist, wie sich aus der Zusammengtellung von
528 Fallen von Chi ari, West, Hewitt, Bei-
gel, K. Schroeder und Winckel ergiebt, die
Zeit zwischen dem 30. nnd 50. Lebensjahre mit
64.6%, und wenn man mit West die ersten Sym-
ptome bertlcksichtigt, so ffillt der Beginn der Krank-
heit im Durchschnitt derMehrzahl in das 33. Lebens-
jahr.
Bei der Unterscheidung seiner 115Kr. in ledige,
in verheirathete, aber sterile und solche, die Kinder
geboren haben, erzieltVf. die Durchschnittsziffer von
35 J. ; das Alter der Erstgebfirenden, bei denen schon
bei der Entbindung das Myom nachgewiesen wurde,
stellte sich (inter 27 Fallen im Mittel auf 33 J., bei
Mehrgebarenden auf 35 % J. heraus. Werden im
Durchschnitt 5 J. hiervon auf den Zeitraum zwischen
den ersten Symptomen und der arztlichen Diagnose
zurtlckgerechnet, so ist der Anfang des 4. Jahrzehntes
oder das 31. Lebensjahr ungefahr der Termin, in
welchem das Uterusmyom am hftufigsten beginnt
Dieses entspricht der Mitte der Menstruationsperiode
— diese zu 30 — 35 Jahren angenonnnen, — der
Blfithezeit des Geschlechtslebens , wo der Uterus
zwar nicht melir am haufigsten concipirt, wie vom
22. bis zum 30. Jahre, aber der sexuelle Verkehr
ohne eintretende Graviditfit ein sehr haufiger zu sein
pflegt, und die bei vorangegangenen Geburten er-
Worbenen Anomalien, wie Katarrhe, Dislokationen,
immer wieder zu neuen Reizen angefacht werden,
ohne in neuer Schwangerschaft wieder eine heils&me
Ableitung zu erfahren.
Bei Beleuchtung der Frage, ob ledige Frauen
oder verheirathete mehr zur Myombildong geneigt
seien, gelangt Vf. auf Grand von 555 Fallen, von
denen 140 ledige, 134 steril verheirathete, 281 Frauen
betreffen, die ein- oder mehrmals geboren batten, zu
dem Schlusse, dass Verheirathete entschieden mehr
zu dieser Affektion disponirt sind als Unverheirathete
oder solche, welche den Geschlechtstrieb nicht be-
friedigen kdnnen. — Da die Durchschnittsfruchtbar-
keit in Sachsen 4.5 betrfigt, die Gcsammtfrucht-
barkeit von 108 Myomkranken Winckel’s nnd
Sflsserott’s aber sich auf 276 Geburten und 16
Abortus = 1 : 2.7% beziffert und darunter 41.6%
Primiparae gegenOber 48.3 % Pluriparae 1.2%
Multiparae vorkommen , so erhellt , dass Mehr- und
Vielgebarende unter den Myomkranken weitaus selt-
ner sind wie gewflhnlich. Mit Bezug auf den hohen
Procentsatz der steril Verheiratheten ist femer der
Schluss gerechtfertigt, dass Myome ein bedeutendes
Hindemiss der Conception sind; denn unter 108
Myomkranken kommen nur 2.7 Kinder auf eine
Fran, eine Ziffer, welche hinter der Durchschnitte-
frachtbarkeit in Sachsen (= 4.5) um mehr als 33%
aurflckbleibt.
Die weitern Ursachen dee amaerordeatfieb htatg
vorkommenden Myoma ergebeu sich aus derMamig-
fattigkeit der Keize , sowie der Congestivzust&nde,
welchen der Uterus 30 Jahre hinduroh alle 4 Wo-
chen unterworfen ist, die ihn zu akuten Hyperplasieu
geneigt machen. Solche Ursachen sind folgende.
1) Mehr oder weniger direkte Reizungen dee
Uterus als Causalmoment des Myoma nimmt W. bei
3 Pat. an , welche den Beginn der Krankheit unmit-
telbar von der Verheirathung an datiren.
Die eine bis dahin regelmassig menstruirte und nie
krank geweaene Frau bekam ihre Menses non alle 2 — 3
Wochen und klagte fiber grosse Erschdpfung a. Sdnaerz
bei und nnmittelbar nach der Cohabitation. Das Myom
Bass in der hintem Wand des retrovertirten, um2.6Ctmtr.
vergrosserten Uterus , an der Stelle , die belm Coitus
immer getroffen werden mnaate. Die Kr. war erst 26
Jahre ait.
Die 2. Kr. war 37 J. alt , Beit 7 J. verheirathet und
hatte im retrovertirten Uterus vorn und hinten runde Fi-
broide. Auch sie hatte erst seit der Verheirathung Be-
ach werden.
Bei der 3. warden dieRegelu erat nach der Verheira-
thung sebmerzhaft und kr&nkhaft. Pat. blieb steril und
hatte ein Myom der hintern Wand. Die Regel war aller-
dings schon im 12. J. eingetreten nnd immer sehr profits
gewesen.
Es ist sehr wahrscheinlich , dass Myome auch
v or der Pubertdt vorkommen, Bei gel hat eines
bei einem lOjfihr. Mfidchen gefunden , W. bei einer
23jfihr., noch nie menstruirten und erst seit 31 Wo-
chen verheiratheten Dame im Fundus; ansserdem
ergab die Anamnese von 38 Myomkranken, dass
ihre Menses zum ersten Male Bebr frtili und stark
nufge treten waren. Das Durchschnittsalter dieser
Pat. beim 1. Monatsflusse war das 14. J. gewesen.
Analog kommen anch Uteruskatarrhe und Ovarial-
tomoren vor der Pubertfit vor.
Wichtiger in causaler Beziehnng sind die pner-
peralen Verhaltnisse. Zwei von den 115 Kr. leite-
ten die Entstehung ihres Leidens von einem Abortus
ab, da sie erst von da an Beschwerden gefQhlt bat-
ten. Zwei andere von 17 u. 24 J. abortirten uacli
einer Contusion der vordern Bauchwand, wurden
dann leidend , profile menstruirt und steril u. batten
beide ein Myom der vordern Wand. Drei andere
datirten ihre Krankheit von roher kunstlicher 1,6-
8ung der Nachgeburt nach rechlzeiliger Geburl,
welcher Eingriff sowolil direkt gewirkt luibcn kanu,
als auch durch Erregung 1 finger dauernder Hyper-
fimie, wenn Nachgebortstheile zurfickblieben oder
Placentarpolypen aus ihnen sich bildeten.
Nach t oochenlang protrahirten Blutungen im
Wochenbetl wurdenMyome 4mal beobachtet; wahr-
scheinlich weil dieselben Ursachen , die der Blutnng
zu Grunde liegen, erhdhte Congestion , mangelhafte
Rflckbildung der Placentarstelle , Schwellung der
Schleimhaut u. Katarrh, in weiterer Folge auch der
Myombildung gilnstig sind.
Mehrere Male fand W. Myome mit den Beateu
alter adhdsiver Parametritis und Peritonitie ver-
gesellschaftet and erkl&rt sich das Znst&ndekommen
kleiner junger Myome an den Anheftungsstellen aus
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IT. Gyn&kolegte n. Pftdiatrik.
43
dm Z rnm gea, welehen die Uisras wand dabei nnter-
worftn ist.
Die Schmangtrsehaft an sich erregt zwar nnr
sehr selten Bildimg von bleibenden Neoplasmen,
wenn me aneh action vorhandene zu raschem Waehs-
tfaun versnlasst, aber docb lieaaen sich bei 18 «=
15. 6% von W.’s 115 Fallen die Myome anf pner-
perale Vorgftnge znrflckffihren.
2) Indirekte Reize u. Erkrankungen dez Uterus
ala Ursachen der Myombildung : das Beben schwe-
rtr Oeoenstdnde veranlasste sofort Uterinblutung bei
5 Kr. nnter den 115. Diese Fftlle erklflren sich
ana hochgradiger Stase im Organ. — Myome folgen
aneh auf Erschutterungsn des K&rpers mit daran
sich schliestenden Blutungen. Bine Kr. bekam Slu-
tting nach einem Brechmittel, zwei andere nacheinem
Falle, eine vierte nach GemUthabewegung, Zuwei-
len reicht die Erechtltterung , die Hyper&mie , der
Druck, resp. die Dislokation nicht allein aus, es be-
darf ausserdem einer Disposition , die Zeit kurz vor,
nach oder w&hrend der Regel, oder besonderer Zart-
heit der Uteringefftsse, neuer wiederholter Reize nach
dem ereten, um zn Myomen den Grand zu legen
: Obstruction , Coitus, Ycrktlhlung). Daher fllhren
die Kr. Schlittschuhlaufen , angestrengtes Singen,
Anstrengungen (Lehrerinnen 5), Fussbftder vor und
Tanzen wfthrend der Regel als Ursache ihrer Er-
krankung an ; 10 # / 0 von W.’s Kr. gehdren in diese
Kategorie. — Ferner tlben Erkrankungen verschie-
dener Organe schad/ichen Einfluss auf die Oirku-
lation in den Uteniswanden, namentlich exanthe-
matische Krankheiten und Typhus, in denen der
Uterus seine Betheiligung durch stftrkere Sekretion
und Blntungen zu bekunden pflegt. Endlich hatten
3 Pat. gleichzeitig Ovarialtumoren, auf deren Bedeu-
tung schon Virchow aufmerksam gemacht hat,
wfthrend auch erbliche Anlage nicht unwalirschein-
lich 1st (2 Fillle) . Das sehr seltene Vorkommen von
Myomen im Cervix fllhrt Henle auf grdssere Dicke
der Gef&sswandungen in diesem Uterastheile zurllck.
Unter den Symptomen Bind die Blutungen die
wichtigsten, welche in W.’s Fallen bei subinukdsen
Polypen nor lmal , bei intraparietalen unter 77 nur
lHmal, bei 28 subserOsen 7mal fehlten. Eine an
Peritonftalpolypen leidende Frau war nic menstruirt
gewesen; eine andere dagegen wurde, der Meno-
pause nahe, 46 J. alt, nachdem sie 7 Wochen von
ihren mftssigen gewObnlichen Blutungen frei geblie-
ben war, plotzlich im Mittagsschlafe von einer fnrcht-
baren Metrorrhagie ttberrascht, die sich nach 3 Ta-
gen wiederholte und todtlich endete.
Wei ter ftlhren die Myome zn Hypertrophic des
Uterus. W. besitzt das Prilparat des Uterus einer
62j&hr. Virgo, welcher nach Abscedirung des Myoma
die GrOsee eines pnerperalen Uterus hatte, seine
Hfthle war 20 Ctmtr. lang, 14 breit. Dergleichen
grosse Myome bluten leicht durch Vergrosserang der
blntgebenden Flilctie, andere tlberziehen sich , wenn
sie der Schleimhant nahe siud , uiit caverudsen Ge-
fissen, welche bluten wie ein geborstener Varix.
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Bd gro8sen Myomen werden Contraktiomen der
Gescbwulst selbst beobachtgt, die sich durch das Ge
filhl der Rrhftrtung constatiren lassen. Die Kr. em
pfinden dann ein Zusammenraffen , Herabziehen am
den Nabel, eine Pat. beschrieb die Empfindung wie
die Bewegung einer grossen Seequalle, die sich peri-
stal tisch zusammenzieht und erschlaflt. — Durch die
Conges tivz us t&nde der Menstruation erigiren die Tu-
moren. — Die Behauptung , dass ganz kleine, die
Wand noch nicht vorwfllbende Myome gar keine
Symptome machten, ist falsch; Kr. mit solchen
(4 Falle) klagen ebenf&Us mannigfach und ger&then
leicht in den Verdacht der Simulation, bis das Fibrom
diagnosticirbar wird. Sie bieten durch ihre Reflex -
neurosen das Bild der Bysterie dar.
Eine Kr. Vfs. hat in beiden Wanden ganz kleine
Myome, aber keine Leukorrhbe, keine Erosionen. Der
Scheidentheil iat hBchst empflndlich, bei seiner Betastung
ftihlt die Kr. um den Nabel einen zitternden klopfenden
Schmerz, oft verspurt sie grosse Unruhe, welche sie no-
th igt, vom Tischc aufzuspringen, sie leidet an Schlaflosig-
keit, ihr Leib treibt sich auf, ihr Schlund ist „wie ange-
nagt u , so trocken , dass sie unterwegs oft in ein Haus
gehen muss, um ihn mit Wasser oder Kaffee anzufeoeb-
ten. Sie iBt bei der Menstruation so schwacb , dass sie
kaum sprechen, kaum ihre Beine bewegen kann, baufiges
Zusammenzieben in der Nase zwingt sie zum hauflgen
Niescn.
Alle diese Symptome sind auf den durch die
Spannnng der Uteruswand erregten Gebftrmutter-
schmerz zu beziehen, der erst anfhflrt, wenn die Ge-
schwulet nach der Oberflftche sich vorwSlbt.
Ausser diesen durch die Spannung der Uterus-
wand verursachten Schmerzen erregen Myome 8chmerz
durch Druck auf die benachbarten Nervenplexus, durch
Perimetritis, sowie durch Thromboee grftaserer Ge-
ffcase mit folgender Abscedirung oder Cystenbildung.
Unter W.’s 115 Kr. klagten 8 flber Schmerz besm
Coitus, Irritation , Fehlen des WollnstgefUhls , Aus-
bleiben der Conception.
Unter den ErndhrungsstOrungen kamen Katarrh
in 12%, Hydrorrhde lmal, stinkende AusflttBae
5mal, zeitweilige Sehwellung der Wftnde , wo das
Myom nicht sass, 8mal, Perimetritis in 9% vor.
Myome in der vordem Wand bewirkten Dislo-
kation der Harnblase u. Urethra nach on ten (lmal),
Dysurie (4.5%), Harndrang(12%), Ischurie(4.7%),
Blasenkatarrh. Nur lmal kam es zur Compression
der Ureteren.
Von den Myomkranken litten 27% an Obstrok-
tionen und Hftmorrhoiden , deren Blutungen so gar
die Metrorrhagien beseitigen kdnnen (2 Fftlle). In
einem Falle fand Kothretention statt, die sich bis
zum Kotherbrechen steigerte, als der Muttenmmd
kttnstlich erweitert wurde. — Dreimal kam Oedem
der Beine zur Beobachtung, lmal Petechien.
Ausgdnge. Von den 115 Kr. Bind 12 veretor-
ben, alle in den 40er Lebensjahren, der Hauptsache
nach an Verblntung und Pyftmle. Nur 8 sind vdllig
genesen , 6 durch Entfernung fibrflser Polypen , 2,
die an intramuralen Myomen litten , deren eines in
der hintern Wand von selbst schwand. In 14 FftUen
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44
IV. GyuMkologie u. PAdiatrik.
blieb ait dem Etatrttt der Menopause die Bhtung
ans, wobei & Abnahme der Geechwnlst tmd Alle
Besserang versptlrten. In 14 and era Fallen war
gar keln Erfolg zu constatiren. Snbjektlve and ob-
jektive Beaserung wnrde 18mal erzielt, bei den
flbrigen Fallen ist kein Erfolg zn erwarten, oder aie
rind in andere Behandlnng tlbcrgegangen.
Solchen Resultaten gegenflber kann von elner
gttnstigen Prognose keinc Rede sein und die Ge-
schwlllete dflrften kaum den Namen ,,gutartige“
verdienen, da nur eine kleine Zahl der Operation zn-
ginglich ist und die Mehrzahl der Kr. jahre-, ja
lebenslangem Siechthum unterworfen bleiben.
Die Therapie liefert jedoch in nenerer Zeit im-
mer gtlnstigere Ergebnisse. C. Braun hat unter
60 Fallen 41 intraparietale durch Enucleation und
von 29 subserdeen Fibromen 18 durch die Laparo-
tomie geheilt , woran mch Hiidebrandt’a medi-
kamentdee Behandlung wtlrdig anschliesst. Vf. be-
handelte von seinen 115 Kr. 15operativ theils durch
Entfernung , theils durch Einschnitte in Kapsel oder
Cervix ; 32 Falle durch subcutane Ergotininjektionen ;
in 22 Fallen wurden Injektionen von Liq. ferri ses-
quichlor. in die UterushShle nothwendig, welche letz-
teren bei einer Kr. & Jahre lang fast bei jeder Me-
norrbagie mit guter Wirkung und ohne alien Nach-
theil angewendet wurden.
Bei der Behandlung der Blutungen Bind die
Causalin dikatxonen zu berflckrichtigen : Menorrha-
gien durch Stauungshyperftmie erfordern Ruhe, Kalte,
Wernich’s Ergotin tftglich 3mal 5 Grmm. in
Pillen oder 4 — 5 Tage 2mal tAglich subcutan.
Bei katarrhalischer und cystoider Erkrankung
der Sehleimhant ohne Prominenzen ist Liq. ferri see-
quichlor. (5 Tropfen) in einem Traganthstift im
Speculum in die Uterushflhle zu schieben , oder die
mit Watte umwickelte und in Liq. ferri sesquiohlor.
getauchte Uterussonde, die 1*/, Std. liegen bleiben
muss.
Mollusken oder Blasenpolypen der Sehleimhant
werden naeh Erdflhung des Muttermundes durch die
Curette abgeachabt.
Bei hoohgradiger Erweiterung der UterushShle,
wo die blutende Flkche much ohne polypOse Promi-
nenxen stark vergrdesert ist, sind Injektionen von
Eisenchlorid (zu 1 oder 2 Waaser) angezeigt, jedoch
nkht mit der zu kleinen Braun’ sehen, sondern mit
einer QummibaLlonspritze , welche 15 — 25 Grmm.
halt.
Prominirt das Myom in die UterushShle , so ist
ea angezeigt, nach Dilatation des Cervix durch lange
und tiefe Incision deB Cervix die Ausschftlung vorzu-
bereiten, man hat rich jedoch dabei sehr gefthrlicher
Blutungen zu versehen, gegen die nur Eisenchlorid-
lSsungen helfen. Diese Incisiouen blieben ttbrigens
in 2 Fillen Vfs. erfolglos.
Vfs. Erfahrungen mit der Ergotinbehandlung
Bind folgende: 5 Grmm. Wernieh’s Ergotin wer-
den 2 — 8 Mai wdehentlich in einer LSsung von 1 : 5
Witter mit einer kleinen Menge Gtyoerin oder in naaer
Zeit 8alicylslure (0.2:15 Grmm.) vermengt hypo
dermatiseh injicirt. Eine Pat. hat rich Selbut fast
100 Injektionen geroaoht Die Injektionen lAsst Vf.
frtets in den Leib maehen, wonach er zwar oft
achmerzhafte Hftrten, aber nie Abscesse beobacbtnte.
Die Indikationen dazu sind, dass man intraparietale,
weichere, d. h. gefassreiche Tnmoren anssncht, die
an- und abschweilen, die Behandlung ra hides tens
2 Jahr lang iortsetzt, such mit deni innem Ge-
branche des Ergotin zeitweilig abwechselt und zeit
weilig durch Messnngen controllrt. Die Pat. beitter-
ken znnAchst das Anftreten von Vertiefungen , Re-
spiration, Haltung und Bewegung werden ftriier,
selbst wenn die Blntung noch fortdauert. Bei 5 Pat.
zeigten die Tumoren bedeutende Abnahme.
Bei 1 Kr. vermlnderte slch der Bsnchnmfang nach
SO Injektionen von 94 anf 78 Ctmtr. , bei einer madera
naeh 130 Injektionen und 12.5 Onnm. Ergotin in Pillen
urn 17 Ctmtr. , eine dritte ist naeh Abgang von jauchigen
Fetzen mit verklelnertem Tumor in die Menopause ge-
treten nnd fast als geneaen zu betrachten , bei der 4. und
5. waxen die Blutungen geringer geworden. Bei etner 6.
ist die Regel viel geringer, der Tumor unverandert (40 In-
jektionen). Bei den ubrigen war wegen Kurze der An-
wendung noch kein Erfolg erzielt.
Ln Bezug auf die CompLikation von ScUxoanger-
schaft und Gehurt mit Myomen erwAhnen wii
zunAchst eine An zahl von Fallen , welche Dr.
Gaillard T. Thomas (Amer. Journ. of Ob-
stetr. VIH. p. 606. Febr. 1876) mitgetheilt hat.
1. Fall. Wiederholter Abortus bei Fibroid. Eine
v51tlg ground e aeit 3 Jahren verheirathete Frau bekani
am Tage nach dem 3. Abortus (im 3. Monat) eine heftige
Blntung. In der Bcheide lag ein gestielter Polyp vow dem
Umfange einea kleinen H&hnereiea, den Vf. abknipp.
2. Fall. Myom , tddtliche Puerperalbhutmg Im
Jahre 1861 hatte ein Ant bei Loaung der Placenta nach
einer etwaa langwierigen, aber ohne Kunathulfe vollendc-
ten Geburt ein Myom in dem einen Uteniahome von der
OrOese einer Cocosnnss vorgefonden. Die Fran starb
ranch naeh Vfs. Ankunft an einer dnrch die sagewasMiten
himoststlBchen Mittei nicht zu stillenden Blntung.
8. Fall. Wiederholte Steiuyeburten bei Myom am
Muttergrwule. N. , 23 J. alt , wurde nach 3monatlicher
Ehe in Folge einer heftigen KCrperbewegung, durch welche
sic einen Fall hatte vennetden wollen, von akuter Perito-
nitis befallen. Vf. fand jetzt ein kindakopfgroeaea inter
atitielles Fibroid vor, welches er fruher nie erkasnt
hatte , und das durch jene plftizliche Bewegung seine Ad-
hisionen gel5st haben mochte. Hlerdurch war die Peri-
tonitis entatanden. Bald nach derGenesung von der Imng-
wierigen Krankheit wnrde die N. aehwanger nnd bei der
schwierigen Steiaageburt trat eine heftige Metrorrhagia
ein.
Der Steiss , der mit den umgeschlagcnen Sehenkeln
einen grSaeern Umfang hat , ala das Kopfende des FStna,
liegt in der Regel in dem geraumigsten Theil des Utems.
im Fnndua. Da aber im fragl. Falle die Gebarmutter-
hfihle in ihrem obero Theile durch das Myom beachrankt
war , kam das Steisaende des F5tus in die geranmlgere
ontere Partie zn liegen. Vf. atellte darauf hln die Pro-
gnose , daes anch epfiterhin nur Steiasgeborten erfsigon
wftrden. Die Fran gebar in der That noch 2 lebeade Kin-
der, beide mit dem Steisaende voran.
4. Fall. Beckenenye durch Fibroid. Bei Frau M.
hatte sicb aeit ihrer 4. Nlederknnft mit einem lebenden
Kinde ein grosses Uteraadbroid entwickeh , welches bei
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45
IV. Grnftkologie u. Pfidiatrlk.
dbr 6. Gtobort cN» Beefcen asefflKe. Es gehtog mr, den
Tumor bei Seite zu sohleben tmd tee Kind mtt Ausnahme
tea Kopfes herabfttuiehen , dieser folgte aber erst nach
einer eehr muhsamen Perforation nach. Die Frau
genas.
6. Fall. Kilnti&che Frtihgeburt loeaen Beekenenge
dwrth Fibroid. Fran K. hatte ein Fibroid , welches daa
Boeken aueftUite usd big fiber den Nabel reichte. Der
Cervix stand in der Hohe der Symphyse. Seit einigen
Monaten verheirathet , wnrde sie schwanger und da big
ram 5. Schwangerschaflsmonate der Tumor fur den Ute-
rus nicht Plata machte , sondern letztern hOher hinauf-
riokte , so dass der Uuttermuud nicht mehr zu erreichcn
war , wurde die kdnstliche Fruhgeburt beachlossen. Kh
gelang , enter Chloroformnarkose den Muttermund zu er-
reichen and zu gondiren u. einen Quellmeisel einzulegcn,
worauf nach 2 Tagen Webenthatigkeit gich einstellte und
ein 9" laager Fotus geboren wurde, dessen Umfang zu
dem sehr engen Geburtawege ganz unverhaltnissmagsi^
war.
6. Fall. Kauertcbniu wegen Fibroid. Eine 80j&hr.
Frau , Matter vou 6 Kindern , hatte seit ihrer letzteu
NMerkunft vor4 J. im untemUterassegmente ein grosses
Fibroid bekommen, welches bei der 6. Gebart den gross -
ten Thell des Beckeneingangs verschloss. Nur 2 Finger
konnten das Kind, welches abgestorben war, erreichen.
Die Versnche zu wenden und das Kind zu zerstuckeln
schlugen fehl und so wurde rasch der Kaiserscbnitt gc-
macht, der sehr gunstig verlief, bis am 22. Tage eine
aknte Peritonitis die Frau in 2 Tagen todtete.
1. Fall. Fibroid am Muttermunde; normals Geburt.
Am 18. Nov. 1874 fand Dr. Hard bei einer Negerin,
welche seit 24 Std. in Wehen gelegen hatte, einen kinds-
kopdgroseen Tumor vor der Scheide liegen , der mit 2“
b sci t c m Btiele an der vordern Muttermundslippe aufsass.
Die Gebart rerlief regelmassig, wonach Hard den’i'omor
in das Beckon zuruckbrachte. Die Frau genas und gah
an, dasa sie diese Geschwulst bereits seit 15 Jahren mit
deta getragen and inzwischen 2 Kinder geboren hatte,
ahae das* die Geschwulst herabgetreten ware. Sie hatte
wagon Prolapsus einen Mutterkranz getragen.
Das Verhftltniss der Fibrome zu Sehwanger-
schaft und Geburt besprachen femer Demarquay
and Saint Vel (Gaz. de Paris 3G. 46. 48. 51. 52.
1876 ).
Abgeeeheu von den'HfadernisBen, welche Myomc
der Conception entgegenstellen , 1st die Differential-
diagnose oft ersdhwert, da beide bekanntlich in den
Anikngsstadien sehr khnliche Symptome darbieten.
So wurde von D a n y a u und M i c h o n bei einer an
Metrorrbagie und H&matocele periuterina leidenden
Fran die Mflglichkeit einer Schwangerschaft absolnt.
bestritten und ein Fibroid des Uterus diagnosticirt.
Glekhwohl wurde die Schwangerschaft in der Folge
anzweifeihaft and die Frau kam zur rechten Zeit
natargemtee nieder. Namentlich kann die Unter-
scheidung zwischen Zwillings schwangerschaft und
einfacher Schwangerschaft mit Fibroid combinirt sehr
schwer werden, vor Allem bei subperitonftalen
Myemen der hintem Wand.
Bel einer seit 12 J. verheiratheten Frau, welche
sCbon 2mal ihre Menstruation nicht gehabt hatte, ent-
wfckelte rich ein sehr grosser nnd harter Beckentumor
■rod Torn nnd links eine elastische, weiche GeschwuUt
wte eine Orarlalcyste. Die Lage dieser Cyste nach Torn
machte Indessen diese Diagnose nnwahrscbeinlich ; Fi-
broldc nnd Uvariengeachwulstc kotnmen zwar nicht seltcn
zugletoh vor, aliein das erkrankte Ovarium liegt in der
Regel naek hinten. Vf. sog daber die Annahtne einer
Schwangerschaft vor, welche rich in der Folge anCh be
■tkttgte. Das Kind wnrde seiner Beit dnfoh die Weddoag
todt t» Tage gefordert, nachdem einTheil der Oeechwnist
nach rechts oben gewichen war.
Selbst Abdomin&lscbwangerscliaft kann bei
gleichzeitiger Anwesenheit von Fibromen nrmulirt
werden , wenn die Uteruswand an den StelleB , wo
das Myom nicht liegt, ungewdhnlich dOnn 1st.
Complikation der Schwangerschaft mit Myom
ist nicht selten. West z&lilte unter 82 verheirathe-
ten Frauen mit Myom 62, die zuBammen 124 Kin-
der geboren batten, 10 hatten Frtlhgeburten. Der
Einfluss des Myoms auf die Entwicklung des Ffltus
kann ganz unerheblich sein, ja seine Gegenwart
kann bis zuletzt latent bleiben. S <5 b i 1 e a u ftihrt
in seiner Statistik von 47 Schwangerschaftea mit
Fibrom 24 Abortus, 1 Frtihgeburt und 32 rechtzei-
tige Geburten an.
Boivin und Dug 6s beobachteten bei einer Frau,
welche mit 6 Wochen abortirt hatte , binnen kurzer Zeit
so enorme Ansdehnnng einer im Hypogastrium beflnd-
Uchen Geschwulst , dass die Frau rasch zu Grande glng.
Im Utems fand man einen Fotus too 4 */* Monaten , im
Leibe ein enormes , innen welches Fibroid ; ausserdem
sassen noch 4 Oder 5 andere Geschwfilste anverschiedenen
Stellen des Uterus.
Bei einer jungen Frau wurde 4 Tage nach der Nieder-
kunft eine fanstgrosse Geschwulst ansgeetossen , Welche
Depaul anfaugs fur eine Monstrositat hielt. Der rosen-
farbene mit Zotten besetzte Tumor enthielt in 2 Hohl-
riumen 2 kngelige K5rper, deren einer In einer rhthlichen
FlQssigkeit schwamm. Der Tumor hatte weder Stlcl
noch Gef3sse. Das Mikroskop entsohled indesssb ffir
multiloculzres Myom, welches aus Muskel- und Binde-
gewebsfasera bestand.
Obgleich theoretiach das Zustandekommen von
Abortus bei Complikation von Myom mit Schw&nger-
schaft leicht zu begreifen ist , findet Abortus doch
verhftltnissm&ssig selten statt. Es ist nicht der
Druck des Fibroids auf das Ei , der ihn hervorruft,
sondern die Unnachgiebigkeit des Uterusgewebes bei
seinem Waclisthum und die Ilamorrhagie. Aber
auch hochgradige Myombiidung hindert nicht, dass
FCtus Iange und betrftcbtlich wachsen. So ill fol-
gendem von G u 6 n i o t beobachteten Falle.
Eine SBjflhr. , seit 8 Mon. Schwangere wnrde Am
16. Dec. 1868 in der Klinlk aufgenommen. Neben der
Schwangerschaft wnrde das Bestehen von mehrereti Tu-
moren ennittelt. Die Gebart eines 3710 Gram, wiegen-
den todten Kindes war iangwierig nnd wnrde in der Ohio-
rofonnnarkose durch die Wendung vollzogen. Die Gtebfir-
mntter bHeb nach der Geburt bis 6 Ctmtr. fiber den Nabel
ausgedehnt. Die Fran wnrde von den Blattem e r g rlM sn
and starb an Peritonitis. Bei der Sektion fagd sieh die
16 Ctmtr. breitc , 21 Ctmtr. iange Gebannntter von viM-
gestaltigen Fibroiden dnrchsetzt. Ein kngeliger Tumor
von 10 Ctmtr. Darchmeeser wfilbte die rordere Wand des
Uterus nach vora und hinten vor , ein anderer su b perW o -
naaler von 6.6 Ctmtr. Durchra. sass am Halse, beide Im
Beginn der Erweichnng. Ausser einem abgeplatteten
S.Fibroide der hintem Wand eahlte man nochl6gr0ssere
usd klemere Tumoren. Und doch hatte Pat. nach der
Geburt keine Blntnng gehabt , der Uterus hatte Bloh ffir
seinen grossen Fotus weit geung ausgedehnt , and finoh
wieder genagend znsammengezogen.
D'Outrepont beobachtete einmal eine sagem eine
Yerdunsung des HalBes der schwangern Ceb&nautter.
welche im tirimde 8 Fibrolde enthielt. Da der Fundus
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46
IV. Oynikoiogie u. P&diatrik.
for den Fotns keine Erweiternng zuliess , fand dieselfee
aof Koatea derVaginaJportion statt, weiche einer Warner -
blaaa ghch. In einem F&lle von Hugier dachte man
flaran, eine Mlche Blase ala Cyste zu punktlren.
Forget stellt die Hypothese anf , class bei Sitz
der Fibroide im Mottergrunde frtlhzeitiger Abortus,
bei Sitz im Mutterhalse erst sp&ter Frtthgeburt sieh
ereigne, and zwar weil wlbrend der Schwanger-
scluft in den frtihern Monaten der Muttergrund und
erst in den spiltem der Mutterhals sicb entwickelt.
Fllr diese Hypothese sprechen 13 Beob&chtnngen
von S Chilean, indessen genttgt die in derStatistik
angefllhrte sehr kleine Zahl der Abortus im Verliftlt-
niss zn der grossen Melirzahl der zum rechten Ende
gebrachten Scbwangerschaften nicht, am eine maass-
gebende Hypothese daranf zu grtlnden. Der Abortus
kann anch andere Ursacben als die fortsclireitende
Entwicklung des Uterus haben, z. B. wiederholte,
die Placentarlappen ldsende Blutungen.
Die Fibroide werden umgekebrt durch die
Schwangerechaft beeinflusst, zumal die intramuralen,
und es kommen zahlreicbe Fade vor , wo Fibroide
mebrere Schwangerscbafien nach eiuander stark zu-
genommen haben und dann wieder klein geworden
sind. In seltenen Fallen ist die Verkleinerung so-
gar bis zu vfilliger Absorption vorgeschritten. Die
bedeutende Vascularisation des Uterus und seiner
Fibroide wahrend der 8cbwangerschaft lasst sowohl
ihr Waclistbum wahrend derselben als die Abnabme
durch Erweichung nach der Entbindung leicht er-
klaren. Die Erweichung wird znweilen so bedeu-
tend , dass Punktionen zum Behufe der Entleerung
von Flflssigkeit vorgenommen worden Bind. 8ie ist
entweder central, peripherisch oder disseminirt, harte
Stellen zwischen sicb lassend.
Folgenden Fall von intermittirender , mit zwei
Scbwangerschaften zusammenhangender Erscheinung
fibrfiser Polypen beobachtete 0. Larcher (Gaz.
des Hdp. 6. 1876).
Bei ebier 34jfihr., bisher regelmassig menstruirten
Dame, der Matter von 2 Kindera, fand Vf. 8 T. nach der
Zeit, wo die Regel znletzt sich hatte wieder einstellen
■alien, einen harten, gLatten , von der hintera Mn ttermunds-
llppe aosgehenden Tumor. Die Anwesenheit eines solchen
waide 18 T. naohher von einer Hebamme bestritten , da-
gegen Schwangerechaft constatirt, weiche in einem Abortus
endete. E« dauerten indessen Blutverluste fort u. zn ver-
sotriedenen Malen hatte Pat. an Unterleibskoliken zn lei-
den. Vf., 3 Mon. nach seinem era ten Besuche von Nenem
befragt, constatirte wieder die Anwesenheit des Polypen,
den er diessmal der Hebamme zeigte. Er war kurz ge-
stielt , ease an der hintern Lippe , wnrde mit der Haken-
saage erfasst und mit der Scbeere abgeschnitten. Voll-
■tindiges Wohlbeflnden , regelmassige Menstruation and
nermaler Muttermnnd waren die Folge , bis 6 Mon. spater
die Dame wieder schwanger wurde und sich untersuehea
Hess. Fast wie das erste Mai fand Vf. wieder einen Po-
lypen im Mnttermnnde , der jedoch diessmal von der vor-
dern Lippe ausging. Die Verhaltnlsse gestatteten die so-
fortige Abtragnngnicbt, nnd als diese nach etwa2 Woohen
ins Work gesetzt werden sollte, war der Polyp wieder
verschwnnden. Da kein Grand vorlag , ihn mit Gewalt
anfznsuchen, erwartete Vf. den Tennin, wo eigentlich die
Monstrnation eintreten sollte. Der Polyp war dann wieder
vorhandea und wnrde ohne Wol teres entfernt. Hierauf
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hatte die Schwangerschaft ihren normalen Verlauf nnd die
Dame gebar einen gesanden Knaben.
Grflssere Fibromyome in der Wand des Mntter-
halskanales bestanden als Geburtshinderniss in fol
gendenbeiden Fallen, weiche von Prof. Ed. Martin
(Ztsclir. f. Geburtsb. u. Frauenkrankh. I. 2. p. 232.
1875) beschrieben worden sind nnd einen neueo Be-
weis dafllr liefern , dass die Prognose fttr die Gebnrt
bei Anwesenheit grosser Myome stets sehr zweifel-
haft ist
1) Wiederholte Oeburt bei kindskopfgrotsem Ftbromyom
Frau 0. war znletzt vor 6 J. mit ihrem 2. Kinde regel-
recht niedergekommen und hatte seitdem an Fluor
albus gelitten. Nachdera Ende Febr. 1860 die Regeln
znletzt geflosscn waren, im Jnni sich Schmerzen ImLeibe,
in der Mitte des Deo. eine vorfibergehende Blntnng ein-
gestellt, sodann Ende Dec. nachVerlanf derWehenthltig-
keit und Abfluss des Fruchtwassers unter der Eiuwirknng
eines Frostes die Kindesbewegungen aufgehbrt hatten,
wurde die Kreissende am 2. Jan. 1861 wegen eines die
BeckenhOhle znm grSssten Theile ausffillenden Tumors
in die Entbindungsanstalt gebracht.
In dem bis znr Herzgrnbe kngelig ansgedehnten
Leibe ffihlte man fiber beiden Weichen harte runde Her-
vorragungen , von denen die rechte hober hinanfreichte.
Der noch nicht verstrichene Sclieidentheil wurde dnrch
eine Geschwulst links nnd vorn an die Beckenwand an-
gcdrangt. Durch den langen Mutterhalskanal konnte der
Finger den Kindskopf nicht erreichen. Das Uteringerfiusch
war deutlich horbar, nicht aber die Herzttine. Nsohdem
am Vormittage kleine Blutmengen abgegangen waren,
drangte sich am Nacbmittage bei vfiUlg erwei tertem Mutter-
munde eine vom Frachtkopfe ausgehende weiche f Mat-
gross e Geschwulst ans dem Scheldeneingange hervor.
Aus der geborstenen kleinen Fontanelle und deT darfiber
liegenden Kopfhant qnoll zwischen den stark zusammen-
geschobenen scharfrandigen Kopfknochen bei Jeder Wehe
Gehirnmasse hervor. Geboren wnrde eine 8600 Grmm.
wiegende, plattgedrfickte mannllche Frnoht , deren Kopf-
knochen in ihren Verbindungen geldst waren nnd im lin-
ken Schlafenbeine und in der linken Scite der Hinter-
hauptsschuppe Fissuren zelgten. Rechts von dem in der
linken Weiche gelegenen Uterus ffihlte man dentlich eine
abgegrenzte hockerige Geschwulst, die auch in den Becken-
kanal hinabreichte und daselbet den Scheidenthell nach
links verdrangte. Die Sondenmessung ergab 14 T. nach
der Geburt 4“ — 10.7 Centimeter.
Eln Jahr spater gebar die Frau, in deren Leibe rechte
fiber dem Uterus eine resistente Geschwulst wahrgenem-
men wurde, wieder ein 3600 Grmm. wiegendee, todtfkules
Madchen, deesen Kopfknochen in hohem Grade zosam-
mengedrfickt , die Sinus longitudinales zerrissen waren,
wahrend auf dem linken Se.heitelbein ein betrichtlicher
Bluterguss stattgefnnden hatte.
Sehon wihrend der Geburt hatte die Kr. grfinlich er-
broohen, gefrostelt und ihre Temperator hatte 40° C. er-
reicht , sie starb unter den Ersehelnongea einer Entero-
peritonitis nach 8 Tagen.
Bei der Sektion zeigte sich in der Bauchhfihle reich-
liches eitriges Exsndat, der Uterus, noch fiber faustgross,
ragte hoch fiber den Beckeneingang empor , am Mutter-
halse sass ein in seiner rechten Wand eingebettetes,
mannskopfgrosses derbes Fibromyom. Das in Spiritus
aufbewahrte Praparat war 17 Ctmtr. breit, 16 Ctmtr.
hoch, 10—11 Ctmtr. dick. Die Insertion begann 2 Ctmtr.
fiber der Muttermundslippe nnd erstreckte sich 10 Ctmtr.
nach oben , so dass oberhalb noch 9 Ctmtr. der Gtabar-
raiittenvand frei blicben. Letzterewar imKorper8 Ctmtr.,
im liaise 2.3 Ctmtr. dick.
An der Innenflfiehe des Uterus fand sieh nlehte Ab-
nonnes, ebenso keinc Abnormitat der Beckonmaasae.
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IV. Gyn&kolope n. Pfidtatrik.
47
2) Uebtr fmutgroues Myom m der hintern Wand de*
Mnllerkabet bei einer Mehrgeb&rendm. Bine 38Jfihr.
Fran , welehe vor 2 J. eln ausgetragenes Kind, vor 1 J.
vorzeitig geboren hatte , wobei der Arzt nnr elne Ver-
dieknng der hintern Mutterhalawand , jedoch keine Ge-
achwulst vorgefnnden , wurde am 14. Mai in die Kimik
anfgenommen , nachdem reehtzeitig am Tage zuvor die
eraten Wehen eingetreten, aber schon vor 3T. daaFrneht-
waeser abgefloseen war. Bereits war eine am Collnm
uteri aitzende Geachwulst constatirt worden, deren Gegen-
wart aowohl die Extraktion dea vorliegenden Kindakopfs
mtt der Zange , ala auch die Wendong anf die Fusee ge-
htadert hatte. Sie begann hinter dem Scheideneingange
nahe fiber dem Rande der hintern Mnttermnndaiippe and
setete aich ao writ nach oben in den Mutterhals fort , daas
ihr oberea Ende kaum zu erreichen war. Die hintere,
8 Ctmtr. lange Flfiehe war glatt , die vordere nneben,
ranh. Die Consiatenz der die ganze KrenzbeinhOhle er-
ffillenden Geschwulst war derb and anelaatiach. Vor ihr
lag der cam Umfange einea Zweitbaleretficka erweiterte
Muttermund, fiber welchen der Kindakopf mit aeinen leicht
zu verachlebenden Kopfknochen geftihlt wurde. Die
vordere Mnttermnndaiippe war geachwollen. Bei der
aaaeern Unteranchnng dea maaaig anagedehnten Bauchea
waren FfitalherztOne nieht an hfiren. Die Gebarende Htt
an Bronchialkatarrh nnd hatte hohea Fieber. Temp.
40* C., Pals 120.
Nach einer erfolglosen Probepnnktion dea Tumor
wurde der Kopf der todten Frncht perforirt , mittela der
Kephalotribe verkleinert nnd ansgezogen. Korper und
Nachgeburt folgten mch nach. Die Frucht war ein Mad-
chen , welches einachllesalich dbs abgeflossenen Gehims
nngefihr 3600 Grmm. wog. Es liens sich nun erkennen,
daas die Geschwulst ohne scharfe Abgrenznng bis znm
innern Muttermund hinanfragte. Nach der Geburt sank
die Temp, anf 37.6° C. nnd erhielt sich 2 T. lang un-
geffihr auf dieeerHShe, der Pula aber blieb 120 — 132.
die W5chnerin erbrach achleimlge Maaaen , der Unterleib
trieb aich auf und wurde schmerzh&ft ; der Tod erfolgte
am Abend des 2. Tages.
Bei Erfiffnnng der Bauchhiihle , 16 Std. nach dem
Tode, stromte eine Mengc atinkenden Gases und aangnino-
1 miter Flussigkeit hervor. Die DfinndarmBChlingen in der
Naehbarachaft dea Uterus waren durch eitrlg fibrinSaes
Ezandat verklebt, das S romanum mit dem Uterua feat
verbonden. Im Uoken breiten Mutterbande belaud aich
eine fauatgroase, schwarzlich verfarbte Anschwellung, bei
deren Eroffnnng mit Gas gemischtea Blut austrat. Dieaer
Hohlranm communicirte durch eine breite Spalte mit dem
MntterhalakanaJ. Die Gebarmutter hatte eine fl&che,
atnndenglasahnliche Gestalt und war vom anssern Mutter-
nrande bia znm Grunde 26 Ctmtr. lang. In der Mitte sab
man die 11 Ctmtr. breite Einschnurungsfnrche. Mutter-
hals und KSrper waren 14 Ctmtr. brelt. Die vordere
Waad des Halses war aehr verdunut , in der hintern aaaa
eine aahezu kindskopfgroase Geachwulst von 12 Ctmtr.
Ufibe und Breite welehe genau bis zuro innern Mu tter-
mnnd ragte. Die hintere Mnttermundslippe war dunn,
schinff und hing 2 Ctmtr. weit herab. In der Uohe dea
SeheidengewSlbes fand aich links ein 6 Ctmtr. langer Ein-
riaa. Die Gebarmntterhfihle war 12 Ctmtr. lang und
uater dem Bauchfelluberauge der vordern Wand sasaen
mehrere kirschgrosse Myome. Alto Pae adorn embranen
nmhfillten den linken Eieratock nnd Eileiter.
Folgenden Fall von Geburteatfirung durch mul-
tiple Uteruafibroide und apontaner Geburt nach ihrer
Erweichung beachreibt Dr. C harrier (Gaz. dea
Hflp. 4. 1875).
Die 26jahr. Fr. C., die 3mal normal geboren hatte,
litt aeit Beginn ihrer 4. Schwangerachaft an Erbreehen,
beftlger Leukorrhfie und tiefer Anfimie. Die dem An-
sehein nach im 6. Mon. der Sch waagerech aft befindliche
Gebfirmutter war nach rechta abgelenkt. Am 20. Sept.
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waren die Hentfine deutllcb , die Kr. ffihlte die oraten
Bewegnngen. In der Seheide begegnete der Finger einer
Geachwnlat von dem Umfang einea Gfinseeiea, welehe voa
der verlangerten vordern Mnttermundslippe zu entaprtn-
gen schien , wahrend der Mnttermund nicht zu erreiehen
war. Der Tumor wnchs in den nachaten 2 Mon . so raaeh,
ilaas or, das kleine Becken auafullend, aich ala derbe,
strausseneigrosse Masse bis an die Vulva dringte. Er
btateteeft, ceigte aber keine erweichte Stelle, veruraachte
lebhaftes Drangen nnd begann im Marz zu erwriohen,
wahrend die Leukorrboe aehr reichlich u. stinkend wurde.
Am 22. Marz gebar Pat. von aelbat rinen 7 Mon. alteu
Fdtua, der 3 Std. Iebte, zugleich auch 12 Ctmtr. einer
Geachwnlat, die mit der Scheere abgeachnitten wurde,
worauf nach einiger Zeit ein vorragender Ueberrest sich
leicht auazielicn lieaa. Zwei Tagc apater aber ging noch
eine zweite, abgeplattete , erweichte Masse vom Umfang
einea Truthenncneies ab , dem endlich 4 T. apater , am
29. Marz, ein dritter Tumor folgte. Pat. crholte aich daun
raaeh.
Diesen Krankengeachichten fflgte Polaillon
die Bemerkung an , daas Tumoren der Muttennnnda-
lippen beim Vorachreiten der Geburt hfiufig zur Seite
weichen und der Frucht Bahn lasaen. In einem
Falle war von einer Hebamme eiu weicher Theil
geffihlt und eine Steisageburt diagnosticirt worden.
Nach Abfluas dea Fruchtwaaaera atai'b daa Kind und
wurde 2 T. nachber in fauligem Zuat&nde mit dem
Steiaae voraus geboren. Auch die Mutter atarb ala-
bald und bei der Sektion fand man ein orangen-
groeaea Fibrom der Muttermundslippe links und hin-
teu. Daher rfith P., vor einem operatives Kingriffe
nbzuwarten, ob dergleicben Mij^terhalagescbwfilate
nicht von aelbat zur Seite weicben.
M. Kiferle zu Bottenburg a. N. (Wtlrtemb.
Gorr.-Bl. XLV. 25. 1875) beobachtete einen Fall
von Gebfirmutterpolypen , in dem wfihrend des Be-
stehena deaselben Schwangerachaft eintrat nnd trotz-
dem aowohl die Schwangerachaft, ala auch die Geburt
uud daa Woclienbett keinerleL Stbrung erfuhr.
Die 36 J. alte , schwachliche Frau , die wiederholt
geboren hatte, litt nach Entfernang einer verwachaenen
Placenta, die in 8tficken abging, an bestandigem, weias-
lichem schleimigem Ansfluss mit zeitweiligen Blutungen.
Wahrend einer wieder oingetretenen Schwangerachaft
horte der AubAubb nicht auf und in den 3 ere ten Schwau-
gerachaftamonaten traten zeitweiae heftige Blntnngen anf,
dann aber erst wieder einige Monate nach der Entbindnng,
nnd zwar mit wehenartigen Kreuzschmerzen und dem Ge-
ffihl, als drfinge ein achwerer Korper im Becken nach dea
anssern Geschlechtstheilen zu , ea bestand raeist Stnhlver-
atopfung u. bei der Entleerung von Faces groase Schmerz-
haftigkeit, ausserdem Harnincontinenz. Der Ansflusa aus
den Genitalien wurde starker , grunlich gefarbt nnd stin-
kend, alle Beachwerden nahmen zu und die Kr. konnte
nicht mehr in aufrechter Stellung verweilen , ohne dass
Blutungen sich einatellten. Spater ging unter heftigen
wehenartigen Schmerzen und Blntnngen eine milzartige,
von sehnigen Fasern durchzogene schusself5rmige Masse
in 4 Stricken ab. Danach hOrten die wehenartigen Schmer-
zen auf und ea stellte sich eln hfichst fibelriechender kinds-
pechartiger Ansflusa ein.
Bei der Untersnchung fand K. den Muttermund fflr
2 Finger durchgangig, im Mntterhalae einen weichen,
zerfetzten Korper von der Dicke zweier zusammengehal-
tenerDaumen, der am Geblrmuttergrunde mit einem Sticl
angeheftet schien. Ala K. behufs der Operation mit
Zeige- und Mittelflnger den Stiei am Gebarmuttergrunde'
faaate, um ihn mit einer Siebold’sehen Scheere abcQsohnei-
den , rise er ab und der Polyp konnte in Stneken krinun-
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IV. OynSkolo^ie n. Pftdintrik.
liefordert wcrdnn. .Iptzt zeigtc sich im Gebiinuuttergrunde
cine saekartige Ausbucbtung, in die der Sti<il hiuaufrcicbte.
Da Einfuhrung von Instrumentcn unmdglich war, ver-
suchte K. den etwa kleinfingerdicken iSUel mit dem Nagel
auszukratzeu und gelangte auch mit einiger Schwierigkeit
zuin Ziele. Die lilutung war dabei unbedeutend. Nach
kalten Umschliigen auf den Lcib nnd lujektionen von
Uliamilleninfus in den Uterus horten Schmerz und Blu-
tungen auf und die Kr. konnte bald als geheilt bctrachtct
werden.
Der Polyp hatte etwa 2 J. lang bestahden , als die
Schwangerschaft eintrat, wahrend welcher er platt ge-
druckt wurde , und bei zuuehmcndem Drucke horten die
Hlutnngen auf. Wahrscheinlich nach Abgang der Placenta
trat der Polyp durch den erweiterten Muttermund herab,
was durch die Znsauimenziehung n. Involution des Uterus
beschleunigt wurde , und wurde wahrscheinlich ganz aus-
gestossen worden sein , wenn der feste Stiel dies* nicht
verhindert hatte. Bei den erfolglosen Versuchen der Ge-
barmntter , sich von dem Polypen zu befreien , kam es zn
der divertlkelartigen Erweiterung des Utemsgrundes. Als
die Geschwnlst wuchs, druckte sie auf Mastdarm und
Blase und fulirte zu Stoning dcr Defakation und Ilam-
incontinenz. Durch den Druek des Muttennundes auf die
Geschwnlst kam es zu theilweiser Mortiflkation nnd Ab-
stossung derselben.
Einen bemerkenswerthen Beitrag zur Lehre von
dem lymphangiektatitchcn Fibromyomen dee Uteru*
in pathologisch-anatomischer und kliniseber Bezie-
hnng lieferte Georg Rein in 8t. Petersburg (Arch,
f. GynUkol. IX. 3. p. 414. 1876).
Die Bcobachtungen von Ranvier und M fl-
ies sez, dass die mit Fltlasigkeit erfDUten Cysten
der Fibromyome injeinigen Fallen ihren Uraprnng in
ausgedehnten LympkgefSssen der Geschwnlst haben,
sind in einem Falie zuerst und selbststAndig von
Leopold nnd Fehling exakt bestUtigt worden
[vgl. Jahrbb. CLXIX. p. 263]. Vf. hat, vielleiclit
gleichzeitig mit Leopold, eine gleichartige Be-
obachtung gemacht. Ansserdem ist ihm ein anderer
nicht beschriebener Fall von apfelgrossem stibnrakd-
sen Fibroid bekannt, in dessen Innerem sich eine
nussgrosse, mit durchsichtiger Flttssigkeit erfttllte
Uohle befand , deren Wand, wie Dr. Heintze mit
dem Mikroskop an frischen Prftparaten nachweisen
konnte, von einer Endothelinmschicht ansgekleidet
war. Die Geschwnlst hatte sich an der hintern
Wand der Geb&ruiutterhohle entwickclt und war in
der Klinik mit dem Ecrasenr entfernt worden.
Vf.’s Fall ist folgender.
Die 42jiihr. S. F. wurde aiu 30. April 1874 im
Petersburger Krankenhause aufgenommen. Sie war
aniimiseh und konnte nur mit Schwierigkeiteu gehen. Der
Leibumfaug betrug 110, die Entfemung von derSymphyse
zum Nabel 30, bis zum Proc. xiph. 58, bis zum obern
Geschwulstrande 56 Centimeter. Im Leibe befand sich
eine deutlieb begrenzte , ovale Geschwnlst mit glatter
Obcrtiache, die nur in der Nahe des Nabels einen llucker
hatte. Hire Consistenz war derb, elastisch, in dcr Tiefe,
namentlich in den obern Partien, deutlieb fluktuirend.
Die Bauchdecken verschoben sich allenthalben daruber
hinaus. Die Portio vaginalis lag, kauin erreichbar , bin-
ten und rechts ; das Os etwas gcoftnet , die Sonde drang
9 Ctmtr. boch ein. Kechts and vom im Scheidcngewolbe
fiililte man ein hartes, undeutlieb fluktuirendes Segment
dcr Baucbgeschwulst.
Die Frau war regelmassig menstruirt, 18 J. lang ver-
beiratbet und nie tchwanger gewesen , vor 9 J. hatte sie
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die Geschwulst znerst bemerkt. Diese war erst seit 5 J.
rascher gewaclisen und gleichzeitig batten sich Menorrha-
gien von nicht zu grosser Bedeutuhg eingestellt ; in leta-
terer Zeit jedoch war die Menstruation wieder sparsamer
geworden. Bei einer Paracentese war •/, Bias blutabu-
licher Fluasigkeit entleert worden.
Diagnose: Dickwandige, multiloculare Cyste mit
Colloidinbalt und kurzem Stiei , eng mit dem Uterus zu-
sammenhangend. Vor der Operation wurde Pat. 10 T.
lang profus menstruirt, ihr Urin enthielt etwas Eiter.
Die Operation, am 22. Mai 1874, begann mit einem
14 Ctmtr. langen Bauchschnitt und Bloslegang der Ge-
sebwulst, deren Oberflache mit einer inultilocularen Cyste
Aebnlichkeit hatte, besonders sab der vorgetretene Hooker
ganz wie eine Cyste aus. Durch einen tief eingestossenen
Trokar qnoll nur blutahnliche , rascb gerinnende Flussig-
keit init Detritusmasse in geringer Monge liervor. Der
Trokar ging leickt in die Tiefe und war frei beweglieb. —
Nach Erweiterung der Bauchwunde liess sich non die Ue-
schwulst. deren Uni fang demcines bochscbwangern Uterus
gleich kam, aus der Baucbhdble bervorbeben. Von ibren
heiden Seiten . etwa in halber HOhc , gingen die breiten
Mutterbander ab und die Eierstocke waren sichtbar. Man
liatte es demnach nicht mit einer Ovariotomie , sondern
mit einer Laparohysterotomie zu tbun, denn es blieb uiehta
iilirig, als die Geschwulst fiber der Vagina abzutragen.
Zu diesem Zwecke warden zunachat die breiten Mutter-
bander unterbunden und ohne Blntung von oben nach
unten durebsebuitten. Dann wurde das Peritonaum der
Kxcavatio vesico-uterina in einer Klammer gefasst nnd
abgebrannt, hierauf aber um den supravaginalen Tbeil
des Uterus eine starke Eeraseurschlinge fest angezogen.
Jetzt flel oben aus der Geschwulst der Trokar heraus und
hinter ihm ipioll cine grosseMenge von Flussigkeit hervor,
deren Eindringen in die Bauchhoble jedoch verhiltet
wurde. Durch Erweiterung dieser Oeffnung gelang es.
die Geschwulst bedeutend zu verkleinern. Kachdem nun
durch Vaginaluntersuchuug und Fullung der Harnblase
nocbmals constatirt worden war , dass die Ecraseurkette
den Uterus in der Hohe des innern Mnttermnndos nm-
fasste, wurde noch unterderKette nm den supravaginalen
Tbeil derKnotenknupfer von Koeberle gelegt und end-
lieh der Uterus mit dem Ecraseur amputirt , 2 Std. nach
Beginn der Operation. Eine nnbedentende Blutnng ans
den breiten Mntterbandern erforderte die F.menening der
Uigaturen , deren eine an die Art. spermatica int., die
andere an die Art. uterina angelegt und versenkt warden.
Nach Reinigung der Banchholilc wurde die Ranehwnnde
durch 8 tiefe und 7 oberflachlichc Nahte in ihrem obeni
Theile geschlossen nnd nur der untere Wundwinkel frei
gelassen, wo der supravaginaleTheil, vom Knotenknflpfer
zusaramengeschnurt , befestigt wurde, indem man eine
starke Acnpressurnadel nnter der Schlinge einstiess , die
sich auf die Rander dcr Bauchwunde stfitzte. Auch fasste
die unterste Sutnr den supravaginalen Tbeil des Uterus-
stnmpfes mit. Die Operation hatte bis zu ihrer Bcendi-
gung dttrch den Wundverband 4 Std. gedanert , wShrend
welcher Zeit Pat. fortwahrend in der Chloroformnarkose
sich befunden hatte. Sie erwachte und sprach einige
Satze mit voUem Bewnsstsein bei Anlegung der Nahte,
spater war sie nicht mehr zu sich gckommen. 8ie starb
nnter den Zeichen von Perimetritis 26 Std. nach der Ope-
ration. — Bei der Sektion fanden sich die Darme frisch
verklebt nnd in der BanchhShlc etwas Eiter.
Dio in Midler' scher FlQssigkeit aufbewahrte Ge-
seliwulst entsprach in Form und Grfisse einem 8 Mon.
schwangern Uterus und wog 2400 Gramm. Man unter-
sebied auf dem Langsschnittc 3 Thcilc: 1) die Gebar-
mutter, 2) eine grosse H5hle in der Dick e der vordern
Wand , 3) neugebildete , an den Wanden der IlShle ge-
lagerte Masseu.
Die Gebarmutter war bedeutend hypertrophirt , ihre
Uohle maass vom innern Muttermunde bis zum Fundus
9.5 Ctmtr., die Lange des am Praparate befludlichen
Stiicks des Cervikalkauals 1.7, dieLiiuge des am Cadaver
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IV. GynAkalogje a. Pidiatrik.
ag p rfUh e cM iefrcnen Theils 3 Centimeter. Die Bohleimhaut
war verdiokt , biass , hSckerig and hatte flache , polypfiae
Wacherungen. Die grosste dereel ben in der vordern
Wend, 1.7 Ctmtr. fiber dem Muttermonde , hatte ovale
Form nad unregelroassig gelappte Oberflache. Sie war
4.3 Ctmtr. lang, 3.1 Ctmtr. breit, 1 Ctmtr. dick und bil-
dete beim Sondlren der Hdhle ein bedeutendes Hinder-
nias fur das Eindringen der Sonde in den obern Tbeil der
H&Ue. Die Uteruswande waren ungleichmaasig verdickt,
die hintere war 4 Ctmtr. dick in der Nahe des Grnndes
and out 2 Ctmtr. in der Nahe des innem Muttermundes.
Die vordere Wand aber hatte gerade an letitgenannter
Stelle ihre grosste Dicke and zerfiel nach oben in zwei
Schichten , zwischen denen sieh eine kugelformige , weite
HtihU von der Grosse eines Mannskopfes gcbildet hatte,
welche die Gestalt des Praparates bedingte. Die nnten
1.5 nnd 3 Ctmtr. dicken Hdhlenwandnngen verjflngten
sieh in ihrem Dnrohmesser nach oben , eine Stelle in der
haiben Uohe der vordern Wand war nur 6 Mmtr. dick,
hier mfindete der bei Lebzeiten als besonderer Hocker
rahlbare Hohlranm indie grosse HShleein. Auf der innern
Fiache der HShlenw&nde lagerten nengebildete Massen,
bis su 6 Ctmtr. dick, die sioh sohwer von der Mnskel-
schicht der Gebarmntter ablosen Hessen , aber weicher,
lockerer und dunkler von Farbe waren und als Ilocker
oder brelte Platten vonl — 2 Mmtr. Durchmesser nach dein
Centrum der H5hle vorragten. Nnr an wenigen Stellen
waren dieae Voreprfinge von einem dfinnen, durchsichtigen,
leicbt ablSsbaren Hautchen bekleidet. Die Flussigkeit
wog 23Pfd., enthielt vielBlutkorperchen undGeschwulst-
bestandtheile nnd gerann nach mehreren Tagen nicht.
Zur mikroekopisohen Unterenchnng warden kleine
Genchwulststncken aas der Muller'achw Flussigkeit in
Spirit us gehartet , andere 24 Std. lang mit Pikrinsaure
und dann mit Spiritus behandelt, hierauf mit Pikrocarmin
einige Minuten lang gcfarbt und in wasseriger Glycerin-
iflsung nntersncht. Die Nenbildnngen an der Innenfl&che
der H5hle bestanden aus glatten Muskelfasern nnd Binde-
gewebe ; zwischen den festern Geechwulsttheilen sab man
sparsamere, zwischen den weichem zahlrelchere Hohl-
rSmne , zuweilen so zahlreich , dass das zwischcnliegende
Moskelgewebe nur nocb in der Form von Balken erhalten
war. Man beobachtete sog&r die hochsten Grade der
Vard&nnung dieser ZwischenwSnde , so dass man fast
Angenzeuge des Zusammenflusses von zwei Hohlraumen
wnrde. Im Innern dieser verdiinnten Querbalken kamen
zuweilen verhftltnissmJssig grosse Blutgefasse vor, weF
chen die Resorption angenscheinlich bevorstand , woraus
sick die Anwesenheit von flussigem Blute inderGe»chwulst
ecklart. Die Hohlraume zeigten keine Spur eiuer eigenen
Membran u. schienen das Muskelgewebe nur auseinander-
gedrangt zu haben ; dieses aber trug hier und da einen
feinen Sanm von fettigem Detritus. Indessen konnten
doch bei sorgftltigster Aua/iihrung der Scbnitte Praparate
angefertigt werden mitHohlungen, die den oben beschrie-
benen vollig glicben , aber auf ibrer Inuendache eine un-
unterbroebene Schicht von Kndothelzellen besassen.
Deinnach konnteu die Hohlraume nur ausgedohute Blut-
oder Lymphgefasse seiu. Die letsitere Annahme war jedoch
all ein baltbar , weil die in einigen Praparaten sichtbaren
Hohlraume sich neben unzweifelhaften Ulutgefassen be-
Canden und sich auf deu ersten BUck von ihnen unter-
sebieden. Dio Blutgefasse hatten fiberall ruude , ovale,
bisqnitf&rmige regelmassige Querschnitte ; die Hohlraume
dagegen waren unregelmaasig nnd ihre sehr zarten Wande
rerioren sich unmerklich in das Gewebe. Auch traf man
in ihnen aie rothe Blutkorperchen , welche in den Blnt-
gefassen , wenn auch sparUch , zu fiuden waren , eat-
sprechend dem anamischen Zustande der Leiohe. Das
Endotbel traf man nnr in den kleinen (Jnngon) Hohl-
pMuneu , in den grossen keine Spur davon , sondern bios
fetttge Degeneration des Nachbargewebes.
Die oben erwahuten weuigeu Hautchen an den Uohlen-
vorsprungcu bestanden aus homogener schleiuiiger Inter -
Mod. Jahrbtf. fid. 172. Hft. 1.
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oeUukarsubeUoz mit steinfSraigen Zeilsn u. Blntfkrbstoff,
ahnlich embryonalem Sohleimgewebe. — Die Schleim*
haut der Gebarmutter war hypertrophisch , die polypftsen
Wncherungen bestanden ans tubularen, in alien Richtun-
gen sich kreuzenden Drusen u. moss ten su den Adenomeu
geaablt werden.
Hiernach lag eine interstitielle, ans fasten Theilen
und theils makro-, theils mikroskopischen, mit Fllls-
sigkeit erftillten , dturch Ausdehnung der Lymphgo-
f&88e entstandenen Hfthlen beetehende Geschwulst vor,
die als Fibromyoma lymphangiectodes betrachtot
werden mnsste. Dass die Probepunktion keine ge-
rinnbare FlOsaigkeit geliefert hatte, war dumb die
Annahme erkl&rlich, dass die Hdhlen im Fibroid-
gewebe anftnglich durch Ausdehnung der Lymph-
gefksse zwar entstanden, dass aber zu ibrer Vergrtta-
serung andere Processe, z. B. fettige Degeneration,
beigetragen haben, welche dann auch zu Zerreissung
von Blutgefkssen und hftmorrhagischen Exsudaten ge-
flihrt haben. Demnach ist aus einer Probepunktion, die
keine gerinnbare FlOsaigkeit liefert, nicht mit Sicher-
heit auf die Abwesenheit von Myom zn schlieasen,
eben so we nig als die einer Geachwnist entnommeae
gerinnbare Flussigkeit mit Gewiasheit die Annahme
gestattet, dass eine Eierstockageschwnlst du returns
nicht vorhanden wire , da auoh die letztere in ein-
zelnen Fallen Lymphe enthklt.
Bemerkenswerth durch den eigenthOmlkhen Bau
des Fibroin , dessen Volumen wiederholt wechselte,
eracheint femer der von Hoepitaldirektor Dr. Sehrt
in Hofheim (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 29. 1876)
mitgetheilte Fall.
Die 34 J. alto Kr., die nie geboreu hatte, litt an
wiedorholten prof use n Blutungen ; bei einer Unterauehung
fand man eine pralle , elastische Gescbwulst , nicht ganz
von der Grosse eines Hubnereies und von ovaler Fora,
aus dem ziomlich hochstebenden Muttenmiud lieraus-
ragend , mit giatter , von zahlroichen varikoa erweiterten
Gefasschen durchzogeuer Oberliiiche. Als die Blutung,
wegen weicher die erste Untersuchuug vorgenotumon
worden war , aufgehort hatte , sail man bei einer zweiten
Unterenchnng, wenige Tage spater, die Geschwulst nioht
mehr, fuhlte sie aber, auf mindestens ein Drittel ihres
frShern I'm fangs reducirt nnd schlaffer und beweglicher,
im Cervikalkanale. Bei neuen Blutungen schwoll die Ge-
schwulst allemal wieder an und , wenn diese aufbdrten,
schwoll sie wieder ab, Bei einer spatem Unterauchung
konnte man feststellen, dass die Geschwulst hoch oben aa
der Uteruswand mit einem kurzen nnd breiten derbeu
Stiele aufsass. Die Excision war durch die Enge des
Muttermundes, die schwere Fassbarkeit der mit kurzem
und derbem Stiele anhafteuden Geschwulst nnd den hoheu
Sitz derselben nicht unbetrachtlich erschwert, gela&gaber
voilstandig and hatte sofortige Stillung der Blutung zur
Folge, die das Loben der Kr. bedroht hatte.
Die excidirte Geschwulst, die zur Zeit der Entfernung
ihren grossten Uinfang noch nicht erreicht hatte, war von
einem festen , gefassreichen Schleiinhantuberzuge uiuklei-
det, der, Bich im Bau von der Uterusschleimbaut unter
scheidend, eine pathologiscbe Veranderung derselben dar-
zustellen schien. Die Geschwulst selbst zeigte auf der
granulirten, grauweissen, im Centrum blassrothen Schnitt-
tiaebe aahireiche, den Durcbschnitten kleincr Gcfasae
entsprechende Blutpunkte und bestand aus vollkommen
entwickeltera , dicht verfllztem Bindegewebe , dem zahl-
reiohe kleine Hohlranme u. Spalten ein sch wammartigea ,
dem Parencbym der Corpora cavernoaa dea Penis akn-
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
50
IV. Gynfikologte n. P&diatnk.
Itches Anssehen gaben. Die Spalten und Hohtritame,
deren Wande ebenfhlls ans dicht verfllztem Blndegewebe
bestanden nnd ein Epithel nicht besassen , waren leer und
konnten znr Aufnahme von Blut oder exsudirender Fld»-
stgkeit nicht gedient haben , da slch davon keine Spuren
fanden, wahrend die Geschwulst sich bei der Excision
dooh im Z us Unde der AnschweUnng befand.
Die Anachwellung konnte nur durch zeitweiiig
stftrkere Ffillung dea Geffeaasystems in der Geech waist
m Stande gekommen aein , da glatte Muskelfasern,
deren ContraktilitAt ebenfalls dazu hAtte beitragen
kbnnen, in ihr nicht vorhanden waren. Wabrschein-
lich haben die Veranlassung zu den period ischen An-
achwellungen nervOse [?] Congestionen , Fluxions-
snatftnde der Geb&rmutter gegeben, die ihrerseita
durch erhflhte Reflexerregbarkeit in Folge jahrelang
bestehender ReizzostAnde in der SexualsphAre be-
dingt aein konnten. Die eigenthttmlich schwamm-
artige Construktion der Geschwulst konnte insofern
die V olumenverAndemngen begtinstigen, aLs eine be-
trichtliche Ausdehnung des GefAsssystems der Ge-
aehwulst anf Kosten der vorhandenen , in hohem
Grade comprimirbaren inters titiellen RAume u. Spal-
ten jederzeit leicht zn Stande kommen konnte.
Ein Beispiel von gleiohzeitigem Vorkommm
mbperitcmSaler vud inlrautmner Fibroide liefert
folgender von Go us ton (Bull, de la Soc. anat.
3. Sdr. X. 3. p. 496. 1875) mitgetheilter Fall.
Die 43jfihr. H. X. war dnrch Ojahrige sehr heftige
Blnrtflassc sehr kacbekttecb geworden. Aasser einer
grossen Geschwulst ffihlte man in ihrem Lelbe eine An-
zahl kleinere, und durch den etwas offenen Muttermund
konnte der Finger elnen vorliegenden Korper erreichen.
Eine weitere Abnormitat war, dass die Urethra oberhalb
der KlitoriB mundete. Die Kr. starb 2 Monate nach ihrer
Aufnahme an Peritonitis. Bei der Sektion fand man in
der BauchhOhle ein vom Mnttergrunde ansgehendes ge-
stieltes snbperitonaales Fibroid von der GrOsse zweier
Mannesfanste, den ganzen Mutterkorper von zahlreichen,
subperiton&alcn , sessilcn Myomcn durchsctzt, in dor
MntterhOhle einen im Grunde angehefteten , langlichen,
7—8 Ctmtr. langen, bis in den Mutterhals reichenden
Polypen, welcher keine Muskelfasern enthielt.
Entwicklung von Carcinom in Vterumyomen
beobachtete V. C o r n i 1. (Ball, de la Soc. aoat. 1. c.
p. 451.)
Die frfiher gesnnde, self 10 J. in der Menopause be-
flndHche ftSJfihr. R. war self SMonaten leldend geworden.
Zn dem selt etwa JahresfHst bestehenden gelinden Floor
albus hatten sich Leibschmerzen , hochgradlge Abmage-
rung nnd eine harte, schmerzhafte Geschwnlst im Banche
gesellt, welche letztere sich rasch vergrosserte. Bei der
Atifnahme in dieCharitd fand man die Person kacbektisch,
ascitisch . in der Medianlinie unter dem Nabel einen har-
ten , unebenen , schmerzhaften Tumor , der sich bei der
combinirten Untersnchung von der Schelde aus mit dem
Uterus bewegte. Nachdem noch eine Punktlon gemacht
worden , dnrch welche mehrere gross? Geschwfilste sicht-
bar wurden , starb Pat. nach wenigen Tagen. — Bei der
Sektion erschien das Netz als fleischige , dicke , gelappte
Masse , mit Magen und Colon transv. verbnnden , welche
beira Einachnitt eine harte, weisse, einen Milchsaft ent-
haltende Snbstanz , unter dem Mikroskop die fGr Krebe
cbarakteristischen Zellen zeigte. Aehnlich verhielt sich
das Mesenterinm und innig mit beiden verwachsen war
der KOrper der Gebarmutter , welcber In einer knotigen
Masse aufging. Diese bestand ans einer kopfgrossen und
einer Ansahl kleinerer Geschwfilste. Der Mnttcrhals war
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kWn nnd Hess kanm die Sonde dnrch, tan Innern der
HOhle fand sich oolloide Flftssigkeit. Hals and Ham-
blase hatten an der krebeigen Degeneration nicht Thed
genommen. Dagegen sans auch an der Reugestclle dee
Halses , der sich vom MnttcrkSrper im rechten Winkel
ablenkte, ein mandelgrosses Fibroid, welche* frei von
Krebs war. Der Haupttumor hatte 2 concentrlsche Hfli-
len, deren eine dem Peritonanm, die andere dem Uterm
angehOrte, er bestand in der Peripherie aus fester Masse,
lm Innern aus kasigem Detritus. In der BauchhOhle
waren etwa 1'/* Liter z&her Flussigkeit, zerfliesseudem
KSse ahnlich , enthalten , mit Eiter and graaen Flockes
gemengt, wahrend die Oberflache der Dfirme fi be rail mit
GefSssvegetationen besetzt war.
Prof. Fleury zu Clermont-Ferrand (L’Union
4. 1874) berichtet liber einige , ttbrigena nichta Be-
sonderes darbietende FAlle, welche von Neuem be-
weisen , wie schwierig in manchen Fallen die Dia-
gnose zwischen Fibrom und Krebs sein kann. In
einem Falle beobachtete FI. das gleichzeitige Be-
stehen beider Affektionen bei einer Ausserat kachek-
tischen Dame, welche seit 18 Mon. einen Tumor
von der GrSsse des Kopfes eines Gmonatl. FOtus
zwischen den Schenkeln bemerkt hatte. Der Tumor,
welcher mit einem dtlnnen Stiele versehen war,
wurde ohne Schwierigkeit abgetragen und ergab sich
als ein fibrOser Polyp, in welchem mit serftser Fltls-
sigkeit erftlllte Hbhlungen vorhanden waren. Die
Operirte starb nach einigen Tagen an Peritonitis, nnd
bei der Sektion fand man an der vordern Lippe des
weit offenstehenden Muttermundes ein Krebsge-
schwtlr. Der Polyp hatte an der hintern Wand der
Vagina geseasen.
In histologischer Beziehnng interessant erscheint
der von Dr. Albert Hdnocqne (Arch, de Physiol.
IV. p. 425. Jnillet 1873) gelieferte Nachweis, dass
ein im J. 1829 von A muss at bei der Sektion der
Leiche einer alten Fran aus der Wand des Uterus
entnommener sogen. Uterusstein als ein Leiomyom
zu betrachten ist , in welchem nach der fettigen De-
generation Verkalknng stattgefunden hat.
Der Stein hat das Anssehen eines verateinertes
Schwammes , die Gestalt nnd GrOsse einer Illmhemi-
sph&re , er ist ovoid , ein wenig (dicker in der Mitte nnd
misst in seinem grossen Umfange 40, imkleinen 20 Ctmtr.
Die obere Flache ist gewOlbt und mit Erhabenheiten ver-
sehen, welche durch seichte Vertiefungen nnd Risse ober-
flichlich getrennt sind , an 2 oder 3 Stellen gehen die
Risse in die Tiefe, die nntere Flache ist concav and seigt
eine Vertiefung, welche den Tnmor in 4 rundliche Lappen
mit vielen verschieden grossen HOckern theilt. Die Farbe
der Oberflache gleicht gelbem Elfenbein, in einigen Rissen
sieht man vertrocknete Gewebsreste. Die Conslstenz 1st
nicht knOchern, sondern brocklioh, gestattet keine fei
nen Schnitte ; der Bruch ist fast immer lamellOs. Feine
Lamellen von den Rissstellen zeigen unter dem Mikroskop
eine dnrchscheinende Snbstanz ohne Struktur , nur Strei-
fen nnd kOrnige Mas sen. Ira Wasser macerirte T belle
haben allerdings ein faserfihnUches Anssehen und Fett-
KOmchen, aber keine Textur, keinesfalls lies* sieb
Knochensubstanz constatiren.
Nach Maceration des Steinee in Salpetercinre nnd
Salzsaure (1:6 Aq.) war der Kalkinhalt des Steinss be-
seitigt nnd ein elastlsches flbrOses Balkengewebe flbrig-
geblieben. Feiue Schnitte waren nun leicht anzufertigen
und zeigten bei dOfacher VergrOsserung grosse, glatte,
sich kreuzende Bflndel , verschiedene , dnrch die Bfindel
seibst unter sich communicireude Lagen bildend. LAug*-
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
51
IV. GyB&kokgie a. Padintrtk.
ztreifen getoen den Bdndeln das Aussehen von Fasern,
ihniieh {flatten MuBkclfasem , an andern Stellen sind die
Bfindel wellenRrmlg und Widen concentrische Lagen.
Ste lassen sich in noch kleinere Bundel von 30—100 Tao-
•eadstel Millimeter sertheilen, ja die d&nnsten Fasern
babea nor 6 Mratr. Durchmesser. In den Buudeln be-
merkt man gelbe , runde Oder ovoidc Kornchen ; manche
haben das Aussehen von varikoser Erwelterung, wie
Ipecacnanhawurael, and ere haben unschbne nnd welt von
einandereatfernte Strelfeu, wie man sie oft andenglatten
Muakelfasern der Leiomyome wahrnimmt. Bei 2 — 800-
lacher Vergrosserung werden Bundel glatter, hier und
da zertrfimmerter Muakelfasern sichtbar nnd an manchen
Stellen liagllche 3 /iooo Mmtr. brelte , *°/ 10 oo Mmtr. lange
Knotehen , manche noch kleiner , manche etwas grosser,
an ihren Enden mit Fettkornchen versehen. Einige glatte
Mnskelfasem haben varikoses Aussehen und enthaltcn
eine gelbe , TrOpfchen oder kleine Blocke blldende Sub-
stan* , an andern Stellen sind die Muskelbundel ganz de-
geoerirt nnd mit grauen Granulationen und FetttrSpfchen
erfullt. Anf der Oberttache der Biindel lagert eine
amorphe graue der Calciflkatlon angehorige Masse. —
Ansserdem giebt es in dem Stelne noch Nlederlagen von
graner, amorpher, kdrniger, mit Fettlropfen dnrchsetzter
Masse.
B ehandlung.
Ala Beleg fllr den gtinstigen Erfolg der Behand-
lung der Uterusfibroide mit kallen Einsprilzungen
fltthrt Dr. L. Ham on in Rochelle (Bull, de Thdr.
LXXXVII.p. 175. Aodt30. 1874) folgende Fftlle an.
1. Fall. Frau G. im mittleru Lebensalter mit mul-
tipeln subperitonaalen Fibroiden und heftigen Blutungen.
Im Jahre 1860 u. 1870 wurde die Kaltwaseerbehandlnng,
3mal taglich Irrigationen (irrigations a grande eau), ener-
gisck fortgefuhrt und dadurch Heilung erzielt. Ein Jahr
spate r gebar die G. normal.
2. Fall. Die 40jiihr, Frau X. litt an sehr schmerz-
hafter DysmenorrhOe nnd heftigen Blutungen. Hamon
find sie im Sept. 1872 sehr anamisch und ihren Leib von
etnem grossen Tumor enorm ausgedehnt. Er wendete
auseer gelegentlichen Morphiuminjektionen 3mal taglich
kalte Irrigationen & Mon. lang an , wonach die Blutungen
ganzlieh aufhOrten, die Schmerzen sich verloren, das All-
gemeinbertnden sich wesentlich besserte imd der Tumor
sich verkleinerte.
3. Fall. Die SOjahr. Frau C. hatte einen kindskopf-
grossen Tumor und seit 15 J. Metrorrhagien. Nachdem
9 Mon. lang 3mal taglich Irrigationen mit 16 — 30 Liter
Wasser von der gewohnlichen Lufttemperatur gemacht
worden waren , fand Ham. die Frau vOllig geheilt und
konnte keine Spur der Geschwulst mchr auftlnden.
Hinsichtlich der Behandlung der Uterustibrome
dta-eh subeutane Ergotin-Injektionen berichtet Prof.
Dr. Hildebrandt in Kftnigsberg (Beitr. zur Ge-
burtsh. u. Gynakol. HE. 2. p. 261. 1874) miter Be-
zognahme auf seine frtihem Mittlieilungen [s. Jabrbb.
CLVI. p. 298], dass er auch in den letzten Jahren
durch dieselbe sehr gttnstige Resultate erzielt habe.
Die Schmerzhaftigkeit der injektionen ist allerdings
ein unlengbarer Uebelstand. Namentlich erregen die
3 ersten Injektionen heftige 8chmerzen ; hier empfiehlt
es sich, die Kr. sofort einige Stunden die Rttckenlage
einnehmen zn lassen. Die Nabelgegend ist am we-
nigsten , die Gegend des Poupart’schen Bandes am
meuten empfindlicb; tiefe Injektionen bis in das
Unterhantzellgewebe und die Bauchmuskeln schmer-
zen weniger als oberflkehliehe. Auch lassen sich die
von der lokalen Einwirkung der Injektion abhAngi-
gen Schmerzen vermindem, wenn man eine wftssrige
Ltisong des Extr. sec. corn. aq. Pliarm. Bor. t)
(3:15), oder eine solche mit nur geringem Zusatz
von Glycerin (3 Extr., 13 Aq., 2 Glyc., anstatt ana
7.5 Aq. u. Glyc.) benutzt, welche letztere Mischung
weniger leiebt Schimmelpilze absetzt als die rein
wAsarige LiJsung. Schmerzhafte mehrstllndige Ute-
ruscontraktionen zu erregen ist aber der Zweck der
Injektionen, daher kOnnen diese Schmerzen keinen
berechtigten Einwurf gegen das Verfahren abgeben.
AbscettbUdung, welche von vielen Seiten als ein
erheblicher Nachtheil der Ergotin-Injektionen hervor-
geboben wird, hat H. nach etwa 1000 Injektionen
nur in drei Fallen beobachtet. Man sichert sich
dagegen durch tiefe Injektionen, die auch von von
Langenbeck, Awater , Ldhlein beftlrwortet
werden. Ergotinvergiftung hat H. nur 2mal in
leichtem Grade gesehen , bestehend in Unsicherheit
des Ganges, schmerzhafterContraktion der Sclienkel-
beuger und leichtem Schwindel , in dem einen Falle
nach der 8., in andern nach der 195. Injektion.
Die Symptome korten sofort auf, nachdem die Ein-
spritzungen nnterlassen worden waren. Dagegen
katKleinwSchter in Prag nach der 9. Injektion
hochgradige Intoxikationserscheinungen beobachtet,
tiefen Sopor, niedere Temperatur, 140 Puls; er liat
jedoch von einer Ltisung von 3 Th. Extr. secal. zu
je 2 Th. Wasser und Glycerin eine halbe Spritze voll
iqjicirt. Dem schwer wiegenden Einwurfe von Mar-
tin sen. wegenUnwirksamkeit der so schmerzhaften
Iryektionen, welchenauch H ermanides , Eggel,
Bengelsdorf erheben, ist entgegenzubalten, dass
einmal die Injektionen zu knrze Zeit fortgesetzt
worden sind, u. auf Alter, GriJsse, Sitz der Fibroide
keine Rllcksicht genommen wurde. W e r n i c h da-
gegen, Cl. Mayer, Keating, Hennig bcrich-
ten von wesentlichen Verkleinerungen von Fibromen
durch Ergotin-Injektionen. Auch Scanzoni hat
demVf. 2 Falle mitgetheilt, in denen Fibroide vom
Umfange eines Kindskopfs and einer Faust nach 40
und 51 Injektionen auf die GrOsse einer Orange re-
dneirt wurden.
Burow sah ein kindskopfgrosses Fibroid nach 2mo-
natl. Injektionen In Pauscn von 3 und 7 Tagen ganzlieh
schwlnden . die fruher verstrichene Vaginalportion znr
normalen Gestalt wieder zuruckkehren, den gewaltig vw-
grdsserten Uterus bis zum Umfang einer Orange sloh vsr-
kleineni, die Blutungen und serSsen Ausscheidungen auf-
hftren, die normale Menstruation wieder eintreten. Hy-
drops, Anamie und trube Geranthsstimmung verschwaa-
den und es folgte ein sebr gunstiges AUgemeinbeflnden
Aus seiner eigenen Praxis (Uhrt H. 5 Falle auf
mit Beseitigung der Symptome nnd Verkleinernng
der Tumoren; in einem Falle war indessen Ver-
wechselung mit einem Exsudate mSglich. Bei 9
weitem Fallen wurde durch die Iiyektionen zwar
keine wesentliche Verkleinerung der Geschwtllste,
') In Betreff der entz&ndl. Reiaung whrkt nach H.'a
Erfahrung am gfinatigsten das nach Wernich’s Vor-
schrift bereitete Extrakt.
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52
IV. Gynilkologie n. P&dlatrik.
aber erhebliche Bessmmg der Symptom*, d. h. dor
BlutuDgen, erzielt. Bei 2 Pftllen endlich erwiesen
rich die Injektionen gftnzlich frnchtlos.
Wescntliche Bcdingung fttr die gllnstige Wir-
kung des Ergotin ist, dass der Tumor durch die Con-
traktion der Uteruswand andauernd comjuimirt wird.
In mancben Fallen scheint vor der Resorption eine
Erweicliung einzutreten, welche Vf. dadurch erklart,
dass durch die tetanischen Contraktionen vermehrte
Blutftllle in den Venen, verminderte in den Arterien
und dadurch Gewebsauflockerung bewirkt werde
(Wernich).
Die Consistenz der Geschwtllste ist von Bedeu-
tung , insofern ganz alte, blutarme, lediglich aus
dichtem Bindegewcbe bestehende oder gar in Ver-
kalkung tibergegangene Fibrome nicht zur Auf locke-
rung und Verkleinerung zu bringen sind. Sie kom-
men aber besonders im hbhern Alter vor u. erregen
um diese Zeit nur noch selten Blutungen. Die saf-
tigen, elastischen Geschwtllste junger Personen , die
viel blutige und serfise Ausscheidungen veranlassen,
aind der Ergotinbehandlung am zug&nglichsten, wo-
zu gehfirt , dass die GebArmuttcr frei wirken kann
nnd nicht durch metritische und parametritische Ex-
sndate gehindert ist. Im Gleichen ist es gtlnstig,
wenn die Fibrome der Schleimhaut nahe sitzen, denn
die Bubperitonaalen kdnnen von den Contraktionen
nur wenig beeinflusst werden. Endlich bctont H.
als unerlftsslich ftlr einen gtlnstigen Erfolg, dass die
Behandlung lange fortgesetzt wird, und man sich
nnd die Kr. auf 20 — 50 nnd mehr Injektionen ge-
fasst macht.
Dr. Chrobak in Wien (Arcli. f. Gynkkol. VII.
2. p. 293. 1874) glaubt, dass die vielfack hervor-
gehobenen Uebelstaude der subcutanen Injektion von
Ergotin — Schmerzhaftigkeit und Hinterlassung von
Entztindungen, Abscessen, wochenlang dauernden
Verhfl.rtungen — verringcrt werden kdnnen, wenn
man reinere Ergotinprkparate anwendet. Er hat von
Hra. Simony, Demonstrator am chem. Laborat.
der Universitftt Wien , nach W e r n i c h ’ s Angaben
ein PrApar&t darstellen lassen , welches er als wirk-
sam und sehr haltb&r bezeichnen zu kfinncn glaubt.
8 i m o a y extra hirte gepulvertes Mutterkorn erst mit
Aether , dui sorjrfiltig nnd wiederholt mit Alkohol und
sog endlich den Ruckstand mit Wanner aus , worauf diese
Fiiesigkeit im Vacuum rum Trocknen gebraeht wnrde.
Er erhielt eine dunkelblaurothe, amorphe, trockne Masse,
die an der Luft sofort zerfloss, in einem mit einem Korke
▼ersehlossenen Olase sieh jedoch 10 Wochen nnverandert
trocken erhalten hatte. Die Losung von 0.2 Grmm. auf
1 Cctmtr. Wasser, war schon braunroth, absolut klar und
hielt sieh 2 — 3 Wochen, ehe Sehlmmelbildnng eintrat.
Vf. hat jedoch dieeelbe nur einige Male , in der grossen
Mehrsshl der Falle hingegcn eine L5sung des ofticineUen
Extr. seeales, bez. des Extr. s. Bonjean angewendet, und
zwar in dem Verhaltniss von 1 : 6, anflngilch Waaser und
Glycerin zu gl. Th., spfiter reines Wasser.
Chr. hat bei ciner Anzahl von Kr. die frag-
lichen Injektionen gemacht, kann aber, da sich
sehr viele derselben der weitem Beobachtung est-
rogen, nur ttber 11 Kr. , bei denen 191 Injektio-
nen ausgeftthrt Worden sind, gCnauere MHthfeiluttg
m&chen. Npun waren mit Uterusfibroid behaftet,
an ihnen wurden 173 Injektionen vorge.no mm ea.
Bei 2 Kr. wurden die Injektionen schon nach den
3. Male aufgegeben, in 6 FkHen mit 156 Injektionen
war der Erfolg entscliiedeu , insofern bei alien die
Blutungen bcdentend geringer wurden , so dass die
Kr. mit Ausnahme einer sich selbet als geheilt be-
trachteten. Dreiraal war ausser der hUmostatischen
Wirkung ein direkter Einfluss des Ergotin auf das
Fibroid wahrscheinlich , indem W ehenthitigkeit und
Verkleinerung der GeschwUlste erfolgte. Die In-
jektiouen wurden stets in der Nabelgegend gemacht,
hdchstens alle 2 T. wiederholt, waren aber immer
schmerzhaft Entztindung der Baut und Knoten-
bildung trat nach den 191 Injektionen gewbhnlieh,
Abscessbildung mu* 4mal auf.
Audi in Nordamerika ist die subcut&ne Injektion
von Secale, wie W. A. By ford 1 ) berichtet, viel-
fach mit gutemErfolge in Anwendung gebracht wor-
den. Gestlltzt auf eigene und fremde Erfahrungen
spricht sich B. dahin aus, dass durch dieselbe die
Operation in einer grossen Anzahl von Fallen vermie-
den werden kann. Die Neugebilde mtlasen jedoch
noch gefissreich, saftig und von einem geniigenden
Reichtlium organischen Muskelgewebes umgeben
sein, so dass die Contraktionswirkung des Secale
noch zur Geltung kommen kann. Schr blutleere,
knorpelige oder verkalkte Geschwtllste sind ftlr diese
Therapie nicht geeignet. B. hat von etwa 100 Fll-
len Kenntniss erlangt, wo die Behandlung mit Secale
sehr gtlnstige Einwirkung auf die Fibroide gezeigt
hat. Ausser den bekannten Beobachtungen von
Hildebrandt, Bengelsdorf, Chrobak nnd
Atthill fttlirt B. folgende amerikanische Erfahrun-
gen an.
White in Buffalo (14 Falle) sagt, die Secalebehand-
lung eigne sich nur fur intramurale, nicht gestielte Fi-
brome. Einige Fibrome seien vollig resorbirt, andere
verkleinert , bei noch andern die Blutung gehoben wor-
den.
Jcnks in Detroit: Secale wirkte in 76% guns tig
gegen Wachsthum und Blutung, 10°/® der Kr. wurden ge-
heilt.
C. G. Goodrich in Minneapolis behandelte Beit
2 J. eine Frau, deren Uterus den ganzen Kanm z wise hen
den Darmbeinen, 12" breit, und zwischen Symphyse and
Schwertfortsatz, 19" hoch, ausfullten. Die 8chmcrzen
erregende Behandlung mit Secale n. Belladonna erweekte
so grosse Hoffnung auf Genesung bei der Kr. , dass sie,
ohne ihren Arzt zn fragen, die Dosis verdoppelte und sieh
sehr starke Contraktionen und Metritis ztizog. Nach tno-
natlicher Unterbrechung wurde auf Andrangen der Pat.
dieselbe Behandlung wiedcr aufgenommen und hatte in
der That raschen Erfolg, so dass G. in Zweifel stand , ob
die Verkleinerung des Organs nicht eher eine Zuf&Ulgkelt
ab eine Folge der Behandlung sei ; er setzte deshalb das
Mittel aus. Bald aber vereicherte ihm seine Kr., dass sie
die krampfbaften Schmcrzen nicht mehr fiihie und dass
die Geschwulst wieder weieher nnd grosser geworden sei
als zur Zeit, wo sie das Mittel brauefcte. Pat. nafcm 4a-
’) Address in Obstetriqs and diseases of women and
children. Philadelphia 1876. Vgl. Philad. med. and
surg. Reporter XXXII. M ; June 1874.
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53
IV. Gynikologie u. Pidiatrik.
he* fl» Senate mR Belladonna wteder wto vorhe* and gn-
tsagte dainrt in 4 Mon. so wort, dam aie nach Boston rei-
sen konnte nnd unter fortdauemder Besserung voHstitodig
gUMS.
Howard In Champaign berichtet fiber 2 Fille. Bin
einzelner mtramurater K no ten von so hr aasehnltcher
Orfieae wnrde oblige Wochen lang hypodermattsch n. dann
8 MOn. lang mit innerllchen Gabon von Senate nnd Bella-
donna behandelt, wobei er vBIHg verschwand. — Bin an-
derea, doppelt so grosses, submukdses Fibroid, welches
3 Jahre lang heftige Blutungen verursaeht hatte, wurde
dnrch den Verbraoch grosser liengen ron Seeale mittels
Yaginallnjekttonen and Emnehmen hinnen 4 Mon. ginz-
tieb beseitigt.
Reeves Jackson (Berleht in der Chicago Soe. Of
phys.) : 4 tntramuraie , 1 subperitonlales Fibroid. Die
subcutane Einspritznng beelnflnsste das snbperitoniale
gar nicht, bewirkte in einem Falle vollstandige Heilong,
in 2 F. Verkleinerung , im 4. F. 8tillung der Blntnngen.
In einem 5. Falle wurde nnter Anwendung des Seeale ein
znm Nabel reichendes Fibroid binnen 3 Mon. vSllig resor-
blrt. Ein eben so grosses wnrde vorfibergehend verklei-
nert, erlangte aber nach Anssetzen der Behandlnng , die
nicht vertragen wnrde, seine frfihern Dimenslonen wie-
der ; die Blutungen blieben jedoch weg und das Beflnden
beaserte rich.
Etheridge berichtete in derselben SItzung der
Soc. of phys. fiber eine vollstandige Heilung und Mer-
riman fiber 3 Fille von Flbroiden, von denen ein intra-
muralcs geheilt wurde, ein zweites ebenfalls intramnrales
gebessert, ein drittes subperitonaales in seincm Wachs-
thome gehemmt wnrde. Derselbe M. behandelte eineu
Tumor vom Umfange <les Uterus im 5. Mon. der Schwan-
gerschaft, interstitiell in der vordern Wand und die Sonde
6 */«" tief in denUteruB einlassend, mit Extr. Secal. fluid.,
3mal tagl. 20 — 25 Tropfen. Schon nach 9 Wochen wnrde
das Beflnden besser. Wfthrond des Winters mnsste das
Medikament eialge Male ausgesetzt und Opium an soiaer
Statt gegeben, endlich nach 2jahr. Bestehen des Tumors
damit ganz aufgehort werden , weil die Kr. sehr herab-
kim, den Appetit verlor, fleberte und hei weit gefiffne-
tem Mnttermunde ein fibler Gebirmntterfluss sich ein-
steUte. Drei Wochen spater ging das Fibroid ais stink ende
flfissige Masse ab ; der Uterns war noch gross, weich,
sebr empflndlich ; wurde indessen nach 1 Woche normal.
Morris in Baltimore: 1 Fall dnrch Seeale gebes-
sert, aber beftige Contraktionen nBthigten die Behandlnng
aafbngebeo.
Buckingham in Boston : 1 Fall, Injektionen ohne
alien Erfolg.
Cowan in Danville Ky. : 1 Fall. Duroh 2 Wochen
lang fortgesetzte Injektionen wurde der Umfang des Lei-
bea von 36" auf 28 1 , vermindert und eine hartnackige
Veratopfung gehohen. Sehmerzhafte Abscesse ver an lass-
ten die Unterbrechung der Iqjektionen, worauf die Ver-
stopfung wieder eintrat nnd der Leib auf 32" Umfang
anschwoll. Die Wiederanfnahme der Einspritzungen be-
wtttte wieder Abschwelhnlg des Leibes auf 27“ Umfkng.
Dean in Rochester : 2 Fille , 1 . Fall Metro rrhagle,
Erhebnng des Tumors bis 2" fiber den Nabel , die Sonde
drang 7'/a" tief in den Uterns. Nachdem */, J- lan* in
Jeder Menopause 4 intrauterine Injektionen von '/, Drach.
Secale-Extrakt nnd eben so viele Injektionen in die Sob-
sthnz des Cervix gemacht worden waren, fand D. die
Tomongrenze 2‘ ' tutor deni Nabel, die Tiefe der Uteftw-
hohle 4 1 /,". — 2. Fall : Tumor im linken Hypogastrium
bis zur NabelhBhe ; die Sonde drang 8" in den Uterus.
Injektionen von 15 — 20 Tropfen in die Snbstanz deB Cer-
vix bewirkten nach 16 Min. 24 Std. dab Ornde Contrak-
tiottsu. Sie warden 4nfal in jedem Mon at gemacht. Un-
geaehtet erheblicher gastrischer und oerebraterStfirongen,
heftiger Anschweilung derHant nnd Schmerzen im Uterns
fnhr D. 8 Mon. lang mit den Injektionen fort, wouach die
Grenze des Tumozh 1" fiber der Bytopk. pub. gelegen
war and die Sonde nurnodb 4 l /»" fief efadrang, die
Menstroaiion aber ganz norm ales Ver halts n ceigte.
W e y in Elmira N. Y. Eine mehr ais faustgrosse Ge-
schwnlst wurde nach 6 Mon. auf die Halfte ihres Umfan-
ges redneirt, die dnrch Blutungen znvor sehr herabge-
kommene und wassersfichtige Kr. hatte mit normaler Men-
struation lhre Gesundhcit wieder erlangt. Die Be ha ad-
lung war 27 Monate fortgesetzt worcten.
Hodder in Toronto: 26 Falle seit 1878. Die T»-
moren wurden in der Mehrzahl gunstig beeinflusst. In
3 Ffillen verkleinerte sich der Tumor u. 8chwangerschaft
trat ein. H. wendete neben Seeale aueh Jod nnd Bronv
kalium an.
Inkes in St. Catherine: 1 Fall. Der Tumor war
schoa vor der Verheirathung nachgewiesen und bei der
ersten Geburt von Neuem erkannt worden. Nach 3mo-
natlichem Gebrauche von Extr. sec. fluid, iu Dosen von
'/* und 1 Drachme mit Jod combinirt verkleinerte sich die
Uterushohle von 6' ' Tiefe bis fast zum normalem Maasse
und die Geschwulst verschwand gaazlich.
Strange in Aurora, Canada, hat in mehreran Fal-
lea gefunden, dass Seeale dem weitern Waehathnme der
Fibsoide Einhalt gethan habe.
Warner hi Boston hat Seeale la 2 Ffitlea ohae Kr-
Mg gebrancht.
Thompson im Columbia Hosp. f. worn, aad child.
3 Falle, in alien Verkleinerung der Gesehwulste, Heilung
der Metro rrhagien u. Berstellnng des AUgemeinbefindeim.
Th. injicirte in einem Falle in das Fibroid selbst, indent
er das Instrument durcb den Cervikalkanal brachtc.
Russel in OshkoBh, Wise., 1 Fall, bedenteade Ver-
klelBerang dee Tumors und Beaeltigung alter imaugeneh-
men Symptome.
By ford (Vf.) 7 FiUe. Eine Kr. mit hoebgradiger
Anfimie starb 6 Wochen naoh Beghm der subcutaaen
Behandlnng, tagl. 30 Tropfen. — Elite 2. Kr. wurde erst
subentan behandelt , dann erhlelt sie wegen der Abscesse
3 Mon. lang tagllch 2mal einen TheelOffel des Eztr. see.
fluMnm. Der Tumor verschwand nach 3 Monaten. — In
3 Fillen verklelnerten sich die GeschwfilBte nur outer
Hersteilimg desAllgemelnbeflndens. — 6. F’aU. Abaakase
der Blutungen ohne Verkleinerung der Geschwulst. •*-
7. Fall. Pat. fiber 60 J. alt. Tumor nicht beeinfluest. —
In einem Falle reichte der Uterus 3" fiber die Symphyss,
ein sehr barter Tumor ffillte 2 Dritttheilo des Beckens
aus. Ein birnformiger harter, taubeneigrosser Polyp hiag
von der hintern Cervikalwand herab. Pat. nahm 3mai
taglioh 3 Orram. Extr. secal. , wodurch die zuvor vorhaa-
dene Anamie verschwand, die Menstruation regelmassig
wurde und der Tumor auf die Iialfte reducirt wurde,
wahrend der Polyp nur noch das Dritttbeil der frfihern
Grosse hatte. Letsterer wurde ohne Weiteree dann ab-
gedreht.
Unter den verzeiohneten 101 Fillen finden rich
22 Heilungen, 39 Verkleinerungen der Geschwttlste
und Beseitigung von Blutungen, Leukorrhoe u. s. w. ;
19mal wurden letztere Symptome gllnstig beeinfiaset
ohne Reduktion der Gesriiwtllste. Nur 21 Fille
widerstanden der Behandlnng ginzlich. In 21 F.
wurde die Behandlnng unterbrochen.
Ana Vfa. Schlusabemerkungen , aameatitoh fiber
hypodermatiaohe, sowie interne Anwendung des Se-
cale durch Magen, Scheide oder Eectum , heben wir
besondere hervor, daas er zuweilen eine cumulative
Warkung des Seeale beobachtet bat, derut, daw
nach langerem Gebrauche auf einmal heftige nnd
langdauernde Contraktionen such einfltellten ; so in
einem Falle erst nach 2 Mon. ; die heftigen Scbjner-
aen wicben erst am 5. Tage auf Opium \mi Chtetal.
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54
IV. Ojmflko logic iu Pfidiatrik.
Daw Prof. Winckel mit der subcutanen In-
jektion bei Uterusfibromen befriedigende Erfolge er-
zielt bat, vmrde schon oben erwftbnt. Einen neuen
Beweis fiir die gUnstigc Wirkung derselben liefert
die Beobachtung, welche Dr. Heinr. Schweni-
ger in Nienborg (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 32.
1876) verftffentlicht hat. Die flberaus deutliehe
Wirkung des Secale, so wie der Umstand, daw der
fragl. Fall ein neues Beispiel von normalem Verlanfe
dor Schwangerschaft trotz Beatehen eines Fibrom
d&rbietet , lassen eine ausftthrlichere Mittheilung ge-
rechtfertigt erscheincn.
Frau F. , 40 J. alt, Mutter von 10 Kindern , hatte
selt 2 Jahren , zueret ungefahr 6 Mon. nach der Oebnrt
dee 9. Kindes, ungewBhnliche Auftreibung dee Unterlelbes
bemerkt, die sle jedoch , sich abcrmals schwanger wah-
nend , nlcbt welter beachtete , obschon ein blntig-BChlei-
mlger Ausflusa mit wehenartigen Scbmerzen Bie bean-
ruhigtd. Das regelmassige Auftreten der Menstruation
bewlee Jedoch bald , (lass eine Schwangerschaft nicht eri-
stire. Die Geschwulst nahm stetig an Umfang zn , wfih-
rend die Beschwerden relativ gering blieben.
Im vorigen Jahre fand eine abermalige Conception
statt Die Schwangerschaft verlief unter den grdssten
Beschwerden , welche die Frau besonders der enonnen
Ausdehuung desLeibes zuschrieb, sle erreichte aber trotz-
dem ihr normales Ende.
Dio Geburt dauerte 2 T. lang unter sehr schmerz-
haften Wehen , verbunden mit nicht unerheblicben Blu-
tnngen ; nach Angabe der Hebamme wurde aber das Kind
in regelrecbter SchfideUage lebend geboren. Die Nach-
geburt folgte „siuckwei»e a 2'/ t Std. spfiter. Die Nach-
wehen waren ausserst schmerzhaft. Wahrend des Wochen-
bettes stellten sich wiederholt Blutungen ein ; im Qbrigen
soil dasselbe wie fruher verlaufen sein. Reichlicher Aue-
flnss , ungew&hnlicb grosse Auftreibung des Unterleibes,
Unvennogen, aucb nur knrze Zelt zu stehen and zn gehen,
welche zurfick blieben, reranlassten jedoch im Vereln mit
aanehmender Schwache die Kr. , arztliche Hulfe zn
suchen.
Vf. fand bei der blassen aber noch zlemlioh muskel-
•tarken Kr. einen starken Hfingebauch von 106 Ctmtr. im
grSssten Umfange. Hier war eine rundliche, elastiscbe,
bei Drnck etwas scbmerzbafte Geschwulst ffihlbar, welche
bei der bimanuellen Untersnchung als der vergrOsserte,
stark antevertirte Uterus erkannt wurde, der fiberail eine
glatte Oberflache zeigte. Der Muttermund fuhlte sich
wnlstig und derb an , die eine Vaginalportton war kaum
vorhanden. Die Inspektion des Muttermundes mittels
eines Speculums ergab nichts Besonderes ; die Sonde
konnte nicht fiber den innern Muttermund hinaus elnge-
ffihrt werden. Die Auskultation ergab deutliches Uterin-
gerinsch.
Die Gegenwart eines Fibroid war mithin unzweifel-
haft , Vf. beechloss daher sofort Einspritzungen mit Er-
gotin zu machen. Um Jedoch die Wirknng des Mittels
genan beurtheilen zu kdnnen, ermittelte er zuvor die
Maasse dee Uterus von den Bauchdecken aus. Er fand
dabei folgende Maasse: 1) Lange des Uterus von der
Mitte des Fondas bis zur Sjntnpb. oss. pnb. 22 Ctmtr. ;
2) Breite des Fondas 14.6 Ctmtr. ; 3) Brette des Corpas
10 Ctmtr. , anterhalb der Mitte des Fondas gemessen
17 Ctmtr.
Am 26. Jail 1873 warde mit den Einspritzungen be-
gonnen , and zwar warden dieselben ganz in der von
Hlldebrandt angegebenen Welse tfiglich ansgeffihrt.
Die Messnngen wurden aile 10 Tage wiederholt und er-
gaben folgendes fiberraschende Resultat.
5. Aug. 1873. Lange des Uterus 21 Ctmtr., Breite
des Fnndns 12.6, Breite des Corpus 16.6 Ctmtr. Allge-
metabeOnden der Pat. leidlleh. Der blutig-schleknige
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Ausfluss unverandert. Wahrend der eraton 4 Tage der
Einspritsung hatte Pat. oftmals sehr heftige, weheoartige
Sehmerzen im Unterleibe.
Am 7. Aug. Intoiikationeerscheinungen ; heftige
Kopfscbmerzen, Schwindel, Unsieherheit beim Gehen. —
Die Iqjektionen warden ausgesetzt, aber am 10. Aug. auf
dringenden Wunsoh der Pat. wieder aufgenommen. Von
jetzt ab wurde nnr eine halbe Spritze voll injicirt. 16. Aug.
Lfinge des Uterus 18 ; Breite dee Fundus 12 ; Breite des
Corpus 16 Ctmtr.
26. Aug. Der blutige Ausfluss bedeutend geringer.
Pat. kann eine halbe Stunde zn Foss zurucklegen , ohne
besonders ermfidet zu sein. Dzs Allgemeinbeflnden ist
gut. — Lfinge des Uterus 16; Breite des Fundus 12;
Breite des Corpus 14 Ctmtr.
4. Sept. Ausfluss belnahe ganz verschwunden, eben
so der Kreuzschmerz ; das Geffihl von Scbwere im Lelbe
immer geringer. Dae Allgemeinbeflnden ganz gut. Lange
des Uterus 12 ; Breite des Fundus 10 ; Breite des Corpas
12 Ctmtr.
14. Sept. Lfinge des Uterus 16 ; Breite des Fundus
10; Breite des Corpus 12 Ctmtr. Allgemelnbefinden vor-
trefflich, das Geffihl von Schwere im Unterleibe gfinzlich
geschwunden , das Gehen niebt mehr behindert ; Ausfluss
sparlich.
Pat. kehrte jetzt nach Uause zurfick, wo sie die Ein-
spritzungen fortsetzte. Am 3. Dec. fand Vf. den Uterua
fast normal. Der Fundus stand in der HBhe der 8ym-
pbyse vollig unschmerzhaft, die Vaginalportion fuhlte sich
weich nnd gelockert an , die Sonde dr&ng ohne alle
Schwlerigkeit in die Uteiinhdhle ein. Die Behandlung
wurde daher geschlossen.
Ungefahr 4 Wochen vor Abfassung des Beriehtes
hatte Vf. Gelegenheit, die Frau wieder zu sehen. Sie war
mit dem Erfolge der Kur sehr zufrieden und hatte, aueser
fiber eine etwas profuse Menstruation, keine Kiage.
In der Epikriae bemerkt Vf. , daw die Ein-
spritzung einer halben Spritze der Hildebrandt’-
schen ErgotinlOsung vollkommen ausreiche. Die
Knoten an der Einstichstelle werden danack nicht so
dick, verachwinden frtlher und es treten weitseltener
Intoxikationserscheinungen auf. Nach seiner An-
aicht ist tlbrigens der Sitz des Fibrom, die Beschaf-
fenheit der Muskulatur des Uterus und der Tonus
seiner GeftLsse ftir die Wirkung des Ergotin von er-
heblicher Bedeutung. Bei heitigen Menstrualblu-
tungen in Folge alter Lageverfinderungen des Ute-
nis, wo durch die anhaltende StauungshyperSmie die
Geftsse enorm erweitert sind , die Muskulatur zum
Theil fettig entartet ist , und ebenso auf einen Ute-
rus, der eigentlich nicht mehr funktionirt , Iflsst sich
ein gflnstiger Erfolg der Ergotininjektionen nicht er-
warten. Vf. selbst hat die Ergotininjektionen in
mehreren FfiUen von deraitigen heftigen Menstrual-
blutungen , so wie in einem Falle von interstitiollem
Fibrom an der vordern Wand des Uterus ohne den
geringsten Erfolg angewendet.
Prof. Frankenhfiuser (Ver. jflngerer Aerzte
in Zurich; Schweiz. Corr.-Bl. IV. 8. p. 225. 1874)
verlfisst sich dagegen in therapeotischer Beziehug
nur auf die Operation. Besonders gut sei ihm die
Enucleation von der Sckeide aus gelungen, indem er
die Uteruwubstanz eingeschnitten und die Ausschi-
lung der Natur tlberlassen habe , aucb wenn selbst
die das Fibroid bedeckende innere Muskelschlcht
dicker war, als die fiussere. Hierbei habe er nicht
einmal einen ttbeln Genich bemerkt
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56
IV. GynJikologie a. Pftdiatrik.
Dug jedooh die blutige Operation much sehr
earaste Folgen haben kbnne, beweisen von Neuem 2
von 0. v. Grtlnewaldt (Petersb. med. Ztschr.
N. F. IV. 3 n. 4. p. 379. 1873—74) im allgem.
Vereine der Petersburger Aerate kura angefllhrte
Fllle , in denen nach einer solchen Operation der
Tod durch Septhamie erfolgte ; allerdings die beiden
einxigen derartigen FUlIe, welche v. Gr. unter zahl-
reiehen Fallen von Polypenoperationen beobachtet
bat In dem einen Falle trat die Septh&mie schon
nach der blutigen Erweiterung des Muttermundea
anf , in welchem sich ein verjauchendes, mit Carci-
nom leicht zu verwecliselndes Myom befand. Im
2. Falle war der Verauch, den Polypen mit der gal-
vanokauatischen Schlinge abzutragen, wegen der
breiten Basis misslungen. Spflter erschien die Ge-
schwulst bis zur GrOsse eines Ganseeies angewachsen
and es bestanden aehr geftlasreiche Verwachsnngen
mit der innera Fllche des Uterus, die blutig getrennt
warden mussten. Da eine Schneideschlinge an der
breiten Basis nicht angelegt werden konnte, die
krampfhafte Contraktion des Orificium die AusschA-
lnng mit der Scheere anmttglich machte , versnchte
man durch seitliche Incisionen eine wuratfdrmige Ver-
llngernng der Geschwulst hervorznbringen. Es ge-
lang jedoch nur, einen Theil derselben stUckweise
zu entfernen. Die Kr. ging nach 3 T. an Sept-
bamie and Peritonitis unter Veijanehnng der Ge-
schwulstreste zu Grunde.
Da in z&hlreichen Referaten fiber Entfernung
von Polypen oder fibrfisen Polypen hervorgehoben
wird, daws dieselbe mit erheblicher Blutung nicht
verbnnden gewesen sei, so mfige femer folgende ent-
gegenstehende Notiz Vernenil’s aus der Praxis
des Prof. Vanzetti zu Padua Erw&hnung finden
(Gaa. des H6p. 3; Janv. 1875. p. 20). Unmittel-
bar nach der Dnrchschneidung des Stieles eines
fibrOsen Polypen des Uteruskflrpers mit der Scheere
ergoss sich aus dem Stumpfe ein arterieller Blut-
strahl , der weder durch kaltes Wasser , noch durch
Charpietamponade gestillt werden konnte. Diess
gelang erst , als V. den Stiel mit der Zange ergriff
and mit einer Schnur unterband.
Auch der nachstehende Fall , in welchem Dr.
Mario Giommi in San Marino (II Raccoglitore
med. 4.Ser. III. p. 103. Febbr. 1875) die Enuclea-
tion ausfflhrte, beweist , dass bei derselben sehr er-
hebliche Blutungen eintreten kOnnen.
Die 36jahr. Frau C. C., Mutter dreier Kinder, hattt
aeit ihrem letzten Pnerperium, vor 10 J., wobei aie eine
schwere Peritonitis fibers tanden , an Blutungen und Ver-
grbssernng des Uterus gelitten , welche letztere mit hef-
tigen Kolikschmensen verbnnden geweseu war. Im Mai
1874 fand aie G. aehr bleich und abgemagert , ihr Gang
war hochst unaicher und der geringste Fehlachritt erregte
die heftigaten Schmerzeu im Hypogaatrium. Der aeit
Jahresfriat ununterbrochene Blutflusa ateigerte sich bel
Be wag lin g aur Metro rrbagie , und Verdauungsschwache,
Bchlafloaigkeit , Uerzklopfen, Schmerzen m&nnlgfacher
Art belastigten die Kranke. Bei der Unterauchung fand
G. eine aaa dem Muttermunde hervorragende, dunkel-
rothe, cyliudriache Geachwulat, welche in Hirer Mltte etoe
durch Nekrsse entstandene, derMattermundsiJffnung fthn-
liche Vertiefuag zeigte , fiber deren wirkliche Bedeutung
crat das Speculum von Sims und die Sonde aichern Auf-
schluas gaben. Ueberdie VerbindungzwiachenGeachwulat
und Gebarmutterhdhle aber Hess aich etwaa Gewiaaee
nicht ennitteln. Ein Verauch , die Geschwulat mit der
Muzeux'schen Zange herabzuziehen, acbeiterte an ihrer
Festigkcit. Vf. brachte daher die Ecraseurschlinge fiber
der mOglichat hoch angeaetzten Muzeui' achen Zange
unmittelbar unter dem Muttermunde an und achnitt damit
den bervoratehenden Theil der Geschwulat ab. Eine hef-
tige Blntung , die jedocli bekampft wurde , ndthigte ihn,
von weiterem Vorgehen vor der Hand abzuatehen. Ein
Auaschalunge verauch mit den Fingern am folgendenTage,
wobei nur daa murbe Gewebe der Geachwulat zertrum-
raert, aber letztere nicht losgeachalt wurde, muaste wegen
der erheblichen daa Leben bedrohenden Blutung gleich-
Calla nnvollendet bleibcn. Nach Verlauf einer Woche
wurde die Operation von Neuem aufgenommen. Vf. In-
cidirte jetzt den Muttermund tief mit einer atumpfen
Scheere, worauf er mit dem Zeigeflnger in die Gebar-
mutterhdble eindringen , den Tumor ailmalig von seinen
Ver bind ungen abloaen und nach auasen beffirdern konnte.
Die Frau erholte sich ailmalig wieder.
Unter den cinzelnen operativen Verfahren,
welche zur Entfernung der Uterusfibrome empfohlen
werden, erwAhnen wir zunfichst die elastuche Liga-
tvr, welche Dr. Domenico Belli (II Raccoglitore
med. 4. Ser. I. 15. p. 454; Maggio 1874) in naeh-
stehendem Falle mit gutern Erfolge angewendet hat.
Eine 36jahr., frfiher kraftigeFrau hatte aeit 2 Jahren
an Menorrhagien gelitten. B. entdeckte einen in der Va-
gina gelegenen Polypen mit aus dem Muttermunde hervor-
tretendem flngerdicken Stiele. Der grosae Umfang des
Stielea lieaa befiirchten , dasa die Abdrehung misallngen
wurde , wiihrend die hochgradige Anamie die Eiciaion
oontraiudicirte. G. fuhrte daher die Unterbindung in der
Weise ana, dasa er eine 6 Ctmtr. lange eLastische Drai-
n&gerohre mit ihren beiden Enden in daa Lumen von 2
weiblichen Metallkathetem ein- und durch aie hindurch-
ffihrte, die Enden mit Seidenfaden befeatigend. Die Ka-
theter kamen dicht und parallel an einander zu liegenund
warden in dieser Weise am Polypen bis zum Stiele in die
H5he gebracht. Die Unterbindung gesebah nun dadnreb,
dass, wahrend der eine Katheter featgehalten wurde , der
andere eine Kreisbewegung um den Polypen machte, wo-
bei die elastische Rohre stark gedehnt wurde und sich um
den Stiei einmal umachlang. Anf ahnliche Weise wurde
eine zweite Umschlingnng dadurch erreicht, dasa hierauf
der- zweite Katheter in der entgegengeaetzten Richtnng
den Polypen umkreiate, wodurcheinezweifacheUmschnii-
rnng des Stiels bewirkt wurde. Die nun wieder anein-
ander liegenden Katheter wurden zusammengebnnden, am
Schenkel befeatigt und 3 Tage liegen gelassen. In Folge
der am Polypen eingetretenen Faulniaa lieaaen aich beide
Katheter bia zum Vagiualoatium herabziehen , wobei aich
ergab , dass nur der hautige Ueberzug des Stieles noeh
festhielt. Die Katheter wurden hierauf abgenommen und
der elastische Schlauch durch einen gewohnlichen Fmden
ersetzt, welcher binnen einigen Tagen auoh den Haut-
uberzug durchachnitt. Die Kr. genaa ohne weitere
Zwiachenfalle.
Zahlreichere Mittheilungen liegen fiber die Be-
nutzung des Ecraseur zur Entfernung von Uterus -
fibromen vor.
Prof. Flenry am Hfltel Dien zu Clermont-Fer-
rand (L’Union 2. 4. 1874) bemerkt in einem [flbri-
genB nur Bckanntes bietenden] Vortrage fiber Ute-
rus polypen , dass er zur Excision derselben aeit der
Erfindung des Ecraseur stets sich dieses Instruments
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IV. Qynfikologie n. Pfidiatrik.
bedieoe. Er l&sst den Polypes mtt der Hakenzange
bis vor den Seheideneingang herabziehen nnd legt
erst dann die Schlinge an. Nach der Operation
mfiaaen die Kr. bis zur Vernarbung der Wnnde
(etwa 14 T.) das Bett htlten. Bei diesem Verfahren
trat in 20 Fallen keine Blutung auf, wfihrend FI.,
als er noch die Excision mit dem Messer mackte,
unter 18 Fallen 2mal eine solche beobaohtet hat
Dr. Ed. Porro (Gazz. Lomb. XXXIV. 33.
1874) entfernte mittels dee Ecraseur einen fibrftsen
Polypen , welcher spontan schon zur Vulva heraus-
getreten war.
Eine 88jihr. , verheirathete, schwicbliche und frnher
mit Drusenleiden behaftcte Fran , deren eine Schwester
an Metrorrhagien litt, welche dnrcli Uterinflbrome veran-
lanst warden, war bis vor 3 J. gesnnd gewesen. Seitdem
aber waren Menorrhagien nnd Schmerzen im Unterlelbe
anfgetreten. Nachdem Bclion im Marz 1873 unter dran-
genden Gebnrtnschmensen nnd Hambeschwerden inn halb-
geoffneten Muttemninde ein Tumor zn ffihlen gewesen,
hatte dieser sicb in den nachsten 7 Monaten unter gleicben
Empflndungen in das kleine Becken hinabgesenkt , wobei
monatlich betrachtliche Metrorrhagien die Kr. sehr er-
schfipft hatten. Bei der Unterouchnng im Mai 1874 ffihtte
Vf. im Hypogaatriam einen unregelmasaig rundlichen,
iiarteu , wabenartigen Tumor , aus der Soheide floss eine
nicbt ubelrieehendc kaffeebraimcFlussigkeit, in der lialb-
erfiffneten Vulva kam ein rothbranner, glatter, indolenter
K5rpoT znm Vorsohein, deasen oberer Ausgangspnnkt
weder dnroh die Scheide noch vom Rectum aus erreiobt
werden konnte. Doch glauhte Vf. vom einen Stieliu
ffihlen, der von der Geschwulst nach der vordern Uterus-
wand biuaufstieg. Die Gesohwulst fiillte das normal weite
kieine Becken ana , und beim Uin- und Uerbewegen der-
Mlben floss eine bctracbtlicbe Menge blntiger zaher Flfis-
sigkeit plotalich ab. Am Tage nach dieser Untenuohang
war die Geschwulst als rothbranner pyraraidaler KOrper
lOCtmtr. weit ans der Vulva bervorgetreten nnd hing nnr
noch mit ihrem Stiele am Uterus an, dessen Muttermnad
bis fast an die Vulva herabragte and 5 Ctmtr. weit war.
In ihm wnrde non die Schlinge des Ecraseurs nm den
Stisi gelegt and binnen 3 Hinuten seine Durchsehneidnng
bewirkt. Jetzt lioss sich an der hintern Wand des Mutter-
kaises eine darin eingebettete Geschwulst ffihlen, wahrend
dnrch die Banchdecken mehrere subperitonaale Fibroide
wahrgenommen werden konnten. Die Genesong der Fnui
ging langsam , aber stetig von S fatten. Der Tumor , ein
henftrmiges Fibroid mit oberfl&chlichen Verse hwanmgen,
wog 1800 Gramm.
Dr. George H. Kidd (Dubl. Journ. LX.
[3. 8er. Nr. 47.] p. 456. Nov. 1875) empfiehlt
gleichfalls das Eorasement unter Beiftlgung von
3 Fftllen , die jedoch nichts Bemerkenswertlies dar-
bieten. Seine Operationsmethode ist folgende. Zu-
Dfiohst bewirkt K. die Erweiterung des Mutterhalsea
dnroh Seetang- Laminaria , indem er mehrere Stflcke
gieichzeitig ein legt , um auch filr eine grosse Ge-
schwulst und die Instrumente Raum zu sch&ffen.
PreseBchwamm kann man folgeu lassen , wenn La-
minaria nieht ausreicht , er wird indessen rasch stin-
kend. Mittels einer in die vordere Mnttermonds-
tippe eingesetzten Hakenzange zieht Vf. den Uterus
hefab , in welchen sodann eine zweite Hakenzange
eingebraebt wird , um den Polypen zu packen und
Msauziobea. Ueber die Griffe dieser Hakenzange
wisd woter die aus Silberdraht bestehende Ecrasenr-
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schlinge an den Polypen emporgesebeben , welche
sich, da me nieht wie eine Eisendrahtschlinge zu-
sammenfAllt , von selbst um die Gircumferenz des
Tumors legt nnd emporschiebt , wenn das Ecraaeur-
ende gegen die Basis der Geschwulst oder three
Stieles anstemmt. Nach festem Anlegen der Ecraseur -
schlinge darf die zweite Hakenzange den Polypen
nieht mehr anziehen, damit nieht der Uterus sich
einsttllpe. Die Abschnttrung ist Leicht, wenn nieht
etwa bei dicken Stieien der Draht reisst and er-
setzt werden moss. Nach der Operation pdegt Vf.
die UterushOble mit coneeatrirter SalpeteraSure zu
touchiren.
In der Bespreohung, welche sich an K.’s Mit-
theilung anknflpfte , wnrde von versehiedenen Seiten
betont, dass es gerathen sei, die Operation rasch and
in einer Sitzung zu beenden ; die bei stflekweiaer
Abtragung zurQckgelassenen Theile kbnnten leicht
vereitern oder auch zn RttckMlen Veranlasaong
geben. Indessen hat bei einer Kr. Denham
wegen zu grosser Schwficbe derselben einen Ge-
schwulsttheil zurttckgelassen , welchen er bei einer
spfitem Untersuchung nieht mehr vorfand. Bei einer
andern Kr., welche Denham von einem Uterus-
fibroid durch eine schwere Operation befreit hatte,
schnitt er wegen eines Recidivs nur den Mattermond
kreuzweise ein, worauf Pat. an Pyftmie starb. —
Gegen dieAnwendung der Quellmeissel machte Jos.
Johnston den Einwurf, dass aie Metritis erregen
kSnne, wovon er sogar einen Fall mit ttidtlichem
Ausgange beobachtet habe. Im Ailgemeinen kam
man Uberein , dass man beim Gebrauche von Quell
meisseln die Pat. genau beobachten und bei den ge-
ringsten Reizungssymptomen den Quellmeissel ent-
fernen mtlsse. Indessen hat Kidd, der sehr bftufig
Quellmeissel anwendet, meist wegen Erkraukung der
Uterusschleimh&ut , nur zwei todtliche Ausg&nge ge-
sehen. Diese flbeLn Folgen hfingen aber nieht so-
wohl von der Zalil der eingebrachten Stilcke und
dem hohen Grade der Erweiterung des Mutterhalses
ab, als von besonderer Empfindlichkeit der Kr. au
manchen Zeiten. So wie Denham’s Pat eine
schwere Operation gut ertragen hatte und in der
Folge nach einem einfachen Kreuzschnitt in den
Muttermund zn Grunde geg&ngen war, so wurden
auch Quellmeissel zu versehiedenen Zeiten verschieden
vertragen. Kidd hatte einmal einen Uterus so er-
weitert , dass er mit den Fingern eindringen konnte,
doch die Operation noch verschoben. Ala er nach
2 Mod. nur einige Meissel in den Muttermund ein-
schob , traten Symptome auf, die 3m veranlassten,
sie wieder berauszunehmen, und die Pat. starb. Es
ist gut , die Erweiterung schnell zu bewirken. Der
von JosephJohnston empfohlene , mit Caxbol-
sfiure imprfignirte Pressschwamip ist empfehlens-
werth. Man braucht aber bei Anwendung des Ictz-
tern mehr Zeit als bei Laminaria , er erweitert das
Os externum lange vor dem Os internum, deshatb ist
es vortheUhaft, erst Laminaria einzubriugen und dann
salt Presssobwamm nachzolielfen.
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IV. Gynftkolog-ie u. Pftdiatrik.
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Der von T i 1 1 a u x (Gaz. des Hop. 1. 2. 3. Janv.
1875) mitgetheilte Fall mahnt zur Voreicht bei An-
wendung des Ecraaeur zur Abtragung mit sehr breiter
Basis aufeitzender Fibrome.
Der Tumor fullte Scbeide and Becken bis zur Vulva
abwarts und bin zum Nabel aufwarts aus, so dass auch die
Hand nlcht bis an den Muttennund gebracht werden
konnte. Nach einigen vergeb lichen Zugen mit derHaken-
nnd Oeburtszange wurde diese Geschwulst, allerdings
unterZerreissung des Mittelfleisches, von selbst vorgetrie-
ben. Da sich keineGrenze zwischen ihr and dem Uterus
fand, machte T. Probeincisionen , durch welche er jedoch
nicht bis auf das Uteringewebe gelangte. Obwohl er nun
nicht sicher war , ob nicht der Uterusgrund im Intern der
Geschwulst eingestfilpt sei , legte er die Ecraseurschlinge
an, welche bis zumEnde des Tumor emporschlupfte. Die
Abtragnng gelang rasch, allcin an der entfernten Ge-
schwulst sass nooh ein Stuck des Uterus. Pat. starb nach
48 Btunden. — Bei der Sektion fand aich das Loch im
Mottergrunde , dieser war demnach beirn Herabtreten des
Fibroids eingestulpt worden.
Bei der Diskussion fiber dieaen Fall in der Soc. de
Chirurgie bemerkte Du play , dass es nicht gerathen sei,
an einer solchen Geschwulst zu ziehen, die stfickweise
Abtragung scheine ihm vorzfiglicher. Gueniot, Guy on
und Polaillon wurden vorgezogcn haben, ein Stuck
Geschwulst lieber sitzen zn lassen , als der Einwachsungs-
stelle zu nahe su operiren, die Gangranescenz des Stumpfs
lasae sich mit Aussicht auf Erfolg bekampfen. Andere,
damn ter Hervez de Ch6goin, Polaillon, Du-
breuil, Forget, glaubten durch die Schnfirschlinge
und die allmilige Abschnfirung , welche sich zur Noth
wioder abnehmeu lasse , die Verletzung des Uterus ver-
meiden zu konnen. Mar jolin wurde sich durch Kathe-
terisation der Hamblase und Exploratiou des Rectum fiber
die EinstGlpung vergewissert haben. Blot zieht die Aus-
schalung mit den Fingernageln den Schlingen u. Schneide-
werkzengen vor. An dem von Tillaux vorgelegten
Prfiparate war auch in der That die Abschalung des
Uterusstficks von der Geschwulst mit Leichtigkelt auszu-
ffihren.
Gudniot empfiehlt in seinem Aufsatze „ttber
Vereinfachung' der Operation mancber Arten von
Uterus polypen“ (Boil, et mdm. de la Soc. de Chir. I.
1. p. 66. 1875) die Verwendung einer Draht-
tchlinge.
Die Annahme , dass der Zeitpunkt zur Operation
dann eingetreten sei , wenn das Fibroid fdr Instru-
mente zuginglicb ist, bezeichnet G. als nicht ftlr
alle Falle zutreffend. Denn da man damn ter ge-
wdhnlich versteht, dass man sein Herabsteigen in
die Scheide erw&rten solle , so ist dem entgegen zu
halten , dass beim Zuwarten die Geschwtllste nicht
nnr gr&sern Umfang gewinnen, sondern auch den
Baum beschr&nken , durch welchen man zum Stiele
gelangen kann. Dagegen ist die Abtragung von
Geschwtllsten , welche sich noch ganz im Uterus be*
linden , recht wohl mdglich, wenn nnr der Mutter-
mtwd hinlAnglich eroffnet ist. Vfs. Verfahren be-
steht:
1) in derVerhfltungdes vorherigen Herabsteigens
(Suppression de l’abaissement) sowobl des Tumors,
als auch der Gebarmutter ; 2) in der Anlegung einer
Metallschlinge an der Wurzel des Polypen, welche
mittals eines Trftgers bis in die Gebfirmutter gebracht
wird.
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
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G. bedient sich des Constriktor von Maison-
n e u v e. Die Schnilrschlinge steht zu ihrem Trftger
in der Regel in einem Winkel von 120°. Man bringt
das Instrument wie ein Zangenblatt ein , indem dem-
selben zwei bis an den Polypen emporgeschobene
Finger zum Ftthrer dienen. Die Schlinge erreicht
nnn den Muttermund und muss mit ihrem Scheitel
in der den Fingern entgegengesetzten Seite des
Uterus liegen, so dass sie den Polypen umfasst. Es
dr&ngen bierauf die Finger den Schiingeneinsatz
nebst ihrem Triiger so weit als mdglich gegen den
Muttergrund, worauf sich der nun in der Schlinge
befindliche Geschwulsttlieil abschneiden lasst. Der
Uterus ist wfihrend des EinfUhrens der Schlinge zu
fixiren imd der Scheitel der Schlinge in die Uterus-
seite emporzuscliieben, in welche der Polyp ange-
wachsen ist. Indem man darauf verzichtet, den
Uterus vor der Operation herabzuziehen, entgeht man
der Gefahr , die GebSrmutterwand mit der Schlinge
zu verletzen oder sie einzustillpen. Als Beispiel
theilt G. folgenden Fall mit.
Eine 60jahr., seit 6 J. nicht mehr menstruirte Dame
hatte 3J. lang an Metro rrhagien gelitten, auch war einraal
eine grGssere Menge wSsserigfir Flussigkeit abgeflossen.
Bei der Untersuchung fand sich der Muttermund 3 Ctmtr.
weit, veretrichen und darin eine Geschwulst, welche
1 Ctmtr. tief in die Vagina hinabragte. Ihre Consiatenz
war fest, ihre Betastung erregtc keinen Schmerz; ihre
Gestalt schien konisch mit der Basis nach oben gekehrt
zn sein. Letztere Hess sich jedoch nicht erreichen , ob-
wohl der Finger 6 Ctmtr. hinaufreichte ; die Lange derGe-
barmuttcr wurde durch das Hysterometer auf 10 Ctmtr.
bestimmt. Das Hypogastriura war gegen die Unter-
suchung ausscrordentlich schmerzhaft, eine Vertieftmg in
der Gebarmutter aber nicht nachzuweiseu. Der Polyp
schien sich in der hintern Wand links zu inseriren.
Am 27. Jnni 1874 wurde nach Entleerung von Harn-
blase und Mastdarm (ohne Chloroformnarkose) die Opera-
tion unternommen. G. hog die Schlinge des Maisonneuve'-
schen Constriktor in einem Winkel von 120° nach rechta
ab, brachte 2 Finger der linken Hand in die Gebarmutter
und leitete dann den Serrcnoeud empor, wahrend von
oben die Gebarmutter immobilisirt wurde. Die Schlinge
gewann bald Halt an dem Polypen und wurde an seiner
linken Seite bis in die Gebarmutterhohle hinaufgeschoben,
worauf in der entgegengesetzten Seite der Schlingentrager
hinaufglitt, bis er ungefahr die H5he von 10 Ctmtr. er-
reichte. Der Polyp war hierdurch von der Schlinge um-
geben , welcbe ihn nun anscheinend allmalig durch die
Wirkang des Ecraaeur abschnurte. Als man nach 15 Min.
fuhlte , dass sie nichts mehr durchschnitt , wurde das In-
strument zurfickgczogen. Die Sclilinge hatte jedoch noch
denselben Umfang wie beim Eiirlegen derselben und der
Tumor war nicht abgeschnitten. Es zeigte sich, dasa daa
Ende der Schlinge von ihrem Befestigungspunkte abge-
achlfipft war. Die Schlinge wurde von Neuem eingcfilhrt,
sicher befeatigt und nun gelang die Abtragung vollstindig.
Daa konische Fibroid war 8 Ctmtr. lang, 4 Ctmtr. dick
und hatte einen 18 Mmtr. dicken Stiel. Es hatte eine
rothlichc, mit vielen Warzchen besetztc Oberflaehe , 5hn-
lich den Gehirnwindungcn, and einen ausserst dfinnen
Schleinibautfiberzug. Der Durchschnitt sab weiss ans,
war sehr feat und gefassarm und zeigte kleine Hohlrfiume
ohne Auskleidung , nach Art der offenstehenden GefSaae
eineaLeberdurchBchnitta. Sie waren im Innern zahlreicber
als an der Oberflache. Dio Warzen auf derselben erachie-
nen als unzahlige kleine Fibroide , welche aus elastlacben
und Muakelfaaern bestanden . (E.Schmiedt.)
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IV. Gyn&kologie u. Pftdiatrik.
534. Ueber die Emmefsche Operation
alter Cervikalrupturen des Uterus; von Prof.
A. Breisky. (Prag. med. Wchnschr. I. 18. 1876.)
Die fragliche, von Emmet zuerst im J. 1874
beschriebene Operation , welche von ihm selbst , so-
wie auch von MarionSims in einer grossen An-
zahl von Fallen mit selir gutem Erfolge ausgeftlhrt
worden ist, muss auch nach Vfs. Erfahrung als ein
weaentlicher Fortschritt in der gynakolog. Chirurgie
bezeichnet werden *).
Zunfichst spricht sich Vf. liber die Folgen aus,
welche eine alte Cervikalruptur auf die benachbarten
Regionen ausllbt , und welche Symptome hierdurch
hervorgerufen werden. Tritt bei Einrissen des Mut-
termundes, welche bis an das oder selbst bis in das
Scheidengewfilbe hinein sich erstrecken, Vernarbung
ein, so erfahren die Muttermundslippen eine Umrol-
lung mit Auswartsstiilpung der Schleimhaut des Cer-
vix. Wahrend nun der schwere puerperale Uterus
nach dem Aufstehen tiefer nach unten sinkt , wird
die Umrollung nur noch starker. Die mehr zu Tage
liegende Cervikalschleimhant wil'd durch fortwah-
rende Reizung der Sitz eines chronischen Katarrhs,
welcher zu allerhand Storungen, wie profuse Men-
struation , Fluor alb. u. s. w. , Veranlassung giebt.
Der eben geschilderte Zustand hat Ubrigens grosse
Aehnlichkeit mit einer Hypertrophie des Collum uteri
und ist aus diesem Grunde das wahxe Verhalten
wahrscheinlich oft (lbersehen worden. Die betref-
fenden Kr. klagen fiber Kreuz- und Rttckenschmer-
zen, zuerst gewdhnlieh wahrend der Periode, spftter
auch ausserhalb derselben, bes. nach Anstrengun-
gen. Alle diese Beschwerden sind nach Angabe
der Kr. erst nach einem Wochenbett eingetreten.
Der Fall, in welchem Vf. die Vorzttge des fragl.
Verfahrens zuerst kennen lemte, betrifft eine 37 J.
alte Frau, welche mehrmals, zum letzten Male in
ihrem 31. Lebensjahre, geboren hatte. Seitdem
waren die Menses mit Schmerzen verbunden, die be-
sonders intensiv in der rechten Seite des Beckens
waren. Mit der Zeit traten diese Schmerzen auch
ausserhalb der Menstruationszeit auf u. strahlten nach
den Schenkeln aus , so dass endlich Pat. genfithigt
■) Wegen der genauern Angaben fiber Indikationen
und Ausfuhning dieses von hervorragenden amerikani-
schen Gyniikologen mit der grfissten Anerkennung aufge-
uommenen Verfahrens verweiseu wir auf das selir ernpfeh-
lenswerthe Schriftchen : Risse des Cervix uteri als eine
haufige und nicht erkannte Krankbeitsursache ; von Dr.
Thomas Addis Emmet, Surgeon am Frauenhospi-
tale des Staates New York ; fibersetzt von Dr. M. V o g e 1.
Mit 6 Holzschnitten. Berlin 1876. Denicke’s Verlag. 8.
29 S.
Erwahnt sei hier nur, dass, wie Dr. Vogel hervor-
hebt , Prof. W. R o s e r in Beinem Aufsatze fiber Ektro-
pium am Multermunde (Arch. d. Heilk. II. p. 97. 1861)
die erste Anregung zu dem fragl. Verfabren gegeben hat,
da Emmet seiner eigenen Angabe nach, jedeufalls ohne
Ro ser’s Mittheilnng zn kennen, seine erste Beobachtung
1862 gemacht hat, W r.
wurde, sich im Spitale aufnehmen zn lassen. Seit
etwa 6 Mon. hatte die Kr. auch an Fluor albus ge-
litten. Bei der Untersuchung der blassen , aber im
Uebrigen krfiftigen Person fand man den etwas ver-
grossertcn Uterus mit dem Fundus etwas nach links,
mit dem verdickten, derben Collum dagegen nach
rechts gerichtet. Der Muttennund stellte sich als
ein klaffender, halbmondformiger, weit nach rechts
und links reichender Querschlitz dar. Die vordere
Muttermundslippe war umgerollt und hier zeigte sich
auch die Cervikalschleimhaut erodirt. Durcb Dr.
With well (den zuftlllig anwesenden frflhern Assi-
stenten Emmet’s) wnrde nun beiderseitige An-
frischung und Vereiniguag mitSilberdraht vorgenom-
men. Es trat keine Reaktion ein. Links gelang
die Vereinignng, nicht aber rechts. Die Pat. hatte
wilhrend des Liegens keincrlei Beschwerden, welche
jedoch zurfickkehrten , als sie zu gehen anfing.
Nachdem die nfichste Menstruation vorfiber gegangen
war, untemahm Vf. selbst rechterseits die Operation,
welche auch vollkommen ihren Zweck erreichte.
Dieselbe geschah am 13. Mfirz , und am 5. April
waren die Beschwerden gfinzlich verschwunden, keine
Erosion , kein Fluor mehr vorhanden. Die in Ge-
stalt eines kleinen konischen Zapfens bestehende
Vaginalpoi'tion zeigte jetzt einen vollkommen norma-
len Muttermimd, durch welchen man mit einer ge-
wfihnlichen Sonde bequem in die GebUrmutterhdhlc
eindringen konnte. Die Kr. konnte, da sie auch
beim Gehen keine Beschwerden mehr hatte, als ge-
heilt entlassen werden. (Hfihne.)
535. Kiinstliohe Priihgebuxt wegen Hy-
dramnios ; von Dr. J. C h. H u b e r in Memmingen.
(Bayer, irztl. Intell.-Bl. XXIII. 20. -p. 201. 1876.)
Bei einer 23 J. alten Frau , welche schon mehrere
Male geboren hatte, war die Menstruation zum letzten
Male am 27. Sept. 1876 eingetreten. Im Fcbruar 1876
klagte die Frau fiber Schmerzen im Unterleib, welche he-
sondcrs rechta unten uehr intensiv auftraten. Bei der
Untersuchung der fibrigens bluheud aussehenden Frau
fand Vf. den Leib selir stark gespannt, er hatte, fiber
den Nabel gemessen , einen Umfang von 75 Centimetem.
Die Eiblase liess sich deutlich durch den weichen , aber
kurzen Kanal des Muttermundes fuhlen. Kindeatheile
waren durcb die Palpation nicht zu erkennen, auch die
Auskultation gab keine Resultate. Die erwahnten Schmer-
zen bestanden fort, trotz Chloral und Chloroformeinrei-
bungen. Die Frau, welche etwa in der 23. Woche der
Schwangerschaft stand , wollte keine Kindesbewegungeu
gefuhlt haben. Da es sich jedenfalls urn eine fibermas-
sige Flussigkeitsmenge handelte und alter Wahrscheinlich-
keit nach die Frucht abgestorben war, da ferner dieselben
Beschwerden die Kr. weder am Tage, noch in der Nacht
verliessen, so schritt Vf. unter Zuziehung eines andern
Collegen zur Einleitung der Frubgeburt. Nach Ein-
fuhrung des Katheters zwisclien Gebarmutterwand und
Eiblase beganncn die Wehen und nach Reichung einer
Dosis Secale wurden bald zwei todte Fruchte zn Tage ge-
fordert. Das Wodhenbett verlief gunstig.
Einen andern Fail von kunstl. Fruhgeburt wegen
Hydramnios hat Vf. schon frfiher in der Mon. - Schr. f.
Geburtsk. Bd. XXX11I. veroflFentlicht. Ferner sind 2F4Ue
von E. Martin bekannt, in welchen der Eihautstich ge-
macht wnrde. (Bohn e.)
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IV. Gyn&kologie a. P&diatrik.
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536. U«ber die Wirkung des Chloralhydrat
bei normalen Geburten ; von Prof. Dr. P. Mul-
ler in Bern. (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 25.1876.)
Gegentlber dem Chloroform, welches anch in
geburtshdlfl. Beziehung so viel Beachtung gefimden
hat, ist das Chloralhydrat hinsichtlich seiner Ver-
wendbarkeit in der Geburtshfllfe noch wenig einer
genauem Untersnchung unterworfen worden. Es
sind dem Vf. in dieser Beziehung nur die Versuche
von E, Lambert (Edinb. med. Jonrn. XVI. p. 113.
[Nr. 182.] Aug. 1870) und von Bourdon (Gaz.
dea Hop. 22. p. 171. 1873) bekannt geworden. Es
bandelt sich hierbei , wie auch bei den weiter unten
zu erw&hnenden Versuchen, darum, den Einfluss des
Chloralhydrat bei normalem Geburtsverlauf klar zu
steUen. Nach Lambert wurden durch Gaben bis
zu 3.75 Grmm. Chloralhydrat die Geburtsschmerzen
nicht nur wesentlich gemildert, sondem es war
auch eine Beschleunigung der Geburt Wberhaupt
zu constatiren. Auch die Bourdon’schen Ver-
suche ftthrten im Ganzen zu einem befriedigenden
Resultate.
Vf. aelbst hat in 20 Fallen bei sonst normaler
Geburt Eretgebftrender die Wirkung des Chloral-
hydrates erprobt. Bei der Wahl der Falle wurde
der Gesundheitszustand nicht bios der Sexual-, son-
dern auch der Ubrigen Organe berUcksichtigt. Be-
wilders bot ein pathologischer Zustand des Darm-
traktes und der Brustorgane eine Contraindikation
fUr die Anwendnng des Chloralhydrat dar. Die erste
Reihe der von Vf. angestelltcn Versuche umfasst 6
Kreissende. W&hrend der Erdffnungsperiode wurde
denselben 3 Grmm. Chloralhydrat in 4 Dosen halb-
stllndl. gereicht. In der 2. Versuchsreihe wurden in
8 Fallen wahrend der Austreibungsperiode 3 Grmm.
in 2 Dosen mit 15 Min. Pause gegeben. In der
3. Reihe, welche 3 Kreissende umfasst, gab man das
Chloralhydrat zu 4 Grmm. in 2 Dosen in halbsttlndl.
Pause, und zwar in der ErOffnimgsperiode. Die
4. Reihe endlich bezieht sich auf ebenfalls 3 Kreis-
sende, welchen in der Austreibungsperiode 4 Grmm.
in 2 Dosen mit 15 Min. Zwischenzeit gereicht wur-
den. Die Resultate dieser Beobachtungen , welche
ttbrigens mit den von den oben gen. Beobachtern
angeftthrten nicht genau ttbereinstimmen , sind kurz
folgende. Dosen bis zu 3 Grmm., in kleine Portio-
nen vertheilt, habcn in der Erbffnungsperiode eine
geringe, in der Austreibungsperiode aber gar keine
Wirkung. Dosen bis zu 4 Grmm. , in kurzen Pau-
sen genommen, zeigen in der Erflffnungsperiode einen
8ichern Erfolg, der sich jedoch nicht bis in die Aus-
treibungsperiode fortsetzt. Die gen. Iltihe der Dosis
hat keinen nachtheiligen Einfluss auf Mutter u. Kind.
Vf. fordert schlllsslich zu weitern Beobachtungen imd
Versuchen mit Chloralhydrat auf, viellcicht dass hier-
durch auch entschieden wllrde, ob das Chloralhydrat
nicht bios als Hypnotiknm, sondem auch als Anody-
num die Wehenschmerzen in ihrer Intensity herab-
setze. (II 0 h n e.)
537. Geburtehinderniss durch narbige
Atresie des Muttermundes; von Dr. L. G.
Courvoisier. (Schweiz. Corr.-Bl. IV. 18. 1874.)
Verschliessung des Muttermundes kann entstehen
entweder durch Verklebung , d. h. Obliteration durch
gelatinbse weiche Haute oder PfrOpfe, oder sie kann
hervorgehen aus einer nar bigen Atresie. Schon die
blose Verklebung des Muttermundes kann ein Ge-
burtshinderniss abgeben und Kunsthlllfe erfordern.
Es spielt hierbei jedenfalls die ungttnstige Einstellung
des Kopfes eine grosse Rolle, wie auch aus dem von
Zweifel (Arch. f. Gynakol. V.) berichteten Falle
liervorgeht. Viel seltner als die Verklebung kommt
die narbige Atresie des Muttermundes vor. Nur von
Nag el e sind mcbrere Falle von Atresie des Mutter-
mundes aus der Literatur zusammengestellt worden.
Als atiologische Momente sind zu nennen : eine schon
vor der Conception oder erst in der Schwangerschaft
entstandene Endometritis — in dem von Vf. beob-
achteten Falle hatte dieselbe ihren Ursprung mftg-
licher Weise von einer viralenten Blennorrhde ge-
nommen. Femer kann die Atresie von frflheren bei
der Geburt vorgekommencn Verletzungen herrtthren.
Als eine andere Ursacbe der Atresie konnte in eini-
gen Fallen auch starke Kauterisation nachgewiesen
werden. Dass in Folge der narbigen Atresie eine
Ruptur des Uterus bei der Geburt eingetreten ware,
ist nirgends berichtet worden. Sie scheint jedoch in
dem vom Vf. beobachteten Falle nahe bevorgestan-
den zu haben.
Die betr, 26 J. altc Frau, fruher stets normal men-
Btruirt, hatte bereits 2mal leicht geboren. Seit einigen
Jabren litt dieselbe an Fluor albua, welcher wahrscheinlicb
Folge einer Gonnorrhoc des Mannes war. Am 20. Oct.
1873 , zu welcher Zcit Pat. zur Behandlung kam, zeigte
gie die Symptomc der Anamie und Chlorose ; ausserdem
war chron. Endometritis mit Ulceration vorhandeu. Der
Uterus, etwas in Anteflexionsstellung, hatte die Gr6sse
eines ini 3. Schwangersehaftsraonatc stchenden. Vom
20. Oet. bis 13. Dec. wurde Pat. mit Lapis mitigatus be-
handclt uud erst am 3. Jan. des folgenden Jahres kam
dieselbe dem Vf. wiedcr zu Gesieht. Die Schwanger-
sebaft war jetzt nicht mchr zweifelhaft. Die LcukorrhSe
hatte sich sehr verringert , die Muttermundsrander aber
zeigten eine betrachtliehe Rigiditat. Die Aetzungcn wur-
den nunmehr ausgesetzt und einer etwa eintretenden
Atresie durch Trennung der bestchcndcn frischen Narben
mittelB der Sonde vorzubeugen gesucht. Am 28. April,
wo Vf. die Pat. seit dem 14. Febr. zuerst wiedersah,
waren kriiftige Wehen eingetreten und seit 10 Uhr Mor-
gens empfand Pat. in der linken Seite des Unterleibes am
Uterus einen heftigen Schmerz, welcher auch fortdanerte,
als die Wehen nach und nach ganz wierter nachgelassen
hatten. Erst gegen Abend begann der Uterus sich wieder
zu contrahiren, die linkseitigen Schmerzen warden wieder
heftiger. Das Wasser war bis Abend 8 Uhr noch nicht
abgegangen. Bei der Exploration fand sich erste Hinter-
hauptslage , der kleine Kopf war fest cingekeilt , Fonta-
nellen und Nahte liessen sich deutlich hindurch fuhlen.
Zwischen Schadel und dem untersuchenden Finger ge-
wahrte man eine verschiebhare, leicht fiir die Blase zu
haltende Schieht , welche sich aber alsbald als das in das
Becken hinabgedriingtc untcro Utcrusscgment heraus-
atellto. Ganz nach hinten fand Vf. eine harte, stern f&r-
mige Narbc, deren Strahlen von einer kleincn, den oblite-
rirten Mnttermund andeutenden Gmbe ausgingen. Es
warden min an dieser ( 8telle mit einem Knopfbistouri nacli
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IV. Gynftkologie n. Pftdiatrik.
verschiedenen Richtungen hin Elnschnitte geraacht. Die
Wehen traten jetzt wieder ein und nachdem alch der
kfinetlieh gebildete Muttennund genugend geoffnet hatte,
wurde die Blase gesprengt und bald schlupfte der Mutter-
mund fiber den Kopf zurfick. Mit Hfilfe der Z ange wurde
ein tod tea Kind extrahirt, und die Placenta nach 16 Min.
kfinstlich entfernt. Die Frau befand sich verhaltniss-
masBig sehr wobl. Am Abend des 3. Tages aber trat
achmerzhafte Schwellung der Brfiste und um Mitternacht
ein starker Schuttelfrost ein , welcher sich am Morgen
wiederholte. An beiden Seiten des Unterleibes Hess sich
leichte Dampfung nachweisen. Der Ausfluss zelgte gros-
sere Blutgerinnsel. Das Fieber war hoch und flel auch
nicht trotz der Darreichung von Chinin. Der Uterus war
grfisser und empflndlicher geworden. In den nachsten
Tagen del die Temperatur, stieg nur Abends noch an, der
Uterus nahm au Umfang ab , ebenso batten sich die
Schmerzen etwas vermindert, und das Allgem ein befinden
war ein sehr befriedigendes. Am 9. Mai aber trat Schfit-
telfroet und hohe Temperatur mit 114 Puls ein, ebenso
am 12. , trotz der Verabrcichung von Chinin. Am 13.
ging durcb die Vagina viel blutigerEiter ab; dieser Eiter-
abgang danerte auch noch die nachsten Tage, zwar in ge-
rlngerem Maasse, fort, die Pat. befand sich aber wohler.
Das Fieber war am 18. verschwunden , es Hessen sich
perimetritische Schwarten nachweisen. Am 29. Mai war
die Kr. vollig wieder hergestellt. Am 26. Aug. fand Vf.
den Muttermuud vollstandig geschlossen, neben ihm eine
klaffende Spalte , durch welche er mit der Sonde in die
Uterushfihle gelangen konnte. Die Incision war demnach
dicht neben dem obliterirten Muttennund gemaeht worden.
(H5hne.)
538. Grosse vordere Muttermundslippe
als Geburtahinderniss ; von Dr. Lochner in
Schwabach. (Bayer. &rztl. Intell.-Bl. XXIII. 15.
1876.)
Vf. theilt aua seiner Praxis 3 Fillle mit, in wel-
chen die vergrflsserte vordere Muttermundslippe ein
Geburtshindemiss abgab. Es ist diess durchaus
nicht so seiten der Fall , als es nach der durch Dr.
Hirte (vgl. Jahrbb. CLXVI. p. 262) unternomme-
nen Zusammenstellung derartiger Fftlle den An-
8chein hat.
1. Fall. Bei einer 30jahr. Mehrgebarenden zeigtc
sich wahrend derGeburt eine apfelgrosse fetteGeschwnlst
vor dem Kopfn des Kindes. Trotz heftiger und achmerz-
hafter Wehen ruckte der Kopf niclit vor. Da sich die als
vordere MuttermundsUppe erkannte Geschwulst nicht zu-
ruckschiebcn Hess, extrahirte Vf. mit der Zange ein
scheintodteB , bald aber wieder zum I.ebcn gebrachtes
Kind. Ffir die Mutter hatte die Operation keinerlei
Schaden im Gefolge.
2. Fall. Eine in den 30er Jahren stehendc Mehrge-
barende war schon fitters wegen Beckenenge mittels Wen-
dung entbnndon worden. Bel der letzten Geburt war
wegen vorgerucktcn Kopfcp dieWendung nicht mehr mog-
lich. Da die stark angeschwollene Muttermundslippe
nicht mehr zu reponiren war, so wurde (lie Zange angelegt
und ein lebendes Kind zu Tage gefordert. Die Mutter-
mundsUppe war fast ganz abgerisscn , ohne dass daraua
der Mutter ein Schaden erwachsen ware; erstere war
spater noch als ein herabhangendcr Zapfen in der Vagina
zu ffihlen.
3. Fall. Bei einer 33jahr. Mehrgebarenden lag eben-
fails die GeschwulBt der vorderen Muttermundslippe als
Geburtshindemiss vor. Das Wasscr war bereits abge-
flossen , der Kopf rficktc trotz energiseber Wehen nicht
vorwarts. Es gelang endlieb in der Wehenpause, die ge-
schwoiiene Muttermundslippe fiber den Kopf zuruckzn-
streifen ; hieranf foigte bald nnd leicht die Entbindnng
mit der Zange.
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Es geht aus diesen Fallen hervor, dass die An-
wendung der Zange bei dem fraglichen Gebnrtshin-
dernisse durchaus nicht so zu fllrchten ist, wie
Huber und Michaelis behaupten. Das Ab-
reissen der Muttermundslippe scheint auch nach dem
einen der mitgetheilten Fitlle und nach einem an-
dern dem Vf. berichteten Falle der Mutter keine Ge-
fahr zu bringen. Lfisst sich die Muttermundslippe
gar nicht reponiren , so bleibt niclits Andres tibrig,
als zur Zange oder zur Incision zu greifen ; Vf. ent-
scheidet sich in diesem Falle flir die Zange.
(H 6 h n e.)
539. GangrAn der Bauehdeeken in Folge
von Eisbehandlung wegen Metrorrhagien
naoh der Entbindung; von Dr. E. Fischer in
Altstetten. (Schweiz. Corr.-Bl. VI. 15. 1876.)
Bei einer Mehrgebarenden , die schon seit 10 Std.
erfolglose Wehen gehabt hatte , ergab die Untersuchnng
Zwillinge , von denen der eine wegen Querlage gewendet
werden musste, der andere ohne Kunsthulfe geboren
wurde. Der erstere war todt und nach alien Anzeicben
nur ein 7monatlicher Ffitus , das letztgeborene Kind, ob-
gleich auch nicht alter, lebte und blieb noch 14 Tage am
Leben, ohne in dieser Zeit mehr als '/> Liter Milch und
Wasser zu geniessen , da ihm das Schlucken sehr er-
achwert, theilweise unmoglich war.
Nach der Geburt der Kinder traten starke Blutungen
ein, welche, da die Compression des Fundus uteri durch
die Bauehdeeken weder zur Stillung derBlutung, noch zur
Austreibung der Placenta genugte, die manuelle Lfiaung
der Placenta nfithig machten. Diese Manipulation war, da
beide Nachgcburten total adharent waren , ziemlich muh-
sam und dauerte Iange. Die Blutung dauerte jedoch, ob-
gleich der Fundus uteri bestandig mit der Hand flxirt
wurde, fort. Intrauterine Injektionen von Eiswasser und
Essig brachten endlich die Blutung zum Stehen. Obgleich
kein Rest einer Placenta zurfickgeblieben war, stellten
sich nach '/j Std. wiederum Blutungen ein, die selbst
dnrch Eiswasserinjektionen , denen Liquor ferri sesqni-
chlor. zugesetzt war, nicht zu stiilen waren. Auch durch
Frottiren des Uterus Hessen sich (wohl in Folge der
Schlaffheit der stark ausgedehnten Wandungen) keine
Contraktionen erzielen. Bei Anwendung des Crode’-
schen Handgriffes, der ffir die Frau sehr schmerzhaft
war , stand die Blutung. Es zeigten sich aber die Syrn-
ptome einer Verblntung, und da die Hand bald erlahmte,
begami die Blutaug von Neuent. Als letzter Versuch
wurde, nach Breisky, die hintere Cervikalwand durch
Kratzen mit dem Zeigeflnger gereizt. Der Erfolg war
dentlicb , der bisber schlaflfe Uterus zog sich feat zusam-
men und die Blutung stand. Prophylakdach wurde eine
Eisblaae auf den Bauch gelegt. Da die Frau wieder zu
gahnen anflng, wurden ibr noch Analeptika gereicht. Die
Nacht verUef gunstig. Am andem Morgen kam eine nene
Blutung, die jedoch spontan stand. Bcim Abheben des
Eisbeutels zeigte sich die darnnter beflndliche Hantpartie
schwach blauroth verfarbt. Da dem keine grosse Bedeu-
tung beigemessen wurde, blieb, um etwaiger Metritis oder
neuer Blutung vorznbeugen, die Eisblase Uegen. Der
folgende Tag verlief gut. Am 3. Tage hatte sich die Hant
unter der Eisblase tief verfarbt und da die Frau fiber
beftiges Brennen der betreffenden Hantpartie klagte,
wurden kalte Coinpressen aufgelegt. Von Tag zu Tag
fiirbte sich dieser Ilautbezirk dunklcr, die Schmerzen
wurden heftiger , so dass die Compressen aller 5 Minn ten
gewechselt werden muBsten. Es dauerte fast 3 Woehen,
ehe sich der Schorf vollstandig abgestossen hatte, und bis
in die 3. Woche hatten die Schmerzen angedauert , die
icdiglich von der nahezu 15 Qn.-Ctmtr. grossen gangrrl-
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IV. GynAkologie u. Padiatrik.
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nescireiiden Btelle herriihrten. Bis zur Helltrng dieses
Hantdefekts , behufs welcher 10 Hantlappchen ana dem
Arme des Ehemanns transplantirt wurden , verflossen
3 Monate.
Das Gangrinesciren der Hautstelle, nachdem nur
24 Std. die Eisblase darauf gelegen hatte , wShrend
in vielen andern Fallen sie Wochen, ja Monatc lang
got vertragen wird, Hess sich dadurch erklaren, dass
durch den starken Blutverlust ein Znstand akuter
Anlmie herbeigefiihrt worden war, in Folge dessen
die Hautcapillaren so leer warcn, dass das Auflegen
der Eisblase die Ernfthrung der darunter liegenden
Hautpartie vollkommen aufhob. Die kurze Zeit von
24 Std., die zur Zerstclnmg einer so grossen Haut-
partie gentlgte, blieb immerhin merkwttrdig. — Beim
Abnehmen der Eisblase hatte sich schon eineDeraar-
kationslinie gebildet. Das Auflegen kalter Compres-
sen diente lediglich zur Linderung der Schmerzen. .
(Moeckel.)
540. Bine bekannte Ursache der Sterb-
liohkeit der Kinder unter einem Jahr statietuch
behcmdelt; von Dr. Fickert in Frankenberg.
(Vjhrschr. f. ger. Med. N. F. XXIV. 2. p. 356.
1876.)
Als eine wesentliche Ursache der geringen Wider-
gtandsfahigkeit der kleinen Kinder sieht Vf. das
Nichtgestilltwerden derselben an. Urn hierttber
statistisches Material sammeln zu konnen , schlftgt
Vf. vor, auf den beztlgKch der Todcsursachen wertli-
loeen Leichenscheinen die Bemerkung hinzufdgen
zu lessen , ob und wie lange das Kind gestillt wor-
den ist.
Auf diese Weise hat Vf. von den Stadten Fran-
kenberg und Zschopau, ersteres mit 9848, letzteres
mit 7892 Einwohnern, beide mit ziemlich gflnstigen
Gesundheitsverh<nissen , fittr die Zeit vom 1. Juli
1874 bis 30. Juni 1875 Angaben liber das Gestillt-
werden der Kinder erlangt. Die MortalitAtsziffer
der Kinder jener beiden Stadte in dem genannten
Zeit&bschnitte betrftgt 39.9°/ # der Gebornen. Von
den gestorbenen Kindem wurden nur 15.5°/ 0 bis zu
ihrem Tode, 55.3% hingegen gar nicht gestillt.
Berechnet man den Zeitraum , innerhalb dessen die
noch tlbrigen Kinder gestillt wurden , so ergiebt sich
ein nur sehr geringer. Aus einer beigefUgten tabella-
rischen Zusammenstellung lasst sich entnehmen , wie
alt die Kinder geworden sind, ob sie voll gestillt
oder nur einige Zeit oder gar nicht gestillt wurden.
Vf. hebt daher von Neuem hervor, wie wichtig es
fQr die Verminderung der Kindersterblichkeit sci,
dass jede Mutter, wenn irgend mSglicb, sich der
Arbeit des Stillens unterziehe. (H <i h n e.)
541. Tuberkel des linken Kleinhirns ;
von Dr. C. Banze in Wien. (Jahrb. f. Kinderheilk.
N. F. IX. 4. p. 399. 1876.)
Ein 6jahr. Knabe war bis zu seinem 4. Lebensjahre
gesund; Mitte 1872 erkrankte er an Maseru, deren Ver-
Unf regelmassig war. Nach einigen Monatcn andcrte
sich nein Benehmen : er wnrde sehr einpfindlich , heftisr,
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blieb aber immer noch belter. Im Herbst 1872 nabm der
Umfang des Kopfes auffallend zu. Das Kind acbrie oft
Nachts laut auf, hatte Kopfscbmerzen und 5fters Er-
brechen. Vom Febr. 1873 an verschwand letzteres ; die
Kopfscbmerzen aber wurden nur geringer an Intensitat.
Vom Aug. 1872 an schielte der Knabe nach innen, all-
malig nahm der Gesichtssinn sehr ab, vom Marz 1874 an
sab Pat. auf beiden Augen nichts mehr (Atrophia nervl
optici). Nachdem das Kind zur gewohulichen Zeit hatte
gehen und sprechcn lernen, stotterte es von 1872 an bel
cinzelnen Worten , konnte im Sommer 1873 einzelne
Worte nicht mehr aussprechen und verlor im Herbst 1873
die Sprache vollig. Das Gehor und das Auffassungsver-
m&gen war aber selbst Ende 1874 noch nicht erloschen,
denn der Knabe Hess sich beruhigen , weinte und lachte,
je nach den Worten seiner Umgebung. Vom Fruhjahr
1873 an del das Kind oft, spater wurde der Gang taumelnd,
bes. gegen Mittag ; schon im April 1873 brach der Knabe
oft plotzlich ztisammen; die Fusse schlotterten hautig bin
und her. Seit Anfang Mai 1873 konnte der Knabe nicbt
mehr gehen , seit Ende 1873 sich nicht mehr im Bett be-
wegen, sondcrn lag mit emporgczogenen Handen und
FQssen fast rcgungslos in einer Seitenlage.
Aus dem sehr interessauten und sehr genau beschrie-
benen Krankheitsverlaufe, der gerade ein voiles Jahr um-
fasst, heben wir nur hervor, dass die Erscheinungen sehr
wechsclnd warcn und dass der Tod gegen Ende April
1874 in Folge pldtzlicher Sistirung der Athmung eintrat.
Die Autnpsie ergab ansser partiellen Verdunnungen
des Schadelgewolbes etc. einen ruudiichen, ganseeigrossen
Tumor in der linken hintera Schadelgrube ; er wog 150
Grmm., war scharf begrenzt , graugelb gefarbt und hatte
die Consistenz der Leber. Auf der 'Schnitttiache traten
heller gefarbte schmale Strelfen hervor , der Oberfliche
des Tumor parallel verlanfcnd. In der Mitte der Ge-
schwulst fanden sich mehrere spaltformige Lucken, die
von einer trflben Flussigkeit erfullt waren. Die mikro-
skopischeUntersuchung ergab nirgends crhalteneGewebs-
elemente , nur an der Oberflache waren lymphkornchen-
artige Zellen neben den Detritusmassen zu linden.
Ala charakteristi8che Erscheinungen filr die Ent-
wicklnng eines Tumor im Kleinhirn sind zu be-
trachten der chroniscbe Hydrocephalus ohne Convnl-
sionen (Compression der Vena magna Galeni oder
des Sinus rectus), die StOrungen des Gleichgewichts
und das lange Intaktsein des Aufiassungsvermdgens.
(Kormann.)
542. Bemerkungen tiber die Contagioait&t
des Pemphigus aoutus neonatorum; von Dr.
A b e g g in Danzig. (Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. IX.
4. p. 394. 1876.)
Vf. we ist eine Aeusserung Bohn’s (Jahrb. f.
Kinderheilk. N. F. IX. p. 304), als entstilnde der
Pemphigus acutns neonatorum durch zu heisse Bader,
fflr die von ihm beobachtete Epidemie (Zur Geburts-
htilfe und Gynftkologie n. Danzig 1873. Scheinert.
p. 42) mit Entschieclenheit zurQck. Er konnte viel-
mehr beobachten, dass die betr. Epidemie (in der
Danziger Hebammenlehranstalt) 4 Tage nach der
Geburt eines Kindes, das unverkennbar den Pemphi-
gus schon in utero (lberstanden liatte, in demselben
Zimmer begann, wo das betr. Kind lag , und dass
daselbst alle Bader mit dem Thermometer auf 28° R.
bereitet wurden. — Dass der Pemphigus acutus neo-
natorum contagios auftreten kann , ist ja bekannt ;
man vergl. A h 1 f e 1 d (Arch. f. Gynakol. V. 1. 1873.
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62
V. Chirurgie, Ophthalmologie a. Ott&trik.
p. 150) und Ref. (Compend. d. Kinderkrankheiten.
Leipzig 1873. Abel. p. 82). (Kormann.)
543. Periartikularer Abscess in der Hfifte,
Pyftmie; von Dr. Bauer in Stettin. (Jahrb. f.
Kinderheilk. N. F. IX. 4. p. 388. 1876.)
Naeh einem vor 3 Tagen stattgehabten Schfittelfroste
wurde ein Madchen [wie alt?], das vor 14 Tagen bei einem
8prunge Qber einen Graben auf die reehte Hiifte gefallen
war, bewnsstlos in das Stettiner Kinderspital aufgenom-
men. Unter Delirien und horhgradiger Fiebersteigernng
hielt der Zustand in den niichstcn Tagen an ; ea konnte
nur eine massige Schwelluug der rechten Huftgegend und
eine leichte Schwellung des Unken Handgelenka nachge-
wieaen werden. Am 3. Tage nach der Anfnahme trat,
nacbdem die Diagnose anf Pyamie, wahrsebeinUch von
der rechten Hiifte ausgehend, gestellt worden war, der
Tod ein.
Die Aulopne ergab auaser einem reichUchen seroaen
Exsudat in der linken Pleurahohle, einem frischen Infarkt
im obem und mehrem kleinern im untfcrn Lappen der
linken Lunge, einem reichlichen serttaen Exsudate des
Perikardium und einer massigen Quantitat einer etwu
getriibten Synovia im rechten Hiiftgeienke, an der innern
hintcrn Seite des letztern im perisynovialenGewebe einen
wallnuaagrosaen, mit dickem, gelbem Elter gefUllten Ab-
scess. Femur normal. (Kormann.)
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
544. Ueber G-eachwiire und Hauttrana-
plantation.
A. Geschwure.
Oberstabsarzt Starke (Deutsche mil.-ftrztl.
Ztschr. III. 7 u. 8. p. 434. 1874) spricht ttber die
von Nussbaum empfohlene Circumcision grosser
Geschwure. Bekanntlich wird dabei die Haut in
der Entfemung von 1—2 Fingerbreiten vom Rande
des Geschwtirs ringsum bis auf die Fascie durch-
schnitten , und der klaffende Spalt mit Lint, Wund-
watte etc. ausgefiillt. Die dabei von Nussbaum
betonte Schmerzhaftigkeit und starke Biutung aus
den varikosen Vcnen vermeidet Starke durch An-
wendung des Es march \schen Verfahren, sofortige
Einwicklung des Gliedcs, Hoehlegung nnd Appli-
k&tion des Eisbeutels. Phlebitis uud PyUmie sind
bei scliarfen Venenschnitten nicht zu ftlrchten. Die
ziehenden Schmerzen verschwinden , das frUher
schwerfdllige Beiu kommt den Kranken leichter nnd
beweglicher vor. Die hyperUmischen Grannlationen
werden bliisser, die profuse Sekretion schwindet, die
Vemarbung beginnt sofort, nocli bevor sicli der Ge-
schwUrsgnmd zum Niveau der Riinder erhoben hat,
nnd obgleich letztcre noch steil und calltis sind , so
dass die Narben spkter eigenthtlmliche Depressionen
mit wallartigen Kftndem darstellen.
Die Operation eignet sich jedoch vorwiegend nnr
ftir tiefe calldse Geschwtire, weniger fUr grosse
FlAchcngeschwtire ohne Callositkten, die nur so lange
bessere Heiltendenz zeigen, als das Ringgeschwilr
noch nicht verlieilt ist. Vf. sclireibt den gflnstigen
Einfluss des Verfahrens nicht allein, wie Nuss-
baum, dcr Bescluankung der Blutzufulir , sondera,
was selir nabe liegt, haupts&chlich der Entspannung
der GeschwUrsr&nder zu. Dass diese Auffassung
richtig ist, lftsst sich leicht erweisen, wenn man den
Schnitt nur an einer Seite des Geschwilrs fllhrt, wor-
anf die Vemarbung dann immer auf dieser beginnt.
Vf. besclirankt sich daher meist aucli auf Umschnei-
dung desjenigen ltandes, welcher besonders feBt und
callbs ist, bevor/.ngt an den Extremitilten namentlich
Qnerincisionen als die am meisten kluffeuden , und
unterbricht die Scbnitte ab und zu , um so kleinere
Geschwure zu setzen, weil diese schneller heilen, als
ein zusammenhangendes grosses. Um ein Wieder-
auf brechen der ktlnstlich gesetzten Geschwtire , was
Hbrigens der grdsseren Resistenz ihrer Narben halber
Belten ist, zu verhindem , vermeidet man mbglichst,
sie auf Knochenvorsprtlngen, z. B. Crista tibiae, an-
zulegen. Vf. wendete Ubrigens das Verfahren mit
gutem Erfolge niclit bios bei chronischen Unter-
8cbenkelgescliwttren , sondem bei alien Ulcerationen
an, welche in ihrer Heilung durch Fixirung und Zer-
rung dcr Render gestdrt wurden, so beim Ulcns pro-
minens der AmputationsstUmpfe, beim Malum perfo-
rans pedis, bei einem grossen Decubitusgescliwtlr am
Trochanter major nnd einem eben solchen am Kreuz-
bein , deren R&nder durch das Gehen und die Be-
wegungcn des Rumpfes bestftndig gezerrt wurden.
Oberstabsarzt Dr. Bure hard (Deutsche mil.-
krztl. Ztschr. III. 11. p.633. 1874) empfiehlt, unter
Vorstellung eines sehr prompt geheilten syphilitischen
grossen IJnterschenkelgeschwtlrs, eine Modifikation
des als unn6thig eingreifend bezeichneten Nuss-
baum’ tchen Verfahrens, welche ohne Erzeugung
neuer Geschwtire die Entspannung der Narbe da-
durch erzielt , dass man durch eine plastische Ope-
ration die Narbenrknder in der Richtung der stftrk-
sten Spannung einander nfthert. Er empfiehlt danx
winklige Schnitte in nftchster Umgebung der Narbe
so anzulegen, dass die Haut in dem nach der Narbe
zu offenen Winkel gegen letztcre verschoben werden
kOnne. Die aussern Schnittrander werden durch
Nahte vereinigt, so dass der verschobene Hautlappen
in seiner Lage fixirt bleibt. Bei Anwendung seines
antiseptischen Carbol-Politurverbandes heilten die
Schnitte p. pr. intentionem, wfthrend die Vemarbung
des Geschwtirs rasch fortschritt. Die frtlher immer
wieder aufgebrochene Narbe ist seitdem trotz ange-
strengten Steliens fest geblieben.
Ueber das varikdse Geschwiir finden wir (in der
Deuteeh. mil.-ftrztl. Ztschr. HI. 2. p. 67. 1874) eine
langere Abhandlung von [Stabsarzt Dr. Thurm,
aus welcher wir Folgendes hervorheben. Vf. be-
klagt die stiefmUtterliche Belmndlung dieses so hSu-
figen uud tllckischen Leidens in den Lehrbflchern,
namentlich vermisst er jede Andeutung seines Vor-
kommens an andem Stellen , als an den untem Ex-
tremitiiten, wklirend es nicht Belten aucli im Gesicht,
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V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
63
am Penis, Scrotum, imMastdarm, (lberhauptan alien
venenreichen Orten des KOrpers sich findet, und an
den zuletzt erwfthnten hilufig zu Verwechslungen mit
specifischen Geschwtlren VeranlassuDg giebt. Es
entsteht in Folge anomaler Erweiterung der Venen
nnd dadurch bedingter Emahrangsstdrung der Haut.
In der Regel geht die Erweiterung von den grcisseren
Hautvenen aus und pflanzt sich von da auf die klei-
neren Venen und Capillaren fort; jene ist haufig
wieder die Folge von Stauungen in den Hauptvenen-
gtUmmen durch Erkrankungen der groasen Unter-
leibsdrtlsen, Schwangerschaft etc. Mitnnter existirt
jedoch kein greifbarer Grand fttr die Dehnung der
groasen Venen der Unterhaut , dieselbe scheint in
einem besondem Bau der Venenwande begrttndet zu
sein , daher Varices und varikdse Geschwllre auch
erblich sind. Endlich finden sich solche aucb bei
ganz gesunden Menschen mit sehr langen Beinen ;
offenbai' sind hier die fttr die gewOhnliche GrOsse
eines Menschen ausgebildeten Faktoren der Fortbe-
wegung des Vepenblutes nicht mehr hinreichend [?],
dieses senkt sich nach abwiirts nnd dehnt die
Venen aus. Die Phlebektasien allein sind indessen
zur Geschwttrsbildung meist nicht hinreichend , dazu
mttssen andere Momente den Anstoss geben , meist
mechanische Insulte , aber auch Schadlichkeiten an-
derer Art, wie chemische und thennische Reize.
Letztere kdnnen sogar allein bei h&ufiger Wieder-
holung eine Entztlndung der Wttnde der kleinen Haut-
venen and damit eine lokale Phlebektasie hervor-
rafen.
Im Gesicht wird znr Bildung von Phlebektasien,
auch ohne dass Abusus spirituosorum oder Emphysema
pulmonum zu bestehen braucht, schon durch die ana-
tomische Anordnnng der Gefttssbahnen eine Pradis-
position geschaffen, indem nach Luschka hier
(namentlich in der Mitte der Wangen) den Capillaren
das Blut von verschiedenen Seitcn zugeftthrt wird
und der Venenabfluss im Verhaltniss zum arteriellen
Zuflnss ein geringer ist. Bei Trinkern hat Vf. nicht
selten hartnttckige Geschwtlre im Gesicht beobachtet,
welche alle Charaktere eines varikoaen darboten.
Von varikOsen Geschwtlren des Penis berichtet er 2
F&lle aus seiner Praxis. Sie waren mit Varicen der
Vorhaut , stark blauer Farbung der Eichel, teigiger
Schwellung in der Umgebung vergesellschaftet und
brachen nach vortlbergehenderHeilung immer wieder
anf ; Infektion liess sich vollkommen ausschliessen.
Ihr Lieblingssitz ist nach Vf. die Corona glandis.
Ebenso werden am Scrotum littufig in Verbindung
mit dem ebenfalls durch die varikSaen Erweiterungen
der Hautvenen hervorgerufenen Ekzem Geschwllre
beobachtet (meist wohl durch Kratzen in Folge des
hefldgen Juckens veranlasst), die man ihrer Beschaf-
fenheit nach als varikdse bezeichnen muss. Das-
selbe gilt noch mehr von vielen Geschwtlren im Mast-
darm und am Anus bei Hamorrboidariern, auch hier
ist meist gleichzeitig heftiges Jucken und Ekzem zu
constatiren.
Die genauere Entstehung der varikOsen Ge-
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schwilre stellt T h. folgendermaassen dar : Sind die
Wande der ektatischen Hautvenen in gentigend star-
ken Reizzustand versetzt, so beginnt eine Massen-
auswanderung besonders weisser , aber auch rother
Blutzellen, zomal aus den kleinen Gcf&ssen, mit
gleiclizeitiger Transsudation von Flttssigkeit, es ent-
steht parencliymatose Schwellung. Unter gttnstigen
Umstknden kann die Entzttndung wieder schwinden,
bei weiter 1'ortwirkenderUrsache indessen und ausse-
ren Reizzustandcn tritt Neubildung und Zerfall der
Gewebe, Eiterbildung, Maceration der Oberhaut ein,
und das Geschwtlr ist fertig. Ein Haupthindemiss
der Heilung bildet die fortdauemd massenhafte Aus-
wanderung der Blutzellen und die Transsudation aus
den erweiterten kleinen Venen und Capillaren. In
dem der Behandlung gewidmeteu Capitel betont Vf.
die viel zu wenig gewttrdigte, auf die etwa bestehen-
den Grandursaclien gerichtete allgemeine Therapie,
Beseitigung der Unterleibsstockungen , Hebung der
Herzki'aft , der Emahruug etc. Lokal hat er von
kreuzweisen Scarilikationen durch die ganze Ge-
schwttrsflache mit nachfolgender Heftpflasterein wick-
lung sehr- gute Erfolge gesehen und macht von die-
sem Verfahren Gebrauch, wenn die Nussbaum’-
sche Circumcision zu eingreifend wai'e. Bei nicht
zu grossen Geschwiiien mit gexinger Degeneration
wird statt des Heftpflasters guter auf Leinwand ge-
strichener Tischlerleim zur Bedeckung und Eiuwick-
lung empfohlen. Um die Veneustauung zu beseitigen,
wird die vertikale Suspension des Gliedes nach
Volkmann in Vorschlag gebracht, ferner an die
von Paul Vogt zur Beseitigung von Varicen em-
pfohlene Ergotininjektiou erinnert, und, namentlich
bei gleichzeitigen elephantiastischen Zustanden, statt
der Unterbindung der Hauptarterie deren Digital-
compression empfohlen. In vielen Fallen ist statt
der absoluteu Ruke massige Bewegung, natttrlich
unter Anwendung eines Druckverbandes , eine uner-
lassliche Beihillfe zur Heilung.
B. Haut transplantation.
C. Darolles (Gaz. hebd. 2. Ser. XI. [XXI.]
25. 1874) spricht sich nach seinen Versuchen gegen
den Nutzen der Ueberpjlanzung von Kaninchenhaut
auf granulirende Flachen aus. Es wurden Stttckchen
aus der Haut des Kaninchenohres von 5Ctmtr. Lange
und 1 — l 1 /a Ctmtr. Breite, besteheud aus der Epi-
dermis, Cutis und einem Theile des Uuterhautzell-
gewebes, auf eine grosse gut granulirende Wunde
libertragen und durch Goldschlagerhautchen und eine
passende Bandage befestigt. Sie gingen bald feste
Adhasionen mit der Unterlage ein und behielten ihr
normales Aussehen etw& bis zum 15. Tage, ohne
dass jedoch der fttr das organische Anheften trans-
plantii'ter Epidermisstttckchen charakteristische Epi-
dermissaum an iliren Randera auftrat. Von dieser
Zeit ab wurden sie allmalig etwas blasser, an eini-
gen Stellen dllnner, an den Randera ausgezackt,
schlttsslich von den unterliegenden Granulationen
durchbohrt und vollstandig absorbirt, so dass am
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64
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
20. bis 25. Tage nichts mehr von ilinen zu sehen
war und die wtthrend ihres Anheftens bedeutend
schwttcher gewordene Eiterung in der frtthern Starke
wieder auftrat. Bei einem 2. Versucke leiteten
zwischen die Kaninchenhautstttcke ausgesaete Haut-
stttckcken von dem Individuum Belbst in der gewohn-
lichen Weise die Vernarbung ein, wfthrend jene ver-
schwanden.
Prof. Hayes Agnew’s (Pliilad. med. and
aurg. Reporter XXXI. 22 ; Nov. 1874) Besprecbung
der verschiedenen Geschwttrsformcn und deren Be-
handlung, wobei auch die Transplantation genauer
beschrieben wird, bietet nichts Neues.
Dr. C. Bell Taylor (Med. Times and Gaz.
Jan. 2. 1875), welcber behufs Beseitigung ciner
completen Ptosia ein zu grosses Hautstilck (l'/j"
lang, s / 4 " breit) excidirt hatte, machte den Versnch,
dasselbe, obgleich es inzwischen 20 Min. im Opera-
tionsbecken gelegen hatte und bereits zusammenge-
achrumpft, kalt mid leblos war, wieder anzuheften ;
ein Versuch, der wider Erwarten eine so vollkom-
mene Vereinigung p. pr. intent, erzielte, dass spfiter
das wieder eingepflanzte Hautsttlckchen von derUm-
gebung nicht zu unterscheiden war.
Ein sehr interessantes Verhalten transplanlir-
ter Hautstuckchen w at trend ihres Wachsthums wurde
in der Abtheilung von PrescottHewett (Lancet
I. 4; Jan. 1875) beobacktet. Es handelte sich um
ein altes grosses Unterschenkelgeschwtlr bei einem
sonst vollkommen gesunden Individuum. Die 6 auf-
gepflanzten Hautsttlckchen heilten vollkommen an
und wucksen bis zur Grosse eines Schillings. Yon
da ab wurde das Centrum jedes Fleckchens langsam
absorbirt, so dass schltlsslich 6 weisse Hautringe auf
dem rothen Geschwttrsgrunde sichtbar waren. Trotz
der 'centralen Absorption wuchsen die implantirten
Sttlckchen in der Peripherie weiter, bis sie sich
gegenseitig erreichten. An der Stelle des Contakts
je zweier Ringe trat jetzt Absorption des Epithels
ein und es entstanden, ganz analog wie beim Zusam-
mentreffen zweier Psoriasisflecke Oder anderer Haut-
ernptionen, achter- and kleeblattformige Figuren,
welche nun als solche in der Peripherie immer wei-
ter wuchsen. Als sie das inzwischen auch vom Rande
des Geschwttrs krttftig vorgeschobene Narbenepithel
erreichten, wiederholte sich in dicsem der Absor-
ptionsprocess, und auf diese Weise war binnen Kur-
zem alle neu erzeugte Epithelbedeckung verzehrt
und das Geschwtlr in den frtthern Zustand verse tzt.
Ein 2. Versuch mit 2 nahe einem Geschwttrsrande
implantirten Sttlckchen nahm ganz denselben Ver-
lauf ; es wurde daher auf die Transplantation ver-
zichtet und die Ileilung auf andere Weise erreicht.
Der Bericht Dr. Hickl’s (Wien. med. Wochen-
schr. XXV. 31. 1875) tlber die in Prof. Wein-
-lecliner’s Abtheilung des Rudolphshospitals ge-
machten Hauttransplantationen entkttlt , wie diess
nach den jetzt fast zum Ueberfluss gemachten beztlg-
lichen Verttffentlichungen in der Natur der Sache
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liegt, nichts Neues. In 62 Fallen warden im Gan-
zen 1296 Hautl&ppchen transplan tirt , von welchen
824 (65°/o) anheilten. Es wurden nur gut gr&nu-
lirende, bereits von den Rttndem her veraarbende Ge-
schwttre ausgesucht ; stttrkere Eiterung hatte keinen
schttdlichen Einfluss, eben so wenig Alter, Constitu-
tion u. s. w. Von Geschwllren mit starker Narben-
spannung in der Umgebung fielen die bereits ange-
heilten Lttppchen kttufig wieder ab , bis die Circum-
cision bessere Verhttltnisse geschafifen. Die Haut-
stttckchen wurden mit Iltllfe von Pincette und Hohl-
scheere, seltner mit dem Spitzbistouri abgetragen,
ohne das subcutane Fettgewebe mitzunehmen, auf
die gereinigte, nur selten seicht scariiicirte Geschwtlra-
flttche ausgebreitet , mit Stanniol bedeckt und durrii
Pllasterstreifen befestigt. Bei dem alle 24 Stunden
erfolgenden Verbandwechsel Absptllung der Wunde.
Der Umfang der Sttlckchen variirte von Haferkom-
bis Bolmengrosse, die Anzahl war immer eine mdg-
lichst grosse (einmal 105 in derselben Sitzung), weil
man die Erfalirung gemacht, dass die einmalige
Transplantation vieler Lttppchen bessere Resultate
gab als wiederholte Ueberpflanzung weniger LApp-
chen.
Bei Misslingen der Ankeilung bekommen die Ge-
schwtlre httutig ein schlechtes Aussehen, ihre Benar-
bung verzogert sich sehr ; zweimal trat selbst Ery-
sipel auf. Die Beobachtungen tlber die Verttndenm-
gen der Lttppchen nach der Implantation, sowie das
Urtheil tlber die Qualitttt der erzeugten Narben und
deren Ursache sind die bekannten.
^ J. A. Vddrenes (Rec. de m&n. de m6d. etc.
milit. .3. Sdr. XXXI. p. 18. Janv. — F6vr. 1875) be-
dient sich zur Aussclineidung der fttr die Transplan-
tation bestimmten Hautsttlckchen des Beer’schen
Staarmessers. Er sciineidet mitt els dieses das Hant-
stttckchen nur von der einen Seite aus, so dass es an
der andern noch durch eine schmale Brttcke zusam-
menhttngt ; diese wird mittels einer gekrttmmten
Scheere durchschnitten und das Hautsttlckchen , das
danacli auf der Scheere liegen bleibt , wh'd mittels
einer Pincette auf die Spitze einer Granulation ge-
legt und mit Heftpflaster befestigt. V. theilt 15 Fttlle
mit, in denen wegen zum Theil gangrttnoser and
Behr ausgedehnter Geschwttre und Substanzverluste
durch Eiterung (in einem Falle war das Geschwtlr
am Unterschenkel 20 Ctmtr. lang und 5 — 8 Ctmtr.
breit und heilte nach 11 Transplantationen) , zum
Theil auch auf frischen blutenden Wundflttchen die
Hauttransplantation ausgeftthrt wurde. In alien Ftti-
len wurde Heilung der Geschwttre erzielt, obwohl
nicht alle transplantirten Hautsttlckchen anheilten
and mitunter oft wiederholte Transplantationen vor-
genommen werden mussten. Verbttnde mit alkobol-
lialtigeu Mitteln scliienen ungttnstig auf die danacli
ausgefUhrte Transplantation zu wirken. Einig e
Transplantationen von Kaninchenhaut missgltlckten.
Transplantation der ganzen Hant ist nach V. bei
blutenden, Transplantation der Epidermis bei eitern-
den Wunden indicirt. (Riegner, Breslsu.)
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V. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
545. Trtramatlaohe Varioen in den Bauch-
wahdnngen; von Dr. de Beauvais. (Gaz. des
Hftp. 66. 1875.)
Die Varicen der Baachwand , die in Folge von
Trauma entstehen, sind iua VerhAltnisse zu denjenigen,
die Symptome von Affektionen der Eingeweide des
U uteri eibes und des Beekens sind, selteu.
Ein 47jfUir., kriiftig gebauter Arbeiter wurde wegen
einer ubrigens raseh gun-tig verlaufenden Verletzung des
Auges anfgenommen. Docli fGhlte s!ch Pat. sehr schwach
iimi die in Folge seiner Klagen angestellte Untersuchung
ergab zimachst anamnestisch , doss er vor 16 J. zwischen
einen schweren Uisenbahmvagen und einen llaufen Steine
gerieth. Ttei dieser Gelegenheit erlitt er starke Con-
tnsionen, deren Details er niclit mehr zu geben verraoehte
and die ihn raehrere Monate ans Bett fesselten nnd eine
ilaaernde Schwache liinterliessen ; seit jener Zeit traten
An fa lie von Angina pectoris auf und er bemerktc, dass
die oberflaclilichen Venen der ('ervikal- und Abdoininal-
tregend stark anschwollen ; die (’ervikal venen scbwollen
spRter ab , anch die Abdominal varicen verkleiuerten aich,
wartn jedocli noch deutiich siehtbar. B. fand einen
grosser! . oherflachlich vcrlaufenden Varix , der vielfach
gekHlmmt von der rechten Seite der Schamgegcnd nach
anfwarts blsznrTiabelgegend verlief und aich dort in zwei
Aeste theilte. Der nacli aussen liegeude starker ent-
wickelte Ast, der die Dicke einer starken Gansefoder
hatte, verlief bis zur Achselhoblc, indein er allmalig klei-
ner wurde und sich scblusslich ganzlicli verier, wahrend
der innere weniger voluminose Ast bis zur recliten Brust-
warse ging; dieser Ast zeigte an seinem Urepruuge ein
varikuses Packet von der Grosse einos Ganseeies. Von
iliesem zweiten Aste gingen zablreiche anastomosirende
Zweige zu Varicen, die ans einciu auf der linken Seite der
Schamgegend entspringenden , aber bedeutend kleinern
Varicenstamm entsprangen. Die Schamhaare waren
reebta weiss, links naturlicli gefarbt ; die Untersuchung
ties Herzens ergab coucentrisclie Hypertropbie ohne Klap-
penfehler; Lungen und Unterleibseingeweide waren nor-
mal. Das Becken zeigte eine jedenfalls traumatische
Deformitat des linken Huftbeina , es war eine theilwelae
Depression dieses Rnocheus nnd eine Abweichung des
correapondirenden Tlieiles der Crista ilium vorhanden.
B. haJt diese Knoclienveranderungen fGr die Kesiduen
einer Knoclieufraktur , die Pat. vor 15 J. erlitteu hatte.
Auf Grand der Untersuchung des Kr. nahm B.
an, dass die allgemeine StOrung im Venensystem and
die au8serordentliche collateral Venenentwicklung
ihren Grand in einer Stdrang der Cirkulation in der
nntem Hohlvene habe, die wiederum die Folge jener
traumatise hen VertUiderungen im Becken sei. Die
gehemmte Cirkulation in der V. cava inf. — die
Hemmnng hatte whhrscheinlich ihren speciellen Sitz
an der TheUuhgsstelle — stellte sich durch Ver-
mittelnng der erweiterten W. epigastricae und der
snfacutanen Bauchvenen her.
Einen flhnlichen Fall hatCruveilhierin seiner
Anatomie pathologique (16. livraison , planche 6)
verOffbntlicht. (Asche.)
546. Zur Casuistik und Behandlung der
Verletsungen.
A. Kopf.
Einen ausserordentlich wertlivollen Beitrag zur
Lehre von den Kopfverletzungen und ihrer Be-
handlung enthalt die gelehrte und fiberans fleissige
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
Abliaudlung : ,,Statiatik der Trepanation bei Kopf-
verletzungen , besonders bei Schussfrakturen des
SchAdels“ von 8tabsarzt Dr. B 1 u h m ( Arch. f. klin.
Chir. XIX. 1. p. 119 ; 2. p. 171 ; 3. p. 453. 1876).
Von alien andem Verletzungen unterscheiden
sich die des Kopfes durch vier ihnen ausschliesslich
znkommende Zustknde, n&mlich Commotion, Com-
pression u. Quetschwunden des Gehirns, sowie durch
Reizung und Entzflndung der Himhaute und der
Hirnsubstanz. Man war Aber die Wichtigkeit nnd
Bedeuteamkeit dieser Verletzungen stets einig, uicht
so liber ihre Behandlung; denn wahrend ein Tbeil
der Chirnrgen bei jeder Kopfverletzung die Tre-
panation empfahl , holdigten andere dem starrsten
Nihilismus. Wahrend Boyer und Blasins, in
neuerer Zeit Legouest, H. Fischer nnd ganz
besonders S6dillot, der anch Tie prftventive Tre-
panation wieder eingeftihrt wissen will, die Operation
warm befHrworteten, lassen Beck, Brnns,Che-
lius, Paget, Bergmann, Roser sie mu’ far
bedingt indicirt gelten , wahrend die grOssere Mehr-
zahl der Chirurgen sich als Gegner der Trepanation
bekennen. Unter diesen letztern sind besonders
Hill, Abernethy, Dupnytren, v. Walther,
Lbffler, Malgaigne, Dieffenbach, Stro-
meyer, v. Nussbanm, Larrey, Esmarch
zu nennen.
Nach den verschiedenen Urtheilen der Chirurgen
eine therapeutische WQrdigung der Operation fest-
zustellen , scheint bei der totalen Divergenz der An-
sichten und der gewonnenen Resultate uicht mdglich
zu sein, und Vf. hat daher sich der Millie unterzogen,
die verclffentlichton Falle von Trepanation zu sam-
meln , wobei Entfernimg der Sch&delknochen odei
von Theilen derselben durch Sage und Meissel nnd
die Erhebung deprimirter Fragmente durch Zange
und Hakchen der Trepanation gleich geachtet wurde,
da diese Operatiouen ja im Wesent lichen Dassclbe wie
die Trepanation bedingen. Dieses masse nhafte sta-
tistische Material — Vf. hat 923 Falle geaamnielt
und in vorliegendei' Arbeit nach den wesentlichen
Gesichtspunkten analysirt — wurde gem&ss der Art
nnd Schwere der Verletzung eingetheilt und ergaben
sich hieraus folgende Abschnitte.
1. Schadelcontusionen incl. Abaprengnng der Tabula
int. allein, u. zwar a) ohne, b) mit Verletzung der ansaern
Bedeckungen. II. Schadelflssoren a) ohne , b) mit Ver-
letzung der aussern Bedeckungen. 111. Naht-Diaatasep
a) ohne , b) mit Verletzung der aussern Bedeckungen.
IV. Schadelfrakturen , die wieder in jene 2 Gnippeu zer-
fallen ; die erste der beiden Hauptgrnppen zerfSUt In
2 Unterabthellnngen 1) ohne, 2) mit Depression, wahrend
die zweite der beiden Ilauptgruppen in 3 Unterabtheilnn-
gen 1) ohne, 2) mit Depression , 3) Lochfrakturen und
-8chtt*so zerlillt. Eine dritte Hauptgruppe zu IV. blldan
die F&lle , bei denen eine Angabe uber den Zustsnd der
aussern Bedeckungen nicht gemacht ist ; hier ist zu unter-
scheiden, ob ohne oder mit Depression (Unterabtheilung 1
und 2). V. Knochenwundcn des Schadels mit folgenden
Grnppen : a) dnrch stumpfe Gewalt (incl. Knochenstrelf-
schflsae), b) dnrch sohneidende, c) dnrch steohende
Werkzeuge. VI. Nicht n&her beschrlebene , mit Trepa-
nation behandelte Kopfverletzungen.
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GG V. Chimrgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Jeder Fall ist nach dieaer Eintheilung sufgeffihrte
und ausserdeni nach Symptomen geordnet, welche stets
in folgender Anordnung wiederkehren : a) SchSdelcaries
Oder -Nekrose , b) Pott'ache Eiteranaaminlung , c) Hirn-
drnck (lurch Knochendepression , Fremdkorper und
Kuochenhyperostose , d) Hirndrnck durch traumatisches
Ulutextravasat , e) Hiruquetschwunden , 0 Hirnwunden
durch scharfe Werkzeuge, g) traumatisehe Meningitis und
Encephalitis, aowie Uirnreiz durch Fremdkorper and
Knochensplitter , b) Himerschutterung , i) Himcontusion,
k) Hirnabscesse , 1) Epilepsie , m) fehlende Angabe der
Symptome.
Sftmmtliche Fftlle aiud mithiu in 16 Abschnitte
untergebracht und fllr jede Art von Verletzung, also
fllr jeden Abschnitt ist das Resultat nach Symptomen
und Indikationen , sowie andererseits nach der Zeit
der Operation suinmarisch und nach Procents&tzen
zusammengestellt ; in gleicher Art sind die Schussver-
letzungen besonders hinzugefttgt. Am Schlusse be-
findeu sich noch Tabellen , welche ergeben , mit
welchem Erfolge bei den oben angeftlhrten Sympto-
men oder Indikationen die Trepanation verrichtet ist.
Der Leser wird hieraus schon ereehen , mit wel-
chem nngeheuren Fleisse Vf. die einzelnen Fftlle ge-
prllft und welche Arbeit er mit der Analyse derselben
geliefert hat. Gleichzeitig ergiebt sich hierans aber
aneh die Unmdglichkeit, die Arbeit, ihrer Wichtigkeit
gemAss, zn excerpiren.
Die vom Vf. aus seinen Forschungen gewonnenen
Resultate stellen sich folgendermaassen dar : in
den 923 Fallen von trepanirten Kopfverletzungen
gena8en450 (48.75°/ 0 ) und starben 473 (51.25%) ;
hiervon waren 8chnssfraktoren des Schftdels 297,
wonach 143 (48.15°/ 0 ) genascn und 154 (51.85%)
starben. — Von den 114 primftr Operirten starben
C3 (55.26%)? von 158 sekundftr Operirten 64
(39.24%) n. von 59 spAt Operirten 20 (33.90%).
In 592 Fftllen war keine Zeitangabe gemacht, von
diesen Kr. genasen 266, wAhrend 326 (55.07%)
starben. Wird diese Zahl nach dem VerhAltniss
der Trepanationen vertheilt, bei denen die Zeit an-
gegeben ist, so ergiebt sich filrprimfire Trepanationen
55.03 , fOr sekundAre 49.89 und fllr SpAttrep&na-
tionen 47.56% MortalitAt.
SchAdelcontusionen gaben im Ganzen 52% Mor-
talitAt, die SchAdelfis8uren eine solche von 36.6% ;
die Nahtdiastasen hatten sAmmtlich einen gtlnstigen
Ansgang ; von SchAdelfraktnren belief sich die Mor-
talitAt auf 49.65% ; die Knochenwunden des Schft-
dels ergaben eine MortalitAt von 38.8 2%. Hierbei
wollen wir besonders die Hirnabscesse erwAhnen,
die ftlr die Trepanation die HAlfte gflnstig verlan-
fener Fftlle ergaben.
Was die Schussfrakturen des Sch&dels speciell
anbelangt , so ergaben diese , wie schon oben mitge-
theilt , ftlr die Trepanation einen MortalitAtssatz von
51.85%; die 28 primAren Trepanationen hatten
hier 64.29%, die 25 sekundAren 42.86 und die 9
Spftt-Trepanationen 11.11% MortalitAt; in 232 FAl-
len war die Zeit nicht angegeben. Wdrde man diese
letztem in derselben Weise, wie oben ftlr sAmmtliche
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Fftlle von Trepaaationen , verhAltnissmAaaig verthei-
len , so erhAlt man ftlr die primAren Trepanationen
nach Schussfrakturen eine MortalitAt von 55.47°/ 0 ,
fdr die sekundAren eine solche von 50.78% und ftlr
die SpAttrepanationen 43.90% , so dass also anch
hier die SpAttrepanation sich am gtlnstigsten herans-
stellt.
Schlttsslich giebt Vf. sein Urtheil dahin ab, dass
statistisch die primAre Trepanation im Allgemeinen
die ungtlnstigsten , die sekundAre bedentend bessere
und die SpAttrepanation verhAltnissmAssig gnte Re-
sultate gewAhrt, and zwar so, dass sie den Vergleich
mit an andern KOrpertheilen gebrAuchlichen Opera -
tionen aushAlt.
Noch ungtinstiger gestalten sich ftlr Schussfrak-
turen die primAren und sekundAren Trepanationen,
wfthrend die SpAttrepanationen hier ebenfalls sehr
gtlnstige Resultate ergeben.
Im folgenden Falle, der in Ri chefs Klinik
zur Beobachtung gekommen ist (Gaz. des HOp. 21.
1876), Hess sich eine genaue Diagnose der Schftdel-
verletzung noch wAhrend des Lebens stellen.
Bei einem jungen Manne , der aus dem era ten Stock -
werke eines Hauses herabgesturzt war , wurde eine an»-
gedehnte Sehadelfraktur mit blutig-serSsem Ausflusse aus
dem Ohre, vollstandigem Verlust des Bewusstseins, Korns
und Muskeicoutraktur in beiden obem Extremitaten nach-
gewiesen. Richet schloss hieraus, dass eine Contusion
des Gehims auf beiden Seiten Oder wenigstens eine Cere-
bralaffektion in Folge von Gegenstoss anf der entgegen-
gesetzten 8eite gleichzeitig mit der direkten Gehirn-
affektion vorhanden sein musse. In den untern Extreml-
taten schien die Motilitat erhalten zu sein; es war all-
gemeiner — - doch nicht ganz vollstandiger — Verlnst der
Sensibilitat und Lahmnng der Blase vorhanden. Die
Antopsie ergab cine ausgedehnte Fraktur des SchlSfen-
beins, die sich in die Basis cranii bisdicht an das Foramen
inagnnm erstreckte ; in beiden Gehirnhemispharen starker
Blutergus8 ; das ganze Cornu sphenoid, des Gehirns auf
der Seite der Fraktur war stark gequetseht , in Detritus
verwandelt; auf der entsprechenden Stelle der entgegen-
gesetzten Seite befand sich ein starker Blnterguss und
eine eben so bedeutende Laaion der Gehirnsubstanz.
Gosselin (1. c.) stellte in seiner Klinik einen
ehem&ligen Matrosen vor, der vor 16 J. in Folge
ein es heftigen Sclilages eine grosse Kopfwunde mit
Comminutivfraktur des Stirnbeins, Bloslegung des
Gehims und Encephalocele davon getragen hatte.
Die Heilung erfolgte unter Bildung einer grossen,
noch sichtb&ren eingezogenen Narbe ; die Knochen-
substanz hatte sich nicht wieder hergestellt.
G. macht auf die Verschiedenbeit der Kopf-
wunden in Bezug auf die Prognose aafmerksam , die
von dem Alter der Pat. und dann auch von allge-
meiner Diathese, speciell von Alkoholismus abhftngig
ist, da man oft bei anscheinend geringen Kopfver-
letzungen den Tod erfolgen sieht, wfthrend zuweilen
nach grossen Lfisionen Genesung eintritt.
B. Herz.
Einen neuen Beleg daftlr, dass nach Verletzungen
des Herzens das Leben noch lAngere Zeit wfthren
kann , giebt ein von D e 1 e n s in der Pariser Cha-
ritd beobachteter Fall (Gaz. des HOp. 105. 1875).
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V. Chimrpie, Ophthalmologie n. Otiatrik. 67
Ein 39JShr. Mann versetzte sieh fn trunkenem Zu-
stande nrit einem kleinen einschneidigen Dolchmesser,
(lessen Klinge nnr eine Lange von 10 Ctmtr. hatte, 8
Stiche in die Pracordialgegend. Zwei von diesen Wunden
hefanden sich im 3. Intercostalraume und an der 4. Rippe
4 Ctmtr. nacji links von der Medianlinie, wShrend die 3.
sieh im 5. Intercostalraume etwas nnter- und innerhalb
von der Brustwarze befand. Der Herzstoss war nnter
diescr letzten W unde deutlich zn fuhlen , in der Pracor-
dialgegend bestand geringe Danipfung des Schalles ; die
Herztdne waren an der Spitze sehr dnmpf , an der Basis
nicht wabmehmbar. Am nkchsten Tage traten Delirien
und linkseitige Hemiplegie auf ; die Dampfung des Schal-
les in* der Pracordialgegend war etwas verbreiteter ; an
der llorzspitze der 2. Ton gespalten. In den nachsten
Tagen tTaten noch bronchitisehe Erscheinungen, die schon
frfiher bestanden hatten , in verst&rktem Maasse auf und
am 12. Tage erfolgte der Tod.
Autopsie. An der hintern und seitlichen Partie der
linken Pleura alte Adhaaionen ; der vordere Tbeil des
Perikardium und der entspreohende Theil der Lunge mit
einer dfinnen Exsudatschicht bedeckt; im linken Pleura-
sacke ein rfithliches Serum ; auf der aussem Flache des
Perikardium keine Spuren vou Verwunduug; 2 Stellen
der Thoraxwand leicht ekehymosirt. Das Perikardium
enthielt 40 bis 60 Grann. einer gelbiichenFlussigkeit und
zeigte an seiner Innern Flache 2 schrage wcissliche Strei-
fen, die mit einem dunklen llofe umgeben waren und den
eketaymot. Stellen an der Thoraxwand, sowie zweien der
Wunden entsprachen ; das serbse Blatt des Perikardium
war mit flbrin5sem Exsudat bedeckt. Am Herzen selbst,
17 Mmtr. oberhalb der Spitze und links vom Septum sah
man einen unregclmassigeD Einrlss , deT die Sonde ein-
dringen Bess. Im Gehi.rn fand man Zeichen von Menin-
gitis und eineu Blutpfropf in der Art. fossae Sylvii dextra.
Einen weitern hSchst bemerkenswerthen Beitrag
zur Casuistik der gelieilten Herz wunden Iieferte Dr.
E d. Stic Ii zn Nflrnberg (Deutsch. Arch. f. klin. Med.
XIV. 2. p. 251. 1874). Derselbe betrifft den wei-
tem Verlauf eines schon im J. 1862 von Dr. Rup-
precht verflffentlichten Falles, fiber welchen auch
in unsem Jahrbttchern (CXXI. p. 77) berichtet worden
ist. Der Vollst&ndigkeit lialber wiederliolen wir
jedoch die Hauptzflge auch des anfftnglichen Ver-
laufes.
Im J. I860 hatte sich der 43jahr. Maler B. in einem
Anfalle von Melancholie mit einem Stilet mebrere kleine
und an der Stelle des Herzstosses eine tiefe Wnnde bei-
gebracht, so class beim llerausziehen des Stilets sofort
eine massenhafte Blutung eintrat. Ein Arzt verschloss
die Wunde mit Heftpflaster und brachteB. in das Hospital,
wo er fur todt anfgenommen wurde. Der Kr. war puls-
los und reagirte selbst nicht auf Beruhrnng der Cornea
dnreh Lidzncken. Die ganze links Brusthohle war mit
Blut gefullt , der Perkussionston von oben bis unten ge-
dampft, die Athmung nicht wahmehmbar. Die Heft-
pflasterstrelfen warden entfemt, nach thunlichster Ent-
leertmg des Blutes durch Drucken des Thorax mit Essig-
ather und Reibnng mit warmenTuchern Wiederbelebungs-
versache gemacht and kfinstliche Respiration eingeleitet.
Nach lingerer Zeit fing das Blot an starker zu fliessen,
die Cornea wurde reizbar und selbststandige Athmung trat
ein. Nach 12 Std. konnte der Kr. sogar leise sprechen.
Er wurde hoeh gelagert, eine Eisblase auf die Wnnde ge-
legt, Wein gereicht und grosste Rube angeordnet. Fieber
und Schmerzen waren gering. Am 2. T. traten peri- und
endokardiale Reibungsgeransche , spater fiber der ganzen
linken Thoraxhilfte anf. Am 4. T. zeigte sich im Unter-
bantzellgewebe eine dnnkelbl&ue Sugillation fiber den
ganzen Rucken and die Hinterseiten der Ober- und Unter-
schenkel. Bei Verenchen , die man mit dem betr. Stilet
an Leichen anstellte , wurde nnter lOmal 7mal die Herz-
spitze getroflfen nnd der Ventrikel geoffnet.
Bei dem enormen Blutverlust , dem peri- und endo-
kardialen Gcrausch bestand kein Zweifcl , dass der Ven-
trikel geoffnet sein mnsste , trotzdem erfolgte die Heilung
ziemllch schnell, so dass Pat. am 33. T. entlasscn werden
sollte. Plotzlich traten jedoch beftiges Fieber, Athemnoth,
Hasten , blutige Sputa , knrz alle Zeichen einer centralen
Pneumonie ein. Die Genesung erfolgte schr iangsara und
erst am 80. T. konnte B. entlassen werden. Einige Jahre
befand sich B. ganz wohl , als er eine Apoplexia [Em-
bolia?] cerebri mit Erbrechen , Schwindel, Ohrensausen
and Schwache des rechten Armes erlitt. Den Arm konnte
er etwas erheben, nacli einigen Tagen sogar leicht be-
wegen, jedoch nicht einen geraden Strich damit machen.
Es wurde damais eineErabolie vom chronisclientzandeten
Endokardinm aus diagnosticirt. Der Zustand besserte
sich , bis in noch spaterer Zeit Tobsucht eintrat , wegen
welcher B. in dielrrenanstalt kam. Dort constatirte man,
dass die Herzaktion verlangsamt (40 — 60 Schlage in der
Minute) und unregelmassig war. In den letzten Monaten
vor dem Tode wurde Pat. hydropisch , hatte ofters starke
Athemnoth, etwaa Eiweiss im Bparlichen Urin, spater Er-
Bcheinungen von Lungeninfarkt und brandige Geschwure
an den odematosen Theilen, und starb endlich unter den
Zeichen des Marasmus 6 Jahre nach der Verletzung.
Die Sektion ergab Folgendes : Lange magere Leiehe,
Hant schlaff , von gelblichem Colorit. Unterextremitaten
geschwollen , an den Unterschenkeln in der ganzen Ans-
dehnung dunkelblaue schmutzige Sugillationen , die Hant
znm Theil verschorfend. Am rechten Unterschenkel elm
grosses brandiges Geschwur mit Demarkationslinie. Unter
der verschorfenden Hant das Unterhautzellgewebe eitrig
inflltrirt, znm Theil janchig. Musknlatnr in den obern
Partien missfarbig. Schadeldach normal compakt, an
der Innenflache, bis anf einige Pacchionische Drfisen,
glatt. Harte Hirnhant massig injicirt, innen glatt. Innere
H&ute massig injicirt, besonders in den Sold stark wetss
getrubt , schr wenig Sdematos. Sulci namentlich in der
hintern Partie klaffend ; Windungen anffallend schmal.
Hirnsubstanz von normaler Consistenz , massig blntreieb ;
Rindc schmal , rSthlich gran , im Marke zablreiche kleine
Blntpunkte. Im hintern Tbeii der rechten Hemisphare in
einer Windung dieRinde in der Lange von 1.5Ctmtr. ein-
gesnnken nnd in eine schmalc braunlichgelbe Schicht ver-
wsndelt. In den etwas dilatirten Seitenventrikeln etwas
farbloses klares Serum ; Plexus normal ; grane Commissar
nicht vorhanden ; centrale Ganglien normal. Die iinke
Hemisphare des Kieinhiras normal; in der rechten die
weisee Schicht zah , mit feiner glanzloser , mattweisser
Zeichnnng. An der Basis Hante wenig getrfibt and ver-
dickt. Arterien stark gefullt, stellenweise etwas skle-
rotisch.
Bnut. In den Pieurabdblen etwa 600 Grmm. gelb-
iiehes Sekret. Lnngen frei, der reebte Mittellappen dnreh
einige flbrin5se Strange mit dem Herzbentel verwachsen.
Von der 8pitze dee Herzbeuteis aus ging eine etwa 3 Ctmtr.
langfe flbrinose Brucke, der Lage der aussern Narben ent-
sprechend , nach dem 6. n. 6. Rippenknorpei. In den
entoprechenden Intercostalmnskeln bestanden jedoch keine
dentlichen Narben. Pleura costalis an den Unterlappen
mit frischem flbrinosen Belag. Beide Lnngen vorn etwas
emphysematos, blass; grosstentheils lufthaltig, vorn oben
massig blutreich, hell zinnoberroth und sehr trocken,
hinten ebenso , nnr weniger roth. Die 3 rechten Lappen
untereinander verwachsen. In den mlttlern and untern
6 himorrhagische Infarkte.
HerzbexUel nach anssen injicirt, Epl- and Perikardium
dnrehans dnreh eine dfinne, ziemlich feste Bindegewebs-
lage verwachsen. Herz 14.6 Ctmtr. breit und ebenso
lang. Rechter Ventrikel sehr stark dilatirt, grosse, sehr
sihe Fibringerinnsel und reichlichen Crnor enthaltend;
Wand stark verdlckt, im Conns bis 7 Ctmtr., sohlaff; im
nntern Theil des Conns das Endokardinm in der Anadeh-
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68
V. Cbirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
nung einea 20-PfennigBtucks sehnig verdlckt und die
darnnter liegende Muskulatur von sehnigen Zugen durch-
setzt ; mehrere Trabekel zu fibrinogen Strangen entartet.
Pnlmonalarterien-Ostium fiber den Klappen anfgeschnitten
10 Ctmtr., Pnlmonaltaachen entsprechend vergrSseert,
Pnlmonalarterien und ihre Aeste entsprechend erweltert.
(Am Lnngenhllus kelne Striktnr.) Tricnspidalis nnr an
einigen Stellen etwas verdlckt; Zipfelhohe 1.8 — 2.6Ctmtr.,
Brelte des aufgeschnittenen Ostium 14.6 Ctmtr., rechter
Vorhof stark erweltert, Mnskulatnr betrachtlich verdlckt ;
Im rechten Herzohr nur Leichengerinnsel. Linker Ven-
trlkel stark dllatlrt, reichlicb Crnor, wenig Fibrin ent-
haltend ; Muskulatur bis 13Mmtr. verdickt, ziemlich derb;
Mttralostium ffir 3 Finger dnrchgSngig, Zipfel gross,
mXssig verdickt. Linker Vorhof sehr stark erweltert, mlt
losen Gerlnnseln angeffillt, Wandungen massig verdickt.
Valvula foram. oval, sehr gross, 3 Ctmtr. Dtirchtn., am
vordern Rande die Klappe gar nicht angelfithet , daselbst
ein 1.6 Ctmtr. langer, dnrch den Klappenrand verdeckter
Spalt. In der 8pitze des linken Ventrikels fanden sich
zwischen den Trabekeln mehrere bis kirschkerngrosse
globnlSse Thromben mit blassgrauer Oberflache; anf dem
Dnrcbschnitt blassgrau mlt rothen Einsprengungen , an
einigen Stellen zu braunem Brel erweicht. Dieselben
sassen dem Endokardinm sebr fest an und lieBsen sich
nicht glatt losen ; die darunter beflndlichen Trabekel waren
zu flbrinosen Strangen entartet. Anf dem senkrecbten
Durchschnitt duroh Thrombus nnd Herzwand erschien die
Mnskuiatnr nnter dem Thrombus in der Dicke von 6 Mmtr.
dert, sehnig entartet, nnr mit sparlichen Mnskelresten
vemehen. Darnnter zeigte sich im Innern der Muskulatur
eine spaltformige Hohle von 12 — 16 Mmtr. Durchm. mit
einer groben Bindegewebsmembran ansgekleidct und von
einzelnen fibr&sen Strangen dnrchsetzt. An der Aussen-
flache , dieser Stelle entsprechend , unmittelbar fiber der
Herzspitze war eine nicht scbarf markirte , leicht weiss-
liehe Stelle vorhanden , auf deren Durchschnitt sich eine
dieMoskelsubstanzschrag durchsetzende sehnige, bis zum
Rande der spaltfdrmigen Hohle reichende Narbe zeigte.
H5her oben am Septum des linken Ventrikel cinige Seh-
nenflecke. in der stark erweiterten (fiber den Klappen
0 Ctmtr.) Aorta ein zaher grosser Fibrinstrang. Taschen
rergrossert, aber gut schliessend. Innenflache der Aorta
aeist glatt, nnr mit einzelnen, in dem absteigenden Thelle
sahlreichem , sklerotischen , an der Oberflache fettigen
Erhabenheiten besetzt. In der Aorta abdominalis sahl-
reiche , ziemlich flache , fettige Fiecke. Artt. iiiacae u.
crurales stark aosgedehnt , mit lockerem Cruor erfullt , in
der leicht verdickten Wand sparlicbe fettige Fiecke.
Leber, namentlich der linkcLappen, verklelnert; die
Spitze des linken Lappens zn einer Bauchfelldnptikatur
g'eschnrmpft , daran grenzend ausgedehnte verodete Ge-
flasverfistelung ; die Lebersnbstanz rothbraun, wenig mar-
morirt. Milz schlaff, Substanz dunkel violett, fleckig,
derb. Beide Nieren vergrossert (je 13 Ctmtr. lang, linke
6 , reohte 6 Ctmtr. breit) ; mit der Fettkapsel fest ver-
waohsen, Substanz derb ; Scbleimhaut des BeckenB etwas
ekchymosirt. Hamblase stark ausgedebnt , mit blass-
brannem , trfibem Ham geffillt; Muskulatur dfinn und
sehlaff. Venen der Scheidenliaut und der Samenstrange
dilatirt nnd geschlangelt. Magen und Darme stark aus-
gedehnt ; Scbleimhaut des Magens n. Dnnndarms mfissig,
des Dickdarms stark vends injicirt.
Es 1st mithin unzweifelhaft , dass durch das In-
strument der linke Ventrikel geOffnet worden war.
Dass der Tod nicht sofort durch Verblutung eintr&t,
liess sich dadnrch erklAren, dass bei der stark ver-
minderten Herzkraft ein Gerinnsel die Wnnde dauernd
verschliessen konnte, bis die Vereinigung erfolgte.
An der getroffenen Stelle war eine Myokarditis ent-
standen , welohe vollsttadig ausheilte und nor jene
Hfthle hinterUess. R&thselhaft bleibt es nnr, dass
die bedeutenden Ver&nderungen des Herzens inFolge
der Verletzung nicht groasere Stdnmgen herbeigeftlhrt
batten.
In Bezug auf die Prognose bei Verletzungen des
Herzens im Allgemeinen hebt S t. hervor , dass die-
selbe je nach der Art und der Stelle der Ver-
letzung verschieden ist. Wthrend Zerreissungen nnd
Quetschungen eine ausseret sehlechte Prognose dar-
bieten, ist dieselbe bei Stich- und Schussverletzungen
besser. Die Gefahr wird um so grosser , je grosser
und breiter das Instrument , je ticfer und breiter die
Wundc, je dttnner die betroffene Muskelschicht ist.
Am gefkhrlichsten sind dahcr die Wunden des rechten
Vorhofes, dann folgen die des linken, hierauf die des
rechten, zuletzt die des linken Ventrikels. GrOssere
Gefahr bedingen femer Wnnden, bei denen die
Muskelschicht der Qnere nach getroffen ist, alssolehe,
bei denen das verletzende Werkzeug derLSnge nach
eingewirkt liat.
Schl(ls8lich erwalmen wir noch einen dem Vf.
von Prof. Zenker mitgetlieilten Fail, wo die Kugel
nach einern Selbstmordversuche in der Herzgegend
eiugedrungen war, einen Theil der lounge diireli-
bohrt , am Herzen eine Wnnde gerissen hatte , oknr
doe Perilardium zu verletzen , und frei im Pleura
raume gefunden wurde. Der elastische Herzbcutel
war offenbar von der Kugel ausgestillpt worden
und hatte melir Widerst&nd leisten kdnnea als das
brflchige Herz.
C. Unterleib.
Dr. P. Blum berg (in Tiflis) verdffentlicht
„drei glttcklicb geheilte Falle von penetrirenden
Bauchwunden mitVorfall desNetzes, behandelt nacb
der Methode von Pirogoff“ (Deutsche Ztschr. f.
Chir. VI. 3. 1875. p. 243.)
Die weaentlichste Frage filr Behandlung dieser
Verletzungen ist, ob das vorgefallene Netzstttck
wieder in die Bauchhdhle reponirt oder abgeschnit-
teu , abgebunden oder ecrasirt werden , oder ob man
dasselbe in der Wunde liegen lassen soil. Neu-
ddrfer, Emmert ratben das Netz zu reponiren,
Busch rflth , brandig gewordene Netzstticke in der
Hflhe der Wunde abzubinden , das vor dem Fadeu
liegende Stllck abzusclineiden und den Stnmpf in der
Wunde liegen zu lassen. Nussbaum u. Barde-
leben rathen, wenn eine Verlothung noch nicht
stattgefunden , das Netz zu reponiren. Pirogoff
erklftrt die Ligatur des ganzen vorgefallenen Netz-
sttlcks filr ein rohes Verfahren ; nach ihm soil das
Netzstilok — gleichviel ob es gross oder klein,
intakt oder verletzt ist — niemals reponirt werden.
Er gicbt an (Grundzflge der allg. Kriegschirurgie.
Leipzig 1864. p.576), 4mal einen glticklicken Aus-
gang bei nicht reponirtem Netzvorfail erlebt zu habtt),
erinnert sich aber keines einzigen nach der Repo-
sition. Es sei am zweckmftssigsten, das vorgefallene
Netz ausserhalb der Bauchwonde liegen zu lassen.
Die von Vf. anf diese Art behaadelten ViUe sind
folgende.
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V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. ,fr0
I. ElnSOjihr. Menscta hatte ralt einem breiten Dolche
eine Sttohwundc in den Baueh bekommen , die slch links
and anterhalb vom Nahel befand nod 2'/i" lang war.
Ails derWunde war eine unverletzte Darmschlinge heraue-
getreten , welche reponirt wnrde , and ein faustgrosses
Stflck Netz, von dessert Oberflfiche eine blntig-serSse
Flfissigkeit secernirt wnrde. Das vorgefallene Stack wnrde
mit Carbolglycerin verbnnden , innerlich Opium gereioht.
Am 13. T. nacb deT Verwundung war das Stuck Netz be-
reits auf die Halfte zusammengeschrumpft , von Gangran
zeigte sieh keine Spur; die reichlich seeernirende Obcr-
fliehe hatte ein frisches Ansehen , die Temperatur stieg
nie fiber 38° C. Am 25. T. n. d. Verl. betrug der Durch-
meseer dee vorgefallenen Netzee nur etwa 1“ ; dasselbe
zog eich allmalig zurfick ; es wnrde zuletzt in der H5he
der Wunde mit Lapis gcbeizt. Sechs Wochen nach der
Verletzung verlicss Pat. v511ig genescn das Krankcnhaus
and die Narbe war eo coneolidirt , daes der Eintritt elner
Heraie nicht zn beffirchten zu sein echlen, der Voreicht
wegen wurde Jedoch das Tragen eines Verbandes mit
Pelotte anempfohlen.
II. Ein 30Jahr. Mann war ebenfalle ralt einera breiten
Dolcbe verletzt worden. Aue der Wunde, welche eich
drei Finger broit nach innen von der 8p. ilium ant. sup.
befand nnd eine Lange von etwa 1" hatte, war ein Stuck
Netz fast von der Gr5sse einer Faust vorgefalien. Die
Temperatur stieg bis auf 38. 6“ C. Sechs Tage nach der
Verwuudnng wurde ein kleiner Theil des vorgefallenen
Netzes gangrands und flel einige Tage spater ab. Der
Heilungsvorgang nahra rasch seinen Fortgang, das Netz
zog sich allmalig in die HauchhShle zurfick , bis sicb die
Wonde schloss. Pat. konnte 1 Mon. naeh der Verl. als
geheilt entlassen worden.
III. Eine 24jahr. Frau hatte durch einen breiten
Dolch eine l’/j" lange Bauch wunde in der Linea alba
etwas fiber dem Nabel davongetragen, ans der elnePann-
schltnge nnd ein Stfick Netz von betrfiehtlicher Grfisse
vorgefalien waren. B. reponirte die Darraechlinge nnd
legte, um sie sichercr zurfickzuhalten , im unteni Wund-
winkel eine Naht an. Sechs Wochen nach der Verwun-
dtmg wnrde Pat. geheilt entlassen , ohgleich im Verlanfe
der Verletzung partielle Peritonitis eingetreten war.
In einem 4. vom Vf. mitgetheilten Falle war ein
Stuek Netz von der Grfisse einer halbcn Spielkarte vor-
gefallen und wnrde 3 Std. nach der Verl. reponirt. Nach
7 T. erfolgte der Tod, und die Sektion ergab weder eine
Verletzung des Darraes noch des Netzes, sondern nur
Zeichen einer hoohgTadigen Peritonitis.
Hiernach glanbt Bl. folgende Regeln aufstellen
r,u kflnnen. Erstens: das aus einer penetrirenden
Banchwnnde vorgefallene Netz darf niemals reponirt
werden. Das Netz ist ein sehr zartes Organ, es wird
da, wo es von der Hautwnnde nipgeben ist, ge-
quetscht unfl bei der Jseigung (S t r o m e y e r) der
Netevenen, Phlebitis und pylmiscbe Krscheintmgen
bervorenrufen , sowie in Anbetraoht des Umstandes,
dass Incarceration serscheimi ngen filr das Netz schon
bei dem zehnten Tlieile dess Dnicks eintreten, der zur
Einklemmung einer Darmachlinge erforderlich ist,
wird das reponirte Netz stfick in derBanclihdhle leicht
brandig werden, aber such in dem in der Bauchhdhle
liegenden apgrenzenden TtjeiJe des Netzes cntstehen
apt^tindlkhe Verandeningou durch die aus den hran-
digen Theilen des Netzes in dieGefaase des normalen
Netzes hinflberwandernden VenenpfrBpfe. Aueh die
JfljuupqUtiqn bei der Reposition ist bei einem go
zarten Organe ftlr Grregung ron Entafindung mit
ihren Folgen voo Bedeutang.
Die Zweite Regel ist , dass das Abschnei^en des
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vorgofalLenen Netzstflcks gefabrvoll ist. Hier liegt
die Gefahr einer Blntong nalie , wodurch selbst Bint
in die Bauchhdhle ergossen werden kann , wenn
selbst das vorgefallene Sttlck recht weit von der
Hautwunde abgesclmitten wird. Ahschneiden und
Reponiren ist unmOglich, da mit Sicherheit nicht alle
Gefksse unterbunden werden nnd die Ligaturfaden
eine Reizung des Peritonaiun hervorrufen kflnnen.
Uebrigens bietet das Absclmeiden , auch wenn es ge-
fahrlos wire, keinen Vortheil, da das abgescbnittene
Ende in der Hautwnnde stecken bleibt und diese
nicht geschlossen werden kann.
Drittens ist das Abbiuden des Netzes g&nzlich
zn verwerfen, da hierdurch kilastlich Einklemmungs-
gefahr hervorgerufen wird nnd da das Netz nicht nur
nach aussen von der Abschntlrungsstelle , sondern
auch nach innen in EntzUndung versetzt wird und
gangritnescirt. Ebenso wfirde das Abtragen des
prolabirten Netzes mit dem Ecraseur nicht minder
gefahrvoll wie das Abbinden sein , da die Gefabrcn
des Abbindens — wenn auch in geringerem Maasse
— dem Ecrasement gleichfalls znkommcn.
Als letzte Regel stellt B 1. auf, dass man das
prolabirte Stfick Netz ausserhalb der Wunde liegen
lassen soli , wobei es sich allmlllig mit Granulationen
bedeckt u. endlich zurflckzieht. Schon Dupuytren
hielt dieses Verfahren ftlr das richtige. B 1. glanbt
sich nach seiner Erfahrung — in Tiflis sind Dolch-
wunden sehr hllufig — berechtigt, auszusprechen,
daBS, wo keine Verletzung eines GefAsses im Innem
des Banches oder eine Darmverletzung mit Austritt
des Darminhaltes in die BauchhOhle die absolute
Tfidtlichkeit bedingt, bei penetrirenden Bauch-
wunden , die ja selten ohne Netzvorfall vorkommen,
die Behandlung diess thnt , die das Nichtreponiren
des Netzes fllr einen Kunstfehler ansieht.
Einen weitern Fall von Heilung einer penetri-
renden Banchwnnde mit Vorfail des Netzes ohne
Reposition theilt Dr. B. Johnen in DUren (a. a. 0.
VI. 6. p. 598. 1876) mit, ohne jedoch dje eben
mitgetheilten Ansichten Blnmberg’s unbedingt
zu theilen.
Zunichst bedarf die von B 1 u m b e r g angeffihrte
Aeusserung Pirogoff’s, dass er nach Reposition
des Netzes keinen einzigen glticklichen Auagang ge-
sehen habe , einer Berichtigung , da J. in der ein-
schlftgigen Literatur mehrere derartige Falle mit
glttcklichem Auagang, zura Theil trotz ganz verzwei-
felten Coraplikationen , verzeichnet gefunden hat.
Auch Billroth hat den Rath ertheilt , vorgefallene
Netzstficke nicht zn reponiren , und nach dem Zeug-
nisse Zablocki’s ist dieselbe Ansieht — ausser
von Dupuytren — auch von Malgaigne auf-
gestellt worden. Nach J.’s Ansieht mass sich bei
den in Rede stehenden Verletzimgen das Verfahren
nach den jedeemaiigen Umstftnden richten. J.’s
Fall let folgender.
Ein 32jahr. Mensch bekam einen Messers tich in den
Unterlcib. J. sah den Verletaten nach etwa 2 Std. und
ij&Ud eine 4 Ctmtr. lange Wiu$e dicht anterhalb
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70
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Nabehi , 4 tjuerflnger breit nach links , aus der eln Stfick
Netz von der Ordeae eines Ginaeeies hervorragte. Bei
dem Versuche , das Netz zu reponiren , hatte er das Ge-
fuhl , als ob er natssen Schnee drucke und als ob dabei
Gewebsqurtschungen nnd Trennungen stattfanden. J.
stand daher von weitera Kepositionsversuchen ab , nnd
nm ein Verschieben des Nctzes unmdglich zu machen,
legte er in beide Ecken derWunde eine Karlsbader Nadel
ein und fasste mit jeder einen Theil dcs Netzes mit. Am
10. T. war die Geschwulst in einen schwarzen , schmie-
rigen , daumdicken Strang verwandelt, den Vf. mit der
Scheere absohnitt ; es zcigte sich , das* der Stiel mit den
Banchdecken feet verlothet war; die Wunde fing bald an
frisch zu granuliren ; docb verzogerte sich die Heilung
dnrch einen in der Umgebung sich bildenden handteiler-
grossen Abscess. Pat. konnte jedoch nach 2'/ s Mon.
vollig arbeitsfahig entlassen werden ; nur mnsste er eine
passende Binde tragen, da die Narbe Neignng zur Hernien-
bildung zeigte. (Asche.)
547. Die Laryngostriktur und ihre Hei-
lung duroh den kunstlicben Kehlkopf; von
Dr. C. Reyher. (Arch. f. klin. Chir. XIX. 2.
p. 334. 1876.)
Narbige Laryngostrikturen nach Typhus, Va-
riola u. s. w. kbnnen so bedeutend sein, dass sie das
Lumen des Kehlkopfs so verengern , d&ss dasseibe
ftir den Luftstrom undurchgtingig ist. Nach An-
legung einer Trachealfistel und Offenlialten derselben
ist das Sprachvcrmtigeu (loch fast glcich Null. Zur
FlUsteraprache wird dann der exspiratorische Luft-
strom verwendet, und wenn auch der Kr. schlflsslich
eine Luftbcwegung zur Mundhohle hin zu bewirken
lemt, so ist die FlUsteraprache doch nur sehr leise
und die Bewegung so schwach, dass die Bildung ge-
wiaser Consonanten m, n, w, 1 und ebenso des h un-
mbglich ist. Um den vollen exspiratorischen Luft-
s tram in die Rachenhbhle einzuleiten , hat man die
Dilatation der Striktur versncht, doch bildete sich
die alte Striktur immer wieder, sobald man die Bou-
giebehandlimg aussetzte. Kann man ein Bougie
immer liegen lassen , so kann sich die Striktur nicht
wieder verengern. Wird ein solches Bougie hold
gemacht und unter Verschluss des extratrachealen
Endes der Trachealkanflle mit dem untern Ende in
diese letztere eingefllhrt , so ist der Zweck erreicht
und die FlUsteraprache inbglich. FUgt man in die
Dilatationskanttle noch einen Strikturapparat ein, so
haben wir diePhonationskanUle des Gussenbauer’-
schen ktinstlichen Kehlkopfs und es wird ftir den
Kranken ejne Iaute , aber monotone Sprache errnbg-
licht.
Vf. theilt einen Fall mit, in dem nach Perichon-
dritis laryngea eine Striktur zurttekblieb, die nur ftir
Sonden feinster Gattung durchgftngig war, aber
keine Luft durchdringen Hess. R. spaltete unter
dem Schutze der Trendelenburg’ schen Kantile,
welche 60 Std. liegen blieb, den Larynx ; die Ope-
ration war sehr mtihsam ; durch allmAlige Dilatation
gelang es schliesslich, einen Zinnkolben von 12Mmtr.
Dicke Monate lang liegen zu lassen.
Da die Pat. also ein permanentes Dilatatorium
vertrog nnd man axraehmen mnsste, dass sie ftir
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ilir Lcben ein derartiges Instrument tragen wttrde,
so wurde statt der TrachealkanUle und des Zinn-
kolbens ein Gussenbauer’ scher ktlnstlicher Kehl-
kopf eingeftilirt. Der Erfolg war entsprechend ; es
trat eine normale Fltistcrstimme ein und alle Con-
sonanten konnten ausgesprochen werden. Sowie
die Metallzunge eingesetzt wurde, trat lante —
allcrdings monotane — Sprache ein ; doch zog Pat-
es vor, ohne Metallzunge zu sprechen, da die Ath-
mung ilir dadurch zu sehr erachwert wurde.
(A 8 c h <$.)
548. Resektion des Kehlkopfs bei Ii&ryngo-
stenose; von Prof. Dr. G. Heine in Png. (Arch,
f. klin. Chir. XIX. 3. p. 514. 1876.)
Die Bedeutsamkeit der totalen Kehlkopfsexstir-
pation ist durch die mitgetheilten F&Ue auaser alien
Zweifel gestcllt und II. legte sich die Frage vor , ob
nicht bei andem Erkrankungcn imd Verengerungen
als carcinomatdsen eine vollsttindige oder auch nur
eine theilweise Exstirpation (ftir letztere kann auch
die Bezeichnung ,,Resektion“ gewfthlt werden") sich
empfehlen dftrfte. Solclie Verengerungen treten
namentlich nach syphilitischen Erkrankuugen ein uud
sind nicht immer rein narbiger Natur, sondem es
tritt zuweilen ein Einsinken des Knorpelgerflsts ein,
oder es kommt in Folge von cinem hyperplastischen
Entztinduugsprocessc eine Verengerung zu Stande.
Gerade in diesen letztem Fallen haben die bisherigen
Behandlungsmethoden gtinstige Erfolge nicht anfzn-
weisen vermocht, da die Dilatationsmethoden bisher
nocb nie das normale Lumen des Kehlkopfs herge-
stellt haben. In dem folgenden Falle hat Vf. es mit
Erfolg veraucht, die Wiederherstellung der Kehl-
kopfshOhle durch die Abtragung eines Theils der die
seitlichen Wftnde des Organs bildenden Knorpel zn
erzielen. Dass ein solcher Eingriff mbglich sei, so-
wie dass sich in die zurtickbleibende Halbrinne aof
die Dauer eine Kantile einlegen lasse , konnte nach
den bei derTotalexstirpation gemachten Erfahrungea
nicht zweifelhaft sein.
Ein 23Jahr. Kranker hatte vor 16 Jahren zuerat an
Heiserkeit gelitten. Nach Verlauf von 6 Jahren hatten
sich Athem und Hustenrelz zur hochgradigen Dyspnoe ge-
steigert , so dass die Tracheotomie gemacht werden
mnsste. Nachdem spater in Folge einer Erkaltnng eine
Anschwellung der Fnsse und des ganzen Kdrpers einge-
treten war, zeigte sich bei seiner Anfn&hme in die Klinik
DyspnSe nnd ein umfangliches Geschwur anf der iinken
Seite des Nasenrfickens mit derbera Grunde nnd von kno-
tigen Wnchernngen besetzten Randern. DieUntersncbong
zeigte femer , dass die Kehlkopfhdhle nnterhalb der Epi-
glottis in der H5he der Stimmbander bis auf eine stock*
nadelkopfgrosse Oeffnimg verschlossen war ; die Oeffnong,
die nor ftir eine feine Sonde durchgangig war, setzte sich
nach der nach der Tracheotomie zurtickgebliebenen Tts-
ohealfistel zu fort. Die Athmung war sehr muhsam, die
Inspiration langgezogen u. pfeifend. Es wurde die Diagnose
auf sklerosirende Chondro - Perichondritis gestellt, die,
wie sich spater herausstellte, die Folge von Syphilis war.
Der Pat. wnrde mit Methylen-BichlorHr (das Prof. Heine
seit einem Jahre bei alien seinen Operationen mit bestem
Erfolge anwendet) narkotisirt und dann die Trachealflstel
nach oben nnd nnten erweitert ; dann wurde ein Schnitt
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V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
vom Zungenbeine auf der Mittellinie des Schild- and Ring-
knorpels bis zu der sndern Wunde gefnbrt, wobei die
Knochenschecre zu Hfilfe genommen werden musste ; end-
lich wurden die Knorpelhiilften ausewandergezogen , das
Perichondrium losgehebelt und dann rait der Knochen-
scheere die Halften auf jeder Seite abgetrageu. Die
Wunde verkleinerte sich rasch ; es wnrde ein kunatlicher
Kehlkopf eingesetzt ; schon am 12. Tage konntePat. feste
Nahrung zu sieh nehmeu. Der allgemeine Ernahrungs-
zustand hob sich. Pat. konnte in den ersten Monaten nach
seiner Entlassung arbeiten ; dann aber traten Schlingbe--
schwerden ein, DyspnSe und Fieber. Die Untersuchung
ergab neue Geschwure am Kehlkopfe ; ansserdem Infil-
tration beider Lungenspitzen, der Pat. schlQsalich erlag.
Vf. fligt als selbstverstandlich hinzu , dass nicht
fttr jede Kehlkopfsverengertmg die Resektion des
Kehlkopfs anwendbar sei , dass vielmehr fttr viele
Fllle die einfache Laryngofissur oder Laryngotomia
thyreoid, ohrie Abtragen von Theilen der Wand zur
Einlegung einer Kantile gentlge. Nnr wo dieses Ver-
fahren sich als nicht ausreichend erweist, soil die
Resektion gemacht werden, und man kann zu der-
selben schreiten, nachdem man die Laryngofissur
gemacht diese aber sich nicht als ausreichend ge-
zeigt hat.
Den von Qussenbauer angegebenen kttnst-
lichen Kehlkopf hat Vf. so modificirt’, dass die La-
rynxkanille in ihrem obern Theile von vorn nach
hinten etwas plattgedrttckt ist ; dann ist sie an ihrer
Umbiegungsstelle stilrker gekrttmmt, so dass ihr auf-
steigender Theil etwas mehr nach vorn gerichtet ist,
und um diess zu erzielen , muss die Kanttle in die
Oeffnung an der Convexitftt der Trachealkanttle
nicht genau eingefttgt, sondern ihr eingewisserSpiel-
ramn gegeben werden , wobei an dem Schilde der
Trachealkanttle die von L 11 e r angegebene Vorrich-
tung angewendet wurde. Durch diese Modihkationen
ist es erreicht, dass die Kanllle den Kranken in kei-
ner Stellung des KOrpers drtlckt , auch beim Schlin-
gen nicht. Die gemeinsame Oeffnung beider KanQlen
ist dnrch einen leicbt abnebmbaren Deckel verschlos-
sen ; dnrch eine hinter dem Schild eingeschaltete Kant-
schnkplatte wird das Entweichen eines Theils der
Exspirationsluft dnrch die Trachealwftnde verhtltet.
Bei eingelegtem Zungenapparat und aufgesetztem
Deckel konnte Pat. nur milhsam athmen ; Vf. liess
daher den Znngenthefl in der Kanllle drehbar machen,
was er dadurch bewerkstelligte , dass die Drehung
dnrch einen kl einen, platten an der HalsOfinung der
Larynxkanttle hervoretehenden und dieselbe luftdicht
abochliessenden Handgriff gemacht wird, der nicht
mehr als einen Viertelkreis betrSgt. Durch eine
Aenderung der Lange und des Kalibers der Zunge
wurde endlich ein etwas tieferer, die menschliche
Stimme besser nachahmender Ton erzielt.
(Asch6.)
549. VoUstandige Exatirpation des Kehl-
kopfiB; Tod nach 14 Tagen ; von Prof. H. Maas
in Breslan. (Arch. f. klin. Chir. XIX. 3. p. 506.
1876.)
Ein 67Jahr., vielfacb an Rheumatiamua leldender und
dem Alkobol ergebener Polizeibeauiter klagte aeit elniger
Zeit fiber zunehmenden Druck im Halse und fiber Heiser-
keit. Die Unterrochung ergab einen von der rechten Seite
dea Larynx uber die Stimmbander sich entwickelnden und
raach wachaenden Tumor, der bald eine aolche Laryngo-
stenoac verursachte, dass die Tracheotoniie gemacht wer-
den musste. Da jedoch durch das Weiterwachseu der
Geschwulst das Schlingen beeintrachtigt wurde , so dass
Pat. schliisslich garNichts mehr geniesseu konnte und der
Versnch, eine weiche und dunne Schlundsonde einauffih-
ren, an der ubergrossen Schmerzbaftigkeit scheiterte,
entschloss sich M. zur Exstirpatiou, die in dem Bette des
Pat. auagefuhrt wurde. Da bei der Tracheotomie ein
Versuch zu chloroformiren nicht gelungen war, wnrde
diessmal zuvor eine Morphiuininjektion gemacht, wodurch
eine leidliche Narkose erzielt wurde, wahrend welcher
man das Che yn e-Stokes’ sche Phauomen beobachten
konnte. Eine modiflcirte Rose sche Lagerung wurde
dad arch erreicht , dass nnter die Mitte der RfickenwiTbel-
siule des Pat. eineFussbauk geschoben wurde. Nachdem
vomZungenbein zur Trachealwunde eine Incision gemacht
worden war , wurden die Seitentheile des Larynx (da der
ganze Kehlkopf vom Tnmor erfullt war) mit dem Eleva-
torinm freigelegt und dann die Ligg. hyo-thyreoid. and
thyreo-epiglottica zuerst abgetrennt. Dann wurde der La-
rynx vom Oesophagus abgeidst, nach vorn geklappt und
von hinten her seine Verbindung mit der Trachea durch-
schnitten. Pat. fuhlte sich nach der Operation relativ
wohl, ohne Schmerzen, und da er eine starke Abneignng
gegen die Schlundsonde zeigte, wurde von der Wnnde ana
eine Kautschukrohro von b Mmtr. Weite tief in den Oeso-
phagus bis in die Niihe derKardia eingefuhrt. Die Wunde
verkleinerte sich rasch , so dass Pat. schon am 9. Tage
das Bett verliess. Zu einer [schon bestehenden Bronchi-
tis trat jedoch Pneumonie hinzu and am 14. Tage nach
der Operation starb Patient.
Die den Kehlkopf ganz ansffillende Geschwulst er-
wies sich bei der Autopsie als ein Adenoma flbroaum.
Zwischen den dichtenZugen dbrosen Gewebes fanden sich
schon makroskop. sichtbare H5hLungen,die durch eine Mem-
brana propria, regelmassig geschichtetes Epithel u. durch
das Lumen scharf charakterisirt waren. Die Lumina ent-
hielten Zellendctritus oder waren leer ; die unter der olcc-
rirten Oberflache des Tumor gelegenen Theile zeigten mit
ihren dichten Lagen epithelialerZolleu und zwiebelfbrmig
geschichteten Horukorpern den Charakter eines Carci-
noma , die Geschwulst ist also als Carcinoma adenomato-
sum zu bezeichnen.
Im vorliegenden Falle handelte es sich abwei-
chend von den bisher bekannt gemachten Mitthei-
lungen am eine Indicatio vitalis ; die Operation er-
reichte ihren Zweck; der Tod erfolgte durch eine
Pneumonie, die Folge einer linger vorhandenen
Bronchitis, wozu wohl auaser einer Erkftltung die
Manipulationen an der Trachea behufs Einlegung
eines kttnstlichen Kehlkopfs Veranlassung waren.
Zur Zeit sind folgende Ffille von Exatirpation
des Kehlkopfs bekannt , und zwar mit Ausgang in
Heilung: von Billroth (Jahrbb. CLXIV. p. 44),
Heine (daselbst p.45), Bottoni (Jahrbb. CLXVII.
p. 270) und Langenbeck (das. p. 270; bei der
VerOffentlichung am 7. Tage in der Heilung) ; —
mit tOdtlichem Ansgange von M. Schmidt (Jahrbb.
CLXVII. p. 269, am 6. Tage), Schttnborn (Pri-
valmittheilung an Maas, am 4. Tage Tod an Pneu-
monie) und der vorstehende Fall von Maas.
(Asch6.)
550. Verband mit feingepulvertem Gummi
arabioum ; von Dr. Schleiffer in Greifenberg.
(Bayer, iratl. Intell.-Bl. XXIII. 22. 1876.)
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V. Chirurgie, Ophtlialmologie u. Otiatrik.
D£r fragl. Verband, den Vf. Beit einerReihe von
Jahren in seiner Landpr&xis angewendet hat , em-
pfiehlt sich nicht bios durch die damit erzielten gttn-
stigen Erfolge, sondern aucli durch seine grosse Ein-
fachheit und leichte Anwendbarkeit. Derselbe ist
geeignet 1) bei Wunden mit Substanzverlust , bei
Verbrennungen 4. Grades ; 2) in chronischen Fallen :
bei eitemden Wundflichen oder Hdhlen, beieinfachen
und eomplicirten Gescliwilren. Das Verfahren zur
Herstellung desselben ist folgendes. Die Wund-
oder Gesehwlirsflfiche wird znnachst mit feinem Pul-
ver von Gummi arabicum etwa 1 bis mehrere Mmtr.
hoch bestreut , hierllber eine mit warraem Wasser
durchtrankte Compresse gelegt, welche wiederum
durch eine trockne bedeckt wird. Das Ganze wird
durch ein griisseres Stuck Leinwand befestigt. Je
nach dem Grade der Eiterung wii-d der Verband ein
oder mehrere Male gewechselt. Die ganze mucilagi-
nbse Masse bleibt an der ersten Compresse liftngen,
man reinigt dieselbe mit carbolsaurehaltigera Was-
ser. Die Vortheile dieser Metbode bestehen ilarin,
dass das eitrige Sekret sich mit dem Gummipnlver
verbindet und dadurch die GeschwHrsMche vollsttn-
dig gereinigt wird, femer verbindert dieser Verband
such die Reibung auf der wunden Fl&che , es wird
ebenso eine gleichmfissige , der Granulationsbildung
glinstige Temperatnr erzielt. (A s c h 6 .)
561. Das Thermo - Kauterium dee Dr.
Peqnelln ; von Prof. Dr. v. Mosetig-Moorhof
ill Wien. (Wien. med. VVehnschr. XXVI. 29.
1870.)
Das Wesen des fragl. Apparates besteht darin,
Platiublech durch Verbrennen eines Gemengee von
atmosph&r. Luft nnd Kohlenwasserstoffgas zum
Qltlhen zn bringen nnd glflhend beliebig lange zn ef-
halten. Das erforderliche Gasgemenge gewinnt man
aos Petroleumather, oder a us im Wasseibade erwfirm-
ten Weingeiste , oder auch aus gereinigtem Terpen-
tinUther.
Der Apparat aelbst besteht 1) aus einem Reclpienten
zur Anfnhhme der Gas erzeUgenden Flussigkeit, 2) einem
Richards on ’ schen Geblase, und 3) au* dem das Platin
tragenden Instrumente , worm sich die Verbrennung der
Gase vollzieht. Die Entzundung nnd Verbrennung des
Gasgemenges erfolgt ohne Flam roe und man kann durch
rascheres oder langsameres ZufGhren des Gases die Gluh-
hrtze regullren.
Am Reclpienten , elner viereckigen etwa 160 Gram,
fassenden Glasflasche ist ein langer (sebarf gekrummter
metallener) stumpier Doppelhaken angebraeht , ura die
Flasche an der Kleidnng des Operateurs zu befestigen.
Es darf namlich die Flasche, falls Bie mit Petrolcumather
gefullt ist , nicht in alien Fallen von einem Assistenten in
der Hand gehalten werden, weil die dadurch bewlrkteEr-
wannung der Flussigkeit zn viel Verbrennnngsmaterial
producitt und dadurch einer gleichmassigen Verbrennung
hfnderllch wire. Die Flasche wird heraertisch durch elnen
Kantschukstdpsel geschlossen, den man aber vor Be-
netzung mit der Gas erzeugenden Flussigkeit schfitzen
muss , weil dieselbe Kautschuk lost. Durch den Pfropf
laufen 2 reohtwinklig abgebogene, kurzmQndende Metall-
rOhren. Die zufQhrende steht durch einen Schlauch mit
demDoppelgeblase in Verbindung, die andere durch einen
beliebig lange n Schlauch mit dem Operationsinstrament.
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Letzteres besteht aus einer holzernen Handhabe und einem
damit verbundenen lingeren oder kurzern Metallcylinder.
Durch Jlandhabe und Cylinder lauft cin centrisches Rohr,
durch welches das Gasgemenge getriehen wird. An sei-
nem freien Ende tragt der Metallcylinder ein Platiublech,
iu dessen Innerera, wie in einer abgeschloBsenen Rammer,
die Verbrennung des Gases erfolgt. Von der Platinkammer
fuhrt scblusslich ein frei nach aussen mundendes, das Zu-
leitnngsrohr umgebendes Rolir ab , bestimmt zur Ab-
fuhr der Verbrennungsresiduen. Das Flatinblech kann
die Form der vcrschiedcnen Gluhkolben haben , oder dir
einer hohlen Messerklinge, oder des spitzen, geraden oder
gekrummten Gluheisens.
Um den Apparat zur Operation fertig zu stellen,
wird die Flasche hOchstens bis zur Halfte gefllllt,
womfiglich mit Petroleumather , darn geschlossen u.
das Ableitungsrohr mit den Handhaben des Instru-
ments verbunden. Dann wird die Platinkammer
miissig fiber einer Spiritusflamme erhitzt und nun
erst das Richardson’ sche Geblase in Thatigkeit
gesetzt. Ein scharfes trockenes Knistern zeigt die
Verbrennung des Gasgemenges an und im Augen-
blick darauf ist das Platinblech glfihend , roth oder
weiss, je nachdem man das Geblase arbeiten lEsst.
So lange das Geblase in Thatigkeit erhalten
wird , bleibt das Platin in dem gewfinschten Grade
glfihend. Unterbricht man die Zufuhr des Brenn-
gases, so heirt das Gltthen auf, kann jedoch sofort
wieder ongefacht werden, wenn das Platin nicht er-
kaltet ist. Andem Falls muss das Platin erst wie-
t
der erwftrmt werden.
Der Recipient muss vor jedesmaligem Gebraacb
neu gefllllt werden. Die Fttllung, deren Quantum
sich nach der Lange derZeit, wahrend welcber man
den Apparat zu gebrauclien gedenkt, richtet (100
Gram. Petroleumather ffir etwa 2 */ a Std.), darf nie
die Halfte des Flascheninhalts Ubersteigen. Um das
Platin nibglichst rasch zum Gltthen zu bringen , er-
wttrme man es, ehe man das Geblase in Bewegung
setzt Glfiht das Platin, so fibertreibe man das Ein-
blasen nie. Bei frischem Petroleumather hate man sich
vor Erwaraung desselben fiber die Aussentempera-
tur. Nach jeder Operation reinige man genau die
Platinoberflfiche. Beim Operiren, namentlich in
gefilssreichen Gegenden , vermeide man rasebei
Zielten des Instruments, sondern Lasse es mehr durch
den Druck wirken.
Gegenfiber dem Glfiheisen hat dsis Thertno-
Rauterium folgende V ortheile. Es lisst sich in */* Min.
zum Gebranche fertig stellen und erkaltet nicht , so
lange man das Geblase treibt. Man kann die Hitts-
grade sofort wechseln, viel rascher operiren, da man
das Instrument nicht zu wechseln br&ucht, und mit
ihm Gewebe regelmassig trennen, was mit dem
Glfiheisen wohl nie gelingt.
Gegenfiber Middeldorpf’s galvanokausti-
schem Apparat bat das Thermo-Kauterium den Vor-
theil, dass es den PorzelLanbrenuer , das Messer und
den Spitzbrenner ersetzt, jedoch nicht die Gltih-
schlinge, hingegen den Nachtheil, dass es stets
glfihend ztrni Operationsfeld gebracht Werden muss,
und dass die ausstrablende Hltze intensiver ist. Eiu
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73
V. CWrnrgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
bed en tender Vortheil dee Thermo-Kanterimn 1st jedoch
der bilbge Preis mid die Einfachheit der Hand-
habung im Vergleich zu den tbeueru nnd nur von
kundiger Hand richtig zu handhabenden galv&no-
kaustiachen Apparaten, die ausserdem bei Ifingerm
Gebrauch nicht selten veraagen. Herorzuheben ist
auch dem galvanokaust. Apparat gegenflber die
Sehnelligkeit , mit der daa Thermo- Kauteriuui in
Thfttigkeit gesetzt werden kann.
Das Thermo-Kauterimn mit 2 Brennlnstrumenteo in
einem leicht transportablen K&stcben koatet bei Herm
Collin (ancienne maison Charri&re, Paris, 6 rue de i'eeoie
de m^decine) 126 Frcs. ; bei Ruifolph Detert (Berlin,
Franz. Str. 63) 126 Mk. (H. M5ckel.)
553. Uebor pulsirenden Exophthalmus ;
von Hermann Wolff. (Inatig. - Dissert. Bonn
1875.) «)
Vf. theilt die beideu folgenden, bisher nocli nielit
beschriebenen Beobachtungen von traurnatmhen
GefdtegpsehwuUteii in der Orbita mit.
1) Beobachtung von Dr. Oilles in Eupen. Ein
26jlhr. Landmann hatte mit einem Stocke einen Sehlag
an den anssem Angenwinkel rechtereeita eriitten. Die
ziemlich grosse Wunde war nach ca. 2 Wochen unter
Eiterung verheilt. Erst nach 4 Mon. trat plotzlich Kopf-
Bchmerz und Sehwindel auf, sowie Sausen im rechten Ohr.
Letztere Erscheinung blieb permanent. Nacli weltern
3 Mon a ten machte sich eine Hervortreibnng des rechten
Bulb us bemerkbar. Die Untersnchung, Ende Nov. 1874,
eigab : hoebgradigen Exophthalmos mit maasiger Injektion
der Bindehaut, ohne Behinderung der Beweglichkeit. Die
rechte Pnpiiie war welter nnd trSger als die Iinke , das
Sebrermogen betr&chtlich herabgesetzt , die Papilla ge-
schwollen n. gerfithet , die umgebende Netzhaut getrfibt,
die Venen waren stark gefuilt und geschwollen. Unter-
halb der Incisura supraorbitalis war eine weiche , erbaen-
grosse Oeachwulst vorhanden, weiche sich nach hinten in
die Orbita verfoigen Hess. Diese Geschwulgt pnlsirte
nicht. Wohl aber pnlsirte der Bulbus seibst isocbronisch
mit dem Radialpulse ; nach Compression der Carotis horte
diese Pulsation auf. Am Angapfel, an der Stirn- nnd
■SchlSfengegend wurde cin blasendes Gerauscli gehort.
Pat. wurde innerlicb mit Secale cornutnrn behandelt. Die
Knr war erfolgTelch. Naheres fiber die Dauer der Be-
handlung und fiber den spatern Be fund 1st nicht ange-
geben.
2) In der Klinik von Samisch in Bonn wurde Ende
Mfirz 1874 ein 23jShr. Bergmann anfgenommen, welcher
vor 2 Mon. einen Schlag mit einem Iiolzpfahl fiber das
Iinke Ange erhalten hatte. Ans dem Mnnde und der Nase
war Bint geflosscn , auch war mehrstundige Bewusstlosig-
keit eingetreten. Exophtlialmus war bereits 8 Tage nach-
her bemerkbar gewesen , der nach 4 Wochen sich ver-
stirkt hatte ; auch hatte sich Ohren sausen eingestellt. —
Bei der Aufnahme fand sich der vorgetriebene Bulbus mit
cyanotischen Gefassen uberzogen, er Hess sich znrfick-
drficken, pulsirte und war nach aussen unbewegiicii. Gc-
riuach und Pulsation verschwand nach Druck auf die Ca-
rotis. Die Sehnervenpapilla war etwas weisser als in der
Norm , das Sehvermugen war herabgesetzt. Anfangiich
wurde ein Drackverband und wiederholte Compression
der Carotis versncht. Nach Verlauf von 2 Monaten fuhlte
man durch das unto re Lid hindnrch mehrere wulstige,
ruDdikhe Strings, weiche bald an St&rke zunahmen . Auch
*) Heim Prof. 8aemisch besten Dank fur die Zn-
sendoag. O.
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
am Nasenrfioken in der H5he der innern Lidcommissur
wurde eine Pulsation bemerkbar. Mitte Jnni wurde au-
erst eine Ergotinldsung eingespritzt , und zwar am ontern
Lide. Diese wurde in den nachsten Tagen uoch 2mal
wiederholt und im Monat Juli wnrde eine 4. Einspritznng
in den Winkel zwischen Augenbrane und Nasenrfioken
gemacht, wo nnterdessen eine rundliche Gfjichwulat sich
gebildet hatte. Durch die Einspritzungen wurde zunachst
eine starkere Sehwellung bewirkt ; dem aneurysmatischen
Gerfiusch war ein hoher, pfeifender Ton danach beige-
■ sellt. Pat. wurde noch bis Ende September beobachtet.
Die Injektion der Bindehautgefasse war geringer gewor-
den , das Behvermogen hatte sich verschlechtert. Der
Exophthalmus hatte nicht zugenommen nnd Pat. klagte
weniger fiber Beschwerden.
Vf. nimmt in diesem Falle das Vorhandensein
eines Aneurysms anastomoticum an. Nach der An-
schauung Rivington’s, fiber weiche wir (Jahrbb.
C LXX . p. 274) eine ausfilhrliche Mittheilung ge-
macht haben, wttrde es sich vielmehr um eine Ruptur
der Carotis interna im Sinus cavemosus handeln. —
Ausserdem giebt Vf. eine knrze Zusammenstellung
der meisten bisher bekannt gemachten Beobachtun-
gen. Dabei ist der Irrthum mit untergelaufen, dass
er den Fall von Vanzetti-Scaramuzza unter
Nr. 29 und 30 doppelt aufzfihlt. Es handelt sich
indessen, wie eine Durcbsicht der Originalmittheilang
ergiebt , um einen und denselben Pat. , vgl. Jahrbb.
CU. p. 53. (Geissler.)
553. Zur Physiologio und Pathologie der
Hornhaut.
Dr. Ludw. v. Thanhoffer in Pest (Bei-
trdge zur Phyriologie und Histologie der Hom-
haut dee Augee: Virchow’s Arch. LX11I. 1 u. 2.
p. 136. 1875) hat an Fischen, Amphibien, Vfigeln
und Sfiugethieren zahlreiche Untersuchungen, theil-
weise mit Znhfilfenahme neuer physikab'scher und
chemischer Prfiparationsweisen, angestellt, deren Er-
gebniss sich kurz in Folgendem zusammenfassen
Ifisst.
In der Substantia propria der Homliaut Bind
ausser den zahlreichen stern fQrmigen „Saftkanftlen‘ <
mit diesen zusammenhfingende grdssere Gfinge vor-
handen , weiche von der Grundsubstanz dnrch eine
scharfe Grenzlinie, ebenso wie die kleinem stem-
fbrmigen Saftkan&lchen , getrennt sind. In diesen
Gtagen verlaufen die Hornhantnerven. Die Saft-
kanflle sind nicht blose Hfihlnngen, sondem von der
Grandsubstanz dnrch eine wirkliche Zellenwand, die
mit Ldchem versehen ist, getrennt. Diese Zelleu-
wand setzt sich aua den grossen Gfingen in die stern-
fbrmigen Saftkanfile fort. Die kleinem Nerven-
zweige, weiche aus den Nerven in den Gftngen ent-
springen , gehen mit den Protoplasmafortsfitzen ein-
zelner Homhautkdrperchen eine Verbindung ein,
nicht aber mit dem Kern der Homhautkfirperchen.
Die am Rande der Hornhaut eintretenden Blutgeffiase
sind von einem Lympliraum umgeben, dessen Wand
mit Endothel ausgekleidet ist, und welcher direkt mit
den Saftkanfilen in Verbindung steht. Die letzten
Nervenendigungen befinden sich zwischen den palli-
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V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otmtrik.
sadenffirmigen Epithelzellen an deT Vorderfl&che der
Homhant und stellen hier im Querschnitt kleine,
gl&nzende Pflnktchen dar, welchc ala TastkOrper-
chen aufzufassen sind und immer zwischeu je zwei
Gipfeln der Epitlielzellen eingeklemmt liegen. Dieae
Nervuli recti haben, bevor sie in der Epithelschicht
endigen, die Bowraan’sche Membran durchbohrt und
treten aus dem netzfbrmigen Nervenplexua, wie sol-
dier unit dem Protoplasma der HornhautkOrpercben
in Verbindung steht, senkrecht hervor. Die von an-
dern Forschem beschriebenen Nervenendigungen sind
nachVf. Kunstprodnkte. Das Epithel der Descemet'-
schen Membran besteht aus Stachel- oder Riffzellen.
Dae Verhdliniss der N erven zu den Homhaut-
k&rperchen hat Dr. Leop. Kdnigstein (Sitz.-Ber.
d. k. Qes. d. Wiss. zu Wien. M&rz 1875) an mitGold-
chlorid gefilrbten PrSparaten von HomliAuten unter-
sucht, welche 24 Std. lang in kftuflicher Salzs&ure
mit Zusatz von Glycerin macerirt worden waren. Er
vennochte die Endigung der Nervon in den Endo-
thelzellen der Descemet’schen Iiant (L i p p m a n n)
nicht aufzufinden, dagegen konnte er nachweisen,
dass die Forts&tze der HornhautkQrperchen direkt
mit den feinsten Endigungen der Nervenfasern zu-
sammenhftngen. Ein Eintritt der Faser in das Horn-
hautkOrpercben selbst war nicht zu entdecken.
Mikroskopische Untersuchungen fiber die nor-
malen HonJiautzeUen und deren Veranderungen
bet der trauma tischen Keratitis sind von Theo-
dor Meyerowitz (Inaug.-Diss. Kflnigsberg 1875.
Druck von Julius Jacoby. 8. 63 8.) vcrdffentlicht
worden.
M. erzengte Keratiten bei HerbstfrSschen entwe-
durch Einziehen eines Fadens durch die Nickhaut
und den Bulbus (inducirte Kerat.) oder durch direkte
Keizung der Hornbaut. Als Reizmittel benutzte er
den Querschnitt eines mit einem Aetzmittel getrknk-
ten Fadens oder das Gltlheisen. Die letztere Me-
thode hklt M. ftir vorztlglicher , da man hier sicher
ist , dass nur eine bestimmte Stelle getroffen wird.
Die Resultate dieser Untersuchungen spreohen
ftti- die Auffassung BOttcher’s, nur vermochte M.
nicht zu best&tigen, dass einzelne abgeschnflrte Pro-
toplasmakhlmpchen sich zu selbststkndigen Zellen
mnwandeln k5nnen. Der Auffassung C o h n h e i m ’s,
dass der Eiter lediglich aus den einigrirten weiasen
Blutzellen entstehe, vermag M. nicht beizutreten,
eben so wenig kann er dessen Einwand gegen
Bdttcher's Untersnchungen , dass die Eiterzelten
aus dem Bindehautsekret in die Aetzstelle eintreten,
filr zutreffend halten. Die Veranderungen, welche
die Hornhautkorperchen bis zur Verwandlung in Wan-
derzellen durchmachen, sind nach M. folgende. Die
Hornhautzellen vergrdssern sich sammt ihren Auslku-
fern, dann ziehen sich letztere in den Zellenleib zu-
rttck, welcher dadurch zu einem unregelmassigen Pro-
toplasmaklumpen umgestaltet wird. Die Kernthei-
lung beginnt mit diesem Procease und schreitet wei-
ter fort , indem die Protoplasuiahaufen eine partielle
AbschnOrung erleiden. An Stelle der mehrkernigen
Protoplasmaballeo treten schlQsslich . in den Saft-
ltlcken kleine, freie, runde und spindelformige Zel-
len auf.
Prof. Coloman B&logh in Budapest stndirte
den Einfluss der Spharobakterien in der entzOndeten
Hornhaut (Med. Centr. -Bl. XIV. 6. 1876). Er
durchschnitt an Kaninchen das Ganglion Gasseri oder
zerstfirte den N. facialis und entferate die Nickhaut,
um den Bulbus seines Schutzes zu berauben. Bei
der unter diesen Verhaltnissen entstehenden Kera-
titis fand B. die Sph&robakterien der Cornea an sol-
chen Stellen angeheftet, wo Risse im Epithel gebil-
det waren. Die Bakterien dr&ngen sich zwischen
die Epithelien, vermehren sich und bilden masseu-
hafte Colonien , wobei ganze Haufen von Zellen aus-
ein&nder geschoben werden. Sp&ter gelangen sie
tiefer in die Cornea in die interfibrillaren Spalten,
legen sich dann an die Hornhautkdrperchen und
dringen sdilQsslich in das Innere derselben ein.
Das Protoplasma der KOrperchen schwillt manchmal
„riesenhaft“ an und vermehrt sich theils durch Thei-
lung, theils durch Knospenbildung, „ wobei Eiter eut-
steht u .
Prof. Schmidt-Rimpler: fiber Homhant -
impfungen mit Beruckeichtigung der Aetiologie
eiteriger Keratitiden beim Menschen (Marburger
Sitz.-Ber. 3. Mftrz 1876) bemerkt, dass er Mikro-
kokken oder Bakterien in fast alien pathologischen
Sekreten oder Produkten des Auges gefunden habe.
So z. B. in dem von der Bindeliaot secernirten Eiter,
im Hypopyon, beim Irisvorfall, im Thrinensacksekret ;
in den Croupmembr&nen der Bindehant schienen die
Pilze besonders reichlich vorhanden. Ob daraus
aber auf eine besondere Infektiou zu schliessen sei,
erscheint noeh nicht genUgend bewiesen. Schmid t
impfte in die Hornhaut von Kaninchen versuclisweise
ThrknenflUssigkeit vom Menschen bei akutein Tra-
chom, ferner kksige Maaaen aus einem Staphyloui,
Eiter von einem Ulcus serpens, Eiter von akuter
Blennorrhbe n. von chronischem Schwellnngskatarrh.
Diese Impfungen ergaben negative Resultate. Da-
gegen wurde eine eitrige Ulceration hervorgerufeu
durch Impfung mit Croupmembran vom Menschen -
auge und von clironischer Thrinensackblennorrhoe
solcher Individnen, welche gleichzeitig an Ulcus ser-
pens und Hypopyon litten.
Gust Kleinschmidt ( Ueber Keratitis bul-
losa: Inaug.-Diss. Bonn 1876*) stellte mehrfache
Versuche an Kaninchen an, um durch Verbrennuug
oder An&tzung eine Blasenbildung auf der Hornhaut
zu erzielen. Els gelang dieas nur eiumal. Die mi-
kroskop. Untersuchung der alterirten Gewebstheile
ergab reichliche Anlikufung von Wanderzellen in den
oberfUlchlichen Hornhautschichten , Abhebuug des
Epithelblattes bei intakter Bowman ’seller Membran,
welche den U nre gelmkssigkeite u der Hornhautober-
') Heim Prof. 8aemiscb fUr direkte Zuseadwu?
beaten Dank. Q.
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75
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
flftrhe an der 8telle der Blasenbildung folgend , wel-
lige Ehisenkungen zeigte. — In den beiden klinisch
beobachteten Fallen wurde ebenfalls constatirt, dass
die Blasenwand lediglich aus der Epithelschicht be-
gtand. Der eine Pat. hatte im Verlauf einer Ver-
b reaming durch Schiesspulver lOmal hintereinander
binnen mehreren Wochen auf derselben Stelle eine
mehr oder weniger prall gefllllte Blase bekommen,
welebe jedes Mai naeh einigen Tagen zu locker anf-
liegenden Epithelschichten eintrocknete. Aufftlliger
Weiae wurde gerade bei dem Eintreckneu liber
Sehmerzen geklagt. Der 2. Pat. bezog seine Krank-
heit anf eine Ditrchnftssnng. Der grOssere Theil
der Homhaut linkereeits war infiltrirt, und auf die-
sem Infiltrat bildeten rich binnen 2 — 3 Tagen wie-
derbolt grbssere und kleinere Abhebungen des Epi-
thels.
Hinrichtlich der (Jrtachen und des Wesens der
nach Durchschneidung des Trigeminus au/treten-
den Hornhautaffektivn behauptet Dr. Senftleben
(Vrrchow’8 Arch. LXV. 1. p. 69. 1875), dass die
ho gen. neuropandytische Horahautentzflndung unab-
hlngig von dem Einfluss trophischer Nervenfaaem
sei ; wahrscheinlich gebe ea im N. trigeminns ttber-
hanpt keine trophisclien Fasern. Nach seinen Ver-
snchen, welche einfach dadurch angeatellt warden,
dass nach Dnrchschneidung des Trigeminus In der
•SchidelhShle das Auge der Versuchsthiere mit einem
Drahtgitter llberdeckt wurde, kann weder die Ver-
dunstung , noch kfinnen leichte Traumen die Zeratfl-
mng derllornliaut bewirken, sondern lediglich grebe
wiederholte Traumen, welche die anksthetische Hom-
hant treffen, bewirken eine circmnscripte Nekrose.
fBei der nenroparalytischenHornhautentzttndnng des
Mensclien kann es rich doch nicht um grebe Tran-
men liandeln ?]. Diese circumscripte Nekrose wirkt
nach S. als Entzllndungsreiz , der eine aekund&re,
von der Peripherie fortschreitende Entztlndung her-
vorruft. Gegen Sinitzin bemerkt S e n f 1 1. , dass
die Extirpation des obern Sympathicns-Ganglion am
Halse keinerlei Einflnss auf den Verlauf der Horn-
iiantentztlndung habe.
Apoplexien der Cornea fand Prof. Schmidt-
Rimpler (Mon.-Bl. f. Augcnheilk. XIII. p. 317.
Sept. 1875) in einem Falle von Homhautgeschwflr mit
Irisvorfall, wogegeu Oftere Punktionen in Anwendung
gezogen waren. Bei bereits vorgeschrittener Heilnng
zeigte sich ein frischer Bluterguss in der Homhaut, wel-
cher aus kleinen pannflsen Gefkssen stammte. Bemer-
kenswerth war dabei, dass sich vor den GefAasen die
Homhautschicht in bedentender Ausdehnung abheben
liess. Die abgehobene Decke bestand aus unver-
sehrtem Epithel und der Bowman’schen Glasmem-
bran, die Geftsse verliefen unterhalb der letztern
anf der Substantia propria. (G e i s s I e r.)
554. Zur Casoistik der oentralen reoidi-
virenden Retinitis; von Dr. Alexander in
Aaehen. (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 35. 36.
1876 .)
Die Symptomengruppe der centralen recidiviren-
den Netzhautentzfindnng ist znerst von A. v. Graefe
(Jahrbb. CXXXIV. p. 321) aufgestellt worden.
Durch die Ofteren Recidive und die umschriebenen
8kotome ist diese Form von der gewdhnlichen Reti-
nitis syphilitica unterschieden , jene kommt lediglich
in der Macula lutea, diese in diffuser Weise liber die
Netzhaut lings der Geftsse sich ausbreitend vor. Vf.
theilt einige Krankengeschichten mit, welche be-
weisen, dass sie mit andem syphilitischen Stdrangen
am Auge combinirt vorkommen kann.
Im 1. Fall, der einen 23jfthr. Mann betraf,
traten beiderseits wiederholt Irisentzttndungen mit
Hypopyonbildung und starker Glaskijrpertrtlbung
auf, wfthrend nach Aufhellung der Tritbung nur
rechterseits die Maculagegend derNetzliaut grau ge-
ftrbt, linkereeits aber die ganze Netzhaut normal er-
scbien. Trotz wiederholter Inunktionskuren dauer-
ten die Nachschllbe ca. 2 Jahre. — Im 2. Fall cha-
rakterisirte sich die centraie Netzhauttrttbung sub-
jektiv durch Mikropsie und Verzerrtsehen mit nach-
folgender hochgradiger Herabsetzung des Sehver-
mflgens. Im Verlauf von 3 Jahren traten 7 Reci
dive der Krankheit auf ; unter entsprechender Be
handlimg gingen jedocli diese Erscheinungen jedes-
mal zurtlck. — Die 3. Kranke, eine 32j&hr. Frau,
litt an Hautsyphiliden und Geschwtlren im Rachen.
Ungefthr 6 Mon. nach der Infektion stellte sich zum
erstenmal das Netzhantleiden ein. An dem einen
Auge bestand ein sektorenfdrmiger Sehfelddefekt,
welciier alsbald bis in die Gegend der Macula lutea
hereinrdckte ; an dem andem war das Sehfeld in
toto getrflbt. Nach 4 Mon. tr&t ein Recidiv ein, and
1 Jahr darauf folgten 8 neue Recidfvc , wobei das
la agate Interval! 2 Monate betnig. Audi im nhch-
sten Jahre (1876) waren die Recidive nooh nicht
danernd beseitigt , wkhrend die tibrigen Zeichen der
Lues nicht wieder aufgetreten waren.
(Geissler.)
555. Ueber Amblyopia saturnine ; von
Joachim Breuer. (Inang. -Dissert. Bonn 1876. ')
Vf. stellt die bisher bekannt gemachten Beob-
achtungen, deren Zahl gegenftber der H&nfigkeit der
Bleiintoxikation ttberliaupt nur geringist, zusammen.
Ueber die Syraptome und den Verlauf bemerkt
Vf. Folgendes. Die Erblindung tritt meistens bin-
nen wenigen Stunden ein, und zwar kann diess ohne
sonstige Symptome der Bleivergiftung geschehen
oder die Sehstflrung macht sich wihrend der Kolik
und w&hrend des Vorhandenseins anderer Gehirner-
scheinungen bemerkbai’. H&ufig hOron dann nach
Eintritt der GesichtssWrung die andem Symptome
auf. Selten kommt es vor , dass rich das Gesicht
langs&m und allm&lig verdunkelt. Die Amblyopic
ist meistens hochgradig, ein Auge ist zuweilen frtther
ergriffen als das andere, auch sind ziemlich oft beide
<) Beaten Dank fur die Zusendung. Q.
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76
VI. Staatsarzneikunde.
Augen in verschiedenem Grade befallen. Die Iris
1st immer reaktionslos und die Pupille hochgradig,
zuweilen unregelmtlssig erweitert. 1st der Pat. nicht
ganz erblindet, so erscheinen ihm die Gegenstknde in
einen dicken Nebel gehttllt; partielle Sehfelddefekte
warden nur selten beobachtet. Je rascher die Seh-
stdrung eingetreten, desto eber ist aucb eine Heilung
binnen einigen Tagen zu erwarten. Bei langsamer
Entwicklung der Amblyopie ist die Prognose un-
gtinstig. — Als beste Methode der Behandlung bat
sich die Ortliche Blutentziebung (mittels des kttnst-
lielien Blntegels alle 8 Tage oder Ofter) und die
8ubcutane Injektion von Morpliium in die Scblkfen-
gegeud) erwiesen. [Aucb Jodkalium innerlich und
Injektionen von Strychnin sind mit Erfolg versucbt
worden. Zur Casuistik vgl. J&hrbb. XCiX. p. 217,
CXXXUI. p. 116, GXLIU. p. 67, CL. p. 321,
CLIII. p. 318, CL VIII. p. 161 und CLXI. p. 52.]
In dem vom Vf. beobachteten Fade, der einea
64Jahr. Arbeiter in einer Bleiscbmelze betraf , war naob
einem Kolikanfall das Sehvermo^en allmalig gesunken.
Die Papillen erechienen etwas bllsser. Unter der oben
angegebenen Behandlung war die Sehscharfe binnen
l‘/» Mon. beinahe vollstandig wiederbergestellt.
[Eine in den Charitd-Annalen (Bd. 1. p. 328) voa
Strieker mitgetheilte Beobachtung betrifft eine 89Jihr.
Arbeiterin in einer Luxuspapier/abriJc. Die Sehstbrung trst
allmalig nach einem heftigen Kolikanfall auf. Die Er-
blindungaanfalle wiederholten sich minutenlang bis tn
lOmal taglich , wobei Pat. nicht elnmal Finger erkennen
konnte. Der Augonspiegel wies Neuroretinitis nach ; is
der Papilla und dicht an ihrem Rande waren langliche,
weissgelbllche Plaques vorhanden. Die Ruckbildnng der-
selben erfolgte erst nach 8'/ t Mon., wonaeh anch die Ver-
donkelongen des Sehfelds ganz aufhSrten.] (Oelssler.)
VI. Staatsarzneikunde.
556. Weitore Beobaohtungen an verkohl-
ten Leiohen; von Prof. Eduard Hofmann in
Wien. (Wien. med. Wclinsclir. XXVI. 7 u. 8.
1876.)
H. hat an den verkohlten Leichen zweier Kinder
von 5 und 2 l / f Jahren, die bei einem Brande umge-
kommen waren, weitere Beobacbtungen zu geinen
frtiberen experimentellen Untersuchungen zu machen
Gelegenheit gehabt. [Vgl. Jahrbb. CLXX. p. 179.]
Bei beiden Lcichen waren vom Kopf nur die Schadel-
basis und einzelne Reste von Schadclknochen vorhanden.
Anf ersterer sass bei beiden eine knollig verkohlte Masse,
anf deren Durchschnitt man dentlich breiartige Himmasse
erkannte, die von der oberflachlich verkohlten Dura-mater
eingeschlossen war. Diese war bei beiden an mehreren
Stelien geborsten und ihre Schrumpfung weit vorgeschrit-
ten. Bei dem altern Kinde war die vordere untcre rechte
Brest- und Bauchwand durchgebrannt , Lunge und Leber
wie gekocht und oberflachlich verkohlt. Die untern Ex-
tremitaten waren bei beiden Kindern verkohlt , von den
obern waren bei dem altern nur Stumpfe vorhanden. In
beide.i Leichen waren Kehlkopf und Luftr5hre erhalten,
ihre Schleimhaut war blassrosenroth und das Lumen der
Trachea , so wie der grossen Bronchien mit einer Menge
feinblasigen weissen Schaumes ausgeffillt. Die Lnngen
selbst waren wie gekocht, verkleinert, starr, fahl, leber-
artig zu schneidcn und sehr wenig lufthaltig. Das wie ge-
kocht aussehende Hera war mit hellrothem, locker geron-
nenem, hlmbeergeleeartigem Blute gef&llt. Leber und
Mils erechienen wie gehartet , die Darmschlingen trocken
geschrumpft, braungelb.
Es zeigt sich also aucb liier die grosse Wider-
standsfkhigkeit der harten Himhaul mid den Ge-
hirnt gegen Verbrennungshitze. Beide waren hier
nicht regelmftssig geschrumpft, weil bei Kindern die
Schildelkap8el leicht zerstflrbar und das Him sehr
wasserreich ist, so dass unter dem Einflusse derHitze
die Berstung leichter zu Stande kommt. Die reicb-
liche Menge feinblasigen Schaumes in den Luft-
wegen l&sst sich einfach so erklkren, dass die Kinder
znerst in den Brandgasen erstickt und dann ver-
brannt sind ; jener Schaum kann aber aucb entstan-
den sein, indem in der gekochten, theilweise gebra-
tenen Lunge beim Schrumpfen nach dem Tode der
Schaum ausgepresst worden ist. Beim Kochen von
Lungen sieht man aus demselben Grunde eine Menge
Schaum aus den Bronchien hervorquelien. Es zeigte
sich aber auch hier die wichtige Thatsache, dass
lufthaltige Lungen durch die Hitze ihren Luftgehalt
theilweise, ja sogar g&nzlich verlieren kdnnen. Die
Lungen schwammen zw&r im Ganzen und auch in
Sttlcken , aber eiu leichtes Zusammendrilcken der-
selben genttgte , um sic untersinken zu lasaen , weil
nur der Schaum in den Bronchien sie ttber Wasser
hielt. Schon Tardieq hat in Fallen, in denen
Matter ihre ausgetragenen Kinder in Kochtdpfe ge-
steckt, gekocht oder auf andere Weise verbrannt
hatten , beobachtet , dass die Schwimmfahigkeit der
Luugen verloren gegangen war ; es lfisst sich dann
aus der Beschaffenheit der Lunge auf Lebend- oder
Todtgeboi'en-sein nicht schliessen. Indessen konnte
nach H. eine Flillung der Trachea and Bronchien
mit Schaum doch daftlr sprechen, dass die Lunge vor
der Einwirkung der Hitze lufthaltig gewesen. —
Die hellrothc Farbe des Blutes bei Verbrannteu ist
sebonvon Vielenbeobacbtet(Gflnsburg, Mflckel,
Tar d ieu , D egr anges , Hdlder). Diese Farbe
kann nur davon berrflbren , dass entweder das Blut
arteriell bescliaffen ist, sehr viel oxydirtes Hilmo-
globulin enth&It, oder davon, dass Kohlenoxyd dabei
im Spiele ist, das dem Blute die hellrothe Farbe
verleiht. Die erste Ansicht vertreten die oben ange-
ftlhrteu Beobachter. Durch das Einwirken der Hitze
gerinnt das Blut und steht der Kreislauf plotzlicli
still, so dass das Blut in den Arterien als arterielles
und ebenso das in den Veneu als vencJses gerinnt
und so in der Leiche gefunden wild. Fttr die Fftlle,
in denen das Individuum unmittelbar in die Feuer-
gluth gelangt , ist diese Ansicht nach Vf. zutreffend.
Chloroformirte , ruliig athmende Hunde , die er ins
Feuer warf, blieben sofort regungslos, Respiration
und Cirkulation hdrten sofort auf (W&rmestarre in
Muskeln, Hera und ZwerchfeU). Das Blut wird
plfttzlich zum Stocken gebrackt, daher in Leichen
Verbrannter auch geronnenes Blut in den Arterien.
Es fragt sich nur , wie es kommt , dass diese arte*
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VI. Staataarzneikunde.
77
rielle BlutbeechaiFenheit, resp. diese hellrothe Farbe,
Bich noch Iftngere Zeit erhAlt. Bei aodero plotz-
lichen Todesarten wird das Blut sehr bald dunkel,
weil die Gewebe, insbesondere die GefAsswandungen,
dem Blate auch noch nach dem Tode den Saueratoff
entziehen (Gwosdew, Kotelewsky, Falk,
E. Hoffmann, Alb. Schmidt). In den Leichen
rascii verbrannter Individuen verlieren die Gewebe
diese reducirende Kraft durch den in ihnen durch
die Hitzc sich einstellenden Gerinnungsprocess , was
auch durch den Versnch bestitigt wird. In andern
Fallen wirkt aber auch , wenn das Individuum vor
dem Verbrennungstode Ranch eingeathmet hat,
Kohleuoxydgas auf das Blut ein. In diesen Fallen
wird der Spectralapparat das Kohlenoxydhftmoglobin
im Blute nachweisen. Ebenso wird ein Rauchbe-
schlag in den tiefernTheilen derLuftwege fllr diesen
Vorgang sprechen. Vf. betont noch einmal, daas
die genane Untersuchung auch bei verkohlten Leichen
die Todeaart zuweilen erkennen lasse und dass ins-
besondere das Verhalten des Blutes im Herzen und
in den grossen Gef&esen fttr die Diagnose verwerthet
werden kann. (Baer.)
557. Die Beatimmung der Identitftt nach
au^gefundenen Knochen ; von Dr. L a 1 1 e m e n t
zu Nancy. (Rev. mdd. de 1’Est IV. 3. 5. p. 87.
152. 1875.)
Auf dem Kirchhofe in Nancy fand man in einer
Kiste menschliche Knochen verwahrt, von denen
der Wachter, der wegen Beraubung von Leichen in
Verdacht stand, aussagte, dass sie einer 1841 ver-
storbenen Ordensschwester angehftrten und 1870
ausgegraben worden seien. Vf. sollte nun beant-
worten : welchen Geschlechts, wie alt, wie gross
dieses Individuum zurZeit des Todes gewesen, wann
der Tod erfolgt sei , ob diese Knochen und wann sie
au8 der Erde gegraben, ob sie auf eine andere Weise
conservirt seien, ob sich irgend ein Umstand an den-
selben nachweisen lasse, der auf ein Verbrechen
oder eine Grabschandung liindeutc.
Die Knochen waren hellbraunlich gefirbt, sehr leicht,
echlank , die Wcichtheile vollstandig zerstfirt , nur an den
flatten Knochen lag eine dunne, leicht abkratzbare Schicht
einer bnnnllohen Masse. Am Scheitel fand Vf. 8pnren
▼on Leichenfett, auf dem rechten Darmbeine eine schlam-
mige Substanz , an elnzelnen Stellen Pilzmassen , ausser-
dem Spuren von Holzstucken und auch eiuigc Buschel
knner schwarzer Haare. Der Schadel war vollstandig
erkalten, der Unterkiefer getrennt, die Nahte waren fest.
Die Schneide- und Eckzahne fehlten an beiden Kiefern,
ebenso einzelne Backenzahne. Von einem Schadelinhalte
war nichts vorhanden. Von der Wirbelsaule fehlten
einzelne Halswirbel und das Os coccygis. Die sammtllch
vorbandenen Beckenknochen zeigten an ihren Dimensio-
nea den dentlichen Charakter des weiblichen Geschlechts.
Von den kleinen Knochen an Hand und Fuss fehlten ein-
zelne , ebenso 2 Rippen. Das Brustbeiu war in 2 Stflcke
getfcelit. Auf der vordern Flache des Corpus sterni lag
eine braunschwfirzliche , leicht abziehbare Masse , ebenso
auf einselnen andern Knochen und in derselben war ein
Schnorstuckchen aus elastischem Gewebe an einer Stelle
eingebettet , an dem noch dentlich ein kleiner Knoten zu
erkennen war. Diese Schnnr hatte h&chst wahnehein-
llch eta Medallion Oder dergl. getragen.
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Ans den nnr massigen Dimensionen der vorgefun-
denen Knochen , ans ibrem gracilen Bau , den schwachen
Voraprfingen , den wenig otfenen Winkeln des Schenkel-
balses, der Conformation des Beckens Hess sich fest-
stellen , dass dieses Skelett einem weiblichen Individuum
angehorte , und aus der Lange der Extremitatenknochen
annahemd die Grdsse auf 1.50 Mtr., also auf Mittelgrosse
bestimmen. Da die Knochen vollkommen entwickelt
waren , jede Spar einer Epiphyse fehlte , die Nahte zum
gross t(*n Theil vollstandig verwachsen, die Zahnkronen
scbon ein wenig abgenutzt waren , kann man annebmen,
dass das betr. Individuum schon im reifern Alter an-
gelangt war. Da aber die Articul. sacro-coccygea nicht
verwachsen war, dio beiden Stucke des Sternum von
einander zu trennen waren, nirgends eine Atrophia senilis
bestand, die Haare nicht grau erschienen , lasst sich das
Alter auf 60 — 66 J. schatzen. Da ferncr die Knochen,
sowie die an ihnen kiebende Erde sehr trocken waren,
kdnnen sie lange in der Kiste gelegen haben; die Be-
schaffenheit der erdigen Masse , die ihnen zum Theil aa-
haftete , und die Entwicklung der Pilze sprechen indessen
dafur, dass sie aus der Erde heraus geholt sind. Beruok-
sichtigt man noch die feuchte Beachaffenhelt des Kirch-
hofes , die die Verwesung sehr verlangsamt , so kann man
16 — 30 J. als die Zeit annehmen , wahrend welcher die
Knochen in der Erde gelegen haben. (Baer.)
558. Uebertragung von Krankbeiten durch
Kleidungsstfioke, Betten, Lumpen.
Prof. H. E. Richter weist in seinem Aufsatze
die Tr idler- Magazine ale Giftherde (AerztI. Ver-
einsbl. f. Deutschl. II. p. 26. [Nr. 46.] Febr. 1876)
darauf hin , dass man in den meisten deutschen
StAdten hinHichtlich der Aufbewahrung alter ge-
brauchter Kleidungsstttcke , Betten und Lumpen in-
mitten von bevblkerten Ortschaften, einzelnen Stadt-
theilen und Gassen mit grOsstem Leichtsinne , ja un-
verantwortlicher Gleichgiltigkeit u. Stumpfsinnigkeit
zu verfahren pflege. Man sieht dort in den Auf-
bewahmngsorten (Trddler- Magazine) Unmassen
von solchen GegenstAnden (Kleider, PolstermObel,
Betten, Pelzwerk u. s. w.) aufgehftuft, deren gift-
fangende Eigenschaft unzweifelhaft ist. Dieselben
Raume sind zudem in der Regel licht- und luftarm
und feucht , drei Momente , welche die Giftigkeit der
hier in Rede kommenden Infektionsstoffe (mag man
sie for Pilze lialten oder nicht) ^rfahrungsmAssig nur
steigern kdnnen, wogegen frische Luft, Wind, Sonnen-
scliein und Trockenheit bekanntlich diese GifttrAger
am sichersten und raschesten zerstdren.
Dieser Uebelstand istkeineswegs unbemerkt oder
ungerflgt geblieben. Schon Wild berg hat im
1. Bande seiner Jahrb. f. d. ges. Staatsarzneik.
darfiber einen noch heute beherzigenswerthen Ar-
tikel geschrieben. Er geht aus von dem, vor-
zngsweise wichtigen Falle der Fortpflanzung der
Lungenschwindsucht durch den Gebranch von Bet-
ten nnd Kleidern phthisischer Patienten. Er ci-
tirt die in Frankreich, Italien, Spanien, Portu-
gal u. s. w. gesetzlich sanktionirte Sitte, dass die
Kleider, WSsche und Betten der an Schwindsucht
Gestorbenen verbrannt werden. Er will die Aerzte
und WundArzte verpflichtet wissen , dass sie die An-
gehdrigen w&men, solche Kleider nicht zugebrauchen
oder zu verechenken , und dass sie der Polizei von
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78
VI. Sta&tsarzneikunde.
dergleichen Todesftllen rechtzeitig Anzeige raachen.
Gleiche Vorsichtsmaassregeln sollen den Gastwirthen,
Herbergsvktern, Leichenbeschauem, Leichenweibem
u. s. w. cingeschftrft werden. Premden Trfldlern
Boll nicht gestattet werden, alte Kleider n. Betten etc.
zu verkaufen, und dem Publikum soil verboten wer-
den, von unbekannten Personen solche Gegenst&nde
zn kanfen. — Am Schlusse giebt jedoch W i I d b e r g
selbst zn: „dass solche Verordnungen sehr bald
umgangen und vergessen werden und dass Zu-
xoiderhundlungen dagegen unbsstraft bleiben" .
Nach Wildberg hat besonders Dr. Emil
Bech in Pima (Mag. f. d. St.-A.-K. II. p. 1 — 21.
1844) iiber die Verbreitung ansteckender Krank-
lieiten, besonders der Schwindsuclit , durch den
Wiedergebrauch von alten Kleidungsstflcken und
andern Mobilien, sowie tlber die deshalb zu ergreifen-
den Maassregeln sich verbreitet. Er sagt: wir sehen
tUglich , dass Viele in den Auktionen and bei den
Trttdlem alte Sachen aufkaufen und weiter brauchen.
Sogar BehOrden n. Krankenhausverwaltungen gehen
mit den Kleidern und Betten der Schwindstichtigen
u. a. Kr. noch seln f unvorsichtig um. Oft wissen es
nicht einmal die Angehdrigen, dass eine Ansteckungs-
gefahr vorhanden ist! Man verschenkt die unheil-
volle Hinterlassenschaft an Dienstboten, arme Leute,
Leichenfrauen ; man verkauft sie an TrOdler und
Handelsjuden ; man mftblirt Gast- und Herbergs-
likuser damit. Becb ftthrt eine ziemliche Anzahl
von Fallen an, zum Tbeil aus eigener Erfahrung,
in denen auf diese Weise die Schwindsucht verbreitet
wurde, und schlftgt folgende Gegenmaassregeln vor.
Die Personen, welcbe alte Sachen aufkaufen und
weiter verkanfeu , sind mit Ernst und Nachdruck auf
die raflglichen schftdlichen Folgen aufmerksam zu
machen. Oft kdnne freilicb der Trddler selbst der
Betrogenc sein und nicht wissen , woher die Sachen
stammen. Hftufig werden aber auch von den Tr6d-
lern die erkauften Sachen [trotz bekannter Abstam-
mung] ohne vorlftufige Reinigung in feuchten, dumpfi-
gen u. engen Kammcm aufbewalirt. Unter solchen Um-
stinden kdnne ein an denselben liaftendesContagium
noch nach Jahren in Wirksamkeit treten. A1 b noth-
wendige Schutzmaassregeln bezeiclinet B. : Reini-
gungsanstalten ; dffentliche V r erwaraungen ; scharfe
Aufsicht der Polizei anf die nach Todesftllen hinter-
lassenen Effckten (nach Befinden Vernichten oder
Reinigen derselben) und Verbot des Verschenkens
oder Verauktionirens derselben.
Sehr bestimmt bat sich in neuester Zeit tlber
diesen GegenBtand die Choi era- Commission des
Dentschen Reichs ansgesprochen (Untersucliungs-
plan etc. 3. Aufl. 4. S. 12) : „Die grttsste Anfmerk-
samkeit verdlenen W&sche, Kleidungsstiicke, Bet-
ten , Stroh , Lumpen u. s. w., insofern diese Stoffe
von einem an Cholera erkrankten Individuum oder
tlberhaupt sub Infektionsherden stammend , Trdger
des Krankheitsgiftes sein kdnnen und erwiesener-
maassen ausserordentlich hdufig gewesensind.
Die Commission ist von der Ueberzeugung dnreh-
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drungen , dass diesa eins der ergiebigsten Felder ftlr
die grtlndliche Erforschtntg der Wege der Krank-
heitsverbreitung ist etc. A priori und aus Analogie
auf die betreffenden Erfahrungen bezOglich anderer
Infektionskrankheiten zu schliessen , ist die Vermn-
thung nahe gelegt , dass einige der hier in Betracht
kommenden Stoffe mehr als andere geneigt sind, das
anfgenommene Krankheitsgift festzulialten , zu con-
serviren, vielleicht auch zur Reproduktion desselben
beizutragen etc“.
Die Ftllle , wo Seuchen durch Lumpen , Kleider,
Betten u. s. w. verschleppt und ausgebreitet war-
den, sind (wie die Cholera-Commission bemerkt) gar
nicht selten und dtlrften sich besonders in den Akten
der Quar&ntflneanstalten finden. Zu den aufftllig-
sten gehbren folgende. Nachdem die Bubonenpest
in Aegypten und Nordafrika sebon jahrelang nicht
wieder erachienen war, brach sie plOtzlich in Bengasi
aus, nachdem man dort unvorsichtiger Weise eine
Kiste mit alten Lumpen geCffbet und ausgepackt
hatte. — Der gleiche Fall wurde ein Paar Jahre
sptkter aus Mesopotamien berichtet. — An der sftch-
sischen Grenze ist es einige Mai vorgekommen, dass
aus dem benachbarten Bdhmen Krankheiten, ins-
besondere Cholera und Pocken , durch alte Kleider
eingeschleppt worden sind. — In Nordamerika sind
neuerdings wiederholt Fftlle notirt worden , wo die
Menschenpocken durch Lumpen eingeschleppt wor-
den sind.
Es sind daher auch in mehreren Staaten (beson-
ders in denen , welche durch ihren Handelsverkehr
hkufiger von derartigen Einschleppungen lieimgesucht
worden sind , schon seit Iftngeren Zeiten gesetzliche
Maassregeln gegen diesen gesundheitsgefthrlichen
Handel eingefflhrt. Besonders ist diess der Fall in
Frankreich , wo die Lumpenmagazine seit 1866 zu
den etdblissements dangereux, insalubre.s et incom-
modes clcwse 111., gerechnet werden nnd deshalb
einer polizeiliclien Concession bedflrfen , welche erst
nach Anhdrong des Gesundheiteratlies ertlieilt wer-
den darf. Dieses Gesetz besteht noch in Elsass-
Lothringen, und die von Dr. Wasserfuhr heraus-
gegebenen Verhandlnngen der KreisgesnndheitsrSthe
im Unter-Elsass (Strassburg bei Schultz 1875. 8.
8. 14. 22. 37) enthalten mebrere Falle , wo solchc
Concessionen nachgesucht und unter Bedingungen
ertheilt wurden. (Die Lumpen sollen in gewblbten
Kellem oder unter einem Kamin anfbewahrt werden.)
Im Qbrigen Deutschland ist nur das vom Gewerbe-
gesetz ausgesprochene Verbot dqs Verkaufs im Hertun-
ziehen gegen den Lumpen- und Kleiderhindel an-
wendbar. — Die nene Gewerbeordnung fhr Oester-
reich enth< einen Paragraphen (16), welclier den
Handel mit gebrauchten Kleidern , Betten , Wasche
u. s. w. betrifft und von den fcterreichischen ant-
lichen Organen gelobt wird.
Die grossh. badische Verordnung (die Slchernng
der fiffeutlicben Gesundheitspflege und der Reinlich-
keit betr., vom 27. Juni 1874) besagt in dieser Be-
ziehung : „§ 4. Mur mit Genehmigung des Betirks-
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VI. Steateanneikiiude.
79
ntfhes dtrfen ungerelnigte Knooben, roher Talg, un-
gegerbte Haute und andere doroh ihre Ausdttnstung
die allgemeine Gesundheit gef&hrdeude Gegenstinde
innerhalb der Ortschaften gelagert oder Magazine
zur Aufbewahrung soldier Stoffe errichtet werden".
Der Enlwurf det k. preues. Regulative , betr.
die Seucheugesetzgebung, ordnet das Desinfektkms-
verfabren nach dem Tode oder der Translokation
des Kr. (§ 11) in folgender Weise: „§ 65. Federn
und Pferdehaare a us den Bettstttcken mtlsaen heraus-
genommen und ausgebreitet 3 T. der freien Luft
ausgesetzt oder -wo mfiglich gekesselt werden, Stren,
Hen , Seegras u. dergl. aus den Betten etc. mttssen
verbrannt , Bettwische and Wolldecken aofort ge-
waachen werden. Deagl. die Wische a. Kleidungs-
stflcke dee Patienten".
Aile diese Verordnungen leiden jedoch an dem
Grundgebrecben , dans sie leicht umgangen werden
kfinnen und die Bildung von Krankheitsherden inner-
lialb der St&dte nicht verhUten. Wo sein Eigennutz
in’s Spiel kommt, da kennt der gewfihnlicbe Mensch
schlechterdinga keine Rttcksichten auf das Wohl und
Webe seiner Mitmenschen ! Um ein Paar Groschen
zu verdienen, setzt er die Gesundheit und das Leben
von Tauaenden auf das Spiel. Hierauf muss die
Gesetzgebung der Offentlichen Gesundheitspflege vor-
zugsweise Rtlcksicht nebmen. Sie moss es den Leu-
ten unmdglich machen , durcb Hintertbttren , Schleif-
wege , BegUnstigungen und Bestechungen den zum
Schutz der Bevfilkerung eingeflllirten Maassregeln
irgendwie zu entscbldpfen. Demnach 1st es ffir die
hier zu erorternde Angelegenbeit nfithig , dass man
alle im Bisberigen genannten Maassregeln als un-
genflgende uud halbe ver Lasse und ein festes Prinoip
aufistelle, welches etwa so zu lauten hittte :
,,Die Magazinirungen von alien gebraucUten
Kleidem, Betten, Polstermdbeln und Lumpen im
Innern vol/crtirJier Stadle und Straaeen eind als
Brulstdtten ansteckender KranUieiten , ala Peet-
ItdJtlen zu betrachten
Daraus wttrde sich dann folgerichtig ergeben,
dass diese Gegenstbnde ausserhalb der Stildte und
Strassen , in freien , dem Luftzuge und dem Sonnen-
scbein offenen RiumLichkeiten aufzubewahren und
dorthin ohne Anfenthalt t&glicli zu transportiren sind.
Dort kfinnen sie dann von der Polizei besichtigt und
wegen ilirer Weiterbenutzung oder Vernichtung die
nfithigen Maassregeln getroffen werden.
Man hflrt und liest jetzt fitter, dass gewisse
rontaguls-infektioee Volkskrankheiten in manc/ieu
Stddlen jetzt e nde mine A geworden eeien. Wenn
dieae Worte einen vemUnftigen, naturwissenachaft-
lich denkbaren Sinn haben sollen, so kann es nnr
der sein, dass die Krankheitskeinie (mag nun sie als
Pilzsporeu, Keiinkfirperchen oder sonstwic auffasseu)
in (km betreffenden S tad ten bier, da und dort (etwa
in Kleiderapinden , Koffem^, Schrinken, Betten,
Matratzen, Magazinen u. s. w.) verborgen liegenund
von da aus, bei sich darbieteuder Gclegenheit, wieder
auf lebeude Menscbeu Ubergehen kfinneu, wie wir
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diese in baadgreidiober Weise bei den Kriltsmilben,
Lftnsen, Wanzen und anderem Ungeziefer auch sehen
und bei gewissen ansteckenden Pilzforuien (z. B.
dem Acborion des Koplgrindes, der Bartflechte, dem
Chloasma) ebenfalls deutlich vor Angen haben.
Prof. R. spvicht schlUsslich die Ueberzeugung
aus , dass die strenge Ausftihrung solcher gegen die
Lumpenin/ektiou gerichteter Maassi'egelu den Ge-
sundheitszustand der Stildte wirkaamer u. nachhaltiger
verbessern wtlrde, als viele jetzt init so viel Gerilnsch
und mit so bedeutenden Geldopfern in’s Werk ge-
setzte Maassregeln zur Verbesserung der st&dtischen
SaniUtsverhbltnisse.
Unter den neuern hierher gehfirigen Mittheilungen
ist namentlicli bemerkeuswertli eine Beobachtuug von
Dr. F. B. A. L e w i s zu Watertown N. Y. (Boston med.
and surg. Joum. XC1I. 22. p. 647. June 3. 1875)
Uber die Verbreitung von Pocken durcb zur Papier-
fabrikation bestimmte Lumpen.
L. bekam einige junge Arbeiterinnen in einer
PapiermUble zur Behandlung, welcbe von den Pocken
befallen wurden und von denen 3 starben. Auf
diese FfiUe folgten mebrfache Pocken-Erkrankungen
bei Personen , welche mit den Ersterkrankten die-
selben Ha user bewohnten, namentlicli wurden Kinder
ergriffen.
Der Infektionsstoff war aller Wahrscheinlichkeit
nach durch aus Kalifornien bezogene Lumpenballen
eingefflbrt worden; zehn dieser Ballen trafen am
28. Jan., die andern am 5. Febr. ein. Die Lumpen
wurden in einem grossen. Zimmer von 21 Mftdchen
Bortirt, von welcheu 7 am 1. Tage erkrankten. Nach
der Angabe des Aufsebers dieses Saales waren die
Lumpen feucht, batten einen besonders widerlichen
Geruch und es befanden sich unter denselben viele
Verbandstficke , UmschlAge und gauze Unterkleider,
welcbe befleckt waren, als ob sie von Kranken her-
rttbrten.
Dr. Lewis erw&hnt, dass das Schiff, welches
diese Lumpen einflihrte, in New York keiner Quaran-
tine unterworfen worden war, und dass die be-
treffenden Ballen mit vielen andern ankamen, welche
an andere Papiermfihlen des Landes abgingen nnd
dort verarbeitet wurden , ohne dass Klagen einge-
laufen waren. Einige der Arbeiter, welche die
Lumpen thatsilchlicb mit den Hfinden bertthren muss-
ten, waren nicht erkrankt, wihrend andere, am ent-
gegengesetzten Ende des Saales mit anderem Material
beschaftigte von der Krankheit ergriffen wurden , ja
sogar zwei oder drei , die in ganz andern Abtheilun-
gen der Mtthle beschUftigt waren , und nur in irgend
einem Auftrage den Saal betr&ten , erkrankten eben-
falls. Im Ganzen kamen 40 Erkrankungen vor,
welche auf den fragl. Infektionsherd bezogen werden
mn8sten ; 14 dieser Kr. starben, und zwar nament-
lich die zuerst Ergriffenen.
Nach einer Mittheilung in der von Prof. Reclam
herausgegebenen Zeitschrift „die Gesundheit" (1. 4 ;
Dec. 1875) kamen auch in England mebrere
solche FftUe zur Beobachtung. So iu Hereford durch
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80
VI. StaatMumeikunde.
ein Bflndel alter KleidungsatUcke , die an einen
TrOdler verkanft worden waren.
Eine weitere einschlagende Beobachtung ver-
dffentlichten DDr. Robinson nnd Hutchins. Zu
Anfang dea Mai 1875 zeigten aich in einem Haase
zu Canterbury PockenfUle. Zuerst erkrankte ein
Mftdchen, welches in einem Lampenmagazin in Arbeit
stand. Der Umstand wurde anfangs verheimlicht,
und erst, als noch zwei andere, in demselben Maga-
zin besch&ftigte Arbeiterinnen gleidizeitig von den
Pocken befallen wurden, gelangte Ausbruch und
Quelle der Krankheit zur Kenntniss der Sanitftts-
behdrde. Sp&terhin wurden noch 14 F&lle (mit
3 Todesf&llen) iu Canterbury und 6 in einem Land-
bezirke der Grafschaft Kent ermittelt, deren Ur-
sprung aus dem erw&hnten Magazine uachgewiesen
werden konnte.
Ueber eine einachlagende Abhandlung von Dr.
Schlemmer (Mittheil. d. Ver. d. Aerzte in Nieder-
Osterr. II. 7. 1876) werden wir in einem der nftch-
sten Hefte berichten , da neuerdings eine dieselbe er-
ginzende Arbeit von Jos. Reitbdck (a. a. 0.
Nr. 11) erschienen iat , welche eingehende Berilck-
sichtignng verdient. Jedenfalls aber ergiebt sich
aus den oben mitgetheiltcn Thatsachen die Berech-
tigung des von dem verew. H. E. Richter bei der
Plenarversammlung des k. s. Landes-Med. -Collegium
25. Nov. 1875) gestellten Antrages auf Erlassung
einer gesetzlichen Bestimmung, durch welche die
Anfbewahrung (Magazinirung) von gebrauchten Klei-
dem , Betten , Lumpen im Innern bewohnter Ort-
schaften gknzlich untersagt, vielmehr ihre sofortige
Aufbewahrung in geltlfteton , trockenen R¨ich-
keiten ausserhalb bewohnter Ortschaften angeordnet
werde. Hoffen wir, dass die Ermittelungen, welche
nach der Erklflrung des Presidium des Landes-Med. -
Colleginm im Gange sind , zur KlArung dieser wich-
tigen Frage recht viel beitragen mdgen.
(Winter.)
559. Ueber die Unaohfidliohkeit von Farbe-
misohungen mit reinem Fuchsin ; von G. Ber-
geron n. J. Clouet. (Annal. d’Hyg. 2. S£r.
XLVI. p. 181. [Nr. 94.] Juill. 1876.)
In einer von dem Polizeiprftfekt zu Paris er-
lassenen Verfllgung werden die zur Fftrbung von
Nahnmgsmitteln gestatteten und verbotenen Sub-
stanzen namentlich aufgez&hlt. Da die Anilinfarben
in dieser Liste nicht erwfthnt werden , so sind sie
weder gesetzlich gestattet noch verboten, offenbar
weil die zu ihrer Bereitung verwendeten Quecksilber-
und Arsenpr¶te je nach der auf die Darstellung
verwendeten Sorgfalt in grbsserer oder geringerer
Menge denselben beigemengt bleiben kbnnen. Hier-
gegen machen jedoch Vff. geltend, dass zur Be-
reitung des Fuchsin (Chlorhydrat des Rosanilin) in
der neuem Zeit Verfahren *) angegeben worden sind,
welche die Verwendung von giftigen Substanzen aus-
') Veiyl. J. Bergeron: Kecneil de trav. duComltd
consultatif d'hyg. pnbl. de France T. HI. p. 370. 1874.
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schliessen, oder die vollst&ndige Entfemung der-
selben, wenn sic angewendet wurden, gestatten.
Da nun die Ansichten fiber die physiologischen Wir-
kungen des Fuchsin bekanntlich noeh so weit aus-
einander gehen , dass dasselbe von Manchen als eine
sehr gefkhrliche Substanz betrachtet wird, wkhrend sie
Andere ftlr nnscliildlich , ja sogar ftlr therapeutisch
verwendbar halten 8 ), haben Vff. an Menschen und
Thieren mit Fuclisin VerSuche mngestellt, dessen voll-
stftndige Reinheit zuvor durch sorgftlltige chemische
Prllfung genau festgestellt worden war. Dieselben
ergaben , dass der Mensch t&glich bis zu 1 Gram.
Fuclisin ohne irgend welchen Nachtheil einnehmen
kann; nachdem binnen 8T. 3.20 Grmm. genommen
worden waren , zeigte sich durohaus keine nachthei-
lige Wirkung. Zwanzig Gramm dem Futter eines
Hundes beigemengt, riefen keine bemerkenswerthe
Stdrung des Befindens des Thieres hervor, eben so
wenig 63 Grmm., welche auf dieselbe Weiae dem-
selben binnen 8 T. beigebracht worden waren.
Vff. ziehen daher aus ihren Versuchen folgende
Schlflsae:
1) Das von alien fremden Stoffen, namentlich
von Arsenik, sorgfkltig befreite Fuchsin ist, selbst iu
grttssern Gaben , eine vollst&ndig unschidliche Sub-
stanz.
2) Ein solches Fuchsin kann ebenso unbedenk-
lich zur F&rbung von Nahrungs- und Genussmitteln
verwendet werden alB die Cochenille, die Orseille
nnd der Indigo.
3) Es ist daher nicht die Verwendung dee sorg-
faltig rein dargestellten Fuchsin gesetzlich zu ver-
bieten , sondem die Darstellung desselben zu flber-
wachen, damit bei derseiben nicht Arsenverbindnngen
verwendet werden, daes unbestreitbar ist, dass durch
ein solches Prkparat schwere Zofklle hervorgerufen
werden kOnnen.
A(rm.) G(autier), einer der Herausgeber der
Annales d’Hyg., macht indessen — bei aller An-
erkennung des Verdienstes , welches sich Vf. durch
den Nachweis der Unsch&dlichkeit des vollstttndig
reinen Fuchsin erworben haben — in einer Nach-
schrift mit vollem Rechte darauf aufmerksam , dass
die Verwendung der fragl. Substanz, selbst in voller
Reinheit , zur Fftrbung des Weines [sowie auch zur
Darstellung von sogen. „Himbeersa/t“] stets als ein
wirklicher Betrug zu betrachten sei. (W i n t e r.)
*) Als Beleg hierffir erwahnen wir, dass Dr. J. Felt*
(Presse m6d. XXVIII. 37. p. 293. 1876) ein sehr reines
Fuchsin mit sehr gunstigem Erfolge bei einer 58 J. alten
Frau angewendet hat, welche seit 2 Mon. an ansgebrei-
tetem Oedem , namentlich der nntern Extremitaten [die
Ursache derseiben ist nicht angegeben], litt. DerHydrop*
wnrde zwar geringer , der Urin blieb aber stark eiweiBs-
haltig. F. verordnete 6 Ctgrmm. Fuchsin in Wa*»e r -
Nach 2 8td. wnrde der Urin klari-r, am nachsten Morgen
zeigte er nur noch Spuren von Eiweiss , das nach dnlgen
Tagen ganx verschwnnden war. Wle oft die Oabe des
Fuchsin wiederholt worden ist, hat Vf. leider nicht an-
gegeben, er bemerkt nur, dass die Kr. das Praparat gw*
gut vertragen habe [obschon dasselbe trotz der angeb-
lichen Reinheit noch >/ IM Arsenik enthielt !].
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Theile, daa Lynphgeflanyitem.
81
B. Origmalabhandlnngen
and
Uebersichten.
X. Beitrage zur Anatomie, Physiologie und Pathologie des
Lymphgefasssystems.
Yon
Prof. Dr. F. W. Theile zn Weimar.
I. A natomisc hes.
Ueber die Lymphgefdm der Haul hat der Wie-
ner Docent Dr. IsidorNeumann sehr grttndliche
Untereuchungen verflffentlicht*). N. stellte seine
PrSparnte in etwas modificirter Weise nach dem von
Hyrtl, von Teichmann getlbten Verfahren her.
Wenn an den Hautstflcken die Epidermis durch Ma-
ceration in mit Alkohol und Essigsflure verse tztem
Wasser sich abgelOst hatte und auch das tlbrige Ge-
webe der Haut macerirt war, wurde mittels einer
fein zugespitzten Staarnadel ein */s — 1 Linie tiefer
Einstich gemacht, ein feiner Tubulus eingesetzt und
mittels einer feinen Messingspritze Injektionsmasse
(carminsaures Ammoniak mit Glycerin, oder kohlens.
Blei mit Glycerin verrieben) eingetrieben. Durch
jene vorgflngige Maceration mindert aich die Elasti-
cit&t des die Lymphgefhsse umgebenden Gewebes,
die sonst zur Retraktion des durch den Einstich ge-
troffenen Gewebes Veranlassung giebt und dadurch
die geSffneten Gefhsse wieder verschliesst. An den
Handtellern u. Fusssohlen , ebenso am Scrotum Bind
mdglichst seichte Stiche in dieFurchen zwischen den
Papillen zu machen ; an den Labia majora und an
der Kopfhaut kflnnen die Stiche etwas tiefer aus-
fallen. — Die Untersuchung wird flbrigens wesent-
lich dadurch erlcichtert, wenn vorher die Blutgeffcsse
mit einer anders geftrbten Masse injicirt wurden.
Die Haut von Neugebornen eignet sich am besten
zur Untersuchung der Lymphgefisse, besonders vom
Scrotum, von den Labia majora, vom Perinftum, von
der Vorhaut, der Eichel , sowie flber dem Malleolus
internus. Die Kopfhaut und die Haut der SchlAfen-
gegend lassen sich im Ganzen auch noch leicht in-
jiciren.
Die Lymphgefasse der Haut bilden nach diesen
Untereuchungen ein geschlossenes Rflhrensystem,
ohne Stomata und ohne offene Commnnikation mit
sogenannten Saftkan&len oder mit andern Interstitien
des Cutisgewebes. An den gleichen Hautstflcken
*) Zur Kenntniss der Lymphgefasse der Haut des
Menschen und der S&ugethiere. Mit 8 chromolithogr. Taf.
Wien 1873. Wilh. BrsumflUer. gr. 8. 31 9.
Med. Jahrbb. Bd. 173. Hft. 1.
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verschiedener Indhridnen zeigt dieses Rflhrensystem
eine typische Form. Die Lymphrflhren haben selbst-
sttadige Wandungen, deren InnenfUche mit Platten-
epithel versehen ist. Klappen kommen in den oapil-
laren LymphgefiLssen der Haut nicht vor, und ebenso
ermangeln sie einer Muskelschicht.
Die capillarcn Lymphgeftsse bleiben flberall ent-
fernter von der Oberflkche der Cutis als die capil-
laren Blutgefhsse. Im tiefem Cutisgewebe durcb-
kreuzen sich die beiderlei Gefisse, nirgends aber
zeigt sich in einem Lymphgefkssrohre ein einge-
schlossenes Gef&ss oder eine Invagination.
Die Lymphgefasse bilden in der Haut des Scro-
tum, der grossen Schamlippen, der Hohlhand und
der Fusssohle eine oberflflchliche und eine tiefe
Schicht ; die Rflhren der oberfliichlichen Schicht sind
dflnner und bilden ein engmascbiges Netz, die Rflh-
ren der tiefen Schicht sind dicker und zu einem wei-
tern Netz vereinigt. An den meisten flbrigen Haut-
partien ist der obere Theil der Cutis reicher mit
LymphgefiLssen ausgestattet. Die grflssem Lymph-
gefksse besitzen viele blind endigende Auslftufer.
Die Haut am Scrotum , an den Schamlippen, is
der Hand- und Fusssohle ist am reichsten mit Lymph -
gef&ssen ausgestattet.
In den Hautpapillen sind die Lymphgef&sse im
phyaiologischen Zustande sowohl wie bei pathologi-
schen VerUnderungen nachweisbar ; besonders deut-
lich an den Fingem und Zehen Neugebomer. Die
Papillen haben ein einfaches Lymphgefass, hftufiger
jedoch einen Lympbgefhssbogen , der bis zur Mitte
der Papille oder selbst noch hdher ansteigt.
Die Haarfollikel, die Talgdrflsen , die Schweiaa-
drttsen, die Fettlttppchen sind von Lymphge&ascapil -
laren umgeben; niemals indessen gelang es, zwi-
schen die einzelnen Fettzellen oder zwisohen die
Knfluelg&nge der Schweissdrtlsen Lymphgeftee zn
verfolgen.
An pathologisch verinderten Hautstflcken ist bis-
weilen eine Erweiterung der LymphgefiUse nach-
weisbar. Bei ulcerOsen Processen gehen auch die
LymphgefiUse vertoren; dieselben regeneriren Mefa
11
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Theile, das Lyraphgef&aasyrtem.
82
aber wieder. Man trifft sie auch im Narbengewebe,
wiewohl Tareficirt.
In einer Hunter 'schen Induration wares in
dem Granulationsgewebe, in welchem das normale
Cutisgewebe zum Theil schon zu Gnmde gegangen
war, die LymphgefUsse als dickc machtige Verzwei-
gnngen in die vergrdsserten Papillen hinanf zu ver-
folgen, Bowie abwfirts bis zu den Schweiasdrtlsen.
In ganz anderer Weise ist der Ursprung der
Lymphgefasae, znmai in der Haut, in 3 Vorlesungen
Prof. Sappey’s (Gaz. des Hop. 151. 1874; 5.
13. 1875 u. L’Union 154—156. 1874) dargestellt
worden.
Mascagni machte Leiminjektionen in die Ar-
terien ; die transsudirende Leimmasse, welche weiter
und weiter in den Geweben fortschreitet , erreichte
aueb die LymphgefUsse, und die hierdurch zur An-
schaunng gelangten GefUsse konnten zu Quecksilber-
injektionen benutzt werden. Panizza, Fohmann
und Andere haben die Einstichsinjektionen benutzt,
wobei sich das Quecksilber in netzformigen Rfiuinen
in den Geweben ausbreitet und auch in die aus die-
sen Netzen hervorgehenden LymphgefUsse sich ver-
breitet. Die durch v. Recklinghausen ein-
geftthrte Veraiberungsmethode dient dazu, das Endo-
thel der LymphgefUsse und damit diese selbst sicht-
bar zu machen. Durch keine dieser 3 Methoden
sind jedoch zuverlUssige Aufschlilsse flber den Ur-
sprung der LymphgefUsse erzielt worden. S a p p e y
hat sich deshalb nach einer andemMethode umsehen
mllssen. Wenn bei den genannten Metlioden das Erken-
nen derGefUsswand das erstrcbte Ziel war, so suchte
er vielmehr im LymphgefUssinlialte das Kriterium
der vorhandenen LymphgefUsse: durch Injektion
wird der Lymphe eine FUrbung ertheilt, die vom
Strohgelben bis zum Dunkelschwarzen gehen kann,
so dass dann an SchnittprUparaten dcr Haut oder
der Schleimhaut die LymphgefUsse von alien andem
Gewebstheilen verschieden sich daratellen und bis
zum Ursprunge verfolgt werden kbnnen.
Diese Methode (die freilich nicht nfiher ange-
geben wird) lehrt nun, dass ein aus feinsten Capilla-
ren und Lacunen bestehendes Netz (Reseau des ca-
pillicules et des lacunes) die ersten AnfUnge des
Lymphsystems bildet. Die feinsten Capillaren die-
ses Netzes messen nur 2 Mikro - Mmtr. , sind also
3mal kleiner als rothe BlutkOrperchen ; sie enthalten
linear gereihete Granulationen, die nichts anderes
sind als Kerne von Lymphzellen , und anastomosiren
mit Lacunen, die 6seitig , 4seitig oder auch nur 3-
seitig gestaltet sind, Stemzellen ahnelnd, u. ahnliche
Granulationen enthalten, wie die feinsten Capillaren.
Man kann grosse , mittlere und kleine Lacunen an-
te rscheiden. Aus diesem Netze gehen die eigent-
liehen Lymphcapillaren hervor, nUmlich linear ge-
richtete Lacunen, die weiterhin eine mehr regelmUs-
sige Form bekommen und cylindrisch werden. An
den Hautpapillen kann man sehen, dass mehrere
aolche Capillaren convergirend zu einem centralen
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Stfimmchen zusammentreten, worin nicht mehr blose
Granulationen, sondern wirkliche Lymphzellen ent-
halten sind. Die centralen Stfimmchen anastomosi-
ren in der P&pillarschicht der Cutis mit einander,
einen fthnlicheu Plexus bildend, wie ihn die Injektio-
nen von Panizza, von Fohmann zur Ansicht
bringen. In den Zotten des Darms ist das centrale
Stfimmchen den Anatomen hinreichend bekannt: am
dasselbe herum liegt aber auch noch das genannte
Netz der feinsten Capillaren und Lacunen. Ganz
ahnlich verhalten sich die LymphgefUsse in den
Papillen der Zunge, der Lippen , des Schlundkopfs
U. 8. W.
Ftlr den direkten Zusammenhang jenes Netzes
von feinsten Capillaren und Lacunen mit dem Blut-
gefUsssysteme sprechen nach Sappey folgende
Thatsachen. Die Blutcapillaren an den Hautpapillen
der Hundepfote, ebenso auch an der Haut aber dem
Pferdehufe, lassen Vorsprttnge erkennen , die nicht
fiber 2 Mikro-Mmtr. messen ; das sind ebcn die be-
schriebenen kleinsten Capillaren des LymphgefUss-
netzes. Wird femer eine concentrirte CarminlDsung
rasch in die Arterien eingetrieben, so fflllt sich jenes
Netz der feinsten Capillaren und Lacunen und die
darin enthaltenen Granulationen werden dunkelrotli
gefUrbt ; der Carmin dringt auch selbst in den Pa-
pillen in das centrale Stfimmchen und dessen znftlh-
rende Aestchen ein. Ist aber die Injektion recht gut
gelungen, dann bleibt die Ffirbnng auf diese AnfUnge
des LymphgefUsssystems beschrfinkt, wodurch also
dargethan wird, dass es sich nicht etwa um ein
Transsudat handelt. Physiologische Beweise filr
den Zusammenhang der LymphgefUsse mit den Blnt-
gefUssen liegen sodann darin , dass das Blutplasma
und das Lymphplasma in chemischer und morpholo-
gischer Beziehung flbereinstimmen , und dass die
Lymphe offenbar durch die Vis a tergo fortbewegt
wird. Ferner scheinen auch pathologische Vorgftnge
ftir den direkten Zusammenhang des Lymph- und
BlutgefUsssystems zu sprechen. So hatte N 4 la ton
im J. 1864 einen Fall von Erkrankung des Scrotum
zu operiren , wo die LymphgefUsse ungemein erwei-
tert waren ; die Lymphe in denselben enthielt viele
rothe Blutkdrperchen , die doch nur dadurch hinein
gelangt sein konnten, weil jene Erweiterung bis zum
Netze der feinsten Capillaren und Lacunen sich er-
streckte. Ferner ist der von Camille Desjar-
dins beschriebene Fall bekannt , wo eine Fran von
38 Jahren varikdse LymphgefUsserweiterungen in
der Leistengegend zeigte, die beim Anstechen zuerst
reine Lymphe, allmfilig aber eine bluthaltige Lymphe
entleerten ; die Anwesenheit der rothen BlutkOrper-
chen in dieser Lymphe wurde dnrch Sappey und
ebenso durch G u b 1 e r und Robin bestfitigt. Auch
noch in einem 3. Falle, einen 40jfihr. Mann betref-
fend, bei dem die LymphgefUsse des mit einem chro-
nischen Leiden behafteten Scrotum sehr erweitert
waren, hat Sappey viele rothe BlutkSrperchen in
der Lymphe gefunden. Ein fernerer Beweis fllr die
Communikation des Lymphsystems mit deu BJut-
Origina I from
UNIVERSITY OF CHICAGO
83
Theile, da* Lymphgeftsssystem.
geftasen darf endlioh aoeh darin gefunden werden,
daas bei entzflndlichen Zusrt&nden der Cutis da* Netz
der feinsten Capillaren und Lacunen, sowie der
Lymphcapillaren einer Verftnderung unterliegt ; es
beeteht dann nicht mehr an* eageni und weitern
Theilen, vielmehr bildet es einen mit zahlloaen Zel-
len erfftllten und in alien Abschnitten gleich weiten
Plexus. Denn innerhalb dieser Erweiterungen der
Lymphgef&ssanfonge, nicht aber urn die Blutgefiss-
capillaren hernm , befinden sich beim entzttndlichen
Zastande die farblosen Blutkdrperchen , die freilich
in den Lympkgefkssanfangen selbst entstanden sind
und nicht an* den Blutcapillaren dahin gelangten.
Von Cohnheim’s Wanderung der ungef&rbten
Blutkdrperchen durch Diapedeais will nftmlich Sap-
pey nicht8 wissen.
Im Bindegewebe hat Sappey niemals etwas
von jenem Netze feinster Capillaren und Lacunen
sehen kSnnen , so wenig als ira centralen Nerven-
systeme. Auch die serdaen Haute ermangeln nach
ihm des Lymphaystems, u. Stomata auf deren freien
Flftchen soil es nicht geben.
Ueberall in der Haut kouunen Lymphgefkase
von den Wandungen der Haarbalge und von den
Schweissdrtlsen ; doch hat Sappey an diesenThei-
len nur die CentraLstammchen erkennen konnen.
Durch die vorstehende Darstellung werden also
die Vasa serosa der Alten, die keine BlutkSrperchen
paaairen lassen, zu Anf&ngen des Lymphgefilsssystems
gemacht, indessen nicht in alien Gebieten des Orga-
nismus, sondern nur in der Cutis und in den Schleim-
bauten.
Ueber die Lymphgefasse der Geletdee hat Dr.
H. Tillmanns (Chir. Centr.-Bl. II. 51. 1875 u.
Arch. f. mikroskop. Anat. XII. 4. p. 649 — 664.
1876) mehrfache Versuche angestellt.
Zunachst wurde an frisch getodteten Hnnden der
Obenchenkel ampntirt, and nachdem durch die MarkhShle
des Femur hindurch mittels eines spitzigen Meissels der
Zugang zur Kniegelenkhohle hergestellt war, wurde
deren Synovia durch kunstlich eingeleitete halbprocentige
Kochsalzldeung und schlusslich durch dest. Wasser aus-
gespult. Erst nachdem diess geschehen , wurde auf dem
namlichen Wege gelostes Berlinerblau (in andern Ver-
snchen Alcannin oderOrleanoder indigoschwefels. Natron)
in die Gelenkhohle elngebracht, woranf 1 — 2 8td. hin-
durcb alternlrend Beugungen und Strecknngen dea Knle-
gelenks ausgefuhrt wurden.
An der Innenflkche der hierauf geOfineten Ge-
lenkkapsel waren keine mit der Farbstoffeolutdon er-
Mlte Lymphgefhssnetze zu sehen , sondern nur eine
diffuse blaue Ver&rbung der Kapsel sowohl wie der
Knorpel. With rend aber die F&rbong vom Knorpel
durch einen leichten Wasserstrahl ohne Miihe sich
abwascben liess, haftete dieselbe feat an der Gelenk-
kapsel. Auf Durchschnitten der Gelenkkapsel zeigte
sich, dass der Farbstoff hier und da bis zu verschie-
dener Tiefe in das subsynoviale Bindegewebe vor-
gedrungen war, und es erschienen anch wohl im
Bindegewebe zwischen den Oberschenkelmuskeln
Lymphsi&mmchen , die mit der fkrbeuden Substanz
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erfttllt waren , sich aber nach oben wie naoh unten
verloren. Die diffuse Fir bung durchdrang manch-
mal einzelne Gelenkzotten vollstftndig , war an der
Innenfl&che der Sebne des Quadriceps auch bis an
einer m&asigen Tiefe vorgedrungen , verbreitete sich
jedoch niemals in die von der Synovial membran
flberzogenen Knochen , sondern schritt hier nur im
Periost weiter vor. An den hyalinen Knorpeln
zeigten sich zwischen den oberflftchlicken Knorpel-
zellen theils isolirt verlaufende, theils netzfbrmig zu-
sammenh&ngende Linien des injicirten Farbstoffh,
was sich nach T. daraus erklftrt , dass der hyaline
Knorpel aus Fasern aufgebaut ist and der Farbstoff
mech&nisch zwischen die Knorpelfibrillen geprosst
wird.
Warden dann die Versuche dahin abge&ndert,
dass curarisirten Hunden in das EUenbogen- oder
Kniegelenk Berlinerblau oder indigoschwcfelsauree
Natron dnrcli direkten Einstich injicirt wurde, so
hatten sich, wenn dieThiere nach 10 Min. oder aooh
erst nach stundenlang fortgesetzten Bewegungen dee
Gelenka getodtet warden, eben so wenig Lymph-
gefkssnetze in der Synovialhant gefttllt.
Bei einer femern Versuchsreihe, wo normale Ge-
lenkfitlssigkeit, die einem chronischen Hydarthrus des
Kniegelenks entstammte, gefUrbt und in Gelenke voa
Hunden eingebracht wurde, gelang es eben so wenig,
Lymphgefkssnetze in der Synovialhaut zu ftlllen.
Dagegen gelang es, als beim OchBen, beim
Pferde direkte Einstichsinjektionen von halbprocen-
tiger Silberl&sung oder von geliJatem Berlinerblau in
die Gelenkkapseln des Knies, der Schulter, des Meta-
tarsophalangealgelenks gemacht wurden , ein reioh-
verzweigtes weites Lymphgefdssnetz unter dem Endo-
thelh&utchen u. in der Tiefe im subsynovialen Binde-
gewebe darzustellen. Die oberfl&chlichsten Lymph-
gef&ssederSynovialmembran liegen direkt unter dem
Endothelhftutchen, aber noch von den feinsten Blut-
capillaren bedeckt. Diese oberflkchlichen subendo-
thelialen Lympfbahnen wenden sich als sehr weite
Gefasse in das defer gelegene Bindegewebe , wo sic
zum Theil die BlutgeftLsae umgeben. Die Lymph-
gefkssnatur der injicirten Gefhssrftume wurde durch
Controlinjektionen der Blutgefksse und durch Unter-
suchung von Querschnitten festgestellt. Auch konate
durch die sogen. Verdauungsmethode mittels Pepsin
an feinen Schnitten wahrgenommen werden, dass
die blaue Injektionsmasse in prttexistirenden Endo-
thelkanftlen lag.
Im Ganzen fallen sich die Lymphgefksse der
Synovialkapsel durch die Einstichainjektion am bee ten
da, wo die Synovialhaut an den Knochen und an die
Zwischenknorpelscheiben antritt. In den Knochen
hinein lassen sich die Lympfbahnen nicht verfolgen,
dieselben laufen immer im Periost weiter. Im Pe-
riost und im intermuskularen Bindegewebe vereinigen
sich die von den Synoviaikapseln kommenden Lymph-
gefksse zu ansehnlichen StAmmchen.
In den Gelenkzotten zeigten sich niemals Lymph-
gefcsse.
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84
Theile, das Lymphgeftlsasystem.
Den Zvsammenhamg der Saftkmale dee Binde-
gewebet mil den Blutgefdssen , wodnrch diesen die
Bedeutung von Anf&ngen der Lymphgefllsae zukom-
men wtlrde, will Prof. J. Arnold (Virchow’s Arch.
LXII. 2. p. 157. 1874) durch folgenden amFrosche
auBgeftthrten Versuch darthun. Wurde durch Unter-
btndung der Venae crorales Oedem der Hinterpfote
eingeleitet, dann aber ein Paar Tage sp&ter Berliner-
blau oder Zinnober durch den Bulbus aortae unter
Anwendnng eines constanten D rucks injicirt , so
lehrte die Untersuchnng der Schwimmhaut zwischen
den Zehen , dass die Injektionsmasse in das die Ge-
ftsse umgebende Bindegewebe ausgetreten war,
sternfbrmig gestaltete Rkume erftlllte and bis zu den
Lymphgef&ssen sich erstreckte. Der Austritt der
Masse erfolgt nach Arnold hierbei durch Oeffhun-
gen oder Stomata in den Gef&sswandungen , die im
normalen Zustande wohl filr Blutkdrperchen , fttr
Pigmente und fttr Leimmasse undurchgkngig sind,
aber bei einer lAngern Druckeinwirkung und dadurch
bervorgebrachten Ver&nderung der GefSsswandnngen
sich permeabel zeigen.
Diese Angaben Arnold’s konnte Tarcha-
noff (Gaz. de Par. 13. 1875) nicht bestfttigen.
Derselbe injicirte unter einem Drucke von 80 — 100
ttmtr. Quecksilber hbchstens 20 Cotmtr. Injektions-
maase durch den Bulbus aortae, nachdem die Hinter-
pfote anf die genannte Art ftdematds gemacht wor-
den war, und er fand dann immer mehrfache Zer-
retesungen der Gef&sse und hkmorrhagische mit der
Injektionsmasse gemischte Herde; ein Verknflpfteein
der Lymphgefasse mit den Blutgefassen war nicht
naohweisbar.
Einer grflndlichem Prttfung hat Dr. Pio Foa
(Riv. clin. 2. Ser. V. p. 289. Otti, Nov. 1875), der
im pathologischen Institute in Strassburg arbeitete,
Arnold ’8 Angaben unterzogen. Foa bestfttigt
allerdings die Angabe , dass eine Fflllung der Saft-
kanfilchen bei Frftschen eintritt , wenn Berlinerblau
oder Zinnober oder chinesische Tusche injicirt wird ;
dices geschieht aber nicht bios nach vorg&ngiger
Oedematisirung der Hinterpfoten , sondera auch bei
solchen Frdschen , die sich in ganz physiologischem
Zustande befinden oder die curarisirt worden sind.
Sind flbrigens die Saftkanftlchen durch vorgitngige
Entwickelung des ddematdsen Zustandes starker mit
Serum erfttllt, dann fallen sich dieselben auch starker,
wenn Farbstoffe in die Aorta injicirt werden. —
Wenn aber Arnold an den Gefassen der Frosch-
zunge einen varikdsen Zustand beobachtete , sobald
die Transsudation der Injektionsmasse an der Zunge
in ahnlicher Weise wie an der Schwimmhaut der
Zehen eingetreten war, so darf darin doch kein
Argument dafttr gefunden werden, dass die Permea-
bilitat der Blutgefasse erst bei gewissen Verinde-
nmgen dieser Gefase eintritt; nach Foa’s Unter-
snchungen besitzen die Capillaren der Zunge, des
Bodens und zumal des Daches der Mundhdhle beim
Frosche hereto im normalen Zustande ein der-
artiges Aussehen. — Interessant ist folgendsr Ver-
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such Foa’s. Die Froechschwimmhaut wurde ein
Paar Bekunden an punktf&rmigen Stellen durch da
Hflllensteinstift gektzt. Am 3. Tage, wo der Aeti-
schorf noch fest anhaftete oder ohne irgend einen
Blutverlust sich abnehmen liess, wurde langsam und
bei sehr mkssigem Drucke Berlinerblan injicirt Die
gefttzten Partien der Schwimmhaut kamen dann einige
Zeit in ein Gemisch von Glycerin und Essig, and bei
der nachfolgenden mikroskopischen Untersuchnng er-
gab sich Folgendes. Die Capillaren waxen voil-
st&ndig injicirt und in den von der Aetzung nicht
betroffenen Theilen war nichts vom Farbstoffe mlb-
getreten , wogegen im Bereiche der Aetzung die In-
jektionsmasse ausgetreten war und die Saftrftnme
des benachbarten Bindegewebes erftlllte. Die Er-
kl&rung dieser Verschiedenheit glanbt Foa in vaso-
motorischer Lkhmung finden zu dflrfen, wodnrch eine
Vennehrung der Transsudation zu Stande kommt
Das nattlrliche Vorkommen von Lymphgefau-
dffnungen an der freien Oberfidche der serdm
Haute, durch deren Vorhandensein die serttsen Hflh-
len sich einfach zu Lymphr&umen gestalten, ist
durch neuere Untersuchungen vielfach in Frage ge-
stellt worden. So suchte Afonassiew (Virchow’s
Archiv XLTV. 1. p. 37. 1868) vergebens nach den
Oeffnungen des Epithets an der PeritonMalff&che des
Zwerchfells, und ebenso konnte W alther (Land-
zert’s Beitrftge z. Anat. n. Phys. I. p. 94) von
der offenen Communikation eines Lymphgefasses an
der PleuraoberflAche sich nicht flberzeugen ; ferner
haben sich Tourneux (Jonrn. de l’Anat. X. Janv.
et Fdvr. 1874. p. 66) und Foa (Virchow’s Archiv
LXV. 3. p. 297. 1875) gegen die Communikation
des viel besprochenen Lymphsacks der FrOsche mit
der Periton&alhdhle ausgesprochen. Ueberhaupt
aber fand Foa (Riv. clin. 1. c.) an den Oberflilchen
der aerSsen Haute, der Sehuen- und Muskeischeiden,
der Nerven nur ein gleichftrmiges Endothel, und das
Vorkommen von wirklichen Stomata an denselben
stellt er in Abrede , wenngleich er selbst beobachtet
hat, dass von der Oberflache des Centrum tendineom
ans Farbenmolekeln in Lymphgefasse ttbertreten
kOnnen.
Dagegen hat Dr. E. Klein, Prof, am Labora-
torium der Brown-Institution zu London in seinem
Werke : the anatomy of the lymphatic system *) die
a ) London. Smith, Elder and C. gr. 8. I. The
serous membranes ; with 10 plates. 1873. 98 pp. II. The
Lung ; with 6 plates. 1876. VI and 88 pp.
WelcheAusdehnung das ganz vorzQglich ansgestattete
Werk erhalten soli, ist in keinem der beiden vorliegenden
Bande angegeben. Nach dem Inhalte erscheint jedoch
die Annahme berechtigt, dass Vf. keine systematiscbe
Darstellung der anatomischen Verhaltnlsse der Lymph-
gefasse und Lymphdriisen zu geben, sondern den Ur-
sprung der Lymphgefasse in den verschiedenen Organ en
daronstellen beabsichtigt.
Jeder Band enthalt einen physiologischen and einen
pathologischen Abschnitt; den letztern berQcksichtigsn
wir am Schlnsse unserer Zusammenatellung.
Die Tafein , welche mikroskopiaohe , vom Vf. seihst
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86
Thelle, d« Lymphgeftsasysiem.
Stomata der Lymphgefilsse ganz entschleden ver-
tbeidigt.
Der 1. Band dee uunentlich anf mikroskopisohen
Unterguctrangen bernhenden Werkes enth< die Un-
terenchnngen fiber die Lymphgefaeae der serdten
Haute, fiber die bereits frtther (Jahrbb. CLIX.
p. 286) nach einer voritafigen Mittheilung berichtet
werden konnte. Dae Netz, das Centrum tendineum
dee ZtoerehfeUs , die Pleura mediatHni von Meer-
schweinchen, Hunden , Katzen, Kaninchen, Aden,
Ratten, Frdschen warden tfaeils im fnschen Znstande,
theils an Tinktionspr¶ten unteraucht.
Neben den die serdsen Haute sonst bedeckenden
abgeplatteten hyalinen Endothelzellen kommen stel-
lerrweise , namentlich auf den vorspringenden Bftlk-
cben am Omentum, anders beschaffene Endothelzellen
vor: sie sind vielkantig, keulenfdrmig oder in ge-
ringem Grade s&ulenffcrmig gestaltet, enthalten ein
granulirtes Protoplasma and lassen in Theilung be-
griffene Kerne erkennen. Diese Zellenformen be-
zeichnet Klein als junges, sprossendes, proliferiren-
des Endothel. Man findet ferner an der freien FlMche
der serdsen Haute kugelfdrmige Zellen, Lymph-
kdrperchen ahnelnd, die dem Endothel aufliegen
oder sich von jenem proliferirenden Endothel abldsen
wollen , dem sie durch einen halsartigen Theil an-
hlngen. Am normalen Netze sowohl, wie am Netze
im Znstande chronischer Entztlndung hat Klein
anch mehrmals Endothelzellen gefunden , die sich
ganz wie Riesenzellen ausnahmen, nfimlich 5 bis
10 Kerne in einer protoplasmatischen Substanz ent-
hielten und mittels eines ungleich langen Protoplasma-
stiels der Oberflfiche aufsassen.
Das proliferirende Endothel findet man in be-
sonderer Entwickelung am Omentum des Kaninchens,
zumal wo es links am Magen sitzt, so wie in der
NShe des Pylorus. Man trifft es aber auch am
Omentum des Hundes an, desgleichen an der Plem'a
mediastini von Hunden , Katzen , Affen. Auch am
Mesogastrium des weiblichen Winterfrosches fand
sich proliferirendes Endothel , dessen Zellen liier mit
FlimmercUien bedeckt waren. Das Verhalten des
proliferirenden Endothels im Ganzen weist darauf
hin , das8 wir darin eine Bildungsstfitte von Lymph-
kdrperchen anzuerkennen haben.
An der Peritonhalflfiche des Centrum tendineum
der untersuchten Thiere wurde ebenfalls proliferiren-
des Endothel angetroffen.
Die Zellen des proliferirenden Endothels sind
mit oner Ausnahme nach VenilberangsprSparaten ge-
aetohnete Fignren enthalten , sind in J. O. Back's Kunst-
anttalt zu Leipzig hochst sanber aasgefuhrt. Die Anzahl
der Fignren fflr den 1. Band 1st wohl grosser als wirklich
nfithig war , da einzelne Objekte vielfach wiederholt wor-
den sind. 8t5rend 1st dabei , dass die ffir die ansgedehn-
ten Fignrenflfichen sehr spar same Beztfferung mehrfach
■ickt genau 1st. So werden z. B. in den Figg. 36, 36,
43, 45, 47 einzelne in der Erklarnng der Figuren ver-
zeicbnete Ziffera ganz vennlsst , obwohl nur 2 bis h5ch-
stena 0 Zlffern anf die einzelne Figur kommen.
ttbrigens auflallend kleiner als jene des Eadothete
flberhanpt.
Am Mesenteriom der Katze, des Hundes, des
Affen , des Frosches kommen noch andere proliferi-
rende Endothelzellen vor , in Gruppen von weniger
als 5 Zellen , ja moistens nor in Gruppen von 2 bis
3 Zellen.
An gehdrig zubereiteten Prfiparaten vom Omen-
tarn des Kaninchens kommen zweierlei zum Lymph-
geffisssystem gehdrige Bildungen zum Vorschein.
a) Kleinere Flecke (Kndtchen), gebildet durch An-
hkufungen gewohnlicher, mehr oder weniger abge-
platteter , mehr oder weniger vertlstelter Zellen , die
sich durch Theilung vermehren und dadnrch eine
Vergrdsserung des Fleckes herbeifflhren , ausserdem
aber auch Lymphkdrperchen produciren. Jene ver-
ftstelten Zellen nebst den Lymphkdrperchen sind in
Lymphkanklen enthalten. Auf frtihern Stufen der
Entwickelung kommen keine besondern Blntgeffisse
in diesen Flecken vor ; spfiterhin dagegen sind zahl-
reiche Blutcapillaren darin zu unterscheiden. Indem
diese Flecke wachsen , verbinden sie sich unter
einander streifenfbrmig in einer LAngsrichtung.
b) Flecke u. ltagliche Streifen mit einem Reticulum,
in dessen Maschen Lymphkdrperchen in wechselnder
Menge enthalten sind , und im Allgemeinen mit Blut-
geffissen reich ausgestattet.
Im Omentum des Meerschweinchens , der Katze,
des Hundes, des Affen zeigen sich im Ganzen fihn-
liche zum Lymphgefilsssysteme gehdrige Zellen-
anhfinfungen , desgleichen anch in der Pleura media-
stini. Jene kleinern Flecke sind jedoch durch
grdssere Dicke ausgezeichnet , und ist man deshalb
eher berechtigt, dieselben als Kndtchen zu bezeichnea.
Diese Kndtchen reihen sich ebenfalls streifenartig an
einander. Aeltere Thiere haben grdssere und zahl-
reichere Kndtchen and die damns hervorgehenden
Streifen sind dicker und linger. Bei jdngern Thie-
ren trifft man weniger Kndtchen an und sie sind
zum Theil noch so klein , dass sie eTst unter dem
Mikroskop sichtbar werden. Die Matrix dieser
Kndtchen besteht ebenfalls ans mehr oder weniger
abgeplatteten Protoplasmazellen mit lingliehen
Kemen , die durch Fortsfttze unter einander in Ver-
bindung stehen und ein Netzwerk bilden. Dm
N ucleus der Zellen enthilt ein Paar Kernkdrperchen ;
er zeigt hin und wieder eine Einschnttrung oder M
ist anch bereits getheilt. Ferner kommen Wander-
zellen in der Matrix der Kndtchen vor, die mit
Lymphkdrpem Aehnlichkeit haben oder gross und
granulirt sind. Manchmal sind die grdssern Wander-
zellen noch in Zusammenhang mit verilstelten Zellen,
was daffir spricht, dass sie aus diesen hervorgehen.
Die im Reticulum vorkommenden Lymphkdrperchen
entstammen ebenfalls dessen Zellen. Die Kndtchen
lassen sich wohl nach der Anordnnng ihrer Zellen
als endolymphatische und als perilymphatische be-
zeichnen; ein typisches Verhalten in dieser Beziehung
lfiset sich jedoch nieht erkennen. — Sehr umsttad-
lioh sncht Klein dann darzulegen, daw die Im
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86 Theile, das Lymphgefilsseystein.
Omentum vorkommenden Fettxellen aus metamor-
phosirten verftstelten Zellen herrorgehen dtlrften.
Am Centrum tendineum dee Zwerehfells zeigen
die Zellenelemente in der Matrix der Serosa ein Ahn-
liohes Verhalten,
Die Lymphgefllsse selbst lassen sich im Omentum
und in der Pleura mediastini des Kaninchens ohne
Mtthe erkennen. In der Nkhe der grossen Curvatnr
and am Pylorustheile des Magens enthftlt das Omen-
tum ein reichliches Netzwerk von Lymphkan&len,
das sich an die Blutgefftsse anschmiegt. Es sind
weite Rankle mit nur einer Schicht spindelfdrmiger
Endothelzellen, woran Klappen und sackfdrmige Er-
weiterungen vorkommen. Ferner unterscheidet man
im Gewebe der Serosa noch andere Lymphkankle,
die getrennt von den Blutgefkssen verlaufen , dabei
aber gleich weit sind , wie die erstern , auch sinus-
artige Erweiterungen besitzen , Klappen jedoch gar
nicht oder doch nur sehr selten erkennen lassen.
Das sind die Lymphgefksscapillaren. An der vor-
dern Magenwandung verlaufen die Lymph geffcsse
nur mit den Blutgefkssen , und sehr hkufig werden
die Blutgef&sse von Lymphgefkssen umscheidet.
Innerhalb der Lymphkankle schwimmen aber zabl-
reiche Lymphkttrperchen von verschiedener Grdsse,
die an frischen Prkparaten amdboide Bewegungen
ansflihren.
In der Serosa des Centrum tendineum diaphrag-
matis unterscheidet man bekanntlich LymphsUmme
und Lymphcapillaren : jene besitzen ein aus spindel-
fbrmigen Zellen bestehendes Endothel und sind mit
Klappen versehen; die Capillaren zeigen sehr ver-
Bchiedenartige Durchmesser nnd zahlreiche Ausstfll-
pungen , aie haben ansgebogene Endothelzellen und
lassen nur hier und da Klappen erkennen. Beim
Kaninchen kann man an jeder H&lfte des Centrum
tendineum ein doppeltes Lymphgefkssgebiet unter-
scheiden. Die von der vordeni und kussem Partie
des Zwerehfells kommenden Lymphgefksse verlaufen
tiber die Pars coStalis und vereinigen sich hinter dem
Processus xiphoidens zu einem grdssem Gefksse, das
mit den Vasa mammaria verlkuft, aus den Intercostal -
rttumen Lymphgefksse aufnimmt und in eine Glan-
dula sternalis tritt. Die Lymphgefksse von der hin-
tern Partie des Zwerehfells und zum Theil noch von
der vordern vereinigen sich zu einem Stkmmchen,
das schief nach der Medianebene verlkuft , um sich
in den Ductus thoracicus zu oflhen, da, wo dieser aus
dem Zwercbfelle hervorkommt. Vorn sowohl wie
hinten anastomosiren die beiderseitigen Lymphgebiete
durch einige grflssere GefUase. Am Centrum tendi-
neum liegen die eigentlicheu Lymphgefksse wesent-
lich zwischen der Pleura und der Sehnenausbreitung,
oder in der Serosa selbst. Die in sie einmttndenden
Capillaren bilden eine oberflkchliche , in der Serosa
pleurae gelegene Schicht, und eine tiefere Schicht in
der Sehnenausbreitung.
Am Mesenterium hat man neben jenen vom
Dame kommenden, die Gefksse begleitenden und
Drtisen durchsetzenden Lymphgefkssen die dem Me-
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senterinm selbst angehdrigen Lymphgefksse zuuater-
scheiden. Letztere sind selbst wieder doppelter Art:
a) Ebenfalls mit Blutgefkssen verlaufen grdasere
Lymphgefksse , bald ein einfaches zwischen Arterie
und Vene liegendes GefSss, oder hkufiger zwei Ge-
fksae , zwischen denen die Blutgefksse gelegen sind,
die streckenweise auch wohl dadurch umscheidet
werden ; sie haben keine Muskelhaut , wie jene vom
Darme kommenden Lymphgefksse , sondem nur eine
aus spindelfdrmigen Endothelzellen bestehende Um-
htiliung8schicht, und hin und wieder ftlhren aie Klap-
pen. b) Lymphcapillaren, d. h. mehr oder weniger
weite Kankle ohne Klappen , mit rhombischen aus-
geschweiften Endothelzellen, die meistens mitkleinen
Venen verlaufen und vielfach mit einander anastomo-
siren, so dass sie ein Lymphgefkssnetz bilden.
Stomata an der Oberflkche der serftsen Hkute,
die zn oberflkehliehen Lymphgefkssen ftlhren, sind
nach Klein sehr verbreitet. Am Centrum tendineum
communiciren tiefe wie oberflkchliche Lymphkankle
durch vertikale Gknge mit der B&uchhShle, nnd diese
etwas lkngem Gknge haben eine besondere Endothel-
schicht , die bis zur freien Mtlndung hin aus prolife-
rirenden Zellen besteht. Am Omentum, an der Pleura
kommen eben solche senkrechte Verbindungswege
zwischen der serdsen Hdlile und den tiefern Lymph-
kanklen vor, die an der Oberflkche der Serosa durch
Oeffnungen ausmflnden. Am Mesenterium der Katze,
des Hundes , des Affen werden sie seltener angetrof-
fen, Belir verbreitet sind sie aber am Mesenterium des
Froschea. Diese Stomata vera lassen immer ein
Endothel erkennen , das dem besprochenen prolife-
rirenden Endothel khnelt. Die vertikalen Lymph-
wege im Septum derCysterna lymphatica magna des
Frosches und der Krdte sind ebenfalls mit besondern
Endothelzellen bedeckt, die mehr oder weniger viel-
seitig gestaltet sind und ein granulirtes Protoplasms
ftlhren.
Eine andere Art von Stomata vera findet sich
am Omentum des Kaninchens und am Mesenterium
von Frosch und Krdte , daraus hervorgehend , dass
Lymphrkume unter der Endothelschicht die Endo-
thelzellen aus einander treiben. Auch in diesern
Falle zeigt sich oftmals proliferirendes Endothel an
dem Stoma.
Ferner kdnnen aber auch oberflkchliche ver-
kstelte Zellen mehr weniger vollstkndig zwischen die
Endothelzellen der serflsen Oberflkche zu liegen
kommen , oder, was noch hkufiger vorkommt , Fort-
sktze dieser Zellen treten zwischen das Endothel:
dadurch entstehen Pseudostomata an der Oberflkche
der serdBen Hkute.
Im zweiten Bande bringt Klein seine Unter-
8uchnngen tiber die Lymphgefasse der Lunge. Die
Lungenpleura hat, gleich audern serflsen Hkuten,
eine Bindegewebsmatrix , die freilich ungemein zart
ist Durch Zusatz von Essigskure kommen auch
zarte elastische Fasern zum Vorschein, deren Menge
an verschiedencn Lokalitkten und ebenso auch bei
verachiedenen Thieren dem Wechsel unterliegt
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87
Theile, das Lymphge&sasystem.
Sparsam kommen sie a. B. beim Meerachweinchen
vor im Vergleiche znm Kaninchen , zum Hnnde , zur
Kaize. Das Bindegewebe, ausBttndeln zarter Fasern
bestehend , untersucht mao am beaten in der Lunge
des neugebomen Kindes oder des Meerschweinchens.
Diese BOndel verlaufen einander kreuzend , stellen-
weise auch parallel , nnd zwischen ihnen zeigen sich
ungleich grosse und verschiedenartig gestaltete inter-
fasciculare RlLume , in denen eine abgeplattete kern-
haltige Zelle, ein Bindegewebskorperchen, vorkommt
Diese interfascicularen Rkume entsprechen dem
Lymphrdhrensysteme anderer seroser Dilute. Die
Matrix steht aber in enger Verbindung mit den die
oberfikchlichen Lungenalveolengruppen trennenden
Septa und berttbrt die Aussenflkche der oberflAchlich-
sten Alveolen.
Beim Meerschweinchen liegt zwischen dieser
Matrix and dem Endothel noch eine Schicht glatter,
nicht quergestreifter Muakelbtlndel, die ein Netzwerk
mit langen rhombischen Maschen bilden , das durch
Behandlung mit H&matoxylin am besten hervortritt.
Man erkennt dann an den einzelnen Bllndeln die
feine Langsstreifung, und die st&bchenfftrmigen Kerne
darin haben eine bestimmtere Fttrbung angenommen.
(In der Pleura des Hundes und derKatze sah Klein
nur einzelne spindelfdrmige Zellen mit dem charakte-
ristischen st&bchenfcirmigen Kerne, oder nur einzelne
dlinne Blindelchen derselben.)
Die Faserbttndel in der Matrix der Lungenpleura
verhalten sich natttrlicli wkhrend der Inspiration und
wihrend der Exspiration verschiedenartig : wfthrend
der Exspiration rtlcken sie einander nfther und ihre
Maschen verengen sich ; bei der Inspiration nehmen
die Maschen , gleichwie die Fl&chenausbreitung der
ganzen Lunge , an Grttsse zu. An Pr¶ten von
anfgeblasenen nnd zusammengefallenen Lungen ist
diese verschiedenartige Anordnung der Bllndel recht
gut zu erkennen. Dass die Verlkngerung und die
Yerktlrzung der Btlndel mit der Inspiration und der
Exspiration gleichen Schritt halt, scheint auch noch
sub folgendem Verhalten erschlossen werden zu dtlr-
fen. Im Allgemeinen verlaufen die Muskelbttndel
radifir von derLnngenspitzezurLungenbasis, ausser-
dem aber sind sie am stftrksten an jenen Lungen-
partien entwickelt , die vorzugsweise an den respira*
torischen Bewegungen theilnebmen , nimlich an der
Auaaenflkche und an der dem Mediastinum zugekehr-
ten innern Fl&che.
Die Lungenpleura hat ein einschichtiges Endo-
thel, dessen Zellen sich der inspiratorischen Aus-
dehnnng der Lnngen und der exspiratorischen Ver-
kleinerung derselben anpassen mUssen. Bringt man
horizontale Schnitte von der ausgedehnten nnd ein
paar Minuten mit Silberlbsung behandelten Lunge
des Meerschweinchens unter das Mikroskop , bo sieht
man deutlich die abgeplatteten Endothelzellen durch
achwarae Linien begrenzt. Verschafft man sich dann
eine Profilansicht dieses Endothels, so zeigen sich
schwache Einkerbungen zwischen je zwei an einander
stossenden Endothelzellen , was beweist , dass diese
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Zellen in der Mitte dicker sind, ate an den R&ndern.
An der zusammengefallenen nnd in gleicher Weise
behandelten Lnnge des Meerschweinchens haben die
einzelnen Endothelzellen in der Fl&chenansicht ein
schwach kfirniges Anssehen , dabei besitzen sie eine
stkrker gewblbte Oberflkche, da die Einkerbnngen an
den Grenzen der Zellen in der Profilansicht tiefer
sich darstellen. Die Silbertinktion wirkt anch anf
das Endothel der zusammengefallenen Lunge rascher
und intensiver. Die Kerne der einzelnen Zellen haben
anch vielfach entschiedener eine kreisrunde Form.
Bei Hnnden , Katzen , Ratten , Kaninchen tritt diese
Verschiedenheit des Endothels an der ausgedehnten
nnd an der zusammengefallenen Lunge nicht so ent-
schieden hervor, als beim Meerschweinchen, was
wohl davon herrllhrt, dass die Lungen des letztern
im zusammengefallenen Zustande gleichsam starker
contrahirt sind. Recht dentlich indeasen tritt diese
Verschiedenheit hervor, wenn man die Lungenpleura
des menschlichen Embryo mit jener des Neugebomen,
der geathmet hat, vergleicht.
Die Lymphgefiase der Lnngenplenra lassen sich
am bequemsten bei Hunden und bei kleinen Kindern
verfolgen, ja sie sind hier wohl schon mit der Lonpe
zu erkennen. Sie erscheinen als ein aus durchsichti-
gen Rdhrchen gebildetes Netzwerk, dessen Aeste
znm Theil in den Vertiefungen zwischen den ober-
flkchliclien Lnngeni&ppchen liegen. An den grdssern
Aesten des Netzes unterscheidet man Einschntlrungen,
nnd bin und wieder zeigen sich blinde Ausstfllpnngen
an denselben. Die Rdhren des Netzes tragen eine
einfache Schicht Iftnglicher Endothelzellen. Beson-
ders deutlich zeigt sich dieses Lymphgefossnetz an
der frischen Lunge von Kindern , die an der Tuber-
culosis miliaria gestorben sind ; die Gefhsse sind dann
mit Lymphe und zum Theil mit Lymphkbrperchen
erfttllt.
Dieses Lymphgef&ssnetz der Pleura nimmt engere
klappenlose RChrchen auf, die in den Septa zwischen
den oberflftchlichen Alveolen entspringen, und durch
gleichartige enge Rdhrchen anastomosirt es mit den
Lymphgefilssen der eigentlichen Lange. Ausserdem
aber steht es durch offene Stomata an der freien
Flftche der Pleura mit der Pleurahdhle in Verbin-
dung. Die Beweise fdr diese Common ikation der
Lymphgeftlsse mit der PleurahShle entnimmt Klein
in derHauptsache pathologischen Zustftnden : Fasern
geronnenen Fibrins, die der Lungenpleura aufsitzen,
lassen sich mikroskopisch in die subpleuralen Lymph-
gefSsse hinein verfolgen ; oder bei pleuritischer Affek-
tion zeigen sich an einzelnen Stellen der Lungen-
pleura proliferirende Endothelien, zwischen denen
Lymphkdrperchen oder wirkliche Oeffnungen znm
Vorschein kommen. Die interfascicularen Rfinme
der Lungenpleuramatrix vermitteln natflrlich dieVer
bindung dieser Stomata mit dem subpleuralen Lymph-
gefitesnetze. Erfolgt die Ausdehnung der Lunge
beim Inspiriren, dann mtlssen die Stomata an der
Lungenoberflflche erfiffnet werden , gleichwie die in-
terfascicularen R&ume , und der Inhalt der Pleun-
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48 T h e i 1 e , das LymphgefSaaayBtem.
hOhle , der die Stomata paaairen kann , wird in die
Lymphgef&sse eindringen. Beim Exapiriren d&gegen
nnterliegt dieser gauze LymphgefAaaapparat dem
Drucke und aein Inhalt wird aich in die Vasa efferen-
tia entleeren mtlaaen, die in den Ligamenta pulmonis
nach den Bronchialdrilsen verlaufen.
Die Bronchien, znmal die grflaaem und mittlera,
ftthren im umhtlllenden Bindegewebe mehrfache
LymphgefA&ae , die netzfOrmig unter einander ver-
bunden aind und grOaatentheila nach der Achse der
Bronchien verlaufen. Diese Peribronchiallymph-
ge fosse erhalten die Lymphe aua den Lymphrkumen
dea muskularen und dea aubmukOaen Gewebea der
Bronchien, and sie anastomosiren auch mit den Peri-
vascularlymphgefhssen, die mit den grossen Gefeaaen
verlaufen. Die Mehrzahl der Peribronchiallymph-
geftase befindet sich aber an jener Seite der Bron-
ehien, die den Lungenarterienilsten zugekehrt ist.
Eigenthtlmliche Gebilde kommen dann bei Meer-
achweinchen an den kleinen Bronchien vor. In der
Wandung von PeribronchiallymphgefAsaen, und zwar
auf jener dem Bronchus zugekehrten Seite, aitzen
n&mlich sph&rische oder Ungliche oder sterafdrmige
Anh&ufungen adenoider Substanz , deren Hftufigkeit
und deren Grftsae in verachiedenen Lungenpartien
demWechsel nnterliegt. SiebeBtehen aua einem fein-
faserigen Reticulum , in desaen Maachen Lymphkflr-
perchen atecken, und die grOaaem Anhftufungen aind
auch mit Blutcapillaren auageatattet ; ea aind mit
einem Worte vollat&ndige Lymphfollikel. Klein hat
sioh davon ilberzeugt, daas dieae adenoiden Bildungen
wirklich in der Wandung von Lymphgeffcsaen ent-
atehen und daas sie beim Grdsserwerden in die
Lymphgefta8h5hle hineinragen, bis zuletzt ein Lymph-
ainus oder ein Lymphraum in halbmondformiger Ge-
stalt nm den Perilymphfollikel sich herumzieht. Dieae
Follikel dringen am Bronchus bis zur Muskelhaut,
ja BelbBt durch dieae hindurch bis zur eigentlichen
Mucosa vor. Sie verhalten aich ganz fthnlich zu den
Wandungen der Bronchien, wie die Lymphfollikel in
andern Schleimh&uten , namentlicb in den Tonsillen
und im Darme. (Bei Kaninchen finden aich auch
Lymphfollikel in den Bronchial wandungen , jedoch
aeltener ; anch haben aie hier ein weniger featea
Qefflge, ala beim Meerachweinchen.)
Beim Hunde , beim Meerachweinchen , am deut-
lichsten aber beim Kaninchen kommt in der Bron-
chialschleimhant zwiachen den gewOhnlichen Epithel-
zellen noch eine andere Art von Zellen vor: aie
haben einen kleinem Zellkorper, aind weniger durch-
sichtig, ihr kleinererKern firbt aich intensiver durch
HAmatoxylin , und von ihnen verlftuft ein Foitaatz
nach der freien Flftche der Epithelschicht, ein anderer
Fortaatz , der sich auch wohl zuletzt theilt , in die
Tiefe zum Bindegewebe der Mucosa. Klein erach-
tet dieae Zellen fhr interepitheliale Bindegewebazellen,
ftir Elemente einea paeudoatomatoaen Gewebea. Ihre
Anweaenheit maclit ea verat&ndlich, dasaSikorsky,
ala er bei lebenden Hunden oder Katzen cartnin-
aauroa Ammonium in die Luftwege injicirte , den
Carmin in den Lymphrftnmen der SehWmhaot anf-
finden konnte.
Die grOasern wie die kleinern Aeste derLungen-
arterie enthalten im umhtlllenden Bindegewebe peri-
vasculare Lymphrdumc und Lymphgefdsse : in den
grflasem aind die Lymphgeftsse vorherrachend , in
den kleinern die Lymphrftume. Die kleinern Gefites-
Aatchen, zumal die Lungenvenenftatchen , werden
theilweise durch dieses Lymphgefossnetz umscheidet
Freilich ist diese perivaaculare Lymphgefkssentwick-
lung an gewOhnlichen Prftparaten kaum zu erkenuen ;
am beaten untersucht man sie bei Meerachweinchen,
bei denen ktlnatliche Tuberkuloae hervorgernfen
wurde, wobei eine Auadehnung der Lymphraume
eintritt. — Die Lungenalveolen aind von einem aua
Rflhrchen und Lacunen bestehenden Lymphgeftaa-
netze umgeben, wie bereita Sikorsky nachgewie-
sen hat ; aua dieaen interalveolaren Netzen gelangt
die Lymphe in jene LymphgefUsae , die anch an den
feinsten Aeatchen der Lungenarterie und derLungen-
venen angetroffen werden. — Die Vasa efferentia
aua den perivascularen LymphgefAaanetzen begeben
sich zu den Drflsen an der Lungenwurzel.
Einen Beitrag zur Anatomic der kleineren
Lymphgefdsse lieferte Prof. W. Flemming (Arch,
f. mikroskop. Anat. XII. 3. p. 507 — 612. 1876)
nach Unterauchnngen an Kaninchen, die sich in
gleicherWeiae bei Meerschweinchen best&tigten. Die
Lanze einea Injektionsapparatea wnrde von innen
her in die Cutis eingeschoben , ao daas letztere in
Spannung gehoben wnrde , und nun wurde farbloee
Leimmaase injicirt ; die gleiche Injektion wurde aber
sogleich noch an verschiedenen andern benachbarten
Stellen wiederholt, indem die anagezogene Lanze von
Neuem eingeatochen wurde. Dabei gelang ea viel-
fach, an den verachiedensten KOrperetellen einen
Theil des cutanen Lymphgeftsanetzea und von die-
aem aua subcutane grOaaere Lymphrflhren zu fallen.
Dieae LymphrOhren verlaufen theils mit dem
Gefasa- und Nerventraktua, theils anch iaolirt. An
jenen mit den BlutrOhren verlaufenden zeigt aich nor
zuweilen eine gabelige Theilung ; niemals aber war-
den innerhalb des Snbcutangewebea weitere Thei-
lungen beobachtet, aua denen die Deutnng entnom-
men werden dttrfte, daaa diese Lymphbahnen ana
dem Fette und aos dem Bindegewebe dea aubcutanen
Stratuma Zufluss empfangen. Die Lymphgeftsse
ziehen ohne Verzweigungen aua den Cutianetzen in
den Hautmuakel, bezdgiich in die unterliegende Mns-
kulatur und deren Interstitialgewebe. Somit hat es
den Anachein , daaa der Gewebaaaft dea snbcutanen
Stratuma aeinen Abflusa nicht direkt in Lympbge-
fkBse nimmt, aondern in die Gewebsltlcken der Cotta
oder der MuBkeln und ihrer Faacien, oder auch nach
beiden Seiten zngleich vordringt und durch die
Lymphcapillarnetze dieser Theile aufgenommen
wird.
Jene unver&stelten aubcutanen LymphrOhren
haben zum geringeren Theile noch den Ban von Ca-
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Tbeile, das Lymphgeffc*»jyetem.
piUam, mdam tea bios *m einem Endothdrohre be-
stahe* ; der gritesere Theil dereelben jedocb beshzt
weitere Wandbsstandtheile. Die grfiesten sind mit
einer kriftigen Ringmuskellage und elner schwachen
Adventitia versehen, gleicli den gewdhniichen Lymph-
geffcaseu ; an den kieinem dagegen zeigt sich die erst
beginnende Bildung einer Muscularis. Man beeb-
aohtet nilmlich Muakelspindeln, bald einzeln, bald zu
2 oder 3 gruppirt, in alien moglichen sehiefen, queren
und gewundenen Richtungen um das Endothelrohr
herangesehlungen , so dass diess wie von einem
zierlichen Korbwerke umSochten wird. Viele dieser
Faaern sind ohne Weiteres durch ihre Form ilber-
haupt, durch ihre soharfe Contourirung, ihren Glanz
and ilire Tingirbarkeit ais Muakelspindeln erkenn-
bar ; daneben kommen indessen auch solche vor, die
in der Tingirbarkeit und scharfen Contourirung mit
jenen flbereinstimmen, dabei aber sich dreifach oder
selbst vierfach ver&steln. An Uebergkngen von die-
aer lockern Form der Muscularis zu der gewohnlichen
Fonn dereelben fehlt es nicht. Man trifift Lymph-
rflhres, wo die Fasern stellenweise auch noch korb-
iormig angeordnet, aber schon dichter gruppirt sind,
an immer zaldreicheren Stellen aber auch den queren
Verlauf annehmen , bis zuletzt eine nnunterbrocbeoe
Ringfasersckicht da ist.
Den engern Zusammenhang des Fettgewebes
mit dem Lymphgefisssysteme nach Klein ’ s Auf-
fassnng stellt Flemming (ebend. p. 560) ganz
enteotneden in Abrede. Die im subcutauen fetthal-
tigen Gewebe verkammeadao Lymphgef&sse gehen
nur durch dieses Gewebe hinduroh , ohne darin zu
wrada
Ueber das Lymphsystsm des Rodens hat Dr,
Gerster (Ztschr. f. Anat. u. Entwicklungsgeecb.
1876. II. 1 u. 2. p. 36 — 53) im pathologischen In-
stitute des Prof. Langhans in Bern Untersuchun-
gen angestel.lt. In die in der Albuginea verlaufen-
den, leicht erkennbaren Lymphgef&sse wurden Ein-
stichsmj ektionen mit Berlinerblau unter ganz geringem
Drucke ausgefllhrt ; von Injektionen unmittelbar in
das Hodenparenchym wurde gftnzlich Abstand ge-
neoamen. An den Hoden grOeserer Skugethiere
(Stier, Widder , Reh) fllllten sich die Lymphgef&sse
leicht , w&hrend an einem Pferdehoden nor an ein-
Eehaen Stellen kurze Lymphgeftlasstrecken hervor-
traten. Am menschlichen Hoden wurde das ge-
wlinschte Ziel erst erreicht, nachdem anmehr als ein
Dntsend dieser Organe vergeblich Injektionsversnehe
gemacht worden waren.
Der Verlauf der Lymphgefkase in den verechie-
denen Hodenarten ist wesentlich der gleiche. In der
Albuginea verlaufen klcinere und grOssere Lymph-
gef&sse, die aus einem in lockerem Bindegewebe
(A. Cooper’s Tunica vasculosa) enthaltenen
Lympbgefkssnetze kommen. Die grbsseren Stkmme
dieses Netties kommen aus den Septa des Hoden-
parenchyms, die schmilleru Geiksse aus dem zwischen
Med. Jatebt*. Bd. 172. Hft. 1.
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82
den Septa befindliohen Hodenparenebym. Jeae
grdaseren Stftmroe folgen dem Verlaufe der Sspts,
ein-langmaachigesNetz bildend, das stellenweise, be-
senders an den Knotenpunkten, ein weiteres Kaliber
besitzt, sie verlanfen streckenweise ohne Verzwei-
gungen, entsenden aber dann wieder plotzlieh
wahren Knkuel von Aesten in das umgebende Ge-
webe.
Die eigentlichen Lymphoapillaren, die nameat-
liol) von Mlhalkovics ganz in Abrede gestellt
warden, bUden ein reiches Netz um die Samenkankl-
chen ; sie tlbertreffen in den Septa den Durchmesser
der Sameu kan& lehen , in den Lkppchen dagegen er-
reichen sie selten einen solclien Durchmesser, ja sfe
verschiukleru sich bier wohl bis zum Umfange der
Blutc&pillaren. Die Maschen des Lymphcapiltar-
netzes kbnnen selbst mekrere Sameukanftlohen um-
schliessen; weit enger siud seine Maschen um die
Blutgefksse henun.
Die Lympligefisse der grdssern Sfiugethiere und
des Mensclien sind im Allgemeiuen gleichmkssig cy-
lindrisch , nicht bauchig oder rosenkranzartig ; auch
die Knotenpuukte sind nicht auffallend dicker. Melir
unregelmkssig gestaltet erscheinen die Lymphge-
fksse im Huudehoden.
Der Hode hat also nach G e r s t e r ein Lympli-
geftsssystem mit geschlossenen Wandnngen, wfth-
rend Ludwig und Toms* und neuerdings M i -
halkovics die Lymphgefhsse der Septa und do*
Albuginea direkt ans den Zwischenrftumen zwisehen
den Samenkanklchen hervorgehen lassen. Doch wiH
G. nicht die Mdgliohkeit in Abrede stellen, dass die-
ses Lymphgefksssystem durch seine Poren mit den
Bindegewehsspalten commuaicirt.
Mit der Untereuchung der Lympltgef&ase der
Knochen hat sich Dr. Albrecht Budge (Arch.
i. mikroskop. Anat. XLII. 1. p. 87 — 94. 1876) be-
schfiftigt. Es gelang ihm, in den feinsten Havers' -
schen KanUlchen frischer und uyicirter Knochen der
Katze stellenweise das Vorhandensein ernes doppet-
ten Endothelrohrs festzustelien. Dieser Befund durfte
zu der Annahme perivascularer Lymphr&nme ftlbren,
die tibrigens R a u b e r (Eiasticit&t und Festigkeit der
Knochen) bereits mit Bestimmtheit in den Havers' -
schen Kan&lchen annimmt. Die supponirten Lymph-
wege in den Knochen von der Markbdhle her mittefe
Berlinerblau zu Mien, wollte Budge nicht gelingen.
Bessera Erfolg erzielte er von Einstichin|ektioneii
in das Periost der Knochen von Kalbs- und Knh-
fQsseu. Die periostalen Lymphgefksse hatte Budge
tibrigens bereits anderthalb J&hre frtlher bei Prof.
Schwalbe gesehen: sie bilden, zumal in den
iussern Lagen des Periost, ein weit verzweigtes
Netz, das aus mehreren Lagen besteht und sich
Uberall eng an dieJBlutgefkaae ansohliesst. Von den
in das Periost sich einsenkenden Sehnen ans gelang
die Anfttllnng der periostalen LymphgeStsae am
Mittelfussknoohen am beaten. Als dann das Perioat
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90
Theile, das Lymphgefasssysteia.
bei gutgelungenen derarttgen Injektkmen der Lyuiph-
geflbise sorgftdtig entfernt wurde, zeigten aich an
dem blosgelegten Knochen einzelne mit dem Parb-
artoffe tingirte Punkte, scbon mit blosem Auge er-
kennbar und noch besser mit der Lupe. Diese
tingirten Pttnktchen erwiesen sich aber als Knochen-
hdhlen , die sich mitsammt iliren Auslftufem mit In-
jektion8ma«8e geftlllt batten. Dabei waren in deu
/7aeer*’schen Kan&len perivasculare Rftume in Folge
der Einstichinjektion geftlllt , die mit den Knochen-
hOhlen dnrcli deren Aualkufer in Znsammenhang
standen. In den grbssem Haverx'schen Kanblen
waren anch eigene Lympligefoase mit besondem
Wandungen wahrzuuehmen, die von den periostalen
Lymphbabnen aus direkt in den Knochen eindrangen ;
dieeelben waren scbon mit blosem Auge und noch
beaser mit der Lonpe zn erkennen.
Diese Befunde glaubt Budge dabin deuten zu
dttrfen , dass wkhrend des Lebena in den AusliLufern
der KnochenhtJhleu Cirkulation der Lymphe statt-
findet. Die Lympliwurzeln der Knochen liegen ge-
wissermaassen in den Knocbenbdblen ; durch deren
Aualft ufer communiciren sie mit perivascularen R&u-
men , die wiederum mit den periostalen Lyinphge-
fkssen in Zusammenbang stehen.
Die Budge ’scbe Mittheilung bestimmte Prof.
G. Schwalbe (Ztschr. f. Anat. u. Entwickelungs-
gescb. II. 1 u. 2. p. 131 — 142. 1876), die Ergeb-
ttisse seiner scbon linger unteruommenen , jedocb
noch nioht abgescblossenen Untersucbupgen ttber die
Lymphgefiisse der Knochen vorlauflg aucb schon zu
verdffentlichen.
An ausgewacbsenen Rtihrenknochen bestebt das
Periost aus 2 durch ein lockeres spaltenreiches Binde-
gewebe verbundenen und deBbalb durch Preparation
ron eiuander trennbaren Lagen oder Schicbten. Die
innere, an longitndin&l verlaufenden elastischeuFasem
reicheSchicht haftet zwar vielfilltig fest am Knochen,
lSsst sich aber an andem Stellen auch leicht von der
Knochenoberd&che abziehen , und bier erscheinen
dann die Fl&chen des Knochens und des Periosts
glatt. Mit andem Worten , es existiren svbperio-
ftale Raume , die zumal dort aofgefunden werden,
wo sich Mnskelfasera direkt an der Oberflache
der Kuocbenhant inseriren. Einstichinjektionen mit
Berlinerblau , mit Alkannin-Terpentin , die in die
inssere Schicht des Periost oder in das loekere
Bindegewebe zwischen beiden Periostlamellen ge-
macht werden, dringen nie durch die innere elastische
Lamelle vor ; wohl aber fttllen sich dadnrch manch-
mal ganz rasch supraperioetale Lymphpefdtse , die
auf der Aussenflache der aussern Periostlamelle ver-
laufen. Wird dagegen die feinste StichkanUle in
subperiostale Hitume eingefubrt, so verbreitet sich die
injicirte Fltissigkeit nnr in geriuger Strecke unter
dem Periost, falls man nicbt etwa an Knochen klei-
iierer Thiere mit grOsseren Spaltriluiuen operirt, die
Fltissigkeit dringt aber nach innen in den Knochen
vor , besonders aber verbreitet sie sioh nach aussen
durch zahlreiohe feine S pal ten der innen Periost-
schicht, sowie in den Maschenritamen der Binde-
gewebsschicht zwischen beiden Periostschichten, und
in manchen Fallen eireicht sie schltlsslich much sub-
periostale [supraperiostale? Kef.] Lymphgefiaae.
Es iinden sich somit wirkliche Lyinph^e/dAM nur an
der Oberflache des Periost, wahrend die Verbindungs-
schicht der beiden Periostlagen ein System von Spal-
ten enthalt , die nach aussen mit echten Lymphge-
fassen , nach innen mit den subperiostaien Kaumen
communiciren. Anch liess sich beim Kaninchen an
Femnr und Tibia , subperiostaien Kaumen eutspre-
chend, an der Di&physenilache eine continuirliehe
Endothelauskleidung durch Versilberung mit Sicher-
heit uachweisen, weniger sicher freilich an der Lnnen-
flache der zugehdrigen innem Periostschicht. Die
Osteoblasten sind nach dem AufhOren der ossifika-
torischen Thatigkeit Endothelzeilen geworden.
In der compakten Substanz der Knochendia-
physen sind vou 2 Seiten her durch Stichinjektioa
Wege darlegbar , die als Lymphbabnen geiteu mtta-
sen. Bei der Injektion in subperiostale Raume
dringt die Fltissigkeit mehr oder weniger weit in die
compakte Substanz hinein , nach dem Verlaofe der
Havers’schen Kanalchen; es f&lleu sich aber nicht
etwa Blutgefbase, denn die Gef&sse im Periost bleiben
ungefllllt, sondern perivasculare Lymphbabnen, was
man besonders deutlich dann erkennen kann, wenn
die Injektion der Blutgefasse durch eine auders ge-
fkrbte Masse der Stichinjektion in subperiostale
Raume vorausgeschickt wurde. — Sodann Lassen
sich auch von den perimyelaren Raumeu
(Schwalbe) aus Lymphbahnen in der compakten
Substanz nachweisen. In den Kdhrenknochen n*m -
lich befinden sich zwisehen dem gelben Knochen-
marke der Diapliyse u. der eutsprechenden Knochen-
rinde ahnliche Raume, wie zwischen der innem
Periostschicht und der Aussenflache der Diaphyse,
und ganz ahnliche Raume existireu auch zwischen
der knftchemen Wandung des Canalis uutritiua und
dessen strangftSrmigem Inhalte, der aus Arterie,
Vene , Nerv und fetthaltigem Bindegewebe besteht.
Diese Kaome, die allerdingB nnr am entwickelten
oder vollendeten Kdhrenknochen nachweisbar sind,
bezeichnet Schwalbe als perimyelare ; durch Ver-
silberung will er wenigstens z wischendurch deutliche
Anzeiclien eines darin befindlichen Endothels erhalten
baben. Bei umsichtiger Injektion der perimyelaren
Raume zwischen Mark und Knochen trat die Injek-
tionsmasse an verschiedenen Stellen der Knochen
oberflache aus, sie folgte aber, wie die genauere Unter-
snchung lehrte, dem Laufe der Blntgefhsse in B&huen,
die sich als perivasculare herausstellten. Somit steht
das System der perimyelare u Raume durch peri-
vasculare Bahnen mit den periostalen Lymphbahnen
in Zusammenliang. Auch durch festes Einlegen
einer feinen KauQle in deu Emaiirungskanal (Tibia
des Pferdes) zwischen Gefassstrang und Knochen ge-
lang es, Theile des perimyelaren Systems und an
grenzende perivasculare Bahnen zu injioiron.
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Theile, dm* Lyrophgefilsssystem.
91
Fflr die Schftdelknochen geht Schwalbe von
der Voranssetznng an* , dass in den kleinen Mark-
rftnmen der Diploe ganz sicker perivasculare Lymph-
bahnen enthalten Bind , von denen die Gefftsse der
Schftdelknochen nmscheidet werden. Injektionsmas-
sen kOnnen von innen und von aussen her in die-
selben eindringen. Bei Einstichinjektionen zwischen
Dnra-mater nnd Schftdeldach dringt allerdings die
Masse hanptsftchlich anf der Innenfl&che der Dura-
mater hervor, doch verbreitet sie sich gewfihnlich,
jedoch nicht in alien Fftllen, auch mehr odor weniger
weit in perivascnlaren Bahnen der Knochen, obwohl
sie allerdings nicht bis anf die auesere Fldche des
Schftdeldachs gelangt. Ebenso dringt Injektions-
masse in die Knochen an der Schftdelbasis , wenn
hier der Einstich in das den Knochen genau adhft-
rirende Duragewebe gemacht wird. Andereraeits ist
es Schwalbe an der menschiichen Scliftdeldecke
wirklich gelnngen, durch Injektionen, die vollstftndig
tmUr dem Epicrcmium stattfanden , nicht nur peri-
vascalftre Rftnme im Parietale, Occipital e nnd Fron-
tale zn fftllen , sondern anch den Dnrchtritt der inji-
cirten Flftssigkeit in den Raum zwischen Dura-mater
nnd Schftdeldach zu beobachten , znmal wenn der
Einstich nahe der Pfeilnaht stattfand. Bei niedern
Wirbelthieren (Knochenfische , Salamandra) genttgt
aber sehon die Einstichinjektion nnter die Hant des
Schftdeldaches in der Stim- , Scheitel- oder Hinter-
hauptsgegend, urn die injicirte Flftssigkeit dnrch das
Schftdeldach hindnrch ins Innere des Cavnm cranii
vorgerflckt zu finden.
Es bestehen also beim Menschen und bei den
Sftngethieren Einrichtungen , welche eine Communi-
kation der anf der ftnssern Seite des Schftdels be-
findlichen Lymphe mit jener im Innern des Schftdels
befindlichen dnrch verschiedene Spaltrftnme gestatten,
Behwieriger dagegen eine Commnnikation in ent-
gegengesetzter Richtnng.
II. Phyeiologisches.
Im physiologischen Institute zn Leipzig hat K.
A. Lesser (Berichte flber die Verh. d. k. s. Ges.
d. Wise, zn Leipzig VI. VII. 1872. S. 590 — 616)
experimentelle Untersuchtmgen fiber LymphabfluM
mu> dem Duetw thorac. bei Httnden unternommen.
Zn den Versnchen dienten stark e , wo mSgllch jnn-
gere Hnnde (deren Gewicht zwtochen 22 und 63 Pfd.
schwankte) , denen seit wenigstens 24 8td. die Nahrung
entzogen worden war , um blose KSrperlymphe ohne Bel-
mengung von Darmlyrophe zn erhalten. Waren Ble dnrch
miaaige Mengen Curare in vollstandige Muskellahmang
▼eraetzt , dann wurde andauernde kunstliche Respiration
bei ihnen hergestellt, hierauf aber der Ductus thoracicus
an der Einmftndnng in die Jugularvene autgesucht upd
mit einer Giaskanfile versehen , nm die auafliessende
Lymphe aammeln zn kdnnen. Bei einer gewissen Anzahl
von Verauchsthieren , die wahrend des Versuchs , abge-
sehen von den respiratorischen Bewegungen, ganz be-
wegnngsloa dalagen, wurde die Lymphe meistens bis znm
Etntritte dee Todes gesammnlt, der ISngstens 7 Std. nach
Beginn dee Lymphabflussee einzntreten pflegte.
Bei der Mehrzahl der Hnnde entleerte sich 0.6
Cetmtr. Lymphe in der Minute, welche Menge jedoch
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nicht fftr die game Daner des Versuchs gleich Mleb.
In einzelnen Fallen stellte es sich flbrigens ganz
deutlich heraus , dass die Geschwindigkeit des Ab-
flnsses vom Beginne des Versuchs an bis zu deasen
Beendignng allm&lig fortschreitend abnahm. — In
2 Fftllen dauerte der Lymphabflnss, nachdem bereits
Herztod eingetreten war, 69Minuten lang annfthernd
noch mit der gleichen Geschwindigkeit fort, wie
knrz vor dem Anfhftren der Herzthfttigkeit. Da in
diesen beiden Fftllen keine Anhftnfung von FlflBsig-
keit innerhalb der Stftmme vor dem Tode stattge-
fnnden haben konnte , so scheint die Annahme be-
rechtigt, dass die Flftssigkeit ans den Geweben in
die Lymphgefasse ttbergetrieben wurde.
In einer andern Versnchsreihe blieben die Hnnde
nicht w&hrend der ganzen Versnchsdauer in der
regungslosen Lage , sondern zwischendnrch wnrden
die Gelenke der Hinterbeine abwechselnd gestreckt
nnd gebeugt, oder es wnrde ein wiederholter Drunk
anf die Banchwandnngen ansgefibt. Diesen inter-
currenten passiven Bewegungen entsprach jedesmal
dentlich genug ein rascherer Lymphabflnss. In ver-
schiedenen Verauchen schwankte die Differenz der
Lymphmengen in der Zeiteinheit von 1 : 1.2 bis
1 : 5.7. Auch anf die Qualit&t der abfliessenden
Lymphe waren jene passiven Bewegungen nicht
ganz ohne Einfluss ; sie zeigte sich weniger gctrflbt,
ala jene, die zur Zeit des regungslosen Daliegens
abfloss.
Beim andanernden Abzapfen der Lymphe ver-
fielen die Thiere nach mehreren Stunden dem Tode,
anscheinend lediglich in Folge dieser Lymphentlee-
rung. Wird die Blutmenge der Hunde zu 7.7 °/ #
des Kftrpergewichts angenommen, so trat in 5 Ver-
snchen, wo die Thiere wfthrend der ganzen Ver-
snchsdauer regnngslos dalagen , der Tod ein , nach-
dem die abgeflossene Lymphmenge 8.1 — 15.4 —
17.1 — 22.8— 23.2°/ 0 der hypothetischen Blutmenge
erreicht hatte. Doch kam anch ein Fall vor , wo
die abgeflossene Lymphmenge 26°/o der hypotheti-
schen Blntmenge betrng, ohne dass der Hnnd erlag.
Sodann schien bei jenen Hunden , die zwiBcbendnrch
passiven Bewegungen erlitten , der Tod erst naek
Abflnss grflsserer Lymphmengen einzutreten.
Dem Abflnsse so grosser Lymphmengen ent-
spricht flbrigens eine verftnderte Zusammensetzurrg
des Bints der VersnchBthiere. In 4 Fftllen , wo ein
vor Beginn des Versuchs entleertes Blntqnantnm nut
einer andern im Verlaufe des Versuchs gewonnenen
Blntprobe verglichen werden konnte, besassen die
wfthrend des Lymphabflnsses gesammelten Blnt-
proben sehr entschieden eine grflesere Fftrbekraft.
Dr. H. Emminghans in Wttrzburg (Arch. d.
Heilk. XV. 3 u. 4. p. 307 — 342. 1874) lieferte
eine historische Zusammenstellnng der neuern Unter-
suchnngen fiber Abtonderung und Bewegung der
Lymphe :
No 1 1 (Stromlauf to den Saugadern am TnmcnB cer-
vicalis d. Hundes) ; W. Krause (Lymph system am Hake
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92
Tfceile, da* Lyniphgf;filsa*ystem.
dw MnAe»); 8chwawda (desgleiahaB) ; Weiss (Hate-
lymphgefasse and Brustgang junger Pferde); To ms a.
(Lymphgefasso am Hoden und an der Schnarze dee Hun-
des) ; Ludwig und Schweigger-Seidel (permeable
serOse Hints , LympbgefSsse der Faseien nnd Sehnen) ;
Kanvier (Eraeugung von Oedemen); Oenersieh (der-
Lympbstrom) ; H. Nasse (Lymphbildung und Lymph-
strSmung) ; Lesser (Lympbabfluss aus dem Ductus tho-
racicus des Hnndes) ; Paschutin (Absondcrung der
Lymphe am Arme des Hundes).
Von einer neuen Seite aber ist die Abhangiykeit
der Lymphabtondentng vorn BluMrome (Arbeiten
aw der physiolog. Anstalt zu Leipzig. Jshrg. 1873.
p. 61 — 102) durch Dr. H. Emminghaus sekwt.
in An griff genommen worden. Wenn Paschutin
die Vorderpfote des Hnndes zu seinen Versuchen er*
wihlte, so hat E. hierzu der Hinterpfote den Vorzug
gegeben , deren Gefitseverhtlltnisse er znnichst er*
liutert und bildlich darstellt. Nur grosse Thiere
konnten zu den Versuchen genommen werden , urn
eh weites Lymphgefitss mit ausreiehendem Lymph-
inhalte sum Einftthren der Kanttie zur Verfttgung zu
haben.
Die Thiere wurden mebrere Tage vor der Beuutsung-
reichlich mit Fleisob und Brod gefuttert, sodann vor dem
Aufsucben des Lymphgcfasses durch F.inspritzen von
Opiumtinktur in die V. jngnl. int. in annShernd gleicher
Wdse narkotisirt. Das grbssere von den beiden Lymph-
gefimsen, die neben der V. saph. parva verlaufen, wurdo
dazu erwiUilt , die Metsllkanule einzuschieben , womlt ein
kniefortniges Glasrdhrchen inVerbindung stand. War die
Kanttie in das Gefass cingebunden , so wurde der Fuss
nach Ablauf einer bestimmten Zeit mit der Hand sorg-
taltig , und swar so lange gepresst, bis sein Gehalt an
Lymphe, die durch die eingebundene Kaniile abfloes, volt*
stand ig erschSpft war. (Nur beim ersten Versuche ist an-
gegeben , dass die Pfote gepresst und zugleich auch l tings
des Verlaufs der Lymph gef tine gestrichen wurde.)
An 16 geeigneten Hunden wurde unter ver*
sehiedenartig modificirten Verhaltnissen experimen-
tirt. Diese 15 Versuchsreihen sind am Schlusse der
Abhandlung unter Angabe der jeweiligen erhaltenen
Werthe voilst&ndig mitgetheilt. Die Aufg&be des
Experimentators musste dab in gehen, bei dem uim-
iichen Thiere abgettnderte Bedingungen des Experi-
ments herzustellen , und die Menge , vielleicht auch
die Zusammensetzung der in der Zeiteinheit au sprees -
haren, der Pfote entstammenden Lympbe vergleiobend
festznstellen.
1) Die schon durch Paschutin erkannte That-
aache, dass die Geschwindigkeit des Lymphs tromes,
<L h. die Menge der in der Zeiteinheit durch Aus-
pres sen erhkltlichen Lymphe , urn so mehr abniment,
je dfter die kdnstliche Entleerung vor genommen wird,
{sad vollkommene Bestittigung bei den mit Opium
narkotisirten Thieren. Wurde nimlich, &ls die Ka-
ntile einfaeh in das Lymphgefilss eingelegt worden
war , die Beobachtiyig eine voile Stunde hindurch in
der Weise fortgefllhrt , dass die Pfote alle 5 Min.
durch Druck ausgepresst and die durch 2 Auspres-
sungen in je 10 Min. austretende Lymphmonge be-
stimmt wurde, so ergabeu sich bei 5 Yersuchsthieren
{Ur die auf einander folgenden 6 Zeiteinheiten fol-
gende im AUgemeinen immer mehr abnebraende Ab-
twemeugen, in Cubikcentimetern ausgedrttckt :
l.
2.
S.
4.
6.
1) 1—10 Min.
1.4
0.9
0.6
1.2
0.8
2) 11—20
n
0.4
0.7
0.4
0.8
0.4
3) 21 — 30
n
0.1
0.6
0.3
0.6
0.5
4) SI— 40
*
0.3
0.6
0.2
0.*
0.3
6) 41—60
*»
0.3
0.3
0.2
0.6
0.1
6) 61—60
0.1
0.3
0.1
0.4
0.16
2) Ferner besthtigte sich auch eine andere am
Lymphstrome der Gliedmaassen bereits beobaofatete
Thatsache. Bleibt die Pfote des Hundes unit der in
das Lympbgefllas eingeftthrten Kanttie in horizontaler
Lage ruhig sich selbst ttberl&ssen , so tritt fflr ge-
wdhnlich nicht die geringste Lymphmenge aus der
Kanttie hervor. So ergab sicli gleich beim ersten
Verenche Folgendes. Die Pfote wurde 30 Min. hin-
durch in Rulie gelassen und es trat keine Lymphe
hervor, with rend doch hierauf durch zwei innerhalb
6 Min. wiederholte Auspressnngen der Pfote 0.6
C.-Ctmtr. Lymphe entleert wurden. Nun nnterblieb
das Ausdrttcken wiederum 15 Min. lang und wtthrend
dieser ganzen Zeit stockte der Ansflusa wieder voll-
atkndig. Es fehlt also in der ruhendeu Pfote der
Austoss zur Fortbewegung jener in den Lymph-
bahnanfhngen vorliandenen Lymphe. Ungeachtet
dieser Stookung des Abflnsses ist aber dooh eine
Odematdse Anschwellnng der Pfote nicht wahrnehm-
bar.
3) Wenn ferner Paschutin fand, dass die
aktive Congestion , weiche der Duichschneidong der
Gefhssnerven der Pfote zu foigen pflegt , keine Ver-
mehrung der Lymphabsondenmg zur Folge hat , so
lieferten auch die gegenwttrtigen Versuche nur Be-
stiltigungen dieser Angabe. Um die L&hmung der
Arterienmuskeln zu erzeugen , wurde dem zum Ver-
snche vorbereiteten Hunde der Nervns iscliiadicos
durchschuitten (auch wohl der Nervus tibialis nnd
peroneus) , was ein Witrmerwerden der Pfote , in
gttnstigen Fallen auch wohl das Eintreten von Pol-
sationen in den Arteriae digitales zur Folge hatte.
Beispielsweise wurden dann bei dem zum 12. Ver-
suche benutzten Hunde folgende Werthe erhalten.
Bei dem dttrch Opium beriiubten Thiere wurden in
je 10 Min. durch zweimaliges Ausdrttcken der Pfote
0.4 — 0.34 — 0.45 Cctmtr. Lymphe gewonnen, und
als der Ischiadicns durchschnitteu worden war , be-
trngen die ebenialls durch zweimaliges Ausdrttcken
innerhalb je 10 Min. gesammelten Lymphmengen
0.3-0.2—0.25-0.25 — 0.2 — 0.25 Cubikccnti-
meter.
4) Werden nach vorausgegangener Durchschnei-
dung des Ischiadicns s&mmtliche abfflhrende Venen
der Pfote unterbunden, so bildet sich Oedem, das bis
zu bedeutender Httrte des geschwellten Gliedes an-
wachsen kann, und in Betreff des LymplistromeB
treten folgende Aenderungen em :
a) Unmittelbar nach erfolgtem Verschlusse der
Venen fiiesst in der Zeiteinheit beim Auspressen der
Pfote mehr Lymphe ab , und vergleicht man die den
snccessiven Aospressungen entsprechenden Lymph-
aengen, so ertellt sich eher eine Zunahme als eine
Abnahme hears us. So warden beim 12. durth Opium
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Thelle, das LympbgefftsasyMelnl
bMMbten Versucbsthtere, nach Dnrehschneidnng des
I schi adieus , in je 10 Min. dureh zweimaliges Am-
drflchen 0.3—0.2—0.25—0.25—0.2—0.26 Cub.-
Ctmtr. Lymphe geeammelt , nach Unterbindung der
Venen aber betragen die nnter gleichen Verhftltmssen
gessmmelten Mengen 1.6 — 1.8 — 1.5 — 1.6 — 1.7 —
1.7 Cnbikcentiroeter.
b) Wahrend der Unterbindnng der Venen kommt
es leiclrt zn einem spontanen Abtrfipfeln der Lymphe.
c) Wabrend der Unterbindung auclcrt sich nicbt
bios die Menge, sonderu auch die Beschaffcnheit des
Ausfliessenden. Sclion nsicb der Durchschneidnng
des Lschiadicus crscheiut die vorhcr ganz klare und
farblose Fltissigkeit schwach gelblicli , und nach der
Vencnuntcrbindung zeigt sich ein verscliioden starker
Uebergang der Fiirbung in’s Rothe , bcdingt dureh
eine Beimengung rotber Blutkorperchcn, wahrschein-
licli in Folge vermchrtcr Porositat der Gclsisswftnde.
Dabei aber ist gleichwohl regelmassig der proccn-
tische Gebalt des Lymphserums an fasten Bestand-
Uieilen ein geringerer. Dcranach wlirde sicli das
Verhalten der Lymphe dahin formuliren Iassen, dass
nach der Venentinterbindung der Gehalt an aufge-
scbwemmten Bestandtheileu sich vermehrt, der Ge-
halt an aufgelOstcn Bestandtheilen dagegen sich ver-
mindert. Das berechtigt aber wieder zu dera Schlusse,
daas die Lymphe und die Blutkorpcrclicn anf ver-
schiedenen Wegen dureh die Gefasswandungcn treten,
und dass die Lymphe zum grossern Theile Poren
durchsetzt, die aus irgend einem Grunde dem Durch-
tritte des Eiweisses einen grOssern Widerstand be-
reiten, als dem Dureh tritte des Wassers.
d) Wird die Uuterbindimg der Venen , nachdem
sie eine Stunde und lauger gedauert hat , wieder ge-
loet, so hurt die Vermehrimg der Ausflussmcnge uicht
angenblicklich auf, vielmehr macht sich die Nacli-
wirkung der vorausgegangeuen Blutstauung docIi
eine Stunde oder langer geltend. Da in dem Zeit-
raume der Nach wirkung die ddematoae Anschwelluug
der Pfote zu verschwinden pflegt , so hat man wobl
anzunehmen , daas die grdssere Menge der Lymphe
witbrend dieser Zeit aus dem in der Pfote angehiluf-
ten Vorratbe kerrtihrt.
6) Werden die von der Pfote kommenden Venen
insgesammt und vollst&ndig untevbnnden , ohne dass
die Dnrchschneidung des Ischiadicus vorausgegangen
ist, so tritt (2 VerBuche) kein Oedem ein und die
Lymphmenge fUr die Zeiteinheit nimmt zu , aber in
geriagerm Grade, als nachvoransgegangenerNerren-
durchschneidung.
6) Bei einem der Vereuche warden die Venen
nnterbunden und die Nerven durehschnitten , nnd es
wnrde der jetzt eintretende Lymphabflnss mif jenem
verglichen , der bei Reizung des peripherischen Ner-
ven stocks stattfand. Wfthrend der Nervenreizung
nahm die Lymphmenge ab, doch war sie immer nocb
vertAltnisamftssig reiohlich. Anf Rechnnng des dabei
aid) vermindernden Oedems allein Hess sich die
sndanernd vertnebrte Aosflnssnaenge uicht setzen.
7) Eine andere Modiikation von Vereuchea be-
stand darin , dass nach Einlegnng der Lymphkanfile
die ganze Gliedmasse behufs einer aliquoten Hem-
mung der BlutstnJmung eingesclmttrt wurde. Eine
starke Hanfschnur wurde oberlialb des Kniegelenks
nmgelegt und mittels eines Knebels zusammengezogen.
Diese Umschnlirung wirkte starker auf die Venen,
wie aus deren Schwellung zu ersehen war, als auf
die Arterien, deren Pulsation unterhalb der Uroschntt-
rung nnr gemindert sich darstellte. Es erfolgte hier-
bei jedeeraal eine Zunahme der gesammelten Lymph-
menge , etwa in dem Grade , wie bei Ligatur aller
Venen, und einige Male stellte sich ancli Oedem ein.
8o wnrden in dem einen Versuche folgende Werthe
erhalten. Bei dem einfnch dureh Opium betAubten
Thiere sammelten sich in je 10 Min. bei zweimaligem
Ausdriicken der Pfote 0.33 Cctmtr. Lymphe. Als
dann die Schnnr uniknebelt worden war, wurde
dureh zweimaliges Ausdrtlcken dor Pfote 3.0 Cctmtr.
Lymphe erhalten. Diese Menge betrug 30 Min.
spftter, nachdem sich Oedem eingestellt liatte , 2.4
Cctmtr., ond nach Ablauf fernerer 30 Min. 2.5 Cnb.-
Centimeter. Als dann die Umschniirung geldst wor-
den war , wurde in je 10 Min. dureh zweimaliges
Auspresaen 1.6 — 0.85 — 0.35— 0.35 - 0.2 — 0.1
Cctmtr. Lymphe erhalten. DieBe Versuche lehren
also , dass die Lymphmenge zunehmen kann , wenn
auch dicZufuhr des artericllen Blutes zu dem lyinph-
ab8ondemden Bezirke in erheblicher Weise gemin-
dert ist, und dass Herumungen in den venOsen Ab-
zugswegen die abfliessenden Lymphmengen stftrker
beeinflussen, als Acnderungen des arteriellen Stromes.
— Wird dann der Oberschenkel von seiner Um-
schntlrung befreit , so halt der reichlichere Lymph-
abfluss noch einige Zeit hindnrch an , das dureh die
Umschnlirung hervorgernfene Oedem aber schwindet
ziemlich rasch.
Fasst man die Resnltate der vorstehenden Ver-
snche znsammen, so dtlrfte wohl der Schhiss berech-
tigt sein , dass die Cutis und deren Fettpolster , die
doch hauptsftchlick in die Znsammensetzung der
Hnndepfote cingehen, wfthrend der ruhigen Lage,
wo das Venenblnt ohne irgend eine Behindenmg ab-
flieesen kann , nur ftusserst wenig oder vielleicht gar
keine Lymphe liefern, dass aber augenblicklieh
Lymphe ersekeint, so wie das Gleichgewicht der
Gewebstheile zu einander gestort oder der Abfhus
des Venenblutes behindert wird. Die Wirktmg einer
Behinderung des van (5 sen RUckflusses wil'd aber am
krftftigsten hervortreten, wenn der Einfluss der Ner-
ven auf die arteriellen Gefesswftude aufgehoben ist,
wenn also die zufflhrenden Gefftase erweitert sind and
grosse Mengen Blutes zuleiten.
Ueber die Gate der Hundeh/mphe hat Dr. 0.
Hammarsten (Berichte fiber d. Verhandl. d. kgl.
sftchs. Gesellsch. d. Wiss. zn Leipzig VI. VII. 1871.
p. 617 — 634) einige Untersnchnngen angeBtellt.
Die zu untersuchende Lymphe wurde von grossen
Hunden , die 86 bis 48 8td. gehnngert hatten , aus
dem Ductus thoracicus am Raise gesammelt; Me trar
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Theile, das Lymphgef&sssystem.
als eta Gemiseh ana Gliederlympbe and Darmlymphe geringere Blutmenge im Kttrper alter Thiere, ebeaso
zu betrachten. Zweimal kam aber anch eine reine die verminderte Triebkraft des Herzens nnd den
Gliederlymphe zur Untersuchung, die aus dem Lymph- dnrch die Erkrankung der GefasswAnde bedingten
stamme der vordem ExtremitAt gesammelt wurde. geringem Blutdruck ala wirksame Moment* gelten
Eta vollstAndiges Evakuiren der Lymphgase in der Lassen , immerhin wird man anch die Beschaffenheit
Qnecksilberpumpe wollte nnr dann gelingen , wenn des Bindegewebes bei alten Individnen nicht auaser
der Lymphe eine fixe S&nre zugesetzt wnrde. Die Acht lassen dflrfen. Dasselbe ist als straff zn be-
nach 8chlUsslichem Zusatze der fixen Sflurc ans den zeichnen , die darin vorkommenden Spalten werden
Lymphen gewonnenen Gase bestanden ans Kohlen- von steifem Fasem umgeben , und deslialb wird die
sXnre , Sanerstoff (?) und Stickstoff. Aus den 9 ta- bei Altern Individnen abfliessende Lymphmenge nie-
bellarisch zusammengestellten Analysen der Lymph- driger ausfallen. Da solches Bindegewebe anch mit
gase geht aber unmittelbar hervor, dass die Lymphe einer geringern ComprcssibilitAt ausgestattet ist, ao
eine ungemein kohlen sflurereiche Flflssigkeit ist, die wild dagegen in den snccessiven Zeiteinheiten das
nnr geringste Mengen von Sanerstoff oder selbst gar Absinken der gesammelten Lymphmengen nicht so
keinen Sauerstoff enthftlt, wohl aber geringe Mengen rasch erfolgen dUrfen als bei jungen Individuen. Das
Stickstoff, dcssen Werth zwischcn den fllr das Bint scheint sich fllr jenen Versuch wirklich zu bestdtigen.
nnd fttr dicSckrete gefnndenen Zahlen liegt. In alien Es betrug nttmlich der Lymphabfluss binnen 10 Min.
9 Analysen obne Ansnahme stellte sich ttbrigens der in 6 anf einander foigenden ZeitrAnmen 0.8 — 0.5 —
KoblensHnrewerth in sehr hohem Grade niedriger, 0.3— 0.3 — 0.1—0.15 Cctmtr. beim alten Hnnde,
als fttr eine menschliche Lymphe , die Hen se n eta- nnd 1.2 — 0.8 — 0.6— 0.5 — 0.5 — 0.4 Cctmtr. bei
mal anf den Gasgehalt zu unterenchen Gelegenheit einem jnngen Thiere. Genug , man wird die An-
hatte , die jedoch unter pathologisehen VerhAltnissen nahme nicht ganz unbegrflndet finden dflrfen , dass
gesammelt worden war. die verminderte Rnndnng und Ffllle der Theile, die
nns beim Marasmus entgegen tritt, zum Theit anf
III. Pathologieehes. einer Herabsetzung der Transsudation nach den
Eine nmsichtige Zusammenstellung nnd ErlAnte- Geweben beruhen mag.
rung verschiedener pathologiteher Verhaltniste in Wenn bei alten Individnen die Verminderung
Belrejf der Ah»ondrrung und der Bewegunn der der Blutmasse wahrscheinlich einen gewissen Antheil
Lymphe. hat Dr. H. Emminghaus (Arch. d. an der verminderten Lymphabsonderung hat, so er-
Heilk. XV. 5 n. 6. p. 369—403. 1874) mitge- giebt sich doch wieder ans H. Nasse’s Unter-
theilt. suchungcn, dass Blutentziehungen als solche nicht
.. . ...... . , r i schlechthin in dem nAmliclien Sinne wirken. Nasse
1) Anomahenm der Abeonderung der Lymphe. beobachtete> dass Blutentziehungen, grbssere wie
Schon nach der einfachen Beobachtung der Laien kleinere, die Lymphabsonderung steigern , voraus-
wird das Gesicht des einen oder des andern Indivi- gesetzt, dass die GerinnungsfAhigkeit der Lymphe
dnnm als „spitzig“ oder „gedunsen“ oder „aufge- nicht zunimmt; denn in diescm Falle mindert sich
8chwemmt“ bezeichnet, wodurch eine Abweichnng die Lymphabsonderung dnrch die Blntentziehung.
von jenem mittlern Normalzustande der Fttlle aus- Diese letztere Angabe Nasse’s bestAtigto sich voll-
gedrflckt werden soil , der medicinisch als normaler stAndig bei einem der dnrch E. an Hunden ausge-
Geieeb*turgor aufgefasst wird. filhrten Versuche. Bei einem Hunde wurde beim
Wenn die etagefallenen Wangen von Reconva- Dnrchschneiden des Ischiadicus ein grOsseres arteriel-
lescenten , die greisenhaften Gesichter atrophischer les Gef&ss getroffen nnd das Thier verlor ziemlich
Kinder zunAchst auf ein Darniederliegen der Ge- viel Blut; wAhrend sich aber in der ersten halben
sammtemHhrung hinweisen, so tritt nns doch sicher Stunde des Versuchs alle 5 Min. 1.3 Cctmtr. Lymphe
darin die ungenttgende Fflllung der Spalten des Un- entlecrt hatte, floss jetzt nur noch 0.55 Cctmtr. einer
terhautbindegewebes mit lymphatischer Flflssigkeit starker gerinnenden Lymphe ab.
zumeist entgegen , nnd wir dflrfen fragen , ob das > Bekanntlich kann das Gesicht eines Menschen
Etagefallensein der Theile von einer verminderten - bei besondern Einwirknngen in verhAltnissmAssig
Transsudation aus den Gefftssen herrflhrt, oder durch ! kurzer Zeit verf alien oder hohl aueeehend sich dar-
eine gesteigerte Abfuhr der Flflssigkeit zu Stande \ stellen. Angst nnd Schrecken wirken am entschie-
kommt. In Betreff dieser Frage glanbt E. einen J densten in dieser Weise. Gewisse vegetative Vor-
Versuch aus der Reihe jener, die er an der Hinter- w gAnge werden dadnrch beeinflusst: die Herzaktion
pfote von Hunden flber Lymphabsonderung oder V! wird schwach u. unregelmAssig, also die Vis a tergo
Lymphabfluss angestellt hat, herbeiziehen zu dflrfen. fa fllr die Transsudation aus den Gefassen herabgesetxt,
Dieser Versuch wurde an einem alten Thiere mit Jf^zugleich aber wird derselben anch durch die Contrak-
erkrankten GefhsswAnden vorgenommen ; im Ver-rltur der GefAssc ein Hinderniss bereitet. Denn ex-
gleiche zur Kflrpermasse lieferte dasselbe unverhAlt-Mperimentell ist es erwiesen, dass bei Reizung der va-
nissmAssig wenig Lymphe. Schwanda beobach- H somotorischen Nerven eines bestimmten Kflrperab-
tete anch bereits eta Abfliessen ge lingerer Lymph-Sschnitts die Lymphbildong dieses Abschnitts eine
mengen bei alten Hunden. Man mag hierbei die w EinschrAnkung erfAhrt , nnd durch Tom sa wiamn
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Theile, das Lymphgefksssystena.
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wir, daw die Hembsetrang der Triebkraft des Her-
zens die Abnahme , wenn nicht gar das ginzliche
Awfhdren des Lymphabflusses zur Folge hat. Die
Durchzuckung der ganzen Moskuiatur bei einwirken-
dem Schreckeu wird aber auch. zur Entleerung der
Gewebslflcken fUhren , und die gleichzeitig vorhan-
deae Geftwcontraktur wird das Zustaudekommen
eiuer neuen AnfUllung der BindegewebslUcken behin-
dert. — Bei chronischen Angstzustknden , wo in
gleicher Weise ein verfallenes biasses Aussehen be-
•baehtet wird , dttrften wohl gleichartige AnSmalien
derGefilssthfitigkeit, verbunden init Schw&chung der
Herztriebkraft, wirksam sein.
Bei der lymphadsehen Constitution (verhkltniss-
missig nnvollkommene Nerven- und Muskelfunktio-
nen, bei stftrkerer Entwicklnng des Fettgewebes) ist
ew an&mischer Zostand und tlberhaupt eine Anomalie
der Blutbildung nicht zu verkennen. Die abnorme
Fettbildnng bei derartigen Individuen dtlrfte zumeist
dafilr sprechen, denn wiederholte Blutentziehungen
ffihren liknfig genug zn Fettleibigkeit, und der Pan-
ai cuius adiposus wuchert oftmals bei Mfidchen , die
ehlorotisch sind oder an profuser Menstruation lei-
den. Eine Yerringerung der Blutmasse leistet der
Transsudation a us den Geffcssen entschieden Vor-
schnb und begttnstigt die Bildung serdser Ergllsse.
Wir wissen nun, dass fette Versuchsthiere im Yer-
gleiclie zu jenen von mittlerer Emkhrung beim Ver-
8oche weniger Lymphe liefern , und es ist bekannt,
dans bei Menschen von Bchw&chlicher lymphatischer
Constitution hydropische Absetzungen trfiger resor-
birt werden ; deshalb liegt die Yermuthung nahe,
dass die Lymphe bei derartig constituirten Organis-
men wohl reichlich abgesondert, aber nicht reichlich
resorbirt wird. In der That aehen die mit so gen.
lymphatischer Constitution ausgestatteten Individuen
gedunsen und blass aus, und ein vorttbergehender
Drock , etwa durch Strumpf binder , fUhrt bei ihnen
leicht zu Anschwellungen.
Zu den drtlichen Stdrnngen der Lymphabsondo-
rung z&hlen die Hydrops formen , bei denen jedoch
im Einzelnen verschiedene Ursachen wirksam sein
kfinnen. — Ein f aches Oedem der untem Ex trend -
tlten sehen wir durch Yenenthrombose zu Stande
kommen , und zwar um so pr&gnanter , wenn der
Organismus geschw&cht, das Blut von w&sseriger
Beschaffenheit ist, daher bei Reconvalescenten. —
Die Oedeme bei Tric/iinenerlcranlcwig beruhen nach
C o 1 b e r g auf dem Untergange der Muskelcapillaren ;
sie verschwinden mit der Entwiokelnng eines neuen
Capillarnetzes. Das Verharren des Transsudate am
Orte des Austretens erklirt sich zum Theil wohl
damns , dass die Bewegungen des Muskelsy stems so
ganz darniederliegen. — . Wenig veratftndlich in sei-
nem Zustandekommen ist das Oedema fuyax , das
besonders bei Nierenkranken auftritt. Auch fiber
die rapide Entwickelung des Oedema nach Schlan-
genbiss fehlen uns noch genttgende Anhaltspunkte.
I erletzungen peripheriseher Nervenstdmme
veranlassen sehon nach den ersten Tagen , wie die
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Beobachtungen der Kriegsehirurgie gelehrt haben,
ddematdse Anschwellung des Gliedes. Da diese Er-
scheinung nicht auf motorische oder gemischte Ner-
ven beschr&nkt ist, sondern auch die Yerletzung
sensibler Nerven begleitet, so wird mau sie nicht
etwa auf motorische L&hmung zurllckftthreu dUrfen.
Dieses Oedem beobachtete E. auch bei seinen Ver-
suchsthieren , bei denen der Ischiadicus an der zur
Lymphsammlung benutzten Pfote durchschnitten
worden war. Die Pfote war gewdhnlich nicht ge-
schwollen, wenn das Thier vom Operationstische
kam ; aber Tags darauf und noch mehr an den fol-
genden Tagen zeigte sich ein entzfindliches Oedem.
Die Ligaturffiden von den Venen waren sorgfhltig
entfemt, Behinderung des Venen kreislaufs konnte
also das Oedem nicht veranlassen. Einfaches Oedem
aus Stase des Venenbluts wegen Ischiadicuslfthmung
konnte auch nicht angenommen werden, denn die
Pfote war heiss und hart geschwollen, ihre Haut
gerdthet. Es wftre daher wohl indglich, dass es
sich bei dem Oedem nach Verletzuug peripheriseher
Nervenst&mme um eine Yerfinderung der Geffiss-
wftnde handelt, die erst nach einer gewissen Zeit-
dauer wirksam wird.
Fflr die Genese der (Jramie dttrften vielleicht
die ETfahrungen Noll’s zu verwerthen sein, wo-
nach starke Verdttnnung des Inhalts der Blutgefllsse,
wie sie eine Injektion von Wasser in die Arterien
bewerkstelligt, verbunden mit gleichzeitiger Druck-
steigerung im Arterienrohre, den Durchtritt von
Flttssigkeit nach dem umgebenden Gewebe der-
maassen begfinstigt, dass ein namhaftes Oedem zu
Stande kommt und die rllckftlhrenden Lyinphgefitsse
strotzend gefllllt werden. Da der venOse Weg frei
war, so mussten in diesem Falle die kleinen Arterien
und der arterielle Theil der Capillareu als die Orte
angesehen werden , an denen die Flttssigkeit die Ge-
f&ssbahn zu verlassen gezwungen wurde. Das spe-
cifische Gewicht des Blutes n&mlich ist nicht bios bei
chronischen Nierenkrankkeiten nach Christison,
sondern auch bei akuten Fallen von Morbus Brightii
nach Frerichs und nach Kosensteiu herab-
gesetzt. Und die Yerdttnnung des Blutplasma be-
ruht vorzugsweise auf der Abnahme des Eiweisses
im Serum. — Andererseits beobachtete Nasse nach
HarnstoSeinspritzungen in die Blutbahn regelmfissig
eine Steigerung der Lymphabsonderung.
Die urterielle Hyperamie , welche der Gefkss-
nervendurclischneidung folgt, war in den Versuchen
von Paschutin und vou Emmingliaus nur in
sehr mfissigem Grade von vermehrter Transsudation
begleitet, so lange der vendse Kreislauf nicht be-
eintrfiebtigt wurde. Deshalb sieht man denn auch
in manchen Krankheitszustanden , wo die Annahme
der Paralyse vasomotorischer Nerven gestattet ist,
nur ein ieichtes Gedunsensein der Theile, das sich
aus der verinehrteu Gefiissfttllung erklaren lisst,
aber keine ddematdse Schwelluug.
Bei den collaleralen Oedemen (Oedem in der
Umgebung von Erysipelas, Gesichtsanschwellungeu
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Th e i 1 e , da* Lymphgef&ssayatem.
bei Panriis , teigigee Oedem bei Empyem) dflrfte
neben vermehrter arterieller Zufuhr auch die Hem-
mtmg des venOsen Abflusses in Betracht kommen.
Fflr die Genese des Hydrops e vacuo ist es maass-
gebend, dass, wenn ein innerhalb einer starrwandigen
HOhle gelegenes Organ sich verkleinert , ein Zug auf
Gefksshautc ausgetlbt and die Transsudation serdser
Flttssigkeit veranlasst wird. Bei allgemeiner wie
partieller Atrophie des Gehims transsudirt die Flfls-
sigkeit zunOchst in die weichen GehirnhOnte , welche
die GefUsse umgeben, und es entstebt ausserdem
Hydrops der Ventrikel, so wie Anftlllung der peri-
vaskularen R&ume.
2) Anomalien im Strome der Lymphe.
Hierher gelioren zunkchst jene Falle, wo das
Lymphtranssudat nicht in den normalen Lymph-
strom gelangt, weil ans den Anfdngen des Lytuph-
By steins in der Cutis die Lyunphe durcli pathologische
Vorgtlnge nach der Hautoberfliiche ttbergeftlhrt wird.
Der Pemphigus foliaceus mit dem oftmals massen-
baften Abflusse serfiser Fltlasigkeit gehM hierher,
desgleichen ausgebreitete Verbrennimgeu zweiten
Grades ; ebenso werden auch bei massenliaften
Pockeneruptionen reichliche Mengen lympliatischer
Fitlssigkeit in rapider W eise dem Lympiistrome ent-
xogen. Durch Lesser’s Versuche ist aber die
das Leben gef&hrdcnde Wirkung eines andauemden
nod reichlichen Lymphaustritts zur Gentlge dar-
getlian worden ; die Verlymphung ist in gleicher
Weise gefahrdrobend wie die Verblntung.
Beim Ascites ist die Resorption einer ans den
BlntgefUssen in den Periton&alraum abgesetzten
Fitlssigkeit behindert. Derselbe tritt als ein chro-
nisches, sekund&res Leiden auf, das entweder als
Theilerscheinung bei Blutanomalien (Morbus Brightii)
und Dyskrasien, bei allgemeinen Kreislaufsstdrungen
oder bei drtUcher Cirknlationsbehindernng in der
Pfortader nnd deren Leberftsten aufzotreten pflegt,
aneh die Krankheiten des Bauchfells als Symptom
begleitet. Uuter physiologischen Verhaltnissen «ge*
nllgt das diaphragmale Lymphgef&sspumpwerk , das
bei der Exspivation gebffnet ist, nm die geringen
Mengen Peritonftalfltlssigkeit aufzunehmen, Nimmt
aber die Menge des Transsudats in die Peritonftal-
hdMe zu, dann folgt die Fitlssigkeit dem Gesetze der
Schwere , sie sammelt sich im untem tiefern Theile
der Bauehhdhle und ist dem Diaphragmalpumpwerke
entrtlckt. Immerbin ist dieses Pumpwerk beim Re-
sorbiren von Ascitesfltlssigkeit nicht allein betheiligt.
In selteneu Fallen sehen wir diese Flttssigkeit i*a8ch
und unter akuten Symptomen verschwinden , z. B.
bei Oholerakranken , und es ist bekannt , dasa die
Ther&pie mit Erfolg die Anregung anderer Se- und
Exkretionen erstrebt, urn damit serose Ergtlsse in
die Bauchhdhle zum Verschwinden zu bringen. —
Das Diaphragmalpnmpwerk spielt ausserdem eine
Rolle, wenn Luft in den Peritonaalranm ausgetreten
ist, uamentlich wenn bei Darmperforationen Luft
dabta gelangt Das leuchtere Gas erhebt sich in
die Kuppel der BauchMUe zwieflbeu Leber and
Diaphragma, bestreieht jenes Pumpwerk und kann
in den Lymphstrom iibergefllhrt werden, indem Gas-
partikelcheD an die an der Oberflkche befiudliohe
Fitlssigkeit treten. Da diese tiaae, unter denen
Schwefelwaaseratoff enthalten ist, auf dem Wege der
Lymphbahn schnell in den Blntkreialauf gelanges
k&nneu , so wil’d es verst&ndlidi , (loss numchmal bo
schnell Intoxikationsersclieinungen sich entwickela,
wenn eine Darmperforation stattgefunden bat.
Bei den Pleura - Exsudaten und Transsudate*
kommen die an der PleuraoberflSche befindlicben
offenen Mtlndungen der Lymphgefisse in Betracbt
Nach Dybkowsky kdnnen die Lymphgef&aae der
Pleura sich nur ftlllon , wenn von beiden Seiten her
ein Zug auf die Pleura ausgeilbt wird. Dio Krkfte,
welche den Saugapparat in Bewegung setzen , swd
einerseits die Luuge , die einen Zug von der Pleura-
flttche nach der Lnngenwurzel austlbt, andereraeits
die ihr entgegenwirkenden Intercostaluiuskeln. So
wird die Resorptionstf&higkeit der Pleura von der
Elasticitiit des Thoraxinhaltes und der Zusamnaen-
ziehung der Intercostalmuskeln abh&ngen. Hm
wird durch ein Plenraexsudat die Lunge oomprimiit,
das Zwerchfell in seinen Contraktionen bis zur Ltb-
mimg geschwHclit, die Intercostalmnskeln aber wer-
den gespaunt. Das Pumpwerk an der Pleura wild
deshalb auf ein Exsudat, das die eine Thoraxhfilfte
ganz erfilllt , gar nicht melir wirken ; nur kleinere
FUissigkeitsei'gtisse ktinnen noch an der Grenze durob
den Saugapparat aufgenommen werden. So erklinen
sich die Misserfolge der innem Bebandlung bei einer
gewissen Grosse der Pleuraexsudate , geganilber den
glflnzenden Resultaten der operativen Therapie. —
Beim traumalischen Pneumothorax kann die Luft
durch die serbse Haut aufgenommen werden. Die
Spannung , welche die Thorax wand durch die ein-
gedrungene Lnft erfkhrt und die daraus erfolgeode
Compression der in der naohgiebigen Haut gelegenen
Lymphgefasse sind aber der raschen Resorption
hinderlich. Man wird sich deshalb nioht wundern
dttrfen, dass sieh oftmals eine Exsud&tion von Flllssig-
keit mit dem Pneumothorax verbindet : die Entfemung
der doeh wohl immer abgesouderteu PleuradtlssigkeH
ist erschwert und vielleicht wird auch diu'ch die ein-
gedrungene Lnft die Pieuraabaonderung noch ver-
mehrt
FOr die Absch&tzung der gleichartigen Zust&nde
des Uerzbeutels sind die bisherigen Untereuehungen
noch nioht ausreichend.
Dagegen bieten die Unterauchungeu fiber die
Lymphr&ume in den Faacien und Apoueurosen An-
haltspunkte ftlr die erfolgreiche Therapie des Muskel*
rheumatismus. Diesem durch die grosse Schmen-
haftigkeit belkstigenden Leiden liegt ausser der
Hyperhmie ein seroses oder faserstoffiges lixsudal
zu Grnnde. Durch die Infiltration werden die Be-
wegungen der Muskeln erschwert, deren Bindegewebs-
maseen auch mit betroffen Hind, nad die aktiven
Muskelcontraktionen unterbleiben , weil jede Be-
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Theile, das Lymphgefftsasystem.
wegung den Sebmerz gteigert oder hervorruft. Da
nos Genersiehbei AnafQhrnng passiver Bewegun-
gen die Lymphe reichliclier aus Muskelprfiparaten
abihessen sah , so wird die Wirkung der systemati-
schen Streck- nnd Beugungsbewegungen , sowie des
Dnrchknetens der ergriffenen Theile bei Muskel- nnd
Fascienrheumatismus verstiindlich. Neben der Heil-
gymnastik hat sich dann anch noch die Elektro-
therapie bewfthrt, wobei das mechanische Moment
der Mnskeldnrchzncknng nicht zu ttbersehen ist.
Eine andere Reihe von Anomalien des Lymph-
systems begreift die Fftlle , wo Lymphrdhren rr-
fiffnet. sind nnd ihren lnhalt erpieuen.
Tritt der Lymphgefftssinhalt in die Umgebung
des verletztcn Gef&sses aus, so kann sich ein Odema-
Waer Zustand ausbilden , wie in einem von Soem-
mering beobachteten Falle. Bekannt ist ferner
bei derartigen Fallen der Uebergang des Lymph-
gefftssinhalts in die Harnwege, wodnrch das Krank-
heitsbild der C/iylurie zu Stande kommt.
Grbssere Beachtung haben im Ganzen die Falle
gefunden , wo verletzte Lymphgefdsse die Lymphe
direkt nach anssen austreten lassen. Schnitt- oder
Stkhwnnden , namentlich der frtllier so vielfach ge-
ttbte Aderlasa, aber anch Ulcerationsprocesse kOnnen
sogen. Lymphfisteln erzengen. Emminghans
hat eine grdssere Anzahl soleher Falle gesammelt
ond verglichen. Der Abfluss der Lymphe erfolgte
mehr oder weniger continnirlich , oder es traten
Schwankungen darin ein ; bei einzelnen Fallen zeigte
es sich aber deutlich genug, dass Rnhe oder Be-
wegung jener Theile , welche die Lymphe lieferten,
anf die Art des Abflusses influirten. Einer Benach-
theilignng des Gesammtbefindens , namentlich einer
sich einstellenden Schwftche, geschieht in den Be-
riehten tlber Lymphfisteln gelegentlich Erwfthnung,
was mit den Resnltaten der oben erwahnten Lesser’-
schen Versnche an Hnnden im Einklange steht.
Hieran reihen sich jene Falle , wo ein direkter
Abfluss der Lymphe nach anssen durch Erkranknng
der Sangadern veranlasst wird , etwa durch aneurys-
matische Erweiternngen derGefftsse. Dahin gehOren
ans nenerer Zeit die von Fetzer (Arch. f. phys.
Ileilk. VIII. p. 128), von Demarqnay, von Des-
jardins (Gaz. de Par. 24. 1854), von Carter
(Brit. med. Jonrn. March 25. 1862), von Scholz
(Wien. med. Wchnschr. XVIII. 63. 64. 1868) be-
obachteten Falle *) . Ein periodisch profnser werden-
der Abflnss und eine den Kranken schwachende Ein-
wirknng ist bei einzelnen dieser Falle nicht zu ver-
kennen. In den Fallen von Fetzer und von Des-
jardins wurde die abfliessende Lymphe chemisch
ontersncht; sie enthielt 6.93 und 6.52°/ 0 feste Be-
stand theile und stimmte in dieser Beziehung mit der
normalen menschlichen Lymphe , die nach N a s s e
5 — 6 # / 0 feste Bestandtheile enthalt Dagegen fand
») Vgl. Jabrbb. CL. p. 162. 163.
Med. JahTbb. Bd. 172. Hft. 1.
0. Weber in dem schon lftnger bestehenden Ana-
sarkatranssudate nnr 1.9°/ 0 feste Bestandtheile ; das-
selbe entfemt sich also wesentlich von der Zusam-
mensetzung der Lymphe.
Durch die Untersnchungen von Noll, von
Schwanda, von Weiss wurde ermittelt, dass der
Lymphstrom im Halsstamme in gleicher Weise , wie
der venCse Strom durch die respiratorischen Bewe-
gnngen beeinflnsst wird : die Inspiration beschlennigt
diese StrOme , die Exspiration verlangsamt sie. Bei
pathologischen Zustfinden der Lungen, namentlich
beim Emphysem, werden daher in dem vom Halse
nnd Kopfe kommenden Lymphstrome ebenfalls St6-
rnngen entstehen kOnnen , gleichwie in der Bahn des
venBsen Blutes. Das be9tatigte sich auch vollstandig
in einem von E. selbst beobachteten Falle. Ein alter
Emphysematiker , dessen Erspiration nnter der Mit-
wirkung kraftiger Contraktionen der Bauchmuskeln
erfolgte nnd der an haufigen lange anhaltenden
Hnstenanftlllen zu leiden hatte , bot bei der Sektion
die Befunde der Lungenerweiterung nnd der Bron-
chiektasie, dabei aber auch eine enorme Ausdehnung
der Lymphgefhsse in den grossen Ganglien des Ge-
hirnstammes. Federkieldicke , mit Serum gefllllte
Lymphkanale waren in den Streifenhllgeln zu finden.
Der Mann hatte lange Zeit hindnrch fiber Schwftche
in den Gliedmaassen geklagt; das Gehen fiel ihm
selbst auf dem ebenen Boden des Zimmers schwer,
weshalb er sich kaum zum Anfstehen entschliessen
konnte. War er aber wirklich auf den Beinen, dann
war der Gang unricher und schleppend. — Solche
bedentende Erweiterung der Lymphrftume des Ge-
him8 triflft man nach Golgi meistens bei Individuen,
die in Folge chroniscber Herz- und Lungenkrankhei-
ten zu venfisen Stasen und serfisen Ergfissen gcneigt
rind . Durand-Far del (Krankheiten d . Greisen -
alters) hat derartige pathologische Verftnderungen in
den Hirnganglien als „dtat cribld“ beschrieben. Bei
einer 8fyfthr. Alten, wo doppelte Pleuritis bestanden
hatte, ftnderte „ein Wasserstrahl , auf die Oberflftche
der verschiedenen Durchschuitte gegossen , Nichts in
der Form der siebfarmigen Ldcher , nnr liess er ein
kleines auB jedem herauBtretendes und nnter dem
Wasser flottirendes Gefftss nnterscheiden/' Durch
diese zutreffende Beschreibung ist wohl zur Genflge
dargethan, dass diese scheinbaren Lficher Erweiternn-
gen lymphatischer perivascularer Rftume waren. In
einem andem Falle kam die Kr. wegen einer Pnen-
monie in die Salpetrifere. Zuerst begann rich eine
Schwftche im rechtenArme zuentwickeln, dieweiter-
hin in vollstftndige Paralyse des Gefflhls nnd der
Bewegnng Uberging. Bei der Sektion zeigte das
dieser Extremist entsprechende Corpus striatum „auf
jedem an ihm vollftlhrten Schnitte eine grosse Zahl
runder , hier und da auch etwas lftnglicher Lficher,
ohne irgend eine Verftnderung der Farbe in derUm-
gebnng, mit ziemlich scharfen Rftndem. <( Anch hier
waren kleine collabirte Blutgefftsse im Innern der
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Theile, das LymphgefttasBystem.
KanSle zu finden. Der Streifenhtigel der andern
Seite zeigte nur leichte Spuren einer kbnlichen Textur.
Durand-Fardel bemerkt uocb , dass diese K anile
manclnual so weit und so z&hlreich sind , dass der
gestveifte KiJrper mehr als die Hilfte seiner Substanz
verloren zu baben scheint
Hernmungen des Lymphatromes duicb Yer-
grtisserung und Entartung der Lyinpbdrilsen , durcb
Druck auf Lymphstiimme oder duicb deven Throm-
bose veranlassen im tianzeu selten Oedeme. Dieses
bftere Fehlen der Hydropsie bei Lymphstauung in
den Gefissen ist auf die Anwesenbeit vielfacber Ana-
stomosen der Lymphgefksse zurttckzuftlhren , sowie
auf den Umstand, dass die Venen bei bebindertem
Rdckflusse durch die Lymphgefilase vicariirend ftir
die letzteren eintreten.
Der Vollstftndigkeit halber lassen wir nocb eine
Uebereicht deslnhaltes der pathologischenAbscbnitte
der beiden B&nde dcs K 1 e i n’schen Werkes folgen,
obschon derselbe mehr die Folgen der Verknderun-
gen der Lympligefksse, als diese selbsf betrifll.
Der betr. Abschnitt des 1. Bandes bandelt uber
die dutch den entzundlichen Process hervorgerufe-
nen Veranderungen , und zwar zunfichst tiber die
Verftnderangen am Endothel derserdsen Oberfiache.
Wird bei einem der zu den Untereuchungen benutzten
Siugethiere eine gam aJcute Peritonitis bervorgeru-
fen, indent Ammoniak oder Jod oder cine pykmiscbe
FltlBsigkeit in die Bauchbdble eingespritzt wird , und
schreitet man gegen das Ende des ersten Tages oder
am zweiten Tage zur Untersuclmng , so findet man
meistens eine mehr oder weniger grosse Menge einer
blutigen Fltlssigkeit , die reich an Fibrin ist , in der
Bauchhable , das Endothel aber erscheint gelockert,
bat sich stellenweise gelost und schwimmt in der
Flltssigkeit. Die gelockerten oder geldsten Endothel-
zellen erscheinen zum Theil vergrfissert oder ge-
schwellt , sie haben einen deutlicb granulirten Inhalt
und die Beschaffenheit ihrer Kerne weist auf Thei-
lungsvorgknge bin, alleadieses auch an solchen Stellen
der Serosa, wo im normalen Zustande kein proliferi-
rendes Endothel angetroffen wird. An Versilberungs-
prkparaten ist die intercellulare Kittsubstanz vielfach
durch verachieden grosse , randliche oder lkngliche
tropfenfbrraige Elemente vertreten.
Werden weniger reizende fremde Kdrper in die
Banchhdhle der Thiere eingespritzt, so dass die Ent-
ztlndung nicht ganz so intensiv auftritt, so findet
man ebenfalls abgeldste Endothelzellen, doch ist das
Endothel weniger gelockert und nicht in so grossen
Strecken abgeldst ; auch sind die Verknderungen in
den einzelnen Zellen weniger stark ausgesprochen.
Dagegen gewahrt man ein stark ausgesprochenes
Proliferiren des Endothels an jenen Stellen, die
sclion normal proliferirendes Endotliel besitzen : es
lutben sich knospenartige oder strangfdrmig Uber-
ragende Massen gebildet, und das entzilndliche Ex-
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sudat enthftlt zahlreiche da von abstammende Zellen,
an denen man in der warmen feuchten Hammer
amdboide Bewegungen wahrnehmen kann.
Noch bestimmter zeigt sich das lokale ProUfe-
riren des Endothels bei chronischer Peritonitis.
Ist z. B. verhirtete Lymphdrttsenmasse bei Meer-
schweinchen injicirt und dadurch Tuberkulose her-
vorgerufen worden, dann findet man, zumal im
Netze, im Umfange der Stomata ein ausgesprochenes
Proliferiren des Endothels, so dass die Stomata selbst
dadurch deutlicher zur Ansicht gelangen. Auch be-
obachtet man zahlreiche proliferirende Knospen, die,
wie die genauere Untersuchung lehrt, sogen. Psendo-
stomata entsprechen , indem protoplasmatische , aiu>
der Matrix hervortretende Forts&tze in centraler
Richtung in diese Knospen eindringen , woraus her-
vorgeht, dass ausser dem oberfl&chlichen proliferiren-
den Endotbele auch die Pseudostomata an der Bil-
dung dieser Knospen sich betheiligen. Der Prolife-
rationsprocess breitet sich (lbrigens von den Stomata
vera aus auch auf die benachbarten Endothelzellen
aus , sowie auf jene vertikalen Gauge , die von der
Oberfikche der Serosa zu den Lympbcapillaren gehen.
Die Verandenmg in den Zellenelementen dtr
Matrix bei aknter Peritonitis warden hauptskchlich
am akut odematdsen Omentum minus mul Mesente-
rium untersucht. Die Lymphrdhren, die Lympli-
lakunen, ebenso auch die verastelten Zellen und
deren Fortsatze erscheinen geschwellt ; dabei ist die
Menge der Lymphgeftsse vermindert, die Zellen sind
offenbar weniger ver&stelt, und an ihren Kernen zei-
gen sich Veranderungen, die auf einen Theilungs-
process hinweisen.
Ebenso gewahrt man auch bei clmonischer Ent-
ztindung, mag diese wie immer entst&nden sein,
ganz auffallende Veranderungen an den verastelten
Zellen der LymphgeBlssrdhren. Wahrend an einzel-
nen Stellen die Anfdnge des Lymphgefttsssystems
ganz unverindert sich darstellen, beobachtet man an
andern Stellen eine Vertnehrung der verastelten
Zellen , die llbrigens in geiingerm Maasse verastelt,
daftir aber mit ungewohnlick breiten Forts&tzen ver-
sehen sind. Stellenweise sind die Zellen so dieht
gedr&ngt, dass sie sich fast wie ein Endothel mil
breitem Intercellularstreifen ausnehmen.
Im 2. Abschnitte des 2. Bandes wird das Ver-
halten des LymphgefUsssystems bei folgenden patlw-
logischen Zustftnden der Lunge besprochen.
Veranderungen der Luugenpleura bei akuter
und chronischer Pleuritic. Wird bei Ratten, Kanin
chen, Meerschweincben durch vorsichtige Injektion
septi8cher Fltlssigkeiten in die Pleurahohle Pleuritic
hervorgerufen , so beobachtet man an der Lungen-
pleura stellenweise ein Proliferiren des Endothels-
Am 2. oder 3. Tage nach der Injektion erscheinen
die Endothelzellen an verschiedenen Stellen mein
opak und starker grauulirt, auch besitzen einzeloe
Zellen bereits 2 Kerne oder ihr Kern zeigt doch eiue
mehr weniger tiefe Einschntlrung. In noch spAterei
Zeit fiudet man Zellen , die vielseitig gestaltet 8111,1
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Theile, das Lymphgefilsssystem.
99
oder selbst eine kurze 8Mule bilden , mit in Theilung
begriffenen oder getheilten, selbst dreifach getheilten
Keruen. BeiKaninchen beobachtet man an einzelnen
Stetlen der Lungenplenra eine Verftndernng, die
darin besteht, dass nnter den gewbhnlichen abge-
platteten durchsichtigen Endotlielzellen Gruppen viel-
seitiger , grannlirter and mit einem eingeschnttrten
Kerne versehener Zellen vorkommen, d. h. also deut-
lieh proliferirende Zellen; diese Zellen aber sind
regelmftssig um ein Centrum gruppirt , das sich bis-
weilen aLs ein dentliches Loch darstellt, in andern
Fallen durch einen pflockartig eindringenden Fibrin-
faden erfBIlt wird. 1st diePleuritis chroniscb gewor-
den , dann treten diese Veranderungen starker ans-
gebildet hervor. Weiterhin zeigen sich Flecke oder
Kndtchen an der Lungenplenra, die nach der mikro-
skopischen Untersuchnng durch Verdickung der
Pleuramatrix, ziunal durch Hypertrophie derMuskel-
schicht (Meerschweinchen) bedingt sind , atisser-
dem auch durch Anftillung der subpleuralcn Lymph-
rkiime mit Lymphkorperchen und weiterhin mit
adenoidem Gewebe.
Die dutch Tnberkelinoculation kunstlich er-
zewjte Lungmtuberkulose bei Meerschweinchen.
1st die kflnstlich erzeugte Tuberkidose so weit vor-
geschritten, dass bereits kasiger Zerf&U in den Bron-
chialdrflsen besteht, so findet man dreierlei Granu-
lationen in den Lungen.
a) Rnndliche oder eifdrmige Kndtchen an den
Wandnngen der Bronchien. Das sind die schon in
der normalen Lunge der Meerschweinchen vorhan-
denen Lymphfollikel in oder an den peribronchialen
Lymphgefassen. Nur hat die Menge dieser Follikel
an einzelnen Bronchialftstchen zugenommcn, und die
einzelnen Follikel sind auch grosser als in der ge-
snnden Lunge. Einen kasigen Zerfall hat Klein
an diesen Granulationen niemals wahrnehmen
ktinnen.
b) Strangfbrmige oder strickformige, halbdurch-
sichtige Granulationen , deren Natur durch die mi-
kroskopische Untersuchnng sich zu erkennen giebt.
An Schnittpraparaten namlich sieht man, dass sie
scheidenfbrmig ein Blutgef&ss umgeben: es sind
perivasonlare Granulationen, die in den frtlheren Sta-
dien der Erkranknng nur an den kleinen Blutgef&s-
sen ansitzen , weiterhin aber auch an den gTossen
Gefassen gefiinden werden. Diese perivaseularen
Granulationen zeigen alle ein Reticulum , in dessen
Maschen Lymphkorperchen liegen, es sind also eben-
falls adenoide Bildungen ; die adenoideSubstanz aber
hat sich in perivaseularen Lymphgefassen entwickelt.
BBt der Entwicklung dieses perivaseularen adenoi-
den Gewebes niramt der tuberkidose Process in den
Lnngen seinen Anfang. — Mit der Entwicklung des
perivaseularen Adenoidgewebes verlaufen auch zu-
gleich Verllnderungen in den Blutgefassen , die als
ein Proliferiren des Endothels aufznf&ssen sind. In
den Endastchen der Lungenarterie werden die Endo-
thelzellen grosser, sie bekommen ein granulirtes
Aussehen , nnd es stellen sich Kerntheilnngen darin
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ein ; spftter liegen dann mehrere Schichten von Zel-
len fiber einander, nnd das Lumen des Gefisses ver-
engt sich so auffailig , dass vielleicht nur noch ein
Blutkorperchen durchpassiren kann. An den grfls-
seren Gefassen zeigt sich, wenigstens in den spateren
Stadien , eine Auf lockerung der mittlern Haut , ver-
bnnden mit Einlagerung von Lymph kdrperchen in
die Interstitien , die wohl von dem im Umfange des
Geftsses angehauften adenoiden Gewebe dahin ge-
langen mdgen.
c) Halbdurchsichtige , unregelmaasig gcstaltete,
manchmal konische Granulationen in den oberflach-
liclien Partien der Lunge. Das sind, wie Sander-
son bereits angegeben hat, Produktc der katarrha-
lischen Pncnmonie. An ihnen sind Balkchen und
Lacunen zu unteracheiden. Die Balkchen entsprechen
verdickten Alveolarsepten , zu denen perivasculare
Adenoidmasaen vorgedrungen sind, die Lacunen sind
Lungenalveolen , die mit pathologisch verandertem
Endothel erfllllt sind. Die Anfilliung wird zum
Theil durch Alvcolarzellen bewirkt, die sich nur
durch ansehnlichere Grbsse und durch granulirte
Beschaffenheit auszeichnen, sowie dadurch, dass ihre
Kerne in Theilung begriffen oder bereits getheilt
sind. Dazu kommen aber auch grosse unregelmassige
Epithelzellen mit mehreren Kemen, sowie femer
Massen cines kdraigen Protoplasma mit vielen (10
bis 20) unregelmassig vertheilten Kcrnen , also so-
genannte Ricsenzellen. Uebrigens scheint diese Al-
veolenfilllung erst durch die perivasculare adenoide
Substanz angebahnt zu werden. — In weit vorge-
rUckten Stadien der kUnstlich erzeugten Tuberkulose
Uberschreiten diese katarrhalischen Um&nderungen
die Alveolen und reichen in die Infundibula und in
die kleinsten Bronchien hinein; die feinsten Luft-
kan&lchen kdnneu durch das proliferirende Endothel
fast gftnzlich verstopft werden.
Nach Klein’s Darstellung wltrden somit alle
Vorgitnge bei der durch Inoculation erzeugten Tuber-
kulose wesentlich auf Entwicklung , beztighch Ver-
melirung des adenoiden Gewebes zurtickzuftlliren
sein.
Akule Miliartuberkulose bei Meimhen, Klein
untersuchte die Limgen von 7 an echter Miliar-
tuberkulose gestorbenen Kindern ; bei 2 waren die
Lungen Uberall mit grauen Tuberkeln durclisetzt,
bei den andern waren die Tuberkel weit sparsamer
vorhanden. In alien 7 Fallen fanden sich Tuber-
kel in der Lungenpleura , in Milz, Netz, Leber nnd
Nieren.
In den 2 ersten Fallen 1st die lobulare katar-
rhalische Pneumonie nicht zu verkennen. Die Tu-
berkel umfas8en hier Gruppen von Alveolen, vollge-
pfropft mit einer fibrindsen Substanz, worin Kdrn-
chen und kleine Zellen enthalten sind. Die letztern
liegen im Allgemeinen im Centrum der Alveolen
und werden in jenen Alveolen , die sich in der Mitte
des ganzen Tnberkels befinden , in grdsserer Menge
angetroffen. Der Ban der Alveolen wftnde ist kaum
mehr zu unterscheiden , und ihre Capillaren lassen
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100
Hallopeau, Paralyses buibairei.
aich nicht mehr injiciren. Die den Tuberkel zun&chst
omgebenden Alveolen fiihren ebenf&Us fibrin else Sub-
stanz, sind jedoch nicht ganz damit erfilllt, ihre Zel-
len aind noch erkennbar, sie erscheinen vergrfissert,
bin und wieder mit 2 Kemen versehen , zum Theil
anch wohl abgeltist ; die Gapillaren dieser Alveolen
nehmen noch Injektionsmasse auf. Weiter ab vom
Tuberkel entbalten die Alveolen nur noch etwas
fibrinOse oder homogene Substanz mit abgeldsten
jungen Zellen. Dieses Verhalten zeigen die Tubcr-
kelknotchen (lberall in beiden Lungen, und von
Rieseuzellen 1st nirgends etwas wahrzunehmen.
Ein anderes Verhalten zeigen die Tuberkel in
den andern untersuchtcn Fallen. Auch hier umfasst
der Tuberkel eine Gruppe von Alveolen, die von
fibrinoser Substanz nebst Kdrnern und kleinen Zellen
erfilllt Bind. Die nttchste Umgebung desselben be-
steht aber aus einem etwas verdickten Interalveolar-
gewcbe , worin Lymphkdrper entbalten sind. Viel-
leicht enthftlt auch nur das eigentliche Centrum dee
Tuberkels Alveolen voll fibrindser Substanz, und die
an dessen Peripherie gelegenen Alveolen Bind mit
rundlichen oder un regel m&ssig gestalteten kernhal-
tigen Elementen (Epithelzellen) erfilllt, oder anch
mit Riesenzellen.
Die Tubei'kel, wie sie in den erstgenannten 2
Fallen sich darstellen , erachtet Klein fiir frtlhere
Entwicklungsstufen , die in den andern Fallen ge-
fundenen Formen dagegen filr spate re. Das fibri-
nfise Exsudat in den Alveolen scheint im Verlaufe
der Entwicklung durch Derivate der Alveolar-
zellen oder durch Riesenzellen ersetzt zu wer-
den , was im Centrum des Tuberkels am spatesten
geschieht. Ein von den Alveolensepten ausgehendes
netzfbnniges Gewebe uragiebt Ubrigens die Riesen-
zellen. Al8 adenoide Substanz kann Klein dieses
netzfdrmige Gewebe nicht gelten lassen ; in diesem
Punkte schliesst er sich ganz an Schtlppel an.
G. Kritiken.
60. Des paralysies bulbaires. These presen-
tde au concours pour l’aggrdgation par le Dr.
Hallopeau. Pains 1875. J. B. Baillifcre et
fils. 8. 152 pp. Avec une planche lithogra-
phiee. (3 1 /, Fr.)
Nach einer historischen Uebersicht und einer
anatomischen Skizze, in welcher letzteren H. wesent-
lich der Darstellung von Lays folgt , bespricht er
in dem folgenden Capitel III. die pathologische Phy-
siologic der Medulla.
H. theilt die motorischen bulbaren Paralysen iu
3Gruppen: l)solche, die durch Affektion der Nerven-
keme oder Wurzelfasem entstehen , 2) solche , die
durch Affektion deijenigen Leitungsfaseni hervor-
gebracht wcrden , welche die Himganglien mit dem
Rtlckenmark verbinden , und 3) solche , die durch
eine Affektion der Leitungsfasem entstehen , welche
die Himganglien mit den Nervenkemen des Bulbus
verbinden.
Die Lfthmungen der 1. und 3. Gruppe beschrfin-
ken sich auf Muskeln, die von den Bulbuskernen,
die der 2. auf Muskeln , die von den Rtlckenm&rks-
nerven versorgt werden.
Die Par&lysen der 1. Grnppe baben als Kenn-
zeichen , 1) dass sie auf der Seite der Lasion ihren
Sitz baben , 2) dass sie sich sowohl auf die Reflex-
bewegungen, als auch auf die willktlrlichen er-
Btrecken, 3) dass sie gewdhnlich mit Muskelatrophie
complicirt sind. Bei den Paralysen der 2. Gruppe,
bei welchen der Einfluss des Gehiras wegfilllt , sind
nur die willktlrlichen Bewegungen aufgehoben, w&h-
rend die Reflexbewegungen erbalten sind und die
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Emahrung der Muskeln nicht gestdrt ist. Ob diese
Lahmungen direkt, gekreuzt oder bilateral sind,
lasst sich bei dem beutigen Stande der Wissenschaft
nicht mit Bestimmtheit entsclieiden. Denn die Lei-
tungsfasem , welche die Hemispliftren in Beziehnng
zur Spinalachse bringen, kreuzen sich nicht skmint-
lich im Niveau der Pyramiden ; viele kreuzen sich in
der Rhaphe und in der Brtlcke. Ein Experiment
Vulpian’s giebt fiber jene Frage wichtige Auf-
schlttsse. Er trennt in der Mittellinie mit einem
Schnitt die Medulla oblongata derartig, dass die
Kreuzung der Pyramiden von vom nachhinten vdllig
getheilt wird. Wenn die Leitnngsfasern, welche den
Bulbus durchsetzen, sich s&inmtlich in diesem Niveau
kreuzten , so mtlsste diese Operation zur Lahmung
aller 4 Extremitiiten fiihren. Diess ist jedoch nieht
der Fall; die Lahmung ist nicht vollst&ndig; die
Thiere machen willkflrliclie Bewegungen und ver-
mfigen selbst sich einige Augenblicke auf ihren Glie-
dera zu haltcn. Daraus kann man schliessen, dass
der Einfiuss des Bulbus auf das Bfickenmark nicht
vdllig gekreuzt ist. Eben daftti 1 sprechen auch die
Beobachtungen am Menschen , so die V u 1 p i a u ’ s ,
welcher in 2 Fallen die eine der vordera Pyramiden
vollstandig atrophirt faud ; in dem einen derselben
bestand wahrend des Lebens keine merkliche L&h-
mung , in dem andern wai*en nur die untera Extre-
mitaten gelahmt. In einem Falle von Jeffroy
(bei Hallopeau als Beob&chtung 29 mitgetbeilt)
fand sich bei einer Lasion der Seitenpartie des Bul-
bus eine Lahmung der Glieder derselben Seite. Die-
ses Faktum genfigt, um zu beweiseu, dass wenig-
stens ein Theil des Seitenbttndels sich nicht kreuzt.
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101
Hallopeau, Paralysies bulbaires.
Aos der 3. Gruppe existirt noch keine Beobaeh-
tnng. Doch kdnnen wir von vorn herein annehmen,
dass in einem solchen Falle, wie bei der 1. Gruppe,
aich die L&hmuug auf die von den Bulb&rnerven ver-
sorgten Muskeln beschranken, die Atrophie aber
fehlen and die Reflexbewegungen erhalten sein war-
den. Wahrscheinlich sind ihre Lkhmungen ge-
kreozt.
Es wird hAufig gcnug vorkommen , dass die so-
eben aufgestellten 3 Gruppen von Bulbirparalyse in
einander fibergehen. So wird sich eine ausgedehntcre
LAsion gleichzeitig anf die Kerne nnd die Wnrzeln
der BulbArnerven nnd die ceiitrifugalen Leitungs-
fasern erstrecken kSnnen , welche ana den Corpora
striata hervorgegangen den Bnlbus durchsetzen nnd
in das Rflckenmark gchen. So kdnnen die „Para-
lysies alternes“ entsteben, auf welche Gubler und
Millard znerst aufmerksam gemacht haben.
Die Contrakturen , welche die BulbArparalysen
znweilen begleiten , treten wohl stets split anf als
eine Folge der sekund&rcn Degeneration der Seiten-
strAnge des Rilckcnmarks. In einem cinzigen Falle
von Potain (L’Union mdd. 1866), welcher bei
einer Kranken , die mehrere Tage hindnrch AnfAlle
von Contrakturen in alien 4 Extremitfttcn gehabt
hatte, als einzige Verllndcruug in den Centralorganen
eine Erweichung der vordem Pyramide fand , scliie-
nen jene Contrakturen dnrch eine Reiznng der BulbAr-
bflndcl in einem frtlhen Stadium hervorgebracht wor-
den zn sein.
Eben so wrie die motorischen, kann man auch die
senaiblen BulbArparalysen in dieselben 3 Gruppen
ointheilen ; die so afficirten Nerven des Bnlbus sind
der Vagus, Glosso - pharyngcus , Trigeminus und
Acnsticus.
Die Hauptstdrungen , welche die BulbUrp&ralyse
liervorbringt, zeigen sich in dem mtlrrischen Gesichts-
ansdrucke , der Artikulation , der Phonntion , dem
Kauen und dem Schlucken. Bezllglich des letzteren
liegen Tliierexperimente vor, indem man bei einem
jtmgen Sllugethiere alle oberhalb des Bulbus gelege-
nen Himtheile abtragen kann , ohne dass das
Schlucken gestbrt ist ; erst wenn der Bulbus in seiner
Tiefe verletzt ist, hdren die Schluckbewegungen
ganz anf.
Asphyktische , oft tSdtliche ZufAlle bei BulbAr-
paralytikern erklftren sich aus Flourens’ Experi-
ment, in welchem bei Verletzung des Noend vital plOtz-
licb Aufhdren der Respiration und der Tod eintritt.
Die AnfAlle von tbdtlicher Ohnmacht Hessen sich
dnrch Reiznng des Vaguskems in der Medulla oblon-
gata erklAren, dessen galvanische Reizung (Budge,
Weber) anfangs Verlangsamung, dann Stillstand
des Herzens in der Diastole zur Folge hat. In andern
Fallen, wo wir eine beschleunigte und unregelmAssige
Herzthatigkeit (140 Pulse) finden, ist die Stfirung
auf eine L Hunting des die HerzthAtigkeit moderiren-
den Centrums in der Medulla oblongata zu suchen.
V u 1 p i a n hat nachgewiesen , dass der Bulbus
nicht der Sitz des Centrums deT vasomotoriseben In-
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nervation ist. Aber trotzdem ist nicht zn lengnen,
dass ein dnrch den obern Theil des Bnlbus gefthrter
Querscbnitt eine betrachtliche Herabsetzung der
Spannung im GefUsssystem hervorbringt. Diese
SWrungen hat H. in keiner der klinischen Beobach-
tungen erwAhnt gefunden.
Dass nacli der Piquure Diabetes mellit. oder in-
sipidus entstebt, ist bekannt, weniger, dass eine Ver-
mehrung der Salivation eintritt, filr welche daher
V n 1 p i a n geneigt ist, im Bnlbns ein Centrum anzu-
nelimen, welches mit dem Ursprung der Chorda tym-
pani in Zusammenhang steht. Dnnacli wttrde bei
den Bulbarparalytikern das Hcrabfliessen von 8pei-
chel nicht nur auf das Unvermflgen , dcnsclben hin-
nnterzusclihicken, sondem auf eine wirkliclic Vermeh-
rung der Sekrction dessclbcn in Folge von Reizung
jenes Salivationscentrums zurilckzufUhren sein. In
andern Fallen, besonders in denen, wo neben allge-
meiner Paralyse BulbaTparalyse beobachtet wnrde
(Cor nil und Lupine), fand sich cine abnorme
Trockenheit des Mundes und die Spcichelsekretion
sebien fast aufgehoben. Mehrmals nalim sie pldtz-
lich nacli Applikation von Schrdpfkopfen in der Cer-
vikalgegend wieder zu. Hier wllrde es sich dann
urn eine Lahmung des SaUvations-Centmm handeln.
In dem 2. Theile der Schrilt bcspricht H. ans-
filhrlich die Pathogenese und Symptomatologie der
verschiedenen Formen von Bulbarparalyse. Als
erste Grappe stellt cr anf die primdrm A trophien
der motorisrhen Nervenkcrne des Bulbus und
theilt diese wieder in eine bulbar e Form und in eine
bulbo-spinale. Die eratere entspricht der von D u -
chenne als ,, Paralysis g/osso-labio-laryngie"
znerst beschriebenen typischcn Form ; die zweite den
Fallen , wo jene mit peripheren Mnskel-Atrophien
complicirt ist. Als 2. Gruppe beschreibt H. die ver-
schiedencn Formen von S/clerose des Bulbus, welche
far gewflhnlich miter den verechiedenen Namen von
Sclirose laterals amyotrophique , Paralyse g ini-
rale spiuale, Sclirose tn plaques und Paralysie
ginirale des aliinis curairen. Die 3. Gruppe um-
fasst die Enceirlmug und Hdmorrhagie des Bnlbns,
d. h. die Hcrdlasionen und die 4. die Tumoren nnd
alle Comprcssionslalimungen. Im Ganzcn hat H.
semen Auseinandereetzungen 10 Falle von Bulbir-
paralyse zu Grunde gelegt; darunter sind 4 noch
nicht verbffentlichte Falle von Duchenne, von
Bourdon und L <5 p i n e. Wir geben die 6 letzt-
genannten im Auszuge wieder.
Beobachtvng 1 , von Duchenne und Llouville.
Paralysie glosso-labio-laryngte (Bei Hallopeau Observ.
1. p. 38.)
Eine 64JShr. Frau verlorl871 nscheiner Anstrengnng
das Bewusstsein , ebenso noch eimnal 1872 ohne StOrung
des Gedachtnisses oder der Sprache. Im Jahrc 1878
plbtzliche Sprachbehindening, allmalig znnehmend; dann
Schlnckbeachwerdcn mit GefQhl von Zusammenschnflren
links, gleichzeitig leichte Facialislahmnng links, mitFret-
bleiben der Bewegungen der Augenlider. Mit der Znngen-
spitze konnte Pat. dieOberiippe nicht errelchen, dieselbe
nicht von reehts nach links bewegen; die Consonanten,
su deren Bildung die Spitse und Basis der Zunge nothlg
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102
Ribord, Drainage de l’oeil.
iat, vermoobte eie nicht auwuspreehen ; Sch werbeweglich-
keit des M. orbicularis wie beim Kussen und Pfeifen ; be-
trachtliche Verminderung der Inspirationskraft ; Sehwie-
rigkeit hei Ausspeien, keine Deviation desZiipfehens oder
der GaumenbSgen ; Oesehmack vorhanrien ; Plussigkelten
otter durch die Nase regurgitirt ; zuweilen Atheranoth ;
Stimrae naxelnd.
Januar 1875. Schlucken ausserst schwierig ; bei der
geringsten Erregung Herzklopfen mit Erstickungsangst,
Cyanose und unzahlbarem Pills. Exspiration kurz und
ungeniigend.
Beobachtuny 2, von Dnchenne. Paralysie ylosso-
labio-larynyee (bei Hallopean Observ. 2. p. 39).
Mann, 69 J. alt. Vor '/* J. zueret Beschwerden beim
Sprechen , 2 Mon. spater Salivation ; glcichzeitig Schwie-
rigkeit beim Sehlncken von Flusuigkeiten , spater auch
von festen Suhstanzen. Alle diese Heschwerdeu hatten
langsam zugenommen; doch konnte Pat. die Zunge noch
mit Muhe bcwegen ; den Unterkiel'er frcilich gar nicht
mehr seitlicli bcwegen. Die Exspiration abgeschwaeht ;
Spuckcn und Sehnauben sehr crselnvert. Die elektrische
Erregharkeit der die Zunge und die Wangen bewegenden
Muskeln erbalten , ebenso die willkiirliche Bewegimg des
Orbicularis oris, aber schwach.
Beobachtuny 3, von Dnchenne. J’aralysie labio-
ylosso-larynyie (hei Hallopeau Observ. 4. p. 44).
Eine Dame von zarter Constitution und nervosetn
Temperament ftihlte im August 1872 oline nachweisbare
Ursache die ersten Storuugeu beim Sprechen gewiseer
Bncbstaben. Vor 5 Mon. wurdc das Schlucken beschwer-
lich und schon vorher trat kolossaler SpeichelHuss ein.
D. fnnd [wann?] die seitliehen Bewcgungen der Zunge
beschrankt, die Elevation der Spitze aufgehoben ; die
Lippen konnten noch etwaa zusammengebracht werden ;
naselnde Stimmc seit 6 Mon. ; schwache Exspiration, Pat.
war nicht im Stande eine Liehtflamme auszublasen ; das
Aufreehthaltcn des Kopfes flel ihr seit 6 Mon. sehwer (der
8plenins war atrophirt). Eine 5 Mon. lang fortgesetzte
Behandluug mit Einreibungen , Vesikantien, Faradisation
der Zunge und Lippeu war ohne Erfolg geblieben. Zehn
Tage spater starb die Kr. plotzlich unter Stillstaud des
Herzens.
Beobachtuny 4, von H al 1 o p e a u. Erweichunysherd
in der rechten Htilfle des Bulbus (bei Hallopeau Observ.
31. p. 98.)
Die 62jahr. K. L. hatte 1846 nacli einer heftigen
Erregung einen Anfall von Bewusstlosigkeit gehabt , aus
welchem sic mit Parese der rechten Seite und Scbwachung
des Horvermflgens ant derselben Seite erwachte. Zwei
Jahre spater hatte sich starre Extensions- Contraktur der
rechten Finger cingestellt. Seit ea. 10 J. hatte Pat. haufig
Kopfschmerz, besonders rechts, mit Brauscn und Stechen
im rechten Ohr gelitten. Am 26. April 1862 ergab die
Untersuchung folgenden Befnnd : Keine Facialaffektlon ;
die rechte Lidspalte engcr; das rechte Auge leicht nach
inneu abgewichen ; die Sehkraft auf dieser Seite schwa-,
cher ; beim Sehen nacli rechts auf beiden Augen lcbhafter
transvcrsalcr Nystagmus ; die rechte Pupille etwas enger.
[Wir ubergehen mit Stillschweigen den Zustand der Ex-
tremitaten , insofern man die bnlbaren Symptome von
denen , welche myelitischer Natur sind , nicht unterschei-
den kann.]
Autopsie am 29. Marz 1869. Von den Arterien der
Basis bot nnr dieCarotis eine leiebte Verdicknng an Ihrem
Ende dar. Die Gehirnnerven zeigten keine Veranderung ;
die Gefasse der Pia waren iujicirt. Die Gehorstreifen
erschienen (liinu. Der Bui bus zeigte rechterseits einen
Erweichungshord , welcher Alles bis auf einen klelnen
Best des Corpus restiforae zerstort hatte.
Beobachtuny 6, von Duchenne (bei Hallopean Obs.
38. p. 112).
Junge, nicht hysterische Frau. Linkseitige Hemi-
plegte ; weder StSrung der Sensibilitat , noch sekundare
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Contraktur. Dagegen die Symptome der Paralysis labio-
glosso-laryugea. Diese letztern wurden schneller besser
als die Lahmung der Glieder. Aphasie tehlte. Die Kr.
wurde entlassen , geheilt von den Sprachstorungen , aber
noch immer das Bein nachschleppend.
Beobachtuny 6, von Hallopeau (bei Hallopeau
ObBerv. 43. p. 121).
Eine 50jahr. Frau , bis dahin iramer gesund , wurde
im Nov. 1869 plotzlich an den obern Extremitiiten gc-
laiunt. Nach cinigen Stunden ging die Lahmung etwas,
zuriick , doch stellten sich schmerzbafte Contrakturen in
den Vorderarmen ein ; welcbe in Anfallen wiederkebrten,
die 15 -30 Min. anhielten ; vom Juli 1870 au bildete sich
eine nocb besteheude permanente Contraktur aiu.
Die Beweglichkeit der uutern Extremitiiten wurde
schwacher seit Nov. 1870; seit 2 Mon. hatte die Liihmung
einer Contraktur Platz gemacht , welche das Gehen ns-
mfigllcli machtc. Im April 187 1 litt Pat. an heftiger
Dyspnoe. Die obern Extremitiiten waren in Bcugestellung
contrahirt, die untern in Streckstellung ; Grcifeuklaue.
Sensibilitat erhalten. Ocdem der untern ExtremitSten.
Die Kr. starb am 7. April 1871 aBphyktisch.
Bei der Seition fand man den obern Theil des
Riickentnarkes u. den untern des Bulbas durch einen Tu-
mor comprirairt, welcher auf rtem Clivus auflag u. bis iu
das Foramen magnum hereinrsigte, und das Volnmen einer
kleinen Kastanie hatte. Dcm entspraeh an der Medulla
oblongata cineOruhe, die rechts tiefer war als links. Der
Tnmor zeigte ziemlick derhe Consistenz , eine grauweise-
liclie, stellenweise rdtbliche Farbe. Unter dem Mikroskop
stellte sich dieOcschwulstalBeinSpindclzellensarkomdar.
Beobachluny 7, von Bourdon. Tuberkel des Klein
hirns , den Wurm eitmehmend u. den Bulbus comprimirenil
(bei Hallopeau Observ. 46. p. 126).
L. hustetc uurl magerte seit mehreren Jahren ab.
Am 16. Jan. 1872 trat plotzlich Sprcchbehindcrung ein,
ohne Verlust des Bcwusstseins und ohne die geringsle
Cephalalgie. Die Zunge war frei beweglieh , Facialislah-
mung, Schlingbesehwerden, Dyspnbe , Zeichen von Hemi-
plegic fehlten. Die Untersuchung der Brust ergab in der
linken Spitze eine Caverne, in der rechten trockenes Has-
scln. Pat. starb plotzlich ohne Todeskampf am 24. Jau.
1872.
Autopsie. Beide Lungenspitxen tuberknlfc. ImWurrn
des obern Uehirns an seinem vordern Ende ganz an der
OberHache ein cruder Tuberkel von der Grosse einer
mittelgrosscu Erbse. Die Meningcu iiber demselben in
der Ansdehnung von 4 — 5 Mmtr. verdlekt , danmter ein
gelbliches ExBiidat, zerBtreute grace Oranulationen. Ueber
und zu den Seiten der Tuberkel ein Bluterguss , mitten
in der crweicliten und gelblichcn Klcinhirnsubstanz, von
der Grosse einer Mandel.
Dieser Tumor liat nothweudigerweise auf die hin-
tere Flitchc des Bulbus und iudirekt auf die Nerven-
kerae des Hypoglossus einen Druck austiben milssen.
Daraus erkl.lrt sich vielleicht die Spraclistdrung. Der
Tod ist walirsclieinlich durch den Bluterguss, der
den Dmck auf den Bulbus vennebrt und sich bis auf
die Ursprilnge des Vagus erstreckt hat, herbeigefilltrt
worden. Seeliguaflller.
61. Du Drainage de l’oeil dans dijfbrtntn
affections de cet organe et particuliirement
dans le dicoltement de la ritine. Thfcse pour
le doetorat en m^decinc prdsent^e et soutemie
par Madame Stdphane Ribord. 8. Pad 3
1876. Impr. A. Parent. 50 pp. *)
') Ilerm Prof. v. Wecker besteu Dank fur dieZu-
senduug. G.
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Jahresbericht fiber das Med.-Wesen u. a. w.
103
Die Drainage dea Auges ist in der v. W e c k e r’-
scben Klinik in Paris in jUngster Zeit mit Vortheil
versucht worden , sei es um den vermehrten innem
Augendruck dnrch stete Ableitung einer geringen
Menge von Flttssigkeit zu verniindern oder um die
an ungehdrigem Orte ausgeschiedenen Ergtlsse zu
entfernen. Zu den krankhaften Affektiouen, welche
hierbei in Betracht kommen, gehdren: das absolute
Giaukom, die vordere Sklero-ChorioideitiB, derHydro-
pbthalnms, das partielle Staphyloni, derKeratokonus,
endlich die Netzhautabldsung.
Das Verfabren bestebt einfacii darin, dass mittels
einer gekriimiuten Hobluadel ein feiner Golddraht
quer durch die Hllllmembranen gelegt wil'd, sei es
durcb die Hornbaut oder durch die Sklera oder (bei
der NetzhautablOsung) durch die Sklera und die
Aderhaut. Die Dmhtenden werden dann mit einer
Pincette dicbt am Augapfel zu einer Scblinge gedrebt
und so eingebogen, dass sie die Bindehaut nieht
reizen kOnnen. Der Drabt muss von reinem Golde
sein. Ein solcher reizt weder, noch wird er von der
Augenflllssigkeit angegriffen. Er kann unbestimmt
lange Zeit liegen bleiben und brauckt nur selten ent-
fernt zu werden, ehe die Heilung erfolgt ist.
Die Verfasserin, welcher wir die erste Verdffent-
lichnng dieses ingeniosen, leicbt ausfttbrbaren und
viel versprechenden Verfahrens verdanken, fllgt eine
Anzahi von Krankengeschichten bei. Nach den-
seiben lassen sich die Leistungen der Drainage wie
folgt prficisiren: 1) Beim absoluten Giaukom und
beim Giaukom fiberbaupt, wenn eiue Iridektomie
erfolglos gewesen, werden die Schmerzen beseitigt
und der steintiarte Bulbns allmalig zur normalen
Spann ung zurilckgeftihrt. 2) Bei den verscbiedenen
Arten der Ektasien der Sklera Ifisst sicli eiue allmfi-
lige Verkleinerung erzielen. Der Goldfaden wird
durch die ektatischen Stelleu gelegt, bei ringfdrmiger
Ektasie krtnnen selbst inelirere getragen werden.
3) Bei der Netzliautabldsuug wird die „Anse a filtra-
tion“ so angelegt, dass sie unter die abgelflste Netz-
hantpartie , resp. (bei Ablfisungen am obern Bulbus-
abachuitt) fiber dieselbe zu liegen kommt. Nicht nur
in friscben , sondern sogai* in veralteten Fallen lfisst
sich die Wiederansammlung der Flttssigkeit verhttten
und die Anlegung der Netzhaut erzielen. Die Re-
soltate sind viel gttnstiger als bei der bisher in An-
wendung gebrachten Punktion.
Ausgestattet ist die Broschfire durcb 7 Tafelu.
Die erste zeigt Durchscbnitte des Augapfels bei den
verschiedenen Graden der Netzhautabliisung , die 6
fibrigen gehdren zu den Krankengeschichten und ver-
anscbaulichen das Verhalten der Defekte im Sehfelde
bei der Netzhautabldsung vor und wtthrend der
Drainage. G e i s s 1 e r.
G2. Jahresbericht fiber die Verwaltung des
MedicinalwesenB, die Krankenanstalten und
die Offmttichen Gesundheitsverhaltnisse der
Stadt Frankfurt a. M. ; herausgegeben von
dem ilrztlichen V T erein. Jahrgang XVII. 1873.
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Frankfurt a. M. 1874. J. D. Sauerlinder’s
Verlag. gr. 8. IV u. 235 S. Jahrgang XVIII.
1874. Daa. 1875. IV u. 278 S.»).
Der Anordnung der frtthereu Jabrgfinge dieser
vortreff lichen Berichte folgend , giebt auch In den
ersten Theilen der vorliegenden Dr. Alexander
Spies s als Beitrilge zur Topographie der Stadt
sorgfkltig auf- und zusammengestellte Berichte fiber
die meteorologischen Verhdltnisse i. J. 1873, wo-
bei Tabellen der Grundwasserschwankungen nicht
fehlen , und demnfichst .fiber den Stand und die Be-
wegung der Bevfllkerung der Stadt Frankfurt a. M.
in den genannten Jahren. Die Mortal! t&tsziffer ftlr
die JJ. 1873 und 1874 stellt sich hiernacb, mit
Ausschluss aller in Frankfurt veretorbenen Mibtllr-
personen, auf 20.7 °/ 00 , resp. 20.6°/ 00 , oder bei
Ausschluss der Todtgebomen auf , resp.
19.6°/ 00 , Zahlen, die nur um ein ganz Geringes
hfiher sind, als ,im J. 1872 und sehr viel gttnstiger
als in den JJ. 1870 und 1871. Ira Anscblusse an
seine in den frttheren Jahresberichten niedergclegten
Nacbweise betont im Jabresber. von 1873 Dr.
AlexanderSpiess nochmals, dass die im Ver-
gleicbe mit der Zeit vor der Mitte der sechziger
Jahre minder gfinstigen Mortalitfitsverbaltnisse Frank-
furts ihren Grund in der veranderteu Zusammen-
setzung der BevOlkemng haben, wie er ebenso frtther
den allgemeinen Nachweis geliefert hat, dass die
Mortalitatsziffer eines Or tee viel zu sehr von der
Zusammensetzung der Bevdlkerung beeinjlussl
wird, als dass sie fur eine Ska/a des Gesundheits-
zustandes des Ortes gelten kdnnte. Seltsamer
Weise wird dieser Nachweis ganz consequent und
wie man annehmen muss, absichtlicb, in den Kreisen
ignorirt , denen er nicht fremd geblieben sein kann,
denen es aber angemessener und profitabler zu sein
scheint, statistische Zahlen zu verwerthen nicht im
Geiste der Wissenschaft, sondern wie es ihnen passt.
Der 2. 7'heil des Jahresberichts, umfassend die
firztlichen Berichte , giebt zunttchst eine Uebersicht
der in den JJ. 1873 und 1874 Yorgekommenen
Todes falls, hierauf, wiederum von Dr. Alexander
S p i e s s , eine D&rstellung des Gehundheitszustandes
in Frankfurt a. M. in den genannten Jahren, die u. a.
in Tabelleuform die Zahl der in den einzelnen Mo-
uateu an den wichtigsten Krankheiten Verstorbenen
und einen Vergleich der betreffenden Zahlen und
Krankheit8fonnen mit denen der 10 vorhergehenden
Jahre und des 15jfihrigen Durclischnitts giebt. Die
Todesfalle im 1. Lebensjahre beliefen sich im J.
1873 auf 503, im J. 1874 auf 512 imd blieben so-
mit gegen das J. 1872 mit 535 Todesi&llen absolut
und auch relativ zurfick, indem im J. 1873 25.5°; 0)
im J. 1874 nur 24.8°/ 0 aller TodesfilUe (bei Ans-
schluse der Todtgeburten), im J. 1872 aber 27.5°/„
von ilmen Kinder im 1. Lebensjahre betrafen. Ent-
scliieden und zunehmeipl gfinstig stellt sich die
*) Fur die L’eberaeudnng dankt verbindlichst W r.
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104
Jahresbericht fiber das Med.-Wesen. n. s. w.
Kindereterblichkeit, wenn man sie vergleicht mit der
Zahl der Lebenden im 1. Jahre. Von den 505,
reap. 512 Todesf&llen bei Kindern unter 1 Jahr
haben 73 oder 15%, reap. 65 Oder 13 % schon
innerlmlb der 1. Woche atattgefunden , und zwar
sind von diescn 64 , reap. 52 an einfacher Lebena-
schw&che geatorben. Mit den Geburten vcrglichen,
atellt aieh das Verhaltnias so , dass von alien in den
JJ. 1873 und 1874 lebend Gebornen 27%, reap.
22°/ 0 nocli iunerlialb der 1. Woclie wieder veratar-
ben, wahrend 18.7%, reap. 17.6% nicht das
2. Lebensjahr erreicbten. Von der Geburt an zeigte
aieli iin J. 1873 eiue zienilich gleicliraissige Ab-
nahme der Sterbliclikeit von Monat zu Monat , die
nur in den 2 letzten Monaten vor Ablauf des 1.
Lebenajabra wieder cine kleine Steigerung erfnhr.
1m J. 1874 zeigte sich dagegen in den letzten 8 Mo-
naten des Jalirea eine aich mit einzelnen Scliwau-
kungen ziemlicli gleicli bleibende Sterblicbkeit ;
auaser den 73, resp. 65 sclion in der 1. Woche Ver-
atorbenen star ben in den nkchsten 3 Woclien nocli
weitere C8, reap. Cl , so dasa vor Ablauf dea eraten
Mounts 141 = 5.3%, resp. 126 = 4.3% aller
lebend Geborenen wieder geatorben aind und melir
ala, resp. beinahe % aller im 1. Lebensjahre Ge-
storbenen. Die Kalte dea Winters, durch Affcktionen
der Brnatorgane, namentlich aber die Hitze dea Som-
mers durch Verdauungaatorungen zeigten ihren dern
Kindeaalter achildlichen Einflnsa in der geSteigerten
Mortalitkt.
Unter den constitutionellen Krankheiten forderte
der Typhus die meisten Opfer, 63 (33 M., 30 W.),
C melir wie im Vorjahre , entsprechend dein Ver-
hilltuias von 62.0 Todcsfilllen auf 100000 Lebeude,
w Ahrend im Durchschnitt der letzten 15 Jahre 64.1
TyphuatodesiMc per Jahr auf 100000 Lebende
kamen , welche kleine Steigerung der Zuuahme der
Bevolkerung entspricht. Dabei unteracliied aich der
Typhus dea J. 1873 darin von dem der frtlheren
Jahre, dasa er entschieden epidemiach auftrat, indem
nach vereinzeltem Vorkommen von Typhustodes-
fftllen in den eraten Monaten dea Jahrea dieselben
vom Juni an rasch zunahmen und bia zum October
auf einer betrftclitliehen HChe blieben , so dasa auf
dieae 5 Sommer- und Herbatmonate 45 von den 63
Todesftlllen ==» 71 °/ 0 kommen ; dabei waren, speciell
in den Sommermonaten einzelne kleinere Stadtbezirke
ganz vorzugsweise ergriflfen. Der Charakter der
Epidemie war ein ttuaaerst milder. Das in den
Jahreaberichten abgedruckte Gntachten des stftdti-
achen Gesundheitsraths giebt zwar fiber die eraten
Monate der Epidemie einen gedrttngten Ueberblick,
vermag aber fiber die Uraachen deraelben eine be-
atimmte Auskunft nicht zu geben.
Noch ungleich heftiger, und in den Sommer-
monaten noch entachiedener epidemisch trat der
Typhus im J. 1874 auf. Dieaer, fflr die Anaichten
fiber die Aetiologie dea Typhus , und nicht fflr dieae
allein , ftusaerat wichtigen Epidemie , die durch ver-
schiedene, im Anhange zu demBerichte vomJ. 1874
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abgedruckte AktenstOcke eines weiteren iUuatrirt
wird, und die weit fiber die Grenzen ihrea Auftretena
hin&os Aufaehen erregt hat und in verachiedenen
Sinne besprochen worden ist, mllssen wir ziinSchst
an der Hand des sorgfiiltigen Berichts von Dr.
Alexander Spiesa eingehende Beachtung achen-
ken. Die im Herbste des J. 1873 noch auf kleine
Bezirke besehritnkten Typbuserkrankungen waren
mit Ende des Jahrea vorflber und hielt ein in Bezug
auf Typhus normaler Stand bis Ende Mai an, ja die
monatliche Durchschnittazahl der Todesfftlle (4) in
den eraten 5 Monaten (21) war etwas unter dem
Dnrchschnitte der letzten Jahre; auch kamen von
diesen 21 TodcsiUllen nicht 2 in deraelben Strasae
vor. Von Anfang Jnni an jedoch atieg die Zahl der
Todesfille auf 7 im Juni, 23 im Juli, 17 im August,
und kamen von den 47 Todeafltllen dieaer 3 , die
eigentliche Zeit der Epidemie umfaaaenden Monate,
29 = 62°/ 0 anf einen verliilltniaamftaaig kleinen
Theil der Stadt , die „innere Altatadt“. Vora Aug.
an erreichte zwar die Zahl tier Todeafiille nicht wie-
der die der vorhergehenden Monate , blieb aber eine
erhbhte bis zum Schlusse dea Jalires , so dass sie in
den Monaten Septbr. bia Dec. 44 betrug, von denen
19 = 43% auf die „innere Altatadt" Helen. Die
Ursache der noch nach Ablauf der eigentlichen Epi-
demie erhahten Sterblichkeit sucht der die einachla-
genden Verhaltniase genauer erflrternde Bericht vom
J. 1874 zuniichst in dem tOdtliclien Ende einer An-
zahl achon wUhrend der Epidemie Erkrankter , wei-
ter in dem Auftreten und nnr langsamen Ausglimmen
von Ansteckungsherden in anderen Theilen der Stadt
und in der in den Herbstmonateu in Frankfurt a. M.
in der Regel geateigerten Sterblichkeit an Typhus,
endlich in der nach Ende August vorausgegangener
Abkflhluug in der 2. Septemberwoche und Anfang
Oct. nochmals in ungewahnlicher H8he auftretenden
Hitze, die eraeute Zunahme der Typhuserkrankungen
und Todeafiille im Oct. veranlasate. Die Geaammt-
zahl der Typhuatodesfklle im J. 1874 betrug 112
=* 106.7 Todeafiille auf 100000 Lebende oder
n&hezn das Doppelte des Durchschnitts von 64.1 ;
von diesen 112 Todeafilllen kamen 56 auf die „in-
nere Altstadt“. Von Mitte Juni bis Ende der eigent-
lichen Epidemie , Ende August , eratatteten sAmmt-
liche in Frankfurt a. M. prakticirende 85 Aente,
mit Ausnahme eines Einzigen , regelmiasig an den
Hrztlichen Verein Bericht fiber Erkrankungen unter
Angabe dea Erkrankungaortes und unter m 5 glichster
Berflckaichtigung der iitiolog. Verh<niaae, — ein
weiterer Beweis daftlr , dasa auf dem Principe der
freien Association beruhende Vereine mehr zu leisten
verm8gen, als auf anderer Basis beruhende. Da die
wenigen Falle jeues einen Arztes und einzelne andere
vielleicht nicht angemeldete, die Reaultate wohl nicht
ftndern wtlrden , so lhast aich ein Bild der Epidemie
entwerfen.
Schon imMai waren in einzelnen der engera8tra*»en
der Altstadt F2Jle von Typhna vorgekominen, namentlich
in elnem lianae am Markte erkrankten 4 Peraonen einer
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Jahreabericht tlber das Med.-Weaen a. s. w.
106
FamiHe in 4 Tmgen and starben 3 Ton ihnen , der Vater
imd 2 T&chter von 4 and 12 Jahren. „In diesem von zahl-
reiehen Familien bewobnten Hanse beflndet sich fur Vor-
der- und Hinterbaus zuaammen nnr ein Abtrltt gerade auf
dem Stockwerk , wo die Erkrankungen vorkamen ; aueh
zeigte der Pumpbrunnen im Hofe bei der chem. Unter*
auchung sehr starke Verunreinlgung.* Anfang Juni trat
ein anderer in einiger Entfernnng davon gelegener Thell
der Alta tad t in den Vordergrund , die Ecke von TSnges-
gasse nnd ScharfengSsschen , die ab der eigentliche Ana-
gang der Epideraie *u betrachten ist. In dem Haaae
Tdngeagasae 62 kam am 4. Juni der 1. Erkrankungafall
an Typhus vor bei einem Manne, der den ganzen Tag hier
beschaftigt war, aber nicht da wohnte ; Anfang Juli betrug
die Zahl der in diesem Hause an Typhus Erkrankten 8,
mit Einschluss der leichteren , aber offenbar derselben
U reache entsprungenen Krankheiten 13. In dem gegen-
uberliegenden Eckhause des Scharfengasschens kam eben-
falls Anfangs Juni der erate, ein schwerer, todtlich enden-
der Fall vor , und ihm folgten in demselben Hause in der
nachsten Zeit eine unbestimmbare Zahl weiterer Falle,
meist Personen betreffend , die hier in einer Restauration
tSglich zu Mittag assen. Weit starker noch traten berelts
in der ersten Junihalfte in der hinter dem erstgenannten
Hause gelegenen Seiectenschule TyphusfSlle auf, und
zwar bis eum Beginne der Sommerferien mit Ende des
Monats : 21 8chfiler, 1 Lehrer, 1 tieistlicher in dem daran-
stossenden Pfarrhause und 1 Bewohnerin der GlSckner-
wobnung. Durch Verschleppung aus Restauration und
Schule traten Ende Jnni nnd im Jnli Erkrankungen in
vereehiadenen Hausern der aussern Stadtthcile auf, in
denen im Jnni Seiecteusch filer am Typhus krank gelegen
hatten. Trotzdem aber kam es mit Ausnahme der innern
Altstadt , in der 6 der an Typhus erkrankten Schuler der
nahen Seiectenschule wohnten , in der aber auch gleich-
zeitig mit Jenen Erkrankungen in der Schule in andern
Hiusern zahlreiche Typhusfalle auftreten , nirgends zu
einer starkern Anhfiufuog von Typhusfallen. Fast gleich-
zeitig mit den in der innern Altstadt anftretenden Typhas-
fiillen traten im Juni bereits zahlreichere Falle an einigen
andern Stellen der Altstadt auf; Ende Jnni fanden sich
deren bereits in fast alien Strassen der Innern Altstadt.
Qleichzeitig, aber, wie es scheint , unabhangig von alien
diesen Fallen hatte sich bereits Anfang Juni ein Typhus-
herd in Sachsenhansen , wo noch gar keine sonstigen
TyphusfSlle vorkamen, in den verschledenen Hausern der
.Gemeinnfitzigen Baugesellschaft a entwickelt, bis Ende
Jnni 14 Erkrankungen , denen im Juli und August , als
auch in Sachsenhansen Typhus etwas hauflger war , nnr
noch Je 1 Fall folgte. Im Juli traten in der Altstadt nnr
elnige verelnzelte neue Herde hlnzu, so die Dominlkaner-
kaserne mit 9 Erkrankungen in der am aussersten Ende
des Typhusbezirks gelegenen Klostergasse , in welcher
auch im August zu den 2 Erkrankungen des Juli noch 18
neue TyphusfSlle zuwuchsen , wahrend sonst der August
keine weiteren neuen Erkrankungsherde aufiuweisen
hatte.
Die Ges&mmtzahl der Erkrankungen wfthrend
der dreimonatlichen Dauer der Epidemie betrug , so
weit zu constatiren war, 619, von denen auf Juni
210, auf Juli 271 und auf August 138, etwa % von
ihnen, 405, anf die „Innere Altstadt^ kommen. Auf
diesen Typhusherd, der ungeffthr 22 % der ganzen
Bevfilkerung Frankfurts omfasst, kommen im Ganzen
65%, wahrend der eigentlichen Hflhe der Epidemie
aber bis zu 76% aller Erkrankungen, was bei einer
Bevdlkerung von ca. % der G esammtbe vOlkerung
einem ca. 12mal so starken Ergriffensein der innern
Altstadt gegentlber den andern Stadttheilen entspricht.
Ueber die (Jrtachen der Epidemie war „aus Mangel
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
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der nCthigen Organe" Sicherea nicbt aa ermittelu,
doeh ging aus den Vermuthnngen and Einzelbeobach-
tangen der Mitglieder des &rztliohen Vereins, wie sie
auch in einer Eingabe deseelben an den Magistral
Aosdruck fanden, hervor, dass die Hypothese u
meisten Anklang fand , dass in dem hochgradig ver-
unreinigten Untergrunde der „Innem Altstadt" durch
die in den letzten 2 Jahren in demselben ausgefiihr-
ten neuen Kanftle mit ihrer drainirenden Wirkung,
sowie durch die Trockenheit des Winters und Frtth-
jahrs das Grundwasser im Sommer ungewOhnlich tief
gesnnkeu war. Die Entleerungen und in ihnen die
Typhuskeime der im Mai nnd Jnni anftretenden ver-
einzelten Typhuserkrankungen kamen , da die betr.
Oertlichkeiten noch nicht an das neue Kanalsystem
angeschlossen waren, direkt durch durchlAssige Grn-
ben oder durch einen alten Kanal in das ttberana
trockene Erdreich, das durch die gerade in dm leta-
ten Jahren wiederholt vorgekommenen Erdanfgrabun-
gen gelockert , vielleicht mehr als sonst empf&ngllch
nnd durchlAssig war. Hier fanden sie nicht allein
ihrer Entwicklung gttnstige W&rme nnd Feuchtigkeit,
8ondern einige plfltzli^he tflchtige Regengllsse lanch-
ten auch das gelockerte nnd ungemein trockene Erd-
reich aus und ihr Wasser wurde von den fast leeren
Brunnen gierig angesogen. Dieser Hypothese gegen-
flber — als solche bezeichnet ’sie A. Spiess selbst
— stauden alierdiugs auch Arztlicherseits Vertreter
der Ansicht , die den neuen EanAlen und namentlieli
den zur Zeit gerade in der Altstadt in Ansfiihrung
begriffenen Eanalisationsarbeiten einen wesentlichen
Einfluss anf die Entwicklung des Typhus beilegte.
Spiess giebt die Miigliehkeit zwar selbst zu, dass
Entwicklung und Verbreitung der Typhusepidemie
gefSrdert worden sei durch die Erdanfgrabungen der
Eanalisationsarbeiten in Folge ihrer drainirenden
Wirkung gegenllber der frilhern relativen UnschAd-
lichkeit der verunreinigten Erdschichten durch Was-
serabschluss in Folge Hochstands des Grand wassers,
sowie in Folge der begtlnstigten Entwickelung des
Typhuskeimes und des erleichterten Aufsteigena der
Grundluft durch Lockerang des Erdreichs. Er glaubt
jedoch andererseits , dass ein Zusammenhang zwi-
schen Eanalisationsarbeiten und Typhuaerkrankung
nirgends zu constatiren sei, woftlr er den weitern
Umstand anfdhrt , dass zu keiner Zeit der Epidemie
einer der bei den Eanalbauten beschAftigten Ar bei ter
an Typhus erkrankte, wie denn ttberhaupt seit dem
nun 7jfthr. Bane der EanAle nicht ein Typhusfall bei
den Arbeitern beobachtet worden ist. Von einem
typbuBerzeugenden Einfiusse der Ausdiinstungen des
wAhrend lkngerer Zeit offen daliegenden schmutzigen
Grundes sei so mit in Frankfurt a. M. nichts beobachtet
worden, so wenig wie ein solcher Einfluss anderwArta
erwiesen sei. Andererseits giebt A. Spiess weiter
zu, dass jener indirekte Einfluss der Eanalisation
auch noch in dem Umstande eine Bestfttigang finde,
dass der von der Epidemie verschont gebliebene sfld-
lichste Theil der Altstadt in den meisten baulichen
14
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
IOC
Jahresberieht fiber das Med.-Wesen n. s. w.
imd sonatigen Verh<niasen mit den flbrigen Theilen
der Altatadt Ubereinstimme , nur darin nicht, dass
er noch nicht kanalisirt sei.
,Ob nnn der im Boden lebende Typhnskeim im ein-
Mtnen Falle dnrch die aufsteigende Bodenluft, also In
aMakeDden Aborten und UOfen odcr dergl. , hit Einath-
mung kam, Oder ob cr lianfiger mit den Wasserlaufen die
Brunnen erreichte end bei deren geringein Wasserreich-
thnm gelbst in concentrirterer L5sung als vielleieht sonst
la den Magen gelangte, dariiber zu streiten, ware muaeig.
KrklirHch ist es, dass die meisten Collcgen bei ihren An-
gaben vorzugsweisc die Brunnen als Ursaclie der Er-
krankung beseliuldigen , da eine Vernnreinignng des
Brannenwassers lelchter zu constatiren ist and anch in
yfeien Fallen von ihnen conatatlrt worden ist , wabrend
tttn soldier Nachweis in der Luft wcit schwierigcr ist,
wiewohl aucb bei vielen Gelcgenheiten die ubelriechendcn
Aborte, Hausgange und Hofe in grellen Farben gcschildert
sind. . . . Eine der starksten Hausepidemien trat erst
Zahl der Erkrankungen genan dera Durchschnitte der
Erkrankungen im Allgemeinen. Bei den filtern Len-
ten war die Neigung znm Erkranken nur 1 / 5 — ’/«
so gross, wie bei denen zwischen 15 und 25 J. , bei
Kindern nnter 5 J. nnr etwa Vi 2 UI, d bei Lenten
fiber '65 J. 8ogar nnr ca. 1 / so der Erkrankungen
zwiscben 15 und 25 Jahren. Von C13 Typlius-
kranken, deren Geschlecht bekannt ist, waren 353 M.
und 260 W. oder 58°/o M. und 42°/ 0 Weiber. Bei
dem Ueberwiegen der weibl. Bevfilkerung fiber die
mfijinl. (109 W. auf 100 M.) bcweist diess ein stflr-
keres Ergriffensein der letztern im Verlidltnia von
100 zu 148 , was sich zum Theil wohl durcb fast
aussclilicsslichen Verkehr milnnl. Personals in den
Geschliftslokalen des hauptsfichlich ergriffenen Tlieils
der Stadt und durcli die daselbst ergriffeue Knaben-
gegen Ende der Epidemic in dem Hause Weissadlerg. 29
aaf, nnd zwar erst xn der Zeit , ala mit den Kanaleinmun-
.^angsarbcitcn vor und iu dem Hause begonuen wurde, die
eiaen ,„scheusslich verunreinigten Untcrgrnnd“ u aufw-Qhl-
't.M nnd zu Tage legten. In diesem Hause erkrankten fast
rtyleichzeitlg 6 Personen am Typhus und 6 an heftigen
,Dian-hoen, und durfte es in diesem Falle hamerhin mog-
lich sein, dass der im Boden reife Typlmskeim dutch die
Aufgrabuugcn zu Tage befordert, seine schiidlichc Win*,
kung geltend machte. Ansser diesen und zahlreiehen
audern Fallen , die auf direkte Ausd&nstungen aim Ab-
trttten und dem verunreinigten Untergrunde zuriickzu-
fuhreu seiu durfteu, sind nun in einer nocb weit grousem
Anzabl von Fallen die Brunnen als muthmaassliche Ur-
sache der Erkrankung angeftihrt, iind zwar eben so wohl
Brunnen in denHfinsem nnd Ilbfen, als Pumpbrunnen auf
der Strasse. So waren in einem gro&sen Uansc auf dem
, laebfrauenborg , in welchem der Brunnen als „„sehr iufi-
cirt““ bezeichnct wird, alle Einwohner bis auf einen er-
k/ankt , nnd zwar in alien Graden von leichten DiarrhSen
bis zu den schwersten , selbst todtlich endenden Typhen.
In einem andem Hause der Keuen Kriimc war nur eine
Person erkrankt, und zwar geradc diejenige, die, wie
iliess auch sonst angegeben ist , das Qnellwasserleitnngs-
wasser nicht mochte und daher von dem , r pikanteren “ “
(Abtrittsjauche I) Brunnenwasser trank.
Unter den 604 der 619 in den 3 Sommermona-
ten an Typhus Erkrankten, deren A Iter bekannt ist,
war , wie gewfihnlich , das jugendliche Alter koupt-
sfichilch vertreten , und zwar am meisten dasjenige
zwischen 15 nnd 25 J. , etwas weniger das vom 5.
bis 15. J., demnllchst das vom 25. — 35. J. , in we-
sentlich geringerm Grade das Alter fiber 35 nnd
unter 5 J. , welche letztern Altersklassen ein kleines
Fflnftel (12.4%) aller Erkraiikungsftllle nmfassen,
wfihrend fiber %, f**t die Hftlfte (45.7%) derselben,
auf die Klasse von 15 — 25 J. , und weitere ca. */»
je auf die Altersklaase 5 — 15 (19. 7%) und 25— 35
' (22.2°/ 0 ) entfallen. Bei der Versohiedenheit der
ZusammensetzuDg der BevSlkerung in den einzelnen
Altersklassen stellen sich jedoch die betr. Verhltlt-
nisse derartig , dass im Ganzen etwas fiber 5 von je
1000 Bewohnem an Typhus erkrankten , dass da-
gegen in der Altersklasse von 15 — 25 J., die etwa
% aller Einwohner und fast die H&lfte aller Er-
krankungsMe umfasst, fiber 10 Falle auf je 1000
Lebende kamen; etwa l*/ 2 fach war die Erkrankung
im Alter von 5 — 15 J., niimlich ca. 8 Erkrankungen
auf 1000, uud zwischen 25 — 35 J. cntsprach die
schule erklirt. Die Sterblichkeit anlangeud , so
starben von 619 Erkrankten 46 oder 7.4° / 0 , nnd
zwar im Juni 8.1%, im Jiili C.6°/o> im Aug. 8.0% ;
auf die Altersklasse von 25 — 35 J. kamen fiber */ 5
aller Todesflille, auf die von 15 — 25 J. wenig mehr
als Vs, a«f die von 5 — 15 J. nur 2.6° /„.
Als Anhaug sind dem Jahresbcrichte noch drei
* jp4ktcnstficke , die Typhusepidetnie betr.", beige-
draclcfj'-’tuid zwar Bericht des Specialausschusses an
den firztl. vfcrein, der n. a. als wahrscheinlich wich-
tigste ursachliclicSUomente der Epidemie das in dem
betr. Stadttheilc sehrlKhjfig alten Pumpbrunnen ent-
nommene veninreinigte anffihrt, dagegen
der AusdOnstung des in Fofee der Kanalisations-
arbeiten wfthrend lilngerer Zeft °^ ei1 ansgebreitet
daliegenden schmutzigen GrundesV^ine direkte Ein-
wirkung auf die herrschende Epichspae nicht zu-
schreiben will, viclmehr mdglichst enem 18C i ie Dorch-
ffihrung der Kanalisation cmpfiehlt. Bcfifgt w ' r< ^ die
Nothwendigkeit des letztern eines WeiterP un< ^ an8 '
ffihrlichst durcli Schilderung der V T enmreiM& un K des
Untergnmdes der Stadt Frankfurt a. M., wflP ^ 8ie
aus frflher vielfaeh fiber diesen Gegenstand y rsc ^' e ‘
nenen Schriften sattsam kennen. Zugleich wil'd noch
Beschleunignng dcrAusffihrung und ErweiterJng der
neuen Trinkwasserleitung empfohlen. In eim® r ^' n ‘
gabe des firztl. Vereins an den Magistrat igfchliesst
sich der erstere den Forderungen seines SpccJ a i au8 ‘
schusses an unter Formulirung der zu Ausf(»[ u ' UD 8
derselben nothigen Maassregeln , welche in ^' neD1
Antwortsclireibeu des K. Polizeiprfisidiums au® J ene
demselben abschriftlich mitgetheilte Eingabe wwfto-
wortet werden. r
Wenn auch diese Frankfurter Epidemie f*Jr
Aehologxe des Typhus nach keiner Richtungjfci i™
Entacheidendes liefert , so doch hbclist
werthes, und dttrfte dabin vorAUem zu rechnejf
dass nach dem durchaus unparteiisch und sti-ci\
8en8chaftlich gehaltenen Berichte von Spiess\ die
Mdglichkeit wenigstens zngegeben wird, die J ‘^' il
den angefuhrten Daten fast zur WahrsrJml ilid-
keit wird , dass durcb die Erdaufgrabungci\ dir
Kanalisationsarbeiten Entwicklung und Verbreitu, 1-
der Epidemie gefSrdert worden sei , — eine Fragiy
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t
J&hreeberfebt liber das Med.-Wesen u. s. w.
107
die bekanirtiich s. Z. in Bezug anf die Cholera ge-
legentlich der Grdarbeitea wAhrend der Cholera-
epidemie zn Kdnigsberg i. P. 1871 zu heftiger
Controvcree Anlass gab und in demselben Jalire die
Sektion filr offentl. Gesundheitspflege bei dev Ver-
sammlnng der Naturforacher und Aerzte zu Rostock
beschaftigte. Eine entschiedene Widerlegung aber
empfangen durch die Frankfurter Epidemie, gleichwie
durch manche andere seitdem in wohlkanalisirten
S tad ten aufgetretene , Diejenigen , die der Ansicht
grind, wie sie noch nenerer Zeit ein bekanntesReichs-
tagjsmitglied in dem Stadtverordnetencollegium zn
Berlin mit der Sicherheit des Laien anssprach , dass,
wenn eine Stadt nur erst kanalisirt sei , Typhus in
ihr zu den unbekannten Dingen und so zu sagen
Uberwundenen Standpunkten gehdre. Mit solcher
Behauptung wird man hoffentlich kllnftig wenigstens
arztiicherseits niclit mehr hervorzutreten wagen.
Gleichzeitig mit dem Typhus trat im J. 1874
eine Maaemepidemie auf, deren letzte vom Nov.
1870 bis Juli 1871 herrschte. Mitte Mai beginnend
erlo.'ch sie mit September, war somit rcine Sommer-
epidemie. Die Zabl der Erkrankungen Hess sich
nieht bestimmen, doch war, trotz der Milde der Epi-
demie, die Zabl der Todesf&Ue cine betrachtliche,
nAmlich von Mai bis Sept. 59 (Mai 3, Juni 1 1 , Juli
32, Aug. 12, Sept. 1), wozu noch 3 Todesfalle in
den 3 letzten Monaten des Jalires und 1 sporadischer
im Jan. kommen, so dass sich 66 TodesfUllc (27 Kn.,
39 M.) ergeben. In keinem der 66 tfidtlich verlau-
fesen Falle batte das betr. Kind das 6. Jahr voll-
endet ; die grOsate Zabl derselben (25) kommt auf
das 2. Lebensjahr, etwas weniger (18) auf das
1. Lebensjahr; Kinder von 2 J. starben 9, von 3 J.
6, von 4 J. 5, von 5 J. 4. Unter den Complikatio-
nen als Tranche des Todes stehen Pneumonie mit
27 and capillare Bronchitis mit 10 Fallen obenan.
Ueber dieselbe Epidemie bericlitet Dr. Carl Lorey
im Jahresbericht v. J. 1874 ausftthrlicher auf Grand
▼on 113 tbeils im CArwt’schen Kinderhospitale und
dem damit verbnndenen Ambulatorium , tbeils in der
Privatpraxis beobachteten Fallen. Von diescn 113
Fallen (56 Kn., 57 M.) verliefen 6 (2 Kn., 4 M.),
somit 5.3°/ 0 , tbdtlich , und zwar zwischen dem 5. u.
12. Tage nach dem Erscheinen des Exanthems. Die
Gesammtzahl der Erkrankungen schktzt Dr. Lorey
nach dem Procentsatze seiner TodesfAlle , verglichen
mit der Gesammtzahl der Todesfalle, auf 1500. In
keinem seiner Falle llbte die constitutionelle Anlage
einen wesentlichen Einfluss auf die Intensitat und
Daaer der Erkrankung. In 2 Fallen folgten die
Masern direkt einer typhbsen Erkrankung, beide
Male mit tddtlichem Verlanfe ; Varicellae als Vor-
lflufer der Masern beobachtete Lorey bei 6 Ge-
scbwistem. Die Dauer der Incubationszeit liess sich
gas 18 Familien, in welclien 2 bis 6 Kinder er-
krankten, mit Zugrandelegung des Tages des Er-
sebeinens des Exanthems in folgender Weise fest-
stellen : 7 Tage bei 1 M. , 8 T. bei 1 M., 9 T. bei
2 Kn., 10 T. bei 10 Kindern, 11 T. bei 3Kindern,
12 T. bei 3 Kb., 13 T. bei 2 M., 14 T. bei 2 M.,
15 T. bei 1 Mttdehen.
Von Cholera aeiatica kam im J. 18T3 1 Fall,
von Trickinose, die damit zum ersten Male in Frank-
fort auftrat, kamen ebenfalls im J. 1873 8 Falls
vor.
Aub den Berichien uber die Leittungen der
Hospitaler und dahin geh&rigen Anstalten bebea
wir hervor, was Dr. Carl Lorey’s Bericht Uber
das Dr. Christ'iche Kinder hospital vom J. 1873 in
Betreff des seltenen und bis jetzt in der Literatar
gar nicht oder nur kurz beschriebencn Vorkommens
der sogen. weissen Hepatisation mittheilt. Im
Jahresberichte fflr 1869 wurde eine derartige Be-
obachtung bei einem bdchst atrophischen, 5 Wocben
alten Kinde mitgetheilt, die jetzige betraf ein l J / t J.
altes scrofuldses Madchen, welches am 17. Marz 1873
mit folgender Anamnese aufgenommen wurde.
Die Mutter 1st vor mehreren Monaten an Phthisis ge-
storben; (las Kind, nicht gestillt, hat normal gesahnt,
kann aber noch nicht stehen, ist sehr welk , leidet viel an
Hnsten , hat eitrigen Ohrenfluss , sowie meist dunne Ans-
leernngen. Plotzllch Tod am 4. April. Die beobschtatm
Krankheitserscheinungen waren massige Diarrhden mit
Cfterer abendlicher nicht bedentender Ficberbewcgung;
derllusten war nur in den ersten Tagen in geringem Grade
vorhanden und ist deshalb die genauereUntersuchnng der
Brustorgano versaumt worden. Seitionsbefund : Gewioht
6203 Gramm. Dicke Ilirnschale ; Fontanelle geschloasen ;
ziemlieh viel Serum unter der Dura-mater; Pia leicht ge-
triibt, Ilimsnbstanz trocken. lironchialdrusen marklg
geschwollen. Reehte Lunge vollstandlg Im Zustande sog.
weisser Hepatisation ; die mikroskop. Untrrenehung dee
verdiehteten Lungengewebes ergab, dass dieliepat. (lurch
vollstandige Ausfiiliung der Alveolcn mit weissen Hlut-
korperehen entstanden ist ; linke Lunge anffallend blass,
stark odematSs. Im Ilerzbentel etwas Serum, blasseMus-
kulatur, die des linken Ventrikels verdickt ; ein machtiges
al teres Faserstoffgerinnsel in die Papillannuskeln der
Valvulaatrioventricularis verfilzt. Leber gross, 440Grmm.
schwer, verfettet; geschrumpfte Gallenblase. Milz gross,
feet, 6-2 Grmra. schwer. Nieren sehr blass. Darmsofcleim-
haut nicht wesentlich verandert ; Mesenterialdriisenmaxkig
geschwollen.
Ausfllhrlicber als die meist auf kurze Zahlen-
angaben sich beschrUnkenden Berichte der andern
Hospitaler sind die Dr. Steffan’s tiber seine
Augenheilanstalt. St. uuterscheidet scharf die Diph~
theritis conjunclivae, die ihm in frtlheru Jaliren 3ual
sporadisch vorkam, von Conjunctivitis membra -
nacea s. crouposa, welche im J. 1872 — 73 4mal,
im J. 1874 3mal zur Beobachtung gelangte, allemal
einseitig; 6mal ohne jedwede Computation von
Seiten der Cornea und nur lmal bei einem 7 Mon.
alten Knaben mit Verech waning der Horuhaut —
Bei Anfilhrang einiger Falle von Conj. blennorrhoica
neonatorum giebt St. folgenden beherzigenswerthen
Wink fllr Entstehung und Vorbeugung des Leidens,
indem er voraussebiekt , dass wohl darilber kaia
Streit mehr sei , dass dasselbe nur durch direkte
Uebertragung unreinen Sekrets von den Geschledhts-
theilen der Mutter in das Auge der Neugeborenen
entsteht. Ein lOjalir. Knabe nun batte wAhrend
enner Erholungsreise mit seinen Eltern ane sehr
heftige Blennorrhoe des linken Anges dadureh er-
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Jahresbericht d. k. siche. Landes- Med.-Colleginms.
108
worben , dass er denselben Schwamm zum Reinigen
seines Gesicbts benntzt, den die Mutter zum Reinigen
der Geschlechtstheile des kleinen TOchterchens ge-
nommen , die rich in Folge einer anstrengenden
Fusstour einen scharfen, die Ausaere Haut corrodiren-
den Ausflnss aus den Gescblechtstheilen zugezogen
batte. „Wie oft mag wohl im Verlaufe eines
Wocbenbetts von Seiten des Wartepersonals un-
bewnast ein Ahnlicher Fehler stattfinden , der dem
Neugeborenen seine Blennorrh&e anf ungeahntem
Wege von den Geschlechtstheilen der Mutter her
zuftthrt , ohne dass beim Geburtaakte selbst irgend
otwas in das Auge des Kindes gelangte. Jedenfalls
oolite man bei Neugeborenen die Vorsicht beobach-
ten, einen beoondem Schwamm zur Reinigung des
Oedchts zu benutzen.“ — Im Uebrigen sei aus
den fflr Speoialisten vielfach Interessantes bieten-
den, indessen als 11., reap. 12. Jahresbericht der
St’schen Augenheilanatalt ausftlhrlicher in deren
HAnde gekommenen Berichten nur hervorgehoben,
dass St. bei Ulcerativprocessen der Cornea sich mit
aehr gutem Erfolge der Keratotomia zwar be-
dient , jedoch von 8 ftmisch ’ 8 Vorachrift inaofern
abweiebt, als er das Gescbwflr nur einm&l seiner
ganxen Lftnge nach zu spalten pflegt und von jeder
WiedererbSnung des Spaltes absiebt, sobald er im
Verlaufe der nAchsten Tage rieht, dass die fort-
kriechende Tendenz des Geschwflres gebrochen ist
and somit die (ibrige Therapie (Atropin, warrae
AafscbUge, Druckverband) zum Abschluss des
ganzen Processes genfigen. Dabei meint St., dass
die Eeratotomie nicht bios ftr das Ulcus comeae
serpens , sondern auch flir einzelne Fftlle von Ulcus
oorneae circumscriptum oder Absceasns corneae zu
verwerthen sein mOchte , um in die eigentliche Hei-
hmgsperiode rascher Uberzuftlhren.
Dr. Bockenheimer ’s Bericht vom J. 1873
liber seine chirurg. Klinik gedenkt ausftlbrlich einer
Reihe von Reselctionen , und zwar im Schulter- (2),
Ellenbogen- (2), Hllft- (2) und Kniegelenk (1) ; na-
mentlich ftir letztern Fall , aber nicht allein ftir ihn,
wird der Watteverband wegen seiner Einfachheit,
leichten Handhabung, Ieichtem ZugAnglichkeit u. s. w.
entachieden dem Gipsverbande vorgezogen. Die
Ovariotomie wurde in 2 Fallen ausgefthrt , einmal
mit tddtlichem Verlaufe.
Den Berichten fiber die vielseitige Thfitigkeit
des arztlicben Vereins reihen sich im J. 1873 Ne-
krologe an , die in gewohnter wflrdiger Weise den
Bericht schliessen , wAhrend dem Jahresberichte von
1874 als Anhang, ansser den bereits erwAbnten
Aktenstflcken , die Typhusepidemie betreffend , rioch
8 dergl., die Anzeigepflicht der Aerzte betreffend,
belgegeben sind. Friedrich.
68. Seohater Jahresbericht des Landes*
M •dlcinaloollegiuma fiber daa Medicinal-
weaen im KSoigreioh Saohaen m if das
Jahr 1874. Le^>zig 1876. F. C. W. Vogel,
gr. 8. VII n. 162 S.
Mit Freuden begrflaaen wir daa Erscbeinen dea
6. Jahrganges dieses so vortheilhaft bekannten
Jahresberichtes. Kann auch die neue Arbeit aa
Menge und Gehalt nicht so viel bieten als die der
Vorg&nger, so lenkt sie doch — und das ist neben
der Pllnktlichkeit des Erscheinens keiner der ge-
ringsten V orzflge dieser R e i n h a r d ' schen Arbeiten
— wiederum die Anfmerksamkeit des Lesera auf ein
Gebiet besonders, dieses Mai die Statistik. Der
Zweifelsfrohe vorAllem wird sich angemnthet fflhlen
von der phrasenlosenNttcbternheit des Urtheils (z.B.
bei der Trichinenstatistik).
Das Aussere Kleid, Einleitung, 3 Abschnitte und
tabellarische Anh&nge ist dasselbe — norDrnck and
VerlagssUtte sind ge&ndert, und es scheint, zumVor-
theil der Anssern Ausstattung.
Die Einleitung — 8. 1 — 6 — stellt zusammen,
inwieweit Gesetzgebung u. Verwaltung im Berichts-
jahre das Medicinalwesen beeinflusst haben : Reichs-
impfgesetz, Gesetz vom 2. Mirz 1874, die Erweite-
rung des Verzeichnisses concessionspflichtiger —
§ 16 d. deutsch. Gewerbeordn. — Gewerbsanlagen
betr. Organisation der VerwaltungsbehOrden. Ver-
ordn. vom 23. Aug. 1874, Irrenftlrsorge , vom
21. Sept. 1874, Aufhebung von Todten u. Schein-
todten betr., Gesetz vom 16. Juli 1874, Austtbung
der Fi8cherei in fliessenden GewAssem betr. — Ver-
unreinigung der FlusslAufe — Errichtung eines Ge-
sundheitsansschusses in Dresden. Der Dresdener
Gesundbeit8au88chuas ist eine berathende Kfirper-
schaft , das Tbaten ist der Medicinalverw<ung be-
lasseu worden und wird wohl auch verbleiben mUssen,
so weit es sich um Ausftihrung von Beschlttssen, Ge-
setzen, Verordnungen u. s. w. handelt. Bei dem
ansgeprAgten Streben der StaatsbehOrden , den Staat
entlastend, mdglicbst viel der Lasten den Gemeinden
zuznweisen und flir sich die Aufsicbt zu wahren , ist
es aber nicht recht verstAndlich , warum es „unthnn-
lich sein soli, den staatlich geordneten Organen der
Medicinalverwaltung und insbesondere den Bezirks-
Arzten ihre berufsmAssige ThAtigkeit und Verantwor-
tung zu schmAlern dnrch communliche KOrperschaf-
ten u . Vermag der Gesundheitsauaschuss so gltlck-
lich zusammengesetzt zu sein wie in Dresden — aus
je 2 Mitgliedem des Stadtraths, der Stadtverord-
neten, des Arztlichen Bezirksvereins, je 1 derPolizei-
direktion und dem Verein der Ingenienre und Bau-
techniker und dem Stadtbezirksarzt — dann ist
allerdiugs nicht einznselien , wie der Zweck der Be-
zirksArzte, Ffirderung der Gesimdheitspflege, durch
„GemeindekOrperscbaften“, die freiwillig und auf
Zeit arbeiten, dnrchkreuzt werden sollte. Flir Den-
jenigen , der die VerhAltnisse kennt, wie sic sind,
nicht wie sie scheinen , dttrfte das gerade Gegentheil
wahrscheinlicb sein. Leider aber fehlt Aerzten, Ge-
meindebehfirden u. dem Laienpublikum noch vielfach
das VeretAndniss fttr den Wertli der Offentlichen Ge-
snndbeitspflege — und damit wird noch auf lange
hi nans die Mfiglichkeit der „Ausschfl88e < ‘ hinfAllig.
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Jahresbericht d. k. sftehs. Landes -Med.-CeUegituu.
109
Der 1. a. III. Abschnitt, 8. 7 — 24 a. S. 97 — 111,
„Arzttiche nod pharmaceutische Organe der Medl-
ein*lverwaltung“, „HeiI personal and Heilanstalten"
enthalten Weniges von allgemeinem Interesse.
1m Peraonalbeatande des Landea-Medicinalcollegioms
znnichst sind nar in 2 pharmaceutiachen auaaerordent-
lictaen Mitgliedem Verfinderungen eingetreten. Die
Plenarveraammlung fand am 23. Nov. 1874 atatt und
befasste sich mit der Identiflclmng der firztlichen Bc-
zirksvereine , mit den neuen Medicinalbezlrken , mit
H. E. Richter’s Antrag , Reinhaltong von St&dten nnd
Dorfem betr. (ahnlich der Vorordn. der bad. Regienmg)
mit Antragen , auf das Impfwesen nnd die zu erwartende
Ansf&hrungsverordnung zum Reichsimpfgesetz bezuglich,
und mit dem Misestande der Verlelhnng dee medicinischen
Doktortitels an Aualfinder und Deutsche vor beetandenem
Approbationsexamen .
In den 19 Sitxungen dee engern Collegiuma — er-
weitert einige Male dnrch Vertreter der med. Faknltit,
die Kreiamediclnalr&the , die VoratSnde der beiden Irren-
anetalten , der chem. Centraletelle , der Tbieraraneiachnle
nnd den Vertreter der technwchen Deputation — wnrden
7 gerichtsarztliche Obergutachten (6 zweifelhafte Seelen-
znstinde, 1 Qiftmord) erstattet und 20 medicinalpolizei-
Mche Oegenstande verhandelt (2roal Kirchbofg-, 2mal
Banprojekt und Waeserleitung , 4mal Statistik der Ge-
burten — fflr die Bezirkaarzte — der Todesuraachen, der
Aerate im Lande , der Kurpfuacher , 3mal Sffentliche An-
stalten — Aborte in Gerichtsgefangniasen , Raumverhfilt-
niase in den Laudeastrafanatalten und Irrenaiechenanstalt
Hoehweitzachen — Gebuhrentaxe und Diapoaitionafond
ffir die chem. Ccntralatelle , 2mal Impfgeaetz und Impf-
formnlare, 2mal Nahrungamittel — FleiaehkrankerThlere,
knocbenmehlhaitiges Brod — Behandlung von Schein-
todten , Prufungaregulativ fflr Aerate und Apothekerlehr-
bnge). Zwel Aerate halb'n die ataataarztliche , 47 Heb-
ammenachfilerinncn die Approbationaprufung beatanden.
Die Kreiamedicinalrathc (iiratliche Mitglieder der Kreia-
hanptmannaebaften), die Apothekerreviaoren haben keine,
die Bezirkaarzte 3 Peraonalverandernngen geboten (Tha-
raat und Kocblitz Bind eingezogen , Oelanitz neu ge-
grondet).
In gewdhnlicher Weiae liaben die bezirks&rzt-
lichen Conferenzen, meist fiber das Reichsimpfgesetz
berathend, stattgefunden. Ref. wiederholt die andern
Orta ausgesprochene Beliauptung, dass eine — be-
grenzte — Theilnahme aller pro physic, gepriiften
Aerate an diesen Versammlnngen ein besser als hig-
her vorbereitetes Personal fflr die Bezirksarztfimter
biiden wttrde, noch mehr, wenn man an die Ueber-
nabme eine bestimmte Arbeitszeit bei der chem.
Ccntralatelle oder einer andern cbem. Anstalt ver-
langen wilrde. DenLesern unsrer Jahrbttcber wird ja
noch erinnerlich sein r dass der vorige Bericht dcs
Landes-Medicinalcollegium selbst den Mangel der
chemi8chen , bez. cbemisch-technischen Qualifikation
bei den untem Medicinalbeamten beklagte.
Unter den arztllchcn and pharmaceutiachen Kreis-
vereinen zelchneten sich dnrch Lebhaftigkeit aus : Zittan
(Dflngerabfuhr In Zittau, Leichenverbrennung, Aerate n.
Lebensversicherungagesellschaften , ein VerhiUtniss , wel-
chea wohl in alien Vereinen raehr Oder weniger eingehend
behandelt worden 1st, Frauen- und Kinderarbeit in den
Fabriken , Morbilltatsatatistik dee Bezirka , Beltritt zum
Riehter’schen Antrag s. oben Plenarversammlnng dea
Landesmedicinalcollegium — zum deutachen Aeratever-
einabnnd nnd Verein fur SfTentllche Gesundheitapflege
n. a. m), Lfiban (ahnlioh wie Zittan), Dreden-Stadt (all-
monatL Stidtereinigung, Untersnchnng fiber Dflngerabfuhr,
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Petri's FSkalatetne , Dealnfekdonapnlver von Loder a.
Leidloff, Impfverhaltnlsse, Richter’s Antrag, Lebens-
versicherungen u. a. w.), Dreaden-Land (ein sehr em-
pfehlenswerther Antrag : „ Arbeiter in krankenkaasenloaen
Fabriken werden nnr unter Gewahrleistung dee Fabrikaa-
ten , Arbeiter , die einer Fabrikkrankenkaaae angehoren,
die aber nicht aratliches Honorar gewahrt , nur unter Ge-
wahrleiatung dieser Kaaae oder dea Fabrikanten behan-
delt“). Mit Impfangelegenheiten , Lebenaversiehemngen
nnd Richter’s Antrag beachaftigte sich noch Ptrna-
Schanriau. Dippoldiawalde , Leipzig-Stadt (dieses ferner
mit der Conccasionaertheilung znr Errichtung von Heil-
anstalten an Privatperaonen , mit Llate approbirter Medi-
cinalpersonen , mit Anzeigepflicht , Ortsgeanndheitarath,
med. Doktortitel, Trichiuoae nnd zwangaweiaer Fleisch-
schau), Leipzig-Land (permanente Taxcommission , Be-
richte fiber epidemiache Krankheiten, Intermittent* in der
Elaternicdcrung), Leiaanig-Mittweida, nach der neuen Be-
zirkaeintheilung in die 2 Bezirke Dftbeln und Rochlitz
zerfallend (Beitragana der Kreisvereinskasse an die Invall-
denkaaae, Kurpfuacher), Oechatz, Borna, Zwickau (Vor-
trage von Gegenatanden ana der praktischen Heilkunde,
Lnftheizung nach Kelling in den Schulen — anerken-
nend begntachtet — SchulmorbilitAtastatiatik , Doktor-
titel) , Chemnitz (Typhusstatistik , Lnftheizung — gflnattg
begntachtet — Leichenverbrennung). Leider haben die
fibrigen Vereine nicht viel geletatct oder gesohwiegen.
Anerbach und Oelanitz sind zum „comblntrten volgtlSndl-
schen Bezirksverein“ zuaammengetreten.
Die jabrlich einmal sich veraammelnden Kreisverebas-
auseohflsse haben Impfangelegenheiten, Anfaahme von
Bittgesuchen im Correapondenzblatte und Doktortitel be-
rathen.
Die pharmaceutiachen Kreiavereine hi el ten 1 — 2 Ver-
aammlnngen nnd beriethen fiber e(nheitliche Regnlinmg
des Apothekerweaens (Enqiiete-Commiasion in Berlin),
Vorbildung von Apothekerlehrllngen , Anzeigen nnd Feil-
bleten von Geheimmittein durch Apotheker , Drogulsten-
frage, Waaecrunterauchung und Deainfektionsmittel).
Aus dem III. Abschnitt ,,Heilpersonal und Heil-
austalteu" 1st zum Heilpersonal zu erwihnen , dass
es am 1. Jan. 1874 992, 1875 1001 Aerate,
Wund- und Zahnlrzte gab, dass die Zahl der 2 letz-
tern abnimmt und dass 369, resp. 375 anf Dresden
nnd Leipzig kommen, auf das tlbrige Land 609 und
626. Das platte Land-, namentlich die ftrmern
Gegenden , werden nicht eher ausreichende iiratliche
Htllfe erlangen, bis sich die Gemeinden und Wohl-
habenden zu gentlgender Fixirung eutscLliessen.
8ehrzweifelhaftbleibt derNntzen der von den s&chs.
Kammern 1876 beschlossenen „Heilgehfllfen“ fftr
jene aratarmen Gegenden. Der Schritt bis zu staat-
lioh vorgebildeten und unterstfitzten Rarpfuschern
oder Afterftrzten dtlrfte nur ein sehr kleiner sein.
Daa „Extcrnat“ benutzten 8 Aerate (leider noch
keiner die chem. Central stelle).
Apotheken gab es 228 (gegen 223 im Vorjahre) —
2 none in Dresden , je 1 in Crimmiteohan , Strehlen,
Nioderhaaalan ; wieder erfiffnet Grfinhain, geschloasen
Moael bei Zwickau — revidirt wurden 63 Apotheken und
eben genugend 1, genfigend 2, gut 19, sehr gut 22, vor-
zfiglicb 10 befunden , 2 homeopath. Apotheken und 1 Ml-
neralwaeserfabrik sehr gut, nor eine Nachrevision war
ndthig. Aerztliche Uausapotbeken wurden 16 revidirt
(9 im Reg.-Bez. Bautzen , 4 in Zwickau , 2 in Dresden).
Ein Apotheker wurdo wegen Knrpfuacherei bestraft.
Hebammen gab e« 1666 (1 : 1626, 1871 1 : 1636 Elnw.)
mit 74 Geburten dnrchachnittllch auf 1 Hebamme.
Die Ansteilung d. Hebammen ist dnrch Min.-Verord.
dahin geregfilt worden, dass die Gemeinden fiber die
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110
Jahresbericht d. k. stlchs. Landes-Med.-Collegrnms.
Person beschliessen kbnnen, welche sie zur Hebamme
wollen, die kdnigl. BehOrden ttber dercn Anstellung.
Die von ihnen zu filhreuden Geburtstabellen zeigen
ein geringes Besserwerden. Pflichtwidrigkeiten sind
22mal zu bestrafen gewesen, daruntcr 5 Absetzun-
gen, 2 wegen Trunksucht , 3 wegen unsittlichen
Lebenswandels ; 2 wuvden wegen syphilitischer An-
steckung durch berufliche Unteraucliuug suspendirt.
Ein Fall in der Nahe von Dresden zeigt die Noth-
wendigkeit scharfer Ueberwachung der Privat-Ent-
bindungsanstal ten .
Verbesserungen in den Krankenh&usem werden
gemeldet von Dresden, Freiberg, Wurzen. Dnrch
Stiftungen von Privaten und Landstitndcn konnten in
verechiedenen Anstalteu der Lausitz 434 Kranke mit
28375 Verpflegtagen behandelt werden; aber diese
Wohlthat Teiclit nicht aus u. beginnt man, der Grfln-
dung von BezirkskrankenhSusern nahe zu treten.
Eine Privatsiechenanstalt ist in Trachenau bei Rdtlia
vom frdhern Major v. Friesen gegrtindet worden,
sehr zu empfehlen , aber getrennt von den gewShn-
lichen Armeubitusern. Staatliche Behandhmg haben
in Dresden, Freiberg und Grossenhain genossen:
173 Kranke.
Inn Irrenwesen ist die Erdffnung der Irrensiechen-
anstalt (Hochweitzschen) frendig zu begrdssen („un-
heilbare Irre , bei denen grdssere oder beftigere Er-
regungen nicbt mehf zu erwarten sind , welche wobl
steter Aufsicht bedtlrfen, aber zu geordneter Beschaf-
tigung unfitbig siud a ).
Sormenslein hatte einen Jahreabestand von 431 Kran-
ken (gegen 384 Ende 1873; 64 waren gestorben, 126 ge-
heilt, 11 nngcbeilt, 48 in andere Anstatten entlassen, 295
nen aufgenommen). Sonstiges Bemerkenswertlies ist
nicht vorgekoramon. Ebenso anch in Colditz. Ende 1873
war der Bestand 840 Pereonen, wovon 160 mannllche
in Zschadras wohnten. Gestorben waren 1874 78, ent-
lassen 11 (8 von Zschadras) ganz, 165 nach Hoch-
weitzschen, verbliebeu Ende 1874 noch 712, davon 238
in Zscbadras. Bei den 78 Gestorbcnen erfoigte der Tod
bei 63 an Respirationsaff. = 80.8° „ , bei 6 an Hirn-
apoplexie, 1 an Typh. abd., 1 an Dysenterie. Die Co-
lonie Zschadras hat 233 Insassen, besebaftigt aber nur 94
eigentlich landwirthschaftlieh. Gesundheitlich und flnan-
ziellist die freiere Beliandlnng nachahmenswerth. Hubtr-
lusburg (geisteskranke Frauen u. Kinder) hatte einen Ge-
sammtbcstand von 1122 (80 Todte). Ini Anhang damn
ist die landwirthschaftliche Colonic Reckwitz fur 36 Frauen
von gutem Erfolge. Zu den Privat-Irrenanstalten ist noch
die des Dr. Wolff in Linden hof bei Dresden flir Ue-
muths- und Ncrvenkranke hinzugekommen.
Von Badem verzeichnet der Bericht Giinstiges von
Elster (4373 Personen), Augustnsbad bei Radeberg, Rei-
boldsgrun bei Auerbach, Pausa 1/V., bcziehendl. Znnahme
der BSder zn diatetischen Zweeken (nen in Plauen,
Glauchau, Meerane, Rochlitz, Markneukirchen, Gerings-
walde).
Der 11. Abtchnitt behandelt auf S. 27—96 das
dffentliche Gesandheitswesen in 2 Hauptabtheilungen :
A. die dffentlichen Gesundlieitsznstiinde, B. die dffent-
liche Gesundlieitspflege. Zunfichst befindet sich bei
B. wieder der Bcricbt tiber die Nahrung/>mittel, be-
ziehendl. deren Beaufsichtigung und Untereuchung
dnrch die Bezirks&rzte. Da die Chemie bishcr nicht
tlberall einfache, sichere Methoden, diese Verfillschun-
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gen nachzuweisen , angeben kann , flberhanpt nicht
tlberall die Grenze der Schadlichkeit festgestellt ist
(z. B. beim Kase mit Stitrkemehl, die im vorigen Be-
richte figurirt, bei der Butter in diesem), Ubergehen
wir diese Angaben, die betrefis wissenschaftlicher
Genauigkeit bei der heutigen Sachlage getingere
Glaubwllrdigkeit verdienen. Wicbtiger als auf diese
gesundheitlich belangloseu Butter- und K&semischun-
gen (klinstliche Butter 3. die Mittheilung vou Lai-
lier „6tude sur la margarine Ann. d’Hyg. pnbl.
1875) ware die Aufmerksamkeit auf Essig (Schwe-
felsAure) , Kochsalz (Salpeter) , Wein (Mischungen
von Spiritus, Zucker, Weins&ure, Fuchsiuroth,
Oenanthather , Schwefelsaure , beziehendl. Rothwein-
farbe), Bier (Pikrinsaure, Belladonna) zu richten.
Sehr interessant ist die Trichinosenstatistik. Im
Berichtsjahre traten Erkrankungen auf in Obergetten-
grtln bei Adorf 44 Falle mit 2 Todesfdllen ; Leisnig
undUmgegend gegen 209, Leipzig 7 ohne TodesfalL
In den letzten 15 Jahren sind in Sachsen 32 Epi-
demien beobaebtet mit 1074 Erkrankungen und 18
Todesf&llen = 1.67 °/ 0 Mortalitat. Diese Thatsachen
sprechen gegen die hoke Bedeutung der Trichinen-
gefahr und deren stete Ausbreitung, ja vielleicht
sogar fQr die Annahme , dass nicht alle trichinigen
Schwcine zur Ansteckung Veranlassung geben. Er-
iunert man sich nam licit der Hiiufigkeit der triebinigen
Ratten (Prof. Leisering’s Untersuchungen) und
der Hiiufigkeit der trichinigen Schweine im Herzog-
thum Braunschweig (wo das Fleisch von 757716
Schweinen mikroskopisch untersucht wurde — 95
trichinige = 1 : 8000) und nimmt man , wohl mit
Reclit , an , dass ftlr jede Epidemic in Sachsen ein
trichinige8 Schwcin den Anlass gab , in Summa also
32 tricliinige Schweine, so lilsst sich nicht glaubon,
dass diese 32 Schweine allein krank gewesen sind,
vielmekr kiinnen nach dem Braimschweiger Ver-
hiiltnlsa 806 ftlr trichinig gehalten werden (6431596
Schweine sind in den letzten 15 Jahren geschlachtet
worden) , also nur der 25. Theil hat angesteckt.
Diese Verhfiltnisse sprechen aucli nicht eindringlich
fflr die zwangsweise Fleischschau , trotz der mdrde-
rischen Epidemieu zu Haderslebcn, Hettstadt u. an an-
dernOrtcn derProvinz Sachsen mit ihren 25 — 30%
Mortalitat (bis 1866 waren */ 6 aller Trichinosen-
todesfalle auf die Provinz Sachsen gekommen), viel-
leicht ist dort das gewolmheitsmassige Essen rohen
Fleisches die Ursache.
2) Getranke. Die Wasserversorgung hat Fort-
8chritte gemacht in Dresden, Zwickau, Plauen, Chem-
nitz (fast vollige Vollendung der Wasserleitung),
Meissen, Bautzen (Vorarbeiten dazu) , die ltaufigen
Bnmnenwasserantersuchungen lieferten ungflnstige
Ergebnisse.
3) Bei der Bau- und WoJmungspolizei sind die
Bezirksarzte vielfach besebaftigt gewesen in Begnt-
achtungen von Lokalbauordnungen (Leipzig - 1. and,
Siegel; Oberlungwitz, Flinzer; Zwickau-Land,
Barth; Plauen, Busch beck), Beb&uimg von
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Ill
Jahreabericht d. k. sfichs. Landes-Med.-Collegiume.
PlAtzen and Strassen (Leipzig 9, Dresden 8, Chem-
nitz, Zwickau je 3, Zittau, Pirna, Grossenhain, Plauen
je lmal), endlich bei Einzelbauten und Untersuchung
von Wohnungen in bereits bestehenden Hausern.
4) Die Reinhaltung von Stfidten und Ddrfern,
Verunreinigung von Wasserlbufen , DUngerexport-
frage hat viel Arbeit veraniasat, wenig Erfolge zu
veraeichnen.
Auch die Geioerbegesnnd/ieitzpolizei hat die
Bezirks&rzte mehr als frtlher beschaftigt, sei es durch
Begutachtung von Nenanlagen oder BelAstigungen
durch bestehende. Laut Entscheidung im Bundee-
rathe fallt dieFrage tlber die Zuftlhrung von Effluvien
in fliessende private oder bffentlieheGewilsserausser-
halb der Gewerbeordnung und innerhaib der landes-
polizeilichen Vorschriften, und zwar auf dem Gebiete
der Gesundheitspolizei in die der Reinhaltung be-
wohnter Stfttten.
Die betT. GegenstSnde sind: Sehlachtereien und
Schlachthanser; Albuminfabrik ana Blut; Leirasiederci
and Knochcnmuhle ; Seifensiedereicn [Talgsclimelzen !] ;
Gerbereien [Schwefeinrscn , Abgange zur Wiescnheriese-
lnng] ; Ziegeleicn ; Schncllhlciclien ; Gasfabrikrn ; Super-
phosphatfabrikcn ; Fabriken von Arumon iak aus Gaavvaa-
ser, von atherischen Oelen, Strohpapierstoff, Dachpappen,
Wachstuch, VVagenschmiere, Pelzzurichterei, Eisengiesse-
reien, Rostofen, Zinnschmelzen, Zundwaarenfabriken [ein
Fall von Phosphornekrose ist trotz vorschriftsmassiger
Ordnnng der Fabrik vorgekoramen] ; Bauanlagen , beson-
dera vom Gesichtepnnkte der Ablagerirag von Zersetanngs-
produkten und Verunreinigung von Flnsslaufen und Ver-
pestnng der Luft.
Die Schulhygieine hat in Folge des Volksschul-
gesetzes vom 26. April 1873 wesentliche Erweite-
rung erfahren , so durch Begutachtung von Platzen
und Neubauten , Revision bestehender Schulrkume,
Berathung bestehender Einrichtnngen (Ventilations-
anlagen, Belenchtnng etc.).
Die Hygieine der Armenhduter befaandelt fast
ansschliesslich die — sehr empfohlenen — Bezirks-
armenhauser : fflr Arbeitsscliene, vcrmindert arbeits-
f&hige Arme und arme Kranke. Wicbtig ist die
mdglichst genaue Individualisirung dieser 3Gmppen,
die oft genug in einander Ubergehen. Man hofftVer-
mehrung durch die BezirksverbSnde.
Die Hygieine der Gefangnisse verzeichnet die
Begutachtung von 3 grbssern Gerichtsgeffcngnissen
(ftlr 300 Inhaftirte) in Leipzig , Dresden , Chemnitz
durch das L.-Medicinalcollegium betr. der Heizung,
Ventilation und Entfemung der Abfallstoffe. Bei
richtiger Einrichtung und Behandlung babe kein
Centralheizsystem (Luft-, Wannwasser-, Heisswasser-
heizung) vor den andern einen Vorzug and febnne
anch wirksame Ltlftung mit jedem System verbunden
werden ; bei Annahme der Luftheizung aber mtlsse
wegen dauernder Belegung der Zellen Heizung durch
Cirknlation ausgeschlossen bleiben und fUr Ltlftung
ansserhalb der Heizperioden Sorge getragen werden.
Luftheizung und Sawn'sche Desinfektion ist be-
schlossen. Ausserdem ist den Bezirksftrzten ein
Schnma zur Revision der GefUngnisse zugefertigt and
sind in Folge dessen 150 Gefangnisse revidirt wor-
den. In 93 Gcfangnisscn libcrstieg der Rauminhalt
einer Zelle das Minimum von 20 Cub.-Mtr. , in 27
war er kleiner , der Rest erlaubte kein beatimmtes
Urtheil. Beleucbtung der Zellen und Fenstergrbsse
— Mindestmaass0.6 Qu.-Mtr. — waren fast Uberall
ungentlgend, nur in 21 waren die Fenster grosser.
Natttrlich beeintrAchtigt diess die Beschftftigung der
Gefangenen sehr, besonders wenn noch Fensterkasten
vorhanden sind. Heizung durch Eisenofen, Ventila-
tion durch 1 — 2mal tagliclies Fensterbffnen. Zur
Aufnahme der Exkrete dienen meist Holzkflbel,
welche in 70 Gefiingnissen durch die gewbhnlichen
Mittel regelmAs8ig , in 46 nur in dringlichen Fallen,
in 34 gar nicht desinficirt werden. — Die Ern&h-
rungsfrage, durchschnittlich taglich 875Grmm.Brod
und 1 Liter Gemflse, Cerealien mitFett oderFleisch-
brflhe bereitet, ist nocli nicht abgeschlossen, a priori
ist diese Kost nicht geeignet , den Kbrper auf dem
Status quo zn halten. Klagen meist beim Bezug der
Speisen aus Speisewirthscliaften. Die Bewegung in
freier Luft ist nicht so dringlieli, wcil die Ilaft meist
eine kurae ist. In 56 Gefangnisseu ist (lie Beschflf-
tigung der Gefangenen regelmassig geworden. Im
Allgemeinen geht aus alien Einzelberichten dieNoth-
wendigkcit einer grbssern Berflcksichtignng der Ge-
sundheit der Gefangenen liervor.
In Waldheim waren 1267 Inhaftirte. Davon warden
behandelt CIS (532 M., 86 W. ; 81% Magendarrakatarrh,
12% Bronchialkatarrh , 3 Falle von Typhus, 24 Ophthal-
mien, 16 Pnetunonien, 12 Plenritiden), starben 33 (darun-
ter Lungenschwindsneht 12, je 2 Pneumonien, Bronchitis,
Marasmus senil., Magenkrebs, 1 Typhus), 1 Selbstmord,
4 In Landesirrcnanstalton versetzt.
Weiberzuchthaus Hoheneck hatte 248 Detinlrte :
2 Todesfalle (Phthisis nnd Apoplexie) , 104 Kranke (19
Magen- und Darmaffektioncn , 11 Rose, 6 Rheumatismns,
G Entbindungen, verschiedene Sexualaffektionen).
Strafanstalt Zrcickau liatte einen Bcstand von 744
Kopfen mit 14 Todesfalien (je 2 an Phthisis, Pneumonie',
Exsud. pleur., je 1 Typhus, Apoplexie). Von den bett-
lagerigcn Kr. sind 6 Magenkatarrhe verzeichnet , 8 Pneu-
raonien, 21 Pleuritiden, 7 Respirationskatarrhe, 26Krat«c.
Das Begrabnisswesen, obschon es vielfach Arbeii
bereitet hat, bietet nichts Bemerkenswerthes. Ebenso
die Giftpolizei.
Interessant ist aus 11) Kurpfuecherei und Ge-
heimmiltelwesen die Angabe , dass in Sachsen 323
gewerbsmdssig kurirende Medikaster namhaft go-
macht sind (Reg.- Bez. Bautzen 33 , Dresden 96,
Leipzig 108, Zwickau 86). Ueberraschend ist der
Parallclismus zwiacben Zahl der Aerzte und Kur-
pfuseber. Ein liombopathischer Schneider lAsst sich
auch zu Gcburtcn holen; 60 sind Hombopathen , 38
„thierische Magnetiseure“, 29 „Sympathie“, 12 Hy-
dropathen, 11 Natnrheiler, 6 Baunscbeidtisten ; 90
sind Handwerker, 27 Barbiere, 16 Schullehrer,
16 Handelsleute , 12 Thierftrzte und thierArztlicl.c
Empiriker, 5Geistliche, 6 geweaene SanitAtssoldaten.
Schafer, Todtengrflber , Abdecker, die Vertreter der
frllhern Medikasterei, sind wie der YVunderglanbe im
Zeitalter der exakten Wissenschaften im Abnebmen.
Betr. des Geheimmittelwesens scheint eine Abnahme
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112
Jahresbericht d. k. Btchs. Landea-Med.- Collegium
der marktechreierischen Anzeigen zn bemerken zu
sein.
Von tollen Htmden Gebissene Bind 60 gezihlt
worden, aber kein Fall von Wasserscheu.
Weitaus der wiclitigste Theil des Jahresberichts
ist A. 1) Sterblichkeite - and Krankbeitsverh<ni8se
ira Allgemeinen, a) Gesammtsterblichkeit
Intereesant ist zunkchat die 8terblichkert des
Quinquennium 1870/74, in welches 2 Pockenjahre
fallen.
1870. 1871. 1872. 1873. 1874.
29°/ oo 32.7 31.86 30.46 29.68%otacl. Todtgeb.
98.66 27.68 exd.
Oder nach den Kreishauptmannschaften geordnet :
1873.
Bev51kerang ffir
Geetor-
bene
•/oo Lebender
d. Mitte d. Jahree
berechnet
Todtgeborne
inch excl.
Todtgeb.
Geb. •/„
Reg. -Bex. Bautzen 336496
9817 ■=
27.69
26.10
oder 636
12820 — 38.10
„ B Dresden 723677
21702 —
29.99
28.13
» 1346
29874 — 40.69
* „ Leipzig 622648
18374 =.
29.61
27.84
. 1043
26264 — 42.19
„ „ Zwickau 1006664
32496 =
32.32
30.39
, 1943
60667 = 60.39
Konigrelch .
2688074 81889 = 30.46 28.66
4868 119126 — 44.32
Bev&lkerung fSr
d. Mitte d. Jafarea
berechnet
Keg. -Bex. Bautxen 338344
„ „ Dresden 741907
„ „ Leipxig 634677
„ „ Zwickau 1024166
1874.
Gestor-
bene
°/oo Lebender
9439 ~
27.90
26.26
oder
666
20607 =
27.78
25.78
»»
1487
18324 —
28.87
27.04
*
1166
32641 —
31.87
29.92
1»
1997
Geb.
12904
31611
28079
61266
a loo
38.14
42.47
44.24
60.04
KSnigrelch . . . 27039084 81011 = 29.68 27.68 „ 6206 123749 — 46.18
Die Fruchtbarkeit*- u. Sterblichkeitsverhdltnisie in den Stddlen iiber 8000 Einwohnem erhellen ana folgeu-
der Tabelle :
Name der Stidte
flber 8000 Eta-
wohner
1878
1874
.....
Reihen-
folge
Bewohner
Mlttel ron
1871 u. 1876
Geburten
Sum- auf
ma 1000
Sterbefalle
anflOOO Sum-
Lebende ma
3* S’
5 s
® g
1
Bewohner
Mlttel von
1871 u. 1876
Geburten
Sum- auf
ma 1000
Sterbefille
auf 1000 „
Lebende
1) Dresden
6
186087
7036
38.01
28.13
6208
6
190138
7482
39.36
28.16
6363
2) Grossenhain
10
10636
400
37.96
32.83
846
2
10698
442
41.70
26.00
266
3) Meissen
9
12067
442
36.62
32.66
394
9
12464
604
40.46
29.06
362
4) Pima
17
9668
333
34.80
38.26
366
11
9987
343
34.34
29.93
299
6) Freiberg
8
22419
966
42.64
31.89
716
10
22891
937
40.93
29.66
679
6) Leipzig
4
116024
4082
36.48
24.94
2869
4
120140
4698
38.27
26.18
3026
7) Mitweida
11
8943
888
43.38
32.98
296
7
9006
383
42.68
28.66
268
8) Dobeta
18
104S0
460
4S.14
39.11
408
16
10636
637
60.40
33.41
366
9) Hainicben
8
8386
369
42.81
24.32
204
1
8419
366
42.16
22.68
191
10) Chemnitz
19
72179
3786
62.46
39.74
2869
16
74674
3924
62.64
33.33
2489
11) Frankenberg
7
10007
473
47.26
31-27
318
12
10195
486
47.67
30.89
316
1 2) Crimm itxschan
13
16217
912
66.23
33.73
647
17
16809
970
67.70
34.26
676
18) Werdan
20
11403
698
62.44
89.81
464
20
11621
609
62.86
37.06
427
14) Zwickau
14
28972
1429
49.32
36.20
1020
19
30014
1464
48. £7
36.01
1061
16) Annaberg
16
11706
469
39.21
36.45
416
18
11718
468
39.96
34.91
409
16) Plauen
1
26492
1142
44.79
28.02
687
6
26843
1180
48.96
26.61
686
17) Relchanbach
16
13606
670
49.24
36-94
489
3
14026
722
61.47
26.09
862
18) Glauchau
21
21921
1181
63.87
41.66
911
13
21847
1146
62.40
31.94
698
19) Meerane
12
20014
1188
69.35
33.47
670
21
20636
1189
67.80
38.27
786
20) Bautzen
6
18776
463
33.60
26.69
364
14
14162
473
33.39
32.26
467
21) Zittan
2
18877
662
36.07
28.83
460
8
19614
736
37.66
28.69
668
Intereesant ist der Vergleich der Orte in Zahlen ausgedruckt nach der Sterblichkeit (von der niedrigaten
beginnend) :
1871.
16.
17.
9.
2.
7.
3.
6.
16.
8.
1 .
10.
6.
11.
14.
4.
21.
13.
18.
20.
19.
12.
1872.
16.
16.
6.
17.
20.
21.
3.
1 .
6.
10.
8.
14.
10.
7.
13.
12.
4.
2.
9.
18.
19.
1873.
16.
21.
9.
6.
20.
6.
11.
5.
3.
2.
7.
19.
12.
14.
16.
17.
4.
8.
10.
13.
18.
1874.
9.
2.
17.
6.
16.
1 .
7.
21.
3.
6.
4.
11.
18.
20.
10.
8.
12.
16.
14.
18.
19.
Nach der Fruchtbarkeit (auch von der niedrigsten beginnend)
:
1871.
4.
20.
21.
6.
3.
1 .
16.
6.
7.
16.
2.
9.
8.
11.
17.
10.
14.
18.
13.
12.
19.
1872.
4.
3.
20.
6.
9.
21.
1 .
6 .
7.
16.
2.
16.
11.
17.
8.
10.
13.
18.
14.
19.
12.
1873.
20.
4.
21.
6.
3.
2.
1 .
16.
6.
9.
8.
7.
16.
11.
14.
17.
13.
10.
18.
12.
19.
1874.
20.
4.
21.
6.
1 .
16.
3.
6.
2.
9.
7.
16.
11.
14.
8.
17.
18.
10.
13.
12.
10.
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Jahreabericht d. k. aloha. Landes-Med.-Collegiuma.
113
Ohne Schwierigkeit aieht man die Uebereinatim-
mung der Fruchtbarkeit in einzelnen Orten aowohl,
ala anch ein gewisses Verhlltniaa zwiachen Frucht-
barkeit and Sterblichkeit, weniger deutlich die Eben-
m&asigkeit gewiaaerOrte in der Sterblichkeit in alien
Jahren.
Weitere Beobachtungen weiden lehren , in wie
weit dieae Regelmlaaigkeit bleibend ist, anch in
Seuchenjahren. Man wtlrde dann zum Schlnaae be-
rechtigt 8ein , daas die geaammte Sterblichkeit von
der Fruchtbarkeit abh&ngt , also auch ftlr die Tfldt-
lichkeit der Seachen n. ftlr ihre Auabreitang die Frucht-
barkeit von weaentlichem Belange ist — ein Verhilt-
niaa, welches freilich ftlr die Wirkaamkeit aanitlta-
polizeilicher Sondermaaaanahmen bei Epidemien nicht
aehr begeiatern kann.
Der BevSlkerungabewegung in den Stadten liber
8000 Einw. rouas Sterblichkeita- and Fruchtbarkeits-
ziffer an8 den Stadten unter 8000 Einw. und dem
Lande — auagedrllckt durch die Gerichts&mter —
gegentlbergeatellt werden , wenn man ein Gesammt-
nrtheil liber Leben and Sterben im Kdnigreich haben
will (a. folgende Tabelle).
Eg hatten :
Reg.-Bezirk
Dresden (86 Gcr.-Aemter)
Leipzig (HO „ - )
Zwickau (48 „ » )
Bautzen (17 . . )
1873. 1874.
a . 1 1 •> ... ~ , .... . Sterblichkeit Geburtenzalil
Sterblichkeit Geburtsziffer . . ..... . . ..
i -u „... , . ..... , unt., im. ub. Mitt, lint., im, ub.
im ubenn Hittel unter im, ub. Mittel ,. n , Ulu v u
130—311 144—451 (29—30) Mitt. (45—46)
i-1U Amtshauptmannschaften : in 4
15 1 10 • 18 1 7 5 unt., 1 ub. 6 unt., 1 ub.
(24 — 80) (31 — 42.6) (36 — 44) (46 — 66) Amtshauptmannschaften:
11 1 18 17 4 9 2 unt., lira. Hub. 8 unt., H fib.
(17—30) (31—38.4) (34.6— 44) (—66.4) Amtshauptmannschaften:
17 5 26 3 5 40 2unt., 1 Im. 7 fib. lu.,lim,8u.
(21—30) (—40) (40.4—44) (—69.6)
13 0 4 17 0 0 3 unt., 1 ub. in alien 4 unter
(21.7—30) (—38.3) (35.3 — 42.9) Mittel.
Mit 1871 und 1872 verglichen, ergiebt sicb folgende Uebersicht :
Sterblichkeit
Fruchtbarkeit
1871
1872
1873
1874
1871
1872
1873
1874
Reg.-Bezirk
Mittel 32.7
31.8
30—31
29—30 Mittel 39.5
44.7
44—46
46—46
unter fib.
unt. ub.
unt. im
ub.
unt. im fiber
unter fib.
unt. fib.
unt. im fib. unt. im fib. *)
Dresden 27 Ger.-Aemter 14 13
16 12
16 1
10
6 0 1*)
21 6
17 10
18 1 7
6 0 1
Leipzig 30 *
„ 12 18
11 19
11 1
18
2 1 3*)
20 10
19 11
17 4 9
2 1 3
Zwickau 48 „
* 12 36
11 37
17 5
26
2 17*)
4 37
8 40
3 5 40
2 1 7
Bautzen 17 .
„ 9 8
12 6
13 0
4
0 0 4*;
17 0
17 0
17 0 0
0 0 4
•) Amtshauptmannschaften.
Die Aehnlichkeit der grftsaera and kleinem Ab-
tbeilangen unter aich und gegen einander leuchtet
nnachwer ein. Je grosser die Reihen, d. h. Uber je
lAngere Zeitr&nme aie auagedehnt sein werden , nm
so intereaaanter werden die aich ergebenden SchlQsse
sein.
Zom 1. Male begegnet man in diesem Berichte
der Trenmmg der Lebend- und Todtgebornen (weil
die Todtgebnrten bei ihrem WerthO im VerhAltniaa
znr Gebnrtenzahl doch den eigentlichen Anadruck
der Volkageaundheit , wie er sich in der Sterblich-
keitahohe voratellt, verhflllen). In England sind die
Todtgeburten achon linger bei der Berechnung der
Mortalitit in Abzng gebracht. Dasa sie von der
Geburtenziffer weaentlicli beeinfluast werden, ist
leicht zu begreifen und aoa vorstebenden Tabellen n.
Tabelle C dea Ber. (S. 122) zu eraehen. Leider ist
dieae zu umfkngiich, urn im Auazuge wiedergegeben
werden zu kdnnen. Das iat am so bedauerlicher,
ala zugleich das Verhftltnias der Sterblichkeit im
1. Lebensjahre and in dem spAteren Alter ziffern-
m&ssig dargestellt ist. Der Einfluas der Fruchtbar-
keit, reap, der Kinderaterblichkeit auf die Beuithei-
lung der Sterblichkeit in einem Orte tlberhaupt tritt
dadurch recht augenfkllig zu Tage in der Weiae,
daas Orte trotz abaolnt niedriger Sterblichkeit doch
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 1.
im AUgemeinen als ungtlnstig gelten mtlsaen , weil
die geringe Sterblichkeit der Kinder im 1. Lebens-
jahre eine grOasere im apilteren Alter einachlieaat.
b) Die Todetureachen aind in 37.5% aller
Todeafille (gegen 37.1 1873) beglaubigt (Bautzen
32.8, Dresden 48.0, Leipzig 52.4, Zwickau 24. 8°/ 0 ).
Noch erheblich achwankender ist dieses Verlifiltnisa
in den einzelnen Medicinalbezirken (Leipzig-Stadt
100, Dresden-Stadt 68.4, Hainichen-Stadt 63.2,
Oachatz-Stadt 53.7. Zwischen 40 — 50 in 10, 30 —
40 in 11, 20 — 30 in 4 Bezirken und Chemnitz bios
bei 17.2 und Schwarzenberg gar bios bei 10.2%).
Nimmt man non an , dass die Arztliche Begiau-
bigung im Wesentlichen gleich ist mit krztlicher Be-
handlung , so kann man aus jener erkennen , wie
diese in den einzelnen Altersklassen gewesen ist. Am
geringsten ist aie im 1. Lebensjahre, steigt dann auf-
fkllig vom 1. — 6. und aberaals stetig bis zum 40.,
fkllt atetig bis zum 70. und sprungweise bis zum
hdhem Alter (a. die Tabelle auf folg. Seite).
Ausaer dem Alter wire noch derAntheil zu wia-
sen wflnachenawerth, den Stadt und Land, wenigatena
die GegeusAtze, die grossen BevOlkerungsanhSufungen
nnd daa platte Land, an der Sterblichkeit in Folge
dieaer bekannten Todeanraachen nehmen. Ana dem
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114
Jahresbericbt d. k. s&chs. Landes-Med.-Collegiums.
Todesursache irxtlich beglanbigt von 100 Todesf&llen
im Alter von K5nigreich. Bautzen. Dresden. Leipzig. Zwickau.
0— 1 J.
16.6
16.2
22.3
28.9
6.0
1— 6
w
48.1
46.2
60.2
64.4
36.0
— 10
ft
64.9
66.8
77.5
79.8
62.2
In wie weit sich nun die einzelnen
— 14
ft
63.7
69.4
72.9
71.3
64.3
Alteraklassen an den verachiedenen tSdtUch
— 20
w
67.6
64.3
77.7
79.2
66.1
verlaufenen Krankheiten betheiligt haben,
—30
m
73.3
66.2
82.3
86.2
69.6
ist auB den — leider fur die Wiedergabe
—40
ft
71.9
70.2
80.4
83.9
67.6
zu umfangreichen — Tabellen D. an er-
— 60
ft
66.0
55.2
77.1
80.4
49.2
fahren. Es muss hier eine kfirxere tabei-
—60
ft
59.9
48.4
72.9
78.3
44.3
iarische Zusammenstellung genugen.
— 70
ft
48.9
37.1
60.4
64.2
36.4
-80
n
33.8
26.8
46.4
46.7
19.7
fiber 80
ft
•27.7
20.9
37.4
38.1
14.6
unbekannt
42.8
62.3
46.1
54.7
29.2
im Allgemeinen sind znnachst gestorben :
Blattern. Maseru.
Schar-
lach.
Diphth.
Croup.
Keuch-
husten
Typb.
abdora.
Typh Febr. Phthisis
exanth. puerp. J pulmon.
1873.
1772 206
1296
2130
686
1070
11
718 281 1639 6088
1874.
636 249
1704
2014
468
987
3
626 177 1616 6038
Hierzu noch 366 Cholera fa lie 1873 und 7 1874 (wahrscheinlich nnr Choi, nostras).
An diesen 10 Todesursachen sind betheiligt, von je 100 Sterbefallen, die Alteraklassen folgender Maassen
(d. h. vou den Gestorbenen einer Altersklasse uberhanpt sind Procent geet.) an:
Jahr
—1
—6
—10
-14 |
—20
—30
—40
—60
—60
—70
—80
fib. 80
uberhanpt
Pocken . . .
0.67
3.11
2.68
0.77
1.10
0.89
0.69
0.62
0.27
0.10
0.02
0.06
Masem . . .
0.19
1.82
0.82
0.15
—
0.03
0.03
0.03
—
—
—
— j
1 Summa 8.90° 0 '
Scharlach . .
0.68
14.66
26.21
14.11
2.11
0.26
0.03
—
—
0.02
- |
' starben an den
Croup n. Diphth.
0.67
16.66
16.84
6.60
1.26
0.23
0.14
0.08
0.04
0.06
—
> sogen. zyxnot.
Keuchhusten
0.87
1.81
0.44
0.15
0.08
—
—
—
0.02
—
—
0.06^
I Krankheiten
Typhus abdom.
0.01
0.65
3.90
11.35
10.03
6.96
4.34
2.87
1.79
0.89
0.22
| (1872 9.66* 0 )
Dysenterie . .
0.16
0.49
0.60
1.38
0.42
0.14
0.17
0.26
0.29
0.26
0.07
0.11
Febris puerper.
—
—
—
—
1.94
8.05
7.58
1.46
0.04
—
—
—
|
Carcinoma . .
—
0.08
0.13
—
0.26
0.49
2.86
7.74
10.26
1 7.67
2.97
0.77
| Summa 11.08°/*
Phthisis pulmon.
O
0.16
1.61
4.34
9.82
30.62
41.78
36.01
27.04
17.93' 8.84
1.76
0.33
1
1
Summa 19.98° 0
der es erfolgten
im Alter von
von 100 Todes-
fallen an :
Pocken . . .
28.66
46.61
6.46
0.79
2.06
4.88
3.78
3.15
2.20
1.10
0.16
unbekannt
Masern . . .
23.69
69.48
6.22
0.40
— i
0.40
0.40
0.40
—
—
—
—
Scharlach . .
8.68
66.49
19.68
4.32
1.17
0.42
0.06
—
—
—
—
0.23
d. h. von 100
Typhnsfallen
entfallen 24.62
anf die Altero-
klasse von 20 —
30 J. u. s. w.
Croup u. Diphth.
9.04
73.64
13.31
2.14
0.74
0.40
0.26
0.16
0.10
0.20
—
0.16
Typhus abdom.
0.30
6.38
6.38
7.60
12.06
24.62
16.20
11.14
9.32
6.67
0.10
0.41
Keuchhusten
60.26
37.56
1.63
0.22
0.22
—
—
0.22
—
—
—
Kindbettfleber .
—
—
—
—
3.67
44.73
41.86
8.96
0.32
—
—
0.48
Ruhr ....
28.25
26.66
4.62
6.08
2.82
2.82
3.39
6.65
8.47
9.04
1.13
—
Krebs . . .
—
0.19
0.12
—
0.19
1.05
6.13
18.38
82.67
29.39
0.87
0.37
Lungenphthise .
0.83
2.38
1.14
1.06
6.00
24.08
20.62
17.67
16.30
9.06
0.10
0.18
Berichte erhellt, dass die Verhfiltnisse fHr Pocken
und Lungenachwindsucht in den grfissem Stftdten
(fiber 8000 Einw.) ungfinstiger, fiir Scharlach, Croup,
Diphtheritis und Typhus aber nahezu gleich sind,
freilich darf man nicht vergessen, dass hier nnr
31.6 %, in den Stfidten 55.2% aller Todesfklle be-
glaubigt sind , dass also dadurch jene ungfinstigere
Sachlage sich noch mehr ausgleichen dflrfte.
Ueber dieMorbilitat des Bezirks Meissen 1867 —
1872 giebt Tab. E Auskunft.
2) Epidem. Krankheiten. a) An Pocken,
welcbe 1871 — 73 ca. 18000 Menschenleben gefor-
dert haben, sind 1874 nur 635 gestorben = 0.85%
aller Todesfklle (oder 75.27% bis zum 6. Lebens-
jahre).
Vier Bezirke batten gar keine, 12 vereinzelte,
Annaberg, Chemnitz, Frankenberg, Scbwaraenberg,
Zfiblitz batten die meisten , weniger Erkrankongea
Borna und Altenberg. Die Impfungen im Kdnig-
reicb haben erheblich zugenommen (um 12.5%, von
55020 1873 auf 61895 1874), nilmlich :
(s. die Tabelle auf folg. Seite.)
Betreffs der Lympbregeneration bestfttigt der
Bericht, dass die Impfung der Kklber wohl dnrchweg
guten Erfolg zeigte, aber die Uebertragung der
Lymphe vom Kalbe auf die Kinder 50% Fehlerfolge
hatte. Dagegen war die Lympbe zweiter oder drif-
ter Humanisirung durcbweg vorzfiglich. Ueber die
bezdglichen Ursachen hat der Bericht keine Klarheit
schaffen kOnnen. ').
*) Ueber die Entwicklung des Impfwesens und das
Ergebniss der Impfung im Jahre 1876 im Kdnigreich
Sachsen, von Dr. Flinzer-Chemnitx sei auf die Zei -
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115
Friedberg, gerichtsinrtliche Gutachten. — Magnus, Geschichte d. grauen Staares.
Reg.-Bezirk
1873.
1874.
beim Etntritt in die
Schule waren
geimpft i
\ »!
1 B 1
1 1
f _ 1
tfj ,
geblattert waren
, von den Geimpf-
ten
geblattert von den
gewiss Oder wahr-
scheinlich Unge-
impften
1873.
1874. 1
F 1873.
1874.
1873.
1874.
Bautzen
7068
7715
94.18%
94.18%
1.6%
1.4%
67.6%
53.8%
Dresden
13118
14184
94.40
94.42 {
E3 O i
0.7
0.7
50.3
60.8
Leipzig
13643
14562
93.83
91.20
i a
1.0
0.9
44.6
63.4
Zwickau
21*201
26444
82.09
82.01 1
1 M
1.4
1.2
60.6
67.1
55020 |
61895 |
| 89.38% |
88.80%
i
1.1%|
Ll% |
66.9%
63.6%
Betreffs der Ubrigen epidem. Krankheiten sei anf
die Tabellen verwiesen. Auff&llig ist die hobe Sterb-
lichkeit and die zahlreiche Erkrankung an Schar-
lach, das wohl zufkllige Alterniren mit den Pocken.
Ganz frei bUeben nnr die Bezirke Hainichen and
Kamenz. Urslchliche Verh<nisse sind nicht be-
sprocben. Wohl im Zusammenhange damit steht die
Hiofigkeit des Group und der Diphtberie.
Hiufig trat auch der Abdominal typhus auf — in
Ermangelung anderer sicher erscheinender Ursachen
und genauerer Untersuchnng werden „Schmutzan-
hinfungen" , „schlecht gehaltene Dilngerhanfen",
„verbrauehte8, zur Stallstreu gebrauchtes I^ageretroh
aus dem Stadtkrankenhaase zu Dresden" , „Ein-
schleppnng aus Typhusgegenden" , Bachwasser als
Trinkwasser" , „S£hneewasser aus mit Dtlnger be-
legtenFeldern, in die Trinkbrunnen laufend" (freilich
in 1000 Grmm. nor 0.0011 Gram), organ. „putride"
Substanzen) als veranlassend beschuldigt. Der An-
theil der Typhussterblichkeit an der Gesammtsterb-
lichkeit (1.3 — 1.4 % 1873 und 1874) ist keines-
wegs ungdnstig (in Bayern 1.7 — 2.0%, Schleswig-
Holstein 2.97, Bremen 0.97 — 2.65, Hamburg 1.79
bis 2.53, England 1.65— 1.75°/o* — 1871/74
Dresden 0.9 — 1.86, Leipzig 0.83 — 1.1, Chemnitz
1.13 — 3.21, Berlin 2.45 — 4.63, Mtlnchen 2.9 —
5.6, Frankfurt a. M. 2.4 — 5.4, London 1.08 — 1.1,
Edinburgh 1.3 — 1.64%).
Von Ruhr und Wechselfieber kainen nur wenige
Fille vor (Wurzen, Flussniederungen um Leipzig).
B. Me ding.
64. Gerichtafiratliche Gutachten; von Dr.
Herrmann Friedberg, Prof, in Breslau.
Erste Rohe. Braunschweig 1875. Vieweg u.
Sobn. 8. XH u. 332 8. (6 Mk. 40 Pf.)
Die vorliegende Schrift bildet den Anfang einer
Reihe von VerOffentlichungen gerichtsftrztlicher Gut-
achten aus der eigenen Praxis des Verfassers. Den
Hauptwerth dieser Mittheilungen legt derselbe auf
die Daretellungsweise, anf die Metbode bei der Un-
tersuchong und bei der Beschreibnng des BefundeB
ji gerichtsftrztlichen Fallen. „Das gerichtsarztliche
Gutachten soil eine den Richter tlberzeugende klini-
?che Darstellung sein.“ Die Httlfsmittel , die der
(ierichtsarzt bei der Untersnchung anwendet und die
schrift dee k. eache. statist. Bureaus, redig. von Dir. Prof.
Bohmert, XXII. Jahrg. 1876. Heft 1. 2. April 1876
/erwiesen , beziehendlich auf den nSchsten Bericht des
L^ndee-Med.-Colleginras vertrOstet.
Verwerthung dergefundenenThatsachen zu positiven
SchlUssen soil ganz nach dem Vorbilde der klini-
schen Methode geschehen. Da die Gerichtsarzte
diejenigen Organe sind, die die Wahrheit ftlr die
Rechtapflege feststellen sollen, so mflsste die Anfor-
derung an den Gerichtsarzt, die Befilhigung des Kli-
nikers zu besitzen, so hoch und ideal sie scheine,
vom Staate verlangt und erstrebt werden. Das ge-
richtsarztliche Gutachten soli den Richter von dem
Ergebniss des concreten Falles (lberzeugen , und das
kann nur durch die Form des Gutachtens geschehen.
Das sind die Gesichtspnnkte, die den Bestrebnngen
des Vfs. und der von ihm gewtlnschten und empfoli-
lenen Darstellungsform zu Grunde liegen.
Die von dem Hrn. Vf. mitgetheilten 30 Gutach-
ten h&ben nicht nur einen besondern Werth dadurch,
dass sie als Modell ftlr die aussere Darstellung und
Form des gerichtsarztlichen Gutachtens dienen, son-
dern in erhohtem Grade dadurch, dass sie neben
dem forensischen Interesse der angegebenen Falle
in klarer u. belehrender Weise zeigen, wie nur dnrch
die Verwerthung alles Dessen, was eine exakte Unter-
suchung ergiebt und was auf streng wissenschafUiche
Thatsachen zurflckzuftthren ist, sich ein beweiskrftf-
tiges Gutachten in foro construiren lasst. Die ein-
zelnen Gutachten, welehe die verschiedensten foren-
sischen Fragen betreffen , sind eines Auszuges nicht
fahig. Wir mtlssen d&her wegen des Genauern auf
das Original verweisen.
Die Ansstattung desWerkes lasst nichts zu wtin-
schen tlbrig. Baer.
65. Geschichte des grauen Staarea ; von Dr.
Hugo Magnus, Privatdocent der Augen-
heilknnde an der Univ. Breslau. Mit 1 lithogr.
Tafel. Leipzig 1876. Veit u. Comp. 8. XH
u. 315 S. (8 Mk.)
Wenn die Jcrititch- historische Richtung in der
Medicin, welehe seit einigen J&hren sich geltend
macht, ihr Ziel erreichen will, reformatorisch im
Ganzen einzuwirken , so ist vor alien Dingen noth-
wendig, dass alle einzelnen Disciplinen der Heil-
wissenschaft von ihr erfasst werden.
Sehr erfreulich ist es daher , constatiren zu kttn-
nen , dass selbst in der Sparte der Medicin, welehe
ohne Frage von alien tibrigen in den beiden letzten
Decennien die grOssten Fortschritte gemacht hat,
obige Richtung trotzdem als ein Deaiderat sich noth-
wendig zeigt, dass selbst die Bearbeiter der Augen-
heilkunde einsehen , es handle sich jetzt zunttchst
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116
Bibliotheca obstetricia. — Miscellen.
nicht um die Auffindung neuer Tkatsacken u. neuen
Staffs , aondern um die 8ichtung und kritische Bear-
beitung dee bereits vorhandeucn Materials. Yorlie-
gendes Buch trfigt diesem Bedtlrfnisse iu wtlrdigster
Weiae Rechnung, und kann daher mu' der Wunaeh
auagesprochen werden, daas die tlbrigen Httlfswisaen-
schaften der Medicin Shnliche Bearbeiter finden
mdchten. Dass gerade die Augeuheilkunde das Be-
dUrfnisa einer „kritisch-hutorisefien" Methode fUhlt,
fordert zum ernsten Nachdenken auf. Denn gerade
aie 1st von alien Disciplinen die einzige, welche man
eine „ex akte“ nennen kilnnte. Daas dieses Epithe-
ton aber auf einer Selbsttfinsclmng beniht, zu der
uns unsere gallisclienNachbarn verleitet kaben, weiss
Jeder, welcker da von tlberzeugt ist, dass im Grunde
nur die „Mathematik“ oder Das „exakl u genannt
werden darf, was man wkgeu und messeu kann.
Wie wenig hiervon aber bei den meisten Objekten
der Medicin die Rede ist , wie sekr daher eine „ex-
akte Heilwimn&chaft" , wenn man walir sein will,
in das Reich der Chimareu gehtfre, leuchtet ein.
Diese Deduktionen mbgen gentigen, zu beweisen,
dass Yf. durckaus berechtigt war, eine Geschichte
dea grauen Staars zu schreiben. Seine Aufgabe hat
er in jeder Beziehung aufs SchSnste erftlllt ; er zeigt
sich als einen eben so genauen und wahrheitslieben-
den Geechichtaforscher wie als einen, seinen Stoff
bewSltigenden und beherrschenden und der Form
anch ihr Recht zukommen lassenden Geschichtschrei-
ber. Sekr zweckmhssig zerf&llt das durch einen
edlen Styl sich auszeichnende Buch in eine Geschichte
der Pathologie und 'Therapie des grauen Staares.
Alle Untersnchungen des Yfs. beruhen auf den ge-
nauesten Quellenstudien ; selbstredend stehen viele
der von ihm gewonnenen Resultate daher im Wider-
spruch mit den bislierigen Meinungen. Leider ver-
bietet der Raiun uns hier n&her auf das bedeutende
Werk einzugehen. Wir Bind aber der vollen Ueber-
zeugung, dass dasselbe reformatoriach auf die Augen-
heilkunde trotz der vielen Entdeckungen der Neuzeit
einwirken wird. So z. B. mttsate man sich nicht
wundern, wenn schon in nilchster Zeit der Lappen-
ichnilt bei der St&arextraktion statt der jetzt Ubli-
chen Grlfe’schen Methode die Prerogative sich er-
k&mpfen sollte, da die ganze Geschichte des grauen
Staares beweist, dass schlUsslich sowohl auf dem
pathologischen als therapeutischen Gebiete stets das
„Einfacliste“ den 8ieg davon trug.
Mflchte der geehrte Yf. durch den Beifall, wel-
cher ohne Frage seinen unendlich mdhseligen, Zeit
und viele Opfer inAnspruch nehmendenUntersuchun-
gen (nur ein Historiker vermag ihm diess nachzu-
ftlhlen!) zu Theil werden wird, sich bestiuunen
lassen, eine „ Geschichte der AugenheiUcunde“ zu
schreiben, ein Werk, welches die Literatur aller
ViSlker bis jetzt schmerzlich vermisst. Denn die
vorhandene 89 Seiten Starke „ Geschichte der Angen-
heilkunde von Onsenoort 11 dtirfte hent zu Tage
wohl kaum den Namen eines geschichtliehen Werkes
beanspruchen kbnnen. Yf. aber hat duroh obiges
Werk seinenBeruf und seinGeschick dazu aufsBeste
dokumentirt. Denn ilber&ll zeigt er, dass er ein
grttndlicker Philologe, ein praktischer Arzt und ein
vorurtheilsfreier, nur die Wahrheit im Auge haben-
der Kritiker ist. Heinrich Rohlfs.
66. Bibliotheoa obstetricia von Mathias
Lempertz, Antiquariat u. Buchliandlnng in
Y|Bonn. 1876. 8. 66 S.
Wir lvalten es ftlr eine Pflicht, auf die genannte
Schrift alle Aerzte, welche sich ftlr Geburtshfllfe,
Frauen- und Kinderkrankheiten interessiren , auf-
merk8am zu machen. Seit Jahren bemtlht sich Herr
Lempertz, alle laedeutenden Werke, welche sich
auf diese Disciplinen bezieken, zu sammeln und tlber-
giebt hier das Ergebniss seiner Bemtlhungen in einem
wissenschaftlich geordnetem Kataloge der Oeffent-
lichkeit. Derselbe enthftlt die seltensten Werke,
welche man auf vielen Bibliotheken Deutschlands
vergeblich sucht. Die Preise sind Susserst billig.
Jeder Arzt daher, welcher historiscli in diese Fftclier
eindringen will , findet hier eine bequeme Gelegen-
heit. Heinrich Rohlfs.
D. Bliscellen.
i.
Als ein Bewels fur die Wichtigkeit barom etrischer
Beobaehtungen /Ur die Hygieme wird in der Med. Times
and Gaz. (April 22. 1876. p. 443) der Umstand mitge-
theit, dass bei plotzlicheni Sicken des atinosphar. L<uft-
drucks in den Kohlengruben die gefahrlichen Kolilen-
Wasserstoffgase ans alien Spalten der Gange hervordrin-
gen und so nicht aelten in so grosser Menge der Luft bei-
gemengt werden. dass eiue explosive Gasmiscbung ent-
steht, welche den Gebrauch des unverdeekten Lichtes im
hOehsten Grade gefahrlich macht.
t.
Die giftige Wirkung der Anilmfarben wird von Neuem
durch einen in der Soc. de Therap. durch Dr. C r 6 q oy
mitgetheilteu Fall bestatigt, In welchem bei dem Tragen
von Strumpfen sich Geschwure entwickelt hatten. Die
Wolle. aus der dieselbon gestriekt worden waren. hatte
eine kastanienbranne Farbe. die jedoch in die violette
ubergegangen war, nachdem die Strumpfe einige Zeit hin-
durch getragen worden waren. (Bull.deTher. XC. p.4:i".
Mai 15. 1876.)
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UNIVERSITY OF CHICAGO
JAHRBCCHER
der
in- und ausiandischen gesammlen Malkin.
Bd. 172. 1876. J9 2.
A. Ausztige.
I. Anatomie u. Physiologic.
560. Der Omohyoideus und seine SchlUssel-
beinverbindung ; von Prof. C. Ge gen ban r. (Mor-
phol. Jahrb. I. 2. p.243—265. 1875.)
Durch genaue Parallelisinmg der am Omohyoi-
deus dea Menschen biaher beobachteten zahlreichen
und dabei sehr frequenten Variet&ten (Macalister
ftilirt 27 vemhiedene Varietiiten auf und tie gen -
banr fand unter je 12 Leichen einmal eine accea-
soriacbe Clavicularportion dea Muskeis) mit den bei
den Siugetliieren (und Reptilien) vorkommenden ty-
pischen Bildungen des Muskeis stellen sich folgende
weaentliche Ergebnisse beraus.
1) Der Omohyoideus gebOrt zu jener Muskel-
gruppe, die beim Menschen noch durch den Sterno-
hyoidena und den Sternothyreoideus reprisentirt
wird.
2) Der U rap rung dieser Muskelgrappe eratreckt
sioh auf niedrigern Bildungsstufen continnirlich vom
Steraalgebiete aua tiber die Clavicula nnd er setzt
aich von da auf die Scapula fort (Reptilien).
3) Durch eine 8onderung der einzelnen Portio-
nen dieser Muskelgruppe entstehen diskrete Muskeln,
die aU Sternohyoideus, Cleidohyoideus und Omohyoi-
deus untersctiieden weTden.
4) Der dem Omohyoideus meistena sich anscttlies-
aende Cleidohyoideus findet sich hiufig beim Men-
schen und bildet die h&ufigste Varietftt des Omo-
hyoideus beim Menschen.
5) Aus einer Rtlckbildung des Cleidohyoideus er-
kl&rt sich die Entstehung der den Omohyoideus an
die Clavicula befestigenden Fascie. Diese Fascie
kann niimlich in dem Maasse reducirt erscheinen, als
eine claviculAre Ursprnngsportion des Omohyoideus
ausgebildet erscheint tmd sich medianwftrts erstreckt.
Med. Jahrbb. Bd. 172. Eft. 2.
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Es kommen ferner Ffille vor, wo der obere Bauch
des Omohyoideus an seinem medialen Rande einen,
wenn auch gcringen Zuwachs an Muskelfasern er-
hilt, der auf einen zur Fascie zurtickgebildeten
Cleidohyoideus bezogen werden darf. Endlich hat
Gegenbaur an der Leiche eines Neugebornen
folgende, in dieser Beziehung wichtige Beobachtimg
gemacht.
Nachdem die fraglicbe Fascie bereits bei einer An-
sahl Leichen der mlkroskopiscben Prufnng nnterzogen
worden war, wurtie bei jenem Kinde, clesseii Fascie gleich
wie in den andern Fallen makroskopisch nichts Auffallen-
des darbot, zwiscben den bindegcwcbigcn, theilwcise seh-
nigen Lagen eine Schicht qnergestreifter Fasern ange-
treffen, welche die Fascie in der Verlanfsrichtnng des
Cleidohyoideus durchsetsten. Die Muskelschicht bot nur
eine einzige Faserlage, die nicht einmal uberall continuir-
lich war. Am medialen Rande schioss sich atrafferes
Blndegewebe an. Die Ausdehnnng des Ursprungs dieser
Mnskelschioht entsprach etwa dem mittlem Dritttbeile der
Schlfisselbeinlange. Das Verhalten war beiderseits das
namliche. (Theiie.)
561. Sterneellen in der Leber; von Prof.
C. Kupffer. (Arch. f. mikroskop. Anat. XII. 2.
p. 353—358. 1875.)
Dieses bisher unbekannte oder doch nicht ge-
nOgend erkannte Strnkturelement der Leber hat Vf.
in der gesunden Leber von Silugethieren (Ratte,
M&us, Kaninchen, Rind, Schwein, Hund) und Men-
schen kennen gelemt, indem er folgende Methode
in Anwendung brachte.
Mit dem Doppelmesser angefertigte Schnitte aus der
frischen Leber werden in O.Bproc. Kochsalzlosung abge-
spOlt, odeT noch besser eine Viertelstnnde iang mit ver-
dnnnter Cliromaiurelosung (0.05°/ 0 ) behandeit, dann in
erne stark verdunnte Goldch loridlflaung (ITh. Goldchlorid
tmd 1 Th. Salzsaure auf 10000 Th. Wasser) gegcben,
worin sle unter Ausscliluss dcsLlclits so lange verblelben,
15
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118
1. Anatomic
big gie gich roth Oder rothviolett gefarbt haben, was bin-
nen 48 Std. oder etwas mehr zu geschehen pflegt. Znr
Untereuchung bringt man die Schnitte unter anges&ner-
tem Glycerin anf den Objekttrager.
Die Leberzellen scheinen jetzt roth oder rothviolett,
die Kerne kaum intensiver gefarbt als die Zelikorper ;
die Blntcapillaren erbiickt man als hellere Liicken, die
Contouren ihrer Wande alB intensiver gefarbte rothe oder
▼iolette feine Linien. Das gleichmassig rothe Gesichts-
feldwird aber inganzregelmassiger Weise von tief schwar-
zen Ste men dnrchsetzt. Dae Bind mit Kernen vereehene
zackige Protoplasmakorper, die den Urn fang der grosaten
Leberzellenkerae eireichen mogen, aber hinter derdurch-
gchnittiichen Grosse der Leberzellen stetg merklich zu-
ruckstehen. Lhr Protoplasms wirkt bei der erwShnten
Behandlung intensiver reducirend auf das Gold, als irgend
eine andere Substanz der Leber, und scheidet ea in Ge-
stalt feiner schwarzer Kornchen aus. Die einfach oder
doppelt vorhandenen Kerne der Zellen nehmen keinen
oder doch nor einen sehr massigen Antheil an dieser Re-
duktion, gie zeigen eich als hellere K5rper in dem achwar-
zen Protoplasma.
Das Vorkommen dieser Sternzellen beachrknkt
eich durchaus auf den Bezirk des secernirenden Ge-
webes, auf die Leberl&ppchen. Weder im Binde-
gewebe des Verftstelnngsgebiets der Pfortader, noch
in der Scheide der Lebervenen , noch auch im sub-
periton&alen Gewebe findet sich eine Spur solcher
8ich schwkrzenden Zellen. — Die Vertheilung der
Sternzellen innerhalb der Leberlkppchen 1st eine
sehr regelmftssige. Sie sind in gesunden Lebern
nicht nesterformig zusammengehfluft ; hOc listens sind
2 Zellen einander naher gertlckt. Durchschnittlich
liegen sie um die Breite von 1—3 Leberzellen aus-
einander. Hire Form ist mannigfach wechselnd:
nach zwei Enden lang ausgezogen , dreizackig oder
anch mehrzackig ; einzelne laufen auch nur einseitig
in eine Spitze aus tmd enthalten dann den Kern am
entgegengesetzten Ende. Die Lagerung der Zellen
ist insofern eine constante, als sie stets mit einem Ca-
pillargefhsse in Contakt sind, wenn auch in verse hie -
denartiger Weise : die Sternzelle nmfasst das Capil-
largefilss ringfbrmig mit ihren Auslilufern, oder sie
schmiegt sich nach der Lbngsrichtung an dasselbe,
oder sie bertlhrt auch dasGeffcss nur mit einem Fort-
satze, w&hrend der Kbrper sich an die n&chsten
Leberzellen anlehnt.
Jedenfalls besteht ein viel constanteres and enge-
res Verhkltniss der Sternzellen zu den Blutcapillaren,
als zu dem bindegewebigen Fasergertlste der Leber-
l&ppchen. Immerhin zeigt sich auch eine enge Be-
ziehnng zn den Leberzellen, indem die durch die
sebwarzen KOmchen gekennzeichneten FortsStze der
Sternzellen derart zwischen die Leberzellen vor-
dringen, dass sie die Lamina der intercellularen Gallen-
rhhrchen erreichen. — Gegen die Deutung der Stern-
zellen als Nervenzellen erklftrt sich K. mit voller
Entschiedenlieit.
Alle diese Verhftltnisse warden ttbereinstimmend
an den Lebern aller oben genannten Sftugethiere
gefuoden, sowie an der gesunden Leber eines pldtz-
lichauf gewaltsame Weise nmgekommenenMenschen,
die alsbald nach dem Tode zur Untersuchnng zn Ge-
bote stand. Die Sternzellen der menschlichen Leber
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i. Physiologie.
sind etwas grosser als bei den ilbrigen genannten
S&ogethieren. (Theile.)
562. Ueber das Vorkommen von Ge-
sohmacksfaaera in der Chorda tympani ; von
Dr. Aug. Carl zu Frankfurt a. M. (Arch. f. Ohren-
heilk. X. 2 u. 3. p. 152. 1875.)
Betreffs der Untersuchungen und der Literatur
liber dieBetheiligung der Chorda an der Geschmacks-
empfindung verweisen wir auf das Original u. ausser
den phyaiologischen LehrbUchern besonders auf
Henle’s Nervenlehre. Wir entnebmen dem An-
fangstheile von C.’s Arbeit nur folgende kurze No-
tizen.
Die Betheiligung der Chorda an derGeschmacks-
empfindung schloss man aus der Beeintr&chtigung
oder dem Ausfall der Geschmacksempfindung bei
Anomalien gewisser Him-Nerven derselben Seite
ohne Betheiligung des Glossopbaryngeus. Wahrend
hier auf der einen Seite (Neumann, Inzani,
Lussana) der Verlost der Chorda den der Ge-
schmacksempiindnng ohne StOrung der Tastempfin-
dung und der Verlust des sensiblen Theils des Tri-
geminus das umgekehrte Verbal ten zur Folge haben
sollte, warden auf derandem Seite (Meyer, Rom -
berg, Duchenne) Beobachtungen gemacht, die
dem widersprechen.
Eine BeBtMgung erhielt dieMeinung der erstern
Beobachter durch Duchenne, der die Chorda in
der PaukenhShle reizte und dadurch zweimal einen
metallischen Geschmack auf der betreffenden Znngen-
halfte hervorrief.
Um liber den weitem Verlauf der Geschmacks-
fasern zum Him zu entscheiden, warden von ver-
sebiedenen Forschem Nervendnrchschneidungen an
Thieren vorgenommen. Eine betrftchtliche Erschwe-
rung erfahren diese Versucbe durch die individnelle
Verscbiedenheit in der Reaktion der Versuchsthiere
gegen Geschmacksreize und es mag ein grosser Theil
des Mangels an Uebereinstimmung auf diesem Uni-
stand beruhen. Manche Forscher lassen die Ge-
schmacksnerven durch die Chorda zum Facialis und
mit ihm in das Gehim gelangen, nach andem sollen
sie die Balm des Facialis ein Sttlck weit benutzen,
dieselbe im Ganglion genicul&t. verlassend im Nerv.
petrosus superfic. major zum Ganglion spbeno - pala-
tinum u. von da zum 2. Ast des Quintus treten , um
mit ihm das Centralorgan zu erreichen (Sc biff);
endlich sollen sie im Facialis peripherisch verlaufen
und in den Anastomosen desselben mit dem Quintus
(N. auriculo-temporalis) in dessen Bahnen zum Him
gelangen iStich).
Die Beobachtnngen, die C. an sich selbst anzu-
stellen Gelegenheit hatte, sind folgende.
Einer Scarlatina, von der C. im 7. J. befallen wurde,
folgte eine Erkrankung des linken Mittelohres, welche
Verlust des Trommelfells nnd der HSrfahigkeit linkersein
nach Bich zog. Die GeBCbmacksempflndung 1st anf dem
vordern Abschnitt der Zunge bis 1 Ctmtr. vor den Papil-
lae circnmvallatae vollig erloscben, von da ab, sowie ant
der andem Seite ungestort. Die Mittellinle bildet genan
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
119
I. Anatomic
die tirenze zwischen der nicht empfindenden und der
scharf empfindenden Seite. Das Geffihl fQr Berthrtmg
ist aaf beiden Seiten gieich scharf vorhanden. Dnrch
Beruhrung der Chorda in der linken Paukenhohle tritt
eine stechende Empflndung im Seitenrande der linken
vordern Zungenhalfte ein (ebenso beim Einapritzen ver-
schiedener Medikamente ) . Dieser Empflndung folgt regel-
massig schnell eine reichliche Sekretion von dunnem Spei-
ehel [aus der Unterzungen- und Unterkieferdruse ?]. Fa-
cialis und Quintus funktioniren uberall normal.
Aus diesen Befunden schliesst C. , dass dnrch
die chronische Entztlndung die Schleimhaut seiner
Paukenhdhle mit dem Plexus tympanicus zersttlrt
sei, wfthrend ihm die Reaktion der Chorda gegen
Druck und Chemikalien (stechende Empflndung und
Speichelfluss) den Beweis liefern , dass diese intakt
ist. Warden nun die Geschmack empfindenden Pa-
sem der Chorda im Facialis peripherisch zum Auri-
culo-temporalis gehen (8 1 i c h) , so mtlsste bei ihm
die Geschmacks-Empfindung erhalten sein , da diese
Nerven stamtlich intakt sind ; ebenso, wenn sie direkt
im Facialis zum Hirn trftten (Biffi, Morganti,
Lussana). — Uebertrhgt man der Chorda nur
einen Theii der geschmacksempfindenden Nerven,
die ttbrigen dem Wege : Lingualis, Ganglion oticum,
Petrosus sup6rfic. minor, Ganglion genicnl., Petrosus
superfic. major, Ganglion spheno-palatinum , 2. Ast
de8 Quintus (Schiff), so dUrfte bei Vf. eine Ab-
schwkchung der Geschmacksempfindung nicht vor-
handen sein, denn alle diese Bahnen seien von Stfl-
rang frei. — Dagegen ist es ihm wahrscheinlich,
dass der Plexus tympanicus der PankenhShle der 17
Jahre lang dauernden Otitis zum Opfer gefallen ist.
Die Geschmacksnerven aber, welche den Plex. tymp.
dnrchsetzen konnen , wtlrden erst im Lingualis ver-
laufen, dann zum Ganglium oticum treten u. mit dem
Petrosus superf. minor zum Plex. tympan. kommen,
wo sie mit dem N. tympanicus des Glossopharyngeus
zusammentreffen, eine Auffassung, die von anatomi-
scher Seite nicht zurtlckzuweisen ist. Die an sich
selbst gemachten Beobachtungen wilren mit dieser
Annahme C.’s, nnter der Voranssetznng, dass die
Leitung im Plex. tympan. wirklich unterbrochen ist,
zn erklhren. Da aber andere Versuche sicher be-
weisen , dass die Chorda geschmacksempfindende
Fasera ftthrt, so handelt es sich darnm, ihnen eine
Bahn anzuweisen, welche ebenfalls den Plex. tymp.
passirt, und dnrch desscn Zerstdrung gleichzeitig mit
unterbrochen ist. Er findet dieselbe vom GaDglion
genicul. aus im Ramus communicans nervi facialis
cum plexn tympanico, der auch vom Petrosus superf.
major abgehen kann (vgl. Henle, Nerveulehre
1875. p. 421).
Unter der Voraussetzung, dass im vorliegen-
den Falle wirklich der Plex. tympan. zerstdrt , die
Geschmacksfasern der Chorda aber bis zu dieser
Unterbrechung intakt seien, wtlrden die Erscheinnn-
gen schon vollst&ndig erklftrbar sein, wenn man
sftmmtliche Geschmacksnerven nur der letztem Bahn
zuschriebe. C. thut es nicht, einmal, weil sich dann
das Eintreten nur einer Abschwftchnng der Ge-
schmacksempfindnng bei vollst&ndiger Facial isl&h-
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n. Physiologic.
mung nicht erklaren iiesse, sodann, weil der Ramus
communic. des Facialis mit dem Plex. tympan. zn
schwach sei, urn die Vereinigung aller von der vor-
dern Zungenhalfte kommenden Geschmacksnerven in
seinem Querschnitt wahrecheinlich erecheinen zn las-
sen. Seine Hypothese bietet ihm den Vortheil, alle
mit gleicher Energie begabten Nerven der Zunge in
demselben Stamme (Glossopharyngeus) vereinigt zu
sehen und gestattet ihm eine befriedigende Erkla-
rung der frllhern, gut verbtlrgten, einschlagigen pa-
thologischen. Beobachtungen.
Ein Ueberblick fiber den Inhalt der Arbeit zeigt,
dass den frtlhern Beobachtungen tlber den Verlauf
der Geschmacksnerven keine neue hinzugeftlgt wird.
Was hier das Experiment sicher zeigt , ist nur eine
Besthtigung frdherer, durch pathologische Beobach-
tungen und physiologische Untersuchungen gewonne-
ner Erfahrnngen. Wo bisher fiber den Verlauf der
fraglichen Nerven (von der Anlegung der Chorda
an den Facialis an) die Hypothese eintrat, muss sie
es auch jetzt noch und es dttrfte die Best&tigung der-
selben den Beobachtungen der Zuknnft tlberlassen
bleiben. Jedenfalls aber sind zuverl&saige Beobach-
tungen tlber den Wegfall der Geschmacksempfla-
dnng, die Begrenzung des nicht empfindenden Ge-
bietes, das Intaktsein der Sensibilitht u. s. w. , die
ein sachkundiger Beobachter an sich selbst aage-
stellt hat, von Werth. (F. Hesse.)
563. Serose Membranen und Centrum ten-
dineum; von L. Ranvier. (Traits technique
d’Histologie 1875. p. 367—397.)
Mesenterium des Kaninehens. An einem got
gespannnten Mesenterium siebt man geradlinige, sich
kreuzende Bindegewebsbflndel und dazwischen ein
Netz feiner, mit einander anastomosirender elasti-
scher Fasern ; ausserdem platte, runde oder eliip-
tische Kerne. Durch Silberbehandlung und Fhrbung
mit Pikrocarmin flberzeugt man sich, dass die Mehr-
zahl der Kerne den Endothelzellen beiderOberfl&chen
des Mesenterium angehort. Dicht unter ihnen aber
liegen andere, dadurch ausgezeichnete Kerne , dass
sie von einer granulirten Zone mit unregelmassigen
Grenzen umgeben sind. Das Innere der Membran
zeigt keine Kerne und ist nur aus Bindegewebsbfln-
deln und elastischen Fasern gebildet, zwischen de-
ren Lflcken eine zarte Membran ausgespannt ist
Die Bindegewebsbflndel verkehren durch Anastomo-
sen, die sich aber nur neben einander legen, ohne in
der L&ngsrichtung mit einander zn verschmelzen.
Durch Einblasen von Luft in das Mesenterium erhftlt
man 2 Lagen , eine gef&sshaltige n. eine geffcsslose ;
wahrscheinlich sind es drei, so dass die mittlere, ge-
ftsstragende jederseits von einer gefhssfreien bedeekt
wird. Die elastischen Netze liegen parallel derOber-
flftche und sind durch senkrechte Anastomosen unter
einander verbunden.
Grosses Netz. Die Bindegewebsbilkchen, welche
das Netzwerk des Omentum beim Hunde zusammen-
setzen, haben einen continuirlichen Endotheltlberxug ;
Original from
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120 I. Anatomic
an den schmalaten B&lkchen wird deraelbe durch
eine einzige rCbrenffirmig gebogene Endothelzelle
gebUdet. Im Innem der Knotenpuukte der Biilk-
chen finden sich noch Zellen, die nicht zum Endothel
gebOren, aondern den Bindegewebabtlndeln dicht an-
liegen. Die die Maachen umgebenden Bindegewebs-
btindel aind nicht ringfbrmig nm dieaelben angeord-
net (Rollett in Strieker’s Handbuch) , aondern
sie durchkreuzen aich in geschlAngeltem Verlaufe so,
dn«a ein Btlndel den Rand verachiedener Maachen
bilden hilft und jede Masche von einer Anzalil Bttn-
del begrenzt wird. Daa Netz dea Embryo und Neu-
geborneu enthAlt keine Maachen; die Entatehung
deraelben beobachtet man am beaten an Kaninchen
von 1 — 3 Mon. , wo sie aich oft an demaelben PrA-
parate in alien Entwicklungaatadien finden. Ihr Zu-
atandekommen erfolge dadurch , daBS aich Lymph -
xellen, welche in der aerdsen FlUaaigkeit der Bauch-
hfthle achwimmen, an die OberfiAche dea Netzes an-
heften and seine Endothellage durchboliren.
Mesenterium dea Frosehea. Die Endothelzellen
dee Meaenterinm beim Fro ache bilden atralilenfbrmig
angeordnete Syatemo, in deren Centrum ein oder zwei
runde, kdmige und betrAchtlich kleinere Zellen lie-
gen. Hat man das Endothel weggepinaelt, so findet
man die runden Oefinungen im Bindegewebe dea
Meaenterinm, in denen dieae Zellen gelegen Bind und
welche durch dieae wie durch Pfrdpfe verachlossen
warden kdnnen.
Die Meaoperikardialfalle, welche den Herzbeu-
tel dea Hundes mit dem Sternum u. dem Diaphragms
verbindet, beaitzt ein Bindegewebe, das aich dem
retikularen Gewebe der Lymplidrtlaen nAhert. Die
BAlkchen seines Netzwerkea entsenden nAmlich an-
dere, welche aus den Ebcnen der HauptbAlkchen
heraustreten , aich mit andem kreuzen nnd dann in
die frfihere Ebene zurflekhehren.
Daa Aufhdngeband der Leber dea Kaninchena
beaitzt parallel neben einander liegende elaatiBche
Paaern, dazwiachen wellige oder geradliirig verlau-
fende Bindegewebsbflndel, je nach dem Spammngs-
zustande dea PrAparates ; unter dem Endothel liegt
jederaeita ein sehr feinea elastischea Netz.
Daa Centrum tendineum. Auaaer den Sehnen-
bllndeln der radialen Lage an der Bauchaeite und
der cirkularen Lage an der Pleuraseite, welche von
Ludwig und Schweigger-Seidel beschrie-
ben Bind, giebt es zwiachen der eratern Lage und
dem PeritonAalttberzuge noch ein Netz, das ana ana-
atomosirenden stArkern and schwAchern Btlndeln zu-
sammengesetzt iat. Man sieht es leichter fiber den
Spalten zwiachen den radialen Sehnen - Btlndeln ala
auf diesen aelbst.
Die Oefinungen in dem PeritonfialUberzuge dea
Zwerchfells liegen im Niveau der Maachen dieses
Netxes. Sie zeigen aich bei Oamiumbehandlung und
folgender FArbung ala kleine, runde oder lAngliche
Figuren, die von einer Reihe kleiner, runder Zellen
eingefaaat werden. Beim Senken dea Tubus ver-
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i. Phyaiologie.
aohwindet dieae Einfaaaong nicht, zum Beweise, dass
aich die Zellen in das Inn ere fortaetzen, ao das* aich
liier vollatAndige, von Zellen ansgekleidete Scheiden
finden, die in die Hohlung der Lymphspalten fiber-
gehen („Lymphgrfibchen“, „puits lymphatiquea 44 ).
Die SilberimprAgnation dea Centrum tendineum zeigt
zwiachen den grossen , polygonalen Endothelzellen
Inseln von viel kleineren und rundlieheren Zellen,
welche diesen Lymphgrtlbchen entsprechen. Lud-
wig u. Schweigger-Seidel haben dieae Zel-
len 8chon treffend beschrieben , nur lieaseu aie die-
selben nicht zu kleinen Inseln, aondern zu lAnglichen,
fiber den Spalten zwiachen den radialen Sehnen
Btlndeln gelegenen Streifen vereinigt sein. Das
Lymphgrtlbchen stellt die Communikation der Peri-
tonAalhdhle mit den Lympligefftssen des Centrum
tendineum her. Indem sich aber in seinem Grande
eine Lymphzelle einlagert, kann diese Comnnurika-
tion unterbrochen werden. (F. Hess e.)
564. TTnterauchungen fiber daa Endothel
der serSsen HAute ; von Fr. Tourneux. ( Jonm.
de l’Anat. et de la Physiol. X. 1. p. 66. 1874.)
565. TJnterauchungen fiber einige platte
Epithelien in der Thierreihe ; von Fr.Tourne ux
und G. Herrmann. (1. c. XII. 2. p. 199. 1876.1
In der ersten Arbeit theilt T. die Beobaohtongen
mit, die er an dem PeritonAnm von Batrachiern, ins-
beaondere am Triton und Salamander , und an der
Serosa des grossen retrope ritonAalen Lymphsackea
vom Froach und der Krfite machte. Daa Haupt-
ergebniaa ist der Nachweis von Zellen, vo» denen die
Neubildung der Endothelzellen dieser aerilaen HAute
auagelien soli.
Fur die Untersuchung empfehlen aich Triton und
Salamander mehr als Froach und Axolotl, well ihr Peri-
toneum locker an dem benachbarf en Gewebe anhaftet und
sich lcicht abnelimen liisst. Zur Anwendung kamen neben
der Farbung mit Cannin und Hamatoxylin beBondera die
Behandlung der seroson Haute mit SilberLosung (3 pr. mille)
und Goldlosung. Bei ungunstigem Lichte erzielte T. gute
Beduktion des Silbersalzes durcli kfmstliches Licht. (Die
GoldlAsung wendet er so an, dass er ein Stuck der Mem-
bran einige Minuten in 2proc. Essigsaure tauebt. dann
4—5 Min. in einer lproc. GoldUSsnng und dann bis rum
folgenden Tage wieder in der Essigsaurc liegeu lasst.)
In einem grSssera Sttlck versilberten Peritonaum
findet man in rerschiedenen Abataudcn von einander
Zellenstreifen , die am Rande gesAttigtere FArbung
zeigen. Die geaAttigteren Stcllen aind Protoplaama-
klllmpchen, welclie unter den Endothelzellen gelegen
aind. Sie achliessen einen Kern ein, drAngen das
unterliegendc Gewebe etwas vor sich heT , zeichnen
aich vor den Uberliegenden Endothelzellen durch viel
gr5a8ere Vitalitat aus , indem aie durch das Silber
braun gefArbt werden , wAhrend jene fast uugefArbt
bleiben, und aind granulirt, wAhrend jene hyalin aind.
Diese protoplasmatischeu Zellen bilden also eine
zweite, nicht zuaammenhAngende Lage unter der
obern Endothelachicht ; sie stellen im jtlngaten Sta-
dium einen von nur sehr wenig Protoplasma um-
achloasenen Kern dar, ao dass es bei der FlAchen-
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121
I. Anatomic n. Phyriologie.
betraohtnng des Ferltonium den Ansehein gewinnt,
aid hitte man eine Endothelzelle mtt zwei Kemen
vor sich , von denen der eine von einem schmalen,
dnnklen Hofe nmgeben sei. Mit der weitern Ent-
wickelung der protoplasmatischen Zelle verschwindet
allmftlig der Kern der dartlber liegenden Endothel-
zelle , diese selbst erlangt eine grfissere , hornartige
Consistenz , fftllt schltisslich ab und wird durch die
inzwischen stark vergrbsserte , darunter gelegene
protoplaamatisclie Zelle eraetzt, welche ihrerseits
wieder denselben Ver&nderungen anheimf&llt. Durch
Theilung der protoplasmatischen Zelle vor ihrer Um-
wandlung in eine platte Zelle bleibt wahrscheinlich
das Material fttr ktlnftige Neubildungen erhalten.
An der Wand des retvoperitonilalen Lymphsaekes
erhftlt man die beide serOse Ildhlen auskleidenden
Endothelien leicht an demselben Prftparate. Man
gewinnt ein seiches , indem man den Lymphsack
leicht mit Luft aufblftat und anf seine Oberflftche
einen Tropfen Osmi ums&urelSsung bringt. Die klei-
nen Oeflhungen, welche den Lymphsack mit der
Periton&alhdhle in Verbindung setzen, sind nnterdem
Einflusse schrumpfender Agentien entstandeue Knnst-
produkte. Dieselben entsprechen vielmehr kleinen
Grfibchen, welche dadnrch entstehen, dass an diesen
Stellen die bindegeweblge Grundlage der Membran
eine Ltlcke zeigt, die von den Bindegewebsfasem
schlingenfSrmig umfasst 1st. Das GrObchen senkt
sich von der Peritonftalhfihle her in die Membran ein
und erhftlt von den Endothelzellen des Peritoneum
eine zusammenhftngende Anskleidung seiner Ober-
flftohe. Den Boden des Grtlbchens nimmt eine proto-
plasmatische Zelle ein, welche die unter ihr liegende
Endothelzelle des Lymphsaekes unmittelbar bertlhren
kann. Von dieser protoplasmatischen Zelle ans soil
die Neubildung der Endothelien beider Hohlrftome
erfolgen, und indem die Zelle herausffcllt, treten beide
Hflhlen in Gommonikation.
Nachdem man einem Frosehe In Wasser snapeodlrte
Caxminkurnchen in die Periton&slhfthie gebraebt and ihn
2 Tage nachher getodtet batte , fanden sich die Carmin-
kfirnchen zwischen den beiden Endotbeliagen und an
Orten, die den Grfibchen nicht entsprachen. Die daruber
and darnnter liegenden Endothelzellen zeigten keine Spur
von Verandernng. Die Injektion einer JodlSsung in die
Peritonaalhohle , welche das Thier 11 Tage uberstand,
batte zur Folge, dass das Endothel auf eine grosseFlache
bin verschwand ; in der Gegend der Grfibchen fand sich
eine bctrachtliche Proliferation von Zeilen. Als ein Stfick
der Membran anf einen dnrchlfichertenKork geepannt nnd
Wasser mit euspendirten Stark ekornchen darauf gegoseen
wnrde , trat weder Flfisslgkeit dnrch die Membran , noch
fand sich Starke anf ihrer Rfickseite wieder.
Nach alledem, meint Tourneni, sind die
serOaen Membranen mit einer einfachen and mmnter-
brochenen Lage platter Endothelzellen bekleidet;
unter dem Einflusse schrumpfender Agentien oder
durch theilweise oder gftnzliche Abstossung einer
Zelle konne es sich ereignen, dass zwei odermehrere
ZeHen dnrch eine Art intercellnlarer Hflhle (Lacune)
getrennt sind, (Me aber mr das Besnltat der Behand-
luganethode sei.
MeA. Jnhrtb. Bd. 172. Hft. 2.
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Die zweite Arbeit enthftlt die Untemehungen
vereohiedener Endothelien von Echinodermen (inner*
Oberflftche der Kalkschale und Oberflftche der Ein*
geweide), Anneliden(innereFlftche der tlussern Hfllle
und Oberflftche der Eingeweide), Insekten undCrusta-
ceen, Mollusken (Perikardium) , Pischen (Serosa des
Bauches und deT Schwimmblase) , Batracbiern nnd
Vflgeln (Luftsficke mit ihren Fortsfttzeu in den
Knochen). Sie bestfttigen den frtlhem Satz, dass das
Endothel eine onunterbrochene Lage ohne Oefftmn-
gen bildet (sans perforations ni stomates). Ausser-
dem finden die Vff. in ihnen eine nene Stfltze daftfcr,
„das8 die Unterscheidung zwischen den anatomischen
Gebilden, die gemeiniglich unter dem Namen von
Epithelien und Endothelien bezeichnet werden, nicht
existirt, oder wenigstens nur anatomischen Lokalisa-
tionen entspricht, indem beide Arten von Epithelien,
wenn sie sich auf eine und dieselbe Oberflftche fort-
setzen, allmftlige Uebergftnge zeigen (Lnftsftcke etc.),
und indem sie beide ihre Oeffimng von der Diflteren-
zirnng eines nnd desselben anatomischen Elementes
nehmen (Auskleidungszellen der Pleuroperitonftal-
hftlile, welche sich einestheils in Endothel Perito-
nftum — , anderntheil8 in Flimmerzellen — Mailer’s
Gang, weiterhin Tube) nmwandeln." Es ist deshalb
aueb in beiden Arbeiten der Name ,, Endothel" mit
„Epithel“ vertauscht. Wir haben uns dem nicht an-
geschlossen , weil wir die Grttnde , die von physiolo-
gischer und entwickelungsgeschichtlicher Seite her
ftlr die Verschiedenheit beider Zellenarten spreehen,
durchaus nicht genfigend widerlegt finden.
Die Arbeiten deutscher Forscher, welche rich
zuerst bemUhten , die Bahnen aufzufinden, dnrch
welche die Lymphe dnrch serOse Membranen trete •),
hat Herr Tourneux mit Consequenz verschwiegen.
Wir sind entfernt, ihm einen Vorwnrf dartlber zu
machen, denn die Wichtigkeit des Gegenstandes
durfte ilm die Bekanntschaft seiner Leser mit jenen
Arbeiten vorauasetzen lassen ; am so mehr da sie die
Bestfttigung eines Ausspruches enthalten, den Bichat
in bewundemswerthem Scharfeinn schon vor 60 J. that
In Bichat’s „ Traits des membranes" (1816) heisst
es wOrtlich : „Les absorbants s’ouvrent par une in-
finite d’orifices sur les membranes sdreusej". Von
einer Widerlegung der in jenen Arbeiten mitgetheil-
ten Befunde kann um so weniger die Bede sein , als
Tourneux das dort benutzte Versuchsthier (Ka-
ninchen) ganz unberticksichtigt lieas und die an
andern Thieren beobachteten Verbaltnisse einfach
auf die Sftugethiere tlbertrug.
Die Forderung, Oeflhungen in der Serosa an
suehen, entstand, als v. Recklinghausen den
*) von Recklinghausen , Zmr Fettrecorption
(1843). -Hit, Haute u. HChlen des Kfirpera (1806). —
S eh we i gger-$ eid e 1 and Dogiel, Ueber die Perlto*
nislhdhle bei FrCsehen and ihren Zaasmmenhang mit dem
Lynpfasysteme (1880). — Ladwig nnd Schweigger-
Soldel, Usher das Csntnna tendiaeam dee ZwercbfeB*
(1888).
16
Original from
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122
II. Hygieine, DiAtetik, Pharmakoiogie u. Toxikologie.
direkten Uebergang feiner kdrperlicher Bestandtheile
aus der Bauchhflhle dee lebenden Thieree in das
Lymphsystem beobachtete. Derselbe Forscher wies
nach, dass die zu erschliessenden Verbindungen
zwischen der BauchhShle und dem LymphgefAss-
system im Zwerchfell zu suchen seien, ohne aber den
anatomischen Nachweis von Oeffnungen in der Endo-
tbellage dieses Organes liefern zu kftnnen. Ludwig
und Sell weigger- Seidel best&tigten v. Reck-
linghausen’s Beobachtungen , indem sie die
Lympbgefilsse des Zwerchfells unter Anwendung der
kllnstlichen Athmung fllllten. Sie vervollstAndigten
aie durch eine klare Schilderung der Lymphwege und
der Anordnung der Sehnenbiindel des Centrum ten-
dineum. W&hrend es aber auch iknen nicht gelang,
die geforderten Oeffnungen im Peritonilal-Deberzuge
mit rilckhaltloser Sicherheit zu erkennen, hatten fast
gleichzeitig Schweigger-Seidel und Dogiel
den Nachweis derselben in der Wand des retroperi-
tonkalen Lymphsackes des Frosches beigebracht.
Sie erw&hnen auadrtlcklich die trichterformige Ge-
stalt der Oefinungen, deren kleineres Lumen dem
Lymphsacke zugekehrt ist Die Gruppen kleinerer
Zellen im Peritoniliun des Zwerchfells beim Kanin-
chen , welche den mehr indifferenten Charakter der
Lymphkdrperchen haben, liessen Ludwig and
Schweigger-Seidel aus den Zellen der Seroaa
selbst durch Theilung entstanden sein und vermuthe-
ten hier einen Ort fttr die Neubildung von Lymph-
zellen.
His fllhrte auf Grund entwicklungsgeschicht-
licher und pbysiologischer Beobachtungen die na-
mentliche Trennung der „Epithelien u. Endothelien“
ein.
Ranvier ’s Angaben bieten eine werthvolle
UnteratQtznng jener Arbeiten, indem sie die Oeflhun-
gen in der Endothellage des periton&alen Ueberzugs
des Zwerclifells und ikren Zusammenhang mit den
Lympligefessen desselben best&tigen. Die Stellung,
welche Ranvier den Lymphzellen zu diesen Oeff-
nungen anweist, bedarf jedoch der Bestfttigung durch
weitere Untersuchungen. (F. H e s s e.)
II. Hygieine, DiStetik, Pharmakoiogie u. Toxikologie.
566. Ueber den NShrwerth der Legumi-
nosen nnd ihre Bedeutung als Krankenspeise ;
von Dr. Adolf Strtlmpell. (Deutsoh. Arch. f.
klin, Med. XVII. 1. p. 108—119. 1875.)
Bek&nntlich hatte Prof. B e n e k e *) die Ver-
wendung der Leguminosen als Krankenspeise warm
empfohlen , dabei aber die Nothwendigkeit hervor-
gehoben , dieselben in thunlichst feiner Zertheilung,
als Mehl, anzuwenden.
Auf Grund dieser Empfehlung hat Herr Harten-
ttein in Niederwiesa bei Chemnitz (jetzt Hartenstein
n. Co. in Chemnitz) ein Pr¶t unter dem Namen
„Legnminose“ in den Handel gebracht, welches als
„fein8t vertheiltes Leguminosen- und Cerealienmehl“
bezeichnet und als Nahrungsmittel ftlr Magen - und
Darmkranke , Typhusreconvalescenten , Phthisiker
u. dgl. sehr empfohlen wird *). Um zu einem sichern
Urtheil liber den wirklichen NAhrwerth der Lcgnmi-
nosen zu gelangen , stellte Vf. zuerst eine chemische
Untersuckung des Mehls und dann einen ErnAhrungs-
versuch mit demselben an aich selbst an. Die wich-
tigsten Resultate der chemischen Analyse zweier mit
I und n bezeichneten Sorten der Hartenstein’schen
Leguminose waren :
>) Berl. kiln. Wchnschr. Nr. 16. 1872 : Ueber einen
Ersatz der FleUehnahrung bei Reconvaleacenten , ver-
schiedenen Kr&nkheitszustanden dee Magena and Darm-
kanals und bei nnbemittelten Kranken.
*) Dieee Legnminoee wird in 4 Mi sch ungen dar-
geatellt, in denen die stickstoffhaltigen Snbstanzen in dem
VerhaltniBse von 1:2.3, 1:3.3, 1:3.9, 1:4.8 stehen.
Diesel be ist von Prof. Beneke (Berl. kiln. Wchnschr.
1874. Nr. 22) sehr anerkennend besprochen worden und
es llegen anderweite Zeugnisse von anerkanaten aratilchen
Autoritaten f6r die Brauchbsrkeit derselben In grSsserer
Anzahl vor.
100 Mehl enthalt Sortel. Sorte II.
Trockensubstanz 89.9 89.0
Waeeer . . . 10.1 11.0
Eiweiss . . . 21.28 14.19
Kohlehydrate . 61.6 76.4
Qesammtsalze . 2.80 2.06
Somit ist der chemische Gebalt an N&hrstoffen
besonders bei der Sorte I ein sehr reichlicher. Um
zu entscheiden, ob diesem so zu sagen ,, chemischen
Nahrwerthe" auch ein gleich hoher physiologischer
Nfihrwerth entspricht, d. h. ob die N&hrstoffe auch
in einer fUr die Assimilation gttnstigen Form und
Vertheilung vorhanden sind , bestimmte Vf. in einem
Versuche, wie viel von den mit einer bestimmten
Menge Mehl in den KOrper eingefdhrten Eiweiss-
kflrpern und Kohlehydraten resorbirt, wie viel davon
mit dem Kothe wieder ausgeschieden wurde. Der
Versuch ergab , dass nur ca. 10°/ 0 des genossenen
Sticks toffs nicht resorbirt wurden. Die Ausnutzong
deT Leguminose in Bezng auf ihre Eiweisssubstanzen
kommt der Ausnutzung des Fleisches sehr nahe.
Noch vollstUndiger schien die Resorption der St&rke
erfolgt zu sein. r
Wahrend mithin die bisherigen Erfahrungen sehr
zuGunsten der Leguminose sprechen, so stehen ihrer
Anwendung doch auch einige wichtige Bedenken
entgegen. Die Leguminose wird fast stets in Form
der Suppe angewendet (ein Essldffel Mehl auf einen
Teller Suppe, mitWasser oder weit besser mit Milch
gekocht). Die absoluten Mengen des Mehls, welche
in dieser Form genossen werden kOnnen, sind wegen
des nicht sehr angenelimen Geschmacks und wegen
der dicklichen Consistenz der Suppe nur gering. Vf.
empfiehlt die Leguminosensuppe daher besonders mxr
in den Fallen , wo eine ausreichende ErnAhrung der
Kr. flberhaupt kaum durchfdhrbar ist, so besonders
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II. Hygieine, Diitetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
123
bei Magen - and Darmkat&rrhen der Kinder mit so
grosser Reizbarkeit der Masbulatur , dass festere
Speisen ttberhaupt nicht vertragen werden. Sehr
empfehlenswerth ist die mit Milch gekochte Legumi-
nosensnppe zur Ernkhrung mittels der Schlundsonde
bei Oesophagus - Affektionen , Pharynx- Lkhmungen,
Geisteskranken u. dgl. , weil in alien diesen Fallen
anf den Oeschmack der Suppe keine Rflcksicht ge-
nommen zu werden braucht.
Zum Vergleiche stellte Vf. auch einen Aus-
nuteun gsverauch mit auf gewflhnliche Art gekochten
L insen an. Es ergab sich, dass trotz des hohen
ehemischen Nkhrwerthes der Linsen 40 °/ 0 der in
ihnen enthaltenen Eiweisssubstanzen unverdaut wie-
der den Darm verliessen, also ein 4mal so ungHrati-
ges Verbal tniss, als es bei dem feinen Mehl gefunden
wurde. (Winter.)
567. Ueber den Binfluss elniger Arznei-
mittel anf den Oasaustansch bei Thieren ; von
Dr. H. v. Bflck und Dr. J. Bauer in Mtlnchen.
(Ztschr. f. Biol. X. 3. p. 336—372. 1874.)
Wfthrend nach bekannten Untersuchungen Back’s
der frtlher statuirte Einfluss von Arzneimitteln anf
den stofflichen Umtausch der Gebilde in verlangsa-
mendem oder beschleunigendem Sinne denselben gar
nicht oder nur in sehr untergeordnetem Maasse zu-
gesprochen werden kann, sind bezflglich der Kohlen-
sknreansscheidung Faktoren, wie Muskelbewegung
trad Rohe, Wachen und Schlaf bek&nnt, welche nn-
abhfingig vom Ernkhrungazustande und der Zufuhr
anf die Grasse derselben modificirend einwirken. Von
vornherein ist es wahrscheinlich , dass eine Anzahl
von Arzneimitteln auf die Grasse der Sauerstoffauf-
nahm e und Kohlenskureabgabe in der Weise einen
Einfluss austtbt, dass entweder bei gleichbleibender
Zufuhr direkt auf das Zerlegungsvermagen der zelli-
gen Gebilde , oder aekundkr , nachdem zuerst be-
stimmte nervase Centralorganq afficirt wurden, in
Folge verknderter Athmung, Cirkulation oder Muskel-
bewegung , auf die Grasse der Kohlensftureausschei-
dung verkndernd gewirkt wird. Letztere Wirkung
aber kann wieder eine zweifache sein. Nur kurze
Zeit kann durch ausgiebigere oder weniger ausgiebige
Ventilation die schon in den Sftften vorhandene CO s
besser abgegeben oder aufgespeichert werden ; splter
handelt es sich stets am eine Aenderung in der Pro-
dnktion nicht durch direkten Einfluss des Sauerstofls,
sondem zufolge der Muskelbewegung oder rascherer
Zufuhr des Materials zu den Zellen , wodurch sekun-
dir Sauerstoff in Beschlag nehmende Zersetzungs-
produkte resultiren kbnnen, oder endlich urn Spal-
tung der in den Kdrper eingefllhrten Substanzen
selbst unter Bildnng von Kohlensknre innerhalb des
KOrpera , in welchem Falle aber , um eine sichtbare
Wirkung zu entfalten , grdesere Mengen nothwendig
smd.
Vff. untersuchten im Zustande gleicher Ernkh-
nmgsverhkltnisse an normalen Thieren die Modifika-
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tionen des Kohlenskureanstaosohee nach Einverleibang
von Morphiam , Chinin , Alkohol und Digitalis. Be-
zflglich der zahlreichen Versuchsprotokolle und Ta-
bellen mit Hillfe des kleinen Voit’schen Respirations-
apparates muss auf das Original verwiesen werden.
Die Resoltate lassen sich in Folgendem znsammen-
fassen.
1) Morphium kussert auf Katzen und Hunde
beztlglich der HjO- und COj-Ausscheidung diametral
entgegengesetzte Wirkungen. Bei ersterem Thier
erfolgte nach Einftihrung von 0.05 Grmm. Morphium
nur eine bedentende Steigerung der genannten gas-
farmigen Aussclieidungen bei einer verhkltnissmkssig
geringen der Sauerstoffaufnahme , so dass von dem
verbrauchten Sauerstoff ein haherer Procentsatz als
C0 2 wieder erschien, als an Normaltagen. Beim
Hunde dagegen hatte die Einverleibung des Morphium
eine betrkchtliche Verminderung der H,0- und C0 9 -
Ausgabe und eine verhkltnissmkssig kleine Abnahme
der Sauerstoffaufnahme zur Folge , so dass wkhrend
der Morphiuinnarkose ebenfalls ein grasserer Antheil
Sauerstoff als CO s abgegeben wurde, als in der
Norm. Ursache dieser Verschiedenheiten im Verhal-
ten beider Thierspecies ist der alsbaldige Ausbruch
der heftigsteu toniscben und klonischen Krkrapfe bei
der Katze, verbunden mit Zunahme der Athem-
freqnenz und Pupillenerweiterung, wkhrend der Hand
abbald einer tiefen, mit Muskelerschlaffung und
Herabsetzung der Athemfunktion verbundenen Nar-
kose anheimfiel , so dass bei der Katze das Excita-
tions-, beim Hunde dagegen das Depressionsstadium
in besonders prkguanter Weise hervortrat. Morphium
beeinflusst sonach den Gasaustausch nur indirekt,
indern es im ersteu Stadium seiner Wirkung den-
selben durch Hervorrafimg stftrkerer Muskelbewe-
gungen erhaht , im zweiten aber , wo betreffs der
Muskelthktigkeit die entgegengesetzten Verhkltnisse
obwalten, herabsetzt. Neben diesen Verknderungen
der Muskelleistuug spielt beim Zustandekommen der
geschilderten Ersclieinungen sehr wahrscheinlich auch
die durch Morphium erzeugte Herabsetzung der Er-
regbarkeit des Athemcentrums eine Rolle.
2) Sebr khnlich war das Verhalten des Gasaus-
tausches , wenn Ckitiin zu 0.3 Grmm. subcntan bei-
gebracht wurde. Bei kleinern Gaben war bei einer
Katze die COj-Abgabe und Sauerstoffaufnahme ver-
mindert, bei grossen dagegen vermehrt. Bei 2 Him-
den , wovon der eine am Versucbstage 24 Std. ge-
hungert hatte, trat nach Chinininjektion in den Magen
eine Zunahme der COj-Ausscheidung (von 37.0 bis
zu 71.9 im Mittel) ein. Ein tkglich gleichmkssig
ernfthrter zweiter Hund zeigte ein analoges Verhal-
ten , welches im Auftreten von Muskelkrkmpfen and
Freqaenterwerden der Respiration nach der Chinin-
beibringung seinen Grund hatte. Chinin vermindert
sonach , in kleinern Dosen beigebracht , durch seine
Einwirkung auf die Zellen und den hiervon abhkngi-
gen verminderten Verbrauch eiweiasartigen Materials
Sauerstoffaufnahme u. Kohlenskureabgabe , vermehrt
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II. Hygieine, Di&tetik, Phannakologie u. Toxikdogie.
P
dagegen letztere nach Bdbringung grosser Gabon
durch Hervorrufung heftiger , durch Einwirkung dee
in die Blutbahn Ubergjgangenen Chinin auf moto-
risehe Centren bedingter Krftmpfe , welche einen
stirkern Verbrauch stickstofffreier Substanzen nach
aieb ziehen. Beim Meusehen, wo Chinin aueh in
grossen Gaben KrUmpfe nicht zu Wege bringt, be-
wirkt der Chiningebranch wohl stets Verminderung
des Stoffumsatzes.
3) Alkohol bedingt, in kleiner Dosis eingefilbrt,
Verminderung der Kohlens&ureabgabe. Letztere
dtlrfte mit Verminderung der Zersetzung des Nfthr-
materials zufolge einer Aenderung der Zellenthitig-
keit oder Abnahme der Leistung des Herzens und
der Respirationsorgane zusammenhiingen. EinfUlirung
grosser Dosen zieht dagegen Vermehrung der H s O-
und COj-Abgabe deswegen nach sich , well die ver-
mebrte Muskelthatigkeit und Unruhe der Thiere zu
Mehrverbraucb stickstoffhaltiger Substanzen fflhren
muss und ausserdem wohl aueh die Produktc der
Verbrennung des Alkohols mit in Anschlagzu Imogen
sind.
4) Digitalis erhdht in kleinen , die Herzthfitig-
keit and den Blutdruck steigemden [aueh das Athem-
eentrum reizenden ; vonSchroff] Dosen H,0- und
COj-Abgabe (von 125.75 Grmm. auf 136.5 Grmm. ;
l°/o Digitalisinfus) und Sauerstoffaufnahme (von
156.8 Grmm. auf 164.6 Grmm.), vermindert sie
dagegen in dem paralytischen mit Drucksenkung,
Pulsretardation und Herabsetzung der Erregbarkeit
des Athemcentrum Hand in Hand gehenden letzten
Stadium der Digitalisvergiftung. (H. K Shier.)
568. Znr Kenntnisa der Arsenwirkungen ;
v<m Prof. C. Gflthgens in Rostock. (Med. Centr.-
Bl. XHI. 32. 1875.)|
Veranlassung zu den von Vf. in Gemeinschaft
mit Stud. med. Albr. Kossel (vgl. Arch. f. expev.
Pathol. n. Pbarmakol. V. 1 u. 2. p. 128. 1873)
angestellten Untersuchungen gab der Parallelismns
zwischen Fieber, Zuckerharnruhr und Phosphorver-
giftnng — Zust&nden , bei welchen nach H u p p e r t
allein eine bemerkenswerthe Steigernng in der Zer-
setmmg des Organeiweisses vorkommen soil. Die
Phosphorvergiftnng zieht ausserdem A uft re tea von
Fett in versehiedenen inneren Organen nach sich.
Nach Salkowsky ist dasselbe bei der Arsen- und
AaUmonvergiftung der Fall. Giebt man femer der
sebr plausiblen Ansicbt Raum , dass das Fett sich
ans demlnhalte derZellen derLabdrflsen, der Leber,
der HarakanSlchen etc. bilde, so wird man durch die
Frage nach dem Schicksale des Stickstoffantheiles
in jenem in Fett umgewandelten Zeileninhalte zu der
Vorstellung geftthrt, dass dem Arsen ebenso wie dem
Pbeapbor die Wirkung einer gesteigerten Zaraetamg
des Organeiweisses zukommen mtlsse.
Ein 21 Kilo sohwerer, dressirter Hund wurde zuvot-
derst 16 Tage gleichm&ssig , aber uagenugend ernahrt.
Hierauf ruusste er voile tSndlg hungern und bekam nnr
Wssser mit der 8chlnndsonde und Natriumarseniat In
•k# Oblate elngeh&UL Ham und Exkromeate warden
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gesammelt and analysirt. Binnea 8 Tagen hatte das Thier
39.6 Grinm. N (— 4.9 fur den mittlern Versuchstag) aus-
geschieden ; am nSchstfolgenden 4.7 Ormm. , so dass mit
ElnfGhrung der zu prdfenden Subetanz begonnen warden
keante. Er erhielt bo nach am 10. Tage 0.08 Onaw.
Natriumarseniat , welche Dosis im Verlauf der niichstcn
6 Tage bis auf 0.2 Grmm. erhSbt wurde. Obwohl die
w&hrend letzterer 6 Tage im Mittel ausgeschiedcne N-
Menge von 4.8 Grmm. mit den von Bdck geftandenen
Zmhlen gut ubereinstlmmt , so machte sich doch sehon ia
dieser Periodc unter Beruckaichtigung dos Umstandos, dass
am vorletzten und namentlich am letzten Tage derselben
ein Theil der Nahrung dem Stoffweoheel durch Erbrechen
entzogen wurde, die Tendenz eines langsaraen Ansteigeas
der N-Ausscheidung bemerklich. Am 16. Tage flel alle
Ernahrung, bis auf Einfuhrung von Wasser, fort und aueh
die Arseugaben wurden ausgesetzt. Wahrend der Zeit
vom 16. bis 27. VersuchBtage fand nun ein stetigea An-
steigen der StickBtoffansscheidung von 4.6 auf 4.8 — 6.9
— 6.6 — 6.8 — 7.8 — 8.4 und 8.7 mit nur geringen
Intern issionen der steigenden Tendenz statt. Die Be-
stimmung des N fand nach Liebig’s und Seegen’e
Methoden statt. Der Hund befand sich, von etwas War-
gen und Erbrechen abgesehen , in der ersten Zeit wohl,
sprang in grossen Satzen aus dem Kaflg etc. , am Ende
des 27. Tages Jedoch wurde Parese der Hintcrbeine be-
merklich. Am 28. Tage , wo der Hund die gTOsse Gabe
von 0.3 Grmm. Natriumarseniat erhielt, war er indessen
so kraftlos, dass er auf der Seite iiegen biieb, bo dass der
Harn nicht mehr gesammelt werden konnte und das Thier
getddtet werden rausete. Ans dem Harnstoff berechaet
belief sich die N-Ausscheidung am 27. Tage auf 8.3 bis
8.34 Grmm. in 24 Stunden. Die Steigerung der N-Aus-
scheidung hangt somit vorliegendenFalles mit vermehrter
Ilarnstoffproduktton zusammen ; Peptone und Mlichsaore
fanden sich in dem analysirten Harn dagegen nicht vor.
Vf. schliesst aus diesen, allerdings durch toxisebe
Gaben Arsensfture gewonnenen Resultaten , dass im
Wesentlichen such der Effekt medicinischer Down
dieses Mittels derselbe sei , bez. dass man aus der
Beobachtung, wonach Itagere Zeit einverleibte grte-
sere Gaben Natriumarseniat das Verhalten der N-
haltigen Kbrperbestandtheile wesentbeh ver&ndern,
den Wahrscheinbchkeitsschlass ziehen dflrfe, d«a« ea
sich aueh in kleineren Dosen gegen die wichtigeren
Gewebe des Thierkorpers nicht indifferent verhalten
werde. Dem entspreehend ware ferner anzunehmen,
dass die durch medicinale Gaben von Arsen bewirk-
ten Ver&nderungen der eiweissartigen Korperbestand-
theile, die fQr die Erzielung gewisser Heileffekte,
z. B. gegen Hautkrankheiten , ausreichen mogen,
keineswegs deren vollstkndigen Zerfall bewirken, in
Folge dessen ihr N-Antheil in Form von Harnstoff
in den Harn tlbergehen mtisse. Letzterer enthieit
wahrend des Bestehens der Areenvergiftung Eiwetss
und Gallenfarbstoff; nur die Labdrttsen und geraden
Harnkanklchen waren verfettet (H. Ktthler.)
569. Toxikologische Uittheilungen ; von
C. A. Ewald, Jackson und Marion, A. Ra-
buteau, Mayen$on und Bergeret.
Unter dem Titel n Aether athmer" beriohtete
Dr. C. A. Ewald in Berlin (Berl. klin. Wchnschr.
XII. 11. p. 133. 1875) fiber folgenden interessanten
Fail gewohnheitsgem&ssen Selbstfltherisirens , nm
sich mystiache Trauobilder whhrend der Narkose
vorachweben zu basen.
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II. Hygieine, DilMik, Pharnnkologie n. Toxikologie.
Der In weHeren Kreisen Berlins nster dem Mum
„ Aetbsrfritze“ bekaante 32JShr. Kranke , welober durcb
seine Eeidenschaft sich mit Aetherdampfcn zu betauben,
ans einer achtbaren Existenz in die zerruttetsten Verhfilt-
nlsee herabgesnnken 1st, meldete sich mit Klagen fiber
aUgemeine Schwache , Mattigkeit, Muskelzittern und Ap-
petltmangel auf der Frerichs ’schen Abtheilung der
CTiarihS ; sein verwabrlostes Aeussere contrastlrte mit
seiner geMldeten Sprache ; ansserdem del an ihm ein star-
ker Oerncb nacb Aether, auf welchen er selbst aufmerk-
sam maohte , auf-; die Exploration ergab ausser einem
Lebertnmor niehts yon der Norm Abweichendes. Friiber
ein nttehterner, fisthetischen nnd philosophischen Studien
ohttegender , indeseen etwas zn mystisehen Tranmereien
hinneigender Mann , hatte Pat. vor Jahren eine popular®
Schrift Dieffenbach’s fiber den Aether, welcher die
Produktivitfit zn beleben vermoge . gelesen nnd glaubte
im Aetber das Mittel, „ welches seine dichterlsche Phan-
tasie befruehten nnd die durre Halde seiner Philoeopheme
ergrfinen maohen sollte-, gefunden zu haben. 1m Dee.
1865 sucbte er zura ereten Male den gewunschten Erfolg
durcb Inhalation von 60—75 Grmm. Schwefelather aus
einem eweekentsprechend znsammengelegten Taschen-
taebe zn ertielen. Er hatte , nachdem Ihm die Besinnnng
geechwunden, eine Keihc lebhafter, sich, wie es scheint,
ans theolog. - mystischen Vorstellungen zusammensetzen-
der Wahnbilder, in welchen, wie helm Opium- und Ha-
seirisebransch , dae Hinwegsetzen fiber Kaum und Zeit
eine grosse Kollo spielte. Er glaubte ganzc Welten zu
dorchmessen , nncndliche Zeiten durchlebt zu haben und
gieichwohl lehrte ihn sein Licht nach dem Erwaohen,
daw er kaum eine Viertelstunde betaubt gewesen sein
konntc. Erbrecheii oder sonstige Uebelstande stellten
sieh nach dem Aetherrauscbe niemals ein, Scbmerecn
lieesen Pat nie zum Aether greifen , sondern er benutzte
denselben am der Narkose widen als ein reines Genuss-
mittel. Weil bei der ersten Narkose die Bctaubnng gc-
rade in dem Moment fiber ihn gekommen war, als er sich
dem Ziele seiner Wunsche naho glaubte, wiederholte Pat.
das Experiment; mit immer grosseren und grosseren
Dssen gelang es ibm jedoch niemals wieder , sich in die
glazuende, farben- nnd bilderreiche Traumwolt der ereten
Narkose hiniiberzulullen. Trotzdem wurde schr bald das
Eaperiment zur Gewobnheit und der anfangs sparlich an-
gestellte Vereuch zum Trieb und jene ursprungliche Sehn-
saebt nach dem Erhabenen, Unendlicheu erstickte in der
Gier nach einem Keiz , welcher 1 angst alle Charaktere
einer geueinen shinliehen Leidenschaft angenommen
hatte. So knm Pat. dazu , sich seiner immer zerrutteter
werdenden Verhaltnisse ohnerachtet von Apotheke zu
Apotheke laufend manchen Tag 2 Pfd. Aether in kleineren
Quantitaten zusammenzukaufen und anch ausserhalb sei-
ner Wohnnng ans dem Taschentnche zu „athern a , bis er
im Laufe von fiber 10 Jahren dahin gelangte, als Obdaeh-
loser seine NSchte Im frelen Felde , Spelnnken oder Poli-
zelgewahrsam znzubringen. Als sich die Folgcn dieses
Lebens an ihm anch physisch bemerklichmachten, suchte
er ans den Eingangs bemerkten Griinden die Charite auf.
Pat. zeigt einen geringen Tremor, leichte Iojektioo
der Conjunctivae bulbi und verrfith durch Niehts in seinen
Gesprachen eine geistige Stfirung. Sein GedachtniBs hat
nicht gelitten , seine Gedanken sind klar , sein Styl flies-
send und elegant nnd sein unsteter schener Blick , wie
sein stilles gedrficktes Wesen darf wohl auf Rechnung dee
Bewusstseins seiner Verkommenheit gesetzt werden. Der
Charakter seiner Vorstellungen blieb von An fang an ein
aosschliesslich mystischer, freivon erotischer oderbacchi-
scher Beimengung und 1st somit durchans von seiner vor-
herrschenden Nelgnng abhangig geblieben. — Es wurde
ein Aetherislrungsversnch mit 807 Grmm. Aether (aus
etaMQ Bentel in 33 Minuten eingeathmet) in der Charite
nnd uater genaaer Protokoliirwug alter dabei auftretenden
Ereeheinungen, wie Mydriasis, Znnebmen derEnergie dee
Pnlsee etc., aagesteUt. Pat. verttel hjeraaeh, nach vor-
woggahender hafttger Excitation , nar in due sehr kune
Narksse nnd entbfelt der Harn danasJi wetter Zmker,
noch Gallenfarbstoff. Behandlnng : kalte Vollbfider, Ana-
leptika [Erfolg nicht angegeben]. Extr. cannabis indicae
erzeugt bel dem ffir die Wlrkungen des Haachisch-
haraes sehr empfanglichen Pat. angenehme Phantasmago-
rien von schSnen Garten , Tempeln , Springbrunnen etc.,
denen er sich jeden Augenblick entziehen kann, am die
WSnde der Charitdkrankensale vor sich zu sehen.
Ueber eine tOdtlich verl&ufene Oeahdur ever gif-
tang machten Dr. J. B. S. Jackson in Boston und
Dr. H. E. Marion in Brighton (Boston med. Journ.
XC. 16; Oct. p. 445. 1875) Mittheilung.
Ein Zimraermann von 33 Jahren kebrte, nachdem er
anscheinend ganz wohl weggefahren war, um Geld einzu-
kassiren, unwohl nnd mit langsamem , nnsieherem Gange
nach Ilanse zuruck. Hfinde und Gesicht zeigten eine H-
vide Farbe nnd wsren eiskatt anznffihlen, Pat. konnteaar
mit Muhe dann und wann ein Wort hervorbringea ; er
fragte , ob etwas Kalk oder Magnesia zur Hand ware,
klagte fiber furohtbare Schmcrzcn im Magen und nahm
ausser Magnesia anch Pfefferminz- nnd Ingwcrthee, er-
brach jedoch jeden Tropfen Flfissigkeit sofort wieder.
Trotzdem wunschte er nicht, dassein Arztgerufen werden
sollte. So blieb das Beflnden wahrend der ersten 2 Tage
unverandert. Am 3. besuehtc Dr. Marion das kranke
Kind des Pat. nnd wurde von dessen Fran ersncht, auch
dem anscheinend an Pnenmonie Ieidenden Manne seinen
Beistand zn widmen. Er fand Pat. in der Ufiekenlage im
Bett vor , Gesichtsfarbe und Ilauttemperatur waren die
oben gescbilderten ; die Cirkulation in den Hautcapillareu
schien ganzlich zn stock on , an der Radialarteric war der
Puls gar nicht , an der Brachialis nur mit Mfihe ffihlbar.
Das Bewnsstsein erschien nngestdrt u. die Papilleu waren
normal ; die Zunge war wenig belcgt. Es bestand bedeu-
tende Dyspnoe und laute Rasselgerausche waren nicht
nur weithin horbar , sondem machtcn auch eine genaue
Exploration der Brustorgane nnmdgttch. Pat. gestand,
etwa 60 Grmm. Oxalsaure eingenommen zu haben; er
hatte sogar eine noch grossere Menge in selbstmordorischer
Absicht gekauft. Knhlensanres Ammon, Brandy und er-
nahrende Klystire warden ohne jeden Erfolg angewandt.
Pat. lebte noch 2 Tage ; dann del er in DeMrlen, w&hreati
deren er das Bett verliees und starb.
Die Obduktion, 26Std. p.m., ergab auageeprooheae,
allgemcine Starre , Livor besonders in den nach hinten
belegenen Thellen ; 10 Unzen blutiges Serum in dem
rechten Cavum pleurae; I.ungenBdem. Das Her* war
welk und fiber die Norm ausgedehnt. Die WSnde dee
link en Ventrik els dagegen erschienen hypertrophisoh ; dae
linke Herz war leer ; in der rechten Seite , der V. cava
und den PnlmonalgefSsscn fanden sich weiche, donkle
Blntcoagnla in grosser Menge vor. Die MHz ,'war sehr
gross , dunkel und erweicht , ebenso war auch die Consl-
stenz des sonst normalen Nierengewebes geringer, als in
der Norm. Der Magen zelgte mittle Grosse , fuhlte sleh
fleischlg und sogar etwas fest an und hatte ein etwas
troekenes Ansehen , etwa als ob er einige Zeit in Spirltus
anfbewahrt und dann dem Einflnss der atmosphfirischen
Luft ausgesetzt worden ware. Durch auf der Aussen-
flaohe in der Langsrichtnng parallel verlanfende Streifen
erhielt der Magen eine mnzlige Beschaffenheit. Die
Anssenflache erschien dabei weiss, wie mit Kalk bestreut
oder als ob das Praparat eine Zeit lang in SublimatlSsung
gelegen hfitte. Beta Auftchneiden des Magens wurden
3 Unzen strohgelber Flfissigkeit entleert. Alle venfisen
Gefasse an beiden Curvaturen waren strotzend mit geron-
nenem Blute angeffillt. Die Schleimhant war stark ge-
ranzelt und dnrchweg von dnnkelbrauner Farbe. Jede
8ptrr stattgehabter Entzfindung fehlte ; ebenso war nlr-
genda Erweichung oder Substaniverhut siohtbar.
Ueber die Verechiedenheiten im Anftreten der
Atrepiiurirkmg beim Meofichen and bd gewfaaen
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III. Pathologie, Therapie u. raedkinische Kliaik.
Singethieren hat aich Dr. A. Rabnteaa (L’Union
134. 1873) verbreitet.
Vf. weist auf die bekannte Thatsache hin , class
Hunde grosse Dosen Morphinm (2.0Grmm.de8 chlor-
wasserstoffsauren Salzes in die Jugularis injicirt),
dagegen nur sehr kleine Mengen Thebain , welches
Menschen besser toleriren, vertr&gen, woraus wieder
folgt, dass auch die Dosis Opium, welche zurTfldtung
eines Hundes erforderlich ist , eine so enonn grosse
ist, dass es schwer halten wtirde, die genannten Thiere
zu tddten , wllchse nicht der Opiummenge adftqnat
auch die Thebainmenge und z6ge schltlsslich unter
Convulsionen den Tod nach sich. Noch auffallender
ist die schon von vielen Beobachtern constatirte Im-
m units t der Kaninchen und Meerschweinchen dem
Atropin gegentlber, wovon 0.5 Grmm. kaum genflgen,
bei Kaninchen Mydriasis, Injektion der Ohrgefesse,
Pulsbeschleunigung und etwas DiarrhSe hervorzu-
rufeo. Vf., welcher die zur Bests tigung dieser An-
gaben an Kaninchen und Meerschweinchen ange-
stellten Versuche ausflllirlich beschreibt, erhitrtete die
Thatsache, dass bei Kaninchen die 20fache Menge
eines bei Menschen schon sehr bedrohliclie Intoxika-
tionserscheinungen hervorrufenden Quantum Atropin
kaum in die Augen fallende Vergiftungssymptome
hervorgebracht werden. Ein 540 Grmm. schweres
Meerschweinchen vertrug 0.2 Grmm. Atropin in
2 Cctmtr. Wasser gelSst subcutan beigebracht, wRb-
rend schon 0.005 Grmm. desselben Alkaloids dem
Menschen in das Unterhautzellgewebe gespritzt die
erasteten Intoxikationserscheinungen bedingen ; hier-
nach wtirde, wenn wir die ftlr Meerschweinchen toxi-
sche Dosis auf das Mittelgewicht des erwachsenen
Menschen von 65 Kilo berechnen, die Dosis ftlr den
Menschen 24 Grmm. betragen. Diese Thatsache
ist ftlr forensische Unterauchungen , bei welchen das
physiologische Experiment an Thieren mit aus den
Leichentheilen isoBrten Substanzen verwerthet wer-
den soli , von allerhochstem Interesse. Da bei den
genannten Nagera die Mydriasis nur nach enorm
groaaen Dosen Atropin zur Entwicklung kommt , so
werden die aus Leichencontentis rein dargestellten
Mengen nur selten gentigen, bei Kaninchen Pupillen-
erweiterung hervorzurufen (auch bei Instillation ins
Auge), die forens. Untereuchung also ein bei denwe-
nig charakteristischen Reaktionen des Atropin doppelt
werthvolles Untersttttzungsmittel ftlr die Feststellung
des Thatbestandes verlieren , falls sie nach T a r -
dien's Vorgange Kaninchen als Versuchsthiere be-
nutzt. Hierzu sind aus den angegebenen Grunden
alls Fleisrhfr ester , namentlieh Hunde, toeil tie
schon auf minimale Mengen Atropin in angegebe-
ner Weise reagiren, allein brauchbar, Kaninchen
und Meerschweinchen nicht.
. Mayen^on und Bergeret (Journ. del’Anat.
et de la Physiol. X. 4. p. 353. Juillet et Aofit 1874)
geben folgendes Verfahren des elektrolytischen
Nachweises kleinster Mengen giftiger Metalle an.
Sie bedienen sich dazu einer Kohlen-Zink-Batterie,
welche mit concentr. Bichromatlosung und verdUnn -
ter Schwefelsfiure in der Weise versehen wird , dass
aich Chromalaun und Zinksulphat bilden. Auf
1 Liter 10% Lasung des Chromsalzes geharen 130
Cctmtr. Schwefelsflufe (1. Hydrat). Das aus Lds un-
gen prhcipitirte Metall wird auf 2 Platindrfthten oder
PUttchen niedergeschlagen ; bildet sich ein derartiger
Beschlag am negativen Pol, so darf man wohl davon
tlberzeugt sein , dass das auf dem Platin deponirte,
feinvertheilte Metall in der zu untersuchenden Fltla-
sigkeit gelast gewesen iBt. Vff. experimentirten mit
Kobalt und Nickel.
1) Kobalt. Ist dieser auf dem Platinblech priUapitirt,
eo wird er durch ChlorwasseretoffsSure in die Chlorver-
bindong Obergeftihrt und das gebildete Kobaltcbiorfir auf
einem Blatt Papier gesammelt. Beim Erhitzen des letz-
teren wird ein BCh5n blauer , beim Erkalten wieder ver-
echwindender Fleck erzeugt; aus oiner '/moooo Kobalt ent-
haltenden Flussigkeit wird mit Hfilfe dieses Verfahrens
binnen '/< 8td. auBreichend viel Kobalt auf Platin prfici-
pitirt, um ihn durch chemische Reaktionen nachzuweisen.
Zwei Kaninchen von 2000 und 2600 Grmm. Gewioht er-
hielten das eine 60 Ctgrmm. , das andere 3S Ctgrmm.
Je3Tage hinter einander. Das erstere zeigte Traurigkeit,
Appetitiosigkeit und Meteorismus. Es wurde getodtet
und die Obduktion wies aueser Meteorismus entz&ndliche
Reizung des Pylorustheiles des Magens nach. Magen-
inhalt, Urin und Nieren, Leber, Hirn, Musk ein und Blut
wurden portionenweise zur Zerstorung der organ. 8ub-
stanz in der Siedehitze mit rauohender Salpetersaure be-
handelt , und durch die flltrirte Lftsnng der zur Trockniss
gebrachten Portionen in Waseer der Strom der oben ge-
schilderten Batterie geleitet. Im Mageninhalte , Urin,
Nieren , Leber und Him warcn verhaitnissmissig grosse
Mengen, irn Bint Spurcn von Kobalt nachweisbar ; bezfig-
tlch der Muskeln war das Resultat zwelfelhaft.
2) Zur Aufsnchung des Nickels verfahrt man in ana-
loger Weise ; es waren einem Kaninchen in 3 Tagen 0.6
Grmm. kohlensauree Nickel beigebracht worden. Auch
hier wurde das Pracipitat auf dem als negative Elektrode
dienenden Platinblech in Chlorur verwandelt und dieses
auf Papier gebracht, auf wclchem beim Erhitzen ein gelber
Fleck, erzeugt wurde. Hier land sich Nickel in den ge-
nannten Leichencontentis mit Sicherheit wieder und nnr
betreffs des Hams war das Resoltat zweifelhaft.
(H. Kohler.)
III. Pathologie, Therapie und medfclnlsche Klinik.
570. Ueber Neuritis in diagnostiaoher und
pathologiaoher Beziehung; von Prof. H. Noth -
nagel. (Sammlong klin. Vortr., herausgeg. von
Volkmann. Nr. 103. [innere Med. Nr. 35.] Leipzig
1876. 40 S.)
N. knttpft an einen Fall von Tetanus traumaticus
cine ausfhhrliche Besprechung der Neuritis. Der
Fall ist zunkchst folgender.
Ein 19jahr. kraftiger Mann hatte sich am 20. Fete,
mit einer Axt die letzte Phalanx des llnken Dan mens rer-
letzt. Am 28. waren, nachdem er noch am 27. sich stark
schwitzend einem heftigen Zugwinde ausgeeetzt hatte, die
erstcn 8ymptome des Tetanus anfgetreten. Bei der Anf-
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127
HI. Pathologie, Therapie u. medidnische Klinik.
nahme des Kr. am 89. zeigte sich die etwa s Ctmtr. lange
Scbnfttwunde achon in der Tiefe yerklebt ond von durch-
ana guter Beschaffenheit ; Druck anf dieaelbe war gar
nieht empflndlich und lOste keino tetanischen 8t5sse ana.
Die Untersnchnng der in der Schnittwnnde betheiligten
2 Nervenstamme ergab in der Mitte des Vorderarma und
in der Ellenbeuge Schmerzhaftigkeit dea N. medianua bet
Drnck , wahrend Druck auf den N. medianus am Ober-
arm zwar keine Schmerzen , aber Zuckungen im Daumen
analdate. Aebniiche Erscheinungen warden bei Druck
auf den N. radialia beobachtet. Nadelatiche wurden in
der linken Hala- und Nackenaeite atfirker empfunden al8
rechta ; anch die galvaniacbe Senaibiiitat und motoriache
Erregbarkeit war linka erhoht. Von Anfang an zeigte
aieh eine hochgradfge Betheiligung der Schlingmuakulatur
neben tonischer Contraktion der Pectoralea n. der Scaleni,
so das8 Pat. nur mit dem Zwerchfell athmen konnte ;
daneben bedeutende Pulsfrequenz (120) bei nur wenig er-
hohter Korperteraperatur (38.7° C.) Trotz energischer
Medikation (Chloral, Bromkallum, galvanischer Strom)
erlag Pat. am 6. Krankheitatage aaphyktiach in protra-
hirtem Koma.
Bei der Autopsie fand sich im Medianus und
Radi&li8 keine Spur einer Neuritis adscendens , und
N. nimmt deshalb an, dass die wiihi'end des Lebens
an den beiden Nerven beobacbteten Ei'scheinongen
anf eine Erhdhung der Erregbarkeit bezogen wer-
den mflssen , die wohl zweifellos von der Wunde aus
angeregt ist und wohl auch in Beziehung zur Ent-
stehung des Tetanus gebracht werden darf. N. zieht
ana diesem Falle folgende 2 Folgerungen: 1) Man
darf nicht sofort , selbst wenn (wie im vorliegenden
Falle) die atiologischen Verh<nisse eine solche An-
nahme nahe legen, aus einer einfachen Erregbarkeits-
erhdhung eine Neuritis diagnosticiren, falls die eigent-
lichen charakteristischen Erscheinungen derselben
feblen. 2) Beim Tetanus traumaticus kann in den
von der Verwundung betroffenen Nervenstimmen
eine fimktionelle Erhdhung der Erregbarkeit bestehen,
obne dass die anatomischen Zeichen nenritischer und
perineuritiscber Processe sich linden.
N. bespricht nun ansftthrlich die Erscbeinnngen,
welcbe bei Entztlndang 1) eines sensiblen , 2) eines
motorischen und 3) eines gemischten Nerven auf-
treten , and stellt die Resultate dieser Besprechung
in foigenden S&tzen znsammen.
1) Wenn bei zweifellos peripherer Affektion im
Bereiche eines sensiblen oder gemischten Nerven
Zoster and Sensibilitktsstdrungen gleichzeitig auf-
treten , kann man einen entztindlichen Vorgang im
Bereich dieses Nerven annehmen. 2) Bei zweifellos
peripherer Affektion eines sensiblen oder gemischten
Nerven, wenn es sich um die Entscheidung handelt,
ob sogen. reineNeuralgie ohne palpable Veranderung
oder Neuritis (chronica), spricht das Vorhandensein
trophischer Stdrungen an Haaren , N&geln , Hant flir
letztere. 3) VollstAndig intermittirende Schmerzen
sprechen gegen eine Neuritis; continuirliche (auch
mit paroxysmenweisen Exace rbationen) bis zu einem
gewissen Grade und im Zusammenhang mit andern
Eraeheinnngen fllr dieselbe. 4) Bei lftnger be-
stehender Neuritis kann im weitem Verlaufe eine
Periode eintreten, wo die spontanen (ebenso wie die
Dracksohmenen) aufhflren kdnnen, wenn es nimlich
(in Folge der perinenritischen and neuritischen Vor-
gftnge) zu einer totalen Zerstdrung der Nervenfasern
gekommen ist. 5) Entztlndete, sensible oder ge-
mischte Nerven sind gegen einen auf sie ansgeQbten
Druck stets schmerzhaft. 6) Eine frtlhzeitig, schon
nach wenigen Tagen auftretende Anisthesie spricht
im concreten Falle u. im Zusammenhang mit andern
Symptomen fllr Neuritis. 7) Motoriache Parese und
Paralyse kann bei der Entzflndung motorischer und
gemischter Nervenstamme vorkommen, ist aber nicht
ein unbedingt nothwendiges Symptom. 8) Bei
zweifellos peripherer Affektion eines gemischten oder
motorischen Nerven spricht im Zusammenhange mit
darauf deutenden andern Erscheinungen — eine
Mnskelatrophie im Bereiche der erkrankten Nerven
far Neuritis; ilir Fehlen dagegen beweist nichts gegen
eine solche.
Weniger werthvoll fllr die Diagnose einer Neu-
ritis sind eine leichte erythematdse Hautrfithung,
Fiebererecheinungen, sowie eine Steigerung der elek-
triscben Erregbarkeit.
Weiter bespricht dann Vf. die bei Neuritis auf-
tretenden Sekund&rerkrankongen. Gestfltzt auf die
direkten Versuche von FiBcher, Feinberg und
Klemm mflssen wir annelimen, dass die Neuritis
sowohl in absteigender Richtung sich verbreiten und
auf die Muskelsubstanz tlbergehen — wie auch auf-
steigend fortschreiten und den Spinalkanal erreichen
kann; am hAufigsten wird in diesem letztem *Ver-
suche das die Dura-mater nmgebende Bindegewebe
in Mitleidenschaft gezogen (Peripachymeningitis),
doch kann auch das Mark selbst direkt ergriffen
werden, entweder ohne oder mit Betheiligung der
Pia (Myelitis und Myelomeningitis). Schltlsslich
kann sich die Entzflndnng von dem Nervenstamm
einer Seite auf die andere Seite , and zwar auf eine
andere ExtremitAt fortpflanzen , ohne Betheilignng
des R(lckenmark8 and seiner Hftnte (Neuritis sym-
pathies). In alien dieten Fallen werden die Se-
kunddrerb'anhmgen durch das Fortbriechen der
anatomischen Processe selbst bedingt. Doch giebt
ee auch Falle, die man nieht andere deuten kann ,
ale dass die abnormen Erregungszustande in neu-
rotisch erkrankten Nerven bei dazu disponirten
Individuen diese Sekunddrerkrankungen , ohne
grdbere anatomische Ldsionen anzuregen, indu-
ciren. N. theilt einen beztlglichen Fall von Neuritis
adscendens nach Subluxation des Fussgelenks mit,
indem er hervorhebt, dass der direkten traumatischen
und der durch Gelenkentzflndungen veranlassten
Neuritis die Neigung zum Weiterkriechen , zur An-
regung von Seknndftrerkrankungen zukomme.
Nachdem Vf. dann weiter den Fall von D u m 6 r i 1
(an Neuritis chronica im Ischiadicns dexter sich an-
schliessende chronische (entzflndliche) Spinalaffek-
tion), sowie die Friedreich’sche Theorie der pro-
gressiven Mnskelatrophie und die ReflexlAhmungen
and ihre Entstehung durch Neuritis adscendens be-
sprochen hat, stellt er die Vermuthung auf, dass
auch bei der Entstehung der sckundAren (Reflex-)
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ELL Pathologic, Ther&pie a. mediciniache Klinik.
Epilepsia zaweilen eine Neuritis in’s Spiel komjnen
kOnne. Auch fttr die Chorea wird durch die anato-
mischen Untersuchungen von Elischer, welcher
Perineuritis und Neuritis in peripheren Nervenstkm-
men constatirte, und die klinischen von Rosen-
bach (ausgesprochene Schmerzpunkte filr den con-
stanten Strom in bestimmten Nervenbahnen) der Ge-
danke an neuritische Processe nkher gerdckt. Das-
selbe gilt filr die Hysterie und die von Kdppe
beschriebenen reflektirten Psyehosen nach Kopfver-
letzungen. (Seeligm tiller.)
571. Zwei Fftlle von progressiver Muskel-
atropbie ; von Pierretu. Troisier. (Arch, de
Physiol. 2. S6r. II. 2. p. 236. Mars — Avril 1875.)
Fall 1. Ein 27j4hr. Kesselschmied, fruiter stets ge-
sund, hatte zuerst im Sept. 1872 eine Abn&hme seiner
Krafte bemerkt ; es wurde ihm z. B. schwer , mit dem
rechten Arm den Hammer zu heben. Nachdem er noch
einige Wochen fortgearbeitet hatte , mnsste er die Arbeit
eiastellen. Damals, im Dec. 1872, bemerkte er, das* die
Wolbung seines rechten Biceps fast ganz geschwnnden
war. AJlmalig magerte der ganze rechte Arm und spater
anch der linke ab, so da&s Anfang 1873 die Atrophle an
beiden ziemlich gleich stark war. Jetat wurde anch die
Sprache schleppend uad .h4skiread a . Im Man 1873
konnte Pat. den Kopf nicht mekr halten; derselbe del
rechts auf die Brust herunter.
Als er am 9. April 1873 in die Piti6 (V n ip ian) auf-
genommen wurde , war die Abmagernng schon sehr welt
rorgeschritten ; sie nahm das Genick und die hintere
Flich% dee Rumples, die Schnltern u. Anne ein. Letatere
maassen in der Mitte nor 20 Ctmtr. im Umfang ; die
Vorderarme waren wenjger atrophirt, die Hande schienen
as gar ulcht zu sein.
Die betreflfenden Knochenvorspr&nge traten in Folgc
dee Mnskelschwimdes an den genannten Theilen mehr
hervor. Die Hant war schlaff, das Unterhantfettgewebe
goring; die atrophirten Muskeln fuhlten sich weich an.
Passive Bewegungen liessen sich an den Armen ohne
Widerstand ansfuhren ; die willkurlichen Bewegungen des
Vonderarms waren sehr nnvolikommen , die der Finger
normal , bis auf den rechten klcinen Finger , der flektirt
blieb. Die Bewegungen der Schuiter waren rechts fast
aufgeboben, links noch ziemlich gut erhalten. DieSchulter-
blitter konntcn nur schwer geboben, sowie der Mittel-
llnie genahert werden. Der Kopf hatte eine grosse Nei-
gung sich zn beugen , dessen Bewegungen geschahen nor
sehr unvollkommen. Die clektrische Contraktilitat war
in den atrophUchen Muskeln meist vermindert. Ileftigc
Schmerzen bestanden in der Oegend der Gelcnke. Die
nntern Extremltaten zeigten keine Atrophie, aber das
Uehen war weniger sicher. Die Sprache war langsam.
Die durchaus frei beweglicheZungezeigte, ausdemMunde
liervorgestreckt, ein leichtes Zittern. Alles Uebrige, auch
Appetit n. Verdanung, normal. — Ordination: 2Ctgrmm.
Strychn. snlph. in 4 Pillen ; Faradisation der atrophisehen
Mnakeln taglieh 10 — 16 Min. lang.
Nachdem bis zum Oct. die Abmagernng sich auch
anf die Brustmuskeln erstreckt hatte, so dass dasZwerch-
fell dcr einzige Respirationsmuskel noch zu sein schien,
begannen bereits Respirationsstiirungen. Ka trat lelcht
Verschlucken ein. Die Sprachstbrnng nahm zu. Nach-
dem die Atrophle der befallenen Mnakeln noch bedettiead
zugenommen, starb Pat. an enter Broaehitis asphyktisch
am 11. Nov. 1873.
Autoprie 24 Std. nach dem Tode. Todtenstarre nur
an den untern Fxtremltdten ausgesprochen. Am Oehlrn
aUes normal bis anf die NN, acoessorH Willisii , die sehr
atrepkiaoh und weniger weiss als die uormalen Nerven
anssahen; ebeuso waren die NN. hypogiossi sehr atro-
phisch, graulicb und halb durchscheinend. Am Rdcken-
mark fand sich eine mehr ausgesprochene Pigmentirang
auf der Hintertlache des Buibus u. Ruckenmarks bis sum
2. Halsnerven ; nach unten setzte sich dieselbe und rechts
noch bis zum 4. bis 6. Halsnervenpaar nach vorn nnd
hinten fort. Auf einen Querschnitt zwischen dem 3. and
4. Halsnerven zeigte die graue Substanz eine weisse Far-
bung , besonders rechts. Die hintern Wurzeln der Rmls-
nerven waren intakt. Die 8 ersten vordern Wurzeln
rechterseits waren stark atrophirt , von grauliohem Ans-
sehen und halb durchscheinend; die 4 ersten linken Wur-
zeln erschienen gleichfalls sehr atrophisch , aber nicht so
stark wie rechts , die 4 nachsten noch weniger. Die vor-
dern Wurzeln des Rucken- und Lendenmarks zeigten
keine sichtliche Atrophie. Die atrophirten Muskeln waren
meist verfarbt. (Das Einzelne s. im Original.)
Milcroskopische Untersuchung. An den atrophirten
Muskeln (frisch untersucht) war das interstitielle Gewebe
sehr stark cutwickelt und enthielt viele Fcttzellen. Die
Qnerstreifung war sehr deutllch ; es fehlte Jede Spur von
Fettkdrnchen. Die Muskelkeme waren nicht sehr zahl-
reich. In erh&rteten Muskeln fand sich eine einfache
Atrophie der MuskellibrilLen selbst , welche eine mittlere
Breite von 0.009 — 0.010 , resp. nur von 0.004 — 0.006
Mmtr. zeigten. Danebcn Fasem von nortnalcr Breite ;
nirgends leere Sarkolemmaschliuche. — Nervm: in einer
Spinalumrzel fand sich zwar cine Anzahl normaler Nervea-
rdhren ; die grosse Mehrzahl aber zeigte geringere Dicke,
bis zn '/ )0 der normalen , enthielt aber noch Myelin , wel-
ches nicht kOrnig war. Eine Wurzel des rechten Hypo-
glossus zeigte sich zum grSssern Thcil ans breiten Nerven-
rohren zusammengesetzt , die Myelin enthielten ; nur ein
kleiner Theil von Ncrvenrohren war schmaler ala normal.
— Sympaibicus : die Faseru des Gren/.strangs erschienen
normal; die Ganglien zeigten makroskopisch nichts Ab-
norraee. — Rtic Denmark (nach Erhartung in ChromsSn re) :
a) bet tchwacber Vergrbsserung. In den nicht verklei-
nerten Vordcrhornern waren die GangUenzellen Cast
Bammtlich geschwnnden , am wenigsten nach aussen , dem
Tractus intermedio-lateralis entsprechend; b) bei elnpr
Vergrdsserung von 260 sah man ziemlich ovale, aber sehr
kleine geschrumpfte GangUenzellen (die kleinaten von
0.009- 0.010 Mmtr.) mit entsprechend verknrzten Fort-
satzen. Ineinigen fund sichauffalligePigmcntablagerung ;
der Kern fehlte in keiner. Dicsc Veranderungen waren
mehr oder weniger ausgesprochen im gxnxen Hals mark.
Im Uchrigen waren die Vorderhomer normal; die Hinter-
h5rncr aber durchaus, ebenso wie die Ilinter- undVorder-
seitenstrange. An den pigmentirten Stellen fand sich in
der Pia-mater das Pigment theils in spindelfirmigen Zel-
len, theils als freie Komer abgelagert. Die QnngUen-
zeUen des Accessorius- und Ilypogiossus-Kerns schienen
normal zn sein. Ini Brustmark fanden sich etwa bis
znra 7. Brnstnervenpaar noch atrophische GangUenzellen,
ebenso in der Lendenanschwelinng. Die Clark’schen
Saulen waren in ihrer ganzen Lange intakt.
Fall 2. C., 8pitzenarbeiterin, 66 J. alt, Iltt ah Kind
an scrofulosen Drusenanschwellungen n. katten Abseeanen.
ltn Alter von 11 J. war sie an Variola und Erysipel er-
krankt mit langsainer Reconvalesccnz. Dio im Alter von
14 — 16 J. ohne Beschwerde eingetretene Menstruation
war lange Zeit von MigrSne und Hyperilsthesie des Ge-
siehts begleitet. Nachdem Pat. schon im Alter von 14 J.
die ersten Audeutungen von Muskelschwache gehabt hatte,
traten 6 J. spater ira rechten Arm und Bein Ameisen-
krlechen , spasmodlschc Contraktioucn , Einpflndlichkeit
gegen KJlte , Macerirung der Haut und lelchte SensiblH-
tatssturungen ein; daneben aUgeraeine Schwnehe, die
cbenfalls besonders in dcr rechten KGrperhalfte aaagt-
sprochen war. Jodkaliuui gegen etwaige Syphilis and
F'aradlsation blieben erfolglos. Am 18. Febr. 1860 war
Pat. frfther schon einmal , nachdem trie sett 2 J. Ihre
Handarbeit hatte anfgehen mttasen, in die Salpetrttre
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IU. Pathologic, Therapie a. medjcmisohe Kliwik.
einffetreten, we sie vide Jahre geblieben wv, ohne
dass sich der Zustand wesentlich verechlimmert hatte.
Schlfisslich kam ale am 22. Jan. 1874 hi die Inflrmerle
(Charcot), nachdem in den letzten Mon. die SchwSche
so zugenommen hatte, daaa sie nnr noch aehr wenig ans-
giebige Bewegungen machen konnte. Beide Arme waren
jetzt gleichmassig stark abgemagert nnd vollig funktions-
nnf&hig, in geringerem Grade auch die Belne nnd der
Ranpf. Pat. konnte nicht stehen; die Stimme war
aehwach, aber wobl artiknlirt, das Schlucken moglich.
Pat. starb am 18. Febr. an Dyspnoe , nachdem sich Ca-
vemen nnd mnltlple Verdichtnngen in den Lungen nnd
merklicher Stillstand des Zwerchfells hatten nachweisen
Lassen.
Auiopme: Die Muskeln der untern Extremitaten eeig-
ten eine rothere Farbnng als die der obern , welche mehr
blasagelb und leicht zerreisslicb , an den Handen fast ganz
geschwnnden waren. Der M. crico-aryth. post, erechien
sehr gelb. Das Zwerchfeli , blassgelbllch und sehr dflnn,
zeigte nnter dem Mikroskop sehr verschmalerte Mnskel-
faaera ; in den andern Muskein bestand einfacbe Atrophie
nnd ein geringer Grad von Myositis mit Wnchernng des
Kerns des Sarkolemm. Die peripheren Nerven, imfrischen
Znstand nntersncht , waren normal , ebenso der Sympa-
thjcuB mit selnen Ganglien. An friscben Zerznpfnngs-
praparaten der grauen Substanz zeigten sich einige Gan-
lienzellen ganz gesund , andere erfullt mit einera gran-
llcben Pigment, das sich mit Osmiumsaure schwarz farbte.
Die Fortsfitze dieser Zellen waren dflnn nnd leicht aer-
breehlich , Kern nnd Kernkhrperchen gesohrumpft. Die
andern Wnrzeln enthielten viele , sehr geschrumpfte
Nervenrohren nnd auch einige Schwann’sche Schciden mit
FettkOrnern gefftilt. Die Untersnchnng des in Chrom-
sftnre erharteten Ruckenmarks zeigte dieselben Verande-
raagen noch dentlicher. Die Pigmentdegeneration der
Ganglienzellen war starker in der rechten JIalfte des
Halsmarks; die Atrophie des rechten Vorderhorns war
am ganzen Halsmark ansgesprochen , am meisten in der
HShe des 4. Halsnervenpaares. Ilier fanden sich die
Spnren eines abgelanfenen Entxundnngs processes in der
grauen Substanz, welche keine Nervenzellen mehr ent-
hielt. In dem Brustmarke waren die Zellen der Vorder-
hSrner klein und sehr selten ; in der Lendengegend zeigten
sie nnr eine leichte Pigmentirung. Die CLark’schen Sinlen
schiecen normal zn sein. Die Nervenkerne des Bnlbns
zeigten nichts Besonderea.
Die anatomischen Ergebnisse haben in beiden
Fallen viel Analogea; nur dass im 1. die Pigment-
degeneration der Zellen der Vorderhdraer fehlt, die
wir im 2. ansgesprochen linden. Doch ist der letz-
tem keine grosse Bedeutung beizumessen , weil Vf.
dieselbe eben so deutlich bei alten Frauen, die j&hre-
lang das Bett gehtltet, ohne auffkllige Muskelatrophie
gefnnden hat. Wahrscheinlich darf man jene Pig-
mentirung nur als eine Alterserscheinung auffassen,
welche eben nur eine unvollkommene Ern&hrung der
Nervenelemeute anzeigt, welche die Folge eines ent-
zllndlichen Processes sein kann oder auch nicht
(Seeligmtlller.)
572. Beitrftge sur Aetlologie und Therapie
des Rheumatismus ; von Dr. Franz Heller in
Wiert. (Wien. med. Presse XVI. 47. 1875.)
H. glaubt annehmen zu mllsaen, dass die Dispo-
sition xum Rheuma hauptsAchlich in einer durch
mange lhafte Ernklirung und Blutbildung erzeugten
krankhaft alterirten Innervation zn sucben sei. Diese
Alteration der Nerven thfitigkeit werde durch anhal-
Med. Jakrbb. Bd. 172. Hft 2.
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tende S Wrung der Verdauung and Assimilation be-
gtlnstigt and komme entweder durch direkte Rei-
zung der peripheren Nerven , z. B. durch Zugluft,
oder als Reflex der Reizung der Nervencentren zur
Erscheinung. Wiederherstelluhg normaler Verdauung
und Beschwichtigung der gesteigerten Erregung des
Nervensystems sind demnach die Heilaufgaben. Fttr
letztern Zweck fand H. im Aelzammonialc einMittel,
„das sich geradezu ala Specifikum bewkhrt hat , in-
dent es stets sicher und Uberraschend schnell den
rheumatischen Schmerz hebt.“ Als er vor mehrern
Jahren an heftigem Muskelrheumatismus der rechten
Schulter litt, bei gleichzeitigen , linger andauernden
Verdauungsstdrungen , versuchte er Aetzammoniak,
von dem er eine gtlnstige Wirkung auf die nach
Analogic der Gicht auch bei Rheumatismus von ih«
supponirte , harnsaure Dia these , sowie gegen die
Magenheschwerden erwartete. Er war era taunt,
nachdem er einen Tropfen des Aetzammoniaks mit
etwas Wasser zu sich genommen hatte, sofort ana-
gedehnte Bewegungen mit dem kranken Arme vor-
nehmen zu kdnnen, der 10 Std. lang der Sitz hefti-
ger Schmerzen gewesen war und nicht die geringste
Bewegung zugelassen hatte. Das Mittel bewihrte
sich denn auch in alien Fallen frischer rheumatischer
Muskelerkrankung als ein sicheres Heilmittel. Es be-
seitigte die rheumatischen Schmerzen augenblicklich ;
nurwenn das Leiden bereitsemigeZeitgedauert hatte,
waren 1 — 2 Tage zur Heilung ndthig.
8 piter fand H. das Mittel auch bei leichte rn
Fallen von akuteui Gelenkrheumatismus und sogar
bei einem Falle von chronischem Rheumatismus des
Fingergelenks sehr wirksam. In letzterem Falle
gelang es ihm , durch blose Anwendung des Aetz-
ammoniaks , binnen 2 Tagen die Schwellung und
Schmerzhaftigkeit des Fingergelenks vollkommen zu
beseitigen sowie die Beweglichkeit des vorher stei-
fen Qelenkes vollkommen wieder herzustellen.
Nur wenn der Gelenkrheumatismus mit heftigem
Fieber verbunden ist, bleibt das Aetzammoniak wir-
kungslos, zeigt aber nach Beseitigung desselben wie-
der seine Wirksamkeit.
Die Heilerfolge H.’s fordern jedenfalls zur Prfl-
fung des Mittels auf. (Zinkeisen.)
573. Ueber Myitis chronioa ( rheumatica ),
deren Diagnose und Behandlung ; von Dr. Uno
Helleday in Stockholm. (Nord. med. ark. VHL
2. Nr. 8. 1876.)
Die nicht auf traumatischer Ursache beruhenden
idiopathischen Muskelleiden zeigen trotz der Ver-
schiedenheit der Symptome, unter denen sie auf-
treten , im Wesentlichen doch so grosse Ueberein-
sttmmung, dass man ftlr sie eine gemeinsarae patho-
logisch-anatomische Grundlage, und zwar die des so-
genannten Muskelrheumatismus , annehmen muss.
Ueber das Wesen dieses den Entzflndungen zuzu-
z&hlenden Krankheitsproceasea ist indessen nur wenig
bekannt. Nur in veralteten Fallen hat man eine
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HI. Pathologie, Therapie n. medicinische Klirrik.
vom Perimysium internum und von den grflbem
Bindegewebslagen ausgehende Nenbiidung von sklero-
sirtem Bindegewebe mit sekundarer Atrophie der
Muskelfasem nachgewiesen ; bei frischen Fallen Bind
die anatom ischen Veranderungen nicht nachweisbar
oud man hat meist als Grand des Leidens Cirkula-
tkmsstflrungen oder serctse Exsndate betrachtet.
Unter den Symptomen ist das hervorstechendste
der Schtnerz , doch ist dieses subjektive Symptom
viel zu unzuverl&ssig, urn darauf allein eine Diagnose
e u grflnden. Nicht bios die Art und Beschaffenheit
des Schmerzes kann ausserordentlich verschieden
sein, anch sein Sitz ist sehr wechselnd und oft durch-
aus nicht flbereinstimmend mit dem wirklichen Sitze
des Leideng. GewOhnlich nimmt man als char&kte-
ristlsch ftir den Schmerz bei Rheumatismus dessen
reissende , fliegende, vage Beschaffenheit an , doch
kann diess schon deshalb nicht richtig sein, weil
diese Art von Schmerz niu- in den verh<nissmissig
weniger h&uhgen Fallen vorkommt', wo multiple
Myiten fiber verschiedene KfSrpertheile vertheilt sind.
Der Schmerz in den erkrankten Theilen kann auch
zeitweilig ganz fehlen, wie diess sich bei solchen
Rhenmatikern nachweisen I asst, die nur zu gewissen
Zeiten an ihren Schmerzen leiden; in den freien
Intervallen lasst sich durch die Untersnchung nach-
weisen, dass die Erkrankung der betreffendenTheile
trot* der zur Zeit bestehenden Schmei-zlosigkeit doch
unverandert fortbesteht. Auch bei akuten Leiden
kann der Schmerz anderen Symptomen gegentlber
in den Hintergrand treten und er kann sogar voll-
kommen fehlen bei der Entwicklung des Leidens.
Der Sitz des Schmerzes braucht ferner nicht immer
mit dem Sitze des Leidens flbereinzustimmen ; die
geschwollenen Theile der erkrankten Muskeln kfln-
nen auf benachbarte Nerven einen Druck ausflben
und der Schmerz wird dann an einem mehr oder
minder peripherisch von dem erkrankten Theile ge-
legenen Punkte gefhhlt.
Anch die Funktionssidrung giebt nicht immer
einen sichern Anhaltepnnkt fflr die Diagnose ; nicht
immer ist sie zweifellos als in einer Erkrankung des
Muakels selbst begrflndet zu erkennen. Ebenso ver-
halt es sich mit der Empfiudlichkeit der erkrankten
Mnskeln gegen Brack , sie kann ebensowohl durch
andere Krankheiten bedingt sein , als auch bei der
Myitis , selbst in alteren , weiter fortgeschrittenen
Fallen, fehlen.
Die Anschwellung der erkrankten Muskeltheile
ist nicht immer deutlich nachweisbar. Mittels der
Palpation kann man sich indessen in den meisten
FiUien (lberzeugen , dass eine Verflnderung in dem
erkrankten Moskel besteht , die jedoch weniger das
Yolnmen als die Consistenz betrifft. In denjenigen
Fallen, wo der Muskel einer derartigen Untersnchung
nicht znganglioh ist, hat dieses Zeichen natttrlich gar
keineu Werth , auch dann , wenn die zugfingliche
Flache des Mnskels von einer Fascie oder einer
breiten Sehne flberdeckt wird, bieten sich Schwierig-
keiten , doch wird es in den meisten Fallen mOglich
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sein , mittels der Palpation sich von der Beschaflfen-
heit der Muskeln zu (lberzeugen. Die Consistent des
Muskels bei rheumatischer Myitis ist oft die eines in
Contraktion befindlichen Mnskels , wobei die einzel-
nen Muskeltheile compakter , fester und hfirter er-
scheinen konnen ; doch ist diess nicht immer der
Fall, die Consistenz kann anch normal eracheanen
und, namentlich in alteren Fallen, sogar weieher als
in der Norm , stets aber ist die Elasticity vermin-
dert.
[Mosengeil (Arch. f. klin. Chir. XIX. 4.
p. 574. 1876) besehreibt das Verhalten derMnskel-
consistenz bei chronischer Myitis folgendermaassen.
Es ist weder die halbfiUssige Bescliaffenheit des nicht
contrahirten, noch die feste elastische Hkrte des oon-
trahirten Muskels zu ftihlen ; eine gewisse Harte und
Resistenz zeigt sich, aber ohne rechte Elasticitat.
Beim Zusanlmenpressen mit den ganzen lliinden,
wobei man sonst reflektorischea Zusammenziehen und
Hartwerden der Muskeln erwartet , zeigt sich dieses
nicht in gehflriger Weise oder bleibt auch ganz aus ;
meist tritt ein Zustand ein, den M. am beaten noch
mit gailertigem Steifwerden bezeichnen zn kflnnen
glaubt. Bei langerem Bestehen solcher Mnskel-
erkrankung verlieren sich die markii-enden Grenzen ;
es tritt ein verschwommenesBild weichlicherFormen
ein, ohne die schbne Rundnng der durch Fettmaasen
gemilderten Scharfe gesunder Contonren. Hant nnd
Unterhautzellgewebe scheinen beim Betasten schlaff
oder odematbs, das letztere geschwollen, gleichfalls
weniger elastisch.]
Selten ist der Muskel in seiner ganzen Ausdeh-
nung angegriffen, haufiger als der eigentliche Muskel-
bauch ist es eines der Enden, am hlufigsten die Ur-
sprungsstelle , bei breiten Muskeln sind oft kranke
Theile durch gesnnde getrennt, manchmal ftlhlt man
einen Muskel von knolligen Verdicknngen durchsetzt,
und oft ist eine kleine indnrirte Muskelpartie , mit-
unter langs des Verlaufs eines Nerven oder in der
Nacbbar8chaft eines Nervenplexus , der Ansgangs-
punkt peripheriBcher Schmerzen und es bedarf dann
oft einer sehr genauen Untersuchnng nnd wieder-
holter Palpationen, um diess herauszufinden. 8olche
erkrankte Partien sind zwar gewiss haufig der Sitz
von Empfindlickkeit gegen Druck, aber nicht immer,
selbst bei lange bestehender Myitis.
Affektion der Sehnen , der Fascien oder des Pe-
riost hat Yf. nie mit Sicherheit nachzuweisen ver-
mocht, obwohl es nach der Beschreibung der Kr.
manchmal scheinen kOnnte , als ob der Schmerz in
denselben seinen Sitz hatte.
Bei der Behandlung kommt es darauf an , die
Resorption von Exsudaten zu befbrdem , die durch
Druck die Cirkulation hemmen, die funktionelle Tha-
tigkeit hindern und einen Reizznstand der sensitiven
Nerven bedingen. Diese Indikationen erftlllt am
sichersten die Massage, die direkt auf die erkrankte
Stelle wirkt. Sie wird angewendet in Form von
Walken, Kneten, Drnck, Klopfen nnd Streichen in
der Richtung des venOsen Biutstromes. Bei fhscher
•
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
131
ILL Pathologic, Tfcerapie u. raedicimache Klimk.
Myitis iat ifare Wirkung auf&llig, bei llteren Leiden
warden wenigstens die Schmerzen bald beseitigt,
wejm auch bis zur vollst&ndigen Heilung Wocben
und selbst Monate vergeben kdnnen ; die Behandlong
muss fortge&etzt werden, bis aide ftthlbaren Verknde-
rungen im Muskel verschwunden sind und dieser sich
ganz normal anftlblt. Indessen giebt es doch Fftlle,
in denen die Anwendung der Massage mit viel Millie
und Aufwand von Zeit verknUpft ist und deshalb
leicbt nicht ausfilbrbar erscheinen kanu ; essinddiess
diejenigen Fftlle, in denen sehr ausgedehnte Muskel-
partien ergriffen und in bedeutendem Grade infiltrirt
sind und die Patienten in Folge dessen nicht im
Stande sind , durch fleissige Bewegung die Behand-
lung zu untersttitzen. In diesen Fallen kann eine
aadere der gebrkucblichen Bebandlungsmethoden
subetituirt werden , aber sie muss immer so lange
fortgesetzt werden, bis sich auch durch die Palpation
nichts Krankliaftes am Muskel mehr nachweisen
I Asst. Dass dann , wenn der Kranklieitsprocess so
wert fortgeschritten iat, dass es zu Neubildung von
Bindegewebe und Atrophie der Muskelfasern gekom-
men ist, eine eigentliche Htllfe von der Massage nicht
mehr zu erwarten ist , ist selbstversUlndlich , doch
kann eine Lindernng der Krankheitserscheinungen
selbst in solchen Fallen noch erzielt, unter Umstanden
vielleicht auch sogar der Kranklieitsprocess zum
StUlstand gebracht werden. [Mosengeil (a. a. 0.
p. 675) empfiehlt in solchen Fallen die Massage
durch gleichzeitige Anwendung der Elektricitat zu
unterstiitzen. Die Wahl der elektrischen Behand-
lung muss durch Probiren gefunden werden. Im
Allgemeinen wandte M. beide Methoden an und
suchte meist durch den constanten Strom nach der
polaren Methode die Erregbarkeit der Nerven zu er-
bhhen , durch Stromeswendungen oder Faradisation
die Nerven und spftter die Muskeln zu reizen. Wenn
Oberhaupt erst Wirkungen durch den galvanischen
Strom erzielt sind , so ist im Allgemeinen die Pro-
gnose gut.]
Acht Krankheitsftlle, die der Vf. anfbhrt, zeigen
hauptsftchlich die erwahnten diagnostischen Schwie-
rigkeiten und die sichere Wirkung der Massage.
1) Kin 32 J. alter Mann litt seit 4 Mon. an Schmer-
ann im rechten Heine , die das Geben im hochsten Grade
beschwerlich machten. Beim Aufstehen am Morgen oder
beim Krheben nach langerem Sitzen trat das Gefuhl von
Bteifheit n. Schmerz in der Hiifte auf and sehon nach eini-
gen Schritten so heftiger Schmerz im Knochel and lings
der iussern 8eite des Unterschenkels , dase[ der Kranke
seit 2 Mon. fast gar nicht zu gehen vermochte. Fett-
poister und ungewdhnliohe Festigkeit der Muskulatur er-
schwerten die Unterouchung der einzelnen Muskeln sehr.
Am IMerschenkel konnte nichts Abnormes naohgewieaen
werden, an der Hiifte erschienen der GlutaeuB medins u.
der Tensor faeiae latae rigid und schmerzhaft bei Ver-
sehiebung und Drunk. Beim Massiren der erkrankten
Mnskek traten die Schmerzen im Unterwhenkel und im
Knochel auf und, obwohl nur an derHufte massirt wnrde,
warden diese Schmerzen, sowie die an derHufte rolls tan-
dig beseitigt.
2) Der 68jihr. Kr. litt seit einerKrkaltung vor 16 J.
an Kopfechmera mit Uitze and Druck am Hintarhaupt.
Dar Schmcrz trpt anfallaweise ein Oder mehrere Male t5g-
Uch auf, mit wechselnder Starke und mltunter so heftig,
daaa der Kr. im Bett bUeb und den Kopf nicht aufheben
zu k Armen vermeinte. Der Schmerz schien dem Kr. von
Nacken auszugehen , wo er am intensivsten war ; von da
aus strahlte er bis zum Scheitel aus. Bisweilen , obwohl
selten , war nur eine Seite alleiu oder bauptaacblich vom
Schmerze befallen , meist aber der ganze Hinterkopf.
Die von dem Kr. als hauptsachlicher Sitz des Sohmersee
beseichneten Tbeile entspracheu ungefahr den Verzwei-
gungen des N. occipitalis major und alsUrsache derselben
wurde eine bedeutende Induration und Verdickung an-
genommen , welche sich bei der Untersuohung im Hals-
theile des Auricularis und in den Splen. capitis fand ;
ausserdem waren aber auch der Splen. colli and die Sea-
leni in gleicher Weise erkrankt. ' Durch Massirung der
betreffenden Muskeln wurde zunaebst Linderung und
bald vollstandige Beseitigung der Schmerzen erzielt.
8) Die 26JShr., nnverhelrathete, in der Jngend chlo-
rotische Kr. litt seKdem an Schwiche nnd 8chmerzen Im
Rtcken ; letztere batten ihren eigentlichen 8itz am obern
Theile des Riiokens, erstreckten sich aber auch bis in die
Lendengegend. Der Schmerz war best&ndig vorhanden
und Hess nie nach, steigerte sich aber nach verschledenen
Veranlassnngen, am schlimmsten war er inderNacbt oder
Qberhanpt beim Liegen. Beide Cucnllares zeigten in Ihrer
ganzen Aosdehnnng eine eigenthiimliehe Beschaffenhett.
Bei oberflachlicher Palpation konnte ausser einiger Km-
ptindiichkeit koine Ver&nderung nachgewiesen werden,
aber bei tieferem Drncke nnd Verschiebnng der Muskel-
fmsctkel f&hlte man eine Menge gleich gross e, runde harte
Stellen von der Gr5sse der Spitze eines kleinen Fingers,
die unnachgtebig nnd beeonders schmerz ha ft waren. Es
schien, als ob der Muskel in seiner ganzen Dlcke von sol-
chen Knoten dnrchsetzt sei , die dnrch ganz normale
Muskelthetle von einander getrennt waren. Den Schmerz
bei der Unterzuchnng und Massirnng verglioh die Kr. da-
mit, alB ob der RQcken mit Erbsen bestreot wgre , die in
das Fleisch eingedrflekt wtirden. Durch Massage wurde
Heilung erzielt.
4) Die 21 J. site Kr. litt seit langer als 1 J. an hef-
tigem Schmerz in der geschwollenen und iusserat em-
pflndlichen rechten Hiifte nnd im Knie nnd UnvermSgen,
das Bein (das urn 3" verlangert gewesen sein sollte) zu
bewegen und sich anf dasseibe zu stutzen ; sie konnte nur
mit Hulfe von Krflcken gehen. Am Tage waren die
Schmerzen geringcr, aber sehr heftig beim Liegen auf der
rechten Seite nnd auf dem Rucken , sie strahlten auch
nach dem Rucken aus. Flexion und Abdnktion des Ober-
schenkels erregtc Schmerz in der Hufte , passiv konnte
Bengung bis zu einem spitzen Winkel ohne Schmerz nnd
ohne die geringBte Rigiditat im Gelenkapparate ansgefHhrt
werden, wenn diess langsam geschah, bei rascher Beugnng
aber trat krampfhafte Contraktion in den HGftmuskeln u.
bedentender Schmerz anf. Sitzen war beschwerlich und
nur knrze Zeit anszuhalten. Bengung des KArpers nach
vorn, Anfrichten ans gehuckter Stellnng nnd Drehnng dea
Rnmpfes erregten bedeutenden Schmerz im Rucken. Ein
messharer Unterechied in der Lange des Being war nicht
nachzuweisen. Die Hufte war so schmerzhaft , dass erst
nach einigen Tagen, als die Empflndlichkeit unter Anwen-
dung der Massage einigermaassen beseitigt war , eine ge-
naue Untereuchung vorgenommen werden konnte. Alle
der Palpation zuganglichen Muskeln an der kranken 8eite
erwiesen sich anfgetrieben nnd indurirt, am Schenkel
zeigte sich eine geringere Veriinderung der Flexoren und
auch am linken Hiiftgelenk zeigten sich einlge Muskeln
harter anzufuhlen als im normaien Zustande. Durch die
Massage wurde die Empflndlichkeit rasch beseitigt , bis
zur volist&ndigen Herstellnng vergingen aber 2'/» Monate
bei tagiicher Behandlnng.
6) Die 19 J. alte Kr. hatte vor 1*/* J. nach einem
Seebade Sehmerz bn linken ETIenbogen bemerkt, der
nach etwa 1 Woche wieder verging. Spiter Wat raoeh
zunehmende Schwache in der linken Hand auf u. Schmerz
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Original froim
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132
IQ. Psthologie, Therapie u, tnedieinische Klinik.
in Handgelenk, ira Daumen and in den 3 letzten Fingern
beim Arbeiten. Seit den letzten Monaten war der Sehmerz
anoh spontan aufgetreten and kehrte tfigllch wieder. Bei
der Untersnchang fand sich weder an dem Handgelenke,
noch an den Fingern etwas Abnormes , aber am Vorder-
ann zeigten sich die sammtlichen betreffenden Muskein
mebr oder weniger verandert in ihrer Consistenz und f&r
das Geftihl, am meisten die am Ulnarrand gelegenen and
der obere Theil dee Supinator longue. Behandlnng der
erkrankten Muskein ffihrte znr Heiiung , wahrend Maeei-
nmg dee Handgelenke, die fruher angewendet worden
war, gar nlchts genutzt hatte.
6) Die Kr. litt Beit Jahren an multipler Myitis an ver-
echledenen Kftrpertheilen ; seit 1 /, J. hatte sie zunehmende
Bchwiche im llnken Anne bemerkt , epater kamen dazu
noch heftige Schmerzen im 4. und 5. Finger. Bei der
Unterenchung fanden eich die Mnekein am Vorderarme um
das Braohio-Ulnargelenk und dicht unterhalb desseiben
fester, weniger verechiebbar, weniger elastisch und em-
pfindlicher ale im normalen Zuetande , am Oberarme der
innere Kopf dee Triceps brachii empflndlich gegen Druck,
welch , fast teigig und elastisch. Die Massage beseitigte
die angefQhrten Beechwerden, aber erst nach 40 Sitzungen.
7) Ein 26jahr. Mann klagte seit einigerZeit fiber Be-
schwerde beim Gehen mlt Hinken und Meigung sum
Schleppen. Er hatte vor einiger Zeit an Ischias (jeden-
falls durch Myitis der Flexoren des Unterschenkets be-
dingt, wovon noch Spuren vorhanden waren) gelitten.
Das rechte Bein wurde beim Ausschreiten nicht gerade
nach rom gesetzt, sondern in einemBogen nach aus warts
mit nach oben gerichteter Fussspitze nach vorn ge-
schwungen, wobei gleichzeltig cine Beugung beider Kniee
ausgeffihrt wurde. Bei der Untersucbung fand sich ein
Theil der Wadenmnskulatur (etwa das innere Drittel ihrer
Breite) uneben , feet und unnachgiebig , jedoch mit nnr
wenig vermehrter Empflndlichkeit. Dorsal- und Plantar-
flexion konnte mlt dem rechten Fusse ausgeffihrt werden,
letatere aber nicht, wenn eingeringer Wideratanddagegen
vorhanden war, auf den Zehen konnte Pat. mit dem rech-
ten Fusse nicht steben. Da weiter nichts Abnormes ent-
deckt werden konnte, nahm H. an, dass die partielle
Myitis die U reach e des Hinkens sei. Durch Massage
wnrde vollstandige Heiiung erzielt.
8) Ein Knabe von 6 J. hatte seit 2 Monaten fiber
Sehmerz in der Hufte und im Knie der rechten Selte ge-
klagt, namentlich echmerzhaft war die Gegcnd am Huft-
gelenk und die Inguinalgegend , der Gang war hinkend
ge worden uud man befurchtete eine Coxitie und dachte
schon an permanente Extension. . Hfift- and Kniegelenk
waren vollkommen unbeweglich , der Giutaeue rnediua,
namentlich nach dem Trochanter major zu, der Quadratus
femoris, der Sartorius, sowie die Flexoren waren ge-
echwollen, nicht besondere hart inflltrirt, aber doch weni-
ger elastisch ; bedeutende Empflndlichkeit zeigte nur der
Giutaeue medius und der obere Theil dee Sartorius. Beim
Gehen federte das kranke Bein in dem Augenblicke , wo
die Korperlast auf dasselbe gestfitzt wurde , mit einem
Buck nach hinten zum Maximum der Extension , anstatt
gradweise zur Streckung Qberzugehen , als ob die betref-
fenden Muskein den Kfirper nicht gehorig im Gleichge-
wicht zu halten verraochten auf dem unvollstandig ge-
streckten Bein und dieseB deahalb die Stellung annehmc,
in der der Hemmungsapparat des Kniegelenks zur Wir-
kung kam. Mittels Massage wurde Heiiung erzielt.
Die angefllhrten Krankengeschichten sollen bios
den Nutzen andeuten, den eine genaue Unterenchung
der Muskulatur in Fallen bietet, welche unter andern
Erechein ungen als denen des gewdhnlichen Muskel-
rheamatismas auftreten. (Walter Berger.)
574. Die Bheumatoiderkrankungen der
Bronohiektatikert von Prof. G. Gerhard t.
(Deutsch. Arch. f. klin. Med. XV. 1. p. 1. 1874.)
Zur nfthem Kenntniss der Natur des aknten
Gelenkrfaeumatismits vereprechen Betraebtnngen der
Krankheiten beizutragen, die sich auf demBodenvon
und im Anschluss an andere Krankheiten als mul-
tiple Gelenkentztlndungen entwickeln und ffthig Bind,
Herzerkrankungen hervorzurufen. 8o treten als Vor-
lAufer rheumatoide Formen bei Bronzekrankheit anf
und bei Biutem in der Jugend , als Nachkrankheiten
bei Scharlach , Diphtheritis , Dysenterie , als gleieh-
zeitige Affektion manchmal bei Pyftmie, Puerperal-
fieber u. Gonorrhfle. Wiewohl selten ist das Rheuma-
toid doch sicher ftliig, KlappenentzUndungen zu ver-
ursachen. Ein ahnliches Rheumatoid findet sich bei
Bronchiektatikern mit Stagnation des eitrigen Sekrets.
Der 46jahr. Dienetknecht H. Iitt seit lingerer Zeit
an Husten ; in Folge wiederholter Erkfiltnngen wurde der
Hasten hanflger, es stellte sich reichllcher schleimiger
Auswurf ein , doch ohne Brustschmerz and Athernnoth.
In der Nacht zum 22. Juli 1873 hatte er wiederholt Frost,
war frfih sehr matt und entleerte , nachdem er 3 Std. ge-
arbeitet hatte , durch Husten etwa »/* Liter BLut. Von
da ab hatte er Athernnoth , Sehmerz in der llnken Seite,
starken Hasten, Nacbtschweisse, war appetit- und schlaf-
los. Bei dem Eintritt in das Spital (27. Juli) ergab die
Untereuchnng : anffallig hlaurothi' Gesichtsfarbe , erwei-
terte Venen, enorme Kurzathmigkeit, hiuflgen Hasten
u. mattes schlafrigeB Wesen. Thorax ziemlich voluminbs,
regelmassig, Respiration, namentlich Exspiration, sehr
angestrengt ; Spitzenstoss im 3. Intercostalraum ; Herz-
dampfung normal, T5ne etwas schwach. Ueber dem lin-
ken obem Lappen hinten nnd vom m&sslge Dampfnng,
sonst fiber den Lnngen voller Schall. Die Ausknltation
ergab fiberall neben Vesikularathmen Rasselgeranache,
fiber dem linken Oberlappen reichlicher n. grossblaslger,
neben scharfen Vesikularathmen. Der Kr. hnstete fort-
wihrend , so dass er nicht schlafen konnte , and entleerte
reichliche schlelmig-eitrige Sputa, einzelne blutig, von
etwas fiblem Geruch. Wahrend der ersten 4 Wochen war
die Temperatur betrachtlich erhoht und hatte unregel-
massige Remissionen, Morgens nie nnter 38° C., Abends
39° C. and darfiber, sogar fiber 40° C. Innerlich warden
Salmi ak , Grifflth’sche Mixtur und Inhalationen von Ter-
pentin, Benzin und Fichtennadelol angewendet, aber ohne
jeden Erfolg. Am 21. Aug. wurde zum ersten Male die
methodische exapiratorisehe Compression des Thorax vor-
genommen und von da an taglich 2mal wiederholt. Sofbrt
traten morgendliche Intermissionen ein und nach 3 T.
war der Kr. entfiebert und konnte bald das Bett ver-
lassen, Appetit und Sehlaf wurden normal, das Korper-
gewicht grosser , Hustenreiz , Cyanose , Athernnoth nnd
Auswurf nahmen ab , doch blieb letzterer ziemlich reich-
lich. Wahrend 3’/, Mon. hatte Pat. nur noch 6 geringe
abendliche Temperatureteigerungen. Anfangs Hess Pat.
nnr nngern die Thoraxcompression vomebmen, s pater,
als er den guten Erfolg sah, gem. Am 11. Dee. ver-
Pat. das Hospital.
Am 9. Jan. 1874 wurde Pat. wieder in das Spital
gebracht mit lantern Rasseln anf der Brut , hoehgradiger
Athernnoth nnd Cyanose , fast nnverstandlJcher Spraohe,
starkem FiebeT, Elweiu im Urin. Vor 14 T. war er
nnter Frost, Diarrhoe und blutigem Answurf kranker ge-
worden. Du linke Handgelenk war gesehwollen, ge
rSthet and bei Berfihrung und Bewegung ansserst sehmerz -
haft. Ungeaohtet angewandter Relzmittel and Expektd-
rantien erfolgte nach 3 T. der Tod. Die Sektion koante
nicht gemacht werden.
Der Fabrlkarbeiter K., 36 J. alt, von kriftigein
Korperbau, hatte nach den Maseru, die er im 16. J.
hatte , Hasten zarfickbehalten , der 6ftere mit Brust-
schmerz , Athernnoth nnd Fieber exaoerbirte. Als Soldat
bekam er (1866) beim Ersteigen eine* Beiges Himoptfie,
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133
Id. Pathologie, TTierapie n. medlcinische Klinik.
die sich spSter wlederholte. Elne Erkaltung Im Feldzuge
xog ihm elne 6w6chentllche fleberlose recbtseitige Knie-
gelenkerkrankung zu, die elnige 8chmerzhaftigkeit hlnter-
lie8s. Die jetzigc Erkranknng begann am 15. April 1874
mlt Hustenrelz, Engbrustigkeit und erschwertem Aus-
husten. Am 17. traten Sehmerzen und Schwellung der
Fusagelenke eln. Bel der Aufnahme fand man fiber der
Druet Rasseln , fiber dera linken Unterlappen starke
DSmpfnng, Bronchialathnien und grossblasige und kiln-
gende RasselgerSusche. HerzdJmpfung klein, Spitzen-
stoss schwach, T5ne verdeckt, CarotidentCne rein. Der
Aoswurf, reichlich/ zosammenfliessend, eitrig, gernchlos,
wurde nach elnlgen Tagen flbelriechend und sonderte sich
in 3 Schichten. Pat. hustcte bedeutende Mengen zelt-
weise auf einmal aus, namentlich wenn er auf der taken
Selte lag. Das Techte Kniegelenk war bei der Aufnahme
angeschwollen, am folgenden Tage erkrankte das take
Knie, dann das rechte Handgclenk mit Anschwellung,
ROthnng und Schmerzhaftigkeit. Trotz verschiedener In-
halationen blieb bis Mitte Mai der Auswnrf sehr reichlich
n. flbelriechend. Auch die Schmerzen in den 3 befallenen
Gelenken verschwanden nur zeitweise. Vora 16. Mai ab
wurde die Compression des Thorax taglich 2mal vorgc-
nommeo. Die Abendtcmperatur, die liis dahin 38 — 40° C.
betragen hatte , stieg nur noch einmal fiber 38® C. Am
1. Juni tratPat. aus. Schon nach 8T. steilten sieh jedocb
wieder Schwache , Schmerzen in den Beinen und anf der
Brust ein. Am 26. kam er wieder In das Hospital, hatte
starkes remittirendes Fieber, reiclilichen, fibelriechenden
Auswurf. Die Fussrucken waren gerothet u. geschwollen,
hi den nachsten Tagen besehriinkte sich die Schwellnng
mehr anf die Fussgelenke und auch die Kniegelenke waren
etwas afficirt. Ueber dem Unken untem Lungenlappen be-
stand starke Dampfung, deren Intensitat an verschiedenen
Tagen wechselte. Ueber die ganze Brust Kasseln. Herz-
dampfnng betraehtlich verbreitert, der Ton der Mitral-
klappe von systoliscbem Biasen begleitet. Pat. erhielt
Inhalationen und Eisbeutel auf die erkrankten Gelenke.
Vom 20. ab Compression des Thorax und Tannin-Inhala-
tionen. Alle Erscheinungen besaerten sich, die Mengc
des Auswurfs nahm ab. Nur die Mitral-Insufflcienz hatte
sieh dentlicher entwickelt.
Aus diesen beiden Beobachtnngen lasst sich an-
nebmen, dass in den Bronchien stagnirender und
sich zeraetzender Eiter ausser Fieber bei einigen
Personen auch rheomatoide Gelenkentzflndungen be-
wirken kann , welche wiedernin, wie der 2. Fall
zeigt, Endokarditis hervorrnfen kflnnen. Siegehflren
in cine Gruppe mit den schon Eingangs erwllhnten
rheomatoiden Erkrankungen , die bei andem suppu-
rativen Schleimhanterkrankungen auftreten. In die-
sen Fallen handelt es sich wahracheinlich um eine
dnrch Resorption des zersetzten Eiters entstandene
Bluterkrankung. Der letzte Fall zeigt deutlich, wie
mit Entleening des eiterigen Bronchi alsekreta Ent-
fieberung u. Heilung der Gelenkaffektion eintrat.
Die durch Compression der Thoraxtoande be-
wirkte Steigemng der Exspirationsbewegung ist zu-
erst bei Lungenemphysem (bei dem man gegenwftrtig
pnenmatische Apparate benutzt) angewendet worden.
Bei reichlich secemirender Bronchitis nnd Bronchi-
ektasie mit stagnirendem Sekret scheint sie das wirk-
aamste Expektorans zn sein. Auch der durch die
Compression gesteigerte Drnck in den Arterien kann
namentlich bei Kr., die durch Ueberfflllung der Bron-
chien bereits cyanotisch werden, der Kohlensaore-
narkose verfallen nnd kleinen Puls haben, von Werth
sein.
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Bei dem ersten dieser beiden Kranken, so wie
noch mehreren andem Brnstkranken nnd anch bei
Gesnnden wurde die Pnlswelle wfthrend der Com-
pression beobachtet, wobei sich ergab, dass die Com-
pression die Systole der Arterie liindert, der Art,
dass die Pulsation Ira diastolischen Znstand weiter
geht. (H. M 0 c k e 1.)
575. Ueber Angina Ludoviol; von Dr.F. A.
Murchison (Brit. med. Journ. Dec. 2b. 1875)
u. Dr. A. Doig (ibid. April 15. 1876).
F. A. Murchison beobachtetc anf den Helm-
den eine Krankiieit, die er fflr nichts Anderes ale
fflr Angina Ludovici zu halten vermag.
Die Krankheit ergriff Kinder und junge Leute
von verschiedenem Alter (zwischen 3 und 30 J.), je
alter die Kr. waren, desto heftiger pflegte in der
Kegel die Krankheit aufzutreten, im Uebrigen waren
die Symptoroe im Ganzen ziemlich gleich und boten
nnr nach der Individualist desKr. verschicdene Ab-
weichungen. Anflmische und schwachliclielndividuen
waren in bedeutend flberwiegender Anzahl befallen
(etwa 6mal so viel aU solche mit kraftigem Anssehen)
nnd litten besonders stark im Allgemeinbefinden ;
krftftigc Individuen zeigten sich so sclten ergriffen,
dass M. gencigt war, die Krankheit fflr eine der
verschiedenen Manifestationen der Scrofulose zu
lialten. In alien Fallen schicn eine lokale Affcktion
zu Grunde zn liegen nnd die Krankheit kam nur im
Winter vor, im Allgemeinen nicht an beBtimmte
Oertlichkeiten gebunden , doch auf einer Insel ganz
besonders hftufig , ohne indessen dnrch Infektion er-
zeugt zu sein ; obgleich die Kr. nicht von den Ge-
sunden abgescliieden wurden, kamen doch nie 2 Falle
in derselben Familie vor. Klimatische und gesund-
heitswidrige Yerh<nisse mdgen wohl die Hanpt-
faktoren in Bezng anf die Entstehnng gewesen sein.
Die Krankheit begann mit Frost , Steifheit der
Muskeln der Zunge nnd des Halses und allgemeinem
Unwohlsein. Dann trat liarte Schwellung in der
Submaxillardrflse, der Umgebung derselben nnd dem
ganzen Boden der Mnndhflhle auf, die sich von da
bis zur Parotis und bis zur Schilddrflse verbreitete,
und Aphonie stellte sich ein. Der Mond stand offen
nnd der Unterkiefer konnte ohne grosse Schmerzen
nicht bewegt werden. Dabei bestand Fieber , mit-
unter bis zu Delirien gesteigert, und tiefes Leiden des
allgemeinen Gesundbeitszustandes, mit Verstopfhng ;
der Ham war dunkel , die Zunge dick belegt. Die
lokale Geschwulst nahm zu , so dass das Lumen der
MundhcShle dadurcb sehr beeintrichtigt wurde. Die
Krankheit dauerte nie flber 12 T., erachSpfte die
Kr. aber sehr durch Schmerz und Schlaflosigkeit.
Die Geschwulst, die anfangs normale Fflrbung der
sie bedeckenden Theile gezeigt hatte, erschien spiUer
gerflthet , in schlimmem Fallen livid , der Hals war
geschwollen wie bei Kropf. In einigen Fallen er-
folgte Resolution , in einigen Eiterung , menials kam
es an Gangr&n oder zu tbdtikhem Verlaufe. Je
zeitiger die Krankheit in arztliche Behandlung kam,
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134
IU. Pathologic, Therapie u, nedieinische Klinik
desk) gttnatiger pflegte aie zu veriaufen , Lmmer aber
blieb noch einige Zeit Lang eine H&rte zurilck , die
nur durch Jod zu beseitigen war, mit der Zeit aber
auch von aelbst verechwand.
Nach Doig kamen wfthrend des Winters
1874 — 75 unter den Truppen im Lager von Alder-
shott eine Anz&hl charakteristischer F&lle von Angina
Lndovici vor. Sie betrafen meist junge Lento,
traten immer idiopatliisch anf und waren mit inten-
siven Schmerzen und grosser allgemeiner Depression
verbunden. Bemerkenswerth war vorzilglich, dags,
entgegen dem von Murchison beobachteten Ver-
laufe, Eiterung in nicbt wenig Fallen eintrat. Ein
Fall , dcr tddtlich endete , verlief folgendermaassen.
R. J., 22 J. alt, am 4. Febr. 1876 in’s Spital auf-
genoraroen , hatte seit einiger Zeit fiber alhnalig zuneh-
mende Schwellung im Nacken geklagt , die hauptsachlich
die llnke Seite betrofifen hatte. Die snbmarillaren und
siibllngnalen Drusen, sowie die Parotie dieser Seite waren
geschwollen , sehr hart und sehr schmerzend; auch die
reohte Sabmaxillardruae war hart und empfindlich , doch
in geringerem Grade. Der Unterkiefer war fixirt, der
Hand stand halb offen ; die Zunge war an das Dach der
Mundhfible emporgepresst, Schlingen unmfigHch ; aus dem
Monde tropfte Speichel aus , das Athmen war erschwert ;
die Schmerzen und Bench werden im Allgemeinen waren
sehr hoebgradig ; grosse Depression und angstlicher Ge-
Bichtsausdrnck. Der Kr. war schlaflos und konnte nur
mit Muhe bewogen werden, otwaa Nahrung zu schlucken.
Ueber den geschwollenen Theilen war die Haut von ge-
sunder Farbe, unter dem Kieferwinkel leiclit odematos.
Pat. erhielt Anregnngsmittel und Nahrungsraittel in
kleinen haufigen Gaben, ausserdem andauernd Bahungen,
doch nahm die Schwellung immer mehr zu und behielt
ihre grosse Harte bei. Das Hautftdem breltete sich welter
aus und die DyspnOe wurde intensiver. Bei Explorativ-
pupktionen und Einschnitten wurde kein Eiter entleert.
Nacb schwerem Kampfe starb dcr Kr. plStzlich am
8- Februar.
Bei der Autopsie (43 Std. n. d. T.) fand man starke
Schwellung vem Unterkiefer , namentllch llnkerselts , ab-
wirts reicbend bis anf die Halfte des Zwisehenraumes
zwiseben Unterkiefer nnd Schlusselboin. Nacb Wegnahme
der Haut fand man die Gewebe gangranos entartet und
mit einer braunen . stinkenden . halbflfissigen Masse in-
flltrirt. Vom Dache der Mundhbhle bis zum untern Rande
der Cart, cricoidea waren alle Gewebe, Drusen nnd Mus-
keln in gleicher Weise der Zeretorung verfallen. Die an
die entartete Drfisensubstanz grenzende Partie des Unter-
klefers war vom Periosteum entblfist, die Schleimhaut der
Epiglottis und des Larynx war odematos. Die Tonsillen
zaigten sich leicht ulcerirt, aber nioht in den gangranfisen
Process hioeingezogen. Die Lungen waren stark con-
gestionirt und enthielten zahlreiche hamorrhagische In-
farkte. In JederLungenspitze fanden sich kasige Massen
nnd zahlreiche kleine Tuberkelablagernngen. Die HShlen
dee rechten und des linken Herzens waren theilweiae
rail entfarbten Blutgerinnnngen erfullt. Die ubrigen Or-
gane zeigten keine Abnonnitaten. (Z i n k e i s e n.)
576. F&lle von Dilatation mit Hyper-
trophle dee Magens, behandelt mitteU Ausspil-
lung desselben ; ans Dr. Wald enstr5m ’ s Poli-
klinik mitgetheilt von E. Ekberg. (Upsalal&kare-
fftren. fftrb. X. 6. 8. 414. 1875.)
1) Die 41 J. alte Kr. litt seit 25 J. an ihrem Uebel,
das mit Ikterus , Hartleibigkeit , Magenschmerzen nnd
aanrem Anfistossen, namentllch nach den MaUaeiten , be-
fonnen hatte. Im FriUjahr 1864 trat hefUgea, oft wiedar-
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holtee Erbrechen von kaffeeaatzihnlichen Massen auf,
auch die Faces waren zu gleicher Zeit dunkel gefarbt;
die Eselust fehlte und die Kr. magerte ab. Nach etwa
3 Wochen wnrden die erbrochenen Massen heller , zah
nnd sehr sauer. Brnnnenkuren in zwei auf einander fol-
genden Sommern brachten etwas Besserung, aber Auf-
stossen von saurer, warmer FlfisBigkeit bestand fort. Im
Fruhling 1874 stellte sich wieder Verechlimmernng cin ;
eine Brunnenkur hatte, wie es scheint, wenig Nutzen nnd
im October war die Kr. so herabgekommen , dass sie im
Bett liegen bleiben musste. Das Epigastrium war der Sitz
bestandigen brennenden Schmerzes , selbst die geringste
Menge Nahrung wurde sofort wieder erbrochen , das Er-
brochene roch stark sauer und war nach wenigen Stunden
in voller Gahrung ; man konnte darin 3 Lagen unterschei-
den : eine obere , die aus Gasblasen enthaltendcn fasten
Bestandtheilen gebildet war nnd beim Umruhren stark
rauschte, eine mittlere ziemlich klare und einenntere, die
BChwersten Bestandtheile enthaltende. Bei der mikro-
skopischen Untersuchung fanden sich ausser Speiseresten
noch Gahrungspilze in ausserordentlich reichlicher Menge.
Das gegen Drack empfindliche Epigastrium fuhlte sich
weich und nachgiebig an, eine Spur von einer Geschwulst
konnte man nicht ffihlen. Der PerkusBionsschali fiber
dem Magen war in grosser Ausdehnung tympanitiscb , bei
der Auskultation und Palpation horte man deutlich einen
schwappendcn Laut noch bis wenige Finger broit unter-
haib des Nabels ; in derselben Ausdehnung konnte man
unter den Bauchdecken die peristaltischen Bewegungen
des Magens deutlich unterscheiden.
Die Anwendung der Magenpnmpe mit Aosspfilnng.
die Pat. ntir allmallg vertragen lernte, brackte jedes
Mai bedeutende Erl eichte rung and wurde fiber 2 Monatc
lang jedenTag fortgesetzt. An fangs wurde reines Waaser
zur Ausspfilnng angewendet and gleichzeitlg znr Hem-
mnng der Gahrung Carbols&nre in Pillenform gegeben ;
da aber nach einiger Zeit immer noch Sarcina und Gah-
rnngspilze in nnverminderter Menge Im ausgepumpten
Mageninhalt vorhanden waren, warden die Pillen weg-
gelassen und daffir die Ausspfilungen mit Carboliosungen
gemacht. Etwas Fleischbrfihe , die durch die 8onde ein-
gefuhrt wurde , behielt die Kr. bei sich , aber schon nach
elnem Monate konnte feste Nahrung gegeben werden ;
Erbrechen war selten geworden. Der Stuhlgang wurde
durch Klystire geregelt. Ala sich der Allgemeinzustand
bedeutend gebessert hatte , glaubte die Kr. , die Ausspn-
limgen entbnhren zu konnen , aber schon nach wenigen
Wochen trat wieder Erbrechen und rasche VerscUim-
mening auf und in noch nicht 2 Mon. war die Kr. wieder
so weit heruntergekommen wie zu An fang der Behand-
l»ng.
2) Die 40 J. alte Kr. hatte vor 11J. Schmerzen mid
Anftreibnng des Magens nach den Mahlseiten , Erbrechen,
sanres Aufatossen und andere Magensymptome bekoramen
und an zunehmender Schwache gelitten. Mitunter befand
sich die Kr. besser ; Gemuthserregungen verschiimmerten
das Uebel. Einige Male jahrlich war Erbrechen mit Bint
gemischter, kaffeesatzahnlicher Massen aufgetreten. Das
A llgemeinbeflnden litt nnd znletzt mnsete die Kr. im Bett
liegen bleiben ; Erbrechen war sehr haudg (8 — lOmal den
Tag und darfiber) , das Erbrochene war sehr sauer , ging
rasch in Gahrung fiber und enthielt Gahrungspilze in
relchlichen Mengen. Das Epigastrium war sehr empftnd-
liob gegen Druck -, eine Geschwulst konnte nirgends ge-
ffihlt werden. Die Esslust war stets sehr gut gewesen
und dieKr. scbienErbsen am besten vertragen zukSnnen.
Die Anwendung der Magenpnmpe wurde gut vertragen
nnd die Ausspfilnng des Magens mit Carbollfisung ans-
geffihrt. Nach der Anspnlnng trat stets grosse Erleich-
terung ein, aber nur auf kurze Zeit; das Erbrechen wurde
zwar seltener, h5rte aber biB zur Zeit der Mittheilung doch
noch nicht ganz auf ; die Sarcina nahm ab , aber die Gah-
rungspiiae blieben unvermindert. Im Uebrigen beese r te
sich der Zustand.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
135
HI. PatJiologie, "Rwrapie n. medlcMsehe Klinik.
In beiden Fallen handelte es sich offenbar am
Magenerweiterang in Folge von Verengnng des
Pylorus, die nicht darch Krebs, sondern jeden-
falls dnrch Geschwttrsnarben bedingt war; deshalb
konmte eine Beseitigung des Leidens dnrch die Ma-
genpumpe auch eigentlich von vornherein nicht er-
wartet werden. Da aber doch in den beiden vor-
liegenden Fallen die Ausspflhing des Magens eine
Wrrknng finsserte, nimmt WaldenstrOm an, dass
die Pylornsstenose allein nicht die einzige Ursache
der Magenerweiterang sein kOnne, sondern dass
dann , wenn die Erweiternng einen gewissen Grad
erreicht hat, anch die Schwere der den Magen fllllen-
den FlHssigkeit zur Yermelirung der Erweiternng
mitwirkt ; denn , da der Pylorus durch das Ligam.
hepato-duodenale an der Leber befestigt ist, mass
stets eine Spannung am Pylorustheile und am Duo-
denum entstehen, wenn eine grOssere Menge Flflssig-
keit im Magen angesammelt ist, und durch diese
Spannung wird der Pylorus noch weniger durch-
gfingig. Der Mageninhalt ger&tli bald in Zersetzung
nnd wirkt nun reizend anf die Magenschleimhant,
wodnrch dessen Contraktionen verstftrkt werden;
durch den Pylorus geht nur wenig ab , etwas wird
dnrch Erbrechen entfernt, aber es bleibt noch genng
im Magen znrflck , um durch seine Schwere den Ma-
gen etwas zu dehnen. Diese Dehnung kann zwar
an und ffir sich nur gering sein , da aber das verur-
sachende Moment fortwahrend einwirkt, allmalig zu
einem ganz bedeutenden Grade anwachsen, beson-
ders wenn die Krifte des Kr. dabei abnehmen und
das VermOgen , den Magen durch Erbrechen zu ent-
leeren, vermindert wird. Der gahrende Mageninhalt,
an&ngs eine Folge der Stenose , wird so selbst zur
Dreache der fortgesetzten Erweiternng, um so mehr,
da er ausserdem Magenkatarrh unterhalt und so zur
S Wrung der Emahrang beitragt. [In ahnlicher Weise
hat nenerdings P e n z o 1 d t (Die Magenerweiterang.
Habilitationsschrift. Erlangen 1875. S. 23) den
Yorgang erklart. Wenn nicht der ganze Mageninhalt
dnrch Erbrechen entleert wird , kOnnen die zurtlck-
bleibenden Reste die nach der Contraktion erschlaff-
ten Wandungen hinabziehen u. ausdehnen und es ent-
steht vielleicht auch sehlflsslich unter fortwihren-
der Zufnhr von neuem Inhalt eine Herabsetzung der
Ffthigkeit, auf die (ibermassige Belastnng mit Er-
brechen zu reagiren.]
Das erste, was bei derartigen Magenerweiterun-
gen zu geschehen hat , ist die mOglichst h&ufige Be-
freiung des Magens von seinem gahrenden Inhalte,
wodnrch, wie diess im ersten der beiden mitgetheil-
ten Falle geschah, schon sehr gtlnstige Wirkung
erzielt werden kann. Feraer mttssen die Gahrungs-
pilze vemlchtet werden, was indessen dnrch die
Carbolsaore deshalb nur unvoilstandig moglich ist,
weil das Mittel schon nach kurzer Zeit resorbirt wird.
Trotedem bleibt aber die Pylornsstenose und die
gleichzeitig mit der Dilatation fortschreitende Hyper-
tropWe des Magens nnverandert , die man nicht zu
flberwinden vermag. (Walter Berger.)
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577. Zur Aetiologie der Rose; mitgetheift
von 8tabsanst Dr. Lflhe in PlOn. (Deutsch. Arch,
f. kiln. Med. XV. 1, p. 99. 1874.)
Ein Gymnasiast wurde am 27. Febr. 1874 in
den rechten Oberarm gestochen und zeigte schon am
29. hohes Fieber. Von der Wunde aus hatte sicli
ein phlegmoneartiges Erysipel fiber den Arm und
einen Tlieil des Rumpfes verbreitet, das Erweiternng
der Wunde und spater noch Incisionen zur Ent-
leerung des Eiters erforderte. Am 3. Marz erkranbte
der Binder des Pat. , der in demselben Zimm er ge-
schlafen hatte, mit einem bulbOsen Erysipel des
Gesichts und Kopfes ; am 5. Marz die 8chwester, die
den erkrankten Bruder gepflegt hatte; beide nach
einem Prodromalstadinm , das sie vom 1. Mara her-
datirten.
Da sich in der Stadt nnd der Umgebung keine
Eiysipelerkrankungen welter vorfanden, kann an
eine Verbreitung durch atmospharische EinflUsse nicht
gedacht werden , die Besichtigung der Oertlichkeiten
bot anch keinen Anhalt fitr die Annahme einer vom
Ort ausgehenden Lokalinfektion, und daher ist wohl
eine Uebertragung von jenem ersten Erysipel anzu-
nehmen.
Im Juni 1871 entwickelte sich bei einem am
EUenbogen resecirten Verwundeten ein phlegmonoses
Erysipel, das abscedirte und Incisionen nothwendig
machte. Spater stiess sich ein Sequester ab. Wah-
rend sonst auf der ganzen Station kein Erysipel war,
wurden in demselben Saal 2 andere Kr. vom Gesichts-
eryaipel befallen, einer mit einer Gesiclitswunde 3 T.
danraf, und 4 T. nach dieser zweiten Erkrankung
der zweite , der starken Schnupfen mit Schleimhaut-
excoriationen hatte.
Bei dem 2. Kr. liesse sich trots der angewandten
ftussersten Vorsicht an eine Uebertragung dnrch die
H&nde oder durch Instrumente denken, diese Art der
Uebertragung ist aber bei der 3. Erkrankung aus-
geechlossen. Da sich eine lokale Quelle fUr die Er-
krankung nicht auflmden liess, so muss man anneh-
men, dass es sich beim 1. Erkrankten am einen
selbstst&ndig entst&ndenen Process handelte, wie er
sich bei Knochenexfoliationen Often findet, welcber
dnrch die Yermittelung der Zimmerlnft anf die beiden
andern Kr. ttbertragen wurde.
Am 3. Mira 1873 wurde ein Cadett mil baft-
gem Schnupfenfieber in das Anstattslazareth anfge-
nommen, am 4. ein zweiter mit derselben Er-
krankung. Am 5. Mfira zeigte sich bei letzterem,
2 Tage daranf bei ersterem ein von der Nase fiber
Backen , Stirn und Kopfhaut wanderndes Erysipelas
faciei bullosum. Beide Knaben kamen erst im
Krankenzimmer mit einander in BerUhrung und auch
nur in die sehr indirekte durch die Zimmerlufb. Da
hi dem betr. Zimmer Jahre lang vorher tffld aueb
nachher keine Erkrankung an Erysipelas vorgekom-
men ist, auch in der Stadt nnd Umgegend keine der-
artigen Erkrankungcn verbfimen, muss man wohl
anch in diesen Fallen von einem Genius epidemibub
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139
ID. Pathologic, Therapie u. mediciniache K linik.
absehen. Die Uebertragung scheint dutch die Zim-
paerluft auf den durch den eicoriirenden Katarrh
dazu Disponirten stattgefunden zu haben. Auch in
Strassburg hatte naan beobachtet, dass daa Erysipel
nur auf Kr. mit ContinuitAtstrennungen der Hant
Qbertragen worden war , die andern aber freigeblie-
ben waren.
Diese Beobachtungen Bcheinen auf ein von den
Erysipelatdsen ausgehendes, durch die umgebende
Luft sich verbreitendes Contagium hinzndeuten. In
den mitgetheilten Fallen betmg die Incubationsdauer
ungefthr 3 Tage. (H. Mdckel.)
578. Fall von Erysipelas phlegm onosum
oapitis mit Blutergwu zwischen Galea aponeuro-
tie.a und Hirmchale ; von S. Almatrbm. (Upsala
lakarefbren. forhandl. XI. 5. S. 382. 1876).
Der 48 J. alte Kr. hatte etwa a Mon. vor seiner am
27. Nov. 1876 erfoigten Aafnahme, ohne weitere Stoning-
davon zu empflnden, bemerkt , dass an der rechten Seite
Nacken, Hals und Gegend hinter dem rechten Ohr ohne
bekannte Veranlassung zu schwellen beg&nn. Erst nach
6 Wocben breitete sich die Geschwulst weiter nach oben
fiber den Kopf und nach uuten fiber das Gesicht aus
und worde empfindlich , und der Kr. , der bis dahin seine
Arbeit als Uhrmacher verrichten konnte , musste das Bett
hfiten. Bel der Anfnahme war derKr. bei volikommenem
Bewnsstsein , hatte aber fur die letaten 14 Tage alles
Erinnerungsvermfigen verloren. Die Haut am obern
Theilc des Gesichts , besonderB am Augenlld , war etwas
geschwollen , trocken nnd stark abschuppend und aefgte
deuttiche Spuren eines abgelaufcnen Erysipelas ; an der
ilinterseite des Halses bestand noch einige Ilarte und
Rothung. Der Kopf, mit Ausnahme der fiber dem linken
Ange gelegenen Gegend, zeigte sich unformlich an-
geschwollen nnd bildete von der Stirn an fiber den Schei-
tel , hinten bis in die Nackengegend und an der Seite bia
zu den Ohren herab , eine einzige fJuktnirende Masse.
Gleich hinter dem rechten Ohr war die Haut an einer
etwa 1" im Dnrchmesser haltenden Stelle brandig zer-
fallen nnd durch die dadurcb entstandene Oeffnung wur-
den mittels Druck auf den Kopf fiber 40 Cub.-Zoll einer
sehr stinkenden schwarzlichen Masse entleert, die zum
grCssten Theile ana Blntgerinnseln nnd Eiter bestand.
Mit einer Sonde gelangte man durch die Oeffnung in einen
grossen Hohlraum , dessen Boden von der in ihrer g&nzen
Ausdehnung blosgelegten Himschale gebildet wurde.
Nach Ausspulnng des Hohlraumes mit Carbolsaureldsung
wurde ein Druckverband angelegt , aber im Verlaufe der
folgenden Nacht ffillte sich die H&hle vonNeuem und nun
bestand der Inhalt zum grossten Theile aus sanifisem Eiter
mit nur geringer Beimischung von Blut. Der allgemeine
Zustand des Kr. war anfangs nicht schlecht gewesen, aber
am 4. Tage nach der Aufnahme traten pyamische Erschei-
nongen anf and am 4. Dec. Btarb der Kranke. Die
stinkende Sekretion unter der Kopfhaut dauerte wahrend
der ganzen Zeit fort , obwohl taglich mehrere Male des-
infleirende Ausspulungen angewendet warden.
Bei der Selrtion fand man die Haut von den darnnter
Hegenden Theilen nicht bios am Kopfe , sondern auch am
Halse und am Rficken bis zum 3. Brustwirbel hinab ab-
gelOst ; nach vorn zu war dieselbe am Halse langs der
beiden Sternomastoldei fast bis zu den Schlfisselbeinen
hinab unterminirt. Woher die Blutung stammte, Hess
sich bei der Sektion nicht nachweisen. Ansserdem fand
man tebh&fte Hyperamie in den Himhauten und metasta-
tische Abscesse in der linken Lunge , in der Herzmosku-
latur und in der linken Niere. (Walter Berger.)
579. Ueber die Frage von der Contagioei-
tat der sogenannten spitzen Kondylome ; von
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Dr. J. Edmund Gttntz in Dresden. (BerL klin.
Wchnuchr. XIII. 39. 1876.)
-a: G- gieht zunAchst eine Uebersicht der Anaichten
verschiedener Autoren in Bezug auf diese durctuuis
noch nicht abgeschlossene Frage , beleuchtet d&rauf
die Verh<nisse, die bei Beurtheilung der Experi-
mente zur Erforschung der Ueberimpfbarkeit dieser
Gebilde in Betracht zu ziehen sind , und fllgt damn
die Mittlieilung und Besprechung von 6 von ihm an-
gestellten Impfversuchen, in denen er diejenigen
Fehler vermieden hat, die Petters und Hebra
den Experimenten von Kranz nnd Lind warm
(vgl. Jahrbb. CLVII. p. 260) vorgeworfen haben.
Urn die Fehlerquellen zu vermeiden, hat G. seine
Impfungen an Hautstellen ausgefUhrt, die von dem
Standorte der spitzen Kondylome mdgiiehst weit ent-
femt lagen, wodurch der Einwand uumOglich ge
inacht wurde, dass das etwa durch die lrapfnng
erzielte Kondylom in der Nfthe der schon vorhande-
nen Kondylome an einer durch unbekannte Yerh<-
nisse beglinstigten Stelle vielleicht schon vor der
Impfung im Keime vorhanden gewesen sei.
Das haufige Vorkommen von spitzen Kondylomen
an den Genitalien spricht daftlr, dass sich an diesen
Kdrperstellen ein gtlnstigerer Boden fllr die Ent-
wickelung derselben befinde , als an andern Kdrper-
stellen, an denen sie seltener vorkommen. Diess ist
besonders dann nothwendigerweise anzunehmen,
wenn man die ContagiositAt, durch welche man die
so haufige Entwickelung der spitzen Kondylome au
den Genitalien zu erklAren snehte, nicht zugeben
will. Wenn man daher an andern Stellen als an den
Genitalien Impfversuche austellt, so hat man von
vomherein fllr die Uebertragung ungtlnstigere Ver-
haltnisse zu erwarten, und negative Resultate weniger
Versuclie kdnnen darum noch nicht ais entscheidend
gelten , weil zur Fortentwickelung eines Uberimpften
oder tlberpflanzten spitzen Kondyloms ein gtlnstiger
Entwickelungsboden nothwendig ist. Die Stelle der
Hant, auf welche Uberimpft wird, muss wenigstens
uattlrlichen Blutreichthum und nattirliche Feuchtigkeit
besitzen ; wenn auf kllnstliche Weise HyperAmie und
Feuchtigkeit hervorgebracht wird, triibt man dadurch
die Reinheit des Experimentes. Ein scldagender
Beweis fllr die Contagiositat der spitzen Kondylome
wttrde es sein, wenn ohne alle vorbereitenden und
beffirdernden Eingriffe auf einem im allgemeinen der
Entwickelung dieser Gebilde ungllnstigen , jedocli
gesunden Hautboden durch einen Impfversuch ein
positives Resultat erlangt wttrde. Wenn diess G. in
alien semen 6 Y ersuchen nicht gelungen ist , so ist
dadurch noch nicht bewiesen , dass die Kondylome
nicht flberimpfbar seien, denn dass fortgesetzte
Impfungen slots ein negatives Resultat haben mllsaen,
ist nicht zu beweisen. Dass spitze Kondylome an
den verschiedensten Stellen der Haut und Schleim-
haut vorkommen kdnnen, wenn auch seltener als an
den Genitalien, hat die klinische Erf&hmng gelehrt,
und die Erfahrung in Bezug auf die histologische
Entwickelung derselben I Hast es durchaus als mCg-
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137
III. Pathologle, Therapte a. mealcinisohe Klinik.
lich erecheinen. Ob die Impfimg an einem Syphili-
tischen oder an einem nicht Syphilitisclien vorgenom-
men wird , hat keine Bedeutung zur Entscheidung
der Frage abet die Contagioeit&t dee spitzen Kondy-
loms, das erwiesenermaassen mit Syphilis nichts
gemein hat.
Die von G fl n t z angestellten Impfversuehe geben
wir in Folgendem knrz wieder.
1) 26jiihr. , gilt genahrter Kr. mit einem Indurirten,
8 Wochen nach der Infektion geheilten Geschwiir nnd
folgenden Syphiliserscheimmgen. An der Narbe des Oe-
schwurs in der Eichelfurchc entatand ein spitzes Kondy-
lom , daa bis znr Grossc von 3 Mmtr. wucbs ; gleichzeitig
entwickelten sich noch andere Kondylome in derNahe des
ereten nnd einea anf dem Rucken derEichel. Daa grosste
wnrde abgetragen und aofort in einen Schnitt am Ober-
arm , mit der Basis in die Sclinittrander der Haut ge-
klemnit , mit Wachspapier bedeckt nnd dann mit Heft-
pflaater befeatigt. Nach 2 Tagen zeigten sich die trocke-
nen Reste des Kondyloroa mit dem Schorfe der Wnnde
verklebt ; als der Schorf abgefallen war , seigte aich die
Wnnde mit einer Vertiefnng geheilt ; cin Kondylom hatte
aich nicht entwickelt.
2) An demaelben Kr. wurden 2 Kondylome in gleicher
Weise wie beim eraten Experiment in einen Hantschnitt
am Arme eingeaetzt. Daa Rcsultat war cbenfalla negativ.
Die Kondylome am Penia wurden mitteis Tannin nnd
spater mitteis Sublimatcollodium vollstandig bcseitigt.
3) Ein nach 4 Mon. an der 8 telle der alten entwickel-
tes nenea Kondylom bei demaelben Kr. wurde eben falls
mit negativem Erfolge in gleicher WeiBe uberimpft.
Syphilisaymptome waren nicht mehr vorhanden und der
Kr. hatte aeit der eraten Anateckung angeblich den Coitus
niebt mehr anageubt.
4 ) Kondylome , die sich an abgelftstem Zahnfleiache
bei einem ganz geannden lOjahr. Madchen entwickelt
hattee , wurden abgetragen und in derselben Weiae wie
in den vorhergehenden Verauchen auf den Arm einee
Marines ubertragen, der 2 J. fruher an Syphilis behandelt
worden war , ohne seitdem wieder ErscheinungeD von
Syphilis gezeigt zn haben. Der Verlanf war genau so wie
bei den fr&hern Versncben and das Ergebnias ebenfalls
negativ.
6) Auf den andern Ann deaselben Mannea, der zura
4 . Versnche gedient hatte , wnrde ein Kondylom uber-
pflanzt, daa von einer ayphilitiachen Schwangern mit Fluor
alb ns und massenhaften Kondylomen an den Qenitalien
atannnte. Der Erfolg war negativ.
6) Ein anderes Kondylom wnrde auf den Oberarm
der erwahnten Frau selbst uberpflanzt , ebenfalls mit ne-
gativem Erfolge.
Bei den syphilitischen Kr. war eine syphilitisebe
Kur nicht vorgenommen worden, um das Experiment
nicht zn trtlben. Wenn auch spitze Kondylome als
Gebilde Ortlichen Ursprangs von antiayphilitischen
Karen nicht beeinflusst zu werden pflegen , so kann
doch der Fall eintreten, dass sie w&hrend einer Ein-
reibungsknr ohne ftrtliche Behandlung gleichzeitig
mit den syphilitischen Erecheiniuigen schwinden, nnd
diess 1st bei Experimenten nicht ausser Acht zu
lassen. Die zuweilen vorkommende Schrumpfung
spitzer Kondylome nnter dem Einflusse einer Ein-
reibungskur erklArt sich Gttntz auf folgende Weise.
Wenn spitze Kondylome anf der Narbe eines syphi-
litischen Nengebildes oder direkt auf einem syphiliti-
schen Produkt ihren tlrsprung nehmen and durch
die Qaecksi Iberbeh&nd lim g rase he Resorption der
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 2.
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letztern erfolgt , so wird dem Kondylom , wenn es
vereinzelt steht, der Boden und die Nahrtmg ent-
zogen nnd es achrampft, w&hrend gleichzeitig an
andern Standorten , wo dieser Vorgang sich nicht so
rasch oder gar nicht vollzieht, andere spitze Kondy-
lome nngestort weiter wachsen. Breite Kondylome,
anf denen unter UmstAnden spitze ihren Sitz haben
kfinnen, qnellen nnter der Qnecksilberbehandlnng
auf, werden sncculenter, unbestimmter in ihren Con-
touren, weich, morscb, trflbe , weisslich-bl&nlich ver-
fArbt, bis sie eDdlich schwinden; am deutlichsten
sieht man diesen Vorgang an den opalinen, perl-
mutterartig oder kalkweiss gefkrbten Flecken der
Mnndschleimhaut oder Zunge , in Fettmetamorphose
begriffene Gruppen von Zellen syphilitischer Pro-
dukte , die sich jedoch anch zuweilen ohne syphiii-
tische Grundlage entwickeln kdnnen.
In forenrischer Beziehung kann die Frage liber
die Contagiositttt der spitzen Kondylome von Beden-
tung sein, wenn es sich daram bandelt, aus der Be-
schaffenheit der Qenitalien zweier Individnen auf
einen Coitos zn schliessen. Anch wenn sich bei
beiden spitze Kondylome finden , lftsst sich darans
noch kein Schluss ziehen , weil die Frage von der
Contagiomtftt dieser Gebilde noch unentschieden iat.
(W alter Berger.)
580. Ueber syphllitisohe Re infektion ; von
Dr. J. C a span'. (Deutsche med. Wchnschr. I. 7.
1875.)
Indem Vf. die wesentlichen Angaben and ere r
Autoren fiber die syphilitisebe Wiederansteckung re
eapitulirt , fflgt er folgende FAlle aus eigener Beob-
achtung hinz n.
1) Ein aus tuberkulSser Familie stammender Mann
litt seit mehreren Jahren an Syphilis, schwerer Iritis etc.
und hatte sich im J. 1867 einer mehrwScbentlicheu Kur
in Aachen unterzogen, seit welcher Zeit er von SyphiUs-
symptomen frei geblieben war. Im J. 1869 consultbte
der Pat., welcher vom Vf. in der Zeit vorher an Striktur
behandelt worden war, denVf. wegen eines indurirten Ge-
schwurs am innern Praputialblatte. Alsbald stellten sich
DrQsenanschwellnngen in beiden Leisten, Adenitis univer-
salis, macuioses Syphilid bei gutem Allgeraeinbeflnden
ein. Bei dem Auftreten des Hantausschlags wurden In-
nerhalb der nachsten 20 Tagen 20 Injektionen zn Je
O.OlCtgrmm. Subiimat applicirt, worauf Roseola, Indura-
tion nnd Drusenanschwellung schnell verschwanden. A 1s -
bald jedoch trat ein intensiver Bronchialkatarrh ein. Da
der Kr. ana einer tuberkoldsen Familie stammte, so wnnde
derselbe nach einem klimatischen Kurort gesendet, von
wo er ohne Erscheinungen von Tuberkulose surflek-
kehrte ; doch alsbald trat floride Tuberkulose ein, weiehe
gegen Ende 1869 bei dem iOjahr. Manne sum Tode
ffihrte. Von Syphilissymptomen war nichts wieder su
bemerken gewesen.
2 ) Ein 40jahr. Mann von sobwaohlichem Korperbau
war vor 13 J. an Schanker erkrankt; demaelben folg-
ten Ulcerationen im Schlunde, Kondylome am After, Hant-
ansachlige. Nach zwei alsbald hinter einander durohge
machten Einreibnngsknren kamen Syphilisaymptome niebt
wieder znm Vonchein. Pat. verheirathete aich vor vielen
Jahren ; Fran nnd Kinder blieben gesund. Anfang April
1876 hatte sich nach einer Ansteckung an der Corona
glandis cine nicht rnnde, erbsengroese syphilitisebe Indu-
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138
IV. Gynikologie a. PAdiatrik.
ration ausgeblldet. An 1. Joni war das Scrotum bedeck t,
theils mit wunden, theils mit Schnppen belegten Papeln j
ausserdem fanden sich Bolche Papeln auf Stirn, Ann,
Sebenkeln und am stirketeu am rechten Fibularkfipfchen ;
DrQsenintlltrationen in bciden Leisten nnd an beiden 8ei-
ten des Halses, Erosionen auf den Tonsillen ; die anfang-
liche Induration war nur noch wenig fuhlbar. Nach 16
Einrelbungen schwanden die Erscheinnngen nnd kehrten
nicht wieder mruck.
Die eratmalig erfoigte syphllit. Anstecknng dieser
bciden Kr. war durch die Aussagen ihrer sie fruher be*
liandelnden Aerzte bestatigt worden.
3) Eln sehr kraftiger Mann hattc ini Sommer 1871
wegen elneu Indurirten Oeschwdrs mit DrflBeninfiltra-
ttonen und maeulo-papnlosem Exanthem den Vf. consul-
tirt. Durch eine inzwischen von einem andern Arzt ver-
ordnete Einrcibungskur waren die Symptome beseitigt
worden. Am 11. Aug. sah Vf. den Pat., welcher Anfang
Mai nach einem verdachtigen CJoitus ein Geschwor bemerkt
Latte. Nach volligem Wohlsein, enahlte der Kr., eei er
Ende Jnli von Gliederschmerzen im Knie- nnd in vielen
andern Gelenken befallen worden ; Am 3. Aog. babe er
Ausschlag bemerkt. Vf. fand ein heilendes, indurirtes
Gesehwur an der Corona glandis, aowie allerwSrts DrSaen-
inflltrationen, reichliches maculo-papnlCses Exanthem nnd
Erosionen am weichen Gaumen und Schmerzhaftigkeit bei
Drnck auf einzelne Metacarpalkopfchen. Nach 20 Ein-
reibungen waren sammtliche Erscheinnngen beseitigt.
Vf. hebt mit Recht hervor, daas zur Diagnose
einer syphilitLschen Reinfektion ausaer dem indurirten
Geschwtlr noch weitere uuzweifelhafte Symptome,
Adenitis universalis oder Haut- und Schleimhautlei-
den vorhanden sein mUssen. Eine e inf ache Ingni-
naldrflsenanschwellung ausser der Induration genllge
nicht, da zur Diagnose der Reinfektion nicht weniger
Symptome gefordert werden mflssen, wie zur erstma-
ligen Erkrankung as Syphilis.
(J. Edmund Gflntz.)
IV. Qynikologie und Pddiatrik.
581. Trauma tiooha Mammitia ausaer Zu-
mit dem Puerperium; von Prof.
Oosselia. (Gaz. des Hop. 7. 1876.)
Eine so hftufige Erscheinung die Entzflndung
und Eiterung der Brnstdrflsen bci Wttchnerinnen und
Stillenden ist, eine so seltene 1st sie ausser dem Puer-
perium. Vf. beschreibt einen solchen bei einer 25-
jihr. Frauenaperson , die niemals scbwanger war,
beobachteten Fall. Dieselbe hattc sich beim Putzen
der Schuhe mit der Btlrste an die iinke Bnist ge-
Btossen , wo nach kurzer Zeit eine Blutunterlaufung
entstanden war, die nicht wieder verging und zu
schmerzen begann. Urn dem Blute Abfluss zu ver-
scbaffen, war mit der Lanzette ein Einsticb gemacht
worden, worauf eine kleine Quantittt Blut, vielleicht
auch etwas Eiter abgeflossen war ; hierauf war eine
bedeutendere Gescliwulst mit Hllrte und Sclxmerz-
haftigkeit, eine wahre Eiterung der Brustdriise ein-
getreten. Die Entieerung des Eitere war wegen
tiefer Lage nicht ohne Schwierigkeiten gewesen.
(Sickel.)
682. Zktarus und Colioa hepatioa in Ver-
bindung mit Retention der Menstruation; von
Dr. Charon. (Gaz. des H6p. 49. 1876.)
Eine 3 2 Ji.br. Frau suchte wegen Ulcerationen am
Muttermirade Hfllfe hnKrankenhause. Pat. war gross und
krfftlg, die Haut des ganzen K8rpers zelgte eine starke
Hrterische Farbung, Folge, wie sie angab , von heftiger
Leberkolik ; die Lebergegend war empflndlich gegen Drack,
Ittrtcn wnrden nicht wmhrgenommen, der ganze Unterleib
war aehr aafgetricben und resistent. Die Untersnehong
mit dem Speculnm ergab das Vorhandensein von Erosio-
nen am Mntterhalse, derMuttermund war vollig obliterirt.
Du Corpus uteri war als solohes weder durch die Vagina,
noah durch den Mnstdarm zu erkennen, dagegen nahm
mm tou letsterem a us mit dem Finger eine elaetiseke
Masse wahr u. auch durch die Bauohdecken hindurcb war
Lister der Harnblase ein runder, voiummOser Tumor er-
kennbar, der bis sum Nsbel reichte u. ffir den ungewShn-
llck vergrosserten Oebarmntterkdrper gehalten werden
mawte. Man hattc es offers bar mit einer in Folge von Re-
tention der Regeln entstandenen Ausdehnung der Gebar-
mutter zu than ; die Menstniation war sett mehreren Mo-
naten weggeblieben und seit 16 J. hatte Dysmenorrhoe
bestanden. Pat. hatte 7 J. hindurch, von ihrem 17, J.
an, in Asien gelebt, in ihrem 21. J. hatte sie znm 1. Male
an Leberkolik gelitten, die sich seitdem ofters wiederholt
hatte. Vor 6 J. hat sie einmal geboren und darauf einige
Zeit hindurch an GebArmutterulcerationen gelitten. Vor
>/j Jahre traten wieder sehr heftige Schmerzen in der Le-
bergegend mit tiefer ikterischer Farbung der Haut ein ;
damals liatte sie znletzt Hire Menstruation, seit jener Zeit
traten nur allw5chentliche heftige Leibschmerxen ohne
Blntausfluss cin ; die Uautfarbung bUeb dieselbe. Auf
operativem Wege wurde nun durch don Muttennund zn-
erst 1 Liter schwarzes Blut entleert, dem in den n&chsten
Tagen nooh eine groseere Quantitat dfinnfi&ssiges rather
Blut folgte ; nach katrm 3 Wochen war jede ikterische
Farbung versch wunden. Da der Cervikalkanal sich kaum
durchgangig (And , so wurde er dnrch Pressschwamm er-
weitert; darauf trat die n&chste Menstrnalblntnng in nor-
maler Wei sc ein, die Schmerzhaftigkeit der Lebergegend
war ganz geschwunden nnd Pat. konnte als volUt&ndig
geheitt entlassen werden. (Sickel.)
583. Fall von Durchbohrung der GebCLr-
mutter mit der Sonde bei beidereeitigem Ovarial-
tumor; von Dr. Julias Elischer in Budapest.
(Deutsche med. Wchnschr. II. 15. 1876. p. 169.)
Auf Spiegelberg’s Klinik in Breslau wnrde eine
37jahr. Frau beobachtet, die vor 17 Wochen geboren
hatte nnd deren Leibesnmfang seitdem bed eu tend grSsscr
ge worden war. Beide Ovarien wnrden vergr6ssort naoh-
gewicsen, der vorhandene Ascites 8 Tage nach der Auf-
nahme durch Punktion entleert. Als nachber der Uterus
aondirt wurde, drang das Instrument nach einem kleincn
Aufenthalte in der HOhle in seiner ganzen LSnge eln, so
class die Sondenspitze dicht unter den Bauchdecken zu
fuhlen war. Reaktion war, wie in den bisher bekannten
Fallen, nicht zu beoliachten. Es schieu eine maligne
Ovarienneubildnng vorhanden zn sein und Pat. starb.
Ehe zur Sektion geschritten wurde, fllhrtc man die
Sonde eln nnd liess sie llegen. Man fand 2 solide Eier-
stoekstumoren ; der iinke war oval, 17 Ctmtr. lang, 14
Otmtr. breit, 12 Ctmtr. dick, der reehte aus zwei unregel-
massig gestalteten Hautlappen gebildet, deren gross ter
7 Ctmtr. lang, 3.6 Ctmtr. dick nnd 4 Ctmtr. hoch war:
beiderseltiges Fibrosarcoma ovarii. Der Uterus zeigte
slcb von biassein Ansehen, aach reebts im Grande des
selben fand sich eine schlitaftrmige, mit soharfen Ran
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139
IT. GynAotogie n. PadiatrQc.
<en venehene Oefltoung, von von naeh Motes gehend,
*/« Ctaatr. lug. Die Uteruswand war auch an dieser
Stefle gleichraassig dick (0.6 Ctratr.). Durch den Schliti
war die Sonde in die BauchhShle gedrungen.
Vf. macht darauf aufmerksam , dass nach Siche-
mng der anfSinglich scbwierig zu stellenden Diagnose
immer noch das leichte Durchdringen durch die Utc-
niswand und der Mangel an Reaktionserscheinungen
rittbselhaft bleibt. Wab rend aber in Martin’s
Falle der perforirte Uterus atrophisch war, zeigte
sicli bier die Muskulatur seit dem Puerperiom nen
gebildet. Da in den meisten der jetzt bekannten
Falle die Perforation des Uterus mit der Sonde bei
Frauen nach einem mit entzllndlichen Processen com-
plicirten Wochenbettc zu Stande kam , so nimmt Vf.
an, daas cine ahnliche Disposition auch durch dieEnt-
wicklung grosser, blutreicher Tumoren geschaffen
werden kann. Die das Epitliel des Uterus abschllr-
fende Sonde findet dann ein geringes Lttckensystem
vor, in dem sie mit Leichtigkeit bis zum Peritonftum
und durch dieses hindurch gefUhrt werden kann.
Vf. halt daher die Sondenperforation des Uterus stets
fUr ein Zeichen von gestOrter Involution desselben.
(Kormann.)
584. Zur Anteflexionsfrage ; von P. M ill 1 e r
in Bern. (Arch. f. Gynikol. X. 1. p. 176. 1876.)
Vf. ontaraieht die Behanptungen B. Schultze’s
in Betreff der Aetiologie der pathologischen Ante-
flexion (vgl. Jahrbb. CLXVIU. p. 31) einer scharfen
Kritik. B. Sch. ist bekanntlich der Ansicht, dass
die pathologische Anteflexion meist Folge einer
Schrumpfung und Verkttrzung der Douglas’schen
Fatten nach einer Parametritis poster, sei. Iiierdurch
trete zwischen Cervix imd hinterer Beckenwand Ver-
ldthung ein and der Gebirmutterkorper werde nan
durch den intraabdominalen Druck nach abwArts
gedringt. Dass diess in gewissen Fallen die Ur-
sache der pathologischen Anteflexion sein kann,
wird nicht bezweifelt werden konnen ; keineswegs
ist -diess aber die Regel, wie B. Sch. will. Auch
fto Pereonen, die nicht geboren haben, ist jene An-
oahme , wie sich Vf. (tberzeugt hat, entschieden
falsch. Die Ursachen, welchen Sch. die EntstehoBg
der Parametr. post, zuschreibt — Masturbation, Co-
habitation und Tripperinfektion , hochgradige Ka-
tarrbe, Kothstaaungen — hat Vf. in der Mehrzahl
der Fftlle nicht aufhnden kOnnen. Auch in Dem,
was B. S c h. in Betreff verheiratheter Frauen aagt,
ist Vf. anderer Ansicht. In dem Falle n&mlich, dass
der Uterus normal wire , wllrde auch Schwanger-
aahaf t eintreten, tritt aber diese nicht ein, so kann es
bei schon bestehender Flexion durch die fortgesetzten
Cohabitationen bei der straffen , vulnerableren und
durcli Geburt nicht weiter gewordenen Vagina zn
para- und perimetritiseben Processen kommen, bo
dass also die Flexion bereits bestandea hat, die Pa-
rametritis erst spa ter eintrat.
Ais Symptome der Parametritis post, nennt B.
S eh. die Stairheit, Verdiekong and im Anfange der
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Erkranknng die Empflndlichkeit der Douglas’schen
Fatten. Das letztere Symptom erkennt Vf. durchaus
nicht als charakteristisch fflr die Erkrankung an,
denn es kflnnen in Bezng anf die Stelle des Schmer-
zcb sehr leicht Verwechselnngen vorkommen. Aehn-
lich verbal t es sich auch mit der Verdickung der Li-
gamente. Bei Persouen , die niclit geboreu haben,
findet sich davon in vielen Fallen gar Nichts nnd wo
wirklich Verdickung zu constatiren war, liess sich
dieselbe nicht in bestimmter Weise auf die Ligameute
beziehen. Ein grosses Gewicht legt Sch. endlioh
auf die Straffheit der Ligamente bei der Diagnose
einer Parametritis post. Vf. konnte eine Straffheit
dieser Ligamente nur dann bemerken, wenn sie sehr
dick waron , oder wenn sie ktinstlich gespannt war-
den. Die Untersuchungen des Vf. bei Personen, die
nicht geboren haben, haben ergeben, dass bei Ante-
flexionen der Uterus frei beweglich ist und dass die
hintere Fixation durch Schrumpfung der Ligg. sacro-
uterina nur selten vorkommt. Hinsichtlich der anf-
fallenden Erscheinung, dass B. Sch. bei Anteflexio-
nen so ausserordentlich haufig jene VerSndcrungen
der Douglas’schen Falten beobachtet haben will,
hebt Vf. hervor, dass bei der Untersnchung , wie ac
Scb. angiebt, eine Spannung der normalen Liga-
mente hervorgebracht wird , und man so die nor-
malen, aber ktinstlich gespannten Ligamente fflr pa-
thologisch veranderte halten kOnnte. Uebrigens ist
es nach Vf. auch in den Fallen , wo man Fixation
durch Schrumpfung der Ligamente nachweisen kann,
immer noch sehr fraglich , ob nicht die Anteflexion
schon vorber beatanden hatte.
Ferner stimmt Vf. anch mit der von B. 8ch.
aufgestellten Unteracheidnng zwischen pathologischer
und nonnaler Flexion nicht tlberein , vielmchr zahlt
derselbe die meisten Anteflexionen ohne Fixirung an
der hintem Beckenwand bei Personen, die nicht ge-
boren haben, zu den pathologischen. Endlich wen-
det sich Vf. noch gegen die Ansicht , dass bei den
von Sch. als normal bezeichneten Anteflexionen die
oft beobachteten StSrungen in den Geschlechtsfnnk-
tionen nicht von der Flexion , sondem von andern
Complikationen herrtlhren ; nach Vf. ist die Flexion
als das Primire bei den Stdrungen der Geschlechts-
fuuktionen anznsehen. (Hfthne.)
585. Ueber Bndometrltis daoidnalla fcobw-
rono-polypona ; von Dr. Fr. Ahlfeld. (Arch. f.
Gynakol. X. 1. p. 168. 1876.)
Der im Ganzen kleinen Anzahl von verflffent-
lichten Fallen von Decidua ’papulosa et tuberosa
kann Vf. noch 3 andere aus seiner Praxis hinzu-
fttgen.
In dem 1. Falle war das abgegangene £3 von der
abortlrenden Frau selbst aufbewahrt worden. Hler fand
stab ein grosses Stuck Dedldua vera, das Chorion war ge-
Sffinet , ebenso das Amnion , in dewwn H5hle der an der
Nabelscbnur bangende Fotus sich befand. Letzterer war
erweicht und der Kopf abgerissen. Die Decidua zeigte
dgenthfimlich geformteExcrescenzen, eine belgefQgte Ab-
bildung giebt ein deutliohes Bild hiervon. Drusenoffuun-
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140
IV. Gynftkologie a. Pidmtrik.
gen auf den Papillen und Polypen lieesen sich mit unbe-
waffnetem Ange nicht erkennen , wohl aber fanden sich
auf den in der Fl&che verdickten Stellen kleinere and
welter von einander stehende Oeffnnngen , ale an den
fireien Stellen der Schleimhaut. Unter dem Mikroskop
trat das Bindegewebe gegen die ausserordentliche Menge
von Zellen sehr zuruck. Zablreicbe Gefasse fanden sich
in den hyperplastiachen Theilen , in den Polypen dagegen
zelgte sich nnr ein Centralgefasa. Eine besondere Zellen-
wuchernng fend Vf. auch in der Allantois.
Bei dem 2. Falle konnte Vf. nur eines Theiles der
Decidua vera und einer kleinen Partie der Decidua reflexa
habbaft werden. An der innern Flacbe der Btark dnrch
Blut gefarbten Decidua fand er sehr viele meist mit elnem
donnen Stiele versehene Polypen. Die breit aufsitzenden
Tuberanzen waren mit Drusenmiindungen versehen, die
kleinen Polypen dagegen nieht. Auch hier war die
Wucherung von der innern Zellenschicht ausgegangen.
Die Polypen dieses Praparates zeicbnen sich vor denen
dee 1. duroh ihren Blutreichthum aus. Hier und da sind
auch Blutaustritte zn bemerken ; auch in diesen sind die
weissen Blutkorperchen in etarkerer Anzahl vertreten als
die rothen.
Iu dem 3. Falle lag ein mit Zotten reichllch ver-
sehenes Ei von 1 Ctmtr. Durchmesser vor. Es fand sich
in demselben nichts vom Fotus oder Nabelschnurrest vor.
Das Chorion war vorhanden , nlcht so das Amnion. An
der Decidua vera sassen in weiten Zwischenraumen Lang
gestielte Polypen. Auch hier war die Deciduaschicht zu
an erkennen. Blutergusse waren zahlreich, die Zellen in
grosser Anzahl verfettet.
Ana der Anamnesc in den vorstehenden und aus
den in der Literatur berichteten Fallen lassen sich
folgende Th&tsachen in Bezug auf die Endometritis
decidualis hervorheben. Die meist gesunden und
jungen Frauen verloren unter starkem Blutverluste
inn Laufe des 2.-4. Monats das [befruchtete Ei,
welches stets mit der Decidua abging. Mach den
Beob&chtungen des Vfs. geht die Trennung der De-
cidua vera in der Drilsenschicht vor sich. Die tiber-
mftssige Wucherung findet sich an der Innenflkche
der Decidua, sie breitet sich entweder in der FLftche
aus oder nimmt die Form von dtlnngestielten Polypen
an, geht aber stets von der Zellenschicht aus. Die
Drttsend ffnunge n verengen sich und kommen eben-
falls in Folge der Wucherung weiter auseinander zu
stehen. Bei der Bildung der polypdaen Form blei-
ben die Drilsen unbetheiligt ; auch sind die Polypen
wenig gefftssreich , wohingegen die fl&chenhafte
Wucherung zahlreiche Blutgefasse zeigt. Das Epi-
thet zeigt sich nur an den Drflsendflhungen. Beztig-
lich der Zellen der Decidua verweist Vf. auf die Be-
sohreibungen von Friedlftnder, Langhans
n. A. Von der auffallend grossen Anzahl der weissen
BlntkCrperchen in der Drtlsen- und Zellenschicht
war schon oben die Rede. Die Verftnderungen des
Chorion — Verdickung der Zotten — welche einige
Male gefimden worden sind , halt Vf. bei der Deci-
dualerkrankung nicht ftlr bedeutungsvoll. Ebenso
fanden sich im Amnion und der NabeUchnur keine
auffallenden Verftnderungen. Anch am Fbtus zelgte
sich bei dieser Erkrankung nichts Charakteristisches.
Vf. kommt nun auf die Frage nacb den Grund-
nrsachen der betr. Erkrankung. Und hier muss zu-
nftchst hervorgehoben werden, dass sowohl nach den
vom Vf. beobachteten , als auch nach den (lbrigen
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berichteten Fftllen die Syphilis nieht als Uraache zu
besohuldigen ist. Ueberhaupt ist man in Bezug auf
die Aetiologie noch zu keinem bestimmten Resultate
gekommen. Die Entstehung der Hyperplasie scheint
nach den mikroskopischen Befunden in die Zeit der
Graviditftt zu fallen , es wire nur noch die Frage,
ob die Erkrankung erst nach dem Absterben des
Eies auftrete. Diese Frage bftngt mit der andem
zusammen , weshalb diese Erkrankung den Abortus
nach sich ziehe. Nach verschiedenen Beobachtongen
mbchte man annehmen, dass die Polypenbildung erst
nach dem Beginne des Absterbens des Eies ihren
Anfang nimmt oder, wenn bereits begonnen, sich
weiter entwickelt. Es wllrde hiernach das Absterben
deB Eies nicht als Folge der Decidualerkrankung an-
gesehen werden dtlrfen. Die Trennung der Decidua
scheint vielmehr dnrch die mehrfach beobachteten
Blutergtisse hervorgerufen zu werden. Wahrschein-
lich ist also die Endometritis decid. polyp, keine AII-
gemeinerkrankung , sondem sie ist nnr als eine par-
tielle Hyperplasie der Decidua anzusehen. Vf. for-
dert am Schlusse bei fthnlichen Fallen auf, die Sero-
tina auf eine etwaige Hyperplasie zu untersuchen,
durch welche das Ei in seiner Ernfthrung beeinflusst
werden kdnnte. Spftter hat Vf. noch 2 andere Fftlle
von Decidaawucheningen beobachtet und ist daber
der Meinung , dass diese Erkrankung viel after vor-
komme, als man bis jetzt angenommen habe.
(HOhne.)
586. Das Verhalten des Cervix ateri in
der Sohwangersohaft ; von C. C. Th. Litz-
mann. (Arch. f. Gynftkol. X. 1. p. 118. 1876.)
Von der Entwicklung des befruchteten Eies
in der Gebftrmutter wird der Cervix zunftcbst nicht
beeinflusst ; schon anatomisch unterscheidet sich die
Schleimhaut desselben von der des Uterus. Die Ver-
ftnderangen des Cervix in den ersten 7 Schwanger-
schaftsmonaten besteht in einer durch Hyperftmie
hervorgerufenen Auflockerung seines Gewebes and
Vennehrung seines Umfanges; Vermehrnng der
Mnskelfasern oder des Bindegewebes tritt nicht ein.
Jene Schwellung beginnt gewdhnlich am Os ext
uteri und geht auf das paracervikale Bindegewebe
and die Insertion des Scheidengewdlbes fiber. Mit
dem Wachsthum des Eies ftndert sich die sonst p latte
Form des Halskanales und man findet statt der Quer-
spalte ein nmdliches Grilbcben am ftussem Matter-
munde. Der bis zum 4. Monate der Graviditftt sich
bildende nnd bis dahin festgewordene Gallertpfropf
— ein Produkt der vergrfisserten Schleimbftlge —
verschliesst vollkommen den Cervikalkanal , wird
aber von der erwfthnten Zeit an immer weicher , bis
er sich endiich g&nz auflftst.
Vf. wirft nun die Frage auf, ob der Hals
kanal wenigstens vom 8. Schwangerschaftsmonate an
bei dem Wachstbume des flies Uberhaupt eine rftum
liche Ver&nderung erleidet nnd in welchem Grade.
Vom 7. Monate an, bis zu welchem die Neubildnng
der Muskelfasern des Uterus stattgefunden hat, deh-
Origina I from
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IV. Gynkkologie n. Pkdiatrlk.
nen rich mit dem Grtsserwerden des Eies die Gebkr-
matierwlnde immer mehr aus. Hierdurch wird aber
zugleich auch eine Ausdehnung dee innern Matter-
no nudes bewirkt , so dass die Spitze des Eies in den
Cervikalkanal hineinragt. Dabei findet an den zu-
nlchst gelegenen Stellen durch den Druck des Eies
in horizontaler Richtung keine Ablosung von der
Uterusinnenflache statt; in vertikaler Richtnng da-
gegen, wo die Gebilrmntter keinen Widerstand bieten
kann , wird durch den Druck eine Zerrung der Ei-
hitate and eine Losreissang derseiben von der Uterus-
maenfikche hervorgebracht. Diese Trennung findet
ausnahmslos an der Decidua, und zwar meist in
ihrer spongibsen Schicht statt. Eine Ablbsung des
Eies wird aber ferner herbeigeftlhrt durch die perio-
dischen Zusammenziehungen des Uterus, welche sich
schon vom Beginne der letzten Schwangerschafts-
monate an, sogar oft noch frflher, durch die zeitwei-
ligen Erhilrtungen der Gebftnmittev erkennen lassen.
In manehen Pullen haben die Schwangeren selbst
Empfindung von diesen leichten Uteruscontraktionen.
Je weicher und lockerer das Cervikalgewebe am
Ende der Schwangerschaft wird, desto weniger
Widerstand kann dasselbe auch dem Vordringen des
Eies entgegensetzen. In welchem Grade der Cervi-
kalkanal schon sich entfaltet hat, lksst sich bei Erst-
gebirenden, besonders wenn der kussere Muttermund
nocb geschlossen ist, oft schwer entscheiden. Hkufig
nkmlich wird die vollstkndige Entfaltung des Hals-
kanales dadurch vorgetftuscht , dass dereelbe der
vorderen Wand des untern Uterinsegmentes platt
anliegt. Wenn es aber auch mbglich ist, den Finger
durch den Kanal bis zur Spitze des Eies gelangen
zn lassen, so ist selbst hieraus kein zuverlkssiger
Schlnss fiber die Lknge des Kanals zu ziehen , da
hierbei viele Umstknde — Verschiedenheit der ur-
sprflnglichen Grbsse des Cervix, Weichheit seines
Gewebes, Mangel einea Merkmals, die wahre Grenze
des Cervix und des Uteruskbrpers zn erkennen etc.
— in Betracht gezogen werden mttssen. Entschei-
dend dagegen ist das Verhalten der Eispitze zu der
Oberflkche der Gebkrmutter. Lasst sich nkmlich bei
der Exploration wahrnebmen, dass sich rings urn die
obere Oeffnung des Cervikalkanals die Eihkute noch
in festem Zusammenhang mit der Gebarmutter be-
finden , so ist diesa ein Beweis , dass der Halakanal
noch nicht das Ei aufgenommen hat , sondern das-
selbe immer noch nur von der Uterushbhle umschl os-
sen wird. Hat sich aber der Kanal in der Weise
bereits entfaltet, dass er das Ei theilweise aufgenom-
men bat , so wird man die Eispitze mit dem Finger
bequem umkreisen kflnnen , ohne auf Verbindungen
rwischen Uterus und Ei zu treffen.
Vf. hat in dieser Beziehung an 132 Schwange-
ren — 71 Erst- und 61 Mehrgebarenden — 241
Untersnchnngen angestellt. Ans diesen in verschie-
denen Schwangerschaftsmonaten (von der 33. Woche
aa) gemachten Beobachtungen gehen folgendeResul-
tate hervor. 1) Die Spannung der Uteruawknde ist
in den beiden letzten Monaten der Gravid itftt bei
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}U
Erstgeblrenden eine stfirkere als bei Mehrgebaren-
den. 2) Bei Erstgebftrenden sind Wehen hknftger
nnd treten frtther anf , als bei Mehrgebkrenden. —
3) Bei Erstgeb. findet man bekanntlich den Kopf in
der Schwangerschaft tiefer in das Becken eingetreten
als bei Mehrgebarenden. Hierbei ist es gewohnlioh
der Fall, dass der unverkttrzte Kanal mehr oder
minder abgeknickt von dem untern Uterusabschnitte
nach vorn getrieben wird. Es ist also mit dem tie-
feren Hinabtreten des Kopfes bei Erstgebfirenden
eine Entfaltung des Halsk&nals durcbaus nicht noth-
wendig verbunden. — 4) In den letzten Schwanger-
schaftsmonaten erfolgt die Erweiterung des Cervikal-
kanals sowolil vom innern als vom kussern Mutter-
munde her. — 5) Das Os uteri ext. bleibt bei Erst-
geschwkngerten viel fiftev und bis in eine spktere
Zeit der Schwangerschaft ftir den Finger imduroh-
gkngig, als bei Mehrgebkrenden. Das Geschlossen-
bleiben des kussern Muttermundes wird durch eine
grdssere Derbheit des Cervikalgewebea bedingt. —
6) Die Erweiterung des Cervikalkanals vom kussern
Muttermunde aus beginnt bei Mehrgeschwkngerten
likufiger und zeitiger, als bei Erstgeschwkngerten,
nnd wird durch den Druck des schweren Uterus auf
das Scheidengewdlbe hervorgebracht. Hierdurch
nkmlich Ubt dasselbe auf die Wknde des Cervix in
centrifugaler Richtung einen um so stkrkern Zug aus,
je straffer dasselbe ist. Hierbei muss aber schon
eine Auflockerung des Cervikalkanals eingetreten
sein. Bei Mehrgeschwkngerten , wo der Scheiden-
theil tiefe Einrisse erlitten hatte, rollen sich die
Mnttermnndslippen gem nach auswkrts und hier-
durch wird dann die Erdffnung des Cervikalkanals
sehr begtlnstigt. — 7) Vollkommen durchgkngig
zeigt sich der Halskanal nie vor der 36. Woche,
dann aber im Allgemeinen likufiger bei Mehrgeb. als
bei Erstgeschwkngerten. Bei den letztem kommt
die vollstkndige Durchgkngigkeit von der 36. — 39.
Woche nur selten vor, bei Mehrgebkrenden wurde
dieselbe dagegen schon in mehr als ‘/a der Fklle
beobachtet. Dem Vf. liegen 35 Beobachtungen vor,
wo bei Erstgeschwkngerten und 46 , wo bei Mehr-
gebkrenden deT Cervikalkanal vollstftndig durch-
gkngig sich erwies.
Nach einer specielleren Beschreibung dieser Be-
obachtungen theiltVf. zumSchlusse nocb einen inter -
essanten Fall mit , in welchem bei einer 43jkhrigen
Mehrgebkrenden (HieEihaule bei derGeburt im Um-
kreise des kusseren Muttermundes mit den Wknden
des Cervix verwachsen waren. Dieses Vorkomnmiss
kann so erklkrt werden, dass, indem sich in den letz-
ten Monaten der Schwangerschaft die Eispitze los-
lfiste ", sich eine tiefere Schicht der Decidua zugleich
abtrennte und die bis zum Os uteri ext. gelangte Ei-
blase mit einer des Epithels beraubten Schleimhant-
flkche Verwachsungen einging. Der erwkhnte Vor-
gang scheint ttbrigens hochst selten vorzukommen.
Vf. hat in der ihm zugknglichen Literatur nur einen
khnlichen, von Hecker (Klin, der Gebnrtsk. I.)
mitgetheilten Fall auffinden konnen. (HOhne.)
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IV. Gynakologie n. Padiatrik.
148
M7. Ueber den Oebrauoh dee Chloral-
hydrat bei Geburten ; von P o 1 a i 1 1 o n. (L’Union
45. 1876.)
Vf. wandte das Mittel In 32 Fallen in Form des
Klystirs an, and zwar 2 — 3 Graun. auf 60 Grmm.
Wafleer oder Milch ; die Quantity des auf dlese Weise
angewendeten Chloralhydrat betrug dnrchschnittlich
4 — 5 Grmm. Es wurde immer gut vertragen ; bei
einigen Frauen warden die Weben ganz ersichtlich
weniger schmerzliaft , ohne dabei an Haufigkeit and
8t8rke zu verliercn , and ere Male jedocli hdrten mit
den Schmerzen auch die Contraktioncn des Uterus
auf, so dass die Geburt auf dem Punkte, den sie
schon erreicht liatte, pldtzlich stehen blieb. Die
Zahl der Frauen , bei denen der Geburtsverlauf ver-
langsamt oder zum Stillstande gebracht wird, 1st
naeh Vfe. Beobachtungen grdsser, als die deijenigen,
bei denen die Geburt unter Nachlass der Schmerzen
ihren nngestbrten Fortgang hat. Hieraus ergiebt
sich, dass man das Chloralhydrat nnr zur MSssigung
excessiver Muskelthitigkeit des Uterus, zur Milderung
sehr schmerzhafter Wehen, aber nicht bei normal
veriaufenden Geburten gebrauchen soil.
(8 i c k e 1.)
588. Fall von Spondylolisthesis ; Einleitung
der FrChgeburt ; von Dr. Karl Scheding in
Prag. (Prager Vjhrschr. CXXXI. [XXXHI. 3.]
p. 1. 1876.)
Vf. theilt den bereits von Breisky erwtthnten
Fall von spondylolisthetischen Becken , (lessen Dia-
gnose von Weber v. Ebenhof an der Lebenden
gMtellt wurde [vgl. Jahrbb. CLXXI. p. 173] aus-
ffehrlich mit. In der tabellarisclien Uebersicht der
bsreits verdffentlichten Fftlle (14) ist leidor der 15.
von Breisky (1. c.) nicht eingereiht; mit dem
hier veroffentlichten Falle betragt daher die Summe
der bekannten Spondylolisthesen 16.
Eh handeltc sich hier um cine 30jahr. Eratgeschw&n-
gerte, die vor 5J. beira Heben einor schwerenLast plotz-
lich einen Stich in der Krenzgegend fuhlte und seitdetn
8 T. lang liegen blieb, da ibr Gehen u. Stehen unrodglich
war. Allm&llg erst hSrten die Scbraerzen auf uud traten
nor bei gebuckter Stcllung zuweilen.noch ein. Auffallend
starker Hangebauch. Bei Inspektion des Ruekcns zeigte
sich oberhalb des Kreuzbeins cine winklige Sattelgrube
(hochgradige Lordose). Dieselbe ist von ciner tiefen
Stone in 8 seitliche Halften getheilt and in dieser Rinne
ksnw man die Dornfortsatee des 8. u. 3. Lendenwirbels
nicht, den dee 4. nur schwach angedentet fuhlen. I)urch
fast vertikale Richtung der Sjmphyse erscheint die
Beckennelgung nahezn aufgchoben. Bei der innern
Uatersnchnng erscheinen Beckenein- und Ausgang be-
tricbtlich verengt , der erotere dnreh einen knoebernen,
allenthalben convexen Vorsprung, an dem die Zwiechen-
wirbelscheiben deutlich fuhlbar siud. Rechts von der
knScheraen Erbabenheit fuhlt man deutlich ein grosses
Geftss (Art. ii. comm, dextr.) pulsiren, links nicht. Der
reohte schrfige Durchmesser ist linger als der linke.
Reide 'l'ubera ischit sind einandcr naher geruckt. Von
den Maassen heben wir nur hervor, dass die geburtshfilf-
Hcbe Diagonalconjugata 9 Ctmtr., die Conjugate externa
aber 20 Ctmtr. maassen.
Fttr die Diagnose fnhrt Vf. ausser dem itiolo-
gischen Momente die sattelftrmige Einxiehung des
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Krauzes, die Beschaffenheit der bin tern Wand des
Beckenemgangs , die fOhlbare Pulsation der lliaea
comm, dextra, die fast aufgehobene Beckennelgung,
den ungewfihnlichen Hflngebauch [bei crater Schwan-
gerschaft], den senkrechten Stand der Symphyse und
die Flachstellung des Darmbeins an.
Da bereits die 36. bis 37. Schwangerechaftswoche
erreicht war , so wurde die Eriihgeburt eingeleitet (Kob
peurynter, dann elastischer Katbeter) ; naeh dem Btesen-
sprunge trat der Kopf in die rechte Beckenhalfte ein, die
linke fast ganz frei lassend , und zwar in crater Schadel-
lage. Der Durchtritt dureh den verengten Beckenans-
gang verzogerte sich dergestalt , dass die Zange angeiegt
wurde, die ein aspbyktisches , 50 Ctmtr. tenges, 8360
Grmm. schweres Madcben ontwiekcltc.
Die bekanuten 15 Fitlle (incl. des hier verdffent-
lichten) gruppirt Vf. (tabcllarisok) naeh den thera-
peutischen Maassnahmen, die sie nfithig gemacht
liatten. In der 1. Gruppe fllhrt er die Falle auf, in
denen die Entbindung gar nicht oder unter unbe-
kannten Verh<nissen stattgefunden hatte (6 Falle ;
hierher h&ttc als Nr. 7 Breisky’s Fall gehSrt) ;
bei der 2. Gruppe wurde der Durchtritt der Frucbt
durch das verengte Becken fllr mdglick, in der 3. fiir
iirnndglich gehaltcn. Bei den Becken der 2. Gruppe
wurde die kllnstliche Frilhgeburt (2 Falle) oder die
Kraniotomie (3 Falle), in der 3. die Sectio caesarea
(4 Falle) fllr indicirt gehalten.
Vf. betont schlUsslich noch die ungtlnstigen Be
dingnngen, welche beim spondylolisthetischen Becken
ftlr die Ausftthrung der Kraniotomie bestehen , nam -
lich die Lange des verengten Beckenabschnittes (die
Verengerung beginnt oberhalb des Beckeneingangs).
Er will daher jener Operation die kUnstliche Frtth-
geburt oder Sectio caesarea vorgezogen wiasen.
VollstAndig unberdhrt Iksst Vf. die in seinem
Falle aller Vermuthung naeh vorliegende Complikation
eines spondylolisthetischen mit einem Trichterbecken.
Die Verengerung des Ausgangs lasts sich weniggtens
kaum anders auffassen. (Kormaan.)
589. Ein Fall von Zerreissung der Gebfir-
mutter unter der Geburt mit Austria ihres gan-
zen Inhaltes in die Bauchhchle , Bauchschnitl,
Tod; von Prof. Dr. Lahs in Marburg. (Deutsche
med. Wchnsclir. II. 16. p. 181. 1876.)
Eine gesunde Seohstgeblrende , bei welcher der
Kindakopf in Schadellage voll im Becken stand ud
der Matte rmund fast vOllig erweitert war , stand nnr
BeftSrderung der Wehenth&tigkeit auf, wobei eine
Mosserst schmerzhafte Wehe eintrat, welche dandt
endete , dass der Uterus zerriss , worauf das Kind in
toto in die Bauchhbhle austrat. Vf., 48 8td. naeh
Eintritt des Ereignisses zugezogen, ftihrte den Baueh-
schnitt aus. Der Tod erfolgte am 4. Tage.
Naeh Erffihung der Bauchdecken ereehien die
Haltung des tod ten FOtus ebenso wie im Uterus. Vf.
hebt daher hervor, dass nicht die Uteruawand den
Fruchtkorper durch einen Drnck besonders in seiner
langen Achse in seiner normal en Haltung erhatte.
— Als Ursache der Raptor betrachtet Vf. anr die
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IV. GynAkologie a. PMiatriju US
Predisposition durch starken Hlngebauch und die
Vertikalstellang des Rumpfes (bei Aufetehen). Den
Banchschnitt vollzog er, weil der querlaufende Rise
sich bereits betrichtlich zusammengezogen hatte.
(Kormann.)
590. Das vergrosaerte Horn eines Uterus
duplex ala Hindemm fur die Extraklion bei
Schtrangerschaft im andem Horne; von Dr. S.
Borin ski in Haynan in Schlesien. (Arch. f. Gynfi-
kol. X. 1. p. 145. 1876.)
Die betr. Frau, 38 J. alt, kraftig gebaut, seit dem
16. Lebensjahre regelmiissig menstruirt, war im Alter von
28 J. mittels Wendung mid Kxtraktion von einem kraf-
tigen , aber abgestorbenen Knaben eutbnnden worden.
DaaWochenbett verlief normal. ImFruhjahr 1876 wurde
sie wieder achwanger u. am 22.Febr. 187(5 traten Weken
mit starker Blntung ein. Kin Arzt constatirte I.angslage
und eine Verdoppelung des vordern Theiles der Vagina.
Dnch den vorn rechts im Scheidengrunde beflndlichen
weit offenen Muttermnqd liess sich ein sehwammiges Qe-
webe wahrnehmen. Bei dem Veranche, (lasselbe zu ent-
fernen, lfisten sich eine Mcnge mandelgrosser blutiger
K6rper ab , welehe sich bei spaterer Untersuchnng durch
Prof. Spiegelberg als plattgedruckte Blntgerinnsel
auawieaen. Die in Folge der Kntleerung gebildete H9hle
kennte eine halbc Hand aufnehmen. Nack links hinten
entdeckte man eine kleinere Oeffnung, in welchcr Thcile
des FBtug gefuhlt wnrdon. Es war demnach klar, dass
Dwplicitat des Uterus bestand. Die Blntung hatte Jetzt
autfgehort, die Wehen kchrten in schwacherera Maasse
wieder und endlich am 29. Febr. erfolgte l'ruh derBlasen-
sprnng , obsehon aber die Wehen kraftig waren , rfickte
die Geburt nlcht voTwarts. Vf., zu Hiilfe gerufen, fand
bei der kosaem Untereuchung Steisslage, den Uterus stark
nach links verschoben, das Kind lcbend. Am Eingange
der Vagina zeigte sich ein dickes , diesclbe in eine rechte
nnd linke Halftc theilendes, etwa bis zu ihrer Mitte
reichendes Septum. Hinten und links im Sclieidengrundc
war der handtellcrgrosse Muttermnnd zu fuhien. Ein
aweiter Muttermnnd auf der rechten Suite konnte nicht
anfgefnnden werden. Die Kxtraktion gelang bis zum
Kopfe ziemlieh leicht. Dieser blieb aber fest in der linken
Hklfte des Beckens stecken : in der rechten Halfte des-
seihen befand sich eine derbe elastische nnreponirbare
Masse. Es wnrde nun mittels des Keplialothrypter die
Gebnrt in Kurzem beendet. Die Placenta folgte bald von
selbst nach. In der linken Seite des Unterleibes war
noch immer wie vor der Entbindnng , nur in geringerem
Grade, der Uterus als vorgew&lbtc Kugel bemerkbar. Die
noehmalige Untereuchung ergab, dass auf der rechten
Seite ein derb anzuffihlender Tumor ins kleine Becken
hereinragte. Am andern Tage klagte die Frau nur fiber
Nachwehen , Fieber war nicht vorhanden. Der Uterus
ragte links nicht mehr hervor , war aber ganz links bis
mtn Mabel reichend durchzufuihien. Rechts war parallel
mit dem Poupart'schen Bande eine bewegliehe Gesch wulat
von cylindrischer Form zu bemerken. Der erwahnte in’s
kleine Becken hereinragende Tumor war jetzt durch die
Vagina nicht mehr zu erreiaben. Am 3. T. naoh der
Eatbindung trat eine Peritonitis auf, an welcber die Frau
am 8. T. zu Grunde ging.
Bei der Section fand man , ausser den Ereoheinungen
dilfnser Peritonitis, reclits und links fiber dem kleinen
Becken einen Tumor, welcher mit dem andern in der
Mtte duroh einen 2 Ctmtr. dicken Stiel verbnnden war.
Der kleinere Tumor , anf der rechten Seite , hatte etaae
abgee latte te Form und war 11 Ctmtr. laug, 5.6 breit und
2.6 dick. Der links gelegene Tumor war mehr von
kngeliger Gestalt, 16 Ctmtr. lang, 9 breit nnd 6.6 dick.
Die VerhUtnfene der Tuba and des Ovarium Hessen Jeae
To moron ala dop^elten Uterus etkenpen.
Das Hindemisa filr die Geburt wurde durch das
Herabtreten des rechten Uterus bis unterhalb der
Lines innom. hervorgerufen , was vieileicht duroh
die d&mals angewendete Expression begllnstigt wor-
den war. Eigenthiimlich hierbei war, dass der
Tumor nach der Gebnrt so scbnell wieder nach oban
trat. Vieileicht hatte durch eine zeitig versuchte
Reposition desselben einer Einklemmung vorgebeugt
werden konnen; offenbar aber fordert der ange-
filhrte Fall dazu auf, bei Zeiten an ein solches Hin-
demiss der Geburt bei Ut. duplex zu denken.
Ein dhnlicher Fall ist, wie Yf. erw&hnt, von
Prof. P. Muller (vgl. Jalirbb. CLXII. p. 150) ver-
Offentlicht worden. (H 6 h n e.)
591. Zur Kenntniss dea Hydramnion; von
Dr. 0. Kilstner in Ilalle a/S. (Arch. f. Gyn&kol.
X. 1. p. 134. 1876.)
Vf. kniipft seine Bemerkungen fiber die Ent-
sfcehung des Hydramnion an den Sektionsbefaad bei
einem etwa 4 Wochen zu frtth geborenen Zwillings-
paare.
Die betr. 33js.hr. Mehrgebirende , welehe aosser
einer ohronischen lleiserkeit keine weitern Krankheits-
symptome zeigte , hatte bcim Blasensprunge eine uberaus
grosse Menge FruclitwasBer entleert. Beide Fruchte wur-
den todt geboren. Die Placenten waren ohne Abnormltfit.
Die 18 Std. nach der Gebnrt gemachte Sektion ergab
bei dem zueret geborenen Madchen Folgendos. Lnagen
luftleer , beide Hcrzventrikel stark vergrossert; Klappen
und Gefiisswande normal. In der Bauchh5hle nngefShr
150 Grmm. klare, gelbliche Flfissigkeit. Leber blutarra,
eher zn klein als zn gross. Die Marksnbstanz der Nisren
blase, die fibrigen Harnorgane normal. Gcwicht des
Kindes =- 1650 Gramm. — Bei dem andern Z willing, von
1400 Grmm. Gewicht, fand man: blaurothc TIautfarbe,
Lnngen luftleer ; am Herzen unter dem Perikardium Blut-
austritte im Verlanfe der V. magna cordis. Alle fikrigen
Organe normal , das Kind war einfach in Folge von Er-
stickung geatorben.
Dagegen fand man in der Leber des zuerst geborenen
Kindes zwischen die Lpberzeilen efngelagertc Rundzellen-
hanfen, nnd zwar nicht bios in der Peripherie , sondem
anch im Centrum des Organs. Ausserdem Hessen sich
die Acini umgebende Bindegewebsrfge erfcennen.
Es ist also anzunehmen, dass dieser Hepatitis
Lnes zn Grunde liegt, obgleicli Vater und Mutter nie
syphilitisch gewesen sein wollen. Dass das andere
Kind keine Symptome von Lues zeigte, spricht durch-
aus nicht gegen diese Annahme.
Vf. versuchte nun die verschiedenen Be&inde an
der Leiche des era ten Kfttdes — Hypertrophic des
Herzens, beginnende Leberinduration , Ascites und
Hydramnion — in symptoms tiachen Zusammenhaug
zu bringen. Der Ascites erklfirt sich sofort aos der
Lebercirrhose, in Folge deren der Pfortaderkreialauf
behindert wird. Bei der ungeborenen Frucbt pflanzt
sich die Rfickstauung des Blutes nicht bios auf die
Verzweigungen der Pfortader in der Banchholile fort,
sondernauch auf die Vena umbilioalis als iliren Hau.pt-
zweig und endlich writer bis auf das Capillar-
gebiet der Placenta. Dei- Versuch von Jungbluth
(Inaug.-Disa. Bonn 18C9) hat gezeigt, daw unter
solchen Urns tit mien eine aerOse Ansschoidung durch
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144
IV. Gynikologie n. Pldiatrik.
ilas Amnion in den Eisack stattfinden kann. Nach
den Beobachtungen Jungblnth’s soli die Ent-
stehnng des Hydramnion mit dem Offenbleiben eines
unter dem Amnion sich verbreitenden GefiUsystems
zusammenh&ngen , welches normalcr Weise in der
2. Hfilfte der Schwangerscbaft obliterire. Freilich
stfltzt J. seine Behauptnng bis jetzt nur auf einen
einzigen Vereuch. Jenes Gefksssystem hat J. durch
vielfache Untersuchnngen allerdings nachgewiesen
und Vf. halt es fttr ganz wahrscheinlich , dass in
seinem Falle das Hydramnion in Folge venbser
Stase in den Vasa propria rich gebildet hat. Die
Herzhypertrophie musste nach Vf. in seinem Falle
deshalb eintreten , weil die Drucksteigemng ansge-
glichen werden musste, welche in Folge des ver-
hinderten Abflusses des Nabelvenenblutes in die Pla-
centarcapillaren eintrat. Hier war das arterielle
Gef&888ystem blutarm, das venose blutllberfullt, Die
Ursache , dass bei hereditirer syphilitischer Leber-
eifcrankung nicht stets , wie im mitgetheilten Falle,
Hydramnion eintritt, liegt Dach Vf. darin, dass bei
den luetischen Lebererkrankungen der Kinder meist
nicht die diffuse , sondern die Herdform beobachtet
wird. Bei dieserForm, wo eben nur einzelne Bahnen
des Leberkreislaufes undurchgSngig geworden rind,
findet sehr bald auf collateralem Wege in der Leber
selbst eine Ausgleichung statt. Dass Hydramnion
mit der hereditftren Syphilis recht wohl in Zusammen-
hang gebracht werden kann, zeigen auch noch andere
in der Literatur aufgefnndene Notizen. Hier sei nur
der Beobachtungen von Meissner (Monatsschr. f.
Geburtsk, XXXH.) und Ho hi (die Geburten miss-
gestalteter und todter Kinder p. 287) und endlich
von Clintock (Dubl. Joum. XXX. p. 197) Er-
w&hnung gethan. A Is einzige Ursache des Hydramnion
kann die Lnes nattlrlich nicht angenommeu werden
tmd sind deshalb weitere Untersuchnngen fiber die
Aetiologie dieser Krankheitserscheinung sehr wfln-
schenB wertli. (Hdhne.)
592. Geb&rmutterblutung in der Naoh-
gebortsperiode bei Flaoenta praevia ; von
Janzer in Bretten. (Aerztl. Mittheil. aus Baden
XXX. 14. 1876.)
Ankntlpfend an die Erzahlnng eines Geburts-
falles mit tbdtlichem Ausgange bemerkt Vf. , dass er
Mntterblntungen nach der Geburt, welche sich sofort
nach Ansstossung des j£indee und der vollst&ndig
nnverietzten Placenta einstellen, obgleich der Uterus
fest und dauemd zusammengezogen bleibt, in einer
ganzen Reihe von Fallen beobachtete, in welchen
der Sitz der Placenta der Art war , dass diese bis
ztun Muttermund herab oder liber ihn hinaus ragte.
Bei der Untersuchung findet man dann den Mutter-
mnnd sehr erweitert , man kann in den untern Ab-
schnitt des Fmchthalters eindringen , dessen Innen-
fliche sich wie ein weicher , sehr porflser Schwamm
anfhhlt Einspritz ungen von kaltem Wasser, Eisen-
cbloridlflsung n. s. w. vermOgen hier die Blntung
nicht to stillen, dagegen gelang es Vf. in der Regel,
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der Blutung dadurch Herr zu werden , dass er einen
mit Eisenchlorid dnrchtrftnkten Wattebansch in den
erweiterten Utenisabschnitt einffihrte nnd an die
blutenden Wandungen anpresste , w&hrend die fireie
Hand von den Bauchdecken aus den UtemskOrper
stUtzte nnd seine Contraktionen ilberwachte.
So verderblich eine Tamponade der Scheide
bei Mutterblntungen nacb der Geburt in alien Fallen
wirken muss, so wohlth&tig erweist sie sich bei
Lkhmungen des untern Gebarmutterabschnittes in
Folge des zu tiefen Sitzes der Placenta ; ihr Erfolg
ist ein sicherer, vorausgesetzt, dass der UtemskcSrper
contraliirt ist. Mit den Versuchen, die Blutnng durch
Einspritzen styptischer Flttssigkeiten zu stillen, gebt
die wichtigste Zeit Yerloren, znm&l der Arzt zwei
Indikationen gleichzeitig genflgen soil , namlich der,
die Blutung zu stillen, und der, den Folgen der
Anamie vorzubeugen. Der letztem Indikation gentigt
allein die mbglichste Beschr8nknng des Kreislanfs
auf Rumpf und Kopf mittels Einwickeln der Extre-
mitaten mit leinenen Rollbinden. Dieselben kOnnen
24 , ja selbst 48 Std. liegen bleiben , ohne den Kr.
solche Beschwerden zu erzeugen, wie sie die in
neuerer Zeit beliebten Einwickelungen mit der Es-
march’schen Binde im Gefolge haben. Die Binden-
touren lockem sich mit der Zeit von selbst , so dass
nach ihrer endlichen Abnahme keine Ohnmachten
tmd keine Venenthrombosen eintreten, wie djess beim
Gebrauch der Esmarch’schen Binde wiederholt be-
obachtet wurde. (S i c k e 1.)
593. Das Anlegen von Leibbinden nacb
der Qeburt ; von Dr. D. H. Jessup. (The Clinic
X. 16; April 1876.)
Bei dem so allgemein verbreiteten Gebrancbe
und bei der eben so allgemeinen Empfehlung des
Bindens des Untedeibes nach beeudigter Gebnrt
dflrfte es gerechtfertigt sein , die Grtlnde zu nnter-
suchen , aus denen man dieses Verfahren empfiehlt.
Als solche werden angefllhrt : Wiederherstellung und
Erhaltung der frtlhem Gestalt, Herbeiftlhrung des
Geftihls von Wohlbehagen, Vermeidung von Blutun-
gen , BefUrderung der Zusammenziehung der Gebftr-
mutter, Verhtttnng von Nachwehen u. s. w. Ueber
die Zeit, zu welcber die Binden angelegt werden
sollen , gehen die Meinungen sehr auseinander ; die
Meisten rathen zom Anlegen derselben unmittelbar
nach Entfemung der Nachgeburt , tim eine Blntung
zu verhtlten , Andere eine oder zwei Stunden nach
dieser Zeit, wenn man von der Contraktion des
Uterus fibeTzeugt ist und wenn keine Blutung mehr
zu befllrchten steht ; wieder Andere rathen, die Binde
unmittelbar nach der Geburt des Kindes und also
vor Austreibung der Nachgeburt anzulegen. Die
Mehrzahl der geburtshtiif lichen Schrifts teller verwirft
das Anlegen von Binden wkhrend der Gebnrt ganz
eutschieden, weil dadurch die Thatigkeit der Muskeln
beeintrftchtigt werde, wfthrend Andere das Gegen-
theil empfehlen, urn die MuakeltbUtigkeit zu ateigern.
Diese wollen die Binden ganz locker, Jeae dagvgen
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145
IV. Gynikologie a. Pfldiatrik.
fast aagelegt wissen, and nooh Andere empfehlea
das Auflegen vd* Compresses anf die Geb&rmatter
nnd ein so festes Binden derselben , als die Frau nur
vertragen kann. Audi darflber, wie lange das Binden
danern soli, herrechen selir verschiedene Meinungen,
ob nur einige Stunden oder T&ge oder Wochen
hindurch.
Was nun zuerst den so allgemein verbreiteten
Ghmben betnfft, dans dsrob das Binden des Leibes
die Erhaltnng der Figur begflnstigt werde, so dflrfte
wohl kaum ein PhyBiolog von der Wahrheit des-
selben tiberzeugt sein. Die Involution der Geblr-
rantter erfolgt ebenso wie das Wiederstraffwerden
der Banchmnskein nach Entleerung des Uterus ganz
von selbst ohne Zuthun einer von aussen her wirken-
den Bandage. Ein richtiges Urtheil darflber, ob das
Antegen von Binden den Franen ein Wohlbehagen
vernreacht oder nicht, dflrfte sich nur dnroh Ver-
gleichung gewinnen lessen. Vf. ist davon Ubereeugt,
dass, wenn man bei einer gleichen Anzahl von Franen
Binden anlegt nnd nicht anlegt, die letztern sich be-
haglicher ftLhlen werden ; nach der Entleerung des
Uterus ist eben so wenig ein Grund vorhanden , sich
uabehaglich zn fUblen , als nach der Entleerung der
Harnblase oder des Mastdarms ; in alien diesen Fallen
bedarf das entleerte Organ der Rohe , aber kernes
Drackes von aussen. Ohnmachten, die ebenfalls
dureh das Binden des Leibes verhtttet werden sollen,
werden bei Nenentbundenen , Falle von H&morrha-
gien ausgenommen , tlberhaupt nie eintreten , wenn
nieht eine Idiosynkraaie zu denselben besteht oder
wenn die Neuentbondenen nicht aos der horizontalen
I .age pidtzlich in eine aufrechte gebracht werden.
In Beaug auf die Wirkung des Anlegens von
Binden anf den Eintritt von H&morrhagien hebt Vf.
hervor , dass eine nach Entleerung des Uterus ein-
tretende Blutung gewflhnlich von ungenUgender Con-
traktion der Gebftrmutter herrflhrt; ihre Verhlltung
oder Stillung beruht daher auf dem Eintreten ge-
nflgender Con traktion dieses Organs. In 99 von
100 F Allen erfolgt die genttgende Zusammeuziehung
ganz von selbst , beaonders auch ohne Anlegen von
Binden; Erschlaffdng des Uterus hat Blutung zur
Folge. Tritt nun eine solclie ein, obgleich eine Biude
us den Leib gelegt worden war, so besteht die erste
Aafgabe darin , dieselbe zu eutfernen , um sich von
der Beschaffenheit des Uterns darch das tiefUhl genau
unterrichten zu kCnnen. Schon der Druck mit der
Band pflegt Contraktioaen hervorzurufen ; gesehieht
dices nicht , so wenden wir KAlte an , Mutterkorn,
ftihreu die Band in das Innere des Uterus , injiciren
Eiswasaer oder Styptika. Dass (lurch das Anlegen
von Binden Nachwehen weder verhtttet, noch, wenn
sie eiagetreten, beseitigt werden , dflrfte nielit zu be-
stmiten sein. Barnes, der berflhmte Londoner
Geburtshelfer, empiehlt dasAnlfegen von Binden, um
die Aehse des Uterus mit der des Beckeneingaages
in ricfctlgem Einklange zu erhalten.
Wenn nun aus dem biaher Gesagten hervorgeheo
Med. Jahrbb. Bd. 173. Hit. 3.
dflrfte, dasB das Anlegen von Binden mb dea Datatv
leib Neuentbundener in der empfobfenen Wtiae,
d. h. fast, mit einer Compreese auf dea U terms, vflllig
natzlos ist, so ist eine andere Frage die, ob dasadbe
nicht schidlich werden kann. Nach einer lange
dauernden und schweren Gebnrt ist die GebArmWtter
oft schmerzhaft und aehr empfindMcb gegen jede
Bertthrung ; unter solchen Umstlnden ist es gewim
am gerathensten, das enchOpfte Organ ungeetttit der
Ruhe zu ttberlassen, dureh Druck wtlrde die Sohmane-
haftigkeit nur gesteigert und unter UmstAnden Ent-
zttndung bewirkt werden. Druck auf die entteeifte
Qebfirmutter raft Nachwehen hervor; daber when
wir , dass Frauen , die von Nachweban gequttlt web-
den, womflglich die sie drttekende Leibbinde xa shb-
fernen oder wenigstens su lockern suoben. Bin
grosser , den Binden zu mac bender Vorwurf ist die
8 Wrung des normalen Verhaltens des dnroh me eaiZ-
primirteu Uterus. Nach der Gebnrt ist die GeMb-
mutter ein fester, etwa 2 Pfd. schwerer, xnehr Sis
kindeskopfgrosser Korper ; einem auf sie anaguflbttti
Drncke nachgebend , weicht sie zurtlck , bis sie attf
einen fasten Widerstand trifft, anf dea Beaten
e ingang , auf das Promontorium. Es dflrfte wohl
kaum etwas geben, was so leicht, wie aia dSrartiger
Druck, zu Lageabweichungen des Uterus dea AnlaSs
bietet , und sicherlich ist die grflaste Anzahl der bei
amerikAnischen Frauen so hAnfig beobaehtetou Gebflb-
mutterkranklieiten auf diese U reache znrflc kzuftthrap.
Die Involution der GebArmntter soil binnen C Wocheh
beendet sein , dureh das Anlegen der Binden wind
diese Involution sicherlich gestdrt, weshalb wir nieht
selten Frauen finden, die nach Ablauf dieser Leat
eine Geb&rmutter von doppelter Grasse und SelrmtM
haben.
Das so ttberflflsaige und sogar bachtheUige -BiM-
(len des Leibes nach der Entbindang ist zur OfeU
sehon von mehrern Geburtshelfera unteriaaaen war-
den , hofientlich wild es bald gams ana der Praxis
versehwinden. (fliokel.)
594. Ueber das Hichteintreten von Blutung
bei nieht unterbundener Kabelschnur von
Prof. LudwigKleinwkc liter in Prag. (Prag.
Vjhrschr. CXXXI. [XXXIII. 3.] p. 121. 1876.)
Dr. Strawinsky bezeichnet in seiner Atftand-
luag ttber dea Bau der Nabolgefksse nad ihnsn V*r-
schhtss nach der Geburt (Sitz.-Ber. d. k. Akad. su
Wien, math.-physik. Kl. LXX. 3. Abtii., Jnli 1874)
folgende Umsttnde als Ureaoben des Nkhtehatretens
von Blutung bei Aicht unterbundener Nabelachiwr;
1) Der Abfall der Temperatw des Funiculus post
partum kann eine Contraktion der Riagmoskulatiif
herbeifllhren. 2) Dureh die Einwirkuag der atmo»
sphflrisohen Lttft utf die Haut und Heapiratfousabep-
flache kann ein Reiz ausgettbt werden, dec anf
reflektoriachem Wege eine Zusamneadehuqg der
Nahelarterien herbeifllhren kann. 3) Mit dem Uabefrf
gang* vom infra- sum ratmutefiaen Lebea > mi dem
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IV. Gynikologie u. Pidiatrik.
RoapiTationabegmne und den dadurch bedingtenVer-
Jtadernngen des Kreislaufes k&nn ein innerer Vorgang
verbonden sein, der eine Zusammenziehnng der Nabel-
arterien zur Folge hat. — Gaaz be Bonders betont
Stravinsky imruer wieder die Contraktion der
Arterien im Nabelringe, welche K lein wftchter
nicht als prim Hr gelten lassen will , sondera nnr als
one der Contraktion der Arterien innerhalb des
Stranges sekundftre. Die unter 2) und 3) aufgestell-
ten Satze Bind so unklar gefasst , dass man eben so
wenig weiss, wie sich Str. den reflektorischen Weg
als den innern Vorgang vorstellt. K 1. macht da-
gegen geltend , dass das , was Str. snb 1 erw&hnte,
der Todesstarre entspreche, die eben sowohl am
placentaren , als am ffttalen Theile der Schnur ein-
tritt. Die Todesstarre veranlasst die Bildung eines
dtnnen Thrombus , der nur so weit reicht , als die
Tadesstarre reicht — bis znm Nabelringe. Dass die
Btutang bei nicht unterbundener Schnur im warmen
Bade wiederkehrt , erkl&rt Kl. durch die Iebhaftere
HerrthtUigkeit. — Als die Momente , welche den
Eintritt einer Blutung ans dem nicht unterbundenen
Nabelstrange ermftglichen, flihrt Kl. den normwidrig
gestreckten Verlauf der Arterien im ffttalen Ende
des Nabelrtr&nges und die Weite der Arterien an
ebendemselben Theile des Stranges an. K 1. stellte
Messungen des Lumens der Nabelgef&sae an , die er
der L&nge nach durchschnitt ; er fand dabei (die
Zahlen mttssen im Originate eingesehen werden),
dais die Arterien vom placentaren Ende nach dem
BKalen Ende hin enger werden, sowohl bei ausgetra-
geaen wie frtthreifem Frttchten. Umgekehrt verhalt
deb die Nabelvene ; sie wird gegen das Fruchtende
Ma waiter.
SchlUsslich theilt K I. den seltenen Befund zweier
Nabelstringe mit. In einem Falle spaltete sich die
Vdne 153 Mmtr. oberhalb des Nabelringes in zwei
gleich weite Aeste. Im 2. Falle verbreiterte sich
ein 60 Ctmtr. langer Nabelstrang 15 und 35 Ctmtr.
welt : von der Placenta zu einem 28 Mmtr. breiten
Bande ; an beiden Stellen bogen beide Arterien von
der Vene nach aussen ab und liefen , an der ersten
Stelle gestreckt, ziemlich weit von einander ab,
wfthrend sie an der zweiten Stelle einen dichtcn
Gethsskanal (?) bildeten.
{Bei der Frage nach Eintritt oder Nichteintritt
eiasr Blutung bei nicht unterbundener Schnnr wird
viel zu wenig die eingetretene Athmung gewtlrdigt.
Die Cirkulation in der Schnur erlischt, weil der
Lungenkreislauf eingeschaltet wird. Bei nicht unter-
tomdener Schnur erfolgt daher eine Blutung , wenn
entweder die Athmungsthfttigkeit nicht gehOrig in
Gang kommt (Asphyxie , Atelektase etc.) , oder bei
sehr krtftiger Herzthdtigkeit , wie sie z. B. durch
warmee Bad angeregt wird , oder sich bei Knaben,
wfe flberhaupt grftsaern und llngern FrOehten eher
verfindet. Die Contraktion der Geffcase, mag sie min
itn Nabelringe (Stravinsky, wogegen aber Kl.
4ie nbtWgen Einwtode beigebracht hat) oder in dem
fttalen Schnurreste (Kleinw&chter) eintreten,
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ist ja nnr ein ontergeordnetes Moment gegen das
Sinken des Blutdrneks in der Nabelschnur bei Ein-
tritt der Athmung.] (Koruann.)
595. Die Form des Beckons beim FStua
und Neugebomen und ihre Beziehung zu der
beim Erwachsenen ; von Dr. H. Fehling in Leip-
zig. (Arch. f. Gyn&kol. X. 1. p. 1. 1876.)
Unter 130 in dflimem Weingeist anfbewahrten
Becken des Ffttus und des Neugebomen befanden
sich 4 Becken aus dem 3. Fdtalmonate , deren Ein-
gang die querovale Form zeigte, obschon man die
rande oder lftngsovale Form des Eingangs fttr das
Becken des Neugebomen als typisch zu betrachten
pflegt. Ansserdem fand sich die erste Andeutung
der Krtlmmung der LendenkreuzwirbelsAule und das
Fehlen der Geschlechtsunterschiede. — Aus deni
4. Mon. wurden 9 Becken nntersucht. Es zeigt sich
hier bereits eine deutliche Krtlmmung der Lenden-
kTenzwirbelsftule , eine stftrkere Entwickelung der
Spinae posteriores superiores , eine deutlich keilfftr-
mige Form des 1. Kreuzwirbels, aber anch hier noch
kein Geschlechtsunterschied, welcher erst im 5. Mon.
deutlich auftritt. In den sptttem Monaten bleiben
die allgemeinen Verh<nisse ahnliche, nur treten
einzelne Vertlnderungen, wie z. B. die Naherung der
Spinae posteriores und Vergrftsserung der Distantia
ileo-pubica, auf — VerhtUtnisse , deren Entstehung
man bisher in einen causalen Zusammenhang mit den
Dmckwirknngen der Kumpflast gebracht hat. —
Von reifen Neugebomen liegen 18 Becken (11 M.,
7 K.) vor. Wie bisher, so sind auch hier die Belege
in QberBichtlichen Zahlentabellen und gut ansgeftlhr-
ten Abbildungen zu linden ; die Querschnitte wurden
nach Eintauchen der Becken in Gypsbrei mit f einen
Knochens&gen ausgefhhrt. — Das Kreuzbein ist
beim Becken nengebomer Knaben breiter, als bei
dem von Madchen (3.24 : 3.03) , und zwar in Folge
krftftigerer Anlage der Wirbelsftule der ersteren. In
der Lftnge Uberwiegt das Midchenbecken (4.5) duieh-
schnittlich die des Knabenbeckens (4.4) Beim Men-
gebomen ist das Kreuzbein noch nicht so zwischen
die Seitenbeckenbeine hereingesimken, wie beim Er-
wachBenen. Beim Neugebomen ist noch kein Vor-
berg vorhanden. Am Kreuzbeine des Neugebomen
ist nicht wie bei dem des Ffttus eine Querstreckung
sichtbar, es besteht aber dnrchgftngig eine geringere
Aushfthlung in der Quere, als beim erwachsenen
Weibe , und diese nfthert sich noch selir der Qner-
streckung. Das Knabenbecken hat seine grftsste
Breite nither dem Kreuzbeine , das Midchenbecken
niher der Distantia ileo-pubica. Die Form des Becken-
einganges bei Knaben ahnelt mehr einem Dreiecke,
bei Madchen einem Queroval (weil die Pars pelvic*
ossium ilei bei Madchen starker entwickelt ist). Die
Httftbeinplatten Bind beim Madchenbecken stefler
gestellt als bei dem der Knaben (Luxatio femoris
congenita vielleicht deshalb fast nnr bei Madchen be-
obachtet?). Vf. konnte nie eineHfthlung oder Spalte
zwischen den beiden Knorpeln der Symphysis pubis
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147
IV. Gyn&koloeie u. Pidiatrik.
(Luschka) eafcfecken. Der Schambogen 1st bet
Mfldrhen viel abgerandeter (77.1°) , bei Knaben ist
ein spitzer Scbamwinkel vorhanden (67.5°). Das
Becken 1st denmach bei Knaben boher und schmhler,
bei M&dchen niedriger und breiter , es stehen daher
die Pfknnen hier waiter auaeinander; bei den Becken
Erwachsener 1st dieser Unterechied ja ltogst be-
kannt. Am Beckeneingange ist die durchscbnittiiche
Qoerapannnng beim Neugebornen etwas geringer a Is
beim Erwachsenen. In der Bailie Bind sjtmmtliche
Darchmesser geringer als im Eingange, nehmen aber
bei Knaben starker ab als bei M&dchen. Im Aus-
gange treten die Tubera ischii fast durchgangig noch
naber zusammen als die Spinae ischii. Hier ist der
geiade Durchmesser der kleinste von alien , beaon-
ders bei Knaben. Els geht hieraus hervor, dass das
Becken des Neugebotnen ein nach dem Ausgange zu
gleichmSssig verengtes Trichterbecken darstellt
Im 2. Capitel (p. 51) verbreitet sich Vf. tiber
die Entstehungsweise der Formen des Fdtus- und
Erwachsenen- Beckene. Nach der Ansicht von
de Fremery, Litzmann, Schroeder und
Duncan ist die Form desBeckens des Neugebornen
der des Erwachsenen sehr unkhnlich und der Ueber-
gang in letztere wird einzig durch die Last des
Rumpfe8 hervorgerufen. Nach dem Ergebniss seiner
eigenen Untersnchungen nennt Vf. , da schon friih-
zeitig eine Querspannung nachweisbar ist, die
Becken mit random Beckeneingange selir selten , die
mit Iflngsovalem Eingange oder die querverengten
geradezu pathologisch. Die Querspannung des
Beckens ist daher’eine specilische Wachsthumseigen-
thflmlichkeit desselben, deren Ureache in dem zuerst
entstehenden und daher spkter krafdger wachsenden
Knochenkern des Huftbeines zu suchen ist. Viele
Worte verschwendet Vf. , um die frllher aufgestellte
luwnnige Behauptung, die weiblichen Geschlechts-
theile trilgen zur Erzeugung der Querspannung bei,
zu widcrlegen. Dass Vf. dabei aber von dem „klei-
nen rudimentkren Uterus beim Fdtus “ spricht, ist
nicht richtig ; fflr den Fdtus ist der kleine fdtale Ute-
rus keineswegs radimenthr ; er wird es erst ftlr die
Erwachsenen, wenn er seine fdtale Form beibehalten
hat. Als zweitwichtigen Punkt betont Vf. die schon
in der Fdtalzeit auftretende KrUmmung der Kreuz-
steassbeinwirbels&ule und die Keilform einzelner
Wirbel, als deren Ursache er wiederam nicht die
RiLckemmuskulatur ansicht , sondern das ursprtlng-
licbe Knochen waclisthum . Der dritte Punkt, auf den
Vf. nochmals aufmerksam maoht, ist das frllhzei-
tige Eh’scheinen der Geschlechtsun terse biede ; diese
sind am Kreuzbein den sptttern gerade entgegen-
geeetzt (es ist bei Knaben breiter, daher stehen die
Darmbeinplatten bei denselben weniger steil als bei
M&dchen), die Form des Beckeneinganges ist jedoch
bei dem weiblichen Becken bereits charakteristisoh
und der sp&tern khnlich (qneroval gegen die mehr
dreieckige der Knabenbecken). — Die S-f&rmigc
KrUmmung der Darmbeink&mme ist bereits im 4. Mo-
nat zu sehen ; es bildet sich an der 8 telle , wo sich
das Lig. ileolumbale an den Httftbeinkanm aoaetzt,
ein deutlicher Knick (gegen Litz mm). In Be-
treff der Krtlmmung der Doreo - Lumbal wirbelsAule
beim Fdtus bestktigt Vf. nach einem L&ngsduroh-
schnitte (Braune’s Gefriermethode) die Balan-
din ’schen Angaben. — Die spittere Wirkung der
Rumpf last bringt daher nicht die Krhmmungen der
WirbeUhule hervor, sondern vergrdssert sie nr.
Schlfisslich fasst Vf. das Ergebniss seiner Unter-
suchungen in folgenden Sfttzen zusammen.
1) Die Querspannung des Fotalbeckens liegt in
der ursprllnglichen Anlage nnd tritt schon sehr firtth
auf. Die Theorie ihrer Entstehung durch Rumpf-
lastwirkung ist zum Mindesten Uberflttssig.
2) Geschlechtsunterschiede am Fdtalbeokan aiad
meist schon vom 4. Mon. an vorhanden , vollst&ndig
deutlich beim Neugebornen.
3) Das Becken des Fdtus und Neogebaniea
zeigt sowohl Qnerstreckung als auch ausgesprochene
Llngskrllmmung des ETreuzbeins.
4) Die Aehnlichkeit dieser Querstreckung mit
der beim rbachitisclien Kreuzbein, sowie ednige an-
dere Punkte sprechen da/ttr, dass dieselbe bei dieser
Beckenform ein Stehenbleiben auf fdt&ler Stufe be-
dentet , ebenso die spitzwinklige Form der lncisura
ischiadica. (Kormann.)
596. Ueber den Kinflnes der Linge dee
Zungenbkndohens auf das Saugm; van Dr.
Bailly. (Gaz. des Hflp. 58. 1876.)
Vf. behauptet [mit Recht], dass das „ira lange u
Zungenb&ndchen dfter durchschnitten wird , als
es das Saugen erschwert. Ist nun anch im Allge-
meinen Nichts gegen die kleine Operation zn sagen,
sobald man nur die Geftsse am hintern Winkel des
Zungenbftndchens nicht verletzt, — so wirft Vf. doch
die Frage auf, ob die Trennung des Zungenbtnd-
chens eigentlich nothwendig, ob sie ntttzlich sei.
F'olgender Fall scheint gerade das GegentheM zu be-
weisen.
Ein neugebornes Madchen von mittlererGrSsse wurde
am Tage seiner Gebnrt sofort an die Brnst der Mutter ge-
leget and mehrmais in den nachsten Tagen ; trotz guter
Bildung der Briiste sog das Kind nicht. Eine Freundin
der WSchnerin, die selbst ihr lOmonatl. Kind stillte, ver-
raochte an der eigenen BruBt keinen bessern Erfolg zu er-
zielen. Dagegen trank aber das Kind eine Saugflasche, die
mit einem sehr grossen u. sehr langen Saughutchen vereehen
war, ganz gut aus, nur hatte die Warterln stets gawisee
Schwierigkeiten, das Saughutchen in den Mund des Kin-
des zu bringen and musste stets die gegen den Gaamen
anliegende Zunge erst etwas mit dem Finger nleder-
drficken. Vf. fand die Zunge fibermissig iang und ab-
solut ohne ein Rudiment des Zungenbandchens. Sie
schien trage zu sein und im Munde herumzuschwanken,
den Pharynx wie eine Klappe verschliessend. Das Kind
wurde einer guten Arame fibergeben , welche flbeT die
Brustwarze ein dem Sangflaschenhfitohen ahnilehes War-
zenhutchen setzte und die Zunge mit dem Finger nleder-
drfickte. Drei Wochen iang konnte das Kind auf diese
Weise gut trinken, von der 4. Woche ab vermochte es
selbst seine Zunge niederzudrfleken und die Brustwarze
direkt zu fassen.
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143
IV. Gynftkologie u. Pftdiatrik.
Weon VL aoUQuich sagt: „veraehen rait dem
nornmlen Bftndchen , wttrde die Zunge an dem Bo-
de* dee Mundes liegen geblieben sein und die Brusrt-
warac der Mutter ieieht gefasst baben, u so hat er
nor zur Hilfte recht Denn auch bei normal em
Zungenbindchen liegt dieZungenspitee des ruhenden
Kindea dem harten Gaumen fest an , sobald dessen
Naae vfillig firei et, nnd erst beim Oefinen des Mun-
des ftllt sie auf den Boden der Mundhfthle. Dass
in Vfs. Falle das letztere nicht geschah , 1st das an
Seinem Falle einrig Abuorme und walirscheinlich die
Folge des Mangels des Ztungenbftndchens.
(Kormann.)
597. Das n&chtliohe Aufhohreoken oder
Anfkreisohen der Kinder ; von Sanitfttsrath Dr.
Caspar! in Meinberg (Dentsche Ztschr. f. prakt.
Med. 28. p. 324. 1876) und Prof. Dr. Edlefsen
is Kiel (a. a. O. 38. p. 412).
Caspar! beobacbtete das nftchtliche Auf-
schrecken,, das Steiner alsFoIge eines angstvollen
Traumes angesehen wissen wollte, auch bei halb-
jSteigen Kindern nnd zuweilen in Verbindung mit
lefehtern oder Bohwerern Convulsionen. Er nimmt
mit Steiner eine idiopathiscbe Gehirnreizung an,
beflOnders bei zarten , anftmischen nnd geistig vor-
zeitig entwickelten Kindern. Als specifisches Mittel
wendet er dagegen Bromkalium an , und zwar je
naeto dem Alter 0.5 — 1.5 Grmm. pro die (1.5 auf
50.0 Grmm. Wasser 4mal tftglich 1 TheelSffel voll).
Nach Edlefen’s Erfahrungen sind Beruhignng
und Schlaf fast immer durcb Bromkalium bei kleinen
Kindern herbeizufuhren , besonders bei dem zucken-
daa Znsammenfahren, durch welches der Schlaf vie-
ler, aber besonders grosserer Kinder oft unterbrochen
wird. Bei Convulsionen, beim Zabnen und bei
MeningHLs bleibt jedooh diese Wirkung aus. E.
gjett halbjihrigen kraftigen Kindern tftglich 3—4
Mai oder Abends 1.— 2 Mai 0.5 Grmm. ; jttngern
odar eckwftobern Kindern meist nur 0.25 Grmm.
pro doai, wftbrend er bei iUtern Kindern auf 0.75
Grmm. mehrmals tftglich steigt. Nftberes behftlt
sich Ek ftr eine spfttere Mittheilong vor.
(Kormann.)
598. Ueber Peritonitis bei Kindern ; von
Dr.8. Kersch in Png. (Memorab. XXI. 1. p. 251.
1876 .)
Nachdem Vf. auf die 8ohwierigkeiten , die der
Diagnose beim kranken Kinde, besonders aber bei der
Peritonitis desselben, deren Erkennen umgekehrt zu
dem Alter des Kmdee schwierig ist, entgegentreten,
hiBgewieeen hat, hebt er herror , dass an Peritonitis
leidende Kinder stets mit angezogenen Schenkeln
daliegen und beim Emporheben (onter den Armen)
sefinrt die Beine anaiehen, dass sie stets nur ober-
flftdhfich athtoen nnd me stark Bchreien kdnnen.
Pathognostisch sind daher die Schreiversuche ; die
einaelneo Schreie sind langgezogen und gedelmt,
die Pausen zwischen ihnen Lang und von eiaer Beibe
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ftasserst kurser Inspirationen a smge fl t ik. Die iVo-
gnoee hftit Vf. bei Kindern dnrohsohnittlich fttar gttn-
stiger, als bei Erwachsenen, nur blieben alle Mftd
chen, die Vf. an Peritonitis behandelte (10 FUlc
notirt), steril. — In Bezug auf die Therapie hebt
Vf. hervor den gtinstigen Emfluss lokaler Blntent
ziehungen (Blutegel), kalter Ueberschlftgt, die sorg
fftltig mit Guttaperchapapier bedeckt werden mtlsaen,
und des Morphinm nach ergiebiger Stuhlentleenrag.
Bei grdssern Exsudatmengen ist baldige Anwendong
des Trokar angezeigt. K. ffihrt einen schweren
Fall an , in welchem nach zeitiger Punktion dock
Heilung eintrat. — Der andere von Vf. mitgetheilte
Fall, in welchem der Peritonitis Sterilit&t folgte, ge-
hflrt streng genommen nicht hierher, weil das be-
treffende Kind [?] zur Zeit der Erkrankung bereifcs
14 J. z&hlte und schon zum 2. Male menstrnirt war.
(Kormann.)
599. Pftdia triache Casuistik ; von Prof. G o 1 t-
fried Ritter. (Prager med. Wchnschr. I. 24.
p. 453. 25. p. 473. 34. p. 633 u. 35. p. 653.
1876.)
I. Pyopneumothorax latent mnirtri. Kin 7Jahr.
Made hen bot einen aus mehr als einer U reache retired -
haften und daher hochst interessanten Krankheitsverlauf
dar, der durch Belgabe von Puls-, Respirations- und Tem-
peraturenrven erlautert wird. Das Kind, welches mit
den Eltem musicirend umhergesogen war, wnrde abge-
magert , mit fotidem Athem und linkseitigen Rasselgeran-
schen bei nach oben meist scharf begrenstor Dampfung
uber dem untern Thcile der linken Lunge , mit oopiosen,
dunntlussigen, hellbraunllchen btuhlentl eerungen und ver-
schledenen Hauthamorrhagien in das Kinderspital aut^e-
nommen. Nach Eintritt einer auffaLlenden Bessening
wurde plbtzlich am 22. T. nach der Aufnahme die Aus-
bildung eines linkseitigen Pneumothorax beobachtet , wel-
chem das Kind nach weitern 16 T. erlag.
Die Sektion erwies die linke Brusthalfte, bei deren
ErSffnung fStidesGas entstromte, mit l'/i Liter motkigea,
griingelben Exsudats orfullt. Die linke Lunge war gaaz
an das Mediastinum angedruckt und mit ihm rerklebt;
trotz genauester Untersuchung konnte nicht die ge rings te
Oeffnung an ihrer Oberflftche entdeckt werden. Ausaer-
dem (and sieh nur eine bohnengroase verkaste Bronchial-
dribo. In den Bronchien des untern Lappens der sonst
gesunden rechten Lunge eitriger Schleim. Im Dickdarm
zahlreiche hanfkomgrosse Scbleimhantdefekte , besonders
in der Flex, sigmoidea. Ausserdem nur noch Verfettung
der Leber und des Henanuskels.
In der Epikrite nimmt Vf. an , dass das Kind
wfthrend eines abheilenden Typhus oder nach sebr
erschOpfender Diarrhde (woftlr die Anamnese siehere
Anhaltspunkte nicht erg&b) von hftmorrhagfeeber
Diathese befallen wurde, welohe zu einem hftmorr-
hagischen Infarkte der Lunge ftlhrte, der naoh aossen
dnrohbracb und dabei den Pneumothorax bedingte;
die eitrige Pleuritis entstand erst durch den AnsMtt
fJJtider Massen in die Pleurahflhle.
n. n. III. Zwei F&lle von Eklamptie dee frfthesten
Sftuglingsalters. Wlr gedenken hler nur dee letsten
Falle*: Dermatitis; Ikterus; Conjunctivitis palpebraMs
catarrhalis; Defectus ossificationis ; Eclampsia. Nach
verachiedenen Schwankungen des KSrpergewichts trat
bei dem betr. Knaben, nachdem ein vorhandener Ikterus,
Bowie eine Hautaffektioa (MlUaria ihnlich mttLowtoeeuag
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149
V. Chirurgfe, Ophth&lmologie n. Otktrik.
gribaerar rod kletatmv Eptdemririippwi) rhokg&ngig fe-
wovden warm , plMzUoh am 18. Lebeastage ohae Simmt«
VeranlaMDng eln eklampttscher Ad fall an t. Die Anflile
hiaftea rich bis auf 66 In 84 Std. (am 81. Lebenstage).
Trotzdem trank das Kind ansgiebig und nahm stetig
an Korpergewicht zu. Der das Kind stillenden Amine
wnrde an dessen 80. Lebenstage 0.001 Grnim. Atropinnm
sulphurlcum, nach 8 T. 0.008 Grnim. gegeben. Die Zahl
der Anfalle ging etwas zuruck. Am 84. Lebenstage fand
ein Ammenwechsel statt ; die Anfalle warden nlclit
haaflger, aber intensiver. Neben kalten Einwickelungen
erhielt das Kind am 86. nnd 86. Lebenstage je 8 Tropfen
einer LSsung von 0.1 Gram. A tropin in 10 Gram. Wasser
frub und Abends ohne Erfolg. Am 86. Lebenstage nahm
da» Korpergewicht mb, am 87, trat pl&Ulich der Tod in
eiaem Anfalle eln.
Die Seidon wies das Beatehen von Ehachitis , Bron-
chitis capillaris , Oedema carebri , Haemorrhagia levis
cerebri und Nephritis parencbymatosa nacfa.
In der Epikrise weist Vf. zuerst darauf hin, dass
die an Eklampsie leidenden Sauglinge der ersten
Lebenswochen, deren Zahl geringer ist, ala gewdlin-
lich angenommen wil'd (Ritter sail unter durch-
3ohnittlich 2300 Findelkindern jahrlich nur & Ffille
von Eklampeie in den ersten 14 Lebenatagen), die
Sanglnst nicht verlieren. Da das pldtzliche Auf-
hdren des TrinkvermOgens der Kinder dieses Lebens-
abschnittes stets eine akute Erkrankung der Nerven-
ocntren nnd ihrer Httllen anzeigt , so 1st eine aolctae
bei Eklampsie nicht anznnehmen. Bei den eklampti-
schen Anfallen bleibt die KSrpertemperatur noimal.
Vf. ist hiernacli geneigt , die eklamptischen Anfklle
der Neugeborenen [besser: der jiingsten Sttuglinge]
in der Mehrzahl der Ffille als Vorlfiufer , ja wahr-
scheinlich als die infantile Form des epileptischen
Leidens des Individnnm anzusehen, wie ja auch
Andere denselben Zustand akute Epilepsia der Nen-
geborenen benannt haben.
Wegen der ausftlhrlichen Begrfindung der An-
nahme einer nahen Verwandschaft odor IdentitUt der
Eklampeie des jungen Kindes und der Epilepsic
ftlterer Kinder und Erwachsener mttssen wir auf das
Original verweisen. Hervorgehoben sei hier nur die
Anwendung des Atropin gegen die Eklampsie, und
zwar durch den Organismns der Stillenden bindurcb,
zu weleber R. durch rnehrfacheErfahrnngen fiber die
gtlnstige Wirkung desselben bei Epilepsie veranlasst
worden ist. In den beiden hier mitgetheilten Fallen
war allerdings kein Eifolg von dieser Medikatian zu
beobachten. R. hat jedoch frflbcr (1870) in 2 Fillen
gtlnstige Wh'knng davon gesehen. In dem einen
erhielt die a&ugende Matter zuerst 2, nach 2 Tagen
3 Mgrmm. Atrop. sulpli., im 2. die Amme tAglich
2mal 10 Tropfen Tinct. belladonnae; die Anfillle
beim Kinde verloren sich in beiden Fallen binneu
wenigen (4 — 6) Tagen. SchlQsslich hcbt jedoch R.
ausdrtlckUch hervor , dass man die Belladonna , bez.
das Atropin, um einen erheblichen Erfolg auf das
Leiden des Kindes herbeizuftlhren , den Saugenden
in einer Gabe reichen mtisse, welclie je nach der
Individual! tat der Person bereits leichtere Intoxika-
tionsersebeinungen hervorzurufen im Stande ist. E«e
solche Medikation hat bei s&ugenden Mtttteni nach
R.’s Erfahnmg gar keine Schwierigkeit , uad auch
Am men lasaen sich durch verstkndiges Zureden dazn
bestimmen. Bei genauer Ueberwachung der Aranei-
wirkong ist auch durchaus keine Gefahr zn be-
ftlrchten, (Kormana.)
V. Chirurgie, Ophthalmologle u. Otiatrik.
800. Hextere Mittheilungen liber Frak-
turen und Luxatlonen ; zxuammengestellt von
Dr. Riegner zu Breslau.
A. Verbdnde.
Dr. A. G. Miller (Edinb. med. Journ. XXI.
p. 816. [CCXLIX.] March 1876) beschreibt seine
cerbesserte Methode der Anlegung von Sayre’schen
Knitgelenkschienen. Der betreffende Extensions-
apparat besteht bekanntlich aus zwei am Ober- und
Unterschenkel durch einen Gurt zu befestigenden,
am Kniegelenk unterbrochenen und durch denTrieb-
scbltlasel verlingerbaren Schienen. Vier Heftpflaster-
streifen von 1" Breite nnd doppelt so lang als die
Schiene werden mit dem einen Ende vom Tibiakopf
abwirts so weit, als die Schiene verlfingert werden
soil, feetgeklebt, fiber den nntern Gurt herumgeschla-
gen , nach oben znm Oberachenkelgurt , hin ter dem-
selben nach abwftrts geffihrt und bis znm Kniegelenk
herab festgeklebt, das Ganze durch Rollbinden ge-
siehert. Die Verlkngerung der Schiene soil erst
nach 24 8td. rorgenommen werden, um dem Heft-
pflaster Zeit zum Festhaften zu geben.
Dr. Bates (Philad. med. and surg. Reporter
April 8. 1876) beschreibt die von Barton zur Be-
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handlung compile irter Unterschenkelfrakturen an-
gewandte Kleienlade (bran-box). Dieselbe beatebt
aus einem einfachen aus 4 Bretteru zusammenge-
nagelten Hasten, der vom obern Theil des Ober-
schenkels bis etwaa unter den Fuss reicht, oben 7,
unten 5" breit ist und von Vf. statt mit Kleie mit
ungesiebtem Roggenmehl geftlllt wird. Das Beta
wird hineingelegt imd dui'ch feste Einpackung in
das Mebl in seiner Lage gesichert. Ein grosser
Theil der Oberffeehe kann unbedeckt und so fUr Be-
obachtung und ffir Applikation von Arzneimittelu frei
bleiben. Von Zeit zu Zeit wird die von Schweiss,
Sekreten etc. durchtrknkte , der Hant zon&chst an-
liegende Schicht entfernt. Vf., welcher den billigen,
leicht berzustellenden Apparat bei Brfiohea jeder
Art nnd andem Verletzungen mit gutem Erfolge an-
gewandt hat , rfihmt die sichere , dem Pat. sehr an-
genehme Fixation, den Mangel jeder CirkulationB-
beschr&nkung bei dem letehten nnd ttber all gieioh-
mitssig ausgettbten Druck.
B. Statietik der Frakturen und
Luxationen.
Axis dem Jahresberichte der chirurgitcJhen Al-
theilung dee St. Rochue- Hospitals zu Mainz von
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150 V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otutrik.
1872 und 1873, mitgetheilt von Dr. Klingel-
h 6 f f e r (Deutsche Ztschr. f. Chir. V. 4 u. 5. p. 464.
1875) erfahren wir, dasa die GeBammtzahl der be-
handelten Frakturen 141 betrug.
Einfache Briiche des Unter arms 6, alle mit Gipsver-
band in durehschnittlich 18.6 T. consolidirt. Ein com-
plicirter Bruch der Ulna mit Heraussprengung einea
1 Ctmtr. langen Knoehenstucks heilte mit PBeudarthrose.
Oberarmbrilche 17 ; davon 8 am Schaft, 3 am obern
Ende , 4 an den Kondylen ; 3 compliclrtc erforderten die
Absetzung des Gliedes , die ubrigen wurden mit Gipsver-
band in durehschnittlich 40 T. geheilt, nur ein Querbruch
fiber den Kondylen , mit permanentem Hcftpflaeterexten-
sionsverband behandelt.
Frakturen bcider Knochen des Unterschenkels 26:
3 isolirte der Fibula, 2 der Tibia. Heilungsdauer bis zur
Arbeitsfahigkeit 61 T. : gepolsterter Gipsverband meist
gleich nach der Verlctzung.
Oberschenielbriiche 13: 9 der Diaphyse, SdesCollnm,
1 am untern Gelenkende; 11 wurden geheilt in 69 T. ;
elner im untern Drittel bei einem 66jahr. Arbelter mit
6 Ctmtr. Verkurzung heilte mit straffer, das Gehen in
einem Stutzapparat gestattender Pseudarthrose trotz
mehrfacher Exasperation der Brachenden ; ein einfacher
Sehenkelhalsbmch bei gleichzeitiger , die Resektion er-
fordernder Ellenbogengelenksverletzung endete lethal,
indem in der 2. Woche der erbebliche Blutcrguss an der
Bruchstelle vereiterte und zu jauchiger Huftgelenksent-
zundung ffihrte , wahrend an der Rescktionswunde ausser
Schlaffbeit der Granulationen nichts Abnormes zu con-
atatiren war.
Die Behandlung erfolgte im J. 1872 meist
(lurch Gipsverband mit Beckengurt , welcher in der
Chloroformnarkose angelegt wurde, liess indessen
Verkflrzung nie ganz vermeiden. Mittlere Dauer
52 Tage. Im 2. J. crzielte die permanente Ex-
tension mit Gipsstiefel oder Heftpflasteransa , welche
die Schmerzen sofort beseitigte, Bchon in 3 bis
4 Wochen Consolidation.
Von 10 Rippenbriichen wurden 8 in durehschnittlich
29 T. geheilt (Brustbinde und Bettruhe), 2 Pat. st&rben
an complicirenden anderweltigen Verletzungen , 2 Falle
waren von Pleuropneumonie gefolgt.
Schlusselbeinfrakturen 10, in durchschnitttlich 29 T.
consolidirt: Mitella, Lage auf steifem Kisaen, mitunter
Znsammenziebung der Schultern nach hinten durch
olastische Binden.
Ein Querbruch des Sternum , ein Bruch des Schuller-
hiatus geheilt.
Schddelbriiche 12 : davon 10 mit ErSffnung der Scha-
delkapsel. Von den Ietztern nur 3 geheilt , 7 Pat. an
anderweitigen Verletzungen oder der folgenden Meningo-
encephalitis gestorben. Primare Splittercxtraktion 6mal,
2mal mit Trepanation , fuhrte in 2 Fallen Ileilung herbei.
Ursachc war 2mal Sabelhieb, ImalSchuss, in den ubrigen
Fallen Sturz aus bedeutender Ilohe oder Schlag mit
stumpfem Werkzeng. Ans der Casuistik der Schddel-
brtlche heben wir folgende Beobachtungen hervor.
1) Schuss in die Mitte der Stirn, Extraktion der boh-
nengrossen, hinter der Tabula externa eitzenden Kugel
nach Erweiternng der Oefifnung. Woblbeflnden bis znm
14. T., dann pldtzlich Delirien, Kopfschmerz, Koma,
Tod. Die innere Glastafel fand sich als erhabener Stern
nach lnnen ragend , Dura-mater tntakt , dahinter jedoch
ein grosser Abscess im linken Stirnlappen.
2) Mit sternformiger Wunde complicirter nussgrosser
Lioehbruch dee linken Scheitelbeins mit Depression der
einen Knochenkante um8'“ unter das Niveau der Sehadel-
oberflache.
Nach knrzer Bewnsstlosigkelt Taubheit im rcchten
Bela u. Kopfschmerzea. Primare Trepanation mit klelner
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Krone. Entfernung zahlreicher SpHtter , namotUoh aus
der welter zersplitterten Tabula vitrea. AMiessen von
Bint aus der Schadeihdhle , Dura intakt. Einfache Be-
deckung mit Oellappchcn , Taubheit u. Kopfschmerz ver-
sohwand bald. Heilung ohne Fieber, Entlassuag mit
fester Narbe nach 6 Wochen.
3) 4 Ctmtr. lange Knochen wunde am linken Stirnbein
oberhalb des Tuber, durch schiefes Elndringen Hues
ineisselartlg zugeschiirften Hammers entstanden. Vorderer
Knochenrand eingedruckt, hinterer abgehoben , dadurch
Klaffen um 1 •/*"'• Nach muheloser Entfernung des
elevirten fiinfgroschcngrossen Knochenstiicks wird eine
kleine Trepankrone auf den vordern Knochenrand- aufge-
setzt , wonach es gelingt , die mit demselben zusammen-
h&ngendcn , gegen die Dura-mater 2.6 Ctmtr. vorgedrun-
genen Splitter zu entfemen. Letztere ist zerrissen , Mast
Cerebrospinalfiftssigkeit abfliessen. Am nichsten Tage
Fieber, AphaBie, Lahmung des linken Facialis und rechten
Arms. Nach 10 T. Prolapsus cerebri, der nekrotisirt.
Tod nach 2 Wochen. Eitrige Meningitis externa belder-
seits, im linken Vorderlappen ein huhnereigrosser jauchiger
Abscess , in dessen Umgebung rothe Erweichung. Pnri-
forme Gerinnsel Ira Sinus longit., metastatische Lungen-
infarkte, Milztumor.
Von 8 Becken/rakturen endete eine lethal in Folgr
gleichzeitiger Gehirn verletzungen , die beiden andera am
horizontalon Schambeinast durch Ueberfahren entstande-
nen wurden geheilt. Der eine dieser Falle ist bemerkens-
werth durch ein kolossales , vom Rippenbogen zura obern
Drittel des Oherschenkels sich erstreckendes Extravasat,
welches nach beroits vollendeter Consolidation der Fraktur
trotz mehrfacher Punktion persistirte u. schlusslich durch
Drainage geheilt wurde.
Die 24 Briiche an Hand und Fingem waren meist
complicirt und erforderten primare nnd sek undare opera-
tive Eingrlffe. Immersionsverfahren gleich nach der
Verletzung oder Carbolverbande fuhrtcn 20mal Heilang,
3mal Besserung herbei, 1 Fall endete todtllch.
Aus dem Bericht der chirurgischen Abtheilung
des Katharinenhospilals in Stuttgart vom 1. Juli
1873 bis letzten Dec. 1874 (Wtirt. Corr.-Bl. XLV.
26. 27. 28. 1875) entnehmen wir, dasa unter einer
Gesammtzahl von 3260 Kr. 180 Knochenbr&che n.
14 Luxationen zur Beobachtung kamen.
Von den Frakturen waren a) einfache 123 , namlieh
3 Fract. Oss. narium, 1 Maxill. sup., 1 Maxill. inf.,
9 Clavic. , 1 Sterni, 16 Costar., 1 Vertebr. colli, 7 Hn-
meri , 16 Radii , 2 Radii male sanat, 3 Ulnae, 4 Antebr.,
4 Polllcis, 1 Metacarpi, 6 Digitor., 1 Ossis pubis, 10 Fe-
moris, 1 Fein, male san., 2 Colli fem., 2 Patellae, 14
Cruris, 11 Malleoli utriusque , 8 Fibulae, 1 Astrag.,
1 Calcanei, 2 Metatars. ; — b) complieirU 67 , namlieh
10 Cranii, 2 Maxill. inf., 3 Costar., 2 Radii, 1 Olecrani,
4 Pollicis, 2 Metacarpi, 22 Digit., 11 Cruris.
Aus der Casuistik sind folgende Falle bemerkens-
werth :
1) Complicirter Splitterhruch am hiniem untern Wisikel
des Seiienw andbeins mit Jmpremion ernes 3.6 Ctmtr. lan-
gen Knochenstucks um 6 Millimeter. Primare Entfernung
von 13 Knochensplittcrn. Danach Abnabme der Parese
des linken Arms, vollstandige Heilung nach 7 Wochen.
2) Complicirter Splitterbruch des Supraorbitabwdes
mil Zerreissung der Dura und Hlrnvorfall, durch Huf-
schlag entstanden. Convulsionen , Bewusstlosigkeit nach
primarer Entfernung von Splittera cessircnd. Heilung
nach 3 Wochen.
3) Splitterbruch des Domfortsatzes und Bogens des
6. Halstoirbels mit querer Zerreissung des Hals mark e»,
durch Sturz auf den Kopf. Tod durch Soffokation nach
wenigen Stunden. Wahrend des Lebens weder eine
Deviation, noch Prominenz zn ffihlen. Symptome die be-
kannten.
Original from ,
UNIVERSITY OF CHICAGO
151
V. CMrurgie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
4 ) Fraktur des 1. tmdi. Lendenuirbels , anfaaglieh
wegen Fehlens jeder Oeformitat ala Contusio spinae auf-
gefasst. Die anhaltende Parese der untern Extremitaten
nnd des Rectum , sowie eine in der 6. Woche sich aus-
bilddnde Kyphoee der 1. beiden Lumbalwirbel fuhrten zur
richtigen Diagnose. Gegen die Mastdarmlahmung wurde
das Ferrum candens mit sehr gunstigem Erfolge ange-
wandt.
6) Eine complicate Unter kiefer fraktur zwlschen 1. u.
2. reehten Schueidezabn heilte unter dem Einfluss eines
sckweren Erysipels mit Pseudarthrose , die jedoch durch
Reiben der Bruchenden schlusslich beseitigt wurde.
6) Mehrfache Rippen/raktvr mit Lungenquetschung'
und ausgedehntem Hauteinpbysem obne Zerreissung der
Pleura. Lunge uberall fest verwachsen. Erscheinungen
anfangs nicbt bedroblich. Am 2. T. Koma und Tod durch
Lnngenddem.
7) Fraktur des horizontalen Schambeinastes durch
Verschuttung mit Zerreissung der Blase in 3 Ctmtr. Aus-
dehnung durch das tief eingcdruckte schiefe aussere Frag*
meat. Blasenblutung , Entlecrung stinkender Gase beim
Katheterismns. Am 5. T. in der linken Unterbauchgegend
eine fluktuirende , lufthaltige Geschwulst , welche sich als
ein subperitonaaler Jaucheherd erwies. Tod am 7. T.
durch diffuse Peritonitis.
Von den 10 Fract. femoris waren 5 Querbruchc
(3 oberhalb der Koudylen, 2 in der Mitte), 4 Schragbruche
and 1 intracapsalarer Schenkeliialsbnich. Bebandlung
mit Gips- und Schienenverbanden. Ueber die Kesultate
in Bezug auf Verkurzung nichts erwahnt. Vf. spricht sich
nach 2 Beobachtungen in andern Kliniken gegen die per-
manente Extension aus, ohne, wie esscheint, dieselbe
je selbst versucht zu haben.
8) Eine Fraktur beider Knochel mit Luxation des
Talus ohne Hautverletzung , durch Sturz auf die Fusse
entstanden, wurde mit Erfolg exspektativ behandelt , da
die Reduktion des Talus unmogllch war. Letzterer per-
forirte nach 14 T. die stark gespannte Baut und wurde
naeh 6 W. leicht extrahirt. Der abgebrochene Kopf blieb
in Verbindung mit dem Kahnbein zuruck. Abkratzung
der rauhen Tibiagclenkflache. Heilnng mit Ankylosb des
Fuaegelenks nnd gutdr Gehfahigkeit.
9) Bei einer subcutanen Fract. claviculae trat Eite-
rung und Bloslegnng der Bruchflachen ein , trotzdem gate
Heilung.
10) Eine Fraktur beider Ulnae u. Epiphysentrennung
beider Radii mit Perforation der Weichtheile durch die
3 Ctmtr. hcrausgetretenen Diaphysenenden zog sich ein
17jahr. Madchen durch Sturz aus 3 Stock Hohe zu. Ab-
sagnng der vorstehendcn Fragment© wegen Misslingcns
der Reduktion, Heilung auf Dorsalschiene binnen 8 W.
mit vollkommener Gebrauchsfahigkeit der Hand.
Die Briiche am untern Ende des Radius zahlt Vf.
rucksichtlich der resultireuden Gebrauchsfahigkeit der
Hand zu den schwersten des Korpers.
Unter den 14 Fallen van Luxationen war eine Luxatio
femoris obtnratoris, durch Verschuttung entstanden. Bein
ira Uuftgelenk rechtwinklig flektirt, stark nach aussen
rotirt und abducirt. Leichte Reduktion durch spitz-
winklige Beuguug und Rotation nach iunen.
Sieben Luxat. humeri, sammtlich axillares ; Einrich-
tung durch Elevation und Druck auf den Kopf.
Eine Luxat. claviculae acromialis durch Fall beim
Tragen einer Last anf der Schulter. Bedeutender Vor-
sprnng der Clavicnla fiber das Akromion. Heilnng mit
Dtfformitat, aber guter Gebrauchsfahigkeit.
Eine Luxat. antibr. postica.
Eine Luxat. radii postica.
Eine Luxat. phal. I. pollicis compi. (Risswunde an
der Volarseite). Nagelglied in Hyperextension anf der
Doraalseite, durch vermehrte Extension u. Drnck reponirt.
Eine Loxat. pedis anterior. Astragalus nach voru
geruckt , durcii die Streckselincu deutlich fuhlbar, Malleoli
intakt. Reposition durch Ueberstreckung mit gleichzeitl-
gem Drnck auf den Talus.
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In der cfarurgitchen Abtheilung dee Hopital
Saint- J tan zu Brussel (Prof. Deroubaix) warden
vom 1. Oot 1873 bis 1. April 1874 (Presse m6d.
XXVII. 24. 26. 1875) 28 Fdlle von Frak&uren,
6 von Luxationen aufgenommen.
Erstere vertheilen sich anf : 1 beider Knochen des
Vorderarms, 1 der Ulna, 2 des Radios, 2 Clavic., 1 Hu-
merus, 2 Patellae, 2 Colli femoris, 3 Corporis fem., 3 bei-
der Knochen des Unterschenkels, 1 Fibulae, 6 Tibiae,
2 Cranil, 1 Phalangis, 3 Costarum.
Die Briiche der Extremitaten warden mit Kleister-
verbhnden und Zinksckienen behandelt, bei Ober-
schenkelfrakturen die permanente Extension in der
Weise damit verbunden, dass der feste Verband aus
2 in der Kniegegend getrennten Halften bestand u.
die Zugschlinge nur bis zu letzterem hinaufreichte.
Die consekutiven Pneumonien nach Rippenbriichen,
welche D. ftlr die Heilung der Lungenverletzungen
als eben so unerlfisslich [! ?] erklftrt , wie die in der
Umgebung von ftussem Quetschwnnden anftretenden
zur Vernarbung nothwendigen Entzttndungserectaei-
nungen wurden, weil nach Vfs. Ansicht von geringe-
rer Schwere und Wirkung auf den Oesammt-Organis-
mus als die genuinea Lungenentzllndungen, expekta-
tiv behandelt. Die beiden zur Aninahme gekomme-
nen Kr. mit complicirten Frakturen des Unterechen-
kels starben an Septikftmie [!]. Die Casuistik bietet
nichts Bemerkenswerthes. — Unter den 6 Luxationen
betrafen 4 die Schulter (eine 14 Monate alt), 2 den
Ellenbogen. Ein zur Reposition veralteter Schulter-
verrenkungen beschriebenes Verfahren bietet nichts
Nenes.
George W. Norris widmet in seinen Con-
tributions to practical surgery *) (p. 132) ein grdsse-
res Capitel anch der Statistik der im Pennsylvania
Hospital in dem Zeitraume von 1830 bis 1850
behandelten Frakturen und Luxationen. Leider
ist dieselbe insofern sehr mangelhaft, als in Folge
schlechter Einrichtung der Joumale keine Trennung
gemaclit werden konnte zwischen complicirten und
einfachen Brflchen (nur die complicirten Oberschenkel-
frakturen sind besondera aufgeftthrt) , ferner Ober-
und Vorderarmbrflche in eine Rubrik zusammenge-
worfen, ebenso die Unterschenkelbrtlche nicht ge-
nauer klassificirt sind , und endlich nichts Uber die
Zeit der Consolidation der einzelnen Frakturgattungen
eruirt werden konnte. Vf. bespricht namentlich ge-
nauer die in dem langen Zeitraume durchgehends
gepflogene Behandlung der verschiedenen Brttcbe.
Femur. In der ersten Zeit wurde ein mod Hi -
cirter Desault’ scher Apparat angewendet, die
Verkilrzung dabei entweder gleich vollstSndig oder
bei starkem Muskelwiderstande dnrcli wiederholte
Manipulation innerhalb der ersten 12 — 18 Stunden
ausgeglichen. In letzter Zeit wurde von der per-
manenten Extension mittels Heftpflasteransa und
gleiehzeitiger Lagernng zwischen Sandsftcken erfolg-
reicher Gebrauch gemacht. Intracapsnlare Schenkel-
Philadelphia 1878. Lindsay and Blackiston. gr. 8.
Original from
UNIVERSITY.OE-CHICAGO
162
V. Chirurgie, Ophthalauriogie a. Otfatrik.
halsfrakturen warden ohm alle Sehienenverfoftnde
uur durch Fixation in geatreckter Stellnng mit Httlfe
von Kissen behandelt. Vf. betont bei dieserGelegen-
heit die nicht selten sich darbietende Schwierigkeit
der differentiellen Diagnose zwischen Schenkelhals-
brttohen, Luxationen and Contusionen des Httftge-
lenks, and die Wichtigkeit wiederholter nachtr&g-
licher Untersuchungen. Er referirt 2 Falle seiner
Beobachtung, in welcben wegen Mangels jeder Ver-
ktirzang , Deformit&t , abnormer Beweglichkeit und
Crepitation eine blose Contusion angenommen wurde,
nach einigen Tagen aber in Folge Umherlaufens in
einem Anfall von Delirium trem. eine erhebliche Ver-
kttrzung eintrat, welche zur Diagnose einer einge-
keilten Schenkelbalsfraktur nflthigte.
Unterschenkelbruche warden ohne Anwendung
von Schieaeu einfach in Heiater ’sober Lade mit
gleichzeitiger prophylaktischer Antipblogose behan-
delt , nach 5 oder C Wochen das Umhergehen in
Pappscbienenverb&nden gestattet. Nur bei sehr
sohrftgem Verlauf der Bruchlinie wurde Dds suit’s
Apparat , und bei Frakturcn am untern Ende der
Fibula mit starker Ausw&rtsdrehung des Fusses der
Dupuytren’ sche V erband applicirt. In einem
Falle letzterer Art , welcher mit Durchbohrung der
Haot durch das untere Gelenke der Tibia oomplioirt
war, wurde dieses in 1 t ! i " Llnge resecirt, und er-
folgte Heilung mit guter Gehfkhigkeit. Bei den
Frakturen der Patella wurden die Fragmente durch
eine Rollhinde einander gen&hert , und das Bein auf
ein Planum incl. gelagert. DerVerband beiBrilchen
der Clavicnla bestand in einem Achselkissen, einem
die gesunde Schulter umfassenden ringfdrmigen
Gnrte aus weichem Gewebe und einer leinenen,
Ober- u. Unterarm zur Halfte umgebenden Schlinge.
Letetere wird nacb gescliehener Reduktion durch 3
an ihr befestigte starke Strippen (1 binten , 2 vorn)
mit dem Scliultergurt verbuuden, nnd zwar so, dass
die Schulter der verletzten Seite genOgend nach
ausscn und oben gezogen wird ; die Hand wird in
eine Schlinge gelegt.
Frakturen der Wirbel wurden exspektativ be-
haudelt, die Frakturstellen vor Druck geschutzt , in
k einem Falle ein operativer Eingriff behnfs Eleva-
tion deprimirter Fragmente unternommen.
Humerus, Frakturen des mittleren Theils wur-
den mit Pappschienenverbiinden behandelt unter
liftufiger Verindenmg des Ellenbogenwinkels, urn
Skifigkeit zu verhtlten ; ebenso wurde bei den T-
Brllchen der imtem Epiphyse verfaliren ; die Behand-
luag der Frakturen des Collum humeri ist uicht be-
rOcksichtigt. Vorderarmlrucke wurden mit Vorder-
und Dorsalschiene behandelt. Bei den Frakturen
der untern Radius- Epiphyse wurden schon nach
1 1 Tagen passive Bewegungen des Handgelenka ge-
rnacht, und von da ab jeden 2. Tag wiederholt.
Bei Rippenbruc/ten wurden breite Rollbinden um
die Brust oder Pechpflaster und Bettrnhe angewendet.
Bei SchadtUrruchen , die mit Hautwunde und De-
pression von Frogmen ten complieirt waxen , warden
letztere regelmftssig primftr entfemt, selbst wo noch
keinerlei Drucksymptome bestanden.
Pseudarthrosenbildung wurde im Hospital selbst
wahrend des ganzen Zeitraumes niemals beobachtet,
die zur Behandlung gekommenen 18 Falle wareu
von auswkrts hereingeschickt. Wir Lassen die trotz
der oben erw&hnten Mangel in Hinsicht auf den Urn-
gen Zeitraum von 20 Jahren nnd die grossen Z&hlen
immerliin nicht uninteressante Uebersichtstabelie
folgen :
Frakturen
Anzahl
Davon
geheilt
Erleichtert
1 od. vorber
1 entlasseu
Oestor-
ben
Oberschenkel
266
217
17
32
Unterschenkel
611
490
29
92
Schfidel . . .
110
82
11
67
Patella . . .
42
38
8
1
Wirbelsaule . .
25
1
4
20
Sternum . . .
6
4
1
1
Clavicnla . . .
188
165
20
3
Arm ....
579
506
48
25
Finger ....
69
61
7
1
Scapula . . .
28
21
5
2
Kllenbogen . .
2
1
—
1
Nase und Gesicht
23
18
4
3
Unterkiefer . .
51
33
10
8
Becken . . .
13
9
—
4
Fuss und Zohen .
50
34
6
10
Klppen . . .
88
72
8
8
Astragalus . .
1
1
—
—
unbestimmt . .
8
.3
—
— ‘
compllchte des Beckens
1
—
—
1
. des Kniees
3
2
—
1
„ des Ober-
schenkels
30
8
1
21
Os calcis . . .
1
1
—
—
Summa
2190
1716
174
301
Psendarthrosen .
18
11
6
8
Summa
2208
1726
179 {
303
Die Gesammtsumme der Luxationen betrng 177 , da-
von kamen auf Schulter 101 (t 1) , HOfle 21 (t 1),
Kllenbogcn 16, Clavicnla 12, Tlandgclenk 4, Astragalus 3
(f 2), Unterkiefer, Fussgelenk (f), Radius Je 2, Hals-
wirbel (-f) , Ilallux, Knicgelenk, Cartilago semihm. je 1 :
3 sind nicht mbriclrt, 2 warcn complitirte Finger-, 6 com-
plicirte Daumenverrenkungen (t 2).;
Mit Ausnahme weniger Schulter- a. Httftgeieaks-
lnxationen waren alle friachen Datums and ohne
(Iblen Zufall reducirt worden.
Vier veraltete Falle von Sehulterverrenkungen
widcrstanden trotz wiederholter Anwendung des
Flaschenzuges der Reposition, welche bei 14 (dar
(inter eine seit 70 Tagen bestehende) gelang. In
einem der letzteren folgte eine periartakulare Phleg-
mone, die jedoch zur Heilnng fthrte. Vf. schliesst
aus seinen Beobachtungen, dass fltr die Prognose der
Einrichtung veralteter Schulterluxationen weniger
die Zeit ihres Bestehens, als der Umstand aaBBoUag-
gebend sei 1 , ob der Kopf noch lerehte Bewegungen
zulflast nnd nicht fest in die Achselhdhle gezogen
ist (?).
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UNIVERSITY OF CHICAGO
153
Y. Chirargie, Ophthalmologic u. Ofiatrik.
Von 41 flnner—4 ana ttonea, watohe gHuw klasM-
tielrt Bind, ww M aziUnren, 10 mbceraesidsae.
Eta Fall von uucomplioirter Fraktur des Astragalus
luit Luxation des Corpus astr. hinter den aussern KnOchel
ohne merkliehe Veranderung der Fussstellung wurde bei
errrem 16jiihr. Burschen beobachtet, welcher in dasWalz-
weik einer Mfthle ge rat hen war. Ein fiber deru dislociiten
Fragment entstandener Abscess wurde ineidirt und jenes,
nach 2 Monaten beweglich geworden , muhelos oxtrahirt,
woranf Heilnng mit Bcweglichkeit im Fussgelenke er-
fotgte.
Ein zweiter amrtogcr Fail betraf einen Sljfihr. Mann,
wwiaber bei etoen Fall voa der Letter anf (HeAussenseite
das linken Fusses gesturxt war. Le titer er war nach inien
gedreht , der Astragalus nach auasen and vom luxirt,
dentlich vor dem Mall. ext. dureh die unverletzte Haut zu
ffiblen. Reposition desselben warnnmSglich, daher wurde
er dnreh einen Schnitt freigeiegt and sxtrahirt ; ein Tbeil
der mit der Tibia artikulirenden und mit letzterer in fester
Verbindung gebliebenen Gelenkflache wurde zitruckge-
lassen. Der Ausgang war nngunstig, es bildeteu sicli
mehrere Abscesse, sammtliche Fnaswnrzelknochen nnd
die Tibiaepipbyae warden nach and naeh earifis , so <J*se
andortbaib Jahre nacli dem Unfall schlfissbch die Ampu-
tation des Untersobenkels gcmacbt werden uiusste , wel-
cher Pat. nach 7 Tagen erlag.
Eine Zusammenstellung AhnUcher Beobachtungen
filhrt Vf. zu dem Schluas , in Fdllen von unreducir-
barer, nicht complicirter Luxation des Astragalus
der Exatirpation desselben vor dem exspektativen
Verfaliren den Yorzug zu geben, weil bei letzterem
entweder zur Amputation ndthigende Gangriln ein-
trete , oder die schlUssLiclie Heilung mit soldier De-
formitat des Fusses erfolge , dass dieser zum Gehen
vSlKg unbrandibar werde. N. halt die subcutanen
Luxationen des Talus filr hilufiger, als die mit Baut-
zerreissung complicirten. Ein Fall letzterer Art
mit Bloslegung des aussern Knflchels und vollstandi-
ger Elimination des Talus (Fall von einer Hi) lie auf
den Fuss) endete nach 7 Tagen lethal in Folge fort-
schreitender G&ngran und Tetanus.
In einem Fall von complicirter Luxation der
Endphalanx des Dawnens wurde nach fruchtlosen
Re positions versucheu das durch eine grosse VVunde
an der Innenseite herausgetretene KOpfchen der
Grundphalanx reseoirt; es erfolgte unter einfachem
Verbande Heilnng mit guter Gebranchsf&liigkeit des
Uaumens und einiger Beweglichkeit im Interphalan-
gealgelenk. Vf. halt dieses Verfaliren nach seineu
and anderer Autoren Beobachtungen filr das einzig
ricbtige , wenn die Reposition nicht durch ru&saige
Gewaltanwendnng gelingt. Uenn selbst nach voll-
fllhrter Reduktion tritt bei Vorhandensein einer gros-
sen Wundt haufig das Gelenkende wieder hervor u.
Lanu wegen der coasekutiven durch die tibermslasige
Gewaltanwendung geateigerteu Entzttndungserschei-
imngen nicht dureb pas sonde Schienen in der rich-
tigen Lage erbalten werden. La einigen Fallen
folgte Verlnst des ganzen Daumens, jn selbst Tetanus
und tddtliclier Aasgang.
tinier dep Luxationen des Humerus kapttn 2 mit
Fractura colli complicirte zur Aufnahme. Bel der einen,
durch den Hnfkchlag Claes Pferfies erzeugten , gelang es
letebt, deo outtr den Proc. eoraeoldees tHslocirten Kopf,
Med. Jahrbb. Bd. 172. Oft. 2.
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wihrtnd die Muakebi dureh dea Shock noeh eneUUBt
warea, ndt der Hand la die GeleakhSUe zu drOcken, w»-
ranf die Fraktur in gewobnllcher Weiae and mit guteui
Resnltate behandelt wurde.
In dem 2. Falle wurde wegen erhebticber Scfcweltang
der ganzen Gelenkgegeud, weil die patbognomisobenBjrtn-
ptome der Luxation (Fixation des Arms in abdwtirtsr
Stellung, Zuganglichkeit der Cavitas glenoid, fur die Pal-
pation etc.) feblten , dagegen deutliche Crepitation njnd
Schmerzhaftigkeit der fTei ausfuhrbaren passlven Be-
wagungea vorhanden war, die Verrenkimg BbenuAen and
erst nach 4 Wochen bei Abnahme dee Fraktwrverbaadaz.
nachdem die Schwellung sicb gelegt hatte, erkannt. Das
obere Ende des llumernsschaftes stand dicht outer der
undent 11 ch zn ffihlenden Gelenkpfanne, wahrend der Kopf
2" davon entfernt In der Achselhfihie geffihlt werden
kouate nnd den Bewegnngen dee Ames nicht fclgtB.
Mit Rucksicht auf die bei exspektativem Verbal tea sn er-
wartende lcidliche GebrauchsCahigkelt und die bfichst
wahrBCheinliche UnmSglichkeit der Reposition wnrde von
jedem operativen Kingrlff, der den Zustsnd leieM httfee
verashUraoiern konnea , Abztand genommen , and Mir
Friktionen und passive Bewegungen geraaebt. Nach ‘A
Jalir verliessPat. mit einer kraftigen und funktionsfahigen
Extremist die Anstalt , doch war die Elevation fiber 90°
eiuahurert. — Naeh DWtaiakni d«r vursdhtodenen Ansich-
tdn der Autoren tn Betroff der Bekandlang dieser Lizza-
tionen entscheidet sicb N. dafur , in f rise hen Fallen die
Hepositiou dee Kopies, jedoeb aar dnreh dlrektea Diuck
mH den Ftngevn zu versuobea.
Zam Sehkuw foigt ein Fall voa xsfmr Lunation dae
6. Halsimrbels nach vorn. Ein 30$ifcr. Maim Met asn
einem schnell fatirenden Wagen kapffiber gegso einen
Preilstein. Starke Schwellung und blutige Suffusion in
der Gegend der untem llalswirbel , der Kopf etwas nach
vorn gegen die Bnist geneigt. Die gewfthnliehen pendy
tischen Symptome, abdominale Bespbration. Venaeb
einer vorsichtigen Extension. Tod nach 2 Tagen. Dai
der Sektion f, union sicb sammtliche Ligamente zwischen
5. and 6. Halswirbel zenissen, der erstere ganz nach vorn
disloeirt and vom 6. vollfftfindig getrennt. KelherM
Fraktur.
Der Zustand des betreffenden RficltaHrearksthejia,
dessen Dora iniakt , war wegen zu weit vorgeschrittener
Faulniss nicht mehr genau zu erkeuueu.
C. Fraituren.
I. AUgetmtinea.
Norris (l. c. p. 112), in ausflfhrfleher Wetoe
die Behcmdlung der Deformitdlen naeh unglOek-
lich geheilten Frakturen besprechend, stellt eifte
^rSssere Auzahl betreffender Falle aus der Llteratnr
znsammen, ohne jedoch wesentlich Neues oder 8efbflt
Beobachtetee zu geben. Er besehrankt sieh auf 9k
Kritisirung dreier Methoden : 1) Streckung des ver-
krttmmten Gliedes mit Htllle eine* woM ap pB ci rt en
Drackes. 2) Zerbrechen des Galhis und Heilung In
besserer Stellung. Als Vorbereitungskur in (Visehern
Fallen werden hier warme Dusehen trad Bader eur
zur Erweichung des Callus [?] empfohlen. Das Ver
fahren 1st leicht ausfBbrbar biB zur Bildung des de-
finttiven Gallos, d. h. bis 4 oder 6 Moirate nach staft-
gehabtem Bruch, jedooh nur verwendbar bei Eusatu-
menheilung der Enden der Fragmente In 'Winkel-
stellong, wMhrend in Fallen , wo eine Yerktming
dnreh CefeereSnandergleiten der Fragmente euhrtafi-
den ist , selbst uaeh gdimgenem WiedemrbreebWi,
wegen iGMttdng n. Abrrtndung def Brnehenden eine
20
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
154
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Vereiaigung denelbea neistentheils aasbleiben wttrde.
3) Resektion der voretehenden oder winkligen kur-
zen Theile, keilf&rmige Excision. Scblllsslicb wird die
von Brainard gellbte Methode besproehen, wel-
eher durch subcntane Perforation in verschiedenen
Richtungen den Cailns in entztlndlichen Znst&nd ver-
setzt, erweicbt und danach die Geradestrecknng dnrcli
Druck bewirkt.
Einen langern Abschnitt widmet Norris (1. c.
p. 164) ferner den complicirten Frakturen, den
wir, da er naturgemkss meist Bekanntes entha.lt, mit
Hervorhebung der N. eigentkUmlicken Anschauungen
nor kurz skizziren. Er bespricht zunAchst als fUr
die Prognose derselben wichtige Momente : das Alter,
die Gewohnheiten, die Constitution der Pat., den Sitz
der Fraktur und den Modus ihres Zustandekommens,
den Grad der Weicbtheilverletzung, die Jahreszeit.
Letzterer misst er einen betrkchtlichen [?] Einflnss
zu ; in den heissen Sommermonaten soil der Verlauf
inuner viel schlechter sein als bei ktihlem Wetter.
Von 16 im Pennsylvania Hospital in den Jahren 18SO
bis 1840 behandelten complicirten Frakturen betrafen 4
Kinder unter 13 Jahren , wovon eins starb, die andem
got geheilt wiirden. Von den 11 ubrigen Kr. star ben
9 [1], und zwar 7 schon innerhalb der ersten beiden Wo-
chen, 3 im 8. and 11. Monat an metaatatischen Abscesseu
und chron. Diarrh&e.
Znr Behandlnng flbergehend, bespricht N. die
Indikationen zur Amputation (prim&re und sekun-
dKre), aich haupta&chlich auf den Otis ’schen Kriegs-
Bericht sttltzend, die Stillung der H&morrhagien, 'die
Ehtfernung fremder Kfirper und loser Knochensplit-
ter, ohnevon den jetzt gebrauchlichen Anschauungen
im Wesentlichen abzuweichen. In Bezug auf die
der untern Extremitat zu gebende Position zieht er
die Extensions8tellung mit Lagening auf dem Rflckcn
der flektirten mit Seitenlage vor. Complicirte Cn-
terschenkelbrdcke behandelt er in der H e i s t e r ’schen
Lade, Frakturen des Oberschenkels in demBoyer’-
schen Apparat nach AussSgung eines der Wunde
entsprechenden Stflckes der Schiene, oder mit perma-
nenter Gewichtsextension. An den obem Extremi-
tftten werden geeignete Schienenverbande applicirt,
des Gipsverb&ndes geschieht gar keine Erwahnung.
Reaektion eines hervorragenden Bruchendes behufs
seiner Reduktion baltN. selten fttr ndtliig, indem letz-
tere durch Erweiterung der Wunde und fllr die Er-
achlafiung der Moskeln geeignete Stellung der Glie-
der meist gelinge. N. erinnert sich aus den 30 Jab*
ran seiner Tbatigkeit im Pennsylvania Hospital nur
einiger weniger Falle, in welchen er zur Resektion
sohreiten musste. Urn moglicher Weise (bei wenig
ausgedehnter Weichtheilsverletzung) ersteVereinigung
zu erzielen, wendet er nicbt Nabte, sondem iange
Heftpflasterstreifen an ; bei grossen Quetschwunden
einfache Warmwasserumschlage , resp. mit Wachs-
leinwand bedeckte Kataplasmen , die er, wenn mit
grosser Sorgfalt applicirt, fhr sebr gUnstig wirkend
erklart Bei profuser Elite rung empfiehlt er dringend
(die oben beschriebene) mit trockner Kieie gefllllte
Lade (bran-box), welche namentlich die in der heis-
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sen Jahreszeit h&ufige Madenbiidung aus auf das
Glied deponirten Fliegeneiern verhindere. Bei ans-
gedehnter Weichtheilszerreissnng wird von der per-
manenten Irrigation Gebrauch gemachL Von anti-
8eptisclien Verbandeu erwabnt N. nichts. Inaino-
vible Verbande perhorrescirt er wegen der haufig
folgenden Gangrttn und Abscessbildnng , sowie der
nicht seltenen Heilung mit Deformitat [?], wenigsteua
fllr die Friedenspraxis. In den ersten 10 — 14 Ta-
gen sollen die Verbande 2nlal taglicb emeuert wer-
den. Unter den wicktigern Complikationen der mit
Weichtheilswunden verbundenen Frakturen bespricht
N. hierauf die Zerreissung grOsserer Gefass- tmd
Nervenstamme, schon vorher bestebende Erkrankung
des gebrochenen Knochens (Caries), gleichzeitige
Luxation , wobei er die sofortige Reduktion , wenn
irgend mflglich , ansznillhren rath. Walirend der
Behandlung kommen in Betraclit daa Delirium tre-
mens, das N. in den ersten Stadien mit grossen Do-
sen Opium, kraftiger Diat und Stimalantien , in den
8patem bei Contraktion der Pnpillen mit grossen
Blasenpflastem an Hinterliaupt und Nacken behan-
delt. Wahrend der Anf&lle soil das frakturirte
Glied mit einem dicken , gut gestopften Kissen fest
eingehQllt werden. Ferner werden erwabnt: Urin-
retention, Erysipelas, Phlegmonen, Decubitus, Maden-
entwicklung (welche merkwflrdiger Weise im Penn-
sylvania Hospital wahrend der Sommerbitze eine
grosze Rolle zu spielen scheint, jedoch ohne die Qua -
litat der Granulationen zu beeinflussen), Tetanus, bei
welchem N. von Amputationen u. Neurotomien ganz
absiebt und die Darreichung von Opium mit gleich-
zeitiger Applikation von Schr8pfk9pfen und Blasen-
pflastern an die WirbelsSule und Kataplasmen auf
die Wunde noch am wirksamsten gefunden hat. Die
Symptomatology der Pykmie und Septikamie wird
darauf ausftlhrlich, jedoch nicbt ganz unsem jetzigen
Anschauungen entsprecbend abgehandelt.
Aus den folgenden Abschnitten , die allgemeine
Behandlung, die Entfemung nekrotischer Knochen-
sttlcke , die Pseudarthrose , Ankylose benachbarter
Gelenke , die Amputation bei eintretender Gangran
betreffend, erwahnen wir nur, class N. in letztereni
Falle die sofortige Vornahme der Operation anratb,
ohne die Demarkation abzuwarten , die Absetzung
nur in gesunden Theilen und womOglich oberhalb
des nachstliegenden Gelenkes macht, bei bereits vor-
handener Septikamie jedoch stets davon absieht.
Znr Amputation schreitet er ferner bei sekundaren
Blutungen aus grossen Arterien, wenn Pat. sebr er-
schSpft und das Ausseben der Wunde schlecht ist,
wahrend er bei gutem allgemeinen und Ortlichen
Befinden die Unterbindung des Hauptstammes ftlr
gerechtfertigt bait.
Pseud arthrosen.
In dem Capitel iiber das Ausbleiben der Con-
solidation nach Frakturen, seine Uraaehen und Be-
handlung giebt Norris (1. c. p. 1) eineerschopfende
Dai's tell ung der Lehre von den Pseudartbrosen , ge-
stQtzt auf N.’s eigene, im Pennsylvania Hospital ge-
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156
V. Chinngie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
maehten Erfahrungen, und 150 genau analysirte and
tabellariBch geordnete fremde Beobachtnngen. Im
Ganzen sind wirkliche Psendarthroaen (ohne Berttck-
siehtigung der FHlle von protrahirter Callusbildung)
bei knnstgerechter Behandlung verhAltnissmSssig sel-
ten. Im Pennsylvania Hospital nalim in den 20 Jah-
ren von 1830 bis 1850 von 2194 Frakturen keine
den Ansgang in Pseudarthrose ; die 18 zur Beobach-
tnng gekommenen Falle waren ala aolcbe von aoasen
zngegangen.
Nach einer historischen Daretellung derTheorien
fiber Callnsbildtmg und anatomischer Beschrdbung
der verschiedenen Formen der Psendarthrosen wen-
det sieh N. zu den Urtachen deraelben , die er in
constituHonelle n. lokale scheidet. Unter den ersten
wird nach seiner Ansicht der Syphilis eine zu grosse
Rolle zugewieaen, er selbst hat niemala bei Loeti-
schen eine Verzdgerung in der Consolidation beob-
achtet. Ebenso verhielte es sich mit der Graviditat
und Laktation, welche mehr ala schwkchende Poten-
zen wirkten , ala einen direkten Einfluss auailbten.
Das Carcinom betreffend glanbt er aich zu dem
Schlusa berechtigt, daa nur bei Brtichen in Folge
direkter Geachwnlatablagerung an den betreffenden
Stellen die Vereinigung ausbleibt, aolche aua allge-
meiner Brtlchigkeit in Folge der Krebakachexie hin-
gegen meist rascb heilen. Dasselbe gelte bei Fra-
gilltBt ana andern Ursachen. Von aonatigen atiolo-
gisclien Momenten werden erOrtert: der Scorbut,
fieberhafte Krankheiten mit aatheniachem Ckarakter,
allgemeine Verschlechterung der Constitution durch
ungeeignete Entziehnng der Nahrung oder gewfilin-
ter Reizmittel, Blutverluste. Zum Beweise, dass co-
piQae Blutentziehungen indeasen nicht immer die
Calluabildung zu hindern vermttgen, wird eine Beob-
achtung mitgetheflt, in welcher, obgleich binnen
korzer Zeit 192 Unzen (5760 Grmm.) Blut gelasaen
wnrden, doch schnelle Heilung des gebrochenen Ober-
scbenkela eintrat. Aufhebung der Nerventhatigkeit
( Lfthmung der Glieder) iat mehrfach ala Uraache der
Pseudarthroaenbildung beobachtat worden. Abschnei-
dung der Blutzufuhr durch Unterbindung des Haupt-
arterienata names verzftgert selten die Consolidation.
Die Behanptung Gu Cretin’s, dasa die Richtong
der Art. nutriena bei der letztern eine wichtige Rolle
spielt , und dasa falsche Gelenke am h&nfigaten an
Stellen aich bilden , die von ihr abgewendet liegen,
liat N. dnrch die Analyse seiner Fftlle nicht best&ti-
gen kdnnen. Den Einfluss des Alters bezweifelt er
und fflhrt 2 Beiapiele an , in welchen er trotz des
Alters von 90 und 81 Jahren in der gewdhnlichen
Zeit feste kndcherne Vereinigung, einmal mit hyper-
trophlscber Callusbildung beobachtete.
D nter den lokalen Ursachen stellt er die zu
hkufige Bewegung dea gebrochenen Gliedes in Folge
entweder der Unfolgsamkeit der Pat. oder ungeeig-
neter Behandlung obenan. Von 44 Fallen, deren
Aetiologie angegeben, war die H&lfte darauf zurflck-
zuftthren. Weitea Auseinandersteben der Fragmente
in Folge von Substasxverlusten oder mangelhafter
Rednktion dersetben venOgerf oft , aber nicht tenner
die Consolidation , wie durch eigene Beobachtnngen
erhUrtet wird. Femer werden aufgeftthrt: Erkrank-
ung der Bruchenden , namentlich Nekrose ; die In-
terposition fremder KOrper , wie vOllig abgetrennter
Knochensplitter , Kngeln etc. (welche indeasen in
seltenen Fallen eintreten ; eingeklemmte 8ehnen imd
Muskelstflcke hindern selten die Heilung, da sie meist
selbst verkndchern) ; zu feste Verblnde , die lange
fortgesetzte Applikation kalter Umschlage ; der vor-
zeftige Gebrauch des gebrochenen Gliedes. In man-
chen Fallen 1st jedoch keins der angeftlhrten ftttoto-
gischen Momente aufzufinden. Bei gleichzeitiger
Fraktur mehrerer Knochen tritt mitunter bei einlgen
Pseudarthrose, bei andern kndcherne Vereinigung
ein , obschon sie alle gleich gut behandelt wnrden.
Dasa Mangel absoluter Rnhe nicht immer hindernd
wirkt , beweisen die Brflche der Clavicula und der
Rippen, bei welchen selten Pseudarthrose beobachtot
wird. Zuweilen wird der bereits gebildete Callus
wieder erweicht nnd absorbirt; diess constathte Vf. fa
3 Fallen in Folge von Erysipelas.
Eine interessante Beobachtung wird von einem l8jShr,
Manne berichtet, welcher denHnmernB hi derMltte braoh.
Vor vollendeter Heilung zog er sich durch Fall eine neae
Fraktur an deraelben Stelle zu , und nun begannen sich
beide Bruchenden trotz sorgfaltiger Bandagirung allmalig*
zu verschmalern nnd zn verkflrzen , bis schlOssllch inner-
lialb 12 Jahren der ganze Humernsknochen vom Ellbogn
bis zur Schulter durch Absorption verschwonden war.
Die Mnskulatur blleb trotzdem kraftig nnd Pat. konnte
den Arm zu vielen lelchten Verrichtungen gebrauchen.
Zur Behandlung Ubergehend, zeigt N. durch
mannigfache Beiapiele, daas das fragliche Leiden
hauflg die Funktionafihigkeit wenig beeintrkchtigt.
oder wenig8tens mitHulfe einfacher Apparate ertrig-
lich gemacht werden kann. Bei isolirter Pseud-
arthrose der Tibia verdickt sich die Fibula mitunter
in Bolcheom tirade , dass sie die Kdrperlast allein zu
tragen im Stande ist. Es werden non s&mmtliche
(22) zur Beliandlung der Pseudarthrosen empfohle-
nen Methoden genauer gewllrdigt, schltlaalich die
Beschr&nkung auf folgende empfohlen.
1) Compression und Ruhe, ebenso wie die beidfln
folgenden hauptsftchlich filr protrahirte Callusbildung
passend, ferner far frische Fllle, in welchen up-
geeignete Lage und vorzeitige Bewegung daa
schlechte Heilresultat herbeifahrten , wkhrend sie flk
solche, wo bereits eine Art wirklicher Gelenkbildung
besteht oder die Bruchenden erkrankt oder dureh die
Interposition eines fremden K&rpers an der Ver-
einigung gehindert oder abgerundet und durch Laage
ligamentdae Zwiachen masse verbunden sind , naUlr-
lich nicht gentlgen. Der direkte Druck auf die Bruoh-
s telle wird wegen der leichtem Regulirung am beaten
mittels eines Tourniquets ausgeflbt. Von 36 Fillen
der Tabelle erfolgte in 29 auf diese Wetee in dunjh-
schnittlich 9 Wochen Heilung. i -
2) Bestreichen mit Jodtinktnr and Application
grosser Blasenpflaater, letsteree namentlich tai Hater -
schenkelbrflchen wegen der oberflkchliohen Lage doe
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15«
V. Chirurgie, OphthaliooLogie u. OtUtrik.
KMffbeaa voa H. m. munchon Fallen nit Vortheil
aagowondet
3) Exasperation dar Bruchenden, einmal tun
die Zwisohealigamente zu zerreissen and zweitens
einen eutzUndUchea Zustand hervorznrufen. N. zieht
es im Allgemeinen vor , nach Reibung dar Brock-
enden aneinander einen festen Verband anzulegen,
statt den Pat. freie Bewegung der Glieder and Um-
bergehen zu geetatten.
4) Das Darcbziehen eines Haarseiis, ala sekr
sicker wirkend and wenig schmerzhaft von N. gaaz
bweaders eaipfohkn. Dasselbe soli zwischeo den
Braohenden ohne vorherige Durchschneidung der
Haut mit einer gewdbnlichen Haarseiloadel durcli-
geaogen warden und so lange liegen bleiben , bia ein
betrtcbtlioher Grad von Entzttndimg, jedoch ohne
erbebliehe Eiterung, eraielt 1st ; nachlier sorgfkltige
Inamobdisirang des Gliedes. Es eignet sich nament-
lioh fUr die obern Extremity ten, den Unterkiefer and
die Clavieala, wfthrend es am Oberschenkel gicli
□Mist unwirksam erwiesen hat. Sehr schleclite Stel-
lnng und grosse Entfernung der Fragmente, sehr
longer Bestand der Pseudarthose, Nahe eines Ilaupt-
artarien- oder Nervenatammes oder grosaen Gelenka
sehlieseen seine Anwemdung aus. Von 46 mit dem
BaareeH Bebandelten wurden 36 gebeilt, 3 gebessert,
2 starben; bei 17 waren vorher and ere Methoden
vergeblieh veraooht warden. Die DurehsobnittBzeit
dee Liegenlaseem being 7 Wocben, die der Heihrng
3 Mon&te.
5) Die Appllkation von Causticis auf die frei
getegten Bruchenden nach Durchtremrang der Zwi-
schenmasae verdient in hartnftckigern Fallen nach N.
elae ansgedehntere Anwendung als bisher , und den
Verzng vor der Resektion wegen der Ijeichtigkeit der
Ansftlhrung and der Sicherheit des Erfolges: An-
regnng von Gallnsbfldung ohne ltagere Eitenmg.
35e ist flberall anwendbai. N. zieht das Kali causti-
cmn alien tlbrlgen Aetzmitteln , wie Bntynun Anti-
monii, Acid, nitr., Femim candens etc. vor.
6) Die Resektion der Bruchenden hilt N. ftr
eine sehr gefUhrliche Operation (namentlich am Ober-
seheokel) and will sie aafFAllevon langem Bestande,
mit erheblioher DifTormittt, Ansbildimg einer Gelenk-
kapeel, erbeblioher Distanz und Verbreiterung der
Bmebeaden beschrtakt wisaen , nachdem die eben
erwAbnten Methoden ohne Erfotg versuoht worden
aiad. 8te lAsst sich besser anwenden bei oinknochi-
gen , als bei zweiknoehigen Gliedem ; in der Nahe
wkbtiger Gelenke soil sie ganz nnteriassen werden.
Bnondere Mhassregeln , die Fragmente nach der
Resektion in richtiger Stelhmg zu erhalten (Drmht-
nihte , Eftenbeinstifte, Sehniben etc .) , hilt N. fib*
tlherflasslg tad glaobt, dass diess stets duroh ge-
eigwste Verbinde zn erreiohen sei (?). In den 38
FUlen der Tahelle trat 24mal Heilnng , ltnal Bee-
ne rung, 6mal der Tod ein ; Smal misslang die Ope-
ration. Die Dorohsehnittafeeit Me zur Heilnag being
4 Meat., in 0 gebolten Fallen traten CompUhutioaea
vrie Eaytipd, profuse Eiterung, Abseesse.
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Die aafgeftthrten Methoden will H in dor ge-
gobenen Reihenfolge nach einander versucht wiasaa ;
zur Amputation soLLte man erst znletzt und menials
(dine dringendes Verlangen des Pat., wean das betr.
Glied Him als eine Last eracheint, schreitea.
Von den aus der tabellarischen Zusammsnstol-
lung der 150 PBeudartbroeen gezogenen Schltasen
erwihnen wir folgende : Die Consolidation btaibt am
hftufigsten aus am Oberschenkel und Humerus. Die
Sterblichkeit nach den behufs der Heiltmg unSer-
nommenen Oporationen folgt denselben Gesetzen wie
nach Amputationen und anderngrtfasem Operations.
Die h&ufigsten Misserfolge werden bei Pseudarthro-
sen des Humerus beobachtet. Dieselben sind van
Alter unabb&ngig. Das Haaneil wirkt rase her and
erfolgreicher als Resektion und Kauterimn , die we-
nigsten Erfolge hatte seine Anwendung an Femur
und Humerus.
Protrakirte Calltubildtmg in Folgt von Sy-
philis beobachtete Dr. Arthur H. Nichols in der
Roxbury med. Society (Boston med. and surg. Joum.
XCIV. 15. p. 424. April 1876) bei elnem Ofiicier,
welcher durch Fall einen schrigen imd leicht gc-
8plitterten Brnch der Tibia 2 , / a " oberbalb des
Malleolus erlitten hatte.
Trotz gedgneter Behandtung war naeh 5 Mon. nur
eine knorpellge Vereinignng mit Beweglieiikelt der Frag-
ments erfolgt , an der Bhichstelle £and sich eine deutikbe
Depression statt C alius wucherung. Wahrcnd alle sonati-
gen atiologischen Momente ausgcschlosscn werden konn-
ten , ergab schlussllch die Anamnese , dass Pat. ror 6 J.
syphllltiseh lnflcirt worden war, dass setae Fran, die er
2 J. darauf nach langenn Freiseta von lu£Uschen Sympto-
men gcheirathet , 3 nach wenigen Tagen gestorbene Kin-
der geboren hatte und selbst mit deutliehen syphllilischen
Affektionen bchaftet gewesen war. Eine deshalb elnge-
leltete antilnetische Behandlnng fahrte nach 8 Mon. voM-
kommen kn Scheme Verelnlgung herbeL
Dr. Spftth in Esslingen (Wtirtemb. Corr. -Bl.
XLV. 27. 1876) heilte eine Pseudarthroee dvreh
einmalige Anioendung der Eleklropunktwr. Es
hatte ein Querbruch durch die untere EpiphysenlMe
des Oberschenkels mit gleichzeitigem Schrftgbrucli
naeh hinten anssen und oben bis zum obern Drittel
stattgefnnden , so dass ein ziemlich langes Knochen-
stOok ans der Continaitftt des Femur vollkommen*
heransgeBchlagen war.
Wegen starker Schwellung war ein Gipsverband erst
nack 11 T. angelegt worden. Der Querbruch consolldirte,
das obere stark naeh hinten aussen vorspriagende Frag-
ment aber blieb trots mehrfach wiederholter Exasperation
nnd fester Verbande beweglich. Nach Verlauf '/* Jahres
wurde eine rait dem negativen Pole des aus 6 Zink-Kupfer-
elementen bestehenden oonstanten Strom es verb and one
StaVnadel an die aussere Selte des Obemehenkets disfct
fiber dem vorspringenden Fragmentende 4.6 Ctmtr. tief
in die ligamentose Zwischenmasse eingestossen , die mit
dem positiven Pol verhnndene Schwammelektrode auf die
innere Oberscbenkelflfiche oufgesstxt nnd der Strom 10 Mia.
laag unter wiederholter Wendung hindurohgoleitet , dar-
nach sofort eta Gipsverband angelegt. Naeh 6 W. wurde
bei Abnahme desselben feste knocherne Vereinigung ipit
erheblicher Callusbildung constatirt , so daes Pat. 3 W.
darauf allerdings mit 6 Ctmtr. Vorkfimag, abor go ter
GtohfiMgkeit so ti a w o n wanton k w m ta.
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J57
V. Chuuigie, Ophthalmologic u. Otntrik.
Paof. v. Dumreicher ’ 8 Mttkode zur Be-
handling bei drobender Pssudar those, beschriebeu
von Dr. Karl Nicoladoni (Wien. mod. Wochen-
sohr. XXV. 3. 6. 7. 1875), verfolgt das Ziel, aa der
Bruchstelle eine kttnstliche Hype ramie zu erzeugen
and permanent zu erbaltaa , urn so erstens anf die
bei der Callnsbildoog betbeiligten Gewebe einen
krtiftigea Reiz anazutthon, und zweitens der einmal
angerogteu Produktion eon fortwfthrend reiohlich
flieaseades Material bis zur Beendigung der Consoli-
elation zuzufllhren.
DasGlied wird peripberiscb bis zurFr&kturstelle
hauaf mit einer guten Flanellbinde singe wickelt.
Zu heiden Seiten jener werde* je zwei 2 — 3" breite,
ana graduirten Compreasen gefertigte Keile so an-
gelegt, dass sie ihre dicken Seiten der Fraktnrstellc
zuwenden , und in dieser Lage durch Heftpflaster-
streifen fixirt. Auf die Keile legt man dann zwei
die Brachstelle dberbrilckende Holzscbienen and
drflekt dieselben gegen das frakturirte Glied mit
einiger Kraft durch eine Rollbinde an. Die Extre-
mity muss ausserdem nattirlich passe nd gelagert
warden. Die Einrichtong des peripheral! Theiles soil
eretens denselben gegen die Folgen des an der
Brachstelle eine Partie des Gliedumfanges treffenden
Drockes schUtzen, und zweitens der Pseudarthrosen-
stelle eine gewisse Meage arteriellen Blutes zufUhren,
welche sonst in den untern Theil des tiliedes ab-
fliassen wttrde. Diese Fluxion nun gerade auf die
Bruchstelle zu concentriren , dienen die obern Keile,
wekhe mit geringerer Kraft die Weicbtheile an
drtteken sollen, so zwar, dass sie den arteriellen Zu-
flass erlauben, den venftsen Abduss erschweren.
Gleiebzeitig sollen die die Weichtbeile gegen dan
Knochen fest andriickenden Keile einen gewisseu
permanenten Reiz auf die Umgebung der Bruchstelle
auaUben , w&hrend letztere seibst von jedem Drueke
frei bleibt und so die unmittelbare Wii'kung der be-
abaichtigten Cirkulationastdrung erfstbrt. [Diese
theoretische Begritndung scheint Kef. nicht stich-
haliig, da, seibst wenn es gelingen sollte, den Druck
dei centralen Keile immer so zu reguliren , dass das
Blut zwar gut zudiessen, aber sebwer abdiesseu kaan,
diese Wirkung sicb docb nur auf den (vordern) von
den Keilen bedeckten Theil des Gliedomfangos er-
stfecken und die tiefer liegenden GefSsse jedeofalls
nicht beeinflussen kann-J
Schon sack 24 Std. aind alle Weichtbeile, welche
die breiten Enden der Keile £rei gelaseeo haben,
mSehtig and so stark gescbwelit, dass die frtther
leiclit abgrenzbaren Brnchkanten slch nur schwer
duicbfUhlen lassen, die Hauttemperatur ist erhiiht,
der fast knorpelharto Sohwellungsring baftet unver-
sclriebbar dem Knochen auf, zum Beweis , dass aaob
rigs Periost an der Schwellung betheiligt ist. Ent-
fernt man jetzt den Verband, so verliert sicb die
seharf abgegrenzte Geschwust nur sebr langtsun,
doeb stelht sick schltissliet der frthere Status der
Bruchenden wleder ein. per Verband njus? daher
4 bis 6 Tage unverrilckt liegen bleiben , dann wird
er jedee Tag eiaige Zeit gniafUt. Din Sobvellwg
bleibt jetet eine permanent®, die BrechSadeu ver-
dicken sich, werden schmerzhaft nnd naeh 9 — 4W.
hat die Beweglichkeit der Bruchsttlcke so abgenom-
men , dass nun in der Regel in einem gewtihotiehen
Fhcntionsverbande die vollkommene Consolidation
binnen etlichen Wochen herbeigefBhrt werden kann.
N ic o 1 a d o n i berichtet liber zwei Schrilgbrttche der
Tibia [die zur Anwendung der Metbode wohl noch
am geeignetsten aind] , bei welchen so die drohende
Pseudarthrose glllcklich vermieden wnrde.
Zum Beweise, dass die durch die Applikation
der Keile erzeugte Hyperkmie sich nicht etwa bios
auf die Weichtbeile und das Periost beschrankt, son-
dern bis in die Tiefe des Knochens hinein eretreckt,
nnd hier entatindliche Wucherungen hervorruft, welchc
zu dauernder Organisation ftlhren , wird ein Fall von
Knochenabscess der Tibia mitgetheilt, der Gclegen-
heit bot, die beregten Vorg&nge direkt zu beobacli-
ten. Die nach der ErOffnung biosgelegte Knochen -
hdhle fQllte sich nur langsam mit schlechten Granu-
lationen , erst nach vorllbergehender Anlegimg des
Dumreickc r’seben Verbandes wurden sie dauernd
krkftiger u. (lppiger, das umgebende Periost wueberte
imd bald war die Hdlile vollstilndig zu festem Ver-
schhiss gebracht. SelbstverstUndlich flndet das Ver-
fahren nur Anwendung bei drobender Pseudarthrose
[besser protrahirter Callusbildnng] , ein bereits aus-
gebildctes falsches Gelenk lftsst sioh nor operativ be-
seitigen. Versuche , die Methode durch Anwendung
der Esmarch’schen Gummibinde und des Schlaucbes
zu modificiren und zu vereinfachen, scheiterten bisher
an der zu grossen Schmerzhaftigkeit bei Ikngerer
Anwendung.
In einem „die Behandlung ungliicklicher Vor-
komtnnisse nach Knoohenbruchen 11 bespreebeuden
Yortrege (Bayer, krztl. Intell.-Bl. 1875. Nr. 8) be-
richtet Prof. v. Nussbaum Uber eine von ihm zum
ersten Male behufs Heilung einer Pseudqrthrosc
mit (jldcklichem Resultat ausgefuhrlon Knochen-
transplantation. Das Verfahren ist verwendbar in
Fallen, wo wegen arheblicher Distanz der zugespitz-
ten Bruchenden alle sonst gebriluchKchen Operations -
weisen nnzureicbend Bind.
Es baodelte sich urn einen Offlcler, welch^r 1870 eine
Schnssfraktur in der Mitte der rechten Ulna mit erheb-
licher Splittemng und brandigem Absterben. der Splitter
erlitten hatte , so dass die zugespitzten Bruchenden
5 Ctmtr. von einander outfernt und nur durch einen dfin-
nen Ilgamentosen Strang mit einander vereinigt waren.
Der Vorderarm war trotz In teg ri tat des Radius funktions-
un&hig. Nach Abtragung der spltzen knorpeligen Enden
und des Pseudoligaments wurde die Ulna am obern Frag-
ment 6 Ctmtr. vondessen unterem Ende entfenjt zurHalfte
durchgesagt und vom Ende des Sageschnjtts mit schnei-
dendem Meisel und Hammer longitudinal bis nach onten
gespallen , Jedooh so , dass die Knoohenhaut am spltzen
Ende u. an der untern Fliche gesohont wurde, um ais Er-
uahrungsbrucke zu dienen. Darauf lagte N. das abge-
sprengte Knochenstiick so in die vonier durch eineu
tiefen Lfingsschnitt in das speckige Gewebe wund ge-
machte L&oke htnab , dass seine frflher obere Fliche nun
die iaasere, die (Tuber nnteie die tnaere , die firuher
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158
V. Chirurgie, Ophthalraologie u. Otiatrik.
Sasser* die obere Flaehe wurde. Wtradmaht, gefensterter
Gipsverband, gfinstiger HeUverfawif, Vernarbung nach
AusstoBsung ernes feinen , 2 Ctmtr. Langen Knochen-
splitters. Als nach Verlauf von 6 W. der Gipsverband
entfemt wnrde, war das transplantlrtc KnochcnstQck ein-
gebeilt nnd dentlich zn ftihlen, die abnorme Bewegllchkett
nnr noch sehr gering. Die anfangs noch sehr beschrfinkte
Fuaktionsfahigkeit besserte sich durch Uebung der atro-
phischen Mnskeln so sehr , dass Pat. sclilusslich wieder
vollkommen felddienstfShig wurde.
Spontane Frakturen.
Im Anschluss an eine im Ilopital St. Antoine
(Duplay) gemachte Beobachtung von spontaner
Fraktur des linken Oberschenkels bespricht Dr.
Gillette die Aetiologie der pathologischen Brucfte
(L’Union 41. 49. 1875). Der Fall selbst ist fol-
gender.
Bin anschelnend sehr mnskulSser Kntscher brach
sich beim Stiefelauszichen den linken Obersohenkel, wel-
i hen er leicht uber den rechten geschlagen hatte. Nach-
dem von 2 verschicdencn Aerztcn nach cinander 3 Ver-
bSnde angelegt worden waren, ohne dass innerhalb eines
Vierteijalires Consolidation eingetveten war , erfolgte die
Aufnahme des Pat. in das Hospital. Hier fand man den
gauzen Oberschenkel stark geschwcllt , lietrachtlich ver-
kurzt und nach aussen gebogen ; nach ausscn und oben
vom Knle eine kleine unrcgclmfissigc Wunde, aus welcher
die 8pit*e des obern Fragments hervorragte. .Die ana-
mnestisohenAngaben (heftige der Fraktur 1 Monatvoraue-
gegangene Schmerzen , hercditaro Anlage), das Bestehen
einer harten , difTusen Gcschwulst des ganzcn Oberschen-
kels, Abwesenheit von Eiterung veranlassten die Diagnose
eines Osteosarkora des Femur als Ursacho der spontanen
Fraktur. Dieselbc wurde In der Folge durch das raptde
Wachsthum der Geschwulst bestatigt. Der weitere Ver-
lauf 1st nicht berichtet.
Der Fall mahnt zu vorsichtiger Prognose bei
spontanen Frakturen. Unter den Ursachen der letz-
teren steht nach Vf. der Krebs obenan , und zwar
sind sie am haufigsten bei Frauen im Gefolge von
Carcinoma mammae beobachtet worden , wie eine
Zusammengtellung von 7 Fallen ergiebt.
Eine 8. noch nicht verSffentlichte Beobachtnng be-
trifft due 54jahr. Frau , bei welcher nach der Operation
eines Mammakrebses bald ein Recidiv und nach 6 Mon.
in der Mltte des rechten Oberschenkels unter heftigen
Schmerzen eln ganseeigrosser Tumor sich zeigte, der
rascb wuchs. Bei einer Bewegung im Bett brach der
Femur im Bereioh des Tumor , Pat. starb rasch an all-
gemeiner Carcinose.
In der Regel gehen der Entwioklung der Ge-
scbwuist starke Schmerzen vorher, mitunter fehlen
dieselben aber auch , oder verechwindcn mit Eintritt
des Bmches. Die Continuitiltetrennung , moist voll-
st&ndig, betrifft indessen zuweilen nur einen Theil
des Umfange8. Consolidation folgt llusserst selten,
doch werden auch einige Beobachtungen fester
Wiedervereinigung berichtet. In der Melu7.alil der
FftUe ist die Lokalisation einer (primftren oder se-
kundaren) malignen Geschwulst in dem betreffenden
Knoclien selbst die Ursache seiner Zerbrechlichkeit.
Ob letztere indessen nicht auch indirektdurcbdie so-
genannte krebsige Diathese bervorgernfen werden
kann, dardber sind die Autoren getheilter Meinung,
K dl a to n , Malgaigne bezweifeln es trotzeiniger
dafttr sprechendei' Beobachtungen ; L i s f r a nc fand
bei seinen Operationsflbnngen die Knochen an Car-
cinom gestorbener Frauen meist welcher. Vf. ist
geneigt , als Ursache der FragiHtat eine dnreh die
Krebskachexie veranlasste fettige Degeneration der
Knochen anzunehmen. Von andern Gescbwtllsten
sind Echinokokken in den Knochen einige Male als
Ursache spontaner Frakturen beobachtet worden, so
in einem Fall von Labbd, wo bei der Operation
einer seit 2 Jahren bestehenden Pseudarthrose dee
Humerus EchinokokkenBllcke entieert wurden nnd
schltlsslich nach vielerlei Zwischenftilen vollkommene
Heilung eintrat.
Caries, Ostitis mit Nekrose, akute Osteomyelitis
prildisponiren mitnnter zu spontanen Brtlchen , doch
sind FftUe dieser Art selten , weil entztindliche Vor-
g&nge an Periost und Knochen diese im Gegentheil
in der Regel zur Ebumeation ftthren , seltener das
Gewebe rarificiren. Von constitutionellen Krank-
lieiten wird der Scrofulose, dem S cor but, der Sy-
philis von Gillette mu* eine sehrbeschrilnkteRolle
in der Aetiologie der pathologischen Brilche zuer-
theilt , hingegen erzihlt er aus der Klinik von T i 1 -
laux die Krankengeschichte eines 58jfthr. Arthri-
iikers , welcher von seinem 10. Jahre an nach ein-
ander 17 verschiedene Frakturen durch leichte
Tranmen erlitten hattc. Rhachitis nnd Osteomala-
cic sind als direkt die Knochenstraktur alterirendc
Krankheiten selbstverstftndlich hier obenan zn stellen.
Ein 40jfl.hr. Beamter (Klinik von Langier), an-
ilmisch, schon seit langer Zeit Uber Schmerzen in
den Beinen klagend und unf&hig , olrne Stock zn
gehen , brach sich bei einem Fall auf der Treppe
beide Oberarme im anatomischen Halse , tmd beide
Obersclienkel unterhalb des Trochanter. Als Ur-
sache wurde Osteomalacie angenommen (?). Znm
Schluss wird die erst in neuerer Zeit , zuerst wohl
von Charcot fttr die Aetiologie der pathologischen
Frakturen verwerthete Tabes dorsualis erwAhnt nnd
eine Anz&hl eigener entsprechender Beobachtungen
der von Charcot [vgl. Jahrbb. CLXX. p. 156]
hinzugeftlgt. In manchen Fallen, wo keine der er-
wfthnten Ursachen nachgewiesen werden kann, ist
man zu Hypothesen, wie lokaler rareficirender Ostitis
oder vorzeitiger seniler Rarefaktion etc. genOthigt.
Aub der Klinik von Broca werden (Gaz. des
Hflp. 45. 1876) 2 Falle pathologischer Frakturen
berichtet, beide an Individuen beobachtet, welebe
frUher an Tumor albus genu gelitten.
Der eine betrifft einen Knaben von 14 Jahren , der
im Alter von 2 Jahren mit Gonarthrocace behaftet war
und eine Ankylose des Kniegelenks im rechten Wlnkel
davongetragen hatte. Durch einfachen Fall crlitt er eine
Fraktur der Tibia derselben Seite ohne irgend welche
Dislokation ini obern Drlttel, welche, nachdem scheinbar
feste Consolidation eingetreteu war , nach 10 Monaten an
derselben Steile recidivirte. Jetat wnrde in der Klinik
ein Gipsverband applicirt und 2 Monate spatcr , nach-
dem genugend fester Callus sich gebildet, das Kniegelenk
mit Hulfc von Tenotomie grstreckt.
Der 2. Fall betrifft eine Fran von 46 Jahren, wekshe
in ihrem 16. Jahre an Tumor albus gelitten und sich durch
Fall im Zimmer einen Bruch des Oberschenkels zugezogen
hatte, gleichfalls ohne Dislokation, aber mit enormem
Blutergnss.
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159
V. Chirargie, Ophttadmologie a. Otktrik.
Die UraMhe dkaer pathologischen Fr&ktureu
liegt in der rareficirenden Ostitis, welche den Tumor
albas begleitet und namentlich die unterhalb des Ge-
lenka liegenden Knochen befallen soli. Sie zeichnen
aieh aus durch geringe Neigung zn Dislokation nnd
sehr protraliirte Callusbildung , so wie meist auch
durch enorme Hfimorrhagien aus den sehr zahl-
reichen und weiten Gefaasen des pordaen Knochens.
II. Casuistik der Frakturen,
Schadel.
Fine Fissur der dussern Plalle des Schlufen-
beins , und zwar des Theiles , welcher den dussern
Gehflrgang und die Fossa glenoid, trennt , berichtet
von Dr. H. H. A. B e a c h (Boston med. and surg.
Journ. XCIV. 9. p. 231. March 1876), hat dadurcli
Interesse , dass die Symptome leicht zur Verwechs-
lung mit einer Basisfraktur veranlassen konnten.
Ein 26j£hr. Mann flel auf (len rechten Unterkicfcr-
winkel , blntete nach schnell vorubergchender Bewnsst-
losigkeit bis zum nachsten Tape aus dem linken Ohr nnd
klagte fiber Schmerzen in dem gleirhseitigeu Kiefer-
gelenk , in welchem er beim Kanen ein Knacken ffihlte.
Die Gegcnd des letzteren geschwollen, der Gehorgang
verengt , in dem vordem Theil desselben eine kleine
Spalte , aus welcher bei Bewegungcn des Unterkiefers
Bint floss ; Geh5r normal. Einffihren des Fingers in den
Meatns auditorius nnd Dmck mit detnselben in der Rich-
tnng des Kiefergelenks stellte unter detitlicher Crepitation
das Kaliber des erstcren wieder her. Anlcgung eines
Kinntnches. Der Pat. stellte slch nicht wieder vor.
Yf. weist darauf liin, dass Aufschlagen des Kinns
mit sttrkerer Gewalt ein Eindringen der Kondylen
in die SchfidelhOhle nicht selten herbeiftthrt.
Ein Fall von Frakhtr des Scheitels und icahr-
scheinlich auch der Basis cranii mit Ausgang in
vollstandige Genesung aus der Abtheilung von
Hnlke (Lancet II. 9; Aug. 1874) zeigt die Wich-
tigkeit vollkommener Rnhe bei SchfidelbrUchen , auf
welche, abgeselien von Offenhaltung des Stuhlgangs,
die Therapie liier beschrilnkt wurde.
Ein l&Jahr. Dienstmadchcn fltl ans dem Fenster des
ersten Stockwerks, war bewnsstlos nnd blnteteans beidcn
Nasenlfichern. Das Stirnbcin war dem Anschein nach ini
Verlaufe der Kronennaht deprimirt, die Weichtlieile dar-
fiber stark geschwollen. Blutige Suffusion der Lider des
rechten, nach 3Tagen aucli des linken Auges, Schwellung
nnd Schmerzhaftigkeit der Rcgio mastoidea. Leichter
Krampf des rechten Mundwinkels, keinerlei Lahtnungen,
wiederholtes Erbrechen anfangs blutiger Massen , starke
Jaktation. Allmalige Besserung, Entlassung nach 4
Wochen.
Wirbelsaule.
Einen Fall vermuthlic.her Fraktur des Processus
odontoideus mit Ausgang in Genesung veroffentliclit
Dr. Wharton Sinkler (Philad. med. Times V.
April 3. 1875) im Anschluss an eine Zusammen-
stelhmg von durch die Sektion besUtigten englischen
und amerikaniscben Beobachtungen.
Ein 22jahr. Mann flel beim Versucli , auf einen in
Bewegung beflndlichen Eisenbahnzug zu springen , heftig
anf den Boden, wie er glaubte , vom Ende des betreffen-
den Wagena zwischen die Schultern geschlagen. Nacli
2stfind. Bewusstlosigkeit empfand er bei Bewegungen
starken Schmerz am Rfickon. Der Kopf stand unbeweg-
liob mit den Kims gegen das Brustbein flxlrt. Beide
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Arme , so wie das rechte Be in bis zum Knie waren voil-
standig, der betreffende Unterschenkel unvollstandig ge-
IShmt. Die Sensibilitat war in beiden Armen erloschen,
wfihreud gleichzeitig , namentlich auf der Dorsalseite an
Uaterarm und Hand, ein brennender Schmerz empfuaden
wurde. Hirnnerven intakt, leichte Parese des Rectum.
Die Lahinung des rechten Beines verschwaud innerhalb
einer Woche , die des linken Arms allmalig in den nfich-
sten 6 Wochen , der rechte Ann erlangte erst viel spiter
unter Anwendung des indocirten Stroms seine Kraft wie-
der. Ain Nacken fiihlte man spater eine An schwellung
dicht unter dem Occiput, wiiiirend vom Pharynx aus nichts
Abnomies constatirt werden konnte. Grosse Erleichte-
rung verschaffte deni Pat. ein den Kopf flxirender Appa-
rat. Langsaro im Verlanf eines Jahres erlangte er anch
wieder die Fahigkeit, den Kopf aufznrichten und seitlich
zn bewegeu. Als pathognostisch fur den Bruch des Zahn-
fortsatzes im Gegcnsatz zu andern Frakturen im Bereich
der Ilalswirbelsaule erklart Vf. die Haltung des Kopfes
und die Art und Weise , wie Pat. denseiben zu stfitzen
pflegte, indem er das Kinn mit der link en Hand fest-
hielt.
Dr. E. H. Bennet (Dubl. Journ. LXI. p. 574.
[3. S. 54.] June 1876) demonstrirte in der Patholo-
giealSociety das Prdparat einer consolidirten Wir-
belfraktur.
Es ruhrte her von einem lfijahr. Burachen , welcher
vor 4 J. dnrch einen Fall aus 2 Stock U5he einen Bruch
im Bereich des 9. Ruckenwirbels mit winkligem Vor-
sprung des betreffenden Dornfortsatzes erlitten hatte.
Er bot die gewohnlichen Symptome einer volistandJgen
Unterbrechung der Ruckemnarksleitung , nur dass links
die erhohte Retiexerregbarkeit weniger ausgesprochen
war und daffir hier ein tetanischer Zustand der Waden-
muskeln bestand. Pat. ging schlusslich an den Folgen
des Decubitus, der znletct durch einen Defekt des Wasser-
bettes veranlasat wurde, zu tirunde. Dass knocherne
Vereinigung erfolgt war, kountc schon bei Lebzelten
slcher constatirt werden. Der vom Proc. spin, gebildete
Winkel anderte sicli nicht bei Lagewechsel, auch war Pat.
im Stande aufznsitzeu , indem er sich auf die Ellenbogen
stfitzte Oder an einer Schnur festhielt. — Die Sektion er-
gab , dass der Bruch schrag durch die Korper des 0. uiul
10. Brustwirbels von hinten nach vorn und unten verlief.
Vorn war ein kleines keilformiges Stuck vom Korper des
10. Wirbcls nach voru und abwarts dislocirt and uiit der
Vorderflache des 11. knochern vereinigt; der griissere
Theil vom 10. Wirbelkorper war nach rfickwarts gc-
wicheu, hatte den Bogen und die Fortsiitze, sowie wahr-
scheinlich einen Theil dcs 9. Wirbelkorpers mit sich ge-
rissen und so den Wirbelkanal vollstaudig verlegt. Ueber
die genauern VerhSltnissc machtVf. folgeudc Angaben :
Der vertikale Dnrchmesser des 9. Wirbelkfirpers ist be-
trachtlich verkleinert, fiberall ist knficheme Consolidation
ohne merkliche CaUuswnchcrnng erfolgt. Das Verhalten
der oberhalb nnd unterhalb der Frakturstelle liegenden
Wirbelkorper ist betrachtlich alterirt, links ist das 9. n.
10., rechts nur das 10. Costovertebralgelenk ankylosirt.
Das Rfickenmark etwas entfemt von der Frakturstelle,
sowohl oberhalb als nnterbalb unverandert , verschmilert
sich gegen dieselbe hin nnd besteht in ihrer Nahe nnr ans
Blndegewebe ; seine Hfiute gehen in den Callus fiber. An
der Bruchstelle 1st der Rfickenmarkskanat nnd sein Inhalt
vollstandigverschwunden, unterhalb derselben ist ersterer
theil weise mit einer por&sen Knochen masse ausgeffiUt.
Von Interesse unter den Sekttonsbefnnden ist noch
ein grosser, die stark verklelnerte, fiusserst dunnwandige
Blase ausfullender Stein, welcher noch einen Fortsatc in
den prostatischen Theil der Harnrohre vorschob. Er be-
stand aus Phosphaten , die urn einen kleinen Kern von
oxalsaurem Kalk gelagert waren.
Vier Fdlte von Fraktur der Wirbelsaule aus
dem Middlesex- Hospital© werden von John W.'
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UNIVERSITY OF CHICAGO
160
V. Chirurgie, Ophtbalmologie n. Otiatrik.
Hu Ike zn einem klmJschen Vortrage verwerthet
(Med. Tunes and Gaz. Febr. 14. 28. 1874), aus
welchem wir nur hervorheben , dass Vf. den Pria-
pismus bei Wirbelbrtlchen fttr ein soblechtes Zeicben
hift. Derselbe weist auf eine Lahmurg der sym-
pathiscben Nerven des Penis hin, in Folge deren die
Gefltese passiv erweitert werden. Er bestebt aucli
mehr in einer Ansehwellung als in einer wirkliohen
Erektion des Penis, Ejacrrlatio seminia wtrd dabei
nie beobachtet. Die Beobachtungen selbst sind
folgende.
1) Bruch des B. Ruokenwirbeis in Folge eines Falles
vow Dache. Vsllstfindige motoriache I.&hmung beider
Bene , Senslbttitfit intakt. Ansehwellung und Schtnetz-
hsftlgkeit der Leber , voribergehende Peritonitis. L&h-
inung der Blase tnlt fotgender Cystitis trots antiseptiseber
Ausspritznng. Beschr&nkte Entzfindnng an der Brueh-
steHe durch BiMegel sehnell gehoben. Die willkfirtichc
Bewegung begann sich am linken Beineam7., am rechten
am 17. T. wieder einzuateiien, Pat. genas vollstandig,
Decubitus wurde durcli Lagerung des gebroebenen Theils
der Wirbelsanle auf ein Wasserkissen ganz vermieden.
DerProc. spin, des 6. Dorsalwirbels sprang dentlich vor
und war leicht nach links gedreht.
T) Ein 36Jfihr. Mann flel von dwn Daoke eines Omnibus
auf den Kopf. Nach wiedergekehrtem Bewnsstaein Klageii
fiber Schmereen swischen den Sehnltern , wo etn Free,
sph. merklieh prominlrte. MotilftSt, Sensibilitit nnd
BcCeserregbarkeit We zht Hoke der Brustwarzen voll-
kotnmen aufgehoben . Athmtrag nur abdominal. Blasen-
lahmung, Cystitis nnd Pyelonephritis, Decubitns, Tod erst
am 70. Tage. — Bei der Sektion fauden sich die Dern-
fortsatze des 7., 8. nnd 0. Rdckenwirbels abgebrocheti,
der 8. WirbeBcSrper war nm 1" naefa verra diskwirt , die
letervertebralscheibe zwfechen diesem und dem folgenden
war abgetrennt nnd in den Wirbelkanal hteeingeqnetsght,
das Rfickenmark voiist&ndig zermahnt, wnr durcib die
Dnra-mater noeh suBammenbdtigend.
S) Ein 48j3hr. Zimmermann flel von einem Trcppen-
gellnder 50‘ liinati. Starke Schweflnng Uber dem
9. Rflckenwirbel, dessen Proe. spin. fVei beweglich. Mo-
tflitSt und Reflexerrcgbailtelt fehtte an beiden Unterextrc-
mitaten bei intakter SensibilttSt. Gflrtelgefuhl am untern
Thell des Thorax. Vorflbergehendc Blaaenlahmiing. All-
m&Hge , voHstSndlge Wiederkebr der Beweglichkeil der
Heine, so dass Pat. nach lOWochen mit IKSlfe eines RBCk-
grsthalters action nmhergehen konnte. Es handelte sich
hier offenbar melir um eine Quetschnng als um eine te-
trSdhtliciie ContinnltStstreirnmig der Ruckenmarksfasern.
4) Ein ttyihr. Maim del aus einem Wagon anf des
Kopf. Yollstandige Lalimnng bis zur Hohe ekes 6. Coats-
staraalgelenks. Geschwulst fiber der Wirbcisauie am
Naoken und olrern Udckeutheil. Respiration abdominal,
bei jedem 12. Athemauge eine tiefore Inspiration. Blasen-
1 aim* nag , heftiger Priapiamus. Bei tie Arne sehr hefce
und troeken . wahraad das Oeaickt stark schwitxte. Ted
duroh Erattekuag 62 Std. nach dem Unfalle. Die Autopeie
eagab eine Fraktur durch die Zwisehenwirbelsofaetbe zwi-
sohen 7. Hals- und 1. Brustwirbel mit Abtrennung des
Bagens von erstereaa. Die Wirbelkorper waren nioht
dislocirt , das Kuokenmark in eiaen rbthlichen Brei ver-
wandelt. Die Queteehuag doesetben eratreekte sich naok
dem Eggebaios der anikrosknpiachen l,' liters nciiang nach
ob*u bis auai 8. Halswirbel, aaoh abwiista bisl" nntechaik
dcs-oberu liaudea dee 1. Brnetwirbels.
SehlQsselbein.
Dr. Ritter in Bremcrrfrile (MememUHm XX -
9. p. 399. 18T&) bdobnehtete eine* Fall vm tpon-
' toner Fraktur der Clatncula in Fotye won Osteo -
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myelitis. Ale Uraaehe der umaohriebeBen Knoeheu
erkrankoeg betrachtet R. eine Embolie.
Bei einer 34jahr. Frau entwickelte sich 4 T. naeli
eiaem sonst got verlaufeaden Abortus ein pertoatitianher
Abscess uber derMittedes reohten Schlusselbeins, weleber
incidirt wurde und nacli 4 Wochen sich schloss. Es blicb
jedoch eine schinerzhafte Yerdicknng des Knocliens zu-
rfiek, in deren Bereieh letzterer allmkiig eine Continnttits-
trenanng erlltt. Mit vollendeter Fraktur (von obea lnnen
nach unten aussen hijrten die Schmerzen auf. Heilnng
des Bruches mit Dislokation innerlialb 4 Wochen.
Dr. Servier bcrichtet (Gaz. hebd. 2. S6r. XI.
[XXI.] 62. 1874) mit grosser Emphase einen Fall von
Brnch des K5rpers des Schlusselbeins, in welchem er einen
von ihm erfnndenen Gipsverband mit gifickliehem Erfolgi
angewendet hat.
0 b er arm.
Zttr Camutik der Frakluren am obem Unde
des Oberarmbeins liefert Dr. R. U. Krflnleiii
(Deutsche Ztschr. f. Chir. IV. 1. p. 1. 1873) einen
sehr interessanten Beitrag durch die Beschreibung
eines zufallig irn Zilriclier Operationscursus ge&in
denen Prkparates von Fraktur des anatomiscl ten
Halses des Humerus mit vollstandiger Umdrehvna
des Gelenkkopfes um eine vertikale Aehse.
Dasselbe entstammt einer 73jahr. Frau, welche.
wegen Geiatesschwache in eine Pflegeaustalt autgenoui-
men, daselbst (wie spiitere Nachforschungeu ergabeu) vor
etwa 2 J. nach einem Fall ans dem Bett uber Schmerzen
nnd Schwache im linken Arm geklagt und deusolben seit-
dem nie wieder liatte ordentiich gchrauchon konuen. Die
Untersuclmng des durcli die Resektion an der Lciche ge-
wonnenen Humernskopfes (dessen genanere Beschreibung
und Abbildung s. im Original) ergab , daas der Gelsnk
kopf, im aaatomischen liaise abgebrochen, sich um eine
seiner Achsen dorart gedreht liatte, dass die Knorpel-
Hache nach unten, die Frakturstelle nach oben zu liegeu
kam, und in dieser Stellnng in das spongibBe Gewebe des
Tnber humeri hineingetrieben wurde , wobei die Tuber-
cola sum Theil auseinander gespreogt wurden. Die FrA-
turstelle des Gelenkkopfs war knoebern mit den angren-
zenden Theilen des Gelenkendes verwachsen , wahrend
der von Knorpel bedeckte Theil seine normale Struktnr
bewahrt liatte, keiue organische Verbindung mit der Um-
gebung eingegangen , sondern durch eiuen mit synovia-
ahnlicher Fliissigkeit geflilltcnGrabcn von den gegenuber-
licgenden Knochenwandnngen getrennt war. Letztcre
Vcrhaltnisse traten erst auf der frontalcn Sageflache deut-
lioh hervor , wahrend das bedeutend vcrdickte und eigeo-
thumlich gestaltetc Gclenkcude des Ilumcrns ohne Weiteres
als solcke8 gar nicht zu erkenm-n war , und nur an der
hintem Fliieke einen TlieU des uberknorpelteu Gelenk-
kopfs sehen liess. An SteUe der friihern Gelenkverbiu
dung hatte sich cine feste bindegewebige Ankylose ge
bildet.
Ein genaueres Studium des PrUparates filhrte Vf.
zu der Ansicht, dass eine solche Umdrehung des
Kopfes niclit immer um eine bestimmte Aclise , die
Querachse, zu erfolgen brauche, wie es nach der von
G u r 1 1 gegebenen Definition dieser aeltenen Brllche
scheinen kdnnte, sondem durch Drehung des Ge-
lenkkopfes nm Irgend einen beliebigen Diameter
seiner Basis als Achse radglich sei, und dass specie 11
in dem vorliegenden Falle letztere eine von oben
uaoh unten geheade (Vertikai-) Achse war.
Fine mit Hauttounde und Zerreissung 4er
Art. brachialis und einig/r Nerveusidnsme eom-
plidrte Comminutivfraktvr des rechten Obttarms
•
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
161
V, Chirurgie, Ophthalmologte u. Otiatrik.
u der Grease des obern end mittiern Drittets, bei
einan 51j&hr. Manne durch Ueberfahren entstanden,
ftlhrte sn vollstAndiger Gangriln des Arms , so dass
naeh 8 T. die Exartikulation im Schultergelenk
nothwendig wurde. Carbolverband , Heilung nach
4 Wochen (Med. Times and Gaz. Nov. 20. 1873.
King’s College-Hospital).
Einen Fall von operatic beseidgter Pseudar-
throte des Humerus berichtet Dr. J. A. Dibrell
(Philad. med. and surg Reporter XXXIV. 15 ; April
1876).
£r betrifit einen 40j£hr. Neger, welcher dnrch Auf-
fallen eines Muhlsteinfragmentes eine complicirte Fraktnr
des Humerus 3" oberhalb des Ellenbogens erlitten hatte.
Die Wunde heilte , doch bildete sicli eine ligamentSsc
Pseadarthrose ana, zu deren Beseitigung nach einem Jahre
Vf. einen 6" langen Schnitt durch die Narbe auf den
Knochen flihrte und die uberknorpelten , durch binde-
gewebige Strange’ zusamroenhangendcn Bruchenden re-
secirte. Nach Durchbohrung der Knochen dicht unter
der Sageflache wurde ein Silberdraht durch die Bohr-
locher gefuhrt, eine bestiminte Anzahl von Malen in einer
bestimmten Richtung (6mal nach rcchts) zusammenge-
ilreht und aus der im Uebrigen mit Suturcn geschlossenen
Wunde herausgefuhrt. Schienenverband, nach 10 Wochen
kn5cherne Vereinigung und Heiiung der Wunde bis auf
die S telle des Silberdrabtknotens. Letzterer wurde nun
durch Gmalige Drehung nach links aufgelost und ohne
Muhe nnd Reizung der Wunde entfemt. Drei Wochen
daranf Entfernung des flxirenden Verbandes ; passive Be-
wegungen , Bader 'stellten langaam die vollkommene Qe-
brauchsfahigkeit wieder her.
V or der arm.
Eine seitliche Gelenkbildung zuriechen den
Vorderarmknochen nach Fraktur der Ulna fand
Dr. Max Flesch (Deutsche Ztschr. f. Cbir. VI. 4
n. 5. p. 485. 1876) zuf&llig anf der Wflrzbnrger
Anatomic.
Die beiden Knochen des Vorderarms schienen durch
eine knocherne Verbindnngsbrucke am obern Rande des
M. pronator qoadratna fast nnbeweglich vereinlgt. Nach
Wegnahme derMnskeln zeigte es sich jedoch , dass letz-
tere, und cwar naher der Ulna , eine geringe Beweglich-
keit besass, indem sie aus 8 Abschnitten, einem kleinern,
glatten llocker , der in ihrein ganzen untem Viertel durch
Callnsmasse verdickten Ulna, und einem starker vorsprin-
genden prismatischen Aufsatz des Radius bcstand, welche
durch glatte Flachen und eine kapBelartige Bindegewebs-
masse zu einem deutlicben Gelenk verbunden waren.
Wahrecheinlich war bei dem Bruch der Ulna das
eine Fragment gegen den Radius getrieben worden
und hatte hier heftige Reizung und Knochenneubil-
dung bewirkt. Die Radiusexostose trug eine con-
cave Gelenkpfanne , welche gewissermaassen eine
VerlAngerung des Sinus lunatus daratellte , so dass
vielleicht noch geringe Pro- und Supination bei Leb-
zeiten mdglich waren. Das Interessanteste aber
an dem Prkparat war die Gestaltsver&nderang der
on tern Humerasepiphyse , an welcher Trochlea und
Rotnla kaum von einander abgegrenzt waren and
namentlich an der vordern Fl&che fast unmerklich
in einander ttbergingen ; es fehlte also die trennende
Knochenleiste, welche die Bewegnngen des Capitnhun
radii beschritnkt nnd gewissermaassen fixirt. Durch
dioa? Deformation des Ellenbogengelenks war, worauf
SUd. Jakrbb. B4. 178. Hit. 8.
sokon Volkmann hingewiesen , gewisaermaasen
an Ersatz far die durch die seitliche Knochenverbin-
dung beschrilnkte Beweglichkeit des Vorderarms ge-
schaffen, die beiden Knochen desselben konnten
wahrscheinlich gemeinsam in dem ver&nderten Ellen -
bogengelenk urn eine in der L&ngsrichtung des Arms
durch den Grand der Hohlkehle der Trochlea und
die Ulna verlaufende Achse Bewegnngen ausfalireu, ,
allerdings nor in Beugestellung des Ellenbogen-
gelenks , wenn die Hemmnng dnrch das Olekranon
wegfiel.
Finger.
Ein seltener Fall von Fraktur der driiten
Phalanx des linken Zeigefingers , wahrscheinlich
durch Muskelaktion, wirdvon Edward Bellamy
(Brit. med. Jonrn. March 28. 1874) mitgetheilt.
Einb&jahr. Mann wollte seinemSohne mitder Rucken-
flache der Tland einen Schlag versctzen , verfehlte ihn
aber, fuhrte also eine ttberinassigc Streckbewegung Im
Ilandgelenk aus, ohne den entsprechenden Widerstand
zu fiuden. Er fuhlte sofort heftigen Schmerz , die Band
war machtlos. Das frei nnter der llaut bewegliche Frag-
ment [welches?] war nach aufwarts gezogen durch den
Extensor carpi radialis major [?] nnd Btark abdncirt dnrch
die untem Fasem des ersteu M. interosseus dorsalis. Die
Deformation wurde bei Contraktion der betr. Mnskeln be-
sonders deutlich.
Becken.
Zerreissung der Symphysis ossium pubis mit
gleichzeitiger Fraktur des Oberechenkels fand Dr.
George W. Gay (Boston med. and surg. Journ.
XCIV. 15. p. 415. April 1876) bei einem 24j*fthr.
Manne nach einem Sturze aus dem 2. Stock werk
eines Hanses.
Es zeigte sich eine Fraktur in der Mltte des reehten
Femur. Gleichzeitig bestand Harnverhaltnng nnd Blntung
ans der HarnrShre, Schmerz nnd 8chwellung an der Sym-
physe. Die rechte Beckenhilftc war abnorm beweglksb,
ohne dass man Crepitation wahmahm. Bei Drnck auf
dieselbe nach ruckwarts konnten die Schambeine leicht
um */*" 'von einander entfernt werden. Sowohl von anssen
als per rectum fuhlte man an ihrer Vereinigungsstelle eine
Depression. Pat. konnte das linke Bein etwas abducireu,
aber weder adduciren, noch heben. Keinerlei sonstige
Beckenfraktnr. Nachdem die Consolidation des Ober-
schenkelbmchs mit HSlfe der permanenten Extension
innerhalb 3 Wochen erzielt war , wnrde ein breiter Gurt
fest um das Becken gelegt , nm die Schambeine in inog-
lichst dicbte Beruhrung zu bringen. Bei der Entlassuag
des Pat., nach 74 T., war die Vereinigung bo fest, dass
er ohne die geringsten Beschwerden und ohne Unter-
stQtznng laufen konnte.
Eine von Dr. Scaverus (Boston med. and
surg. Journ. XCIV. 13. p. 426. April 1876) mitge-
theilte Beobachtung von Fraktur der Crista ilei mit
Verlauf der Brachlinie vom Proc. spinos. infer, nach
hinten und oben [zur Mitte des Darmbeinkamms ist
dadurch bemerkenswerth , dass am 3. Tage 3 De-
jektionen theils geronnenen, theils frischen Blutes
aus dem Rectum erfolgten, die spllter nicht wieder -
kehrten. Urinentleerung normal. Schnelle Conso-
lidation des etwas nach innes dialocirten Fragments
innerhalb 3 Wochen.
21
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162 V. Chimrgie, Ophthalmologic u. Qtktrik.
Einen Fall von attsgedehnUr ccmminutivor
BickenfrakUtr mit Blasenzerreissimg tmd Hernia
rliaphragmatica hepatis verfiffentlicht Dr. Gustav
J Odell aus dem Hamburger allgem. Krankenhauae
^Deutsche Ztaclu-. f. Chir. IV. 5u. 6. p. 462. 1876).
Ein .'i6jahr. Arbeiter sturzte 70 Fuss kinab und
klagte hanptsachlich fiber heftige Schmerzen inderKreuz-
beingegend. Starker Shuck bei uugetrubtem Bewusstaein.
In der rechten Inguinal falte ein iincrgclagcrter festweicher
Tumor, von gelblich verfarbter Hant bedeckt. An der
obem Psrtie dee rechten Kreucbeins, bis zu welcher gfirtel-
f5rmig die Sugillation sich hcrumzog , eine seichte, sehr
schmerzhafte Depression. Das Becken war namentlich in
seiner rechten Halfte dnrch seitlichen Drnck verschiebbar,
eine bestiramte Frakturstellc istnichtnachzuweisen, Urin-
sekretion vSllig nnbehindert. Diagnose anf Beckenfraktnr
mit Contusion des Kreuzbeins. — In den naebsten Tagen
starke blntige Yerfarbung der Haut bis znm Rippenrande
und Scrotum), Parese und Oedem des rechten Beins , In-
continentia alvi , beginnender Decubitus am Kreuzbein.
Nhch 6 Tagen Incontinentia sphincterls veslcae bei stark
geffillter Blase , Katheterismus , consekutiver Blasenka-
tarrh. In den folgenden 2 Wochen Besserung des Allge-
melnbeflndens, lcidlicher Appetit , relative Schnierziosig-
kelt. Am Ende der 8, Woche Fleber in Folge von Absce-
dirung des inguinalen Eztravasats. Incision entleerte
nrlnos riechenden Eiter, der eingefuhrte Finger constatirtc
cine Comminutivfraktur des Schambeins mitBildung eines
losen, spitzen Splitters, der wahrscheinlich die Blase per-
forirt hatte. Einlegnng eines permanenten Ndlaton’-
schen Katheters und Au6spulung der Blase mit Solut.
Kali hypermanganici. Lagerung auf einem Hebeapparat,
sowie Regulirung des Stuhlgangs wegen der farese
des Sphincter ani fuhrten raschen Vcrschluss der Urin-
flatel und fast vollstandlge Heilung des iuzwischen sehr
ansgedehnten Decubitus herbei, die Lahmung des rechten
Beines und des Sphincter ani verlor sich allmalig, so dass
Pat. nach einem Vierteljahr bereits am Stock umhergeheu
konnte. Bald aber verschlechterte sich das Befinden
wieder, mehrere Schfittelfroste, wiederholt recidivirende
Erysipele am rechten Bein mit Erguss ins Kniegelenk und
Abscedirung am Unterschenkel fuhrten eine stetig zn-
nehmende Kachexie herbei ; starke Bronchitis, Pleoritis.
Tod etwa 6 Mon. nach stattgehabter Verletzung.
Bei der Sektion fand sich Folgendes. Dnrch die
Koppe des Zwerchfells , and zwar in seinem muskulbeen
Thetl, ragte ein 6 Ctmtr. langer and 4 Ctmtr. hoher, mit-
tels einer Strangfurche abgeschnfirter Theil der Leber in
den rechten Plenraranm hinein. In der Unken Niere ein
Abscess, an der Harnblase keine Narbe aufzuflnden, Im
Becken fand man folgende, vbllig consolidirte Frakturen.
1) eine Langsfraktur des Kreuzbeins durch die ganze
Reihe der Foramina sacralia deztra. Dieselbe 1st in der
Wetse geheilt , dass dae ganze Fragment mit der unver-
letzten Facies anricularis nm 3 Ctmtr. nach oben ver-
schobenist, was naturlich eine vollkommene Unregei-
missigkeit im Anstritt und Verlauf der NN. sacrales her-
beigeffihrt hat. — 2) Abbruch der Proc. cost, des 2. bis
6. Lendenwirbels. — 3) Der rechte horizontale Scharn-
beinast nach ausseu vom Pecten ossis pubis abgetrennt,
der absteigende Ast in 3 gleich langc Fragmente zersplit-
tert, von welchen das raittlere vdllig aus dem Zusammen-
haage getrennt und in das Foramen obtnrat. luxirt ist.
Die vorliegendeBeobachtung zeichnet sich, abge-
sehen von der Seltenheit vOlliger Heilung so ausge-
dehnter Beckenfrakturen, durch die Germgfttgigkeit
der Symptome nach so bedeutender Verletzung aus.
Vorhandensetn des Druckschmerzes und ausgedehu-
ter Sugillationen leiteten die Diagnoee, von den son-
stigen patbognomiachen Zeichen war die Parese des
Iliopsoas, dagegen nicht die von Rose sogeu.
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)| £chmerzlAhmniig der Blase “ vorhanden. Mit eler
Auffiaussung Voillemier’s, der diese Praktoren
vertik&l durch das Kreuzbein gleichzeitig mit Tren-
nung des vordern Beckenringes zu den durch direkte
Knochenzerreissong entstandenen rechnet, kann aich
Vf. fill’ den vorliegendenFall nicht einverstanden er-
kl&ren. Die Verletzung der Blase wird fllr eine se-
knnd&re gehalten im Gegensatz zu den hdofigeren
durch das Trauma unmittelbar verursachten primAren
Blase nrupturen. Die Dislokation eines Theils der
Leber will Vf. in Uebereinstimmung mit Liu hart
wegen Mangels eines serdsen Bruchsacks nicht als
Hernie, sondern als partiellen Prolapsus bezeichnen.
Er constatirt das Fehlen aller Symptome derselben
und damit die Uumdglichkeit der Diagnoee in seinem
Falle.
Oberschenkel. ,
Einen durch das gttnstige Heilresultat ausge -
zeichneten Fall von Fractura intercondylica femo-
ris theilt Maurice Letulle aus der Klinik von
Prof. Trelat mit (L’Union 66. 1876).
Ein Sljahr. Mann del aus dem ersten Stock anf das
(wahrscheinlich halbgebeugte) rechte Knle. Letzteres,
sowie die beiden untem Drittel des Oberechenkels dnrch
ehi fluktuirendes Blutextravasat betrachtlich geschwollen.
Keine Dislokation, Drnckschmerz S Querflnger breit fiber
der Patella , anf letzterer eine kleine quere Hautwunde.
Aktive Bewegung des Beines nnmoglich, die nntere Femnr-
epiphyse konnte man gegen dieDiaphyse, die beiden Kon-
dylen gegen einander mit dentlicher Crepitation varschie-
ben. Verkurzung, Erscheinungen von Druck anf die
Poplitaal-Gefasse und -Nerven fehlten. Es bestand also
ein T-Bnich der untern Epiphyse des Femur ohne Ein-
keilung des obern Fragments. In einem S e n 1 1 e t 'schen
Apparat verschwanden der H&marthrus genn and der sub-
muskulare Blnterguss rasch und nacb 40 Tagen war feste
Consolidation erfolgt. Die Ankylose des Kniegelenks
wurde durch forcirte Flexion gehoben. Der Kr. verliess
am 57. Tage nur leicht hinkend mit 2 Ctmtr. Verkiirznng
das Hospital.
Richet giebt in Form eines klinischen Vor-
troges die Beobachtung einer Epiphyeentrennung
des Femur, mit Perforation der Weichthcile durch
das obere Fragment (L’Union 32. 1876), einen
13jt(hr. Knaben betreffend, welcher von dem Riemeu
einer Dampfraaschine erfasst worden war.
Der Unterschenkel war nach aussenrotirt undbHdete
mit dem Oberschenkel einen nach auseen offenen rechten
Winkei. An der innern untem Partie des letztem war
das mit dem untern Epiphysenknorpel bedeckte Dia-
physenende durch die Weichtheile nachaussengedrungen,
von diesen knopflochartig eingeschnfirt ; an der ausaem
Seite war eine breite Wuude vorhanden. Die Ko&dylen
des Femur hatten ihr norrnales Verhaltniss zux Tibia,
ebenso wie die Patella bewahrt, was dcr durch die gross?
iinssere Wundc eingefuhrte Finger noch direkter con-
statiren konnte. Dabei wurden an der Trennungslinie
des aussem Kondylus mehrere kleine , mit dem Perkwt
noch zasammenhangende Splitter geffihlt. Pulsation tier
Art. poplltaea erhalten. Wegen des erheblichen Shocks
und ans Fnreht , im Excitationsstadium die Dislokation
der Fragmente verschHmmert zn sehen, wurde ohne
Chloroform zur Reposition geachritten. Dieselbe gelang
erst nach einigen vergebliehen Versuchen durch Streckung
des bestclicnden Wiukels bei gleichzeitiger Extension und
dadnrch, dass R. , emen durch die grOssere Wundc einge-
fUhrten Spatel als Hebei benitaead, die beiden Fragmente
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163
V. CWrurgie, Ophthalmology n. Otifttrik.
mit power GcwaH von ctaander eatferate. Lagorung la
einer Rinse, Verband mitVinnm aromaticam. Guter Ver-
lauf in den ersten 8 Tagen , riann akute Septikamie nnd
Tod am 16. Tage.
Die Section ergab rechfseitigen eitrigen Pleuracrguss.
In Fblge pramortaler Conrtihionen batte Rich die ffir die
gewShnliche Fracture supracondyloidea oharakteriatbohe
Dialokatlon hergestellt , die Diaphyse war nach vorn und
unten verschoben und ins Kniegelenk eingedrungen , die
Epiphyse so umgedreht, dass ihre Frakturstelle nach der
Fossa poplitaea an gerichtet war. Eta sonstiger Brnch
land sich nicht vor.
Eine (lurch den Mechaniemue three Zuetande-
kommens inter estante kreuzweiee ( etemf&rmge )
complicirte Fraktur der Condyli femoris beobach-
tete H. H. A. Beach (Boston med. and surg. Journ.
XCIV. 9. p. 236. 1876) an einem 30 J. alten mus-
knlSsen Manne, welcher in der Trnnkenbeit aits einem
Penster des 3. Stocks herabgesttlrzt und mit dem
linken Knie und Handgelenk auf das Strassenpflaster
anfgefallen war.
Stark blntende kleine Wunde nach aussen und oben
vorn linken Kniegelenk. Commlnntivfraktur des nntern
Femurendes und der Patella mit starker Weichtheil-
quetschung, ausserdera complicirte Fraktur am nntern
Drittel des linken Vorderarms. Amputation des jOber-
sehenkels unterhalb der Mitte. Tod an Delirium und
aknter Septikamie nach 48 Stunden. Die Untersuchnng
dee amputirten Gliedes ergab lntaktheit von Tibia und
Fibula. Die Patella in ihrem untern Drittel zersplittert,
ihr oherer dickercr Thcil unverschrt. Dir Gelenkfliichc
des Femnr war kreuzweise fraktnrirt ; eine vertikale Bruch-
linie trennte die Kondylen von einander, die andere trans-
▼eraale kreoete dieeelbe '/»" nach vorn von der lacisura
inter oondyliea. Oberbalb der 4 Kondylenfragmente war
der Schaft zersplittert.
Vf. nimmt an , dass beim Falle auf das flektirte
Knie der heftigste Stoss die Patella traf, und von
dieser auf den Femur (lbertragen wurde. Die Pa-
tella wirkte hierbei als doppelter Keil , indem ihr
vertikaler First die Kondylen auseinandertrieb , die
liorizontale Leiste die transversale Fraktur der Kon-
dylen erzeugte. Vf. erwfthnt ein analoges (von
Bigelow gewonnenes) Prftparat von sternfbrmiger
Fraktur der untern Gelenkflkche der Tibia. Das-
selbe stammt von einem Manne, der durch Auffallen
auf die Hacke eine complicirte Comminutivfraktur
im Fussgelenk erlitten hatte, welcbe die Amputation
nothig machte. Hier hatte die convexe GelenkfUche
des Astragalus in gleicher Weise als Keil gewirkt.
Durch den gtlnstigen Ausgang bemerkenswertb
eracheint em Fall von Schussfraktur dee rechten
Femur , fiber welchen Dr. J. A. D i b r e 1 1 (Pliilad.
med. and surg. Reporter XXXI. 7 ; Aug. 1874) be-
richtet.
Deraelbe kam bei einem 37 J. alien Manne zurEeob-
achtnng der ans gr3sster Nahe durch Rehposten verletzt
worrten war. Es zeigte sich Fraktur des Femur an der
Grenze des mittlern nnd nntern Drittels, sowie des linken
Untereebenkels. Trotz vergeblicher Versuche zur Ex-
traktion der Kugel erfolgte bei conBervativer Uehandlung
(Rmith's anterior splint, Schwebe, Carbol verband) inner -
halb 9 Wochen Heilnng mit geringerjVerkfirznng u. gnter
Fmktionsfibigkelt.
Die durch Volkmann bei uns eingebflrgerte
pemanente Extension mittels der Heftpflasteransa,
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welcbe bei Behaadlung von Obersebeblristfraktiifen
so ausgezeichnete Resnltate giebt, scheint in Frank -
reich noch wenig geflbt zn werden, sonst wilrden
wohl nicht nocb immer so complicirte und nnzweck-
mUssige Apparate erfunden werden, wie die zur Be-
handlung der Oberechenkelfrakturen von Dr.
Cr^quy (Bull, de Thdr. XC. p. 145. F6vr. 29.
1876) angegebene und abgebildete Modification des
Dieault'echen Apparate, welchen C. alien tlbri-
gen vorzieht u. mit dem er ausgezeichnete Heilongs-
l-esnltate [2 Ctmtr. Verkfirzung !] erreicht haben will.
Eine aussere bis fiber die Crista ilei, eine innere his
zur Genito-Cruralfalte reichende Schiene, beide die Fuss-
rtoble um 15 Ctmtr. fiberragend, wind an der hintern Seite
durch Segeltuch verbunden, am untern Ende durch eiuea
Querbalken auseinander gehaiten und am obern (die
aussere) durch oinen Beckengurt flxirt. Zwiscbeu beide
wird die mit doppelten Wattelagern umgebene Extremi-
st gelagert und der Oberscheukel noeh durch eine vor-
dere Schiene flxirt. Die Contraextension wird wie beim
Volk man n schen Apparat durch elnen (mit etaem
Kleiensack nmhfillten) Kautschukschlauob bewirkt, der
jedoch seine BefestiguDg am oberu Eude der aussern
Schiene (indet, die Extension gesehieht durch ein Gummi-
band, welches aehterfdrmig nur [.' !] das Fussgelenk nnd
die Sohle umfasst und an dem nntern Querbalken flxirt
1st. [Wie die Kranken einen solehen nur auf den Fuss
beschrankten permanenten Zug. wenn er kriiftig und
wirksam ausgeubt werden soil , ertragen, 1st Ref. unver-
standlich.]
Die Uninfiglichkeit , einen durch Fraktur wul
Verschiebung der Fragmente verkurzten Ober-
8chenkel zu seiner vollen Lange wieder auezudeh-
nen, demonstrate Dr. H. F. Montgomery (Amer.
Journ. N. S. CXXVII. p. 112. July 1872) an der
Leiche eines 28 J. alten Mamies, der am 4. Tags
nach einem Starze ans 30' Hfihe verstorben war,
bei welchem er einen Oberschenkelbruch erlitten
hatte.
Die Verkfirzung des an der Grease des mittlern nnd
nntern Drittels quer frakturirten Femnr betrng 2" nnd
hatte wiihrend des Lebens durch eine permanente Heft-
pflasterextension mittels 15 Pfd. Gewicht nur wenig ver-
rtagert werden kSnnen. Elf Stnnden nach dem Tode
wurde die Bmchstelle durch einen Langsschnitt freige-
legt. Die Fragmente standen l'/j" fiber einander. Der
Zug von 4 kraftigen Manncrn (mittels eines um die Kno-
chel befestigten Strickes bei entsprechender Contraexten-
sion) vermochte die Verkfirzung nur bis auf */*“, ein 17
8td. hinduroh permanent wirkendes Gewicht von 127 Pfd.
bis auf '/ 4 " auszugleichen.
Einen Ahnlichen Fall bat M. am Lebenden be-
obachtet, wo ein 8 Wochen ausgetlbter permanen-
ter Zug mit dem stirksten anwendbaren Gewicht die
Verkfirzung des Oberschenkels nicht ganz verhtiten
konnte. Er schliesst daraos, dass es in alien [?J
Fallen von Oberscbenkelbruch, ob quer oder schritg,
mit Verkfirzung durch Verschiebung der Fragmente
an einander unmdglich sei, letztere durch irgend
eine beim Lebenden applicirbare Gewalt in genanen
Gontakt zu bringen.
Ein Fall von Wiederzerbrechen einer deform
geheilten Oberschenkelfraktur mittels dee Butcher' -
eohen Osteokiaeten wild unter Beigabe historischer
and epikritischer Bemerkungen von James Spence
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164
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otfatrik.
(Edinb. roed. Joorn. XXI. p.769. [CCXLIX.] March
1876) beriehtet.
Ein 28j4hr. Farmer hatte tot 21 Mon. dorcb direkte
Gewalt einen Brnoh dee linken Oberschenkels an der
Grenze des mittlern u. untern Drittels erlitten, welcher bei
nngeeigneter Behandlung mit 4" Verkurznng heilte. Das
obere Fragment rnhte anf deni untern und sprang stark
nach aussen vor. Knie nach vorn und aussen gedreht,
Fuss in Equinnsstellung , Muskeln an der Vorder- und
Aussenseite des Beines in Folge Druckes auf den aussern
Poplitaalnerven gelahmt. Permanente Extension, um
priparatorisch die Welchtheile auszudehnen , Dnrch-
■chneidung der Achillessehne, Faradisation der Muskeln.
Applikation des (genauer bescbriebenen und abgebildeten,
im Wesentlichen einer Buchbinderpresse ahnlichen) Osteo-
klasten von Butcher unter Chloroform, permanente Ex-
tension des gerade an der Bruchstelle schrag Trieder
frakturirten und durch Schienen gestiitzten Gliedes. We-
der Sohwellung noch Bluterguss folgte. Mach 4 Mon.
vmrdePat. mit geradem, l‘/,“ verkfirzten Beine entlassen,
die Extensorenl&hmung war jedoch nicht gehoben.
Dr. Ferdinand Riedinger giebt in seiner
bemerkenswerthen Abhandlung, .Sfudien aber Grand
und EinkeUung der SchenJeelhalsbriiche “ *) nach
einleitenden anatomischen Betrachtungen und Zusam-
menstellung der in den neuern beztlglichen Arbeiten
vertretenen Ansichten (Heppner, Streubel,
Meyer, J. Wolff, Merkel, Bigelow) die
genane Beschreibung und Abbildnng von 19 ans
dem Wtirzburger pathologisch-anatomischen Institute
stammenden Pr¶ten von SchenkelhaMraktur,
und schliesst daran eine Reihe von Experimenten
behufs kttnstlicher Emugung von Schenkelhals-
frakturen an der Leiche.
Bel letzteren Hess er den mit elnem Holzhammer
ansgeffihrten Schlag wirken : 1) auf die Aussenseite deB
Trochanter, und zwar bei nnverletzter Haut und dann
nach Berausnahme des Os femoris ; 2) auf den Scbenkel-
kopf : a) in der Langsachse des Halses , b) in der der
Femurdiaphyse ; 3) in der Langsachse des Femur vom
untern Abschnitte aus : a) auf dieEpiphyse, b) nach Weg-
nahme derselben auf die Diaphyse. Bei der 3. Kategorie,
welche dem Fall auf die Fusse oder Knie helm Lebenden
entsprechen sollte , gelang es ihm nicht , eine Schenkel-
halsfraktur zu erzeugen.
In dem letzten epikritischen Abschnitte lengnet
Ried. zunftchst die vermeintliche Disposition des
Schenkelhalses im normalen jugendlichen Zustande
zu Frakturen , und hebt folgende Umstitnde hervor,
welche ihn wohl befthigen , die ganze Korperlast zu
tragen und ihn gegen Einwirknngen in der Lftngs-
achse des Femur schtitzen : 1) Der Schenkeihals ist
nicht nach der Flkche , sondern nach der Kante ge-
bogen und von vorn nach hinten plattgedrtlckt, „die
Widerstan d skraft eines Hebelbalkens wftchst aber
mit dem Quadrat seiner senkrechten , nicht seiner
horizontalen Dimensioned' ; 2) die schiefwinkelige
Stellung des Collum zur Diaphyse; 3) die starke
Entwickelung der Corticalis am untern Umfange des
Schenkelhalses (sogen. Adams’ scher Bogen , der wie
ein Strebepfeiler wirkt) ; 4) die von Meyer und
Wolff hervorgehobene kunstgerechte Bauart der
verschiedenen Bilkchensysteme ; 5) das Merkel
*) Wftrzbnrg 1874. J. Staudinger’sche Buchb. 8,
72 8. mit 11 lithogr. Tafeln.
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sehe Calcar femorale. Gegen Enwirktmgen in der
Achse des Collum bei Fall anf den Trochanter mayor
schtitzen letzerer selbst , welcher die Gewalt ab-
schw&cht, und die Lin. intertroch. post., welche sich,
nach Bigelow, strebepfeilerartig liber den Schen-
kelsporn hmtlberwOlbt. Eine Hanptrolle in der
Aetiologie der Schenkelhalsbrtlche spielen die durch
das hflhere Alter, in welchem dieselben ja vorwie-
gend zur Beobachtong kommen, bedingten Verttnde
run gen der Struktur (die nicht bios die Corticalis,
sondern auch die Spongiosa nebst Schenkelspom
betreffen) and der Stellung (Kleinerwerden des
Winkels von Collum und Diaphyse) , and zwar ist
ein Fall auf die Ftlsse (Wirkung in der L&ngsachse
des Femur) aus deu oben angeftlhrten Momenten and
entsprechend den Experimenten R.’s seltener die
veranlassende Crsache, als Fall auf die Htlfte (Wir-
kung in der Achse des Collum). Die Bruchlinie geht
gewOhnlich durch die Fossa troch. and vom und
hinten parallel den Lin. intertrochanterica. Unten
stossen die vordere und hintere Frakturlinie in einem
spitzen Winkel gewOhnlich in der HOhe des Troch.
minor zusammen, die Spitze besteht dann nur ans
der Compacts des untern Bogens. Die Brilche dicht
unter dem Caput verlaufen meist quer , nicht selten
bildet aber der nntere Rand eine nach unten und
anssen auslaufende Spitze. Incomplete Frakturen
hat R. nicht beobachtet. In der Regel aind die
Brilche mit EinkeUung verbunden, und zwar nament-
lich die an der Basis der Trochanterpartie , seltener
die am Uebergange in den Kopf ; in beiden Fallen
aber ist die EinkeUung am hintern und untern Bruch-
rand am st&rksten. Der Grund der hftufigen Implan-
tation liegt zunfichst in der Richtung der einwirken-
den Kraft, die nicht nur den Bruch hervorruft , son-
dem auch die Fragmente so zu einander stellt , dass
sie sich einkeUen kdnnen. Feraer hat (bei den
Brilchen am untern Umfange des Halses) das obere
Fragment eine keilfbrmige Gestalt , welche sein Ein-
dringen in die mttrbe Ftlllung des Trochanter be-
gflnstigt, zumal dieser meist selbst vielfach frakturirt
ist und gabelfbrmig auseinander steht. Am obera
Abschnitte liegen die Verhftltnisse weniger gttnstig,
doch ist auch hier nicht selten der hintere Rand der
Corticalis so weit in den Kopf getrieben , dass der
untere Umfang desselben unter den Trochanter maj.
tritt. Die Frage betreffend, ob EinkeUung und Bruch
gleichzeitig eintreten oder ob jene erst sekundir
durch weitere Einwirkung entsteht, entscheidet sich
R. nach seinen Experimenten , bei denen es ihm ge-
lang , Fraktur und Implantation mit einem Schlage
zu erzeugen, ftir die eretere Motalitkt als Regel.
Zum SchluBs wird die schon von L i n h a r t auf -
gestellte Ansicht genauer besproohen , dass viele
Frakturen des Schenkelhalses an seiner Insertion in
die Trochanterpartie nicht durch Gewalten entstehen,
welche entweder in der Achse des Schenkelhalses
oder der Femurdiaphyse wirken und den die beiden
gebUdeten Winkel zu verkleinern streben , sondern
Rissbriiche sind (Fr, par arrachement), indem durch
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165
V. Ohirurgie, Ophthalmologic m. Otiatrik.
sUrkes Anopannen das Lig. Bertini beim Rfickwftrto-
beugen dea Stunmea usd Auswtrtsrollen des Ober-
schenkels der Schenkelhals in der Lines intertroch.
ant scharf abgerissen wird, w&hrend das Ligament
init ihm in Zusammenhang bleibt. R. betont die
Analogic mit den Rissbrttchen an der untem Radius-
epiphyse, des Oberarms, des Malleolus int. etc., and
berichtet fiber 2 Experimente an der Leicbe , durch
welche er die Richtigkeit dee erwfthnten Mechanis-
muB ausser Zwelfel stellte. So kann bei einem Sturze
nach rtlckwirts der Bruch mdglicherweise schon zu
Stande kommen, bevor der Kr. zur Erde fUllt. Das
starke Lig. Bertini kann um so leichter die Fraktur
bewirken , als alle Faktoren , welche die Festigkeit
des 8chenkelhalse8 erhohen (s. o.) , in Wegfall kom-
men , da die Gewalt von vom nach rtlckwkrts , also
in einer Richtnng wirkt, wo der Schenkelhals am
wenigsten Widerstandsfkhigkeit beaitzt. Wahrschein-
lich hat das Ligament aach bei den andern Fraktu-
ren, die durch Fall an der Trochanterpartie ent-
stehen, einen Antheil und bedingt die venders scharfe
Brnchlinie im Gegensatz zu der hintem unregelmissig
wellenfbrmigen.
Wir schliessen hieran gleich einen von Rie-
din ger (Chir. Centr.-Bl. II. 52. 1875) verdffent-
lichten Fall von Scbenkelhalsfraktur , welcher fUr
das Vorkommen des zuletzt erwAhnten Mechanismus
auch beim Lebenden einen schlagenden Beweis
liefert.
Ein 60 Jahre alter Mann war auf der fttrasse aus-
ge raise ht , und obwohl er durch tlarkes Riicbcdrttbeugeu
rlet Rumpfu sich aufrecht zu halten suchte , auf die linle
Seite gefallen. Aufgerichtet vermochte er noch einige
Schritte zu gehen , fuhlte aber, wie dabei unter lebhaften
Schmerzen in der Hufte das reehte Bein kiirzer wurde.
Die Untersuchung constatirtc eine extracapsulare Fraktur
des rtchten SchenkelhalRpg mitEinkeilung und Verkurzung
um 6 Centimeter. Der Fall als solcher kann hler unmog-
lich die Causa directa des Bruches sein, da er auf die dem
letztern entgegengesetzte Seite stattfand , als einzig mog-
liche Schadlichkeit bleibt bier vielmehr nur die zur Er-
haltungdes Gleichgewichts ausgefuhrte Ruckwartsbeugung
dee Stammes und dadtirch bewirkte Anspannung des Lig.
Bertini fibrig , welches die Abreissung des Schenkelhalses
an der Lin. jntertr. ant. veranlaaste. Die Einkeilung
wurde hler wo hi erst seknndar darch das Au ft re ten des
Pat. herbeigefuhrt.
Unterechenkel.
Die Ansammltmg einer grbssern Zahl von Bein-
brttchen in seiner Abtheilung des Hotel Dieu giebt
Riehet Veranlassung zu einem sehr erschbpfenden
klisischen Vortrage fiber die Fraktvren dee Unter-
tehenkele (znaammengestellt von seinen Assistenten
L. Gamier and A. Le Doable in der Union
54. 58. 66. 69. 74. 88. 96. 102. 103. 116. 118.
1875). Da die Abhandlnng, wie bei ihrer Bestim-
mung selbstverstindlieh, sehr viel Bekanntea entbftlt,
heben wir nur das von den gebr&uchlichen An-
sohammgen Abweiohende, dem Vf. Eigenthflmliche,
so wie Einiges ans der begleitenden Casuistik hervor.
R. vermisst bei der gewflhnlichen Classifikation
der Unterschenkelbrtlche in die des mittlem Theils
und die des untern Eudes die Berttckaichtigung der
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voa ihm mehrfach beobaohteten Fraktsran dee obern
Eudes ; er zieht deahalb die Eintheilung in Btfiebe
des mittlern Theils oder Kdrpers und in BrUche der
beiden Enden der Knochen des Unterschenkels vor.
Von erstern wird genauer besprochen die von Boyer
beschriebene Form der Fracture epiroide oder par
rotation , hervorgebracht durch eine Drehbewegung
des Kftrpers bei fixirtem Fusse ; ihr Sitz ist immer an
der Grenze des mittlem und untem Drittels. Kleine
Querfrakturen am Korper des Unterschenkels werden
(mit Unrecht) geleugnet. In sehr vielen Fallen von
Brfichen aus indirekter Ursache wird ursprttnglieh
nur die Tibia betroffen, die Fibula erst sekundilr
frakturirt, weil der Pat sich aufzurichten versuoht
und das Wadenbein allein die Last des Kdrpers niobt
zu tragen vermag. Bei Syphilitischen sah R. hftufig
nach 2 — 3 Wochen heftige Schmerzen auftreten, die
Callusbildnag sich erheblich verzfigera, bis eine anti-
lufttische Kur eingeleitet wurde. Zerreissung grdase-
rer GefAsse wird hier hitufiger als bei andern Brfichen
beobachtet , und zwar meist die der Tibialis postioa
durch das obere ‘Fragment. R. wfirde in solchem
Falle lieber die Art. femoralis ligiren, als die direkte
Unterbindung an der Stelie der Verletzung machen,
aus Furcht, die Fraktur in eine complicirte unuu-
wandeln. Als sehr seltene , jedocli Richer auch von
ihm constatirtc Complikation erwfthnt R. das sogen.
spontane Emphysem , ohne sich jedoch flir eine der
Hypothesen seiner Entstehung zu entscheiden.
Die Anwendung der Narkose behufs der Re-
duktron wird verworfen, weil im Stadium excit&tionis
die Dislokationen und Complikationen in Folge der
heftigen Bewegungen der Kr. oft erheblich ver-
schlimmert werden. Zur Retention wird in den ersten
Tagen eine Heieter ' sche Lade , spAter der Gipsver-
band oder der von R. angegebene Stuckverband
applicirt. Lctzterer besteht aus einer Mischung von
Gipsbrei mit GelatinelOsung. Von den Mitteln, welche
zur Beseitigung der oft kusseret hartnkekigen Ver-
sebiebung des obem Fragments nach unten vorge-
schlagen worden sind , werden die Durchschneidang
der Achiilessehne, so wie die Applikation des MeU-
gaigne' schen, von Ollier modificirten Stachels im
Allgemeinen als zu gef&hrlich verworfen. R. legt
vielmehr auf das obere vorspringende Bruchstflck
ein 3 querfingerbreites, sehr dickes Kissen , darflber
eine gleich lange Schiene, und zieht die letstore
durch zwei an der Lagerungarinne befestigte Sohnflre
so stark nach unten , bis das obere Fragment ge-
nfigend deprimirt ist.
Bei Complikation mit Wedchtheilwunde wird letz-
tere, wenn thunlich, mit Goldschlkgerhkutchen und
dicker Collodinmschicht bestrichen. In einem vor-
gestellten Falle war es auf diese Weise gelungen,
die complicirte Fraktur in eine einfache zu verwan-
deln. Der Ausgang in Pseudarthrose ist nach R.
(im GegeDsatz zu Malgaigne) bei Brfichen im mitt-
lem Theile des Unterschenkels seltner als bei denen
des Oberarms und Obersobenkels, und zwar deahalb,
weil bei letiteni wegen Vorhandenaeins nor eines
Original fronn
UNIVERSITY OF CHICAGO
166
V. Ghirurgie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
Kaoehens die Bewegliehkeit grosser, das Reiten derr
Fragment* auf einander erleiehtert , das Fraktnrfeld
weniger ausgedehnt ist. R. hat wlhrend seiner
Praxis nnr 2 Fftlle von Pseudarthrose dee Unter-
schenkels beobachtet.
Zu den bisher nach seiner Meinung zu wenig
gewflrdigten Frakturen des obern Theils flbergehend,
bezeichnet R. dieselben als vorwiegend dnroh indi-
rekte Gewalt hervorgerufen — Fractures par arra-
ohement — indem bei fixirtem Fuss der Kdrper
wfihrend des Hinfallens eine Drehbewegung ausfllhrt.
Direkte Gewalten haben wegen der breiten FlJlche,
der vorwiegend spongiftsen Struktur und dadurch
veranlassten grbssern Flexibility weniger Einfluss
anf das obere Ende. Diese Frakturen komraen we-
gen der Festigkeit der Bftnder h&ufiger zu Stande
als die auf demselben Mechanismus beruhenden
Lnxationen (im Kniegelenk) der Tibia nach aussen,
mit welchen sie bei oberflftchlicher Betrachtung zu-
erst leicbt verwechselt werden konnen — bei beiden
bildet der Unterschenkel mit dem Femur einen nach
aussen oflfenen stumpfen Winkel. In 2 von R. be-
obachteten und genauer berichteten Fallen war die
Fraktur dadurch erzeugt, dass die betreffenden In-
dividnen beim Heransspringen aus dem Wagen mit
dem Fusse im Trittbrett hangen blieben , und wah-
rend des Hinfallens beim Versuch , den Fuss frei zu
machen, eine heftige E>rehung des Oberschenkels
auf dem obern Theile des Unterschenkels ausfHhrten.
In einem 3. Falle, veranlasst durch Auffallen eines
Bretterzaones auf eine mit Aufhangen von Wftsche
beschtflagte Frau , gprach zwar das Vorhandensein
von Ekohymosen und Hautschrunden scheinbar fiir
eine direkte Ursache, doch ist es zweifelhaft, ob
nicht auch hier der Fuss fixirt war, wahrend der
Kflrper beim Fallen eine Rotation ausfiihrte. Die
Deformation ist in alien Fallen stets dieselbe: das
obere Fragment springt nach vorn (Wirkung des
Quadriceps femoris) , das untere nach hinten vor
(Contraktion der Unterschenkelbeuger) , letzteres ist
ansserdem nach aussen dislocirt u. rotlrt. Die meist
der Tibia folgende Fibula ist dicht unterhalb ihres
Capitulum abgebrochen. Wegen der spongibsen
Struktur und geringern Harte [?] des obern Endes
fehlt die Crepitation oft. Eine Starke ddematdse
Ansohwellung, herrtlhrend von einem betrachtliohen
Bluterguss aus den sehr gefitssreichen Bruchflachen,
ist eharakteristisch. Letzteres ist auch der Grand
der meist sehr verzdgerten Callusbildung und Con-
solidation. Deshalb sowohl, wie wegen der haufigen
Betheiligung des Kniegelenks ist die Prognose zwei-
feihaft. In den von R. beobachteten Fallen trat eret
nach vielen Monaten Heilung ein. In Betreff der
Bebandlung verwirft er das sofortige Anlegen eines
festen Verbandes und wendet erst 2 oder 3 Wochen
bis zur erfolgten Absehwellung den Scuttet’schen
Appoint an.
Als Frakturen im unUm Theile des Unter-
s eh m ke ls beseichnet R. ziemllch wUlktlrHcb diejeni-
wnWie ihren Ste in der Btrecke swiachen dem
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Spntnggelenk und einer 4 Ctmtr. oberhalb desselben
gedachten Linie haben. Er unteTScheidet der Ueber-
sichtlichkeit halber 5 Typen dieser Fraktur.
1) Tibia imd Fibula sind 3 — 4 Ctmtr. oberhalb
des Gelenka obne Eindringen in das letztere gebro-
chen ; Dislokation wie bei den BrUchen im mittlern
Theil. — 2) Abbrach des Malleolus extemns am
obern Ende mit Abreissung des innern Kndchels
(aogen. Dupuy tren’sche Fraktur); Stellung des
Fusses verschieden, meist nach aussen. — 3) Die
Bruchlinie verlauft von hinten oben nach vorn unten,
mehr oder weniger dem Gelenkc sich naherad und
oft in dasselbe eindringend ; der Fuss ist nach hin-
ten verschoben und behalt auch nach der Reduktion
die Neigung zu dieser Dislokation. — 4) Umgekehr-
ter Verlauf der Bruchlinie wie im vorigen Falle ;
der Fuss ist nach vorn dislocirt u. verlangert , bleibt
iiber nach einmaliger Reduktion in der normalen
Stellung. R. hat erst einen derartigcn Fall beob-
achtet. — 5) Das obere Fragment der Tibia ist in
das untere eingedrungen und bat dasselbe zerechmet-
tert und auseinander getrieben. Die Malleolen sind
bedeutend auseinander gewichen, der untere Theil
des Unterschenkels ist in alien Durchmessern erheb-
lich verbreitert. Crepitation ist nicht auf die ge-
wbhnliche Weisc durch Bewegen der beiden Frag-
mente in entgegengesetztem Sinne, sondera nur durch
direktenDruck auf dieselben hervorzurufen, und fehlt
bei bestehender Einkeilung oft vollstftndig. Blut-
ergnss und Schmerzhaftigkeit sind betrfichtlich, nicht
selten wird hier spontanes Emphysem beobachtet.
Ein lehrreiches Beispiel dieses Typos liefert folgende
Beobachtung.
Fall aus 3 Mtr. H8he direkt auf die Planta pedis.
Enorme Geschwulst und Diastase der Malleolen, normale
Stellung des Fusses und geringe passive Bewegliehkeil
desselben. Grosse Schmerzhaftigkeit auf Druck, aber
Fehlen von abnormer Beweglichkeit und Crepitation.
Delirium tremens, Gangran des Fusses, Tod. Die Sektion
ergab Bruch belder Knochen des Unterschenkels, das
obere spitz auslaufende Fragment der Tibia hatte das un-
tere penetrirt und sich tief in die spongiSse Substanz des
Astragalus eingebohrt.
Die Prognose bei Frakturen am untera Ende
des Unterschenkels ist nach der IndlviduaiftSt des
Falles sehr verschieden zu Btellen, doch nicht so
Ubel, wie meist angenommen wird. Besonders ist
anf Verhtitung von bleibenden Dislokationen des
Fusses zu achten. Deshalb wendet R. zuerst den
Dupuytren ’schen Schienenverbaad an, benotst
aber der bessern Fixation halber Heftp flatters treifen
anstatt der Rollbinden , erst spftter wird ein Gips-
oder Stuckverband angelegt. Doch ist der Da-
puy tren’sche Apparat nur bei Seitswfirtsdislofca-
tionen des Fusses zur Retention verwendbar, hat der
letztere (bei Verlauf der Bruchlinie von oben hinten
nach unten vorn) die Neigung , sich nach hintea zu
vemchieben, so verfkhrt R. folgendermaassen.
Der Fusb wird mit einem Gipwohuh umgebea, in
welehen zwei in der Niihe oeines vordern Endes sich ab-
ISsende Schnuren eingelassen sind. Diese werden an
einen fiber dem Bett angebrachten etaattschen Kautschnk-
Origina I from
UNIVERSITY OF CHICAGO
167
V. Ohirurgie, Optthal— slogie n. Otktrilr.
rise befestigt u. tiebea ao bastaodig den Fns» nach oben,
wall read der L'utersehenkel dure It ein breites, mit seinen
beiden Laden an den Seiten dee Bettes befestigtes Tnch
auf das Unterlagekissen niedergedruckt wird.
Hat ein Fragment die Hant durchbobrt nnd ge-
lingt die Reduktion auch nach Vergrdsserung des
Iiautspaltes niebt, so r&th R. zur Resektion des vor-
stohenden Brucbendes. 1st die Heilung mit Dialo-
kation des Fusses erfolgt, so gelingt nach 5 — 6 Wo-
chen die G^radstellung noch durch Zerbrechen des
Callus, ist letzterer sebon zu feat, so muss er durch -
sdgt oder eine Resektion aosgeftihrt werden.
leolirte Frakturen der Tibia Bind sehr seiten
uud fast immer durch direkte Gewalt erzeugt Der
Bruch der Fibula fehlt nur d&un, wenn der VerLetzte
nach erlittenem Bruch der Tibia es vermeidet, rich
anfzurichten. Der Sitz ist v&ri&bel, ineist etwas un-
terhalb der Mitte des Unterschenkels. H&ufiger sind
isolirte Brttche der Fibula, welche nur an beiden
Enden untersttttzt , in ihrem Verlauf von der Tibia
dnreh einen ziemlicb betr&chtlichen Zwiscbenranm
getrennt und itussem Gewalten sehr exponirt ist.
Die Brtlche in der Mitte derselben sind oft schwer
(liagnoaticirbar , weil abnorme Bewegliclrkeit and
Crepitation ineist fehlen. Die Frakturen im ontern
Drittel betreffen entweder die Spitze oder die Mitte
oder den Hals des dussem Malleolus. Die ersten
riad immer Fractures par arrachement, die letzten
sind prognostisch bedeutender wegen der beimangel-
hafter Behandlung zurtickbleibenden Diastase der
Malleoleng&bel and Schlaffheit des Fussgeleaks.
Fflr zweifelhafte Fflile empfielt R. ala wichtiges dia-
gnostisches Hillfsmittel folgendes Verfahren. W&h-
rend Fuss und Unterscbenkel auf der innern Seite
fest untersttltzt rind, legt man den eineu Daumen auf
die Spitze, den andern auf das obere Ende des Knd-
chels. Wird nun abwechselnd mit einer gewissen
Kraft gedrttekt, so ftihlt man bei vorhandener Frak-
tur eine deutliche Schaukelbewegung in dem untem
Fragment. (Schluss im n&chsten Hefte.)
601. Zur Behandlung der ftussern Magen-
flateln; von Dr. Riedinger. (Cbir. Centr.-Bl.
HI. 16. 1876.)
602. Bin Fall von Magenflstel; von Dr.
v. Fillenbaum. (Wien. med. Wchnschr. XXV.
49. 1875.)
Die Mittheilnng von R i e d i n g e r betrifft ein lCJjihr. ,
animisches, schlecht entwickeltes Madchen. Nahezu 2 J.
nach Beginn der Krankheit, welche ale abecedlrende
Entzundung in der Umgebung dee Nabels , coraplicirt mit
Erbrecben und Durchfall , aufgetreten war , und 3 Mon.
nach der Aufnahmc dor Kr. in der WQrzbnrger chir.
KHnik warden znm 1. Male in dem reichlichen Sekrete der
an 8te)!e des abgelosten Nabels trichterformig vertieften
groMen Uleerationeflacbe mit IlQife des Mikroskops an*
verdaute Muskelfasem und Cellnlose , kurz nnzweifelhalt
ans dem Magen stamtnende Snbstanzen nacligewiesen.
Aneh vermochte man im Centrum der Wunde mit der
Sonde defer einzudringen ala an andern Stellen. In den
nichsten Tagen erweiterte sicli die Fistel noch mehr und
gewaun in Folge einer bald daranf rich entwiokehideu
Mo— mMjgwngr&n niir Ausdebnong von 6 Ctmtr. in der
Qaere and 3 Ctmtr. in der Bohe , ao da— sedbst dia eoo-
siateitern Speisen aofort wieder durch die Fistel abgiagpn.
Dnreh die nnnmehr in Anwendung gezogene Emdhnmg
der Kr. vom Mastdarme aus (nach Leube) hoben sicli
die Krafte wieder, wahrend die Wundflache sich mit ge-
Hunden Granulationen fullte und im Lanfe von l 1 /, Mon.
sich so weit gescklossen hatte, dass bei fortwah render
horizontaler Kuckenlage leicht verdauliche Speisen durcii
den Mundgenom men werden konnten, ohne dass sie dqrch
die Fistel wieder abflossen. Die Leube’schen Klystire
wurden nun ausgeeetzt. Zwei Monatc spater war die
Oeffnung nur noch so gross wie ein Sondenknopf , aber
schon umnarbt, u. es geiang, durch Aeizsmg des Kanoie*
nnd seiner Umgebung mit dem Ferrum candens diese anm
vhlligen Verschlnss zq bringen. Aus Furcbt vor Wieder-
aufbrucb musste die Kr. noch einige Monate die horizon-
tale Kuckenlage innehalten und durfte nur flussige Speisen
geniessen. AJh ibr endlich gestattet wurde , aufznsitzen
nnd herumzugeben , trug sie cine den grossten Theil des
Unterleibes umfassende gut anliegende Binde. Die Fistel
ist nunmehr scit 3 J. geheilt.
Was die Entstehung der Magen fistel aubetrifFt,
so glaubt R., dass es rich ursprttnglich um einen
Abscess in den Bauchdecken gehandelt babe. Nach
der Perforation , vielleicht anch sebon frilber , ging
der entzOndliche Process auf das Peritonttum nnd
von da auf den Magen fiber, der durch entztlndliche
Adh&sionen in der Nabelgegend gezerrt und fixirt
wurde ; weniger wahrecheinlich ist dem Vf. die Idee
einer prim&ren circumscripten Peritonitis mitAbseess-
bildung , am unwahrscheinlichsten der Ausgsng von
einem perforirenden runden Magengeschwtlr.
In dem von v. Fillenbaum mitgetbeilten
Falle war dagegen die Fistel unzweifelhaft aus einem
perforirenden Magengeschwttre hervorgegangen. Es
wurde der Versnch gemacht, dieselbe durch eine
piastische Operation zur Heilung zn bringen , doch
starb der Kr. durch intercorrirende Blutungen aus
einem zweiten Magengeschwtlr , be vor noch die ein-
geleitete Therapie znm Abscbluss gebracht war.
Bei einem Qsterreichischen Hauptmann, der seit 26 J.
an Verdauungsbesch werden , Erbrechen nach gewissen
Speisen und hartnackiger Stuhlverstopfung gelitten, an
wiederholten Malen Blut in grossen Mengen erbroehen
hatte, entwickelte sich zeitwellig in der Hant der Magen-
grnbe eine harte diffuse Infiltration , die sich immer wie-
der zuruckbildete. ScblQsslich blieb aber eine solobe viele
Monate hindurch bestehen, erweiebte and brach auf,
wShrend sich der Kr. im Theater befand. Sofort Aus-
tritt von tiasen nnd FlQssigkeit in grosser Menge.
Am andern Tage wurde bei der Aufnahme des hln-
falHgen Pat. Im Qarnisonspitaie in der Magengrube , der
Lines alba entsprechend, eine fast kreisrnnde, etwa8 Mmtr.
breite Oeffnung constatirt , aus der sich Hpeisereste , Gas
und eine dunne grunlich gelbe, stark sauerlich rlechende
Flussigkeit in grosser Menge entleerte. Dieselbe enthielt
in reichlicher Menge Chloride n. Ei weiss, aber keineLab-
zeilen. Mit der Sonde gelangte man direkt dnreh die
1 Ctmtr. dicke Baach wand in die Magenhdhle. Der Kr.
hatte kein Erbrechen , dagegen lebhaftes llongergeftthl ;
doch kamen die genossenen Speisen znm grossten Thelle
sofort zur Fistel wieder herans. Dnreh einen walzen-
fbrmigen Linttampon geiang es zwar, die Fistel zQ
schliessen und den Pat. 12 — 14 Std. lang troeken zu er-
halten, doch vergrQsserte sich dabei die Fistel zusehends.
Die nnnmehr beschlossene plastische Verscbiietsung
wurde auf Billroth’s Hath in folgender Weise unter-
uommen. Es wurde die Haut iin Umkreise von etwa
2 ^u. -Ctmtr. wund gemacht und nach reohts von der an-
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168
V. Chirurgie, Ophtfcalmologie n. Otiatrik.
gefrisehten Stelle dnreh awel parallel© am 3 Ctmtr. von
divider abstehende Schnitte els 6—7 Ctmtr. hoher
Lappen umgrenzt, der yon der Rectusecheide abpraparirt,
nach oben usd unten aber mit der Bauchhant in Verbin-
dung gelaesen, von der Unterlage dagegen durch eine
tmtergeschobene Stanniolplatte isolirt wnrde, wahrend man
die Fistel dnreh einen Yerband m&glichst verschloss.
Sobald Granulationsbildung eingetreten , sollte die etn«
Brfieke langsam abgeschnurt .(elaetieche Ligatur) und anf
die Fistel uberpflaazt werden. Aber am 6. T. nach der
Operation wnrde hell rc thee Bint dnreh Wurgen heraus-
befbrdert und ans der Fistel quollen beim Wechsel des
Verbandes altere und frischere Blutgerinnsel hervor.
Direkte Applikation von Eis , spater einer Tannin- und
uchwachen Ferrumlosung dnreh die Fistel hatte nicht
den mindesten Einfluss auf die noch 3 T. hindnroh an-
danernde Blntnng, and der Kr. starb an Anamie.
Sektion. Die vordere Magenwand war in ihrem
ganzen Umfange durch straffes kurzfaseriges Bindegewebe
mit der Bauchwand verwachsen. Die Oeffnung in der
vordern Magenwand wurde durch eine feste, harte, weiss-
graue Narbe gebildet. Am Pylorus , entsprechend der
hintern Magenwand, sowie an der kleincn Curvatur je
eine fast kreisrunde 1 — 1 */j Ctmtr. breite, strahlige, g latte
Narbe , femer an der hintern Magenwand 7 Ctmtr. nach
links vom Pylorus ein rundes scharfrandiges , anf dem
glatten Grande mit locker anhaftenden Blntgerinnaeln be-
deckles Geschwur jungern Ursprungs — die Qnelle der
todtlichen Blutung. (Block.)
603. Zur Casuistik and Behandlung der
Fremdkorper.
I. Prof. J. Hoppe empfiehlt (Memorab. XX. 5.
1875) „die Kupfersalbe bei fremden Kdrpem unter
der Haut'.
Die Kupfersalbe hebt dnreh ihre die Geftsse
contrahirende Wirkung die Hyper&mie and bef&rdert
den Fortfluss and Rilckflass des Blutes; hierdarch
wird die Schwellnng an der kranken Stelle vermin-
dert und so dem fremden Kdrper der Rtlckweg er-
leichtert. H. will mehrmals beobachtet haben, dass
Pat. an der Hand die verletzte Stelle auf Grand
eines undeutlichen Schmerzes nur im Allgemeinen
angeben konnten , w&hrend sie nach Anwendnng der
Kupfersalbe oft schon nach 2 Tagen den fremden
Kfirper deutlich zu ftlhlen vermochten. Sind Glas-
attteke in die IIohlhandflAche eingedrnngen imd ist
die Hant schwielig , so runzelt sich nach Applikation
der Kupfersalbe die Haut imd man kann den Fremd-
kdrper immer dentlicher ftlhlen. Durch die Wir-
knng des Kupfers auf die Haut verliert dieae an
Empfindlichkeit und wird blaster. Die Applikations-
stelle der Kupfersalbe 1st mit Wachstaffet zu be-
decken.
II. Luftwege.
Zu den Fremdkfirpern in den Luftwegen gehdren
auch Speisen, die in den Kehlkopf gelangen imd
Snfiok&tion , selbst mit tiidtlicliem Ausgange, be-
dingen kdnnen. Einen solchen Fall mit gtlnstigem
Verlaufe in Folge der Tracheotomie berichtet E d m.
Banks Whitcombe (Journ. of mental Science
XXII. p. 95. April 1876).
Derselbe betrifft einen sehr gierigen epileptischen
Geisteskranken , der andern Kr. h&uflg Speisen wegnahm
and rasch in den Mund stopfte, so dass ihm schon wieder-
bolentbch die Scblundaaage eingefuhrt werden musste.
Bines Tages hatte er angeblioh eine Brodkrnste hnotig
henmtergeschlnckt , del urn and lag anscheinend todt da ;
das Gesicht war leichenhaft , der Unterkiefer bing herab ;
der Puls war nicht mehr wahrnehmbar; es zeigte sick
koine Empflndung mehr, keine Respirationsbewegung.
W., der keine andern Instrumente zur Hand hatte, machte
mit einem gew5hnlichen Federmesser eine Incision in die
Trachea, die gross genug war, urn den kleinen Finger
einffthren zu kdnnen , und mit der linken Hand entferate
cr zwei Stucke Fleisch , die fest im Larynx sassen. Es
wurde die kunatliche Respiration eingeleitet und bald
zeigte sich eine schwache Athembeweguug ; schlusalich
gelang es, den Pat. in’s Leben znruckzurafen.
Derartige Falle sind bei der Fressgier einzehier
Geisteskranker und bei der Mdglichkeit, dass Epilep-
tische ihre Convulsionen wahrend der Mahlzeit be-
kommen , nicht ganz ungewdhnlich. Man darf sieh
durch den anscheinend bereits eingetretenen Tod
nicht abschrecken laasen, den eingedrungenen Fremd-
korper mittels der Finger oder der Schlundzange
oder durch die Tracheotomie zu entfernen. Der 1 eta-
tern giebt W. als der sicherern und wirkaaraern
Methode entschieden den Vorzng. Speisentheile
werden, wenn sie w&hrend einer Respiration in den
Larynx dringen , dnreh spaatische Contraktionen
festgehalten , so dass die von der Lunge aua an-
geregten expnlsiven Anstrengungen wirkungslos blei-
ben; dieser Spasmus, der der Extraktion dnreh
Finger und Instrumente hinderlich ist, wird dnreh
die Tracheotomie aufgehoben. Flttssigkeiten werden
schwerer Snffokation hervorrafen; wenigstens wird
sie nicht so rasch eintreten, als nach dem Eindringen
fester Speisen in den Kehlkopf. Ftlr solche F&Ue
empfiehlt W. die Tracheotomie und das Aussangen
der Flilssigkeit mit einer Spritxe.
Thomas Annandale (Med. Times and Gaz.
Febr. 27. 1875) beschreibt 2 Falle von „Fremd-
kOrpern in den Luftwegen", die wegen des zur
Entfemung derselben eingesehlagenen Verf&hrena
Beachtung verdienen.
I. Ein 11 Mon. sites Kind hatte ein StBck von der
Hauptgratc eines Hirings verschlnckt und gleiob daranf
einen heftigen Hnstenanfali bekommen. Mit dem Finger
vermochte H. uoch die Grate hinten zu fuhlen , merkte
aber, dass sie nur aus der Glottis hervorsah und imlnnern
des KchlkopfB festsass ; es war unmbglieh , sie zu ent-
fernen , da die Seitenfortsatze derselben nach oben ge-
richtet waren. A. machte sofort die Tracheotomie dicht
unter dem Larynx , ging mit einer gebogenen Kornzang©
cin und faeste nun den Fremdkorper. Doch gelang 's
erst , denselben frei zu machen und schlusslich an extra-
hiren , als A. den Zeigeflnger der Linken Hand durch den
Mund des Kindes einfuhrte und einen geringen Druek von
oben her anf den Fremdkorper ansubte. Obschon nacli
Entfernnng des Kbrpers alle ublen Symptome verschwun-
den waren , starb das Kind am nichsten Tage unter den
Zeichen von Erschopfung. Die Sektion wnrde nicht ge-
macht.
A. betont im vorliegenden Falle besonders das
Eingehen in den Mund, wodurch es erst ermOglicht
wurde, den Fremdkorper aus der Trachealwunde zu
entfernen.
U. Ein 7jahr. Midchen hatte 6T. vor ihrer Aufnahme
eine Glasperle verschluckt ; es bekam unmittelbar nach-
her einen sehr heftigen Hnstenanfali. Seitdem war daa
Atbmen awar normal, jedocb trsten zeitwellig heftige
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169
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Hostenstfase and Dyspnbe suf. - Das Kind raachte ganc von der Gabel los , die nan sofort nach binten in den
genaae Angaben fiber die Gegenwart des FremdkOrpers
and eraihlte , dass es den KSrper sich anf and ab bis znr
Trachea and sum Larynx bewegen fuhle. In der recbtea
Lunge war ein Kespirationsgeraascb nicht wahrnehmbar,
so dass man aufdas Vorhandensein desKorpers iuireehten
Bronchus schliessen mnsste. Es wurde dieTracheotojnie
gemacht , doeh gelang es nieht , den Korper aufzuflnden,
selhet duroh Saccussion des ganxen Korpers war dless
nieht moglich. A. liess die Pat. tief inspiriren und ver-
schloss die Trachea unterhalb der Operationswunde da-
durch , dass er einen flachen Scaipellstiel in die Wnnde
einffihrte und Ihn dann so drehte , dass er qner gegen den
Kaaal der Trachea lag , so dass keine Luft in die Lungen
eindringen konnte. Nach wenigen Sekunden ateilte sich
eine gewaltsame Exspiration ein , bei welcher der Freind-
kfirper emporgescblendert wurde , so dass er gegen den
Scaipellstiel anfschlug ; docb gelang es erst bei Wie-
der ho lung dieses Verfahrens, deaselben, welcher die
GrOsse einer starken Erbse hatte , zu fasaen und zu ent-
fernen.
A. macht auf das, in diesem letzten Falle gefibts
Verfiahren , dnreh eiae kfinstHcb hervorgerufene gewalt-
sane Exspiration den FremdkOrper frei an machen , be-
eonders anfmerksam.
HI. Priiaararzt Dr. Carl Bleiweie in Laibach
verfiffentlicht (Memorabil. XXI. 1. p. 5. 1876) einen
Fall , in welchem eine Mesaerklinge mehxere Jahre
hindurch, ohne able Ersdieinungen zu veranlassen,
in der linken P leurahdhl e verweilte.
Ein SOjahr. Strafgefangeuer wurde mit den Zetohen
vo* Phthisis aafgenommen : paralytischer Thorax, leichtc
Dampfung der beiderseitigen obern Kegionen ; in beiden
Lungenspitzen unbestimintes Athmen , Rasselgerfiusche ;
Broncbiaiblutangen, spdter (Odder, massenbafter Answnrf.
Bei der Bektion zeigte si eh Taberkolose mit Cavernen-
bildung. In dem Augenblicke, wo der Becirdiener die
Adhlsionen der linken Lunge losen wollte , fuhr er mit
dem Schrei , dass er sich geschnitton habe , zuruck. Es
zeigte sich, dass eine 3“ laage, >/>" breite Messerklinge
am Euoken ewischen 3. n. 4. Eippe ant innem Rande des
linken Schulterblattes ateckte. DieKichtung des zwischen
den Rippen fest eingekcilten Messers war schrag, mit der
Spitze nach ab warts gekehrt, die Schneide des Messers
war gegea die Brusthohle und Lnnge, der Rficken des
Messers der Rippenwand zugewendet. Der FremdkOrper
war durch das lederartig verdichtete Brustfell and die
ganz verdichtete Lunge wie eingekapselt. Die Eintritts-
stelle zeigte sich 1“ hoher dnreh eine kleine nicht ad ha-
rente Narbe.
Das Messer muss mindeetens 4 J. lm Thorax gesteckt
haben , da das Individuum so l&nge in der Strafanstalt
war, an der B. funktionirt, und bier nie eine Verwundung
bekam. Nach Mittheilungen von Bekannten des Verstor-
beuen soltte derselbe 7 J. znvor einen Stich in den Kficken
bekwumen haben.
Der Fall ist inaofern von groasem gerichtakrzt-
liohem Intereage , ala sick die Frage aufdrjtngt, ob
eine aolohe Wnnde lethal an nennan ist oder nicht.
IV. Magen.
L. L abb<5 theilte der Acad, des sciences einen
Fall mit, in dem er die Gastrotomie wegen einer itn
Magen steckenden Gabel gemacht hat (Gaz. hebd.
2. Sdr. XIU. [XXHI.] 18. p. 273. 1876).
Eiul8jahr. Mensch steckte qine Gabel in den Scblund,
bo dass er die ZShne derselben mit seinen Zahnen fest-
hielt. NaoMem er dieses Kunststuek m eh ratals aaagef&hrt
igttte, lies* er bei einer heftigen Rewegung, die er in
Fpjge eines Bcberzes seiner Rameraden maolfte, dieZahne
Med. Jahrbb. Bd. 17*. Eft. 2.
Pharynx glitt. Seine Frennde , sowie ein hinzugerufener
Arzt konnten den noch dentlich im Pharynx fhhlbaren
KSrper nicht fasaen , der nanmehr defer hinab in den
Oesophagus glitt. Sogleich traten heftige asphyktizohe
Anfalle auf, die sofort aufhorteu, nachdem die Gabel die
Stelle des Larynx u. derTrachea paaairt hatte; wgraufela
verhaltnissraassig behaglicher Zustand eintrat. Die Gabel
koante L. mittels eines von Colin verfertigten Instru-
mentes im Magen fuhlen. Nach 14 T. stellten sich ausaer-
ordentlich heftige Magensciunerzen mit Ohnmachtanfalleii
ein , die 24 Std. andanerten , und es wechselten von jetzt
an derartige Anfalle mit vollkommener Ruhe. AIs spfiter
die Anfalle sich verstarkten und derGeaammtaustand sich
wesentlich verschlimmert hatte, suchte Pat. nach 14 Mo*,
abermals Uulfe bei Lab be. Der Pat. vermochte jetzt
mittels gewisser Bewegungen die Zahne der Gabel gegen
eine bestimmte Stelle im Epigastrium zu driingen, so dass
man sie , wenn der Magen mit Speisebrei angeffillt war,
deutlich durch die Bauchwandungen fuhlen konnte. Es
wnrde zunachst der Versucl) gemacht, durch Wiener Aets-
paste eine adhasive Entzundung zwischen den Banch-
wandungen und dein Magen , also in der analogen Weise
von aossen nach innen , hervorzurufen , wie sie zuweilen
durch FremdkOrper von innen nach a us sen au Wege ge-
lt racht wird. Es bildeten sich abesr keine Adhasionep und
deshalh wnrde zur Operation geschritteu.
L. machte eine Incision 1 Ctmtr. nach innen von den
falschen Rippen der linken Seite nnd mit ihnen parallel
eine 4 Ctmtr. lange, deren unteres Ende in eine quer von
der 9. Rippe dor eiueu zu der der andern Seite laufende
Linie del. Die Incision wurde schichtweise gemacht , bis
man auf das parietale Blatt des Peritonaum kam. welches
mit dem Visceralblatte nicht zusammenhing. Mit Hfilfe
einer Pincette wurde die vordsre Magenwand gefasst und
nach aussen durch die Wunde hindurch geeogeu, dann
eine Fadenschiinge hindnrchgefuhrt und stark nach vom
gezogen , so dass die Wandungen des Magens geuao die
Kinder der Bauch wnnde deckten. Sodann wurden mittels
stark gekrummter, von innen nach aussen dnreh die
Magen- und Rauehwand hindurah gefuhrter Ntdeln beide
Peritonaalblatter in der Ausdehuuug von 1 Ctmtr. in dem
ganzen Umfange der Wunde aneinander befestigt, wozu
8 Suturen nothig waren. Nnn erst wurde die Magenwand
eingeschnitten und mit dem Finger konnte man den
FremdkOrper fuhlen , der mit dem Stiel nach rechts lag ;
seine Extraktion machte einige Schwierigkeiten. Nach
18 Std. traten peritanitische Reizungen auf ; achon am
&. Tage konnte jedoch Pat. feste Nahrung [I] vertragen.
Die Fades waren , ais L. seine Krankengeschiehte pnhli-
oirte, bis auf 2 abge fallen; die Wunde hatte sich aekr
verkhainert und die Magenfistel war sehr eng, so dass
kaiun noch der kleine Finger eindringen konnte.
Was nun zunilchst die Operationsinethode selbst
anbelangt, so iat der Magen dem ohirurgisohen Mes-
ser nur mit einem Theile seiner vordern Wand zu-
gfingig , in einem dreieckigen Raume , dessen Basis
nach unten liegt und dessen Seiten von dem linken
Leberlappen und von dem Rande der linksoitigen
falschen happen gebildet wexden; die Basis entapricht
der grossen Magencurvatur. Gebt man zu tief, so
stfiast man auf das Colon transversum und L. bat
gefunden, dass die grosse Magencui'vator an der
Leiche pie fiber eine beide 9. Rippen verbindfnde
Querlinie hingus aufateigt. und diess muss um so
mehr am Lebenden der Fall sein , ais die gTOgste
Expiration bier dem Exspirationsstande an der
Lejebe noch nkibt entepriobt. Um die % die Incision
wichtigen Funkte g*nau fegtstellen za k (innen, muas
22
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170
V. Chirnrgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
man beachten , dass der Knorpel der 9. Rippe tm-
mittelbar fiber der 1. Depression liegt, auf die man
trifft, wenn man mit dem Finger von nnten nach
oben den Rand der falschen Rippen verfolgt ; nach
unten wird diese Depression von dem sehr beweg-
lichen Knorpel der 10. Rippe begrenzt, der mit dem
der 9. durch ein 6 bis 7 Mmtr. hohes Ligament ver-
bunden ist. Hiernacli ist die oben in der Krauken-
geschichte angegebene Incisionslinie fttr die Gastro-
tomie die geeignetste ; sie darf die GrSsse von
4 Ctmtr. nicht ttbersteigen , da alsdann die Fasem
des M. rectus abd. nicht getroffen werden ; wenn
man in dieserWeise operirt, triflt man aufdenMagen
zwischen Portio cardiaca und pylorica.
Den glttcklichen Verlauf seiner Operation schreibt
L. der oben angegebenen Operationsmethode , ferner
der Vorsicht , die er gebrauchte , die Magenwand an
die Bauch wand ungen anzuheften [was ttbrigens schon
fiilbere Operateure gethan haben , z. B. F e n g e r],
zu , und endlich dem Umstande , dass er beim Ein-
treten der ersten peritonitischen Reizungserscheinun-
gen das Abdomen mit einer dicken Schiclit Collodium
bedeckte, wodurch die Bauchwandungen immobilisirt
und ein Druck auf den Verdauungsappar&t ansgettbt
wnrde , so dass anstatt des Zwerchfellathmens das
Rippenathmen mehr hervortrat.
L. will ttbrigens die Gastrotomie keineswegs auf
die Fremdkdrper allein beschrftnkt wissen , sondern
sie soil auch bei unheilbaren Verengemngen des
Oesophagus und der Cardia Anwendnng finden, um
hier durch direkte Einftlhrung der Nahrungsmittel
das Leben zu verl&ngern.
Dr. Henocqne bespricht (ibid. p. 273) die
vorstehende Operationsgeschichte und knflpft hieran
einige historische Bemerkungen.
Die Gastrotomie wegen Fremdk8rper 1st schon frfiher
wiederholt gemacht worden und H. kennt 8 F&lle, die
von Erfolg gewesen sind; in 3 Fallen , fiber dieHevin
(1743) berichtete , handelte es sich um Messer, die 9 bis
10" lang waren nnd von Hubner, Mathis entfernt
warden. S6dillot berichtet einen Fall vonBerthe-
rand(1823), der einen Thee) fiffel , nnd einen Fall von
Cayroche (1819), der eine Gabel entfernte, welehe
229 Tage im Magen gewesen war ; endlich ffihrt 86-
dillot noch einen ihm mitgetheilten Fall von Entfemnng
einer Gabel bei einem Arzte an. Bell de Walpello
entfernte dnrch die Gastrotomie ein Stfick Blei (Gaz. hebd.
1866. p. 662) von 10" Lange nnd 1 Pfd. schwer ; es er-
folgte Heilong; W. Bell entfernte durch die Gastrotomie
ein Stfick Blei von 30 Ctmtr. Lange nnd 270 Gram.
Gewicht; es erfolgte nach 14 Tagen Heilung (Gaz. hebd.
1860. p. 641).
Nicht alle diese F&lle sind mit dem Labb6
schen zu vergleichen. In den F&llen von Berthe^
rand und Cayroche waren Abscesse nnd Adhfi-
renzen vorhanden , die sich von inn°n nach aussen
gebildet hatten ; m den Fallen von H 6 vin nOthigten
sehr heftige Schmerzen zurVomahme der Operation;
in den beiden letzten F&llen dagegen musste ohne
vorhergehende Adh&renzen operirt werden. S6dll-
1 ot hatte als bestimmende Punkte den Proc. xyphoid.,
die falschen P.'Vpen und den Nabel gew&hlt; er
aching eine 6 Chur. lange Incision l&ngs desRandes
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der linken falschen Rippen , zwei Querfinger davon
entfernt, unter- und ausserhalb des Schwertfortsatxes
vor. Wegen Verengerung des Oesophagus wnrde
die Operation [in verechiedener Weise ausgeftlhrt.
S 6 d i 1 1 o t incidirte in seinen 2 F&llen den M. rectus
abd. ; F e n g e r machte den Schnitt vom Schwert-
fortsatze bis zum kussern Rande des M. rectos , wo-
bei die Art. epigastrica sup. durchschnitten wnrde
und die Magenttfinung sich 8 Ctmtr. von der Kardia
befand. Sydney Jones, der in analoger Weise
wie S 6 d i 1 1 ot operirte, drang in den Magen 3 Ctmtr.
vom Pylorus entfernt ein; Jacobi machte 2*/»"
nach unten und aussen vom Schwertforts&tze eine
Incision und Offnete den Magen in seinem mittlern
Tbeile; Maury trennte die Muskeln durch einen
4" langen , in gekrllmmter Linie gehenden Schnitt,
welcher sich vom Schwertfortsatze zum 7. Inter-
costal raume erstreckte , und erreichte die Reg. pyio-
rica des Magens. Durham machte eine 3" lange,
sich von denKnorpeln der 8. und 9. Rippe nach dem
Schwerdtfortsatze hin erstreckende Incision, wobei
der &nssereRand des M. rectus abd. blosgelegt wnrde.
— Es ist hieraus ersichtlich , wie verschiedenartig
die Schnittfllhrung und der Sitz der Incision in den
Magen gewesen ist ; ans diesem Grande hat L a b b 6
an der Leiche die fttr die Schnittfllhrung nothwendi-
gen Bestimmungspunkte aufgesncht. Bei seiner Me-
thode wird der M. rectus nicht incidirt und der Magen
kann an der Vereinigungsstelle der Portio cardiaca
und pylorica erttflnet werden, ein Verfahren, das
H6nocqueftLr einen offenbaren Fortschritt halt.
Auch L a b b 6 glaubt , dass die Gastrotomie zur
Erhaltung des Lebens durch Scliaffung einer Fistel
zu benutzen sei „Gastrostomie“. Diese letztere Ope-
ration ist im Ganzen 22mal in Frankreich, Amerika,
D&nemark, Deutschland, England fast in alien F&llen
wegen Carcinom des Oesophagus (3mal wegen trail -
matischer Contrakturen oder zweifelhaften Ursprnn-
ges) gemacht worden , stets folgte aber der Tod in
einem Zeitraume , der zwischen einigen Stunden und
einigen Tagen schwankte.
DieseResultate zeigen, dass es ein betr&chtlicher
Unterschied ist, ob die Operation an einem geschw&ch-
ten Krebskranken , der bis au die Susserste Grenze
der Kacbexie gelangt ist , ansgeftthrt wird , oder um
einen Fremdkttrper bei einem bis dahin gesunden
Menschen auszuzieben. In Bezug auf die Operation
der Gastrostomie ist es ttbrigens von Wichtigkeit,
dass bei vielen der Operirten Peritonitis nicht eintrat,
dass einzelne Operirte noch mebrere Tage nach der
Operation, in einem Falle sogar 12 Tage, lebten, so
dass man die Prognose bei der Gastrostomie , wenn
sie nicht allzu sp&t ausgeftlhrt wird, nicht fttr absolut
ungttnstig halten kann.
Prof. Dr. G. Adelmann (Prager Vjhrschr.
CXXXI. [XXXIH. 3.] p. 71. 1876) hat in der
Literatur nach F&llen Nachforschnng gehalten, in
denen Gabeln verschluckt warden, und bis jetzt 17
gefnnden. Es sind , nach den Jahren , in denen tie
sich ereigneten, geordnet, die folgenden.
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171
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
1) 1714. Le Gendre im Journ. des Savants 1716.
H e v I n : Sur les corps strangers (Mdm. de l’Aead. de
CMr. Vol. I. p. 384. Paris 1819). Die silberne Gabel,
die mit dem Griffe voran verschluokt worden war , ging
nacfa l'/« J. dnroh den Darm ab.
2) 1800. Dr. Mey zu Erfurt (Joum. f. Chir., Go-
burtsli. u. gerichtl. Arzneikunde von J. Ch. Loder. III.
S. 137. Taf. II. Pig. 6. Jena 1802). Die eiserne Gabel,
an der der Stiei fehlte, wnrde etwa */» J- nach ihrer Ein-
ftUmmg , mit den Zinken voran , im Maatdarme entdeckt
und ausgezogen.
3) 1815. Bamon (Annales med.-psychol. II. p. 481,
referirt von Baillarger, LUnion 43. 1874). Bei der
Sektion eines Melancholikers , der wiederholt Selbstmord
venucht und schluselich auch ausgeftihrt hatte und wih-
rend des Lebens fiber Schmerzen in der Kegio epigastrica
geklagt hatte, fand man im Magen eine zinneme Gabel,
die allem Vermnthen nach vor 6— 6 Jahren verschluckt
worden war.
4) 1820. Cayroohe in Meades (Nouveau Journ.
de mdd. Tome IV. Rutts Magaz. f. d. gesammte Heilk.
VIII. p. 124. 1820). Die eilberne Gabel wurde mittels
Operation aus dem Magen entfernt.
5) 1822. Sonderland in Barmen (Neue Jahr-
bficher d. Med. u. Chir., h'eransgeg. von Dr. Chr. Fr.
Harlem. Bd. VII. Stuck 3. 8. 155. Elberfeld 1823). Ver-
sehlneken von 2 elsemen Essgabeln und 1 Taachenmeeser
wahrend des Delirium bei Typhus. Nach etwa 4 Mon.
wurde das Taschenmesser ausgebrochen, die Gabeln wur-
den nach beinahe 1 J., mit den stumpfen Enden voran,
aus einem Abscesse entfernt, der sich in der rechten
Hfiftgegend gebildet hatte.
6) 1822. Raynaud (Frorieps Notiaen Nr. 36.
S. 224. 1822). Entfernung der Gabel nach 31 T. mittels
Gastrotomie.
7) Bonchet {Hyrttt topograph. Anat. Wien 1867.
8. 336). Entfernung elner eilbernen Gabel mittels Gastro-
tomie.
8) Fideli in Hiva am Gardasee (Mod. -chir. Ztg.,
fortgesetzt von Dr. J. N. Ehrhart v. Ehrhartstein. Inns-
bruck 1836. Bd. m. S. 142). Extraktion einer eisemen
Gabel ohne Griff aus einem Abscess im rechten Hypo-
obondrium.
9) 1848. Ort (Dias. med. -chirurg. con tin. casum
gastrotomiae. Lugduni Batavorum 1853). Gastrotomie,
3 T. nach Verschlucken der eilbernen Gabel ; Tod nach
2 Tagen.
10) 1848. LeTellier (Jonrn. des Connalssances
mM. -chirurg. 1856. Cannstatt’s Jahresber, Bd. IV. 8. £0.
1854). Extraktion der eisernen Gabel aus einem Abscess
in der Gegend des linken Trochanter, nach •/* J- ; Tod
8 T. spater an erechSpfender Eiterung.
11) 1849. Chemln (Gaz. des H6p. 1849. p. 266).
Die verzinnte eiserne Gabel konnte 5 Mon. lang in ver-
schiedenen Lagen deutlich geffihltwerden, ale verschwand
riimii und acheint dann fiber 20 Mon. nach der Einffih-
rung mit den Faces in Stficken entleert worden zu sein.
18) Orth (a. a. 0. p. 22) erw&hnt elnen Fall, in
dem der Ausgang unbekannt blieb.
18) 1864. van Andel (Jahrbb. CXXXV. p. 74).
14) 1870. H obi beck (vgl. Jahrbb. CLIU. p. 199).
16) 1872. Zweifelhafter Fall ana Italian (Nottzen
aus der TageBliterator).
16) 1874. Labb6s Fall.
17) 1874. Mittheilnng von Ranee (Gaz. des H6p.
1874. p. 838) fiber einen von einem Ante in Lyon
ihm mitgetheilten Fall; nach einigen Tagen Extraktion
der Gabel ans einem Abscesse am 8 Romanum.
In den angeftihrten Fallen wurden die Gabeln
am hAufigsten aus Unvorsichtigkeit (in 5 Fallen) oder
m nnzurechnungafAhigen Zuatande (8 FAlle) ver-
schluckt , behnfa Selbstmordvereuchs in 2 Fallen.
Die Symptoms behandelt A. sehr ausftlhrlicb
und eingehend. Einmal wurde die Anweaenheit der
Gabel durch den metalliscben Klang bei Bertlhrung
mit der Sonde festgestellt. Bei der Palpation konnte
man den fremden Kdrpcr wiederholt mchr oder
weniger deutlich ftlhlen, und zwar an verschiedenen
8tellen auf seinem Wege. Das lfingste Verweilen
des fremden Kdrpers im Magen betrug 5 — 6 J. ; in
6 Fallen wurde durch Abscessbildung von der Natur
die Ausstoasong des fremden Kdrpers angeetrebt, in
3 Fallen ging er auf natflrlichem Wege ab, in
einem davon gingen die Zinken der Gabel voran.
Nach Ausstossung des fremden Kdrpers durch Abscess-
bildung erfolgte in 4 Fallen Heilung.
Von den 5 Fallen, in denen die Gastrotomie aus-
gefilhrt wurde , erfolgte nur in einem der Tod , doch
verdient nach A. wohl trotzdem die exspektative
Methode der Behandlung den yorzug.
V. Gelenkhdrper.
Gartner theilt in seinem Bericht fiber das
Katharinen -Hospital zu Stuttgart 2 Falle von Gelenk-
mausen im Kniegelenlce mit, in deren einem Ver-
eiterung des Kniegelenks eintrat, welche die Resek-
tion desselben erheischte (Wttrtt.Corr.-Bl. XLV. 28.
1875).
I. Ein 19Jahr. Menech lltt in Folge eines Falles an
einem Gelenkkdrper im rechten Kniegeienke ; es wurde
die Incision und Extraktion mit Verechiebung der Haul
unter Carbolsaurespray gemacht ; derKorper war4Ctmtr.
lang, 1 Ctmtr. breit und 3 Mmtr. dick, bestand aus Knor-
pelmasse, war, wie die spiitere Untersuobung ergab, vom
Condylus int. fem. abgesprengt und in seiner ganzen
Lange durch ziemlich kurze- Adhasionen mit der Gelenk-
kapsel verwachsen. Nahte, Drahtbose, Eis. Es trst eine
Entz undung des Kniegelenks ein ; am 3. Tage floes aus
der wiedereroffneten Wunde viel serfiser Eiter aus ; die
Eiterentleerung wurde starker und am 11. Tage nach der
Operation ffihrte G. die Resektlon des Kniegelenks mit
Lappenblldung nach M e t z 1 e r ans. Schon am 4. Tage
nach der Resektion war der Hautlappen grosstentheils an-
gewaobsen. In der 12. Woohe war feste knocheme Ver-
einigung eingetreten , doch traten Fieberanfalle, Inconti-
nentia alvi et vesicae auf, so dass Pat. erst nach 8 Mon.
entlassen werden konnte.
II. Ein 22jabr. Menech hatte seit 8 J. in Folge eines
Sturzes eine Scbwache im Kniegelenk gefuhlt ; vor 4 J.
war der Gelenkkorper erkannt worden , man hatte einen
Gipsverband angelegt und Pat. konnte denKrieg von 1870
mitmachen. Spater traten wieder heftige Beechwerden
ein and die Untersnchung ergab einen bobnengroseen Ge-
lenkkSrper. Er wurde im Kapselsacke mSglichst nach
aussen fixirt und nach v. Nuesbanm’s Methode mittels
zweier Insektennadeln an seinem obern und nntern Ende
dnrch die Hant hindnrch angestochen und fixirt. Beide
Nadeln warden durch Heftpflasterstrelfen mit untergeleg-
ter Watte und einen Gipsverband fixirt. In Folge ein-
tretender starker Schmerzen wurden die Nadeln nach
36 Std. entfernt und abermals ein Gipsverband angelegt.
Nach 14 Tagen erschien der KSrper kleiner und war
weniger verschiebbar , der Kr. konnte gut and ohne
Schmerzen gehen. Die Heilung war von Bestand.
Zahlreiche Gelenkkdrper im Metacarpo-fha-
langeal-Gelenke des Mittelfingers fand Eugen
Boeckel zu Strassburg (Gaz. des Hop. 20. 1876)
bei einem 54 J. alten krfiftigen Mann, der mit Aua-
nahme eines Choleraanfalles und leichter rheumati-
scher Affektioncn stets gesund gewesen war.
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172
V. Chlrnrgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Pat. hatte sicb 6 Mon. rorher heftlg am Handrflcken
geatosseu, woranf AnsehweUnng etagetreten war, die aller
Behandlung Wkieretand leistete. Sie nahm das Kdpfohen
dee 3. Metacarpalknochens und die entepreehende Pha-
lango-Metacarpal-Artikulation ein , hatte 4*/* Ctmtr. im
Durehmweer, die Hant war unverandert, die Beweguagen
dee sfttteUhigera verorsachten aber riel Schraerren. Die
arete Phalanx deaselben , und beeonders daa Kopfchen
waren geechwollen. Die Geechwulet war prall, elaetisch
und bei Bewegungen zeigte eicli eine leichte Crepitation.
B. Bffnete unter Llster’seher Methode durch eine 7
Ctmtr. lange Incision die GeachwnlBt , langa dee iuesern
Bandee der Exteneoreneehne des Medius, wobei 7 kleine
KSrper von blaulichweisser Farbe entfemt wnrden, die in
den Falten der Synovialie sassen j diese selbet war ver-
dlekt tmd zeigte VerlangeTungen , die knorplige Kdrper-
chen enthielten ; sie wurden mlt einer gekriimmten
Soheere abgetragen. Dae KSpfchen des Metacarpal-
knoehens war durch den Druck der Gelenkkorper etwas
defonnirt , eonet aber unverandert und wurde intakt ge-
lasscn. Die GeienkkSrperehen eeigten eich bei genanerer
Unterauchung ale ans hyalinem Knorpei bestehend ; der
grfiaete von ihnen zeigte 15 Mmtr. Lange auf 10 Mmtr.
Breite und 2 Mmtr. Dicke ; die kleinsten hatten nur die
Grbese von GetreidekSrnern ; nnter den noch an der Syn-
ovialie ftsathaftenden 6 Kbrperchen waren 2 volletandlg,
die Gbrigen nur in der Mitte verkndchert. Die Heilong
erfolgte ohne jeden Zwiechenfali. Die Bewegungen des
Mitte lflnger* waren ganz so frei wie die der and era.
(Aecbd.)
604. Ueber die Anwendung der Massage
bei akntea Qeienkleiden, haupttdehlich trauma-
tittken Unprungt.
Dr. G. Berghman in Stock holm (Nord. mod.
ark. VII. 3. MV. 13. 187ft) hebt in Be*ug anf die
Behandlung akuter tranmatischer Gelenkaffektionen
mittels Massage hervor, dass diese eigentlich als erne
weitere Entwiekelung des Grundgedankena zn be-
trachten sei , der Znr Anwendung des antiphlogisti-
schen Verfahrens geftlhrt hat Die Antiphlogose
soil der BluttlberftiUung entgegenarbeiten , die Blut-
stase beaeitigen , die Aufsaugung und Fortschaffung
der angesammeiten Parenchymflttssigkeit und der
ausgewanderten weissen BlutkOrperchen befbrdern,
dienormalen Druckverh<nisse im Cirkulationssystem
wieder herstellea. Das leistet die Massage, ohne die
Macbtheile der Antiphlogose zu besitzen. Wenn in
Folge eines Instil tes oder einer andern Veranlassung
der Blutdrnck in denVenen gesteigert wird, nament-
lieh wenn er gleich hoch war wie in den Arterien,
so wird der FltiBsigkeitsaustansch zwisclien dem Bint-
gefttsssystem und den Skftr&ulnen in den Geweben
in der Weise gestort , dass mehr Blutplasma austritt
und weniger GewebttSdssigkeit is die vendee Cirku-
latton ahfgenoinmen wird ; die Saftr&mne warden
Qberftlllt von mit Gewebsdetritus tmd ausgewanderten
weissen Blutkdrperchen gemischter Flfissigkeit , die
GeWebe schwellen dadorch an und durch die An-
schweihtng wird ein weiteres Hindeitaiss fttr die
vendee Ctrkulation gesetzt tmd durch Druck auf die
ifchsiblen Nerven Schmett bedlngt. Gs kann mm
z war nafc h Ohr. Lovdn’s Unthreuchungen (Hygiea
XXXVII. 2. S. 92. FebV. 1876) to solchen Fallen
dan LymphgefksaBytftem viearfrend far das Vtmeb-
aystem eintreten, aber irar in gewiflsen Grearen.
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Wenn dasHindemlss in der vendsen Cirkulation sehr
bedeutend oder absolut ist, dann tritt Oedem ein,
wenn aber das Hindemias anfgehoben wird , dann
wird das Oedem leicht durch die vereinte Thitigkeit
des Lymphsystems und des Venensy stems beseitigt.
Bewegungen , gleichviel ob aktive oder passive,
ebenso Drttcken und Kneten und andere mechaoiscbe
Einwirkungen ha ben aber einen aasseronleutBeh
krkftigen Einfluss auf die Strdmung der Lymphe in
den Lymphgefissen und somit auf die Entleerung
der mit FlOeaigkeit Uberfilllten Saftrlume.
Die antiphlogistiscbe Wirkung der Massage wird
demnach um so leiehter erkllrlich , wenn man wie
Lov6n (a. a. 0. S. 8 ft) die Gelenkkapseln als gToftSe
Saftrkume auffasst , die mit andern Saftrstumen ohne
Zweifel in offenem Zusammenhang stehen. Die
Massage wird aber nm so wirksamer sein, je zei tiger
sie in Anwendung kommt, wenn noch wenig Ergtoss
anges&mmelt und die Resorption desselben deshalb
noch leiehter zu bewerkstelligen ist; dieFolgekrank-
heiten kdnnen leiehter vermieden werden, sobald die
ausgetretenen weissen BlutkOrperchen noch nioht in
betrftchtlicherem Grade als Reiz gewirkt haben, wenn
die Gewebe noch nicht bedeutonderer Proliferation
verf&llen sind tmd noch keine Neigttng zur Neabil
dung von orgamsirtem Gewebe vorhanden ist. Die
Erfahrung hat aber in gleicher Weise best&tigt, dass
die Anwendung der Massage bei frischen trauma ti-
schen Gelenkaffektionen durchaus nicht, wie frflher
angenommen wurde oder vielleioht zum Theil wohl
noch angenommen wird , schftdlich wirkt , was die
von Berghman angefilhrten stafistischfen That-
sacben beweisen.
B. hat (die F&lle, die er bei Meager gesaken
hat, nicht mit gerechnet) 145 F&lle von adratan
(nicht liber 8 T. alien) traumatischen Gblenkaffek-
tionen (Distorsionen mit Erguss oder ohne solehen,
traumatische Synovitis mit serdsem Erguss oder Blu-
tung in die Gelenkkapsel u. s. w.) mittels Massage
behandelt. Mit Acmahme von 5 unbedentenden
F&lien wurden stets 2 Sifeungen t&glich gehalteu,
so dasa die Hftlfte der bis zur Heilung nfithigen
Sitzungen der Dauer der Behandlung in Tagen ent-
spricht.
Von diesen 146 FSUen betrafen daa PMagetenk TO,
efns der Tarsslgelenlm 8, das Handgelesk 10, Fiager-
oder Eehengetanke 6, das KniPgrtenk 41, dasEUenbogwi-
(celehk 6 , das davioalo-Akromlalgelenk 2 , das Hnmero-
Soapnlargelenk 3.
Das Lebensalter der BehaadeKes varikSa zwkehen
6 Mon. und 70 Jabrea. Ia kelnem F&lle llese die Behand-
Itmg mit M&saage im Sttohe , sondera es folgte stets voll-
etandige Heilung und kelner der Kr., die B. Out ans-
nahmelos langere Zeit nach der Heilung wiedergeachen
bat, klagte fiber irgend welche netmemswertke, nach der
Behandlung aarfickgebiiebese Stoning.
Aub der Anzahl von Sitzungen , die bis zur Hfei-
lung erforderlich waren , ging deutlich von Neuem
hirvor , dass diese rascher erfolgt , je frtiher die Be-
handlung mit Massage vorgenommen wird. In einer
Tabetic batB. die von ihtn behandblten einscblAgtgen
FiUe in Solche eingetheflt, da den on die ASMrtkm
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V. Chirargie, Ophthalmologic n. Ofiatrik.
nfcht fib «■ 4 T. bfc&tan&ri hatte , und hi fcolehe , in
denen sie seit 5 — 8 T. bestanden hatte , ausserdem
aber noch zuxn Verglakshe 38 Ftllle hinzngeffigt , in
dunu 9 T. bis 3 Mon. seit der Verfetsung ver
stfichftn waren, ehe die Behandlung mit Massage efn-
.gtleitet wnrde , nachdem meistens schon andere Be-
handlungsweisen fruchtlos vereucht wordeu waren.
FUlle , in denen das Leiden seit linger als 3 Mon.
bttltand and deshalb als chronisch zubetrachtenwar,
hat B. ganz weggelassen. In der Tabelle finden
sick zum Vergieiche die zur Heilung nothigen Sitzon-
gea in den 3 bezeicbneten Rabriken eingetragen and
in telner Uebersicht theilt B. die ans der Tabelle
hervorgehenden Mittelzahlen der Sitzungen mit, nach
diesen 3 Rubriken und nach den verschiedenen Ge-
leaken eingetheilt. Es ergiebt rich darans , dass
dtothgingig frische trarnnatische Affektionen (seit
nicht fiber 4 T. bestehend) am rascbesten zur Hei-
lang gebracht warden , nor bei denen des Ellen-
bogengelenke ist die MitteUahl ffir die 2. Rnbrik
(seit 5 — 8 T. bestehende Affektionen) , bei dem
Humero-Scapulargelenk die ffir die 3. Rubrife (seit
9 T. bis 3 Mon. bestehende Gelenkleiden) geringer.
Fir das Hamero Soapniargelenk erklhrt sich dieser
Umstand zum Thei! ans den anatomischen Verhilt
niSSen , da das Gelenk schwer ffir die Behandlung
zngfingig ist* haupts&chlich aber aus dem Umstande,
dass van den 3 betreffenden Fallen in zweien hfichet
bedewtefide Gelenkaffebtionen (Htmarthms) bestan-
den , der 3. ein 7Qjfthr. Frauenzimmer betraf, das
schwer dazu zu bewegen war, die Behandlung durcli
die ntithigea Bewegungen des kranken Ames eu
naMMStam. Voh Verletamgen des Ellenbogwn-
gelenks waren zu wenige Falle vorhanden, um daranf
elne endgflltige Statwtik zu sttttzen. Ffir die Ge-
lebke, die in grfisserer Anzahl vertreten waren, rind
die Mittelzahlen ziemlich gleicli und entschfeden zu
GhtSsten der Massagebehandlung bei frischen tran-
matisehen Affektionen sprechend. Beim Fusgelenk
betrilgt das Mittel der ndthigen Sitzungen ffir frische
FlHe 11.70, ffir die andern akuten 19.37, ffir die
der letzien Rubrik 42.88, ffir das Kniegelenk
10.4$— 19.83— 46.33.
Im Anscblusse daran tbeilt B. einige Fit He mit,
aus denen hervorgeht , dass die Heftigkeit der ent-
zfindlichen Symptome kcineswegs eine Contraindika-
tiofl gegen die Massagebehandlnng abgiebt, sondern
dass selbst bei bedeutenden Affektionen diese Be-
handlung grossen Nntzen gewfihrt.
1) Ein 26 J. alter Mann von nngewShnHch gross mb
und schwerem KOrperbau zog sich eine so heftlge Ver-
staoehang des Fosses zu, dass er nicht zu geben ver-
moohte. Der thus war enorm geeohwoilen, die Haut um
das Fussgelenk herum heiss und glaraend , es bestanden
welt ausgebreitete Blutextravasate unter derselben und
Erguss In das Gelenk. Die Empflndlichkeit bei Beruhrung
war fiber beiflen Malleolen so stark , dass B. anfaBgs etne
Fraktar fircktete, doeh faad sick davon ketn weiteree
Zricbea. Nash einmaliger An wendung der Massage koante
der Kr. eine klelne Strecke welt gehen , wShrend er vor-
her vor Schmerz nicht im Stande gewesen war , mit dem
verletsten Fosse aufimtreten. Der Sbhmers war nach der
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ersten Sitzong vwrschwimdeo. Der Kr. rtosett den Puss
bewegen und mit on ter Gehfibungen maeben. Am andCm
Tage wurden wieder 2 Sitzungen in der Behausimg ASs
Kr. vorgenommen, am 3. T. aber fand er sich bei B. ein,
er ging dann ungehindert herum , am 9. T. versuchte er
zu tanzen, was ganz gut ging. Wegen noch vorbandener
Anschwellnng und Geffihl von etwas Steifheit wnrde die
Behandlung noch einige Seit laag fortgesetzt. Nach
46 Sitzungen hatte der Kr. gar keine Beschwerdea raehr
beim Gehen.
2) Bei einem 40 J. alten Dienstmann , der sich eben-
falls seinen Fuss verstaucht hatte , waren die Eracheinun*
gen trngef&hr ebenso wie Im vorhergeheoden Falle. Als
sich der Pat. znm 1. Male bei B. einfand (am Tage nach
der Verletzung) musste er von 2 Mannern die Treppe
hinauf gefllhrt werden. B. fand ungehcure Anschwellung
mit Blotaustritt um das Fussgelenk herum und Erguss in
dasselbe , sehr starke Empflndlichkeit bei Druck an den
Malleolen ; Pat. hatte die vorhergehende Nacht vor
Scbmerzen nicht schiafen kSnnen. 8chon nach der ersten
Massagesltzung verschwand der Schmerz und der Kr. ver-
mochte ohne Unterstlitzung die Treppe hinabzngehen bis
zn seinem Fuhrwerk. Am andern Tage legte der Kr.
den mindestens 20 Min. weiten Weg bis zu B.’s Wohnang
zu Fuss zuriick. Nach 36 Sitzungen war vollkommene
Heilung erzielt.
3) Ein 60 J. alter Mann hatte sich den Fuss ver-
staucht , aber da er in den ersten beiden Tagen keine be-
sonders heftigen Beschwerden davon empfunden hatte,
fragte er anfangs kcinenArzt, sondern ging herum, so gut
er konnte. Erst als nach 1 Wocbe keine Besseruug ein-
getreten war , kam er zu B e r g h m a n. Das Fussgelenk
war nicht besondors stark geschwollen , fuhlte sich aber
resistenter an , als diess bei ganz frischen FaUen zu
sein pflegt ; die Bewcglichkeit des Fussgelenks war etwas
eingeschrankt und mit Schmerzen verbnnden ; aosserdem
fand sich etwa 3" oberhalb des Malleolus externns eine
Stelle an der Fibula, wo Druck heftigen Schmerz erregte,
Crepitation war zwar nicht an dieser Stelle nachzuweisen,
aber der Knoehen gab bei Druck nach nnd es bcstand
eine geringe Anftrelbung des Perlost , so dass B. ausser
der Distondon eine Fraktnr der Fibula annahm, eine Dia-
gnose , die auch vcm Dr. T Ornblom bestitigt wnrde.
Da tndessen keine Neigung zu Supinationsstellnng zn ent-
decken war und das Gehen ganz got ging , Hess B. den
Kr. darait fortfahren , legte eine Binde an und massirte.
Nach 26 Sitzungen waren die Folgen der Distortion voll-
standig bescitigt, die Beweglichkeit normal, Schmerz beta
Gehen nicht vorhanden. An der Fraktnrstefie hatte sich
deutlicher Callus ausgehiMet and es bestand an dieser
Stelle geringe Empflndlichkeit gegen Druck, die sich erst
allmalig verlor.
Aus diesem Falle geiit hervor , 'dass man outer
Umstknden wo hi aneh ehaen Pat. nrit eider Fibolafrak-
trrr nmhergehen laflsen und gleichzeitig mit Massage
behandein kann. Einen dim Lichen Fall hat B. bei
Mezger gesehen.
4) Der 42 J. alte Kr. hatte 6 Wochen nach elner
Vereteuchung des Fnssgelenks noch Schmerzen nnd Steif-
heit beim Gehen in dem erkrankten Gelenk , nnd wnrde
nach 26 Sitzungen wieder hergestellt. Etwa 3 Mon. spSter
zog er sich bei einem Storze mit dem Pferde von neuem
eine Verstauchung desselhen Fnssgelenks zu , das unter
das Pferd zu ttegen kam. Zwei Stnnden nach dem Uh-
falle fand B. kotoesale Gesohwulst ratt Blotepgoss trad eta
fluktuirendes Exsodat (Blutv) Im Getenk ; Fraktar war
nicht vorhanden. Dot Schmerz war awserordentBch b*f-
tlg and verschwand erst nach der 2. Massagesltzung. Erst
naeh 3 Tagen war der Kr. so welt, dass er gehen konnte,
dooh Hteht gut ; atanAtig abet wnrde das Gehen wenigor
sebmerzhaft nod basser. Nach 12 Sttmmgen blieb mt
■oak eine geringe Sohwftefce oorii im twgsadem Oshsn
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174
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
zurfick ; auch diese verechwand a pater von selbzt and der
Kr. verspurte spater koine Bescb werden mehr von seinem
Fusee.
Die ausserordentlich schwere Contusion verlangte
auch eine besonders lange Behandlung und dieser
Pall ist daran schuld , dass die Mittelzahl der zur
Heilung frischer Aifektionen ndthigen Sitzungen naoh
den Berechnungen B.’s fiir das Fnssgelenk verhalt-
nis8mll88ig zu gross ansgefallen ist (11.70 Sitzungen ;
.wenn dieser eine Fall mit 52 Sitzungen nicht mit-
gerechnet ware, wflrde diese Mittelzahl nur 10.94
betragen.
5) Ein 24jahr. Mann hatte sich durch einen Sturz
heftige Contusion beider Fusegelenke zugezogen. Die
Oelenke waren bedeutend geschwollen, nm die Malleolen
bestanden Blutaustritte und ansserordentlich heftiger
Schmerz bei Druck an der innern Seite des Calcaneus am
rechten und an der Aussenseite des Calcaneus am llnken
Fusse. Eine Fraktur war nicht nachweisbar. Nach der
ersten Anwendung der Massage konnte derKr. noch nichl
gleich auftreten und auch nach mehreren Stunden konnte
er nur mit Schwierigkeit an Stocken sich forthelfen, doch
horte der Schmerz auf. Am andem Tage konnte er sicb
schon besser forthelfen. Nach einer Woche mu6ste die
Behandlung einer unaufschiebbaren Reise wegen nnter-
brochen werden , doch war der Kr. , der sich fleissig im
Getaen geubt hatte , so weit wieder hergestellt , dass er
ohne Hinderniss reisen konnte. Nach Unterbrechnng von
einer Woche wurde die Behandlung wieder aufgenommen.
Nach 36 Sitzungen im Ganzen war der Kr. ganz herge-
stellt, abgeseben von geringer Empflndllchkeit an der
einen Ferse, die sich indessen spater von selbst verlor.
6) Der Kr., ein 30 J. alter Mann , der fruher einmal
an tranmatischem Erguss im linken Knicgelenk gelitten
und 8 Wochen im Bett liegend zugebracht hatte , ehc er
sein Bein wieder gebraueben konnte, zog sich durch einen
Fall bei stark gebeugtem Knie von neuem eine Vcrletzung
desselben , abermals auf der linken Seite , zu. Sofort
fuhlte derKr. heftigen Schmerz in demKnie, das sehr
stark anschwoll. Trotz Eisunmcblagen Hess der Schmerz
nicht nach , das Knie blieb geschwollen, gerbthet, heiss
und empflndlich bei Beruhrung. Es bestand enormer Er-
guss in der Kapsel. Schon nach der ersten Anwendung
der Massage verechwand aller Schmerz und der Kr. ver-
mochte ohne allzugrosse Schwierigkeit umherzugehen.
Nach 12 Sitzungen waren Erguss und alle andem Be-
schwerden verschwunden und seitdem hat der Kr. nie
fiber Schmerzen Oder Schwache im Knie zu klagen ge-
habt.
7) Ein Mann von 68 J. flel mit dem Knie gegen eine
scharfe Kante. Der Schmerz war auseeret heftig und der
Kr. konnte nicht gehen ; bald stellte sich Geschwulst ein.
Trotz Eisumschlagen dauerte der Schmerz fort. B. fand
bedeutende Entzundung und starke Fluktuation, durch
Ausdehnung der Kapsel mlttels Erguss bedingt , heftigen
Schmerz schon bei der leisesten Bewegung. Nach der
ersten Anwendung der Massage schwand der Schmerz und
derKr. vermochte, obwohl mit Schwierigkeit, an 2 Stocken
zu gehen , erst nach 3 Tagen konnte er ausgehen. Nach
28 Sitzungen war der Erguss beseitigt und Heilung er-
zielt ; ein Recidiv trat nicht auf.
8) Der 48 J. aite Kr. crlitt bei einem Falle einen so
heftigen Stoss gegen die rechte Achsel , dass er den Arm
in keiner Weise be wegen konnte nnd unmittelbar darauf
heftiger Schmerz und Geschwulst sich einstellte. Fraktur
oder Luxation bestand nicht. Passive Bewegungen konn-
ten der heftigen Schmerzen wegen nnr mit der grftssten
Schwierigkeit vorgenomrnen werden. Der Blntaustritt
war nicht besonders bedeutend , wohl aber bestand flnk-
tuirender Erguss in der Gelenkkapsel. Nach 2 Massage-
siUongen war der Schmerz verschwunden ; der Kr. trug
den Arm in einer Binde, well er deesea Schwere nicht er-
tragen konnte. Nach 5 Tagen begann an der (intern Ao-
beftungsstelle des Deltoideus ein Blutaustritt sich zu zei-
gen , der sich im Verlaufe eines Tages so vergrosserte,
dass er den untera Theil des Oberarras und den obem
Thell des Vorderarms fast ganz einnahm. B. nahm An-
spannung der Gelenkkapsel durch Blut an, welches durch
diese hindurch flltrirt sei und, da es sich durch die
Muskelmasse des Deltoideus keinen Weg zu b&hnen ver-
mochte, dem Gesetze der Schwere folgend , sich gesenkt
habe und eret an der erwahnten Stelie unter der Haut turn
Vorschein gekommen Bei. Nash 30 Sitzungen nnd aJl-
malig immer ausgiebigeren passiven Bewegungen war Er-
guse , Geschwulst und 8chmerz beseitigt , der Arm aktiv
gut beweglioh, obwohl noch etwas schwach. Unter fort-
gesetzten Uebongen des Arms erfolgte vollstandige Hei-
lung.
9) Der 88Jahr. Kr. zog sich durch Fall eine Contu-
sion der linken Achsel zu. B. fand 2 Stunden nach der
Verletzung bedeutende Geschwulst nnd so grosse Schmeri-
hafttgkeit bei Beruhrung, dass eine genane Unterauchong
ohne Chloroformnarkose nicht mdglich war. In der Ge-
lenkkapsel liess sich von der AchselhShle ans bedeu-
tende Fluktuation fuhlen ; Luxation war nicht nach-
weislich, aber bei der Rotation des Gelenkkopfes bemerkte
man deutliche Crepitation, jedoch von weicherer Beschaf-
fenheit als gewohnlich bei Frakturen ; eine abnorme Be-
weglichkeit der Knochentbeile war nicht vorbanden und
B. hielt es fur wahrecheinlich , dass eine Fraktur nicht
vorhanden sei, sondem die Crepitation von Blutgerinnseln
im Gelenke herrfihrte, denn dass der Erguss im Oelenke
aus Blut bestehen mochte, liess sicb aus der Schnelligkeit
schliessen, mit der er zu Stande gekommen war. Dnrch
die Massage gelang es erst am folgenden Tage, den
Schmerz zu beseitigen. Empfindlichkeit gegen Druck und
Unfahigkeit der Bewegungen blleben jedoch noch langere
Zeit bestehen , dabei war der Arm ausserordentlich ge-
schwollen und es bestand bedeutendes Blutextravat. Nach
66 Sitzungen indessen war der Kr. hergestellt bis auf ge-
ringe Schwierigkeit bei manchen Bewegungen , aber
auch diese verechwand allmalig bei Anwendung von Gym-
nastik.l
Traumatise he Synovitis des Hflftgelenks hat B.
nicht in Behandlung gehabt , er glaubt auch nicht,
dass in solchen Fallen, wo doch die ohnehin schon
raassigen Weichtheile ausserdem noch geschwollen
zu sein pflegen, die Massage grosse Wirksamkeit
entf<en kann.
Da die Wirknngen der Massage in aknten tnut-
matischen Gelenkieiden eine antiphlogistische and
sedative, nicht eine irritirende 1 , sein moss , hat man
alle gewaltsamen Verfahren zu unterlassen und an-
fangs nur die Streichungen mit flacher Hand in centri-
petaler Richtung anzuwenden. So oherflftchlich sie
auch ausgeftlhrt werden mdgen, verursachen sie doch
ganz zu Anfang nicht unbedeutende Schmerzen , urn
so mehr, je starker die Spannung in den entziindeten
Theilen ist, aber schon nach einigen Minuten, in dem
Maasse als die venfise Cirkulation beschleunigt and
die Oedemfltlssigkeit beseitigt wird, nehmen Schmerz
und Hitze ab, die Geschwulst wird fllhlbar geringer.
und dann darf der Druck bei dem Streichen schon
his zu einer gewissen Grenze starker sein. Die
Sitzung muss mindestens eine Viertelstunde dauern
und womdglich schon nach einigen Stunden wieder -
holt werden , damit Stasen und Oedem nicht wieder
flberhand nehmen. Keine Stelie, an der sich Ge-
schwulst oder Empfiodtichkoit zeigt, darf von der
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V. Chirurgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
Behandtang uaberthrt bleiben , n&mentlich gilt diess
bet Die torsi on en des Fnasgelenks von den 8eiten der
Achillessehne. Nach Vollendung der Sitzung legt
B. bei Affektionen an den untem ExtremitHten eine
Binde Borgf<ig an , die einen mftssigen Druck aus-
flbt nnd den Kr. , die kurz nach Vollendung der
ereten Sitzung zu gehen versuchen sollen, angenehm
ist; 8ie muss aber sehr sorgf<ig angelegt werden,
namentlich ist darauf zu achten, dass die Theile unter
den Malleolen mflglichst einem gleichmllsaigen
Drneke ausgesetzt werden. Aktive Bewegungen
soil der Pat. zwar ausfilhren, aber vorUebertreibnng
■st er zu warnen, zu Anfang soil Bewegung und
Rube Otters wechseln.
Akutes Ekzem , das in Folge der Ausreissung
von Haaren leicht auftritt, lfisst sich durch vorherige
Beaeitigung der Haare leicht vermeiden. Wenn voi-
der Massagebehandlung Blutegel , die Haut reizende
Mittel angewendet woi-den sind, tritt leicht aknte
Entztlndung der Haut ein, die unter Umstftnden dazu
zwingen kann , die Kur bis zur Abheilung deraelben
anszusetzen.
Wenn vorher ein Gipsverband angelegt gewesen
ist, selbst eine kurze Zeit lang, so sind Aussichten
anf rasche Heilung der Affektion inittels Massage
kaom vorhanden. Der Gipsverband ttbt zwar Drnck
anf die angeschwollenen Gewebe aus raid vermiadert
allmklig das Oedem, zum Theil aber dochnicht ganz,
da der verletzte Theil bewegungslos gehaiten wird,
das Bindegewebe beginnt zn proliferiren nnd bald
nehmen die Gewebe bretartige HSrte an.
Dr. F. W. Westerlund in Helsingfors (Finska
lftkaresUllsk. handl. XVH. 3 och 4. 8. 140. 1875)
hat Falle von aknten traumatischen Gelenkleiden mit
gleich gflnstigem Erfolge inittels Massage behandelt.
Er stimmt in Bezug anf die Heilbarkeit derselben
nrit Berghman vollkommen (lberein und theilt fol-
gende F&Ile mit.
1) Durch einen Fall auf die rechte Hand bei auage-
streckten Fingern hatte sich der Kr. eine Distorslon im
Metacarpo-Phalangealgelenk des Mlttelflngers zugezogen.
Jede Bewegung war nnmdglicb , das Gelenk war sehr
schmerzhaft und angeschwollen. Nachdem W. am Tage
nach der Verletzung 10 Min. lang Reibungen am Finger nach
dem Handgelenke zn in znnebmender Starke ansgefuhrt
hatte, nahmen Geschwulst nnd Schmerzen ab ; nach eincr
2., an demselben Tage rorgenommenen Sitzung konnte
Pat. schreiben and nach 4 Sitzungen, die wiihrend 3 Ta-
gen vorgenommen wnrden, war der nonnale Zustand wie-
der hergestellt.
2) Ein 24jahr. Dienstmadchen Utt an aknter serOser
tnunnatischer Synovitis des ilnken Tibiotarsalgelenks,
desaen Umfkng 3 Tage nach der Verletzung urn 3 Ctmtr.
mehr betrng a is am andern Fusse. Her Schmerz war am
starksten am Malleolus Interims, wo sich einige Blutsugll-
Lationen fanden. Gehen and Aaftreten waren unmoghch.
Nach 12 Min. langer Anwendnng der Massage hatte der
Umfang des Gelenka urn 1 Ctmtr. abgenommen; nach
einer 2. Sitzung, 6 Std. spater konnte die Kr. den Fnss
wieder branchen. Nach jeder Sitzung hatte die Gesch wnlst
am 1 — 1 Vj Ctmtr. abgenommen , nahm jedoch bis znr
nSchsten Sitzung bis zn einem gewissen Grade wieder zu.
nach 6 Sitzungen war der Umfang des Gelenka normal
and der Schmerz war verschwunden , die Sugillatlonen
vergingen schon nach einigen Sitzungen.
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3) Ein 43 J. alter Zlmrnermann hatte Blch dureh
einen Fall eine schwere Contusion am rechten Fusse zu-
gezogen ; 6 Tage lang konnte er nicht arbeiten , am 6.
versuchte er es, musste indessen davon abatehen. Am
11. Tage kam <ler Kr. auf Krucken zu Westerlund.
Lm rechten Tibiotarsalgeienk fand sich Flnktuation, unter
den Malleolen bestanden groasere Blntsugillationen , das
Gelenk hatte 3 Ctmtr. mehr Umfang ala am andern Fubsp
und war sehr empfindlich ; Beruhrung rief am ganzen nn-
tern Viertel dea Unteracbenkela heftigen Schmerz hervor;
in der Mitte dea Unterschenkels beatand an der innern
Seite eine 2'/i Zoll lange gerothete und fluktuirende Ge-
schwulat. Alle erwahnten krankhaft veranderten Theile
wurden mittels Massage behandelt. Nach der 1. Sitzung,
die 12 Min. lang dauerte, war der Schmerz beaeitigt und
der Kr. konnte mit dem kranken Fusse aaftreten, doch
nahm der Schmerz im Verlaufe des Tages wieder zu und
das Auftreten wurde in Folge desaen wieder unmoglich,
(ler Umfang des kranken Gelenkes hatte am folgenden
Tage um '/j Ctmtr. ziigenommen. Bei der 2. Sitzung
wurde die Massage 15 Min. lang angewendet und dadurch
eine Yerminderung dea Gelenkumfangea nm l l j t Ctmtr.
erzielt ; nach Schluas der Sitzung konnte der Kr. wieder
ungehiudert auftreten und nach seiner (etwa 1 >/* Weret
entfernten) Wohnnng gehen; er ging nun fortwahrend
ohne Krucken und Verband. Nach 8 Sitzungen im Gan-
zen war Heilung erzielt, auch der floktnirende Abscess
ging zuruck.
4) Ein 6jahr. Madchen hatte sich eine Contusion des
Knies zugezogen, desaen Umfkng um l'/s Ctmtr. vermehrt
war. Am folgenden Tage wurde mit der Massage begon-
nen ; nach 3 Sitzungen konnte das Kind unbehindert ge-
hen und nach 6 Sitzungen war von Schwellnng und Em-
pfindlichkeit nichta mehr vorhanden.
6) Bei dem 20 J. alten Kr. zeigte sich 6 Std. nach
der Verletzung (Stoas) der ganze Fuss intensiv gerothet,
schmerzhaft langs des aussern Randes und etwa dem Ver-
lanf der Sehne dea Peronaena longns entsprechend ; daa
Gelenk war geschwollen, alle Bewegungen waren er-
sohwert, beeonders die Pronation. Nach ■/« Std. Lang
auagefuhrter kraftiger Massage konnte der Kr . indessen mit
dem kranken Fusse noch nicht auftreten ; der Schmerz
nahm noch mehr zu, horte aber nach einigen Stunden
auf. Nach 3 Tagen war Schmerz und Geschwnist ver-
schwunden und der Kr. konnte unbehindert gehen.
6) Die torsion dea rechten Fusses, seit 2 Tagen be-
atehend , bei einem lSjahr. Knaben ; Heilung nach fi
Sitzungen.
Auch bei akuten Gelenkkrankheiten nicht trau-
matiachen Uraprungs ist, wie wir hier anhangsweise
erwalinen wollen, die Maaaage angewendet wor-
den. Westerlund theilt einen Fall von akutem
Gelenkrheumatismus mit, in dem er diese Behandlung
veraucht liat, u. Valdemar Rasmussen (Hospi-
tals-Tidende XVI. 15. 1873) hat ebenfalls Falle von
akutem Hydarthrus veroffentlicht, in denen zwar ur-
sprtinglich die Beseitigong des Ergusses durch Punk-
tion und Adspiration angestrebt , aber doch mittels
Massage die Reste des Exsudates u. Verdickungen der
Kapsel beseitigt wurden. Der von Westerlund
mitgetheilte Fall, der einen seit 14 Tagen an Gelenk-
rheumatismus, zugleich aber auch an Tripper leiden-
den Steuermann betrifft, ist folgender.
Der Schmerz trat zuerat im rechten Fussgelenke auf,
aber hatte sich anch im linken Kniegelenk und im rechten
Uandgelenk gezeigt ; er war im rechten Fnssgelenke sehr
intensiv. Der Puls hatte 112 Schlage in der Miaute.
Nach fruchtlouer Anwendnng der gebrauchiichen Mittel
wurde Massage in Form leiser Streichungen angewendet,
worauf bedeutende Linderuug eintrat, so dass der Kr.
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V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
zwa Male in der Nacht einiga Bake fiend. In der
Zwiachenseit wnrde Bleiwasaer n. Compression mit oiner
Binde angewendet. Nach und nach wurden nocU mehr
Qelenke angegriffen, das rechte Tibiotarsalgelenk , das
rechte Koiegeleak, das linke Kaiegolenk, das ljnke Huft-
gelenk und mehrere kieiae Gelenke an der reehtes Hand.
Bei der grossen Anzahl der Gelenke, von denen
m&nche wiederholt angegriffeu wurden, war ea nicht
mdglioh, an alien die Massage in Anwendung zu
bringen, sondem man mussta si eh anf Massirung der
am schwersten ergriffenen Gelenke beschranken.
Steta gelang es, die Schmerzen, die das hervor-
stechende Symptom waren , zu bieseitigen, und der
Pat. war mit dem Resultate so zufrieden , dau er
nach der Massirung verlangte , obgleich sie zu An-
fang jeder Sitzung Schmerzen venirsachte. Ein Er-
guss in der Bursa praepatellaris , der wilhrend der
Kraaklieit sioh einstellte, wurde durch 3malige An-
wendung der Massage beseitigt. Irgend einen be-
sondern Einfluss auf die Daner der Krankheit schien
die Massage jedoch nicht zu haben, denn die Krank-
heit dauerte 8 Wochen. (W alter Berger.)
60S. TJeber Bahaodlung der Baingesohwiire
mittela Circumcision ; von Dr. Stndsgaard in
Kopenhagen. (Hosp.-Tideade 2.R. 111. 25. 1876.)
Je linger eiu Beiageschwilr besteht , desto mehr
pflegt sein Boden und die Haul in seiner n&chstea
Umgebung an der Unterlage zu adhkriren durch
nengebildetes Bindegewebe in dem sklerosirten suh-
cutanen Gewebe. Wenn nun ein solches Geschwtir
heilt, wil’d seine Ausdebihung theils durch die Be-
deokung der Granuladonen mit Epidermiszellea,
theils in Folge einer centripetalen Retraktion, die
durch die Granulationsschrumpfung bedingt ist, ge-
ringer und die Narbe ist dann kleiner als das Ge-
schwtlr. Durch die Skleroairung des subeutanen
Bindegewebes btlsst die Hant ihre Verachiebbarkeit
auf ibrer Unterlage ein und diess ist ala weaentlicher
Nachtheil ftlr die Heilung wohl zu bertlcksichtigen.
Sobald die Granulationen einen Epidermisttberzug
bekommen haben, atrophiren die Gefassschlingen,
welche die Hauptmaase der Grannlationen bilden,
und schwinden zu Bindegewebsstringen ; die nach
aosaen gelegene Zellenlage atrophirt, so daaa ein
aehr gefhssarmes und schrampfendes Bindegewebs-
lager nach kurzer Zeit an Stelle des frflhem, geftss-
und saftreichen Granulationsgewebes tritt. Diese
allm&lige Metamorphose kann man anch makrosko-
pisch verfolgen an dem mit der Zeit immer weisser
und gllnzender werdenden Narbengewebe , das,
immer anUmischer werdend, zuletzt selbst geringern
Iusulten nicht mehr zu widerstehen vermag, in Folge
minimaler Nekrose an verschiedenen Stellen der Epi-
dermis aufbricht, so daas raach ein neuea Geschwtir
eatateht, das bald diesel ben Qreuzen erreicht, die
das alte h&tte.
Darauf grttndet sieh Mu a sba urn's Methods, die
Beingesehwtlre durch Entspammng mittela Circum-
cision zu behandeln. 8t. hat diese Methode, bei
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der theils der Zeitpunkt der A« wendnag , theils die
Technik von Bedeutuug ist, venucbt und theilt seine
Erfahrungen dartlber mit
Sobald die Heilung eines Geschwllres Stillstand
zeigt, nachdem gute Granulationen die OberBiehe
bedeckt und den Geschwllrsgruud ausgefltllt haben,
ist die Zeit , zur Operation zu schreiten , gekommen,
(lie indicirt erscheint, wenn eine langsame Heilupg
oluie einen andern nachweisbaren Grund als die peri-
phere Spannung unterbrochen wird (lurch mehr oder
weniger partielle Ulceration an der neugebiideten
Narbe, oder wenn ein Geschwtir kurz nach vollstfln-
diger Heilung recidivirt und die Uraacbe (laau in der
Anheftung der Narbe selbst und ibrer Umgebungeo
an die Unterlage zu auchen ist. Eher die Operation
unter den gegebenen Verbal tnissen auazuftihren als
zu dem bezeichueten Zeitpunkt, oder gar die Behaad-
lung dauiit einzuleiten, ist nach St’s Erfahrungen
nicht richtig, weil man im Voraus nicht wissen kann,
ob die Narbencontraktion nicht doch im Stande sein
wird, den Widerstand definitiv zu flberwiulen, dap
die subcut&ne Sklerose bedingt, und man den Kj.
nicht ohne Noth einem Trauma aussetaen darf, das
eine grosse Wundflftcbe giebt und mit reichEcherer
Blntung verbunden ist, als man a priori erwartea
solite. Nach St’s Erfahrungen hat die Circumcjawn
die grdsste Wirkung, wens sie nngefthr X Qfrptr.
weit vom kussern Narbenrande eptferpt apsggfltbrt
wird bis auf die Fascie oder an der in asm ELfche
der Tibia bis auf den Knochen. Gewobnlich wind
die Vena saphena interna durchschnitten und diese
mit den durchschnitteuen Varices, die sich haufig in
der Nkhe solcher Geschwtire linden, giebt eine r$ich-
lichere Blutung, gegen die man oft Tamponade oder
Compressions verbandanzuwenden genothigt ist Die
unmittelbare Wirkung der Incision zeigt sich darap,
dass die Schnittr&nder klaffen, und an der Entfernuug
derselbcn von einander kann man sehen , was dprcli
die Operation gewonnen worden ist. Der Zwischen-
raum zwischen den Schmttrkndeni, der 1 — 2 Ctmtx.
betragen kann, ftillt sich bald mit Gamulafcoasu und
die die Heilung stdrende Spannung ist beseitigt Die
Vorsichtsmaassregel, die Nnssbanm anrSth, durch
Charpie die Sclinittrfinder an der Agglutination zu
verbinden), halt St. fUr unuothig, weil sie schon vou
Anfang an gentlgend klaffen und in der Folge sich
noch mehr von einander entfernen ; wenn sich die-
selbe einander nkhern, ist diess ein Beweis, dass die
Spannung nicht gross genug ist , um die Operation
zu indioren; stellen weiee komint Verklebung der
Sehnittr&nder vor, denn die Spannung ist nicht immer
au alien Stellen gleich gross ; deslialb ist auch nicht
immer vollatitndige Circumcision notbwendig.
Nicht g»nc aelten veranlaast die Operation aw
oberfl&ohliohe GangrAn an den innerhalb der Oir
cumcision gelegenen Saume der Narbenbiidong. 9 1.
hat diese Gangrin zwar nie tiefei’ gehan sehen at
bis zum EptdsrmisObenug, der sioh auch bald wiadar
ermtzte, dooh ist darin immerhin die MOgliohkeit aa-
gedeutet, daas das ganze nmschriebene Stflck gan
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VI. Modi ein Lm Allgemeinen.
177
grtnesciren kana; acbwSchlkhe and schlecht ge-
nahrte Individnen , die an und ftlr sich schon zu
ischamischer Gaugrftn Neigung besitzen , eignen sicli
deshalb nicht ftlr die Operation, denn das Leben des
umschnittenen Theils hilngt fast ausschiiesslich von
den sparsamen, vom Boden aus entsendeten Gefkssen
ab und Innervation gebt ihm vollat&udig ab.
(W alter Berger.)
606. Der therapeutische Worth desAlauns
fur die Erhrankuiujen der Conjunctiva ; von Dr.
Hugo Magnus 1 ). (Deutsche med. Wchnsclir. II.
37. 1876.)
Vf. empfiehlt, bei mannigf&chen Erkrankungeu
der Bindehaut den Alaunstift anzuwenden. Man
sacht sicb aus grossern Stdcken krystallisirten Alauns
passende beraus , welche keine Risse baben dllrfen,
und bringt dieselben mit Htllfe einer Feile in die
geeignete Form. Die Art der Auwendung ist ganz
ahnlich wie beim Kupferstift : durcb scbnellere und
leichtere, oder durcb langsamere und derbere Be-
rttbrung der erkrankten Schleimhaut vermag mau
die gewttnscbte geringere oder stkrkere Iutensitat der
Wirkung bervorzubriugen. Die Reaktion ist eine
heftige ; docb hat der Alaun darin einen Voraug vor
anderu Mitteln , dass die subjektiven Erscheinungen
nur 1 — 2 Min. anhalten. Reizbare Personen und
Kinder vertragen daher, wiewohl die objektiven
Reaktiouserscheinungen nocb linger anhalten, dieses
Mittel ganz gut. — Sammtliche Formen der ka-
tarrhaliscben BindehautentzUndung , mit Einsehluss
des epidemischen Schwellungskatarrhs , femer die
trockenen, chronischen Katarrhe und endbch die
leichteren imd mittelscbwereu Formen der granulbsen
BindehautentzUndung sind die geeignetsten Objekte,
bei denen sich die Bebandlung mit dem Alaunstift
als dankbar erweist (G e i s s 1 e r.)
607. Ueber die ophthalmiatrisohe Anwen-
dung des Butylehlorals ( Crotonchlorale ); von
Dr. EmilEmmert in Beni. (Schweiz. Corr.-Bl.
VI. 4; 15. Febr. 1876.)
Vf. hat mit dem fragl. Mittel — liber dessen
Wirkung und Indikationen auf die verschiedenen
Mittheilungen in unsern Jabi'bUchem verwiesen wer-
den kauri — in 12 operativen Fallen der verschie-
>) Beaten Dank ffir direkte Zusendung. 6.
densten Art — Lridektomie , Schiel - und Lidope ra-
tio nen — und 2 nicht operativen, bei nor gesunden,
im Alter von 18 — 60 J. stehenden Personen Ver-
suche angeatellt. Er verordnete je 4 GnAm. , meist
auf mehrere Gaben vertheilt. Da sicb das Mittel
scbwer inWasser last, bat dieAnwendung inLbsung
keine Vortbeile und tbut man am beaten, je 1 Graun.
in einem Esslftffel mit Wasser und etwas Himbeer-
syrup hinunterschlucken zu lassen. In beinabe alien
Fallen stellten sich nacb der Verabreichung des
Butylehlorals ROtbung des Gesichts , Erregung , an-
fangs bescbleunigte, spater verlangsamte Respiration,
Pulsbescblennigung bis auf 95 Schlage, aber keine
gastrisclien Stbrungen ein. Zufolge der irritirenden
Wirkung der Dampfe auf Pharynx- und Larynx-
schleimbaut kommt es auch haufig zu kleineu Ilusten-
anfailen. Verknderungen an der Pupille traten nicht
ein. Wiewohl die Empfindliclikeit der Cornea und
Conjunctiva bulbi gegen Bertlhrung mit dem Finger
berabgesetzt zu sein schien, war eine bestimmte
Wirkung im Sinne Liebreich’s doch nur in we-
nigeu Fallen nacbweisbar. Nor in einem einzigen
operativen Falle trat dieselbe unzweifelhaft hervor,
in alien Itbrigen war sie zweifelhaft. Die lridektomie
wurde an einem Auge in der Butylchlor&Inarkose
ausgefllbrt ; Pat. verhielt sich dabei sehr unempfind-
lich selbst beim Fixiren des Auges, dem Erfassen der
Iris etc., und war in heiterster Stimmung ; als einige
Tage spater das 2. Auge ohne Butylchloral operirt
wurde, ausserte er heftige Scbmerzen. In 2 Fallen
von Trigeminusneuralgie konnte nachDosen von 0.1
bis l.OGrmm. ein Auf horeu des Schmerzes fflr 3 bis
4 Std. constatirt werden. Auch die Steigerung der
Dose des Butylcldorals von 4 auf 6 Grmm. bei einem
kraftigeu Kr. hatte den gewllnschten Erfolg, An-
astbesie des N. trigeminus hervorzurufen, nicht
Vf. glaubt sich auf Grund seiner Beobachtungeu
zu dem Aussprucbe berechtigt , dass 1) Butylchloral
bis zu Dosen von 6 Grmm. gefahrlos zu sein scheint ;
2) dass es weder in kleinen noch in grossen Dosen
sicbere Wirkungen aussert ; 3) dass es wohl niemals
Schlaf hervorruft; 4) niemals zu completer Anasthesie
des Trigeminus fllhit, wohl aber 5) iu der Mehrzahl
der Falle die Reizbarkeit des Auges etwas lierab-
setzt und aus diesem Grunde , namentlich bei kngst-
bchen Kr. schon znr moralischen Bemhigung an-
gewendet and 6) bei Neuralgien des Quintus ver-
sucht zu werden verdient. (G e i s s 1 e r.)
VI. Medicin im Allgemeinen.
608. Die Korpergrosse der Bekruten; von Rekrutenmessungen , bemerkt derselbe, sind fllr ver-
Prof. G.Th. Fechneru. von Stabsarzt Dr. C e s a r e schiedene statistische Erhebungen besonders werth-
Fiori. voll. Da alle in dem namlichen Jahre geborenen
In einer vorlanfigenMittheilung, die einer grOssern und je nach den Landern im 18. oder 19. oder 20.
Arbeit liber Collektivgegenstande entlehnt ist, ver- Lebensjahre stehenden mannbeben Individnen , auch
breitet sich Fechner (Gesundheit I. 1 — 4. 1875) die kleinsten nicht ausgenommen, zur Untersuchung
flber einzelne aus den Tabellen von Rekrntenmes- kommen, so wird sich der Einfluss abschatzen lassen,
sungen gezogene Ergebnisse. Genau ausgefflhrte den die Nationalitat und das geographische Gebiet,
Med. J&hrbb. Bd. 172 . Hft. 2 . 23
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178
VI. Medlofai im Allgemeinen.
oder spec tell such wieder eanzelne Distrikte, oder
Stadt und Land u. s. w. auf die Grflsse der Manner
ausflben. In der grosseu Anzahl Gemesaener liegt
dabei eine gentlgende Compensation fllr die mdg-
lichen Ungenauigkeiten , womit etwa die Einzel-
messungen behaftet sein kttnnen. Freiiich wird die
Benutzung der Rekratenmaasstabellen ala UnterUge
fttr statiatische Erbebungen dadurcb erschwert, dass
dieselben , wenn tlberhaupt , so doch nur in ungentl-
gendem Maasse Jahresmittelwerthe an die Hand
geben ; diese mllssen vielmehr erst mtlhsam a us den
Urlisten ausgezogen werden. Meist liberal l dagegen
findet sich das Verhftltniss der wegen sogen. Unter-
mflssigkeit und wegen Gebrechlichkeit von der Zu-
lassung zum Militardienst Ausgeschlossenen znr To-
t&lzahl der Gemessenen festgestellt.
Die mit den Rekmtenmessungen Betrauten haben
aUerdings schon bin und wieder Kenntnias davon,
dass die mittlere Kttrpergrdsse , die a us deu Einzel-
messongen der einem bestimmten Jahre augehdrigen
Stellnng8pflichtigen berechuet wird, fttr das nftmliche
Land oder auch fllr kleinere Distrikte desselben
keine constante ist. In der That findet eine Be-
wegung dieser mittiern KOrpergrSsse in einer Plus-
Richtung oder in einer Minus • Richtung statt , und
verschiedene Linder oder auch verschiedene Landes-
theile kOnnen einen Parailelismus zeigen, wenn in
mehreren auf einander folgenden Jahren die Plus-
Richtnng oder die Minus - Richtung ttberall dureh-
greift, magdiess auch vielleicht nicht in mathematisch
proportionaler Weise geschehen, oder sie kOnnen
einen Antip&rallelismns erkennen lassen , wenn fttr
das nftmliche Jahr hier die Plus • Richtung , dort die
Minns-Richtung sich geltend machte.
Zum Behufe einer allgemeinen Untersucbung
tlber die gesetzlichen Maassverhllltnisse von Collektiv-
gegenst&nden nahm F e c h n e r Einsicht in die Ur-
listen von 17 Jahrgftngen (1846 — 1862) der Leip-
ziger Rekrntenmeesungen. Als er die Mittelwerthe
der einzelnen Jahrgftnge bereclinete, fand er zu
» seiner Verwundernng, dass der letzte Jahrgang 1862
das Maximum der mittiern Kttrpergrdese ergab , der
vorhergehende Jahrgang 1861 dagegen das Minimum
outer alien 17 Jahrgftngen, und dass die Differenz
beider Jahrgftnge nicht weniger als 1.109" betrug.
Urn dieser Differenz auf den Grand zu kommen, ver-
schafite sich Fechner von der Amtshauptmaim-
schaftBomn, wozu ausser Stadt Leipzig noch mehrere
kleinere Stttdte und zahlreiche Dorfschaften gehdren,
die Messungslisten fttr die 3 Jahrgftnge 1860, 1861
und 1862, desgleichen auch die besonders geftihrten
Messnngslisteu der sftchaischen Studenten in Leipzig.
Els waren damit 7 verschiedene Rekratirungsbezirke
vertreten , und fttr alle 7 bestfttigte sich das fttr die
Leipziger gefundene Grbssenverhftltnias in ganz
gleicher Weise. Die fttr alle 7 berechneten Mittel-
werthe waren: 1860 69.260", 1861 69.148",
1862 70.184". Die Differenz zwischen Mnvimnm
und Minimum betrag fttr die Qeaammtheit immer
noch 1.036 ZolL
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Zu weiterer Vergieichung dienten Fechner die
Re kru ten maasse aus einem verachiedenartigen sftehsi-
schen Bezirke, nftmlich ana der Amtshauptmannschaft
Annaberg. Dieselbe nmfasst eine gebirgige Gegend,
bios mit kleinen Stftdten und Ortschaften und einer
verhftltnissmftssig armen BevMkerung, wfthrend die
Amtshauptmannschaft Borna ebenes Land mit einer
grossen Stadt und verhftltnissmftssig guten Nahruugs-
quellen enthftlt. Der hier Gemessenen waren 1007
im J. 1860, 924 im J. 1861, 1136 im J. 1862.
Als mittlere K6rpergr5sse fttr die 3 Jahrgftnge ergab
sich 68.936, 68.935, 69.122"; also auch hier un-
terscheiden sich die beiden erstgenannten Jahrgftnge
von dem in Pins - Bewegung begriffenen Jahrgange
1862 , wenn auch nicht in so st&rkem Maasse wie
bei den Rekraten der Amtshauptmannschaft Borna.
Ob in den Jahren mit hohem Mittelwerthe der
gesammten Rekraten auch die MaximalgrOssen und
die MinimalgrOssen dieser Jahrgftnge die gleiche
Plus-Bewegung einhalten , das zu untersuchen boten
die 17 Jahreslisten der Leipziger Stellungspflichtigen
und der sftchsiBchen Studenten in Leipzig Gelegen-
heit. In der That ergiebt sich fttr die Jahrgftnge mit
entschiedener Plus-Bewegung der Mittelgrttsse in
gleicher Weise eine Plus-Bewegung fttr die griJssten
Rekraten dieser Jahrgftnge. Fttr die kleinsten
Stellungspflichtigen dagegen, wenigstens in den
Stammlisten der Leipziger, sncht man vergeblioh
nach der entsprechenden Pins - Bewegung ; vielmehr
zeigen diese Kleinsten in diesen Jahrgftngen sogar
ein noch kleineres Maass.
Zn einer Erweiternng der Untersuchnng boten
die belgischen Messungen den erwflnschten Anhalt.
Dieselben sind in ttbereinstimmender Weise fttr das
ganzeLand und in den einzelnen Provinzen seit einer
langen Reihe von Jahren ansgeftthrt worden und sind
tabellarisch in den Documents statistiques von Bel-
gien und in einem frflhem Expose verzeichnet. Da
sich jedoch bei der Einrichtung der Tabellen das
wahre Grttssenmittel nicht genau ziehen lftsst, so
benutzte Fechner den sogen. Centralioerth , der
dorch die poBitiven und negativen Abweichungen von
einem muthmaasslichen Mittel x bestimmt wird, oder
es warden die fttr ein mittleres Maassintervall sich
ergebenden Uebermftssigen und Uutennftssigen mit
einander oder mit der Gesammtzahl der GemeaBenen
in Parallele gestellt. Fechner giebt fttr die 9 bel-
gischen Provinzen (Antwerpen, Brabant, West-
flandern, Ostflandern, Hainaut, Lttttich, Limburg,
Luxemburg, Namllr) in tabell&riacher Zusammen-
BteUnng die gefundenen Mittelwerthe, bezflglichderen
Bewegung, in drelfacher Fassnng.
a) Fttr den Jahrgang 1862 (86684 Gemesseae) and
den Jahrgang 1868 (41287 Gemessene). In alien 9 Pro-
vinzen ohne Ausnahme zeigt sich eine snf das Jahr 1868
fhllende MinuB-Bewegung , die allerdings In den verschie-
denen Provinaen erheblleh variirt.
b) Fur die awel 6jihrigen Epochen 1841 — 1846
(191468 Geineesene) u. 1866—1860 (201711 Gemesaene).
In beiden Epochen ergiebt sich fttr alle Provinzen eine
Minus-Bewegnng , die nur fllr die frfihere Epoche stftrker
atiBgeeprochen ist.
Original froim
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179
VI. Meditin im Ailgemeinen.
c) Fir noch zwei udere Epochen, n&mUeh 1851 bis
1853 (111611 Gemessene) und 1864 a. 1865 (79857 Ge*
messcne) , wobei sich ebcnfalls wieder durchgreifend eine
Minus- Bewegrmg In der letzten Epoche zeigt , mlt alleini-
ger Auanahme der Prorinz Lfittieh.
Findet nnn aber anch, den Fall der Proving
Lflttich ansgenommen , durchgreifend ein paralleler
Gang der GrOssenbewegung in den verschiedenen
Provinzen statt , so machen sich gleichwohl in den
einzeinen Provinzen lokale Einflflsse geltend ; wttrden
daher Jahrgange oder Epochen mit einander ver-
glichen, in denen die GrSssenbewegiuig fdr ganz
Belgien sich nledriger darstellt , dann wtlrden wohl
auch ftir die verschiedenen Provinzen antiparallele
Grflsaenbewegungen zum Vorschein kommen.
Anhangsweise unternimmt es Fechner noch,
enter Benutzung des filr das Kdnigreich Belgien vor-
Iiegenden Materials eine Beantwortung der Frage zu
versnehen , ob etwa die wechselnden Fruchtpreise in
den Geburtsjahren der verschiedenen Jahrgftnge der
Rekniten einen nachweisbaren Einftuss anf die
Grdssenbewegung itben, wie ihn Riecke, der
Uebersetzer von Quetelet’s berUhmtem Werke,
fllr die wfirtembergischen Rekniten , die in den
Thenemngsjahren 1816 and 1817 geboren waren,
einmal ausgesprochen, jedoch nicht nkher bewiesen
liat. Ein zweifellos dastehendes Resnltat hat sich
bei dieser Untersuchung nicht ergeben.
Analoge Ergebnisse sind in der sch&tzbaren Ab-
handlong fiber KdrpergrGste und Brutlumfang vom
Stabearzt Dr. Cesare Fiori (Riv. clin. 2 Sdr. V.
1. p. 12 — 16. 1875) niedergelegt. Die in den
Provinzen Bologna und Ferrara eingezogenen Rekni-
ten der Jahrg&nge 1850 und 1851 lieferten dem
Vf. das Material zu einer statistischen Zusammen-
s tell ling.
Am 31. December 1871 zahlte die Provinz Bologna
439232 Einwohner , namlich 328408 im Bezirke Bologna,
63980 im Bezirke Imola, 46844 im Bezirke Vergato.
Diese sum Theil gebirgige Provinz zShlt 8608 Quadrat-
Kilometer; ea kommen also 122 Einw. anf 1 Qu. -Kilo-
meter.
Die Provinz Ferrara, zn einem groaaenThelleamnpflg
und moraatig, zahlte am 81. Deo. 1871 anf ihren 2616
Qu.-Kilometern 199168 Einw., namlich 138622 im Bezirke
Ferrara, 83017 im Bezirke Cento , 87619 Im Bezirke Co-
tn&cchio. Hier kommen 76 Einw. anf 1 Qu. -Kilometer.
(Fir das ganze K5nigreich Italian kommen 90 Einw. auf
1 Qu. -Kilometer.)
Die Ausgehobenen dee Jahrgange 1850 wurden nicht
alabald nach der Anahebung im J. 1871 einberufen, son-
dern erst im Jan. 1872, wo dleaelben bereita im 22, Jabre
staaden. Es waren 394 Bologneeen and 209 Ferraresen,
zuaammen 603 Mann. Die K5rpergr3see aller znaammen
betrng 994.92 Meter, ala mittlere Groeae dea Einzeinen
ergiebt aich also 1.66 Meter. Ea maaasen aber :
7 1.66 Meter
83 1.57—1.60 „
226 1.61—1.66 „
184 1.66—1.70 „
79 1.71—1.76 „
22 1.76—1.80 „
3 1.81 Meter und darfiber.
Der Bruatumfimg (fir alle 603 zuaammen ergab die
Same von 586.31 Mtr. , der mittlere Bnutuntfaag des
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Einzeinen berechnet aiob so mit auf 88.7 Centimeter. Ge-
funden worde bei :
3 80 Ctmtr.
107 81—86 B
336 86—90 „
140 91—96 B
18 96 Ctmtr. und daruber.
Bei z^eien erreichte der Bruatumfang voile 100 Centi-
meter.
Bereita am 16. Febr. wurde der Jahrgang 1851 ein-
berufen, also 21jahrige, 400 Bolognesen und 213 Ferra-
reaen , znsammen 613 Mann. Die KorpergrSaae aller
zuaammen betrug 1016.65 Mtr. , und daa giebt fur den
Einzeinen einen mittlern Werth von 1.668 Meter. Ea
maaaaen aber :
12 1.66 Mtr.
77 1.57—1.60 Mtr.
196 1.61—1.66 ,
197 1.66—1.70 ,
109 1.71—1.76 „
19 1.76—1.80 „
3 1.81 Mtr. u. daruber
Somit aind die 21jahr. dea Jabrganga 1861 darch-
achnittlich fast 1 Ctmtr. grosser als die 22jahr. des Jahr-
gangs 1860.
Die Erklarung dieses sonderbaren Ergebnisses,
das mit dem normalen Entwicklungsgange um so
weniger im Einklange stebt , da doch unzweifelhaft
das Wachsthum mit dem 21. Jahre noch nicht ab-
geschlossen ist, glaubt Fiori in den politischen
Verhkltnissen Italiens fin den zn dfirfen. Die im Jahi'c
1850 Gebornen waren namlich im J. 1849 u. theil-
weise im J. 1850 gezeugt worden, also in einer Zeit,
wo schmerzliche Unglflcksschlftge auf Italien ein-
stflrmten. Nun ist es bekannt, dasa unter dem Ein-
flusse solcher deprimirender Zustande die Ziffer der
Geburten sinkt, and dass ausserdem die Ziffer der
Todesf&IIe unter den Gebornen zunimmt. Merkwflr-
diger Weise blieben in dem genannten Jahrgange
also auch noch die Gebornen in toto in der Grdssen-
entwicklung zurfick. Eine voile Bestatignng dieser
Annahme, meint Fiori , wtlrde dann gegeben sein,
wenn auch in andern italienischen Provinzen, die
das gleiche Interesse an den politischen Ereignissen
nahmen, wie Bologna und Ferrara, ein fihnliches
Verhalten der Jahrgange 1850 und 1851 dargethan
wttrde. [Ein wesentliches Bedenken dflrfte sich
indessen aus den vorangehenden Untersuohungen
Fechner ’s ergeben, die fttr 2 auf einander fol-
gende Jahrgtlnge eine Differenz der mittlern KOrper-
grOsse von mehr als 1 Zoll nachweisen , ohne dass
jenes Moment der moralischen Depression oder fiber -
haupt ein Moment ftir diesen Weohsel erkennb&r ist.]
Stellen wir Gbrigens die Indlviduen der belden Jahr-
ginge outer den gleicben Kategorien der K6rpergrSese
zuaammen, so erhalten wlr;
1.66 Mtr.
1860
7
1861
12
1.57— 1.60 Mtr.
83
77
1.61—1.65 „
226
196
1.66—1.70 p
184
197
1.71—1.76 *
79
109
1.76—1.80 -
22
19
1.81 Mtr. u. darfiber 8
S
603
613
Wollte man 1.66 Mtr. als die Greuze zwtaehen Klein
usd Grose gotten lateen, so wurden ffir 1860 die Kleinen,
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180
VI. Median im Allgemeinen.
ffir 1861 die Grossen das ITebergewtcht haben : Jener 8 hid
316 im J. 1860 und 288 im J. 1861; dimer Bind 286 im
J. 1860 und 328 im- J. 1851.
Verjfleichen wir andererscits den Urusturnfang der
im J. 1851 Gebornen, so betragt dieser fur alle 613 Au»-
gehobene zusammen 637.93 Mtr. , d. h. der mittlere
Brustumfang des Einzelnen betragt 87.7 Ctmtr. ,[nicht
87.8 Ctmtr.] , sennit genan 1 Ctmtr. weniger als belm
Jahrgange I860. Es haben aber :
6 80 Ctmtr.
137 81—85 Ctmtr.
339 86—90 „
124 91—96 *
8 96 Ctmtr. u. dariiber.
Die Grdsse des Brustumfangs halt somit nicht
gleichen Schritt mit der KOrpergrdsse ; wie zu er-
warten stand , llbertraf der Jahrgang 1850 in die-
sem Punkte den Jahrgang 1851. Dcnn dass bei
Landleuten , bei Arbeitem , die doch vorzugsweise
den Bestand der Rckruten bilden , der Brustumfang
in dieser Lebensperiode noch zunelinien kann , das
hat Fiori selbst bei einer andern Gelegenlieit in
Erfahrung gebracht. Mehrere Freiwillige batten
80 Ctmtr. Brustumfang als sie zur Instruktion ab-
gingen, und als sie nach einem Viertcljalir wieder
kamen, zeigten sie 81 und 82 Ctmtr. Brustumfang.
Rechnen wir 90 Ctmtr. als Grenzscheide ftlr kleinen
and grossen Brustumfang, so crhalten wir:
I860: 445 kleiu, 158 gross;
1851 : 481 klein, 132 gross.
Schlilsslich bertlcksichtigt Fiori auch noch ftlr
beide Jahrg&nge zusammen dasVerhalten derGrOsse
und des Brustumfangs in den einzelnen Bezirken.
Die Provinz Bologna lieferte 794 Mann, niiuilich
569 der Bezirk Bologna, 124 der Bezirk Imola,
101 der Bez. Vergato. Die Provinz Ferrara lieferte
422 Mann, und zwar 310 der Bez. Ferrara, 69 der
Bez. Comacchio, 43 der Bezirk Cento.
Die Provinz Ferrara liefert grOssere Leute, die
im Durchschnitt 1.667 Mtr. messen; die Mannschaft
der Provinz Bologna ist im Durchscbnitt 1 Ctmtr.
kleiner. Auch im Brustumfange ist Ferrara, wenn
auch nor um einen minimalen Werth, im Vortheil.
Von den einzelnen Bezirken nehmen Comacchio
und Cento in Betreff der Griisse die erste Stelle ein,
der mittlere Werth erhebt sich auf 1.672 Meter;
Imola mit 1.647 Mtr. steht am niedrigsten. Der
grdsste mittlere Brustumfang von 89.5 Ctmtr. kommt
auf Cento, dann kommt Comacchio mit 88.6 Ctmtr. ;
der niedrigste mittlere Brustumfang von nur 85.5
Ctmtr. kommt auf den Bezirk Vergato.
(Theile.)
609. Ueber den Binfluss der kdnetliohen
Unterdrfiokung der Hautperapiration auf den
thterischen Organismus ; von Dr. N. Sokoloff in
Petersburg. (Virchow’s Arch. LXIV. 1. p. 40 — 81.
1875.)
Da eine gestOrte Thitigkeit der Baut hlnfig als
fttiologisches Moment sowohl ftlr drtliebe wie for all-
gemeine Erkrankungen angesehen wird , so hat die
experimentelle Pathologie sich schon seit lingerer
Zeit mit den Folgen einer ktlnstliehen Funktionsstd-
rung der Hant beschftftigt. Der schftdliche Einftnas
einer theilweisen oder volLs tin digen Unterdrtlckung
der Hautperspiration durch Ueberfimissung der Hant
auf den Organismus ist auch bereits ohne alien Zwei-
fel festgestellt. Dagegen herrechen liber die Ur-
sache dieses schadlichen Einfluases noch sehr wider-
sprechende Anschauungen. W&hrend eine Ansicht
(Edenhuizen) die bei den Versuchstbieren auf-
tretenden pathologischen Erecheinungen dnrch die
Zurlickhaltung eines schadlich wirkenden, unter nor-
malen Verhkltnissen durch die Haut ausgeschiedenen
Stoflfes zu crklhren sucht, sieht eine andere Theorie
(Laschkewitsch) die Erschcinungen als Folge
ernes durch Gefosslahmung in der Haut bedingten
stllrkem Warmeverlusts der Thiere an. Wegen die-
scr Differcnz der Ansichteu nnternabm Vf. eine er-
neute experimentelle Bearbeitung des Gegenstandes.
Er stcllte seine Versuche theils an Hunden, theils an
Kaninchen an, denen er die Haut in wechselnder
Ausdehnung mit bis zur Synipconsistenz eingedick-
tem Oel bestrich. Die Erecheinungen , welclie bei
46 in dieser Weise angestellteu Vereuchen beobach-
tet wurden, formulirt Vf. ungefUhr in folgender
Weise.
1) Beim partiellen Bestreichen der Haut zeigt
die innere Temperatur bei Hunden in der ersten Zeit
nur geringe Schwankungen. In den nkchstfolgenden
Tagen wurde eine Steigerung der K5rpertemperatur
deutlicher. Einige Tage vor dem Tode aber beginnt
in den meisten Fallen die Temperatur zu sinken,
gewOhnlich stufenweise, seltner von neuen Steige-
nmgen unterbrochen. In einigen Fallen zeigt die
Temperatur gar keine Schwankungen , sinkt pldtz-
lich nm einige Grade, worauf das Thier bald stirbt.
— Bei Kaninchen ist unter gleichen Verhaltnissen
das Verhalten der Temperatur ahnlich, nur mit dem
Unterschiede, dass sie in den ereten Tagen eine
kleine Emiedrigung erfahrt odei- stehen bleibt.
2) Wurden grdssere Theile der Haut beetrichen,
so fiel die Temperatur sehr schnell , das Thier lebte
nur wenige Stonden. Bei Kaninchen , welclie nach
dem Bestreichen noch 24 oder melir Stunden lebten,
zeigten sich in den ersten 7 — 8 Stunden keine er-
heblichen Schwankungen der Temperatur.
3) Die Hauttemperatur ist nach dem Bestrei-
chen niedriger als vorher.
4) Im Ham der Thiere zeigten sich beim par-
tiellen Bestreichen nach 3—6 Tagen, beim fast to-
talen Bestreichen schon nach ca. 12 Std. Eiweiss,
kflrnige und hyaline Cylinder und Nierenepithelien.
Das spec. Gewicht des Harns war erhOht.
5) Einmal wurde allgemeine WassersucJit be-
obachtet.
6) Durchfalle erschienen beim partiellen Be-
streichen schon nach einigen Stonden.
7) Der Puls wurde schneller, die HerzachlAge
wurden schwicher.
8) Die Athemznge wurden laagsamer und zu-
wdlen oberflkchlicher, ihr RhythmaB.anregelming.
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VI. Medlein tan AHgemeinen.
181
9) EndUch warden Schlifrigkeit and KrAmpfe,
zuweilen Erniedrigung, zuweilen ErhOhung der „re-
flektorischen Sensibilitat u beobachtet.
Die beschriebenen Erscheinungen zeigten rich
in ihrer vollen StArke beim partiellen . Bestreichen
erst karz vor dem Tode, boten aber dann dasselbe
Krankheitsbild wie beim totalen Bestreichen dar.
Die Befunde bei den Sektionen waren im We-
sentlichen folgende.
Hant und Unterhautgewebe waren an den be-
stricbenen , wie an den freien Stellen mehr oder we-
niger stark 5dematSs, die Blutgefasse der Hant und
des subcutanen Zellgewebes an den bestrichenen
Stellen nicht mehr angefllllt als an den freien. In
3 Fallen warden im Unterhantbindegewebe an den
bestrichenen Stellen Tripelphosphatkrystalle gefnn-
den. Auch die Muskeln waren odematds, ilire Quer-
streifung undeutlich , zuweilen capillare Extravasate
ira Muskelgewebe. In der Pleurahohle, im Perikar-
dialsack und in der BauchhOhle war stets serOse
Fl(ls8igkeit vorhanden. Die Herzmuskulatur blass
und welk, ihre Querstreifung verwischt. Die Lungen
waren liyper&misch und ddematds. Die Leber war
weich , blutreich , die Leberzellen vergrdssert , ihre
Kerne nur nach Behandlnng mit Easigs&ure oder
selbst gar nicht sichtbar, das Protoplasma getrttbt.
Die Milz war klein, blutarm. Die Nieren zeigten
bei den akuten TodesfAllen die Rindensubstanz ge-
schwollen imd blutreich, das Lumen der HarnkanAl-
chen verengert, die Epithelien trllbe. Hatte das
Thier noch lAngere Zeit gelebt , so war die Rinden-
substanz der Nieren aueh geschwollen, aber derb,
graugelb, die gewundenen Hamkanftlchen mit kdrni-
ger Masse angefllllt, die Epithelien zum Theil ver-
fettet. Die Magenschleimhaut war roth punktirt, in
9 Fallen wurden neben dem Pylorus „Defekte mit
pigmentirtem Rande u gcfunden. Die solitiren und
Peyer’schen Drflsen des Dtlnndarms waren etwas ge-
schwollen. Dura u. Pia-mater am Gehirn u. Rttcken-
mark waren blutreich und cSdematos, dasGewebe des
Gehima und Rflckenmarks selbst blass und weich.
Vf. wendet sich nun gegen diejenige Theorie der
Erscheinungen, welche dieselben aus einer vermehr-
ten Wkrmeabgabe, bedingt durch eine Lahmung der
Blutgeflisse der Haut, zu erklftren sucht. Seine
Grttnde gegen dieselbe sind folgende.
1) Bei partieller Bestveichung der Haut zeigt
die Temperatur nie von Anfang an eine progressive
Abnalune, welche der Grease der bestrichenen Stelle
entspricht. Im Gegentheil , in einigen Fallen tlber-
schritt sogar die Temperatur die normale Grenze.
SpAter tritt allerdings ein Temperatinabfall ein, aber
der Grund hiervon ist noch nicht erklart.
2) Die Erscheinungen bei Dnrchschneidnag des
N. sympathies bieten keine Analogic mit denen
beim Bestreichen der Haut dar. Im letztem Falle
tritt keine ErhOhung der Temperatur des bestriche-
nen Theiles (Kaninchenohr) ein , welche aber sofort
erfolgt, wenn man auf derselben Seite , wo das Ohr
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bestriehen worden , den Halstheil des N. sympath-
durchschneidet.
3) Bei Lahmung der vasomotormchen Nerven
der Haut nach Durchschneidnng des Halstheils des
ROckenmarks steigt die Aussere Temperatur der Haut
bfther als die innere Kbrpertemperatur. Niemals ist
ein solche8 Verbalten bei denThierenmitbestrichener
Haut beobachtet worden.
4) Aber auch eine von einer Gef&sserweiterung
unabhangige Vermehrung der WArmeabgabe von der
Haut nach dem Bestreichen derselben kann ausge-
schlossen werden, weil die Schnelligkeit des Stei-
gens der Quecksilbersaule bei den Temperatur-
inessungen der Haut vor und nach dem Bestreichen
derselben die gleiche bleibt.
5) Auch wenn die Thiere nach dem Bestreichen
der Haut sorgfllltig in Watte eingehttllt warden , so
dass eine vermehrte Warmeabgabe nicht mdglich war,
starben dieselben untcr Temperatnrabfall. (Ein ent-
gegengesetztea Resnltat hatte Laschke witsch
bei derartigen Versuchen erhalten.)
Somit neigt sich Vf. vielmehr jener Erklarnng
der Erscheinungen zu , welche die letztern aus einer
Vergiftung des Kfirpers mit einem znrtlckgehaltenen,
rc8p. neugebildeten schAdlichen Stoff ableitet. Seine
Ilauptgrflnde hierfllr sind :
1) Die in den Leichen der Thiere gefundenen
parenchymatOsen Degenerationen der Organe, vor
Allem die Erkrankung der Nieren , sind eine allgc-
mein charakterisirende Erscheinung bei alien Ver-
giftungs- und Infektionskrankheiten.
2) Die Injektion von Blut eines bestrichenen
Thieres in die Jugularvene eines gesunden Thieres
lasst bald im Harn des letztern Albumin auflxeten,
wfthrend die Einspritzung von Bint eines gesonden
Thieres oder von destillirtem Wasser keine Albu-
minurie liervorruft. Dass der Eiweissgehalt des
Harns in den erstem Fallen nach 3—4 T. wieder
verschwand , erklart sich aus der erfolgenden Aus-
scheidung des Giftcs durch die normal funktionirende
Haut. Ebenso verlieren sich auch die nach dem
Bestreichen der Haut schon eingetretenen Krank-
heitserscheinungen wieder vollstAndig, wenn die
Haut von ihrer funktionsstdrenden Umhflllung be-
freit wird.
Zum Schluss seiner Arbeit bespricht Vf. noch
den Vorschlag von Senator, das Bestreichen der
Hant bei Kranken als Mittel gegen Fieber anzuwen-
den. Weder lMsst sich aus den Angaben S e n a t o r’s
eine Wirksamkeit des Mittels erkennen , noch ist er-
wiesen , dass eine Bestreichung der Hant nicht anoh
beim Menschen schidliche Folgen nach sich ziehen
kann. (A. StrllmpelL)
610. Ueber den k&nstiioh eraeugton Som-
nambnliamns ; von Charles Richet (Joorn.
de l’Anat. et de la Physiol. XI. 4. p. 348; JuUlet —
Aofit 1876.)
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182
VI. Mediein im AUgeueioen.
Abb einer Eeihe lingere Zeit hindurch angestellter
Beobachtungen fiber das oben angedeutete Thema
kommt Vf. zu folgenden Schlussfolgerungen :
1) Man kann durch sogen. magnetische Striche,
darch die Fixirung ernes glfinzenden Gegenstandes
oder darch andere empirische Vomahmen eine dem
Somnambulismus analoge specieile Neurose hervor-
rufen.
2) Diese Neurose entsteht anfknglich nor schwer,
l&sst aich aber bei Wiederholung der Proceduren
immer leichter hervorbringen.
3) Alle bei derselben beobachteten Phfinomene
steben in Uebereinstimmung mit den Daten der Phy-
siologic und Psychologie und finden sich in ver-
schiedenen Graden bei einigen Vergiftungen und ge-
wissen Neurosen dea Centralnervensystems wieder.
4) Die eigentlioh charakteristischen Plianomene
Bind die Hallucinationen , welche man steta nach Be-
lieben hervorrufen kann , und ein vollstftndig auto-
matischer Zustand, so daas die eingeschlftferte Person
g&nzlich von dem Willen und dem Ideengange der
umgebenden Personen abh&ngig ist.
5) Bei den seit fiber 50 J. anerkannten und con-
Btatirten Thatsachen unter sonst ganz identischen
Bedingungen, wie sie die besten Bcobachterberichtet
haben, muss man die Existenz dieser Neurose zu-
geben, welche durchaus eigener Art ist und dem
Physiologen wie dem Paychologen einen Gegenstand
hohen Interesses darbietet. (J a f f 6.)
611. Der Wille betraohtet ala moraliaohe
Kraft and als therapeuttsches Heilmittel ; von
Prof. Jolly. (Gaz. des H6p. 115 flg. 1875.)
Unter den menschlichen Zustfinden findet sich
eine intellektuelle Kraft, welche zu gleicher Zeit den
moralischen und den socialen Menschen cliarakteri-
sirt, welche seine Instinkte, seine Bewegungen, seine
Gewohnheiten und seine Sitten regulirt , welcher er
seine edelsten Entschlflsse, seine grossartigste Opfer-
fkhigkeit , den Triumph fiber sich selbst und seine
Suprematie fiber den tibrigen Theil der Schfipfung
verdankt : diess ist der Wille , welcher seine Stfirke
und seine Schw&che , seine Tugenden und seine
Laster bedingt und ihn vor Gott und vor den Men-
Bchen fllr seine H&ndlungen verantwortlich macht.
Wollen heisst aber nicht allein sich bewegen, um in-
stinktiven Anregungen und 'automatischen , ja ge-
wissermaassen unwillkfirlichen Akten zu folgen;
iDollen im moralischen und einzig und allein logischen
Sifine heisst, mit Absicht , Nachdenken und Unter-
scheidungskraft handeln und die muskelbegabten
Organe zu Thfttigkeiten bestmnnen , welche ftlr die
eigene Persdnlichkeit, das Bewnsstsein des Ich und
fitr die individnelle Freiheit zeugen. Nun ist aber
der Mensch allein mit dieser Ffihigkeit begabt , er
atteift hat dasPrivilegium, Qedanken zu fassen, seine
Gedaaken durch das Wort wiederzugeben und die-
selben durch den Willen anszudrficken. Mit an dem
Worten : der Mensch hat nicht allein ein instinktivefl
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Leben des GeffiUes und derBewegtmg, Welches ihm
mit alien Thieren gemeinsam ist, aondem er beaitzt
ausserdem auch ein geistiges Leben der Abstraktion,
der Vemunft und desUrtheils, welches ihm den Vor-
raug vor alien Ubrigen Geschopfen einraumt. Daher
auch seine Doppelnatur, wie sie seit Plato’s Schule
allgemein anerkannt ist, welche die Kirchenviter als
homo duplex bezeichneten und welche die nenere
spiritualistische Schule unter dem Doppelnamen des
physiologischen und des psychologischen Menschen
begreift. — Daher femer auch jener Antagonismus
zwischcn den beiden Wollenskrfiften , der des Kor-
pers und der der Seele, welche stets im Kampfe mit
einander sind. Dieser menschliche Dualismus bemht
keineswegs aufUebereinkunfl and aufUeberlieferang
in Folge von Sitte. Er ging bereits alien socialen
Einrichtiingen, alien Gesetzgebungen der Welt voran,
er befindet sich naturgemfiss und tief in dem allge-
meinen Bewusstsein der Volker eingepflanzt und fin-
det sich bis in den Gotzenglauben hinein bewahr-
heitet. Der menschliche Dualismus ist nicht allein
cine moralische Tliatsache , sondern ein physiologi-
sches und streng logisches Gesetz, dieselbe Kraft
kdnnte in der That nicht zu gleicher Zeit wollen and
nicht wollen, befehlen und gehorchen, das Gute nnd
das Schlechte ausftlhren. Ganz anders in der That
steht es um die Thiere, diese haben nur einen Willen,
und zwar rein instinktiver Art, n&mlich den der Er-
haltung, sie leben gewissermaassen ohne es zu wis-
sen, ohne Bewusstsein ihrer Existenz, und sterben
ohne gewusst zu haben, dass sie aufhdren werden su
leben , ohne das Vorgeftlhl eines andem Lebens zu
liaben, und wfihrend der Mensch , welcher Art auch
immer seine sociale Stellung, sein Bildungsgrad sein
mag , in der Aufregung seines Gewissens sein Ver-
brechen bewacht, schlaft das Thier friedlich and
ohne Gewissensbiss auf seiner Beute oder seinem
Opfer. Will man behaupten, dass der moralische
Wille nur eine anatomische Eigenthflmliclikeit oder
rein materieller Natur sei , dass der Mensch eben so
wenig fill' seine Ilandlungen wie fllr seinen Willen
verantwortlich gemacbt werden kdnne, so macht man
aus der Poesie den cynischsten Atheismus. Der
moralische Wille ist keineswegs das augenblickliche
Produkt der Materie , er ist der menschlichen Natur
und der ganzen Beschaffenheit des Menschen inherent
und erhebt denselben zum Fttrsten der Scbtfpftmg.
Der Wille dient der menschliehen Iatelligenz auf
jeder Lanfbahn, welche letetere erflffnen mag: beim
Stadium der Wissenschaften und KOnste, beim Bane
von Hftusem, Tempeln und Monumenten, so wie beam
Schmieden ttdtlicher Waffien.
Seben wir nun, ob eine so bedeotende Kraft
nicht auch ftlr die Zweoke der Hygitin* nnd The-
rapie nntzbar gemacht werden kann. Hier tritt uns
aber zun&ohst die Fr&ge entgegen : kann der Wille
selbst krank werden , giebt es eine Pathologie des
Wlllens ? Diese Frmge ist zu vemeinen. Denn der
Wille ist weder ein Organ, noch eine Funktion , er
ist auch keine anatomische Eigenschaft and hat koine
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188
VI. Medicin hn Allgemeinen.
physiologiache Einordnung bei den ThJttigkeiten des
Lebens, er 1st rein pgychischer Natur, daher an nnd
far sich unverinderiich nnd daher auch keiner Krank-
beit nnterworfen. Als hyperorganiache Eigenschaft
beherrscht der Wille das Gefahl, die Bewegung nnd
das VerstUndniss, and die Bedentendheit seiner phy-
siologischen Th&tigkeit Blast anf eine grosse Macbt-
entfaltong desselben in pathologischen Zust&nden
schliessen. MitHtilfe des Willens vermag der Menscli
die U nzulinglichkeit seiner Instinkte bei der Bethati-
gnng seines Sinnenlebens anazugleichen, nm mitVer-
sttadnias die Gegenstande zu erfassen , welche sich
seinem Blicke darbieten, am sie mit Aufmerksamkeit
zu betrachten , mit Nachdenken zu beobachten and
sie nach Belieben zu beschauen , um die Form , die
Grflsse, die Contouren, kurz alle physikalischen Cha-
raktere derselben zu bestimmen , welche mehr Oder
weniger kostbare Konstgegenstande daraus zu for-
men vermfigen. Ohne den Willen kOnnte der Menscli
weder den Einklang and die Harmonie der Tdne,
noch den Reiz der Empfindungen , welche in dem
Gehflreinne liegen, erfassen, ohne denselben wttrde
er nicht im Stande sein, die Kenntniss der verscbie-
denen Eigenschaften der Gerttche and der Wohlge-
rttehe als hygieinische Bedingung seiner Speisen and
Getrinke , bevor er dieselben seinem Magen einver-
leibt, zu eriangen. Ebensowenig laast sich das Bc-
dOrfioiss verkennen, durch den Willen oder durch
den Veretand die taktilen Eigenschaften der aussern
KCrper bei der Bestimmung ihrer Temperatur wttr-
digen zu lernen, besonders dann, wenn es sich darum
handelt , a us dem Tastsinn einen natiir lichen — und
zwar den siohersten von alien — Thermometer zu
machen, sei es selbst far die Hygieiae der Beklei-
dung.
Wenn aber der Wille im Stande ist, den Empfin-
dungen gewissemaassen eine rationelle Basis zu
geben, so erreicht derselbe bei der AusUbung der
Bewegungen eine kaum zu begranzende Kraftent-
faltung. Man hat Falle angefahrt, in welchen der-
selbe seit langen J&hren gelahmten und fast abge-
gestorbenen Gliedem neues Leben einzufldssen ver-
mechte, femer Falle von Muskellahmung, in welchen
der Wille allein Muskelcontraktionen hervorrief,
wahrend die Elektricitat vcillig wirkungslos geblie-
ben war; hierher gehiSren auch die von Jeoffroy
beobachteten Falle von Spinallahnmng , in welchen
die degenerirten Muskeln, nach vergeblicher Anwen-
dung der Elektricitat, allein unter dem Einflnsse des
Widens zu Contraktionen veranlasst warden. Es ist
bekannt, daas in Folge angenommener Gewohnheiten
viele Menschen Stellungen , Gesten und sonderbare
Bewegungen machen, welche der Wide allein zu
beherrschen vermag, selir schwer ist hier oftmals die
Handhabung des Widens, aber wollen ist hier kdnnen.
Die hygieinische Leitung dieses Wdlens eignet sich
nicht far jedes Alter oder far alle Charaktere, aber
sie findet namentlich im Kindesalter Geltung nnd
namentdch bei den Abweichungen des Rdckgrats,
welehe so oft Folge von Ungleichheit oder mangeln-
dem Antagonumos der Muskelkr&fte sind , hat der
freiwillige oder gebotene Wide glttckbche Resoltate
hervorgebracht , wozn besonders mit Ausdaoer and
Umsicht angestellte gymnastische Uebongen das
Ihrige beiti'agen. Bekannt ist femer der wohlthHtige
Einfluss eines festen und ausdauemden Widens auf
die krampf haften Stbsse des Stammelns nnd 8tottems
und die beste Methode der Behandlnng dieses Uebels
besteht gerade in der vemtlnftigen nnd methodischen
Benutzuug des eigenen Willens. Der Nystagmus
oder die unfreiwillige Seitenbewegung der Angera ist
oft selbst bei Erwachsenen theils durch den Widen
allein , theils mit Htllfe geeigneter Appai'ate gebeilt
worden. Am Auffallendsten zeigt sich aber die
therapeutische Kraft des Willens beim Veitstanz, nnd
man hat nicht selten durch die Anwendnng eiaer
geeigneten Gymnastik in Verbindung mit einer ra-
tionellen Uygieine bei dieser Krankheit mehr erreicht,
als mit vielen andem Heilmitteln. Selbst die Chorea
senilis bleibt nicht von den wohlthitigen Wirkungen
des Widens ausgeschlossen , die krampf haften Be-
wegungen werden durch denselben vermindert , au-
weilen ganz aufgehobeu. Das GeBetz des Gleich-
gewichts oder der Muskelstatik hkngt oft an so
wenig, (lass ein Nichts dieselbe aufzuheben und eben
so gut wieder herzustellen vermag, Beispiele hiervou
geben der Trunkene , der Akrobat u. s. w. , nnd
Jeder erkennt hier die wnnderbare Macht des Wil-
lens. Weit schwieriger als dasVorangehende erklttrt
sich der Einfluss eines fremdeD Willens auf hysterisehe
Krimpfe, nnd dennoch ist derselbe oonstatirt. Man
denke an die wnnderbare Wirknng des Willens
Boerhave’s auf die Krampfepidemie , welche in
einem Harlemer Kloster aosbrach. Einen fast ana-
logenFall erzkhlt Briquet in seinem Bnche : Ueber
die Hysterie; eine junge, an hysterischen Krftmpfen
leidende Frau stiess bei jedem Anfalle einen eigen-
thflmlichen Schrei hub, der bald von andem Hysteri-
schen desselben Saales n&cbgeahmt wurde. Bei
Drohnng mit der Anwendnng des Glfiheisens hdrte
zwar dieser Schrei anf, aber statt dessen encholl
ein lauter Schmerzensschrei wie bei einer Verbrea-
nung. Selbst beim Starrkrampf sind Fklle von
Heilnng durch den Willen bekannt. So erz&hlt
Cruveilhier einen Fall von Tetanus tranmaticus
von hOchster Intensitat, bei welchem in Folge der
heftigen Krimpfe des Zwerchfelles nnd der Athem-
mnskeln unmittelbare Erstickong drohte. Cr. zeigte
dem Kr. durch Wort nnd That regelmSssige , oft
wiederholte, tiefe und langdauemde Inspirationen zu
machen mit abwechselnder Hebong und Senkung der
Arme; die Krampfanfalle wurden in Folge dieser
methodischen Uebungen seltener nnd kttrzer und der
Kr. genas. Vermittelst des Willens vermag man
G&hnen , Anfstossen , selbst Hustenanfalle hintan zu
halten , und eben so jvirks&m ist der Wille bei dem
eigentlichen Asthma theils durch Ueberwindnng des
Bronchialkrampfes vermittelst gewaltsamer Athem-
ztlge , theils dnrch Ableitung der krankhaften Inner-
vation vermittelst geeigneter Beschiiftigungen. Zur
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164
VI. Medieln im AUgemeinen.
Erreichung dieses doppelfieo Zweckes rietli Laennec
seinen Asthma tikern, mit lauter Stimme zu lesen, am
die Exspiration zu verlftngern und die Inspiration
tiefer zu machen, und ihre Aufmerksamkeit selbst
mitten in der Nacht dui-cb Bethhtigung der Sinne
von dem eigenen Icb abzulenken. Sogar Anfalle von
Epiiepsie vermag der Wille zuweilen zu verhindern.
So berichtet Vf. von einem Kr. im Spitale St. Louis,
der n&ch Belieben seine Anfklle verhindern konnte,
iodem er bei Ann&herong eines solchen durch Ein-
fUhrung fester Nahningsmittel in den Mund den
Moskelapparat des Kauens und Hinterschluckens
einer vom Willen abh&ngigen regelmSssigen Bewe-
gung unterzog.
So auffallend und merkwttrdig nun aber auch
der Einfluss des Willens auf die Bewegungen der
Cantraktion ist, so unwirksam bleibt derselbe bei
dem mit Muskelerschlaffung verbundenen Bewegungen.
Ein Mensch, der in Beftlrchtung eines Schmerzes sich
zusammenzieht , vermag trotz der st&rksten Anspan-
nung des Willens diese Gontraktion nicht zu tlber-
winden. Man verschluckt oft durch Unaufmerksam-
keit einen mehr oder weniger volumindsen Frucht-
kern , kann aber oft nicht beim besten Willen die
kleinste Gabe einer Medicin niederechlucken , und
wahrscheinlich beruht die Hydrophobie mancher
hysterischen Frauen auf dem Kampfe zwischen der
Pnrcht vor und dem Willen des Niederschluckens.
Ebenso ist es oft unmoglich , bei einem Kr. , dessen
Led) man untersuchen will, eine Erschlaffung der
Bauchmuskeln zu erzielen , und alle Anstrengungen
des Willens steigern nur die Contraktion ( wold oft
ans UngeschickbchkeitJ. Sowie man aber die Auf-
merksamkeit auf etwas Anderes lenkt , ist die Er-
schlaffung da. Dasselbe findet bei der Einreukung
von Luxationen statt , ebeu so wenig ist es mdglich,
durch den Willen Schlaf zu erzielen , im Gegentheil,
je mehr man cinschlafen will , des to weniger schl&ft
man ein.
Was die Macht des Willens auf die Emptindung
betrifft, so vermag derselbe letztere zu verringem
und selbst ganz aufzuheben, indem an die Stelle der-
selben eine mehr oder weniger starke Muskelcontrak-
tion tritt. Es giebt sogar eine Art von Instinkt,
welche una dahin bringt, bei schmenzhaften Leiden
an die Innervation zu appellirea. Der Mensch, wel-
cher irgend einen Schmerz, z. B. eine Neuralgic, em-
pfindet , bewegt sich instinktiv, indem er gewiaser-
maassen an den Muskelapparat appellirt und seinen
Schmerz in der Bewcgung aufgehen liisst. Die Er-
fahrung beweist wenigstens, dass der krampfhafte
Zustand , an und for sicb die krankhafte Steigerung
der Muskelcontraktion , sofort den Schmerz cessiren
l&ast, und die Epiiepsie macht den Organismus gegen
die kr&ftigsten Reizmittel vollkommen empfindungslos.
in Folge dieser Ableitung der Innervation vermag
der Wille der Muskelth&tigkeit einen so hohen Grad
von Contraktion aufzupr&gen , dass im physiologi-
schen sowohl wie im pathologischen Zustande jede
Art der Empfindung verloren geht : so empfindet der
Krieger in der Hitze des Kampfes nicht die tddtliclie
Wunde, und zwar in Polge einer (Ibermftssig gestei-
gerten Muskelaktion, einer enormen Willens kraft.
Der Wille bildet auch eine schfttzbare Unter-
stfltzung fllr die Art der Reaktion oder Lebenskraft,
ohne welche alle therapeutische Maassnahmen oft
vbllig unwirksam bleiben , und in dieser Beziehnng
giebt es kaum eine Krankheit, bei welcher der Wille
sich nicht als heilkrilftig erweisen kOnnte. N&ment-
lich ist dieses bei den Epidemien der Fall, bei wd-
cher die willenskr&ftigen Menschen oft von der
Kranklicit verschont bleiben. So finden wir viele
Beispiele bei Cholera-Epidemien, dass die Krankheit
die thfttigen und arbeitsamen Menschen Afters ver-
schont und die bequemen, unthfttigen Individnen an-
greift, nicht seltcn sogar list ein fester Wille gentlgt,
am einen Choleraanfall im Anfange zu coupiren.
Der Wille, welcher der wahre Muth in Zeiten des
Krieges und der Epidemien ist, ist zugleich auch die
erete Tugend des Arztcs, welclie iuspirirt von Pflicht
und Ehre ihn dem Tode entgegenfilhrt , um demsel-
ben seine Opfer zu entreissen, welche ihm als Schild
auf dem Sclilachtfelde dient, welche aber auch zu
Zeiten der gef&hrliclisten Prttfungen es ihm vielleicht
gestattet, ungestrafter als andere den Gefahren der
Ansteckung zu trotzen, und wenn alle seine An-
strengungen ohnmftchtig bleiben und er den AnfUlen
des unerbittlichen Peindes nnterliegt, so kann er sich
wenigstens sagen: si mihi desint vires, in me est
voluntas. (JaffA.)
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G e i 8 8 1 e r , antipyret. Wirkung d. Salicylsfture u. 8. w.
185
B. Originalabhandlimgen
und
Ueberslchten.
XI. Ueber die antipyretisclie Wirkung der Salicylsaure und
det salicylsauren Salze.
Von
Dr. A. Geistler zu Meerane.
Die beiden ersten Mittheilungen fiber Salicyl-
sftnre in onsern Jahrbb. (CLXIII. p. 229 u. CLXY.
p. 120) haben sich lediglich mit den antiseptischen
Wirkungen dieses neuen Mittels beschftftigt. Anch
bei der 3. Mittheilung (Jahrbb. CLXVI. p. 122)
steht die antiseptische Wirkung noch im Vorder-
grnnde. Die ersten schllchtemen Versuche, die Sa-
licylsfiure innerlich zu verwenden, waren davon aus-
gegangen, dass man auch im Blute eine Antisepsis
eneugen kflnne. Da nach der Theorie von K o 1 b e
die Sfture lediglich als solche wirke und sie durchaus
nieht an ein Alkali gebunden werden dtlrfe, der Zu-
sate eines solchen vielmehr die antiseptisclie Wir-
knng aufhebe — sah man sich in der innerlichen
Anwendung beschrftnkt. Einmal hinderte die ge-
ringe LMichkeit der Sfture in Wasser (1 : 300,
wobei sich bei Iftngerem Stehen h&ufig dennoch ein
Theil ausscheidet, was auch durch Zusatz von Alko-
bol niclit zu bessern ist) die Einfllhrnng gentlgender
Quantitftten in den Magen, da hierzu enorme Mengen
von Flflssigkeit nothwendig waren , ferner aber wa-
ren , wie weiter unten zu lesen, die Versuche, Sali-
cylsfiure in grdssern Mengen als Schflttelmixtur oder
mit Stiasholzpasta oder in Oblaten gehtlllt, per os
einzuffihren , wenigstens bin und wieder von so un-
angenehmen lokalen Wirkungen gefolgt, dass man
das Mittel fast aufzugeben in der Lage war.
Erst als sich die Praxis von der Theorie frei
maehte und anstatt der reinen Sllure das Natronsalz
anwendete, welches lokale fttzende Wirkungen nicht
besitzt , hat sich das Mittel rasch , fast mdchte man
sagen zu rasch, eingebllrgert. Dabei haben aich,
wie hier gleich vorweg bemerkt sein mag, drei
eigenthtlmliche Thatsachen herausgestellt :
1) die in den Magen eingeffihrte reine Sfture
wird im Kdrper in das Natronsalz umgewandelt ;
2) das eingeffihrte Natronsalz wirkt im ROrper
als solches, wird aber nicht etwa, wie die Theorie
wollte, in freie Sfture zerlegt, und endlich
3) die Salicylsfture, innerlich genommen, wirkt
gar nicht antiseptisch , sondern lediglich antipyre-
tisch , Temperatur herabsetzend. Antisepsis und
Antipyresis deeken sich nicht , wie Manche anfllng-
Med. Jaftrbb. Bd. 173. Hit. 2.
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lich glaubten. Mit andera Wortep, die Salicylsfture
und deren Salze wirken rein symptomatisch und ha-
ben mit der Vemichtung eines -fllr viele Krankheiten
supponirten Infektionsstoffes nichts zu thun.
In der folgenden Uebersicht der Qberreich an-
gewachsenen Literatur beschftftigen wir nns also nur
mit der antipyretischen Wirkung der Salicylsfture,
bezttglich des salicylsauren Natrons , und verweisen
die Erfabrungen fiber die lokale, antiseptische Wir-
kung an eine andere Stelle. Wir lassen nun die
Autoren selbst reden, stellen aber vorher ein Ver-
zeichniss der uns zugftnglich gewesenen Schriften und
Journalartikel zusammen.
1875.
1) Buss, Schweiz. Corr.-Bl. V. 11. 18.
2) Buss, Deutsches Arch. f. klin. Med. XV'. 5 u. 8.
p. 467. 612.
8) Fischer, A., Deutsche Ztschr. f. prakt. Med. 60.
4) Furbringer, Paul, u. Schultze, Fried r.,
Deutsohee Arch. f. klin. Med. XVIII. 2 u. 3. p. 294.
6) Ffirbringer, Zur Wirkung der Salicylsaure.
Inaug.-DlsB. Jena. 8. VIII n. 120 S.
5) Oissler u. Wenzel, Aerztl. Mittheil. aus
Baden XXIX. 23.
7) Jahn, Deutsche milit. - arztl. Ztschr. IV. 12.
p. 667.
8) Johansen. Ueber die antifebrile Wirkung der
Salicylsfture. Inang.-Diss. Berlin.
9) Martenson, Petersb. med. Ztschr. N. F. V. 4.
p. 343.
10) Moeli, Berl. klin. Wchnschr. XII. 38.
11) Bless, Ebendas. XII. 50. 51.
12) Rosenthal, Ueber die antifebrile Wirkung
der Salicylsfture. Inang.-DiBs. Berlin.
13) Senator, Berl. klin. Wchnschr. XII. 33.
14) Stein, B5hm. arztl. Corr.-Bl. III. 33.
16) Wolffberg, Arch. f. klin. Med. XVI. 2. p.lG2;
XVII. 2 u. 8. p. 327.
16) Zimmermann, Arch. f. experim. Pathol, u.
Ph&rmacie IV. 3. p. 248.
1876.
17) Bardenhewer, Berl. klin. Wchnschr. XIII. 26.
18) Binz, Ebendas. XHI. 27.
19) Brand, Ernst, Deutsche milit. - ftrztl. Zeit-
schr. 6.
20) Brew, Hugh B., Brit. med. Jotirn. June 3.
21) v. Brnnn, Deutsche med. Wchnschr. II. 13.
24
Original from
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186
G e i s a l e r , antfpyret. Wfrkung d. SatieylBftnre u. s. w.
22) Buss, Znr antipyretischen Bedeutung der Sali-
cylsaure u. des salicylsauren Natrons. Stuttgart. Enke.
8. 109 S.
23) Buss, Berl. klin. Wehnschr. XIII. 36. 36.
24) B u s b , Ebendas. 31 .
26) Cassan, Bull, do Thdr. XC. p. 3CC. Avril 30.
(Enthalt lediglicli Receptforme in.)
26) Diehl, Wurtemb. Corr.-BI. XLVI. 6.
27) Drosdoff, Petersb. med. Wchnsclir. 4.
28) Ewald, Berl. klin. Wehnschr. XUI. 6.
29) Faber, Wurtemb. Corr.-BI. XLVI. 16.
30) Fiedler; Fischer; Leon hard i -As ter ;
Seller, Jahresber. d. Ges. f. Natur- u. Heilk. zn Dres-
den p. 12 fig., 168 fig.
31) Friedlander, Berl. klin. Wchnsclir. XIII. 27.
32) Gedl, Med. Centr.-Bl. XIV. 23.
33) Goldtammer, Berl. klin. Wehnschr. XIII. 4.
34) Graeffner, Deutsche Ztschr. f. prakt. Med. 23.
36) Hildebrandt, Deutsche ined. Wehnschr. II. 7.
36) Hoffmann, Berl. klin. Wehnschr. XIII. 34.
37) Jacob, Lancet 11. 8; August.
38) Jones, Brit. med. Jonrn. June 17.
39) Justi, Deutsche med. Wehnschr. II. 22.
40) Katz, Ebendas. U. 4.
41) Kernig, Petersb. med. Ztschr. 4.
42) KShler, H., Med. Centr.-Bl. XIV. 10. 11.
43) Kohler, H., Ebendas. XIV. 32.
44) Kohler, H. , Deutsche Ztschr. f. prakt. Med.
21 . 22 .
45) KSster, Berl. klin. Wehnschr. XIII. 33.
46) Leonhard!- Aster, Deutsche Ztschr. f. prakt.
Med. 33.
46b) Lurmann, Berl. klin. Wehnschr. XIII. 33.
47) Mac lagan, Lancet I. 10. 11 ; March.
48) Mac lagan, Brit. med. Jonrn. May 20.
49) Malms ten, Hygiea XXXVni. 4. p. 197.
50) May, Brit. med. Journ. June 17.
51) Meding, Arch. d. Heilk. XVII. 6. p. 470.
52) Moeli, Deutsches Arch. f. klin. Med. XVII. 6.
p. 692.
53) Nordt, Zur Statistik des Typhus abdominalis.
Inaug.-Diss. Berlin.
64) Pantlen, C., Wurtemb. Corr.-BI. XLVI. 6.
56) Pel, Deutsches Arch. f. klin. Med. XVU. 2. 3.
p. 314.
56) Pollard, Brit. med. Joum. July 8.
57 — 68) Putnam, Chari. P. ; Towle, 8. K.;
Hose, Ralph O. ; Hodgkins, D. W. ; Abbott,
8. C. ; Smith; Irwing,W., u. Warren, E. L.,
Boston med. and surg. Journ. XCIV. 7. 8. 14. 18. 21 ;
XCV. 4; Febr., April, May, July.
64) Ralfe, Lancet U. 1 ; July.
66) Richardson , Joseph G. , Philad. med. Ti-
mes VI. May 13.
66) Riegel, Berl. klin. Wehnschr. XHI. 14. 15.
67) Riess, Ebendas. 7.
68) Riess, Deutsches Arch. f. kiln. Med. XVII. 4.
6. p. 498.
69) Ringer, Brit. med. Jonrn. July 8.
70) 8alzmann; SchOffler; Stiegele, Wur-
temb. Corr.-BI. XLVI. 16.
71) Schreyer, Bayer, arztl. Intell.-Bl. XXIII. 21.
72) Schultze, Memorabilien XXL 4. p. 162.
73) Schumacher, Deutsche med. Wehnschr.
II. 18.
74) Schwimmer, Wien. med. Wehnschr. XXIX.
33—36.
76) Senator, Med. Centr.-Bl. XIV. 14.
76) Shofleld, G. T., Brit. med. Joum. June 3.
77) Sieveking, Lancet 1. 21 ; May. — 77b) U. 1 ;
July.
78) Stab ell, Norsk Mag. 3. R. VI. 3. S. 146.
79) Strieker, Berl. kiln. Wehnschr. xn. 1. 2. 8.
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80) Wulfflus, Petersb. med. Wehnschr. 4. Bei-
blatt.
81) Wunderlich, Arch. d. Heilk. XVII. 5. p. 470.
A. Zur Wirkungnreite ulerhaupt.
Dr. Paul Ftlrbringer hat die schon frflher
in derKttrze mitgetheilten Versuche (Jahrbb. CLX VI.
p. 124) in erweiterter Form in einer beaondern
Broschllre (5) verOffentlicht. Sie haben jetzt nor
noch historisches Intereaae. Vf. muaste schon des-
halb mehr negative als positive Resultate erhaRen,
als er nur mit kleinen Dosen experimentirte. Kanin
chen gab er 0.1, Honden 0.5 Grmm. der reinen
Sfture innerlich in wAssriger Ldsung, zuweilen wandte
er aach die alkoholische Losung znr subcutanen In-
jektion an. Diese Einzelgabe wurde 3 — 5mal in
1 — 6sttlndigen Intervallen wiederholt. Bei gesun-
den Thieren beobachtete er danach keine Aenderong
der KflrperwArme, tlberhanpt keine erhebliche Aen-
derang im Gesammtbefmden. Das septischt Fieber
stndirte F. in der Art , dass er vorher die normaien
Temperaturschwankungen melirere Tage hindurch
aufzeichnete, dann die Injektion von putriden Fltlsaig-
keiten maebte, bierauf das Fieber vollkommen ab-
laufen liess, dann die ktinstliche Sepsis wiederholte
und diese zweite Krankheit mit SalicyLsAure behaa-
delte. Unter 16 Vereuchsreihen war 3mal der Er-
folg negativ , 4mal zweifelliaft and 9uud positiv.
Das positive Ergebniss gestaltete sich in der Art,
dass die zweite von der SalicylsAure beeinflusste Fie-
bercurve niedrigere Wertlie zeigte als die erste, be-
ztlglich steile Tempera turabfAlle bis nahe an 2° C. im
Laufe von 4 Stunden. Anf einige andere Versuche,
die in der Art angestellt wurden, dass ein Tkier ink
Faulflflssigkeit in grossen Dosen vergiftet (ContnA-
thier) , ein zweites (Versucbsthier) gleicbzeitig ver-
giftet, aber mit SalicylsAure behandelt wurde, legt
Vf. selbst kein Gewicbt. Beim gewohnlicben trau-
matise hen Fieber, was durch AnAtzung der Ohren
bei Kaninchen erzeugt wurde, erwies sicL die Sali-
cylsAure (wegen der kleinen Dosis, oder weil die
SalicylsAure in Form von Amylomklystiren tlber-
haupt schwer zur Resorption kommt , bleibt dalun-
gestellt) onwirksam. Wenig beweisend waren schltlss-
lioh die Experiments, die mit Infektion von gewOkn-
lichem, d. i. nicht faolem, Eiter angestellt warden.
Noch zu erwAhnen wAre, dass die Verauchsthiere
trotz des Temperaturabfalls nicht an Euphorie au
gewinnen schienen. Umgekehrt wurden aber aacb
hohe Temperataren ohne auffallende Traarigtait er-
tragen. Die Schlussbemerkung des Vfs., dass sftmmt-
liche weibliche Versuchsthiere abordrlen, dtlifte vieA-
leickt eine gxOseere Beach tung verdienen, als sie bis
her gefunden in haben scheint.
In einem „Beitrag zur Kenntaiss der antifebrile*
Wirksamkeit der SalicylsAure" bemerkt Dr. Zim-
mermann iu Greifawald (16) Folgendes.
Der antifebrile Worth des Mittels ist niobt se
hoch anzuschlagen, als es von vielen Seiten geOcWebt
Wahrscheinlich wird die Stare dnroh die Alkaleeeenz
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
187
GeissUr, aatijyret Wirkang d. SaUeylsknre n. a. w.
der Skfte im ihrei Wirkungsfkhigkeit gescbwkcbt.
Aueh wild vielleicht nor cine verhftltnLssmkssig ge-
ringe Quan ti tat wirklich in den Organismus aufge-
notnmen , der grdssere Theil gelangt gar nicht zur
Resorption. — Z . experimentirte an Kanincben. Er
vergiftete sie zunftckst durch subcutane Injektion mit
Cauligem Harn oder fauligem Bint und ftihrte nach
Eintritt des septischen Fiebers Salicylskure (entwe-
der nur in Wasser suspendirt, oder in Weingeist ge-
lost, oder auch mit borsaurem Natron verbunden)
aatweder per os oder per anum ein. Die Tempera-
tar ging um einige Zehntel bis einen Grad, die Herz-
schlitge gingen um 10 — 40 Schlkge herunter, doch
nakm das Fieber binnen knrzer Zeit wieder zu , and
wiederholte Dosen von Salicylskure vermochten nicht
den Tod aufzuhalten. Bei gleichzeitiger Incorpora-
tion des Giftes und des Gegengiftes wurde das septi-
sche Fieber in seinem Ausbruch etwas verz5gert,
dasselbe geschah, wenn man erst die Salicylskure
nnd etwas spkter das faule Blut injicirte.
Der Assistenzarzt Dr. Carl Emil Buss in
Basel (nicht Butt, wie im Med. Centr.-Bl. 18.
1875 durch Druckfehler steht, welclier Irrthum auch
in das Referat in unsem Jahrbb. CLXVI. p. 124
flbergegangen ist) hat entschieden das Verdienst,
znerst das neue Mittel in sehr ausgedehnter Weise
angewendet und dessen Wirkung klar dargelegt zu
haben. Wir heben zunkchst nur Einiges aus einem
in Basel gehaltenen Vortrage (1) hervor, in welchem
er zuerst von der ttblichen Methode spricht, die
Temperatur im Fieber herabzusetzen , dann hierauf
das Historische fiber Salicylskure beibringt und
schlflsslich die Resnltate seiner eigenen Versuche
mittheilt.
An sich selbst beobachtete er nach dem Ein-
nehmen von 3 — 4 Grmm. sttsslicben, uuangenehm
zusammenzielienden Gcschmack mit schwach stecben-
der Nachempfindung , hierauf Vermelunng der Puls-
schlkge, Wirme des Gesichts, Congestion nach dem
Kopfe mit umnebeltem Seben oder Flimmern und
verminderter Gehfirschkrfe. Dieses Congestionssta-
dium dauerte nur eiaige Miuuten. An der ganzen
Haut stellte sich ein leichter Schweiss ein. Nach
etwa 3 Std. kam Oiirensausen , das einige Stunden
aahielt. Bei Fieberuden sah B. nie atzende ortliche
Wirkungen, keine Narkose, keinen Collapsus, selbst
nicht nach den gross ten Dosen. Als bestes Ge-
sebmackscorrigens bezeiclmet B. dasSlisshoIzcxtrakt,
das in nicht zu kleiner Menge mit der Skure ver-
rieben und dann in Wasser suspendirt versobluckt
wird.
In der unter Nr. 22 citirten Broschfire berichtet
ferner Buss ausfUhrlich fiber seine Versuche an Ka-
nineben, welche mit reiner Salicylskure (in araorpher
Form) in groaaen Dosen angestellt wurdeu. Wurden
2.6 Grmm. in Form einer SchUttelmixtur in den
Magen eingespritzt , so trat sehr kurze Respiration
ein, die dann langsamer wurde, uacb 10 Alin, foigteu
aiekende Bewegungen mit dem Kopfe , dann einige
Zuokuagen des ganzen Kfirpera , hierauf heftige klo-
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nDcbe Cenvulsioaeu , die sehr rasch den Tod be-
dingten. Die Magenschleimhaut fand sich stark ge-
rfithet, hier und da hkmorrhagisch infiltrirt. Kleinere
Dosen (von 0.7 und 1 Grmm.), mochten sie nun mit
der D&rmschleimhaut oder mit dem Peritoneum selbst
in Berllhrung gekommen sein , hatten hfichstens ge-
ringe Rdthung, niemals Hftmorrhagien oder Erosionen
zur Folge. Auch hatten diese Dosen keine toxische
Wirkung. Da nun B. auch bei 30 Sektionen an
verschiedenen Krankheiten verstorbener Pat. keiner-
lei Gastriten oder angefttzte Stellen im Magen oder
Darm aufgefunden hat , so hklt er die Einverleibung
selbst grfisserer Mengen von Salicylskure fttr un-
bedenklich. Wenn Andere lokale Aetzwirkungen
wahrgenommen , so sei eben verskumt worden , den
Pat. reichlich Flttssigkeit nachtrinken zu lassen.
Ferner hat aber auch Buss (und zwar als der
erste, so viel uns bekannt) mehrere Experimente mit
adieyla. Natron angestellt und die Identitilt der
Wirkungen beider Mittel erwiesen. Drei Gramm
des Salzes tddteten das Versuchsthier binnen wenigen
Minuten, ebenfalls unter Convulsionen. Eine firtlich
reizende Wirkung des Salzes war nooh viel weniger
zu constatiren als bei der Skure.
Nach den Erfahrungen auf der Klinik von
v. Z i e m s s e n in Mttnchen , welche Dr. S. Wolff-
b erg (15) mittheilt, verdient die Salicylskure keines-
wegs ihren Ruf als Antipyreticum , vielmehr muss
dieselbe, wenigstens in der vorgeschlagenen Form
und starken Dosis , als ein entschieden schadlickea
und vcrwerflichea Mittel angesehen werden. Wenn
man freilich gegen das Ende des Typhus bin mit
diesem Mittel experimentirte , so erhielt man einen
befriedigenden Abfall der Temperatur , wkhrend des
continuirlichen oder subcontinuirlicben Fieberverlaufs
dagegen hatten 4 und selbst 6 Grmm. Salicylskure
keinen oder nur einen sebr kurz dauernden Effekt.
Von mehreren Pat. wurde fiber lang anhaltende Magen-
achmerzeu geklagt, lmal wurde (Pat. hatte die Oblate
im Munde zerdrfickt) am Morgen nacli dem Einneh-
men eine hamoi-rhagische Pharyngitis und 2mal wur-
den in der Leiche liamorrliagische Erosionen der
Magenschleimhaut constatirt, die ohne alien Zweifel
die direkten Folgen der Skure waren. Die Salicyl-
skure in Substanz ist in der Tliat ein Aetzmittel, auch
die Emulsionform ist unbrauchbar. Auch bei Phthi-
sikern , welchen kurz vor dem Tode die Salicylskure
in Dosen von 1 — 2 Grmm. gegeben worden war,
waren Hkmorrhagien der Magenschleimhaut u. Sub-
stanzverluste grfissern und geringern Umfangs nach-
weisbar. Nur bei starkem Schleimbeschlag der
Magenwand mag das Mittel ungeffthrlich sein. Bei
einem Hunde, dem Salicylskure in den Magen und
in den Mastdarm gebracht worden war, waren eben-
falls die hkmorrhagischen Flecken und Geschwttre
zu constatiren.
Auch Kernig(41) hat einmal bei einem In-
dividuum , welches im Laufe der ietzten 36 Std. vor
dem Tode 7 Dosen zu 10 Gras geuommea hatte, im
Magen ,,sehr erhebliche frische Anktmingen und Ge-
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188
Geissler, antipyret. Wirknng d. SalleylBlnre u. b. w.
scbwttre“ gefunden. An einer Stelle nahe der Kardia
fehlte die Mucosa ganz , an andern Stellen lag sie
noch auf, war aber nekrotisch und sah ,,rothlich-
moosig" aus. Die Geschwttre waren nicht gross,
von unregelmftssig-lftnglicher Form. In mehreren
andern Leichen wurde dagegen keine Verftnderung
gefunden, wie wohl einmal 25 T. lang vor dem Tode
tftglich ca. 7 '/* Grmm. gegeben worden waren.
Wie erwfthnt , waren Friedbergern. Zim-
mer man n der Ansicht, dass die Salicylsfture nur
ala Sfture im Blute wirke , dass aber die Verbindung
der Sfture mit den Natronsalzen des Blutes die Wir-
knng schwftche. Prof. H. Kohler hat diese An-
sicht durch Experiment*: widerlegt (42). Er machte
vergleichende Untersuchungen , insbesondere an Ka-
ninchen, denen er sowohl die reine Satire in wassriger
Ldsung (1 : 300), als das Natronsalz (1 : 60 — 90)
in die Jugularvene einspritzte. Sowohl die Saure
als das Salz bedingten Pulsretardation (Absinken des
Blutdnicks und Hflherwerden der Pulswelle) Ver-
minderung der Zahl der Athemzttge u. Herabsetzung
der Temperatur. Vom Magen aus wirkte dagegen
das Natronsalz viel energischer als die reine Saure.
Letztere wirkt nicht deswegen geringer, weil sie im
Kflrper in das Natronsalz verwandelt wird und keine
freie Saure mehr ttbrig bleibt, sondern gerade, weil
zu wenig salicylsanres Natron gebildet wird. Das
Natron salicylicum ist ein echtes Antipyreticum,
allerdings kein AntLsepticum (wie die Saure), und
gerade die neuem Erfahrungen beweisen, dass Anti-
pyresis und Antisepsis nicht identisch sind.
Prof. C. Binz nimmt anj[18), dass das salicyl-
saure Natron im Blute durch die in letzterem befind-
liche Kohlensaure zerlegt werde. Es kommt dadurch
die Wirknng der reinen Saure wieder zur Geltung.
Leitet man in eine lproc. LOsung des reinen Salzes
Kohlensaure bei gewOhnlicbem Druck und schflttelt
dann mit Aether, so geht der 7. bis 10. Tlieil der
im Salz vorhandenen Saure an den Aether flber und
bei Wiederholung der Procednr lasst sich immer
mehr Saure frei machen. Die Salzlcisung , ohne
Kohlensaure , mit Aether geschtlttelt hinterlasst da-
gegen keinen wagbaren Rlickstand. Ausser durch
die Kohlensaure im Blut kann in den Geweben selbst
durch die Milchsaure und die freien Fettsauren die
gleiche Rolle tlbernommen werden. Somit sind wir
durchaus nicht gezwungeu , die Salicylsaure im Or-
ganismus als indifferentes Natronsalz cirkulirend zn
denken. Ganz almlicli verhalt es sich mit der Pyro-
gallussaure, auch diese erscheint als solche, trotz
ihrer grossen Verwandtschaft zn den Alkalien , im
Ham wieder. Auch beim Einnehmen des Natron-
salzes wird im Ham Salicylsaure ausgeschieden.
Prof. H. Kflhler bemerkt (43) gegen die An-
sicht von Binz Folgendes :
Einprocentige LOsungen des Natronsalzes geben
allerdings beim Schtttteln mit Aether kein Salz an
denselben ab , wohl aber thnn diess LOsungen von
2 °/ 0 . Wenn man am lebenden Kaninchen unter
Luftabschluss normales Blut aus der Carotis oder
Jugnlaris entnimmt und die Blutmenge bei 37® C.
erhftlt , so ist in diesem Blute nicht so viel Kohlen-
saure im Status nascens enthalten, um auch nur eine
8pur 8aure aus dem Salicylat frei zu machen. Der
Aetherrflckstand des Blutes ist in kochendem Waaser
unlOslich und giebt die Reaktion auf Eisenchlorid
nicbt. Wohl aber ist bei AnwendungvonErstickungs-
blut im Aetherauszuge Salicylsaure nachweisbar.
Da aber solches Blut im physiologischen ThierkOrper
nicht cirkulirt , so ist auch de norma eine Zerlegung
des salicyls. Natron in freie Salicylsfture u. Natroa-
carbonat nicht anzunehmen. Nur wenn dem Ver-
suchsthiere enorm grosse Dosen des Natronsalzes
beigebracht werden , so dass es unter Convulskmen
asphyktisch zu Grande geht, ist freie Salicylsfture
als im Blute kreisend anzunehmen.
Dr. M. G e d 1 in Krakau hat einer kurzen Mit-
theilung (32) zu Folge an 8 nicht fiebemden Per-
sonen, deren tftgliche Temperaturschwankungen vor-
her genau controlirt waren, den Einfluss der Salicyl-
saure auf die KOrpcrwftrme untersucht. Die Einzel-
dosis betrug 3 — 5 Gramm. Dreimal war das Er-
gebniss ein unbestimmtes , 2mal ein negatives , 4mal
wurde eine Temperaturemiedrigung von im Maximum
0.8° C., 3mal nur eine Verrainderung der tftglichen
Schwankungen erzielt.
Dagegen hat Dr. Fr. Riegel in Coin (66) bei
Gesunden nach Einnalime von 4—5 Grmm. reiner
Salicylsfture (in Oblatenform) keinerlei nennenswerthe
Temperaturemiedrigung constatiren kOnnen.
Ausfllhrlich hat Prof. H. KOkler in Halle in
einem zu Leipzig gehaltenen Vortrage die Pharmako-
dynamik der Salicylsftnreprftparate behandelt (44).
Aus einer Curventabelle ersehen wir, dass es
gleichgiltig ist, ob man das Natronsalz oder die
Sfture den Versuchstlueren (Kaninchen, Hunden) per
os oder direkt in die Jngularvene einbringt. Es
kommt constant eine Verlangsamung der Retpira-
tion zu Stande , und zwar sinkt die Frequenz der
Athemzttge durchschnittlicli von 38 (in der halben
Minute) auf 20. Schneidet man nach Eintritt dieser
Verlangsamung die Vagusnerven durch , so erfolgt
ein weiteres Sinken bis auf 15 Athemzttge in der
halben Minute herab. Somit handelt es sich nach
K. bei der Salicylsfturewirkung um eine Herabsetzung
der Erregbarkeit der sensiblen Bahnen, d. i. der
Vagnsiiste in der Lunge, wodnrch schlttsslich, da
dem Blute zu wenig Sauerstoff zugeftthrt wird,
Kohlensfturenarkose , beztiglich Asphyxie zu Stande
kommt. In Bezug auf die Herzbewegnngen und
den Blutdruck ergeben Kohler’s Versuche, dass
durch reine in die Jugtilarvene eingespritzte Sfture
entweder der Druck sehr schnell sank, bis das Thier
unter Krftmpfen verendete , oder dass der Puls sich
verlangsamte (wobei das Kymographion enorm hohe,
2 und 3 gipflige Wellen anzeigte), hernach aber all-
mftlig zur Norm znrttckkelirte. Da das Absinken
des Drucks auch nach der Durohschneidnng der
Medulla oblongata , sowie nach der der NN. vagi u.
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Geissler, antipyret. Wfrknng d. Salicyls&ure a. 8. w. 189
sympathici zn Stande kam , muss eine Llhmnng der
Herzmuskulatur selbst oder deren Ganglien ange-
nommeii werien. Bei Einspritznngen entsprechender
Mengen des Natronsalzes waren diese Wirkungen
mtr angedeutet , wohl aber brachten conceDtrirte
8alzlflsungen (1:60 — 90) ebenfalls ein betrachtliches
Smken des Blutdrucks (am 12 — 81 Mmtr. Mano-
meterdmck) nnd eine Verlangsamung des Poises
(48 — 100 bei KaninclieD, 20 — 36 beiHonden) her-
vor. Wnrde wksserige Saiicylsaureldsung (1 : 300)
in den Magen eingeftthrt , so war die Wirkung eine
verechwindend kleine, aber doch nur deshalb , weil
die schwere Lflsbarkeit der Sfture die Einfilhrung
grfleserer QuantitAten nieht gestattet. Dagegen be-
wirkten Lflsungen des Natronsalzes im Magen (1 : 60)
dieselben Erscheimingen wie Einspritznngen in die
Vene von etwas scbwacherer Concentration (1 : 90). —
Die K&rperwarme wurde bei Eaninclien , Katzen u.
Hnnden nm 3 — 4° herabgesetzt , und zwar bedurfte
es der doppelten Concentration (1 : 30 ; 26 Cctmtr.),
um vom Magen ans die gleicbe Wirkung zn er-
reicben, als dnrch die Injektion einer gleichen Menge
1 : 60 in die Jugiilarvene.
K. erklkrt selbst, dass sich aus diesen Ergeb-
nissen nicht ohne Weiteres Schlllsse auf die Wirkung
beim Menscben ziehen lassen. Nur das Eine ist
sicher, dass sich die Wirkung der Sfture und des
Salzes aoch beim Menschen in Bezng auf die Kdrper-
wftrme ganz adttquat verhftlt. Bei den kleinen Ver-
suchsthieren kdnnte man sich die Verminderung der
Wftrme lediglich durch Yerminderte Warraeproduktion
erklftrcn, weil ja Puls und Respiration verlangsamt
werden; da aber die W9rmeabnahme fast schon
wahrend der Injektion beginht und andauert , nach-
dem Puls und Respiration wicder normal geworden,
ist diese Erklarung nnzulassig. Beim Menschen sind
weder im gesunden noch im kranken Zustande die
Wirkungen auf den Puls n. die Athmung beobachtet,
lediglich im Leipziger Krankenhaus wurde , nach
einer deni Vf. gemachten Privatmittheilnng , bei
stark fiebernden Typbuskranken eine auffillige Re-
tardation und ein Weichwerden des Pulses constatirt
(vgl. indessen Buss).
Es ist bekannt, dass die San re (sowie deren
Salze) in den Ham, den Spetchel und den Schweiss
flbergeht. Der geringste Zusatz eines Eisensalzes
zn diesen FlUssigkeiten bedingt eine violette Farbung.
(In die Milch scheint sie nicht flberzngehen, wenig-
stcns konnte Meding in dem nnten mitzutheilenden
Falle sie weder darin, noch in dem Harn des sUugen-
den Kindcs auffinden.) Der Uebergang in den Harn
erfolgt flbrigens ausserordentlich rasch. Audi lasst
sich dnrch die Untersuchung des Harns nachweisen,
wie lange das Mittel im Organismus cirkulirt: die
gewflhnlichen Dosen sind bereits nach 6 — 12 Std.
wieder ansgcscliieden.
Prof. K Oster in Bonn macht auf eine sehr un-
angenehme Wirkung der Salicylsftnre aufmerksam
(45). Dieselbe ldst nicht nur todte Knochen auf,
so dass z. B. spongidse Knochen in einer Vjproc.
LOsung binnen wenigen Tagen lederweich werden,
sondern greift auch die lebenden KnocheD an. Das
Zahnbein werde z. B., wenn Caries vorhanden, sehr
rasch durch die Saure zerstdrt, was den Zahnarzten
bereits aufgefallen. [Danach wllrde also die gross-
artige Reklame, mit welcher die Salicylsfture an-
fangs auch als Mundwasser in den Handel gebracht
wurde , auf sehr unsolidcr Basis stehen.] Wenige
Stunden nach dem Einnehnien der Saure erfolge eine
vermehrte Ausscheidung von Kalksalzen durch den
Crin. [Von anderer Seite haben wir eine Bestati-
gung dieses Verhaltens bisher nicht gefunden.]
Dr. Paul Ftlrbringer und Dr. F r i e d r.
Schultze in Heidelberg sprechen sich (4) ttber die
Nebenerscheimingen der Salicylsfturewirkung aus,
wie folgt : Erbrechen wurde afters beobachtet , und
zwaT so, dass es sich bei jeder folgenden Gabe (4 —
6 Grmm.) wiederholte und zu galligen Entleerungen
ftlhrte. Bei scliwachlichen Individuen weiblichen
Geschlechts zwang insbesondere diese imgtlnstige
Wirkung znr Aussetzung des Mittels. Uebelkeit
wurde ungleich haufiger beobachtet. Ohrensausen
dauerte biswcilen nach einer einzigen Gabe 48 Std.
lang und war cbenso, wie die damit verbundene
Schwerhdrigkeit den Pat. hdchst lftstig. Bisweilen
wnrde auch Verminderung der Sehscharfe beob-
achtet. Ueber Schwindel u. Kopfschmerz wurde hftu-
fig, jedoch selten in hohem. Grade geklagt. Dreimal
wurde eine mehrstttndige , sehr beangstigende Dys-
pnSe beobachtet ; Phthisiker, welche das Mittel er-
hielten , klagten flber vermelirten Hustenreiz, sowie
aber Zusammenschnuren im Raise und Trockenheit
im Munde. Zweimal entwickelte sich bei TyphSsen
akute Nephritis, welche nach dem Aussetzen des
Mittels bald verschwand.
Als paradoxe Wirkung der Salicylsfiure ist von
Dr. L Ur man n in Kiel Temperatursteigerung beob-
achtet worden (46 b).
Ein 20jahr. Dienstmadchen , welches an Rheumatis-
mns litt, erhielt Abends 8 Uhr eine Dosis von 4 Qrmm.
salicyls. Natron in wassriger Losung. Nach 2 Std. trat
heftlger Frost mit folgcndem Hitzegefuhl ein , die Temp,
erreiehte 40.4°. Dabci waren gesteigerte Respirations-
nnd Pnlsfrequenz, Ohrensausen, Kopfschmerz und Oedem
der Unterarme nnd Unterschenkel vorhanden. Die Temp,
schwankte auch Tags darauf zwischen 40 — 41° und wurde
vergeblich durch 5 kalte Bader bekampft. Die lastigen
Nebenwirkungen hiclten noch langer an, nachdem die
Temp, am 2. Tage durch Chinin normal geworden war.
Versudisweise wurde nach 9 und nach 11 Tagen derKr.
dieselbe Dosis verabreicht und wurdcn dieselben Erschei-
nungen bemerkt. Das Oedem war betriichtlicher als das
erste Mai. Schweiss wnrde nicht beobachtet.
Auch G. M.-R. Fiedler (30) liat 3mal bei einem
und demselben Pat. wahrend des Typliusverlaufs die
paradoxe Wirkung einer intercurrirenden Tempera-
tursteigerung bis liber 41° 0. beobachtet *).
') Diese Beobachtung ist naclitraglich von Dr. L e o n-
hardi-Aster ansfuhrlich bekannt gemaeht worden (46).
Die Temp, stieg nach einer anfanglichen Remission unter
Schflttelfrost von 39. f> auf 41.4° bei liochster Exaltation
binnen 40 Min. und flel dann binnen 2 Std. wieder aof
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Geissler, utipyret Wirkung d. Satioyls&nr* o. a. w.
Farner 1st noch zu erw&hnen , dass nach Erfah-
rungen im Dresdner Stadtkrankenhause (30) Pota-
ioren die Salicyls&ure schlecht zu vertragen echei-
nen. Es wurde mehrfach das Aoftreten keftiger
Delirien bei solchen beobacbtet.
Im Verfolge wird von unangenehmen Nebener-
soheinungen, von denen wir hier die wichtigsten
zusammengestellt haben, noch mehrfach die Rede
sein.
Bei Fieberkranken hat zuerst B u s s die analoge
Wirkung der Salicylsfture und des salicylsauren
Natron nachgewiesen. Die Bemerkung auf p. 71
der erwfthnten Schrift, dass Salicyls&ure und salicyl-
saures Natron 2 verschiedene antipyretische Mittel
seien , erscheint dahcr mehr nebensftchlicbcr Natur.
Auch giebt B. schon ausdrttcklich an , dass das Salz
sclmellcr resorbirt wird , als die Saure , namentlich
wenn letztere . in Pulverform gegeben wird. Aus
dieser schnelleren Resorption erkl&rt B. den rasche-
ren Abfall bei der Wirkung des Salzes: die Tempe-
raturcurve zeigt sehr stcile Senkungen. Ebenso
nehmen Puls- und Respirationsfrequenz ab. Durch
die raschere Wirkung unterscheiden sich die Salicyl-
sfture-Praparato vom Cliinin , welchem sie wiederum
in Bezug auf die Dauer der Wirkung naclistchen.
Das Ohrensausen — Uberhanpt die einzige nervbse
Nebenwirkung, welche B. kennt — konnte er Bchon
nach wenigen Sekimden constatiren. Ea verschwin-
det rascher und 1st selbst bei den grdsaten Dosen
noch geringer , als bei entsprechenden Chinindosen.
Die Annahme, dass der Tcmperatnrabfall lediglich
Folge der Schweissproduktion ist , halt B. nicht ftir
richtig. Die Fieberremissionen werden allerdings in
dev Regel von pvofusen Schweissen begleitet , docb
sielit man dabei , dass die Temp, frflher herabgeht,
als der Schweiss ausbricht. Femer werden Fftlle
beobacbtet, bei deneu die Korperwarme sinkt, auch
ohne Schweissbildung.
Den Schluss der Vergleichung , welche B. zwi-
schen der Saure und dem Natronsalz angestellt hat,
gipfelt in dem Satze: „fttr gewdhnlich wird man
letzterem den Vorzng zu geben haben. a Damit
scheint uns die Polemik zwischen Buss u. Wolff-
berg, welche in der Broschtlre des ersteren ca. 30
Seiten einnimmt, so ziemlich gegenstandslos gewor-
den zu sein. Letzterer mag vielleicht durch ein un-
reincs, carbolsilurehaltiges Priiparat der Saure oder
durch das Unterlasseu des reichlidieu WassertrLnkens
nacli dem Einnehmeu des Mittels die lokalen Aetz-
wirkungen gesteigert, die antipyretischen Wirkungen
der Sfture aber untcrseh&tzt haben, wcil er durch zu
seltene Messungen nach der Dosining das erhebliche
Sinken der Temp, gar nicht beobachtet hat. Die
Ungef&hrlichkeit des Salzes , sowie dessen Zuverlils-
sigkeit und Ausgiebigkeit betreffs der antifebrilen
Wirkung werden anch von Wolff berg zuge-
standen.
40°. Ganz ilmlicli w irk to in den nachstcn Tagen zwci-
mal dieaelbe Dosis von 6 Gmm. Natr. salicylicum.
Uebrigens hftlt es B. fflr zweckmftsaig, damit das
Natronsalz nicht etwa durch freie Siuren des Mageat
zum Theil zersetzt werde, etwas doppeltkohlensanres
Natron der Ldsung zuzusetzen. Auf 1 Grmm. des
Salzes sollen 0.2 Grmm. Natr. bicarb, kommen. Als
Geschmackscorrigens eignen sich Aq. cinn&momi,
Syr. cinnamomi, Syr. cort. aurant., Succ. liquiritiae.
Spiritudse Zusitze sind zu vermeiden, da dad arch der
Geschmack nicht verbessert, sondern widerlicher
wird. Man rechnet auf 1 Grmm. salicyls. Natron
10 Grmm. Fltlssigkeit. In der Annenpraxis kann
man abgetheilte Pulver von je 3 Grmm. Gewicht
verschreiben und diese (je eina Oder ein halbes) in
einem Glas Zuckerwasser nehmen lassen. Will man
einen starken antipyretischen Effekt erzielen, so sind
mindestens 6 Grmm. als Einzeldosis nothwendig.
Docb wurden auch 8 , selbst 10 Grmm. anf einmal
gegeben. Die zahlreichen Temperaturtabellen kdn-
nen hier nicht wiederholt werden. Nicht seiten sind
Senkungen von 2° und darilber bei abendlicher Ordi-
nirung verzeichnet, welche binnen 2 — 3 Std. eraicht-
lich waren und bis zum nilchsten Morgen anhielten.
Nfthetes ist noch aus den folgenden Mittheilungen,
welche die einzelnen Krankheiten betreffen, zn er-
seben.
Ausser dem Natronsalz ist, so viel uns bekannt,
nur noch das salicy/mure Ammomaic zur Verwen
dung gekommen. Sattigt man die im Wasser ver-
theilte Saure mit Aramoniak oder kohlens. Ammon,
so kann man eine beliebig starke Lbsung erhalten,
aus welcher nach dem Verdampfen das Salz in glftn-
zenden Nadeln krystallislrt. Dieses Ammonsalz ist
in Wasser und Spiritus leicht ldslich, schmeckt sflss-
lich fade und darf , weil sich sonst freie Salicylsaure
ausscheidet, nicht mit anderu Sauren oder Frucht-
B&ften versetzt werden. Das salicyls. Ammon ent-
ha.lt in 100 Theilen ca. 89 Theile Sfture , also noch
etwas mehr als das Natronsalz , welches 83 Theile
Salicylsaure enth<. Dieses Salz ist von Dr. Mar-
ten son in einem Kinderhospital in St. Petersburg
mit gutem Nutzen verwendet worden (9).
Auch salicylsaure Magnesia und salicyls. Kalk
hat M. dargestellt. Auch diese Salze sind lbdich
und haben einen auffallend stissen Geschmack. Da
aber M. noch von der [iirthllm lichen] Ansicht aus-
gelit, dass ein salicyls. Salz in dem Magen durch die
Milchsfture zerlegt werden muss, um wirksam zu
sein, die beiden zuletztgenannten Salze aber nicht
durch schwache Sfturen zerlegt werden , so hat er
von der innerlichen Darreichung derselben keinen
Gebrauch gemacht.
Anch das Ammoniabalt scheint kein ungeffthr-
liches Mittel zu sein. Dr. Wulffius (80) berich-
tet von Wirkungen , welche an eine Ammoniakver-
giftung denken lassen. Er sab bei einem Kinde von
5 Jahren nach DaiTeicbimg von ca. 2 Grmm., welche
am 12. Tage ernes Typhus in 4 Dosen binnen 1 Std.
genommen worden waren, Abfall der Temp, von
40.0 auf 37.0°, Aphasie, Schwerhbrigkeit, Convul-
sioncn der Gcsichtanniakein, dilatirte Pupillcn, tiefcu
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191
Qeissler, antipyret. Wirkung d. ftalkylskure n. 8. w.
Collapses nnd Jaktation. Erbrecben und CoUapsus
bat W. wiederholt beobachtet.
Ueber sakcylsaures Chinin, welches ebenfalls
i* Handel zu bekommen ist, haben wirunterder uns
Iris jetzt vorliegenden Literatur noch keine Mitthei-
lung gefanden.
B. Wirkung bei Krankheiten.
a) Typhus.
Wir tlbergehen hier die ersten Versuche von
Bass (2), welche noch mit reiner Salicyls&ure an-
geatellt wurden. Wir erwfthnten schon vorhin , dass
(lieaer Autor , wiewohl er gerade am wenigsten von
den unangenehmen Nebenwirkungen der Siure zu
erz&hlen weias, dock sich zu dem Gebrauch des sali-
cyls. Natron entschlossen und die Saure , wie es
scheint, aufgegeben bat. Deshalb kOnnen wir unser
Referat auf die zweite Reihe der mit salicyls. Natron
angeatellten Versuche beschrilnken. In der schon
genannten Broschtlre (22) werden p. 77 flg. 11 Be-
obachtungen liber Typhus mit Temperatur- undPuls-
tabellen mitgetheilt, in denen zugleich die entspre-
chende Wirkung des Chinin bei analoger Fieberhdhe
hervorgehoben ist. Die Chinindosis betrug 2 , die
Doais des salicyls. Natron 4 , b oder 6 Grmm., zu-
weQeu auch 8 Grmm. Einige Beispiele mOgen hier
folgen.
Fall S. Temp. Abends 8 Uhr an 3 auf einander
folgenden Tagen : 40.2; 39.0; 39.4°. Bad- und Chinin-
wirkung 3 Std. spater: 37.3 ; 36.7 ; 36.8°. An 3 andeni
Tagen zu derselben Zelt : 39.6 , 39.6 ; 39.5". Wirkung
eines Hades und von 6 Grmm. salicyls. Natron nach 3 Std. :
36.51° (3mal).
Fall 4. Temp. Nachin. 4 Uhr an 4 auf einander
folgenden Tagen : 38.9 ; 38.6 ; 38.2 ; 38.6°. Mitternacht-
temperatur nach 6 Grmm. salicyls. Natron: 36.8 ; 36.1 ;
36. 6«.
Fall 8. Temp, an versehledeaen Tagen Abends:
30.2; 39.0; 39.0; 39.0°. Temp. gegenMittemachtnach 6
Grmm. salicyls. Natron: 38.3; 37.2; 37.1 ; 37.6°.
Fall 12. Remission von 40.0 auf 39.0° nach 8 Grmm.
salicyls. Natron von Abends 8 bis Nachts 11 Uhr. Am
folgenden Tage , an welchem trot* eines Nachmittags ge-
gebenen kalten Bades die Temp, bis 6 Uhr bis 40.0° an-
stieg, fiel dieselbe nach 10 Grmm. des Natronsalses bin-
nen 8 Std. auf 37.6° and war am anderu Morgen noch
nahezn normal.
Fall 13. Temp. Nachin. 3 Uhr an verschiedenen
Tagen : 38.2 ; 38.6 ; 38.6 ; 38.4 ; 38.0 ; 38.8 ; 38.9 ; 38.4 ;
38.7; 38.7; 39.1. Dutch Darreiohtmg von 10 Grmm.
des Natronsalicyl ward die Abendtemp. auf nahezu gleicher
H6he gehalton oder sogar abgcschwacht , namlich an den
entsprechenden Tagen: 37.6; 37.8; 38.3; 38.6; 38.3;
38.4; 38.7; 38.1; 39.0; 38.7; 38.9«.
N&herea Ist lm Original nachzuleaen.
Beim Typhus glanbt L. Riess (11) das NatTofl-
**lr. der SalicylsAure ganz besondera als Antipyreti-
km» empfeblen zu kdnnen. Da die Versuche bei der
intensiven Epidenrie im Herbst 1875 zu Berlin an-
gestellt warden , ist die Zahl der Fitlle ungewdhn-
lieh gross. Zwar durfte die Wirkung des Mittels
nfcbt nach der Mortalitdt bemessen werden , denn
diene war entsprechend dem 'gaazen Charakter der
Epidemle eine sehr bohe : es starben nimHch von
280 Pat. 63 = 24°/ 0 , darunter waren 22 in sehr
sp&tem Stadium, zum Theil erst kurz vor dem Tode
eingelieferte Kranke , ferner 29 mit schweren Com-
plikationen behaftete Pat. , endlich 1 2 frische, imter
sehr stllrmischen Gehimerscheinungen verlaufende
Typhen. In solcben schweren Fallen dauerte die
Wirkung des Mittels entweder nur stundenlang,
oder es fiel zwar die Temperatur, aber die Ubrigen
Symptome lrielten bisweilen bei normaler Tempera-
tur bis zum Tode an — der beste Beweis daftlr,
dass Temperatnrhdhe nur ein Symptom der Intensi-
t&t ist, aber nicht das Wesen derselben ausmacht.
In den Ubrigen Fallen war aber die Wirkung der
Sfture entschieden eine gllnstige. Die Temperatur
blieb bei frdlizeitig aufgenommenen Kranken nach
einer einzigen oder nach einer zweiten Dosis so lange
niedrig, dass erst nach 24 Std. eine neue Gabe
nOthig wurde ; in der Mitte oder gegen das Ende der
2. Woche hin hielt die Entfieberung sogar 36 bis
48 Std. an, auch hob sicb die Temp, in der 3. Woche
tlberhaupt nur noch ftlr einige Tage Uber 38®. So-
mit gentlgten 8 — 10 Dosen von je 5 Grmm., am
den Pat. bis zur Reconvalescenz fast dauernd be!
subfebriler Temp, zu erhalten. KUhle Bader (von
15 — 20° R.) untersttltzten in schweren Fallen diese
Wirkung. Bemerkenswerth war, dass der Puls oft
bei einer Temp, von 36—37° eine Frequcnz von
120 Schlagcn und dartlber batte , die Spannung des
Pulses war erhoht, der Dikrotisnms settner. Der
typhdse Habitus, der Zungenbeleg etc. (lberdauerten
die Entfieberung afters am mehrere Tage. Im Gan-
zen war aber bei frischen Typhen die Dauer des
Fiebers ungewdhnlich kurz.
Bei 164 Kranken, welche frtthzeitig znrBehand-
lung kamen, betrng die mittlere Fieberdaiter mir 13
Tage, obgleich viele schwere Falle darunter waren,
nnd zwar lmal 4, 3mal 5, lmal 6, 3mal 7, 6mal 8,
12mal 9, 12mal 10, 9malll, 17mall2, 22mall3,
20mal 14, 22mal 15, llmal 16 und 25mal 17 bis
25 Tage. Zweifelhafte Falle hat Vf. bei diesen
Ziffern ausdrtlcklich ansgesclilossen. Die Reconva-
lescenz war durchweg eine kurze , Recidive wurden
bei 197 Kr. nur 6mal beobachtet und ebenfalls gut
durch die Salicylsfiure beeinflusst.
Dr. Ewald hat auf der Abtheilnng des Prof.
Frerichsui Berlin (28) von der Wirkung der rei-
nen SalicylsHure, mag auch dieFonnderDaiTeichung
noch so verschiedenartig sein, so wenig Gflusfiges
gesehen, dass von ilirer Anwendnng entschieden ab-
zurathen sei. WiderLicher Gescbmack, Uebelkeit,
Erbrecben , Reizung und Aetznng der Schleimbiute
des Intestinaltraktus , unter UmstAnden selbst Col-
lapsnserscheinHngen warden beobachtet. Dagegen
unterschied sich durch Constauz des Erfolges nnd
das Fehlen der Nebenerscheinungen vortheilhaft das
Natronsalz von der reinen SSure. Nur bei wenigen
Pat wurden auch nach dem Einnebmen des Satees
Uebelkeit und Erbrechen beobachtet, was sich dnreh
den Znsatz von 3 — 6 Tropfen Chloroform zur jedea-
maBgen Dosis verhttten Hess. Nach Eiuzeldosen von
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192
Geissler, antipyret. Wirkung d. Salicylsfiure u. a. v.
2.5 bia 5 Grmm. wurden innerhalb von 5 — 10 Std.
Temperaturabfdlle bia zu 4° C. beobachtet. Bei
Typhus z. B. wurde unter 100 Fallen 80mal, nach-
dem daa aalicyls. Natron Mittags gegeben worden
war, Nachmittag8 ein tieferer Stand dea Thermo-
metera conatatirt, ala bei der normalen Remission dea
Morgens. Der Schweissausbrucli erfolgte meiat
achon 5 — 10 Min. nacli Darreichung dea Mittela;
der Wa8serverluat konnte bis zu 750 Grnim. be-
tragen. Docb iat E. nicht geneigt , Scliweisa und
Temperaturabfall in ein direktea Abhangigkcitsver-
hfiltniss zu setzen. Die anderweiten Ersclieinungen
dea typhfisen Processes werden selbat dann nicht
geftndert, wenn man kiinatlich eine andauernde nor-
male Temperatur hergestellt hat.
Dr. Paul Rosenthal bericktet in seiner
Inaug.-Diasert. (12) fiber Versuche, die auf Fre-
richa’ Abtheilung mit der Salicylsaure angestellt
wurden. Die Pat. nalimen das Mittel (mit Glycerin
und Spiritus) aehr ungern, klagtcn fiber Brennen im
Munde, in der Speiserfihre und im Magen. Einige-
mal wurden Erosionen im Rachen, Blauwerden dea
Ge8icht8 und Erbrechen beobachtet. Collapsuszu-
stfinde wurden bei den gegcbcncn Dosen (2.5, hfich-
stens 5 Grmm.) nicht beobachtet. Das Mittel wurde
fiftere bei Typhus und bei Intermittena , einigemal
bei Pneumonie und Erysipel versucht. Die Herab-
setzung der Temperatur war bei mehrercn Indivi-
duen sehr deutlich , bei andern war sie weniger auf-
fSllig. Im Ganzcn konnte aber kein wesentiicher
Einfluss auf das Fieber constatirt werden, ja Vf. 1st
sogar [aber gcwiss irrthttmlich] geneigt, einen „nicht
unwesentlichen Theil“ der Wirkung auf Reclmung
des Alkohol zu aetzen.
Ferner heben die Angaben von Dr. Max
N o r d t (53) ganz besonders die unangenehmen
Nebenwirkungen der Salicylsfiure hervor. Schlfias-
lich giebt Vf. allerdings zu , dass die verwendeten
Prfiparate unrein gewesen sein mii88ten. Die Herab-
aetzung der Temperatur erfolgte unter starkem
Schweiss, bei dem sich aber die Pat. nicht erleichtert
ffihlten , mitunter unter Collapsuserscheinungen.
Fast alle Pat. klagten fiber Brennen im Munde und
Schlingbeach werden , die Uvula und die Tonaillen
wurden ftdematfis , melmnals wurde ein deutlicher
Aetzschorf gesehen. In cinem zur Obduktion ge-
kommenen Falle war im mittleren Theil der Speise-
rfihre die ganze Schleimbaut bia auf die Submucosa
durchgefitzt.
Dr. C. M o e 1 i in Rostock experimentirte auf der
dortigen Klinik mit salicylsaurem Natron (10). Er
gab 4 — 5 Grmm. ala Einzeldosis mit Sfissholzextrakt
in wfisariger Lfiaung und rfith dieselbe zu wieder-
holen, wenn die Temp, wieder auf 39° geatiegen ist.
Die Anwendung von Chinin mid kttlden Badem er-
fuhr seit dem Gebrauch dieses Mittela eine erhebiicbe
Einschrknkung. Die Wiederholung des Mittela ist
hftufig 8chon nacli 4 — 6 Stunden notbwendig, denn,
so raach, wie die antifebrile Wirkung sich zeigt, so
rasch iat aie auch vorfiber. Der TemperaturabiiaU
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kann 1.5 — 3°, aelbst darfiber betragen. Bei Fiebern,
welche an und fttr sich achon starke Schwankungen
zeigen (so in einem Fall von Pleuritis nach Abnahme
des Ergusaes) , kann man achon durch eine einzelue
Gabe eine subnormale Temperatur selbat 24 Std.
lang erhalten. Man beobachtet keine Abstumpfung
gegen das Medikament. Reichlicher Schweiss wurde
hfiufig, aber nicht immer (selbst bei einem Abfall der
Eigenwfirme um 3.5° C.) beobachtet, Ohrensausen
und Schwerhfirigkeit wurden ofters angegeben, mehr-
mals erbrachen die Patienten. Eventuell kann man
auch das Mittel im Klystir verabreichen. Andere
nachtheilige Wirkungen hat M. nicht gesehen. Das
Mittel wurde aowohl auf der innernalaauf derftuasern
Klinik bei nahezu alien mit Fieber verlaufenden
Krankheiten versucht.
In einer spfitem Mittheilung macht Moeli (52)
noch weitere Angaben nebat zahlreichen Temperatur-
tabellen. Die Zalil der mit aalicyls. Natron behan-
delten Kr. betrug gegen 80 , damnter 34 Typhflse,
wo von 5 starben. Dieae ungewShnlich hohe Morta-
litfit war bisher nicht dagewesen , da frflher von 85
Typhfisen, welche mit Bfidern imd Chinin behandelt
waren, nur 4 gestorben. Meist wurde Abends zwi-
schen 6 — 7 Uhr eine Einzeldose von 5 — 7. 5 Grmm.
gegeben und diese Doais kurz nach Mitternacht wie-
derholt, wenn die Temp, im Rectum wieder auf 38
bis 38.5° C. geatiegen war. Auf diese Weise wurde
ea mfiglich, leichtere und mittelachwere Typhen con-
stant unter einer Temp, von 39° (im Rectum) zu
halten, „obwohl die sonstigen Ersclieinungen die
Fortdauer des Processes annebmen liessen und die
freigelassene Temp, meiat in kurzer Zeit eine erheb-
liche Hohe gewann.“ M. fand, dass mit dem Auf-
treten des Schweiaaes zuerat die Temp, in der Achsel-
liolile sank , wfilirend die anfanga noch hoch blei-
bende Temp, im Rectum erst apfiter herabging. Die
PuUfrequenz wurde fitters trotz dea Sinkens der
Kfirperwfiraae nicht beeinfluast, doch war bei der
Mehrzahl der Kr. in den spate rn Morgenstunden ein
Sinken der Pulszahl um 10 — 12 Schlfige zu cou-
statiren.
Dr. Giaaler und Dr. Wenzel in Pforzheim
(6) konnten betreffs ihrer antipyretischen Wirkung
zwischen reiner Salicylsfture und aalicyls. Natron
keinen Unterschied wahrnehmen. Da das Natron-
salz keine Magenbeschwerden machte, zogeu sie
apftter dasselbe der Sfture vor und gaben ea ebenfalia
in Einzeldosen von 5 Grmm., gewfihnlich nur Abends,
bisweilen auch nocli Morgens. Ausser dem auch vou
Andern angegebenen Salicylrauach beobachteten sie
in 9 Fallen einen Schuttel/rost von 10 — 15 Min .
Dauer, der sich 1 — 3 Std. nach dem Einnehmen des
Mittela einstellte und mit einer vorUbergehenden
Teinperaturerhfihung verbundeu war. — Die Ver-
suche wurden an TyphOtcn angestellt (60 Ffille),
u.zwar war die Saure 143mal, dasSalz 116mal zur
Verwendung gekommen. Nur 3mal war das Mittel
ohne Einfluss auf die Temperatur, 17mal betrug der
Abfall weniger ala 1°, 170mal 1 — 2°, 60mal fiber
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Geissler, antipyret. Wirkung d. Salicyls&ure u. 8. w.
193
2°, 5mal 3° und 4mal sogar 4°C. Niheres ist nicht
angegeben. Es starben 2 Patienten. Schfldliche
Einwirkungen der Sfiure warden in den Leichen
nicht gefunden. 10 Fftlle hatten einen sehr kuraen
Verlauf , dock sind die Beobachter nicht gerade ge-
neigt, diess aid Wirkung des Mittels anzusehen.
Dr. Jahn in Stargard (7) behandelte im Gar-
nisonlazareth 2 pntumonitche und 6 typh6»e Sol-
daten mit Salicylsiture. Er ist ganz entzflckt von
der Wirkung und glaubt , dass das Mittel ,,eine Zu-
knnft , fast schfiner als Chinin" vor sich hat. Er
llsst das Pulver (4 — C Gram.) mit etwas Waaser
zn einem Brei anrflhren und dann mit */ 4 Glas Was-
aer verdOnnt , anf einmal sclilucken. tJeble Ortliche
Wirkung hat er nicht beobachtet und schreibt die
nnangenehme Erfahrung, die Wolffberg gemacht
hat, einem schlechten Prftparate zu. Auch konnte
er bei den 2 Sektionen (nach Typhus und Pneu-
monie) keine Erosionen im Oesophagus oder in der
Speiaerfihre finden. Die Krankengeschichten sind
sehr kurz erzkhlt , so dass daraus wenig zu entneh-
men ist. Die beigegebene Curventafel lehrt zwar
unzweifelhaft, dass die Temp, durch Salicylsiture ran
1 — 2, sogar bis 3® in kurzer Zeit herabgesetzt wer-
den kann und dass selbst wfthrend der Exacerbations-
zeit die Erniedrignng der Kdrporw&rme erzwuugen
wird, doch scheint (mit Ausnahme der 2 tOdtlich
endenden, wo die Pulsfrequenz tlber 108 Schlfige be-
trug) die niedrige Pulsziffer (meist unter 100) an und
ffir sich ffir einen einfachern Verlauf zu sprechen,
aaeh zeigen die Curven Nr. 6 und Nr. 8 vor der
Salicylslture-Behandlung bei rein negativer Therapie
in der ersten Krankheitswoche so labile Tempera-
turen (Remissionen von 40° und dartlber bis 38® und
38.5° herab), dass man eigentlich die Incorporirung
von fiber 40 Gnnm. w&hrend ernes 2 — 3w5chent-
lichen Krankheitsverlaufes nicht recht begreift.
Dr. Goldtammer (33) behandelte im Kran-
keuhaus von Bethanien seit deni Sommer 1875 fiber
70 Pat. mit Salicylsiture. Er maclite mit der An-
wendung der reinen Sfiure in grdsseren Dosen (in
spirituSser Lfisung, als Schtttteltrank, oder in Bolus-
form gegeben) schlechte Erfahrungen, da wegen Bren
nen und Kratzen im Galse, wegen Magensclimerzen,
wegen h&udgen Erbrechens die Pat. einen intensiven
Widerwillen dagegen zeigteu. Bei einem an Miliar-
tuberkulose verstorbenen Kranken , welcher zuaam-
men 12 Grmm. in Alkohol geldster Salicylsiture ge-
nommeu hatte, fanden sich im Magen ein halbes
Dutzend erbsengrosser Geschwttre. Weit besser
wurde das Mittel in Lfisung mit der doppelten Menge
von phosphorsaurem Natron vertragen. Insbeson-
dere (bei 56 Pat) wurde diese Verbindung bei lleo-
typJius gebrancht, und zwar meist in Abenddosen
von 5 Gramm. Von kleineren auf den Tag vertheil-
ten Gaben wurde keine deutliche Wirkung beobacb-
tet Bei der genannten Menge wurde eine Tempe-
ratarabnahme von durchschnittlich 2® binnen 3 — 4
Std. erzielt, welche allerdings meistens bereits im
Med. Jakrbb. Bd. 172. Hft. 2.
Laufe der Nacht wieder einer Erhdhung Platz machte,
zuweilen aber auch bis zum Morgen und nicht selten
sogar nocli bis zum Abend zu erkennen war. Die
geringste Wirkung betrug 0.5— 1®, die stSlrkste 3
bis 4° nnd selbst darttber. Anf den Pnls wurde
keine deutliche Wirkung beobachtet. Meist erfolgte
die Abnahme der K8rperwfirme unter reichlichem
Schweiss, indessen zuweilen auch ohne denselben.
Ausser der Wirknng auf den Uehfirncrv wurden auch
bisweilen heftige Durcliffille beobachtet. Einzelne
bei Herzschwfiche beobachtete schwere Collapsua-
zusldnde forderten zm- Vorsicht auf. Trotz dieser
guten Erfolge im Typhus meint G. doch nicht etwa,
dass ein Specifikum gegen Typhus gefunden sei.
Die Dauer wird nicht abgekttrzt und etwaige Com-
plikationen kfinnen ungehindert durch die Fieberab-
nahme den Tod ebenso herbeifilhren, als die Schwere
der Affektion tlberhaupt.
Dr. Franz Riegel in Cfiln (66) sail beim
Typhus Herabsctzungen der Temperatur von 2 — 3®,
welche durch 12 — 18 Std., ja selbst noch linger an-
hielten. In schweren Fallen war, zumal in der
ersten Periode der Krankheit, der Effekt ein ge-
ringer, so dass es nor vorfibergehend oder gar nicht
gelang, die Temp, bin auf die Norm herabzudrflcken.
(Auch Goldtammer hat erst in der 3. und 4.
Krankheitswoche , wo die Temperaturen remittirend
werden , vorwiegend den gdnstigen Effekt der Sali-
cylsfture gesehen.) Die Anwendung ktlhler Bader
halt R. nicht gerade fQr ganz entbehrlich, da die-
selben doch nicht nllein auf die Warme wirken, son-
dem auch zur Auslfisuug ticfer Respirationen , zur
Hebung des Sensoiium dienen, die Zahl der Bader
werde jedocli erheblich herabgesetzt. Der Schweiss-
ausbruch nach der Salicylsiure bildet nach R. keine
Contraindikation , auch ein Bad anzuwenden. Auf
den Verlauf des Typhus hatte Salicylsiure keine
Einwirkung, anffallend haufi.ii kamen (in V s der
Ealle) Reridire vor. — Vf. giebt noch einige Zahlen-
tabellen , um die Wirkung des Chinin imd der Sali-
cylsiure zu vergleichen. Aus ihnen scheint hervor-
zugehen , dass (wenigsteus beim Typhus) das Tem-
peraturminimum bei der Cliininwirknng etwas spiter
eintritt, als bei der Salieylsanre , dass aber auch bei
Chinin die Wirkung etwas langer anhalt, als bei
letzterer. 2 Gnnm. salzs. Chiuin entspreclien 4
Grmiu. Salicylsaure. Ein Vorzug der letztem ist,
dass man sie Tage und Wochen langfort geben kann,
was man mit dem Chinin ohne Nachtheil nicht wagen
darf.
Dr. Georg Diehl berichtet (26) fiber Erfali-
rungen in derKlinik des Prof. Lieb ermeister in
Tflbingen. Wegen des kratzenden Geschmacks im
Munde wnrde der Gebrauch der reinen Skure ver-
lassen , wiewolil Stfirnngen von Seiten des Magens
nie in nennenswerthem Grade auftraten. Es wurde
daher schlttsslich nur salicyls. Natron verabreicht,
und zwar wurde dasselbe ex tempore bereitet, in der
Art, dass der in lauwarmem Wasaer suspeudirten
25
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194
Geissler, antipyret. Wirkung d. Sabcyte&ure a. 8. w.
Siure bo lange doppeltkohlens. Natron zugesetzt
wurde , bis kein Aufbrausen raehr erfolgte und die
L<5gung klar blieb. In der Regel wurde nur in den
Abendstunden eine einmalige Doais von 6 Grmm.
gegeben, um aber an mehreren Tagen hintereinander
aolcbe groaae Mengen zu vermeiden , wurde je am
з. Tage eine entaprechend groaae Menge Chinin
(2.5 bis 3 Grmm.) interponirt. Tags liber wurden
bei hohem Fieber noch Vollbftder von 16 — 20® C.
und 10 — 15 Min. Dauer ordinirt. Die Anzahl der
Bader wurde durcli den Gebrauch der Salicylaaure
beschrknkt. Bei hochgradig ersdidpften Kr. wurde
nicht nur Abends, sondera auch Taga liber jede
Fieberexacerbation durch Salicylsaure bekampft.
Dr. A. Fischer (3) berichtet auadem Dresdner
Stadtkrankenhaua Folgendea. Am. zweckm&ssigsten
giebt man die Salicylsaure in Oblaten, und zwar
so , daas die erate Doais zu 3 Gram. Abends , die
zweite von deraelben Starke Morgens genommen
wird. Da man zu 3 Grmm. ca. 4 Oblaten braucht,
miisaen dieae raacb hinter einander geaclduckt wer-
den. Zur Verabreichung des aalicyla. Natron em-
- pfiehlt F. eine Mischung aus 8 Gruim. sal. Natron
и. 2 Grmm. Extr. liqnir. : 30 Grmm. dest. Waaaer,
Abends u. frflh die UlLlfte. Eine atzeude Wirkung auf
die Schleimhaut des Mundes und dea Rachena wai'
nicht wahrzunehmen , doch wurde liber Brennen im
Halae zuweilen geklagt. Bei fast alien Kranken
trat rasch nachdemEinnehmenSchweisaein, welcher
mitunter sehr profile war. In der Nacht wurde nach
der Abenddo8i8 Ohrenaausen nnd Schwerliorigkcit
von den Pat. bemerkt, 2mal wurde ein Collapsuszu-
stand, einigemal wurde Erbrechen beobachtet.
Auf den Typhusprocew alsaolchen, der aich zur
Zeit in Dresden durch seine Intensity , insbesondere
durch seine Complikation mit Hamorrhagien aus-
zeichnete , hatte das Mittel keinen EinHnaa. Die
Temperatur wurde ca. in */ a der Falle insofcrn be-
einflnsst, als aich bis zum andem Abend dieaelbe
unter 39.6° C. erhielt. Wenn man Salicyls&ure an-
wendete, brauchte man weniger Bader.
In einer spate m Mittheilung (52) werden dieae
Beobachtungen bestatigt. Es liess aich dnrchachnitt-
lich ein solcher Abfall der Temp, bei Darreichung
von 4 — 6 Grmm. des Abends , eventuell auch des
Morgena erzielen , daas Tags liber die sogen. Bade-
temperatur nor einmal erreicht wurde. Puls und
Respiration warden nicht beeinflnsst. Collapsus
wurde 2mal beobachtet. In 3 Fallen, in denen ea zur
Sektion kam , konnte keine Aetz wirkung der Sali-
cylsaure auf Magen n. Darmkanal constatirt werden.
Indesaen wurde auch in Dresden das salicyla. Natron
schllisslich vorgezogen, wonach die imangenehmen
Nebenwirkungen , bez. Erbrechen, Ohrenaauaen,
Schwerhbrigkeit, in milderer Form anftraten. [Vgl.
auch die Mittheilungen von Oehme: Deutsche Zeit-
schr. f. prakt. Med. 42. 43. 1875.]
Stabaarzt Dr. Stein in Prag (14) hat lediglieh
beim Typhus (in 12 F.) eine antipyretische Wirkung
geaehen. Er gab die Salicylsaure frtlh and Abends
in einer Mixtur. Der Abfall der Temperatur betrng
im Minimum 0.2®, im Maximum 2.7° C. Die Wir-
kung liielt nicht lange an. Constant war am Mor-
gen nach der Abenddosia eine profuse Schweiss-
sekretion. Verdauungaatftmngen kamen nicht vor.
Dr. Juati in Idstein (39) giebt zu, dasa in per-
nicidaen Fallen von Typhus die antipyretische Wir-
kung des salicyls. Natron ausbleibt, wiewohl bis zu
12 Grmm. Tags fiber verabreicht wurden.
Fdrbringer u. Schultze (4) konnten keine
specifische Wirkung des salicyls. Natron auf den
Typhus wahruehmen. Sie m&chen verschiedene Aus-
stellungen an der Statistik von R i e a a , worauf wir
hier jedoch eben so wenig eingeben kttnnen ala auf
deasen acbarfe Entgegnung (68).
Ob aich bei der Behandlung des Typhus das
salicylsaure Natron — von der reinen Saticyialure
ganz abgesehen — in die Praxis einblirgern werde,
erscheint dem Ref. aehr fraglich. Diejenigen Aerate,
welche grosse Dosen Chinin zu geben gewohnt sind,
werden vielleicht mit RUckaicht auf den billigern
Preis des neuen Mittels das letztere vorziehen. Aber
der gleiche Nachtheil, dass grosse Chinindosen von
einer ziemlichen Anzahl Individuen ohne lastige sub*
jektive Beschwerden nicht ertragen werden , ist bei
dem salicyls. Natron vorhanden. Dazu bommt noch,
dass die Schweisse dem Pat. unangenehm sind nnd
— in der Armenpraxis — der dadurch bedingte
Wechsel der Wksche nicht beschafft werden kann.
Die Hauplsache bleibt aber doch die , dasa das
Mittel auf den Geaammtcharakter der Krankheit noch
weniger Einfhiss zu haben scheint als das Chinin.
Die von R i e s s gegebene Statistik zeigt eine nnge-
wdhnlich hohe Mortalitftt, und mit der Behanptnng,
dass bei zeitiger Behandlung der Verlauf des Typhus
abgekflrzt werden kdnne, steht derselbe Autor ver-
einzelt da, seine Berliner Collegen, die doch diesel be
Epidemie vor sich hatten, melden nichts davon.
Sollten wirklich auch die Badewannen in den
Winkel gestellt werden ? Ref. wttrde es bedanern.
Das rasche Verschwinden des Enthusiasmas fbr
Hydrotherapies ist anch ein Zeichen unserer schnell
lebenden , stets nach Neuem jagenden Zeit ! Aber
selbst Buss, der am eifrigaten fllr das neue Mittel
eingetreten, hat in seineu Tabellen noch zahlreiche
Bader notirt. Keiner von den Autoren indeasen hat,
wie dem Ref. scheint, ps genllgend betont , dass die
Lehre, die Gefahren der Krankheit hingen lediglieh
von der Temperaturhtfhe ab, nicht richtig seinkOnne.
Insofern ist die Erfahrung, die man mit der Salicyl-
akure gemacht hat, von unachktzbarem Werthe.
Denn trotz der Tage lang bis fast zur Norm kttnst-
lich herabgedrdckten Temperatur wird von dem Auf-
hflren der Delirien , von der Rllckkehr des Bewusst-
seins u. s. w. nirgends berichtet. Wenn aber diesa
nicht der Fall , wenn im Gegentheil der Pat. von
stirke rem Ohrensansen gepl> wird , wenn die Bil-
der noch wirrer vor seinen Angen tanzen, wenn der
profuse Schweiss noch lastiger ist als die troekne
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195
Geiesler, utipyret Wirkung d. SalieyU&ure n. 8. w.
Hhse — woau dun dleee Modikmtion ? Hat die pa-
thoiogische Anatomie eine ttbergrosae Skepeis and
Negation in der Therapie erzeugt , so sind doch die
Frlichte der modernen Experimentirsucht am Kran-
kanbette mit mftchtigen Mitteln and grossen Dosen
sicher keine bessern.
Ref. glaabt diesen Abschnitt nicht besser schlies-
sen za kbnnen , als mit einigen S&tzen aus einem
Vortrag von Dr. Ernst Brand in Stettin (19),
welcher zur rechten Stunde ffir die Erinnerung an
eine w&hrhaft unachftdliche and dabei wirksame The-
rapie eingetreten ist. War es doch wesentlich sein
Verdienat, dass allerwftrts der Typhus seine Furcht-
barkeit verloren hatte. Unter 9000 Kr., welche
hydro pathisch behandelt warden, wurde die Mortali-
ty t auf 4 — 5% herabgebracht Darunter sind:
In der Privatpraxis 689 Kr. 14 Todte — 2.0°/ 0
„ der Kinderpraxis 187 n 6 „ — 8.6
„ den Civilhospitalern 4733 n 318 „ — 6.7
„ den Militarhospitaiern 1214 .114 „ = 9.4
* den Feldspitalem 1308 „ 149 „ =11.4
Es ist kaum zu erwarten , dass einst die Behandlung
mit Salicylsaure auf eine glelch grosse Ziffer zurfick-
bHeken kann. denn die Ergebnisse sind :
Salicytbehandlung. Wasserbehandlung.
1) Zuverlassige Wirkung in 1) Zuverlassiger und leicht
den leichten und mlttel- zu veratarkender Effekt in
eckweren Fallen, mangel- alien Fallen. Nor Darm-
bafte Wirkung oder auch blutung a. Perforation con-
ganzliches Ausbleiben der- traindiciren.
selben in BChweren a. den
Tod drohenden Fallen.
2) Die mittlere Tagestempe- 2) Die Linie der mittlern
ratur wird in schwereu Tagestemp. slnkt gleich
Fallen nicht so weit ber- nachdem l.Tage swischen
abgesetzt, da»s die Gefah- 38 — 39* herab.
ren des Fiebers vermieden
werden.
3) Salicylsaure wirkt aus- 3; Die kalten Bader steilen
achlieesllch auf die Tem- die normale Funktion alter
peratur und nicht auf die Organe wieder her.
ubrigen Erscheinungen von
Seiten des Gehirns, der
Luugen, des Herzens und
der Unterleibsorgane.
4) Die ansgiehige ErnSh- 4) Der 8to(fwechsel wird we-
rang and der regelmissige gen geringerer Ausschei-
Stoffwechsel wird nicht er- dang vonKohlensiiure ver-
zielt. langBamt , die Ernahrnng
erhalt sich ausgiehig und
die Consumption bleibt in
| roissigen Grenzen.
6) Das Auftreteu von Com- . 6) Complikationen treten
pllkationen wird nicht ver- nicht auf, wenn der Ty-
hfitet. phus vom 3. bis 4. Tage in
' Behandlung kommt.
b) Ale uier Gelenkrheumatirmue und verwandte KranJc- .
heiten.
Das meiste Aufsehen hat der Einduss der Sali-
cylsinxe auf den Verl&uf des tielenkrheumatismus
gemacht, da dieses Mittel hier nicht nur auf das Fie-
ber, sondern auch auf die drtliche Erkrankung zu
wirken scheint. Die Beobachter widerspvechen sich
hierbei nur wenig.
Auch hierllber hat Buss zuerst (2; 22) einige
Beobaektungen mitgetheilt, die zwar noch nicht
sicher eine besondere Wirkung erkennen liessen.
Er gab die reine Sfture anfangs in grossen Dosen,
lediglich als Fiebermittel. Spkter ist er von diesen
grossen Dosen abgekommen (23) und verordnet das
Natronsalz in Mixtur von 15 — 20 Grmm. auf 200.
Eh* lasst zuerst 3 — 4 EsslOffel voll auf einmal neh-
men und dann 2stttndlich 1 Essldffel, ohne in der
Nacht auszusetzen. Auch hierbei hat sich gezeigt,
dass das Natronsalz von gleicher Wirkung als die
Saure selbst auf das Gelenkleiden ist.
Der Stabsarzt Dr. Strieker (79) behandelte
auf der T r a u b e ’schen Klinik 14 an Gelenkrheu-
matismus leidende Rranke mit Sabcylskure. Er
ist der Meinung , dass wenigstenB die frisch in Be-
handlung tretenden Kranken binnen 48 Std. vom
Fieber und dem Gelenkleiden befreit werden kdnnen.
Die Pat. nahmen die reine Salicylsfture in Pulver-
form in Oblate gehtlllt, und zwar betrug die stttnd-
liche Dosis 0.5 — 1 Gramm. Es wurden bis zur
Heilung — von etwaigen Complikationen abgesehen
— nie mehr als 15 und nie weniger als 5 Grmm.
verbraucht. Flinf Krankengeschichten sind ausfUhr-
lich mitgetheilt, welche wir bei dem Aufsehen, welche
diese Mittlieilung damals gemacht hat *) , hier folgen
lassen.
1) Eta 25Jahr. Maler wurde nach 4tagigem Erkrankt-
sein aufgenommen. Er hatte bereits 2mal Gelenkrheu-
matismus gehabt, auch war eine Insufftcienz der Aorten-
klappen vorlianden. Nachdem Pat. bei einer exspekta-
tiven Behandlung 3 Tage im Spital verweilt, waren meh-
rere Zehengelenke des linken Fusses , das linke Knie-,
8chulter- und Uandgclenk befallen. Die Abendtempeya-
tur betrug 40.5° C. Nachdem der Kr. wahrend der Nacht
6 Grmm. Salicylsaure genommen, war am andern Morgen
die Beweglichkeit der linken Hand vollstandig frei. Bis
zum Abend, nachdem Pat. noch 4 Gram, genommen, wa-
ren anch die ubrigen Gelenke schmerzios. Als Neben-
symptome waren Ohrensausen, Schwerborigkeit a. Schweiss
vorhanden, fiber Beschwerden in Scblund u.Magen wurde
nicht geklagt.
2) Ein 16jahr. Kellner hatte seit 6 Tagen akuten
Rheumatismus. Die Huft-, Knie- und Fussgelenke beider-
seits waren befallen , namentlich war das rechte Knie ge-
schwollen. Zugleich war eine frische Endokarditis vor-
handen. Nachdem Pat. wahrend der ersten Nacht nach
der Anfnahme 6 Grmm. Salicylsaure verbraucht, waren
am andern Morgen beide Fussgelenke und das linke Haft-
gelenk ohne Schmerzen beweglich. Am zweiten Abend
darauf, als Pat. 15 Gram, verbraucht hatte, waren alle
Gelenke normal beweglich , nicht mehr geschwollen nnd
auch bei Druck nicht mehr schmerzhaft. Zu der Endo-
karditis sebien sich eine Perikarditis gesellt zu haben.
Letztere verschwand in der angegebenen Zeit ebenfalls,
von der Endokarditis blieb eine leichte Mitraiklappen-
insufficienz zuruck. Die Gesammtdaner des Anfenthalts
im Spital betrug 3 Woehen.
3) Ein 34jahr. Schlosser, welcher bereite mehrere
Woehen lang wegen Uheumatismus mit apanischen Fliegen
und Jodtinktur anderwarts behandelt worden war, bekam
im Spital eine frische Aflfcktion am linken Danmen, sowie
an dem Hand- und den Fingergelenken rechtereeits.
Knie-, Ellenbogen- nnd Schuitergelenke waren noch von
>) Die Stricker’sche Wnnderknr hatte sich in
sammtliche Jonmale nnd Winkelblatter verirrt, so dass
Jeder, der sein Keissen auch dnrch den bernhmten Lam-
pert’s Balsam nicht losgeworden, schleunigst vom Apotheker
oder Drognisten das Pul ver bezog — u. vielfach etnrieb!
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196
Geissler, antipyret. Wirkimg d. Salicylrtur* n. s. w.
fraher her schmerahaft. Das Her* war gesoad. Pat.
erhielt binnen ‘24 Std. 8 Grmm. Salicylsaure. Nach die-
ser Zeit waren nicht nur die frlsch befallenen, soudern
auch die vorher erkrankten Gelenke volletandig schmerz-
Iob und beweglich.
4) Kin 21jahr. , robustes Kellnerm&dchen war seit
14 Tagen bettlagerig. Afflcirt waren beide Knie, nameat-
Iich aber das linke Handgelenk. Nach 9 elnetundigen
Dosen von je 1 Grmm. Salicylsaure war die Heilang voll-
standig. Intoxikationserscheinnngen waren nicht etnge-
treten. l>er Appctit war gut.
5) Kin HAjahr. Schneider litt an Rheumatismus in
Fussen und Handen mit Kinschluss der Finger undZehen.
Pat. nahm binnen 2 Tagen 8 Grinin, und wurde danach
voltstSndig frei von Schmerzen. Er blieb nun ausserhalb
des Bettes, bekam aber nach 8 Tagen einen frlschen Anfall
in dem rechten Knie- und Handgelenk. Nach dem Ge-
brauche von b Grmm. Saiieyls. war auch dieses Recidiv
binnen 24 Std. verschwunden. Wahrend der ersten Af-
fektion war die Temp, von 40° auf 36.2°, wahrend der
zweiten von 39.8° auf 37° herabgegangen.
In eincm Nachtrag (1. c. Nr. 8) bemerkt Str.
ausdrticklich , dass nur bei genauer Befolgung sei-
ner Regeln ftlr die Doairung der gtlnstige Erfolg ein-
trete. Bei grossen Dosen der S&ure hat auch er hefliges
Brennen im Schlunde und im Magen beobachtet. Bei
schwbchliehen Individuen kommt eine Art „Ransch“
vor. Die Pat. sind schwer besinnlich, lachen zweek-
lo8, schwatzen durcheinander und seben sich ver-
wundert um. Nach 24 Std. endet diese Scene mit
einem tiefen Schlaf. Vf. theilt einen solchen Fall
ausftlhrlich mit, ferner noch 2 schwcrere Falle von
Rheumatismus mit Herzcomplikation.
In der Reconvalescenz halt es Str. ftlr ndthig,
noch eineWoche hindurch thglich lVj — 2 t / a Grmm.
in kleinen Portionen fortgebrauchen zu lassen. Man
mflge die Kur nicht frflher ftlr vollendet und abge-
schlossen ansehen, bis sich cine frische GeleukentzUn-
dung eben so wenig zeigt als eine sekundare Er-
krankung der sertteen Hftnte, insbesondere auch eine
Affektion des Herzens. Die Salicylsaure vermag
nicht die bereits gesetzten Exsudatc zur Resorption
zu bringen, wohl aber die Absctzung neuer entzilnd-
licber Produkte zu sistiren.
Beira chron. Rheumat. ist die Saiieyls. nutzlos.
Auch beim sekundaren Rheumat. (nach Tripper,
nach Ruhr) vermag sie niclits zu leisten. [Dagegen
hat Leonhardi-Aster (46) beim Tripperrheu-
mati8mus einen gleichen Erfolg der Salicylsaure ge-
sehen.J
Ferner theilt L. Riess (67) liber die Wirkung
der Salicylsaure bei akutrm Gelenkrheumatitmut
Folgendes mit.
Die Gesammtzahl der Pat. betrug 27. Bei 23
derselben wurde das Mittel in grossen Dosen ge-
geben , und zwar so oft, als die KOrperwftrme 39°
erreichte. Die Zahl der Dosen, welche zur Entfiebe-
rung ndthig waren, war:
1 Desis in 6 F. 6 Dosen in 1 F.
‘2 Dosen „ 5 „ 8 „ .4,
3 , * 2 „ 16 . . 1 .
1 , .1, 20 „ * 1 „
5 » „ 2 „
Mit dieser Entfieberung war aber keineswegs
immer f!| eine Besserung der lokalen Gelenkaffek-
tion verbunden, vielmehr erschienen h&ufig nach em-
bis mehrtigiger Besserung Recidive der Gelenk-
beach werden mit oder ohne Erhbhung der Eigen -
wlrme. Die Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus
betrug 9mal 3 — 8 Tage, 5mal bis 15 Tage, 3mal
6 — 7 Wochen und 6mal 2 Monate nnd darflber.
Nur nnter den letztem sind 2 complicirte Fille mit-
gez&hlt, die hbrigen stellten reine Rheumatismen dar.
— Einige andere Pat. warden mit geliauften kleinen
Dosen behandelt (in Lbsung mit phosphors. Natroni.
Obschon aber bei mehreren Pat. in Summa eine viel
grtssere Menge angewendet wurde, als Strieker
ftlr nothwendig erklart hatte (bis zn 40, selbet bis
zu 70 Grmm.) , war nur bei einem einzigen Kr.
die Herstellung am Ende der ersten Wochen einge-
treten , bei den andern konnte ein Einfluss auf das
Gelenkleiden (lberlianpt nicht constatirt werden.
(R. erinnert mit Recht an den variablen Verlanf des
Gelenkrheumatismus , welcher die Ursacbe ist, dass
trotz Jahre langer Versuche mit den verschieden-
sten Radikalkuren doch der scharfste Zwiespalt un-
ter den Autoren besteht. Eine Durchsicht der kurz
vorher mit Jodkalium behandelten Fftlle erg&b bei-
spiclsweise im Dnrciischnitt eine ganz ahnliche Krank-
heitsdauer.)
Dr. Katz in Berlin (40) erzihlt kurz die GeecMchte
eines Rheumatismnskranken , welcher am 10. T. seiner
Krankheit binnen 24 Std. nach und nach 6Grrnm. Salieyl-
sanre verbrauchte and am 12. T. bereits das Bett ver-
lassen konnte. Das Fieber nnd die Gelenkaffektion dcr
Schnlter-, Hand- and Fnssgelenke waren gleichseitig ver-
schwnnden.
Dr. Hildebrandt in Treuenbrietaen theilt (S5)
die Krankengeschichte eines llj&hr. Madchens mit, wel-
ches nacb gunstigem Ablauf einer Peritonitis plfttzUch
von fleberhaftem Rheumatism us befallen wnrde. Ergriffen
waren die Unterkiefergelenke , die Ellen bogeu and das
linke Huftgelenk. II. liess sofort 0.26 Salicylsaure mit
Fenchelzncker gebrauchen. Nachdem das Kind bis sum
andern Abend 10 Dosen genommen hatte, war am Morgen
darauf das Uebel verschwunden.
Dr. Friedrich Schultze (72) hat auf der
Heidelberger Klinik lORheumatiker mit Salicylsaure
in Oblatcuform (sttlndl. 1 Grmm., nach S trick er’-
scher Vorechrift, meistens 10 Dosen hintereinander)
behandelt. Neun Pat. zeigten mittelschwere Fomen
mit einer Durchschnittstemperatur von 39° C. Ein-
mal wurde das Mittel am 3. T. der Krankheit ge-
geben : complete Coupirung, kem Recidiv ; in 3 Fallen
am 3. T.: jedesmal Coupirung, lmal Recidiv; in
2 Fallen am 8. T. : jedesmal Conpirung , lmal Re-
cidiv; in 2 Fallen am 9. T. : lmal Coupirung, lmal
unsichere Wirkung; 1 Fall am 10. T.: die Krank-
heit wnrde coupirt , recidivirte aber. Die Recidive
warden ilbrigens rasch dnrch Salicylsaure beseitigt.
Der zehnte Pat. endlich zeigte gegen das Mittel einen
grOssern Widerstand. Zwar fand Nach lass der
Schmerzen statt, aber die Anschwellongen der Knie-
gelenke blieben bestehen und die Temperatur hielt
sich etwas flber 38°. Pat., der am 9. T. seiner
Krankheit eingetreten war, konnte erst nach 25 T.
geheilt entlassen werden. Complikationen aeitens
des Herzens waren in den genannten Fallen nicht
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197
Geissler, antipyret. Wirknng d. Salioylsanre u. 8. w.
Twfcamtefi. — Die Pat., welche das Mittel nahmen,
klagten einige Tage fiber Ohrensausen nnd Schwer-
hfirigkeit, manchmal aucli fiber Schwindel und Kopf-
weh. Ein Pat., dem die Oblate im Muode aufge-
gaagen war, bekam eine leichte Laryngitis.
Dr. Leonhardi- Aster (30) beobachtete bei
25 Rhenmatikern Heiinng , nnr lmal (bei einem Re-
cidiv) veraagte das Mittel. Die Herstellung erfolgte
2m al am 1., 15mal am 2., 6mal am 3. nnd 2mal
am 4. Tage. Erforderlich waren von dem Mittel lmal
6 Grmm., 6mal 7 1 /* — 10 Grmm., llmal bis 15
Gram., 6mal bis 20 Grmm. nnd lmal 24 Gramm.
Herzcomplikationen warden nicht beeinflnsst. Reci-
dive waren htttifig: 9mal bei 25 Eranken. Sie
liessen sich nicht immer dnrch Darreichung kleinerer
Doeen nach der Heilung vermeiden. Als eine fatale
Wirknng wnrde bei einer von Haus aus schw&ch-
lichen Frauensperson eine mit Ihjxpnde, stertorbsem
Athmen, Cyanose and Hustenanftllen verbundene
UUmUche Starr e der Rttcken- und Extremitttten-
mnskeln beobachtet. Der Anfall dauerte 1 Std. und
war von Sopor gefolgt. Die Erscheinungen waren
nicht znfttllig , denn sie wiederholten sich in einem
ersten nnd in einem zweitcn Recidiv 4mal nach der
wiederholten Einverleibung des Mittels. Die Pat.
warde geheilt, doch schien sich eine Affektion der
Mitralklappe ansznbilden. In einer sptttern Mitthei-
Inng desselben Vfs. (46) wird bemerkt, dass von
39 Rheumatikem 12 Recidive bekamen, darunter 3
2aal , 1 4mal. Zwei Pat bekamen with rend der
Ear maculo- papulose , oder nrticariatthnliche Exon-
theme.
G.-M.-R. Fiedler (30) beobachtete lmal Nie-
renblulung bei einem 25jfthr., sonst ganz gesunden
Rhenmatiker nach dem Einnehmen von 15 Grmm.
Salieylsftnre. Die Blntnng dauerte 10 Tage.
M.-R. Seiler (30) warnt vor dreisten Gabeu in
der Kinderpraxii. Er sah bei einem 7 l /,jjlhr.
Kinde, welches anf besondern Wunsch der Eltem
5 Grmm. Salicylstture erhalten hatte , SchwerhOrig-
keit , grosse Unmhe , profusen Scliweiss u. Dyspnde
anftreten. Diesen Erscheinungen schloss sich ein
Collapsus an, welcher rasch zum Tode ffihrte.
Im St. Johannes-Hospital zu Bonn sind unter
Prot. Obernier’s Leitnng ebenfalls Versuche
mit Salicylstture beim GeUnkrheumatUmas gemacht
worden. Dr. E. Bardenhewer (17) bemerkt
hicrflber Folgendes. Die Salicylsiinre war vollstttndig
rein, in langen schneeweissen Krystallen. Sie wimle
rein in ObLaten geiioinmen, und zwar 0.5 Grmm.
sttlndlich, bisweilen halbstflndlich. Die Gesammt-
doeis betrng im Minimum 7.5 Grmm. in 2, im Maxi-
mum 20 Grmm. in 4 Tagen. In dieser Zeit war
das Fieber und die Schmerzhaftigkeit der Gelenke
geschwunden, die freie Reweglichkeit dereel ben war
in den nttchsten Tagen vollstttndig hergestellt. Je
frtther die Krankheit in die Behandlung kam , desto
rascher war das Uebel gehoben. Die mitgetheilten
C Krankengeschichten zeigen den Verlauf eines
mttssigen, ohne Complikationen verl&ufenden mul-
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tiplen Gelenkrheumatismus bei jUngern Personen im
Alter von 17 — 34 Jahren. Nachtheile hatte das
Mittel nicht: einigemale wurde Ohrensansen ange-
geben, einmal trat Diarrhfie mit Leibweh, einmal
Sagendrttcken anf.
Dr. Friedlttnder (31) behandelte nach Dr.
Grttffner (vgl. 34) im Allerheiligenhospitale in Bres-
lau 21 Gelenkrheumati8men (15 akute, 6 subakute).
Von erstern genasen binnen 2 T. 6 Pat., ein 7. Pat.
nach 3 T.; die tlbrigen 8 Pat. bekamen Recidive, bei
3 von den lctztern erwies sich die Salicylstture als un-
wirksam, obschon ein Pat. 82 Grmm. verbraucht hatte.
Die geheilten Pat. hatten 10 — 25 Grmm. verbraucht.
Von den subakut Erkrankten, welche znm Theil bis
her resultatlos mit einem Pappwatteverband behandelt
waren, wurden 3 binnen 48 Std. geheilt, die tlbrigen
machten noch Recidive durch. Fr. behauptet, dass
auch eine tilgliclie Gabe von 1 Grmm. Stture nach
der Heilung nach Verlauf von 1 Wocbe niclit immer
im Stande sei, das Recidiv zu verhflten. Herzcompli-
kationen wui'den durch Salicylstture nicht beeinflusst.
Beim Rheumatismus sah Justi (39) nicht so
raschen Erfolg wie andere Beobachter. Wiewohl
er Erwachscnen durchsclmittlich 10 Gitoiu. pro die
gab, dauerte es doch 4 — 5 T. weuigsteus, bis nor-
male Tcmperatur und Schmerzlosigkeit erzielt war.
In Fallen, wo die Temperatur von vorn herein hoch
war (40° und darilber), brachte das Mittel nur einen
Abfall von */s° C. von kurzer Dauer hervor, die
Wirkung auf den lokalen Process war eine ver-
schwindende und es konntc binnen 8 T. kein Ein-
fluss auf die Krankheit constatirt werden. Wegen
heftiger SMruug der Intclligenz (ohne ntthere An-
gabe) nach Einverleibung von 10 Grmm. Sttnre und
15 Gram. salicylsaurem Natron binnen 4 T. musste
in einem Falle von dem Weitergebrauch abgesehen
werden.
Die Beobachtungen von Dr. Schumacher II.
in Aachen (73) erstrecken sich auf 3 Rheumatismus-
kranke.
Die erste Pat., eine 38jahr. Dame, hatte bereits
2mal einen mehrwochcntlichen Rhenmatismns ubers tan-
den. Der jctzlgo dritte Anfall verlief binnen ca. 2 W.,
doch braeh wenige Tage riarauf in Folge einer Krkaltung
ein Recidiv ans, wobei beide obere Extremitaten, nament-
lich die rechte, ergriffen waren. Zwei Tage nach Beginn
des Recidive wurde bei einer Temperatur von 40° nnd
einer Pulsfreqnenz von 124 — 130 stundl. 1 Grmm. SSure
nach der Stricker’sehen Vorsehrift gegeben. Nach
dem drittcn Pulver wurde eine .angenehme Taubheit“ in
den ergriffenen Gelenken, nach dem vierten ein „Elektrisirt-
werden 11 des ganzen Korpcrs unter Sehweissausljruch ge-
spurt, nacii dem ffinften Pulver begannen Ohrensausen,
Schwerhorigkoit nnd Gesichtshallucinationen aufzutreten.
Letztere beangstigten die Kr. sehr und hielten bis zum
Abend , nachdem noch 2 Doscn gegeben waren, an. Die
Temperatur war bis anf 38 n C. gefallen, der Pols machte
nnr 90 Schlage. An sammtlichen Gelenken hatte die
Schwellung abgenommen und die Beweglichkeit war
ziemlich schmerzlos. Das Fieber kehrtc nicht zorSck
nnd nacii weitern 2 T. betraehteto Bich Pat. als gcncsen.
Das Herz war unbetheiligt gebliobcn.
Die beiden andem Krankengeschichten , welche
wir liicr nicht wiederholen wollcu , zeigeu eine iiliu-
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198
Geisaler, antipyret. Wirkvng d. SaHcyhUUire n. e. w.
liche gttnstige Wirkung der SalicylaAure , doch war-
den beide Male wiederholt Reddive beobachtet.
In der Jahresversammlung dee Wttrttemberger
ftrztlichen Vereins wurden mehrfach Mittheilnngen
fiber die Wirknngen der SalicylaAure gemacht (70) :
Dr. Salzmann (70) giebt an, dass die Gelenk-
schmerzen nach Gaben von 4 Gram. pro die und
1 Grmm. pro nocte binnen 2 T. wie abgeschnitten
verechwanden. Fieber, Appetitloeigkeit, Krankheits-
geftthl, kdrperfiehe SchwAche, flberbanpt alle sonsti-
gen Krankbeiteerscheinungen wurden dagegen nieht
beeinflusst. Bei gleiclizeitiger Herzeomplikation
schien es , ala ob die subjektiven Herzbescbwerden
nach dem AufhOren der Gelenkuchmerzen starker
dem Pat. ftlhlbar wflrden.
Dr. Stiegele bemerkt ausdrflcklich (70), dass
trotz dem AufbSren der Schmerzen das Allgemein-
befinden sich nicbt besserte , die Kr. das Bett nicht
verlassen konnten und dass die Krankheitsdauer nicbt
abgekllrzt werde. Dr. Boscher sah nach einer
Gabe von 6 Grmm. der Sfiure, in Emulsion auf 2mal
in 24 Std. verabreicht, kalten Schweiss, Collapsus
und mitBlutstreifen vermischtes Erbrechen eintreten.
Nach Carbolsfture habc das Mittel nicht gerocben.
Andere Male liat B, diese drtliche Nebenwirkung aller-
dings nicht beobachtet.
Dr. Diehl bemerkt kurz , dass er beim Rlieu-
matismus acutus flberraschend giinstige Wirkung bei
Anwendung der Salicvlsfiure gesehen habe , so dass
die Annahme eines specifischen Remedium gerecht-
fertigt sei.
Auf der Klinik des Prof. 8. Botkin in Peters-
burg wurde nach einer Mitthcilung von Dr. W.
D r o 8 d o f f (27) die Salicylsllure ebenfalls mit gflnsti-
gem Erfolg gebraucht. Es wurde 2stfindl. 1 Grmm.
gegeben. Indessen wurden in der Mehrzahl der
Falle 3 — 4 T. nach dem Aussetzen des Mittels Re-
cidive beobachtet. Vf. fttgt hier ausdrttcklich hinzu :
„d. h. nach dem AufhOren der Intoxikationserechei-
nungen“. Constant wurden nftmlich Ohrensausen,
Schwere des Kopfes, Kopfschmerzen, Taublieit, Er-
brechen , Kardialgie, bisweilen Diarrhde , Collapsus
und Albuminurie beobachtet. Wegen dieser Neben-
erscheinungen wurde spAter die ausschliessliche Me-
dikation der SalicylsAure in grfisscrn Dosen ver-
lassen. DafUr wurden tAglich nur 2 Gram., in
3 Dosen vertheilt, gegeben, aussordem aber jedes
befallene Gelenk tfiglich lmal mit fcuchten , ring-
fbrmigen Elektroden 10 Min. lang faradisirt. Hier-
bei traten die unangenchmen Wirkungen der Salicyl-
sAure nicht auf. Die Heilung erfolgte aber ebenso
rasch binnen wenigen Tagen. [Vf. giebt ausserdem
eine Tabelle fiber 20 Falle , welche durch Anwen-
dung des inducirten Stroms aUrin gelieilt wurden,
und zwar durchschnittlich in 0 — 7 (ira Minimum in
3, im Maximum in 30 T.) T., woranf wir hier nicht
weitor eingehen kfinneu. |
Or. Scbroyer in Laudehut (71) behandelte 4mal
Gelenkrheumatismen und 2mal Mnskelrheumatismen mit
Salieylaiure, von welcher er 1— 2stfindlich '/lGrmni- und
taglieh 6 Gram, rerbr— then Hess. Die Bugebol— *
waren rein negativ. Von Fall 3 und 4 sind Temperatur-
tabellen mitgetheilt : trotz 6 — lOtagigem Gebrauch der
reinen Sanre war weder ein Abfall der WSrme, nocb eine
Abnahme der Schmerzen zn oonstatiren.
Joseph G. Richardson giebt denRatb (66),
wfthrend der SalicylsAure-Medikation ja nicbt die
fiftere Controle durch das Thermometer ausser Acht
zu lassen und sobald die Temperatnr bis 99* F.
(=37.2°C.) herabgegangen, das Mittel anszusetaen
und durch Chinin, Fleischessenz und Brandy die
Krflfte zu unterstfltzen. Er sah nach 2 — 3tAgigem
Gebrauch von 30 — 50 Grains (2 — 3stflndl. 5 Gran)
ein Fallen der KdrperwArme bis anf 36° C. and
alarmirende Collapsuserscheinungen eintreten. Im
Uebrigen aber waren die Erfolge bei akutem Rheu-
matismus (mit Ausnahme eines Falles, in welchetn
5 T. hindurch alle 2 — 3 Std. 5 Grain Salicylsftore
ohne jede Wirkung auf das Geleakleidea gegeben
wurde) befriedigend *).
Dr. S i e v e k i n g (77) theilt zwei Beobachtangen
mit.
Eine 45JShr. Frau litt seit 8 T. an Rheumatism**.
Sie erhielt Nachraittags stfindlich einPnlver voa SO Grata*.
Die Temperatur war nach dem 6. Pulver von 39.6 anf
37.4° C. gefallen und die Nacht verlief ganz gut. Die
Schmerzen hatten sich verloren , nur das Kniegelenk war
nocb etwas geschwollen. DerUrin war saner und entUett
etwas Eiweiss. In den nachsten Tagen ging die Tempen-
tur auf 37.0 herab. Die Schweisse hielten 2—3 Tage an,
das Eiweiss verlor sich bald. Nach fernern 8 T. war Pat.
wieder arbeitsfAhig. •
Ein 27jShr. Dienstmadchen litt an starker rbeoma
tisoher Schwellung deslinken Kniegelenk* und ingeringem
Grade am rechten Knochel. Pat. war bereits 14 T. nnwohl
geweaen, aber erst 3T. bettlagerig. Die Temperatur war
nur wenig erhoht (38. G) und flel nnter starkem Schweiss-
ansbruch nach dem 6. Pulver in genannter Dosis auf die
Norm. Am nachsten Tage stieg die Temperatur wieder.
Zwei Pulver wurden erbrochen. Die Schmerzen im Knic
hatten sich verloren, am Knochel bildete sich ein Abscess,
nach dessen Oeffnung die Heilung rasch erfolgte.
Eine zweite Mitthcilung desselben Vfe. (77 b) berich-
tet fiber 4 Falle. Die voLlstandige Schmerzlosigkeit trat
nach Ordination der Saiicylsaure ein nach 6, 3 (2mal) und
(in einem hartnackigen Falle) nach 10 Tagen. Die ge-
sammte Aitfenthaltsdauer betrug 11, 13, 20 und 22 Tage.
Das Fieber verschwand frfiher als die Schmerzen, n&mlteh
binnen 2 — 3 Tagen.
Talfourd Jones (38) berichtet fiber einen gfin-
stigen Erfolg bei einem 46jahr. Manne , der vom 3. Tage
der Krankheit ab mit salicylsaurem Natron behandelt
wurde. Am 1. Tage nahm er in 8 getheilten Gaben *40
Grain , am 2. 120 Grain in 6 Dosen , am 3. und 4 . nocb
60 , bez. 40 Grain. Der Schmerz war ebenso wie die
Schwellung berolts am 2. T. vcrschwunden, die Terapera-
tur am 3. T. auf 36.4° herabgegangen , der Puls normal
ge worden. Pat. hatte fruher 2mal Rhenmatismos gehabt,
das 1. Mai 13 W., das 2. Mai 16 T. gelegen.
Aus Amerika liegen uns eine Anzahl von Be-
richten fiber die gilnstige Wirkung der S&licylsftnre
beim akuten Gelenkrheumatismus (57 — 63) vor. Es
sind lediglich einzelne Krankengeschiohten, mitge-
theilt von Charles P.Pntnam(2F.), E. L. War-
ren (1 F.), Irving W. Smith (1 F.), S. P.
Towle (7 F.), Ralph C. Huse (1 F.), D. W.
') 1 Grain = 6.6 Ccnttgrsmra.
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m
Geisaler , antipyret. Whining d. Salieyfe&ure u. a. w.
Hodgkins (IF.) nnd 8. L. Abbott (IF.). Wir
warden die Qednid dee Lesers auf eine zn harte
Probe 8telten, wollten wir diese Casuiatik hier wieder-
bolen, da aie von dem gewdhnlichen Verlauf durchaus
nichts Abweichendea bietet. Ginmal 1st ein Nicht-
erfolg erwihnt, einmal traten Delirien ein. Die Doaia
ist meiatens eine niediige, after warden nnr 5 Grains
atflndlieh oder 2at(indlich gegeben , liber 10 Grain
geht die einmalige Doaia nicht liinaua. Ueble Zufdlle
warden deehalb auch fast gar nicht beobachtet. Die
Qeeammtdoais erreidite nur bei einigen Kr. 2 Drach-
men, die Krankheitedauer betrug meiatens nor 2 Tage.
Aoeh der sonatige Verlauf dentet daranf, daas ea aich
nor tun leichtere Fille gehandelt hat.
Aoeh gegen Neuralgien , wenn solche rheuma-
tierhen Ursprung8 amd, acheint nach Dr. L. Hoff-
mann in 8ohwieboB (36) die Salicyls&ure ein gates
Mittel zn sein. Bei zwei mit lechias behafteten Pat.
rerochwand die gleieh von vornherein mit Salicyl-
atare behandelte Affektion nach 10 — llattlndlichen
Gaben von 0.5 Grmm. reiner Sftnre. Bei einem 3. Pat.,
weteher bereita 4 W. lang an Ischias gelitten, waren
20 Doeen nOthig. Ein Dienatmftdchen , welches aeit
8 T. an Qenchteschmerz erkrankt war, wurde dnrch
16 Gaben in genannter Starke, ein 18jahr. Bursche,
bei dem lntercoztalneuralgie nach Verlauf der Gflrtel-
rooe zurflckgeblieben war, durch lOmalige Dar-
reiehtmg deB Medikaments geheilt.
Aneh Dr. Faber (29) aah bei einer biaher
3 W. lang trotz Morphium and Chinin beetehenden
Proeopalgie dauernde Heilnng nach 16 Doaen von
8aHcylsftore von je 0.5 Gramm.
G. M.-R. Wunderlich in Leipzig (81) berieh-
tet von der Heilung eines rheiimatuchen Tetann *.
Bei dem Kr. hatte rich nach einer Durchniissung die
Htarre langaam blnnen 8 Tagen entwickelt. Die Stlrn-,
Kan- und Hals-, sowie die Bucken- und Bauckmuskeln
nnd die untern Extremitaten waren ergriffen. Die SenBi-
biHtSt war ungestSrt, der Pula langsam , die Temperatur
nicht erhftht. Nach 17 Doaen von standi, je V , Grmm.
reiner Salley Isiuze hatte die Spannung in den Nacken-,
Rficken- und Wadenmuskeln sichtlich nacbgelasscn , auch
konnte der Mund etwas geoffnet werden. Pat. erliiclt das
Mittel nun 2 — 3stiindl. und nach fernern 17 Gotten stellte
rick starkes Ohrensausen nnd SchwerhQrigkeit ein. Daa
Mittel wurde jetzt auagesetzt. A her schon am nachsten
Morgen wurde der Tetanus wieder starker , dazu kamen
Beklemmung und heftiges Zusammenschrecken. Das
Mittel wurde nun wieder ordinlrt. Aufs Nene besserten
slob die Symptome und Anfangs der 4. Woche konnte
Pat. das Bett verlassen. Warme Bader beseitigten die
letaten Spuren der Spannnng. Im tianzen waren 63'/i
Grmm. Salicylaaure genommen worden.
c. Hektisckes Fuber.
Fllrbringer (5) ging noch von der Anaiefat
sob, dans bei dem Fieber der Phthisiker die im Blnte
kreisenden pyrogenen Stoffe durch Salicyls&ure zer-
stflrt werden kdnnten. Da er Angatlich vermied,
grosae Doaen zn geben , ist in a&mmtlichen 7 Kran-
kengeachichten kein einziges Mai ein ersichtlicher
Abfall der Temperatur verzeichnet.
Fiedler (80) beobachtete bei Phthiaikern nach
dem Einnehmen grbsserer Doaen znweilen ganz
enorme T emperaturdifferenzen . Er aah einen Abfall
der Eigenw&rme von- 40° auf 33.8° in derSchweiaa-
periode. Solche Collapswirkungen scheinen doch
nicht unbedenklich zu aein.
Dr. v. Brnnn in Lippapringe (21) gab die Sa-
licylailure in Verbindung mit kohlena. Natron zn
gleichen Theilen in Waaser gelbat. Die Doaia wurde
ao bemeaaen, daaa ein EsslQffel der Lftaung ca. ein
Gramm SalicylaHure enthielt. Entweder warden
gleieh beim Ansteigeu der Temperatur 3 — 4 E&aldffel
auf einmal gegeben , oder ea wurde , wenn die Tem-
peratur ilberkaupt nur wenig ilber 38° 8tieg, tAglich
2 — 3mal ein Lbffel verabreicht. Bei 10 fiebernden
Phthiaikern gelang ea, trotzdem sie Wochen und
Monate lang Abends gefiebert hatten , eine dauernde
Entfieberung zn erzielen. Auaser einem Gefllhl von
Kratzen im Halae, bei grossen Doaen anch einem
Ekelgefllhl und Flauaein im Magen wurden unan-
genehme Srtliche Erscheinungen nie beobachtet. Im
Gegentheil konnte ein gtlnstiger Einfluss auf Steige-
rnng dea Appetita conatatirt werden. Die centralen
Erscheinungen (Ohrensausen, SchwerhSrigkeit) kamen
nur nach grossen Doaen, niemals nach getheilten
Gaben zum Vorachein.
Dr. Johansen (8) hat ebenfalls im Augusta-
hospital zu Berlin Phthisiker mit Salicylaaure behan-
delt. Er 1st geneigt, die unangenehmen lokalen
Wirkungen der noch nicht genllgenden Reinheit dea
Prftparats zozuschreiben. So grosse Doaen , wie
B n a 8 , hat er nicht zu geben gewagt. Doch wurden
auf Doaen von 1.5 — 2.5 Grmm. Tcmperaturrflck-
gknge von 1 — 2.5® C. beobachtet. Bei Laryngeal-
complikation glaubt J. die Salicylallure widerrathen
zu mtlssen.
B u a a giebt in seiner aclion frilher dtirten Bro-
achttre (22) einige Tabellen, die den EinfiuBB dee
aalicyls. Natron auf Temperatur und Pula seigen.
Beispielsweise :
Full 3. Abfall binnen 3 — 6 Std. von 39.6 auf 37.5®,
von 39.0 auf 38.0, von 40.0 auf 38.0 an drei verschiede-
nen Tagen, Dabei Vermiudening der I’ulsfrequenz um
12 — 16 Bchiage. Die Morgentemperatur an den darauf
folgenden Tagen fast normal oder subnormal.
Fall 9. Abfall vom Abend bis zum Morgen von 40.0
auf 37.0, binnen 3 Std. von 39.8 auf 37.0 wahrend der
Nacht. Bei 2 Doaen am Tage von 8 und 4 Gnnm sub-
normale Temperatur, welche ilber 36 Std. anhielt. Puis-
und Respirationsfrequenz scheinen kaum beeinfiusst zu
sein , da anch an andero Tagen , an denen keine Salksyl-
saure gegeben, dieselben Ziffern vorkoinmen.
Riess (67) widerrath in den letztenStadien der
Phthisis daa Mittel, da der Collapsus bedrohlieh wer-
den kann. — Riegel (66) fand die SalicyUAure
beim hektiachen Fieber von besaerer Wirkung ala
daa Chinin. Fischer (30) giebt beim hektiachen
Fieber ala Wirkung der Salicylafture die Verzogerung
dea Wiederanateigena der Temperatur an , berichtet
aber nichts von nachtheiligen Nebeneracheinungen.
d. Wechiel fieber.
Johansen (8) hat wiederkolt Intermittena ,
anftUle mit SalicylsAure behandelt, doch hat er
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Geissler, antipyret. Wirkung d. Salicylsaure u. s. w.
meistens nur geringere QuantitAten (bis 2 */ a Grinin.)
des Mittels gegeben. Die Kr. wurden ambulatorisch
behandelt. Ein Pat. musste spater nocli Chinin er-
halteu , 6 Pat. blieben aus der Kur weg , bei 8 Kr.
endlich blieben die AniUlle aus, uud zwar schien bei
mehreren unter ihnen die Heilung deiinitiv zu sein.
Kiegel (66) vermochte ebenfalls duroh Salicyl-
s&ure WechselfieberanfMe zu coupiren, doch stellten
sie sich nach Aussetzen des Mittels sofort wieder ein.
Fischer (30) sah nach successiver Darreichung
von 14 Grmm. einmal positive und einmal negative
Wirknng.
Wulffius (80) giebt an, dass bei drei Ver-
suchen, IntermittensanfUlle durch SalicylsJture zu
coupiren , zwar das Hitzestadiuiu ausgefallen , das
Schweissstadinm aber mit starkem Collapsus vcrbun-
den gewesen sei.
Dr. P. K. Pel in Leyden (55) untersuchte in der
dortigen Klinik die Wirkung der Salicylsaure bei
Intermittens. Er gab 4 — 16 Grmm. in der apyre-
tischen Periode. Die Pat. nahmen das Mittel ungern,
schadliche Folgen wurden niclit beobachtet. Von
9 Pat. mit quotidianem Fieber genasen 2 , ebenso
der eine Pat. mit tertianem Types ; bei 3 Pat. mit
qnartanem Typus zeigte sich gar keine Wirkung ;
bei den eben genannten 9 Pat. mit quotidianem Fieber
wurde 4mal nur ein vorllbergehender, 3mal gar kein
Effekt beobachtet. Von den gesammten 13 Wechsel-
fieberkr&nken wurden also nur 3 geheilt, die (Ibrigen
bedurften nocli der Cliininbehandlung.
e. Andre fieberhafte Krankheiten.
Beim Scharlach sah Stiegele (70) Tempera-
turabf&lle von 4° binnen 2 Std. , ebenso bei Pneu-
monic.. Bauer dagegen (ebd.) sah bei letzterer
Krankheit bis zum 5. Tage keinen Einfhiss auf die
KorperwArme. Beim Puerperaljieber sah Beck
(ebd.) einmal keinen Erfolg, einmal Collapsnstempe-
raturen. Sanger sah einen Fall von Puerperal -
fieber unter Salicylgabeu „sehr gtlnstig“ verlaufen.
Bei Diphtheritic (zum Theil mit Scharlach com-
plicirt) behauptet Schdffler (70) nicht nur viel
geringere Mortalitat , sondem ahch eine Abkflrzung
der Krankheit durch Anwendung der Salicylsaure
erzielt zu liabcn. Er gab tagliche Dosen von 1 — 3
Grmm. Dagegen wunle von Beck die' Nutzlosig-
keit aller Mittel gegen schwere Falle von Diphtheri-
tis betont. In manchen Epidemien habe man aber
zahlreiche Falle, welche gtlnstig verlaufen.
Die Pnerumonie wurde nach L. Riess (11),
welcher liber die umfiingliche Zalil von 85 Fallen
berichtet, sicher durch Salicylsaure beeinllusst, so-
weit es sich um die TemperaturhShe handelt. Meist
war der Fieberabfall auchvon subjektivem Wohlbefin-
den begleitet. Die lokalen Zeichen wurden nicht ge-
ftndert. Schwere und protraliiitc Falle warden in
ihrem sonstdgen Verlauf ebenfalls nicht umgestimmt:
11 zum grossen Theil sehr spat zugebrachte Pat.
st&rben. Zwei Kr. , welche schon am 1. Tage ein-
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geliefert warden, erfuhren, wie es schien, eine tetale
Coupirung des Fiebers, indem der eine bereits naek
24 Std., der andere nach 36 Std. dauernd fiebertrei
wui'de. Die lokalen VeriUiderungen hielten einige
Tage 1 auger an.
Fischer sah bei Pneumonic nur eine vorttber-
gehende antifebrile Wirkung, ebenso beim ErysipeL
Das Weiterschreiten der Rose wurde nicht ver-
hiudert.
Bei den Pocken versuchte Dr. Ernst
Schwimmer in Budapest (74) die Salicylatare,
jedocli nur in kleinen Dosen, indem er von euser
Ldsung von 3 — 6 G rmm . auf 100 — 150 Grauu.
Glycerin 1 — 2stllndl. einen EsslCffel voll nehmen
liess. Dass von einer antipyret. Wirkung auf dieee
Weise nicht viel zu ersehen war, musste man vor-
aussetzen. Die bftere Gabe zog Vf. vor, weil er ver-
muthete, dass dadurch der Organismus beaser ua-
pragnirt und dem Blattemstoff im Blute entgegen-
gewirkt werden kflnnte. Vor dem Ausbruch der
Pocken das Mittel zu geben, hatteVf. keine Gelegen-
heit. Die Kr. waren, als sie zur Aufnahme kamen,
im Eruptions- oder im Eitemngsstadium. Nur im
letzteren konnte man im Vergleich zu andern Fallen
vielleicht eine etwas geringere Hiilie der Eigenwftrme
als durch Salicylsaure erzielt annehmen. Der Pockeo-
verlauf selbst wurde nicht geandert, weder bei Kin-
dem , uoch bei Erwachsenen. Da bei den der Be-
handlung mit Salicylsaure unterworfenen Blatteni-
kranken keine das Bindegewebe betreffenden Naeh-
krankheiten vorkamen, was bei den tlbrigen exspek-
tativ behandelten dfters der Fall war, so hat hierbei
moglicherweise das Mittel eine gute Wirkung ge-
habt.
Femer hat Schwimmer auch einige Schar-
lachkranke mit der Salicylglycerimnisehnng in glei-
cher Weise behandelt. Sie wurde von dlesen lieber
genommen, als von den Pockenkranken. Der Ver-
lauf war gtlnstig, doch waren die Falle Qberhanpt
solche, welche zwar bei hohem Fieber, aber ohne
ungtlnstige Compbkation sich entschieden.
Die Masemlcranken , welche dei’Selbe Vf. der
gleichen Kur unterwarf, zeigten ebenfalls einen gttn-
stigen Verlauf. Die Fieberbewegungen waren mlssig.
Der Bronchialkatarrh wurde durch das Mittel nicht
verschlimmert.
Dr. B. Meding (51) gab einer Primipara,
welche nach einer leichten Entbindnng am 12. Tage
an einer Perimetritis erkrankte , 5mal je 5 Grmm.
Natr. salicylicum, und zwar Morgens. Die Abend-
temp. war 4mal geringer, und zwar betrug der
st&rkste Abfall 1.0° : von 40.4 anf 39.4° am ersten
Tage der Beliandlung. Einmal , und zwar am 2.
Tage der Behandlung , blieb die Wirkung aus, viel-
mehr folgte eine Steigerung von 38.4 auf 40.0°.
C. Anhang.
a) Saticin als Ersalzmittel.
Maelagau hat (47) bereits Ende 1874 das
Salicin gegen Riuumatismus angewendet, Er
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201
Geissler, antipyret. Wirkung d. Salicylsfture n. s. w.
gmg von der Idee ana, dass rheumatische Fieber zu-
weilen einen miasmatischen Uroprung haben. Acht
Beobachtungen werden ausffihrlich erzahlt. Bevor
er das Mittel verabreichte , probirte er es an sich
selbst , wobei er wahrnahm, dass bis zu 30 Grain
(=*» ca. 2 Grmm.) als Einzeldosia ohne den gering-
sten Nachtheil genommen werden konnten. Er liess
daher dem Pat. alle 3 Std. 12 — 20 Grain verab-
reichen , nnr einmal wurde die Gabe auf 30 Grain
4st<lndl. gesteigert. Nach Verlauf von 1 — 2 Tagen
trai eine Temperaturverminderung von 2 — 2 V* 0 C.
(von 39.5° bis zur Norm und darunter) ein und die
auf 112 — 120 gesteigerte Pulsfrequenz wurde eben-
failfl normal. Wurde in akuten Fallen das Mittel
frQhzeitig genng angewendet, so coupirtq es gleich-
zeitig mit dem Fieberabfall auch die rbeumatischen
Beschwerden. Bei subakutem Verlauf erfolgte die
Wirkung auf das Fieber fiUher, als auf die rheuma-
tisehen Beschwerden; auch bei nervOsen Pereonen
bielten letztere etwas l&nger an. Bei chronischem
Rhenmatismua war das Mittel unzuverlftasig.
Auch in einer zweiten Mittheilung (48) bftlt
Maclagan daran fest, das Salicin der Salicylsfture
vonraziehen , auch das salicyls. Natron unterscheide
sich nach seinen , vielleicht zuMlig unglilcklichen
Erfahrungen, in der drtlich reizenden Wirkung uicbt
sehr von der Sfture. Bei ilirn selbst bewirke die
kleinste Gabe („pinch“) der Sfture Gefllhl von Hitze
im Sc hi und, und 10 Grain vermtige er ohne Magen-
schmerz nicht zu ertragen , dagegen kOnne er selbst
sehr grosse Dosen des Salicin (30, selbst 60 Grain)
ohne Nachtheil vertragen u. dasBittere dieses Mittds
sei nicht unangenehm.
Brew (20) erzahlt einen Fall von Gelenkrheumatis-
mns bei einem l&jahr. MSdchen. Am 8. Krankheltstage,
als die Temp. Morgens auf 40.6° gestiegen war, bei einer
Pnlsfreqnenz von 120 wurden 3stundlich 12 Grain Salicin
verabreicht. Die folgende Nacht verlief besser, aas den
Schnltern und dem Nacken war der Schmerz gewichen,
die Temp, war am andern Morgen nm 1° gefallen. Die
3stfindliche Dosls wurde auf 16 Grain gesteigert und 4 —
6 Tage lang damit fortgefahren , bis die KSrperwSrme
normal geworden und die Schmcrzen aufgehort batten.
Auch G. T. Shof field (76) hat 13 Falle von
akntem Rheumatismus mit Salicin behandelt. Die Doeis
betrug 15 — 30 Grata. In frischen Fallen glaubt er eine
rasche Heilnng binnen weuigen Tagen in Aussicht stelien
zn kSnnen.
James Pol land erwihnt (66) einen Fall von
akutea Rheumatismus, der ebenfalla mit Salicin behandelt
wurde. Der Kr., ein 28jahr. Mann, hatte das Leiden in
alien Gelenken, er delirirte , namentlich des Nachts, eeit
3 Tagen, die Temp, betrug 39.0° , die Pulsfrequenz 120.
Nachdem er alle 3 Stunden 10 Grata Salicin genommen,
wurde die Nacht ruhiger , die Temp, betrug am nSchsten
Morgen •/,* weniger und die Zahl der Pulsschlage war um
12 gefallen. Pat. nahm das Pnlver 8 Tage hindureh.
Die Gelenkaffektlon hatte bedentend nachgelassen, Das
Fieber hatte anfgeh5rt. Nach dem Aussetien des fflttels
kehrten Jedoch die Erschetaungen in missigem Grade zu-
rftck. Es wurde deshalb von Neuem das Mittel gegeben.
Pat. genas daan in weuigen Tagen volhtindig.
Sydney Ringer (69) hat 4 Fftlle zusammen-
geateUt. Die Kr. waves weibiiehen Gesohlechte und
Med. Jahrbb. Bd. 171. lift. 2.
im jttngeren Alter (17, 19, 20 und 27 J.). Bei der
ersten Pat. war die Wirkung am wenigsten deutlich
und eine Perikarditis bildete sich wfthrend der Medi-
kation aus. Die ersten S> Tage wurden 20 Grain
3mal tftglich, die zweiten 5 Tage dieselbe Dosis alle
2 Stunden gegeben , dann wurde die Dosis auf 30
Grain erhOht , aber auch diese tftgliche Gesammt-
menge von 360 Grain vermochte nicht, die Temp,
bis zur Norm zu bringen. In den 3 andern Fallen
war dagegen der Effekt ersichtlicher , indem die
Temp, binnen 24 Std. fiber 1° C. herabging, die
Pulsfrequenz sich bald vcrringerte mid nach 4 Tagen
die rheumatischen Beschwerden aufgehort batten.
Das Mittel schieu Verstopfung zu bewirken , machte
aber sonst keine nachtheiligen Nebenerscheinungen.
George Parker May (60) behandelte einen
46Jfthr. Mann , welcher schon wiederholt seit 4 Jabren an
RheamatismoB erkrankt gewesen , bei einem Anfall von
Endokarditi * , welche er sich (lurch eine Erkaltnng zuge-
cogen, mit Salicin. Der Kr. hatte Palpitationen, Schmerz
hinter dem Sternum, AngBtgefQh) , allgemetae (Jlieder-
schmerzen, jedoch ohne deutliehe Schwellung. Er erhielt
4stundlich 20 Grata. Nach 2 Tagen war das Angstgefuhl
gertager, etwas Schlaf war eingetreten , die Temp, war
von 39° auf 38°, der Puls von 124 auf 106 herabgegangen.
Am nachsten Tage war die Oppression so gering , dass
Pat. nicht mehr im Bett zu sitzen brauchte , din Temp,
war normal geworden. Nach ferneren 6 Tagen war Pat.
reconvaleecent.
Ralfe (64) erzahlt in KQrze die Geschichte eines
Rhenmatikers von 22 Jahren. Die Temp, betrug am
2. Krankheitstage Morgens 40°, flel aber bis zum Abend
nach 6 Dosen von je 10 Grain Salicin auf 39.3°, die Zahl
der Pulsschlage von 120 auf 104. An den nachsten beiden
Tagen ging die Temp, unter 39° herab. Am 6. Krank-
heitstage waren Schmerzen u. Fieber ganz versehwunden.
Prof. Senator (75) hat ebenfalls das Salicin
angewendet. Er erprobte es als Antipyretikum bei
Parametritis, Typhus und Phthisis. Beim Rheuma-
tismus konnte er es bis jetzt noch nicht versuchen.
Die Dosis betrug 2.5—6 Grmm. S. erklftrt die
antifebrile Wirkung einfach dadurch, dass Salicin im
Organismus ganz oder zum grossen Theil in Salicyl-
sfture uragewandelt wird. Die unangenchmen lokalen
Wirkungen kommen bei dem Alkaloid in Wegfall.
Auch Buss hat neuerdings (23) Versuche mit
Salicin gemacht. Er bezweifelt, dass Salicin ein
Ereatzmittel der Sfture und deren Salze werden
kOnne. Da das Alkaloid im KSrper ausser in Sali-
cylsaure , auch noch in salicylige Sfture und Salige-
nin zeraetzt wird , ein Theil deaselben auch unzer-
setzt bleibt, ist eine gleich rasclie Wirkung kaum
zu erwarten. In der Tliat lftsst sich nach dem Ein-
nehmen von Salicin erst nach 4 Std. dasselbe im
Urin nachweisen.
Die einzelnen Versuche mit Salicin in Einzeldosen
von 6 — 10 Grmm. (einmal sogar 12 Grmm.) fielen
im Vergleich mit eutsprechendcn Gaben des salicyl-
sauren Natron (4 — 8 Grmm.) nicht zu Gunsten des
ereteren aus. Es wurden mOglicliat dieselben Tages-
stnnden und dieselben Temperaturgradc zurControIe
benntzt. Nach Abzug von 10 Fallen, in deuen ver-
schiedene Nebenumstftnde einen Vergleich unsicher
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202
v. Holder, Wttrtemberg’s Schftdelformen.
machten, blieben 6 Ubrig, deren Temperaturtabellen
in 28tllndl. Messungen Vf. ausflihrlich mittheilt. Wir
kdnnen bier des Raumes wegen nur in kurzcr Ueber-
aicht erwilhnen , wie sich die Temp, jedeamal vier
Stunden nach der Einverleibung des Mittels ver-
hielt.
1) Tuberkutbser Patient: erhielt an 4 Tagen 4mal
aalicyU. Natron and an 6 Tagen 6mal Salicin. Effekt bei
ersterem : Abfall von 0.6 bis 1.7° C. , bci letzterem nur
elnmal Abfall von 1.5“ C. , 4mal Steigen der Temp, von
0.2 bis 0.6°.
2) Hektisches Fieber: Salicyls. Natron 9inal an 5 T. :
dabei nach 4 Std. 2mal Steigerung von 0.9 bis 1.3° C.,
7mal Abfall von 0.2 bis 0.9° C. Dagegcn Salicin 12mal
an 7 Tagen: 6mal Steigerung am 0.2 bis 1.1° C. , Abfall
6mal uxn 0.2 bis 0.9° C.
3) Croupou Pnevmonie: 2mal aalicyls. Natron mit
lmal Abfall von 1.7 und 2.0“, 3mal Salicin mit einem
einm&ligen Abfall von 0.8°, cweimaligem Steigen von 0.9
und 1.2° C.
4) Pnevmonie und Nephritis: 7mal salicyls. Natron
an 4 Tagen, dabei 6mal Abfall von 0.2 bis 2.1°, einnial
(in der ApnBe) Steigerung von 1.7°. Dreimal Salicin an
2 Tagen : 3mal Abfall um 0.5 bis 0.7“.
5) Hektisches Fieber: 4mal salicyls. Natron, danach
stets Abfall nm 0.8 bis 1.8° ; dagegen 4mal Salicin mit
einem Abfall (3mal) bis 0.2“ nnd einer einmaligen Steige-
rnng am 1.5° C.
6) Hektisches Fieber : 6mal salicyls. Natron mit stetem
Abfall um 0.2 bis 3.0°, dagegen 3mal Salicin, wobei lmal
Abfall um 0.8°, 2mal Steigerung um 0.1 und 0.8“ C. nach
4 Stunden.
Aus dem Leeds general Infirinary giebt der As-
sistenzarzt E. H. Jacob 9 Krankengeschichten (57).
Bei 5 Pat. wurde Salicin, bei 4 wurde salicyls. Na-
tron gegeben. Alle litteu an Rheuruatismus , die
meisten kamen erst ziemlich spat in Behandlung.
Bei Allen hatte sich bereits eine Herzcomplikation
auBgebildet. Die mit Salicin Bebaudeltei heduiften
je lmal 5 und 8 Tage und 3mal 16 — 17 Tage bis
zur Entfieberuug , wSlirend die mit salicyls. Natron
Behandelten bereits nach 24 Std. schmerzfrei waren
und gleichzeitig die Temperatur rascb herabge-
gangen war.
b) Creositmstture.
Der in therapeutischen Experimenten unermfld-
lich tbatige Bubs hat numnehr anch (24) in der
Creositinsllure ein antipyretisches Mittel geftmden.
Diese wird aus Creosol dargestellt , indem man in
creosylsaures Natron KohlensSure einleitet. Sie hat
die Formel C g Hg 0 3 und bildet feine, weisae, pris-
matische, in heissem Wasser, in Aether und Alkohol
leicht ldsliche Krystalle. DieSfture reizt dieSchleim-
haut ganz ahnlich wie die SalicylsHure, das Natron-
salz dagegen hat keine lokale Wirkung und ist in
Wasser leicht Idslich. Vf. experimentirte mit dem
Natronsalz zunftchst an sich selbst und gelangte bis-
her zu dem Ergebniss, dass bis zu 8 Grmm. genom-
men das Mittel keine Congestionen nach dem Kopfe
macht , so wie dass die einzigen Erscheinnngen
in OhTensausen bestehen, welches einige Stunden
nach dem Einnehmen auftritt. Schweissbildang
wurde bei fiebernden Personen , im Gegensatz zu
Salicylsflure , nur ausnahmsweise beobachtet. Die
Temperaturherabsetzung erfolgte rasch, sie betrug
binnen 2 — 4 Std. 2 — 3° C., selten weniger. Bei
alien fieberhaften Krankheiten wirkte dieses Mittel
fieberwidrig , ganz Shnlich wie die Salicylsfture.
Beim Rheumatismus schien sie auf den drtlichen
Process ebenf&lls einen gflnstigen Einfluss zu haben.
Weitere Mittheilungen behftlt sich Vf. vor.
G. Kritiken.
67. Zasammenstellung der in Wdrtemberg
Vorkommenden Sch&delformen : von Dr.
H. v. Holder, O.-M.-R. in Stuttgart. Mit
1 Karte und 6 Tafeln. Stuttgart 1876. E.
Schweizerbart’8che Verlagshandlung. gr. 4.
VI u. 35 8. (6 Mk.)
Der Versuch , eine Wflrtembergische Lokal-
CTaniologie aufGrundlage einer theilweise neuen und
eigenthllmlichen Untereuchungsmethode aufzustellen,
kann nur die vollste Bcachtung aller Craniologen und
Anthropologen in Anspruch nelimen. Es war des-
halb ein recht glttekliclier Gedanke, die vorliegende,
in den Wttrttemb. naturw. Jahresheften (Jahrgang
1876) niedergelegte ausgezeichnete Abhandlung ala
Separatabdruck einem grdssem Publikum zugUngig
zu machen.
Die erste Abtheilung (1 — 17) handelt tlber die
Schadelformen , die zxoeite Abtheilung (17 — 35)
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enth< eine Verglei chung der Ergebnisse der
Schadeluntersuchung mit den geschichtlichen Tkat-
sachen und den linguistischen Hypothesen.
Bei der liistorischen Skizzirung erschien eine
Beschrftnkung auf die WUrtembergischen Bevfllke-
rungsverhSltnisse unstatthaft, viebnehr musste bei
diesem geschichtlichen UeberblickeGesammtdeutach-
land in’s Auge gefasst werden.
Die Germanen, sagt der Vf., treten al* fertige, reioh
entwickelte, von den ubrigen europaiachen acharfgeechie-
dene Basse in die Geschicbte ein. Wie aber die Beschaf-
fenheit three Skelets durch die Reihengraber vollstandig
bekannt ist, so ist auch ihr ubriges kSrperllches Verbalten
durch*die Zeugnisse der Schriftsteller dee Alterthums fast
vollstandig bekannt. Schon beim eraten Auftreten in der
Geschichte unterecheiden sie sich in auffaliendster Weise
von alien ubrigen europaisclien Rassen.
Durch die Rftmerkriege wurde ein Thell der Germa-
nen auf das rechte Ufer desllnterrheins und auf das linke
Ufer der mittlern Donau aurfickgedr&ngt ; die Waffea-
fSbigen der Beslegten warden theils sa Sklaven gemacbt,
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
203
v. H 0 1 d e r , Wartemberg’s Schadelformen.
feeds to w tf w i ito Gegenden des Keiehs zuro Kriegsdienst
and oodi oar Colonlsirong verideter Landet riche entsen-
det , und our zur Bebauung des an rSmische Burger und
an Veteranen vertheilten Landes bliel) ein Thell der Ein-
gebornen zurfick. So warden also diese Strecken germa-
nisehen Landes romanisirt. Anseer den rSraischen in
goddentschland stationirten Legionen kamen auch H&lfs-
truppen aus vereehiedenen Landern dea rOmischen Reichs
dahin , die sich ohne Zweifel weiterhin dort mit an-
siedelten.
Void 8. Jahrhundert christlicher Zeitrechnnng an gab
as fast keine Nation der den R5mern bekannten Erde, die
nteht Colonisten zur Anbauung verodeter Landstriche in
alien Theilen des Reiches geliefert hatte. Von den Ger-
tnanen kamen Gothen in alle Theile Italiens und Panno-
niens, Bastamen in grosserZahl nach Thraclen, Chamaven
und Friesen nach Gallien (bei Amiens, Langres u. s. w.),
8kyren nach Kleinasien. In ethnographischer Beziehung
bemerkenswerth sind femer die zahlreichen Sarmaten-
colonien , welche seit Constantins im rSmischen Rciche
▼ertheilt warden, so namentlich in Afrika. Constantin
siedelte 300000 in Gallien, Italicn, Tiiracien , Macedonian
nnd Skythien an. Im J. 308 kamen Sarmatencolonien an
die Eifel und in die Ardennen , von denen ohne Zweifel
die jetzt noch in diesen Gegenden vorkommenden zahl-
reichen Brachycephalen stammen. Am Ende dee 4. und
zn Anfang des 5. Jahrhunderts werden zahlreiche Sarma-
tencolonien in Unteritalien, in Mittel- nnd Oboritalien auf-
gefnhrt. In Gallien aber kommen 4 Praefecti gentilium
Saimatorum vor. in der Anvergne , in der Umgegend von
Paris and Rheiins, im Velay und Forez, bei Autun.
Durch die VSlkerwanderung riickte das germanische
Volkselement wieder entschieden nach dem fruher inne-
gehabten Westen vor , wahrend dagegen im Ostcn weite
Strecken germanischen Landes frei warden , so dass nnn
slaviscbe Vftlkcrechaften bis in dieMltte Pontschlands vor-
drangen. Die weiterhin durch Jahrhunderta sich fort-
setzenden Kampfe der Deutschen mit den Slaveu im
Osten , die EinfSlle der Avaren , der Magyaren veranlass-
ten manchcrlei ethnologischc Vcrandemngen an den ver-
schiedensten Pimkten Deotschlands nnd eine nachwirkende
Dnrehsetzung der germanischen Bevdlkernng mit nicht-
gennanischen Elementen. Andererseits liegen auch viel-
fache Nachrichten vor von Colonisirting nichtdeutscher
Bezirke dnrch germanische Auswanderer.
Dass also der germanische Typus, den wir durch
Tacitus genauer kennen, an verschiedenen Punkten
Deotschlands wesentllch verandert , wenn nicht gar ver-
nichtet wnrde, kann gewiss nicht Wunder nebmen. Ein
nnverfangliches Zeugniss liefert die zuerst im Jahrc 1046
prschienene und in 4 Auflagen verbreitete Schrift des
Helmstadter Professor Herrmann Conring : De habitus
corporum germ anico rum antiqui ac novi causis. Die jetzi-
gen Deutschen, sagt Conring, haben nicht mehr, wie zur
Zeit der Romer , eine und dieselbe KSrperbcschaffenheit,
send era zeigen ganz ansserordentliche Abweichungen , so
dass man kaum glanben kann, sie stammen alle von jenen
ab , vielmehr annehmen muss, dass sie sich mit andern
Volkern vermischt haben. DerKSrper hat sich bedeutend
verachlechtert, and es istZeit, auf Mittel zarVerbesserung
desselben za denken. Es giebt zwar in Deutschland mehr
gro&se Leute mit blauen Augen, blonden Haaren und
weisser Haut, als in Frankreleh , Spanien, Italien und
andern Landern , aber in einigen Gegenden des Landes
giebt es Stimme (nationes) , bei denen kleine Statnr,
dunkle krause Baare und branne Augen vorherrschen.
Anch der 30Jahr. Krieg trug vielfach zu einerDurch-
mengung der Bewohner Deutschlands bei , namentlich
dnrch die vielerlei Versuche , die hin und wieder gemacht
warden, den Verlust an Menschencapital wieder auszu-
gteichen. Bo gewahrte der grosse Kurfurst Friedrich
Wilhehn von Brandenburg alien Ileimathlosen in seinem
Lande Znflucbt, nnd nicht nur aus deutschen Landen,
sondern auch aus l’ieraont , England , Irland , Polen kam
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Zuwachs, und dazn gesellten sich noch seit 1672 die fran-
zSsischen Refugi^s.
Die heutigen Bewohner Europas, znmal Deutschlands,
sind mithin ein buntes Gemlsch verschiedener Rassen ;
von dem Vorherrschen des einen Oder des andern Elements
hingen die Eigenthumlichkeiten der verschiedenen Natio-
nen ab. Nnr in einem Theile von England, Schweden und
Deutschland ist der germanische Typus vorherrschend,
aber wohl nirgends ganz unvermischt. Im grossern Theile
von Deutschland kommen brachycephale Elemente neben
dem germanischen Elemente vor, oder dieselben haben
selbst das Uebergewicbt. Andererseits hat ein grosser
Theil der Bewohner Spaniens , Frankreichs , Italiens,
Bohmena , Polens eben so viel germanisches Blut in den
Adern, als die Bewohner vieler Theile Deutschlands. Die
germanischen Elemente werden aber um so seltener, je
welter man sich von der heutigen deutschen Grenze nach
Osten entfernt , und die letzten Auslaufer der indo-germa-
nischen Volker in PerBien und Indien scheinen durch eine
starke Kluft von ihren europaisehen Stammesgenossen
getrennt zn werden.
Dieae ethnologisch-historische Skizzo umfasst die
wahre Grundlage ftir eine richtige Wllrdigung der
ersten Abtheilung von Holder’s Schrift , die sich
flber die in Wdrtemberg vorkommenden Schadel-
formen verbreitet. Das zur Untersuchung benutzte
Material umfasst 962 Schadel von Erwachsenen auf
wflrtembergischem Gebiete, daninter 66 aus Ildhlen,
Grabhllgeln und rttmisclien Grabern, ferner 170 aus
sogen. Reihengrabern , die wahrscheinlich seit dem
5. Jahrhundert im mittlem und siidlichen Deutsch-
land in Aufnahmc gekommen sind, sodann 178 an
frischen Leichen untersuchte Schadel ; die llbrigen
waren Grabern des Mittelalters und der neuern Zeit
entnommen.
Ftir die frflhern Messungen wurde die allgemein
angenommene Mittellinie des Jochbogens als Grund-
linie benutzt, bei den spatern Messungen jedoch
wurde die Grundlinie v. I lie ring’s substituirt,
die durch den obem Rand des GehOrgaugs und die
Mitte des untern Orbitalrandes geht. Nur die geraden
Linien der Lftnge, der Breite, der H5he u. s. w. hat
Holder in denBereich seiner Messungen aufgcnom-
men, den horizontalen Unifang des Schadels , den
sagittalen Bogen und dessen einzelne Theile , ebenso
die verschiedenen queren Umfangslinien hat er unbe-
rticksichtigt gelassen.
Aus den Maassen der untersuchten Schadel ein
arithmetisches Mittel zu berechnen und danach einen
Nonnal8chadel ftir die Wtirtembergische BevOlkerung
zu construiren, wurde aus triftigen Grtlnden ftir nutz-
los erachtet. Dagegen hat es Holder untemom-
men , alle von ihm genau untersuchteu Schadel auf
W iirte mbergischem Gebiete in natflrliche Familien
einzntheilen , wobci ihm lediglich die Gestalt der
Schadel , wie sie in der Norma verticalis , occipitalis
und frontalis liervortritt , maassgebend war. So hat
er denn nicht weniger als 49 von einander zu unter-
scheidende Schadelformen kennen gelernt, wobei
noch 3 Formen ansgeschlossen wurden, ftir die nur
je rin defektes Exemplar zu Gebote stand. Ein
Reprasentant dieser verschiedenen Formen, wo m5g-
lich ein mannlicher Scliadel , findet sich , in Viertels-
grOsse in der Norma verticalis , occipitalis und fron-
Origina I from
UNIVERSITY OF CHICAGO
204
v. Haider, Wttrtemberg’s Sehftdelfbnnen.
t&iis photo graphisch aofgenommen , auf den beige-
gebenen fi Tafeln abgebildet. In einer Tabelle sind
die 49 Formroprftsentanten ho znsammengestellt, dass
der Lftngenbreitenindex von der geringsten Breite
(72.9) zur gritesten Breite (93.2), also von der
Dolichocephalic zur Brachycephalie fortschreitet, und
es ist zugleich der jcdem einzelnen Reprilsentanten zu-
kommendeLftugenhalieindex beigefllgt, der natUrlich
nicht den gleichen Gang mit dem Lftngenbreiteindex
einhftlt, sondcrn Hprungfonnig bald wftchat , bald
kleiner wird. Unter den also geordneten Schftdel-
formen lassen sich nun ohne Millie drei extreme oder
fundameutale Typeu unteracheiden, ein dolichocepha-
ler und zwei brachycephale. Den dolichocephalfn
TypUB nennt H elder den germanischen Sehiidel
(G) , den einen brachycephalen Typus bezeichnet er
ala turanischen Schadel (T) , den andem brachy-
cephalen Typus als aarmatischen Schadel (S).
Bei der Wahl der Namen ftlr diese 3 fundamen-
talen Schftdelformen hat sicli Holder nicht etwa
durch die Linguistik bestinunen lassen , deren Ein-
driugen in die craniologischen Studien er vielmehr
entschieden pcrhorrescirt , sondern durch Rtlcksicht-
nahme auf die liiatorisclic Entwickelung des Volks-
thums. Die Wdrter gerinaniach, turanisch, sarmatisch
sollen nur eine gute Species im Sinne der Zoologie
bezeiclmen.
Die Bezcichnung jener bestimmten dolichocepha-
len Formen als germanische. Schadel stfltzt sich auf
folgende Grttnde. Die in den Reihengriibern Sttd-
deutschlands gefundenen Schadel weiaen mit ganz
wenigen Ausnahmen auf einen constanten Menschcn-
8chlag hin , dessen Schftdelform in einer Weise ab-
gegrenzt ist , wie es nur seltcn und nur bei unculti-
virten, lange Zeit riumlich abgeschlossenen VOlkern
vorkomrat. Diess gab bereits Ecker Veranlassung,
einen besondern Reihengrftbertypus aufzustellen.
Durch Lindenschmit’s archftologischc Untcr-
8uchungen ist aber Uberzeugend nachgcwiesen wor-
dcn , dass in diesen Grftbem , welche sicb von der
Zeit der VOlkerwanderung an (lbcr mindestens 5 Jalir-
hunderte erstrecken , nur Gennanen liegen kOnnen,
d. h. die besitzende Klasse der dainaligen Bevfllke-
mng. Ebenso ist es als erwiesen zn betracliten, dass
in den Reihengrabem der Niedersacbsen , Angel-
8achsen, Franken, Burgunder, ThUringcr, Baiem und
Allemanncn Uberall diese in ihren wesentlichen
Eigenschaften vbllig constante Schftdelform mit ganz
verschwindenden Ausnahmen wiederkehrt. Sodann
Btimmen die rrtmischen und griechischen Schriftsteller
ohne Ausnahme darin zusamraen, dass die Gennanen
ihrer Zeit durch die ganze ftussere Erscheinung (auf-
fallende KOrpergrosse , blondes Haar, blaue Augen)
von den flbrigen bekannten VSlkern sich unterschie-
den. Es ist ferner historisch erweislich, dass wesent-
liche staatliche Einrichtongen der einheitlichen Er-
haltung des germanischen Volkselements Vorschnb
geleistet batten und auch noch Jahrhunderte lang
weitcrhin Vorschub lcisteten. Ganz irrthflmlich ist
dieser ftchte altgermanische Typus, der in deu
Reihengrftbern sub otfenbart, als kalMathar Typos
ansposannt worden, und ein Theil der engHsehen,
franzdaischen, schweizerischen Gelehrten, auch wohl
deutsche nicht ausgeschlossen , hftlt noch immer an
dem keltischen (gftlischen) Typos fest. His und
Rtltimeyer, auf die Angaben Troyon’8 fiber
die Charaktere der bei solchen Schfideln gefnndenen
Grabbeigaben sich stfitzend , glaubten in dieser
Schftdelform den romischen Typus finden zu dttrfen ;
Lubach dagegen erklftrt diese Schftdelform ftlr
specifisch friesisch oder hollftndisch und zfthlt die
Germanen den Brachycephalen zu ; Virchow end-
lich will diese Schftdelform als allemanaischen Typus
angesehen wissen.
Den einen brachycephalen Schftdeltypns bezeich-
net Hfilder deshalb als turanisch, weil diese wohl
charakterisirte Form in Sammlungen sowolil als in
Abbildungen unter den von Tttrken, Mongolen, Tar-
taren und Happen stammendeu Scli&deln am hftufig-
sten vorkommt.
Den andem brachycephalen 8chftdeltypns aber
bezeichnet er als sarmatisch , weil er in alien slavi-
schen oder mit Slaven (Wenden) vennischten BevOl-
kerungen der vorherrschende ist. Das Wort slavisch
zu wfthlen erachtete er ftlr glcich unpassend, als
wenn er den germanischen Schftdeltypns mit dem
Namen des deutschen hfttte belegen wollen. Ganz
prftgnante Exemplare der sarmatischen Schftdelform
linden sich fibrigens nicht allein in den Lftnderu mit
slavisch redender BevOlkerung, sondem ebenso in
Granbfindten, flberhaupt in der dstlichen Schweiz, in
Tyrol, in Oberitalien, in den Bcinhftusern der Bre-
tagne (Umgebung von St. Malo und Roscoff ) , wes-
halb sie auch vielfftltig in der Sammlnng der anthro-
pologischen Gesellschaft in Paris vertreten ist. Anch
in diesen Gebieten ist der sarmatische Typus in oiuem
mehr oder weniger starken Verhftltnisse mit dem
turanischen vermischt, gerade so wie diess R e t z » u s
unter den Lappen, Landzert in GroesmssUmd,
Weissbach in den slavischen Lftndem Oester-
reichs fand.
Im J. 1S67 hatte fibrigens Holder die beiden
brachycephalen Hanptformen zusammen als liguri-
schen Typus bezeichnet, weil ihm damals noch nicht
hinreichendes Material zu Gebote stand.
Folgendes ist die Charakteristik der genannten
drei Grundtypen :
a) Der entschieden dolichocephale germanische
Typus zeigt ein schmales Vorderhaupt , hohe Stirn,
hervorragende Nase, ein an der Spitze der Lambda
naht einen leichteu Absatz bildendes und in der Form
einer stumpfen Pyramide hervorragendes Hinterhanpt,
ein in der Norma vertical! s ein lang^estrecktes , ab-
gestumpftes Sechseck darstellendes , in der Norma
occipitalis aber dachfOrmiges SchildelgewOlbe , mit
fast senkrechten Seitenwftnden. Die Basis (Entfer-
nung der Spitzen beider Processus mastoidei) ist
ziemlich eben so breit , als der (Ibrige Schftdel ; die
breiteste Stellc des Schftdels liegt nahe der Basis und
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306
v. Holder, Wtrtemberg's Scbadelformen.
OUt nicht veil hinter die Mitte des Ltogendnrcb-
meaen. Die Hflhe des Sch&dels flbersteigt dessen
Breite. Dae Gesicht ist raehr prognatli , als bei den
beiden andera Typen ; es erscheint wegen der senk-
recht stehenden Jochbeine und der erbeblichen Hdhe
des Unterkiefers lftnglich-schmal.
b) Der brachycephale turanitche Schftdel (bis
jetzt hut durch 10 Exemplare nnter den wtirtem-
bergischen Schideln vertreten) erscheint in der Norma
occipitalis und verticalis kreisfbrmig. Die breiteste
Stelle ftllt ganz nahe der Mitte des Lkngendurcli-
messere j der Breitedurcbmesser kommt der grdssten
Linge sehr nahe und llbertrifft die Hdhe bedeutend,
so dass die Differenz zwischen Ldnge und Breite
meist nahezu gleicb, haufig geringer ist als zwischen
Breite und Hdhe. Immer aber giebt diese Differenz
kleinere Zahlen , als bei den beiden andern Schadel-
typen. Die Stim ist breit , niedrig , und hinter ihr
wfllbt sich der ScliSdel seitlich hervor. Das Hinter-
hanpt bildet eine ununterbrochene kugelige Wdlbnng.
Die Schadelbasis ist erheblich schmaler als das Ge-
wdlbe an seiner breitesten Stelle. Das Gesicht, das
einen cigenthtimlich finstern Ausdruck hat, ist nahezu
orthognath, breit und nindlich ; die Jochbeine stehen
stark hervor und ihr untercr Rand ist nach aussen
gerichtet ; die Nase ist klein , glatt , wenig hervor-
ragend , die Naaenwurzel tief cingeschnitten. Der
Untcrkiefer ist weniger lioch als am germanischen
Schidel.
c) Der brachycephale tarmatitche Schftdel hat
in der Norma verticalis eine stumpfe Eiform, ist also
nicht ganz so brachycephal, wie der turanische. Die
breiteste Stelle ftllt weit hinter die Mitte des LSngs-
durchmessers. Die Breite tlbertrifft die Hdhe, doch
ist die Differenz beider viel geringer, als jene zwi-
schen Lange und Breite. In der Norma occipitalis
zeigt sich eine flache Wdlbung des Schadeldachs
sowohl , als der Seitenwiinde. Die Stirn ist mkssig
breit und boch. Die Schadelbasis ist schmftler als
das Gewdlbe, jedoch verhftltnissmftssig nicht ganz so
achmal als am turanischen Schftdel. Das Hinterliaupt
bildet eine platte Wdlbung und ist nicht abgesetzt.
Das Gesicht , hoch und schmal , nahezu orthognath,
hat eine nnr in geringem Grade schief gestellte Joch-
beinplatte, einen niedrigen Unterkiefer, und im Gan-
zen eine elliptische Form. Die Nase von mittlerer
Grdsse, die Naaenwurzel mSssig eingeschnitten.
Auch das Gehim zeigt nach H d l d e r ’ s Unter-
suchungen bei diesen 3 extremen Schadeltypen we-
sentliche Unterschiede der Gestaltung, die besonders
bei einer Vergleichung des germanischen und des
turanischen Typus grell hervortreten. Am germani-
seben Gehirne ist der Hinterhaupts - und Scheitel-
lappen stark entwickelt, ersterer (lberragt das kleine
Gehirn oft bis zn 3 Centimeter. Die Windungen sind
im Ganzeu sohmaler, am Hinterhaupts- und Scheitel-
lappen reicher entwickelt , weniger am Stirnlappen,
am wenigsten am Schlafenlappen , der flacli und
gerade gestreckt ist. — Am turanischen Gehim,
(lessen Schlafenlappen breit, dick und vorne nach
einw&rts gekrttmmt ist , erscheinen die Windungen
am ganzen Gehim im Durchschnitt breiter, mit Aus-
nahme des Stirnlappens, der auf der convexen Flftche
eine reichlickere Windungsgliederung zeigt, als der
germanische Typus. Der Hinterhauptslappen ist
klein, nur wenig entwickelt, liberragt das kleine
Gehim nur wenig ; der Scheitellappen ist flach und
ftrmer an Windungen. — Beim sarmatischen Gehirne
ftllt besonders die reichliche Entwickelung der Win-
dungen am Stim - und Scheitellappen auf, wfthrend
derllinterhauptslappen naliezu eben so schwach ent-
wickelt ist, als am turanischen Gehirne. — Eine
Eigenthlimlichkeit beider brachycephaler Typen
glaubt lift 1 der noch darin gefunden zu haben, dass
die Fissura occipito - parietalis senkrecht auf der
Lkngsachsc stelit , linger und tiefer ist, als beim
germanischen Typus, wo sie kttrzer und ganz ge-
wdhnlicli schief nacli vorn und aussen gerichtet ist.
Die ttbrigen typischen Scbadelformen Wtlrtem-
bergs, die sicli den 3 genannten extremen Formen
G, T nud S nicht subsumiren lassen, sind als Misch-
formen aufzufassen, sie sind das Produkt der von
den zeugenden Eltem auf ihre Kinder sich erstrecken-
(len Vererbung. Leicht kann man sich davon llber-
zeugen , (lass die Beschttftigungsweiae oder die Le-
bensart nicht genttgt, urn im Verlaufe der Genera-
tionen eigengeartete ScliAdelformen hervorzubringen.
Es giebt keine Bauernschadelform in WUrtemberg,
obgleicb diese Bevdlkerungsklasse durch eine Reihe
von Generationen die Besehftftigung nicht gewechselt
hat. Gerade die biuerliche Bevolkerung Wtlrtem-
bergs zeigt die mannichfachste Abwechselung der
Schadelform von der extremsten Brachycephalie bis
zu jener dem Reihengrabertypus entsprechenden Do-
lichocephalic. Ebenso giebt es keine Handworker-,
Beamten-, Schriftgelehrten-, Faullenzer-Schadel, trotz
der Tliatsache , dass diese Beschaftigiuigsweisen in
maneben Familien seit vielen Generationen auf ein-
zelne Familienglieder immer wieder vererbt wurden.
Bei geistig beschttftigten Familien mag wohl der
Schkdel iin Ganzeu grosser sich darstellen, die
typische Form desselben erf&hrt aber durch die
Geistesarbeit keine Verandemng. Dass die typischen
Eigenschaften des Schftdels angeboren und nicht er-
worben werden, lehrt auch die Untersuchung der
Neugebomen. Schon bei der Geburt sind die Kinder
dolichocephal oder brachycephal, und sie behalten
wihrend des ganzen Lebeus diese angeborne Schadel-
form. D«b Gehirn der dolichocephalen Neugebomen
zeigt sogleich die eigenthtlmlicho Gestalt der Hinter-
hauptslappen und die mkssige Entwickelung der
Windungen an den Stirnlappen.
Wo beide Eltem die gleiche Schadelform be-
aitzen , die einem der 3 extremen Typen stark ge-
nahert ist, (la zeigt die Nackkommenschaft um so
siclierer die gleiche Kopffonn und die gleichen sonsti-
gen kbrperlichen Eigenacliaften. Eltem mit entschie-
den bracliycephalen Schadeln, dnnkeln Augen mid
ITaaren haben nur brachycepliale Kinder, niemals
dolicliocephale , und ebenso umgekekrt. Nur danu
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206
Bericht der Krankenanstalt Rudolpb-8tiftung.
ist dices nicht der Fall, wenn sich die Schildelfonnen
der Eltern in umgekehrter Richtung von einander
entfernen. Je entfemter die Schadelformen der
Eltern von den extremen Schftdeltypen sind , oder je
differenter die Formen beider Eltern sind, desto ver-
schiedener sind im Allgemeinen die KOpfe der Kin-
der, ohne dass sie sich jedoch sehr weit von den
elterlichen Formen entfernen , d. h. also ohne dass
es zu einer grflssem Reihe von Mischformen kommt.
Anch bei mehreren auf einander folgenden Gcnera-
tionen bleiben die Schadelformen im Ganzen station&r,
so lange nicht dnrch Verheirathung neue Elemente
in die Familie eintreten. Gar nicht selten folgt ein
Theil der Kinder der Kopfform dcs Vaters, ein an-
derer Theil der Kopffonn der Mutter ; es haben aber
auch wohl alle Kinder Mischformen zwischen beiden
Eltern. Man findet jedoch auch Familien, wo beide
Eltern zwar die nkmliche Schfidelform besitzen , die
aber zu den Mischformen gehOrt, und wo die Kinder
theils liOhere, d. h. dem einfachcn Typus nfther
stehende, theils niedrigere , d. h. vom einfachen Ty-
pns sich weiter entfemende Formen besitzen.
Die tibrigen neben den 3 besprochenen extremen
Typen der wllrtembergischen Schadel unterechiedenen
Formen bezeichnet Holder somit als Mischformen,
und diese lassen sich zunftchst wieder in 3 Reihen
unterscheiden, eine sarmatisch-turanische (ST) , die
neue 4 Formen umfasst , sodann eine grosse germa-
nisch-turanische (GT) und eine grosse sarmatisch-
germnnische (8G) Reihe. Bei der germanisch-tura-
nischcn Reihe wachsen L&ngedurcbmesser und HOhe-
dnrchmesser gleichzeitig , wfthrend der Breitedurch-
messer abnimmt. Zu ihr gehOrt auch eine Unter-
abtheilung, bei der sich imGcsicht und in der Norma
occipitalis eine Hinneigung zum sarmatischen Typus
knndgiebt; das sind germanisch - turanische Misch-
fonnen mit geringer sarmatischer Beimischung. Bei
der sarmatisch-gennani8chen Reihe , wo der Lftnge-
znnahme eine Hdhezunahme nicht parallel geht, son-
dern die HOhe im Vergleich zur Breite abnimmt,
findet sich andererseits eine Unterabtheilung mit ge-
ringer turanischer Beimischung. Endlich giebt es
auch sarmatisch-turanische Mischformen mit geringer
germanischer Beimischung.
Unter den 170 Reihengraberschftdeln, die dnrch
Holder untersucht wurden, zeigten 134 rein ger-
manische Formen und 34 z&hlten zu den germanisch-
tnranischen Mischformen, standen also dem germani-
schen Typos ebenfalls ganz nahe.
Ein ganz anderes Ergebniss erliielt Holder bei
Untersuchung der Schftdel aus dem jetzt vollstkndig
abgegrabenen Scholzkirchhof inEssliugen, der 1614
erOffnet worden war und 1846 geschlossen wurde.
Die durch ihren Handelsbetrieb ausgczeichnete ehe-
malige Reichsstadt war ein gutcr Boden zu vollstiln-
diger Durchdringung der germanischen Rasse mit
andern Elementen gewesen. Bis zum Ende des
vorigen Jalirlmnderts wurden mir die mittlern und
niedcrn Stknde Esslingens auf jenem Kirchhofe be-
graben, die Angesehenern und VermOglichen kamen
in die Kirchen und deren nftchste Umgebnng ; vom
Anfange dieses Jahrhunderts an bis zur ErOffnung
des neuen Friedhofs fanden aber alle Stinde ihre
Rnhestatte auf ihm. Unter der grossen Menge ans-
gegrabener Schftdel eigneten sich 207 zur Unter-
suchung, und davon waren : germanische Schadel 5,
turanische Schadel 6 , sarmatische Schadel 8 , tura-
nisch-germanische Mischformen 99, sarmatisch - ger-
manische Mischformen 63, sarmatisch-turanische
Mischformen 26.
Wenn somit in den wllrtembergischen Reihen-
grabem dolichocepliale germanische Schadel vor-
herrschen, im Mittelalter und in der Neuzeit aber die
Mischformen vorwalten, so wird man in der ge-
schichtlich nachweisbaren. Durchdringung und Ver-
mischung der BevOlkerung mit andersartigen Elemen-
ten den Grand dieser Verschiedenheit zu snchen haben.
Die Frage nach der Farbe der Augen und der
Haare in Wdrtembergs BevOlkerung ist p. 5 auch
bertlcksichtigt. Das Material dazu boten 168 im
Katharinenhospital in Stuttgart secirte Leichen , mit
Einschluss eiuiger SelbstraOrder. Davon zeigten 24
den germanischen , 8 den sarmatischen und 3 den
turanischen Schadeltypus ; die Ubrigen hatten Misch-
formen. Die Individuen mit germanischem Typus
hatten fast ohne Ausnahme blondes Haar und blaue
Augen ; der turanische Typus besass braune Haare
und Augen , der sarmatische Typus braune und
schwarze Haare und braune Augen. Je nAhcr die
Mischformen dem germanischen Typus standen , nm
so heller waren Haare und Augen ; mit starker her-
vortretendem Brachyceph&lismus wurden Augen und
Haare dunkler. Tiefschwarze Haare treffen zumal
mit dem saimatisclien Typus zusammen.
Die Au88tattung des interessanten Werkes ver-
dient alle Anerkennung. _ T h e i 1 e.
68. Bericht der k. k. Kr&nkenanstalt Ru-
dolph-Stiftung in Wien vom Jahre 1874.
Im Auftrage des hohen k. k. Ministerium des
Innern verOffentlicht durch die Direktion dieser
Anstalt. Wien 1875. Drack der k. k. Rof-
u. 8taatsdrackerei. Verlag der Anstalt. gr. 8.
IV u. 573 S. mit 6 Tafeln u. Tabellen 1 ).
Der kussem Anordnung der frtthem Jahrgknge
folgend beginnt auch dieser Bericht nach kurzer Er-
wkhnung der Verftnderungen in den hkuslichen Yer-
h4ltni8sen und in der Organisirung der Anstalt Im
J. 1874 mit den Zahlenverh<niseen zun&chst im
Allgemeinen, und wurden danach in genanntem
Jahre behandelt 6254 Kr. (4152 M., 2102 W.), von
denen geheilt entlassen wurden 3375 (2229 M.,
1146 W.), starben 653 (434 M., 219 W.). Im
Vergleiche zum Voijahre war die Krankenbewegnng
im J. 1874 eine geringere; Curventabellen ver-
anschanlichen die Schwankungen der Krankenbewe-
gung seit Erflffnung der AnBtalt and die Sehwan-
’) Kur die Ucbersendong dankt verblndllchst W r.
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Original froim
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Bericht der Kraokenanstalt Rudolph-Stiftung.
kimgen der monatlichen Krankenbewegnng. Von
bohem Interease sind anch die TabeUen fiber Schwan-
kungen der jihr lichen Aufn&hme an einzelnen wichti-
gen Krankheitsformen seit Erfiffhung der Anstalt im
J. 1865, fiber Schwankung der monatlichen Aufnahme
an den wichtigern Krankheitsformen, fiber Vertheilong
der Todesffille nach Altersdecennien und nach Ge-
achlecht auf die verschiedenen Tageszeiten, fiber Be-
theiligung der wichtigern Krankheitsformen an der
jihrlichen Sterblichkeit seit 1865 u. s. w., denen
sich die Ergebnisse der Aufnahme, Heiiung u. Sterb-
behkeit bei den verschiedenen Krankheiten, sowie
der Krankenausweis vom J. 1874 anreihen. Die
Speci/ikalion der (in Abgang gekommenen) ein-
zelnen Krankheiten zeichnet sich durch grosse Ueber-
sichtiichkeit und knappe Kfirze aus, wobei aber
dankenswerther Weise filters ein kurzer Ilinweis auf
die eingescblagene Therapie sich findet ; nicht min-
der dankenswerth und ftir den Praktiker von hohem
Werthe ist die speciellere Mittheilung bemerkens-
werther Falle.
Aub diesem Theile des Berichts heben wir u. A.
hervor, dass bei einer Reihe von akuten Gelenk-
rheumatismen sich der lokal applicirte faradische
Strom als gutes Palliativnm bewfthrte , in fihnlicher
Weise wie beiNeuralgien, d. h. die Schmerzen Hessen
momentan und fllr die Zeit eiuiger Stundeu nach.
Auf den Verlauf der Gelenkaffektionen selbst war
hingegen keine Einwirknng zu constatircn. Der
Vereuch, den faradischen Strom durch Fixirung der
Conduktoren durch lange Zeit auf die kranken Ge-
lenke einwirken zu lassen , bewMhrte sich in 1 Falle
dnrchaus nicht. Nachdem einige Zeit die Schmerzen
nacbgelassen batten, steigerten sie sich weiterhin
sehr unter dem Geftihle, als ob der Arm einschliefe,
so dass die Pole entfernt werden mnssten ; an den
folgenden Tagen war anch die Entzllndung eine ge-
steigerte und nahm erst allm&lig wieder ab.
An lleotyphus wurden behandelt 68 Kr. (46 M.,
22 W.), von denen geheilt eutlassen wurden 49,
starben 18 ; die meisten Typhuskranken warden der
Kaltwasserbeliandlung unterzogen. — Die bei pro-
fusen Schweissen bei Intermittens fifter mit Atropin
(3 — 4 Mgrmm. p. d.) gemachten Vereuche liessen
keinen constanten Effekt beobachten.
Unter den Fallen von Lnngentuberkulose linden
sich 2 der seltenern Falle ausffihrlich mitgetkeilt,
in denen nnter schweren allgemeinen sowohl als
respiratoriscben Eracheinungen weit verbreitetes mas-
senhaftes feinblasiges Knistern (neben vesikularem
Athmen) fiber enter oder selbst beiden Lungen auf-
tritt , wie es , abgesehen von akutem Lungenfidem,
nur bei akuter MiUartubcrkulose beobachtet wird;
dieses Knistern halt lfingere Zeit an und bildct sich
nacb einiger Zeit, wenn die Diagnose auf akute
Miliartuberkulose schon eine sicbere scheint, all-
malig wieder zurttck, wfihrend nur ein umschriebenes,
tnberknifises Infiltrat bleibt , das weiter den chroni-
schen Verlauf nimmt. „Ob es in solchen Fallen
wirklich zur Bildung und Rttckbildung von mili&ren
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207
Knfitchen kommt oder ob es sich nor tun einen Ka-
tarrh der feinsten Bronchien , wie er die Entstehung
akuter Tuberkelknfitchen begleitet, handelt, muss
unentschieden bleiben. Auf eine Analogie muss hier
noch aufmerksam gemacht werden. Bekanntlich
giebt es auch schwere Falle von Meningitis, die man
nach alien Erscheinungen und sonatigen Anhalts-
ponkten (Ur tuberkulfise halten muss und die doch
in Genesung enden. Auch ffir diese Falle ist es un-
entschieden, ob es zur Knfitchenbildung kommt “
Trichina spiralis kam lmal zur Beobachtung bei
einem 74 J. alten tuberkulfisen Kr. von schwacher
Constitution und schlechter Emahrung, der nacb
2tagiger Behandlungsdauer starb.
Bei Neuralgien des N. trigeminus wurde mit
gntem Erfolge von der Faradisation , bei Neuralgia
frontalis vonPaulinia — zu 1 Drachme p. die — bei
Cephalaea von Morphiuminjektioneu, bei Cephalaea
rheumat. und Ischias von Elektricitat Gebrauch ge-
macht ; Extr. nucis vom. wurde bei Vertigo wieder-
holt zu 2 Gran [12 Ctgrmm.J pro die mit auff&lli-
gem Erfolge gegeben. „Dieses therapeutische Mo-
ment dfirfte bei der Frage nach dem Sitze des
Schwindels in die Wage fallen und neben einer Reihe
von andern aus den Erscheinungen bei cerebralen
und spinalen Affektionen abgeleiteten Schlfissen zei-
gen, dass zum miudesten neben den Nerven der
kalbkreisffinnigeu Gauge im Ohre die motorischen
Centreu eine hervorragende Rolle spieleu. Uebrigens
scheineii die physikaUschen Vorbedingungeu fllr die
supponirten Stromungen in den Kanfilen nicht zu be-
stehen, schon dcslialb nicht, weil die Drehungsachse
nicht innerlialb derKankle Hegt, viebnehr die Kan&le
sammt dem ganzen Felsenbeiue sich in einem Kreise
um das Foramen magnum bewegen."
An Pneumonie wurden behandelt 174 Kr.
(130 M., 44 W.), von denen die grfisste Zalil (30)
im Mai, die geringste (5) im Sept, zur Aufnahme
kam; es starben 47 Kr. (37 M., 10 W.), bei denen
ergriffen waren: der rechteLungenflttgel 19mal (Ober-
lappen in 4, Ober- u. Mittellappen in 1, Unterlappen
in 6 , total in 8 Fallen) ; der linke Lungenflttgel
13mal (Unterlappen in 3, total in 10 Fallen); beide
Lungenllfigel in 15 Fallen (rechts total, linker Ober-
u. Unterlappen in je 1 Falle, links total, rechter Mittel-,
Unter- u. Mittel- and Unterlappen in je 1 Falle, linker
Ober- und rechter Unterlappen in 2 Fallen, beide
Unterlappen in 3, beide total in 3 Fallen). Die Be-
handlungwar exspektativ-symptomatisch in 140, Ve-
r&trin in 23, laue Bader in 9, grosse Dosen Chinin in
2 Fallen. — Bei Emphysem wurde der Uauke’ sche
Apparst zur Ausathmung in verdflnnte Luft in einer
grossen Zahl von geeigneten Fallen zur Anwendung
gebracht und war dadurch fast immer eine bedeu-
tende Erleichternng des Athmens und Abnahme der
kat&rrliaUschen Erscheinungen zu erzielen , wenn es
auch nicht gelang, ausgiebige Verkleinerang der er-
weiterten Lunge nachzuweisen. — Pleuritis befiel
44mal die rechte, 38mal die linke, 4mal beide
Seiten.
Original from
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808
N i e m e y e r , aknstische Zeichen der Pneumonie.
Die Gefahr der wohltlifttigen Scarifikationen bei
allgemeinem Hydrops bei Herzmonttrung wurde
dadnrcli vermindcrt, dass man die Stichoffnungen
klein (mit der Lanzette) , dafllr in grilsscrer Zahl
machte, sie vor Veranreinigung schfltzte und die um-
gebende Haut durcli Einfetten vor Maceration be-
wahrte. — DieTherapie des Morbus Brightii citron.
bestand zunttchst in fortgesetzten Einpackungen in
nasse Tticher ; trotz starken Schwitzens , vermehrter
Urinabsonderung und Absciiwelhuig vemiinderte sich
aber der Eiweissgehalt des Urns nicht und war kein
nachhaltiger Erfolg zu erzielen. — Unter 7 Fallen
von Cystovarium wurde in 3 Fallen die Ovariotomie
gemacht, von denen 2 mit Tode endcten, in 1 Heilung
eintrat; die Punctio cystovarii wurde in 3 Fallen ge-
maoht. Auch bei Tumor ovarii wurde in 1 tbdt-
lioh verlaufenden Falle die Ovariotomie gcmacbt.
Unter den drztlichen Beobachtungen, physiolog.
und therapeut. Versuc/ien, Krankengeschichlen und
Operationen berichtct Prim. M a d e r liber Elrktro-
theropie und wird dieselbe im Ansclilusse an den
letzten Jahresbericht der Kudolph-Stiftuug besondere
empfohlen bei akutem und rhronisehern Rbeumat.
artieularis und mutcularis und neuralgiscben Affe.k-
tionen , oft auch verbunden mit andem Mitteln ; zu-
weilen allerdings liess auch die Elektrotherapie voll-
stttndig im Stich, ohne dass die betreffenden Falle
sonBt besondere Eigentldlinliclikeiten geboten batten.
Mit sehr gutem Erfolge wurde der faradische Strom
meist angewendet bei nerv8sem und rheumatischem
Kopfschmerz , zuweilen auch brachte er wenigstens
▼orflbergehende Erleichterung auch bei solchen
Sohmerzeu , welche durcli grobe organische Erkran-
knng bedingt waren , so bei syphilitisclien Knochen-
schmerzeu, Geliirncarcinom u. s. w. In einigen
Fallen von HautandsUiesie , anscheinend peripherer
Natur, brachte der faradische Pinsel betrachtliche
Beeserang; bei rheumatischen Facialisparalysen
wurdeu in einigen frischen Fallen mit dem galvani-
schen Strome rasche Erfolge erzielt. Bei hartnftcki-
gem Singultus wurde in 2 Fallen durch Faradisation
der N. phrenici mehrstttndige Pause u. endlich volliges
Aufhoren erzielt. „Dagegen muss M. auch heuer
wiederholen , dass er mit dem Galvanisiren duroh
den Halssympathicus, per caput etc., bei central be-
dingteu Lahmungen nur negative Erfolge erzielte.
Dagegen schienen sich zuweilen spinale Pareseu
durch galvanische R.-N.-Strdine einigennaassen zu
besseru. Grosse Erfolge wurden in keinem Falle
erreicht. Ebenso blieb die galvanische Behandlnng
bei Epilepsie, Vertigo, Hcrzklopfen, Astluna nervos.,
Tremor , Paralysis agitans , peripherer Muskel-
atrophie nnd Stnuna erfolglos.** — In Betreff der
121 ausftlhrlich mitgetheilten Krankengeschichten
von den verschiedenen Stationen der Rudolph-Stiftnng,
die zu den wertlivollsten Theilen des Berichts ge-
hOren, inflssen wir auf diesen selbst verweisen.
Der Zusammenstellung der im J. 1874 ausgefllhr-
ten Operationen u. dem pathologisch anatomisclten
Berichu, der den Ausweis fiber die vorgenommenen
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pathologischen Obduktionen enthfllt, folgt die Ueber-
sicht der Okonomischen Gebarung und schliesst damit
der, gleich seinen Vorgftngern, fleissig und sorg-
fftltig ausgearbeitete Bericht. Nicht unerwfthnt darf
schlfls8lich bleiben , dass Papier u. Druck vorzflglich
sind. Friedrich.
69. TJeber die akustiBcben Zeiohen der
Pneumonie. Habilitationsvorlesung. Mit
Znsdtzen und eintm Anhange uber Berech -
tigung und Methods der populdren Lehr-
thddgkeit; von Dr. Paul Niemeyer, Doc.
a. d. Univ. Leipzig. Stuttgart 1876. F. Enke.
8. Ill u. 31 S. (80 Pf.)
Die methodische Untersuchung mittels des Ge-
hBrsinns ist eine Errungenschaft des letzten Jahr-
hunderts. Man bezeichnete sie merkwflrdigerweise
als die physikalische und hielt sie vor alien andern
ftir objektiv , wahrend sie doch gerade so snbjektiv
ist wie die mittels eines der andern Sinne. Physi-
kalisck ist hOclistens die bislang noch immer mehr
versucbte als durehgefflhrte theoretiscbe Erklftrung
der perkutorischen und auskultatorischen Wahraeh-
mungen; diese selbst registrirt nicht ein physika-
lischer Apparat, sondern der GehSrsinn. — Dass die
Erklftrung nacli den Gesetzen der neuern AkuBtik,
nicht wie bisher nach Instramentenerfahrangen, nun-
mehr ausgebaut werden mllsse, das scheint die
Titelfassung „akustische Zeichen der Pneumonic**
andeuten zn sollen und damit muss man sich einver-
standen erklfiren. Richtig ist auch , wie Vf. sagt,
dass man die physikalische Diagnostik als Neuhelt
bis jetzt zu sehr in der Praxis in den Vorder grand
gestellt habe und dass die Zukunft es daher als ihre
Aufgabe betrachten mflsse , die Uebung derselben in
ihre natur- und kunstgem&ssen Schranken zu ver-
weisen. Dass die perkutorischen Wahrnehmungen
aber bei Pneumonie die ausschlaggebenden , die aus-
kultatorischen nur seknndftre seien, dagegen spricht,
dass gewisse Formen der Pneumonie nur durch letz-
tere festgestellt werden kOnnen. Wir kfinnen Ucr
nur in Ktlrze darauf hinweisen , in welcher Richtnng
der Vf. dieser Vorlesung wieder neuere Gesichts-
punkte far den von ihm speciell gepflegten Zweig
der Diagnostik aufstellt und in seiner nnnmehr aka-
demischen Stellung vertreten will ; bei der knappen
Form, die durcli die Veranlassung geboten war, llsst
sich ein Referat , ohne dass man ausschreibt , nicht
geben. Man muss selbst lesen und wird die „Vor-
lesung“ sicher nicht, ohne Anregnng erhalten zu
haben, aus der Hand legen.
Ist der 1. Theil eine Oratio academic*, so ist
der Anhang eine Oratio pro domo, worm Vf. auf nn-
erschrockene Weise eine Lanze ftir seine populftre
Lehrtlifttigkeit bricht. Populftre Darstellung, sobald
sie dieLaien nicht zu beliandelnden Aerzten, sondern
nur zu hygieinischen Mitlielfern ausbilden will, kann
das Endziel aller medicinischen Wissenschaft und
Kunst, die Heilung von Krankheiten, fbrdern. Dazu
ist vor alien Dingen aber ndthig, dass der Aotor,
Original from
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Neumann, Hantkrankhedten.
usbeschadet des wiaseaaohaftlfeh feetstehenden In-
halts , eine Form wfthlt , die den L&ien nicht ab-
achreckt. Uebrigens ist es anch for atreng wiasen-
aehaftliche Arbeiten zu eratreben und zu erreichen,
daas eine gute Form die Aneignung der Reaultate
erleiehtert and zn dieser anregt. Leider acheint
man unter uns aolchea Streben vielfach fllr eine Art
Ziererei zn halten , wfthrend man in Frankreich ein
schlecht stiliairtea Buch ao aehr ala Auanahme be-
trachtet, daaa aelbat bedeutende Aerzte, die ihrea
Stiles nicht aicher waren, aich in dieser Richtong
nachhelfen zu lassen nicht fllr ttberfltlaaig hielten.
Unsere groaaen deutachen Stilisten unter den Aeraten,
ein Dieffenbach, Stromeyer, Marx n. A.,
waren and sind dad arch nicht anwiasenschaftl ich
geworden, daas aie gute Form mit gutera Inhalt ver-
einen.
Got atiliairt sind aowohl die „Vorleaung“ ala der
„Anhang“, der mit dem Thema jener immerhin da-
durch zusammenhflngt , daas beide Programme for
Vfo. Lehrthfttigkeit bilden sollen, die bekanntlich
sehon eine popul&re geweaen war, ehe aie ntmmehr
anch eine akademiache geworden ist. Baas.
70. Lehrbuch der Hantkrsnkheiten ; von
Prof. J. Neumann. 4 . Aufiage. Wien 1876.
Braamflller. 8. XVI u. 688 S. mit Holzachnit-
ten. (15 Mk.)
Das anerkannte Lehrbuch des Vfa., welches durch
eine vielfache Erweiterung in alien Capiteln unter
umfassender Berttcksichtigung der Literatur mehr
and mehr den Charakter eines Handbuchs angenom-
men hat, zeichnet aich noch dadurch aua , dasa die
eingehende Schilderung der pathologiachen Anatomie
durch zahlreiche, gute Abbildungen illustrirt worden
ist. Unserea Wiasena wurde ea durch den Vf. zu-
erst unternommen, ein dermatologiaches Lehrbuch
durch Abbildungen zu vervollat&n digen.
Der Text seines Werkes ist durch Khurheit und
koappe Form ausgezeichnet. Der Vf. tritt uns in
zahlreichen Capiteln ala gediegener, aelbatatSndiger
Forscher entgegen. Da, wo Streitfragen berllhrt
werden und eine abweichende Anaicht geltend ge-
macht worden ist, hat Vf. eine unfruchtbare Polemik
unterlassen ; er stellt vielmehr die abweichenden An-
sichten der Autoren pr&cia nebeneinander, ao daas in
soichem Falle der Studirende und Arzt sich sein Ur-
theil selbat bilden kann. Somit erfollt Vf. nament-
lich die Anforderung der Unparteilichkeit , welche
man an ein Lehrbuch oder Handbuch atelien muss ;
ervermeidet es, den Leaer durch AufbQrdung einseiti-
ger, subjektiver Ansichten unter der Form einer ab-
geachloasenen Doktrin zu beirren.
Wenn wir auf Einzelnheiten eingehen sollen , so
erwAhnen wir besonders, dass die Varicella von der
Variola unabhdngig auf gef asst und dass die Co-
eadateoz zweier akuter, contagidaer Exanthema auf-
gestallt wurde. Wir h&tten hier allerdinga ge wttnacht,
Med. Jahrbb. fid. 178. Hft. 8.
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909
daas Vf. mit wenigen Worten dasBestehen dieses Un-
terachiedee noch genauer begrtlndet oder w&hrechein-
lich gemacht h&tte, um so mehr, ala He bra die
Differenz verachiedener Contagien nicht anerkennt,
obwohl er einen Beweia for die Unicit&t von Varicella
und Variola in 8einem Lehrbuch nicht beizubringen
im Stande ist. Selbat jene Auseinandersetzungen
von KapoBi (Arch. f. Dermatol, u. Syphilis 1873.
p. 255), welche aich im Sinne Hebr&’a und unter
Anfohrung seiner Argumente gegen die Dualit&t von
Varicella und Variola wendet, vermag for die Unfoi-
tat keinen endgiltigen Beweia zu geben ; denn, wenn
such nicht in anatomischer Hinaicht ein dort gefor-
derter, nachweiabarer Unterschied zwischen Vari-
cella- n. Variolaefflorescenz angefohrt werden kann,
wodurch immer nicht der Beweia von der Differenz
beigebracht werden wllrde, weil Unteracheidungs-
merkmale noch aufgefunden werden kttnnen , so be-
steht doch nach des Ref. Beobachtungen ein klinisch
bestimmt verachiedener Verlauf. Der Fieberlauf ist
so charakteriatiach verachieden, — obgleich diese
Verachiedenheit von Hebra in dessen Lehrbuch u.
von Kaposi (Arch. f. Dermatol, u. Syph. 1873.
p. 265) abgeleugnet wird, — dass Jeder, welcher
diesen Unterschied thermometrisch atudirt hat , den-
selben anerkennen muss. Der bekannte Tempera-
turveriauf der Variola, welcher als ein Ausdrnok
einer typischen, fieberbaften Constitutionsanomalie
aufgefaaat werden muss und folglich in seiner vollen
Bedeutung erkannt und gewtlrdigt werden soil , an-
te racheidet aich deutlicb von dem Temperaturverlauf
der Varicella und berechtigt allein hierdurch sehon
zu einem Rttckschluaa auf eine Dualit&t von Variola
und Varicella. Vf. hat auch richtig Prof. Thomas,
welcher die einschlagenden Temper&turbeobach tun-
gen liber Varicella gemacht hat, citirt.
Zum kliniachen Verlauf gehoren noch die Ergeb-
nisae dea pathologischen Impfexperimentes, welche
wir vor der Hand ala nicht beweiakrifUg im einen
oder andern Sinne hinstellen mttasen. Endlich ge-
hdren auch noch die epidemiologischen Verhaltnisse
hierher, welche von Fallen erz&hlen, wo eine Person
im Verlauf einiger Wochen erst an Varicella and
dann an Variola erkrankte, in welcher Hinsicht Ref.
(Arch. f. Dermatol, u. Syph. 1869. p. 633) ein Bei-
apiel angefohrt hat Alle solche Beiapiele deutet
Hebra ala Recidive oder zweimalige Erkrankung
an Variola.
Sehr richtig und vorurtheilsfrei aagt Vf. p. 119 :
„Die Differenz der Ansichten wird nach unserer
Meinung erst dann achwinden , wenn man mit dem
Namen Varicella nur jene Erkrankung belegen
wird, bei der atomtliche oben geschilderten Merk-
male vorbanden sind, und wepn man aufgeben wird,
jede leichte Form von Variola ala Varicella zn be-
zeichnen. “
Betrachten wir noch kora einige uns wichtig
acheinende Punkte in dem Werke dea Vfo., ao finden
wir, dass Vf. daaVorfcommen des aknten Pemphigus
27
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
210
Fritsch, geburtShttlil. Operationen.
bedbaehtet hat. Den Lichen Bcrophnl. im kindiichen
Alter sah or im Zusammenhang mit Tuberculosis
pulmonum.
Ferner constatirt Vf. die Heilbarkeit der Prurigo
im Kiudesalter. Hiei'zu maeht Ref. die Bemerknng,
daas or, obwohl nicht zweifelnd an der MiJgliclikeit
der Heilbarkoit, wie man sick an deni hftufigen
Schwinden der Symptome der spfiter kraftig bleiben-
den , frtther crkrankt Gewesenen ttberzeugeu kann,
viele solcher Ffille fiir nur sckeinbar oder zeitweilig
geheilt batten mbclite, da Bicli hiufig coustatiren
lksst, dass solclie Kinder spAter wieder erkranken
und dass jene desperaten Fklle von Prurigo univer-
salis auf die ersten Jahre der Kindheit in den An-
fkngen der Krankkeit sick zurttckftlhren lasaen, wfth-
rend allerdings andererseits in prognostischer Hin-
sicht nicht beliauptet werden kann, dass eine Prurigo
universalis einea Kindes, bei dem die Aftektion ver-
hkltnissmkssig rasch nach einigen Jahren schwinden
kann , spfiter wieder als ungtlnstig verlaufende Pru-
rigo universalis auftreten mtisste. Die Existenz der
Iohthyosis congenita liat Vf. auf Grundlage anatomi-
scher Prilparate festgestellt
Der Lupus vulgaris im kindiichen Alter h&ngt
nach Vf. fast ausnahmslos mit Scrophulosis zusam-
mon. Der Lupus erythemat. wird unabh&ngig von
den Hautfollikoln beobaclitet.
In Bezug auf Lepra erkennt Vf. nur 2 Formen
an, die Lepra tubercul. , welche sich ans Flecken
entwickelt, und die Lepra anaesthetic*.
Die parasitischen Qautkrankheitcn haben mit
Penicillium nichts zu thun. — Die Sykosis parasitica
wird vom Vf. als selbststkndige Erkrankung be-
schrieben.
Schlttaalich heben wir unter den Originalarbeiten
des Vfs. aus seinem Buche folgende kurz hervor, in
Bezug dercr wir zum Nachleseu auf das Original
verweisen.
Artikcl fiber Lympbgefaese p. 26, fiber Maskeln der
Haut p. 36, fiber die Anatomic der Blattern p. 126, der
Blattern auf Schlcimhauten p. 130, die Anatomie des Ery-
sipelas p. 186, des Ekzcma p. 236, des Bromkaliumaus-
schlags p. 266, der Psoriasis p. 203, des Lichen ruber
p. 314, der Prurigo p. 322, der Dermatitis circumseripta
herpetiformis p. 347, der Ichthyosis p. 370, des Sklero-
dcrma und der seniien Veranderungen der Ilaut p. 427,
des Lupus vulgaris und crytliematodes p. 480, und die
ebenfalls mit instruktiven Ahbildungen vereehenen Stu-
dien fiber pflanzliche Parasiten p. 620.
Den Schlnss des Buches bildet ein Autoren- und
Sachregister.
Die Ausstattung des Werkes let wttrdig.
J. Edmund Gtlntz.
71. Elinik der geburtshiilflichen Operatio-
nen; von Dr. Heinrich Fritsch, Privat-
docent an der Uuiv. Halle. 2. Auil. Halle a/S.
1876. Lippert’sche Buchhdlg. gr. 8. IX u.
390 S. mit 11 Tafeln u. 12 Holzschnitten.
(10 Mk.)
Bei der Anzeige der l.Auflage von Fritack's
Wevk (Jahrbb. CLXVH. p. 304) sprachen wir die
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Ueberzengnng aus , dass bald eine nene Amftage Sich
nttthig machen werde. Diese Vorhersage hat sich 1
schnell erfttllt und Vf. hat an verschiedenen Stellen
wesentliche Verftnderungen eintreten lassen , dnroh
welche der Werth seines Bnches entsclueden ge-
wonnen hat. Ausserdem ist auch die Zahl der bei-
geftigten Tafeln von 6 auf 11 erhCht worden ond
interessante neue Belege for verschiedene gebnrts-
httlflicke Thatsacben sind anf ihnen bildlich darge-
stellt. Es ist diess jedoch noch das Geringste , was 1
wir hervorzuheben haben. Den Kern der modemen
Bestrebungen der Geburtshelfer hat Vf. in einer 1
Weise gekennzeichnet , welche ihra die vollste An-
erkennung jedes Fachgenossen sichem muss !
Die prophylukliache Desinfektion. Jeder Arzt
wird in der Neuzeit in Deutschlands Gebtrhfiusern
so nnterricktet , dass eine Unkenntniss selbst der
schwierigsten Lagen , in die er kommen kann , fast
zur Uumoglichkeit wird. Diess giebt eine gnte
Prognose ftlr die zu behandelnden Matter und deren
Kinder. Alle Kenntniss der Untereuchung und Ope-
rationstechnik ist jedocb unzureichend , sobald es
sich um jenen heimtUckischen Feind handelt, den
sowohl Hebarzt als Hebamme mit sicli und mit den
Instrumenten herumtragen kann. Hier muss die
prophylaktische Desinfektion anerkannt und ausge-
ftthrt werden! Sonst trfigt jeder Geburtshelfer,
jede Hebamme (nicht letztere allein , wie man nach
Winckel annehmen kSnnte) die Verantwortung
an so manckem Todesfalle ! Vf. wfischt vor jedem
ersten Touchiren seine Hfinde in 2 — 3proc. Carbol-
saureldsung (bei Mdgliclikeit vorhergegangener
Selbstinfektion in 5proc.), bestreicht den betr. Finger
mit carbolisirtem Oel, reiuigt nach jeder Operation
die benutzten Instrumente in Carbolsaureldsnng, i
und zwar in einem 51 Ctmtr. langen, 10 Ctmtr.
breitcn und 7 Ctmtr. holien Zinkgeftlsse , das er mit
3proc. CarbolsaurelSsung (bei faultodten Kindern
4 — 5proc.) fttllt. Dasselbe Gcfilss (die Dcsinfektions-
wanne) besitzt an einer Ecke eine verschliessbare
Oeffhung, an welche ein Schlauch mit Mutterrohr l
angeschraubt werden kann , so dass man das Gef&ss i
als Irrigator gebrauchen kann. „In jede gebnrts- 1
httlfliche Tasche der Aerzte und Hebammen gehflrt
eine Flasche Carbolsaure. Denn es wird erst dann
das Puerperalfieber gebannt sein, wenn alle Gebnrts-
helfer u. Hebammen Anhknger der principiellen pro-
phylaktischen Desinfektion geworden sind.“ Dlesen
Gmndsatz — er ist auch der des Ref. — empfehlen
wir alien Fachgenossen znm Heile der Matter!
Was den speciellem Inhalt betrifft , so sind die
Capitel „Nahelsclinurvorfall u , ,,Eklampsie“ u. „Pro- i
lapsus des Uterus gravid us“ in der neucn Auflage |
verschwunden und wir linden an ihrer Stelle „Opera- |
tlonen bei GebnrtsstiSrungen von Seiten der matter-
lichen Weichtheile". Da hier eine Reihe seltenerer |
Zostftnde nnd Operationen abgehandelt werden, so |
musste der Titel sich etwas findern und aus den |
„alltftglichen“ Operationen ging die Klinik der ge- ,
burtshttlflichen Operationen flberhaapt hervor. I
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Fritscli, geburtehtflfl. Operationen. 211
Wir gehen hier besonders auf das aoeben er-
wfthnte neue Capitel (VIII. p. 216 — 239) nHher
ein , da es zu weit ftthren wllrde , alle Verschieden-
heiten zwischen der ersten and der zweiten nicht
allein umgearbeiteten, sondem entschieden auch ver-
beaserten Auflage, der auch ein Sachregister bei-
gegeben ist, speciell zu erwkhnen. — Vf. bespricht
am angegebenen Orte zuerst die seltene Conglutina-
tion des Muttermundes (1 : 5000 Geburten) nnd
macht auf die dabei zu beobachtcnde hochgradige
Verdflnnung des vordern Uterusabschnittes aufmerk-
sam, die meist so gi’oss ist, dass man glauben konnte,
die gespannten Eihaute vor sick zu liaben. Aucb
Vf. spricbt sich gegen die blutige Bildung einer Oeff-
nnng der Uterussubstanz (Kreuzschnitt) aus, da
meist der Muttermund als kleines Grttbclien nack-
weisbar ist und durcli Finger oder Sonde gedffnet
werden kann. Sehr Hhnlich in vieler Bcziehung
verh< sich die Rigiditdt des Muttermund es , be-
aoaders bei Erstgebarenden. Tritt keine IKllfe ein,
so kann eine Cirkularruptur erfolgen , oder es ent-
stehen Querrisse. Wenn Vf. sagt, dass die Ilcilung
stets erfolge, wenn niclit die Wfichneriu inficirt
wird, so kommt doch wohl noch ausser dcrlnfektion
die Grosse des Kisses in Betracht ; gelit cr durch das
Peritoneum, so kann auch eine traumatische Peri-
tonitis anstatt einer Infektionscntztindung eintreten.
Die Behandlung durch Incision , deren man lieber
mehrere kleine anstatt einer grossen seitliclien
machen soil, l&sst sich in einzelnen Filllcn durch
manuelle oder instrumentelle Dilatation ersetzen ;
auch erzielt in vielen Fallen eine durch langere Zeit
geschaffene Ruhe (Morphiuminjektioncn) die heil-
samste Wirkung, besonders in den Fallen, die Vf.
besonders hervorhebt , in denen es sich nur nm eine
relative Rigiditat des Orificium , also besonders urn
eine grflssere Nachgiebigkeit des untem Uterus-
abschnittes handelt.
Naclidem Vf. kurz der Missbildungen des Utei-us
nnd der Verengerungen der Vagina oder Vulva ge-
dacht hat, geht er auf die Hypertrophien der ein-
zelnen Theile des Uterus ein nnd berichtet exquisite
Fille. So bespricht er getrennt die Hypertrophie
des vaginalen Theiles der Portio , der Portio media
des Cervix und des supravaginalen Theiles. Hier
hat auch ein kleiner Tlieil von Dem Platz gefunden,
was Vf. frtther fiber den Prolapsus uteri gravidi
aagte. — Die Anschwelluug [besonders Einklem-
mung] der vordern Muttermnndslippe wahrend der
Geburt behandelt Vf. mit Druck auf dieselbe und
Repoeition. Dass die Reposition einmal nicht ge-
lragen ware, ist dem Ref. nicht bekannt, im Gegen-
tbeil gelang sie ihm stets, nattlrlich verscljieden
leiobt
Die Retroflexio uteri gravidi, deren Besprechong
wir in der 1. Auflage vermissten, wird eingehend
abgehandelt (p. 228). Es ist uns nicht bekannt, dass
durch Schwingernng bei retroflektirtem Utenis'stets
eine „Retroflexio uteri gravidi**, und outer alien Um-
gtaoden Abortus erfolgen muss, im Gegentheil sahen
wir dfters den anfsngs retroflektirten Uterus sich
aufrichten , ohne Kunsthtllfe fiber das Pronlontorium
aufsteigen und die Schwangerschaft zum normalen
Ende verlaufen. Dices giebt auch Vf. weiter unten
zu , sollte aber eben deshalb den anfknglichen Aus-
spruch modificiren.
Ausgezeichnet beschrieben wird die Betheiligimg
der Hamblasc an dein gefahrvollen Bilde der In-
carceration des retroflektirten schwangem Uterus.
Gelingt die Katheterisation auf die gewdhnlidie
Weise nicht , so giebt es , um sic zu erzielen , zwei
Beihfllfen, die Vf. Ubergeht: die Benutzong des
mannlichen Katlieters und feraer das Abdrfingen der
Portio vaginalis von der hintern Blasenwand. Erst
wenn auch diese Hfilfen vergebens versucht sind,
halt Ref. den Blasensticli ftir vcillig gerechtfertigt.
Was aber nach dem Blasenstich der Katheterismus
posterior fttr einen Zweck haben soil , ist nicht recht
ersichtlich ; denn entweder gelingt nach Entleerung
der Blase die Reposition uml daun ist der normale
Ilarnwcg frei — oder sie gelingt nicht und dann
muss der Abortus eingeleitet werden. Wollte man
in solchem Fallc (leu Katheterismus posterior aus-,
fllhren, so kdnnte man selu- leicht die geknickte
Urethra perforiren. Deshalb wllrde es Ref. vor-
zieheu , die Blascnstichwunde so langc offen zu
halten , bis der kttnstliche Abortus beendet ist. Bei
den Repositionsversuchcn ware die Metliodc von
Simon zu erwfthnen , nfimlich die Reposition mit
der halben , resp. ganzen Hand vom Rectum aus in
der Narkose. — Die in den spatem Schwanger-
sebaftsmonaten von verschicdenen Autoren ange-
gebenen Falle von Retroflexio uteri gravidi erklUrt
Vf. durch hochgradige Schlaffheit der Uterosmuslm-
Iatur, die sich flberall anschmicgt. Beim Stehen oc-
ffordert die Schwerkraft einen Theil des Uterus-
kbrpers in’s Bccken hinein und letzterer wirkt so
incarcerirend , ist aber nicht incarcerirt. So viel
Ref. bekannt ist, kommt cs in derartigen Fallen, die
mit der gewOhulichen Retroflexio gar nichts gemein
haben, nicht hdufig, wic Vf. sagt, sondern stets zur
Naturheilung, mit Zunahmc des Kindes, das schlftss-
lich fiber die Symphyse sinkt und den anfangs retro-
flektirt srheinenden Uterus in antevertirte Stellung
bringt. Kommt es wirklich zu bedenklichen In-
carcerationserscheinungen , so hilft sofort die Eofc-
fernimg der Wirkung der Schwerkraft des Uterus
nach imtcn, d. h. die mehrwdchentliche Seitenlage,
die auch Vf. zu dem Zwecke empfiehlt. — Unter
den Geburtshindemissen durch Neoplasmen besprioht
Vf. die Complikation der Geburt durch Carcinoma,
Fibrome u. Ovarientumoren. Die Symptome dieser
Complikationen lassen sich nicht erschdpfend beschrei-
ben, da jeder Fall sein Eigenthttmliches hat, die
Therapie kann aus eben demselbeil Grunde nur an-
gedeutet werden, da dieselben Mittel in verschiedeneu
Fallen gleicher Art zu verschiedene Erfolge batten.
Durch Beigabe des soeben besprochenen Capitels
bildet das Werk eine werthvolle Gabe, welche stets
dazu dient, Gesehenes wieder vor die Augen zu
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212
Bidder n. Sutugin, klin. Bericht.
fflhren oder Gehdrtes in’s Gediehtnisa zurdckzurufen ;
gerade aber die seltenem Vorkommnisse muss sich
der Praktiker von Zeit zu Zeit wieder vergegen-
wftrtigen kbnnen. Diesem Zwecke entspricbt das
namentlich auch durch voile Berlicksichtigung des
Werthes des mlltterlichen Lebens ausgezeichnete
Work vollkommen. Anch die neoe Auflage wird den
verdienten Ruf bewahren nnd weiteTe Kreise befrie-
digen als die frtlhere. Die Ausstattnng der Schrift
vodient tile Anerkennung. K o r m a n n.
72. Aus der Gebftranstalt dea kaiaerliohen
Eraiehungahavuea ; gegenwartig unter der
Drrektion des Prof. Kr ass ova sky. Klini-
soher Bericht f. d.JJ. 1840 — 1871 ; verfaaat
von Dr. Ernst Bidder und Dr. Wassily
8utugin. St. Petersburg 1874. Carl Rfttt-
ger. 8. 206 S. (4 Mk.)
Die beiden Vff. haben uns einen der reichhaltig-
sten Anstaltsberichte geliefert, welche ttberhanpt
existiren, and wenn sie nm Nacbsicht ftlr die „vielen
bewnssten nnd nnbewnssten Mangel" der Arbeit
bitten , so giebt es wahrlich wenig Grand zn einer
solchen Bitte. Das reiche Material ist flberall in
sorgf<igen Tabellen zusammengestellt, die Procent-
satze sind ausgezogen, mit andem verglichen. Jeder,
wer einmal derartige Arbeiten machte, kennt die
Iangen Mtthen, die der Aufstellung der Zahlen vorans-
gehen , und ea ist um so mehr zu bewnndern , dass
die beiden Vff. „in der Ueberbttrdung des urn’s
Dasein ringenden praktischen Arztes" die Zeit zu
einer so fleissigen und resultatvollen Arbeit fanden.
Bei der Analyse des Baches werden wir uns in
der Art eine Ungleichmassigkeit zu Schulden kom-
men lessen, dass wir Bekanntes mdglichst kurz,
Neues, namentlich interessante Casuistik, etwas langer
referiren. Die vielen Zahlen werden wir bios dann
wiedergeben, wenn sie zur Illustration der Bebauptun-
gen nbthig sind. Dem Fachmanne kbnnen wir die
Lekttlre des reichhaltigen Bucbes docb nicht ersparen
nnd der Praktiker wtlrde uns fllr ein steriles An-
einanderreihen von Zahlen wenig Dank wissen.
Der Bericht umfasst die Jahre 1840 — 1871. Da
aber erst vom J. 1870 an genaue Aufzeichnungen
der Details gemacht werden , so beschrftnkt sich der
Bericht fiber die ereten 31 Jahre, vom J. 1840 bis
znm 1. April 1870, auf statistische Daten.
Die Entbindongsanstalt des St. Petersburger Er-
ziehungshauses ist im J. 1771 gegrtindet, sie war
Aiifangs mit dem Findel- und Erziehungshause ver-
banden. Allmfilig mussten immer neue Rftume zur
Disposition gestellt werden. Bedeutende Epidemien
nOthigten znm Ver lassen und zu hftofigemUmzug der
Anstalt, bis im J. 1864 eine neue Anstalt fertig ge-
■tellt war. Sie besteht aus einem dreistttckigen, huf-
eiaenfbnnigen Hauptgebftude mitl28Betten. Ausser-
dem existirt noch in der offenen Seite des Hufeisens
ein zweistfickigee Gebflude, die sogen. Sommerabthei-
lnng mit 60 Betten.
Der 1. Abschnitt enthillt den Bericht fiber die
Krankenbewegung in den JJ. 1840 — 1871. Ea
warden 39545 Frauen anfgenommen (14683 Erst-,
24506 Mehrgeb&rende ; 349 unentbunden entlassen ;
7 als Schwangere verblieben) ; gestorben sind 1960,
Geboren wurden 20651 Knaben, 19014 Madchen ;
darunter 843 Zwillings-, 9 Drillingsgeburten. Todt
geboren 3009, nach d. Geburt gstorben 1623 Kinder.
Unter den Geburten waren 6770 eheliche. In-
teressant ist, dass im J. 1840 nor 4.5 °/ 0 eheliche
Geburten zu registriren waren , wfthrend diese Zahl
seit 1866 fast constant 35% betrug. Ein Einfluss
auf die Sterblichkeit hing damit nicht zusammen.
Die „beimlichen Geburten" haben Dank den freiem
Anschauungen der Gesellschaft und der enormen
Znnahme der frei prakticirenden Accoucheure erheb-
lich abgenommen. Im J. 1849 kamen 45 anf 1039
und im J. 1868 9 auf 1880 Geburten. Knaben
warden mehr als Mftdchen geboren (108:100),
wllhrend sonst das Verhftltniss nur von 105 — 107
zu 100 schwankt.
Die Mortalit&t betrftgt im Ganzen 5% , wobei
nichtpuerperale Krankheiten mitgerechnet sind. Merk-
wtlrdig ist derUmstand, dass der ungflnstigsteMonat
stets der Juni war , die Mortalitftt steigt in ihm auf
8.5%. Ein Grand daftlr konnte nicht aufgefunden
werden, und die Thatsache, alien sonstigen Ansichten
widersprechend , ist anch nicht auf kosmisch - tellu-
rische Einfltlsse zurflckzuflihren , da an der andem
groBsen Entbindungsanstalt in Petersburg der Juni
zu den gtlnstigsten Monaten gehOrt.
Verschiedene Curven zeigen evident, dass die
Operations frequenz nicht mit derMortalitiltefrequenz
coincidirt. Es kamen auf ca. 25 Geburten erne Ope-
ration (1558:39189).
In der alten Anstalt 1840 — 1863 betrug die
Mortalitftt 4.7 , in der neuen 1865 — 1871 5.6°/ 0 -
Der Grand liegt mit daran, dass mit grdsster Huma-
nitftt eine bedeutend erheblichere Anzahl obdachloser
Frauen aufgenommen wurde. Ferner glauben Vff.,
dass der lange Verbleib der Wbchnerinnen in der
Anstalt die Mortalitiltsziffer erhoht. Alle andem
Petersburger Anstalten entlassen schon vor dem
9. Tage , so dass spfttere Erkrankungen oder Stei-
gerungen leichter Affektionen dort ausser Berechnung
fallen. Von sftmmtlichen Geborenen verliessen 88.4°/ 0
lebend die Anstalt. Eine Curventafel beweist, dass
die H&ufigkeit der Kunsthiilfe auf die Zahl der Todt-
geburten keinen Einfluss hat.
Der 2. Abschnitt behandelt die Ereignisse des
Jahres 1871 , doch ist in diesem Bericht mehrmals
auf das J. 1870 zurttckgegriffen. Von dem reichen
Material heben wir bios besonders Bemerkenswerthes
heraus.
Die jttngste Kreiasende war 15 J. , die ftlteote
48 J. alt Die mittlere Geburtsdaoer fttr Erstgebft-
rende ist 17.8, ftlr Mehrgebftrende 11.1 Stnnden.
JenBeits der 10. Geburt nimmt die Geburtsdaoer
wieder zu, betrftgt 13.5 Stnnden. Mit der Sterblioh-
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Bidder n. Satngin, kiln. Berioht.
keit geht diese Steigenmg Hand in Hand. — Von
den Kindern warden geboren 90.9 */ 0 in Scbftdei*,
5.6®/ 0 in Beckenend-, 0.6*/ 0 in Gerichts- and 0.8*/#
in Querlage.
Tie f stand der grown Fontanelle wnrde bei
normalem Beckon 17nml beobachtet (efr. dee Ref.
Klinik p. 47). Znr Vorderscheitellage bemerken Vff.,
dass rich diese Lagen nicht etwa mit der driiten and
vierten Lage der Aatoren decken. Ffir die Vorder-
seheitellage ist ea ndthig, „dms8 w&hrend des ganzen
Dorehtritte dee Kopfes durcli das Beeken die groeee
Fontanelle mehr oder weniger der Ftlhrangsiinie
folgt“. Dieeer Mechanismus kommt auch bei nach
vorn gerichtetem Hinterbanpt vor. Man m baste also
von den gewdhnlichen Lagen die „Scheitellagen“
abtrennen und rie ala Zwischenform zwiseben Hin-
terhanptelage und Stirnlage abhandeln. Betreffs der
Aetiologie atimmen Vff. mit He eke r ttberein.
Enges Beeken kam nicht sur Beobachtung, Vorliegen
einer Band neben dem Kopfe 3mal, Abortus im 7. Monate
lmal, Frfihgeburten fm 8., reap. 9. Mon. 3mal, Zwillings-
ktader 4mal. Die Kinder waren durchschnittlich klein.
Eae von 9 Pfd. war dnreb ein Beeken von 23 Ctntr.
Conj. ext. gegangenl Von den Muttern blieben 6 geeond,
10 erkrankten leicht, 2 sebwer (i Fall Perforation) , elne
Mutter starb (ZwilltngBgeburt, Zange, Nachblutung); Von
den Kindern gesund entlassen 14, starben 2, todt geboren
2 (Abortus, Perforation).
Die 12 Gesichtslagen betrafen lanter rechtzeitige
Einxelgeburten, 7 Erstgeb&rende, 5 Mehrgeb&rende,
7 Knaben, 5 Midchen.
In 1 Falle Beckenverengerung , lmal Zange. Die
Dnrchschnittsdauer der Gebnrt betrug 24 Std. , and der
Aaagang war, gema&s dieser langen Dauer, schlecht. Drei
Matter blieben gesnnd, 3 erkrankten leicht, 3 schwer,
3 starben. Von den Kindern war eins macerirt, eins wih-
rend der Geburt (Beokenenge) gestorben , ein anderes
(Zange) starb 6 Tage nach der Geburt.
Einmal wurde bei vorzeitigem Wasserabfluss,
Krampfwehen und spontancr Geburt, ein Uebergang
out Stirnlage in Gesinhtslage beobachtet. Ein an-
dermal trat dieser Vorgang nach Versuchen zurHer-
stellnng einer Sch&dellage a us einer Stirnlage ein.
Die Geburt musste mit der Zange (doppelte Drehung)
beendet werden.
Bechenendlagen kamen bei 34 Erst- und 76
Mehrgeb&renden vor. Es warden 115 Kinder von
den 110 MQttern geboren.
Bei reifen Kindern wurden 49 Steisslagen zu 20 Fuss-
lagen, bei fruhaeitigen Kindern 26 Steisslagen zu 18 Foss-
lagen beobachtet. 18 Kinder waren faultodt, 25 Zwillings*
kinder, 3 Drillingskinder. 17 Kinder, von denen 8 Abortus
abgezogen werden mil seen , starben intra partum. Vier
dieser tod ten Kinder stammten aus dem 8. Monate, bei
etnem lag die pulaloseNabelschnur vor. Demnaoh starben
20 %. Den Grand fur die gilnstigen Verhaltnisse sueben
Vff. In dem mehr aktiven Einscbreiten.
Die Mortality der Wflchnerinnen betrtlgt (nach
einer Tabelle) 3.6°/ 0 , and zwar ist das Verh<niss
bei durch Kunsthfllfe beendeten Geburten gflnstiger.
Alle 5 gestorbenen Matter batten Zwilb'nge geboren,
bei einer war wegen Krampfwehen die Blase ge-
sprengt, die Nabelschnnr reponirt und die Extraktion
aosgeffihrt worden, bei einer andern musste die Pla-
centa geldst werden.
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Das VerhtKniss der ZnilUngs - und Drilling *-
geburten ist so gross , dass man das rossisebe Volk
nunmehr fllr das fruchtbarste halten muss. Zwillinge
1 : 46, Drillinge 1 : 4354. Hugenberger beob-
achtete so gar Zwillinge 1:44 — 46 und Drillinge
1 : 2678.
Abortus kam 44mal bei 14 Erst - u. 30 Mehr-
gebSrenden vor.
Die Unaohen waren, aasser den gewShnliohen, lmal
kleine Ovarientnmoren, feraer aknte Laryngeal- undBron-
cUalkatarrhe, lmal Ascites u. Hydramnlos ; 22mal wnrde
die manuelle Entfernnng vorgenomraen. Wenn dann ge-
sagt wird , dass (von den 44 Abortus) 50 Frauen ein voll-
kommen normales Wochenbett durchmachten , 22 leicht,
14 schwer erkrankten nnd 1 starb, so berahen diese nicht
zu vereinigenden Zahlenangaben wohl darauf , dass Falle
aus dem vorigen Jahr 1870 mit in der Statistik beruok-
aichtigt wurden. Die zwei Todes falle sind nicht auf den
Abortus, sondern vielmehr dieser auf die todtllche Krank-
heit zu schleben.
Die 186 Fruhgeburten betrafen 80 Erst- and
106 Mehrgebkrende.
Ursachen : Tiefer Bits oder Vorliegen der Plaoenta
6mal, frnher Fruchtwasserabfluss 3mal , Eklampsie Sinai,
Lues 4mal , habituelles Absterben 4mal , fleberhafter Ma-
gendarmkatarrh 4mal , Typhus lmal, Rnbeolae lmal,
Nephritis 2mal, Phthisis lmal. Von den Muttern blieben
99 gesund, leicht erkrankten 62, schwer 27, es starben 8,
und zwar eine % Std. nach Wendung und Extraktion bei
Placenta praevia, eine an kaslger Pneumonie , eine an
Stenose desPulmonarostinm. Von den todtfaulen Kindern
wnrde ca. jedes zweite, von den frischen erst jedes vierte
In einer andern als in Kopflage geboren. Lebend ent-
lassen wurden nur 35°/ 0 der sammtlichen oder 66% der
lebend geborenen Kinder.
Vff. spreeben sich im Allgemeinen fllr die Vor-
nahme des ktlnstlichen Blasmwpmnges aus and be-
stfttigen die Angaben Valenta's fiber dieses weni-
ger interessante Thema.
Bemerkenswerth ist unter den AbnormitaUn
dee Nabelstranges ein Fall , bei welchem eine den
Kopf parallel mit der Hinterhauptsnaht umziehende
Nabelschnurscblinge geftlhlt wurde. Diese Schlinge
rttekte der vordern Seite des Kopfes immer mehr in
und streifte sich schltlssiich fiber die Siam. Die Pul-
sation blieb wfthrend der ganzen Zeit normal , das
Kind wurde lebend geboren.
Beim Vorfall der Nabelschnnr wares die Re-
positionsversuche meist vergeblich, so dass auch Vff.
zu der heutzutage wieder mehr empfohleneo Wen-
dung auf die Ftlsse schreiten mussten.
Es warden 2 Falle von centralem , 5 Ftlle von
seitlichem Aufsitzen des Afutterkuchens und 2Fftlle
mit tiefem Sitze beobachtet. Die Kindeslagen waren
mit Ausnahme einer Querlage SchAdellagen. Die
zwei Frauen mit centralerPl. praev. kamen sterbend
in die Anstalt. In 6 andern F&llen genfigte die
Kolpeuryse und der Blasensprung. Im letzten Falle,
Querlage, musste wegen Fieber and Blatung gewen-
det werden. Dieas geschah nach der Methode von
Braxton Hicks.
Vorliegen von Gliedmaassen neben dem Kopf*
kam 22mal vor, and zwar meist bei Eretgebirenden.
Enge Beeken scheinen in Petersburg weder softe-
ner, noch hAufigw an seki als aadertwo. Allerdiaga
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214
Bidder a. Suti
warden nor 1.5 °/ 0 , auf 68 Gebarten eins, tngeftlhrt,
aber es wird zugegeben , dass mancher Fall ttber-
sehen Let. Die Falle vertheilen eich auf die einzelnen
Arten folgendermaassen.
Einfach platte von 7.6— 9.6 : 13 , allgemein verengte
platte von 7.2 — 9.6 : 7 , rhaehit. platte von 8 — 9 : 6 , all-
gemein verengte platte, rhaehit. von 7.7— 8.6 : 2 , unent-
wickclt von 8.6 : 1 , trichterformig 1. Die Becken gehor-
ten 20 Erst- and 9 Mehrgebarenden an. Zwanzig Falle
verllefen spontan , 3raal wnrde die Zange angelcgt , lmal
eln macerirter Kopf mit der Hand extrahirt, lmal die Ex-
traktion am untem Rnmpfende vorgenommen , 4mal der
vorliegende Kopf perforirt und nachher Sroal mit der
Zange, lmal mit dem Cranioclast extrahirt. Als schlimmste
Complikation wnrde Wehenschwache erkannt. Fflnf Mat-
ter blieben ganz gesund. 18 erkrankten, 6 sindgeatorben.
Von denKindern warden 7 todtgeboren, 1 starb post part. ,
22 warden lebend entlasson.
Nur 2mal kam erheblicher Hangebauch vor.
Im zweiten Falle war die Reposition unmbglich, der
Kopf des Kindes wurde fortwiihrend gegen die Wir-
belsfture bei vollkommen erbfihetem Muttermunde
gedrkngt. Zange. Lebend es Kind.
Ein Fall von Uterus unicornis mit rudimentftrem
Nebenhorn wurde beobachtet. Mit diesem Bildungs-
fehler hing hier nachweisbar eine Schieflage der
Frncbt znsammen. Leider wnrde von einem Un-
erfahrenen die Wcndung anf den Kopf gemacht, da-
durch war die Wendung auf die Ftlsse spilter un-
mftglich , die Zangenapplikation fbrderte ein aterben-
des Kind zu Tage. Tod der Mutter am 7. Tage.
Einmal kamen subserdse Fibrorne, welche die
Entbindnng in keiner Weiae storteu, zur Beobachtung.
Secbamal fanden sich Ovarientumoren , aber nur
2mal wurden sie w&hrend der Geburt genauer con-
trolirt.
Im ereten Falle fand sich eine Derraoidcyste. Die
Geschwulst lag tief ira Becken. Die Kindeslage wechseltc
fortwahrend, nach dem Blasensprnng : Querlage mit Arm-
vorfall. Wendung. Nach dereelben war die Geschwulst
nicbt mebr im kleinen Becken , wohl aber fiber dem Pou-
partischen Bande zu ffihlen. Nach 4 Tagen Tod. (Die
Pat. war schon vor der Geburt an schwerer Enteritis folli-
culosa erkrankt). Bei der Sektion fanden sich Dermoid-
cysten beider Ovarien , die rechtseitige hing mit dem
Dickdarm durch einen alten Fistelgang znsammen. In der
Cyste Reste von Nahnmgsmitteln. Ansserdem war die
Cyste geborsten and hatte diesen Inhalt in die Bauchhohle
ergossen.
Der zweite Fall betraf eine 37Jahr. Erstgebarende
mit Parese und dentlicher Verkfimmerung der gesammten
linken Kfirperhalfte. Ueber der linken Leistengegend
eine 4 Finger breite, hart elastische Geschwulst, mit
gleichmassiger Oborflache, die sich vom Uterus durch eine
tiefeFurehe absetzte. Von der Vagina aus war derTnmor
nioht got zu ffihlen. Kopflage, 28stftndige Geburtsdauer,
Abgang von Meoonium. Zange. Naohblntung. Todtes
* Kind. Normales Wocbonbett.
Von Anomalien der Scheide wurden 2mal Cysten
gefunden, lmal einseitig, lmal doppelseitig-symme-
trisch. Sie sassen oberhalb der Hymenreste , wal-
nussgross, dllnnwandig , schlaff. Beim Anstechen
kam aus der einseitigen schleimige, klare , sehr hell-
gelbe Flllsfligkeit. Die doppelseitigen wurden nioht
punktirt, schoben rich bei der Geburt hinter den Kopf
zurttek nod peraistirteo im Woohenbett.
gin, klin. Berioht.
Betrefis der Hftufigkeit des Dammrisaes stunmen 1
Vff. mit Schrbder und nicht mit den geringen >
Zahlen H e c k e r’s (lberein. Zur Vereinigung wurden
Metalldrfihte gewShlt. 60 Falle heilten primfir, 34 J
theilweise, bei 29 Fallen erfolgte keine Vereinigung. i
215mal wurde die Epiriotomie ausgefllhrt, Zwei- <
mal entstand eine Rnptura perinaei centralis.
Krampfwehen wurden 67mal beobachtet, d. h. j
auf 30 Geburten lmal «=* 3.3 °/ 0 . Darunter befan- I
den rich 51 Erst- nnd 16 Mehrgebftrende. In 5 P.
war das Becken verengt. 21mal war das Frucht-
wasser vorzeitig abgeflossen, trotz dessen besteht ein
Causalconnex zwischen vorzeitigein Wasserabflusu
und Krampfwehen nicbt, im Gegentheil schwanden
die Krampfwehen, trotz des Fehlens des Frucht-
wassers, in der Erbffhungsperiode ; und andere F&Ue
lchrten, dass gerade durch den ktlnstlichen, vorzeiti- !
gen Blasensprung die Regnlirung der bisher krampf- 1
haften Wehen gelang. Der Ausgang fllr Mutter und 1
Kinder war schlecht, es starben 11 Frauen —
16.5°/ 0 und 14 Kinder «= 22.5°/ 0 , nur 7 Frauen
machten ein normales Woohenbett durch. Abgeseben
von Vollbftdern bewfthrte sichMorphinm und Chloral- 1
hydrat in grossen Dosen. Nicht so zufriCden waren 1
Vff. mit den Incisionen bei hart gesp&nntem Os ex- 1
temum , und zwar deshalb , well der Krampf, flber-
wiegend hfiufig wenigstens, den ganzen Cervix be-
triflt. 1
Striktwen oder partielle tonische Kr&mpfe sind 1
6mal vorgekommen , und zwar 4 mal in der Nach- 1
geburtsperiode, 3mal am Os internum , lmal scitllch 1
in der Tubargegend, 2 mal vor Ausschluss des Kin- 1
des.
Abgesehen von Placenta praevia und Abortus
traten 187 Blutungen ein = 9.3 °/ 0 . *
Dieselben kamen vor bei 8.4 °/ 0 Erstgebarenden , bei
9.4% Zweit- bis Funftgebarcnden, bei 11.3% Sechst- bis I
Nenntgebarenden nnd bei 20% Zetant- nnd Mehrgebaren- I
den. Der Grund waren frfihzeitige Ijosung der Placenta I
lOmal, Placentarreste 2mal, abnorme Grosse der Placenta
lmal (3','s Pfd.), Retentio Placentae 14mal , und zwar 1
lOmal durch Atonie und 4mal durch Striktur, Elhautrcste I
2mal , Ovarientumoren 2mal , Insufflcienz der Aorten- I
klappen lmal. Operationen waren 13mal voraufgegan-
gen: 1 Wendnng, 1 Wendungsversuch , lOmal Applika-
tion der Zange , lmal des stumpfun Hakcns bei todtem
Kind. Tiefe Risse des Cervix bluteten 4mal, ein Riss
der Vagina mit Hamatombildung lmal, ein Riss am In-
troitns vaginae 2mal. Nur 48 Frauen blieben gesund,
es starben 16 8.5%.
Bemerkenswerth ist ein Fall , bei welchem eine |
Nachblutung reichlichster Art aus einem Cervicalriss
stattfand. Dieselbe wnrde durch stundenlange Digi-
talcompression , und schltisslich durch Compression
mit einem in Liquor fem getauchten Tampon gestillt.
Letzteres Mittcl wenden Vf. nur im Nothf&lle an.
Die Wbchnerin starb an Peritonitis.
Eklampsie ist 9mal vorgekommen «= 1 : 222,
bei 7 Erst- und 2 Mehrgebarenden.
Die Anfalle traten eln : lmal im 9. Mon., 4mal in der
Eroffnungsperiode , lmal in der Austreibungszeit, lmal In |
der Nachgeburtszeit nnd 2 mal nach vollendeter Geburt. i
Die in Anwendung gezogenen Mittel waren Chloroform,
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116
Bidder n. Sntugin, klin. Berfcht.
Cbk»nlhyftnt, Mwpinm saboutaa. BaHroSgiichstwurda
die Oebort beendet 3mal mit der Zange , 2mal rait der
Wendung, 2 mal durch Perforation , lmal manueilc Ent-
ferrmng der Placenta; 3 Wochnerinnen erkrankten, 3star-
ben ; 3 Kinder wurden todtgeboren , 1 atarb. In einem
FaUe, welcher mit engem Beeken complicirt war, land
licit bei der Sektion : Pachymeningitis mit Hamorrhagien,
Hydrocephalus internus chronicus , Scleroma cerebri,
Oedema pulmonum , parcnchyraatose Entzundung der
Leber, der Nieren , des Herzdeisches. In einem zweiten
Falie war die Subutanz des Gehirns stark injicirt, aber
derb , trocken ; die Basilargeiasse zeigten Injektion , die
Seitenventrikel waren leiclit erweitert.
Aus den Bemerkungen znr Operationslehre lieben
wir hervor, dass (lie Zange unter 1998 Geburten
53mal = 2.6% zur Anweudung kam, und zwar
bei 5.G% Erst- und 1.0%Mehrgebiirenden ; 12mal
wurde die Zange bei mebr oder weniger hohemKopf-
stande angewendet; 5 Wbclinerinnen der letzten
Kategorie starben. In den Fallen, wo die Zange an
den tiefstehenden Kopf applicirt wurde, starben 4 =
9.7o/ 0 .
Durch 20 Wendungen wurden 5 lebende Kinder
erzielt, 2 waren faultodt, 10 todt geboren, 3 starben
nacli der Geburt. Von den Mlltteru starben G, doch
sind 4 TodesfUlIe nicht mit der Wendung in Zusam-
menbang zu bringen (2 Plac. praev. , 1 Eklampsie,
1 Enteritis follicularis). Vff. wenden bei der Perfo-
ration den Cranioklast an , weil diu-ch ihn eine Ver-
l&ngerung des Kopfes in einem Durchmesser , Ver-
schmiilerung dagegen in alien audern Maas sen ein-
tritt. Dreizehnmal muaste die Placenta mit der Hand
ans dem Uterus entfemt wcrden ; 3mal bestand Ad-
li&renz ; 4 WSchnerinnen starben.
Der 3. Abschnitt iat dem W ochenbett gewidmet.
Fille von sogen. Milchjieber, bei welchen 1 — 3Tage
obne nachweisbaren Grand Fieber bestebt, sind zwar
zu den physiologischen gerechnet, um aber ihre Zahl
in der Masse der Uebrigen nicht vcrloren gehen zu
laasen, ist ihneu eine eigene Rubrik zwischen physio-
logischen u. pathologischen eingerftumt Dieses Ver-
fahren ist gewiss sebr zu billigen. Die Zahl der fie-
beriosen WOchnerinnen, 962, bildet 29.3 % ; rechnet
man also das Milchfieber iiinzu, so erkrankten 70.6° / 0 .
Aus Tabelle 2 ist ersichtlich , dass von 1285 Wdch-
nerinnen 38 = 2.9% starben , davon sind G abzu-
ziehen als an nicht puerperalen Krankheiteu gestor-
ben, also stellt sich die Mortalitiit auf 2.4°/ 0 .
Im J. 1871 betrug die Dauer des Aufenthaltes
der Wocbnerinnen in der Anstalt, die Dauer der Ge-
bort abgerechnet, 19280 Tage, im Mittel 9.G Tage,
und zwar filr Gesunde 7.3, filr Kranke 11.9 Tage.
Zeitige und frilhzeitige Geburten ergeben fast
gleiche Ziffern flir schwere Erkrankungen (23.0 und
21.4%); Abortus dagegen doppelt so wenig. Die
ZBffer filr die Sterblichkeit tlberhaupt ist nach zeitigen
Geburten nm 2 % niedriger als nach Frtlhgeburten.
Nach Abortus wurde kein Todesfall verzeichuet.
Von bOchstem Interesse sind die folgenden Un-
tersucbungen tiber den Ein/luss verschiedener Om-
stdnde auf die Mortalitat. Der Leser wird darin
viel Bekanntes, Festotehendes linden, trotz d eaten
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berdhreo wir diese Details — mmttich, well ffieh Ein-
zelnes kaum heransgreifen l&sst.
Von Erstgebdrende n schienen besonders kriftig ge-
bante, von Mthrgtbdrenden die schwachllchen zu Er-
krankungen zu disponiren. Bei Erstgebarenden betrug
die Mortalitiit 5.79, bei Mehrgebarenden 2.86°/ 0 . Von der
5. Geburt an stelgt die Sterblichkeit und hat jenBeits der
9. fhr Maximum (1 von 12) erreicht. Den Einfhus des
Alters drucken folgende Zahlen aus: 16 — 18 J. Mortal! tit
= 6.0%; 19 — 22 J. = 6.6%; 23— 26 J. — 6.7%;
27—30 J. = 10.8%; 31—86 J. — 16.7%; 86—40 und
mehr ■= 0%.
Bei Erstgebftrenden wachsen Morbidity und Mor-
tality proportional der Gebnrtsdaner , nach 30 8td.
Dauer wftchst die Sterblichkeit sehr schneli. Bei
Mehrgeb&renden schwankt bis zu 30 Std. die Morta-
lity und Morbidity sehr gering , wfthrend sie dann
ebenfalls rapid zunimmt.
Was die Dauer des Aufenthaltes in der Anstalt
betrifft, so erkrankten von kreissend Anfgenommenen
57.7% und von schwanger Aufgenommeuen 75.0%.
Die Sterblichkeit bei Gassengeburten ist fast *—* 0.
Die nicht vollstkndigen Gassengeburten, d. i. die-
jenigen , welche weniger als 1 Std. nach der Auf-
nahme gebaren, zeigten 2.5% Mortality and 47.5%
Morbidity. Die Schwangern, welche 1 — 3 Std. sich
in der Anstalt befanden , gaben 81. 2% Erkrankiui-
gen und 6.2 % TodesfUlIe ; die, welche lAngere Zeit
ante partum die Anstalt bewohnten, gaben nur 72.2
und 5.5%.
Nach normal en Geburten fanden die Vff. 62.1% Mor-
bilitit und 3.6% Mortalitat. Bei 46 Zwillings- and 1 Dril-
lingsgeburt erkrankten 71.8%, davon 39.1% leiebt,
32.9% schwer ; 17.3% starben, obwohl nur 12 ErstgebiU
rende waren.
Geburten bei engem Beeken gaben 78.9% Morbilitat
und 10.5% Mortalitat. Die Ealle, die oper&tiv beendigt
werden inussten , zeigten doppelt so schlcchte Besnltate,
als die spontan verlaufcnen.
Jncisionen der grossen Schamlippen batten keinen
Einflusn , da die Sterblichkeit nach ihnen geringer 1st ale
die Sterblichkeit im AUgemeinen bei Erstgebdrendeu.
Dammrisse gaben 7.6% Sterblichkeit, etwas mehr
als Erstgebnrten Qberhanpt. Erklarlich durch das Trauma.
Manuelle Entjemung der Placenta gab 26.8% schwere
Erkrankungen und 13.3% T odes falie.
Wendung dnrch innere Handgriffe gab 47.3% schwcre
Erkrankungen und 16.7% Todesfalle.
Incieionen des iiussem Muttermundes hatten 43.6%
schwere Erkranknngen und 7.1% Todesfdlle im Gefolgc.
Die Mortalitiit nach Zangenoperationen betrug
18.1%.
Den schldlichen Einfluss bedentender Blutver *
luste konnten auch die Vff. constatiren, sie aahen
nach Blutungen fast 2mal so viel schwere Erkranknn-
gen und 2%mal so viel Todesftllle als nach norma-
len Geburten. — Vff. behanpten, dass psychische
Erregungen unmittelbarvonTemperaturgteigerangen
gefolgt und die nSchste Ursache von Erkrankungen
sein konnen.
Bei NichtstUlendtn ist die Morbidit&t und Mor-
tality hdher als bei Stlllenden.
Erkaltungen haben , wie einige eklatante Bei-
spiele von Gassengeburten beweisea, keinen Eizdhiss,
dagegen konnen Di&tfehler zu Peritonitis Veranlaa-
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
216
Bidder «. Sutugin, klia. Berieht.
sang geben. Krankhwten, die vor der Qebart sebon
bestanden, erhdhen die Sterblichkeit.
Nach aliem Vorangeschickten erkl&ren die Vff.
das Puerperalfeber fur eine Wundbankkeit mit
alien den mOglichen Folgen und Complikationen
einer solchen. Gegentiber den Verwundeten aind
die WOchnerinnen wegen dea puerperalen Zustandes
der Beckenorgane in einem grossen Nachtheil.
Der folgende Abachnitt , der Physiologic des
Wochenbettes gewidmet, enthalt wenig Neues. Da-
gegen finden wir unter den „Formen der Wochen-
beUkrankheiten im Speciellen“ manchen interessao-
ten Krankheitafall und originelle Ansichten.
Hamatoma vulvae et vaginae wnrde 4mal be-
obachtet 1 ; 820.
Im 1. Falle traten 1 Std. nach derOeburtSchmeraen,
Dringen nach unten and das Geffihl eiaes fremden Kor-
pers in der Vagina auf. Das Hamatom wnrde innerhalb
der Vagina gefuhlt, trat etwas mehr nach aussen und
platcte spontan. Man konnte durch den Rise mit dem
Finger in eine huhnereigrosse Hohle gelangen ; dleselbe
sonderte Coagula, stinkende Fliusigkeit and Gewebafetzen
ab. Am 7. Tage begann gutartige Eiterung.
Im 2. Falle trat erst am 6. Tage die Anschwellung
der rechten grossen Schatnlippe ein. Am 8. Tage wnrde
die Gesehwnlst , die der Affektion einer Barthoiin’schen
Dr&se gllch, gespalten , worauf dickes Blut austrat. Tags
darauf Tod. Allgemeine eitrige Peritonitis. Dieses spite
Auftreten einee Hamatoms 1st selten und erinnert an die
in den Baachdecken nach Typhus entstehenden Hama-
tome.
Im 8. Falle wurde die Geburt mit der Zange beendet,
es trat Colpitis gangraenosa , Phlegmone pelvis and Peri-
tonitis ein. Am 9. T. wnrde links vom Nabel in den
Baachdecken eine scharf begrenzte Gesehwnlst entdeokt.
IhT Sits in oder zwischen den Maskelschichten war darch
Perkussion a. Palpation genan zn beetimmen , ebenso der
Mangel eines Znsammenhanges mit den Beckenorganen.
Also kann die Geschwulst nicht die FortBetznng eines
extraperitonaalen Exsudates sein. Aach gegen die M5g-
liohkeit eines abgesackten peritonitischen Exsudats fuhren
Vff. gewichtige Gr&nde an. So bleibt nor die Diagnose
eines Hamatom der Bauchioand ubrig. Der Termln der
Entstehung der Geschwulst war leider nicht xu ermitteln j
outer Anwendung von Umschlagen and Tinct. jod. war
am 27. T, post partum nichts mehr zu fuhlen. Pat. wurde
am 37. T. gesund entlassen.
Noch einmal kommen an dieser Stelle die Damm-
risse zur Besprechung. Es zeigte sich, dass be-
ztiglich der Wochenbetterkrankungen die Prognose
bei gendhten Wunden besser ist als bei nicht ge-
nfthten. Auffallend ist die durch das reiche Mate-
rial gesttttate Behauptung, dass endometritische Pro-
cess© die Prima-intentio am Damme nicht hindera.
Selbst Colpitis gangraenosa oberhalb des Damm-
risses, selbst Diphtherie der Scheide hinderte die
DammheUung nicht. Es wnrden sogar 2 Falle be-
obachtet, wo die Wdcbnerinnen an oben genanntea
Krankheiten starben, wUhreod der Dammriss prim&r
vollst&ndig geheilt war.
In 448 Fallen, 6.3%, wnrde Colpitis diagno-
sticirt, damn ter 28 Fftlle mit Colpitis gangraenosa.
Moistens setzt sich die Entztlndnng auf das Binde-
gewebe fori In aeltenen Fallen aber bleibt die
Entrtndtmg auf das perivaginale Bisdegewebe be-
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achrtnkt, so dass also eine Paracolpitis n. Phlegmone
pelvis inferior diagnosticirt werden moss. Dabei
entstehen Abscesse, die bis zu den Beckenknochen
geben und sich in den untem Theil der Scheide
Sffnen. Auch Neoralgien durch Druck auf die Ner-
ven oder Fortschreiten der Entztindung auf sie wird
beobachtet.
Unter 3283 Geburten kamen 4 Blasenjxsteln,
einmal mit Mastdarmiistel complicirt, vor.
In einem Falle wurde eine isolirte, circumscripte
Entzundung des Bindegewebes hinter dem Rectum
entdeckt. Die Geschwulst entstand nach leichter
spontaner Geburt und wurde resorbirt. Da die ana-
tomische Unterscheidung zwischen einem physiologi-
schen und patbologiscben Zustand des Endometrium
post partum sehr schwierig ist , so wurde die Endo-
metritis aus der Gesammtheit der Symptome haufig
diagnosticirt; aber die Diagnose musste oft wegen
der Complikationen mit Colpitis , traumatiseber Me-
tritis coUi, Parametritis etc. „dubia“ bleiben. Schwere
Formen sind leiebt mit Sicberbeit festzustellen. Im
Ganzen erkrankten an Endometritis 22.1% der Ge-
sammtzabl. Von diesen 828 Fallen waren leichtere
katarrhalische Formen 329, schwerere 37. Die
tlbrigen Falle waren complicirt. In 19 Fallen wurde
Endometritis diphtheritica diagnosticirt.
Parametritis kam bei 699 W5chnerinnen , d. i. bei
21.2%, vor. Sie war nicht complicirt in 215 FiUen,
117mal leioht, 98mal schwer. Bei 156 Fillen konnte
genau die Zeit des Eintritts bestimmt werden , und zwar
am 2. T. 60mai , am 3. T. 39mal , am 4. T. 27mal , am
6. T. 13mal, am 6. T. 13mal , am 7. T. 4mal , am 8. T.
6mal, am 9. T. 4mal. Am hauftgsten compUclrte sich
die ParametritiB mit Endometritis und Colpitis. In einem
Falle trat inFolge von Abscessbildung lethale Pyamie ein.
Peritonitis partialis, wie Vff. die Perimetritis mit
Recht lieber genannt wissen wollen, ist 73mal notirt,
61mal mit Complikationen, 12mal rein fur sich. Univer-
selle Peritonitis kam im J. 1871 in 80 Fallen vor. Es
starben 65 W6chDerinnen. Die Peritonitis begann selten
am 1., meistens am 2. bis 5. Tage. Die septUche Peri-
tonitis tritt meist fruher ein.
Aus der Casuistik braohten wir sohon oben den Fall
einer geplatzten Dermoidcyste. Zwei ahnliche Falle sind
die folgenden.
Zweitgebarende, 23 J. alt, Geburt leicht, spontan ;
Peritonitis, am 24. T. Tod. Bel der Sektion fanden sich
in der BanehhShle viele Blntextravasate , die sich als zu
verochiedenen Zeiten entstanden darstellten. Das reohte
Ovarium vergrossert , mit dem Coecum verwachsen , die
Oberflache des Ovarium fetzig , voll seroser , nach dem
B&uchraum durchbrochenerCysten. Auch in diesem Falle
bestaad eine Commnnikation zwischen einer Cyste and
dem Rectum.
Der nachstoF&U betrifft eine31jahr. Zweitgebarende.
Normale Geburt; Nachblutung; Endometritis placentaris
gravis; Metrophlebitis; Phlegmone pelvica; Peritonitis
universalis. Tod. Der Ovarientumor war im Ambula-
torium elnige Monate vor der Entbindnng diagnosticirt
worden. In diesem Falle trat wahrend der ganzen Kraok-
heit kein Frostanfall ein. Bei der Sektion fand man zwi-
schen Coecnm and der Wurzei desMesenterinm eine foast-
grosse derbe Dermoidcyste des rechten Ovarium. Sie
enthielt einen Ballen ilaare, in der Umgebung der ge-
platzten Cyste fanden sich zerstreut Fett und Epldermold-
zellenmassen, die sogar dem Exsndat zwischen den Darm-
schMngen und im kleinen Beeken bdgemisebt warn. Die
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R i e z o 1 i , Reaezione ed Asportaaone dollo Sterno. 217
Wand der Cyste war 1 Mmtr. dick, aof dor vordern Seite
fanden sich, anaser einer thalergrossen Nekrose, zeretreat
verechieden grosse Locher der entzCndeten , eitrig in-
filtrirten Cystemvand. Es war also hier die Peritonitis
nicht dio Folge der Be ret ting der Cyste , sondern nrage-
kebrt, die Cyste scheint erst s pater in Folge der eitrigen
luiUtration der Wand erweicht za sein.
Ansserdem kamen noth ‘iOvariencysten znrBeobach-
tuDg. Im 1. Falle bestand nach einer Gassengeburt 2 T.
lang Fieber. Dann trat Euphorie ein. Links vont ITterns
war eine huhnereigrosse , cystoide Geschwolst , vnllkom-
men getrennt vom Uterus, nicht schmerzhaft, elastisch za
mhlen. Der 2. Fall betraf eine Primipara. Es musste
die Zange angelegt worden. Die Ovariencyste lag reclits
neben dem Uterns und senkte sich am 8. Wochenbetts-
tage in die Beckenhohle. Wochenbctt normal.
In 1 Falie trat in Folge eines ('ervikalrisses Para-
metritis ein , am 16. T. dee Wochenbettee waren mtr noch
Reste der Parametritis zu fuhlen , dieeelbc war vereitert,
trad an diesem Tage in die Peritonaalhoble perforirt. Es
erfoigte am 25. T. der Tod an allgcraelner Peritonitis,
PlearitiB und Perikarditis. Bei der Sektion fand sick die
geboretene Stelle.
Bemerkenswerth 1st 1 Fall von Complikation mit
Fibrom. Das subperitonaale Fibrom hatte aller Wahr-
seheinlichkeit nacb die EntzCndtmg anf das Bauchfell
iibertragen. Das taubeneigrosse , kurz gestielte Fibrom
sass vom nahe am Fnndns. Im Bindegewebe zwiseben
Oeschwulst nnd Bauchfell batte sieh ein Abscess gebildet,
der in die Banchhohle durchgebrochen war nnd die Ge-
schwulst entblSst hatte. Ansserdem fanden sich noch
? weitere Fibromc.
Anch die andern Falle, deren Sektionsbefunde genau
mitgetheilt sind, enthaiten viel Interessantes.
Die Entztlndung den Uterus selbnt nennen Vff.
Mesometritis, welcher Name wohl znerst von G r U n e-
waldt gebraucht wurde. Natlirlich wird diesc
Affektion atets complicirt sein mdaaen , ja ea mdchte
dem Ref. scheinen, dass die Complikationen so in
den Yordergrund treten und ao wichtig sind , dass es
kanm noting sein mdchte , die Meaometritis zu sta-
tniren.
Thrombosis vennrum und Metrophlebitis ist
27mal beobachtet; von diesen Kr. starben 21, wfth-
rend die andern , scheinbar gebessert entlassen , sicb
der fernern Beobachtung entzogen. Auch hier Bind
mehrere recht lesenswerthe Sektionsbefunde mitge-
theilt. EbenBo wird auch die akute Septikamie ohne
Peritonitis unter AnfUhrung von KrankengescUichteu
erwihnt.
Eclampsia puerperaHs kam 2mal vor, beide
Pat. waren Krstgebarende , die eine hatte 14, die
andere 5 AnfSlIe, beide genasen.
Uerzbrankheiten beobaehteten dieVff. 5mal, und
zwar eine Mitralisinsnfficienz , Pat. blieb gemmd,
ferner 4 Falle von Aorteninsufficienz. Eine WOch-
nerin starb nacb 22 Std., 2 am 6. T. an Peritonitia,
die 4. erlag nacb uormalem Wochenbett iluem Herz-
ieiden spate r. Siebenmal traten im Wochenbett akute
llerzaffektionen ein, lmal Endokardrtis, Pat. wurde
krank entlassen und nicht weiter beobachtet. Die
Perikarditis war 3mal eine Complikation der sep-
tiachen Peritonitia, lmal der Metrophlebitis. In
2 Fillen fanden sich Myokarditis , dieaelbe war im
1. Fall mit Sicherheit auf einen emboliachen Process
Med. Jahrbb. BA. 172. Uft. 2.
zu beziehen. In der Snbstanz eines Papillarmnskels
fand sich ein kleiner, peripherischer , keilfOrmiger
Entzttndnngsherd in beginnender Nekrose.
Der andere Fall war ein vielfach compHcirter. Die
Sektion zeigte: Pleuritis chronica duplex. Pneumonia
caseosa. Tuberculosis miliaria. Endo - Parametritis In-
cipiens, Pyaemia (Pericarditis suppurativa, Endokarditis,
Arteriosclerosis, Myokarditis, Splenitis emboliea , Syno-
vitis suppurativa genuum. Panaritium), Haematoma pla-
centae. Es fanden sich sowohl In der Wand des Unken
Herzens als in den Papillarmuskeln elnige kletue noch
nicht erweichte Abscesse.
Zum Schluss wird die Therapie der Puerpemi-
krankheiten kurz erdrtert. Die Prophylaxe wird
betont. Schwilmme aind abgeschafft, es werden
Lappen zum Reinigen gebraucht. Zur Injektion
wenden Vff. den Irrigator an. In die Scheide wird
ein, nacli der Beendigung der Behandlnng zu ver-
nichtendes Kautschukrohr eingeftthrt. Das gauze
Mans ist gegenwftrtig in eine grosse Zahl kleiner
Abtheilnngen von 4 — 8 Betten getheilt; jede Ab-
theilung hat ihre best&ndige, nicht wechselnde Pflege.
Bei schweren Formen von Endometritis wird der
Uterus ansgesptllt, bei welcher Manipulation Vff.
Voraicht empfehlen. Namentlich regt viele Mani-
pulation die Utcruscontraktionen an. Daher wuxden
sie, wie es den Vff. scheint, in einem Falle von
frischer Retroflexio uteri, nach manneller Anfrichtnng
des Organs , mit grossem Nutzen in Anwendung ge-
zogen. Die sonstige innere und symptomatisebe Be-
tumdlung ist die gebrkuchliche.
Jeder Satz in dieaem fleissigen, vorzttglichen Be-
riebt dokumentirt die so wohlthuende Objektivitkt
der V 7 ff. Es ist sehr schwer, bei dergleichen Arbeiten
ein Referat zu liefern, denn jede Seite enthftlt so viel
Interessantes und Wichtiges , dass es kanm mdgllch
ist, Einzelnes herauszuheben. Deshalb empfehlen
wir das Studium dieses Buches den Fachgenoesen auf
das Dringendste. Fritz sc h.
73. Resezione ed Asportaslone dollo Sterno
fi.no alia Cartilagine ensiforme in un con
alcune Cartilagini costali per Carie necro-
tica ; Riproduzione dell ' Osso e Cartilagini
excise ; Stabile Guarigione. Memoria del
Professor Francesco Rizzoli. Bologna
1876. Tipi Gamberini e Parmeggiani. 8.
25 pp. f ].
Die geringe Anzahl von kleineren Resektkmen
oder von Wegnahme betrttchtlicher Stttcke desBrust-
beins f und die noch selteneren vollkommenen Heilun-
gen derartig Operirter werden zweifelsohne der vor-
Liegenden Sckrift des bertllunten Vfs. ein erhdhtes
Interease zuwenden. Die Grundlage desaeiben bil-
det ein von K. in der med.-chir. Gea. zu Bologna
unter Vorstellong der Operirten gebaltener Vortrag.
•) Sep.-Abdrack ana dem Boll, delle Sc. med. di
Bologna Ser. V. Vol. 21, fur deaaeu U ebersendung beateas
daukt Wr.
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218
R i 2 z o 1 i , Resezione ed Asportazione dello Sterno.
Nach einer akademischen Einleitung zur Oe- R. einige bekannte FUle von angebomer Spaltnng
Bchichte der Resektionen dee Brustbeins im Allge-
meiiien , wobei, wie es scheint, das erschbpfende
Werk von Dr. OscarHeyfelder benutzt worden
ist , flihrt Vf. die ganze daranf beztlgliche bekannte
Literatnr an , mit der Bemerknng , dass ana ihrer
Kenntniss nar um so klarer hervorgehe, welche
Wlcbtigkeit man solchen Operationen beizulegen
babe. Wir beschr&nken uns, anf einige wenige
neoere Fftlle aufmerkaam zu machen, von denen der
eine von Ref. in der Besprechung dea Anno secondo
di Clinica Cbirurgica nella R. University di Roma
1874 *) mitgetheilt worden ist, die anderen indessen
weniger bekannt sein dttrften und welche sich vor
zngsweise anf Wegnahme von Rippenknorpeln be-
ziehen.
Im Jahre 1873 nahm Mazzoni in Rom einem
63jahr. Manne wegen Caries des 6. , 7. and 8. Rlppen-
knorpels diese in einer Ausdehnung von nngefahr 3 Ctmtr.
fort und entfernte zugleicb mittels des Uohlmeissels den
ebenfalls erkrankten Stemalrand. Naehdem die Wunde
betnahe vernarbt war , wnrde Pat. wegen Schlusses der
Klinik entlassen.
In einem andern Falie bei einem 44jahr. Manne re-
secirte Mazzoni dieKnorpel der 6. und 7.1inken Rippe,
welche von Caries ergriffen waren , nnd entfernte eben-
falls mittels eine* Hohlmeissels den correspondirenden
eariSaen Rand des Sternum , worauf er ausserdem noch
das Oldbeisen applicirte. He i lung.
Dasselbe Resultat erhielt Mazzoni bei einem 23jahr.
Mfidchen, welcbem er zuerst ein Stuck des caridsen Brust-
beines mit Schonung des Periostes , dann einen Theil der
1, Rippe in der Lange von 2 Ctmtr. wegnahm 1 ).
8. 11 giebt Rizzoli noch einen Fall von Ver-
neuil aus dem Jahre 1870 an, in welchem wahrend der
Wegnahme eines Sequesters de* Sternum die Art. mam-
marim interna, oder einer ihrer liauptzweige verletzt
wurde. Da wegen der fungosen Granulatlonen eine Unter-
bindung der Art. mammaria in Distanz nicht ausfuhrbar
erschien, brachte V c r n e u i 1 einen Finger an den Ort der
Blntung ein und legte , indem er denselben al* weiteren
Leiter gebrauchte, eine gezahnte Schieberpincette an,
nach deren Schliessnng die Biutung aufhorte. Die Pin-
cette blieb 48 Std. liegen and die Biutung erschien nach
ihrer Wegnahme nicht wieder.
Die anatomischen Bemerkungen, welche Vf. sei-
ner Abhandlung einwebt, bieten nichts Neues, geben
ihm jedoch Veranlassung, auf die sogen. Larrey ’-
sche Apertura diaphragmatica aufmerkaam zu
m&chen, als begllnstigend fllr die Eitersenkongen,
welche von Krankheiten des Sternum oder des Me-
diastinum anticum ausgehen und als Abscease der
Bauchdecken zur Erscheinung kommen. Von einer
solchen Senkung theilt R. einen belehrenden Fall mit,
in welchem er durch Contraapertur in dem Unter-
leibsabscesse and eine Drainimng desselben bis in
das c&riOse Sternum und das Mediastinum anticum
im Verlaufe von 2 Jahren Heilung erzielte.
Gelegentlich einer Bemerknng R.’s, dass so
wenige Aerate genauere Nacbrichten darflber gegeben
haben, ob in F&llen, in welchen das Sternum herauB-
genommen wnrde , dasselbe sich ersetzte oder nicht,
nnd wie die Pat ohne Sternum weiter lebten, erwflhnt
•) Jahrbb. CLXVH. p. 106.
*) Anno cliu. S. 84. 8. 86.
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des Schwertknorpels oder des ganzen Sternum in '■
2 Halften und einen Fall von angebornem Mangel '
desselben bei einer Negerin von 30 Jahren , welche
stets gesund gewesen war, keinerlei Athembeschwer- i
den empfand, sogar ihre Kinder selbst stillte und wie i
die andern Sklaven sebwere Arbeiten verrichtete.
Ueber Reproduktion des weggenommenen Ster-
num aind R. nur 2 Falie bekannt : einer von S i e -
bold 1789 nnd der von Ktlchler 1856, weshalb
er sich nm so mehr aufgefordert fllhlt, den von ihm 1
glilcklich operirten Fall ausfilhrlich zu verdffent-
lichen.
Anna G., sehr zarter Constitution, erlitt, 17 J. alt,
im Jahre 1848 einen starken Stoss mit einem Stoeke gegen t
die Brnst. Es folgte darauf eine schleichende Brustbein- I
Rippenentzundung , aus welcher sich ein Congestionsab- i
scess entwickelte , welcher in der Nahe der linken Brnst- i
warze sich freiwillig offnete und eine grosse Menge i
schlechten Eiters entleertc. Pat. wurde mit Leberthrmn i
and einem gewShnlichen Deckverbande behandelt. Am
3. Mai 1861 sah R. die Pat. zum 1. Male und fand bei
der Untereuchungder Abscesshohle, dass die unterliegende
Rippe in der Ausdehnnng von 4 Ctmtr. von Nekrose er-
griffen war. Das Bcflnden der Pat. bewogR., das fruhere
Heilverfahren fortzusetzen. Als R. nach einer geraumen
Zeit die Pat. wiedersah , fand er ein bewegliches Rip pen-
stuck, welches er nach Erweitcrung des flstulosen Ganges
auszog. Die Oeffnung schloss sich , aber nach einigen
Monaten begann eine zweite Anschwellung in der Sternal-
gegend, von welcher diese letztere , sowie die benachbar-
ten Rippenknorpel ergriffen wurden ; der Abscess offnete
sich gegen die Mitte des Manubrium des Sternum hin und
unten in der NS.be des Schwertfortsatzes mit starker
Eiterabsonderung.
Bei geringerem Ausflusse von Eiter verblieb bei 2
fistulosen Oeffnungen der Krankheitsprocess bis zum Jahre
1860 derselbe. Zu dieser Zeit verschlimmerte sich der *
Zustand, die Eiterung wurde sehr bedeutend, die Kranke 1
konnte nicht mebr auf dem Rucken liegen , sondern war 1
genothigt, Tag und Nacht im Bette zu sitzen , urn Respi-
rationsbeschwerden zu vermindern ; ein haufiger und '
schmerzhafter Husten stellte sich ein, wobei aus den fistn-
losen Oeffnungen eine groBse Menge Eiter ansspritzte,
damit die Diagnose beetStigend , dass dieser Eiter sich
ti nler dem Brustbeine and den Rippen beflnde. Pat. hatte
Fieber mit abendlicben Ezacerbationen und die Abmage-
rung war enorm.
Bei der Untcrsuchung mit einer StahlBonde konnte
R. an dem Mannbrimn sterai die ganze Dicke des Kno-
chens durchdringen und wahrnehmen, dass dasselbe rare-
fleirt , rauh , bruebig and grdsstentheils verschwSrt und
nekrotisirt war. Das Manubrium war an seiner vordem
Flache von Periost entblost und es schicn , als wenn das-
selbe wenigstens grossentheils von den umliegenden Ge-
weben abgel&st ware , weil man mittels der Sonde einige
Bewegungen desselben herbeif&hren konnte. Bei der Ein-
fuhrung der Sonde in die untere Oeffnung des Sternum in
der Nahe des Schwertfortsatzes fand R. ebenfalls deu
Knochen verandert , rauh und brfichig, aber blutend und
nach vorn hin nur an einzelnen Stellen von dem Periost
entblost. Da ansserdem dieser Knochentheil nicht be-
weglich war , musste man annehmen , dass er auch nach
hinten zu nocb nicht von dcin Periost vollkommen abge-
lost war und dass also die ZerstSrung nocb keine so grosse
Ausdehnung und Tiefe erlangt hatte , um denselben fir
vollstandig todt zu halten.
Nachdem so die Diagnose festgestellt nnd zogleich
erkaunt war, dass auch einige Rippenknorpel ergriffen
waren, beschloss R. die Wegnahme nicht nur des Sternum,
sondern auch dieser Rippen an versuohen.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
Handbuch der AagenbeUkasde.
219
Er f&krte elite weibhehe Sonde In die Fnteldfhang,
welebe die Haut ein wenig links von dem Manubrium
stemi einnahm, und , indem er die vordere Fliiche den
Knochens mit der Sonde streifte , ffihrte er die stnmpfc
Spitze derselben an der untem Fistelfiffnung, etwas reehts
von dem Schwertfortsatze , aus. Mittels eines Bistonri
warden nun die beiden Oeffnungen vereinigt, woraus elne
Langswunde etwas schief von links nach reehts in der
Lange von 7 Ctmtr. resnltirte.
Von der nnteren Commissar dieses Schnlttes ffthrte
R. einen 2. Schnitt nach der Richtung des untem Randes
der 7. Rippe nach reehts und einen eben aolchen nach
links, jeden in der Lange von 6 Ctmtr. Die Wunde hatte
mithin die Form eines amgekehrten T (x) , mit geringer
Convexitat deT Seitenschnltte nach nnten. Da in dem
Lingssohnitte anch das schon vorher lose Periost inbe-
griffen war , konnte R. die beiden dreieckigen Lappen,
welche dureh die Horizontalschnltte gebildet wnrden.
regelrecht abtrennen und leicht die noch anhangenden
Verbindnngen an einzeinen Pnnkten des Sternum 15sen.
AJs so der gauze Knochen nebst den oorrespondirenden
Knorpeln blosgeiegt war , fand R. ihn in seiner ganzen
Lange and Dicke bis zum Schwertfortsatze nekrotisch.
An der Verbindnngsstelie des Manubrium mit dem Korper
des Sternum konnte er mittels eines 8patels , welchen er
in die Rinne dieser Verbindung einsetzte, das Manubrium
erheben und faDd , dass nur geringe Verbindungen mit
demselben und der Ciavicula , mit der Stemalportion des
Kopfhickers, den MM. stemo-hyoidei und sterno-thyriodei
and dem hintem Periost bestanden. Und da R. welter
bemerkte, dase das Manubrium an beiden Seiten von dem
ersten Rippenknorpel , sowie auch vom zweiten , welcher
theilweise am Manubrium, theilweise am Korper des Brust-
beins selbst sich ansetzt, losgelost war , schloss er , dass
man , ohne den gemachten Langsschuitt zu vergrossem,
das zerstorte Manubrium vollstandig werde berausnebmen
kraaen. Nachdem er danu in die Rinne, welche das Ma-
nubrium vom Brustbeine trennt, den Spatcl eingesetzt
hatte u. nun letzteres damit erhob, konnte er mit dem Finger
hinter demselben eingehen nnd es so vollstandig von den
sehwacben Verbindungen mit dem Periost losen. Mit klei-
nsn Scheerenzfigen befreite er das Manubrium dann von
den wenigen Strangen, welche es noch zum Theil mit der
Ciavicula , den MM. sterao-mastoidei, stemo-hyoidei nnd
sterno-thyreoidei verbanden. Das nun freie Manubrium
nahm er heraus und erhielt dadurch grosser eu Raum, am
aaf den Kdrper des Bmstbeins zu wirken. Die 3 obern
Rippenknorpel waren schon von demselben losgelost, die
i untem jedoch noch fest ; da sie aber auch nlcht mehr
ganz gesund waren , trennte sie R. , indem er die beiden
dreieckigen Hautlappen zuruckklappte, mit der Knochen-
scheere anf beiden Seiten 3 Ctmtr. weit vom Brnstbeine
entfemt von demselben. Nun hatte er den Brustbein-
kdrper vollstandig in der Gewalt, konnte ihn vor nnd nach
nnten ziehen, ihn mit wenigen Bistourischnltten von einigen
8treifen des hintem Periosts befreien. Darauf schnitt er
mit der Knochenscheere den untern Theil des Brnstbeins
von dem Processus xiphoideus, welcher gesund war, ab
und entferate schlussllch den Knochen mit den resecirten
Knorpelstficken.
In der non entstandenen H5hle konnte man die Herx-
Khlage wahraebmen , eine geringe Blutung wurde leicht
gestillt und uber die einander genaherten Wundrander
ein einfacher Verband gelegt. Es entstand keine bedeu-
tende Fieberreaktion und, wie zu erwarten war, verelnlg-
ten sich die Wundrander nicht primar , sondera mit Bil-
dung von Eiter , welcher leicht auBfloss. Nach einigen
Tagen sah man bei dem Auseinanderlegen der Hautlappen
die WundhShle mit Granulationen bedeckt. Spater er-
biickte man einige Knocheninseln an der innera Flache
des Periost, welche durch ihr Ineinanderfliessen be) fort-
schreitender Veraarbung der Wunde elne voUst&ndlge
Reproduktion des Sternum ergaben und da , wo die Rip-
penknorpel entfemt waren, ein knorpelahnliches Gewebe
bildeten.
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Durch die spiicre Narbesnsammenziehang wurde
die Halsbrusthant so weit berabgezogen, dass sie belnahe
2 Dritttheile des reproducirten Manubrium bedeckte der
Processus xiphoideus hingegen wurde nach anfwarts and
vom gezogen nnd erhielt dadurch ein hakenffirmigee An-
sehen.
Das neue Sternum bietet nun folgende Eigenthfim-
lichkeiten : Da, wo das alte Manubrium schon belnahe voll-
standig von dem Periost geifist gewesen, und letzteres da-
her von der Operation kaum berfihrt worden war, 1st der
Knochen vollstandig ersetzt ; nur ist der obere Rand ein
wenig 'von links nach reehts geneigt und dadurch die
correspondirende rechte Ciavicula ungefahr 1 Ctmtr. weit
heruntergezogen , wahrend die linke in normaler H5he
verharrt. Jedoch ist die Artikularflache der linken Cla-
vicula vollstandig luxirt und nach vom gezogen and man
kann ffihlen , dass sie abgeplattet und nnr an ihrem hin-
tern Rande mit dem Sternum verbanden ist. Reehts hin-
gegen hat die Artikularflache der Ciavicula nur ein Dritt-
theil ihrer Ausdeiinung behalten. Die Ansatze des Kopf-
nickers sind an dieser Seite nach nnten gezogen, wShrend
sie sich links in normaler H6he beflnden.
Wahrscheiniich in Folge der vorhergegangenen Ver-
letzungen des Periost ist der Kdrper des Brnstbeins etwas
weniger gut entwickclt, jedoch vollstandig knochem. Die
aussere Langsnarbe ist etwas schief von links nach reehts
gerichtet , die nnteren seitlichen Narben sind gekrfimmt
mit der Convexitat nach unten , eingezogen nnd hingen
mit den darunterliegenden Rippen zusammen, derenKnor-
pel ebenfalls reproducirt sind.
Dieses nene Sternum hat bis zum Schwertfortsatze
eine Lange von 8.6 Ctmtr. , von denen 6 anf das Manu-
brlnm und 3.5 auf den Kdrper kommen. Das Manubrium
hat 6 Ctmtr. im Querdurcbmesser , der Korper 3 Ctmtr.
Die Rinne, welche normal Mannbrium u. Sternum trennt,
ist nicht wahraehmbar. Im Qanzen ist das nene Sternum
1 Ctmtr. kfirzer als das herausgenommene.
Obgleich fast 16 Jahre seit der Operation vorfiber-
gegangen sind , ist Pat. vollstandig von jeder Stoning an
der Operations8telle frei geblieben, und konnten dieTheil-
nehmer an derSitzung der SocietA Medico-Chimrgica in
Bologna am 6. Marz 1876 sich von dem glficklichen Re
snitate fiberzengen.
Der giinstige Verlanf der Operation , sowie die
Reproduktion des Sternum, ist vorAllem der Art der
Knochenkrankheit (Nekrose) zuzuschreiben, bei wel-
cher das Periost sich auch willirend der Anwesenheit
des Sequesters in einem Exsudationszust&nde befindet,
welcher bei nicht pordsen Knochen in Knochenmasse
selbst abergeht. Hier war nur die Wegnahme eines
Sequesters nothwendig, um das Periost in deneelben
Zustand der Knochenbildung zu versetzen. Ware
die Operation wegen eines andern Uebels ausgeftlhrt
worden , so wUrde , wie diess andere Erfahrungen
zeigen , der Ausgang ein weniger vollkommen gtin-
stiger gewesen sein. A d e 1 m a n n.
74. Handbuoh der geaammten Angenheil-
kunde; redigirt von Prof. Alfr. Graefe
in Halle und Prof. Theod. Saemisch in
Bonn. Leipzig 1876. W. Engelmann. 8. *).
II. Band. i. Hilfte. Ana torn! e und PbyBiologie.
U. Theil. 2. Hilfte. p. 393—692. Physiologische Optik
▼on Prof. H. Aubert in Rostook. Mit 109 Figg. in Holz-
schnitt. (8 Mk.)
■) Ffir pie Ueberaendung der Fortsetzung sagt den
verbindlichsten Dank. 0. Die Beaprecbung der blsher
erschienenen Binde siehe Jahrbb. CL XI. p. 319, CLXV.
p. 309 und CLXIX. p. 218.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
220
Handbnch der Augenheilkunde.
IV. M. 2,‘Hilfte. Pathologic trod Therapie. II. Thl.
2. Hfilfte. p. 483 — 746. Die Erkrankungen dee Uveal-
traktns mid des GlaskSrpers von Prof. L. v. Wecker
in Paris. MU 48 Figg. in Holsschn. (8 Mk.)
VTI. Bd. 1. Halfte. Pathologie n. Therapie. V. Thl.
1. Halfte. 234 8. Inhalt: Erkrankungen der Thribnen-
organe von Prof. 8 ch inner in Greifswald. Mit 4 Holz-
schnitteu. Beziehungen der Allgeineinleiden und Oryan-
erkrankungen zu Vertindcrungen und Krankheiten des Seh-
organs von Prof. Forster in Breslau. Mit 1 Holzsehn.
und 3 lithogr. Tafeln. (7 Mk.)
Die von Prof. Anbert bearbeitete Abtheilnng
dieses nun fast zu Ende geftlhrtcn Sammelwerkes
umf&sst die Dioptrik des Auges, die Lelirc vom
Lichtsinn, vom Farbensinn und vom Raumsinn, zum
Sehluss werden die Augcnbewegungen besprochen.
Bei sftmmtlichen Capiteln finden sicli vielfache Be-
rilhrungspunkte mit dem Abscbnitt der Funktions-
prflfungen des Auges, welcher die Einleitung zu dom
frflher erschienenen III. Theil bildet. Im Ganzen
also enthalt der jetzt erschienene Band die theorc-
tische Begrtlndung derselben. Der mathematische
Theil der Dioptrik ist auch ohne Kenntniaa der hdhern
Analysis verstfindlich , die Gleichungen sind meist in
der Rechnnng ausgeffihrt. Etwas ausftlhrlicber hat-
ten wir den Abscbnitt fiber Accommodation und liber
die Irisbewegungen gewilnscht , cla namentlich letz-
tere bei den Fimktionsprllfungen gar keine Stelle ge-
funden baben. Auch das Capitel liber subjektive
Lichterscbeinungen und Sinnest&uschungen bfitte
vielleicht eine eingehendere Besprechung verdient.
Die bdchst intcressante Phyeriologie der Angenbe-
wegungen dtlrfte in einer Schiklerung des geistigen,
individuellen Lebens , wie sich dasselbc im Blick
mannigfach kundgiebt, einen geeigneten Sehluss ge-
funden baben, der sich auch den sonst eingestreuten
philosophiscben und psychologischen Bemerkungen
passend angeffigt hfttte.
Mit dem an zweiter Stelle genannten Theile ist
durch v. Wecker dem Bedttrfnisse des praktiseben
Arztes voiles Genflge geleistet. Die Krankheiten
der Iris nnd Aderhaut namentlich sind es, bei denen
die verbesserte Therapie grosse Erfoige aufzuweisen
bat. Die scharferen diagnostischen Hlllfsmittel haben
uns einen tiefern Einblick in die Genese der hier so
wandelbar und mannigfach auftretenden Formen
thuen gelchrt und die Mdglichkeit gegeben, bei
frflhzeitigem Erkennen die tlblcn Ausgange zu ver-
meiden. Auf die Capitel liber svmpathiscbe Oph-
thalmie und fiber die Geschwillste machen wir noch
besonders aufmerksam, ferner auf die klinischen Be-
in eckungen fiber das Erkennen der Glaakorpertrtl-
bungen, welche zu den schwierigsten ophthalmosko-
pischen Objekten gehfiren.
Der von Prof. Sobirmer bearbeitete Abscbnitt
beginnt mit dem Zugestindniss, dan das Capitel von
den Erkrankungen der Thranenorgane unstreitig in
arner liblem Lage sich befinde als die flbrigen Ab-
scbnltte der Ocubstik. Die Thranenorgane sind nur
zum kleinsten Theile sichtbar, der Arzt ist demnach
mehr auf indirekte Symptoms angewieaen, die patho-
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logische Anatomie ist erst noch zu schaffen , Physio-
logic und normale Anatomie seibst entbalten noch
viel zweifelhafte Ergebnisse und in der Therapie
herrschen viele entgegengesetzte Ansicliteu. Bei
alledem ist in den letzten Jahrzehnten ein Fortscbritt
nicht zu verkennen. Mit der gesuchten Nomenklatnr
frflherer Zeiten liat man aufgerfiumt, mit der gc-
schraubten Differentialdiagnose eines Anchylops und
Aegilops z. B. braucht sich der Arzt niebt mehr zu
plagen, anstatt der heroischen Kuren mit Hfilfe eines
ungeheuern Instnimentcuapparates hat man durch
einfacbe Mittel moglicbst conservativ zu wirken ge-
sucht. In diesem Sinne ist auch der vorliegendc
Abschnitt bcarbeitet. Auf 44 Seiten sind unsere
jetzigen Erfahrungen fiber die Kranklieiten des
Thrfinenapparats zusammengedrangt : sebeinbar un-
genflgend fttr deujenigen , welcher das urafanglichc
Literaturverzeichniss (p. 45 — 58) Uberblickt. Das-
aelbe enthalt, wiewobl es nur bis zum Jahre 1870
reicht, docli fiber 400 Numinem. Die alpiiabetiscbe
Anordnung desselben macht die Auffindung der
Namen sehr leicht, was wir besonders rfihmend her-
vorbeben. Seitdem Bowman im Jahre 1857 die
Erfoige der Spaltung der Thranenrobrchen und der
Sondenbehandlung bekannt machte, haben fasts&mmt-
liche fruliere Verfahrungsweisen nur noch historisebes
Interesse , auch stebt kaum zu erwarten , dass ein
noch einfacberes Verfahren gefunden werde. Nur
die ungenligende Ausdauer des Kranken kann jetzt
noch den Erfolg vereiteln , nicht das Xrztliche KOn-
nen, welches von Jedem zu erleraen ist. Gegen die
Dakryocystitis in ibren versebiedenen, vom Vf. sehr
vereinfachten Formen und gegen deren Folgen ist
die Bowman - Weber’ sebe Methode zum Gemein-
gut aller Aerzte geworden. Die ttbrigen Erkran-
kungen der Thranenorgane aber sind groase Selten-
heiten. Am wenigsten wissen wir z. B. liber die
Geschwulstformen der Thrftnendrllse , deren Zahl
gegenfiber Vf. eine gercchte Skepsis kundgiebt.
Auch in dem 2. Abschnitt dieses Bandes nimmt
der Vf. , Prof. F firs ter, den Standpunkt ein, nur
auf Mittheilung der Ergebnisse heutiger Forschung
sich zu beschrtlnken. Wir dflrfen also wohl in der
Geschicbte der Augenheilkunde, welche den Sehluss -
band dieses Sammelwerks bilden soil , einen liierauf
bezfiglichen historischen Rflckblick erwarten. Weist
auch Fdrster den Vorwurf zurllck, ala ob die mo-
derne Ophthalmologic sich von der innem Medicin
loegeldst babe, wahrend sie vielmehr Licht fiber
manche dunkle Punkte derselben verbreitet , die
Symptomatik der innern Kranklieiten bereichert und
vertieft babe — so ist docb nicht zu verkennen, dass
in zahlreicben Lehrbllchern der jttngsten Zeit der
Beziehungen der Augenkrankheiten zum Ges&mmt-
organismus nur sehr wenig Rechnung getrageu wor-
den ist. Die filteren Ocu listen wussten bierllber
mehr, wenn auch Manches in unzutreffender und un-
begrlindeter Weise zu erzfthlen. Hat doch Beer
ein besonderes Buch darllber geschrieben, Ruete
den Zusammenhang der Augenkrankheiten mitandern
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221
Hirt, System der Gesradheitspflege.
Krankheiteo nach Homerfecher Methode zubegrttnden
gesucht ; weiss docli jeder erfahrene Arzt , dass sich
in dem Augc and dem Blick des Kranken nianchra
verborgene Leiden des Korpers und der Secle wieder-
spiegelt. Den Einflnss des „Makrokosmns u auf den
,,Mikrokosmns“ in einem Gesammtbild in grosscn
Zttgen und Umrissen zu entwerfen, hitte nach unse-
rer Meinnng eine passcnde Einleitnng zu den spe-
ciellen Abschnitten gebildet. Diese sind 9 an der
Zahl. Sie behandeln der Reihe nach den Kinflnss
der Krankheiten der Respirations- and Cirkulations-
organe , der Harn- und Geschlechtsorgane ; femer
die des Nervensystems , der Hant; luerauf folgen
Rheuniatismus und Gicbt , akute und chroniscbe In-
fektionskrankbeiten tuid die sonstigen Gonstitutions-
anomalien machen endlich den Scliluss. In diesen
Abschnitten wird der Leser eine Fttlle feiner Beob-
acbtnngen linden , gleichzeitig aber such erkennen,
dass wir hier grttsstentheils noch am Anfango unsres
Wissens stehen. Das Literaturverzeichniss ist , wie
Vf. selbst gleich anfangs zugiebt, ungenttgend nnd
geht nur ansnahmsweise dber das Jahr 1870 zurilck.
In manchen Capiteln , z. R. in Bezug auf Typhus,
Febris recurrens , Diphtberie u. s. w. , wllrde eine
Dorchsicht der medicinisehen Literatnr zahlreiche
Lfleken ausftlllen. G e i s s 1 e r.
75. System der Gesundheitspflege , fllr die
Universitilt und die ftrztliche Praxis bearbeitet,
von Dr. Ludw. Hirt, Docent an der Univ.
Breslau. Mit 63 Illustrationen. Breslau 1876.
Maruschke u. Berendt. 8. Ill u. 172 S.
4 Mk.)
Im VoTworte giebt Vf. selbst zu , dass die Ab-
fassung eines Systems der Geaundheitepjirge wohl
als verfrflhtes Untemehmen ereebeinen kdnnto, da
die einschlagenden Fragen nur nocb zum kleinsten
Theile beantwortet , ja vielfach erst in der letzten
Zeit ernsthaft in Betracht gezogen worden sind.
Und doch ist trotz der vielfachen Scbriften Uber Ge-
-nuidheitspflege ein Buch , welches bei nieht zu gros-
sem Umfange auf streng naturwissenschaftlicher
Gnmdlage nihend , lediglich auf die Bedttrfnisse des
akadem. Lehrers , des prakt. Arztes und des Studi-
renden RUcksicht nimint, ein Bedllrfniss. Diesem
hat Vf. durcb das vorliegende zu entspreeben ge-
sucht und unserer Ueberzeugung zu Folge seine Ab-
siebt in hoclist anerkennenswertber Weise erreicht.
Sein Werk ist durch Knappheit und Klarheit der
Daretellung , eingehende Besclireibung der wichtig-
sten Untersuclmngsmethoden, erL&utert durch Abbil-
dnng von Instrumenten und Apparaten, bei allseitiger
Berticksichtigung der einschlagenden Fragen gleich
ausgezeichnet und wird seinen Hauptzweck „zum
Stadium inzuregen“ sicker eiflillen. Dasselbe ist
flir Studirende zur Orientirung iiber das wiebtige
Thema der Gesnndheitspflege iusserst bmuchbar und
wird auch als Leitfaden zu Vorlesungen mit grossem
Notzeu Verwendung findeu , und zwar nicht nur an
Unhrenitftten , sondem auch an polyteckaiachen,
habern Real- , geworbUchen Fachschulen, Bergaka-
demien n. s. w., fllr welche die Nothwendigkeit einer
Berticksiobtigung der Gesundheitspflege bekanntiich
immer mehr anerkannt wird. Ganz besondern Wcrth
aber scheint uns Vfis. Buch fllr die praktiseken Aerate
zu besitzen, welche diese durchsichtige und bequeme
Darstellung mit grosser Freude begrilssen werden.
Wir empfehlen daher das auch typographisch gut
ausgestattete Werk zu eigener eingehender Benutzung
und begntlgen uns hier eine kurze Uebersicht des
Inhaltes zu geben.
In der Einleitung besprioht Vf. zun&chst Begriff
nnd Umfang der Gesundheitspflege, sowie die Htllfs-
wissenschaften dcrselben ; unter den letztern werden
namentlich die Lehre von den Ursachen der Krank-
heiten (Aetiologie) und die Naturwissenscbaften, vor
alien Chemie und Physik als fUr hygieinische Unter-
suchnngen unentbehrlick hervorgehoben. Hieran
reiht sick ein knrzer Ueberblick der Geschichte der
Hygieine von der ftltesten bis auf die neueste Zeit
und in den verschiedensten Lkndern (Moses ; Griechen ;
Rflmer ; FYankreich ; England ; Deutschland), sowie
ein Verzeichniss der wichtigsten die Gesundheitspflege
im Allgeineinen bebandelndeu Scbriften. Unserer
Ueberzeugung nach hatten hier noch die auf auf Hy-
gieine besondere Rflcksicbt nehmenden Zeitschriften
Krwiihnung verdient, wie : Zeitschrift fllr Biologic ;
deutsebe Vierteljabrschrift fllr Off. Gesundheitspflege ;
Vierteljahrschrift f. ger. Mediein n. dff. Sanitits-
wesen ; das Corr.-Bl. des niederrhein. Vereins far
dff. Gesundheitspflege; Gesundheit (von Reclam);
Annales d’Hygiene ; Sanitary Record ; Public
Health. Ausserdem vermissen wir hier die Abhand-
lung tlber dffentlicbe Gesnndheitspflege von Gei-
gel (Ziemssen’s Handbuch der speciellen Patho ■
logie u. Tberapie 1. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1875).
Die 3. Auflage von Oesterlen’s bekanntem
Handbuche der Hygieine ist wohl erst nach Vfe.
Schrift zur Ausgabe gekommen ; ebenso das Hand-
buch der bffentl. u. priv. Gesundheitspflege von
Schauenburg (Berlin. Tli. Grieben).
In Abschnitt I — IV werden Luft, Wasser, Boden
und Nahnings-, bez. Genuss-Mittel, und zwar in Be-
zug auf Bestandtheile und Eigenschaften, Unter-
suchungsmethoden , sowie als Krankheitsursache be-
sprochen. Ein An bang zu dem Abschnitt Uber den
Boden handelt von den zymotischen Krankheiten,
namentlich Cholera und Typhus , wlihrend in Bezug
auf Gelbfieber und Interaittens nur einige Literatur-
Angaben gemacht sind. Ein 2. Anhang zu Ab-
schnitt IV bespricht die Conservirung der Nah-
rung8mittel. Der V. Abschnitt ist der Kleidong
und der Pflege des Kflrpers, der VI. den ver-
schiedenen Berufsarten gewidmet. Im VII. Ab-
schnitt betrachtet Vf. die zum Aufenthalte des Men-
schen bestimmten Binnenrftume , und zwar A. die
Wohnungen, B. die Sckulen, C. die Hospitaler,
D. die Geffcngnisse. Der VHI. Abschnitt endHeh
ist der Beseitigung der Atwwurfstoffe gewidmet nnd
in einem Anhange zu demselbeu wird die Bestattug
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Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
222
Hirt, System der Gesundbeitspflege.
der Todten besprochen. Don 8chluss bildet ein
kurzes Sachregister , das jedoch das Auffinden eines
gesuchten Gegenstandes wesentlich erleichtert.
Auf die Wiedergabe von Einzelheiten mttssen
wir, wie schon oben erwtthnt, verzichten, krtnnen es
aber um so mehr , da Vf. in der Vorrede selbst her-
vorbebt , dass es ihm nicht darauf angekommen sei,
dem Leser Neues zu bieten , sondern das Alte in
einer fttr das Studium wahrhaft nutzbringenden Form
zn bringen , und dass ihm diess gelnngen ist, haben
wir sclion mehrfach hervorgehoben. Nur wenige
Bemerkungen liinznzufligen sei uns gestattet.
Bei der Literatur aber die Luft vermissen wir
die vorzflgliche Scbrift von Dr. E. Lorentin Bre-
men „Aufgabe der Gesundheitspflege in Bezng anf
die atmosphilrische Luft". Leipzig 1873. Veit u.
Comp.
Die 2. Anflage der auf S. 59 erwflhnten Anlei-
tung zur Untemchnng von Wasser von Kubel ist
von F. Thiemann herausgegeben worden. Ausser-
dem biltten bier Erwahnung verdient die recht brauch-
bare Abhandlung von Z w i c k in Coblenz (Corr.-Bl.
d. niederrh. Ver. f. dff. Geshpfl, III. 10. 11. 12.
1874), so wie die Arbeiten von Kammerer in
NOrnberg.
Vf. trennt (Abschnitt IV) Nahrungs-Stojfe and
Nahrungs -Mittel. Erstere sind nach ihm Stoffe,
welche die ganze oder theilweise Abgabe eines zur
Znsammensetzung dea KOrpers gehdrigen Stoffes ver-
haten [vielleicht nicht bios ,,verhUten" allein, son-
dem den in Verlust gegangenen ersetzen, seinen Er-
satz befbrdern helfen], letztere sind Gemenge cmzel-
ner Nahrungstoffe. Etwas willkttrlich ersebeint uns
die Definition des Begriffes Nahrung alB ein Gemenge
von Nahrungs- und Genussmitteln. Bei Erweiterung
der eben angefllhrten Definition des Begriffes Nah-
rnngsmittel fftllt die durchaus unwissenschaftliche
Bezeichnung „GenuBsmittel". Die meisten sind ja
Reiz oder Sparmittel und gehdren als solche , nicht
um des blosen Wohlgeschmacks willen zur Nahrung.
Wegen der weHfem AusfUhrung von Vfs. Ansichten
verweisen wir auf das Original, gestatten uns aber
diesem wichtigen Abschnitte einige Bemerkungen bei-
zufftgen.
Vf. nennt den Genus* des rohen Fleisches selten
— in Indo8triegegenden ister hierlands gerade beim
Arbeiter sohr haufig , allgemein der Genuss der un-
gekoebten Mett-, Salami-, Cervelat-, Schinken-,
KnackwOrste. HmzuzufQgen ist das ,,D(lnsten“
des Fleisches, d. h. Dampfen in heissem Fett,
wohl die leichtverdaulichste Fora des Fleisches.
„Bouillon, Fleischbrtthe“ dQrfte so lange nicht
als bloses Genussmittel im Sinne der Mehrzahl
des Publikums gelten, als ohne die „Nahrsalze“ erne
rechte Ernlhrung nicht gedacht werden kann. Dass
die „Wurst“ von geringem Nahrwerth sei, dflrfte
nicht Alter Zustimmung erfahren. Freilich sinkt der
Nahrwerth durch den Wassergehalt und die Verfal-
schung (mit Mehl) der Wurst , aber im Verhaltniss
zum Preise, zu der dadurch ermOglicbten Verwendung
und Auf be wahrung mancher Fleischtheile fttr grflsaere
Menschenmengen darf der hygieinische Werth der
„Wurst“ nicht unterschatzt werden. Betreffs des
„Blutes u sei an das in Schweden gebraucbliche
„Blutbrod <( erinnert und an die in manchen Gegen-
den Deutschlands beliebte „Tiegel wurst" (Bint,
Fett, Mehl) in der Pfanne gebraten. Beim Ei
mdchte wohl as den reichen Gehalt des Dotters
an Phosphorsaure und Ealk zu erinnern sein. Zu
den Fhcheiern als Nahrungsmittel dttrfte wohl der
Rogen alter essbaren Fische, nicht bios des Stdrs zu
rechncn sein (Haring, Karpfen). Den Werth der
Ziege fttr Gebirgsgegenden und fOrden kleinenHaus-
halt verschwindend zu nennen , ist wohl nicht ganz
gerechtfertigt. Im Gegentheil hatte die Gesundheit*
pflege ein sehr reges Interesse an der Ausbreitung
der kleinen Viehzucht in Hinsicht auf bessere und
billigere Emabrung der armeren Leute (Ziegen,
Schwein, Kaninchen). Das „Speckigwerden“ dos
Eases berulit, wie zu vermissen ist, auf einer Um
wandlung des Albumen in Fett (Prof. E. H. Rich-
te r) , beziehendlich auf Zusatz von Starke. Neben
Ease muss noch des frischen Quarks gedacht wer-
den. Bezttglich der „Kunstbutter“ sei erwahnt,
dass Lallier in den Annales d’Hyg. publ. (Avril
1875) ein Verfahren angiebt, solche mittels Marga-
rin darzustellcn , und dass man mit Rubai und Talg
cine Eunstbutter herstellt, die vermdge des schwefel-
haltigen atherischen und eines fetten begierig Sauer-
8toff aufnehmenden, schwer oder nicht ganz entfern-
baren Oels leicht ranzig wird , also nicht zu ge-
brauchen ist. Befremdlich ist die Geringschatzung
der grttnen Gemflse undPilze (Schwamme) alBNahr-
mittel wegen ihres Reichthums an Pflanzensauren,
Salzen und Stickstoff (bis 5 — 9 °/ 0 N). Beim Thee
ist die adstringirende Wirkung anf den Darn ausser
Acht gelassen (Unterschied der kaffee- und theetrin-
kenden Nationen). Dass der Speisesenf (Mostrich)
leider nicht immer aus Senfmehl in der Hauptsache
bereitet ist, sondern aus Mehl, Essig, Farbstoff und
dem kttnstlichen SenfOl, ist bekannt. Die mikrosko-
pische Untersuchung der Nahrungsmittel findet ein-
gehende Berttcksichtigung. Sie wird auch in der
That von Tag zu Tag wichtiger, weil die Forfc-
schritte der Chemie bessere Darstellung und Aus-
nutzung, aber auch Verftlschung der Nahrungsmittel
bedingen.
Zu den Milchverfaischungen dflrfte noch der Zu-
satz von ELalk wasser u. zerriebenem Thierhirn zu fftgen
sein. Relative Verftlschungen sind zu grosser Wasser -
zusatz, freilich ist Milchcontrole schwer durcbftthrbar,
da Rasse, Ffltterung, Behandlung, Zeit des Melkens,
Alter and physiologische Zustflnde des Thiers die
Znsammensetzung beeinflussen.
Butter verfhlscht durch andere Fette, Farbstoffe,
hohen Salz- und Wasserzusatz (ungenttgendes Aus-
waschen der Butter; dadurch relativer Reichthum an
Casein. SchflttelD mit Aether).
Von den Bierverfftlachnngen [dflrfte am ehesten
der Zusatz von Pikrins&ure — statt dea theuren
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Dimmer, ohemisches Handwdrterbnoh.
223
Hopfans — (Woilfadea wird gelb a. s. w.) naehzu-
weisen sein. Weinunterauchungen, so nfithig sie mob
erweisen, sind nicht ganz leicht. Hinzazufttgen aind
noch Essig (SchwefelMure — Chlorbaryum) , Koch-
salz (Sal peter), Kaffee (Bohnen &us ge&rbter Thon-
erde) , Gewttrze (kttnstliche Rieohstoffe — Aether
ana der sogen. aroma tischen Grnppe) , Mehl (Gips),
Brod (Motterkom) u. a. m.
Von der reichlich angeftlhrten Literatur sind
Liebig’s pbysiologische Briefe, Rlenke ’s Ver-
ftUachung der Nahrungsmittel n. Getranke, Eulen-
berg, giftige Gase (Tabak) nicht erwahnt.
In Abschnitt VI, die Berufsart betreffend, 1st nur
kura angedentet, welcbe Momente innerhalb derAus-
flbnng des Berufes besonders gefhhrlich werden kftn-
nen. Wegen der eigentlichen Gewerbskrankheiten
wird anf die diesen speciell gewidmeten Werke,
namentlich auf das rflhmlichst bekannte, von Vf.
selbst herausgegebene verwiesen. Wir erinnem
hierbei daran , dass nach dem Erscheinen von Vfs.
System von Geh. M.-R. Eulenbergein sehr wich-
tiges Werk fiber Gewerbshygieine verbffentlicht wor-
den ist , und machen auf die Ergebnisse der Reichs-
erhebungen in dieser Hinsiclit (Berlin 1 876. v. Decker)
aufmerksam. In Bezug auf die hygieinischen Ver-
hiltnisse einzelner Berufsarten mdchten wir die wich-
tige Abhandlung von M.-R. Flinzer in Chemnitz
fiber die Erkrankungen derBahnarbeiter hinzufUgen.
Vgl. Jahrbb. CLXX. p. 191. Erw&hnt sei noch,
dass Vf. die Bezeichnung „ Runs tier-, bez. Gelehr-
tenkrankheiten“ nicht fflr gerechtfertigt halt, da die
bei denselben auftretenden Erkrankungen, wenn sie
wirklich mit dem Berufe zusammenMngen, durchaus
nichts SpecLfischea darbieten, wflhrend die eigent-
lichen GewerbskranJJieiten durch die Eigenthttmlich-
keit der Entstehung und der Symptome eine eigene
Bezeichnung vollkommen verdienen.
Zu der dem Abschnitt VII beigegebenen Literatur
ffigen wir hinzn in Bezug auf die eigentlichen Wohn-
gebfiude die Arbeit von Schflrmann: fiber die
natfirliche Ventilation and den Einfluss derBaumate-
rialien auf dieselbe (3. Jahresber. d. chem. Central-
stelle in Dresden 1874), in Bezng auf die Schulen
die Abhandlung von Geh. M.-R. Fiedler u. A.
in Dresden fiber die Schulbank ; F a 1 k u. A. fiber
„Schulhygieine“.
Schlfisslich sei noch aus dem Anhange zu Ab-
schnitt VIII bervorgehoben , dass Vf. in Bezug auf
die Yerbrennung der Leichen sein Urtheil dahin ab-
giebt, dass „die Hygieine gegen die fakultative Ein-
ftthrong derselben in Oefen, welche nach Art des
£t«m«ns’8chen construirt sind, Nichts einwenden
kann und wird, vorausgesetzt, dass vor derVerbren-
nung die Todesursache durch die Sektion festgestellt
worden ist.“ Die mehrfach ausgesprochene Meinung,
dans durch die Beerdigung der Boden, die Luft and
das Wasser verunreinigt werde , halt Vf. fftr nicht
erwiesen, empfiehlt aber die bekaimten Vorsichts-
maaasregeln bei Anlegung neuer Begrabnissplatze.
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Mfige der geehrte Vf. die von uns gemachten
Bemerkongen als einen Beweis ffir die Sorgfalt be-
trachten, mit welcber wir sein Werk durchgeleaeu
haben. Die Zus&tze zur Literatur hielten wir nicht
fllr ttberfltlssig, da es bei der Ktlrze , in welcher bei
dem beschrknkten Raume manche Gegenst&nde nur
berflhrt werden konnten, filr den Leser sehr er-
wfinscht sein dflrfte, einen Nachweis zu erhalten,
wo er speciellere Auskunft finden kann.
Meding.
76. Kuraes ohemisohes Handworterbuob,
zum Gebrauehe fur Chemiker , Teehniker,
Pharmaceuten, Landunrthe, und fur Freunde
der Naturvistentchaf ten Uberhaupt, bearbei-
tet von Dr. 0. Dammer. Berlin 1876. Rob.
Oppenheim. gr. 8. 818 2spaltige Seiten.
(17 Mk.)
Bei den innigen Beziehungen , welche zwischen
der Cbemie und der heutigen Medicin, sowohl in Be-
zug auf Anatomie und Physiologie , als Pathologie
und Therapie (Pharmakologie) , Staatsarzneikunde
und Gesundheitspilege bekanntlich bestehen, und der
grossen Ausdehnung, welche das Gebiet der Chemie,
namentlich der organischen , erfahren hat, kann es
nicht fehlen, dass sich bei dem Studinm der Medicin
namentlich ffir den Arzt, der den Fortschritten seiner
Wissenschaft zu folgen bestrebt ist, vielfach das Be
dttrfniss einstellt, schnell fiber chemische Fragen
Auskunft zu erhalten. Die gewdhnlichen Lehrbttcher
der Chemie kttnnen, wie Vf. in der Vorrede hervor-
hebt, theils wegen der Ktlrze, theils wegen ihrer be-
sondern Bestimmnng fllr den Unterricht eine solche
Auskunft nicht bieten , and die grdssern Hand- nnd
Lehrbtlcher sind, ganz abgesehen von dem Um-
stande , dass sie nicht Jedem zur Verftlgung stehen,
filr den fragl. Zweck deshalb nicht geeignet , weil
die systematische Anordnung des Stoffes dem Nicht-
chemiker das Auffinden des Gesuchten erschwert, ja
oft unmdglich macht, obschon dasselbe in grosser
AusfUhrlichkeit und ganz entsprefthend behandelt
vorhanden ist. Das Gesagte gilt aueh von dem
grossen [flbrigens unseres Wissens immer noch un-
voliendeten] Handwdrterbuche der Chemie , das von
Liebig, Poggendorf und Wohler begrflndet
worden ist.
Es kann daher das Unternehmen des Vf. , ein
kurzgefasstes encyklopfldisches Nachschlagebuch aber
die Chemie abzufassen, nur als ein sehr willkomme-
nes bezeichnet werden, um so mehr, als derselbe die
sich gestellte Aufgabe in hOchst anerkennenswerther
Weise geldst hat, wobei als besonderer Vorzug her-
vorgehoben zu werden verdient, dass neben der vor-
wiegend behandelten eigentlichen Chemie auch eine
grosse Anzahl physikalischer Gegenstande Berflck-
sichtigung gefunden haben. Die in der Medicin ver-
wendeten Droguen und chem. Pr¶te sind outer
Hinweis auf ihre physiologische Wirkung und thera-
peutische Verwerthung in grosser Vollst&ndigkeit
aufgeftthrt , der physiologischen Cbemie ist eine sehr
Original froim
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224
Mayer, die Tonricellische Leere. — Miaeellen.
eingehende Beachtmug gewidmet worden, ausserdem
aber haben die Artikel fiber die gewerbHchen Anwen-
dnngen der Chemie in fttiologiseber und hygieini-
scher Hmaicht grosses Interesse.
Der Vf. hat sicher mit Recht anch die Aerzte
uuter der ZahlDeijenigen mit aufgefilhrt, fllr welche
er sein Buch bestimmt hat. Dasselbe kann behufa
raacher Auakimft fiber Fragen aus dem Gebiete der
Chemie, bez. der Physik bestena empfohlen werden.
Winter.
77. Die TorrioeUi’sohe Deere und fiber
Auslosung; von J. R. Mayer. Stuttgart
1876. Verlag der J. G. Cotta’achen Buch-
handlung. 8. 16 S. (60 Pf.)
Eisenbahnen und Telegraphen haben bewirkt,
daas Land und Leute sicb so nahe gerilckt sind, dass
von einer Lokalisation irgend eines bedeutenden Er-
eigniflsea auf dem Gebiete der Wiasenscliaft, Kunst,
PolitLk , Nationalokonoinie u. s. w. in Zukunft nicht
mehr die Rede sein kann. Immer mehr verschwin-
den die frfiber berechtigten Eigentbttmlichkeiten der
einzelnen Culturvfilker.
Der bertlbmte Culturhistoriker Buckle aagt:
,,Ich muss es als das ftrgste geistige Symptom meines
groaaen Vaterlandes anselien, was ich die unvoll-
kommne Bildung seiner Naturforscher zu nennen
wagen moss, ein Mangel, der aich sowohl in ihren
Schriften , als in ihrer Gedankenrichtung zeigt. Es
1 Asst aich nicht verbergen, dass sie einen ungehfirigen
Reapekt vor Experimenten , eine nnpassende Liebe
zu kleinlichem Detail und eine Neigung, die Erfinder
neuer Instrumente und Entdecker von neuen oft un-
bedeutenden Tliatsachen zu UberschStzen , an den
Tag legen. Vergebens verlangen wir , dass dieaea
Detail verallgemeint und geordnet werde ; statt dea-
sen achwillt der Haufen immer an. Wir brauchen
Gedanken und erhalten immer mehr Thatsachen.
Wir hOren fortwtihrend was die Natur thut, aber wir
liOren selten, was der Menscb denkt Die pr&chtigeii
allgem einen Auffassungen eines Newton und Har-
vey batten sicb niemala in einem Zeitalter, das aicli
ganz in einem anverfinderten Zirkel von Experimen-
ten und Beobachtungen verliert, voliziehen konnen.
Wir haben es dahin gebracbt, dass unsere Thatsachen
fiber unsere Erkenntniss hinausgeben und ihr in
ihrem Verlaufe zur Lust fallen."
Diese scharfe und harte , aber wahre Kritik der
engliscben Medicin und Naturforscbung, passt ebenso
gut auf die deutsche , ja letztere leidet vielleicbt nocb
in erhohterem Grade an den bier markirten Mfingeln.
Desto rfilimlicher und ehreuvoller ist es , wenn man
Ausnabmen statu ire n kann. Zu diesen Mannem,
welche sicb von den Tagesatrdm ungen frei zu er-
halten wussten, gehort der Heilbronner Physiolog
und Arzt J. Robert Mayer. Sein bertlhintes
intemationales Gesetz „t ion der Erhaltung und Un-
zersldrbarkeit der Kraft “ oder die mechanische
WarmeOieorie entdeckte er nicht durch Experi-
ment* , sondem auf induktivem Wege, gerade wie
der Schotte Black Im vorigen Jahrhundert auf diese
Weise die u latente Warms" ergrtindete.
Schon der Name desVf. erweckt dalier ein gttn-
stiges Vorurtheil fllr die in Ueberschrift genannten
Abhandlungen. Beide sind ftlr den Physiologen wie
praktischen Arzt bfichst interessant. Da Mayer
auch das Fieber als eine „Auslfisung“ betracbtet,
so dfirfte auch die schablonenm&ssige Anwendung
des kalten Wassers und Chitlins in Zukunft vor
dem Richterstuhle der Theorie koine Gnade mehr
finden und liier abermals ein Beweis vorliegen, dass
eine richtige Theorie und Praxis stets zu denselben
Resultaten fllhren. Heinrich Roblfs.
D. Miscellen.
i.
In dem Rec. de mem. de med. etc. milit. 3. Stir.
XXX. p. 92 et 409. 1874; XXX. p. 377. 1876 werden
von Toorraine, Redi6 nnd L6on Granjux 6 Be-
obachtungen aber die Wrrhmrj kalter Udder mltgetheilt.
Die Soldaten , um welche es sich hler handelt, waren
Nichtschwimmer, befanden sich im kalten Bade ganzwohl,
hatten aber eine hochrothc Haut, Kurze Zeit , nachdem
sie das Bad verlassen und sich ankleideten , wurtle die
Kfirperoberflache plotzlich ganz blast*, es vergingen ibnen
die Sinne und vorfibergehend trat Bewasstlosigkeit bei
sehr kleinem Pulse ein. Der eine Pat. fuhlto sich nach-
her noch einige Tage unwohl n. klagte fiber Kopfsrhmorz
nnd Uebelscin. Vielleicbt bernht anf dicsem pliitz lichen
Weohsel zwiseben Hyperaurie der llaut nnd der innern
Drgane die Ursache des pldtulichen Todes, dem hin and
wieder ein Badender im gesanden Alter sum Opfer fallt*
Die Beobachter meinen, dass es gerathen sei, Solche.
welche im kalten Bade roth werden, moglichst rascli an.;
demsetben zu entfernen. Die ungenfigende Bewegung
bei Nichtscliwimmern im kalten Waaser tragt vielleiclit
zn diescr anomalen Blntclrkulation bei.
2 .
Impfpocken am obem Augenlidrande, und zwar 6 an
der Zahl 'bcobaehtete Dr. L. Katz in Berlin (Deutsche
med. Wchnsclir. II. 36. 1870). Das Kind, ein 4jfihr.,
an leicliter Blepharitis leidendes Madchcn, hatte jedenfal Is
am Tage der Abirapfung sich dieLymphe mit deuFingem
an das Ange gerieben. Ein Nachtheil durch die Vernar-
liung wurdc nicht bcnbachtct, da die Pocken frukzeitijr
gefiffnet und die begleitende Lid- u. Bindehantentzfindung
consequent mit Kalte bebandelt worden war.
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JAHRBOCHER
der
In- und auslandlschen gesammten Medicin.
Bd. 172. 1876. M 3.
A. Ausztige.
I. Anatomic u. Physiologic.
G12. Anthropometrisohe Beobachtungen.
und Bereohnungen ; von Dr. Percy Bonlton.
(Brit. med. Joum. March 4. 1876.)
Die Zunahme der Kdrperl&nge und des KOrper-
gewiclits im intrauterinen Leben folgt einer zeit-
lichen Gesetzmassigkeit, die uns in den Stand setzt,
das Alter ernes vorzeitig gebomen Kindes in it einiger
Sicherheit zu bestiinmen. Der 12w0cbentliche Em-
bryo, wenn er geetreckt wird , misst 3 engl. Zoll >)
und ist 1 Unze *) schwer. Misst der 2 Wochen site
Embryo, wie angegeben wird, nur */ ls Zoll, so hat
die Kbrperl&nge dann innerhalb 10 Wochen um das
36faclie zugenommen. Von der 12. bis zur 16.
Woche steigt die Kfirperl&nge bis zu 5*/ s Zoll an,
der Embryo ist also innerhalb 4 Wochen um 2 */ 9
Zoll gewachsen, d. h. um so viel, als ein norm ales
Kind nach der Geburt etwa innerhalb eines Viertel-
jahres zu wachsen pflegt. Ueber die 16. Woche
hinaus betrflgt aber das embryonale Wachsthum in-
nerhalb jedes 4wochentlichen Zeitabschnitts immer
2*/ 4 Zoll bis zur Geburt. Das Kdrpergewicht des
Embryo nimmt von der vollendeten 12. Woche
(1 Unze) an bis zur vollendeten 16. Woche so zu,
dass auf jede von den 4 Wochen */, Unze kommt,
weiterhin bis zur 20. Woche so, dass auf jede von
den 4 Wochen 1 Unze kommt, weiterhin bis zur
24. Woche so, dass auf jede der 4 Wochen 2 Unzen
kommen, und so ist mit 24 Wochen ein Gewicht von
15 — 16 Unzen erreicht. Fttr die nkchsten 4 Wo-
chen betrflgt die wdchentliche Zunahme 4 Unzen,
fhr die darauf folgenden 4 Wochen wdchentlich
8 Unzen , so dass mit 32 Wochen das Gewicht von
•) 1 Zoll engl. — 26 Millimeter.
*) 1 Unze engl. Med.-Oew. -=31.1 Gramm.
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hit. 3.
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4 Pfund erreicht ist. Von da an bis zur Gebnrt aber
betrftgt die wdchentliche Gewiehtaznnahme immer
nnr 8 Unzen, und so erhalten wir folgende Grtssen-
und Gewichtstabelle far das in der Geb&rmutter ver-
weilende Kind :
Woche Lange Pfand Unzen
12.
3 Zoll
—
i
16.
3—6'/, Zoll
—
3
20.
6’/i-8 *
—
7
24.
8-10'/, „
—
16 od. 16
28.
10'/,— 13 „
2
—
32.
13-16«/, „
4
—
36.
16'/,— 18 .
6
—
40.
18-20'/, ,
8
—
WUrde der Fbtus aber die 28. Woche hinaus
nach dem bisherigen Modus an Gewicht zunehmen, so
dass nflmlich der auf 1 Woche des 4wdchentlichen
Abschnitts entfallende Wachsthumsquotient sich ver-
doppelte, dann wtlrde der Fbtua mit 36 Wochen be-
reits 8 Pfund und bei der Geburt 16 Pfund wiegen.
Immerhin werden die Ffllle, wo Neugeborne 10, 12,
14, 16, scibst 18 Pfund schwer waren, sich wohl
so erklflren lassen , dass der bis zur 28. Woche die
Gewichtszunahme bestimmende Modus auch nocb
darttber liinaus in beschrflnkterem oder vollsiftndige-
rem Maasse zur Geltung gekommen ist.
Eine ganz ausserordentliche Aenderuag in den
Wachsthumsfortschritten tritt dann ein, wenn das
Kind die Gebftrmutter verl&sst und in die Anssen-
welt abertritt. WUchse das Kind nach der Geburt
in gleichcr Gesetzmassigkeit fort, wie von der 12.
Embry onalwoche an, nflmlich innerhalb 4 Wochen
immer um 2'/, Zoll, so wflrde seiu Wachsthum im
Verlaufe des 1. Lebensjahres 40 Zoll [32'/ s Zoll]
betragen. Allein das geborne Kind nimmt im ersten
Lebensjahre nur um 6 Zoll an Lflnge zu und seine
29
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220
I. Anatomie
Gewichtszunahme in diesem Zeitraume betrftgt un-
gefihr 10 Pfund. Wenn der normal sich ent-
wickelnde Fdtus wahrend der 9 Monatc des intra-
uterinen Lebens 18Zoll erreiehte, so verfliessen nach
der Geburt nicht weniger als 3 Jahre, bis das Kind
seiner GrSsse nochmals 18 Zoll zugesetzt hat nnd
3 Fuss hoch ist, nnd es verfliessen dann wieder 7* /a
Jahre, bis das Kind seiner GrSsse nochmals 18 Zoll
aigesetzt hat: erst mit 10 */, Jahren misst das Kind
^ | 6
lioulton hat in der folgenden Tabclle die Grosso
nnd das Gewicht der Kinder bis znm vollendeten 3. Lo-
bonsjalire znsammenRestellt, indem er ubrijrens an ad ruck -
" TTeli bemerkt, dass er die Wage nnd den Maassstab be!
* Individucn dieses Alters nur in beschranktcm Maasse hat
zur Auwendung brineen konnen. (Der Rechnnng nach
Steinen [14 Pfund] und Pfnnden ist die einfache Pfond-
reehnung snbstitnirt worden.)
’1188
Zoll
Pfund
Fuss
Zoll
Pfund
2
—
18
2
7
28'/,
2
1
19'/.
2
8
30
2
2
21
2
9
31'/,
2
3
22'/,
2
10
33
2
4
24
2
11
34'/,
2
6
26'/,
3
—
36
2
6
27
Wenn also zu Anfang dieses Zeitraums auf 24 Zoll
Korperhohe 18 Pfund KSrpergewicht komraen , so
entspricht jedem Zoll 3 / 4 Pfund Gewicht. Bei fort-
soUreitender Korperentwicklung nimmt aber das KSr-
pergewicht fllr je 1 Wachsthumszoll uni Vj t Pfund
zu, iind wenn mit vollendetem 3. Jahre 3 Fuss Kdr-
perhShe und 36 Pfund Kurpergewicht erreicht sind,
dann entf&llt auf je 1 Zoll Korperhohe 1 Pfund Kor-
pergewicht.
1m Mittel soli das Kind mit 1 Jalir 2 Fuss 4 Zoll,
mit 2 Jahren 2 Fuss 8 Zoll, mit 3 Jahren 3 Fuss
messen. Nun wachst aber der KSrper nicht bios in
die Lange, sondem auch in die Dicke, und deslialb
1st der anf je 1 Zoll entfallendc Gewichtsqnotient bei
'2 Fuss nur ®/ 4 Pfnnd, bei 3 Fubs dagegen 1 Pfund.
Weiterhfn wird dieser Gewichtsqnotient ftlr je
t Zoll noch grosser nnsfallen mflssen. 80 entspricht
dbnn bei der zwischcn 3 und 4 Fnss sich bewegen-
deh KtlrperhShe jedem Zoll l*/ 4 Pfnnd Korper-
gewicht , und bei der zwischen 4 imd 5 Fnss sioh
bewegenden KSrperhohc kommt l'/j Pfnnd auf je-
den Zoll. Das Gewicht von Kindem , die zwischen
3 'und 4 Fuss messen , erhalt man, indem ftlr jeden
Zoll 2 Pfund gcrechnet werden, das Gewicht von
Kindem, die zwischen 4 und 5 Fuss messen, wird
erhaHen, wenn man anf jeden Zoll 2«/ s Pfnnd rech-
net. So erhalten w!t folgende Tabelle:
Fnss
Zoll Pfnnd Fuss
ZoU
Pfund
3
—
36 3
10
66
3
1
38 3
11
68
3
2
40 4
—
CO
3
3
42 4
1
62'/,
3
4
44 4
2
66
3
5
46 4
3
67'/.,
3
0
48 4
4
70
3
7
50 4
5
72'/,
3
8
62 4
6
76
3
9
54 4
7
77'/,
Digitized by (jOOC^lC
11. Physiologie.
Fuss Zoll Pfnnd Fuss Zoll Pfund
4 8 80 4 11 87'/,
4 9 82'/, 6 — 90
4 10 85
Im Mittel erreichen die Kinder 4 Fuss, bevor
sie 8 Jahre z&hlen, und 5 Fuss, bevor sie das 13. J.
erreichen. Wir begegnen aber ungemein wechseln-
den Grossen bei glcichalterigen Kindem. Sonst
gesunde Kinder, in deren Familie vielleicht geringe
KSrpergrGsse herrschend ist, wachsen nur langsam,
etwa 2 Zoll im Jahre statt 3*/* Zoll. Kntspficht
nur das KSrpergewicht der wirklich erlangten Kdr-
pergrSsse, so darf man in ihrer Kleinheit nichts Pa-
thologisches finden. Andere Kinder, in deren Fa-
milie hohe Staturen herrschen, "wacbsen dagegen
rascher, vielleicht 3 Zoll im Jahre, und das hat auch
nichtB zu sagen , falls nur die in der vorstehenden
Tabelle verzeichneten Gewichtswerthe mit der er-
reichten KOrperhohe harmoniren. Das kleine lang-
8am wachsende Kind wird vielleicht erst mit 15 J.
seine 5 Fuss und 90 Pfund erreichen, das rascli
wachsende Kind vielleicht schon mit 11 J&hren ; das
mtttlere Kind dagegen erreicht dieses Ziel , wenn es
noch nicht ganz 13 Jahre z&hlt. Alle 3 konnen
aber gesunde Kinder scin, die sich nach ihrem be-
sondern Typus entwickeln. Yersuche, urn das im
Waclisthum zurllckstehende Kind zu treiben, kiin-
nen nur erfolglos bleiben oder hoclistens Schaden
bringen.
Fllr eine GrSsse von tlber 5 Fnss werden die
Verhaltnisse schwieriger, weil dieselbe nicht nnr bei
noch wachsendcn Individnen angetroffen wird, son-
dem auch bei vollstiindig erwarfmentn Prrxonen.
Dutch Hundertc von UntcTsiichnngen glaubt Boul-
ton gefimden zu haben , dass crwachsene Personen
2 Stein oder 28 Pfnnd mehr wiegen als die noch im
Wachsen begriffenen Individnen, die mit den Er
wachsenen gleiche KSrperhOhe besitzen. Die nach-
folgende Tabelle, von 5 bis zu 7 Fuss sicli er-
streckend, gilt demnach ftlr Erwaclwene; sie hat
aber auch ftlr die noch im Wachsen begriffenen In-
dividnen Giltigkeit , sobald nnr von dem jeweiligen
Gewichtswerthe 28 Pfnnd in Abzng gebracht wer-
den.
Fuss
Zoll
Pfund
Fnss
Zoll
Pfnnd
5
—
120
G
1
18G
5
1
126
G
2
192
5
2
130
G
3
198
6
3
136
G
4
204
5
4
140
G
6
210
5
5
145
6
6
216
5
6
160
G
7
222
5
7
156
G
8
228
5
8
160
G
9
234
5
9
165
G
10
240
5
10
170
G
11
246
6
11
176
7
—
262
6
—
180
EuiBursohe also, der 5 Fuss 5 Zoll misst, wttrdo
nicht 145 Pfund wiegen, wie die Tabelle anzeigt,
sondem nur 117 Pfund; falls er aber nicht weiter
wtlchse, wflrde er dann als Erwachseaer von ge-
nannter Korperhohe das erstere Gewicht anfweiaen.
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227
I. Anatomic
demise dieser Tabelle hat man bei Erwachse-
iien, die 5 Fuse messen , jeden Zoll der Kdrperhfihe
= 2 Pfand zn berechnen, bei jenen, die 6 Fuss
messen, den Zoll = 2 1 /, Pfund zu setzen, bei jenen
endlich , die 7 Foss messen , den Zoll = 3 Pfund
ajnzanehmen. Das Gesammtgewicht aber wichst
bei jenen zwischen 5 nnd 6 Fuss um 5 Pfund , bei
jenen zwischen 6 und 7 Fuss um 6 Pfund ftlr jeden
Zoll mehr.
Alle diese Maasse und Qewichte sollen sich flbri-
gens wohl auf die mftnnliche Bevfllkerung Englands
beziehen, was Boulton ausdrflcklich anzugeben
▼ergeesen hat. (Theile.)
613. Das sweigetheilte JoohbeLn ; von Dr.
Max Flesch. (Verhandl. d. phys.-med. Ges. zu
Wurzburg. N. F. 1 u. 2. p. 46. 1876.)
In der von F. gegebeoen Zusammenstellung der
Variet&ten-Beobachtungen aus dem Prftparatensaale
zu Wllrzburg vom 1. Febr. 1874 bis 1. April 1875
geschieht auch dieser im Ganzen seltenen , aber be-
reits von W. Grubet (1870) monographisoh be-
bandelten Varietftt in umstftndlicher Weise Erwah-
nung.
Das Zerfallen des Jocbbeins durch eine horizon-
tale Nabt in einen obern und untern Knochen wurde
nach Gruber’s Untersuchungen bei 500 bis 1000
Schitdeln von Europaern nur einmal angotroffen, ist
dagegen bis jetzt bei fast dem dritten Theile der
nntersuchten Japanesenschadel gefunden worden,
weahalb Hilgendorf diese Knochenvarietat ge-
radezu als Os japonicum zu bezeichneu vorgeschla-
gen hat.
Die Mitthellung von Flesch basirt auf 3 Beobach-
tungen der genannten Varietat. Der eine Fall kam unter
81 Schadeln von Bewohnern Unterfrankens vor, die im
letzten Jahre gesammclt worden w.iren ; ein zweiter Fall
fand sich in einer Sammlnng von 77 Schadeln von unbe-
kannter Herkunft; der dritte Fall betrifft einen Dajak in
der Wurzburger Sammlung von Kassenschadeln. In alien
3 Fallen bestcht die Anomalie auf bciden Sciten zu-
gleich.
Das obere Stuck des getheilten Jocbbeins entspricht
dem norraalen Jochbeine des Menschen, dessen Stirafort-
satz den Augenhohlenring schlicsst; die imterc Partie ist
ein uberzahliges Knochcnstuck. Das untere uherziihllgc
Joehbeinstuek hat am Dajakschadel 9 Mmtr. Ilohe', an
(len beiden andern Schadeln 10 und 13 Mmtr. Der A.rcua
maxillo-temporalis intrajugalis Gruber ist an dem einen
Schadel reehterscits vollstiindig zu Standc gekonimen und
linkrrseits naliczu vollstandig. Stark vorspringende
Knochenzackcn an der InncnHache dor Jochfortsatze des
Sehlafenboins und des Oberkiefers sind An deut ungen,
class der Arcus maxillo-temporalis auch bei den andern
Schadeln zu Stands kommen sollte.
Das Auftrcten einer Zweitheilung des Jocbbeins
l&sst sich nur auf die Aulage mchrerer Ossifikations-
punkte zurilckfilhren. Niclit sclteu zeigt sicli an aus-
gebildeten Schiideln an der Innenflilche des Jocbbeins
eine Furclie , die in horizontaler Kichtung verlauft .
und als Keprasentant einer fillhoren Naht gclten
kann.
Auch bei den S&ugethieren kommt das zwei;.
getheilte Jocbbein gelegentlich als Varietat vor, z. B.
u. Physiologic.
auch beim Orang-Utang, nirgends jedoch als typisebe
embryonale Bildung. Die vergleichend-anatomiscbe
Untersuchung bereclitigt aber zu der Annahme : das
zweigetheilte Joc/tbein entsteht durch selbststandige
Entwicklung des gevndhnlich als Stirnfortsatz des
Jochbeins auftretenden Knochenabschnitts.
(Theile.)
614. Zweitheilung des ersten Keilbeins
der Funwunel; von Dr. Max Flesch. (Ver-
handl. d. phys.-med. Ges. zn Wllrzburg. N. F. 1 u.
2. p. 53. 1876.)
Die zuerst von W. Gruber erwfthnte und wei-
terhin durch Friedlowsky genauer beschriebene
Theilung des ersten Keilbeins , wodurch cine Ver-
mehrung der Tarsalknochen herbeigefllhrt wird,
kam am soust normalen Fusse eines erwachsenen
Individuums vor.
Der Knochcn 1st in horizontaler Richtnng getheilt,
so dass ein Tlorsales nnd ein plan tares erstes Kellbein zu
unterscheiden ist. Die regelmasslg vierseitigen Knochen
sind 24 Mmtr. lang, 19 Mmtr. breit, nnd der untere hat
20 , der obere 22 Mmtr. Ilohe. Die beiden Knochen beT
ruhren sich vom durch rauhe, mit zahlreichen Oeffnungen
versehene Flachen , haben aber nach hinten glatte, offen-
bar gelenkartige VerbindungsflSchen.
Am Kahnbein zerfallt die ffir das erst© Kellbein be-
stimmte Gelenktifiche durch eine ziemlieh stark vorsprin-
gende Leiste in eine kleine obere dreieckige und eipc
grosscrc untere viereckigc Flache. Ebenso wird die ent-
sprechende Gelcnkflache des ersten Mittelfnssknochens
dnrch einen horizontalen Vorsprung In 2 Flachen fBr die
beiden ersten Kellbeine getheilt.
Eine Thierfthnlichkeit darf in dieeem Zerfallen
des ersten Keilbeins nicht gefunden werden. Wahr-
schernlich kommt diese Formation dadurchzuBtandfl,
dass in dem prim&ren einfachen Knorpel getreante <
und verharrende Ossifikationspunkte entstehen.
Als Uebergangsstufe zum vollstandigen Zerfall
des ersten Keilbeins wurde bereits von Gruber
eine unvollstandige ITalbirung durch eine Horizontal-
spalte beobachtet. F 1 e s c h bildet einen derartigen
von ihm beobachteten Fall ab : die Spalte durchsetet
von hinten her ein Viertel des Knoohens , nnd aaoii
hier ist die GelenkflAche des Kalinbeins fUr das
erste Keilbein in einen oberen dreieckigen and
einen untern vicreckigen Abschnitt getheilt.
(Theile.)
615. Die Gelenke am Zungenbeiue und
am Kehlkopfe ; von Dr. Ernst Krnli. (Ztschr.
f. Anat. n. Entwicklungsgescli. II. 1 u. 2. p. 145 —
158. 1876.)
Die Untersuchnngen an PrSparaten vom Men-
schen wurden auf Durchschnitten und mittels des
Mikroskops vorgenommen.
Am Zungenbeine wurde das Vorkommen einer
Amphiarthrosc zwischen dem Kdrper nnd dem groe-
sen Home fttr die Mehrzahl der Fallc festgcstellt.
Auch zwischen dem kleinen Horne und dem grossen ,,
Horne liess sich meistens eine Ungslaufende Spalte,
eine Ampbiartbrose, erkennen-, wo aber dieser Nacb-
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228
I. Anatomic u. Phyaiologie.
weis nicbt gelang , zeigten rich grosses und kleines
Horn dnrch cine lockere B&ndmasse verbunden. Die
beiderlei Gelenkhohlen communiciren nicbt mit ein-
ander. Am Zungenbeine ganz jugendlicher Indivi-
duen scbeinen ttbrigens diesc Gelenkhohlen noch
ganz zu fehlen. Am auBgebildetsten erscbienen sie
bei Individuen von 20 — 40 Jahren. SpAterhin wirkt
ein immer weiter greifender Verkndcherungsprocess
auf eine allgemeine RaombeschriUikang dieser Ge-
lenke ein.
Am Kehlkopf durfte das allgemein bekannte Ge-
lenk zwischen Cart, cricoidea und arytaenoidea von
einer besondern Untersuchung ausgeschlossen bleiben.
Zwischen dem untem Home der Cart, thyreoidea
nnd der Cart, cricoidea findet sich regelm&ssig eine
Arthrodie : der von der Cart, cricoidea gebildete Ge-
lenkkopf entspricht nur einem kleinen Segmente einer
ann&hemd kugeligen FlAche, deren Radius in ein
Paar Fallen auf etwa 1 Ctmtr. bestimmk werden
konnte ; die am Home des Sckildknorpehs befindliche
Pfanne correspondirt mit diesem KOpfchen. Statt die-
ser Gelenkspalte fand sich einige Male eine etwa hirse-
korngrosse Hdhle von ovaler Form , mit scharfen,
oben ausgebucbteten RAnderu. In einzelnen Fallen
Bchien aber auch die Verbindung der beiden Knor-
pel einfach dnrch Bandmasse hergestellt zu werden.
Das Gelenk 1st nicbt allemal auf beiden Seiteii gleich
entwickelt, und erst nach der PubertAt wnrde es mit
Bestimmtbeit ausgebildet gefunden.
Ein Gelenk zwischen Cart, arytaenoidea und
comicnlata, wie es von L u s c h k a beschrieben wor-
den iBt, war in keinem einzigen Falle aufznfinden;
beide Knorpel sind dnrch elastische BAnder oder
Fasen verbunden. (T h a i 1 e.)
616. Ursprung der Art. meninges media
aus der Ophthalmica ; von Prosektor Dr. E.
Zuekerkandl. (Wien. med. Jahrbb. 1876.
p. 342—350.)
Folgende Fftlle dieser Varietftt sind in Z.’sBeob-
achtnng gekommen.
1) and 2) An 2 mannlichen Leichen fand Rich uber-
einstfanmend UnkerseitR folgende* Verhalten. Die in ge-
wShnlicher Weise in die OrbitalhShle eingetretene Oph-
tbalmica zerfallt alsbald in 2 etwa glcicb grosse Aeste,
welcho die eigentliche Ophthalmica und die Meningea
media reprasentiren. Die Meningea media tritt dttrch die
Fissara orb. sap. in die Schfidelhohle zur&ck , ohne vor-
her fiir die Orbits and deren Contenta Aeetchen abiu-
geben. Der Stamm der Meningea und ihre Verzweigungen
liegen aber in tiefen Furchen der seitlichen Schadclwan-
dnng, die von der obern Angenhdhlenspalte an bis auf die
Scbnppe des Hinterhauptbeius leicht zu verfolgen sind.
An SteUe des For. spinosum findet sich eine ausserst
enge Fissur. Die Art. petrosa 1st ein Ast der Carotis
Interna.
8) Letehnam etne* Mannes. Die in die OrbitalhShle
eingetretene Ophthalmioa spaltet sich reehterseits in einen
innern and aussern Ast : jener ist die eigentliche Ophthal-
mica, dieser die Meningea media. Der aussere Ast giebt
snn&chst die Lacrymalis nnd die Ciliaris ext. longa ab ;
daan tritt er durch die Fissara orb. sup. in die Schadei-
hSUe, and hier verlaafen der Stamm and dessen Aeste in
tlefes Furchen der seitlichen SchAdelwandung bis zum
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Hinterhauptsbeine hin. Auf der Sehlifenbetnachnppe ver-
einigt sich fibrigens mit der abnorm entsprungenen Menin-
gea media noch ein Arterienast , der von der Maxilla ris
int. kommt und durch eiuen hiDter dem For. ovale gelege-
nen Spalt in die Schadelhdhle eintritt.
4) An einer Kindsleiche verlauft rechtereeiti ein der
Ophthalmica an 8tarke uberlegenes Gefass , der aussern
Seite des Opticus anliegend, in die Augenhohle, und spal-
tet sich in einen ausseren starkeren und einen inneren
schwacheren Ast. Der innere Spaltungsast streicht fiber
den Opticus, giebt Rami musculares, eiuen besonders star-
ken in den Rectus oculi int. , und endigt als Ethmoidalis
posterior. An der Spaltungsstelle der Ophthalmica geht
von der untern Flache erst die Frontalis ab , die sich von
unten um den Opticus schlagt und an die Innenseite der
Augenhohle gelangt , so dass also der Opticus durch eine
arterielle Schlinge tritt. Der aussere aus der grossen
Ophthalmica abgehende Ast verlauft 6 Mmtr. weit an der
aussern Orbitaiwand , biegt sich dann nach hinten und
aussen , steigt zweigespalten in einer an der Fissara orb.
sup. begiunenden und bis zur Mitte des Scheitelbeins
sichtbaren doppelten Furche an der Seitenwandung des
Schadels nach hinten und obeu , die SteUe der Art. men.
med. einnehmend. Aus dem Orbitalabschnitte der abnorm
entsprungenen Meningea media kommen neben versehie-
denen Muskeiasten eine stark entwickelte Lacrymalis and
sammtiiche Ciliares. Durch das enfee schlitzformige For.
spinos. tritt rcchterseits nur ein feines Gefasschen in die
Schadelhohle , das ausser kleinen Zweigelchen fur die
Dura-mater nur noch die Petrosa abgiebt.
Das Auftreten dieser VarietAt des Drsprungs der
Meningea med. erklArt sich aus dem Vorkommen
einer constanten Anastomose zwischen Meningea med.
und Aesten der Ophthalmica, dem sogen. Ramne
orbitalis meningeae mediae, der allerdings mannig-
fach variirt. Der Rarans orbitalis, aus dem vordern
Aste der Meningea med. hervorgehend , dringt am
seitlichen Winkel der Fissura orbit, sup. in die
Augenhdhle, verbindet sich gewOhnlich durch eine
knrze Anastomose mit der Lacrymalis , lftuft an der
Aussern Orbitaiwand nach vorn, anastomosirt mit
Aestcben der Infraorbitalis und reicht meistens bis
zur Aussern vordern Begrenznng der Augenhohle.
Bereits Haller gedenkt mehrerer Abweichnngen
dieses Ramos orbitalis : Abgang der Lacrymalis aus
demselben ; doppelter Ramus orbit, ftlr die Lacry-
malis ; Anastomosen des Ramus orbit, mit dem
Hauptstamme der Ophthalmica , womit das 8chema
ftlr den Abgang der Meningea media aus der Oph-
thalmica gegeben ist.
Der Ramus orbitalis meningeae mediae fehlt
wohl nie vollstAndig, doch ist er bisweilen so mangel-
haft entwickelt, dass er, ohne eine Anastomose mit
der Lacrymalis einzugehen , gerade noch ausreicht,
die hinterste Partie der Aussern AugenhOhlenwand
mit periostalen Zweigelchen zu versehen.
Der beschriebene Ursprimg der Meningea media
aus der Ophthalmica ist auch noch an macerirten
SchAdeln nacbweisbar. Er verrAth sich durch voll-
stAndiges Fehlen oder doch durch Verkttmmenmg
des For. spinosum und somit auch Mangel einer
grossen vom hintem Keilbeinwinkel nach oben und
vorn gehenden Keilbeinfurche , wogegen eine solebe
an der Fissura orbit, sup. beginnt und sich bis zum
Hinterhaupte hin eratreckt. Dazu gesellt sich bAnfig
auch noch unilaterale Erweiterung des For. ovale.
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I. Anatomic u. Physiologic.
229
Der abnorme Beginn der Meningeal furche genii gt
schon zur Diagnose am macerirten Schadel. Bei
der Untemchnng von 150 Schildeln fand Z. diese
abnorme Fnrche zweim&l. (T h e i 1 e.)
617. Zur Kenntnias der Zungenvenen ; von
Prosektor Dr. E. Zuckerkandl. (Wien. med.
Jahrbb. 1876. p. 335—342.)
1) Venae comitantes der Art. lingualia , eine
obere nnd eine nntere, begleiten die Arterie bis zu
deren Abgange von der Carotis externa und mtlnden
getrennt entweder in die Vena facialis communis
oder in eine Vena pharyngea. Die nntere Vene 1st
meistens die stilrkere. Uebrigens variirt das Caliber
dieser Venae comitantes, weil mit den tlbrigen venb-
sen Abzngskanftlen der Znnge ein compensatorisches
Verhftitniss bestcht. Dnrcb zahlreiche Anastomosen
zwischen den beiden Venen wird ein venoses Gitter-
werk um die Arterie gebildet. Das venose Ge-.
flecht ist manchmal in solchem Grade entwickelt,
tiass man besondere Venae comitantes nicht wohl
unterscheiden kann. Anch sind die Venae comitantes
manchmal auf beiden Seiten ungleich entwickelt.
Anastomosen zwischen ihnen und den Venae hypo-
glossae dnrchbobren den Muse, hyoglossus. In einem
Falle trat die nntere Comitans lingnalis vollst&ndig
durch diesen Mnskel und mttndete in die untere Vena
hypoglossa.
2) Venae kypoglossae , eine obere, ftlr gewdhn-
lich ganz schwaehe, und eine untere, betrScbtlich
gros8e folgen wesentlich dem Verlanfe des Nervus
livpoglo8sus. Sie entwickeln sich zum Theil aus den
die Art. lingualia umgebenden Venen , zum Theil
aber auch aus selbststfindigen Zweigen , die von der
Schleimhaut nnd von den Mnskeln der Znnge kom-
men. Die Venae liypoglossae milnden isolirt in die
Vena facialis communis oder auch gemeinschaftlich
mit einerVena pharyngea und den Venae comitantes
der Art. maxillaris externa in die Jugularis interna.
Die Venae hypoglossae inferiores beider Seiten
oder aber die Hypoglossa inferior der einen und die
Lingualia inferior der andern Seite anastomosiren
ganz regelmfissig dnrch einen den Muse, genioglossns
durchsetzenden Ast.
Die Hypoglossa inferior ist zuweilen schwach,
wenn sie den Nerven nach kurzer Begleitung ver-
lisst, den Mnsc. mylohyoidens durchbohrt und in die
, Vena snbmentalis oder Vena facialis antica ein-
mflndet.
Wird die Art. lingnalis behufs der Ligatnr im
Dreieck zwischen Nerv. hypoglossus, Mnsc. digaatriens
und mylohyoideu8 anfgesncht, so kommt die Vena
hypoglossa inferior in’s Operationsgebiet und durch
sie kann vielleicht das Operationsfeld mit Blut fiber-
schwemmt werden. Deshalb ist es wohl gerathener,
die Ligatar der Art. lingnalis , wie es bereits M al-
ga i g n e vorgeschlagen hat, unterhalb des Digastricus
vorzunehmen, zwischen diesem und dem grossen
Horne dee Znngenbeins , wo man zudem dem Ur-
sprunge der Arterie n&her ist.
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3) Venen , welche den Nervus lingualia und
den Lhictua W/iartonianua begleiten. Mit dem
Nerven verlftuft ein einfacher oder auch doppelter
Venenstamm, der sich ans Muskel- und Schleimhaut-
ksten am Boden der Mundhdhle bildet, mit der Vena
hypoglossa anastomosirt und in Begleitung des Nerv.
lingnalis zu dem grossen Venengeflechte hinzieht,
welches den Mnsc. pterygoidens extemus umspinnt.
Znweilen m linden diese Gef&sse in eine starke Vene,
die an der Seitenfltlche des Pharynx bis zum Schtldel-
grunde aufsteigt, sich hier wieder nach abwHrta
wendet nnd gleichfalls in den Plexus pterygoideus
mfindet.
Das den Duct. Whartonianus umgebende Venen-
geflecht steht mit den Venen der SubmaxillardrUse
in Verbindung. Eine die Drilse perforirende Vene
bewirkt eine Verbindung zwischen V. snbmentalis
und V. facialis communis.
4) Das dorsale Zxmgenvenennetz , welches von
L u 8 c h k a genau beschrieben worden ist.
(Theile.)
618. Vasa aberrantia amHoden; von Prof.
M. Roth in Basel. (Ztschr. f. Anat. und Ent-
wicklungsgeschichte II. 1 a. 2. p. 125. 1876.)
Neben den seit Haller so vielfach untersnehten
Vasa aberrantia , die am untera Theile des Neben-
hodens und am Vas deferens sitzen , haben K o b e 1 1
und weiterhin L u s c h k a dergleichen auch am Kopfe
des Nebenhodens kennen gelehrt. Analoge Blind-
schlfiuche beobachtete Roth aber auch am Rete
testis, bisher in 4 Fallen, 2mal am reebten, lmal am
linken Iloden und lmal auf beiden Seiten. Diese
Vasa aberrantia , deren Lftnge von 9 — 20 Mmtr.
variirt, entspringen vom Rete testis am untern Ende
des Nebenhodenkopfes und verlaufen gestreckt im
vordern untern Theile des Samenstrangs auf der
medialcn Seite des Nebenhodens. Sie haben etwa
gleiche Weite mit den Vasa efferentia, verschmillem
sich aber nach dem Rete testis hin und zeigen am
blinden Ende eine kolbige Anschwellung oder mehr-
fache divertikelartige Ausbuchtungen. Sie enthalten
eine belle Fllissigkeit, obne Samenf&den, und werden
von einem cylindrischen Flimmerepithel ausgekleidet.
Roth deutet diese Vasa aberrantia als WolfFsche
Kan&le, die den Anschluss an den Hoden gewonnen
haben, aber abnormer Weisc vom Wolff schen Gauge,
dem Canalis epididymidis, abgeschnflrt warden.
Dieser kurzen Beschreibung sind Bemerkungen
fiber 2 andere am Hoden vorkommende Gebilde an-
gereiht.
Das gleich diesen Vasa aberrantia im untern vor-
dem Theile des Samenstrangs liegende Organ von
G i r a 1 d fe 8 oder H e n 1 e ’s Parepididymis , ist nach
Roth’s Untersuchungen mit einem cylindriflchcn
Flimmerepithel ausgekleidet , das bereits beim Neu-
geborenen angetroffen wird und anch noch im h8ch-
sten Alter vorhanden ist. Die Cilien sind fast halb
so Iang als die sie tragenden Cylinderzellen. Ob-
schon die Zellen in der Regel vom PubertAtsalter an
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230
I. Anatomic a. Physiologic.
in starker Fettdegeneration angetroflfen werden , so
erhalten rich die Flimmerhaare demungeachtet intakt.
Wahrscheinlich erscheinen dieCilien gegen Ende der
Ffltalzeit. WenigstenB waren bei Fotus von 21 und
von 30 Ctmtr. Lange nur einfache Cylinderaellen
ohne Spur von Fiimmerhaaren vorhanden.
In Betreff der ungestielten oder Morgagni’ -
schen Hydatide am obern Ende des Hodens konnte
Roth zwar die neuere Angabe von Fleischl be-
statigen , dass dieselbe mit cylindrischem Flimmer-
epithel bedeckt ist ; dagegen vermag er rich
Flei8chl’s Deutung des ganzen Gebildes als Ova-
rium masculinum, die bereits von W a 1 d e y e r, sowie
von W. Krause Zustimmung erhalten hat, nicht
anzuschliessen. Er bait noch immer die Angaben
von L u s c h k a u. von 0. Bcckerfllr maassgebend,
wonach wenigstens zuweilen die Morgagni’sche
Hydatide eine nnverkennbarc Beziehung sum mann-
lichen Geschlechtsapparate besitzt. (T h e i 1 e.)
619. Die Anastomosen deB Hypoglossus
mit Cervikalnerven ; von Moriz Ho 11. (Ztschr. f.
Anat. u. Entwicklungsgeschichte II. 1 u. 2. p. 82 —
97. 1876.)
Um das Verhalten des Hypoglossus zu den Cervikal-
nerven eh erforschen , wurden gegen 50 Pr&p&rate
(vom Mensclien) angefertigt. I)as Mikroskop brachte
bei <£esen Untersuchungen nur geringc Httlfe, obgleich
zur Aufliellung des Nervenfascrverlaufs auch che-
mische Reagentien mit zur Anwendung kamen , aus-
genommen in Betreff der im Hypoglossus aufsteigen-
den Nervenfa8em ; die Untereuchung der von Binde-
gewebe und Neurilemm moglichst befreiten, mit
Waaser und Alkoliol behandelten Nerven fiibrte besser
zum Ziele.
Beziehungtn des Cerviealis primus und secundus zum
Hypoglossus. — Der vordere A8t dee Cerviealis primus
theilt sich, nachdem cr den Rectus capitis lateralis in-
nervirt und mit dnm Sympathicus anastomosirt hat, in cin
untercs und obcrcs Stammchcn : das obere tritt zicmlich
rcchtwinklig an den Hypoglossus und dringt in dessco
Seheido cin ; das untore bildet cine bogcnfomiigc Anasto-
mose mit dem vordern Asto des Ccrvicalis secundus , cine
Ansa ccrvicalis prima, dio in der Mchrzahl der Fsille an-
getroffen wird. Der Ccrvicalis secundus entsendet da-
neben noch einen aufsteigenden Ast, der zngleich mit dem
obern Ante des Ccrvicalis primus in die llypoglossus-
schoide eindringt.
Dcr letztgenauute vom Cerviealis secundus kmnmcnde
Ast steigt am Hypoglossus abwSrts, durchhrleht aber
wiederum die Schelde des Nerven, wo diescr den horizon-
talea Verlanf annimmt, und erseheint nun fiber der Vena
jngularis interna als Anfang des Descendens hypogiossi s.
Cerviealis desc. Henle. Vom Hypoglossus selbst tritt
kein Nervenfaden in den Descendcns ein. Haufig genug
sieht man Jencn Ast des Cerviealis secundus in scinein
Verlsnfe innerhalb der Scheide des Hypoglossus durch
eine Kinne von dein dicken Nerven selbst abgcgrenzt.
Diese Unabhungigkcit des Descendcns vom Hypoglossus
und die nhgrenzcnde Rinno am Hypoglossus ist iibrigens
zuerst durch Christoph 11 a eh (Annotationes de nerviB
hypoglosso et laryngeis. Turici 18H4) geeeheu und be-
sebrieben und dann spiiter durch Luschka wieder ber-
vorgeboben worden. Fur die Unabliiingigkcit des Dcscen-
dens vom Hypoglossus spricht zunial auch, dass nach
H oil’s ITntersnchnngen etwa in jcdorzehnten Leiche der
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vom Cerviealis aeeondus anfstelgende and den Hypo-
glossus erreichende Ast gar nicht in des letzteru Schelde
eindringt, sondern nach Abgabe ciues feinern Filaments
an denselben , Ihm bios anliegend in peripheriseher Rich-
tung vorlanft , dann zum Descendcns wird und nur durch
Fasem aus dera Cerviealis secundus uud tertius , die im
Desoendens in centraler Richtnng aufsteigon and dann an
den Hypoglossus antreten, dieser Antrittsstelle etwas eng or
verbunden ist. Was dann jencn vom Cerviealis primus
in die Scheide des Hypoglossus eindringenden Ast betrifft,
so pfiegt dieser selbst wlcder in einen untem und obern
Zwcig zu zerfallcn. Der untere Zweig verfolgt die perl-
phcrische Riehtung und vcrmischt sich innig mit den
Hypoglossusfasern, isolirt sich aber weiterhin wieder vom
Hypoglossus nnd verstarkt den im Oder am HypogloMos
abstelgendcn Descendens ; dcr obere Zweig verlfiuft, zwei-
fach oder dreifach getheilt, centralwarts, doch biegen
seine Fiiden znm Theil auch wieder rnn , um den Descen-
dens zu verstarken . nnd nur ein Fadchen tritt zum Muse,
rectus capitiB ant. minor. (Ein ebonfalls vom Cerviealis
primus kommender Zweig ffir den Rectus capitis ant. maj.
verlauft hinter dem Hypoglossus znm Moskel , kann aber
auch wohl vorher eine Strecke weit central im Hypo-
glossus verlanfen.)
Cerviealis descendens Henle. — Dieser frfiher als
Descendens hypogiossi, Descendens noni bezeichnete Nerv
ist, wie bereits erwiihnt, zuerst durch Bach als ein AJb-
kommling vom Corvikalnerven erkannt worden. Er wird
dnrcli den vom Cerviealis secundus in die Scheide des
Hypoglossus eintretenden Ast gebildet , dcr durch Faden
vom Cerviealis primus Verstarkung crhalt , im Verbwfe
im oder am Hypoglossus keinen einzelnen Faden, sondern
einen Ncrvenplcxus bildet, und nur dort, wo or sich vom
Hypoglossus wieder ablest, ein moistens ungemein diinnes
Fadchen ini Hypoglossus zurucklasst. Der abgeldste
Descendens bildet mit andern Faden des Cerviealis secun-
dns und tertius cino Ansa cerviealis und versorgt nun die
Hcrabzieher deB Zungcnbcins , mit Ausnahme des Hyo-
thyreoideus. Indesscn nehnien einzelne, manchmal ziem-
lich dicke Faden dieser znm Descendens tretenden Cer-
vikalnerven einen anfBtcigenden Vcrlauf, errelchen den
Hypoglossus u. verlaufen , in dessen Scheide eingeschloe-
sen, in peripheriseher Riehtung. Es ist namlich nach
Ho ll's Untersuchungen ein lrrthum, wenn man bisher
annahni , der am grossen Zungenbeinhorne angclangtc
Hypoglossus habe alle Cervikalnervenfasern abgogeben
und er innervire nun die von oben an das Zutlgenbcin
tretenden Muskclu, sowie aueb den Iiyothyreoideus durch
reine llypoglossnsfasern. Denn der Iiyothyreoideus und
auch der Genioliyoldeiis erhalten die im Descendcns anf-
gestiegenen und im Hypoglossus fortgefuhrtcn Cervikal-
nervenfasern. Nach Abgabe der Zwcige ffir diese beiden
Muskclu blcibt nur noch cin ganz feines Filament dcr
aufstcigenden Cervikalnervenfasern fibrig, das mit Hypo-
glossuslihrillen zum Muse, geniogiossus vordringt.
Dcr Halstheil des Cerviealis descendens Henle he-
steht also aus ahsteigenden und aufsteigenden Fasem, die
lediglich Cervikalnerven entstammen. Die aufsteigenden
Fasem desselben sind manchmal starker cntwickelt als
die absteigeuden , und es kann daliin komnmn , dass der
Nerv mit Rficksicht auf den Faserverlauf eher als Cervi-
ealis adscendens , fur Iiyothyreoideus und Geniohyoldeus
bestimmt, bezeiuhnet werden durfte. So fand Vo 1 k-
m an u hei einer einmaligen Untereuchung den Deacendenn
des Pferdes besehaltcn.
Dass der Descendens aus dem Vagus eulspringen
konne, ist bereits von W. Krause nnd Telgm ann ge-
leugnet worden. Doch komrat e* vor, dass er, im Neori-
lerom des Vagus eingeechloesen , eine Strecke weit ver-
lauft. An 40 l’raparaten wurdc dieses Vorkommen 6raal
beobaehtet.
Einmal wnrde auch ein doppclter Descendens ge-
funden , von denen der eine wenentheh etn Deseendons,
der andere wesentlich cin Adacendons war. (T b o i 1 e. )
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II. Hygieine, Di&tetik, Phamakcdogie u. Toxikologie.
620. Ha Belting sur Kenatnim der Pep-
tone; tod Albrecht Kossel, Stud. d. Med.
(Areh. f.d.ges. Physiol. XIII. 6 n. 7. p. 309. 1876.)
Anf Veranlassnng und nnter Leitnng von Prof.
Hoppe-Seyler suchte Vf. hauptsAchlich zu ent-
9cheiden , ob dnrch die MShlenfeld ’sche Silber-
oxydbehandlnng der Peptone eine Aendernng in der
Zusammensetznng derselben vor sicli geht.
Nieht entfette tes Fibrin wurde mit salzsanrem Schweine-
magen-Extrakt in Peptone ubergefahrt, die erhaltene Lu-
ang mit Barytwa«aer bia znr alkaliwhen Koaktion ver-
aetzt, der iiberachussige iiaryt aofort dnrch Kohlenauiire
entfernt, das barythaltigc Filtrat bis zur Syrupsconsistcnz
eingedampft , mit Alkohol gefallt nnd der Niedersehlag
wieder in Waaser gelbat. l)ieae wasarige Losung der Ha-
rytpeptone wurde dnrch 8chwefelaaure untcr Vcrnicidung
cinea Ueberschuasea derselben von Iiaryt befreit, der einc
Tbeil der barytfreicn Losung alsdann stark eingedampft,
friseh gefulltes Silberoxyd im Ueberaehuaso znfjefugf nnd
das entstchende Ohlorsilber abtiltrirt. Dnreh atarken Al-
kohol wurde fast die gauze Masae der Silberpeptonver-
bindung aua dem Filtrate gcfallt. Nachdcm das Silber
(lurch Schwofelwasscrstoff entfernt worden war, ergab
eine Reihe von Analyaen einen mittlem Gehalt der asche-
frelen Bnbatanz von
C H N 8 O
46.93 6.71 15.45 0.9 31.01.
Die zweite Portion der barytfreien Fluaaigkeit wurde
mit kohlensaurem Calcium digerirt, das Filtrat eingedampft
und wiedemm mit Alkohol gefTillt. Ohsehon die Alkohol-
fallnng 3mal wiederholt wurde , erwiea aieh die gefiillte
.Snbstanz noch chlor- und kalkhaltig. Die Analyaen der
gewonnenen Snbstanz ergaben einen mittlern Procent-
gehalt von
C H N 8 Cl Ca O
46.13 6.43 13.96 1.07 2.34 6.68 45.57.
Ads diesem Befnnde llesa slch die Gesammtaacbe
(18.43°/,) ala eln Gemiach von Ca SO, (4.65%) , Ca Cl,
(3.64%) und Ca O (4.24%) hercchnen.
Eine zweite Chlor- und Calcium - lieatiramung bei
eincm andern, ganz anf die oben besehriebene Weiae her-
gestellten Priiparatp ergali 2.27% Cl n. 6.5% Ca. Dieae
Differenz im Calcinm-Uehalt lunst aich nacb Vf. vielleicht
daraus erklaren, dass die Saftigung der sauren FlCssig-
keit mit koblenaanrem Kaik im ersten Falle in tier Kalte,
im zweiten Fallc in der Wiirme vorgenommen war.
Die erwAlmten Analysen lassen erkennen , dass
die A8chenbestandtlieile des Peptons in chemischer
Verbindung mit demselben stchen, was in Bezug auf
die Base bereits von Lehmann gezeigt, in Bezug
aof das Chlor von Lubavin vermutliet worden
war. Eine Absclieidiuig der Aschenbestandtheile
gelingt nach Vf. deshalb so schwer, weil das Pepton,
darin den Amidos&uren Ahnelnd , sowohl die Eigen-
schaften einer Siiure, als die einer Base hat.
Die Berechnung der Zusammensetzung der asche-
freien Snbstanz gestaltet sich verschieden , je nach-
dem man annimmt, dass die analysirte Snbstanz einc
Verbindung von Chlorwasserstoff mit Pepton calcium,
oder dass sie eine Verbindung von Chlorcalcium mit
Peptoncalcium ist, oder dass sowohl Chlor als Cal-
cium Wasserstoff im Pepton eraetzen.
Im ersten ( wahrscheinlichsten) Falle hatte das (nieht
mit Silbcroxyd behandelto) Pepton die Xusamcnsetzung
C II N S O
48.97 7.06 16.14 1.16 27.67;
im zweite Falle erhielte man
C II N S O
49.08 7.00 15.17 1.16 27.59;
im dritten Falle ergabe sich ein Gehalt von
C II N 8 O
49.09 7.17 16.18 1.16 27.42.
Die Differenz dieser Zahlen mit denen , welche
sich bei Analysining der mit Siberoxyd behandelten
Peptonmenge ergaben (siehe oben) und mit denen,
welche Mohlenfeld f&nd (C 44.96; H 7.835;
N 17.850; 0 29.355 -|-S), hat nun nach Vf. ihren
Grund wahrseheinlich darin, djiss dnrch die Behand-
Inng mit Silberoxyd eineOxydation oderllydratation
erfolgt und es witre dem nach „die Anwendung des
Silhcroxyds znr Reindarstellung von Peptonen so
lange zn beanstanden , bis die Einwirknng desselben
anf Peptone genan bekannt ist. w
Andererseits zeigen die Analysen des Vfs. (in
Bestfttignng einer von Andern bereits mehrfach aus-
gesproehenen Ansiebt) , dass anch dureh die Pepsin
verdauung das Eiweissmoleklll kohlenstoff- u. stick -
stoffkrmer wird, also jedenfalls eineHydratation oder
Oxydation desselben eintritt.
Vf. constatirte weiter, (lass eiweissfreies Pepton,
mit Kali gekocht, Schwefelkalium liefert, was dureh
reichliche Schwefelwasserstoffentwicklung nach dem
AnsAnern tier gekochten Masse bewiesen wird. Es
ergiebt sich hieraus, dass der Scliwefel im Pepton
anch in nieht oxydirter Form enthalten ist.
Einige andere Versuche zeigten schltlsslich, dass
bei der ktlnstlichen Verdauung von EiweisakOrpern
keine Ammoniakbildnng stattfindet.
(Rudolph Muller.)
II. Hygieine, Didtetik, Pharmakologle u. Toxikologfe.
621. Ueber die physlologisohen, toxischen
and therapeatisohen Wirkungen dee Kalium-
ohlorat; von Dr. Isambert. (Gaz. de Paris 17.
35. 41. 43. 1875.)
In seiner bekannten 1856 erschienenen Mono-
graphic Qber das chlorsaure Kali war Vf. an dem
Kesultate gelangt , dass letzteres dureh Abgabe von
8anerstoff an Blut oder Gewebe w Ahreml seines
Lhirchgange8 dureh die Blutbahu keine Zersetzung
erfahre , vielmehr uuverftndert als solches mit dem
Urin, demSpeioliel, dcm-Nasenachkim, derThriinen-
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fiUssigkcit und dem Schweisse eliminirt werde.
Neuerlich hat Vf. in Gemeinschaft mit Hirne diese
Thatsache aufsNeue bestiitigt gefunden, indem dureh
Versuche ermittelt wurde, dass 95°/ 0 des eingeftlhr-
ten Salzes den Organismus auf den angegebenen
Wegen als solches wieder vcrlassen. M i 1 o n con-
statirte 1857 , dass Kaliumclilorat das Blutserum
nieht zur Coagulation bringt, coagulirteg Fibrin
nieht lost und dureh seine Gcgenwart die alkalische
Keaktion des Seram nieht in die gegeutheilige ver
wandelt Wird venoses Blut mit Chloratlosung ver-
Origina I from
UNIVERSITY OF CHICAGO
232
II. Hygieine, Di&tetik, P harm a k ologie u. Toxikologie.
setzt , so nimmt es eine hellrothe Farbe an and coa-
gulirt nicht nur ganz so wie gewflhnlich , sondern es
lagert sich ausserdem elne dflime Fibrinschicht auf
dem Gerinnsel ab. S o 1 a r i bezieht sich auf dieses
Hellrothwerden des Blutes nacli Chloratzusatz, urn die
Fonrcroy'sche Lehre, dass das gen. sauerstoff-
reiche Salz unter Sauerstoffabgabe Oxydationsvor-
gftnge einleite, wieder zur Geltung zu bringen. Eine
Controle der Verauche von Mil on wies nach , dass
das Venenblut im Contakt mit Chlorat (es sei denn,
dass es an der Luft geschttttelt wird) nieinals die
liellrothe Farbe des arteriellen Blutes annimmt ; fer-
ner , dass die Coagulation desselben genau in der-
selben Zeit wie in mit reinem Wasser in der Con-
centration der SalzldBung entsprecliender Menge ver-
setztem Blute erfolgt, und endlich, dasswfthrend das
gebildete Coagulum letzteren Falles roth bleibt, ganz
so als ware Natriumsulphat oder Chlomatrium, welche
einen noch weit heller rothen Farbenton hervorrufen,
zugesetzt worden, die rothe Farbe bei Chloratzusatz
spftter in Braun (lbergeht und ein lackfarbiges,
schwer voin Serum trennbares Coagulum entsteht.
Diese Wirkung des Sulphates und Chlorflrs liLsst sich
jedoch nicht anf Sauerstoffabgabe an die rothen
BlntkOrperchen zurllckfUhren ; folglich kann letztere
auch ftir das Kaliumchlorat nicht zutreffen. Ein
weiterer dem Vf. gemachter E inwand bezog sich auf
1831 von O’Shaugnessy angestellte Verauche,
nach denen bei durch Blausfture asphyktisch ge-
machten, bewusstlosen imd dem Tode nahen Tliieren
nach Injektion von Kaliumchlorat in die V. jugnlaris
die arterielle Bescliaffenheit und Farbe des Bluts
wieder eingetreten , und die Athmung sowohl , als
die Herzaktion zurilckgekehrt sein soil. Schon
Pereira hob den Widerepruch, welcher in dieser
ftir Freiwerden von Sauerstoff aus dem Kaliumchlo-
rat sprechenden Beobachtung und dem unverftnder-
ten Wiederausgeseliiedenwerden des gen. Chlorates
als solches durch die Nieren enthalten ist , hervor.
Erst im Jahrel865 erfuhr 0 ’Shaugnessy durch
die Eiperimente PodcopaCw’s tlber die Wirkung
der Kaliumsalze [die Nainen Grandeau und
Guttmann vergisst Vf. anzufliliren] eine vollstftn-
dige Widerlegung ; es ist nach P. unmdglich , dass
nach direkter Injektion eines Kaliiimsalzes in die
Vene sich die Herzaktion gehoben babe und das
durch Blausfture asphyktisch gemachte Thier wieder-
hergestellt worden sei. Durch gemeinsam mit Bar-
bier (Sohn) nnd Hirne angestellte Verauche an
Hunden Uberzeugte sich Vf. von der Richtigkeit der
Angaben PodcopaSw’s, wonach 2 Grmm. des
Kaliumchlorat in die V. cruralis gespritzt in sehr
kurzer Zeit Herztod bed in gen, nach Injektion in eine
Arterie die Reizbarkeit des Herzens aber etwas spftter
erlischt, wfthrend alle willktlrlichen Muskeln — auch
die in der Nfthe des Herzens gelegenen, ihre Erreg-
barkeit durch Induktionsstrdme beibehalten. Vf.
Uberzengte sich, indeni er die V. cruralis wfthlte nnd
vorsichtig injicirte , dass nicht das gewaltsame Ein-
pressen von Flflssigkeit in die Gefftsse die Herakraft
abschwftche und Herzstiilstand hervorrufe, wie La -
horde, welcher ttbrigens eine sedative Wirkung
des Kaliumchlorates nicht in Abrede stellt, annim mt,
sondern die Wirkung des Kalium, als Herzgift, vor-
liegt. Letzteres, direkt in eine Vene injicirt, wirkt
um so heftiger , so dass die dadurch hervorgerufene
Herzparalyse auch durch Einleitung der stftrksten
elektrischen Strome nicht beseitigt werden kann.
Nach Verabreichung durch den Mnnd ist die Gefahr
— selbst die der Anfttznng der Schleimliftute — bei
weitem gcringer. M i 1 o n und Isambert nahmen
20 Grmm. Kaliumchlorat ohne andere Symptome,
als etwas MagendrUcken, Speichelfluss und copiSsen
Abg&ng abnorm grosse Mengen HamsSure enthalten -
den Urins wahrnehmen zu kbnnen, Soqnet und
S6e stiegen bei Rheumatikern sogar auf 30, ja 45
Gramm. Trotzdem lftsst sich erwarten, dass es aucli
ftir Menschen eine toxisch-lethale Dosis des Kalium -
chlorates giebt, und diese Voraussetzung findet Be
stfttigung in einer (freilich lflckenhaften) Vergiftungs
geschichte Lacombe’s, wonach ein erwachsenei
Mann , welcher anstatt Magnesia sulph. 60 Grmm
Kaliumchlorat genommen hatte, unter ConvulsioneT
verst&rb. Uebermftssiges Purgiren , welches L a
combe (1855) als Todesursache annahm, wai
jedenf&lls nicht an dem unglttcklichen Ausgangi
Schuld. Controlversnche an Hunden bewiesen, das,
diese Thiere 30 Grmm. innerlich verabreicht ver
tragen, dass jedoch 20 — 60 Grmm. nach EinfOhrunj
in eine Darmschlinge , wonach vorttbergehencl
ROthnng der Mesenterialvenen [Folge des operative:
Eingriffs ?] eintritt , den Tod des Thieres herbeiftlli
ren. Die von Gubler behauptete Vermehrung de
Chlorflre im Harn nach Chloratgebrauch f&nd I s a m
b e r t eben so wenig bestfttigt, wie er jemals bei Men
schen , die l&ngere Zeit Chlorat genommen hatten
das aus der Ader gelassene Bint von beilrothere
Farbennuan^e fand, als in der Norm.
Eine Reduktion des chlors. Kali ausserhalb de
KSrpers bedingt weder giihrende Zuckerldsung, noc
Schwefelwasserstoff oder Schwefelammonium. Aue
durch Einleiten von schwefliger Sfture in den Chlorji
enthaltenden , zuvor mit Bleiacetat und Silbemitrs
ausgeftlUten Harn gelingt die Reduktion nicht, selbt
wenn cine 24stUndige Digestion stattfand.
In iherapeutischer Ilinsicht bemerkt Vf. , das
das Kalinmchlorat auf Gangraena oris ohne Einfim
ist; Hnnt, welcher gen. Salz fttr ein Speciiikui
gegen Noma erklftrt , hat dieses Leiden mit gewit
sen Arten fotider GeschwOre im Monde , Stom&tit
membranacea n. 8. w. verwechselt. In letztere
F&ilen erfolgt nur dem physiologischen Verhalten dt
Kaliumchlorat gemftss, — welches zuvOrderst on
liche Wirknngen (bei der Einverleibung) auf di
Mnndschleimhant ftossert, resorhirt, and mit dei
Speichel abermals in die Mondhtihle eliminirt wird —
eine sehr energische nnd nachhaltige Beoinihisauu
der gen. Schleimhaut. Wo der Effekt dieser Med
kation ausbleibt , ist Anweadnog zu wenig concei
trirter LOsungen Behold. Bei Stomatitis mcrci
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II. Hygielne, DUUatik, Pbarmakologie a. Toxikologie.
333
riaiis leistet das ChWrat, shoe in alien Fallen zuver-
zu sein, eben so ausgezeichnete Dienste, wie
bed der emfachen, zn Ulceration ftthrenden Form der
Angina tonsillaris. Gegen scorbntisnhe Oeschwure
hilfl die Verabreichung tod Chloral nichte; dem
Cronp gegentiber 1st sie ganz erfolglos. Von Krank-
heiten, gegen welche sichKalinmchlorat httlfreich er-
weist , sind endlich die chronische Coryza nnd die
im Stadium der Abn&hme befindliche Bronchopneu-
monie , -wo Kalinmchlorat expektorirend wirkt , zn
nennen. Laborde betracbtet dasselbe ala Surro-
des Miners Ikermea ; wftbrend es die reizenden
Eigensch&ften der Antimonialien nicht besitze und
die Verdannng nicht beeintrkchtige , vermfige es den
z&hen Sehleim in den Bronchien zu losen [?, wie
behn Schnnpfen werden die Sputa vielmehr mit Ein-
tritt der Ltisung durch beigemengte Epithelien con-
sistenter und z&hfltlgsiger]. Atonische GeschwHre
der Haut, phagedinische Geschwdre und fStideWun-
den nnd mit Kalinmchlorat, welches Vf. gleichwohl
in dieser Richtung ftlr minder wirksam als Jodoform
erkl&rt , wiederholt mit Vortheil verbunden worden.
(H. KShler.)
622. Beitrftge zurKenntniss der Alkaloids
der Stephanskorner ( Delphinium staphysagria ) ;
von Prof. R. Bohm und Dr. med. J. Serck in
Dorpat. (Arch. f. exper. Pathol, u. Pharmakol. V.
4 n. 5. p. 311. 1876.)
Nach von Serck angestellten Versuchen geht
beim Stehen in sanrer LOsong das kiyatallinische
Delphinin in das amorphe, br&unliche und in Aether
nnidsliche Staphysagrin tiber. Um einige noch
wenig bekannte Punkte der Delphininwirkong auf-
zukl&ren, experimentirten die Vff. mit beidcn Alka-
loiden an Frdochen, Katzen und Hunden.
1) Das Delphinin anlangend such ten Vff. znvdr-
derst etwaige Unterschiede der Wirkung des kry-
Btallinischen und des amorphen Delphinin zu ermit-
teln und fanden , dass beide Modifikationen der gen.
Base genau dieselben Wirkungen ftussern. Die Er-
sebeinungen am Herzen u. s. w. nach Delphininver-
giftnng ftlr hinreichend bekannt erklkrend wenden
Vff. ihre Aufmerksamkeit in erster Linie dem Ver-
halten der peripheren motorischen Nerven und der
Mnakeln zu. Die (bei Frdschen) nach Beibringung
von Delphinin eintretende Paralyse geht von den
motorischen Centren aus. Die motorischen Htlft-
nerven btlssen erst nach Stunden ihre Erregbarkeit
ein, welche letztere unmittelbar nach Vollendung der
Vergiftung vollkommen intakt erscheint. Von einer
Lfthmnng der intramnsknlaren Endigungen, wie beim
Curare, k»nn so mit beim Delphinin keine Rede sein,
Bondern es verh< sich das Delphinin dem Aconitin
in dieser Richtung vollkommen analog. Die Mnskel-
zacknagscurve zeigt (im Widersprnch mit Wey-
land) die fiir Veratrin charakteristische Verlang-
samong nicht. Letztere kam vielmelir aaoli olme
Vergiftung zn Stande, wenn dieNN. isohiadioi einige
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. S.
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Zeit vor Einspannung des Mnflkalprftparates in das
Myographion durchschnitten worden waren, und re-
prftsentirt (mit Ausnahme des Veratrin) bei den von
Weyland untersuchten Giften der Aconitgruppe
nicht specifische Wirkungen , sondern einen phyaio-
logischen Zustand wkhrend des Absterbens der
dnrchschnittenen Nerven. Char&kteristisch {hr die
Wirkung des Delphinin beim Frosche sind dagegan
intensive, fibrillare Muskelzuckungen, in den B&uoh-
mnskeln beginnend nnd in kurzer Zeit sich tiber
s&mmtliche willktlrliche Muskeln erstreckend. Sen-i
sibilitkt nnd Reflexerregbarkeit scbeinen dnroh Del-
phinin eher, als die spontane Motilitat aufgehoben zn
werden. Ausserdem hat Serck nachgewiesen, dass
man die Erscheinungen der Strychninvergiftung durch
nachfolgende Injektion von Delphinin vollstilndig
zum Verschwinden bringen kann. Die Wirkung des
Delphinin wird dagegen durch Stryohniairung nur
abgeschwllcht.
Nach Injektion von 0.006 Gram. in die Vene start*
ein Rater rasch. Warden 0.01 — 0.03 Ormm. Delphinin
innerlich einverleibt , so verier ochen sich Hondo and
Katzeu, machten wiederholt Schlingbcwegungen , leckten
die Schnauzen ab nnd zeigt en Spcichelflnss. Hunde be-
sonders machten unter lantern St&hnen nnd Schreien sehr
h&uflge Wfirg- nnd Brechbewegungen, mit weleben mehr-
nudige Defalcation verbnnden war. Hierauf nimmt erst
Sensibilitat und Reflexerregbarkeit ab ; etwas spater ver-
lieren die willkfirlichen Bewegungen ihre Energie nnd
Precision. Nachdem ferner dieRefleie g&nsiich erioschen
sind and die Motilitfitsparalyse so welt fortgeschritten iat,
dass die Thiere sich kaum noch fortscbleppen konnen,
werden sie von paroxysmenweise auftretenden und von
nnwillkurlichem Abgange von Urin und Koth begleiteten
klonischen Krampfen befallen. Wkhrend derkrampffreien
Intsrvalle liegen die Thiere im Sopor da. An den Kribn-
pfen nimmt anch das Zwerchfell Tbeil ; die Inspiration
wird kurz , die Exspiration kcuchend und retardirt ; die
Rcspiratioiisst5rang 1st von DyspnSe gefolgt , so dass die
Thiere, wahrend die Salivation fortbesteht, in einem hef-
tigen Anfalle von Streckkrampfen zn Grande gehen. Dan
Herz ateht in Diastole still ; constante Veranderungen der
Pnpillenweite nach Delphinin vergiftung fehlen. BesSg-
lich der Modifikationen der Kreislauffunktionen nnd des
Blutdrucks bemerktVf. ferner, dass Delphinin erstSlnkea
and spater rasclies Steigen derPuisfrequenz bis selbst auf
das Doppelte zu Stande bringt. Nach schwachen Gaben
ist dann noch Rfickkehr znr Norm moglich , bei starken
dagegen nimmt die Zahl der Ilerzschliigc bis zum Ei&tritt
des diaatolischenStillstandesab. Dem genau entapreeb end
verhalt sich der Blntdrnck ; nach vorheriger Durchachmei-
dnng des Vagus wird das vorubergehende Sinken dessel-
ben nicht beobachtot. In einem spatcren Stadium der
Vergiftung geht der Vagus seiner Erregbarkeit verlustig.
Halsmarkdurchschneidnng 1st anf die betrfiehtiiche Zn-
nahme der Pnlsfreqnenz nnd des Blutdrucks ohse Ete-
fluss.
Delphinin beeinfluset sonach wie die Baryt- und
Ammonverbiudungen im Rflckenmark gelegene vaso-
motorische Centra odor die Vaaomotoreu der Gefftss-
muskeln selbst. Wkhrcnd anfknglick sensibler Roix
das bekannte Ansteigen des Blntdrucks aualdst , ist
dieses spater nicht mehr der Fall. Unter Verlaage-
rung der Athempausen wird die Respiration selur re-
tardirt [vgl. oben | , wenn Katzen Do sen von 0.001
bis 0.003 Gimua. Delphinin einverleibt wenka. Die
30
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234
II. Hygiene, Diitetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
Inspiration wird liefer und sehrkurz, die Exspiration
dagegen bedeutend in die Lange gezogen. Nach
mbcntaner Injektion traten dieselben Erscheimingen
in der Athemsphare, aber erheblich ap&ter und min-
der intensiv auf. Znm Beweise daftir, dass der unter
allgemeinen Convulsionen eintretende Tod durch Re-
spirationsiahmung erfolgt , filhren VfF. den Umstand
an, dass man unter Einleitung der kttnstlichen Respi-
ration den Tbiereu viel grdssere Gaben Deiphinin
beibringen kann , ehe sie zu Grande gehen. Nadi
Durchschneidung der Vagi wird, wie beim A coni tin,
durch Delpliinin keine Retardation der Athmung er-
zeugt. Dnxclischneidung dieser Nerven bei bestehen-
der Delphinin-Intoxikation vermindert Dyspude und
Veriangsamung der Athmung , wenngleich die nor-
male Frequenz derselben nicht wieder erreicht wird.
Deiphinin steht somit hinsichtlich seiner toxischen
Wirkungen den Aconit-Alkaloiden am nfichsten und
ist von ihnen nur durch die ihm eigentliflmliche, weit
energischere Wirkung auf die Gef&ssnerven unter-
schieden.
2) Die Wirkung des Staphysagrin ist dadurch
von der des Deiphinin verschieden, dass bei mit letz-
teren vergifteten Froschen die fibroin uskularen
Zockungen sowohl , als die Beeinflussung des Cirku-
lationsapparates ganzlich in Wegfall kommen. Auch
tritt die Paralyse der peripheren motorischen Nerven
weit schneller als nach Deiphinin ein. Wenngleich
auch Staphysagrin zu 0.2 — 0.3 Graun. subcutan in-
jicirt oder innerlich gegeben bei Warmbllitern den
Tod durch Athemlfthmung und Asphyxie herbeiftlhrt,
so sind doch seine Wirkungen , wie schon die ange-
gebene Dosis beweist, weit weniger intensiv als beim
Deiphinin. Femer kommt es nach Einverleibung
von Staphysagrin niemals zu allgemeinen Convul-
sionen und , weil das Grosshini durch gen. Alkaloid
onbeeinflnsst bleibt, auch niemals zu Sopor n. Koma.
(H. Kdhler.)
623. Ueber das Secale corautum; von
Zweifel; Salkowski; Buchheim; Borei-
scha.
Prof. P. Zweifel hebt in dem von ihm noch
als Docent zu Strassburg veroffentlickten Aufsatze
(Arch. f. exper. Pathol, u. Pharmakol. IV. 5 u. 6.
p. 387. 1875) hervor, dass bei den zahlreichen
Unterauchungen , welche in den letzten Jahren fiber
die Wirkung des fragl. Mittels angestellt worden
siad, namentlich der Einfluss desselben auf die Ge-
fksse Berttcksichtigung gefunden hat, offenbar, weil
die klinische Beobachtung vorztiglich anf einensolchen
hinzuweisen soheint.
„Wenn aber das Secale im thier. Kfirper einen
specif. Einfluss auf die Gefltsse tlbt und diess eine
Erkiftrung abgeben soil fttr die Theorie der Arznei-
wirkung, so darf bei andern Stoffen, denen mit Be-
stimmtheit keine Verst&rkung der Wehen, keine
Biutstillung u. 8. w. zuznschreiben ist, bei der Injek-
tion unter die Haut des Frosches keine Gefilssver-
engerung entstehen.“ Von diesem Gesichtspunkte
aus hat Zw. Vers ache anFrdsehen angestellt, denen
er mit oder ohne Curarisirung sehr verschiedene
Substanzen (darunter auch Ergotin) in den Riicken-
lymphsack brachte und darauf die kleinen Arterien
der Scbwimmhaut , der Zunge und des Mesenterium
beobachtete. Das Ergebniss dieser Versuche ist,
dass die Gefassverengerung in den durchaichtigen
Froschtheilen keineswegs als eine typische Wirkung
des Secale corautum aufgefasst werden darf, sondern
nor als eine Reflexwirkung des sensiblen Reizes, bez.
des Schmerzes, welchen die Injektion der eingebrach-
ten Stoffe verursacht. Untersttttzt wird diese An-
nahme besondere durch den Umstand, dass bei durch
Chloral oder Chloroform vollstfindig narkotisirten
Thieren die Einspritzung einer Dosis, welche ftlr ge-
wfihnlich die intensivsten Gef&ssverengerungen her-
vorrief, diese Wirkung gar nicht kusserte. Die Ver-
kleinerung des Kaliber der Arterien, welche Vf.
allerdings nach Anwendung des Extraktes von Wer-
nich eintreten sah und die immer in ungeffthr 10
Min. volligen StUlstand der Cirkulation zur Folge
hatte, beruht, wie Versuche mit der Lfisung der
Aschensalze des Extraktes ergaben, auf der Wirkung
der unorgan. Bestandtheile des Extraktes, welche
das Herz l&hmen.
Z w. hilt es nach seinen Untersuchungen fQr er-
wiesen , dass die von W e r n i c h anstatt der frfiher
angenommenen Wirkung des Secale auf das Central -
nervensystem aufgestellte Wirkung auf die Geftsse
unhaltbar ist. Dagegen glaubt er eine Lahmung
mit Sicherheit auf die Wirkung des Secale bezieheu
zu dttrfen, auf welche schon Haudelin kurz auf-
merksam gemacht hat. Die ersten Symptome der-
selben treten bei den Versuchsfrdschen , mfigen die-
selben zuvor gefesselt gewesen sein oder nicht , 30
Min. nach der Einspritzung des Secale ein, und ewar
in den Hinterextremititen. Die Lahmung , welche
binnen weiteren 30 Min. vollstfindig wird , geht ail-
mfilig auf die Vorderbeine fiber, lfisat aber nach Bd-
bringnng mittlerer Gaben des Ergotin Herz- and
Respirationsbewegung int&kt, so dass voile Wieder -
genesung eintritt. Der tddtliche Ausgang nach
grfiesern Gaben ist wahrscheinlich dem Fortschreiten
der Lahmung auf das Centrum der Herzbewegung
und der Respiration zoznsebreiben.
Besonders hebt Z w. hervor , dass or die fragl.
Lfihmungserscheinungen bei Anwendnng eines wfias-
rigen Aufgusses des Secale beobachtet babe , da die
Aehnlichkeit der nach Einspritzung von Alkohol bei
Fr&schen auftretenden Erscheinungen vermuthen
lassen kdnnte, dass nach Anwendung des officinellen
Extrakts der demselben noch anhaftende Alkohol die
fragl. Lfthmung veranlasse. Endlich hat Z w. auch
durch direkte Versuche mit den Aschensalzen seines
wfiasrigen Extraktes, welche negativ ausfielen, dar-
gethan, dass die fragl. Lahmungserscheinungen nicht
der Wirkung der Sake des Secale zngeschrieben
werden kdnnen. Versuche mit dem w&ssrigen Ex-
trakte an Katzen und Kaninchen riefen dieselben Er-
scheinungen hervor, wie bei FrOscben.
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235
II. Hygieine, Diatetik, Phannakologie u. Toaikdogie;
Die Aanahme , dues die Parese die beapts&ch-
liche Wirkiing dea Secale sei, stebt ttbrigens , vie
Z w. hervorhebt , mit den frtihem Angaben ttber die
Erecheinungen bei Experimenten und bei den Ergo-
tiamuaepidemien im Einklange. Die meisten Er-
scheinungen der aogen. Kriebelkr&nklieit Laaaen aich
dorch die fragl. Hauptwirkong der wkaarigen Ex-
trmkte erkliiren, und aucli fttr die Gangr&n bei Ergo-
tismus ist in derselben eine Erklarung insofem ge-
geben, ala dieses Symptom bekanntlich bei den Men-
schen fast nur an den Unterextremitaten zur Beob-
achtung gekommen ist , also an anaathetischen, par-
etiachen Theilen, welche der Einwirkung dea me-
cban. Druckes der Rumpflaat am meisten ausgesetzt
sind. Wie grosse Sorgfalt aber ndtliig ist, um die
Entstehung von Decubitus und Brand an paretiscben
Theilen zu verhllten, ist bekannt, und auf der andern
Seite wurde bei Thierexperimenten Gangrttnbildung
ebenfalls an Tlieilen beobachtet, welche aussem
Schkdlichkeiten oder dem Drucke der Rumpflaat aehr
leicht ausgesetzt sind.
In Bezug auf die unter den arzneiliehen Wirkungen
dea Mutterkoms am meisten anerkannte Wehenver-
stdrkunp , giebt Z w. selbst zn , dass man nack den
Lithmangserschein ungen , welche dasselbe in den
willkttrlichen Muskeln hervorruft, auch fttr den Ute-
rus eher eine Erschlaflfung als eine verstilrkte Con-
traktion erwarten sollte. Einige Anhaltspunkte fttr
diese wehenveretArkende Wirkung dea Secale giebt
jedoch nach Z w. die Entdeckung von G o 1 1 z , dass
im Lendenmarke der Sttugethiere ein Centrum fttr
die Bewegung des Uterus vorhanden ist. Uebrigens
aei erst noch zu beweisen , dass die l&hmende Sub-
stanz im Mntterkorn aueh die Arzneiwirkung , bez.
die VerstXrknng der Wehen bedinge.
Zur Erkl&rung der blutstillenden Wirkung des
Secale hat Z w. zur Zeit noch keine Anhaltspunkte.
Ea Hesse aich annehmen , daas bei der allgemeinen
Ltthmung hochgradigc Pttllung der Venen und in-
direkt arterielle Blutleere , sowie in Folge der Ver-
grbaserung des Kalibers in den Arterien Herab-
aetzung der Stromgeschwindigkeit eintritt. Allein
die von ihm bei Thierversuchen beobachtete Erwei-
terung der Arterien lttsst sich nach Z w. nicht dem
Einflusse des Secale zuschreiben. Dieselbe Unsicher-
heit fttr die Deutung besteht beim Zalilen des Pulses
der Versuchsthiere und keinen bessern Aufschluss
geben die bis jetzt bekannten Messungen des Blnt-
drucks.
Wegen der ausftthrlichen Mittheilung, welche
Z w. ttber seine Versuche zur Darstellung des wirk-
samen BestandtheiU des Mutterkoms macht, mtta-
sen wir , da sie einen Auszug nicht zulttsst , auf das
Original verweisen. Hervorgehoben sei hier nur,
dass Z w. , flbereinstimmend mit W e r n i c h , eine
Saure als das wirksame Princip zu betrachten ge-
neigt ist. Die aus dem wissrigen Auszuge durch
Alkohol gef&llte Masse ist stickstoffhaltig , enthalt
aber keinen Kleber.
Zw. bemerkt schlttsalich, daas er weitere Ver-
suche ttber diesen Gegenstand anzustellen beabsioh-
tige, dass aber die Eigenschaften dea von ihm erhal-
tenen wirkaamen Bestandtheils Buchheim’a An-
nahme , dass derselbe ein Umwandlungaprodukt dea
Roggenklebers aei, durchaua nicht widersprechen.
Prof. E. Salkowski (Berl. klin. Wchnachr.
XIII. 17. 1876) halt die von Prof. Buchheim
(Areh. f. exper. Patbol. u. Pharm. III. p. 1. — vgl.
Jahrbb. CLXIV. p. 11) gegen Wernich’s Au-
nahme, dass das wirksame Princip des Mutterkoms
eine S&ure aei , gemachten Einwendungen nicht fttr
begrttndet. Ein direkter Beweis fttr diese Annahme
ist indessen, wie S. selbst hervorhebt, noch nicht
erbracht worden. Es sei immer noch mttglich, daas
„die Satire gar nichta mit der wirksamen Subatann
zu thun hat, sondern sie nur begleitet."
Buchheim Belbst hat bekanntlich aua dem
Extrakt eine feste dunkelbraune , nach dem Trook-
nen ttber Schwefels&ure pulverisirbare, stark hygro-
skopische amorphe Masse, welche ausaer dem wirk-
samen Stoife nur noch Leucin enthalten soil, darge-
stellt , von deren Wirksamkeit auf die Arterien er
aich ttberzeugt hat und die er Ergotin zu neraen
vorschlkgt. Daas nach dem von B. angegebenen
Verfahren eine solche an Leucin reiclie Substanz er-
halten werden kann, haben von Dr. Mtthsam inS.’a
Laboratorium angestellte Versuche bewiesen. Da-
gegen kann S. nicht zugeben , dass dieses Ergo tie,
wie B. annimmt, in seinem Verhalten die meiste
Aehnlichkeit mit dem thierischen Leime zeigt, da ea
Wasser anzieht und in ilun zerfliesst , aus der wftsa-
rigen Lttaung nicht gelatinirt und dialysirbar ist,
nicht aber wie Leim bei Einwirkung von Sfturen
Olykokoll bildet und eine Drehung der Polariaationa-
ebene zeigt. Gemeinsam haben beide Substanzem
nur die Fttllbarkeit durch Carbolstture , Gerbs*ure
und Chlor. Eben so wenig kann S. mit B.’a An-
nahme einverstanden sein , dass das Mutterkom kei-
nen Stoif enthalten kdnne, der sich niclit aus den
Best&ndtheilen des Roggcns ableiten liesse. Er
glanbt vielmehr, das dem Pilze zngeftthrte Nkhr-
material kdnne durch seine Stoflwechselvorgilnge
bis zur Unkenntlichkeit verilndert werden , und das
Mutterkom Substanzen enthalten , die wir zur Zeit
in keine Beziehung zu denBeatandtheilen des Mutter-
koms zn bringen vermdgen.
Durch ein im Original niher angegebenes Ver-
fahren hat Salkowski ein ayrupartiges, an Leucin
reiches Extrakt aus dem Secale dargestellt, das sich
aehr wirksam erwiea und die von Z w e i f e 1 geschil-
derten Erscheinungen, namentlich auch die Lkhmung,
gleichfalla hervorrief. S. halt ea fttr aehr wahr-
acheinlich, das sein Pr¶t und das von Zweifel
im Weaentlichen dasselbe Gemisch von Substanzen
darstellen. Er halt jedoch die Ausaicht, eine gat oha-
rakteriairte Substanz darstellen zu kdnnen, fttr nicht
aehr gross. Die Hauptaufgabe sei zur Zeit, die
Identitat der L&lnnenden Substanz mit der den Uterus
erregenden festzustellen.
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*36
II. Hygieine, Diatetik, Pbarmakologie a. Toxikologie.
Prof. Buchheim macfat in aeinem Aufaatze
„nr Verstdndigung Aber den loirksamen Bestand-
theil dee Mutterkoms“ (Berl. klin. Wehnsohr. XIII.
22. 1876) zun&chst geltend, dass die von ihm tiber
die Entwicklung der Bestandtheile des Mutterkorns
a us den nomalen Bestandtheilen des Roggenkornes
angeatellte [a. d. a. 0. der Jahrbtlcher ausftthrlich
mitgetheilte] Ansicht durch Prof. Salkowski's
Einwurf, „dass das Mntterkorn Bestandtheile ent-
haKen kflnne, die mit den bisherigen Kenntnissen in
keinerlei Beziehung zu den Bestandtheilen des Rog-
gens zu bringen seien“, so lange nicht widerlegt
werde, als eben kein solcher Bestandtheil des Mutter-
korns bekannt ist. Pemer hebt B. hervor , dass er
nor angegeben habe, dass die Yon den verschiedenen
Beobachtern als wirksame Bestandtheile des Mntter-
korns angesprochenen Prkparate ihren Eigenschaften
nacb mit dem tbierischen Leim noch die meiste Aehn-
liehkeit beskssen, sich jedoch in mehrfacher Hinsicht
von ihm untemhieden. Nen Bei bei seinen Ver-
suchen nnr der Nachweis von Leucin und Milchsaure.
Er habe nie behauptet, den wirksamen Bestandtheil
dee Mnttorkoms isolirt zu haben , vielniehr den Ge-
danken an eine solclie Isolirang aufgegeben, seitdem
er zur Ueberzeugung gelangt war, dass dersclbc das
Umwandlnngsprodukt eincs eiweissartigen Stoffes
sei. Diese Annalime crscheine aber dcshalb von
Wlchtigkeit, weil sich dnrch dieselbe manchc That-
asehen erkl&ren lassen. Die eiweissartigen Kdrper
erleiden bekanntlich dnrch manche organische Fer-
mente — und als solches ist vielleicht anch das My-
celinm dos Mutterkorns anzusehen — Verknderun-
gen , bei denen je nacb der Art des Ferments und
des Eiweisskdrpera verschiedene Prodnktc entstehen,
die nicht glciche Wirkung auf den Organismus aus-
tiben feonnen. Es sei daher nicht zu erwarten, dass
die Umwandlungsprodukte des Roggcnklebers gleiche
Wirkung kussern , wie z. B. die Bestandtheile des
fauligen Blutes; allein durch vergleichende Unter-
snehungen wttrden wir vielleicht zu besserem Ver-
stkndniss der Wirkungen beider gelangen. Uebri-
gens sei noch zu beaehten , dass die Umwandlungs-
produkte der eiweissartigen Kdrper nicht auf derael-
ben Zersetzung38tufe stehen bleiben, auch das Mutter-
kora verliert bei l&ngerm Aufbewahren an Wirk-
samkeit. Ja die Zeraetzungsprodukte haben ihre
Wirksamkeit racist schon verloren , wenn dieselben
unsern analytischen Methoden mehr zugknglich er-
acbeinen. Je einfacher aber die Spaltungsprodukte
werden, desto grflssere Uebereinstimmung zeigen
dieselben ; so zeigt sich wie in andern Fallen auch
ina Mntterkorn als Endprodukt der Spaltung des Ei-
welsses Leucin und Trimethylamin.
Nach den bisherigen Untersuchungen glaubt B.,
dass wir uns in therapentisoher Hinsicht auf die An-
wendung einea thunlichst frischen , gut getrocknetea
Mutterkorns, eines w&ssrigen Aufgnsses deaselben,
oder des thunlichst frisch bereiteten officinellen Ex-
traktea beschrftnken mtlssen werden. Ftlr subcntane
Iiyektionen ist die im Extrakt en thal tene betr&oht-
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liche Menge freier Store (MileteAure) dumb koklen-
saures Natr. genan zu nentralisiren.
Schltlsslich erwfthnen wir noch das Ergebniss
der sehr eingehenden Untersuchungen , welche Dr.
Boreischa unter Leitung des Prof. Sokolowski
ttber die Wirkung des Mutterkorns auf Oefdts-
system und Gebarmutter aosgefllhrt hat *).
1) Das Mntterkorn beschleunigt die Herzthttig-
keit , indem es theils den Accelerator erregt, theils
die Hemmungselemente lahmt. .
2) Es paralysirt gleichzeitig auch die excitomoto-
riscben Faktoren des Herzens.
3) Das Sinkeu des Blutdrucks ist das Resultat
der herabgesetzten Herzthdtigkeit und des Tonus
der Gef&sse , besonders in der Region des N. splanch-
nicus.
4) Hiervon hangt auch ab die blutstillende Wir-
knng des Mutterkorns als Resultat der verlangs&m-
ten Blutcirkulation.
5) Die Bewegungen des Uterus nach Mntterkorn
kftnnen auch ohne Theilnahme des centralenNerven-
systems eintreten.
6) Der Effekt der Gef&sse bei den Contraktionea
der Gebftrmutter, hervorgerufen durch Ergotin, hat
nur Nebcnbedeutung ; die Hauptwirkung des Mutter-
koras erstreckt sich auf die motorischen Geflechte
des Uterus.
7) In der Schwangerschaft , nicht wahrend der
Geburt, bewirken selbst toxische Dosen von Mutter-
kom nicht immer Abgang der Frueht.
(Winter.)
624. Ueber Morphinismus.
Seit Verdffentlichung seines Aufsatzes db. den Miss-
brauch der MorphinminjektioneQ (Jahrbb. CLXIX.
p. 23) hat G.-M.-R. Fiedler zu Dresden Gelegen-
licit gehabt, an zaldreicben Fallen das Wesen der
MorpMumsuclit genauer kennen zu lernen. Anfang
1876 war F. (Jahresber. d. Ges. f. Natur- u. Hcilk.
zu Dresden 1875 — 1876. S. 173) in Besitz von
17, aum Theil sehr genau beschriebenen Kranken-
geschichten von Morphiumstlcbtigen , von denen er
6 persbnlich gesehen und genau untersucht und exa-
minirt hat.
Nach einer eingehenden Schildemng des Weges,
auf dem der Kr. nach und nach so weit kommt, dass
er den Morphiuminjektionen geradezu frSlint, wie der
Saufer dem Alkoholgenuss, und sie zij jeder Zcit und
an jedem Orte ausfUlirt, oft ohne dass die Umgebung
es bemerkt , hebt F. die verschiedene Wirkung des
Morphium auf verschiedene Individuen hervor. Wah-
rend Manche eine wahre Idiosynkrasie gegen die-
selbe besitzen, erregt es bei Andern nach einem
kurzen Excitationsstadium einen durchaus nicht an-
genehmen Zustand von Schwere , Mattigkeit, Scblaf-
sncht a. s. w., bei noch Andern einen angenehmen
') Arbeiten aus dem pharmakologischen Laboratoriura
xu Moskau , herausfregeben von Prof. Sokolowski,
Moskau 1876. 1. p. 62.
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237
II. Hygieine, DiAtotik, Phannakologie u. Toxikologie.
Zustand derEiieiohterung nndangenehmer Erregung,
and die Letstern Bind es hauptsftchlich , denen die
Gefahr droht, der Morphiumsucht zn verfallen.
Die Symptoms der Morphiumsucht sind theils
somatischer, theils Dervds-paychischer Natur und ver-
seWeden, je nachdem Rich der Kr. im Morphium-
raoBche befindet oder ausserhalb dessclben. Der
Morphiumstichtige gewfthrt in dem einen und dem
and era Stadium ein ganz verse hiedenes Biid , und es
ist nothwendig, diese mOglichst getrennt von einander
zu Bchildern.
W Ahrend der Morphiumnarkose befindet sich der
Kr. in einem Zustande der Erregung , er erecheint
ausserst lebendig und aufgeweckt und Spuren der
Krankheit Bind in seinem Wesen oft nur sehr schwer
zu erkennen , doch ist eine gewisse Unruhe , UnstAt-
heit, Hast und Spannung an ihm auffallig, Bowie der
Glanz der Augen. Wenn die erregende Wirkung
des Morphium nachlAsst , was um so rascher ge-
schieht , je mehr der Kr. an das Mittel gewfthnt ist,
bo tritt geistige und kflrperliche Schwflche und
Scblaffheit, Veratimmung und Niedergeschlagenheit
auf, der Blick wird unstit, das Gesicht bleich und
verfallen , der Gang unsicher und schwankend , die
Sprache hisitirend. Der Kr. zittert und schwitzt
ana ganzen Kbrper, klagt fiber Herzklopfen, Be-
klemmung, Schwindel, Hautjucken, Unruhe, Schmer-
zen in den Gelenken , Ziehen und Steifigkeit in den
Mnakeia und befindet aich im Zustande tiefen Ver-
falls. Wenn das Morphium ldngere Zeit entzogen
wird , so 8teigert sich die innere Angst und Unruhe
des Kr., die Reflexerregbarkeit wird erhOht, heftige
Gelenkschmerzen u. allgemeine HyperSsthesie treten
auf , Hallucinationen , Convulaionen , Delirien , fealte
Schweisse , Tobflucht und gefahrlicher Collapsus.
Durch Morphium in der ndthigen Dosis kdnnen aber
alle diese Erscheinungen , selbst die schwerern , in
der Regel rasch wieder beseitigt werden. Im AU-
gemeinen sehen die Kr. kachektisch aus, h&ben enge
Pupillen, die Esslust liegt darnieder und die Ver-
daaung ist unregelm&ssig , der Geschlechtstrieb ist
verringert , der Puls klein und frequent ; der Ham
ist saturirt, seine Menge verringert, die Frauen ver-
lieren die Menstruation vor der Zeit. Die meisten
Morphiumstichtigen schlafen verhftltnissmilssig wenig,
nach der Einspritzung lftsst sie die Erregung und
nach dem Verschwinden der Morphiumwirkung die
Unruhe nicht schlafen.
Eine gewisse Aehnlichkeit besitzt die Morphirtm-
saeht in den Erscheinungen mit der Cerebralparalyse,
nam entlich in Bezug auf die motorischen Erschei-
nnngen, ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden
Krankheiten besteht indessen darin , dass der Mor-
pfaismsflchtige sich seines Zustandes vollkommen be-
wusst ist und dass Ged&chtniss [Leidesdorf,
Kapff und Martin liaben indessen Abnahme des
GedAchtnisses beobachtet] und Auffass nngsvermflgen
bei ihm unbeeintrilchtigt sind , wenigstens so lange
nicht wirkliche maniakalische Zustinde eintreten.
Gross* Aehnlichkeit besteht auch zwischen dem Zu-
st&nde eines Morphlumsttchtigen und den eines Sto-
fers, doch bricht bei letzterem das Delirium zwar
auch oft nach der Entziehung des Alkohol , jedoch
in der Regel mitten im Alkoholrausche odcr im un-
mittelbaren Anschlnsse daran aus, wAhrend der Mor-
phinmsilchtige nnr in Exaltationszustflnde verfillt,
wenn ihm das Morphium entzogen wird ; ausserdem
sind die Delirien der Alkoholiker meist heiterer , die
der Morphiumstichtigen dagegeo beinahe iramer
dtlsterer, melancholischer Art.
Nach alledem halt Fiedler die Morphiumsucht
far eine gam specifaehe Krankheit , eine Oeiete*-
krankheit ganz eigener Art.
Die Prognose ist im Allgemeinen ungflnatig.
Meist ftlhrt die Morphiumsucht durch Marasmus aum
Tode , mitunter zu Selbstmord , manche Kr. kbnnen
nicht in der Familie gelassen werden und enden im
Irrenhause , manche gewohnen sich den Trunk an,
weil der Alkohol das einzige Mittel ist , das die Ein-
spritzungen entbehrlich machen kann manche ver-
suchen , sich das Morphium abzugewOhnen , fallen
aber bald wieder in ihren Fehler zurtick. Nur bei
wenigen gelingt es, sie vom Morphium zu entwdhnen,
aber auch diese erlangen nicht alle ihre voile Ge-
sundheit wieder ; die Gefahr des Rflekfalls bleibt
dann immer gross. F. ist tlberzeugt, dass bei Kr.,
die seit Jahren Morphium injicirt baben, zumal wenm
diess in grossen Gaben geschah, eine voile Genesung
tlberhanpt gar nicht mebr oder nnr in iUBserst
seltenen FAllen zn erlangen ist.
In Bezug anf die Behandlung hfl.lt Vf. die pldtz-
liche und vollstAndige Entziehung des Morphium,
die Levinstein als erstes Erforderniss hinstellt,
nicht immer far durchfahrbar der nnter Umstflnden
damit verbundenen grossen Gefahr wegen; er h<
die successive Entziehung flir unschildlicher , aber
allerdings auch far weniger sicher, denn sie erfordert
nicht nur vicl Zeit und liisst leiclit Tfiuschungen zu,
wenn der Arzt die Injektionen nicht selbst machen
kann, sondem dem Kr. oder dessen AngehOrigen
iibcrlas8en muss. Die Behandlung in einer Krankcn-
anstalt ist wQnschenswerth , bei plfitzlicher vollstfln-
diger Eutwdhnung sogar nothwendig , da diess ohne
die grosste Energie cinerseits nicht ausftthrbar ist,
andererscits aber die Folgen der plOtzlichen Ent-
wohnung so gewaLtig sind, dass womOglich jedon
Angenblick ftrztliche ITlllfe bei der Hand sein mnBR,
wie ein von F. mitgetheilter Fall lehrt, in dem der
Tod durch Collapsus eintrat.
Ein 36jahr. Frauenzimmer hatte seit 6 — 6 J. tagUch
3 — 6 Spritzen voll MorphiumlBsung injicirt, die L6eung,
die bei ihr gefunden wurde, war in der Starke von 1 : 80.
Die durftig genshrte und anamlsche Kr. trug xahlreiohe
Spuren der Injektionen in Form von pigmentirtenFlecken
und kleinen Abscessen an beiden Obereclionkeln , sie
war fleberfrei und klagte fiber Schmerzen in der Magen-
und Kreuzgegend. Durch die Untersnchung Hess eloh
nichts Abnormes nachweisen, namentlich wares koine
Symptome vorhanden , die anf eine cerebrale , beziehent-
lich peychische Affektion hatten sch lies sen iassen. Die
ente Halite der Nacht nach der am 18. Sept. 1876 ef-
folgten Aufhahme , vor weicher die Kr. sich nooh eiaige
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238
II. Hygieine, DidUetik, Pharaakologie a. Toxikologie.
Injektionen gemacht hatte , verlief rnhig , die Kr. schlief
aber wenig, gegen Morgen wurde sie unruhlg, klagte fiber
Zittern in don Gliedern nnd Beklemniung , die Unrube
stelgeite sich im Verlaufe des Tages, es trat Diarrhfie und
heftiger Schwelss auf. Gegen Abend wurde eine Injektion
mh 0.03 Grmm. Morph, muriat. gemacht und der Kr. er-
klart, dass taglicb nur eine Injektion gemacht werden
sollte. Die Kr. gerieth darauf in die grosste Aufregung,
wurde aber doch wieder etwas rnhiger. In der Macbt
trat indessen von Neuem heftige Aufregung auf , die sich
so steigerte , dass die Kr. isolirt werden musste. Moto-
rische Storungen waren nicht vorhanden, der Puls war
klein und frequent. Die Diarrhoe dauerte fort , die Auf-
regnng steigerte sich imraer mehr ; die Kr. verlangte stur-
mtsoh nach Morphium und versieherte , „ dass sie sterben
wurde , wenn man ihr dieses Mifctel langer vorenthielte*.
Nacbmittags 2 Uhr trat Erbrechen von galliger Flussigkeit
auf. Auf das Versprechen, dass Abends wieder eine In-
jektion gemaeht werden solie , wurde die Kr. rubiger nnd
legte sich auf das Bett. Nach kaum '/» 8td. wurde sie
tief collabirt aufgefunden und starb trotz Anwendung ana-
leptischer Mittel nach kurzer Agonie.
Die Sektion ergab ein durchaus negatives Resultat ;
das Gebirn war blutarm, leicht ddematds , sonst aber nor-
mal, die Schleimhaut des Dunndarms war stark hyper-
amlsch ; sonst fand sich nichts Abnormes.
F. zweifelt durchaus nicht daran , dass der Tod
durch die Entziehung des Morphium herbeigeftlhrt
wurde, und warnt auf Grund dieser schlimmen Er-
fahrung vor der mit der plotzlichen Entziehung des
Morphium bedingten Gefahr; man soil es bei be-
denklichem Collapsua nicht zum Aeussersten mit der
Morphiumentziehung treiben und mit der Wiederbo-
lung einer kleinen Morphiuminjektion, die mehr wir-
ken wird als alle Analeptika, nicht zn Lange warten.
Alkohol in gntesern Gaben kann zwar das Mor-
phium den Kr. entbehrlicher machen, hat aber keine
nachhaltige Wirknng. Von Jodkalium hat Fiedler
keinen Nutzen gesehen, wohl aber vom Chloral-
bydrat insofern, als es die nOtbige Nachtruhe schafFL
Zur Verhiltung der Morphiumsucht ist es n8thig,
dass die Aerzte die Kr. auf die Gefahren aufmerksam
machen , welche der Missbrauch von Morphiuminjek-
tionen nach sich zieht, dass sie den Kr. die Ein-
spritzungen nicht selbst tlberlassen und tlberhaupt
mit mehr Rtlckhalt anwenden , ferner dass die be-
Btehenden Geaetze streng gehandliabt werden •).
•) Von der AnbaltischenRegierung ist die Verordnung
ergangen (VJhrschr. f. gerichtl. Med. N. F. XXIV. 2.
p. 383. April 1876), dass 1) kein Recept, in welchem
Morphium oder Morphinmsalz in Puiver Oder Losung zn
subcutanen Einspritzungen verordnet ist, angefertigt wer-
den darf , wenn dasseibe nicht mit der vollen und deut-
UchenNamcnsnnterschrifteiDes in dem betreffenden Kreise
ansassigen Oder seiner Namensunterschrift nach dem Apo-
theker bekannten Antes versehen ist. 2) ZuReTteraturen
der gedachten Morphinm-Zubereitungen ist jedcsmal ein
nenes, nach der Vorschrift unter 1) verschriebenes Recept
erforderllch. 3) Die nnter 1) and 2) gedachten Kecepte
sind in den Apotheken aufzubcwahren and durfcn weder
im Original, noch in der Copie zurfickgegeben werden.
Die bayerische Regierung (Bayer, arztl. Intell.-Bl.
XXIII. 24. p. 262. 1876) begnugt sich damit, den Amts-
iursten die Ucberwachung der Morphinmabgabe otane arzt-
Uehe Verordnung eiuzuscharfen.
Ilierher gehort auch die vom k. sachs. Ministerium
d. Innern nnter dem 18. Ang. 1876 erlassene Verordnung
in Rczug auf das Repetiren von Recepten, welche eine*
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Aus der Diskussion, die sich an Fiedler’s
Voting in der Gesellschaft f. Natur- und Heilk. zu
Dresden (a. a. 0. S. 32) anschloss , heben wir her-
vor, dass mehrere von den Rednem , die sich daran
betheiligten, selbst Falle von Morphinismus beobach-
tet haben , cin Beweis , dass die Krankheit , ebenso
wie der Missbrauch des Morphium durcltaus nicht
sehr selten sein mag. Dr. S e i f e r t ist der Meinung,
dass nur die Fortsetzung der Morphiuminjektionen
zu psychopathischen ZustSnden ftlhre , wkhrend bei
sehr grossen Schmerzen ausserordentlich grosee
Gaben Morphium ohne diesen Nachtheil genommen
werden kdnnen , er flihrt dafdr einen von Trous-
seau verdffentlichten Fall von Gesichtsschmerz an,
in welchem wfihrend der AnfAlle Morphium sulphur,
bis zu einer Tagesgabe von 3.75 Grmm. genommen
wurde. Dr. Meng erwilhnt einen Fall von Carci-
noma uteri, in welchem 2 Mon. lang, bis znm Tode,
tftglich 9.6 Grmm. (160 Gran) innerlich zur Linde-
rung def Schmerzen gereicht werden mussten. Auch
Dr. 0. J. B. W o I f f theilte mit, dass Maniakalische
und Melancholische ausserordentlich grosse Dosen
nehmen kOunen , ohne beim Aussetzen des Mittela
Aendenmg in ibrem Befinden zu zeigen. In Bezug
auf den Einfluss des Morphinismus auf die Schwan-
gerschaft theilte Dr. G r e n s e r mit , dass bei einer
Kr. die erste Schwangerschaft 12 Tage zu frtth, die
2. rechtzeitig endete ; beide Kinder wurden lebend
geboren , starben aber in den ersten 14 Tagen an
Darmkatarrh. Geh.-M.-R. Winckel beobacbtete
Morphiumhungerbeiein6m Neugtbomen, das nach-
dem es 14 T. lang von der dem Morphiummissbrauch
ergebeneu Mutter gestillt worde u und dann abgesetzt
worden war, erkrankte und nur durch grosse Doaen
Opium hergestellt werden konnte. *
Prof. Leidesdorf in Wien (Wien. med.
Wchnschr. XXVI. 25. 26. 1876) fflhrt fttr den Vor-
gang bei der GewShnung an Morphium und die Er-
krankung nach platzlicher Entziehung des Mittels
einige physiologische Tbatsachen an. Die Sttss-
wasseramdbe stirbt, wenn man dem Wasser, in dem
sie lebt , plbtzlich 2 °/ 0 Kochsalz zusetzt ; setzt man
aber ganz allmfilig Kochsalz zu, so gelingt es , die
Arndben auf eine immer stfirkere Kochsalzldsung zu
ztlchten und sie kOnnen endlich auch in einer 2pro-
centigen Kochsalzldsung leben , gehen aber dann zu
Grunde , wenn sie pldtzlich wieder in stlsses Wasser
kommen , und kdnnen sich ebenfalla erst nach and
nach wieder an dasseibe gewdhnen. Ferner betont
Leidesdorf die Verschiedenheit der Symptome
bei dem liabituellen Opiumgenusse , wie er z. B. im
Orient gebrftuchlich ist , und in den von ihm beob-
achteten Fallen von Morphiummissbrauch und theilt
schlils8lich 5 von ihm beobachtete F&Ue von Morphi-
nismus mit.
1) Bei der 36 J. alten Kranken , die die Injektionen
aeit 2 J. gegen heftige Kreuxschmeraen machte , wurde
der in Tabelle B u. C der Pharmacopoea Gennanica anf-
geffihrten Arzneimlttel cnthalten. Vgl. Corr.-BI. d. inti,
u. pharm. Kreiaver. d. K. Sachsen XXI. 6. p. 66. 187C.
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239
II. Hygiane, Diitetik, Pharmakologie n. Toxikologie.
das Morphioaa pldtslioh entzogen. Schon am 2. Tage
stellte sich Diarrhoe, Kriebeln undZitteravondenFinger-
spitzen ausgehend nnd fiber den ganzen Korpcr sich ver-
breitend , ein , Hinfnlligkeit , Schlaflosigkeit , Appetit-
mangel. Ea wurde der Kr. etwaa Wein und Abends
Natr. lacticam gegeben, worauf Scblaf folgte. Am 8. Tage
begann aich Beast' rung einzuatellen und 4 Wocben spider
wurde die Kr. entlasaen.
2) Der Kr., ein 32jahr. an schmerzhafter Periostitis
leidender Mann , war binnen einem Jahre so weit gekom-
men , dass er sich taglich 1.5 Grmm. Morphium aubcutan
injicirte. Ho bald die Wirkung, die nur in Beaeitigung
der Schmerzen und Erfrischung bestand, nachliess, trat
Zittem, Angst nnd Mattigkeit auf. Nach der Entwohnung
von Morphium verdel der Kr. in volistandige Melancholie,
die ihn einmal su einem Selbstmordversnche trieb ; spater
endete er nach unvollstandiger Heilung sein Leben dnrch
Erachiessen.
3) Der Kr., der seit 3 J. sich Morphinm injicirte (bis
zn welcher Hohe , konnte nicht gcnau bestimmt werden,
vermnthlich bis zu taglich 0.3 Gram.), rausste wegen der
Schwere der Erecheinungen, die nach der Entziehung des
Morphium eintraten, in die Irrcnanstalt gebracht werden,
wo er binnen wenigen Wochen geheilt wurde.
4) Die anfangliche Ursache gab bei dem 30 J. alten
kraftigen Kr. einc Ischias ab, die 7 J. vor seiner Auf*
nahme bestanden hatte. Nach der Heilung von der Ischias
setrte der Kr. die Injektionen fort und war im letzten
Jahre allmalig bis zu einer Tagesdosis von 2 Gram, ge-
komruen. Abscesse und Hau ten tzuutl ungen zwangen den
Kr., das Mittel oft, mitunter in verstarkter Gabe, inner-
lieh zn nehmen. Verschiedene Versuche, sich des Mittels
zn entwOhnen, missgtfickten ; nach einem Versuch zu der
plfitzlichen Entziehung traten die danach gewShnlichen
Erecheinungen auf, bo dass wieder Injektionen geringer
Mengen gemacht werden mussten , die rasch vermindert
und zuletzt ganz ansgesetzt wurden. Dann wurden starke
Weine, Abends Bier , von Zeit zn Zelt Chloralhydrat ge-
geben. Nach mehrfachem Schwanken trat endlich ent-
schiedene Besserung ein. Nach 8wochentlicher Behand-
lnng wurde der Kr. , der kein Verlangen nach Morphinm
me hr hatte, entlassen.
5) Ein Arzt, der einem langeZeit mit Morphiuminjek-
tionen bebandelten und dann dem Morphtnismus verfalle-
nen Kr. nicht glaubte , beschloss an sich selbst zn er- 1
proben , ob lange fortgesetztc Morphiuminjektionen wirk-
lich den Znstand hervorriefen, den der Kr. beschrieb , in
der Meinnng , genug Energie zum Aufhoren zn besitzen,
wenn es an der Zeit sei. Er flog mit kleinen Mengen an,
steigerte im 2. bis 3. J. die Dosis und kam binnen 6 Jah-
ren zu einer Tagesdosis von 1.25 bis 1.50 Gram. ; die
Injektionen wirkten eraattend, made machend, einachlfi-
femd, Verstopfung bewirkten sie erst in den letzten Jah-
ren. Unmittelbar nach der Injektion , oft schon , wenn
nur einige Tropfen injicirt waren , traten Congestion zum
Kopf anf, ein Kriebeln, Kitzeln nnd Jucken durohlief den
ganzen K8rper , das Gesieht wurde roth , beinahe cyano-
tisch, alle Pulse klopften, der Kopf drohte zu zerspringeu,
die Augen ans den H5hlen zu treten. Daa Athmen wurde
schwer , der Kr. sass wie eine Bildsaule ganz rnhig, bis
die Erecheinungen langsam (nach Injektion geringerer
Mengen schon nach 2—3 , nach grfoseren Mengen erst
nach 10 Min.) sich verliefen. Sonst war die Wirkung
einfach schlafmachend, derSchlaf war gleich nach der In-
jektion nnruhig nnd leicht zn nnterbrechen, oftspfirte der
Kr. Znckungen im ganzen Korpcr, nach 1 — 2 Stnnden
wurde der Bchlaf fest, tief, lang nnd das Ermuntern
schwer. Der Geschlechtstrieb nahm allmalig ab , der
Appetit blieb bei viel Bewegung im Preien gut, wurde
aber geringer , als der Kr. eine Zeit Lang statt des salz-
sanren , das essigsanre Morphium injiciren musste, wobei
zugleirh .Schmerzen nnd Abscesse an den Stichstellen anf-
traten. In tielatinekapseln genommen , erregte Morph,
meet. Magenachmerzen nnd Appetitloeigkeit , was das
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Morph, mnriat. in gleicher Form nie that. Seit dem 3.
Jahre nach Beginn der Injektionen steLlten sich mehrfache
Abscesse an den Injektionsstellen ein.
Yier Heilnngsversuche (2mal plotzliche Entziehung,
2mal allmalige) scheiterten aus versebiedenen Grfinden,
bei dem 5. Versuche, der ungewohnliche Schwierigkeiten
bot, traten mehrmals bedenkliehe Coilapsuserscheinungeu
anf, so dass die Entziehung nicht mit einem Male vell-
zogen werden konnte. Besserung begann nach 8 Tagen,
die Kur dauerte 3 Wochen.
Ebenfalls , wie im eben mitgetheilten Falle , ala
Beobachtung am eigenen Leibe von einem Arzte von
be8onderem Interease iat die Mittheilung von Dr.
Kapff in Esalingen (VVUrtemb. Corr.-Bl. XLVI. 22.
1876), der die nachtheiligen Wirknngen dea Misa-
braucha der Morpbinminjektionen an 8ich aelbat
beobachtet hat.
Gegen die Schmerzen , die eine Bildung mehrerer
Carbunkel (nach einer vornbergehenden Stflrung der
Herzthatigkeit entstanden) bedingten, mit Schlaflosigkeit
und Nausea , begann K. Morphium in Gaben von 10.02
Gram, taglich zu injiciren. Eine einschlafernde Wirkung
zeigte das Morphium auf K. nie, sondern eher empfand er
danach das Gefuhl von Belebung und Aufwecknng dea
Geistes. Nach den Einspritznngen trat deshalb zwar kein
Schlaf, wohl aber Enphorie auf, doch dauerte diese , Je
Linger die Injektionen gemacht wurden, immer kfiraere
Zeit, und K. sah sich dadurch genothigt, hauflger nnd
mehr zn injiciren, bis er znietzt etwa 1 Gram. Morphinm
in 6 Tagen verbrauehte. Dabei magerte K. , dessen Zn-
stand sich verechiimmert hatte, rasch ab, die liaut verlor
ihre Elasticitat, so dass die Einspritzungen hauflger miss-
langen nnd oft Blutungen nach sich zogen. Dabei nahm
die Entkraftung immer mehr zn (Anfang 1876), es bilde-
ten sich grdssere subcutane Abscesse an verschiedenen
Stellen , mitunter nnter Fiebererscheinungen veriaufend.
Da jetzt die Morphiuminjektionen die fruhere Wirkung
nicht mehr ausserten, gab K. dieselben anf und nahm nur
noeh innerlich Morphium in kleineren Gaben. Danach
trat „ein unbeschreibiiches Gefuhl von Oede und Miss-
behagen, eine an Wahusinn grenzende Unruhe und Muskel-
zucken** ein, .to taler Appetitmangel , fast ganzllch
atockende Stahl- und llarnentleerung , zerfliessende
Schweisse , Bildung von Friesel und kleinen Hautfurnn-
kein, letztere besonders an den dem Decubitus ausgesetz-
ten Stellen 1 *. Die Hant wurde gegen Frost uberaus em-
pflndlich, so dass K. selbst in stark geheiztera Zimmer in
dichtester PelzumhQllung fror. Das Liegen wurde duroh
die Unruhe, das Aufsein dnrch die Schwacho peinlich.
Die Kahrung bestand fast bios aus saurer Milch ; Wein
wurde nur in kleinen Mengen vertragen. Das Sensorinm
war (wie K. sich ausdruckt) stark gefahrdet , .die Ge-
dankenklarheit und vor Allem das Geddchtniss lilt sehr
Noth [gegen Fiedler s. oben 8. 237], die Augen
K.’s, frfiher nur raassig fernsichtig, wurden fibersichtig.
Nach Aufhoren der durch die Absceese bedingten Eite-
rung, die etwa 8 Wochen lang dauerte, trat Besserang
ein , so dass K. wieder ausgehen und seinen Dienst ver-
sehen konnte , doch kehrte die volistandige Kraft nicht
wieder. Im Herbste 1876 verechlimmerte sich der Zn-
stand wieder und K. nahm von Neuem zu den Morphium-
injektionen seine Zuducht ; auch jetzt wurde bald wieder
Steigerung noting , und nach dem Aufhoren der Wirkung
trat Schlafrigkeit ein , bo dass K. oft in Gcscllschaft ein-
schlief. Neben Furunkelbildung entstanden jetzt grossere
Abscesse im Bubcutanen ZeUgewebe. Nachdem die Mor-
phiumdosis wieder anf 1 Gram, in 6 Tagen gestiegen war,
gab K. wieder die Injektionen auf and von Neuem tret
die ganze Reihe der bereits gescbilderten Erecheinungen
wieder ein. Die Abscesse offnete K. jetzt nicht wieder,
wie das erste Mai, sondern uberliess ihre Heilung der Na-
tur , wobei der Verlanf bis sur Heilung viel kiireer war.
Nach 3woehentlichem Krankenlager begab sich K. , noeh
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240
III. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
im Znstand ausserster Schwiche, nach Nicdernau ; rieslge
Esslust , die sich Uer einetellte , half an rascber Krftfti-
gung, der Fortschritt war indess en nur sprnngweise, nach
einlgen Tagen nahm immer die Mattigkeit wieder zu.
Der Schlaf wollte jedoch nicht wiederkehren ; fast ganz
sctalaflose Nachte wechselten mit Bolchen fast regelmassig
ab, in denen K. einige Stunden schlief. Opium, das K.
nan als Tinct. opii croc, zu 26 — 30 Tiopfen nahm , be-
wirkte keinen Schlaf, sondern nur behagliche Ruhe. Nach
einer weitem Kur in Baden gesundete K. wieder voll-
standig , nur der Schlaf beasertc sich nicht und mitunter
trat noch Mattigkeit ein. Besonders hebt K. noch hervor,
dass er sich nach den schlaflosen Nachten stets frisch and
munter, nach Schlafen aber steif und faul f&hlt.
In einem von Dr. RichteT aus Prof. L.
M e y e r ’ 8 psychiatrischer Klinik in Gdttingen mit-
getheilten Falle (Berl. klin. Wclinschr. XIII. 28.
1876), der eine in ihrer Jugend wiederholt an Inter-
mittens erkrankte , an Melancbolie mit Angstzusthn-
den leidende 35 J. alte Frau betrifft , hatte die Kr.
dureb Morpbinminjektionen ihre Angstzust&nde zu
bekhmpfen gesucht, doch blieben diese trotz allmali-
ger Steiger ung der taglichen Dosia auf 0.5 Gram,
nnvermindert , nahmen vielmebr noch zn. Anfangs
wnrde allmfilige Entziehung des Morphium versncht,
da man jedoch damit nicht zum Ziele kam , wnrde
spkter pldtzliclie Entziehung vorgezogen. Gleich-
zeitig wnrde Alkohol in einer Mix tor gegeben und
dadnrch wurdc wahrscheinlich, wie R. meint, Col-
lapsus und ahnlichcn Zustanden vorgebeugt. Die
Morphiumsucht wurde nach dem gewohnlicheu Ver-
lauf , der auf die pldtzliche Entziehung folgte , ge-
heilt, die Melancholie bedurfte freilich noch einer
weitem Behandlung, wurde aber schlllsalich durcli
Aufenthalt in einem Hohcnkurorte ebenfalls geheilt
Einer Mittheilung im Philad. med. and surg.
Reporter (XXXV. 5. p. 98. July 1876) zufolge soil
man Kr., denen der gewohnheitsmassige Genusa von
Opium abgewOhnt werden soli , zu den gewohnten
Zeiten Opium in immer mehr verringerter Dosis
geben, sie jedoch nicht wissen las sen, dass sie Opium
bekommen, sondern ihnen dieses Mittel wtthrend der
III Pathologie, Therapie
625. Erkranknng der lnnern Kapsel. Ein
Beitrag zur Diagnose der Tlerderkrankungen ; von
Dr. C. Wernicke. Breslau 1875. Max Cohn u.
Weigert 8. 24 S.
Eine G5jAhr. Nhherin fiel am 9. Sept. 1874
pldtalich auf der Strasse um , ohne das Bewnsstsein
zu verlieren. Es zeigte sich sofort eine vollstAndige
LahmuDg der rechten Extremitaten, Convnlsionen
u. andere schwere Hirnerscheinungen fehlten jedoch.
Die Untersnchnng der sohwSchlichen, blass aussehen-
den Person ergab am 6. Oct. bei vSUIgem Bewnsstsein
rollkominene Lahmuug der rechten Extremitaten mit
letchtem Oedem an Hand und Knocheln. Der rechte Arm
war vollstandig dem Wilienseinfluss entzogen-, keine
Muskelspannnng , Sensibilitat vollkomnicn intakt. Die
rechte untere Extremitat war e ben so vollstandig gelahmt
bai erhaltener Sensibilitat. Hypoglosaus, FaeiaHs, Augea-
maakulatu* der geishmten geite waren intakt. Ketne
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Knr streng verbieten. Der Kr. mnaB in dem Gian- (
ben erli<en werden , die Arznei , die er bekommt, j
sei ein Antidot , das das Opiumbeddrfniss beseitige. <
Dabei soil nicht ein OpiumprApraparat ftlr das andere i
substituirt werden, sondern immer dasselbe gegeben ,
werden, an das der Kr. gewShnt ist. ,
Dr. W. D. Martin (Philad. med. Times IV. (
115. Jan. 10. 1874) theilt einen Fall von Morphi-
nismus mit , in dem der Kr. im Laufe von 4 Jaliren .
bis zu einer Tagesgabe von 0.5 Gram. (8 Grains)
Morphium sulphuricum (innerlicli geuommen) ge-
langt war.
Der Kranke hot die ausgesprochensten Zeichen
der Kachexie und Verkommenheit. Er war ver-
gesslich, matt, geneigt zu Schlaf, der indessen nnr ‘
unvollkommen und durcli Triiume gestdrt war. M. ,
empfiehlt in solchen Fallen eine von Flemming in (
Birmingham angegebene Beliandlung mit pldtzlicher '
Entziehung des Morphium und PhoephorsAure mit
Lupulin (Ac. phosphorici dil. 37.5 Grmm. , Tinct. !
lupul. 112.5 Gram., in 4stlind. Gaben von 7.5
Grmm.) ; dabei wurde Milch und Beef-tea gegeben,
bis die Esslust sich einstellte, gegen anbaltende
Schlaflosigkeit Cannabis indica. [Ob and mit wel-
chem Erfolge diese Behandlung in M.’s Falle ange-
wendet worden ist, ist nicht angegebeu.]
Epileptische Convuleionen salt Dr. Samnel C.
Busey (Philad. med. Times VI. 218. p. 320.
April 1. 1876) bei einer Frau anftreten, die seit
30 Jahren , anfAnglich gegen heftigen Schmerz bei
einer GebArmutteraffektion Morphium sulph. genom-
men hatte , bis zu einer Tagesgabe von 0.6 Grmm.
(10 Grains) gelangt war und sich seit einem Tage
das gewohnte Mittel entzogcn hatte. Nach einer ’
Morphiuminjektion traten die Convulsionen nicht
wieder auf und bei weiterer Anwendung von Mor- 1
phinm innerlich war dieKr. bald wieder ganz wohl ;
die Kr. nahm ihre gewohnte Morphiumgabe fort,
soil sich aber dabei wohlbefunden haben.
(Walter Berger.)
und inedicinische Klinik.
Andentnng von Aphaaie od«r Anastheeie. Die faradische
Erregbarkeit der betroffenen Maskeln erschien gleich gut
erhalten ; bei einer ca. 2. Mon. spater vorgenommenen I
Prfiftmg zeigte sie sich gegen die der andern 8eite herab-
gesetzt.
Untcr dem Elnflusse der taglichen Faradisirung der
gelahmten Maskeln trat anfangs eine leiohte Beane rung ,
in der MotiHtSt der obern Extremitat ein, wahrend die
nntere in demselben Znstand absolnter Lihmung ver-
harrte.
Die wegen Zeichen psychischer Alienation seit dem I
26. Oct. 1874 anf die Irrenstation verlegte Kr. blieb noch
in demselben Znstande, nnr dass sie noch mehr abmagerte |
nad Decubitus eintrat. Sie starb, nacbdem schon mehr ere |
Tage Somnolenz nnd eine massige Erhohung der Tenpe- ;
ratar (bis 38.9°) voransgegangen war, am 29. December, i
Bei dem Ueberwiegen der L&hmung an der i
uutern Extremitat, bei dem Freibleiben des Mund-
facialis und der Zunge konnte W. eine Affektion 1
des Linsenkems ausschlieasen. Das Fehlen jedes *
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241
111. PaAologie, Tharapia n. medidnlsehe Rlmiki
apapUftffethen InznttM m&chte die Annahme wahr-
scheiniich, dags der Herd ein sehr kleiner sein tnttsee.
Eine hyrterische Heraiplegie , bei welcher die 8enai-
bffitit eteta betheiligt, die faradische Erregbarkeit
aber intakt ist, konnte bei dem Fehlen schwerer Ge-
hiraeracbeuningen und jeder Contraktur leicht aus-
gesoblosMB werden. Der also notkwendiger Weise
anznnehmeude palpable Herd konnte, da er nnr sehr
klein sein dnrfte, central wftrta vom Linsenkem nicht
gesncht werden, eine Herdaffektion der Himrinde
masste wegen Fehlen von Convnlsionen etc., eine
spinale Hemiplegie wegen Mangel der AnJlstheae,
eine Erkranknng des Hirnschenkels, der Medulla
oblongata oder des Pons wegen Intaktbleiben der
Hirnnerven nicht wohl angenommen werden. Ee
blieb also schlttsslicli nichts water ttbrig , als einen
sebr nmschriebenen Herd in der innern Kapsel an-
znnehmen , d. h. in der Zwische natation , welche die
motorisehen Fasem der Himschenkelbnsis in ihrem
Veriaufe zn den Ganglien des 8treifenhUgels machen.
Diese Diagnose wurde duroh die Autopns bestktigt.
Man fand eine sich flber die OberflUche beider Heini-
sphftren erstreckende eitrigc Meningitis, in den stark
ansgedehnten Ventrikeln gTflnliehen Eiter, Arroaion
des Bpendyms ira Hinterhorn des linken Ventrikels,
die ffirnsatotanz weich und blass. Dieser durcb-
weg friache Process hatte offenbai' erst vor 1 Woche
begonnen und den letbaien Ausgang herbeigefllhrt
Als Ursache der rechteeitigen Lahmung dagegen
fand rich ein etwas mehr als erbsengrosser , gelber,
klriger Herd von harter , kalkiger Oonsistenz , der
von einer schmalen erweichten Zone nmgebon und
an der G reuse zwisehen 2. u. 3. Gliede des Linsen-
kems in der innern Kapsel gelegen war. Von ihm
aus erstreckte sich als hinterer Anslftnfer eine braun-
rothe , linear von oben nach unten sich ausdehnende,
etw* 1.6 Ctmtr. large erweichte Stelle in das
3. Glied des Linsenkerns bis zutn obem Rande des-
setbu hineai. Der Herd erwies sich als ein ver-
kalkter Cystjeercns. (S e e 1 i g m U 1 1 e r.)
626. Budtrftge a nr Synrptonurtologie nnd
Diagnoutfk der Kleinhirntnmoren ; von Dr.
Ad olph Perber. Marburg 1876. Elwert. gr.8.
iO 8. (1 Mk. 20 Pf.)
Tf. sucht in der vorliegenden sehr beachtenswer-
thetl Abliandlung, unter Zugrundelegung des statisti-
schen Materials der letzten 10 Jalire, eine moglichst
vollst&ndige Darstellung der dnrcb Kleinlrimtumoren
bedingten klinischen Syinptome zu geben, mit beson-
dercr Berttcksichtigung ihres diagnostisclien Werthes.
Zuniiclist giebt er in ziemlich ausfUhrlicher Weise
die Krankengeschichten und Sektionsbefunde bei
2 Fallen, von denen er einen selbst beobachtete,
wah rend der andere in der Klinik des Prof. M a n n -
k o p f untersucht wurde.
.Per 1. Fall bctrifft einen 41 J. alten Mann, der im
Jin. 1872 ohne nachwelsbare Ursache zuerst mit periodi-
•obeiri Schwindel erkrankte. 8eU Mira gesellten sich
Med. Jaltrbb. Bd. 172. Hft. a.
dasa heftige Occipitalschmenea , did kn Laois der XeH
immer haufiger auftraten und oft von Erbrechen bcgleitet
waren. Dazn bisweilen reissende Schmeraen in den Ex-
tremitaten , aber keme andem Storungen der Senslbiiitftt
und Motiiltat. 1m Juni 1873 wurde Pat. in derMarburger
Klinik aufgenonimen. Es ergab sich dauials folgendep
Behind. Kraftiger Korper, massiger Paaniculus adiposus,
keine Ocdcme , Ilaut normal gefSrbt. Unbedeutendes
Emphysema palmonum. Hera normal, 84 Pulse. ZuagU
dick belegt, Ap petit schiecht, leichte Mandelschwellong,
starker Pharymkatarrh, Stuhl trage. Hef tiger Kopf-
schmerz, Erbrechen. Leber, Milz , U rogeni talapparai
normal.
Nervensystem : Psyche intakt, namentlioh das Ge-
dachtniss unverandert. — Andauernder Schwindel beta
Verlassen der horizontalen Lage, mit unbestimmtem Fort-
beicegungslrieb und dem Gefilhl des Umsinkens nach uri-
bestimmter Richtnng. — Keine scheinbare Drehung dSr
Ausscndinge. — Schmerzen im Uinterhaupt , bei starker
Anfallen excentrische Schmerzen in den Extrcmitaien. la
der Netzhaut beider Augen leichte Ilypcramie und ruck-
giingige liamorrhagien. Uebrige Sinnesorgane normal,
aoch dasQefUhl. Pat. verschluckie sich leicht, die Speisea
geriethen ihm in den Kehlkopf. — Krampf. oder L4h-
mungserschciuungen im Gebiet der rootorischcn Sphere
wurden nicht bcohachtet. Stark schwankender , aber
nicht an den tnbctischen crinncmdcr Gang. Bei geschios-
senen Augen flel Pat. nach vom nrn. GreifbewegnngeU
der Arme vollkommen gesehiokt. Sphinkteren. «. itadea-
erregbarkeit normal.
Sciion 8T. nach der Anfnahme ging Pat. dnrch einen
apoplektischen An fall in Grande.
Pie Sektion ergab eine Im grbssten Dnrchmeswt
4 Ctmtr. haltendc Cyste In der Mitte des Kleinhirna nd
in der Wand derselben eine kleiniellige NeuhiMung , die
sich bei der mlkroskopischenUntersuchung als ein gefass-
reiches Gliosarkom erwies. Sekundiire Verandernngen,
ansser einem Hydrops derVentrikel, besonders des vlerten,
fehlten.
Per zweitePat., ein 21 J. alter Mann, war seit eimem
Jalire an Hinterhavptschmerzen und Erbrechen erkrankt.
Zugleich stcllte sich schlotlriger Gang ein und seit 4 Mon.
war das Gehen absolut unmSglich. Seit 8 Wochen be-
stand Blindheit beiderseits ; anoh das Gehfir hatte abge-
nommeu. Ebenso sollen die psyctiiechen Thatigkelte*,
speciell das Gi'diiehtnisa, gelitten haben.
Am 10. Oct. 1868 ergab die Untersuchung in Bezug
auf das vegetative KSrpersystem normals Fnnktionen.
In Bezug auf das Nenrensystem waren bemerkensweitfc
periodische Occipilalschmerzen , Abnahme des Geddcht-
nisses , beiderseitiger Strabismus diver gens bei guter Be-
wegnngstahigkeit der Angen nach alien Seiten und ausser-
dem absolute Amaurose. Gernch fast erloschen , Gehbr
rechts stark herabgesetzt. Bewegungen der Arme in aUn
Kichtungen moglich , aber etwas ungeschickt. Ebanno
Bewegungen der Beine im Liegen. Keine Abnahme der
vollen Kraft. — Gang nur bei genflgbnder UnterstQtzung
mOglich , schlottemd , mit regellosem UebereinaruUrsettea
der Beine. Dabei bestand eine leichte Herabsetzung der
elektromotorischen Reizbarkeit. — Stuhl- und Urin-Ent-
leerung ofters uuwillkurlich. — Die Prflfnng der Sensl-
bilitat ergab nur eine geringe Verminderang des Tast-
gef&his an den Unterschenkeln. Der Tod erfolgte 4 W.
nach der Anfnahme. — Die Sektion ergab eine Cyste in
der rechtenKleinhirnhemisphare, deren Wandungeu durch
gefassreiche Gliommasse gebildet warden. Autserdem
sekundsre Degeneration der GoU'schen und der h intern
Seltenstrange im Lnmbalmark.
Ansser diesen beiden genauer besprochenen Fit*
len fllhrt Vf. nocb 32 ans der Literatur geeammeltie
ahnlicbe Beobacbtnngen an, urn dann zu seme*
eigeotliohen Thema, dor Analyse der elnzetaeu
81
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242
III. Pathologic, Therapie u. medicinieche Klinik.
Symptome der Kleinhirntomoren , wie sie sich ana
diesen gesammelten Beobachtungen ergeben, tiber-
zugeben.
Stttrungen der Pnyche, die er in aeinen 32 Fallen
19mal angegeben findet, halt der Vf. trotzdem fllr
unwichtige Erscheinungen. Er glaubt, sie auf den
bei Kleinbimtumoren so hftufigen Hydrocephalus zu-
rttekftihren zu mtlssen und legt ihnen deshaib in Be-
zug auf die Diagnose dieser Tumoren selbst keinen
Werth bei.
Wichtiger erscheinen ihm StOrungen der wn-
eiblen Sphare , nnd zwar vor alien Dingen die.
Kopfschmerzen. Diese sind unter den 32 Fallen
28mal beobachtet worden , also bei 7 / a alter Fiille.
Trotzdem erklftrt Vf. auch dieses Symptom fUr niclit
nnbedingt verwerthbar, da auch bei andem Himaffek-
tionen die Cephalalgie eine hftufige Erscheinung ist ;
hbchstena wire dem hftufigern Vorkommen von Occi-
pitalschmerz fllr die Diagnose einige Bedeutung bei-
znlegen. Anderweitige StOrnngen der Sensibilitiit
fllhrt er auf aekundllre Erkrankungen anderer Ge-
hirntheilo zurttck und sucht diess bei den einzelnen
Fftllen aus dem Sektionsbefunde zu beweisen.
In Bezug auf Stdrungen der Motilitftt sind am
h&nfig8ten Bewegunguchwache , utuicherer, schwan-
kender Gang, Incoordination der Bewegung er-
wfthnt.
Die Sehwache, resp. Langsamkeit der Bewegnn-
gen, welche unter den 32 Fallen 14mal beobachtet
wurde, ist nicht ala eine Parese aufzufassen. Im
Gegentheil, wahre Paresen oder Paralysen sind nicht
rorhanden , und wo sie anftreten , sind sie durch
anderweitige anatomische Verftnderungen (Tnmoren
in den-Grosshirnganglien etc.) bewirkt. Die durch
Kleinhirntumoren bedingte ,,Schwftche" ist doppel-
sdtig und aussert sich nur als „Abnahme der Be*
wegungsenergie".
Der in 11 Fallen erwahnte ,,unsichere schwan-
kende Gang" fltllt nicht immer zusammen mit der
eben beschriebenen „Schwftche“ ; es wird vielmehr
in mehreren Fallen hervorgehoben, dass die Kranken
nnsicher und schwankend gegangen seien, ohne doch
eine Verminderung der rohen Kraft in den Beinen
darzubieten.
Das Wort „Cvordinationsetdrung , ‘ findet Vf.
zwar nur in 5 Fallen ausdrdcklich angeflihrt, doch
erscheintes ihm zweifellos, „dass auch in den andem
Krankheitsberichtcn , wo diess nicht ausdrdcklich
hervorgehoben ist, die Unsicherheit der Gehbewegun-
gen ohne eigentliche Lfthmung im Sinne der Beob-
achter als Coord inationsstflrungen aufgefasst werden
muss".
Dm fllr die weitere Verwerthung dieser That-
sachen festen Boden zu gewinnen, sucht der Vf.
xunAclist das Wesen der Coord inationsstdrung zu
definiren. Er faast den Begriff der „Coordination u
in weiterem Sinne and versteht damn ter ,Jede znr
AusfQhrang einer bestimmten zweckmftssigen Be-
wegnng nOthige Debereinstimmung mehrerer Mas-
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keln, sowohl was ihre Anzahl und ihr Mit- and
Gegeneinanderarbeiten , als den Zeitpuakt md die
Stirke ihrer Innervation anlangt". Er glaubt im
Interesse einer logischen Auffassung diese ZergBe-
derung festhalten zu mtlssen, verwahrt sich aber von
vorn herein dagegen , als wollte er die snpponirten
Einzelvorgange an bestimmte gekannte anatomische
Substrate binden oder in Bezng auf ihren Aosfall
unter bestimmten pathologischen Verhaltnissen Ge-
setze aufstellen.
Vf. erklart sich mit der Anschauung von Cy on,
welcher die Stftrke der Innervation , als etwas der
Coordination nicht Zukomtnendes , abtrennen will,
nicht einverstanden. Selbst wenn man zngeben
wollte, dass Tabeafftlle vorkftmen , die keine Ataxie,
wohl aber mangelhafte Innervation darbieten , so sei
damit doch nur Das bewiesen , dass ausser dem bis-
her angenommenen Coordinationscentrum nocli andere
Faktoren die Stftrke der Innervation beeinfinssen,
aber nicht das Umgekehrte, dass die Coordination
anf die Stftrke der Innervation tiberhaupt keinen
Einfiuss anstibe. Er stellt sich die Verh<nisse
folgendermaassen vor. Von dem Coordinations-
centrum werde an beetimmte Mnskeln , zur richtigen
Zeit, ein Impuls von genau abgemeesener Starke
abgeschickt , anf welchen nattlrlich der normale
Muskel mit einer angemessenen Zucknng antworten
mtisse. Wenn dagegen die Reizbarkeit des Muskels
oder der motorischen Nerven aus irgend einem Grande
berabgesetzt ist, so wird trotz der Intaktheit des
Coordinationscentrum sich eine mangelhafte Energie
der Bewegungen bemerklich machen. Kommen zn
dieser Erscheinung andere CoordinationsstOrungen
hinzu, so wird nach dem klinischen Bilde sich kanm
mehr eine Grenze ziehen lassen zwischen den Er-
scheinungen, die der Energielosigkeit nnd denen, die
der mangelnden Coordination zuzuschreiben sind.
Auf diese Weise liess sich nach Vfs. Ansicht
das atleinige Auftreten eines Mangels an normaler
Innervation erklftren und es Iftge also kein Grand
vor, die Energie von dem Begriff der Coordination
zu trennen ; dagegen glaubt er, dass andere Grtlnde,
in der Auffassung Uber das eigentliche Wesen and
denSitz der Coordination bemhend, fllr eine enge Zn-
sammengehdrigkeit beider Erscheinungen sprechen.
Ueber den Sitz des Coordinationscentrum gehen
die Ansichten weit auseinander. Die grdsste Zahl
der -Forscher verlegt denselben in das Cerebellum.
Jaccoud u. Hasse glauben ein durch Gehim und
Medulla dnrchgehcndes Coordinationscentrum an-
nehmen zu mtlssen , wfthrend C y o n nur die graue
Substanz der Medulla als Sitz der Coordination gelten
lassen will , und zwar gesttltzt auf die Beobachtung
der coordinirten Bewegungen an enthirnten Frdschen
und an Schlafenden. — Gegen diese letzte Ansicht
wendet sich Vf. zunftchst. Er glaubt, dass die coor-
dinirten Bewegungen Schlafender tiberhaupt hier
nicht anzuftihren seien, da im Schlaf das Willens-
vermOgen keineswegs erlischt, and wirft in Bong
anf die Froschexperimente Gy on vor, dass er
Original froim
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243
III. Paiholorie, Therapie a. raedidnische Klinik.
RflAexbewegungen mit ooordiairten verwechsle nnd
dass andererseits wegen derUn Ahnliehkeit dee Banes
nnd gegenttber der Thatsache , dasa man am Men-
Hcben bei Kleinhirnaffektionen und ganz intakter
Medulla Coordinationsstdrungen finde , diese Experi-
raente zur ErklArung der klinischen Ersclieinongen
von nur uebensAchlicher Bedeutung sein kdnnten.
Eine Betheiligung des Cerebellum an der Coor-
dination ist, nach Vfs. Ansicht , a newer Zweifel;
achwieriger dagegen ware es, zu entscheiden, ob
dieses allein der Sitz der Coordination aei , oder ob
beim Menscben ebenso wie beim Thier noch andere
Qebilde des Mittelhirns betheiligt sind. Er wagt
diese Frage nicht zu beantworten , sondem begnttgt
aieh mit dem Schluss , „dass das Cerebellum bei der
Coordination jedenfalls eine Rolle spielt“.
Hierauf wendet sich Vf. zu der zweiten Frage,
nach dem Wesen der Coordination, d. (u nach der
Art und Weise ihres Zustandekommens , nach dem
phyaiologiachen Vorgang , der ihr zu Grunde liegt.
Die frflher geAusserten Ansichten von Leyden,
Lnssana, Cyon befriedigen ihn nicht. Er glaubt,
dasa das Coordinationscentrum weder mit der Sensi-
bilitAtssphAre , noch mit einem bisher noch gar nicht
sieher nachgewiesenen „Muskelsinn“ in dire^r Be-
ziehong stehe, sondem dass ea mit dem \Wlens-,
rasp. Vorstellungscentrum vwjbunden sei und mit ihm
Hand in Hand arbeite. „M: zeitgemftsse und ihrer
StArke nach genau beatimmte Innervation durch das
Coordinationscentrum basirt auf rAumlichen Vor-
atellungen, welche im Voretellungaceutnim durch
Vermittelung der Sinne oder (lberhaupt auf Grand
frflher gemachter Erfahmngen zu Stande kommen
and belinfs einer Umsetzuug in Bewegung vom
Willenscentrum weiter geleitet werden". — Um mit
dieser Anschauung diejenigen FAlle in Einklang zu
bringen , wo trotz, hochgradiger VerAnderungen des
Cerebellum keine Ataxie bestand, nimmt Vf. die
Hypothese an, „dass das Coordinationscentrum nicht
in einem isolirten Haufen von Ganglienzellen zu
snehen sei, dessen Affektion dann natllrlich unter
«Hsn UmstAndeu Ataxie bedingen mflsste, sondem
in einem weit verzweigten Netzwerk von Ganglien,
das eine partieile Affektion und partieile Ataxie oder
sogar vermittelst einer vicariirenden ThAtigkeit noch
erhaltener Bahnen in allerdiugs nicht nAher zu be-
greifender Weise gar keine Ataxie zn Stande kom-
men lassen wtlrde". — DieFAlievon spinaler Ataxie
oboe Stdning im Cerebellum ftthrt Vf. auf eine Std-
ruag der coordinirenden Leitung im Rtlckenmark,
nnd zwar in der grauen Substanz desselben zurttek.
Nach diesen Anseinandersetzungen kommt Vf.
aof die oben erwAhnte Schtodche ohne eigentliohe
LAhmung, reap. Langaamkeit der Bewegungen zu-
rflek. Er hAlt sie ftlr ein sehr frtlhzeitiges Symptom
der Coordinationsa toning. Da er den Begri^fder
Coordination such auf die StArke der Innervation be-
zieht, so erscheint ea ihm begreiflich , dasa bei Be*
ginn einer Coordinationsatorung eine gewolite Be-
wegog zwar noch zn Stande kommt, dass aber die
Impulse doch nicht mehr In der normalen Dosis an
die etnzelnen Moskeln vertheilt werden und in Folge
dessen je nach dem Grad der abnormen Vertheilnng
eine mehr oder weniger starke Verlangsamung oder
SchwAchung der Bewegung eintritt.
Gleichfalls als Symptom gestfirter Coordination
fasst Vf. den Schwindel auf, den er deshalb mit
Immermann strong von dem hallncinatorischen
Schwindel trennt. WAhrend bei diesem die Patienten
fallen, weil sie in Folge ihrer falschen Vorstellungen
keinen Halt zu finden glauben , fallen sie bei jenen,
weil sie wirklich keinen Halt finden kOnnen. Der
Schwindel wAre ttbrigens nach Vfs. Ansicht nur dann
diagnostisch als Symptom eines Kleinhirntumor zn
verwerthen , wenn man eine Affektion des Pons und
der Crura media ausschliessen kdnnte.
Motorische Sldrungen im engem Sinne , wirk-
liche Lahmungen kommen, wie Vf. entgegen der
Ansicht von La da me behauptet, den Cerebellar*
tnmoren nicht zu. — Wo LAhmungen vorkommen,
entstehen sie durch Complikationen , namentlieh
seknndAre Rllckenmarksdegenerationen. Ebenso hilt
ft. auch Convulsionen und epileptische ZustAnde, ob-
wohl sie mehrfacli angeftlhrt werden , nicht ftlr spe-
cifische Symptome eines Cerobellarleidens. Sprach-
stOrungen und Schlingbeschwerden, welche hiafig
vorkommen, fillirt er auf Compression der grossen
Hirnganglien zurtlck.
Was die Sinneeorgane betriflt, so finden sich
Stdrungen des Sehapparatee ausserordentlich hAufig,
in 32 F&llen 28mal. Es hat diese Thatsache Altere
Forscher, wie Lussana und Rusconi, Lays,
Renzi u. A. zu der Ansicht gebracht, dass das
Cerebellum in direkter Verbiudung mit dem Ango
stehe. Nach physiologischen Erfahrungen ist diese
Ansicht iudessen unhaltbar und man fflhrt die Er-
krankungen des Opticus bei Tumoren im Schidel
jetzt nach Graefe’s ErklArang auf eine Neuritis
des N. opticus zurtlck , die durch VerdrAngung des
Liquor cerebralis in die Scheide des Opticus and
sekundAre Stauungserscheinungen bedingt ist. —
Dieser Ansiciit stimmt Vf. bei , glaubt jedoch , dass
aus8erdem die Compression der Corpora quadrigemina
ftlr die Genese dieser Krankheiten von Bedeutung
sei. — StOrungen der Augenmuskeln berahen nur
auf Compression der dazu gehdrigen Nerven. —
Diagnostischen Werth schreibt Vf. den SehstOrungen
nor dann zu, wenn aus der Combination derselben
mit andern Symptomen, vorzflglich soichen der moto-
rischen SpbAre, ein Rttckschluss gemacht werden
kaan.
GehdrsatOrungen , so wie Stfrongen des Ge-
schmacks und Geruchs haben diagnostisch keinen
Werth.
Von den Stdrangen anderer Organs sind es
vor Allein die des Tractua inteatxnolia , welche eine
griasere Wichtigkeit haben. Das hAufigste Sym-
ptom ist das Erbrechen, welches in 32FAllen 22mal
erwAhnt wird. Vf. glaubt, dass die H&ufigkeit des-
selben durch die Grove ’sohen Unteranehongen,
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244 IM. Pathologic, Tharapie u. ttedieinfeoba Klimk.
weloher iein vieUeicht nrit dea Athrmuiggcentnim
identfeohes Breohcentram in der Medulla oblongata
naohwies , genii gend erkl&rt sei. Es aei der Erfolg
eines Druckes auf daa Athmungsbrechcentrum , also
lediglich bedingt durch die Starke eines beliebigen,
von irgend eiBer Stelle dea Gehinis her wirkenden
Drackreizes and de&halb fttr die Diagnose , speciell
der Kleinkirntumoren , von untergeordneter Bedeu-
tang. Noch weniger Bedentang haben andere Er-
seheinnngen , Appetitloaigkeit , triiger Stuhlgang,
Paralyse der Blase etc. Dagegen ist es bemcrkens-
werth, dasa der Tod oft sehr plfltzlich erfolgt, eine Er-
sohekmng, die skh durch pi dteliche excessive Schwel-
lung des Tumors und dadurch bedingten allznstarken
Druck auf die Medulla oblongata erkl&ren lksst.
Zum Scblusa erwfihnt Vf. noch kurz die (tiff**
rjntial'liagi'f)*?. Cerebellumtumoren liessen sich
verwechseln : 1) rnit rbmniscbsr Enr*irhu»u, jedoch
ist diets eine Krankheit des vorgeiilckten Alters, aft
put weit verbreiteter Gefasserkrankung corabinirt;
ate zeigt ferner nicht das paroxysmenweise Auftreten
der Kopfschmerzen, wie der Kleinhirntnmor, dagegen
htofig psyehische Stbrnngen ;
2) mit Uirnabscest. — Fttr diesen ist dor even-
taelle Nachweis eines ktiologischen Momentes, der
Verlauf in verschiedenen Stadien, Fieber etc. von
Wiobtigkeit, namentlich aber das ronstante FehUn
ophUialmoskopisch nachweisbarer SehstOrungen.
Vf. faset am Sehluase die Reaultate seiner Arbeit
in folgende Stttee znaammen.
Die cbarakteristiachen 8ymptome von Kleinbirn-
tnmoren Bind
1) Coordinationsstdrangen , die akh in Bo-
wegUngsachwiohe, schwankendem Gang u.Schwindel
totem.
2) Der Mangel as eigentUehen motorischen and
1r<Miblm Lfthmungen.
8) Oocapitalschmerzen und Erbrechen.
Unterstfltzt wird die Diagnose durch das Auf-
treton von Sohling- u. Sprachstdrungen , sowie durch
ophthalinoskopiaeh nacbweisbare Sefetdrungen.
(F. N e e 1 s e n.)
627. Das Granulationsgewebe und seine
Bedeutung fur die Sorofulosis ; von Dr. J.
Rabl. (Wien. med. Jahrbb. 1876. H. p. 157.)
Vf. hat gefunden , dasa die weitaus grdsate Zahl
alter krankhaften Vorkommnisso der Scrofuloae auf
der Bildong von Granulationsgewebe beruht. Die
tHgenthllmliebkeit desselben beachreibt er nacli friaoh
in Mttller’scher Losung untersuchten Prkparateu. In
dem geachilderten Befunde, der durch beigegebene
Abbildungen veranschaulicbt wird, finden wir jedoch
nichts eben Neues. In den Riesenzellen werden
weitere Entwiclriangsfonnen von Lymph- undBinde-
gewcbazellen im weitesten Sinne des Wortes erkannt,
die in Folge eines entzttndlichcn Rdzes znr Prolife-
ifction getrieben wttrden. Diesen Riesenzellen wird
abet keine specifische Bedentang weder fttr die Scro-
fulas*!, noek fil# irgend eine andere Neubildung zo-
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gesehrieben. Eigenthtttniieh ist der Befhnd vda 4m-
bryonalen elaatischen Fasem in aerofulbsen Narben,
dieselben sollen aus Zellen liauptsfichlich unter Be-
theiligung des Kernes entstehen und bei einer recidi-
virendcn EntzUndung eiuen fettigen Zerfall eiagehed.
Das Granulationsgewebe soli sich bilden aus proli-
ferirenden Bindegewebszellen und Waudereellen,
letztere besonders sollen durch ihre Wanderungen in
den interstitiellen Lymphbahnen das Weiterkriecfaea
des scrofuldsen Processes bewirken.
Eingeliend auf die scrofnlbsen Haut- u. Schleim-
hautleiden , die Driiseusi rofulose and die scrofuldse
Periostitis und Caries, findetVf. bei alien die gieidhe
Bildung des beschriebenen Granulationsgewebes.
Aetiologische Momente der Erkrankung sieht er Z»-
nttchst in ausseren Schfldlichkeiten, veixlorbeuor Luft
und unpassender Nahrung, ferner in der Nachwir-
knng akuter ExaDtheme und in der Vererbung.
Sodann definirt er die Scrofulose selbst ala ai»6
eigentliilinliche, nicht mit syphilitischer Infekdon zd-
sammenhkngende Beschaffenheit des ganzen Korpera
oder nur eines Theiles desselben, wegen welcher
schon auf geringe Reize Entzttndungen mit Bildong
eines eigenthtimliahen transitorischen Gewebes, dfe*
serofukteen Grannlationsgewebes, zu Stande komrnen,
die eJ^zahes Beharrungsvermogen und eine ausge-
sprocbene Neigung zu Etecidiven besitzen. Aaf 4*b
Verhaltniss der TuberHHose zur Scrofulose ttar-
gehend , scheidet Vf. die' Miliartuberkulose als eine
Resorptionskachexie aus und betrachtet die Phthiais
oder sogen. Tuberkulose der innern Organs als eine
Uaterart der aerofulbsen Entzttndungen. Hiemit
srtellt sich der Vf. auf den Boden der von Rind >
fleiscb in Ziemssen’s Handbuoh der Patbo-
logie und Therapie ausgesprochenen Ansichten.
(L fit tic b.)
628. Dio Beziehungen zwischen idiopathi-
soher Parotitis und dem Eruptionsfleber ; von
Prof. Ldon Colin. (L’Union 33. 35. 38. 1876
und Gaz. des Hop. 25. 1876.)
In voriiegender Arbeit sucht Colin auf Grand
vieler von ihm in der Armee gemac liter Beofeach-
tungen die beiden einander sebeinbar ontgegenge-
setzten Ansichten zu vereinigen , wonach nacb der
Maiming der Einen das Auftreten der idiopadnseben
Parotitis von atmosphArischen Einflttssen abhlngt,
nacb der Meinung der Andern durch eine specifische
Ursache , analog den Eroptionskrankheiten, bedingt
ist. Rttcksichtbch der ersteren sei es kein Zweifnl,
dass in feuchten Gegenden zur Jahreszeit der grosden
Temperaturechwankungen die Affektlon hftuflger sei,
als sonst und dass sie aneb in der Armee bei den
sehroffen Erkiltungen ausgesetzten Soidaten , s. B.
Schildwachen , besonders hftnfig anfiutreten p flags.
Co to vertritt die Anaicbt, dass zwar eine Erkli-
tung etc. an und fttr sich nicht im Stande ist , den
Mumps zu erzeugen — wie er auch in der Arises
nie einen spotadischen Fall beobaebtet habe — dtaa
idler boi verier erworbensr Disposition atmoipW-
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UL Pathoiogie, Therspie u. medfeiniache Kliniki 245
seba Fitnflfx ItaBerat gttfaattgeFakttreh TtotfAEnt-
wfeUnng der Aifektion aein kflbneb.
Das durch speeds obe Einflnsse bedingte Auf-
traten der Krankheit, so vie die damit znsammen-
hftngunde Identitfttafrage mit den Ernptionsfiebera
btedrachtet Vf. 1) rfleksiehtlioh der Art seiner Ver-
breituag, nnd 2} rtckaiehtiich der kliniseben Ana*
logien zwisohen beiden Krankheitsgrnppen. Was
den ensten Punkt betrifft, so aeigt sich die Aehnlich-
keat Mit den Eroptionskrankheiten durch die bereits
von Siiliet nnd Trousseau constatirte Ueber-
tvagbarkeit; durch die Immunitftt nach einmaliger
Unberstehnng ; durch die Eignnthttmlichkeit, wohl in
eehr ciirnmwripten Epidemien (Kasemen, Pensionat),
niemals aber sporudisch aufzutreteu ; durch die lliiu-
figkeit der Erkrankongen bei jungeu Leuteu und
Sohlsten , Ton denen letztere , grflestentheils vom
Lande, die Krankheit nocli nicht tlberstanden haben,
ausserdeni aber durcli ibre Lebeusweise eiuer etwa
radglichea Contagion selir ausgesetzt siutl ; ferner
dwch das successive Auftreten unter den Yerscliiede-
nen Theilen der Bevdlkerung, je nach der Verbrci-
tung des Krankheitskeinics. So liaben die Epide-
aaen idiopathischer Parotitis denselben Cliarakter,
vie die der Masem and Pocken , danern tiLMonate
bis 3 Jahre nnd entwiekeln sich allmftlig in aen ver-
sebiedenen Bevolkerungs^ippen mid Ortsviertelu.
Endliek ist norch zu crwalmeu das gleichzcitige
oder weoigstens unmittelbar nach einander erfolgende
Attftreten von Epidemien beider Krankheiteformen,
so insbesondere der Masern , bei denen sogar noeli
eine Gleichartigkeit in der Scliwere der Epidemien
stattzuhaben sebeint.
In Bezng auf die Analogic* im Krankheitsbilde
betbnt Vf. , dass zwar die MehrzaM der PAlle von
Mumps fieberlos oder beinahe fieberlos verliefen,
dass man jodocb hieraus keinen Schluss gegen die
Zosammengehdrigkeit beider Krankbeitsformen ma-
chendflrfe, insofem jaauchdie Ernptionskrankheiten,
z, B. Masern, zuweileu mit iiusserst geringer febriler
Steigerung aufzutreton pflegten j dass man aber auch
andererseits an die freilich weniger zahireichen, nit
hoehfebrflem Verlaufe und itusserst schwerer Allge-
meininfektion einbergelicnden Fit lie von Parotitis
denken mllsae , welche im Beginn nicht s el ten das
voUstitndige Geprfige eines typhCsen Fiebers dar-
bAteu, sowie an die Fitlle, welche mit znweilen tddt-
lifehen Convulsionen , mit rheumatischen Affektionen
etc. einhergingen. Abgeseben von der von Rilliet
in einem Fall constatirten Abschuppung der Haut,
fthatieh derjenigeu beim Masemexanthem, sowie von
der von Guinean de Mnssy beobachteten , von
Andern jedocb nicht hestfttigten rosenrothen Fftr-
bung der Wangenschlcimhaut , ist es nameutlich die
in| Verlaufe der Parotitis auftretende ddeantdae
Sebwtlitmg dea Gesichtes and der Extremitftdm mit
and ohne Albnminnrie , welche die Krankheit unter
die Kategorie der Emptionsficbcr einreihen lftsst.
Dass these in vielen FftUen , ebenso wie die scarla-
tinAse , sehr gutartig verlaufende Goisplikatioa m-
veiled dis schverete Krankheitobild cUerbieten kanu,
keveist Vf durch eine zum Schinss anrfflhriich er-
zfthlte Krankengeschichte mit dem Titel : OrchWri u.
Parotitis ; aknte Albianimirie, Urttmie, Tod.
(Oebne.)
r
629. Uebor daa Erythema exsudatiram ;
von Prof G. Lewin. (Berk klin. Wchnschr. XIII.
23. 1876.)
Ans 39 beobachteten Fillen zieht Vf. (In dieser
vortluflgen Mlttheilung) folgende Schlflsse :
1) Das Erythema ex8iidativum ist erne vasortoto-
risebe Netirose.
2) Dasselbe durehlftuft mehrere Entwlckhings-
ptmnen. In der ersten Phase entwiekeln sich obne
oder mit , selbet fieberhaftem , Prodromalstadium,
rymmetrixch auf beiden KOrperhXlften subentane In-
filtrationen m verscliiedenen Formen (Erytb. tnber-
cnl., papnlat., nodos.) , sowie rothe Flecke auf der
Haut, ehenfalls mit manuigfacher Formenbildong
(Er} r th. marginal., annullare, Iris). In einer Anzahl
von F’allen hitt nach mehr oder weniger langer Zeit
cin zwelfces Kraukheitsbild auf, welches unter fieber-
hafter Steigerung, zuweilen bis Ubcr 41.0®, folgende
Ersoheinungen darbietet: 1) Eb bilden Rich nnter
rheumatoiden Schmerzen puslelartige EfUoresoenzen
auf den erythematfisen Hautstellen ans 7 so dass der
Symptomeneomplex dem der echten Pocken t&tt-
schend Shnlich werden kann. 2) Es treten ttht-
zttndliche Affektionen , theils serbser, theils eitriger
Natnr in den versebiedensten Gelenken auf, so di«8
die Krankheit zuweilen das Bild eines Rheiunat.
acutus darbietet, andererseits auch Ankylose der
betroffenen Gelcnke stattfmden kann. ( 3) Es tsf^en
valvulare Endokarditen zu Tage , welche sugar zu
Klappenfehlern fifliren kcSnnen. Vielleicht finden
hierdurch manche Fftlle von chron. Herzerkrankon-
gen ihre Erklanrag. /
Rdcksichtlich der ataologiseben Momente glaobt
Vf. ausser einer vorangegangeneil BrkMtttng beson*
dera bei Frauen eine Entztlndung , event. Ulceration
der Urethra heranziehen zu mflssen , und sttitzfc deb
hierbei auf die Beobachtung , dass ein grosser Theil
der mit Erythema behafleten Frauen zngleieh dne
detartige Genitalaffektion dargeboten babe, sowie aUf
das bei einer Kranken ausgefOhrte Experiment , bei
welchem nach mechanischer und obemischer Iteizun!*'
der HarnrOhre ein Recidiv von Erythema exsndaf.
auftrat. Schlflsslich weist L. noch auf das zn-
weilen epidemische Vorkommen der Krankheit idn.
(Oebme.)
. . ’ , ’ {
630. Fftlle von Erythema nodoeumj mit-
getheilt voa Dx. Victor Revillout. (Gaa. dca
Hop. 86. 89. 1874.) - a .
Ibe 8 an weib lichen Kranken beebadhteteb FUffe
von Erjrthema nodosum bieten im Weseutlichen fol-
gende Erecheinungen : 1) Bei simmtliehen zeigte
sidh ein mehr oder weniger betrftchtlich gestWfes 1
Allgem einbefinden mit erhdhter KdrperwXnne ^ Wei-
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246
ILL Pathologic, Therapie u. medicmasohe Klinik.
cha einige Tage anhielt nod in einem Falls bia
40.4° C. 8tieg. — 2) Die Dauer der Krankheit
wfthite in alien 3 F*Uen ungefohr 3 Wochen. —
3) Bei 2 Fallen entwickelte eich im Laofe derKrank-
heit eine Endokarditia , die sich durch ein Gerfiusch
beim 1. Tone an der Herzspitze maoifeatirte , wel-
ches letztere auch zurilckblieb ; im 3. Falle war he-
reto ein solches von frtlher her vorhanden. — 4) In
alien 3 Fallen bestand ein knotiges und papuldses
Kx an t hem fast liber den ganzen Kfirper verbreitet,
besonders aber auf den untem und obem Extremi-
tltten. W&hrend jedoch in dem einen Falle das pa-
puldse Exanthem das Uebergewicht liatte, die Papeln
und Knoten mehr in den tieferen Hautschichten mit
langsamem Ergreifen der oberflfichlichen Partien
auftraten und sich Schmerzen und entzflndliche Rei-
zung in den nahe liegenden Gelenken, Anschwell un-
gen der Sehnenscheiden einstellten , liatte die Affek-
tion in den beiden andern Fallen in dem geschwell-
ten Unterhautzellgewebe iliren Sitz , die Haut war
gleich anfangs fiber den Erhabenheiten gerflthet und
schmerzhaft. Auaserdem entwickelte sich in den
beiden Fallen fiber beide Unterschenkel eine zu-
aammenhAngende erythematOse Rathe und Cdema-
tdse Schwellung des Unterhautzellgewebes, ein Um-
stand, auf den Vf. besonderes Gewicht legt. Nach
Trousseau’s Beobachtung sind die Falle ersterer
Art durch Complikationen von Seiten innerer Or-
gane, e. B, derLungen, unter Umstftnden Affektionen
ernstester Natur. Schlfisslich schliigt Vf. vor , die
Krankheit fikvre taetnixeUt drythimaUuae zu nennen.
(Oehme.)
631. Behandlung der Pityriasis mit
LSsong von Chloralhydrat ; von Dr. L. Mar-
tineau. (Boll, de Th6r. XC. p. 49. Janv. 30.
1876.)
Vf. berichtet fiber die gflnstigen Erfahrungen,
welche er in einer grossen Anzahl von Fallen von
Pityriasis capitis mit der Anwendung des fraglichen
Mittels gemacht hat. Er l&sst von einer 5°/ 0 wkss-
rigen Ldsung von Chloralhydrat 1 — 2 Essldffel er-
wirnen und damit jeden Morgen Waschungen der
Kopfhaut vomehmen, die gewaschenen Partien aber
nicht abtrocknen. Oft verschwinden die Krankheits-
erachein ungen (Abschuppung , Jucken etc.) schon
nach wenigen Tagen, jedenfalls aber nach einem
Monat bei Fortsetzung der Kur. Hat die Affektion
schon lange bestanden, so kehrt sie nicht seiten nach
mehr oder weniger langer Zeit wieder, verschwindet
jedoch bei Erneuerung der Kur wieder. 1st dfe
Pityriasis von Erythem der Haut und papulfisem
Exanthem begleitet, so empfiehlt Vf. eine MIxtur
von 500 Wasser, 25 Chloralhydrat und 100 Liquor
van Swieten (0.1 Hydr. bichlor. corros. ; Spirit, vini
roctif. und Aq. ana 50.0). (Oehme.)
632. Fibromata der Haut und der unter-
liegenden Oewebe ; vonDr.E. Wigglesworth.
(Arch, of Dermat. U. 3. p. 193. April 1876.)
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Wlhrend die entzflndlichen Process© in den
innem Organen des KOrpers in diflfus verbreitete
Hyperplasie endigen, rufen dieselben, wenn mehr
auf der Oberflkche veriaufend, die Bildung von histo-
logisch dem Mutterboden gleichen Formationen ber-
vor , die des klinischen Bedttrfnisses wegen je nach
ler Generalisirung oder Lokalisirung des hyper-
plastischen Processes in Fibroma molluscum, in Cutis
pendula, in Elephantiasis Arabnm oder in fibrflee
Tnmoren unterschieden werden. Wir geben im Ans-
zng die vom Vf. zur Erlftuterung mitgetheilten F&lle.
I. Fibroma molluscum. C. U., Bayer von Gebnrt,
46 J. alt, von gesunden Eltern abeta inmend u. selbst immer
gee and, bemerkte zuerst vor 14 J. auf seiner Brust einen
erbsengrossen Tumor, dem bald mehrcre folgtcn, 80 dass
allmalig der ganze KSrper davon uberzogen wurde. Die
Tnmoren veru reach ten bei ihrem ersten Entatehen leichtes
Juoken und leichten Schmen und wuchsen bisweilen bis
zu HChnereigrosse. Spater bo lien einige der gross ern
Tumoren von selbst vcrscbwnnden sein. Die Qesundheit
blieb wahrend der ganzen Zeit gut. Zur Zeit der Unter-
suchung war haupts&chllch der Oberk5rper mit den Tn-
moren bedeckt , deren Zahl von den Knieen abwfirts be-
deutend abnahm , wahrend sie an Genitalien , Hand nnd
FnssBohlen ganz fehlten. Im Ganzen waren 1193 Tu-
moren vorhanden, die kleiustcn erbsen-, die grosaten fiber
hfibnereigroBs nnd gestielt. Alio Tumoren waren nloht
pulsiren^ compressibel , weich , aber nicht fluktuirend,
meist im vtibcutanen Gewebe lagernd, und sehr viele der-
selben glichen auffallend den Brustwarzen. Die Sebnm-
drfisen der fiberziehenden flint waren sehr stark ent-
wickelt und mit Sebum dlcht gefullt. Das Mikroekop
zeigte den gew5hnlichen Refund des Fibroma molluscum.
II. Cutis pendula (Dermatolysis). Ein 36 J. alter
Farmer zeigte auf seinem linken Arme von der Mitte dea
DeltamuskelB biB zur Mitte desllnterarms herab eine der-
artige Verdickung und Hypertrophie des subcntancn Zcll-
gewebea, dass die verdicktc Haut in schweren Odematfisen
und gelappten Fatten bis zu 7" fiber die Seitenflache des
Armes heruberhiug. Die innere Seite des Armes war
normal geblieben. Das Ganze der verdickten Bedeckung
war dunk el gefarbt , mit stark hervorragenden Haar-
follikeln versehen , und hatte in 2 J. die bei der Unter-
euchung beobachtete Grosse erreicht. — Aehnliohe klei-
nere Blldungen fanden sich an verschiedenen Korper-
stellen; eine, die sich rechteTseits fiber dem Schnurrbart
gebildet hatte und wie eine uberzahlige Llppe fiber diesen
herabhing , war mit bedeutender Hypertrophie des Gan-
mens und der Schleimhaut der betreffenden Seite ver-
bunden. Die Exstirpation des Gewuchses am Arme ging
bei starker venoser Hlutung leicbt vor sich. Dasselbe
wog 4'/* Pfuud. Die mikr 08 kopische Untersnchung ergab
inflltrirtes cellulares Gewebe. Nach 7 Mon. war die
Wunde ganzllcb verheilt, ein Recidiv Jedoch zu erwarten.
HI. FibrocelhUartumor in der Haut. Pat., 42 J. alt,
seit 1 J. leidend , hatte anscheinend eine Behr grosse
Hydrocele, was aber durch die normale Lage der Hoden
widerlegt wurde, Der Tumor bcstand aus sehr glatten
Knoten -, einer derselben, der nach der Spaltung der Hant
excidirt wurde , zeigte flbrSse 8truktur. Bei Fortsetzung
der Operation liess eich der flcberffirmige Urspruug des
hauptsachlich aus 2 grQssem Massen bestehenden Tumors
zwischen Bulbus der Urethra u. Rectum bis zur Prostata
hln verfolgen.
W. Fibrocellulartumor in der Haut. Pat., 26 J.
alt, hRte seit 6 J. das Wachsen des vom obem T belle
des linken Gesasses gestielt horabhfingenden Tumors bo-
rn erkt. Dereelbe wurde durch Excision entfernt und die
sehr grosse Hautwunde heilte sehr rasch. Der entferate
Tumor wog 13*/i Pftmd. Nach 8 J. zeigte slob ein be-
ginnendes K oddly.
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247
in. Pafholagie, Thcrapie n. medMafnhe Klinik.
D«r letstera Fall uteraebddet rich von Cutis
pendnla insofern , ala bei ihm nor eine Hyperplasia
der fibrd&en Gewebselemente auftritt und die be-
deckende Haut nur durch die Irritation und vermehrte
Ernihrung mit afBcirt wird , wihrend bei eraterer
sich eine Hyperplaaie der Hantelemente nebat Bil-
dong von fibrindaem Qewebe darbietet
Der folgende Fall steht zwischen den kieinen
batten Fibromen and den groesen weichen Formen,
fftr die der Name Elephantiasis angewendet wird.
Die Fascien ®nd Lieblingsnrsprangsstellen dieser
Fibrome, deren grOsater Theil frei in’s umgebende
Bindegewebe hineinwuchert , ohne mit demaelben in
nfthere Verbindong za treten.
V. Fibrorellular tumor der Vagina. 3. Q., 31 J. alt,
bemerkte vor 1 '/, J. eine Setawellung in der linken
Weiehe, nahe dem Labium. Der schmerzloae Tumor
ragte in die Vagina hinein und lieaa sich deutlich unter
der Haut bin und her bewegen. Er war leicht comprea-
sibel und erreichte in anfrechter Stcllung die GrCsse einer
Coeuenuss. Ein Stiel war nicht vorhanden. Die Per-
knarion gab.einen matten Ton , F luh tnat i on war aehr nn-
deutlich und der eingefuhrte Adspirator ergab kein Re-
snltat.
Bei der Exatirpation ergab sich das verdickte Binde-
gewebe hoch oben zwischen Rectum und Vagina ala Ur-
apmngsstelle des Tumor, welcher mit den nmgebenden
Geweben aehr eng verwachsen war , mit Ausnahme der
Haut. Pat. starb an Pyiunie. Der grdssere Theil dea
aehr blutreichen Tumor bestand aua unrollatandig ge-
formtem flbrSeem Gewebe.
(Sebumach er II., Aachen.)
633. Angeborene Hyperplaaie des Fett-
aellgewebea dea linken Beines; von Dr. G.
Mflnohmeyer in Mttnden. (fieri, klin. Wchnschr.
XIII. 23. 1876.)
1 Vf. beobachtete an einem 7 Mon. alten Knaben
eine congenitale Abnormitfit , welche bei gleicher
Lknge in einem auffklligen Dickenunterechied der
nntern Extremitaten bestand , und zwar betrug die
Differenz des Umfangs in der HOhe der Inguinalfalte
3.5, oberhalb des Kniea 3 Centimeter. Die Ab-
weichung kam ausschliesalich auf Rechnung des
eine aussergewfihnliche Entwicklung zeigenden sub-
cutanen , vermuthlich aucb intermuskularen Fettzell-
gewebes am linken Beine. Ausserdem befanden sich
in der Haut, fiber die ganze Oberflache des Beines
verbreitet, zahlreiche mehr oder weniger grosse,
blaulichrotheFlecke, welche auf einer abnorm starken
Entwicklung u. Injektion der feinsten Hautcapillaren
beruhten, ein Umstand, der Vf. zu der Vermuthung
ffihrt, ob hier nicht eine besonders starke Ausbildung
des tiefer gelegenen Venensystems vorliege , welche
ihrerseits durch Stauungen jene vaskularisirten Haut-
flecke, sowie die Hyperplaaie des subcatanen Ge-
webes bewixkt habe. (0 e h m e.)
634. Ueber Trlpperrheumatismus ; von
H. Fouresti6. (Gaz. dePar. 27. 32. 33. 1875.)
Vf. erfirtert and recapitulirt die wesentlichen An-
riehtcn der franafleisehen Antoren fiber den Tripper-
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rfeemnatisnras , we gen deren wir auf nnsere frfihern
Referate in den Jahrbtlchern verweisen kflnnen. Die
22 Krankengeschichten, welche der Arbeit beigeftlgt
aind, weichen im Wesentlichen von den Original-
arbeiten Anderer nnd den von nns schon mitgetheilten
Beschreibnngen nicht ab, weshalb deren Wiedergabe
nicht ndthig erscheint. Als Ergebniss seiner Er-
fahrungen hebt Vf. hervor: a) dass die akute oder
snbakute Blennorrhoe zuweilen von akutem , poly-
artiknlarem Hhenmatismns oder von akuter Arthritis
begleitet war, zuweilen mit einem poly&rtikula-
ren , fieberlonen Rheumatismus , welcher pldtzlich
schwand, zusammen vorkam ; und b) dass veraltete
BleanorrhOen aehr hanfig mit einer hartn&ckigen
chroniechen Form von Rheumatismus beobachtet
wurden. Diese Erfahrungen betrachtet Vf. als ein
nenes Argument ffir die Existenz des von Vieleo noch
angezweifelten Tripperrhenmatismus.
(J. Edmund Gflntz.)
635. Akute hypertrophisohe Cirrhose bei
einer ayphilitiachen Frau ; von Dr. Martineau.
(L’Union 108. 1875.)
Pat., 28 J. alt, zeigte bei der Anfnahme hi das
Hospital Beaujon (6. Mai 1876) an den Armen Narbem
einer ulceroaen Syphiliaform. Die Ernahrung der Kr. nod
ihre Lebensverhaltniaae waren achlecht. Ungefahr sett
7 Mon. hatte die Menstruation anfgeh5rt, seit 2 Mon.
waren heftige Ko liken mit Diarrhoe , zuweilen Erbrecbea
und Appetitverlust eingetreten. Dieser Znstaad Mett
6 T. an, worauf Pat. 14 T. lang aich wohl befand. Dana
kehrten die Eracheinungen in deraelben Weise winder,
sngleich schwoll der Leib unter Frost- nnd Fiebererachei-
nungen an ; in beiden Seiten und in den Foasae iliacae
trat zeitweilig heftiger Schmerz ein; die nntern Extremi-
titen waren nicht geschwollen. Zu dieser Zeit bestand
vollat&ndlger Appetitmangel , heftiger Durst ; keine Diar-
rhoe , kein Erbrechen. Die Kr. gab an, aeit 2 J. an
Hus ten unit zeitweilig bluttgem Auawurf u. Nachtsch weiasen
geiitten zu haben. Syphilitischo Anateckung wurde an-
fanga geleugnet, apater aber zugeatanden.
Die Stimme war rauh , die Kr. huatete fortwiihreml,
der Auawurf war weiaslich. Die vorhandene Verstoptang
datirte angeblicb aeit den vor 4 J. anfgetretenen hamor-
rboidalen Ausilueaen , welche noch immer bei den Stahl-
ausleerungen sich einstellten. Der Unterleib zeigte eine
betrachtllche kugelformige Anachwellung und Schmerz-
haftigkeit bei Druck , namentlich in den Fossae iliacae,
and angesehwollene Venen. Die Perknasion ergab einen
leeren Ton vom Nabel bis zur Schamgegend ; oberhalb
dea Nabels tympanitischen Schall mit Auanabme rechter-
seita , woaelbat die Leberdampfung bis 3 Finger unter die
falschen Rippen herabreichte. An der Grenze der Dlm-
pftrag war apontaner, auf Druck etwas xun eh mender
Schmerz bemerklich; in Folge der Scbmerzen und der
Anachwellung Athembeschwerden. Im linken Hypoohon-
drium erachien der Schmerz auf Druck weniger atark,
Dentlicher Ikterna war nicht bemerklich , doch flel eine
sehwach gelbliche Farbung auf. Flnktuation war im
Lelbe, namentlich bei Lageveranderung , deutlich vor-
handen. Die Perkuasion und Anskultation der Lungen
ergab auaser unbedentendem Schleimrasseln keine Ab-
norroitat. Die Temperatur betrug des Morgens 37.8, des
Abends 38.6, die Freqnenx der Pnlaachlage 120.
In den niichBten Tagen blieb der Znatand, abgeaeben
von geringen Schwankungen in der Teraperatnr nnd Pals-
freqnenz, nnverandert. Am 12. Mai hatte aber der Urn-
fang des Leibes wesentlieh zngenommen ; die Kr. klagte
fiber heftige Kolik , Ventopfung , Schlafloelgkeit , Brech-
Origina I from
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III. ; PatMagib, Therapje n. . medkniMbe KlinEld.
W8
aeiyifig ttbae ivrbrack^m, rpichlicfeqa NasenMuten. K«i*t
Purpura, die Conjunctiva gelb gefarbt. Der Urin erschien
dunkelroth gefarbt, cnthiolt abor weder Fiweiss nocb
Oallenfarbstoff. — Am 13. Mai warden am Leibe einzehae
Purpnrafleoka bemerkt ; Oedea der Beine und Ffisse war
qingetreien. — Am 14. wurdcn durch eine Punktion dee
Leibcs 4000 Grmin. seroser Flusslgkeit entleert. Her
zicgelmehlartig gcfiirbte Urin nahm auf Behandlung mft
SalpeterBiinre eine donkle Parbnng an.
Am 20., wo die Anschwellnng des Leibes untcr Stel-
gcaung aller Beschwerden vrieder zugenommen hatte , die
iktoriacbe Farbung dentlicher ausgesprocben war, wurden
dnrch eine 2. Pnnktion 4'/« Liter Fliiasigkeit entleert vou
1003 Dichtigkeit und lilit Salpetersaure starken Eiweiss-
niederscblag gebend. Bel der Palpation und PerkuBSion
der Leber ergab aieh jetzt, dass eine betrachtliehe Ver-
grweserung dee reehten Lappens bestand, der untere Rand
fast bin zur Spina iliaca anterior superior reichtc und
dass die Obcrfliiche gleichiniissig , regclinassig , alter resi-
stenter als normal bescliaffen war. Sehon am 23. wnrdc
anf Yariangen der Kr. abermals erne Pnnktion aiiBgefbhrt
nnd durch dieselbe 4600 Grmm. Flussigkeit entleert; &uch
nach dieser Punktion trat eine gcringe Steigerung der
Temperatur (37.4:37.0) ein, welche sclion nach der
2. Punktion (37.4: 37.8)bcobacbtct worden war. — Unter
IZunabme der Schwache erfolgtc , olme dass eine wesent-
liche VerandCrungf in den ubrigen Erscheinnngen ein-
getreten ware, am 4. Juni der Tod.
Autoprie. Bci Eroffnung der Baucbhbhle floss un-
gefchr 3 Liter Flflssigkeit aus. Der Stamm der Vena
portae war geennd, ee fanden sich nnr kleine peritonitische
Adharenzen , die Capsula Ulissonii war nicht verdiekt,
lcioht abziehbar. Die Leber, von fast viereckiger Ge-
stalt, hatte lm Querdarchmeeser 18, im Langendurch-
measer £2 Ctmtr. und war 10 Ctmtr. dick , ihr Gewteht
betrug 1616, das Gewicbt der Mllz 685 Gramm. Der
Dnotss choledocbas and die Lebergiage zeigten Bleb votk
ksmneu frel.
’ ' Die Leber war nicht amyloid entartet, sie bot cine
geTbe ledcrartlgc FSrbnng , eino gleichformige , glatte
OberflSche, beim Einschnelden ein sehr hartes, elaatiacbes,
nicht zerreissbares Gewebe dar. Mit bloaen Augen cr-
kannte man kleine graue, durchscheinendc , unregcl-
mUssige Linlen, welche die gclben Inselchen umschlossen.
in der Substanz des Lebergewebes fand man zahlreiche
kleine , farblose Concrcmente , aus Phosphaten und Car-
bmaten bestehend , ohne Spur von Cholestearin. In dcr
Oallenblaie fand Bieh neben reiehlicher, dicker Galle pin
3. £0 Grmm. sehwerer, ' schwa rzer Cholestearin-Stein. —
Im obern Lappen der reehten Lunge graue Hepatisation,
Hera von weieher Coneistenz , mit Fibringerinnscln , die
Kteppen geennd. Gehirn nnd Oblige Eingewelde gesund.
In Bezug auf die mikroskopische Untersuchung
der Leber , welche das Biid der Cirrhoee giebt , ver-
weisen wir anf das Original. Die bei derselben
nachgewiesene Erweiterung der Lymphgefasse und
Ausbreitung des neugebildeten Biudegewebea bis zur
Peripherie der Leberinselchen wllrde an nnd fBr sich
bei Erwachsenen znr Diagnose der Syphilis niebt
hinreichen, bei denen sie durch die Gegenwart
von strahligen fibril sen Narben und tod Gumm&ta
geaichert wird. Da jedoch im fragliehen Falle die
ftHherfe Erkrankung an Syphilis nachgewiesen war,
bo erscheiut die Annahme gerechtfertigt, dass die
Syphilis auf die Entwieklung der Cirrhoae you weaent
Inborn Bind usee gewesen sei. Dcr embryonale Cha-
r&kter des nengebildeten Bindegewebes stehe im Ver-
h<uiss zur kurzen Dauer der Krankheit.
• r 'i , (J. Edmund Gtlatz.)
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6*6. 8yphlMtisotie Affaktlon deb BoMeim-
beiUwt ; von Dr. E. L. Keyes." (Amen Jtom
CXLII. N. 8. p. 349. April 1876.)
Syphilitisehe Aflfektionen derSehleimbfeutd fiedeO
sich bislier nnr in der fnanztoiseben Litevater be-
schrieben und haben im Ganzen weuig Beachtang
gefunden. K. nntersebeidet eine der fi-tthern Peri ode
der Syphilis angehorige Bursitis von deijenigea Form,
welche der sp&tera Zeit angehbrt In der fiUhan
Periode kann sich die Erkrankung auf eine blose
Congestion der Bursa beschittoken, welche sich dureh
Scbmerzhaftigkeit an der dem Schleimbentel enb-
sprechenden Stelle kundgeben wiirde, oder bis zum
serSsen Erguss steigem. Solohe blose Congestionen
hat indessen K. bisher nicht mit Sicherbeit beobachtet
und aucli die vou Jules Voisin, Fournier uad
Ad. Va ffier angefilhrten Beobachtimgen Bind nicht
vOllig rein, da immer gleichzeitig syphilit. Arthralgie
bestand , auf welclic die Scbmerzhaftigkeit bezogen
warden konnte. — ErgUsse in dieSchleiinbeuteiauad
dagegen ofter im Beginn der syphilitischen Allge-
meinerkranknng gesehen worden. Fonrnier er-
wfthnt ein syphilitisches Hygrom der Bursa prae-
patellaris und V e r n e u i I eine schmerzlose fluk-
tuirende Anschwellung der Bursa bin ter dem Olecranon
bei einem mit sypliilitischer Raehenaffektion and all-
gemeiner Roseola behaftefcen Manne, die nach 'ein-
monatlicher intemer Behandlung verschwand. Die
Mittheilungen K.’s aus der eigenen oder der Praxis
von Collegen beziehen sich auf Erkrankungen der
Schleimbentel in der spite rn Zeit — auf gummose
Entartung. Solohe Fttlle, in denen die Bursae datafc
Ansbreitung einer gummhsen oder ukeioaan Erksah-
kung der Bedeckungen erst hinterher er griffon Wey-
den , wie K. melirfach gesehen, rechnet er nicht
hierber.
Simmtliche 6 Kr. waren weiblicben Gesclilechts,
zwiseben 24 n. 48 J., und immer war es die Bursa
praepatell., welche erkrankt war, und zwar in 3 Fal-
len doppelseitig. Die Geschwulst entwickelte such
immer langsam und ineistens schmerzlos , war liber
der Unterlage nach alien Richtungen frei beweglich
und beeintrSchtigte die Bewegungen im Gelenke
meistens niebt, incomraodirie aber bisweilen beim
Scheuem u. dergl. Die Geschwulst war bald bolz-
hart , bald fluktuirend ; im Ganzen halbkugeb'g and
erreichte in einem Falie den Umfang einer grossen
Orange. Die Haut dartlber war zuweilen unver-
indert, zuweilen Sitz pustulOser Syphiliden oder Ge-
schwilre; aucli Rdthung, gummose Entartung und
Verwaclisung mit der Bursa wurde beobachtet. Sich
selbst tlberlassen, kann die Bursa aufbrechen und
eine Figtel entstehen, aus der sich eine dicktiehe
klare, spater mit Eiter gemischte tlbelriechende
FUlssigkeit in geringen Mengen entleert. Statt der
engen Fistel kann man auch ein grbsseres perfori-
rendes Geschwflr finden und die Bursa durch Nekrose
zu Grunde geben. Durchscbnittlicb war eine Zeit
von 6 J. zwisohen der syphihtischen Infektion und
dem Anftnten der guntanSsea Barghts vertiO— i n
Original fronn
UNIVERSITY OF CHICAGO
249
III. Pathologic, Thera pie a. modioiniache Klinik.
(l*/« J. ala kflrxeste, 8 J. ala llngate Frist). In
etwa der Hfilfte der Fftlle konnte eine Verfetzung
mis Veranlassung angeschuldigt werden. Die syphi-
litiache Natur des Leidena wnrde sowohl dadurch feat-
gestellt, dass andere syphilitische Zeichen (Knochen-
auftreibungen , gommSee Knoten, syphilitische Ge-
achwtlre) gleichzeitig bestanden oder vorangegangen
waren, als anch dadurch , dass eine antisyphil. Be-
handlong (vorzugsweise Jodkalium) die Geschwfllate
zum Verschwinden brachte, resp. verkleinerte.
K. hat aus der Literatur noch 7 hierher ge-
hOrige , von Verneuil beobaehtete Falle zusam-
mengetragen. Bis aof eine Fran waren die Kr.
Manner zwischen 33 und 64 Jahren. Die erkrank-
ten Schleimbeutel waren gelegen : an der Tuberosittt
der Tibia, unter der Sehne des Semitendinosus (lmal
doppelaeitig, lmal einseitig), oberhalb des Malleolus,
in der Fusssohle unter einer Schwiele, an dem Meta-
tareo- Phalangcalgelenk der grossen Zehe, in der
Hohlhand und liber dem Olecranon. Auch hier trat
unter antisyphil. Behandlung Heilung ein. (Bloc k.)
637. Einlge Bemerkupgen uber die Be-
handlung der Syphilis mlttels hypoderma-
tischer Sublimat-Injektionen; von Prof. G.
Lewin. (Berl. klin. Wchnschr. XIII. 45. 1876.)
Vf. wendet sich gegen die Behauptung v. Bam-
berger’s (Wien. med. Wchnschr. 1876. Nr. 11),
welcbe der subcutanen Injektionamethode Lewin ’a
den Vorwurf macht, dass nach derselben Ieicht Ab-
sce88e in der Haut und heftige Schmerzen folgen,
indem er sich theils auf die entsprecbende Literatur,
theils aof seine eigenen Erf&hrungen beruft In Be-
treff seiner eigenen Erfahrungen hebt L. Folgendes
bervor.
Seit dem Jahre 1865 wurden mit wenig Aus-
nahme alle constitutionell Syphilitischen auf Vfs. Ab-
theilung mit der subcutanen Sublimatkur beliandelt.
BeijedemKr. wurden dnrchschnittlich 25 Injektionen
angewendet. Die Zahl der beliandelten Kr. betrug
14000, bei welchen nnr 20 Abscesse vorkamen.
Personlich behandelte L. w&hrend 11 J. ungefkhr
3000 Kr., bei denen nur 1 — 2mal Absceaae inFolge
der Injektionen entstanden ; der Verlauf war gut-
artig, nie trat Gangrftn ein, die Kr. waren nicht ge-
nSthigt, das Bett zu hflten. Yf. sagt nnn, diese Er-
fahrnBg berechtige zu der Annahme, dass die Absce-
dirung keine nothwendige Folge einer in geeigneter
Ldsung vorgenommenen Snblimatinjektion nnter die
Hant sei. Die Abscedirang wird nach Vf. vermieden,
wenn man die von ihm in seiner Schrift: „die Be-
handlung der Syphilis mittels subcntaner Sublimat-
Injektionen“ (Berlin. Hirschwald 1871 ; vgl. Jahrbb.
CXXXVIU. p. 171. CXLIV. p. 44) gegebenen Vor-
schriften genan beobachtet. [Hierzu macht Ref. die
Bemerkung , dass , abgesehen von der Tecbnik der
Injektionen , die Abscesse vermieden werden , wenn
man kacbektische, tnberkuldse, scrofuloee Individuen
and Skuglinge von dieser Behandlungsmethode mdg-
Med. Jahrbb. B4. 178. Hit. 3.
lichst aosschliesst. Was dieTechnik der Injektionen
anlangt, so halte man sich genan an die Vorschriften
L e w i n ’ s ; denn nach unserem Urtbeil kommt es
nicht allein darauf an , den richtigen erprobten Ver-
dflnnungsgrad der Lhsung zu wfthlen, sondern genau
auf die Menge der einzuspritzenden Fltissigkeit zu
achten ; einige Tropfen FlUssigkeit mebr eingespritzt,
sind im Stande, heftigere Reizzust&nde zu veranlassen.
Selbst eine grossere Verdlinnung der InjektionsfltLasig-
keit vermag EntzUnduug zu bewirken, wenn die
Menge der injicirten FlUssigkeit zu gross ist und um-
gekehrt.] Vf. fllhrt die Erfahrungen Pick’s an,
welcher seit Jahren die Injektionamethode L e w i n ’ s
anwendete, „aber niemals EntzUndungen , Abscess
oder Gangr&n in der Umgebung der Einstichstelle
zu sehen Gelegenheit hatte“. Was die Einwftnde
v. Bamberger’s betrifft, welche wegen der
Schmerahiiitigkeit der Methode gemacht werden , so
giebt Vf. zwar zu, dass Schmerzen vorkommen kdnnen,
dass dieselben aber , wenn auch in einzelnen Fallen
heftiger , so docb im Allgemeinen nicht so bedeutend
seien , dass sie ein Grund waren , eine Behandlungs-
methode aufzugeben, deren Reaultate selbst von
v. Bamberger anerkannt werden. Vf. ftthrt nun
zur Sttttze fllr seine Methode folgende statist ischen
Belege an.
Die Statistik berubt auf Akten des Charit£-Kran-
kenhauaes und ist fllr die Verbreitung der Syphilis
in bestimmten Volksschichten Berlins von Beweia-
kraft , weil hierselbst , wie in keiner andern grosses
Stadt, nur ein einziges Krankenhaus die syphilitiech
erkrankten Prostituirten aufnimmt. Deshalb hat man
eine dauernde Uebersicht Uber IlAufigkeit und Art
der Recidive in Berlin. Urn die Erfolge seiner Me-
thode zu beurtheilen, verglich Vf. die Zahl der auf
seiner Abtheilung beliandelten syphilitischen Prosti-
tuirten seit der EinfUhnmg seiner Methode von dem
Jahre 1865 — 1876 mit dem gleich langen vorher-
gehendeu Zeitraum , in welchem die Kr. einer an-
dem merkuriellen oder vegetabilischen Behandlung
unterzogen wurden. Aus diesem Vergleich ergab
sich, dass nach Einfllhrung der Sublimatinjektion
die Dauer der Behandlungszeit abgekiirzt und die
Zahl der Recidive auffilllig veningert wurde. Die
Dauer des Aufenthalts in der Charity betrug vou
1855 — 1865 durcbschnittlich fUr die syphilitisch
erkrankten Prostituirten ungefkhr 10 Wochen , nach
dem J. 1865, von welcher Zeit an die subcutanen
Injektionen eingefllhrt warden, nur gegen 4 Wochen.
Die Zahl der RUckf&lle betrag nach andern Behand-
lungsmethoden in dem frilhem Zeitraum gegen 80%
der Erkrankten. Unter den Kr., die nach dem J.
1865 in Le win’s Behandlung kamen, sank die
Zahl der Recidive auf die Halfte, aof 40%. Diesen
Ergebnissen entsprach vollkommen der Untersehied
in der Zahl des jeweiligen Krankenbestandes vor und
nach dem J. 1865. Wahrend 1855 bei einer Ein-
wohnerzahl Berlins von 500000 — 600000 Menscben
der tagliche Bestand auf der syphilitischen Abthei-
32
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250
IV. GynAkologie u. Pftdiatrik.
long 150—170 betrug, hat man jetzt nur einen Vf. von andern HoepitalArzten unterrichtet ist, sthn-
solchen von 100 — 120 Syphilitischen. Wenn nnn men anch sie mit seinen Angaben flberein, da schwere
die Steigemng in stets gleicli bleibendem VeriiAltniss Fftile von Visceralsyphilia nach Snblimatinjektionen
erfolgt wftre , so wtlrde der Bestand bei einer jetzt nicht oder kaum noch beobachtet wurden. Vf. will
fast doppelt so grossen Einwohnerzahl 300 and melir seine Methode nicht als souverAn hinstellen , fordert
ausmachen. Auch in Bezug auf die Art der Re- aber fllr eine erfolgreiche Behandlnng eine Wieder-
cidive konnte festgestellt werden , dass seit langer aufnahme der Kur innerhalb grdsserer ZeitrAume.
Zeit auf der Abtheilung die schwersten Formen der (J. Edmund G (1 □ t z.)
Syphilis nicht mehr zur Beobachtung kamen. Soweit
IV. GynSkologie und Padiatrik.
638. Ueber die Ii&ge der innern Geni-
talien; von Prof. Frankenhauser in Zurich.
(Schweiz. Corr.-Bl. VI. 14. 1876.)
Vf. weist znnachst darauf hin, dass die schema-
tischen Zeichnungen namentlich fllr die GynAkologie
geflhrlich sind. Die Topographie des Beckens ist
erst durch die bimannelle Untersuchungsmethode
klar gestellt. Um den vielfachen Widerspillchen anf
den Grand zu gehen, fertigte man Durchsclmitte von
gefrornen Leichen an, denn die Abbildungen von
Dnrchschnitten von Spirituspi-dparaten entsprachen
der Nator nicht. Vor alien Dingen nahm man ge-
wOhnlich fAlschlicherweise an, dass Scheide und Ute-
rus bogenfbrmig in der Beckenaclise nach oben
stiegen. Schon Kohlrausch und Andere wiesen
nach, dass die Scheide mit dem Utenis imd der Cer-
vix mit dem Fundus nach vorn offne Winkel bilden.
Dagegen lehrte Claudius, dass der Uterus stets
der hintern Beckenwand anliege, und dass somit
auch die breiten MutterbAnder sich hinten anschmieg-
ten. 8 i m s wiederum und Schnltze nahmen eine
fast entgegengesetzte Lage des Uterus an, ja
Schnltze zeigte, dass der Uterus den Bewegungen
der Blase folge, anteflektirt liege und diese anteflek-
tirte Lage auch beim Liegen der Fi'au beibehalte.
Nach Schnltze befindet sich also der freie Raum,
in welchem die DArme liegen, nicht vor, sondern
hinter dem Uterus. SelbBtverstkndlich muss die An-
gabe von Claudius, sowie die von Schnltze
namentlich den Ovarien bestimmte , und zwar sehr
verschiedene Lokalitaten anweisen. In neuester Zeit
wurden Durchschnitte von stehend gefrorenen Leich-
namen angefertigt, welche jedoch die Annalime der
Anteflexionsstellung des Uterus nicht sttltzen. Diese
letatere kann aber durch Belastung des Fundus sei-
tens grbsserer Kothmassen zu Stande kommen. Die
Schnitte ergaben tlber die Lage der Ovarien keinen
sichern Aufschluss. Vf. kommt nunmehr zur Wider-
legung der gewOhnlichen , falschen Ansichten tlber
die Lage der Beckeneingeweide. Zun&chst liegt bei
entleerter Blase und entleertem Mastdarm die Scheide
m'cht im Becken , sondern in den Weichtheilen den
Beckenavsgangs , sie kommt uber den Beckenaus-
gang nur mit einem kleinen Tlieil bei Fflllung der
Blase und des Mastdarms zu liegen. Der obere
Theil der Scheide liegt bei gynftkologischen Unter-
suchungen im geraden Durchmesser des Beckenaus-
gangs in der Richtung von vorn nach hinten und
kommt dabei an die Steissbeinspitze zu liegen. Wenn
also anch der Uteruskbrper der hintern Beckenwand
anliegt , so bildet bei dieser Lage der Scheide die
vordere Uterusflache mit der Scheide dennoch einen
rechten Winkel , oder sogar einen spitzen Winkel,
in dem Falle, dass die Scheide ausgedehnt und nach
oben geschoben wild. Also haben wir allerdings
eine Anteflexion, obwohl der Uterus der hintern
Beckenwand anliegt.
Ferner kommt man zu falschen Kesultaten durch
die Bctrachtung der Blase. Dieselbe verkleiaert
sich in der Weise , dass die untere IBUfte ihre con-
stante Form im Ganzen beha.lt , die obere dagegen
legt sich concav in diese untere Halbkugel hinein.
Es kann also von einem Nach-vorn-Ziehen des Ute-
rus durch die sich contrahirende Blase nicht die Rede
sein. Der Mastdarm ist in semen untern Partien
meist leer , aber eine Fflllung der obern selbst nur
mit Gas kann den Uterus etwas anteflektiren. Einen
ferneren Einfluss hat die Untersuchung selbst. Greift
man tief ein, um oben hinter denUteniB zu kommen,
so entsteht dadurch eine Anteflexion. Untersncht
man vorsichtig z. B. vom Mastdarm aus , so f&hlt
man den letztern am Utenis anliegen. Ein Beweis
ftlr diese normale Lage ist auch der Umstand, dass
die Ovarien stets mit der hintern Beckenwand bei
Entztlndungen verwachsen. Die Ovarien liegen in
der Gegend der Fltlgelfortsiltze , ihre innern Seiten
nach unten gerichtet, deshalb den RAndern des Ute-
rus nahe. Durch diese Lage wird die Ueberwan-
derung des Eies und Samens erklArlich.
(Fritsch.)
639. Ueber die diaphanoskopisohe Unter-
suchung der weibliohen Beokenorgane ; von
Dr. Justus Schramm. (Deutsche Ztschr. f. pr.
Med. 32. 1876.)
Die Diaphanoskopie unterscheidet sich von der
Speculation dadurch , dass bei ersterer die Gewebe
dure/ileuchtet werden sollen, wAhrend letztere die
KOrperhdhlen direkt erhellt. Also ist der Vortheil
der ersteren, dass mit ihr auch Kbpertheile, welche
der direkten Beleuchtung ihrer Lage nach unzu-
gAnglich sind , untersucht werden kOnnen. Es rind
nun die festen Gewebe transparent ; so durchleuchtete
Lttcke einige Geschwtllste in gleicher Weise, wie
man schon seit langer Zeit die Hydrocele durch diese
Durchleucbtbarkeit diagnosticirt. Lazarewitsch
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IV. Gyn&kologie a. Pftdiatrik.
251
benntate znerst die Diapbanoskopie als Httlfemittel
fllr die Diagnose der Verftnderungen am den Uterus,
and der Vf., dsdurch angeregt, verbesserte zunilohst
die verse hiedenen angegebenen Apparate. Der
dnrch eine Batten e zum Giilhen gebrachte Platin-
streifen befindet sich in einer GlasrShre , und diese
wiederum in einer andern, zu weicher 2 Gummi-
achl&uche filbren. In den einen wird kaites Wasser
geleitet, welches zum andern wieder herausfliesst. An
dem glasernen Theil des Instrumentes ist ein Hand-
griff befestigt, durch welchen die Leitungsdrkhte
geben. Bringt man diesen Apparat in die Scheide,
so leuciitet der Unterleib wie eine rotbe Papierlaterne.
Lazarewitsck konnte durch die Farbenniiancen
Neubildungen , Cysten, Venensteine, Adhftsionen,
subserdse Lipome und Pigmentablagerungen diagno-
sticiren. Audi malten sich auf der gleiciimilasig
rothen Bauchwand die innern Sexualorgane wie
Schattenbilder ab. Vf. konnte diese genauen Hesnl-
tate nicht bestAtigen und glaubt niclit zu grosse Hoff-
nungen auf die Diaphanoskopie setzen zu dtirfen.
Trotzdem ist auch dieses neue, noch nirgends reiflich
geprUfte Htllfsmittel wichtig genug, urn bei der Dia-
gnose verwendet zu werden. (Fritsch.)
640. Abtragung von Tumoren der Vulva
mit einem stielbildenden Instrument; von A.
Chdron. (Gaz. des Hop. 79. 1876.)
Bei breitbasigen Geschwiilsten der Vulva ist oft
die Abtragung und das Erzielen einer gllnstigen und
schnellheilenden Narbe schwierig. Deshalb con-
8truirte Vf. ein Instrument, welches auch unter un-
glinstigen VerhUltnissen einen guten Stiel zu bilden
im Stande ist.
Dasselbe, welches Ch. Forcipresseur a lames par al-
leles nennt , besteht aua 2 parallelen, je nach der Grosse
der Geschwulst kflracr Oder langer zu nehmenden StSb-
ehen aus Elfenbetn oder Bucbsbaumholz , die an ihren
Eaden durchbohrt sind. Durch die 4 Locher werden feine
Stahldrahte gesteckt, bo dass dieStabchen parallel an die-
sen Drahten geoffnet und geschlossen werden konnen.
Zwei Kornzangen erfassen die Enden der Btabchen und
dr&eken sie zusammen. In den Branchen der Komzange
befiaden sich an den Enden Locher, durch welche die fei-
nen verbindenden Stahldrahte laufen, so dass ein Abglei-
ten der Kornzangen von den Holzstabchen unmoglich
wird. Die Kornzangen sind hinten mit einer Cremaillhre
verse hen, nm einen vhllig com prim irten Stiel zu flxiren.
Man legt nun zunAchst die Stabchen an die Enden
der Geschwulst und nfthert sie mdglichst. Dann er-
faast man die Enden der Stabchen mit den Korn-
zangen und maebt abwechselnd mit beiden Handen
„sAgende“ Bewegungen. Hat man so mit einer Art
Massage deu Stiel bis auf einige Millimeter verklei-
nert, so bringt man pldtzlich, ,, brusque", die Korn-
zangen zum Schluse. Bios dieser letzte Akt ist
sebmerzhaft. Nun wird der Tumor erst roth, dann
blass und vOllig unempfindlich. Man trilgt ihn mit
dem Messer oder dem Gaivanokautor — letzteren
zieht der Vf. vor — ab. Hat man die Klammer ge-
dffuet, so halt der Brandschorf die Wunde zunachat
zusammen , doch ist es besser , dass noch eine Naht
angelegt wird. Diess ist mit Nadeln nicht mdglich,
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weil das eomprimirte Gewebe zu hart ist. Man
muss also die hartgedrtickten Stellen mit einem fei-
nen Trokar durchbohren, dann durch die Kanllle die
Faden ziehen. So wird stets Prima-intentio erzielt.
Der Brandschorf stdsat sich bald ab. Die Luft
kommt nie mit der Wunde in Berilhrung, nnd diese
heilt bios dann nicht „rapid", wenn im kranken,
z. B. carcinomatdsen Gewebe operirt wurde.
Im eraten Fall tmg Vf. ein Epitheliom der kleinen
linken und grossen rechten Schamlippe ab. Ohne eine
Spur von Entziindung trat Heilung ein.
Der zweite Fall betraf eine birnengrosse Hypertro-
phie der rechten Schamlippe. Die Klammem warden hler
8 Ctmtr. lang , 12 Mmtr. breit und 6 Mmtr. dick genom-
men, Nur bei dem hrusquen Annahern am Ende der
Stielbildung traten 15 Sekunden dauemde Schmerzen ein.
Der Tumor wurde ohne einen Tropfen Blut abgetrennt,
dann der Rest noch mit dem Gaivanokautor gebrannt. Am
26. Tage vollige Heilung, es blieb eine Hneare Mar be
zuruok.
Vf. glanbt, dass das Instrument auch bei Zungen-
tumoren , erektilen Geschwiilsten , Lipomen, Lupus,
Phimosis etc. angewendet werden kann.
(Fritsch.)
641. Eine neue Ursaohe des Vaginismus;
von Dr. 0. Johannsen. (Petersb. med. Wchnschr.
9. 1876.)
Eine 28j&hr. Frau, die seit 6 Jahren in steriler
Ehe lebte , wendete sich an Vf. wegen ftusserst hef-
tiger Schmerzen beim Coitus , die schon seit Jahren
begonnen und trotz verschiedener dagegen gebrauch-
ter Kuren sich immer gesteigert batten ; gleichzeitig
bestand Schmerz beim Uriniren. Eine genaue Unter-
suchung ergab, dass das Andrtlcken der Urethra
gegen die Symphyse ungemeine Schmerzen hervor-
rief. Mittels eines dazu geeigneten Speculum ent-
deckte Vf. in der Urethra an deren unterem Rande
2 8tecknadelkopfgrosse gelbe Punkte, die sich als
die Endpunkte zweier Fisteln erwiesen , von denen
die eine 5, die andere 1 Mmtr. lang war. Die l&n-
gere Fistel Wurde mit einem auf einer dttnnen Sonde
eingefilhrten Messer gespalten , mehrere Male mit
Lapis touchirt und dadurch zu allm&liger Verhei-
lung gebracht. Hierdurch war das Leiden bald voll-
st&ndig gehoben; die kleinere Fistel machte noch
keine Beschwerden nnd wurde nur einige Male
touchirt.
Als Ausgangspunkt der Fisteln dtlrften wohl die
den Littrd’scben Drttsen der m&nnlichen Hamrdhre
analogen Lacunen der weibiichen Hamrdbre anzu-
sehen sein. Veranlassendes Moment mag der Coitus
gewesen sein ; vielleicbt war der tr&umatische Effekt
in der ersten Zeit genttgend , um bei einer Drflse
Entziindung , Verstopfung des Ausftthrungsganges
mit nachtrkglicher Abscedirung in die Urethra her-
Yorzurufen , worauf die anfaugs kleine Fistel durch
tttglichea Ftlllen mit Urin sich allmklig vergrdseerte.
Vielleicbt aber, was dem Vf. wahrscheinlicher dflnkt,
war durch den Coitus Sekret eines alten Trippers
hierher verpflanzt worden, und in der That hatte
Pat. vor 4 Jahren kleine Winwhen an den Soham-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
352
IV. Gyn&kologie u. Pidiatrik.
lippen gehabt, die weggebelzt worden w&ren , tmd
wohl nor als spitze Kondylomen gedeutet werden
kdnnen. (S i c k e 1.)
642. TJeber kunatllohe Erweiterung des
Muttennundee ; von Theodore H. Seyfert.
(Philad. med. Times VI. 225 ; July 1876.)
Als die gefahrloseste Methode ist im Allgemeinen
die allmftlige Erweiterung durch Wieken anzusehen
und als geeignetstes Material zu denselben der
Schwamm ; niemals darf die Operation w&hrend,
kurz vor oder kurz nach der Menstruation ausge-
filhrt werden , oder w&hrend der Uterus selbst oder
dessen Nachbarorgane sich in einem entzQndlichen
Zustande befinden, auch muss man eine Zeit wfihlen,
wo es der Pat. mdglich ist, je nachUmstanden einen
oder mehrere Tage hindurch liegend zuzubringen.
Das Einlegen von Wieken in den Muttermund ist an
und ftlr sich nichts Schwieriges , erfordert aber den-
noch Vorsicht and Behntsamkeit ; durch Benutzung
zu starker Wieken wird unndthiger Weise Schmerz
vernrsacht , ebenso geschieht diess , wenn man die
Richtnng des Cervikalkanals und die mannigfache
Beweglichkeit der Gebarmutter nicht gehdrig bertlck-
sichtigt. Die Wieken vor der Einlegung mit Fett
zu bestreichen ist nicht rathsam, da man dadurch das
Aufsaugen von Fltlssigkeit hindert und . das Heraus-
gleiten befbrdert. Das Wiederabnehmen der Wieken
sollte niemals unter Zuhdlfenahme eines Mutterapie-
gels vorgenommen werden, weil dabei leicht der
Luft Zutritt in die UterushOhle gestattet wird , und
weil es ansserdem dem Finger unmdglich gemacht
wild, durch das Mutterrohr hindurch den Muttermund
zu erreichen. Anstatt die Wieken durch Zerren an
dem an ihnen befestigten Faden zu entfemen, ist es
besser, sie mittels der Fingerspitze allmfllig zu
lockern. Findet man, dass die durch einmalige Ap-
plikation einer Wieke bewirkte Erweiterung keine
genflgende ist, so lege man nicht etwa glcich auf der
Stelle eine neue , st&rkere an , sondern warte damit
einige Zeit, um nicht eine zu bedeutendc und anhal-
tende Reizong oder wohl gar EntzUndung zu verur-
sacben.
Als bestes Material zu den Wieken ist pr&parir-
ter Schwamm zn betrachten ; um die etwaigen Nach-
theile anch solcher Wieken thunlichst zu vermeiden,
hatMcFarran folgendes Verfaliren vorgeschlagen,
welches Vf. sehr empfehien zu kdnnen glaubt. Man
nimm t ein dflnnes Rohr aus Metall oder Haitgummi,
an dessen perforirter Spitze eine Wieke aus Press-
schwamm, eingeschlossen in einen geDau passenden
Ueberzug von Kautschuk befestigt ist. W&hrend
letzterer die alim&lige Ausdehnung des Schwammes
nicht hindert, l&sst er keine Aufhaufung von Sekreten
des Mutterhalskanales von Seiten des Schwammes zu
und schtitzt wiederam die zarte Schleimhaut gegen
jede etwaige Unebcnheit des Schwammes. Die Be-
feuchtung des Schwammes geschieht dnrch Wasser,
welches in einer am Vaginalende des Rohrs befestig-
ten Gummikugel enthalten ist (8 i c k e 1.)
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643. Ueber die meohanisohe Behan dlnng
bei Oeb&rmntterkrankheiten ; von Dr. J. G.
Sinclair Goghill (Brit med. Journ. May 20.
1876. p. 624) und Dr. William H. Baker
(Boston med. and snrg. Journ. XCUI. 11. p. 296.
1875).
0 o g h i 1 1 bespricht die mechanische Behandhmg
der Flexionen und Veriagerungen des Uterus, fiber
deren Wesen and Behandlnng bekanntlich noch keine
Einigkeit erzielt ist.
In Bezug auf die einzelnen Lageverinderungen
bemerkt er, dass bei Versionen das Gleichgewicbt
zwischen Scheide und Uterus gestdrt sei, die Vagina
kdnne dann den Uterus nicht mehr tragen und der
aus dem Gleichgewicht gekommene Uterus mflsse
sich nothwendig senken. Darauf sei zu wenig Werth
gelegt. Um den Uterus zu redressiren , ist Simp-
son’s Sonde das beste Instrument. Der Uterin-
repositor von Marion Sims ist unntltz. Bei Ver-
sionen genilgt es , den Uterus von der Scheide aos
zu stfltzen. Dafttr giebt es Pessarien von mannig-
facher Form. Die gebrftuchlichsteu sind die Ringe
von Hodge. Vf. bildet 2 Pessarien ab, die er ge-
braucht; sie habeu die von Hodge angegebene
Form, nur sind die langen Seiten nach inuen zusam-
mengebogen. Intrauterine Sttltzapparate sind flber-
fltlssig. Uebrigen8 vertr> der Uterus mehr , als
man gewdhnlich annimmt. Besteht eine Flexion, so
ist es deshalb ndthig , ein Intrauterinpessarium ohne
Zdgem zu gebrauchen. Die grdsste Vorsicht iat bei
bestehenden Entzttndungen nothwendig; hier kana
sogar das blose Soudiren schaden. Man wird also
in derartigen Fallen eine antiphlogistische, reap, de-
pletorische Bohandlung der mechanischen voraus-
schicken. Ist eine Flexion mit einer Version com-
binirt, so muss man vaginale Sttltzapparate mitintra-
uterinen verbinden. Bei Anteflexionen ist oft die
Blase , bei Retroflexionen das Rectum in Mitleiden-
schaft gezogen. Ein Fall wird angefilhrt, der zuerst
als Mageukatarvh, Blasenleiden etc. lange behandelt
wurde. Sobald die Diagnose gestellt und die ortho-
p&dische Behandlung des Uterus eingeleitet wurde,
trat vdllige Heilung ein. Das Intrauterinpessar des
Vf. ist selu* kurz und besteht aus 2 klaffenden Span-
gen , welche sich unten in einem kleinen Ringe an-
einanderschliessen. Ein feines Stilet wird dnrch
kleine Klammern in beiden Branchen des Pessars
geffihrt, so daBs die Spangen vollkommen auseinander-
liegend erhalten werden kdnnen. Dann wird es ein-
gebracht und das Stilet entfemt. Dabei springen
die beiden H&lften auseinander. Der dadurch zwi-
schen den oberen Enden entstehende Zwischenraum
betr> 1 Ctmtr. , so dass es leicht entfernt werden
kann und sich doch allein halt. In den Ring, wel-
cher unten die 2 H&lften des Intrauterinpessarium
vereinigt, kann ein grosserer Ring rechtwinklig ein-
gesetzt werden. Man erh< so ein vaginales Possa-
rium und kann so mit eine Vereinignng eines vagi-
n&len und iutranterinen StUtzapparates bei compli-
cirten Fallen von Flexioaen und Versionen in An-
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263
IV. Gynikologie u. P&diatrik.
wendong bring©*. Ein Fall , wo dm Retrovereio-
Fiexio hflchsten Grades, bei der congestive Dys-
menorrhde bestand, geheilt wurde, Ut angefllhrt.
Ref. bemerkt flbrigens , class diese Combination
zweier Peasarien schon recht hftufig , und aneh anf
dieselbe Art versncht and empfohlen ist.
Die Arbeit Baker’s ist mehr casnistischer Art.
Es werden an Fallen die verschiedenen mechanisehen
Htlfeleistungen bei Uterinerkrankungen demon-
strirt. •
1) Eine Frau, welche 6 Abortus und4Gebnrteii uber-
staaden batte, kam in Bebandlung, well sie das Eintreten
eines abermaligen Abortus furchtete. Der im 2. Monat
schwangere Uterus lag vollig retrovertirt und flektirt, und
war sebr empfindlicb. Blut doss aus dem Muttermund.
Nach 5tagiger Behandlung mit Opium konnte der Uterus
durch bimanuelle Handgriffe reponirt werden. Eln
Hodge 'scbes Pessar wurde eingelegt und nach 3 Monaten
entfemt. Die Schwangersehaft dauerte fort. Der Fall
soli beweisen , dass oft Abortus anf fehlerhafter Stellung
des Uterus beruhen und durch richtige Lagerung des Ute-
rus verhutet werden kann.
2) Eine Frau von 31 J. lltt seit 10 J. an Hamzwang
und Verstopfung; sie war sehrelend, der Coitus wegen
enormer Schraerzen unmdglich. Der Uterus war durch
subeerSse Fibrolde yon FaustgrSsse gegen die Symphyse
gedrangt. DieTnmoren bildeten, in derHoble des Sacrum
liegend, eine unbewegliche Masse. Die Lange des retro-
flektirten Uterus wurde mit der Sonde auf3' bestimmt.
Vaginalinjektionen und Jodapplikation im Fornix vaginae
beseitigten die Scbmersbaftigkeit. Nach 2 1 ', Wochen
war die Schmensbaftigkeit verschwunden , «’ie Reposition
des Fibroms in den Leib mbglich. Ein Pessar, durch
eine T-Binde gehalten , wurde eingebracht. Der Coitus
konnte nun ausgeubt werden. Das Pessar blieb liegen
und wurde von der Pat. selbst von Zeit zu Zeit entfernt
and wieder eingelegt. Dieser Fall soli die Nothwendig-
keit einer der mechanisehen Therapie vorausgeschickten
Antiphlogose beweisen.
3) Eine 39 J. alte Frau, Mutter von 4 Kindern, war
schon 2mal von Marion Sims operirt worden , weloher
das eine Mai ein intranterines Fibroid entfernt, das andere
Mai den Uterns ausgekratzt (curetted) hatte. Dahei war
beftige Metrorrhagie aufgetreten, dann Abortus im 2. Mon.
mit fiberaus grossem Blutverluste erfolgt. Der Uterus
ersohien gans retroflektirt und erweitert. In den Mutter-
aund konnte man den halben Finger einbringen. Press*
schwamm ; nnter Narkose Entfernung eines wallnoss-
grossen Schleimpolypen mit Sims’ Curette. Die ganze
Uterushohle wurde darauf ausgeschabt und darauf nebst
der Vagina wegen enormer Blutung tamponirt. Heilnng.
4) Frau von 35 Jahren. Ein Abortns a. eine normale
Gebnrt. Cervix anfgerissen, ausgestulpt, hypertrophirt,
mit Sekret bedeckt ; Uterus retroflektirt. Vereinigung
des Cervikalrisses nach Emmet; vollige Heilnng. Die
Retroflexion war also Folge der Ektropionirung der Vagi-
nalportion.
5) Eine unverbeirathete Frau von 30 J. war vor 6 J.
an Lageverauderung des Uterus behandelt worden. Bei
einer spatern Erkrankung fiihrtc der Arzt das Intrauterin-
pessarium durch die Harnrohre in die Blase ! Es wnrde
nach 1 Jabre entfernt , docb entstand dabei eine Vesieo-
vaginalflstel , durch welche 7 Monate danach ein Blasen-
stetn , wohi durch das Pessarium entstanden , entfernt
wurde. Die Fistel wurde 2mal ohne Erfoig und dann von
Thomas gliicklich operirt.
6) Ein nervftses Madcben von 20 J. klagte flber oou-
Htante Schmerxen im Becken. Der retrovertirte Uterus
wurde reponirt and ein kleines Vaginal pessarium cinge-
fohrt. Pat. entfernte sich dasselbe selbst , spater aber
wnrde es wiedeT eingebracht, woranf eine schwere Becken-
ceQnBtis entstand.
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Die belden letatea F&lle sollsn die mdgtiehe Schid-
tichkeit einer mechanisehen Bebandlung seigea.
(Frltsoh.)
644. Ueber die Hypertrophie des vagi-
nalen Theils des Uterushalses ; von Alphonse
Guerin. (Gaz. dea Hop. 69. 71. 1876.)
H u g u i e r trennte zuerst den Prolapsus von der
Elongation des Cervix ; doch ging er zu weit, wenn
er outer 64 Fallen bios 2mal eine Senkung geseben
haben wollte. Auch Vf. scheidet sebr scharf die
Hypertrophie von dem Vorfall, ausserdem aber trennt
er die Hypertrophic des Theils des Cervix , an wel-
chem die Schcide sitzt, von der VerlSngerung des
Theils , welcher frei in die Scheide ragt. Vf. be-
spricht hier die erstere Affektion. Der betr. Theil
des Cervix kann 16Ctmtr. lang werden, gewSlmlich
aber wird die Portio vagin. bios 6 — 8 Ctmtr. lang,
dann ist der Uterns in toto 14 — 16 Ctmtr. lang.
Eigenthilmlich und nnerkl&rt ist, dass bei dieser par-
tiellen Hypertrophie der Fundus gewdhnlich auf-
fallend klein gefuuden wird. Uehrigens steigt mei-
stens der Uterus etwas herab , wenn ancli Ovarian,
Tuben und Ligamente ihre physiologische Lage be-
wahren. Die Scheide wird wie ein Handschuhflnger
eingesttllpt, so dass sie schlilsslich doppelt ist; man
kdnnte wie an der Pleura einen parietalen und viace-
ralen Theil unterscheiden. Also kommt gerade das
Gegentheil zn Stande von dem, was die Boivin
und Dug 6 8 beschreiben: es zieht nicht die
Scheide den Uterus herab, sondern letzterer wird
hypertrophisch nnd zieht die Scheide dabei mit
nach abw&rts. Die Blase kann hierbei , da sich ja
die Stelle des Uterus vergrbssert, an welche die
Blase angesetzt ist, ebenfalls dislocirt werden. Viel
seltner ist Rectocele. Meist wird diese „Hypertro-
phie susvagiual“ bei Frauen gefunden , welche ge-
boren haben. Der Mnttermnnd ist nicht, wie es
Huguier beschrieb, eine Querspalte, sondern eine
semicirknlare Oeffnnng ; wenn sich die vordere Lippe,
wie hhufig, besonders stark vergrOssert , so tritt der
Muttermund ganz nach hinten ; diese Verknderang
mass man kennen, nm die vordere Mnttermundsiippe
nicht ftlr einen Polypen zn halten. 8elten fehlt eine
Ulceration am Orificium uteri , welche eine mecha-
nische Ursache hat, z. B. Reiben an den be*
nachbarten Theilen. Bei der Reposition kann man
die Hypertrophie von dem Prolapsus gut nnterschei-
den. Die verlkngerte Portio Itet sich leicht in daa
Becken schieben , kommt aber schnell wieder zum
Vorechein. Sie bleibt nur dann im Becken , wenn
eine Flexion, meist Retroflexion, seltener Anteflexion,
entsteht. Nach der Reposition ist der Zustand
8chlimmer. Bei Prolapsus ist die Reposition oft
schwieriger, der Uterus tritt aber nicht sofort wieder
ans der Vulva, nnd dieSymptome verechwinden nach
der Reposition. (Fritsch.)
645. Uterin-Mole ; von Dr, A tt hi 11. (DuM.
Joum. LXU. p. 249. [3. Ser. Nr. 67.] Sept. 1876.)
In der pathologischen Geaellschaft zn Dublin be-
merkte Vf. unter Vorzeigung eines Prftparates, dass
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254
IV. Gyn&kologie u. Pidi&trik.
man 2 Arten von Uterln - Molen zu untersoheiden
habe, solche, die das Produkt einer Conception sind
und als wahre Molen bezeichnet werden, und solche,
die aus irgend einer andem Veranlassungentstanden.
Die Unterschcidung beider ist insofern von Wichtig-
keit, als die Verwechselnng falscher mit wahren
Molen in gewissen Fallen selir gravirend nnd ungtln-
stig fhr manche Frauen werden kcSnnte. Das vom
Vf. vorgezeigte Exemplar giebt einen Beweis davon,
wie lange Zeit eine Mole inn Uterus zu vcrweilen ver-
mag , in diesera Falle mindestens 9 Mon. vom Ab-
sterben des Embryo bis zur Ausstossung der Frucht.
Die 26jahr. Fran, welehe 2mal, zuletzt vor 2 Jahren,
in normaler Weise geboren hatte, menstruirte zuletet am
27. Marz 1875, worauf sich alle Syinptomc einer neuen
Schwangerschaft einstellten ; ini 3, Mon. dcrselben trat,
nachdem sie einen Stoss atif den Leib erhalten hatte, ein
starker BIntabfluss ein, der erst nach .3 Wochen gan zilch
anfhdrte. Die Cessation der Menstruation bei iibrigens
gutem BetindeD, ohne dass Symptome einer sich weiter
entwickelnden Schwangerschaft eintraten , veranlassten
im Febr. 1876 die Frau, bei Vf. sich Rath zu holen. Der-
selbe fand den Uterus sehr vergrossert und retroflexirt
und schCpfte Verdacht, dass sich eine Mole in der Gebar-
mntterhohle befinde. Die Untersuchung hatte das Ein-
treten yon Wehen zur Folge, und nach 12 Std. crfolgte
die Anstreibung einer Mole. Dieselbe bildete eine feste
fleiechige Masse mit einer HSble in ihrer Mitte, die voll-
koramen leer war.
Wenn ein Embryo abstirbt, so bedarf es zur Ab-
sorption desselben einer verhftltnissmassig nor kur-
zenZeit, wobei dasEi selbst fortleben kann. Scan-
z o n i ist der Ansicht, dass Massen , wie die vorge-
zeigte, nur aus coagulirtem Blute bestehen ; der
donklere Theil derselben ist muthmaasslich die Pla-
centa gewesen, w&hrend der grdsste Theil auB seines
Farbstoffes beraubtem Blute bestand. Die wahre,
durch Conception entstandene Mole erreicht oft
eine ungeheure GrOsse, indem nach Absterben des
Embryo die Eitheile fortwacbsen. (S i c k e 1.)
. 646. Taatbarkeit der Nabelsohnur duroh
die Bauchdecken ; von Dr. E. Bidder. (Petersb.
med. Wchnschr. 8. 1876.)
Eine sum 3. Male Schwangere war kurz vor dem
Knde der Schwangerschaft gefallen und verlor bald daranf
fortwahrend Fnichtwasser ; in der der Untersuchung vor-
ansgehenden Nacht hatten ungewohnlich starke Kindes-
bewegungen mit auflalliger Vorwolbung des Leibes statt-
gefnnden. Die Untersuchnng zeigte den Uterus dem Ende
der Schwangerschaft entsprechend ausgedehnt, das Kind
in 2. Schadellage, Rucken vorn rechts, KruchtwaBser noch
nicbt yollBtandig abgeflossen ; die Bauchdecken ziera-
lieh schlaff, nicht auffallend verdunnt. Etwa in der H5he
des Nabels fand sich ein etwas scbrag von rechts unten
nach links oben verlaufender Strang, der sich bei gonanor
Betastung als nnter den Bauchdecken liegend erkennen
Hess, die uber ihm abgohoben werden konnton. Er war
lings des Rnckens der Frncht leicht nach nnten nnd oben
zu verschieben , wenn auch nur in der Ausdehnung eini-
ger Fingerbreiten , und an ihm dentllch die Pulsation,
152 Schlage in der Minute, v5Ulg coincidirend mit dem
Herzschlage derFrueht, wahrzunehmen. Gegen Abend
begannen die Wehen and es wurde ein ausgetragenes,
mittelgrosses Madchen in tiefer Asphyxie geboren, das
zwar wieder belebt wurde, aber nach 14 Std. starb.
Die Mabelscbnur war kfirzer als gewShnllch, hSchstens
30 Centimeter.
Der Grand davon, dass die Nabelsohnur den ge-
Bchilderten abnormen Verlauf bo Jtusserst selten zeigt,
trotzdem dass Umschlirlgungen urn den Rumpf hAufig
genug vorkommen, liegt wohl einfach in den Raum-
verhAltnissen des Uterus und der glatten Flftche, die
der Rficken der Pruclit bietet. Bei genttgender
Frnchtwassermenge u. bei ihrer gewfthnlichen L&nge
ranss die um den Rumpf gesclilungene Nabelschnur
rasch am Rttckcn herabgleiten , worauf sie dann an
den Hals gelangt, an dem Rie hAngen bleibt, oder sie
gebt wohl auch unterhalb des Kopfes wieder zurtlck
auf die Vorderaeite des Kbrpers. (S i c k e I.)
647. Die Benutzung der Hand zur Verbes-
aorung von Gesichtslagen ; von Dr. J a a. C. M e
Meehan. (The Clinic X. 6; Febr. 1876.)
Gesichtslagen , Stim uacb vorn, Kinn nach hin-
ten, kommen nur in 2 Formen vor, im rechten und
im linken schrftgen Durchmesser des miltterlichen
Beckens ; Falle, in denen der fronto-mentale Dnrch-
raesser in der Conjugata gefnnden wurde nnd wo die
Geburt in dieser Lage spontan beendigt wurde, kdn-
nen nur unreife und abgestorbene Frllchte betroffen
haben. 1st das Kind in den oben erwllhnten Lagen
bis in die Beckenhtthle herabgetreten , so kann von
einer spontanen Beendigung der Geburt nicht mehr
die Rede sein. Was nun ein operatives Eingreifen
anlangt, ho kann der Kopf, so lange er noch im
Beckeneingange stelit, mittels der Hand in den qne-
ren Durchmesser gebracht werden , ist er aber bis
in die Hflhle herabgertlckt , so ist diess nicht melir
mdglich. Sollte man in einem solchen Falle nicht
den Vereuch machen, den Kopf wieder bis auf den
Beckeneingang zurtlckzudrticken und ihm dann die
gewilnschte Richtung zu geben? Wenn Barnes
sagt, dass solche Versuche misslangen, so gesebah
diess aus dem Grunde, dass man ohne Zuhillfenahme
anSstbetiscber Mittel operirte und dass man nicht
den nbthigen Grad von Kraft anwandte. Ein Ver-
such , den Kopf mittels der Zange zu entwickeln,
ohne vorher das Kinn nach vorwftrts rotirt zu haben,
bleibt erfolglos , wenn nicht der Kopf ungewohnlich
klein und das Becken sehr ger&umig 1st. Die Per-
foration des Kopfes ist nur als letztes Mittel anzu-
sehen und nur nach vergeblichen Versuchen anderer
Mittel vorzunehmen. Zum Gelingen des Versuches,
ein mit dem Gesichte bereits bis in die Beckenhdlile
hcrabgetretenes Kind auf die Fttsse zu wenden , ist
es erforderlich, dass Raum genug vorhanden sei, um
die Hand bei dem Kopfe vorbeizubringen ; es wflrde
dann aber immer noch die Gefahr einer Ruptur der
Geb Arm utter sehr nahe liegen.
Vf. beschreibt hierauf einen von Parry nnd
einen von ihm selbst beobachteten Geburtsfall; in
beiden Fallen gelang nach vorheriger Darreichung
▼on Morphium und Anwendung von Chloroform das
Znrflckdrticken des mit dem Gesicht, Stirn nach vorn,
Kinn nach hinten, vorliegenden, bereits in der Becken-
hdhle stehenden Kopfes', [indem der Daumen an die
Nasenwurzel und 2 Finger an die Maxillen angeeetzt
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255
IV. OyB&kotogie a. Phdiatrik.
warden and ein starker Drook ausgerflbt worden
war. Der mm wieder frei tlber dem Beckeneingange
stehende Kopf Hess sich jetzt leicbt in die gewttnschte
Stellung bringen und wurde darauf obne grosse
Schwierigkeiten mittels der Zange extrahirt. Der
grosse Vortheil, den diese Metliode gewihrt, ist der,
dans das Leben des Kindes dadurch nicht im Gering-
sten gefkhrdet wird und dass aucli der Mutter keine
Gefahr aus derselben erwkclist. Von besonderer
Wichtigkeit ist es, dass man mit dem in Rede stehen-
den operativen Eingiiffe nicht zu lange wartet, denn
je tiefer und fester das Gesicht im Becken steht, um
desto schwieriger ist nattlrlich die Aosflihrung der
Operation. (Sick el.)
648. Ueber die Extraktion bei Beoken-
1 agen ; von Prof. 8 p 0 n d 1 y. (Schweiz. Corr. - Bl.
VI. 11 u. 12. 1876.)
Obgleich die Beckenlagen noch zu den physio-
logischen gehSren, d. h. eine spontane Geburts-
beendigung olme Schaden f(lr Mutter und Kind zu-
lassen, so muss doch die Extraktion, ganz oder theil-
weise, nicht gar selten ausgeflilirt werden , weil ge-
wisse Faktoren jede Beckenlage zum Nachtheile des
Kindes zu compliciren im Stande sind, namentlich
Wehenschwkche nach dem Durchschneiden des Steis-
ses, regel widrige Haltung der Anne und aus irgend
welcber Ursache zSgernder Austritt des Kopfes.
Mehr als der nie ausbleibende Druck auf den Nabel-
strang wirken 'die vorzeitigen Respirationsversuche
nachtheilig. •
In seiner Privatpraxis hatte Vf. in 87 Fallen
prim&rer Beckenlagen nflthig, durch extraktive Hand-
griffe einzugreifen ; ausgeschlossen sind diejenigen
Falle, wo wegen excesaiver hydrocephalischer Ent-
artnng die Perforation notkwendig war. Das gegen-
seitige Verhaltniss der Beckenlagen anlangend, so
kamen 39 Steiss-, 40 Fuss- und 8 Knielagen vor.
Die 39 Steisslagen theilen sich in 31 einfache nnd 8
gemlschte ; eretere zerf alien In 18 erste und 13 zweite,
letstere in 6 erste und 2 zweite. Die 40 Fusslagen wa-
res 22mal voilkommene u. lHmal nnvolikommene, erstere
theilen sich in 14 erste nnd 8 zweite, letatere in 13 erste
nnd 5 zweite. Von den 8 Knielagen war nur eine voli-
kommen, nnd zwar eine erste, 7 unvollkommen , aus-
schliesstich zweite. Unter den 87 in Querlage gebomen
Kindern befanden sich 7 Zwi Hinge, wovon nor 2 dersel-
ben Geburt angchortcn. Das Oeschlccbt der Kinder an-
langend, so waren 48 Knaben and 39 Madcben.
Der Ausgang der Geburt war fllr 86 Matter ein
gflnstiger, von den Kindern kamen 31 todt zurWelt,
16 Knaben und 15 Madchen, die anvollkommenen
Fusslagen nnd die einfachen Steisslagen waren die
gUnatigsten. Die grosse Zahl der Todtgebornen fin-
det ihre Erklamng darin , dass von den 31 Kindern
4 Missgebnrten waren, 3 schon Iftngere Zeit abge-
storbcn und 11 kurz vor der Extraktion zu Grande
gegangen waren, oder Vf. zn einer Zeit gerafen
wurde, wo die Frucht schon bis Uber den Nabel ge-
boren war. Von grosser Wichtigkeit bei den Becken-
lagen ist der Abgang des Fruchtwassers.
Znm Zwecke der Untersuchuog theilt Vf. die 87 Kin-
der In 4 Grappen : a) Abgang dee Fruehtwanere in Vfc.
Gegenwart, racist durch spontanea Blaaensprung ; hierher
gehOren 17 Falle, darunter 9 Fusslagen ; 4 Kinder kamen
todt zur Welt, davon 2 Missgebnrten. b) Abgang dee
Frnchtwassers bis hSchstens 2 Std. vor der Extraktion ;
hierher gehbren 24 Falle, 12 Fuss-, 9 Steiss- und 3 Knie-
lagen ; todt geboren wurden 9 Kinder, c) Abgang dee
Fruchtwassers 2 — 24 Std. vor der Extraktion, 34maJ, und
zwar bei 14 Fuss-, 17 Steiss- und 3 Knielagen; 11 Kin-
der kamen todt znr Welt. Anch bei dieser Klasse liegen
die Ursachen des Todtgeborenwerdens weniger auf Seite
des fruhen Abganges des Fruchtwassers , als anderswo,
denn es fanden sich 1 Missbildung, 2 Beckenverengerun-
gen, 1 straffcUmschliugung der Nabelschnur um den Hals,
1 sehr grosses Kind bei einer Erstgebarenden und 2 Fllle
von heftigen Krampfwehen bei 12 — 13 Std. vor der Ex-
traktion erfolgtem Wasserahdusse. d) Abgang des Frucht-
wassers 1 bis mehrere Tage vor der Extraktion, 12mal,
bei 6 Fuss- und 6 Steisslagen ; 7 Kinder kamen todt zur
Welt, wogegen lebcnde Kinder verzeichnet sind , wo das
Wasser 2—3 Tage vorher abgeflossen war.
Hierau8 gelangt Vf. zu folgenden Schltlssen :
1) die Fusslagen scheinen den vorzeitigen Abfluss
des Fruchtwassers nicht in hOherem Grade zu be-
gflnstigen als die Steisslagen ; 2) der vorzeitigc Ab-
fluss des Fruchtwassers scheint bei Beckenlagen von
minder grossem Einflusse auf das Leben der Frucht
zn sein als man gewOhnlick annimmt; 3) nur bei
19.5% sdmmtiicher Beckenlagen, wo die Extraktion
ausgeftihrt wurde, stand die Blase noch.
Eine nicht unwichtige Rolle spielen bei den
Beckenlagen die Abnormitaten des Nabelstranges,
obenan der Vorfall desselben, der haufig als Indika-
tion fBr 'die Geburtsbeendigung aufgefasst wird. Da
jedoch die Gefahr nicht frflher beginnt als bis das
nntere Rnmpfende durchschnitten , so ist es an nnd
ftlr sich ganz gleich, ob der pulsirende Nabelstrang
vorgefallen ist oder nicht. Unter den 87 Becken-
lagen kamen Vorfall der Nabelschnur llmal, Um-
schlingungen um den Hals 9mal , um den Arm nnd
Reiten auf dem Strange 4mal vor; der Vorfall er-
eignete sich bei 9 Fuss- und 2 Steisslagen. Unter
den 24 Nabelstranganomalien kamen 14mal die
Kinder lebend, lOmal todt znr Welt. Die letztem
vertheilen sich auf 4 Vorfille, 5 Umschlingungen
um den Hals und 1 Reiten auf dem Strange. Weder
bei dem Vorfalle noch bei den andem Anomalien lag
die Todesureache auf Seiten des Stranges, und nur
ein einziges Mai vielleicht Hess sich diess von einer
straffen Umschlingung uin den Hals behaupten, sonBt
standen immer andere Todesursaclien im Vorder-
grande. Es wird hieraus ersichtlich, dass die Ano-
malien der Nabelschnur nnd namentlich der Vorfall
derselben bei Beckenlagen an sich keine Gefahr im-
pliciren und deshalb auch nicht zum raschen Open-
ren auffordern k5nnen.
Bei Begrflndung der Indikationen znr Extrak-
tion kann es wesentlich nnr daranf ankommen , die
Hanptgesichtspunkte aufzustellen , von denen aus
das Operiren zur Pflicht wird ; als sotche bezeiohnet
Vf. folgende: 1) primkre Wehenschwftche oder se-
kundare nach dem Durclischneiden des Steisses ; letz-
terer giebt zn den meisten Extraktionen Veranlas-
sung. Aber auch die erstere kommt nicht selten
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256
IV. Gynakologie u. Pkdiatrik.
vor and wird bee. dum 2 am Operiren auffordern,
wenn bei getfffnetem Mnttermande das Fruchtwasser
1 angst abgeflossen ist. 2) Fehlerhafte Haltung ernes
oder beider Anne. 3) Zbgerung des Kopfes, gleich-
viel aus welcher Ursache. 4) Beginnende oder zu
befllrchtende ABphyxie. 5) Erhebliche Metrorrhagien.
6) Gleichzeitige Vorlage oberer Extrcmitaten , weil
dlcselbe darauf hindeutet, dass z. B. der Fuss nur
zuftllig vorliege und man es eigentlich mit einer
Schief- oder Querlage zu than liabe. Da man bei
keiner Beckenlage im Vorans bestimmen kann, ob
keine erheblichen und verderblichen Zdgcrungen ein-
treten konnen , so ist bei alien Beckenlagen die
Gegenwart des Arztes vonnbthen oder die Hebam-
men mtlssen die Extraktion macben kOnnen.
So genau man im Allgemeinen die Ursachen der
Qnerlagen kennt , so wenig gilt diess in Bezug auf
die Beckenlagen. Es giebt nicbt wenige Fuss- und
Knielagen , welche offenbar blose Uebergiinge aus
Querlagen darstellen und auch h&ufig mit solchen
wechseln. Gewiss spielt das Becken eine vorzUg-
liche Rolle bei Entstehung der Beckenlagen , indem
es bei Verengung oder unregelmttssiger Configuration
der obern Apertur dem Kopfe nur spates oder gar
kein Eintreten gestattet. Andere Male ist es der
Uterus, welcher durch Ausweitung der untern Partie
zu Beckenlagen Veranlassung giebt. Ausserdem sind
noch bedeutende Fruchtwassermengen ftlr die Fuss-
lagen , Erschtltterungen in der letzten Zeit der
Scbwangerscliaft und in einzelnen Fallen eine nicht
zu leugnende Familienerblichkeit im Stande, Becken-
lagen herbeizuftlhren.
Die vom Vf. in seinen 87 Fallen ausgettbten
operativen Handgriffe bestanden 8mal in ausschbess-
licher Armlbsung, wobei 3 Kinder todt zur Welt
kamen , 38mal in ausschliesslicber Entwicklung des
Kopfes, mit 9 todten Kindern, und 41mal inVerbin-
dung beider Operationen, wobei 19 Kinder todt ge-
boren warden. Wenn die meisten Autoren fib' die
Vomakme der Extraktion das Querlager fordern, so
erklart Vf. , dass er dasselbe kaum in der Halfte
sammtlicher Falle benutzt, sondern sich in der Regel
auf Erhdhung des Steisses oder Anwendung der
Schrkglage beschrknkt hat. Die Entwicklung deB
Kopfes mit der Zange verwirft Vf., da man wohl
nor selten die notbige Schnelligkeit wird entfalten
kdnnen, um das Kind zu retten, und da im misslich-
sten Momente der Kopf gewdhnlich noch so hoch
steht , dass an die Anwendung der Zange gar nicht
zu denken ist Eine Zeit von 5 — 6 Min. dttrfte das
Hochste sein, innerhalb deren fllr das Lcben der
Frucht etwas zu hoflfen steht; frtlher wandte derVf.
den SmeUie’schen Handgriff an, neuerdings verfehrt
er so, dass er die Finger der einen Hand neben dem
Nacken tlber die Schultern setzt und mit den Fingem
der unterliegenden Hand entweder an den Oberkie-
fern oder, wenn diess nicht angeht, in der Mundhdhle
zieht; es ist die unter dem Natnen „Veit-Smellie’-
scher Handgriff" mit Reckt in allgemeine Uebung
gekommene Methode. (S i c k e 1.)
649. Ueber sohwere Steisageburten und die
Anwendung des stump fen Hakens; von Bailly.
(Gaz. des H6p. 76. 81. 87. 1876.)
Dass Steisalagen Gefahren ftlr Mutter and Kind
bedingen, ist bekannt. Vf. will nicht alle llblen
UmsttLnde berflhren , sondern bios einige , aelbst be-
obachtete, an der Hand von Fallen, auseinander-
setzen. Es werden zunlchst die Abweichungen im
Mechanismu8 besprochen. Am hflufigsten 1st ein
Aufenthalt uber dem Bccken : der Steiss zhgerte ein-
zutreten ; und zweitens ein Aufenthalt im Bccken :
der Steiss wird in derMitte desBeckens aufgehalten.
Auch kann die Erschwerang der Gebnrt damit zu-
sanimenhangen , dass der Rttcken nicht die Drehung
nach vorn macht, also diagonal stehen bleibt
Es folgen 2 Falle von „incompletem Engagement"
des Steisses in den Beckeneingang. Im ersten batten
die Wehen bei einer Multipara schon 4 T. gedauert.
Vf. fand die Frau sterbend; liber den Beinen lag
der Steiss, welcher erst ftlr den Kopf gehalten wurde.
Die Zange glitt ab; auch cin zweiter Versuch schlug
febl. Nachdem durch genaue Untersuchung die
richtigc Diagnose gestellt worden war, wurde ein
Fuss herabgeholt und die Extraktion des verfaulten
Kindes leicht gemacht. Am andern Morgen war die
Mutter todt. Im 2. Falle wurde bei einer Primi-
para mit dem stumpfen Haken ein lebendes Kind
extrahirt. Die Gebnrt danerte 37 Std. und 8 Std.
waren seit der vOlligen ErO Anting des Muttermundes
verflossen.
Als Ursachen <fes Widerstandes , obschon in
beiden Fallen weite Becken vorlagen, fllhrt Vf.
folgende Umstande an. 1) Die fllr Steisslagen cha-
rakteristische Wehenschwache, welche wiederum aof
die Form des Steisses , welcher nicht so reizt als der
Kopf, zu beziehen ist. 2) Der Kopf steht auch bei
Primiparen in der letzten Zeit der Schwangerschaft
stets tiefer als der Steiss. Nur lmal in 15 J. sah
Vf., dass bei einer Primipara der Steiss in der letzten
Zeit der Schwangerschaft so tief stand, wie man ge-
wdhnlich den Kopf findet. 3) Der Steiss , welcher
das Becken nicht ganz ausftlllt , kann sich wahrend
der Wehe verschieben, dadurch drtlckt er nicht so
energisch als der Kopf auf den Beckenboden und
die (reflektirten) Presswehen sind schwacher.
I,m 3. von Vf. angeftlhrten Falle wurde bei einer
Zweitgeb&renden das Kind mit dem stumpfen Haken
extrahirt. Trotz dergrosstcn Vorsicht entstand dabei
eine Excoriation der linken Scbenkelbeuge des Kin-
des, die aber gut heilte. Das Kind stand zwar auf
dem Damme , aber diagonal. Als Grand dieses un-
gUnstigen Standee ist Wehenschwache zu betrachten.
Zum Schluss erklArt sich Vf. im Ganzen fllr eine
exspektative Behandlung. Man soil die Gebnrt bios
zu erleichtern sucheu. Sehr fehlerhaft ist es , gleich
an den Beinen zu ziehen, wean man sie erreichen
kann. Schreitet die Geburt fort, so enthalt man sich
zun&chst jeden Eingriffs. Ist aber ein Aufenthalt
im Fortschritt eingetreten, so bandelt es sich darum,
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IV. Gynfikologie u. PAdiatrik.
m untersuchen, wo der Steiss steht. Steht er noch
fiber den Beinen, bo fBhrt man die Hand ein and er-
greift den am leichtesten zu fassenden Fuss. Der-
8elbe wird in der Achsc des Beckens nach nnten ge-
filhrt. 1st das Kind schon in das Becken getreten,
so kann man die Hand nicht mehr einftthren und
dann ist — nach Vf. — der stump fe Haken das
einzige Mittel, um die Ge hurt zu beendigen, und zwar
empfiehlt er den am Griff der Cazeanx’schen Zange
befindlichen. Man beendet die Geburt, nachdem der
Haken in die vordere Schcnkelbeuge eingeflihrt ist,
es ist falsck, den Haken abzunehmen, um ihn in der
andern Schenkelbeuge zu appliciren.
Ref. glaubt, dass Vf. zn weit geht, wenn er den
stnmpfen Haken die „seule ressource" nennt, dass
aber die Angst vor dem stnmpfen Haken bei Steiss-
lagen heutzutage ebenfalls zu weit geht.
(Fritsch.)
650. Zur Lehrs vom Stoffweohael zwiachen
Mutter und Kind;, von Dr. H. Fehling. (Arch,
f. GynAkol. X. 2. p. 313. 1876.)
Die Frage, welche Stoffe von der Plac. materna
in die Plac. foetalis und von da in den Kreislauf des
Fotus gelangen konnen , ist bisber nur hdchst uu-
genflgend beantwortet worden. Dass Salicylsilure
auf diese Weise schnell in den Fdtal kreislauf ge-
langt, wies Benicke nach. Dass dagegen Chloro-
form u. Morphium nicht in die kindliche Cirkulation
ttberzugehen scheint, wurde bisher nur an der Hand
der Praxis dargethan, bis Zweifcl (Berl. klin.
Wchnschr. 1874. Nr. 21 ; Jahrbb. CLXIII. p. 46)
die Mogliclikcit fUr das Chloroform annahm; doch
sind die letztern Untersuchungen nicht beweisend
genug, weil das Blut des Ffitus nicht zur Destination
auf Chloroform verarbeitet wurde.
Vf. theilt 3 hierher gehdrige Vivisektionen mit ;
in 2 Fallen warden die trAchtigen Thiere durch In-
jektionen einer lOproc. Curarelosnng vollig regungs-
lo8 gemacht und nur durch ktlnstlicbe Athmung er-
halten; trotzdem zeigten sich die Jungen in ntero
sehr lebhaft. Im 3. Falle wurde das liocbtriichtige
Thier chloroformirt , bis die spontane Athmung auf-
hdrte und es nor durch die kflnstliche erhalten wurde.
Die Jungen bewegten sich und machten spontane
Athembewegungen. In diesen 3 Fallen ging also
Curare und Chloroform nicht in schadlichen Mengen
in die Cirkulation des Fdtus fiber. Dasselbe gait
bisher auch fUr das Morphium ; denn die Todes-
fille , welche nach zahlreichen Geburten , bei denen
Morphium angewandt worden war, zuweilen ein-
traten , konnten stets durch anderweite Ursachen ge-
nflgend erklart werden. Auch trat der Tod in Fallen
ein , in denen kein Morphium , kein Chloroform ver-
wandt worden war. Dagegen sah Ref. gerade in
Fallen , in denen liohe Dosen Morphium und Chloro-
form zur Anwendnng gekommen waren, lebende
Kinder geboren werden , die zum Theil jetzt noch
leben. Trotzdem glaubt Vf., dass doch vielleicht
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. a.
in einzelnen Fallen intrauterine Morphmmintoxikation
die Todesursache abgegeben habe, da er in 3 Fallen
von nicht zu schweren Geburten bei den todtgeborenen
Kindern auffallenden Blntreicbthum des Gehime,
stellenweise mit Blutergflssen, nachweisen konnte.
Es muss also noch weiter untereucht werden,
welcher Art die Stoffe sind , welche durch die beide
Placenten trennendc Epitheldecke treten , und wie
gross die Menge dieser Stoffe im mtltterlichen Blute
sein muss, wenn fttr das Kind eine nachtheilige Wir-
kung entstehen soli. (Kormann.)
651. Ueber Fissura ani bei sauglingen;
von Dr. Mabboux. (L’Union 58. 61. 68. 1876.)
Vf. erzhhlt zuerst einen Fall, in welchen ein
2monatl. Kind seit 3 Wochen an Stuhlverstopfung
litt und unter lebhafteu Schmerzensiinsseriingen un-
gewdhnlich liarte Stuhlmassen entleerte. Da der
Symptomencomplex sofort an das Bestehen einer
Analfissur erinnerte, die bekanntlich im SAuglingsalter
kusserst selten ist, so wurde der Anus untersucht,
dessen nftchste Umgebung vdllig gesund war. Erst
in der Tiefe zeigte sich an der rechten Seite, zwischen
2 Scblcimhautfalten versteckt , eine 1 Mmtr. breite,
3 Mmtr. lange oberflfichliche Fissur , jenen parallel.
Der Sphincter ani war hochgmdig contrahirt ; der
Versucb, mit dem Finger einzudr ingen, war Ausserat
schmerzhaft. — Ausser derSorge fllr Stuhlentleerung
verordnete Vf. eine Salbe mit Extract. Ratanhae
(4:15), die in den Anus eingebracht wurde und
nach 6 T. Heilnng hcrbeifdhrte.
In gesehichtlicher Hinsicht benierkt M., dass Boyer
das Leiden ala ein nur bei Erwachsenen vorkoinmendea
angesehen liabe, womit Blandin, Begin u. Velpean
ubereinstinitnen. I* ay an besclirieb 1844 outer andern
den Fall einer Analfissur bei cineni d'AJahr. Madehen.
Von Jungern Kindern haben die ersten Falle veroffent-
lichtDuclos (1866) und Perrin (1857). Aber anoh
Bouchut u. Gunnel in kaltcn dio Analfissur bei Kin-
dern fur selten. Trousseau bericlitet 2 Falle, deren
einer ein ljahr. Madehen, das noch gestillt wurde, nnd
deren anderer ein Smonatl. Kind betraf; beide wurden
durch Lavements mit Extr. Ratanhae (1 -. 100) geheilt.
Der Symptomencomplex wird mit der Differen-
tialdiagnose zusammen besprochen. Meist ist barter
Stnhlgang vorhanden, dessen Entleernng das heftigste
Schreien venirsacht oder nnter Schreien vermieden
wird. Zuweilen war der Koth mit Blut bedeckt
(2 Fille). Das Allgemeinbefinden ist gut. Nach
der Entleernng tritt allmitlig Rube ein. Alle diese
Zeichen , die einen schmerahaften Zustand wAhrend
des Durchtritts der Stuhlmassen durch den Anus an-
zeigen , geben den Unterschied von Kolikschmerzen
oder Dysenteric. Anders verhAlt es sich mit dem
Hftmorrhoidalzustand, der von Boyer in den ersten
Monaten des Lebens bereits beobachtet wurde, ebenso
wie Klein, Trnka u. Lannelongue (letzterer
einige Tage nach der Geburt) Aehnliehes sahen.
Dieselben Symptome fin den sich nur bei Kindern, •
die an einem Polypen des Rectum leiden.
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IV. Gynfikologie n. Padiatrik.
Znr Unterscheidung dieser drei im Kindesalter
immerhin seltenen and gleiche Symptome bedingen-
den Zustfinde : der Analfissur, des Rectalpolypen and
der Hkmorrhoiden — giebt es nur zwei Mittel : die
Digitalexplor&tion , deren Ausfllhrung Vf. eingehend
beschreibt, und die Beachtung der Contraktur des
Sphincter ani , die bei Mastdarmpolypen and Hkmor-
rhoidalknoten fehlt.
Die Symptome der Analfissur beim kleinenKinde
Hind fast dieaelben wie beim Erwachsenen , nur
scheint in cinzelnen Fallen (Trousseau) die Dauer
des Schmerzes nach Austreibung der liarten Stnhl-
massen eine viel ktirzere eu sein als bei Erwachsenen,
bei denen der Schmerz zuweilen einige Stunden da-
nach noch anhalt.
Die Prognose 1st an sich gut; es kann aber jede
Analfissur beim jungen Kinde die Gelegenheitsursache
zu Convulsionen abgeben. Deshalb soli die Be-
handlung , welche stets von schnellstem Erfolge be-
gleitet ist, sofort beginnen. Dieselbe besteht in
Waschungen oder Salben mit Ratanhaextrakt. Ref.
hat (vgl. Compendium der Kinderkrankh. 1873.
p. 201) von dem einmaligen Aetzen mit Arg. nitr.
sehr gute Erfolge gesehen. (K o r m a n n.)
662. Mittheilungen aus dem Franz- Joseph-
Kinder spitale. Zusammengestellt nacli den Be-
riehten der Jahre 1872, 1873 und 1874; von Dr.
TheodorNeureutter und Dr. JosephSal-
m o n. Mit 1 Curventafel. (Oesterr. Jahrb. f. Pftdia-
trik. N. F. VII. 1. p. 23. 1876.)
In dem genannten Zeitraume warden 21771
Kinder, davon 52.28°/ 0 Knaben, behandelt (im Spi-
ted und Ambulatorium). Die MorhulitCd ist am
hochsten in den ersten 4 Lebensjahren, vom 8. Jahre
an erfolgt ein starker Abfall ; sie ist bei Knaben im
AUgemeinen grosser als bei M&dchen , aber nicht zu
alien Zeiten. — Die Mortalitdt, die sich nattlrlich
nur vom Spital bestimmt angeben lSast, betrug
23.6° / 0 . Da Vff. die Fehlerquellen bei Schatzung
der Mortalitit in einem Ambulatorium kennen, so
h&tten bei der Zusammenstellung der Mortalitilt nach
Alter, Geschlecht und Jahreszeit aucli nui 1 die in dem
Spital gewonnenen Zahlen verwendet werden sollen.
Immerhin ist es aber mdglich, wie VflF. angeben,
dass die Mortality in der warmen Jahreszeit grosser
ist, als in der kalten, wenn man im AUgemeinen den
Satz festhiilt, dass die Mortalit&t wesentlich von der
GefUhrlichkeit der herrschenden Krankheitsfonn ab-
iding t. Die Jahreszeit ist daher nur insofeni von
E i n fl nss auf die Mortalitit, als sie die wihrend der-
selben vorkommenden gefihrlichen Krankheitsformen
bedingt. Das Fallen uud Steigen von Morbiditit
und Mortalitit in ihrem beiderseitigen Verhiltniss
wird durch eine beigegebene Curve veranschaulicht.
PldtzRcher Tod wurde unter 639 im Spitale
gestorbenen Kindern 9mal beobachtet; stets waren
Krankheiten vorhanden, welche allenfalls alsnichste
Ursache angesehen werden kiinnen, aber bei Kindern
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im Vergleiche zur Seltenheit des plfttzlichen Todes
viel zu oft vorkommen (Variola, Scarlatina’, Miliar-
tuberkulose, Mening. punilenta, Mikrooephalie mit
Hyperaemia meningum et cerebri, Tyrosis glandu-
larum, Spondylitis colli etc. etc.).
Interessant ist es, dass die Zahl der Kinder, die mit
Ausnahme der letzten tddtliclien Krankheit keine pa-
tholog. Verinderungen darboten, nur 18 (von 639) be-
trftgt. Unter den Krankheiten, welche vorher gans
gesunde Kinder tod te ten, finden sich Cholera, Laryn-
gitis crouposa, Scarlatina, Typhus, Tetanus traumat.,
Pneumonia catarrhalis, Variola und Dysenterie.
Die casuistischen Mittheilungen enthalten zalil-
reiche interessante Fhlle mit den betr. Sektionsbe-
richten kurz skizzirt. Wir begndgen uns mit Auf-
z&hlong derselben , da dieselben einen Auszug nicht
zulassen.
1) Meningitis cerebrospinalis be! einem 7jahr. Mful-
chen , durch die Sektion bestatigt. Daneben Bronchiek-
tasle und Bronchopneumonia in den untern Lungcn-
lappen.
2) Apoplexia meningealis cerebelli ex thrombosi si-
nuutn baailarinm (nach fast abgelaufener Scarlatina) bei
einem 2jahr. Madchen.
3) Tuberkulose des Gross - und Kleinhims und des
Ependyma bei einem 3Jahr. Madchen ; ansserdem bestan-
den Meningitis basiiaris und Miliartaberkulose derLnngen,
Leber, Nieren. — Der Tnberkel im Grosshirn , und zwar
im vordern Theile des llnken Stirnlappens , bildete einen
uber bohnengrossen , scharf begrenzten kasigen Knoten,
im hintern Theile des kleinen Gehirns lagen 2 kasige Kno-
ten, etwas grSsser als jener.
4) Tuberculosis cerebelli accidente meningidde basi-
lar) bei einem 7jahr. Madchen.
fi) Endarteriitis pulmonalis diphtheritica bei einem
3jahr. Madchen, nach Scarlatina, wozu scblfisslich nocli
ein geringes Variolacxanthcm trat. Es fand sich bei der
Sektion in der Pulmonalis fiber dem vordern 8inns Valsal-
vae ein hanfkorngrosses, hockriges brannrothes Kuotcheu
aus Zellen, Punktbakterien und Pigment bestehend. Vff.
glauben, dass diese Endarteriitis durch Embolic von einem
gangranosen GcschwQr vom rechten Trochanter aus zn
Stande gekomroen ist.
6) Martmlische capillare Thrombose der V. portae
im Bereiche der fettig degenerirten Leber, bei einem
8monatlichen Knaben, der nur 5 Monatc lang gestillt wor-
den war. Die Erklarung als inarantische Thrombosen
wird wohl die richtige sein ; wenn aiemitdemlnvolntions-
processe des Nabels in Zusammenhang gebracht werden
sollte , so durftc das Kind wohl niebt 8 Monate alt gewor-
deu sein.
7) Eine Cyste im Magtn, durch Ektopie einer Magen-
drfise entstanden, bei einem 7monatl. Madchen.
8) Pharyngitis und Gastritis crouposa , letztere Im
Pylorustheil des Magens lokalisirt, bei einem 6monatl.
Madchen.
0) Panophthalmitis , cicatrices pharyngis et absceasus
laryngis bei einem Il'/j.iahr. Knaben nach Scarlatina. Ein
etwa pflawnengrosser Abscess zwischen der Wirbeis&nle
und der hintern Pharynxwand.
10) Polydipsie und Heihing der Enteritis foilicularis
nehmeu V ff. in einem Falle an , in welchem ein 1 '/J4 hr.
Madchen fortwiihrend an DiarrhOe gelitten hatte und
schlfisslich einem Choleraanfalle erlag. Bei dor Sektion
fanden sich im Dickdarme an der Stelle der Follikel
flache, stecknadelkopfgrosse , hraunlich pigmentirte , de-
primirte Narben. Ausserdem Erosiones veutriculi bae-
morrbagicae, Nephritis parenchymatous.
11) Ulcus Oesophagi ex diphtheritide wihrend einer
Scarlatina bei einem 6jahr. Madchen. Der Tod erfolgte
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V. Chiiurgie, Ophtlialmologie u. Otiatrik.
259
durcb Verblutung nacb Abstossung einesdipbtherit. Schor-
fcs im Oesophagus , an (lessen tinterm Drittel sicb ein cir-
kularcs, theilwelse (lie Submucosa , theilweiso die Muscu-
Uris bloslegcnder Substanzverlust befand.
12) Knlerorrhagie im, Verlau/e des Dickdarmkatarrhs
bei einem lja.hr. Knaben.
13) Peritonitis in Form von Perisplenitis bei einem
9jahr. Madchen , welches an Bronchiektasie der linken
Lunge und einem wallnussgrwssen Knoten, der in Vereite-
rang sich befand , in deren Oberlappen gestorben war.
Bei der Scktion fund sich im linken Hypocbondrium ein
von der Milz und dem linken Lig. plenro-colicuni abge-
grenztes eitriges Kxsudat. Entsprechcnd derMitte des ab-
gesackten Kiterherdes zeigtc sich an der Peripherie des
Milzgewebes ein mehr als erbsengrosser , mdrtelartiger
Knoten , iiber dem der serose Uebcrzog vcrschorft er-
schien.
14) Peritonitis l/ei einem on I/erzfehler , Fraisen find
epUeptiformen Anfiillen leidenden, 9jiihr. Madchen. — In
Zusammenhang init diesem Ealle stelltcn VfT. dieZahl der
im Fraoz-Joscf-Kinderhospitale zurUntersuehung gekom-
menen Kpilepliker zusammen. Dieaelhc beliiuft sich auf
224 (130 K., 94 M.) ; dicAltereklassevomfl. -14. Lebcns-
jahre weist die hnchste, und vom 1.— 4. die niedrigste
Ziffer nach. Vor dem Ende des 1. Lebensjahres war nor
in einem Falle der Heginn der Epilepsie zu constatiren.
15) Furunculosis diffusa bei einem 7monatl. Madchen
fiibrte durrh Sacralgangriin, Hydrops meningum und Pneu-
monia metastatica dextra zum Tode.
16) Osteomyelitis maligna aevtissima bei einem 5jahr.
Knaben. Die Affektion fiihrte binnen 5 Tagen nach
einem Fade znm Tode durcb Embolie. Es hatte sich eine
Osteomyelitis mit Osteophlebitis and Venenthrombose ra-
pid ausgehildet; sic fiihrte zur Periostitis secundaria und
dlese schncll zur Perikarditis , Pleuropneumonia duplex
und Nephritis embolica. In alien Exsudaten waren Vi-
brionen und Bacterium termo nachweisbar.
17) Caries ossis sacri mit Thrombosis arleriae pul-
monalis sinistra bei einem 12jahr. Knaben.
18) Scarlatina mit Itlerus und Arthritis puruleuta
complicirt bei einem lOjahr. Knaben. llohe Tomperatur-
grade (39 — 39.6°) bei retardirtem Pulse (70—84).
19) Tuberculosis miliaris , Scarlatina und Peritonitis
adhaesiva bei einem 3Jahr. Madchen.
20) Tuberculosis tularum el uteri bei einem 5jabr.,
an Scarlatina verstorbenen Madchen. Die Hohle dee
haselnussgrosscn Uterus war mit kasiger Masse erfullt,
nach deren Entfcrmmg die stollenweise verdickte Schleim-
haut sichthar wurde. Das Uterusparenchym war intakt.
BeideTuben waren gleichfalls inlnnern mit einem kasigen
Belage versehen und die Schlcimhaut danmter zerstort.
21) Hernia umhilkalis adnata sen Omphalocele con-
genita bei einem 4jiihr. Knaben. Der birnformige Honor
war schon vor der Aufnahtne in das Spital von einem
Arzte unterhunden worden ; in dcmselben faud sich bei
der .Scktion eine einfache Schiinge des Colon transversum
und Colon adscendens , naturlich im Zustande brandiger
Entzundung.
22) Palatum fissum aim bronchopneumonia el hae-
morrhagia meningum bei einem Bwftchentl. Knaben. Als
das auffallcndste Symptom beben Vff. die ungewdhallche
Rube des Kindes bei Fehlen jeder Lahraung und jeder
Convulsion hervor. (K o r m a n n.)
V. Chirurgle, Ophthalmologic u. Otiatrik.
653. Neuere Mittheilungen iiber Frak-
turen und Luxationen; zusammengeslellt von
Dr. Riegner zu Breslau 1 ).
D. Lux ationen.
I. AUgemeines.
LJeber die Rolle der Muakelthatigkeit bei den
trawnatischen Luxationen liegt eine langere Ab-
handlung von Dr. T e r r i 1 1 o n 4 ) vor.
Der erste Hauptabschnitt , welcher die Muskel-
wirkung beim Zustandekommen der Verrenkungen
bespricht, bebandelt folgende Capitel: 1) die Mus-
keln sind ein Hindemiss filr die Erzeugiuig von
Luxationen ; 2) begiinstigen oder miterstlltzen die-
selbe ; 3) die Muskelwirkung ist al Lein dazu ausrei-
chend. T. unterwirft namentlich die Frage der se-
kund&ren Luxationsstellungen (displacements con-
s^cutifs) einer eitigelienden Erftrterung, und ent-
sebeidet sich fur die Zulassung derselben. Im zwei-
ten, die Muskelaktion bei der Reduktion der Verren-
kungen behandelnden Theile werden folgende Punkte
erortert : 1) die Muskeln sind ein Repositionshinder-
niss bei frischen und alten Luxationen ; 2) die Mus-
keln unterstlltzen oder vervollstandigen die Reduk-
tion (reductions consdcutires) ; 3) die Muskeln brin-
geB die Einreukung allcin zu Stande (spontane Re-
duktionen). Die Arbeit schliesst mit einer Ueber-
sicht der Mittel, welche zur BekAmpfung des durcb
i) SchUise ; s. Jahrbh. CLXXH. p 140.
*) These d'aggregation. Paris 1876.
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die Mnskelwirknng gegebenen Repositionshindernis-
ses angewendet werden. Die AnAsthetika, die Ex-
tensionsmasehinen mit und ohne Dynamometer nnd
die Tenotomien werden genauer besprochen.
In einer dasselbe Theroa behandelnden Abhand-
lung vertheidigt Prof. Rigaud folgende Sfttze:
1) Die Muskeln interveniren niemals direkt beim Zu-
standekommen von Luxationen, es sind immer Aas-
sere Einwirkungen , welche den Knochen die zor
Dislokation ftlhrenden Hebelbewegungen mittheilen.
Dagegen beruhen 2) die sekundftren Stellungen,
welche die luxirten Knochen einnebmen, weseutlicb
auf Muskelwirkung. 3) Bei der rationellen Reduk-
tionsmethode (von ihm mlthode de rftmgradation
genannt), welche daranf berulit, alle Muskeln in den
mogUchsten Zustand der Erscblaffuog zu verse tzen,
hinder n die Muskeln niemals di* Einrenkung, soa-
dera unterstlltzen oft sogar dieselbe.
II. Casuistik.
Clavictda.
Bei einer Verrenkung dee akromialen Elides
der Clavictda erzielte Montgomery (Amer. Journ.
CXL. N. S. p. 407. Oct. 1875) eine wirksame Re-
tention und Heilung ohne Dislokation durcb Anweti-
dung des von Moore fur Fraktvren des Schliissel-
beins angegebenen Verbandes. Ein cravattenformig
zusammengefaltetes Tuch wird mit seiner Mitte auf
das Olecranon des im Ellenbogen rechtwinklig ge-
beugten Axmes gelegt, darauf die dem KOrper zu-
gewandte HAlfte mit einer halben Spiraltonr iAngs
Original fronn
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V. Chirurgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
der Vordereeite des Oberanns und der Schnlter fiber
diese und quer fiber den Rflcken nach der Achsel-
bdhle der gesunden Seite, dann liber die Vordereeite
dereelben Schulter nach rfiekwftrts gefllhrt. Das
andere Ende der Cravatte leitet er um die Vorder-
fhtche des Ellenbogengelenks zwischen Arm und
Kfirper nach dem Rttcken, quer fiber denselben nach
oben zur gesunden Schulter, wo es mit dem ereten
z naamm entrifft. Die beiden Enden werden dann in
entgegengesetzter Richtung so stark angezogen , als
es Pat. vertragen kann, aneinander genfiht, und der
Vorderarm in eine Schlinge gelegt.
Der Verband entspricht alien im betreffenden
Pall vorliegenden Indikationen. Er wirkt extendi-
rend durch VcrgrOsserung der Distanz zwischen
Sternum und Akromion , erschlafft den Theil des M.
cucullaris, welcher am aussern Drittel der Clavicula
entapringt, bei normaler Stellung der Schulter das
aussere Ende des Schlttsselbeins aufwilrts zu ziehen
strebt and daher der Retention einer rcponirten
Luxation am meisten hinderlich ist. Er unterstfitzt
hingegen die am SchlUsselbein inscrirte und dasselbe
nach abw&rts ziehende Portion des M. pectoralis in
seiner Wirkung und drttckt endlich das dislocirte
Clavicularende direkt nach unten.
Oberarm.
Dr. C o 8 s y giebt (Bull, de la Soc. anat. de Paris
3. Sdr. X. p. 217. Mara — Avril 1875) die anato-
mxsche Betchreibung einer doppelseitiyen Luxatio
humeri subcoracoidea , welche bei einem wegen
phlegmonOsen Erysipels aufgenommenen 58jahr.
Manne zufkllig entdeckt wurde. Die linke datirte
seit 3 Wochen, die rechtseitige seit 5 Jahren.
Links zeigte die Kapsel an ihrem obern Theile einen
▼ertikalen Riss , der den Kopf unr Hchwer passiren liess.
Die Synovialhaut namentlich in der Peripherie deB Caput
humeri und im Bereich der langen Bicepsfasern injicirt,
keine anderweitige Verletzung.
Kechts weder Kapselriss noch periartikulare Ver-
letzunpen aufzufindcn. Die Cavitas glen, bedeutend klei-
ner als in der Norm , ihre Oberflacbe mit kleinen, weiss-
llchen Granulationen bekleidet. Unmittelbar nach innen
von dereelben auf der Innenflache deB Schulterblatts eine
nengebildete Gelenkhohle mit leicht runzligcr Oberflache,
grSsser ale die alte und vod ihr durch cine stark vor-
springende Leiste getrennt. Das Caput humeri stark de-
formirt, an seiner innern , der neuen Gelenkflache ent-
eprechenden Seite concav , runzlig und an der Peripherie
mit kleinen weissiichen Warzehen bedeckt, anseinem hin-
tern der alten Cavitaa glen. correBpondirenden Umfange
mit einer deutlichen Concavitat versehen , an der untern
Partie der Innenflache der Kapsel mehrere kleine harte,
weissliche Answuchse von knorpliger CoDsistenz, ein
etwas grfteserer gestielt anfsitzend.
M. Schuller giebt (Berl. klin. Wchnschr. XIII.
37. 1876) ein einfaches Hiilfsmitlel zur Differen-
tialdiagnose zwischen der Fractura colli humeri
und der Luxatio subcoracoidea an. Dieselbe ist
bekanntlich , wenn das untcre Bruchende durch den
Zng des M. pectoralis nach einwfirts dislocirt ist,
namentlich bei gleichzeitigem st&rkcren Blutextra-
vasat hftufig selir schwierig. Das Mittel besteht ein-
fach in Messnng der Entfernung vom Akromion zum
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Epicondylus externns humeri bei leichter Abdnktion
des Oberanns und rechtwinkliger Beugung im EUen-
bogengelenk, also der gewohnlich der Verletzung
zukommenden Haltung. Sie ergiebt nach Vf. bei der
Luxatio subcoracoidea stets eine Verlllngerung , bei
dcr Fractura colli humeri hingegen eine Verkllrzung
tun 3 — 4 Ctmtr. im Vergleich zur gesunden Seite.
Letztere ist darin begriludet, dass der Oberarm nicht
bios um das in der Cavitas glen, zurttckgebliebene
Fragment verkttrzt ist, sondern dass aucli der Schaft
seitwfiils neben jenem in die Hohe geschoben ist.
Bei Bruch mit Einkeilung beruht die gleichfalls nach-
zuweisende Verkttrzung auf der Verachiebung der
Bruchenden in einander.
Brmtbein.
Walter Rivington bespricht (in den Med .
chir. Transact. LVI1. p. 101. 1874) die Verrenktm-
gen des Corpus vom Manubrium stemi. Eigene Unter-
suchnngen haben ibm ergeben, dass die Vcrbindung
der ereten beiden Bnistbeinstficke nicht immer eine
unbewegliehe (Amphiarthrosis) ist, sondern in vielen
Fallen ein bewegliches Gelenk (Diai-throsis) darstellt,
und zwar kamen unter 100 untereuchten Brustbeinen
51 Amphiarthrosen, 32 Diarthrosen, 1 1 Mischformen
(jedoch mehr zur Diarthrosis neigend) und 6 Ver-
knocherungen zur Beobachtung. Daraus erklart Vf.
die Hftufigkeit der Luxationen gegentlber den Frak-
turen des Sternum. Bei Minnern wurde im Gegen-
satz zu Maisonneuve die freie Gelenkverbindung
hiufiger gefunden als bei Frauen. Die vordere Seite
des Brustbeingelenks ist geschfitzt durch eine feste
Lage von in alien Richtungen sich durchkreuzenden
Fasern, von denen die transversalen jedoch fester
sind als die longitudinalen ; die hintere Flfiche be-
deckt eine liauptsachlich longitudinal verlaufende
Faserschicht, welche bis zur 3. Rippe locker, von da
ab nach unten feat dem Knochen anhaftet. Deshalb
lmd weil die luxirende Kraft in der Regel von hinten
nach vorn wirkt, ist das hintere Ligament meist
intakt , nur nach unten zn bis zur 3. Rippe abgelbst,
das vordere zerrissen , das untere Ende des Hand-
griflfs steht in der Regel hinter dem obern des Mittel -
stttcks , zwischen diesem und der hintern Fascie ein-
gekeilt , die zweite Rippe ist mit ihm in Verbindnng
geblieben.
Die Aetiologie betreffend, so kommt die Luxation
zu Stande 1) durch gew-altsame Flexion des dorealen
Theils der Wirbelsfiule , und zwar leichter, wenn
einige Wirbelkdrper gleiclizeitig frakturirt werden,
z. B. durch Fall auf den Kopf, 2) durch gewaltsame
Ueberstreckung derselben , wie bei Fall oder Stoss
auf den Rttcken, oder durch Muskelwirkung. In
beiden Fallen wird der Stoss durch die Rippen auf
das Sternum fibertragen, und die grfissere Lange und
Hebelkraft der untern Rippen bewirkt es , dass das
Mittclstfick des Brustbeins in der Regel vor das
Manubrium getrieben wird. Mauche auf Muskel-
aktion oder Contrecoup zurflckgeftthrte Falle lassen
sich so einfacher durch die Hebelwirkung der Rip-
pen erklaren, welche durch eine auf den Rttcken ein-
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261
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
wirkende Gewalt in Thatigkeit gesetzt wird. Da-
gegen spielen die SchlUsselbeine (im Gegensatz zu
den Angaben Maisonneuve’s) nur eine geringe
Rolle beim Zustandekommen der Luxationen , sclion
deshalb , weil ihre Verbindnng mit dem Brustbein
eine Behr freie ist gegenilber der straffen Anhaftong
der ersten beiden Rippen, welche daher auch mit
cntsprechend grdsserer Gewalt auf das Brustbein
einwirken.
Ale Beweis daffir ffitart Vf. eine Beohachtung an,
in weicher ein Getreldesack einem Manne anf die fi obern
Dorsalwirbel flel , ohne die Scapulae zu beruhren , und
eine Dislokation des Corpus sterni nach vorn veranlasste.
Es bestand gleichzeitig Fraktur der Processus spinosi der
6 obern Brustwirbel, des 6. \Virbelk5rpers und der ersten
6 linken Rippen in der Nahe ibrer Anguli , wahrend die
Scapulae vollstandig intakt warm. Die Gewalt battc
also hier auf das Centrum des Ruckens eingewirkt and
war durch die Rippen auf das Sternum fibertragon worden,
dieses nach vorwarts treibend. Der grossem Bcweglicta-
keit nnd Hebelkraft der 6 untem wahren Rippen ent-
sprechend, war das Corpus kraftiger nach void gestossen
worden , als das durch die ersten beiden Rippen fest ge-
haltene Manubrium, u. so kam die Dislokation des erstern
vor das letztere zu Stande.
Brflehe des Brustbeins, kaum aber Dislokationcn,
konnen entstehen durch eine heftige Annftherung
des Kinns gegen die Brust , und diese ist meist nur
bei gleichzeitiger Fraktur im Bereich der Halswirbel-
s&ule mdglich. Ein pr&gnantes Beispiel dafilr giebt
Vf. aus seiner Praxis.
Ein 30 J. alter Akrobat flel bei einem Luftsprung
nach Torn aus etwa 10' Hohe anf die hintere Seite des
Kopfes, weicher dabei gewaltsam gegen die Bmst gebeugt
wurde. Man constatirte nach dem 'l ode eine Kuptur der
Intervertebralsubstanz zwischen 6. und 7. Halswirhe! und
eine theiiweise Zarreissung der anderu Ligamentr. Das
Sternum war schrag frakturirt in einer Linic, welche vom
1. Intercostalraum rechts durch das Gelenk hindurch znr
3. Kippe links verlief. Nach einer Halswirbelluxation iut
selbstverstandlich die Bcweglichkeit des Kopfes nach vom
eine viel freiere als im normalen Zustandc. Die Uchriig-
heit der Bruchlinie mochte durch die starkere Neigung
des Kinnes nach einer Seite hervorgerufen sein.
Vor der arm.
Incomplete Luxation beider Vorderarmknochen
mit gleichzeitiger Fraktur des Condylvs intemus
humeri hat Karl Nicoladoni (Wiener med.
Wcbnschr. XXVI. 23. 24. 26. 27. 1876) unter
16 Ellenbogengelenkverrenkungen in 4*/ a J. 4mal
beobachtet. Bei Individuen mit noch nicht voll-
endetem Knochenwachsthum ist das Abreissen des
Epicondylus intemus bei dieser Luxation sform fast
ansnahmslos zu constatiren, bei Erwacbsenen nur
selten. Der Zug des innern Seitenbandes kann nicht
Uraache der Fraktur sein, da es sich gerade bei
jngendlichen Personen oberhalb des Epicondylus
inserirt, vielmehr sollen die an letzterem sich an-
Betzenden Flexoren das Abreissen desselben ver-
anlassen. Es gleitet unter dem Zuge der niebt zer-
rissenen Muskulatur, wahrend es sich um seine
Qnerachse nach vorn dreht , nach der Ulna zu , liegt
verateckt in dem frei gewordenen Gelenkranm and
bietet so ein Repoffltionshinderniss. Auf die ver-
schiedenen, vom Vf. erliuterten RepositionSmethoden
kann hier nicht nfther eingegangen werden.
Den Beltr seltenen und durch gttnstiges Heil-
resultat ausgezeichneten Fall einer vollstandigen
Luxation beider Vorderarmknochen nach aussen
ohne gleichzeitige Fraktur beschreibt H a t r y (Rec.
de m£m. de mdd. etc. milit. 3. Sdr. XXXI. p. 499.
Sept.— Oct. 1875).
Ein 24Jahr. Kanonier flel auf die ansgestreekte rechte
Hand. Der Vorderarm drehte sich, wenn er nicht nnter-
atutzt war, vollstandig von anssen nach innen und bau-
melte wie ein frakturirtes Glied hin und her. Flexions-
und Extensionsbewegungen ganzlich aufgehoben. Pro- und
Supination passiv ru5glich. Unmittelbar fiber dem Ellen-
bogen an der aussern Seite cin betrachtlicher Vorsprung,
gebildet von den Gelenkenden der beiden Vorderarm-
knochen , welche mit einandcr in Vcrbindung geblieben
waren. Der tranBversale Durchmesser betrug 20 Ctmtr.
gegen 13 auf der gesunden Seite, die Lange des Armea
durch Hinaiifgleiten der Vorderarmknochen um 2 Ctmtr.
verringert, die Sehne des Triceps gespannt und nach
aussen abgewichen , Biceps schlaff. Sammtliche Gelenk-
flachcn der 3 Knochcn dicht unter der Haut und deutlich
zu palpircn. Alle Gelenkbander zerrissen , Gofass- und
Ncrvenstamme intakt. Die Reduktion gclang leicht durch
Beugehewegungen und gleichzeitige Coaptation, Mitella,
kalte Umsehlage. Ausscr massiger von dem hetrachtli-
chen Klutergiiss herriihrender Schwcllung trat kein fibler
Zwischenfall ein, es konnte sehon am Endc der 1. W.
mit passiven Bewegungen begonnen werden und nach
8 Wochen wurde Pat. mit vollstandig gebrauchsfahigem
Arm entlassen.
Hand gelenk.
Chappelain (Gaz. des H6p. 98. 1874) bc-
richtet liber zwei Falle von Verrenkungen des
Handgelenks, die eine nach dem RUcken, dieandere,
mitWunde complicirte, auf die Radialseite.
Die erstere kam bei einem 4 ljalir. Eisenbahn-
beamten dadurch zu Stande, dass der Vorderarm
in seinen zwei untem Ftlnftheilen (wie die Spuren
an der Haut des RUckens zeigten) zwischen 2 Zapfen
comprimirt wurde , w&hrend die Hand sich ausser-
halb des Wirkungskreises der letztem befand.
DieSymptome waren folgende : Vorsprung des Carpus
nach der Rfickseite des Vorderarms ; ein Vorsprung auf
der Palmarflache, gebildet vom untern Rande derGelenk-
fl&chen der Vorderarmknochen , unterhalb desselben eine
Vertiefung, in welche die Weichtheile, zumal an der ra-
dialen Seite. tief bineingezogen waren u. in deren Grunde
die Gelenkfliichen von Radius und Ulna, sowie die beiden
nicht abgebrochenen Proc. styloidei sich dentlich ffihlen
Hessen. Die Hand stand in Adduktion, die Finger waren
gebeugt, konnten nicht gestreckt werden. Die Entfernnng
von der Spitze des kleinen Fingers rum Olekranon betrug
2.6 Ctmtr. weniger als an der andern Seite. Wegen
grosser Schmerzhaftigkeit wurde die Redaktion sogleich
vorgenommen und gelang ohne Narkose durch einfachen
Zng nnd Gegenzng.
Bemerkenswerth ist namentlich , dass die Pro-
cessus styloidei intakt geblieben sind.
Der 2. Fall, eine bisher nie beschriebene Ver-
renkung der Hand nach aussen , wurde bei einem
47jfthr. Steinmetz beobachtet und kam zu Stande
dnrch Fall anf die Fl&che der linken Hand aus einer
Hohe von 4 Meter.
Die Hand war stark nach anssen dlslocirt, dnrch
eine grosse Wunde an der Ulnarseite des Gelenks, welche
sich bis zur Mltte der Palmarflache eretreckte , waren die
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V. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
Gelenkflachen der V ojrde rarmk noch e/t herausgetreten.
Der Proc. styloid, radii war abgcbrochen und rnit dem
Carpus nach aussendislocirt, das Os pisiforrae zerquetscht,
das Os semilun. mit den Vordcrarmknochen InVerbindung
geblieben. Keine Hamorrhagie trotz wahrsobelnlicher
Zerreissung der Art. ulnaris. Eine ansserdem bestehende
Verrenkung dee Vorderarms im Ellenbogengclenk nach
hintcn wurde sofort reponirt. Nach Entfemung des Os
plslfortne und semilun., sowie des abgcbTochcnen Proc.
styloid, gelang die Rediiktion ohne Muhe. Es wurde eine
Naht durch die Mitte der Wunde gelegt, der Guerin’sche
Watteverband applicirt, die Extremitat auf einer Schiene
ttxirt. hoch gelagert und absolute Diat angeordnet. Der
Verlauf war ein sehr gunstiger, mit maasigem Fieber und
nur unterbrocben durch eine Phlegmone am Kucken ron
Hand uud Yorderarm , welc.hc mebrfache Incisionen be-
nftthigte. Der Guerin'sche Verband wurde inncrbaib
2 Mod. lOraal gewechselt, von da ab durch einfachen Ver-
band ersetzt. Pat. kounte nach 4 Mon. mit vollkommen
vernarbten Wunden, steifem Handgelenk, aber beweg-
Uehen Fiagern entlasaen werden.
Finger und Zehen.
Fine complicirle dorsule Luxation im Meta-
carpo-Phalangealgelenke des Zeigefingers milSeh-
neninterposition beobaclitete Dr. A.v. Puky in der
Dummreicher’ schen Klinik (Wien. raed. Wochen-
schr. XXV. 27 u. 28. 1875).
Ein 41Jahr. Maurer flel von einer Leiter mit der gan-
zen Last seines Kdrpere auf die linke Hand. Der Zeige-
flnger derselben war halb gebeugt, um 0.5 Ctmtr. ver-
kfirzt und In der Beugefalte seines Phalango-Metacarpal-
gelenks eine quere, 2 Ctmtr. breite Wunde sichtbar, aus
welCher der Metacarpalkopf hervorragte. An der Dorsal-
flache zeigte sich eine von der Basis der Grundpbalanx
geblldete Qeschwulst, deren Gelenfcflache deutlieh zu
palpiren war. Die Reduktion, auf dem gewohulichen
Wege (Hyperextension und Flexion) absolut uumoglich,
gelang leicht durch eine wabrend der Hyperextension aus-
gefuhrte Rotation und nachfolgende Flexion. Unter
Applikation einer Dorsalschiene und Eisblase heilte die
Wunde in 10T., nach lf»T. wurde Pat. mitvollkommener
Beveglichkeit des Gelenka entlasaen.
Vf. glaubt, gesttltzt auf Leicbenexperimente, auf
einige pathologiach -anatomisebe PrApavate und na-
mentlich auf die Tbatsaclie , dass die Rotation allein
zom Ziele flihrte, wobei er einen walzenfOrmigen
KOrper zwischen den Gelenkflachen sich bewegen
und nach der Reposition ein Reiben fiibltc, mitSicher-
heit eine Sebneninterposition als Reduktionshinder-
niaa annehmen zu konnen, und tindet bei Durcligehen
der einschlAgigen Fftlle aus der Literatur, dass dieses
viel zu wenig gewilfdigt und gewiss hAufig statt
desselben fAlschlicherweise eine K&pseliuterposition
oder Einklemmung durch das Moskelknopfloch an-
genommen werde.
Eine durch den Mechanismus ihres Zustandekom-
mens Lnteressante Luxatio dorsalis des obem Endes
dee 4. Metacarpus besebreibt Dr. Rinaldi (Bull,
de Their. XC. p. 37. Janv. 15. 1876).
Ein Araber wideractzte aich der Verhaftung, fasate
den Ringflnger des Polizistcn zwischen die Zahne und
drehte ihn mehrere Male uni seine Achac, wiihrend er ihm
die Hand feat zusamniondruckte. Ausser 2 Bisswunden
an der Vorder- und Hintcrflache dor 2. Phalanx fand Vf.
das KSpfcben des 4. Metacarpus nach der Dorsalseite
luirt, Beweguugen des Fingers erm-hwert und schmerz-
WL Die lAslokatioD Liess sich leicht durch einfachen
Dmk reduction, kehrto abut sofort wiedftt; dahor Bo-
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tendon mittels eine* Contentivbandes darch 16 T., nach
wclcher Zeit vollstandige Funktionsfahigkeit eintrat.
R. studirte den Luxationsmecbanismus an der
Leiche. Er fand , dass , wenn die Hand , nachdem
Alles bis auf die Sebnen und Ligamente entfernt
war, im Niveau der Mctacarpo-Phalangcallinie stark
zusammengepresst und so ihre vordere Krttmmung
sehr gesteigert wurde , die obern Endeu des 2. und
3. Metacarpus absolut unverrtickt blieben , w Ahrend
das Capitulum des 5. Metacarpus sich nach innen
und vorn drehte und bei Fortsetzung des Druckes
das Capitulum des 4. Metacarpus nach liinten aus-
zuweiclicn und den von den einander gegenilber-
stebenden Gelenkflachen der benachbarten beiden
Metacarpalkopfchen gebildeten Winkel zu verlassen
strebte. Bei dieser Stellung sind die Ligg. dorsal,
sup. dcs 4. Metacarpus selir gespannt und k (innen
leicht zerreissen , indem das obere Ende des 5. auf
dem 4. einen Hebei bildet und ihn nach rilckwArts
treibt.
Dr. Gillette berichtet (L’Union 154. 1675) einen
Fall von Luxatio dorsalis der 2. Phalanx der tjrossen
Zche, durch direkte Gewalt erzeugt, indem cinem 48J5hr.
Heizer cine, schwere, von ihm getragene Eisenstange bei
vorgesetztera Fnsse auf dip Grundphalanx der grossen
Zehe flel und diesel be nach der Volarseite trieb. Ausser
der Seltenheit uncomplicirter Vcrrenkungen an dieser
Stelle bietet der Fall nichts Besonderes. Als pathogno-
mlsch wird eine tiefe , sehrag nach innen und hinten ver-
laufende Hautfalte hinter der nach der Dorsalflache vor-
springenden Basis der Endpbalanx hezeichnet. Die Re-
duktion gelang durcb einfache Coaptation.
Einen durch seine Seltenheit und die Lelebtigkeit
der Reduktion bemerkenswertben Fall von Luxation des
ersten Metatarsal t'nochens nach der Dorsalseite beobaclitete
J. W. Trotter (Lancet II. 8; Sept. 19. 1874. p. 413)
bei einem 22jahr. Soldaten, welcher von einem 12' hohen
Wall berabgesturzt und auf den reebten Fuss , dessen
Zehen dabei in Dorsalflexion standen, aufgesehlagen war.
Bald nacb dem Unfall aufgenomraen, fand man liber dem
innern Keilbein einen betrachtliohen dnrch die Basis des
Os metatarsi I. gebildeten Vorsprnng. Die Reposition
gelang leicht durch Extension.
Ucbtr die Luxation des Daumens nach
hinten giebt Dr. L. H. Farabeuf (Arch. gdn.
6. S6r. XX VH. p. 436. Mars— Avril 1876 n. Bull,
et m6m. de la Soc. de chir. I. 11. p. 833. 1875;
II. 1. p. 21. 1876) die Resultale seiner Unter-
suchungen an Leiehen und Lebenden , die haupt-
sAchlich in dem Satze gipfelu, dass bei der Daumen-
verrenkung niebt die Phalangen, sondern die Sesam-
beine die HauptroUe spielen. Von den anatomischen
Vorbeuierkungen heben wir aum bessern Verst&ad-
niss Folgendes hervor. Die SeitenbAnder bestehen
nach F. aus 2 Fascikeln, dem Lig. meiacarpo-phal.
und Lig. metac. -sesamoid., das innere Seitenband ist
starker. Die Sesambeine sind mit der Phalanx
durch 2 sehr starke Ligamente verbunden , welche
nie zerreissen.
Vf. uuterecheidet 3 Varietdten von Luxation
des Daumens nach hinten, deren Differenz weniger
durcb die Stellung der Phalanx , als durch die der
Sesambeipe bodingt wird-. Bei der era ton, der Luxa-
tio simplex incomplete, sipd letztere auf dem Gek»k-
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263
V. Chirargie, Ophthalmologic a. Otiatrik.
ende des Metacarpus mehr Oder weniger nahe seineai
dorsalen Rande stehen gcblieben, wAhrend die Pha-
lanx die GelenkflAche zum Theil oder auch ganz ver-
lassen hat. Die Reduktion gcschieht am besten da-
durch, dass man die Phalanx in ihrer lialb aufgerich-
teten Stellung feat erfasst , nach unten stbsst und so
die Sesambeine in ilire normale Stellung zurflcktreibt.
Bei der 2. Varietiit, der Luxatio simplex completa,
haben Phalanx und Sesambeine beide die Gelenk-
flfiche des Metacarpus verlassen und stehen auf dem
Rtleken des letztern , jedoch in ihrer normalen Stel-
lung zu einander, d. h. die Sesambeine vor der Pha-
lanx. Die 3. Gattung endlich, wegen ihrer schwie-
rigen Reponibilitit praktisch am wichtigsten und in
der Regel aus der 2. durch unzweckmAsaige Trak-
tionen hervorgegangen , entsteht durch Umdrehnng
der Sesambeine und Interposition derselben zwischen
Phalanx und Metacarpus — Luxatio completa
complicata.
Bei der 2. VarietAt aind die Ligg. metacarpo-
sesam. nnd metac. - phalang. zerrissen , die Aossem
meist vollst&ndig, von den innem nur die tieferen
Theile, wahrend Vf. die Ligg. plialango - sesamoid,
bei 100 Leiclienexperimenten stets intakt gefun-
den hat, woraus es sich erklArt , dass die Ossa
Besam. der dislocirten Phalanx stets folgen. Der
Kopf des Metacarpus wird von dem bekannten
Knopf loch umschlossen, dessen innerer Rand von der
Sehne des langen und dem innem Kopf des kurzen
Beugers, der Anssere von der Pars externa dee Plexor
brevis gebildet wird , er steht an der Pal mart! Ache
diebt unter der Hant , an welcher in der Regel eine
deutliche Pnrche zwischen jenem und der Phalanx
sich ausprAgt. — Die Sesambeine sowohl , wie die
Phalanx sitzen mit ihrer GelenkflAche dem Rtleken
des Metacarpus anf, jene ist daher aufgerichtet,
gleichzeitig aber wegen der geringeren Zerreissnng
und daher stArkeren Spannung des innern Seiten-
bandes etwas nach dem Zeigefinger dislocirt. Sie
lAsst sich sowohl seitlich , wie in der Richtung von
vom nach hinten etwas anf dem Metacarpus ver-
8chieben , wobei man deutlicli ftthlt, dass die beiden
Knochen direkt in Contakt stehen, nichts interponirt
ist. Passive Anfrichtuiig ist bis zu 90°, Bewegung
im Sinne der Flexion sehr schwer und meist hfich-
stens bis zur ParallelitAt mit der Achse des Meta-
carpus ausftthrbar, wobei das Reitcn der Gelenkenden
auf einander, die Verdickung der Gelenkgegend und
die beim Erwaclisenen 5 — 15 Mmtr. betragende
Verkflrznng dentlich wird. Bei der Beugung fflhlt
man einen Widerstand , sowie die Phalanx das vor
ihr anf dem Hals des Metacarpus sitzende Sesambein
trifft ; sich selbst ttberlassen , nimmt der zurfickge-
schlageae Daumen seiue frtlhere Position wieder ein,
voransgesetzt , dass man keine Traktion ausgetlbt
hat. Behufs der Reduktion muss, wie bei der 1. Va-
rietAt der unvollstAndigen Verrenkimg, der Danmen
in seiner aufgerichteten Stellung gefasst und zu-
nSehst auf dem RUcken des Metacarpus nach vorn
geschoben werden. Da bei dringt er das Sesambein
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vor sich her bis zum Rande der Metacarp algdehk-
flAche , wirft es fiber denselben nnd fblgt ihm sofort
in die Beugestellung.
Die 3. , rebellische Form endlich , weiche nach
Vfs. Ansicht bisher mit Unrecht auf die Knopf loch-
theorie oder Kapselinterposition zurfickgeftthrt wor-
den ist, geht immer aus der vorigen entweder schon
durch eine fortwirkende traumatische Ursache, oder
noch viel liAufiger durch vergebliche Traktionsver-
snche hervor. Zieht man nfimlich an der zurUck-
geschlagenen Phalanx, so gelien die Sesambeine
nicht (wie bei der von Vf. vorgeschlagenen Rednk-
tionsmethode) der Phalanx voraus , urn an ihren nor-
malen Platz zurfickzukehren , sondem sie bleiben,
von dem Flexor brevis und dem Flexor longns feat
gehalten , liinter ihr zurfick , richten sich erst auf,
drehen sich dann voILstAndig urn , wie ein scliwerer
Stein beim Versuch, ihn mit der Hand fortzuschieben,
hAufig statt dessen nur umkippt, und werden so zwi-
schen Phalanx und Metacarpus interponirt. Es ban
delt sich hierbei gewohnlich nur um das Aussere
Sesambein, da das innere von der Sehne des langen
Beugers nach innen vom Kopf des Metacarpus feet-
gehaltcu wird und daher keine Rolie spielt.
Um an der Leiche die Interposition herzuBtellen,
muss man nach Erzcugnng einer einfachen Luxatio
completa dem kurzen Beuger dadurch die zur Reten-
tion des Sesambeins ndtliige Spannung verleihen,
dass man den Metacarpus in Abduktion stellt, wAh-
rend man die Phalanx zurfickschlAgt u. an ihr zieht.
Nothwendige Bedinguug zum Zustandekommen der
Interposition ist ferner , dass nicht nur das Aussere,
sondern auch das innere Seitcnband starker eingeris-
sen oder noch besser ganz getrennt ist, weil Sonat
die Phalanx nicht weit genug auf dem Metacarpus
znrilckweichen kann, und das vor ihr reitende Sesam-
bein keinen Platz hat , sich bei der Traktion nmzu-
drehen. Den Symptomen nach unterscheidet sich
diese VarietAt von der vorigen wesentlich dadnrch,
dass der Daumen fast parallel dem Metacarpus steht,
keine Neigung zur Aufrichtnng hat nnd, zur Halite
aufgerichtet nnd sich selbst tlberlasseii, wieder in die
frilher dem Metacarpus parallele Stellung zurfick-
schnappt. Die Verkttrzung ist bald betrfichtlich,
bald null, die Flexion um so leichter ausftthrbar, je
geringer das Reiten der Gelenkenden auf einander.
Beim gewaltsamen Aufrichten der Phalanx fUhlt
man , wie sie sich vom Metacarpus , von dem sie
durch das Sesambein getrennt ist, erttfernt, man ver-
misst den direkten Contakt beider Knochen. Die
Aussere Difformitat ist also viel geringer, als bei der
einfachen Luxation und steht in scheinbarem Wider-
spruch mit der Schwierigkeit der Reduktion. Nament-
lich wenn bei unzweckmAssigen RednktionsversncheO
durch wiederholteu Zug die VerkUrzung so weit aus-
geglichen ist, dass die GelenkeudeB sich fast gegen-
fiberstehen, sollte man glftuberi , durch ernfachefl
Druck die Reposition beWirken zu konnen, nnd doch
gelingt diess eben so wenig, wie man sich vergeblicb
bemfilien wttrde, eine Thflr zuzaschlagen, derea Rie-
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
264
V.' Chfrnrgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
gel vorgescboben ist. Um diesen Drack wirksam
zu machen , m Hasten die Gelenkenden um etwa 6
Mmtr. (Dicke des Sesambeins) durch Zug von ein-
ander entfemt werden , was nur nach vollstftndiger
Trennung alter Ligamente mtiglich ist. Diese kann
mitunter erreicht werden durch forcirte Flexion,
noch besser mit gleichzeitiger Rotation der Phalanx
nach innen. Besser und leichter zum Ziel aber ffthrt
folgende Methode. Man zieht zuerst an der Pha-
lanx in der Richtung ihrer Achse , bis der Daumen
seine normale L&nge erreicht hat , dann stellt man
sie , ohne die Richtung des Znges aufzugeben , bis
zum rechten Winkel auf, wodurch gleichzeitig auch
das Sesambein wieder aufgerichtet und auf den Rand
der Metacarpalgelenkfliiche gebracht wird. Das voll-
stkndige Hinabgleiten desselben auf die letztere er-
reicht man jetzt dadurch, dass man das aufgerichtete
Daamenglied gewissermaassen in den Metacarpus
hineinstdsst. Dadurch wird die Luxation zur sim-
plex incompleta und die Reduktion lksst sich durch
Zurttckschlagen der Phalanx nun leicht vervollst&n-
digen. Sehr erleichtert wird das Mandver durch die
vom Vf. angegebene Zange , welche die Grandpha-
lanx des Daumens fest umfassend (wkhrend die 2.
frei bleibt) mit derselben gleichsam ein einziges
Stttck bildet und so eine viel grdssere Kraftanwen-
dung gestattet. Zum Schluss werden 2 Falle der rebel -
lischen Luxationsform berichtet, in welchen nach ver-
geblichen Versuchen von anderer Seite dem Vf. mit-
tels seines Verfahrens die Reposition leicht ge-
lang.
Oberschenkel.
Chappelain bespricht (Gaz. des Hop. 95.96.
97. 98.99. 1874) ankntlpfend an eine eigeneBeob-
achtnng die noch vielfach in ihrer Existenz bestrit-
tene direkte Luxation des Femurkopfes nach unten
(Luxatio subglenoidea , Luxation sous-cotyloidienne
du femur). Der Fall selbst ist folgender.
Ein 36jahr. Bahnarbeiter war mit dem recbten Fuss
in der Kreuzong zweier Schienengeleiae stecken geblieben
und snchte ihn durch Stemmen auf sein linkes Bein frei
zu machen. Dabei verlor er das Gleichgewicbt und del
hin , wabrend er mit dem Korper eine heftige Rotations-
bewegung um den rechten Oberschenkol machte. 1m Ho-
spitale fand man den rechten Oberschenkel leicht abdu-
cirt, mit seiner Achse nach innen abgewicben , so dass
deren Verlangerung den Nahel traf, tend sehr wenig nach
anssen rotirt, so dass Fuss n. Unterschenkel fast die nor-
maleBtellung hatten, letzterer war gegen den Oberschenkel
leicht flektirt. Der Vorsprung des grossen Trochanter
war durch eine sehr aufiallige Verticfnng ersetzt, in deren
Grunde er gefuhlt wnrde; an dor Innenseite des Ober-
schenkels fand sich ein von den Weichtheilen (MM. ad-
doctores) gebildeter convexer Vorsprung. Die Nabelfaite
war vollkominen verstrichen und lag tiefer, der Gelenk-
kopf, nur bei Rotationsbewegungen sehr achwer in der
Tiefe durchzufiihlen, stand am obcm Theil der Tuberosi-
tas Ischii unterhalb der Pfannc. Die Entfemnng vom obcm
Darmbeinstachel znmCondyl. ext. fern. u. zurTrochanter-
spitze betrng 6 und 1 C'tmtr. weniger als links. Der Kr.
konute das Glied ein wenig flektiren , dagegen weder ab-
duciren , noch adduciren. Nachdem das erste Mai Rota-
tionsbewegungen nnd Traktion in der Narkose nicht zum
Ziele gefQhrt hatten , gelang die Rednktion am folgenden
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Tage duroh die Methode von D6*pr6s, forcirte Flexion
unter gleichzeitigen Rotationsbewegungen nach innen.
Um deu Mecbanismus der in Frage stehenden
Luxationsform festzustellen , geht Vf. die 5 von
M a 1 g a i g n e zusammengestellten Falle durch. Le-
noir und Velpeau haben bei dem Versuch , eine
Luxatio ischiadica durch Rotationsbewegungen zu re-
poniren, eine Luxatio subglenoidea ktlnstlich erzeugt,
indem der Gelenkkopf, durch die Bewegungen zu
weit nach unten geftlhrt , sich unterhalb der Pfanne
feststemmte. Ebenso wie diese sekund&re kkme
nach Vf. auch die primfire Luxatio subcotyloidea zu
Stande; die ersten beiden Akte 1) forcirte Flexion,
Adduktion, Rotation nach innen, 2) Zerreissung der
Kapsel an der untem hintern Partie undAustritt des
Kopfes babe sie mit der Luxatio ischiadica gemein-
sam, diesen Akten folge aber unmittelbar eine durch
das Trauma selbst dem Becken oder Oberschenkel
mitgetheilte Bewegung, welche den Kopf nach innen,
den grossen Trochanter nach hinten treibt , und so
das Glied aus der ersten Position (Flexion , Adduk-
tion , Rotation nach innen) in die fast normale Stel-
lung zurflckftthrt, nur dass der Kopf nicht wieder in
die Pfanne tritt , sondem ilber das Tuber ischii hin-
weggleitend sich in der Rinne des M. obturator ext.
feststellt.
Die Symptomatology geht aus dem Referat von
Vfs. Beobachtung hervor, welche darin mit den bis-
her veroffentlichten ziemlich ttbereinstimmt. Nur in
einem wichtigen Punkte differirt sie mit ihnen , nkm-
lich in der Frage, ob das luxirte Glied verktlrzt oder
verlSngert sei. Die friiheren Beobachter geben
meist eine Verlfingemng an, w&hrend Vf. eine Ver-
ktirzung constatirte. Das hftngt nach seiner Meinung
von der Methode des Messens ab , die von einigen
gar nicht genau angegeben werde ; bei Messung der
direkten Entfernungen fand er Verktlrzung und er-
klftrt dieselbe daraus , dass in Folge der Luxationa-
8tellung der Winkel zwischen Oberschenkel und
Becken ein spitzerer geworden sei, maass er dagegen
den Abatand vom hintern Theil der Crista ilei bis zur
Plica poplitaea, jedoch so, dass das Maassband alien
Unebenheiten der Weichtheile angeschmiegt wurde,
so scliien ihm das luxirte Glied verlkngert. Die Dia-
gnose bietet nur Schwierigkeiten in Betreff der Unter-
scheidung von der Luxatio obturatoria.J
Wenn einige Autoren bebanptet haben, dass die
Luxatio subcotyloidea nur eine Modifikation der
ischiadica sei , so ist diess deshalb ganz falsch, weil
bei dieser daaCollum femoris mit seiner Vorderflache,
bei der in Rede stehenden Verrenknng dagegen mit
der hintern Seite dem Beckenknochen anliegt. Diese
beiden Arten haben also nichts Qemeinsames. Von
der Luxatio obtnratoria hingegen, bei welcher eben-
falls das Collum mit der Hinterfliche das Becken be-
rflhrt, nnterscheidet sich die Lnxatio subglenoidea
nur durch den geringeren Grad der Abduktion und
Rotation des Femur nach aussen, was mit der missi-
geren Spannung der Ileopsoasaehne zusammenhingt
und dadurch, dass bei jener der Kopf viel deutlicber
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V. Chirurgie, OpUthaJmologie n. Otiatrik.
265
!n der Gegend des Foramen ovale za gelegen 1st.
Die fragliche Luxation bietet also das interessante
Charakteristikum, dass sie in Betreff ihres Meclianis-
mus sicb der Luxatio iscliiadica, in ihren Symptoineu
aber der Luxatio obturatoria anscbliesst.
Eine habituelle Verrenkung des rechten Ober-
schenkels nach hinten constatirte Stabs&rzt Dei-
ninger (Milit.-ftrztl. Ztschr. III. 11. p.632. 1874)
bei einem eingezogenen Soldaten. Derselbe datirte
sein Leiden von seinem 7. Lebensjahre, wo er nach
der Niedereetznng eines Korbes nicht wieder babe
anfstehen ktinnen.
Das flektirte und nacb innen rotirte Bein soil nach
vielen vergeblichen Reduktionsversnchen und nach Oeff-
nung eines Abscesses in der Schenkelbeuge schlicsslich
auf dem Transport zum Krankenlianso (nach 14 Woollen)
durcli die Ersehiittcrungen des Wagons von sclbst in die
riebtige Lage gekommen sein. Nach Hmonatl. Aufenthalt
im Hospital hat Pat. gehen and arbeiten koimcn, hat auch
fortan diess gethan . getnmt und nur nach liingern Miir-
schen massigen Scbmcrz ini lluftgclenk empfunden.
Beide Bcine haben gleiche Lange und Umfang, die
Bewegnng im rechten Hiiftgelenk ist frei, das Gehen
sicher, nur wird bei jedoin Schritt der Scbenkelkopf mit
deutlichem Gerausoh nach hinten luxirt, woselbst sich
eine neue Pfanne gebildet hat, und durch Muskelcontrak-
tion sofort wieder in seine normale Lage zuruckgebracht,
ohne dass dabei die geringsten Beschwerden entstehen.
Loewel (Rec. de m6m. de m&l. etc. milit.
3. S4r. XXXII. p. 70. Janv. — F£vr. 1876) beob-
achtete bei einem 4jahr. Kinde eine Luxatio fem.
iliaca, deren Reposition nach 26 Tagen mittels der
Flexions-Rotations-Methode gelang.
Das kraftige, gnt constituirte Kind war von einem
zwelriiderigen Karren, der umkippte, nach hinten ge fal-
len, in welcher Position, liess sich nicht ermitteln. Meh-
rere Gliedsetzer batten vergeblich an dem verrenkten
Beine ihre Kunst versucht. Die Symptomc einer Luxatio
iliaca waren nicht zu verkennen. Rechter Oberschenkel
in Knle und Hilfte leicht gebcugt, stark nach innen rotirt,
um etwa 3 Ctmtr. verkurzt ; die Nates-Falte verstrichen
and hoher stehend ; der Kopf deutlich in der Fossa iliaca
vorspringend, folgte den passiveu Bewegungen , welche
nach alien Richtungen, mit Ansnahme der Abduktion, frei
und ohne Crepitation vorgenommen werdenkonnten. Nach
vergeblichen Extensionsversuchen gelang ohne Anwen-
dung von Chloroform die Redoktion leicht durch forcirte
Flexion und Rotation nach ausseu. wobei erst ein Krachen
(von Zerreissung der Pseudoligumente herruhrend) nnd
dann das charakteristische Repositionsgeriinsch vernom-
men wnrde. AJlc Syraptoroc der Luxation waren ver-
schwnnden. Durch eine nngestiime Bewegung des sich
selbst uberlassenen Kindes trat die Luxation sofort aufs
Neue eln , wnrde aber ehen so leicht wieder reponirt.
Daher Retention zunachst durch provisorischen Exten-
sionsverband, am naclisten Tagednrch Wasserglasverband
mit Beckengnrt, welcher 21 Tage liegen blieb. Es stellte
sich vollkommcne Gcbrauchsfahigkeit ein.
Vf. hebt die grosse Seltenheit der Luxationen
bei Kinde m tiberhaupt, besonders aber in so zartem
Alter hervor und betrachtet die Daner von 3 Wochen
als schon an derGrenzc des Zeitraums stehend, nach
welcher bei Kindem die Reposition noch ausfilhrbar
aei. Unter den m5glichen Ursachen des Recidi virens
der Luxation schliesst Vf. das Vorhandensein einer
auagedehnten Zerreissimg der Kapsel nnd Ligamente
Med. Jakrbb. Bd. 172. Dft. 8.
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(wegen fehlenden Blutergusses) aus [?1 nnd bezwei-
felt anch die Wahrscheinlichkeit einer compliciren-
den Fraktur des Pfannenrandes , weil Crepitation
nicht constatirt wurde.
Wir schliesaen , obwohl nicht strong hierher ge-
hdrig, einen iuteressanten Fall von Dislokation der
Sehne des Peroneus longue an, welche nacb II. H. A.
Beach (Boston ined. and surg. Journ. XCIV. 9.
p. 231. March 1876) eine jiuige Dame beim Gehen
auf der Strasse acqnirirte, nachdem sie 2 Mon. vor-
her sich das Fnssgelenk verstaucht nnd zu frflh den
Fuss wieder gebrauclit hatte.
Pat. war nach dem Unfall noch im Stande, nach Hanse
zu gehen , wo sie auf dem aussera Knochel einen ohne
Schmerzen verschiebbaren Kiirper fand, den sie fur einen
Knochen bielt. Einige Wochen spiiter constatirte B.,
dass die Sehne des Peroneus longns aus ihrer Furche hin-
ter dem Knochel, in welcher sie gewohnlich lag, leicht
□ach vorn und ebenso wieder znruckgeschoben werden
konnte. Trat die Dislokation ein, wahrend Pat. eine
Treppc hinabstieg, so del sie hulflos hin. Nach vielen an-
derweitigen Versuchcn gelang es V f. , die Retention der
Sehne durch eine 2 Zoll lange und */j Zoll breite Lein-
wandrolle zu erzieleu, welche dicht hinter dem anssern
Knochel durch eine eng anliegende Ledergamasche fest-
gehalten wurde. Noch nacli einem Jahre bestand die Nei-
gnng zur Dislokation der Peroneussehne fort nnd konnte
der Verband nicht entbehrt werden.
Einen ganz analogen Fall verdankt B. der mflnd-
lichen Mittheilung von Dr. R. M. Hodges.
Eine 22jahr. Dame war nach einer erlittenen Fuss-
gelcnkverstanchung zu zeitig wieder umhergegangen und
hatte sich bald darauf durch einen 2. Fall die Sehne des
Peroneus longus verrenkt. Hier waren alle Arten elasti-
acher Bandagcn vergeblich versncht worden , sie verhute-
ten die Dislokation nnr beim Gehen auf gleichem Boden,
nicht aber auf unebener Oberflactae oder beim Treppen-
steigen ; am beaten bewahrtc sich schlfisslich das Tragen
eines Stiefels, welcher die Flexion des Fosses niebt zn-
liess.
Beach stellt die bisher verOffentlichten Beob-
achtungen von Dislokation der Sehne des Peroneus
und der ahnlichen der langen Bicepssehne zusammen.
Von 18 Fallen der ersten Art (mit Einschluss dev
oben berichteten) betrafen 13 den Peroneus longus,
5 beide Peronei (longns und brevis). In 5 von je-
nen 13 Fallen ist das Schlussresnltat nicht mitge-
theilt, in zweien konnte die Sehne nicht in ihrer
Furche fixirt werden , ohne daas jedoch eine Unbe-
quemlichkeit damit verknltpft war.
In 3 Fallen erfolgte Heilung innerhalb eines Mo-
nats, in einem in 3 Wochen; in einem schien die
Reduktion nach einem Monat von Bestand zu sein,
jedoch wnrde der Apparat fort getragen ; in einem
iitt der Pat. an den Folgen der Stdrung noch einige
Jahre nach erlittenem Unfall.
In einem der 5 FSlle von Dislokation beider Pe-
ronei fehlt das Endresnltat, in einem war die Heilung
in 3 Wochen vollendet, in einem war die Reduktion
nnausfUhrbar, in zweien konnten die Sehnen nicht
dauernd retinirt werden , ohne dass jedoch eine St5-
rnng daraus folgte.
34
Original from
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2CC V. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
654. Ueber das subsoapalare Reibeger&usoh
und die Entwicklung eines accidentellen Schleim-
btulels unter dem Schulterblatt ; von Dr. T e r r i 1 -
Ion. (Arch. ggn. 6.S4r. XXIV. p.385. Oct. 1874.)
Das Gerftuflch , tlhnlich dem Keiben in den Ge-
lenken bei Arthritis sicca , wird gefiihlt , wenn man
bei solchen Bewegungen des Armes, an welchen das
Schulterblatt participirt, die Hand auf letzteres , na-
mentlich in der Nfilie seines untern Winkels, auf legt,
und ist in der Regel schmerzlos. Vf. theilt die F&lle,
in welchen es erzeugt wird, in 3 Kategorien.
In der ersten existirt ein Vorsprung auf einer
der in Betracht kommenden kn&chernen Flftchen (in-
nere Seite der Scapula oder Rippen) , welcher nach
Zerstorung und Du rch boh rung der Muskeln mit dem
gegentlber liegenden Knoehen in Bertthrung kommt ;
davon werden 2 Beobachtungen mitgetheilt.
1) Nach einer chronischcn Plenritis der linkcn Seite
betrachtlichc Abflaehuug des Brustkorbcs u. Vorepringen
der Rippen gegcnubcr dem Scbulterblattwinkel. Dcut-
licbe Crepitation bei ausgicbigen Bewegungen des linken
Armes in Folge von Usur und Perforation der subscapu-
Iaren Mnskeln durcb den Rippenvorsprung.
2) Bei einem an einer Lungcnalfcktion gestorbenen
30jahr. Manne, welcher vor 3 J. cine linkseitigc Plenritis
uberstanden und das betreffeude Keibegerausch in exqui-
siterWeise dargeboten batte, ergab die Sektion : Atropbie
undBlasse der oberflachlichenRiickenmuskeln, unter dem
linken Schulterblatt einen grossen in der Sukstanz des
atropbirten M. subscapularis cnthaltenen Schleiinbeutel.
Der gleicbfalls atrophirte M. serratus ant. maj. zeigte eine
grosse Perforationsoffnung , durch welche die Bursa sich
auf die gerdthete und rauhe Oberflache der 6. u. 7. Rippe
fortsetzte.
In andern Fallen dieser Kategorie findet man
Exostosen der Rippen oder der Scapula, welche ent-
weder syphilitischen Ursprungs oder durch tlbennas-
sige Calluseutwicklung nach Frakturen der betreffen-
den Knoehen entstanden sind.
Zur 2. Gruppe gehdren die F&lle, in welchen
die Atrophie der Muskeln primilr sich entwickelt hat.
Hier kommt das Phanomen um so deutlicher in Er-
scheinung, wenn sich der namentlich den Subscapu-
laris betreffende Muskelschwund mit einer Ankylose
des Schultergelenks combinirt , bei welcher die Be-
wegungen des Schulterblattes compensatorisch ein-
treten und also in grdssem Excursionen ausgeflihrt
werden. Folgen 3 Beispiele.
1) Vollstandige Ankylose des Schnltergclenks nach
eitriger Omarthritis. Der Deltoidens, Supra-, Infraspina-
tus und Subscapularis stark atrophirt. Die ziemlich aus-
gedehnten Bewegungen gesebehen nur mit Hfilfe des
Schulterblatts, wobei jedes Mai ein deutliches saccadirtes
Reiben unter dem letztern gef&hlt wird. Unter der Sca-
pula auf der Oberflache der Rippen keinerlei Vorsprung
bemerkbar.
2) Steiflgkeit des Schultergelenks nach einem vor
3 Mon. erfolgten Fall anf dasselbe. Bei den nur durch
Vermittelung der Scapula mdglichen Erhebungen des Arms
ein scbmerzloses Keibegerausch, welches auch objehtiv
namentlich in der Nahe des Winkels deutlich constatirt
werden kann.
3) Reibungsgeriiusch unter der Scapula entstanden
nach einer nicht reponirten Lnxatio humeri. Bewegungen
auch hler nur im Schulterblatt m&glich.
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Vf. hat nach dem Vorgange Galvagni’s aucli
bei Phthisikern mit sehr abgemagerten Muskeln ohne
anderweitig bestehende Complikation eine deutiiche,
wenn auch bier weniger rauhe, Crepitation unter
dem Schulterblatt mehrfach constatiren konnen. Es
erklkrt sich das Zustandekommen des Ph&nomens
um so leichter, als Vf. bei semen Leichenuntersuchun-
gen den untern Winkel des Schulterblatts mehrere
Male so stark nach innen prominirend faud , dass
schon eine mHasige Atrophie des Subscapularis ver-
bunden mit einem die Rippen mehr vorspringend
machcnden Schwund der Intcrcostalmuskeln denCon-
takt der beiden Knochenflachcn lcicht bewirken kann.
Unter solchen Bedingungen wird die Erzeugung des
subscapiilaren Reibens noch unterstlltzt werden durch
ausgiebige Bewegungen des Schulterblattes , wie sie
durch gewisse Professionen benotliigt werden. Diese
in Betreff der Aetiologie immerhin dunklen F&lle bil-
den die 3. Gruppe des Vfs. , wovon er 2 Beispiele
mittheilt.
Das eine betrifft einen Lederarbeiter, dessen dauernde
Beschaftigung darin bestand , dass er fiber seinem Kopfe
einen an ciuem Seil hangenden schweren Holzklotz in
Bewegung setzen rousste, wobei das Schulterblatt sehr
extensive Drchungen ausffihrte. Er suchtc Hulfc, well
ihn seit einiger Zoit ein unter der Scapula geffihltes Rei-
ben, das imUebrigen niebt schraerzhaft war, bennruhigte.
Dasselbe war namentlich am untern Winkel , und wenn
Pat. das Schulterblatt roogliclist gegen den Thorax ge-
druckt hielt, sehr deutlich wahrzunehmen. Die Unter-
suchung ergab keinen sonstigen atiologischcu Anhalt.
Im 2. Fall hatte das Symptom bei einem 22jahr.
Madchen 3 Mon. nach Entstehung eines Natherin-Kram-
pfes sich gezeigt. Auch hier war ausser einer geringern
Entwicklung dcr betreffenden Sehulter- und Intcroostal-
Muskeln kein vcranlassendes Moment aufzutindeu.
Die anatoiuische Ursache des besprochenen Pha-
nomens, d. li. der Coutakt zweier sich aufeinander
ver8chiebenden Kuocbenflilchen, kaun mm' hier, wie
auch sonst hllufig , die Entwicklung eines Schleim-
beutels herbeiftthren und dieser der Sitz eines Hy-
grom mit oder ohue Corpora oryzoidea werden.
Die Bursa kann gleichzeitig mit dem Crepitations-
symptom vorhanden sein , oder (uachdem es frtiher
bestanden) seine Erzeugung dadurch verhindern,
dass es das Schulterblatt von den Rippen entfernt.
Vf. giebt daftlr 2 Beobachtungen.
1) Ein 63 J. alter Wassertrager, der vor einigen Mo-
naten wegen eines etwas schmcrzhaften Reibens unter
dem Schulterblatt, irrthfimlicher Weise an Rippenfraktur
behandelt worden war (wahrscheinlich war das Qerausch
durch stalaktitcnformige Rippenexostosen hervorgebracht
worden), zeigte im Niveau des innera Raudes und gegen
den Winkel der Scapnla hin eine langliche, circumscripte,
fluktnirende Oescbwulst, welche sich unter das Schulter-
blatt fortsetzte und von demselben bei herabhangendem
Arm beinahe vollstandig bedecktwar, bei forcirter Addok-
tion dagegen ganz zn Tage trat. Ein bei der Compres-
sion desSackes fu hi bares Knirachen wless auf das Vorhan-
densein von ReiskOrpem hin, welche dabei, wie es scheint,
aus einer mehr obcrflachlichen subcutanen Tasche in eine
tiefere, nnter der Scapnla liegende hineingedrfickt war-
den. Die darnnter liegenden (8, 7, 8) Rippen zeigten eine
circumscripte Anschweliung , namentlich im Niveau des
Schulterblattwinkels. Die Bewegungen des Arum nach
hinten und innen waren sehr schmerihaft , Crepitation
war dabei nicht zn constatiren. Durch Punktion mit Jod-
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267
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
injektion, spfitcr Gegenoffnung n. Drainage wurde scbluss-
lich eine Verodnng des Sackee herbeigefuhrt.
2) Die Frau eines Fleischers empfand nach anstren-
jjender Arbeit in ihrem Geschaft Schmeraen unter dem
Sehulterblatt und Erechwerung der Bcwegtmgcn des Arms.
Bald darauf entwickelte sich unter der Scapula eine fluk-
tuirende Gcschwulst, welche den nntern Winkel dereelben
in die Hohe hob nnd die beiden Kander nach aussen Qber-
ragte. Schnlterblatt, Rippen, Wirbelsaule von normaler
Beschaffenheit, Congestionsabscess auszuschliessen. Die
Punktion mit einem groBsen Trokar entleerte 300 Grmm.
einer mit Pseudomembrancii gemischten sero-puru lenten
Fluseigkeit. Einfubmng eiues Drainrohrs. Heilung nach
14 Tagen.
Vf. glanbt, dass man in alien Fallen , wo das
subftcapularc ReibegerAusch gefllhlt wird , das Vor-
handeusein eines Schleimbeutels annehmen mllsse,
auch wenn derselbe sich bei Lebzeiten nicht immer
sicher constatiren Iasse. Vf. schliesst diess aus
Analogic der Entstebung aceidenteller Schleimbentel
an andern Stellen aus Ahnliclien Ursachen , und aus
dem eigenthUmlichen Cbarakter des GerAuschea [?].
Znm Schluss weist er auf die diagnostischen IrrthU-
mer hin, zu welchen das Symptom Veranlassung
geben kann. Man kdnnte es mit wahrer kndcher-
ner Crepitation verwechseln und eine Fraktur der
Rippen oder des Schulterblattes annehmen , bei un-
genauer Lokalisirung des GerAuschea an eine Arthri-
tis sicca desScbultergelenks glauben, bei Vorhanden-
sein einer Bursa subscapularis diese fllr eine peri-
thoracische Eiteransammlung in Folge von Rippen-
caries, oder ftlr einen peripleuritischen Abscess hal-
ten. (Riegner, Breslau.)
655. Zur Frage der Distraktions-Behand-
lung der Qelenke ; von Prof. Albert. (Wien,
med. Presse XVI. 43. 44. 45. 46. 1875.)
A. prtlft zunAchst den Werth der Resnltate , zu
welchen die Experimente tlber Extension, d. i.
Distraktion mit VerAnderung der Winkelstellung, an
zuvor mit Fltlssigkeit gefUllten Gelenken geftthrt
haben. Dieselben haben ergeben, dass die Exten-
sion eine Erhtihung des hydrostatischen Drucks
im Gelenke zur Folge hat. A. bestreitet, dass diese
Erhdhung des intraartikularen Drucks , wie das ge-
wAhnlich geschieht , ohne Weiteres als ein gllnstiges
Moment angeseben werden darf. Dass nach Ablanf
des Exsudationsvorgangs die Druckvermehrung im
Gelenk die Resorption befordert, ist von der Anwen-
dnng der cirkularen Compression her bekannt ; wie
es sich damit im Exsudationsstadium verhfilt , muss
erst durch weitere Versuche festgestellt werden.
Bei diesen Versuchen mit kUnstlicher Injektion
der Gelenke gesellt sich ferner immer ein Moment
hinzu, die Diastase der Gelenkenden, welche bei
krankhaft ausgedehnter Kapsel hAufig fehlt. Denn
bei Resektionen der Gelenke und bei Leichennnter-
suchungeii findet man h An fig grdssere Mengen fltlssi-
gen Entztindungsproduktes in der Kapselhdhle und
gleicbzeitig UsurflAchen an den Knochen. Am Leben-
den kann demnach Exsudation in der Gelenkbbhle
und Angepasstsein der Gelenkkbrper neben einander
bestehen, wie z. B. bei Coxitis. Die Versuche fiber
den hydroBtatischen Druck sind ftlr diese Ffille also
in keiner Weise aufklArend. Diejenigen Experimen-
tatoren nun, welche den Einfluss der Distraktion auf
die Diastase geprilft haben , haben gefunden , dass,
urn im normalen Kniegelenk einen Spalt von ! /a Mmtr.
zu bewirken , ein Gewicht von 45 Pfd. erforderlich
ist (Morosoff), und beim Hilftgelenk sclieint es
sich um kaum geringere Gewichtshohen zu liandeln.
Fllr die in praxi zur Anwendung kommenden Ex-
tensionsgewichte sind demnach die Gelenkenden als
nicht distraktibel anzusehen. Wohl aber kann durch
dieselben der Druck aufgehoben werden , mit wel-
chem die Gelenkenden von Seiten der Muskeln an-
einandergepresst werden, denn die Muskeln ermfiden
unter permaneutem Zuge leicht. Der einzige Zweifel
ist, ob nicht der Zug unter gewissen Bedingungen
eine vermehrte Spannung der Muskebi durch Reflex
bewirken kann. Auch nach dieser Seite hin ver-
breiten die Untersuchnngen fiber den hydrostatischen
Druck kein Licht.
A. erwAgt weiter den Einfluss, den (iberhaupt
die Gewichtsbehandlung auf die verschiedenen For-
men der Gelenkentzilndungen austlben mag. Der
Gelenkkatarrh heilt gewdhnlich auch bei jeder an-
dem Behandlung. Der Contraktur Ifisst sich anf
andere WeiBe vorbengen. Ja es fragt sich sogar,
ob nicht die Distraktion auf den Exsudationsvorgang
befbrdernd wirkt, da es bekannt ist, dass bei Unter-
schenkelfrakturen permanente Extension Afters zu
ErgUssen in’s Kniegelenk ftthrt , wahrscbeinlich Ex-
sadatio ex vacuo in Folge der Ausdehnung des Ge-
lenkraums. Auch hat schon Reyher hervorge-
hobcn, dass am Cadaver die Distraktion auf der
einen Seite den hydrostatischen Druck erhdhe , auf
der andern durch Dehnung der Bfinder Raum schaffe
und den Druck vermindere und bald das Eine , bald
das Andere flberwiege. Wie der Zug auf die Se-
kretion wirkt, muss demnach ebenfalls erst dorch
Experimente festgestellt werden.
Eine grosse Zahl von Entzundungen der nntern
Femurepiphyse heilt bei Kindern unter meist rasch
entstehender Contraktur mit geringem Ergusse in’s
Gelenk. Der Extensionsbehandlung kann nur vin-
dicirt werden, dass sie die Contraktur behebt.
Bei den destruktiven Gelenkprocessen bleibt es
zunfichst unentschieden, ob die Distraktion dnroh die
Zerrung der entztlndeten Theile nicht geradezu schftd-
lich wirkt. GewAhnlich beabsichtigt man, den gegen-
seitigen Knochendrnck aufzuheben , dann aber wird
man in einer ganz bestimmten Richtung distrahiren
mtlssen , um das Uebel nicht mOgbcberweise zu ver-
schlimmern, und wenn man die falsche Stellnng cor-
rigiren will , so erhebt sich der Einwand , ob man
auch sicher 1st , nicht neue Druckpunkte zu schaffen.
Es handle sich Beispiels halber um eine Pfannen-
coxitis, bei der der innere untereUmfang derPfanne
vorzugsweise ergriffen ist. Die Muskulatur habe
bei der bestehenden Erweiterung der Pfanne den
Kopf gegen die obern hintern Partien gedrfiokt.
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V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
Wenn man non durch Extension die Stellung corri-
giren will, so bann es sich ja sehr leicht ereignen,
dass man den Ropf geradezu gegen die am meisten
befallenen Stellen von Nenem andrtlckt and so den
Znstand verschlimmert. Durch solche Erw&gungen
kommt man dazu, einzusehen, dass auch die Theorie
von dem Wechsel der Contaktpunkte keine haltbaren
Sttitzen ftir ihre Wirksamkeit anzufiihren vermag.
Die Extensionsmethode soli darum nicht vcr-
bannt werden , man muss nur ihre rationelle Anwen-
dung anstreben , da die Aufhebung des Druckes der
Gelenkkftrper gegen einander unzweifelliaft ein the-
rapeutisches Moment von der wesentlichsten Bedeu-
deutung vorstellt. Die richtige Einsicht in die Wirk-
samkeit der Methode kann schlttaslich nur auf dem
Wege des Experimentes gewonnen werden. Nach-
dem es darch diese festgestellt ist, dass Stellungs-
ftnderung n. Extension die Druckverhaltnisse ftndem,
muss zunAchst ermittelt werden , ob die so erzielte
Drucksteigerung bis zu jenem Punkte gefUhrt werden
kann , dass der Sekretionsdruck (iberwunden wflrde.
(Block.)
656. Grosse Knoohengesohwulst unter dem
Ligamenlum patellae inferius , antieeptisch mil
Erfolg operirt; von Thom. Annandale. (Brit,
med. Journ. Febr. 19. 1876.)
Die knochenharte , vor 3 J. zuerst bemerkte Ge-
schwulst sass an der Vorderflkche des Knies und hatte
die Kniescheibe nach oben und anssen verdiilngt.
Bei gestrecktem Knie liess sich die Geschwulst seit-
lich verschieben. Die Bcwegungen des Gelenks
waren bescbr&nkt. Durch einen Lingsschnitt am
lateralen Rande der Patella und des Kniescheiben-
bandes und durch einen zweiten , quer ilber die Ge-
schwnlst geflihrten wurde dieselbe bios gelegt. Das
Kniescheibenband , welches in einer Rille (lber die
Geschwulst liinwegzog, wurde sorgfkltig geschont,
ebenso die Gelcnkkapsel, welchc in grdsserer Aus-
dehnung entbloat wurde. Die so exstirpirte Ge-
schwulst hatte demnach wabrscheinlich sich in der
Bursa subpatell. entwickelt. Anf dem Durchschnitt
erwies sie sich aus spongidsem Knocbengcwebe mit
eingestreuten Knorpelherden zusammengesetzt. Sie
war von einer fibrdsen Kapsel umgeben. Fibrdse
En tart un gen dieser Bursa werden in der Literatur
erwkbnt, knftcherne Geschwlllste gehdren dagegen
zu den grdssten Seltenheiten. Der Heilungsverlauf
war unter dem Lister’schen Verbande ein rascher
und gttnstiger, Funktion und Form wurde wieder
hergestellt. (Block.)
•
657. 27oma ( Heilnng millets der Schab-
methode ; von Dr. JosefPopper. (Pester med.-
chir. Presse XI. 47. 1875.)
Die 17j£hr., bei einem Fleischhaner bedlenstete Pat.
zeigte ca. 5 Wochen nach dem Beginn ihrer Erkrankung
an *Mundweh u bei ihrer Aufnahme in's Spital kachek-
tische« AusseheD, Puls 120, Temp. 40°, odcmatose Fusse,
1m Urin keln Eiweiss. Die reehte Wange war in der Aus-
dehnang eines Handtellers gangrinescirt, Hant u. Muskeln
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daselbst zu einem br&unlich schwarzen, aashaft stink enden
Brei omgewandelt. Die Gftngran erstreckte sich anf den
rechten Mundwinkel und auf die reehte Halfte der Unter-
lippe. Die Gangran war begrenzt, doch bildeten die
Nachbartheile um den Jochbogen, die Parotis und den
Unterkiefer cine bretharte Geschwulst. Die Schleimhant
der rechten Wange war zerstdrt nnd die Spitze des in den
Mnnd eingefuhrten Fingers drang leicht durch die Wange
nach aussen.
Mit einem gewbhnlichen Blechloffel wurde alles Gan-
granSBe bis auf dasPeriost und bis in die gesnnde Mnskel-
substanz in 1 — 2 Min. abgeschabt. Die Operation war
sehr schmerzhaft. Die nnnmchr vorliegende blutige
Wundflache wurde mit in reines Kreosot getrankter Char-
pie bedeckt, innerlich Chinin gegeben. Schon am folgen-
den Tage zeigte sich die grossere Halfte der Wundflache
mit Granulationen bedeckt. In den folgenden (bis turn 6.)
Tagen wurde es nothlg , noeh einige kleine Stellen abzn-
schaben. Die ganze Wundflache granulirte ubcrraschend
schnell unter Anwendung einer '/«°/o Losung von Arg. ni-
tricum. Vier Wochen nach der Aufnahme stellte sich die
Kr. mit vernarbter Wange vor. Die EntsteLlung ist ge-
ring. Essen und Trinken nicht behindert. (Block.)
658. Das veraweigte Aneurysma am Kopfe ;
von Prof. A. Wernher. (Berl. klin. Wchnschr.
XHI. 13. 1876.)
W. theilt 2 Falle pulsirender Geschwlllste am
Kopfe mit, um welche herum auf weite Entfemnng,
aber nur nach der peripberischen Seite des Gefass-
systems hin ein Kianz von oberflkchlich gelegenen,
sehr ansehnlichen radialen Gefkssen sich entwickelt
hatte. Der eine pulsirende Tumor war aus einem
angeborenen Angiom auf der linken Stim eines Mad-
chens entstanden, das bis zum 19. J. unveritndert
geblieben , in den letzten 4 J. aber zur Dicke eines
halben Boradorfer Apfels lierangewachsen war.
Ausserdem sah man auf der unbehaarten Stim uud
den Sclilafen zahlreiche Gcf&sse von der Starke einer
Temporalis. Sogar iu der rechten Schlafe war ein
ganzes Netz von Gef&ssen zu bemerken, welche
eben so stark wie die in dem Tumor selbst enthaltenen
pulsirteu. Druck auf die Carotiden anderte die Pul-
sationeu wenig. Der andere Tumor sass biichsen-
kugelgioss am untem Rande des Unterkiefers eines
40jahr. Maunes und war aus einer Verwundung der
Art. max. ext. kervorgegangen ; er bestand aus einem
Convolute erweiterter pulsirender Geffcsse , von wel-
cheu aus eine Anzalil starker Aeste nach den Augen-
winkeln , dem Nasenrilcken und der Stim sich aus-
breitete. Die Pulsation nahm mit wachsender Ent-
fernung ab und verlor sich in den Endfisten gauz.
Wurde die Verbindung mit der centralen Geschwulst
unterbrochen , so fielen die peripherisch gelegenen
Stttcke der Geftlsse zusammen, und wenn sie sich
auch trotz fortbestehenden Drucks wieder ftillten, so
pulsirten sie doch nicht wieder. Dagegen fingen,
wenn man an sehr peripherisch gelegenen Stellen
comprimirte, auch solche centralwfirts gelegene Ab-
schnitte an zn pulsiren , welche es bis dahin nicht
gethan hatten.
Der erste Tumor wurde excidirt, nachdem er
mit lnsektennadeln unteretochen war. Durch eine
Reihe von umschlungenen und Knopfn&hten , Druck-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
269
V. Chirnrgie, Ophthalmologic n. Otiatrik.
verb and nnd Eisumschlige wnrde die (arterielle) 660. Fall von Oesopbagneftstel mit tekun
Blutnng gestillt. Die andere Geschwulst wurde ab-
gebunden und nacli 3 T. abgesclmitten. In beiden
Fftllen hdrte faat sofort in alien distalen Gefessen die
Pnlaation auf nnd es trat definitive Heilung ein. Bei
der Untersuchung des ausgesclinittenen eraten Tumors
zeigte ea sich, dass eine Arterie von der GrOssc einer
Temporalis in einen Blutsack ttberging, ans welchem
ohne Vermittelnng ernes Capillaraystems direktVenen
anstraten. Der Blutsack vertrat demnach die Stelle
der Capillaren, die letztern waren im Laufe der
Jahre zu einem Sinus ausgeweitet und die von der
centralen G each wu 1st ausgehenden GefUase waren
pulsirende Verier u In dem 2. Falle ist es von selbst
klar , dass es sich urn ein Anenrysma anastomoticum
zwiscben Art. maxill. ext. und der begleitenden Vene
handelte , die durch den Beilhieb getroffen waren.
Die pidsirenden Gefasse waren aber Venenftste, die
mit der verletzten in Verbindnng standen.
Die Therapie ergiebt sich aus dem Vorstehen-
den: sie besteht in Excision des centralen Tumors.
W. giebt zum 8chlusse zu, dass es auch tlberwiegend
arterielle oder Tnmoren geben kann , welche einer
andern Beurtheilung unterliegen mflgen. (Block.)
659. Paraoentese des Hersbeutels, Ge-
nesung ; von Dr. Thomas Elliot. (Lancet I. 2 ;
Jan. 1876.)
Ein 60jihr. Zimraermann , der angeblich seit lunger
ala 40 J. herzleidend war nnd verscbiedcne Male Rhea-
matismusanfalle durchgemacht hatte, wurde mit allgcmei-
nem Anasarka , Athemnoth and schwachem Pulse In das
Bristoler Krankcnhans aufgenommen. Dio Herzth&tigkeit
war sehr beschleunigt und nnregelmassig , an der Mltralis
ein unbestimmtes systolisches Gerausch wahrnehmbar.
Am 28. April schien der Pat. moribund. Athmen
sehr sehwer nnd nnr moglich, wennderKr. anf der linken
Seite nnd ein wenig anf dem Gesiebte lag. Das Gesicht
von blanlicher Farbung , die Halsvenen gefullt und ge-
schlangelt , aber ohne Pulsation. Die llerzspitze war
weder zu sehen, noch zu fuhlen. Herzdampfungsehr ver-
grossert, aber wegen des Hautodems nicht seliarf zu be-
grenzen. Die Ilerztone nur sehr entfernt uml undentlich
zn bdren. Matte Perkussion fiber der Basis der linken
Lunge ; hier auch bronchiales Athmen , sonst verscharft
vesikulares. Kein bemerkrnswerther Unterschied in der
Stimmresonanz auf beiden Seiten. Es wurde nun die
Pnnktion des Ucrzbeutcls mit dem Dieulafoy'schen Adept-
rator durch Th. Elliot ausgefuhrt. Die zwischen der
5. und 6. Rippe 1“ nach rechts von der Brustwarze ein-
gestochenc Nadel eutleerte 42 Unzen einer klaren stroh-
farbenen Flussigkeit. Gegen Ende der Operation stiess
die Herzspitze 1 oder 2mal gegen die Nadel, weehalb man
derselben cine mehr horizontale Richtnng gab.
Der Kr. f uhlte sich selbst erleichtert, objektiv war
aber erst nach einigen Stunden eine Besserung nach-
weiabar. Am 2. Tage nach der Operation war der Puls
kraftiger. Das Anasarka hatte bedentend abgenommen.
Am 31. Mai war dasBelbe vollstandig verschwnnden, der
Herzstoss war sicht- und fiihlbar, die Tone deutlicher und
ein unbestiramtes, gegen die Basis an Starke zunehmendes
GerSusch horbar , das sich aber nicht den grossen Blut-
gefassen entlang verfolgen liess. Pat. konnte aufsitzen,
aber jede Anstrengung verursachte Athenmoth und Herz-
klopfen.
Am 6. .lull wurde er zur poliklin. Behandtnng ent-
lassen ; er vermoebte sich etwas freier zu bewegen.
(Block.)
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darem Mediastinalabscess ; von Dr. Ltlrmann.
(Berl. klin. Wchnschr. XIII. 19. 1876.)
Im September 1876 wurde ein 24j5hr. Landmans in
die Klinik zn Kiel anfgenommen , welcber im Nov. 1874
an einer Angina faucium erkrankt gewesen war , zn der
sich bald eine Anschwellung der linken Halsseite mit hef-
tigen Fiebcrerscheinangen und Schmerzen hinzugesellt
hatte. Damals war die ganze linke Ualshalfte prall und
voll geschwollen , der Kchlkopf ans der Mittellinie nach
rechts gedrangt und in der Tiefe zeigte sich undeutliche
Flnktnation. Die Rachengebilde waren frei, die Athmnng
unbehindert, doth bestand Ilciserkeit. Pat. klagte uber
Schmerzen in der geschwollcnen Partie und fiber Schlaf-
losigkeit. Bald trat bedeutende Athemnoth und deutliche
Floktuatiou ein u. mittels einer Incision wurde ca. '/, Liter
stinkender, dunntlfissiger Eiter entleert, worauf die Suffo-
katiouserscheinungen schwanden. Unter Kataplasraen
schien die drainirte Abscesshohlo auszubeilen und das
Allgemeinbetinden besserte sich, docb bestand vollige
Aphonie und nach Verlauf von 14 T. bemerkte man, dass
Speisethcile aus der Wundc kamen. Die Sonde gelangte
durch eine vorher nicht gefundene Ocffnung in eine ge-
raumige Hohle, deren Grenzen nicht bcstiiumt werden
konnten. Der Kr. bekam nur flussige Spcisen und die
AbscessbShle wurde mit Salicylsaure ausgespult. Spater
wurde an der hintern Thoraxwand eine Dampfung in
Drelecksform nachgcwicscn , deren Ausdebnung mit der
Fullung der Hohle wechselte , und die bewies , dass der
Abscess bis znr Basis des Mediastinum posticum reichte.
Der Comrounikationsort mit dem Digestionstrakt liess
sich nicht entdccken. Husten, der den Kr. heftig qualte,
vermehrte die Menge der Speisetheile im Abscess. Es
wurde bis zum Grund der IIBhle ein Drainrohr gelegt j
durch ein kurzeres daneben eingeffihrtes Rohr liessen sich
2 Liter Flussigkeit in die IlShle eingiessen, ehe etwas ab-
floss, dann trat Bcklemmung ein. Die Dampfung verbrei-
tete sich bis zur Mitte dcr Scapula.
Pat. erhielt 3 Mahlzeiten von nur flfisslgen , nicht
relzendcn Speisen und nach Jeder wurde die AbscesshBhle
mit dem Irrigator ausgespfilt , wobel der Kr. behufs bes-
eem Abflnsscs der Flussigkeiten auf dem Bauche lag.
Nebcn den oft bedeutenden Mengen von Speiseresten ent-
leerte sich , namentlich Morgens , ein elgenthfimlicher
graner Eiter in den die Enden der beiden Rflhren ver-
bindenden Gummibontel , welchen Pat. um den Hals
tmg. Bei dieser Behandtnng wurde die H5hlo kleiner,
das Beflnden des ziemllch herabgekommenen Kr. beeser.
Die Dampfung an der hintern linken Thoraxwand ver-
kleinerte sich von oben und aussen nach der Wtrbel-
sanle zu und die HShle fasste bios noch ca. 1 Liter , ehe
ein lastiges Druckgeffihl im Thorax elutrat. Auch das
Eindringen von Speisen in die Hdhle verringerte sich,
borte aber nie ganz auf. Die dnrch Eingiessen von Flfis-
sigkeit bewirkte Schalldampfnng reichte an der hintern
Thoraxwand links bis zur Spina scapulae, nach vorn bis
znr Axillarli ie. Die rechte Thoraxseite war nioht ver-
andert , eben bo wenig bestand eine Erseheinung, welche
auf ein Andrucken des Herzens an die vordere Thorax-
wand deutete. Trank der Kr. Milch, so floss diese durch
die Fisteldffnung ab. In diesem Zustande verlless Pat.
nach 12 Tagen (22. Sept.) die Klinik, am die erwahnte
Behandlung zu Hause fortzusetzen.
Am 21. Nov. kehrie er in die Klinik zuruck. Er eah
ziemllch kraftig und gesundans. Die Fistelfiffbung, gleich
oberhalb des linken Steraoclaviculargelenkes , am innera
Rand des Kopfnickers, batte reichlich 0.76 Ctmtr. Durch-
messer, die Umgebung war gerothet , nicht geschwollen ;
dnrch energische Uustcnstosse wurde Speichel mit Speise-
resten entleert. Beim Sondiren gelangte man durch einen
einige Ctmtr. horizontal nach hinten , dann knieformig
umbiegend In gerader Richtung etwa 20 Ctmtr. weit nach
abwarts verlaufenden Gang in eine H5hle, die einen Thell
der genossenen Speisen anfnaiim , welche dnrch Husten-
Originai from
UNIVERSITY OF CHICAGO
270
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Otiatrik.
stOsse Oder Vorauberbengen wieder entleert warden. Eine
Comnmnikation zwischen dieser HShle and der Speise-
r5hre — schon frfiher dnrch Uebcrgang von Jodkalium-
15sung aus der Hohle in den Magen nachgcwiesen —
wurde jetzt in ciner Tiefe von etwa 20 Ctmtr. gefunden
and nach Anfullung des Hohlraums mit Wasser fand man
links hinten nnten eine Dampfling fast bis zur Mitte der
Scapula, fiber der die auskultatorischen Gcransche im ab-
schwachten Maasse hSrbar waren, Die Lungenrander ver-
hielten sich normal. Der Hohlraum fasste 350 Cctmtr.
In Folge von linkBeitiger Stimmbandlahmung sprach der
Kr. heiser. Die Organe der Bauchhdhle waren normal.
Mitte Januar 1876 stelltc sich der Kr. wieder vor.
Er sah gnt aus und hatte zugenommen. Noch immer trat
ein Thell der mit der Magensonde eingeffihrten Speisen
durch das Gummirohr aus der Abscesshohle.
Pat. gab an, dass, wenn er, wie os Abends zu ge-
schehen pflegtc , mit sehr grossem Hunger seine Nahrung
durch die 8onde zu sich nahm , ein Ucbertritt nicht statt-
flnde, und in Folge dessen sein Beutel Morgens leer war.
Bettruhe , resp. horizontale Rfickenlage ware ohne Eln-
flnss. Durch vielea Sprechen sofort nach dem Essen
ginge die Entleerung in die Abscesshfihle und ans ihr in
den Gummibeutel schneller als sonst von Statten. Pat.
war im Stande , alles dnrch die Magensonde Eingeffihrte
mittels Wfirgbcwegungen durch die Fisteloffnung sofort
wieder heraus zu befordern. Die Abscesshohle fasBte
Jetzt bios 216 Cctmtr. Die Diimpfung war nur 2 Finger
breit, hinten unten links von der Wirbeleaule beginnend.
Wihrend man vorher uberall Vesicularathmen gehSrt
hatte, horte man nun fiber der Dampfung abgeschwach-
tes, fern klingendes Athmen.
Die Menge des abgelassenen Wassers stirnmte mit
der des eingegossenen fast genau fiberein. Mit einer
40 Ctmtr. langen dicken Bleisonde Hess sich nur dann der
Grand der H5hle erreichen, wenn dieselbe in einem stark
nach vorn concaven Bogcn eingeffihrt wurde ; die Wan-
dungen der H6hle zu erreichen war unmdglich. Die Sonde
glitt ohne Bescbwerden bis 36 Ctmtr. tief cin, ein starke-
rer Druck mit ihr verursachte Schmerzen, wclche Pat. an
die hintere Wand des Herzens vcrlegtc. An dem aus der
H5hle herausragenden Sondenstfick konnte mit dem leise
aufgesetzten Finger die Rhythmik des Herzens deutlich
wahrgenommen werden.
Durch diesen Befund wurde klar, dass die Abscess-
hohle sich in ihrer Ausdehnung im ganzen Mediastinum
posticum verbreitete und zum Theil noch hinter die
Lunge zwischen der Pleura costalis und der Thoraxwand
sich erstrccktc , mithin die ganze Tiefe des Thorax von
der hintern Wand des Herzbeutels bis zur hintern linken
Thoraxwand einnahm. In der aus der Abscesshohle ent-
leerten Flussigkeit fanden sich ansser den sauer reagiren-
den Speiseresten noch einige Plattenepithelien , Eiterkor-
perchen und Pilzvegetationen.
Pat. gab an, dass er fiihle, wie nach dem Essen die
Speisen neben der Schlundsonde heraufstiegen und an
einem Punkt, den er unterbalb der Clavicula angab, sich
in die Abscesshohle entleerten . was ihm Brennen verur-
sachte. Es geiang auch, durch 2 Sonden in dieser Oegend
eine Communikation nachzuweisen. Mittels rertektirten
Lichtes konnte 5.6 Ctmtr. unter dem Niveau deT ausseni
Hant durch einen Schlitz des Oesophagus die schwarze
franzosische Magensonde in einer Ausdehuung von etwa
2 Ctmtr. gesehen werden. Da Pat. , wahrend ihm die
Sonde eingeffihrt war, hauflgSchluckbewegungen machte,
so konnte man Speichel in dicken Blasen neben der Sonde
her aus dem Oesophagus herausquellon and in die Abscess-
hohle treten sehen. Die Lange des Schlitzes Hess sich
nicht bestimmen.
Wenn auch die Anamncsc nicht bestimmten An-
halt hot, so iiess sich doch eine priruilre Erkrankung
des Oesopliagus'annehmen', zumal da Pat. anfing-
ieh an Schlingbcschwei*dcn , AthmungsstOrangen,
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jedenfalls an entztlndlichen Processen der tiefen
Rachentheile gelitten hatte. Es liess sich annehmen,
dass ein Knochensplitter oder sonstiger FremdkOr-
per, der sich in der Schleimhaut des Oesophagus
festgesetzt hatte , die Veranlassung zu einer Perfo-
ration wurde. Der Eiter hfitte sich dann der Speise-
rflhre entlang in die Tiefe gesenkt , das ganze Me-
diastinum posticum ausgeftlUt und sich dann, da Lunge
u. Pleura einerseits', die Thoraxwandung andrereeits
ihm Widerstand leisteten, sich nach der Apertura
thoracis sup. gewendet und liier durchbrochen. Das
Irtlher bis zur Spina scapulae reichende Dampfungs-
gebiet (bei Einftlllung von FlUssigkeit) hatte sich be-
deutend verkleinert, also die Pleura costalis sich zum
gros8en Theil wieder angelegt. Diese Verkleinerung
schien jedoch , da die Sonde noch immer 36 Ctmtr.
tief eindrang , nur in der Richtung von links nach
rechts stattgefunden zu haben.
Besondcre Berflcksichtigung verdient noch das Re -
gurgitiren der durch die Sonde eingeftthrten Speisen
aus dem Magen in den Oesophagus. Um an die
Communikationsstelle zu gelangen, mussten die Spei-
sen in den (nach Luschka 28 Ctmtr. langen)
Oesophagus mindestens 20 Ctmtr. hoch hinaufsteigen.
Da aber Pat. nicht an Mermycismus litt , so rausste
zur Erklarung dieses Umstandes eine Lfision des N.
recurrens in seinem Verlaufe vom Aortenbogen zum
Kehlkopf nngenommen werden, filr welche auch die
Lahmung des linken Stimmbandes sprach. Da fer-
ner durch die Bleisonde eine bedeutende Tiefe der
HOhle nachgewicsen war, konnte als Grand derselben
das Zwerchfell angenommen werden. Der hier &n-
gesammelte Eiter oder Heilungsvorgfinge konnten
aber die Fasern des linken Vagus fill- die Kardia und
den Oesophagus besehfldigt haben, so dass eine theil -
weise Paralyse der SpeiserChre und der Kardia sich
entwickdn konnte. Die Lahmung war keinesfalls
eine vollstfindige, da, wenn grosser Hunger vorhan-
den gewesen war, die Speisen nicht regurgitirten,
8onderu im Magen blieben.
Die vonAnfang an eingeleiteteBehandlnng hatte
den Zweck , die Oesophagusfistel zn schliessen und
dadurch die Ausheilung der Abscesshohle zu bewir-
ken. Pat. nahm dalier seit Sept. 1875 seine Nah-
rung ausscbliesslich in 3 Portionen durch die Schlund-
sonde ein und liielt durch Oftere Aussptllung mit
antiseptischen Fltlssigkeiten den Hohlraum rein.
Hierdurch konnte allerdings nicht verbindert werden ,
dass vom verschluckten Speichel Theile durch die
Fistel austraten und bei dem storenden Regurgitiren
des Genossenen Speisen in die Abscesshohle traten.
Da jedoch die letzte Untersuchuug festgestellt liatte,
dass die SpeiserOhrenfistel nur 5 1 / s Ctmtr. unter dem
Niveau der fiussem Ilaut lag , so konnte an einen
Verschluss derselben auf operativem Wege gedacht
werden. Leider war Pat. vor der Hand nicht zur
Operation zu bewegen. (H. MOckel.)
661. Fall von symmetrisoher Knoohen-
nekroBe; von Dr. Kolaczek. (Deutsche med.
Wclmsohr. I. 14. 1875.)
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271
V. Chirurgie, Ophthalmologic u. Oti&trik.
Eine kraftig gebaute 21jahr. Dienstmagd, von blfihen-
dem Aussehen u. vorzuglichem Ernahrungazustand, fiber-
stand vor l'/i Jahren die sogen. modifleirten Pocken. An
diese schloasen sick als Nachkrankheit cntzfindliche An-
schwellungen beiderSchulternundArme, diedasKranken-
lager auf 10 Wochen ausdehnten und zur Uildung von Ab-
scessen , reap. fistulosen Geschwuren ffikrten. Wahrend
die fiber der rechten Clavicula gelegene Fistel ohne be-
sondere Medikation und ohne das9 die Ausstossnng ernes
Knochensplitters bemerkt wurde , heilte , bestanden die
fibrigen — fiber der Mitte der rechten Clavicula , an der
tnnenflache beider Abscesse ca. 10 Mmtr. fiber deni Con-
dylns internus und fiber der Mitte beider Uadien gelegen
— bei massiger Eitemng und vollkommenem Wohlbefln-
den der Kr. fort. Die cingefiihrte Sonde stiess jedoch
(lurch Kloaken leicht auf gcloate Sequester. — Nekro-
tomie — beiderseitig , mit Zwischenrauin von 14 Tagen,
unter Anwendung des Verfahrens von Esmarch. Der
Sequester des linken Humerus 11 Ctmtr. lang, dem ganzen
untern Drittel des Oberarms entaprechend, war fast durch-
weg rohrenformig u. verbreiterte sich nach unten, analog
derConfiguration des Gelenkendes; der Sequester des lin-
ken Radius war nur theilweise rohreuformig, 8 Ctmtr.
lang. Der Sequester des rechten Humerus war nahezu
dem der andern Seite gleich , der des rechten Radius nur
4 Ctmtr. lang und lateral, noch kletner war der der linken
Clavicula. Die rohrenformigen 8equester zeigten rauhe
Aussen- und glatte Innentlache, waren also centrale,
dnrch circumscripte Osteomyelitis entstandene. Die Hei-
lung bestand nach 6 Mon. noch ungestort.
Symmetrischer Brand der Weichtheile oder gan-
zer Glieder wurde bisher in Folge von Intermittens
(Eegnaud, H. Fischer) und Flecktyphus (H.
Fischer, Estlander) beobachtet. — Nach Vf.
verliert das aymmetrische Auftreten der in causalem
Zusammenhang mit der Variolois stehendenNekrosen
seinen auf den ersteu Blick so auffallenden Charac-
ter, wenn man berticksichtigt, dass die Eruption der
meisten akuten Exantlicine eineni gewissen Gesetze
der Symmetric folgt, und wenn man die der Nekrose
zu Gruude liegendc Osteomyelitis als eine aeltene
Lokalisation des Pockengiftes anffasst. (Rise 1.)
662. Zur Casuistik plastischer Oper ationen
an den Extremit&ten ; von Dr. CarlGusseu-
baner. (.Deutsche med. Wchnschr. I. 14. 1875.)
1) Bei eineni 8jahr. Knaben war in Folge einer vor
10 Mon. erlittenen Verbrennung der rechte Oberann durch
dicke Narbenmaesen , wclche die ganze Haut der Achsel-
hohle bis zum mittlern Drittel des Oberanus und am Tho-
rax bis zu den falscben Kippen lierali ersetzen, so an deii
Thorax flxirt , dass Elevation und Abduktion ganz gc-
hemtnt und Bewegungen nach voru und hinten ebenso wie
die Rotation auf ein Minimum reducirt waren. Durch Ex-
tension und Contraextension mittels Gewiebten und Heft-
pflasterverband wnrden die Narbcn gedehnt, aber es trat
nor sehr theilweise Besserung ein. Zwcimalige Incision
der Narbeustriinge und Verkleineruug der erzeugten Wun-
den, durch Verschiebung der Haut und der rcstirenden
Granulationsflachen durch Transplantationen, wirkte so
gunstig , dass die Elevation bis zur Horizontalcn moglich
wurde. Schon nach 8 Mon. aber war die Elevation fiber
46° nicht mehr moglich. — Nachdem die Narbe bis zur
AcbselhShle gelost und im Bereiche dersciben vollstandig
excidirt war, wurden 2 Lappen von je 3" Lange mit
oberem Stiel gebildet , der vordere, mit seinem Stiel bis
nahe zur Clavicula reichende aus der Haut des Thorax,
der hintere aus der Haut fiber dem aussern Scapularrande.
Beide Lappen deckten bei geringer Drehung die Achsel-
hdhle und wurden langs ihres freien Randes durch Knopf-
uahte unter sich und mit dem Spom vereinlgt, der hinten
und vom zu ihrer Fixirung gebildet war. — Die so am
Thorax entstandeuen Hautdefekte waren sehr gross, aber
ffir die Contraktur ohne Belang. Die Heilung erfolgte so
schnell mid gunstig, dass derKr. 7 Wochen nach der Ope-
ration bei seiner Entlassung den Arm 10° fiber die Hori-
zontale erheben, mit der Hand die ganze Oberflache seines
Kopfes berfihren konnte , und 8 Monate spater die Be-
wegungen fast bis zum Maximum der normalen Exkursio-
nen moglich geworden waren.
2) Einem 21jahr. Buchhalter waren im 9. Lebens-
jahre in Folge einer Zerqnetschung die Weichtheile dee
linken Fusses bis zum Knochel sammt dem ganzen Feraen-
rficken und dem untern Theile der Achiilessehne durch
primare Nekrose zu Gruude gegangen ; die Benarbung dee
Defektes hatte 2 Jahre beansprucht und war mit Equinus-
stellung erfolgt. Obgleich nur die Spitze des Fusses den
Uodcn erreichte und die Extrcinitat auf das Sorgfaltigste
geachont wurde , zeigten sich stetig wiederkehrende Ex-
coriationen und theilweise Nekrotisirungen der Narbe.
Da feste Benarbung an dieser dem Druck und der Reibung
exponirten Stelle auch durch Reverdin’sche Trans-
plantationen nicht zu erwarten stand, entachloss man sich,
den ganzen Substanzverlust an der Ferse mit einem gra-
nulirenden Lappen aus der Haut der rechten Wade zn
decken. Nachdera die spaterhin einzuhaltende Lage der
Extremitaten einstudirt war, wurde am 14. Juli 1874 von
Prof. Billroth etwas unter der Mitte der rechten Wade
eiu 2" breiter Lappen durch 2 parallele , scnkrecht zur
Unterschenkelachae verlaufende , 4'* lange Wunden um-
grenzt, von der Fascie abgelost und durch Stanniolunter-
lage am Wicdcranwachsen gehindert. Vom 14. bis 20.
Tage ffihrtc man die Trcnnung der hintern Ernahrungs-
lirficke dnrch Doppelligatur aus, wahrend mittlerwcile die
Fersennarbe tlicilweise excidirt und ihre Ilautwunden
geradiinig angcfrisclit waren. Am 17. August wurdo nacli
geeignetcr Fixation beider im Kniegelenk etwas flektirter
Untercxtreinitaten in Gipsvcrbanden, welchc llolzschieneii
fest nntcr eiuander verbanden, der dnrch die vordere Brficke
trefflieh ernahrte Lappen an den einen Wundrand der Ferse
derart angeheftet , dass seine Granulatioustlachc in bt-
trachtliehcr Ausdehnung auf die der Ferse zu liegen kaiu
und so seine Anheilung nicht nur an den angefrischten
Wundrand, sondern auch an einen grossen Theil der Ferse
geeichert war. Suspension des Gipsverbandsystemsmachte
die Lage des Kr. crtriiglich und gcstattetc Bewegungen
der Unterextremitaten nur im Iluftgelenk. Anheilung
des Lappens bei offencr Wundbehandlung biunen 6 Tagen,
so dass bereits am 25. Aug. mit allmfiliger Trcnnung der
Ernahruugsbriicke durch taglich vorgenomraene vorsich-
tige seitliche Incisionen licgonneu wurde, welche auch die
in der Nachbarschaft des Stieles wieder angewachsenen
Stellen so weit liiston , (lass am 3. Sept, der Lappen in
seiner ursprfinglichen GrOsse ganz vom Mntterboden ab-
gehoben, fiber die Ferse geschlagen und am aussern
Wundrande angeheftet werden konnte. Nachdein der
Lappeu in seiner ganzen Fliiche mit dem granulirenden
Knochen verwaehsen war , erfolgte die Benarbung der
dnrch ihn noch nicht bedeckten Gninnlationcn schnell n.
war am 1. Oct. vollendet. Mit einem der Spitzfussstellung
angepassten, mit 2 seitlichen Schienen versehenenSchuh,
der den beim Auftreten auf die Sohle ausgeiibten Druck
nur auf die Spitze des Fusses n. den mit dem Hautlappen
bedeckten Theil der Ferse einwirken Hess, wurde der Kr.
entlasaen und 1 Jahr nach der Operation bestand das or-
sprfingUche Resultat noch nnverandert. (Risel.)
663. Hygrom des Schleimbeutels am
obem schiefen Augenmnskel; von Dr. B utter -
lin. (L’Union 104. 1876.)
Ein 18jkhr. Mitdchen hatte seit ca. 3 Jahren im
innern Augenwinkel nach oben hin eine langsam
wachsende Geschwulst bemerkt. Dieselbe war jetzt
von der Grfisse einer kleinen Bohne , lag fiber dem
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272
V. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Thr&nensack und hob das obere Lid etwas in die
H5he. Thranenleitung und Lidbewegung waren un-
gestdrt. Da durch eine Punktion sicb eine synovia-
ahnliehe FlUssigkeit entleerte , schlosa Vf. , dass an
der Trochlea sich ein Ilygrom gebildet habe. Er
spritzte 2inal einige Tropfen Jodtinktur cin , worauf
die Cyste vollstandig verschwaud. (Geissler.)
664. Betinitis prolifarans; von Prof. W.
Man z. (Arch. f. Ophthalm. XXII. 3. p. 229.
1876.')
Mit diesetn Nanaen bezeichnetM. eine eigenthttm-
liche Erkrankung des Augenhintergrundes , welche
bisher nur selir selten beobachtet zu sein scheint.
Ed. Jilger hat diese Form zueret als „Binde-
gewebaneubildung im Glaskorper“ beschrieben und
abgebildet (Handatlas Taf. 18. Fig. 84), O.Bccker
und Hirschberg haben je einen hlmlichen Fall
erwkhnt, Manz selbst beschreibt 3 Beobacbtungen
sehr ausflihrlich. Da das Original leicht zngUnglich,
dtirfen wir wohl von einer Mittheilnng der Kranken-
geschichten absehen. Es scbcint, als ob die Krank-
heit sicb nur in einem schon kranken OrganismuB
entwickle : die Pat. von M. litten mehr oder weniger
an Cirkulationsstbmngen Seitens des Herzens. Die
Sehstorung beginnt mit einem dunklen Sehdcfekt im
mittlern Tlieil des Selifeldes, dabei wird ilber masaige
Reizsymptome seitens der Retina geklagt. Binnen
Wochen oder Monaten wird nun das ganze Sehfeld
von der Triibung gedeckt. Die Affektion kaDn sicb
einseitig oderauch in verschiedenem Grade auf beiden
Augen entwickeln. Im weitern, ausserordentlich lang-
samen Verlauf traten Blutergllsse im Glaskorper und
andere GlaskbrpeiirUbungen auf, auch 1st, wie es
scheint , eine grunUche Verfiirbung der Iris , jedoch
ohne Ablagerung entzttndlicher Produkte, ckarakte-
ristisch. Mit dem Augenspiegel sieht man, falls die
Glaskdrpertillbungen nicht zeitweilig den Einblick
verhindern, dicht vor der Papilla und ihrcr ntichsten
Dmgebung eine eigenthlimliche, weisse, faltige Trtt-
bung, welche ungefehr die nach oben und nach nnten
laufenden grossen Netzhautgefdsse zu decken scheint.
Die Falten stehcn senkrecht zur Netzhautebeuc , sie
lassen die Papilla selbst und den rothen Hintergrund
nur undeutlich durchschimmem , zwischen ihnen in
der Tiefe sieht man neugcbildete BlutgefMsse. Nach
innen und nach aussen ist die gefaltete Masse ziem-
lich soharf begrenzt , nach oben und unten geht sie
in schmale Auslttufer aus. Durch diese senkrechte
steile Faltung und die von oben nach unten halb-
mondformig ausgestreckt liegende Figur derselben
ist diese Erkrankung von einer circumscripten Netz-
hautabldsung oder einem Tumor am hintera Pol ge-
nflgend unterschieden. Diagnostische Schwierig-
') Beaten Dank f3r die Znaendnng einea Separat-
abd racks. G.
keiten erheben sich nur dann, wenn die Glaskflrper-
trflbungen sie undeutlich oder gar nicht erkennen
lassen. Da sich das Produkt an die grdssem Ge-
fUsse der Netzhaut anscldiesst und sich zuweilen der
direkte Uebergang von Zweigen der Netzhantvenen
in die zwischen den Falten liegenden Gcftis.se nach
weisen lilsst , hilt M. seinen Ursprang in der Netz-
liaut filr sicher. Ueber die histologische Struktur
der Falten lilsst sich , da keine Sektionen vorliegen,
noch nicbts sagen. — Die Kraukheit scheint der
Rtickbildung filing zu sein. Zweifelliaft ist, ob voll-
stindige Herstellung mbglicb ist. Die Falten werden
imLaufe inehrererMonate dinner und durchsichtiger
und ver8chwinden nach und nach ganz. Die Glaa-
kiirperopacitiiten werden aufgesaugt. Wiewold die
Krankheit nicht aaf luetischer Basis beruht, sind
doch Schmierkuren nnd Jodkalium mit gutem Erfolg
verwendet worden , wie die mitgetheilten Falle be-
weisen. (Geissler.)
665. Ueber Kopfschmerz in Folge von
Anstrengung der Augen; von Dr. 8. Weir Mit-
ch e 1 1 in Philadelphia. (Amer. Journ. N. 8. CXLII.
p. 363. April 1876.)
Die „ Headaches from Eye Strain" werden in
den Lehrbfichern gewdhnb'ch nur kurz in dem Oapi-
tel liber Asthenopie abgehandelt Sie sind ein sehr
hkufiges Uebel , die Angenkrankheit selbst tritt Air
den Pat. Sfters dabei ganz zurttck , weshalb der ur-
sHchliche Zusammenhang auch hkufig ganz Ubersehen
wird. Bei alien sensiblen Personen, mSge die Sen-
sibilit&t mm angeboren oder erworben sein, treten
cerebrale Symptome gewdhnlicli auf, wenn wegen
optischer oder accommodativer Stonmgen das Auge
in seiner Funktion geschwkcht wird. Nach den mit-
getheilten Krankengeschichten scheint es, als ob be-
sonders astigmatische Augen die Anstrengung nicht
vertragen konnen. Reine Hemikranie als Folge die-
ser Anstrengung kommt am seltenstcn vor. Hftufiger
sind fixer Schmerz im Hinterkopf und Nacken, in
der 8tirn oder in den Augen, dabei Gefilhl von Er-
mlldnng, Hitzegefflhl ; den Schmerzanfellcn kann
sich eine Reihe von hysterischen Erscheinungen an-
schliessen. Durch Lesen und Scbreiben werden die
Schmerzengesteigert, zuweilen wird jede Anstrengung
der Augen auf Monate nnd Jahre unmbglich. Bei
raanchen Pat. treten Scbwindelzuf&lle ein , die fixir-
ten Gegenstiinde scheinen vor den Augen zu tanzen,
die Sicherheit der Bewegungen geht zum Theil ver-
loren , was zu steter Unnihe und Angstgeftlhl Ver-
anlassung giebt. Die Kurversuche bleibcn erfolglos,
so lange die optiseben Augenfehler nicht durch paa-
sende Glaser corrigirt werden. Hat das Uebel lange
gedauert, so vergeht aber, auch wenn die Arbeit der
Augen durch die Briiien erleichtert ist , einige Zeit,
ehe sich die corebralen Erscheinungen vollkommen
verlieren. (Geissler.)
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R i e ld e r , Leuk&mie u. Pseudoleukamie.
273
B. Originalabhandlungen
nnd
Ueberstcliten.
XII. Ueber Leukamie und Pseudoleukamie.
Nach den neuesten Beobachtungen zusammengestellt
von
Dr. D. Riemi
A. Leulcdmie.
Nachdem imJ. 1872Moaler seine ausfflbrliche
and interessante Monographic ,,die Paihologie und
Tftcrapie der Leukamie" verOffentliclit und darin
alle Forschungsresultate , welche liber dicse, flber-
haupt erst seit einigen Decennien bekannt gewordene
Krankheit, vorliegen, sowie die von ilirn selbst ge-
machten reichen Erfahrungen und gillndlichen Stu-
dien zusammengestellt hatte, ist man allenthalben
anf solche Fftlle von Leukamie und Pseudoleukamie
aufmerksamer geworden, und wenn auch seitdem nur
einzelne wenige, dieSache eingehender besprecliende
AnMtze erschienen sind, so sind wir doch durch
ein reichhaltigeres Material in den Stand gesetzt,
ein immer klareres Urtheil fiber genanute Affektion
zu gewinnen. Um das eigentliche Wesen der von
uns mit dem Namen „Leukamit" belegten Krank-
heit zu ergrttnden, um zu ermitteln , ob es sicli bier
primir um eine krankhafte Veramlerung besiimmter
Organ e (Milz, Lymplidrttsen, Knochenmark) handle,
oder ob das Wesentliche eine Alteration des Blutes
sei, dazu gehdrt vor Allem eine genaue und vorur-
theilsfreie Beobachtung der Erkrankungs&lle.
Besonders beachtenswertli erscheint in dieser
Beziehuug die Mittheilung von Prof. A. Biesia-
decki (Wien. med. Jahrbb. 1876. p. 233). B.
beschreibt einen unzweifelliaften Fall von Leuk&mie,
der sich durch eine nicht unbedeutende Betheiligung
der llaut auszeichnet, nnd kommt, indem er sich auf
eine sorgfkltige histologische Uutersuchung stlltzt,
zu dem Schlusse, die Leukamie sei eine reine Blut-
erkrankung und beruhe im Wesentlichen auf einer
Art gehemmter Blutentwickluug. Hiermit tritt er
der jetzt allgemein herrschenden , von Virchow
n. A. acceptirten Theorie entgegeu, welche die Hy-
perpla.de der Milz und Lymp/idrusen, wodurch die
Vermehruug der farblosen Blutkorperchen direkt
hervorgerufen werde, als das Primkre und die hete-
roplastischen leukamischen Lympkome als das Se-
kundare betrachtet.
•) Vfl. Jahrbb. CLV. p. 313.
Med. Jahrbb. Bd. 173. lift. 3.
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r zu Leipzig 1 ).
Ein 60jahr. TagelShner litt vor 16 Jahren an Inter-
mittens. Seit 1871, wo er angebUch eine Lungenents&n-
dung fiberstand, klagte er fiber zunehmende Schwiche ;
er hatte das Gefuhl eines harten Kdrpers im Leibe and
von Spannang in der Milzgegend. Nean Wochen vor
der Aufnahme in das Hospital traten an der Haat der Un-
ken Gesichtshalfte in Mer Nahe des Ohres kleine, etwas
Jnckende Knotchen mit Schwellnng der Lymphdrnsen am
Ohr und reissenden Scbmerzen im Kopfe auf. Vor 6 Wo-
ehen begannen die rechteu Aeh.el-, vor 3 Wochen die In-
gninaldrusen anzuschwellcn. Die Knotchen am Gesicht
nahmen zu, wurden theilweise oonfluirend, verbreiteten
sich fiber die llaut der Urust und der obern Extremitaten,
fiber den Mons Veneris und die Inguinalgegend. Der
Milzturoor nahm unter der Anwendung von Chinin (90
Ctgrmm. pro die) ab. Am 31. Oct. 1872 ergab die Ua-
tersuchung folgenden Befund. In derHaut, namentlich
an der Stirn, unzahlige, zerstreute, birsekorn-, meist Un-
sen- , seltner bohnengrosse rosenrothe und rothblauliche
Knotchen, im Coriurn betindiicb. Eine grSssere Gruppe
von Knotchen iu der llaut der linken Wange, eine ahn-
lichc, perlschnurartig angconlnet, vor ii. hinterden Ohren.
Behaartc Kopfliaut knotenfrei. Sonst noeh Kndtclien am
liaise, fiber dem Sternum, in der rechten Achselhohle und
am rechfen Arm, an beiden Thoraxseiten, an den Bauch-
decken, vereinzelt an beiden Lenden, in der rechten Knie-
kehle. Unter dem rechten M. pectoralis maj. ein aua
zahlreichen Druaen bestehender hockriger Tumor, mit
einem ahnlichcn in der rechten Achselhohle geiegenen
znsammenflicssend. Lymphgefassc des Unterhautzell-
gewebes beider Oberarme als harte, dfinne Strange ffihl-
bar. Leber bedeutend den Rippenrand uberragend. Milz
von dcr S. Rippo bis 4 Finger nnterhalb des Nabels rei-
chend. Verhaltniss dcr farbigcn zu den farblosen Blnt-
kOrperchen etwa 3:2, letztere nicht unbedeutend ver-
grSssert. Danebcn fanden sich spnrliche homogene, giatt
contourirte, den rotheu Blutkorperchen an Grosse etwa
gleichende Zellen, die znm Theil einen gelblichen Farben-
ton hattcn. Die Vcrgrosaerung dcr erstem Zellen war
hier nnd da durch Ansammlung von Fettkomchen bedingt,
znm grossten Theil enthielten dieselben aber mehrere
rnnde, begrenzte, von Protoplasms timgebene Blilschen :
B eine den Zellen der Schleim- oder Gallertcarcinome ent-
sprechende Metamorphose.- Femcr kamen Zellen von
der Grosse der rothen Blutkorperchen vor, die unregel-
massig eontonrirt waren nnd in derWarme lebhafte Form-
veranderungen eingingcn. Das Blut schied in dcT feuch-
ten Hammer die von Neumann bei Leukamie beschrie-
benen, langgezogcnen , oktaedrischen Krytalle, daneben
Krystalle von oxalsanrem Kalk und vieUeicbt auch von
Kreatin ans. Bei langsamem Verdampfen entstanden
buschelfbrmigc Hamoglobinkrystalle.
Ana dem Sektionsbefurule entuehmen wir Folgendes.
Die Hantknoten zeigten auf der Schnittflache eine markige,
35
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274
Ri enter. Leukilmie u. Pseudoleukftmie.
weichc, gelblichweisBe, gleichformigc Masse , welche die
oberflachlichen, zam Theil auch die tiefern Schichten des
Corium intiltrirte, sogar in daa subcutane Zcllgewebe hin-
einragtc und hier von demselbcn sciiarf begrenzt war.
Epitheldecke daruber intakt und gespsnnt. Nirgends k5-
1 sige und erweichte Ilerdr. Lymplidrfisen dor rechten
Achaelbohle dureh diclitoa liindogewebe zuaamincngehal-
ten, Rindcn- u. Markaubatanz auf dem Sclinitte ala gleich-
rnassige, weissgelbe, blntarme, weiche Masse eracbeinend.
An der Zungcnbaais war die Schleimhaut bis '/* Zoll tief
von markigcr Masse dnrchaetzt. Seitlich von der Znngcn-
wurzel 3 linaengrosac, von Schleimhaut uberkleidete, gelb-
lichweisac, eircumacripte Knoten. Beide Tonaillen wall-
nussgroas. In der rechten Mandel cine bohnengrosse, mit
gelbgriinlieher Eitermasse gefiillte Iliilile. Ein kleiner
markigcr Knoten in der Larynxachleirahaut. In den Blnt-
gefaasen beider Lungen lockcre , rothbraunliche Gerinn-
sel, zumeist uingeben von einer dunnen Schicht gclbgrun-
licher, eiterahnlicher Masse. Leber grosser, braungelb-
lich verfarbtes Parenchym. Milz 9“ 8"' lang, 6“ 4"*
breit, 4" dick, Kapsel gespannt, Subatanz gleichfSrmig
branugelblich gefarbt, blutarm, teigig, weich. Lie Nle-
renoberflache zeigte aahlreiche stecknadclkopf- bis erbaen-
groase, weisae, etwas eingeaunkene Stellen, an denen die
Rindonsubatanz durcb wcissrothliches Gewebe eraetztwar.
Mark der Rippen und der apougiosen Theile der langen
Rohrenknochen achmutzig gelb gefhrbt, zu einer achmip-
rigen, nicht fetten Masse zu zerreiben.
Bei der mikroskopiachen Untersuchnng zeigten die
kleinsten Hauttnmoren eine geringe Zellinflltration an der
Grenze der Para papillaris und Para reticularis in derUm-
gebnng dea oberflachlichen Blutgefaasnetzes, in den Capil-
laren racist farbloae Zellen. An den groaaern Knoten,
wo die Infiltration viel dichter war, trat nach Ansplnaelung
der Sehaltte ein grobmaachiges Bindegewebenetz hervor.
Die Zellen boten hier in dor Pars reticularis ein dem S&ft-
kin&lchennetz entsprechendes BiM. ZellenanhSnfnngen
war on namentlich nm die Haarbalge und Schweissdrnsen
vorhanden. In der Pulpa der Miiz zeigten sich vor Allem
mit sehr schmalem Protoplasmasaume versehene Kerne,
daaeben vereinzelte blntkorperchenhaltige Zellen nnd in
gariagerer Zahl Blutzellen. An Schnitten sah man eine
diefate Zellinflltration der Arterienecheiden.
Diese Vergrbsserung des perivaskularen retiku-
laren Bindegewebes maclit nach Vfs. Ansicht gerade
den Tumor aus, denn das eigentliche, von cavernbsen
Venen durchzogene Milzgewebe sei vermindert. Zum
Vergleicbe zieht Vf. die chronisch vergrOaserte mela-
notische Intermittensmilz heran , bei welcher die
Pigmentzellen ebenfalls in dem die Arterien um-
gebenden Bindegewebc angebduft sind und so auch
in das Centrum eines jeden Malpighi’scben Kftrper-
chens vordringen. Ausserdem kommen noch Pigment-
zellen in der Umgebung der Kdrperchen , nicht aber
in der peripheriseben Zone derselben vor. In dem
ausdrtlckbaren milebigen Safte der Lymphdrliaen
fanden sich neben einer spftriichen Anzahl jener
kleinen , mit wenig Protoplasma versehenen Lympb-
zellen doppelt so grosse koraige Zellen. An Schnit-
ten sah man gerade die Ritume der Lymphbahnen,
das peritrabekulare, retikolare Gewebe, vollgestopft
mit Zellen. Aus einer Injektion der Drflsen (von
Teichmann ausgcfUbrt) ergab sicb eine mllssige
Erweitcrung , jedocli keine Vermehrung der Blut-
gefAsae. Hiermit vergleicht Vf. die Bronchiallyroph-
(lrtlsen bei Anthracosis pulmonum , welche ebenfalls
in Zellen eingeschlossenes und freies Pigment, vor-
nehmlich innerhalb der Lymphg&nge, aufweisen. Im
Knochenmark waren ebenfalls neben sp&rlichen far-
bigen Blutzellen und Uebergangaformen znmeist
grosse, farblose Zellen mit blAschenartigen grosse n
Kernen vorhanden und dann noch 4 — 5fach grbssere
Zellen, die melu-ere Kerne oder sogar Zellen ein-
schlossen. Die Kapsel der Leber nnd das intra-
capsularc Gewebe war von Zellen durchsetzt, die
Leberzellenbalken durch eine vorwiegend aus farb-
losen Blutzellen bestehende , gef&sshaltige Zwiscben-
substanz auseinander gedrftngt. Wo eine AnliHufnng
von Zellen bestand, waren die Leberzellen vorwiegend
pigmentirt und atrophisch , eigentliche lymphatische
Tumoren dagegen nirgends nachweisbar ; Pinsel-
prkparate liessen kein Reticulum erkennen. Diesen
Verhaltnissen stellt Vf. die atropbische Muskatnuss-
leber, besonders aber die durch Intermittenskachexie
erzeugte melanotische Leber zur Seite. In den Nieren
war das eigentliche Nierengewcbe stellenweise unter
einer Zwischenmasse , die sich namentlich in der
Corticalis fand und aus ausgedebnten , mit farblosen
Zellen gef&llten Venen bestand, geschwunden. Der-
artige Stellen hatten eine keilfSrmige Gestalt und
glichen der interstitiellen chronischen Nephritis. An
den von Teichmann injicirten LympligefUssen der
in der Keblkopfschleimhaut befindlichen Knoten war
weder eine Vermehrung, noch wesentliche Erweite-
lnng wahrzunehmen.
Auf diesen pathologisch-anatomischen Befund
stfltztVf. seine, so zusagen, mechanische Erkl&rangs-
weise der Leuk&mie. Die farblosen Blutkdrperchen
sind nicht bios einfach vergrossert, sondem das Pro-
toplasms Let auch metamorphosirt und dadurch ist
die Umwandlung derselben in farbige gestbrt , wie
wir auch aus dem Vorhandensein von Uebergangs-
stufen und aus der von Welcker gefundenen ab-
solnten Verminderung der farbigen Blutzellen er-
sehen. Diese vergrbsserten und metamorphosirten
Zellen verhalten sich nun weiterhin vfillig gleich den
mit Farbstoff gefllllten und werden, wie diese, in
dieselben Organe und Organabschnitte abgelagert,
also vornehmlich in Milz , Lymphdrtlsen , Knochen-
mark, Leber und ausnahmsweise auch in solche Or-
gane, die einem lokalen Reize ausgesetzt sind. Die
erst nach der Blutverftndernng eingetretene Lympb-
dTllsenschwellung spricht daftlr. Die Milz reagirt
schon auf geringe Reize und ist der klinische Nach-
weiB einer erst sp liter eingetretenen sekundAren
Milzverftnderung schwer zn ftlhren. Wie bei andera
infektidsen Blnterkrankungen ist auch bei LeukAmie
der Milztumor nur durch die verfinderte Blntbeschaf-
fenheit bedingt. Gegen die Ansicht , dass die Milz
die BildungsstAttc der farblosen Blutzellen ist, macht
Vf. geltend , dass man nicht an zahlreichern Zellen
TheilungsvorgAnge beobachten und nicht in grOsserer
Menge Zellen finden kann, die durch ihre Beschaffen-
heit und ilm morphologisches Verhalten als noch ,
jnnge Zellen angesehen werden mttssten. Die meisten ,
Zellen zeigen vielmehr retrograde VerAnderungen. j
Die Kerntheilong sieht Vf. als dem Zerfall der Zelle
vorangehend an , weil er niemals zngleiofa Einsohnfl-
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275
Riemer, Lonkftmie u. Pseudoleukamie.
nUgen des Protoplasma vorfmnd. Fflr diejenigen
Fafle , wo bei stark lymphatischem Blute geringe
SchweUung der lymphatischen Organs vorlianden
ist, nimmt Biesiadecki an, dasa liier die farb-
losen Blutzellen zwar metamorphoeirt , aber nicht so
besanders vergrOssert Bind, dass 8ie sich anliflnfen
mflssen. Bei der sogen. Pseudoleukamie (Cohn-
beim) oder Adenie (Trousseau) oder Anaemia
splenica (Griesinger) findet nach seiner Anaieht
eine schubweise Erkrankung der Blutzellen statt, die
alsbald in den verschiedenen Organen abgelagert
werden , so dass das Blut frei davon ist. Wenn
nun auch manche dieser Annahmen etwas ktthn and
weiterer Best&tigung bedflrftig erecheint, so Iflsst
sich doch nicht lengnen, dass Vfs. hauptsachlichste
Deduktionen einen hohen Grad der Wahrscheinlich-
krit fllr sich haben. HaJ uns die Physiologie doch
auch gezeigt, wie Milzexstirpationen an Thieren
weder im Blute, noch an andem Organen Verftnde-
rungen, wie sie der Lenk&mie angehdren, hervorrufen
kCunen.
An oben erw&bnten Fall von LeukMmie reiht Vf.
ein Beispiel „leukdmischer Tumor en des Darms“.
Es handelt sich hier nm ein aus dem Jahre 1852
stammendes Prfiparat des untern Ileumstdcks and
Coecnm sammt den Mesenterialdrflsen, das im Katalog
als Carcinom aufgefOhrt ist. Der zugehdrige Sek-
tionsbefund scheint jedoch melir fttr Leukilmie zu
sprechen.
Seohxigjahr. Mann, mager. In der reohten Achsel-
hohle eine kopfgrosse unregelmassige , tnberSae , stellen-
weiee duktuirende Geschwulst. Auf der Schnittflache
eine dnnkelrothe zerreibliche Masse, hier und da von
punktformigen oder anch groasern Extravasaten dnrch-
setst. Mesenteriallymphdrfisen in eine wciche, rothlich-
graue Masse umgewandelt, die des untern Ileum und
Coecum eine faustgrosse Gcschwulst bildend. Leber
gross. Mils um das Sechsfachc grosser, auf dem Schnittc
schmutxig rotb , weich. Peyer’sche und solitare Druse n
von einer den Mesenterialdrusen ahnlichen Masse intiltrirt,
die solitaren Drusen des Coecum und Colon adscendens
an kJetnbaselnussgrossen Tumoren umgewandelt. Wurm-
fortsatz inflltrirt und stark verdickt.
Das Blut wird nicht als wesentlich ver&ndert an-
gefllhrt. Der mikroskopische Befund bestand in
einer rundzelligen Infiltration. Auf die Form , Ge-
stalt und GrOsse der einzelnen Zellen darf man hier
sicherlich nicht so viel Werth legen, da die Pr¶te
schon lange in Alkohol gelegen hatten and einer
Schrumpfang ausgesetzt waren. Dieser Fall soli
den erstgenannten stfltzen und der Hautaffektion, die
man wohl leicht ftlr eine syphilitische halten kdnnte,
den leukimischen Charakter sichern. Der Fall war
freilieh schon dadurch prftgnant, dass das Bhit sich
als leuk&miach erwies. In der Literatur finden sich
flbrigens noch einige andere Ffllle von Lenk&mie,
die dorcb Hauteomplikationen bemerkenswerth aind.
Zwei Fille reiner Lenk&mie, bei denen sich
neben einer Blutverandenmg, die im 2. Falle etwas
wteniger ausgesprochen war, Mils, LymphdrOsen u.
Knochenmark betheiligten, hat Dr. Schmutsiger
(Awdi. d. Heilk. XVII. 4. p. 274. 1876) sehr ein-
gehend beschrieben.
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1) Eine 43jahr. Fran, welehe (was vielleicht rob
ItMegisoher Wlchtlgkeit ist) innerbalb 16 J. 11 Schwan*
gersebaften dnrchgemacht und vor 2 J. einen starkea
Blutverlust gehabt, auch unter sohleebten Wobnongs- nod
Ernahrangsverhaltnissen gelebt hat , ffihlte sich Im Sept.
1874 unwobl. Zu dieser Zeit hatten sioh venschiedene
VerdaunngsbeechwerdeD und eine schmerzhafte Anschwel-
lung der Hals-, Achsel- u. Inguinaldrnsem eingestellt , an*
gleich anch zeitweilig blntigo Stable. Es kam zn Oedeih
derBeine, Anne und dcsGesichts. verbnnden mit retssen-
den Schmeraen in den Beinen , namentllch den Knieen.
Bei der Aufnahme in die Klinik (12. Nov. 1874) bemerkte
man an der Kr. unter Anderem hoehgradlge An&mie,
SchweUung der genanntenLympbdriisen, atarke Schmen-
haftigkeit des Sternum, enormen Milztumor, merkliche
Vergroaserung der Leber, bedoutende Verm eh rung der
weissen Blutkorperchen und systolisches Herzgeriusoh.
Die opbtbalmoskopiscbe Untersuchung (von Horner vor*
genommen) wies zahlreiche Apoplexien und rechts eiae
weissliohe Infiltration in der Retina nach. Pat. erhiett
Chinin n. Elsen , unter welcher Medikation der Milztmnor
aurfickging. EndeDec. trat eine Vemchllmmernng in dem
Beflnden der Pat. ein, die Mila wurde grfisser, es erfolgte
Sfteres Nasenbluten and am 4. Jan. 1876 starb Pat. nach
pldtzllch eingetretener Lahmung der Arme unter Lumgen-
Mem.
Das Blut wies bei den in verschiedenen Zeitrimmea
vorgenommenen Zahhmgen ein Verbaltaiss der weissen
an den rothen KQrperchen von 1:13.1, 1:9.6 und bei
einer kurz vor dem Tode erfolgten Z&hlung 1 : 6.0 auf.
Bei der Sektion fand sich der grdsste relative Gehalt an
weissen Blutzellen Im rcchten Herzen , n&mlieh 1 : 9 . 8 .
Die Nenmann’schen Uebergangsformen twlachon weissen
and rothen BlntkOrperchen waren vorhanden. Die Unter-
suchung des Hams ergab Anfangs die ffir Lenkamle eha-
rakterUtiseben Resnltate: geringe Urinmenge bei mltt-
lercm spec. Gewicht , andauemd sanre Reaktion , starkes
Sedimentiren, vermindertc Ilarnstoff- und vermehrte
Harns&nremenge. Die Besscrnng im Beflnden der Pat.
dokumentirte sich (lurch gitisBere Harnmengen, Kl&rung
dee Ilarna, Steigernng der Chloride und der Harnstoff-
menge. Anf die Verhaltnisszahlen von Ilarnstoff zu Ilam-
sanre , wie sie In den beigegebenen TabcUcn angegeben
sind , darf man Jedoch nicht so viel Werth legen , da bei
der Untersuchung des Harns die Salko wsky’sebe Me-
thod e nicht angewandt wurde und die Nen bane r ’ache
Methode unsichere Resultate giebt. Wie sich ans den
die Temperatur -, Puls- und Respiratiomverhdllnisse dar*
stellouden Tabellen ergiebt, war bis znrBesserung leichtee
abendliches Fieber, dann normale Temperatur and bei
wieder eintretender Verschlimmerang leichte abendliehe
Exacerbation vorhanden. Dem entsprechend sank die an-
flnglich fiber 100 8chlage betragendc Pnlszahl anf 76,
stteg dann aber nor bis 96.
Aus dem Sektionsbefimde m&ge nur das HauptsSch-
iichste hierErwahnnng finden. Milz fast bis ear Crista ilei
reichend ; Mesenterialdrusen etwas gesohwellt , markig
inflltrirt ; Leber grBsser ; geringe SchweUung der Retro-
periton&aldrnsen. Llnke Niere vergrfissert; an der Ober-
flaohe einige stecknadelkopf- bis llnsengrosse, flache, graoe
Flecke ; eben solche anch auf der SchnlttflSche in der
Cortikalsnbstanz ; in einemNlerenarterlenzwelge ein mar-
kiges , graurothes Gerinnsel ; rechte Niere wenlger ver-
andert. Starke Hamorrhagie im Subarachnoidealranm ;
im rechten Occipitallappen ein grosser hiimorrhagischer
Herd, ebenso links zahlreiche, melst punktfdrmige Hfimor-
rhagien. Das Mark des Femur blass , rosafarbene and
etwa llnsengrosse verwasehene grane Flecke nnter ein-
ander abwechselnd. Extravasate hn Orbitalfett nnd in
den Opticusscheiden.
Mikroskopische Untersuchung. An der Leber waren
nlrgends elgentltche Lymphome wahrznnehmen , dagegen
erschienen die CapUlaren vielfach mit weissen Blutk5r-
pereben vollgestopft and dadurch stellenweise stark er-
wettert. . Die LeberaeUen waren dadurch , namentUoh in
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276
R i e m e r . Leukimie u. Pseadolenkllime.
der Umgebang (Jer Pfortaderaste, znm 8chwund gebracht.
Die Nieren bo ten im Allgemeinen das Blld lympholder
Infiltration , die besonders in der Umgebung der Gefasse
and an den Malpigbi'scben Kpaueln ansgepragt war nnd
die Harnkanalchen volletiindig verdrangt hatte. Die
Milz stellte sich als einfach hy perplasirt dar ; uberall dicht-
gedrangte lymphoide Elemente, die beinahe die Dicke
elner Capillare batten und dieselbe vollstandig ausfullten.
Aehnliches boteu die Lymphdrusen dar. Wie Injektionen
zeigten , waren die lymphoiden Wege derselben offen.
Am Gehirn liess sich keine Veranderung der Capillar-
waade, die vielleicht die Hamorrhagien erzeugt haben
k5nnte , nachweisen , dagegen waren sie wiedernm mit
farblosen Elementen dicht angefullt wodurcb es bier nnd
da au ampnllenartigen Ausweitungen gekommen war. In
der Pia bemerkte man ofter nur Austritte von rothen
Blntkfirperchen, eine Diapedesis, seltener kleine Hamor-
rhagien. Die gleiche dichte AnffiUung der Capillaren
mit lymphoiden Elementen bestand in der von zahlreichen
Hamorrhagien dnrchsetzten Retina. Es war anch hier
atellenweise zu varikoaen Oder aneurysmatiacben Aua-
bncbtungen gekommen , ohne dass die Wandung irgend
eine nacbweiebare Veranderung erfahren hatte. Die
Lymphacheiden waren leer. Schm. aah mehrere Male
in der Gefaaswand atecken gebliebcne rothe nnd weiase
Blutkorperchen. Die Hauptmasse des Knochenmarka
wurde gebildet von lymphoiden, den weissen BlutkSrper-
chen identiscben Gebilden , deren Haaptbestandtheil der
Kern und deren Gr5ase variabel war, ferner kamen anch
groeee, mehrkSrnige Zellen, sogen. Myeloplaxen, vor und
Zellen , die von Neumann als LymphkSrperchen be-
BChrieben und durch feinkornigen Inhalt und einen un-
dentlichen Kern ansgezeichnet aind. Dane ben waren nnr
wenig rothe Blutkorperchen , we nig Fettzellen nnd ein
Schwund der Capillaren zu conatatiren.
Diesem Befnnde gemfiss infichte es wohl keinem
Zweifel unterliegen , dass die allenthalben vorhande-
nen Capillarverstopfungen in einem gcwissen Zusam-
menhauge zu den Hamorrhagien stehcn.
2) Ein 11 J. alter Knabe aus gesunder Familie stain-
mend, klagte aeit Dec. 1874 fiber Kreuzachmerzen, die so
heftig warden , dass dein Pat. dae Sitzen schlfisslich ge-
radezu unrooglich war. Pat. bekam schlecbtes Aussehen,
wurde appetitloa , empfand Schmerzen im Bauche und es
wurde anch bald eine groaaere Gcachwuht im linkcn Hy-
pochondrium entdcckt. Pat. hatte otters Nasenbluten u.
iitt auch an Husten mit ziemlich reichlichem Auswurf.
Bel seiner Aufnahme (18. Jan. 1876) fand man groue
Abmagcrung , geschwellte Drfiaen in der reebten Supra-
daviculargcgend, cinengrosaen, nicht schmerzhaften Milz-
tomor, vergroaserte , den Rippcnrand um 2 Finger fiber-
ragende Leber, leukamische BlntbeschafTcnheit, ziemlich
hohea Fieber mit frequenter Respiration und Schmerz bei
Drnck auf die Lendenwirbel. Die ophthalmoakop. Unter-
suebung orgab auaaer einem Reste einer kleincn rundl.
Apoplexie rechteraeita wenig Abuormes. Pat. Iitt an
Schlafloaigkeit seiner Schmcrzcn balber , wurde vollkom-
men apbonlach, es trat Oedem der Ffisse liiuzu, derllusten
und die Dyapnoe wurden immer starker, es kam zu Asci-
tes, eine gleich Antanga vorbandene Diimpfung an der
linken Ilinterflacbe des Thorax breitete sich aua und am
14. Marz crfolgte unter aussorordentlicher Dyspnoc der
Tod.
Daa Blut enthielt, wie im eraten Falle , die Neu-
man n’sehen Uebergangsformcn. Das Verhaltnisa der
weissen zu den rothen Zellen war beinahe constant 1 : 60.
Bei der Scktion ergab sich eine schr geringc Blutmenge u.
die volumetrische Eisenbestimmung wies eine grosse Ver-
minderung der rothen Zellen nach. Diescn, was die An-
zahl der weiaaen Zellen anlangt, gunatigen Blutvcrhalt-
niasen entsprach denn auch die viel bobere Vcrhaltnlas-
zabl zwischen Uarnstoff undHarnsaure, welche iniDurch-
■chnitt ctwa 1 : 36 war. Die Temperatur war atets erhoht
und stieg Abends bis 39.6°; nur in den letzten Tagen
war aie constant subnormal. Die Lnngenoomplikation
doknmentirte aicb namentlich dorch eine hohe Freqnen*
der Respiration.
Autopsie. Beideraeits hochgradiger Hydro thorax,
maasiger Ascltee , erhebliches Anasarka. Friachere and
SI ter e Lungenadhasionen ; Ekchymosen an der Lungen-
pleura. Atelektatische und knollig inflltrirte Stellen in
der linken Lunge, namentlich am nnterenLappeD, kleinste
und grOssere (bis erbsengroase) im Centrum 5fter er-
weichte , grauliche Knotchen an der Spitze ; maasig ge-
s .-hwellte Bronchialdrfiscn. Ulcerirter Knoten im Mittel-
lappen der rechlen Lunge , die Bronchialdrfiaen derselben
mehr degenerirt; ebenso sammtlicbe Drfisen um den La-
rynx und die Thyreoidea herum und die peritrachealen
Drfiaen. Erhebliche Vergroaaerung der ziemlich resisten-
ten , mit zahlreichen kleineren Prominenzen versehenen
Milz. Leber eher etwaa verkleinert, an der Oberflache
des linken, weniger dea rechten Lappena , anf der Serosa
kleine , miliartuberkelgrosse , weissliche Einlagerungen.
An der rechten , etwaa vergrSsaerteii Niere die Corticalla
graulich gestreift. Glomeruli, nicht Bichtbar. Sammtliehe
Lympbdrfiacn in der Bauchhohle geschwollen und degene-
rirt, aber nirgends verkast. Dcr linke N. reenrrena gran,
atrophiach (darauf wohl die Heiserkeit zu bezlhen).
Bei der mikroskopitchtri Unierxuchung flel an der
Milz eine Hyperplaaie der Trabekular- und Retiknlaranb-
stanz anf. Daneben grosacrer Gefassrciehthum nnd in
der Richtung der Gefasae cingelagertes Pigment. Es
achien, als ob auch die Malpighi'aehen KSrperchen eine
bindegewebige Umwandlung erfahren hatten, und zwar
fand sich daselbst nicht selten amyloide Reaktion. Anch
die Lympbdrfisen waren von grosser Harte , das retiku-
lirte Bindcgewebe, wie an der Milz, in gewohnllches
Bindegewebe nnter Verodung der Mascbenraumo und
Schwund der Lvmphzellen umgewandelt. Die Leber
zeigte eine von den Pfortaderatammen ansgebende Infil-
tration und cchte Lymphome ; die Capillaren waren hier
nicht ausgedebnt und enthielten aparlichere Lymphzellen.
Die Leberzellen waren durch Druck atrophiach geworden
und theilweiae durch eine diffua kbrnige Masse ersetet;
hier und da amyloid entartete Stellen. An den Nieren
nur atellenweise eine leukiimisehe Infiltration geringen
Grades, dagegen deutlieherc amyloide Verandenmgen.
In Herz und Zwerchfcll cbenfalls Amyloidschollen. In
der Lunge zeigten sich wlrkliche Neublldungen um die
kleinen Bronchien und Gefasse, in weiterer Utngebnng
auf eine iuterstitielle Oder Desquamativpneuuionie hin-
dcutende Verandcrungen. Das kleinzcllige , sarkomahn- *
liche Gewebe der Nenbildungcn setzte sich zwischen die
Alveolen hinein fort und wueherte sogar in dieaelben hln-
ein. Die Neubildung hatte im Allgemeinen den Cbarakter
jougen unentwickelten llindegewebes , docb fand sich in
ihr bier und da eine feinkornige Masse und am Iunern der
gewucherten Kolben nicht selten Amyloidaubstanz. Im
Knochenmark warden neben Stellen , die eine starkere
Blndegewebsentwicklung zeigten, dichte Lymphzellen-
hanfeu , Lymphome , gefunden ; das Fett war vollstandig
geschwundcn. In den bindegewebig entarteten Theilen
verliefen ziemlich dicke, stcllenweise varikfise Gefaase.
Dieaer 2. Fall unterscheidet sich vor Allem
durch die Neigung zu bindegewebiger Neubildung
und durch das Zurilcktreten der Bluterkrankung von
dem erwahnten, unzweifclhaften Leukainiefalle. Dem
unbefangenen Beurtheiler moebte es fast erscheinen,
als ob es sich hier gar nicht um Leuk&mic, son-
dern um eine andere , auf Neubildungen beruhende
dyskratische Erkrankung , um Tuberkulose, gehan-
delt habe. Wahrscheinlich, und das giebt auch Vf.
zu, sind beide Erkrankungsformen combinirt ge-
wesen, und dann wire es doch mbglich, dass manebe
pathologisch-auatomiscbeu Verfinderongen, t. B. die
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277
R i e m e r . Lenkfcmie n. Pseudoleukfimie.
Leberkattokeii, vielmehr dcr Tuberknlose, nieht der
Leuk&mie angehflrten.
Was die Aetiologit der Leukamie anlangt, so
Bind vor Allem 2 von Prof. M o 8 1 e r (Virchow’s
Arch. LVI. 1 a. 2. p. 14. 1872) verflffentlichte
Fille erwfihnenswerth.
Bar ten (Inaug.-Diss. Greifswald 1872) hat
die Vermnthung ausgesprochen , dass bei genaner
Untersuchung mit Zuhtllfenahme des Mikroskops bei
Kindern so mancher Fall von Scrofeln , Rhachitis,
Tabes mesaraica als Leukamie erkannt werden
wfirde. Der folgende Fall beweist, dass Lcukhmie
wirklicb im Gefolge von Scrofnlose vorkommen
kann.
Ein 6jabr. Knabe, aus einer Famllle stammend , in
der von viUerlieher Seite die Scrofnlose vererbt worden
ist, batte im Alter von * « Jabren ohne naehweisbare Ur-
sache eine Drusengeschwulstam Halse bekommen, welche,
da sie abscedirte , incidirt wnrde und nach lingerer Eite-
rnng beilte. Im 2. Lebensjabre wurde der Knabe von
den Masern befallen, worauf sich am Halse sowohl recbte
ala links Drusentumoren ganz allmalig entwickelten. Es
gesellten sich bedeutende Auftreibung des Lcibes , Appe-
titmangel u. Verdaonngsstdrungen, qualender Husten nnd
niebtlicbe Schweisse hinzu, so <biss die Krafte rasch ver-
flelen. Am 2. Dec. 1871 wurde Pat. in die Greifswalder
Klinlk aufgenommen. Die IlalsgeschwuLste bestanden
jetzt aus einzelncn tauben- bis huhnereigrossen , fest zu-
sammenbangenden Drusen, von denen sich einige kleinere
abwarts nach der Achselhohle zu verfolgen liessen. Anch
die Inguinaldrusen waren gesehwollen uud derb. Pat.
encbien apathisch. Durch oftern Kopfschmerz war der
Schlaf gest&rt. Der Puls war frequent (124) und klein,
die Temp. ■= 38° C. ; die Atbemfrequenz 38. DyspnSe
trat dfter auf. Die Perkussion orgab kcine bedeuteude
Vergrdsserung der Leber und Milz. Im ISlute war eine
betrachtliche Vemehrung der weisscn Blutkorperchen
nachzuweisen , ihr Verhaltniss zu den rothen ctwa wie
1 : 30. Die Behandlung bestand in Koborantien, -spater,
als die Halstumorcu noch immer zuDahmcn , wurde ein
Chinadekokt gegeben. Im Laufe der Krankbcit nabm die
Dvspnbe bestandig zu, die weissen Blutkorperchen mebr-
ten sich , es trat meist des Abeuds Fieber auf, neue Tu-
moren kamen hinzu , die Geschwulstc wurden schuierz-
bafter, die Schwache nahm uberhand, es kam zu Schling-
besch werden , zu Ocdemen , hochstgradiger Dyspnoe nnd
nachdem schon einige Tage vorher Delirien hinzugetreten
waren, erfolgte am 6. Jan. 1872 der Tod.
Bei der Sektion ergaben eicb ansser den schon bei
Lebzeiten des Pat. nacbweisbaren Drusenpacketen Drusen-
schwellungen am Lungenhilus (nirgends Verkasung), um
beide Nieren , am Mescnterium (beim Durchsclineiden
dfinne milchige Flussigkeit entlccrend), in dcr Retroperi-
tonaalgegend und im kleinen Beckon. Die conglobirten
Halsdruscn erwicscn sich auf dem Durchschnitte als derb,
bomogen und von grangelblicher Farbe. In der Rinden-
substanz beider Nieren serstreute linsen- bis haselnnsa-
grosse Knoten von graugelber Farbe und derber Consi-
stenz. Milz und Leber niebt viel grosser, erstere derb,
graugelbe feste Knotchen euthaltcnd. An der Schadel-
basis etwas hinter und oberbalb des Foramen opticum
dextr . eine hockrige , kleinkirscbengrosse Geschwulst,
fiber welche der N. olfactorius lief, ohne mit ihr verwach-
aen zu sein ; hierdurch liess sich die wahrend des Lebens
vorhandene reebtseitige Ptosis und vieileicht auch der
Strabismus erklaren.
Die genannten Drtiaengenchwtllste gebfiren zu
der von Virchow ala Lymphosarkom bezeichneten
Form. An fangs mehr gutartig, batten sie durch das
mit einem Male an sebr vielen Stellcn erfolgte Auf-
treten von glelehartigen Tmnoren einen biteartigen
Charakter angenommen nnd zugleich entaprach der
Krankheitaverlauf einer lymphatiseben Leuk&mie.
Der folgende Fall ist deshalb b ktiologischer
Beziehung von Interesse , weil die Leukamie hier,
wie selten geschieht, nach vorhergegangenem Inter-
mittens aufgetreten ist und weil ausserdem auch eb
direkt anf die Milz ausgeilbtes Trauma Berflcksichti-
gung verdient. Bei alien ehron. Milztumoren , wie
dergleichen u. A. bei dem Intermittensprocess beob-
aebtet werden, echebt die Umwandlung der weissen
in rothe Blutkdrperchen gehemmt zu sein, so dass es
alsbald zu einer An&mie kommt. Den leukamischen
Milztumor sah Hosier erst dann zu Stande kom-
men, wenn nach langdauemder und intensiver Inter-
mittens das Blut b gewisser Weise cbemisch ver-
Sndert worden war. Aehnliche Vermuthungen fiber
die Entstehnng des leuk&mischen Milztumors vom
Blute aus haben wirobenbereitsiu Biesiadecki’s
Arbeit gefunden. In dem folgenden Falle liaben
wir vieileicht ein Entstehungsmoment , indem ein
Trauma einen derartigen Kciz auf die Milz ausflbte,
dass die weissen Blutkdrperchen in vermebrter Zahl
ans der Vene der bereits hypertropbischen Milz ex-
po rtirt wurden.
Ein 44j5hr. Arbeiter gab an , nach 2 sich im Laufe
vieler Jahre wiederholcnden Intermittensan fallen eine ge-
wisse Korperschwache znruckbehalten zu haben. Belt
1 Jahre etwa empfand er Stiche bald in der iinken , bald
in der rechten Seite, die sich stelgerten, als beim Auf-
steigen auf ein Pferd durch Fall die linke Seite stark ge-
quetscht worden war, und er bemerktc seitdem auch eine
Geschwulst iu der linken Bauchselte , welche bei Berth-
rung schmerzte. Bei seiner Aufnahme klagte er fiber
zcitweiscKopfschmerzen, haufigesFrostgeffihl und beden-
tende Sohstoning. Letztcre war vcranlasst durch ausge-
sprochene Retinitis leucaemica. Leber und Milz dentlich
vergrossert. Im Blute etwa ein Drittel welsse Blutkdr-
perchen von klcincrem und grosserem Umfang.
Dem oben erwfthnten Falle, der als eine Ueber-
(jangtfonn eines malign en Lyrnphosarkoms tti
eebter Leukamie betrachtet werden muss, stellen
wir folgenden von Dr. C. K. Hoffmann in der
„Nederlandsch Tijdschrift voor Qeneeskunde“ (VIII.
2. Afdeel. p. 92. 1872) verfiffentlichten an die
Seite.
Die Sektion eines bald nach der Anfnahme In das
Hospital geetorbeneu 12jahr. Midchens ergab 'Abm Age-
rung des Korpers, Blasse der Schleimhaute, Gangran der
Lippen , des Kinns nnd der Zunge , deren Ursacho unbe-
kannt war. In den bier befindlichen Gefassen fand
sich keine Thrombose. Kolossale Schwellung der Hale-
drusen, die bis taubeneigrossen Maxi liar- und Jugular-
drfisen bildeten maebtige Drusenpackete. In der V. jugu-
laris befand sich ein ansehnlicber Thrombus. Durch das
ganze Lungengewebe zerstreut waren Neubildnngen von
hellgelber Farbe, verschiedener Grosse und Gestalt. Die
kleineren — von Gerstenkorngrdsse — waren auf dor
Schnittflache weich , umschrieben , die grosseren — von
Bohnengrdsse etwa — h&rter, weniger umschrieben.
Thymus- und Bronchialdrusen vergrossert. In den grossen
Pulmonalgefassen and im rechten Herzen BlutcoagaU.
Milz kaum grosser als in der Norm. Nieren nnd Leber
aaamisch. Mesenterialdrusen nicht gesehwollen. Bei
der mikroekop. Untersucbung fanden sich im Blute viele
weisse Blutkdrperchen bald gehauft, bald gleichmassig
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?78
Riemer, LeUkftmie u. PseudoleukAinie.
mit den rothen BlutkSrperchen gemlsoht. Dieselbea
waren im Allgemeinen klein , mit grossem , granulirtem,
meist cinfach vorhandenemKern verschcn ; danebcn zahl-
reiobe freie Kerne. Die Halstnmoren stellten sich ala eine
Hyperplasie der Lymphdrusen, die naraentlieh das retikn-
liire Bindegcwebe , weniger die zelligen Elcmente betrof-
fen hatte, dar.
Dem Vf., der die krankhaften VerSnderungen in
den Lungen fiir leukimische Tumoren halt, musste es
nattlrlich auffallcn , dass andere Organe , die sonat
immer eher derglcichen aufzitwcisen haben, wieMilz,
Leber, Nieren, vollkommen frei davon waren. Ref.
glaubt, dass die in den Lungen gefundcnen Neubil-
dungen als Lymphdrtlsen, die sich ja bei krankhaften
Veranderungen bis weit hinein ins Lungengcwebe
den Broncliien anliegend verfolgen Iassen und die
hier einen sarkomartigen Charakter angenommen
hatten , aufzufassen seien. Damit stimmt aucli der
mikroskopische Befund flberein. In den kleinen
weichen Neubildnngen zeigten sich massenhafte lym-
phoide Zellen, die theils frei waren , theils in einem
Reticulum lagen. 4 n den grfisseren resistenteren
Neubildnngen traten die zelligen Elemente in den
Hintergrund und es wog ein feines fibrillares Binde-
gewebe vor. Ausserdem fanden sich ttberall weisse
BlutkSrperchen in nachster Nahe der GefUsse, deren
Aussenseite wie ein Epithelkranz bekleidend. Auf
diese Zellen, die unzweifelhaft als ausgewanderte
weisse BlutkSrperchen zu betrachten sind, grfiudet
Vf. seine ganze Theorie von der Entstehung der
letokamlschen Tumoren, dass namlich die Neubil-
dungen von Lymphadenoidgewebe durch eine Infil-
tration ausgewanderter weisser BlutkSrperchen be-
dingt seien. Hierdorch erhalt der Process sehr viel
Aehnliches mit einem gewShnlichen , nur sehr lang-
sam vor sich gehenden Eiterungsprocess. Wahrend
also Vf. die kleinen miliaren Neubildungen fiir echte
leukamische Lymphome halt — den Tuberkel kann
er wold mit Fug und Recht ausschliessen — muss
er dooh selbst einraumen , dass die grSsseren harte-
ren Tumoren Bich vielmehr wie Lymphosarkome aus-
nehmen. Vf. will danach den Fall als eine Combi-
nation echter Leukamie mit dem Lymphosarkom
•nfgefasst wissen.
Vf. theilt in seiner Abhandlung noch ein weite-
res, weniger interessantes Beispiel lienaler Leukamie
mit diffuser Zelleninfiltration der Leber leukamischen
Urspmngs mit.
Einen Fall lienaler , lymphalischer und myelo-
ffentr Leukamie , der sich ebenfalla durch eine frei-
licit etwas andersartige Lungenstdrung auszeichnet,
hatPio Fok (Riv. clin. 1873. p. 161) mitgetheilt,
leider ohne Beigabe des klinischen Verlaufes.
la der Leiehe eines 46 J. alten Mamies fanden aicb
afie von der 8ektion betroffenen Organe durchsetat mit
den von Neumann naher beachriebenen kleinen lym-
pbatlsebcn Zellen , die a os einem groeaen , sich mit Car-
mtn schfin roth farbenden Kern und wenig Protoplasma
bestanden. Die recbte Lange enthielt hier 18 — 20 Kuo ten
von Basel- bis Wallnnssgrbsse, die resistant waren, rtth-
liohgraa anssahen und eiue granulirte Oberfliicbe zeigten.
Aehniicbe Knoten im obern Lappen der linken Lange, der
ganse On ter lappen compakt, von rothbrenner Farbe and
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im Wasser nnterelnkend. — Daas diese Knoten nieht
Herde lobularer katarrhalischer Pneumonie waren — ein
Gedanke , auf den man sehr leicht , namentlich nach der
beigegebenen Zelchnung kommen konntc — wird dnrch
die Eigenthumlichkeiteu der cinzeineu zelligen Elemente
bewiesen and durcb das gleiclizeitige Vorkommen leulc-
finaischer Tumoren in anderen Organen. Die MHz war
enorm vergrbssert; die Pulpa dereelben durchaetzt von
zahlreichen weissen, ovalcn und unrcgelmassig goformten
KnStchen. Hier and da fanden sich in dereelben li&mor-
rbagiflchc zum Theil auch berelts entfarbtc Infarkte.
Die anamischen Nieren zeigten leiebte interetitielle
Entzundung , in beiden fanden sich leukamische Knoten.
Die Leber war wenig grosser , anamisch. Zwischen den
Leberzellen lagen wenig lymphatische Zellen ; die Centrai-
venen waren meist erweitert und mit Lymphkorperchen
erfUllt und von solehen umgeben. Inguinal-, Cervikal-
ond AxillardrQscn deutlich vergrQssert. Histologiscb
lagen die uberaus massenhaften LympbkSrperchen mehr
im retikuliiron Gcwcbc, nicht in den Trabekeln, niebt sel-
ten ftlllten sle die Capillaren an. Solitare Follikel des
Darns and Tonsillen ebenfalls vergrossort.
Eine Arbeit, in welcher, wie wir schon after ge-
sehen, der Hauptwerth bei der Lenklmie anf die
Blutzusammensetzung gelegt wird, welche uns
ausserdem interessante Aufschllisse fiber die hier-
durch bedingten Harnverkuderungen giebt, ist von
Dr. Osgicousky aus Pesth (Gaz. de Paris 16.
1874) verflffentlicht worden. Vf. sttltzt sich in sel-
nen Beobachtungen auf folgenden Ki'ankheitafall.
Bei einem frfiher an Intermittens erkrankten iOj&hr.
Manne hatte sich ein enormer Mil* tumor entwiokelt. Man
find im Blnte ein Zehntel weisse BlutkSrperchen, welche
im Allgemeinen grbssere Dimensioncn zeigten , als ob sie
unter dem grosseren Wasserreichthum des leukamische*
Blntes gequollen waren. Der Urin zelgte anffallend belle
Firbung (mit einer Vermindernng des Blotfarbstoffs Hand
In Hand gehend) , eine ziemlich constant sanre Keaktioa
(nach Vf. anf einer Herabsetzung derOxydationsvorgange,
wie sier dnrch die verringerte Anzabl der rothen Blutkdr-
perchen gegeben ist, bernhend) und eine Vermlndertmg
dee spec. Gewichts (aus eiucr betrachtlichen Abnahme
des Stoffwechsels resultirend). Etwa 2 Wochen vor dem
Tode trat auch Albuminurie auf und bei der mikroskop.
Untersuchnng wurden auch Epithelcylinder und Hara-
s&urekryBtalle gefnnden. Bei der Sektion warden in dem
die HerzhOhlen erfBUenden Blnte zahlreiche farbtose Kry-
stalle , welche der Harns&ure ahnlich waren nnd gewSbn-
lich Hamoglobinkrystalle genannt werden, nachgewiesen.
Ausserdem war das Blut verhaltnissmassig reich an
Xanthin', Hypoxanthln nnd anch Kreatin, welch letatere
Snbstanz nach Vfs. Vermuthnng dnrch eine physiologtsche
Funktion der Nierenepithelien In Harnstoff nmgeblldet
wird.
Die Alteration des Blutes kann bei der Leukamie
eine so hochgradige werden, dass es allenthalben zu
epontanen Blutungen, wie bei der Purpura haemor-
rhagic a oder dem Morbus maculosns Werlhofii
kommt. Einen solehen Fall verSffentlicht Dr. C a r-
pentier in Brttssel (Pressemdd. 44. 1874. p. 345).
Bei einem 65 J. alten Manne , welcher vor ei trigen
Tagen mit Gliederschmerzen , Appetitlosigkeit nnd Er-
breeben erkrankt war , trat bald nach der Aufnahme tn
das Hospital Saint-Jean im Gesicht eine ansgedehnte
Ekchymosirung anf, weiterhin kamen Pnrpnraflecke an den
Unterextremitaten hinzu. Ober- und Untorextremitaten,
sowie die Wirbelsaule waren bei Druck empflndlich. Pols
klein, frequent. Milz nieht vergrossert. Ira Blute ein
Zehntel weisse Blntk5rperchen. Nach einigen Tagen er-
folgte der Tod. Bei der Autopsie fand man die reehte
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*79
Rieraer, Leukftmie n. Pseddoleuklmie.
Liag* an der Basis dureh BSmorrhagie nndurchgtngig,
das Gewebe daselbst breiig. Herz roll schwarzen Blutes,
stark fettig degenerirt, ebeaso die Leberzellen. Milz
klein , schwarzlich , zerflicssend. Dass das lilut erst in
letzter Zeit eine lenkamisehe Beschaffenheit angenommen
hatte , konnte man darans erkennen , dass an den Haut-
hamorrhagien die rothen Blutkorperchen noch in nonnaler
Anzahl vorhanden waren. im Urin wurde eine Venneh-
rnng der Urate beobachtet.
Wahrend dieser Pall [wenn er tlberhaupt als
Leukamie zn betrachten ist] zietnlich klar zeigt, wie
die Blntalteration das erstc nnd wesentliehste Sym-
ptom aein kann, sind amlererseits eine Reilie von
Fallen anzufahren, die sicli dadurch auszeichnen,
dass in ihnen entweder die Mils, die Lymphdriieen,
das Knochenmark an der Lcnk&mie vorwiegend be-
theiligt erscheinen.
1) Fdlle von Leukaemia eplenica. *
Ein von Dr. A n d r a e ( Deutsche Ztschr. f. prakt.
Med. 29. 1875) mitgetheilter Pall betrifft eine 34 J.
alte Pran, in deren Pamilie keine erbliche Krankheit
ist, die aber in der Jugend haufig an Nasenbluten
gelitten hat.
In Nov. 1878 bemerkte Pat. znerst einen harten
KSrper in der linken Seite des Unterleibes. 1m Jnni
hiaflge nachtHehe Schweisse nnd zeitweise HitzegefQhl,
Mattigkeit , Athemnoth , Herzkiopfen , Abmagernng.
Sebmerzen mitnnter nach dein Essen auftretend, und
zwar lings der Diaphragmainsertion. Im Jnliashospital
in W drzburg , wo Pat. am 18. Oct. 1874 anfgenommen
wurde , constatirte man einen ganz enora grossen MUz-
tnmor, verbnnden mit hochgradiger Blntalteration (1670
rothe aaf 1740 weisse K8rperchen). An der Herzspitze
nshm man systolisches Schwirren wahr. In dem hellen
etweisshaltigen Urin war ein Knpfer redneirender Kdrper
chemise h aachwelsbar , mlkroskopiscb fand man Cylinder
nnd massenhafte Harnainrekrystalle. Die Temperatnr
aehwankte zwischen 39 nnd 40° C. Die SehstOnmg war
bedingt dnrch ezqnisit lenkamisehe Veranderung der Re-
tina. Die Therapie bestand vomehmlich in Chinin nnd
Morphhim. Ende Oot. erfolgte nnter hoher DyspnSe der
Tod. Auto p tie (Prof. Rindfleiseh): in der rechten
PlearaMble eine grdseere Menge blntig gefirbter , lelcht
trfiber Flnssigkeit. In der Jogniaris interna neben wenigem
dftnnen beilen Blute ein gelMiohweisser weicher Throm-
bus ; ihnliohe Massen lm rechten Vorhof. In der linken
Pleurahdhle noeb mehr hlmbeerfarbenes Transsndat. Im
Perikardialsacke trfibgelbes Serum. Linke Lunge eolla-
birt, im reebten Unterlappen eine Anzahl keilftrmiger
Herde. Milz 97 Ctmtr. lang, 16 breit, 6.5 dick; Kapsel
derselben an der dem Zwerchfell anliegenden Flaehe ver-
diekt. Parenchym weleb. AufderSchnittflaehc leberartige
Marmorirang (Milzarterien wand anf Kosten der Pul pa ver-
diokt). Leber namentlich im reebten Lappen vergrSssert,
von teigigerConsistenz. Mesenterial- und RetroperitonSal-
drfiaen massig gesehwellt. H inter der linken Tonsllle
Entleerung eines graulich schlehnigen , nlebt Sbelrieehen-
den fitters aus einer strohgelb gefirbten Kapsel ; in der
rechten Tonsille ein kleiner Abscess. In dem Blute des
Pleuraexaudats hatten sich die rothen und welssen Zellen
von elnander geeohieden , so dass in einem Gesiehtsfeide
nur weisse , in Fibrin gebettete Zellen , Im andern nur
rothe sux Beobacbtung kamen. Die weissen Zellen waren
aehn versehieden gross und mit 1 — 4 Kernen verseben.
Die chem. Untersuchung ergab im Blnte nur Spu-
ren von Hypoxanthin, deutlich nachweisbar Xanthin.
Im Ham fand Yf. ebenf&lU Hypoxanthin, wenn auch
niefaft in so lobe n Qoantitaten , als sie von Scherer,
Folwarzny, KOrner n. A. im Blute nachge-
wiesen worden sind ; Yf. hftlt es jedoch far zweifel-
haft, ob diese Antoren auch wirklich Xanthin und
Hypoxanthin vor sich gehabt haben. SchlttssHeh
constatirt Vf., entgegen den Angaben Botkin's
und Bogomoloff’s, dass bei diesem Fall die
Faradisation vollkommen wirkungslos auf den Mils-
tumor war. „8ollte , so fragt er am Schlnsse, die
Elektricitftt nur auf kleinere Milztumoren wirken,
bei grdsseren aber einflussloe sein ? <f
Thomas Anderson (Med. Times and Qaz,
May 31. 1873. p. 571) beobachtete Leukkmie bei
einem seit langen Jahren von Geistesstorung ergrif-
fenen, 51 J. alten Manne.
Pat. fOhlte einen Tumor im Leibe , den er selbst fir
ein Kind bielt. Dieser Tumor wurde als die vergrdsserte
Milz erkannt. Der allgemeine Kriiftezu stand war in der
letzten Zeit solir geschwScht, dabei war aber Pat. ge-
frissig nnd die Ausleerungcn erfolgten normal. Elnmal
traten auch wie bei Scorbut Blutungen anf. Am 99. Deei
war eiu orangengroBser Tumor an der Kopfhaut zu be-
merken , aus wclcbem cine braune breiige Masse hervor-
drang und dessen Ilantrander odematos waren. Die
Wunde bekam ein schlechtes geschwuriges Ansseben, sle
granulirte schlecht und in der Umgebung traten ahnlibfce
zu rupiaahniichen Krusten fuhrende Sch well ungen anf.
DreiTage vor dem Tode entleerte Pat. biutkaltige Stuble,
die, wie das Bint uberhaupt , mehr weisse als rothe Blut-
kftrperchen anfwieeen. Bei der Sektion fand man eine
feste, grosse Milz, eine hypertrophische consistente Leber
und leicht vergrdsserte , zum Theil kalkig degenerlrte
Mesenterlaldriisen. Die histologische Untersuchung gait
namentlich der Leber. Vf. fand hier zwar keine elgent-
liohen iymphatischen Neubildungen , dngegen allgemeine
Vermehrnng des Bindegewebes and hochgr&dige Verande-
rung der Leberzellen. Die letztern waren rundlich, ent-
hielten einen granulirteu Kern und waren in jeder Hin-
slcht welssen Blutzellen ahnlicb. Die grQssem Kerne
warden in den kleinern Zellen geftraden nnd after such
ganz freie Kerne. Die Zellen wares hier und da wie in
Theilung begriffen.
Ob die auf diesen Befuud gegrtodete AnalnM
des Vfs., ein Theil der im Blute kreisenden weissen
Zellen sei aus einer Proliferatiou der Leberzellen
hervorgegangen, richtig sei, will Ref. unentschieden
lassen , jedenfalls aber muss dieser Erklimngsweise
einer leuktaischen Blutbeschaffenheit die all ge meinc
Gtlltigkeit abgesprochen werden*.
In der Soci(it4 m&licale des hopitaux zeigte Dr.
P o t a i n die voluminftse und g&nzlich erweichte Milz
eines an Leukocyth&mie Gestorbeoen vor (Gaz. hebd.
2. S<5r. XIH. 11. p. 167. 1876).
Zum ersten Male 1873 In Behandlung des Genannten
gekommen, zeigto Pat. bereits damals merkliche Ver-
grossenmg der Milz und die Leukocythamie bis zu einem
gewissen Grade ausgebildet. Ein tonischeB Verfabren
brachte auf mehrere Monato Besserung. Pat. suebte das
Hospital zum zweiten Male im Aug. 1875 auf. Die Menge
der weissen Korperchen im Blute betrug jetzt ein Drittel,
die Milz nahm die linke Seite und das Hypogastrium voll-
standig ein und iiberschritt sogar die Linea alba ; sie war
hart wie Holz. Nach ciniger Zeit verminderte sich der
Tnmor um fast die Halfte uud wurde weich and fluktuirend.
Potain machte mehrere Punktionen binnen 9 oder 8W.,
die letzte ergab Eiter. Vor einigerZeit hatte Pat. Fiebar-
erscheinungen (von einer Endocarditis valvularis herruh-
rend) nebst heftigen Scbmerzen im linken Kniegelenk. Er
erlag einer sebweren Variolaerkrankung.
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280
Riemer. LeukAmie n. PseodoleukAmie.
Eine Milzerweichung kommt selten vor bei Leuko-
cythftmie. Potain hatte ansserdem beobachtet,
das die Zahl der weissen Zellen bei einer Volums-
vergrdsserung der Milz abnahm and umgekehrt zu-
nahm bei einer Vermindernng dereelben. [Diess
wflrde sehr wohl mit den Biesiadecki ’schen Be-
obachtungen tlbereinstimmen.] — Lancereaux
hat Erweicbungsherde der Milz bei LeukocythUmie
geseben , jedoch bedingt durch Obliteration eines
oder mehrerer Zweige der Milzarterie. Auf irgend
ein Cirknlationshindernise (wie Embolie) mOchte
wohl anch die Schwellung des linken Knies in P.’s
Falle deuten.
Reichthnm des Blates an weissen Zellen ist nicht
immer ein bestimmtes Zeichen for Leukftmie , da
anch onter andern Verhftltnissen die weissen Blut-
zellen an Zahl zunehmen k5nnen. Brouardeler-
wfihnt, dass die von einem seiner Schfller, Bonne,
unter seiner Leitnng angestellten Untersnchungen
fiber die Verechiedenheit der Zahl der weissen Blut-
kfirperchen bei manchen Krankheiten ergeben haben,
dass das herdweise Auftreten einer Eiterung immer
mit einer betrftchtlichen Vermehrang der Lenkocythen
im Blute zusammentrifft und nach Erfiffnung des
Herdes die Eiterzellen auf einmal verschwinden.
Diess ist bei snppurativen Krankheiten, z. B. Variola,
der Pall, wo am 5. Tage 1 : 450, am 6. 1 : 48, am
7. (Suppuration) 1 : 236 weisse Zellen gefunden
warden. In einem Falle suppurativer Pneumonie
1 : 40. Bei einem Typhoidfieber traten zahlreiche
Lenkocythen bis zum 7. Krankheitstage (1 : 70) auf.
Ein weiteres Beispiel von echter Leukaemia
splenica bietet die von Dr. R evil lout (Gaz. des
Hop. 101. 1875) mitgetheilte Beobachtung, einen
Mann betreffend, der Iftngere Zeit in einer Malaria-
gegend gelebt hatte, aber selbst von Intermittens
verschont geblieben war. Es bestand ein bedeu-
tender, bis zur Fossa iliaca herabsteigender Milz-
tumor und starke Vermehrung der weissen Blut-
kOrperchen (1 : 7). VorUbergehend sollen auch die
Hals- nnd Achseldrflsen geschwollen gewesen sein.
8eit 2 J. vereptlrte Pat. rapiden Verfall der Krftfte.
Folgende 2 eigenthflmliche Falle von Leukamie
sind von Dr. Kflssner (Berl. klin. Wchschr. XIII.
9. 1876) verSffentlicht worden.
1) Einc 46jahr. Witwe, die in Ihrer Jugend an Inter-
mittens gelitten, spater Cholera, Typhus und Pocken nach
einander durchgemacht hatte, erkrankte ziemlich plotz-
lich mit starkem Frostanfall, Hitze, Kopftchmerzen und
Gliederechmcrzen. Es trat an beidcu Knocheln geringcs
Oedem auf, zugleich fanden sich Purpuratiecke an denBei-
nen, Armen nnd am Oberarm. Das Gesieht zcigte diffuse
ddematOsc Schwellung der rcchten Parotisgcgcnd. Ek-
chymosen an der Znngenspitze und am Zahntieisch. Leib
aufgetrieben , bei Druck cmptindlich. Milz uuter dem
Rippenrande fuhlbar. Am After 2 pflaumengrosse, tief
ulcerirte Ilamorrhoidaiknoten , flbelriechende Flussigkeit
absondemd. Temp. 40.8°, Puls 124—146.
Man hatte nach diesem Symptomencomplex, zu-
mal sich noch Benommenheit des Sensorium und De-
lirien einstellten , anf Typhus combinirt mit Scorbut
schliessen kfinneu, wenn nicht die Untersuchung des
Blutes, das reieh an sehr grossen , mit mehrfachen
Kernen versehenen Zellen nnd den sogen. Deber-
gangsformen war, unzweifelhafte Leukamie ergeben
hfitte. Diess wurde denn auch durch die Sektion
best&tigt. In den innern Organen, besonders in den
serfisen HOhlen und in den Lungen , waren , wie in
der Haut, H&morrhagien. Durchmesser der Milz =
20:10:5 Centimeter. Gewebe mSssig resistent,
schmierig. Im Knochenmark fand Neumann die
fflr Leukamie charakteristischen Veranderungen. Vf.
will diesen Fall als „ a/cute Leukamie", eine bisher
noch einzig dastehende Erkrankungsform, betrachtet
wissen, allein er gesteht selbst , dass es noch nfithig
sei , durch weitere Untersuchungen das Krankheits-
bild der „akulen Leukamie “ zu vervollstandigen.
Da indessen keine Angabe vorliegt, ob die fragl.
Frau Vorher vollkommen gesund gewesen , ob
namentlich das Blut nicht verandert gewesen, so
mdchte Ref. vielmehr glauben , es handle sich ein-
fach am einen akuten Ausgang (vielleicht durch eine
Septikamie bedingt) bei einer gewdhnlichen Leuk-
amie.
2) Ein 39 J. alter Oerbermeister, fruiter gesund, da-
tirte seine Kr&nkheit vom Winter 1873 — 74 her, zu
welcher Zeit er fiber Stiche in der linken Seite, Kurzath-
migkeit und trocknen Ilusten zu klagen hatte. Im Herbst
1874 nahm er eine Geschwulst in der linken Bauchhokie
wahr, welche mit jedem Schmerzanfall grosser und harter
wurde. Im Blute fand man Vermehrung der weissen Blut-
k&rperchen (1 : 2 Oder 2:3), Uebergangsfonnen waren
gleichfalls nachweisbar. Die Symptoms verschlimmerten
sich bald, die Schmcrzen wurden hef tiger, es kam an gal-
ligem Erbrechen.
Da man bei der Perknssion an den untern Theilen
des Leibes ausserdem eine Dampfnng fand, so glanbte
man an eine Peritonitis, die vielleicht durch einen perfo-
rirenden Milzabscess verursacht war, und es wurden dem-
nach Opiate, Eis und Roborantien angewendet; Jedoch
erfolgte der Tod bald darauf.
Bei der Aulopsie fand sich hinter and zwischen den
Bauchmuskeln eine mehrere Liter betragende Masse halb-
geronnenen Blutes, die von der Bauchhohle durch das
parietale Blatt des Peritonaum getrennt war. Von einer
Peritonitis war nichts nachzuweisen. Bemerkenswerth
erscheint der Umfang der mit einem grossen kellformigen
Herde versehenen Milz (Durchmesser 23 ; 17 ; 11 Ctmtr.),
die leicht ikterische Farbung der Nieren, weit verbreitete
Gallenconkremente im Ductns hepaticus and in den grSs-
sern GaUengangen and eine leukamische Beschaffenkeit
des Knochenmarkes.
Der von Dr. Edward Wells (Brit. med. Jonrn.
Sept. 6. 1874) mitgetheilte Fall erscheint wegen durch-
aus ungenauer Angaben (vor Aliem feblt der Sektions-
befund) zweifelhaft.
Ein 2'/i J. alter Knabe erkrankte an einer Sohwel-
lusg der Cervikaldrusen ; er wurde zugleich blass, verior
den Appetit und legte die Hand ofter an den Leib, als ob
er da Scbmerzen ffilile. Verdauung schlecbt, Kntleernu-
gen gallenfrei und schleiraig. Das Befinden verschlecb-
terte sich rapid : das Kind war fiberaus gereizt , war
schlaflos und nahm kaum Nahrung. Leber und Milz ver-
gros8crt; Leib sonst nicht geschwollen. Verdacht von
Dampfung an der linken Lungenapitze. Das Kind atarb
nach 1 Mon. seines Krankseins.
Mit der Diagnose „rapid verlaufener Leukamie' 4
kann man sich ohne Angabe der Blntbeschaffeuheit
und ohne den pathologisch - anatomischen Nachweia
hierbei unmdglich einverstaaden erklfiren. Eis liease
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R i e m e r , Lenk&mie a. PsendoleukSmie.
aich hier vor Allem auch an Phthisis denken , wenn
aach nur „Verdacht einer LangendAmpfung u vor-
h&nden war.
Leukaemia lienalis beobachtete Dr. G.H.Phi-
1 i p s o n am Krankenhause zu Newcastle-upon-Tyne
(Brit. med. Journ. April 27. 1872) bei einem 29jahr.
Manne, welcher seit 1 J. als Brunnengrkber beschkf-
tigt war.
Seit 5 Mon. litt derselbc an Schmerzen in der linken
Seite dee Unterlelbes, welehe nach dem Rficken sich aus-
breiteten, zunehmender Abmagerung u.Schwache, Uebel-
keiten,’ Erbrechen, Appetitlosigkeit, unregelmassigem
Stnhl, and war seit 17 Wochen arbeitsmilahig. Bel der
Anfnahme (18. Jan. 1872) erschien Pat. kachektisch, sehr
blass, der Puls war ktein und langsam, die Muskulatur
achlaff, die Haut trocken und welk ; Bluterbrechen Oder
sonstige Blutungen batten aich nie gezeigt. 1m linken
llypochondrium fand sich eine harte Gcschwulst , welehe
2" fiber den Nabel nach rechts, nach nnten bis 1" vom
Lig. Poupartii entfernt n. nach oben bis zum 6. Zwischeu-
rippenraume ragte ; sie war glatt , am vordern Rande un-
eben, leicht zu nmgreifen, oberdachlich, bei tiefem Ein-
atbmen sich verschiebend ; kein Ascites oder sonstige
bydropische Ansammlungen ; Herztone normal. Die weis-
sen Blutkorperchen waren fast eben so zahlreich wie die
rothen , meistens sehr gross, oval, mit Komchen erffillt.
die rothen fast normal , geldrollenffirmig geordnet. Die
Behandlnng blieb ohne alien Erfolg. Unter zunehmender
Sehwiche atellte aich Phantaairen ein , am 2. Febr. er-
schien die linke Gesichtshalfte schwach erysipelatfis ge-
rothet, und am 3. erfolgte der Tod. Die Sektlon wurde
nicht gestattet.
2) Leukaemia lymphatica.
Der von Dr. Gallasch (Jahrb. f. Kinderheilk.
VII. p. 82. 1873) verbffentlichte Fall erscheint
dnreh das vorwiegende Ergriffensein der lymphati.-
schen Organs, anch im sekretorischen Driisensystem,
und zwar vor Allem in den Thranendr&ten, bemer-
kenswerth.
Ein 4'/ijihr. Kind , von ges unden Eltem stammend,
litt seit 6 Wochen an kenchhustenahnlichen Parozysmen.
Gesicht etwas gednnsen. An Nieren und Conjunctiva
bnlbi einzelne blauliche llamorrhagien. Um die Sub-
maxillardrfise viele erbsen- bis bohnengroaac, hartliche,
indolente Lymphdrusen , ebenaolche in Nacken n. Snpra-
claviculargegend. Perkussionaschall hinten rechts oben
gedampft, daselbst reichliche Rasselgerausche und psen-
dobronchiales Athmen. Leber 2 Finger breit den Rippen-
rand fiberragend. Milz vergrfissert, bis gegen den Darm-
beinkamm reichend. Ham strohgelb, saner. 1m Blute
liess sich nur eine geringe Vermehrung der weissen Blnt-
korperchen constatiren. Die Anamie nabra mehr u. mehr
zu, zumal Nasenbluten 2mal eintrat; oberflachliche Ha-
morrhagien kamen und schwanden. Es vergrosserte sich
znerst die Hnke, dann auch die rechte Thranendruse, so
dass beide allmalig unter dem obemLide ffihlbar wurden.
Speicheldriisen bedeutend geschwollen. Die Dyspnfie
steigerte sich mit der Volumszanahme der Lymphdrnsen,
AHlz trad Leber, Die Lungendampfung blieb constant,
Es wnrden auch die vergrfisserten Mesenterialdrfisen ffihl-
bar. Zeitweise Diarrhoe. Die weissen Blutkorperchen
nahmen auf Kosten der rothen zn , sie waren sammtlich
gleich gross, kemig. Znletzt trat noch eine Stomatitis
mft starker Schwellnng der Zunge, pulposem Zerfall der
Sehlehnhant und Blntungen ans den ulcerirenden Stellen
dazu. Durch Lungcnfidem erfolgte rinige Wochen nach
der Anfnahme in das Hospital der Tod. Wiewohl von
Seitea dee A ages kein Symptom vorlag, so ergab doch
Med. Jahrbb. Bd. 172. Hft. 3.
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die ophthalmolog. Untersuchung mehrfache streiflge nnd
wolkige Trfibungen an den Retinalgefassen und ebenda-
selbst befindlicbe llamorrhagien.
Aus dem Selctiombefunde ist noch beizuffigen : Sohwel-
iung der Axillar- und Inguinaldrfisen. Die Lymphdrfisea
des vordern Mediastinum vergrfissert und stellenweise fet-
tig Oder kasig entartet. Parotis und Gland, submaiilla-
ris in waiinussgrosse Tumoren umgewandelt, umgeben
von derber Bindegewcbskapsel ; ScbnittflSche derselben
markig und rothlich marmorirt. An der Theilungsstelle
der Trachea eine grossere, markige, den linken Bronchus
theilweise comprimirende Druse. Rechte Lungenspitze
grau hepatisirt, mit einzelnen erbsengrosseu Bronchial-
cavemen. Leber grosser, braunroth. Milz um das Funf-
facbe grosser, derb, spcckig. Peyer'sche Plaques und
Solitarfollikel vergrfissert. Nieren speckig glanzend. Die
Thranendruseu waren vergrfissert , in eine derbe Kapsel
eingeschlossen ; die blasse, etwas gelbliche Drusenmasse
beim Einschneiden hervorquellend ; Ausfuhrungsginge
trotz sorgfaltiger Preparation niebt aufzufinden.
Es handelte sich hier um eine dichte, nicht ganz
gleichm&ssige lymphoide Infiltration, wodurch die
Drflsensubstanz auseinander gedrkngt wurde (keine
Confluenz der Drilse mit ringsum gelagerten veriLn-
derten Lymphdrtlsen und keine leukftmische Neubil-
dung). Das Enchym der Drtlsenacini stellenweise
fehlend, die Acini selbst hier nnd da ziemlich de-
struirt. Die Infiltration best&nd ans einkeraigen,
mit wenig Protoplasma versehenen Zellen, theils aus
nackten Kemen, die sich leicht mit Carmin fkrbten.
Mit diesem Befunde stimmte auch die Beschaffenheit
der Leber und Milz flberein. Auch am Hoden war
in geringerem Grade eine Zellinfiltration bemerkens-
wertli.
3) Leukdmie mit vorwiegender Betheiligung det
Knochenmarkee.
K e 1 s c h , der schon frtlher einen Fall von Lymph-
adenie , ausgezeichnet durch eine eigenthtlmliche
Cmwandlung des Knochenmarkes in lymphatisches
Gewebe, verSffentlicht hat, theilt (Arch, de Physiol.
VII. 3 et 4. p. 492. Mai — Juillet 1875) folgende
nene Beobachtung mit.
Ein 28jahr. robnster Mann, in seiner Jugend etwas
scrofulos, erkrankte Mitte Febr. 1874 an geringen , nn-
regelmassig auftretenden Fieberanfallen. Zuglcich be-
merkte Pat. kleine, linsengrosse, schwarze Flecke auf der
Brust und hustete Blut aus. Am 27. Febr. sah man au
beiden Oberschenkeln, an der vordern Brust- und in der
Weichengegend zahlreiche disseminirte Hauthamorrha-
gien, spSrlichere an den Armen, Unterschenkeln, amZun-
genrande und im Gesicht. Zahnfieisch blutlg; Leber
und Milz von normalera Volumen. Am 28. Febr. bluti-
ger Ham; Ohrensausen ; Verminderung desGetafirs. Am
1. Marz schmerzhafte Drfisenschwellnng am linken Unter-
kieferwinkel ; in den folgenden Tagen kamen Drfisen-
tumoren in der 8nbclavicnlar-, Inguinal-, Crural- und
Axillargegend hinzu. Am 6. Marz 2mal sehr heftiges
Nasenbluten. Im Blute fand sich Jetzt deutliche Vermeh-
rung der weissen Blutkfirperchen (1 : 71). Die DyBpnfie
nahm von Tag zu Tag zu. In Folge von beiderseitlger
ansgesprochener Retinitis lencaemica entwickelte sich er-
bebliche 8t5mng des Sehvermfigens. Im April erfolgte
unter den Zeichen der hfichsten Prostration der Tod. —
Ans dem Sektionsbefund mfige nur das Wichtigere Erwfih-
nnng flnden. Im vordern Mediastinum eine grosse, indu-
rirte Masse von lymphatischpr Stmktnr. Im rechten Her-
36
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282
Riemer, LeukiLmie u. Pseadoleukamie.
zen weinhefenfarbene gelatinosc Klumpen, daneben mehr
weissliche, fast nur aus weissen Blutkorperchen beste-
hendc. Am linken Herzen sail man unter deni Mikro-
skope viele Capillaren mit weissen Blutkorperchen erffillt ;
letztere bildeteu aucli ganzeHaufen zwisehen den Muskel-
bOndeln oder waren um Gefasse (Leukohamorrhngien) gc-
lagert. In der voluminosen Leber war die peripberisehe
Zone der Acini durch eine welsslichere Farbung erkenn-
bar; hier eTschienen zahlreiche Capillaren mit weissen
Zellen erffillt. Uni die Veneu lageu hier nnd da Haufen
weisser Blutkorperchen, die zwisehen sich aucli cin Reti-
cntnm erkennen liesscn. (Vf. wirft hierbei die Frage auf,
ob diess nicht in der That Blntungeu seien, zn deneti erst
spSter ein Netz getreten sei.) An der Miiz fanden sich
zahlreiche, subeapsulare Ekchyinosen ; die Malpighi’schcn
Kfirperchen waren um das Doppelte grosser. Durch die
8nbstanz der Nieren vertheiit lagen bis hasclnnssgrosse
zahlreiche Tumoren, die ein lymphntisches Gewebe und
dazwischen noch hin und wiedcr Harnschlauche erkennen
Hessen. InderMagenschlciiuhaut HnscngrosseLymphome.
Das Knochenmark (am Sternum, an den Wirbelu und an
den Epiphysen langcr Knochen untersucht) liatte seine
normalc Struktur vcrloren. Die Zwiscbcnraumc waren
allenthalben mit dicht aneinander gelagerten Lymphzellen
ansgeffillt und nach der Auspinseiung wurde ein schiines,
fetnmaschiges Reticulum sichtbar, das zahlfbiche, mit
weissen Blntzellen erfuLlto Capillaren besass. Zuweilcn
stiess man auf einzelne Fettzellcn. Aualogc Verhaltnisse
boten bci der mikroskopiseben Untersuchung die Lymph-
drfisen.
Dieser weit verbreiteten Entartung des Knochen-
markes legt Vf. eine weitere Bedcutung, aU ein ein-
fticher, in Lunge, Ilerz oder Muskel zuHlllig gefun-
dener leukamischer Tumor hat, bei. Er bringt bier-
mit die Melandmie in Beziehung, und auf eigene Be-
obachtungen gesttttzt , ist er der Ansicht , dass das
Knochenmark neben der Leber und Milz sich als
dritter, allgemeiner Herd der Pigmentablagerung er-
weisen kann.
Prof. E. Neumannin Konigsberg berichtet im
Anschluss an seine eigenen schon frdber im Archiv
d. Heilk. pnblieirten Beobachtungen , sowie an den
von Waldeyer (Virchow’s Archiv LII.) verflffent-
lichten Fall liber folgenden durch Erkranknng des
Knochenmarks ausgezeiclmeten Fall von Leukamie
(Arch. d. Heilk. XIU. 6. 1872. p. 502).
Bei einem 63jahr. Mannc ergab die Untersuchung im
Blnte maasenhaftc kleine , einkernige iymphatische Ele-
mentc , grosse Milz , massig entwickelte ansserc Lymph-
drfisenschwellnngen. Tod bald nach Eintritt in das
Hospital.
Seitionsbefund. Blasse Hautdecken mit Petechien.
In der Achsclhohic, in den Leiaten und am Halse knotige,
wenig protninente Druscnpacketc. Im linken Uerzen
sparUche dunkehothc Gcrinusel und miissige Menge tlus-
sigen, dunkelrothen Blutes, lctzteres spatcr in ein dunkles
Coagulum und in cin stark ikteriseh gelarbtcs klares
Serum geschicden. An der reebten Lungenspitze um-
schriebenc Knoten verdichteteuGewebes mit peripherisch
gelegenen kleinen bronchiektatischcn Siicken. Bronchial-
drusen zum Theil bis zu Ilasclnussgrossc geschwcllt, Ge-
webe succulent, truben Salt entlcerend. Beidc Pleura-
hohlen zum grossen Theil mit einer markigen , unter der
Serosa befindliehen Gcwebsschicht ausgepolstort. Vorn
mehr flache Knotchcn, seitlich pfennig- bis thalergroase,
mebrere Linicn dicke Plaques , nach dcr Wirbelsaule zu
eineweiche, alslanglichc Wfilstecrscheinendc, die grossen
Gefasse umhuUendc Masse. Die Neubildung trat hier mit
dem Periost in Zusamwcnhang , erstreckte sich in Form
Btrelflger Zfige zwisehen die oberen Rippenknorpel, durch-
wncherte die Muskulatur und drang bis zum M. pectondis
an seiner Sternalinsertion vor. An adharenten Stellen
griff die Infiltration auf die Lungenpleura ul>er. An der
Pleura zahlreiche Ekchymoscn , am Centrum tendineum
des Zwerchfells eine grossere Sugillation. Dicse Neubil-
dung cnthielt , wie die Lymphdrfisen , rcichlichen dfinu-
•milcliigen Saft; ihr Uebergang in das normale gelbc Fett-
gewebe Hess sich schon niakroskopiseh deutlich erkennen.
Milz sehr gross (11 : 6’/*: 2") , Kapsel getrubt , Gewebe ,
derb ; in den Milzvenen einzelne hello rothlichweisse Coa-
gula. Leber vergrossert, ebenso die Portallymphdrfisen.
Mesenterialdrusen bedeutendgeschwellt, einzelne bis wall-
nussgross , auf der 8chnittdache ein purulentes gelbroth-
lichcs Gewebe zeigend. Das Mark der spongioBen Sub-
stanz der Rippen und Brustwirbel biidete eine breiige
graurothc Pulpa, der Markcylinder des Humerus eine mehr
gallertige, weichc Masse. 1
Im Blute unterschied N. 4 Arten weisser Zellen.
1) ZeUen , kleiner als rothe Blutkorperchen mit glanzen-
dem , von ausserst zartem ,1’rotoplasuiahofe umgebeneni
Kern, sehr zahlreich. — 2) Grossere, granulirte, den ge-
wohnlichen Lymphzellen gleichende Kfirperchen. — 3) ■
Farblose Zellen , mit einem in einer Art von Vacuole lie-
genden Kern. — 4) Sogenannto Uebergangsformen zwi-
schen rothen und weissen Blutkorperchen, die sich nament-
iich in den Gefassen der Leber fanden. An der Milz war
beraerkeuswerth das haufige Yorkommen grosser, zahl-
reiche kleine Lymplikorperohen einschliessender Zellem.
sowie die Anwesenheit von rothbraunem kOrnigen .Pig-
ment. Das Knochenmark war etwas anders als in dem
schon frfihcr beschriebenen FaUe entartet. Wahrend die
sogen. Markzellen sich ale grossere , ausgebildetc kern- ;
baltige Zellen darsteUten, fanden sich hier wiederum vor-
wiegcud die freien oder nur von wenig Protoplasma um-
gebenen Zellen, daneben aber aueli grosse, runde, mehrere
kleine Lympbkiirperchen einschUessende Mutterzellen,
sowie deutlich blassgelb gefHrbte, homogenc Zellen (Ueber- ;
gangsfonuen). Die erwahnten kleinzelHgen Elemente
lagen dicht in den Maschen eines feinen Reticulum. Hier
nnd da zerstrente Fettzollen. 1
Das Vorkommen der als Ho wBhip ’ sche La-
cunen bekannten Ausschnitte wies anf eine fortschrei- '
tende Ilarefaktion der Knochen hin. Das in die 1
Rindensubstanz hineinwuchernde Markgewebe traf 1
hier und da mit dem von Lyraphkorperchen infil- :
trirten Periost zusammen. Den Ausgangspunkt der
snbpleuralen Neubildung verlcgt N. in das Fettge-
webe. Leber und Nieren waren der Sitz einer filin-
Lichen Infiltration. Audi die Induration der Lungeu
war nach N.’s Ansieht leukfimischen Ursprungs.
Ein weiterer Fall sogen. myelogener Leukamie,
welchcn Dr. Huber (Deutscli. Arch. f. klin. Med.
XU. 3 u. 4. p. 389. 1873) veroffentlicht hat, ver-
liert dadurch an Bedcutung , da38 wegen schon vor-
geschrittener Filulniss die mikroskopischen VerhUlt-
nisse nicht genauer fcstgestellt werden konnten.
Ein 4:ijahr. Mann , dcr vor 8 Jahren einmal Froat-
anfaile (zweifelhaft, ob Intermittens) gehabt hatte, litt
seit 2 Jaliren anSchwache und Athembeschwerden. Seine
Beino waren odematos. Die Mil/, reichte 1>is zur linken
Darmbeinschaufel. Das Verbaltnisa der rothen zu dea
weissen Blutkorperchen war wie 2:1. Pat. bekaiu dann
und wann eino stirkere Epistaxis. Nach einigen Mona tun
eatwickelte sich eine linkscitige Pleuritis exsudativa, daan
Ascites und bald darauf crfolgte der Tod.
Bei der Seklion He) an liippon , Sternum und Darm-
bein das schiuutzig-grunlich-gclbe Mark auf, das mikro-
skopisch fast ganz aus dichtgedrangten Markzellen ohne
deutlichc Uebergangsformen bestand. Sonst fanden sich
zahlreich auch im Milzgewebe (lie spindelforaigen , fur
Leukamie charakteristischen KrystaUe.
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R i c m c r , Lcnkilniie u. Pseudoleukilnne.
283
Der Ansicht Neumann ’s , bei der sogenanntcn
myelogenen Lenkftmie sei das Knochenmark als die
Quelle und der eigentliche Herd der Krankheit an-
zusehen, kann sich Prof. Ponfick (Virchow’s Arch.
LXVI1. 3. p. 337. 1870) auf Grand cinigcr cigener
Beobaehtungen nichtunbetlingt anscliliessen. Dadurch,
dass wir im Knochcnmarke die hocligradigsten Ver-
iinderungen vor uns sehen, ist noch nicht bewieson, dass
auch das Mark zuerst ergriffen wurde. Der Process
kann in der Milz oder in den Lympbdrflsen cinen
Stillstand erfahren haben, wkhrend cr im Markc un-
beschrilnkt fortsclircitct. So langc wir nicht im
Standc sind, klinisch genau fcstzustellcn , wann das
Knochenmark, wann die andem Organe an der Er-
krankung Theil genommen haben, so lange wird
auch die Frage tlber die Pathogcncse der Leuk&mie
unbeantwortet bleibcn.
Die beiden Falle, auf welchc Ponfick in der
vorliegeuden Arbeit Bezug nimmt, zcichncn sich durch
ihrcn raschen Vcrlauf und die vorzugsweise Bethei-
ligung des Knochenmarkes aus, welch letzteres Mo-
ment Vf. bei eincm frtlher von ihm beobachteten
Falle vermisstc. Wenn thatsachUch ein Trauma,
welches die Milzgcgend traf, im 2. Falle die Lcuk-
Rmie hervorgerufen hat, wie Vf. auch nach dem pa-
thologisch-anatomischcn und histologischen Befunde
annehmen zu mllssen glaubt, so ware damit freilich
die Primarerkrankung des Markes, an welche wir bei
Betracbtung des 1. Falles sehr wohl dcnken konn-
ten, ausgeschlo8sen. Durch die Arbeit wird weiter-
hin die von einigcn Forschern vertretenc Ansicht
widerlegt, dass bei einer Betheiligung des Knochen-
marks stets zahlreiche Uebergangsformen zwischen
rotben und weissen BlutkOrperchen im Blute auftre-
tcn. Diese Eiemente waren im 1 . Falle nnr in ganz
geringer Zahl, im 2. Falle gar nicht nachzuweisen.
Aus alien bisher bek&nnten Fallen von Betheiligung
des Markes an der Leukamie lassen sich nach Vf.
2 Grappen bilden. „In der einen Gruppe zeigt das
Mark ein helles, graugelbes, jagelbgrdnes Aussehen,
das hier und da oder auch fiber grosse Strecken hin
tSusehend an dicken rahmigen Eiter erinnert. In
der andem Gruppe beaitzt das Mark eine grauroth-
liche bis fleisclu-othe Farbe und zeigt eine saftige
und glanzende, mehr oder wcniger ausgesprochen
gallertige Beschaffenheit , welche mit dem Aussehen
von Himbeergelt-e vergliehen wurde. “ Einmal liber-
wiegt die zellige Hyperplasie, das andere Mai die
Gefassentwicklung (cavemose Venen) und die serose
und blutige Durchtninkung des Gewebes. In dem
2. Falle kommt noch ein besonderer Befund im Kno-
clienmarke hinzu : „eine Rcihe scharf lunschriebener
Herderkrankungen , berahend auf einem Bluterguss
in das hyperplastische lymphoide Gewebe.“ Diesen
Befund stellt P. den sonst namentlich im hyperplasti-
schen Milzgewebe bei Leukamie beobachteten hkmor-
rhagischen Iufarkten an die Seite. Die beiden von
P. mitgetheilten Fftlle sind folgende.
1) Era 19jahr. Mann, frfiher stets gestrHd, klagte he!
scinein am 14. Febr. 1873 erfolgten Eintrltt in das Hospi-
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tal nur fiber Solilingbeschwerden, welche vor ctwa 8 Ta-
gen aufgctretcn seien. Man fand cine entztlndllche Schwel-
lung der Mandeln, die in Vereiterung fiberging. Welter-
hin entwickelte sich links durch cinen carioscn Baekzahu
cine Ansehwcllung des Zalmlieischcs und der umgehenden
Weiclitheile. Auch rcclits zeigte sich bald eine bei Druck
schmerxhafte , als hypcrtrnphischc Lymphdriise zn bc-
trachtcndc Schwellung. Dahoi Fiebor. Appetitlosigkelt,
grosse Sehwaehc. Am 6. Miirz wurde auch eine Vergros-
serung der Milz constatirt. Die Untersuchung des Ulutes
ergah eine auffTillige Vcrmchrung der weissen ltlutkorper-
clien ( Verbal tniss 1:2). Die Cubital-, Achsel-, Lcistcn-
drusen vergrosserten sich zusehends, das Gcsicht wurde
ausserordcntlich odematiis, die Lippcnschlclmhaut gangra-
n5s. Die Fauces verengerten sich immer inehr, so dass
ein lauter Stritor sich cinstelltc , und unter steigendem
Verfall trat am 14. Miirz der Tod ein.
Seklion. Friscliorc, wcsentllcli die Pulpa betreffende
Schwellung und melircre in Ruckhlldnng begriffene In-
farktc der Milz. Lefchte Lyinphdrusenaehwellungcn.
Grauroth vorfarbtes hypcrplastisches Knochenmark. Ver-
grossorung der Zungenfnllikel und der Tonsillen mit An-
gina faueiuin. Vergrossorung der Leber, namentlich auf
einer Verbreitcmng des interacinhsen Bindegewebca be-
rohend. Leukiimische Knotcn in beiden Nieren. Frischc
hamorrhagisehe (pseudomembranbse) Entzundung im Co-
lon. Allgemeine Aniimle. Leiehter Ikterns.
2) Ein 37 J. alter, frflhcr gegnnderArbettsmann hattc
im J. 1874 einen Hufschlag in die llnke Seite erlitten , in
Folge dessen daselbst heftige Stiche anftraten , so dass
Pat. langere Zeit arbeitsunfahlg war. Die Stiche kehrten
1875 auf kfirzere Zeit wieder, Pat. fuhlte sich etwas
schwacher. Iin Oct. 1876 empfand Pat. wiedemm Stiche,
zti denen sich fleberhafte Symptome gesellten. SpSter
trat ailmalig znnehmende Dyspnoe nnd mehrmals heftigee
Nasenbluten ein. Bel der Aufnahme in das Rostoeker
Krankenhans (13. Jan. 1876) fand man eine grosse Milz-
dampfnng(19 : 11.5Ctmtr.) nnd eine Vermehrung der weis-
sen Blutkorperclien (1 : 10). Am 15. Jan. kam unter
hohem Fieber eine Infiltration des Oberlappens der linken
Lunge dazu. die sich allnialig weiter ausbreltete und den
Tod am 16. herbeifuhrte.
Die Settion ergah das Bild einer lienal - medutlaren
Leukamie. Milz hyperplastlsch, nnd zwar namentlich die
Pnlpa vermehrt. Kapsel verdickt, schwlelig entartet,
theilwelse knorpelig ; Synechie der Milz mit ftbr5ser Me-
tamorpliose der linken Zwerchfellhfilfte. Das Mark der
Kippen blass, grauroth, sehr weich. Im Marke deT rech-
ten Tibia, das ebenfalls im Allgemeinen hyperplastiseh
nnd dem Lymphgewebe ahnlich erechien, mehrere scharf
nmschriebene Herde von dnnkolschwarzrother Farbe : hi-
morrhagische Infarkte. In dem gran-r5thlichen oder mehr
violetten (von cavemosen Venen durchsctzten) Mark-
gewebe zeigte die mikroskopische Untersuchung reich-
liche, mit grossem Kern und wenig Protoplasma versehene
Rnndzdlen, grossere, elliptisch gestaltete, kleine Kerne
fnhrende Zellen und grosse sogen. Kdrnchenzellen. Am
Ende des Pankreas, an der linken Nicre, der untern Flache
der Leber und der Milz Residuen einer fruhern Perito-
nitis. Leber hyperplastiseh. Alte hamorrhagisehe und
frisehe parenchyniatose Nephritis; multiple feukSmische
Herde in beiden Nieren. Hiimorrhagien des Herzbenteb.
Ascites, Hydro)*erikardiuin u. doppclaeitiger Hydrothorax,
llamorrliag. Infarkte , schlaffe llepatisatiou und Oedem
des Oberlappens der rechten Lunge mit flhrlnos - hamor-
rbagischer Pleuritis. *
Eine Verbindung der lienalen , lymphatisehen
und myelogenen Form der Leukdmie, von welcher
wir schon oben einige Beispiele erwShnt haben , be-
stand nach Dr. Karl Lauenstein (Deutsches
Areh. f. klin. Med. XVIII. 1. p. 120. 1876) in fol-
gendem Falle.
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284
R i e m e r . Leukamie u. Pseudoleukamie.
Ein 59j&br. Cig&rrenarbeiter , bei welchem keine
Dyakraaie nachzuweisen war and welcher sich frfiher im-
mer gesund fublte, erkrankte 3 Wochen vor Aufnahme in
das Hospital mit Appetitlosigkcit , Magenachraerzen und
wnrde bald bettlagerig. Vorher psychisch vollkommen
frei , befand er sich im Hospital in soporosem Zustande
und zugleich wurde eine Lalimung des recbten Arms, eine
unvollstandige Lahmung des recbten Bcins n. eine Herab-
setzung der Sensibilitat rechterseits constatirt. Vorn
fiber dem 4. Rippelknorpel wurde ein bohnengrosser, be-
weglicher Tumor wahrgenommen und in der recbten
Baucbfalte lagen zwischen Nabel und Spin. ant. sup.
mebrere grossere Geschwulstmassen unter der leicbt ver-
schiebbaren Haut. Rechterseits waren die Leistendrfisen
stark gescbwollen und im obern Drittthcil fiber dem Qua-
driceps femoris eine hervorragende hohlhandgrosse HSrte.
An Herz und Lungen keine Abnormitaten ; Leber- und
Milzdampfung vergrossert ; Urin eiweisshaltig ; massiges
Fieber. Am Tage nach der Aufnahme starb der Kranke.
Bei der Autoprie fand man einen apoplektischen
Herd , der den grossteu Theil des linken Hinterhaupts-
lappens einnahni , und in der umgebenden Himsubstanz
diehtstehende klcine Apoplexien und grauliche Flecke, die
sich unter dem Mikroskope als Haufen weisser Blutzeilen
erwiescn. Andere Ilcrde zcigtcn sich im linken Scheitel-
lappen', am recbten Hinterhorn und Thalamus. Weitere
Blutergfisse in verschiedcnen Thoraxmuskeln. Im rechten
Herzen grosse, gelbe, gallertige Massen ; Muskulatur bei-
der Vontrikel fettig dcgenerirt. Die Driisen des rordern
Mediastinum und die Mesenterialdrusen waren leicht mar-
kig geschwollen. Im Dunndarm fanden sich bis wall-
nuHsgrosse Geschwfilste der Schleimhaut cingelagert, zum
Theil ulcerirt und daun typhosen Gescbwfiren gleicbend.
Der untere Theil des Ileum war fast unbetheiligt. Das
numerische Verhaltniss dcr weissen und rothen Blutkfir-
perchen , wie es sich in der rechten Vena cruralis dar-
stellte, war -= 1 : 1. Das Knochenmark des Sternum und
recbten Femur war [von schmutzig graugelber Farbe, und
bestand unter dem Mikroskop betrachtet fast nur ausfarb-
losen Zellen, die theilweise auch den Ricsenzellen gllchen
und 2 Kerne entbielten. Hier sowohl als in den frisch
untersuchten Mesenterialdrusen fanden sich die von Neu-
mann beschriebenen oktaedrischen Krystalle. Die Nie-
ren, welche makroskopisch eine graue den Pyramiden ein-
gelagerte Streifung wahmehmen liessen, zeigten bei der
mikroskop. Untersuchung eine diebte Infiltration mit farb-
losen Blutkorperchen , welche namentlich an der Grenze
der Mark- und Rindensubstanz hervortrat. Diese
Infiltration war starker in der Umgebung grosserer Ge-
fasae und stellenweise um die Glomeruli , so dass bier die
ursprungbehe Strnktur der Niere vollkommen verdeckt
wnrde.
Dass das Knochenmark relaiav am wenigsten
betheiligt war , wie Vf. annimmt , ist aus dem Auf-
satze mit Sicherheit nicht zu ersehen , denn fiber die
Milz und Lymphdrttsen theilt Vf. nur ausserst Weni-
ges mit. EbenBO bat er fiber die in der Kranken-
geschichte erwfihnten Hauttumoren bei der Zusammen-
stellung der lustologischen Einzelheiten keine An-
gaben gemacht.
Im Anschluss an die genannte Arbeit verOffent-
licht Prof. F. O. Zenker (a. a. 0. p. 125) Einiges
fiber die vorwiegend im Blute und den Geweben
Leok&mischer , so wie in den Sputis vorkommenden
Krystalle, deren Entdecknng er nicht Neumann —
wie diesfl Lauenstein, Mosler, Riegel u. A.
gethan baben — sondern Charcot zugeschrieben
wissen will. Zenker selbst hat sogar noch frfiher
als Charcot Beobachtungen fiber diese Krystalle
gemacht, dieaelben jedoch bisher noch nicht verOffent-
licbt. Bei alien 3 von Z. beobachteten Ftllen,
welche als Leukaemia lienalis aufzufassen Bind, waj
zunkchst die Milz der Sitz der Krystalle , das Blni
nur in den beiden eraten Fallen. Der Form na.cb
konnte man langgestreckte Oktaeder und sehmale,
fein zugespitzte oder an den Euden mehr abgerun-
dete Spindeln unterscheiden. Sie ldsten sich in con-
centrii-ter Essigsiure, Scbwefelsaure, Salpetersfiure,
Aetzkali und Aetzammoniak vollstandig , waxen
ausserst resistent der Faulniss gegenfiber und standen
im 2. Falle — ein Verhaltniss, welches von den
spateren Beobachtern nicht angegeben wird — in
uaherer Beziehimg zu den farblosen Blutkorperchen,
indent sie denselben anlagen oder in sie eingeapiesat
oder in ihnen eingeschlossen waren, so dass es sebien,
als sei eine bestimmte Substanz aus den weisaen
Blutkorperchen auskrystallisirt. Da diese Krystalle
nach Allem, was wir jetzt darfiber wissen , postmor-
talen Uraprungs sind, so kann ihnen natfii'lich keine
direkt schadliche Wirkung bei der Leukamie zuge-
schrieben werden. DerKOi’per, welcher sich kry-
stalliniscb ausscheidet, gehOrt auch normalcn Ge-
weben, so nach Neumann dem Knochenmark, an
und wird auch bei andern ZustAnden , in denen die
weissen Blutkorperchen eineRolle spiclen, gefunden.
Zenker sah die Krystalle mehrmals in expektorir-
ten fibrinOsen Bronchialgerinmeln und fand sie in
einem Falle, welchen er naher beschreibt, in einem
fibrosarkomatOsen Tumor der Leber eingeschlossen.
Er lasst es jedoch unentschieden , ob nicht hier eine
leukamische Affektion bestanden habe.
Dr. A. Schtschastny l ) hat auf Prof.
Rudnjew’s Vorechlag die an&tomischen Verande-
rungen der innern Org&ne bei der Leukamie einer
gen&ueren Untersuchung unterzogen und ist im
Wesentlichen zn folgenden Resultaten gelangt.
1) Die Leukamie ebarakterisiren in anatom.
Beziehnng Neubildungen, welche ihrer Struktur nach
zu den Lymphomen (nach Virchow) gehOren.
2) Die leukamischen Lympliome beschranken
sich nicht nor auf die Lymphdrfisen und die Milz,
an welchen sie in Form von Hyperplasien znerst
auftreten , sondern verbreiten sich auch auf die Um-
gebung und treten metastatisch an entfernteren Or
ganen (Leber, Lungen, Herz , Rippenknochen etc.)
auf — heterotopische Lymphome.
3) Die homologen leukamischen Lymphome in
der Milz und in den Lymphdrfisen haben nichts Spe-
cifisches und unterscheiden sich durch Nichts von
den Lymphomen bei andern Krankheitsprocessen.
4) Nur durch die sorgfaltige mikroskop. Unter-
sbehung vieler Organe, durch welche man sich flber-
zeugen kann , dass die leukamischen Bildungen in
dem interstitiellen Gewebe ihren Sitz haben und
') Material! en but pathologlschen Anatomic der
Leuk&mle. Inaag.-Diss. Petersburg 1876. 98 8. (ruse.)
Vgl. Petersb. med. Wchnsohr. Nr. SO. 1876.
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Riemer, Leakimie n. Pseudoleuk&mie.
285
durch Persistenz ihrer Elemente (Zellen von runder
Form, ohne jede extracellulare Snbatanz zwischen
ihneu, welche auf jeder Stufe der Entwicklung diese
Form beibehalten) und die Abwesenheit fast jeder
regressiven Metamorphose sich auszeichnen, — Bo-
wie durch den gleichzeitigen Nachweis anderer patho-
logischer Verdnderungen im Kdrper, nnter welchen
die Ueberftllhmg und Erweiterung der kleinen Venen
und Capillaren mit farblosen Blutkflrpem eine con-
stante Erscheinung ist , konnen die leukftmischen
Neubildungen von andem ihnen fthnlichen (Tuber-
keln, Scrofeln, bflsartigen Lymphomen, Lymphosar-
komen) unterschieden werden.
5) Ftlr die Entwicklung der leuklmischen Neu-
bildungen ist eine besondere Pradisposition von Sei-
ten der Organe selbst, die gewdhnlich durch irgend
welche lingst abgelaufene pathologische Processe
(ehronische interstitielle und parenchymatOse Ent-
zflndung) bedingt wird, nbthig.
6) Die lymphatische Neubildung kommt in die-
sen durch den interstitiellen Entztlndungsprocess ver-
ftnderten Organen hauptskchlich auf dem Wege der
Extravasation und Vermehrung der farblosen Blut-
kOrperchen zn Stamte.
7) Die Erkrankung der Knochen lftsst sich in
den vom Vf. untersnchten Fallen (an Rippen) niclit
durch eine aktive Hyperplasie des Knochrnmarks,
sondern durch eine vermehrte Extravasation der
farblosen Btatkdrperchen nnd Wucherungen der-
selben ausserhalb der Gefksse erklaren. DafUr
sprechen einmal die gleiehzoitige Zerstdnmg der
Knochen sowohl von Seiten der Geftsse des Periost
nnd der Haversischen Kankle , als auch von Seiten
der Geiksse der Knochenmarkritume, dann aber anch
die mechanischen Verhaltnisse der Blutcirkulation in
dem Knochenmarkgewebe , welche hier, wie die
histolog. Untersuchungen dartliun , bedeutende Ver-
langsamung des Blutlaufs u. Anhaufung einer gi'ossen
Menge farbloser Blutkorperchen bedingen.
Endlich m6ge noch ein von Geo. A. M u r s i c k
(Amer.Journ. N.S. CXXXVIII. p.449. April 1875)
verCffentlichter Fall Erwfthnung finden, der jedoch
wegen des Mangels eines Leichenbefundes kein Ur-
theil tlber die Betheilignng der innern Organe und
des Knocbenmarkes an der Affektion zulasst.
Ein 21 J. alter Mann, welcher in friiheru Jahren eine
Limgenkrankheit uberstanden hatte, litt seit einigen Jah-
ren an einer allmalig zunehmenden Schwellung der recht-
seitigen Nackenlymphdriisen. Bald crstreckte sich die
Schwellung auch auf die rechte Achselhohle u. seit 6 Mon.
batten sich anch links die Cervikaldrfisen bis zur Wall-
nossgrOsse entwickelt. Die Milz war gleichfalls vergrOs-
sert und rcicbte bis zuin Nabel. Dabei magerte Pat. ab,
wurde blass, verlor den Appetit, flebertc lcicht und litt
wiedcrholt an Nachtschweissen. Dazu kamen nenralgi-
sche Schmcrzen in den Armen nnd derSeite. Die weissen
Blutkorperchen waren bedeutend vermehrt. Unter Jod-
behandluug gingen die Drusentumoren anfangs etwas in-
ruck. Nach cinigen Wochen trat jedoch ein Jodexanthem
anf. HeftigeSchmerzen, dicMilzgegend einnehmend, stor-
ten den Scblaf. es stellte sich Diarrhoe nnd nnregelmassi-
ges Fieber ein. Urln saner, reich an Uraten und Schleim ;
eiweiaslos. Der Appetit blieb bei fortdauernder Abmage-
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rang erhalten. Es entwickelte sich Oedem der Haade and
Fusee. Elsen and Chinin warde erfolglos angewandt.
Unter den Erecheinungen desLungenodera trat etwa 9 Wo-
chen nach der Aufnahme in das Hospital der Tod ein.
Vf. will die LeukAmie weniger als eine Kr&nk-
heit sui generis gelten Lassen , er halt sie vielmebr
far eine besondere Art von Kacliexie. Was die ein-
zelnen Symptome und Merkmale der Erkrankung
anlangt , so geht er dieselbeu an 16 von verscliiede-
nen Beobachtern mitgetheilten Fallen der Reihe nach
durch. Eine Vermelirung der weissen Blutkbrper-
chen war stets vorhanden; 15mal war die Milz ver-
grOssert; die Lymphdrfisen desNackens, derAchsel-
hdhle oder des Abdomens waren in 9 Fallen ge-
schwolleu ; die Leber war in 10 Fallen mehr oder
weniger vergrOssert ; hydropische Zustande waren
llmal dazu gekommen; DiarrhiSe ist nur in 7 Fallen
beobachtet worden ; Fieber and Schweisse sind bei
6 Fallen notirt; HUmorrhagien traten 7mal auf.
Blasse, Abmageruug, grosses Schwachegeftlhl cha-
rakterisirte alle diese tbdtlich endenden Falle.
Was die Therapie der Leukdmie anlangt, so
haben wir noch kein absolnt sicher und stets von
dauerndem Eifolg begleitetes Mittel oder Heilver-
fahren kennen gelernt. Nichtsdestoweniger sind in
neuester Zeit wiederum einige Arbeiten erscliienen,
in denen tlerErfolg einiger Mittel in einzelnen Fallen
dargethan wird. So finden wir in einem von Da
Costa verdffentlichten Artikel (Amer. Journ. N. S.
CXXXVII. Jan. 1875. p. 117) die subcutanen In-
jektionen von Ergotin bei Leukamie empfohlen,
welche er in folgenden 2 Fallen mit gilnstigem Er-
folge angewendet bat.
1) Ein 25jahr. Frauleln wurde am 16. Marz 1874 in
das Pennsylvania-Hospital aufgenommen. Sie war schon
seit Jahren nicht ganz gcsnnd. Nach einem schleichen-
den Fieber (wohl typhoiderNatur), das sie in ihremlS. J.
uberstanden battc , blieb eino gewisse Schwache zurSok.
Im Fruhling 1873 begann sie uber Scheitelkopfschraerzen
nnd gestorten Appetit zu klagcn. Sio war nicht geradn
hungrig , aber doch nic gesattigt ; dabei magerte sie ab.
Ausgenommen liartnackige Verstopfnng fchlten alle Ver-
dauungsstorungen. Seit 1 Mon. hatte Pat. das Gefuhl
eines Gcwichtes in der linken Seite und einer schweren
Masse , die sich mit ihr beim Gehen zu bewegen schien.
Im Urin reichliches Uratsediment. In den Stfihlen uo-
verdaute Nahrung. Die Milzdumpfung reichte bis nahe
an die CriBta ilei , die Lcberdiimpfung war nicht gTdsser.
Die Untersucbung auf geschwollene Lymphdrusen ergati
uberall eiu negatives Resultat. Das Verhaltniss der
weissen Blutkorpershen zu den rotlien war = 1:2. Am
24. Marz begann man mit den snbentanen Injektionen
von Ergotin (0.3 — 0.6 Grmm.), und zwar namentlich in
die Bauchdcckcn, jedoch auch in die Anne. Am 7. April
dentliche Verklcinerung des Tumor. Am 11. April maass
dersclbc nach alien Dimensionen hin 1“ weniger. Pat.
begann uber Schmerzcn in don Einstichstellen zu klagen.
Das Ergotin wurde ausgesetzt und Jod angewandt. Das
AUgemcinbctinden wurde schlechter, linkerseits traten
Zeichen lokaler Peritonitis auf. Pat. wurde schwacher
und starb am 30. April an ErschSpfung. Bei der Autoptie
(von Dr. Longstreth vorgenommen) fand man denn
anch das Parietalperitonaum, besonders links am Omentum,
adharent und chokoladenfarbenes Blut in der Bauchhohle.
Milz von enormer Grosse mit perisplenitischen Processen ;
Gewebe fest, Trabekel verdickt. An der Leberoberflach*
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R i e m e r , Leukimie n. Pseudoleukamie.
traten lange rauhe Lymphstringe , die znm Omentum hin-
zogen, taervor. Llnke Lange darch die Milz comprimirt
and atelektatisch.
Vf. ist der Ansicht, dass eine frtiliere Anwendung
dee Ergotin , zu einer Zeit , wo das Blut noch nicht
sehr alterirt war , mehr erzielt hatte. Nach Nie-
meyer kann ja eine VeTgrosserung der Milz und
Drflsen Monate und Jahre bereits existiren , bevor
noch die Blutstorung die Erkrankung offenbart.
2) Ein 32 J. alter Schuhmacher wurde am 12. Oct.
in die Klitiik aufgcnommen. Er klagte fiber Scjmierz and
das Geffihl einer sehweren Masse, das er Beit 15 Mon. in
der liukcn Seite hahe. Er sail blcich aus und hattc Sym-
ptome von Indigestion : hauflge Anfalie von Diarrhoo mit
Obstipation altemircnd. Die l’erkussion der Milzgegend
ergab eine Dampfnng, die sich vom 6. Intcrcostalranro
bis etwaa unter den Kippenrand erstreckte. Die Brnst
zeigte links unten geringe Prominenz. Zeitweise war
Hasten und Oppression bcim Atlunen vorhanden. Im
Blute licsscn sich nur wenig mehr weisse Blutzcllen (10
und 20 gegenuber 12 und 14 eines norroalen Blutes) oon-
statiren. Es wurde Ergotin (0.3 Grmm.) einen Tag um
den andern injicirt, die ersten 2 Male in die Milzgegend,
dann in das Zcllgcwcbo dcs linken Arms. Nauli 7 Injek-
tionen reichte die Milz nicht mehr fiber den untern Kippen-
rand hinaas. Nach 9 Infektionen war der Schmerz in der
linken Seite vcrechwunden. Pat. wnrde als gehcilt ent-
lassen.
Vf. knflpft hieran die Bemerkung, dass diesc In-
jektionen bei der Mehrzahl der Driisentumoren am
Platze seien , da es sich moist neben einer Gewebs-
hypertrophie um erne Geftlssneubildung handle. [Ref.
kann beide Falle nicht als Uberzeugend ftlr den
Nutzen dieser Injektionen betrachten. Im 1. Falle
war die Besserung nur selir vortlbergehend und ge-
wlaa nicht zum geringsten Tlieil auf die geregeltere
Lebensweise und die zwcckmkssigere Hospitalpflege
zu beziehen. Im 2. Falle erscheint aber die Diagnose,
nicht vollkommen gesichert.]
Wilson Fox (Lancet II. 2; July 10. 1875.
p. 45) will durcb Phosphor in einem Falle vorge-
schrittener Lcnkamie Bessenmg erzielt haben. Dieses
Mittel war sclion frtiher von Broadbent in einem
Falle mit Nutzen angewendet worden , der freilicb
town ganz fttr Leukflraie charakteristisclier war, weil
der Grad der AnSmie im Verhilltniss zu der nur
mSssigen Vermebrung der weissen Blutkorperchen
ein viel zu hoher war.
Ein 37jahr. Bicker wnrde am 30. Dee. 1874 in das
University College-Hospital aufgenommen. Er hatte frnher
in einer Malariagegcnd gelebt, war vor einigen Jahren
schwicher geworden und klagte fiber einen dumpfen
sehweren Schmerz in der linken Seite. Spater bemerkte
er sugar eine Vergrfisserung seines Leibes. Im J. 1874
hatte Pat. wenigstens 12 sehr heftige Schmerzanfalle, die
von Sehaaergefuhl oder sogar von Erbrechen begleitet
waren n. an das Vorhandensein von Nierensteinen denken
Hessen. Elnmal entleerte er Blut dnrch das Rectum. Der
Athem war seit October kurz geworden. Bei der Auf-
nahme zeigte sich Pat. sehr anamUch nnd so schwach,
dass er ohne Hfilfe kaum stehen konnte, nlrgends aber
fidematos. Er hatte hanflge leichte Frostschauer nnd
profuse Schwelsse. Der Urin war dunkel gefSrbt , ohne
Albumen und Zncker. Imogen gesund ; an der Herzspitze
ein systolisehes GerJusch. DiarrhOe wechselte mit Ver-
stopfnng ab. Im Abdomen fuhltc man die enonn ver-
grOsserte (Ms znm Poupart’sehen Bande reiehende), bei
der Respiration bewegliche Milz. Das Bint war von
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hellerer Farbe. Die weissen Blutkfirperehen waren etwa
um das Zwanzigfache vermehrt und schieden sich in zwei
Arten : grosse und kleine ; einige mit zwei Kernen , die
meisten granulirt. Bis zum 20. Jan., zu wclchcr Zeit
die Phosphorbehandlung begann, variirtc der Krankheits-
zustand wenig: leichtes Fieber, so dass Morgens gewohn-
lich normale, nie subnorraalc Temperatur vorhanden war.
Der Phosphor wurde 3mal taglich zu '/mi. vom 23. Febr.
an zu ‘/so Gran (1.1, bez. 2.0 Mgnnm.) vcrabreicht.
Intoxlkationscrscheinungenwurdcn nicht beobaebtet. Vom
8. Febr. an wunle cine Besserung des Appetits und eine
regelmaasigere Vcrdauung wahrgenommen. Anfang Mirz
hatte der Pat. eiu gesundes Ausschen und die am 2. Marz
vorgenommene Blutiintersuchung ergab cine Ahnahmc der
weissen Blutkorperchen. [Eine bestimmte Angabe fiber
das Vcrhiiltmss der weissen zu den rothen Blutkorperchen
fclilt leider vollstiindig.] Am ti. April schien die Anamie
fast verschwundcn und die Milz war deutlich klciner. Am
7. Mai cntlasseu, kehrte Pat. im Juni zurfick ; or sah blu-
hend aus , der Umfang der Milz hatte jedoch nicht welter
abgenommcn. l)as Blut mit dem eines gesunden Mannes
verglicben , zeigte keine Zunahme der weissen Biut-
korperehen, wie uberhaupt von Anfang an dio Ulutalte-
ration in dicsem Falle eine geringere war.
[Dieser Fall macht bei weitem mehr den Ein-
druck eines mit Kachexie verbundenen einfachen
Milztumor, der auf Intermittens beruht, als den eines
leukamischen Milztumor. M o s 1 ex wandte in soichen
Fallen mit unzweifelhaftem Erfolgc Cliinin an. Ref.
mochte beliauptcn , dass in diesc in Falle ebcnfalis
die besserc Pflege und Nahrung das Mciste zur Hei-
lung beigetragen iiabe, wenn wir aucb, wie Vf. her-
vorlicbt , bis jetzt noch nickts von einer spont&nen
Heilung der Leukkmie oder einer soichen bei indif-
ferenter Behandlung eintretenden wissen.J
Wir kommen nun zu einer Behandlungsweise
der Leukkmie , welche anf dem physioiogiseben Ex-
periment bernht and durchaus rationell zu sein
scheint. Tarchanoff (Arch. f. d. ges. Physiol.
VEIL 1. p. 97. 1873) fand, dass die Milz dnrch
Reizuog der Milznerven, Strychnin, Chinin, Euca-
lyptus globulus und Erstickungsblnt, zur Contraktion
angeregt wird, nach Zerschneidung der Nerven aber
anschwillt. Er untersuchte nun weiterhin am Hunde,
ob die Durchschneidung der Milznerven nicht auch
einen Einfluss auf die Zahl der weissen Blutkorper-
chen im Blute austtbe. Die letztem nahmen an den
der Operation unmittelbar folgenden Tagen merklich
an Zahl zu. Nach einer Woche jedoch war schon
wieder das alte Verhaltniss erreiekt und die Milz
wurde wiederum kleiner. Die Operation der Lapa-
rotomie an sieh vermochtc nicht Leukocythilmie her-
vorzurufen. Tarchanoff halt es biernach ftlr er-
wieseu , dass die Milz ein weisse Blutkorperchen
bereitendes Organ sei und dass die Leukocyth&mie
dnrch eine Verilnderung der Nerventhfttigkeit im
ThierkOrpcr entstehen kdnne. So wllrden Falle
vortlbergehender Leukocythamie bei Infektionskrank-
heiten , wo die Milz auch stets vergr<5ssert sei , er-
klarlich. Wenn nun auch die Anatomen noch nicht
ganz einig darilber sind, ob die menschlicbe Milz
wirklieb glatte Muskelfasern besitzt, so liatte dock
Botkin, aid) stfltzend auf die physiologisobea Er-
fahrangen , nach denen der Milz eine Contraktions-
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UNIVERSITY OF CHICAGO
287
R i e m e r , Leukamie a. Pseudoleak&mie.
fahigkeit (vielleicht durch die Gefltesnerven hervor-
gerafen) zakommt, die klinische Beobachtang ge-
nucht , dass bci der Leukamie , sowie bei Typhus,
Intermittens und Recurrens der lndukliousstrom
eine Yerkleinerung der Mils hervorrnfen kann.
Elias (Deutsche Klinik 5. 1875) kounte jedoch
diese Beobachtung Botkin’s in folgendem Falle
nicht best&tigt finden.
Ein H2j;ihr. Kupfereohmied , aus ges under Familie
stamniend , erkrankte , ohne dass eine Dyskrasie nach ■
weisbar war , vor etwa 5 Woehen mit Scbmerzen in der
linken Seitc des Leibrs. Bei der IJntersiichuug fand man
diffnsen Katarrh der grussem Bronchicn, geringe Ver-
grosserung der Leber und einen bedeutendeu , bis fiber
die Linea alba zur rechten Lunibalgegend hin reichenden
Milztumor. Die nntern Extremitaten waren leicht ode-
raatos , die rechten Inguinaldrfisen massig gesehwollen.
Der saner reagirende Urin enthielt wenig Eiweiss und
Urate, kein Xanthin und Hypoxanthin. Die weissenBlut-
zellen wares vermehrt, ' der rothen, meist grosser, mit
2 Kernen versehen und stark granulirt. Das Allgcmciu-
beflnden war im Vcrhaltniss zur Gri'gse des Tumor noch
ziemlich gnt. Es wurdc die Faradisation, und zwar nach
Botkin, sogleich mit starkcm Strom angewandt. llier-
bei fanden keine irgendwic mcrk lichen Milzroutraktionen,
wie man aus der genaucn Bezeichuung der Maassc und
Contonren ersah, statt, dagegen trat eine schuicrzliafte
Contraktur der Bauchmuskeln und eine damit verbundene
Formanderung deB Al>domens ein , letztere namentlich
dann , wenn die Elektroden nicht in der Linea alba auf-
gesetzt warden. Die Milzoberflache ffihlte sich vollkom-
men glatt an , dagegen beobaebtete man nicht sclten
circumscripte Wulstungen, durch partiellc Muskelcontrak-
tion hervorgerufen. Dnreh die starke Contraktion der
Bauchmuskeln wurde der Tumor gegen das nachgebende
Diaphragma angedrangt , was Vf. auch in einem Falle
von Typhus beobachtet hat. Pat. hatte dabei immer
eine gewisse Dyspnoe uud ertrug daher nur 12 Sitznngen.
Sechs Woehen spater war ciue weseutliehe Verschliiniue-
ruug des Allgemcinbctindeus zu constatiren und cs erfolgte
bald der Tod. Aus dem Scktionsbefuude ist nichts
Wesentliches hervorzuheben.
Elias halt es fUr sekr zweifelhaft, ob bei solcber
Anwendnng der Faradisation unter den Banchdecken
und itu Bereiche der Milz noch irgendwie wirksame
Stromescurven vorh&nden sind. Ala ungtlnatige Be-
dingungen sieht er ferner die bei Leukamie meist
verdickte und ausgedehnte Kapsel der Milz und die
Veriladenmg und Qypertropliie ihrea Gewcbes an.
B. Pseudo leukamie.
Die Krankheit, welche wir Pseudoleukttmie
nennen wollen und zu der wir die von Trousseau
„Ad6nie“ genannte Affektion , sowie die grbsste An-
zahl der als ^multiples Lymphadenom oder Lympho-
8arkom“ beschriebenen Falle rechnen, hat sicherlich
mit der Leuk&mie wenig oder nichtB gemein und
kann dnreh den Mangel einer Blutalteration leicht
von letzterer unterscliieden werden. Von den ans
der franzOsischen und cnglischen Literatur vorliegen-
den einschlagenden Fallen erwahnen wir zunfichat
den von James H. Hutchinson (Transact, of
the College of phys. of Philadelphia 3. Sdr. I. p. 47.
1875) mit grosser Genauigkeit verdflfentlichten.
Ein 19 J. alter unverheiratheter Mann wurde sun
26. Jaa. 18,74 In das Pennsylvania-Hospitai aufgeaommen.
Die Mutter dessclbcn hatte an einer VergrOsserung der
Cervikaldrfisen gelitten und war an Phthisis gestorbeu.
Pat. setbst , frfiher immer gesund , ffihlte sich seit etwa
6 Woehen krank, und zwar klagte er fiber Schmerzgeffihl
in der Brust , den Sehulter- und Armmnskeln. Am Tags
vor seiner Aufnahme wurde er paraplegisch , auch Blaso
und Kectum waren gelahmt. Bereita seit einigen Jahren
war eine Vergrosserung der Nackendrusen linkerscits bo-
merkt worden, rechterseits dagegen erst seit letztem Mai.
Es war ausserdem eine Sehwellung am Sternum , welche
die Grosse einer Orange erreicht hatte , vorhanden. Mo-
tilitat und Sensibilitat war allenthalben unterhalb des
Thorax aufgehoben. Ztigleich klagte Pat. fiber Beklem-
mungsgeffibl. Reflexbewegungen tratou leicht an den ge-
lahmten Muskeln ein. Auf der innem Fiache des obern
Augeulides sass ein Tumor, der wohl durch die Vergrosse-
rung einer Meiboin’schen Drfise bedingt war. Dazu
kamen zahlreiche bis wallnussgrosse Tumoren , die allent-
halben fiber den Korper, vomehmlich am Rnmpfe, ver-
breitet waren. Die Axillar- und Inguinaldrfisen waren
nur wenig vergrossert , Milz uud Leber gar nicht. Pat.
sah blass und abgemagert aus. Im Blntc zeigte sich ein
geringes Uebenuaass der weisseu Zellen. Die kleinen
unter der Haut gelegenen Tumoren wuehsen ziemlich
rascli und verbreiteten sich auch fiber das Gesicht. Decu-
bitus trat auf und der Urin wurde knrz vor dem Tode
ammoniakalisch und bluthaltig. Wahrend des ganxeo
Krankheitsverlaufcs waren leichte Fieberbewegungen vor-
handen. Der Tod erfolgte Anfang Marz 1874. Die
Therapic hatte in Darreichung von Jodkalium and Jod-
eisen bestanden.
Set lion : An Kopf, Rumpf und Extremititea zahl-
reiche , verschieden grosse Tumoren , deren einige , drei
oder vier, gestielt waren und der eigentlicheu Haut ange-
horten , wahrend die andern tiefer zwischen Haut nnd
saperticieller Fascie lagen. Am obern Dritttheil des
Sternum sass der grosste Tumor, wclcher » '/* — 4" Im
DnrchmesBer hatte und durcli den Knochen hindurchge-
drungen war. An der Oberfiache des Gehirns etwa 20
weizenkorn- bis klcinhaselnussgrosse Tumoren , welche
sich nur schwer von der Himsubstanz n n terse hieden.
Dierechto Himhalfte war reicher an dlesenNenbildungen.
Nach der Eroffnnng der Brusthohle nnd nach Herans-
nfthme der Brusteingeweide stiess man aaf einen die
Korper des 6., 7. u. 8. Dorsalwirbel vollstandig nmschliet-
senden Tumor, welcher Bich durch die Intercostalraume
hindurch bis an die Proc. spinosi verfolgen Hess. Disse
Wirbelfortsatze waren so weich , dass sie mit dem Messer
geschnitten werden konnten. Die Nenbildung war auch
in den Spinalkanal vorgedrungen , adharirte an der Dura
und comprimirte das Mark. Am letzten Dorsalwirbel
wurde noch ein kleincrer ahnlichcr Tumor gefunden. An
den Lungen eine grosse Anzahl von Tumoren, welche
denen des ubrigen Korpers glichen und eben so wohl an
der Oberfiache ais im Innern sassen. An dem Peritoaaal-
fiberzuge der Baucheiugeweide uberall klciue Tumoren.
Mesenterialdrusen vergrossert und prominent. An Leber
und Milz nichts Abnormes. Die eine Nicre zeigte eine
kleine Geschwulst, welche das Parenchym derselben com-
primirte ; zahlreiche ahnliche Tumoren in dem perirenalen
Zellgewebo. Iu der Blasenschleimhaut Kalkablagerungen
and Ekchyinosen. Das Knochenmark (von der Mitte des
linken Femur gcuommen) stellte sicli als eine gelblich-
grfine gelatinose Substanz dar. Bei der mikroakopischeu
Untersuchung (von Richardson gemacht) erwies sich
der Tumor der Wirbelsaulc zum grossten Thoile aus run-
den, ovalen u. zuweilen eckigen Zellen zusammengesetzt,
Diese zelligen Elemente waren in Gruppen zu 5 — 10 oder
noch mehr geordnet und wurden durch ein Masclienwerk
zusammengehalten. Diese Zellechaufen liatten in der Pe-
ripherie melir eine runde Form and lagen weiter von
einander ala im Centrum. Die Lungen- oder liirn tumoren
zeigte n ahnliche Vcrhaltnisse.
Epikritisch kebt Vf. foigende Unstitode ate ha
mitgetheilten Falle beeondersbemerkenswerth hervor.
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288
R i e m e r , Leuk&mie n. Pseudoleukftmie.
1) Die selten vorkommende, so allgemeine Ausbrei-
tung der Neubildung, welche meistentheils aU Lymph-
adenom betrachtet wird. — 2) Das Vorkommen der
Lymphadenome in Schkdel- und RttckenmarkhOhle,
wo von nur noch eine Beobachtung von Murchison
vorliegt. — 3) Die Unbetheiligung der Leber und
Mila. — 4) Es war keine der von Virchow
oder M o s 1 e r als Ursache solcher Neubildung an-
gegebenen Affektionen, weder OtorrhSe, noch hkufige
Anf&lle von Pharyngitis, vorhergegangen.
Am Schlusse stellt Vf. noch 58 Falle von Adenoid-
erkrankung zusammen und kommt dabei zu folgen-
den Resultaten :
Bis zum 30. J. scheint die Disposition zur Er-
kranknng zuzunehmen.
Die Dauer der Krankheit war eine verschiedene :
von einigen Monaten bis zu 4 Jaliren. Die meisten
Falle endeten nach 1 — 2 J. lethal.
Was das Befallensein der verschiedenen Lympb-
drUsenpartien anlangt, so waren da die Cervikal-
drflsen entschieden bevorzngt, dann kamen die Me-
diastinal- und Lumbardrttsen.
Die Milz war meist vergrdssert und enthielt
Lymphoidgeschwfllste.
Die Leber war in der Hfllfte der Falle gesund,
zeigte aber after auch Tumoren.
Pan a s tbeilte nachstehenden Fall von Lymph-
adenom in der Soc. de Chirurgie mit (Gaz. des H6p.
116. 1872).
Ein 46 J. alter Klempner trat am SI. Oct. 1871
wegen einea grossen, seit 3 1 /, Mon. etwa bemerkten H ala-
tumor in das Hospital ein. Pat. verspnrtc zuerst Schling-
bescbwerden, eine Venninderung des Gehors linkerseits
und eine Schweliung der Parotisgegend. Bei einer Unter-
snchung war die linkc Mandel vergrOssert nnd gerothet
gefnndcn nnd deshalb ein weiases Pulver eingeblasen wor-
den. Die Beschwerden nahmen immor mehr zu , die
Stimme bekam den nasalen Beiklang, die Artikulation
wnrde schlechter, Pat. magcrte raach ab.
Bei der Aufnahme des Pat. flel besonders der
enonne , mehrfach gelappte Tumor an der linken Hala-
seite anf. Die Hant war demselben mehrfach adbarent.
Die Unke Mandel stellte eine graue, zerreibliche, derHirn-
rinde ahnliche Masse dar , welche sich nach hlnten in den
Pharynx hinein erstreckte. Blntungen 'waren nie ein-
getreten. Bei Bernhrung des Tumor war keine Schmerz-
haftigkcit vorhanden. Am 11. Jan. 1872 wnrde znr Er-
leiehterung der Athmung eine theilweisc Exstirpation vor-
genommen, indem der Tumor mit dein Finger zerstuckelt
ward. Am Halse kam es an einer Stelle zur Fluktnatton
und durch Incision wurde hier Eiter entlecrt. Ansser den
genannten Halsdriisen fanden sich die Inguinaldriisen, be-
sonders links , merklich geschwollen , hart und indolent,
in der linken Achselhohle sass ein beweglicher , schmerz-
loser Knoten von Wallnussgrosse. Milz dentlich ver-
grSsscrt. Im Blute fand sich cine ziemlich betrachtliche
Zahl weisser Blntkorperchen. Am 8. Febr. wurde noch-
mals ein ziemlichcr Theil des Pharyngealtumor mit den
Fingern entfernt. Die Erieichterung war danacli nur eine
knrz dauernde. Am 9. April rnachte man wegen Suffo-
kationsbeschwerden die Tracheotomic. Nachdem noch
Diarrhoe dazu gekommen , Decubitns eingetreten und der
Pat. auf das Aeusserste marastisch geworden war, erfoigte
der Tod. Die Unteranchung des Tumor ergab ein feinos
Netzwerk , dcssen Maschen mit cmbryonalen Zellen er- *
fkllt wareu and welclies an den Capillarwauden seinen
Ansgang nahm. Neben kleinern, runden , einkemlgen
Zellen kamen grdseere, etwa doppelt so grosse vor.
Dieser Fall scheint auf der Grenze zwischen
Leukamie und Ailenie zu stehen oder vielmehr eine
Combination beider Zust&nde zu sein. Solche Falle
stehen ilbrigens nicht so ganz vereinzelt da, unter
andern kam nach P a n a s folgender im Hopital St.
Louis bei einem 45 J. alten Manne zur Beobachtung,
bei dem eine Dyskrasie als Ursache nicht anfznfinden
war.
Im Mara 1871 liattc sich an der rechten vordeni
Sttbmaxillargegend ein Tumor entwickelt, welchcr durcli
Jod beliandelt wurde. Nichtsdestoweniger kam es l»ia
zura Juni zu einer betrachtlichen Anschweliung der Sub-
maxillar- mid Cervikaldrusen und die Krafte des Pat.
nahmen zusehends ab , obwolil der Appetit gut und die
Verdanung regelmassig war. Bei der Aufnahme dea Kr.
in das Hospital fand man einen Tumor , welcher rechts
vom Kinn zum Nacken, vomOhr bis zur Basis des Halses
reichte , von leicht gerotheter Haut bedeckt und hart und
indolent war. Die Respiration war zeitweise , besonders
des Nachts , beeintrachtigt ; das Gehor war ebenfalls ge-
stort. Die rechte Mandel war enonn vergrossert, hockerig,
hart. Ansscrdera waren noch die Inguinaldriisen liyper-
trophisch. An Lippc und Nase befand sich eine impetigi-
nose Hautaffektion. Im Blute wurden relativ viel weisse
Blntkorperchen entdeckt.
Pan as stellt hierbei die Frage auf, ob wohl
die Hypertropie der Mandel oder die Impetigo den
Ausgangspunkt fllr die DrUsengeschwulst abgegeben
habe.
Einen weitern Fall von Adenie, obne Leukamie,
beobachtete Pan as (l.c. 118) bei einem 65 J. alten
Manne.
Es hatten sich seit 6 J. zablroiche , mater der Hant
verschiebbare insensible Drusen in der linken Inguinal-
gegend entwickelt, ohne dass eine Verletziung oder eine
syphilitische Affektion vorhergegangen war. In den letzten
8 Mon. nahmen die Drusen sehr rasch an Volumen zu.
In der Inguinal- und Cervikalgegend entwickelten sich
ahnliche Drusentumoren und die Submaxillar- und Cer-
vikaldrusen vergrosserten sich ebenfalls bedeutend , ohno
dass jedoch der Allgemcinzustand die mindeste Stdrnng
zeigte. Auch hier war eine bedeutende Voiumszunahme
der Mandeln, und zwar beiderseits, vorhanden. Vor 26 J.
hatte sich Pat. dieselben bereits wegen ihrer enormen
Entwicklung exstirpiren lassen. An Milz und Leber,
sowie am Blute war nichts Abnormes zn flnden. Wahrend
eines 2 Mon. langen liospitalaufenthaltes war keine be-
sondere Veranderung eingetreten.
In seinem weiteru Vortrage besprach Pan as
die Differentialdiagnose des Lymphotarkom und des
Encephaloidkrebses oder des prim&ren Scirrhus der
Drtiseu, welche nur mit Hillfe des Mikroskops zu
ateilen sei. Die Bdsartigkeit komme unter Umatin-
den beiden Affektionen zu. Ein malignes, also nicht
mehr operirbares Lymphadenom soli sich erkennen
lassen : an der Schnelligkeit des Verlaufs , an dem
Fortwuchem auf andersartige Gewebe , an dem Er-
griffensein innerer Organe, an der Blutalteration und
an der aus dem Allen resultireuden Abmagernng.
Die scrofuldsen Drilsentumoren lassen sich schon
durch das Vorhandensein andersartiger scroful&ser
Affektionen vom Lymphadenom oder Lymphoaarkom
unterscheiden.
Einen Fall von Lymphadenom, Welches an den
Halsdrdsen ohne nachweisbare Ursache anfgetreten
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Riemer, Leukimie a. PseudoleukAmie.
289
war nnd nrit ungflnstigem Ausgange exstirpirt wurde,
bcrichtet Castiaux (Gaz. des Hop. 41. 1872).
Eine 58jahr. Frau, Kochin, tTat am 14. Nov. 1871
in das Hopital de la Charite ein. Pat. hatte in ihrer
Kindheit nicht an Ilalsdrusen gelitten. Seit 4 Mon. wurde
eine Halsschwellung bemerkt , welche sich vom linken
Ohre bis iiber die Clavicula binaus erstreckte. Die auf
einander gehaufteu Drusen waren der Haut nicht adbarent,
sChmcrzloR und ohnc Fluktuation ; sie waren haselnuss-
bis huhnereigross, hatten den Larynx verdrangt, die Hals-
gefasse iimachnfirt und waren unter der Clavicula bis in
die Achseihohle vorgedrungen. Die weisseu Blutkorper-
chen erschienen nicht vermchrt. Die sehr fettreiche Kr.
maehte von Zeit zu Zeit haufigere und tiefe Inspirationen.
Die Dyspnoe wuchs wahrend derNacht. Die Stimme war
merklich heiser und im linken Arm trat zuwcilen ctwas
Zncken auf. Pat. nahm Jodkalium ohne Erfolg , cben so
wenig waren Jodinjektionen in die Drusenhaufen von
einem Resultate begleitet. Da mit dem raschen Wacha-
thum der Drusen die Dyspnoe einen bedrohliehen Grad
erreiehte, so entschloss sich Lannelongue, da die ciu-
fache Tracheotomie ungenugend crschien , die Drusen um
den Kelilkopf so weit als moglich zu enucleiren. Die
Operation wurde am 26. Nov. vorgenommen. Die Jugu-
laris interna lag frei in der Wttnde und die Carotis aah
man deutlich pulsiren. Es wurdcu 12 bis huhnereigrosse
Knoten enucleirt. Nach der Operation schicn Pat. leichtcr
zu athmen nud war weniger eyanotiseh. Nach 9 T. trat
eine erhebiiche Hlutung aus der Wunde ein, welcher trotz
methodischen Druekverbandcs bald mehrcrc folgteu. Bei
dem Versncbe, eine scitliclic Ligatur anziilegeu , stroiute
ana der eroflneten Vene ein tiugerdickcr Blutstrahl. Das
obere Ende dieses Gefasses wurde sol'ort eomprimirt, das
uutere blieb klaflfcnd uud im Momente tiefer Exspirationen
oder Hustenbewcgungeu schoss eine Blutmasse daraus
hervor. Ein Zischen (von Eindriugen der Luft herriih-
rend) wurde nicht wahrgenommen. Die Kr. war er-
scbdpft and lebte nur noch 2'/, Stunden.
Bei der Sektion fand man die Wandung der V. jugul.
int. sin. durcb Gescbwulstmasse verdickt und an ihr eine
Ulceration von 2.6 ctmtr. Lange. Der N. recurrent tin.
hatte an der UmbiegungssteUe durcb 2 Knoten eine Com-
pression erfakren und war deutlich abgeplattet. Kechts
waren die Gefasse und Nerven gesund. Nur an der Ein-
trittstelle derselben in den Thorax fand sicb eine betraebt-
licbe Draseumasse, welche den Vagus comprimirte.
Ebenso war der Aortenstarom, die Trachea und Bronchien
von Drusen umlagert, deren einige eine scbwarzliche
Farbung zeigten. Am reehten Bronchus hatte eine Drfiae
die Wand perforirt und das Lumen obstruirt. An der
h in tern Flache des Sternum grosse, test angeheftete Kno-
ten, kleinere in der Pleura, sich namentlich entlang den
Intercostalraumen erstreckend. An der Obertlache beider
Langen weisse, erhabene, der Pleura adharirende Knoten.
Die Pravertebraldrusen des Abdomen langs der grossen
Gefasse bis znm Annulus crnralis bin sammtlich vergros-
sert ; die V. cava inferior bierdnreb eomprimirt. Die
Meeenterialdrusen waren ebenfalls hypertrophisch. An
der Leber fanden sieb graue, rundliche, mit dem ScaipeU-
stiele einigermaaSaen enncleirbare Inselchen. Die Milz
war um das Doppelte grosser , mit zablreichen weichen,
grau gefarbteu , hOchstens erbsengrossen Tumoren. Ein
Sohnitt durch die Lymphdrusen ergab ein granes , me hr
oder weniger fibroses nnd festes Gewebe. Die Cervik&l-
drfisen waren die hartesten , die des Abdomen dagegen
die weichsten und offenbar spater affleirt. Dem ent-
sprechend fand man auch bei der mikroskopischen Untcr-
sachnngdie bindege we bigen oder zelligen Struktnrelemente
vorherrschend. An de? Leber stellten sich die krankhaf-
ten Veranderongen unter 2 Formen dar: 1) wohl um-
sebriebene Tnmoren, welche nach dem Centrum hin eine
wirklfeh retikulirtp Snbstanz, In der Peripherie mehr ver-
fett o te Lefeersfilton entfcielten ; 9) in Streifenfbrm ange-
Med. Jahrbb. Bd. 179. HA. 3.
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ordnete retikulirte Snbstanz , welche den Gef&ssstSmmen
folgte u. Gruppen verfetteter Leberzellen umschloss. Die
Spongiosa der Wirbel war von grauen Maasen inflltrfrt.
Ein Fall , der allerdings wenig oder gar nichts
mit der Leukamie gemein hat uud welcher lediglich
ala maligner Lymphdrtlsentumor aufzufassen 1st,
wurde von T r 6 1 a t in der Soci6t£ de chir. de Paris
berichtet (Gaz. ltebd. 2. S6r. IX. 22. 1872). Da er
jedoch in diagnostischer Hinsiclit einiges Interesse
bietet, moge er kurze Erwiihnung finden.
Bei einem 37 J. alten Manne von bluhendem Anssehcn
hatten sich seit 2 J. 2 kleine Tumoren am reehten Unter-
kieferwinke! eutwickelt. Vom Jan. 1871 an nahmen die
Tumoren betrachtlich zu u. zugleich wurde das Schluoken
Bchwercr. Kurze Zeit vor der Aufnabme in das Hospital
trat ein kleiner Tumor an der vordereu oberen Flache des
reehten Schenkels auf. Das Ulut war nicht leuk&misch.
Die Ualstumoren glichen wenig beweglicheu , globuldsen
submaxillarcn Lymphdrusen. Da der Tumor bei seiner
rapiden Entwicklung bis zur Kiudkopfgrosse ein bimartiger
genannt werden musste , wurde am 6. Oct. die Exstirpa-
tion ohne Schwierigkeitcn ausgefuhrt. Am 30. Oct. zeigte
sich in der Nahe der Narbe ein kleiner, beweglicher
Drfisentumor , welcher sich rasch vergrosserte und am
16. Nov. exstirpirt wurde. Hierbei starbPat., ob durch die
Einwirkung des Chloroform oder Eindriugen von Luft in
die Venen , lasst T r. unentschieden. Bei der Autopsie
fand man die Milz um das Doppelte grSsser und mit meh-
reren Tnmoren, welche erweichtcn Lymphdrusen ahnllch
waren, dnrchsetzt. Die inlkroskopische Untersnchung
erwies den lialstumor ais Lymphosarkom , ebenso anch
die seknnd&ren Tumoren.
Der Kliniker liat nach Trdlat verscliiedene
Anhaltepunkte , um bereits bei Lebzeiten des Pat.
ohne Mikroskop dieses maligne Lymphosarkom von
der einfachen Lymphdriiseuhyperplasie zu unter-
scheiden. Als solche bezeichnet T r. 1) das bereits
erwachsene Alter des Pat. ; 2) die Abwesenheit einer
Diathese (Scrofulose, Syphilis) ; 3) die schmerzhafte
Entwicklung der Drllsenschwellung olme sichtliche
Ursache ; 4) das rapid fortsclireitende Wachsthum,
welches fast an Garcinom denken lasst.
Die Aehnlichkeit des Lymphadenom mit Krebs
spricht sich weiterhin in folgendem von Martin
Oxley (Brit. med. Joum. March 4. 1876. p. 284)
veroffentlichten Falle aus.
Ein 6 J. alter Knabe, welcher znvor ganz mnnter
war , began u seit 1 Jahre fiber Schwiehe zn Uagen, ver-
lor den Appetit und hatte rhenmatische Schmerzen in den
Gliedern. Mutter und Vater waren augenscheinlich ge-
sund, die beiden Geschwister ebenfalls. Der gauze K5r-
per desKnaben, namentlich dasGcsicht, Bchien geechwol-
len ; das Gehen war schmerzhaft , der Knabe flel beetin-
dig. Derselbe wurde immer schwacber, konnte aber
schlafen and essen. Ira Jannar 1875 bemerkte Vf.
an ihm eine Protrusion des reehten Anges mit Erwei-
terang der Papille : dae Seh vermogen war bald daranf
velUtandig erloaehen. Der Tod erfolgte am 26. Febraar.
Bei der Sektion fand sich unter der Frontalhaut fiber
der reehten Orbita eine Ekchymoae. Der Subarachnoi-
dealr&tun war erweitert and mit Fialdnm erffillt. Ueber
die Birnoberflache verbreitet lagen kleine, weicbe, steok-
nadelkopfjgrosse Knotehen , beeonders in der Sylvi'scbea
Grabe angehauft. Die Schiidelbasis , namentlich in der
vordern Sphenoidalgegend and hinter der reobten OrWta
ersebien weicher , als gewobnlich , so dass sie mit dem
Messer geschnitten werden konnte. In dem reehten Orbl-
talraum fand sieb eine weiche, weisse Masse, diedasAnge
37
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290
R i e m e r , Lenk&mie u. Psendoleuklmie.
vorwiirts gedriingt hatte ; dnrch das Centrum derselben
verlief der Opticus. Der Panniculus adiposus war ziemlich
entwickelt; nirgends DrusenvergrSsserungen. In der
linken Lunge, namentlich in den hintern Partien , lagcn
weichc, weisse Knotchen ; rechte Lunge gesund. Leber
8ehr gross ; in ihrer Substanz und an der Oberflache
feinste Knotchen , denen in Lnnge und Gehirn ahnlich.
Nieren etwa nm das Doppelte vergrossert, Behr blass ; auf
der Schnittflache nur wenignormales Gewebe, dazwischen
weichere Stellen.
Ueber die Natur der vorgefuiidenen Neubildung
lftast rich bei der unvollatandigen (von Vf. tlbrigens
dnrch Sussere Umst&nde entschuldigten) Beschrei-
bong des Fallen nnd den undeutliclien Zeichnnngen
kein sicherea Urtheil Mien. Der Charakter der Neu-
bildnng scheint ein vorwiegend zelliger gewesen zu sein.
Noch geringeren Werth flir die Frage von der
Psendoleuk&mie hat folgende Beobachtung des Dr.
J a n e w a y (Philad. med. and surg. Report XXXIII.
22 ; Nov. 1875).
Ein 36 J. alter Mann, der fruher syphilitisch ge-
wesen, trat am 28. Aug. 1876 in das Bellevue Hospital
ein. Er klagte jeden Morgen fiber Frostgefuhl , worauf
Schweiss folgte. Chinin und Eisen wurden erfolglos an-
gewandt. Pat., durcb hauflge Anfalle von Diarrboe ganz
anamisch geworden, klagte einige Tage vor dem Tode
noch fiber Schmerzen im Epigastrium. Die Leber war
mehr als die Milz vergrossert, eine Vermehrung der weis-
sen Blutkorperchen aber nicht vorhanden. Bei der Sektion
fand sich die Leber vergrossert und inflltrirt. Das Mi-
kroskop zeigte kieine weisslichc Neubildungen um die
Portalgefasse gelagert. Dieselben bestanden aus runden,
einem Retikulum eingebetteten Lymphzellen.
Diesen Fall als Pseudoleukftmie aufzufassen,
scheint Ref. sehr gewagt. Sollten die Nenbildungen
der Leber nicht anderer Natur , vielleicht ayphiliti-
scher, gewesen sein ?
Einen wegen der grossen Ansdehnung der Nen-
bildung beachtenswerthen Fall von Lymphadenom
im Mediastinum hat Maurice Clandot (Rec. de
m&n. de mdd. etc. milit. 3. S£r. XXXII. p. 271.
Mai — Juin 1876) ansfdhrlich beschrieben.
Ein 48jahr. Handworker klagte seitmehrerenMonaten
fiber Respirationsstorungen , welche durch grossere Stra-
pazen nnd Erkaltnng veranlasst sein sollten und vorzugs-
weise in einem trockuen Husten und Dyspnoe bestanden.
Zngleieh magerte er ab und wurde allmaiig scliwacher.
Die Perkusaion ergab eine Dampfnng des Hchalles in bel-
den Clavikulargcgenden, bei der Ansknltation wurdeansser
einer geringen Abschwachnng des Athemgeraosches an
der linken Spitze nichts Abnorraes gefunden. Dabei war
das Gesicht blass , leicht gednnsen , nicht cyanotisch.
Claud ot dachte nach der ersten Untersuchnng an das
Vorhandensein einer tnberknlosen Infiltration, welche sich
namentlich auf die linkc Lunge erstreckte, und erklarte
das Oedem des Gesiclits aus der Anamie. Er verordnete
Arsenikpillen znr Bekampfung des dyskratiseben Allge-
meinenstandes , Pillen von Opium nnd Belladonna gegen
die beangstigende Dyspnoe und Einpinselungen von Jod-
tiuktur gegen das Brustleiden. Zehn Tage nachher , als
Pat. wegen augeblicher Verschlimmerung seines Znstan-
des wiederkam , entdeckte C I. einen Tumor, welcher die
obere links Halfte des 8ternum , die 2 Oder 3 ersten
Rippenknorpel einnahm und nach oben die IncisuTa stern!
uberschritt. Pat. klagte vor AUem fiber intermittirende
Dyspnfie und zeitwelse auftretenden trockuen Hasten.
Der Tumor hatte die Orfisse einer Handflache, erhob sich
etwa 2 Ctmtr. fiber dieThoraxwand, war hart, niebt tiuk-
talrend and liess dure ha us nicht an ein Anenrysma den-
ken. Dagegen fand sicherbch ein Druck auf die Trachea
oder den linken Bronchus, sowie anf die venfoen GefSsse,
vielleicht auch den Vagus statt. Einige Tage nachher
suchte Pat. das Hospital auf. Die Anschwellung der
Lymphdrfisen in der linken Supraclaviculargrnbe nahm
rasch an Ansdehnung undGrBsse zu, und ergriffbald auch
die in der Axilla rgrnbe und dem supraciavicularen Drei-
eck gelegencn Drusen. Die DyspnSc trat paroxysmon-
weise auf nnd war von einem heftigen Gefuhl der Be-
iingstignng begleitet. Die Oppression schwand bald auch
in den Intervallen der Anfalle nicht ganz und schlfisslich
wurden die RemisBionen immer unvollstlndiger u. kurzer.
Wie die Perkussion ergab, erstreckte sich der Tumor
nicht nach hinten in die Intorscapulargegend. Zu dem
Oedem des Gesichts trat bald eine merkliche odematosc
Schwellung des linken Armes. Nach lOTagen starb Pat.,
nachdem unter steter Verschlimmerung aller Symptomc
vollstandige Entkraftung eingetreten war.
Bei der Autopne fand man den M. pectoralis major
durch die wncherade Neubildungsmasse theilweise zer-
stBrt. Der vordere Theil des Tumor setzte sich in den
linkseitigen Intercostalraumen in den Thorax hinein fort ;
die Neubildung hing dem Knochen nnd den Knorpeln feat
an, jedoch war das Periost nur theilweise erkrankt, der
Knochen seibst vollkommen unversehrt. Nach Entfernnng
des Sternum nnd der vordem Rippentheile ergab es sich,
dass der Tumor das Perikardium bedecktc u. sich einwenig
nach den vordern nnd untern Grenzen beider Lnngen hin.
ohne hier fester anznhaften , verbreitete. Der Tumor
stand in Connex , nicht aber in Continuity mit den dc-
generirten Drfisenmassen in der Snpraclavieuiargrube.
Nach hinten nahm der Tumor an Breite ab nnd war nnr
noch als schmaler Kamm vor den 2 ietzten Cervikal- nnd
4 ersten Dorealwirbeln nachzuweisen. Die Neubildnng
nmschloss also, ansser dem Oesophagus , welcher einfach
dadurch comprimirt ward, der Aorta descendens, sowie der
V. cava inf., alle fibrigen Organe des Mediastinum. Anch
die Gefasse und Nerven des Halses waren einer Compres-
sion ansgesetzt, was namentlich aus der fast vollstandigen
Obliteration der V. Jugularis comm. sin. hervorging. Im
Uebrigen ergab die Sektion : Oedem der linken Lunge,
miliare, bis erbsengrosse snbpleurale KnOtchen an der
Spitze der rechten Lunge, leichte Hypertrophie der untern
Mediastinaliymphdrusen ; 4 Oder 6 waiinussgrosse Drfisen
am Hilus der Mill , inmitten der um das Doppelte ver-
grfisserten Milz ein Tumor von der Grosse eines Eies der
Trnthenne, vollkommen der Nenbiidnng in der Brust iden-
tisch nnd dnrch seine weissHche Ear be vom Milzgewebe
scharf unterschieden.
Der Bmsttnmor seibst bestand ans einzelnen basel-
nnas- bis eigrossen degenerirten Lymphdrfisen nnd nnr an
der Oberflache ans einer homogenen nnd compakten
Masse. Anf der Schnittflache erschien er einem Ence-
phaloidkrebs ahnlich. Die zuerst befallenen centralen
Partien waren derber, die jfingsten fast zerfliessend ; wirk-
liche Cystenranmn oder Erweichungsstellen kamen nicht
vor. Die mikroskopigche Betrachtnng ergab als hanpt-
Bachlichstes Element des Tumor fein granullrte runde und
ovale Zellen, welche vollkommen weissen Blutkorperchen
glichen und in einem feinen , unregelmassigen Maschen-
werke lagen.
In den weiteren Betrachtungen , welche Vf. an
diesen Fall anknflpft, erOrtert er vor AUem daa Ver-
hiUtniss des Lymphadenoma, mit welcher Neubildung
wir es hier zu tbun haben , zum Carcinom , zum
Lymphosarkom und zur einfachen Hypertropliie der
Lymphdrilsen, der oft mit Leukocythamie verbunde-
nen Adeuie. Zum Schluaa aucht er die beobachtoten
Krankheitsaymptome ana dem pathologisohen Be-
funde zu erkliren. Ala eine nicht gerade im Wider-
apruch znr ganzen Auffaasung atehende, aber immer-
hin auffalleude Thataache iat far diesen Fall der so
eminent rapide Verlanf hervorznheben.
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Leu be, klinische Berichte. — Goldschmidt, intrauterine unblutige Behandlung.
291
C. Kritiken.
78. KUnisohe Berichte von der medicinischen
Abtheilung des Landeskrankenhansex zuJena;
heransgegeben in Gemeinschaft rait Dr. Franz
Penzoldt, 1. ABsistent d. med. Klinik, von
Dr. Wilhelm Leube, Prof. u. Dir. d. med.
Klinik in Erlangen. Erlangen 1875. Edu.
Besold. 8. XII u. 144 S. (3 Mk.)
Bei Abfassung dieser Berichte, welche urspiltng-
lich als raonatliche Beilagen zu dem Correspondenz-
Blatt des Thttringer Aerztc-Vereins erscliienen sind,
liatte sicli Vf. laut Vorrede die Aufgabe gestellt,
„den Thilringer Collegen eine Uebersicht Uber die
in der Jenenser Klinik bchandelten Kraukheitsf&lle
zu verschaffen. “ Es wilnschte auf diese Weise zu
erreichen , dass die auswilrtigcn Aerzte die von
ihnen in das Landeskraukenhaus gesendeten Kranken
nicht aus ihrem Gesichtskreise verlieren, dieselben
vielmehr in die Lage versetzt wOrden , den weitern
Verlauf der Kranklieit ihrer frilliern Patienten zu ver-
folgen, „an dem klin. Durchdenken der Fille, der
Fonnulirang der Diagnose, der Aufstellung der Indi-
kationen und den epikrit. Betrachtungen selbst Theil
zn nehmen“. Vf. hoffte, dass so die Klinik eine
Stfttte wisaenschaftlicher Erfrischung ftlr die prakt.
Aerzte des Landes bleiben werde, da er glaubt, dass
„die frisch vom Krankenbett weg erfolgende Be-
sprechung klinisch interessanter F&Ue und Fragen
ganz besondere geeignet ist, das Interesse an der
Klinik und den dort getlbten Methoden bei den Aerz-
ten wach zu erhalten. 1 *
Ref. ist ttberzeugt, dass Vf. seinen Zweck er-
reicht hat, und stimmt mit ihm anch indemWunsche
ttberein, dass aus andern Kliniken fthnliche Mitthei-
lungen erfolgen mflgen. Die vorliegenden Berichte
Bind jedoch auch fllr weitere Kreise, als die, fllr
welche sie ursprllnglich bestimmt waren, von Inter-
esse, namentlich dtirch die ausfilhrlicher mitgetheilten
Krankengeschichten. Dieselben bilden eine eben so
vielseitige als lehrreiche Casuistik, welche den prakt.
Aerzten zum eigenen Studium bestens empfohlen
werden kann , ganz besonders auch wegen der ein-
gehenden Berttcksichtigung, welche Vf. derTherapie
gewidmet hat. Zur Begrltndung des Gesagten fUh-
ren wir die Kranklieiten an , welche in den mitge-
theilten Fallen zur Beobachtung kamen.
Echinococcus hepatis, Galvanopunktur. — Pneumo-
nic. — Albuminurie, mit Bezug auf Diagnose des zu
Grunde liegenden Nierenleidens. — Ekzema nniversale ;
gfinatige Wirkung des Tannin. — Plenritischer Erguss. —
Syphilis. — Sykosis parasitica ;. Nutzen der Carbolsaure.
— Typhus abdominalis und recurrens. — Morbus Baae-
dowii; Galvanisation des Halssympathicus. — Psoriasis
nniversalis simplex gyrata ; Nutzen des 01. rusci. — Car-
cinom des Magens. — Krankheiten der Herzklappen. —
Chron. Alkoholismus, mit croupbser Pneumonic und ex-
cevsiv niedriger Kfrpertemperatur ; subcutane Injektlon
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von Aether. — Tuberkulose des Perikardiura. — Epllep-
sie ; Galvanisation. — Hydrops ohne Albuminurie. — Dys-
enteric ; Lammhluttransfusion. — Dysphagia paralytica
hysterica; Galvanisation. — Chorea St. Viti. — Phos-
phorvergiftung ; Heilung. — Spondylarthrokace cervicalia ;
Durchbruch des Eiters nach aussen , lange Eiterung,
Amyloidentartung. — Gonorrhoe mit Polyarthritis sub-
acuta. — Melancholia attonita ; Lammbluttransfusion. —
Phthisischc Erkrankungen ; Nutzen des Tannin. — Pareae
des 3. Astes des Trigeminus mit vorwiegender Atrophie.
— Skierose des Gchirns und Kuckeninarkcs. — Stonose
des Oesophagus wahrscheinlieh nach Diphtherie. — Viti-
ligo, mecbanischer Druck als atiolog. Moment. — Magen-
gesch wur ; Nutzen der Solutio carnia, Bemerkungen hber
die Behandlung im Allgemeinen. — Neuralgic des 3. Astes
des Trigeminus, Heilung nach vergebl. Anwendung ver-
sebiedener Mittel nach Ausrelssung sammtlicher Zahne
der betr. Scite. — Kheumatismus ; Nutzen des Kali nitri-
cum.
Die Berichte beziehen sich auf den Zeitraum vom
1. Nov. 1873 bis zum 31. Juli 1874 und die Summe der
wiihrend desselben hehandelten Kr. betragt 450 (249 M. p
153 W.), 48 Kratzkranke ohne niihere Angahe des Ge-
schlechtes. Von dcnselben wurden entlaesen : gehellt 217,
gebessert 75, ungeheiit 41, transferirt 13; 43 starben ;
61 blieben in Behandlung. Unter diesen 450 Fallen ka-
men zur Beobachtung Krankheiten des Nervensystems 61,
der Haut (einschl. Kratze) 64, der Kespirationsorgane 70,
der Cirkulationsorgane 1 3 , des chylopootischen Systems
(einschl. Leber- und Milzkraukhciten) 35, des Urogenital-
systems 25, der Bewegungsorgane (Muskeln, Gelenke) 14,
akute Infektionskrankheiten 78; chron. Infektionskrank-
heiten 80 ; allgem. Ernahrungsstdrungen 6 ; Intoxikatlo-
nen 4. Winter.
79. Ueber intrauterine unblutige Behand-
lung ; von Dr. Sigismund Goldschmidt.
Berlin 1876. G. Reimer. 8. 115 S. (2 Mk.)
Mit einer den jungen Schriftsteller zierenden Be-
scheidenheit trftgt das knrze Werk dem praktisohen
Arzte den jetzigen Stand der intrauterinen Methoden
vor und (lbt Vf. eine seinen bisherigen in der BevOl-
kerung Berlins gesammelten Erfahrungen entspre-
chende gesunde Kritik.
Diesem Abrisse der Behandlung der nichtachwan-
geren und eben entbundenen Gebkrmutter gebt eine
geschichtliche, auf das Thema beztigliche Einleitung
vor&n. Es fehlt darin der Vorachlag At thill ’a
(Dublin Jouru. of med. Science 3. Ser. Aug. 20.
1873), mittels eines geschlltzten sondenartigen Aetz-
mitteltrhgers Saipeters&ure auf Baumwolle in die
UterushChle zu bringen. Die eigentliche Unterwei-
snng setzt den Schwerpunkt in die Therapie, welche
erst hinterher durch pathologische Federzeichnungen
erl&utert wird. Es ist diess ein praktisches , durch
Marion S ims eingefUbi’tes Ver&hren.
1) Vf. entscheidet sich ftlr die weiche, aus Zink
und Kupfer legirte Gebftrmutter- Sonde. Wenn er
auch mit soldier noch den puerperalen oder einen
tlberhanpt abnorm weichen Uterus zu verletzen ftirch-
tet, so dttrfte er nur auf Kiwisch’s Rath die dickere,
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292
Winckel, Berichte n. Btudien.
breitknopfige Sonde ana Feinsilber fertigen Iassen.
Dem Ref. wenigstens ist es noch nie zugestossen,
dass er den Uterus sondirend durchbohrt hfttte ; van
muss aber auch nicht in alien Fallen darauf be-
stehen, dass man den Knopf der in die GebArmutter-
hOhle eingefilhrten Metallsonde von den Baucbdecken
aus hindurcbfUhle. Wichtig ist, wie mancbe in den
Text einverleibte Krankengeschichte, eine ErzAhlung
von zufailigem Erdffnen eines Uterus- Abscesses dorch
die eingebrachtc Sonde.
2) Der PressscJiwamm erfAhrt ein freimttthiges
Lob ; viel Sorgfalt ist anf die Belehnmg Uber An-
fertigung n. Einfilhrnng der stumpfen Erweiterangs-
mittel fttr den Uteruskanal verwendet worden ; ein
Beispiel, wo 14Std. langes Liegenlassen eines Press-
sohwammes zu Peritonitis, Hama tom und langsamer
Gene sung ftthrte, bestatigt die bekannte Regel , dass
man ibn hochstens 6 — 8 Std. im Uterus lasse. In
der ganzen Schrifl vermisst man die auf langj&briger
Erfahrang der Gynakologen gegrtlndete Warming,
dass man den Utenis mit stumpfen Werkzeugen ver-
schone, so lange seine Anhknge, das Parametrium
eingerechnet, entztindet oder starker gereizt u. reiz-
bar sind. Dagegen zeugt die Erkl&rung schwerer
Zufdlle nach Eintegung von Pressschwamm oder
Eintpritzung von Flumgkeit durch zuriiekgehalte-
net oder zuriickgednmgtes und resorbirtes banket
Sebet von Nachdenken und ist fttr viele bisher an-
dws erklArte Fftlle gtilcklich durchgeftthrt. — Vf.
empfiehlt den /'Viy’schen Scbeidenspiegel.
3) Die Behandlung mit Arzneimitteln erftffhet
eine lichtvolle Scbilderung der Vorgange bei der
Qerinnung des Blutes in lebenden Gefkssen und bei
der pbysiologischen Wirkung der Styptika und Ad-
stringentia. Dem Eisenchlorid wird an'Wirksam-
samkeit und Unschadlichkeit der erste Platz ange-
wiesen. Nur ist der bisweilen unangcnehm werdende
Zufall nicbt erwihnt, dass durcb Eisenchlorid be-
wirkte Gerinnsel die GebArmutter zu schmerzhafben
ZuBammenziehungen reizen und sich schwer heraus-
beftrdem Iassen. Dem Hbllenstein kommt der zweite
Platz zu ; er stillte eine gefkhrliche Blutnng , wo
Ref. vergebens das Eisenchlorid angewandt hatte.
DaaB Vf. dem trocknen Hbllenstein keine andern
Folgen beimisst, als dem fltlssig in die UterushOhle
eiagespritzten, moss W under nehmen, da die Kanten
oder Ecken eines in den Halskanal geschobenen
Stflckchens auch nach Erweiterung des Kanales arg
reizen kbnnen. Vf. bestatigt die Ergebnisse der
Versuche des Ref. mit Tannin , ohne sie zu kennen :
er „konnte nur an strotzenden Venen , und auch da
nicht immer, Verengnngen“ bewirken. Entgangen
sind ihm die Versuche des Augenarztes Heymann
(Dresden) an der Bindehaut dea lebenden Menschen.
Die TodesfilUe nach Einspritzung von Eiaen-
ohlorid in den Uterus kurz nach der Entbindung er-
klirt Vf. durch AdBpiration eines Blutgerinnsels,
welehes auch durch Diffusion entstehen kann. —
Vom Jod als Hamostatikum sah er nie eine Wirkung;
geradezu „nnbegTeiflich ist ihm der Ruf des Terpen-
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tindle“ ; doch nfltzte es dem Ref. in einem verzwei-
felten Falle von Gebarmutterblutung nach Cholera
inneriich angewendet ganz entschieden.
Die Versuche mit Froschmuakeln , um Adstrin-
gentien zu pi-llfen, hatten mit Lbsungen von abge-
stufler Starke vorgenommen werden sollen; von
Wichtigkeit ist der Behind, dass reine Ldsung von
Eisenchlorid nie atzend wirkt.
Dass Vf. Tripper und syphilitische Katarrhe als
bestimmt ansteckend von den ttbrigen als vorgeblich
nicht ansteckenden scharf trennt, entspricht nicht
ganz der Wirkiichkeit, da bei gegenseitig hoher Er-
regung ein akuter GenitalkataiTh gelegentlich , viel-
leicht aber nicht verimpfbar, tlbertragen wird. Auch
dass dysenterische VorgAnge in verengten KanAlen
langsamer verlaufen sollen als in weiten , ist nicht
tiberall richtig ; man denke an die Dickdarmruhr.
Ftlr call68e Geschwtlre wird ChromsAure ange-
legentlich empfohlen. Die chronischen Katan-he halt
Vf. filr einer Radikalheilung nnzugAnglich — wir
mbchten ihn veranlassen, nach 10 Jahren seine in-
zwischen gesammelten Erfahrungen ebenfalls zu ver-
werthen.
Auch gegen Ausflflsse bei Neubildungen im Ute-
nis, z. B. den zottigen und polypbsen Endometriden,
empfiehlt Vf. mit Recht das Eisenchlorid gegentiber
dem viel eiugreifendem Ausschaben (Beleg : ein An-
giom der vordern Uteruswand). Dass das Glycerin
keine weitere Wirkung habe als die des Auswaschena,
ist doch zu bezweifeln.
Befremdet hat es uns, dass Vf. unterlassen hat,
die Nothwendigkeit hervorzuheben, die Uterushbhle
vor jeder adstringirenden Einspritzung von etwaigena
Schleim u. s. w. zu reinigen , welche dem Ref. und
Cohnstein auch die Idee der Saugspritze eingab.
Dass Vf. auf viel umf&nglichere Erweiterung des
HaUkanals vor arzneilichen Injcktionen als alle seine
Vorg&nger dringt, ist hervorzuheben, da hieraus
seine Zuversicht entspringt , nicht oder hochst selten
zu schaden. Nur die Vorsicht gehbrt noch dazu,
die erste Injektion womOglich lanwarm zu machen.
Die elektrische Sondirung der Uterushflhle, welche
sich bereits bei Blutungen ntltzlich erwies, sollte
auch gegen hartnacldge, mit Beschwerden verbun-
dene Flexionen in Anwendnng gezogen werden ;
man kann sich davon Erhebliches versprechen.
Das fliessend geschriebene Werkchen empfiehlt
sich auoh durch die Aussere Ausstattung; die Inter-
punktion ist liier und da englisch. C. Hen nig.
80. Beriohte und Studien aw dem k. sacks.
Entbindungs - Institute in Dresden uber die
Jahre 1874 u. 1875; von Dr. F. Winckel.
Zweiter Band. Leipzig 1876. 8. Hirael. gr. 8.
XIH o. 304 8. (10 Mk.)
Der Hersusgeber leibet die Fortsetxung seiset*
Berichte und der in dem Doppeljahre 1874 — 75
angestellten Studien durch die Uebersioht der Ei'-
eignisse ein, welche in dev Entbindungs - Institute
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293
Winekel, Beriehte u. Stadlen.
sdbftt vkrgekowen rind. Bo schwer diese sraeh
nun Theti waren , so ist doch die puerperal* Mor-
tatittt fortwfthrend ge sunken, so dass sie die fiosserSt
nifedrige Ziffer von 1.3 — 1.2% erreichte.
Der erste Theil (p. 11 — 72) enthalt die statisti-
sche Ueberaicht der Erlebnisse in den Jahren 1874
and 1875, die des erstem Jahres wurde vom Her*
snsgeber, die des letetern von Dr. Osterloh zn-
sammengestellt , bis anf die Wochenbettsvorginge,
welche Dr. M e w i s , und die Beftmde bei den Neu-
gebornen, welche Dr. med. Lehmns (Frilul.) be-
arbeitete. Es wurden im erstem Jahre von 1019
KreisBeaden 1029 Kinder geboren (eine Gebftrende
starb unentbunden) ; von 1018 Wdchnerinnen star-
ben 13, a&mmtlich am Infektionsfieber. Im J. 1875
warden 1095 Wttchnerinnen rart 1106 Kindera ver-
pflegt; 14 Oder 15 Wfichnennnen starben [die Zahl
ist in dem Beriehte von Osterloh nnd dem von
Mewis verschieden angegeben 1] , davon 11 an In-
fektkm , in Folge weleher 93 Erkrankimgen beob-
achtet warden. Die Anwendang der Salicylsture
ist far die ersten Wochenbettstage nicbt anznrathen,
weil trots des Temperaturabfalles die Pnlsfreqnenz
hooh bteibt. Die kurze Zeit angewandten Aussptt-
longen mit Arid, benzoic, erzielten so gut wie gar
keiae desinfieirende Wirkung. — Bei einem todt-
gebornen reifen Kinde fand sich eine rechtseitige
Skolioee neben einem linsengrossen Nierensteine.
Bei einem lebend und reif gebomen , am 2. Tage
verstorbenen Kinde zeigten sich ausser 8oor auf
Mnnd-, Eachen- u. Kehlkopfschleimhaiit im rechten
nntera Lungenlappen strbplenral blasagraue, steck-
nadelkopfgrosse Einlagerungen u. in deren Mitte ein
kirschkemgrosser , braunrother , weicher Herd mit
graflweissen Punkten und Streifen im Centrum (unter
dem Mikroskop Soor) und Arteriitis umbilicalis. —
Beide Statistiken weisen eine erfreuliche Zunahme
an Lehrmaterial in beiden Jahren gegen 1873 nach.
Der zvoeite Theil (p. 73 — 142) enthalt die Ca-
suistik der beiden genannten Jahre ; es sind die Bei-
trtge zur Pathologie der Schwangerschaft and der
Geburt von Dr. Osterloh, die zur Pathologie des
Wochenbetts von Dr. Mewis, die zur Pathologie
der Nengebornen nnd der weibL Genital ien von Dr.
Lehmus (Trial.), zum Theil anoh vom Herans-
gebkr, bearbeitet.
Ans Dr. Osterloh 's Arbeit erwkhnen wir fol-
gende Beobaohtungen : Ein Fall von Retroveraio
uteri im 4. Mon. der Schwangerschaft, der dnrch
Ulceration des Btasengrundes tddtlich endete. Drei
Falle vom Tod der Entbnndenen dnrch Eindringen
von Luft in die Ventn dee Uterus und des Ubrigen
Kftrpers ; in dem einen Falle blieb es unentachieden,
ob Luft durth Vaginalinjektionen oder Oase, die
durch das fauitodte Kind entetanden waren , durch
eine mptnrrrte Stelle hindurch in die balldnartig anf*
getriebenen Venen gelangt waren. Fflnf Falle von
Eklampsie, 4 der Erkrknkten genasen, sie waren mit
Chloral hy drat, 1.5 Qrmm. pro dosi per anom, behan-
dett Worden , in 1 Falle ansserdem CUoroformnar-
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kose. Vf. fagt noch 3 8ektioH8berichte hittza, welche
von Fallen herstammen, in denen sterbende Kreis-
sende mit der Diagnose Eklampsie in die Anstalt ge-
bracht winden. Wenn Vf. hierbei der Ansicht bel-
pflichtet, dass Hkmorrhagien in die Gehirnsubetanz
bei Eklampsie te/tr selten seien , so wird er beim
Stndiren der etnschlkgigen 8ektionsberichte diesen
Ausspruch noch modificiren mtlssen. Schroeder
sagt ebenfalls , dass auf der Hfihe des Anfalles der
Tod eintreten kdnne , melstens dnrch Lungenddem
oder Apoplcxie. Ref. sah in 2 — 3 Fallen bei Sek-
tionen Eklamptischer Gehimextravasate ; auch deu-
ten die Stdmngen der Himfunktionen, wetehe Ek-
lamptische Afters nach der Genesung darbfeten , auf
kleinere Blntergtlsse in die Himsnbstanz.
Als Beitrage zur Pathologie des Wochenbettes
linden wir erwfthnenswerth einen Fall von Veijau-
chung eines Schenkelvenenthrombus , welche durch
Gangrfin des rcchtcn Fusses , jauchige Pleuritis und
Perikarditis etc. zum Tode fllhrte. Ferner sind er-
wahnt 2 Falle von Lymphangitis puerperalis, eta
Fall von bestimmt nachgewiesener Puerperalin/ek-
tion , die durch Phlcbothrombose und Pykmie zum
Tode fllhrte, wahrend derselbe in einem andern Falle
durch Embolie der Art. pulmonalis erfolgte. Eta
weiterer Fall von Pyfimic mit Metastasen am linken
Oberarm nnd Handgelenk nnd wahrschetalich auch
in der einen Lunge endete mit Genesung. Unter
4 Fallen von Puerperalmanie (0.4% aller Wdch-
nerinnen des betr. Jahres) betrafen 3 Erstgebarende
und der letzte eine Zweitgebkrende ; in 3 Fallen
konnte eine hereditare Disposition (Arndt, Stone-
house, Holm) entschieden nicht nachgewiesen
werden, wahrend in sammtlichen 3 Fallen Gebtfrts-
anomalien vorgelegen hatten; Vf. neigt daher zn
der Ansicht, dass besonders Blntarme zur Puerperal -
manie geneigt sind. Sammtliche Falle kamen in
der ersten Woche des Puerperium zum Ausbruche.
Von Sduglitigslcrankheiten ist namhaft gemacht
ein Fall von hamorrliagischer Diathese bei heredi-
tarer Lugs, ein anderer von Hydrenccphalocele mit
Ektopie der rechten Niere und Fehlen einer Nabel-
arterie, ferner eine Atresia aortae mit concentr. Hy-
pertrophie des linken Ventrikele. Lnteressant ist der
Bericht Uber 14 Kephaldmatome , von denen eines
median (auf der Hinterhauptsschuppe) und 2 beider-
seitig waren. Eine Ueberaicht nach den Symptomen
und Geburtsereignissen hatte grossern Werth als die
nach Zeit des Vorkommens ! In 6 Fallen wurde die
Geschwulst incidirt, wie es scheint, ohne Schaden !
Von KrankheiUn der weibl. Genit alien (PoB-
klreik o. stationare Frauenklinik) sind bes. die Fille
von Interesse, fiber die der Herausgeber selbst eta-
gehend nnd mit gewohnter 8achkenntniss referirt.
Der 1. Fall betriflt die Entferfltmg etaes groasen
Papillom von der hintern Wand der weibl. Ham-
blase , welche Winckel ein Jahr bevor Simon
die Methoden, die weibl. Urethra zngftngUch zu tta-
chen, verbftntiiehte, ausfahrte ; er dilatfrte erst mit
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294
Winckel, Berichte >i. 8tudleft.
dem Finger, dann mit Game ’ zweiamiigem Uterus-
dilatator and konnte die Geschwulst mit dem Finger
nach alien Seiten zerdrtlcken; seit 2 Jahren kein
Recidiv. Gben so inter ess&nt ist ein Fall von Milt
(Eckinokoklen) -Cyste, welche bis in das kleine
Becken herabr>e. Die kolossale Beweglichkeit der
Geechwulst , die bis in das Becken hinein und ande-
rereeits vbllig unter den linken Rippenbogen ver-
schiebbar war, spriclit allerdings dafllr, dass die
Mila, deren DSmpfung nicht nachgewiesen werden
konnte, zur Entstehnng der Geschwulst den Ausgaags-
punkt geliefert hat, von Echinococcusgeschwulst
kann aber wohl nicht mehr die Rede sein , nachdem
3 Probepunktionen weder Hakenkriinze noch Bern-
stein sfture nachweisen liessen. Merkwiirdig waren
die Angstanfalle , von denen dieKr. befallen wnrde,
wenn der Tumor sich in der Herzgrube befand (Uebel-
keit, rechtseitige Trigeminusneuralgie , anhaltendes
Zusammenschlagen der Zkhne, ThriLnen der Augen,
Abgeschlagenheit, Appetitmangel). — Auch imJahre
1874 konnte Wjnckel das Milzgefimgerawch
bei einer Pat. mit sehr grosser lenkftmisclier Milz
(zum 2. Male) constatiren. — Ueberaus lehrreich ist
die glUcklich abgelaufene Exstirpation eines fiber
10 Kgrmm. schweren intrapen ton&alen Fibroin mit
centralem Sarkom, 3 Wochen nach der natflrlichen
(5.) Entbindung von einem fast reifen und lebenden
Kinde, sowohl in Hinaicht auf Diagnose als in Bezng
auf Prognose und Therapie. W. sagt ganz richtig,
dass, wenn die Diagnose nicht von Anfang an auf
ein Ovarialcystom gestellt worden ware, sondern
wenn er die Geschwulst nochmals punktirt und har-
punirt h&tte, er beim Anblick der Sarkomzellen (die
von dem centralen, (tber kindskopfgrossen, leicht zu
isolirenden und ganz ausschalbaren , mfissig derben,
gemischten Sarkom hktten herrdhren kdnnen) wohl
nicht operirt haben wttrde. Hier kam also der dia-
gnostische Irrthum der trotz der ftusserst schwierigen
Ausschklung vollstkndig geheilten Pat., die nach
5 Mon. noch keine Spur eines Recidivs zeigte, sehr
zu Gate.
Der dritte und natllrlich das grdsste Interesse
beanspruchende Theil des vorliegenden Werkes
(p. 143 — 298) umfasst die Originalarbeiten, welche
ein Bericht ilber 150 Geburten in Beckenendlagen
von Dr. Osterloh erbffnet. Er theilt sftmmtliche
Fklle in 6 Klassen, indem er die macerirten Frttchte
(29) von den unreifen (15), ferner die Steissgebnr-
ten bei Zwillingen (16) von den Geburten trennt, in
denen die Beckenendlage kflnstlich hergestellt wurde
(17). Ferner scheidet er die frflhreifen (24) von den
reifen (54) Frttchten, die in Steisslage geboren war-
den. Bei diesen Zusammenstellungen erhalten wir
eine hdhere Zahl von Fallen , als Vf. in der Ueber-
schrift vorausgesagt hat ; dagegen erhalten wir kanm
eine Auskunft darflber, wie z. B. der nachfolgende
Kopf bei den Steissgeburten behandelt wurde , Vf.
sagt nur, dass man mit den Erfolgen, die bei der
rein exspektativen Methode (Dresden) erzielt war-
den, zufriedener sein kfiane, als mit der aktivern
Methode, welcber H ec k e r das Wort redet Ueber- i
zeugt wird man hiervon nicht vollstfindig, da Oater- i
loh eine Mortalitftt von 19°/ 0 ftir die in Beckenend- i
lage gebomen Kinder berechnet , wfthrend Ref. bei i
aktiverem Vorgehen ziemlich dieselbe Ziffer (fast i
19.4°/o) erhielt (vgl. Kormann, Arch. f. Gynlkol. i
•VII. p. 1. 1875). Die Mortalit&t der Matter lftaat i
sich ebenfalls nicht nachrechnen, da nicht alle Ziffer- i
angaben stimmen [Druckfehler?]. i
Eine sehr verdienstliche Arbeit ist die von Dr. !
R. Klemmer: Untersuchungen Uber den Staff- j
wechsel der Wdchnerinnen und die zweckmdatige i
Dial derselben. Vf. vergleicht seine Resultate, so- i
weit diess mftglich, mit den von Kleinwilchter i
erhaltenen, welch letzterer die Dikten nicht so strong' i
von einander schied, wie Vf. es thut. Er findet, |
dass bei Fleisehdidi die Gewichtsverluste der Woch- i
nerinnen geringer sind , die Verluste sohneller ge- |
deckt werden (sogar Zunahme), dass Harn- u. Ham- |
stoffmenge wesentlich vermehrt ist, das spec. Gewieht i
hinter dem Mittel zurilckbleibt ; ferner sind die Darnt- i
ausleerungen ohne Klysmen hftufiger, das Lochial- i
sekret ist massenhafter, die Schweisssekretion gering, i
die Michabsonderung reichlicher u. tritt zeitiger ein. i
Die Kinder nehmen spfttestens vom 3. Tage an and i
sodann schneller zu. Befinden der Wbchnerinnen i
(ausser vorttbergehender Diarrhde) und der Kinder i
vortrefflich. Bei Eiardidt blieb ebenfalls ein Ge- 1
wichtsverlust der Wbchnerinnen nicht aus (im Mittel ,
1026.26 Grmm.) ; dabei waren die Darmentleemn- i
gen normal , die Lochien etwas geringer, die Rttok-
bildung des Uterus normal, die Schweisssekretion
sehr gering. Die Milchsekretion sehr reichlich, trat
etwas spkter als bei Fleischdi&t ein. Die Kinder
nahmen bereits vom 2.Tage ab wieder zu, erreichten
das Geburtsgewicht binnen 2 Tagen und bef&nden
sich stets vortrefflich. Bei gemUchter Didt trat ein
Ge wichtsverlust der Wbchnerinnen ebenfalls ein ;
die Harnmenge war normal, die Harnstoffmenge ver-
ringert, das spec. Gewieht wenig erhbht. Die Darm«
entlerungen begannen etwas zeitiger, blieben nor-
mal , das Lochialsekret war wenig vermindert , die
Rttckbildung des Uterus mangelhaft, die Schweisa-
sekretion reichlicher; Milchabsonderung und Auf-
LOren des GewichtBverlustes beim Kinde traten spft-
ter ein, sonst bef&nden sich Wbchnerinnen und Kin-
der wohl. — Nach alle dem empfiehlt sich die Eier-
didt (in den ersten 3 Tagen je 4, vom 4. Tage ab
je 7 Eier) als diejenige, welche die gttnstigsten Ver-
h<nisse der Wbchnerinnen und Kinder giebt.
Die Aetxologie und Bedeutung der Lungen-
atelektaee Neugebomer bespricht Dr. E m i I i e
Lehmus (Frkul.). Nachdem die Statistik nach
alien Seiten hin erschbpfend mitgetheilt ist, maoht
Vf. besonders darauf aufmerks&m , dass die die Ate-
lektase nach der Geburt unterhaltenden Verhaltniaae
ziemlich oft (44%) innerlialb der Bauchhdhle zu fin-
den seien, und zwar alB Peritonkalergttsse, Vergrtte-
serung der vermhiedenen Unterleibsorgane, Auftrei-
bung des Darns und Magens. Von alien zur Unter -
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295
Winekel, Berichte n. Staiien.
snehnng bemtnten atahfc t aihd ie n Kindeni (50 Ftlle) schlingnngen (24%) war kleiaer ah kn J. 1873
warden nor 5 (12 V»%) fiber den 8. Tag hiaana (27%). Von alien mit Nabelsehnnrnmachlingnng
erhalten ; das grdsste Hinderniss der Erhaltung dea gebornen Kindeni gingen 7% an Grande. Interes-
Lebens lag im achlechten Sangen eineraeits nnd in sant ist, dass sich nnter 33% aller todtgebornen,
den am Herzen (42°/ 0 ) and am Hirn , sowie an dee- nieht ausgetragenen Kinder Nabelschnoranomalien
sen H&nten (9O°/ 0 ) vorkommenden sekundilren Vor- Linden. Unter ibnen war verh<nissmissig h&nfig
gingen, in welchen Vf. eine geordnete Reihe ans ein- (8%) Stenose der Nabelvene ohne das Vorhanden-
einander hervorgehender nnd sich bedingender pa- sein von Torsionen , welche den intrauterinen Tod
thologischer Processe erkennen zu kOnnen glanbt. dee Kindee herbeiftthren, bei welcher aber derNach-
Hierher gehOren die Ekchymoeen an der Atrioven- weis der Lues nur ausnabmsweise bestimmt gefohrt
triknlargrenze (da, wo die die Herztlikbgkeit beherr- werden konnte.
scbenden Ganglien ihren hanptsichlichen Sitz haben) Eine statistische Uebersicht geburtthiilfi. Opera-
tad die Hyperftmie and das Oedem des Hirns mid tionen in den betr. 2 Jahren hat Dr. Daniel
seiner Haute (mit Extravasaten) n. 8. w. Vf. nimmt Dfcdreux aus Elberfeld gegeben. Unter 2096 Ge-
an, dass dnrch die erschwerte Blntcirkalation dorch bnrten befanden sich 201 operative (9.5%) ; wenn
das atelektathcbe Lungengewebe eine Verlangsa- Vf. die Eingriffe in mannelle u. instrumentelle theilt,
mnng der StrOmung und Anhinfang des Blates in dabei aber die Procents&tze ftlr die Fftlle, wo sowohl
der rechten Herzhilfte stattfindet. Erleiden dadnrch mannelle als instrumentelle Hulfe nOthig wurde, bei-
die Muskelfasem des rechten V entrikels eine Deh- derseits anrechnet, so erh< er zn hohe Zahlen ; er
nnng, die die Contraktionskraft noch mehr herab- hat 120 (5.7%) manuelle gegen 98 (4.69%) inBtru-
setzen mass, so verbreitet sich die Ueberladung des mentelle Eingriffe, also in Snmma operative 10.39%.
vendsen Theiles des Kreislanfes vom Ventrikel dnrch Dadnrch widerspricht er sich ; denn er dtufte nor
den Vorhof nach der Peripherie fort and erreicht in 103 (4.9%) mannelle, 81 (3.8%) instrnmentelle
dem centralen Nervensystem und dessen H&uten mit and 17 (0.8%) gemischte, in Summa 9.5%, wie
ihren grossen a. zahlreichen Blutbahnen ihren IlOhe- oben, in Anrechnnng bringen, wenn die sptttere Be-
pankt. Dieser Conner kann sich so weit entwickeln, nutzimg seiner Statistik mdglich sein sollte. Eis-
dass Thrombose in der rechten Herzkammer and zelne wichtigere Fttlle sind als Auszttge aus den Ge-
Thromboee der Getihazerreissung innerhalb des Sehfi- burtsprotokollen mitgetheilt. Es erhellt hierans,
deh oder ein Aostritt von 8erum dnrch die nnver- dass in dem Dresdner Entbindongsinstitote die Ope-
letzte Gefksswand mit Durchfenchtong des Hirns and rationsfrequenz der Neuzeit gegen die der jdngflten
Ansammlong in den Ventrikeln oder zwischen den Verg&ngenheit erheblich abgenommen hat. Winekel
venflsen I Liu ten eintreten kann. macht in einem Znsatze be senders noch mats hieraaf
Ueber die Verhdltnuee der Nabelechnur bei aofmerksam und ftthrt die Belege daffir an, sowie
den in den Jahren 1874 u. 1875 beobachteten Ge- die viel geringern Mortalitfttsproeente. Er findet
bnrten berichtet Dr. Th. Jaffe aus Posen. Er ver- den Grand ftlr diese gttnstigen Verh<nisse darin,
gleicht seine bei 2057 Fallen gemachten Zosammen- dass jetzt mehr approbirte Aerzte in dem Institute
stellungen mit den Resultaten KohlschUtter ’g beschkftigt sind als frtther und dass jetzt nur nach
(Quaedam de funicnlo umbilicali etc. Lipsiae 1833. Btrengen Indikationeu kttnstlich eingeschritten wird.
Uebersetzt in W ittl inger ’s Analekten p. 142 — Wir bringen die angefUhrten , hOchst interessanten
269). Die vielen Zahlenreihen eignen sich weniger Zahlenwerthe in vertLnderter Form in fdgender Ta-
zum Ausznge, wir mflssen daher auf das Original belle:
verwehen. Die H&ufigkeit der Nabelschnurum-
1
Ue-
burta-
sahl
Zange
VVendung
Extrak-
ttlon am
Fnase
knnstl.
Fruh-
geburt
Perfora-
tion
kunstl.
Entbin-
dnng
Mortal! tat :
Mutter | Kinder
Caru*
1814—1827
2666
7.2%
14 %
1.06%
1:1277
1 : 272
1 : 10.2
2. 19%
1 U,3%
Haase
1827—1846
4446
8.7
0.7
1.17
1: 494
1 : 163
1: 8.6
3.69
12.1
Grenier
1846-1864
8366
6.3
1.14
0.9
1 : 398
1 : 309
1 : 12.3
1.72
9.1
Winekel
1872—1876
inch
3363
• 2.9
I
0.44
0.63
1:3363
1 : 419
1 : 13.6
1.70
9.9
Zu den MortalitiUsproceBten ist in erwfthuen, gestorbenen ab, so erhftlt man statt obiger 9.9 °/ 0
Hmh von Grenaer die transferirten Kranken nebst non 11.6%. Hoffen wir, dass nach einem lttngern
deren Kindeni nicht weiter verfolgt warden, von Zeitraum noch dieselben gttnstigen MortaliULtspro-
Winckel aber deren Endschicksal eingerechnet cente, vielleicht noch bessere aufgezAhlt werden
worden ist. Das Mortalitttsprocent der Kinder ist kOnnen 1
bis zumEnde des 8.Tages berechnet; Otters warden Unter sxichvmgen betreffend die Niederkunft
jedoch kranke Kinder (sammt ihren Mttttern) Linger alter Erstgebarender. Vom H erauageber.
in der Aastalt zurttckgehalten , zuweilen bis mm Cohnstein (393 iFlUe) , Ahlfekd (102),
16. Tags. Becfauet man von diesen anch noch die Hecker (422) nnd Krttger (Winekel, 1. Be-
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296
Winckel, Berichte u. StudieH.
richt 1873, p. 154: 26 FttUe) aind zu sehr verschie-
denen Resullaten gekommen; dean sie berechnen
derReihe nach die MortalitOt zu reap. 27, 9, 5.4 and
fast 8 °/ 0 . Vf. stimmt nur dem Satze bei , dass in
Entbindungsinstituten mit zeitweiligen Puerperal-
iieberepidemien alte Eratgebiirende in httherem Grade
gefilhrdet sind, als jtingere (Hecker, Hugen-
berger). In den vergangenen 2 Jahren beobaeh-
tete Winckel 64 EratgebOrende, die liber 30 Jahre
alt waren, und kounte an ihnen von Neuem den Satz
erhttrten , dass bei ihnen eine besondere Prttdisposi-
tion zu Gesichtslagen (2 Fftlle) besteht. Ferner
aber kann er (gegen Hecker) aus seinen Zahlen-
angaben nachweisen , dass ein wesentlicher Unter-
achied in Betreff der Dauer der 2. Periode zwischen
jungen and alten Erstgebilrenden nicbt rorhanden
ist, wtthrend die 1. Periode eine etwaa lingere Dauer
hat. Das m&nnliche Geschlecht Uberwog das weib-
liche bei den Kindern alter EretgebOrender in tthn-
licher Weise (136.8:100), als es Ahlfeld (137:
100), Hecker (133 : 100) u. Schramm (132.8 :
100) angegeben haben. — Die Dammrisse sind bei
alten Erstgebarenden 2 — 3mal hftufiger als bei
jungen , und scheinen die der ersteren schwerer zu
heilen, als die der letzteren. GeburtshUlfliche Ope-
rationen sind bei alten Erstgeb. h&ufiger , und daher
auch die Mortality der Kinder urn etwa 1 %mal
bdher, als gewohnlich. — Nimmt Vf. biensu noch
288 Ffllle aus gut geftlhrten Hebammentabellen , so
kommt er zu fast denselben Schllissen , abgesehen
von der Mortality der Wdchnerinnen , die natllrlich
in der Privatpraxis eine geringere ist , als in Insti-
tuten, aber doch doppelt so hoch ist , als die align-
meine Mortality der Wdchnerinnen des ganzen Lan-
des. So bedenklich als Hecker und Ahlfeld
aageben, erscheint jedoch die Prognose fill* die alten
Erstgebkrenden nicht. Unter den Todesursachen der
letztern scheinen die Nierenerkrankungen eine gr os-
sere Rolle zu spielen, als sonst.
Eine sehr interessante and eingehende Arbeit
des Eerausgebers bildet den Beschluss des hdchst
beachtenswerthen Werkes: Beitrage zur geburts-
hulfkchen Statistik und zur Kenntniss des Heb-
ammenwesens im Kdnigreich Sachsen. Ver-
glzich der Geburtsh&lfe in Privathausem und in
Gebarhdusem.
In Paris kamen bekanntlich durch die Le fort ’-
schem Untersuclmngen die grossen Gebttrhttuser in
Misskredit, da er 1875 dem Brttsseler internationalen
Congresse folgende Mortalitfttszahlen vorlegte. Es
sollten nftmlich sterben
▼on den bei den Hebammen Entbnndenen 0.3%
„ „ in „ allgem. GebSrhfinsern 4.1%
« . . * kWnerem • „ 2.4%
n n > » Clin. d'Acconchemeata $.6%
Darauf hin warden die grossen Geb&rh&user fttr
vollstkndig unbrauchbar erklOrt , anstatt dass man
daran gegangen wise , jene Zahlen kritisch zu be-
lenehten mud die Pneeperalfieberepidemieo in den
b«4r. Inutitutea wirksam zu bek&mpfen. Um nun
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die puerperale Mortality anderer Lander and ande-
rer Hebammen mit der Pariser vergleichen zu kOn-
nea , revidirte Winckel s&mmtliche Hebammen-
tabellen des Kdnigreichs Sachsen vom Jahre 1874,
und zwar von I486 Hebammen mit tlber 97000
Gebnrten. Aus diesen wiililte er dann fttr seinen
Zweck nur die gut geftthrten Tabellen ans und kam
bei dieser mtthevollen Arbeit schlttsslich zu wichtigen
Reaultaten , von denen wir hier nur die wichtigsten
kurz erwtthnen konnen. Er fand, dass fast >/ 4 aller
Hebammen Saclisens unter 40 Entbindnngen jfthr-
lich haben, eine Zahl, bei welcher von der Regie-
rung das Untersttltzungsbedttrfniss anerkannt ist.
Es kamen auf 1 Eratgebiirende 3.5 Mehrgebfirende
(in den GebUrhttusem <= 1:0.9), ferner waren
durchschnittlich 8.3 % junge, 8.6% alte Eretge-
bttrende nachzuweisen. 95.2% aller Lagen waren
Kopflagen. Von den kunstlich Entbundenen star-
ben im Mittel 5.4°/ 0 , von den Kindern im Mittel
27.4%. Bei den Erstgebarenden wurde mehr als
doppelt so oft wie bei Mehrgebarenden arztliche HQlfe
ntithig. 32% aller Hebammen hatten eine pner-
perale Mortalitatsziffer von 1.5% aafzuweisen. Wie
schwer die Verwerthung von Hebammentabellen ist,
zeigt das Faktum , dass in denselben 46 Puerperal -
fiebertodesfalle (fast 7%) mehr angegeben sind, als
in den Todtenscheinen. Winckel berttcksichtigt
deahalb nur die Hebammenziffern, ohne die Trennnng
in Puerperalfieberf&lle und accidentelle Krankheiten
dnrcliftthren zu kdnnen. Ref. kann nicht nmhin, die
Benutzung der Hebammentabellen als vollgflltiges
Material fttr statistiscbe Erhebungen fast ganz ver-
werfen zu mttssen. Man erhillt stets nur ein an-
nftherndes Verhttltniss. Diess wird sich seit Einftth-
rnng der StandesOmter und der von diesen geftthrten
Staats register gekndert haben, noch mehr, wenn der
Vorachlag des Vf. , die betreffenden Fragcolonnen
beatimmter zu fassen und zn vermehren , beherzigt
wird ; er macht ihn besonders fttr die Hebammen-
tabellen, die vom Bezirkzarzte zn controliren sind.
[Das ist aber auch nur eine allgemeine Controle, die
sich nie bis in die Einzelheiten erstreeken kann, wie
Vf. selbst von den Gesichtslagen bemerkt hat. Hier
ist der Feliler haarstriiubend, andere, weniger durch-
sichtige , laufen in Masse nnter.] Dagegen ist Vfs.
Vorachlag wohl zu beherzigen, dass bei jeder ktinst-
lichen Entbindung der Arzt eine Rubrik der Heb-
ammentabelle ausfttllen soil ; dabei wird er [hoffent-
lich 1] anch das, was die Hebamme schrieb, contro-
liren. Letztere aber durch eine Gratifikation ver-
leiten zu wollen , die Wahrheit zu melden , ist wohl
nicht ganz glttcklich erdaoht ; denn diese wird dann
die gnten Hebammen , die mehr zu thun haben nnd
ihre B Ocher besser ftthren, eher treffen, als die weni-
ger gnten, welche meist weniger zu than haben and
ihre Btteher mangel haft ftthren. — Ans den Tabellen,
in denen Vf. den Namen der Hebammen aufftthrt,
die im Jahre 1874 mehr als 2 Todes&lle hatten, er-
fiafcren wir leider nicht, wie viele Gebartea w&hrcnd
dee betv. Jahres statthatten; dew die Hebammen,
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297
Rocha rd, Hiatoire de la Chirurgie franchise etc.
die keine Todeaftile batten , Bind nicht namhaft ge-
macht. Hierin erblickt Ref. einen Fehler fttr die
Statiatik ; denn das schlttssliche Mortality tsprocent
bezieht sich danu nur auf eine Somme der betr. Heb-
ammen, nicht etwa auf den ganzen Ort, wo letztere
ihre Praxis betrieben haben. Ref. liittte (lberhaupt
die Nameu nicht genannt, sondern Buchstaben ange-
fhhrt und nur den betr. Bezirks&rzten die Nameu an-
gefUhrt, damit diene die betr. Ilebauunen zu grtisse-
rer Reinlichkeit anlialteu. Das hilft ja aber Alien
Nichts ! Ehe nicht die Hebammen , wie auch
Fritsch (Klinik der geb. Op. 2. Aufl. 1876. Vor-
rede) betont, verpflichtet sind , sich und ihre Instru-
mente stets durch Carbols&ure zu desinficiren, indem
aie sich und jene vor und nach jeder Untersuchung,
resp. nach jedem Gebrauche der Iustrumente in einer
mehrprocentigen Carbols&ureloaung waschen mtlasen,
eher wird auch die bei einzelnen Hebammen kolos-
sale Mortalitat (bei einer Epidemie bis 35%) nicht
geringer! MOgen die Untersuchungen Vfs. auch
Diesen, der die Gewalt dazu in Hiinden hat, zu einer
derartigen segensreichen Neuerung anregen; diess
w&re dann der pi'aktische Nutzen von W i n c k e 1 ’ s
iusserst fleissiger und. mtthevoller Arbeit. Ehe wir
uns von derselben trennen , mllssen wir noch kurz
auf den Vergleicheingehen, den Winckel zwischen
der GeburUhulfe in Kliniken und in Privathauiern
zieht. Es kommen in der Klinik fast viermal so
viel Erstgebfirende vor, als in den Privathausern.
Da nun Morbilitat und Mortalitat Erstgebiirender
wegen deren grosserer Infektionsdisposition (weil
grdsserer Operationsfrequenz) grosser ist als die von
MehrgebSrenden , so ist daraus erklart, dass die
Mortalitat in Kliniken grosser ist , als in Privathilu-
sern. Ferner ist das ZahlenverhAltniss der ehelichen
Geburten zu den unehelichen in Klinik und Privat-
praxis gerade umgekehrt, auch daher die grdssere
Zahl von Syphilitischen in der Klinik ; letztere aber
disponiren ganz be Bonders zu par&metritischen Af-
fektionen. Daher kommt es, dass in der Klinik die
Zahl der Matter , die ihre Kinder nicht stillen k5n-
nen, grosser ist, daher die groasere Kinderstcrblich-
keit in der Klinik gegen die Privatpraxis. Da dem
Yf. seine eigenen Zahlen nicht allein genflgten,
dehnte er die Beobachtungen aber 15 Geburtshauser
Deutschlands a lls und fand seine (DreBdner Entbin-
dungsanstalts-) Zahlenwerthe bestatigt ; er kommt da-
her zu dem Satze , dass das Verhaltniss der puerpe-
ralen Sterblichkeit in Privathausern sich zu demjeni-
gen in grbsseren Gebarhausern verlialte wie 10: 17.
Es konnen daher die von Lefort beigebrachten
Zahlen (lber Pariser Verbal tnisse nicht oline Weite-
res mit denjenigen der Gebarhauser verglichen wer-
den. Schlflsslich aber ist die Zahl deijenigen Heb-
ammen, deren puerperale Mortalitat dem Durch-
schnitte der Gebarhauser Uberhaupt sehr nahe kommt
(3.4 : 3.0%), eine bei weitem grftasere als man diess
bisber gewusst hat (7.2 %). Man muss also die Ur-
sache der Pnerperalinfektionsfklle nicht allein in den
Mod. Jahrbb. Bd. 172. Hit. 3.
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erkrankten Individuen , nicht allein in ihren Woh-
nungen und materiellen Verbal tnissen suchen , son-
dern hauptsachlich in der Hebamme und den von ihr
benntzten Instrumenten. Ref. kann nicht umhin, zu
betonen , dass eine gleiche Feststellung auch in Be-
zug auf die Hebearzte nothig ist ; denn wenn auch
hier eine grdssere Sorgfalt, eine grossere Beachtung
der Selbstdesinfektion vorauszusetzen ist, so ist doch
nicht zu leugnen , dass nach dieser Seite noch lange
nicht geuug geschieht, und dass daher auch durch
die Hebearzte (zu denen sich Ref. selbst zahlt) eine
Verbreitimg von Puerperalinfektionskrankheiten hat
stattgefunden ltaben konnen.
Wir haben den reichen Inhalt des vorliegenden
Werkes nur andeuten kdnuen, brauchen es kaum den
Fachgenossen zu empfehlen ; denn wenn nicht der
Name des Iler&usgebers allein es schon empfiehlt, so
thut diess hinlanglich der letzte Artikel , den wir
eingehender besprochen haben. Kormann.
81. Histoire de la Chirurgie framjatse au
XIX e sieole. Etude hiitorique et critique
rnr lei progriit en chirurgie et done lei
iciencet qui 1 ’y rapportent, depuis la tup-
presiion de VAcadSmie de Chirurgie juique
a Cepoqiie actuelle; par le Dr. Jules
Rochard, directeur du service de santd de
la marine etc. etc. Paris 1875. J. B. Bail-
li&re et fils. 8. XVI et 896 pp. (14 Frcs.)
Wenn man sich nicht genug wundem kann (lber
die Schnelligkeit, mit der die Franzosen es verstan-
den haben, die tiefen Wunden, welche der unselige,
durch jesuitischen Einfluss hervorgerufene Krieg
ihrem Lande iu nationalOkonomischer Hiusicht ge-
schlagen hat, zum Vemarben zu bringen, so ist die
Th&tigkeit, welche sich bei ihnen auf dem Felde der
Wissenschaft geltend macht, um den Bchon unter den
Casarismus verloren gegangenen Einfluss wieder zu
gewinnen, nicht minder der vollen Beachtung werth.
Beides beweist nur , welch eine enorme Ai'beitskraft
diese elastische Nation, die Uberdiess, gleich wie ihr
Land , mit so vielen herrlichen Eigenschaften aus-
gestattet ist , besitzt. Seit ihrem Ungltlcke beseelte
aber der eine Gedanke alle Franzosen , den verloren
gegangenen Einfluss wieder zu gewinnen ; dass diess
nur durch Arbeit geschehen kOnne , erkannten Alle :
daher dieser allgemeine, auf alien Gebieten sich ent-
wickelnde Fleias.
Auch R.’s Buck giebt ein rdhmliches Beispiel
davon; das Werk ist nicht bios eine patriotische
That, indem Vf. als der erste es versuchte, eine Ge-
schichte der franziiaischen Chirurgie des 19. Jahr-
hunderts zu sckreiben, sondern auch ein wissenschaft-
liches Verdienst. Die stete Ignorirung der Ge-
sehichte fllhrt entweder zur Stabilitat oder zur Un-
wissenheit. Der in Frankreich wieder erwachte
historische Sinn bekundet daher auch die wissen-
schaftliche Wiedergeburt des Landes. Von alien in
der neuern Zeit in Frankreich erschienenen medio.
38
Original from
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298
Koch aid, Histoire tie la Chirurgie frangaise etc.
historischen Schriften ist aber die vorliegende , auf
sorgfkltigem Qaellenstudium beruhende, unbedingt die
bedeutendste.
Wenn wir Eins an dem Buche auszuaetzen haben,
waa raanchem Deutschen, namentlich den politischen
Heissspomen , den Genuss desselben einigerniaassen
verleiden wird , so ist dieses der oft verletzendc pro-
vocirende Chauvinismus , den Vf. auch auf das Ge-
biet der Wissenschaft (lbertrftgt und der sich wie
ein rother Faden durch das ganze Buch hinzieht.
Zweierlei gereicbt aber dem Autor zur Entschuldi-
gung , das wir bervorheben mtissen , um gerecht zu
sein. Einmal die kurze Zeit, welche seit dem flir
Frankreicli so unheilvollen Kriege verflossen ist, zu
kurz , um die Glutb des nationalen Hasses abzuktlh-
len , sodann der Umstand , dass ein hervorragender
deutscher Naturforscher vor einigen Jahren in einer
flffentlichen Rede den paradoxen Ausspruch that,
dass Deutscliland bis zum Jalire 1822 keine nationale
Medicin besessen, sondem ganz allein unter fran-
zOsischem Einflusse gestanden hatte. Auf diesen
Ausspruch sttltzt sich der Vf. gerade in derselben
Weise, wie Tissot in seinem bertLchtigten Buch
„Ausflug in das Milliardenreich“ fortwiihrend
Heinrich Heine als Zeugen anftihrt. Wenn
aber Deutsche tlber Deutsche in so wegwerfender
Weise zu urtheilen sich erlauben , so kann man es
einer so eitlen Nation, wie ja die Franzoscn sind,
doch nicht libel nehmen , dass sie selbst an ihre wis-
senschaftliche Infallibilitfit glauben. Wir kdnnen es
nur als ein schlagendes Beispiel davon betrachten,
wohin Unkenntnis8 in der Geschichte der Medicin
ftihrt, wenn ein deutscher Gelehrter es dffentlich aus-
zusprechen wagt, dass die Deutschen vor dem Jahre
1822 noch keine wissenschaftliche Medicin be-
sessen hfttten. Lehrt nicht im Gegentbeil die Ge-
schichte der deutschen Medicin, dass Deutschland
schon iml8. JahrhundertFrankreich und die ttbrigen
Lander weit ttberragte, ja sogar damals die Fflhrer-
schaft Ubernommen hatte ? Erst in Folge der fran-
zbsischen Revolution von 1789 wurde uns dieselbe
wieder entrissen n. Frankreich erlangte, wie in poli-
tischer, so anch in wissenschaftlicher Beziehnng die
Hegemonie, welche aber nicht mit dem Jahre 1822
anfhdrte, sondem eret recht begann. Man muss, will
man der Wahrheit die Ehre geben, nach imserer
Ueberzeugung eingcstehen , dass der Charakter der
deutschen Medicin im 19. Jahrhundert nicht national,
sondem franzbsisch gefirbt ist, im Wesentlichen
gallische , bereits dort abgeblasste Ideen , welche
von ihren Begriindem in Frankreicli in die Rum •
pelkammtr geworfen sind, in Deutschland unter der
Firma der „exakten Wmentchaft" wieder erstan-
den sind. National blieben nur unsere Klassiker
und eine Disciplin der Medicin, welche mit der
grdssten Entschiedenheit gegen Frankreich sich ab-
sperrte, die medicinische Historiographie. Die gleiche
Ansicht ist llbrigens anch von Dr. H. B a a s in seinem
Grnndriss der Geschichte der Medicin (8. 463. 648)
ausgesprochen worden.
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Leider erlanbt der uns hier gestattete Raum
nicht , in den Inhalt des eben so umfangreichen als
interessanten Buches nkher einzugehen. Der Vf.
hat seinem Werke folgende Eintheilung zu Grande
gelegt: I. Periode, die franzosische Cliimrgie unter
der Republik , dem Consulate und dem Kaiserreiche
1792 — 1814. II. Vom Sturze des Kaiserreichs
bis zum Tode Dupuytren’s. III. Vom Tode
Dupuytren’s bis zur Entdeckung der chirurgi-
schen Anastherie. IV. Von dicscr Entdeckung bis
jetzt. Aus dem Inhalte selbst heben wir Folgendes
hervor.
Im .1. 1792 gab es In Frankreich 18 franzfisische
Universitaten mit 18 medicinischen Fakultaten nnd 16
medicinische Collegicn, ausserdem die Akademie der
Chirurgie. In dieecm Jahro wurden die Universitaten
aufgehoben , cbenso alle Akademien und literarische Ge-
sellschaften , welche durch den Staat patcntirt und dotirt
waren. Denn in den Augen der Glcichheitsminner war
der Unterrieht ein Privilegium , das Wissen eine Aristo-
kratie. Charakteristisch fur unsere hcutigen deutschen
Bestrebungen ist der vom Vf. citirte Ausspruch Mal-
gaignc’s: *Dic Chirurgie erhob sich im Mittelalter nicht
fiber das Handwork, Par 6 und Petit hatten sie zu einer
Kunst erhoben, Hunter erhob sie zu einer Wissen*
schaft-. Erst 100 Jahre spater, Jjemerkt er weiter, dran-
gen Hunter’s Ideen fiber den Kanal. Desault hatte
das Genie , welches grosse Dinge hervorbringt , und die
Macht der Ueberzeugung , welche diese annehmen laast.
Er fuhrte den klinisch-ch irurgischeu Unterrieht in Frank-
reich ein, ihm gebfihrt das Verdicnst, daselbst diese
Unterrichtsmethode gegrundet zu haben : im ersten An-
lauf gclang es ihm , dieselbe in Frankreich zu einer Voil-
kommenheit zu bringen , welche sie bis dahin in Europs
nicht erreicht hatte ; er erkannte das Bedurfniss davon,
welches Alle um ihn verkannten. Offlcieller Unterrieht
existirtc nur dem Namen nach; die Iernbegicrige Jugend
wusste nicht, wohin sie ihre Schritte richtcn sollte.
Desault zeigte ihr den Weg nnd ffihrte sie in’s Hdtel-
Dieu. Man kann ihn als den Schfipfer der chirurgischen
Auatomie betrachten. Produkte der Studirstube konnten
bei einem so wohl ausgeffillten Dasein keinen Platz flnden.
Daher hat Desault nichts gcschrieben. Bichat gab
spater seine Vorlesnngen heraus.
Als sich in Frankreich in Folge der aufgehobcnen
Universitaten schon 1794 ein Mangel an Mititararzten
herausstelltc, wurden drei medicinische Schulen gegrundet,
in denen schon damals die Geschichte der Medicin , die
Hygieine und die gerichtliche Medicin als gesetzliche
Unterricbtszweige aufgenommen wurden. Die Akademien
der Medicin und Chirurgie standen wieder auf und ver-
einigten sich zu einer Societe de m^decine.
Bichat, durch Pinel, der die Naturgeschichte
auf die Pathologic nnd Eintheilung der Krankheiten an-
wandte , angeregt , wurde der Schfipfer der allgetneinen
Anatomic. Trotzdem verachtete Bichat das Mikroskop,
er that in Bczng hicrauf den Ausspruch : r Man siehtAUes,
was man will, wenn man im Dunkeln sieht “.
P e 1 1 e t a n wurde dann der Nachfolgcr von D e s a u 1 1.
Er that sich bei seinem Auftreten mehr dnrch glanzcndc,
als durch solide Eigenschaften hervor. Von Boyer
wird ausgesagt : r der Gedanke , eine 8chule zu grunden,
konnte bei dicsem bescheideneu Geiste nicht aufkomraen,
da er ein Fcind der Ncuerungeu und von einer religiosen
Bewunderang fur seine Vorganger beseelt war 1 *.
Larrey hat 25 Feldzfige raitgemacht , 8 Wnnden
empfangen , GO Hchlachten und mebr als 400 Gefechten
beigewohnt. Napoleon 1. sagte in seinem Testamente .•
,ich vennache dem Chefchirurgen Larrey 100000 Fr. ;
er ist der tngendhaftcsteMann, den ich je gekannt habe".
Die Religion derPflicbt, welche er bis znm Fanatismus
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Rochard, Histoire de la Ghirargie fran^aise
ausbildete, war das Motiv seines ganzen Lebens. Er war
das Idol der Soldaten , so dass er legendenhaft wurde.
Larrey's Verdi jnst war es, das kalte VVasser in der Be-
handlung der Wunden wieder einzufubren, wiihrend
damals noch die Arquebusaden von Schmncker,
Theden u. s. w. im Scbwunge waren. Ferner plaidirte
er fur einfache Verbande, deren Reformator spater
Mathias Mayor von Lausanne wurde. Auch die Nahte
brachte er wieder zar Geltung. Im Gegensatz tur Mei-
nung der Akademiker, welche fur Spatoperationen waren,
cntBChied sich L a r r e y fur die sofortigen.
Die Hauptschuler von Bichat waren Dupnytren,
Laennec u. Bayle. Ersterer wandte die Laennec’-
sehen Lehren auf die Chirnrgie an, proklamirte znerst
die Principien der pathotogiscben Physiologie nnd zeigte,
dass die Erzengnng der krankbaften Gewebe unter den-
selben Gesetzen stande wie die der gesunden.
Die Entdeckung der Hnmoloqie und Hetrrologie,
Homniomorphie u. Heternm^rphie gebubrt aber Laennec.
Er war der Grunder der allgemeincn patbologisohen Ana-
tomic. Dupnytren beansprucbte Jedoch die Prioritat fur
sich , indem er Laennec besckuldigte , in einem Cours
diess von ihm gehort zn hahen.
Dnpuytrenn. R o n x sind in Frankreicb die eigent-
licben Scbdpfer der chirurgisebcn Anatomie. Ersterer
stammt, wie die meisten franzSsischen Cbirurgen, aus
einer ganz armen Familie. Mit 30 Jabren war er schon
beriihmt. Als Sabatier starb, erhielt er desses Stelle.
Unter Dnpuytren und seinen Mitbewerbern fand ein
wahrer Kampf statt , in dem der Ehrgeiz in Animositiit
ausartete, die Rivalitat fast bis zur Gewaltthatigkeit ging.
Sobald Dupuytren in der Fakultiit si h Pelletan
gewachsen fiihlte, bemuhte er sich mit alien Kraften, ihn
zu verdrangen ; 1815 riiumtc derselbe ihm seinen Plata
ein. Es war ein Gluck fur die Wissenscliaft und fur
die Schule von Paris. Denn Pelletan, Boyer and
Dubois reprasentirten die Chirurgie des 18. Jahrhnn-
derts. Dupnytren war kalt, zugeknbpft, misstrauisch,
verschlossen , immer in der Defensive, uberliess nichts
dem Zufalle und spracb sich in verwickelten Fallen nicht
eher aus , bis das Nachdenken ihn zu einer gewissen
Sicherheit gefiihrt batte. Dann aber blendete er seine
Zuhorer durch die Sicherheit und Tiefe seiner Diagnostik
und die Kuhnheit seiner Entschlusse. Man erzahlt in
dieser Beziehung Geschichten, die an's Wunderbare gren-
zen. Die enthusiastische Bewunderung seiner Schule hat
ohne Zweifel dazu beigetragen, sie auszuschmucken , und
der durchaus nicht skrupulose Professor lieh gem die
Hand dazu ; eine gewisse Art von Kffektbascherei , die
man, ohne streng zu sein,. als wissenschaftliche Charla-
tanerie bezeichnen muss , war dabei nicht immer ausge-
schlossen. D u bois , sagt I si do r B ourdon , operirte
schneller als er, Desault glanzender und raajestatischer,
Boyer kluger, sanfter, menschlicher, Roux war ge-
lehrter in seinem Wissen , eleganter in seinen Bewegun-
gen, namentlich mit seinen Fingem , Marjolin nach-
denkender, Lis franc rascher, aber kein Chirurg, hatte
den siehern Blick des Anges, ein gesunderes Urtheil, eine
festereHand, keiner hatte einen in derGefahr weniger er-
schutterten Geist als Dupuytren. Aber er hat aus der
Wissenschaft einen Wcg fur seinen Ehrgeiz gemacht, ans
seinem Talente ein Mittel zum Reich thum, aus seinem
Stolze eine wilde Gottheit, der er Alles geopfert hat,
Alles bis zur heiligen Liebe der Wahrheit.
Bei Richerand war die ganze Zeit seines Lebens
der Neid der herrschende Zug seines Charaktere gewesen.
Lis franc war die niederschmetternde Ueberlegen-
heit Dupuytren’ s unertraglich ; der entstehende Ruhm
Velpeau’s verdunkelte ihn. Indem er zu wenig Herr-
schaft uber sich selbst hatte , um seine Emplindungen
zom Schweigen zu bringen Oder um sie wenigstens zu ver-
bergen , gab er sich g&nz ihrer Heftigkeit hln , und seine
Angriffe hberschritten alles Maass.
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etc. — Jackson, Notes of ophthalmologic. 299
Sanson ist der einzlge Schuler von Dnpnytren,
welcher nicht von der argwohnischen Eifersncht seines
Meistcrs betroffen wnrde, der einzige, der zu ihm in guten
Beziehungen blieb, ohne irgend etwas von seiner Wurde
zu vergeben, ohne Jemals zum Scbmeichler herab zu sin-
ken. Der Ruhm Dupnytren 's hat sogar den Ruf von
Delpech aus dem Feldc geschlagen. Diese beiden
Manner, so verschieden in ihrem Charakter, der eine
mhig, kalt, naebdenkend, umsiehtig, der andere heftig,
aufbrausend , begeistemd , baben beide von derselben
Letdenscbaft gclitten , vom Ehrgeize. Alle beide hatten
mehr Bewunderer als Freunde.
Die hier gegebene Charakteristik der Heroen der
franzOBischen Chirurgie mag den Beweis liefern, dass
Vf. in Bezug auf seine Landsleute unparteiisch ist,
weder ihre Fehler beschhnigt oder verschweigt, noch
ihre Talente und Lichtseiten mehr hervorhebt, als
die Wahrheit es zulftsst. Wirklich plastiBch schildert
er die Chirurgen allffr Perioden, bringt das noth-
wendige biographische Material, die bezllgliche Lite-
ratur ihrer Schriften, eine gedningte Analyse der-
selben und ein Urtheil flber ihren sittlichen Werth
und ihre wissenschaftlichen Leistungen. Die Ge-
schichte ist bis auf die neueste Zeit hinabgeftlhrt und
sind alle Zeitgenossen in derselben Weise behandelt
worden. Schon hierdurch erhfilt das Werk einen
erhbhten Werth filr deutsche Aerzte und Chirurgen,
zumal in den letzten Decennien , wie es sonst so oft
der Fall , kein medlcinischer Reiseschriftsteller flber
die gegenwiirtige franzbsische Medicin nnd Chirurgie
sich ausgesprochen hat.
Nattlrlich, wo der Vf. im Vorbeigehen auf die
deutsche Chirnrgie nnd Medicin zn sprechen kommt,
da vermissen wir die Unparteilichkeit und das ruhige
objektive Urtheil, das er bei seinen Landsleuten an-
wendet. So sagt er z. B. : die Tenotomie verdanke
Frankreicb ihren Ursprung, man mtlsse denselben
bei Delpech und Dupnytren suchen , Deutsch-
land habe nnr die franzhsischen Keime befruchtet
und Dieffenbach und Stromeyer kftmen erst
in zweiter Linie.
Von der deutschen Wissenschaft sagt Vf.: „es
kostet tins keine Ueberwindung, auszusprechen, dass
Deutschland mllchtig zum Fortschritt der Wissen-
schaft beigetragen hat. In seiner wissenschaftlichen
Bilanz kommen aber viele Mflnzen von schlechtem
Gehalte vor und viele Anleihen, welche einen andern
Namen verdienen; wenn man aber hinwegnimmt,
was Deutschland nicht gehSrt , so ist sein Loos noch
reich genug zur Befriedigung seines Stolzes. Es
wtlrde unwtlrdig von uns sein , wenn wir das Erbe
unserer Vftter in die HAnde von tomenschaftliehen
Parvenus fallen lassen wollten, nnsere Pflicht ist es,
dasselbe zurtlck zu nehmen nnd znrttck zu erobern“.
Heinrich Rohlfs.
82. A Physician’s Notes on Ophthalmologry ;
by J. Hughlings Jackson, M. D., Phy-
sician to the London Hospital etc. London
1875. Harrison and Sons. 8. 28 pp.
Die vorliegende Scbrift ist ein durch einzelne
Zus&tze vermehrter Abdruck verschiedener zerstreu-
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Medicinische Bibliographie des In- u. Auslands.
300
ter Arbeiten des Vfs. , welche zuerst im Periskop
der Royal London Ophthalmic Hospital Reports
(VoLVIH. 2. 1875) gesammelt erschienen sind. Es
findgn rich darin aphoristische Bemerkungen fiber
einzelne, noch sehr dunkle Capitel der Physiologie
und Pathologie der Augennerven, sowie kurze Kran-
kengeschichten. Die einzelnen Aufsfttze stehen nar
in einem sehr lockeren Zasammenhange nnter ein-
ander. Eine kurze Inhaltsangabe mag bier gc-
nfigen.
Heilung einer doppelten Neuritis optica ohne Sehsto-
rung. — Ueber angebome Syphilis an einem Ange und
fiber syphilltische Amaurose. — Verhalten der LShmnng
derAngenmnskelnerven zu dem Schwindelgeffihl und fiber
oculare Vertigo im Vergieich zur Ataxle und dem Schwin-
del bei Krankheiten des Kleinhirns. — Ueber laterale
Abweichungen der Augen bei Erkrankungen des Pons. —
Ueber Hemiopie und Hemiplegie. — Ueber Hemiopie nnd i
Farbensehen bei einseitiger Epilepsie. — Ueber Farbe als
Umsetzung einer molekularen Bewegung in eine Empftn-
dnng. — Ueber das anatomiscbe Snbstrat der Gesiohts- i
vorstellungen. — Ueber die Lokalisation der Angcnbe- !
wegungen im Kleinhirn. — Ange u. Ohr bei dem Urtheil
fiber Raum und Zeit. — Ueber Farbensehen bei Amaurose
und Epilepsie und fiber farbige Aura in ihrcr Bcziehung !
zu den Traumen der Epileptischen und der epileptischen !
Manic. G e i s s 1 e r.
D. Medicinische Bibliographie des In- und
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Darstellung d. pharmaceutisch wichtigen Gegenstande :
Apparatc, Instrumente , Droguen, arzneil. GewSchse u.
Thiere. Leipzig. E. GOnther. 8. VH n. 240 8. mit eta-
gedr. Holzschnltten. 9 Mk.
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6. verm. u. verb. Auflage. Leipzig. Abel. 8. VI u. 208 S.
2 Mk.
Zusammenstellung, tabellarische , d. Arznei-
stoffe nach lhrer von d. deutschen Pharmakopoe verge
Bchriebenen Aufbewahmng. Mit einem Anhange: Die
Aufbewahrung solcher Arzneistoffe , welche in der Phar-
makopoe nicht aufgenommen sind, wegen ihrer stark en
Wirkung aber im Giftschranke Oder abgesondert auf-
bewahrt werden mussen. Eichstatt. Krull. 4. 24 S.
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Hirschberg, Schiess. XTV. 1. Schell. XIX. 1.
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Vgl. a. fiber Scrofulose u. Diphtheric VIC. 2. a ;
Croup u. Keuchhusten VIII. 6 ; Hauljranlheiten u. Vacci-
nation VUI. 9 ; syphilit. Affektionen VIII. 10 ; Helmin-
thiasis VUl. 11 ; Fdtallebcn X ; Zahnfeviode XV ; Tiidtuny
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trag zur Wundbehandlungsfrage. Wurzburg. Staudinger.
Lex. -8. 99 S. 2 Mk. 60 Pf.
Antal, Geyza, n. Emerich R6czey, Diechir.
Klinik des Prof. Joseph Kovars an d. kon. ungar. Univer-
sitat zu Hndapest in d. JJ. 1871 — 1874. Budapest 1877.
Franklin- Verein. Leipzig. H. Hacssel. gr. 8. 172 S.
6 Mk.
Antiseptisnhe Behaudlung s. XII. 1., Bowie
VUI. b. Bennett, Viltum. XII. 2. Stilling ; 6. Blanc. XII.
7. a. Black , Heath, Riving ton ; 9. Reyher.
Bardeleben, Adolf, Ruckblick auf die Fort-
schritte d. Chirurgie in d. 2. Halfte dieses Jahrbunderts.
Berlin. Aug. Hirschwald. gr. 8. 32 S.
Bardenheuer, B. , Jahresber. fiber d. chir. Tha-
tigkeit im Coiner stadtischen Bfirgerhospitale wahrend d.
J. 1876. Coin. Roinmerskirchen. 8. 413 u. LXX1 S.
mit eingedr. llolzschn. 9 Mk.
Bergstrand, A., Ueber d. Z(.«/er'schen Verband
(aus Esmarch's Klinik). Hygiea XXXVIII. 8. 8. 461.
Aug.
Billroth, Tlidr. , Die allgem. chir. Pathologic u.
Therapie in 50 Vorles. 8. verm. Anil. Berlin. O. Rci-
mer. 8. XVI n. 847 8. 13 Mk.
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handlung in d. Freiburger chir. Klinik im Sommer 1876.
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Nekrose; Resektionen u. Amputationen ; penetrircnde
Thoraxwunde.) Edinb. med. Journ. XXII. p. 440.
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XVII. Staatsarzneikunde.
1 ) Im Allgemeinen.
Anselgepflicht bei ansteckenden u. gcmein-
gefahrlicben Krankheiten. Gesundheit II. 3.
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Ztg. 13. 14.)
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brecher. Mittheil. d. Ver'eins d. Aerzte in Niederosterr.
II. 1.
Bernays, Albert, J., a) Ueber d. Wirkung d.
engl. Gesetzes fiber Verkauf von Nahrungsmitteln u.
Dreguen. — b) Ueber d. Stadium d. Medioin in London.
8t. Thom. Hosp. Rep. VI. p. 27. 61.
Bezirksarzte, Zur Stellung selcher in Baden.
Aerztl. Mittheil. sub Baden XXX. 19.
Bonneau, Tod d. Kindes wahrend d. Kntbindung;
geriehtliche Untersuchung. Ann. d’Hyg. 2. S. XLV1. 3.
p. 492. Nov.
Buchanan, George, Ueber offentliches Sanitats-
wesen. Med. Times and Gas. Oct. 28.
Caspers, Joh. Ludw., Prakt. Handbucb d. ge-
richtl. Medioin. Neu bearb. u. verm, vou Prof. Dr. Carl
Liman. 6. And. 2. Bd. (Thanatologischcr Theil.) Berlin.
Hinschwald. Lex.-8. XXII u. 1022 S. 20 Mk.
Charpentier, Fall von Kindesmord. Ann. d’Hyg.
2. 8. XLVI. 3. p. 478. Nov.
Dab I, L.. Ueber arztl. Thatigkeit Unexaniinirter
in Norwegen. Norsk. Mag. 3. R. VI. 11. S. 766.
Dewar, D., Isollrungd. Hausgenossen ansteckender
Kranker. Gesundheit II. 2. p. 23.
Dorsch, G., Ueber d. Leichenschau-Keichsgesetz-
entworf. Bayer, arztl. Intel). -Bl. XXill. 33.
Estlander, J. A., Ueber d. Pflicht d. Aerzte d.
Armen gegenfiber. Finska lakaresallsk. handl. XVII.
3 oeh 4. 8. 169. 1876.
Eulenburg, Gutachtcn fiber d. Tod eines Ar betters
in eiser chem. Fabrik. Vjhrschr. f. gerichti. Med. N. F.
XXV. 2 . p. 809. Oct.
Falk, Fried r., Zur Casuistik t&dtlicher Schadel-
verietzungen. Vjhrschr. f. gerichti. Med. N. F. XXV. 2.
d. 262. Oct.
Francis, C.R., Seibstmord durchErhenken. Med.
Times and Gaz. Dec. 2. p. 634.
Fronmfilier sen., G., Ob ein neugeborenes Kind
lebend oder todt in den Fiuss geworfen wurde V Memora-
ble* XXL 8. p. 840.
Ffihrer, C., TSdtung eines neugeborenen Kindes
durch Krahenangenpulver. Vjhrschr. f. gerichti. Med.
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Gauster, Moriz, Zur Gewerbe-Gcsetzgebung.
Mittheil. d. Ver. d. Aerzte in Niederdsterr. II. 2.
Gauster, Moriz, Der zweite Aerztevereinstag in
Oesterreich. Mittheil. d. Ver. d. Aerzte In Niederdsterr.
II. 15. Vgl. a. 16. 17. 18. 18. 20.
Gcsundheltspflege, fiffentliche, u. Medidnal-
wesen in d. dcutschen gesetzgebenden Versammlungen.
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H a a s i s , Schwere Korperverletzung mit glucklichem
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tigsten Lcichenerscheinungen. Vjhrschr. f. gerichti. Med.
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Hofmann, Eduard, Schlige mit d. Hand in's
Gesicht: Tod durch Pachymeningitis ; fragl. Zusaramen-
hang. Wien. med. Presse XVU. 46.
Hofmann, Eduard, Misshandlung eines Be-
rauschten. Tod am 3. Tage durch Haemorrhagia inter-
meningealis ; Pachymeningitis haemorrhagica ; Leber-
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Knssland. Wien. med. Wchnschr. XXVI. 60. 51.
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340
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IV. VIII. 2. a. Erichsen; 2. c. Eramert; 3. a.
Hydropkobie, Milzbrand , Rolz; 5. March and; 9. fiber
Vaccination; 10. fiber Prostitution, Paschkis; 11.
Trichinose. X. Githena. XI. Czar da, Kinder-
sterbhchkeit , Menden. XIII. Koppe, Sartisson,
Treichler. XIV. 1. Moldenhauer, Schmaltz;
2. Lacassagne. XVI. Bonnet, Ffirst, Hecker,
Leidesdorf, Licbmann, Sncil. XVIII. I)aui-
mann, Haubner, Leiaering. XIX. 1. Sludium il.
Medicin ; Ausbildung d. Aerzte; 2. Fox, Ide, Lacas-
aagne, Packard, Sorgcnfrey, Erblichleit , Ge-
werbskrankheiten ; 3. Charteris; 4. Morbidil&ls- u.
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Herauag. von Reg.-Arzt Dr. Stawa, Reg.-Arzt Dr. Carl
Kraus u. Ober-Stabsarzt Dr. Jos. Lticlen. 8. Lief. Wien.
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9 Taf. 7 Mk. 20 Pf.
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Kiantheme ; C. Westphal, Psychiatric it. Krankheiten d.
Nerrensysfeins ; Liebermeiiter , Krankheiten d. Cirkula-
tinnsapparates ; Friinzel , Krankheiten d. Kespirations-
organe ; IV. Ebstein. Krankheiten d. Xase, d. Kehlkopfs
a. Luftrfihre ; Nothnui/cl , Krankheiten d. I >igestions-
organe ; L. Rieis u. Giiterhock , Krankheiten d. ilarn- u.
tnannlichen Geschlechtsorgane ; L. Riess, akute u. chron.
oonstitntionelle Krankheiten.
2. Abtheilung . A eus sere Medicin. Jiurile/eben,
allgemeine Chirurgie ; E Gurlt, Kriegsehirurgie ; Schbn-
bom, Krankheiten d. Bewegnngsapparates (Knochen, Ge-
lenke, Muskeln), OTthopadie, Gymnastik ; E. fiurlt. Aro-
pntationen, Kxartiknlationen, Kesektionen ; E. Trendelen-
burg , ehirurg. Krankheiten an Kopf, Hals n. Brust ;
Simon, chirurgische Krankheiten am Unterlelbe; Heine,
Uiiterleibsbruche ; Mam , Augenkrankheiten ; Lucae,
Ohrenkrankheiten ; Albrecht, Zahnkrankheiteu ; Levin,
Hantkrankheiten ; Eeissl, Syphilis.
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8. a. III. 1. Hermann. IV. Fuchtraann. VIII.
4. Baas; 6. Niemeyerj 9. Bruckner. XVII. 1.
Bernays, Estlander. XIX. 4. Einzelne kUnische
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2) Allgemeine Palholotjie ; vergleichendc Patho-
logic ; patholog. Anatornie.
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Herzschlage nach Refining d. ersten Dorsalwurzeln. (Arch,
ital. per le mal. nerv. ed alien, mentali.) Lo Sperimen-
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Platte in senkrechtcr u. seitlicher u. grosser Platte in
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Schallraumen. Deutsches Arch. f. klin. Med. XIX. 1.
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3) AUqtmeim Therapie .
Adspiration, s. VTII. 6. Hutchinson, Larsen,
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Silva; 3. a. Mamore, Notter; 6. Hofmann; 6.
Fayrer; 9. Fox, K 5 bner, Scheiber; 10. Proksoh. >
IX. Simpson, Wernich. X. Go ode 11. XH. 1.
B&rdeleben, Bradley, Fnmagalit, Hender-
son; U. Estlander; 12. Andrews, Downie.
XUI. Magnus. XVI. Le nt z , T u ke.
E. Miscellen.
i.
Das grossherzogl. badische Justiztmuislerium hat in
Betreflf der gemeinsch&dliehen KurpfuseAerei folgendou
sehr beherzigenswerthen Erlass (Mara 1876) veroffent-
liekt. Es seien in jungster Zeit Freuprechungen der nicht
approbirten Ueilkunstlcr von der Anklagc fahrlfissiger
TOdtung oder Korperverletznng anf Grund einer ganz
wnrichtigen Rcchtsauffausung erfolgt, welcbe fur Lcben
und Gesundheit der 8taatsaugehorigen sehr gefahrlicli sei.
Die Gericbte sprachen naralich in solchen Fallen den An-
geklagten frei, weil demselben diejenigen Kenntuisse und
Erfabrungen gefehlt batten , tvelche zur Erkennang der
wahreu Natur des Leidens und damit zur Einleitung einer
riehtigen Behandlnng erforderlich gewesen wfiren. Aber
gerade in der Uebenialune der Beliandlung eiuesKranken
(der dadurch von der Zuzlehung elnes riehtigen Arztes ab-
gekalten wird), ohne die zur Ausfibnng der lleilkunst er-
forderliche Bilduug zu besitzeu , begehe der Kurpfuscher
eine itra/bare Fahrliisrigkeit nnd er hafte strafrechtiich
ebenso fur die Folgen der He land lung, wie Jederusann.
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der eine, besondere Kenntuisse und Fertigkeiten voraus-
setzende andcre Bcrufsthatigkeit, ohne solche zu besitzen,
ausubt und dadurch einen seliadlicben Erfolg kcrbeiffihrt.
Die grossherzogl. badischen Staataauwalte siud augewic-
sen, diesc Grundsatzc bei Verfolgiing der Kurpfuscherei
zu vertreten und n gcgeu freisprechcnde Urtheile der Ge-
richte, die Nichtigkeitsbeschwerde, gestutzt auf unrich-
tige Auslegung des Rechtsbegriffes der Fakrlassigkeit 1 *
einzuwenden.
2 .
ITnter dem Titel Heilkilnstler des alien Roms
und ihre bilrt/erliche Stellung“ hat der als grlindlichcr
Kenner des klassischen Alterthumes bekannte Prof. G.
Ritter von Rittersbaln In Prag eine Abhandhmg
veroffcntlicht '), welchc Jeder geblldetete Arzt wegen der
i) Samml. gemeinverst. wins. Vortrage, henuog. von
R. Virchow und Fr. v. lloltaendorff. X. Ser.
Heft 238. Berlin 1876.
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S a c h -fR e g i 8 t e r.
345
anziehenden Schilderung der betreffenden Vcrhaltuisse den Beantwortnng der Frage benntzt, was dem arztlichrn
1 mit grossem Vergnugen dnrchlesen wird. Dieselbe ge- Htande zu seiner Hebung, und dein Staate zugleich, —
winnt aber noch dadurch an Wiehtigkeit, dass Vf. das fur welchen diese Hebung von hober Bedeutung ist —
Krgebniss seiner Untersuchnngen am Schlusse zur treffen- auch heut zu Tage noch Noth thut.
Sach - Register.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Seite.)
Abortus, Bezieh. zur Entwicklung von UteruBflbrom
42. — , b. Gebarmuttermyom 46. — , b. Thieren nach
| Verabreichung vou Salicylsaure 186.
Abscess, in der Unigebuug des Huftgelenks, Pyamie
62. — , der Bauchdecken als Urs. einer Magenflstel
j 167. — , sekundarer ini Mediastinum bei Oesophagus-
fistel 269.
Abschabung, zur Heilung von Noma 268.
Acetum plumbi, Nutzen bei Bubonen 81.
Acid urn s. Saure.
Adcnie, Bezieh. zu Leukamie 276. — , Casuistik 287.
— , Combination mit Leukamie 288. — , Diagnose von
I Encephaloidkrebs 288.
| Adenoidgewebe, Entwicklung b. inoculirter Lungen-
tuberkulose 99.
{ A ether, gewohnheitsmassiger Missbrauch der Eiuath-
mung 126.
! Aetzammoniak, gegen Rheumatismus 129.
Aetzmittel, Nutzen bei Pseudarthrosen 156.
iAfterfissur, b. Sauglingen 257.
!Akrodynie, Geschichte 19. (Epidemien) 19. 21. — ,
sporad. Anftreten 21. — , Aetiologie 21.
Alaun, Nutzen bei Erkrankuugcn d. Conjunctiva 177.
Albuminurie, nach Bepinselung der Haut mit Jod 18.
— , Nutzen des Fuchsiu 80.
Aikohol, Wirkung auf d. Gasaustausch im Organismus
124. • — , Anwend. bei Morphinisms 238.
Alkoholismus, Aehnlichkeit mit Morphinismus 237.
Aloe, therapeut. Werth d. krystallin. Stoffes 11.
Alopecie, chronische (Wesen u. Syinptome) 24. (Ver-
halten d. Raum- u. Drucksinnes) 25. (Behandlung) 26.
j Alter, Pigmententartung d. Kuckenmarks in Folge
; solch. 129.
, Amblyopie, durch Bleivergiftung bedingt 75.
Ainmoniak, salicylsaures als Antipyretikuin 190. —
S. a. Aetzammoniak.
Anaemia splenica 275.
Anamie, Bezieh. zu NeuraBthenie 16.
Anasthesie, d. Haut, Nutzen d. Faradisation 208.
Anasthetikum, Colchicin als solch. 1 1'.
Aneurysma racemosum am Kopfe 268.
I AngeborneKranklieiten s. Fettzellgewebc ; Nabel-
brucb.
Angina Ludovici 133. — , tonsillaris, Nutzen des Kali
chloricum 263.
! Anilinfarbc, Unschadllchkeit d. rcinen 80. — , giftige
1 Wirkung 116.
Antagonisinus, d. physiolog. Wirkung d. Pikrotoxin
i u. Chloralhydrat 12.
Amthropometrie 225.
Antipyretikum, Salicylsaure u. ihre Salze 185. 190.
191. — , Salicin 200. — , Creositinsiiurc 202.
AutiBeptischc Met bode, bei Operatiou ciuer
Knochengescliwulst unter dein Ligam. patellae inferius
268.
A p o p 1 e x i e der Horuhaut 75.
Apparat, Desault’s, f. Behandl. vou Oberschenkelfrak-
turen 163.
Med. Jabrbb. Bd. 172. Hft. 3.
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Arsenik, Vergiftung durch Tapeten bedingt 14. — ,
Wirknng auf d. Stoffwechsel 124.
Arteria, lingualis , Ligatur 229. — , meninges media,
Ursprung aus der Ophthalmica 228. — , ophthalmica,
Urspruug der Mcningea med. aus ders. 228. — , pul-
monalis (Eudoarteriitis diphtheritica) 258. (Thrombose
bei Caries des Os sacrum bei einern Kinde) 259.
Arthritis s. Gicht.
Arzneimittel, Resorption von der Vaginalschleimhant
ans 40. — , Einfl. auf den Gastaustausch bei Thiereu
123. — , Uebergang aus dem Blute d. Matter in das
des Fotus 257.
Ascites , Stoning des Lymphstroms bei solch. 96.
Astragalus, Luxation 153.
Atelektase, der Lungen bei Neugebornen 294.
Atlas s. Processus odontoideus.
Atresie, narbige d. Muttermunds als Geburtshinderniss
69.
A trophic, der Muskeln (progressive) 128. (amSchulter-
blatt, Reibegerauscb) 266.
A t r o p i n , toxische Wirkung , V erschiedenh. bei Men-
schen u. verschied. Thieren 128. — , der Stillenden
verabreicht bei Eklninpsie des Kindes 149. — , gegen
p'rofuseu Sclnveiss bei Wecbselfieber 207.
Aufkreischen, nachtliches der Kinder 148.
Augapfel, Drainage dess. 102. — , Hygrorn d. Schleim-
beutels am Obliquus sup. 271. — S. a. Exophthalmus.
Auge, Anwend. des Buthylchloral bei Affektionen dess.
177. — , Kopfschinerz in Folge von Anstrengung 272.
— S. a. Sehorgan.
Augenheilkunde, Handbuch der gesammten (red.
von Alfr. Graefe u. Theod. Samisch, H. 2. IV.
2. VII. 1. Rec.) 219. — , Beitrage zu soldier 299.
Augenhohle, Gefassgeschwulst in solch. nach Ver-
letzung 73.
Augenlid, oberes, Impfpocken an solch. 224.
Augenniuskel s. Musculus.
Bad, kaltes, Collapsus nach solch. 224.
Bakterien s. Kugelbakterien.
Barbaloin 12.
Barometer, Bedeutung f. die Ilygieinc 116.
Bauch, Verletzung mit Vorfall des Netzes 68. (Behand-
lung) 69.
Bauchdecken, Gangriin nach Eisumschiagen 60. — ,
trau mat. Varices an solch. 65. — , Abscess in solch. als
Urs. einer Magenflstel 167. — , Haruatom ders. 216.
— , Tastbarkeit der Nabelschnur durch dies. 254. —
8. a. Bauch wand.
Bauch fell s. Peritonaum.
Bauchhohlc, Austritt des Inhaltcs aus dem wahreud
der Entbindung zerrissenen Uterus in dies. , Gastro-
tomie 142.
Bauchschuitt, wegen Uterusrnptur mit Austritt des
Lnhaltes in die Bauchhohle 142.
Bauchwand s. Bauchdecken.,
Becken, spondylolisthetisches 142. — , Forrnen dess,
bei Fotus u. Neugebornen 146. — , Fraktur (zur Stati-
44
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
546
Sach-Register.
stik) 160. (des Darmbeins) 161. (Zerreisaung d. Blase
d. Hernia diaphragmatica bepatis) 162. — , Zerreisanng
der Symphysis ossium pnbis mit gleichzeit. Fraktur des
Obersehenkels 161.
Beckenendlagen, Beckenlagen, Extraktion 265.
— , Arten u. Behandlung 294.
Beckenorgane, beim Weibe, diaphanoskop. Unter-
suchung 260.
Bei n , angebome Hyperplasie des Fettzellgewebes 247.
Beingeschwur, Nutzen desJodoforni .33. Behand-
lung mittels Circumcision 176.
Berichte u. Stndien aus deni kon. sacks. Entbindnngs-
Institute zu Dresden fiber die JJ. 1874 u. 1875 (yon
F. Winckel, Rec.) 292. — S. a. klinische Berichte.
Bet ten, Uebertragung von Krankheiten dnrch solche
77.
Bibliotheca obstetricia (von Mathias Lempertz,
Rec.> 116.
Bindegewebe, Bezieh. zur Entstehnng von Alopecie
19. — , Bezieh. zu Lupus 29. — , Lymphgefasse in
solch. 83. 84. — , Zusammenhang der Saftkanale in
solch. rait den Blutgefassen 84.
Bindehaut, Diphtheritis, Unterschied von Cronp 107.
— , blennorrhoische Entzfindung, Entstehnng 107. ,
Nutzen des Alanns bei Erkranknngen ders. 177.
B 1 a s e n b i I d u n g bei Keratitis 74 .
Blasenstein, mit einem Fortsatze in die llarorohre
169.
Blei, Vergifbrng als Urs. von Amblyopic 76.
Bleiessig, Nutzen bei Bubonen 31.
Hlennorrhagische Entzfindung, der Sehnen-
schelden 34. — , der Bindehaut, Aetiologie 107.
Bint, BeschafTenheit bei verkolilten Leichen 76. — ,
Verhalten bei Leukamie 273. 275. 278. 279. (eigen-
thuml. Krystalle) 284.
Bluterguss, zwischen Galea aponenrot. u. Ilirnschale
bei Erysipelas phlegmonosnm capitis 136.
Blntgefasse, Zusammenhang mit den Lymphcaplllaren
82. — , Zusammenhang mit den Saftkanalcn im Binde-
gewebe 84. — , Wirknng des Secale cornutum anf dies.
234. 236.
Blntkorperchen, Verhaltniss der weissen zu den
rothen bei Leukamie 276. 280.
Blntstrom, Einfl. anf die Absondcrung d. Lymphe 92.
Blutnng, Nichteintreten b. nlcht nnterbundener Nabel-
schnur 146. — , Stillung durch Secale cornutum 236.
— , spontane bei Leukamie 278. — 8. a. Gebarmutter-
blntung.
Bodenanfgrabung, Bezieh. zur Verbreitung von
Typhus 106.
Brand s. Gangran.
Bright’sehe Krankheit, chronische, Behandlung
208.
Bromkalinm, gegen nachtl. Aufschrecken dcr Kinder
148.
Bromkampher s. Camphora.
Bronchiektasie, rheumatoide Erk rankling bei solch.
132. — , method, exspirator. Compression des Thorax
znr Bef&rderung d. Expektoration 133.
Bronchien, Lymphgefasse ders. 88.
Bronchopnenmonie, chron. , Nutzen d. Kali chlor.
233.
Brfissel, Statistik der im Hospital St. Jean beobachte-
ten Frakturen u. Luxationen 161.
Brnstbein s. Sternum.
Brustdrfise s. Mamma.
Brustumfang, Verhaltniss zur KBrpergrSssc 179.
Brustwarze, fiberzahlige secemirende 39.
Brustwirbel, Fraktur, Consolidation 169.
Bubo, Nutzen: des Acetum plumbi 31. desJodoform bei
eiterndem 32. kalter Duschen 33.
Buibarparalyse, Pathologie 100.
Bursa praepatellaris, Affektion bei Syphilis 248.
Bursitis, syphilltische 248.
Bntylchloral, Anwendung in d. Augenheilkunde 177.
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Call ns, protrahirte Blldung in Folge von Syphilis 166.
Camphora monobromata, Nutzen bei Nervenkrank-
heiten 18.
C-a rbolsaure, Ansspfiinng des Magens mittels d. Lb-
sung b. Magenerweiterung 134.
Care in om s. Krebs.
Caries des Os sacrum mit Thrombose der Lungenarte-
rie bei einem Kinde 259.
Centrum tendineum, Bau 120.
Cephalaea s. Kopfschmerz.
Cervikalncrven, Anastomoseu rait d. Hypoglossus
230.
Cbeinisches Handworterbuch (von O. D a m m e r,
■ Rec.) 223.
Chin in , Wirknng auf den Gasaustausch im Organisraus
123.
Chirnrgie, Gesch. dere. in Frankreicb im 19. Jahr-
htrad. 297.
Chloasma, Nutzen des Oels od. der Tinktnr von ver-
dorbenem Mais 11.
Chloralhydrat, Antagouisinus gegen Pikrotoxin 12.
, Wirknng b. normalen Gebnrten 69. 142. — , Nutzen
b. Morphinismus 238. — , Wascluingen mit der Lbsung
bei Pityriasis 246.
Chloroform, Zusatz znr Salicylsanre zur Verhiitung d.
Erbrechens n. der Uebelkeit 191. - , Uebergang aus
d. Blute d. Mutter in d. Fotus 257.
Chorda tympani, Geschmacksfasem in ders. 118.
Christ’sches Kinderhospital zu Frankfurt a. M..
Berlcht f. 1873. 107.
Circn incision, znr lleilung grosser Oeschwfire 62.
176.
Cirrliose der Leber, hypertrophische b. Syphilis 247.
Clavicula, Ansatz d. Oraohyoidens 117. — , Fraktur
(Behandlnng) 162. (in Folge von Osteomyelitis) ICO.
— , Luxation d. acroraialen Endes 269.
C o 1 c h i c i n , physiolog. Wirkung 1 1 .
Co lie a hepatica, mit Ikterus bei Retention der Men-
struation 138.
Co I lapsus, nach kalten Badem 224.
C o n d y 1 u s s. Femur.
Conjunctiva s. Bindehaut.
Constitution, lymphatlsche 96.
Contagiositat, d. Erysipelas 136. — , d. spitzenKon-
dylome 136.
Contributions to practical surgery (by George W.
Norris, Rec.) 151.
Convulsionen, epileptische b. Morphinismus 240.
Coordination, Wesenders. 242. — , Stoning b. Klein-
himtumoren 242.
Cornea s. Hornhant.
Coryza chronica, Nutzen d. Kali chloricum 233.
Creositinsaure, als Antipyretlkum 202.
Crista ilei s. Darmbein.
CroupSse Entzundung, d. Magens n. d. Pharynx b.
Kindern 268. — S. a. Bindehaut.
Crotonchloral, Anwendung ind. Augenheilkunde 177.
Curare, Uebergang aus d. Blute d. Mutter in d. Fotus
267.
Cutis pcndula 246.
Cyankallum s. Ferri-, Ferro-Cyankalium.
Cyste d. Vagina 214. — , imMagen b. einem Kinde 268.
— S. a. Milz.
Cytisus laburnum, Vergiftung durch d. KBrner 16.
Dammriss, b. d. Entbindung 214. 216.
harm, leukam. Geschwfilste in solch. 276.
Darmbein, Fraktur 161.
Da u men, Luxation (d. Endphalanx, Rcsektion) 163.
(nach hinten) 262.
Decidua polyposa tuberosa 139.
Delirium tremens, Nutzlosigkeit d. Camphors mono-
bromata 18.
D c 1 p h 1 n 1 u , Wirkung 233.
Delphinium staphysagria, Wirkung d. Alksloide 833.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
8 a c h - R
Dermatolysis 246.
Desault’s Apparat f. Behandl. yon Oberschenkel-
frakturen 163.
Desinfektion, prophylaktisehe in d. Geburtshfilfe 210.
Diat, wahrend d. Wochenbetts 294.
Diaphanoskopische Untersuchung der Becken-
organe b. Weibe 260.
Diaphragma, Lymphgefasse dess. 85.
DigitaliB, Wirkung aof d. Gasaustausch im Organis-
mtu 124.
Dipbtheritis, d. Conjunctiva, Unterscbied von Croup
107. — , Nutzen d. Salicylsaure 200. — , End arte rii tie
puimonaliB 268. — , Geschwfir im OesopbagiiB 258.
Distorslon d. Gelenke. Nutzen d. Massage 173. 175.
Distraktion, bei Behandlung von Gelenkkrankheiten
267.
Drabtscblinge, zur Abtragung von Uteruspolypen 67 .
Drainage de l’oeil dans differents affections de cet or-
gans et particuliferement dans ledecollementdelardtine
(par StephaneRibord, Ree.) 102.
Drillingsgeburten, Hauflgkeit in Russland 213.
Drneksinn, Verhalten an d. behaarten Kopfhaut 26.
Dr n sen, Geschwulst, subcutane Ergotioinjektion 286.
— 8. a. Brustdruse ; Jnguinaldru.se.
Duet us tboracicus, Abtiuss derLympbe aus soich. beim
Hunde 91. — , Whartonianus , denselben begleitende
Venen 229.
Dura-mater, Widerstandsfahigkeit gegen Feuer 76.
Durcbieuchtung, Anwend. bei Untersuchung der
Beckenorgane b. Weibe 260.
Dusche, kalte, Nutzen bei Bubonen 35.
ISchinoooceuB d. Mile 274.
Ecrasement, zur Entfernung von Uternsflbromen 66.
E i e r d i a t bei WScbnerinnen 294.
Eihaute, Verwachsung mit dem aussern Muttermunde
141.
Eis, Nutzen d. method. Anwend. b. Epilepsie, Hystero-
epilepsie u. Ovarialbyperasthesie 19. — , Auflegen auf
den Bauch als Urs. von Gangran der Bauchdecken 60.
Eisen, Absorption der Baize von d. Vaginalscbleimhaut
ana 40. — 8. a. Ferrain; Gldheisen.
Ei weiss, Einfl. des Arsenik auf die Zersetzung dess,
im Organismus 124.
Ei weissbarnen s. Albuiuinurie.
Eklampsie. bei Sauglingen 148. (Bezieli. zur Epilep-
sia) 149. — , bei der Entbindung, Verhalten des Gc-
hirns 293.
Ektasle der Bklera, Drainage des Auges 103.
Ekzem, akutes, venose Stauungen in d. Haut 27.
Elektrisation, allgemeinc , Nutzen bei Neurasthenic
17. — , bei Rhenraatismns 208. — , bei neuralg. Affek-
tioaen 208. — , bei Singultus 208. — 8. a. Faradisa-
tion ; Galvanisation.
Elektrolysc, Nachweis kleiner Mengen giftiger Me-
talie mittels soich. 126.
Elektropunktnr bei Pseudartbrosen 166.
Embolie, als Urs. von Osteomyelitis 160. . — , nach
Osteomyelitis 269.
Embryo, Ban der Sehnen 7.
Emmet’s Operation zur Heilnng alter Rupturen des
Mutterhalses 58.
Emphysem s. Lungenemphysem.
Kncepbaioidkrebs, Diagnose von Adenle 288.
Endarteriitis pnlmonaiis diphtheritica 258.
Endometritis decidualis tuberoso-polyposa 139.
Endotenium 7.
Endothelium der serosen Haute 98. 120. (Verande-
rung bei der Entzundung) 98.
Entblndnng, Bezieh. zur Entwickhiug von Uterns-
flbrom 42. — , Gebarmntterblntung nach ders. (Eisbe-
handlung, Gangran d. Bauchdecken) 60. (b. Placenta
praevia) 144. — , Uterusruptnr mit Austritt d. ganzen
Inhalts in d. BauchhOhle , Bauehsehnitt 142. — , An-
wend. d. Chloralhydrat b. ders. 142. — , Anlegung von
e g i b t e r. 347
Leibbinden nach ders. 144. — , Eintritt von Luft in d.
Venen der Geb&rmntter als Todeeursache 293. — ,
Eklampsie b. soich. 293. — , alter Erstgeb&render 295.
— , in Privathausern u. Gebarhausern 295. — 8. a.
Geburt.
Entbindnngs-Institut, zu Dresden, Berichte u.
Stndien fiber d. JJ. 1874 u. 1875 (von F. Winckel,
Rec.) 292.
Entwicklung, d. Gelenkfadhlen 3.
Entzundung, Bezieh. d. venosen Btauung zu soich.
28. — , Oedem b. soich. 28. — 8. a. Croupflse Entzfin-
dnng.
Enucleation, von Gebarmutterflbromen 54. 56.
Epidemien, im Konigreiche Sachsen 114.
Epilepsie, Nutzen: d. Camphora monobromata 18.
d. method. Anwend. des Eises 19. — , Bezieh. zur
Eklampsie d. Sanglingsalters 149.
Epileptische Convulsionen, bei Morphinismus
240.
Epiphyse, Abtrennung am Femur 162.
E p 1 1 h e I i e n , p latte im Tbierreiche 120.
Equinusstellung, d. Fusses nach Quetsehung, plast.
Operation 271.
Erblichkeit, d. Gicht 23. d. Syphilis 35 fig.
Erbrochen, b. Kleinhirngeachwfilsten 243.
Erdaufgrabungen, Bezieh. zur Verbreitung dee
Typhus 105.
Ergotin , subcutane Injektion gegen: Uterusfibrora 44.
61. 62. Leukamie 86. Drusengeschwulste 286.
Erschopfungsnenrose s. Neurasthenic.
Erstgebarende, Morbiditatsverhaltnisse215. — , alte,
Niederkunft soich. 296.
Ernptionsfieber, Bezieh. zu idiopath. Parotitis 244.
— 8. a. Erythema nodosum.
Erysipelas, Contagiositat 186. — , phlegmonfises am
Kopfe mit Bluterguss zwischen Galea aponeurotica u.
Himsehale 136.
Erythema, epidcmicum 19. — , exsudatlvura, als vaso-
motor. Neurose 27. — , nodosum , Symptome u. Ver-
lauf 245. — , papulatum , venose Stauungen In d. Haut
27.
Essig 8. Blelessig.
Etat cribte d. Gehlms 97.
Exant hem, akutes, Bezieh. zu idiopath. Parotitis 244.
Exophthalmus, pulsirender 73.
Expektoration, Anrcgung dnrch'methodische exspira-
tor. Compression d. Thorax wand 133.
ExtensionsBChiene nach Sayre T49.
Extraktion d. Fotus b. Beckenlagen 256.
Extreraitaten, Einwicklung mit leinenen Rollbinden
gegen Gebarmutterblntnng 144. — , plast. Operationen
an soich. 271.
Facialneuralgie, Nutzen d. Salicylsaure 199.
Faradisation, Nutzen b. : akutem Gelenkrheuraatis-
mus 207. Hautanasthesie 208.
Far be s. Anilinfarbe; Fuchsin.
Femnr, Fraktur (Behandlung) 151. (spontane) 158. (b.
Zerreissung d. Symphysis ossinm pubis) 161. (zwisohen
d. Condylen) 162. (Heilung mitDeformitat, Osteoklase)
163. (sterufdrmige d. Condylen) 163. (AiiHgleichung d.
Verkiirzung) 163. (d. Halses , Einkeilung) 164. — ,
PBendarthrose, Heilung durch Elektropunktnr 156. — ,
Epiphysenlosung 162. — , Schussfraktur, Behandlung
163. — , Luxation (subglenoidale) 264. (iliaca) 265.
(habitnelle nach hinten) 266.
Ferri-, Ferro-Cyankalium, Resorption von [der
Vaginalschieimhaut aus 40.
Ferrum candens s. Gluheisen.
Fettzellgewebe, Hyperplaske am Belne 247.
Fener, Wirkung auf verschied. Leichentheiie 75.
Fi brocellulargeschwulst (d. Haut) 246. (d. Va-
gina) 247.
Fibroid d. Gebannutter 44. 45.
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348
Sac h - Register.
Fibroin, d. Gebarmutter, Aetiologie 41 . (Puerperalver-
haltnlsse) 42. (indirekte Reize) 43. — , 8itz 41. — ,
HSuflgkeit b. verheiratheten Frauen 42. — , Sympto-
matology 43. — , Scbwangersch. b. solch. 44. — , Dif-
ferentialdiagnose von Schwangerschaft 45. — , Behand-
lung (d. Blutung) 44. (subcutanelnjektion vonErgotin)
44. 61. 52. (kalte Einspritzungen) 51. (Enucleation)
54. (Ecrasement) 55. (elast. Ligatur) 55. (Abtragung
mit d. Drahtschlinge) 67. — , Geburtsverlauf b. aolch.
44. — , Einleitung d. Fruhgeburt 46. — , Kaiserschnitt
45. — , Einfl. auf Entetehung von Abortus 45. — , lym-
pbangiektatiscbes , Laparohvsterotomie 48. — , von
wechselndem Umfange 49. — , Entwicklung von Krebs
in solch. 50. — , subperitonaales u. intrauterines 50.
— , Verkalkung 50. — , als Urs. von Parametritis 217.
Fibroin d. Haut u. d. unterliegenden Gewebe 246.
Fibroma moiluscum 246.
Fibromyom d. Gebarmutter (als Geburtshindemiss)
46. (lymphangiektatisches) 48.
Fibula, Fraktur (isolirte) 157. (b. Distortion d. Fuss-
gelenks, Anwendbarkeit d. Massage) 173. — S. a.
Unterschenkel.
Fieber, Mittel gegen solch.: Salicylsaure u. ihre Salze
185. 190. 191. 199. Salicin 200. Creositin 202.
• Fifcvre essentielle erythema teuse 246.
Finger s. Zeigefinger.
Fissur, d. aussern Platte d. Schlafenbeins 169. — , des
After, b. Sauglingen 267.
Flstel, d. Harnrdbre b. Weibe als Urs. von Vaginismus
251. — , d. Oesophagus mit sekund&rem Mediastinal-
abscess 269. — S. a. Magen.
Fleischdiat b. Wochnerinnen 294. '
F6tus, hereditare Syphilis d. Leber als Urs. von Hydv-
amnion 144. — , Form d. BeckenB 146. — , Zunahnin
d. Lange u. d. Gewichts 220. — , Gcsichtslage , Ver-
bessertmg mit d. Hand 254. — , Beckenlage (Extrak-
tion) 255. (Arten u. Behandlung) 294. — , Uebergang
von StofTen aus d. Blute d. Mutter in dens. 257. --
S. a. Kind.
Fraktur, Nutzen d. Sayre’schen Extcusionsschienc 1 49.
— , Nutzen d. Klcieulado 149. — , Statistik 149 Hg. — ,
Psendarthrose (Entstchung u. Behandlung) 155. 156.
(Methode zur Verhutung) 167. — , durch Muskclgcwalt
161. — , spoutane b. Allgemeinkrankheiten 158. — ,
Behandlung d. Deformitaten nach imgliicklich geheilter
153. — , complicate, Prognose u. Verlauf 154. — , pro-
trahirtc Callusbildung nach soldi, b. Syphilis 156. —
8. a. Becken ; Clavicula ; Darmbeiu ; Femur ; Fibula ;
Fissur ; Huinems ; Malleolus ; Processus odontoideus ;
Sohadel ; Schussfraktur ; Sternum; Tibia; Ulna; Unter-
schenkel ; Wirbelsaule ; Zeigefinger.
Frankfurt am Main, Verwaltung d. Medicinalwcscns
in d. JJ. 1873 u. 1874 103.
Frankreich, Gcsohichte d. Chirurgie im 19. Jahrh.
297.
Franz-Josef-Kinderspital in Prag, Mittheiiungen
aus dems. 258.
Fremdkorper unter d. Haut, Anwend. d. Kupfersalbe
168. — S. a. Gabel ; Luftwege ; Messerklinge.
Frenulum linguae s. Zungenbandchen.
Fruchtpreise, Einfl. auf d. Wachsthum d. Bewohner
178.
Fruchtvrasser, vorzeitiger Abfluss als Urs. von
Krampfwehen 214. — , Einfl. d. Abganges auf Beckcn-
endlagen 265.
Fruhgeburt, Einleitnng (wegen Uterusfibrom) 45.
(wegen Hydramnios) 68. (bei Spondylolistbese des
BeckenB) 142.
Fuchsin, Unschadlichkeit d. relnen 80. — , Nutzen
gegen Albuminurie 80.
Furunculosis diffusa b. einem Kinde 259.
Fuss, Equinusstellung nach Quetscbung, plast. Opera-
tion 271.
FusBgelenk, Fraktur beider Knochel mit Luxation d.
Talus 161. — 8. a. Astragalus ; Tibiotarsalgelenk.
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Fusslage, Haufigkeit 255.
Fusswurzel, Zweitheilung d. 1. Keilbeins 227.
Ciabel, verscbluckte, Falle 169. 170.
Galvanisation, d. Haissympathicus 208. — , d. Milz
b. Leukamie 287.
Gangran, d. Bauclidecken in Folge von Eisbehandlung
wegen Metrorrhagie nach d. Entbindung 60.
Gangraena oris, Nutzen d. Kali chloricum 232.
Gasaustausch im Organismu6, Wirkung einiger Arz-
neimittel auf dens. 123.
Case, d. Lympbe b. Hunde 93.
Gastritis crouposa b. Kindern 268.
Gastrostomie 170.
Gastrotomie, Entfernung einer Gabel aus d. Magen
mittels solch. 169. — S. a. Bauchschnitt.
Gebaranstalt, d. kais. Erziehungshauses zu Peters-
burg, Bericht (vonE. Bidder u. W. Sutugin, Rec.)
212.
Gebarende, Einfl. verechied. Umstande auf d. Morta-
lity 212. 216.
Gebarhaus, Entbind. in solch. gegenfiber d. in Privat-
hausern 296. 297.
Gebarmutter, Bau d. Schleimliaut d. Korpers 41. — .
Stein oder Leiomyom in solch. 50. — , Polyp, Draht-
schlinge zur Abtragung 57. — , Durchbohrung mit der
Sonde 138. Aetiologie d. patholog. Anteflexion 139.
— , Zerreissung wahrend d. Entbindung mit Austritt d.
ganzen lnbaltes in d. Bauchhohle , Bauchschnitt 142.
— , doppelte, Vergrosserung d. einen Hornes als Ge-
burtsbiuderniss b. Schwangerschaft im andern Horne
143. — , Retroflexion d. schwangem 211. — , puev-
perale Eutzundnugen 216. 217. Wirkung d. Secale
cornutum auf dies. 235. 236. — , normale Lage 250.
— , median. Bchandl. d. Krankheiten ders. 252.
Tuberkulose ders. u. d. Tubcn b. einem Kinde 239.
unbiutige Behandlung im Inncrn ders. (von Sigis-
munri Goldschmidt , Rec.) 291. — , Eintritt von
Luft in d. Venen als Todesnrs. 293. 8. a. Beckcn-
organe ; Endometritis ; Laparohysterotomie ; Mesometri-
tis ; Parametritis; Perimetritis.
G charm utter blutung, b. Fibrom 43. (BchaudJuug)
44. (kalte Einspritzungen) 51. — , nach Operation von
Fibronieu 55. — , nach d. Entbindung (EiBbehandluug,
Gangrau d. Bauchdecken) 60. — , Kin wick lung d. Ex-
tremitiiten in leinene Rolibinden 144. (b. Placenta prae-
via) 144.
Gebannutterfibrom s. Fibrom.
Gebarniutterhals, Fibromyome in d. Wand d. Ka-
nals als Geburtsbinderniss 46. — , Eroffnung durch
l’ressschwamm 263. — , Emmet's Operation zurlleilung
alter Rupturen 68. — , Verhalten wahrend d. Schwau-
gerschaft 140. — , Hypertrophic d. vaginalen Theiles
263.
Gebarmuttermund, Erweiter. durch Pressschwarom
66. 262. — , narbige Atresie als Gcburtshindernlss 59.
— , grosse vordere Lippe als Gebnrtehinderniss 60. — ,
ausserer, Verwachsung d. Eihaute mit dems. 141. — ,
kunstl. Erweiternng 252.
Geburt, b. Uterusflbrom 44. — , Hinderniss (Fibro-
myome in d, Wand d. Cervikalkanals) 46. (narbige
Atresie d. Muttermunds) 59. (grosse vordere Mutter-
mundslippe) 60. (vergrossertes Horn eines Uterus dn-
plex) 148. — , normale, Wirkung d. Chloralhydrat 69.
142. — , Einfl. d. operativen Behandlung auf d. Ver-
lauf 296. — 8. a. Drillings-, Friib-, Steise-, ZwiUingg-
geburt; Entbindung,
Geburtshulfe, prophylaktische Desinfektion 210. —
8. a. Bibliotheca.
Geburtshulfliche Operationon, Klinik ders. (von
Heinrich Fritsch, 2. Aufl. Rec.) 210. — , Einfl.
auf d. Verlauf d. Geburt 296.
G eburtsstatistik f. d. Konigreich Sachsen 112.
Gefiingnisse, Hygieine 111.
Gefassgesch wuist, In d. Orbits naoh Verletzung 73.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
349
Sach-Regist er.
Geheimmittelwesen im KSnlgr. Sachsen 111.
Gehirn, Neurasthenic yon solch. ausgehend, Nutzen d.
Phosphor 18. — , Widerstandsfahigkeit gegen Feuer
76. — , Ausdehnung d. Lymphgefasse in solch. bei
Lungenemphysem 97. — , Etat cribld 97. — , Gestal-
tung b. verschied. Schadellagen ‘206. — , Erkrankung
d. innern Kapsel 240. — , Tuberkulose b. einem Kinde
258. — . Verhalten b. Puerperaleklampsie 293. — ,
kleims , Tuberkel in solch. 61. 268. (Geschwnlst in
solch., Symptomatology) 241. (Diagnose) 24. 244.
Gehirnparalyse, Diagnose von Morphinisms 237.
Gelstesstorung, Morphiuismus als sokhe 237.
Gelbsuchts. IkteruB.
Gelenk, Lymphgefasse 83. — . seitl. Bildung eines
solch. zwischen d. Vorderarmknochen nach Fraktur d.
Ulna 161. — . Verletzung. Nutzen d. Massage 172. — ,
am Zungenbeine u. am Kehlkopfe 27. — , Distraktion
b. Behandl. d. Erkrankungen 267. — S. a. Hflft-,
Knie- , Metacar po-Phalangeal-Gelenk ; Pseudarthrose ;
Schulter-, Tibiotarsalgelenk.
Gelenkhohle, Entwicklung 3.
Gelenkkorper (im Kniegelenk) 171. (in Fingergelen-
ken) 172.
GelenkrheumatiBinus, akuter, Behandlung (Mas-
sage) 175. (8alicyUaure) 195. (Salicin) 201. (Faradi-
sation) 207.
Genitalien, Reizzustande, Nutzen d. Camphora rnouo-
bromata 18. — , b. Weibe (Lage d. innern) 250.
(Krankheiten ders.) 293.
Genussmittel, Fiirbung mit Fuchsin 80.
Gerichtsarztliche Gutachten (von Hermann
Friedberg, Rec.) 116.
Germanische Schadclform 204.
Geschlchte, d. grauenStaares (von H ugo Magn us,
Rec.) 116.
Oeschwur, syphilitisches, Nutzen d. Jodofonn 32. -,
(’ircumcision zur Heilung 62. 176. , varikiise* (Knt-
stehnng) 62. (Circumcision) 62. (imGesicht) 63. (Searl-
rtkation, Verband mit Tischlerleim) 63. dlaiitrans-
plantation) 63. 64. - , Entstciiuug nacli d. Tragon vou
Striimpfcn aus mit Aniliufarbe grfiirbter Wollc 116. ,
Nutzen d. Kali chloricum 233. — , diphthcritisclica im
Oesophagus 268. — S. a. Beingeschwur.
Geschwtilst, an d. Vulva, Ahtragung mit einem stiel-
bildenden Instrnmente 251. — S.a. I>arm; Fibrocellu-
largeschwulst ; Gehirn, kleines ; Knochcngesehwulst.
Gesicht, varikoses Geschwur in solch. 63.
Gesichtslagen, Verbessemng mit d. Hand 254.
Gesichtsscbmerz, Nutzen d. Salicylsanre 199.
Gesundheitspflcge, System ders. (von Ludwig
Hirt, Rec.) 221.
Gewebe s. Granulationsgewebe.
Gewebstnrgor 94.
G i c h t , erbliche Uebertragung 23.
Gift s. Metalle; Vergiftung.
Glaukom, Drainage d. Anges 103.
G latze s. Alopecie.
G 1 u h e i s e n , Ersatz durch Paquc tin's Thermokaiiterium
72.
Goldregen s. Citysus. •
Granulationsgewebe, Bedeutung f. d. Scrofulose
244.
Gr5sse s. KorpergrSsse.
Grnndwasser, Bexieh. zur Verbreitung d. Typhus 105.
Gumma d. Haat, Nutzen d. Jodoforra 32.
Gnmml arabicum, Verband mit solch. 71.
Gummdse Bursitis 248.
Gntachten, gerichtsarztliche (von Hermann Fried-
berg, Rec.) 116.
Haare, Beschaffenh. b. Alopecie 25.
Haarseil, Anwend. b. Behandl. d. Pseudarthrosen 156.
Hadern a. Lumpen.
Haematom, d. Vulva, d. Vagina u. d. Bauch wand 216.
Haemostatiknm, Secale corantum 236.
Haken, stnmpfer, Anwend nag b. schweren Steisagebnr-
ten 266.
Hals, Lymphadenom an solch. 288.
Halswirbel, Luxation d. 5. nach vorn 153.
Handbuch d. gesammten Augenheilknnde (red. von
Alfr. Graefe u. Theod. Saraisch, Ul. 2. IV. 2.
VII. 1, Rec.) 219.
Handwdrterbuch, chemisches (von O. Damme r,
Rec.) 223.
Handgelenk, Luxation 261.
Ham, Einfl. d. kunstl. Unterdrucknng d. llautperspira-
tion 180. — , Uebergang d. Salicylsanre in solch. 180.
— , Beschaffenh. u. Verhalten b. Leukamie 275. 278.
Harnblase, Zerreissnag b. Beckenfrakturen 162. — ,
Katheterisation b. Retroflexion d. schwangern Uterus
211. — , Papillom an d. hintern Wand, Exstirpation
293.
Harnleiter, Verdoppelnng auf d. einen Seite b. Weibe
39.
Harnorgane, Reizzustande, Nntzen d. Camphora mo-
nobromata 18.
HarnrOhre, b. Weibe (Verdoppelnng) 39. (Fistel als
Urs. von Vaginismus) 251. — 8. a. Tripper.
Harnstoff, Ausscheidung b. Leukamie 275.
Ilarnwege. Doppelbildungen an solch. b. Weibe 39.
Haut. Saftbahnen ders. b. Menschen 7. — , Bepinselung
mit Jod , Jodismus u. Albuminurie nach solch. 13. — ,
venose Stauung (Symptome) 26. (b. verschied. Krank-
heiten) 27. — , Gumma, Nutzen d. .Iodoform 32. — ,
Transplantation auf Geschwure 63. — Lymphgefasse
ders. 81. (Zusammcnbaug mit d. Blutgef&ssen) 82. — ,
Anwend. d. Kupfersalbe b. fremden Korpern unter
ders. 168. — , Anasthesie, Nutzen d. Faradisation 208.
— , Fibrome ders. 246. — , Affektion b. Leukamie 273.
— S. a. Kopf-, Schleim-, serfise Haut.
Ilautkrankheiten, Nutzen d. Tinktur Oder d. Oels
aus verdorbenem Mais 11. — , Lehrbnch ders. (von
1 s i d o r Neumann, Rec.) 209.
Haut perspiration, kunstl. Unterdrucknng, Einfluss
auf <1. Organismus u. anatom. Veranderungen nach
solch. 180. 181.
Hauttransplautation, Verhalten d. transplantirten
Stucke 64.
Hebammenwesen, Statistik im Konigreich Sachsen
296.
Heilkunstler, im alten Rom 344.
Heilmittel, d. Wille als solch. 182. — S. a. Arznei-
mittel.
Hernia, dlaphragmatica d. Leber b. Beckenfraktur 162.
— , umbilicalis, angeborne 259.
Herz, Verletzung ohne sofort. Tod 66. — , Einfl. d.
Woohenbettes auf Erkrankungen 217. — •, allgem. Hy-
drops b. Erkrankung dess., Nntzen d. So&riflkationen
208.
Herzbentel, Paracentese 269.
Herzklopfen, Nutzen d. Bromkamphers 18. d. Eises
19.
H i r n h a n t , harte, Widerstandsfahigkeit gegen Feuer 76.
Histoire de la Chirurgie fran^aise (par J. Rochard,
Rec.) 397.
Hornhant, Physiologie u. Uistologie 73. (Nerven) 73.
74. (Verhalten d. normalen Zellen) 74. — , Entzondung
(traumatische, Verhalten d. normalen Zellen) 74. (Ein-
fluss d. Bakterien) 74. (mit Blaschenbildung) 74. — ,
Affektion nach Durobscbneidung d. Trigeminus 76. — ,
Apoplexie in ders. 75. — , Verschwarungsprocesse an
ders. Keratotomie 108.
Hospital s. Brussel; Frankfort; Kinderhospital ;
Mainz ; Stuttgart.
Hum eras, Fraktur (Behandlung) 152. (d. anatom.
Halses mit vollstandiger Umdrehung d. Gelenkkopfes
um seine vertikale Acbse) 160. (d. Halses , Diagnose
von Luxatio subcoracoidea) 260. (d. Condylns internus
b. Luxation beider Vorderarmknochen) 261. — , Luxa-
tion (Rednktion) 163. (doppelseitigc) 260. (unter d.
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nso
8 » c h • R e g i s t e r.
Proc. ooracoideos, Diagnose tod Fraktnr am Halae)
260. — , Pseudarthrose, operative Behandlung 161.
Hand’, Gase d. Lymphe b. solch. 93.
Hydatide, Morgagni'sche 230.
Hydra in nlon, kunstl. Frfihgeburt wegen soleh. 68. — ,
Pathogenic 143.
H ydrargyrum, bichloratnm corro3ivum , subentane
Injektion gegen Syphilis 249. — S. a. Stomatitis.
Hydrops, e vacuo, Entstehnng 96. — , allgem. b.Herz-
krankheit, Nutzen d. Scariflkationen 208.
Hygleine, d. Gefangnisse 111. — , Bedeutung baro-
metr. Beobachtungen 116.
Hygrom d. Schleimbeutels am obern sohlefen Augen-
muskei 271.
Hyperasthesie d. Ovarium, Nutzen d. method. An-
vrendung d. Eises 19.
Hyperplasie, angeborne d. Fettzellgewebes d. Beins
247.
Uypertrophie, d. vaginalen Theils d. Uterushalses
253.
Hypnotikum, Bromkampher 18.
Hypnotismus, kunstl. erzeugter 181.
HypogloBsns s. Nervus.
Hysterie, Bezieh. zu Neuraethenie 16. — , Nutzen d.
Bromkamphers 18.
Hystero-Epilepsle , Nutzen d. method. Anwend. d.
Eises 19.
Jahresberieht, fiber d. Verwaltung d. Medioinal-
wesens in Frankfurt a. M. (XVII. u. XVIU. Jahrg.
1873. 1874, Bee.) 108. — , d. Landes-Medicinal-Colle-
giums fiber d. Medioinalwesen im KSnigr. Sachsen f.
1874 (Bee.) 103.
Ichthyose, venose Stanungen in d. Haut 28.
Identitat, einer Person, Bestimmung nach aufgefun-
denen Knochen 28.
IkteruB u. Leberkolik b. Retention d. Menstruation
138.
Impetigo , Nutzen d. Tinktur oder d. Oels aus verdor-
benem Mais 10.
Impfpocken, am obern Angenlid 224.
Inguinaldrusen, Entzfindung , Nutzen d. Acetnm
plumbi 31.
Instrument, sHelbildendes zur Abtragung von Ge-
schwfilsten 261.
Intercostalneuralgie, Nutzen d. Salicylsaure 199.
Intrauterine unblutige Behandlnng (von Sigismund
Goldschmidt, Bee.) 291.
Jochbein, zweigetheiltes 227.
Jod , Jodismus u. Albuminurie nach Bepinselung d. Haut
mit soleh. 13.
Jodkalium, Resorption von d. Vaginalschleimhaut aus
40. — , Nutzen b. Morphinismus 238.
Jodoform, Nntzen bei : syphilit. Geschwfiren 32. Bein-
geschwfir 33. Leichentnberkel 33.
IrrCnanstalten, im K6nigr. Sachsen 110.
Ischias, Nntzen d. Salicylsaure 199.
M.alte, Nutzen d. Anwendung b. Bubonen 33.
Kahlk5pfigkeit s. Alopecie.
Kaizersehnitt, wegen Uteruafibroid 46.
Kali, Nutzen d. kanstischen u. d. kohlens. b. Alopecie
56 . — t ohloricum, physio log., toxische u. therapeut.
Wlrkung 281.
Kalinm s. Brom-, Cyan-, Jod-, Rhodankaiium.
Kaltwasserbehandlnng d. Typhus, verglichen mit
d. Behan dl. durch Salicylsaure 195.
Kampher s. Monobromkampher.
Kanalisationsarbeiten, Bezieh. zur Verbreitung
d. Typhus 106.
Kaninchen, Transplantation d. Haut von soleh. auf
Menschen 63.
Katarakte s. Staar.
Kathete risation d. Harablase b. Retroflexion d.
schwangefn U terse 211.
Kaustika s. Aetamittel.
Kauterium s. Thermokauteriom.
Kehlkopf s. Larynx.
Keilbein, erstes d. Fnsswurzel, Zweithellung 227.
Keratitis, bullosa 74. — S. a. Hornhaut, Entzfindung.
Keratotomie, wegen Ulcerationsprocessen 209.
Kind, Nichtgestilltwerden, Einfl. auf d. Sterblichkeit 61.
— , weisse Hepatisation d. Lunge 107. — , nachtliches
Aufsohrecken 148., — , Pyopneumothorax 148. — , Peri-
tonitis 148. — , Verwendung d. Salicylsaure b. soleh.
196. 197. — , Zunahme d. Lange u. d. Gewichts 225.
— , plotzl. Tod b. soleh. 268. — Perisplenitis 259. —
S. a. Abscess; croupSse Entzfindung; Cyste; Dlpb-
therie; F6tus; Furunculosis; Gchirn, kleines; Korper-
gewicht ; Lnngenarterie ; Magen ; Nabelbrnch ; Nen-
geborne ; Osteomyelitis ; Pharynx ; Polydipsie ; Sing-
ling ; Thrombose; Tnberkulose. — , in geburtshfilfl.
Beziehung, Wendung 216. — S. a. Fotus; Todtgeburt.
Kinderhospital, Christ'sches in Frankfurt a. M., Be-
richt f. 1873 107. — , inPrag, Mittheilungen aus dems.
268.
Kleidungsetficke, Uebertragnng von Krankheiten
durch solche 77.
Kleienlade,f. Behandlung complicirtcr Frakturen 149.
Klinik, d. geburtshfilfl. Operationen (von Heinrich
Fritsch, 2. Aufl. Rec.) 210.
Klinische Berichte von d. med. Abtheilung d. Lan-
deskrankenhauses in Jena (von Franz Penzoldt
u. Wilh. Leube, Rec.) 291.
Kniegelenk, Schiene f. soleh. 149. — , Tumor albus,
Fraktur 168. — , lose Korper in soleh., Operation 171.
Knielage b. Fotus, Hauflgkelt 266.
Knochen. Bestimmung d. Identitat nach soleh. 77. — .
Lymphgefiusse dera. 89. 91. — , Transplantation zur
Heilung von Pseudarthrose 167. — , Wirkung. d. Sallcyl-
aaure auf solche 189. — , syminetr. Nekrose 270.
Knochen geschwulst, unter d. Lig. patellae inferius,
antisept. Operation 268.
Knoclienmark, Affektion b. Leukamie 276. 278. 281.
286.
Kndohel s. Malleolus.
Kobalt, Nachwels mittels Elektrolyse 126.
Korpergewicht, Zunahme (im intrauterluen Leben)
226. (n. d. Geburt) 226.
K5rpergrosse, KCrperlange, d. Rekruten (statist.
Untersnchungen) 177. (Verhaltniss zum Brustumfange)
179. — , Zunahme im intrauterinen Leben u. nach d.
Geburt 225.
Korperwarme, Verhalten b. venosen Stauungen in d.
Haut 26. — , Verhalteu nach kfinstl. Unterdrfickung
d. Hautperepiration 180. — , Wirkung d. Salicylsaure
auf dies. 189. 191.
Kohlendunst, Vergiftung 14.
Kohlengrube, Sinken d. Luftdrucks als Warnungs-
zeichen vor b6sen Wettern 116.
Kohlensaure, Wirkung von Arzneimitteln auf d. Aus-
scheidnug 123.
Kolik s. Leberkolik.
Kolpitis, Pathologie 216.
Kondylom, breites, Nntzen d. Jodoform 32. — , Bpitzes,
Contagiositat 236.
Kopf, Verlctzung, Trepanation 66. — , phJegmonoseb
Erysipel mit Bluterguss rwischen Galea apoueurotica
u. Ilirnschale 136. — , Aneurysma cirsoideum an soldi.
268
Kopfhaut, behaarte, Verhalten d. Rauraainnes an
soleh- 26.
Kopfschmerz, als 8ymptom von Kleinhirntumorcn
242. — , in Folge von Anstrengung d. Angen 272.
Krampfwehen, Ursachen u. Behandlnng 214.
Krankenanstalt Rudolphs-Stlftnng in Wien , Bericht
vom J. 1874. (Rec.) 206.
Krankenhaus s. Hospital; Laudekkrankenhaus.
Krankenspeise, Wertii d. Legumiuoee 122.
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Sach-Register.
351
Krankheit, Uebertragung dnrch Ktoidongsfctitake,
Batten a. Lumpen 77.
Krankheiten s. venerische Krankheiten.
Kreba, gleichzeit. Vorkommen mit Lupna 80. — , Ent-
wicklung in Uteruamyomen 50. — , d. Brast, Exstir-
pation , Metastaae anf d. Obcrschenkel n. spontane
Fraktar dess. 168. — , ala Ura. von spontanea Frak-
tnren 168.— 8. a. Encephaloidkrebs.
Kryatalle, in Bint, Oeweben n. Spntis b. Lenkamie
284.
Kngelbakterien, Einflnss anf Entstehung d. Kera-
titia 74.
Kupfersalbe, Anwendung b. fremden KSrpern nnter
d. Bant 168.
Knrpfnscberei im Konigr. Sachaen 111. — , Verord-
nnng wegen ders. 344.
li am in aria, Erweiterung d. Mutterhalskaiiala mittels
aolcb. 56.
Landeakrankenbaua a. kliniscbe Berickte.
I.a p a ro by a t ero torn i e , b. Fibrom d. Uterna 48.
Larynx, Striktnr, Heilung dnrch kfinstl. Kehlkopf 70.
— , Resektion b. Stenoae 70. 71. — , Eindringen von
Speisen in dens., Tracheotomie 168. - Gelenke an
soldi. 227.
Leber, Btemzellen in aolch. 117. — , hereditare Syphilis
b. Fotus ala Urs. von Hydramnion 144. — , Hernia
dlaphragmatica b. Reckenfraktur 162. — , hyper-tropb.
Cirrhose b. Syphilis 247. — , Besehaffenh. b. Lenkamie
276.
Leberkolik, mit Octeraa b. Retention d. Menstruation
13$.
Leguminoac, Nahrwerth n. Bedeutnng ale Kranken-
apeise 122.
Lehrbuch, d. Hautkrankhciten (von laidor Neu-
mann, 4. Anfl., Roc.) 209.
Lchrthatigkeit, populare 208.
Leibbinde, Anlegnng nach d. Entbiodnng 144.
Leichentuberkel, Nntzen d. Jodoform 33.
Leichnam, Verkohlung verschied. Theile 76.
Leiomyom d. Uterus 50.
Leiatendruae s. Inguinaldroaen.
Leukaemia, splenica 279. — , lymphatica 281.
Leukamie, Weaen dera. 273. 286. — , Verhalten d.
Blutes b. aolch. 273. 278. (VerhaltnisB d. weiasenBlut-
korperchen zud. rothen) 275. — , Besehaffenh. d. Leber
276. — , Besehaffenh. d. Hants 276. 278. (llarnstoff-
anascheidnng) 276. — , gleichzeitigea Vorkommen d.
lienalen, lymphatiachen u. myelogenen Form 275. 278.
283. — , Bezicli. zu Scrofuloae 277. — , Bezieh. an
Wechselfleher 277. — , Einfl. einer Verietzuug d. Milz-
gegend anf d. Entatehung 277. — , Entwicklung ana
Lymphoearkom 277. — , spontane Blutungen 278. — ,
lienale (Caauistik) 279. (Verhalten d. Blutea) 279. — ,
lyrnphatiache 281. — , mit vorwiegender Betheilignng
d. Knochenmarks 281. — , Kryatalle in Bint, Geweben
n. Sputia 284. — , anatom. Veranderungen innerer Or-
gane 284. — , Behandlung (Ergotin) 286. (Phosphor)
286. (Galvanisation oder Faradisation d. Milz) 287. — ,
Bezieh. zu Pseudoleukamie 287. — , Combination mit
Adenic 288.
Lichen articatns, venose Btanungen in d. Haut 27.
Lienale Lenkamie 276. 278. 279. 283.
Ligament urn, patellae inferius, Knochengeachwnlst
unter dems., antiaept. Operation 268.
Ligatnr, elastische zur Abtragung von UternsAbromen
66. — , d. Art. lingnalis 229.
Lithinm chloratum, Absorption von d. Vaginalschleim-
haut aus 41.
Lnft, Eindringen in d. Venen d. Gebarmntter ala Todea-
nrsache 293.
Lnftdruck, atmospharischer , hyglein. Wichtigkeit d.
Boobaehtong 116.
Luftwege, fremde Korpar in sotoh. 168.
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Lumpen, Uebertragnng von Krankheiten dnrch aolcbe
77. — S. a. Papierlumpen.
Lunge, Verhalten in verbrannten Lelchen 76. — ,
Lymphgefasse dera. 86. (Verhalten b. Krankheiten
dera.) 98. — , inoculirte Tuberkulose, Bezieh. snr
Entwicklung von Adenoidgewebe 99. — , weiaae Hepa-
tization bei einemKinde 107. — , Affektion b. Leukamie
278.
Lnngenarterie, Lymphgefasse im Bindegewebe am
d. Aeste ders. 88. — , diphtherit. Endarteriitis 268. — ,
Thrombose b. Caries d.Os sacrum b. einemKinde 269.
Lungenatelektase Neugeborner 294.
Lungenempbysem, Storungen d. Lymphstroms b.
solch. 97. — , pneumat. Behandl. 207.
Lnngenentzundnng, Nutzen d. Salicylsaure 193.
200. — , Lokalisation 207. — , akustische Zeichen (von
Paul Niemeyer, Rec.) 208. — S. a. Bronchopneu-
monie.
Lungentuberkulose, anskul tatorisehe Erschein ungeu
207.
Lnpnlin, mit Phosphoraanre gegen Morphlnismua 240.
Lupus, anatom. Veranderungen 29. — , gleichzeit. Vor-
kommen mit Carcinom 30. — , Verhalten : d. Blnde-
gewebes 29. d. Lymphgefasse 30.
Luxation, verbesserte Sayre’scbe Extensionsachiene
149. -, zur Statistik 149 fig. — , Einfl. d. Muskel-
thatigkeit b. trauinatiacher 259. — 8. a. Aatragalna ;
Clavicula; Daumen; Femur; Lialswirbel; Ilandgelenk;
Humerus ; Metacarpus ; Metatarsalknochen ; SchuKer-
gelenk ; Sternum ; Talus ; Vorderarm ; Zehe ; Zeige-
flnger.
Luxuspapier, Bleiverglftung b. d. Fabrikation als
Ure. von Sehstorung 76.
Lymphadenom, Beziehung zu Lenkamie 287. — , am
Halse 288. — , in d. Schadel- u. Kuckgratshohle 288.
Lyrnphatiache Constitution 95.
Lympbatische Lenkamie 275. 278. 281, 283.
Lymphdrfisen, Einfl. d. Vergrosserung u. Entartung
anf d. Lymphstrom 98. — , Affektion b. Leukamie 276.
278. — , Diagnose d. Hyperplasie von malignen Ge-
schwulsten 289.
Lymphe, Abfluss aus d. Ductus thoracteus b. Hunde
91. — , Absonderung u. Bewegung 91. (Abhingigkeit
vom Blutstrome) 92. (Anomalien) 94. 96. 99. — , Gase
ders. b. Hunde 93. — , Austritt aus d. Lymphgefassen
nach Verletzung 97.
Lymphgefasse, Verhalten b. Lupus 30. — , ektatiachc
inEibromyomen d. Uterus 48. — , Anatomic (Urspruag)
81. 82. 88. (Zusammenhang mit d. Blutgefkssen) 82.
(in d. Haut) 81. 82. 88. (im Bindegewebe) 83. 84. 88.
(d. Gelenke) 83. (Ooffnnng au d. freien Oberflaclie d.
serdsen Haute) 84. (d. Lunge) 86. (d. Lungenpleura)
87. (d. Bronchien) 88. (um d. Aeste d. Lnngenarterie)
88. (d. Knochen) 89. (d. Hodens) 89. — , ira Go him,
Ausdehnung b. Lungenemphysem 97. — , Verhalten b.
Entzundung seroser Haute, Affektion d. Lunge u.
Plenra 98. — S. a. Ductus thoracicus ; Saftbahnen.
Lymphgefasssystem, Anatomie 81. — , Pbyaioiogie
91. — , Pathoiogie 94.
LymphatischeElemente b. Lupus 30.
Lymphosarkom, malignes, Uebergang zu eebter
Leukamie 277. — , Bezieh. zu Leukamie 287. — ,
Diagnose von: Encephaloidkrebs 288. Lymphdribeii-
hyperplasie 289.
Wag en, Dilatation mit Hypertrophic, Ansspfihmg 134.
— , Gabel In solchem, Gastrotomie 169. — , Cyste iu
solch. b. einera Kinde 268. — , crnpdse Entzflndunar
b. einem Kinde 268.
Magenfistel (nach Abscess in d. Bauchdecken) 167.
(nach perfor. Geschwur) 167. (Behandl.) 167.
Magengeschwur, auasere Fistel in Folge d. Perfo-
ratioa 167.
Magenpumpe, Anwendung b. Magenerwetternng 134.
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352
Sach-Register.
Magnetische Striche, zur Erzeuguug von Somnam-
bnlismus 182.
Mailand, Poliklinik f. venerische Krankheiten 33.
Mainz, Htatistik d.Frakturen u. Lnxationen im Roehus-
apit&le 149.
Mai a, verdorbener, Nntzen d. Oels u. d. Tinktur gegen
Hautkrankheiten 10.
Malleolua, Fraktur mit Luxation d. Talus 161.
Mamma, traumatiache Entzundung 138. — , Exatirpation
wegen Krebs, Metastaae auf Knochen, apontane Fraktur
168. — 8. a. Brustwarze.
Maser n a. Morbilli.
Massage, Nutzen; bei chron; rheumat. Myitis 130. — ,
b. akuten Gelenkleiden 172.
Mecbanische Behandlung, d. Gebarmutterkrank-
heiten 262.
Mediastinum, sekundarer Abscess in dems. b. Oeso-
phagusflstel 269.
Mcdicinalwesen, Verwaltung dess, in Frankfurt a/M.
1873 u. 74 (Rec.) 103. — , im Konigr. Sachsen, Ber.
f. 1874 (Rec.) 108.
Mehrgcbarende, Morbiditatsverhaltniss 215.
Menstruation, Retention mit lkterus u. Leberkolik
138.
Mesenterium, Lymphgefasse 86. — , Bau (b. Kanin-
chen) 119.
Meaometritis 217.
Moaaerklinge, langes Verweilen in d. Pleurahohle
ohne Symptome 169.
Metacarpo - Phalangealgelenk, loser K6rper,
Operation 171. -r-, d. Zeigeflngers, Luxation mit Inter-
position d. Sehne 262.
Metacarpnaknochen, Luxation des vierten 262.
Metalle, giftige, elektrolytischer Nachweis 126.
Metatarsalknochen, Luxation d. 1. auf d. Dorsal-
seite 262.
Metrorrhagie a. Gebarmutterblutung.
Milchfieber, Pathogenic 216:
Miliartuberkulose, akute, Vcrhalten b. Menschcn
99.
Milz, Beziehung zu Leukamie 273. 275. 276 tig. — ,
Krystalle in solch. b. Leukamie 284. — , Galvanisation
oder Faradisation b. Leukamie 287. — , Echinococcus
in solch. 294. — S. a. Perisplenitis.
Milzgegend, Contusion, Bezieh. zur Entstehung von
Leukamie 277.
Mittheilungen, aus d. Franz-Joseph-Klnderepitale zu
Prag 268.
Mole, verechiedene Arten 263.
Monobromkampher, Nutzen b.Nervenkrankheiten 8.
Morbiditat, in Frankfurt a/M. 103. — , im K8nigr.
Sachsen 112. — , Erat- u. Mehrgebarender 216.
Morbilli, venose Staunng in d. Haut 27. — , Epidemic
in Frankfurt a/M. 107. — , Nutzen d. Salicylsaure 200.
Morbus Brightii 208.
Morgagni’BChe Hydatide 230.
Morphinismus, Pathogenle, Diagnose, Therapie 236.
240. — , Maaaaregeln gegen Bolch. 238. — , Eintl. auf
d. Sehwangerachaft 238.
Morphium, Wirkung auf d. Gasauatauach im Organis-
mus 123. — , Uebergang aus d. KSrper d. Mutter in d.
F&tns 267.
Morphinmhnngerb. einem Neugebomen 238.
Mortslitat, d. Kinder (Einfl. d. Nichtgestilltwerdens)
61. (in Frankfurt a/M.) 104. — , im Konigr. Sachsen
112. — , d. Gebarenden u. Wochnerinnen 212. 215. 295.
Mumps 8. Parotis.
Mund , Furchen an solch. b. sekundarer Syphilis 37. —
8. a. Noma.
Mn sc ulus obliquos snp. ocull , liygrora d. Schleim-
beuteia 271. — , omohyoideus, Verbindung mit il.
Schluaselbelne 117. — , peronaeua longu», Dislokation
d. Sehne 266.
Muske'L, chron. rheumat. Entzfindung, Behandl. 129.
— , Fraktur durch d. Wirkung solch. 161. — , Rolle b.
tranmat. Luxationen 259.
Muskelatrophie, progressive 128. — , an d. Scapnla,
Reibungsgerausch 266.
Mnskelrheumatismus, Bezieh. zu d. Anomalien d.
Lymphstroms 96. — , chron., Diagnose u. Behandl. 129.
Mutter, Uebertragung d. Syphilis auf d. F6tus 36. 38.
— , Stoffwecbsel zwischen ders. u. d. Fotus (Ueber-
gang von Arzneiraittein) 267.
Mutterkorn s. Secale.
Myitis rhenmatica 129.
Myelogene Leukamie 275. 278. 281. 283.
Myom d. Gebarmutter 44. 46. 50. — S. a. Fibrom,
Fibro-Myom.
IVabelbruch, angeborner 269.
Nabelschnur, Mangel d. Blutung b. Nichtunterbinduug
ders. 145. — , Abnormitaten 213. 266. 296. — , Fuhl-
barkeit durch d. Bauchdecken 254.
Nachgeburtsperiode, Gebarmutterblutung, Behand-
lung 144.
Nahrungsmittel, Farbnng mit Fuchsin 80. — 8. a.
Legnminose.
Narhe, Atresie d. Muttermundes durch solche ala
Geburtshinderniss 69. — , nacta Verbrennnng oder
Quetschung, plast. Operation 271.
NasseEinwicklung, b. Morbus Brightii 208.
Nataloin 12.
Natron, kaustischea u. kohlens., Nutzen b. Alopecie 26.
— , arsenigsaures, Wirkung auf d. Stoffwechsel 124.
— , salicylicnm als Antipyretiknm 190. (b. Typhus)
192. 194. (b. hekt. Fieber) 199. ,
Nekrose, d. Knochen, aymmetriache 270.
Nerven, Nutzen d. Phosphor u. d. Phosphor-Zink b.
Erkrankungen ders. 18. — , d. Homhaut 73. 74. — ,
peripherische , Oedem nach Verletznng 96. — S. a.
Cervikalnerven.
Nervensystem, sympathisches, Ban n. Funktion 8.9.
Nervenzelle, peripherische 8.
Nervus, lingualis, Venen dens, begleitend 229. — ,
hypoglossus, Anastomosen mit d. Cervikalnerven 230.
— S. a. Chorda tympani ; Sympathicns ; Trigeminus.
Nesselfriesel s. Urticaria.
Netz, Vorfall b. Bauch wunde 68. (Behandl.) 69. — ,
Lymphgefasse dess. 86. — , Bau 116.
Netzhaut s. Retina.
Nengeb-orne, akuter Pemphigus, Contagiositat 61. — ,
Fora d. Beckens 146. — , Einfl. d. Zungenbandchens
anf d. Saugen 147. — , Morphiurahunger 238. — , Lun-
genatelektaae 294.
Neuralgic, Nutzen: d. Phosphor 18. d. Salicylsaure
199. — , d. ElektricitSt 208. — . d. Trigeminus, Be-
handlung 207. — S. a. Facial-, Intercostal-Nenralgie ;
Ischias.
N cu r a s t h e ni e , Verhaltniss zuHystorie u. Anamie 16.
— , cerebrale, Nutzen d. Phosphor 18.
Nenritis, Pathogenie u. Diagnose 126.
N euros e, Behandlung 18. — , d. Somnambulismus alm-
liche kunstlich erzeugt 182. — , vasomotorische , Ery-
thema exsudativum 246.
Nickel, Nachweis mittels Elektrolysc 126.
Niere, Bright’sche Entartung, behandlung 208.
Noma, Nutzen d. Kali chloricum 232. — , Ileilnng durch
Ausscliabung 268.
Notes, a physicians, on Ophthalmology (by J. H ugh-
lings Jackson, Rec.) 299.
Nussbaum’s Methode znr Behandlung von Geschwu-
ren 62. 176.
Nux vomica, Nntzen b. Schwindel 207.
Oberarm, s. Humerus.
Oberschenkel s. Femur.
Oedem, bei Entzundung 28. — , Eind. d. Lymphgefiiss-
systems auf die Entstehung 95.
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Sach-Register.
353
Oel, d. verdorbenen Main gegen Hantkrankhelten 10.
Oesophagus, diphtkerit. Entzundtmg b. einem Kludc
268. — , Fistel, sekr.ndSrer Mediastinalabscess 269.
Omentum s. Netz.
Omohyoideus s. Musculus.
Omphalocele congenita 259.
Operationen, gcburtshulfliche (Klinik derselben von
H. Fritsch, Rec.)210. (Einflussaufd. Sterblichkeitd.
Hatter n. Kinder) 212. 295. — , plastische an den Ex-
tremitaten 271.
Ophthalmologle s. Angenheilkunde.
Opium . gewohnheitsmasBiger Missbrauch, Abgewoh-
nnng 240.
Os cnneiforme s. Keilbein ; hyoideum s. Znngenbein ;
ilei s. Darrabein ; sesamoideum s. Sesambein ; temporis
s. Schlafenbein , zygomaticnm s. Jochbein.
Osteoklase, wegen Deformitat nach geheilter Ober-
schenkelfraktur 163.
Osteomyelitis, Fraktnr b. solch. 160. — , maligna
acntissima b. einem Kinde, Embolie 269.
Ovarium, Iiyperasthesie, method. Anwendung von Eis
19. — , Geschwulst auf beiden Seiten, Einfl. auf d. Ge-
webe d. Gebarm. 139.
Oxalsaure, Vergiftung 125.
Papierlnmpen, Uebertragnng von Pocken durch
solche 79.
Papillom, d. Harnblase b. Weibe, Extirpation 293.
Paquelin’s, Therm oka uteri urn 72.
Paracentese des Herabentels 269.
Paralyse, durch Secale cornut. bedlngt 284. 236. — ,
8. a. Cerebralparalyse.
Paralyaies bulbaires (par Hallopeau, Kec. 100).
Parametritis , Sallclngegend. Fieber200. — , b.Woch-
nerinnen 216. — , in Folge vonFibrom 217.
Parotis, idiopath. Entzundung, Bezieh. zu d. Ernp-
tionsflebern 244.
Patella, Schleimbeutel vor derselben, Affektion b. Sy-
philis 248. — 8. a. Ligamentum patellae.
Paulinla, gegen Neuralgia frontalis 207.
P e 1 i o s i s rheumatica 24.
Pemphigus, d.Neugebomen (syphilitischer) 37. (ak li-
ter, Contagiositat) 61. — , foliaceus, Bezieh. zn Anoma-
lien d. Lymphstroms 96.
Penis, varikoses Geschwfir 68.
Pennsylvania-Hospital, Statistikd. Frakturen 151.
Peptone, chemiscbes Yerhalten 231.
Perikardinm, Paracentese 269.
Perimetritis, Nutzen d. Salicylsaure 200.
Perinaum, Zerreissung wahrend d. Enthindiing 214.
216.
Perisplenitis, bei einem Kinde 269.
Perlteninm 6.
Peritonaeum, Veranderung d. Endothel b. akuter n.
chron. Entzundung 98. — , Entzundung b. Kindern 148.
Peronaeus s. Musculus.
PeBsarium, Forma. Einfuhrung 252.
Petersburg, Bericht fiber d. Gebaranstalt d. k. Er-
ziehungshauses 212.
Pfortader s. Venae portae.
Pharynx, crupose Entzundung b. Kindern 268.
PhlegmonSsea Erysipel, am Kopfe mit Bluterguss
zwischen Galea aponeurot. u. Hirnschale 186.
Phosphor, Nutzen: b.Neuralgie 18. b. Leukamie286.
— , Verglftnng, Wesenders. 13. — 8. a. Zinkphosphur.
Phoaphorsiore, mit Lupulin gegen Morphinismus
240.
Phthisis, Nntsea: d. SaMeylsiiure 199. d. Saliciu 201.
Pigmententartnng , d. Bfickenmarkes ate Alters-
erecheinang 199.
Pikrotoxin, Antagomsmus mit Chlor&lhydrat 12.
Pity riasla furfuraoea, Behandl, mit Chloralhydrat 246.
Med. JahrUh. Bd. 17*. Hft. 3.
Placenta praevla, Gcbarmntterblntnng in d. Nachge-
burtsperiode 144.
Plaques s. Schleimhautplaques.
Plastische Opera tionen, an d. Extremitaten 271.
Pleura, Lymphgefasse (d. Mediastinum) 86. (d. Lunge)
87. — , d. Lunge , Veranderungen b. akuter u. chron.
Entzundung 98.
Flcurahohle, langes V erweilen einer Messer k linge in
ders. 169.
Pleuritisches Exsudat, Anomalie d. Lymphstroraes
b. soldi. 96.
Plumbum s. Blci.
Pneumatische Behandlnng d. Lungenemphysem
207.
Pneumothorax, traumatischer, Anomalicn d. Lympli-
stromB 96. — S. a. Pyopneumothorax.
Pocken s. Variola.
Poll klinik, fur venerische Krankheiten inMailand 33.
Polydipsie, b. einem Kinde 258.
Polyp, d. Gebarmutter, DrahtschlingezurAbtragung67.
Pressschwamm, zur Erweiternng d. Mutter-Mundes
u. Kanales 66. 252.
Priapismus, bei Schadelfraktur 160.
Prim i par a s. Erstgebarentie.
Privathaus, Entbindung in solch . gegen fiber der in
GebSrhansern 296.
Prophylaktische Desiufektion in d. Geburtshulfe 210.
Prosopalgic, Nutzen d. Salicylsfiure 199.
Prurigo, venSso Stauung in d. Haut 28. — , bei Kin-
dern, lleilbarkeit 210.
Pgeudarthrose, Ursachen u. Behandiung 166. 166.
(Knochenhauttranspiantation) 167. — S. a. Femur, Hu-
merus.
Pseudolenkfimie, Bezieh. zu Leukfimie 276. 287. —
8. a. Lymphosarkom.
Psoriasis, venBse Stannng in d. Hant 28.
Puerperaleklampsie, Verhalten d. Gebirns 293.
Puerperal fie ber, Nutzen d. Salicylsaure 200. — ,
Wesen 216. — , Behandiung u. Prophylaxe 217.
Puerperalkranhciten 217.
Pulsation in einem Exophthalmns 73.
Purpura rheumatica 24.
Pyamie, in Folge einea Abscesses am Hfiftgelenke 62.
Pyopneumothorax, bei einem Kinde 148.
Quecksiiber s. Hydrargyrum.
Qnellmeisel s. Pressschwamm.
t^uetschung, der Weichtheile d. Fusses, fchlerhaftc
Stelluug desselben in Folge der Narbenbildong , plast.
Operation 271.
Ran nisi nn, Verhalten an d. behaarten Kopfhaut 26.
ReibegeraiiBch , unter dein 8chulterblatte 266.
Reinfektion, syphilitiaclie 137.
Rekruteri, Korpcrgrosse (Einfl. versch. Uinstandc) 177.
(ll. Brustumfang) 179.
Resektion, d. Kehlkopfs, wegen Stenose 70. 71. — ,
einer Phalanx d. Dauinens, wegen Luxation 163. — ,
der Brnchenden, bei Pseudartbrose 166. — , des Bruat-
belns 217.
Resezione ed asportazione dello sterno (di Fran-
cesco Rizzoli , Rec.) 217.
Retina, Entzundung (centrale recidivirende) 76. (pro-
liferirende) 272. — , Ablosung, Drainage d. Auges 103.
Rheumatismus, Purpura b. solch. 24. — , Aetiologie
u. Therapie 129. — , Bebandl. mit: Salicylsaure 195.
Saliciu 200. Elektricitat208. — 8. a. Gelenk-, Muskel-,
Tripper-Kheumatismus.
Rbeu matoiderkraukung, bei Bronchektasie 132.
Rbodankalium, Resorption von der Vaginalschleim-
haut aus 40.
Ro 1 1 b i n d e , leinene , Einwicklung d. Extremitaten mit
solch. gegen Gebarmutterblutung 144.
45
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354
Sac h - Register.
Rom, Stellung d. Heilkunstler im Alterthume 344.
Rose s. Erysipelas.
R udolphstif tung, in Wien, Ber. f. 1874 (Rec.) 206.
Ruckenmark, Reizung, Bez. zu Akrodynie 21. — ,
Pigroententartungd.Vorderhoraer als Alterserscheinung
129. — 8. a. Bulbiirparalyse, Tabes.
Riickenwirbel, Fraktur, Priapismos 160. — , Ge-
schwulst an solch. bei Pseudolenkaraie 287.
Kuckgratskanal, Lympliadenome in solch. 287.288.
Sachsen, Konigreich (Medicinalwesen iinJ. 1874) 108.
(Statistik d. IJebammenweaens) 296.
Saufer, varikose Geschwure im Gesicht 63.
Saugling, Einfl. des Zimgenbandchens anf das Saugeu
147. — , Eklainpsip 148. — , Krankheiten 293. - ,
Fins ura ani 257.
San re, unterphosphorigc, toxlsche Eigcnschaften 14. —
8. a. Kohlen-, Oxal-, Phosphor-, Salicylsaure.
Saftbahnen, der Sehnen 4. — , der llant d. Mcnschen
7. (ZuBammenhang mit d. Blutgefasssysteni) 82.
Saftkanale, des Bindegewebes, Zusammenhang init d .
Blutgefassen 84.
Sal be 8. Kupfersalbe. •
8 a li c i □ , als Antipyrctikum 200.
Salicylsaure, Resorption von d. Vaginalschleimhaut
aus 40. — , antipyret. Wirkung 185. Abortus bei d.
Versuchsthieren 186. — , Art der Wirkung 188. — ,
Uebergang inllarn, Speichel u.Schweiss 189. — , Wir-
kung auf d. Zahne 189. — , Einfl. auf d. Korpcrwaruie
(Herabsetzung) 181 tig. (Steigerung) 189. — . ttierapcut.
Verwenduug bei : Typhus 191. akutem Gelenkrlieuma-
tismus 195. hektisclieni Fieber 199. Neuralgieu 199.
Tetanus rheumaticus 199. Wecbselfleber 199. Scliarlach
200. Pnenmonie 200. Puerperalfleber 200. Diphtheritis
200. Pocken 200. Maseru 200. Perimetritis 200.
Salicy Isanres Ammoniak als Antipyretikum 190.
SalicylsauresNatron als Antipyretikum 1 87. 190 flg.
Salivationscentrum 101.
8arkom s. Lymphosarkom.
Sarmatische Schadelform 204. 205.
Sanerstoff, Wirkung von Arzneimitteln auf d. Auf-
nahme dess. 123.
Saugen, Einfl. des Zungenbandchens anf dass. 147.
Sayre’scheExtcnsionsschiene 149.
Scapula, Reibegerausch unter ders. 266.
Scarifikation, gegen allgem. Hydrops b. Herzkrank-
beiten 208.
Scarlatina, venose Stauungen in der Haut 28. — ,
Nutzen d. Salicylsanre 200.
Schabmethode, b. Noma 268.
Schadel, Schussfraktur , Trepanation 65. — , Fraktu-
ren (Casnistik) 150. (Trepanation) 150. (am Schlafen-
bein) 159. (d. Scbeitclbcins) 159.
Schadelformen, Znsammenstellnng der |n Wurtem-
berg vorkommenden (von H. v. Holder, Rec.) 202.
Schadelhohle, Lymphadenome in solch. 287. 288.
Schadelknochen, LymphgefSsse ders. 91.
Scharlachfiebcr s. Scarlatina.
Schiene, f. d. Kniegelenk 149.
Schlafenbein, Fissur d. anssern Platte 159.
Schlaflosigkeit, Nutzen d. Camphora monobromata
18.
Schlafmittel s. Hypnotikum.
Schleimbeutcl, Affektion bei Syphilis 248. — , Ent-
wicklung unter d. Sehulterblatt, Reibegerausch 266. — ,
am obern schiefen Angenmnskel, Hygrom 271.
Schleimhant, des UteruskOrpcre , Banders. — 8. a.
Vagina.
Schleimhant plaqn es, syphilitische, Nntzend. Jodo-
form 32.
Scblncksen, Elektrotherapie 208 .
Schlfisselbeln s. Clavicula.
Schultergelenk, Luxation, veraltete, Behandlnng
152. — , Verletzung, Massage 174.
Schussfraktur, d. Schadel s, Trepanation 65. — , des
Femur, Behandlung 163.
Schwamm s. Pressschwamm.
Scliwangerschaft, bei Uterusflbrom (Bezieh. zur
Entwicklung d. letztem) 42. 44. (Differentialdiagnose)
45. — , in dem einen Horne eincs Uterus duplex , Ver-
grosserung d. andern Homes als Geburtshinde miss 143.
— , Yerlialten d. Cervix uteri 140. — , Retroflexion der
Gebarmutter 211. — , Wirkung d. Morphinisms 238.
— , zur Pathologic 293.
S c h w e i s s , Uebergang d. Salicylsaure in soldi. 189. — ,
profuser b. Weehsclileber, Nutzen d. Atropin 207.
Schwindel, Nutzen d. Nux vomica 207. — , als Sym-
ptom bei Kleinhimtumor 243.
Scorbut, venose Stauungen in der Haut 28. — , Go-
scliwur. b. solch., Nutzen d. Kali chloricuui 233.
Scrofulose, Bedeutung des Uramilationsgewcbes 241.
Bezieh. zn Lenkamie 277.
Secale comutum, Nutzen b. Gebannutterfibrora 52. — ,
cumulative Wirkung 53. — , iuuerl. Anwend. b. Gefass-
geschwulsten d. Orbita 73. — , Wirkung 234. — , wirk-
samer Bestandtheil 235. 236.
Sectio caesarea s. Kaiserechnitt.
Sehne, Saftbahnen 4. — , Interposition b. Luxation des
Zeigetingers im Metacarpo- Phalangealgelenkc 262. — ,
d. Peronaeus longus, Dislokation 265.
8 e h n e u s c li e i d e li , blennorrhag. Eutzuudung 34.
Seliorgan, Affektion b. Kleinhimtumoren 243.
Seide, Keinigen ders., Bezieh. zur Entstehung d. Akro-
dynie 25.
Sektionsbeulc s. Leichentuberkel.
Sensibilitat, d. Kopfhaut, Storungen b. Alopecie 25.
Septikiimie, nach Operation von Uterusflbromeu 65.
Serose Haut, Lymphgefasse 85. — , Verandcrungen
d. Endothels bei d. Eutzuudung 98. — , feinerer Bau
119. 120.
Seaambein, Bedeutung f. d. Luxation d. Damnene nach
hinten 262.
Setaceura s. Haarseil.
Singultus, Elektrotherapie 208.
Sklera, Ektasie, Drainage d. Auges 103.
Socaloin 12.
Somnambulismus, kunstl. erzeugter 181.
Sonde, Durchbohrung d. Gebarmutter mit ders. 138.
Speichel, Nervcncentrum f. d. Absonderung 101. — ,
Uebergang d. Salicylsaure in dens. 189.
Speisen, Eindringeu in d. Larynx, Tracheotomie 168.
Spharobakterien s. Kugelbakterien.
Spinalirritation, Bezieh. zu Akrodynie 21.
Spondylolisthesis, d. Beckens, Einleltung d. Fruh-
geburt 142.
8 p o n g i a cerata s. Pressschwamm.
Sputa, Krystalle in solch. b. Leukamie 284.
Staar, grauer, Geschichte dess, (von Hugo Magnus,
Rec.) 115.
Staatsarzneikunde s. Anilinfarbe; Betten ; Boden-
anfgrabuug; Farbe ; Frucbtpreise ; Gebarhaus; Gefang-
nisse ; Geheimmittel ; Gesundheitspflege ; Gmndwasser ;
Gutaehten ; Hebammenwesen ; Heilkunstler ; Identitat ;
Kanalisation ; Kleidungsstucke ; Knochen ; Kohlen-
grnbe ; Kurpfuscherei ; Leichnam ; Luftdruck ; Lum-
pen ; Luxuspapier ; Medicinalwesen ; Morphlnismns ;
Mortalitat ; Paplerlumpen ; Privathans ; Rekruten ;
Seide ; Strnmpfe ; Syphilis, Uebertragung ; Thierexpe-
rimente ; Tod ; Todtgeburt ; Trichinose ; Trinkwasser ;
Trodlennagazin ; Verbrennung; Vergiftnng.
Staphysagrin 233. (Wirkung) 234.
Statistik, der Frakturen u. Luxationen 149. — , des
Hebammenwesens im Konigr. Sachsen 296.
Stauung, venose, s. Entzfindung; Haut.
Stein, Blldung im Uterus 50. — S. a. Blasensteiu.
Steissgeburt, bei Fibrom im Hnttermunde 44. — ■,
Anwend. d. stumpfeu Hakens 256.
Stelsslage, Hiuflgkeit d. Vorkommens 266.
Stenose, d. Larynx, Exstirpation dess. 70. 71.
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Sach-Register.
355
Stephanskftrner, Wlrkung d. Alkaloide 333.
Sterblichkeit, d. Kinder, Nichtgestilltwerden alsUr-
sache 61. — , im Konigreich Sachsen 112. — S. a. Mor-
talitat.
Sternum, Resektion u. Abtragung (von Francesco
Rizzoli, Rec.) 217. — , Luxation 260. — , Fraktur
261.
Sternzellen, in d. Leber 117.
Stickstoff, Einfl. d.Arsenik auf d. Ausscheirtung 124.
Stillen, Einfl. d. Unterlassens auf d. Sterblichkeit klei-
ner Kinder 61.
S t i 11 e n d e , Nutzen d. Atropin, ders. verabreicht, gegcn
Eklampsie d. Kindes 149.
Stoffwechsel, zwischen Mutter u. Kind 257. — , der
Wochnerinnen 294.
Stomata, d. Lymphgefiisse an serSsen Hauten 84. 85.
Stomatitis mercurialis, Nutzen d. Kali chloricum 232.
Striktur, d. Larynx, Heilung durch den kfinstl. Kehl-
kopf 70.
Strumpfe aus mit Anilin gefarbter Wolle aLs Urs. von
Geschwfiren 116.
Strychnos s. Nux vomica.
Stuttgart, Statistik der Frakturen u. Luxationen im
Katharinenhospital 150.
Subcutane Injektion, von Ergotin (gegen Uterus-
fibrom) 51. 52. (gegen Leukamie) 285. (gegen Drfisen-
geschwiilste) 285. — , von Extractum secalis cornuti
236. — , mit Morphium , Missbrauch 236. (Maassregeln
gegen solch.) 238. — , von Hydrargyrum bichloratum
corros. gegen Syphilis 249.
Sublimat s. Hydragyrum.
Sympathicus, Bau u. Funktion 8. 9. — , am Halse.
Galvanisation 208.
Symphysis ossium pubis, Zerreissung mit Fraktur des
Oberschenkels 161.
Synovitis d. Tibiotarsalgelenks, traumatische , Nutzen
d. Massage 175.
Syphilis, Nutzen d. Jodoform 32. — , Uebertragung
36. (Unterschied zwischen hereditiirer u. congenitaler)
36. (von d. Mutter aus) 36. 38. (vom Vater aus) 36. 38.
— , centrale recidivirende Retinitis b. solch. 75. — , Re-
infektion 137. — , Urs. v. Hydramnion 143. — , Urs. v.
protrahirter Callushildung 156. , hypertroph. Cirrhose
d. Leber 247. Affektion d. Schieimbeutel 248. - ,
Behandlung mittels hypodermat. Snblimatinjektionen
249.
Sy phi lorn, Nutzen d. Jodoform 32.
System der Gesundheitspflege (von Ludwig Hirt,
Rec.) 221.
Tabes dorsalis, spontane Frakturen b. solch. 158.
Talus, Luxation b. Fraktur beider Knochel 161.
Tamponade, gegen Gebarmutterblutung nach d. Ent-
bindung 144.
Tape ten, Arsenikvergiftung durch solche bedingt 14.
Test Ik el, Lymphgefasse 89. — , Vasa aberrantia an
solch. 229.
Tetanus, rheumaticus, Nutzen d. Salicylsaure 199. — ,
traumaticus, Bezieh. zu Neuritis 127.
Thermokauterium Pa<juelm’s 72.
Thierexperimente, Unzulanglichkeit ders. fur den
Nachweis von Atropin 126.
Thorax, method, exspirator. Compression behufs Be-
fSrderung d. Expektoration 133.
Thrinendruse, Affektion b. Leukaemia lymphatica
281.
Thrombose, d. Lungenarterie b. Caries b. einem Kinde
259.
Tibia, Fraktur (protrahirte Caliusblldung in Folge von
8yphilis) 256. (sternformige) 163. (isolirte) 167.
Tiblotarsalgelenk , traumat. Synovitis, Nutzen der
Massage 175.
Tonsillen, Geschwulst, Nutzen d.Kali chloricum 233.
Tod, plStzlicher bei Kindern 268.
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Todesart, Nachweis b. verkohlten Leichen 77.
Todesursachen, Statistik ders. im KSnigr. Sachsen
im J. 1874 113.
Todtgeburt, Einfl. geburtshulfl. Operationen auf die
Hauflgkeit 212.
Toricelli’sche Leere, u. fiber Ausldsung (von J. R.
Mayer, Rec.) 224.
Tracheotomie, wegen Eindringen von Speisen in d.
Larynx 168.
Transplantation, der Haut (auf Geschwfiren) 63.
(Verhalten der transplantirten 8tfickchen) 64. — , von
Knochen zur Heilung von Pseudarthrose 167.
Trepanation, bei Kopfverletzungen u. Schadelfraktur
65. 150.
Trichinose, Entwicklung d. Oedems b. solch. 95. — ,
im Konigr. Sachsen im J. 1874 110.
Trigeminus, Ilnmhautaffektion nach Durchschneidung
75. , Neuralgic, Behandlung 207.
T r i n k e r , varikose Gesch wfire im Gesicht 63.
Trinkwasser, Verhreitung von Typhus durch solch.
106.
Tripper, Entzundung d. Sehnenscheiden b. solch. 34.
Tripperrheumatismus, Nntzen d. Salicylsaure 196.
Pathologic 247.
TrSdlermagazinc, Uebertragung von Krankheiten
von solch. aus 79.
Tuba Faliopiae, Tuberkulose b. einem Kinde 259.
Tuberkel, d. Kleinhirns 61.
Tuberkulose, d. Lungen finoculirte, Bezieh. zur Ent-
wicklung von adenoidem Gewebe) 99. (auskultator. Er-
scheinungen) 207. — , d. Gehirns b. einem Kinde 258.
— , d. Uterus u. d. Tubcn b. einem Kinde 269.
Tumor albus, d. Kniegelenks, Fraktur b. solch. 158.
Turanische Sebadelform 204. 205.
Typhus, in Frankfurt a. M. 104. — , Beziehung des
Grundwassers , von Erdaufgrahungen u. Kanallsations-
arbeiten auf d. Verhreitung 105. -- , Verbreitung durch
Trinkwasser 106. - , Anwend. d. Salicylsaure 191. 194.
(vergllchen mit d. Kaltwasserbehandlung) 196. — , 8a-
licin gegen d. Fieber 201.
U lens s. Geschwfir.
Ulna, Fraktur, seitl. Gelenkbildung zwischen den Vor-
derarmknochen nach solch. 161. — S. a. Vorderarm.
Unterleib, Verletzung 68. — 8. a. Bauchdecken.
Unterphosphorige Saure, giftige Eigenschaften 14.
Unterschenkel, Fraktur (Kleienlade f. d. Behandl.)
149. (beider KnSchel mit Luxation d. Talus) 151. (Be-
handl.) 152. (Klassiflkation u. Behandl.) 165.
Uramie, Bezieh. d. Lymphgefasssystems zu solch. 95.
Ureter, Verdoppelung auf d. einen Seite b. Weibe 39.
Urethra s. Harnrohre.
Urogenitalorgane, Reizzustande, Nutzen d. Kam-
pher-Mqjiobromat 8.
Urticaria, ven5se Stauungen in d. Haut 27.
Uterinmole 263.
Uterusstein 50.
Taccinapustel, am obern Augenlide 224.
Vagina, Resorption von Arznei stoffen durch d . Schleim -
haut 40. — , Cysten in ders. 214. — , Haematom ders.
u. d. Vulva 216. — , Fibrocellulargeschwulst 247. —
S. a. Kolpitis.
Vaginismus, b. Fisteln in d. HamrShre 251.
Varicella, alsVorlaufer vonMasern 107. — , Verschie-
denheit von Variola 209.
Varices, ind. Bauchwandnngen, traumat. Ursprungs 65.
VarikSBesGeschwfir s. Geschwfir.
Variola, venSse Stauung in d. Haut 27. — , Uebertra-
gung durch Lumpen 79. — , vermehrte Absonderung d.
Lymphe 96. — , Nutzen d. Salicylsaure 200. — , Ver-
schiedenheit von Varicella 209.
Variolois, symmetrische Knochennekrose nach solch.
271.
Original from
UNIVERSITY OF CHICAGO
356
Namcn-Register.
Vasa aberrantia, d. Hodens 229.
Vaaomotorische Neurose, Erythema exsudativum
245.
Vater, Uebertragung d. Syphilis auf d. Nachkommen-
schaft 36. 38.
Veit-Smellie’acher Handgriff, zur Extraktion
b. Beckenlagen 256.
Vena, hypoglossa 229. — , lingualis 229. — , portae,
Thrombose b. einem Kinde 268.
Vene, Stauung in solch. , Bezieh. zur Entzundung 28.
— , der Uaut, Stauung (Symptome) 26. (b. verschied.
Krankheiten) 27. — , des Uterus, Eintritt von Luft in
solche als Todesursacbe 293.
Venerisc he Krankheiten, Poliklinik in Mailand33.
Verband, mit gepuivertem Gummi arabicum 71.
Verbrennung, V eranderungen verschied. Korpertheile
durch solche .76. — , plastiache Operation wegen Nar-
ben nach solch. 271.
Vergiftung s. Aether; Anilinfarben -, Arsenik; A tro-
pin ; Blei ; Cytisus ; Kobalt ; Kohlendunst ; Metalle ;
Morphinismus ; Nickel ; Opium ; Oxalsanre ; Phosphor ;
unterphosphorige Saure.
Verheirathete, grossere Hautigkeit d . Uterusfibrorae
42.
Verletzung s. Bauchwand; Brustdriise ; Gelenke ;
Herz ; Kopf ; Milzgegend ; Nerven ; Pneumothorax ; Un-
terleib.
Verstaucbung, Nutzen d. Massage 173. 174.
Vertigo a. Schwindel.
Vorderarm, seitl. Gelenkbilduog nach Fraktnr d. Ulna
161. — , Luxation beider Knochen (mitFraktur d. Con-
dylus int. humeri) 261. (ohue Fraktur) 261.
Vulva, Haematom 216. — , Geschwulst in dere. , Abtra-
gung 261.
Waohsthum, d. Menschen (Elnfl. d. Fruchtpreise)
178. (d. Kindes vor u. nach d. Geburt) 226.
Wasser s. Trinkwasser.
Wechaelfieber, Nutzen d. Salicylsaure 199. — ,
Nutaen d. Atropin gegen profusen Sohweiss 207. — ,
Bezieh. zu Leukamie 277.
We hen, Verstarkung durch Secale cornutum 236.
Wendung, d. Kindes 215.
Wharton’scher Gang, Venen in d. Umgebung 229.
Wien, Bericht d. Krankenanstalt Rudolph-Stiftung vom
J. 1874. (Rec.) 206.
Wille, als moral. Kraft u. als therapeut. Mittel 182.
Wirbel s. Halswirbel.
Wirbelsaule, Fraktur (d. Proc. odontoideus, llei-
lung) 169. (Priapismus b. solch.) 160. — 8. a. Brust-,
Halswirbel ; Spondylolisthesis.
Wochenbett, Bezieh. zur Entwickl. von Uteruaflbroni
•42. — , patholog. Vorgiiuge wahrend dess. 214. 293.’
— , Einfl. auf Herzkrankheiten 217. — , StofTwechsel. 1
u. Diat wahrend dess. 294. — S. a. Puerperalkrank-
heiten.
Wochnerin, Einfl. geburtshulfl. Operationen auf die
Mortaliat 212.
Wiirtemberg, Zusanunenstellung der daselbst vorkoin-
menden Schadelformen (von H. v. Holder, Rec.) 202.
Zahn, Wirkung d. Salicylsaure auf dies. 189.
Zahnfortsatz s. Processus odontoideus.
Zanaloin 12.
Z a n g e , Anwendung (b. durch grosse vordere Mutter-
muudslippe bedingtem Geburtshindemiss) 60. (HSuflg-
keit in d. Petersburger Gebaranstalt d. kaiserl. Er-
ziehungshauses) 216.
Zehe, grosse. Luxatio dorsalis d. 2. Phalanx 262.
Zeigefinger, Fraktur d . 3. Phalanx, w&hrscheinl. durch
Muskelaktion 161. — , Luxation im Metacarpo-Phalan-
gealgelenke mit Sehneninterposition 262.
Zelle s. Nervenzelle.
Zellgewebe, subcutanes , Nutzen d. Jodoform gegen
Gumma 32. — S. a. Fettzellgewebe.
Zincum phospboratum , Nutzen bei Nervenkrankhei-
ten 18.
Zunge, Venen ders. 229.
Zungenbindchen, Einfl. auf ch Saugen 147.
Zungenbein, Gelenke an solch. 227.
Zwerchfeil s. Diaphragms.
Z werchfellsbruch s. Hernia diaphragmatica.
Zwillingsgeburt, Hauflgkeit solch. in Petersburg
213.
Namen-Register.
Abbot, S. L., 129.
Abegg, G. H. F., 61.
Adelman, G., 170.
Agnew, Hayes, 64.
Ahlfeld, Fr., 189.
Albert, Eduard, 267.
Alexander (Aachen) 76.
Almstrem, S., 186.
Amussat, A., 60.
Anderson, Thomas, 279.
Andrae 279.
Annandale, Thomas, 168. 268.
Arnold, J., 84.
AtthiU, Lombe, 263.
Aubert, H., 220. (Rec.)
Auspitz, Heinrich, 26.
Bully 147. 266.
Baker, William H., 262.
Balogh, Coloman, 74.
Banze, C., 61.
Bardenhewer, Ernst, 197.
Barrier 20.
Bartels, Max, 39.
Barten (Greifswald) 277.
Barudel 21.
Bates 149.
Bauer (Stettin) 62.
Bauer, J. (Mtinchen), 123. 200.
Beach, H. H. A., 159. 163. 266.
de Beauvais 65.
Beck 200.
Bellamy, Edward, 161.
Belli, Domenico, 66.
Bennett, E. H., 169.
Bentzen, G. E., 3.
Berger, Oskar, 18.
Bergeret 126.
Bergeron, G., 80.
Berghman, G. (Stockholm), 172.
Bidder, Erast, 212. (Rec.) 264.
Biesiadecki. A., 273.
Binz, C., 188.
Birch-Hirschfeld, V., 33.
Bleiweis, Carl, 169.
Bluhm 65.
Bluroberg, P. (Tiflls), 68,
Bodros, A.,, 22.
Bock, H. v., 123.
Boeck, W., 36.
Bohm, Rudolph, 233.
Boreischa 236.
Borinskl, 8., 143.
Boscher 198.
Botkin, S., 198. 986.
Boulton, Percy, 226.
Brand, Ernst (Stettin), 196.
Breisky, A., 68.
Breuer, Joachim, 76.
Brew 201.
Broca, Paul, 168.
Bronardel 280.
Brown, Francis H., 14.
Browne, J. Crichton, 12.
v. Brunn (Lippspringe) 199.
Buchheim, Rad., 236.
Buckingham (Boston) 53.
Budge, Albrecht, 89.
Burehardt 62.
Buss, Carl Emil, 186. 190. 195. 199.
201 . 202 .
Bnsey, Samuel C., 240.
Butterlin 271.
Byford, W. A., 62. 53.
Carl, August (Frankfur a. M.), 118.
Carpentier (Brussel) 278.
Caspari (Meinberg) 148.
Caspary, J., 137.
Chappelain 26L 264.
Charrier 47.
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Namen-Register,
357
ChavBriat 20.
Charon, A., 138. 251.
Chrobak (Wien) 62.
Claudot, Maurice, 290.
Clouet, 80.
Coghill, J. G. Sinclair, 262.
Coiin Leon, 244.
'xnij, V., 50.
<>»sy 260.
Oourvoisier, L. G., 59.
Houston 50.
'.'owan (Danville) 63.
?r6quy 116. 163.
I t Costa, J. M., 285.
tnraer, O., 223. (Rec.)
rolles, C., 63.
an (Rochester) 153.
drenx, Daniel, 296.
ininger 265.
lens (Paris) 66.
marqnay, J. N., 46.
ienham 66.
Be RonbaU (Brussel) 151.
.Oibrell, John A., 163.
Diehl, Georg, 193. 198.
Dobson, Nelson C., 10.
Doig, A., 134.
Drosdoff, W., 198.
v. Dnmreicher 167. 262.
^Edlefsen (Kiel) 148.
Ekberg, E., 134.
Elias 287.
Eliecher, Julius, 138.
Elliot, Thomas, 269.
Emmet, Thomas Addis, 68.
Emminghans, H., 91. 94.
Engelsted, 8., 38.
Etheridge 53.
Ewald, C. A. (Berlin), 124. 191.
Faber 199.
Faraboenf, L. H., 262.
Fechner, G. Th., 177.
Fehling, H., 146. 267.
Feltz, J., 80.
Ferber, Adolph, 241.
Fickert (Frankenberg) 61.
Fiedler, C. L. Alfred, 169. 197. 199.
236.
v. Fillenbanm 167.
Fiori, Cesare, 179.
Fischer, C. Alex. (Dresden), 199. 200.
Fischer, A., 194.
Fischer, K. (Altstetten), 60.
Flemming, W., 88.
Flesch, Max, 161. 226.
Flenry (Clermont-Ferrand) 50. 55.
Fo4, Pio, 84. 278.
F6rster (Breslau) 220.
Fonresti6, H., 247.
Fox, Wilson, 286.
Frankenh&user (Zurick) 64. 250.
Friedberg, Hermann, 116. (Rec.)
Friedlander (Breslau) 197.
Fritseh, Heinrich, 210. (Rec.)
Ffirbringer, Paul, 188. 189. 194. 199.
First, Livius, 39.
dabtgens, C., 124.
Gartner (Stuttgart) 171.
Gallasch 281.
Garnler, L., 166.
Gay, George W., 161.
Gedl, M. (Krakau) 188.
Gegenbaur, C., 117.
Gelssler, Arthur, 185.
Gerhardt, C., 132.
Gerster (Bern) 89.
Gillette 168. 262.
Glorami, Mario, 55.
Gissler (Pforzheim) 192.
Goldschmidt, Sigismund, 291. (Rec.)
Goltdammer 193.
Goodrich, C. G. (Minneapolis) 62.
Gosselin 66. 138.
Graefe, Alfred, 219. (Rec.)
Granjux, L6on, 224.
Grenser, Paul, 238.
Grfinewald, O. v., 66.
GnBniot 42. 57.
Guntz, J. Edmund, 33. 136.
Gu6rin, Alphonse, 253.
Gussenbaner, Carl, 271.
Hallopeau 100. (Rec.)
Hamburger, E. W. , 40.
Hammarsten, Olof, 93.
Hamon, L., 61.
Hatry 261. .
Heiberg, Hjalmar, 3.
Heine, C., 70.
Helleday, Uno, 129.
Heller, Franz (Wien), 129.
Hdnocque, Albert, 50. 170.
Herrmann. G., 120.
Hewett, Prescott, 64.
Hickl (Wien) 64.
Hlldebrandt (KBnigsberg) 61.
Hildebrandt (Treuenbrietzen) 196.
Hlrt, Ludwig, 221. (Rec.)
Hodder (Toronto) 63.
Hodges, Johp F., 14.
Hodges, R. M., 266.
Hodgkins, D. W., 199.
HBlder, H. v., 202. (Rec.)
Hoffmann, C. K., 277.
Hoffmann, L. (Schwiebus), 199.
Hofmann, Eduard, 76.
Holl, Moriz, 230.
Holst, V., 16.
Hoppe, J., 168.
Howard (Champaign) 53.
Huber, J. C., 58. 282.
Hulke, John W., 159. 160.
Hutchins (Canterbury) 80.
Hutchinson, James H., 287.
Hutchinson, Jonathan, 23. •
Jackson, J. B. S., 126.
Jackson, J. Hughlings, 299. (Rec.)
Jackson, Reeves, 53.
Jacob, E. H., 202.
Jaff6, Th., 296.
Janeway 290.
Janzer (Bretten) 144.
Jenks (Detroit) 62.
Jessup, D. H., 144.
Inkes (St. Catherine) 53.
Johannsen, O., 199. 251.
Johnen, B. (Dfiren) 69.
Johnston, Jos., 56.
Jolly 182.
Jones, Talfourd, 198.
Isambert 231.
Jfidell, Gustav, 162.
Justl (Idstete) 94. 197.
NLapff (Esslingen) 239.
Katz, L. (Berlin), 196. 224.
Kelsch 281.
Kernig (Petersburg) 187.
Kersch, S. (Prag), 148.
Key, Axel, 4. 7.
Keyes, E. L., 248.
Kidd, George H., 56.
Kiferle, M., 47.
Kinnicut, E. P., 24.
Klein, E. (London), 84. 98.
Kleinschmidt, Gust., 74.
Kleinwachter, Ludwig, 145.
Klemmer, R., 294.
KlingelhSffer 150.
Kdhlcr, Hermann, 188.
Konigstein, Leopold, 74.
KBs ter (Bonn) 189.
Kolaczek 270.
Kossel, Albrecht, 124. 231.
KrBnlein, R. U., 160. "
Krull, Ernst, 227.
K&ntzelmann 83.
K&ssner 280.
Kustner, O., 143.
Kupffer, C., 117.
l>abbd, LBon, 169.
Lahe (Marburg) 142.
Lallement (Nancy) 77.
Lambert, E., 69.
Lang, Eduard (Innsbruck) 30.
Lang bans (Bern) 89.
Lanz (Biel) 14.
Larcher, O., 46.
Lanenstein, Karl, 283.
Laveran, A., 22.
Le Double, A., 166.
Lehmus, Emilie, 293. 294.
Leidesdorf, Max, 238.
Lempertz, Mathias, 116. (Rec.)
Leonhardi-Aster 189. 196.
Lesser, A., 91.
Letulle, Maurice, 162.
Leube, Wilh., 291. (Rec.)
Lewin, Georg, 246. 249.
Lewis, F. B. A- (Watertown) 79.
Litzmann, C. C. Th., 140.
Loebner (Schwabach) 60.
Loewel 266.
Lorey, Carl, 107.
Lfihe (P15n) 136.
Lfirmann (Kiel) 189. 269.
Maas, Hermann, 71.
Mabboux 267.
Mac Farran 252.
Mac lagan 200.
Me Meehan, Jas., 264.
Mader (Wien) 208.
Magnus, Hugo, 116. (Rec.) 177.
Mans, W., 272.
Marion, H. E., 126.
Martenson (Petersburg) 190.
Martin, Ed., 46.
Martin, W. D., 240.
Martinean, L., 246. 247.
Martini, O., 31.
May, George Parker, 201.
Mayen^on 126.
Mayer, J. R., 224. (Rec.)
Mayer, Sigmund, 8.
Maymon, A., 34.
Medlng, B., 200.
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358
Meng, Magendie, 238.
Me wig (Dresden) 293.
Meyer, L. (Gottingen), 240.
Meycrowitz, Theodor, 74.
Miller, A. G., 149.
Mitchell, S. Weir, 272.
Modi. C., (Rostock) 192.
Montgomery, H. F., 163. 269.
Morris (Baltimore) 53.
Mosengeil 130.
v. Mosetig-Moorhof 72.
Mosler, Fr.. 277.
Muller. P. (Bern), 59. 139.
Munchmeyer (MQnden) 247.
Murchison, F. A., 138.
Mnrsick, Geo. A., 285.
Neumann, E. (Konigsberg), 282.
Neumann, Isidor, 81. 209. fRec.)
Neureutter, Theodor, 268. .
Kicholls. Arthur H., 166.
Nicoladoni, Karl, 167. 261.
isiemeyer, Paul, 208. (Rec.)
Nordt, Max, 192.
Norris, George W., 151. 163.
Nothnagel, Hermann, 126.
v. Nussbaum 62. 167.
Awre, Adam, 37.
Ossikousky (Pesth) 278.
Osterloh, Paul, 293. 294.
Oxley, Martin, 289.
Panas 288.
Pel, P. H. (Leyden), 200.
Penzoldt, Franz, 291. (Rec.)
Philipson, G. H., 281.’
Plerret 128.
Pinctis, J., 24.
Polaillon 47. 142.
Polland, James, 201.
Ponflck 283.
Popper, Joseph, 268.
Porro, Edoardo, 66.
Potain 279.
Puky, A. v., 262.
Putnam, Janies J., 13.
, Itabl, J., 244.
* Rabuteau, A., 126.
Ralfe 201.
Ranvier, L., 119.
Rasmussen, Valdemar, 176.
Redi6 224.
R6gnard, Paul, 13.
Rein, Georg, 48.
Rctzins, Gnstaf, 4. 7.
Revillout, Victor, 246. 280.
Reyher, C., 70.
Ribord, Stephane, 102. (Rec.)
Richardson, Joseph G., 198.
Richet, Charles, 66. 162. 166. 181.
Richter, Hermann Eberhard, 77.
Richter (Gftttingen) 240.
Namen-Registcr.
Riedinger, Ferdinand, 164. (Rec.)
167.
Riegel, Franz, 167. 188. 193. 199.
200 .
Riegner (Breslau) 149. 259.
Riemer, B., 273.
Riess, L., 191. 196. 199. 200.
Rinaldi 262.
Ringer, Sydney, 201.
Ritter v. Ritterehain, Gottfried, 148.
344.
Ritter (Bretnerrimte) 160.
Rivington, Walter. 260.
Rizzoli, Francesco. 217. (Rec.)
Robinson (Canterbury) 80.
Rochard, Jules, 297. (Rec.)
Rosenthal, Paul, 192.
Ros8bach, J. M., 11.
Rossi. Giacinto, 1 1.
Roth, M., 229.
Russel (Oshkosh) !>3.
Sabarth, F., 16.
Saemisch, Theodor. 219. (Rec.)
Sanger 200.
Saint- Vel, O., 45.
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Druck von Walter Wigand in Leipzig.
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