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lL.fteft.
STUDIEN
ZUR
Deutschen Kunstgeschichte
UEBER DEN HUMOR
BEI DEN
DEUTSCHEN KUPFERSTECHERN
UND
HOLZSCHNITTKUNSTLERN
DES 16. JAHRHUNDERTS.
VON
REINHOLD FREIHERR von LICHTENBERG
DR. PHIL.
MIT 17 TAFELN
STRASSBURG
J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mundel)
1897.
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*v
Verlag von J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mundel),
Die Anfange
des
Monumentalen Stiles im Mittelalter.
Eine Untersuchung iiber die erste Bliitezeit franzOsischer Plastik
von
Dr. Wilhelm Voge.
Mit 58 Abbildungen und i Lichtdrucktafel.
8°. Preis M. 14.—
RafFael und Donate llo.
Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der italienischen Kunst
von
Dr. Wilhelm Voge.
Mit 21 Abbildungen im Text und 6 Lichtdrucktafeln.
4°. Preis M. 6.—
Demndchst erscheint:
Vasaris allgemeine Kunstanschauungen
auf dem
Gebiete der Malerei
von
Dr. W. von Obernitz.
8°. Preis ca. M. 4. —
Wege zur Kunst.
Eine Auslese aus den Werken von John Raskin.
Aus dem Englischen
ubersetzt und zusammengestellt von Jakob Feis.
8°. gebunden Preis ca. M. 4. —
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STUDIEN ZUR DEUTSCHEN KUNSTGESCHICHTE
n. HEFT.
UEBER DEN HUMOR
BEI DEN
DEUTSCHEN KUPFERSTECHERN
UND
HOLZSCHNITTKUNSTLERN
DES 16. JAHRHUNDERTS.
VON
REINHOLD FREIHERR von LICHTENBERG
DR. PHIL. ''
MIT 17 TAFELN
STRASSBURG
J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mundel)
i8 97 .
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INHALT.
Seite.
Vorwort 5
Einleitung 7
Das sechzehnte Jahrhundert.
Einleitende Bemerkungen 17
1. Die eigentlich humoristischen Darstellungen 18
a) Humor in der Staffage religiSser Bilder 18
b) Darstellungen aus dem tuglichen Leben 2S
1. Die frohlichen Unterhaltungen der Vornehmen .... 24
2. Scenen aus dem Volksleben 26
3. Das Landsknechtsleben 29
c) Die Thierbilder 33
d) Mythologische Gestalten 36
1L Die satyrischen und ironischen Werke 4S
a) Narrenbilder und Bilder moralisirenden Inhaltes 43
b) Die Todten- und Verganglichkeitsbilder 59
c) Bilder aus dem Bauernleben und dem Leben des niederen
Stadtvolkes 69
1. Die Bauernfeste 70
2. Die Bilder aus dem Volksleben 76
d) Die Thierbilder 82
///. Die komischen Bilder 84
Schlussbemerkung 88
Kunstlerver^eichniss 91
(RECAP)
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Vorwort.
Um iiber das Kunstschaffen einer Zeit, besonders einer solchen,
in der neue kiinstlerische Anschauungen zum Durchbruche kom-
men, einen Ueberblick zu gewinnen, ist es nothig neben der
Kunstlergeschichte dieser Epoche, auch die Entwickelung der ein-
zelnen neu auftauchenden Gebiete fur sich zu betrachten.
Diesem Gesichtspunkte folgend, habe ich mich frtiher mit der
germanischen Landschaftsmalerei im 16. Jahrhundert beschaftigt-
und auch die vorliegende Untersuchung iiber den Humor in An,
griff genommen.
Das 16. Jahrhundert bot ja so viele, neue Anregungen, eine
gegen frtiher so sehr verschiedene Lebensauffassung verschaffte
sich Geltung, dass es sich wohl der Mtihe lohnt, diese neuen
Errungenschaften genauer zu verfolgen.
Ueber den Humor in der Literatur ist seit den letzten Jahr-
zehnten des vorigen Jahrhunderts, da Flogel seine „Geschichte der
komischen Literatur" verfasste, und auch iiber das Burleske schrieb,
bis in neuere Zeit eine recht umfangreiche Anzahl von Biichern
und Aufsatzen geschrieben worden.
Ueber den Humor bei den bildenden Kiinsten dagegen, finden
wir, ausser gelegentlichen Bemerkungen bei Behandlung einzelner
Kiinstler, noch nichts zusammenfassendes.
Manche Darstellungen, besonders einzelne in dem Abschnitte
iiber das tagliche Leben erwahnte Bilder, erscheinen auf den
ersten Blick vielleicht nicht als eigentlich humoristisch, sind aber
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fur die Auffassung damaliger Zeit doch ein Beweis, dass die
Kiinstler die sie umgebenden Erscheinungen mit lebhafterem In-
teresse und Sinn fur Humor, als in friiheren Perioden beobachteten.
Auch werden noch manche Kunstwerke humoristischen In-
haltes zu finden sein, die ich nicht besonders erw&hnt habe, da
sie doch kein neues Gebiet des kunstlerischen Humors vertreten,
und ich in alien Abschnitten eine geniigend grosse Anzahl von
Beispielen gebracht zu haben glaube. — Mein Augenmerk war
besonders darauf gerichtet, die Erscheinungen auf jedem Gebiete
vom Anfange des 16. Jahrhunderts bis zu den letzten Kunstlern
dieses Zeitabschnittes zu verfolgen.
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Einleitung.
Ein frisches, frShliches Leben und Streben war es, das sich
gegen Ende des 15. und am Anfange des 16. Jahrhunderts zu
regen begann, und jedem Gebiete im menschlichen Leben,
besonders aber der Religion, Wissenschaft und Kunst neue Wege
und Ziele erSffnete. — Grosse Entdeckungen und Erfindungen
trugen das ihre dazu bei, den geistigen Ausblick zu erweitern und
breitere Volksschichten an der Kultur-Entwickelung theilnehmen zu
lassen.
Die Kunst war das ganze Mittelalter hindurch beinahe aus-
schliesslich im Dienste der Kirche gestanden, so dass in Malerei,
Plastik und zum grossen Theile auch in der Architektur fast nur
religiSse Kunstwerke entstanden.
Auch in der Kleinkunst, der Ausschmuckung der Hand-
schriften mit Bildern, nehmen die religi6sen Werke naturgemSss
einen grossen Raum ein ; denn die Pflege der Kunst wurde ja
besonders in den Klftstern betrieben, und die Werke fur die grossen
Kirchen verfertigt, oder in Form von verzierten Gebetbuchern
fur K6nige und Fursten in Auftrag oder als werthvolle Geschenke
zu besonderen Gelegenheiten hergestellt.
Die Literatur war naturgemass freier vom Zwange als die
bildenden Kiinste. Das gesprochene Wort, das ja im t&glichen
Leben alle Regungen der menschlichen Seele und des mensch-
lichen Willens auszudriicken bestimmt ist, blieb auch in seiner
Verwendung zu kunstlerischen Zwecken nicht so gebunden wie
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die bildenden Kunste. So entstand sehr bald schon eine reiche
Literatur, und in der Dichtung, sowohl der hofischen, als der
etwas spateren Volksdichtung, finden wir reichlich auch fr6hlich-
humoristische Ztige eingestreut; ja die Volksliteratur scheut sich
nicht, sogar in religiSsen, dramatischen Auffuhrungen die aller-
derbsten SpSsse anzubringen. '
So kam es, dass die Miniatur-Malerei auch leicht andere Ge-
biete als das religiSse sich eroberte und sich ausser den Bibeln,
Psalterien und Gebetbiichern, auch der Ausschmiickung von Rechts-
biichern und Chroniken, sowie der Liederhandschriften und hofi-
schen Dichtungen widmete.
Ein besonderes Gewicht mtissen wir hier auf die orna-
mentale Buchmalerei in den Buchstaben und Seiteneinfassungen
legen, denn diese beginnt bereits in der Merowingischen Zeit
phantastische Gestalten ayfzunehmen, und im 13. und 14. Jahr-
hundert drangen sich in das Ornament eine Menge launisch
erfundener Gestalten und Handlungen aus dem taglichen Leben.
Hier allein konnte ein frohlicher Maler seiner satyrischen oder
harmlos frohlichen Laune die Ziigel schiessen lassen. So ent-
standen in Frankreich und Deutschland die sogenannten „Drolerien",
in denen oft ein ausgelassener Humor, auch allerderbster Art,
sogar an dazu ganz ungeeigneten Orten, wie z. B. in der Wenzels-
bibel (Wien, Hof-Bibliothek Nr. 2759) zum Vorschein kommt. 2
Zum grossen Theile mogen diese Drolerien durch die archi-
tektonische Plastik beeinflusst sein, in der sich eine derartige Or-
namentik schon im romanischen Style heimisch gemacht hatte. s
In diesen Drolerien sehen wir schon eine Menge Gebiete
im Ornamente angebahnt, die wir spater in selbstandigen Kunst-
werken wieder finden werden; Masken und Karrikaturen, lustige
Darstellungen aus der Thierfabel, spSttische Bilder iiber das Le-
ben der Monche und Vornehmen und manches andere mehr.
1 Siehe Karl Weinhold : Ueber das Komische im altdeutschen
Schauspiele. — Im Jahrbuch iUr Literatur-Geschichte von Richard
Grosche 1 865, S. 1 — 44.
2 Vgl. Woltmann und Wormann : Geschichte der Malerei. I. 282 i
35o t u. a. StelUn. — Janitschek: Geschichte der deutschen Malerei,
Kapitel V.
3 Vgl. dazu die bei Woltmann und Wormann a. a. O. I. 383 an-
gegebene Literatur darliber.
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Aber, wie bereits hervorgehoben, nur das Ornament war es,
das den Kiinstlern Raum fur derartige Bethatigung bot. Da tritt
nun bereits im 15. Jahrhundert eine bedeutende Aenderung ein.
Bleibt auch noch bis tief in das 16. Jahrhundert hinein in der
Tafelmalerei das religiSse Bild die Hauptsache, ja wird in reine
Landschaftsbilder immer noch eine religiSse Staffage eingesetzt, 1
so beginnen doch besonders seit der zweiten Halfte des 15.
Jahrhunderts eine Menge neuer Stoffe in die Kunst einzudringen.
Zuerst bot sich Gelegenheit der Landschaft breiteren Raum zu
gewShren; es folgen dann die Anfenge des Genre-Bildes und die
iibrigen Gebiete allmahlich nach, zu denen alien die ersten Anfauge
in religi5sen Bildern zu suchen sind. Aber die grossen und theuern
Tafelgemalde wurden doch hauptsachlich fur Kirchen bestellt;
leider muss man sagen, dass Schillers Worte :
oKein Augustisch Alter bllihte,
Keines Medicaers GUte
Lachelte der deutschen Kunst. »
besonders fur jene Zeiten vSllig wahr und treffend sind. In Italien
sahen sich die Kiinstler durch die Prunkliebe der Grossen und
durch Auftrage der mit den Gewaltigen rivalisirenden Stadte vor
grosse und bedeutende Aufgaben gestellt. Nicht so in Deutschland.
Da wurde nun die Erfindung der Buchdruckerkunst von ge-
waltiger Bedeutung. Leicht, rasch und billig, wenigstens billiger
als vordem, konnten nun die Erzeugnisse des Geistes verbreitet
und zum Gemeingute vieler gemacht werden. Auch ftir die Ver-
vielfaltigung von auf HolzstScke gezeichneten und dann einge-
schnittenen Bildern war diese Erfindung vortrefflich zu verwenden ;
und so kamen schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts mehrere
Biicher mit erklarenden Bildern aus der Presse. — Nun war den
Kiinstlern die Gelegenheit gegeben, alles, was sie darzustellen sich
gedrangt fuhlten, auf eine schnelle Art in vielen Stiicken herzu-
stellen. Dadurch aber kamen ihre Werke, wenn sie auf einzelne
Blatter gedruckt waren, noch leichter als Biicher, in breite Schich-
1 Vgl. dazu mein Buch: Zur Entwickelungsgeschichte der Land-
schaftsmalerei bei den Niederlandern und Deutschen im 16 Jahrhundert.
Heft 18 der Beitrage zur Kunstgeschichte (Neue Folge). Leipzig, See-
mann 1892. Besonders auch S. 83.
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— io —
ten des Volkes. So wurden Kupferstich und Holzschnitt zur
wahren Volkskunst. War hiedurch schon den Malern, welche
auch fur den Formschneider arbeiteten, oder selbst auf die Kupfer-
platte stachen, die Gelegenheit nahegelegt, alles, was dem Volke
wunschenswerth erscheint, ihm in bildlicher Darstellung zum
Kaufe zu bieten, so war in den beiden Arten der Schwarzkunst
noch der Umstand von grosser Bedeutung, dass di$ Miniatur-
maler nun selbst als sogenannte ^Briefmaler" sich mit diesen
Vervielfaltigungs-Kunsten beschaftigten, ja allmahlich, als die mit
der Hand geschriebenen Bucher immer seltener wurden, ganz und
gar auf dieses Gebjet iibergingen. So waren z. B. die Mitglieder
der Familie Glockenton in Nurnberg Illuministen und Briefmaler.
In einer Urkunde vom 30. Juni 1491, * welche einen Rechtsstreit
des Glockenton mit Hans Rieger, wegen dessen Sohn, der bei
J6rg Glockenton Lehrling war, enthalt, wird „?org Glockenthon"
»llluminist" genannt; und am 13. September 1521 (Cons. 29
fol. 6 b.) bekennt „ Agnes Jacob Mairs ewirtin", dass sie der
»Kungund Glogkendonin fur Calender und gemalt briefe" „r?
Gulden minder eins halben Orts" schulde. Die Sfthne Glockenton,
besonders Albrecht, haben sich sowohl mit der Herstellung von
Miniaturen, als solcher gedruckter, fliegender Blatter, damals Briefe
genannt, beschaftigt.
Diese Briefmaler scheinen sehr bald ihre Werke selbst ge-
druckt, vielleicht auch zuweilen selbst in Holz geschnitten zu
haben, wofur auch zwei Niirnberger Urkunden sprechen. Am 23.
July 1535 (Cons. 47. fol. 41 b.) bekennen »Steffan Hamer Brief-
maler und Helena sein Hausfraw" der ^Katharina Simon dunckels
Buchtrukers seligen wittib" 40 fl. yfur ein truckzeug den
sie von Ir erkaufft haben schuldig zu sein", und am 30. Oktober
1535 bestatigt ^Katharina Dunklin" das Geld erhalten zu haben.
Auch bekennen am 18. Juni 1^20 (Cons. 27 fol. 40 b.) „Niclas
1 Im NUrnberger Stadt-Archive Conservatorium Bd. 79. fol. 169 a.
Die Conservatorien und libri literarum sind Folianten, die vor einigen
Jahrzehnten im NUrnberger Rathhause gefunden wurden, und sehr
wichtige Urkunden uber Geldschulden und Besitzwechsel enthalten.
Sie werden im Niirnberger Stadt-Archive aufbewahrt 2 wahrend die
Gerichts-Protokolle, die sogenannten Raths-Protokolle, im kgl. Kreis-
Archive zu NUi^nberg erliegen. Diese werden im Folgendeh mit R, P.
abgeklirzt.
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— 11 —
Meltnan [= Meldemann] brief maler unnd Elspet sein eeliche Hans-
/raw" der „Anna hartnsen Stengels brief maler s verlassen wittib
vier und neunzig gulden Rechts an den verkaufften werkzeug
zutn briefmalen zu bezalen;" was doch bei dem hohen Preise
auf ein sehr grosses Werkzeug, vielleicht auch eine Druckerpresse,
schliessen lasst. Ferner werden in dem Buche: „Aller Handt-
werck Ordnung und Gesetze, verneut Anno MCXXXV" 1 noch
am 28. July 1571 in einer „Ordnung der Buchtrucker Form-
Schneider und Briefmaler" fur alle diese Gewerbe gemeinsame
Bestimmungen erlassen. 2
Wie bald aber solche in der Presse hergestellte Blatter in
vielen Stucken verbreitet wurden, zeigt nicht nur der Umstand,
dass solche Blatter auf die Messen geschickt wurden, sondern auch
die Thatsache, dass Albrecht Durer bereits im Jahre 1500 einen
eigenen Unterhandler hatte, der seine Werke ausserhalb der Stadt
verkaufte. Cons. 6 fol. 53 b. unter dem 21. August 1500 heisst
es : „Hans Arnolt maler confitetur nachdem Albrecht Durer
Jacoben Arnolt seinen bruder aufgenomen hat mit Kunst auszu-
schicken Im die zu uerkauffen das er dem genanten Durer fur
den genanten Jacoben Arnolt seinen bruder Allemale umb das
und den werd damit er In zu zeiten ausschicken wiird purg unnd
selbschuld zverd be ley ben sol und wol"
Schon friihzeitig hatten die Briefmaler eigene Verkaufsst&nde,
und es scheint auch bald Geschaftsneid unter ihnen ausgebrochen
zu sein, denn in den Niirnberger Raths-Protokollen von 1499
(R. P. 1499 Heft V. f. 6 a) wurde am 23. Marz (Sabbato ante
Dom. Palmarum) folgende Verordnung erlassen : „7tem den brief
\„karteri l ist durchstrichen, „brief" iibergeschrieben] molern die
bisher In dem portal vnser fr[auen] Cape 11 Ire brief e vail gehabt
kaben y Ist vergont, solichs hiefur auch zu gebrauchen, doch auff
eins Rats widerruffen, nach dem sie solichs alleyn auss gunst vnd
keyner gerechtikeit haben, vnd mit der droe vnd warnung das sie
1 Im kgl, Kreis-Archvie zu NUrnberg. Mscr. Nr. 542.
a Von anderen Gesichtspunkten aus kommt R. Kautzsch in seinen:
«Einleitenden Erorterungen zu einer Geschichte der Deutschen Hand-
schriften-Illustrationo zu demselben Schlusse, dass Miniaturmaler, Brief-
maler und Bilddrucker oft dieselben Personen waren. Kap. VI. Studien
zur Deutschen Kunstgeschichte. Heft 3. Strassburg Heitz u. Mlindel, 1894.
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— 12 —
sich (6 b) gegen einander eins zimlichen zuchtigen stillen vnd
freundlichen wesens halten, dann welch das nit hielt, den selben.
wolte ein Rat das vail haben daselbst verpieten vnd nit tner ge*
statten — darnach sie sich mogen richten.
Dies alles, sowie die grosse Menge uns erhaltener solcher
Blatter, zeigt wohl recht deutlich, wie weit schon sehr bald die
Sitte diese gedruckten Bilder zu kaufen besonders in jene Volks-
schichten eingedrungen sein mag, die sich den Ankauf von Oel-
gemalden nicht gestatten konnten. Diese Volksschichten kauften
aber nicht nur religiose Bilder, wenn diese audi noch immer einen
grossen Theil ausmachten, sondern sie hatten noch so mancherlei
geistige Bediirfnisse, die zu befriedigen nun das gedruckte Wort
und das Bild ihnen viel leichter machten, als es vorher je denk-
bar gewesen.- — Kiihne Seefahrer durchzogen damals die Meere,
man h5rte von wunderbaren Landern, V6lkern und Thieren, von
fefnen Kampfen; in der Religion bereiteten sich audi schon vor
Luther grosse Umwalzungen vor, in denen das Volk fur oder
wider Stellung nahm; das Volk begann sich zu fuhlen und in-
teressirte sich fur sich selbst. So war. nun eine Fulle von neuen
Anregungen und Gedanken geschaffen, die sich alle auch in der
Kunst wiederspiegelten. Bald bringt der Kunstler wunderbare
Ansichten, bald tritt er auch mit Humor und Satyre vor seine
Kaufer, indem er ihnen einen Spiegel ihrer selbst vorhalt, oder
mit den Kaufern Stellung fur eine der damals auftauchenden Richt-
ungen nimmt.
Und wirklich finden wir bereits in der zweiten Halfte des
15. Jahrhunderts eine Menge von Darstellungen humoristischen
Inhalts. Einige Beispiele m5gen hier noch angefiihrt werden.
Einen noch, ich mSchte sagen, mittelalterlichen St off, welcher
auch in Miniaturen und Wandgemalden (z. B. in Schloss Runkel-
stein in Tirol) auftauchte, bringt der sogenannte ,.Meister der
Liebesgarten" Ein frShliches Betrachten der Natur und Freude
an Geselligkeit ist in den beiden Blattern, nach welchen ihr Ur-
heber genannt wird, ausgesprochen. In einem weiten Garten be-
wegen sich mehrere vornehme Paare. Ein Herr spielt mit seiner
Dame Karten, eine andere Dame spielt die Laute, wozu ihr Ritter
von einem Notenblatte singt, andere Paare ergehen sich im Garten,
die Herren bieten ihren Damen Erfrischungen, die auf einem
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— 13 -
Tische stehen, an; und damit nichts ermangele, sehen wir in
einem vorbeifliessenden Bache zwei Flaschen zum Einkuhlen
stehen. Mancherlei Gethier, in den Grossenverh<nissen freilich
recht unglucklich ausgefallen, treibt sich im.Wald, auf der Wiese
mid in der Luft umher, und im Vordergrunde spielen ein Affe
und ein B&r mit einander.
Schongauer und Israel van Meckenen lieben es auch in ernst
religi6sen Blattern, wie in der Passion Christi, im Vordergrunde
spielende Hunde anzubringen, was wohl in der den germanischen
Vftlkern seit jeher innewohnenden Thierliebe, die sich schon sehr
friih in der Thierfabel ausserte, seinen Grund haben mag, und
auf einer frohlichen aber scharfen Beobachtung des Lebens beruht.
Sah der Kiinstler taglich im 6ffentlichen Leben auf der Strasse
neben den Handlungen der Menschen auch die Hunde wieder
fur sich ihr Wesen treiben, so lag es ihm nun nahe, derartige,
gliicklich abgelauschte Zuge nun auch in seinen Werken anzu-
bringen. Auch sonst verwendete Schongauer Thiere sehr gerne,
so z. B. in dem Blatte B VI Nr. 89. Ein Bauer treibt einen mit
dem Sacke beladenen Esel vor sich her, munter trabt ein junges
Eselchen daneben. B. 95 zeigt eine Schweine-Familie, wo vier
junge Ferkelchen vergniigt umhcr spielen. Rein nur einer fr6h-
lichen Laune entsprungen ist das Blatt B. 91, welches zwei rau-
fende Goldschmiedelehrlinge zum Vorwurfe hat. Bei Israel van
Meckenen finden sich auch humoristische Thierbilder bereits als
Selbstzweck. B. 190 zeigt eine lustige Affen-Familie und 191
bringt zwei Affen, welche sich gegenseitig Naschereien aus dem
Maule wegzunehmen bemiiht sind. In Nr. 204 bietet der Kiinstler
eine Darstellung aus der Thierfabel, die auch spater noch ofters
verwendet wurde, namlich Hasen, welche den Jager und seine
Hunde am Spiesse braten. Auch in die Buch-Illustration fand die
Thierfabel bald Eingang. Urn 1490 erschien in Basel eine Deutsche
Ausgabe der Aesopischen Fabeln und 1498 eine bei Zainer in Ulm.
Beide enthalten eine grosse Anzahl von Abbildungen.
Doch nicht nur so harmlos waren die humoristischen Kunst-
werke, auch die Satyre fand bereits im 15. Jahrhundert ein weites
Feld in selbstandigen Blattern und in der Buch- Illustration.
Schongauer und der etwas spatere Meister /1 J (B VI
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— 14 —
S.371 ff«) bringen bereits eine auch im 16. Jahrh. sehr beliebte Satyre
auf solche Manner, die sich den Weibern gegeniiber zu nachgiebig
erzeigen. Ein Mann kriecht auf alien Vieren, wahrend eine Frau,
die auf seinem Rueken sitzt, die Ziigel in der einen, die Peitsche
in der anderen Hand halt. 1 Israel van Meckenen stellt eine alte
Frau vor, die sich von einem jungen Burschen Geld abschmei-
cheln lasst, (B. 169) und ebenso einen alien Mann, der dasselbe
von einem Madchen erfShrt (B. 170) ; oder er zeigt einen Mann,
der von seiner Frau mit dem Spinnrocken geschlagen wird,
(B. 173) — Aehnliche Darstellungen finden sich auch bei dem Meister
wo auch plumpe Bauerntanze vorkommen. (Pass. II, S. 121 Nr. 27.)
Und die damals sehr beliebten Bticher moralisirenden ' oder
ironisirenden Inhaltes enthalten eine Fulle von oft recht derb
witzigen Bildern. Das 1483 bei Leonhard Holl in Ulm erschienene :
^Buch der Weisheit der alten Meister von Anbeginn der Welt,
von Geschlecht zu Geschlecht" enthalt eine Menge sich genau an
die erzahlten Begebenheiten haltende Holzschnitte, von denen
manche humoristischen Inhaltes sind, freilich aber auch nur im
Zusammenhang mit der Geschichte verstanden werden k5nnen,
wie z. B. die funf Frauen, welche eine Amsel todten wollen, well
sie den Mannern ihre Streiche erzahlt.
1493 erschien in Basel das ^Buch des Hitters votn Thurn
von den Exempeln der Gottesfurcht und Ehrbarkeit" \ Darin sind
ein Menge Beispiele vom guten und schlechten Leben erzahlt.
Die Illustrationen dazu sind oft recht derb, wie um eine zu
nennen, die von der koketten Frau, die sich in den Spiegel
sieht und statt ihres Antlitzes »den tufel ihr den hyndern zei-
gend" darin erblickt.
Und im Jahre 1494 kam auch bei Johannes Bergmann von
Olpe Sebastian Brant's noch jetzt beriihmtes satyrisches Buch, das
1 Diese Bilder illustriren eine Geschichte von Aristoteles, als Hof-
meister des jungen Konigs Alexander und der Hofdame Phylis. — Siehe
von der Hagen: Gesammtabenteuer I. 47, wonach aucn Passavant
(II. S. 114) die Geschichte wiedererziihlt.
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— 15 —
„Narrenschiff" heraus, wo jede Gattung der geschilderten Narren,
der Biichernarr, Modenarr, u. viele andere mil ihren Lieblings-
beschaftigungen getreu im Bilde wiederkehren.
Jakob Wimpfeling gab 1501 ^De fide conciibinarum" in Ulm
bei Hohenwang heraus, welches Buch auch 12 satyrische Holz-
schnitte enth<. 1 Ein junger Mann lasst seiner Sch6nen ein StSnd-
chen bringen; statt Dank zu ernten, wird er von ihr aus dem
Fenster mit Wasser begossen; oder ein Esel besteigt als Pro-
fessor den Katheder, unter seinen Zuh6rern findet man den
Baren, Schaf, Ochs und Gans.
Diese wenigen aus der Fulle herausgehobenen Beispiele
zeigen schon deutlich, wie viele Gebiete der Darstellung sich der
kunstlerische Humor bereits im 15, Jahrhundert erobert hat; und es
wird wohl begreiflich, wie nun der Humor in der Kunst des 16.
Jahrhunderts auf alien Darstellungsgebieten eine so wichtige Rolle
einnehmen konnte.
1 Ueber solche BUcher-Illustrationen,sowie Druckort und Jahr des
Erscheinens giebt genauen Aufschluss «Muther: Die BUcher-Illustra-
tionen der Gothik und FrUhrenaissance.»
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Das sechszehnte Jahrhundert
Nun kann es wohl nicht mehr Wunder nehmen, gleich zu
Anfang des 16. Jahrhunderts eine grosse Anzahl von Kunstlern,
unter denen uns die glanzendsten Namen begegnen, anzutreffen,
die den Humor als wichtiges Mittel kunstlerischer Mittheilung be-
nutzten und jedem darzustellenden Gegenstande auch eine frflhliche
und gemiithliche Seite abzugewinnen wussten.
Die angedeuteten Gebiete verbreiteten sich allmahlich weiter
und gewannen mehr und mehr an Selbstandigkeit; die Gelehrten traten
aus ihrer Abgeschlossenheit hervor; durch sie wurden die Schatze
des Alterthums, besonders aber die uns von Griechen und R6-
mern uberlieferten Sagen, Marchen und Fabeln Gemeingut des
Volkes und der Kunstler die religi6sen Streitigkeiten griffen
weiter um sich, und Wort und Bild kampften mit den Waffen
des allerbeissendsten Spottes fur oder wider die anbrechende
Reformation .
Ehe wir aber an die Betrachtung des humoristisch kunstle-
rischen Wirkens im 1 6. Jahrhundert herantreten, wird es gut sein,
sich iiber den Begriff und damit iiber den Umfang des zu be-
handelnden Gebietes klar zu werden. Es ist nicht meine Absicht,
hier eine Definition des Humors zu geben; dieselbe wurde schon
vielfach versucht, aber eine gultige Erklarung vom Wesen des
Humors ist wohl noch nicht gegeben worden. 1 Auch wurde sich
1 Vgl. auch Dr. Jos. MUlller: «Das Wesen des Humors.»
MUnchen 1896, Verlag von Dr. Lttneburg.
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— 18 -
wohl der philosophische Begriff des Humors durchaus nicht mit
dem decken, was ich in der folgenden Untersuchung unter dem
Namen eines humoristischen Kiinstlers verstanden wissen m6chte.
Unter einem humoristischen Kiinstler verstehe ich jenen, der
sich nicht mit der einfachen ernsten Darstellung seines Gegen-
standes begmigt, sondern entweder in der Darstellung selbst. oder
im Beiwerke zu derselben eine gewisse freudige Auffassung zu
erkennen giebt, oder aber die Darstellung selbst, sei es mit einer
tendenziSsen Absicht, oder um ihrer selbst willen, in das Komi-
sche hinuberzieht.
So ergeben sich mir drei Unterabtheilungen, in welche ich
meinen Stoff einzutheilen gedenke. Diese Unterabtheilungen
sind folgende:
I. Die eigentlich mit Humor bearbeiteten Darstellungen,
das sind solche, in denen sich im Stoffe selbst oder im Beiwerke
die Lebensfreude des Kiinstlers kund giebt,
II. die satyrischen und ironischen Werke, das sind solche,
welche Zeitverhaltnisse oder das Benehmen bestimmter Klassen
und einzelner Menschen geisseln, und
III. Die komischen Bilder, bei denen der lScherliche Eindruck
fur sich Selbstzweck ist.
I. Die eigentlich humoristischen Darstel-
lungen.
Natiirlich war das religiose Bild immer noch von grosser
Bedeutung, wie ja Darstellungen aus den religiSsen Vorstellungs-
kreisen zu alien Zeiten und bei alien kunsttreibenden V6lkern zu
den edelsten kunstlerischen Aufgaben gehorten. So kann es auch
nicht Wunder nehmen, dass wir sogar den
Humor in der Staffage religiSser Bilder
wieder finden.
Voriiber waren die Zeiten, da, wie es das ganze Mittelalter hin-
durch geschah, ein gewisser Vorrath von althergebrachten Typen,
mit denen dann die Bilder nach bestimmten Regeln, zum Theile
sogar durch Liturgie festgesetzt, zusammengestellt wurden, von
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Kunstler zu Kiinstler sich vererbte. Das Bild war. nicht mehr
vorwiegend Kultbild, sondern vver es erschwingen konnte, kaufte
sich derartige Gemalde fur seine Hausandacht, und der arme Mann
konnte sich eine, ihm besonders liebe Darstellung in Holzschnitt
oder Kupferstich erwerben.
Dadurch gewann aber auch das religiSse Bild eine mehr
haiisliche, dem Gemuthsbedilrfnisse des einzelnen Rechnung tra-
gende Art; und so konnte auch hier, bei dem nun die Umgebung
und kleine Einzelheiten mehr beobachtenden Zuge der Zeit eine
Staffage in die Bilder eingesetzt werden, wie wir sie in friiheren
Zeiten vergeblich suchen wiirden. Spielende Kinder und Engelchen
umgeben die heiligen Personen; das Thierleben wird mit Liebe
zu freundlicher Ausschmiickung der Raumlichkeit, in der die
heilige Handlung stattfindet, herangezogen.
Dies that aber der Weihe des Bildes durchaus keinen Ab-
bruch ; im Gegentheile, indem die Begebenheiten jetzt in eine uns
wirklich begreifbare und gewohnte Umgebung gebracht werden,
werden sie auch fiir uns nach der Seite des Gemiithes vertieft,
fordern zu eingehenderer Betrachtung auf und erreichen so fur
den einfachen Beschauer eine tiefere Wirkung, als die fruher
auf Goldgrund oder vor Teppiche, oft wie raumlos, eingeseizten
Gestalten.
Ein so gemiithvoller und tiefpoetischer Kunstler wie Albrecht
Durer verwendete nattirlich diese Mittel in vielen seiner Werke
in reichem Masse. Sein wahrscheinlich fruhestes grosses Gemalde
ist der Dresdner Altar. (Dresden kgl. Galerie Nr. 1869.) — In
einem Zimmer beugt sich Maria in Halbfigur iiber das schlum-
mernde Christkind. Links sieht man in ein anderes Zimmer, in
dem Josef an seiner Arbeit beschaftigt ist. Ein besonderes Leben
kommt noch in dieses GemSlde, durch eine Menge sich darin
herumtummelnder kleiner Engelchen. Eines wehrt mit einem
Wedel dem Kinde die Fliegen ab; andere sind am Boden be-
schaftigt, indem sie Josef bei seiner Tischlerarbeit behiilflich sind,
Hobelspahne sammeln und sich sonst zu thun machen.
In Holzschnitten und Zeichnungen finden wir diese reizende,
kleine Gesellschaft noch 6fter. Zumeist liess Durer die Engel
musiciren ; aber er gab ihnen auch noch andere Beschaftigungen.
So lauft auf einem Holzschnitte „Maria mit dem Kind und Hei-
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ligen" (B.95) ein Engelchen einem Hasen nach und erhascht ihn an
einem Hinterbeine. Ein ander Mai sehen wir wieder diese kleincn
Gestalten dem Joset bei der Arbeit helfend (B. 90). (Tafel 1.)
Aehnlich wendet Hans Baldung Grien solche Engelchen an.
In seinem prSchtigen Bildchen „Ruhe auf der Flucht" (Wien-Akad.
Gal. Nr. 545) ist Josef an einer Quelle eingeschlafen und ein
kleines Engelchen trinkt aus derselben. Viele solcher sind in
ehlem Helldunkel-Blatte (Pass. Ill 66) um Maria mit dem Kinde
beschaftigt, ihr durch Musik ihre Huldigungen darzubringen. Zwei
fliegen iiber der Jungfrau, ihr die Himmelskrone bringend, andere
aber musiciren um sie her. Einer spielt die Laute, ein zweiter,
der von ruckwarts gesehen wird, schlagt die Trommel, wobei er
sich so verneigt, dass sein Gesichtchen schalkhaft zwischen den
Beinen hindurchblickt, wieder einer liegt am Boden und hftrt
seinen Gefehrten zu, wahrend ein vierter, durch die Luft fliegend,
dem Christkinde einen Apfel reicht. Von dem Baume schwebt
ein Engelchen mit dem Riicken nach abwarts herab und wieder
ein anderer iibersteigt einen Zaun.
Man sieht, diese Enge': geberden sich ganz wie lustige, kleine
Kinder; aber wie viel naher kommen deren Huldigungen vor dem
heiligen Kinde und seiner Mutter unserem Gefuhle, als die grossen,
langgewandeten Engel, die auf Bildern friiherer Zeit steif und nach
hSfischer Sitte ihre Kniee vor der heiligen Familie beugen.
War tiberhaupt friiher Maria nur als HimmelskSnigin auf-
gefasst worden, so tritt schon im 15. Jahrhundert eine veranderte
Auffassung ein. Maria wird nun mehr das hehrste und edelste
Vorbild der Mutter iiberhaupt. Ein idyllischer Zug, die Freude
der Mutter an ihrem Kinde, das unschuldi^e Spiel des Kindes
sind jetzt die Eigenschaften, auf deren Darstellung die Kiinstler
das Hauptgewicht zu legen beginnen.
Wohl die ersten deutschen Bilder dieser Art sind die „Ma-
donna mit der Bohnenbliithe" (Kftln, Erzbisch. Museum) und die
mit der Erbsenbluthe (Nurnberg, Germ. Museum), von denen man
vermuthet, dass sie noch auf Meister Wilhelm von Koln, also
sogar noch in das Ende des 14. Jahrhunderts zuriickzufuhren sind. 1
1 Vgl. auch liber das Eindringen dieser Richtung bei Meister Wil-
helm. Janitschek: Geschichte der deutschen Malerei. S. 210.
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Dieser Zug, dass die Mutter etwas, das die Aufmerksamkeit
des Kindes zu erregen geeignet ist, in der Hand halt, eine Sitte,
die wir auch bei den italienischen Kiinstlern finden, wird dann
immer weiter ausgebildet. SpBter ist es dann ein Engel oder
der kleine Johannes, der dem Kinde zumeist eine Frucht dar-
reicht.
Auf dem erwahnten Blatte Baldungs bringt ein Engel einen
Apfel ; Lucas Cranach giebt meistens dem Knaben Johannes eine
Taube oder einen Apfel in die Hand, urn sie dem Kinde zu
reichen ; z. B. auf einem Bilde in der Galerie zu Gotha (Schuchardt
Nr. 306), * oder auf einem anderen, das Schuchardt in Jena bei
Bergrath Schiiler sah, (Nr, 307) und ahnlich auch auf dem Bilde
Schuchardt Nr. 320. Ganz reizend verandert aber Cranach dieses
Motiv in seinem Holzschnitte : „Ruhe auf der Flucht" (B VII Nr.
3), wo drei Engel eifrigst bemiiht sind, Erdbeeren fur das Christ-
kind zu sammeln. Zwei pfliicken die Beeren, einer halt eine
Schale dazu.
Doch auch noch andere Dienstleistungen liegen diesen kleinen
Engelskindern ob. An einem Gewasser sind viele versammelt
urn das nfttige Trinkwasser zu schopfen, wobei sie auch nicht
vergessen ihren eigenen Durst zu lSschen; einer sitzt in einem
Weidenbaume und schlSgt mit einer Axt Zweige ab, wohl um
sie auf den Weg zu streuen; und mehrere andere musicieren.
Der Gedanke die heilige Familie von kleinen Genien durch Musik
und Tanz erfreuen zu lassen, ist iiberhaupt sehr beliebt. Auf
Cranachs Schnitte B. 4, ebenfalls eine „Ruhe auf der Flucht"
darstellend, wird in lustigen Spningen ein Reigentanz um die
Mutter, die das Kind halt, ausgefuhrt, wahrend zwei andere Kindengel
in den Aesten eines Baumes ein Adlernest ausnehmen. (s. Tafel 2.)
In einem GemSlde, einer Ruhe auf der Flucht, von 1504 (Miinchen
bei Dr. Fiedler) ist gar eine reiche Fiille derartiger Scenen an-
gebracht. Einige bekleidete Engel singen und spielen auf Flftten,
ein kleiner, nackter, reicht dem Kinde eine Traube, von links
kommt einer h6chst eilig herbei um einen Papagei anzubieten;
* Schuchardt : Lucas Cranach d. 5. Leben und Werke. Bd. II u. III.
Leipzig, Brockhaus, i85i u. 1871.
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einer steht an einer Quelle, Wasser schSpfend, und endlich wieder
einer ist an dieser Quelle eingeschlafen. 1
Springinklee, Durers ScMler, lasst in einem Holzschnitte
„Josef und Maria das Kind verehrend" (B. VII 328 Nr. 51) drei
Engel das auf dem Boden liegende Kind frohlich umspielen. Auch
Daniel Hopfer bringt einen solchen Kinderreigen auf einem Blatte
„Maria das Kind liebkosend" an (B. VIII. Nr. 40). Reizend sind
auch die Engelgruppen, wetohe auf der Altdorferschen „Ruhe auf
der Flucht" (Berlin kgl. Galerie 638 B) den Brunnenrand um-
spielen. Einer schwimmt sogar im Wasser nach dem sich herab-
beugenden Christkinde hin.
Hans Holbein d. a. bringt schon 1499 auf dem in Niirnberg
befindlichen Bilde der thronenden Madonna zwei Engel an, welche
dem Kinde Blumen reichen (Woltmann II. Nr. 263.) 2
Sehr geschmackvoll verwendete Holbein d. j. eine musicierende
Engelgruppe in seiner in Basel befindlichen Skizze zu den Orgel-
thiiren, zwischen Maria mit dem Kinde und dem hi. Pantale an.
Wie konnte wohl sinniger ein Bezug zwischen der irdischen
Kirchenmusik und den Choren der himmlischen Heerschaaren her-
gestellt werden !
Solche Beispiele liessen sich noch viele anfuhren. Haufig
wird auch eine Staffage von Thieren angebracht; die entweder
die Idylle des Bildes erhohen, oder einen Gegensatz zwischen
dem Menschen- und Thier-Leben einfiihren soil.
Ein wunderschones Blatt dieser Art ist Durers leicht bemalte
Federzeichnung „Maria mit Thieren" (Albertina, Wien). Vor der
in weiter Landschaft sitzenden Maria steht ein Fuchs, der eine
Libelle betrachtet ; vortrefflich ist der Pintsch, der halb neugierig,
halb furchtsam nach einem Hirschkafer blickt, wahrend ihm ein
Schmetterling auf dem Riicken sitzt. Freude am Stilleben der
Thiere zeigen viele andere im Bilde verstreut angebrachte VSgel
und Insecten; und reizend sind im Hintergrunde, wo man in
kleinen Figuren die Verkundigung an die Hirten sieht, die B6cke
der Heerde beobachtet, wie sie einander mit den HSrnern stossen,
1 Dieses Bild ist dasselbe, welches Schuchardt (Bd. Ill Nr. 80
S. 186 ff.) als in Rom, Galerie Sciarra befindlich angiebt.
* Woltmann : Holbein und seine Zeit. Leipzig, Seemann 1874.
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oder sich an kleinen Baumen aufrichten urn das Laub leichter
erreichen zu kftnnen.
Der Strassburger Kiinstler Johann Wechtlin, genannt Pilgrimm,
lasst in einem Helldunkelblatte „Maria mit dem Kinde im Garten
sitzend" (B VII 449 Nr. 2) zwei Hasen mit einander spielen und
bringt noch einen dritten Hasen und ein Rebhuhn an.
Schon von Schongauer und Israel van Meckenen wurde er-
wahnt, dass sie selbst in Passionsbildern gerne im Vordergrunde
spielende Hunde anbringen, die mit der Handlung gar nichts zu
thun haben; vielleicht als ein heiteres Gegengewicht gegen den
tiefen Ernst der Darstellung, gleichsam urn einen Ruhepunkt darin
herzustellen. Diese Sitte blieb auch im 16. Jahrhundert im Ge-
brauche.
Wir finden sie wieder bei Diirer in einer Federzeichnung
der Kreuzigung (von 151 1, Albertina) und in einigen seiner
Passionsbildern, bei Daniel Hopfer in dem Blatte „Christus nimmt
von seiner Mutter Abschied, ehe er nach Jerusalem geht," (B. 8)
haufig in der Passion von Lucas Cranach (B. 6 — 20) und bei
mehreren anderen Kiinstlern dieser Zeit. 1
Darstellungen aus dem taglichen Leben.
Vielmehr als die religiOsen Bilder bot natiirlich das tagliche
Leben dem Kiinstler Gelegenheit Humor zu aussern. Die Kunst
wurde zu jenen Zeiten in Werkstatten mit Gesellen und Lehr-
lingen, ganz nach Art eines Handwerks betrieben. Dadurch kam
der Kiinstler auch selbst mit Handwerkern und alien Gesellschafts-
schichten taglich in lebendige Beriihrung und lernte so das Volks-
leben von Grund aus kennen; und auch die Litteratur war zu
den Handwerkern herabgestiegen.
An vielen Orten entstanden die Meistersinger-Schuleh. In
diesen wurde neben den Liedern zum Preise der Religion auch
alles Mflgliche aus dem Weltleben, was den Sanger gerade be-
riihrte, in dichterische Formen gebracht. Wir h6ren von Liebe
und Hass, Tagesfragen wurden lobend oder tadelnd einem Ge-
dichte zu Grunde gelegt, und das Fastnachtspiel und der Schwank
1 Vergleiche auch die Bemerkung liber Bilder aus dem alten Tes-
tamente S. 28.
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fuhren uns, am Ende meist in eine Moral ausgehend, Handwerker
und Bauern vor. Zuge aus deren Gemiithsleben werden uns eben-
so wie ihre Thorheiten und ihre oft recht plumpe, zuweilen sogar
rohe Fr6hlichkeit unverhullt zur Anschauung gebracht.
Ungeschminkte Wahrheit, manchmal bis zur Derbheit ge-
steigert, dazu Hang zur FrShlichkeit, die sich in Volksfesten,.
ftffendichen Possenauffiihrungen, in Schempartlaufen und Gesellen-
stechen ausserte, ausserdem noch begunstigt durch den auf-
bliihenden Reichthum der an grossen Handelsstrassen gelegenen
freien ReichsstSdte, das sind hervorragende Eigenschaften der
Zeit, die wir in Kunst und Litteratur erblicken kflnnen.
Welch* ungeheure Fulle neuer Stoffe boten diese Umstande
einem aus dem Volke stammenden und fur das Volk schaffenden
Ktinstler ! —
Doch waren die Kunstler immerhin Burger der Stadte, und
diese blickten mit vornehmem Stolze auf die Bauern herab. Daher
mischt sich in Darstellungen des Bauernlebens fast stets ein Zug
von Hohn mit ein, weshalb wir diese zum gr6ssten Theile in
die nachsten Kapitel verweisen miissen und hier besonders Scenen
aus dem stadtischen Leben aufnehmen werden.
Die frQhlichen Unterhaltungen der Vornehmen
bildeten einen sehr beliebten Vorwurf jener Kunstler des 16. Jahr-
hunderts, welche mit frischem, frohen Gemiithe ihre Umgebung
liebevoll beobachteten. Sehr oft wurden Hochzeitstanze darge-
stellt. So haben wir von Hans Sch&ufelein eine Folge von 20
Blatt, welche einen solchen Hochzeifszug veranschaulicht (B. 103).
Auf dem ersten Blatt schreiten drei Lampions tragende Manner
dem Zuge voraus; auf dem zweiten fuhren zwei Herren eine
junge Dame und dann folgen auf den andern Blattern 18 tanzende
Paare. Einige schreiten gemessen dahin, andere machen leb-
haftere Tanzschritte und wieder andere halten sich im Tanze
umschlungen. Sehr fein wusste es Schaufelein in den Bewegungen
auszudriicken, ob die beiden Tanzenden nur durch gesellige Riick-
sicht zusammenkamen, oder ob sie sichauch im Herzen gefunden;.
indem einige nur einfach, steif-hSflich mit einander daher tanzen,
andere sich mehr liebevoll zu einander neigen und eifrig zu
sprechen scheinen.
Ein ander Mai (B. 97) zeigt er eine im Garten sich unter-
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haltende Gesellschaft. Zu zweien gehen sie im Garten umher,
ein Herr hat sich neben eine Dame gesetzt und betheuert ihr,
die Hand am Herzen, seine Liebe; zwei andere kiissen sich und
andere sind an einem Brunnen beschaftigt.
Sehr gerne und oft stelite Heinrich Aldegrever Hochzeitstanze
dar. Aus dem Jahre 1532 ist eine — bei Bartsch nicht ange-
gebene — Folge von sechs tanzenden Paaren erhalten ; vom Jahre
1538 haben wir zwei solche Reigendarstellungen.
Die eine (B. 144 — 151) zeigt, ixiit zwei Laute und Geige
spielenden Musikanten beginnend, und mit zwei sich Kiissenden
schliessend, eine Anzahl verschiedener T&nze; die andere (B 160-
170) lasst die ganze Anordnung derartiger Festlichkeiten deutlich
ersehen. Vorne lauft der Tanzordner, den Hut halt er in dqr
Linken, mit der rechten Hand schwingt er einen Stock, um die
Richtung des Zuges anzugeben. Ihm folgen zwei Fackeltr&ger
und dann die Paare. Unter den Beiden, welche sich kiissen,
mflgen wohl die jungen Eheleute zu suchen sein. Der Zug
schliesst mit zwei Trompetern und einem Posaunenblaser. Die
Bewegungen der Tanzer lassen auf eine Art Menuett schliessen.
Ein anderes Hhnliches Fest von 1551 bezeichnet, wird durch drei
HSrner blasende Musiker eingeleitet. (s. Tafel 3.)
Der Meister #T\ erwShlte sich auch einmal diesen Stoff
zum Vorwurfe seiner Darstellung (B. 24—35), und der Mono-
grammist HL brachte in einem Holzschnitte einen Hofball, der
wegen der Eigenthtimlichkeit der Darstellung vermuthlich auf eine
Erzahlung zuruckgeht, die ich aber nicht bestimmen kann. Auf
einer Art Gallerie sehen K6nig und Kftnigin dem Tanze zu; im
Saale selbst tanzen mehrere Herren in ziemlich grotesken Stel-
lungen ; in der Mitte steht auf einer Kugel eine als Fortuna ge-
kleidete Dame, den Preis in der Hand, wahrend links der Hof-
nanr kniet und rechts ein Mann mit Trommel und Pfeife zum
Tanze aufspielt.
Dass aber bei Festlichkeiten neben dem Tanze auch noch
andere Unterhaltungen zu Recht bestanden, lehrt uns Virgil Solis
auf zehn nummerirten Bl&ttern (B. IX Nr. 224 — 233). Zuerst
kehren die TSnze wieder, dann zwei Musikanten; hierauf folgen
dann Schmaus und Spiel. Einmal sitzen ein Herr und eine Dame
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am Tische und lassen sich die geleerten Becher wieder fallen,
ausserdem sehen wir Kartenspieler, einen Herrn mit einer Dame
flusternd und schliesslich ein musicierendes Paar.
Doch nicht nur auf solche Festlichkeiten allein lenkten die
Kiinstler ihre Aufmerksamkeit, auch
Scenen aus demVolksleben
sowohl in der Stadt, wie auf dem Lande, und ganz besonders
auch das Treiben am Markte fanden schon bald im 16. Jahr-
hundert kiinstlerische Beachtung.
Barthel Beham, der sonst so iibermuthige, ausgelassene
Kiinstler, schildert sehr hiibsch in einem Stiche das Muttergluck
(B. 40). Die Mutter sitzt mit ihren zwei Kindern im Freien;
das eine Kind halt sie in den Armen, das andere spielt lustig
neben ihr mit einem Hiindchen. — Dann wieder zeigt er uns
einen Bauer bei der Arbeit (B. 46), wie er die Mistgabel haltend,
sich wohl eben etwas erholen will ; oder eine Marktfrau (B 47),
die ihre Waare zum Verkaufe ausruft.
Recht launig weiss Hans Sebald solche Scenen darzustellen.
Ein Bauer steht mit einer Lanze in der Hand auf dem Markte,
(B. 186); vor ihm liegen auf der Erde seine Schatze, die er ver-
kaufen will, ein Krug, ein Sack und zwei Rettige. Er sagt :
„Deten wir verkaufen." Auf dem Gegenstticke (B. 187) ist des
Bauern Frau, sie halt einen Rechen und hat ein Butterfass, sowie
einen Krug und einen Eierkorb bei sich. Warum sie gerne diese
Sachen verkaufen wollen, ersieht man aus ihrer Antwort : „Zum
Wein wolt wir laufen." (s. Tafel 3.)
Auch den Weg der Bauern zur Stadt findet Beham dar-
stellenswerth. Ein Bauer geht zu Markte (B. 191) mit einem
Eierkorb in der linken Hand, iiber der rechten Schulter hat er
eine Stange, an der ein Hase hangt. — Die Bauerin (B. 192) da-
gegen hat schwerer zu tragen. Sie hat am Riicken einen grossen
Krug, und unter dem Arme tragt sie eine Gans. Ist dies nur ein-
fache Beobachtung, oder sollte da schon etwas Ironie mitspielen?
Bei Schaufelein finden wir einen Mann, zwischen seinen Korben
stehend (B. 122), der eine Gans in der Hand halt und sie einem
andern Manne zum Kaufe anpreist ; oder einen Bauern (B. 130),
der ein Schwein an den Hinterbeinen aus dem Stalle zieht,
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wahrend seine Frau schon alle Werkzeuge, wie Beil, Waage,
Pfanne zum Schlachtfeste herrichtet. — Jakob Bink zeigt einen
mit seinem Eierkorbe in die Stadt gehenden Bauer (B. 70) und
ein tanzendes Bauernpaar (B. 75). Eigentlicher Humor ist wenig
bei diesem Kiinstler anzutreffen.
Unter den Stichen des Meisters I. B. lasst der eine einen
Mann und seine Frau sehen (B. 36), die es sich nach der Arbeit
oder nach dem Marsche bequem gemacht haben; wahrend sie
einen Krug zur Erfrischung halt, blast er den Dudelsack. —
Wieder eine Markt-Scene ist das Blatt B. 37, auf dem ein
Mann einen Sack halt, wahrend zwei Frauen eine Ente, die er
ihnen zum Kaufe angeboten, priifend in der Hand halten.
Von Holbein besitzt die Ambrosiana in Mailand die Zeich-
nung eines Bauern, der den Hut voll Eier hat ; seine Frau legt
den linken Arm urn ihn, unter dem rechten Arnie hat sie einen
Leib Kase oder Brot.
Eine Zeichnung Holbeins in Basel stellt einen jungen Mann
in Handwerkertracht dar, und eine Beischrift bezeichnet diesen
als: „Alle zeyt lustiger Gesell", und eine andere Zeichnung dieses
Meisters in Kopenhagen zeigt uns einen lachenden Kopf. Beides
sind Anzeichen dafur, mit welcher eigenen inneren Befriedigung
der Kiinstler harmlose FrShlichkeit beobachtete.
Das Dresdener Kupferstich-Kabinet besitzt eine colorirte
Federzeichnung Cranachs ; zwei Madchen, die sich am Waschtroge
unterhalten.
Ein Blatt Erhard Altdorfers, des Bruders von Albrecht, ist
benannt „Der Rostocker Gluckshaven" (Pass. 77). Es zeigt auf
einem Jahrmarkte eine Lottoziehung mit alien dabei vorkommenden
Hantirungen und die 24 Gewinne, die in Bechern, Schalen, Stoffen
und ahnlichen Gegenstanden bestehen.
Was fur Wetter eintreten werde, macht den Landleuten
immer viele Sorge. — H. S. Beham beobachtete einen Mann
(B. 188), wie er, nachdem er wohl die Felder fur den Winter
bereits gedungt hat die Mistgabel in der Hand haltend, gen
Himmel blickt und meint: „Es ist kalt Wetter." Sein Genosse
(B. 198) ist bereits mit der Arbeit fertig, hat die Hande auf den
Rticken gelegt und antwortet: „Das schadet nit." Liebespaare
bieten selbstverstandlich auch einen sehr beliebten Vorwurf. Wir
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finden sie bei verschiedenen Ktinstlern. Beham bringt einen
Dudelsackpfeifer, der unter einem Baume eine Frau umarmt
(B. 195), und noch ein zweites kiissendes Paar (B. 209).
In der Geschichte des veriorenen Sohnes wird auf dem Blatte
mit der Darstellung, wie der Sohn sein Erbtheil verprasst, eine
leichtfertige vornehme Gesellschaft im Freien an einem Tische
schmausend und kosend dargesteUt. Und derselbe Vorwurt dient
dem Kunstler noch einmal als Vorwand, in einem grossen Saale
eine solche lustige Gesellschaft zu zeigen. (B. 128, Anm. 197).
Dies ist der Hauptzweck des Bildes; dass es nebenbei auch die
Geschichte des veriorenen Sohnes darstellen soil, wird erst bei
naherem Zusehen deutlich. Durch die Fenster des Saales werden
noch in kleinen Figuren der Abschied vom Hause, der Sohn als
Schweinehirt und die Wiederaufnahme desselben sichtbar.
Es ist uberhaupt sehr charakteristisch, dass viele Kunstler als
Vorwiirfe aus dem alten Testamente sich besonders die anstftssigen
Scenen, wie den betrunkenen Noah, Loth und seine TSchter,
Josef und Potiphar oder die Susanne im Bade, aussuchten.
Daniel Hopfer zeichnete einen jungen Mann, der am Tische
sitzt und eine junge Frau auf dem Schoosse halt, dei er mit
weitgeOffnetem Munde ein Lied vorsingt (B. 69).
Hans Baldung Grim brachte auf mehreren Wappenzeichnungen,
deren er sehr viele fertigte, oben noch einen Streifen mit humo-
ristischen Ziigen aus dem Leben. Ueber dem Wappen des Jakob
von Seldeneck (Albertina) zeichnete er mit der Feder ein Zech-
gelage und an einem andern Tische schakern zwei Manner mit
einem Madchen. Ueber dem Wappen der Pfeffing (ebenda) sind
Liebespaare zu sehen, und bei dem Wappen des Thomas von
Ending (ebenda) eine Hasenjagd zwischen BSumen.
In einer selbstandigen Zeichnung ohne Wappen sind in einer
Gebirgslandschaft vier junge MaLnner um einen Tisch zu einem
Trinkgelage vereint. Einer der fr6hlichen Gesellen zieht ein
Madchen, das eben die Becher voll schenken will, am Kleide zu
sich heran, wahrend ein anderer eine heitere Geschichte zum
Besten giebt, mit hoch erhobener Hand seine Rede begleitend.
Vornehme Liebespaare oder ahnliche Scenen finden sich auch
bei Virgil Solis (B. 259), der vier Herren und eine Dame an
einem Tische musizirend zeigt; und bei Jost Amman, in dessen
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„Stamm- und Wappenbuch" (Andresen Nr. 236) und „Karten-
spielbuch" mehrere derartige Bilder vorkommen.
Unter den Werken der Monogrammisten, nT\ welcher zwi-
schen 1534 und 39 arbeitete, und M T 1 kSnnen ^fcj w »r solche
Liebes-Scenen und musicirende Gesellschaften 6fters antrefFen; und ein
Blatt von H. S. Beham ist bei dieser Gelegenheit noch nachzutragen.
(B. 161). Bei einem Zechgelage unter einer Weinlaube sieht man,
wie die Alten oft in den Strudel der Lustigkeit von den Jungen
mit fortgerissen werden. Zwei Manner fiihren eine Frau herbei,
ein Alter steht hSflich griissend auf, und die anderen lassen an ihn
die Aufforderung : „ Alder du must danczen" ergehen. (s. Tafel 6.)
Dem Virgil Solis musste einmal eine wandernde Gaukler-
truppe zum Modelle dienen. (B. 257). Er zeigt die Gaukler auf
den Handen gehend und sonstige Kunststuckchen auffuhrend, in-
dessen sitzt ein Affe auf einem Tische und trinkt. (s. Tafel 3.)
Sehr in den Vordergrund des Interesses kam in jener Zeit, wo
gr5ssere und kleinere Kriege und Fehden sich bestSndig drangten,
das Landsknechtleben.
Haufig konnte man diese wilden Gesellen das Land durch-
streifen sehen, und ihre tollen Streiche werden oft fur einige Zeit
den Gesprachsstoff geliefert haben. So wurden sie in der Kunst
und Litteratur zu einem oft gewShlten Vorwurfe. Auch Hans
Sachs schildert sie in mehreren Schwanken, so in dem: „Der
Teufel lasst keinen Landsknecht in die HSlle fahren a ; wozu auf
dem Titelblatte drei solcher Landstreicher sich beim Wein ihre
Schnurren erzahlend, dargestellt sind.
Am meisten bluhte der Stand der Landsknechte in der
Schweiz. Die Schweizer begnugten sich nicht nur damit, in den
Kriegen, welche in ihrem eigenen Lande ausbrachen, zu dienen,
sondern nahmen auch noch als ReislSufer Dienste bei alien mog-
lichen auslandischen Heerfuhrern an. Ueberall in Deutschland,
Italien und Frankreich fand man Schweizer S6ldner. Eine Sitte,
die so weit urn sich griff, dass sich der Rath mehrerer Stadte,
wie z. B. der von Basel, wiederholt genothigt sah, Verbote gegen
das Reislaufen zu erlassen.
1 Siehe Monogramm S. 25.
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Kein Wunder also, wenn hier die Landsknechtsbilder be-
sonders in Schwung kamen.
Urs Graf und Niklaus Manuel Deutsch, welche beide selbst
als Kriegsleute dienten, haben uns eine Menge solcher Lands-
knechts-Darstellungen hinterlassen, in denen sie das Treiben diesef
Leute in alien Lebenslagen schildern.
Im Skizzenbuche von Niklaus Manuel Deutsch „ftihrt uns
das zwolfte Blatt Scenen aus der Schlacht, aus dem Lagerleben,
aus den Marschtagen, vor die Augen, in so iiberzeugender Weise,
wie sie eben nur einer geben konnte, der alles miterlebt hatte." 1
Auch die stSndige Begleitung der Kriegslager, die Marketen-
derinnen und Landsknechtdirnen wurden von Deutsch und Urs
Graf haufig abgebildet, mit dem Glase oder mit Waffen in der
Hand, meist mit dem Federbarett am Kopfe.
Die meisten Blatter dieser beiden Kunstler sind in Basel. 2
Wie der Landsknechte ganzes Sinnen und Trachten am
Kriege hing, veranschaulicht eine Zeichnung von Manuel Deutsch.
Drei Landsknechte sind im Gesprach mit einander begriffen; der
Inhalt ihres Gesprachs erhellt aus der Beischrift : „wo nun hynus,
der krieg hat ein loch." In diesem Blatte liegt ein gutes Stuck
Charakteristik der Zeit. Diese Gesellen fuhlten sich nur wohl,
wenn sie, gleichgiltig far welche Sache, in den Kampf Ziehen
konnten, und so war ihnen nichts schrecklicher als Zeiten, in
denen es keine Kriege und keine Fehden gab.
Die meisten Blatter von Manuel und Urs Graf schildern das
tolle Leben, das diese verwegenen Leute fuhrten, sei es in der
angegebenen Art, sei es in Gesellschaft mit Lagerdirnen oder im
Kampfe selbst.
1 Handcke : Nikolaus Manuel Deutsch als KUnstler. Frauenfeld
1889. S. 52.
2 Literatur Uber Niklaus Manuel: GrUneisen: Niklaus Manuel,
Leben und Werke eines Dichters, Kriegers, Staatsmannes und Refor-
mators im 16. Jahrhundert, Stuttgart und Tubingen 1837. Scheurer:
Bernisches Mausoleum II, 1740— 1842. Handcke, vgl. Anm. 1. J. Bach-
told und Vogelin: Niklaus Manuel 1878.
Literatur Uber Urs Graf: His: Urs Graf, in Zahns JahrbUcher fur
Kunstwissenschaft. V und VI. J. J. Amort: Urs Graf, Basel und Genf
873. Handcke, in der Bibliographic fUr schweizerische Landeskunde
Bern 1892, und desselben Verfassers Ausgabe, der schweizerischen
Bannertrager.
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Holbein dagegen verwendete Landsknechte zwar auch sehr
gerne, aber weniger in diesem derb humoristischen Sinne ; er be*
schaftigte sich besonders ihrer auffallenden Kleidung wegen mit
ihnen und benutzte sie lieber als Schildhalter, z. B. in Entwiirfen
fur Glasgemalde. 1
So werden auch die beiden Zeichnungen in Basel, ein Lands-
knechts-Madchen einen Humpen haltend (Woltmann Nr, 79) und
ein Landsknecht mit einer Dime (W. 81), sowie eine ahnliche
Zeichnung in Leipzig (W. 176) hauptsachlich als Costume-Schilde-
rungen der Zeit aufzufassen sein.
Holbein reizte, so scheint es, mehr das Phantastische der
Tracht, die Darstellung der krSftigen Gestalten und verwegenen
Gesichter, als das sonstige Leben und Treiben dieser Kriegs-
knechte. Zu dieser Art der Darstellung gehoren auch die Banner-
trager der Schweizer Kantone von Urs Graf.
Von dem Sohne Niklaus Manuels „Hans Rudolf Manuel"
giebt es auch zwei Landsknechtsbilder (Pass. Ill 32 u. 33), welche
mehr an die Costume-Bilder erinnern, denen aber lustige Verse,
die sich auf das Leben beziehen, beigeschrieben sind.
Bei den iibrigen deutschen Kunstlern finden sich natiirlich
auch mehrere solcher Landsknechtsdarstellungen. Wir begegnen
ihnen, freilich ohne eigentliche humoristische Bedeutung, auch bei
Diirer. (z. B. B. 88 u. a.).
Hans Sebald Beham fuhrt uns einen Trommler, Fahnentrager
und Pfeifer (B. 198) im GesprSche vor. Er setzt die bereits be-
kannte Beischrift, die wir bei Manuel fanden, dazu; also auch
diese drei sprechen liber den unwillkommenen Frieden.
Hans Baldung zeichnete in seiner schon erwShnten Art iiber
Wappen friedlichere Unterhaltungen der Landsknechte. Ueber
dem Doppelwappen der Hochstein und Mulnheim findet ein
Scheibenschiessen statt. In der Mitte sind die Preise ausgestellt.
Ueber dem Wappen des „Wolf von Landsperg" unterhalten sich
Landsknechte mit einem Wettwerfen von Steinen. Einer ist da-
mit beschaftigt, mit Stabchen das Ziel und die Weite der einzelnen
Wurfe zu bestimmen. Mehrere vornehm gekleidete Herren scheinen
1 Vgl. Woltmann a. a. O. I. i63 ff.
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eben einem Landsknecht fur einen guten Wurf einen Preis zu
gebea. (Beide Blatter in der Albertina).
Bei vielen anderen Kunstlern finden sich vereinzelte Schilde-
rungea derartiger Scenen.
Wir sehen auf einem Blatte von Daniel Hopfer (B. 70), wie
ein junges Madchen von einem Soldaten umarmt wird, ein Hund'
macht sich dies zu Nutze und frisst mittlerweile von den auf
einem Tische stehenden Speisen. Jakob Bink zeigt nur einen
Krieger mit seiner Geliebten im Freien. (B. 72). Sehr hiibsch
ist ein Blatt von Lucas Cranach (B. 122). Unter einem Baum
sitzt eine Frau und reicht einem vor ihr stehenden Landsknecht
eine Flasche zur Erquickung, wShrend ein Hiindchen bittend an
ihr emporspringt
Unter den Werken Peter Flfttners sind zwei, welche Theile
des ein Heer begleitenden Trosses zur Anschauung bringen. Der
eine ist benannt: „Urschelein und Schuchknecht* (Pass. Ill, 11),
der andere „Der Sudler und sein Sudlerin" (Pass. 12). Zu beiden
gehSren Verse, welche in, nach dem Sinne der damaligen Zeit,
komischer Fassung die Zwiegesprache der beiden Paare wieder-
geben. ^^
Von dem Monogrammisten /*/ enthalt das eine Blatt (Pass.
IV, 129 zu Meister P. G. und Nagler Monogr. I 322) eine sehr
unanstandige Landsknechtsschilderung mit ebenso unanstandigen
Versen.
Bei Virgil Solis sehen wir vier Soldaten, die beim Zechen
in Streit gerathen sind und sich paarweise schlagen. (B. 256) ;
auf dem Tische sind die Glaser umgesturzt und zerbrochen. Ein
Bar und ein L5we zeigen sich gegenseitig die Zahne. Ausserdem
haben wir von Virgil Solis noch eine Reihe Landsknechtsbilder,
welche mehr nach Art der Costumbilder die Krieger mit ihren
verschiedenen Waffen zeigen, und denen bezeichnende Verse, in
der Art der folgenden, beigeschrieben sind :
«Ich bin ein Hacken Schucz
In Sturmen un Schlacht nucz.» oder
«Ich thue mein Fenl schwingen
Hof es sol uns gelingen.* oder
clch bin ein pfeifer guet
Mach die Knecht wohlgmut.»
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— 33 —
Eine andere Folge ohne Verse enthalt wieder die verschie-
denen Landsknechtsarten auf etwas grSsseren Blattern. Ein Blatt
davon ist von Niclas Solis. Ferner stach Solis auch, ahnlich vvie
Urs Graf, Fahnen tragende Landsknechte, die durch Beischriften
als die Schweizer Kantone gekennzeichnet sind.
Das Recht des StSrkeren, das ja die Landsknechte immer
fur sich beanspruchten, veranschaulicht Jost Amman. (Andr. 81).
Einem Soldaten ist im Kampfe libel mitgespielt worden; sein
Schwert ist zerbrochen, seine Kleidung zerrissen, den rechten
Arm tragt er in einer Binde. Er halt ein Bierglas in der Hand.
Ein gesunder Soldner will es ihm vielleicht streitig machen, denn
er holt eben zu einer Ohrfeige aus.
Andere Blatter Ammans mit Landsknechten gehSren wieder
unter die Gattung der Costiimbilder, oder erhalten durch beige-
schriebene Verse eine humoristische Bedeutung. (s. Tafel 4.)
Die Thierbilder.
Bei der im 16. Jahrhundert erwachenden Freude an der Be-
obachtung der Natur ist es nun begreiflich, dass auch das Thier-
bild in dem kiinstlerischen Schaffen der Zeit eine ziemlich be-
deutende Rolle spielt. In der Litteratur war die Thiersage bei
den germanischen VSlkern ja schon von uralten Zeiten her hei-
misch. Viele Ziige finden sich schon in der germanischen Mythologie.
Im Mittelalter drang dann die Thiersage besonders von
Flandern her nach dem iibrigen Deutschland ein. Anfangs waren
wohl diese Thiererzahlungen fiir sich Selbstzweck, „mitunter aber
auf Ereignisse der nachsten Umgebung anspielend," 1 gingen sie
theilweise auch auf das satyrische Gebiet iiber.
Im 12. Jahrhundert entstanden die zwar lateinisch geschrie-
benen, ihrem Inhalte nach aber doch deutschen Gedichte von
Reinardus und Isengrimus. Im 15. Jahrhundert wurden dann
auch fremde Fabeln in die Litteratur mit einbezogen. Die Fabeln
Aesops wurden Gfters lateinisch oder in Uebersetzungen heraus-
gegeben.
1 Goedecke, GrundzUge zur Geschichte der deutschen Dichtung.
2. Aufl. Stuttgart 1884. § 33.
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Luther schatzte diese Fabeln sehr hoch und beschaftigte sich
1530 in Coburg selbst damit, den Deutschen Aesop zu „fegen a ,
d. h. alles Anst6ssige zu entfernen. Auch dichtete er selbst
mehrere Fabeln dazu, Hess die Arbeit aber spater liegen. 1591
gab Nathan Chystraeus achtzehn Fabeln Luthers heraus. Luthers
Werthschatzung des Aesop bekunden seine Worte: „Er wisse
ausser der heiligen Schrift nicht viele Bticher, die dem Aesop
uberlegen sein sollten, so man Nutz, Kunst und Weisheit, und
nicht hochbedachtig Geschrei wollte ansehen." 1
In den Miniaturen kommen Bilder aus der Thierfabel, be-
sonders in den Seitenleisten mit Drolerien, schon in fruhen
Zeiten vor, und der Kupferstich und Holzschnitt bemachtigten
sich auch bald des Thierbildes, sei es als Illustration zu Fabeln,
sei es aus blosser Freude an der Beobachtung des Thierlebens.
Wie oft und gerne Thiere in religiosen Bildern als Staffage
verwendet wurden, haben wir schon oben gesehen; doch auch
das Thierbild als Selbstzweck bot oft den Anlass zu humoris-
tischen oder satyrischen Darstellungen.
Von Durer haben wir Handzeichnungen und Aquarelle, in
denen er einzelne Thiere mit grosster Sorgfalt bis in alle Einzel-
heiten wieder gab. Hier zeigt sich aber nicht Humor, sondern
tiefes Studium der Natur und Liebe zu den Thieren.
Humoristisch verwendet er sie in religiOsen Bildern und in Rand-
verzierungen, wie in dem Gebetbuche Kaiser Maximilians, wo z. B.
ein Fuchs vorkommt, der einer Huhnerschaar auf der Fl6te vorspielt.
Derartige Darstellungen, die mit der Thiersage in Verbin-
dung stehen, finden wir bei anderen Kunstlern sowohl in Rand-
leisten zu Biicherseiten, als selbstSndig.
Freude an der Beobachtung der Thiere erkennt man auch
bei Hans Baldung Griin, der auf drei Blattern (B. 56 — 58) Pferde
ruhend, fressend, laufend und ausschlagend darstellte.
Von Altdorfer ist ein Blatt erhalten (B. X Nr. 8), welches
die Mutterliebe bei den Hunden veranschaulicht. In einem Neste
liegen junge Hunde, einige nackte Kinder spielen mit denselben.
Die Hiindin aber scheint dies falsch aufzufassen, denn sie zerrt
den einen Knaben an einem Tuche, das er umgeschlagen hat.
1 Gervinus, Deutsche Literatur-Geschichte. Ill 47.
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— 35 —
Holbein brachte sowohl kleinere Thierbilder fur sich alleine,
ofter aber verwendete er sie in Streifen, welche von den Basler
Buchdruckern zu Titelblattern und Seiteneinfassungen verwendet
wurden.
Der Thierfabel entnommen ist der Holzschnitt (B. 99), auf
dem der Fuchs, ein Huhn im Maule haltend, davon lauft, ver-
folgt von sechs Bauern und einer Bauerin, die mit Dreschflegeln,
Schwertern und Schaufeln bewaffnet sind, urn ihm seine Beute
streitig zu machen.
Hans Baldung verwendete einen Baren einmal als humoris-
tischen Wappenhalter. Dieser Bar halt die Wappen der
„Hochstein" und „Mulnheim". Der Helm sitzt nicht auf den
Schilden auf, sondern der Bar hat ihn sich ganz iiber den Kopf
gezogen. Ueber dem Wappen des Thoman von Ending bringt
Baldung eine Hasenjagd im Walde an. Jagdbilder, die das ganze
lustige Treiben des Waidwerkes schildern, kommen im 16. Jahr-
hundert in grosser Anzahl vor.
Von Franz Brun haben wir mehrere Jagdbilder. Auf zwei
Blattern (B. 104 u. 105) bringt er je zehn Hasen, welche sitzen,
springen und Purzelbaume schlagen. Auch andere humoristische
Thierstiicke, besonders mit Affen, kommen ftfters bei ihm vor.
Jost Amman bringt in seinen Monatsbildern, in denen er die
Hauptbeschaftigungen in den einzelnen Monaten darstellt (Andr.
I. Nr. 182-193), mehrere Male Jagden an. Im July eine Hetzjagd
auf Hirsche und eine Hasenjagd mit Falken ; im August Hasen-
und Huhner-Jagd; im November Jagd auf Wildschweine und im
Dezember auf Hasen. In Ammans schon erwahnten Karten-
spielbuch kommen Thierbilder f(ir sich und der Fabel entnommen
vor. Im „Kunst und Lehrbuchlein" findet sich eine Entenjagd
und parodistisch von der Jagd heimkehrende, nackte Knaben.
Sehr haufig malte Lucas Cranach Jagdstiicke.
Virgil Solis stellte in langen Streifen alle mftglichen Jagden
dar (B. 367 ff.)- Wir finden hier Baren,-Sau,-Hirsch- und Hasen-
Jagden, sowie Entenjagd zu Wasser, und ein anderes Blatt, aut
dem Hirsche die Verfolger und Jager und Hunde die Verfolgten sind.
Doch auch in geradezu ubermuthiger Weise verwendete
Solis die Thiere. So fertigte er ein Spiel Karten (B. 300 a — 35 1),
in welchem statt der gewOhnlichen Zeichen immer Thiere ange-
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bracht sind. Fur Eicheln zeichnete er Affen ; fur Grim Pfauen ;
Schellen ist durch Lowen und Roth durch Papageien ersetzt.
Diese Thiere sind immer in der durch die Karte bedingten
Anzahl und in tollen Spielen, raufend, kletternd, sich uberschla-
gend u. s. w. dargestellt.
In ornamentalen Rundblattern, die als Goldschmiede-Vorlagen
gedacht sind, (Andr. 463 — 465 u. a.) finden wir Thiere in der
Art, wie sie friiher in Miniaturen vorkamen.
Einmal sind zwei Hirsche und eine Hirschkuh neben einander
stehend zu sehen, oder wir finden einen Dudelsack oder
FlSte blasenden Baren. Auch von anderen Meistern sind uns der-
artige Vorlagen erhalten. (s. Tafel 5.)
Die Thierfabel fand auch in Solis einen Illustrator.
Auf dem Blatte B. 383 sieht man einen Brunnen, auf einem
dariiber gelegten Balken sitzt eine Ente; vor dem Brunnen sitzt
ein Fuchs, der die Ente aufzufordern scheint, zu ihm heriiber zu
kommen ; von links nahen sich zwei JSger mit Hunden.
Zu zwei Buchern „Esopus Teutsch" und „Von Reinichen
Fuchs — Ander Theil des Buchs Schimpf und Ernst", (Frankfurt
1581) fertigte Solis eine grosse Anzahl von Illustrationen, welche
eine genaue Abbildung der in den einzelnen Fabeln enthaltenen
Handlungen sind.
In den alteren Rostocker Ausgaben des „Reinecke Fuchs"
von 1539 sind Illustrationen von Erhard Altdorfer enthalten.
Von diesen Zeiten an blieb das Thierstiick aller Arten, als
Illustration, Jagdstiick, Beobachtung des Thierlebens und endlich
als Stilleben ein stSndiger Besitz der Kunst, bis auf unsere
Tage.
Mythologische Gestalten.
Durch die im 15. und 16. Jahrhundert aufbliihenden huma-
nistischen Studien, wurden die mythologischen Erzahlungen der
Griechen und Romer allmahlig auch Gemeingut des Volkes.
Der heitere Zug antiker Lebensanschauung, die damals be-
kannt werdenden Beschreibungen alter Kunstwerke, und die
italienischen Vorbilder, in denen die Erinnerung an die Antike
nie ganz verschwunden war, reizten auch deutsche Kiinstler, sich
auf diesem Gebiete zu versuchen.
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Eine grosse Zahl antiker Scenen wurden zu beliebten Vor-
wxirfen, besonders das Urtheil des Paris, Pyramus und Thisbe,
Apollo und Daphne und manche andere; dann der Bacchische
Cult mit seiner ganzen, tollen Begleitung von Satyren, Nymphen
und kleineren Genien.
Die bekannte Beschreibung des Lukian von dem Gemalde
„die Verl&umdung" von Apelles wurde von mehreren Kunstlern
wieder herzustellen versucht.
Doch nicht nur bestimmte Scenen wurden dargestellt; die
Nacktheit der antiken Gestalten, die vvunderbaren Verbindungen
von Thier- und Menschen-Korpern boten einem heiteren Kunstler-
gemuthe angenehmen Anlass, Figuren des alten Mythos, auch
ohne Bezug auf bestimmte Sagen, in Bildern zu verwenden.
Durer zeichnete schon 1494 Tritonenkampfe nach Mantegna.
Spater fertigte er verschiedene Blatter antiken Inhaltes, die theils
durch Erzahlungen veranlasst sind, theils Freude an der Dar-
stellung nackter bewegter Korper bekunden. Hieher gehOren
unter anderem die Amymone oder das Meerwunder und der Orpheus.
Eine dem Orpheus sehr verwandte Darstellung mit Satyrn,
welche urn den Besitz eines nackten Weibes streiten, findet sich
sehr oft bei Lucas Cranach unter dem Namen „Die Wirkung der
Eifersucht."
Die Composition ist mit kleinen Veranderungen immer die
folgende : Ein Satyr halt ein Weib fest, ein anderer sucht sie ihm
zu entreissen, wogegen sie sich straubt ; ein dritter Satyr kommt
dem zweiten zu Hulfe, und ein vierter liegt bereits getodtet oder
uberwunden am Boden. Einige Frauen sehen zu.
Eine ahnliche Scene hat auch A. Altdorfer gestochen. (B. 38.)
Ein Satyr, welcher eine knieejide Nymphe festhalt, wehrt sich
mit einem Stocke gegen einen andern Satyr.
Fr6hliches Familienleben schildert Cranachs Federzeichnung
einer Faunfamilie. (Berlin. Kupferstichkabinet.)
Solche lustige Satyrfamilien befinden sich auch unter den
Werken Diirers (B. 69) und Urs Grafs. (Pass. 116. His. 283.)
Haben solche Blatter, ebenso wie die zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts sehr beliebten Darstellungen des Selbstmordes der Lucretia,
ihre Entstehung, wenigstens zum Theile, der durch den erwachen-
den Natursinn entstandenen Freude an der Wiedergabe des nackten,
3
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- 38 -
raenschlichen Kdrpers zu verdanken, so ist dies wohl sicher in
noch viel h5herem Masse bei den vielen Venus-Darstellungen
der Fall.
Wie halte wohl ein Kunstler seine Freude am schOn gebil-
deten K6rper, und sein eigenes Schonheits-Ideal — das freilich
durchaus nicht inimer mit unserem ubereinzustimmen braucht —
besser zur Anschauung bringen kOnnen, als indem er uns die
Gottin der Schonheit selbst vor Augen fiihrt. Ausserdem bot der
Sagenkreis dieser Gottin manchen Ahlass zu humoristischer Dar-
stellung.
Lucas Cranach liebte es, ein und denselben Gegenstand ofters
darzustellen ; sei es, dass ihn der Vorwurf so fesselte, sei es zur
Uebung, oder weil er oft von ihm verlangt wurde.
Unter diese oft dargestellten Stoffe gehort auch folgender,
einer alten Erzahlung entnommener. — Venus sucht den von
Bienen gestochenen und verfolgten kleinen Amor zu trosten. Fast
ebenso oft wiederholt wurde ein anderes Bild, sowohl in Gemalden
als Holzschnitten. Namlich Venus, welche den Amor am Ab-
schiessen des Pfeiles verhindern will, oder ihm den Bogen ab-
nimmt.
Ein humoristischer Hintergedanke liegt in beiden Arten der
Darstellung. Die Bienen sind die tausenderlei kleinen Sorgen und
Qualen, die Liebende erdulden, und die hier den kleinen Liebes-
gott selbst treffen. Diesen Gedanken sprach Diirer auch wirklich
aus, indem er einer jetzt im Brittischen Museum befindlichen Dar-
stellung dieses Gegenstandes folgende Verse beischrieb:
«Der Binen stich bringt grossen schmertz.
So auch die lieb verwund manchs Hertz.
Mit Freud und Lust, mitt angst vnd qual.
Lieb ist voll Honig vnd bitter gall.»
Auch bei Brosamer findet sich der von Bienen gestochene
Amor, der bei seiner Mutter Schutz sucht. Dazu gehSrt eine la-
teinische Inschrift, die mit den Worten »Pungit apis puerum" und
n dulcia mixta tna/is" den Sinn der ganzen Darstellung deutlich
angiebt. (B. VIII 13.) Wenn Venus den Amor am Schusse hindert,
so ist damit ausgedriickt, dass sie selbst das blinde Walten des
kleinen Gottes nicht immer rechtfertigen und dulden kann.
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Von Diirer besitzt die Albertina eine sehr htibsche Feder-
zeichnung, Venus auf einem Delphine. In der Hand halt sie ein
Fiillhorn, auf dem ein kleiner schiessender Amor steht. Oft ver-
wendete A. Altdorfer die Gestalt der Venus.
Er stellte die Gftttin dar, wie sie vor dem Bade kniet (B. 33),
oder wohl bereits nach dem Bade sitzend (B 34). Beide Male ist
Amor um sie beschaftigt. Dann sehen wir wieder Venus liegend
ruhen (B. 35) und zwei Amoretten um sie, oder ebenfalls mit zwei
Amoretten ruhig stehend (B. 32).
Ein frisches Blatt hat uns der Monogrammist I. B. hinter-
lassen. Vor Venus steht Amor und halt ihr den Spiegel, in den
sie blickt. (B. 52.)
Jacob Bink schwebte wohl die Sage von der Geburt der
LiebesgGttin aus dem Meere vor, als er sie mit Amor zugleich
auf einer Muschel darstellte. (B. 48.)
Bacchus und sein Gefolge wurde auch ein beliebter Stoff.
Bekannt ist das Bacchanale von Diirer aus dem Jahre 1494.
Holbein brachte den, auf einem Baren reitenden Bacchus, dem ein
Mann die Schale an den Mund halt, in einem, seiner griechischen
Initialen, dem A, an. Penz stellte einen Bacchuszug dar. (B92.)
Der Gott des Weines wird von Centauren im Wagen ge-
zogen. Vorne her Ziehen zwei musicirende Centauren und ein
Satyr mit GefSssen.
Hieronymus Hopfer, der hauptsachlich Copist war, copirte
nach Mantegna, Augustin Venetiano u. a. verschiedene bacchische
Scenen (B. 28, 29 u. a.), sowie Satyren, welche trinken oder mu-
siciren. Vom Meister I. B. haben wir einen Triumph des Bacchus.
Ein Blatt von Hans Baldung (B. 45) zeigt den Bacchus ganz be-
trunken unter einem Fasse liegend. Um ihn und auf dem Fasse
treiben sich verschiedene kleine, nackte Knaben herum. Derartige
Bilder liessen sich noch sehr viele anfuhren. Allen gemeinsam ist
der unformlich Dicke, bartlose Bacchus, meist mit Weinlaub be-
kranzt, oft im Zustande v6lliger Trunkenheit. Er wird in einer
Laube oder an einem Fasse zechend dargestellt ; im Wagen von
Satyrn und Centauren gezogen oder von solchen Wesen getragen.
Der Vorwurf selbst stammt aus Italien, wo er auch schon
von antiken Reliefs beeinflusst ist. Zweck der Darstellung ist die
tolle Lust der Trunkenheit.
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Ebenfalls durch fremde Vorbilder stark beeinflusst sind die
unterschiedlichen Satyr-Darstellungen und Tritonen-Kampfe. Wir
finden, urn einige Beispiele anzufuhren, Tritonen, welche Nereiden
auf dem Rucken tragend, schwifnmen bei H. S. Beham (B. 86 u.
87) ; tanzende Satyrn und Bacchantinnen bei Augustin Hirschvogel
(B. 8); Tritonen und Nereiden bei Aldegrever (B. 261); Nymphen
und Satyrn an einem Bottiche unter einem grossen Weinstocke
trinkend (B. 49) und Tritonen-Kampfe nach Mantegna (B. 47 u. 48)
bei Daniel Hopfer, u. v. a. m. —
Die mythologischen Bilder sind zwar iiberhaupt nicht na-
tional, aber so manche Scene wurde doch von den Kunstlern in
mehr nationale, deutsche Formen gebracht. Dieser Art Bilder da-
gegen sieht man ihre urspriinglich italienische Entstehung meistens
sofort an.
Ganz national erscheint uns aber der, damals noch einzige,
der germanischen Mythologie entnommene Stoff der Hexendar-
stellungen.
Die Hauptmeister dieses Gebietes sind Hans Baldung Grun
und Urs Graf. Beide sind sich in derartigen Darstellungen sehr ahn-
lich. Immer sieht man einige junge Hexen mit vollen, runden Korpern
in Gesellschaft von ein oder zwei alten, v6llig abgemagerten.
Sie sind in einem Zauberkreise von Schadeln und Spukge-
rathschaften, oder urn einen grossen Kochtopf versammelt, wobei
die eine alte Hexe mit hocherhobenen Armen ihre Zauberspriiche
hersagt. Die juugen Hexen werden sitzend, halb liegend, knieend,
kurz in einer Menge verschiedener Stellungen gezeichnet, die dem
Kiinstler Gelegenheit boten, die nackten Korper in mancherlei
Ansichten und Verkiirzungen wieder zu geben.
Auch von Durer haben wir einen Kupferstich einer Hexen-
Darstellung. (B. 67.) Auf einem Bocke reitet eine Hexe durch die
Luft; unten, auf der Erde treiben sich vier Genien herum; einer
schlagt einen Purzelbaum.
Diese Genien geh6ren auch wieder urspriinglich der italieni-
schen Renaissance an, wo sie als Putti eine grosse Rolle spielen.
Besonders durch die in den Bildern oft vorkommende italienische
Renaissance-Architektur, wo die Putten auf Pfeilern, oder tiber
Thorbftgen als Guirlanden-Halter oft vorkommen, gelangten diese
kleinen Kindergestalten in die Deutsche Kunst.
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Als Amoretten und Genien oder als nackte spielende Kinder,
dringen sie nun stark in die Kunst ein und haben auch im Or-
nament eine bedeutende Rolle erlangt. 1
Auch die schon besprochenen Kindengelchen in religiQsen
Bildern zeigen eine nahe Verwaiidtschaft zu diesen Kindergestalten.
Haufig kommt Amor allein, als kleiner, nackter, oft auch als
geflugelter Knabe vor.
Von Barthel Beham haben wir den kleinen Stich „Amor als
Bote" (B. 32). Er sitzt auf einer Kugel, in den Haiiden halt er
eine Stange, die er wie ein Ruder handhabt, um so durch die
Luft iiber eine hiibsche Landschaft fort zu segeln.
In einem Titelblatte Holbeins (Pass. 77) steht Amor vor der
in einem Wagen fahrenden Venus und entsendet seine Pfeile nach
MSnnern und Frauen, welche dem Wagen folgen. Ein kleiner in
der Luft schwebender Amor von Jost Amman sendet ebenfalls
seine Pfeile vom Bogen ab. (Im Kunst- und Lehrbiichlein.) Der
Meister HL zeichnete einen Amor auf einer Kugel reitend und
sich argernd, dass sein Bogen zerrissen, da er nun nicht auf die
Menschen, welche man unter ihm in einem See baden sieht,
schiessen kann. (B. 5.)
Unter den Werken Aldegrevers, befindet sich ein Amor, der
auf einem Bocke sitzend eingeschlafen ist und eine Vase halt.
(B. 209.)
Sehr oft wird Amor nicht in seiner Eigenschaft als Liebes-
gott dargestellt, sondern es erscheinen fur ihn kleine, geflugelte
Eroten in den verschiedensten Beschaftigungen.
Bei Aldegrever tragen ihrer zwei eine grosse Kugel (B. 208)
oder dreie tragen Stangen, woran eine Scheibe befestigt ist. (B.231.)
Ein kleiner geflugelter Genius von Barthel Beham ist be-
schaftigt einen Stab an einer Scheibe zu reiben, vielleicht um
Feuer zu gewinnen.
Haufig reitet ein kleiner Genius auf einem Delphin, so bei
H. S. Beham. (B. 92 u. 93.)
Auch Triumphzuge kleiner nackter Knaben kommen nicht
1 Vergl. Llitzow: Geschichte des Deutschen Kupferstichs und
Holzschnittes S. 208. Band IV von Geschichte der Deutschen Kunst.
Berlin, Verlag von G. Grote.
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selten in kleinen Blattern aus dem 16. Jahrh. vor. — Das Blatt
B. 257 von H. S. Beham zeigt einen solchen Zug, bei dem kleine
Putten einen Triumphwagen Ziehen.
Unter den Seitenumrahmungen Holbeins kommt ein Kinder-
zug vor, zwei schreiten musicirend voran, sechs andere tragen
eine Bahre, auf der ein siebender sitzt, auf den Schultern, (Pass.
107) ; ein ander Mai sind nur zwei als Trager dargestellt, wahrend
der dritte auf einer mit Fellen bedeckten Bahre sitzend ein Horn
blast. (Pass. 108.)
Reizend ist ein Stich des Meisters HL (B. 8) ; zwei Amo-
retten zwischen Erbsenschoten. Der eine halt eine solche Schote,
die eben so gross ist, wie er selbst, der zweite langt sich die
saftigen Erbsen aus der geSffneten Hiilse heraus (s. Tafel 5).
Einen Kinderreigen stellte Aldegrever dar. (B. 205.) — Viele
nackte Kinder umtanzen ein gespanntes Tuch, nach den Tonen
von zwei Schalmeien, welche zwei andere Kinder blasen ; bei
einem ahnlichen Reigen (B. 252) tanzen dreizehn Knaben zur
Musik einer Geige und einer Trompete.
Noch in vielerlei anderer Art wurden solche Kinder, beson-
ders in Vignetten und zu ornamentalen Zwecken verwendet. Wir
sehen Kinder, einen Hund im Anne haltend, eingeschlafen, oder
auf Hunden reitend; ferner am Boden sitzend und eine Vase
haltend, aus der ein Ornament entspringt ; Kinder, die mit Waffen,
Kampfe oder Jagden parodiren ; dann kommen wieder Putten
vor, welche Friichte tragen.
Auch die Spiele mit Reifen, Puppen, Steckenpferden, Wind-
riidern u. v. a. werden mit Liebe dem Kinderleben abgelauscht.
Sehr reich an solchen Scenen sind besonders die beiden Be-
hams und Aldegrever; von welchen Kunstlern eine sehr grosse
Zahl derartiger Stiche erhalten ist.
Eigentlich sollten noch die Todtenta'nze hier behandelt werden,
da aber diese, sowie die meisten anderen Todes-Darstellungen
zum gr6ssten Theile satyrischen oder moral isirenden Inhaltes sind,
so werden wir, um den Zusammenhang nicht zu zerreissen, alle
zusammen im nSchsten Abschnitte behandeln.
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II. Die satyrisohen und ironisohen Werke.
Wenn der Kiinstler mit seiner Darstellung den Zweck ver-
folgt, Schaden der Zeit zu geisseln, oder einzelne Menschen oder
Stande lacherlich zu machen, so wird er satyrisch oder ironisch.
Naturgemass haben diese Bilder weniger rein kunstlerischen Werth,
dagegen sind sie fur den Kultur-Historiker von allergrosstem In-
teresse.
Im 16. Jahrhunderte, in welchem eigentlich die ganze Mensch-
heit in einer Gahrung sich befand, wo man auf jedem Gebiete,
der Religion, der Politik, der Kunst und Wissenschaft nach neuen
Bahnen suchte, treten daher auch die satyrischen und ironischen
Bilder, mit denen auch der Kiinstler in den Kampf mit eintrat,
besonders haufig auf.
Allgemeineren Inhaltes, das heisst nicht bestimmte Menschen,
sondern dem Menschen uberhaupt anhaftende lacherliche Eigen-
schaften oder Fehler verspottend, sind die
Narrenbilder und Bilder mor al isirenden Inhalts.
Gelehrte und Geistliche eiferten in ihren Schriften gegen die
Eitelkeit des Welttreibens und wiesen auf das Thorichte allzu
weltlichen Strebens hin. Diese Schriften wurden dann oft von
Kiinstlern mit Holzschnitten versehen, welche durch das Bild den
Text verdeutlichen sollen, freilich aber auch oft ohne den Text
nicht verstandlich sind.
Die Begierden der Menschen und eitler Weltsinn wurden als
Thorheiten gebrandmarkt, und deren Trager daher in Wort und
Bild als Narren bezeichnet. Leicht verstandlich ist diese Einfiihrung
der Narren, mit einer besonderen sie kennzeichnenden Tracht,
durch die [alte Sitte der Hofnarren, welche sich zur Erlustigung
ihrer Herren alle thftrichten Streiche gewahren durften und mussten. 1
AllmShlich verbreitete sich diese Sitte auch im Volke. Bei keiner
1 Vergl. Fr. Nick : Die Hofnarren, Lustigmacher und Possen-
reisser. 2 Bde. Suttgart 1861.
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~ 44 —
festlichen Gelegenheit fehlte der Narr mit der Pritsche, der seine
Sprunge und schlechten Witze machte; und im Volksschauspiele
wurde die standige lustige Person, welche nie fehlen durfte, in die
Narrentracht gesteckt. Eine Silte, welche sich in Deutschland bis
ganz ans Ende des vorigen Jahrhunderts erhielt, und im Deutschen
Kasperl-T heater und in Italien im Policinello, Harlekin u. a. ahn-
lichen Figuren noch heute fortlebt. Auch hier hat die Literatur
den Anfang gemacht, und die bildende Kunst folgte bald nach.
Im Fastnachtspiele finden wir den Narren schon sehr fruh.
Der derbe Nurnberger Meistersanger des 15. Jahrh. Hans Rosen-
pliit lasst in einem Fastnachtsspiele „Morischgentanz" genannt,
zehn Narren einer Frau ihre Liebesabenteuer erzahlen, wobei sie
sich besonders in thorichten Streichen zu iiberbieten trachten, weil
die Frau dem Diimmsten einen Apfel versprochen hat.
Die lehrhafte Poesie war im 15. Jahrh. sehr im Schwunge,
und auch hier drang mit der Satyre der Narr mit ein.
Im Jahre 1494 erschien Sebastian Brant's Narrenschiff. 1 In
ein grosses Fastnachtschiff, das nach Narragonia fahrt, lasst er die
Narren aller Stande einsteigen.
Jede Art von Narren wird in Worten und mit einem Holz-
schnitte besonders eingefiihrt. Den Anfang macht der Biichernarr :
«Den vordanz hat man mir gelan
dan ich on nutz vil bucher han,
die ich nit lis und nit verstan.»
Auf einem gothischen Katheder sitzt der Biichernarr vor
seinem Pulte, auf dem eine Menge Bucher sichtbar sind. Er hat
die Brille auf der Nase, die Schellenkappe hat er in den Nacken
geworfen. Von seinen Btichern kann er aber keinen andern Ge-
brauch machen, als dass er mit einem Wedel die Fliegen davon
verscheucht.
Und in ahnlicher Art werden die thorichten Gewohnheiten
der meisten Berufsarten und Stande, von den Fiirsten und Geist-
lichen bis zu den Bauern, vorgefuhrt, auch der Kleidernarr findet
schon seine Stelle.
1 Neue Ausgabe mit Bildern von Karl Simrock. Berlin, bei Lipper-
heide.
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Thomas Murner liess ebenfalls seine satyrischen Werke mit
Holzschnitten erscheinen, und auch er fuhrt die Besitzer mensch-
licher Schwachen oder Laster als Narren auf. Zwei in diesem
Sinne sehr ahnliche Werke sind die „Schelmenzunft a und die
„Narrenbeschw6rung a .
In der Vorrede zu letzterem Buche beruft er sich auf Brant :
«Der narren orden ist so gross,
Das er flillt alle weg und stross,
Dorfer, stet, flecken, land.
Die hat uns all Sebastian Brant
Mit im bracht im Narrenschiff,» u. s. w. 1
Die unterschiedlichen Narren vverden dann, nicht wie bei
Brant nach einzelnen StSnden geschieden, sondern die Thorheiten
iiberhaupt an Hand von Spruchwftrtern erlautert, von denen viele
heute noch im Gebrauche stehen wie z. B. : „Ein wechsen Nas
maclien" ; „Ein sack ab den zun brecken" ; „Bi der nasen fieren" ;
„Das kind mit dem bad uBschitten", und manche andere mehr.
Jedem Kapitel ist ein Holzschnitt vorgesetzt, in dem ein Narr
in der, durch das Spriichwort angedeuteten Beschaftigung zu sehen
ist. 78 dieser Bilder sind aus Brants Narrenschiff heriibergenommen,
17 aber neu dazu von Urs Graf erfunden. Als Bilder neh'men
diese Werke in so fern einen unselbstandigen Rang ein, als sie
nur in Verbindung mit den Worten verstandlich sind.
So zeigt uns Urs Graf zu den Worten „Gench uBbrieten"
einen Narren, der auf drei Eiern sitzt. aus denen Pfafflein aus-
kriechen; oder zu dem Kapitel „L'6ffel schnyden" einen der am
Tische sitzend Loflfel schnitzt.
Der noch jetzt gebrauchliche Ausdruck „Ein verstecktes Spiel
treiben^ heisst bei Murner „Unter dem hietlin spielen" ; und dazu
zeichnete Urs Graf einen Narren, der sein Wiirfel mit einem Hute
zudeckt.
Deutlicher und auch fiir sich allein zu verstehen ist es, vvenn
er ein Weib mit der Narrenkappe darstellt, wie sie mit dem
Badewasser auch ein Kind in den Fluss schiittet.
1 «Die Narrenbeschorung von Thomas Murner», herausgegeben
von Goedecke. 1879. Band ii von cDeutsche Dichter des 16. Jahrh.»
herausgegeben von Carl Goedecke und Julius Tittmann, Leipzig. Brock-
haus.
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Murner greift zwar auch das unfromme Wesen mancher Geist
lichen und Mftnche an, war aber ein Gegner der Reformation,
was er besonders in seinem 1522 erschienenen Buche „Von dem
grossen Lutherischen Narren, wie in Doctor Murner beschworen
haf\ bekundete. Der Titelholzschnitt weist einen Narren auf, der
am Boden liegt. Ein M6nch mit Katzenkopf — Murner selbst
— kniet auf ihm und schmirt ihm die Kehle zu, so dass viele
kleine Narren ihm aus dem Munde fliegen.
Ebenfalls in dieses Gebiet der satyrischen Illustration, die nur
durch Vergleichung mit dem Texte verstanden werden kann, ge-
hftren Hans Holbein d. j. prachtige Federzeichnungen zum „Lobe
der Narrkeif 1 von Erasmus von Rotterdam. !
Erasmus lasst die Narrheit selbst als Rednerin die Kanzel
besteigen und der Menge einen Vortrag iiber ihre Vorziige ge-
gemiber der Weisheit halten.
Der Mensch bedarf der Thorheit bestandig im ganzen Leben,
wenn er sich wohl und glucklich fiihlen soil. Jeder Mensch, in
jedem Stande, wurde sich unglucklich fiihlen, wenn ihm nicht die
Narrheit die Schattenseiten seines Standes verbergen wurde und
ihn in Selbstgefalligkeit erhielte.
Die Federzeichnungen Holbeins schliessen sich in mannigfach
wechselnder Art dem Texte an. Anfang und Schluss werden der
Form des Buches gemass dargestellt. Zu den Worten „Stultitia
loquitur" sehen wir die Narrheit als Weib mit der Schellenkappe
mit der Geberde des Sprechens auf einer Kanzel stehen. Unten
sitzen die Zuhftrer, von denen einer ebenfalls Narrentracht tragt.
Am Schlusse steigt die Rednerin die Treppen von der Kanzel
herab, wobei sie mit der Linken eine freundlich verabschiedende
1 Jetzt im Museum zu Basel.
Von Neuausgaben mit den Bildern sind zu nennen :
a) Mo)pia<; E"pca)|iiov. Stultitiae laus, cum commentariis Ger. Listrii,
cum figuris Jo. Holbenij-Basileae, Typis Genathianis. M. DC. LXXVI.
b) Lob der Narrheit aus dem Lateinischen des Erasmus von
Rotterdam von Wilhelm Gottlieb Becker. Basel bei Johann Jacob
Thurneysen, JUnger. 1780.
c) Eloge de la folie. traduit par Victor Develav et accompagne
des Dessins de Hans Holbein. Paris. Librairie des Bibliophiles. Rue
Saint Honore 338. 1872. Bei diesen Ausgaben sind die Bilder zwischen
den Text gesetzt, so dass die betreffende Stelle oft nicht unmittelbar
beim Bilde steht.
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— 47 —
Bewegung macht. Zwei Narren sehen ihr mit dem Ausdrucke
der Befriedigung nach, die iibrigen Zuhorer stehen noch so unter
dem Eindrucke der Rede, dass sie mit vor Staunen aufgerissenen
Augen und Mund dasitzen.
Einmal bringt Holbein zu einer allgemein gehaltenen Stelle
ein besonderes Beispiel aus dem Leben, nSmlich da, wo gesagt
ist, dass auch die, welche sich fur Weise halten und als solche
angesehen sein wollen, die Narrheit nicht verleugnen kftnnen.
„Sumque mei undique simillima, adeo ut nee ii me dissimulare
t>ossint 9 qui maxime sapientiae personam ac titulum sibi vindicanV
Hiezu sieht man einen vornehmen, alten Mann in einer Strasse
einhergehen ; wahrend er aber th6richt genug ist, sich nach einem
Msdchen umzusehen, begeht er eine zweite Thorheit und zertritt
einer Eierverkauferin ihre Waare.
Andere Zeichnungen schliessen sich genau dem Sinne einer
Stelle an. Zu den Worten : „At date mihi terque, quaterque, aut,
si licet, sexcenties Stoicum, tamen huic quoque, si non barba in-
signe sapientiae, etiam si hircis commune, certe supercilium erit
ponendum, explicanda frons, abjicienda dogmata ilia adamantina y
etc , si modo pater esse velit" ; zeichnete
Holbein einen wiirdigen, alten Mann, mit wallendem, langem
Barte, der nichts desto weniger mit einem jungen Madchen
schackert. Oder wenn die Thorheit erzahlt, dass ihre Jtinger alle
dick und wohlgenShrt seien, erblicken wir das Brustbild eines
uberaus fetten Narren, der in der Linken eine Wurst halt.
Bei alien St&nden und Berufen erzahlt Erasmus deren thorichte
Eigenschaften, und zu alien zeichnete Holbein einen Vertreter, mit
der Schellenkappe geschmuckt.
In anderen Fallen hielt sich der Zeichner nicht an die Stelle,
sondern an den Commentar. Dieser giebt oft Erzahlungen aus
der Mythologie ; so z. B. wo von der Unersattlichkeit der Pfaffen
die Rede ist, die nicht zu bellen authOren, bis man ihnen einen
Lockbissen vorwerfe, erzahlt der Commentar die Geschichte von
Aeneas und Cerberus. Zu dieser Geschichte lieferte Holbein ein
launiges Bild, indem er den Aeneas den Cerberus mit einer Wurst
ksdern lslsst.
Auch die gelegentlich im Commentar erwahnte Geschichte der
Niobe, vvird von Holbein absichtlich etvvas carricirt wiedergegeben.
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Selbst Jupiter muss es sich gefallen lassen, hftchst lacherlich, mit
weitgespaltenem Schadel und einem jammerlichen Gesichte, bei
der Geburt der Athene dargestellt zu werden. Aus dem Polyphem,
der sich am Tanze der Satyrn und Nymphen erfreut, vvird gar
ein derber, einaugiger Bauernliimmei, der mit verziickter Geberde
einer neckisch hupfenden Nymphe mit Bocksbeinen zusieht, vvah-
rend ein Satyr die Syrinx blast.
Audi die Thorheit des Aberglaubens wird geschildert. Wozu
ist es nftthig am hellen Tage vor einem Marien-Bilde Kerzen an-
zubrennen? Hiezu gehort eine Zeichnung, welche zwei VVeiber
vor einem Bilde kniend und die Kerzen anzundend zeigt. Diese
Darstellung wiirde also fur sich alleine, nicht im Zusammenhange
mit der Stelle, ohne Humor erscheinen. Wenn Jemand den
Christophorus gesehen, so kann er, einem Aberglauben gemSss,
an diesem Tage nicht sterben; ein Narr steht mit begeisterter
Miene vor einem, an die Wand gemalten Christophorus-Bilde.
Dass dem Dummen das Gliick hold ist, zeigt ein Kerl, dem die
Dummheit im Gesichte zu lesen ist, und dem die vor ihm auf
einer Kugel stehende Fortuna Gold in die Schiirze streut.
Doch auch einzelne Worte alleine geben Holbein den Anlass
zu einem Bilde. Wenn zufallig die Chimaere genannt wird, konnen
wir sie auch mit sehr phantastischen Formen am Rande er-
blicken ; zu der Stelle : „tnutuum muli scabunf' sehen wir zwei
Esel, die sich mit dem Riicken aneinander reiben; und wo von
Leuten die Rede ist, welche von einer Sache nicht mehr ver-
stehen, als der Esel vom Lautenschlagen — „#/ ovov 7upo; tyjv Wpav"
— sehen wir einen Esel, der mit k6stlicher Geberde einen Harfe
spielenden Jiingling mit Gesang begleitet.
Diese wenigen Beispiele 1 zeigen schon, wie Holbein bei der
Auswahl seiner Bilder verfuhr.
Nicht auf eine eigentliche Illustration des Werkes kam es ihm
an, sondern wo immer. ihm Gelegenheit geboten war, ein launig
erfundenes Bildchen anzubringen, da that er es, Dazu Hess er
sich sowohl durch den Text selbst, durch die gelehrten Anmer-
kungen, oder durch einige zufallige Worte verleiten. Wir sehen
1 Fast sammtliche Bilder sind beschrieben in der ausfuhrlichen
Abhandlung bei Woltmann : a. a. O. I. 1 1 8 ff.
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also, dass gerade diese Bilder nur der Freude an humoristischer
Darstellung ihr Dasein zu verdanken haben.
Bei den meisten Kunstlern, die fur den Holzschnitt oder
Kupferstich arbeiteten, findet sich auch ein oder das andere Mai
die Verwendung des Narren; zuweilen zu ftfters recht anstossig
klingenden Versen, oder aber im Ornamente. Oefters auch kommt
der Narr ohne weitere humoristische Nebenbedeutung in Dar-
stellungen vornehmer Geselligkeit vor, sogar in den Todtenbildern
und auf anderen Gebieten werden wir ihn noch finden.
Wie die Dichter des Reformations-Zeitalters sehr haufig in
ihre Dichtungen eine lehrhafte Tendenz hineinbringen, ja das Lehr-
hafte als Hauptaufgabe ihrer Kunst betrachten, so finden wir diesen
Zug auch bei den Kupferstechern und Holzschnittkunstlern wieder.
Zumeist werden Spruchwftrter oder kurze Verse derartigen
Darstellungen zu Grunde gelegt.
Auf eigenthumliche Art benutzte H. Sebald Beham, seiner
ziemlich rohen Gesinnung folgend, solche Illustrationen von Versen
und Spruchwortern, urn unter der Maske des Sittenpredigers sich
erst recht frei und derb bewegen zu kOnnen.
Ein deutliches Beispiel hiefur ist sein Stich „die Nacht"
(B. 153) mit der Beischrift: „Nox et Amor Vinumque nihil mo-
derabile suadent." Diese Inschrift dient ihm nur zum Vorwande,
urn ein nacktes Weib in sehr wenig schicklicher Stellung auf einem
Bette liegend, darstellen zu k6nnen. Aldegrever hat dieses Blatt
im Gegensinne copiert. (B. 180.)
Mit grosser Vorliebe wendet sich der Spott der Kunstler jenen
Mannern zu, welche allzu sehr im Banne der Weiber stehen.
Murner dichtete : »Die Gauchmatte zur straff alien wibischen
Mannen" Darin schildert er, wie sich die Manner von den Weibern
bethoren und zu allerlei dummen Streichen verleiten lassen. Na-
tiirlich fand auch dies Buch seine Illustratoren. Unter anderen
hat auch Ambrosius Holbein vier Bilder zu einer Ausgabe, die
1519 bei Adam Petri in Basel erschien, geliefert. Die (ibrigen
Bilder sind von minderer Hand. Die Bilder selbst sind weniger
humoristisch. Der Gauch hat hier einen Falkenkopf erhalten ;
eigentlich miisste es ein Kuckuck als Vogel der Venus sein.
1 Vergl. Woltmann, a. a. O. II. Nr. 18-21.
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— 50 —
In einem Titelblatte fur Pamphilius Gengenbach zeigt dagegen
A. Holbein selbstandigen Humor in Darstellung der Weibermacht.
Er stellte hier verschiedene Scenen zusammen, in welchen sich
diese so oft verderbliche Macht besonders aussert.
Oben sehen wir Delila, die dem Simson die Haare schneidet;
an den Seiten den Zauberer Virgil, der in einem Korbe vor den
Fenstern seiner Geliebten hangt, und den von seinen Frauen zum
Gfttzendienste verleiteten Salomo ; und im unteren Streifen ist die
Geschichte von Aristoteles und Phyllis dargestellt, mit den beige-
schriebenen Versen :
«Wie wol er doch kein pferde was
Ein weyb jn dennocht Ubersass.»
Wir fanden diese Darstellung schon im 15. Jahrhundert bei
Schongauer und dem Meister M3, und im 16. Jahrhundert wurde
sie von manchen anderen Kiinstlern noch gerne verwendet ; von Hans
Baldung Grun (B. 48), welches Blatt Bartsch falschlich ^Xantippe
und Socrates" nennt, dann von Georg Penz (B. 97), Urs Graf
(Pass. 7), Hans Brosamer (B. 18) und von Virgil Solis.
Auch das Spriichwort von der Frau, welche die Hosen hat,
far eine, die alleine die Herrschaft im Hause haben will, war
schon sehr bekannt. Der Monogrammist wr nahm sich diesen
Stoffeinmal zum Vorwurfe (B. 38). Vor / ■ * einem knieenden
Manne, der keine Hosen an hat, steht seine Frau. Sie tragt dieses
mannliche Kleidungsstiick, hat ihn bei den Haaren gefasst und
erhebt mit der Rechten einen Stock um ihn zu schlagen. An
Deutlichkeit lasst wohl dieses Blatt nichts zu wunschen iibrig.
Ein ander Mai (B. 37) zeigt der Kunstler drei Weiber, welche
einem Manne das Beinkleid weggenommen haben und ihn zum
Hohne mit Wasser begiessen, wahrend ein Narr zusieht.
Anders fasste Franz Brun diesen Stoff auf. (B. 87.) Er lasst
sieben Weiber mit Scheeren, Spinnrocken und anderem weiblichen
Hausgerathe miteinander um ein Paar Hosen raufen. Schon im
14. Jahrhundert gab es ein Fastnachtspiel von dem Streit der sieben
Weiber um einen Mann; 1 und in Fastnachtspielen und Schwanken
1 Bei A. Keller: Fastnachtspiele. Stuttgart i853.
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— 51 —
spielt die Satyre auf die n Siemanner" (iberhaupt eine grosse
Rolle. 1
Lucas Cranach brachte sehr oft in Bildern und Holzschnitten
einen verliebten Alten, der einem jungen Madchen sch6n thut.
Das Madchen nimmt die Gelegenheit wahr, urn recht tief in seine
Geldtasche zu greifen. Sandrart sagt, Cranach habe diesen Stoff
fast ausschliesslich dargestellt; 2 dies ist zwar sehr stark ubertrieben,
aber immerhin benutzte Cranach diesen Gegenstand, zu dem er
immer Halbfiguren verwendete, so oft, dass man ihn wohl als
dem Kunstler ganz besonders zugeh5rig betrachten darf. Oelbilder,
welche diesen Vorwurf behandeln finden sich in Niirnberg, Prag,
Schleissheim, Wien u. a. a. O.
Wir fanden derartige Darstellungen schon bei Israel van
Meckenen; und auch unter den Blattern Hans Baldung Gruns
kommt dieser Stoff einmal vor. (B. 3.)
Stephan Hamer fuhrte den Gedankengang dieser Bilder noch
vveiter aus. (B. IX. Nr 2.) Vor einem Bette sitzen ein Alter und
ein Miidchen; sie nimmt ihm das Geld und reicht es heimlich
ihrem hinter dem Vorhange stehenden jugendlichen Liebhaber ;
urn die Thorheit des Alten noch mehr in's Licht zu setzen, sieht
ihm zum Ueberflusse auch noch ein Narr zu.
Einer Eigenthumlichkeit Hamers muss ich hier noch Er-
wahnung thun.
Die Scene nimmt nur einen verhaltnissmassig kleinen Raum
des ganzen Holzschnittes ein. Rechts davon erblicken wir zwischen
zwei divergirenden Linien, dasselbe Bild noch einmal, aber vollig
carricirt und in die Breite gezogen, wie es etwa in einem Hohl-
spiegel erscheinen diirfte. Die Verzerrung dieser Darstellung ist
so stark, dass man das Bild fast nur erkennen kann, wenn man
es ganz von der Seite betrachtet. Darunter steht in ebenfalls
verzogenen Buchstaben „tus du alter Tor". * In dem durch die
i Vergl. Gervinus: Deutsche Litteratur-Geschichte. II. S. 337- ff-
2 Schuchardt a. a. O. I. 125 wendet sich entschieden gegen diese
Behauptung Sandrarts, und erwahnt sie noch einmal im Anhange bei
den Urtheflen Uber Cranach.
3 (B. IX. S. i 5 1 Nr. 2.) Es giebt noch ein ahnliches Blatt Hamers
(B. i). Links Jonas aus dem Wafinsch kommend, rechts in verzoeener
Zeichnung ein Mann, in einer nicht gerade darstellungswiirdigen Hand-
lung begnffen. Darunter: «Was sichst Du».
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— 52 —
divergirenden Linien oben und unten frei gebliebenen dreieckigen
Raumen ist oben eine Jagd, unten ein Boot auf dem Wasser mit
einer lustigen Gesellschaft darin dargestellt.
Auf eine recht boshaft, satyrische Art zeigt auch der Meister
MT 1 wie sich Manner oft von den Weibem iibertOlpeln lassen, in
zwei zu einander gehorigen Blattern. (B. 7 u. 8.) Auf dem ersten
sitzt ein vornehm gekleideter Mann auf einer Bank. Vier Frauen
sind um ihn beschaftigt; das Schwert und einen Geldsack haben
sie ihm bereits abgenommen, eine zieht ihm auch noch den
Rock aus.
Auf dem anderen Blatte sieht man denselben Herren, wie
er ohne seine Waffen und ohne Rock von den Weibern aus
dem Hause gejagt wird
Dass gegen bose Weiber keine Macht etwas nutzt, wollte
vvohl Daniel Hopfer versinnbildlichen, als er drei scheussliche, alte
Weiber darstellte, (B. 71), wie sie unter einem Baum einen Daemon
mit Holzern, von der Form, wie man sie zum Klopfen der Wasche
benutzt, durchpriigeln, wShrend uber dem Baume andere Daemons-
Gestalten durch die Luft entfliehen.
Bei Jacob Bink wird sogar ein einzelnes altes Weib mit dem
Teufel fertig, indem sie ihn mit dem Spinnrocken schlagt. (B. 58.)
Ein ahniicher Holzschnitt ist von Hanss W. (Hans Weigel ?),
der um 1560 arbeitete, erhalten (s. Tafel It).
Anmuthiger ist Lucas Cranach in einer colorirten Feder-
Zeichnung im Dresdener Kupferstich-Kabinette.
Zwei Madchen waschen einem vor einem Kiibel knieenden
Manne den Kopf. — Ich niochte annehmen, dass diese Zeichnung
wohl sinnbildlich aufzufassen sei.
Sogar auf rein persOnlich, satyrisches Gebiet begab sich
Hans Holbein mit zwei Bildern in Basel (Nr. 22 u. 23), in denen
er die, als leichtsinnig bekannte Dorothea Offenburgerin als Lais
Corinthiaca und als Venus darstellte.
Die Weibermacht schildert wohl auch ein allegorisches Blatt
von Peter Flotner. (Pass. 28.) In der Luft schwebt eine Frauen-
gestalt, welche in einen Schlangenleib endigt. Um ihren linken
Arm windet sich eine Schlange; an dem rechten Arme, dessen
1 Siehe Monogramm S. 25.
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— 53 —
Hand fehlt, hangt an einem Ringe eine Kette, die sich in sechs
Ketten theilt. An jeder dieser Ketten hangt ein Mann, der in einen
Sumpf eingetaucht, sich zu retten trachtet. Die Fesseln des einen
sind gerissen, und ihm gelingt es aus dem Wasser zu kriechen.
Der Gedanke das Frauenherz als Taubenhaus aufzufassen,
taucht gegen Ende des Jahrhunderts auf.
Jost Amman zeichnete in dem „Stamm- und Wappenbuch"
eine vornehm gekleidete Dame, die neben einem Taubenschlage
steht, aus dem kleine Narren ein- und ausfliegen (s. Tafel 8) ; und
der Monogrammist * \2NjByC (Nagler Mon. J. Nr. 1922 und IV.
Nr. 791) stellt zwei *\^^^ junge Damen neben einem Tau-
benhause dar. Aus diesem fliegen kleine junge Cavaliere aus, fallen
aber Gfters ins Wasser, aus dem sie von den Damen mit Sieb und
Angelschnur herausgefischt werden. Ein beigeschriebenerVersbesagt:
«Einer Jungfrauen Herz ist wie ein Daubenhaus,
Da einer einfleucht, der andere aus.»
Von demselben Kiinstler besitzen wir noch ein Blatt, welches uns
zeigen soil, dass alle Nationen der Liebe unterworfen sind. In einem
Zimmer sitzt eine reich gekleidete Dame. Einem Herren reicht sie
die Hand zum Kusse, einem anderen tritt sie auf den Fuss, und ein
dritter kommt eben ins Zimmer. Ein Narr deutet durch das Fenster
auf die Dame. Ihren Gedankengang driickt folgender Vers aus :
«Mit Fusstretten, Handtdrucken und Lachen,
Kan ich sie alle Drey zu Narren machen.»
Durch Beischriften sind die drei Herren als Franzose, Deut-
scher und und Spanier bezeichnet, und andere Verse driicken noch
die Gesinnungen der drei verschiedenen Liebhaber aus. Auch
wie die Frauen die verliebten Manner mit Vogelruthen fangen
und noch manche andere Art sich ihrer zu bemachtigen und sie
zu besiegen wurde sehr haufig dargestellt (s. Tafel 9 und 7).
Harmloser ist eine andere Darstellung von Jost Amman, wenn er
eine Frau am Klavier zeigt, der ein Narr zuhftrt (s. Tafel 10).
1 Von diesem Meister haben wir einen etwas unklaren satyrischen Stich.
Ein Mann in Landschaft tragt eine Leimruthe an der sich 2 Affen und 2
Vogel gefangen haben. Im Hintergrunde ein Narr, 2 Hasen und ein Affe
ebenfafls Leimruthen tragend. Darunter ein Gedioht. Die beiden oben er-
wShnten B latter haben zwar ein etwas anderes Monogramm, Nagler schreibt
sie aber doch demselben Meister zu, was mir auch sehr wahrscneinlich ist.
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Das Leben der Monche war wirklich oft ein durchaus nicht
heiliges. Dieser Umstand wurde von den Anhangern der Refor-
mation, und das waren die meisten Deutschen Kiinstler, als gute
Waffe iin Streite ausgeniitzt, und bot des Oeftern Anlass zu
satyrischen Bildern.
Schriftsteller wie Wimpfeling, Reuchlin und Erasmus zogen
schon, ehe Luther sein Reformations- Werk begonnen hatte, viele
Schaden der Kirche schonungslos ans Licht; und besonders das
erwahnte, unfromme Treiben vieler aus der hoheren Geistlichkeit
und der MSnche wurde von ihnen zum Angriffspunkte erwahlt.
Bei den Todtentanzen werden wir noch sehen, dass in den
Blattern, auf denen der Tod an Geistliche herantritt, die Kiinstler
sich gerne ganz der Ironie hingaben.
Einer der derbsten Kritiker des Mftnchswesen war wohl
Heinrich Aldegrever. Er stellte zweimal eine hSchst unanstandige
Scene in einem Klostergarten dar, (B. 178 u. 179), deren einer
er auch noch Verse beischrieb, von denen ich nur den einen:
dm Kloster Garten oft geschicht
solch Disciplin wie man hie sicht,»
mittheilen kann, die anderen entziehen sich der Wiederholung.
Derartige Streitblatter wurden uberhaupt zumeist mit Beischriften
in Versen versehen, um nur ja alles deutlich auszudrucken.
Von „Pancratius Kempff, Brieffmaler zu Magdeburg", der
um 1540 thatig war, ist ein Flugblatt erhalten. das sich gegen
das Regensburger Interim wendet. Ueberschrieben ist dasselbe :
„Das Interim vnd Interimisten warhaftige abgemalle Figur vnd
gestalt dar aus yderman sonderlich bey dem Brettspiel vnd der
grossen Kannen mit Bier yhr andacht vnd messig leben erkennen
kan". An einer kurzen Saule hangt eine Tafel mit Noten. Ein Mann
in rothem Kleide, an dessen Saume Interim geschrieben steht, weist
mit dem Stocke danach. Verschiedene Monche stehen herum und
singen, einer halt ein Brettspiel, ein anderer trinkt aus einer grossen
Holzkanne. H inter der Tafel steht ein Narr mit der Brille. Auf
der Tafel selbst sind den Choralnoten die Worte als Text unterlegt :
«Beatus vir qui non abiit in consilio, in consilio impiorum.
Selich ist der Man / der Got vertrauen kan /
unt willigt nicht ins Interim / dan es hat den Schalk hinter im,
hinter im».
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- 55 —
Natiirlich bedienten sich die Gegner der Reformation auch
keiner sanfteren Waff en in Wort und Bild.
Die Schrift Murners z. B., von dem „Lutheri$chen Narren"
und deren Titelholzschnitt habe ich schon erwahnt.
Solcher Flugblatter und Illustrationen sind noch sehr viele
in den verschiedenen Kupferstich-Kabinetten erhalten. Ich fiihre
aber davon nicht mehr an, nicht nur aus dem Grunde, weil sie
oft nur in einzelnen Blattern erhalten, an vielen verschiedenen
Orten verstreut und darum schwer vollstandig zu iibersehen sind,
sondern auch weil schliesslich in diesen Blattern der Humor zum
grc3ssten Theile verloren ging. Sie arteten in ausgeklugelte, ohne
Beischriften unverstandliche Darstellungen aus, die von minder her-
vorragenden, dafur aber urn so boshafteren Kiinstlern gefertigt vvurden.
Zu verwundern ist diese Erscheinung nicht, wenn man bedenkt, mit
welcher Erbitterung der Kampf auf beiden Seiten gefuhrt wurde.
Wenn gebildete und hoch stehende Kunstler zuweilen in
solchen Darstellungen schon sehr weit gingen ; wenn Lucas Cra-
nach in dem ^Passionate Christi und Antichristi" , das 1521 er-
schien, auf 26 Blattern immer einer Handlung Christi, eine ihr
gerade widersprechende Handlung des Papstes gegenuber stellte ;
und wenn Hans Holbein sich sogar so weit verstieg, dass er in
der sogenannten „Satyriscken Passion", welche uns nur in Nach-
stichen Wenzel Hollar s erhalten ist, die Feinde und Widersacher
Christi durchwegs als MSnche darstellte — das Volk, welches
^Kreuzige" schreit, Judas, Pilatus, der Hohe-Priester und alle
anderen Feinde Christi stecken in geistlicher Tracht — ; so wird
es wohl begreiflich, dass tiefer stehende Kunstler-Naturen endlich
ohne alien Humor in solchen Streitbildern fast nur Plumpes und
Rohes hervorbringen konnten.
Die erwahnten Gebiete, die Narren- und Liebes-Bilder und
die religiftsen Streitblatter, unter welchen alien eine scharfe Trenn-
ung darum nicht durchfuhrbar ist, da, wie wir sahen, ein Gebiet
in das andere iibergreift, bilden die Hauptmasse der satyrischen
und moralisirenden Bilder; daneben finden sich aber auch noch
andere Blatter, welche ebenfalls meistens der Literatur oder im
Volke wurzelnden Erzahlungen ihre Entstehung verdanken.
Das Alter empfand man als driickende Last, man strebte
danach Mittel zur Verjiingung zu finden. Was in Wirklichkeit
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- 56 -
unmoglich ist, stellte die geschaftige Phantasie aber doch als er.
reichbar hin. Es entstand die Sage von dem Jungbrunnen, einem
Wasser, dass die Kraft besitzt, alien gebrechlichen Menschen,
wenn sie darin baden, wieder zu Jugendkraft und Sch6nheit zu
verhelfen. Unter anderen hat auch Hans Sachs diesen Stoff in
einem seiner Schwanke verarbeitet.
Die Kiinstler der Renaissance, welchen ja die Darstellung des
Nackten iiberhaupt eine willkommene Aufgabe war, beniitzten diese
vortreffliche Gelegenheit, nackte Gestalten zu zeichnen, und schone,
jugendlicheKSrperalten, abgewelktengegenuber zustellen, sehrgerne.
Von Lucas Cranach d. a. besitzt die Berliner kgl. Gallerie
ein Gemalde dieses Inhaltes. Auf der einen Seite eines Wasser-
beckens steigen hassliche, alte Weiber herein, und auf der anderen
Seite kommen sie verjiingt und schon wieder heraus, urn in
lustigen Spielen sich der wieder erlangten Jugend zu erfreuen.
Hans Sebald Beham brachte naturlich in einem grossen Holz-
schnitte des Jungbrunnen (B. 165, Anm. 262), seiner derben Art
getreu, eine ziemliche Anzahl anstossiger Scenen, ahnlich, wie in
seinen Badestuben an.
Mehr moralisirenden Inhaltes, als diese Allegorie, ist eine
andere, einige Male zur Illustration beniitzte Erzahlung, von dem
Vater, der mit seinem Sohne unci einem Esel iiber Land zog. —
Als der Vater auf dem Esel ritt, hielten sich die Leute iiber den
hartherzigen Vater auf, der seinen Sohn laufen lasse; als beide
auf dem Esel sassen, klagte man iiber ihre Grausamkeit ; anderen
war es nicht recht, dass der Sohn ritt und der Vater ging; und
als nun beide vor dem Esel hergingen, wurden sie wieder aus-
gelacht.
Den Sinn dieser Fabel hat Hans Sachs gleich im Titel
eines Schwankes, in dem er sie auch behandelte, vor weg ge-
nommen: „Der Waltbruder mit dem esel, der argen welt thut
niemant recht". Bilder zu dieser Sage fertigten Schaufelein (B.
104 — 109) und Hans Guldenmundt. (Pass. III. 251 Nr. 36.) (siehe
Tafel 12.)
Bei beiden wird die Erzahlung durch einen Herold eingeleitet,
der die Geschichte einem alten Manne erzShlt; dann folgen die
einzelnen Scenen, wobei immer auch die vorubergehenden Leute
mit Geberden gezeigt werden, die ihre unbefugte Einmischung in
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— 57 —
die fremde Angelegenheit deutlich ausdrucken. — Guldenmundt
hat eine Scene mehr als Schaufelein, er bringt auch noch ein
Bild, auf deni Vater und Sohn auf ihren Schultern den Esel
tragen. — In beiden Folgen wird der Esel von Vater und Sohn
aus Unmuth daniber, dass sie es niemand recht machen konnen,
ertrankt.
Hierher gehftrt auch eine Allegorie von Barthel Beham, die
von ihm selbst als „Der Welt Lauf' bezeichnet wurde. (B. 39.)
Im Vordergrunde liegt die Gerechtigkeit an Handen und Fiissen
gefesselt, neben ihr ruhen ein schlafendes Kind und ein ebenfalls
schlafendes Lamm. Im Hintergrunde erblickt man einen Fuchs,
der ein Schwert im Maule haltend, eine Ente verfolgt.
Von Virgil Solis haben wir eine Illustration zu der Fabel
von der Ehebrecher-Briicke, welche nur jene iiberschreiten kSnnen,
welche sich keines Ehebruches schuldig gemacht haben. (B. 300.)
Auf einer Bogenbriicke reiten ein KSnig und eine Kftnigin
sicher an das andere Ufer; zwei Frauen, welche auch hinuber
reiten sollten, sind ins Wasser gefallen und retten sich durch
Schwimmen. Auf einer Tafel am -Thorbogen der Briicke steht:
„Eebrecher Pruck". In der Literatur findet sich diese Sage in
verschiedenen Formen.
Fruchtlose Bemiihungen ironisirt Hans Baldung in der Um-
rahmung einer Zeichnung eines Zechgelages. Ueber diesem Bilde
ist ein Mann zu sehen, der auf einem anderen statt auf einem
Pferde sitzt, und mit einem Aste, den er als Lanze eingelegt hat,
gegen Windmuhlen anreitet.
Ironisirend ist auch eine andere Zeichnung dieses Meisters,
eine Allegorie des Gluckes. Ein nacktes Weib hat Kugeln unter
die Fiisse gebunden ; um nun damit gehen zu kOnnen, muss sie
sich auf zwei Stocke stiitzen. Ein kleiner nackter Knabe ist be-
mtiht, sie vorwSrts zu schieben und halt ihr einen der Stocke fest.
Aehnlichen Sinnes ist eine Zeichnung Manuels, eine Fortuna
nach Diirers Nemesis copiert. Sie halt einen Lasso mit mehreren
Schlingen; ein kleiner, auf ihrer Schulter stehender Amor, der
an der Spitze seines Pfeiles eine Narrenkappe tragt, zeigt wohl
an, wer mit dem Lasso gefangen werden soil.
Daniel Hopfer zeigt auf einem Blatte eine gefliigelte, stehende
Venus. Den linken Fuss hat sie auf einen Todenschadel gestellt,
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neben ihr spielt Amor die Laute. In der Linken halt sie eine
Distel, und hinter ihr steht eine Damons-Gestalt, wahrend ver-
schiedene Fratzengesichter sie umflattern.
Die Schlauheit der Kaufleute kennzeichnet Jost Amman in
seinem ^Stamm- und Wappenbuch", in dem er einem Kaufmann
einen Fuchs an die Seite giebt. In ahnlicher Art wird dieser
Kunstler sehr personlich ironisch, wenn er den Verleger Feyer-
abend in einem von Krebsen gezogenen Schlitten darstellt. Krebse
heisen namlich die nicht abgesetzten und daher an den Verleger
zuruckkommenden Bucher. Die iiber ihm schwebende, eine Trom-
pete blasende Figur mit der Beischrift „Fama" zeigt wohl an,
dass da alle Reclame vergeblich sei. (s. Tafel 13.)
Sogar Wappenbilder werden schon zur Satyre verwendet.
H. S. Beham stach ein Phantasie-Wappen mit einem nach rechts
schreitenden Lftwen im Schilde und zwei Flugeln als Helmzier.
Satyrisch wird dieses Wappen erst durch die Umschrift : „ Von
Gottes Gnaden Her von weiss nit weer, dort gesset in geftem Dorf 1 .
Deutlicher ist dagegen ein Wappen, das Urs. Graf, wohl fur
einen eingebildeten Gelehrten, mit der Feder zeichnete (Albertina).
Statt des Wappenschildes gibt er eine Reisetasche. Die Helmzier
besteht aus zwei Papierrollen, an deren jeder ein Tintenfass
hangt, zwischen den Rollen drei Gansefedern. Die Wappenhalter
sind links ein ziemlich hochgeschiirztes, junges Weib mit einer
Schale in der Hand, rechts ein Mann in Gelehrtentracht mit der
Schellenkappe auf dem Kopfe. In der Rechten halt er eine Rolle
in der Linken einen Geldbeutel. Ueber dem Wappen steht ein jetzt
ganz unleserliches vierzeiliges Gedicht, unten Johannes Scriptoris.
Eine Allegorie, welche wahrscheinlich auch auf eine Er-
zShlung Bezug hat, ist die Darstellung des Heiligen Niemand auf
der Tischplatte, welche Hans Holbein malte, und die sich in
der Bibliothek zu Zurich befindet. Der Heilige Niemand sitzt mit
einem Schlosse vor dem Munde unter allerlei zerbrochenem
Gerathe. — Im Uebrigen sind noch Jagden und Laubwerk auf
dieser Platte dargestellt 1
1 Vergl. die Beschreibung bei Woltmann, a. a. O. I. no ff. in der
2. Auflage.
In der ersten Auflage wird die Platte fluchtiger erwahnu
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Todten- und Ve rgangli chk eitsb ilder.
Nicht das Leben allein ist aber geeignet als kunstlerischer
Vorwurf verwerthet zu werden ; auch der Tod hat zu alien
Zeiten Denker, Dichter und Kiinstler beschaftigt. Jede Religion
weist ja auch auf ein jenseitiges Leben hin, zu dem jeder Mensch
einstmals durch die Pforte des Todes eindringen muss.
Von dem altagyptischen Todtenbuche, dem griechischen Kyp-
selos Kasten und uralten griechischen Bestattungsbildern, die mit
mystischen Culten, wie dem der Kabyren, in Verbindung stehen,
bis zu den allerneuesten Werken unserer Zeit bilden der Tod
als Personification oder das Sterben als solches immer wieder den
Inhalt der Werke von Dichtern und Kunstlern.
Und jede Zeit wusste diesem Vorwurfe wieder neue Seiten
abzugewinnen.
Die Alten bildeten ihn meistens als den dusteren Bruder des
freundlichen Knaben Schlaf und Sohn der Nacht.
Im Mittelalter, zur Zeit eines ascetischen Christenthums, ge-
wann er mehr an Schrecken. Den Menschen wurde taglich ihr
eigener Unwerth vor Augen gehalten, oft erwartete man nach
Prophezeiungen den Weltuntergang, die Gedanken wurden nach
dem Ende gerichtet; aber was erwartet jeden einzelnen nach dem
Tode, Lohn oder Strafe ?
So wurde der Tod zu dem unheimlichen Gespenste, das man
mit Grauen betrachtet, dem aber doch niemand entgehen kann.
Diese Vorstellung blieb auch in der Renaissance die allge-
meine. Aber eine Aenderung in der Auffassung wird doch be-
merkbar. Taglich hatte man in den Kriegen der Zeit, so wie in
Folge von Seuchen den Tod vor Augen, den Menschen fasste
zwar Entsetzen davor, aber man erkannte seine Nothwendigkeit,
und dadurch kam zu dem Schrecken vor dem Bezwinger alles
Lebendigen ein Zug von Resignation, der sich mit Humor paarte;
oder es wurde den Darstellungen die Satyre auf solche Leute,
die sich im Leben allzuwohl und sicher fuhlen, beigemischt.
Im Alterthume war Hermes der Bote, welcher die abge-
schiedenen Seelen in die jenseitigen Gefilde begleitete; in den
christlichen Zeiten wird der Tod selbst derjenige, welcher alien
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— 6o —
Menschen in grossem Zuge als Fiihrer vorangeht. Und weil im
Leben bei festlichen Gelegenheiten und am Tanzplatze alles den
Musikanten nachstrOmt, so bekommt nun auch der Tod Musik-
Instrumente, mit denen er die Menschen iiber die Schwelle dieses
Daseins lockt.
In der Literatur war diese Auffassung schon seit dem i3.
Jahrhundert sehr verbreitet, im 15. nehmen die bildlichen Dar-
stellungen davon immer mehr iiberhand und werden schliesslich
zur Hauptsache. 1
In der Schweiz, in Basel entstanden schon im 14. und 15.
Jahrhundert zwei beriihmte Todtentanzfolgen als Wandgemalde.
Auch Holzschnitte des Todtentanzes wurden schon im 15. Jahr-
hundert gefertigt. Einen besitzt die Heidelberger Bibliothek. 2
Wahrend aber die beiden alteren Werke den Tod einfach
neben seinem Opfer, das er sich aus alien Standen erwahlt, da-
stehend zeigen, tritt schon im Grossbaseler Todtentanze — den
schon Massmann ans Ende des l5.Jahrhunderts statt in das Jahr
1439 setzt — ein humoristischer Zug auf. Hier bereits beginnt
das Todtengerippe sein Opfer in dessen Hauptbeschaftigung nach-
zuahmen, oder ihm hinterlistig Fallen zu stellen, wie z. B. dem
blinden Bettler, der von seinem Hunde an einer Schnur gefuhrt
zu werden gewohnt ist. Dieses Mai aber leitet der Tod den
Bettler selbst an den Grabesrand und zugleich schneidet er die
Leine des Hundes mit der Schere durch.
Ganz scharf ausgesprochen ist dieser Zug beissenden Humores
in dem Berner Todtentanze von Niclaus Manuel Deutsch. Die
Figuren sind zum grossten Theile, wahrscheinlich dem Auftrage
gemass, dem Baseler Todtentanze entnommen, die Auffassung ist
aber eine neue und dem Kunstler eigenthumliche, und dadurch
ist er, und nicht die Baseler Todtentanze, der Vorlaufer der so
sehr beruhmten Todesbilder von Hans Holbein d. j.
J Ueber die Entwickelung der Todtentanz-Gedanken siehe Wolt-
mann ,,Holbein u I. Cap. XI, wo auch der grosste Theil der ein-
schlagigen Literatur angegeben ist.
2 Massmann giebt die Abbildungen der beiden Baseler und des
Heidelberger Todtentanzes im Atlas zu : „Die Baseler Todtentanze".
V. Band von „Der Schatzgraber". Herausgegeben von J. Scheible, Stutt-
gart 1847.
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- 61 —
Auf Manuels reformatorische Tendenz fiihrt VSgelin 1 die
Einleitung dieser Bilderfolge zuriick; indem der Kiinstler namlich
dem Todtentanze die x\ustreibung aus dem Paradiese, die Gesetz-
gebung auf Sinai und die Kreuzigung vorangehen lasst, stellt er
auch „den Urspruftg und die Ueberwindung des Todes" dar. —
Seine Stellung zur Reformation, in deren Dienste sich Manuel
besonders als Schriftsteller eifrig stellte, kennzeichnet auch die
bittere Ironie, mit welcher der Kiinstler den Tod mit den Personen
geistlichen Standes verfahren lasst. Wahrend der Papst auf seiner
Sanfte getragen wird, erklettert der Tod dieselbe und reisst ihm
Stola und Tiara fort. Aehnliche Ironie zeigt sich auch bei den
ubrigen geistlichen Wurdentragern.
Eine andere Art von Humor zeigt sich bei den weltlichen
Standen, wo der Tod entweder die Handlungen der Lebenden
nachahmt, oder sie darin unterbricht. Z. B. wenn er dem Bauer
auf dem Deckel des Butterfasses einen Marsch vortrommelt, den
Koch mit dem Loffel lockt, und zuletzt dem Maler den Malstock
von ruckwarts aus der Hand reisst; oder wenn der Tod unter
einer dienenden Geberde doch seine unwiderstehliche Macht
aussert. Dem Herzoge hilft er die goldene Kette abnehmen, den
vornehmen Jiingling begleitet er als Falkentrager, den Schultheiss
als Waffentrager.
Gerade iiber den Humor in diesen Todtenbildern ist schon
so ausfuhrlich geschrieben, dass ich es hier bei diesen kurzen Er-
wahnungen bewenden lassen kann. 2
Auch Holbeins beriihmte Bilder des Todes sind in der
Schweiz, in Basel entstanden. Holbein giebt ebenfalls eine bild-
liche Einleitung, in der er zeigt, wie der Tod in die Welt
kam. Zuerst stellte der Kiinstler „die Sckopfung aller Ding" dar,
darauf folgt „Adam Eva irn Paradyss". Durch den Sundenfall
hat aber der Tod erst die Gewalt iiber den Menschen bekommen,
und so zieht er auf dem Bilde „Usstribu?ig Ade Eve" triumphirend
auf einem Saiten-Instrumente spielend, dem ersten Menschenpaare
voraus in die noch unbekannte Welt.
i Bachtold und Vogelin, „Niclaus Manuel" S. LXXXVI ff.
2 Woltmann a. a. O. Cap. XL und Voeelin, a. a. O., dessen Stelle
bei Handcke: „Niclaus Manuel u abgedruckt ist.
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— 62 —
Von nun an ist der Tod der stete Begleiter der Menschen,
wie er schon dem Adam beim Ausroten einer Waldung behilflich
ist. Hierauf erst folgt die alte Einleitung, die schon in den
fruheren TodtentSnzen gebrauchlich war. Das Blatt „Gebeyn aller
Menschen" fuhrt uns ein grosses Gebeinhaus vor, das wir erfullt
von Gerippen sehen, wahrend davor mehrere musicirende Skelette
das nimmer endende Lied des Todes der Welt kund thun.
Nun folgen alle Stande der Erde, mitten in der Weltlust und
ihrer Beschaftigung vom Tode uberrascht. Am Schlusse klingt dann
dieser schaurige Triumph des Todes aber wieder im Sinne der
Reformation vers6hnend mit der Ueberwindung des Todes, der
Auferstehung aller Menschen zum jungsten Gericht aus. Den
volligen Abschluss bildet dann das Wappen des Todes.
Im zerrissenen Wappenschilde, so weit geht Holbein in der
Allegorisirung der alles vernichtenden Macht des Todes, ist ein
Todtenschadel; die Helmzier bilden zwei Knochenarme, die einen
schweren Stein hochhalten; in ihrer Mitte steht die Sanduhr. Als
Wappenhalter erblicken wir links einen vornehmen Herrn, rechts
eine Dame, als Sinnbilder des dem Tode unterworfenen Menschen-
geschlechts. Woltmann vermuthet darin den Kiinstler selbst und
seine Frau.
Die einzelnen Scenen hat Woltmann schon vortrefflich und
ausfuhrlich geschildert; einiges mochte ich aber doch noch er-
wahnen, urn die Art von Holbeins Humor in diesen Bildern zu
kennzeichnen.
Wie es schon Manuel gethan, lasst er den Tod den Ver-
tretern aller Stande, gerade in der fur ihren Stand bezeichnendsten
Handlung das „&is hierher und nicht welter" zurufen; denn wie
kein Mensch dem Tode iiberhaupt entrinnen kann, so ist er auch
zu keiner Zeit vor demselben sicher. Zu jedem Bilde gehort eine
Inschrift, Bibelstellen entnommen, die in ernsten Worten dasselbe
besagt, wie das Bild durch die Mittel hfthnender Satyre oder auch
milder Ergebung.
Sehr schlecht kommt die Geistlichkeit auch wieder bei Hol-
bein weg. Den Papst zeigt er auf der Spitze seiner Macht, einen
Kaiser krOnend. Doch selbst in diesem Augenblicke ist er einem
Machtigeren unterworfen. Ihm, der eben Kronen austheilt, wird
vom Tode seine eigene entrissen. Mitten aus einer Schafheerde,
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die dem Bischofe als Gemeinde unterstand, und die sich nun zer-
streut, fuhrt der Tod den Bischof selbst davon. Dazu gehftrt die
Inschrift: „Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der
Heerde werden sich verstreuen" . Dem Cardinal, der eben Ablass-
briefe verkauft, entreisst das Furchtgerippe seinen Cardinals-Hut,
entkleidet ihn also gleichsam seiner Macht. Dem dicken Abte,
der sich wohl mehr um das leibliche als urn das geistige Wohl
bemiihte, naht der Tod als sein geistlicher Vorgesetzter in
Bischofstracht ; hinter dem Pfarrer steht er auf der Kanzel mit
der Stola und wird nun eine eindringlichere Predigt, als jener,
halten.
Den Bettelmonch entfuhrt er gerade, als er sich seiner ge-
sammelten Schatze erfreuen will; der Nonne lSscht er die Kerze
aus, wahrend sie, scheinbar betend, sich nach einem die Laute
spielenden Jiinglinge umsieht.
Dem guten und frommen Pfarrer dagegen geht er als
Messner mit Glocke und Laterne zu einer Einsegnung voran, ihn
so in seinem auf ein frommes Ende vorbereitenden Amte unter-
stutzend.
An viele weltliche Stande tritt er gerade im unerwartetsten
Augenblicke, als sie so recht mit irdischen Dingen beschaftigt
sind, heran.
Dem K6nige giesst er bei (ippiger Tafelrunde den letzten
Becher ein ; die Kaiserin uberrascht er auf dem Spaziergange ;
der KSnigin naht er in der, bei Hof damals so gern gesehenen
Narrentracht.
Eitler Weltsinn scheut aber schliesslich auch keine Ungerechtig-
keiten mehr, und diese bestrafend erscheint der Tod ebenfalls.
Den Richter ereilt er gerade in dem Augenblicke, als er,
von einem Reichen, der eben in die Geldtasche greift, bestochen,
dem armen Manne Unrecht geben will ; dem Fiirsprech, der sogar
auf offener Strasse Geld empfangt, halt er mahnend die Sanduhr
vor; ein Hilfe Flehender, begleitet den Rathsherrn, der nicht auf
seine Bitten achtet, da wirft sich der Tod ihm zu Fussen ; diesem
muss er GehSr schenken. ob er will oder nicht. Dem reichen
Manne entreisst er das geliebte Gold.
Nicht strafend aber dennoch schrecklich naht der Tod dem
Edelmanne, der sich vergeblich mit dem Schwerte, das ihm aus
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so vielen Gefahren geholfen, wehrt ; den Kaufmann fasst er gerade
da, als er seine Waaren vom Schiffe abladen la'sst; dem Schiffer
auf hoher See zerbricht er den Mast. Der Ritter wird vom
Tode mit seiner eigenen Lanze durchbohrt ; dem Grafen wird
das Wappenschild zerbrochen. Den Kramer, der mit seiner
Waare am Riicken dahinzieht, zieht er zuriick.
Scheinbar hilfreich erscheint der Tod der Grafin, der er beim
Ausziehen behilflich, statt der abgelegten Goldkette, eine solche
von Knochen umhangt ; oder dem Ackersmann, dem er die Pferde
vor dem Pfluge antreibt.
An die alte Auffassung des Tanzes erinnert es, wenn der
Tod der mit einem Herrn einherschreitenden Edelfrau, auf die
Trommel schlagend vorantanzt ; oder der im Bette liegenden
Herzogin auf einer Geige zum Tanze autspielt, wahrend ein anderes
Gerippe sie an den Fussen aus dem Bette zerrt.
Aber auch wirklich freundlich, weil ervvunscht, erscheint der
Tod. Gerne lasst das alte Weib sich von ihm geleiten, ein Gerippe
geht lustig auf dem Hackbrett spielend, vor ihr her; ebenfalls
spielend fuhrt er den alten, miiden Mann an den Grabesrand.
Spater fugte Holbein noch einige Blatter hinzu, die besonders
das nichtige oder gar leichtfertige Treiben der Menschen in seiner
Werthlosigkeit zeigen sollen.
Dem Astrologen, der vor seinen Biichern und der Darstellung
der Weltkugel sitzt, halt er einen Schadel vor; auch eine Kugel,
die einstmals eine Welt umspannte.
Dem Saufer giesst er Wein in den geSffneten Mund ; und
von drei Spielern wird einer eben von Tod und Teufel an der
Kehle gefasst. Dem mit blftd lustiger Geberdc tanzenden Narren
spielt der Tod auf dem Dudelsacke auf; und den Rauber fallt
er als starkerer RSuber an.
Dem verzweifelten Fuhrmanne hat er Wagen und Pferde
zu Sturze gebracht, und ein zweites Gerippe lauft mit dem einen
Rade davon.
Den armen Blinden dagegen, dessen traurigen und beschwer-
lichen Lebensweg der Kunstler durch einen wirklichen, durch
grosse Steine ungangbar gewordenen Weg sehr fein anzeigt, fuhrt
der Tod sanft an seinem Stabe von diesem Wege ab.
So finden wir also eine reiche Fulle von Gedanken und Auf
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fassungen, wie der Tod schliesslich dem Leben ein Ziel setzt. —
Den einen ironisirt er in seinem eigenen Thun und Handeln,
den anderen iiberrascht er in eitler Weltlust oder gar in Sunde ;
vvieder einigen zeigt er die Nichtigkeit ihrer Werke, andere be-
straft er fur die Ungerechtigkeiten, die sie in ihrem Leben be-
gangen, und endlich erscheint er auch als sanfter Troster und
Endiger der irdischen Leiden.
Von der urspriinglichen Auffassung eines grossen Reigen-
tanzes, zu dem der Tod alle Menschen einlad, ist, ausser einigen
musicirenden Skeletten, wenig mehr iibrig geblieben, da die ganze
Darstellung nun mehr auf dem psychologischen Gebiete kiinst-
lerisch vertieft wurde.
Von diesen Bildern des Todes finden wir unter den Werken
Aldegrevers acht Blatt fast genau copirt, doch aber mit mehreren
Aenderungen wieder. (B. VIII. Nr. 135 — 142.) (s. Tafel 14.)
Auch einen wirklichen Todtentanz hat Holbein fur eine
Dolchscheide entworfen, hier zerren Gerippe ihre Opfer zu einem
wilden Reigen fort. Die Darstellung selbst ist in ahnlicher Weise
eine ironische, wie in den Bildern des Todes.
Ganz und gar wieder im Sinne dieser sind die Buchstaben
mit dem Todtentanze gehalten. Auch das Alphabet schliesst mit
dem jungsten Gerichte. Sehr hubsch und neu in der Auffassung
ist das Kind im Buchstaben Y, das der Tod an beiden Aerm-
chen halt und in der Wiege schaukelt. Wie die Mutter ihr Kind
zum zeitlichen Schlafe einwiegt, so thut es hier der Tod zum
ewigen. Tt*
Von dem Meister JG\ stammt ein Todtentanz aus dem
Jahre 1562 (B. IX. 2—9 Nagler Mon. I. Nr. 260). In diesem ist
besonders der Gedanke des die Menschen affenden Todes wieder
verwendet. Dem lustwandelnden Paare schlagt er die Tbmmel,
dem sich im Tanze drehenden spielt er auf dem Hackbrette auf;
das Hochzeitspaar verbindet er statt des Geistlichen, oder er be-
gleitet vornehme Leute, wie sie, in vornehmer Tracht mit Mantel,
Federhut und Degen.
Ausser diesen Bilder-Cyclen entstanden aber im 16. Jahr-
hundert eine Menge von Einzelblattern, mit dem Zwecke, den
Menschen ihre Verganglichkeit und den Warnruf „metnento mori"
vorzuhalten.
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— 66 -
Dem Ambrosius Holbein wird ein Blatt „Der Tod als
Maker*' zugeschrieben. (Woltm. Nr. 2. Pass, bei Hans Holbein 89).
Vor der gewaltigen Hippe sinken alle Sta'nde der Erde gleich
Grashalmen zu Boden.
Dem Gedanken nach, diesem Blatte ahnlich, ist eine Zeich-
nung in der Albertina, die vielleicht dem Hans Baldung Grtin
zuzuschreiben ist. Drei Reiter werden von drei Skeletten ver-
folgt. Das eine Pferd baumt sich, eines ist mit seinem Reitef ge-
stiirzt, uber jedem fliegt ein Gerippe, drohend und grinzend daher;
der dritte Reiter sucht noch zu entfliehen, wird aber bereits am
Mantel von einem Skelette festgehalten.
Auch bei Diirer finden wir den Tod, welcher einen Reiter
verfolgt, in den Randzeichnungen zum Gabetbuche Maximilians,
Das Wappen des Todes findet sich ebenfalls bei Diirer wieder,
mit dem Todtensch&del im Schilde. Als Schildhalter dient aber
hier ein Madchen, das von einem wilden Manne gekiisst wird.
Aus der grossen Menge von Todesbildern aller moglichen
Meister, da beinahe jeder Kiinstler dieser Zeit sich auch einmal
mit diesem Stoffe beschaftigt hat, will ich noch einige besonders
hervorragende Beispiele erwahnen, urn die ganze Richtung und
die Verschiedenheiten in den Auffassungen zu kennzeichnen.
Die ganze Entsetzen erregende Macht des Todes zeigt Burgk-
mair in dem Blatte „Der Tod als Wurger", wo der Tod den
ihm zum Opfer gefallenen, am Boden liegenden Jtingling an der
Kehle packt, und ein zweites Opfer, ein angstlich davon eilendes
Madchen unbarmherzig am Kleide mit den Zahnen zuriickhalt.
Tritt hief der Tod beide Liebenden zu gleicher Zeit an, so
finden sich auch andere Bilder, auf denen er als Zerst6rer des
Liebesghickes durch Trennung der Liebenden auftritt.
Zwei solche Zeichnungen fertigte N. Manuel. 1 Auf der einen
zielt der Tod mit dem Bogen nach einem Herren, der eben mit
einer Dame das Mahl eingenommen hat ; sie ist vergeblich bemiiht,
ihn zu beschiitzen. Auf dem anderen ist es die Frau, die dem
Tode auf einem Spaziergange verfallen ist; alle Miihe des Herrn
sie mit den Waffen zu retten, bleibt vergeblich. Auf dem Blatte
„Der Spaziergang" von Diirer (B. 94) lauert das Todtengerippe
1 Beide BIStter in Basel.
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- 6? -
mit der Sanduhr in der Hand, heimtuckisch hinter einem Baume
auf das lustwandelnde Paar.
Peter Flotner zeigt ein. im Freien sitzendes Paar, das in
Liebesgesprache so vertieft ist, dass es gar nicht bemerkt, wie der
Tod bereits uber den Zaun steigt, um sie zu trennen, wahrend
auf der anderen Seite damonische Gestalten mit Fangeisen in den
Handen, auf die gute Beutelauern. (B. IX. Nr. 2. Pass. III. Nr. 10.)
In diese Art gehort auch Burgkmairs Wiener Bild auf dem
er sich und seine Frau malte. Im Spiegel erscheinen nur zwei
Todtenkftpfe. Dazu die Inschrift :
9 Solche Gestalt unser b eider ivas,
Im Spiegel aber nix dan das".
Hans Sebald Beham benutzte diesen Gedanken, seiner derben
Art getreu, zu einem hochst unanstiindigen Kupferstiche (B. 152),
mit der Beischrift „Mors ultima linea rerum". Dieses Blatt soil
nach Chmelarz 1 der Grund fur die Verbannung Behams aus
Niirnberg im Jahre 1529 gewesen sein, womit auch die Jahres-
zahl des Bildes 1529 ubereinstimmt.
Ein anderer Gedanke sprieht aus den vielen Bildern, wo der
Tod einem Weibe alleine, ihr gleichsam als Liebhaber nahend, das
Lebensende anzeigt. Immer sind die Weiber jung, meisst ganz
oder theilweise entbl5sst. Einerseits ist in diesen Bildern aus-
gedriickt, dass auch Jugend und SchSnheit vor dem Tode nicht
sichern, andererseits aber wohl auch die Nichtigkeit der Eitelkeit
und Selbslgefalligkeit ausgedruckt.
Wir finden diese Darstellung bei Diirer (B. 92). Der Tod,
nicht als Gerippe, sondern mumienhaft gebildet, reisst ein junges
sitzendes Madchen an sich. Niclaus Manuel benutzte diesen Vor-
wurf sogar als Gemalde, auf der Ruckseite des im Baseler
Museum befindlichen Bildes ,,Bathseba im Bade". Vor den SSulen
einer Renaissance Architectur steht ein Madchen, welchem als
hochst unwillkommener Freier der Tod in zerlumpter Lands-
knechtstracht naht, sie am Kleide und um den Hals fasst und
kusst. Der oben ausgesprochene Gedanke wird hier noch deut-
1 ,,Die deutschen Kleinmeister des 16. Jahrhunderts" in den Mit-
theilungen des k. k. osterreichischen Museums 1887, S. 36o.
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licher gemacht, durch den auf einer S&ule stehenden Amor, der
sich ersticht.
Mit anderen Mitteln sagt H. S. Beham dasselbe in zwei
Stichen (B. 148 und 149). Zuerst sehen wir eine junge Frau,
neben der ein Mann in Narrentracht steht und sie umarmt. Danh
aber finden wir ganz die gleiche Handlung wieder, nur blickt
statt des lebenden Gesichtes ein Todtenkopf aus der Narrenkappe ;
und um ja keinem Zweifel iiber die Bedeutung autkommen zu
lassen, besagt die Inschrift noch: „Omnem in homine venustatem
mors abolet". (s. Tafel 14.)
Ein ander Mai stellte Beham ein nacktes Madchen dar,
welchem der gefliigelte Tod von ruckwarts naht, um es zu
kussen (B. 150); oder er zeigt das Weib auf dem Bette liegend,
der Tod tritt heran, halt die Sanduhr und ruft ihr zu: „Die Stund
ist aus" (B. 146).
Daniel Hopfer stach ein Blatt (B. 52), darstellend eine junge
Frau, der eine andere einen Spiegel vorhalt. Hinter ihr aber
steht der Tod und halt einen Todtenkopf so, dass sie ihn statt
des Gesichtes im Spiegel erblicken muss.
Von Hans Liitzelburger besitzt die Albertina eine von 1525
datirte Federzeichnung eines Madchens, das mit abwehrend vor-
gehaltenen Armen dem Tode, der sich ihr nahert, zu entfliehen
sucht. —
Die Bilder der Landsknechte, welche der Tod ja taglich in
vielerlei Gestalt umgab, gaben naturlich auch oft Anlass zur Dar-
stellung von Todtenbildern. Bei Urs Graf lauert der Tod den
Landsknechten beim Gelage oder, wenn sie im Gesprache mit ein-
ander sind, auf. Schaufelein lasst ihn die Soldaten auf dem Marsche,
gleich als sei er selbst Soldat, begleiten.
Der muthige und erprobte Krieger aber, der wohl schliesslich
die Nothwendigkeit des Todes eingesehen und ihm so oft stand-
haft in das Auge geblickt hat, kennt die feige Furcht vor Tod
und Teufel nicht. Dieser Gedanke mag, als Gegengewicht zu
alien fruher erwahnten Todesbildern, den Tod nun einmal selbst
ironisirend, Albrecht Durer vorgeschwebt haben, als er seinen
herrlichen Stich „Ritter, Tod und Teufel 1 schuf.
VersGhnend zeigt Jost Amman den Tod. Einmal naht dieser
einem erstaunt aufblickenden Kranken, der in einem mit Polstern
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bedeckten Stuhle sitzt; das andere Mai einem alten gebrechlichen
Manne, der ihn gar nicht weiter beachtet, weil er ihm keinen
Schrecken mehr einflossen kann.
Aber auch den erschreckenden, fiirchterlichen Tod bringt
Amman. Ein Gerippe uberrascht mit der Sense ein nacktes junges
Paar; Amor sieht hier seine Miihe vergebens und fliegt davon.
Auf die mannigfaltigste Art wurde, wie wir sahen, der Tod
im 16. Jahrhundert aufgefasst ; als das einfache Schreckensgespenst
das jeden Menschen in alien Lebenslagen bedroht, als Racher und
Strafer, als Erloser. Dem Humor in diesen Darstellungen ist sehr
oft eine beissende Ironie beigemengt. Besonders den allzu Lebens-
lustigen wird er gerne als ernster Mahner vor Augen gehalten.
Gerade in diesen Todesbildern liegt eine starke Charakteristik
der Zeit, welche einerseits einen derben Humor, stark mit Satyre
versetzt, in alien Lebensausserungen zeigte, andererseits bestSndig
von diesem Leben auf das andere hinwies.
Im nachsten Jahrhundert schwinden diese Todesbilder fast ganz
und machen einer anderen Auffassung, die auf dasselbe Ziel hin-
weist, Platz. Ich meine die vielen mit dem Namen „Vanitas" be-
zeichneten Bilder, die unter den Sinnbildern von Todtenschadeln
oder leicht zerbreehlichen und zerbrochenen Gerathen, die Auf-
merksamkeit auf die Verganglichkeit alles Irdischen hinweisen sollen.
Bilder aus dem Bauernleben und dem Leben des
niederen Stadtvolkes.
Aber die satyrischen und ironischen Bilder geisselten nicht
nur, wie die bis jetzt besprochenen Darstellungen, allgemeine
Schaden der Zeit. Auch aus personlichen Griinden wurde die
Satyre in den Dienst der Kunst gestellt.
Ich habe schon vorhin erwahnt, mit welch' ubermiithigem
Hohne und einem gewissen Hoheitsgefuhl die reicheren und da-
her auch gebildeteren Stadter auf das Landvolk und auch auf das
niedere Volk in den Stadten herabsahen. Wir sahen schon, dass
die Kunstler bei Darstellungen von frflhlichen Unterhaltungen der
Vornehmen, diese, selbst wenn sie offenbar als Liebespaare ge-
kennzeichnet sind, doch immer sich gemessen und ehrbar betragen
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lassen. Es ist ja richtig, dass bei offentlichen Gelegenheiten in den
Stadten sehr auf ein wohlgesittetes Benehmen gesehen wurde, aber
einerseits sind die Bauernbilder offenbar zum grossen Theile ab-
sichtlich carricirt, andererseits mag es in den Stadten auch nicht
immer auf s Ehrbarste zugegangen sein ; was uns nicht nur die
Gerichts-Protokolle in den Archiven, in denen es von Raufereien
und Sittlichkeitsvergehen wimmelt, sondern auch die Literatur
und manche Bilder allgemeinen satyrischen Inhaltes lehren.
Auch diese Bilder sind wieder von der Volksliteratur des
15. Jahrhunderts beeinflusst. In den Fastnachtspielen undSchwanken
wurden sehr gerne Bauern aufgefuhrt, die sich dann tappisch
benahmen. Ueber derlei Gedichte und Erzahlungen schreibt
Goedecke i 1
„Die heiteren schliessen sich mitunter an alter e Gedichte und
geben dieselben in verkiirzter Form. Sie halten es nicht mehr fiir
nothig, den zum Theil unsittlichen Stoffen das feinere Gewand
zu geben, sagen vielmehr ohne Scheu frech und dreist heraus,
was die Sitte zu verschweigen Grund hat. Die beliebte Form ihrer
Darstellung des Bauernlebens in seiner plumpen Roheit, zeigt ein
so ubermiithiges Herabsehen des Biirgerstandes auf den Bauern-
stand, bei dem in diesen Bildern alles, was geschieht, so roh und
grob erscheint, alles verh6hnt und dem wiehernden Gelachter der
vermeintlich gebildeten Stadter bios gestellt wird, dass die Ereig-
nisse der Bauernkriege nicht befremden kftnnen."
Die Bauernfeste wurden ein sehr beliebter Vorwurf
fdr Holzschnitt und Kupferstich ; ahnlich wie spater in den Nieder-
landen Teniers, Brower und Ostade sich solche Gelegenheiten mit
Vorliebe fiir Oelgemalde erwahlten.
Auch fiir die Kulturhistoriker sind solche Darstellungen von
grossem Werthe, denn das ganze Leben und Treiben wird oft in
solchen Werken mit weitestgehender Natiirlichkeit dargestellt.
Hans Sebald Beham fertigte 1535 einen Holzschnitt, der ein
solches Volksfest hochst anschaulich zeigt. (Aumuller Nr. 245.
B. 168.) Der Ort, wo dieses Fest stattfindet, ist ein von Hausern
und Hiitten eines Dorfes umgebener freier Platz. Auf diesem er-
blickt man Marktschreier, die ihre Schundware mit grossem Ge-
1 A. a. O. I. 297. § 88.
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— 71 —
schrei anzupreisen und an den Mann zu bringen wissen, tanzende
und zechende Bauern. Doch bleibt es nicht bei diesen unschuldigen
Freuden allein; auch die Folgen der Unmassigkeit sind zur An-
schauung gebracht. Der eine muss, zur Strafe, dass er den Ge-
trSnken zu stark zugesprochen, der Natur ein Opfer bringen;
andere haben sich beim Weine erhitzt und sind in eine blutige
Priigelei gerathen.
Hans Sachsens Gedicht von der ^Kirchweih zu Mogelndorf 1
gab demselben Kunstlcr Anlass, diese in einem grossen Holz-
schnitte (von 6 Stflcken) mit Gastmahl, Musik und Tanz dar-
zustellen. (s. Tafel 15.)
Das Gedicht Sachsens ist iiberschrieben :
„Der pawren tanz. versatnmelt aus mancherley Ddrffern"
und beginnt :
„Eins lags ich auff ein kirchweih kam
Gehn Megcldorff, da ich vernam
Inn einem grossen wirtes-hauss
Die pawten leben in dem sauss".
Sachs zahlt dann dre Speisen auf und erzahlt weiter:
„Der Wein wird also knollet Irunken,
Jr viel undler die penck kin st/ncken,
Sick hub ein gross grollzen und speyen,
Ein kallen, Juchlzen, singen und sehreyen 1 *.
Dann kommen zwei Pfeifer, die Madchen laufen zu, der
Tanz beginnt. Alle Paare werden mit Angabe des Namens und
Wohnortes aus der Nahe Niirnbergs aufgezahlt. Bald aber giebt
es Eifersucht; Hans Sachs, eine Prugelei voraussehend, schliesst
mit folgenden Worten:
„Ich dachl es wird int lang nit f ein t
Sie werden an einander streln
Und wird ein grosses schlahen drauss.
Ich macht mich auff und gieng nach hauss,
Wann ich besorgt da ungemachs
Auff der pawern-kirchweih, sprichl Hans Sachs".
Noch derber schildert Sachs eine landliche Kirchweih in einem
Schwanke, der wie folgt beginnt :
„Wer lust zu gewinnen hat ein kranlz
Fug sich zu diesem nasen-dantz".
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72 —
Der Dichter kommt auf die Kirchweih zu Giimpelsbrunn,
daselbst wird gezecht, MSgde spielen auf der Sackpfeife, Knechte
fiihren verschiedene Spiele auf. Da er fiirchtet, es kftnne leicht
zu Schlagereien kommen, geht er fort und kommt auf die Kegel-
bahn; auch von hier entfernt er sich bald und gelangt auf einen
Piatz, wo auf einer Stange ein Nasenfutter, ein Pruch und ein
Kranz hangen.
Er fragt was dies bedeute:
„Da sagt man mir ein nasen-dantz
Wurd auff dem plan nock dies en abend,
Die grosten drey nasen wurn begabend,
Die grdste nas gewann den krantz
Und wurd Konig am nasen-dantz,
Die ander gewann das masen-futler,
Die dritt die bruch "
Sachs glaubt auch etwas dabei gewinnen zu kSnnen, da
kommen aber die Bauern mit ganz unformlichen Nasen, deren
Gestalten er in sechs Zeilen unbarmherzig, auf das Schrecklichste
aufzahlt. Wie er dies sieht, verzichtet er, sich mit zu bewerben,
beschreibt noch, wie die mit solchen Begabten tanzen und sich
gegenseitig an den Nasen fassen, und schliesst mit der freund-
lichen Aufforderung, ob sich nicht doch noch jemand urn den
Kranz bewerben wolle.
Nikolaus Meldemann (B. VIII. Pass. III. Nagler Mon. IV.
Nr. 2471) hat dazu einen Holzschnitt (B. 1) geliefert, den er
benannte :
„Der Nassen tantz zu Giimpelsbrunn bis Sonntag."
In der Mitte steht der Maibaum, an dem ein Schuh, Kranz
und Mutze hangen. Mehrere Bauern mit grossen und missgestalteten
Nasen tanzen herum. An einem Tische sieht man Musikanten
und ein Zechgelage; an einer Verkaufstelle wird Porzellan feil-
gehalten. Weiter zuriick sind eine Kegelbahn und mehrere mit
Sabeln raufende Bauern zu sehen; dann folgt ein Dudelsack-
pfeifer und drei tanzende Paare. Das Blatt wird links von einem
Dorfe abgeschlossen.
Sehr beliebt war auch die Sitte, in die Kalender zu den ein-
zelnen Monaten Bilder zu setzen, welche in irgend einer Weise
in Bezug zu den Monaten stehen. So wurden die Bilder des
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- 73 -
Thierkreises, allegorische Figuren, die griechisch-rSmischen G6tter,
aber auch die Beschaftigung der Dorf- und Stadt-Bevfllkerung in
solchen Kalender-Bildern dargestellt.
Hans Sebald Beham kam gar auf den Einfall die Monate als
tanzende Bauernpaare auftreten zu lassen (B. 154 — 160). Ange-
regt wurde dies wohl durch die seit dem Alterthume gebrauch-
lichen, bildlichen Ausdrucke, wie der Reigen der Stunden, der
Reigen der Monate, womit die Fliichtigkeit und doch bestandige
Wiederkehr der Zeiten bezeichnet wurde. Aber Beham lasst eben
nicht allegorische Figuren einen Reigentanz auffiihren, sondern
zeichnet zu jedem Monate ein tanzendes Paar, wobei der Mann
in Beischriften den Namen des Monats tragt (s. Tafel 6).
Aber auch Vornamen sind beigeschrieben, wie folgt:
Fabianus Jenner, Mathias Hornung, Her Gregorius Mercz,
Marcus April, Philipus Mei, Johannes Brachmon, Jacob Hewmon,
Laurencius Augustmon, Egidius Herbstmon, Simon Weinmon,
Martinus Wintermon und Nicolaus Cristmon. Alle diese Vornamen
kommen auch wirklich als Heilige in den betreffenden Monaten
vor, und mehrere von ihnen haben auch heute noch eine besondere
charakteristische Bedeutung fiir ihren Monat; wie Johannes der
Taufer fur den Juni (24), Martin fiir den November (11) und
Nicolaus fiir den Dezember (6).
Die Tanze dieser Paare sind sehr plump dargestellt, und
alle tragen die Kleidung der Bauern, ein einziger, der MSrz, er-
scheint in der Beischrift als Herr, und dieser hat auch ein
vornehmes Kleid; was seinen Grund darin hat,- dass der MSrz
scinen Namen von dem Kriegsgotte Mars tragt, der Krieg aber
eine Kunst der Vornehmen war.
Im Dezember aber spirit Beham auf die zu Weihnachten
bei den Bauern ubliche Vftllerei an, und so kommt es, dass sich
Nicolaus Cristmon mitten wahrend des Tanzes iibergiebt.
Zu der ganzen Folge geh6rt noch ein Blatt am Schlusse, auf
dem die zum Tanze nGthige Musik erscheint. Unter einem Baume
stehen zwei Bauern, deren einer eine Oboe, der andere einen
Dudelsack blast; ein Bauernpaar tanzt nach links hin und eine
Beischrift besagt:
„Die zwelf Monat sen gethon,
IV ol auf gredt wir fons wider on."
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— 74 —
Soldier Tanzbilder finden sich unter den Werken H. S.
Behams noch mehrere; so B. 166 — 185, wo zum Theile die
tanzenden Bauern aus dem Kalender aber ohne Beischriften,
andere von anderen Blattern, welche Scenen aus dem Bauern-
leben zeigen, wiederholt und einige neu dazu erfunden sind.
Auf dem ersten Blatte sind zwei dicke Sackpfeifer. welche der
ganzen Gesellschaft aufspielen, dargestellt.
Ein sehr ahnlicher Bauerntanz wurde von Altdorfer gestochen,
(B. X 148, Nr. 12) und auch bei Durer finden sich tanzende
Bauern und Dudelsackpfeifer.
Um die Plumpheit bei derlei Festlichkeiten auszudriicken,
greift Daniel Hopfner gar zur Carricatur. Die beiden ubertrieben
plump und mit scheusslichen Gesichtern gezeichneten Bauersleute
nennt er in Ueberschriften „Bolicana" und „Markolfus" . (B. VIII.
Nr. 72.) Dies Bild geht auf ein altes Volksbuch nach einer latei-
nischen Erzahlung, deren Quelle unbekannt ist, zuruck.
Die Wechselreden zwischen KSnig Salomo und Markolph
waren im 15. Jahrhundert sehr beliebt. Auf Salomos weise Reden
antwortet Markolph immer mit grosser Plumpheit. Als sich
Salomo seiner Abkunft von den 12 Geschlechtern der Propheten
riihmt, erzahlt Markolph, er stamme von den 12 Geschlechtern
der Rustiker, und seine Frau Policana von den 12 Geschlechtern der
Lupikaner. 1 In der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts wurde
das Buch in vielen deutschen Stadten gedruckt, und von dem
Nurnberger Meistersanger Hans Folz (gest. 1515) giebt es ein
Fastnachtspiel : „ Von dem Konig Salomo und Markolffo' 1 .
Die Beischriften „M&rkolph" und „Policana" finden sich auch
schon auf einem Stiche des 15. Jahrhunderts vom Meister J)9f9
„Der Narr und die K6chin'\ (Pass. II. 121 Nr. 27). Die Kochin,
eine alte Frau, geht mit einem Kochtopfe nach rechts, neben ihr geht
ein Laute spielender Mann in Narrentracht und reicht ihr den Mund
zum Kusse. Von diesem Stiche tragt ein Abdruck in Oxford die
Beischrift „Markolfus und Policana seine Frau".
Ein anderer Stich von Hopfer (B. 74) fuhrt ein Bauernfest
vor. Die Bauern sitzen vor einem Hause beim Schmause, rechts
1 Genaueres siehe bei Godecke: „GrundzUge der Geschichte der
deutschen Dichtung" 1. S. 347.
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— 75 —
in einem Garten tanzen andere. Einer hat des Guten schon zu
viel gethan, es wird ihm (ibel, wShrend ein anderer die Gelegen-
heit warnimmt, ihn zu schlagen. Dass aber beim Zechen die
Frauen hinter den Mannern nicht zuruckgeblieben sind, zeigt eine
Frau, der es ebenfalls nicht ganz wohl ist.
Ganz derb und plump moralisirenden Inhaltes ist eine andere
Tanzdarstellung (B. 73), wo in der Mitte ein scheussliches altes
Weib, mit zwei Kropfen am Halse, steht, und mit der Rechten
einen Weinkrug, mit der Linken eine Stange mit Wursten halt.
Urn sie herum tanzen sechs carricirte Gestalten mit Narrenschellen
an den Gewandern.
Der Meister ttr aus der sachsischen Schule brachte auf
zwolf Blattern /■ » (Pass. IV. Nr. 23) auch Bauerntanze.
Zwei der Tanzenden mogen ihr Herz entdeckt haben, denn sie sind
sich umarmend und kusssend dargestellt ; doch auf einem anderen
Blatte dieser Folge zeigt der Kunstler, dass man auch bei der
Unterhaltung Mass halten soil, an einem Manne, dem nach dem
Schmause unwohl geworden. Seine Frau halt ihm wohl liebreich
den Kopf, um ihm Erleichterung zu verschaffen, lasst es aber
doch geschehen, dass sie unterdessen von einem anderen Manne
gekiisst wird.
Auch die iibrigen Blatter sind recht derb gehalten, sowohl in
den Bewegungen der Tanzenden, als dadurch, dass die Rocke
der Frauen hoher als nothig bei der Bewegung flattern.
Harmlos frohlich malte Hans Holbein der Jungere ein land-
liches Fest an der Fagade des leider untergegangenen Hauses in
Basel, das nach diesem Bilde „Haus zum Tanz" genannt wurde.
Es sind uns sowohl Durchzeichnungen des Gemaldes im Museum
zu Basel, als der Entwurf zu einem Theile davon im Berliner
Kupferstich-Kabinet erhalten, wonach wir eine Vorstellung des
Bildes uns machen kOnnen.
Auch inMiniaturen wurden solche Tanze gerne angebracht ;
unter anderen finden wir sie in einem Missale, das von 1530 an
von Albrecht und Jorg Glockenton gemalt wurde. 1
Sehr hiibsch wusste Franz Brun eine Folge von zwolf
Blattern, auf deren jedem er zwei tanzende Bauernpaare zeigt, einzu-
1 Nlirnberg. Stadt-Bibliothek. Sammlung Hertel Nr. 9.
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- 76 -
leiten. (B. IX. 63—74). Auf dem ersten Blatte sitzen unter einem
Baume zwei Musikanten, und ein Mann kommt daher, urn ein
Madchen h6flich grussend zum Tanze aufzufordern.
Virgil Solis stellte in einem langen Streifen ein landliches
Fest dar. Im Freien vor einem Wirthshause spielen vier Musikanten
auf, ihnen zunachst folgt der Tanzordner, dann funf tanzende
Paare ; ein sechstes hat es sich an einem Tische bequem gemacht.
(B. IX. Nr. 273)
Wie beliebt aber lange Zeit derartige Tanzdarstellungen
blieben, zeigt, dass Jost Amman in seinem 1578 gedruckten:
%% Ku7tst und Lehrbiichlein fiir die anfahenden Jungen daraus
reissen und Malen zu lernen, darinn allerley Art lustige und art-
liche Furreissung etc. 66 , in welchem er eine Menge allegorische,
mythologische, ornamentale und andere Vorlagen giebt, es auch
der Miihe werth gefunden hat, unter Nr. 97 so ein plump tan-
zendes Bauernpaar aufzunehmen.
Wir sehen aus diesen Beispielen, dass, wenn auch einige
Kiinstler sich etwas milderer Formen bedienten, es schon durch
die carricirte Plumpheit zumeist, oder fast immer auf eine Ver-
hohnung der Bauern abgesehen ist.
Doch auch das niedere Volk in der Stadt mit seiner eben-
falls oft rohen Art muss sich eine derartige Behandlung gefallen
lassen.
Die Bilder aus dem Volksleben gehSren mit zu
dem Interessantesten, weil sie uns einen Spiegel jener Zeiten bieten.
Von harmlos, frohlichen Mahlzeiten, einfachen Vorkomm-
nissen auf der Strasse und am Markte, die wir bereits an anderer
Stelle besprochen haben, bis zu den derbsten Obsconitaten er-
streckt sich der Bereich, dessen die Kiinstler sich bemachtigen.
Hatten schon die Dichter des 15. Jahrhunderts sich vor
keiner Unanstandigkeit gescheut, so folgen ihnen nun die zeich-
nenden Kiinste getreulich nach ; es scheint, als ob Alles, was mit
den ausserlichen Mitteln der Kunst darzustellen m6glich ist, auch
schon darum als der Darstellung wiirdig gehalten worden ware.
Freilich wird vieles in den damaligen Zeiten nicht so roh
und viel natiirlicher erschienen sein, als heutzutage, wo zwar die
Gemeinheit auch nicht ausgestorben ist, aber unter einer starkeren
Tiinche von Susserem Scheine der Anstandigkeit verborgen wird.
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— 11 —
Das muss man dem 15. und 16. Jahrhundert lassen, auf-
richtiger und wahrer war die Zeit, als die unsrige.
Begreiflich werden diese Erscheinungen, wenn man einen
Blick auf die Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts wirft. Die
Einrichtungen des Mittelalters hatten sich uberlebt, waren aber
noch nicht ganz uberwunden. Noch dauern die Fehden, welche
die adeligen Burgherren gegen einander fiihrten, fort ; die machtig
gewordenen Stadte thun es den Fiirsten und Herren gleich; und
die unfreien Bauern erheben sich des Oefteren, von den letzten
Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts an. Dadurch wurden sie aber
eine Zeit lang eine Macht, mit der man rechnen musste; es
folgen dann die Greuel der Bauernkriege. Da konnte sich eine
gewisse Rohheit der Sitten leicht einschleichen.
Sittliche Schaden aber, die sich im Mittelalter entwickelt
hatten, wurden offen aufgedeckt, in Streitschriften und Satyren be-
handelt, und lenkten dadurch die Aufmerksamkeit breiter Schichten
auf sich.
In solchen Zeiten der G&hrung, in denen das niedere Volk,
das bis dahin noch gar keine Gelegenheit gehabt hatte, eine tiefere
Bildung zu erhalten, nun selbst in die Geschicke einzugreifen be-
ginnt, kann Derbheit der Sitten, oft bis zur Roheit gesteigert,
nicht gerade Wunder nehmen.
Hans Sebald Beham, der wie sein Bruder Barthel, sich in
anstossigen Bildern, mehr als andere, gefallen hat, zeigt das Volks-
leben besonders von der gemeinen Seite.
Das Treiben in den Badestuben giebt ihm willkommenen
Anlass Nacktheiten, durchaus nicht auf die anstSndigste Art zu
schildern, (AumQller 261, B. 167, Rosenberg Nr, 271) und ahn-
lich verfahrt er in der Darstellung einer Spinnstube (Aumilller
263, Pass. IV. 196). Auch in Miniaturen und bei Diirer finden
sich Bilder von Badestuben, die naturgemSss nicht gerade einen
sehr asthetischen Eindruck machen, aber es zeigt sich in denselben
doch nicht die Freude an der Unanstandigkeit, wie bei den
Behams.
Nach seinem Bruder Barthel hat H. S. Beham zwei Bade-
Scenen copiert. Eine nackte Frau nimmt ein Fussbad und be-
sieht sich dabei im Spiegel, (Barthel B. 36, H. S. B. 207), zwei
nackte Kinder umspielen die Frau.
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— 78 -
Auf dem anderen Blatte (Barthel B. 37. H, S. B. 208) sind
drei Frauen im Bade zu sehen. Hier zeigt sich die Neigung der
Behams zum Unpassenden ganz besonders.
Eine andere Darstellung eines Bades zeigt ein Blatt, das die
Zeichen von Aldegrever und Virgil Solis aufweist. (B. VIII. 454,
Nr. 9.) Alle Gebrauche beim Baden sind hier dargestellt; in einer
Ecke wird sogar ein Mann rasirt und Kinder spielen (iberall urn
die Waschbecken und Badebottiche herum.
Wie in der Litteratur ungetreue Ehegatten mit Vorliebe ver-
wendet wurden, um die Lachlust zu reizen, so lasst sich auch
Beham derlei nicht entgehen. Solche hOchst unfeine Darstellungen
sind z. B. ein Blatt (B. 163), auf welchem ein kiissendes Paar
unter einem Baume sitzt, von einem Manne, der iiber den Zaun
blickt, beobachtet. Dazu die Beischrift: „7ch wil auch mit".
Rechts davon ist noch eine Darstellung, die nur Freude am
Gemeinen zeigt. Ferner ein Blatt (B. 175), auf dem eine Frau
ihren ungetreuen Gatten mit einem Stocke prugeln will. Die Bei-
schrift enthalt die Worte, die sie ihm zuruft: „Fin ich dich do".
Priigeleien liefern auch den Stoff zu verschiedenen Kupfer-
stichen. Einmal sind sechs Bauern in heftigen Streit gerathen;
zwei liegen bereits am Boden, die anderen dringen mit Spiessen,
Keulen und Schwertern auf sie ein (B. 162). Dies Blatt mag
Beham zu einem Spriichworte erfunden haben, denn er schrieb
dazu: „Haust du mkh 1 so stick ich dich".
Bei einer anderen, fast ganz gleichen Darstellung bringt er
noch ein Weib an, das die Raufenden verzweifelt zu trennen be-
miiht ist. (B. 165 s Tafel 6.)
Auch dem Virgil Solis waren wilde Zechereien ein will-
kommener Vorwurf. Vier Betrunkene (B. 258) werden so recht
in ialler Vernunftlosigkeit des Rausches dargestellt, und ihnen zur
Seite ein Schwein, gleichsam als Sinnbild abgebildet.
Ebenfalls sehr derb giebt Franz Brun solche Scenen wieder.
Einmal (B. 75) sehen wir betrunkene Bauern am Boden liegen, zwei
andere schopfen Wein aus einem Bottiche, der eine trinkt gar
gleich aus seinem Stiefel; auch hier fehlt das Schwein nicht.
Ein ander Mai (B. 76) werden zwei betrunkene Bauern von
ihren Frauen iiberrascht, die gekommen sind, um ihnen mit dem
Stocke Strafe angedeihen zu lassen.
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— 79 -
Hans Sebald Beham zeichnete in sehr humoristischer Weise
die ganze Entwickelung des Rausches indem er auf einem Biatte
vier Scenen eines Zechgelages von Landsknechten darst elite,
und immer ein der Scene entsprechendes Thier dabei anbrachte.
So lange man michtern ist, ist man so sanft wie ein Lamm, wenn
sich die Gemiither vom Wein erhitzen, wird man z\xm Baren,
weiterhin kann man dem Schweine gleich werden und schliesslich
wird man so kindisch wie ein Affe. (s. Tafel 16.)
Vom Ende. des Jahrhunderts, aus dem Jahre 1588, stammt
noch eine recht interessante Kupferstichfolge von Jost Amman ;
Zweikampfe der Handwerker. (Andresen 119 — 129.)
Auf elf Blattern streiten je zwei Handwerkslehrlinge mit ihren
Werkzeugen gegen einander.
Der Malerjunge kampft mit dem Pinsel gegen den Gold-
schmiedlehrling, der sich mit der Feuerzange vertheidigt; der
Schneider benutzt ein Stuck Tuch als Schild und die Scheere als
Angriffswaffe , wahrend sein Gegner der Kiirschner mit einem
Pelze und Klopfstock in den Kampf zieht; neben den beiden sind
noch sehr bezeichnender Weise ein Ziegenbock und eine Katze
sichtbar ; der Tuncher vertheidigt sich mit einem grossen An-
streicherpinsel gegen einen Maler, der mit dem Malstocke auf ihn
eindringt; Schmied und Goldschmied gehen mit Feuerzange und
BlasebaJg aufeinander los; ein Baumeister schwingt Meissel und
Zirkel, der Bildhauer dagegen Meissel und Holzhammer. Sonst
kommen noch vor zwei Backer, zwei Stallknechte mit Heugabeln,
ein Barbier und ein Schmied, zwei Manner mit Dolchen und zwei
mit Gewehren, und zwei Schulknaben.
Am interessantesten sind aber die ftinf zuerst angefiihrten
Kampferpaare, denn sie sind in humoristischer Form ein Spiegel
von Zeitereignissen, welche damals gerade dem Rathe zu Nurn-
berg ziemlich viel zu schaffen machten.
„Freie Kunst" und „Handwerk" standen sich im 16. Jahr-
hundert eifersiichtig und oft feindlich gegemiber. Zur Ausubung
der „freien Kunst' brauchte man kein Meisterstiick, jeder konnte
sie ausiiben ; sie hatte auch keine feste Ordnung, h5chstens wurde
von Fall zu Fall vom Rathe ein fur den betreffenden Fall berech-
netes Gesetz erlassen.
Das Handwerk dagegen hatte eine Ordnung, es wurden eine
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- 8o -
bestimmte Lehrzeit, Gesellenzeit und Meisterstiick verlangt. An
der Spitze der Handwerkszunft standen die Vorgeher, welche
auch zum Rathe entsandt wurden. Das waren grosse Vortheile
gegeniiber der freien Kunst, in der auch jeder Stumper ungehindert
arbeiten durfte, und die keine politische Macht in der Stadt, wie die
Handwerke, war. Daher war es das Streben derer, welche freie Kiinste
ausiibten, sich zu Ziinften zu vereinigen, Handwerk zu werden.
In den meisten deutschen Stadten waren darum schon bald
die friiheren freien Kiinste Handwerke geworden.
In Augsburg waren die Maler schon im 15. Jahrhundert zu
einer Zunft vereinigt ; in Strassburg sehen wir aus einer Urkunde
in der auch Wachtlin genannt wird, dass 15 16 auch von den
Malern Meisterstiicke verlangt wurden, sie also schon langer eine
Zunft bildeten; 1 und so war es in den meisten Stadten, nur in
Niirnberg sah der patricische Rath immer scheel auf die Ziinfte
herab, da er das Eindringen der Zunftmeister in die Stadt-Re-
gierung befiirchtete. Daher suchte er, so lange als moglich, die
Bildung von neuen Ziinften zu verhindern, und die meisten Ge-
werbe als freie Kiinste zu erhalten.
Im Jahre 1511 (R. P. 151 1 XIII. 8.) wird vom Rathe den
Schreinern Ordnung und Meisterstiick abgelehnt, mit der Begriind-
ung, dass ihr Gewerbe eine freie Kunst sei.
So waren in Niirnberg sehr viele Gewerbe bis tief in das
16. Jahrhundert hinein freie Kiinste. 2
Natiirlich wachten jene Handwerke, welche eine Zunft-Ord-
nung hatten, um so eifersiichtiger auf strenge Wahrung derselben,
und so kam es zu haufigen Streiten, die vor dem Rathe aus-
getragen wurden, aber auch oft vorher zu Raufereien gefuhrt
haben.
Die Grenzen der bestehenden Handwerke wurden sehr enge
gezogen, wie, um ein Beispiel von sehr vielen zu bringen, aus
einer Verordnung des Jahres 1500 (R. P. 1500. Quinta post
1 Vergl. LUtzow: Geschichte des deutschen Kupferstichs. S. 166.
Anm. 3.
2 Sehr ausfuhrlich sind diese Verhaltnisse und der allmahlige
Uebergang der freien KUnste in Handwerke in verschiedenen Auf-
sStzen der «Bayerischen Gewerbe-Zeitung» 1890 und 1891 behandelt,
unter dem Titel: «Handwerk und freie Kunst* von Stadt-Archivar
Ernst Mummenhoff.
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— 81 —
letare) h^rvorgeht:. „Deni Lindenast ist abgeleynt das er meyster-
stuck auff dem goldschmid Handwerk mach. Dock wie sein vater
gearbeyt hat mag er auch arbeyten und kandeln." Und Sebastian
Lindenast stand nicht nur als Rothschmied den Goldschmieden
doch ziemlich nahe, sondern hat auch tiberdies seine uber das
gew6hnliche Handwerk hinausgehende Kunstfertigkeit an der be-
riihmten Uhr mit dem Kaiser und den neun Kurfursten an der
Frauenkirche zu Niirnberg bewahrt. Spater scheint ihm die Aufnahme
in die Goldschmiedezunft doch noch gewahrt vvorden zu sein.
An ahnliche, Sfter vorgekommene Falle erinnnert Ammans
Blatt mit dem kSmpfenden Schmied und Goldschmied.
Doch auch die freien Ktinste suchten sich tapfer gegen
fremde und ungelehrte Eindringlinge zu wahren und sie erreichten
es des Oefteren beim Rathe, dass doch einzelne Misssta*nden ab-
helfende Gesetze erlassen wurden.
1510 (R. P. 1510. VII. 3. Sexta p. Mathey) wird erlassen:
„Zwischen den malern und pildschnitzern ains vnd den ledigen
maler vnd schnitzer knechten anderstails soil man nochmal uff
ein bequem mittel arbeiten sie zu vertragen". Es war also
Zwischen den alten Meistern und den ledigen Knechten zu
Streitigkeiten gekoinmen.
Die Verheirathung war (iberhaupt bei der Errichtung einer
Werkstatte von grosser Wichtigkeit.
Die Maler hatten lange zu kampfen ehe sie eine Ordnung
erhielten. 1564 setzten sie im Mai zwar kein Gesetz durch, er-
hielten aber doch ein Zugestandniss betreffs der Einwanderung
fremder, lediger Maler. Im Oktober werden sie aber schon wieder
etwas beschrankt.
Ich setze die Urkunden, die fur diese Streitigkeiten recht in-
teressant sind, noch hierher.
(R. P. 1564, II 8. Montag 8. May.)
„Der Flack Maler supplication von wegen der frembden
Malergesellen sol man Bcdenken lass en"
(R. P. 1564, II 29. Mittwochs 24. May.)
„Den supplicierenden Flachmalern ir begem ablaynen, und
der Rugshern Ratschlag nach Jnen sagen, wann sie einen ledigen
malergesellen der nicht Burger hie zu Werd und Gostenhof wissen,
der eignen Rauch halte, dense lb en mit Rug fur zu nemen. li
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- 82 —
Dagegen wird im Herbste verordnet: (R. P. 1564. VII 17.
Erichtags 3. Oktobris).
»Den Flachmalern Ir supplicierend begem den ledigen maler-
gesellen abzuschaffen keinen Burger hie noch fur sich selbsten zu
ar belt en nochmals ableinen, und es bei jungstem bescheide pleiben
lassen. Jnen auch sagen meine Herren mit dergleicken supplied-
tionen weiter nit zu beschweren"
Erst 1596 setzten die Maler es durch, dass der Rath „Der
Flach- und Etztnaler Ordnung" erliess und Meisterstuck gewahrte. 1
Aus dem Mitgetheilten erhellt, wie lange gerade in Nurnberg
solche Kampfe und Streite dauerten, es kann daher nicht Wunder
nehmen, wenn ein Nurnberger Kiinstler noch 1588 dies zu hu-
moristischen Darstellungen benutzte ; und die Auswahl der Hand-
werker bei Amman: Maler, Tuncher; Bildhauer, Baumeister;
Schmied und Goldschmied ; Schneider und Kiirschner, ist gerade
sehr bezeichnend. In den anderen Blattern, wie die Stallknechte
und Backer u. s. w., hat der Kiinstler wohl bios an gewohnliche
Balgereien, wie sie taglich vorkamen gedacht.
In einem Buche, das 1568 zu Frankfurt gedruckt wurde,
bringt Amman nur einfach, ohne Humor die verschiedenen Kiinst-
ler und Handwerker zur Anschauung. Culturgeschichtlich sind
diese Blatter aber recht interessant, da sie sowohl die einzelnen
Werkzeuge, als ihre Verwendung zu jenen Zeiten genau zeigen. 2
DieThierbilder.
Schon fruher, aufSeite 33, erwahnte ich das Eindringen der
Thierdarstellung in die bildende Kunst, als von der alten Volks-
literatur beeinflusst. Mag auch dieser Literatur eine satyrische
Tendenz von Anfang an nicht innegewohnt haben, so ist es doch
klar, dass sich diese nach und nach auch in Literatur und Kunst
eingeschlichen hat. Denn es lag doch sehr nahe die charakteris-
tischen Eigenschaften der Thiere in der Erzahlung auszubeuten,
1 In der schon in der Einleitung erwahnten Handwerksordnung.
Fol. 47off. Eine Abschrift davon, von 1626, mit einigen neuen Gesetzen
befindet sich im Stadt-Archive zu NUrnberg.
2 Die Wiener Hof-Bibliothek besitzt ein vollstandiees Exemplar
(II. 146) 5 F
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— 83 —
\irri damit bestimmte Menschenklassen mit ahnlichen Eigenschaften
zu kennzeichnen.
Schon der „Reineke Fucks" ist nicht mehr ganz frei von saty-
rischen Anspielungen ; und in der Malerei wird gerade der Fuchs
mit Vorliebe verwendet, urn als Sinnbild von verschlagenen und
rankesiichtigen Menschen zu dienen.
Ein schon in den Miniaturen ofters vorkommender, der
Thierfabel entnommener Vorwurf, ist der Fuchs, der anderen
Thieren auf einem Musik-Instrument vorspielt, oder ihnen eine
Predigt halt.
Wir finden diese Darstellung in dem Glockenton-Missale
(Fol. 174) 1 wo zwei Fuchse im Walde Hiihnern und Gansen
eine Messe lesen. Im ersten Bande eines Choral-Buches in St.
Lorenz zu Niirnberg sind auf Fol. 186 ein Fuchs und ein Wolf
zu sehen, welche Gansen singen lehren. 2
Es wurden zwar oft auch andere Thiere, besonders Baren,
auf dem Dudelsack oder der Flote spielend dargestellt, aber dann
ist wohl zumeist eine komische und nicht wie bei dem Fuchse
eine satyrische Absicht darunter zu vermuthen. (vergl. Tafel 5.)
Aus der Sage von Reineke und sonstigen ihr verwandten
Fabeln werden auch noch andere Zuge gerne benutzt.
Auf Fol. 276 des Glockenton Missale fuhrt der Fuchs Ganse
in einem Boote iiber einen Fluss. Dieses Mai aber gelingen ihm
seine Ranke nicht; wir sehen auch, wie er von den Gansen zu
einem Baume gefiihrt und dann von ihnen erhangt wird.
In einem anderen von Hans Imhof 1522 geschriebenen, von
A. Glockenton gemalten Erbauungsbuche 3 werden ein Fuchs und
ein Kater von Aflfen an einem Baume erhangt. (Fol. 77.)
Diese Darstellungen aus den Miniaturen wiederholen sich auch
1 la der Stadt-Bibliothek zu NUrnberg.
2 Der erste Band dieses Ghoralbuches wurde ibo'j gemalt, der
zweite i5io. Schon Lochner schreibt das Buch dem Jakob Eisner zu.
Der zweite Band ist, wiewohl im ganzen Buche kein Kunstler genannt
wird, wohl sicher von Eisner gemalt; da er in Zeichnung und Com-
position vollig mit dem Missale in dem Besitze des Freiherrn von Kress,
das nach der Inschrift Fol. Q9 im Jahre i5i3 von Eisner gemalt wurde,
Ubereinstimmt. Der erste Band zeigt eine sehr verwandte aber etwas
ungeschicktere Hand.
3 NUrnberg. Stadt-Bibliothek. M. S. Centurie V. 76.
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- 84 -
im Kupferstiche und Holzschnitte im ganzen 16. Jahrhunderte
und vverden besonders gerne zu Seiteneinfassungen, Titelblattern
und dergleichen verwendet. Beispiele ahnlicher Art liessen sich
noch viele anftihren.
Dem Balthasar Jenichen mussen Wftlfe zu einer satyrischen
Darstellung dienen. Er zeigt zwei aufrecht schreitende W6lfe
(Pass. IV. No. 8l). Gemeinsam tragen sie eine Stange, an der
ein Haschen hangt. Der vordere ist mit einem Sabel be-
waffnet und halt eine Gans und eine Stange, an der neben einer
Wurst eine gebratene Gans hangt; der andere hat am Rucken
einen Korb mit Gansen.
Ueber dem Bilde steht:
„ Wir Wolf gehen da unverholn
haben gar geraubt und gestoln."
Eine Mahnung an die Schwachen, den Machtigen keine
Vorschriften zu machen, enthalt ein Holzschnitt ? ,die Hasen den
L6wen predigend." Zum Danke fur ihr kuhnes Unterfangen
werden die Hasen von den LSwen gefressen. (s. Tafel 17.)
Wie andere Thiere, z. B. das Schwein sinnbildlich in Bildern
aus dem Volsleben mit verwendet wurden, haben wir schon
fruher gesehen.
III. Die komischen Bilder.
Schon viele von den satyrischen Bildern sollten einen lacher-
lichen Eindruck hervorrufen, da es ja doch Zweck der Satyre ist,
sich uber den Gegner lustig zu machen. Daher konnte manches
von den in den fruher behandelten Abschnitten erwahnten Bildern
hier wieder angefubrt werden. Aber in diesen Werken ist doch
immer ein anderer Zweck verfolgt, wahrend in dem komischen
Bilde die lacherliche Wirkung fur sich Selbstzweck sein soil.
Naturgemass ist nun dieses Gebiet ein viel kleineres und be-
schrankteres als die beiden vorher behandelten, da der Kunstler
doch nur selten ein Werk nur darum schafft, um seiner tollen
Laune die Zugel schiessen zu lassen.
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— 85 -
Den meisten Raum fur solche Scherze boten das Thierbild
und das Ornament.
Leicht wird eine komische Wirkung erzielt, indem Wirkung
und Ursache, oder Subject und Object vertauscht werden, so dass
dadurch gleichsam eine verkehrte Welt der Einbildung vorgefuhrt
wird. Dies ist nun im Thierbilde leicht mOglich, wenn die Thiere
an Stelle der Menschen und diese an Stelle der Thiere gesetzt
werden.
Daher war in Literatur und Kunst, um ein Beispiel zu
nennen, ein sehr beliebter Vorwurf, wie die Hasen den Jager
und seine Hunde verfolgen und braten. Hans Sachs dichtete den
„Schzuank, die hasen fangen und braten den jeger".
Wir finden diese Scene in dem, oben schon erwahnten
Missale, das von Albrecht und Jorg Glockenton ausgemalt wurde.
(Fol. 76). Zwei Hasen braten einen Jager am Spiesse, ein an-
derer Hase erhangt einen JSger an einem Baume, und wieder
einer sitzt oben am Baume, ist mit einem Spiesse bewaffnet und
blasst ein Jagdhorn.
In dem Verzeichnisse der Bilder, welche Lucas Cranach in
Verwahrung hatte und spater auf Wunsch des Kurfursten nach
Antwerpen schickte, kommt auch vor: „Eine Tuck, da die hasen
die Jeger fahen und braten"}
Ob dieses Bild von Cranach oder einem anderen Meister
gemalt war, weiss ich nicht, denn in diesem Verzeichnisse kommt
auch die Marter der Zehntausend von Diirer vor. (Jetzt in Wien.)
Virgil Solis lasst die Hunde von den Hasen in Topfen ge-
kocht werden, wahrend ein Jager am Spiesse uber dem Feuer
brat. (B. 271.) Dazu gehoren vier Zeilen Verse:
„Unns Hasen ist ein schanntz gerathen
Das wir jetzt Hund und Jeger braten.
Die unns finngen, schunden und asen
Die zal wir jetzt auch solcher masen."
Hieher gehort auch ein Jagdstiick von demselben Kunstler,
mit der Beischrift „Alle ding verkehrt sich (( . Jager und Hunde
werden von zwei Hirschen verfolgt. Zwei Jager sind bei der
wilden Flucht gesturzt.
1 Schuchardt a. a. O. I. ig3.
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— 86 —
Unter den Werken Holbeins finden wir zwei Baren, die mit
Hellebarden einen Zweikampf ausfuhren, wahrend ein dritter als
Schiedsrichter zusieht; oder auch drei Baren, die wie Kinder mit
Reifen spielen. Zwei fuhren ihre Reifen vor sich her, der dritte
schlagt mit dem Reif einen Purzelbaum.
Hier muss ich auch noch einmal auf das S. 35 erwahnte
Kartenspiel von Virgil Solis hinweisen, wo statt der eigentlichen
Kartenfiguren Thiere in den ubermuthigsten Spielen und Stellungen
gezeigt werden.
Im Ornamente war, wie wir bereits in der Einleitung sahen,
der Humor schon in sehr alten Zeiten vertreten. Gar manches,
was im 16. Jahrhundert als selbstandiges Darstellungs-Gebiet auf-
tritt, findet sich hier. bereits Jahrhunderte fruher angebahnt.
Air dies blieb natiirlich auch im Ornamente des 16. Jahr-
hunderts bestehen und neue Zuge kommen dazu.
Nur die Form des Blatt-Ornamentes machte die Styl-Wand-
lung von der Gothik zur Renaissance mit ; aber gemeinsam blieb
die Anbringung humoristischer, figuraler Elemente in den frei-
bleibenden Feldern oder Windungen des Rankenwerkes. Die
Seiteneinfassungen der Miniatur-Handschriften bleiben noch, wenig-
stens in der ersten Halfte des 16. Jahrhunderts, bestehen. Wir
finden hier ironisirende Darstellungen und solche aus dem tag-
lichen Leben; Thierstucke und Kinderbilder. Und dass solche
Scenen an diesen Orten, wo sie doch keinem anderen Zwecke,
als dem augenblicklichen Vergniigen zu dienen hatten, angebracht
wurden, spricht wohl genugend fur den humoristisch-komischen
Sinn ihrer Urheber.
Einige Beispiele, die wohl geniigen, um die Richtung im
Grossen zu kennzeichnen, wurden schon an verschiedenen Stellen
erwahnt.
Neben den gemalten Bucherverzierungen finden wir jetzt
auch, vielleicht durch den Kupferstich mit beeinflusst, die Feder-
zeichnung zu Randleisten verwendet. Ihrem Inhalte nach ist sie
aber den gemalten Seiteneinfassungen ganz ahnlich.
Doch nicht nur gemalt oder gezeichnet wurden jetzt solche
Werke zur Ausschmuckung der Bucher ; auch die gedruckten
Werke sollten ihre kunstlerische und ornamentale Ausschmuckung
erhalten.
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- 87 -
Viele hervorragende Kunstler, unter diesen gan'z besonders
Hans Holbein, zeichneten fur den Holzschnitt Titelblatter und
Randleisten, welche von den Buchdruckern in vielen Buchern be-
niitzt wurden.
Wurden friiher sehr oft die Anfangsbuchstaben verziert, so
geschah dies nun ebenfalls im Drucke ; ausserdem liessen sich die
Buchdrucker besondere Zeichen, sogenannte Signete, von Kunstlern
anfertigen, damit man daran schon den Druckort der Werke er-
kennen konnte, und das Kunsthandwerk, besonders die Vorlagen
fur Goldschmiede liessen auch viele neue Formen im Ornament-
Stiche entstehen.
Natiirlich konnen wir in dieser Art des kunstlerischen Sohaffens
nicht neue Stoffe der Darstellung erwarten.
Alle erwahnten Gebiete kehren hier wieder. Ein Unterschied
besteht nur in der Art und Weise, wfe sie im Ornamente ange-
bracht werden.
Oefters findet man im Rankenwerk kletternd, einzelne Figuren
von Menschen, Thieren und phantastischen Gestalten angebracht.
Haufig erscheint eine humoristische Scene irgend eines Gebietes
zwischen Ornament-Streifen auf besonderen Streifen dargestellt;
einzelne Beispiele habe ich an den betreffenden Stellen schon er-
wahnt. In den Titelblattern wird das Ornament oft fast ganz ver-
drangt, indem hier der ganze Rand in vier Streifen dazu benutzt
wurde, um einzelne Scenen in einfacher Linien-Umrahmung an-
zubringen. 1
Einen besonderen Platz nehmen die Initialen mit figuralen
Darstellungen ein.
Der Gedanke die oft grossen Raumen in den Anfangsbuch-
staben mit biblischen Scenen, Thierbildern, Landschaften u. a.
auszufullen, ist nicht neu, sondern findet sich auch schon in der
Miniatur-Malerei.
Hollbeins Todten- Alphabet wurde schon besprochen; ausser
diesem finden sich aber von demselben Kunstler noch einige
1 Eine chronologisch und nach Druckorten geordnete Uebersicht
Uber diese verschiedenen Formen bringt das Tafelwerk von Butsch :
• Die Bucher-Ornamentik».
Vergl. auch Muther: Blicher-Iilustrationen.
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— 88 —
Alphabete mit spielenden Kindern, oder mit Bauerntanzen. Auch
einige griechische Buchstaben wurden von Holbein in dieser Art
verziert. In dem einen Kinder-Alphabete werden die Beschaftig-
ungen verschiedener Berufe, des Schmiedes, Fischers, Gerbers u.
a. von Kindern parodirt ; auch ein Knabe, der eine Kanone ladet,
kommt darin schon vor. All dies sind ebenfalls wieder komische
Ziige. Bei Johann von Calcar 1 finden wir sogar in einem Al-
phabete Kinder, welche an Thieren anatomische Studien ausiiben.
Jost Amman fertigte drei Alphabete, eines mit biblischen, eines
mit mythologischen Bildern und eines mit Satyr-Tanzen.
Von Peter Flotner ist gar ein Alphabet erhalten, in dem die
Balken der Buchstaben von menschlichen Korpern in alien mog-
lichen Verrenkungen gebildet werden, (B. 3), und dasselbe Al-
phabet zeichnete Jost Amman noch einmal, setzte aber alle
Buchstaben in Kartuschen. (Andresen 141).
In den Vorlagen fur das Kunstgewerbe, also fur Pokale,
kupferne Gerathe, Harnischtheile und Dolchscheiden, sind zumeist
nur einzelne Figuren, von Thieren oder Menschen in Ranken*
Ornamenten angebracht; oft auch mit einem humoristischen
Zuge, wenn z. B. Thiere in einzelnen menschlichen Beschaftigungen
verwendet werden. Eine komische Wirkung bezweckte auch
Stephan Hamer bei seinen S. 51 erwahnten absichtlichen Ver-
zeichnungen.
Schlussbemerkung.
Wir sahen also im 16. Jahrhundert eine grosse Fiille neuer
kiinstlerischer Anregungen entstehen.
Alle Gebiete, deren sich die Malerei bemachtigen kann, sind
damals bereits, wenigstens im Kupferstich und Holzschnitte, anzu-
treffen.
Bezeichnend ist der Umstand, dass alle dargestellten Gegen-
stande humoristischen Inhaltes in der Volks-Literatur entweder
1 Butsch a. a. O. II No. 82 u. 83.
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- 89 -
schon fruher auftauchen, und dann in die bildende Kunst uber-
gehen, oder zumindest gleichzeitig darin erscheinen.
Der Vorstellungskreis der Volkskunst war also fur die
Literatur und fur die zeichnenden Kunste derselbe. Leider blieb
dies aber nicht so.
Die Maler suchten schon zu Ende des 16. Jahrhunderts ihre
Vorbilder in Italien, und gingen in fremder Manier unerfreuliche
Bahnen; und das 17. Jahrhundert mit seinem dreissigjahrigen
Kriege liess iiberhaupt durch lange Zeit in Deutschland keine
eigentliche, grosse Kunstubung aufkommen. Als dann ruhigere
Zeiten wiederkehrten, waren mit der Barock- Kunst andere Auf-
gaben fur die Kunstler entstanden; die Malerei wurde zu einem
grossen Theile Dienerin der Architektur.
Die Literatur aber wandte sich fur lange Zeit der trocken
lehrhaften Richtung zu, oder artete in Nachahmung des Fremden
und in oft sinnlose Wortspielereien aus.
Die erste Halfte des 16. Jahrhunderts hat uns aber doch
eine reiche Ftille herrlicher Denkmaler hinterlassen, und von ihr
gilt das Wort eines Schriftstellers, der zu den damaligen Zeiten
lebte, namlich Sebastian Franks, das aber leider in spateren, un-
giinstigeren Zeiten ofters wieder vergessen wurde:
„ Wo die Teutschen ihr en eigenen Reichtum wiissten und sich
selbst verstiinden, was sie im Wappenfiihreten: sie wurden keinem
Volke weichen."
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Kunstlerverzeichniss.
M" 65.
Aldegrever, Heinrich. 25, 40,
41 f., 49, 54, 65, 78.
Altdorfer, Albrecht. 22, 34, 37,
*9> 74-
Altdorfer, Erhard. 27, 36.
Amman, Jost. 28 f., 33, 35, 41,
53, 58, 68 f., 76, 79 ff., 88.
Arnolt, Hans. 1 1.
fctflr 14, 74-
Baldung, Hans, siehe Grun.
Beham, Barthel. 26, 41 f., 57,
77 f.
Beham, Hans Sebald. 26, 27 f.,
29, 3i, 40, 41 f., 49, 56, 58,
67, 68, 70 f., 73 f., 77 f., 79.
Bink, Jacob. 27, 32, 39, 52.
Brosamer, Hans. 38, 5o.
(Brower. 70).
Brun, Franz. 35, 5o, 75, 78.
Burgkmair, Hans. 66, 6y.
Calcar, Johann von. 88.
Cranach, Lucas d. a. 56.
Cranach, Lucas d.j. 21, 23, 27,
32, 35, 3 7 , 38, 5i, 52, 55,85.
Deutsch siehe Manuel.
Diirer, Albrecht. 11, 19, 22, 23,
3 1, 34, 37, 38, 39, 40, 57,
66, 6y, 68, 74, jj, 85.
Eisner, Jacob. 83 Anmerkung.
Flotner, Peter. 32, 52, 67, 88.
29.
Glockenton, Albrecht. 10, 75,
83, 85.
Glockenton, J6rg. 10, 75, 85.
Graf, Urs. 3o f., 33, 37, 40, 45,
5o, 58, 68.
Grien siehe Grim.
Grun, Hans Baldung. 20, 21,
28, 3i, 34, 35, 39, 40, 5o,
5i, 57, 66.
Guldenmundt, Hans. 56 f.
Hamer, Stephan. 10, 5i, 88.
4H 32.
Hirschvogel, Augustin. 40.
HL (Nagler III. 1200) 25.
HL (Nagler III. 1224) 41, 42.
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92 -
Holbein, Ambrosius. 49 f., 66.
Holbein, Hans d. a. 22.
Holbein, Hans d. j. 22, 27,
3i, 35, 39, 4if., 45 ff., 52,
55,58,6o, 6 iff., 75, 86, 87 f.
(Hollar, Wenzel. 55.)
Hopfer, Daniel. 22, 23, 28, 3i,
40, 52, 57, 68 y 74 f.
Hopfer, Hieronymus. 39.
J. B. 27, 39.
Jenichen, Balthasar. 84.
I Meldemann, Niklas. 11, 72.
Melman, = Meldemann.
/TV 25, 29. 5o, 52, 75.
^^
53.
Kempf, Pancratius. 54.
(Lindenast, Sebastian. 81.)
Liitzelburger, Hans. 68.
Liebesgarten siehe Meister.
(Mantegna. 37, 39, 40.)
Manuel, Niklaus (Deutsch). 3o
u. 3i, 57, 60 f., 62, 66, 67.
Manuel, Hans Rudolf. 3i.
Meckenen, Israel van. i3, 14,
23, 5i.
Meister der Liebesgarten. 12.
Meister Wilhelm von K6ln. 20.
/n3
i3, 5o.
(Ostade. 70.)
Penz, Georg. 5o.
Pilgrimm siehe Wechtlin.
Schaufelein, Hans. 24, 26, 56
f., 68.
Schongauer. i3, 23, 5o.
Solis, Niklas. 33.
Solis. Virgil. 25, 28, 29, 32,
35 f., 5o, 57, 76, 78, 85, 86.
Springinklee. 22.
Stengel, Hans. 1 1.
(Teniers. 70.)
(Venetiano, Augustin. 39.)
W. Hans (Weigel). 52.
Wechtlin (Wachtlin) Hans,
genannt Pilgrimm. 23, 80.
Wilhelm siehe Meister.
Berichtigung : S. 41 Z. 20 v. o. lies (B. 6) stmt (B. 5.)
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Tafel I.
DURER HEILIGE FAMILIE. HOLZSCHNITT. (S. 20.)-
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Tafel II.
LUCAS CRANACH. RUHE AUF DER FLUCHT. H0LZSCHN1TT. (S. 2 1.)
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Tafel III.
ALDEGREVER. HOCHZEITSTANZE. KUPFERSTICHE. (S. 2 5.)
VIRGIL SOLIS. GAUCKLER. (S. 29.)
H. S. BEHAM. MARKTLEUTE. KUPFERSTICHE. (S. 26.)
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Tafel IV.
Eton forsnobfetribuft rp6IiafncIyta.ibauro^
Parte dfcatatibi, parte dteatamihC
Aleanosdoceat, cuf cedant omnia, qufdft
Perdiderorvenuiinttitbonajficpereunr.
SScfd&emfcat/ fo nrtr fdn gfcfaj
©din mit tinatttet tfyilm/ twav
9K«r M0 mrfrttropnung gang »n& gar/
933ir fpreftcit mff jtfttw qgfrfcfWn torfn/
2Crr <* fott (jabeti gar -attrfn.
2B<mtfdj* »rrfpfcf/ wm !e?t taranf
JOST AMMAN. AUS DEM SPIELKARTENBUCH. (S. 33.)
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Tafel V.
MEISTER HL. PUTTEN MIT DER ERBSENSCHOTE. KUPFERSTICH. (S. 42.)
MONOGRAMM1ST CG. KUPFERSTICH. (S. 36 U. 83.)
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Tafel VI.
H. S. BEHAM. BAUERNGELAGE. KUPFERSTTCH. (S. 29.)
H. S. BEHAM. DIE MONATE. KUPFERSTICH (S. 73.)
H. S. BEHAM. BAUERNSCHLAGEREf. KUPFERSTICH. (S. 78.)
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Tafel VII.
VtmitmVenermprzceptgtmsomne&ti-
Natune dutfum qusecp fecuta fuse, (rum.
Sic quocp,c3 vfcijs fubmergit adulter* lumbo^
Ex quovfc quafuisflumine potat aquas*
19
JOST AMMAN. AUS DEM SPIELKARTENBUCH. (S. 53.)
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Tafel VIII.
JOST AMMAN. AUS DEM KUNSTBUCHLEIN. (S. 53.)
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Tafel IX.
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Tafel X.
Defeflam ftudjjs recr«o dum carmine mentetn,
SperntanraftolidoMuGca noftraviro,
Mufarum quitquis blandas contempferit ana/
Turpis ut cft,fic 6C nil rationis haber.
3Bd( fcfc iwfo gr r$/ wridj* o&rn jtO
SOonartcft mat I <rgf$m mitt.
fDftfm(fm@cfan<i/'tt><rt>fd}/ ga&acfte
Su rad ©on elm barren txrladjf.
2D<* txwrfpoft Drr SD?ufic gfang/
25«r WrtN rtnftan frtn I«twlan3»
© 9
JOST AMMAN. AUS DEM SP1ELKARTENBUCH, (S. 53.)
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Tafel XI.
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Tafel XII.
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Tafel XIII.
JOST AMMAN. AUS DEM KUNSTBUCHLEIN. (S. 58.)
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Tafel XIV.
H. S. BEHAM. KUPFERSTIGH. (5. 68.)
ALDEGREVER. AUS DEM TODTENTANZ. (S. 65.)
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Tafel XV.
H. S. BEHAM. H0CHZE1T ZU MOGELNUORF. (BRUCHSTUCK. ) HOLZSCHNITT. (S. 7 I .) j j 3
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Tafel XVI.
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Tafel XVII.
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C/)
H
Z
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C/J
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X
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Von den Studien zur Deutsohen Kunstgesohiohte
sind bis jetzt erschienen :
1. HEFT:
Verzeichniss der Gemalde des Hans Baldung gen. Grien
zusammengestellt von Dr. phil. Gabriel von Terey.
Jh 2. 5o
2. HEFT:
Die Sculpturen des Strassburger Miinsters. Erster Theil:
Die alteren Sculpturen bis i58g von Dr. Ernst Meyer-
Alton a. Mit 35 Abbildungen. M 3. —
3. HEFT:
Einleitende Erorterungen zu einer Geschichte der Deut-
schen Handschriftenillustration im spateren Mittelalter von
Dr. Rudolf Kautzsch. M 2. 5o
4. HEFT:
Der Uebergangsstil im Elsass. Ein Beitragzur Baugeschichte
des Mittelalters von Ernst Polaczek. Mit 6 Lichtdruck-
tafeln. M 3. —
5. HEFT :
Die bildenden Kttnste am Hof Herzog Albrechts V. von
Bayern von Max Gg. Zimmermann. Mit 9 Autotypieen.
Jib 5. —
6. HEFT:
Der Meister der Bergmannschen Officin und Albrecht
Durers Beziehungen zur Basler Buchillustration. Ein Beitrag
zur Geschichte des deutschen Holzschnittes von Dr. Werner
Weisbach. Mit 14 Zinkatzungen und einem Lichtdruck.
M 5. —
7. HEFT:
Die Holzschnitte der Kolner Bibel von 1479 von Dr.
Rudolf Kautzsch. Mit 2 Lichtdrucktafeln. M 4. —
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Von den Studien zur Deutsohen Kunstgeschichte
sind bis jetzt erschienen :
8. HEFT:
Die Basler Buchillustration des XV. Jahrhunderts von
Dr. Werner Weisbach. Mit 23 Zinkatzungen. Jh 6. —
9. HEFT:
Eine Thiiringisch-Sachsische Malerschule des i3. Jahr-
hunderts von Arthur Haseloff. Mit zahlreichen Abbil-
dungen in Lichtdruck. J i5. —
10. HEFT:
Die Bamberger Domsculpturen. Ein Beitrag zur Geschichte
der deutschen Plastik des XIII. Jahrhunderts von Artur
Weese. Mit 33 Autotypieen. i 6. —
11. HEFT:
Ueber den Humor bei den deutschen Kupferstechern und
Holzschnittkunstlern des XVI. Jahrhunderts von Dr. Rein-
hold Freiherr von Lichtenberg. Jb 3. 5o
12. HEFT:
Studien zur Elfenbein plastik der Barockzeit von Dr.
Chr. Scherer. Mit 16 Abbildungen im Text und io
Tafeln. 1 8. —
Vnter der Presse:
13. HEFT:
Tobias Stimmers Anteil an der Astronomischen Mtinster-
uhr zu Strassburg. Ein Beitrag zur Elsassischen Kunst-
geschichte von A. Stollberg. Mit 4 Autotypieen. J 2. -
Die Studien \ur Deutschen Kunstgeschichte erscheinen in
ypanglosen He/ten.
Strassburg, Universitats-Buchdruckerei von J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mundel).
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