I LLINOIS
HbE fhampaign
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Zeitschrift
fur
Immunitatsforschung
und experimentelle Therapie
I. Teil: Originate
unter Mitwirkung von
M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, E. F. Bashford,
London. 8 . Belfanti, Mailand, A. Breinl, Liverpool, A. Dieudonn6, Miinchen.
R. Doerr, Basel, M. Dorset, Washington, E. v. Dnngern, Hamburg, 31. Ficker,
Berlin, S. Flexuer, New York, U. Friedemann, Berlin. P. Frosch, Berlin,
M. v. Gruber, Miinchen, L. Hacndel, Berlin - Dahlem, M. Hahn, Freiburg
i. B., A. Heilter, Berlin, L. Ilektoen, Chicago, M. Jacoby, Berlin, C. 0. Jensen,
Kopenhagen, K. KiBkalt, Kiel, S. Kitasato, Tokio, W. Kolie, Frankfurt a. M.,
3V. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. Levaditi, Paris, L. v. Liebermann,
Budapest, Th. Madsen, Kopenhagen, C. J. Martin, London, L. Michaelis,
Berlin, Jlieliner, Hannover, C. Moreschi, Sassari, J. Slorgcnrotli , Berlin,
R. Muir, Glasgow, M. Neisser, Frankfurt a. M., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall.
Cambridge, R. von Ostertag, Berlin, R. Otto, Berlin, R. Paltauf, Wien, A. Pettersson,
Stockholm, R. Pfeiffer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Salomonsen, Kopenhagen,
A. Schattenfroli, Wien, Cl. Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Th. Smith,
Boston, G. Sobernheim, Bern, Y. C. Vaughan, Ann Arbor, A. v. Wassermann.
Berlin, W. Weicliardt, Erlangen, E. Weil, Prag, A. Wladimiroff, St. Petersburg.
A. E. Wright, London, D. Zabolotny, St. Petersburg
herausgegeben von
E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH
(Greifswald.) (Buenos Aires.) (Heidelberg.) (Berlin-Dahlem.)
EinunddreiBigster Band
Mit 13 Abbildungen, 81 Kurven im Text und 3 Tafeln
Jena
Verlag von Gustav Fischer -v.
1921
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Inhaltsverzeichnis.
Scite
Baeeher, St., siehe Kraus, R.
Baumgiirtel, Tr., siehe SchUrmann, W.
Beltrami siehe Kraus, R.
Brack, Wilhelm, Ueber die gegenseitige Beeinflussung von Antigenen
bei der Anaphylaxie. Mit 23 Kurven im Text.407
Brelnl, Friedrich, Ueber Paragglutination. 1
Chang chia pin und Chen yli lisiang, Lassen sich im Blute von
Personen, welche echte Pocken iiberstanden haben, komplement-
bindende Antikorper hachweisen (bei Verwendung von Pocken-
lymphe als Antigen?). 18
Chen yli hsiang siehe Chang chia pin.
Doerr, R., Schnabel, A., und VEditing, K., Das Verhalten der
Korpertemperatur beim Fleckfieber des Menschen und der experi-
mentell innzierbaren Laboratoriumstiere. Mit 46 Kurven im Text 249
Bold, Hermann, Der „trockene Tropfen“ als seroskopische (kolloido-
skopische) Methode. Mit 6 Abbildungen im Text.161
Felix, A., siehe Well, E.
Friedberger, E., und Konitzer, P., Die Filtrationsfahigkeit des Ana-
phylatoxins durch keimdichte Filter (Berkefeldkerzen und Mem-
branfilter de Haen). (Ueber Anaphylaxie. LX1I. Mitteilung.) . 293
Friedberger, E., und Putter, E., Bemerkungen zu voratehender Notiz
von W. Heubner.456
Friedberger, E., und Schroder. Paul, Gehirnveranderungen beim
Meerschweinchen nach Infection mit dem Bacillus Weil-Felix
(B. typhi exanthematici). Mit 3 Tafeln.386
Gaehtgens, W., Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion nach
Sachs-Georgi zum Nachweis von Pferdefleiseh.512
Giese, Cl., Experimentelle Untersuchungen iiber die Einwirkung von
Organen, Organextrakten, Exsudaten und Sekreten auf Tuberkel-
bacillen im Keagenzglase und entsprechende Heil- und Immuni-
sierungsversuche gegen die Tuberkulose der Haustiere.533
Graetz, Fr., Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherz-
extrakte bei der Serodiagnostik der menschlichen Syphilis. I. Der
Einflufi des Cholesterinzusatzes auf den Ausfall der Wasser-
mannschen Reaktion.431
Heubner, W., Notiz zu Friedberger und Putter, Ueber die Wirkung
von feindispersen Substanzen auf Blutkorperchen usw.455
Kaneko, Renjiro, und Morihana, Seyi, Untersuchungen iiber die
Identitat der Spirochaeta icterohaemorrhagiae (Inado und Ido)
und der Spirochaeta icterogenes (Uhlenhuth und Fromme) und
iiber das Verhalten der Spirochaeta hebdomadis, des Erregers des
Siebentagefiebers („Nanukayami“), gegeniiber der Spirochaeta
icterogenes.201
A O i p,
. .i /
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IV
Inhaltsverzeichnis.
Scite
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Kapsenberg, G., Untersuchuugen iiber die Bedeutung der Globuline
bei der VVassermannschen 1 teaktion, zugleich Beitrag zur Technik
der Dialyse und zur Ausfiihrung der Wasscrmannschen Reaktion.
Mit 5 Abbildungen und 12 Kurven im Text.
Konitzer, P., siehe Friedberger, E.
Kraus, R., und Baeclier, St., Weitere Untersuchuugen iiber die Wirk-
samkeit des Diphtherieserums im Heilversuche.
Kraus, R., und Beltruini, Ueber die experimentelle Priifung der Wirk-
samkeit des normalen Rinderserums gegeniiber der Milzbrand
infektion. Zugleich eiu Beitrag zur Wertbestimmung des Mdz-
b rand scrums.
Kraus, R., und Sordelli, A., Experimentelles zur Frage der Hcil-
wirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtheric ....
Lunger, llans, Noehmals: Die Steigerung der Antikorper (Aggluti-
nine) durch Aderliisse.
Locwcntlial, Waldemur, Berichtigung zu meinen ,,Erklarungsversuchen
fiir die Ruhragglutination durch Schwangcrenserum 1- .
Manniuger, R., Ueber die autikomplementare Wirkung der Einhufcr-
seren. Beitrag zum Mcchanismus der autikomplementiiren Serum-
wirkungen. * .
Messerschmidt, Tli., Die Bekiimpfung der Miiuseplagc im Elsafi mit
Miiusetyphusbacillen.
Meyer, Fritz M., Ein Beitrag zur Frage des Wesens dcr Wasser-
mannschen Reaktion.
Morihanu, Seiji, siehe Ivaneko, Renjiro.
Much, Hans, und Schmidt, Hans (dargestellt von II. Schmidt),
Fettstudieu. Mit 2 Abbildungen im Text.
Olsen, Otto, Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderliisse . .
Putier, E., siehe Friedberger, E.
Rosenthal, Werner, Phagozytose durch Endothelzellen .
Schmidt, Hans, Ueber die Mogliehkeit, die Komplementwirkung
durch Siiure oder Alkali wiederherzustcllen.
Schmidt, Hans, siehe Mucli, Hans.
Schnabel, A., siehe Doerr, R.
Schroder, Paul, siehe Friedberger, E.
Sehiirmnnn, W., und Baumglirtcl, Tr., Ueber das Verhalten der
roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetalisalzen.
Sordelli, A., siehe Kraus, R.
Vochting, K., siehe Doerr, R.
Weil, E., Komplementbindungsversuche.
Weil, E., und Felix, A., Ueber die Beziehungen der Fleckfieber-
agglutination zum Fleckfiebererreger.
Zweifel, Erwin, Versuche zur Kliirung der fotalen Und placentaren
Theorie der Eklampsie.
301
85
93
107
290
454
222
137
278
169
284
372
125
151
50
457
22
Heft 1
„ 2
» 3
» 4/5
(8-
1—92) ausgegeben
am
31. Januar 1921.
(S.
93—200)
u
22. Februar 1921.
(S.
201-292)
n
8. Miirz 1921.
(S.
293-456)
V
ii
13. Mai 1921.
(S.
457-538)
ii
4. Juni 1921.
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Zeitschrift t Inmumitatsforschung. Originals. Bi 31 Na L
Nackdruck verboten.
[Aus dem Hygienischen Institut der Deutschen Umversit&t in Prag
(Vorstand: Prof. Dr. 0. Bail).]
Ueber Paragglutination.
Von Dr. Friedrich Breinl.
(Eingegangen bei der Redaktion am 10. Juli 1920.)
Unter den Entdeckungen, die die Iramunit&tswissenschaft
in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, nimmt die Par-
agglutination unstreitig einen hervorragenden Platz ein. Sie
hat sich als eine Erscheinung von bedeutendem theoretischen
und praktischen Interesse Geltung verschafft, denn sie stellt
nach der Deutung, die ihr von ihren Entdeckern Phila-
lethes Kuhn und seinen Mitarbeitern gegeben wurde, ein
ganz eigenartiges biologisches Phanomen dar und verspricht
bei weiterem Studium einen Fortschritt in der bakteriologischen
Diagnostik infektioser Krankheiten. Eine grolle Anzabl nach-
prfifender Forscher bestfitigte das Auftreten der Erscheinung
unter den von den Entdeckern angegebenen Bedingungen,
einige nahraen bei der Deutung ihrer Befunde einen ab-
weichenden Standpunkt ein, von keinem aber wurde die Par-
agglutination als eine Immunit&tserscheinung sui generis in
Zweifel gezogen. Die vorliegende Abhandlung versucht auf
Grund einer kritischen Durchsicht der Arbeiten von Kuhn
und seinen Mitarbeitern, sowie auf Grund eigener Versuche
zu einem selbstandigen Urteil fiber das Wesen der Par-
agglutination zu gelangen.
Die Grundtatsachen, auf denen die Lehre von der Par-
agglutination aufgebaut ist, dflrfen als bekannt vorausgesetzt
werden, sie seien daher nur kurz wiederholt.
Kuhn und Woithe (1) ziichteten aus dem Darminhalt eines chro-
nisch Ruhrkranken einen Colistaram, der von atoxischem Ruhrserum und
von Typhusserum bis zur Titergrenze, vom Paratyphus A-8erum bis zu */»
der Titerhdhe aggiutiniert wurde. Aus dem gleichen Material wurde ein
Zeitschr. f. Immunltttsforschang. Orlg. Bd. 31. X
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Coccus isoliert, den ein Flexnerserum vom Titer , /* 0 ooo b' 8 zu V 3 ooo agglu-
tinierte. Beide Stamme wurden vom Serum der Patienten deutlich beein-
flufit, und waren — als Antigene verwendet — imstande, spezifische Ruhr-
agglutinine zu erzeugen. Damit war der Beweis erbracht, dafi sie iiber
Rezeptoren verfiigen, die fur die Gruppe der atoxischen Dysenteriestamme
charakteristisch sind.
Eine zweite Mitteilung von Kuhn, Gildemeister und Woithe (2)
bcrichtet uber eine Ruhrepidemie unter Geisteskranken. Bei 6 Irren, die
klinische Ruhrsymptome boten, sowie bei zwei gesunden wurden keine
Dysenteriebacillen, dafiir aber 11 Colistarame gefunden, die von atoxischem
Ruhrserum — allerdings auch von anderen Immunseren — deutlich ag-
glutiniert wurden. Der Castellanische Absattigungsversuch ergab eine
deutliche Abschwachung des Flexnerserums gegeniiber dem homologen
Stamm. Bei 6 anderen Kranken wurden typische Ruhrbacillen der atoxi-
schen Gruppe gefunden, gerade in dieeen Fallen fehlten die ruhragglutinablen
Oohstamme.
Auch bei typhusinfizierten Menschen wurden analoge Bcfunde erhoben.
Kuhn (5) untereuchte den Darminhalt von 90 Personen, die Typhus durch-
gemacht hatten, unter ihnen waren 69 Typhusbacillentriiger. Er fand
39 Stamme, die von agglutinierenden Seren der Typhus- und Ruhrgruppe
in wechselnder Hohe agglutiniert wurden (davon waren: 9 bewegliche,
3 unbewegliche Colirassen, 6 bewegliche, 12 unbewegliche paratyphusahn-
liche Stabchen, 3 Alcaligenesstamme, 2 farbstofTbildende Stiibchen, 4 Kobken).
— Aus seinen Tabellen zieht der Verfasser den Schlufi: „Alles in allem
ist eine Vorherrechaft des Typhusserums anzuerkennen". Saprophytische
Keime, die gemeinsam mit pathogenen im Darme leben, erfahren also eine
Annaherung an diese, die sich in ihrem serologischen Verhalten aufiert.
Die Autoren stellen sich das Zustandekommen der Erscheinung „nach der
Ehrlichschen Theorie so vor, dafi ihnen (den saprophytischen Keimen)
dabei allmahlich Rezeptoren ffir die Agglutinine des Serums angeziichtet
werden. Solche Rezeptoren — chemische Gruppen — mogen ja wohl bei
vielen Bakterienarten in der Anlage vorhanden sein, so dafi sie, wie Ehr¬
lich sich ausdriickt, durch die Aviditat zu den Agglutininen der Korper-
safte wie mit Beifizangen herausgezogen und zu immer starkerer'Entfaltung
gebracht werden konnen.“ Die Erscheinung ist fliichtig, die neuerworbenen
Rezeptoren verschwinden zumeist nach mehrmaligem Ueberimpfen der
Stamme.
Wenn eine neue Immunitatsreaktion bekannt wird, erhebt
sich sofort die Frage nach der Spezifitat. Nun zeigte sich
schon bei dem zuerst beobachteten paragglutinablen Stamme
das Fehlen der SpezifitSt: der aus dem Darme eines Ruhr-
kranken stammende Coli Sieg wurde nicht nur vom Ruhr-,
sondern auch vom Typhusserum bis zur Titergrenze, vom
Paratyphus A-Serum bis zu betrSchtlicher Hohe agglutiniert.
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Ueber Paragglutination.
3
Man mQBte also annehmen, daB der Aufenthalt im ruhrinfi-
zierten Darme dem Colibacillus Typhusrezeptoren anzflchtet:
eine Annahme, die den Immunitatsforscher nachdenklich stimmt.
Die Entdecker schreiben in ihrer ersten Mitteilung allerdings:
„Da nach unserer Anschauung gelegentlich bei einem Bakterien-
8tamm von Haus aus verschiedenartige Rezeptoren angelegt
sind, so kann sich fiir unsere ErklSrung keine Schwierigkeit
daraus ergeben, daB der Bacillus coli Sieg auch durch ein
Paratyphus A- sowie ein Typhus-Kaninchenserum stark beein-
fluBt wurde.“ Wenn wir uns der Kuhnschen Vorstellungs-
weise anschlieBen, daB dem Bact. coli die Typhusrezeptoren
im Verlaufe einer Ruhrinfektion angezilchtet werden (d. h.
offenbar, die vorhandenen Anlagen zur Entfaltung gebracht
werden), so kann dafiir doch nur ein unspezifischer Reiz —
etwa das Leben im entzflndlich veranderten Gewebe ver-
antwortlich gemacht werden; denn die durch die Ruhrinfektion
entstandenen spezifischen AntikSrper dafiir heranzuziehen,
ware mit den bewahrten Grundsatzen der Immunitatslehre
ganz unvereinbar: Dann ist aber nicht einzusehen, warum zur
Aktivierung der vorgebildeten Ruhrrezeptoren ein spezifischer
Reiz notwendig sein soil. Wir hatten vielmehr anzunehmen,
daB unter dem Einflusse des krankhaft veranderten Milieus
die verschiedenen Rezeptorenanlagen des Bact. coli zu wuchern
beginnen. In der Tat beweist eine Arbeit von Kuhn (5),
daB das Leben in spezifisch veranderten Kdrpersaften, bzw.
die Anwesenheit bestimmter pathogener Arten eine elektive
Entfaltung der homologen Rezeptorenanlagen nicht bewirkt.
Bei den schon erwahnten 90 Personen, die Typhus durch-
gemacht hatten, wurden 39 paragglutinable Stamme gefunden.
Jeder Stamm wurde mit zweierlei Typhus-, Paratyphus B-,
Gartner- und Dysenterie-(Y, Flexner, Kruse-)Serum, das
einmal vom Kaninchen, das andereinal vom Esel gewonnen
war, agglutiniert; auBerdem wurden Proben mit normalem
Kaninchen- und Eselserum angesetzt. Wollen wir nun die
Agglutinationsresultate, die in einem umfangreichen Tabellen-
werke 1 ) niedergelegt sind, miteinander vergleichen, so be-
1) Aus den Tabellen ist nicht zu ersehen, welcher Art der betreffende
Stamm zugehort.
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4 Friedrich Breinl,
schranken wir uns zweckmaBig auf eine Betrachtung der
Kaninchenimmunsera (das Eselserura enthait storende Neben-
agglutinine) und nehmen nur auf jene Agglutinationsgrade
Riicksicht, die mit bloBem Auge wahrnehmbar sind, da nur
sie eine sicher objektive Beurteilung zulassen. Beim Ver-
gleich der Agglutinationsresultate mflssen wir, in Anbetracht
der verschiedenen Wirksamkeit der einzelnen Sera, die von
den paragglutinablen Stammen erreichten TiterhOhen in Bruch-
teilen des Endtiters angeben und kSnnen nur jene Serum-
konzentrationen in Betracht ziehen, die Vioo des Titers und
dariiber anzeigen, denn das schwachst wirksarae der Kaninchen¬
immunsera, das Flexnerserum, hat einen Titer von Vsooo und
ist von der Verdflnnung V 50 an verzeichnet. Bei dieser Be-
trachtungsweise sind es nur 11 Stamme, die vom Typhus-
serum bis zu Vioo des Titers Oder dariiber hinaus agglutiniert
werden. Die folgende Tabelle zeigt an, wie viele von den
39 Stammen (Kolumne III) und bis zu welchem Bruchteil
der Titerhbhe (Kolumne II) sie von den einzelnen Serumarten
agglutiniert werden. Kolumne IV gibt die durchschnittliche
H6he der Beeinflussung durch die betreffende Serumart an,
ausgedriickt im Bruchteil des Endtiters.
Tabelle I.
I
II
III
IV
Serumart
7,
If
19
l U
V.
7,o
Vjo
7,o
V. 0
7,00
Summe
der
Stamme
Durch-
schnitt
Typhus
1
2
2
4
2
11
7,«
Paratyph. B
•
i
•
• j
,
2
3
•
•
6
7»
GartDer
.
,
.
2
,
5
7
7*0
Dysenterie Y
#
2
#
1
3
.
.
4
2
12
7*
Dys. Flexner
,
1
.
3
4
4
#
1
2
15
7,o
Dys. Kruse
•
.
•
•
.
•
•
1
3
4
1/
/100
Es werden also vom Typhusserum 11 Stamme bis zu
Vioo des Endtiters Oder dariiber hinaus agglutiniert, davon
einer bis zu Va, zwei bis zu V 10 , zwei bis zu 1 / 20 , vier bis zu
V 40 und zwei bis zu Vioo des Serumtiters, die auf jeden der
11 Stamme entfallende durchschnittliche Agglutinationshbhe
betragt Via des Serumstiters. Eine analoge Betrachtung
der atoxischen Dysenteriesera zeigt, daB 12 Stamme Vioo Titer
des Y-Serums und 15 Stamme Vioo Titer des Flexnerserums
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Ueber Paragglutination.
5
fiberschreiten. Die durchsehnittliche Agglutinationshfihe be-
trfigt im Y-Serum Vs* i m Flexnerserum Vio des Endtiters.
Dieses Ergebnis zwingt wobl zu dem SchluB, daB „alles in
allem“ die Wirkung des atoxischen Dysenterieserums fiberwiegt.
In einer anderen Mitteilung berichten Kuhn und seine
Mitarbeiter Woithe und Gildemeister (2) fiber 11 par-
agglutinable Colistfimme, die im Verlaufe einer Dysenterie-
epidemie bei 6 ruhrkranken und 2 gesunden Irren der gleichen
Anstalt gefunden wurden. Aus den Agglutinationsresultaten
ergibt sich, daB alle 11 Stfimme unmittelbar nach ihrer Iso-
lierung aus dem Organismus vom Flexnerserum im Durch-
schnitt bis zur Hfilfte des Titers beeinfluBt werden. Nach 3-4-
monatiger Fortzflchtung auf ktinstlichem Nfihrboden verliert
ein Stamm seine Agglutinabilitat vollstandig, die durchschnitt-
liche Agglutinationshohe der fibrigen 10 sinkt auf ungeffihr
Vs des Serumtiters. Vom Y-Serum werden dieselben 10 Stfimme
in gleicher Stfirke agglutiniert. Das Typhuskaninchenserum
beeinfluBt diese Stfimme durchschnittlich bis zu Vn seiner
Titerhfihe.
Wir sehen hier in der Tat eine bedeutende Agglutinierbar-
keit der Colistfimme im Ruhrserum ; das Vorkommen der ruhr-
agglutinablen Colistfimme im Darm der beiden gesunden
Anstaltsinsassen konnte wohl zwanglos als „Hausinfektion“
mit diesen Stfimmen gedeutet werden. Auch vom Typhus-
serum werden diese Stamme agglutiniert, auffallenderweise
merklich hoher als die Colistfimme, die aus dem Darm der
69 Personen gezfichtet wurden, die eine Typhusinfektion
durchgemacht hatten.
Das vergleichende Studium der Agglutinationsresultate
zeigt also, daB sowohl bei Ruhr- als auch bei Typhusrekon-
valeszenten Colistamme vorkommen, die vom atoxischen Ruhr¬
serum stark, vom Typhusserum schwficher agglutiniert werden.
Die Beeinflussung durch das Typhusserum ist bei den Coli-
stfimmen der Ruhrrekonvaleszenten bzw. Ruhrkranken etwas
starker als bei denen der Typhusrekonvaleszenten: von
einer Spezifitfit kann nach diesem Ergebnis keine
Rede sein.
Zwei Moglichkeiten sind zur Erklfirung dieser Tatsachen
in Erwfigung zu ziehen: entweder wird durch einen unspezi-
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6
Friedrich Breinl,
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fischen Reiz (Aufenthait im entztlndlich verfinderten Darm)
ara Colibacillus ein latenter (rezessiver) Ruhrrezeptor — in
geringerera MaBe Rezeptoren der Typhusgruppe — zur Ent-
faltung gebracht, oder ein akzessorischer Dysenterierezeptor
ist eine weitverbreitete „physiologische“ Erscheinung im Reiche
der Colist&mme. Die Entscheidung dieser Frage suchen eigene
Versuche herbeizuftihren, die spater mitgeteilt werden.
Eine der wichtigsten Eigenschaften der paragglutinablen
Stamme ist das plotzliche oder allmahliche Verschwinden der
angezuchteten Rezeptoren. Kuhn sagt dariiber in seiner
Arbeit vom Jahre 1916: „Das wichtigste Kennzeichen der
Paragglutination ist die Verganglichkeit bei Ueberimpfung
des Stammes, Stamme, deren Agglutinabilitat hierbei ver-
ganglich ist, sind mit Sicherheit paragglutinierend (5). u
Naclulem einige Autoren Stamme gezuchtet hatten, die
ihre Paragglutinabilitat dauernd beibehielten, modifizierte
Kuhn seine Ansicht dahin (6, 1917): „Es darf also nicht der
SchluB gezogen werden ... daB die Verganglichkeit das Wesen
der Paragglutination ist. Die Verganglichkeit ist eine durch
das Wesen der Paragglutination bedingte Eigentumlichkeit.
Sie ist allerdings von entscheidender Bedeutung, wenn es
sich darum handelt, ob ein verklebbarer Stamm paragglutinabel
ist oder nicht.“ Schliefilich sagt er in der gleichen Arbeit
bei Besprechung der Weil-Felixschen Reaktion: „Gerade
die Mannigfaltigkeit der Dauer der Agglutination bei den
verschiedenen Stammen spricht f(ir Paragglutination/ (Gemeint
sind die verschiedenen aus Fleckfieberkranken geztichteten
Proteusstamme.) Dieser Satz loscht offenbar die Geltung der
zuvor zitierten aus, denn unter die Mannigfaltigkeit der Dauer
ist auch die Bestandigkeit zu rechnen: die Dauer ist
also kein Kriterium der Paragglutination.
& besteht hier kein Grund, auf Kuhns Diskussion der Fleckfieber-
reaktion niiher einzugehen. Erwahnt sei nur, dafi die Weilschen X-Stamme
seit 5 Jahren in ungeziihlten Passagen ihre urspriingliche Agglutinabilitat
beibehalten haben. Der Tatsache, die in einer Fufinote der Arbeit 6 mit¬
geteilt ist, „dafi ein von Krai bezogener, in Hamburg weitergeziichteter
Stamm X19 seine Verklebbarkeit fast ganz eingebiifit hat“, kaun keine
wesentliche Bedeutung beigemessen werden. Der SchluB, den Kuhn
daraus zieht, „damit ist das Vorhandensein von Paragglutination bewiesen“,
scheint etwas voreilig, denn der Verlust der Agglutinabilitat diirfte in
diesem Falle durch banale Ursachen bedingt sein, die ein so umfangreiches
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Ueber Paragglutination.
7
Hypothesenwerk, wie es die „Lehre von der Paragglutination" beinh&Itet,
durchaua entbehrlieh machen.
Man kdnnte noch daran denken, daft die frisch angeziich-
teten Rezeptoren eine verschiedene Hinfailigkeit aufweisen, in
dem Sinne etwa, daR die homologen besonders rasch ver-
schwinden, wahrend die unspezifischen persistieren. Kuhn
und seine Mitarbeiter deuten diese Mbglichkeit in ihrer Ar¬
beit (2) an: „Wir haben aus unseren Versuchen mit anderen
Seris (Typhus-, Paratyphus-, Gartner- usw. Seris), bei denen
wir stets annahernd die gleichen niedrigen Werte erhielten,
die Ueberzeugung gewonnen, daB es sich wohl nicht um ein
allgeraeines Herabgehen der Agglutinierbarkeit, etwa bedingt
durch die haufigen Ueberimpfungen, handeln kann. Lediglich
die Flexneragglutinabilitat ist gesunken.“ Jedoch — die Ta-
bellen der Arbeit 5 lehren, daB mit den angezilchteten spezi-
fischen Typhusrezeptoren auch die unspezifischen Dysenterie-
rezeptoren in ungefahr gleichem MaBe schwinden (vgl. p. 205ff.,
Stamm No. 11, 16, 19, 34).
Um die Frage nach Praexistenz oder Neuerwerb der ak-
zessorischen Dysenterierezeptoren an. den Colistammen einer
Entscheidung naherzufiihren, untersuchten wir das serologische
Verhalten von 108 frischgeztichteten Colistammen, die von
darmgesunden Personen — zumeist wenige Wochen alten
Sauglingen — stammten. Die Priifung mit einem Flexner-
kaninchenserum vom Titer 10000 ergab, daB in erster Passage
12 Stamme bis zur Titergrenze oder daruber hinaus, 9 Stamme
bis zu den Verdiinnungen zwischen Viooo und Vioooo* und
33 Stamme bis zu denen zwischen Vioo und Viooo — bei ein-
wandfreier Kontrolle — makroskopisch deutlich beeinfluBt
wurden. Auch mit den Immunseren der Typhusgruppe war
eine — wenn auch geringere — Agglutination zu erzielen.
Normale Kaninchensera blieben nahezu wirkungslos. Beispiele:
Coli 32.
Serum
s
§
1
§!
1000
. 1
2000
0005
|
10 000
l
Flexner
+++
+++
++ +
+++
+++
+ + +
+ +
+ -r\
+
Paratyphus B
+++
+
—
—
—
—
—
—
—
Typhus
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+
—
—
—
—
norm. | I
+ + +
++
±
—
—
_
—
—
Kan.- ) II
+
±
—
—
—
—
—
—
—
Serum | III
+++
+
—
—
—
—
—
—
—
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8
Friedrich Breinl,
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Coli 35.
Serum
s
8
rH
200
500
1000
2000
!
5000
10000
©
CM
Flexner
+++
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ +
+ +
+
±
ParatyphuB B
+++
+ + +
+ + +
+
—
—
—
— ;
—
Typhus
+++
+ + +
+ + +
+
±
—
—
—
—
norm. ) I
+
+
+
—
—
—
—
—
—
Kan.- \ II
- 1
—
—
—
—
—
Serum J III
±
±
—
—
—
—
—
—
—
Coli 47.
Serum
8
100
Flexner
++ +
+++
ParatyphuB B
+++
+++
Typhus
+ + +
+++
norm. 1 I
+ +
+
Kan.- \ II
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+ + +
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+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ 1 + 1 1 1
+
+ 1 II II
+
+ + +±
Zeichenerklarung: + + + komplette Ausflockung; ++ sehr starke Aub-
flockung; + starke Ausflockung; ± Bchwache Ausflockung.
Um die Natur der agglutinierenden Rezeptoren kennen
zu lernen, wurde ein Castellanischer Bindungsversuch aus-
gefflhrt, der folgendes Ergebnis brachte:
Flexnereerum I (Titer 50 000).
Er-
schopft
A g ;
glutin.
8
8
rH
1
8
iO
1000
1
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10000
20 000
50000
Flex.
Coli 32
Coli 47
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+ + +
+ +
+
+ + +
+ +
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+ +
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+ + +
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Flex.
Coli 32
Coli47
+++
+ + +
+ +
+
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—
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Coli 32 j
Flex.
Coli 32
Coli 47
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+ + +
+
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+
+ + +
+++
+++
+ + +
+++
+ +
+
Coli 471
Flex.
Coli 32
Coli 47
+++
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+ + +
+ +
+ + +
+ +
+ + +
+ +
+++
+
+++
±
+
+ 1 1
+
+ + +
+
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Ueber Paragglutination. 9
Flexnerserum II (Titer 10000).
Er- 1
schopft
M-
glutm.
s
8
rH
§ !
§
1000
0002
00001
10000
1
e !
Flexner
Coli 29
Coli 35
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+++
+ + +
+ + +
+ + +
+
+ + +
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+++
+ + +
+++
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f£. {
Flexner
Coli 29
Coli 35
+
—
—
—
—
Coli29 |
Flexner
Coli 29
Coli 35
+++
+ + +
+ + +
+ + +
+++
+ + +
++
Coli 351
Flexner
Coli 29
Coli 35
+++
+++
+ + +
+ + +
+ + +
+
+ + +
+++
+ + +
+++
+
Es handelt sich demnach um Nebenrezeptoren, die aus
dem Serum nur die ihnen homologen Mitagglutinine entfernen,
das Hauptagglutinin aber nicht oder nur wenig binden. Der
Stamm 35 hatte zur Zeit des Versuchs seine Agglutinabilit&t
verloren — es wurde die 4. Agarpassage verwendet — dem-
entsprechend konnte er auf den Immunkbrpergebalt des Serums
keinen EinfluB ausiiben. Die VergSnglichkeit der Agglutina-
bilitat war bei unseren StSmmen deutlich ausgesprochen. Nach
10 Agarpassagen, die sich flber einen Zeitraum von 6 Wochen
erstreckten, wurde nur mehr 1 Stamm bis zum Endtiter be-
einfluBt, 3 Stamme agglutinierten noch bis zur Verdflnnung
1:1000. Alle diese Colist&mme, die von Personen stammten,
bei denen anamnestisch keine Anhaltspunkte ffir eine Gber-
standene Ruhr vorlagen, bei deren groBerem Teil (den SSug-
lingen) eine solche mit aller Sicherheit ausgeschlossen werden
konnte, zeigten alle Eigenschaften, die Kuhn unter dem
Namen „ParaggIutination“ zusammenfaBt und auf das Leben
im dysenterieinfizierten Organismus zurflckfiihrt. Unsere Be-
funde schlieBen wohl jeden Zweifel darflber aus, daB eine
flflchtige Mitagglutination im Dysenterieserum eine physio-
logische Eigenschaft vieler Colistamme ist, daB also gegen das
Bestehen einer Paragglutination als eigener Immunitatserschei-
nung ernste Bedenken berechtigt sind.
Ein unbefangener Beobachter wiirde nach diesen Fest-
stellungen etwa folgenden ErklSrungsversuch unternehmen:
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10
Friedrich Breinl,
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Viele Coli- und coliverwandte Stamme sind, solange sie in
ihrem natiirlichen Milieu leben, mit einem Nebenrezeptor aus-
gestattet, der mit dem Agglutinin des Dysenterieserums re-
agiert. Beim Uebertragen der Colistamme auf kunstlichen
Nahrboden wird dieser Rezeptor nach mehreren Passagen ab-
geworfen. Das gleiche gilt filr jene — schwacher entwickelten
— Nebenrezeptoren, die der Typhusgruppe homolog sind. Die
Erscheinung gehort offenbar in das Gebiet der Mutation; da-
fur spricht auch der Umstand, daB nur einzelne Kolonien
eines Plattenausstriches den Rezeptorenschwund aufweisen.
Aehnliche Befunde wurden von vielen Autoren erhoben, die
sich mit der Frage der Bakterienmutation besch&ftigt haben.
Es sei an die grundlegenden Beobachtungen von Sobern-
heim und Seligmann erinnert, die eine vollige Veranderung
des Rezeptorenapparates bei einigen Vertretern der Enteritis-
gruppe betreffen. Weiter zeigen zahlreiche — bisher unver-
bffentlichte — Versuche, die in jflngster Zeit in uuserem In-
stitut mit den verschiedensten Keimarten ausgefuhrt wurden,
daB die agglutinogenen Nebenrezeptoren ein sehr labiles Ver-
halten aufweisen: ihr Verschwinden ist eine ungemein h&ufige
Erscheinung. Die Hypothese einer Rezeptorenanziichtung er-
scheint nach alledem als durchaus iiberfliissig. Kuhn hatte
zur ErklSrung des von ihm beobachteten PhBnomens anfang-
lich die Einwirkung der spezifisch ver&nderten Korpers&fte
herangezogen. (Nach den Befunden, die Feiler seither er¬
hoben hat, wBre viel eher ein Verlust homologer Rezeptoren
zu erwarten.) Die Experimente, die diese Annahme prtifen
sollten — Injektion von Colibacillen in die Blutbahn dysenterie-
immuner Kaninchen — iiberzeugten Kuhn und seine Mit-
arbeiter von der Richtigkeit ihrer Vermutung, da sie „iu
einem Falle eine gewisse Agglutinabilitat eines Stammes er-
reicht hatteu, die allerdings annahernd ebenso stark im Nor-
malserum wie im Flexnerserum war“ (3). Diesem Versuche
kann aber keine Beweiskraft beigemessen werden, da die wich-
tige Kontrolle — Injektion von Colibacillen in die Blutbahn
von Kaninchen, die mit anderen Keimen immunisiert wurden —
nicht angestellt wurde. Die Autoren waren von diesem Ergebnis
offenbar nicht ganz befriedigt, denn spater unternahmen es
Kuhn und Ebeling (4), eine kunstliche Paragglutination
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Ueber Paragglutination.
11
auf ganz anderem Wege zu erzielen: Wurden die Colistfimme
auf einem Agar geziichtet, zu dessen Herstellung eine Bouillon
verwendet wurde, in der zuvor Dysenteriebacillen oder andere
Keirae gewachsen waren, so trat in vielen Fallen deutliche
Paragglutination auf. Das Zusammenleben von Colistammen
mit lebenden Dysenteriebacillen in Bouillonmischkultur hatte
dagegen nur geringen Erfolg. Nach diesen Befunden ware
zu erwarten gewesen, daB das theoretische Gerilst der „Lehre
von der Paragglutination“ einen durchgreifenden Umbau er-
fuhr, da doch eine Wirkung immunologisch veranderter K8rper-
safte nicht mehr in Betracht kommen konnte. Die beiden
Forscber lehnen aber die Paltaufsche Vorstellung von der
Adsorption agglutinabler Substanz ab und „sehen keinen
zwingenden Grund, von der urspriinglichen Ansicht abzugehen,
die sich Kuhn und Woithe 1909 nach der Ehrlichschen
Theorie bildeten, nach der den heterologen Mikroorganismen
Rezeptoren fur die Agglutinine des Serums angeziichtet wur-
den“. Sie deuten eine „Mitarbeit der Bakterien u beim Erwerb
der neuen Rezeptoren an, doch ist ihren Ausfuhrungen nichts
klar Verstandliches uber die Art dieser Mitarbeit zu entnehmen.
Wenn man schon geneigt ist, zu glauben, daB ein Antikorper
aus einem Bakterienleib homologe antigene Gruppen „wie mit
BeiBzangen“ herausziehen kann, so bleibt es doch vollig
unvorstellbar, wie die Einwirkung eines fremden Antigens
auf einen Bacillus an diesem entsprechende Rezeptoren —
selbst bei seiner „Mitarbeit“ — zur Entwicklung bringen soli.
Wie dem auch sei — es konnte eine hypothetische Ausdeutung
der beobachteten Erscheinungen erst dann Interesse bean-
spruchen, wenn es in der Tat gelungen ware, eine echte Ag-
glutinabilitat auf kUnstlichem Wege zu erzielen.
Kuhn und Ebeling (4) ziichten Colistamme auf Agar,
der mit Dysenterie-, Typhus- oder Paratyphusbouillon her-
gestellt ist und agglutinieren diese Stamme nach mehreren
Passagen in verschiedenen Immunseren. Die makroskopisch
sichtbare Beeinflussung in den durchweg hochwertigen Seren
erreicht nur selten die Verdunnung 1:10, sie geht niemals
fiber 1:20 hinaus, in den hoheren Verdiinnungen ist die Ag¬
glutination so schwach, daB sie nur mit einem besonderen
optischen Apparate — dem Agglutinoskop — zur Anschauung
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12 Friedrich Breinl,
gebracht werden kann. Nur bei zwei Vorversuchen D und E
wird eine erworbene Agglutinabilitat bis zur Titergrenze er-
wahnt — leider sind gerade diese Versuche nur raangelhaft,
ohne Protokoll und ohne Koutrollen mitgeteilt.
Von den Versuchsergebnissen, die in 78 Tabellen nieder-
gelegt sind, kdnnen nur die durch Passage tiber Y-Agar ge-
wonnenen betrachtet werden. Die Veranderungen, die die
Colistfimme auf den anderen Nahrbdden erleiden, sind so ge-
ringfflgig und die Versuche so ungeniigend kontrolliert, daB
sie sich einer ernsthaften Diskussion entziehen.
In der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse — es sind
hauptsSchlich die Erfahrungen mit dem Y-Agar — fflhren
Kuhn und Ebeling folgende Eigenschaften der Paraggluti-
nation an, die nach spezifischer Ziichtung beobachtet wird:
1) Die Agglutinabilitat wird bei der Weiterzflchtung auf
gewdhnlichem Agar bei der 2. Generation deutlicher und
schwindet von der 3. Generation ab allmfihlich.
2) Die Erscheinung erreicht auf spezifischera Agar ihren
Hflhepunkt meist bei der 5. Ztichtung, urn bei weiteren Gene-
rationen abzunehmen.
Diese beiden Eigenschaften treten nach den
mitgeteilten Tabellen in so geringem MaBe und
so inkonstant in Erscheinung, daB ihnen dieGel-
tung eines bestimmenden Merkmales nicht zu-
erkannt werden kann.
3) „Die Erscheinung tritt bei einzelnen Kolonien einer
Plattenzfichtung starker auf als bei anderen.“
Diese Tatsache konnte nur dann als Wirkung
der spezifischenPassagen angesprochen werden,
wenn auch vorher eine grdBere Zahl von Einzel-
kolonien auf ihre Agglutinabilitat in dem be-
treffenden Serum gepriift worden ware: davon
ist an keiner Stelle der Arbeit die Rede.
4) „Die Zunahme (der Agglutinabilitat nach
Passage ilber Bakterienagar) ist spezifisch, sie
ist fQr Normalkaninchenserum viel geringer als
fdr Immunsera."
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Ueber Paragglutination.
13
Dieser Satz ist mit dem heute gfiltigen Be-
griffe der Speziftfit logisch unvereinbar.
Eine Spezifitat der Beeinflussung ist aus den tabellarisch
niedergelegten Versuchsergebnissen auch nicht andeutungs-
weise zu ersehen. Die spezifisch passierten Colist&mme werden
wahllos von alien verwendeten Immunseren — ein grofier
Teil auch von normalen Kaninchenseren — allerdings in
ganz nnbedeutender Weise agglutiniert.
Wir haben die Versuche von Kuhn und E be ling
wiederholt und dahin erweitert, daB wir ColistSmme bei ihrem
Wachstum der Einwirkung einiger bisher nicht untersuchter
Bakterienarten ansetzten. Es wurden 7 Agarprobeu, ent-
sprechend der Vorschrift, die die genannten Autoren geben,
hergestellt Zu ihrer Bereitung wurde Bouillon verwendet,
in der durch 8 Tage bei 37° gewachsen war:
1
II
m
IV
V
VI
VII
e
Dysent.
Flexner
Paraty. B
Bact.
Bact.
Bact.
Bact.
Gartner
Proteus
cunicul.
coli 11
Die ColistSmme 3, 7, 11, 15 wurden auf Schragagarrohrchen
in 48-stfindigen Passagen fortgeztichtet; ihr serologisches Ver-
halten war vor der Uebertragung auf die spezifischen NShr-
bSden im agglutinierenden Flexner- und Paratyphus B- so-
wie in 2 normalen Kaninchenseren bei der Verdunnung 1 :25
absolut negativ. Nach 5 spezifischen Passagen ergab die
Agglutination das nachstehend verzeichnete Resultat (siehe
die Tabelle auf p. 14).
Aus diesem Versuche geht wohl mit aller Sicherheit her-
vor, daB der serologischen Beeinflussung der Passagest&mme
durch die im Nfihrboden enthaltenen Bakterien jede Spezifitat
mangelt. Der Colistamm 3 erlangt beispielsweise eine stfir-
kere „Paragglutinabilitat“ ffir Flexnerserum durch Passage
fiber einen Agar, der mit Bact. cuniculicida — einem Erreger
hfimorrhagischer Septikfiraie — versetzt ist, als durch Wachs¬
tum auf Flexneragar. Ebenso stark wie auf diesem steigt
die BeeinfluBbarkeit des Stammes 11 auf einem Nahrboden,
der durch den homologen Colistamm erschopft ist.
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14
Friedrich Breinl,
Stamm II
Dysen terieserum
(Flexner 1:10000)
Paratyphus B-Serum
(1:20000)
Normales
Kaninchenserum I
Normales
Kaninchenser. II
25
50
100j200|500
25
50
100|200
500
Kontr.
25
50
100 200
500
25
50
100200
500
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7.
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—
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—
Ein zweiter Versuch, der zu einem ganz ahnlichen Er-
gebnis fiihrte, wurde mit den StSmmen 31, 33, 36, 45 an-
gesetzt. Sie verhielten sich vor den Passagen in den schon
verwendeten Immunseren ebenfalls vollig refraktSr. Nach
der 5. Uebertragung war keine nennenswerte Aenderuug im
serologischen Verhalten zu konstatieren, dagegen wurde nach
der 10. Passage folgender Befund erhoben (siehe die Tabelle
auf p. 15).
Nach zwei Passagen liber normalen Agar hatten die
Stamme, wie die Tabelle auf p. 16 zeigt, ihre „Agglutinabi-
litat“ teilweise verloren.
Die Durchsicht der Tabellen lehrt, dafi
zwischen d e ra wirksamen Agglutinin und der
Bakterienart, die im Nahrboden enthalten ist,
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Ueber Paragglutination.
15
Stamm
■
Flexner 1
: 1000
Paratyphus B-Serum
(1:20000)
Norm ales
Kan inchenserum I
Normal es
Kaninchenserum
II
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§
a
■
25
50 1100j200
500
25
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25
50
25
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malen Agar wieder verschwindet. Entsprechende Versuche in
Bouillonmischkultur ergaben ganz analoge Resultate. Der
Zweifel, ob es sich hier Qberhaupt um eine echte
Agglutination im Sinne der Immunitatslehre
handelt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen.
Bestfitigt finden wir die Tatsache, daB Normalsera im allge-
meinen schwficher wirken als Immunsera, jene Erscheinung,
die Kuhn und E be ling zu dem erstaunlichen Satz ver-
anlaBte: „Die Zunahme ist spezifisch, sie ist fur
Normalkaninchenserum viel geringer als ffir
Immunsera.“ Das heiBt also, sie ist nicht spezifisch, und
in der Tat handelt es sich hier um eine durchaus unspezi-
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URBANA-CHAMPAIGN
1G
Friedrich Breinl
Stamm
Flexnerserum
1:10000
Paratyphus B-Serum
1:20 000
Normal kaninchen-
serum I
Normalkauinc hen-
serum II
§S
25 |
501100|200|500
25 |
50 |
1001
200500]
25 |
50 |
100|200 500
25 |
50 |100|200|500
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—
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±
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—
—
—
fische, offenbar auf physikalisch-chemische Ursachen zuriick-
fiihrbare Labilisierung einer Bakterienemulsion, die auf einem
nahrstoffarmen Substrat gewachsen ist. Mit einer Aenderung
des Rezeptorenapparates — also auch mit der im infizierten
Darm erworbenen „Paragglutinabilit&t“ — aber hat diese Er-
scheinung nicht das geringste zu tun.
Ueber die praktische Verwendbarkeit dieser „Reaktion“
ist kein Wort zu verlieren. „Das Wesen der Paragglutination
besteht unserer Ansicht nach in einer Rezeptorengemeinschaft
hSheren Grades fiir agglutinierende Immunstoffe bei Arten,
die nicht nahe miteinander verwandt sind.“ Es ist klar, daB
der Wert einer diagnostischen Reaktion um so niedriger ist,
je hdher der Grad der Rezeptorengemeinschaft, den sie an-
zeigt. Die von Kuhn und Ebeling angestellten Versuche
und ihre von uns mitgeteilte Bestatigung und Erweiterung
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Ueber Paragglutination.
17
lassen eine so bedenkliche H5he des Gemeinschaftsgrades
zwischen entfernten Arten erkennen, daB wir den Wert einer
praktischen Reaktion, die sich auf diese Experimente als auf
ihre theoretische Grundlage stiitzen wurde, in unmittelbarer
Nahe des Nullpunktes suchen miifiten.
Zusammenfassung.
1) Rezeptoren, die der atoxischen Dysenteriegruppe
homolog sind, werden bei vielen Colistammen, solange sie in
ihrem nattirlichen Milieu leben, angetroffen. Ebenso hSufig
findet man Rezeptoren der Typhusgruppe, die aber von den
zugehorigen Immunseren weniger deutlich angegriffen werden.
Diese Nebenrezeptoren werden in der Regel rasch abgeworfen,
wenn die Colistamme auf kflnstlichen N&hrboden. ubertragen
werden.
2) Eine Beziehung zwischen dem Erreger einer Infektions-
krankheit und der Agglutinabilit&t der Colist&mme, die im
Darme der Infizierten leben, besteht nicht. Die diesbeztig-
lichen Ausfflhrungen von Kuhn beruhen auf einer fehler-
haften Deutung seiner Agglutinationsergebnisse.
3) Die ktinstliche AnzGchtung von Rezeptoren ist ein
Scheinphanomen, das mit einer Aenderung im Rezeptoren-
apparat der Bakterien nichts zu tun hat.
4) Eine „Paragglutination“ im Sinne von Kuhn und
Woithe existiert nicht, der Name muB aus der Terminologie
der Immunitatslehre verschwinden.
Literatur.
1) Kuhn und Woithe, Med. Klinik, 1909, No. 45.
2) Kuhn, Woithe und Gildemeister, Arb. a. d. Kais. Gea.-Amt,
Bd. 31, 1911.
3) -ebenda, Bd. 38, 1912.
4) Kuhn und Ebeling, Zeitschr. f. Immunitatef., Bd. 25, 1915, Heft 1.
5) Kuhn, Arch. f. Hyg., Bd. 86, 1916, Heft 4.
6) — Centralbl. f. Bakt, Bd. 80, 1917, p. 107.
Z*lt»chr. f. Immunityttforachung. Orig. Bd. SI.
2
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18
Chang chia pin und Chen yii hsiang
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Nachdruck verboten.
[Ans dem Institut fur Hygiene und Bakteriologie der Deutschen
Medizin- und Ingenieurschule flir Chinesen in Schanghai (Leiter:
Prof. Dr. H. Do Id).]
Lassen sich im Blute von Personen, welelie cchte Pocken
Uberstanden haben, komplcnientbindendc AntlkOrper nach-
weisen (bei Verwendung von Pockenlyniphe als Antigen)?
Von Chang chia pin und Chen yii hsiang,
approbierten Aerzten.
(Eingegangen bei der Redaktion am 14. Juli 1920.)
Die Untersuchungen iiber das Vorhandensein von kom-
plementbindenden Antikorpern im Serum von Personen, welche
an einer echten Pockeninfektion litten oder mit Variolavaecine
geimpft worden waren, haben zu widersprechenden Ergebnissen
gefuhrt. In einer neueren Arbeit hat Klein (1) die bisherigen
Resultate in einer Tabelle zusammengefafit. Bei Verwendung
von Serum, Organmaterial oder Eiter als Antigen wurden mit
zwei Ausnahmen von alien Autoren negative Ergebnisse er-
zielt, wahrend bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen
von 7 Autoren positive, von 2 negative; bei Verwendung von
Pockenpusteln als Antigen von 6 Autoren positive und von
1 Autor negative Ergebnisse erzielt wurden.
Da in China die Pocken sehr hSufig vorkommen und wir
infolgedessen ein reiehes Material zur Verfiigung haben, hielten
wir angesichts der giinstigen Gelegenheit eine erneute Priifung
dieser Frage fur angezeigt. Es kain uns darauf an, fest-
zustellen, ob im Blute von Personen, welche die echten Pocken
durchgemacht haben, komplementbindende Stoffe nachgewieseu
werden konnen bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen.
Wie schon erwahnt, haben mit dieser Antigenart 7 Autoren
[Casagrandi (2), Beintker (3), Sugai (4), Dahm (5),
Shiga (6), Bizzari (7), Teissier (8)] ein positives und
2 Autoren [K ry 1 off (9), Arzt und Kerl(10)] ein negatives
Ergebnis erzielt.
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Lassen sich im Blute von Personen usw.
19
Wir wahlten zu unseren Untersuchungen nur solche F&lle
aus, bei denen sowohl durch die Anamnese als auch besonders
durch den typischen Blattern-Narbenbefund [Narben im Ge-
sicht, an den H&nden und an den seitlichen Thoraxflachen
bis hinauf zur Achselhohle (11)] erwiesen war, daB eine echte
Pockenerkrankung und nicht etwa nur eine Varizelleninfektion
vorangegangen war. Bei jedem einzelnen Fall haben wir
Alter und Geschlecht, sowie die seit der Krankheit ver-
strichene Zeit notiert, um zu ermitteln, ob der Ausfall der
Reaktion eine Beziehung zu den genannten Faktoren erkennen
lasse.
Als Antigen beniitzten wir, wie schon oben erwahnt, eine
Pockenlymphe, und zwar die vom hiesigen stadtischen Ge-
sundheitsamt gelieferte Lymphe, indem wir diese mit physio-
logischer KochsalzlSsung so weit verdfinnten, bis eine leicht
milchig getrubte FlOssigkeit resultierte (Verdiinnung der
Lymphe ungefahr im Verhaltnis 1:20). Durch Stehenlassen
Oder leichtes Zentrifugieren wurde bewirkt, daB die groberen
Bestandteile der Lymphe zu Boden sanken. Jedesmal wurde
durch Vorversuche die Brauchbarkeit dieser Antigenfliissigkeit
vorher festgestellt, und dann 1 ccm der als geeignet er-
mittelten Antigenverdiinnung pro Versuch gebraucht.
Die zu untersuchenden Sera haben wir in der Regel in
Mengen von 0,2 ccm, ausnahmsweise auch in Mengen von
0,3 und 0,4 ccm verwendet.
Als Komplement diente frisches Meerschweinchenserum,
1:10 bis 1:20 verdiinnt; als Kontrollen einerseits normale Sera,
andererseits ein Pockenserum, welches als positiv reagierend
ermittelt worden war.
Wie ein Blick auf die Tabelle lehrt, war die Reaktion in
45 von den uutersuchten 50 Fallen negativ und nur in
4 Fallen positiv, in einem Fall zweifelhaft. Ein EinfluB des
Alters oder Geschlechtes auf den Ausfall der Reaktion besteht
nicht. Auch die seit der Erkrankung yerstrichene Zeit spielt
offenbar in dieser Hinsicht keine Rolle, wenigstens nicht
innerhalb der von uns untersuchten Zeitspanne von 2 bis
43 Jahren. Bei einem der stark positiv reagierenden Faile
waren 27 Jahre seit dem Ueberstehen der Pocken verstrichen,
bei den leicht positiv reagierenden Fallen 17 und 20 Jahre.
2 *
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Chang chia pin und Chen yu hsiang,
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Tabelle.
No.
Name
Alter
Ge-
schlecht
Die seit der
Erkrankung
verstrichene
Zeit
Kom-
plement-
bindungs-
reaktion
Bemerkungen
1
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24
2
16 Jahre
2
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56
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43
—
3
Wang
28
6
26
4
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26
6
22
—
5
Wang
28
a
26
—
6
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a
23
11
—
7
Wu
17
a
5
—
8
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a
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—
9
Hii
24
a
23
—
10
Hii
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a
23
—
11
Knabe N.
8
a
3
—
12
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24
a
19
—
13
Li
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a
30
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14
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26
a
20
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a
30
16
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25
a
18
—
17
Liu
32
a
30
—
18
Be
29
a
10
—
19
Ch’ien
32
a
30
—
0,3 ccm Serum
20
Pu
40
a
24
—
0,4 ccm Serum
21
Chen
26
a
23
—
22
Sung
39
a
37
—
23
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34
a
32
—
0,4 ccm Serum
24
Fan
29
a
23
—
25
Tsao
26
a
20
—
26
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33
a
32
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27
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34
a
32
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28
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52
a
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29
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42
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40
30
Wu
27
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Wang
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a
30
—
32
Wang
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a
27
—
33
Li
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23
_
34
Wang
32
a
20
—
35
Wang
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21
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—
36
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41
Q
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Madchen N.
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10
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30
a
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—
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27
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Liu
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a
30
_
43
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41
a
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44
Fung
40
a
27
+ +
45
Yao
20
a
17
+
46
Li
25
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25
a
2
_
48
Chang
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a
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_
50
Chen
35
a
32
it
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Lassen sich im Blute von Personen usw.
21
Auch die Menge des fiir die Reaktion verwendeten Serums
blieb ohne EinfluB, da auch die FSlle, bei denen 0,3 bzw.
0,4 ccm Serum verwendet wurde, negativ reagierten.
Wir haben auch darauf geachtet, ob etwa die Starke der
Infektion, gemessen an der Zahl und Ausdehnung der Pocken-
narben, in Beziehung zum Ausfall der Reaktion gebracht
werden kbnne. Wir miissen aber konstatieren, daB dies nicht
der Fall war.
Zusammenfassung.
Bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen zeigten
von 50 Personen (Chinesen), welche die echten Pocken iiber-
standen hatten, 45 eine negative Komplementbindungsreaktion,
' 2 eine positive, 2 eine schwach positive und 1 eine zweifel-
hafte Reaktion.
Weder Alter noch Geschlecht, noch die seit der Krank-
heit verstrichene Zeit (innerhalb der von uns untersuchten
Zeitspanne von 2—43 Jahren), noch die StSrke der Infektion
(gemessen an der Zahl und Ausdehnung der Pockennarben)
lieBen eine Beziehung zum Ausfall der Reaktion erkennen.
Literatur.
1) A. Klein, Munch, med. Wochenschr., 1914, No. 47, p. 2270.
2) Oddo Casagrandi, Cagliari Tipografia Sesta, 1908 (ref. Zeitschr. f.
Immunitatsf. etc., 1909).
3) Beintker, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 48, 1909.
4) Sugai, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909.
5) Dahm, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909.
6) Shiga, Ogata-Festschrift (Weichhardts Jahresber. der Immunitatsf.).
7) Bizzari e C. Palmas, Pathologies, Voi. 3, 1911 (ref. in Zeitschr. f.
Immunitatsf., Bd. 5).
8) P. Teissier et Gastinel, C. rend. Soc. biol., T. 73, 1912 (ref. im
Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 55).
9) Kryloff, zit. nach Klein.
10) Arzt und Kerl, Wiener klin. Wochenschr., 1913, No. 20.
11) cfr. Risel, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 1, p. 1756.
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22
Erwin Zweifel,
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Nachdruck verboten.
[Aus der Universit&ts-Frauenklinik in Munchen
(Direktor: Geh. Hofrat Prof. Doderlein).]
Versuclie zur KlHrung der fOtalcn und placentaren
Theorie der Eklampsle.
Von Privatdozent Dr. Erwin Zweifel.
(Eingegangen bei der Redaktion am 16. Juli 1920.)
So viel auch iiber die Eklampsie gearbeitet und ge-
schrieben worden ist, bis heute ist es noch nicht gelungen,
die Ursachen dieser Erkrankung zu ergriinden.
Die Eklampsie, die meist plotzlich „wie ein Blitz aus
heiterein Himmel“ auftritt, stellt die Aerzte vor ein Ratsel,
das man mangels an Beweisen mit allerlei Theorien zu Ibsen
versucht hat, aber keine von ihnen kann uns recht befriedigen.
Die Zahl der Theorien ist so groB, daB aus diesem Grunde
die Eklampsie einmal „die Krankheit der Theorien“ genannt
worden ist.
Der Ausdruck „Eklampsie“ findet sich schon in den Schriften des
Hippokrates, doch hat er darunter ein plotzlich auftretendcs Fieber ver-
Btanden. Fur die Krankheit, die wir heute als Eklampsie bezeichnen,
war bis vor etwa 125 Jahren der Ausdruck „Convulsiones puerperarum“
gebrauchlich. Heute ist der Ausdruck Eklampsie liingst allgemein an-
erkannt und er ist unbedingt auch viel richtiger, weil ja die Kriimpfe
nicht nur bei Wochneriunen, sondern auch in der Schwangerschaft und
wahrend der Geburt auftreten.
Es ist nun notwendig, kurz auf die Theorien der Eklampsie
einzugehen.
Die alteste Theorie fafite die Eklampsie als eine Plethora auf, auf
Grund der Beobachtung, daO die meisten Eklamptischen Oedeme an den
Beinen und am Korper und auch ira Gesicht bekommen und daher hiiufig
gedunsen aussehen.
Eine andere Lehre, die von Osiander aufgestellt wurde, betrachtete
die Eklampsie lediglich als eine pathologisch erhohte lteflexerregbar-
keit. Diese beiden eben gcschilderten Erscheinungen sind schon haufig
bei Schwangeren vorhanden, so haufig, dafi man sie eben nur als dis-
ponierende Momente fur die Eklampsie ansehen kann, die ja lediglich
eine Erkrankung der schwangeren Frau ist.
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 23
Eine neue Basis fiir die Erforschung der Eklampsie wurde durch
Lever gegeben, der im Jahre 1843 das Vorkommen von EiweiB im
Urin der Eklamptischen als regelmaBigen Befund feststellte. Die erstc
Annahme, die auf seiDe Beobachtung gegriindet wurde, war die, daB alle
Eklamptischen nierenkrank und die Anfalle uriimischer Natur seien. Da-
mit wurde also die Nierenentziindung als der wesentlichste Faktor fiir das
Entstehen der Eklampsie angesprochen und die Anschauung von der Dis¬
position die durch die Plethora und die Oedeme gegeben sein sollte, fallen
gelassen.
Ueber die Beziehung der Eklampsie zur Nierenentziindung liegt eine
groBere Arbeit von Frerichs vor, die Jahrzehnte hindurch sich allge-
meiner Anerkennung erfreute. Die Behandlung, die sich auf die Mono¬
graphic von Frerichs griindete, bestand vor allem wie bei der Uramie
im AderlaB, war also durchaus zweckmafiig.
Leider wurde der AderlaB aber bald aufgegeben, nachdem Traube
durch liingere Untersuchungen bewiesen hatte, daB bei Nierenkranken bei
gleichzeitig bestehender Herzhypertrophie der AderlaB hiiufig Schaden
stifte. Diese Lehre von Traube beeinfluBte die Behandlung der Eklampsie
recht ungunstig, und zwar dahin, daB der AderlaB vollkommen aufge¬
geben wurde.
Durch die pathologisch-anatomischen Untersuchungen von Pilliet,
Schmorl, Lubarsch und Pels-Leusden wurden die durch die
Eklampsie bedingten Organveriinderungen genau festgelegt, wobei man ein
von der Uriimie vollkommen verschiedenes Bild erhielt. Die pathologischen
Befunde an den Organen sind in fraglichen Fallen allein maBgebend fiir
die Entscheidung, ob eine Erkrankte wirklich an Eklampsie verstorben ist;
es steht zu hoffen, daB die Kenntnis der pathologischen Veriinderungen
iiber kurz Oder lang zur Klarung der Eklampsieerkrankung fiihren wird.
Wir wissen bis heute noch nicht, welche Stofle die Vergiftung des
Organismus und die Kriimpfe bei der Eklampsie herbeifiihren. Jedenfalls
ist es nicht, wie Hecker meinte, retinierter Harnstoff, denn die Ein-
spritzung von Harnstofflosung hat sich in den Versuchen von Ham¬
burger als vollkommen ungiftig und unschiidlich erwiesen. In wciteren
Versuchen haben Feltz und Ritter sowie Bouchard durch intravenose
Injektionen von normalem und pathologischem Harn Erscheinungen iibn-
lich wie bei der Uramie hervorgerufen. Von Bouchard stamrat die
Lehre, daB im Korper der schwangeren Frau gewisse Giftstoffe kreisen,
die bei ungeniigender Nierentatigkeit im Organismus eklamptische Kriimpfe
hervorrufen, wahrend sie unter normalen Verhaltnissen durch die Nieren
ausgeschieden werden.
Auf Grand der Arbeit von Bouchard begannen eine Reihe von
Autoren bei Eklamptischen wie bei Schwangeren iiberhaupt die Harn-
bestandteile grundlich zu untersuchen. Es fand sich aber kein Unter-
schied in der Giftigkeit zwischen dem Harn von Gesunden, Nierenkranken
und Eklamptischen, ebensowenig wie zwischen dem Harn von nicht-
schwangeren und schwangeren Frauen.
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24
Erwin Zweifel,
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Besondere Erwahnung bediirfen die ausfiihrlichen Arbeiten von
P. Zweifel iiber Urinuntereuchung bei Eklamptischen. Daa Ergebnis
war, daft bei Eklamptischen die Oxydation des EiweiBes sehr stark herab-
gesetzt ist. Wahrend bei gesunden Menschen 83 Proz. vom Gesamt-
stickstoff und 84 Proz. vom Gesamtschwefelstoff im gesunden Urin oxy-
diert werden, werden diese Zahlen bei an Eklampsie erkrankten Frauen
nie erreicht. P. Zweifel fand als unterste Werte bis zu 47 Proz. des
Gesamtstickstoffes und 41 Proz. des Gesamtschwefelstoffes oxydiert.
Bekanntlich findet man bei Tieren, die in Eretickungsnot sich be-
finden, im Blut und Harn Milchsaure, als Beweis einer daniederliegenden
Oxydation. Derselbe Befund von Fleischmilchsaure in Harn und Blut
wird regelmaflig bei Eklamptischen erhoben. Er iBt ja natiirlich ebenso
als ein sicheres Symptom der daniederliegenden Oxydation anzusprechen.
Der Lehre von Traube schlofl sich noch Rosenstein an und er-
klarte ebenfalls die Eklampsie als eine „Uramie“ infolge einer „Verwassening
des Blutes“.
Eine vollkommen neue Theorie stellte Halbertsma auf, der die
Eklampsie auf eine Stauung des Urins infolge Kompression der Ureteren
durch die schwangere Gebarmutter zuriickfiihrte; als deren Folge, meinte
er, entstehe dann eine Uramie. Gegriindet war diese Lehre darauf, dafl
bei Sektionen von Eklamptischen sehr haufig eine wesentliche Verdickung
der Ureteren gefunden wurde. Diese Theorie ist aber heute von Hirsch
an Hand von pathologiscben Befunden unter gleichzeitiger Benutzung von
Journalen aus der Munchener Univereitats-Frauenklinik mit Bicherheit
widerlegt worden. Bei 300 Sektionen von Schwangeren und Wochnerinnen
wurde bei Nichteklamptischen etwa ebenso haufig eine Ureterendilatation
gefunden wie bei Eklamptischen.
Als weitere Theorien nenne ich die bakterielle von Gerdes, die
durch die Arbeiten von Hagler und Doderlein widerlegt worden ist,
femer die von 8troganoff, der die Eklampsien als infektiose Erkran-
kung anspricht.
Auf Grand von anatomischen Befunden von Placentarzellen in den
miitterlichen Organen, vor allem in der Lunge, hielt Veit die Eklampsie
als eine Erkrankung placentarer Natur. Er meinte, dafl durch den Ein-
fcritt von Placentarzellen in den miitterlichen Organismus sich im Blut
ein Giftkorper, das Syncytiolysin, bilde, das die Eklampsie hervorrufe.
Weiter sind noch zu erwahnen die Fibrinfermenttheorie von Dienet
und die Fermcntintoxikationstheorie von Hofbauer.
Dienst meinte, dafl eine Erhohung des Fibringehaltes im mutter-
lichen Blute, durch Retention fotaler Abfallstoffe bedingt, zur Eklampsie
fiihre. Durch Exstirpation einer Niere oder eines Teiles der Leber konnte
er bei triichtigen Kaninchen anatomische Veriin derun gen herbeifuhren, die
in der Tat Aehnlichkeit mit den pathologischen Befunden an eklamptischen
Frauen zeigten. Auf alle Fiille verdienen seine Beobachtungen ernste Be-
achtung beim weiteren Studium der Eklampsie.
Ob bei der Eklampsie des Menschen erst die Nierentatigkeit aus-
geschaltet wird und dann die Eklampsie ausbricht oder aber ob erst die
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 25
Eklampsie auftritt und als ihre Folge dann die Nierenschadigung sich
entwickelt, vermag man nicht zu entscbeiden. Die Tatsache, dafl mit-
unter die Eklampsie ohne Eiweiflausscheidung ablauft, ferner dafl z. B.
Beer 18 Falle von Eklampsietod bei gesunden Nieren ohne vorangegangene
Albuminurie gefunden hat, beweist zumindest, daft die Nierenschadigung
nicht unbedingt den primaren Faktor zum Ausbruch der Eklampsie ab-
geben muft.
Die Theorie von Hofbauer meint, dafl „durch die Abschniirung
syncytischer Komplexe von der Oberflache der Chorionzotten und die
darauf folgende Auflosung dieser im intervillosen Raume von Anfang an
blutfremdes Material in die mateme Zirkulation gebracht wird“. Analog
der Lehre von Abderhalden miiflten im miitterlichen Organismus Fer-
mente zum Abbau des placentaren Eiweifles entstehen.
Normalerweise vermag bei gesunden Schwangeren „der KOrper der
Graviden durch Bildung von Hemmungsstoffen die schiidigende Wirkung
der eingeschwemmten Fermente aufzuheben“. In der mitunter bei Graviden
nachgewiesenen Steigerung des antitryptischen Titers (Jochmann,Gra fen-
berg, Fromme) erblickt Hofbauer eine Konsequenz der Einfuhr
placentarer Fermente. Diese fiihrt zu einer mehr oder minder schweren
Schadigung der parenchymatosen Organe, vor allem der Leber; hier
fiuden dann autotoxische Vorg&nge statt, die zum Ausbruch der Eklampsie
fiihren; der eklamptische Anfall selbst wird durch arterielle Gefiiflspasmen
mit nachfolgender Gehirnanamie ausgelost.
Soweit die Theorie von Hofbauer. Wir wissen wohl, dafl es bei
der Eklampsie pathologisch-anatomische Veranderungen an der Leber gibt,
ob diese aber primar sind und erst nachher die Eklampsie auftritt, oder
aber ob erst der eklamptische Anfall auftritt und nachher die Verande¬
rungen an der Leber au6gebildet werden, das vermag niemand mit Sicher-
heit zu sagen.
Zur Klarung des Ablaufes der Veranderungen bei der Eklampsie
konnen einige Beobachtungen herangezogen werden, die bei Sektionen von
Frauen erhoben worden sind, die an „Eklampsie ohne Anfalle“ gestorben
waren; diese kann iiberhaupt nur durch die Sektion sichergestellt werden.
Ich erwahne hier die Falle von Heinrichsdorff, Schmid, Gussa-
kow, Venus, Fellander, Voron und Gonnet, Bickenbach,
Seitz, Wendt, Meyer-Wirtz, Labhardt, Each, P.Zweifel und
E. Z we if el. Bei den meisten dieser Falle wurden durch Autopsie die
fiir Eklampsie charakteristischen Veranderungen an der Leber und auch
an den Nieren festgestellt, obwohl im klinischen Bild die Anfalle gefehlt
hat ten.
Das regelmaflige und haufige Auftreten der Eklampsie erkliiren
Blumenreich und Zuntz mit dem Umstand, dafl die Gehirnrinde
bei Graviden viel empfindlicher ist als bei Nichtsehwangeren.
Die pathologischen Befunde sind ganz konstant, ihre Aus-
dehnung und Entwicklung entspricht aber in keiner Weise
der Dauer der klinischen Erkrankung.
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In eiuem Fall von Bchmorl fanden sich nur vereinzelte, wenig
auagedehnte Nekrosen in der Leber, obwohl in 24 Stunden 26 Anfklle
vornngegangen waren, bei einer auderen Patientin hingegen, die 40 Minuten
naeh dem ersten und einzigen Anfall verstorbcn war, war fast das halbe
Leberparenchym zerstort. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dad diese
schweren Leberveranderungen in der kurzen Zeit von 40 Minuten ent-
Btanden waren.
Die erwahnten Falle von todlicher Eklampsie ohne An falle, ferner
der zuletzt erwiihnte Fall von Schraorl sowie die Falle, die nach nur
einem Anfall ad exitum kamen (Thies, Diihrssen, Goedecke,
Pfannenstiel), gestatten die Folgerung, daB die pathologisch-anatomi-
schen Veranderuugen in der IiCber dem Ausbruch der Krampfe zeitlich
und also wohl auch ursiichlich vorangehen. Offenbar sind bei Ausbruch
der Eklampsie die pathologischen Veriinderungen noch nicht sehr aus-
gedehnt, denn die groflc Zahl der Heilungen beweist, dafi sic in der Mehr-
zahl der Fiille noch rcparabel sind. Eine Zerstorung des Leberparencbyms
wie im Fall von Schmorl ist aber sicherlich irreparabel, in diesem Falle
war die Patientin bei Ausbruch des ersten eklamptisehen Anfalls schon
unrettbar verlorcn.
Eine weiter zu erwahnende Thcorie ist die „mammare Theorie“, die
von der Aehnlichkeit der menschlichen Eklampsie mit der Gebiirparese
des Rindes und der Heilbarkeit dieser Erkrankung durch Einspritzen von
Luft in die Enter ausging. Die Gebarparese, die friiher eine sehr hohe
Sterblichkeit der Tiere bis zu 90 Proz. zur Folge hatte, zeigt aber nicht
die pathologischen Veriinderungen wie bcim Menschen; deswegen kann
man sie nicht der Eklampsie gleichstellen. Einblasung von Luft in die
Briiste hat beim Menschen keincrlei Heilerfolge gebracht. Andere Ein-
griffe, wie die Mammaesstrirpation, aus der klinischen Aehnlichkeit beider
Erkrankungcn ableiten zu wollen. erscheint. uns nicht gerechtfertigt.
Die fotale Theorie stammt von van der Hoven und Fehling,
die in der Eklampsie eine Kraukheit erblicken, hervorgerufen durch das
Eindringen kindlicher Stoffwechselprodukte in den mutterlichcn Organismus.
Zuletzt will ich endlich noch die anaphylaktische Theorie
erwahnen, die in den eklamptisehen Krainpfen eine Erkrau-
kung anaphylaktischer Art sieht, hervorgerufen durch par¬
enteral in den Korper der Mutter eingedrungenes EiweiC
fotaler oder placentarer Herkunft. Die Eklampsie verlauft
fraglos unter einem Erkrankungsbild wie eineSaure-
vergiftung. Die Krampfe, die wir bei der Eklampsie sehen,
haben eine gewisse Aehnlichkeit mit den anaphylaktischen
Krampfen, aber das gilt nur von einzelnen Krampfanfallen.
Niemals wiederholen sich bei der Anaphylaxie die Krampfe,
wShrend sie bei der Eklampsie in grofierer Zahl auftreten,
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Zur Klarang der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 27
Also schon das klinische Bild der Eklampsie weicht doch
reckt bedeutend von dem der Anaphylaxie ab.
Die Auffassung der Eklampsie als anaphylaktische Er-
krankung stammt von Weichardt. Er hatte in seinen ersten
Versuchen im Jahre 1902 in 8 Versuchen Kaninchen ein Ge-
misch von syncytiolytischem Kaninchenserum init zerriebenem
menschlichen Placentargewebe injiziert, 3 der Versuchstiere
bekamen Krampfe und starben nach 3 Tagen. Diese Ver-
suche haben, wie wir heute wissen, nichts mit Anaphylaxie
zu tun.
Auf die Versuche von Weichardt folgten die Unter-
suchungen von Rosenau und Anderson mit Injektion von
arteigenem Placentarsaft bei Meerschweinchen und von Go-
zony und Wiesinger, die Serum von eklamptischen Meer¬
schweinchen injizierten; die Versuche schienen fur die Richtig-
keit der Annahme Wei chard ts zu sprechen. Dann folgten
die Versuche von Lockemann und Thies an Kaninchen
und von Grafenberg und Thies an Meerschweinchen.
Fellander und Bauereisen haben sich gegen die
Richtigkeit der Versuche von Lockemann und Thies aus-
gesprochen; Fell an der bestreitet iiberhaupt jeden Zu-
sammenhang von Eklampsie und Anaphylaxie. Auch die
Versuche von Gozony und Wiesingersind von FeHander,
Guggisberg und Eisen reich angefochten worden. Bei
all diesen Versuchen muB stets an die Moglichkeit gedacht
werden, daB eine prim are Giftigkeit der Organextrakte
vorgelegen haben mag.
Wenn nun die anaphylaktische Theorie durch eine Reihe
von Experimenten gestiitzt wurde — es sind dies insbesondere
die Arbeiten von Lockemann und Thies und Grafenberg
und Thies — so glaube ich, daB es lohnen wiirde, diese
Versuche nochmals einer Nachpriifung zu unterziehen, da doch
das klinische Bild der Eklampsie zu sehr von dem der Ana¬
phylaxie abweicht und ich daher an einen Zusammenhang
beider Erkrankungen nicht recht zu glauben vermochte.
Meine Versuche an Tieren, die dieser Arbeit zugrunde
liegen, sind nichts anderes als ein Versuch, die Theorien der
Eklampsie aufzuklaren. Ich wollte durch Wiederholung der
Versuche von Lockemann und Thies und Grafenberg
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28
Erwin Zweifel,
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und Thies eine Nachpriifung anstellen, ob tatsachlich ira
fbtalen und placentaren EiweiB Giftstoffe fur den mfitterlichen
Organismus enthalten sind, und weiterhin, ob diese moglicher-
weise vorhandenen Giftstoffe Erscheinungen anaphylaktischer
Art auszulosen vermbgen, insbesondere Kr&mpfe, ahnlich denen,
wie wir sie bei der Eklarapsie sehen.
Rein theoretisch gibt schon die Tatsache zu denken, daB
doch sicherlich httufig fbtales und placentares EiweiB in den
mtitterlichen Organsmus eindringt, und daB die Eklarapsie
nur etwa einmal auf 500 Geburten vorkomrat. Die Eklampsie
kommt nur beim Menschen und beim Rind vor, vielleiclit
noch beira Kaninchen, aber nicht bei anderen Tieren. Wenn
die Eklampsie eine anaphylaktische Erkrankung ware, so
muBte man sie auch bei anderen Tierarten erwarten, denn
bei den Tieren sind natiirlich die Kreislaufbeziehungen zwi-
schen Mutter einerseits und Fotus und Placenta andererseits
ahnliche wie beim Menschen und beim Rind. Vor allem
muBte man aber die Eklampsie bei dem gegen Anaphylaxie
empfindlichsten Tier, dem Meerschweinchen, auftreten sehen.
Als weiterer Gegengrund gegen die Auffassung der
Eklampsie als anaphylaktische Erkrankung spricht meines
Erachtens auch die Tatsache, daB die Eklampsie in verschie-
denen Gegenden und zu verschiedenen Jahreszeiten ziemlich
regelmaBige Schwankungen in der Haufigkeit ihres Auftretens
zeigt; denn Witterungseinfiiisse und klimatische Einflusse sind
sicherlich von keinerlei Bedeutung fiir das Auftreten der
Anaphylaxie. Auch der Umstand, daB Eklampsie wiederholt
auftreten kann, ist gegen die anaphylaktischen Theorien zu
verwerten, denn bekanntlich wird der Mensch durch eine ein¬
mal tiberstandene anaphylaktische Erkrankung antianaphylak-
tisch — er reagiert also nicht wieder bei einer erneuten Zu-
fuhr desselben EiweiBgiftes, allerdings ist hier hinzuzusetzen,
daB die Antianaphylaxie nicht dauernd ist.
Das Kind ist als ursachliches Moment fiir die Entstehung
der Anaphylaxie zum ersten Male von van der HQven an-
gesprochen worden. Er begrundete seine Anschauung mit
der Tatsache, daB die Eklampsie eine Erkrankung der Fort-
pflanzungszeit sei. Die Angabe von van der Hoven, daB
bei abgestorbenem Kind die eklamptischen Anfalle aufzuhoren
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 29
pflegen, beruht auf einem Irrtum. P. Z w eifel und Lichten¬
stein haben nacbgewiesen, daB das Absterben des Kindes
fiir den Verlauf und die Prognose der Eklampsie vollkommen
ohne Bedeutung ist. Gegen die fdtale Theorie spricht, daB
die Eklampsie auch eine ganze Zeit nach Absterben des
Kindes bei schon macerierter Frucht zum Ausbruch kommen
kann, ferner daB die Eklampsie noch im Wochenbett nach
der Geburt des Kindes ausbrechen kann. Es w&re ja immer-
hin denkbar, daB die Giftstoffe vom Kind aus schon in den
m'fitterlichen Organismus eingedrungen seien, daB aber die
Entwicklung der Eklampsie langere Zeit gebraucht habe.
Ganz besonders spricht meiner Ansicht nach gegen diese
Theorie das Vorkommen der Eklampsie bei Blasenmole, bei
der meist ja gar keine Frucht vorhanden ist und also von
der Frucht auch keine Stoffwechselprodukte ausgeschieden
werden konnen.
Im Laufe der Jahre sind eine ganze Reihe von Arbeiten
zur Stfltzung der anaphylaktischen Theorien auf fotaler Grund-
lage verSffentlicht worden, von denen einige durch spatere
Versuche schon widerlegt worden sind.
Die bedeutendsten Arbeiten, die hier zu besprechen sind
und auf deren Ergebnis gerade die anaphylaktische Theorie
der Eklampsie fuBte, sind diejenigen von Lockemann und
Thies und Gr&fenberg und Thies. Das Ergebnis dieser
Arbeiten ist von Thies nochmals in einem Aufsatz zur „Auf-
klSrung der Eklampsie u zusammengefaBt worden. Mit der
Nachprflfung dieser Versuche will ich raich nachher eingehend
befassen. Zuvor mochte ich aber noch einige der anderen
hierher gehorigen Arbeiten erw&hnen.
von derHeide glaubte, daB die gravide Frau gegen
fdtales Serum sensibilisiert sei. Er injizierte Schwangeren
intravenos bis 48 ccm ffltalen Serums, ein Versuch, der bei
einer solchen Voraussetzung allerdings sehr bedenklich er-
scheint, wie schon Esch hervorgehoben hat. Auch die Menge
ist so hoch gewShlt, daB sie bei anaphylaktischen Versuchen
die schSrfste Kritik herausfordert. Die von von derHeide
behandelten Frauen blieben alle gesund, ein Beweis dafiir,
daB sie eben nicht sensibilisiert waren. Die Versuche von
der Heides sind von Esch nachgeprflft worden. Er fand
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Erwin Zweifel,
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bei Einspritzung von physiologischer Kochsalzl5sung am
Unterarm bei Graviden und bei M&nnern regelmaBig sofort
Oder nach einigen Minuten eine ineist bald wieder verschwin-
dende Quaddelbildung; nach Einspritzung von 0,2—0,5 ccm
fotalen Serums bei Schwangeren entstanden dieselben Quaddeln,
nur etwas starker ausgepr> eine spezifische Reaktion lag
also sicherlich nicht vor, eine Serumuberempfindlichkeit der
schwangeren Frau lieB sich durch intrakutane Injektion nicht
nachweisen.
Nachdem sich die Kenntnis der Anaphylaxie in den letzten
zehn Jahren bedeutend erweitert hat, mflssen die Beobach-
tungen und UntersuchungeD, auf Grund deren Lockemann
und Thies die Eklampsie als anaphylaktische Krankheit an-
gesprochen haben, einer Revision unterzogen werden. Es
wird das Ergebnis meiner Versuche zeigen, daB die damals
fflr die anaphylaktische Theorie vorgebrachten Beweismittel
heute einer Kritik nicht mehr standhalten konnen.
Eigene Versuche.
Die Versuche sollen die Frage klaren, ob die Eklampsie
als anaphylaktische Reaktion, hervorgerufen durch fotale oder
placentare Giftstoffe, angesehen werden kann. Sollte dies der
Fall seiu, so muBte das fotale und placentare EiweiB wahrend
der Schwangerschaft als Antigen in den miitterlichen Organis-
mus eindringen und dort artfremde Eigenschaften entwickeln.
Es muBte dann weiter wahrend der Schwangerschaft das
miitterliche Individuum sensibilisiert werden.
Wenn man zunSchst auch dazu neigen wtirde, diese Frage
einer Giftstoffbildung durch die Frucht zu verneinen, so muBte
sie auf Grund der Beobachtungen von Lockemann und
Thies positiv beantwortet werden. Verschiedene Autoren in
der Zwischenzeit haben sich schon gegen diese Auffassung
ausgesprochen, und auch meine Versuche sind negativ aus-
gefallen.
Ehe ich auf die zu vergleichenden Tierversuche zu sprechen
komine, will ich noch erwahnen, daB schon fruher Sachs die
Beobachtung gemacht hat, daB das Blut von Foten von Ka-
ninchen, Rind und Huhn Giftstoffen gegeniiber anders reagiert,
als das Blut junger und erwachsener Tiere.
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 31
Die Frage, ob das fotale, placentare und miitterliche
Serum gegeneinander artfremd reagieren, wird von Hofbauer,
Guggisberg und Esch verneint. Hofbauer spricht sich
auf Grund groBerer Versuchsreihen mit miitterlichem Serum,
fbtalem Serum und Placentarsaft dahin aus, daB die EiweiB-
arten der Mutter des Fotus und der Placenta einander „jeden-
falls sehr nahe stehen“. Ich kann schon hier vorwegnehmen,
daB ich auf anderem Wege zu einem gleichen Resultate
komme.
Wahrend schon eine Reihe von Untersuchungen iiber die
Wirkung der Einspritzung von Placentaraufschwemmung mit
fotalem Blut beim Muttertier bestanden (Rosenau und An¬
derson), haben wir die Beobachtungen iiber die Wirkung des
eingespritzten fotalen Serums Lockemann und Thies zu
verdanken. Sie haben ihre Versuche mit Fbten von Kaninchen
angestellt, die sie durch Kaiserschnitt gewonnen hatten. Das
Blut des Fotus und der Placenta wurde aufgefangen und zentri-
fugiert, das Serum zu den Einspritzungen verwendet. Sie
fanden ziemlich regelmaBig, daB die Injektionen von fotalem
Serum bei trachtigen Kaninchen „geringere oder schwerere
Krankheitssymptome verursachten“; wiederholten sie die intra-
venosen Injektionen nach einigen Tagen, so sahen sie dieselben
Krankheitserscheinungen in verstarktem MaBe. Das eben Ge-
sagte war der Fall bei trachtigen Tieren, wahrend nichttragende
Kaninchen auf die erste Einspritzung meist uberhaupt nicht
reagierten, auf eine nach 8 Tagen wiederholte Einspritzung
erkrankten sie ebenso wie die trachtigen Tiere. Die Krank¬
heitserscheinungen zeigten groBe Aehnlichkeit mit denen der
Anaphylaxie: daraus schlossen Lockemann und Thies, daB
die Eklampsie eine anaphylaktische Erkrankung sei, die hervor-
gerufen wird dadurch, daB der miitterliche Organismus wah¬
rend der Schwangerschaft durch eingedrungenes fotales EiweiB
sensibilisiert wird.
Versuche gleicher Art wie Lockemann und Thies an
Kaninchen haben Grafenberg und Thies an Meerschwein-
chen ausgefiihrt. Samtliche Versuchstiere erkrankten nach der
Injektion an „intensiven anaphylaktischen Erscheinungen und
gingen akut oder innerhalb 15 Stunden nach der wiederholten
Einspritzung zugrunde“.
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Bei den sezierten Tieren wurden Blutungen und Lungen-
biahungen gefunden, also Ver&nderungen, wie wir sie auch
beim Anaphylaxietod sehen. Eine toxische Wirkung war frag-
los vorhanden; es frSgt sich nur, ob die Folgerung von
GrSfenberg und Thies zu Recht besteht, daB die Gift-
wirkung im Serum der F8ten lag, Oder ob nicht andere Griinde
fiir den Tod der Tiere verantwortlich zu machen sind.
Die sofort wirkende toxische Dosis war etwas gr8Ber als
die beim Kaninchen zur Giftwirkung ben5tigte Serumdosis;
daraus folgerten Lockemann und Thies, daB das Meer-
schweinchen gegen das fotale Serum weniger empfindlich sei
als das Kaninchen. Eine Nachprilfung dieser quantitativen
Versuche hat bisher nicht stattgefunden, doch erscheint es
wenig wahrscheinlich, daB das Kaninchen bei einer Serumdosis
feiner reagieren soli als das hochempfindliche Meerschweinchen.
Fflr unsere Fragestellung ist dies ohne Belang, da ja
Gr&fenberg und Thies sagen, „daB auch das Meerschwein¬
chen durch die Schwangerschaft eine erhohte Empfindlichkeit
bekommt“. Grafenberg und Thies haben auch Versuche
bei nichttrachtigen Tieren ausgefiihrt; sie haben aber nicht
die akuten schweren Krankheitserscheinungen ausloseu konnen,
auch wenn sie ihnen eine viel hShere Dosis injizierten. Ein
einziges Tier ging zugrunde, bei dem die eingespritzte Dosis
5,3 °/ 00 seines Korpergewichtes betrug und bei dem es nicht
sicher war, ob es nicht doch am Beginn einer Schwanger¬
schaft stand.
Die Autoren haben damals noch grofien Wert auf die
Hohe der Dosis gelegt, wahrend diese ja nach den heutigen
Anschauungen fiber das Wesen der Anaphylaxie ziemlich be-
langlos ist. Nach der allgemeinen Anschauung kann man
sagen, daB jede noch so kleine Menge eines Antigens zum
Auslosen der Anaphylaxie geniigt. Im Widerspruch dazu steht
allerdings eine bis jetzt noch nicht widerlegte Angabe von
Scott 1 ). Er halt zur Auslosung der Anaphylaxie bei Ka¬
ninchen sehr hohe Dosen fur notwendig; fur die erste Ein-
spritzung empfiehlt er 5 ccm, ffir die Reinjektion 3 ccm. Der
1) Ich habe die Arbeit von Scott erst nach Abschlufi meiner Mono¬
graphic in der Literatur gefunden; sie ist dort nicht beriicksichtigt.
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 33
anaphylaktische Zustand soli nur vom 10. bis zura 20. Tage
voll ausgebildet sein, um dann wieder allmShlich zu ver-
scliwinden. Wenn die Versuchstiere nicht starben, so wurden
sie nur fflr wenige Tage antianaphylaktisch, zwischen 5. und
7. Tage nach der Reinjektion trat wieder der anaphylaktische
Zustand ein.
Dies Verhalten ist jedenfalls sehr merkwfirdig, es wurde
manches zur ErklSrung der Beobachtungen von Lockemann
und Thies beitragen. Weitere Versuche an Kaninchen er-
scheinen auf alle Falle notwendig.
Als Ergebnis ihrer Versuche an trfichtigen und nicht
trfichtigen Meerschweinchen haben Grfifenberg und Thies
festgestellt, dafi „1) das artgleiche Serum giftig wirken kann,
und daB 2) es besonders stark auf tr&chtige Tiere wirkt“.
Die weiteren Versuche fiber das Zunehmen der Giftigkeit vom
Serum mfitterlicher Tiere oder vom Menschen nach erfolgter
Geburt brauchen im Rahmen meiner Versuche nicht besprochen
zu werden, da keinerlei Zusammenhang besteht. Hingegen
will ich auf die Angabe von Grfifenberg und Thies hin-
weisen, daB bei Meerschweinchenversuchen das Serum trfich-
tiger Tiere bei anderen trfichtigen Tieren toxische Erschei-
nungen ausloste: wurde vom gleichen Serum eine Injektion
bei nicht trfichtigen Tieren vorgenommen, so vertrugen diese
sie vollkommen reaktionslos.
Meine Versuchstechnik.
Die ersten Versuche, die ich angestellt habe, liegen schon
lange zurflck und gehen bis auf das Jahr 1912 zurfick. Ich
hielt mich in der Technik im wesentlichen an die Angaben
von Lockemann und Thies.
Die jungen Kaninchen wurden durch Kaiserschnitt gewonnen, dann
wurde ihnen moglichst vor dem ersten Atemzug der Kopf abgeschnitten
und das herabtropfende Blut gewonnen. Bei dieser Art der Blutentnahme
tropft das Blut nur langsam herab. Man erhalt iramer nur geringe Mengen.
Es ist notwendig, durch streichende Bewegung das Tier etwas auszudriicken,
dadurch wird ja ohne Frage das Blut mit dem Gewebssaft gemischt, was
aber nach den fiber Anaphylaxie bekannten Tatsachen ffir den Ausgang
der Versuche belangloe sein mufl.
Zeltechr. f. bnmunltttsfonchung. Orlf. Bd. 81. 3
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In analoger Weise wie aus den FQten wurde auch das
Placentarblut gewonnen und getrennt aufgefangen. AuBer den
Versuchen rait fotalem und placentarera Serum habe ich
auch Versuche mit Serum von neugeborenen Kaninchen an-
gestellt, die einige Stunden gelebt batten. Ich habe dann
ferner im Jahre 1912 auch Versuche an Schafen angestellt;
durch die Liebenswfirdigkeit von Herrn Geheirarat Professor
Dr. Brandi war es mir mfiglich geworden, diese Versuche
im Pharmakologischen Institut der tierfirztlichen Hochschule
in Mfinchen auszufiihren. Da die Versuche zu keinem brauch-
baren Ergebnis gefiihrt haben, will ich sie hier ilbergehen
(vgl. meine Habilitationsarbeit).
DaB man bei der Serumgewinnung vollkommen aseptisch
arbeiten muB, ist selbstverstfindlich. Urspriinglich habe ich das
gewonnene Serum durch Tonfilter, und zwar durch Kitasato-
oder Berkefeldfilter, filtriert, urn sicher zu gehen, daB den
Tieren keine korpuskularen Elemente eingespritzt werden;
das war also eine Abweichung von den Versuchen von Locke-
mann und Thies. Diese Filtrierung bei den sehr kleinen
Mengen Serum ist auBerordentlich mflhselig und ich habe dann
weitere Versuche ohne Filtration angestellt. Da das Ergebnis
gleich, n&mlich negativ, blieb, habe ich in Zukunft tiberhaupt
auf die Filtration des Serums verzichtet. Die Einspritzungen
wurden trSchtigen und nicht trfichtigen Kaninchen meist intra-
venfis, in einigen Fallen aber auch intraperitoneal gegebeu.
Meine Versuche mit filtriertem Serum konnten vielleicht,
was ihren negativen Ausfall betrifft, in Frage gezogen werden.
Denn Moreschi und Golgi haben mit Anaphylatoxin nach
Filtration durch Chamberlandkerzen nur noch Fieber, aber
keine akuten Todesfaile mehr gesehen. Friedberger schlieBt
daraus, „daB entsprechend der starken Affinitat des Anaphyla-
toxins zu Tierkohle und Kaolin (Versuche von Friedberger
und Jerusalem und Sachs und Ritz) ein partieller Ver-
lust des Anaphylatoxins bei der Filtration durchaus verstaud-
lich scheint“ (zit. nach Friedberger). Bei mir handelt es
sich aber nur um wenige Versuche mit filtriertem Serum,
meist wurde das Serum nur zentrifugiert.
Ich werde hier im ganzen fiber 32 Versuche berichten,
will aber bemerken, daB ich natfirlich eine weit grfiBere Zahl
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Zur Klarung der fdtalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 35
von Versuchen ausgefuhrt habe, die jedoch aus irgendwelchem
Grunde nicht durchgefiihrt wurden Oder miBglfickten; ich liefi
sie daher ganz von der Besprechung aus, wobei ich aber er-
wShnen muB, daB niemals eines der Tiere erkrankte Oder starb.
Bezeichnung der Abkurzuugen:
F.S. = fotales Serum.
N.S. = Serum yon Neugeborenen.
P.S. = placentares Serum oder richtiger gesagt Placentarsaft, da es
e ben falls durch Ausdriicken der angeschnittenen Placenta gewonnen wurde.
Ich kann hier aus Riicksichten auf Raumersparnis nur
die Ergebnisse meiner Versuche besprechen und verweise ftir
diejenigen, die sich fiir Einzelheiten der Versuche interessieren,
auf meine Habilitationsschrift, in der sie eingebend beschrieben
sind. Es wurde
in 10 Fallen bei der 1. und 2. Injektion fdtales Serum einverleibt,
ft
5 „
ft
V
1. Injektion fotales + placentares Serum,
ft
ff
2 .
ff
fotales Serum,
ft
7 „
ft
ff
1 .
>»
fotales Serum,
ft
ff
2 .
ff
Neugeborenenserum,
»«
2 „
ft
ff
1 .
ft
placentares Serum,
ft
ff
2 .
It
Neugeborenenserum,
*>
1 Falle
»
ff
1 .
ft
fotales Serum,
>1
ff
2 .
ft
fotales + placentares Serum,
)>
3 Fallen
ff
1 .
ff
fotales 4 - placentares Serum,
ff
2 .
ft
placentares Serum,
ft
3 „
If
ff
1 .
ft
Neugeborenenserum,
ff
ff
2 .
ft
fotales + placentares Serum
eingespritzt.
Von alien Versuchstieren ist nur eines in der Nacht nach
der Einspritzung gestorben, so daB es gar nicht mehr zu einer
zweiten Injektion kam. Das Ergebnis meiner Versuche weicht
wesentlich von dem von Lockemann und Thies ab; von
einem Fall abgesehen, haben alle meine Versuchstiere, ganz
gleich, ob sie trachtig Oder nicht trSchtig waren, die Ein¬
spritzung vertragen, sie haben keinerlei Krankheitserschei-
nungen gezeigt und sind am Leben geblieben.
Betonen will ich, daB mit der allergroBten Sorgfalt darauf
geachtet wurde, daB die Tiere immer nur klares, gelbliches
Serum eingespritzt erhielten. Wurde beim Ansaugen des
Serums in die Pravazsche Spritze das Serum unklar oder ge-
3*
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triibt oder Blut beigemengt, so wurde von der intravenQsen
Einspritzung abgesehen und statt dessen das Serum intra-
peritoneal eingespritzt. Bei meinen Versuchen habe ich nur
ein Tier verloren. Es starb, nachdem erst Kaiserschnitt aus-
geftihrt und dann eine Seruminjektion gegeben worden war,
am Abend des gleichen Tages. Es hat sich hier sicher nicht
um eine anaphylaktische Reaktion gehandelt, das Tier bekam
gleich nach der Einspritzung einen Kollaps; der Tod ist ent-
weder darauf zurflckzuffihren, dafi die Injektionsfliissigkeit
zellige Elemente enthalten hat oder aber das Tier ist an den
Folgen der Operation zugrunde gegangen, es war die erste
Injektion, die das Tier bekam und an der es zugrunde ging;
die letztere Erklarung halte ich fiir die richtigere.
Eine Erklarung dieses Falles als Anaphylaxie ware nur
moglich, wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte,
daB eine Sensibilisierung wahrend der Sell wan gerschaft voraus-
gegangen sei. Diese ganze Theorie ist aber meines Erachtens
nicht haltbar, denn wenn wahrend der Sch wan gerschaft kind-
liches EiweiB in den miitterlichen Organismus eindringt, so
ist doch anzunehmen, daB dies dauernd geschieht und dann
kann keine anaphylaktische Sensibilisierung stattfinden. Wenn
bei einer ersten Einspritzung, wie in diesem Falle und in
einigen von Lockemann und Thies und Grafenberg
und Thies Krampfe aufgetreten sind, so kbnnen das nicht
anaphylaktische Erscheinungen gewesen sein. Denn zur Er-
zielung der Ueberempfindlichkeit miiBte zwischen dem Ein-
dringen der Giftstoffe in den miitterlichen Organismus und
dem Ausbruch der Krampfe mindestens ein Intervall von
etwa 10 Tagen liegen, wenn eine weitere Einfuhr desselben
Giftstoffes Krankheitserscheinungen auslosen sollte. Es miiBte
dann auch ohne Frage die Eklampsie, wenn man solche M6g-
lichkeiten voraussetzen will, auch in friiheren Zeitpunkten der
Sch wan gerschaft haufiger auftreten. Wenn man — immer von
der Voraussetzung ausgehend, daB fotales EiweiB iiberhaupt
giftig ist, was aber keineswegs bewiesen ist — ein Eindringen
von fbtalem Eiw§iB in den miitterlichen Organismus annimmt,
so muB doch wahrend der Schwangerschaft dieser Vorgang
sich aller Wahrscheinlichkeit nach haufiger wiederholen. Ware
dies der Fall, dann miiBte die Mutter in einem spaten Termin
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 37
der Graviditat nicht anaphylaktisch, sondern antianaphylaktisch,
d. h. unterempfindlich ist. Ein fortwShrendes oder haufiges
Eindringen von fotalem EiweiB in den miitterlichen Organis-
mus wiirde den Ausbruch einer anaphylaktischen Reaktion
unter alien UmstSnden verhindem.
Bei der Deutung von Krampfen und Tod der Versuchs-
tiere nach intravenosen Injektionen als Anaphylaxie m5ge man
immer auBerst vorsichtig sein. So habe ich in diesen Tagen
bei neuen Versuchen mit Seruminjektionen 2junge Kaninchen
von 1300 g und 1500 g innerhalb 5 und 15 Minuten nach
einer einmaligen intravenosen Injektion unter klonisch-tonischen
Krampfen verloren. Es war dem einen Tier 1,2 ccm, dem
anderen 3,0 ccm Serum einer Wochnerin vom 2. Wochenbetts-
tage injiziert worden, ein drittes, gleich grofies Versuchstier
hatte die Injektion von 3,0 ccm desselben Serums reaktions-
los vertragen. Von Anaphylaxie kann hier natiirlich gar keine
Rede sein.
Der Ausbruch der Eklampsie im Wochenbett nach der
Geburt von Kind und Placenta widerspricht jeder anaphylak¬
tischen Lehre; denn bekanntlich muB bei der Anaphylaxie
nach der Antigenzufuhr der anaphylaktische Anfall sofort auf-
treten. Ein spateres Auftreten von Krampfen gibt es nicht
Die Wochenbetteklampsien mussen also auf alle Falle von der
anaphylaktischen Theorie ausgenommen werden. Bei dieser
Gelegenheit will ich noch an den von mir im Jahre 1913 in
Jena beobachteten und veroffentlichten Fall erinnern, bei dem
die Eklampsie erst nach der wegen Uterusruptur vorgenom-
menen Totalexstirpation zum Ausbruch kam. Es sind solche
Falle meines Erachtens direkt beweisend gegen die anaphylak¬
tische Theorie.
Ich komme also bei meinen Versuchen an Kaninchen zu
vollkommen abweichenden Resultaten von Lockemann und
Thies. Eine Erkiarung hierfiir vermag ich nicht zu geben,
moglicherweise haben doch wesentliche UnterscKiede in der
Versuchstechnik vorgelegen.
Bei anaphylaktischen Versuchen steht man manchmal vor
einem Ratsel. Ich erwahne hier nur als Beispiel die Versuche
von Dorr und Pick, die Friedberger in seinem Kapitel
im Handbuch von Kraus und Brugsch, p. 918, erwahnt.
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Diese Autoren hatten ein Berkefeldfilter mit Normalmeer-
schweinchenserum 1 Stunde lang in den Thermostaten gestellt
und nachher filtriert. „3,5 ccm des Filtrates riefen einen
schweren Shock mit Lungenblfihung hervor“ (zitiert nach
Friedberger); mit Kieselgur versetzt, wurde mit einer In-
jektion von 3,75 ccm einmal schwerster Shock ausgelfist, in
einem anderen Falle kam das Versuchstier akut ad exitum.
„Wiederholungen ergaben minder gute (Dfirr und R. Pick)
oder ganz negative Resultate (Friedberger)“. Bei der Be-
urteilung anaphylaktischer Versuche muB man sehr vorsichtig
sein, denn wie Friedberger meinte, fallen die Versuche
negativ aus, wenn lange genug zentrifugiert wird. Ein Urteil
fiber diese Versuche vermag ich natfirlich nicht abzugeben,
es bleibt das immer Sache des Fachmannes. Es ist bei der-
artigen Versuchen unbedingt notig, die Technik ganz genau
anzugeben. Ich habe mich auch dessen bemtiht uud verweise,
was die genaueren Einzelheiten betrifft, nochmals auf meine
Habilitationsarbeit ! ).
Ich mochte nur nochmals die Aufmerksamkeit auf die
SchluBfolgerung von Lockemann und Thies lenken. Diese
Autoren sagen, „daB das ffitale Serum bei einmaliger Injektion
in der Mehrzahl der Versuche ohne nachteilige Wirkung war;
bei einzelnen Tieren traten jedoch leichtere oder schwerere
Vergiftungssymptome auf. Die Hfiufigkeit dieser Erscheinung
steigerte sich ganz bedeutend bei den nach etwa 8 Tagen vor-
genommenen zweiten Injektionen. Weitere Injektionen hatten
im allgemeinen keine steigernde Wirkung mehr. u Die Steige-
rung der Wirkung nach einer zweiten Einspritzung des gleichen
Serums veranlaBte die Autoren zu der Folgerung, daB die
ganzen Krankheitserscheinungen anaphylaktischer Natur seien;
sie glaubten an eine Analogie mit der Serumanaphylaxie und
verglichen die Erscheinungen mit denen, die man bei wieder-
holter Einspritzung artfremden Serums regelmaBig bekommt.
Nach einer ersten Injektion erkrankten bei den Versuchen
von Lockemann und Thies 32 Proz. der Tiere, nach wieder-
holter Injektion 64 Proz.; von den trfichtigen Tieren erkrank¬
ten 63 Proz. nach der ersten Einspritzung und alle nach
1) Bergmann, Miinchen 1920.
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Ekl&mpsie. 39
wiederholter Einspritzung. Die Reinjektionen erfolgten in der
Zeit vom 8. Tage bis zu 4 Wochen nach der ersten Ein¬
spritzung. Sehr wichtig ist die weitere Angabe, dad eine
wiederholte Einspritzung nach mehr als 4 Wochen keine Krank-
heitserscheinung bei den vorbehandelten Tieren mehr auszu-
losen vermochte.
Wenn eine ganze Reihe von Fallen von Lockemann
und Thies bei einer Reinjektion am 8. Tage todlich verliefen,
so mtissen wir dem entgegenhalten, dad nach den Versuchen
von Arthus die anaphylaktische Inkubationszeit bei Ver-
wendung von Pferdeserum als Antigen immer wenigstens
9 Tage dauerte; trat bei Einspritzung am 9. Tage Anaphylaxie
auf, so war sie sehr wenig ausgesprochen. Wenn man auch
einen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Pferdeserum
und fotalem Serum moglicherweise zugeben will, so doch kaum
in dem Sinne, dad das fotale Serum toxischer wirke als das
artfremde Pferdeserum. Dagegen sprechen jedenfalls die Unter-
suchungen von Hofbauer und von Esch, denn beide be-
zeichnen iniitterliches, fotales und placentares Eiweid als nahe
verwandt.
Wenn weiter Lockemann und Thies von 11 nicht
trSchtigen Tieren nach der Einspritzung 4 verloren haben, so
fehlt daftir eigentlich jede Erklarung, denn miitterliches, ffitales
oder placentares Eiweid stehen einander zu nahe, urn toxisch
wirken zu konnen. Von 11 trSchtigen Tieren verloren sie
nach der ersten Einspritzung 6, hier liede sich also die Ana¬
phylaxie nur ganz gezwungen durch die Annahme einer
Sensibilisierung in der Tragzeit erklSren, aber es spricht
nach den heutigen Anschauungen nichts fflr eine solche Er-
klSrung.
Einige Tiere haben erst bei der dritten oder vierten Ein¬
spritzung, die immer in einem Zeitintervall von 8 Tagen ge-
geben wurde, mit Krampfen reagiert, dies kann unmoglich
eine anaphylaktische Erkrankung gewesen sein, denn bei Ein-
verleibung eines anaphylaktischen Giftes in solchen Zwischen-
rSumen kbnnen die Tiere nach Ausbleiben einer Reaktion
durch die vorangegangenen Injektionen nur antianaphylaktisch
geworden sein. Es ist also aus diesen zuletzt besprochenen
Versuchen mit Sicherheit zu folgern, dad die Krankheits-
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erscheinungen nicht anaphylaktischer Natur waren. Das Auf-
treten einer Reaktion nach einer dritten oder vierten Ein-
spritzung gestattet also gleichzeitig den RiickscliluG, dad das
fbtale Serum nicht anaphylaktisierend fur das Muttertier wirkt.
Beim Menschen haben Versuche von Esch und From me
mit einer ersten subkutanen Injektion von eigenem fotalen
Serum und intravenoser Reinjektion nach 3 Wochen keinerlei
Reaktion ergeben.
Die Dosis von 2 ccm, die von Lockemann und Thies
bevorzugt wurde, ist ftir Anaphylaxieversuche eine auGer-
ordentlich hohe, nur Scott verlangt noch hohere Dosen.
Wenn einzelne Tiere nach der ersten Einspritzung „leich-
tere oder schwerere Vergiftungssymptome 41 darboten, so miiBte
das eingespritzte Serum primar giftig gewesen sein, wenn diese
Tiere nach 8 Tagen auf eine erneute Einspritzung wiederum
krank wurden. Das ist aber nicht anzunehmen, denn bei
primar giftigem Serum muGten moglicherweise weitere Ein-
spritzungen erhbhte Giftwirkungen ausgelost haben. Sicher-
lich ist die SchluBfolgerung nicht richtig, daG die verstarkte
Wirkung nach der Reinjektion nach 8 Tagen eine anaphylak-
tische Reaktion darstellte. Die Tatsache, daG die trachtigen
Tiere empfindlicher waren, beweist noch gar nicht eine voraus-
gegangene Gifteinwirkung durch fotales oder placentares Ei-
weiB, sondern es mogen irgendwelche Veranderungen wahrend
der Schwangerschaft die erhbhte Empfindlichkeit herbeigefuhrt
haben, deren Natur wir nicht kennen.
Wir wissen schon aus den Untersuchungen von Blum-
reich und Zuntz, daG bei trachtigen Tieren die Widerstands-
kraft gegen mancherlei Gifteinwirkungen nachlaBt, eine Beob-
achtung, die sich mir auch bei Serumversuchen an Meer-
schweinchen bestatigt hat. Auch beim Menschen gibt es solche
Erscheinungen, man denke nur daran, wie sehr die Toleranz
Hochschwangerer gegen Narkotika herabgesetzt ist; wenige
Tropfen Aether genugen ganz regelmaBig, um eine Gebarende
zu narkotisieren.
Wenn das schon Gesagte gegen die Auffassung der Krampf-
anfalle nach den Seruminjektionen als Anaphylaxie spricht, so
tut das vollends nach allem, was wir heute von der Eklampsie
wissen, die Tatsache, daB bei Reinjektionen nach mehr als
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Zur Klarung der fdtalen und placentaren Theorie der Eklampeie. 41
4 Wochen keine Reaktion auftrat. Diese Beobachtung
ist rait der ganzen Lehre von der Anaphylaxie absolut unver-
einbar, denn die Sensibilisierung halt fraglos sehr lange, viel-
leicht das ganze Leben hindurch an, ich erinnere nur an den
schon erwahnten Fall von einem Arzt in Brasilien, der nach
einer Reinjektion von Pestserum ein Jalir nach der ersten
Einspritzung zugrunde ging.
Versuche an Meerschweinchen.
Nachdem ich bei den Versuchen an Kaninchen zu einem
von den Untersuchungen von Lockemann und Thies ab-
weichenden Re$ultat gekommen war, erschien es mir von
Interesse, auch die analogen Versuche von Grafenberg und
Thies an Meerschweinchen nachzupriifen.
Von 6 trachtigen Meerschweinchen verloren sie alle nach
Einspritzung einer Dosis von 0,6—2,0 ccm des eigenen fStalen
Serums; auf das Gewicht des Versuchstieres berechnet, betrug
die Dosis 0,88—2,9 ccm pro Kilogramm, also fur einen ana-
phylaktischen Versuch eine ganz enorme Menge. Alle Tiere
kamen nach der ersten Injektion ad exitum, eines starb sofort
nach der Injektion, die (ibrigen gingen innerhalb 9—15 Stun-
den danach zugrunde. Bei 3 dieser Tiere traten nach der
Einspritzung Krampfe auf, in 3 Fallen wurde bei der Sektion
„Lungenbl&hung“ gefunden.
Von 5 nichttrSchtigen Tieren vertrugen 4 die Injektion
einer Dosis zwischen 1,25 und 3,0 ccm, nur eines .kam ad
exitum und zeigte als Sektionsbefund „Lungenblahung tt .
Ganz besonders beachtenswert sind die Versuche von
Grafenberg und Thies mit Injektionen von Serum trach-
tiger Meerschweinchen bei anderen trachtigen Meerschweinchen,
durch die sie ebenfalls regelmaBig anaphylaktische Erschei-
nungen hervorrufen konnten. Die injizierte Dosis betrug
3,0—8,0 ccm (= pro Kilo Korpergewicht berechnet 4,0—12,0
ccm). 4 Versuchstiere, denen 5,2 ccm oder mehr eingespritzt
worden waren, gingen zugrunde, nachdem sie zuvor abortiert
hatten. Diese Versuche wiirden von hochster Bedeutung auch
vom Gesichtspunkt der heute ublichen Blutinjektionen bei
Gebarenden werden konnen und erfordern unbedingt noch
eine weitere Nachpriifung an trachtigen und nicht-
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trachtigenTieren mitvergleichenden Injektionen
von defibriniertem Blut und von Serum in ver-
schiedenen Dosierungen. In Kontrollversuchen von
Gr&fenberg und Thies haben nichttrfichtige Tiere auf die
Injektion von 2,0—4,0 ccm (pro Kilogramm 5,7—20,0 ccm)
Serum tr&chtiger Meerschweinchen hin nur leichte rasch vor-
iibergehende Krankheitserscheinungen bekommen.
Eigene Versuche.
Auch hier muB ich wieder aus Griinden der Raumerspar-
nis auf meine Habilitationsarbeit verweisen und werde mich
im wesentlichen damit begniigen, eine kurze Zusammenfassung
der Versuchsergebnisse zu geben. Zun&chst mochte ich einige
BemerkuDgen zur Technik vorausschicken. Wahrend man beim
Kaninchen leicht und bequem in die Ohrvene injizieren kann,
muB man beim Meerschweinchen fur die Injektionen die Vena
jugularis freilegen, ein Eingriif, der den Tieren starke Schmerzen
verursacht; sie wehren sich infolgedessen dabei, und es miB-
lingt leicht die Injektion. Ich babe eine Reihe von Versuchen
derart ausgefiihrt, daB ich die Tiere narkotisierte, dann erst
die Vene freilegte und die Injektion vornahm. Wenn auch
anaphylaktische Erscheinungen niemals aufgetreten sind, so
will ich, einem Rate von Herrn Geheimrat v. Gruber fol-
gend, diese Versuche lieber weglassen, da man ja sonst
den Einwand erheben konnte, daB die Narkose das Auf-
treten der Anaphylaxie zu verhindern vermag. Ich habe dann
weitere Versuche in Lokalanasthesie ausgefiihrt und will nur
diese Versuche hier besprechen. Die Ausfuhrung der An-
asthesie ist sehr einfach, man braucht etwa 5 ccm einer V 2 -proz.
Novokain-Adrenalinlosung, mit der das Operationsgebiet in-
filtriert wird. Darauf wartet man einige Minuten und hat
den groBen Vorteil, daB das Tier ruhig halt und man die In¬
jektion bequem ausfiihren kann.
Das Meerschweinchen ist ein so auBerordentlich fein
reagierendes Tier, daB man meines Erachtens Krankheits¬
erscheinungen, wie Zittern, Zuckungen, Spriinge und Tem-
peraturabfall urn einige Grade, keine zu groBe Bedeutung zu-
sprechen darf; denn auf alle moglichen Eingriffe reagieren die
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampeie. 43
Meerschweinchen mit derartigen Krankheitserscheinungen, wie
einige meiner Versuche an mannlichen Meerschweinchen be-
weisen.
Ich habe zun&chst 4 Versuche an mittelgroBen mSnn-
lichen Meerschweinchen ausgefQhrt und diesen vorgew&rmte
Ringersche Losung in Mengen von meist 5 ccm bei der
ersten Einspritzung und 1,5—2 ccm bei der zweiten Ein-
spritzung einverleibt. Der Zeitraum zwischen erster und zweiter
Einspritzung betrug 50 Tage. Die erste Injektion wurde bei
diesen Tieren in Aethernarkose ausgefQhrt, die Reinjektion
dagegen in Lokalan&sthesie. Diese Versuche werden hier mit-
erwQhnt, weil, wenn uberhaupt, nur bei der zweiten Ein¬
spritzung anaphylaktische Erscheinungen zu erwarten gewesen
waren. Bei der ersten Einspritzung trat in alien Fallen ein
bedeutender Temperaturabfall um mehrere Grade ein, bis
zu 5°, beim Erwachen Zittern und Zuckungen, die ich in
diesen Fallen lediglich als Folge der Narkotisierung ansehe.
Bei der wiederholten Einspritzung sah ich in einem Falle
nur eine unbedeutende Temperatursenkung, bei den anderen
3 Tieren zeigte sich ein Temperaturabfall bis zu 6°, andere
Krankheitserscheinungen wurden nicht beobachtet. Wie ich
schon in meiner Habilitationsarbeit gesagt habe, bezeichnete
Herr Geheimrat v. Gruber die Wirkung der Reinjektion bei
Versuch No. 1 =0, bei Versuch No. 3 als in keiner Weise
typisch Oder beweiskraftig fQr Anaphylaxie.
In der Arbeit von Grafenberg und Thies habe ich
keine Angabe daruber gefunden, ob die Einspritzungen in
Narkose ausgefQhrt wurden oder nicht.
Ich habe nach der ersten Einspritzung in Narkose bei
den Versuchstieren noch mehr Erscheinungen gesehen als bei
den wiederholten Einspritzungen. Auf alle Falle erscheint es
mir bemerkenswert, daB nach Einspritzung einer auf Korper-
temperatur erwSrmten Ringerschen Losung, also einer voll-
kommen indifferenten Flussigkeit, die Tiere bereits einen Tem¬
peraturabfall von mehreren Graden zeigten. Es beweisen diese
Versuche, wie auBerordentlich vorsichtig man in der Beurtei-
lung allfallig auftretender Krankheitserscheinungen nach intra-
venoser Injektion sein muB.
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Die weiteren Versuche wurden an weiblichen Tieren vor-
genommen. In zwei Fallen habe ich den Tieren bei beiden
Einspritzungen placentares Serum ihrer eigenen Foten ein-
gespritzt. Naturlich wurde auch hier mit (auf 37 °) erwarmtem
Serum gearbeitet. Nach der ersten Einspritzung (in Aether-
narkose) habe ich auBer Temperaturabfall von 5,8 und 6,6°
in beiden Fallen m&Big starke KrSmpfe auftreten sehen. Nach
der zweiten Einspritzung habe ich beide Male ein Herunter-
gehen der Temperatur urn etwa 2° und im ubrigen tiberhaupt
keine Krankheitserscheinungen gesehen. Auch in einer Reihe
von anderen Fallen, die ich hier von der Besprechung aus-
schlieBe, habe ich regelraSBig Zuckungen und klonisch-tonische
Kr&mpfe gesehen, wenn die Tiere vorher narkotisiert worden
waren. Gerade deswegen erscheint es mir so sehr wichtig,
daB in den beiden nicht in Narkose ausgefiihrten Fallen diese
Erscheinungen ganz fehlten. Die geschilderten Erscheinungen
sind deswegen sicherlich nicht anaphylaktischer Natur ge-
wesen, denn dann miiBten sie bei der Reinjektion auf-
getreten sein.
Des weiteren habe ich in drei Versuchen trachtigen Meer-
schweinchen das Serum anderer trachtiger Meerschweinchen
eingespritzt. Urn ganz sicher zu geheu, ob die Tiere trachtig
waren, wurde immer Kaiserschnitt ausgefiihrt. Eines der Tiere
bekam nach dieser Operation am 4. Tage einen Abortus und
starb nach 6 Tagen. Die Einspritzung hatte es fast reaktions-
los vertragen. Durch die Sektion wurde erwiesen, daB die
Todesursache nichts mit Anaphylaxie zu tun hatte. Die Peri¬
toneum und Muskelschicht vereinigende Naht war aufgegangen
und das Tier hatte eine Darmgangran bekommen.
Die beiden anderen Tiere haben in einem Intervall von
48 Tagen zwei Einspiitzungen von mutterlichem Serum be¬
kommen und beide Einspritzungen gut vertragen. Es trat
lediglich eine Temperaturschwankung urn einige Grade ein.
Diese Tiere haben auf die Einspritzung hin nicht abortiert,
sondern die Tragzeit bis zum Ende durchgemacht und am
Ende der Tragzeit lebende Junge geworfen. Nach den Unter-
suchungen von Lockemann und Thies starben alle Meer¬
schweinchen, die melir als 5,2 ccm Meerschweinchenserum pro
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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklarapaie. 45
Kilogramra Korpergewicht eingespritzt erhalten hatten. Auch
bier stehen also meine Versuchsergebnisse im Widerspruch
zu denen von Gr&fenberg und Thies. Die Versuche No. 8
und 9 halte ich fur besonders wichtig, weil bei ihnen eine Re-
injektion von miitterlichemMeerschweinchenserum nach48Tagen
vorgenommen wurde. Wenn diese wiederholte Einspritzung
reaktionslos vertragen wurde, so glaube ich darin einen Be-
weis zu sehen, daB trSchtige Meerschweinchen durch das Serum
anderer tr&chtiger Meerschweinchen nicht anaphylaktisiert wer-
den. Es ist ja allerdings hier der Einwand moglich, daB das
zur zweiten Einspritzung verwendete Serum von einem anderen
Tiere stammte, als das bei der ersten Einspritzung gegebene
Serum, aber das Fehlen der Giftwirkung ist auf alle F&lle be-
achtenswert.
Hier ffige ich noch einige Versuche ein, die nach Ab-
schluB meiner fruheren Arbeit ausgefuhrt worden sind; es
wurde stets Serum von triichtigen Tieren anderen tr&chtigen
Tieren injiziert.
I. Versuche an Meerschweinchen.
Von einem trachtigen Meerschweinchen am Ende der Trigzeit werden
am 2. VII. 1920 8 ccm Blut entnommen und das Serum gewonnen,
15 Minuten zentrifugiert in einer Zentrifuge, die ca. 2100 Umdrehungen
pro Minute lauft (Serum No. 80).
1. Versuch: Meerschweinchen No. 28, nahe dem Ende der Trag-
zeit, 1030 g schwer, erhalt am 22. VII. 1920 intravenos in Lokolanasthesie
3,3 ccm Serum No. 80. Wohlbefinden; keine Krampfe. Graviditat geht
weiter.
2. Versuch: Meerschweinchen No. 23, Mitte der Tragzeit, 470 g
schwer, erhalt am 22. VII. 1920 intravenos 0,3 ccm Serum No. 80. Keine
Krampfe, Wohlbefinden. Am 3. VIH. 1920 1 ausgetragenes Junges ge-
worfen.
3. Versuch: Meerschweinchen No. 77, Mitte der Tragzeit, erhalt
am 12. VII. 1920 intravenos in Lokalanasthesie 3,0 ccm Serum (von
einem trachtigen Tier gewonnen). Wohlbefinden. Am 19./20. VII. wirft
es 3 unreife tote Junge.
4. Versuch: Meerschweinchen No. 78, Mitte der Tragzeit, erhalt
am 14. VII. 1920 intravenos in Lokalanasthesie 0,2 ccm Serum (wie im
3. Versuch). Wohlbefinden, Graviditat geht weiter.
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II. Versuche an Kaninchen.
Serum wird gewonnen von einem grofien Kaninchen am Tag nach
dem Wurf am 2. VII. 1920: Serum 90 l . 2 . Blutentnahme am 17. VII. 1920:
Serum 90 11 .
1. Verauch: Kaninchen No. 91, 1520 g achwer,
erhalt am 2. VII. 1,0 ccm Serum 90
„ „ 17. VII. 0,6 ccm Serum 90 n. Wohlbefinden.
2. Verauch: Kaninchen No. 92, 680 g achwer,
erhalt am 2. VII. 0,5 ccm Serum 90 J ,
„ „ 17. VII. 0,8 ccm Serum 90 H. Wohlbefinden.
3. Verauch: Kaninchen No. 93, 840 g achwer,
erhalt am 2. VII. 0,5 ccm Serum 90 t,
„ „ 17. VII. 1,2 ccm Serum 90 lr . Wohlbefinden.
Die Versuche beweisen, daB eine giftige Wirkung durch
Einspritzung von miitterlichem Serum bei einem anderen
trfichtigen Tier nicht ausgelbst wird. Dies gilt sowohl f(ir
Meerschweinchen wie ffir Kaninchen. Auch eine wiederholte
Einspritzung von Serum eines triichtigen Kaninchens bei einem
anderen trachtigen Kaninchen hat sich als unschfidlich er-
wiesen. Das Serum fur die wiederholte Einspritzung wurde
von demselben Tier entnommen, das inzwischen geworfen
hatte. Es ist also Serum von gleichen Individuen bei beiden
Injektionen verwendet worden. Irgendwelche anaphylaxie-
artige Erscheinungen sind nicht aufgetreten; die Tiere blieben
vollkommen wohl.
Zusammenfassung.
Bei alien Serumversuchen und bei alien Versuchen, die
sich mit der Frage der Anaphylaxie beschaftigen, ist die Tech-
nik der Versuche von allergroBter Bedeutung. Urn nur ein
Beispiel zu nennen, zitiere ich hier die Untersuchungen von
Lichtenstein fiber die Toxikologie der Placenta. Freund
hatte in einer Reihe von Versuchen Kaninchen nach Eiu-
spritzung von Placentarsaft regelmSBig zugrunde gehen sehen,
wenn die Einspritzungen intravenos erfolgt waren, w&hrend
auf subkutane und intraperitoneale Einspritzung hin keinerlei
Reaktion eingetreten war, dagegen fand Lichtenstein, daB
die Tiere nur zugrunde gingen, wenn der Placentarsaft durch
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Zur Klarung der fotalen und plaeentaren Theorie der Eklampsie. 47
Sieb No. 5 passiert worden war; nahm er ein feineres Sieb,
No. 6, so blieben alle Tiere gesund.
Die Folgerung von Freund, daB im Placentarsaft ein
Gift enthalten sei, und zwar ein filtrierbares Gift, war damit
widerlegt, die Verwertbarkeit seiner Versuche fiir die placentare
Theorie der Eklampsie hinffillig. Lichtenstein hat mit
seiner SchluBfolgerung sicherlich ganz recht, daB „die Tiere
nach Injektion von Zottentrfimmern, aber nicht nach Injektion
des Filtrates sterben u .
Wie also durch die Versuche von Lichtenstein die
placentare Theorie der Anaphylaxie widerlegt worden ist, so
glaube ich, daB durch meine hier geschilderten Versuche an
Kaninchen und an Meerschweinchen die theoretische Grund-
lage fiir die Auffassung der Eklampsie als Ueberempfindlich-
keitsreaktion gegen fotales EiweiB und placentares EiweiB
widerlegt ist. Es gibt offenbar keine Ueberempfindlichkeit
gegen ffitales und placentares EiweiB der gleichen Tierart.
Sowohl an Kaninchen wie an Meerschweinchen habe ich stets
gleichbleibende negative Resultate bei meinen Versuchen er-
zielt. Wenn ich zunachst darauf ausging, die Untersuchungen
fiber die Giftwirkung von arteigenem und fotalem EiweiB nach-
zuprflfen, so habe ich im Verlauf der Versuche auch Material
gegen die Auffassung vom Vorhandensein einer Ueberempfind¬
lichkeit gegen arteigenes, placentares EiweiB gewonnen. Ich
komme hier auf anderem Wege zu einer Uebereinstimmung
mit Lichtenstein.
Die rein spekulativ aufgestellte Theorie der Eklampsie
als anaphylaktische Reaktion gegen arteigenes, fotales Oder
placentares EiweiB muB endgfiltig fallen gelassen werden.
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50
E. Weil,
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Nachdruck verboten.
[Aus dem Hygienischen Institut der deatschen Universitftt inPrag.j
Kom plementbin d u ngs rersuche.
Von E. WeiL
(Eingegangen bei der Redaktion am 21. Juli 1920.)
Die Komplementbindungsreaktion gait in mehrfacher
Hinsicht als ein Prilfstein fQr die Richtigkeit der Ehrlich-
schen Seitenkettentheorie, da durch sie erwiesen schien, daB
nicht nur bei der HSmolyse, sondern auch bei jenen Antigen-
AntikOrperverbindungen, bei welchen eine sichtbare Wirkung
des Komplementes nicht nachweisbar war, dieses in den Pro-
zeB eingriff und verschwand. Der Schwund des Komplementes
wurde von Ehrlich und seiner Schule als Bindung desselben
an die komplementophile Gruppe des Ambozeptors, der mit
seiner cytophilen Gruppe an den Zellrezeptor verankert war,
gedeutet. Die Ansicht, daB die Vorbedingung fiir die Kom-
plementbindung die Verankerung der beiden haptophoren
Gruppen des Ambozeptors sei, fand keinen Widerspruch. Die
Entdeckung der freien Rezeptoren durch Neisser und
Shiga und die damit gewonnene Erkenntnis, daB die bin-
denden Gruppen der Bakterien in Losung gehen, spielte so-
wohl fiir die ErklSrung der Immunkorperwirkung im Reagenz-
glas, als auch fiir die Entstehung derselben im Organismus eine
grofie Rolle. Auch bildete die Vorstellung der freien Rezeptoren
die Grundlage fiir die Komplementbindungsversuche Was ser¬
in an ns und seiner Schiiler, die zur Entdeckung der Wasser-
mannschen Reaktion fiihrten.
Wir selbst haben im Jahre 1905 den Mechanismus der
Bakterienextraktwirkung (freie Rezeptoren) einer Analyse
unterzogen, konnten aber zu unserer groBten Ueberraschung
haptophore Gruppen in den Extrakten nicht finden. Dahin-
gegen aber war es uns moglich, den Nachweis zu fiihren, daB
die gelosten Bakterienstoffe gar nicht mit den bindenden
Gruppen der Agglutinine reagierten, sondern deren ffillende
Gruppe zerstorten, die Agglutinine in Agglutinoide uin-
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Komplementbindungaversuche.
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wandelten. In einer spateren Untersuchung wurde dann fest-
gestellt, daB die agglutinationshemraende Wirkung der Bak-
terienextrakte unspezifisch ist, und daB die Experimente von
Neisser und Shiga durch eine irrige Beurteilung der
Versuchsresultate zu dera Begriff der freien Rezeptoren ge-
fiihrt hatte. Denn die beiden Autoren hatten weder Bindungs-
noch Spezifitatsversuche angestellt, sondern einfach aus der
Tatsache, daB Typhusextrakte die agglutinationshemraende
Wirkung eines alten Typhusimmunserums aufhoben, den SchluB
gezogen, daB die freien Rezeptoren der Extrakte die Pro-
agglutinoide des Immunserums verankert und die Agglutinine
zur Wirkung gebracht haben. Vergegenwartigt man sich aber
die Versuchsanordnung von Neisser und Shiga, in welcher
Typhusbacillen, Typhusextrakt und Typhusimmunserum in der
VerdOnnung 1:10 aufeinanderwirkten, so wird es sofort klar,
daB das Immunserum den Extrakt ausgeflockt und eine Ag¬
glutination vorgetauscht hat. Es ist nicht ohne Interesse,
darauf hinzuweisen, daB dieser von uns aufgedeckte, ganz
klar zutage liegende Irrtum von den Anhangern der Theorie
der freien Rezeptoren noch nicht zur Kenntnis genoramen
wurde. Die irrige Versuchsanordnung von Neisser und
Shiga hatte aber noch die irrige Deutung zufolge, daB die
freien Rezeptoren mit einer groBeren Aviditat zu den Immun-
kbrpern ausgestattet sind als die fixen, da sie ja bei gleich-
zeitiger Anwesenheit mit den letzteren die Proagglutinoide
gebunden hatten, und auch diese Annahme wurde Gemeingut
der Immunitatslehre. Deshalb stand unsere Feststellung, daB die
„freien Rezeptoren* bindende Gruppen uberhaupt nicht besitzen,
in einem derartigen Gegensatz zur herrschenden Anschauung,
daB wir weitere ausgedehnte Versuche fiir notwendig hielten.
Am geeignetsten in dieser Hinsicht schien uns die Kom-
plementbindung, da uns zwei gleichwertige Antigene, der
Bakterienextrakt und die Vollbakterien zur Verfflgung standen,
und die Moglichkeit vorlag, die Bindungsfahigkeit beider ge-
trennt und vergleichend zu priifen. Diese Versuche lieferten
uns den Beweis, daB in der Mischung Extrakt und Immun¬
serum, auch dann, wenn durch Hinzufiigen des Komplementes
die Komplementbindungsreaktion bereits eingetreten war, eine
Verankerung zwischen Extrakt und Immunkdrper nicht zu
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konstatieren war, da die der Mischung hinzugefflgten Voll-
bakterien die Immunkbrper quantitativ vorfanden und ver-
ankerten. Der SchluB, den wir aus diesen Versuchen ziehen
muBten, war der, daB der gelQste Bakterienextrakt, welcher
sehr stark mit den komplementbindenden Immunkorpern
reagierte, diese Reaktion vollzog, ohne daB die von der Seiten-
kettentheorie geforderte Verankerung erfolgte. Dieseibe kam
erst dann zustande, wenn das Antigen in korpuskul&rer Form,
als Vollbakterien oder als Extraktprazipitat, vorlag. Sie war
nicht die Ursache des spezifischen Prozesses, sondern ein
sekundarer physikalischer Vorgang im Verlaufe desselben.
Wer unsere Arbeiten liest, der wird ersehen, daB wir
uns nicht leichtfertig zu diesem die ganze Auffassung der
Immunitatsreaktionen modifizierenden Schlusse verleiten lieBen,
daB wir alien Einwanden, die uns moglich schienen, experi-
mentell zu begegnen suchten und durch unsere Mitarbeiter
die Experimente in jeder Hinsicht erweitern lieBen. Wir
wollen jedoch auf alle diese Arbeiten bier nicht eingehen.
Aber den theoretisch moglichen Einwand, daB namlich
eine bestehende Extrakt-Immunkorperverankerung durch die
starkere Aviditat nachtraglich hinzugefiigter Bakterien leicht
und restlos gesprengt werden kann, suchten wir noch auszu-
schalten. Dieser Einwurf lieB sicli durch folgende Versuchs-
anordnung mit aller Sicherheit widerlegen. Eine Emulsion
von durch Kochen zur Gerinnung gebrachtem Serum ist nach
den Versuchen von Verf. und Spat befahigt, die EiweiB-
prazipitine in unspezifischer Weise zu adsorbieren. Da hierbei
spezifische Aviditaten nicht in Betracht kommen, so muBte
in dem zur Komplementbindung fiihrenden Serum-Antiserum-
gemisch, wenn eine spezifische Verankerung statthatte, der
nachtragliche Zusatz von geronnenem Serum ohne EinfluB sein.
Aber gerade das Gegenteil war der Fall, denn ebenso wie die
spezifischen Vollbakterien aus dem Extrakt-Immunserumgemisch
die komplementbindenden Antikorper, so entfernte das un-
spezifisch wirkende geronnene Serum aus dem Serum-Anti-
serumgemisch die Prazipitine quantitativ, ein sicherer Beweis,
daB in der von uns gewahlten Versuchsanordnung eine Ver¬
ankerung zwischen EiweiB und den spezifischen Antikorpern
nicht bestanden hatte.
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Komplementbindungsvereuche.
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Unsere Arbeiten haben bei den Anhfingern der Seiten-
kettentheorie nicht die Diskussion angeregt, die wir erwartet
haben. Nur H. Sachs hat gelegentlich der Besprechung der
Komplementbindung im Handbuch von Kolle und Wasser-
mann (Bd. II, 2) unseren Experimented resp. der Deutung
derselben eine Reihe von Einwanden entgegengestellt, die wir
im Nachfolgenden auf ihre Berechtigung priifen wollen.
Sachs bringt unsere Versuche in Analogic mit den be-
kannten Feststellungen von Morgenroth und seinen Mit-
arbeitern, welche gezeigt haben, daB H&molysine, welche
bereits an Zellrezeptoren gebunden sind, auf unsensibilisierte
Rezeptoren flberspringen konnen, und zwar um so intensiver,
je starker die Aviditatsdifferenzen der verschiedenartigen Re¬
zeptoren sind. Auf unsere Versuche bezogen, miiBte den an
den Vollbakterien haftenden Rezeptoren eine ungemein starke,
den Rezeptoren, welche in Ldsung gegangen sind, eine sehr
schwache Aviditat zukommen, denn es erfolgt ja in alien
unseren Versuchen eine vollkommene Desensibilisierung.
Wir sehen, daB schon hier ein Vergleich mit den Ergebnissen
Morgenroths nicht moglich ist, da dort eine Desensibili¬
sierung nur durch das Gegenspiel ganz verschieden-
artiger Rezeptoren zustaude kommt. Denn es werden Organ-
zellen desensibilisiert durch die Rezeptoren homologer Blut-
korperchen, und selbst in diesen Fallen konnte Morgenroth
nicht immer mit Bestimmtheit sagen, ob eine Sensibilisierung
der Organzellen, oder eine unspezifische Adsorption durch
dieselben vorgelegen hatte. Ein Ueberspringen auf homologe
Rezeptoren fand jedoch nur in geringem Grade statt, und
zwar in der Weise, daB bei mehrfacher Sensibilisierung meist
nur ein einzige lbsende Dosis iibergegangen war. Ein Ver¬
gleich mit unseren Resultaten ist ganz unzulassig, da die
Vollbakterien aus dem Extrakt-Immunserumgemisch stets so
viel Immunkorper verankerten, als ihrer Bindungskraft ent-
sprach, und der dem Immunserum beigemischte Extrakt nicht
anders wirkte als die Kochsalzlosung in den Kontrollen.
Allerdings hat Morgenroth gezeigt, daB der Ueber-
springungsversuch um so leichter gelingt, je hoher die Hlimo-
lysine erhitzt sind, und da in unseren Versuchen das Immun¬
serum auf 71° erhitzt werden muBte, so wfire der Einwand
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mSglich, daB dort die Verhaltnisse ganz besonders gflnstig
gelegen waren. Allerdings liegen auch Angaben vor, nach
welchen das Erhitzen gerade eine Avidit&tserhohung von Anti-
kdrpern bedingen soil. Trotzdem haben wir einen Versuch
mit unerhitztem Immunserum angestellt und geben in der
beifolgenden Tabelle das Resultat wieder.
Tabelle A.
Extrakt: 1 Agarkultur mit 2 ccm NaCl abgespiilt, 2 Std. auf 60°
erhitzt, dann klar zentrifugiert.
Altes Typhusimmunserum, 30 Min. auf 56° erhitzt. In einem Vor-
versuch wurde festgestellt, dafl das Immunserum nicht prazipitierte; im
Extrakt-Immunserumgemisch war die Eomplementbindung nach dem Zentri-
fugieren dee Gemisches ebenso stark positiv wie vor dem Zentrifugieren.
Extrakt
Immun-
serum
Hamolyse
0,1
0,1
0
Extrakt + Immun-
0,1
0,1
0,05
0,025
0
0
serum
0,1
o;oi
0
0,1
0,005
st.
Extr. + Immunser.
n. 1 Std. ‘/io Agar¬
kultur, Typnusbac.,
dann zentrifugiert
poo op
0,1
0.05
0,025
0,01
0,005
IT;
k.
»»
NaCl + Immunser.
n. 1 Std. Typhus,
! o,i
o,i
O 1
0,1
0,05
n 09 r
dann zentrifugiert '
und Extrakt
0,1
0,1
0,01
0,005
»
k
)1
Wir sehen auch hier dasselbe Ergebnis wie bei unseren
fruheren Versuchen mit Cholera; auch ist es gleichgiiltig, ob
das Immunserum im erhitzten oder unerhitzten Zustand ver-
wendet wird, denn in beiden Fallen fehlt eine nachweisbare
Verankerung zwischen komplementbindenden Immunkbrpern
und gelbstem Antigen.
Aus alledem geht hervor, daB die Ergebnisse Morgen -
roths in keinem Falle auf unsere Versuchsanordnung an-
wendbar sind, ganz abgesehen davon, daB Resultate, die bei
h&molytischen Ambozeptoren erzielt sind, nicht mit anti-
bakteriellen Immunkorpern anderer Natur (hier komplement-
bindende Antikbrper, dort Hamolysine) vergleichbar sind,
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Komplementbindungsversuche.
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zuraal wir ja wissen, wie die Aviditfitsverhfiltnisse bei ver-
schiedenartigen Antikorpern differieren.
DaB ein Ueberspringen von Antikbrpern in unseren
Versuchen fiberhaupt keine Rolle spielt, glaubten wir damit
nachzuweisen, daB von den sensibilisierten Bakterien auf den
unsensibilisierten Extrakt AntikSrper nicht iibergehen. Aller-
dings tritt hier der Ein wand von Sachs in Kraft, daB ein
Uebergang infolge der jetzt supponierten grSBeren Aviditfit
der Rezeptoren der Vollbakterien nicht stattfindet. Dabei
darf aber nicht vergessen werden, daB die Ehrlichsche
Schule bis zum Bekanntwerden unserer Versuche genau das
Gegenteil behauptet hat, woraus wir die Berechtigung zu der
eben erwfihnten Versuchsanordnung ableiteten. Es ist aber
klar, daB entsprechend der Grundidee der Ehrlichschen
Hypothese die Vorstellung, die Rezeptorenaviditfit sei von der
physikalischen Beschaffenheit des Antigens in so hohem MaBe,
wie es in unseren Versuchen scheint, abhfingig, keine Berech¬
tigung hat, insbesondere aber nicht in dem Sinne, daB zwischen
den beiden Gruppen des korpuskulfiren und des gelosten
Antigen eine so kolossale Aviditfitsdifferenz zugunsten des
ersteren bestehen sollte. Da nach der Anschauung Ehrlichs
die Bindung zwischen Antigen und Antikorper ein rein
chemischer Vorgang ist, so ware es unverstfindlich, warum
das geloste Antigen eine so viel schwfichere Aviditfit haben
sollte als das ungeloste, warum ein rein physikalisches
Moment die chemische Aviditfit in einem so stark positiven
Sinne beeinflussen sollte. Das Umgekehrte, das ja der ur-
spriinglichen Auffassung entsprach, wfire auch eher faBbar,
daB ein gelostes Antigen im chemischen Sinne besser wirksam
sei, als ein korpuskulfires.
Wir konnten auch nachweisen, daB hinsichtlich der spe-
zifischen Wirkung der Extrakt den Vollbakterien nicht nach-
steht, denn bei der gleichzeitigen Anwesenheit von Extrakt,
Immunkorper und Komplement ging das Komplement zu-
mindest in demselben, wahrscheinlich aber in viel stfirkerem
MaBe zum Extrakt, und da der Extrakt Immunkfirper nicht
bindet, so beweist gerade diese Versuchsanordnung mit aller
Sicherheit, daB die Bindungskraft des ImmunkSrpers fur das
Antigen mit seiner Wirkung auf dasselbe in gar keinem Zu-
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sammenhang steht. Der Einwand von Sachs, daB „bei der
Reihenfolge der Zusatze (erst Extrakt, dann Immunserum
and zuletzt Komplement und Bakterien) immerhin eine partielle
Reaktion zwischen Extrakt, Antikorper und Komplement statt-
gefunden haben kann, bevor eine starkere Aviditat der Bak¬
terien die Verankerung gesprengt hat u trifft aus dem Grunde
nicht zu, weil es sich hier einerseits nur uni Differenzen von
Sekunden handelte, und weil andererseits der wesentliche Faktor
das Komplement ist, welches zuletzt zugesetzt wurde und
gerade nach der Ansicht von Sachs zum groBten Teil von
den sensibilisierten Vibrionen hatte verankert werden mussen.
In Wirklichkeit aber tritt der Extrakt in erster Linie in
Reaktion, wohl deshalb, weil die spezifischen Stoffe in Losung
viel besser wirksam sind als im ungelosten Zustande, auch
wenn sie zur Verankerung nicht befahigt sind.
Es ist von Interesse, in welcher Weise Sachs unsere
oben erwahnten Adsorptionsversuche mit geronnenem EiweiB
deutet. Auch fur Sachs ist es klar, daB hier Aviditatsdiffe-
renzen keine Rolle spielen konnen; seine Ansicht geht viel-
mehr dahin, daB aus dem Serum-Antiserumgemisch durch
das geronnene EiweiB gar nicht der Antikorper entfernt
wurde, sondern ein sekundar entstandenes „antikomplementar
wirkendes Agens u , das neben der spezifischen Antigen-Anti-
korperverbindung wirksam ist. Wenn die Vorstellung von
Sachs zutreffen wiirde, dann ware eine einfache Erkiarung
fflr unsere Versuche gefunden, aber gleichzeitig wiirde das
unserer Argumentation ein schlechtes Zeugnis ausstellen.
Aber dieser Einwand zeigt uns, daB Sachs leider dasWesen
unserer diesbeziiglichen Versuche irrtiimlich aufgefaBt hat.
Denn unsere Versuchsanordnung ging ja gerade darauf aus,
jene sekundaren komplementbindenden Agentien, die auftreten
konnten, durch alle erdenklichen Kontrollen auszuschalten, und
insbesondere bei den Eiweifiadsorptionsversuchen wurde darauf
ein ganz besonderes Gewicht gelegt Wir zeigten, daB das
geronnene Serum nur den komplementbindenden Antikorper
adsorbiert, und daB es nach der Adsorption desselben — weil
es sich urn einen unspezifischen Vorgang handelt — selbst
nicht komplementbindend wirkt. Das sekundare
komplementbindende Produkt hatte jedoch, da es nach der
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Komplementbindungsversuche.
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Ansicht von Sachs mit dem EiweiBkoagulum entfernt worden
war, mit diesem zusammen das Komplement binden miissen.
Da nun aber das komplementbindende Agens sich nicht im
zentrifugierten Bodensatz findet, und doch aus der tiber-
stehenden Fliissigkeit verschwunden ist, in der flberstehenden
Fliissigkeit aber nur der komplementbindende Antikorper
fehlt, so ist der Ausfall dieser Versuche ganz eindeutig in
dem Sinne, daft das koagulierte EiweiB ausschlieBlich den
Antikorper adsorbiert hat. Aus alien diesen Versuchen ergibt
sich mit zwingender Notwendigkeit der SchluB, daB ein
spezifischesAufeinanderwirkenzwischen Antigen
und Antikorper statthaben kann, ohne daB die
von der Ehrlichschen Theorie geforderte Ver-
ankerung erfolgt.
Haben wir im Vorangehenden die Beziehungen des An¬
tigens zum Immunkorper auseinandergesetzt, so soil im
Nachfolgenden von der Wirkung des Komplementes auf sensi-
bilisierte Blutkorperchen die Rede sein. Nach den fast all-
gemein geltenden Anschauungen, die unter dem EinfluB der
Ehrlichschen Theorie stehen, wird die haptophore Gruppe
des Komplementes von der komplementophilen Gruppe des
Ambozeptors verankert und gelangt erst dadurch zur
Wirkung. Diese Vorstellung bereitete jedoch alien jenen
Autoren, welche unvoreingenommen die Funktion des Komple¬
mentes priiften, Schwierigkeiten. Bail war der erste, der
die experimentell in jeder Hinsicht gestutzte Ansicht SuBerte,
daB das Komplement bei der Bakteriolyse weder verankert
noch verbraucht wird, undLiefmann und Cohn haben far
die H&molyse dieselbe Tatsache festgestellt. Sowohl diese
beiden Autoren als auch Bail und Suzuki zeigten, daB der
Koinplementverbrauch bei der Hamolyse nicht durch dieselbe,
sondern nach derselben erfolgt (von Bail als meth&molytische
Reaktion bezeichnet). (Die gegen diese Arbeiten von Bordet
vorgebrachten Einw&nde sind aus dem Grunde nicht zutreffend,
weil sie dem Unterschied zwischen Kompleraentbindung und
Komplementwirkung nicht hinreichend Rechnung tragen.) Als
es durch die Versuche vonFerrata, Brand u. a. gelungen
war, das Komplement in zwei Anteile zu zerlegen (Mittel-
und Endstuck), war es naheliegend, zu prBfen, wie sich die
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beiden Anteile der Bindung gegeniiber verhalten, und als
Brand feststellen konnte, daB der Globulinteil (Mittelstfick)
von den sensibilisierten Blutkdrperchen verankert wurde, war
fflr das Mittelstiick des Koraplementes der Rezeptorencharakter
gesichert. Aber es zeigte sich bald, daB die Verh<nisse nicht
so leicht mit der Ehrlichschen Theorie in Einklang zu
bringen waren, da sowohl Braun als auch Liefmann und
Cohn den Nachweis fiihren konnten, daB einfc Bindung des
isolierten Mittelstiickes nur dann erfolgte, wenn die Blut-
kfirperchen exzessiv stark sensibilisiert waren. Liefmann
und Cohn haben jedoch den naheliegenden SchluB, daB bei
der HSmolyse weniger stark sensibilisierter Blutkdrperchen
eine Bindung des Mittelstiickes nicht erfolgt, nicht mit Sicher-
heit gezogen, sondern sie lieBen die Frage offen, ob bei An-
wesenheit des Gesamtkompiementes nicht doch die zur H&mo-
lyse notige Menge des Mittelstiickes verankert werde. Durch
die Entdeckung der 3. Komponente durch Ritz war eine
Reihe von weiteren Versuchen in dieser Richtung mdglich.
Bekanntlich macht das Cobragift das Komplement zur Hamo-
lyse unfahig, obwohl im Cobraserum Mittel- und Endstflck
vorhanden sind. Erst durch Zugabe von Meerschweinchen-
komplement, welches auf 54° erhitzt ist, tritt die HSmolyse
des Cobraserums wieder auf. Da jedoch die Erhitzung auf
54° sowohl das Mittel- als auch das Endstiick zerstdrt, so
muB das Cobragift die Fahigkeit besitzen, jenen Teil des
Komplementes isoliert zu inaktivieren, welchen das auf 54°
erhitzte Meerschweinchenserum enthalt, und das ist die
3. Komponente, welcher der Hauptanteil bei der Losung der
Blutkorperchen zukommt. Durch diese Feststeliung war nun
die Mdglichkeit geboten, die BindungsverhSltnisse des Gesamt-
komplementes, insbesondere aber der 3. Komponente zu stu-
dieren. Fur uns war die Bearbeitung dieser Frage deshalb
von Interesse, weil wir Gelegenheit hatten zur Prufung, ob
die von uns festgestellten Beziehungen zwischen Antigen und
AntikSrper, die nicht in einer Verankerung zum Ausdruck
kamen, nicht auch fiir das Komplement GOltigkeit haben.
Wir konnten nun zeigen, daB rote Blutkorperchen, die mit
der 2—5-fach losenden Menge des Immunserums sensibilisiert
und dann durch Komplement aufgeldst waren, nach Erhitzung
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auf 54° die 3. Koraponente vollkomraen intakt enthielten.
Durch die Verdfinnung des Lfisungsproduktes war sowohl ein
„Ueberspringen“ des Komplementes von den sensibiiisierten
Blutkorperchen als auch eine beschleunigende Wirkung des
Hamoglobins ausgeschaltet. Diese Versuche wurden von
Thorsch fur die 3. Koraponente des Schweineserums wieder-
holt, in jeder Hinsicht variiert, auch auf die Normalh&molysine
angewendet, jedoch nirgends auch nur der geringste Verbrauch
der 3. Komponente konstatiert. So liefern auch diese Ex-
perimente einen Beweis ftlr die Richtigkeit der Vorstellung,
daB ein Stoff, dem der Hauptanteil an der spezi-
fischen Wirkung zukommt, seine Funktion aus-
flben kbnne, ohne dabei verankert zu werden. Es
liegt hier, ebenso wie bei den Immunkorpern eine Analogic
zur Fermentwirkung vor, und wenn auch Sachs sich dahin
SuBert, „daB Ehrlich und Morgenroth von Anfang an das
Kompleraent als fermentartigen Stoff bezeichnet haben, ohne
sich aber direkt fiir die Fermentnatur auszusprechen“, so war
diese Ansicht in einem ganz anderen Sinne aufzufassen, denn
Ehrlich und Morgenroth haben stets an ihrer Grund-
anschauung festgehalten, daB das Koraplement bei seiner
Wirkung quantitativ verbraucht wird.
So sehen wir aus alien diesen Versuchstatsachen, daB
eine spezifische Wirkung von Immunkorper und Koraplement,
ohne daB es zu einer Verankerung beider Anteile zu komraen
braucht, statthaben kann, wodurch die Ehrlichsche Theorie,
deren Grundgedanke ihr ScbQpfer in dem Satze ausgedruckt
hat: corpora non agunt nisi fixata, ihrer wichtigsten Stiitze
beraubt ist. Es liegt niemandem ferner als uns, die groBe
Errungenschaft der Ehrlichschen Theorie fur die Immunitats-
lehre in Abrede zu stellen, denn wir konnten uns erst in der
jtingsten Zeit fiberzeugen, wie groB die Vorteile sind, welche
die Ehrlichsche Denkweise fflr das Verstfindnis komplizierter
serologischer Reaktionen bietet (Analyse der Fleckfieber-
agglutination). Wir leugnen auch nicht, daB an den Zellon
spezifische Gruppen vorhanden sind, welche rait den korre-
spondierenden Gruppen der Antigene eine Verankerung ein-
gehen, und wir haben vorderhand auch keinen Grund, in
Abrede zu stellen, daB die Verankerung die Vorbedingung
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ffir die spezifische Wirkung an den Zellen darstellt. Aber wir
wurden auf Grund unserer und unserer Mitarbeiter Experimente
zu dem SchluB gedrangt, daB dieselben Zellgruppen, wenn
ihnen die physikalischen Grundlagen fehlen, ohne verankert
zu werden, die spezifische Reaktion (Koraplementbindung)
ausfiben konnen. Fur diese Wirkungsweise kann die Ehr-
lichsche Theorie eine Erklarung nicht finden. Denn die
Einwfinde, die Sachs gegen unsere Experimente, die eine
physikalische Erklfirungsweise des Phanomens versucht haben,
vorgebracht hat, sind geeignet, unsere Ueberzeugung von der
Richtigkeit unserer Ansichten sehr zu verstarken. DaB das
Urteil, welches Sachs fiber unsere Versuche geffillt hat, nicht
der allgemeinen Auffassung entspricht, beweist der Ausspruch
Friedemanns fiber den gleichen Gegenstand: „DieWeil-
schen Versuche greifen an einer so grundlegenden Frage der
gesamten Immunitfitslehre an, daB sie das groBte Interesse
und einer recht umfassenden Nachprfifung bedtirfen.“
Wenn wir auch auBerstande sind, ffir die Wirkungsweise
des Immunkorpers auf geloste Antigene eine Erklarung zu
geben, sondern nur behaupten kfinnen, daB es auBer der Ver-
ankerung noch eine andere Art des Kontaktes geben muB,
welche eine physikalische Zustandsanderung der Art hervor-
ruft, daB es zu einem Komplementschwund kommt, so kann
doch unsere Feststellung anregend auf die weiter Forschung
wirken, welche erst dann mit Erfolg einsetzen kann, wenn
man sich von der Verankerungstheorie frei gemacht hat. Wenn
wir uns schon zu einer Zeit, wo die meisten Forscher nur
die sichtbaren Erscheinungen bei den Immunitatsreaktionen
als tatsachlich existierend angesehen und darauf eine Reihe
unrichtiger Theorien aufgebaut haben, von der Vorstellung
leiten lieBen, daB Mediumsveranderungen, die dem Auge ver-
borgen bleiben, vorhanden sein mfissen und die spezifischen
Immunitatsreaktionen einleiten, eine Ansicht, die heute ziem-
lich allgeraein verbreitet ist, so war diese Auffassung auf die
Deutung unserer oben erwahnten Experimente zurfickzuffihren.
Der Ansicht von Sachs, daB auch die Annahme einer Me-
diumsveranderung ffir das Zustandekommen der Komplement-
bindung ohne Verankerung „wenig gewonnen sein durfte“,
werden nur jene Autoren zustimmen, auf welche die richtung-
Origirval from
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Komplemcntbinduugsversuche.
C»1
gebenden Arbeiten von Landsteiner,Traube, Zangger,
Biltz u. a. ohne Eindruck geblieben sind. Im flbrigen hat
es den Anschein, als ob Sachs in der jilngsten Zeit in diesen
Fragen eine Wandlung durcbmacben wtirde, da er bezOglich
des Komplementschwundes bei der Wasser mannschen
Reaktion physikalische Momente gelten laBt. Allerdings bleibt
hier immer noch der Ausweg, daB die Was serin an nsche
Reaktion — unserer Ansicht nach zu Unrecht — nicht als
eine Antigen-Antikorperreaktion aufgefaBt wird. Aber trotz-
dem ist darait schon der erste Schritt getan zur Vorstellung,
daB die Komplementbindung auch bei spezifisch sensibilisierten
Antigenen durch physikalische Milieuveranderungen verursacht
wird. Die Vorstellung von Sachs aber, daB die durch den
Antikbrper bedingte und zur Komplementbindung fiihrende
MediumsverSnderung auch nach der Entfernung des Anti-
kdrpers bestehen bleiben muBte, ist jedenfalls irrig. Es ge-
niigt der Hinweis, daB die einmal eingetretene Agglutination,
welche sicherlich eine starke Mediumsveranderung bedingt,
sofort rflckg&ngig gemacht werden kann, wenn man z. B.
durch Erhitzen das Agglutinin zerstort (Desagglutiuation).
Es lieBe sich dafur eine groBe Menge von Beispielen anfuhren
(siehe Traube). Das ist ja gerade das wichtigste Ergebnis
unserer Versuche, daB die bloBe Anweseuheit des Anti-
korpers die Milieuveranderung, welche die Komplementbindung
zur Folge hat, verursacht, und daB der Antikorper so lange durch
das physikalisch andersartige (korpuskulare) Antigen entfernbar
ist, bis die Mediumsveranderung einen derartigen Grad er-
reicht hat, daB sie dem korpuskulSren Antigen gleicht (Pra-
zipitation) und selbst den Immunkorper verankert. DaB aber
nicht jede spezifische Ver&nderung des Antigens und auch
nicht jede zur Veranderung des Mediums fiihrende Anti-
korperwirkung eine spezifische Inanspruchnahme des Komple-
mentes hervorruft, werden wir in den nachfolgenden Aus-
fiihrungen zeigen.
Die komplementbindenden Antikbrper, die, von Bordet
und Gengou entdeckt, seither eine vielseitige Bearbeitung
erfahren haben, erregten in praktischer und theoretischer
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62
E. Weil,
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Hinsicht das Interesse haupts&chlich in dem Sinne, ob sie mit
einem der bekannten Immunkbrper (Agglutinin, Pr&zipitin,
Bakteriolysin) identisch sind, oder ob sie neben diesen Immun-
stoffen eine Sonderexistenz fflhren. Eine Reihe von Autoren,
welche dieser Frage ihr Augenmerk zugewendet haben, und in
vielen Fallen einen Parallelismus derselben mit den Aggutininen
resp. Prazipitinen sahen, identifizierten sie mit diesen. Da
aber andererseits oft auch eine Diskrepanz beider zu konsta-
stieren war, so schien dieser SchluB nicht vollkommen ge-
rechtfertigt, so daB bis heute diese Frage als unentschieden
gilt. Unsere Versuche, die sich in einer anderen Richtung
bewegen, beriihren jedoch auch, wie wir spater sehen werden,
diesen Teil der Frage. In der Arbeit von Verf. und Felix
fiber die Doppelnatur der Rezeptoren in der Typhus-Para-
typhusgruppe waren auch einige Koinplementbindungsversuche
angestellt worden, welche das iiberraschende Resultat ergeben
hatten, daB die von stabilen Rezeptoren erzeugten klein-
flockenden Agglutinine in auffallender Weise mit der kom-
plementbindenden Fahigkeit des Immunseruins parallel gingen,
wahrend fur die groBHockenden Agglutinine dies nicht zutraf.
Von dieser Beobachtung nahmen die nachfolgenden Experi-
mente ihren Ausgang. Technisch war die Entscheidung dieser
Frage aus dem Grunde leicht zu fiihren, weil wir im AnschluB
an die Feststellung von H. Sachs, welcher die Thermolabilitat
der H-Rezeptoren in der Proteusgruppe nachgewiesen hat,
durch Erhitzung der Bakterien (auf 100°) die labilen Rezep¬
toren nahezu vollstandig zersttfren konnten, so daB beim
Bindungsversuch ausschlieBlich die stabilen Rezeptoren wirkten,
die kleinflockenden Agglutinine verankerten und die groB-
flockenden nahezu intakt lieBen.
Bei den Erschopfungsversuchen haben wir auf folgenden Umatand
einen besonderen Wert gelegt: Wie wir friiher gezeigt haben, wirken ina-
besondere Extrakte aus Typhusbacillen in unspezifischer Weise zerstorend
auf die fallende Gruppe der Agglutinine, die sie in Agglutinoide um-
wandeln. Verwendet man zur Bindung die gesamte erhitzte Bakterien-
emulsion, so wirken neben den Bakterienleibern auch die Extraktstoffe auf
die Agglutinine und konnen sie in unspezifischer Weise zerstoren. Des-
halb wurden in alien unseren Versuchen die Emulsionen zentrifugiert, der
uberstehende Extrakt vollkommen entfernt, der Ruckstand eventuell noch-
mals gewaschen und erst dann zum Binduugsversuche verwendet Durch
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E. Weil,
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Wir entnehmen diesem Versuche, daB die Abschw&chung
der Komplementbindung in nahezu gleicher Weise erfolgt, ob
die Behandlung mit Typhus 60 0 oder Typhus 100 0 vorgenommen
wurde. Das, was die beiden Emulsionen in gleicher Weise
erschopfen, sind die kleinflockenden Agglutinine, wahrend die
groBflockenden durch Typhus 100° Uberhaupt nicht, durch
Typhus 60° aber aucli nur in geringem Grade gebunden werden.
Tabelle H.
Erschdpfung: 3 ccm der Verdiinnung 1:100 dee Immunserums 1
von Typhus werden mit je ‘/» Kolleschale von Ty 901, die 45 Minuten
auf 60°, resp. 2 Stunden auf 100° erhitzt wurden, behandelt.
Antigen: Angewendete Menge 0,1 der Aufschwemmung von Ty 901.
Serum-
verdiin-
nungen
Beh.
mit Ty 58“
Beh. mit Ty 100°
Uubehandclt
Kompl.-
Bindg.
Agglut.
Kompl.-
Bindg.
Agglut.
Kompl.-
Binag.
Agglut.
0,005
1 o
+ + 4- gr.u.kl.
0
iliW
0
+ + +
0,0025
Spch.
+ + gr.u.kl.?
0
0
+ + +
0,001
k.
—
Spch.
0
+ + +
gr.u.
00005
—
s. st.
+ + gr.
0
+ + +
kl.
0,0001
—
k.
4- + »
0
+ + +
0.00005
»)
—
+ + »
0
I + + +J
Serumkontrolle: 0,005 des mit Ty 100° erschopften Immunserums
ist durch die Behandlung selbsthemmend geworden.
Der im Vorangehenden mitgeteilte Versuch zeigt wiederum
eine starke Erschbpfung der komplementbindenden AntikOrper
durch beide Bakterienemulsionen. Die geringere Bindung
durch die auf 100° erhitzten Bakterien ist zum Teil darauf
zurtickzufilhren, daB das Immunserum selbsthemmend ge¬
worden ist. Bezflglich der Erschopfung der Agglutinine zeigt
aber dieser Versuch ein volliges Intaktbleiben der groBflocken¬
den durch die 100°-Bakterien, wahrend Typhus 60° diese
nahezu vollstandig verankert. Die kleinflockenden Agglutinine
aber werden von beiden Bakterienemulsionen in gleicher Weise
stark gebunden.
So laBt sich aus diesen beiden Versuchen, die mit mehreren
anderen hier nicht wiedergegebenen vollkommen iibereinstimmen,
der SchluB ziehen, daB die kleinflockenden Aggluti¬
nine mit den komplementbindenden Antikorpern
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Kornplementbindungsversuche.
65
in auffallender Weise Gbereinstimmen, w&hrend die
groBflockenden diesen Parallelismus nicht aufweisen.
Tabelle III.
Erschfipfung: 3 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums von
Paratyphus B mit je 7* Kolleschale von Paratyphus B, die 45 Minuten
auf 60° und 2 Stunden auf 100° erhitzt wurden, behandelt
Antigen: Angewendete Menge 0,1 von der Aufschwemmung von B 2.
Serum-
verdtin-
nungen
Beh.
mit Ty 60°
Beh. mit Ty 100°
Unbehandelt
Kompl.-
Binag.
Agglut.
Kompl.-
Binag.
Agglut.
Kompl.-
Binag.
Agglut.
0,01
o
+ + ±gr.u.kl.
0
+ + ±lgr. u.
0
+ + +)
0,005
Sp.
+ + gr.
Sp.
+ + ±j kl.
o
+ + + |
gr.u.
0,0025
m.
4-4- »
w.
+ + gr.
0
+ + + I
kL
0,001
st.
4-4- tt
m.
+4- „
0
+ + ±
0,0005
f.k.
++ ii
st.
+ 4“ n
0
+ + ± gr. u.
kL?
0,00025
k.
+ + V
f.k.
+ + >y
0
+ +
gr-
0,0001
ft 1
k.
+ + i>
st.
+ +
ft
Serumkontrolle: 0,01 des mit B 100° erschopften Immunserums ist
durch die Bebandiung selbsthemmend geworden.
Der vorangehende Versuch, mit einem Immunserum von
Paratyphus B angestellt, zeigt im Prinzip dasselbe Resultat,
wenn auch die Abschw&chung durch die Bakterienbehandlung
keine sehr starke ist. Immerhin aber binden die B 100°
mindestens 4 /s der komplementbindenden Antikorper.
TabeUe IV.
Erschopfung: 2 ccm 1:10 des Immunserums von Paratyphus A mit
je V, Kolleschale von A 7* Stunde auf 60° und l 1 /, Stunde auf 100° be¬
handelt.
Antigen: Angewendete Menge 0,1 der 100°- und 60°-Aufschwemmung.
In diesem Versuche wird die Komplementbindung auch mit der auf 100°
erhitzten Aufschwemmung als Antigen ausgefiihrt.
Serum-
verdiin-
nungen
Beh. mit A 60°
Beh.
mit A 100°
Unbehandelt
A
60° |
A 100°
A 60°
A 100°
A 60° |
A 100°
K. |
Aggl.
K.
K.
Aggl-
K.
K.
Aggl.
K.
0,02
m.
+ +
m.
Sp.
+ + ±
w.
0
+ + +
0
0,01
0,005
f.k.
+ +
f.k.
f.k.
+ + ±
f.k.
0
+ + +
0
k.
k.
k.
+ + ±
k.
0
+ + +
0
0,0025
—
+ + +
0
+ + +
0
0,001
—
+ + +
f.k.
+ + +
f.k.
0,0001
.
+
+ +
•
ZolUchr. f. ImmuDiUUfor»chun«. Orig. Bd. SI.
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E. Weil,
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Dahingegen ergibt der vorangehende Versuch, der mit
einem Kaninchenimmunserum von Paratyphus A angestellt
wurde, wieder ein vollkommen eindeutiges Resultat. Hier
wurde nicht nur die Erschopfung, sondern auch die Kom-
plementbindung mit A 100° vorgenommen, mit dem Resultate,
daB die 100°-Bakterien genau in derselben Weise wie die auf
60° erhitzten die komplementbindenden Antikorper verankert
haben, und die ihrer labilen Rezeptoren beraubten gekochten
Bakterien quantitativ in derselben Weise Komplement binden,
wie die auf 60° erhitzten Bakterien. Die groBflockenden Ag-
glutinine aber bleiben nach der Behandlung mit A 100° un-
versehrt und werden von A 60° vollkommen gebunden. Eine
Wirkung der groBflockenden Agglutinine fur die Komplement-
bindung ist hier iiberhaupt nicht zu konstatieren.
Wahrend in den vorangehenden Versuchen die labilen
Rezeptoren durch Erhitzen auf 100° zerstort wurden, wodurch
ein Vergleich der isolierten groBflockenden Agglutinine mit
den komplementbindenden Antikorpern moglich war, wurde
in den nachfolgenden Experimenten die Erschopfung der
Immunsera mit einem Keim vorgenommen, welchein die labilen
Rezeptoren von vornherein fehlten. Wie die Untersuchungen
von Verf. und Felix gezeigt haben, besitzen Typhus- und
Gkrtnerbacillen gemeinsame stabile Hauptrezeptoren und unter-
scheiden sich nur durch die verschiedenen labilen Rezeptoren
resp. groBflockenden Agglutinine. Dieser Nachweis war da-
durch erbracht worden, dafl Typhusimmunsera, die mit Gartner-
bacillen und G&rtnerimmunsera, die mit Typhusbacillen be-
handelt waren, nur die kleinflockenden Agglutinine verloren
haben. Dieselben Versuche, auf Komplementbindung tiber-
tragen, muBten, wenn die komplementbindenden Antikorper
in erster Linie mit den kleinflockenden Agglutininen parallel
gehen, ergeben, daB Typhus- Oder G&rtnerimmunsera mit den
heterologen Bakterienst&mmen erschbpft, auch ihrer komplement¬
bindenden Fahigkeit beraubt werden. (Siehe Tabelle V.)
Dieser Versuch (p. 67) ergibt das klare Resultat, daB der
G&rtnerbacillus dem Typhusimmunserum seine komplement-
bindende Kraft und gleichzeitig seine kleinflockenden Agglu¬
tinine nimmt, wtlhrend er die groBflockenden Agglutinine
nicht angreift.
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Komplementbindungsvereuehe.
67
Tabelle V.
Erechopfung: 2 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums 1 von
Ty werden mit */, Kolieschale von Gartnerbacillen behandelt.
Antigen: Angewendete Menge 0,1 von Typhus und Gartner.
Serum-
verdiin-
nungen
Unbehandelt
Ty 901
G 2
Ty 901
G 2
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
0,005
0
+ + + gr. u.kl.
0
+ + kl.
0
+ + + ,
+ + + gr.u.kl.
+ + + ’
0
+ + + kl.
0,0025
Sp.
+ + ± gr.
w.
+ 11
0
0
+ + + ,i
0,001
k.
+ + ± i,
k.
0
0
+ + + ii
0,0005
+ + ± »
—
0
0
+ + + ii
0,00025
+ + ± i)
„
—
0
+ + ±l gr. u.
0
+ + + „
0,0001
11
+ + 11
11
—
0
+ + ±| kl.?
0
+ + i n
Im folgenden Versuche wurde das Typhusimmunserum
vergleichend mit Typhus- und Gartnerbacillen behandelt.
Tabelle VI.
Erschopfung: 3,5 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums 1
von Ty werden mit je 3 Agarkulturen von Ty 901 und Gartner (G 2)
behandelt.
Antigen: Angewendete Menge von Ty 0,15 von G 0,1.
Serum-
verdiin-
nungen |
Behandelt mit Typhus
Behandelt mit Gartner
Unbehandelt
Ty 901
G 2
Ty 901
G 2
Ty 901
G 2
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Aggl.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
0,005
0
+ + + | gr
+ + + lu
++±|ki?
+ + i' •
Sp.
+ + ± kl.
0
Sp.
+ kl.
0
+ + +
0
+ + + kl.
0,0025
Sp.
>J
0
+ + +lu
—
0
+ + +
gr-
0
+ + 4- f9
0,001
>»
k.
—
Sp.
+++ ki
m.
_
o
+ + +
'll.
0
4* ++
0,0005
W.
—
m.
+ + + Jkl-
k.
—
0
+ + +
kl.
0
4-4-4- v
0,00025
8t.
+ + gr.
—
s.st.
+ + ± gr.
—
0
+ + +
o
+ + ..
0,0001
k.
+ + 1 >
—
k.
+ 4- ,i
—
0
+ + lgr. u.
m.
—
0,00005
+ + »
—
0
+ + I kl.?
k.
—
0,000025
>»
—
—
J >
—
Sp.
—
11
—
0.00001
••
—
—
—
»»
—
w.
—
11
—
Dieser Versuch ergibt neben der sonstigen Ueberein-
stimmung mit dem vorangehenden das Resultat, daB nicht nur
die Gartnerbacillen, sondern aucli die Typhusbacillen die kom-
plementbindenden Stoffe fur Gartner etwas starker binden als
die fur Typhus. Dies hangt in erster Linie damit zusammen,
daB das Typhusimmunserum auf Typhus deutlich starker kom-
plementbindend wirkt, als auf Gartner. DaB jedoch daraus
nicht auf eine Verschiedenheit der komplementbindenden Anti-
korper fflr beide geschlossen werden kann, lehrt der folgende
Versuch.
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E. Weil,
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Tabelle VII.
Erschfipfung: 1,5 ccm der Verdiinnung 1:10 des Immunserums
Gartner wird mit je */, Kolleschale Ty 901 zweimal hintereinander be-
handelt.
Antigen: Angewendete Menge 0,15 Ty 901 und G 2.
Serum-
verdun-
nungen
Mit Ty behandelt
Unbehandelt
Ty 901
G 2
Ty 901
G 2
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
0,005
0
0
+ + ± gr.u.kl.
0
+ + + kl.
0
+ + + 1
+ + + gr.u.kl.
+ + + I
0,0025
St.
—
st
+ + ± gr.
0
+ + + ii
0
0,001
k.
—
k.
+ + ± ii
0
+ + + „
0
0.0005
tt
—
+ + ii
0
+ + + ii
0
+ + ±gr.u.kl.?
0,00025
—
+ + yy
0
—
st
+ + gr.
0,0001
it
—
it
m.
—
k.
+ ft
Denn wir entnehmen daraus, daB auch das Gartnerimmun-
serum mit Typhusbacillen starker Komplement bindet, als mit
dem homologen Stamm, was nur darauf zurQckgefiihrt werden
kann, daB die hier verwendeten Typhusbacillen ftir Kom-
plementbindung empfindlicher sind als Gartnerbacillen, nicht
aber darauf, daB spezifische Differenzen eine Rolle spielen.
Sonst stimmt dieser Versuch mit dem fruheren iiberein, da
Gartnerbacillen die Komplementbindung des Gartnerimmun-
serums in derselben Weise gegen Typhus wie gegen den
homologen Stamm abschwachen. Auf die Wiedergabe einer
Reihe gleichartiger Versuche, die alle zu demselben Ergebnis
gefflhrt haben, verzichten wir.
Die aus den vorangehenden Versuchen sich ergebende,
nahezu vollkommene Uebereinstimmung der kleinflockenden
Agglutinine mit den komplementbindenden Antikorpern konnte
noch von einem anderen Gesichtspunkte auf ihre Richtigkeit
gepriift werden. Nach den Beobachtungen von Verf. und
Felix schwinden aus agglutinierenden Immunseren, welche
klein- und groBflockende Agglutinine enthalten, die ersteren
viel friiber als die letzteren, insbesondere dann, wenn die
Immunsera ihre Sterilitat verloren haben. Alte, kaufliche
Immunsera der Typhus-Paratyphusgruppe besitzen bei voller
Intaktheit der groBflockenden Agglutinine die kleinflockenden
oft nur in Spuren. Diese schienen zu unserer Untersuchung
geeignet, denn sie muBten trotz starker Agglutination der
komplementbindenden Kraft verlustig geworden sein, oder sie
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Komplementbindungaversuche.
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nur in einera Grade besitzen, die zur Starke der Agglutination in
keinem Verhaltnis steht.
Tabelle VIII.
Ty Immunsera 1 ein selbsthergestelltes frisches Immunserum.
Ty Immunsera 3 und 6 alte kaufliche Immunsera.
Antigenmenge: 0,15 von Ty 901.
Serum -
verdiin-
nungen
Ty-Immunserum 1
Ty-Immunserum 3
Ty-Immunserum 6
K.
Agglutination
K.
Agglutination
K.
Agglutination
Ty 901
Q 2
Ty 901
i—1
3
G 2
Ty 901
G 2
0,02
0
.
m.
+ + +
I gr-
+ 4- kl.
0
+ + +
1
+ ++ kl.
0,01
0
.
+ + + kl.
k.
+ + +
f u ‘
4- n
0
+ + +
gr-
+ + + ,,
0,005
0
+ + + >,
n
+ + +
f kl.?
0
+ + +
u-
+ + + „
0,0025
0
.
+ + + >i
II
+ +
gr-
—
0
+ + +
kl.
+ + + n
0,001
o
+ + +1
+ + + ,>
+ +
II
—
w.
+ + +
)
+ + + „
0,0005
0
+ + +
gr.
+ + + ,,
+ +
II
k.
+ +
gr-
+ + >i
0,00025
0
+ + +
u.
+ + ,i
+ +
«l
II
+ +
II
0,0001
0
+ + +
kl.
+ +
||
+ +
II
—
0,00005
0
+ + +
+ +
II
a
+ +
.
0,000025
Sp.
+ + gr-
.
+ +
II
.
+ +
II
•
0.00001
w.
+ +
»*
•
+ 4-
l»
.
+ +
II
•
Wenn wir in dieser Hinsicht die drei vorangehend rait-
geteilten Typhusimmunsera vergleichen, so finden wir bei alien
eine auBerordentlich starke Agglutination, die einen Titer von
1:100000 und darflber aufweist, und doch verhalten sie sich
betreffs der Komplementbindung absolut verschieden, da
Immunserum 1 bis 1:100 000, Typhusimraunserum 6 bis 1:1000
und Typhusimmunserum 3 nur schwach bei 1:50 Komplement
bindet. Wahrend bei letzterem kleinflockende Agglutinine bei-
nahe vollig feblen, sind sie bei den beiden anderen Immun-
seren, wie die Titration mit G&rtner zeigt, vorhanden.
Von Interresse ist auch das Uebergreifen der beiden
komplementbindenden Immunsera auf Paratyphus A und B.
Tabelle IX.
Antigenmenge: 0,1 von A und B.
Serum-
verdiin-
nungen
Ty-Immunserum 1
Ty-Immunserum 6
Paraty A
Paraty B
Paraty A
Paraty B
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
0,01
0
+ + + kl.
0
+ + + kl.
0
+ + + kl.
0
+ + + kl.
0,005
0
+ + + ,,
0
+ + + „
0
+ + + „
8p.
+ + + »
0.0025
0
+ + + ,,
0
+++ .,
m.
+ ||
m.
4-4- ii
0,001
0
4-4- n
0
+ + + »
f.k.
f.k.
+
0,0005
Sp.
4: II
w.
+ + »
k.
—
k.
—
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70
E. Weil,
Wie dieser Versuch zeigt, geht die Komplementbindung
und kleinflockende Agglutination hier parallel.
Vollkommen analog den Typhusimmuuseren verhalten sich
die nachfolgenden G&rtnerimmunsera.
Tabelle X.
Gartner-Immunserum 35 ist ein selbsthergestelltes, Immunsera Gart¬
ner 27 und 28 aind alte kaufliche.
Antigenmenge: 0,15 von Ty 901 und G 2.
Serum-
verdun-
nungen
Gartner-Immunserum 35
Gartn.-Immuns. 27
Gartner-Immunserum 28
G 2
Ty 901
G 2
Ty 901
G 2
Ty 901
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
AggL
K.
Agglut.
K.
Agglut
0,01
0
+ + +
0
+ + + kl.
k.
+ + gr.
—
0
+ + + gr.u.
kl.
+ + gr.
0
+ + + kl.
0,005
0
+ + +
gr.
0
+ + + „
11
4 " 4 " 11
_
W.
0
+ + + i.
0,0025
0
+ + +
kl.
0
+ + + »
+ + 11
—
f.k.
4 - 4 - ii
0
+ + +
0,001
0
+ + +
0
+ + + „
+ 11
—
k.
4 -
w.
+ + + ii
0,0005
Bp.
+ + +
0
+ + + »
4 - ii
.
4 - ii
k.
+ + + ii
0,00025
k.
+ +
gr-
Sp.
+ + + II
+ a
.
4 - ii
11
11
0,0001
H
4 * +
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Immunserum 35 wirkt stark komplementbindend auf
G&rtner und noch starker auf Typhus, was sich auch in der
kleinflockigen Agglutination auBert, ebenso verhalt sich Immun¬
serum 28. Immunserum 27, welches auf Typhus iiberhaupt
nicht kleinflockig agglutinierend wirkt, bindet weder mit Typhus-
noch mit Gartnerkomplement, obwohl letzterer bis 1 :10000
groBflockig agglutiniert wird.
Tabelle XI.
Samtliche Immunsera sind alte kaufliche Sera von Paraty A (resp. B).
Antigenmenge: 0,15 bei alien Stammen.
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Die vorangehenden 4 Immunsera von Paratyphus A und
ein Immunserum von Paratyphus B, die ausnahraslos sehr
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Komplementbindungsversuche.
71
stark, allerdings nur groBflockig agglutinierend wirken, lassen
eine Komplementbindung selbst in der starken Konzentration
von 1:50 nicht erkennen.
Wir wollten uns noch uberzeugen, ob nicht das Altern
der Sera allein die Ursache darstellt, warum die komplement-
bindende Kraft verloren geht und nicht der Verlust der klein-
flockenden Agglutinine. Wir haben deshalb jene Immunsera,
die in der Arbeit von Verf. und Felix genauer beschrieben
sind und zur Zeit der jetzigen Prufung monatelang ini Dunkeln
aufbewahrt und klar geblieben waren, gepruft. Gleichzeitig
wurde in diesem Versuche die in Tabelle X und XI an-
gefuhrten Sera einer nochrnaligen Untersuchung unterzogen,
um ein moglichst groBes Vergleichsobjekt zu besitzen (siehe
Tabelle XII auf p. 72).
Dieser Versuch zeigt, daB bei alien Seren, bei welchen
die kleinflockenden Agglutinine noch erhalten waren, auch die
Komplementbindung vorhanden ist (Immunserum 28, 29, 30),
bei jenen aber, deren kleinflockende Agglutinine zugrunde ge-
gangen waren (Immunserum 31, 32), auch die Komplement¬
bindung fehlt, ebenso wie bei jenen Immunseren, deren Prii-
fung hier wiederholt wurde. Auffallend und zunfichst unver-
standlich ist die Tatsache, daB die Typhusimmunsera 29 und 30
bei starker Komplementbindung mit dem homologen Stamm
mit GSrtner unwirksam sind. Dies wurde mit unserer An-
sicht, daB die kompleinentbindenden Antikorper mit den klein¬
flockenden Agglutininen, welche nach den Feststellungen von
Verf. und Felix bei Typhus und Gartner identisch sind,
parallel gehen, im Widerspruch stehen. Aber wir sahen be-
reits, daB ein alteres G&rtnerimmunserum 28 (Tabelle X) mit
Typhus 5-fach starker Komplement bindet, als mit dem eigenen
Stamm, und auch aus friiheren Versuchen geht dieselbe Tat¬
sache hervor. Es braucht also der Umstand, daB ein Typhus-
immunserum mit Gartner nicht Komplement bindet, nicht gegen
die Identitat der komplementbindenden Antikorper beider zu
sprechen, sondern kann in der mehrfach erwahnten besseren
Eignung des Typhus zur Komplementbindung liegen. Wir
kommen spater noch auf diese Erscheinung zuriick. DaB
Typhusbacillen hier viel starker kleinflockig agglutiniert werden
als Gartner, hangt mit der auBerordentlich starken Empfind-
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72
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Tabelle XU.
Komplementbindungsversuche.
73
lichkeit dieses Typhusstammes gegenfiber den kleinflockenden
Agglutininen zusaramen (siehe die Arbeit von Verf. und
Felix).
Wie die mehrfach erwahnten Untersuchungen von Verf.
und Felix ergeben haben, sind die Mitagglutinine, von ver-
einzelten Ausnahmen abgesehen, kleinflockend, und es war zu
erwarten, daC die Kompleraentbindung in dem MaBe, als Mit¬
agglutinine vorhanden sind, auf die verwandten Bakterienarten
flbergreift. Urn dies festzustellen, wurden Immunsera der
Typhus-Paratyphusgruppe erzeugt (durch 3malige intravenose
Injektion einer Oese auf 60° erhitzter Bakterien) und die
Natur der Agglutinine und die Komplementbindung ver-
gleichend gepruft. In diesen Versuchen wurden die zur Kom¬
plementbindung benutzten Emulsionen lebend untersucht, urn
sie derselben Beeinflussung durch das Immunserum auszu-
setzen wie die zur Agglutination verwendete Aufschwemmung
(siehe Tabelle XIII auf p. 74).
Dieser Versuch zeigt zun&chst hinsichtlich der Komple¬
mentbindung die starke Mitreaktion des Typhus nicht nur mit
G&rtnerimmunserum, was ja im Hinblick auf die supponierte
Identitat der komplementbindenden Antikbrper beider nicht
wundernimmt, sondern auch mit A, B und p, die so stark ist,
daB eine Differenzierung gegeniiber den betreffenden homo-
logen Stammen nicht moglich ware. Die besondere Eignung
des Typhus ffir Komplementbindung ist der Grund hierfilr.
Bei den tibrigen Stammen ist ein Uebergreifen der Komple¬
mentbindung viel weniger Oder gar nicht vorhanden. Aber
der Vergleich mit der kleinflockenden Agglutination beweist
wieder mit aller Klarheit, wie weitgehend die Uebereinstimraung
derselben mit der Komplementbindung ist. Die Agglutination
stellt in der Typhus-Paratyphusgruppe ein viel geeigneteres
Reagens dar, um die einzelnen Bakterienarten zu unter-
scheiden, was aus dem Grunde verstandlich ist, weil hier die
groBflockenden Agglutinine mit den spezifischen labilen Re-
zeptoren reagieren, welche einerseits auf die verwandten
Bakterienarten nicht iibergreifen, andererseits fur die Komple¬
mentbindung nur eine unwesentliche Rolle spielen. Das
Uebergreifen der groBflockenden Agglutinine von B auf ge-
wisse (3-Stamme, sowie das ausnahmsweise Vorhandensein
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74
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Kompleraentbindungsversuche. 75
derselben fur A und Typhus ist aus den Arbeiten von Verf.
und Felix bekannt.
Die Doppelnatur der Rezeptoren und Agglutinine wurde
bekanutlich von Verf. und Felix anlaBlich der serologischen
Analyse des Fleckfieberserums und der X-Stamme gefunden.
Es war von Interesse, festzustellen, ob auch liier zwischen
Komplementbindung und Agglutination dieselben Beziehungen
bestehen wie in der Typhusgruppe. Die Untersuchung muBtc
hier deshalb zu einem klaren Ergebnis ftihren, weil durch die
Ziichtung der O-Formen die isolierte Prufung der groB- und
kleinflockenden Agglutinine und der entsprechenden Rezep¬
toren leicht durchfuhrbar ist. Denn die Proteusgruppe III
besitzt gegenuber den Immunseren der X-Stamme nur die
H-(labilen)Rezeptoren und in den O-Immunseren und den
O-Formen der X-Starame ist die isolierte Prufung der klein-
fiockenden (O-)Agglutinine moglich. AuBerdem ist hier vor
allem die sichere Entscheidung zu treffen, ob die den labilen
Rezeptoren entsprechenden Antikorper flberhaupt einen Anteil
an der Komplementbindung haben, da die O-Immunsera der
X-Stamme gegenilber der Proteusgruppe III Agglutinine
ilberhaupt nicht besitzen, die H-Immunsera jedoch die groB-
flockenden Agglutinine in derselben Starke aufweisen wie
gegenuber den homologen Stammen. (Siehe Tabelle XIV
auf p. 76.)
Wir entnehmen diesen Versuchen, daB die O-Immunsera
der X-Stamme mit den unspezifischen Proteusstammen der
Gruppe III auch in den starksten Konzentrationen keine
Komplementbindung geben, daB jedoch die H-Immunsera mit
den unspezifischen Stammen ganz schwach Komplement binden.
Die groBflockige Agglutination geht allerdings mit diesen
Stammen bis zur Titergrenze. Daraus kann der SchluB ge-
zogen werden, daB in der Proteusgruppe den den labilen
Rezeptoren entsprechenden Antikorpern unter Umstanden
(loch eine geringgradige komplementbindende Wirkung zu-
kommen kann, die jedoch praktisch gegenuber der starken
komplementbindenden Kraft durch die von den stabilen Re¬
zeptoren erzeugten Antikorper von ganz untergeordneter Bedeu-
tung ist. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daB auch in der
Typhus-Paratyphusgruppe, wo die Verhaitnisse nicht so ein-
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Tabelle XIV.
Antigenmenge: 0,15 fur alle Stamme.
Komplementbindungsversuche.
77
wandfrei analysierbar sind, analoge Verh<nisse vorliegen.
Das Uebergreifen der Komplementbindung von OX 19 - und
HX 16 -Immunserum auf X 2 ist zura groBen Teil auf die Ge-
meinsamkeit von kleinflockenden Nebenagglutininen bedingt.
Beifolgend teilen wir noch einen Versuch mit einem sehr
stark groBflockend wirksamen Landsteiner-Immunserum mit,
der die Komplementbindung nur in der Konzentration der
kleinflockend wirkenden Agglutinine aufweist.
Tabelle XV.
HX, und HX Ig frisch vom reinen Hauch abgeimpft.
Antigenmenge: 0,2 bei X, und X, 8 , 0,1 bei Landsteiner.
Immunserum Landsteiner.
Serum-
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II
II
Sp.
Agglutination: Mit alien 3 Stammen bis 1:200000 in groflen Flocken.
Mit Landsteiner (1 Stunde auf 80 0 erhitzt) bis 1:5000 in kleinen Flocken.
Wir haben auch mit den Proteusstammen eine Reihe von
Bindungsversuchen aufgestellt, die infolge der Moglichkeit,
die Behandlung mit der O-Form durchfflhren zu konnen, ein
vollkommen einwandfreies Resultat erwarten lieBen, da die
O-Formen die groBflockenden Agglutinine auch nicht spuren-
weise verankern.
Tabelle XVI.
Erschopfung: 2,5 ccm der Verdunnung 1 :25 des Immunserums von
HX ib mit je */« Kolleschale zweimal behandelt.
Antigenmenge: 0,15 ccm.
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78
E. Weil,
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Wir entnehmen dem vorangehenden Versuche, daB die
O-Form, obwohl sie die groBflockenden Agglutinine nicht be-
riihrt, die komplementbindenden Antikbrper und mit ihnen
gleichzeitig die kleinflockenden Agglutinine in demselben MaBe
verankert wie die H-Formen.
Genau dasselbe Resultat ergibt ein mit HX 2 -Immunserum
angestellter Versuch.
Tabelle XVII.
Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1:25 des Immunserums HX,
mit je ‘/« Kolleschale zweiraal behandelt.
Antigenmenge: 0,2 ccm.
Serum-
verdiinnung
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Beh. m. OX,
Un behandelt
HX, |
OX,
HX,
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HX,
OX,
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k.
Da wir vom Stamm Landsteiner eine O-Form nicht be-
sitzen, so muBten die Bindungsversuche mit der auf 100° er-
hitzten Emulsion angestellt werden.
TabeUe XVIII.
Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1 :25 des Immunserums
Landsteiner mit je '/. Kolleschale */« Stunde auf 60° und 2 Stunden auf
100 ° erhitzt 2 mal behandelt.
Antigenmenge: 0,2 ccm.
Serum- ,
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Dieser Versuch lehrt, daB die auf 100° erhitzte Emul¬
sion, welche die groBflockenden Agglutinine intakt laBt, die
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Komplementbindungsversuche.
79
komplementbindenden Antikbrper in derselben Starke ver-
ankert, wie die auf 60° erhitzte Aufschwemmung, welche auch
die groBflockenden Agglutinine bindet. Dieser Versuch zeigt
auBerdem noch die merkwiirdige Tatsache, daB die gekochte
Emulsion von Landsteiner, obwohl siekomplementbindende
Immunkorper bindet und kleinflockig agglutinirt wird, in ihrer
komplementbindenden Fahigkeit sehr stark abgeschwacht wird.
Da wir wissen, daB die Erhitzung auf 100° Bakterien und
Bakterienextrakten in der Regel nicht die komplementbindende
Fahigkeit nimmt, so haben wir, um zu sehen, ob sich vielleicht
alle Proteusstamme in dieser Hinsicht anders verhalten, einen
Vergleich mit den X-Stammen durchgefuhrt.
Tabelle XIX.
Vergleich zwischen auf 100 und 60° erhitzter Emulsion.
Antigenmenge: 0,1 ccm Erhitzung auf 60° 30 Minuten, auf 100°
2 Stunden.
i • a
|=§!
Jl§
Immunserum 0 X 19
Immunserum Ldst.
HX 2 60°,
Ldst. 60°
Ldst. 100°
® S a
K.
AgglJ K. |
Aggl.
K.|
Aggl.
|k.
1 Aggl
|k.
Aggl.
1 K.
1 Aggl.
0,02
0
+ +
0
+ + + kl.
0
+ + +
0
+ + + kl.
0
+ + +1
0
+ + + kl.
0,01
0
+ +
0
+ + + IT
0
+ + +
0
+ + + i,
0
+ + +
m.
+ + + ii
0,005
0
+ +
0
+ + + II
0
+ + +
0
+ + + ii
0
+ + +
gr. u.
k.
+ + + „
0,0025
0
+ +
Sp.
+ + + „
0
+ + +
0
+ + + ,,
0
+ + +
kl.
+ + + ii
0,001
Sp.
+
k.
+ + + II
w.
+ +
W.
+ + + t,
0
4- 4* +
+ f „
0,0005
k.
—
k.
k.
+
k.
+
0
+++
”
Wir sehen aber, daB nur der Proteusstamm Landsteiner
eine Ausnahme macht, wahrend die X-Stamme gekocht und
ungekocht sich ganz gleich verhalten. Wir kommen auf diese
Erscheinung noch zuriick.
Sehr geeignet zur Untersuchung der Beziehungen der
komplementbindenden Antikorper zu den Agglutinineu schienen
uns noch die 3 Stamme, deren beiden Typen sich so ver¬
halten wie die O-Formen der X-Stamme zu den H-Fonnen.
Die von Verf. und Saxl in W T olhynien geziichteten Stamme
(Typus ft 1) wiesen einen labilen und stabilen, die von Verf.
in Albanien gefundenen Stamme (Typus ft 5) nur den stabilen
Rezeptor auf. Die genauere Beschreibung dieser beiden Typen
hinsichtlich der Agglutininbildung und Bindung findet sich in
der Arbeit von Verf. und Felix.
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80
E. Weil,
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Tabelle XX.
Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1:10 des Immunserums von
pi wird behandelt mit je '/» Kolleschale von (5 5, 30 Minuten auf 60° und
l 1 /, Stunde auf 100° erhitzt
Antigenmenge: 0,1 ccm.
Serum-
verdiin-
nungen
liehandelt mit 60°
Behandelt mit 100°
Unbehandelt
PI
P5
P 5
PI
P 5
Paraty B
K.
Aggl.
K.|
Aggl.
K.
Aggl.
K. Aggl.
K.
Aggl.
K.
1 Aggl.
K.| AggL
0,01
st.
+ + gr-
k.
—
st.
+ + gr.
! st..
—
0
+ + +1 gr.
0
+ + + kl.
k. ++ gr.
0,005
k.
—
k.
+ + M
k.
—
0
0
+ + + »
>• J + + n
0,0025
1 1
+ + »»
It
—
>»
+ +
— i
0
H—1—hi kl.
0
+ + + ,i
0,001
! „
+ + .1
•t
—
tt
+ + M
»t
—
st.
! + + gr-
w.
+ + tt
<i + + ,,
0,0001
1
+ + »
»t
- !
tt
+ + »
t»
— 1
k.
| + + >t
k.
—
*> | + + >i
Auch hieraus ersehen wir, daB die Intaktheit der groB-
flockenden Agglutinine fur die Komplementbindung ganz gleich-
giiltig ist, daB sie bei deren Vorhandensein fehlt, und daB der
Verlust der durch die stabilen Rezeptoren gebundenen Anti-
korper mit dem Verlust der kleinflockenden Agglutinine auch
die Komplementbindung vollig unwirksam maclit.
Es kann nach alien diesen Versuchen nicht in Abrede
gestellt werden, daB die komplementbindende F&higkeit anti-
bakterieller Immunsera zu den kleinflockenden Agglutininen,
welche von den stabilen Rezeptoren erzeugt werden, in innigen
Beziehungen stehen, wfihrend ein Parallelismus mit den groB-
flockenden Agglutininen nicht nachweisbar ist. Es entsteht
aber die Frage, ob die komplementbindenden Antikorper mit
den kleinflockenden Agglutininen identifiziert werden kbnnen.
In dieser Hinsicht ist zun&chst die Entscheidung der Frage
wichtig, ob die physikalische VerSnderung an den Bakterien,
welche die kleinflockende Agglutination bedingt, unter alien
Umstanden zur Komplementbindung fiihren muB. Dafilr
wurde der Umstand sprechen, daB die Erhitzung der Bakterien
auf 100° ihre komplementbindende F&higkeit nicht schadigt,
und auch ihr Vermogen, kleinflockig agglutiniert zu werden,
nicht zerstSrt. Aber auch hierin haben wir eine Ausnahine
gesehen, denn der Proteusstamm Landsteiner, welcher auf
tiO° erwarmt, starke Komplementbindung gibt, wird in dieser
Hinsicht sehr abgeschw&cht, wenn die Emulsion gekocht wird,
ohne daB sie dadurch ihre Fahigkeit, kleinflockig agglutiniert
zu werden, einbiiBt.
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Komplementbindungsvereuche.
81
Wahrend die groBflockenden Agglutinine bisher nur in der
Typhus- und Proteusgruppe aufgefunden wurden, haben die
kleinflockenden eine allgeineine Verbreitung. Es war deshalb
von Interesse, andere Bakterien hinsichtlich ihrer Agglutina-
bilitat und Komplementbindung zu vergleichen. Cholera-
immunsera schienen uns geeignet.
Tabelle XXI.
Alte Cholera-Immunsera aus dem Serotherapeutischen Institut Wien.
Antigenmenge: 0,1 ccm.
Serumverd.
Chol.-I.S. I
ChoL-I.S. II
Chol.-LS. Ill
0,01
Sp.
+ + kl.
0
+ + + kl.
0
+ + + kl.
0.005
W.
+ W
0
+ + + „
0
+ + + it
0,0025
if
4" >»
0
+ + + „
0
+ + + n
0,001
Bt.
+ It
0
+ + »
0
+ 4- tt
0,0005
k.
Bt.
+ 4- „
f.k.
++ ,i
0,0001
k.
- „
k.
k.
Es hat nach diesem Versuche tatsachlich den Anschein,
daB jene Immunsera, welche eine deutliche Agglutination zeigen,
eine starkere Komplementbindung aufweisen, als jene, bei
welchen die Agglutination nur in geringem MaBe ausgesprochen
ist. (Es handelt sich durchweg um sehr alte Immunsera.)
Aber jedenfalls geht aus diesem Versuche hervor, daB das
bloBe Vorhandensein einer kleinflockenden Agglutination die
Bakterien nichtimmer zur Komplementbindung geeignet macht.
Wir kennen auch Bakterienstamme, welche der Einwirkung
der kleinflockenden Agglutinine in starkem MaBe widerstehen.
So die vom Verf. und Felix beschriebenen Stamme Ty 2
und Ty 5, welche nur kfimmerlich Oder gar nicht von den
kleinflockenden Agglutininen ausgeflockt werden, diese aber
erzeugen und stark binden. Es war von Interesse, einen
solchen Stamm hinsichtlich der Komplementbindung zu prilfen
(siehe Tabelle XXII auf p. 82).
Der Versuch (Tabelle XXII) wurde mit einem gemischten
und zwei rein kleinflockenden Immunseren angestellt und als
Antigen die Emulsion von Ty 901 und Ty 2 benutzt. Beide
Emulsionen wurden zur Komplementbindung lebend verwen-
det, um die Agglutinabilitat unverandert zu erhalten. Wir
entnehmen diesem Versuche, daB zwischen beiden Typhus-
stammen trotz starkster Differenz betreffs der kleinflockenden
Zeluchr. f. ImmanlUufortchung. Orig. Bd. 31. 6
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82
E. Weil
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Tabelle XXII.
Antigenmenge: 0,2 ccm, in lebendem Zustande angewendet.
a g 8
III
Ty-Immunser. 28
Ty-Immunser. 29 Ty-Immunser. 30
Ty 901
Ty 2
Ty 901
Ty 2
Ty 901
Ty 2
K.| Aggl.
K. 1 Aggl.
K.| Aggl.
K.
Aggl. K.
Aggl.
K.
Aggl.
0,01
0
+++1
|gr.
ru.
kl.
0
+ + gr.
0 + + + kl.
0
+ 0
+ + + kl.
0
+
0,005
0
++ + 1
0
+ f>
0 + + + „
0
+ |0
+ + + »
0
—
0,0025
0
+++I
0
+ yy
0 + + + „
0
- 0
+ + + »
0
_
0,001
0
+++J
0
+ yy
0 + + + I!
0
- ,0
+ + + »
0
—
0,0005
0
+++
kl.
0
+ ?
o + + + „
0
— 0
+ + + „
0
—
0,00025
0
+++
0
+ ?
0 + + + it
0
- 0
+ + + »>
0
—
0,0001
0
+++
yy 1
0
+ ?
Sp ! + ,,
0
- to
+ it
0
—
Agglutination hinsichtlich der Komplementbindung nicht der
geringste Unterschied besteht. Das beweist, daB die Ver-
anderung an den Bakterien, welche zur sichtbaren Agglu¬
tination ftihrt, nicht die direkte Ursache der Komplement¬
bindung sein kann.
Besonders klar zeigt der beifolgende Versuch, daB die
Flockung der Bakterien, selbst wenn sie noch so stark aus-
gesprochen ist, aber durch groBflockende Agglutinine hervor-
gerufen ist, keine Komplementbindung zu bewirken braucht.
Die Versuchsanordnung ist im Protokoll geschildert.
Tabelle XXIII.
0,2 ccm der Emulsion von HX 2, HX19 und Landst. werden mit
den Verdiinnungen 1:10, 1:20, 1:50, 1:100 und 1:200 des Imiuun-
serums HX 19 Bensibilisiert. Bei alien Verdiinnungen tritt nach wenigen
Minuten komplette Agglutination ein. Die Flocken werden abzentrifugiert,
in NaCl aufgeschwemmt und 30 Minuten auf 58° erhitzt. Es tritt rasch
Reagglutination ein, bei HX 2 und Landst. in grofien, bei HX 19 in
grofien und kleinen Flocken. Zu den einzelnen Rohrehen wird nun
0,05 Komplement und sensibilisiertes Hammelblut gegeben.
1
8 erum ver¬
diinnungen
Bodensatz von
HX 19
Bodensatz von
HX 2
Bodensatz von
Landsteiner
K.
Agglut.
K.
Agglut.
K.
Agglut.
0,1
0
+ + + ]
w.
+ + ± gr-
m.
+ + ± gr-
0,05
0
+ + +
gr-
f.k.
+ + i „
k.
+ + db ii
0,02
0
+ + +
11 .
k.
+ + ± u
+ +i n
0,01
0
+ + +
kl.
»>
+ + ± i.
-F + i ii
0,005
0
+ + + J
yy
+ + ± »
+ + ± „
Kontrollen: unsensibilisierte Emulsion mit Komplement, komplett,
sensibilisierte Emulsion obne Komplement, keine Losung.
Origirval from
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Komplemen tbindungsversuche.
83
Aus diesen Ermittlungen lassen sich mit Sicherheit die
beiden Schliisse ziehen, daB kleinflockige Agglutination fehlen
und es trotzdem zu starkster Komplementbindung kommen
kann, und daB andererseits die st&rkste grobe Flockung das
Komplement nicht zu tangieren braucht. Aus letzterem geht
hervor, daBdiephysikalischeVer&nderungderBak-
terien ganz besonderer Natur sein muB, um das
Komplement unwirksam zu machen, und daB nicht
jede Art der spezifischen Flockung dazu b e -
fahigt ist. Das Fehlen der sichtbaren kleinflockigen Agglu¬
tination muB aber nicht gegen die Identitat der kleinflockigen
Agglutination und Komplementbindung sprechen, denn auch
dort, wo die kleinflockige Agglutination fehlt, ist die Reaktion
der stabilen Rezeptoren mit den kleinflockenden Agglutininen
vorhanden (Bindung). Wir kommen hier auf unsere seit
langem ge&uBerte Ansicht zurtick, daB eine Veranderung im
Sinne einer kleinflockigen Agglutination an den Bakterien be-
stehen kann, ohne dem Auge ohne weiteres sichtbar zu werden.
Wir haben aber im Verlaufe dieser Untersuchungen des ofteren
gesehen, daB trotz bestehender kleinflockiger Agglutination
eine Komplementbindung nicht in demselben MaBe zu beob-
achten war. Allerdings konnten wir in den meisten dieser
F&lle darauf hinweisen, daB die Bakterienst&mme selbst in
verschiedenem Grade sich zur Komplementbindung eignen.
Ist dies in hervorragendem MaBe der Fall, wie bei den Typhus-
st&mmen, dann wird die Komplementbindung empfindlicher
sein als die kleinflockende Agglutination; ist der Bakterien-
stamm zur Komplementbindung weniger geeignet, wie der X19,
dann wird die kleinflockende Agglutination starker ausge-
sprochen sein als die komplementbindende Kraft. Auf diese
Weise sind die F&lle verst&ndlich, wo insbesondere bei alteren
Immunseren eine kleinflockende Agglutination noch besteht,
aber eine Komplementbindung nicht mehr zustande kommt.
Alle diese Umstande wiesen darauf hin, daB mangels einer
Uebereinstimmung zwischen kleinflockiger Agglutination und
Komplementbindung noch nicht auf eine Differenz beider ge-
schlossen werden muB. Wir kijnnen nun nattirlich nicht mit
Sicherheit fiir die Identitat der kleinflockenden Agglutinine
und der komplementbindenden Antikorper aussprechen, und
6 *
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84
E. Weil, Komplementbindungsversuche.
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das wird auch so lange nicht mOglich sein, als wir nicht die
zur Koraplementbindung fQhrende physikalische Ver&nderung
an den Bakterien genau definieren kbnnen, aber trotzdem
geht aus unseren Untersuchungen, wie uns scheint, mit aller
Sicherheit hervor, daB die die Komplementbindung
bedingenden Antikbrper in erster Linie von den
stabilen Rezeptoren der Bakterien erzeugt wer-
den, und daB die labilen Rezeptoren hierfiir, wenn tiberhaupt,
nur in ganz untergeordnetem MaBe in Betracht kommen.
Zusammenfassung.
Die koraplementbindenden Antikorper gegen Bakterien
verdanken ihre Entstehung hauptskchlich den stabilen Rezep¬
toren der Bakterien, die labilen Rezeptoren spielen dabei nur
eine geringe Rolle.
Literatur.
Bail, Deutsche med. Wochenschr., 1905, No. 45.
— und Suzuki, Zeitsehr. f. lmmunit&tsf., Bd. 8 und 9.
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Brand, Berl. klin. Wochenschr., 1997, No. 34.
Braun, Biochem. Zeitsehr., Bd. 31.
Ferrata, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13.
Liefmann und Cohn, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 7, 8 und 11.
Morgenroth und Rosenthal, Biochem. Zeitsehr., Bd. 36 und 39.
Neifler und Shiga, Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 4.
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Thorsch, Biochem. Zeitsehr., Bd. 68.
Weil, Arch. f. Hyg., Bd. 53; Biochem. Zeitsehr., Bd. 24, 33 und 48;
Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 34.
— und Spat, Biochem. Zeitsehr., Bd. 33.
— und Saxl, Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 17.
— und Felix, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 29.
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Kraus u. Baecher, Weitere Unters. iiber die Wirksamkeit usw. 85
Nachdruck verboten.
Weitere Untersuchungen fiber die Wirksamkeit des
Dipbthericsernms im Heilrersuehe L ).
Von Prof. Dr. B. Kraus und Dr. St. Baecher.
(Eingegangen bei der Bedaktion am 23. Juli 1920.)
In unseren Untersuchungen iiber die Beziehungen des
Antitoxingehaltes der Diphtheriesera zu ihrem Heilwerte
(Kraus und Schwoner, Kraus und Baecher) haben
wir in zahlreichen Versuchsreihen immer wieder das zunfichst
paradoxe Resultat erhalten, daK groBere Antitoxinmengen
unter sonst ganz gleichen Bedingungen keinen hbheren Pro-
zentsatz an Heilungen herbeifiihrten als kleinere. Berghaus
hat analoge Beobachtungen „absurd“ genannt und auf zwei
Zuf&lligkeiten zuriickfiihren wollen. Die H&ufigkeit, fast
Regelm&Bigkeit des Vorkommens auch in Massenversuchen,
legte uns aber die Vermutung nahe, daB es sich vielmehr um
ein gesetzm&Biges Geschehen handeln mfisse, dessen Ursachen
durch systematische Untersuchung festgestellt werden konnten.
Wir haben daher sehr umfangreiche, mit alien Kautelen der
GleichmaBigkeit durchgefiihrte Versuche in dieser Richtung
angestellt.
Betreffs der technischen Ausfiihrung sei hier nur hervorgehoben, dafi
wir stets 8 oder mehr Tiere von fast gleichem Gewicht (245—275 g) gleich-
zeitig in gleicher Weise behandelten, so dafl sich die Prozentangaben auf
vSllig homogene Gruppen von mindestens 8 Meerschweinchen beziehen.
Alle Injektionen, sowohl die des Giftes, wie die des Serums, erfolgten
intracardial durch eine auBerst feine Kaniile ohne den gerlngsten Blut-
verlust Gift und Serum waren in alien diesen Versuchen gleichbleibend;
die injizierte Flussigkeitsmenge betrug Btets 1,0 ccm. Die Tiere blieben
2 Monate in Beobachtung; als „akuter Tod“ wurde der innerhalb 7 Tagen
1) Diese Arbeit wurde im Jahre 1914 (vor dem Kriege) iiber Auf-
forderung als Beitrag fiir die Festschrift zu Ehren E. Metschnikoffs
an Dr. Bearedka, Institut Pasteur, eingeschickt. Nachdem bis heute die
Arbeit nicht erschienen ist, habe ich angefragt, worauf mir dieselbe zurtick-
geschickt wurde. Kraus.
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86
R. Kraus und St. Baecher,
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erfolgte, als „Heilung“ das Ueberleben der ganzen Beobachtungszeit an-
gesehen.
In der ersten Versuchsreihe, deren Ergebnisse in Tabelle I
zusammengefaBt sind, wurden bei gleichbleibendem Zeitintervall
(1 Stunde) zwischen der Gift- und Seruminjektion sowohl
die Giftmenge als auch die Antitoxindosis (ausgedriickt in
Antitoxineinheiten nach Ehrlich) variiert. Nach Vergiftung
Tabelle L
Heilversuch nach 1 Stunde.
Je 8, resp. 16, eventl. 24 Tiere, verschiedene Gift- und Serummengen.
Serum Hochst vom 3. Nov. 1912 (800-fach).
°l
lo
1-fache Dosis let.
2-fache Dosis let.
4-fache Dosis let.
8 -fache Dosis let.
I.E.
Akuter Tod
Paral.
Spattod
Heilung
Akuter Tod
Paral.
1
■*-»
:o3
a,
Heilung
Akuter Tod
Paral.
Spattod
hO
G
‘5
a
Akuter Tod
Paral.
1
-4-3
:o6
QQ
Heilung
*/,»
75
25
25
0
•
i/'
25
50
75
0
.
,
,
•
50
25
50
0
87,5
0
12,5
0
•
Jr
0
50
100
0
75
25
25
0
l U
0
50
50
50
25
25
75
0
.
v«
0
0
50
50
12,5
0
87,5
0
V,
0
0
12,5
87.5
25
12,5
62,5 12,5
87.5
0
12,5
6
1,0
0
12,5
e
100
12,5
0
75
12,5
62.5
0
12,5
25?
2,0
12,5
12,5
37,5
50
62,5
0
37,5
0
4,0
66,7
e
25
8,3
8.0
83,3
8,3
16,7
0
100
0
16,0
.
100
0
100
0
32,0
•
62,5
6
0
37,5
100
0
64,0
100
0
62,5
6
6
37,5
128,0
•
-
•
87,5
0
12,5
0
mit der einfachen Dosis letalis war schon mit weniger als
Vs 2 I.E. ein Teil der Tiere nicht raehr akut (wie stets die
Kontrollen), sondern chronisch zugrunde gegangen, noch
mit Vie I.E. gingen alle Tiere, und zwar chronisch, ein; mit
V 8 und V 4 I.E. wurden gleich viel, namlich die H&lfte der
Tiere, mit V* IE. 87,5 Proz. derselben geheilt; mit 1,0 I.E.
endlich erzielten wir hier 100 Proz. Heilungen. Hier er-
gibt sich demnachst vollig parallel mit dem
Steigen der Antitoxinmenge besserer Heileffekt.
Etwas anders war das Resultat nach Vergiftung mit der 2-
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Weitere Untere. fiber die Wirksamkeit dea Diphtherieserums ubw. 87
fachen Dosis letalis. Auch hier starben bei Anwendung
niedriger Serumdosen (bis 1 / i I.E.) alle Tiere, und je gr3Ber
die Seruramenge, deste weniger gehen zugrunde (vorwiegend
chronisch). Mit Steigerung der Seruramenge wird zwar ein
wachsender Prozentsatz der Tiere geheilt, auff&lligerweise
aber bleibt die Zahl der akut sterbenden konstant, und selbst
mit 2 I.E. waren nicht 100, sondern nur 75 Proz. geheilt,
die anderen 25 Proz. waren aber akut eingegangen. Wir
werden nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, daB unter
den gegebenen Gift- und ZeitverhSltnissen ein
bestimmter Prozentsatz der Tiere, nSmlich etwa
25Proz., durch Serum iiberhaupt nicht mehr zu retten
waren. Ohne Beriicksichtigung des Sp&ttodes erzielt man
demnach hier mit 2 I.E. nicht bessere Resultate als mit Vs I>E.
Mit steigender Giftdosis wird dann die Zahl der Tiere, die
nach dem gewahlten Zeitintervall durch Serum iiberhaupt noch
gerettet werden kSnnen, immer kleiner. Und schon bei der
Vergiftung mit der 4-fachen Dosis letalis (noch mehr aber bei
der 8-fachen) ist das Ergebnis offenbar fast gar nicht mehr
abhfingig von der Antitoxindosis, sondern ausschlieBlich infolge
gewisser individueller Eigenschaften der Tiere. GroBere Serum-
mengen scheinen demnach auch hier nicht wirksamer als
kleinere (fiber einem gewissen Minimum gelegen).
In der zweiten Versuchsreihe, die in Tabelle II zur Dar-
stellung gelangt, erfolgte bei gleichbleibender Giftmenge
(2-fache Dosis letalis) die Variation von Zeitintervall und
Serummenge. Hierbei ergaben sich analoge Beobachtungen
wie in der ersten Reihe. Nach einem Inter vail von 45 Minuten
wurden durch 2,0 I.E. ebenso viele Tiere gerettet, wie durch
20 I.E., namlich 75 Proz. Eine Steigerung darflber hinaus
scheint nicht m5glich gewesen zu sein. Nach 60 Minuten aber
hatten 2,0 I.E. nur 50 Proz. Heilungen, 20 I.E. aber noch
75 Proz. durch Vermeidung der Spfittode erzielt, auch nach
90 Minuten war der Effekt der 20 I.E. vielleicht noch etwas
besser als der der 2,0 I.E., nach 120 Minuten aber zeigt sich
die Steigerung der Serummenge als vSllig einfluBlos. Eine
kleine Anzahl Tiere, etwa 12,5, kann iiberhaupt noch gerettet
werden, je nach der Verteilung solcher individuell resistenter
Tiere auf die einzelnen Gruppen schwankt das Heilungsprozent.
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88
R. Kraus und St. Baecher,
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Tabelle IL
Heilversuch nach verschiedenem Zeitinterval 1.
Je 8 Tiere. 2-fache Dosis letalis.
In einer dritten Versuchsreihe endlich (Tabelle III) haben
wir bei gleichbleibendem Verhaltnis von Gift- und Serum-
mengen (auf 1 Dosis letalis 1,0 resp. 10,0 I.E,) die Zeitinter-
valle variiert. Die Resultate nach Vergiftung mit der 2-fachen
todlichen Dosis wurden eben besprochen, ganz analoge aber
ergaben sich nach entsprechend kiirzeren Intervallen fur die
4-fache und 8-fache. Bei ersterer ist nach 30 Minuten fast
Tabelle III.
Heilversuch nach verschiedenen Zeitintervallen.
Je 8 Tiere, verschiedene Giftdosis und Multipla der Serumraenge.
Dosis let.
I.E.
15'
20 '
30'
45'
60'
90'
120 *
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
Akuter Tod
Heilung
2,0
.
.
75
12,5
50
37,5
12,5
75
12,5
20,0
•
.
.
.
12,5
75
25
75
75
25
100
4,0
50,0
50
12,5
66,7
8,3
,
.
40,0
•
•
.
62,5
12,5
62,5
75
.
75
.
.
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62,5
25
25
87,5
—
100
.
,
80,0
•
87,5
100
37,5
50
87,5
—
•
•
•
•
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
IJRRA NA-f.HA
Weitere Untere. uber die Wirksamkeit des Diphtherieserums usw. 89
kein Unterschied in der "Wirksamkeit beider Serummengen,
nach 45 Minuten ein sehr deutlicher, nach 60 Minuten wieder
gar keiner, bei der 8-fachen Dosis letalis nach 15 Minuten
ein geringer, nach 30 Minuten ein recht merklicher, nach
45 Minuten schon keiner, indem beide Serummengen nur
mehr eine kleine Anzahl Tiere vor dem akuten Tod bewahren.
Immer wieder aber ergibt sich, daB sowohl das Resultat flber-
haupt, als auch die eventuelle groBere Heilwirkung gesteigerter
Serummengen stets abhiingig ist von der Prozentzahl der bei
der gewahlten Giftmenge und Zeitintervall uberhaupt durch
Serum noch rettbarer Tiere. Schon Donitz hat bekanntlich
gezeigt, daB sowohl durch Steigerung der Giftmenge, als auch
durch Verl&ngerung des Zeitintervalles Bedingungen geschalfen
werden, unter welchen auch noch so groBe Serummengen un-
wirksam werden. Aus unseren Versuchen aber geht mit voller
Klarheit hervor, daB der Eintritt dieses Zustandes vor allem
von individuellen Eigenschaften der einzelnen
Tiere abh&ngig sein muB, so daB bei Beobachtungs-
serien innerhalb weiter Grenzen sowohl der Giftdosis als des
Zeitintervalles bei stufenweise wachsenden Prozentanteilen jene
Bedingungen gegeben erscheinen, wo das Serum iiberhaupt
unwirksam bleibt. In gleichem MaBe sinkt natiirlich die Mog-
lichkeit durch steigende Serummengen einen besseren Heil-
effekt zu erzielen als durch geringere, da ein immer kleinerer
Anteil uberhaupt zu retten ist. Reicht aber eine gewisse
Serummenge aus um diesen zu heilen, so ist durch weitere
Steigerung absolut keine Besserung des Effektes zu erzielen.
Die bessere Wirkung groBerer Serumdosen kann sich demnach
nur bei solcher Wahl der Giftmenge und des Zeitintervalles
zeigen, daB noch ein groBer Teil der Tiere nicht unheilbar
vergiftet ist, ferner aber auch nur bis zu jener Serummenge,
die ausreicht, um alle unter den gegebenen Verhatnissen heil-
baren zu retten.
Die Nutzanwendung dieser Feststellungen fur die Serum-
therapie beim Menschen scheint auf der Hand zu liegen.
Wohl diirfte unter den Verhaltnissen der menschlichen Di-
phtherie zur Zeit der Serumbehandlung der weitaus iiber-
wiegende Teil der Patienten noch heilbar sein, durch Steige¬
rung der Serummenge bis zu einem gewissen MaBe
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90
R. Kraus und St. Baecher,
Tabelle IVa.
Praventiver Diphtherieversuch.
Meerschweinchen subkutan je 1,0 I.E. von Diphtherieheilserum Salome
vom 11. IX. 1912 (800-fach) -f phys. NaCl ad 1,0. Nach dem angegebenen
Zeitintervall subkutan die angegebenc Dosis von Diphtherietoxin Mac Far-
land vom 8 . VI. 1909 (Dosis let. = 0,03).
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Reinjekt.-
Datum
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•
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1 Tage
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.
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•
574
270
584
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.
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•
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260
t
550
250
•
t
•
0,03 (ohne
Vorbehand-
536
255
t
•
lung)
0,06
2 -fach
509
270
525
255
589
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19. IV.
0,12
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.
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275
2 Tagen
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t
•
592
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+
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21. IV.
0,12
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nach
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•
4 Tagen
0,18
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555
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503
250
t
.
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250
.
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0,09
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285 .
.
nach
3 „
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270 .
6 Tagen
0,12
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511
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250 .
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25. IV.
0,06
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nach
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8 Tagen
1
1578
260
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•
0.12
4 ..
319
270 .
T
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Weitere Unters. fiber die Wirksamkeit des Diphtherieserums ubw. 91
wfire daher ein gfinstiger Erfolg zu erwarten, fiber dieses
hinaus aber und bei einera gewissen Anteil der Behandelten
von vornherein ist durch groliere Serumdosen nichts zu er¬
warten. Wir mficliten es dahingestellt sein lassen, ob jenes
Maximum von Serum durch das in der Therapie im allgemeinen
fibliche Quantum nicht lfingst erreicht ist und ob die stets
vorkommenden Ffille versagender Wirkung nicht jenem Pro-
zentsatze unserer Tiere entsprechen, die flberhaupt nicht mehr
zu retten waren.
Anschliefiend an diese Untersuchungen wollen wir in
Kfirze fiber einige Versuche berichten, die wir zur Klarlegung
Tabelle IV b.
Praventiver Diphtherieversuch.
Meerschweinchen subkutau Diphtherieheilserum (0,5 resp. 5,0 I.E.
4- phya. 1,0). Serum: Probe vom 11. IX. 1912 (550-fach) und Salome vom
11. IX. 1912 (800-fach). Nach 5 Tagen je 0,06 (2-fach let. Dosis) von Di-
phtherietoxin Mac Farland vom 8. VI. 1909. Nach 16 Tagen je 0,03
(1-fach let. Dosis) subkutan.
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0,0091
278
260
221
257
0,5
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328
270
220
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0,00625
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262
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268
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250
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Datum
Spat-
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3. IV.
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16 Tagen1
0,03
Salome
t
Sck-
tion
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92 Kraus u. Baecher, Weitere Unters. iiber die Wirksamkeit usw.
anderer quantitativer Beziehungen bei der Serumwirkung an-
gestellt und aus SuBeren Griinden vorlfiufig abgeschlossen haben.
Wir haben einerseits festzustellen versucht, wie sich der prS,-
ventive Schutz des Diphtherieserums nach verschieden langen
Zeitintervallen gegen verschieden groBe Giftmengen verh<.
Es ergab sich tatsSchlich (Tabelle IV a, p. 90 ) mit zunehmen-
der Zeit ein Absinken der noch vertragenen Giftmenge, und
zwar in auffallend schneller Weise. Die mit 1,0 I.E. subkutan
vorbehandelten Meerschweinchen waren schon nach 8 Tagen
nicht einmal mehr gegen die 2-fache Dosis letalis geschiitzt,
obwohl sie nach 1 Tag Intervall die 6-fache vertragen hatten.
Auch bei diesen Versuchen zeigte sich unverkennbar der ent-
scheidende EinfluB der tierischen Individualist, indem z. B.
einzelne Tiere noch am 2. Tage die 6-fache todliche Dosis ver-
trugen, w&hrend gleichzeitig andere schon auf die 4-fache ein-
gingen. Andererseits zeigte sich ein deutlicher EinfluB der
Serumquantitat vor allem auf die Dauer des Schutzes und ge-
wisse Beobachtungen (Tabelle IV b, p. 91 ) weisen auf ungleiche
Wirkung verschiedener Sera bei gleicher Dosierung, analog den
im Heilversuch von uns erhobenen Differenzen.
Zusammenfassung.
Die Untersuchungen zeigen, daB die heilende Wirkung
des Diphtherieserums im Tierversuch von individuellen Eigen-
schaften der einzelnen Tiere abhangig ist. Ein bestimmter
Prozentsatz der Tiere war auch bei Steigerung der Serum-
mengen unter sonst gleichen Bedingungen uberhaupt nicht
mehr zu retten. So dflrfte auch bei der Serumtherapie beim
Menschen durch Steigerung der Serummenge bis zu einem
gewissen MaBe zwar ein giinstiger Erfolg zu erwarten, darliber
hinaus aber bei einem gewissen Anteil der Behandelten Aus-
sicht auf bessere Wirkung nicht vorhanden sein.
Auch bei Schutzversuchen mit Diphtherieserum zeigte
sich ein entscheidender EinfluB der tierischen Individualist
in Bezug auf St&rke und Dauer des durch die passive Im-
munisierung erzeugten Schutzes.
Fromm.ninsi-he Buchdruckeres (Hermann Pohlt) In Jeua. — 4890
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Zeitschrift t Immitatsforschung. Originala fii 31. No. 2.
Nachdruck verboten.
[Aus dem Bakteriologischen Institut des Departamento Nacional
de Higiene in Buenos Aires.]
Ueber die experlmcntelle Priifung der Wirksanikelt des
norinalen Rlnderserums gcgcnllber der Milzbrandinfektion.
Zugleich ein Beitrag zur Wertbestimmung des Milzbraudserums.
Von Prof. R. Kraus und Dr. Beltrami.
(Eingegangen bei der Redaktion am 23. Juli 1920.)
Marchoux und Sclavo waren die ersten, welche sich
mit der Frage der Darstellung eines spezifischen Milzbrand-
serums beschaftigt haben. Im Jahre 1895 veroffentlichten die
beiden Autoren ihre grundlegenden Arbeiten, welche den Aus-
gangspunkt fur die Arbeiten von Mendez, Sobernheim,
Detre, Carini, Bail, Schubert, Rickniann und
Joseph u. a. bilden.
Sclavo und Mendez verdanken wir die Anwendung
des Milzbrandsemms am Krankeubett.
Eine ganze Reike von Autoren hat sich sp&ter mit dem
Mechanismus der Milzbrandinfektion beschaftigt. Es sei er-
wahnt, daB Preiss, v. Gruber und Futaki die Frage des
seit Johne bekannten Phanomens der Kapselbildung studiert
haben, und da(5 Ascoli auf Grund dieser Untersuchungen
seine „Antiblasttheorie“ aufgestellt hat.
Bail hat seine bekannten Agressinstudien aucli auf den
Mechanismus der Milzbrandinfektion ausgedehnt.
Und trotz einer 20-jahrigen Forschung auf diesem Ge-
biete rnussen wir heute gestehen, daB weder die Frage der
Serumwirkung, noch die des Mechanismus der Milzbrand¬
infektion gelost sind und noch immer in Diskussion stehen.
Der derzeitige Stand der Wertbestimmung des Milzbrand-
serums laBt sich am besten mit den Worten von A. Ascoli
prazisieren, welcher sagt: „Es fehlt nicht an Versuchen, den
Wert des Milzbrandserums an kleinen Versuchstieren zu be-
ZeiUchr. f. InimuniUUfonirhmij. (trig. Bii. 31. 7
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94
R. Kraus und Beltrami,
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stimmen. Doch steht bisher die L6sung des Problems aus.
Wenigstens besitzen wir keine allgemeine akzeptable Methode,
nach welcher eine exakte, quantitative Bestimmung des Milz-
brandserums hinsichtlich des Gehaltes an schutzenden Sub-
stanzen ausfflhrbar ware. Dennoch hangt die praktische Ver-
wertbarkeit und die experimentelle Begrundung eines jeden
Heilserums zum groBen Teil ab von der Moglichkeit einer
solchen Wertbestimmung an Laboratoriumstieren.“
Und auch Schubert schlieBt seine im Ehrlichschen
Institute ausgefuhrte Arbeit mit den Worten: „daB jeder ge-
setzmaBige Zusammenhang zwischen der Vorbehandlung von
Kaninchen, Meerschweinchen mit dem Milzbrandserum und
dem Verlaufe der Infektion mit virulentem Milzbrand fehlt,
daB sich ferner durch ein solches Experiment zwar sehr wohl
der Schutzwert des Serums uberhaupt nachweisen lSBt, eine
exakte, quantitative Wertbestimmung des Milzbrandserums
jedoch hinsichtlich des Gehaltes an schutzenden Substanzen
nicht moglich erscheint.“
Sobernheim sagt in seiner Arbeit folgendes: „daB das
auBerordentlich unzuverlassige Verhalten der kleinen Labora-
toriumstiere einer exakten Wertbestimmung des Milzbrand¬
serums sehr groBe Schwierigkeiten bereitet. u
Wertbestimmung von Ascoli.
Einen Fortschritt in dieser vieldiskutierten Frage bildet
die im Jahre 1906 erschienene Arbeit von A. Ascoli, welche
zunachst auf die Ursache der Widerspruche in der Literatur
eingeht und die Faktoren, von welchen eine exakte Wert¬
bestimmung des Milzbrandserums abhangt, genau prazisiert.
Als eines der wichtigsten Momente zur ausfiihrlichen,
exakten Wertbestimmung fiihrt Ascoli die Wahl der
Tier art an, welche zur Priifung beniltzt werden soil.
Meerschweinchen und Kaninchen wurden schon von Mar-
choux und Sclavo benutzt, ohne daB ixbereinstimmende
Resultate gewonnen werden konnten. Ascoli verwendete
anfangs Kaninchen zwischen 1000 bis 1500 g und kommt zum
Resultate, daB eine Wertbestimmung bei Kaninchen ihm nicht
gegluckt ist. Aus diesem Grunde wahlte er zu seinen Ver-
suchen Meerschweinchen im Gewichte von 260 bis 550 g.
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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums ubw. 95
Eine besonders wichtige Rolle spielt die Virulenz des zu
verwendenden Milzbrandstammes. Ascoli ist es nicht ge-
lungen, eine passive Immunitat gegen virulente Keime nach-
zuweisen. Dieser Faktor ist nach Ascoli zum groBen Teile
verantwortlich zu raachen far die verschiedenen Resultate der
Autoren.
Sclavo hat Pasteurschen Impfstoff benutzt; Schubert
im Ehrlichschen Institute bediente sich eines virulenten
Stammes, ebenso wie Ascoli, und hatte ebenfalls negative
Resultate zu verzeichnen. Nach Ascoli ist eine passive Im-
munisierung des Meerschweinchens mit einer gewissen Regel-
mafiigkeit nur gegen Keime von einer bestimmten
geringen Virulenz, wie es die Qblichen Impfstoffe sind,
zu erzielen.
Ascoli verwendet nicht den Pasteurschen Impfstoff, son-
dern eine abgeschwachte Kultur, welche nach seiner
Meinung ihre Virulenz konstanter halt, als der Pasteursche
Impfstoff. Die Priifung geschieht in der Weise, daB Serum
intraperitoneal und 24 Stunden spater subkutan injiziert wird.
Wenn man einen Stamm bekannter und konstanter Virulenz
besitzt, so kann man, wie Ascoli mitteilt, das Milzbrand-
serum titrieren und den Wert verschiedener Sera vergleichend
bestimmen. Die zahlreichen Protokolle der Arbeit von As¬
coli, die er derselben beifugt, sprechen dafflr, daB es As¬
coli gegluckt ist, eine exakte Wertbestimmung des Milzbrand-
serums auszuarbeiten.
Eigene Wertbestimmung.
Als wir an das Studium der Frage herangetreten sind,
haben wir an Stelle der Meerschweinchen Kaninchen als Ver-
suchstiere herangezogen, und zwar wegen ihrer gerin-
geren Empfindlichkeit fur den Milzbrand. Die
verschiedenen ungleichen Resultate aber, welche die Autoren
und auch Ascoli mitteilen, lieBen uns vermuten, daB nicht
nur die Tierart allein dafiir verantwortlich gemacht werden
kann, sondern das Alter und Gewicht hierbei eine Rolle
spielen durften.
In friiheren Arbeiten konnten wir z. B. bei dem Studium
der Choleragifte finden, daB ganz junge Meerschweinchen fur
7*
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96
E. Kraus und Beltrami,
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die Serumprtifung geeigneter sind als aitere und konnten auf
diese Weise Gifte der Choleravibrionen bestimmen. Aus
diesem Grunde wfihlten wir zu unseren Versuchen ganz kleine
Kaninchen im Gewichte von 600—800 g. Ein weiterer Faktor,
welcher uns wichtig schien, auf den bereits auch Ascoli
aufmerksam gemacht hat, war die Virulenz und die Dosierung
der Kultur.
Ascoli ist es mit einer stark virulenten Kultur nicht
geglflckt, Sera an Meerschweinchen zu bestimmen. Wir werden
sehen, daB bei der Heranziehung von kleinen Kaninchen auch
mit einer virulenten Kultur, die allerdings genau dosiert
sein muB, eine Wertbestimmung moglich ist.
Unsere Versuche gingen zunachst darauf hinaus, fest-
zustellen, ob eine exakte Wertbestimmung fur das Milzbrand-
serum, gewonnen von immunisierten Tieren, tiberhaupt prak-
tisch durchfiihrbar ist.
Schon die orientierenden Versuche zeigten, daB man bei
Verwendung virulenter Kultur mit jungen Kaninchen kon-
stantere Resultate gewinnen kann als mit groBen Kaninchen
und Meerschweinchen. Aus diesem Grunde wurden alle fol-
genden Versuche mit kleinen Kaninchen ausgefiihrt.
Wir haben Versuche mit Serum von verschiedenen Tier-
arten angestellt, immunisierten Rindern, Pferden, Schafen,
Eseln, und wollen nun im folgenden liber die Resultate be-
richten.
Die Tiere wurden zunSchst, um eine Grundimmunitat zu
schaffen, mit Vakzine Pasteur 1 und 2 injiziert und dann mit
steigenden Dosen virulenter Milzbrandkulturen (Gemisch ver-
schiedener Stamme) immunisiert. Das Serum wurde 14 Tage
nach der letzten Infektion entnommen und gepriift.
Maulesel No. 34: Am 15. Juni 1915 wurde mit der ImmuniBierung
begonnen. Am 15. Marz 1916 wurde der erste Aderlafi gemacht, nachdem
das Tier 518 ccm insgesamt subkutan einer 48-stiindigen Bouillonkultur
eines Gemisches von Milzbrandbacillen erhalten hatte. Das zu priifende
Serum wurde Kaninchen subkutan injiziert, und gewohnlich 48 Stunden
spater wurde eine 24-stiindige Agarkultur, und zwar 5- bis 50-fach tod-
liche Dosis, ebenfalls subkutan injiziert.
Es ergibt sich aus den ersten Versuchen, daB Tiere mit
4 und 2 ccm Serum uberleben, mit 1 und 0,5 ccm vor-
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Exp. Priifung der Wirksamkeit dee normalen Rinderserums usw. 97
behandelt, zugrunde gehen. Trotzdem der Maulesel dann
weiter mit steigenden Dosen injiziert wird und bis zum 22. Mai
weitere 290 ccm Bouillonkultur erhalten hat, ist der Wert
des Serums gleich geblieben. Nach weiterer Immunisierung
mit 600 ccm Kultur ist das Serum imstande, auch in Mengen
von 1 ccm Tiere zu schiitzen.
Versuch. 23. Marz.
Maulesel 34. 8erum subkutan, in 24 Stunden Kultur ‘/iooo Oe6e
subkutan.
Serum men ge
ccm
Kaninchen
No.
ErgebnU
4
988
lebt
2
989
1
990
t in 4 Tagen
0,5
991
f in 3 „
Gegenprobe
993
lebt
987
f in 2 Tagen
735
f in 2 „
Versuche, welche darauf hinausgingen, das Serum ent-
weder im Gemisch mit Kultur oder gleichzeitig bei getrennter
Infektion mit der Kultur zu priifen, ergaben weniger giinstige
Resultate, so dafi diese Priifungsmethode, welche wir an-
gewandt haben, auch in spateren Versuchen beibehalten wird.
Versuch. 7. Juni.
Maulesel 34. Serum subkutan, in 48 Stunden l / 6000 Oese subkutan.
Serum men ge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
3
841
f in 10 Tagen
Kultur negativ
2
792
lebt
1
790
0,5
67
f in 3 Tagen
Oedem
Gegenprobe
326
t in 3 „
948
t »n 3
»♦
Jedenfalls gelit aus diesen Versuchen hervor, daB im
Serum des immunisierten Maulesels Schutzstoffe nachweisbar
sind, die am Kaninchen einer Priifung zuganglich sind. Ein-
zelne Unregelm&Bigkeiten lassen sich durch eine Wiederholung
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98
R. Kraus und Beltrami,
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des Versuches und durch die Heranziehung von mehreren
Kontrolltieren ausgleichen.
Die gleichen Versuche wurden mit Serum eines mit Vac¬
cine Pasteur 1, 2 vorbehandelten Esels durchgefuhrt. Es
liefien sicli auch Schutzsubstanzen nachweisen, so daB 3, 2
und 1 ccm Serum imstande waren, Tiere zu schutzen.
VerBUch. 21. Juni.
Esel. Serum subkutan, in 48 Stunden */» M o Oese Bubkutan.
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
3
988
lebt
2
156
1
451
V
Gegen probe
364
f in 48 Stunden
Oedem
452
! -j* in 48 „
V
Weitere Versuche wurden an Rindern (58, 59) ausgefiihrt,
und zwar wurden diese Tiere ebenso behandelt wie Esel und
Maulesel. Zwei Rinder wurden seit Juni 1915 mit virulenten
Kulturen injiziert und erhielten subkutan im ganzen bis Miirz
ca. 520 ccm virulenter Kultur (Gemisch) insgesamt. 3 und
2 ccm Serum dieser Tiere vermag gegen eine sichere Infektion
zu schutzen; 1 ccm ist aber nicht mehr imstande, Schutz zu
verleiken, selbst wenn wir mit der Dosis der Kultur bis zur
Grenze der Pathogenitat heruntergegangen sind.
V e r s u c h. 6. J u n i.
Stier 58, Serum subkutan, in 48 Stunden Vioooo Oese subkutan.
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnia
3
71
lebt
2
143
1
797
f in 3 Tagen
Oedem
Stier 59
3
896
lebt
2
941
t in 3 Tagen
1
305
j in 3 „
Gegen probe
611
t in 3 „
697
f in 2 „
Google
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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen RinderaerumB uaw. 99
Versuch. 15. Marz.
Stier 58 — 59, immunisiert. Normalserum.
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnia
3 (58)
965
lebt
1
966
f in 3 Tagen
Kulturen positiv
1,5
967
lebt
3 (59)
968
lebt
1,0
969
f in 4 Tagen
Oedem
0,5
970
t in 4 Tagen
yy
3 (norm. Rinder-
serum I)
971
lebt
1
972
0,5
973
yy
Gegen probe
897
f in 2 Tagen
Oedem
899
f in 2 „ .
yy
Die relativ groBen Mengen Serums, welche iiberhaopt
notig waren, urn sichere Resultate zu gewinnen, sind uns
auch schon in den Arbeiten anderer Autoren aufgefallen, so
z. B. sehen wir in den ausgedehnten Versuchsreihen As col is,
daB in der Regel 4 ccm, 2 ccm und 1 ccm wirksam waren.
Diese groBen Mengen sind jedenfalls auffallend, wenn man
sie mit den wirksamen Werten der anderen bekannten Im-
munsera, sowohl der antitoxiscben als antiinfektiosen ver-
gleicht.
Diese merkwiirdige Tatsache brachte uns auf die Idee,
auch normale Sera von Tieren mit der neuen Priifungs-
methode zu untersuchen.
Wir konnten, gleich wie die vorige Versuchsreihe zeigt,
uns davon iiberzeugen, daB normales Serum von 6 — 8 Monate
alten Kalbern imstande sei, in Mengen von 3, 1 und 0,5 ccm
ebenso passive Immunitat zu erzeugen, wie das Serum von
den immunisierten Rindern.
Dieser Versuch war so auffallend, daB wir nunmehr eine
groBe Reihe von Untersuchungen iiber die Wirksamkeit der
normalen Rindersera durchgefflhrt haben und immer wieder
bei einer ganzen Reihe von normalen Tieren das Serum ebenso
wirksam finden konnten wie das der immunisierten Rinder. In
einem derartigen Versuche mit drei Rindern konnte auch eine
individuelle Verschiedenheit der Sera nachgewiesen werden.
Das Serum No. 3 wirkte nicht einmal in 3 ccm, das Serum
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100
R. Kraus und Beltrami,
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No. 5 wirkte in Mengen von 3 und 2 und das Serum No. 4
sogar in Mengen von 1 ccm.
Versuch 15. Marz.
Kalb. Normalserum subkutan, in 48 Stunden ‘/iox> Oese subkutan.
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
Rind No. 3 3
92
f in 48 Stunden
2
830
f in 3 Tagen
1
325
f in 48 Stunden
Rind No. 4 3
915
lebt
2
324
1
939
Rind No. 5 3
111
2
998
t in 3 Tagen
1
28
Gegenprobe
729
354
f in 48 Stunden
lebt
In neuen Versuchsreihen konnten wir ebenfalls fest-
stellen, dad die Werte des Serums wechseln konnen. Es ist
wahrscheinlich, dad diese Differenzen in den Werten mit be-
stiramten Jahreszeiten zusammenhangen konnten.
Versuch 3. Juni.
Kalb. Normalserum subkutan, in 48 Stunden Vioooo Oese subkutan.
Serummenge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
Rind No. 6 3
675
lebt
2
11
1
845
t in 24 Tagen
Kulturen negativ
Rind No. 7 3
551
t in 2 „
Oedem
2
730
t in 4 „
1
973
f in 9 „
Rind No. 8 3
97
t in 3 „
2
437
t in 2 „
1
696
t in 2 „
Rind No. 9 3
61
t in 3 „
2
770
t in 16 „
1
65
t in 2 „
J)
Rind No. 10 3
74
t in 14 „
Kulturen negativ
2
584
lebt
1
975
J*
Gegenprobe
332
t in 2 Tagen
Oedem
129
t in 2 „
548
t m 2 „
ff
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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderseruma usw. JQ 1
Versuch.
Kalb 61 (geimpft mit Impfstoff „Pasteur“) Serum von Kalb 60
(nicht geimpft).
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
2 (61)
158
lebt
1
50
f in 5 Tagen
3 (60)
56
lebt
2
628
Gegenprobe
810
t in 5 Tagen
744
t in 5 „
Versuch 20. Januar.
Schaf 100 immunisiert. Schaf Normalserum aubkutan, in 48 Stunden
Kultur V, ooo Oeae.
Serum menge
ccm
Kaninchen
No.
Ergebnis
2 (100)
470
lebt
1
471
0,5
472
2 (Schaft N)
473
11
1
474
0,5
475
Gegenprobe
479
11
Fortsetzung.
810
f in 2 Tagen
0,5 (100)
479
lebt
0,1
488
f in 2 Tagen
0,05
499
t in 3 ,,
0,5 (N. S.)
494
lebt
0,1
495
•
■ in 24 Stunden
0,05
496
•
■ in 24 „
Gegenprobe
500
•
' in 24 „
856
•
■ in 4 Tagen
Um einem eventuellen Einwand zu begegnen, daB die
Sera von nach Pasteur schutzgeimpften Rindern staramen
kSnnten, sei zun&chst auf die vorangehenden Versuche (Rind 58,
59) hingewiesen, welche zeigen, daB trotz Vorbehandlung mit
groBen Kulturmengen der Wert der Sera der gleiche ist wie
derjenige der nichtvorbehandelten Tiere. AuBerdem haben
wir aber noch einen Versuch gemacht, indem wir ein Kalb
eigens mit der Vaccine Pasteur einer zweimaligen Impfung
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102
R. Kraus und Beltrami,
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unterzogen und dessen Serum spater gepriift haben. Wie der
Versuch gezeigt hat, ist das normale Serum der ungeimpften
Tiere von derselben Wirksamkeit wie das des schutzgeimpften
Rindes.
Die weiteren Untersuchungen erstreckten sich nunmehr
auf vergleichende Studien zwischen normalen und immunisierten
SchafeD.
Es wurden zu diesem Zwecke Schafe immunisiert. Das
Serum des immunisierten Schafes 100, welches ca. 210 ccm
virulenten Milzbrandes erhalten hat, weist einen gleichen Wert
auf wie ein normales Schafserum, insofern als 2, 1 und 0,5 ccm
noch schiitzen, 0,1 ccm aber weder vom normalen noch vom
immunen eine Wirkung besitzen.
Nach dieser Feststellung gingen wir dann daran, weitere
normale Sera von Schafen zu priifen und konnten auch in-
dividuelle Verschiedenheiten im Serum normaler Tiere nach-
weisen, wie bei den Rindern. Einzelne Sera waren in Mengen
von 3, 2 und 1 ccm wirksam, andere blofi in' Mengen von
2 ccm.
Diese Versuche, zusammengehalten mit den an Rindern
gewonnenen, sprechen dafiir, daB im Serum normaler
Tiere gewisser Tierarten Scliutzsubstanzen vor-
handen sind, welche in denselben Werten wie das
Serum von vorbehandelten Tieren wirksam und
Kaninchen passiv zu immunisieren imstande sind.
Ein ganz ahnliches Resultat konnten wir mit Serum von
normalen und immunisierten Pferden erhalten.
Das Pferd 28 hat im ganzen ca. 400 ccm virulenten Milz-
brands erhalten und war nicht imstande, in 3 ccm Tiere zu
schiitzen. Untersuchungen normaler Pferdesera ergaben, daB
einzelne Sera in Mengen von 3 ccm wohl zu schiitzen imstande
sein diirften.
Es scheint demnach, daB eine individuelle und Artver-
schiedenheit in der Wirkung normaler Sera im Tierversuch
nachweisbar ist.
Die Veroffentlichung dieser Versuche (Kraus und Bel¬
trami), insbesondere aber die daraus gezogene natiirliche
Konsequenz, das normales Rinderserum als Heilserum beim
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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums ubw. JQ 3
Menschen an Stelle des bisher verwendeten Immunserums an-
gewendet werden kann (Kraus, Penna und Bono vino
Cuenca) hat selbstverstandlich zu Kontroversen geftihrt.
Zun&chst hat J. Lignier Protest gegen die Anwendung des
Rinderserums beim Menschen erhoben, indem er auf die
Toxizitat desselben hinweist und es deswegen als gefahrlich
ansieht. Wir konnen demgegenflber die Tatsache feststellen,
daB die Anwendung des 2mal 1 Stunde auf 56° erw&rmten
Serums weder bei subkutaner noch bei intravenoser Appli-
kation selbst groBerer Mengen ebenso vertragen wird wie das
Pferdeserum, und, was besonders wichtig ist, daB es die als
Folge des letzteren so haufig auftretende Serumkrankheit nur
selten verursacht.
Eine Arbeit aus dem Institute von S o r d e 11 i und
Fischer hat die Frage auch vom experimentellen Standpunkt
beleuchtet, um die EinwSnde Ligniers als nicht stichhaltig
hinzustellen. Dann aber wendet sich Ligniers gegen die
von uns angewendete Prfifungsmethode an jungen Kaninchen,
indem er diese Tierart fur zu resistent halt, und um die
Unwirksamkeit des normalen Serums im Tierversuch zu
demonstrieren, wendet er Meerschweinchen an, die er mit ab-
geschwachter Kultur (Vacc. Pasteur 2) infiziert. DaB das mit
Vaccine und Kultur gewonnene Immunserum moglicherweise
sich im Meerschweinchenversuch gegen einen kiinstlich abge-
schwtichten Stamm wie es die Vaccine Pasteur ist, als wirksam
erweisen konnte, wollen wir nicht in Abrede stellen, und wir
selbst werden in einer nachsten Arbeit diese Befunde bestatigen.
DaB damit aber unsere Versuche mit virulenter Kultur an
jungen Kaninchen nicht entkraftet sind, liegt wohl klar auf
der Hand. Auf die wenigen Kaninchen versuche, welche
Ligniers anfiihrt, wollen wir nicht weiter eingehen, da sie
zu mangelhaft sind. Ligniers verwendet 1 / i ccm Bouillon-
kultur einer virulenten Kultur als Infektionsdosis, welches
MaB wohl fur exakte Prufungszwecke nicht gekannt ist.
Eine andere Arbeit, die von Hutyra und Manninger,
beschaftigt sich ebenfalls mit der von uns angeregten Frage
und gelangt zum Schlusse, daB normale Sera im Gegensatz
zu Immunseris junge Kaninchen gegen die subkutane In-
fektion mit virulenten Milzbrandkulturen nicht zu schtttzen
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104
R. Kraus und Beltrami,
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vermbgen. Hutyra glaubt annehmen zu konnen, dad in den
von uns mitgeteilteu Versuchsergebnissen kaum eine hin-
reichende Grundlage fiir die praktisch wichtige Schludfolgerung
gegeben sei. Die Kritik, welche er an unseren Versuchen
iibt, wonach in 2 Versuchen 1 Kontrolltier liberlebt, ist un-
berechtigt, da in anderen zahlreichen Versuchen alle Kontroll-
tiere sterben. Auderdem ist zu bemerken, dad die individuellen
Resistenzen bei Versuchen, in welchen zur Priifung lebende
Kulturen verwendet werden, zur Geniige gekannt sind und Ver-
suchsfehler nur dadurch umgangen werden, dad stets mehrere
Kontrolltiere benfitzt werden, wie wir es ja auch getan haben.
Schliedlich sei zu den Versuchen Hutyras bemerkt, dad wir
darauf hingewiesen haben, dad nicht alle normale Sera gleich
wirksam sind. Hutyra findet in einem Versuch normales
Schafserum unwirksam in 3 ccm, in dem anderen ist 2 ccm
Pferdeserum und 3 ccm Rinder-, Schaf-, Pferdeserum un¬
wirksam. Warum hat Hutyra nicht 4 und 5 ccm versucht
und auderdem Serum von anderen Tieren? Um den Ein-
wSnden Hutyras gerecht zu werden, wollen wir im folgen-
den einige Versuche aus einer weiteren Versuchsreihe ver-
offenilichen, aus welchen wiederum die Wirksamkeit des
nornialen Rinderseruins hervorgeht.
Normales Serum subkutan, nach 48 Stunden Viooooooo Oese Kultur.
Serum
Kanincben
Menge
Rind 64
7
5 ccm
8
3 „
9
1 „
Rind 75
13
5 „
lebt
14
3 ,.
15
1 „
Rind 82
19
5 „
20
3 „
21
1 „
Rind 81
16
5 „
lebt
17
3 „
t
18
1
lebt
Gegenprobe
31
t
32
t
33
t
34
t
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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums usw. 105
Norm ales Serum subkutan, nach 48 Stunden 1 l lonoooao Oese Kultur.
Serum
Kaninchen
Menge
Rind 76
667
5 ccm
lebt
668
3 „
669
1 „
11
Rind 82
664
5 „
665
3 „
666
1 ,,
99
Rind 64
670
5 „
671
3 „
n
672
1 v
99
Rind 81
661
5 „
lebt
662
3
t
663
1 „
t
Gegenprobe
684
t
686
t
Serum subkutan, in 48 Stunden 1:10000 Oese Eultur.
Serum
Kaninchen
Menge
N. Rind 64
610
5 ccm
lebt
611
3 „
99
638
1 M
t
N. Rind 60
623
5 „
lebt
604
3 „
99
393
1
99
N. Rind 74
620
5 „
609
3 „
19
390
1 „
t
Gegenprobe
536
■
547
535
546
•
In No. 2 Vol. 26 The Journ. of Inf. Diseases beschaftigen sicli
Kolmer, Wanner und Koehler gleichfalls mit der Frage
iiber die Wirkung des normalen Rinderserums. Leider lassen
sich aus diesen Versuchen gar keine Schliisse machen, da die
Autoren zu ihren Versuchen weiBe MSuse verwendeten, die
auBerordentlich empfindlich sind gegen Milzbrandbacillen und
gerade wegen ihrer Empfindlicbkeit von Pasteur zur Priifung
der Vaccine No. 1 verwendet wurden. Kolmer katte vorher
erweisen miissen, daB die Priifung mit weiBen Mausen mit
Immunserum exakte Resultate gegeben hat, was aber niclit
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106
R. Kraus und Beltrami,
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geschehen ist, da dartiber keine Protokolle vorliegen. Zu-
mindest hatte aber Kolmer neben normalem Serum ver-
gleichsweise auch Immunserum priifen mflssen, urn aus den
negativen Resultaten mit normalem Serum irgendwelche
Schliisse ziehen zu konnen. Wir bezweifeln sehr, daB sich
weiBe Mause ftir die Serumprufung eignen, da sie milzbrand-
empfindlicher sind als die Meerschweinchen und diese letzteren
gerade deswegen bei Beniitzung virulenter Milzbrandstamme
sich als ungeeignet erwiesen haben. In einer weiteren Arbeit
werden wir durch Protokolle beweisen, daB eine Wertbestim-
mung eines Immunserums an weiBen Mausen nicht moglich
ist, womit der Einwand Kolmers in sich zusammenfallt.
Auf Grund der Mltereu und neueren Versuche kbnnen
wir wiederum behaupten, daB dem normalen Rinderserum
antiinfektibse Eigenschaften im Tierversuch zugeschrieben
werden konnen.
Und zum SchluB miissen wir noch eine Arbeit von
Eichhorn und Kelser (Journ. of Agric. Research, 1917,
Washington) besprechen, in welcher mittels eigens bereiteter
Bakterienextrakte eine spezifische Komplementablenkung mit
Immunmilzbrandserum beschrieben und als Prflfungsmethode
zur Wertbestimmung empfohlen wird. Trotzdem von ver-
schiedener Seite (s. Sobernheim, Handb. Kolle-Wasser-
mann) derartige Versuche mit negativem Resultate unter-
nommen wurden, hat die Arbeit von Eichhorn zur Nach-
prfifung aufgefordert. Die Versuche, von Beltrami und
Gras si im Institut ausgefiihrt, haben trotz zahlreicher und
variierter Versuche und Befolgung der Angaben Eichhorns
nur negative Ergebnisse geliefert (die Protokolle werden in
der Rev. del Instituto Bacteriol. del Dep. Nac. de Hig. er-
scheinen).
Der eine von uns (Kraus) hat sich deswegen brieflich
an Eichhorn gewendet mit der Bitte, das von ihm bereitete
Antigen uns zu Versuchszwecker* zu uberlassen. Eichhorn
hatte die Freundlichkeit, ausfuhrlich zu antworten und teilt
mit, daB er die angegebene Priifungsmethode be-
reits aufgegeben, und zweifelt daran, ob (iber-
haupt zwischen komplementbindender und anti-
infektioser Eigenschaft Beziehungen bestehen.
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Exp. Prufung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums usw. 107
Auf Grund unserer Versuche und der brieflichen Mit-
teilung Eichhorns glauben wir nunmehr die Komplement-
bindung zur Prufung des Milzbrandserums als unbrauchbar
hinzustellen.
Zusammenfassung.
Hier kam es uns darauf an, zu zeigen, dafi die experi¬
mented gewonnenen Ergebnisse fiber die Wirksamkeit des
normalen Rinderserums gegenfiber der Milzbrandinfektion auch
in weiteren Versuchen Bestfitigung finden. Unsere Versuche
bilden den Ausgangpunkt ffir die Anwendung des normalen
Rinderserums am Krankenbette. In unserer demnfichst er-
scheinenden monographischen Zusammenfassung fiber diese
Behandlungsmethode und in den bereits veroffentlichten Ar-
beiten (Penna, Bonovino Cuenca und Kraus) zeigen
wir an Hand von zahlreichen kliniscben Milzbrandfallen, dafi
dem normalen Rinderserum die gleiche Wirksamkeit zukommt,
wie dem Immunmilzbrandserum.
Naehdruck cerboten.
[Aua dem Bakteriologischen Institut des Departamento Nacional
de Higiene in Buenos Aires.
Experimentelles zur Frage der Heilwirkung des normaleu
Plerdeseruws bci der Dipktkerie.
Von Prof. R. Kraus und Dr. A. Sordelli.
(Eingegangen bei der Redaktion am 23. Juli 1920.)
Es ist seit langem bekannt, dafi im Blute normaler Or-
ganismen Antikorper der verschiedenen Art vorkommen. Einer
von uns mit seinen Mitarbeitern (Clairmont, Lipschfitz,
Pribram, Doerr) hat sich seit Jahren systematisch mit dem
Studium der normalen Antitoxine beschfiftigt und eine Reihe
wichtiger Tatsachen ermittelt. So z. B. wurde nachgewiesen,
dafi im Serum normaler Tiere verschiedene Antih&motoxine
vorhanden sind, die eiuen ebensolchen Heilwert haben wie
die Immunantitoxine. Durch Heilversuche in vitro konnten
vergiftete Blutkorperchen mit genfigenden Antitoxinmengen
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108
B. Kraus und A. Bordelli,
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normaler Sera ebenso geheilt werden, wie es Madsen in
seinen bekannten Versuchen mit Immunantitoxinen gezeigt
hat. .Eine weitere Entdeckung betrifft die Verschiedenheit der
Aviditat der normalen und Immunantitoxine.
Nachdera es gelungen war, im Serum normaler Tiere ein
Antitoxin gegen das akute Eltortoxin festzustellen, konnte er-
mittelt werden, daB auBer dem quantitativen Faktor bei der
Antitoxinwirkung auch qualitative Momente eine besondere
Rolle spielen konnen. Das normale Antitoxin kann quantitativ
genau so aktiv sein, wie das durch Immunserura gewonnene,
nur mit dem Unterschied, daB ihm eine langsamere Aviditat
dem Toxin gegentiber als dem Immunantitoxin zukommt. Es
was naheliegend, daB die vorhandenen zahlreichen experimen-
tellen Erfahrungen uber Antikorper im normalen Serum dazu
fuhren muBten, auch normale Sera als Heilsera bei Infektions-
krankheiten zu verwenden. Es liegen bereits verschiedene
Angaben in der Literatur vor, wonach dem normalen Serum,
z. B. beim Erysipel, Flecktyphus, Influenza etc., giinstige Heil-
wirkungen zugeschrieben werden. Allerdings sind die An¬
gaben nur vereinzelt und mangels einer groBeren Statistik ist
man heute noch nicht in der Lage, den Wert dieser Beobach-
tungen objektiv zu beurteilen.
Unsere Arbeiten (Kraus, Penna, Bonovino, Cuenca)
zeigen an der Hand von einigen hundert Krankengeschichten,
daB normales Rinderserum menschlichen Milzbrand giinstig
zu beeinflussen vermag. (La Prensa medica argentina, 1917,
No. 18; Revista del Instituto Bacteriol. del Dep. Nac. de Hig.,
1919; Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 18.)
In einer monographischen Zusammenfassung stellen wir
unsere gesamten diesbeztiglichen Erfahrungen zusammen, und
beweisen, daB die Heilerfolge mit normalem Rinderserum
gleich sind deDjenigen, die mit Immunserum beschrieben sind.
Aus diesen vorangehenden Daten ist zu ersehen, daB der
eine von uns systematisch seit Jahren die Antikorper der
normalen Sera zum Gegenstand eingehender Studien gemacht,
und daB die experimentelle Forschung zur erfolgreichen An-
wendung desselben am Krankenbett gefuhrt hat.
Es war daher selbstverstSndlich, daB die Mitteilungen von
Bin gel flber die Heilwirkung des normalen Pferdese r ums
Origirval from
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Heilwirkung dee normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. 109
bei der menschlichen Diphtherie von uns mit besonderem
Interesse aufgenommen wurden. Die Mitteilungen Bin gels
sind so ilberraschend, daB sie berechtigtes Aufsehen erregen
muBten, und es ist nicht zu verwundern, wenn bereits' dar-
flber eine heftige Polemik entbrannt ist.
Die umfassendste Arbeit, welche sich auf experimentellem
Wege, vergleichend mit der Heilwirkung des normalen Pferde¬
serums und Immunserums, bescbaftigt, ist die von Kolle
und Schlofiberger (Med. Klinik, 1919). In den ersten zwei
Mitteilungen zeigen die Autoren, daB an mit Toxin ver-
gifteten Meerschweinchen bei Heilversuchen dem normalen
Pferdeserum eine gewisse Wirkung zukommt, die sich aber
nur in einer Verzogerung des Todes kundgibt, ohne einen
nennenswerten Heilwert zu besitzen. In der dritten Mitteilung
werden die Heilversuche am infizierten Meerschweinchen durch-
gefflhrt und gezeigt, daB in einer Anzahl von Versuchen das
normale Pferdeserum eine gewisse Wirkung auf den Verlauf
der Infektion besitzt. Von 137 Meerschweinchen, die mit
normalem Pferdeserum behandelt wurden, sind 20 Proz. ge-
heilt, wogegen 70 Proz. der mit antitoxischem Serum be-
handelten iiberleben. Allerdings konnten Heilwirkungen mit
normalem Serum bei Erhohung der tOdlichen Dosis Kultur
und 10 Stunden nach der Infektion nicht mehr nachgewiesen
werden, wohl aber mit antitoxischem Serum. Auch die in
der vierten Mitteilung niedergelegten praventiven und kurativen
Versuche an weiBen Mfiusen und Meerschweinchen (intra-
kutane und subkutane Infektion) weisen auf die Wirkungs-
losigkeit des normalen Pferdeserums hin. Ebenso negative
Resultate verzeichnen die Mischungsversuche, in welchen das
normale Pferdeserum weder dem Toxin noch den lebenden
Bakterien gegeniiber irgendwelche Wirkung aufweist, es trat
nicht einmal Lebensverlangerung ein, indem die Meerschweinchen
ebenso rasch starben als die Kontrolltiere. Kolle und Schofi¬
ber ger gelangen auf Grund ihrer zahlreichen Versuche zu
dem Schlusse, daB dem normalen Pferdeserum, soweit es iiber-
haupt wirkt, nur „unspezifische, resistenzerhohende, stimu-
lierende“ Wirkungen innewohnen. Auch v. GrSer gelangt
zu einer Bhnlichen Auffassung, indem er von einer sogenannten
„ergotropen“ Wirkung spricht. Friedberger konnte in
Zeltschr. f. Immuaitatsforschung. Orig. Bd. 91. 8 *
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HO R. Kraus uud A. Sordelli,
Heilversuchen an mit Kultur infizierten Meerschweinchen mit
normalem, antitoxinhaltigem Pferdeserum (1 Einh.) ebenfalls
keinerlei Resultate sehen, wohl aber mit 500—1000 fachem
Diphtherieserum. Daraus schlieBt er, daB nur dein antitoxischen
Immunserum ein Heilwert zukommt, nicht aber dem normalen
Pferdeserum. Trotzdem sucht er nach einer Erkl&rung fur
die Befunde Bin gels, und glaubt annehmen zu kdnnen, daB
das Toxin, welches die Diphtheriebacillen im Meerschweinchen
erzeugen, nicht identisch sei mit demjenigen, welches wiihrend
der Krankheit beim Menschen eutsteht, und aus diesem Grunde
fibt das antitoxische Serum auf die Vergiftung des Meer-
schweinchens eine gflnstige Wirkung aus, nicht aber das nor-
male Pferdeserum.
Damit hatten wir die wichtigsten Arbeiten angefflhrt, die
Bin gels Resultate, am Kranken gewonnen, auf experimen-
telle Weise zu widerlegen oder zu erklaren versuchen. Die
ablehnende Haltung Kolles, der dem normalen Pferdeserum
jegliche praventive und kurative Wirkung abspricht, die ver-
mittelndeHaltung Friedbergers veranlaBten uns, der Streit-
frage naherzutreten, urn die bestehenden Widerspriiche zwischen
Klinik und Experiment aufklaren zu konnen.
Bei der Durchsicht der Arbeit Kolles failt es zunfichst
auf, daB, obzwar keine Protokolle iiber Wertbestimmung des
normalen Pferdeserums angefiihrt sind, die Autoren von anti-
toxinfreiem Serum (Sonderabdr. p. 11, No. 1) sprechen
und in keinem einzigen Versuche antitoxinhaltiges normales
Pferdeserum herangezogen haben. Es ist das urn so auf-
fallender, als von vornherein wahrscheinlich war, daB Bin gel,
der k&uflicbePferdesera verwendete und selbst Wertbestimmung
derselben nicht vornahm, normale Sera mit einem gewissen
Antitoxingehalt verwendet haben durfte. Wissen wir doch,
daB normale Pferdesera auch Diphtherieantitoxin in verschie-
denen Mengen (mehr wie 1 Einh. Ehrlichs) enthalten konnen.
Versuche, welche der eine von uns (Sordelli) im Institut
durchgefuhrt hat, zeigen, daB der Diphtherieantitoxingehalt
variiert, und zwar haupts&chlich nach dem Alter der Pferde,
so daB z. B. Fohlen und junge Pferde fur gewohnlich niedrige
Antitoxinmengen besitzen (weniger wie Vioo Einheit Ehrlichs),
alte Pferde relativ hohe Werte (zwischen 0,2 und 1 Einh.).
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Heilwirkung des normalen Pfcrdeserums bei der Diphtherie. m
Daraus geht hervor, daB normales Pferdeserum im Misch-
versuch Diphtherietoxin zu neutralisieren vermag, sofern es
eben Antitoxin enth<, und zwar parallel seinem Antitoxin-
gehalt. Eine Wertbestimraung der Antitoxine ira normalen
Pferdeserum nach Ehrlich oderRomer ist ebenso mSglich
exakt durchfiihrbar, wie diejenige des Immunserums. Wenn
Kolle dem antitoxinfreien Pferdeserum jedwede neu-
tralisierende Wirkung in vitro und in vivo abspricht, so be-
weist er damit, daB die neutralisierende Kraft der normalen
Pferdesera auf seine Antitoxine zuriickzufuhren sei und nicht
auf andere unbekannte Substanzen. Im weiteren gait es zu
entscheiden, ob normales Pferdeserum, entsprechend seinem
Gehalt an Antitoxin, auch im Organismus preventive
und kurative Eigenschaften dem Diphtherietoxin oder
der Kultur gegenuber aufweist, sowie es in der Mischung
geschieht. Erst dann, wenn diese Frage in bejahendem oder
verneinendem Sinne einwandfrei beantwortet ist, glauben wir,
sind alle experimentellen Vorbedingungen erfiillt, um die
klinischen Resultate Bin gels beurteilen zu konnen.
I.
Zu unseren Versuchen wahlten wir junge Kaninchen
(600—900 g), welche nach eigenen frflheren und neueren Er-
fahrungen sowohl auf Diphtherietoxin als auf Kultur regel-
mafiig' reagieren, und dabei doch nicht so auBerordentlich
giftempfindlich sind wie die Meerschweinchen.
Virulenzbestimmung der Diphtheriekultur fur Kaninchen
(24-stiindige Agarkultur, aufgeschwemmt in Bouillon).
1 Oese subkutan 966 (830 g)
V> „ „ 971 (950 „)
V« » 272(1000
V. * 271 (1020
48 Std.
■■ 3 Tagen
00 „) +3 „
SO „) f 6
V,o, */so> 1 Uo Oese Kaninchen iiberleben 15 Tage
Serumbestimmung des normalen Pferdeserums 142
(14 Jahre alt).
Bestimmung nach Ehrlich: 1 I.E. pro 1 ccm
„ „ Rdmer: 1 ,, n ^ »
Bestimmung des normalen Rinderserums
(2 Jahre 8 Monate).
Bestimmung nach Ehrlich: wenigcr als 0,2 I.E. pro 1 ccm
„ „ Romer: zwischen 0,1 und 0,05 I.E. pro 1 ccm
8*
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112
R. Kraus und A. Sordelli,
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1. priiventiver Versuch.
Normalea Pferdeserum und Rinderserum (erwarmt 2 mal */« Std.
54 Grad) intravenos, nach 24 Std. subkutan */ 4 Oese Diphtheriekultur
mehrfach todlich.
17. XI.
5 ccm S.Pf. iv. 151 (930)
5 „
„ „ 163 (780)
5 „
„ „ 189 (910)
10 „
„ „ 188 (1030)
10 „
„ „ 166 (1180)
10 „
„ „ 159 (950)
iDfekt. subkut. am 18. XI. */« Oese Kultur.
Leben
* 1. Versuch mit Rinderserum:
Kontrolle:
5
5
5
10
10
10
ccm
175 (950)
165 (930)
199 (800)
170 (1110)
157 (1030)
169 (870)
> leben
(664 (900)
Infektion mit V, Oese 665 (850)
(950)
12 Tagen
"5 „
•• 7 „
2. praventiver Versuch.
Normales Pferdeserum 142 iv. nach 24 Std. Infektion mit '/, Oese
subkutan.
24. XI.
10
10
5
5
2
2
0,5
0,5
ccm iv. 858 (870)
„ 871 (770)
„ 859 (850)
„ 868 (870)
873 (790)
885 (760)
799 (750)
883 (750)
Infektion */, Oese subkutan.
Leben
Normales Rinderserum iv. nach 24 Std. Infektion */, Oese Kultur
subkutan.
10
10
5
5
2
2
0,5
0,5
ccm
»
»
11
11
11
11
11
iv. Kan. 872 (720)
„ „ 874 (970)
„ „ 881 (880)
„ „ 875 (970)
„ „ 851 (970)
„ „ 880 (650)
„ „ 900 ( 700)
„ „ 886 (800)
Infekt. '/* Oese subk.
| leben
4 Tagen
• ■ 4 „
•3 „
it ”
3 „
■ 2 „
Kontrolle:
Infektion '/, Oese
/783 (820) f 2 Tagen
(987 (750) f 3 „
Google
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Heilwirkung des normalen Pferdeserams bei der Diphtherie. H3
3. praventiver Versuch.
19. XL
2
0,5
0,5
ccm Pferdeserum iv. Kan. 176 (930)
„ ., 193 (980)
„ „ „ „ 184 (980)
} Inf. */« Oese nach 24 Std. subk.
Leben
2
2
0,5
0,5
ccm Rinderserum iv. Kan.
197 (900)
174 (830)
194 (880)
164 (850)
6 Tagen
Kontrolle:
Infektion >/ 4 Oese Kan. {g* g
f 5 Tagen
t 4 „
Aus den vorangehenden Versuchen geht hervor, daB
sowohl das norraale Pferdeserum als auch das
Rinderserum, praventiv Kaninchen injiziert, im-
stande sind, dieselben vor nachtr&glicher In¬
fektion zu schfltzen, und zwar je nach den Antitoxin-
mengen, die in 1 ccm des betreffenden Serums nachweisbar
sind. 10 ccm Rinderserum, enthaltend 0,5 Einh., sind im-
stande, sicher zu schfltzen. 5 ccm Rinderserum, enthaltend
0,25 Einh., schfltzen einmal, das andere Mai nicht. Die
Wirkung ist schon unsicher und 2 ccm mit 0,1—0,2 und
0,5 ccm mit 0,05 haben keinerlei Schutzwirkung mehr, wohl
aber vermag das antitoxinreichere Pferdeserum, 1 ccm = 1 Ein-
heit, in Mengen von 0,5 ccm sicher zu schfltzen, ebenso wie
10 ccm Rinderserum = 0,5 Einh.
Man sieht also hier schon, daB die schfltzende Wirkung
nicht von der angewendeten Serummenge abhangt, da 5 ccm
und 2 ccm Rinderserum unwirksara und 1 ccm und 0,5 ccm
Pferdeserum wirksam sind. Noch deutlicher kommt aber
diese Tatsache zum Ausdruck, wenn wir im folgenden Ver¬
such die preventive Schutzwirkung des normalen Serums mit
einem Imraunantitoxin zum Vergleich heranziehen.
4. praventiver Versuch.
Vergleich der praventiven Wirkung des normalen Serums mit dem
Testserum Washington.
5. 1. Serum intravends nach 24 Std. Infektion mit */ 9 Oese subkutan.
1
Einh. Washington
iv. Kan. 658 (500)
1
77 77
„ „ 686 ( 650)
0,5
77 77
„ „ 157 (630)
0,5
77 77
„ „ 162 (610
0.2
77 77
„ „ 188 (730)
0,2
77 77
„ „ 155 (580)
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114
R. Kraus und A. Sordelli,
Digitized by
1 Einh. normales Pferdeserum 142 700 (670)
1
tt
ft »>
151 (676)
0,5 „
tt
ft tt
191 (600)
► leben
0,2 „
tt
tt tt
192 (680)
0,2 ,.
it
It ft
159 (600)
Kontrolle:
(194 (610) t 4 Tagen
Infektion mit 1
/, Oese Kultur subkutan
154 (600) f 2
1171 (600) f 4
tt
t>
1671 (750) f 3
tt
12. I. Fortsetzung vom 4. Verauch.
0,2
Einh. Wash. iv.
Kan.
733 (630) Inf. '/,
Oese in 24 Std.
t 3 Tagen
0,2
yy ft ft
tt
737 (6601 „ „
»> tt tt tt
t 7 „
0,1
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tt
739 (880) „ „
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+ 5 „
0,1
ft tt tt
tt
720 (750) „ „
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»
+ 3 „
0.05
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tt
744 (720) „ „
yt tt tt tt
t 3 „
0,05
tt ♦» it
It
527 (600) „ „
ty yt tt »»
t 2 „
0,2 Einh. normales Pferdeserum 142 iv.
n 9
it tt tt ff yy
o»i ii ii ii ii n
0,0o ,, ,, „ „ ,.
0,05 ,, ,, ,, ,, ,,
Kan. 728 (600)
„ 727 (640)
533 (820)
„ 715 (600)
„ 742 (630)
t 12 Tagen
t 2 „
t 4 „
t 2 „
t 4 „
Kontrolle:
Infektion '/» Oese
f 24 Std.
t 3 Tagen
t 3 „
t 24 Std.
Die Versuche bediirfen eigentlich keinerlei Kommentar,
da sie eine voile Uebereinstimmung der praventiven Schutz-
wirkung des normalen Pferdeserums, entsprecbend seinem Ge-
halt an Antitoxin, und der Ehrlichschen Immuneinheit de-
monstieren. 0,5 Einh. Ehrlichs sind imstande, Ivaninchen
gegen eine Infektion ebenso zu schiitzen, wie 0,5 Einh.
des normalen Pferdeserums. 0,2 Einh. schiitzen einmal, das
andere Mai nicht, und 0,1 Einh. sind wirkungslos sowohl
vom Immun- als auch vom normalen Antitoxin. Mit diesen
Versuchen ist wo hi bewiesen, daB das Normal-
serum nur schiitzt, weil es Antitoxin enthalt,
und daB die Antitoxine des normalen Serums
ebenso spezifisch wirken wie die Innnunanti-
toxine. Dm diese Tatsachen noch besser zu erharten, haben
wir andere Pferdesera herangezogen, die weniger antitoxin-
haltig waren als Serum 142, welches in 1 ccm mehr als
1 Einh. enthalt. Wie die folgenden W’ertbestimmungen zeigen,
enthalt das Pferdeserum 357 in 1 ccm nur 0,1 Einh., also
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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. U5
lOmal weniger, und das Ffillenserum in 1 ccm 0,02 Einh.,
als 200mal weniger. Wenn die gemachten Voraussetzungen
richtig sind, werden auch die Schutzwirkungen dieser Sera
entsprechend geringere sein, als diejenige des normalen
Serums 142.
Wertbestimmung nach Romer.
Normales Pferdeserum 357: enthalt 0,1 Einheit pro 1 ccm.
Serum vom Fohlen: enthalt 0,02 Einheit pro 1 ccm.
5. praventiver Versuch.
Vergleich normales Pferdecerum 357 und Serum Fohlen mit Test-
serum Frankfurt.
29. L
5 ccm = 0,5 Einh. Ser. 357 iv. Kan. 113 (900) Inf. nach 24 Std. */, Oese + 1 Tg.
5 „ =0.5 „
fi v yy yy
125(820) „
,, „ ,, ,, „ iiberlebt
3 „ =0.3 „
yy yy yy »
133(870) „
j» » ,, » >i t ® Tg.
3 ,, — 0,3 ,,
yy yy yy yy
137(870) „
„ „ „ „ „ iiberlebt
2 „ =0,2 „
yy yy yy yy
441(680) „
yy yy yy yy yy
5 Tg.
2 „ — 0,2 „
yy yy yy yy
443(750) „
yy yy yy yy yy
3 yy
1 „ =0,1 „
yy yy yy yy
434(770) „
yy yy yy yy yy
4 „
1 „ =0,1 „
yy yy yy yy
435(720) „
yy yy yy yy yy I
4 „
10 ccm = 0,2 Einh. iv. Ser. Fohlen 709 (570) Inf. nach 24 Std. */, Oese
1 Tg.
10 „ =0,2 „
yy yy yy
102(970) „
yy yy yy yy yy
5 „
6 „ =0,12 ,.
yy yy yy
145 (800) „
yy yy yy yy
f 4 „
6 „ =0,12 ,.
yy yy yy
101(850) „
yy yy yy yy >»
4 „
4 „ =0,08 „
yy yy yy
439(670) „
yy yy yy yy yy
f 3 „
4 „ =0,08 „
yy yy yy
445(670) „
yy yy yy yy yy
3 „
2 „ =0,04 „
yy yy >»
401(820) „
yy yy »« yy i?
1-4 „
2 „ =0,04 „
yy yy yy
436^670) „
yy yy yy *y yy
3 „
0,5 Frankfurt 135 ( 500)
iiberlebt
0,2
139 (800)
t 6 Tg.
0,2
117 (970)
t 2 „
0,1
148 (820)
t 4 „
0,1
137 (770)
f 24 Std.
Kontrolle:
(126 (800)
t 4 Tg.
V, Oese subkutan (414 (850'
t 3 „
(447 (800)
t 4 „
Man sieht daraus, daB 5 ccm und 3 ccm des Serums 357
an der Grenze der Wirksamkeit stehen. Mengen von 2 ccm
= 0,2 Einh. schfitzen fiberhaupt nicht mehr. Das Fohlen-
serum, welches 5mal weniger Antitoxin enthalt als Serum 357,
•schiitzt auch nicht in Mengen von 10 ccm = 0,2 Einh.
Sowie in den vorangehenden Versuchen 0,2 Einh. der Ehr-
lichschen Immuneinheit nicht mehr schfitzen, ist auch hier
der Wert der prfiventiven Schutzimpfung hfiher als 0,2 Einh.
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116
R. Kraus und A. Bordelli,
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DaB die Menge des Serums nicht verantwortlich gemacht
werden kann, geht zwar schon aus den ersten Versuchen
hervor, hier aber, wo das weniger Antitoxin enthaltende Serum
verwendet wurde, ist es noch in die Augen springender.
Daraus ergibt sich, daB die pr&ventive Wirkung der
normalen Sera einzig und allein von ihrem Anti-
toxingehalt abh&ngt. Die Annahme einer ergotropen
Wirkung (Groer) Oder eines anderen Faktors, den Kolle
anzunehmen geneigt ist, kann man auf Grund der obigen
Versuche vollkommen negieren. Wenn auch diese Versuche
keinen Zweifel darfiber bestehen lassen, daB einzig und allein
dem im normalen Serum enthaltenen Antitoxin pr&ventive
Wirkungen zukommen, soli doch noch in weiteren Versuchen
die Wirksamkeit normaler Antitoxine im Heilversuche ver-
sucht werden.
II.
Die Heilversuche wurden ebenfalls an Kaninchen aus-
gefflhrt, und zwar wurden die Tiere mit der mehrfach tod-
lichen Dosis Kultur subkutan infiziert und nach 1 und 2 Stunden
mit Serum behandelt. Auch in diesen Versuchen haben wir
wieder zum Vergleich die Immuneinheit herangezogen, um die
Richtigkeit der Versuche mit normalem Serum kontrollieren
zu konnen.
1. kurativer Versuch.
19. II. l /, Oese Kultur nach 1 Std. Serum intravenos.
Normales Serum 142 1 Einh. iv. Kan. 942 (630))
i> » » 1 i) „ „ 944 (620) liiberleben
» ii ii 0,5 „ ,, „ 914 (770) J
ii ii ii 0,5 ,, „ ,, 924 (580)
.. ,, 0,2 „ „ „ 50 (770)
ii ii ii 0,2 „ ,, „ 12 (670)
Serum Test Frankfurt 1 Einh. 948 (600) f 3 Tg.
n ,1 ,, 1
ii ii ,i 0,5
ii ii ,i 0,5
ii I, ,, 0,2
ii ii ,, 0,2
KoDtrolle:
(902 (980)1
7j Oese subkutan -{926 (750) V + 24 Std
1907 (620) J
943 (630)
901 (770)
11 (670
912 (680)
+ 4 Tg.
iiberlebt
t 3 Tg.
124 Std.
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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. ] ] ^
2. kurativer Versuch.
3. IIL */* Oese Kultur subkutan 1 Std. spater iv. Serum.
Normales Serum (142) 1 Einh. iv. Kan. 18 (490)
1
0,5
0,5
0,2
0,2
42 (620)
247 (750)
38 (500)
219 (770)
218 (750)
iiberleben
Serum Test Frankfurt 1 Einh. iv. Kan. 203 (800)
99
99
99
1
0,5
0,5
0,2
0,2
240 (800)
48 (800)
25 (620)
44 (620)
47 (690)
iiberleben
Kontrolle:
V, Oe6e Kultur subkutan
t 4 Tg.
f 48 Std.
3. kurativer Versuch.
'/* Oese Kultur subkutan nach 2 Std. iv. Serum.
Normales Serum 142 1 Einh. iv. Kan
0,5 „ ,, „
0»h II II II
0,2 „ „ „
0,2 „ „ ,,
703 (650)
706 (7<X>)
730 (800)
729 (500)
712 (670)
713 (700)
Serum Test Frankfurt
1
Einh.
iv. Kan. 709 (800)
99
1
99
,. , ; . 722 (730)
J> tf
99
0,5
99
„ „ 735 (750)
ff >1
99
0,2
99
„ „ 731 (550)
ff )9
99
0,2
99
„ „ 736 (620
t 24 Std.
uberlebt
t 36 Std.
uberlebt
t 7 Tg.
t 6 „
+ 6 Tg.
iiberlebt
t 6”Tg.
tH „
Kontrolle:
V, Oese subkutan
t 48 Std.
Zu den Heilversuchen ist zunfichst zu bemerken, daB, wie
bekannt, die Infektion mit lebender Kultur nicht so pr&zise
Heilresultate ergibt, wie die Intoxikation mit Toxinen. Trotz
alledem sieht man aber, daB dem normalen Serum, entsprechend
dem Gehalt an Antitoxinen, die gleiche Heilkraft zukommt
wie dem Immunantitoxin. Im 1. Versuch schwankt der Heil-
wert zwischen 1 und 0,5 Einheiten, ebenso wie im 3. Ver¬
such (0,2 Einh. sind unwirksam). Im 2. Versuch ist der
Heilwert hoher, und der Grenzwert dflrfte bei 0,2 Einh.
gelegen sein. Jedenfalls zeigen die Versuche, daB Pferde-
serum nicht nur gegen Infektion schfltzt, sondern es vermag
auch infizierte Kaninchen zu heilen. Die Heilung hangt zu-
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118
R. Kraus und A. Sordelli,
nSchst auch Dach diesen Versuchen nur vom Gehalt an Anti¬
toxin ab.
Ob noch Avidit&tsqualitaten der Antitoxine in Frage
kommen, wie wir es bei anderen normalen Antitoxinen nach-
gewiesen haben, muBte erst durch besondere Versuche er-
hSrtet werden. Hier kam es vorderhand darauf an, zu ent-
scheiden, ob normales Serum zu heilen imstande sei, um auf
experimentellem Wege fiir die Beobachtungen Bingels am
Krankenbett eine fundierte ErklSrung zu finden.
III.
Es besteht heute kein Zweifel daruber, daB die preventive
und kurative Wirkung des antitoxischen Diphtherieserums in
Infektionsversuchen einzig und allein auf seinen Antitoxin-
gehalt zuriickzufuhren ist, und es wird im allgemeinen an-
erkannt, daB das Antitoxin die durch die Diphtheriebacillen
im Organismus produzierten Toxine zu neutralisieren vermag.
Auch die Wirkung des normalen Serums laBt sich, wie wir
gesehen haben, nur aus seinem Antitoxingehalt ableiten. Um
aber eine Probe aufs Exempel zu machen, haben wir im fol-
genden Versuch an Stelle der Infektion die Vergiftung mit
Toxin gew&hlt. Vorher hatten wir noch durch eigene Ver¬
suche festgestellt, daB junge Kaninchen auch auf Diphtherie-
toxin regelmaBig reagieren, was iibrigens auch aus alteren
Versuchen von Donitz bekannt ist.
Der folgende Versuch deckt sich vollkommen mit dem
vorangehenden an infizierten Kaninchen. Das praventiv inji-
zierte normale Pferdeserum 142 wirkt gegen nachtrSgliche
Vergiftung mit Diphtherietoxin in ganz gleicher Weise wie
die Ehrlichsche Immuneinheit, indem 1 Einh. und 0,5 Einh.
sicher schiltzen, aber bereits bei 0,2 Einh. der Grenzwert
erreicht ist.
Praventiver Versuch mit Toxin und Serum.
8. I. Serum intravenos nach 24 Std., Diphtherietoxin subkutan.
Normales Serum (142) 1 Einh. iv. Kan. 106 (650) s
It
11 It 1 JJ
„ „ 113 (750)
n. 24 Std. 0,03 Toxin
It
»» >? 0,5 «,
„ „ 148 (680)
► Test.
It
it it 0,5 ,,
„ „ H5 (580)
Ueberleben
11
it •> 0,2 „
„ „ 143 (620)
It
it it 0,2 „
„ „ 128 ( 600)
t n Tg.
Digitized b;
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VIGN
Heilwirkung des nonnalen Pferdeserums bei der Diphtheric. H9
Serum Test Washington
99 99 99
79 79 99
99 9» 99
99 99 99
1 Einh. iv. Kan. 107 (850) j
0.5 „ „ „ 110 (650) } iiberleben
0,5 „ „ „ 108 (650) |
0,2 „ „ „ 140 ( 650) f 7 Tg.
0,2 „ „ „ 105 (750) iiberlebt
Kontrolle:
0,03 Toxin subkutan Kan.
102 (650)
146 (650)
125 (750)
142 (620)
t 5 Tg.
+ 4 „
t 5 „
t5 „
IV.
Die n&chste Versuchsreihe soli auch noch die Wirksam-
keit des nonnalen Antitoxins bei mit bereits mit Toxin ver-
gifteten Kaninchen erweisen und zeigen, ob, ebenso wie bei
den mit Diphtheriebacillen infizierten Tieren, dem normalen
Antitoxin Heilwirkungen zuzuschreiben sind.
1. Heilversuch.
Subkutan 0,06 Toxin (2-fach tfidliche Dosis) nach 1 Std. Serum
intravenSs.
Normales Pferdeserum 142 und Testserum Frankfurt.
Serum Test Kaninchen
1
1
0,5
0,2
0,2
148 (550)
115 (500)
127 (1000)
102 (520)
114 (9d0)
115 (770)
leben
t 13 Tagen
Norm ales Serum
1
1
0,5
0,2
0,2
Gegenprobe:
Kaninchen
173 (1050)
962 (900)
103 (650)
97 (500)
960 (900)
leben
118 (520) f 2 Tagen
147 (930) f 3 ,,
91 (550) f 2
2. Heilversuch.
0,12 Toxin subkutan (2-fach todlichc Do..is) 1 Std. spater intravenoB
Testserum und normal es Pferdeserum.
Testserum
Kaninchen
1
1
0,5
0,5
955 (870)1,.
75 (1020) | ,eDen
144 (570) f 4 Tagen
146 (600) lebt
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120
E. Kraus und A. Sordelli,
Digitized by
Normales Serum
1
1
0,5
0,5
Gegen probe:
Kaniuchen
959 (870) 1, ,
970 (780) I leben
957 (850) f in 16 Tagen
85 (630) + „ 6 „
547 (1500) f in 3 Tagen
3. Heilversuch.
0,12 Toxin aubkutan nach 2 Std. Serum intravenos.
Testserum
1
1
0,5
0,5
Normales Serum
1
1
0,5
0,5
Gegen probe:
Kaninchen
34 (970)|
44 <850) leben
38 (1020) | IeDen
40 (600) J
Kaninchen
37 (680)\, ,
35 (830) | leben
32 (730) f 2 Tagen
50 (820) lebt
42 (850) 1 j. 2 Taeen
29 (730) / * * lagen
4. Heilversuch.
0,12 Toxin subkutan nach 3 Std. Serum intravenos.
Kaninchen
Testserum
1
1
0,5
0,5
Normales Serum
1
1
0,5
0,5
Gegen probe:
43 (8 50 ) < leben
41 (630) ( leDen
48 (550) f 3 Tagen
30 (880) lebt
Kaninchen
31 (720)1
45 (650) > leben
20 (580) J
541 (550) f 7 Tagen
42 (850) |,
29 (730) /' 2 Tagen
5. Heilversuch.
0,012 Toxin subkutan nach 6 Std. Serum intravenos.
Kaninchen
Testserum
1
1
0,5
0,5
0,2
198 (700)
162 (850)
199 (780)
192 (800)
14 (900)
f 5 Tagen
lebt
lebt
t 2 Tagen
+ 3 „
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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtkerie. 121
Normales Serum
1
1
0,5
0,5
0,2
Gegenprobe:
Kaninehen
163 (780) f 4 Tagen
132 ( 600) + 3 „
157 (870) f 2 „
164 (970) f 3 „
186 (980) f 3 „
133 (950) f 2 Tagen
Aus den vorangehenden Versuchen ergibt sich, daB das
normale antitoxinhaltige Pferdeserum vergiftete Kaninehen
ebenso zu heilen vermag wie die infizierten. Ein besonderer
Unterschied in der Heilwirkung des normalen Serums gegen-
iiber dem Testserum konnte in diesen Versuchen nicht er-
mittelt werden.
V.
Um den direkten Beweis zu fiihren, daB die im normalen
Serum vorhandenen Schutz- und Heilkorper Antitoxine sind
und den Immunantitoxinen in ihrer Verteilung und Wirkung
gleichzusetzen sind, haben wir noch den Versuch gemacht,
festzustellen, ob auch die einzelnen Eiweififraktionen des
normalen Serums sich gleich verhalten wie diejenigen des
Immunserums. Es sollte ermittelt werden, ob die Albumin-
fraktion im Immunserum wenig oder kein Antitoxin enthalt,
und ob in der Pseudoglobulinfraktion die meisten Antitoxine
vorhanden sind. Weiter sollte noch gezeigt werden, daB den
einzelnen Fraktionen die Wirkungen zukommen, die ihnen
entsprechend dem ermittelten Antitoxingehalt zuzusprechen
sind.
Das normale Pferdeserum wurde zunSchst nach Ehrlich
und RSmer auf seinen Antitoxingehalt bestimmt. Die Frak-
tionierung erfolgte nach der von Sordelli modifizierten
Methode von Anie Homer, und die Wertbestimmung wurde
ebenfalls nach beiden Methoden (Ehrlich, Romer) ausge-
wertet. Es zeigt sich, daB Albumin nicht Vioo Einh. in 1 ccm
enthait, das Pseudoglobin mehr als 0,3 Einheiten.
Wertbestimmung des Serums nach Ehrlich und RSmer.
Serum mehr als 0,1 I.-Einh. pro 1 ccm.
Pseudogiobulin mehr als 0,3 I.-Einh. pro 1 ccm.
Albumin weniger als 0,01 I.-Einh. pro 1 ccm.
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122
B. Kraus und A. Sordelli,
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Vergleichender Versuch mit Serum und Eiweiflfraktionen.
Priiventiver Versuch.
26. in.
Serum:
3 ccm iv. Kan. 316 (1000) nach 96 Std. l /« Oese subkutan
2 i) » » 319 (750) ,, „ „ ,, ,, „
1 >» » » 311 (950) ,, » » » »i
Albuminfraktion:
10 ccm iv. Kan. 350 (1100) nach 96 Std. */ 4 Oese subkutan
® »» » ji 215 (1270) „ „ „ „ „
Pseudoglobulinfraktion:
2 ccm iv. Kan. 346 (1150) nach 96 Std. */ 4 Oese subkutan
1 „ „ „ 320 (820) „ „ „ „ „
Kontrolle:
m (S} + 24 std -
uberlebt
f 5 Tagen
t 3 „
t 3 Tagen
t 3 „
iiberleben
Die Albuminfraktion schfltzt weder in 5 noch in 10 ccm.
Dagegen wirkt Vollserum in Mengen von 3 ccm und die
Pseudoglobine in Mengen von 2 und 1 ccm.
Aus diesem letzteren und den vorangehenden Versuchen
geht folgendes hervor:
1) tformales Pferdeserum enthdlt Antitoxin gegen Diph-
therietoxine.
2) Das normale Serum l&Bt sich nach Ehrlichs und
nach RSmers intrakutaner Methode quantitativ auswerten.
3) Das normale antitoxinhaltige Pferdeserum vermag pr&-
ventativ im Tierversuch gegen lnfektion und Intoxikation zu
schfltzen. Der Schutz geht ganz parallel seinem Antitoxingehalt.
4) Das normale antitoxinhaltige Pferdeserum vermag auch
entsprechend seinem Antitoxingehalt bereits infizierte und ver-
giftete Tiere zu heilen.
5) Die Antitoxino im normalen Serum sind ebenso wie
diejenigen des Immunserums in der Pseudoglobulinfraktion
enthalten. Die Albumine haben vermoge ihres sehr geringen
Gehaltes an Antitoxin keine Wirkung.
Zusammenfassung.
Die experimentelle Analyse von Kolle und SchloB-
berger negiert die Mbglichkeit einer antitoxischen Heil-
wirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie, wie
es nach den Mitteilungen Bin gels am Krankenbett hervor-
zugehen scheint. Unsere Versuche dagegen beweisen, dall
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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtheria 123
dem normalen Pferdeserum entsprechend seinem Antitoxin-
gehalt Schutz- und Heilwirkungen im Tierversuche zukommen.
Ob damit die Unterlage fur eine ErklSrung der Heilresultate
Bin g els gewonnen ist, l&Bt sich allerdings nicht ohne weiteres
sagen.
Zunachst w&re es notwendig, ehe man dem normalen
Pferdeserum die Heilwirkung bei der menschlichen Diphtherie
zuschreibt, wie es bei Bin gel der Fall ist, nachzuweisen, ob
bei Kontrollfallen ohne normales Serum Spontan-
heilungen moglich sind. Wir erinnern an die erst vor
einiger Zeit ausgefiihrten Versuche von Modigliani (Riv.
Clin. Ped., 1916, I). Modigliani (Rom) hat die alternative
Methode, welchebereits Johanessen angewendethat, wieder-
um versucht, um den Wert des Diphtherieserums kontrollieren
zu kQnnen. Von 282 Erkrankten an Diphtherie (bakteriologisch
sichergestellt) wurden 120 Falle mit Serum behandelt, und
162 Falle lieB er unbehandelt. Von den Unbehandelten muBten
9 wegen Verschlechterung mit Serum injiziert werden, so daB
bloB 154 Falle ohne Behandlung blieben, die alle geheilt siud.
LieBe sich mit einiger Sicherheit dieser Faktor der Spontan-
heilungen der Diphtherie in den Versuchen Bin gels aus-
schlieBen, dann ist die MQglichkeit der Wirksamkeit des nor¬
malen Pferdeserums zuzugeben, und unsere Untersuchungen
wiirden experimentelle Stutzen dafiir erbracht haben.
Auf Grund unserer Versuche ist die Neutralisierbarkeit
des Diphtherietoxins im kranken Organismus mittels normalen
antitoxinhaltigen Pferdeserums ebenso wie durch das Immun-
antitoxin als erwiesen zu betrachten.
Die einwandfreie Entscheidung der Frage kann nunmehr
nur von klinischer Seite erfolgen, da das Experiment Beweise
daffir erbringt, daB die Resultate B in ge 1 s wohl im Zusammen-
hang mit dem angewendeten normalen Pferdeserum gebracht
werden konnten. Wenn eine einwandfreie, klinische Beweis-
fflhrung gelingen sollte, hatten die Mitteilungen Bin gels
vielleicht die praktische Anregung gegeben, als sie der heute
ins uferlose gehenden Sucht, Antitoxine en masse bei der
menschlichen Diphtherie zu injizieren, steuern konnten.
Selbst aber vorausgesetzt, daB die Versuche Bin gels
von der Heilkraft des normalen Pferdeserums als richtig an -
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URBANA-CHAMPAIGN
124 Kraus und Sordelli, Heilwirkung des normalen Pferdeserums.
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Brkannt werden wilrden, kann und wird im Prinzip an
derBehringschenSerumtherapie nichts geandert.
Wenn es sich darum handelt, ein bestehendes wirksames
Mittel zu substituieren, so muB das neue entweder dasselbe
leisten konnen wie das alte, oder cs muB besser sein und
andere Vorteile bieten.
So z. B. kann das von uns empfohlene normale Rinder-
serum beim menschlichen Milzbrand ohne weiteres an Stelle
des Immunserums verwendet werden, und zwar aus dem Grunde,
da weder das Experiment noch die Klinik irgendwelche Unter-
schiede der beiden Sera bei der Heilwirkung beobachten konnte;
dazu konunt noch, daB bis heute im sogenannten Milzbrand-
serum spezifische Antikbrper gegen Milzbrandbacillen nicht
nachgewiesen wurden und wir in unseren Versuchen das nor¬
male Rinderserum quantitativ gleich wirksam fanden, wie das
durch Immunserum gewonnene Milzbrandserum.
Anders ist es mit dem normalen Pferdeserum und dem
antitoxischen Diphtherieserum. Das Behring sche Diphtherie-
serum enthait groBeMengen Antitoxin, dieje nach
der Notwendigkeit des Falles in wenigen Kubik-
zentimetern injiziert werden konnen. Das nor¬
male Pferdeserum, selbst wenn man Serum von
alten Pferden anwenden wiirde, welches auch mehr
als 1 Ehrl. Einheit in 1 ccm enthalten konnte, miiBte liter-
weise injiziert werden, um 1000 Einheiten, die allgemein
heute anerkannte niedrigste Heildose anzuwenden. Vorteile
wiirde also die normale Serumtherapie nicht bringen, da, wie
die Versuche zeigen, auBer Antitoxin bei der Diphtherie des
Menschen andere Substanzen des Pferdeserums nicht in Frage
kommen, wohl aber wiirde sie mit sich den enormen Nachteil
bringen der sicheren Erzeugung schwerer Serumkrankheit in-
folge der groBen injizierten Serummenge.
Damit gelangen wir zu dem SchluB, daB die Anwendung
des Diphtherieserums Behrings am Krankenbett
das einzig Rationelle ist, und daB kein Grund
und keine Berechtigung vorliegt, die Immun-
antitoxintherapie der Diphtherie durch Anti¬
toxin des normalen Pferdeserums zu ersetzen.
Original from j
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URBANA-CHAMPAIGN
- -- *sj
H. Schmidt, Ueber die Moglichkeit, die Komplementwirkung usw. 125
Nachdruck verboten.
[Aub dem deut8chen Hospital, London.]
Ueber die HOgllchkelt, die Komplcnientwirkang darch
SRure Oder Alkali wiederherzustellen.
Von Dr. Hans Sohmidt.
(Eingegangen bei der Redaktion am 1. August 1920.)
Gelegentlich frfiherer Arbeiten *) fiber die Schfittelinakti-
vierung von Kompleraent konnte ich die Beobachtung von
Bronfenbrenner und Noguchi bestfitigen, daB es unter
gewissen Bedingungen mfiglich ist, einem durch das Lief-
m an n sche C0 2 - Verfahren erhaltenen Komplementendstfick
durch Hinzuffigen von Alkali voile hfimolytische Wirkung
wiederzuverschaffen. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser
Beobachtung ffir die Frage nach der immer noch dunklen
Natur des Komplementes unternahm ich eine Reihe weiterer
Versuche, vor allera um den Grund ffir die verschiedenen
voneinander abweichenden Ergebnisse anderer Autoren fiber
diesen Gegenstand zu erfahren.
Bronfenbrenner‘und Noguchi*) hatten gefunden,
daB die Komplementspaltung durch C0 2 nach Liefmann in
Wirklichkeit eine SSureinaktivierung darstellte und durch
Alkali rfickgangig gemacht werden konnte. Dagegen soil die
Salzsauremethode von Sachs und A1 tin an n ebenso wie das
Dialysierverfahren von F err at a eine Inaktivierung durch
Alkali sein und deranach durch Sfiure rfickgangig zu machen
sein. Der besseren Vergleichsmoglichkeit halber lasse ich
das Protokoll aus der Arbeit von Bronfenbrenner und
Noguchi folgen:
1) Journ. of Hygiene, Vol. 13, 1913; Vol. 14, 1914.
2) Journ. of exper. Med., Vol. 15, 1912, p. 598.
ZeiUchr. f. ImmuniUtufonchung. Grig. B<L SI. 9
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126
Hans Schmidt,
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Teil von Versuch von Bronfenbrenner und Noguchi
(Journ. of exper. Med., Vol 15, 1912, p. 621).
Zeit bei 37°
1 Stunde 2 Stunden
0,3 ccm Endstiick + n : 250 HC1 0,1
CO, fur 10 Min., dann isotonisch 0,125
gemacht. Verdiinnung 1:10 0,15
Kontrolle
+ n : 250 NaOH 0,2
0,3
0
0
0
0
k.
k.
Sp.
o p -
Sp.
w.
Browning und M a ck i e *) geben an, daB es ihnen wieder-
holt nicht gelang, ein Endstiick durch Alkali zu reaktivieren,
obwohl die Mischung von Mittel- und Endstiick voile h&mo-
lytische Wirkung gab. Sie hatten das C0 2 -Verfahren benutzt
und fiigten zu dem Endstiick 0,85-proz. NaCl-Losung mit
wechselndem Alkaligehalt. Als sie 0,075 ccm n : 100 NaOH
zu 0,25 ccm Endstiick setzten, was 0,37 ccm n : 250 NaOH
zu 0,5 ccm Endstiick entspricht, so fanden sie nur Spuren
von Hamolyse; eine mittlere Lbsung konnten sie nur er-
reichen, wenn sie 5mal soviel NaOH benutzten wie Bronfen¬
brenner und Noguchi. Vollkommene Lbsung erhielten
sie jedoch erst bei der 2G-fachen Menge, 0,08 ccm n : 10 NaOH
zu 0,25 ccm Endstiick, doch hier gentigte das Alkali allein
zur Lbsung.
Weitere Versuche riihren von Zinsser und Cary 2 ) her,
die das Endstiick nach Dialyse erhielten. Setzten sie 0,2 ccm
n:350 HC1 zu 0,5 ccm Endstiick (entsprechend 0,14 ccm
n : 250 HC1), dann erhielten sie nur eine sehr geringe H£mo-
lyse nach 12 Stunden und erst, wenn sie ungefahr 3mal so¬
viel HC1 nahmen wie Bronfenbrenner und Noguchi,
sahen sie eine maBige Hamolyse nach 12 Stunden, die jedoch,
wie die Kontrolle zeigte, nur durch die Saure bedingt war.
Auffallend ist, daB Browning und Mackie, wie auch
Zinsser und Cary 2 ) ausdrficklich angeben, HC1 bzw. NaOH
in isotonischem Medium gebraucht zu haben, eine diesbeziig-
liche Angabe bei Bronfenbrenner und Noguchi felilt,
und ich glaube im folgenden zeigen zu konnen, daB dieser
Umstand die abweichenden Ergebnisse erklart.
1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 17, 1913, p. 1.
2) Journ. of exper. Med., Vol. 19, 1914, p. 345.
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Komplementwirkung durch Saure oder Alkali wiederherzuBtellen. 127
Technik.
Meerschweinchenblut wurde 12 Stunden im Eisschrank
stehen gelassen und das Serum getrenut. Das Komplement-
serum wurde nach zwei verschiedeneu Verfahren gespalten.
I. Liefmanns C0 2 -Verfahren.
In eine eiskalte Mischung von 1 ccm Serum und 8 ccm
Aqua dest. wurde C0 2 ffir eine halbe Stunde durchgeleitet.
Dann wurde zentrifugiert und die iiberstehende Flflssigkeit
nach Filtrierung durch hartes Papier durch Hinzufugen von
1 ccm einer 9-proz. NaCl-Losung isotonisch gemacht (End-
stilck). Der Niederschlag wurde in Aqua dest. gewaschen
und, kurz vor dem Gebrauch, in 10 ccm NaCl-Lflsung gelflst
(Mittelstfick). Eine Mischung von je 1 ccm Mittel- und End-
stuck entspricht 0,1 ccm des urspriinglichen Serums.
II. Sachs und Altmanns H Cl - V erf ahren.
1 ccm Serum wurde mit 8,2 ccm n: 250 HC1 in Aqua
dest. versetzt und nach einer Stunde Stehen im Zimmer zen¬
trifugiert. Der Niederschlag wurde wie bei I. behandelt
(Mittelstflck). Die Gberstehende Flflssigkeit wurdo nach
Filtrierung durch hartes Papier durch Zufflgen von 0,8 ccm
einer n: 25 NaCH-Losung mit 10-proz NaCl isotonisch und
neutral gemacht. Die quantitativen Verhflltnisse sind wie bei I.
Die Kompiementfflhigkeit der LSsungen wurde mit einer
vierfach sensibilisierten 2,5-proz. Hammelblutkorperchen-Auf-
schwemmung geprflft. Der Brutschrankaufenthalt bei 37°
betrug stets eine Stunde. Die jeweilige Anordnung der Ver-
suche ergibt sich aus den Protokollen.
Experimenteller Teil.
A. COj-Komplementfraktionen.
Der Versuch zeigt zunflchst, daG eine Reaktivierung von
Endstflck ohne Mittelstflck durch Alkali nur in hypotonischem
Medium moglich ist. 1st das Alkali in physiologischer NaCl-
Lflsung gelost, dann bleibt die Reaktivierung aus. Ferner
geht aus dem Versuch eine deutliche Abnahme der Hfimolyse
mit fallender Menge von Endstflck trotz gleicher Hypotonie
hervor. Man muB annehmen, dafi ein Teil des Alkali zur
9*
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128
Hans Schmidt,
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Vereuch I.
I
II
III
IV
V
V! |
VII
VIII
IX
X
5-proz. Emulsion roter
Blutzellen
_
—
—
—
_
—
0,5
_
_
0,5
1:10 verdiinntea Koro-
plementserum
_
—
—
—
_
_
_
0,5
_
_
2,5-proz. Emuls. sensib.
Blutzellen
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
—
1,0
1,0
_
1:10 verd. CO a -Mittel-
Btiick
_
—
—
—
0,5
—
—
_
1.0
_
0,9-proz. NaCl-Losung
—
0,25
0,5
0,75
1,0
1,0
0,5
1,5
1:10 verd. CO, - End-
stuck
1,0
0,75
0,5
0,25
0,5
—
0,5
—
—
—
Kontrolien
0
0
0
0
k.
0
0
k.
0
0
ccm
A. n: 250 NaOH 0,3
Spch.
Spch.
0
0
k.
Spch.
0
k.
0
0
in Aqua dest. 0,6
m.
m.
0
0
tt
W.
0
It
0
0
0,9
B. St.
st.
Spch.
Spch.
tt
B. Bt.
0
w.
w.
1,2
f. k.
f. k.
m.
w.
tt
f. k.
Spch.
It
Bt.
Bt
B. n: 250 NaOH 0,3
0
0
0
0
k.
0
0
k.
0
0
in 0,9-proz. 0,6
0
0
0
0
0
0
0
0
NaCl-Losung 0,9
0
0
0
0
0
0
0
0
1,2
0
0
0
0
tt
0
0
)t
0
0
C. Aqua dest. 0,3
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
k.
Spch.
0
k.
0
0
0,6
B. st.
B. Bt.
m.
m.
ra.
st.
w.
w.
0.9
k.
k.
f. k.
f. k.
B. Bt.
k.
f. k.
f. k.
1,2
V
It
k.
k.
it
k.
tt
tt
k.
k.
D. 0,9-prz.NaCl- 0,3
0
0
0
0
k.
0
0
k.
0
0
Losung 1,2
0
0
0
0
,,
0
0
tt
0
0
Neutralisierung des C0 2 -Endstiickes aufgebraucht wird, und
je mehr dies stattfindet, je weniger kann der die H&molyse
hemmende EinfluB des Alkali sich geltend inachen. Mit
Phenolphtalein laBt sich zeigen, daB 2.3 ccm einer n: 250
NaOH-LQsung in Aqua dest. notig sind, um 1 ccm frisch
hergestellten C0 2 -Endstflckes in NaCl-L8sung zu neutralisieren.
Aus anderen Versuchen ging hervor, daB viel geringere
H&molyse auftritt, wenn man sensibilisiertes Blut ohne End-
stflck im gleichen Volumen NaCl-L5sung mit steigenden
Mengen NaOH in Wasser versetzt, weil hier das Alkali in
groBerer Menge seinen hemmenden EinfluB ausflben kann.
Ob die Blutzellen, mit oder ohne Endstiick, sensibilisiert sind
oder nicht, macht keinen wesentlichen Unterschied.
Die in Teil A des Versuches I zu beobachtende Hfimo-
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Komplementwirkung durch Saure oder Alkali wiederherzustellen. 129
lyse kann nicht die Folge einer Suramierung der Wirkung
der Hypotonie und der von EndstUck sein, weil in Teil C die
H&molyse durch Wasser allein viel deutlicher ist. Teil A
zeigt vielmehr nur die hemmende Wirkung von Alkali und
dessen teilweise Neutralisierung durch das saure Endstflck.
Der hemmende EinfluB von Alkali ist so stark, daft selbst
in dem letzten Rohrchen der 10. Reihe von Teil A, wo die
Kochsalzkonzentration nur 0,56 Proz. betrug, noch nach einer
Stunde die Hflmolyse nicht vollstandig war.
Die Bindung von Alkali an das saure Endstflck ist auch
die Ursache, daft mit dem Mittelstflck die Hflmolyse durch
NaOH in Wasser viel weniger ausgeprflgt ist, da hier eben
NaOH nicht gebunden wird, wie andere Versuche zeigten.
Versuch II.
I
H
III
IV
B
El
E3
13
X
XI
XII
| XIII
5-proz. Emulsion roter
Blutzellen
H
1,0
5-proz. Emuls. sen sib.
Blutzellen
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
—
1:10 verdiinntes Kom ■
piemen tserum
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
0,5
—
1:10 verd. CO,-Mittel-
stuck
—
—
—
—
—
2,0
1.5
1,0
Effil
0,5
—
0,9-proz. NaCl-Losung
—
0,5
1,0
1,5
2,0
0,5
1,0
1,5
1,0
2,0
1:10 verd. CO,-End-
stuck
2,0
1,5
J '°
—
—
—
—
—
0,5
—
0,75 ccm NaOH n: 25
0
0
0
0
k.
k.
k.
k.
k. i
0
k.
k.
k.
in Aqua dest. 50
0
0
0
0
Sp.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
0
w.
100
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
»»
»
k.
Sp.
0
0
150
0
0
0
0
0
w.
0
0
200
Sp.
W.
w.
0
0
0
0
0
s. st.
0
0
250
Sp.
W.
m.
st.
0
0
0
0
0
!>
f. k.
0
0
0,75 ccm NaOH n: 25
0
0
0
0
k.
k.
k.
k.
k.
0
k.
k.
k.
in 0,9-proz. 50
NaCl 250
0
0
0
0
Spch.
0
0
0
0
Spch.
Spch.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
f.k.
s. st.
0
0
0,75 ccm Aqua dest.
W.
m.
m.
st.
W. j
Spch.
Spch.
Spch
Spch.
k.
k.
0
w.
0,75 ccm NaCl-Losg.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
st.
f.k.
0
0
Dieser Versuch zeigt die Einwirkung von NaOH-L6sung
verschiedener St&rke, n:25 bis n:250, gegenfiber verschiedenen
Mengen von Endstflck und Mittelstflck. Da die Gesamt-
flflssigkeitsmenge in jedem Rflhrchen 3,75 ccm war, wurde,
um die Unterschiede in der Hflmolyse besser erkennen zu
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130
Hans Schmidt,
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kflnnen, die Aufschwemmung der sensibilisierten Blutzellen
doppelt so stark genommen.
Man sieht, daC NaOH in NaCl-L6sung weder dem End-
stuck noch dem Mittelsttick zu einer hfimolytischen Wirkung
verhilft. 1st jedoch NaOH in Wasser gelflst, dann tritt um
so mehr Hamolyse auf, je weniger Endstflck vorhanden ist.
Enthalten die Rflhrchen kein Endstflck, sondern Mittelstflck
oder NaCl-Losung, dann kommt es nicht zu einer Hamolyse,
abgesehen von dem zerstorenden EinfluB der starken n: 25-
NaOH.
Es ist von Interesse, daB die Mischung von Mittel- und
Endstflck mit NaOH mehr hamolytisch wirkt als das unbe-
handelte Komplement Hier hat offenbar das saure Endstflck
in dem Gemisch eiuen Teil des Alkali gebunden und so dessen
hemmenden EinfluB beseitigt.
B. HCl-Komplementfraktion.
In den folgenden Versuchen wurde das komplementhaltige
Serum mit HC1 zerlegt. Von der Uberstehenden Flflssigkeit
wurde ein Teil isotonisch gemacht mit Zusatz von Alkali, wie
bei Technik angegeben (A-Endstflck); der andere Teil wurde
nur isotonisch gemacht (S-Endstflck).
Versuch Ill.
1
II
Ill
IV
V
VI
1:10 verd. A-Eudstiick (HC1)
0,5
0,5
_
_
_
_
1:10 verd. S-Endstiick (HC1)
—
—
0,5
0,5
—
—
1:10 verd Mittelstiick (HC1)
—
0,5
—
0,5
—
—
0,9-proz. NaCl-Losung
0,5
—
0,5
—
1,0
1,0
2,5-proz. Emuls. roter Blutzellen
—
—
—
—
—
1,0
2,5-proz. Emuls. sensib. Blutzellen
1,0
1,0
1.0
1,0
1,0
n : 250 NaOH in Aqua dest. 0,5
0
8t.
0
f.k.
Spch.
Spch.
1,0
Spch.
f.k.
Sp.
k.
w.
W.
n : 250 NaOH in 0,9-proz. 0,5
0
w.
0
st.
0
0
NaCl 1,0
0
Spch.
0
s. st.
0
0
n : 250 HC1 in Aqua dest. 0,5
s. st.
k.
m.
k.
f.k.
k.
1,0
k.
k.
k.
k.
k.
k.
n: 250 HC1 in 0,9-proz. NaCl 0,5
0
st.
0
k.
0
0
1,0
0
m.
w.
k.
W.
m.
Aqua dest. 0,5
Spch.
k.
Sp.
k.
w.
w.
0,1
f.k.
k.
f.k.
k.
f.k.
k.
0,9-proz. NaCl
0
k.
0
k.
0
0
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
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Komplementwirkung durch Satire oder Alkali wiederherzustellen. J31
Die Kontrollen in der letzten horizontalen Reihe zeigen
keinen Unterschied in der HSmolyse zwischen A-Endstflck
und S-Endstiick bei dem Zusammenwirken mit Mittelstflck.
Reaktivierung mit Alkali gelingt weder mit A- noch mit S-
Endsttick. Wohl aher ist mit Mittelstflck unter dem Einflufi
von Alkali die HSmolyse mit S-Endstflck bedeutender als mit
A-Endstflck, wohl wegen dem AlkaliflberschuB bei letzterem.
Die anscheinende Reaktivierung der beiden Endstflcke durch
HC1 im hypotonischen Medium muB als Summierung von
SSurewirkung und osmotischer Stflrung aufgefaBt werden, wie
der Vergleich mit der Wirkung von reinem Wasser zeigt.
Die HSmolyse bei HC1 in isotonischer Lflsung beruht auf der
zerstorenden Wirkung der SSure auf das HSmoglobin, wobei
es zu Flockenbildung und brauner Verfarbung durch salz-
saures HSmatin kommt.
Weitere Versuche haben gezeigt, daB die HSmolyse durch
HC1 auch ohne Endstflck nur mit Mittelstflck und ebenfalls
ohne beides in gleicher Weise verlSuft.
Versuch IV.
1
11
Ill
IV J
V
0,25-proz. Emuls. sensibil. Blutzellen
0,5
0,5
0,5
0.5
0,5
0,9-proz. NaCl-LSsung
0,5
0,5
0,5
—
1,0
1:10 verd. Endstiick (CO,)
0,5
—
—
0,5
1:10 verd. S-Endstiick (HC1)
—
0,5
—
—
—
1:10 verd. A-Endstiick (HC1)
—
—
0,5
—
—
1:10 verd. Mittelstiick (CO,)
—
— |
—
0,5
—
0,5 ccm NaOH in 0,9-proz. NaCl n: 50
0
0
Sp.
k. )
s.st.
100
0
0
0
” I
0
150
0
0
0
0
200
0
0
0
0
250
0
0
0
»
o
0,5 ccm NaOH in Aqua dest. n: 50
f.k.
f.k.
k.
k.
k.
100
Spch.
yy
0
yy
0
150
k.
0
0
200
0
0
250
ft
yy
0
yy
0
0,5 ccm 0,9-proz. NaCl
0
0
0
k.
0
0,5 ccm Aqua dest.
k.
k.
f.k.
yy
k.
Der Versuch IV vergleicht die Wirkung von NaOH ver-
schiedener StSrke mit verschiedenen Endstflcken und zeigt,
daB im isotonischen Medium kein Endstflck reaktiviert wird,
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132
Hans Schmidt,
daB jedoch bei Hypotonie Hftmolyse auftritt, und zwar mehr
bei C0 2 -Endstflck und am wenigsten in A-Endstflck (HC1),
das am meisten Alkali enthait.
Bei Titration findet man, daB 1,0 ccm S-Endstflck (HC1)
0,47 ccm n: 250 NaOH in Aqua destillata gebraucht, daB aber
1,0 ccm A-Endstiick (HC1) nur 0,26 ccm zur Neutralisierung
gegen Phenolphthalein bedarf.
Die letzte Reihe zeigt den starken EinfluB von Alkali auf
die durch Aqua destillata hervorgerufene Hainolyse. Die
H&molyse durch n: 50 NaOH beruht auf unmittelbarer Zer-
stOrung der Zellen.
C. Versuche zur Wiederher stellun g von hitze-
inaktiviertem Kompleinentserum durch Alkali
oder Stiure.
Wie der Versuch V zeigt, war die Inaktivierung, in bezug
auf die gebrauchten Mengenverhaitnisse, schon nach 4 Minuten
langem Erhitzen auf 55° vollstandig. Ein solches hitze-
inaktiviertes Komplement wird in einem isotonischen Medium
nicht durch Alkali inaktiviert; in einem hypotonischen Medium
tritt jedoch eine gewisse Wiederherstellung der hamolytischen
Versuch V.
Unverdunntes Komplement wird auf 55° erhitzt, dann schnell ab-
gekiihlt und 1:10 mit 0,9-proz. NaCl-Losung verdiinnt.
0,5 ccm 1:10 verdunntes Komplement 4- 1,0 ccm Emuls. sensib. Blutzellen
Zeit des Erwarmens auf 55° in
Minuten
0
1
2
3
4
5
6
8
10
+ 0,5 ccm 0,9-proz. NaCl-Losung
k.
k.
k.
f. k.
0
0
0
0
0
+ 0,5 ccm NaOH in n : 50
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,9-proz. NaCl 100
200
sp.
S^ch.
Spch.
0
f.k.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
300
k.
k.
k.
f.k.
0
0
0
0
0
+ 0,5 ccm NaOH in a: 50
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Spch.
Aqua dest. 100
200
Sp.
k.
Sjwih.
Spch.
k.
Spch.
k.
Spch.
Spch.
s.st.
Spch.
w.
Sgch.
Tt
300
k.
k.
k.
k.
f.k.
B.St.
w.
Sp.
It
+ 1 ccm Endstiick (COJ
+ 1 ccm Mittelstiick (CO,)
k.
k.
k.
k.
k.
k.
f.k.
W.
Spch.
k.
k.
f.k.
m.
Spch.
0
0
0
0
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Origirval from
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KomplementwirkuDg durch Saure oder Alkali wiederherzuBtellen. 133
Wirkung auf, die allerdings bei Verwendung stSrkerer Kon-
zentrationen des Alkali durch dessen hemmende Wirkung aus-
geglichen wird. Da das Erhitzen des Serums eine Aenderung
der Reaktion nach der alkalischen Seite hin bedingt, so kommt
es in dem lSnger erhitzten Serum zu einem relativen Ueber-
schuB an Alkali, der der hamolytischen Wirkung der osmo-
tischen Storung entgegenwirkt. Mittelstiick kann ein hitze-
inaktiviertes Serum nicht mehr reaktivieren, wokl aber noch
Endstflck bis zu einem gewissen Grade, wie ich bereits in
einer friiheren Arbeit 1 ) zeigen konnte. Saure in Form von
n: 250 HC1 hatte bei Isotonie keine reaktivierende Wirkung
auf hitzeinaktiviertes Komplement. Bei gleichzeitiger Hypo-
tonie kam es zu einer Losung durch osmotische Stdrung, wie
in Versuch III.
In dem folgenden Versuche VI (siehe p. 134) wurden ver-
schiedene Endstiicke durch Erwarmen inaktiviert und die
Moglichkeit ihrer Reaktivierung untersucht.
Das C0 2 -Endstflck war in der kiirzesten Zeit inaktiviert,
wahrend das A-EndstUck (HC1) einige Minuten langer brauchte.
Jedoch war das S-Endstiick (HC1) noch nach 10 Minuten
langem Erhitzen bei 55° mit dem zugehorigen Mittelstiick
noch wirksam.
In bezug auf die Reaktivierung durch Alkali erwies sich
NaOH in NaCl-Losung fiir jedes Endstuck unwirksam. Die
Hamolyse durch NaOH in Aqua destillata ist nur der Wirkung
der Hypotonie zuzuschreiben, die durch den hemmenden
EinfluB des Alkali noch teilweise eingeschrankt ist, wie die
Kontrollen zeigen. HC1 in Aqua destillata bewirkt in alien
ROhrchen Hamolyse durch bloBe Saurewirkung und durch
osmotische Storung. Isotonische HC1 scheint auf das hitze-
inaktive C0 2 -Endst(ick einige reaktivierende Wirkung zu haben. -
Dies beruht jedoch wahrscheinlich nur auf der Wirkung der
Saure auf die roten Zellen, da eine solche Wirkung bei A-
Endstilck (HC1) nicht eintritt, weil hier die Saurewirkung nicht
genflgt hat, das Alkali zu neutralisieren.
1) loc. cit.
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Versuch VI.
Komplementwirkung durch S&ure oder Alkali wiederherzustellen. 136
D. Weitere Versuche zeigten, daB auch Komplement, das
durch SchOtteln [Versuchstechnik in einer frfiheren Arbeit')
angegeben] iDaktiviert wurde, weder durch n : 250 NaOH noch
durch n: 250 HC1, wenn in isotonischer Losung, reaktiviert
werden konnte.
Ira Versuch von Bronfenbrenner und ,Noguchi
konuten 0,3 ccm C0 2 Endsttick durch 0,22 ccm n: 250 NaOH
reaktiviert werden. Dies entspricht etwa 0,6 ccm der NaOH-
Losung fiir 1 ccm Endstiick. Ira Versuch I hat die doppelte
Menge nicht zur Reaktivierung in isotonischem Medium ge-
nflgt. Die genannten Autoren nehmen an, daB die Wirkung
der C0 2 auf mit Wasser verdiinntes Komplementserum eine
Saureinaktivierung ist, die daher durch Alkali riickg&ngig ge-
macht werden konne. Ich fand jedoch, daB 2,3 ccm n: 250
NaOH nStig waren, um 1 ccm C0 2 -Endstuck zu neutralisieren.
Also die 4-fache Menge, die diese Autoren zur Reaktivierung
brauchten. Im folgenden Versuch VII wurde gerade so viel
Alkali bzw. S&ure zugefiigt, als notig war, die verschiedenen
Endstiicke gegenfiber Phenolphthalein zu neutralisieren, also:
zu 1 ccm CO,-Endstiick 0,14 ccm n : 50 NaOH
„ 1 ccm 8-Endstiick (HC1) 0,08 ccm n : 50 NaOH
„ 1 ccm A-Endstiick (HC1) 0,08 ccm n : 100 HC1
Versuch VII.
1:10 verd. Endstiick (CO,)
2,0
1,0
0,5
1,0
1:10 verd. A-Endstiick (HCl)
—
2,0
1,0
0,5
—
—
—
1.0
—
1:10 verd. S-Endstiick (HCl)
—
—
—
—
—
2,0
1,0
0,5
—
—
1,0
1:10 verd. Mittelstiick (HCl)
—
—
—
—
—
—
—
1,0
1,0
1:10 verd. Mittelstiick (CO,)
—
—
—
—
—
—
—
—
1,0
0,9-proz. NaCi-Losung
—
1,0
1,5
1,0
1,5
—
1,0
1,5
—
—
2,5-proz. Emuls. sensib. Zellen
1.0
1,0
1.0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1.0
1,0
1,0
1,0
0
o 1
0
0
0
0
1 0
0
0
k. |
k.
k.
Der Versuch VII zeigt, daB trotz vollst&ndiger Neutrali-
sierung des Alkali- oder S&ureiiberschusses der verschiedenen
Endstiicke eine ISsende Wirkung derselben auf sensibilisierte
Blutzellen ausblieb, so lange das Medium isotonisch war.
1) Joum. of Hygiene, Vol. 14, 1914, p. 422.
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136 H. Schmidt, Ueber die Moglichkeit, die Komplementwirkung usw.
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Zusammenfassung.
Es konnte durch Versuche gezeigt werden, daB einem
nach dem C0 2 -Verfahren hergestellten Komplementendstflck
die h&molytische Wirkung des ursprflnglichen Serums auf
sensibilisierte Blutzellen durch Alkali nicht gegeben werden
konnte, so lange die Isotonie der Flflssigkeit gewahrt blieb.
In hypotonischem Medium kann man eine gewisse Losung
beobachten, doch beruht diese nicht auf einer spezifischen
Wirkung des Endstfickes, sondern ist nur Folge der osmo-
tischen Storung.
Wird SalzsSure einem nach dem HCl-Verfahren her¬
gestellten und nicht alkalisch gemachten Endstiick zugesetzt,
so ist auch hier die beobachtete Losung keine Endstuck-
wirkung, sondern Folge des zerstSrenden Einflusses der SSure
auf die roten Zellen.
Hitzeinaktives Komplement sowie hitzeinaktive Endstiicke
konnen weder durch Saure- noch Alkalizusatz reaktiviert
werden; und das gleiche gilt filr ein Komplement, das durch
Schfltteln inaktiviert ist.
Die Ergebnisse von Bronfenbrenner und Noguchi
sind wahrscheinlich den hypotonischen Versuchsbedingungen
zuzuschreiben und konnten aus diesem Grunde nicht von
Browning und Mackie noch von Zinsser und Cary
erhalten werden.
Es ist mir eioe angenehme Pflicht, Herrn Dr. H. Schuetze von
dem Lister Institut, London, fur seine wertvollen kritischen Ratschlage
meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
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_ URBANA-CHAMPAIGN
Messerschmidt, Die Bekampfung der Miiuseplage im Elsafl. 137
Nachdruck verbolen.
[Aus dem Institut ffir Hygiene und Bakteriologie der deutschen
Universitat StraBburg i. E. (Direktor: Prof. Dr. Uhlenhuth).]
Die BekSmpfung der Mfiuseplage im EisaB mit
Mfiusctyphusbacillcn.
Von Dr. Th. Messerschmidt,
z. Z. Privatdozent an der Technischen Hochschule zu Hannover.
(Eingegangen bei der Redaktion am 5. August 1920.)
Das EisaB wurde im Jahre 1918 von einer gewaltigen
Feldm&useplage heimgesucht. Es fanden sich dabei in erster
Linie die eigentliche Feldmaus (Arvicola arvalis) und in ge-
ringerer, wenngleich sehr vermehrter Zahl die Brandmaus
(Mus agrarius). Ihrer Zahl nach waren erstere die haupt-
sfichlichsten Schadlinge. Die Plage erstreckte sich fiber weit-
aus den grfiBten Teil des Landes von Zabern-WeiBenburg
bis Colmar und sfidlich davon. Am meisten betroffen war
das reiche Ackerland der Ebene und der VogesenauslSufer,
wShrend im Gebirge selbst die Plage geringer war. Nur
wenige Gemeinden — zumeist im Kreise Erstein — litten
weniger Not.
Der durch die Tiere bereits Mitte bis Ende Juni an-
gerichtete Schaden war so gewaltig, daB von vielen Getreide-
feldern nur ein Bruchteil der Aussaat als Ernte zu erwarten
war. Weiterhin bestand die groBe Gefahr, daB infolge des
schon jetzt ffir die Unzahl der Tiere einsetzenden Nahrungs-
mangels die Gemfise- und Kartoffelfelder von den MSusen
heimgesucht wfirden. TatsSchlich wanderten sie hierhin und
auch in das Rebgelfinde bereits aus. Ihre Zahl war — wie
der Sand am Meere: Es lieBen sich von den Feldern in Bohr-
lfichern in kurzer Zeit tausende von Feldmfiusen sammeln.
Die Notlage des Landes und die schlechten Aussichten
ffir die Ernte in an und ffir sich knapper Zeit veranlaBte das
Deutsche Institut ffir Hygiene und Bakteriologie, mit den
zivilen und militarischen Behorden am 19. Juli 1918 zu einer
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138
Th. Messerschmidt,
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Beratung im Kriegswirtschaftsamt flber die BekSmpfungs*
methoden zusammenzutreten.
Nach Schilderung der Lage durch Augenzeugen, die die furchtbare
Not zeigten, kam man zu dem Sehlufi, dafi bei der gewaltigen raumlichen
Ausdehnung der Plage ein Erfolg durch chemische Gifte und mechanische
Methoden (Fangen etc.) kaum zu erwarten ware; das um bo mehr, ala
eretere sehr knapp waren und wenig Hilfskriifte zur Verfiigung standen.
Besondere Schwierigkeitcn hatte vor allem die Anwenduug in den bereits
manneshoch stehenden Getreidefeldern bereitet, deren Inneres ja nicht hatte
betreten werden konnen, ohne hierdurch groSen Hchaden anzurichten.
Es blieb danach uur iibrig, die Ausrottung nach LQfflers
Vorgang durch Auslegen von MSusetyphusbacillen zu ver-
suchen, wenngleich auch hierbei Schwierigkeiten nicht geringer
Art bestanden. Diese erstreckten sich einerseits auf die Be-
schaffung solch grofier Mengen Kulturen und weiter auf die
Organisation selbst.
Die Durchfflhrung der Plane erfolgte durch das Institut
fflr Hygiene und Bakteriologie und das Kriegswirtschaftsamt
(Hptm. Caesar) in Strafiburg. Zugleich wurden durch die im
Elsafi stehenden Armeen Sanitatsoffiziere, Veterinare und
Mannschaften in ihren Korpsbezirken zur praktischen Hilfe
bereitgestellt.
Was zunachst die Bereitung der Mausetyphuskulturen
angeht, so ist dariiber folgendes zu berichten:
Nach wenigen damaligen bakteriologischen Untersuchungen von kauf-
lichen Mausetyphuskulturen wurde davon abgesehen, diese zu empfehlen.
8ie erwiesen sich selten als rein und waren zugleich unerhort teuer'). Wir
haben infolgedessen nur Kulturen abgegeben, die im Institut angelegt
waren und dauernd auf Reinheit und Virulenz gepriift wurden. Wir
verwandten zwci Stamme, die alien Anforderungen entsprachen und als
„Mausetyphus H“ bzw. 8 bezeichnet wurden.
Das Institut lieferte in wenig Wochen etwa 15 000 Liter
Kultur. Es interessiert bei dieser Menge wohl die von uns
geflbte Technik.
1) In Hannover habe ich diese Beobachtungen weiter verfolgt an
einigen weiteren derartigen Praparaten („Terror‘ - und ,.Pogrom“): sie waren
mit Luftsarcinen stark verunreinigt. Ein Kohrchen „Pogrom“ enthielt
keine Mausetyphus- bzw. Paratyphusbacillen mehr und erwies sich daher
auch als unschadlich fiir Mause. Dagegen war „Tymur‘* der Landwirt-
schaftskammer in Halle rein und sehr virulent. Siehe auch Uhlenhuth,
Gutachten uber einige Handelspraparate von baktenellen Ratten- und
Mause-Vertilgungsmitteln. Centralbl. f. Bakt., Bd. 85, Heft 3.
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URBANA-CHAf
Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafi usw.
139
Zunachst ist zu betonen, dafi wir nur Bouillonkulturen abgabeu, und
zwar haben wir Schragagar vermieden, obwohl dao unsere Laboratoriums-
arbeit wesentlich erleichtert hatte. Erfahrungsgeroafl wurde in frfiheren
derartigen Versuchen mit diesen unsachgemafi verfahren, es gelang teila
nicht, bomogene Bakterienemulsionen zu erzielen, teils wurden sie, angeb-
lich um solche zu bekommen — aufgekocht.
Neben einfacherer Handhabung in der Praxis erwarteten wir durch
die Bouillonkulturen zugleich neben den Bacillen selbst noch eine Wirkung
der vorgebildeten Aggressine. Diese Kulturen wurden in zweierlei Form
abgegeben:
1) in Flaschen zur direkten Mischung mit dem Koder gebrauchs-
fertig verdunnt,
2) in Glasampullen zu 13 ccm Inhalt in konzentrierter Form.
Letzteres wurde nach erfolgter Abgabe von etwa 10000 Flaschen aus
Mangel an leeren Flaschen notig.
Fur die gebrauchsfertigen Kulturen standen uns zunachst weifie
sterilisationsfahige Literflasehen mit Kronkorkverechlufl zur Verfiigung.
Sie wurden sauber gereinigt und im stromenden Dampf stehend ohne
Verschlufi sterilisiert, und zwar in eisernen Kiistcn zu 1 cbm Inhalt. Nach
dem Abkiihlen wurden sie mit etwa 990 ccm */« Bouillon beschickt, in der
Maschine versehlossen und abermals 2 Stunden im Parnpf sterilisiert.
Nach dem Abkiihlen kamen sie auf 24 Stunden in den Brutschrank zur
Sterilitatspriifung. Diejenigen, deren Inhalt unverandert klar geblieben
war, wurden als steril angesprochen und mit je 10 ccm einer gut ge-
wachsenen Mausetyphus-Bouillonkultur beschickt. Diese wurden stets er-
neut aus dem Blute der zur Virulenzpriifung (vgl. spiiter) benutztcn Fcld-
mause reingeziichtet. Unser Stamm war also den elsiissischen Mausen
bestimmt weitgehendst angepafit. Wir gingen dabei in der VVeise vor,
dafi wir die Flaschen auf einem Tisch aufstellten. Ein Diener offnete den
Kronkork, der nachste rcinigte den oberen Rand mit einem Alkohol-
Wattebausch, ein dritter pipettierte 10 ccm Kultur ein und der vierte ver-
schlofi die Flasche mit im Dampf sterilisierten Korken.
Hierauf kamen die Flaschen in den Brutschrank zurfick. Am
n&chsten Tage wurden sie in der Maschine mit Kronkorken versehlossen.
Sie waren damit nach Ankleben der Zettel versandfertig.
Von jeder Lieferung wurden mindestens 4 Flaschen auf Reinheit und
Virulenz gepriift.
Wir haben zeitweise bis zu 300 Liter Kultur taglich abgegeben.
Nachdem wir so etwa 6500 Liter verschickt hatten, mufiten wir aus
Mangel an sterilisationstuchtigen Flaschen uns nach anderen Kulturgefafien
umsehen. Nur etwa 2000 waren inzwischen zuriickgeliefert. Wir nahmen
zunachst Weinflaschen zu 3 /< Liter Inhalt, sahen aber, dafi dies nur ein
Notbehelf sein konnte. Etwa 20—25 Proz. hielten den stromenden Dampf
nicht aus und zerbrachen. Trotzdem haben wir fiber 2000 Liter Kultur
darin abgegeben. mochten aber derartige Versuche nicht empfehlen. Sic
stofien technisch auf grofie Schwierigkeiten vor allem auch bezfiglich der
Verschlufimoglichkeit.
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140
Th. Messerschmidt
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Diese materiellen Unzulanglichkeiten zwangen uns, urn die Verauche
nicht abzubrechen, die Mausetyphusbacillen in Ampullen eingeschmolzen
abzugeben. Es lieBen eich in den erforderlichen groBen Mengen nur
solche von 13 ccm lnhalt im Augenblick beschaffen. In sie wurde kon-
zentrierte Mausetyphusbouillon gebracht. Die mechanische Reinigung er-
folgte im Vakuum, die Sterilisation im Dampf und die Fullung der zuvor
auf Reinheit gepriiften 24-stiindigen Bouillonkultur wiederum im Vakuum
outer streng aseptischen VorsichtsmaBregeln. Nach dem Abschmelzen in
der Stichflamme und abermaliger bakteriologischer Priifung wurden die
Ampullen in Kastchen zu 12 Stuck abgegeben.
Vier solche Ampullen waren zur Infektion von 1 Liter K6der be-
stimmt.
Wahrend fur die Handhabung der Flaschen kaum eine besondere
Vorschrift notig war — ihr Inhalt wurde einfach mit dem abgekiihlten
Koder grundlich gemischt — haben wir fur die Ampullen empfohlen, pro
Liter Koder vier Ampullen in dem MischgefaB mit einem Stabe zu zer-
triimmern und dann, ohne die Glassplitter zu entfemen, mit jenem griind-
lichst durchzumischen. Zur eventuellen Verdunnung wurde natiirliches
Brunnenwasser empfohlen. Die dadurch bewirkte bakterielle Verun-
reinigung konnte bei dem Keimreichtum des Koders und der MischgefaBe
keine erhebliche Kolle spielen, wir wollten vor allem die Schadigung der
Mausetyphusbacillen mit eventuell noch heiBem „abgekochten“ Wasser
vermeiden.
Die Priifung unserer Kulturen im Laboratorium erstreckte
sich auf Reinheit und Virulenz.
Erstere erfolgte auf Endoplatten, und zwar mit jeweils
1 ccm Fliissigkeit fur drei hintereinander bestrichene Schalen.
Bei Auszahlungen von Agarmischplatten fanden sich in den
24-stflndigen Literflaschen zwisclien 100 und 1000 Mill., in
den Ampullen um 3000 Mill. Keime pro Kubikzentimeter.
Verunreinigungen haben wir nie beobachtet, und zwar auch
dann nicht, wenn die Kulturen erneut nach 8 und nach
14 Tagen gepriift wurden; d. h. zu einer Zeit, wo der Inhalt
bereits in der Praxis verbraucht war.
Zur Virulenzpriifung verwandten wir weiBe Laboratoriums-
und regelmaBig Feldm&use. Letztere sind indessen im Labo¬
ratorium auBerordentlich schwer zu halten. Selbst
wenn man dort ihre Lebensbedingungen weitgehendst den
natiirlichen anpaBt, gehen viele auch ohne Infektion zugrunde.
Sie werden bald trage und sterben, vor allem dann, wenn
man mehrere in gemeinsame Kafige bringt.
Die Infektion der Tiere erfolgte auf zweierlei Weise, und
zwar regelmSBig. Einmal mit infiziertem Koder, genau wie
. Original from
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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw.
141
in der Praxis (vgl. p. 146), und weiterhin dadurch, daB einem
Tier 0,05 ccm einer dera KSder entsprechenden VerdQnnung
der Kultur in das Maul getropft wurde.
Von 184 (2X92) so infizierten Tieren starben
120 M&use am 6. Tage
25 , , 7. „
22 „ „ 8 . „
14 , B 9. „
nach Aufnahme der Bacillen (Stamm „H“ und „S“ zeigten
gleiche Virulenz), wahrend 3 am Leben blieben und auch bei
Reinfektion mittels eines Tropfens nicht starben.
Wir hatten damit die Hauptforderung nach bakterio-
logischer Reinheit und Virulenz der Kulturen erfullt.
Weitere Versuche zeigten dann, daB unsere im Labo-
ratorium wahllos zurtickbehaltenen Testflaschen und Ampullen
auch noch 15 Tage nach ihrer Abgabe voile Virulenz hatten.
Selbst bei nicht sofortiger Verwendung im Felde — die
ubrigens nur ausnahmsweise vorgekommen sein konnte, wie
die sp&teren Ausfuhrungen zeigen — hatte also auf Erfolg
gerechnet werden kfinnen.
Die Mausebekampfung in den Feldern war unter Mit-
wirkung des Instituts vom Kriegswirtschaftsamt organisiert
worden.
Die hauptsiichlich befallenen Gebietsteile des Landes waren in Be-
zirke eingeteilt und diese jeweils einem Arzt bzw. Tierarzt zur Beauf-
sichtigung und Unterweisung zugewiesen. Diese Herren wurden vor
Beginn ihrer Tatigkeit in zwei Kursen im Institut iiber das Wesen der
geplanten Bekampfungsart orientiert. Dabei wurde ihnen speziell die
Technik der Koderbereitung und der subkutanen lmpfung von Mausen
gezeigt, auch auf die eventuelle Infektiositat der Kulturen wurde hin¬
ge wiesen.
Die Hauptsachen gab folgendes Merkblatt nach dem im
Reichsgesundheitsamt ausgearbeiteten Muster, dessen Vertei-
lung in den Gemeinden jenen Herren zugleich oblag.
Merkblatt.
Verhaltungsmafiregeln zur Verhutung von Gesundheits-
Bchadigungen beim Verwenden von Mausebacillen.
1) Die Mausebacillen sind fur den Menschen nicht ganz un-
gefahrlich.
Zellschr. I. ImmunlUttlonchuag. Grig. Bd. 31. 10
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142
Th. MeBserschmidt,
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2) Durch Aufnahme von groBeren Mengen solcher Bakterien konnen
Durchfalle und selbst schwere Erkrankungen hervorgerufen werden. Be-
sondere gefahrdet sind die Kinder und Personen, welche an Darmstorungen
leiden oder dazu neigen.
3) De8halb sind solche Personen und Kinder unter 12 Jahren
bei der Zubereitung und dem Aimlegen der Lockspeise moglichst nicht zu
verwenden.
4) Die mit dem Zurichten und dem Auslegen der Lockspeise (des
Koders) betrauten Personen sind davor zu warnen, wahrend dieser Arbeiten
zu essen, zu rauchen, oder mit den Fingern den Mund zu beriihren.
Namentlich sollen sie sich hiiten, von der Lockspeise zu essen.
5) Die mit den bezeichneten Arbeiten beauftragten Personen haben
sich nach beendeter Arbeit die Hande griindlich mit warmem Wasser
zu waschen.
6) Alle bei der Zubereitung und bei der Auslegung benutzten Gerate
und GefiiBe sind nach jedesmaligem Gebrauch moglichst mit heiBer Soda-
losung auszuwaschen oder auszukochen.
7) In Raumen, welche zur Herstellung, zur Verpackung oder zur
Aufbewahrung von menschlichen Nahmngs- und GenuBmitteln benutzt
werden, ist die Bekampfung der Miiuse durch Mausebacillen zu unter-
lassen.
8) Da unter Umstanden auch K al ber nach Aufnahme groBer Mengen
von Mausetyphusbacillen erkranken konnen, ist vor dem Zuschiitten von
Kulturruckstanden oder vergiftetem Koder zum Kiilberfutter dringend zu
warnen.
II. Anweisung zum Auslegen der Mausetyphusbacillen.
1) Der Impfstoff zur Vertilgung der Feldmause wird in Flaschen zu
1 Liter vom Institut fur Hygiene und Bakteriologie, Biirgerspital Strafiburg
(Teleph. No. 789), geliefert. Er muB hier abgeholt werden. Sendungen nach
auswarts konnen nicht erfolgen (wegen Mangel an Verpackungsmaterial,
Gefahrlichkeit der Versendung usw.). Bei groBeren Auftragen muB die
Bestellung mindestens 1 Tag vorher geschehen (am beaten telephonische
Riicksprache). Transportkorbe oder -kisten mussen mitgebracht werden.
2) Der Impfstoff ist gebrauchsfertig und darf nicht weiter verdiinnt
werden. Er ist sorgfaltig vor Licht, besonders vor direktem Sonnenlicht,
zu Bchiitzen, da die Mausetyphusbacillen sonst absterben.
3) Der Impfstoff muB aus demselben Grunde moglichst sofort
verwendet werden, bis zum Gebrauch ist er kiihl und im Dunkeln auf-
zubewahren.
4) Um zunachst festzustellen, welche Locher von den Mausen be-
zogen werden, empfiehlt es sich, 2 Tage vor dem Auslegen samtliche
Locher zuzutreten, und nur die von den Mausen wieder geoffneten zu
beschicken, da dann die nicht hewohnten LOcher nicht berucksichtigt zu
werden brauchen. Auf 1 Hektar Land rechnet man etwa 3—4 Liter
Impfstoff, je nach dem Umfang der Mauseplage.
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Die Bekampfung der Miiuseplage im Elsafi usw.
143
5) Der Inhalt der Flaschen wird in ein sauberes grofies Qefiifl ge-
gossen. Sodann werden fingerglied- oder haselnnfigrofle trockene Brot-
stiicke in die Fliissigkeit hineingelegt, bis sie vollkommen mit der Fliissig-
keit durchtriinkt sind. Man kann auch kalten (ja nicht heiflen!) K ar-
toffelbrei verwenden, in den man auf ca. 8 Pfund ca. 1 Liter Impf-
fliissigkeit verriihrt.
6) Die Lockspeise wird sogleich mit einem geeigneten Blechloffel
und einem Holzstab tief in die Mauselocher eingefuhrt, in jedes Loch
kommt 1 Stuck.
7) Die Loffel sind nach Gebrauch auszukochen, die Holzstabe zu
verbrennen, die benutzten Gefiifie werden mit heifiem Wasser ausgebriiht.
8) Es empfiehlt sich, die Mauselocher nach der Beschickung leicht
zuzuscharren, damit die Koder nicht durch andere Tiere (Vogel) fort-
geschleppt werden.
9) Das Auslegen mufl bei trockener Witterung und am besten
abends erfolgen, da Regen die Bacillen abschwemmt und die Sonne
sie abtotet. Bei bedecktem Himmel kann das Auslegen auch am Tage
erfolgen.
10) Kranke und tote Mause miissen an Ort und Stelle liegen bleiben,
da sie erfahrungsgemafl von den Gesunden angefressen werden und der
Mausetyphus auf diese Weise verbreitet wird.
11) Das Auslegen mufl einheitlich, moglichst gleichzeitig auf
einer groBen zusammenhangenden Flache erfolgen, weil sonst der Erfolg
durch Zulauf von Mausen aus der Nachbarschaft illusorisch wird.
12) Samtliche Graben, Wege, Aecker, Wiesen und Garten miissen in
die Bekampfung eingezogen werden.
13) Zur weiteren Unterstutzung der Mausevertilgung empfiehlt es
sich, in Bohrlochem gefangene Mause mit Mausetyphnskoder zu futtern
und auf den Feldern wieder auszusetzen, damit diese Tiere die Seuche
weiterverbreiten. Zu diesem Zwecke kann man alte Ofenrohre von 30 bis
40 cm Lange in die Bohrlocher stecken und mit dem K6der beschicken.
Die Miiuse fallen hinein und fressen den Koder auf. Die Rohre werden
danach herausgezogen und die Mause in Freiheit gesetzt.
14) Nach 14 Tagen ist das Auslegen der Koder zu wiederholen. Auch
vor der Wiederholung miissen die Mauselocher wieder zugetreten werden,
um die noch nicht ausgestorbenen Baue ausfindig zu raachen.
15) Die Impfstoffflaschen sind nach Ausleeren des Inhalts in einem
groBen Kessel auszukochen. Sie werden mit kaltem Wasser aufgesetzt
und bleiben nach dem Beginn des Kochens noch 5 Mmuten im kochenden
Wasser.
Militarische Dienststellen kbnnen im nachsten Lazarett die Flaschen
mit Wasser gefiillt im Dampfdesinfektionsapparat sterilisieren lassen.
Jede saubere unversehrte Flasche vergiitet das Institut bei der Ruck-
gabe mit 30 Pfennig.
16) Ueber den Erfolg der Mausebekampfung bittet das Institut fur
Hygiene und Bakteriologie um einen kurzen Bericht.
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Nachtrag.
Wird der Impfstoff in Ampullen abgegeben, so befindet er sich in
konzentrierter Form. Er ist gebrauchsfertig. Die Qebrauchsanweisung
steht anf den Schachteln, in denen die Ampullen verpackt sind.
Zur Durchfuhrung der Infektion ist noch zu bemerken,
daB in einer groBeren Reihe von Gemeinden auch Hunderte
von M&usen direkt infiziert und ausgesetzt wurden, und zwar
durch subkutane Impfung mit dem Impfstoff. Solche Tiere
gingen im Laboratorium regelm&fiig an M&usetyphusseptikamie
zugrunde. Wir rechneten damit, daB diese in den Feldern
bei der Vorliebe der MSuse, ihre kranken und toten Genossen
aufzufressen, die Epidemie schnell verbreiten wflrden.
Weiterhin wurden speziell von uns in praktischen Ver-
suchen (in Quatzenheim) Tausende von Mausen mit frischen
Kulturen iibergossen und auf ihren Feldern wieder ausgesetzt.
Die Tiere leckten sich die infizierte Fliissigkeit ab und soil ten
so — fiir den Fall, daB die Koder nicht gefressen wurden —
die Seuche verbreiten.
Mit dem Verweigern der Koder muBte vor allem deshalb
gerechnet werden, weil den Mausen in reichstem MaBe Friichte
aller Art zur Verfiigung standen.
Soweit die oft schwierig zu beurteilenden Berichte sagen,
war indessen in verschiedenen Gemeinden beobachtet, daB
auch die Koder gefressen waren.
Die im Institut unterwiesenen Herren gingen alsbald in ihre Bezirke
und zeigten dem Lehrer und den Bauern die Bereitung der Koder und
das Auslegen. Sie haben sich ihrer sicher nicht leichten Aufgabe (Elsafl
Herbst 1918!) mit grofiem Eifer unterzogen. Viele Gemeinden haben be-
sonders durch ihre halberwachsenen Kinder Hunderte von Litem Kultur
ausgelegt (z. B. Dorlieheim 375, Molsheim 100, Dettweiler 150, Gebweiler 160,
Schlettstadt und Umgebung 850, Zabern und Umgebung 1100, Hagenau 75 f
einige Gemeinden im OberelsaS zusammen 820 Liter usw.). DaB in an-
deren Gemeinden weniger intensiv gearbeitet wurde, war teils durch die
nicht unerheblichen Kosten, teils durch Opposition gegen den Zwang und
vielleicht auch gegen das Miiitar nicht schwer zu erklaren. Immerhin
zeigen obige Zahlen, daB in jenen Gebieten mit Eifer eine gewaltige Menge
virulenten Impfstoffes verbreitet wurde.
Gleiches steht fiir unsere eigenen Versuche in Quatzenheim feet.
Ueber die vollzogenen Arbeiten lasse ich einen Bericht
iiber die MSusebek&mpfung im Schlettstadter Revier (Dr. Jahn)
vom 23. August 1918 folgen, dem andere analog lauteten:
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Die Bekampfung der Miiuseplage im ElsaB usw.
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Die Mausebekampfung im Gebiete der mobilen Etappen-Komman-
dantur 104 wurde in folgender Weise durchgefuhrt:
Am 21. VII. 1918 land eine Besprechung des stellv. Etappen-Komman-
danten Hauptmann Roll mit den zustandigen Zivilbehorden, dem Biirger-
meisteramt Schlettstadt und der Kreisdirektion Schlettstadt statt.
Dabei wurden folgende Gemeinden als mit Miiusen stark vereeucht
angegeben: Schlettstadt, Diefenthal, Ebereheim, Ebererniinster und Scher-
weiler. Durch eine Gendarmeriepatrouille wurden am 28. VII. noch die
Gemeinden Saasenheim und Schonau gemeldet.
Am folgenden Tage ging in die versehiedenen Gemeinden je 1 Vor-
kommando (entnommen aus der hiesigen Genesungs-Abteilung), bestehend
aus 1 Unteroffizier und 1 Mann, mit folgendem Auftrage:
1) Besprechung mit dem Biirgermeister, dem Feldhuter, dem Lehrer
fiber die beabsichtigten MaSnahmen und Beseitigung des Mifitrauens der
Bevolkerung.
2) Abgehen der Felder mit den Feldhiitern zur Feststellung der Art
und Griifie der zu bearbeitenden Flachen.
3) Bereitstellen der Lockspeise (Kartoffeln, Kornerfrucht, Abfalle),
der Eimer, Blechbiichsen, Holzspatel, Koch- und Waschgelegenheiten, und
der Quartiere.
4) Anweisung an den Lehrer, am Tage vor der Au6saat die Locher
auf den Feldern durch Schulkinder zutreten zu lassen.
Die Vorkommandos waren sehr grundlich instniiert worden. Die
Leute, fast durchweg Landwirte, zeigten fast alle grofles Interesse ffir ihre
Aufgabe und arbeiteten recht gewissenhaft. Nach 2 Tagen kehrten die
Vorkommandos zurfick. Jc nach der Grofie des zu bearbeitenden Gebietes
wurden Aussaatkommandos in der Starke von 1—2 Unteroffizieren und
7—20 Mann gebildet. Ffir den Bann Schlettstadt stellte das Ers.-Batl.
Jager 8 60 Jager mit 8 Oberjagern zur Vcrffigung. Alle Leute wurden
an der Hand der dem Etappenbefehl beiliegenden „Verhaltungsmaflregeln‘‘
grfindlich unterrichtet, insbesondere auch fiber die mit der Aussaat ver-
bundenen Gefahren. Unter Leitung der Vorkommandos und mit Unter-
stfitzung der Feldhfiter der einzelnen Gemeinden wurde die Beimpfung
der Felder vorgenomraen; und zwar begann das Auslegen der Lockspeise
in den Gemeinden Diefenthal, Ebersheim, Ebererniinster und Scherweiler
am 25. VII., im Bann Schlettstadt am 26. VII., und in den Gemeinden
Schonau und Saasenheim am 28. VII. Die zweite Aussaat fand 14 Tage
spater statt. Die Kommandos arbeiteten jeweils von abends 6 Uhr ab
etwa 2-3 Stunden wiihrend 3—4 Tagen. Fur die erete Aussaat wurde
„S“-Lymphe (Stamm Strafiburg), fur die zweite „H“-Lymphe (Stamm Halle)
verwendet.
Die Technik der Aussaat war folgende: Die Mannschaften erhielteu
mit Lockspeise gefullte Konservenbfichsen und lange Holzspatel. Sie gingen
dann in groBeren Abstiinden voneinander die Felder ab und verteilten die
Lockspeise in die Mauselocher. Nach Riickkehr von der Arbeit reinigten
sie sich und die benutzten Geriite grundlich mit heifiem Wasser. Als
Lockspeisen wurde ffir die erete Aussaat teils Kartoffeln, teils Abfalle, teils
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Kornerfrucht gebraucht. Fur die zweite Aussaat nur Kornerfrucht. Es
war teilweise recht 6chwierig, geniigend Lockspeise, insbesondere Kartoffeln,
zu erhalten. Die auf Anregung von Hauptmann Roll verwendete Korner¬
frucht stellten die Landwirte bereitwilliger zur Verfiigung, da iiberall der
Friihdrusch lebhaft im Gange war. 1m Bann Scblettstadt machte aber
auch die Beschaffung dieser Lockspeise recht grofie Sehwierigkeiten. Die
Heretellung der Lockspeise geschah folgendermaflen: Kartoffeln wurden
Vormittags gekocht und nach griindlichem Abkiihlen unmittelbar
vor der Aussaat griindlich mit Mausetyphuskultur gemischt. Bei Be-
nutzung von Kornerfrucht wurde diese 4 Stunden vor der Aussaat mit
Lymphe vermischt uod quellen lassen. Eine langere Dauer als 4 Stunden
wurde absichtlich vermieden, um ein Ueberwuchern der Mausetyphus-
bacillen durch andere Keime zu verhiiten. Abfalle wurden unmittelbar
vor der Aussaat mit Lymphe vermengt. Das Verhiiltnis von Lymphe zur
Lockspeise ist am giinstigsten bei Kartoffeln und Abfallen 1—2 Liter
Lymphe auf 10 kg Lockspeise. Bei grofieren Rlengen Lymphe wird die
Lockspeise zu diinnfliissig. Kornerfrucht wurde im Verhaltnis etwa 3 Teile
Lymphe auf 4 Teile Kornerfrucht vermischt. Die Lymphe steht dann in
den Mischgefafien 1—2 cm iiber den Kbrnern, und dringt dann allmahlich
in dieselben ein, so daS nach 4 Stunden die Lockspeise noch reichlich
feucht ist. Ein bestimmtes Zahlenverhiiltnis von Lockspeise zu Hektar
Ackerland liifit sich schwer angeben, und zwar aus folgenden Griinden:
1) sind die Angaben der Feldhiiter iiber die Flachen der bearbeiteten
Aecker recht ungenaue und schwankende.
2) hangt die Menge der Lockspeise ab von der Art der bearbeiteten
Felder: Klee-, Ruben-, Kartoffel-, Rebenacker lassen sich iiber die ganze
Fliiche beimpfen, wiihrend Getreidefelder mit stehender Frucht sich nur
an den Randern beimpfen lassen.
3) Je nach der Starke der Verseuchung der einzlnen Felder mit
Hausen, die eine sehr verschiedene ist, und vor allem auch von der Art
des Bodens — schwerer oder leichter Boden — abhangt, sind wenige oder
sehr viele Mauselocher vorhanden. Dadurch wird der Verbrauch an Lock¬
speise sehr beeintriichtigt.
4) Je nach der Menge und Art der fur die ganze Gemeiude zur
Verfiigung gestellten Lockspeise, die in den einzelnen Gemeinden sehr
grofie Unterschiede zeigt, mufi die Aussaat verteilt werden. Man kann
etwa rechnen, dafi 1 kg Kornerfrucht 2—3 kg Kartoffeln und Abfall
gleichwertig sind, da die Kornerfrucht sich wesentlich sparsamer ver-
wenden lafit. Infolgedessen ergab die Berechnung der pro Hektar ver-
wendeten Mengen Lockspeise und Lymphe sehr verschiedene Zahlen, und
zwar: fiir Lymphe pro Hektar 0,06—0,6 Liter, fiir Lockspeise pro Hektar
0,1-5,0 kg.
Es hat sich gezcigt, dad fiir 300 ha ein Kommando von etwa
10 Mann auf die Dauer von 3 Tagen bei einer taglichen Arbeitszeit von
2—3 Stunden erforderlich ist.
Neben der Aussaat der Lockspeise wurden verschiedentlfch noch
Mause gefangen, mit Lockspeise gefiittert und wieder freigelassen. Der
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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw.
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Versuch, Miiuse in eingegrabenen, mit Lockspeisen beschickten, hohen
Konservenbiichsen zu fangen, hatte nur wenig Erfolg.
Ein richtiges Arbeiten der Kommandos wurde nur durch dauemde
personliche Kontrolle dereelben erreicht. Nur hierdurch liefien sich Bchwie-
rigkeiten und Mangel in der Technik der Aussaat rechtzeitig beheben.
Dabei lieB sich auch durch Riicksprache mit den Biirgermeistern, Feld-
hiitem und Landwirten und vor allem durch eigenen Augenschein ein
Bild iiber den durch die Mause angerichteten Schaden gewinnen. Am
schwereten betroffen war das Gelande westlich der Bahn Schlettstadt-
StraBburg. Hier waren einzelne Felder vollkommen vernichtet, andere in
verschieden schwerem MaBe beschadigt, desgleichen die Kleefelder. Auch
die Kartoffel-, Ruben- und Krautfelder waren teilweise schon von den
Miiusen befallen. Wahrend der ersten Aussaat war die Getreideernte in
vollem Gange, so daB ein Erfolg der Mausebekiimpfung sich nur hatte
auf den Kartoffel-, Riiben- und Krautfeldern bemerkbar machen konnen.
Eine am 1. VIII. 1918 gemeinsam mit einer Kommission der Reichs-
getreidestelle vorgenoramene Besichtigung der Felder stellte einen durch-
schnittlichen Ausfall der Kornerernte durch MausefraB in der Hohe von
*/ 4 bis */ a des Ertrages fest. Bei der zweiten Aussaat war fast alle Korner-
frucht eingebracht.
Die Anteilnahme der Bevolkerung war im allgemeinen rege. Aus
einzeluen Gemeinden holten sich spater mehrere Landwirte Lymphe, um
selbst auf ihre Felder auszusiien.
Das Wetter war wahrend der ganzen Zeit fur die Aussaat recht
giinstig. Nur an 2 Tagen regnete es. Im AnschluB an die Bekampfung
im Bann Schlettstadt setzte die Aussaat von LockBpeise im Gebiet der
Gemeinde Kinzheim durch den Scheinwerferzug 336 ein, nach personlicher
Fiihlungnahme mit Leutnaut Ackermann.
Wahrend der ganzen Zeit wurde ein einziger Fall von Darm-
katarrh bei einem Aussaatkommando gemeldet. Der Mann wurde sofort
in das Seuchenlazarett Kestenholz iiberfiihrt. Laut Mitteilung des Lazaretto
lag keine Vergiftung mit Mausetyphusbacillen vor.
Wirkung der Mausebekiimpfung nach dem Stande vora
22. VIII. 1918.
Nach den vorliegenden Beobachtungen ist es sehr schwierig, sich ein
klares Bild iiber die Wirkung der Mausetyphusimpfung der Felder zu
machen. 8—10 Tage nach der ersten Aussaat wurde von mehreren Orten
gemeldet, daB sich eine Verminderung der Mause bemerkbar mache, daB
tote und anscheinend auch kranke Miiuse beobachtet worden wiiren; ins-
besondere auf den starker beimpften Feldern hiitten die Mause abgenommen.
Auch in einigen Hausern, in denen Lockspeise ausgelegt war, seien die
Mause weniger geworden. Andere Gemeinden gaben an, daB eine Wirkung
nicht vorhanden sei. Besonders bcim Pflugen wiirden noch sehr viele
Miiuse beobachtet. Von einem Orte wurde mitgeteilt, man habe tote Mause
und tote Katzen gefunden.
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Zur besseren Kontrolle warden die Vorkommandos nochmals in die
Gemeinden gesehickt, um selbst Feststellungen zu machen, und um die
zweite Aussaat vorzubereiten. Sie teilten iibereinstimmend mit, dafi sich
nur vereinzelt tote Mause vorfiuden, dafi die Mause vor allem auf den
beimpften Feldern abgenommen hatten. In ausgegrabenen Bauen wurden
tote Mause nicht vorgefunden. Zugetretene Miiuselocher waren am nachsten
Tage wieder offen. Eine Verminderung der Miiuse in einigen Hausern, in
denen Lockspeise ausgesat war, sei in 1 —3 Tagen eingetreten, dann aber
hatten die Mause wieder zugenommen. Eine Schadigung durch das Aus-
saen der Lockspeise (Sterben von Hunden und Katzen) sei, abgesehen von
dem schon erwahnten Fall, nicht beobachtet worden.
Aus den verschiedenen Berichten war zu entnehmen, dafi die Wirkung
in den Gemeinden mit der starksten Aussaat pro Hektar am besten war.
Durch eigene Beobachtungen (Abgehen desGeliindes, Zusehen beim Pfliigen)
liefi sich 10—14 Tage nach der ersten Aussaat pine Verminderung der
Mause feststellen, die jedoch durchaus hinter dem erhofftcn Erfolg
zuriickblieb. Es wurde sogar beobachtet, dafi an einzelnen Stellen die
Mause tiefhiingende Reben abgefressen und in die Locher zu schleppen
versucht hatten. Die Berichte nach der zweiten Aussaat, sowohl die der
Zivilbevolkerung, als auch der Vorkommandos, lautcn wesentlich un-
gunstiger, als die Berichte nach der ersten Aussaat. Es wird teilweise
angegeben, dafi auf eine Verminderung der Mause wieder eine Vermehrung
gefolgt sei. Eigene Beobachtungen bestiitigen dies durchaus. Besonders
ungiinstig auf die auf den Feldern noch stehende Fruc.ht wirkt das Pfliigen
der abgeernteten Getreidefelder, weil dadurch die Mause von diesen ver-
trieben werden und sich in den noch bebauten Feldern einnistcn. Gegen
eine erhebliche Wirkung der Typhusimpfung spricht auch der Umstand,
dafi die Landwirte in sehr grofier Zahl mit erheblichen Unkosten sich
trotz Verbotes Strychninweizen verschaffen, um wenigstens einigermafien
der Mause Herr zu werden, wenn auch andererseits taglich hicr Landwirte
vorsprechen und „Lymphe“ begehren, um selbst ihre Felder zu beimpfen.
Soweit moglich, wurde den Landwirten Lymphe abgegeben.
Eine Mitteilung aus Scherweiler aus den letzten Tagen besagt, dafi
beim Pfliigen in kurzer Zeit 8—10000 lebende Mause gesammelt worden
sind. Auch dies spricht sehr deutlich gegen eine erhebliche Wirkung des
Mausetyphusimpfstoffes. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dafi der
Mausetyphusimpfstoff wohl auf die Miiuse, die ihn mit der Lockspeise
fressen, krankmachend und todlich wirkt, dafi aber eine Ansteckung von
Maus zu Maus, eine richtige Epidemie aus irgendwelchen unbekannten
Griinden nicht zustaude kommt. Ein Unterschied in der Wirkung der
verwendeten Lockspeise, Kartoffeln oder Kornerfrucht, ferner in der Art
der verwendeten Lymphe „S“ oder „H“-Lymphe wurde nicht beobachtet.
Es steht danach, wie auch nach unseren Be-
sichtigungen, einwandfrei fest, dafi das Aus-
legen rait aller Sorgfalt und ZuverlSssigkeit
durchgefiihrt wurde, und zwar in groBem Stile.
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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw. 149
Wie im Bezirke Schlettstadt, so blieb auch in den bei
weitem meisten Gemeinden der Erfolg fast ganz aus —
wenigstens in dem erhofften MaBe. Nur aus Munzenheim
(Colmar), Winzenheim (Unter-ElsaB), Wickerschweier (Colmar)
und wenigen anderen kamen gunstigere Nachrichten.
Der Versuch als solcher ist praktisch als gescheitert an-
zusehen. Zu einer Abnahme der Mauseplage kam es erst
gegen Ende September, kurz nachdem starker Regen einsetzte.
Dieser schSdigt bekanntlich auch ohne sonstige MaBnahmen
die Nager in hohem MaBe.
Unsere Beobachtungen erscheinen gerade ihres offen-
sichtlichen MiBerfolges wegen nicht ohne Interesse: An die
Kulturen waren strengste Anforderungen gestellt, sie erwiesen
sich stets als rein und virulent. Die Technik des Auslegens
und die Verbreitung des Infektionsstoffes erfolgte sachgemafi
und vielerorts reichlich. Eine Erklarung fiir das Versagen
vermogen wir schwer zu geben. Moglicherweise begann das
Auslegen und Infizieren zu spat, d. h. zu einer Jahreszeit,
als die Mause dank reichlicher Nahrung zu schwer Oder un-
gern an die Koder herangingen.
Zur Prufung dieser Fragen haben wir weiterhin eine
groBere Reihe von Laboratoriumsversuchen angesetzt, die sich
in erster Linie auf die Haltbarkeit des Virulenz unserer
beiden Stanime am Koder erstreckten.
Hierbei ergaben sich folgende Befunde:
An Brot (Graubrot) halten sich, falls es dem Merkblatt entsprechend
infiziert wird, die Mausetyphusbacillen 8—12 Tage lebensfahig, und zwar
auch dann, wenn es bereits verschimmelt ist. Dabei ist es gleichgiiltig, ob
das Brot im Hellen oder im Dunklen, ob es bei 37°, bei 5° oder bei
Zimmertemperatur aufbewahrt ist.
Nach Fiitterung mit dem infizierten Brot gingen die Mause indessen
nur dann zugrunde, wenn es am Tage der Infektion oder einen Tag
danach von den Miiusen gefressen wurde. Bereits vom 3. Tage ab machte
dieses mausetvphusbacillenhaltige Brot die Miiuse nicht mehr krank.
Im Kartoffelbrei hielten sich die Mausetyphusbacillen bis zu 6 Tagen;
und zwar, falls derselbe bei 37° stand, 4, falls erim Zimmer stand, 6 Tage.
Die Titration mit Natronlauge ergab, daS nach dieser Zeit der Siiuregehalt
auf 14 ccm Normal-NaOH pro 100 g Brei gestiegeu war. Die Bacillen
mufiten infolge der Siiuerung absterben.
Der infizierte Kartoffelbrei blieb drei Tage infektios, und zwar gleich-
gultig, unter welchen iiuBeren Verhiiltnissen (warm, kalt, hell, dunkel) er
aufbewahrt wurde.
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Vom 4. Tage ab frafien ihn auch hungemde Mause nicht mehr (wohl
infolge der Sauerungl).
Mit Miiusetyphusbaeillen infiziertes gekoehtes (Pferde-)Fleisch enthielt
sieben Tage lang virulent* Bakterien. Es wurde von alien Mausen gierig
gefreasen.
Siimtliche gestorbenen Mause wurden von den iibrigen angefressen,
falls diese nicht vorher entfernt wurden. Die toten erwiesen sich 2 bis
3 Tage lang als hochvirulente Koder.
Zu bereits kranken Mausen wurden gesunde in die Kafige gesetzt
und erst ere kurz vor dem Tode herausgenommen, um zu verhiiten, dafi
sie angefressen wurden. Es war ein Kontakt von etwa 6 Stunden notig,
um die gesunden Mause krank zu machen. Kiirzere Zeiten von 1 bis
2 Stunden bewirkten keine Infektion (6 Versuche).
Wurden die an Miiusetyphus gestorbenen Mause aus dem Glase ent¬
fernt und gesunde hineingesetzt, so gelang es, in 7 Versuchen nur 2mal,
letztere krank zu machcn.
Mit Kulturfliissigkeit besprengte Mause gingen ebenso wie die zu
ihnen in das Glas gesetzten Mause regelmaflig in 6—8 Tagen zugrunde.
Bei der bakteriologischen Sektion fand sich stets eine Reinkultur von
Miiusetyphusbaeillen im Blute.
Diese Versuche ergaben die praktisch nicht unwichtige
Tatsache, dafi dieausgelcgtenKfidersicherlich nur
verhaitnismafiig kurze Zeit vollvirulent waren.
Iinmerhin lange genug, um von den Mausen gefressen zu
werden. Das vor allem, da die Koder frisch vor dem Aus-
legen infiziert wurden.
Bezfiglich der Infektiositat unserer Kulturen fiir Menschen
inachte O.A. Dr. Jahn in seinem Berichte darauf aufmerksam,
dafi in seinem Bezirke keine Infektionen vorgekommen waren.
Wir konnen das fiir alle anderen Landesteile vollauf besta-
tigen. Sahen wir doch oft, so vor allem in Quatzenheim, dafi
die Bauern und auch Kinder trotz aller Ermaknungen
in sorglosesterWeise mit dem infizierten Koder und
auch mit den durch Besprengen aufierlich infizierten Mausen
umgingen. Die Hande waren sichtlich fiber und fiber mit
Mausetyphusbacillen beschmutzt. Keiner hat sich desinfi-
ziert, und das „Waschen“ geschah hfichst mangelhaft; jeden-
falls ohne Seife! Trotzdem kam keine Infektion vor!
Auch von Erkrankungen bei Haustieren wurde nichts
bekannt, obgleich die Stimmung grofier Volksteile gerade da-
mals mit Beschuldigungen nicht zurfickgehalten hatte.
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Die Bekarnpfung der Mauseplage im Els&fi usw.
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Zusammenfassung.
Es wird fiber eine groBzfigig angelegte Bekarnpfung einer
Feldmfiuseplage im ElsaB 1918 berichtet; die Nahrboden-
bereitung, das Anlegen von Kulturen (etwa 15000 Liter), ihre
Prfifung sowie die Organisation wird besprochen.
Obgleich die Mausetyphusbacillen sich als vollvirulent
erwiesen und diese in sorgffiltigster Weise ausgelegt wurden,
blieb ein Erfolg aus.
Bei Menschen kamen trotz grobster Unvorsichtigkeiten,
selbst bei Kindern, keine Infektionen vor.
Nachdruck verbolen.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t GieBen
(Direktor: Prof. Dr. E. Gotsch 1 ich).]
Ueber das Yerbaltcn der roten BlutkOrperehen gegcniiber
Schwcrnictallsalzen.
Von Prof. Dr. W. Schiirmann und Tr. Baumgartel.
(Eingegangen bei der Redaktion am 8. August 1920.)
Im AnschluB an die Beobachtungen Bordets (1) fiber die
Ausflockung feiner Suspensionen durch Elektrolyte und die
Analogie dieser Ffillungsreaktionen mit dem Gruber-Dur-
hamschen Agglutinationsphfinomen konnten Neisser und
Friedemann (2) sowie Bechhold (3) feststellen, „daB
durch die Verankerung des Agglutinins die Bakterien die Eigen-
schaften erbalten, schon durch geringere Salzkonzentrationen
ausgeflockt zu werden, und zwar ist die Herabsetzung des
Schwellenwertes bei den Salzen der Metalle mit hoher Ent-
ladungsspannung eine weit starkere als bei denen mit niedriger
Entladungsspannung“ (Neisser und Friedemann, 1. c.
p. 829). Neisser und Friedemann erkliiren sich diese
Tatsache durch die Annahme, „daB durch die Verankerung des
Agglutinins das EiweiB in eigentiimlicher Weise verSndert
wird, so daB es nunmehr seine hemmenden Eigenschaften gegen-
flber den Kationen mit hoher Entladungsspannung eingebfifit
hat Oder durch dieselben gefallt wird“ (1. c. p. 830). Eine
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152
W. Schiirmann und Tr. Baumgartel,
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Best&tigung finden diese Befunde durch die Arbeiten von
Buxton, Shaffer und Teague (4) sowie Buxton und
Rahe (5), welche ebenfalls feststellen konnten, daB sich an
Agglutinin verankerte Bakterien Elektrolyten gegenflber em-
pfindlicher erweisen konnen als Norinalbakterien.
Auf der Grundlage dieser Tatsachen versuchten Eisner
und Friedemann (6) die bei sensibilisierten Bakterien er-
hobenen Befunde auf die Agglutination ambozeptorbeladener
Blutkorperchen auszudehnen; denn auch eine Blutkorperchen-
aufschweinmung verh< sich wie eine hydrophile Suspension
und wird dementsprechend gleichfalls von Elektrolyten aus-
geflockt [Biltz, Much und Siebert (7), Landsteiner
und Jagic (8), Girard-Man gin und Henri (9), sowie
Hirschfeld (10)J. Da das durch Elektrolytzusatz ausgelflste
Ausflockungsph&nomen nach der von B redig (11) ftir den
Suspensionszustand entwickelten Theorie auf eine elektrische
Entladung der suspendierten Teilchen und der dadurch be-
dingten Entfaltung der bis dahin paralysierten Obertlachen-
krafte zurflckzufflhren ist, und diese letzteren mit den durch
die Blutkorperchensensibilisierung hervorgerufenen morpho-
logischen Veranderungen [vgl. Rossle (12)] nattlrliclierweise
variieren, schien es berechtigt, bei sensibilisierten Blutkorperchen
eine diesen Strukturveranderungen usw. entsprechendeEmpfind-
lichkeit Elektrolyten gegentiber zu vermuten.
Eisner und Friedemann (1. c.) w&hlten zu ihren Ver-
suchen die im allgemeinen schon schwer agglutinablen Rinder-
blutkorperchen, welche sie — nach 4— 5maligem Waschen mit
physiologischer NaCl-Losung — in 5-proz. NaCl-Aufschwem-
mung mit mehrfach losender Ambozeptordosis eine Stunde bei
Zimmertemperatur sensibilisierten und hierauf—nachdem durch
5—6maliges Waschen mit physiologischer NaCl-Losung die
letzten auBerlich anhaftenden Ambozeptorspuren beseitigt waren
— zu je 1,0 ccm mit 1,0 ccm ElektrolytverdQnnung ver-
setzten. Die auffallendsten Agglutinationsunterschiede zwischen
normalen und sensibilisierten Rinderblutkorperchen fanden
sie bei Anwendung stark verdiinnter (n/ 20 oi n/ 400 . . . n/ 5120 o,
n/iostoo) Lbsungen der Schwermetallsalze; „besonders dera
Kupfersulfat gegenflber erwiesen sich die sensibilisierten Blut-
kflrperchen mehr als lOOmal leichter fallbar als die normalen 41
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Verhalten der roten Blutkdrperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. J53
(Eisner und Friederaann, 1. c. p. 524). Um hierbei etwa
stQrende Reaktionen zwischen dem ffillenden Elektrolyten
CuS0 4 und den Cl-Ionen des NaCl auszuschlieBen, stellten
Eisner und Friederaann in Anlehnung an die Feststel-
lungen Guggenheimers (13) ihre Versuche entsprechend in
isotonischer (7,8-proz.) Rohrzuckerlosung an und fanden auch
bei diesen Untersuchungen, „daB sensibilisierte BlutkQrperchen
sich in verschiedener Hinsichtphysikalisch chemischen Einfliissen
gegenuber empfindlicher verhalten als norraale u (1. c. p. 526).
Eisner und Friedemann halten die von ihnen be-
schriebene „Kupfersulfatmethode“ fur geeignet, um zur Mes-
sung von Ambozeptormengen, die an der Grenze des hdmo-
lytischen Nachweises stehen, „als auch zum Nachweis von Zell-
antik6rpern ausgebaut zu werden“ (1. c. p. 528). Bei den in
dieser Richtung hin angestellten Untersuchungen haben wir
die von den genannten Autoren gewahlte Versuchstechnik bei-
behalten in der Annahme, dall moglicherweise aufdiesem Wege
eine Differenzierung verschiedener Blutarten moglich ware,
auch analoge vergleichende Versuche mit Menschen-, Pferde-,
Rinder-, Schaf-, Kaninchen- und Meerschweinchenblut angestellt.
Das defibrinierte Blut wurde 4—5mal mit physiologischer NaCl-Losung
gewaschen, dann mit mehrfaeh losender Ambozeptordosis nach dem Vor-
gehen von Eisner und Friedemann eine Stunde bei Zimmertemperatur
sensibilisiert und hierauf durch abermaliges Waschen (4—5mal) mit physio¬
logischer NaCl-Losung von den letzten Ambozeptorspuren befreit. Der
Versuch wurde mit je 1,0 ccm 5-proz. Blutkorperchenaufschwemmung an-
gesetzt. "
Zum Versuch wurde je 1,0 ccm der lege artis mit physiologischer NaCl-
Losung hergesteltten Verdiinnungen: n/ t6 , n/ 60 ... n/ S6600 , n/ 61100 benutzt.
Zu den Versuchen mit isotonischer Bohrzuckerldsung wurde eine
7,8-proz. Zuckerlosung verwendet. Das defibrinierte Blut wurde hierbei
sowohl vor als auch nach der Sensibilisierung mit dieser Bohrzuckerldsung
gewaschen und war hierauf nach den Angaben von Eisner und Friede¬
mann auch im Hauptversuch in 5-proz. Aufschwemmung. anzusetzen.
Die Ablesung der Resultate erfolgte */« Stunde nach Auffiillung der
Elektroly t verd iin n un gen.
Wie sogleich bemerkt sei, ergaben unsere Versuche keiner-
lei Anhaltspunkte fur die Mbglichkeit, auf diesem Wege eine
Differenzierung der verschienenen Blutarten oder einen Nach¬
weis kleinster Ambozeptormengen oder gar von ZellantikSrpern
(z. B. Carcinom) durchzufuhren. Was ferner die Versuche
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154
W. Schurmann und Tr. Baumgartel,
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mit isotonischer Rohrzuckerlosung anbetritft, so verliefen die-
selben dadurch vollig ergebnislos, dad in dieser Losung die
Blutkorperchen nach der Sensibilisierung fast immer stark
verklumpten; infolgedessen haben wir nur die Einwirkung der
Kupfersalze auf die normalen (nicht sensibilisierten), in Rohr*
zuckerlbsung gewaschenen BlutkSrperchen untersuchen konnen.
Aber auch diese zeigten mitunter — in Best&tigung der Be-
funde von Radsma (14) eine ausgesprochene Agglutinabilitat,
die offenbar durch die grofien Oberflachenspannungen zwischen
Blutkbrperchen und Rohrzuckerlosung, sowie durch den Elektro-
lytmangel dieser letzteren hervorgerufen wird. Im fibrigen
konnten wir — wie aus den nachstehenden Tabellen hervor-
geht — die von Eisner und Friedemann mitgeteilten
Beobachtungen tiber die Empfindlichkeit sensibilisierter Blut-
kdrperchen Elektrolyten gegeniiber prinzipiell bestatigen; wir
halten aber die auch von uns beobachteten Empfindlichkeits-
unterschiede zwischen normalen und sensibilisierten Blutkorper¬
chen von verschiedenen versuchstechnischen Fehlerquellen der-
art abhangig, daB den Ergebnissen nur eine bedingte, keine
allgemeine Bedeutung beigemessen werden darf.
Unsere Befunde sind in den folgenden Tabellen zusammen-
gestellt.
Tabelie I 1 ).
Kupfersulfat-
losung
1,0 ccm
Rinderblut
5-proz. Auf-
scnwemmung
1,0 ccm
Rinderblut
(5-proz.) 6ensib.
mit 0,01 ccm
4-fach loaender
Dosis Rinder-
ambozeptor
S c h a f blut
5-proz. Auf-
9chwemmun(f
1,0 ccm
Uchaf blut
(5-proz.) sensib.
mit 0,016 ccm
4-fach losender
Dosis Schaf-
ambozeptor
n/ 60
n /ioo
n/ ,oo
n /« 00
n 800
n /1800
D laioo
n '««o«
n /l»80«
11 ^15600
D /61t00
+
+
+
+
±
A-
B
i±
±
±+
±±
+
+
+
+
+
+
+
1) In dieser wie in den folgenden Tabellen bedeuten: ±± = starke
Verklumpung ohne Verfarbung; + = Bchwache Verklumpung ohne Ver-
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Verhalten der roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. J 55
In Tabelle I sind die Resultate einiger Versuche mit
Kupfersulfatldsung (n/ 25 , n/ 50 . . . n/ 25600 , n/ 5120 o) wiedergegeben.
Sie zeigt die Gegeniiberstellung der Elektrolyteinwirkung auf
normale, gewaschene bzw. mit Rinderambozeptor in 4-fach
ISsender Dosis sensibilisierte Rinderblutkdrperchen. Auch ent-
halt sie die gleichen Reihen mit normalen, gewaschenen bzw.
denen mit 4-fach losender Dosis Schafambozeptor sensibilisier-
ten Schafblutkbrperchen.
Nennenswerte Unterschiede zwischen Schaf- und Rinder-
blutkorperchen bestehen nicht, dagegen zeigt sich ein Unter-
schied zwischen normalen und sensibilisierten Blutkorperchen.
Wahrend nkmlich bei normalen Blutkorperchen eine Abnahme
der Verklumpungsst&rke mitZunahme der Elektrolytverdflnnung
beobachtet wird, finden sich bei sensibilisierten Blutkfirper-
chen sog. „Hemmungszonen“ [Teague und Buxton (15)],
indem die Verklumpung der Blutkorperchen in den starkeren
Konzentrationen der CuS0 4 -Losung (n/ 25 , n/ 50 ), ausbleibt, da¬
gegen bei den starkeren Verdiinnungsgraden (n/ 100 bis n/ 800 )
deutlich auftritt. In den starkeren Konzentrationen von n/ 25
und n/ 50 sowie bei den schwacheren CuS0 4 -Losungen von n/ 1600
an zeigt sich nur eine geringgradige Schleierbildung und eine
gelbliche Verfarbung der Flflssigkeit.
Zur Losung der Frage, ob bei der Verklumpung die
Menge des zur Sensibilisierung der Blutkdrperchen benutzten
Ambozeptors das ausschlaggebende Moment sei, wurden
die in Tabelle II angeftihrten Versuche eingeschoben (siehe
p. 156).
Hieruach scheint die angewandte Ambozeptordosis doch
nicht belanglos fur die Starke der Verklumpung zu sein. Bei
der 2-facben Ambozeptordosis zeigte sich eine schwache Ver¬
klumpung bis n/ 50 der Kupfersulfatverdiinnung, bei der 5-fachen
eine starkere Verklumpung bis n/ 200 , die aber bis zur SchluB-
verdiinnung (n/ 51200 ) anhait. Bei der 7-fachen Ambozeptordosis
fand sich eine sehr stark ausgesprochene Verklumpung bis
n/ 200 , eine Starke Verklumpung bis n/ 1600 und eine schwache
Agglutination der Blutkorperchen bis zur SchluBverdiinnung.
farbung; — = keine Verklumpung (wie Blutkorperchen in physiologiacher
NaCl-Lbsung); ± = Schleier, Gelbfarbung, keine Verklumpung.
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156
W. Schiirmann und Tr. Baumgartel,
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Tabelle II 1 ).
Versuch mit Cu80 4 -Lo8ung (n/ f5 .... n/. l250 ) und 5-proz. Schafblut-
korperchenaufachwemmung, die mit der 2-fachen, 5-fachen und 7-fachen
Ambozeptormenge (Schaf) Bensibiliaiert worden sind (eine Stunde bei
Zi m mertem peratur).
Kupfereulfat-
16811 ng
1,0 ccm
5-proz. Schaf blutkOrperchenaufschwemmung aensibilisiert
mit
2-facher Dosis i 5-facher Doeia 7-facher Dosis
(0,003) I (0,02) (0,028)
»/t.
n /r.o
**/ioo
**/ioo
**/« Oil
**/«oo
11 moo
**13100
**/««no
**/I3S00
** ' 15000
**/otioo
+
+
+ +
+ +
+ +
+ +
+
+
+
+
+
+
+
+
Im AnschluB an diese Beobachtung haben wir analoge
Paralleluntersuchungen mit Kupferchlorid, Kupfernitrat,
Kupferacetat und dem Doppelzalz Kupferammonium-
chlorid angestellt. Das Ergebnis dieser Versuche mit Rinder-
blutkOrperchen zeigt Tabelle III.
Tabelle III.
Vcrdiin-
nunga-
grade der
Loaung
5-proz. R i n d e r blutkorperchen -
aufschwemmung
5-proz. R i n d e r blutkorperchen-
aufschwemraung sensibilia. mit
4-facher Ambozeptordosia (Rind)
Kupfer-
chlorid
Kupfer¬
nitrat
Kupfer¬
acetat
Kupfer-
aiumo-
nium-
ehlorid
Ku pfer¬
chlorid
Kupfer¬
nitrat
Kupfer¬
acetat
Kupfer-
ammo-
nium-
chlorid
n /,5
*>/ r.o
**/100
**/ioo
n /« 00
**/soo
** /1600
**/ 8100
It 1
11 0400
**. linoo
**/15000
**/ot?oo
1 1 1
+1
+I+ + 1 1 1 1 1 II 1 1
+1
+++
“±±
+
+
+
i i
+
+
+
++
fH-
±±
+
+
+
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
t — 1 — r
ET±
-R-
+
1 1
Tf
+
+
~+~
+
J_L
+
+
1) Hierin bedeutet: ±i± = sehr atarke Verklumpung ohne Ver-
farbung; ++ = achwache Verklumpung mit Gelbfarbung. Die iibrigen
Zeichen sind die gleichen wie in Tabelle I.
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Verhalten der roten Blutkorperchen gegenuber Schwcrmetallealzen. 157
Auffallende Empfindlichkeitsunterschiede zwischen nor-
malen und sensibilisierten Rinderblutkorperchen im Sinne der
Von Eisner und Friedemann mitgeteilten Beobachtungen
zeigt hiernach nur der Versuch mit Kupferacetat; bei den
Qbrigen Kupfersalzen, ganz besonders bei Kupferammonium-
chlorid, ist die Verklumpung der sensibilisierten Blutkdrper-
chen geringer als die der normal gewaschenen, nicht sensi¬
bilisierten.
Zu ahnlichen Resultaten fiihrten unsere Versuche mit
normalen und sensibilisierten Schafblutkbrperchen. Unsere
Befunde sind in der Tabelle IV zusammengestellt.
Tabelle IV.
5-proz. Schaf blutkorperchen-
aufschwemmung
Kupfer-
Kupfer-
Kupfer-
Kupfer- j ammo-
chlorid
nitrat
acetat nium-
'
! chlorid
TTT
+ + +
H—1—F i T
TT
TTT
TTT
TTTITTT
H—h
+ +
TT I H
FT
TT
+
+~
FT
+
+
+
FT
+
—
+
-T
+
—
— 1 -
FT
+
—
- TT
- ++
—
—
- TT
-
—
- 1
-H?)
Verdun -
nungs-
grade der
Losung
1
Kupfer-
Kupfer- Kupfer-
Kupfer-
ammo-
chlorid nitrat
acetat
nium-
|
chlorid
5-proz. Schaf blutkorperchen-
aufschwemmung sensibilis. mit
|4-facher Ambozeptordosis (Schaf)
n /*6
n /bO
"/108
,l /soo
n lto«
^ 800
n /iooo
n /.130O
,l ‘KtOO
n 'lJ800
n / s r.coo
n /r.uoo
TTT
TT
+
+
"BF
+
+
+
■TT
'TT
: TT
: TT
if
+
+
+
+
+
+
+
+
+ I —
+ I —
Hier fand sich im Versuch mit Kupferacetat keine „Hem-
mungszone“ wie bei dem analogen Fallungsversuch mit sensibili¬
sierten RinderblutkQrperchen, sondern ausschlieBlich eine deut-
liche Verstarkung der Blutkbrperchenverklumpung. Im Versuch
mit Kupferchlorid, Kupfernitrat und ganz besonders Kupfer-
ammoniumchlorid erwiesen sich die normalen Schafblut-
korperchen — analog dem Verhalten der Rinderblutkbrper-
chen — elektrolytempfindlicher als die sensibilisierten Blut¬
korperchen.
In entsprechenden Versuchsreihen untersuchten wir auch
die Blutkorperchenverklumpung durch das Ni-kation. Wir
wahlten zu unseren Versuchen die Salze: Nickelchloriir, Nickel-
Zeittchr. f. ImmuniUUforschung. Orlg. Bd. SI. 11
I
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158
W. Schiirmann und Tr. Baumg&rtel
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sulfat, Nickelnitrat, Nickelacetat. Auffallenderweise konnten
wir weder eine F&llung der normalen noch der sensibilisierten
RinderblutkSrperchen feststellen, w&hrend die sensibilisierten
Schafblutkdrperchen im Vergleich zu normal gewaschenen
deutliche F&llungsunterschiede erkennen lieBen.
Das Ergebnis dieser Versuche zeigt Tabelle V.
Tabelle V.
Verdiin-
nungs-
grade der
Lbsung
5-proz. Schaf blutkbrperchen-
aufschwemmung
Nickel-
chloriir
Nickel¬
nitrat
Nickel- Nickel-
sulfat acetat
5-proz. Schaf blutkbrperchen-
aufschwemmung sensibtlis. mit
|4-facher Ambozeptordosis (Schaf)
Nickel -
chloriir
Nickel- Nickel¬
nitrat sulfat
Nickel¬
acetat
“/«
»/. 0
n /ioo
D /ioo
D/40O
D non
n /i«oO
®/ SJOO
® 6400
n /u« 00
n /?6aoo
n /anoo
FF
FF
FF
FF
+
+
FFF
FFF
~FF
FF
+
f
+(?)
+(?)
Hamnly»e
FFF
FFF
llhmolym
m
+
+
+
Ml)
Weiterhin untersuchten wir die Wirkung von Eisenchlorid,
Mercurichlorid und Bleinitrat auf Schaf - und Rinderblut¬
kSrperchen. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigen die
Tabellen VI und VII.
Tabelle VI.
Verdiin-
nungs-
grade der
Ldsung
5-proz. Rinderblutkorperchen-
aufschwemmung
Eisen¬
chlorid
Mercuri¬
chlorid
Blei¬
nitrat
5-proz. Rinderblutkorperchen-
aufschwemmung sensibilis. mit
j4-fat her Ambozeptordoeis (Rind)
Eisen¬
chlorid
Mercuri- I Blei-
chlorid nitrat
n /, 4
n/» o
D/.oo
D/ 2U0
D^400
D/boo
D/1000
d/«joo
D/ 0400
D / uooo
D/25000
D/suoo
Hamolyse
Hiimolyse
FFF
FFF
FF
FFF
FF~
+
Hiimolyse
Hamolyse
Hamolyse
FFF
FFF
F-l—h
FFF
FFF
~F±“
+
+
+
Goc >gle
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Verhalten der roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. 159
Tabelle VII.
Ver-
dunnungs-
grade der
Losung
5-proz.
Schaf blutkdrperchen-
aufschwemmung
5-proz. Schafblutkorperchen-
aufschweramung sensibilis. mit
4-fach. Ambozeptordosis(Schaf)
Eisen
Mercuri¬
Blei¬
Eisen¬
Mercuri¬
Blei¬
chlorid
chlorid
nitrat
chlorid
chlorid
nitrat
n '«
n/so
±±
1
1
1
_1
-
~
ii
-
•f"
1
T
j
-
—r
FF
_
T
T
T
“
n /ioo
11
—
—
—
+
+(?)
-
EE
n li oo
a Uoo
d /b oo
I
II
__
I
—
—
+
+ (?)
-
E±
i:
--
^ _
-
~
-
_
11 1800
®/ 8200
D /«400
n 12800
-
-*
-
—
-
i
±
—
—
—
—
—
—
n /?6800
+
—
—
—
—
—
®/si 200
—
“
—
—
—
—
—
Wahrend die Rinderblutkbrperchen durch Mercurichlorid
tlberhaupt nicht, durch Bleinitrat nur mit Ambozeptor beladen
ganz schwach bei n/ 2S und n/ 50 verklumpen, failt Eisenchlorid
schon normale Blutkbrperchen bis zur Verdiinnung von n/ S200 ,
sensibilisierte sogar bis zur Verdfinnung von n/ 25600 . Diese
beiden Fallungsreihen zeigen in den starken Elektrolytkon-
zentrationen (n/ 25 , n/ 50 ) deutliche „Hemmungszonen“. Dem
gegeniiber sind Schafblutkorperchen im sensibilisierten Zustand
etwas elektrolytempfindlicher als im normalen, wohingegen Eisen¬
chlorid sensibilisierte Blutkbrperchen nur ganz gering, normal
gewaschene Schafblutkorperchen aber sehr stark zusammenballt.
Unser Beobachtungsmaterial liefert somit in mehrfacher
Hinsicht unterschiedliche Befunde. Von den untersuchten
Schwermetallsalzen: Kupfer, Nickel, Eisen, Quecksilber und
Blei besitzt Quecksilber keine, Blei nur eine sehr geringe,
Kupfer, Nickel und Eisen eine ausgesprochene Blutkorperchen
verklumpende Eigenschaft.
Zusammenfassung.
1) Kupfer failt als Chlorid, Nitrat, Sulfat und Acetat so-
wohl normale als auch sensibilisierte Rinder- und Schafblut¬
korperchen. Wahrend Kupfersulfat und Kupferacetat sensi¬
bilisierte Rinder- wie Schafblutkorperchen starker verklumpen
als normale, failt Kupferammoniumchlorid fast nur normale
gewaschene Schaf- und Rinderblutkorperchen.
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160 Schiirmann und Baumgartel, Ueber das Verhalten usw.
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2) Nickel failt als Chlorid, Nitrat, Sulfat und Acetat nur
sensibilisierte Schafblutkbrperchen.
3) Eisen f&llt als Chlorid normale Rinder- und Schaf-
blutkbrperchen. Sensibilisierte Rinderblutkorperchen, nicht
aber sensibilisierte Schafblutkbrperchen, werden von Eisen-
chlorid starker verklumpt als normale.
Nach den vorliegenden Versuchsresultaten zeigen Rinder-
und Schafblutkorperchen im normalen wie sensibilisierten
Zustand deutliche Empfindlichkeitsunterschiede gegeniiber der
failenden Wirkung von Kupfer-, Nifltel-, und Eisensalzen.
Die Verschiedenartigkeit der Befunde berechtigt zu der An-
nahme, daB einerseits die Empfindlichkeit der Blutkorperchen
erheblichen Schwankungen bei verschiedenen Tierarten unter-
worfen ist und andererseits die failende Wirkung der einzelnen
Elektrolyte von der Wertigkeit der Ionen, von der Dissoziation
der Metallsalze (vgl. insbesondere den Unterschied zwischen
Kupferacetat und anorganischen Kupfersalzen) abhangt. Es
wird weiteren Untersuchungen vorbehalten sein, das Verhalten
der roten Blutkbrperchen gegeniiber Schwermetallsalzen unter
diesen Gesichtspunkten zu untersuchen.
Llteratur.
1) Bordet, Annales Pasteur, 1899.
2) NeiBser und Friedemann, Miinch. med. Wochenschr., Bd. 51,1904,
p. 465 u. 827.
3) Bechhold, Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 48, 1904, p. 385.
4) Buxton, Shaffer und Teague, Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 57,
1907, p. 47.
5) Buxton und Rahe, Journ. of med. Research, 20, 1909, No. 2.
6) Eisner und Friedemann, Zeitschr. f. Iramunit&tsf. u. exp. Therap.,
Bd. 21, 1914, p. 520.
7) Biltz, Much und Siebert, in E. v. Behrings Zeitschr. f. exp.
Therap., H. 10.
8) Landsteiner und Jagic, Miinch. med. Wochenschr., 1904, No. 27.
9) Girard-Mangin et Henri, Compt. rend, de l’Acad. de Sc., T. 6,
1904, p. 6.
10) Hirschfeld, Arch. f. Hygiene, Bd. 63, p. 529.
11) Bredig, Anorganische Fermente, Leipzig 1901.
12) Rossle, Miinch. med. Wochenschr., Bd. 51, 1904, p. 1866.
13) Guggenheimer, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therap., Bd. 8,
1911, p. 295.
14) Radsma, Biochem. Zeitschr., Bd. 89, 1918, p. 211.
15) Teague und Buxton. Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 60, 1907,
p. 469—506, und Bd. 62, p. 287- 307.
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URBAP
H. Dold, Der „trockene Tropfen“ ala seroskopische Methode. Jgl
Nachdruck vcrboten.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Halle
(Direktor: Prof. Dr. P. Schmidt).]
Der ,.trockene Tropfen * 4 als seroskopische
(kolloidoskopische) Methode.
Von Hermann Dold.
Mit 6 Abbildungen im Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 8. August 1920.)
Zweifellos wiirde es einen Fortschritt fur unsere bio-
logische und speziell serologische Erkenntnis bedeuten, wenn
es gelange, in die Strukturen und Strukturbewegungen der
kolloidalen KSrpers&fte, insbesondere der Sera genauere Ein-
blicke zu gewinnen. Aus solchem Bestreben heraus unter-
nahm ich es, Sera und andere Korpersafte unter wechselnden
Bedingungen bei Tyndallbeleuchtung mit Lupenvergrofierungen
zu betrachten *).
Im folgenden sei ein anderes Verfahren beschrieben,
welches ebenfalls geeignet erscheint, gewisse Einblicke in die
Zusammensetzung von kolloid-kristalloiden Mischlosungen, wie
sie Sera und andere Korpersafte darstellen, zu gewahren.
Wenn man einen kleinen Tropfen Serum etwa mit einer
Platinose von 2 mm Durchmesser auf einen sauberen Objekt-
trager setzt und in einen Exsikkator bringt, so trocknet der
Tropfen in Kiirze ein 2 ). Betrachtet man einen solchen „trockenen
Tropfen 14 mit der Lupe oder einer schwachen Mikroskop-
vergroBerung bei herausgenommenem Kondensor, so sieht
man, daB der Tropfen sich zusammensetzt aus einer mehr
oder weniger schmalen und klaren Randzone und einer Kern-
partie, welche aus einem zierlichen, faserigen Netzwerk von
bestimmter Gestaltung besteht. Um Stbrungen bei der Ent-
1) H. Dold, Ueber Seroskopie etc., Deutsche med. Wochenschr., 1920,
No. 3; ferner H. Dold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1919, H. 1/3.
2) Bei sehr trockener Witterung kann man den Tropfen auch an
der Luft zur Eintrocknung bringen.
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162
Hermann Dold,
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stehung dieser Strukturen durch hereinfallende Staubteilchen
zu vermeiden, empfiehlt os sich, den ObjekttrSger umgekehrt
iiber zwei Glasstabe oder ahnliches zu legen, so daB der
Tropfen im h£ngenden Zustande eintrocknet.
Es handelt sich bei diesen Bildungen offenbar um Ad-
sorptionen der SerumeiweiBkbrper an die aus-
kristallisierenden Salze des Serums. Hierbei kommt
es zu wechselvollen Bildern, welche erstens von der Art und
Menge der Salze und zweitens von der Beschaffenheit und
Menge der EiweiBkOrper und vielleicht von anderen noch
nicht zu uberblickenden Faktoren abh&ngig sind.
Diese „trockenen Tropfen“ sind, wie zu erwarten, auBer-
ordentlich hygroskopisch. Die nfichste N&he einer warmen
und feuchten Hand, eines warmen und feuchten Fingers, etwa
beim Anfassen der PrSparate, genfigt oft schon, daB die feinen
und zarten Bildungen unter Wasseraufnahme verschwinden.
L5.Bt man sie dann von neuem trocken werden, so kommt es
nicht iinmer zu einer Wiederherstellung der ursprflnglichen
Strukturen. Bewahrt man aber die Pr¶te in geeigneten
Pr¶tenkasten, vor Feuchtigkeit, Licht und Warme ge-
schutzt, in maBig temperiertem, trockenem Raume, am besten
in einem Exsikkator, auf, so halten sie sich monatelang ziem-
lich unverandert. Ich besitze PrSparate, welche schon 9 Mon ate
alt und noch gut erhalten sind. Gelegentlich kommt es aller-
dings — aus mir noch unbekannten Griinden — bei manchen
Pr¶ten zu Auflosungen und andersartigen Veranderungen
der Strukturen.
Untersucht man die Sera verschiedener SSugetiere (Mensch,
Pferd, Rind, Schwein, Ivaninchen, Meerschweinchen etc.) mit
Hilfe dieser Methode des „trockenen Tropfens 11 , so erh< man
verschiedenartige Bilder, welche jedoch nicht so scharf ab-
gegrenzt sind, daB man damit Speziesdiagnosen machen
konnte. Untersucht man Sera verschiedener Individuen der-
selben Spezies oder Sera derselben Individuen zu verschie-
denen Zeiten, so erhait man zwar Bilder von einem gewissen
Typus, aber doch im einzelnen etwas variierende Bilder.
Jedoch sei hervorgehoben, daB ein und dasselbe Serum, wenn
man zu gleicher Zeit eine groBe Zahl von Trocken-Tropf-
priiparaten von ihm anfertigt, mit Regelm&Bigkeit fast genau
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Der „trockene Tropfen 1 ' ala aeroakopiache Methode.
163
die gleichen Struktnrbilder liefert, woraus sich ergibt, daB es
sich hier nicht um ein zufalliges Spiel der Natur, sondern
am GesetzmSBigkeiten handelt.
Fertigt man von anderen KorpersSften, wie Liquor, Ex-
sudaten, Transsudaten u. dgl., Trocken-TropfenprSparate an,
so erhalt man Bilder, welche einen ganz anderen Typus zeigen
als die, welche man von Sej-en bekommt. Und innerhalb
dieses Typus begegnen wir wieder betr&chtlichen, je nach der
jeweiligen Zusammensetzung des Liquors, der Exsudate und
Transsudate von Fall zu Fall wechselnden Verschiedenheiten.
Recht interessant
ist es, mit der Trocken-
Tropfenmethode d i e
Verdnderungen
zu studieren,
welche Sera und
andere Korper-
shfte b ei m Pas-
sieren durch ver-
schiedene Filter-
arten erleiden.
Die Aehnlichkeit (im
Typus) zwischen Se-
rumfiltraten und Li-
quorflussigkeit,Trans-
sudaten und Exsu- Fi &- L Lic l uor cerebrospinalis.
daten ist unverkenn-
bar, und wir erhalten so durch Anwendung der Trocken-
Tropfenmethode einen sichtbaren Beweis fiir die Richtigkeit
der Auffassung, daB bei den Trans- und Exsudationen wie
beim Liquor — auch wenn man ihn als ein Sekretionsprodukt
auffaBt — eine Art von Filtration des Serums durch die
Gef&Bwande hindurch vorliegt.
Wir haben durch Anwendung der Trocken-Tropfenmethode
auch Einblicke in die Veranderungen gewonnen, welche in
den Seren eintreten, wenn man sie 1 / t Stunde der fiblichen
Inaktivierungstemperatur (56—60° C) und hoheren Tempe-
raturen aussetzt: Wir beobachteten regelmaBig eine ziemlich
charakteristische Veranderung, welche in einer Verbreiterung
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164
Hermann Dold,
der Randpartie und Verkleinerung (Kontraktion) der Kern-
partie und auBerdem des Sfteren auch noch in einer StQrung
und stellenweisen Zerstorung des Strukturbildes bestand.
Diese Verkleinerung der Kernpartie (und eventuelle StOrung
des Strukturbildes) ist zweifellos auf molekulare Umlagerungen
zurOckzufiihren, welche die SerumeiweiBkorper infolge der
langeren Erwiirmung auf 56—60° C erleiden, und ist ein
Beweis, wie die Beschaffenheit der Kolloide die Kristall-
formen beeinflussen.
Fig. 2. Normales Meersehweinchenserum Fig. 3. Dasselbe Meerschweinchen-
(frisch). serum, */« Stunde auf 56° C er-
wiirmt (inaktiviert).
Untersucht man Sera (Meerschweinchensera), bei welchen
man durch Zusatz von gleichen Teilen Aqua destillata eine
Herabsetzung der Salzkonzentration bewirkt hat 1 ), mittels der
Methode des „trockenen Tropfens u , so erh< man Bilder,
welche — wie von vornherein zu erwarten ist — ein wesent-
lich anderes Aussehen besitzen als die Sera mit normalem
Salzgehalt: Der an sich schon vergroBerte Tropfen zeigt eine
ziemlich groBe gegentiber dem unverdiinnten aktiven und vor
allem gegeniiber dem hitzeinaktivierten Serumtropfen wie ge-
quollen erscheinende Zentralpartie, welche aus zartge&stelten
1) Vgl. die Komplementinaktivierung im salzarmen Medium nach
Sachs und Teruuchi.
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Der „trockene Tropfen“ als seroskopische Methode. 165
buschartigen Gebilden besteht; das faserige Gezweige ist wie
mit feinkornigen Auflagerungen beschlagen.
In sehr augenfSlliger Weise sind die verschiedenen
H&molysearten durch den „trockenen Tropfen 14 gekennzeichnet.
Wenn man, ausgehend von der gleichen Menge gewaschener
Hammelblutkbrperchen (1 ccm 5-proz. gewaschene Hammel-
blutkbrperchen), 1) durch Zusatz von 4 ccm destillierten
Wassers eine Wasserhamolyse, 2) durch Zusatz von 1 ccm
hSmolytischen Ambo-
zeptors und 1 ccm
1 : 10 verdiinnten
Meerschweinchen-
serums eine spezi-
fische Hamolyse und
3) durch Zusatz von
1 ccm 1-proz. Cobra-
giftlosung (in physio-
logischer Kochsalz-
18sung) plus 1 ccm
1 : 10 verdiinnten
Meerschweinchen-
komplements eine Co-
bragifthamolyse x ) ei-
zeugt und nach Auf-
fiillung auf gleiche
Volumina (Zusatz von
je 2 ccm physiologi-
scher Kochsalzlosung
zu 2 und 3) von jeder
H&molyseart Trocken-TropfenprSparate anfertigt, so erhalt man
ganz differente, aber fur jede Hamolyseart charakteristische
Bilder. Bei der Wasserhamolyse bekommt man ein fast leeres
Bild, welches von einem gelbroten. mehr Oder weniger breiten
Hamoglobinband umgeben ist. Bei der spezifischen Hamolyse
erhalten wir eigenartige, an Gewebe (Leberlobuli) entfernt
erinnernde Konfigurationen, namlich von einem zentralen
1) Auch die Saponinhiimolyse hat im „trockenen Tropfen" ihr
typisches Bild.
Fig. 4. Dasselbe Mecrschweinchenserura
wie bei Fig. 2. zu gleichen Teilen mit Aqua
destillata vermiseht und 1 ytunde bei 37" C
gehalten.
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166
Hermann Dold,
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groBeren Kristall ausstrahlende Richtlinien, welchen sich die
Materie einordnet. Bei der Cobragifthfimolyse vermissen wir
diese zierliche Organisation und finden dagegen plumpere
krfiftige, schollige und strahlige Massen. Sowohl bei der
spezifischen als auch bei der Cobragifthfimolyse findet sich
das Hfimoglobin in Form eines peripheren Bandes angeordnet;
bei der spezifischen Hfimolyse blaBgelb, bei der Cobragift¬
hfimolyse brfiun-
lich (Methfimo-
globin).
Liefertdie spe-
zifische Hfimolyse
einen charakteri-
stischen „trocke-
nen Tropfen“, so
ist auch das Bild,
welches man von
der Komplement-
kontrolle (Ham-
melblutkorper-
chen plus Kom-
plement ohne spe¬
zifischen hfimoly-
tischen Ambozep-
tor; mit physio-
logischer Koch-
salzlosung auf das
gleiche Volum ge-
bracht) nicht minder kennzeichnend: Fehlen der beschriebenen
Struktur; die Blutkorperchen liegen als Schollen namentlich
in den mittleren Partien des Prfiparates, hfiufig kreis- und
schalenformig angeordnet.
Es lag nun nahe, den praktisch so wichtig gewordenen
Hfimolyseversuch: die Wassermannsche Reaktion, mit der
Methode des „trockenen Tropfens" optisch zu fixieren. Wenn
man nach AbschluB der Wasserm annschen Reaktion einer-
seits von den Fallen, welche komplette Hfimolyse, also einen
negativen Wassermann, ergaben und andererseits von den
Fallen, welche komplette Hemmung der Hfimolyse, also einen
Fig. 5. Negativer Wassermann (komplette
Hfimolyse).
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Der jjtrockene Tropfen" als seroskopisehe Methode.
167
positiven Wassermann, lieferten, Trocken - Tropfenprfiparate
macht, so erhfllt man fflr beide Reaktionstypen charakteristische
Bilder. Der negative Wassermann (komplette Hamolyse) liefert
ein Bild, Shnlich der spezifischen Hamolyse: ein durch Hemo¬
globin bedingtes peripheres gelbe Band, Aufhellung in den
mittleren Partien and Ausbildung von zierlichen, an Gewebe
(Leberlobuli) erinnernde Konfigurationen und Felderungen,
welche aus der strahlen-
fflrmig urn einen zen-
tral gelegenen Kristall
gruppierten Materie be-
stehen. Beim positiven
Wassermann (komplette
Hemmung der Hamo¬
lyse) dagegen fehlt l)der
periphere H&moglobin-
streifen, 2) eine Struk-
turbildung; in den zen-
tralen Partien liegen
gelbe Schollen und
Haufchen von verkleb-
ten Blutkorperchen. Urn
dieses fflr positiven
Wassermann charakte¬
ristische Bild zu er-
halten, ist es notig,
die Rohrchen vor Ent-
nahme des Tropfens noch einmal umzuschfltteln, urn die Blut¬
korperchen, falls sie sich sedimentiert haben, aufzuwirbeln.
Die verschiedenen Grade der Positivitat der Wasser-
mannschen Reaktion reihen sich zwischen diese beiden Ex¬
treme ein. Wenn man bedenkt, daB solche Trocken-Tropfen-
prSparate sich bei richtiger Aufbewahrung monatelang unver-
Sndert erhalten konnen, so scheint mir damit die Moglichkeit
gegeben, den Ausfall der Wassermannschen Reak¬
tion unmittelbar optisch zu fixieren und zujeder-
zeitiger Eiusichtnahme zu konservieren, so etwa,
wie der Pathologe von den zur Untersuchung gelangten Ge-
weben Pr¶te anfertigt und als Belege aufbewahrt.
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Fig. 6. Positiver Wassermann (komplette
Hemmung der Hamolyse).
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168
Hermann Dold,
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Ich habe in den vorliegenden Ausfflhrungen zun&chst nur
einige Beispiele fflr die vielfache n utzbringende
Anwendbarkeit der Methode des ,trockenen
Tropfens" geben wollen. Die nkcbste Aufgabe wird sein,
durch geeignete Versuche die richtige Deutung der
zum Teil sehr verwickelten Strukturbilder und
Strukturvorg&nge zu erlernen. Es wird sich emp-
fehlen, zu diesem Zwecke von reinen Globulin- und Albumin-
Ibsungen auszugehen und zu verfolgen, welche Strukturbilder
nach Zusatz bestimmter Salze in bestimmten Konzentrationen
auftreten, oder von reinen Salzlbsungen auszugehen und zu
sehen, welchen EinfluB Zusatz reiner EiweiBlosungen in be¬
stimmten Mengen auf die Kristallbildung ausiiben.
Zusammenfassung.
1) Wenn man von kolloid-kristailoiden Mischfltlssigkeiten
(Serum, Lumbalfliissigkeiten, Exsudaten, Transsudalen etc.)
einen kleinen Tropfen mit einer Platinose entnimmt, auf einen
Objekttrdger setzt. und — am besten umgekehrt, also hiingend
— in eiuem Exsikkator oder einem anderen trockenen Raum
rasch zur Eintrocknung bringt, so bildet sich ein trockener
Tropfen, der, mit der Lupe oder dem Mikroskop (Trocken-
linse, Entfernung des Kondensors) betrachtet, ein zierliches
Strukturbild aufweist.
2) Stellt man in der eben beschriebenen Weise 1 ) von ein
und derselben Fliissigkeit eine groBere Zahl von „trockenen
Tropfen" her, so zeigt sich, daB die Bilder zwar nicht vbllig
identisch, aber doch von groBter Aehnlichkeit und von dem
gleichen strukturellen Charakter sind.
3) Der „trockene Tropfen", richtig angefertigt, gibt uns
ein (allerdings verzerrtes) Abbild des jeweiligen strukturellen
1) Es ist darauf zu achten, dafi der Tropfen stets in gleicher Weise
entnommen und abgesetzt wird. Wenn man neben den ersten Tropfen
mit der in der Oese verbleibenden Restfliissigkeit einen zweiten setzt, so
erhalt man etwas differente Strukturbilder. Ebenso bekommt man ver-
schiedene Bilder, wenn man von ein und derselben Fliissigkeit einerseite
mit der Oese, andererseits mit einer Kapillare einen trockenen Tropfen
heretellt. Der physikalische Grund (Entmischung durch Adsorptionen) fur
diese Verschiedenheiten ist leicht zu erkennen.
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Der „trockene Tropfen“ ala seroskopische Methode.
169
Zustandes der kolloid-kristalloiden Mischfliissigkeiten (der
fliissigen Gewebe), vergleichbar dem Abbild, das wir von den
fest-weichen Geweben durch Wasserentziehen und Zerlegung
in durchsichtige Schnitte gewinnen.
4) Der „trockene Tropfen“ kann als seroskopisches Hilfs-
mittel zum Studiura der Struktur und Strukturver&nderungen
der Sera und anderer flfissiger Gewebe herangezogen werden.
5) Die Arbeit enth< Beispiele fiir die Verwendbarkeit
der Methode des „trockenen Tropfens u . So kann man z. B.
den Ausfall der Wassermannschen Reaktion (komplette
HSmolyse bzw. Hemmung der Hamolyse) mit Hilfe des
„trockenen Tropfens“ optisch fixieren und zur sp&teren Einsicht-
nahme konservieren.
Hemerkung zu den Figuren.
Die hier wiedergegebenen Photogramme sind mit dem mikrophoto-
graphischen Apparat von Winkel, der mir in liebenswiirdiger Weise von
Herm Geh. Eat Schieck zur Verfiigung gee tel It wurde, von Frl. Kathe
Wangerin aufgenommen worden. Es wurde daa Mikro-Lumihar 26 mm
bei 40 cm Auszug der Kamera benutzt, wodurch nach der von Winkel
beigegebenen Tabelle eine 14-fache VergroOerung erzielt wird. Leider
geben die Figuren die mit Lupe oder Mikroskop zu sehenden zierlichen
Gebilde nur andeutungsweiee wieder.
Nachdruck verbot-cn.
[Aub dem Institut fdr Pathologische Biologie in Hamburg
(Prof. M u c h).]
Fettstudicn.
• Von Hans Muoh und Hans Schmidt,
dargestellt von H. Schmidt.
Mit 2 Abbildungen im Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 10. August 1920.)
Die Lehre von der EiweiBnatur aller Antigene hat in den
letzten Jahren der Erkenntnis weichen miissen, daB es auch
andere Nicht-EiweiBkbrper gibt, die ebenfalls die Ffihigkeit zur
Bildung abgestimmter Immunkbrper besitzen. Jedoch ist die
Darstellung solcher Antikorper im Tierversuch verwickelteren
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170
Hans Much und Hans Schmidt,
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Bedingungen unterworfen, wie die der EiweiBkfirper, und
andererseits ist ihr Nachweis auch nicht mit der bei EiweiB-
korpern gewohnten Leichtigkeit zu fflhren, Dies ist der Grund,
dafi man sie so spat und auch jetzt noch nicht fiberall an-
erkennen will.
A priori ist kein ausreichender Grund vorhanden, daB
nicht auch Kohlehydrate, Fette, Lipoide sowie manche Arznei-
mittel der aliphatischen und aromatischen Reihe im Organismus
Gegenstoffe hervorrufen kfinnen. Alle diese Stoffe wirken
auBerhalb des Darms als Reize, die den Korper umstirnmen
konnen. Ihre Gegenstoffe brauchen nicht den hohen Grad
von Abgestimmtheit zu besitzen, den wir bei EiweiBgegenstoffen
kennen. Aus Grflnden, die spater angeffihrt werden, ist das
nicht einmal zu erwarten. Andererseits fehlen uns vielfach
die geeigneten Verfahren, Gegenstoffe gegen Nicht-EiweiBkfirper
nachzuweisen. Man hat sich eben bisher nur zu sehr auf die
abgestimmte Immunitat eingestellt und die groBe Rolle der
unabgestimmten Immunitat im Kampfe des Kfirpers gegen
Krankheit nicht gebflhrend berflcksichtigt. DaB nun viele
solcher Nicht-EiweiBstoffe einen Reiz ausfiben kfinnen, der
eine Umstimmung des Kfirpers im Sinne einer Steigerung der
unabgestimmten Immunitat zur Folge hat, ist in verschiedenen
Arbeiten aus diesem Institut gezeigt worden. — Und wo das
moglich ist, kann man auch von Gegenstoffen sprechen. Von
alien Nicht-EiweiBgegenstoffen zeigen die Fettantikorper die
gr5Bte Abgestimmtheit. Die grundlegende Beweisfiihrung fflr
ihre Bildung und ihren Nachweis ist von Much 1 ) und seinen
Schfllern gefiihrt worden, nachdem zuerst Deycke 1 ) in Nastin
einen reaktiven Fettkorper entdeckt hatte. Einen ausffihr-
licheren Ueberblick fiber den derzeitigen Stand unserer Kennt-
nisse der Fettantikorper habe ich an anderer Stelle gegeben.
Aber mit dem Nachweis von Fettantikbrpern gegen Neutral-
fette ist die biologische Bedeutung der Neutralfette nicht er-
schopft, nur dem Verstandnis naher gerfickt.
Bereits das Studium der normalen Fettassimilation stellt
uns vor eine groBe Anzahl noch ungelfister Probleme: unter
welchen Bedingungen wird aufgenommenesNeutralfettdeponiert
1) Lit. in: H. Schmidt, Der gegenwartige Stand der Kenntnisse
der Fettantikorper. Munch, med. Wochenschr., 1920.
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Fettstudien.
171
und wann wird es verbraucht? Welche Kr&fte bewirken den
Ansatz und den Abbau von Kbrperfett? Hat das Fett eines
Tieres auBer seiner charakteristischen chemisehen Zusammen-
setzung noch einen bestimmten Artcharakter, der es in dem
Sinne spezifisch macht, wie das EiweiB jeder Tierart spezifisch
ist? Wird dieser Artcharakter bei der normalen Aufnahrae
gewahrtund wenn nicht immer, so untor welchen Bedingungen?
usw. Wenn so schon die normale Aufnahrae von Fettkbrpern
in vieler Hinsicht ihrem Geschehen nach unbekannt ist, so
gilt das in noch groBerem MaBe von der Einverleibung von
Fett auBerhalb des Darmes. Hier gait es zunMchst, die ein-
fachsten Fragen zu losen. Wie wird solches Fett vertragen?
Wie wird es aufgesaugt? usw., bevor man der wichtigen Frage
nfihertreten konnte, ob auBerhalb des Darmes eingefiihrtes
Fett die Bildung von abgestimmten Gegenstoffen veranlassen
kann. Wir haben uns bemflht, der Losung dieser Fragen
nfiherzukommen. Wie immer beim Betreten noch wenig er-
schlossenen Gebietes, gait es erst die einfachsten Bedingungen
festzustellen, die der Fettbiologie zugrunde liegen. Die meisten
unserer Versuche sind nicht so ausgefallen, daB sie die ge-
stellten Fragen klipp und klar beantworten. Trotzdem Oder
gerade deswegen halten wir eine Verbffentlichung fur
angezeigt, denn auch negative Ergebnisse sind wertvoll und
geeignet, weitere Forschungen von Irrwegen abzuhalten und
Zeitvergeudung zu ersparen. Unsere vorlaufigen Ergebnisse
sind der Uebersicht halber in Abschnitte eingeteilt, die nur
lose zusammenhangen. Eine kurze Zusammenfassung findet
sich am Ende jedes Abschnittes und eine allgemeine am
Schlusse der Arbeit.
I. Ueber den EinfluB des Lichtes auf tierische und pflanzliche
Fette.
Die folgenden Feststellungen ilber den LichteinfluB auf
Fette stehen in gewissem Zusammenhang mit Ergebnissen, die
Much und Romer 1 ) 1906 bei Studien flber die Wirkung
des Lichtes auf Milch fanden. Bei der groBen Wichtigkeit
dieser seinerzeit fast gar nicht beachteten Tatsache, besonders
1) Berl. klin. Wochenschr., 1906.
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«
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172 Hans Much und Hans Schmidt,
in der jetzigen Zeit von Milch- und Fettmangel, muB noch
einmal auf diese Ergebnisse und ihre praktische Bedeutung
hingewiesen werden. Much und RSmer hatten damals fol-
gendes festgestellt: Milch, die bei Luftzutritt dem Lichte aus-
gesetzt wird, verdirbt insoweit, als sie einen widerlichen
Geschmack annimmt, der sie als Nahrungsmittel minderwertig
macht. Licht ohne Sauerstoff ist ebenso wirkungslos wie
Sauerstoff ohne Licht. Dieses geschieht auch mit keirafreier
und auf Eis gekiihlter Milch, ebenso mit Trockenmilch und
mit Milch, die auf 140 Grad erhitzt war. Demnach ist eine
TStigkeit von Bakterien oder Fermenten auszuschliefien. Diese
Versuche waren eigentlich erst durch das Perhydraseverfahren
ermoglicht, weil dadurch die Milch entkeimt wird, ohne bio-
logisch, also in ihrem Rohzustande ver&ndert zu werden. Die
zersetzende Wirkung des Lichtes betrifft die Milchfette und
ist an den blauen ultravioletten Teil des Spektrums gebunden,
jedoch nur bei Anwesenheit von Sauerstoff, der gewissermaBen
aktiviert wird und somit Oxydation hervorruft, die zum Talgig-
werden der Milch ftihrt. Das Ranzigwerden ist im Gegensatz
dazu eine Folge hydrolytischer Spaltung. Was ftir Milchfett
in der Milch gilt, gilt gleichfalls fur reine Fette. Derartig
veranderte, belichtete Milch erwies sich als diet&tisch minder¬
wertig und ist durch die dabei entstandenen flflchtigen Fett-
sauren imstande, als „Darmreize“ auf den empfindlichen
SSuglingsdarm zu wirken. Die praktische Folgerung aus
diesen Ergebnissen ist die, daB Milch, besonders SSuglings-
milch, nur in roten oder griinen Glasflaschen, oder wenn in
weiBen Flaschen, nur in Blechhfllsen versandt werden resp.
aufbewahrt werden sollte.
Nachdem wir die Beobachtung gemacht hatten, daB eine
gelbe Sthylalkoholische Losung von Menschenfett sich all-
mahlich zugleich mit dem Bodensatz von gelbem ungelosten
Fett ganz entf&rbt, untersuchten wir den LichteinfluB in dieser
Richtung.
Die meisten der tierischen und pflanzlichen Fette besitzen
eine ihnen eigentiimliche Farbe; so sind von den Tierfetten,
die untersucht wurden, Menschenfett leuchtendgelb, Meer-
schweinchen- und Katzenfett hellgelb, Ochsen- und Schweine-
fett weiB bezw. farblos gefarbt. Die Ursache dieser F&rbung
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Fettstudien.
173
ist noch nicht sicher erkannt, zum Teil beruht sie wohl auf
Farbstoffen, die mitden Nahrungsmitteln aufgenommen werden.
M. Lohlein 1 ) hat das Fettgewebe bei Negern, die viel Oel-
palmfruchte aBen, gelb-orange bis karraesinrot gefunden. Man
muB aber auch an einen Zusammenhang init den Serum-
farbstoffen denken. Vielleicht stamraen auch diese zum Teil
aus den Nahrungsstoffen. Auffallend ist auf jeden Fall auch
die groBe Verschiedenheit in der Serumfarbe nicht nur ver-
schiedener Menschen-, sondern auch der Tierarten.
ZunSchst wurde Menschenfett, das bei Ziminertemperatur
eine leuchtend gelbe olige Fliissigkeit ist, in einer Reihe von
organischen Fliissigkeiten gelost. Diese Losungen wurden
dann zum Teil dunkel gehalten, zum Teil in zugekorkten
Reagenzrbhrchen dem Tageslicht sowie der Sonne und dem
elektrischen Kohlenbogenlicht ausgesetzt.
In Xylol, Methyl-, Aethyl-, Amylalkohol, Chloroform,
Tetrachlorkohlenstoff und in Ligroin wird die urspriingliche
gelbe Farbe entfarbt. Am frflhesten und ausgepragtesten
geschieht dies in Tetrachlorkohlenstoff. Dagegen blieben unter
gleichen Bedingungen die Fettlosungen in Toluol, Aceton und
Schwefelkohlenstoff und in Aether unvertLndert. Bogenlicht
wirkt starker als zerstreutes Tageslicht, aber nicht so stark
wie die Sonne. Bei manchen LSsungen, wie Ligroin, tritt
durch die Beleuchtung eine grflnliche Fluoreszenz ein, die
manchmal auch schon in der unbestrahlten LSsung, wenn auch
weniger deutlich, vorhanden ist. Tritt jedoch komplette Ent¬
farbung ein, so schwindet auch regelmafiig die Fluoroszenz.
Die im Dunkel gehaltenen Kontrollen wurden nach 30 Tagen
nochmals untersucht, wobei sich herausstellte, daB die Xylol-,
Aethyl- und Methylalkoholl5sungen stark gebleicht waren.
Manche der anderen Fettlosungen waren verdunstet und hatten
gelbes Fett zuriickgelassen. Die Fettlbsungen in Tetrachlor¬
kohlenstoff, Chloroform und Ligroin wiesen noch gelbe Farbe
auf, aber keine Fluoreszenz.
Die schnelle Entfarbung in Tetrachlorkohlenstoff war so
auffallig, daB der Vorgang zahlenmafiig untersucht wurde mit
dem Resultat, daB die Entfarbung um so schneller geschieht.
1) Beihelte zum Archiv fiir Schiffs- und Tropenhygiene, Bd. 16, 1912.
Zeitscbr. f. ImmunitSUforechung. Oii(. Bd. SI. 12
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Hans Much und Hans Schmidt
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je mehr CC1 4 im Verhaitnis zum Fett vorhanden ist. Ferner
wird das Fett unter alien Umstanden mit der Lange der
Zeit entfarbt, selbst wenn CC1 4 nur in sehr geringer Menge
dem Fett beigemengt ist. Nebenbei bemerkt, vollzieht sich
die Mischung beider Teile zu einer klaren Losung in jedera
Verhaitnis. Es kam nun darauf an, zu untersuchen, welcher
Teil des Spektruins die wirksamsten Strahlen zur Entfarbung
von CCl 4 -FettlosuDgen enthielt.
Die gelbe Lbsung von Menschenfett in Tetrachlorkohlen-
stoff wurde 2 Stunden dem Lichte der Bogenlampe ausgesetzt
in verschiedenen GefaBen.
Verschiedene Gefafie:
1. gewdhnliches Re-
agenzrohr
2. desgl. mit rotem
Papier umwickelt
3. hellbraune Flasche
4. dunkelblaue Flasche
5. dunkelgriine Flasche
6. farbloses Quarzglas
7. Dunkelkontrolle
Aussehen sogleich nach
der Belichtung:
farblos
hellgelb mit griinlicher
Fluoreszenz
hellgelb
fast farblos mit etwas
grtinl. Fluoreszenz
hellgelb
farblos
hellgelb
Aussehen nach weiteren
8 Tagen diffuser Tages-
belichtung:
farblos
unverandert
unveriiudert
farblos ohne
Fluoreszenz
unverandert
farblos
unverandert
VVie die Tabelle zeigt, ist die entfarbende Wirkung also
nur an die blauen sichtbaren und ultravioletten Strahlen, also an
die kurzwellige Stralilung gekniipft, und die Uebereinstimmung
mit den Milchversuchen von Much und Romer ist fast voll-
kommen. In roter und dunkelgriiner Flasche hielt sich die
CCl 4 -Fettlosung unverandert und in ebensolchen Flaschen hielt
sich auch die Milch unverdorben. Wie Dunkelgriin und Rot
wirkte auch hier Hellbraun, das an und ffir sich keine reine
Spektralfarbe ist, sondern eine Mischfarbe, in der unter anderem
Gelb und Rot vorhanden ist. Ein reiner Gelbfilter hatte auf
Milch in den erwahnten Versuchen von Much und Romer
keine so gute Wirkung wie Rot Oder Grfin. Eine Wieder-
holung des Versuches mit reinen (auBer Griin) Spektralgiasern
der Firma Schott, Jena, ist in folgender Tabelle wieder-
gegeben:
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Fettstudien.
175
Menschenfett in CC1, geldst, wurde 2 Stunden lang dem Bogenlicht aus
geeetzt.
Glasart:
rot
gelb
griin
uviol-blau
flint
uviol-weiS
Dunkelkontrolle
Aussehen nach 2 Stunden:
unverandert
Spur entfarbt u. leichtgriine Fluoreszenz
unverandert
entfarbt, grime Fluoreszenz
entfarbt
entfarbt
gelb
DaB also nur die kurzwellige Strahlung fiir die eutfarbende
Wirkung des Lichtes in Frage kommt, dfirfte damit erwiesen sein.
Man konnte daran denken, dafi das Licht den Tetrachlor-
kohlenstoff als solchen zersetzt etwa unter Bildung von Phosgen
Oder Chlor und daB die entf&rbende Wirkung des Lichtes
raittelbar durch diese Zersetzungsprodukte des CCI 4 geschieht.
Daher wurde Tetrachlorkohlenstoff fur 20 Tage diffusem
Tageslicht, wie auch Sonnen- und Bogenlicht, ausgesetzt. —
Dann wurde Menschenfett mit so vorbehandeltem CC1 4 versetzt
und sofort im Dunkeln gehalten. Nach 8 Tagen waren diese
Proben noch unverandert. Wurde die Dunkelprobe dem Licht
ausgesetzt, so fand in kurzer Zeit die oben erwShnte Ent-
f&rbung statt.
Fett in CC1 4 gelbst, wird also durch Licht entfarbt und
der mit Licht vorbehandelte CC1 4 tibt diese Wirkung allein
nicht aus. Andererseits entfarbt sich das reine Fett allein dem
kurzwelligen Licht ausgesetzt, ohne CCI 4 , nicht in der beob-
achteten Zeit.
Weitere Versuche stellten dann fest, daB der entfarbende
EinfluB des kurzwelligen Lichtes sich nicht nur auf Menschen¬
fett beschrankt, sondern ebenso fiir andere Tierfette und
Pflanzenole gilt. Kraftiger Sonnenschein ist imstande, in
wenigen Stunden Pflanzenole in CCI 4 zu entfarben. Der Ver-
such wurde spater wiederholt mit dem Lichte einer starken
Bogenlampe, was jedoch, wie schon erwahnt, weniger wirksam
ist wie reines Sonnenlicht. Dabei zeigte es sich, daB Hanf-
und Chaulmoograol diesem bleichenden EinfluB des Bogen-
lichtes im Verein mit CC1 4 zu widerstehen vermogen. Die
Farbe dieser Fette rflhrt wohl von anderen Stoffen her, die
an und fiir sich lichtbestandiger sein mogen.
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Hans Much und Hans Schmidt,
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Die Erw&gung, daB der Farbstoff des Menschenfettes ein
den Karotinen der Mohrrilben verwandter Stoff sein konne,
gab Veranlassung zu folgenden Versuchen:
Eine im Lichte farblos gewordene Menschenfett-Tetrachlor-
kohlenstofflosung wird durch Erwarmen von dem Tetrachlor-
kohlenstoff befreit und ffir weitere 3 Tage bei Zimmertemperatur
unter Lichtwirkung stehen gelassen. Das so erhaltene wasser-
klare Menschenfett wird in karotingelbem CC1 4 gelfist und
durch gleiches Verfahres der CC1 4 abgedunstet. Auf diese
Weise wurde ein gelbgefarbtes Menschenfett erhalten, das sich
von dem natilrlichen &uBerlich nicht unterschied. Der mit
Karotin gef&rbte CC1 4 wird selbst im Tageslicht schon nach
24 Stunden entf&rbt. Das karotingefkrbte Fett verlor seinen
Farbstoff langsam unter dem EinfluB des Lichtes allein; jedoch
wird durch Zusatz von frischem CC1 4 dieser Vorgang wesent-
lich beschleunigt. Ein durch Schwefelkohlenstoff analog ge-
farbtes tief rotgelb gewordenes Fett hielt sich viele Monate
unter dem Tageslicht unverandert, verlor aber durch CC1 4
unter LichteinfluB schnell seine Farbe. Auf die gleiche Weise
wie mit Karotin wurde Menschenfett auch mit Chlorophyll
gef&rbt. Bei Chlorophyll liegen die Verhaltnisse gleichartig;
nur tritt hier keine Entfarbung ein, sondern der grune Farb-
ton schiagt ins Gelbbraune urn, was im Dunkeln aufbewahrte
Proben erst nach einigen Monaten zeigten.
Diese Versuche sprechen fur die Herkunft der Fettfarb-
stoffe aus der pflanzlichen Nahrung.
Nach dem Genusse von Mobrriiben tritt mitunter bei
kleinen Kindern eine pseudoikterische Hautf&rbung ein. Siehe
Arbeiten von Kaupe, Klose, Stoelzer, Salomon in
der Miinch. med. Wochenschr., 1919. Es sind fast stets
Kinder mit gut entwickeltem Fettpolster. Diese Erscheinung
findet sich als Karottenxanthose in C. v. Noorden und
H. Salomon: Handbuch der Path, des Stoffwechsels, 2. Aufl.,
p. 290, beschrieben. Salomon nimmt auf Grund spektro-
skopischer Beobachtung als wahrscheinlich an, daB der gelbe
Farbstoff des Serums identisch mit dem Farbstoff der Xanthose
ist und daB demnach beide nicht dem eigenen Korperorganismus
entstammen, sondern irgendwie mit der Nahrung aufgenommen
werden.
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Fettstudien.
177
Fernerhin wurden Tier- und PflanzenfettlOsungen starker
Rdntgenbestrahlung von 40 Minuten Dauer unterzogen, wobei
die Proben mit schwarzem Papier umwickelt waren. Es zeigte
sich nur bei OlivenQl eine Aufhellung des sonst sattgelben
Farbtones. Die tibrigen Proben blieben anscheinend un-
verSndert.
Von den gebrauchlichen Fettextraktionsmitteln greift Aether
fraglos die Fette am wenigsten an. Eine Stherische FettlOsung
von gelbem Menschenfett oder dem sattgelben Olivenol blieb
ebenso wie die reinen Fette selbst unver&ndert, auch wenn
sie in blauer Flasche dem Licht der Bogenlampe filr eine
Reihe von Tagen fflr je 3 Stunden ausgesetzt wurden.
Zusammenfassung.
Animalische Fette erleiden unter dem EinfluB von Licht
und Sauerstoff, die beide nur zusammen, nicht einzeln, wirksam
sind, eine Ver&nderung, die bei dem Milchfett unter anderem eine
den Geschmack sehr beeintrSchtigende Geschmacksveranderung
hervorruft, bei Losungen von Fett in organischen LOsungs-
mitteln eine Entfarbung zur Folge hat. Diese trittam wenigsten
in Aether, am deutlichsten in TetrachlorkohlenstofflOsungen
auf. CC1 4 bewirkt ohne Licht keine Aenderung, wenn man von
langen Zeitr&umen absieht, desgleichen ist der vorher intensiv
belichtete CC1 4 ohne Licht wirksam. Vom Licht sind besonders
die kurzwelligen Strahlen wirksam, wfihrend rotes Licht an¬
scheinend ohne EinfluB ist. Rontgenstrahlen haben so gut
wie keine Wirkung. Die Farbe der animalischen Fette riihrt
wenigstens teilweise von den karotinahnlichen Farbstoffen der
Nahrung her.
II. Ueber den EinfluB von Fetten auf das Wachstum von Bakterien.
In den folgenden Versuchen wurden die fetthaltigen Nahr-
b6den hergestellt, indem Pflanzenfile, tierische Fette sowie
Menschenfett, die durch vorheriges Erw&rmen keimfrei ge-
macht waren, in geringer Menge flussigen AgarnSbrboden zu-
gesetzt wurden. Die Mischung wurde dann heftig durch-
geschflttelt und moglichst schnell in Form von SchrSgagar-
kulturen zum Erfctarren gebracht. Es wurde so eine gleich-
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mSBige Emulsion erzielt, bei der jedoch oft das Oel sich in
Tropfen wieder auf der Oberfl&che schied. Einige Fette lieBen
sich gut, andere Fette, wie Olivenbl z. B., schlecht emulgieren.
Am besten geriet die Herstellung gleichmaBig guter Nihr-
bQden mit ChaulmoograOl. Der Aufenthalt im Brutofen be-
giinstigte in den meisten Fallen die tropfige Entmischung der
feinen Emulsion und das auf der Oberflache sich ansammelnde
flflssige oder halbfliissige Fett schuf fiir viele Bakterien mehr
Oder weniger anabrobe Bedingungen, so daB bei der Be-
urteilung der im folgenden berichteten Ergebnisse dieser Urn-
stand beriicksichtigt werden muB.
Von Fetten wurden benutzt: Menschenfett, Katzenfett,
Olivenol, Sesamol und Chaulmoograol. Von Bakterien wurden
auf ihr Wachstum auf FettnahrbOden gepriift: Die Bakterien der
Typhus-, Coli-, Dysenterie-Gruppe, Staphylokokken, Strepto-
kokken, pathogene und nicht pathogene, Diphtherie, Milzbrand,
Pyocyaneus, Friedlander, Proteus, Sarcinen und Soor. Die
Ergebnisse lassen sich folgendermaBen zusammenfassen:
Im ganzen ist das Wachstum auf fetthaltigen Nhhrbbden
nicht besser als auf reinem Agar.
Manche Keime, wie Proteus und Streptokokken, werden
anscheinend durch die Anwesenheit von Fett im Wachstum
behindert. Welches Fett genommen wird, scheint, wenigstens
ftlr die oben aufgefiihrten Bakterien, unwesentlich zu sein.
Fflr die von Fall zu Fall wechselnden Ergebnisse kommen
wohl rein mechanische Momente in Betrackt.
Eine Ausnakme macht das Chaulmoograol. Dieses hindert
fast alles Bakterienwachstum. Es scheint eine saure Reaktion
zu haben, wie sich aus der Braunfarbung von dem N&hrboden
zugesetzten Blutkorperchen schlieBen laBt.
Bakterien der Typhus-, Coli- und Dysenteriegruppe bilden
manchmal Hiillen, die im einfachen Methylenblauausstrich gut
zur Anschauung kommen. Dies Verhalten ist jedoch nicht
konstant.
Im Gegensatz zu alien anderen oben angefiihrten Bakterien
geht das Wachstum bei Staphylokokken und bei Soor mit
deutlich erkennbarer Veranderung des Fettn&hrbodens einher.
Es tritt dabei eine auffallend weiBliche Verf&rbung auf, und
die OberfltLche der Kolonie sinkt ein. Die Ursache der weiB-
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Fettstudien.
179
lichen Verf&rbung ist in einer Fettspaltung zu suchen, die
einer naheren Untersuchung bedarf. Die Staphylokokken sind
in der Lage, unter gewissen Bedingungen Fett aufzunehmen.
Sie erscheinen im Mikroskopbilde (Methylenblauflirbung) etwas
grfiBer, gewissermaBen gequollen.
Die Farbstoffbildung der Staphylokokken ist unvermindert
Desgleichen auch die des Pyocyaneus. Nnr bei ChaulmoograOl
bilden die Staphylokokken geringen Farbstoff, entsprechend
ihrera geringen Wachstum. Pyocyaneus bildet einen spfir-
lichen, brfiunlichen Farbstoff, der erst nach wenigen Tagen
auftritt.
Die Gramfarbbarkeit wird durch das Wachstum auf Fett-
nahrbQden nicht gefindert, insbesondere werden gramnegative
Bakterien nicht grampositiv.
Desgleichen wurden die Bakterien, soweit geprfift, durch
Wachstum auf FettnShrbfiden nicht nach Ziehl ffirbbar, d. h.
sfiurefest.
Wenn somit die Gegenwart von Fetten in dem Nahrboden
auf die meisten Bakterien keine Wirkung ausGbt in bezug
auf F&rbbarkeit, Wachstum und Gestaltsfinderung, so ist eine
solche a priori doch nicht auszuschlieBen. DaB Staphylo¬
kokken das Fett des NShrbodens verfindern, haben wir gesehen.
Ob sie es auch ausnfitzen und in welcher Weise, bleibt noch
zu untersuchen. Untersuchungen fiber Bact. tumescens und
fiber eine fettspeichernde Hefe, Torula Pulcherrima, sind noch
im Gange. Wenn auch letztere Hefe das Fett aus fettfreiem
Material synthetisch in sich speichert, so ist es doch nicht
ausgeschlossen, daB fertig in Nahrbfiden vorhandenes Fett
nicht als solches gespeichert wird, und es w&re dann inter-
essant, zu untersuchen, ob dabei der jeweilige Charakter des
Fettes gewahrt bleibt oder nicht, besonders im Hinblick auf
die Fettaufnahme bei Tieren, bei denen flbermfiBige Fettzufuhr
zur Aufstapelung des artfremden Fettes im Kfirper fflhren
kann. DaB allgemein manche Bakterien Fett spalten, wird
schon in frfiheren Angaben erwfihnt. Manfredi 1 ) beobachtete
eine auffallende Verfinderung der Virulenz von Milzbrand-
bacillen auf butterhaltigen Nahrboden und fand allgemein,
1) Ref. Baumgartens Jahreabericht, 1887, p. 361.
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daB bei hohem Fettgehalt des Nfihrbodens eine Entwicklungs-
hemmung zustande kommt. von Somm&ruga 1 ) fand bei
Versuchen, die sich fiber einen Monat ausdehnten, Fettspaltung
bei pathogenen Bakterien. Er behauptet, daB alle Fettspalter
pathogen sind. Schreiber 2 ) fand bei Bac. liquefaciens
fluorescens, Finkler und anderen starke Fettzersetzung. Star-
kere Fettzersetzungen fordert die Mitwirkung von Sauerstoff.
Er niramt keine Enzymwirknng an, sondern eine Lebens-
tfitigkeit der Bakterien. Im allgemeinen findet er aber, daB
reines Fett kein Nfihrboden ist. Von besonderem Interesse
ist aber das Verhalten von s&urefesten Stabchen zu Fetten
und Oelen. Besonders fiber den Tuberkelbacillus liegen Be-
obachtungen von A. H. Miller 8 ) vor, aus denen hervorgeht,
daB Tuberkelbacillen auf Nfihrbfiden, die Walrat oder auch
Olivenol enthalten, in ihrer Form so gefindert werden, daB
sie, mit Karbolfuchsin gefarbt, ohne nachfolgende Sfiure-
Alkoholbehandlung, ein gebandertes und granuliertes Aus-
sehen erhalten. Dabei sind auch die einzelnen Stfibchen viel
lfinger. Miller sieht die Ursache dieser Formfinderung in
der Gegenwart von Estern unges&ttigter Fettsauren.
f
III. Die Fetteinverieibung auBerhalb des Darms und dessen Auf-
saugung.
DaB unter Umstfinden schon die Aufnahme von Oelen in
den Darm nicht gleichgfiltig ist, geht aus einer Beobachtung
von Adler 4 ) hervor. Dieser fand Oliven- und Baumwoll-
samenfil, wenn in genfigend groBen Mengen verffittert, giftig
ffir Kaninchen.
Die Giftwirkung der Oele beruht nach ihm auf den un-
gesfittigten Fettsauren und ist um so groBer, je grfiBer ihr
Gehalt daran ist. Die Wirkung lange fortgesetzter, t&glicher
Verffitterung von an und ffir sich nicht giftigen Oelmengen
erzeugt nach ihm groBe Abmagerung und das Blutbild der
1) Zeitchr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 18, 1895, p. 441.
2) Arch. f. Hyg., Bd. 41, 1902.
3) Journ. of Path, and Bact., Vol. 20, 1916, p. 395.
4) Journ. of med. Research, 1913, Vol. 28, p. 199; ref. Zeitschr. f.
Immunitatsf., 1914, No. 3169.
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perniziOsen Anamie. Ueber die Wirkung der Fetteinverleibung
auBerhalb des Darms ist sehr wenig bekannt. Seit einiger
Zeit wird in der Chirurgie zur LOsung von verwachsenen
Sehnen und Nerven flfissiges Menschenfett benutzt, welches
Hollander unter dem Namen Humanol eingefilhrt hat.
Unter die Haut eingespritzt wird es nach 5—7 Tagen, ohne
die geringste EntzQndungserscheinung hervorzurufen, vollst&n-
dig aufgesaugt. Loeffler 1 ) spritzte es bei beginnender Gicht
in die GelenkhOhle, wodurch die Schmerzen beseitigt wurden.
Handelt es sich aber um eine tuberkulose Gelenkerkrankung, so
verursacht die Huraanoleinspritzung Reizerscheinungen. In die
Bauchhohle scheint man Humanol noch nicht gegeben zu haben.
Oel in Form des KampferOls ist ja von Chirurgen oft in die
Bauchhohle gebracht worden, wobei jedoch die durch Kampfer
bewirkte Leukocytose beabsichtigt worden war und das Oel als
solches keine Rolle spielte. In neuerer Zeit sind von Hoehne 2 )
experimentelle Untersuchungen uber den Schutz des TierkOrpers
gegen Infektion der Bauchhohle angestellt worden. Hoehne
fand bei Kaninchen, daB kleinere und mittlere Oeldosen, bis
10 ccm, unschadlich waren, wenn sie in die Bauchhohle ein¬
gespritzt wurden. GrOBere, 20—100 ccm, waren gefahrlich.
Tod erfolgte durch Fettembolie in den Lungen. Es muB also
Fett durch das Peritoneum aufgesaugt worden sein, das im
Zustand einer Reizung eine erhOhte Aufsaugungsffihigkeit hat.
Bei dem Nachweis von Tuberkelbacillen in Butter durch
den Meerschweinchenversuch hat man oft noch nach Monaten
die Butterreste in der Bauchhohle gefunden; dieser erschwerten
Aufsaugung von Fett in der Bauchhohle ist jedoch keine
weitere Beachtung geschenkt worden.
Wir haben bei Untersuchungen zum Nachweis von etwa
vorhandenen abgestimmten Gegenstoffen gegen Fette eine
Reihe verschiedener animalischer und pflanzlicher Fette und
Oele dem Tierkorper teils unter die Haut, teils in die Bauch¬
hohle eingespritzt und haben dabei iiber die Aufsaugung Be-
obachtungen gemacht, die eine wertvolle Erweiterung und Er-
g&nzung unserer allgemeinen Kenntnisse von der Biologie des
Fettstoffwechsels darstellen dtirften.
1) Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 45.
2) Arch. f. Gyn., Bd. 93, Heft 3.
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Hans Much und Hans Schmidt,
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Versuche wurden an Mausen, Meerschweinchen, Kaninchen
und Katzen angestellt. Das am meisten verwendete Fett war
Menschenfett, das tails durch Ausziehen mit Aether, teils
durch Erwarmen auf dem Wasserbad aus mfiglichst reinem,
der Leiche entstammendem Fettgewebe gewonnen war. Es
stellt eine bei Korperwkrme leuchtend gelbe, klare Flflssig-
keit dar. Die anderen animalisehen Fette waren stets als
Aetherausztige gewonnen; und die pflanzlichen Oele waren
solche des Handels, von denen viele nicht streng rein sein
dflrften. Das Ricinusol war jedoch ein ganz besonders ge-
reinigtes Praparat der Firma Kalle, Biebrich.
WeiBe Mause vertragen die Einspritzung von Fetten in
die Bauchhohle sowie unter die Haut sehr gut. Von 7 Mausen
eines Versuches, die je 0,2 ccm Menschen-, Katzen-, Meer-
schweinchenfett, Oliven-, Chaulmoogra-, Rizinus- und Hanf51
in die Bauchhohle erhielten, starb nur die mit Chaulmoograol
behandelte Maus nach 2 Tagen. Die Untersuchung zeigte
nichts Auffallendes, als daB die Maus noch mit bloBem Auge
erkennbares Oel in der Bauchhohle hatte. In spateren Ver-
suchen wurden weiBen Mausen unter die Haut je 0,3 ccm Fett
5mal in Abstanden von 1—2 Wochen gegeben. Von diesen
Mausen starb eine 6 Tage nach der letzten Einspritzung und
zeigte unter der Bauch- und Rtickenhaut noch Anhaufungen
von flflssigem, noch nicht aufgesaugtem Fett. Sonst war kein
pathologischer Befund zu erheben, Blut und Bauchhohle waren
steril, so daB die unmittelbare Todesursache unbekannt blieb.
Katzen vertrugen die Gefangenschaft schlecht oder litten
unter der kalten Jahreszeit. Wie dem auch sei, ich halte
wenigstens diesen Umstand fiir ausschlaggebend fQr die un-
gflnstige Wirkung der Fetteinspritzung auf Katzen, von denen
alle 11 behandelten starben. Eine Katze, die frei umherlief,
und eine Einspritzung von OlivenOl in die Bauchhohle be-
kommen hatte, war die einzigste, die nicht starb; sie ver-
schwand jedoch nach einigen Wochen. Es wurde Menschen¬
fett, Katzenfett, Meerschweinchenfett und Olivenol eingespritzt
in Mengen zwischen 3 ccm und 0,5 ccm. In einem Falle
wurden sehr kleine Dosen, 0,003 ccm ip. taglich eingespritzt.
Nach 9 Injektionen starb das Tier ohne ersichtlichen Grund.
Die Bauchhohle erwies sich als keimfrei. Im allgemeinen war
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Fettstudien.
183
der Leichenbefund ein negatives Einige Tiere waren sehr
fettreich, andere wieder hatten vollkommenen Mangel von
irgendwie erkennbarem Fett. Doch bestand zwischen der
Zahl der Einspritzungen, der Lange der zwischen Tod und
letzter Einspritzung verflossenen Zeit und diesem Befund
kein Zusammenhang. War Bauchhbhlenfliissigkeit vorhanden,
so war sie klar; mikroskopisch waren nur Endothelien und
keine Leukocyten zu sehen. Fett war im allgemeinen nicht
mehr zu finden. Nur bei einer Katze, die 1 ccm Olivenol er-
halten hatte und 10 Tage nach dieser Injektion starb, waren
noch Spuren von Olivenol in der Bauchhohle vorhanden.
Ferner bei der Katze, die die groBten Dosen Fett erhalten
hatte. Das Tier hatte 3mal je 3 ccm Menschenfett in die
Bauchhohle bekommen in Abstanden von 42 und 34 Tagen
und war 23 Tage nach der letzten Einspritzung gestorben.
Nach dem Tode fand sich volliger Schwund des Korperfettes.
In der Bauchhohle war noch freies Menschenfett vorhanden,
welches das gesamte Bauchfell gleichmSBig iiberzogen hatte.
Entziindliche Erscheinungen fehlten, und die bakteriologische
Untersuchung ergab Keimfreiheit.
Kaninchen bekamen bis zu 3 ccm Menschenfett in die
Bauchhohle sowie auch in Form feinster Emulsion in die Blut-
bahn. Keines der Tiere starb, so daB (iber die Aufsaugungs-
verh<nisse vorl&ufig nichts mitgeteilt werden kann.
Die meisten Versuche wurden bei Meerschweinchen an-
gestellt. Im allgemeinen werden Fetteinspritzungen von diesen
Tieren gut vertragen, sei es in die Bauchhohle oder unter die
Haut. Letzteres wird nur bei den festen Fetten, wie Schweine-
schmalz, Ochsenfett, Chaulmoograol, schlecht vertragen, indem
es zu Abszessen kommt, die aber nach einiger Zeit restlos
abheilen. Von Einspritzungen feinster Fettemulsionen in die
Blutbahn wurde bei Meerschweinchen abgesehen, obwohl an-
zunehmen ist, daB sie dieselben ebenso gut wie die Kaninchen
vertragen haben wurden. Es ist bemerkenswert, daB es weder
bei Meerschweinchen noch bei Kaninchen trotz der oftmaligen
Wiederholung der Einspritzung in l&ngeren Pausen zu Er¬
scheinungen von Ueberempfindlichkeit gegen die behandelten
Fette kam. Viele dieser vorbehandelten Tiere lebten 6—8
und mehr Monate nach der letzten Einspritzung und fielen
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Hans Much und Hans Schmidt
einer Stallseuche zum Opfer. Der Erreger dieser Stallseuche
ist ein kleines gramnegatives St&bchen, das in die mutmaB-
liche Klasse der Erreger der Kaninchenlungenseuche gehflrt.
Der fiir diese Stallseuche bezeichnende Leichenbefund war:
klare Flflssigkeit in der Bauchhohle, prall gefflllte Ham- und
Gallenblase, Galle klar und dfinn. Lungen in einzelnen Teilen
Oder im ganzen angeschoppt und seltener kleinere eitrige
Herde aufweisend. Neben diesen Erscheinungen boten viele
der vorher rait Fett behandelten Tiere einen bemerkenswerten
Befund, wie der folgende Auszug aus den Protokollen zeigt:
No. 81. 5 Einspritzungen von 1 — 2 ccm reinem RizinusSl ip. Letzte
Einspritzung am 20. VIII. 1919, Tod am 26. IV. 1920, 8 Monate spater,
durch Stallseuche.
Fig. 1.
Neben dem fiir die Stallseuche bezeichnenden Befunde finden sich
viele gelbe, fest anzufiihlendc Kiigelchen im groSen Netz. Einige davon
schwimmen frei in der Bauchhohle. Vereinzelte sitzen fest in der Leber-
und Milzkapsel sowie an wenigen Stellen am aufieren und inneren Blatt
des Bauehfells. Das auffallende Bild wird am besten durch das Lichtbild
des ausgebreiteten grofien Netzes wiedergegeben (Fig. 1).
Die mikroskopische Untersuchung dieser Fettkiigelchen, die sich fest
anfiihlen, und die auf dem Objekttrager zerquetscht, Sudanfiirbung an-
nehmen, ergibt nach Paraffineinbettung: zahlreiche kleinere, rundliche Ge i
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Fettstudien.
185
bilde, die viele Yakuolen, aber keine Zellkerne aufweisen und sich schwer
mit Eosin farben lassen. Am Rande dieser Gebilde ist eine Zone von
kernhaltigem Zellgewebe. Man sieht Bindegewebszellen, viele lymphocytare
Elemente, kleinste BlutgefaBe und viele Zcllen, die vielleicht Plasmazellen
sein konnten. Das Ganze macht den Eindruck, als ob das Fettgewebe
langsara von aufien her organisiert wiirde. An einigen Stellen ist dieser
Prozefi schon so weit vorgeschritten, dafi man Lymphdriisen ahnliche Ge¬
bilde vor sich hat.
No. 65. 8 Einspritzungen von 1—2 ccm Meerechweinchenfett ip.
Letzte Einspritzung am 20. VIII. 1919, Tod am 26. IV. 1920, 8 Monate
spater durch Stallseuche.
Fast der gleiche Befund wie No. 81. Einige der Kiigelchen, die von
dunkelgelber Farbe sind, sind von der Grofie kleiner Erbsen. Die Milz
sieht aus wie mit Kornchen bepfiastert.
No. 134. 2 Einspritzungen von je 2 ccm Hanfol im Abstand von
14 Tagen. Tod durch Stallseuche 2‘/ a Monate nach der letzten Einspritzung.
Die Bauchhohle bietct ganz das gleiche Bild wie bei No. 81.
No. 66. 8 Einspritzungen von je 1—2 ccm Menschenfett ip. Tod
8 Monate nach der letzten Einspritzung durch Stallseuche.
In der Bauchhohle weifiliche bewegliche Gerinnsel; grofiere weifiliche
Massen sind im grofien Netz verwachsen. Mikroskopisch enthalten die
Gerinnsel mit Sudan farbbares Fett, Endothelzellen, einige Leukocyten
und Lymphocyten. Innerhalb der Zellen gelegenes Fett ist nicht zu sehen.
No. 78. 3 Einspritzungen von je 0,5—1,0 ccm Chaulmoograol ip.
Letzte Einspritzung am 20. VIII. 1919. Durch Vorbeieinspritzung kam
es zu einem Bauch wandabszefi. Tod 9 Monate nach der letzten Ein
spritzung durch Stallseuche.
In der Bauchhohle einige kleine gelbe, feste Fettkornchen von Steck-
nadelkopfgrofie, welche frei beweglich waren. Der Abszefi der Bauchwand
war vollkommen aufgesaugt. Sonst fand sich nichts von dem eingespritz-
ten Oel.
No. 100. 6 Einspritzungen von je 1 ccm Sesamol ip. Die letzte
Einspritzung von 2 ccm war am 19. III. 1920. Tod 3 1 /, Wochen nach der
letzten Einspritzung durch Stallseuche.
Auf der triiben Bauehhohlenfliissigkeit viele kleine Fettaugen. Fettiger
Glanz des Baucheingeweideiiberzuges. Fein emulgiertes Fett im grofien
Netz. Eine Reihe von harten gelblichweifien Stecknadelkopf- und etwas
grofieren Kiigelchen auf der Leberkapsel fest verwachsen und stellenweise
unter der Leberoberflache gelegen. Das gleiche fand sich auch an der
Milzkapsel. Die Nierenoberflache wies viele kleine dunkelblaulich aus-
sehende Hdcker auf, die beim Schnitt triiben, blutigen Inhalt zeigten. Die
iibrigen Befunde entsprachen dem Befund der Stallseuche. An den Lymph¬
driisen war mit blofiem Auge nichts zu sehen. Subkutanes sowie retro-
peritoneales oder sonstwo gelegenes Fettgewebe war nirgends auch nur in
kleinster Menge zu finden.
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Mikroskopisch wurden Herzfleisch. Lunge und Leber auf Fett unter-
sucht, aber sudanfarbbares Gewebe war nicht zu sehen. Die Niere wies
starke cystische Entartung auf, war aber nicht entziindet.
No. 120. Eine Einspritzung von 1 ccm Menschenfett ip. Tod durch
Stallseuche 4 Mon ate spater.
In der klaren Bauchhohlcnflussigkeit schwimmen weifiliche Fetzen
lose herum. Ferner finden sich weifiliche Fetzen groStenteils am grofien
Netz verwachsen, sowie auch am inneren Bauchfellblatt.
Mikroskopisch: Viel nach Sudan farbbares Fett der Bauchhohlen-
fliissigkeit. Nicht sehr viele Zellen. Endothelien, meistens viel- und ein-
kernige Leukocyten. Einige der vielkernigen zeigen schwach mit Sudan
farbbare Einschliisse.
No. 147. Das Tier hatte gleichzeitig mit 2 ccm Menschenfett 1 ccm
mit 0,8 Proz. Karbol versetzte Bauchhohlenflussigkeit von No. 121 in die
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Bauchhohle eingespritzt erhalten. Das Tier starb bereits 24 Stunden spater
und wies den Leichenbefund der Stallseuche auf. Die Bauchhohlenfliissig-
keit zeigte noch viel Fett in Form fein emulgierter Tropfchen. Mikro¬
skopisch bot sich folgender, nur bei diesem und bei keinem anderen Tiere
erhobener Befund: zahlreichc Endothelzellen und Leukocyten. Viele von
diesen mehrkernigen Leukocyten hatten in ihrem Zelleib eine Anzahl kleiner
kugelformiger Gebilde, welche recht verechieden in Giofie waren, von kaum
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Fettstudien.
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erkennbareru Umfange bis zur GroBe eines Blutkorperchens. Manche
dieser Zellen waren so vollgepfropft mit diesen, stets kreisrunden Gebilden,
daB man einen Kern mcht mehr wahrnehmen konnte. Man batte den
Eindruck, daB die Zelle dabei zugrunde ging und die Kugelchen dann
wieder freigesetzt wurden, da manche auch auBerhalb der Zellen gefunden
wurden. Dies sprach gegen die anfanglich gehegte Vermutung, daB es
sich um Kernzerfallsprodukte handeln konnte. Das Auffallende war nun,
daB sich diese Gebilde nicht mit Sudan fiirben lieBen, dagegcn mit Me-
thylenblau, nicht mit Ziehl, am besten lieBen sie sich nach Giemsa dar-
stellen (siehe Fig. 2).
Bei einem anderen Tiere, No. 148, das genau wie 147 behandelt war,
aber nur 0,5 ccm Menschenfett erhielt und erst 10 Tage nachher ebenfalls
an Stallseuche starb, konnten diese Gebilde in der Bauchhohlenflussigkeit
nicht nachgewiesen werden, trotzdem noch Fett als solches vorhanden war.
Die Einspritzung von BauchhShlenflilssigkeit eines anderen
mit Fett vorbehandelten Tieres zugleich mit Fett geschah aus
der Erwagung, ob sich die Fettaufsaugung mcbt nach Art der
Aggressineinwirkung beeinfiussen lieBe, und in der Tat scheint
der Befund bei Tier 147 in dieser Richtung zu sprechen.
In der Hoffnung, den Weg, den auBerhalb des Darms
gegebenes Menschenfett bei seiner Aufsaugung nimmt, besser
verfolgen zu kSnnen, besonders aber, um im Korper auf-
gestapeltes Menschenfett als solches leichter erkennen zu
konnen, wurde Menschenfett vorher gef&rbt mit Sudan III,
Nilblausulfat, Karotin und Chlorophyll. Sudan und Nilblau-
sulfat, welche beide Menschenfett in verschiedenen Nuancen
rot fiirben, erwiesen sich in den angewandten Mengen als
nicht giftig. Das mit Karotin und Chlorophyll gefarbte Fett
wurde Albinomeerschweinchen eingespritzt, einmal um etwa
auftretende Hautfarbungen besser erkennen zu kdnnen, dann
aber auch um zu sehen, ob eine besondere Lichteinwirkung
durch diese Substanzen vermittelt wird. Beides war nicht der
Fall. Ein Auszug aus den Protokollen folgt:
No. 121. 6 Einspritzungen von je 1 ccm mit Sudan III gefarbtem
Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920.
Dann am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Haut.
Tod durch Stallseuche 1 Monat spttter.
Leichenbefund: In der Bauchhohle befindet sich wenig, etwas rotlich
gefarbte trube Fliissigkeit, auBerdem sehr viil Fett, das in Form feinster
Emulsion alle Zwischenraume ausfiillt. Die Sudanfarbe dcsselbcn ist, wenn
auch etwas abgeblaBt, doch noch deutlich erhalten, und das Fett sieht aus
wie rosarote Sahne. Besondere im groBen Netz und in der Umgebung der
Milz linden sich die „Sahne‘anhaufungen beinahe in Form von rbtlichen
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Klumpen. Die Organe selbst bieten makroskopisch niehts Anffallendes,
Etwas rbtlich gefarbtes Fett war noch im Unterhautgewebe auf dem Brast-
bein und zwischen den Bauchdecken vorhanden. Dieses war wahrscbein-
lich vom Riicken aus gewandert, von wo die Einspritzung unter die Haut
gemacht war, jenes ruhrte von versehentlich daneben gespritztem Fett her.
Auf dem Riicken findet sich niehts mehr. Auch sonst im Kdrper ist nir-
gends auffallige Rotfiirbung, speziell des Fettgewebes zu sehen.
No. 122. 6 Einspritzungen von je 1 ccm von mit Nilblausulfat ge-
fiirbtem Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III.
1920. Am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Riicken-
hatit. Tod 3 Wochen spiiter durch Stallseuche.
In der Bauchhdhle viel sahneartiges Exsudat. Das grofie Netz ist
davon voll, aber cs finden sich weder deutliche Einzelanhaufungen noch
Bildung fester kugelformiger Massen. Von Farbe ist niehts zu sehen. Das
emulgierte Fett sieht sehwach gelblich aus.
No. 123. 5 Einspritzungen von je 1 ccm mit Chlorophyll gefarbtem
Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920.
Am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Haut. Tod
am 24. III., also 5 Tage nach der subkutanen und 10 Tage nach der
peritonealen Einspritzung, an Stallseuche.
In der Bauchhohle noch reichlich chlorophyllgefiirbtes Fett. Durch-
spiilen der Bauchhohle mit lauwarmem Wasser macht allcs griin gefiirbte
Fett verschwinden. Keine Griinfarbung der Gewebe, insbesondere niehts
von griinem Fett in dem grofien Netz. Auf der Riickenhaut zeigten sich
im Unterhautzellgewebe einige Depots von dunkelgriin gefiirbten Massen,
von der Riiekencinspritzung herriihrend.
No. 124. 5 Einspritzungen in die Bauchhohle von je 1 ccm von mit
Karotin gefiirbtem Menschenfett. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920.
Eine Einspritzung von 1,5 ccm Fett unter die Haut am 19. III. 1920.
Tod durch Stallseuche am 22. III., also nur 3 bzw. 8 Tage nach der
letzten Einspritzung.
Unter dem Fell sind noch einige gelbe Flecken zu sehen, von vorbei-
gespritztem Fett herriihrend. Unter der rechten Axilla bindegewebig durch-
setztes Gewebe mit oliger, nicht gefarbter Fliissigkeit. Diese riihrt bestimmt
von der im Riicken erfolgten Einspritzung her. An der Einstichstelie
findet sich noch Gelbfiirbung, aber kein Fett mehr. In der Bauchhohle
ist wenig klares Exsudat; darin schwimmen frei einige feste Kugelchen
von gelbem Fett. Es finden sich umfangreiche Verwachsungen in der
Leber, Milz und Nierengegend. Eine auffallende Fettfarbe war nicht vor¬
handen. Soweit untersucht, waren die Lymphdriisen unveriindert.
Das Resultat dieser Versuche ist demnach zunachst die
erstaunliche Tatsache, daB Fett sehr schwer von der Bauch¬
hdhle aus resorbiert wird, ja daB selbst subkutane Ein¬
spritzungen nicht so schnell resorbiert werden, wie Loeffler 1 )
1) loc. cit.
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Fettetudien.
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mit Humanol beim Menscben beobachtete. In einigen Fallen
wandert das unter die Haut eingespritzte Fett, um an ganz
anderen Stellen sich wieder anzuhaufen und eine bindegewebige
Organisation durchzumachen. In der Bauchhohle scheint das
Fett langsam vom Bauchfell und vor allem vom groBen Netz
aufgesaugt zu werden. Dabei wird das anfangs flflssige Fett
immer fester, dadurch, dafi Zellen hineindringen, deren Natur
schwer zu deuten war, vielleicht Plasmazellen und lympho-
cytare Zellen. Die Beteiligung der Leukocyten an der Auf-
saugung als FreBzellen ist sehr unbedeutend und scheint von
ganz besonderen Umstanden abhangig zu sein. Much 1 ) hatte
bei Einspritzung von Tuberculonastin in die Bauchhohle von
Meerschweinchen gefunden, daB dieses Fett in das Innere von
Zellen, meistens von groBen FreBzellen und Endothelien, sel-
tener von Leukocyten, aufgenommen wird und, obwohl an und
ffir sich nicht f&rbbar, durch diesen Vorgang im Innern der
Zelle zielf&rbbar wurde. Wurden dagegen andere fettartige
Stoffe anstatt des Bakterienfettes gepriift, wie menschliches
Leichenwachs, Stearin, Palmitin, OelsOure, Tristearin, Tri-
palmitin, Triolein, so blieb diese Erscheinung aus. Mit reinera
Nastin Deycke laBt sich der Vorgang zwar auch sichtbar
machen, doch nur bei Einhaltung bestimmter Vorbedingungen.
Immerhin fand sich einige Male bei der mikroskopischen
Untersuchung der Bauchhohlenflflssigkeit, daB manche Zellen
Einschlusse batten, die mit Sudan III bei langer Einwirkung
des Farbstoffs schwachrotlich farbbar waren, und die ich wohl
fOr Fett ansprechen mochte. Auf jeden Fall ist diese Fett-
aufnahme in das Innere der Zellen ein seltener Vorgang. Der
gewohnliche Weg der Aufsaugung von der Bauchhohle aus ist
durch das Bauchfell und besonders durch das groBe Netz.
Jedoch auch hier sind die Befunde nicht einheitlich und neben
individuellen Verschiedenheiten mflssen wohl noch Ursachen
mitwirken, die sich zurzeit noch nicht flbersehen lassen. Auch
mOgen sich die Fette und Oelarten in dieser Hinsicht ver-
schieden verhalten. In No. 123 war kein Fett in Form von
Kugelchen im groBen Netz trotz 5 Einspritzungen in die
Bauchhohle, von denen auch die erste 4 Monate zurucklag.
1) Deutsche med. Wochenschr., 1915, No. 33.
ZelUchr. f. ImmunitaUforschung. Orig. Bd. 81 . 13
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Hans Much uud Hans Schmidt,
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Im Gegensatz dazu wies Tier 120, das nur eine Einspritzung
4 Monate vor dem Tode erhalten hatte, deutliche Aufsaugung
durch das groBe Netz auf, und das Tier No. 134, das Hanffil
erhalten hatte, allerdings in doppelt so groBer Menge, wies
bereits 2 1 /* Monate sp&ter den ganz typischen Befund auf,
der dem Lichtbild Shnelt. Ganz besonders bemerkenswert ist
aber der Befund bei dem Meerschweinchen No. 65. Hier hat
das Tier also nicht einmal das arteigene Fett aufzusaugen
verstanden, so daB noch 8 Monate sp&ter Fettmassen im groBen
Netz zu sehen waren. Ob sich w&hrend dieser Zeit die im
Blute vorhandenen Lipasen vermehren, bleibt weiterer For-
schung tlberlassen. Auf jeden Fall scheint aus den angeffihrten
Versuchen hervorzugehen, daB die Aufsaugung des normalen
Korperfettes zu einer Zeit schon vollendet ist, wenn das auBer-
halb de^ Darms einverleibte Fett noch in Mengen nachweis-
bar ist (siehe Fall 100). Sicher spielen bei der Mobilisierung
des Kbrperfettes noch andere unbekannte Bedingungen mit.
Es sei hier nur an die Tatsache erinnert, daB das mit der
Nahrung in groBen Mengen aufgenommene Hammelfett als
Hammelfett im Korper aufgestapelt wird und beim phosphor-
vergifteten Tier in die Leber wandert, wo es als Hammelfett
wiedererscheint. Einen besonderen Befund bot das Tier
No. 147. Hier ist wahrscheinlich durch die vorherige Ein¬
spritzung von Bauchhohlenflussigkeit mit Fett vorbehandelter
Tiere eine Art Aggressivwirkung hervorgerufen worden, die
unmittelbar eine vermehrte FreBtatigkeit der Zellen zur Folge
hatte. So kam es zu einer im Gegensatz zu den Befunden
bei anderen Tieren auffallenden Verstarkung der FreBtatig¬
keit, wobei ich annehmen mhchte, daB Fett in die Zellen auf-
genommen wurde. Hier im Innern der Zellen fand dann eine
Verwandlung des Fettes ill Bezug auf seine F&rbbarkeit statt.
Sudan III farbte nicht mehr, wohl aber Methylenblau. Wie
das Fett sich jedoch so inDerhalb der Zellen anderte, daB es
seine Sudanfarbbarkeit verlor, ist nicht zu verstehen und der
Befund kann vielleicht auch anders gedeutet werden. Auf
jeden Fall lassen sich aus der vereinzelt gebliebenen Beobach-
tung keine weittragenden Schliisse ziehen.
Die Zelltatigkeit nach Fetteinspritzungen in die Bauch-
hohle ist dann daraufhin besonders untersucht worden. Das
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Fettstudien.
191
Ergebnis war fast stets das gleiche und lSBt sich folgender-
maBen ausdrticken: Entnimmt man der Bauchhohle eines Meer-
schweinchens mit Glaskapillaren etwas Flflssigkeit 1, 3, 12,
24, 48 Stunden nach einer Fetteinspritzung, so findet man
nach 1 Stunde verh<nism&Big mehr Lymphocyten als Leuko-
cyten, nach 3 Stunden hat sich dieses Verh<nis schon zu-
gunsten der Leukocyten verschoben, welche nach fast 12 Stun¬
den als fast reine Leukocytose das Bild beherrschen; nach
24 Stunden sieht man neben den Leukocyten viele Endothel-
zellen, die frflher nur vereinzelt vorhanden waren. Viele dieser
Endothelzellen haben Vakuolen. Eine Fettaufnahme in das
Innere der Zellen wurde in diesem Falle nicht beobachtet.
Einige Male traten mit Sudan III schwach fSrbbare Gebilde
in Leukocyten sowie in Endothelzellen auf, aber es muB da-
hingestellt bleiben, ob hier wirkliches Fett vorlag, urn so mehr,
als die Sudanfarbung fflr Fett zu schwach ausfiel.
Zusammenfassung.
Gibt man Tieren, von denen sich Meerschweinchen gut
eignen, pflanzliche und animalische Fette in die Bauchhohle
Oder unter die Haut, so beobachtet man unter alien Um-
st&nden eine sehr langsame Aufsaugung. Das unter die Haut
gespritzte Fett kann einmal wandern und sich an anderer Stelle
ansammeln Oder an Ort und Stelle aufgesaugt werden, was oft
unter bindegewebiger Organisierung zu geschehen pflegt.
Das in die Bauchhohle eingefuhrte Fett ist als solches
noch nach vielen Monaten nachweisbar, und zwar gleicbgultig,
ob es sich um artfremdes Oder um arteigenes Fett handelt.
Bei der Aufsaugung spielt die Tatigkeit des groBen Netzes
die Hauptrolle. Unter gewissen Versuchsbedingungen scheinen
auch einzelne Zellen (Endothelien ?) eine fettaufnehmende
Ffihigkeit zu zeigen.
Ueberempfindlichkeit gegeniiber den verwandten Fetten
trat nie auf. Versuche, durch vorherige Farbung der Fette
den Weg ihrer Aufsaugung im TierkOrper zu finden, sind ge-
scheitert, da bei den angewandten Farbstoffen (Karotin, Chloro¬
phyll, Sudan, Nilblausulfat) entweder die Farbung ver-
schwunden war Oder aber dieselbe bei kleineren FettkQgelchen
nicht intensiv genug war, um erkannt zu werden.
13 *
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Hans Much und Hans Schmidt,
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IV. Ueber die Bildung und den Nachweis von Neutralfett-
antikorpern.
Nachdem durch Much und seine Mitarbeiter festgestellt
worden ist, daB unter gewissen Bedingungen Antikbrper gegen
Bakterienneutralfette auftreten, lag es nahe, khnlich wie bei
der Erzeugung von EiweiBantikorpern Fette als Antigene dem
Tierkbrper auBerhalb des Darms beizubringen und nach
einiger Zeit im Blute des Tieres nach abgestimmten Immun-
korpern humoraler und zellularer Natur zu suchen. Daffir
stehen eine Reihe von Methoden zur Verfflgung, die je nach
der Versuchsanordnung verschieden als Komplementbindung,
Ausflockung, Ueberempfindlichkeitsreaktion in der Quaddel-
probe bezeichnet werden. Andere wurden nicht benutzt. Ich
mSchte gleich von vornherein sagen, daB alle Versuche, gegen
ein gewohnliches Neutralfett einen abgestimmten Antikbrper
zu erzeugen, nicht zu dem gewiinschten Erfolg fiihrten. Da
jedoch unsere Versuche immerhin eine Reihe wertvoller Be-
obachtungen ergaben, so seien im folgenden die Ergebnisse
derselben in aller Kurze dargestellt.
Nachweis durch die Quaddelprobe.
Meerschweinchen erhielten in die BauchhShle sowie unter
die Haut Einspritzungen von Menschenfett, Meerschweinchen-
fett, Ochsenfett, Chaulmoograbl, Rizinusol, Olivenol und
Schweinefett, auBerdem wurden Kariinchen Hanfol und Men¬
schenfett teils in die Bauchhohle, teils in die Blutbahn ein-
gespritzt. Die meisten Tiere wurden mehrere Male vorbe-
handelt, wobei die Dosis bei Meerschweinchen etwa 1—2 ccm
Fett betrug, wahrend die Kaninchen bis zu 3 ccm erhielten.
Einige Zeit nach der Einspritzung bekamen die Tiere mit
dem betreffenden Fett Oder Oel eine Hautquaddel auf die
Bauchhaut gesetzt.
Ein Meerschweinchen, das 8 Einspritzungen von Meer-
schweinchenfett in die Bauchhohle erhalten hatte, bekam eine
leichte Rotung der Hautquaddel 5 Tage nach der Injektion,
w&hrend die Quaddel mit demselben Fett bei einem unvor-
behandelten Tier reaktionslos blieb. Ochsenfett und Chaul-
moograbl, beides sehr z&he Fette, verursachten Nekrosen,
aber auch beim unvorbehandelten Tier. Bei alien anderen vor-
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Fettetudien.
193
behandelten Tieren verursachten die mit dem entsprechenden
Fett gesetzten Hautquaddeln nicht die geringsten Erschei-
nungen, auch wenn die Tiere neben dem Fett das entsprechende
EiweiB der Tierart eingespritzt bekamen, von dem das Fett
stammte. Auf diese wiehtige Verbindung EiweiB und Fett
wird spater ausfiihrlich eingegangen.
Eine Ausnahme machte Hanfdl, allerdings ein Pflanzenol
und dazu eine Probe, die sicher nicht ein ganz reines Oel
darstellte. Hier kam es bei Kaninchen, denen vorher Edestin,
also das entsprechende EiweiB in die Blutbahn und in die
Bauchhohle gegeben worden war, zu einer Entzundung der
Hautquaddel mit Gewebseinschmelzung.
Alle diese Tiere hatten die mehrfachen Einspritzungen
von Fett in die Bauchhohle sowie in die Blutbahn (Kaninchen)
gut vertragen, ohne jemals Erscheinungen von Ueberempfind-
lichkeit zu zeigen.
In diesem Zusammenhang verdient noch eine an anderer
Stelleausfiihrlich beschriebene Beobachtung beim Menschen
erw&hnt zu werden. Es handelte sich um einen jungen Mann,
der gegen das EiweiB von Buchweizen, Polygonum fagopyrum,
iiberempfindlich war und auf feinste Spuren dieses EiweiBes
auch in der Quaddelprobe heftig reagierte, jedoch gegen das
aus Buchweizen als Aetherauszug gewonnene Oel fast un-
empfindlich war. Die noch bestehende sehr geringe Reaktion
gegeniiber dem Oel war wohl den Spuren EiweiB zuzu-
schreiben, die das Oel noch enthielt.
Man kann demnach zusammenfassend sagen, daB der
Nachweis von Antikorpern gegeniiber Neutralfetten durch die
Quaddelprobe nicht einwandfrei gelungen ist.
Komplementbindungsverfahren.
Zum Nachweis von AntikOrpern gegeniiber Neutralfett
durch das Komplementbindungsverfahren wurden Kaninchen
benutzt, die mit Menschenfetteinspritzungen in die Bauchhohle
und in die Vene vorbehandelt worden waren. Fiir die Ein-
spritzung in die Blutbahn wurde eine Emulsion gewahlt, die
durch Emulgieren von 1 Teil ges&ttigter alkoholischer Fett-
lOsung mit 2 Teilen warmen Wassers hergestellt wurde und
1) H. Schmidt und F. Peemoller, Med. Klinik, 1920.
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Hans Much und Hans Schmidt,
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von der 1 Teil mit 5 Teilen physiologischer NaCILosung unter
Schfltteln verdiinnt wurde. Trotz raehrmaliger Einspritzung
von je 3 ccm Fett in die Bauchhohle traten bei den sp&teren
Einspritzungen in die Vene keine Ueberempfindlichkeits-
erscheinungen ein. Die gleiche Emulsion wurde auch zu den
Komplementbindungsversuchen genommen.
Da nun selbst 4 ccm dieser Menschenfettemulsion nicht
0,05 ccm Komplement banden, so fehlte den Komplement¬
bindungsversuchen die notwendige Voraussetzung. Immerhin
hatte in einem Versuche 0,1 ccm inaktiviertes Kaninchenserum
mit 0,5 ccm Fettemulsion 0,05 ccm Komplement gebunden.
Trotz Einhaltung moglichst gleicher Versuchsbedingungen ist
es jedoch nicht wieder gelungen, in dieser oder in einer
anderen Anordnung Komplementbindung zu erhalten. Ja,
einmal wies das Serum eines nicht vorbehandelten Kaninchens
die gleiche, wenn nicht noch etwas starkere Komplement¬
bindung auf. Bei nicht ganz frischem Komplementserum
neigen die Fetteinulsionen zu Selbsthemmung.
Mit der Komplementbindungsprobe war es also nach ein-
facher Vorbehandlung mit Fetten nicht gelungen, einen spezi-
fischen komplementbindenden Antistoff nachzuweisen.
Dieses negative Ergebnis steht in vollem Einklang mit
dem ebenfalls negativen Ergebnis von H. Kleinschmidt
(Berl. klin, Wochenschr., 1910, No. 2). Dieser Autor hatte
Kaninchen innerhalb 3 Monaten mit steigenden Dosen von
Nastin, Chaulmoograol, Triolein und Tristearin unter die Haut
behandelt. Er konnte weder Ueberemptindlichkeitserschei-
nungen beobachten noch mit dem Ivomplementbindungs-
verfahren bei mehrmaliger Priifung Antikbrper nachweisen.
Damit es zur Bildung von Schutzstoffen gegeniiber diesen
stark reizenden Stoffen, wie Nastin, Chaulmoograbl und Tuber-
kulonastin, kommt, muft noch etwas hinzutreten, das sich nur
im kranken Organismus vorfindet, namlich eine Vorbehand¬
lung mit dem entsprechenden EiweiBbestandteil.
In Anlehnung an diese wichtige Feststellung wurden die
bereits mit Menschenfett vorbehandelten Kaninchen mit
Menschenserum behandelt, wie auch umgekehrt. Dabei wurden
keine Ueberempfindlichkeitserscheinungen beobachtet. Dieses
Verfahren hatte jedoch auf den Komplementbindungsversuch
mit dem Kaninchenserum und dem betretfenden Fett keinen
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Fettstudien.
195
EinfluB. Die Versuche fielen nach wie vor negativ aus.
Gleichfalls negatives Ergebnis zeigten Versuche, die mit Hanfol
und dem Serum von Kaninchen, die mit HanfSl und Edestin,
dem EiweiB des Hanfsamens, vorbehandelt worden waren.
Wie die Quaddelprobe war also auch das Komplement-
bindungsverfahren nicht imstande, den Nachweis von abge-
stimmten Gegenstoffen gegen reine Fette zu erbringen, deren
Herstellung demnach dem Organismus auf blofie Einverleibung
der Fette auBerhalb des Darms hin nicht moglich sein dlirfte;
selbst nicht nach Vorbehandlung mit dem entsprechenden
EiweiB, wenn man von Nastin und Tuberkulonastin absieht.
Bliebe noch die Moglicbkeit, durch abgestimmte Aus-
flockung solche Gegenstoffe nachzuweisen. Versuche in diesem
und verwandtem Sinne sind bereits von A. Londini 1 ) an-
gestellt worden. Dieser Autor versuchte abgestimmte aus-
flockende Stoffe gegeniiber Fetten zu erhalten, rechnete aber
mit den in den Fetten und Oelen noch enthaltenen EiweiB-
stoffen, deren Nachweis er zur Aufdeckung von VerfSlschungen
benutzen wollte. In der Tat gelang es ihm, im Serum von
Meerschweinchen und Kaninchen, die mit verschiedenen Oelen
vorbehandelt worden waren (Oliven-, Baumwoll- und ErdnuB-
61), ein abgestimmtes ausflockendes Vermogen fiir die Wasser-
ausziige dieser Oele nachzuweisen. Es handelte sich also
nicht um Stoffe, die gegeniiber Oel abgestimmt waren. Mehr
im Hinblick auf den Nachweis solcher abgestimmter Fett-
gegenstoffe sind die Versuche von Uhlenhuth und Jung 1 )
angestellt worden. Nachdem diese Autoren festgestellt hatten,
daB normales Serum verschiedener Tiere, besonders von Pferd
und Esel, eine Olivenemulsion (01. oliv. 2,0, Gummi arabic. 1,0,
Aqua 17,0) ausflockt, dieses Vermogen aber normalen Ka¬
ninchen meistens fehlt, haben sie Kaninchen mit Olivendl-
emulsionen langere Zeit vorbehandelt und fanden dann, daB
die Tiere dieselben ausflockenden Stoffe im Serum hatten wie
normale Pferde. Aber wie diese Stoffe bei letzteren Tieren
auch gegeniiber Emulsionen anderer Oele gleichsinnig wirkten,
so reagierte auch das Kaninchenserum auf alle moglichen
Oelemulsionen, war also nicht abgestimmt gegeniiber dem
Oel, sondern, wie sich weiterhin herausstellte, gegeniiber
1) Ref. Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 3, p. 656, No. 1111.
2) Deutsche med. Wochenschr., 1905, p. 564.
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196 Hans Much und Hans Schmidt,
einem Bestandteil des Gummiarabikums. Auf fein in NaCl-
L8sung verteiltes Oel war das Serum wirkungslos und ebenso-
wenig lieferten Kaninchen ein wirksames Serum, wenn sie
mit dem reinen Oel vorbehandelt waren.
Das Serum der mit Menschenfett und Menschenserum
vorbehandelten Kaninchen wurde auf Ausflockung geprflft,
indem zu 0,2 ccm des inaktivierten sowie des aktiven Serums
je 0,2 ccm der mit alkoholischer Fettl6sung hergestellten
Emulsion in NaCl-L8sung zugesetzt und nach 12 Stunden
Aufenthalt im Brutschrank abgelesen wurde.
Wenn auch die Ausflockung mit Serum bedeutend deut-
licher war, als die der Kontrolle ohne Serum, so kann man
doch wohl nicht von einer abgestimmten Wirkung sprechen,
allein schon in Anbetracht der scheinbar willkflrlichen Art
dieses Ausflockungsvorganges mit dem Serum verschiedener
Menschen.
Diese Erscheinung der Ausflockung beim Zusammentreffen
von Menschenserum und Menschenfettemulsion wurde weiter
untersucht, in der Hoffnung, einen Einblick in den Fettstoff-
wechsel und die ihn beherrschenden Krafte zu gewinnen. Die
Ausflockungserscheinungen sind scheinbar von sehr ver-
wickelten Natur und aus der Fiille der oft sich widersprechen-
den Ereignisse liefien sich bindende Schlusse nicht ziehen.
Eine Zusammenstellung dieser Beobachtungen ergab fol-
gendes:
Wurde Menschenfett, das leuchtend hellgelb ist, zum
Zwecke der Keimbefreiung bei Gegenwart von Sauerstoff er-
hitzt, so wurde es erst farblos, urn dann spater eine gelb-
braune rauchige Farbe anzunehmen. Solch erhitztes Fett
laflt sich besser in Wasser emulgieren als in NaCl-Losung.
Beim Emulgieren in Kochsalzlfjsung tritt sofort eine Flocken-
bildung auf, die sich schnell absetzt (Bildung unloslicher
Seifen), wShrend das unerhitzte als Aetherauszug gewonnene
Fett sowohl mit NaCl-L5sung wie mit Wasser eine in beiden
Fallen schwach opaleszierende Emulsion liefert. Auf Grund
der besseren Emulsionsfahigkeit mit Wasser und andererseits
auf Grund der Erfahrung, daB bei der abgestimmten Pra-
zipitingewinnung durch erhitztes EiweiB auch Prazipitine
gegen unerhitztes EiweiB erhalten werden, waren bei den
vorher besprochenen Versuchen einige Tiere auch mit er-
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Fettatudien.
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bitztem Fett vorbehandelt worden. Dies hatte jedoch auf
die Ergebnisse der Versuche keinen EinfluB.
Fflr die Ausflockungen bewahren sich die erhitzten Fette
nicht. Das Erhitzen bewirkt eine Spaltung unter Bildung von
freien Fetts&uren, was eine Verringerung der Oberfl&chen-
spannung gegenhber Luft zur Folge hat. Bei gleichen Ver-
suchsbedingungen liefert Emulsion von erhitztem Fett 68,6
und von nicht erhitztem Fett 65,8 Tropfen.
Die bei den Ausflockungen benutzte Emulsion wurde aus
dem nicht erhitzten Fett zun&chst in folgender Weise her-
gestellt:
1 ccm der gesiittigten alkoholischen Loeung wurde mit 3 ccm warmen
destillierten Wassers emulgiert. Auf 1 ccm dieser Emulsion wurde unter
fortwahrendem Schiitteln tropfenweise 10 ccm einer 2-proz. NaCl-Losung
gefiigt. Von dieser opaleszierenden Emulsion wurden 0,8 ccm zu 0,2 ccm
inaktiviertem Serum gebracbt und nach guter Durchmiscliung fur 12 Stunden
bei 37° gehalten.
Das Ergebnis war, daB die meisten Sera ausflockten.
Manche stark, manche kaum sichtbar. Ein Zusammenhang
zwischen dieser Ausflockung und der bei der D.M.-Reaktion
von Meinicke oder mit dem Ausfall der Wassermann-
schen Reaktion bestand nicht.
WShlt man die Fettemulsion konzentrierter, indem man
bei sonst gleicher Herstellung einen Teil der alkoholischen
Losung mit 2 Teilen Wassers emulgiert, dann wird im allge-
meinen die Ausflockung eine starkere, in manchen Fallen tritt
jedoch auch das Gegenteil ein.
Ein gesetzmaBiges Verhalten lieB sich nicht ableiten.
Die starksten Flockungen traten bei Fallen auf, die nach
Wassermann negativ reagierten.
Nimmt man bei der starkeren Fettemulsion die gleichen
Mengenverhaitnisse zwischen Serum und Emulsion wie oben, *
dann trat Flockung im ganzen selten auf. So fand sich unter
36 Fallen nur einmal eine solche, allerdings sehr ausgepragte
Flockung. Der Fall bot an und ffir sich nichts Besonderes.
Die Wassermannreaktion war negativ und bei spSterer Wieder-
holung der Untersuchung, und zwar diesmal im AnschluB an
eine fettreiche Mahlzeit, ergab sich kein Anhalt dafflr, daB
der Ausfall der Flockung mit den Mahlzeiten des Patienten
zusammenhing. Allerdings wurde diesmal nur mit Menschen-
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Hans Much und Hans Schmidt,
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fett gepriift. Wiirde roan z. B. nach reichlichem Olivenfil-
genuB mit Olivenolemulsion auf Ausflockung prtifen, kdnnte
das Ergebnis vielleicbt anders ausfallen, was sich nicht im
voraus iibersehen laBt.
Verfindert man bei der Ausflockungsprobe die Menge der
Emulsion bei gleichbleibender Serummenge, dann findet man
in vielen Fallen gewissermaBen ein Optimum bei 0,4 ccm
Emulsion plus 0,2 ccm Serum. Das gleiche Optimum findet
sich, wenn bei gleichbleibender Emulsionsmenge die Serum¬
menge verandert wird.
Ein Inaktivieren der Sera erwies sich zur Erzielung der
Flockung vorteilhaft, aber nicht als unbedingt notig.
Bei der Emulsionsherstellung erwies sich eine Verdunnung
von 1:10 mit 0,9 Proz. NaCl in manchen Fallen als optimal,
in alien Fallen aber als giinstig, d. h. es kam in alien Fallen
zu einer Flockung, so daB es sich empfahl, urn ein noch
unterschiedliches Verhalten der Ausflockungen zu erhalten,
eine Verdiinnung von 1:15 zu nehmen.
Mit einer derartig hergestellten Emulsion wurde nun
eine groBe Zahl menschlicher Sera untersucht, dabei kam es
wahllos in einigen Fallen zu einer sehr ausgepragten Flockung,
in vielen Fallen zu einer geringen und in manchen Fallen zu
keiner Ausflockung. Dabei ist stets als Kontrolle die Emulsion
selbst zu prfifen, die nattirlich in der gleichen Zeit keine eigene
Ausflockung zeigen darf. Im allgemeinen scheint bei Wasser-
mann-positiven Seren die Ausflockung am geringsten zu sein.
Neben dem Menschenfett wurden auch alle zur Verfflgung
stehenden Fette bei gleicher Herstellung der Emulsion auf
ihre Ausflockung mit Menschenfett untersucht. Die meisten
Fette, besonders Chaulmoograbl, flocken spontan aus so her¬
gestellten Emulsionen aus. Hundefett am wenigsten. Be-
merkenswert ist vielleicht nur, daB alle untersuchten Sera
nicht mit Lebertran flockten. Irgendwie eindeutige Ergebnisse
lieBen sich nicht aus den Versuchen ableiten, von einer wei-
teren Wiedergabe der Versuche wird daher Abstand genommen.
Zusammenfassnng.
Es wurden Meerschweinchen und Kaninchen animalisches
und pflanzliches Fett unter die Haut, in die Bauchh6hle und
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Fettstudien.
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in die Blutbahn eingespritzt. Es gelang jedoch weder durch
die Quaddelprobe noch mittels dem Komplementbindungs-
verfahren abgestimmte Antikdrper diesen Fetten gegenuber
nachzuweisen. Auch dann nicht, wenn die Tiere mit dem
EiweiB des pflanzlichen oder animalischen Organismus, von
dem das Fett stammte, gleichzeitig oder vorbehandelt wurden.
Versuche, durch die Sera vorbehandelter Tiere in feinen
Fettemulsionen abgestimmte Ausflockung zu erzeugen, ergaben
kein eindeutiges Ergebnis. Das Serum von Menschen reagiert
mit einer Emulsion von Menschenfett in zurzeit noch uniiber-
gichtlicher, regelloser Weise.
SchluBfolgerung.
Nachdem es sich als unmoglich erwiesen hat, auf die be-
schriebene Weise Antifettkorper nachzuweisen, ist anzunehmen,
dad ein tiefliegenderer Grund als vielleicht Mangel an geeig-
neten Verfahren vorliegt. Und diesen Grund glauben wir im
Wesen der Abgestimmtheit selbst finden zu kbnnen.
Gegen alle Stoffe, die auBerhalb des Darmkanals in den
Organismus gelangen und die der Korper nicht auf rein
mechanischem Wege durch Nieren, Darm und Haut auszu-
scheiden vermag, mussen Gegenstoffe gebildet werden, die
einen Abbau des eingedrungenen Stoffes bezwecken. Diese
Gegenstoffe sind urn so abgestimmter auf das betreffende
Antigen eingestellt, je verwickelter dessen molekulare Struktur
ist. Von alien Antigenen haben die EiweiBe den verwickeltsten
Bau und darum kann auch keine andere Antigengruppe »o
hoch abgestimmte Gegenstoffe erzeugen. Dagegen sind Kohle-
hydrate diejenigen Antigene, die verh<uism&Big den ein-
fachsten Bau haben, daher auch ihre Grundstoffe wenig und
nur auf Gruppen abgestimmt sind. Eine Mittelstellung nehmen
die Lipoide und Fette ein. Gegenstoffe gegen Lipoide sind von
Bang und Forssman, K. Meyer u. a. nachgewiesen, be-
diirfen aber noch weiterer eingehender Studien.
Die tierischen und das menschliche Neutralfett sind Ge-
mische von Glyzerinestern verh<nismaBig einfach gebauter
Fettsauren, die je nach ihrer verschiedenen zahlenmaBigen
Zusammensetzung den verschiedenen Festigkeitsgrad bedingen,
der neben dem Geruch und der Farbe die Fette der Tiere
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200 Hans Much und Hans Schmidt, Fettstudien.
unterscheidet. Die Farbe ist, wie weiter oben ausgefflhrt, auf
Beimengungen zuriickzufflhren. Reine Fette sind farblos; und
der Geruch hat seinen Grund wahrscheinlich in der Gegenwart
von Spuren fltichtiger freier Fetts&uren. Gelangen solche
Fette in die Blutbahn, dann kommt es zur Bildung von
Lipasen, die aber nicht abgestimmt sind, sondern auf alle
mbglichen Neutralfette einzuwirken vermogen. Erst wenn
sich Ester hoherer FettsSuren an dem Aufbau des Molekiils
beteiligen, werden die Lipasen abgestimrate Wirkungen zeigen,
die sich schliefilich auf imraer engere Gruppen beschr&qken,
je groBer die Zahl und je verwickelter die Struktur der hflheren,
uns zum Teil noch ganz unbekannten Fetts&uren im Mole-
kiil ist.
An den Bakterienfetten beteiligen sich sicher FettsSLuren,
die eine fiuBerst verwickelte Struktur haben, obwohl auch hier
noch die Gegenstoffe Gruppenwirkung zeigen, wie bei den
sSurefesten St&bchen nachgewiesen worden ist. Dem Fett-
kbrper der Bakterien muB das Chaulmoograol nahe stehen,
insofern es eine grSBere Anzahl gemeinsamer Atomgruppen
haben muB. Denkbar ist es, daB es Fettkorper von noch ver-
wickelterer Struktur gibt, die dann genau abgestimmte Gegen-
stoffe erzeugen konnten.
Demgegenuber besitzt das gewohnliche Neutralfett unserer
Nahrung eine sehr geringe antigene Wirkung. Es dient als
Nahrungsmittel, das entweder gleich aufgebraucht oder im
K5rper aufgestapelt wird, wobei es unter Umstanden seine
ursprungliche Zusammensetzung bewahrt. Bei der Aufnahme
von Fett mit der Nahrung wird immer Fett in die Blutbahn
gelangen, dabei konnen wir jedoch, von einer unabgestimmton
Lipase abgesehen, mit keinem Verfahren sonstwie abgestimmte
Gegenstoffe nachweisen.
Wir mussen also folgerichtig bei Fetten unterscheiden
zwischen den Bakterienfetten, die dank ihres verwickelten
molekularen Baues zur Bildung abgestimmter Fettantikfirper
Veranlassung geben kSnnen, und einfachen Neutralfetten
pflanzlichen und animalischen Ursprungs, die wegen ihrer ein¬
fachen Struktur nur unabgestimmte Gegenstoffe erzeugen.
rrommuuuche Burhdrockerel (Hernuuin Pohle) la Jem. — 4891
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t
Zeitschrift t Inmumitatsforschung. Originals. Bi 31 No. 3.
Nachdruek verbolen.
[Aus dern Institut zur Erforschung der Iufektionskrankheiten in
Bern (Diiektor: Prof. S o b e r n h e i m).]
Untcrsuchungen liber die Idcntititt der Splroehaeta ictcro-
hacmorrhnaiac (I undo mid Ido) und dcr Splroehaeta ictcro-
gencs (L’hlcnhuth uml From me) und fiber das Verhalten
der Spirocliaeta hebdouiadis, des Erregcrs dcs Slcben-
tngefiebers („Na»ukayami“), gcgcniibcr dcr Splroehaeta
ieterogencs.
Von Prof. Dr. Benjiro Kaneko und Dr. Seyi Morihana.
(Eingegangen bei der Redaktion am 14. August 1920.)
In Japan herrscht seit alters her eine Krankheit, die der
in Europa als „Weilsche Krankheit* bezeichneten sehr Shn-
lich und mit demselben Namen benannt ist. Ob sie mit der
europSischen Weilschen Krankheit wirklich identisch ist,
scheint uns aber noch nicht vollig gekliirt zu sein. Es exi-
stieren namlich mannigfache klinische und anatomische Unter-
schiede. Vor allem ist die Letalitiit sowie das Verhalten der
Milzschwellung bei diesen beiden Krankheitsformen verschieden.
Nach den genauen Angaben Inadas ist die LetalitSt bei der
japanischen Krankheit im allgenieinen viel groBer, als bei der
europaischen Weilschen Krankheit. Ebenso liegen beziiglich
der Milzschwellung widersprechende Beobachtungen vor:
Wahrend Milzschwellung bei der japanischen Krankheit nur
ein sehr seltenes Vorkommnis ist, wie dies klinisch von Oguro
und In ad a und patliologisch-anatomisch von Kaneko nach-
gewiesen wurde, ist der Milztumor in Europa bei der Weil¬
schen Krankheit sehr oft konstatiert worden.
Wenn auch das Verhalten der erw&linten Erscheinungen
— der Letalitiit und der Milzschwellung — durch epidemio-
logische Besonderheiten und Virulenzschwankungen des Er-
regers bedingt sein kbnnte, so bietet es anderseits doch Grund
Z**itschr. I. loiiuumtlttslorsehuiix. On*. Bd. 31. 14
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202
Renjiro Kaneko and Seiji Morihana,
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genug, am gegea die glatte Identifizierung der beiden Krank-
heiten Einwendungen zu erheben.
Im Januar 1915 wurde der Erreger der Krankbeit in Japan
als Spirochfite („Spirochaeta icterohaemorrhagiae“)
von In ad a und Ido erkannt, und sie bezeichneten die Krank-
heit nun mit dem Namen „Spirochaetosisicterohaemor-
rhagica a . Etwas spater, und zwar im Oktober 1915, wurde
in Deutschland eine der Spirochaeta icterohaemorrbagiae sehr
ahnliche Spirochete als Erreger der Weilschen Krankheit
von Uhlenhuth und Fromme, bald darauf auch von
HQbener und Reiter festgestellt. Uhlenhuth und
Fromme nannten diese Spirochate „Spirochaeta ictero-
genes 44 ; HQbener und Reiter bezeichneten sie mit dem
Namen „Spirochaeta nodosa 44 . Seit diesen Entdeckungen
sind viele Arbeiten Qber diese Spirochaten in Japan von I to,
Matsuzaki, Oba, Miyaji, in Europa von Ungermann,
Zuelzer, Dietrich, Martin, Pettit, in Amerika von
Noguchi und anderen, ebenso von den Entdeckern selbst
und ihren Mitarbeitern verQffentlicht worden. Nach diesen
Arbeiten sollen die beiden Spirochaten nicht nur morpho-
logisch, sondern auch in biologischer Hinsicht so einander
Qhnlich sein, daB man geneigt war, die beiden Spirochaten
als identisch anzusehen und die beiden genannten Krankheiten
als eine und dieselbe Krankheit zu betrachten.
Aber zur vollstandigen BegrQndung der Identitat beider
Spirochaten stand noch die Erforschung der Immunitats-
verhaltnisse aus.
Noguchi hat schon 1917 auf Grund von experimentellen
Untersuchungen die Identitat der von ihm in den Nieren der
wilden Ratten in Amerika gefundenen Spirochate mit dem
japanischen und belgischen Stamm der Ikterusspirochate fest-
stellen konnen.
Wir hatten neuerdings Gelegenheit, den von Japan mit-
gebrachten Spirochatenstamm mit einem Stamm der deutschen
Spirochate der Weilschen Krankheit 1 ), den wir dank der
Freundlichkeit des Herrn Prof. Sobernheim erhalten konnten,
1) Aus dem Reichsgesundheitsamt bezogen. Stamm Uhlenhuth
und Fromme, seit l&ngerer Zeit in Kaninchenserum + Leitungswasser
fortgezuchtet (cf. Uhlenhuth, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 50).
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Untersuchungen fiber die Identitat der Bp. icterohaemorrhagiae. 203
zu vergleichen. Wir mOchten nun hier die Ergebnisse unserer
Versucbe knrz mitteilen.
In Japan gibt es auBer der Weilscben Krankheit noch
eineanderefihnliche Krankheit, die als „Siebentagefieber“
oder „Nanukayami“ seit langer Zeit bekannt ist. Die
Symptome der letzteren sind denen der „atypischen“ Form der
W eilschen Krankheit, die gewOhnlich leicht nnd ohne Ikterus
verl&uft, sehr Shnlich. Diese Krankheit wurde frflher von
vielen japanischen Forschern fflr nichts anders als die W e il sche
Krankheit angesprochen. Aber sie wurde nachher durch
Inada, hauptsSchlich vom klinischen Standpunkt aus, und
durch Ido und Wani, gestfltzt auf ihre Immunitatsforschungen
als eine selbst&ndige, von der Weilschen Krankheit scharf,
abgegrenzte Krankheit erkannt. Im Jahre 1916 gelang es
n&mlich Ido, Ito und Wani festzustellen, dafi der Erreger
des Siebentagefiebers auch eine Spirochate ist, welche der
Form und der Bewegung nach zwar der Spirochaeta ictero¬
haemorrhagiae t&uschend gleicht, doch von der letzteren bio-
logisch getrennt werden kann. Die Entdecker nannten diese
Spirochate „Spirochaeta hebdomadis“.
Wir konnten auch diese Spirochate mitbringen und mit
der Spirochaeta icterogenes, dem deutschen Stamm
des Erregers der Weilscben Krankheit, vergleichen.
L Morphologic.
Die Form und die Bewegungsart des japanischen und
deutschen Spirochatenstammes der Weilscben Krankheit sind
sich im groBen und ganzen sehr ahnlich. Die Spirochaten sind
sehr zart und im lebenden Zustande ohne Dunkelfeldbeleuchtung
nicht sichtbar. Ihre Lange ist verschieden, sie betragt meistens
6—15 p., die Dicke betragt 0,2—0,25 p.. Die Spirochaten
zeigen zahlreiche, auBerst feine und dicht aneinanderliegende
Windungen. Unter dem Dunkelfeldmikroskop sieht man sehr
lebhafte Eigenbewegungen verschiedener Art: Rotation um
die eigene Achse mit starker oszillierender Bewegung beider
Enden ist besonders charakteristisch. In alten Kulturen oder
in halbgeronnenen Medien kann man oft eine trage, der
Wurmbewegung ahnliche Vor- und Rfickbewegung konstatieren.
Das Material fflr unsere Untersuchungen stammte haupt-
14*
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204
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
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sachlich aus fliissigen un i halhfliissigen Nahrbftden, sowie aus
den Organen und den Kbrperfliissigkeiten der experimentell
infizierten und erkrankten Meerschweinchen. Trotz ge-
nauester Beobachtungen konnten wir keine nen-
nenswerten Unterschiede zwischen den beiden
Spirochatenstammen feststellen.
DieSpirochaetahebdomadis, der Erreger des Sieben-
tagefiebers, ist der Form und Bewegungsart nach den oben-
erwahnten Spirochaten sehr ahnlich, wie es die Entdecker
schon beschrieben haben. Auch wir konnten diese Spirochate
morphologisch von der Spirochaeta icterogenes
nicht unterscheiden.
n. Kultur.
Die Spirochate der Weilschen Krankheit ist im all-
gemeinen leicbt zu zfichten. Es sind verschiedene Nahrboden
f(ir diesen Zweck angegeben worden. In Japan kultivierten
Inada und Ido ihren Stamm zunachst in Ascitesfliissigkeit,
die Nierenstuckchen und Bluttropfchen vom Meerschweinchen
entbielt. I to und Matsuzaki benutzten zum Kultivieren
des japanischen Stammes Blutagar und Blutgelatine ver-
schiedener Konzentration. Viele europaische Autoren benutzten
als Kulturmedien Sera verschiedener Tiere, mit Oder ohne
Verdtinnung mit isotonischen Losungen. Vor allem empfabl
Ungermann das frisch inaktivierte, fldssige Kaninchenserum,
als den besten Nahrboden fur seine Spirochate. In Amerika
brachte Noguchi drei Stamme — den japanischen, den bel-
gischen und den amerikanischen — am besten in einem mit
Ringerscher Losung oder physiologischer Kochsalzlosung
verdiinnten Kaninchenserum, unter Zusatz von 2 prozentigera
Agar Oder Blutplasma des Kaninchens, zur Entwicklung.
Neuerdings hat Wani in Japan die Noguchische Methode
in folgender Weise fur die Kultivierung seines Stammes modi-
fiziert und damit sehr schone Resultate erreicht.
Der Noguchische Nahrboden in der Modifikation von
Wani setzt sich folgendermaBen zusammen:
Pferdeserum 1 Tcil \
Ringersche Losung 3 Tede I el e
Mcerschweinchcnblut kleine Menge
2-proz. Neutralagar 1 Ted
(Mit oder ohne Paraffinuberschichtung.)
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Untersuchungen fiber die Identitat der Bp. icterohaemorrhagiae. 205
Ueber die ftir die Kultur geeignete Temperatur sind
die Meinungen der Autoren verschieden. Die japanischen
Forscher bevorzugten eine Temperatur von 20—25° C, wie
sie auch von den Entdeckern der SpirochSte empfohlen wurde,
wahrend Noguchi, Ungermann, Martin undPettitu.a.
eine hohere Temperatur bis 37° C benutzten. Die Paraffin-
uberschichtungen lieJS niemand von den Autoren aus. Sie be-
trachteten dies als eine fur die erfolgreiche Kultivierung der
SpirochSten unerlaBliche Vorbedingung. Wani konnte aber
auf diese Manipulation bei Kultivierung seiner Spirochate in
Agarnfihrboden verzichten.
Wir haben den japanischen Stamm nach der Methode von
Wani kultiviert und in dieser Form mitgebracht. Die Kulturen
haben trotz der zwei Monate langen Reise durch tropische
Gegenden und durch SUdeuropa wahrend der Monate November
und Dezember ihre Lebensfahigkeit und Virulenz gut bewahrt,
wahrend alle sonstigen flussigen Nahrboden sich unter gleichen
Verhaitnissen als unbrauchbar gezeigt haben. Den deutschen
Stamm haben wir in Kultur von verdiinntem flussigen Kanin-
chenserum erhalten.
Fiir unsere vergleichenden Untersuchungen verwendeten
wir dann einerseits Pferdeserum mit Zusatz von 3 Proz. Agar
und kleinen Mengen Meerschweinchenblut; andererseits be¬
nutzten wir das frische inaktivierte fliissige Kaninchenserum
nach Ungermann.
In diesen Kulturmedien und bei verschiedenen Tempe-
raturen (Zimmertemperatur bis Brutwarme) gediehen die beiden
Spirochatenstamme sehr gut, ohne bemerkenswerte Unterschiede
zu zeigen. Nach unseren Erfahrungen besitzen also beide
Spirochatenstammegegentiber Temperaturschwankungen, inner-
halb gewisser Grenzen, eine weitgehende Toleranz. Nur ist
bei niedriger Temperatur ihr Wachstum natiirlich verlangsamt,
die Kultur aber haltbarer, als die bei hoherer Temperatur
1) Die Herstellung ist die folgende: Losung von Agar in physio-
logischer Kochsalzlosung zu 3 Proz., ohne jeden weiteren Zusatz; neutrale
Oder ganz schwach alkalische Reaktion. Hiervon wird 1 Teil mit 9 Teilen
Pferdeserum gemischt. Zusatz von einigen Tropfen Meerschweinchenblut.
Ueberechichtung mit Paraffin. Keine Sterilisierung des fertigen Nahrbodens.
Die einzelnen Bestandteile sind steril zu gewinnen und zu verarbeiten. Der
Nahrboden zeigt halbstarre Konsistenz.
-4
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206
Benjiro Kaneko und Seiji Morihana,
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geztichtete. Bei der Agarkultur scheint uns der Zusatz von
frischem Meerschweinchenblnt sebr wichtig zu sein, worauf
Wani bei der Ziichtung seiner Spirochate die Aufmerksamkeit
gelenkt hat.
Die Spirochaeta hebdomadis konnten wir ebenfalls sehr
gut in den oben erwkhnten Medien kultivieren, genau so, wie
die Spirochate der Weilschen Krankheit. Nur ist die
Kultur dieser Spirochate haltbarer als die der
Spirochete der Weilschen Krankheit.
III. Pathogenitat.
Hinsichtlich ihrer Pathogenitet sind die beiden Stemme,
nach den Angaben der japanischen und der europeischen
Literatur, einander sehr ehnlich. Besonders ist das Meer-
schweinchen fiir die Infektion empfanglich. Nach intraperito-
nealer Injektion spirochetenhaltigen Materials erkranken Meer-
schweinchen fast regelmaBig nach 3—6 Tagen in typischer
Weise an Fieber, FreBunlust, Hyperemie der Conjunctivae,
Ikterus und Blutungen in Haut und Schleimhaut, Abmagerung,
Albuminurie, Lockerung der Haarbedeckung, und gehen fast
immer bald nach der Erkrankung zugrunde. Anatomisch kann
man auBer dem ausgesprochenen Ikterus und den Blutungen
in die Unterhaut und die Organe noch degenerative resp. ent-
zundliche Erscheinungen in den Organen (Leber, Niere,
Muskeln u. a.) konstatieren. Die Spirochaten sind in ver-
schiedenen Organen, insbesondere in der Leber nachweisbar.
Nach unseren experimentellen Untersuchungen zeigen die
beiden Stamme gewisse Unterschiede hinsichtlich der
kiinstlich erzeugten Erkrankung des Meerschweinchens.
Wir wollen diese wie folgt kurz zusammenfassen:
1) Die Inkubationszeit und der Krankheitsverlauf sind
beim deutschen Stamm kurzer als beim japanischen. Bei
ersterem sterben die Versuchstiere unter typischen Krankheits-
erscheinungen fast immer am 4. oder 5., spatestens am
6. Tage nach der intraperitonealen Injektion von Leberemulsion
oder von Blut erkrankter Tiere, wahrend die dem analogen
Infektionsmodus mit dem japanischen Stamm unterworfenen
Tiere etwas spater erkranken und am 6. oder 7., sogar erst
am 8. Tage eingehen.
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Untereuchungen fiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 207
2) Die nach Infektion mit dem deutschen Stamm er-
krankten Tiere gehen ausnahmslos zugrunde, wflhrend die mit
dem japanischen Stamm infizierten wieder genesen konnen,
wenn dies auch sehr selten der Fall ist.
3) Beim deutschen Stamm sind die Blutungen besonders
stark in der Bauchhohle und Bauchwand ausgepragt, w&hrend
der Ikterus sehr schwach, sogar fast unsichtbar ist. Sonst
ist fflr den deutschen Stamm eine Ansammlung von Pleural-
und Peritonealfliissigkeit, welche fast immer stark blutig ist
und die Spirochflten in reichlicher Anzahl enthfllt, charakte-
ristisch. Beim japanischen Stamm ist dagegen der starke
Ikterus das Hauptsymptom und die Blutung nur sehr schwach.
Die Pleural- und Peritonealflflssigkeit ist dabei sehr sp&rlich
Oder fehlt gflnzlich.
4) Die Spirochaten befinden sich beim deutschen Stamm
immer in reichlicher Anzahl in der Leber, w&hrend sie beim
japanischen bisweilen in der Leber fehlen und nur zerstreut
in den Nieren sich vorfinden kflnnen.
Aus diesen Befunden kann man schlieBen, daB der uns
zur Verfiigung stehende deutsche Stamm fflr das Meer-
schweinchenvielvirulenterist, alsderjapanische.
Der letztere scheint seine spezifische Pathogenitfit namentlich
in der Erzeugung des Ikterus zu fluBern, obwohl es ja auch
moglich ware, daB die mit dem deutschen Stamm infizierten
Tiere nur deshalb den Ikterus wenig hervortreten oder selbst
vermissen lassen, weil sie ziemlich schnell zugrunde gehen,
bevor der Ikterus sich vollkommen ausbilden kann. Fiir diese
Auffassung scheint uns die Tatsache zu sprechen, daB von
den deutschen Autoren, genau wie von den japanischen, der
Ikterus gerade als das Hauptsymptom der experimentellen
Infektion beschrieben wird. Unser Stamm hat also viel-
leicht erst im Laufe der Zeit auf dem Wege der Tier passage
diese besondere Eigentiimlichkeit angenommen. DaB unser
deutscher Stamm fflr das Meerschweinchen virulenter ist, be-
weist auch folgender Versuch (siehe Tabelle I auf p. 208).
Bei diesem Versuche waren die Gr5Be der Versuchstiere,
die Konzentration des Impfstoffes und die Vitalitflt der Spiro¬
chaten fast gleich. Wenigstens wurde auf diesen Umstand so
weit geachtet, wie es sich experimentell nur irgend ermoglichen
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208
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
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Tabelle I.
Virulenzpriifung dea deutachen und dea japaniachen Stammea.
• 00
v c
o «
s-8
8-i
T3 t
Intrapentoneal injizierte
Spirochate (Leberemul-
sion) eines erkrankten
Meerschweinchena
Schicksal
dea Veraucha-
tierea
Sektionabefund
o-g
^ 00
Art
Menge
1
Deutscher
Stamm
0,1
ccm
Am 6. Tage
geatorben
Charaktenatiache Verande-
rungen mit poaitivem Spiro-
chatenbefund
2
0,01
ccm
Am 7. Tage
gestorben
dgl.
3
0,001
ccm
Am 9. Tage
gestorben
17
4
0,0001
ccm
Am 11. Tage
geatorben
»>
5
Japanischer
Stamm
0,1
ccm
Am 8. Tage
geatorben
»»
6
»>
0,01
ccm
Am 8. Tage
geatorben
)9
7
>1
0,001
ccm
Am 10. Tage
gestorben
19
8
0,0001
ccm
Nicht
erkrankt
—
lieB. Beziiglich der Spiroch&tenmenge diente als MaBstab die
Zahl der Spiroch&ten, die bei mikroskopischer Untersuchung
durchschnittlich in einem Gesichtsfeld gez&hlt werden konnte.
Die Leberemulsion wurde so hergestellt, daB sie im Gesichts¬
feld ca. 10 Spirochaten enthielt.
Auf Grund dieser Ergebnisse l&Bt sich natfirlich die Iden-
titat der beiden Stamme nicht einfach ausschlieBen, da der
Verlauf der experimentellen Infektion der Meerschweinchen
selbst in einer und derselben Gegend stark variieren kann.
So gibt es, wie In ad a und Kaneko berichten, in Japan so-
genannte „atypische“ Formen der experimentellen Erkran-
kung der Meerschweinchen, welche namentlich durch zwei
Hauptformen gekennzeichnet sind. Bei der einen, dem so-
genannten Ikterustypus, spielt der ausgesprochene Ikterus
die Hauptrolle, wahrend bei der anderen, dem hamorrhagi-
schen Typus, die hochgradigen Blutungen das Krankheitsbild
beherrschen und der Ikterus vermiBt wird. Beiin Ikterustypus
verlauft die Krankheit etwas chronischer als beim anderen,
und die Spirochate verschwindet oft aus dem Blut und der
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Untersuchungen fiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 209
Leber, iDdem sie nur in den Nieren nachweisbar ist. Beide
Typen werden durch Spirochaeta icterohaemorrhagiae hervor-
gerufen. Im groBen und ganzen ist die in unseren Versuchen
dur.ch den deutschen Stamm hervorgerufene experimentelle
Erkrankung des Meersckweincbens dem hamorrhagischen Typus,
die durch den japanischen Stamm hervorgerufene dem Ikterus-
typus ahnlich. Dennoch muBte die Tatsache, daB jeder von
den beiden Stammen durch viele Generationen seinen eigeuen
Charakter fest behielt, uns darauf aufmerksam machen, daB
die beiden Stamme wenigstens in bezug auf ihre Pathogenitat
voneinander abweichen, so daB immerhin der Beweis fur ihre
Identitat noch zu erbringen war.
Bei der Spirochaeta hebdomadis sind die experimentellen
Ergebnisse ganz andere. Wir konnten niemals ausgesprochenen
Ikterus und Blutungen nachweisen. Das Versuchstier kann
fiebern und in der Peritonealhohle, selten im Blute, eine
Wucherung der Spirochate zeigen, aber es kommt immer zur
Genesung, nie zum Tod. Die Spirochaeta hebdomadis ist also
bedeutend weniger virulent fiir das Meerschweinchen.
IV. Serologisches Verhalten.
Noguchi gibt in einer ersten Mitteilung kurz an, daB
das durch den japanischen und den belgischen Stamm aktiv
immunisierte Meerschweinchen gegen die Infektiou mit dem
amerikanischen Stamm geschtitzt ist, daB die Blutsera von
Meerschweinchen und Kaninchen, welche durch deu japanischen
oder den belgischen Stamm immunisiert werden, gegenuber
dem amerikanischen Stamm eine ebenso Starke AgglutiDations-
wirkung zeigen, wie gegeniiber den homologen Stammen, und
daB solche Immunsera auf alle drei Stamme fast gleichmaBig
bis zur Titergrenze spirochatolytisch und spirochatozid wirken.
Hieraus wiirde wohl ohne Frage auf eine Identitat der
drei Stamme zu schlieBen sein. In einer spateren Arbeit
macht er dann aber weitere Angaben, unter Veroffentlichung
von Protokollen, wonach bei wechselseitiger aktiver Iminuni-
sierung doch gewisse quantitative Unterschiede zutage treten.
Wir werden hierauf noch spater zurilckkommen. Hinzugefiigt
sei ferner, daB eine bei Ratten in Sildamerika (Guyaquil)
haufig anzutreffende Spirochate nach Noguchis Unter¬
suchungen in biologisch-immunisatorischer Hinsicht mit der
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Renjiro Kaneko and Seiji Morihana,
Spirochaeta icterohaemorrhagiae, nicht mit der Gelbfieber-
spirochfite, tibereinstimmt.
Wir haben zunachst mit dem japanischen und deutschen
Stamm das Verhalten gegeniiber spezifischera Immunserum
im Pfeifferschen Versuch gepriift. Das japanische
Spirocb&tenserum (gegen Spirochaeta icterohaemorrhagiae und
Spirochaeta hebdomadis) brachten wir aus Japan mit, das
deutsche wurde uns durch Herrn Prof. Sobernheim freund-
lichst zur Verffigung gestellt. Es stammte aus dem Reichs-
gesundheitsamt. Wir haben dabei als Impfmaterial eine Leber-
emulsion des erkrankten Meerschweinchens benutzt, die iramer
frisch zubereitet wurde und die Spirochfiten in der Konzen-
tration von ca. 10 Exemplaren in einem Gesichtsfelde (Im-
mersionssystem, Okular 3 Leitz, Dunkelfeldbeleuchtung) ent-
hielt. Wir wahlten diese Form des Virus, weil das Material
aus dem erkrankten Tiere virulenter ist, als das vom kiinst-
lichen Nfihrboden. Die Immunsera haben wir zunachst in
unverdfinntem Zustande benutzt und in der Menge von
0,5 ccm, gemischt mit der gleichen Dosis der Leberemulsion, in
die Peritonealhbhle des Meerschweinchens injiziert. Die Resultate
sind wie folgt:
Tabelle II.
Pfeifferscher Versuch mit deutschem Spirochaten stamm.
• 00
8jj
*1
Impfmaterial
Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
Sektions-
jl
•« £
IS
_ . i
Spiro-
chate
Serum
Nach
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Stunden
Nach
ca.l9Stunden
behind
1
0,5 ccm
Leber-
emul-
sion
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serum
Zieml. zahl-
reiche gut
bewegliche
Spirochaten
Ebenso
1 Ebenso
Zahlr. gut be¬
wegliche
Spirochaten
Am
5. Tage
ge-
storben
i I'ypisch
2
dgL
0,5 ccm
deutsch.
Immun¬
serum
Einzelne un-
bewegliche
Spirochaten
Gesund
3
n
0,5 ccm
japan.
Immun¬
serum
Einzelne gut
erhaltene, z.
T. noch be-
wegl. Spir.
Gesund
4
”
0,5 ccm
Immun¬
serum
der Spir.
hebdom.
Einzelne gut
bewegliche
Spirochaten
Ebenso
Ebenso
Zieml. zahl-
reiche gut
bewegliche
Spirochaten
Am
5. Tage
storben
Typisch
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Untersuchungen iiber die ldentitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 211
Tabelle III.
Pfeifferscher Versuch mit japanischem Spirochatenst&mm.
J 00
IJ
51
Impfmaterial
Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
Sektions-
J-i
■ £
% s
Spiro-
chate
Serum
Nach
30 Mi nu ten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Stunden
Nach
ca. 20 Stund.
behind
1
0,5 ccm
Leber-
emul-
sion
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serum
Einzelne leb-
haft beweg-
liche Spiro-
chaten
Ebenso
Ebenso
Zahlr. gut be¬
wegliche
Spirochaten
Am
6. Tage
g t
storben
Typisch
2
dgL
0,5 ccm
japan,
immun¬
serum
Einzelne z. T.
trag beweg-
liche Spiro-
chaten
Gesiind
3
1J
0,5 ccm
deutsch.
Immun¬
serum
Einzelne z. T.
trag beweg-
liche Bpiro-
chaten
_
Gesund
4
ti
0,5 ccm
Immun¬
serum
der Spir.
hebdom.
ZiemL zahl-
reiche gut
bewegliche
Spirochaten
Ebenso
Ebenso
Ebenso
Am
7. Tage
ge-
storben
Typisch
In diesen beiden Versuchsreihen haben die Immunsera
des deutschen und des japanischen Stammes Meer-
schweinchen sicher geschfitzt, und zwarnichtnur
gegen dielnfektion mit dem eigenen Stamm, son-
dern auch gegen den anderen Stamm, w&hrend das
normale Serum und das Immunserum der Spirochaeta hebdo-
madis nie solche Wirkung gezeigt haben. Dabei trat das
Pfeiffersche Phfinomen deutlich zutage. Schon aus diesen
Versuchen, die mit unverdilnntem Serum vorgenommen wurden
und auf den Serumtiter noch keine Rficksicht nahmen, ergibt
sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, daC die beiden Stamme
in sehr naher Beziehung zueinander stehen, wahrend die Spiro-
chate des Siebentagefiebers sich biologisch offenbar anders
verhait.
Wir haben dann einen ahnlichen Versuch mit der Spiro-
chate des Siebentagefiebers angestellt. Da die Virulenz der
Spirochate des Siebentagefiebers ffir das Meerschweinchen be-
deutend schwacher ist, wie wir schon oben bemerkt haben,
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212
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
lieB sich freilich von vornherein ein entscheidendes Resultat
kaum erwarten. Als Impfmaterial benutzten wir Spirochaten
aus Agarkultur, in einer Konzentration von mehr als
10 Exemplaren in einem Gesichtsfelde, weil wir eben ein
zahlreiche Spirochaten enthaltendes Tiermaterial nicht
gewinnen konnten.
Tabelle IV.
Pfeifferscher Versuch mit Spirochaeta hebdomadis.
Sjj
a-s
Impfmaterial
Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
8-§
Spiro-
chate
Serum
Nach
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
4 Stunden
Nach
23 Stunden
Nach
72 Stunden
i
0,5 ccra
Kultur
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serum
Zieml. zahl-
reiche z. T.
bewegliche
Spirochaten
Eben so
Einzelne z. T.
gut beweg¬
liche Spiro¬
chaten
Ebenso
Zahlr.gut be¬
wegliche
Spirochaten
Gesund
2
dgl.
0,5 ccm
Immun-
serum d.
Spir.
hebd.
Gesund
3
»
0,5 ccm
japan,
lmmun-
scrum
Einzelne z. T.
triig beweg¬
liche Spiro¬
chaten
Ebenso
Einige z. T.
triig beweg¬
liche Spiro¬
chaten
Gesund
4
II
0,5 ccm
deutsch.
Immun¬
serum
Einzelne z. T.
gut beweg¬
liche Spiro¬
chaten
Eben so
Einige z. T.
gut beweg¬
liche Spiro¬
chaten
Zahlr. gut be¬
wegliche
Spirochaten
Gesund
Auch in diesem Versuche laBt sich zwar ein gewisser
Unterschied zwischen dem Serum der Spirochaeta hebdomadis
und den Immunsera des japanischen resp. des deutschen
Stammes erkennen, doch kommt dieser Unterschied nicht
so pragnant zum Ausdruck, wie in den fruheren Ver-
suchen.
Nun haben wir noch weitere Untersuchungen mit ver-
dunntem Immunserum ausgefuhrt, um den Titer der
Sera genau zu bestimmen undbeivergleichenden
Priifungen zu beriicksichtigen.
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Untersuchungen iiber die Identitat der Bp. ictcrohaemorrhagiae. 213
TabeUe V.
Pfeifferscher Vereuch mit dem japanischen Spirochatenstamm und
dem homologen Immunserum. Auswertung des Serums.
' 03
8|
S3 o
Impfmaterial
Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
Sektions-
*•§
•o je
o
£ «
03
Spiro-
chiite
Serum ,
Nnch
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Stunden
Nach
23 Stunden
bef und
1
0,5 ccm
Leber-
emul-
sion
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serum
*
Zicml. zahl-
reiche gut
bewegliche
Spirochaten
Ebenso, in
etwaa spar-
licherer An¬
zahl
Ebenso
Ebenso
Am
8. Tagc
ge-
6torben
Typisch
2
dgl.
0.5 ccm
unverd.
Immun-
serum
#»
Gesund
3
It
0,5 ccm
verd.
Serum
Einige trfig
bewegliche
Spirochaten
Geaund
4
ft
0,5 ccm
1 100
verd.
Serum
dgl.
Gesund
5
ft
0,5 ccm
/ inoo
verd.
Serum
If
Am
11. Tage
ge-
storben
Typisch
6
ft
0,5 ccm
•/
1 1 (<000
verd.
Serum
ft
Nur eine gut
crhaltene
Spirochiite
Einzelne gut
bewegliche
Spirochaten
Am
7. Tage
ge-
storben
Typisch
In rliesera Versuche konnte das japanische Immunserum
das Meerschweinchen gegen die Infektion mit der gleich-
namigen Spiroch&te bis zur Verdflnnung 1:100 voll-
kommen schutzen. Weitergehende Verdflnnungen zeigten
zwar noch eine deutliche Beeinflussung der Spirochaten im
Sinne des Pfeifferschen Ph&nomens, reichten aber zur
Rettung der Tiere nicht mebr aus. Bei der Verdflnnung
1:1000 wurden die Spirochaten in der Peritonealflfissigkeit
nach 9(j Stunden wieder in reicblicher Anzahl gefunden, nach-
dem sie nach 1, 2 und 23 Stunden nicht mehr nachweisbar
gewesen waren.
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214
Benjiro Kaneko und Seiji Morihana,
Tabelle VI.
Pfeifferscher Versuch mit dem deutschen Spirochatenstamm and
japanischen Immunserum verschiedener Konzentration.
» CO
SJ
a 1
Impfmaterial
Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
Sektions-
J-s
•O ft
O J3
55 S
Spiro-
cnate
Serum
Nach
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Stunden
Nach
21 Stunden
befund
1
0,5 ccm
Leber-
emul-
sion
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serum
Einzelne
meist unbe-
wegliche
Spirochaten
Zahlr. z. T.
gut beweg-
Dche Spiro¬
chaten
Ebenso
Wenige gut
bewegliche
Spirochaten
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
2
dgl.
0,5 ccm
unverd.
Serum
%
Gesund
3
W
0,5 ccm
verd.
Serum
—
—
—
—
Gesund
—
4
ft
0,5 ccm
V.H
verd.
Serum
Am
11. Tage
ge-
etorben
Typisch
5
ft
0,5 ccm
'/1090
verd.
Serum
Nur eine gut
erhalt. nicht
bewegliche
Spirochate
Nur 2 solcher
Spirochaten
Einige eolch.
Spirochaten
Zieml. zahl-
reiche gut
bewegliche
Spirochaten
Am
5. Tage
ge-
storben
Typisch
6
ft
0,5 ccm
VlOOOO
verd.
Serum
Einige gut er¬
halt. nicht
bewegliche
Spirochaten
Zieml. zahl-
reiche z. T.
gut bewegl.
Spirochaten
Einzelne gut
erhalt., nicht
bewegliche
Spirochaten
Zahlr. gut
bewegliche
Spirochaten
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
Das japanische Immunserum vermag hiernach den Tod
des Meerschweinchens bei Infektion mit dem deutschen Stamm
nur bis zur Verdunnung 1:10 vollkommen zu verhiiten.
In der Verdunnung 1:100 war lediglich eine starke Ein-
wirkung auf die SpirocMten zu erkennen, aber das Tier ging
schlieBlich doch noch am 11. Tage an der Infektion zugrunde.
Es scheint also die Wirkung des japanischen Immunserums
auf den anderen Spirochatenstamm schwacher zu sein, als auf
den eigenen. Zu berflcksichtigen ist hierbei freilich, daB der
deutsche Stamm eine st&rkere Virulenz fflr das Meerschweinchen
besitzt (cf. Tabelle I), und man kbnnte zun&chst geneigt sein,
die Ergebnisse hiermit zu erklfiren.
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Untersuchungen fiber die ldentitfit der Sp. icterohaemorrhagiae. 215
TabeUe VII.
Pfeifferscher Verauch mit dem deutschen Spirochatenstamm und dem
homologen Immunserum. Auswertung des Serums.
• •
II
Ij
Impfmaterial J
Spirochatenbefund in der Peritonealfiussigkeit
Verlauf
Sektions-
Spiro-
cnate
Serum
Nach
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Stunden
Nach
22 Stunden
befund
1
0,5 ccm
Leber-
emul-
sion
0,5 ccm
normaL
Pferde-
serum
Zahlr. gut be-
wegliche
Spirochaten
Ebenso
Ebenso
Ebenso
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
2
dgl.
0,5 ccm
—
—
—
—
Gesund
—
Serum
3
it
0,5 ccm
i/
verd.
Serum
Gesund
4
if
0,5 ccm
if
/1000
verd.
Serum
Einige z. T.
gut beweg-
liche Spiro¬
chaten
Ebenso
Ebenso
Zahlr. gut be-
weglicne
Spirochaten
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
5
ft
0,5 ccm
/10000
verd.
Serum
Zahlr. z. T.
gut beweg-
bche Spiro¬
chaten
Ebenso
Ebenso
Ebenso
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
Das deutsche Serum konnte somit das Meerschweinchen
von der Infektion durch den eigenen Stamm bis zur Ver¬
dflnnung 1:100 retten.
Das deutsche Immunserum konnte die tddliche Infektion
des Meerschweinchens durch den anderen Stamm in Ver-
dflnnung 1:100 nicht mehr verhindern und war nur in der
Verdflnnung 1:10 sicher wirksam. Dieses Verhalten ent-
spricht genau demjenigen des japanischen Serums, das eben-
falls auf den anderen Stamm schwflcher wirkt, als auf den
eigenen.
Aus diesen Versuchen mit wechselseitiger Immunisierung
geht das interessante Ergebnis hervor: Jeder Spiroch&ten-
stamm wird durch das Immunserum des anderen
Stammes nur bis zur Verdflnnung 1:10 voll-
kommen beeinfluBt, w&hrend er auf das eigene
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216
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
Tabelle VIII.
Pfeifferscher Vereuch mit dem japanischen Spirochiitenstamm und
dem deutsehen Immunserum verschiedener Konzentration.
No. dea Meer-
schweinchens
Impfmaterial
Spirochiitenbefund in der Peritonealfliissigkeit
Verlauf
Sektiona-
Spiro-
chiite
Serum
Nach
30 Minuten
Nach
1 Stunde
Nach
2 Si unden
Nach
20 Stunden
befund
1
0,5 ccm
Ieber-
emul-
sion
0,5 ccm
normal.
Pferde-
serura
Einzelnez T.
gut beweg-
liehe Spiro-
chiiten
Ebenso
Nur einige
unbewegl.
Spiroehaten
Einzelne z. T.
bewegliche
Spiroehaten
Am
5. Tagc
ge-
storben
Typisch
2
dgl.
0,5 ccm
V
verd.
Serum
Gesund
3
tt
0,5 ccm
»/
MOO
verd.
Serum
Am
9. Tage
ge-
storben
Typisch
4
tt
0,5 ccm
»/
' IOOO
verd.
Serum
Nur einige
noch beweg-
liehe Spiro-
chaten
Nur einige
noch beweg¬
liche Spiro-
chaten
Einzelne gut
bewegliche
Spiroehaten
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
5
ft
0,5 ccm
»/
'tottoo
verd.
Serum
Einzelne gut
bewegliche
Spiroehaten
Ebenso
Nur einige
noch beweg
liche Spiro-
chaten
Zieml. zahl-
reiche gut
bewegliche
Spiroehaten
Am
6. Tage
ge-
storben
Typisch
Serum noch in der Verdiinnung 1:100 in gleicher
Weise reagiert. Recht deutlich laBt sich diese Wirkung
durch folgendes Schema veranschaulichen:
japanischer Stamm
deutscher Stamm
japanisches Serum deutsches Serum
Jedes Immunserum wirkt hiernach auf den homologen
Stamm stiirker ais auf den heterologen. Gegeniiber letzterem
ist nach unseren Versuchen ungefahr die 10 fache Menge des
Serums zum Schutze der Tiere erforderlich. Es verdient
frcilich hervorgehoben zu werden, dali diese quantitative VVert-
bemessung keine ganz genaue ist, weil sich einmal die
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UntersuchuDgen iiber die Identit&t der Sp. icterohaemorrhagiae. 217
Dosierung des Virus nicht so exakt vornehmen laBt, wie in
anderen Fallen, und weil anBerdem die Verdfinnungen des
Serums immer nur um das 10-fache variiert wurden, so daB
die Zwischenstnfen fehlen. Diese Art der Titrierung erschien
uns gerechtfertigt, um mbglichst deutliche und sichere Aus-
schlage zu erhalten. Immerbin bleibt die Tatsacbe bestehen,
daB der homologe Stamm auf das Immunserum starker reagiert
als der andere.
Was bedeutet nun diese Erscheinung? Sie ist nach
unserer Meinung weder dnrch die Virulenzverschiedenheit der
beiden Spirochaten, noch durch eine Verschiedenheit des
Titers der beiden Immunsera zu erkiaren. Es miissen viel-
mehr engere biologische Beziehungen bestehen zwischen dem
japaniscben Stamm und seinem Immunserum einerseits und
zwischen der deutschen Spirochate und dem zugehbrigen
Immunserum andererseits. Auch ist zu betonen, daB speziell
das von uns benutzte japanische Immunserum ein multivalentes
ist, das von Pferden stammt, die wahrend einiger Jahre mit
Injektionen vieler verschiedener Spirochatenstamme behandelt
worden sind. Die Frage ist nur, ob den quantitativen Diffe-
renzen, wie sie sich im Mischungsversuch in der Form des
Pfeifferschen Phanomens und binsichtlich der Schutzwirkung
ergeben haben, nun eine so weittragende Bedeutung bei-
zumessen ist, daB wir daraufhin die Identitat der beiden
Spirochaten bezweifeln mfissen. Wir glauben nicht, daB man
so weit gehen darf. Zum mindesten stehen die beiden
Spirochatenstamme sich auBerordentlich nahe, und auch wenn
die gefundenen Difforenzen bei wechselseitiger Immunisierung
sich bei weiterer Nachprtifung an einer groBeren Zahl von
Stammen beider Typen als konstant herausstellen sollten, so
ware man, wie wir glauben, hochstensberechtigt,
von Abarten Oder Varietaten zu sprechen, nicht
aber die einheitlicheArt der Stamme in Abrede
zu stellen. Es bleibt eben doch die Tatsacbe bestehen, daB
die Immunitat gegen den einen Stamm sich auch gegen den
anderen erstreckt, wahrend beispielsweise die Spirochate des
Siebentagefiebers ganz ausfallt. Nicht einmal mit einer anderen
Spirochatengruppe, den Recurrensspirochaten, lassen sich unsere
Zeltschr. f. ImmunlttUforachang. Orig. Bd. 31. 15
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218
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
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Resultate vergleichen; die Typen der Recurrensspirochate
steben einander biologisch viel ferner, als die japanische und
deutsche Spirochate der Weil schen Krankheit.
Wir werden in unserer Auffassung weiterhin best&rkt
durch Beobachtungen, die wir beziiglich wechselseitiger
aktiver Immunisierung machen konnten. Eine Reihe von
Meerschweinchen waren im Laufe unserer Untersuchungen
nach intraperitonealer Impfung mit Spirochatenmaterial am
Leben geblieben, sei es daB sie die Infektion ohne weiteres
Zutun tiberstanden hatten oder aber, daB sie durch Serum-
injektion gerettet worden waren. Wir benutzten diese Tiere
zu Versuchen mit kreuzweiser Infektion. Es zeigte
sich, daB die mit deutschen Spirochaten vorbehandelten Tiere
gegen Infektion mit japanischen Spirochaten vollkommen ge-
schtltzt waren, und umgekehrt. Niemals konnten wir bei diesen
Versuchen eine Erkrankung der betreffenden Tiere erzielen,
wahrend die Kontrolltiere in typischer Weise erkrankten und
mit reichlichem Spirochaten befund zugrunde gingen. Das
Spirochatenmaterial wurde in der Form der Leberemulsion in
Mengen von 1 ccm intraperitoneal injiziert. Die Resultate
waren so klar und eindeutig, daB auf eine Wiedergabe der
Protokolle verzichtet werden kann. Besondere Beweiskraft
erhalten diese Beobachtungen weiterhin dadurch, daB Tiere,
die frflher mit der Spirochaeta hebdomadis behandelt
worden waren, bei Nachinfektion mit deutscher oder japanischer
Spirochate wie die Kontrolltiere erkrankten und eingingen.
Auch umgekehrt war bei Nachinfektion mit der Spirochaeta
hebdomadis, je nach der Art der Vorbehandlung, ein in die
Augen springender Unterschied vorhanden. Zwar erlag keines
der mit dieser Spirochate infizierten Meerschweinchen der In¬
fektion, wohl aber war in der Peritonealhohle sowohl der
Kontrolltiere als auch der mit dem japanischen und dem
deutschen Stamme der Spirochate der Weil schen Krankheit
immunisierten Tiere eine starke Wucherung der Spirochaten
regelmaBig nachweisbar, wahrend bei den mit der Spirochaeta
hebdomadis immunisierten Tieren die Spirochaten sehr bald,
spatestens nach einem Tage vollkommen aus der Peritoneal-
h5hle verschwunden waren.
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(JnterBuchungen iiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 219
Es bestatigen also auch diese Beobachtungen, daB nur
fflr die Spirochate der Weilschen Krankheit die Tatsache
einer wechselseitigen spezifischen Immunitat zwischen deutschem
und japanischem Stamm besteht, der gegenfiber die quan-
titativen Unterschiede vom biologischen Standpunkt zwar Be-
rflcksichtigung verlangen, aber nach unserer Meinung nicht
z u r Deutung im Sinne von Artunterschieden be-
rechtigen. Dies scheint uns auch hervorzugehen aus den
spSteren Feststellungen, zu denen Noguchi bei dem Ver-
gleich der japanischen, belgischen und amerikanischen Spirochate
gelangt ist. Er fand bei Prflfung der wechselseitigen aktiven
Immunitat zwar gewisse quantitative Unterschiede, doch waren
diese nicht einfach durch das Ursprungsland der Spi¬
rochate bedingt. So reagierten von 3 amerikanischen Stammen
2 wechselseitig und zeigten gleichzeitig eine nahere Verwandt-
schaft zu dem japanischen Spirochatenstamm, wahrend der
dritte amerikanische Stamm immunisatorisch mit der belgischen
Spirochate tibereinstimmte.
Zusammenfassung.
1) Zwischen dem deutschen und dem japanischen Spi-
rochatenstamme der Weilschen Krankheit haben wir weder
morphologisch noch ku 11ure 11 sichere Unterschiede fest-
stellen konnen.
2) Hinsichtlich der Pathogenitat fflr Meerschweinchen
treten gewisse Unterschiede zwischen den beiden Stammen
hervor, die aber wohl durch verschiedene Virulenz erklart
werden konnen.
3) Die kreuzweise aktive und passive Immunisierung
gelingt. Beide Stamme reagieren, speziell im Pfeifferschen
Versuch, in spezifischer Weise nicht nur auf das homologe,
sondern auch auf das heterologe Immunserum. In quantitativer
Hinsicht besteht ein Unterschied insofern, als das japanische
Serum auf die japanische Spirochate, das deutsche Serum auf
die deutsche Spirochate starker wirkt.
4) Nach diesen Ergebnissen sind die beiden Spirochaten-
stamme, der japanische und der deutsche, ein und dieselbe
15*
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220
Renjiro Kaneko und Seiji Morihana,
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Spezies und zum mindesten auBerordentlich nahe verwandt.
Die quantitativen Unterschiede berechtigen nach unserer
Meinung nicht dazu, die Identit&t der Stfimme zu leugnen,
bedilrfen aber an der Hand eines reichhaltigen Spiroch&ten-
materials der beiden Typen noch weiterer AufklSrung.
5) Die Spirochaeta hebdomadis, der Erreger des „Sieben-
tagefiebers“, ist nach dem Ausfall der Immunit&tsreaktionen
und nach dem serologischen Verhalten von dem deutschen
Spirochfitenstamm der Weilschen Krankheit ebenso ver-
schieden, wie von dem japanischen Stamme. Die Spiroch&te
ist somit von den beiden anderen artverschieden, wenn man
sie auch morphologisch nicht mit Sicherheit unterscheiden kann.
Literatur.
1) Oguro, Ueber die Weilsche Krankheit als endemische Krankheit in
Saga. Tokyo Igakukai Zasahi, Bd. 24, 1910, No. 23.
2) Inado, Ido, Kaneko, Hoki und Ito, Spirochaetosis ictero-haemor-
rhagica. Die Aetiologie, pathol. Anatomie, Pathologie, Symptomatologie,
Diagnose, Prophylaxis und Therapie. Nisshin Igaku, Bd. 5, 1915, No. 1.
3) Inada, ldo, Kaneko, Ho ki, I to, Okuda und Wani, Mitteilung
fiber die Aetiologie, Infektion, Pathologie, Immunitat, Prophylaxis und
8erumbehandlung der Weilschen Krankheit (Spirochaetosis ictero-
haemorrhagica Inada). Mitteilungen aus der med. Fakultat Kyushu,
Bd. 3, 1917, Heft 1.
4 ) Inada und Ido, Eine zusammenfassende Mitteilung fiber die Ent-
deckung des Erregers (eine neue Species Spirochaeta) der Weilschen
Krankheit. Tokyo Ijishinshi, No. 1908, Februar 1915.
5) Uhlenhuth und From me, Ex peri men telle Untersuchungen fiber
die sogenannte Weilsche Krankheit (ansteckende Gelbsucht). Med.
Klinik, 1915, No. 44.
6) -Weitere experimentelle Untersuchungen fiber die sogenannte
Weilsche Krankheit (ansteckende Gelbsucht). 2. Mitteilung. Med.
Klinik, 1915, No. 46.
7) -Zur Aetiologie der sogenannten Weilschen Krankheit (ansteckende
Gelbsucht). Berl. klin. Wochenschr., 1916, No. 11.
8) -Untersuchungen fiber die Aetiologie, Immunitat und spezifische
Behandlung der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Immunitatsf. u.
- exper. Ther., Bd. 25, 1916, u. Bd. 28, 1919.
9) Hubener und Reiter, Beitriige zur Weilschen Krankheit. Deutsche
med. Wochenschr., 1915, No. 43, u. 1916, No. 1.
10)-Die Aetiologie der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Hyg. u.
Infekt., Bd. 81, 1916.
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Untersuchungen iiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 221
11) Ito und Matsuzaki, Ueber die Reinkultur des Erregers, der Spi¬
rochate der sog. Weilschen Krankheit. Tokyo Igakukai Zaeshi, Bd. 29,
1915, No. 23.
12) Oba. Ueber die Reinkultur der Spirochaeta ictero-haemorrhagiae.
Verhandl. d. japan. Kongr. f. innere Med., 1916.
13) Miyaji, Tierexperimente mit Spirochaeta ictero-haemorrhagiae. Ver¬
handl. d. japan. Hyg. Gesellsch.. 1917.
14) Ungermann, Zuchtung der Weilschen Spirochate usw. Arbeiten
a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte, Bd. 51, 1918, Heft 1.
15) Ziilzer, Beitrage zur Kenntnis der Morphologie und Entwicklung
der Weilschen Spirochate. Ebenda.
16) Dietrich, Morphologische und biologische Beobachtungen an der
Spirochate der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Tmraunitatsf. u. ex per.
Ther., Bd. 26, 1917.
17) Martin et Pettit, Spiroch6tose ict/:roh6morragique. Monographic
de l’institut Pasteur, 1919.
18) Noguchi, Spirochaeta icterohaemorrhagiae in American wild rats and
its relation to the Japanese and European strains. Journ. of exp.
Medicine, Vol. 25. 1917.
19) — A comparative study of experimental prophylactic inoculation
against Leptospira icterohaemorrhagiae. Journ. of exp. Med.,
Vol. 28, 1918.
20) — Presence of a leptospira in wild animals in Guyaquil and its relation
to Leptospira icterohaemorrhagiae and Leptospira icteroides. Journ.
of exp. med., Vol. 30, 1919.
21) Inada, Weilsche Krankheit. Fukuoka Ikwadaigaku Zasshi, 1910, No. 1.
22 ) Ido und Warn, EineMitteilung iiber das Studium von „Nanukayami li
(Sicbentagefieber). Igaku Chuo Zasshi, No. 233, 1916.
23) Ido, Ito und Wani, Eine Mitteilung iiber die Entdeckung des Er¬
regers von „Nanukayami“ (Siebentagefieber). Nippon Naika Gakukai
Zasshi, 1917, No. 5.
24) -Spirochaeta hebdomadis, the causative agent of Seven Day
Fever (Nanukayami). Journ. of exp. Med., Vol. 28, 1918, No. 4,
u. Vol. 29, 1919, No. 2.
25) Wani, Ueber die Reinkultur der Spirochaeta ictero-haemorrhagiae
und der Spirochaeta des Siebentagefiebers. Verhandl. d. japan. Kongr.
f. innere Medizin, 1919.
26) Inada und Kaneko, Mitteilung des pathologisch-anatomischen Teils
der Tierexperimente bei der Spirochaetosis ictero-haemorrhagica.
Chugai Ijishimpo, No. 849, 1915.
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222
R. Manninger,
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Nachdruck verboten.
[Mitteilung aus dem Institut flir Seuchenlehre der K. ungar.
Veterinar-Hochschule in Budapest.]
Ueber die antikomplementilre Wirkung der Einhaferseren.
Beitrag zum Hechanismus der antikomplementMren Serumwirkungen.
Von Privatdozent Dr. R. Manninger.
(Eingegangen bei der Redaktion am 27. August 1920.)
Die Sera von Pferden, Maultieren und Eseln verhalten sich
ira frischen Zustande ganz besonders stark antikomplementUr,
so daB Einhuferseren nur durch vorheriges Erhitzen zur
Komplementbindungsprobe geeignet gemacht werden kOnnen.
Hinsichtlich der St&rke dieser Eigenhemmung bestehen zwischen
den Seris der Pferde, Maultiere und Eseln nicht unerhebliche
Unterschiede. Pferdesera k6nnen namentlich meist schon
durch Vj-stGndige Einwirkung einer Temperatur von 56° der
antikomplementaren Wirkung beraubt werden; ausnahmsweise
gelangen aber auch Pferdesera zur Untersuchung, deren Eigen¬
hemmung diesem Temperaturgrad standh< und erst durch
Vj-stiindiges ErwSrmen auf 60° ausgeschaltet wird. Noch
ausgesprochener antikomplement&r wirken die Maultier- und
Eselsera. Wohl kann ein Teil der Maultierseren durch
^j-stflndiges Erhitzen auf 60° inaktiviert werden, in der Mehr-
zahl der FSlle geniigt jedoch bei der Untersuchung von
Maultierseren dieser Temperaturgrad nicht und insbesondere
ist es unmoglich, bei Eselseris mit dieser Temperatur aus-
zukommen. Es herrschte demnach eine geraume Zeit die
Ansicht, daB Maultier- und Eselsera zur Untersuchung mit
der klassischen Komplementbindungsprobe ungeeignet sind.
Neuerdings haben jedoch Rudolf 1 ) und Bauer*) den Nach-
weis erbracht, daB nach 30—40 Minuten langem Erw&rmen
auf 63—64° auch diese Sera ihre antikomplementare Funktion
einbiiBen.
1) Berl. tieriirztl. Wochenschr., 1918, p. 371.
2) Kozlem^nyek az osszehasonlit6 61et-& k6rtan kordbtfl (ungarisch),
Bd. 15, 1919, p. 23.
Origirval from
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Ueber die antikomplementilre Wirkung der Einhuferseren. 223
Betrachtet man somit als Mafistab der antikomplement&ren
Wirkung der Seren ihre Widerstandsffihigkeit gegeniiber den
Inaktivierungstemperaturen, so l9.Bt sich binsichtlich der anti-
komplement&ren Wirkung der Einhuferseren die nachstehende
Reikenfolge aufstellen. Am wenigsten hemmen im allgemeinen
die Pferdesera (Inaktivierungstemperatur meist 56°), von denen
aber einzelne (Inakt.-Temp. 60°) einen Uebergang bilden zu
den Maultierseris. Manche Maultiersera wirken weniger
(Inakt-Temp. 60°), andere auffallend stark antikomplement&r
(Inakt.-Temp. 63—64°). Ausnahmslos stark antikomplementftr
verhalten sich die Eselsera (Inakt.-Temp. 63—64°).
Es war von Interesse, die Frage nSher zu untersuchen,
worin die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens liegt. Es
schien von vornherein unrichtig, fiir die Eigenhemmung der
Einhuferseren besondere, in anderen nicht Oder nur wenig
antikomplementSr wirkenden Seris etwa nicht vorhandene
Stoffe verantwortlich zu machen. Erstens haben namlich die
Versuche von U. Friedemann 1 ) fiber die Theorie der
Wassermannschen Reaktion darauf hingewiesen, daB die
Globuline, also normale Bestandteile des Menschenserums,
unter Umst&nden ganz besonders stark antikomplement&r
wirken kbnnen, und dann ist fiir das sonst iiberhaupt nicht
antikomplementare Meerschweinchenserum der Nachweis er-
bracht worden, daB durch verschiedene Eingriffe der Zustand
der Globuline derart verSndert werden kann, daB das Serum
nunmehr antikomplementare Eigenschaften annimmt (siehe
weiter unten).
Auf Grund dieser Tatsachen, sowie in Anbetracht des
relativ hohen Globulingehaltes des Pferdeserums (fiir Maultier-
und Eselsera fand ich keine Analysen vor) kam ich auf den
Gedanken, die Ursache der verschieden starken antikomplemen-
taren Wirkung der Einhuferseren in ihrem etwa verschiedenen
Globulingehalt zu suchen und in dem abweichenden Verhalten
gewisser Pferdesera von der Norm eher den Ausdruck von
Verschiedenheiten im Stoffwechsel, als eine atavistische Er-
scheinung [Schiitz und Waldmann 2 )] erblicken zu miissen.
1) Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67. 1910, p. 279.
2) Archiv f. wis6. u. prakt. Tierheilkunde, Bd. 40, 1914, p. 503.
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224
E. Manninger,
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Zunkchst sucbte ich demgemaC einen Zusammenhang
zwischen der antikomplementaren Wirkung der Seren und
ihrem Globulingehalt. Eine weitere Fragestellung war die,
worauf die Tatsache zurttckzuffihren sei, daB die Sera durch
Erhitzen ibrer antikomplementaren Funktion beraubt und
daher zur Untersuchung mit der Komplementbindungsprobe
geeignet gemacht werden kbnnen.
I. Die antikomplementare Wirkung ais Globulinfunktion.
In Vorversuchen bestimmte ich an einer grOBeren Anzahl
von Pferde- und Maultierseris die Wirkung verschiedener
Temperaturen auf den antikomplementaren Effekt der be-
treffenden Seren und w&hlte zur eingehenderen Analyse zwei
Pferdesera, von denen das eine bei 56°, das andere erst bei
60° inaktiviert werden konnte, ferner zwei Maultiersera, von
denen das eine bei 60°, das andere dagegen nur bei 64° die
Eigenhemmung verloren hat, und schlieBlich ein Eselserum,
dessen antikomplementare Eigenschaft durch die Einwirkung
von 60° noch nicht zum Schwinden gebracht, dagegen durch
die Temperatur von 64° aufgehoben wurde.
Mit dem Verarbeiten dieser Seren wurde immer bereits
24 Sunden nach dem AderlaB begonnen. Von den Seris
wurden Proben, auf das Zweifache mit physiologischer Koch-
salzlbsung verdflnnt 1 ), in mit Gummipfropfen gut verschlossenen
Reagenzgiasern teils unerhitzt belassen, teils je 1 / i Stunde
lang in 50-, 55-, 60- und 65°-igem Wasserbade gehalten.
Dann bestimmte ich die antikomplementare Wirkung der
einzelnen Proben auf folgende Weise: Es wurden von den
Serumproben absteigende Mengen (von 1,0 bis 0,001 ccm)
mit je einer Einheit Komplement, d. i. jener kleinsten Menge
Meerschweinchenserum vermischt, die eben ausreichte, urn
1 ccm 5-proz. Hammelblutkflrperchenaufschwemmung in An-
wesenheit von 2 Einheiten Hamolysin komplett zu losen.
Dann wurden die Rohrchen mit physiologischer Kochsalzlosung
auf je 3 ccm aufgefflllt und 20 Minuten lang im Wasserbade
bei 40° gehalten. Nach dieser Frist gab ich in jedes Rbhrchen
1) Die Verdiinnung war notwendig, da son at das Erhitzen auf 65 “
der Gerinnung wegen nicht moglich gewesen ware.
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Ueber die antikomplementire Wirkung der Einhuferseren. 225
1 ccm 5-proz. Hammelblutkorperchenaufschwemmung und
1 ccm 2 Einheiten euthaltende Hamolysinlosung und stellte
die Rohrchen auf weitere 20 Minuten in das Wasserbad.
Nach Ablauf dieser Zeit bestimmte ich in den einzelnen
Rohrchen den Grad der H&molyse bzw. dessen reziproken
Wert, die Starke der Eigenhemmung. AuBer diesen Rohrchen
warden selbstverst&ndlich auch Kontrollproben angesetzt, urn
die tadellose Beschaffenheit der bei der H&molyse beteiligten
Faktoren zu priifen.
Ferner bestimmte ich bei jedera Serum den Gesamt-
eiweiBgehalt sowie die Menge der durch fraktionierte Aus-
f&llung mit Ammonsulfat erhaltenen Globulin- und Albumin-
fraktionen und berechnete aus den erhaltenen Werten den EiweiB-
quotienten des betreffenden Serums |EiweiBquotient=
Albumin
Globulin
Um den EinfluB der Albumin- und Globulinfraktionen
auf die Eigenhemmung des Serums gesondert untersuchen zu
kQnnen, stellte ich durch fraktionierte Ausfallung mit Ammon¬
sulfat Albumin- und Globulinldsungen her. Zu diesem
Zwecke wurden je 50 ccm Serum mit der gleichen Menge
konzentrierter Ammonsulfatliisung versetzt und der entstandene
Niederschlag auf einem Papierfilter gesammelt. Der Nieder-
schlag wurde mit halbkonzentrierter Ammonsulfatl5sung so
lange gewaschen, bis das Waschwasser eiweiBfrei ablief. In
das gesammelte Filtrat gab ich dann so viel fein gepulvertes
Ammonsulfat, daB eine konzentrierte Losung entstand, worauf
die Albuminfraktion ausfiel. Der Albuminniederschlag wurde
dann ebenfalls auf ein Papierfilter gebracht und mit kon¬
zentrierter Ammonsulfatlosung gewaschen. Beide Fraktionen
lieB ich dann in etwas Wasser gelost in Dialysierschl&ucheu
3 Tage lang gegen flieBendes Wasser dialysieren. Nach dieser
Zeit verdiinnte ich die Losungen, von denen die Globulin-
I5sung mittlerweile wieder trube geworden ist, mit destillierteiu
Wasser auf je 100 ccm. SchlieBlich wurden die Losungen
durch Hinzufiigen von je 0,85 g NaCl isotonisch gemacht.
Auf diese Weise erhielt ich klare Losungen, die prozentisch
ebensoviel Albumin bzw. Globulin enthielten, wie das auf
das Zweifache mit physiologischer KochsalzlSsung verdiinnte
Serum.
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226
R. Manninger,
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Die Albumin- und Globulinlosungen wurden dann ebenso
weiter behandelt, wie die verdiinnten Sera. Sie wurden
ebenfalls in je 5 Proben verteilt und je eine Probe unerhitzt
belassen, die anderen vier dagegen auf 50, 55, 60 und 65°
erhitzt und dann bestimmte ich auf ahnliche Weise, wie bei
den Seris, den antikomplementaren Effekt der Albumin- und
Globulinfraktionen.
Untersuchungsergebnisse.
Pferdeserum B.
Das Serum stammte von einer gesunden Stute und ent-
hielt in 100 ccm 8,48 g EiweiB, wovon 3,54 g auf Albumin
und 4,94 auf Globulin entfiel. Der EiweiBquotient hatte
demnach die Gr6Be von 0,72.
Tabelle I 1 )-
Pferdeserum B. EiweiBquotient = 0,72.
Mit physiolog. Koch-
salzldsung aa verdiinn-
tes Serum erhitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
—
—
_
+ +
+ + + +
+ + + +
50°
—
—
+ +
+ + + +
+ + + +
55°
—
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
60°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
65°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
Das Serum wirkte in frischem Zustande (Tabelle I) noch
in der Menge von 0,2 ccm deutlich antikomplementar. Die
Erhitzung auf 50° hatte uberhaupt keinen EinfluB auf den
Grad der antikomplementaren Wirkung, dagegen verhielt sich
das auf 55° erhitzte Serum selbst in der Menge von 0,4 ccm
(auf das unverdiinnte Serum bezogen in der Menge von 0,2 ccm)
nicht mehr antikomplementar, so daB dieses Serum zur Unter-
suchung mit der Komplementbindungsprobe bereits durch
diesen Eingriff geeignet gemacht wurde. Durch die Erwarraung
auf 60— 65° wurde die antikomplementare Wirkung dermaBen
ausgeschaltet, daB selbst die Menge von 1,0 ccm keine Eigen-
hemmung mehr zeigte.
1) Hamolyse: + + + + komplett, + + + fast komplett, -f+ in-
komplett, + in Spuren.
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 227
Pferdeserum 514.
Das Serum stammte von einem Pferde mit akuten rotzigen
Veranderungen und enthielt in 100 ccm 9,14 g EiweiB, und
zwar 3,40 g Albumin und 5,74 g Globulin. Eiweifiquotient=0,59.
Tabelle II.
Pferdeserum 514. Eiweifiquotient = 0,59.
Mit physiolog. Koch-
salzliisung aa verdiinn-
tes Serum erhitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
—
_
_
+
+ +
+++ +
50°
—
—
—
—
+ +
+ + +
+ + 4 4-
55°
—
—
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
60°
+ + + +
+ + -+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
65°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
Wie aus Tabelle II ersichtlich, wurde die Eigenhemmung
des Serums, die im unerhitzten Serum ganz besonders stark
ausgeprfigt war, erst durch die Erw&rmung auf 60° so weit
ausgeschaltet, daB eine Untersuchung des Serums mit der
Komplementbindungsprobe moglich gewesen ware. Das Er-
hitzen auf 55° beeinfluBte die antikomplementare Wirkung
nur insoweit, als 0,1 ccm des nicht verdfinnten Serums keine
Eigenhemmung mehr zeigte, dagegen die Menge von 0,2 ccm
die Lyse noch komplett hemmte.
Maultierserum IV.
Das Serum stammte von einer gesunden Maultierstute
und enthielt in 100 ccm 7,84 g EiweiB, wovon 3,12 g auf
Albumin und 4,72 g auf Globulin entfiel. Eiweifiquotient
demnach = 0,66.
• Tabelle III.
Maultierserum IV. Eiweifiquotient = 0,66.
Mit physiolog. Koch-
salzl68ung aa rerdiinn-
tes Serum erhitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
_
_
_
—
1
+ +
++++
50°
—
—
—
—
—
+ +
++++
55“
—
—
—
+ +
+ + + +
+ + + +
++++
60°
—
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
4- + + +
++++
65“
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
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228
R. Manninger,
Die antikomplementare Wirkung des Serums wurde durch
das ErwSrmen auf 50° iiberhaupt nicht, durch ein solches auf
55° nur wenig beeinflufit. Dagegen hatte nach der Ein wirkung
des 60°-igen Wasserbades selbst die Menge von 0,4 ccm (auf
das unverdflnnte Serum bezogen die Menge von 0,2 ccm)
keine antikomplementare Wirkung mehr, so daB bei diesem
Serum dieser Eingriff fiir praktische Zwecke genfigte. Bei
65° wurde dann die Eigenhemmung derart beeinfluBt, daB
selbst die Menge von 1,0 ccm keinen EinfluB auf die Hamolyse
ausiibte (Tabelle III).
Maultierserum II.
Das Serum stammte von einem Maultier, das an epizoo-
tischer Lymphangioitis litt, und enthielt in 100 ccm 8,12 g
EiweiB, und zwar 2,12 g Albumin und 6,00 g Globulin. EiweilS-
quotient = 0,35.
Tabelle IV.
Maultierserum II. EiweiSquotient 0,35.
Mit physiolog. Koch-
salzlosung aa verdiinn-
1,0
0,4
0,2
1
| 0,1
0,04
0,02
0,01
0,004
tee Serum erhitzt auf
50°
|
-
—
—
—
1
+ + + +
—
—
■f
+ + + +
55°
- J
—
—
+
+ +
! + + ++;
++++
+ + + +
60°
- |
+ +
+ + +
++++:
+ + + +
+ + +
+ + + + ;
! + + + +
65 u
4- +
+ + + +
+ + + +
++++
+ + + +
+ + + + 1
+ + + +
Das Serum hemmte im unerhitzten Zustande starker die
Hamolyse, als das Maultierserum IV. Die Einwirkung hSherer
Temperaturen hatte dementsprechend auch eine geringere
Wirkung. Es wurde namlich die Eigenhemmung durch das
Erwarmen auf 60° nur so weit ausgeschaltet, daB 0,1 ccm keine
antikomplementare Wirkung mehr besaB, durch 65° wurde
jedoch die Eigenhemmung bereits derart abgeschwacht, daB
die Untersuchung des Serums mit der Komplementbindungs-
probe mSglich war (Tabelle IV).
Eselserum A. K.
Das Serum stammte von einem gesunden Esel. Der EiweiB-
gehalt von 100 ccm Serum betrug 8,06 g, wovon 1,62 g auf
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 229
Albumin und 6,44 g auf Globulin entfiel. Der EiweiBquotient
betrug demnach 0,25.
Tabelle V.
Eselserum A. K. Eiweifiquotient = 0,25.
Hit physiolog. Koch-
■alziosung aa verdiinn-
tea Serum erhitzt auf
1,0
0,4
D
D
0,01
0,00-4
_
_
_
_
_
+
++
+++ +
50°
—
—
—
—
—
+
+++
+++ +
55°
—
—
—
—
+
+++
++++
+++ +
60°
—
—
—
+
++++
++++
++++
+ + + +
65°
+
+ + + +
+ + + +
++++
++++
++++
++++
++++
Das Verhalten des Serums nach dem verschieden starken
Erwarmen ist im grofien und ganzen ahnlich dem des Maul-
tierserum II (Tabelle V). Auch in diesem Serum wurde die
eigenhemmende Wirkung erst durch Erhitzen auf 65° praktisch
aufgehoben.
Vergleicht man nun das Verhalten dieser Seren mit den
Aenderungen in der antikomplementaren Wirkung der aus
ihnen hergestellten Globulinlosungen nach verschieden starken
thermischen Einflflssen, so ergibt sich, daB die Globulin-
lbsungen ungefahr ebenso stark antikomplementar wirken, wie
die ursprfinglichen Sera selbst, und daB das Schwinden der
Eigenhemmung in den Globulinlfisungen infolge des verschieden
starken Erhitzens fast parallel mit dem der Seren vorwarts-
schreitet (Tabellen VI—X). Dagegen wirken die Albumin -
fraktionen der betreffenden Seren uberhaupt nicht anti¬
komplementar, ja sie fibten eher einen fSrdernden EinfluB auf
die Hamolyse aus.
TabeUe VL
Globulinlosung aus dem Serum von Pferd B.
Globulinlosung
erhitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
_
_
_
+
+ + +
+ + + +
50°
—
—
+
+ + + +
55°
+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
60°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + -P +
65°
+ + + +
+ + -F +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
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230
R. Manninger,
Digitized by
Tabelle VII.
Globulinldsung aus dem Serum von Pferd 514.
Globulin-
ldsung er-
hitzt aui
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
___
_
_
_
_
_
+ +
+++ +
50°
—
—
—
—
+
+ +
++++
55°
—
—
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
60°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
65°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
Tabelle VIII.
Globulinldsung aus dem Serum von Maultier IV.
Globulin¬
ldsung er-
hitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
_
_
_
_
_
_
+ +
++++
50°
—
—
—
—
—
+ +
++ + +
55°
—
—
—
+
+ + + +
+ + + +
++++
60°
—
+ + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + -F
65°
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
TabeUe IX.
Globulinldsung aus dem Serum von Maultier II.
Globulin¬
ldsung er-
hitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
0,004
_
__
_
_
_
_
_
+ + + +
60°
—
—
—
—
—
—
—
+ + + +
55°
—
—
—
—
+ +
+ + + +
++++
+ + + +
60°
—
+
+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
65°
+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
+ + + +
Tabelle X.
Globulinldsung aus dem Serum von Esel A. K.
Globulin¬
ldsung er-
hitzt auf
1,0
0,4
0,2
0,1
0,04
0,02
0,01
0,004
_
_
_
_
_
_
_
++
+ + + +
50°
—
—
—
—
—
—
++
+ + + +
55°
—
—
—
—
—
+ + + +
++++
+ + + +
60°
—
—
—
—
+ + + +
+ + + +
++++
+ + + +
65°
+ +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
++++
+ + + +
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 231
Aas diesen Erfahrungen folgt somit, daB die anti¬
komplementare Wirkung der Einhuferseren eine
Funktion der in ihnen enthaltenen Globuline ist.
Auf die Bedeutung des EiweiBquoti’enten fQr die antikom¬
plementare Wirkung der Seren werden wir noch zurGck-
kommen.
Steht nun fest, daB die antikomplementare Wirkung der
Einhuferseren nur eine Folge der in ihnen enthaltenen Glo¬
buline ist, so kSnnte der Mechanismus der Eigenhemmung,
a priori betrachtet, entweder als ein chemischer oder ein
physikalischer Vorgang gedacht werden. FQr die Mfiglichkeit
einer chemischen Einwirkung der Globuline auf irgendeinen
Bestandteil des Komplementes spricht jedoch keine einzige
positive Erfahrung, die wir bisher Qber die antikomplemen-
tQren Serumwirkungen besitzen, dagegen laBt sich die An-
nahme eines physikalischen Vorganges zwischen den Glo-
bulinen und dem „Komplement u mit verschiedenen Tatsachen,
die wir weiter unten noch berQhren werden, recht gut ver-
einbaren. Namentlich ist in dieser Beziehung an Adsorptions-
wirkungen zu denken, wie denn unter anderen auch Schmidt
und Liebers 1 ) z. B. bei der SchQttelinaktivierung des Meer-
schweinchenserums das Schwinden der Komplementfunktion
auf die adsorbierende Wirkung der neu entstehenden Globulin-
oberflachen zurQckfQhren.
DaB es sich bei der antikomplementaren Wirkung der
Einhuferseren und der aus ihnen hergestellten Globulin-
lSsungen tatsachlich um Adsorptionserscheinungen handelt,
trachtete ich durch besondere Versuche zu beweisen, in denen
ich die quantitativen Beziehungen zwischen der angewendeten
Komplementmenge und dessen adsorbiertem Anteil festzustellen
versuchte. Zu diesem Zwecke mischte ich konstante Mengen
von Seren und GlobulinlQsungen mit variierenden Mengen
von Meerschweinchenkomplement und bestimmte dann, wie-
viel Komplement durch die betreffenden globulinhaltigen
LQsungen unwirksam gemacht worden ist. Einer dieser gleich-
sinnig verlaufenen Versuche sei kurz mitgeteilt.
1) Zeitachr. f. Immunitataf., Bd. 19, 1913, p. 373.
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232
B. Man ninger,
Tabelle
Kom-
plement-
einheiten
Zur Komplement- + Globulinlosung wurden ccm
0,1
0,25
0.50
0,75
1,0
1,25
1,50
1
+
_
_
f
:
•
2
+ + + +
+ + + +
+ +
+
—
—
3
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + +
+ +
+ +
4
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
5
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + -(- +
+ + + +
6
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + + +
+ + 4- +
+ + + +
+ + + +
Es wurde in eine Anzahl von Rbhrchen je 1 ccm 1-proz.
Pferdeglobulinlbsung gemessen. Die Rbhrchen wurden dann
in 6 Serien geteilt und in jedes Rbhrchen je einer Serie
kamen konstante Mengen, und zwar 1, 2, 3, 4, 5 bzw. 6 Ein-
heiten Komplement. S&mtliche Rbhrchen stellte ich dann,
nachdem ihr Inhalt mit physiologischer Kochsalzlbsung auf je
3,0 ccm aufgefflllt wurde, auf 20 Minuten in ein Wasserbad
von 40°. Nach dieser Zeit versetzte ich die Rbhrchen jeder
Serie unter Zuhilfenahme einer 5- bzw. 10-proz. sensibilisierten
Hammelblutk5rperchenauf8chwemmung mit steigenden Mengen
von ambozeptorbeladenen roten Blutkorperchen und zwar so,
daB in jeder Serie Rbhrchen waren, die in einem Gesamt-
volumen von 5 ccm 0,1, 0,25, 0,50, 0,75, 1,0 usw. ccm 5-proz.
Blutkbrperchenaufschwemmung entsprechende Mengen von
Erythrocyten enthielten. (Die Versuchsanordnung ergibt sich
aus Tabelle XI.)
Innerhalb je einer Serie war folglich der Komplement-
gehalt konstant, dagegen wechselte die Menge der nachher
hinzugefflgten sensibilisierten Hammelblutkbrperchen. Nun
kamen die Rohrchen fbr weitere 20 Minuten in das Wasser¬
bad. Nachher stellte ich innerhalb der einzelnen Serien jene
groBte Menge der Blutaufschwemmung fest, die eben noch
komplett gelost wurde. Da zur glatten Lbsung von 1 ccm
5-proz. Blutaufschwemmung eben eine Einheit Komplement
genQgte, so zeigte die groBte, noch eben gelbste Blutkbrperchen-
menge den wirksam gebliebenen Teil (c,) des Komplementes
an, und folglich lieB sich aus der angewandten Komplement-
menge (c) und diesem noch aktiven Teile des Komplementes
(c,) durch Substrahieren die Menge des inaktiv gewordenen
i
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URBANA-CHAMPAI6N
Ueber die antikomplement&re Wirkung der Einhuferseren. 233
XI.
5-proz. sensibilisierter Blutkorperchenemulsion hinzugefiigt
1,75
2,00
2,25
2,50
2,75
3,0
3,5
4,0
+ + +
+ + + +
+ + + +
+ + +
+ + + +
+ + + +
+ +
+ + +
+ + + +
+ +
+ + +
+ + + +
+ +
+ + + +
+ +
+ + + +
+
+ + +
•
•
+ + +
Komplementanteils (c t ) berechnen. Auf diese Weise wurden
fGr Cx und c, folgende Werte erhalten (Tabelle XII).
Tabelle XII.
c
c .
c.
^•100
c
1
>0,9
<0,1
>90
2
1,75
0,25
87
3
2,25
0,75
75
4
2,50
1,50
63
5
2,75
2,25
55
6
3,00
3,00
50
Aus diesen Zahlen folgt, daBje mehr Komplement
mit derselben Glob ulinlGsun g vermischt wird,
des to mehr Komplement unwirksam gemacht wird.
Die absolute Menge des inaktivierten Komplementteiles nimmt
folglich mit steigender Komplementmenge zu. Demgegenflber
verringert sich aber das Verhaltnis des inaktiv gewordenen
Komplementanteiles zur angewandten ganzen Komplement¬
menge. Die verwendete Globulinlfisung machte demnach in
einer schwScheren KomplemcntlSsung verh<nism&Big mehr
Komplement unwirksam, als in einer konzentrierteren. Diese
Tatsache spricht schon an sich sehr fOr eine Adsorptions-
erscheinung. Noch klarer tritt die Wahrscheinlichkeit einer
Adsorptionswirkung hervor, wenn man die Logarithmen von
Cj als Funktionen der Logarithmen von c, in ein Koordinaten-
system eintrSgt. Man erhalt n&mlich auf diese Weise eine
fast gerade Linie, fGr die die Formel
0,23
c x = 2,37 • Cj
mit ziemlicher Genauigkeit gGltig ist. Die experimentell ge-
fundenen und die aus den Werten von q fGr c, mit Hilfe
ZeiUchr. f. ImmnnlUUfonchnng. Orig. BA. 31. 16
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234
A. Manninger,
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tier bezeichneten Formel berechneten Werte stiramen nahezu
Qberein (s. Tabelle XIII); die Abweichungen diirften auf die
nicht unerheblichen Versuchsfehler bezogen werden. Da nun
filr die tjpischen Adsorptionsvorgange im allgemeinen ganz
Shnliche Forraeln giiltig sind, wie die hier erorterte, so kann
auf Grund dieser quantitativen Verh<nisse angenommen
werden, daB auch die antikomplementfire Wirkung
der Sera, namentlich der Serumglobulinfraktion,
auf der Adsorption irgendeiner Komplement-
funktion beruht.
Tabelle XIII.
c
c, gef.
c, gef.
c, berechn.
1
ca. 1,0
ca. 0
0
2
1,75
0,25
0,25
3
2,25
0,75
0,81
4
2,50
1,50
1,4
5
2,75
2,25
2,1
6
3,00
3,00
3,2
Eine weitere Frage ist nun, welcher Bestandteil des Kom-
plementes durch die Globulinteilchen adsorbiert wird. Soweit
man aus drei eindeutig verlaufenen Versuchen urteilen darf,
ist die adsorbierte Substanz im Endstflck des
Meerschweinchenkomplementes enthalten. Ich
machte n&mlich die Beobachtung, daB die Restitution
der Komplementfunktion durch das Endstflck
immer gelingt, dagegen mit dera Mittelstflck entweder
gar nicht oder nur sehr unvollkommen. Es bestehen daher
hier genau solche Verhaltnisse, wie bei der Schtittelinaktivierung
des Meerschweinchenserums, dessen Reaktivierung ebenfalls
durch das Endstflck prompt, dagegen durch das Mittelstflck
nicht oder nur teilweise gelingt (Schmidt und Liebers.
1. c.).
Nach dem Gesagten ist somit die antikomplementare
Wirkung der Einhuferseren in der komplementadsorbierenden
Eigenschaft der Globuline zu erblicken. Abgesehen vom
Mengenverhaitnis der Globuline im Serum kommt es in erster
Linie darauf an, welchen Dispersitatsgrad die Globuline be-
sitzen. Es ist namentlich daran zu denken, daB nicht jedes
Globulinteilchen gleichstark adsorbiert, sondern nur diejenigen
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 235
pi dieser Hinsicht wirksam sind, die eine optiraale Oberflfiche
besitzen. Hat ein Globulinteilchen eine zu kleine oder zn
groBe OberflSche, so wird es den betreffenden Bestandteil des
Komplementes nicht auf der Oberflache konzeutrieren, ad-
sorbieren konnen.
In dieser Auffassung werden wir bestarkt durch dieVer-
suche der Sachsschen Schule und anderer Forscber, die nach-
gewiesen haben, daB das Meerschweinchenserum, wie schon
erwahnt, durch verschiedene Eingriffe, die eventuell auch mit
einer Trflbung, d. i. mit einer Verminderung der Globulin-
dispersitat einhergehen, deutlich antikomplementar gemacht
werden kann. So haben vorerst Sachs und Ternuchi 1 )
gezeigt, daB das Meerschweinchenserum nach Verdtinnen mit
Wasser antikomplementare Eigenschaften anniramt. Es wurde
ferner nachgewiesen, daB die Komplementfunktion des Meer-
schweinchenserums erlischt, wenn es mit Bakterien [Sachs
und Ritz 2 )], mit Kaolin, Agar-Agar und anderen Suspensionen
[Hirschfeld und Klinger 8 )] oder mit Kobragift [Sachs,
Omorokow und Ritz 4 )] verraischt oder langere Zeit hin-
durch geschuttelt wird [Jacoby und Schdtze 5 ), Schmidt
und Liebers 6 ), Hirschfeld und Klinger 7 ) u. a.].
Fur alle diese Arten der Komplementinaktivierung wird
angenommen [Sachs und Mitarbeiter 8 ), Schmidt und
Liebers, Hirschfeld und Klinger], daB durch diese
verschiedenen Eingriffe eine primare VerSnderung der Serum-
globuline bedingt wird, die in einer Verminderung des
Dispersitatsgrades besteht, derzufolge die nunmehr grSber ver-
teilten Globuline mit dem Komplement durch physikalische
Einfliisse reagieren.
Die Globuline des Meerschweinchenserums, die sich in
normalem Zustande ganz anders verhalten, als die Globuline
1) Berl. klin. Woohenschr., 1907, No. 16, 17, 19.
2) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1918, p. 483.
3) Ebenda, Bd. 21, 1914, p. 40.
4) Ebenda, Bd. 10, 1911, p. 285. — Bd. 11, 1911, p. 710. — Bd. 13,
1912, p. 62. — Bd. 15. 1912, p. 145.
5) Ebenda, Bd. 4, 1910, p. 730.
6) Ebenda, Bd. 15, 1912, p. 145.
7) Ebenda, Bd. 21, 1914, p. 40.
8) Kolloidzeitechr., Bd. 24, 1919, p. 113.
16 *
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der Einhuferseren, kbnnen demnach durch die geschilderten
Eingriffe in einen Shnlichen Zustand gebracht werden, in dem
sich die Globuline der Einhuferseren bereits normalerweise
befinden. Jedoch darf im Meerschweinchenserura die Herab-
setzung der Globulindispersit&t einen optimalen Grad nicht
flberschreiten, da sonst die komplettierende Eigenschaft des
Serums erhalten bleibt. Dieser Fall tritt ein, wenn die ent-
standene Trflbung z. B. nach Wasserverdflnnung einen der-
artigen Grad erreicht, daB es zu sichtbaren Flockungen kommt.
Aus diesen Tatsachen wird man wohl die Schludfolgerung
ableiten dfirfen, dad die antikomplementare Wirkung
eines Serums an eine ganz bestimmte Oberfl&che
der in ihm enthaltenen Globulinteilchen ge-
knilpft ist.
Eine Globulinlfisung wird desto bestfindiger sein, je feiner
in ihr das Globulin verteilt ist. Nun ist es eine alte Erfahrung,
dad die Sera von Einhufern, im Gegensatz zu dem Meer-
schweinchenserum, mitunter schon nach 24—48 Stunden an-
fangen sich zu trQben und nach einigen Tagen einen deut-
lichen, aus Globulinen bestehenden Bodensatz erkennen lassen.
Diese Erfahrung beweist, dad die Globuline der Einhuferseren
besonders labil sind, folglich in ihren „L5sungen“, z. B. im
Serum, ziemlich grob verteilt sind und in dieser Hinsicht,
wenn auch vielleicht keine Suspensionen, jedenfalls aber
irgendeinen Uebergang von den typischen Emulsoiden zu den
suspensoidartigen Kolloiden darstellen 1 ). Da die Albumine
stabile Emulsoide sind, so kbnnen sie die Stabilisierung, also
den Dispersitatsgrad der Globuline beeinflussen (siehe auch
Friedemann, 1. c.). Nun enthalten die Einhuferseren ver-
haltnismaBig wenig Albumin, so dad die Globuline nicht ge-
nflgend stabilisiert werden kbnnen und daher „Losungen“
bilden, in denen der Dispersit&tsgrad der Globuline eben den
optimalen Bedingungen fiir die Adsorption einer Komplement-
funktion entspricht.
In dieser Beziehung sei auf die Eiweid-, Albumin- und
Globulinwerte hingewiesen, die bei den schon ausfilhrlich be-
sprochenen Versuchen erhalten wurden. In Tabelle XIV sind
1) Vgl. auch Bel&k, Biochem. Zeitschr., Bd. 90, 1918, p. 96.
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 237
Tabelle XIV 1 ).
Herkuo ft
Diagnose
100 ccm
Serum enthielten
Eiweifi-
Inaktivie-
des Serums
Eiweifi
g
Albumin
g
Globulin
g
quotient
rungstem-
peratur
Pferd B
Gesund
8,48
3,54
4,94
0,72
55“
Pferd 758
ft
9,30
3,82
5,48
0,70
55°
Pferd 709
Pneumonia crouposa
6,12
2,52
3,60
0,70
55 •
Maultier IV
Gesund
7,84
3,12
4,72
0,66
60°
Maultier 753 b
Pferd 514
Lymphangitis epizootica
Malleus
7,40
9,14
2,84
3.40
4,56
5,74
0,62
0,59 1
60*
60®
Pferd 757
Dceubitus
8,68
2.92
5.76
0,51
60®
Pferd 735
Pneumonia croupoea
8,86
2,96
5,90
0,50 !
60®
Maultier 753 a
Lymphangitis epizootica
8,64
2,50
6,14
0,41
65®
Eael A
Gesund
9,81
2,70
7,11
0,38 1
65®
-Maultier I
Lymphangitis epizootica
8,12
2,12
6,00
0,35
65®
Eael A. K.
Gesund
8,06
1,62
6,44
0,25 1
65®
femer auBer diesen Analysen noch weitere mitgeteilt. Aus
den Daten der Tabelle folgt, daB in Seris mit starkerer Eigen-
hemmung im allgemeinen wohl auch die absolute Menge der
Globuline groBer sein kann, als in Seris mit geringerer anti-
komplementiirer Wirkung, doch weist der absolute Globulin-
gehalt der Seren keinen so weit gehenden Parallelismus mit der
antikomplementSren Wirkung auf, wie der EiweiBquotient-
Es w i r d demnach die GroBe der Eigenhemmung
nicht durch die absolute Menge der Serum-
globuline bedingt, sondern durch den EiweiB-
quotienten, d. i. durch das Verhaltnis des Albumin-
gehaltes zu der Menge der im Serum euthaltenen
Globuline. Nimmt man als MaB der antikomplement&ren
Wirkung eines Serums die Widerstandsf&higkeit der Eigen¬
hemmung gegentiber hoheren Temperaturen an, so ergibt sich
aus den Daten der Tabelle XIV, daB, wenn das Verhaltnis
der Albumine zu den Globulinen, d. h. der EiweiBquotient
des Serums 0,70 oder dariiber ist, das Serum bei 55° in-
1) In die letzte Spalte (Inaktivierungstemperatur) sind jene Temperatur-
grade eingetragen, durch deren halbstiindige Einwirkung das betreffende
Serum zum Anstellen der Komplementbindungsprobe geeignet gemacht
werden konnte, durch die daher eine wenigstens so starke Beeinflussung
der Eigenhemmung erzielt wurde, dafi 0,2 ccm des unrerdiinnten Serums
keine antikomplementare Wirkung mehr entfaltete.
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aktiviert werden kann, das Serum folglich eine verhaltnism&Big
geringe Eigenhemmung besitzt. 1st der Wert des EiweiB-
quotienten kleiner als 0,70, jedoch grSBer als 0,41, so wird
die antikomplementare Wirkung bei 55° noch nicht, dagegen
bei 60° so weit ausgeschaltet, daB das Serum, wenigstens in
der Menge von 0,2 ccm, nicht mehr die Hfimolyse hemmt,
daher ffir die Komplementbindungsprobe geeignet gemacht
wird. Sera mit einem EiweiBquotienten von 0,41 oder darunter
werden selbst durch die Einwirkung von 60° nicht ihrer anti-
komplement&ren Wirkung beraubt; solche Sera miissen bei
hfiheren Temperaturen inaktiviert werden.
Aus der Tabelle folgt weiterhin, daB in der ersten Gruppe
(EiweiBquotient = 0,70 oder dariiber) nur Pferdesera vertreten
sind; dagegen finden sich in der zweiten Gruppe (EiweiB¬
quotient = 0,66—0,50) sowohl Pferde- als auch Maultiersera
und die dritte Gruppe (EiweiBquotient = 0,41 oder weniger)
umfaBt nur Maultier- und Eselsera.
Soweit aus diesen 12 Analysen gefolgert werden darf, ist
mithin der EiweiBquotient als MaBstab der eigenhemmenden
Wirkung der Einhuferseren zu betrachten. Da jedoch die
EiweiBquotienten eben das relative Verhkltnis der Albumine
zu den Globulinen ausdrlicken, so ergibt sich aus den be-
sprochenen Tatsachen als SchluBfolgerung die oben schon er-
wfihnte Moglichkeit, daB die Globuline der Seren um so aus-
gesprochener antikomplementfir wirken, je weniger Albumine
in den betreffenden Seris zugegen sind, je weniger daher die
Albumine als Schutzkolloide die mehr oder weniger suspensoiden
Globuline stabilisieren kfinnen.
Die verschiedenen GroBen der EiweiBquotienten erklaren
somit geniigend das ungleiche Verhalten der antikomplemen-
t&ren Wirkung der Einhuferseren thermischen Einflussen
gegenflber. Fflr Maultier und Eselsera lagen bisher meines
Wissens iiberhaupt keine Analysen fiber ihren Albumin- und
Globulingehalt vor. Fflr Seren von anscheinend gesunden
Pferden sind einige Angaben bekannt, nach denen der
Albumin- und Globulingehalt und somit auch der EiweiB¬
quotient je nach den Individuen zwischen ungefahr ebenso
weiten Grenzen schwanken kann, wie in meinen Versuchen,
in denen aber, auBer Seren von gesunden Tieren, auch solche
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Ueber die antikomplement&re Wirkung der Einhuferseren. 239
von kranken vertreten waren. Le win ski 1 ) hat z. B. bei
vier Pferden mit Hilfe der Magnesiurasulfatmethode ton
Hammersten den EiweiBgehalt und die Menge der EiweiB-
fraktionen im Blutplasma bestimmt und fiir Albumin und
Globulin Werte gefunden, aus denen ich fflr zwei Tiere relativ
hohe (0,76 und 0,79) und fiir die anderen zwei Pferde niedere
Quotienten (0,45 und 0,46) berechnete. Es bestehen demnach
bereits unter normalen Verhaltnissen nicht unerhebliche
Unterschiede in dem Verh<nis der Albumine zu den Globu-
linen. Joachim 2 ) hat ferner nachgewiesen, daB bei einem
Pferde nach Immunisierung mit Diphtherietoxin nach drei
Monateu der Globulingehalt des Serums auf Kosten des
Albumins derart zugenommen hat, daB sich der EiweiBquotient
uin 41 Proz. verminderte. Auch dieser Befund spricht daffir,
daB der EiweiBquotient bei Pferden keine einheitliche Gr8Be
darstellt, sondern sich unter Umst&nden erheblich 3,ndem kann.
Ebenso verh< es sich iibrigens bei anderen Tierarten und
beim Menschen. Bei Kaninchen und Hunden wurde wieder-
holt nachgewiesen, daB wahrend des Hungerns [Burckhardt,
W a 11 e r s t e i n 3 ), L e w i n s k i 4 )J und nach Einspritzungen von
artfremdem EiweiB, also infolge von Immunisierungsvorgangen
[Moll 5 )], im Serum eine Erhohung des Globulingehaltes ein-
treten kann. Beim Menschen findet man nach Limbeck und
Pick 6 ), sowie nach Erben 7 ) bei verschiedenen Krankheiten
betrSchtliche Aenderungen des EiweiBquotienten. Der Quotient,
der normalerweise etwa 1,5 ist, kann mitunter selbst weniger
als 1,0 betragen. Aehnliche Verhaltnisse werden vermutlich
auch bei den Einhufern zu beobachten sein, und da die anti-
komplementare Wirkung der Einhuferseren mit der GroBe
des jeweiligen EiweiBquotienten zusammenh&ngt, so ist es be-
greiflich, daB Aenderungen in der EiweiBzusammensetzung des
Serums, die unter normalen und pathologischen ZustSnden
1) Pflugers Arehiv, Bd. 93, 1903, p. 558.
2) Ebenda, Bd. 100, 1903, p. 611.
3) Zit. nach Lewinski 1. c. .
4) 1. c.
5) Hofmeistere Beitrage, Bd. 4, 1904, p. 563.
6) Prager med. Wochenschr., 1893, No. 12—14.
7) Zeitachr. f. klin. Medizin, Bd. 40, 1900, p. 226.
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240
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eintreten kflnnen, auch im serologischen Verhalten des Serums
zum Ausdruck gelangen. Hierdurch kOnnte u. a. auch die
Tatsache erkl&rt werden, warum manche Pferdesera bei 56°
nicht inaktiviert werden kSnnen und warum bei einem und
demselben Pferde gelegentlich wiederholter Blutuntersuchungen
das eine Mai die Inaktivierungstemperatur von 56° geniigt
und das andere Mai die Einwirkung von 60° notwendig ist.
II. Ueber den EinfluB des Erwarmens auf den Zustand der
Serumglobuline.
Wie im vorangebenden Abschnitt dargetan wurde, ist die
Ursache der antikomplementaren Wirkung der Einhuferseren
darin zu erblicken, daB die Globuline im Serum verh<nis-
mfiBig grob verteilt sind und deshalb entspreehende Ober-
flSchen zum Zustandekommen von Adsorptionswirkungen be-
sitzen. Ist dem aber so, so kann die Rolle des Erwarmens
nicht die „Vernichtung“ von antikomplementar wirkenden
Stoffen sein. Es ist vielmehr anzunehmen, daB das Erhitzen
eine Zustandsanderung der Globuline bedingt, derzufolge dieftir
eine Adsorptionswirkung giinstigen Oberflachen verschwinden.
Es ist namentlich daran zu denken, daB der kolloidale Zustand
der Globuline durch die Erhitzung derart geandert wird, daB
er gewissermaBen dem der Albumine ahnlich wird, die be-
kanntlich nicht antikomplementar wirken. Verhait sich aber
die Sache so, so ist zu erwarten, daB die Globuline durch das
Erwarmen stabilisiert und daher fallenden Agentien gegeniiber
widerstandsfahiger werden.
Um Beweise ftir diese Auffassung zu erbringen, priifte
ich die Stabilitat der oben schon erwahnten, verschieden stark
erhitzten Proben von Serum- und Globulinlosungen gegeniiber
der fallenden Wirkung vod Saurelosungen und von 50-proz.
Alkohol.
A. Fallungsversuche mit Sauregemischen.
Als Saurelosungen verwendete ich Gemische von Milcli-
saure und milchsaurem Natrium, deren Wasserstoffionengehalt
mit hinreichender Genauigkeit berechnet werden kann. Die
Globuline werden durch dasjenige Gemisch gefailt, dessen
Wasserstoffionenkonzentration [H’J nach dem Vermischen mit
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 241
dem Serum bzw. der Globulinlosung dem der minimalen
Stability (etwa dem isoelektrischen Punkte [H‘] = ungefkhr
440 -6 ) der Globuline entspricht.
Nach Mich a el is 1 ) lfiBt sich die [H‘J solcher Gemische
unter Zuhilfenahme der Formel
[H ] = k
berechnen, wo k eine Konstante (1,38-10~ 4 ), c x die Konzentration
der MilchsSure und c* die des milchsauren Natriums bedeutet.
Fflr meine Zwecke gentigten folgende Gemische:
Rohrchen
i
2
3
4
5
n/10 Milchsaure ccm
n/10 milchs. Natr. ccm
destill. Waseer ccm
m
3,0
25,0
77,0
1,7-10-*
6.0
25,0
74,0
3,5 10- 6
12.5
25,0
67.5
0,7-10- 4
25,0
25,0
55,0
1,4 10- 4
50,0
25,0
30,0
2,8 -10- 4
Von diesen Gemischen wurden je 1 ccm mit je 1 ccm
der betreffenden Serum- und Globulinlbsungproben vermischt
und dann die Rbhrchen bei Zimmertemperatur beobachtet.
Das Ablesen des Resultates erfolgte nach 5—10 Minuten.
Ich verzichte auf die Wiedergabe samtlicher Versuchs-
protokolle, da die Versuche immer gleichsinnig verliefen.
Verschiedenheiten waren im Ausfall dieser Versuche nur in-
sofern zu verzeichnen, als das Globulin der Esel- und Maul-
tierseren, sowie der entsprechenden Globulinlbsungen, etwas
besser ausflockten, als diejenigen der Pferdeseren, die Wirkung
des Erhitzens war jedoch immer dieselbe, gleichviel, ob die
Sera von Pferden oder von anderen Einhufern stammten.
Ein Beispiel ist in den Tabellen XV und XVI angeftihrt.
Tabelle XV.
Pferdeserum 514 mit physiologischer Kochsalzlosung aa verdiinnt.
Serum
erbitztauf
[H-] = 3,5 • 10— 6
[H-] = 0,7 • 10— 4
[H 1 ] = 1,4-10— 4
[H-] = 2,8-10— 4
Physiol. NaCl-
lxisung
—
50 #
55 •
60"
65°
schwach getriibt
starke
Opaleszenz
schwach getriibt
mafiige
Opaleszenz
Opaleszenz
in Spuren
Opaleszenz
in Spuren
mafiige Triibung
schwach getriibt
schwach getriibt
1) Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin, Springer, 1912.
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242
R. Manninger,
TabeUe XVI.
Globulinlosung ana dem Pferdeserum 514 hergestellt.
Globulin-
losunp : [H-] = 1,7 ■ 10-*
crhitztauf
[H-] = 3,5-10— 6
[H‘] = 0,7-10— 4
IH-] = 1,4-10- 4
Physiol. Nad-
Losung
50" | -
55" —
flO® ! —
©5" I etwas getriibt
Die Globu
starke
Opaleszenz
etwas getriibt
[line der Serei
mafiige
Opaleszenz
Opaleszenz
in Spuren
Opaleszenz
in Spuren
maflig getriibt
a und der G1
etwas getriibt
obulinlbsungei
I
_
etwas getriib'.
i ver-
hielten sich demnach folgendermaBen: Aus den Seris wurden
die Globuline durch die S&uregemische [H*J = 0,7—1,4-lCM
zur Ausfallung gebracht, und zwar lag das Optimum in der
LSsung von einer [H] = 0,7-10~ 4 . Nach dem Erwarmen der
Seren auf 50° war nur im Rbhrchen mit einer [H’J von 1,4-10~ 4
geringgradige Opaleszenz zu verzeichnen. Das Optimum ver-
schob sich demnach in eine [H - ], die doppelt so groB war,
wie diejenige, die dem Optimum fiir das unerhitzte Serum
entspricht. Die Abnahme des Trttbungsgrades spricht ferner
fur eine bereits beginnende Stabilisierung der Globuline.
Noch stabiler verhalten sich die Globuline nach dem Erhitzen
auf 55°, da in keinem RShrchen eine optisch wahrnehmbare
Veranderung eintritt. Werden die Sera noch hoheren Tempe-
raturen ausgesetzt, so beginnen sich wieder Fallungs-
erscheinungen, anfangs allerdings nur in Spuren, einzustellen.
In dem auf 60° erhitzten Serum machen sich bereits Spuren
einer Opaleszenz bemerkbar, und noch ausgepragter ist die
Trtibung, wenn das Serum auf 65° erw&rmt worden ist. In
diesem Falle ist jedoch das Serum schon an und fiir sich
etwas getriibt, da bei dieser Temperatur bereits die Hitze-
koagulation der EiweiBstoffe einsetzt.
Den Seris Shnlich verhalten sich die Globulinlosungen.
Das Optimum der Fallung liegt zwar in anderen Rohrchen,
doch lassen sich die VerSnderungen in der Intensitat der
Fallung, sowie die Verschiebung des Optimums mit dem
Ansteigen der Inaktivierungstemperatur ebenso nachweisen,
wie bei den SerumlSsungen. DaB die Globuline aus den
Globulinlosungen bei einer niedrigeren [H - ] ausflocken, als aus
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 243
den Serumlosungen, kommt wohl daher, daB die Sera auBer
Kochsalz und EiweiBstoffen noch Elektrolyte, namentlich
Karbonate und Phosphate enthalten, die als „Puffer“ wirken .
und demzufolge die [IP] der SaurelSsungen herabsetzen.
B. Fallungsversuche mit Alkohol.
Diese Versuche wurden mit einem Gemisch von Alkohol
und destilliertem Wasser aa angestellt, und zwar mischte ich
je 1 ccm SerumlQsung bzw. Globulinlosung mit je 1 ccm
50-proz. Alkohol und verzeichnete sofort in den einzelnen
ROhrchen den Grad der Fallung. Diese Versuche verliefen
mit den verschiedenen Seren und Globulinlosungen ebenfalls
ganz einsinnig. (Ein Beispiel ist in den Tabellen XVII und
XVIII mitgeteilt.) Sie zeigten, daB die Stability der Globuline
durch das Erhitzen auf 50° bereits deutlich, durch ein solches
auf 55—60° ganz besonders erhoht wird und daB mit dem
Einsetzen makroskopisch sichtbarer Triibungen infolge des
Erhitzens auf 65° auch die Alkoholfallbarkeit wieder zunimmt.
Tabelle XVII.
Pferdeserum 514 mit physiol. NaCl-LosuDg aa verdiinnt.
Serum erhitzt auf
1
CJi
o
o
| 55°
60°
65"
Triibungsgrad
+ +
+
1 1+)
(+) 1
+ + +
Tabelle XVIII.
Globulinlosung aus Pferdeserum 514.
Globulinlosung erhitzt auf —
50°
55°
60°
65°
Triibungsgrad + +
1 +
(+)
( + )
+ + +
Nach diesen Versuchen werden die Serumglobuline durch
die Einwirkung der Temperaturen von 50—60° tats&chlich
stabilisiert *), bei der Temperatur von 65° wird jedoch die
1) Die Stabilisierung der Serumglobuline durch das Inaktivieren
nehmen auch Sachs (Kolloidzeitschr., Bd. 24, 1919, p. 1131 sowie
Hirschfeld und Klinger (Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 21, 1914, p. 40)
an, ohne sich indessen iiber die Natur dieses Vorganges niiher auszusprechen.
Allerdings hebt Sachs hervor, daB man in Beriicksichtigung friiherer Er-
gebnisse von Dieudonn6 und von Moll an eine Denaturierung von
Serumeiweifi im Sinne von Globulinvermehrung oder Alkalialbuminat-
bildung denken kann. Auch Kamraerer (Deutsche med. Wochenschr.,
1917, p. 1388) ist der Meinung, daB das Inaktivieren die Bildung von
Alkalialbuminat zur Folge hat.
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244 R. Manninger,
ffillende Wirkung sowohl der Wasserstoffionen als auch des
Alkohols wieder ausgepr>er, so daB also von 60° an wieder
eine Abnahme in der Stabilitfit eintritt.
Es fragt sich nun, welche VerSnderungen die Globulin-
teilchen wfihrend des Erhitzens erleiden, derzufolge die Stabi-
litfit anfangs erhoht, nachher wieder herabgesetzt wird.
Die Versuche fiber die Alkoholfallbarkeit werden uns dies-
bezuglich keine besondere Aufklfirung geben konnen, dagegen
ergibt sich aus den Versuchen mit den Sfiuregemischen die
Schlufifolgerung, daB das Stabilwerden der Globuline
infolge der Erhitzung als die Folge einer Reaktion
zwischen den Globulinen und dem Wasser a u f -
zufassen ist. Das Optimum der Flockungserscheinungen
innerhalb einer und derselben Serie verschiebt sich nfimlich
nach rechts. Zum Ausflocken der Globuline ist also nach dem
Erwarmen eine Losung von hoherer Wasserstoffionenkonzen-
tration notwendig, als im nativen Zustande. Diese Beobachtung
lfiBt sich meines Erachtens durch die zuerst von Liebermann 1 )
nachgewiesene Tatsache erklaren, wonach das Serum infolge.
des Inaktivierens bei 56° an Wasserstoffionen firmer, d. i
alkalischer wird. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daB
die Globuline aus Seren, die mindestens auf 50° erhitzt
worden sind, durch starkere Saurelosungen ausgeflockt werden,
als aus nativen. Wird aber das Serum und, wie meine Ver¬
suche zeigten, auch Globulinlosungen infolge der Inaktivierung
alkalischer, so kann in diesem Alkalischerwerdeu
oder richtiger in den chemischen Verfinderungen,
die zu dieser erhohten Alkaleszenz ftihren, der
Grund ffir dieStabilisierung derSerumglobuline
liegen.
Einen Fingerzeig geben in dieser Hinsicht gewisse Er-
fahrungen, die bei der Hitzekoagulation der EiweiBkorper
gemacht worden sind. Auch hier ist nachgewiesen worden,
daB die Wasserstoffionenkonzentration der EiweiBlosungen
wfihrend des Erhitzens abnimmt, die Lfisungen folglich alkalischer
werden [Sorensen und Jfirgensen 2 ), Quagliarello 3 )].
1) Biochem. Zeitschr., Bd. 4, 1907, p. 25.
2) Biochem. Zeitschr., Bd. 31, 1911, p. 397.
3) Ebenda, Bd. 44, 1912, p. 157.
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Ueber die antikomplementire Wirkung der Einhuferseren. 245
Fur diese Erscheinung gibt es bisher wohl noch keine all-
gemein anerkannte ErklSrung, es erscheint jedoch wabrschein-
lich, daB die ErhShung der Alkaleszenz infolge des Freiwerdens
von Basen wBhrend der Hitzekoagulation stattfindet x ). Nun
haben aber Chick und Martin 1 2 3 ) nachgewiesen, daB die
Hitzekoagulation der EiweiBstoffe eigentlich eine Reaktion des
EiweiBes mit Wasser darstellt, bei der es sehr leicht zur
Bildung von Basen koramen kann. In Anbetracht der weit-
gehenden Analogien, die zwischen den Begleiterscheinungen
der Inaktivierung und der Hitzekoagulation bestehen, wird
man nicht fehlgeben, wenn man annimmt, daB das Globulin
bereits bei den Inaktivierungstemperaturen anfJLngt, mit dem
Wasser eine Verbindung einzugehen.
Sollte aber die SchluBfolgerung, daB das Globulin infolge
des Erhitzens mit dem Wasser eine Verbindung eingeht, zu
Recht bestehen, so wflrde sich hieraus die weitere Annahme
ergeben, daB das Globulin im erhitzten Serum besser gelost
ist, als im unvorbehandelten Serum 8 ). Fflr diese Auffassung
lassen sich ubrigens aucb Analogien anfilhren. Es ist bekannt,
daB Kolloide f&llenden Agentien gegeniiber urn so widerstands-
fahiger sind, je innigere Beziehungen sie in ihren „L6sungen“
mit dem Wasser eingehen. Eine Inulinsuspension z. B. ein-
fach durch Schutteln von Inulin mit kaltem Wasser hergestellt,
ist eine sehr unbest&ndige Suspension, dagegen sind Inulin-
losungen, durch Einwirkung von heiBem Wasser auf Inulin
bereitet, ziemlich stabil. Aehnlich verhalten sich Agar-
suspensionen im Gegensatz zu Agarlosungen usw. Dasselbe
Verhalten scheinen auch Globulinlbsungen zu zeigen. Globulin-
lSsungen, Sera, die der Einwirkung hoherer (50—60°) Tempe-
raturen ausgesetzt waren, sind demnach stabiler als solche,
die eine derartige Einwirkung nicht erfahren haben, weil die
Globuline bei diesen Temperaturen mit dem Wasser reagieren
und demziifolge den Charakter von Emulsoiden annehmen.
Eine weitere Stiitze erhSlt diese Auffassung darin, daB
mit dem Erhitzen die Tropfenzahl der Seren, so-
1) S. Robertson, Die physikalische Chemie der Proteine. Dresden,
Steinkopf, 1912, p. 277.
2) Journ. of Physiol., Vol. 40, 1910, p. 404.
3) Vgl. Schmidt, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 69, 1911, p. 513.
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246
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wie der Globulinlosungen zunimmt, ihre Ober-
fl£chenspannung somit herabgesetzt wird. Auch
Traube 1 ) hat schon nachgewiesen, dafi die Oberflfichen-
spannung des Pferdeserums durch Erhitzen auf 56° vermindert
wird. Diese Befunde kfinnen kaum anders gedeutet werden
ah die Verminderung der Oberfl&chenspannung von gekochten
EiweiBlosungen, die von Berczeller 2 ) auf eine Reaktion der
EiweiBkorper mit Wasser zurfickgeffihrt wird. Die Verminderung
der Oberfl&chenspannung der Serumglobuline infolge des In-
aktivierens kann demnach ebenfalls als das Zeichen einer
Reaktion zwischen Globulin und Wasser aufgefaBt werden.
Die Versuche, die mich zu dieser Aufassung brachten,
wurden mit einem Traubeschen Stalagmometer (Tropfenzahl
fflr Wasser bei 17° 51,6) ausgefuhrt. Die Resultate sind in
den Tabellen XIX und XX zusammengefafit.
Tabelle XLX.
Tropfenzahl von Seren.
Mit phys. NaCl-
Losung aa ver-
Tropfenzahl des Serums von
ies oemm
itzt auf
Pferd B
Pferd 514
Maultier II MaultierlV
Esel A. K.
.
55,7
57,2
56.3
56,5
57,0
50°
56.1
58,1
57,2
58,5
57,6
55°
57,2
58,7
57,9
58,8
58,8
60°
57,4
59.0
58,0
59,9
58,8
65°
59,6
62,0
60,8
60,2
63,0
Tabelle
XX.
Tropfenzahl von Globulinlosungen.
Globulinloeung
crhitzt auf
Tropfenzahl der Globulinlosung
aus dem Serum von
Pferd B
Pferd 514
Maultier II
MaultierlV
Esel A. K.
_
53 9
55,5
55,4
55,6
55,5
50°
56,0
56,7
56.4
57,0
56,1
55°
56,6
57,9
57,6
60,1
57,7
60°
58,1
59,4
58,2
61,5
58,3
65°
59,0
60,6
59,7
63,0
59,9
Wird nach dem Gesagten der kolloidale Zustand der
Globuline des Serums durch Temperatureinfliisse von 50—60*
1) Biochem. Zeitschr., Bd. 10, 1908, p. 380.
2) Ebenda, Bd. 63, 1913, p. 215.
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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 247
derart verfindert, daB sie emulsoiden Charakter annehmen, so
lfiBt sich hierdurch auch das Schwinden der antikomplemen-
t&ren Eigenschaft erklfiren. Die emulsoiden Globuline
besitzen eben keine entsprechendenOberflfichen
zum Zustandekommen von Adsorptionserscheinungen,
Etwas schwerer laBt sich das Fehlen der Eigenhemraung
bei den Seren und Globulinlosungen nach dem Erhitzen auf
65° deuten, da in diesem Falle die Verhfiltnisse komplizierter
sind. Aus den besprochenen Versuchen geht nfimlich hervor,
daB die OberflSchenspannung auch wfihrend des Erhitzens auf
65° herabgesetzt wird, demgegen fiber aber die Ausflockbarkeit
durch Sfiuregemische und durch Alkohol erhfiht wird. Wfihrend
des Erhitzens auf 65° verlaufen somit zwei Vorgange nebeu-
einander. Die Erniedrigung der Oberflfichenspannung weist
namlich darauf hin, daB ein Teil der Globuline, der noch
suspensoidartig vorhanden ist, mit Wasser reagiert und folg-
lich stabilisiert wird. Hierdurch geht der etwa noch vor-
handene Rest von Eigenhemmung des Serums verloren. Das
Ansteigen der Ausflockbarkeit findet dagegen darin seine Er-
kiarung, daB ein Teil der Serumglobuline durch die Ein-
wirkung der Temperatur von 65° bereits der Koagulations-
grenze nahegebracht wird und daher ganz grobdispers ge-
worden ist (hierauf deutet auch die Trflbung der Seren und
Globulinlosungen nach dem Erhitzen). Solche bereits grob¬
dispers gewordenen Globulinteilchen kfinnen naturlich leicht
ausgefailt werden. Auch dieser Anteil des Globulins wird
keine antikomplementare Wirkung entfalten kfinnen, da die
spezifische Oberflache dieser groben Globulin¬
teilchen zu klein ist, um eine namhaftere Adsorp-
tionswirkung zuzulassen.
Ueber den EinfluB des Erwarmens auf das Schwinden
der Eigenhemmung der Einhuferseren laBt sich demnach
zusammenfassend folgendes sagen: Bei den Inaktivierungs-
temperaturen geht das Globulin mit dem Wasser
eine Verbindung ein, wird demzufolge in ein
emulsoides Kolloid verwandelt und verliert da-
mit die Fahigkeit, Komplement zu adsorbieren.
Bei der Erhitzung fiber 60° wird ein Teil des
Globulins bereits koaguliert, somit grob dispers,
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248 Manninger, Antikomplementare Wirkung der Einhuferseren.
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doch ist auch dieser Anteil des Globulins, eben
infolge der allzu kleinen Dispersitat, nicht mehr
imstande, eine ins Gewicht fallende Adsorptions-
wirkung zu entfalten.
Zusammenfassung.
1) Die antikomplementare Wirkung der Pferde-, Maultier-
und Eselseren ist eine Funktion ihres Globulingehaltes.
2) Die GroBe der antikomplementaren Wirkung ist nicht
durch die absolute Menge der im Serum enthaltenen Globuline,
sondern durch das Verhaltnis der Albumine zu den Globu-
linen (EiweiBquotient) bedingt.
3) Je kleiner der EiweiBquotient ist, desto ausgesprochener
antikomplementar wirkt das betreffende Serum und desto
hoherer Inaktivierungstemperatur bedarf es, um zur An-
stellung der Komplementbindungsprobe geeignet gemacht zu
werden. Pferdesera kbnnen demzufolge im allgemeinen leicht
(bei 55°, ausnahmsweise bei 60°), Esel- und Manltiersera
verhaitnismaBig schwer (bei 63—65°, Maultiersera ausnahms¬
weise auch bei 60°) inaktiviert werden.
4) Die Globuline der Einhuferseren wirken deshalb anti¬
komplementar, weil sie ihrem Dispersitatsgrad entsprechend
optimale Oberflachen zum Zustandekommen von Adsorptions-
erscheinungen besitzen. Die Globuline adsorbieren vermutlich
irgendeinen Bestandteil des Komplementendstflckes.
5) Das Inaktivieren der Seren hat eine Reaktion des
Globulins mit Wasser zur Folge. Hierdurch werden die sonst
suspensoidartig gelSsten Globuline in Emulsoide umgewandelt
und verlieren gleichzeitig die komplementadsorbierende Wir¬
kung.
6) Koagulierte Globulinteilchen in auf 65° erhitzten Seren
wirken nicht antikomplementar, da ihre spezifische Oberflache
nicht ausreicht zur Entfaltung einer praktisch gentigenden
Adsorptionswirkung.
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R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, Fleckfieber. 249
Nachdruck verbote «.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Basel
(Vorsteher: Prof. Dr. R. Doerr).]
Das Verhaltcn der Kdrpertemperatur bc!m Fleckfieber
des Menschen und der experfuientell infizlerbaren Labo¬
rs tori umsti ere.
Von R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting.
Mit 46 Kurven im Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 15. September 1920.)
Wenn schon das Fleckfieber des Menscben eine klinisch
nur schwer diagnostizierbare Krankheit mit einem oft sehr
dflrftigen und vieldeutigen Symptomenkomplex darstellt, so
gilt dies in wesentlich erhohtem AusmaBe fQr die experimen-
tellen Infektionen der Laboratoriumstiere durch das spezifische
Virus des Exanthematicus. Beim Menschen gesellen sich
zum Fieber relativ haufig das Exanthem, die Stfirungen des
Zentralnervensystems und des Zirkulationsapparates; wenn
auch selbst wieder variabel und miteinander in differenter
Weise kombiniert, gewahren diese Erscheinungen doch An-
haltspunkte fflr eine sichere Beurteilung des Krankheitsbildes,
deren Basis durch das AusschlieBen anderer Infektionen noch
verbreitert wird. Das Fleckfieber der Tiere verrat sich da-
gegen nur durch ein einziges Zeichen: die ErhOhung der
Korperwarme; bleibt auch diese aus, dann wird die Infektion
fiberhaupt nicht manifest, sie spielt sich vflllig latent ab und
das Verhalten dieser Tiere unterscheidet sich selbst fflr das
Kennerauge nicht von dem Aussehen normaler gesunder
Exemplare.
Nun stfltzt sich allerdings die Fleckfieberdiagnostik nicht
ausschlieBlich auf klinische Untersuchungsmethoden, weder
beim Menschen noch beim Versuchstier. Am Krankenbett
berflcksichtigt man epidemiologische Momente, man verwertet
die negativen Ergebnisse der Blutkultur und kann sich end-
lich dank der Fortschritte der atiologischen Fleckfieberforschung
Z«it«chr. f. ImmanlUUfortchunc* Orlf. Bd. 91. 17
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250
R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting,
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in den meisten Fallen GewiBheit verschaffen, wenn man die
Reaktion von Weil und Felix anstellt oder wenn man mit
dem Blute der Patienten Uebertragungen auf Meerschweinchen
(Nicolle, Otto und Dietrich u. a.) ausffihrt; auch die
histologische Untersuchung der exzidierten Roseolen nach
E. Fraenkel oder die direkte Mikroskopie der Hautefflore-
szenzen in situ (WeiB und H an flan d) liefern in manchen
schwierigen Fallen wichtige Beitrage zu dem Endresultate der
diagnostischen Ueberlegungen. Im Tierexperiment beniitzen
wir zum Teil andere Kriterien, um das Haften der Infektion
zu erkennen, namlich: 1) die unbegrenzte Ueberimpfbarkeit des
Prozesses; 2) die spezifische aktive Immunitat, welche nach
Ablauf der Fieberbewegung zuriickbleibt; 3) den Nachweis
charakteristischer perivaskuiarer Zellanhaufungen im Gehirn;
4) den makroskopisch negativen Sektionsbefund und 5) falls
sich die neuesten Angaben von Weil und Felix bestatigen
werden, die Entstehung von X 19 -Agglutininen im Serum von
Kaninchen, welchen man das Gehirn der spezifisch fiebernden,
serologisch nicht reagierenden Tiere (Meerschweinchen) intra-
peritoneal injiziert hat. Inwieweit diese 5 Proben ffir die
Agnoszierung des Meerschweinchenfleckfiebers unerlaBlich sind
und in welchem Umfange die ersten vier in Hinkunft durch den
von Weil und Felix vorgeschlagenen Kaninchenversuch er-
setzt werden kfinnten, hat Doerr in seinem Referat auf der
8. Tagung der Freien Vereinigung fiir Mikrobiologie in Jena
auseinandergesetzt; es ergab sich, daB selbst typische Tem-
peraturkurven im allgemeinen nicht geniigen, um eine zu-
veriassige Aussage fiber das Bestehen einer Fleckfieberinfektion
beim Meerschweinchen zu ermoglichen, speziell dann, wenn
die thermische Reaktionsffihigkeit dieser Tiere durch voraus-
gegangene Eingriffe irgendwelcher Art gestort wurde oder
wenn es sich um kompliziertere Versuchsanordnungen handelt,
aus denen bedeutungsvolle Folgerungen abgeleitet werden
sollen. Noch weniger beweist das normale Verhalten der
Korpertemperatur, daB das betreffende Tier nicht infiziert sei;
aus den Arbeiten von Nicolle undLebailly, Doerr und
R. Pick geht hervor, daB die Infektion mit dem spezifischen
Virus im Meerschweinchen, besonders aber im Kaninchen
und in der Ratte vollig afebril ablaufen kann.
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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber uaw. 251
Der Wert systematischer Temperaturmessungen fflr die
Diagnose experimenteller Infektionen im allgemeinen uud fflr
die Erkennung des Fleckfiebers der Versuchstiere im speziellen
erscheint durch diese Feststellungen durchaus nicht tangiert,
weder in theoretischer noch in versuchstechnischer Beziehung.
Versuchstechnisch wird die Fieberbewegung mit ihren ver-
schiedenen Phasen stets ein unentbehrlicher Indikator der Vor-
g&nge sein, welche sich im Tiere vollziehen, und wird AufschluB
geben, ob und wann die anderen Proben auf das Vorhanden-
sein einer Fleckfieberinfektion (Uebertragung, Immunitatsprobe,
Kaninchenversuch etc.) vorzunehmen sind oder wann man
virulizide AntikSrper im Serum der rekonvaleszenten Tiere
erwarten darf. Das Fieber zeigt durch seinen Beginn die
stattgehabte Vermehrung der Erreger an und markiert durch
sein Aufhflren das Absterben derselben; es steht zum Werden
und Vergehen der Parasitengenerationen im Organismus in
viel engerer Beziehung als irgendein anderer, durch die In-
fektion bedingter reaktiver Vorgang wie z. B. eine Ver&nderung
der Serumqualit&ten, selbst wenn diese (wie das bei der Reak-
tion nach Weil und Felix der Fall sein dflrfte) nur durch
den Infektionsablauf, nicht aber durch die Antigenfunktionen
des unbelebten ErregereiweiBes zustande kommt. Theoretisch
muB man den Anteil im Auge behalten, welchen die Tem-
peraturmessung beim kflnstlich infizierten Tiere am Ausbau
der Lehre von der Fleckfieber&tiologie genommen hat; er ist
so groB, daB sich fast alle Ergebnisse direkt oder doch in-
direkt auf diese Vorbedingung zurflckfuhren lassen. Weiter
darf man erwarten, daB gerade das Studium der Temperatur
beim experimentellen Fleckfieber und Vergleiche mit dem
Verhalten der Kfirperwarme bei der natflrlichen Erkrankung
des Menschen tiefere Einblicke in das derzeit noch wenig ge-
klarte Wesen des infektiflsen Fiebers, vielleicht sogar des
Fiebers uberhaupt eroffnen werden (vergleiche hierzu das
Sammelreferat von H. Mautner).
Von diesen Erw&gungen bestimmt, haben wir uns ent-
schlossen, die wichtigsten Tatsachen tiber das Fieber bei der
natflrlichen und experimentellen Exanthematicusinfektion zu
erortern und durch eine Auswahl von Kurven, welche sich mit
wenigen Ausnahmen auf eigene Beobachtungen und Versuchs-
17*
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URBANA-CHAMPAI6N
252
R. Doerr, A. Schnabel und E. VSchting,
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reihen beziehen, zu illustrieren; den Abdruck zahlreicherer
Kurven hielten wir fOr notwendig, weil sie allein eine klare
Vorstellung der geschilderten Verh<nisse gestatten und durch
zahlenmSBige Angaben nicht ersetzbar sind. Dazu fiel in die
Wagschale, daB die neuere deutsche Fleckfieberliteratur aus
begreiflichen GrOnden an graphischen Reproduktionen dieser
Art sehr arm ist, so daB es AnfSngern auf dem Gebiete des
Fleckfieberexperimentes schwer f&llt, ihre eigenen Resultate
an der Hand von Paradigmen zu bewerten; in der Beurteilung
der Ergebnisse anderer Autoren hat aber selbst der Erfahrene
oft das GefQhl der Unsicherheit, weil man es vielfach unter-
lassen hat, den Mangel an Kurven wenigstens partiell durch
Daten fiber die Inkubation, die Dauer und Hohe des Fiebers,
die Art der Entfieberung auszugleichen, was Friedberger
wohl nicht ganz mit Unrecht als „bedauerlichen MiBstand“
bezeichnete. In der letztgenannten Beziehung kann die
vorliegende Mitteilung natflrlich nur teilweise Abhilfe schaffen,
indem sie sich selbstverstandlich nicht auf alle mit dem viel-
umstrittenen Meerschweinchenfleckfieber in Konnex stehenden
Fragestellungen und Behauptungen erstreckt.
Das Fleckfieber des Menschen haben viele Kliniker
(Wunderlich, Curschmann, Munk,Jflrgens u. a.) als
eine Krankheit von „ausgezeichnet eigentiimlichem, typischem,
gesetzmSBigem Verhalten 14 bezeichnet. Wunderlich schrieb
1871: „Der Organismus bietet unter der Herrschaft der spe-
zifischen Ursache so bestimmte Erscheinungen und einen so
gleicbmaBigen Zyklus derselben dar, daB selbst betr&chtliche
zur Mitwirkung kommende sonstige Einflfisse den Charakter
der Erkrankung nur in beschr&nkten Grenzen zu modifizieren
pflegen. u Man brachte immer wieder die Einheitlichkeit des
Fleckfiebers zur Vielgestaltigkeit des Abdominaltyphus in
scharfen Gegensatz und betonte, daB selbst die leichten Er-
krankungen von der Grundform nicht wesentlich differieren
und daB die bei anderen Infektionen beobachteten Abstufungen
bis zum latenten Infekt herab hier fehlen. War diese Ansicht
richtig, so muBte der zyklische Verlauf vor allem im Haupt-
symptom, im Fieber, pr&gnant zum Ausdruck kommen, und
Munk hat in der Tat angegeben, daB zumindest die Fieber-
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Daa Verhalten der Kdrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 253
dauer sehr regelm&fiig sei und fast immer 10 bis 14 Tage
betrage. Auch bei Kindern von l 1 /*—9 Jahren mfisse man
nach atypischen Kurven geradezu suchen, eine Behauptung,
die am so merkwflrdiger ist, als sich Munk hierbei auf die
Krankengeschichten des jfldischen Spitales in Warschau stfitzte,
dessen Material auch noch durch andere, dem typischen Ab-
lauf entgegenwirkende Faktoren (Rasse, Durchseuchung) be-
einflufit war.
Seit der Vervollkommnung der Diagnostik durch die Reak-
tion von Weil und Felix hat sich dieser Standpunkt erheblich
geSndert. Das Fleckfieber bietet nur dann ein stets identisches
Bild, wenn es sich um erwachsene Individuen von ca. 25 bis
40 Jahren handelt, welche sich in annfihernd gleichem Er-
n&hrungszustande befinden und einer nicht durchseuchten Be-
vSlkerung entstammen. Unter solchen Bedingungen (Soldaten,
Gefangene) erh< man auch Temperaturkurven von ganz be-
merkenswerter Uebereinstimmung, welche sich auf die in
Kurve 1 dargestellte Grundform ohne Miihe zuriickfilhren
lassen und nur bei hinzutretenden Komplikationen st&rkere
Abweichungen zeigen.
Kurve 1 ist das Temperaturdiagramm eines 27-jahrigen
kraftigen kroatischen Soldaten, welcher an demselben Tage,
an welchem er sich der Ansteckung exponierte, entlaust und
lausfrei isoliert worden war. Die Inkubation, deren Beginn
somit exakt bestimmt werden konnte, betrug bis zum defini-
tiven Temperaturanstig 15mal 24 Stunden; rechnet man die
pr&monitorischen ErhOhungen nicht hinzu, so wSre sie noch
immer mit 13mal 24 Stunden zu veranschlagen. Sie war
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254
R. Doerr, A. Schnabel und K. VOchting,
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also jedenfalls lang und entsprach vdllig den sichergestellten
Angaben, welche man sonst fiber die Inkubation der natQr-
lichen Ansteckung, d. h. der Infektion des Menschen rait
Lausevirus gemacht hat und die sich fast ausnahmslos zwischen
8 und 15 Tagen bewegen (Klodnitzky, Primak, Gegen*
bauer, SchOne, Jacquot, F. G6rard u. v. a.). Es ist
sehr interessant, daB man diese im Mittel ca. 12 Tage be-
tragende Inkubationsdauer auch beobachten konnte, wenn man
Menschen durch subkutane Injektion von Krankenblut infizierte
(Moczutkowski, Ot6ro, Yersin und Vassal, H. Hamdi),
und daB sie weiter in Erscheinung tritt, wenn man Meer-
schweinchen oder Affen mit menschlichem Fleckfieberblut sub-
kutan oder intraperitoneal inokuliert. Nach unseren Er-
fahrungen besitzt schlieBlich auch die experimentelle Infektion
von Meerschweinchen mit virulenten LSuseextrakten meist
diese liingere, 8 Tage iiberschreitende Latenz. Um diese
Zusammenhange zu wQrdigen, muB man sich erinnern, daB
Meerschweinchen schon nach 5 bis 7 Tagen zu fiebern an-
fangen, wenn man ihnen ein anderes virushaltiges Material,
u&inlich Blut und besonders Organemulsionen von infizierten
Meerschweinchen einspritzt: man hat diese auffallende Ver-
kiirzung der Inkubation immer auf den EinfluB der Passage,
der Akkommodation an eine bestimmte Tierart bezogen, was
aber nicht rich tig sein diirfte. Die kurze Inkubation erwirbt
das „ Organ virus" nicht erst nach lange fortgesetzter Ziichtung
im Meerschweinchen, sondern besitzt sie schon in der ersten,
noch direkt mit Menschenblut geimpften Generation; ubertragt
man andererseits direkt von Mensch zu Mensch, so bleibt
trotz homologer Passage die Lateuzperiode so lang wie bei
der natiirlichen Ansteckung. Dagegen darf man mit groBter
Wahrscheinlichkeit annehmen, daB der Temperaturanstieg nach
6 bis 7 Tagen eintreten wiirde, falls man Menschen mit dem
Gehirne fiebernder Meerschweinchen infizieren wiirde.
Am 14. und 15. Tage sieht man kleine Elevationen auf
37,2 und 38 °C, ein Ph&nomen, welches in Fleckfieberquaran-
tanen fjfter zur Beobachtung gelangt und auch sonst (z. B.
bei der kiinstlichen Infektion von Paralytikern mit Malaria-
plasmodien) recht haufig ist; es beweist, daB sich die Inku¬
bation von der Fieberperiode nicht immer scharf abgrenzt
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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 255
und daB das pyrogene Agens nicht mit einera Ruck den
Schwellenwert fiberschreitet, demgegenuber die ira Zwischen-
him gelegenen Apparate zur Konstanthaltung der Korper-
wiirme versagen. Vielleicht ist es indes verfehlt, hier von
einera „Versagen u der Warmeregulation zu sprechen; denn
die an den Anstieg anschlieBende Fleckfieber-Kontinua ist
eine ausgesprochene Homoiothermie im ge&nderten Niveau,
und in diesem Sinne w&ren die pr&monitorischen Zacken als
Oszillationen vor einer neuen konstanten Einstellung aufzu-
fassen, Oszillationen, die man auch bei anderen Regulierungs-
mechanismen wahrnimrat, wenn sie sich einem andauernden
Reiz anzupassen haben.
Die Fieberperiode wShrte 14,5 Tage; dieser Termin ist
— nattirlich nur fiir typische Falle — so konstant und
charakteristisch, daB ihn schon Wunderlich bei zweifel-
haften Krankheitsbildern fflr eine Art retrospektiver Diagnose
erapfahl. Was das pyrogene Agens anlangt, kQnnte man beim
Fleckfieber daran denken, daB der Erhohung der KSrpertem-
peratur eine anatomische Erkrankung der W&rmeregulierungs-
zentren im Zwischenhirne, eine besondere Lokalisation der
Fleckfieberknotchen zugrunde liegt. Wahrend aber eineanaloge
Hypothese bei der Encephalitis lethargica mit unregelm&Bigen,
sehr oft erst nach dem Krankheitsbeginn einsetzenden Fieber
viel fur sich hat, ist sie beim Fleckfieber abzulehnen, da hier
die RegelmaBigkeit, der kontinuierliche Typus und vor allem
das zeitliche Verhalten des Fiebers dagegen sprechen; das
Fieber tritt auf, bevor sich die mit dem Exanthem synchronen
perivaskulfiren Zellherde entwickelt haben, und verschwindet
zu einer Zeit, wo von der Riickbildung der Knotchen noch
keine Rede ist (Herzog, Jaff6). Es eriibrigt demnach
nur die Annahme eines das Warmezentrum reizenden, von
den Fleckfiebermikroben produzierten Giftes im pharmako-
dynamischen Sinne Oder die Konzeption einer physikalischen
Blutveranderung. Erstere ist weniger plausibel, weil sich die
Erreger schon in der afebrilen Inkubationsperiode stark ver-
mehren (Doerr und R. Pick, Gamaleia, Weil und
Felix); fur die physikalische Auffassung lSBt sich geltend
machen, daB die Erreger in den GefaBendothelien parasitieren
(Herzog, Kuczynski, Wolbach und Tood) und die
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256 R. Doerr, A. Schnabel nnd K. Vbchting,
Endothelzellen, welche die physikalische Blutbeschaffenheit
konstant zu erhalten haben, schwer schadigen.
Der mit dem Absterben der Erreger (und mit dem Auf-
treten virulizider Serumstoffe?) koi'nzidierende Abfall bean-
spruchte nicht ganz zwei Tage und war weniger gestaffelt,
als das sonst der Fall zu sein pflegt.
Von dem eben geschilderten Typus existieren nun alle
mflglichen Abweichungen; sieht man von Sekundfir- und
Mischinfektionen ab, die uns hier nricht interessieren, so wird
der unkomplizierte, direkt mit dem Fleckfiebervirus zusammen-
hfingende Ablauf der Korpertemperatur haupts&chlich durch
zwei Faktoren entscheidend beeinfluBt: durch das Alter der
erkrankten Personen und durch ihre Rasse, wobei es aller-
dings sehr wahrscheinlich ist, daB nicht die Rasse als solche
eine Rolle spielt, sondern die Zugehbrigkeit zu bestimmten,
chronisch verlausten und und vom Fleckfieber seit Jahrhun-
derten durchseuchten Bevblkerungsgruppen. Fur die Bedeu-
tung des zweitgenannten Momentes liefern die russisch-pol-
nischen Juden ein Beispiel, dereu mitigiertes Fleckfieber mit
der von Brill beschriebenen Krankheit vermutlich identisch
ist (Starkenstein); sollten hier immunisatorische VorgSnge
vorliegen, so w&re noch zu iiberlegen, ob die erhohte Resistenz
bereits eine auf phylogenetischein Wege erworbene Eigen-
schaft, also ein tats&chlich hereditares Rassenmerkmal ist,
Oder ob sie nicht ontogenetisch durch Ueberstehen der Krank¬
heit im Kindesalter (Martini) und partiellen Schwund der
resultierenden Immunitat zustandekommt.
Die abschw&chende Wirkung der besonderen Rassen-
zugehdrigkeit in dem oben erlSuterten Sinne lassen die Kur-
ven 2 bis 6 erkennen, welche sich simtlich auf Fleckfieber-
erkrankungen russisch-polnischer Juden beziehen und durch
die Reaktion nach Weil und Felix verifiziert wurden.
Kurve 2 betrifft ein Judenmadchen von 13 Jahren. Die
Kurve sieht so aus, als hatte man den mittleren Teil der
Kontinua in Kurve 1 einfach herausgeschnitten und die Fieber-
dauer auf etwa 4 Tage verkurzt. Die auch in diesem Falle
eruierbare Inkubation befief sich auf 16 mal 24 Stunden, das
Maximum betrug 40,2° C, war also trotz der kurzen Dauer
hoch, der Abfall erschien deutlicher gestaffelt als in Kurve 1.
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Dae Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 257
Die Reaktion each Weil-Felix war schon am 3. Krank-
heitstage bis 1:200 positiv.
Kurve 3 (12-jahriges Judenm&dchen) weist dagegen eine
fast normale, 13-t&gige Fieberdauer auf; aber die Maximal-
temperaturen waren nie-
driger und die Kontinua
schien durch einen remit-
tierenden, im Beginne so-
gar deutlich intermittieren-
den Typus substituiert. Es
bestand ein makuloses, spa-
ter petechiales Exanthem;
Weil-Felixl: 400 positiv.
Normale Fieberdauer
mit starken Remissionen
und einer zur Norm reichenden Intermission, aber mit hSheren
Gipfeln, zeigt auch Fall 4 (16 Jahr alter Judenjiingling).
Kurve 6.
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258 R. Doerr, A. Schnabel und K. Vdchting,
In Kurve 5 (16-jahrige Jfldin) und Kurve 6 (6-jahriges
Judenkind) findet man verschiedene Kombinationen dieser
atypischen Varianten.
DaB ilbrigens ab und zu auch Angehorige nicht durch-
seuchter Rassen abortiv fiebern, lehrt Kurve 7, welche von
einem 30-jahrigen osterreichischen Arbeiter herrtihrt, bei dem
eine aktive Immunisierung auf
phylo- oder ontogenetischem
Wege ganz auszuschlieBen war.
Auch bier springen die tiefen
Intermissionen und die bloB
8-tagige Fieberdauer in die
Augen; allerdings traten nach
dem gewaltigen kritischen Ab-
sturz am 8.Tage noch eigentum-
liche Schwankungen auf, welche
bis zum 13. Tage anhielten.
Diese rudimentaren Formen bilden den Uebergang zum
afebrilen Exantkematicus der Sauglinge. Zwei
Falle eines derartigen, vollig apyretischen Verlaufes hat, Doerr
bereits in der Schweiz, medizin. Wochenschrift (No. 30 von
1920) veroffentlicht; als weitere Beitrage zu dieser fiir die
Deutung mancher Tierexperimente
wertvollen Kasuistik bringen wir
die Kurven 8, 9 und 10.
Kurve 8 gibt das Verhalten
der Temperatur bei einem 1-jah-
rigen Kinde wieder, welches gleich-
zeitig mit zwei erwachsenen Mit-
gliedern derselben Familie an
Fleckfieber erkrankte. An dem
mit 1 bezeichneten Tage zeigte
das Kind ein verandertes, weiner-
liches Verhalten und schon 24 Stunden spater schoB ein dichtes
Exanthem auf, welches bereits am 7. Tage ganz abgeblaBt war.
Kurve 9 stammt von einem nur 6 Wochen alten Saugling,
welcher gleichzeitig mit 3 erwachsenen Angehorigen infiziert
wurde. Der Krankheitsbegiun lieB sich nicht mehr genau er-
mitteln; bei der Spitalsaufnahme war schon ein reichliches
2
3
4
5
7
'e
9
K)
11
12
41
32
38
If
J
36
J 1
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1
7
E!
A
ji
y
£
Kurve 8.
Kurve 7.
Original frcftn
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Dae Verhalteu der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 259
Exanthem vorhanden, welches in der Folge noch etwas dichter
wurde und sich erst nach 14 Tagen seines Bestandes restlos
rflckbildete. Nur einmal erhob sich die K8rperwarme auf
37,9 °C; sonst war die Temperatur normal, nur etwas labiler
als bei gesunden Kindern dieser Altersstufe. Diese Labilit&t
ist Qbrigens in den Kurven 8 und 10 noch weit starker aus-
geprkgt.
Kurve 10 stellt das Temperaturdiagramm eines 6-monat-
lichen Skuglings dar; am 2. Krankheitstage entwickelten sich
reichliche typische Effloreszenzen, welche erst am 12. Tage
ganz verschwanden, so daB wie im vorhergehenden Falle
die Hauterscheinungen w&hrend eines Intervalles anhielten,
welches der normalen Fieberdauer beim Exantliematicus ent-
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Kurve 9. Kurve 10.
sprach. Dieses Kind war in der Quarantane gegen Blattern
geirapft worden, bekam am 11. Tage (des abgebildeten Schemas)
Impfpusteln mit starker Lokalreaktion und deutlicher Tem-
peraturerhohung und am 15. Tage disseminierte, wenn auch
vereinzelte Vakzineblaschen am gauzen Korper. Die Generali¬
sation der Vakzineinfektion durfte mit der eben ablaufenden
Fleckfieberinfektion in ursachlicher Beziehung stehen; es er-
innert das Verhalten der Haut an die Versuche von Gins,
der bei Kaninchen Vakzine intravenos injizierte und 3 bis
10 Tage darauf eine Ansiedelung der Erreger im Corneal-
epithel provozieren konnte, wenn er dasselbe einfach mecha-
nisch schadigte.
^Infections inapparentes“ lagen demnach hier nicht vor,
denn alle drei Kinder hatten sehr charakteristische Hautver-
anderungen; aber aus dem bloBen Verhalten der Temperatur
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URBANA-CHAMPAIGN
260
R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting,
wfire ein SchluB auf das Bestehen einer infektibsen Erkran-
kung, speziell eines Fleckfieberprozesses, unmbglich gewesen.
Wenden wir uns nun zu den Temperaturreaktionen
der experimentell infizierten Laboratoriumstiere,
so darf man bei der engen Anpassung der pathogenen Mikro-
organismen an bestimmte Wirte a priori erwarten, daB sie
im allgemeinen den milderen, abortiven Fiebertypen des Men-
schen ahneln werden. Die Beobachtung entspricht ganz dieser
Erwartung. Aber die ftir das Virus empfSnglichen Tierspezies
(Aflfen, Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten) unterscheiden
sich hinsichtlich ihrer thermischen Reaktivitat auf den spezi-
fischen Infektionsreitz nicht nur vom erwachsenen Menschen,
sondern auch untereinander, und zwar sehr betrachtlich; sie
lassen sich in eine Skala einordnen, deren extreme Glieder
durch die Anthropoiden und durch die Ratte reprasentiert
werden, eine Skala, welche nach Nicolle ihr Analogon in
der sukzessiven Abschwachung findet, welche das Krankheits-
bild und mit ihm das Fieber innerhalb der Spezies Mensck
durch das abnehmende Alter der infizierten Individuen erleidet.
Diese fur das Fleckfieberexperiment bedeutsame Parallele soli
im folgenden weiter ausgefiihrt werden.
Betrachtet man zunachst die Kurve 11 (herriihrend von
einem Sehiinpaiisen, dem Nicolle undConseil 1 ccm Blut
eines Fleckfieberkranken subkutan injiziert hatten [Ann. Past.,
1911, p. 19]) so sind gewisse Abweichungen von Kurve 1 nicht
in Abrede zu stellen, wie vor allem die kurze Inkubation (7mal
24 Std.); die Maxima erreichen aber hohe Werte (40,5—41°C),
die Fieberdauer betragt voile 10 Tage, der Abfall erscheint
gestaffelt, der Typus des Fiebers ist wenigstens in der zweiten
Original from
^g^^^^i/ERSITY OF ILLINOIS AT
"^“^^^Rrbana-champaign
Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 261
H&lfte der Kurve kontinuierlich und sogar die initialen
Schwankungen sind vorhanden. Gegeniiber diesen unverkenn-
baren Aehnlichkeiten mit dera gesetzm&Bigen Temperaturverlauf
beim Fleckfieber des erwachsenen Menschen treten die Diffe-
renzen ganz zurflck; man kann kaum zweifeln, daB man es in
beiden Fallen mit der Wirkung der gleichen pyrogenen Noxe
auf sehr enge verwandte Tierspezies zu tun hat.
DaB flbrigens die Inkubation auch bei hoheren Affen
gleiche Dauer wie bei der natflrlichen Ansteckung des Men¬
schen besitzen kann, lehrt die Kurve eines von G a v i fi o und
Girard raitdem-
selben Material
(5ccm Patienten-
blut) subkutan
infizierten Ateles
rellerosus; hier
mahnt auch (ab-
gesehen von der
Kontinua und
der Hohe ihres
Niveaus) das ge-
schlossene, von
Anstieg und Ab-
fall scharf um-
grenzte Kurven-
massiv an das
Fleckfieber des
erwachsenen
Menschen, wie es
die Kurve 1 dar-
stellt.
Viel verwaschener pr&sentieren sich demgegenfiber die
Temperaturkurven von niederen Affen, wie z. B. Kurve 12 a
von einem Macacus sinicus, dem Nicolle und Conseil
2 ccm Blut des oben erwahnten Schimpansen, also Affen-
passagevirus subkutan beigebracht hatten. Die Inkubation
bel&uft sich wie beim Virusspender auf 7 Tage oder eher noch
etwas weniger; der Anstieg ist hoch, reicht bis zu 41° C,
ist aber nicht so schroff; die von vielen Autoren hervorge-
hobene, von Legrain und Treille auch beim Menschen
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Kurve 12.
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262
JR. Doerr, A. Schnabel und K. Vbchting,
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konstatierte Initialschwankung in Gestalt eines lateinischen N
ist vorhanden; vom 2. Anstieg an dacht aber die Kurve so all-
m&hlich ab, daB man die Fieberdauer kaum abzuschfitzen vermag.
Indes wird man auch hier die Analogien zur menschlichen
Fleckfieberkurve kaum bestreiten wollen. Anders liegt aber die
Sache bei dem Macacus sinicus (Kurve 13), welcher 4 ccm
Patientenblut (4. Krankheitstag, mittelschwerer Fall) subkutau
erhalten hatte (Nicolle und Conseil, Ann. Past., 1919, p. 22).
Die 14-tS.gige Inkubation ist zwar ausgeprfigt und ihre Dauer
entspricht dem zum Versuch verwendeten virushaltigen Sub-
strat; aber die Fieberreaktion wfihrte nur zwei Tage, die
Elevation gegeniiber dem Temperaturdurchschnitt geht nicht
viel fiber 1° C hinaus.
Das sind bereits Falle,
in denen man auf den
Temperaturablauf kei-
nen SchluB basieren
kann; man muB andere
Kriterien heranziehen,
um eine Aussage wagen
zu dtirfen, um so mehr,
da Affen sehr thermo-
labil sind und in der
Gefangenschaft aus den verschiedensten Ursachen Tem-
peratursteigerungen bekommen. Andererseits darf man aber
nicht in den Fehler verfallen, daB man wegen des abor-
tiven Charakters der Fieberreaktion rundweg behauptet, die-
selbe konne nicht der klinische Ausdruck einer Fleckfieber-
infektion sein; die Kurve in Fig. 13 weist noch immer viel
mehr Beziehungen zu dem klassischen Typus in Kurve 1 auf,
als die Kurven Fig. 5, 7, 8, 9, 10, obzwar letztere von un-
zweifelhaften natfirlichen Erkrankungen des Menschen an
Fleckfieber gewonnen wurden.
Das Mecrsclnvcinchen reagiert auf den pyrogenen Reiz
der Fleckfieberinfektion nicht schlechter, sondern anscheinend
eindeutiger und regelmfiBiger als Makakeu; lage der Fall
umgekehrt, so wfirde sich die Tierspezies fur das Fleckfieber-
experiment wenig eignen und ware sicher auch gar nicht in
diesem MaBe bevorzugt worden. Allerdings erfiihrt das typische
Verhalten der Meerschweinchen mancherlei Einschrankungen,
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Kurve 13.
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URBANA-CHAMPAI6N
Das Verhalten der KOrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 263
welche zum Teil (wie einleitend bemerkt wurde) dadurch be-
dingt sind, ob das Versuchstier noch ganz intakt oder bereits
anderweitig beeinflufit ist. Bevor wir auf diese VerhUltnisse
eingehen, sollen jedoch einige Kontrollexperimente von D oer r
und R. Pick
durch Kurven
belegt werden,
aus welchen im
Gegensatze zu
bekannten An-
gaben erhellt,
daB man durch
Injektion von
Blut gesunder
oder anders-
artigerkrankter
Menschen keine
Fieber-
bewegungen er-
zielt, welche zu
Verwechs-
lungen mit den
typischen
Fleckfieber-
reaktionen der
Meerschwein-
chen AnlaB ge-
ben wiirden.
Die Kurve 14 und 15 beziehen sich auf 2 Meerschweinchen
von 300 und 280 g, welchen an den durch die Pfeile mar-
kierten Tagen je 2,5 ccm Blut von zwei verschiedenen normalen
Menschen in die Bauchhohle gespritzt worden war. No. 14
bekam nicht defibriniertes, No. 15 defibriniertes Blut; beide
Tiere boten akute, anaphylaktoide Symptome dar, erholten sich
aber bald. Die Kurven sind stark gekurzt wiedergegeben ; die
Tiere wurden de facto eine Woche vor und vier Wochen nach
dem Eingriff taglich zweimal thermometriert. Ein Kommentar
erscheint, wenn man die Figuren mit der Kurve No. 24 ver-
gleicht, iiberfliissig. Ebenso dlirfte es gentigen, wenn wir
anfiihren, daB nachstehende Tiere, wie folgt, behandelt waren
Kurve 14.
Kurve 15.
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264
R. Doerr, A. Schnabel und JL VSchting,
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Kurve 16.
Meerschw. 16, 2 ccm Blut einer Malaria tertiana intrap.,
17, 2 „ „ „ Pneumonia crouposa intrap.,
18 (350 g), 4.5 ccm Blut eines Masernfalles intrap.,
19, 2,5 ccm Blut eines 2. Masernfalles intrap.,
20, 2 „ „ „ Scarlatinafalles intrap.,
21, 2 „ „ „ 2. Scarlatinafalles intrap, und
22, 2 „ „ „ 3. Scarlatinafalles intrap.
Zur Be-
leuchtung des
Gegensatzes sei
nun absichtlich
die etwas aty-
pische Kurve
eines spezifisch
fiebernden
Tieres heraus-
gegriffen. Das
betreffende
Meerschwein-
chen wog 250 g
und hatte 1 ccm
nicht defibri-
nierten Blutes
subkutan er-
halten. Das Blut
war knapp vor-
her mit der
gleichen Spritze
aus der Arm-
vene eines
Fleckfieber-
patienten am 9.
Krankheitstage
aspiriert wor-
den; man kann
einelnkubation
von erwartungs-
gemSBer Dauer
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Kurve 18.
den), einen steilen Anstieg und eine lytische Deferveszenz
konstatieren, endlich auch eine nicht sehr h&ufige, aber aucb
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Das Verhalten der Kdrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 265
beim Menschen
bisweilen auf-
tretende post-
febrile Hypo-
thermie. Aber
die ganze Fie-
berbewegung
erstreckte sich
nur fiber 4 Tage
und das Maxi¬
mum stand bloB
1,6°C fiber dem
Niveau der In-
kubatiou. Im
allgemeineu
stoBt man hier
auf Verhaltnisse
wie bei der In-
fektion des Ma-
cacus sinicus in
Kurve 13. DaB
das Meer-
schweinchen
spezifisch gefie-
bert hat, geht
in diesem Falle
daraus hervor,
daBzweiandere,
mit denselben
Mengen des
gleichen Mate-
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Tiere fast iden-
tische Kurven
ergaben und
sich bei der
nach 4 Wochen
durchgeffihrten
Immunitatspro-
be mit groBen
Dosen Passa-
Kurve 20.
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Kurve 22.
Zcittchr. f. lmmimititsforschuD^. Orff. Bd. 31.
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266 R- Doerr, A. Schnabel und K. Vfichting,
gevirus vfillig refrakt&r verhielten. Alle weiteren hier mit-
geteilten Ergebnisse gehbren einer durch ca 2 Jahre fort-
gesetzten Passageserie an; die Uebertragbarkeit wurde somit
im groBten Stile und fOr jedes einzelne Tier bewiesen;
in gleicher Weise haben wir die spezifisch immunisierende
Wirkung, die Entstehung der charakteristischen Zellan-
h&ufungen im Gehirn und den makroskopisch negativen
Sektionsbefund bei so vielen Meerschweinchen dieser weitver-
Kurve 23.
Kurve 24.
zweigten Experimentalreihe, deren Glieder sich gegenseitig
stfltzen, erhoben, daB die Authentizitat der Kurven nach
jeder Richtung verbflrgt erscheint.
Bei dem folgenden Meerschweinchen (Kurve 24) wurde
die Infektion mit homologem Pasagevirus (2 ccm defi-
brinierten, durch Herzpunktion gewonnenen Blutes eines
anderen hochfiebernden Meerschweinchens) bewirkt, und zwar
durch intraperitoneale Einspritzung des virushaltigen Sub-
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URBANA-CHAMPAIGN
Dae Verhalten der KOrpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 267
strates. Die Inkubation war — wie das bei Passegevirus
die Regel ist — kurz (7mal 24 Stunden); der Anstieg war
jedoch geradezu imponierend und erstreckte sich fiber drei
voile Grade, das Maximum betrug40 c C und die Fieberdauer
belief sich auf ca. 12 Tage. Diese Kurve darf als typisch
bezeichuet werden; sie entfernt sich nicht wesentlich von den
Fieberformen, welchen man bei jfingeren Menschen oder hfiheren
Affen begegnet.
W ie bekannt, kann man statt Blut auch diezerriebenen
Organe von Passagemeerschweinchen als Virus
benfitzen, wobei es
sich empfiehlt, den
Organbrei durch
Gaze zu kolieren
oder die Emul-
sionen durch Zu-
satz von 0,85 Proz.
NaCl zu verdfinnen
und bei geringer
Tourenzahl zu zen-
trifugieren; das Mit-
injizieren grfiberer
Organ partikel ist zu
vermeiden, speziell
dann, wenn man
virulizide Versuche
mit antiexanthema-
tischem Serum an-
stellen will. Analoge
Kautelen sind ja
auch beim Arbeiten
mit virulentem Lys-
sahirn zu beachten.
Welches Organ man verwendet, ist innerhalb ’weiter
Grenzen gleichgfiltig; das Gehirn bietet aber versuchstechnische
Vorteile, weil es bei entbluteten Tleren wenig Residualblut
zuruckhalt, weil es leicht aseptisch entnommen und sehr fein
und gleichmfiBig emulgiert werden kann. Gehirnverreibungen
oder wasserige Extrakte aus diesem Organ sind auch relativ
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Kurve 25.
Kurve 26.
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URBANA-CHAMPAIGN
268
R. Doerr, A. Schnabel und K. Vdchting,
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wenig toxisch (Gerinnungsfermente oder andere Stoffe), was
besonders bemerkbar wird, wenn man intravenos infizieren
will; benfltzt man Ncbenniere oder Lunge, so hat man bei
diesem Infektionsmodus Tierverluste zu beklagen. Die Knrven
bleiben aber —
vorausgesetzt,
dad die Organe
virushaltig sind
— immer die-
selben, ein Be-
weis, dad eben
die Organsub-
stanz fflr die be-
obachteten pyro-
genen Effekte
nicht in Betracht
kommt. So hatte
Meerschweinchen
No. 25 die zer-
riebeneMilzeines
Passagemeer-
schweinchens,die
Tiere 26 bis 30
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Mengen virulen-
ter Hirnemulsion
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Kurve 27.
Kurve 28.
Kurve 29.
intraperitoneal erhalten. Das
substanz entsprach ca. 0,3 bi
eingespritzte Quantum Hirn-
0,6 g; man kann aber auch
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URBANA-CHAMPAIGN
Das Verhalten der KQrpertemperatur beim Fleckfieber uaw. 269
init weit geringeren Massen die namliche Wirkung erzielen
(Landsteiner und Hausmann).
Meerschweinchen No. 31 z. B. bekam nur 0,02 und Nr. 32
gar nur 0,01 g Hirnsubstanz intraperitoneal, wobei der er-
hebliche Substanzverlust durch das Filtrieren der Hirnemul-
sionen nicht einmal in Rechnung gestellt ist. Die eben an-
gegebenen Dosen stellen auch keineswegs die untere Grenze
dar; wie aus den Publikationen vonNicolle und Blaizot,
da Rocha-Lima, Landsteiner und Hausmann her-
Kurve 33.
vorgeht, gentigen schon Dezimillligramme; auch hierin dfirfen
wir ein Argument erblicken, daB die Erreger das Fieber
provozieren, nicht aber das Gewebe, in welchem sie sich vor-
tinden. AuBerordentlich klein werden die Gewichtsmengen
fremdartiger Stoffe, in welchen eine pathogene Zahl von Fleck-
fiebermikroben eingeschlossen ist, wenn man zur Infektion
frische Verreibungen aus infizierten (an Fleckfieberkranken
gefutterten und 10 Tage bei 30° gehaltenen) KleiderlHusen
verwendet.
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URBANA-CHAMPAIGN
270
B. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting,
In Kurve 33 zeigt die linke Hfilfte die Kurve eines mit
virulenter Hirneraulsion geimpften Passagetieres, die rechte
dagegen die Fieberreaktion eines Meerschweinchens, welchem
ein Extrakt aus 5 durch 10 Tage rait Fleckfieberblut ge-
fiitterten Kleiderlausen in die Peritonealhbhe injiziert wurde.
Wenn man von der 4-tftgigen Steigerung auf 38° C beim
Passagetier absieht, besteht wohl eine uberzeugende Aehnlich-
keit. Beide Tiere wurden auf der Akme des Fiebers getbtet,
um Uebertragungen auf andere Meerschweinchen ausfiihren
und an letzteren die ubrigen Proben zur Identifizierung des
Fiebers vornehmen zu kfinnen (Doerr und Schnabel);
daher brechen die Kurven unvermittelt ab und illustrieren
von dem Ver-
IBDOEIDQnnuBGntDlDnQuauDiSEil
in
n aB i iis Bsaai
-————— halten der Or-
ganpassagen
unterschei-
den. Meer.
schweinchen
34 war ubri-
gens nur mit
einer Verrei-
bung auszwei
Kurve 35. ~ Lausen inoku -
liert worden.
Bemerkt sei, daB man gerade mit Lausemulsioncn auch ab
und zu Versager erzielt, nicht so oft wie mit menschlicbem
Fleckfieberblut, aber doch ofter als mit Organvirus; auf die
Ursache wollen wir gelegentlich an anderer Stelle genauer
zu sprechen kommen.
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— URBANA^ CHAMPAIGN- -
Das Verhalten der Kfirpertemperatur beim Fleckfieber usw. 271
Kurve 35 stammt von einem Meerschweinchen, welches
mit einer Emulsion aus einer einzigen Laus intraperitoneal
infiziert worden war; die Reaktion blieb abortiv, war aber
doch immer noch gut ausgeprSgt. Andere mit der gleichen
Emulsion gespritzte Meerschweinchen gaben .Vollreaktionen,
deren spezifische Natur exakt verifiziert worden konnte. Auch
die fruhere Notiz, betreffend die „Versager“, bezieht sich
natflrlich nur auf Tiere, bei denen sich trotz Injektion einer
ftir andere Meerschweinchen virulenten Laus-
emulsion kein Fieber eingestellt hatte. Wie bereits betont, sind
dielnkubationen nach L&usevirus im Durchschnittlanger alsnach
Passagevirus (vgl. Kurve 33 und 34 mit Kurve 27 Oder Kurve 26)
und korrespon-
dieren ziemlich
genau der La-
tenzzeit bei der
natflrlichen An
steckung des
Menschen, die ji
gleichfalls in
einer (intrave-
ndsen) Einim-
pfungvon Lause-
virus besteht.
Dad auch frische Liiusefacces das Virus in infektions-
tiichtigem Zustande enthalten, wurde von Ni colie und Con-
seil, Muller und Urizio, Doerr und Schnabel im
Gegensatze zu da Rocha-Lima behauptet. Ein solches
Experiment liegt der Kurve 36 (linke Haifte) zugrunde. Da
die Temperatursteigerung in diesem Falle gering war, wurde
das Tier getotet und 0,3 g seines Gehirns auf ein zweites
Meerschweinchen intraperitoneal iiberimpft, bei welchem dann
die Reaktion, wie auf der rechten Haifte von Kurve 36 zu
entnehmen, deutlicher wurde. Beide Meerschweinchen hatten
einen negativen Sektionsbefund, eine Feststellung, auf welche
man nicht verzichten darf, wenn man vor den grobsten Irr-
tiimern geschiitzt sein will. Zwei Beweise hierfflr liefert
Kurve 37. Das eine Meerschweinchen (mit virulenter Hirn-
emulsion intraperitoneal injiziert) fiel schon durch die extreme
Kurve 36.
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272
E. Doerr, A. Schnabel und K. VOchting,
knrze Inkubation von 3mal 24 Stunden auf; bei der Scktion
fand sich disseminierte, miliare Pseudotuberkulose der Leber
und Milz. Das zweite Tier (rechte Halfte der Kurve 37) sollte
Kurve 37.
mit einer frflher
virulenten, aber
lange Zeit im
Eiskasten auf-
bewahrten Hirn-
emulsion sub-
kutan immuni-
siert werden; es
begann aber
schon nach der
ersten Ein-
spritzung des
sicber aviruleut
gewordenen Ma¬
terials zufiebern,
wurde getotet
und zeigte eine
ausgedehnteeite-
rige Media-
stinitis.
Zu den Kri-
terien des Meer-
schweinchen-
fleckfiebers ge-
h6rt bekanntlich
die resultierende
aktive Iminu-
nitat; eine
zweite Injektion
eines virushal-
tigen Materiales
darfkeineFieber-
reaktion nach sich ziehen, wobei man die verschiedenen, Fleck-
fieberkeime enthaltenden Stoffe (Patientenblut, Blut oder
Organemulsion von Passagetieren 4 Lausevirus) beliebig unter-
einander vertauschen kann. Dieses refraktare Verhalten
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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 273
komrat in den Kurven 38, 39 und 40 zum Ausdruck. Die
Meerschweinchen Nr. 38 und 39 waren mit virulentem Passage-
hirn intraperitoneal infiziert worden und hatten eine ausge-
pr§gte, bei No. 39 recht typische Fieberreaktion Qberstanden.
Nach 6 Wochen neuerdings mit 0,3 g (ffir Kontrollen voll-
virulenten) Passagehirnes intraperitoneal reinjiziert, erwiesen
sie sich immun; das Verhalten ihrer Korperw&rme, der Ueber-
sichtlichkeit halber als dunne Linie unter die prim&re Fieber¬
reaktion ins Schema eingetragen, l&Bt die Differenz mit aller
wiinschenswerten Deutlichkeit erkennen. Fur Kurve 40 trifft
das insofern nicht ganz zu, als hier die prim&re Reaktion
abgeschw&cht erscheint; diese Abschwachung hat aber einen
besonderen Grund. Dem Passagevirus (Emulsion der Milz
und der Nebennieren; fiir zwei Kontrollen typisch pyrogen)
war n&mlich das
(virulizide) Se¬
rum eines mit
Passagevirus
immunisierten
Kaninchens zu-
gesetzt worden,
so daB wir im
abortiven Ver-
lauf des spezi-
fischen Fiebers
(dick ausgezogene Kurve) den Ausdruck einer partiellen
passiven Iinmunitat zu sehen haben. Trotz des rudimen-
tSren Verlaufes der Infektion stellte sich jedoch nach der
Immunitatsprobe keine Fieberbewegung ein (diinne Linie).
Ausgesprochen tritt die virulizide Wirkung antiexanthe-
matischer Sera in der folgenden, nur zum Teil wiederge-
gebenen Versuchsserie von Do err und R. Pick zutage
deren Ergebnis auch in anderen Belangen Interesse bean-
sprucht. Das benutzte Serum stammte von einem Fleckfieber-
rekonvaleszenten und wurde durch AderlaK 10 Tage nach
der Entfieberung gewonnen; die injizierte Serumdosis betrug
bei alien vier Meerschweinchen, deren Kurven hier abgebildet
sind, je 1 ccm. Bei dem ersten Tier (Kurve 41) wurde das
Serum mit dem Virus (0,4 g emulgierten und filtrierten Pas-
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URBAN A-CHAMEA IGN
274
E. Doerr, A. Schnabel and K. V6chting,
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sagehirnes) gemischt und das Gemisch nach einstiindigem
Stehen bei Zimmertemperatur intraperitoneal injiziert.
Die Temperatur hielt sich durch 15 Tage ira gleichen
Niveau; da bei den zwei eingestellten Viruskontrollen in-
zwischen die
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Kurve 41.
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[25l26j2d
Fieberreaktion
typisch abge-
laufen war, in-
jizierten Doerr
und R. Pick
am 16. Tage
dem Meer-
schweinchen
No. 41 noch-
mals eine mas¬
sive Dosis
Passagevirus,
aber ohne
jeden Erfolg.
Beim nSch-
sten Meer-
schweinchen
lagzwischender
Virusinjektion
und der post-
infektionellen
Serumzufuhr
ein Intervall
von 24Stunden,
wie die beiden
Pfeile in den
zweierstenVer-
tikalrubriken
andeuten (Kur-
Kurve 43. 42 ^' Aucl)
dieses Meer-
schweinchen blieb fieberfrei und war gegen eine zweite Virus¬
injektion ebenso refraktfir.
Beim dritten Tier (Kurve 43) betrug das Intervall zwischeu
Kurve 42.
Uo
aa
19 bo
23U14
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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 275
Infektion und Seruminjektion 48 Stunden. Diesmal kam es
am 15. Tage zu einer abortiven Fieberreaktion, die leider nicht
unbeeinflufit ablaufen konnte, sondern infolge eines Versehens
durch eine zweite (diesmal resultatlose) Virusinjektion unter-
brochen wurde.
Bei Meerschweinchen No. 44 endlich kam das Serum zu
spat, nach 5mal 24 Stunden. Die Fieberreaktion trat in voller
Starke auf und unter-
schied sich gar nicht
mehr von dem Tempe-
raturablauf bei den
beiden durch Serum
nicht beeinfluBten
Kontrollen.
Es lafit sich
daraus deduzieren :
1) daB virulizides
Serum vom Fleck-
fieberrekonalves-
zenten die pyro-
gene Wirkung
groBerDosen von
Passagevirus
ganz zu paraly-
sieren vermag,
wenn man das-
selbe mit dem
Virus gemischt
oder getrennt
und postinfektionell injiziert. 2) DaB dieser paralysierende Effekt
sukzessive abnimmt, je 18nger der Zeitraum ist, welcher
zwischen der Infektion und der Serumeinspritzung verstreicht,
bis schlieBlich uberhaupt keine Mitigierung des Infektions-
ablaufes zu bemerken ist; diese Tatsache besitzt besondere
Bedeutung fiir die Wahl des Zeitpunktes einer postinfektionellen
Serumprophylaxe (Doerr, Nicolle und Conseil) beim
Menschen. 3) DaB auch abortive, ja anscheinend sogar vollig
afebrile Infektionen (^infections inapparentes 14 ) aktiv immuni-
sieren, da das Resultat der Immunitatsproben bei No. 41 und
Kurve 44.
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276
R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting,
No. 42 kaum so aufgefaBt werden kann, daB das 2 Wochen
frflher einverleibte Antiserum die Tiere passiv geschtitzt hat;
dahin gerichtete Kontrollversuche sprachen gegen diese Inter¬
pretation.
Die Kurve 45 bringt die Kurve eines Meerschweinchens,
dem Passagehirn (0,4 g), gemischt mit 2 ccm Serum eines
rekonvaleszenten Meerschweinchens, intraperitoneal injiziert
worden war. Man erhait den Eindruck einer nach 6 Tagen
einsetzenden und 6 Tage anhaltenden abortiven Reaktion; die
Immunitatsprobe ergab auch hier ein vollig refraktares Ver-
halten.
Die Hoffnung, welche aus den Kurven 41 und 42 ab-
leitbar wire, daB man vielleicht auch Menschen durch Virus-
serumgemische unter Vermeidung jeder Impffolge aktiv im-
munisieren konnte (Doerr und R. Pick), ist nun allerdings
dadurch zerstort worden, daB sich Ergebnise, wie sie in den
zwei zitierten Experimenten erzielt wurden, als jene seltenen
Ausnahmen herausstellten, in welchen sich die gegenseitige
Beeinflussung von Virus und Serum gerade nur bis zur in¬
fection inapparente“ ausbalanziert. Kommt es dagegen zur
Abtotung der Erreger durch die mitinjizierten Antikorper, so
bleibt mit der Infektion auch die antiinfektionelle Immunitat
aus, wie das aus den Versuchen von Anderson und Gold-
berger, Nicolle und seinen Mitarbeitern, Russ und
Kirschuer erhellt. Die Immunisierungsmoglichkeit durch
abortive Infektionen mochten wir aber auf Grund unserer
Erfahrungen aufrechterhalten und als den einzigen gangbaren
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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 277
Weg bezeichnen, welcher derzeit zu einer wirksamen Schutz-
impfung gegen Fleckfieber zu fiihren imstande ist.
Als AbschluB sei noch die Kurve 46 reproduziert. Hier
war der Infektion in it Passagevirus nach 24 Stunden eine
Injektion von 2 ccm eines hochwertigen X 19-Immunserums
vora Kaninchen gefolgt. Das Meerschweinchen war nicht ge-
schfltzt, sondern reagierte genau wie eine bloB rait Virus
injizierte Kontrolle. Die Immunisierung von Kaninchen mit
X 19 gibt somit keine viruliziden Antikbrper; umgekehrt
existieren virulizide Sera (z. B. von rekonvaleszenten Meer¬
schweinchen), welche auf X 19 nicht agglutinierend wirken,
Tatsachen, welche jedenfalls nicht fur eine gemeinsame Antigen-
funktion des ErregereiweiBes und des Protoplasmas der X-
StSmme sprechen.
Ueber die zitierte Literatur gibt das Referat von D o e r r
auf der 8. Tagung der Freien Vereinigung fflr Mikrobiologie
(Centralbl. f. Bakt., Ref., 1921) AufschluB.
Zusammenfassung.
1) Die Fieberreaktionen, welche das Virus des Exanthe-
maticus beim Menschen, bei anthropoiden und niederen Affen
sowie bei Meerschweinchen hervorruft, werden miteinander
an der Hand von Temperaturkurven verglichen. Sie lassen
sich samtlich auf eine Grundform (Fiebertjpus des nicht
durchseuchten erwachsenen Menschen) zuriickliihren.
2) Abweichungen von der Grundform konnen bedingt
sein: bei der Spezies Mensch durch das Alter und die Rasse
(Durchseuchung) der erkrankten Individuen, bei Tieren durch
die thermische Reaktionsfahigkeit der betreffeuden Spezies
auf den pyrogenen Reiz der Fleckfieberinfektion. Meer¬
schweinchen reagieren im Durchschnitt gentigend stark und
typisch, urn sich zu Experimenten mit diesem Virus zu eignen.
3) Es existieren zwei Formen der Inkubation: eine kurze
(nach Infektion mit Meerschweinchenpassagevirus) von weniger
als 8 Tagen und eine lange, ca. 10- bis 12-tSgige (natiirliche
Ansteckung des Menschen, kiinstliche Impfung von Menschen
Oder Meerschweinchen mit Patientenblut, Infektion von Meer¬
schweinchen mit L&usevirus).
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278 B- Doerr, A. Schnabel und K. Vftchting, Fleckfieber.
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4) Die thermische ReaktivitSt der Meerschweinchen kann
auch durch vorausgegangene unspezifische Eingriffe gestort
werden.
5) Virulizide Sera heben die pyrogene Wirkung des
Fleckfieberkeimes auf Meerschweinchen auf, wenn man sie
gleichzeitig Oder postinfektionell injiziert. Wird hierbei das
Vims abgetStet, bleibt also die Infektion aus, so entwickelt
sich keine aktive Immunit&t; wirkt das Serum nur ab-
schwachend auf den Fieberablauf, ohne die Infektion zu ver-
hindern (abortives Fieber, afebrile latente Infektion), so kann
sich eine aktive Immunitat entwickeln.
6) Postinfektionell schiitzen antiexanthematische Sera nur,
wenn sie bald nach der Viruszufuhr injiziert werden, was
fdr eine postinfektionelle Serumprophylaxe beim Menschen
(Nicolle und Conseil, Doerr) wichtig erscheint.
Nachdruck verboten.
Eln Beitrag znr Frage des Wesens der Wasscrmannschen
Rcaktion 1 ).
Von Dr. Fritz M. Meyer, Berlin.
(Eingegangen bei der Redaktion am 4. September 1920.)
Die Frage nach dem Wesen der Wasser m an n schen
Reaktion ist auch heute noch nicht beantwortet; die zahl-
reichen Arbeiten, in denen hierzu Stellung genommen wird,
1) Diese Arbeit Btammt, wie aus den Tabellen ersichtlich, aus dem
Jahre 1911. Sie wurde damals nicht veroffentlicht, weil ich die Absicht
hatte, meine Versuche zu erweitern. An der Durchfiihrung meines Planes
wurde ich gehindert. Ich habe zufallig die Arbeit jetzt wiedergefunden,
und glaube. ein Recht, sie heute noch zu veroflentlichen, von der Tatsache
ableiten zu konnen, dafi das Wesen der Wassermannschen Reaktion
inzwischen keine weitere Kliirung erfahren hat.
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‘ URBANA-CHAMPAIGN'
Em Beitrag zur Frage dee Weeene der Wa. R.
279
zeigen zum Teil vSllig entgegengesetzte Ansichten. Die Mehr-
zahl der Autoren vertritt den Standpunkt, daB dieWasser-
mannsche Reaktion eine reine Lipoidreaktion darstellt, wahrend
andere, besonders Plaut, Bruck und Citron, an der
Antigen-Antik8rpertheorie im groBen und ganzen festhalten.
Allerdings stelll sich auch Citron vor, „daB die Lues-Anti-
kOrperbildung nicht durch den Erreger selbst, sondern durch
eine von ihm sezernierte oder bei seinem Zerfall freiwerdende
Substanz veranlaBt wird, oder aber, daB unter dem EinfluB
der Lues das menscbliche Gewebe selbst Substanzen erzeugt,
die als Antigen im eigenen Organismus zu wirken verm8gen.“
Er glaubt, daB eine spezifische Reaktion mit einer nicbt
spezifischen Reaktion einhergebt, daB also eine Lipoidreaktion
und eine echte Antigen-AntikOrperreaktion bestehe. Urn diese
Theorie zu beweisen, hat Citron zusammen mit Munk 1 )
eine Reihe von Tierexperimenten vorgenommen.
Die beiden Autoren wollten feststellen, ob im wftsserigen
Extrakt aus der Leber hereditdr syphilitischer F6ten sich ein
Stoff findet, der als echtes Antigen anzusehen ist und mit
den Reaginen des Serums der Luetiker positiv reagiert. Das
Zustandekommen der Wassermannschen Reaktion bei Be-
nutzung von alkoholischen Extrakten aus Normalorganen be-
trachten sie, trotzdem sie in praktischer Hinsicht der mit
w&sserigem luetischen Extrakt erzielten Wassermannschen
Reaktion ann&hernd gleichzusetzen ist, in biologischer Hin¬
sicht als nichtspezifisch, wahrend die letztere unbedingten An-
spruch auf Spezifitat hat. Sie spritzten Kaninchen wasserigen
syphilitischen Leberextrakt und anderen wiederum alkoholischen
Normalorganextrakt ein. Sie konnten nachweisen, daB die mit
wasserigem syphilitischen Leberextrakt infizierten Kaninchen
positiv reagierten, dagegen die mit Normalextrakt gespritzten
Kaninchen eine negative Reaktion zeigten. Als nach einigen
Wochen die komplementfixierenden Stoffe in dem Serum der
Kaninchen nicht mehr vorhanden waren, erfolgten neue Ein-
spritzungen von syphilitischem Organextrakt, die das Wieder-
auftreten der Reaktion zur Folge hatten.
1) Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 34.
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280
Fritz M. Meyer,
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Die Beweiskraft dieser Untersuchungen wurde von Friede-
mann und Ludwig Meier in Zweifel gezogen, weil ja be-
kanntlich bei den von Citron verwendeten Mengen Kanin-
chenseren wechselnde Reaktionen geben kfinnen. Citron
und M u n k hatten zwar aus diesem Grunde zahlreiche
Kontrollversuche angestellt, aber trotzdem war es nicht
unmoglich, dafi der Zufall bei diesen Resultaten eine Rolle
spielte.
Im Zusammenhang mit anderen Untersuchungen fiber das
Vorkommen und Wesen der Wassermannschen Reaktion
beim Kaninchen, die Franz Blumenthal und ich gemein-
sam vorgenommen, und fiber die wir ausftihrlich berichtet
haben 1 ), habe ich auch diese Fragen in das Bereich meiner
Untersuchungen gezogen. Ausgehend von der Tatsache, dafi
Citron und Munk mit Mengen gearbeitet haben, die normaler-
weise Hemmungen geben und daher nicht voll beweisend sind,
habe ich Mengen von Seren und Extrakt genommen, bei
denen, wie wir in Hunderten von Untersuchungen nach-
gewiesen haben, normale Kaninchen durchweg negativ reagieren.
Ich erweiterte die Versuche von Citron und Munk noch
dahin, dafi ich auch alkoholischen Extrakt aus ffitalen lueti-
schen Lebern infizierte, da ich glaubte, daB gerade ein ab-
weichendes Verhalten des alkoholischen und wfisserigen Ex-
traktes von syphilitischen Lebern besonderes Interesse haben
dfirfte.
Was die Technik anbetrifft, so wurde Kaninchen 12 als Kontrolltier
verwendet, Kaninchen 8 erhielt am 23. und 29. XII. 1910, am 3., 24. und
29.1. und am 4. II. 1911 je 2 ccm wasserigen syphilitischen Leberextraktes
injiziert, Kaninchen 14 und 15 an den gleichen Daten ie 2 ccm alkoho¬
lischen syphilitischen Leberextraktes, der vor der Injektion im Brutschrank
bei 37“ Temperatur einige Stunden eingedampft wurde, und Kaninchen 9
und 18, ebenfalls an den gleichen Daten, je 2 ccm des sogenannten Fritz
Lesserschen Organextraktes. Die Versuche mit Injektionen von alkoho-
lischem syphilitischen Leberextrakt und Fritz Lesserschem Organextrakt
wurden bei 4 anderen Kaninchen wiederholt. Die Kaninchen ergaben bei
mehrmaligcn Untersuchungen vor den Injektionen stets eine negative
Wassermannsche Reaktion.
1) Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 32; Arch. f. Dermatol., Lesser-
sche Festschrift, 1912.
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Ein Beitrag zur Frage dee Wesens der Wa. R.
281
TabeUe I. (12. II. 1911.)
Rohrchen
Syphil. Leberextrakt
Serum
Resultat
Kaninchen 8 •
1
2
0,1
0,025
+ + + +
Kaninchen 14
3
4
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—
Kaninchen 15 j
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0,1
—
—
14
—
—
TabeUe II. (13. IL 1911.)
Rdhrchen
Fritz Leeser-Extrakt
Serum
Resultat
1
1
0,5
0,025
++++
Kaninchen 8
2
3
0,25
a
ft
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4
0,5
tt
—
' Kaninchen 14
5
0,25
tt
—
6
—
ft
—
7
0,5
a
—
Kaninchen 18'
8
9
0,25
it
tt
—
10
0,5
—
—
11
0,25
—
—
12
—
—
*“—
Um der Arbeit einen kleinen Rahmen zu geben, gebe ich
nur 2 Tabellen wieder mit dem Bemerken, daB auch die
Untersuchungen, die in etwa 8-tSgigen Abst&nden nach dem
13. II. 1911 vorgenommen wurden, ausschlieBlich ein positives
Resultat beim Kaninchen 8 ergaben.
Wie aus den Tabellen hervorgeht, hat Kaninchen 8 eine
positive Reaktion ergeben, w&hrend die iibrigen Kaninchen
durchweg negativ reagierten. Allerdings wurde die Reaktion
bei Kaninchen 8 erst auf groBere Dosen syphilitischen Ex-
traktes positiv als bei Citron und Munk. Dies ist aber
leicht verstandlich, da ich ja im Wassermannschen Versuch
mit viel geringeren Dosen gearbeitet habe.
Zeituhr. f. lmmuntUUforKhung. Oil;. Bd. SI. 19
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, URBANA-CHAMEA1G N
282
Fritz M. Meyer,
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Es ist demnach richtig, daB nach Einspritzung eines
wfisserigen syphilitischen Leberextraktes die Kaninchen eine
positive Wassermannsche Reaktion bekommen, und zwar
steht der wfisserige syphilitische Leberextrakt im Gegensatz
zu den wfisserigen und alkoholischen Extrakten aus Normal-
organ und zum Fritz Lesserschen Herzextrakt. Ich konnte
ferner aber noch beweisen, daB nicht nur die Extrakte aus
Normalorgan, die ein gutes „Wassermann-Antigeu u darstellen,
nicht imstande sind, eine derartige Reaktion beim Kaninchen
hervorzurufen, sondern auch der alkoholische Extrakt aus
syphilitischen Lebern diese Ffihigkeit nicht besitzt. Meiner
Ansicht nach geht aus diesen Versuchen hervor, daB der
wfisserige syphilitische Leberextrakt eine Sonderstellung ein-
nimmt gegentiber alien anderen Extrakten, und zwar der-
gestalt, daB der wfisserige syphilitische Leberextrakt einem
echten syphilitischen Antigen entspricht, d. h. daB der syphi¬
litische Leberextrakt abgetotete Spirochfitenstoffe enthfilt, die,
dem Kaninchen injiziert, eine Reaktion auszulosen vermogen,
die der durch lebendes Spirocbatenvirus bei Menschen hervor-
gerufenen Reaktion vOllig entspricht. Besonders hervorheben
mbchte ich, daB diese antigene Eigenschaft nur dem wfisserigen
Extrakte aus syphilitischen Organen zukommt, nicht aber dem
alkoholischen Extrakte. Dies scheint mir zu beweisen, daB
das syphilitische Antigen im Gegensatz zu verschiedenen
anderen Antigenen nicht alkoholloslich ist. Eine andere Frage
ist allerdiDgs, ob wir aus diesen Versuchen schliefien kbnnen,
daB es sich bei der Wassermannschen Reaktion um eine
Antigen-Antikbrperreaktion spezifischer Art handelt, resp. ob
dieselbe eine groBere Rolle bei ihrem Zustandekommen spielt.
Dies zu beweisen sind meiner Ansicht nach diese Experimente
absolut ungeeignet, denn wollte man auf diese Art zeigen,
daB es sich tatsfichlich um eine strong spezifische Antigen-
Antikorperreaktion handele, so mtiBte man verlangen, daB die
durch den wfisserigen syphilitischen Leberextrakt im Kaninchen-
korper erzeugten Reaktionsstoffe nur mit dem wfisserigen syphi¬
litischen Leberextrakt unter Komplementbindung reagierten,
nicht aber auch mit Extrakt aus normalen Organen. Wie
aber sowohl aus meinen obigen Untersuchungen als auch aus
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Ein Beitrag zur Frage dee Wesens der Wa. R. 283
denen von Citron und Munk hervorgeht, reagieren der-
artige Kaninchenseren in genau derselben Weise wie syphi-
litische Menschenseren mit Extrakten aus normalera Herzen.
Wir haben demnach in der Reaktion des mit wasserigem
Leberextrakte bespritzten Kaninchens einen vOllig identischen
Vorgang mit dem beim syphilitischen Menschen, und es ist
daher nicht moglich, das Wesen der menschlichen W as ser¬
in an nschen Reaktion auf diese Weise zu erkl&ren. Und
wenn ich auch durchaus nicht ausschlieBen will, daB eine
spezifische Komponente bei der Wasserman nschen Reaktion
eine Rolle spielt 1 ), so mQssen wir doch sagen, daB fflr das
Vorhandensein dieser Komponente bisher der Beweis nocli
nicht erbracht ist.
Zusammenfassung.
1) Das Vorhandensein einer spezifischen Komponente bei
der Wasserm an nschen Reaktion ist zwar durchaus mSg-
lich, aber durch die von Citron und Munk angestellten
and von mir in anderer Versuchsanordnung nachgeprfiften
Versuche nicht zu beweisen.
2) Der w&sserige syphilitische Leberextrakt nimmt gegen-
ilber alien anderen Extrakten eine Sonderstellung ein der-
gestalt, daB er einem echten syphilitischen Antigen entspricht.
1) Siehe meine Arbeit: Der heutige Stand unserer Kenntnisse liber
das Wesen der Wassermannschen Reaktion. Charit<5-Annalen, 36. Jahrgang.
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itHUi
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284
Otto Olsen,
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Nachdruck verbolen.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Freiburg i. B.
(Direktor: Prof. M. Hahn).]
Die Steigernng des Agglutinlntiters durch Aderlfisse.
Von Privatdozent Dr. Otto Olsen.
(Eingegangen bei der Redaktion am 20. September 1920.)
Von Langer angestellte Versuche iiber das Verhalten
der ImmunkSrper nach tfiglich wiederholten grofien AderlSssen
bei Kanincben mit konstantem Immunagglutinintiter hatten
in s&mtlichen Fallen einen deutlichen Anstieg, zum Teil un-
geheuere Steigerungen des Titers bis zum 250 000-fachen
des ursprflnglichen Wertes ergeben. Da Nachprufungen, die
sowohl von H. Landau als auch von R. Klinger vor-
genommen wurden, nicht zu einer Bestatigung dieser Befunde
gelangten, veranlafite mich Herr Geheimrat Hahn, der Frage
erneut nachzugehen.
Die Versuche wurden in enger Anlehnung an die seiner -
zeit von Langer befolgte Technik ausgefiihrt. Es erfolgten
die Blutentnahmen bei den immunisierten Kaninchen mehrere
Wochen nach der letzten Injektion des Antigens dann, wenn
dreimalige PrQfung des Titers kein Ansteigen desselben mehr
ergeben hatten; sie wurden ausgefiihrt an einer durch Reiben
mit Xylol stark erweiterten Ohrvene, und nur wenn sich
hierbei Schwierigkeiten, etwa bei starker BeschSdigung der
Venen nach zahlreichen Blutentnahmen einstellten, wurde die
Saugpumpe zu Hilfe genommen.
Versuchsprotokolle.
Versuch 1.
Kaninchen 3, behandelt mit 3maliger Injektion steigender Men gen
von 1 Stunde bei 56° erhitzten Typhuebakterien in 8-tagigem Abetand.
Letzte Injektion 24. IX. 1919.
1. X. Titer 1:1280
7. X.
15. X.
21. X.
22. X.
23. X.
1 1:2560
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Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderlasse.
285
8eit dem 25. X. ttgliche Blutentnahme von 20 ccm.
25. X.
Titer
1:2560
1. Blutentnahme 20
ccm
26. X.
99
1:2560
2.
20
99
27. X.
99
1:2560
3.
20
99
28. X.
99
1:2560
4.
20
99
29. X.
99
1:2560
5.
20
99
30. X.
99
1:2560
6.
20
99
31. X.
99
1:640
7.
20
99
1. XI.
99
1:640
8.
20
99
2. XI.
99
1:640
9.
20
99
3. XI.
99
1:1280
10.
20
99
4. XI.
99
1:640
11. „
20
99
5. XI.
99
1:640
12.
20
99
6. XI.
99
1:1280
13.
20
99
Nachdem bisher wasserreiche, aus weifien Riiben, gelben M6hren, Heu
nnd Gerstenschrot bestehende Nahrung zugefiihrt worden war, wird vom
7. XI. ab nur aus Heu und Gerstenschrot bestehendes Trockenfutter
ohne jeden Wasserzusatz gegeben.
7. XI. Titer
1:10240
14. Blutentnahme 20
ccm
8. XI.
1:10 240
15. „
20
99
9. XI. „
1:2560
16. „
20
99
10. XI. „
1:1280
17.
20
99
11. XI. „
1:1280
18.
20
99
12. XI. „
1:2560
19. „
20
99
13. XI. „
1:1280
20.
20
99
t, 8ektionsbefund: Starke Aniimie, schlaffer pneumonischer Herd der
linken Lunge.
Versuch 2.
Kanincben 4, behandelt init dreimaliger Injektion 1 Stunde bei
erhitzter Typhusbakterien. Letzte Injektion 24. IX. 1919.
1. X.
7. X.
15. X.
21. X.
22. X.
23. X.
Titer 1:2560
„ 1:5120
„ 1:10240
„ 1:5120
„ 1:5120
„ 1:5120
56°
Vom 25. X. ab tiigliche Blutentnahme von 20 ccm.
25. X.
Titer
1:5120
1.
Blutentnahme 20 ccm
26. X.
99
1:5120
2.
99
20 „
27. X.
9)
1:5120
3.
9*
20 „
28. X.
99
1:5120
4.
99
20 „
29. X.
)9
1:5120
5.
99
20 „
30. X.
99
1:5120
6.
99
20 „
31. X.
99
1:2560
7.
99
20 „
1. XI.
99
1:2560
8.
99
20 „
2. XI.
99
1:2560
9.
99
20 „
3. XI.
99
1:5120
10.
99
20 „
4. XI.
99
1:2560
11.
99
20 „
5. XI.
99
1:2560
12.
99
20 „
6. XI.
>9
1:5120
13.
99
20 „
7. XI I
1 tc
99
1:10240
14.
99
20 „
8- XI.
a a
99
1 :2560
15.
99
20 „
9. XL
a £3
M u
99
1:5120
16.
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20 „
10. XI.
CJ o
99
1:2560
17.
99
20 „
11. XL
99
1:2560
18.
99
20 „
12. XI.
H;2
99
1:10240
19.
99
20 „
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
286
Otto Olsen,
13. XI.1
Titer
1:2560
20.
Blutentnahme
20
ccm
14. XL
• U3
a fl
99
1:10 240
21.
ft
20
tt
15. XI.
99
1:2560
22.
ft
20
ft
16. XI.
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ft
1:2560
23.
ft
20
n
17. XI.
M M
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ft
1:5120
24.
ft
20
n
18. XI.
19. XI.
o
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tf
1*
1:5120
1:5120
25.
26.
ft
ft
20
20
tt
tt
20. XI.
L <4-4
jt
1:5120
27.
ft
20
tt
21. XI.
rt
1:5120
28.
20
tt
t. Sektionsbefund: Starke Blasse aller Organe.
Versuch 3.
Kaninchen 2, vorbehandelt mit dreimaliger Injektion abgetdteter
Gholerayibrionen. Letzte Injektion 8. X. 1919.
15.
X.
Titer
1 :640
21.
X.
ft
1:640
15.
XI.
yy
1:1280
Trockenfutter seit dem
15. XL 1919.
16.
XI.
If
1:1280
17.
XI.
ft
1:1280
18. XI. Beginn der Blutentnahmen von tiiglich 20 ccm.
18.
XI.
Titer
1:1280
1. Blutentnahme
20
ccm
19.
XI.
ft
1:1280
2.
20
99
20.
XI.
1 1
1:1280
3.
20
•9
21.
XI.
ft
1:1280
4.
20
99
22.
XI.
tt
1:1280
5.
20
«9
23.
XI.
tt
1:1280
6.
20
99
24.
XI.
9»
1:1280
7.
20
•9
r, sehwere Anamie, sonst o. B.
Versuch 4.
Kaninchen 5, behandelt
mit dreimaliger Injektion von abgetOtete
Cholera
vibrionen
zuletzt
8. X. 1919.
15.
X.
Titer
1:320
21.
X.
99
1:640
15.
XI.
99
1:2560
Seit heute Trockenfu
tter.
16.
XI.
99
1:1280
17.
XI.
19
1:1280
18. XI. Beginn der Blutentnahmen, taglich 20 ccm
18.
XI.
Titer
1:1280
1. Blutentnahme
20
ccm
19.
XI.
99
1:1280
2.
20
20.
XI.
It
1:1180
3.
20
tt
f, Blasse, sonst o. B.
Versucb 5.
Kaninchen 6, behandelt mit drei Injektionen abgetoteter Cholera-
vibrionen, zuletzt am 8. X. 1919.
15.X. Titer 1:2560
21. X. „ 1:1280
22. X. „ 1:1280
23. X. „ 1:1280
25. X. Beginn der Bluten tn ah men.
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Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
“URBANA-CHAMPAIGN- -
Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderlasse.
287
25.
X.
Titer
1:640
1 .
Blutentnahme
20
ccm
26.
X.
99
1:640
2.
99
20
99
27.
X.
99
1:640
3.
99
20
99
28.
X.
99
1:320
4.
99
20
99
29.
X.
99
1:640
5.
99
20
99
30.
X.
99
1:320
6.
If
20
99
31.
X.
99
1:320
7.
99
20
99
1 .
XI.
99
1:160
8.
99
20
f 1
2.
XI.
99
1:320
9.
99
20
ft
3.
XI.
99
1:160
10.
99
20
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4.
XI.
99
1:320
11.
99
20
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5.
XI.
99
1:320
12.
99
20
yt
6.
XI.
99
1:320
13.
99
20
ft
Bisher wasserreiche Nahrung
von heute ab Trockenfutter.
7.
XI.
Titer
1:320
14.
Blutentnahme
20
ccm
8.
XI.
99
1:320
15.
II
20
tt
9.
XI.
99
1:320
16.
II
20
it
10.
XI.
99
1:320
17.
ft
20
tt
11 .
XI.
99
1:320
18.
ft
20
tt
12.
XI.
99
1:320
19.
If
20
99
f, Anamie
der
Organe.
Versuch 6.
Kaninchen 7, vorbehandelt mit drei Injektionen abgetoteter Typhua-
bakterien in Abstanden von je 2 Tagen, zuietzt am 11. XI. 1919.
25. XI. Titer 1:40 000
7. XII. „ 1:2400
8. XII. „ 1:2400 Fiitterung mit Trockenfuttei.
10. XII. „ 1:1280
11. XII. 1919 Beginn der B1 utentnahraen.
11. XII.
Titer
1:1280
1. Blutentnahme 20 flfcm
12. XII.
ft
1:640
2.
20
99
13. XII.
ft
1:640
3.
20
99
14. XII.
ft
1:640
4. „
20
99
15. XII.
99
1:640
5.
20
99
16. XII.
99
1:640
6.
20
ft
17. XIL
ft
1:640
7.
■ 20
ft
18. XII.
ft
1:640
8.
20
ff
19. XII.
ff
1:640
9.
20
ft
20. XII.
tf
1:640
10.
20
ff
Versuch abgebrochen.
Versuch 7.
Kaninchen 8, vorbehandelt mit drei Injektionen abgetoteter Typhua-
bakterien in Abstanden von je 2 Tagen, zuietzt am 11. XI. 1919.
25. XI. Titer 1:20000
7.
XII.
ft
1
1280
8.
XII.
tf
1
1280
10.
XII.
ft
1
1280
11.
XII.
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1
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12.
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1
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13.
XII.
ff
1
1280
14.
XII.
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1
1280
1. Blutentnahme 20 ccm
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3.
4.
ff
99
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20
20
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
288
Otto Olsen,
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15. XII. Titer 1:1280 5. Bluten tnahme 20 ccm
16. XII. „
1:640
6.
ff
20 „
17. XII. „
1:640
7.
H
20 „
18. XII. „
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8.
11
20 „
19. XII. „
1:640
9.
20 „
20. XII. „
1:640
10.
20 „
Versuch abgebrochen.
Nach den vorstehenden Versuchen konnte eine Ueber-
einstimmung mit den Ergebnissen Langers nicht erzielt
werden. Erwfigungen fiber die Ursachen dieses MiBerfoIges
fflhrten unter Berficksichtigung der von Langer gemachten
Beobachtnng, daB eine Vermehrung der Agglutinine ausblieb,
wenn nach den Blutentnahmen Kochsalzlfisung injiziert wurde,
zu der Erfirterung der Frage, ob nicht mfiglicherweise ein
fiberm&Biger Wassergehalt der jetzt den Versuchstieren ge-
gebenen Nahrung fihnliche Bedingungen herbeigefflhrt haben
kfinnte, wie sie Langer durch Kochsalzinjektionen erreicht
zu haben glaubte. In Versuch 1 und 2 wurde daher, nach-
dem bisher wasserreiche, aus Rflben, gelben Mfihren, Heu
und Gerstenschrot bestehende Nahrung gegeben worden war,
von der 13. Blutentnahme ab ein nur aus Heu und Gersten¬
schrot bestehendes wasserarmes Futter verabreicht. Es zeigte
sich danach in .Versuch 1 an zwei aufeinanderfolgenden Tagen
eine Steigerung des Titers um das Zehnfache, in Versuch 2
ein Anstieg um das Doppelte des zuletzt vor der Trocken-
futtergabe notierten Titers. Es ist dies ein Befund, der
immerbin bemerkenswert ist, jedoch nicht erlaubt, irgend-
welche Schlfisse zu ziehen, zumal in Ve r such 3—7 trotz
dauernder ausschlieBlicher Verabreichung von Heu und Gersten¬
schrot in keinem Fall eine Vermehrung der Agglutinine ein-
trat. Es stellte sich dann auch heraus, daB die Nahrung der
Versuchstiere zurzeit der Langer schen Versuche wahr-
scheinlich nur aus wasserreichen Rflben bestanden hatte, bei
den jetzt von uns angestellten Untersuchungen also die Ver-
wendung eines wasserreichen Futters und ebenso etwa daraus
sich ergebende Aenderungen der Versuchsbedingungen nicht
in Frage karaen.
Da in den Langer schen Versuchen irgendwelche grobe
Versuchsfehler nicht in Betracht kommen, muB die Ent-
scheidung der Frage, wie der Ausfall seiner Versuche zu er-
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Die SteigeruDg des Agglutinin titers durch Aderlasee.
289
klBren ist, dahingestellt bleiben. Gegen die MOglichkeit, daB
Langers Resultate der Verwendung hyperagglutinabler
St&mme zuzuschreiben seien, sprechen schon die aus seinen
Protokollen ohne weiteres ersichtlicben Daten. Besonders
mehrere mit den gleichen Bakteriensuspensionen und hoch-
wertigem Iramunserum ausgefflhrte Versuche sind als Kon-
trollen in diesem Sinne verwertbar, z. B. die mit kleinen
AderlBssen und Kochsalzinjektionen vorgenommenen. Hier
hatte eine Hyperagglutininabilitat gleicbfalls znm Ausdruck
kommen mussen, was tatsflchlich nicht der Fall war. Es sei
fiberdies angeftihrt, daB auch die mit denselben Kulturen an-
gestellten Widal-Reaktionen des Untersuchungsamts zu jener
Zeit keine auf eine erhflhte Ausflockbarkeit der Bakterien¬
suspensionen hinweisende Werte lieferten.
Von der Hinfailigkeit der an sich unwahrscheinlichen
Annahme, daB die Bentitzung von Formalin zur Abtotung
der Kulturen odor von Xylol zur Eweiterung der Venen bei
den Blutentnahmen Fehlerquellen hatten bedingen kfinnen,
konnten wir uns durch diesbezOgliche Kontrollen wShrend
der Ausfflhrung unserer Versuche tiberzeugen. Versuche mit
und ohne Formalinzus&tze zu den Bakterienaufschwemmungen
ergaben stets die gleichen Werte. Selbst grSBere Formalin-
mengen hatten keinerlei EinduB im Sinne einer leicbteren
Ausflockbarkeit der so behandelten Aufschwemmungen durch
die geprfiften Immunsera.
• Zusammenfassung.
Eine Uebereinstimmung mit den Ergebnissen Langers
konnte nicht erzielt werden. Die Steigerung des Agglutinin-
titers, wie sie in den Langerschen Versuchen nach t&glich
wiederholten Blutentziehungen eingetreten ist, ist somit augen-
scheinlich stark von der Individualit&t der Tiere, jedenfalls
aber von Versuchsbedingungen abhangig, die wir noch nicht
genflgend beherrschen.
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Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
290
Hans Laager,
Nachdruck verboten.
Nochmals: Die Steigerung der AntlkOrper (Agglntinlne)
durch Adcrlfisse.
Von Dr. Hans Langer (Charlottenburg).
(Kingegangen bei der Redaktion am 20. September 1920.)
Die Frage nach dem EinfluB von Aderlassen auf die Anti-
kSrperproduktion hat in der Literatur sehr widersprechende
Beantwortung gefunden. Wahrend Friedberger, Sehr8-
der u. a. im AderlaB einen die AntikSrperproduktion steigern-
den Reiz fanden, wurde von anderen diese Wirkung in Abrede
gestellt. Versuche, die Hahn und Langer flber das Ver-
halten der Immunkorper bei taglich wiederholter Blutentziehung
machten, fflhrten fflr die Agglutininbildung zu ganz iiber-
raschend starken Steigerungen des AntikSrpertiters, der das
Vielfache des ursprilnglichen Titers erreichte. Bemerkenswert
blieb, daB diese Steigerungen in den einzelnen Versuchen sehr
verschieden und zum Teil sehr sprunghaft verliefen. Es wurde
als Erkiarung angenommen, daB die Aderlasse fur die ein¬
zelnen Tiere einen verschieden starken Reiz darstellen. Es
stellte sich ferner heraus, daB die Reizwirkung nicht uach-
haltig war, und daB sie irgendwie mit der Volumverminderung
des Blutes in Zusammenhang stehen muBte. AuBerdem zeigte
sich, daB die Wirkung zunachst nur fur Agglutinine zu er-
zielen war, wahrend Hamolysine durch die Blutentziehung
nicht 'vermehrt wurden. Die Ergebnisse standen damit in
einer bemerkenswerten Parallele zu der Immunkorperbildung
unter dem EinfluB anderer unspezifischer Reize. Auch Kliene-
berger hatte unter dem EinfluB der Bierschen Stauung
ausschlieBlich eine Steigerung der Agglutininreaktion erhalten,
wahrend die Hamolysine nicht vermehrt wurden, und ebenso
hatte Li ppm an n eine auch nur fur Agglutinine, nicht aber
fQr Hamolysine geltende AntikSrpersteigerung unter der Wir¬
kung von Thorium X gesehen. Die Steigerung der Aggluti¬
nine durch Aderlasse, wie ich sie im ersten Teil der oben
erwahnten Arbeit mitgeteilt habe, haben Klinger und Lan¬
dau einer Nachpriifung unterzogen und sind dabei zu nega-
oogle
Original from
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URBANA-CHAMPAIGN
Nochmals: Die Bteigerung der Antikorper durch Aderlasse. 291
tivem Ergebnis gekommen. In ihren Versuchen wurde jede
Agglutininbildung vermiBt, und sie neigen dazu, die Tatsache
der Verschiebung der Antikorperproduktion durch unspezifische
Reize, zu denen der AderlaB unzweifelhaft zu rechnen ist, in
Abrede zu stellen. Eine erneute Aufnahme dieser Versuche
war mir aus auBeren Grflnden erst jetzt moglich. Es konnte
sicb auch nur um Versuche in kleinem Umfange handeln, ob-
gleich nach den widersprechenden Versuchsergebnissen klar
sein muBte, dafi nur groBe Versuchsreihen mit breiter Vari-
ierung zu der Aufstellung eventuell wirksamer Prinzipien
fiihren wilrde.
Ich habe 6 Kaninchen mit Typhusbacillen immunisiert,
4—6 Wochen spBter durch wiederholte Untersuchung den
Titer bestimmt. Dann wurden die Tiere in Ann&herung an
die friiheren Versuche auf reine Milchdiat gesetzt und die
Aderlasse begonnen. Es macht keine Schwiengkeiten, wieder-
holt groBe Blutmengen aus der Ohrvene zu entnehmen, wenn
man nur die Vene mit einer Nadel ansticht, ohne durch An-
schneiden ihres Lumens ihre Durchgangigkeit zu vernichten.
Bei jeder Blutentziehung wurde das Blut in mehreren Por-
tionen aufgefangen, die samtlich untersucht wurden. Hier-
durch sollten Konzentrationsschwankungen erkannt werden.
Bei den beiden Kaninchen 5 und 6 wurden die Aderlasse nur
jeden zweiten Tag vorgenommen. Ich lasse zunachst die ab-
gekflrzten Protokolle folgen:
Kaninchen 1. Vorbehandlung mit abgetdteten Typhusbacillen.
AbschluS der Immunisierung 25. IV. — Vom 2. VI. ab taglich Blut-
entnahmen von ca. 20 ccm. Titer 3. VI.: 3300 — 4. VI.: 3200 — 5. VI.:
6400 — 6. VI.: 3200 — 7. VI.: 12800 - 10. VI.: 6400 — 11. VI.: 6400.
Kaninchen 2. Wie 1. Keine Titersteigerung.
Kaninchen 3. Titer vor Beginn der Aderlasse 6400. Ab 2. VI.
Blutentnahmen. Titer am 3. VI.: 50000 — 4. VI.: 50000 — 5. VI.:
100000 — 6. VI.: 10000 — 7. VI.: 100000 — 10. VI.: 100000 -
11. VI.: 200000 — 14. VI.: 50000.
Kaninchen 4. Wie 1. Keine Steigerung.
Kaninchen 5. Blutentnahme jeden zweiten Tag. Titer vorher
3200. 15. VI.: 10000 — 18. VI.: 10000 — 21. VL: 10000 — 23. VI.:
10000 - 25. VI.: 10000.
Kaninchen 6. Vorbehandlung wie 5. Titer 8200. Am 15. VI.:
100000 — 18. VI.: 100000 - 21. VI.: 100000 - 23. VI.: 10000 -
25. VL: 100000.
iuuM
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URBANA-CHAMPAIGN
202 Langer, Nochmals: Steigerung der Antikorper durch Aderlasse.
Digitized by
In alien FtUlen wurde nach wenigen Blutentnahmen das Serum stark
lipamisch. Sprungbaft schon nach einer oder wenigen Blutentziehungen
treten die TiterBteigerungen auf, wenn sie iiberhaupt erreichbar waren.
Aber die einmalige Blutentziehun g, nicht die Summation
wirkt als Reiz; die Summation fiihrt vielraehr zur Entkraftung und
zum Absinken des Titers (Klinger).
Es zeigt sich jedenfalls, daB in einem bestimmten Prozent-
satz der Ffille (2 von 6) eine immerhin bemerkenswerte Steige¬
rung der Agglutininmengen eintritt, allerdings ist es im Gegen-
satz zu frfiheren Versuchen nicht gelungen, ahnlich hohe Steige-
rungen zu erreichen. Die Individnalisierung der erforderlichen
Reize scheint danach, namentlich unter Gegenfiberstellung der
Priifung von Klinger und Landau, recht schwierig zu sein.
Da aber auch in den vorliegenden Versuchen die beobachteten
Steigerungen jedenfalls auBerhalb der normalen Schwankungs-
breite liegen, wird man annehmen konnen, daB der alte Streit
fiber die Steigerungsfahigkeit der Antikorper durch Aderlfisse
durch das vorlSufig mangelnde Verstandnis der hierbei wirk-
samen Dosierungsvoraussetzung in bezug auf Starke und zeit-
liche Folge der Reize zu erklfiren ist, man wird aber daran
festhalten dflrfen, daB solche Steigerungen mfiglich sind (neuer-
dings haben Hahn und Neufeld solche auch fflr bakterizide
Antikorper gezeigt), und daB die Wirkung des Aderlasses
prinzipiell gleichzusetzen ist mit der Wirkung anderer un-
spezifischer Mittel, in die als neues Glied unlfingst Bor chard t x )
die Organpraparate eingereiht hat, mit denen er betrfichtliche
Steigerungen spezifischer Antikorper (Agglutinine) erzielt hat.
Auch Schmidt 2 ) betont, daB er nach Milchinjektionen Steige¬
rungen der Agglutinine festgestellt hat. Worauf diese Steige¬
rungen beruhen, die offensicbtlich im Zusammenhang mit den
als Protoplasmaaktivierung neuerdings bezeichneten klinisch-
therapeutischen Erfolgen bestehen, muB vorlaufig uneutschieden
bleiben. Jedenfalls findet die Summe dieser gleichsinnigen
Beobachtungen in den Erklfirungsversuchen, wie sie neuer¬
dings Herzfeld wie Klinger fflr die Immunitatsvorgfinge
unternehmen, keine Losung.
1) Kongrefi f inn. Med., Dresden 1920, s. Kongreflzentralblatt No. 10.
2) Med. Klinik, 1920, No. 27.
Fnimm.'xousche Huchdruckerrl (Hermann Pohle) In Jena. — 4899
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN^^“
Zeitschrift 1 Inmnmitatsforschnng. Originals. Bi 3L Na 415.
Nachdruclc vcrboten.
[Aus dem Hygiene-Institut der Universit&t Greifswald.]
Die FlltrationsfUhigkcit dcs Anaphylatoxins durch keim-
dichte Filter (Berkcfeldkerzen und Membranfilter de Haen).
(Ueber Anaphylaxie. LX 11. Mitteilung.)
Von E. Friedberger und P. Konitzer.
(Eingegangen bei der Redaktion am 7. September 1920.)
Friedberger und Jerusalem 1 ) haben zuerst gezeigt,
daB feindisperse Substanzen (Tierkohle) imstande sind, in
analoger Weise wie Bakterientoxine, pflanzliche und tierische
Gifte sowie rein chemische Gifte bekannter Konstitution, z. B.
Arsen, auch das Bakterienanaphylatoxin zu adsorbieren.
Die Adsorptionsf&higkeit der Kohle fiir Anaphylatoxin war
in diesen Versuchen etwa derart, daB die tSdliche Dosis, die
bei einem bestimmten Gifte zwischen 2—3 ccm lag, auf
4—5 ccm fiel.
Ritz und Sachs 2 ) haben dann gefunden, daB das Kaolin
relativ noch starker das Anaphylatoxin adsorbiert als die da-
mals von uns benutzte Kohle.
Unter diesen Umstanden erschien es selbstverstandlich,
daB ebenso wie all die anderen erwahnten Gifte auch das
Anaphylatoxin bei Passage durch ein Berkefeldfilter eine Ab-
schwachung erfahren muBte.
Mores chi und Golgi 3 ) haben solche Filtrierversuche mit ver-
schiedenen Bakterienanaphylatoxinen angestellt und dabei gefunden, da£
Typhus-, Tuberkulose-, Staphylokokken-Anaphylatoxine, durch Kerzen
filtriert, unwirksam werden. Wenn auch das Typhusanaphylatoxin seine
ganze anaphylaktische Aktivitat nach der Filtration verliere, so bleibe
doch seine pyrogene Funktion quantitativ unverandert.
1) Friedberger und Jerusalem, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 7,
1910, p. 748.
2) Ritz und Sachs, Die physikalische Theorie der Anaphylatoxin-
bildung. Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 22.
3) Moreschi und Golgi, Ueber die Beziehungen zwischen Ana¬
phylaxie und Fieber. Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 19, 1913, p. 623.
ZeiUchr. f. Immunitiitsforschung. Orig. Bd. 31. 20
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E. Friedberger und P. Konitzer,
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Die Versuche von Mores chi und Golgi berechtigen
freilich nicht zu der SchluBfolgeruug, daB das Anaphylatoxin
dnrch Kerzenfiltration vollst&ndig unwirksara werde, denn in
der von den Autoren angefuhrten Tabelle ist ausdriick-
lich erwahnt, daB die Dosis letalis beim filtrierten Typhus-
anaphylatoxin 5,0 ccm betrug gegen 2,0 ccra beim abzentri-
fugierten. Ein vollstandiger Verlust ist also nicht eingetreten,
sondern nur eine Abschwachung, fiber deren Grad man nichts
Bestimmtes aussagen kann, da Zwischenwerte im Protokoll
nicht angegeben sind.
Mores chi und Golgi sehen in diesen Versuchen auch
einen Beweis ftir die Verschiedenheit der pyrogenen Quote
des Anaphylatoxins von seiner akut tfidlichen und glauben
durch die Filtration diese zwei Funktionen getrennt zu haben.
Beziiglich der Widerlegung dieser Anschauung im all-
gemeinen verweisen wir auf die ausfiihrlichen Auseinander-
setzungen Friedbergers in seiner jiingsten monographischen
Darstellung 1 ).
Hier interessiert uns nur die Frage, wie weit die Ver¬
suche von Moreschi und Golgi ein Zurfickhalten des Ana¬
phylatoxins durch Kerzenfiltration tatsachlich beweisen 2 ).
Wenn bei dem Filtrat der pyrogene Wert etwas hfiher
ist, als bei dem zentrifugierten TyphusbacillenabguB, so kann
das sehr wohl daher riihren, daB die Adsorption gewisser
sonst die Temperatur herabsetzender Anaphylatoxinmengen
durch die Filtration erfolgt ist. Das Filtrat ist ja, wie
schon gesagt, keineswegs atoxisch, wie sich im Gegensatz
zu Moreschis und Golgis SchluBfolgerungen aus ihren
eigenen Protokollen ergibt.
Bei dieser Sachlage war uns ein nochmaliges Eingehen
auf diese Frage zunfichst seit 1913 als fiberfitissig erschienen.
1) Friedberger, Die „Anaphylaxie“ in Spezielie Pathologie und
Therapie innerer Krankheiten von Kraus und Brugsch, Berlin-Wien,
Bd. 2, p. 972 ff.
2) Leider vermissen wir bei den Autoren das Protokoll einer genauen
Auswertung. Auch Ritz und Sachs nehmen ohne eigene Versuche auf
Grund der SchluBfolgerungen von Moreschi und Golgi und den Be-
hauptungen Schmidts (s. unten) die Unfiltrierbarkeit des Anaphylatoxins
an und ziehen daraus gleichfalls weitgehende theoretische Kousequenzen.
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296
E. Friedberger und P. Konitzer,
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durch Zentrifugieren aus dem Serum zu entfernen sind, und, einem Meer-
schweinchen intravenoa eingeapritzt, wie Fremdsubstanzen mit noch un-
gesattigten Oberflachen weiter adsorbierend wirken, und zwar auf ahnliche
Teile der Globulin fraktion; daS sie ferner auch mit Leukozyten und Blut-
plilttchen verkleben.“
Sie sollen im Lungenkapillargebiet durch Auflageruug auf
die KapillarwBnde und weitere Anlagerungen StrSmungs-
hindernisse im kleinen Kreislauf bedingen.
Die WandbelSge und die Verstopfung der Kapillaren
sollen Erschwerung des Gaswechsels und Blutstauung be¬
dingen und schlieBlich infolge Erlahmens des Herzens Lungen-
8dem. Der Tod erfolge durch Sauerstoffmangel und CO*-
Intoxikationen fast blitzartig.
Die Widerlegung dieser Anschauung ist in einer frfiheren
Mitteilung 1 ) bereits erfolgt. Wenn wirklich mit Globulin-
teilen flberzogene Bakterien, die durch Zentrifugieren nicht
vollstfindig aus dem Serum zu entfernen sind, die (mechanische)
Ursache der Anaphylatoxinvergiftung wSren, so mflBte ja der
Bodensatz der ausgeschleuderten Bakterien, der doch nur aus
diesen Elementen besteht, ganz besonders giftig sein.
Er ist aber ganz ungiftig, und nur der AbguB ist giftig.
Ist aber das Berkefeldkerzenfiltrat tatsachlich ungiftig?
Wenn die Ursache der Vergiftung nur in denjenigen Bakterien
gelegen ware, die durch Zentrifugieren nicht zu entfernen
waren, so muBte es der Fall sein.
Zur Entscheidung, ob wirklich das Bakterienfiltrat, den
Schmidtschen Folgerungen aus seinem einzigen Versuch
entsprechend, ungiftig ist, haben wir nochmals eine Reihe
von Experimenten angestellt.
Daa Anaphylatoxin wurde in der iiblichen Weise folgendermalien
gewonnen: Meerschweinchenscrum wurde mit verschiedenen Bakterienarten
(Prodigiosus, Typhus) versetzt (1 Oese 48-stiindiger Agarkultur pro 1 ccm
Serum), 1 Stunde bei 37 °, 18 Stunden bei Zimmertemperatur unter wieder-
holtem Aufschiitteln stehen gelassen; danach wurde zentrifugiert und der
Abgufi an Meerschweinchen von etwa 200 g ausgewertet. Die iibrige
Menge wurde durch Berkefeldkerzen- oder Membranfilter (de Haen) fil-
triert, wonach eine erneute Priifung an gleich schweren Tieren erfolgte.
1) Friedberger, diese Zeitschr., Bd. 30, 1920, Heft 3/4. Ueber
Anaphylaxie, LX. Mitteilung — dortselbst iiltere Literatur.
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Die Filtrationsfahigkeit des Anaphylatoxins usw.
297
Wir sagten uns nun von vornherein, daB bei Verwendung
eines neuen Berkefeldtilters zunachst starke Giftadsorption
eintreten musse, so daB ein solches Filtrat sehr wohl ungiftig
sein konnte. Bei der weiteren Filtration aber, und gerade
in dem MaBe, als das Filter dichter und selbst fur Bakterien-
truramer und -bruchstiicke undurchlassig wurde, muBte die
Giftigkeit umgekehrt proportional der schwindenden Adsorp-
tionskraft der Filtriermasse im Gegensatz zu Schmidts
Behauptung zunehmen. Wir haben deshalb das Anaphyla-
toxin fraktioniert in mehreren (meist in 3) Portionen filtriert,
und die Giftigkeit der einzelnen Fraktionen getrennt aus-
gewertet.
Fiir die Richtigkeit unserer Vorstellungen uber die Filter-
wirkung, das heiBt iiber die st&rkere Adsorptionsf&higkeit im
An fang der Filtration, sprach dabei die Tatsache, daB hiiufig
bei Verwendung vollkommen neuer, trockner Kerzen das erste
Serumfiltrat infolge der starken Adsorption des Hamoglobins
fast farblos war, das zweite und dritte Filtrat wieder dunkler
gef&rbt war. Eine ganz genaue Gesetzm&Bigkeit findet sich
hierbei freilich nicht; denn jedes Filter hat ja gewissermaBen
seine eigene Individualist.
Wie sich nun die Toxizitat der einzelnen Filtratfraktionen
verhait, zeigt die Tabelle auf p. 298.
Wie aus ihr hervorgeht, ist in der 1. Versuchsreihe im
II. Filtrat das Anaphylatoxin gegenuber dem unfiltrierten
Anaphylatoxin iiberhaupt nicht nachweisbar abgeschw&cht.
Dagegen ist das I. Filtrat bedeutend anaphylatoxinSrmer.
wie das auch nach den obigen Ausfiihrungen kaum anders
zu erwarten war. Man kann gewissermaBen bei der Filtration
drei Phasen unterscheiden. In der ersten tritt eine starke
Adsorption durch das Filter ein. Nach Absattigung der Ad-
sorptionskraft des Filters geht das Anaphylatoxin ungeschw&cht
in der zweiten Phase hindurch. Sodann wird mit zunehmender
Filtrationsdauer das Filter immer dichter, so daB im III. Fil¬
trat die Giftdosis wieder etwas sinkt. Eine genaue zeit-
liche Abgrenzung dieser drei Phasen ist selbstverst&ndlich
kaum moglich.
Fast ebenso deutlich wie die erste beweisen die 3. und
5. Versuchsreihe die Filtrierbarkeit des Anaphylatoxins. In
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298
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Vcrsuche fiber die Filtrierbarkeit dee Anaphylatoxine.
Die Filtrationsfahigkeit den Anaphylatoxins new.
299
der 3. Reihe war das filtrierte sogar scheinbar etwas giftiger
als das unfiltrierte Anaphylatoxin. Das konnte auf die Ad¬
sorption von hemmenden Substanzen zurtickgefuhrt werden.
Vielleicht diirfte aber auch eine individuelle Verschiedenheit
oder das geringere Gewicht der mit dem Filtrat gespritzten
Tiere diese in gewissem Sinne paradoxe Erscheinung erklaren.
WSre die Annahme richtig, daB die Anaphylaxie durch
korpuskulare Elemente hervorgerufen wurde, so miiBte die
deytlichste Giftwirkung gerade in den Filtraten der 2. Versuchs-
reihe anfgetreten sein. Denn hier waren, wahrscheinlich durch
einen Defekt an der Kuppe des Filters, Prodigiosusbacillen
hindurchgegangen, und trotzdem wurde hier ein starker Ab-
schw&chungseffekt durch die Filtration erzielt.
In einigen Versuchen benutzten wir in letzter Zeit
de Haensche Membranfilter (die Apparatur wurde uns in
dankenswerter Weise von Herrn Prof. Braun-Frankfurt a. M.
zur Verfiigung gestellt), und zwar die Membranen No. 26 und
No. 46, von denen die letztere die dichtere ist. Wir haben hier
auf eine fraktionierte Filtration verzichtet, da sich schon in dem
Versuch mit dem Hauptfiltrat nur eine geringe Abschwachung
ergeben hatte. So war z. B. in einem Versuch mit Filter
No. 26 die todliche Dosis des unfiltrierten Giftes: 4 ccm tot
in 2 Minuten (Tier 200 g); 3 ccm tot in ± 8 Stunden (Tier 190 g),
wahrend sie bei dem steril filtrierten Material betrug: 4 7* ccm
tot in l 1 /, Stunden (Tier 190 g), also kein wesentlicher Unter-
schied. Selbst mit dem bedeutend dichteren Filter No. 46
war das Ergebnis prinzipell das gleiche, allerdings war hier
das Gift nach der Filtration vie! weniger wirksam.
Unfiltriertes Gift : 4 ccm tot in 2 1 /, Minuten (Tier 200 g), 2,5 ccm
tot in 4 Minuten (190 g).
Filtriertes Gift: 4 1 /, ccm tot in ± 10 Stunden (190 g).
Wir mochten aber hier um so weniger von einer Ab-
schwiichung durch Filterwirkung sprechen, als in 2 weiteren
Versuchen, in denen wohl infolge ungenugend straffer Ein-
spannung der Filtermembran oder durch unbemerkbare Ver-
letzung derselben, sowohl bei Filter No. 26 wie No. 46 Pro¬
digiosusbacillen durchgegangen sind, die todlichen Dosen fol-
gende waren:
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300 Friedberger und Komtzer, Die Filtrationsfahigkeit usw.
Filter No. 26: Unfiltriertes Gif t: 4 ccm tot in 4 Minuten (200 g),
Tier No. 2 (200 g): 4 ccm tot ± 10 Stnnden. Filtriertes Gift: 4 ccm
tot ± 36 Stunden (200 g).
Filter No. 46: Unfiltriertes Gift: 3‘/j ccm tot in 2 Minuten
(200g), Tier No.2: 2 1 /, ccm lebt (200 g). Filtriertes Gift: 4 ccm tot ±
36 8tunden (200 g).
Zusammenfassung.
In einer Reihe von Versuchen wird die Filtrierbarkeit
des Anaphylatoxins bewiesen. Es tritt je nach der Eigenart
des Filters in den verschiedenen Phasen der Filtration eine
st&rkere Oder schwtLchere oder iiberhaupt keine Zuruckhaltung
des Anaphylatoxins ein.
Die theoretischen SchluBfolgeruugen, die Mo resell i und
Golgi aus ihren Filtrationsversuchen zielien, werden somit
widerlegt.
Die angestellten Versuche sprechen aucli gegen die Theorie,
daB die Anaphylaxie durch korpuskuiare, vom Filter zuriick-
gehaltene Elemente hervorgerufen wird (Schmidt, Schmidt
und Schtirmann), da einige Male gerade da, wo Pro-
digiosusbacillen durch das Filter hindurchgegangen wareu,
eine besonders starke Abschwachung des Giftes zu ver-
zeichnen war.
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CAMPAIGN
K apsen berg, Untersuchungen uber die Bedeutung der Globuline. 301
Sachdruck verbolert.
Untersuchungen Uber die Bedeutung der Globuline bei
der Wassermannschen Reaktion, zugleich Bcitrag zur
Technik der Dialyse und zur Ausfiihrung der Wasser-
mannschen Reaktion 1 ).
Von G. Kapsenberg, Leiden (jetzt Groningen), Holland.
Mit 5 Abbildungen und 12 Kurven im Text.
(Eingegangen bei der Redaktion am 4. Oktober 1920.)
Diese Arbeit besteht aus 3 Teilen, deren jeder, obgleich
sie in Zusammenhang stehen, dennoch ein abgeschlossenes
Ganzes bildet.
A. Ueber eine spezielle Technik der Dialyse.
Fur die Untersuchungen. deren Resultate im 3. Teil dieser
Arbeit angefflhrt werden, war es fiir mich notig, einen aus-
gedehnten Gebrauch von der Methode der Dialyse zu machen.
Vor allem erschien es mir von Wichtigkeit, mich einer
Dialysiermethode zu bedienen, welche folgende Bedingungen
erfiillte:
1) Sicherheit: Die Kolloide mufiten mit Sicherheit zu-
ruckgehalten werden, wahrend die Kristalloide hindurch-
wanderten;
2) Schnelligkeit: Die Kristalloide mufiten die Mem-
bran so rasch als mbglich passieren;
3) Genauigkeit: Sie sollte mit kleinen Mengen aus-
fiihrbar sein und es ermbglichen, ohne merkbaren Fehler die
Gesamtmenge der Substanzen wieder zu gewinnen, welche
man fiir die Untersuchungen verwandt hatte, selbst wenn es
sich darum handelte, mit kleinen Mengen zu arbeiten.
Ich glaube, daB es mir gelungen ist, diese Forderungen
zu erffillen und, da das Dialysierverfahren Anwendung auf
1) Die Untersuchungen wurden im Laboratorium der Poliklinik fiir
Dermatologie und Geschlechtskrankheiten der Universitiit Leiden ausgefiihrt.
(Direktor: Dr. J. H. P. van Kerckhoff).
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302
G. Kapsenberg
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alien Gebieten der medizinischen, physikalischen und bio-
logischen Wissenschaft findet, scheint es mir nicht unange-
bracht zu sein, hier eine kurze, detaillierte Beschreibung der
Methode zu geben, deren ich mich bedient babe.
Es ist bekannt, daB man sich zur Dialyse Membranen
tierischen oder pflanzlichen Ursprungs bedient. Unter den
tierischen Membranen erinnere ich an die Schweinsblase und
die sogenannte Fischblase.
Die erstere war zu dick fur das Ziel, das ich verfolgte,
die zweite ist in der Handhabung wenig bequem.
Unter den Membranen pflanzlichen Ursprungs verwendet
man am meisten Pergamentpapier, welches aber den Fehler
hat, sehr langsam zu dialysieren, und welches sich schwer um
einen zylindrisch geformteu Dialysator derart eng herumlegen
laGt, dafi keine Fltissigkeit durchsickert. Ferner besitzt das
Pergamentpapier ofters kleine Locher.
Die Pergamenthiilsen von Schleicher und Sell fill,
wie man sie bei der Reaktion nach Abderhalden gebraucht,
haben innen eine zu rauhe Oberflache, um quantitativ arbeiten
zu konnen.
M etschnikoff 1 ) hat infolge einer Anregung von Krou-
tizine die Verwendung einer Membran eingeffihrt, welche
die Hohlung des Schilfrohrs (Phragmitis communis) auskleidet.
Diese Membran wurde von Podbelsky 2 ) und besouders
von Philippson 3 ) geprfift, und sie hat sich als sehr ge-
eignet zur Dialyse erwiesen. Nur ist die Technik nicht ein-
fach und ihre Anwenduug beschrankt.
Die Membranen von Kollodium, so gut sie sonst sein
mogen, brauchen langere Zeit und groBe Mfihe zu ihrer Her-
stellung.
Da hat nun van Calcar 4 ) die Aufmerksamkeit auf das
Amnion des Menschen und der Tiere gelenkt, als einer Membran,
die sich ffir die Zwecke der Dialyse sehr eignen dfirfte.
Und in der Tat: Diese diinne, faltbare, elastische Membran
ersclieint auf den ersten Blick vorzfiglich verwendbar.
1) Annales de I’lnst. Pasteur, T. 1, 1887, p. 326.
2) Annales de l’lnst. Pasteur, T. 12, 1898, p. 431.
3) Hofmeister Beitriige zur chem. Phys. und Path., 1902, p. 80.
4) Dialyse, Eiweifichemie und Immunitat, Leiden. S. C. v. Docsburgh,
Leipzig, Joh. Ambr. Barth, 1908.
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Untersuchungen liber die Bcdeutung der Globuline usw. 303
Allein sie erwies sich als unbrauchbar fur raeine Ver-
suche, da sie vieles EiweiB hindurchlieB.
Diese Eigentiimlichkeit war van Calcar wohlbekannt,
und er erklarte sie auf eine sehr geistreiche Art und Weise,
die inir aber nicht ganz befriedigend erscheint.
Nach van Calcar wandern die Globuline infolge der
alkalischen Reaktion des Serums hindurch und die Albumine
infolge der Anwesenheit der Salze. Und in der Tat, sobald
der groBte Teil der Salze durch die Dialyse entfernt worden
ist, laBt die Membran weder die Globuline noch die Albumine
hindurch.
So bestechend diese Erklarung auch sein mag, so glaube
ich dennoch, daB sie mit den Tatsachen nicht flbereinstimmt.
Ich fur meinen Teil mochte diese Eigentiimlichkeit der
Membranen ganz einfach auf ilire Porositat zuruckfuhren:
die Poren sind zu groB, urn die EiweiBkorper zuriickzuhalten.
Wie soil man nun aber die Tatsache erklaren, daB diese
Eiweiflkdrper nach kurzer Zeit aufhoren hindurchzuwandern V
Die Antwort lautet folgendermaBen: Infolge der Ex-
traktion der Salze, und ihr folgend, schliigt sich das Globulin
des Serums auf und in der Membran nieder und verstopft
die Poren.
Gemafi dieser Deutung scheint mir das Hindurchwandern
des EiweiBes mehr von einem Fehler der Membran abzu-
hangen und nicht von der alkalischen Reaktion und den Salzen
des Serums.
Urn die Richtigkeit dieser Erklarung zu bevveisen, und vor
allem, urn der Amnionhaut ihre Durchliissigkeit fur EiweiB¬
korper zu nehmen, habe ich nachgeforscht, ob die Prozesse,
die zur Hiirtung des Bindegewebes fiihren, die Poren nicht
verstopfen konnten. Allein die gebrauchlichen Hartungs-
methoden fuhrten nicht zum gewtinschten Ziel.
Alkohol, Formalin, Chromsiiure belieBen die Membran
durchlSssig. Endlich erreichte ich doch das vorgesetzte Ziel
durch ein sehr eiufaches Verfahren, namlich indem ich die
Membran im Wasser erhitzte.
Wenn dieses eine Temperatur von 70—80° C erreicht
hat, beobachtet man, daB die Membran, wahrend aus ihr eine
groBe Zahl feiner Luftblasen ausgepreBt wird, sioh sehr be-
deutend zusannnenzieht.
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304
G. Kapseiiberg
Die Konsistenz war trotzdOm gut geblieben, uud es zeigte
sich, daB die EiweiBkbrper vollstandig zurflckgehalten wurden,
ohne daB die DurchlSssigkeit ftir Salze wesentlich gelitten h&tte.
Ich habe auBerdera beobachtet, daB die Membranon sehr
gut einer Temperatur von 100° C wShrend einer Minute
(selbst l&nger) widerstanden.
Die genaue Methode, deren ich inich jetzt bediene, am
die Amnionhaute zu pr&pariereu, ist die folgende:
Sobald die Placenta init den Membranen in das Labora-
torium gekommen ist, trenne ich vorsichtig rait den Hfinden
das Amnion vom Chorion und von der Placenta.
Meist zeigt dieses Verfahren keinerlei Schwierigkeit, manch-
mal bemerkt man sogar, daB das Amnion vom Chorion schon
von Natur aus getrennt ist. Sehr selten miBlingt die Trennung.
Dann wischt man es 1 —2 Tage lang in flieBendem Wasser.
Die Membranen werden dann blftulich-weiB oder behalten eine
grunliche Farbe.
Sie haben eine glatte Seite, welche mit dem Epithel 1 )
bekleidet ist, wahrend die andere Seite, die mit dem Chorion
in Kontakt war, mehr oder weniger gallertartig ist.
Man breitet die Membranen auf einer Glasplatte aus
(womoglich auf einer geschwfirzten), derart, daB das Epithel
auf der Platte aufliegt. Man kann dann, mit Hilfe des
Daumens, ohne Schwierigkeit, durcli saufte, dabei aber doch
etwas energische Bewegungen, fast den ganzen gelatinoseu
Ueberzug im Zusammenhang ablbsen und entfernen. Die
Membran wird dann noch einige Zeit gewaschen und mit
einer ausreichenden Menge Wasser erhitzt.
Man muB trachten, z. B. mittels des Endes einer Eprou-
vette, die Membran vor und wahrend der Zusammenziehung
gut auszubreiteu.
Man wartet, bis das Wasser vollstandig kocht, liifit es
eine Minute lang kochen und zieht dann die Membran aus
dem Wasser.
1) Van Calcar niiniut an, daB es das Epithel des Ainniona iat,
das gallertartig wird, was aber nicht richtig ist. Um sich da von zu iiber-
zeugen, geniigt es, die Seite der Membran, die mit dem Fruchtwasser in
Kontakt war, durch einen kleinen Knoten (wie bei einer Arterienligatur)
zu bezeichnen. Diese Seite bleibt glatt, wiihrend die andere von einem
mehr oder weniger gallertartigen Ueberzug bedeckt ist.
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1U1
Untersuchungeu iiber die Bedeutung der Globuline usw. 305
Man kann sie sofort gebrauchen oder aufbewahren.
Die Aufbewahrung kann mit zwei gleichwertigen Methoden gemacht
werden.
Die cine besteht darin, dafi man die praparierten Membraneu in
konzentriertes Glyzerin oder in eine Losung dieser Substanz gibt, die
mindestens 60 ccm reinee Glyzerin und 40 ccm destilliertes Wasser enthalt.
Die andere Konservierungsmethode ist sparsamer: man hiingt die ge-
kochten und gut ausgebreiteten Membranen wie Wasche vor ein Fenster
in den Luftzug, damit sie rasch trocknen. Sie werden dann in einer gut
verschlossenen Flasche trocken aufbewahrt.
Es ist selbstverstandlich, dafl man diese Membranen vor Gebrauch ins
Wasser legt, nach der ersten Methode, um das Glyzerin zu entfernen, nach
der zweiten, um die Membran geschmeidig zu machen.
Sie haben eine geniigende Konsistenz, sind ziemlich wider-
standsfahig, elastisch, ein wenig wie Kautschuk und lassen sich
sehr leicht um ein zylindrisches Gef&B legen, um einen Dialy-
sator herzustellen.
Um mit diesen Membranen zu arbeiten, lieB ich Dialyse-
gefaBe nach untenstehendem Modell anfertigen (Fig. 1).
Fig. 1. A Dialysator, am liebsten aus Jenaer Glas, mit 3 ange-
schmolzenen Hiikchen. c kleine Ketten mit Oesen, welche die glasernen
Stabchen umfassen und welche, in der gewiinschteu Hohe an 3 metallnen
Hakchen, welche an einer Stange b angebracht sind, aufgehangt werden.
Stange b kann horizontal im Gleitblock d verschoben werden, und dieser
vertikal langs der Stange a. Auf der linken Seite der Zeichnung ist der
Gleitblock von oben gesehen gezeichnet. 2 Sehrauben dienen zur Fixierung.
B Gefiifl mit Aqua destillata. C Brett aus Eichenholz o. dgl. A, anderes
Modell mit Schutzstiibchen f. I), E und F verschiedene GroBen der Dia-
lysatoren. Die Kettchen erlauben eine leichte Horizontalstellung der Unter-
niiche des Dialysators. Man kann mehrere Dialysatoren (wie eine Batterie)
nebeneinander aufstellen und in ein langliches GefiiB mit stromenrlem
WasBer eintauchen lassen. Dann und wann ist es zweckmaflig. die Stange b
um d 180" herumzudrehen.
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Sie haben 3 kleine Glashaken, an welchen man sie mittels
kleiner Ketten l ) an ein (lafiir angefertigtes Stativ, das eben-
falls 3 Hakclien hat, aufhfingen kann.
Da die Membranen zart sind, rauB man sich htiten, die
Seite der Membran (e) gegen einen harten Gegenstand (z. B.
einen andern Dialysator) zu stofien.
Um soweit als mfiglich einen Zufall dieser Art zu ver-
hindern, habe ich die ein wenig bauchige Form gewahlt. Ein
gutes, aber ein wenig kompliziertes Modell ist jenes mit
6 SchutzstSbchen (A\ f), die unmittelbar fiber dem Ansatz der
Membran angebracht sind.
Die Dialysatoren sind you verschiedener GroBe; die untere
Oeffnung hat einen Durchmesser von 1V S —2—6 cm. Meist
gebrauchte ich diejenigen von 2—2,5 cm und von 4 cm
Oeffnungsdurchmesser.
Man legt die Membran derart um, daB die Seite mit dem
Epithel gegen das Innere des Dialysators sieht. Ihre glatte
Oberfl&che gestattet ein quantitatives Arbeiten. Die Befestigung
wird am besten mit Seide geinacht.
Bevor man die Membran gebraucht, muB man sich ver-
gewissern, ob sie vollstandig dicht ist.
Zu diesem Zwecke ffillt man den Dialysator mit Wasser
und hfingt ihn in der Luft auf.
Man trocknet dann die Membran mit einem Stfick Filtrier-
papier ab. Bleibt sie trocken wahrend einer Stunde Oder
schwitzt sie in dieser Zeit nur eine Spur Wasser aus, so kann
man sich auf die Membran verlassen.
Wenn es notig ist unter sterilen Bedingungen zu arbeiten,
so kann man den, bereits mit einer prfiparierten Membran
versehenen Dialysator in den Autoklaven setzen und ihn auf-
gehangt w&hrend 15 Minuten bei einer halben Atmosphfire
Ueberdruck oder wahrend einer halben Stunde im Dampftopf
sterilisieren.
Die Membran behalt bei dieser Behandlung alle ihre guten
Eigenschaften, nur ihre Widerstandsfahigkeit wird etwas lierab-
gesetzt.
1) Die kleinen Ketten (man konnte auch Fiiden benutzen) sind
nicht unumganglich notwendig, aber erleichtern die Horizontalstellung des
Dialysators ganz wesentlich. Der Glasbliiser kann die Stiibchen an den
Dialysator niimlich nicht genau in einer horizontalen Ebene anbringen.
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llntersuchungen iiber die Bedeutung der Qlobuline usw. 307
Zuletzt noch ein paar Worte fiber einige Eigenschaften
der Membranen.
Die Dicke der Membranen ist in trockenem Zustandi
0,02—0,03 mm, selten 0,04 mm ‘). Man findet die letztere
Dicke besonders an jenem, sonst sehr wohl zu gebrauchenden
Teil, der die Placenta bedeckt. Diejenigen Stellen des Amnions,
die eine Arterie fiberzogen hatten, haben bisweilen eine Dicke
von 0,05 mm. Ich mfichte daran erinnern, daB die Membran
des Phragmitis communis eine Dicke von 0,08 mm (Philippson)
und das feinste Pergamentpapier (ofters unbrauchbar) eine
solche von 0,04—0,05 mm besitzt.
Die Membranen erwiesen sich undurchlfissig ffir die Serum-
eiweiBkorper (Mensch, Rind), Ascitesflfissigkeit, HfihnereiweiB
and Milch 1 2 ).
Zum Teil mit Hilfe des Herrn Prof, de Graaf (Utrecht),
der rnich bei den chemischen Untersuchungen unterstfitzte,
und des Herrn Dr. Montagne (Leiden), der mir die nfitigen
Substanzen lieferte (Dieuste, ffir die ich ihnen an dieser Stelle
sehr danken mochte), habe ich die Durchgangigkeit ffir ver-
schiedene Kristalloide geprtift.
Man gibt in den Dialysator 5 ccm einer 1-proz. Losung
oder einer gesattigten LQsung (wenn die Substanz sich nicht
gentigend auflost) und hangt ihn in 25 ccm destilliertes Wasser.
Nach 3—4 Stunden kann man sehr deutlich die Gegen-
wart der Salze nachweisen.
Folgende Substanzen wurden geprfift:
NaCl, KJ, KBr, KNO s , (NH 4 ) 2 S0 4 , MgS0 4 , K 2 HP0 4 , K a C0 8 ;
von Aminosauren: Glykokoll, Alanin, Asparaginsaure; Pep¬
tone; Glukose. Die Membranen leisteten der atzenden Wirkung
einer 10-proz. CuS0 4 -Losung sehr gut Widerstand.
1) Die Dicke wurde mit einem Schraubenmikrometer gemessen. nach-
dem die Membranen mit scharfem Messer, dem Rande entlang, aus dem
Dialysator geschnitten waren.
2) Die Milch ist bekanntlich am schwersten zu dialysieren. Meistens
triibt sich das umgebende Wasser.
Bei der beschriebenen Methode aber bleibt das Wasser klar. Nach
24 Stunden kann das Wasser aber getriibt sein und auch wohl eine Spur
Eiweifles enthalten. Die Triibung, und sehr wahrscheinlich auch das Eiweifl,
riihrt von Bakterien her, welche in der zuckerhaltigen Fliissigkeit einen guten
Nahrboden finden. Fiigt man dem umgebenden Wasser einige Thymolkristalle
hinzu, so bleibt das Wasser klar und enthalt es auch kein Eiweifl mehr.
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Man kann sich eine Vorstellung von der Schnelligkeit
der Dialyse durch die Tatsache machen, dab schon innerhalb
5 Minuten, nachdem die physiologische KochsalzlSsung in den
Dialysator gegeben wurde das Kochsalz im destillierten Wasser
nachgewiesen werden kann.
Es erflbrigt noch auszufQhren, ob die Membran sich auch
fiir die Reaktion nach Abderhalden eignet.
Bis hierber habe ich einzig und allein festgestellt, daB
eine Membran in einer Zeit von 14 Tagen in destilliertem
Wasser (auf Eis aufbewahrt) kein EiweiB oder eine andere
Substanz in das Wasser austreten liefi, welche eine positive
Ninhydrinreaktion gegeben hatte.
Das Amnion des Menschen liefert nur kleine Membranen.
Wenn man groBe Mengen zu dialysieren hat, kann man sich
vorteilhafterweise des Amnions und besonders der Allantois
der Kuh bedienen. Man gewinnt daraus Membranen von einer
bemerkenswerten GroBe. Die Haute lassen sich auf dieselbe
Art isolieren wie das Amnion des Menschen. Sie scheinen
mir sogar etwas widerstandsfahiger. Ihre Praparation ist daffir
etwas mtihsamer. Die ausgedehntere Gallerte laBt sich etwas
schwieriger abstreifen. Es ist vorteilhafter, die Membran langer
als 1 Tag in flieBendem Wasser zu belassen ‘). Wie diejenige
des Menschen, laBt sie in frischem Zustand die EiweiBkQrper
hindurch. Wird sie gekocht, so erhait sie die gleichen Eigen-
schaften, wie ich sie vorhin von den menschlichen Membranen
angefQhrt habe. Auch die Dicke ist ungefahr dieselbe.
B. Ueber eine spezielle Technik zur AusfUhrung der Wasser-
mannschen Reaktion 1 2 3 ).
a) Das Antigen 8 ).
Die verschiedene Dauerhaftigkeit der Antigene, die man
fiir die Wasserm an nsche Reaktion verwendet, ist wohl-
bekannt. Boas, der einen Extrakt aus Menschenherzen ge-
1) Man mu6 dafiir Sorge tragen, daB die Membran nicht in Ver-
wesung geht, denn dadurch wird ihre Brauehbarkeit zerstort.
2) Vgl. Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 2, p. 42 u. 43, und
Ned. Tijdschr. voor Geneesk., 1918, II, No. 8.
3) Vgl. Ned. Tijdschr. voor Geneesk., 1913, II, No. 13.
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Untereuchungeu iiber die Bedeutung der Globuline uaw.
309
braucht, erneuert ihn sogar jede Woche. Obwohl dies an-
scheinend flbertrieben ist, ist doch die Tatsache feststehend,
daB ein Antigen, das ein alkoholischer Extrakt ist, die Tendenz
hat, sich zu zersetzen (ver&ndern).
Indem ich bedachte, daB auch die am leichtesten zersetz-
lichen Substanzen, wie die Toxine, sich lange unver&ndert
aufbewahren lassen, wenn sie getrocknet werden, wandte ich
dieses Prinzip fur das Antigen der Wassermannschen Re-
aktion an.
Ich trocknete und pulverisierte das inenschliche Herz und
bewahrte dieses Pulver in einer braunen Flasche auf, die mit
einem Kalkstoffstopsel verschlossen war.
Dann titrierte ich dieses Pulver und fand, daB eine Menge
von 30—40 mg, mit 5 ccm 96-proz. Alkohol ausgezogen, ein
vorziigliches Antigen ergab.
Ich habe es mit einem syphilitischen Extrakt verglichen,
den ich aus dem Laboratorium Wassermanns erhielt, ferner
mit einem gewohnlichen Meerschweinchenherzextrakt. Es er-
wies sich als ebenso gut, wenn nicht besser.
Hier folgen einige Eigentflmlichkeiten des Antigens:
1) Herstellung des Pulvers. Das Leiden, an dem
der Kranke gestorben ist, ist gleichgUltig; am besten wird
man freilich tun, ein moglichst normales Herz sich aus-
zuwahlen.
Man nimmt nur das Muskelgewebe und befreit es von
Blut und Fliissigkeit, indem man es in einem Leinentuch aus-
preBt, und schneidet es dann in kleine Stiickchen (entweder
mit der Schere oder, wenn man ihn zur Verfflgung hat, mit
dem Apparate von Latapie).
Dann wird es auf Glasplatten in diinnen Lagen aus-
gebreitet, die man an der Luft bei einer Temperatur von
37—50° trocknet (z. B. im Brutschrank; in einem Trocken-
Sterilisationsapparat; wenn er zur Verfiigung steht, im Apparat
von Faust-Heim).
Der springende Punkt beruht darauf, das Wasser so
schnell als mbglich zu entfernen, um Faulnisvorgknge zu
vermeiden.
Man erhalt diinne, ziemlich leicht zerbrechliche, sprbde
Lamellen, die man in einem Morser pulverisieren kann,
ZeiUchr, f. Iromunltltiforechung. Orig. Bd. 31. 21
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zweifelsohne rait einiger Schwierigkeit, aber dennoch sehr
fein. Man bewahrt das Pulver trocken auf.
2) Dauerhaftigkeit. Ein Pulver, welches auf die
eben angegebene Art und Weise hergestellt und auf bewahrt
war, wurde zu wiederholten Malen angewendet, um die
Wasserraannsche Reaktion auszufiihren; es erwies sich
noch 5 Jahre spater als ausgezeichnet brauchbar.
Es kommt bisweilen vor, daB ein vorziigliches Pulver
gegen alle Erwartung auf einmal einen Extrakt liefert, der
eine zu starke antikomplement&re Wirkung entfaltet. Es
genugt dann moistens, das Pulver von neuem zu trocknen,
um diesen Fehler aufzuheben.
3) Die Mengen des Pulvers und Alkohols, die
notig sind, um einen guten Extrakt zu bekommen.
Die Mengen sind fast ganz konstant, selbst bei verschiedenen
Herzen, und schwanken immer zwischen 30—40 mg (meist
40 mg) auf 5 ccm 96-proz. Alkohol. (Seit einigen Monaten
verwende ich ein derartiges Pulver, dargestellt aus einem
Rinderherzen, und dieses hat sich ebenfalls sehr verwendbar
in den angegebenen Mengenverhfiltnissen erwiesen).
4) Die Herstellung des Pulverextraktes. Man
schflttelt Pulver und Alkohol in den angegebenen Mengen
w&hrend 10 Minuten (in einem mit einem Kautschukkork ver-
schlossenen dickwandigen ReagenzrShrchen) entweder in einem
Apparat Oder mit der Hand. Dann wird durch gewohnliches
Filtrierpapier filtriert und der Extrakt ist gebrauchsfertig. Es
hat gar keinen Zweck, langer zu schtitteln, da das keinen
wesentlichen Vorteil ergibt. Der EinfluB der Zeit, w&hrend
welcher geschuttelt wird, l&Bt sich gut durch folgenden Ver-
such veranschaulichen.
Protokoll 1.
30 mg des Pulvers wurden mit 5 ccm 96-proz. Alkohol wahrend
5, 10, 15, 20 und 30 Minuten geschuttelt.
Man stellt mit diesen Extrakten die Wassermann-Reaktion an, indem
man Komplement und positives Serum konstant liiflt und die Mengen des
Exlrakte8 vermindert (Fur die Details der Reaktion verweise ich auf die
nachstehenden darauf bezuglichen Angaben.) In alien Rohrchen sind
0,2 ccm Komplement (in der Ldsung 1:10) und 0,5 ccm positives inakti-
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 311
viertes Serum (Losung 1:5). A 6 ist das gewonnene Antigen, 5 Minuten
geschiittelt usw. Seine Verdunnung ist 1: 5.
Die Resultate sind in der Tabelle I angegeben.
Tabelle I.
Men gen des
Antigens,
1:5 verdunnt
Ergebnisse der Wassermannschen Reaktionen
mit den Antigenen
ccm
K
"^10
A 15
A,o
A,„
0,3
0,2
0,15
0,1
v.H.
»
>»
v.H.
11
11
11
v.H.
>7
11
11
v.H.
11
11
11
v.H.
11
11
11
0,05
v.L.
f.v.H.
f.v.H.
f.v.H.
f. v.H.
0,025
0,01
a
f.v.L.
v. L.
f. v. L.
v.L.
f. v. L.
v.L.
f. v. L.
v. L.
Kontrollen ohne Fehler.
v.H. = vollige Hemmung, f. v. H. = fast vollige Hemmung, v.L. =
vollige Lfisung, f.v.L. = fast vollige Losung.
Der grofite Teil der wirksamen Stoffe tritt also schon in
5 Minuten; die in dieser Weise zu extrahierende Gesamtmenge,
in 10 Minuten in den Alkohol iiber.
Genau so wie man den auf die gebrS.uchliche Art ge-
wounenen Extrakt von Alkohol aufbewahren kann, kann man
dies auch mit dem, durch die von mir beschriebene Methods
gewonnenen Alkoholextrakt tun. Ich habe ein derartiges
Extrakt wahrend zweier Monate im Eisschrank aufbewahrt,
ohne daB es an Giite wahrend dieses Zeitraums verloren hatte.
Diese Eigentumlichkeit ist aber doch von geringerem Interesse,
da es das Wiinschenswerteste ist, den Extrakt jedesmal frisch
zu bereiten. AuBerdem konnte ich aber beweisen, daB der
Pulverextrakt, der zu verschiedenen Zeiten bereitet
worden war, eine geniigend konstante Zusammensetzung be-
sitzt. Die Tabelle II zeigt dies deutlich.
Protokoll 2.
Der Versuch ist die getreue Nachahmung des vorhergehenden. Ich
gebrauchte hier aber 0,3 ccm vom Komplement (verdunnt 1:10).
Der Versuch wurde am 25. Jan. 1918 angestellt.
A. wurde hergestellt am 21. Dez. 1917 > .....
. ( geschuttelt in emem Apparat
“• ” ” ” ” ” i und im Eisschrank aufgehoben.
A, „ „ „ 23. Jan. 19181
A 4 „ „ 25. „ „ geschuttelt mit der Hand.
21 *
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Tabclle II.
Mengen
des Antigens,
1:5 verdiinnt
ccm
Ergebnisse der Wassermannschen Reaktionen
mit den Antigenen
A,
A,
Aj
A.
0,2
v.H.
v.H.
v.H.
v.H.
0,15
79
77
77
77
0,1
Lv. H.
f.v. H.
f. v. H.
>»
0,05
f. v. L.
f. v. L.
f. v. L.
st. H.
0,025
v.L.
v. L.
v. L.
v. L.
0,01
77
77
77
77
Kontrollen ohne Fehler.
st. H. = starke Hemmung. Beziiglich der iibrigen Abkiirzungen
siehe Tabelle I.
Es ist in die Augen springend, daB gar kein Unterschied
zwischen A x , A 2 und A s besteht und die Differenz, die A 4
zeigt, ist derart geringfiigig, dafi sie vernachl&ssigt werden
kann. Will man das nicht, so beweist sie nur die Ueber-
legenheit des SchQttelns mit der Hand ^
5) Die h&molytische Wirkung des Extraktes.
Sie ist meist nicht vorhanden, wenn sie sich aber wider Er-
warten zeigt, so stbrt sie die Reaktion nicht, da sie bereits
durch eine geringe Menge Serum aufgehoben wird, z. B.
schon durch die Menge Komplement, die viel zu klein ist,
um die sensibilisierten Blutkorperchen aufzulbsen. Man kann
das Pulver ton diesem Fehler frei machen, indem man es
von neuem trocknet.
6) Die antikomplementiire Wirkung. Sie ist sehr
klein, wenn man sich an die augegebenen Mengen hfilt.
b) Das hamolytische System.
Es besteht, abgesehen vom Komplement, aus Hammelblut-
korperchen, die w&hrend 2 Stunden mit 4 Ambozeptor-
einheiten 2 ) sensibilisiert wurden.
1) Die beschriebene Technik der Antigen- und Extraktdarstellung
erscheint mir, wenn man noch einige, fast iiberflussige Voreorgen hinzufugt
(z. B. Schiitteln bei bestimmter Zimmertemperatur), vorziiglich geeignet fiir
die staatliche Prufung und Standardisierung der Extrakte.
2) Da auf diesem Gebiete keine Einigkeit besteht und um einem
MiSverstandnis vorzubeugen, mochte ich bemerken, dafl ich unter einer
Ambozeptoreinheit die geringste Menge eines hamolytischen Serums ver-
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 313
Das hiimolytische Serum wird steril in kleinen Ampullen
im Eisschrank aufbewahrt. Man kann es als konstante Gr8Be
ansehen. Nachpriifungen ergaben, daR eine Sensibilisation
rait 4 Einheiten geniigt, urn Blutkorperchen herzustellen, die
sich mit einer minimalen Menge von Komplement losen. Die
Sensibilisation wird stets im Eisschrank vor-
genommen, um einer eventuellen Agglutination der Blut-
kSrperchen, die die Wirkung des Komplements hemmen kbnnte,
moglichst vorzubeugen.
In den Tabellen finden sich die Resultate, welche die gute
Begrilndung dieser Behauptung best&tigen.
Protokoll 3.
Titer des Ambozeptors: 1:800 (1 Einheit ist V soo ccm dieses Serums).
Die Dauer der Sensibilisierung betriigt 2 Stunden.
Die Blutkorperchen sind nach der Sensibilisierung zentrifugiert und
das Sediment mit phvsiologischer Kochsalzlosung derart verdiinnt, dafl
man eine 5-proz. Aufschwemmung der Blutkorperchen erhalt.
Jedes Rohrchen enthiilt 0,5 ccm sensibilisierte Blutkorperchen. Das
Gesamtvolumen betriigt 2,5 ccm.
Tabelle ill.
Ambozeptor
einheiten,
womit
sensibilisiert
wurde
Ergebnisse der Hamolyse nach einem Aufenthalt von
*/, Stunde im Wasserbad von 37° bei untenstehenden
Mengen des Komplements 1:10 verdiinnt in ccm
0,5
0,4 0,3
0,2
0,15
0,1 0,05 0
: 7
1
v. L.
v. L. | v. L.
f. v.L.
st. L.
Sp. L. k. L. k. L.
2
„ v.L.
v. L.
f. v. L.
>7 77 77
3
»»
r
77 77 77
4
>» »>
»•
>7
77 77 *7
8
1) If
>>
77
77 77 77
Die Flussigkeit, welche nach dem Abzentrifugieren der sensibilisierten
Blutkorperchen zuriickblieb, enthielt keinen Ambozeptor mehr.
st. L. = starke Losung, Sp.L. = Spur Losung, k.L. = keine Iidsuug.
Beziiglich der ubrigen Abkiirzungen vergleiche Tabelle I.
Resultat: Bei einer Sensibilisierung mit 1 Ambozeptor-
einheit ist die minimal losende Menge des Komplements 0,3;
stehe, welche eine vollstandige Hamolyse von 1 ccm einer 5-proz. Blut-
kbrperchenaufschwemm ung (auf das Sediment berechnet!) herbeifiihrt, bei
Gegenwart von 1 ccm frischen Meerschweinchenkomplemente, 1:10 ver-
diinnt, und das Ganze mit physiologischer Kochsalzlosung auf ein Volumeu
von 5 ccm gebracht. Die Hamolyse soil nach 1 Stunde im Wasserbade
von 37°, oder nach 2 Stunden im Brutschrank vollstiindig sein.
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O. Kapsenberg,
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mit 2 oder mehr Ambozeptoreinheiten 0,2. Klein ere
Mengen des Komplements fiihren keine vollige H&molyse herbei.
Protokoll 4.
Der Titer des Ambozeptors ist 1:3200. Die Dauer der Sensibilisation
1 l /, Stunde. Das iibrige wie im vorhergehenden Versuch.
Tabelle IV.
Ambozeptor-
einheiten,
womit
sensibilisiert
wurde
Ergebnisse der Hamolyse nach einem Aufenthalt von
’/, Stunde im Wasserbad von 37° bei unten stehen den
Mengen des Komplements 1:10 verdiinnt in ccm
0,3
0,2
0,15 0,1 0,05
0,025
0
1
2
3
4
8
st.L.
f. v. L.
v.L.
71
1 ”
st. L.
f.v.L. |
v. L.
77
77
schw. L.
»»
Sp. L.
st. L.
f.v.L.
77
1 71
k. L.
Sp. L.
schw. L.
»»
77
k.L.
”
77
77
k.L.
77
77
71
11
v. L.
77
17
schw. L. = schwache Losung.
Resultat: Bei einer Sensibilisierung mit 1 bis 2 Ein-
heiten genugt bei diesem Komplemente und diesem Ambo-
zeptor 0,3 nicht fflr eine vollst&ndige Losung. Bei 3 Ein-
heiten ist die minimal losende Menge des Komplements 0,15.
Diese Menge des Komplements wird aber nicht kleiner, wenn
man mit 4 und mehr Einheiten sensibilisiert.
Auch wenn man diese Versuche mit mehr als 8 Einheiten
ausfuhrt, z. B. mit 10, 12, 16, gelingt es nicht, die Komplement-
menge, die nbtig ist, um eine vollstandige HSmolyse zu er-
halten, noch weiter zu vermindern. Die minimal losende
Menge des Komplementes, welche fur eine vollige Hamolyse,
nach einem Verweil von einer halben Stunde im unten
beschriebenen Wasserbad, nbtig ist, wird also schon erreicht,
wenn man 3—4 Einheiten benutzt. Mehr Einheiten sind sogar
weniger gut, da die agglutinierende Kraft des Serums dann
hemmend interferiert. Es empfiehlt sich auch nicht, die
ROhrchen langer im Wasserbade stehen zu lassen. Nach einer
Stunde z. B. ist die minimale Komplementmenge wohl etwas
niedriger, aber dafiir auch die Grenze viel schwieriger fest-
zustellen.
Auf Grund dieser Versuche verwende ich fur den Wasser-
mann, ebenso wie fur alle anderen Reaktionen, die auf dern
Prinzip von Bordet-Gengou aufgebaut sind, das eben be-
schriebeue hiimolytische System.
Gougle
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Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 315
o) Die Anwendung eines Waaserbades.
Es erschien mir stets nicht ganz exakt zu sein, die Rohr-
chen in den Brutschrank zu stellen. Eine derartig feine Re-
aktion wie die Komplementablenkung verlangt eine gleichmaBig
Fig. 2.
Die Breite ist etwa 32 cm, die Hohe 20 cm, die LiiDge nach Bedarf.
Fig. 2. Wasserbad im halbschematischen Langsdurchschnitt.
Fig. 3. Wasserbad im halbschematischen Querdurchschnitt.
Ertliirung fur Fig. 2 und 3: A Wasserbad aus galvanisiertem, ge-
Strichenem Eisen; B eisernes Gestell dafiir; C Heifiluftmotor. a Rfinr-
apparat, (j Gestell dafiir, sowie fur Thermometer b als Thermoregulator c,
a tichuppe des Ruhrapparates, e Brenner mit dem Regulator verbunden,
f Bunsenbrenner fiir die Anheizung, h Hahn, i Gestelle fur die Rohrchen,
k Ueberlauf, i Wasserspiegel.
Fig. 4. Teil des Rohrchengestells (aus Eichenholz, das wegen des
hohen spezifischen Gewichtes mit den Rohrchen nicht schwimmtl. Bei *
Holzblockchen, wodurch es bequem auf dem Rande des Waaserbades ruht.
Ee enthalt 3 Reihen von Rohrchen. Die Rohrchen sind aus etwas starkem
Glas hergestellt, damit sie an sich nicht schwimmen.
genaue und konstante Teraperatur. Die Luft im Brutschrank
hat eine verschiedene Temperatur, je nachdem ob mehr oder
weniger Rohrchen hineingestellt werden. AuBerdem geschieht
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316
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die Erwflrinung sehr langsam. Von verschiedenen Seiten ist
schon ein Wasserbad angegeben, und ich verstehe nicht, warum
sich diese Verbesserung nicht allgemein eingeburgert hat.
Vielleicht sind die beschriebenen Wasserbader in ihrer Hand-
habung unbequem. Ich verwende seit Jahren schon ein ganz
einfaches Wasserbad, das auch den Vorteil hat, in knrzer Zeit den
ROhrchen die Temperatur des uragebenden Wassers mitzuteilen.
Die Dauer der Reaktion ist dadurch auf die Halfte herab-
gesetzt, im Vergleich zu jener, die im Brutschrank notwendig
ist. Ich gebrauche jetzt ein Wasserbad nach der Art, wie es
die Figg. 2, 3 und 4 darstellen.
d) Die Ausrahrtmg der Reaktion.
Die Prinzipien, welche bei der Originalmethode Wasser-
manns gelted, sind beibehalten worden. Der Modifikation.
die von Sormani 1 ) eingefiihrt wurde, ist Rechnung getragen.
Die Methode zeigt einige Aehnlichkeit mit der von Wigger
Boelens*) und jener, die durch Kaup in letzter Zeit be-
schrieben wurde.
Die verwendeten Reagentien sind folgende:
Antigen: Jedesmal mit dem titrierten Pulver von Men-
Bchenherz (oder Rinderherz) 8 ) hergestellt, wie ich es im vorher-
gehenden beschrieben habe; es wird stets eine Verdflnnung
von 1: 5 gebraucht.
Komplement: Frisch, aber dennoch seiteinigen Stunden
bereitet; in einer Verdtinnung von 1 : 10.
Das zu priifende Serum: Immer inaktiviert. in einer
Verdflnnung von 1: 5 gebraucht.
Der Liquor cerebrospinalis wird auch inaktiviert, obwohl
er gewflhnlich kein Komplement enth< er kann dann auch
bei der von mir beschriebenen Methode unbedingt unverdfinnt
verwendet werden.
1) Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 1909; Zeitschr. f. Immunitiitef., Bd. 11,
1911, H. 2; Munch. med. Wochenschr., 1914, p. 69.
2) Jaarverslag van het Centrallaboratorium Utrecht, 1914.
3) Bei dem Rinderherzpulver besehranke ich mich darauf, anzugeben,
daQ es mir ebensogut erecheint, wie das Menschenherzpulver. Ich wende
es aber erst zu kurze Zeit an, am seine Dauerhaftigkeit beurteilen zu
konnen. VVahrend vieler Monatc hat es sich allerdings nicht geiindert.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 317
DiesensibilisiertenBlutkSrperchen. Sie werden
folgendermaBen hergestellt: Vom Sediment der gewaschenen
Erythrocyten macht .man eine 5-proz. Aufschwemmung, z. B.
100 ccm. Man ffigt dieselbe Menge, also 100 ccm des h&mo-
lytischen Ambozeptors hinzu, welcher so verdiinnt wird, daB
jeder Kubikzentimeter 4 Einheiten enth<. (Also von einem
Ambozeptor mit dem Titer 1 :1000fiigt man 100 ccm einer
LSsung 1 :250 hinzu. Die st&rkere Verdiinnung des Ambo¬
zeptors erscheint mir filr die Sensibilisierung etwas giinstiger
zu sein. Man kann aber auch den Ambozeptor in konzen-
trierter LSsung Oder ungelSst hinzufiigen).
Man mischt dann sorgfaltig und laBt im Eisschrauk wahrend
1—2 Stunden, aber nicht linger, sensibilisieren. Dann werdeu
die Blutkorperchen zentrifugiert und die iiberstehende Fliissig-
keit entfernt. Man stellt mit den Blutkorperchen eine 2,5-proz.
Suspension her; in dem gewahlten Beispiel fiigt man also
200 ccm physiologischer KochsalzlSsung zum Sediment der
sensibilisierten BlutkSrperchen. Man fertigt statt der 5-proz.
unmittelbar eine 2,5-proz. Suspension an, weil dadurch die
nachtragliche Hinzufiigung der KochsalzlSsung fiir die Er-
haltung des Gesamtvolumens von 2,5 ccm sich einfacher ge-
staltet.
Die Vorteile dieser Methode liegen darin, daB man einen
eventuellen, unberechenbaren EinfluB des Kaninchenserums,
der besonders, wenn man einen Ambozeptor von etwas nie-
drigem Titer hat, eine positive Reaktion geben konnte, nicht
zu fflrchten braucht; ferner, daB man stets unter den am
besten untereinander vergleichbaren Umstanden arbeitet.
Der Vorversuch.
Das Titrieren des Ambozeptors braucht nicht fiir jede
Reaktion gemacht zu werden. Es geniigt ihn nur von Zeit
zu Zeit zu iiberpriifen, da das Serum, wenn es in Ampullen
im Eisschrank aufbewahrt wird, seinen Titer lange Zeit konstant
behfilt.
Dagegen macht man 2 Titrierungeu des Komplements,
1) Man kann bei diesem Verfahren auch Ambozeptoren mit niedrigem
Titer benutzen, falls sie nur nicht. oder nur ganz schwach agglutinierend sind
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318
G. Kapsenberg,
die eine ohne, die andere mit Antigen, von dem man bei
jeder Reaktion 0,5 ccm benutzt.
Man erhalt durch diese Titrierungen 2 Werte fiir das
Komplement, die unterscbieden werden mtissen, n&mlicherstens
die geringste Menge Komplement, welche gerade genugt, urn
1 ccm der 2,5-proz. Blutkorperchensuspension (also 0,5 ccm
der 5-proz.) aufzulosen, in Abwesenheit des Antigens, be-
zeichnet mit „p“.
Und zweitens die kleinste Menge des Komplements, die
mit dem Antigen zusammen ihre vollige Wirkung ent-
falten kann, bezeichnet mit „q“.
Gewohnlich ist „q u etwas groBer als „p“, was besagt,
daB das Antigen selbst eine bestimmte Menge des Komplements
bindet, genau ausgedruckt eine Menge von (q—p) ccm. Selten
ist q=p, namlich dann, wenn das Antigen gar nicht anti-
komplementSr wirkt.
Die praktische Ausfiihrung ergibt sich am besten aus
der Tabelle No. V, die auch ein Beispiel fiir die Resultate
enthalt.
Zur groBeren Sicherheit stellt man die Reaktion mit
2 Antigenextrakten aus verschiedeneu Pulvern 1 ) an. In der
Tabelle V habe ich 2 Antigene eingesetzt, die sich nicht auf
dieselbe Art verhalten; aber das ist durchaus nicht die Regel.
Wenn man einen Extrakt hat, der sich von etwas starkerer
antikomplementSrer Wirkung erweist als ein anderer, kann
man gegebenenfalls versuchen, sie gleich zu machen, indem
man die Menge des Pulvers, die man zur Extraktion ver-
wendet, vermindert oder vermehrt.
Ich habe keinen Vorteil darin sehen konnen, die Kom-
plementmenge noch feiner abzustufen, wie ich dies in dem
Vorversuch getan habe. Die kleinen, unvermeidlichen tech-
nischen Fehler konnen die erhaltenen Resultate bei einer zu
empfindlichen Methode zu sehr beeinflussen.
1) Selbstverstandlich eignet sich die Methode auch fiir die Anwendung
von 2 (oder mehr) verschiedenen, andersartig hergestellten Extrakten. Auch
konnte man mit einem Pulverextrakt und mit einem andern, z. B. „spe-
zifischen" Extrakt arbeiten. So kann man die gute Wirksamkeit des
Pulverextraktes kontrollieren, wie ich dieses friiher auch getan habe, aber
dessen Zuverliissigkeit wegen habe fortlassen konnen.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 319
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URBANA-CHAMPAIGN
320
G- Kapsenberg,
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Es ist bei der beschriebenen Methode von unbediugter
Wichtigkeit, die HSmolyse nicht als komplett zu erklSren,
wenn die Fliissigkeit im Rohrchen noch die geringste Trflbung
Oder Opaleszenz zeigt, die von einigen nicht aufgelosten Blut-
kdrperchen herriihrt. Die Grenze soli ganz genau bestimnit
werden, eher etwas zu hoch als zu uiedrig. Eine halbe Stunde
im Wasserbad gibt die besten Resultate. Ein l&ngeres Ver-
weilen verschiebt hochstens die Grenze ein wenig nach unten,
kann aber die Ablesung wesentlich erschweren.
Die eigen tliche Reaktion.
Das Ideal ware es, bei der AusfQhrung der Wasser-
mannschen Reaktion die antikomplementare Fahigkeit des
Serums ebenso zu prflfen, wie die des Antigens. Aber ge-
wohnlich wird das nicht gemacht, da es fast nie notwendig ist,
weil die Sera in den gebrauchlichen Mengen nur ausnahms-
weise starkere antikomplementare Wirkungen zeigen.
Uebrigens kann man sich auf das Kontrollrohrchen ver-
lassen, welches die doppelte Serummenge enthalt.
Also wenn nun das Serum ohne Antigen kein Komple-
ment bindet, wiirde man die empfindlichste Wassermann-
Reaktion erhalten, indent man es mit dent Antigen mischte
und dann die Menge „q“ des Komplements (die man im Vor-
versuch erhalten hat) hinzufilgte.
Denn in diesem Rohrchen ist nur eine Menge p des
Komplements vorhanden, die reagieren kann, da das Antigen
davon q — p bindet 1 ).
Ein schwach positives Serum, das nur wenig Komplement
binden kann, laiSt sich in solcher Weise mit Sicherheit erkennen.
Ein negatives Serum dagegen ladt sich ebenso feststellen, da
die Menge p genau gentigt, um eine vollstandige Hiimolyse
zu ergeben.
Man hat aber noch zwei Moglichkeiten ins Auge zu fasseu:
1. Das Serum kann in leichtem Grad antikomplementfir
wirken, ohne daft sich dies in der Kontrolltube zeigt. Ein
1) Ich bin mir wohl bewufit, dall eine derartige „Berechnung , ‘, die
im folgenden noch weiter durchgefiihrt wird, sich bei kolloid-chemischen
Reaktionen nicht ganz mit den Tatsachen decken diirfte, aber die Praxi*
hat mich gelehrt. daS man Bich damit zufriedengeben darf.
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UR BANA-CH AMPAIGN _
UntereuchuDgen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 321
vollstandig negatives Serum kann sich also etwas positiv er-
weisen. Das tritt vor allem bei Seris ein, die nicht ganz
frisch sind.
2. Das uormale Serum kann bisweilen einen gewissen
Grad der Wassermann-Reaktion zeigen, da doch diese Reaktion
verkniipft ist mit einer Eigenschaft, die hAchst wahrscheinlich
jedes Serum besitzt und die nur bei einem syphilitischen
Serum stark gesteigert ist.
Die Reagentien in dem erwahnten RAhrchen (in der
Tabelle VI (p. 326 u. 327) mit 3, 3 a, 3 b usw., bzw. mit 5, 5 a,
5 b usw. bezeichnet) sind infolgedessen in VerhAltnissen ge-
mischt, die die Reaktion zu empfindlich gestalten kdnnen.
Sie kbnnen daher falsche Resultate geben in dem Sinne,
daB ein absolut negatives Serum eine mehr Oder minder
deutliche positive Reaktion zeigen kann.
Dennoch hat die Praxis gelehrt, daB man gute Resultate
mit der beschriebenen Methode erhalten kann, besonders wenn
das Serum frisch ist, vermindert doch gewohnlich das Serum
die hemmende Wirkung des Antigens. Ein negatives Serum
zeigt sich dann, wie es soil, durch eine vollstAndige H&molyse an.
Aber man darf darauf nicht vertrauen.
Urn die groBe Empfindlichkeit der Methode in diesem
Rohrchen auszugleichen, ftige ich stets eine zweite Probe
hinzu, die eine gen A gen d groBe Menge Komplement enthklt,
urn mit Sicherheit ein negatives Serum zu erkennen und
zugleich genugend klein ist, urn ein positives Serum nicht
zu verkennen.
Diese Menge beruht auf den Ergebnissen, die man beim
Yorversuch erhielt, und ist nach folgenden Ueberlegungen
berechnet:
Das zu prAfende Serum wird bezAglich seiner auti-
komplementaren Wirkuug kontrolliert, indem man die
doppelte Dosis des Serums mit der Menge q des Kom-
plements zusammenbringt, was in der Praxis dasselbe ist, wie
wenn man die einfache Dosis mit einer Menge 7»q des
Komplements zusammenbrAchte.
Da ja q meist kleiner ist als 2p (das soil auch der
Fall sein, wie ich es bald zeigen werde), so ist auch V»q
kleiner als p.
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322
G. Kapsenberg
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Daher laBt sich die Behauptung aufstellen, dafi eine der-
artige doppelte Serumkontrolle auf eine viel empfindlichere
Art angestellt wird, als wenn man das fragliche Serum in der
Gebrauchsdosis in Kontakt mit p bringt.
Wenn nun das Kontrollrohrchen fflr das Serum eine voll-
standige Hamolyse zeigt, so lafit sich daraus nur folgern, daB
eine Menge p des Komplements freigeblieben ist. Das Serum
in der doppelten Dosis kann also (obwohl das nicht not-
wendig sein muB) eine Menge Komplement unwirksam gemacht
haben, die sich als q — p erweist; keinesfalls aber eine grdBere.
Denn im letzteren Falle wiirde man nicht eine vollige HSmo-
lyse bemerken. Die einfache Dosis des Serums kann also in
diesem Fall ebenso eine Menge V 2 (q — p) des Komplements
auBer Wirkung setzen.
Daraus folgt, daB in dem 1. Rbhrchen (d. h. also die Rfihr-
chen in der Tabelle VI mit 3, 3 a, 3 b usw., bzw. mit 5, 5 a,
5 b usw. bezeichnet) die Kombination des Serums und des
Antigens (wenn man von einem gegenseitigen EinfluB dieser
Reagenzien absieht) unspezifischerweise folgende Menge
des Komplements binden kann: q — p durch das Antigen,
x / a (q — p) durch das Serum: zusammen lVjq — 17»P-
Diese Mengen sind gleich Null, wenn q = p ist, anders
ausgedrflckt, wenn weder Serum noch Antigen das Komplement
binden. Aber der Vorversuch ergibt meistens, daB q groBer
ist als p. In diesem Fall kann die Menge P/jq— IV 2 P g e *
nflgend groB sein, urn die Hamolyse zu hemmen, wohlgemerkt.
wenn q — (1 x / 8 q — D/aP) kleiner ist als p. Aus diesem Grunde
fiigte ich in einem 2. Rbhrchen (d. h. die Rohrchen in der
Tabelle VI mit 4, 4 a, 4 b usw., bzw. mit 6, 6 a, 6 b. usw. be¬
zeichnet) anstatt der Quantitat q, q+7aP des Komplements hinzu.
Die Versuchsbedingungen sind in diesem Rohrchen, ab-
gesehen von der etwas groBeren Komplementmenge, dieselben
wie im ersten; die Kombination Serum—Antigen kann also
hier auch die Menge lV 2 q— lVaP absorbieren, aber es bleibt in
dieser Tube dann ubrig: q + V*P — (lV*q—l 1 / 2 p) = 2p— YjQ-
Wenn q = p ist, enthalt dieses Rohrchen also 1 X /*P an
Komplement, eine geniigende Menge, um eine vollst&ndige
Hamolyse bei Gegenwart eines negativen Serums zu geben.
Auch wenn dieses Serum eine Tendenz hat, einen „normaIen“,
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Untereuchungen fiber die Bedeutimg der Globuline ubw. 323
pseudospezifischen Wassermann zu geben, darf noch eine
Menge von J /*P gebunden werden, da doch die restierende
Menge p fflr eine vollstandige Hamolyse genugt. (Wenn das
Serum, zusammen mit dem Antigen, mehr als V*P bindet,
kann die Reaktion nicht mehr als normal betrachtet werden,
wie die Erfahrung gezeigt hat.)
Ein Serum, das nur eine leicht positive Reaktion zu geben
imstande ist, hat in diesem Falle nur die Menge p in Ver-
bindung mit dem Antigen zu binden, urn erkannt zu werden,
da der Rest V*P des Komplements nicht zur vollstandigen
Hamolyse fflbrt; wahrend ein Serum, das vollstandig positiv
reagiert, sehr leicht lViP des Komplements binden kann.
Aber es ist eine Seltenheit, daB q = p ist, gewfihnlich ist
q groBer als p. Freilich, q darf nicht unbeschrankt groBer
als p sein, denn es gibt Grenzwerte, welche ich im folgenden
festzulegen versuchen will.
Wir haben gezeigt, daB der Vorversuch und die doppelte
Serumkontrolle nur angeben konnen, daB im 2. Rohrchen eine
Menge von 2p — V 2 q Komplement zuruckbleibt.
Wenn in diesem Rbhrchen die zwei Reagentien, jedes fiir
sich, jene Komplementmenge absorbiert haben, die ihrer anti-
komplementaren Wirkung entspricht, so muB mindestens die
Menge p zuriickbleiben.
Denn wenn davon weniger zurflckbleibt, so wird sich ein
negatives Serum mehr oder weniger positiv erweisen; es geht
daraus hervor, daB 2p — Vsq unbedingt gleich Oder grOBer sein
muB als p, also:
2p — V.q^P 2p — q^O
4p — q 3f2p q ^ 2p
Das will besagen: Das Antigen muB eine derartige Zusammen-
setzung haben, daB die minimale Menge des Komplements,
welche die sensibilisierten Blutkorperchen bei Gegenwart des
Antigens I6st, nicht groBer sein soil als das Doppelte der
minimalen Komplementmenge, welche bei Abwesenheit des
Antigens komplette HSmolyse herbeifuhrt. Oder mit anderen
Worten: das Antigen in der gewohnlichen Dosis darf hQchstens
eine Komplementmenge binden, die die Komplementmenge
nicht iibersteigt, welche allein eine vollstandige Hamolyse ver-
anlaBt.
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G. Kapsenberg
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Nehmen wir an, daB q = 2p sei. In diesem Fall wird
q -)- VjP hbchstens 2V 2 p gleichwertig sein. Das wird dann
eintreten, wenn die Mischung Serum plus Antigen keine un-
spezifische antikomplementSre Wirkung besitzt. Da nun p
gewbhnlich 0,2 ccm betr£gt, so ist 2 1 /jP = 0,5 ccm,
Diese letztere Menge ist jene, die man in der originalen
Methode von Wassermann gebraucht und die sehr gut
von einem Serum gebunden wird, das sicher positiv ist.
Die Menge des hinzugefflgten Komplements im 2. Rohrchen
ist daher sicher nicht zu groB und sicher auch nicht zu klein,
wenn q = 2p ist.
Die Extrakte, die mit dem Pulver bereitet werden, ent-
sprechen der Bedingung: q<2p. Dennoch kommt es zuweilen
vor, daB das Antigen etwas zu stark antikomplementS.r
wirkt, derart, daB q>2p ist. Das tritt bisweilen dann ein,
wenn das h&molytische System sehr empfindlich ist (p z. B. gleich
oder kleiner ist als 0,1 ccm). In diesem Falle entsteht eine
gewisse Unstimmigkeit zwischen der normalen, antikomple-
ment&ren Wirkung des Antigens und der abnormal starken,
hamolytischen Wirkung des Komplements. In dem Fall kann
man die Reaktion gut beendigen, indem man im 2. Rbhrchen
die Menge q + p gebraucht, wenn nur q die Menge 3p nicht
iiberschreitet. Dieses lSBt sich folgendermaBen berechnen:
q + p-DV.q —i‘/,p)Sp 3 P — q sgO
2*/,p — V s q q^3p.
5p — q ^2p
Wenn q groBer ist als 3p, so ist der Extrakt zu verwerfen.
Es eriibrigt sich, noch eine Grenze fiir p festzustellen. Die
GroBe von p ist selbstverstandlich von der mehr oder weniger
grSBeren Loslichkeit der Blutkorperchen, der Wirksamkeit des
Ambozeptors und von dem Gehalt des Meerschweibchenseruras
an Komplement abh&ngig. Von diesen drei Faktoren darf
der mittlere wolil als der konstanteste betrachtet werden.
Wenn man gute, nicht zu labile, also frische Blutkorper¬
chen von einem nicht zu oft punktierten Schaf oder am
besten vom Schlachthof benutzt; einen nicht oder nur ganz
wenig agglutinierenden Ambozeptor verwendet; die Sensibili-
sierung im Eisschrank wahrend nur 1—2 Stunden (welche
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Untersuchungen liber die Bedeutung der Globuline ubw. 325
vollst&ndig geniigen), stattfiaden lSBt, danach die K5rperchen
abzentrifugiert, und einige Stunden altes Koraplement von
gesunden Tieren gebraucht, so ergibt sich, daB p fast stets
0,2 ccm ist, besonderswenn man auch die geringste
Opaleszenz als unvollst&ndige Losungbetrachtet.
Ist p>0,2 so ist das System zu unempfindlich; ist p<0,l
so ist es zu empfindlich.
Deshalb mochte ich far p die durch die Praxis gegebenen
Grenzen 0,2 bis hochstens 0,3 ccm und 0,1 ccm feststellen.
Ein solches h&molytisches System gibt bei der be-
schriebenen Methode ganz zuverlSssige Resultate.
Der Grenzwert 0,2 stimmt ganz gut mit den mit der
Originalmethode erhaltenen Erfahrungen. Denn diese haben
doch gelehrt, daB 0,5 ccm Komplement von den meisten posi-
tiven Seren gebunden werden kann. Wenn nun im zweiten
Rohrchen durch wechselseitige Beeinflussung von Serum und
Antigen keine unspezifische Bindung des Komplements
stattfindet, so bleibt dort fflr die spezifische Bindung
q + VsP Komplement frei, also hfichstens (da q<2p sein soil)
2 1 /* p, d. h. wenn p gleich 0,2 ist, genau 0,5 ccm.
So verwickelt die Erkl&rung erscheint, so einfach ist die
Ausffihrung der Reaktion. Besser als eine Beschreibung kann
dies die Tabelle No. VI (p. 326 u. 327), die auBerdem ein Bei-
spiel wiedergibt, beweisen.
Zueret wird das verdiinnte Serum in die Rohrchen gegeben, dann das
verdiinnte Antigen. Das Komplement wird am zweckmafiigsten dermafien
verdiinnt, dafi 0,5 ccm der Mischung die Menge q oder q + */jP enthilt,
besonders wenn man viele Seren gieichzeitig zu unterBuchen hat.
Man braucht 0,8 ccm Serum dann, wenn man, wie in dem gewahlten
ungdnstigen Beispiel, mit 2 Antigenen arbeiten mufi, die eine verschieden
grofie, antikomplementare Wirkung haben. Da es leicht ist, sich Antigene
herzustellen, die sich gleichsinnig verhalten, so folgt daraus, dafl eine
Serum menge von 0,6 ccm geniigen wird. AuBerdem kann man sich damit
zufrieden geben, wenn q, < q„ die doppelte Serumkontrolle nur zu prtifen
mit q,. Die Rbhrchen 2, (2 a), (2 b) usw. sind also fakultativ.
Fflr die „Bindung“ des Komplements lasse ich, wie die
Tabelle zeigt, die Rohrchen nur eine halbe Stunde im Wasser-
bad. Dies genilgt vollst&ndig.
Zeltschr. f. ImmuniUttforschung. Orif. Bd. SI. 22
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326
O. Kapsenberg,
Tabelle VI. Eigentlicher Versuch. Kesultat
Inhalt der
Rohrchen
Positives Kontrollserum
Negatives Kontrollserum i alt)
Serum -
kontrolle
Antigen
No. 1
Antigen
No. 2
Serum-
kontrolle
Antigen
No. 1
Antigen
No. 2
No. desRohrchens
1
(2)
3
4
5
6
1 a
(2 a)
3a
4a
5a
6a
Serum, 1:5 ver-
diinnt ccm
1,0
1,0
0,5
0,5
0,5
0,5
1,0
1,0
0,5
0,5
0,5
0,5
Antigen No. 1,1:5
verdiinnt ccm
_
0,5
0,5
_
0,5
0,5
-
_
Antigen No.2,l:5
verdiinnt ccm
_
0,5
0,5
_
_
0,5
0,5
Komplement, 1:10
verdiinnt ccm
0,3
(q.)
0,4
(q»)
0,3
(q.)
0,4
(q,+7»p)
0,4
(q.)
0,5
(q,+7-,p)
0,3
(q.)
0,4
(q.)
0,3
(q«)
0,4 1 0,4 0,5
(qi+7,p)j (q,)|(q*+V.,p)
Phy a. Kochsalzlsg.,
0,85-proz. ccm
0,2
0,1
0,2
o,i
0,1
—
0,2
0,1 0,2
0,1
0,1
—
Halbe Stunde Wasser-
Sens. BlutkQrper-
1
1
chen, 2V t -proz.
Suspens. ccm
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1.0
1,0
1,0 1,0
1,0 i 1,0
Halbe Stunde
Beispiel eines Re-
i v.
sultatee
v.L.
v. L.
v.H.
v. H.
v.H.
v. H.
v . L.
v. L.
g.H.
v. L.
L.
v. L.
v L. = vdllige Ldsung. f. v. L. = fast vollige Losung. v. H. = vbllige Hemmung. f. v. H.
Eine zweckmafiige Aufstellung der Rohrchen im Gestell ist die
nachatehende:
1 (2) la (2a) 1b (2b) 1c (2o) 7
# O • O • O ® O'------#
Fig. 5.
Die beschriebene Methode will keine quantitative 14 sein.
Sie beansprucht nur dermaden zuverlassig zu sein, dad ein
schwach positives Serum mit Sicherheit erkannt wird, indem
es, wie bei der Originalmethode, faktisch ausgeschlossen ist,
dad ein wirklich negatives Serum positiv gedeutet wird.
Di^itizii t ,
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'JA-CHAMPAIGN ~
Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline uaw. 327
des VorverBUchs: q,=0,3, q, = 0,4, p = 0,2.
Zu nntereuchendes Serum No. 1 Zu untersuchendes Serum No. 2 .
----- Weitere
Serum- Antigen Antigen Serum- Antigen Antigen Kontrollen
kontrolle No. 1 No. 2 kontrolle No. 1 No. 2
negativ
= fwt Tdllige Hemmung. g. H.
poshiv
geringe Hemmung. at. H. = starke Hemmung.
Erklarung zu Figur 5.
Die Ziffern entsprechen denen der Tabelle VI. Die Rdhrchen 1—6,
la—6a ubw. gehoren jedeamal zu einem Serum.
H) = unbedingt notwendige Serumkontrollen.
O = Serumkontrollen, welche meistena nicht notig aind.
® = Rdhrchen, die nebet dem Serum alle Antigen No. 1 enthalten.
© = Rohrchen, die nebet dem Serum alle Antigen No. 2 enthalten.
® = Kontrolle dea hamolytiachen Systems.
® = Kontrolle dea Antigena No. 1.
^ = Kontrolle dea Antigena No. 2.
Meines Erachtens ist eine quantitative Austitrierung, in
dem Sinne, daB man nachpruft, mit wievielem Serum, oder
22 *
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mit wievielem Antigen gerade noch eine groBere oder kleinere
konstante Menge des Komplements spezifisch gebunden wird;
oder aber wievieles Komplement wohl von einem bestimmten
Gemisch Serum und Antigen spezifisch gebunden werden
kann, besonders bei der Wassermannschen Reaktion, aber
eigentlich bei jeder Komplementbindungsreaktion, von zweifel-
hafter Bedeutung.
Hauptsache bei jeder Komplementbindung ist ja die
unzweideutigeFeststellung, daB Komplement spezifisch
gebunden wurde. Daftir muB bei jeder Komplementbindung,
bzw. bei jeder Wasser m ann schen Reaktion „quantitativ“
gearbeitet werden; die zu gebrauchenden Dosen sollen ja
abgestimmt werden.
Aber ob viel oder wenig Komplement spezifisch von kon-
stanten Mengen Serum und Antigen gebunden werden kann,
bzw. ob viel oder wenig Serum bei einer konstanten Menge
des Antigens und des Komplements; viel oder wenig Antigen
bei einer konstanten Menge des Serums und des Komple-
raents zur vblligen spezifischen Hemmung notwendig ist, das
alles ist ganz nebens&chlich und nur wissenschaftlich von
Bedeutung.
Wenn man aber, wie das besonders von Sormani ein-
geffihrt worden ist, mit der quantitativen Austitrierung
der Wassermannschen Reaktion eine quantitativeDeutung
der Reaktion verkniipft, so erscheint mir das u n wissenschaftlich
und ffir die Praxis gef&hrlich.
Denn es fehlt uns noch fast ganz die Einsicht in die
inneren Verhfiltnisse, welche die Wassermannsche Reaktion
hervorrufen, und man darf deshalb, auch wenn die zu ver-
schiedenen Zeiten erhaltenen Werte („Indices“) untereinander
v 511 i g zu vergleichen w&ren (was sie aber nicht sind und
infolge der Variabilitfit der benutzten Reagentien, nicht sein
kbnnen), nicht a priori mit einer schwachen Reaktion eine
leichte Erkrankung, eine Besserung oder dgl. verknfipfen.
Die Wassermann sche Reaktion ist nur diagnostisches Hilfs-
mittel, kein Gradmesser krankhafter Erscheinungen. Nur ihre
Ab- oder Anwesenheit hat, unti zwar sehr groBe, Bedeutung 1 ).
1) Fur weitere Einzelheiten auf dem Gebiete der sogenannten quanti¬
tativen Wassermannnschen Reaktion verweise ich auf, meine Arbeit:
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 329
Dennoch haben die Bezeichnungen zwischen negativ und
positiv (schwach positiv, zweifelhaft, nicht ganz negativ) Daseins-
berechtigung, falls roan sie sich nur auf die Reaktion und
nicht auf die Krankheitserscheinungen beziehen lSBt.
Die Deutung der Reaktion kann nach dem in Tabelle VII
angegebencn Schema gemacht werden.
Tabelle VII.
Gebrauchte Komplementmenge
q q + V 3 P
Beurteilung
Ergebnis der Reaktion
Ergebnis der Reaktion
v. H.
v. H.
positiv
dgl.
f. v. H.
It
11
st. H.
1 »
schw. H.
schwach positiv
H
f. v. L.
11 11
y. L.
„ „ (zweifelhaft)
f. v. H.
st. H.
positiv
dgl.
schw. H.
schwach positiv
»
f. v. L.
st.H.
v. L.
„ ,. (zweifelhaft)
schw. H.
dgl.
f. v. L.
11 If
>>
v. L.
zweifelhaft
schw. H.
f. V. L.
nicht ganz negativ
dgl.
v. L.
negativ
f. v. L.
dgl.
11
v. L.
11
”
v. H. = vollstiindige
Hemmung. f. v. H. =
= fast vollstandige Hemmung.
at. H. = starke Heramung. schw. H. = schwache Hemmung.
f. v. L. = fast vollstandige Losung. v. L. = vollstandige Loeung.
Siehe fur die niihere Umschreibung dieser Bezeichnungen p. 361 u. 362.
Die praktischen Resultate der Methode haben mit Sicher-
heit ihren Wert fur die Syphilisdiagnostik erwiesen.
C. Versuche iiber die Bedeutung der Globuline in der Wasser-
mannschen Reaktion.
Zwei Eigentflmlichkeiten der Wassermannschen Re¬
aktion, ihre verwickelte Ausfiihrung und ihr ratselhafter
„Die quantitative Wassermannsche Reaktion. Eine Kritik“, in „Folia
Microbiologies", Bd. 5, 1919, No. 3. In dieser Arbeit habe ich darauf hin-
gewiesen, das die „Werte“,,,Indices", welche mit der quantitativen W asser-
mannschen Reaktion erhalten werden, mit dem Ernst der Krankheits¬
erscheinungen, und auch untereinander, nicht stimmen.
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330
G. Kapsenberg,
Charakter, gaben den AnlaB zu Untersuchungen, die sich
wechselseitig ergknzten.
Die erste war die Ursache, einfachere Methoden zu suchen,
von denen die Autoren sich vorstellten, daB sie die Was ser¬
in an n sche Reaktion zu ersetzen vermochten, die zweite eiferte
die Experimentatoren an, Versuche anzustellen, urn eine vor-
gefaBte Theorie von dem Wesen der Wassermannschen
Reaktion zu beweisen. Alle diese Anstrengungen wurden
bisher von keinem endgiiltigen Erfolg gekront.
Die Erklfirung der Wassermannschen Reaktion ist
sicher innig verknupft mit jener des Ph&nomens, das von
Bordet und Gengou entdeckt wurde.
In der Tat, so groB auch der Unterschied sein mag
zwischen der Komplementbindung durch einen Typhusbacillus
zusammen mit seinem eigenen Antiserum auf der einen Seite
und jener Bindung, die durch einen alkoholischen Organ-
extrakt und ein syphilitisches Serum auf der anderen Seite
hervorgerufen wird, so steht es dennoch auBer Zweifel, daB
es in beiden Fallen das Komplement ist, das aus der Um-
gebung verschwindet, und zwar als Folge des Zusammen-
treffens zweier Substanzen.
Ist nun die Analogic tatsachlich vorhanden oder bloB
scheinbar? Man kann darauf noch keine endgiiltige Antwort
geben. Dennoch ist man, obwohl die Frage noch nicht ent-
schieden ist, berechtigt, die Wasserm an nsche Reaktion mit
dem Phanomen von Bordet und Gengou in Parallele zu
setzen und zu versuchen, sie auf die gleiche Art zu erklaren.
Die Beobachtung, daB das Komplement durch eine Sus¬
pension von Partikelchen abgelenkt wird, gab der Idee den
Ursprung, das Phanomen von Bordet und Gengou beruhe
auf einem ahnlichen Vorgang.
Sie nahm etwas exaktere Formen an, als die Vorstellung
Platz griff, die Komplementbindung ware ganz allgemein die
Folge einer Agglomeration oder unsichtbaren Prazipitation
von hydrophilen Kolloiden. Die Teilchen, welche die Tendenz
hatten, sich niederzuschlagen, wurden wahrend oder nach
ihrer Entstehung das Komplement adsorbieren.
Es scheint, daB eine derartige Erkiarung in der Tat bis
zu einem bestimmten Punkt Daseinsberechtigung besitzt, be-
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[HAMPAIGN ~
Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 331
senders so weit sie die Wassermannsche Reaktion belrifit
Ich brauche nur zu erinnern an jene Methoden, durch die
man mit Hilfe einer sicbtbaren Pr&zipitation einen Unterschied
zwischen einem sjphilitischen Serum und einem normalen
Serum nachweisen kann.
Ich fiihre die Reaktion yon Porges und Meyer 1 ) an,
die mit Lecithin arbeiteten, jene von Klausner 2 ), bei welcher
eine Trfibung erhalten wird durch Aqua destillata, jene von
Hermann und Perutz 3 ), denen es gelang, mit Hilfe von
Glykokolls&ure, Natron und Cholesterin eine Prfizipitation
hervorzurufen und vor allem die Reaktionen von Meinicke
und von Sachs und Georgi, die sich des Antigens der-
selben Art bedienen wie es in der Wassermannschen Re¬
aktion angewandt wird.
Diese Reaktionen haben, obwohl sie nicht eine derartig
ausgesprochene Spezifit&t wie jene Wassermanns besitzen,
und dadurch aus dem Gesichtspunkt der praktischen An-
wendung heraus, nicht verwendbar sind, dennoch eine wesent-
liche wissenschaftliche Bedeutung 4 5 ). Sie lenkten die Auf-
merksamkeit auf jenen Bestandteil des Serums, der sich durch
die relative Leichtigkeit, mit der es sich f&llen lfiBt, Oder
Failungen herbeifflhrt, auszeichnet, namentlich auf das
Globulin.
Zum grSBten Teil auf Grund der theoretischen Ueber-
legungen von Elias, Neubauer, Porges und Salomon 6 ),
ebenso von Sachs und Altmann 6 ) wurde die Anschauung
vertreten, daB die Wassermannsche Reaktion durch eine
spezielle Aenderung der Globuline erklkrt werden kdnne.
Gem&B dieser und auch anderer Ueberlegungen schien es
mir angezeigt, Untersuchungen dariiber anzustellen, welchem
der haupts&chlichsten Serumbestandteile die Wassermann-
sche Reaktion zugesprochen werden miisse.
1) Berlin, klin. Wochenschr., 1908, No. 15.
2) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 7.
3) Med. Klin.. 1911, p. 60.
4) Jene mi Meinicke und Sachs und Georgi sind noch zu
frischen Datums, um sie genau wiirdigen zu konnen.
5) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 21.
6) Berlin, klin. Wochenschr., 1908, No. 10.
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AIs ich raeine Untersuchungen begann, war ich der
Meinung, daB spezielle Versuche auf diesem Gebiete noch
nicht unternommen worden w&ren.
Es war zwar eine kleine Anzahl von Arbeiten iiber diesen
Gegenstand, besonders vor 1910 und 1911 gemacht worden,
also kurze Zeit nacb der Entdeckung und Einfiihrung der
Reaktion, so von Landsteiner 1 ), GroB und Volk*),
Bauer und Hirsch 3 ), Friedemann 4 ) und Schmidt 5 ).
Freilich sind die Resultate dieser verschiedenen Autoren
oft untereinander widersprechend und ihre Versuche alle un-
vollst&ndig. Sie hatten keinen EinfluB auf die meinen und
deshalb kann ich mich begniigen, sie anzufiihren.
In meinen eigenen Untersuchungen habe ich in der noch
offenen Frage betreffs der Vielheit der Globuline keine Partei
ergriffen, sondern mich auf den Standpunkt von Denis-
Hammersten 6 ) gestellt, das heiBt, die Globuline als eiu-
heitlich angenommen.
Ich stellte mir folgende Fragen: Welcher Teil eines Serums,
daseinen positiven Wassermann ergibt, ruft die Reaktion hervor?
1st es das Globulin ?
1st es das Albumin?
Sind beide ftir sich allein imstande, die Reaktion zu
geben? Oder miissen sie sich gegenseitig erg&nzen?
Um die Antwort auf diese Fragen zu finden, bestimmte
ich bei mehreren Seris, positiven und negativen, das Resultat
der ausgeffihrten Wassermannschen Reaktion, jedesmal
und immer zu gleicher Zeit, mit dera vollstkndigen
Serum, mit seinem Globulin allein und mit seinem Albumin
(mehr Oder weniger ganz befreit vom Globulin) allein.
Es ist bekannt, daB man das Globulin des Serums mit
verschiedenen Methoden erhalten kann. Durch Dialyse, durch
Hinzufflgen von Kohlensaure, Salzs&ure, Essigs&ure usw.
Alle diese Methoden liefern aber nur einen Teil der Ge-
1) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 29.
2) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 18.
3) Wien. klin. Wochenschr., 1910, No. 1.
4) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 67, 1910.
5) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 69, 1911
6) Zeitschr. f. phys. Chemie, Bd. 8.
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Unterouchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 333
samtmenge an Globulin, die das Serum enthait. Um die
ganze Globulinmenge zu bekommen, mull man zu Methoden
greifen, bei denen bestimmte Salze in sehr konzentrierter
L5sung verwendet werden. Darunter wird die Methode von
Denis-Hammersten 1 2 ) (MgS0 4 ) und die von (Hof-
meister-)Kauder s ) [(NH 4 ) 2 S0 4 ] am meisten verwendet.
Ich begann aber das Globulin zu studieren, das sich
aus einem Serum bei der Dialyse niederschlagt und das dabei
zuriickbleibende Albumin. Ich wollte derartige Substanzen,
wie MgS0 4 und (NH 4 ) 2 S0 4 , die die Wassermannsche
Reaktion beeinflussen kbnnten, ausschliellen; sp&ter aber, ge-
zwungen durch die erhaltenen Resultate mit dem Dialysier-
verfahren, habe ich zuerst die Methode nach Denis-
Hammersten, dann die nach Hofmeister-Kauder
angewandt.
In alien diesen Versuchen gebrauchte ich fiir
die Dialyse und fQr die Ausfflhrung der Wasser-
mannschen Reaktion die im ersten und zweiten
Teil dieser Arbeit beschriebene Technik.
a) Isolierung des Serumglobulins durch die Dialyse.
Ich fiihre hier etwas detailliertere Protokolle an.
Protokoll 5.
Serum Pae. durch eine Venenpunktion erhalten, 10. IV. 1918, nach-
mittag. Inaktiviert am 11. IV. 1918, Wassermann am 12. IV.: positiv.
Serum im Eisschrank aufbewahrt. 16. IV. 1918 2,4 ccm in einem Dialysator,
der in 100 ccm destilliertes Wasser eintauchte.
Dieses wurde jeden Tag erneuert und gab niemals eine Eiweifireaktion,
dagegen an den beiden ereten Tagen deutlich eine Kochsalzreaktion.
18. IV. 18: Das Volum des Serums ist auf 5 ccm gewachsen; es ist deut¬
lich triib. Das Serum wird zentrifugiert und das Albumin des Sediments
vom Globulin abgegossen; dann werden beide im Eisschrank aufbewahrt
bis 19. IV. 1918.
Das Albumin wird mit der notigen Menge von trockenem Kochsalz
iBotonisiert und dann mit physiologischer KochsalzIQsung bis auf 12 ccm
(also wie das Serum 1:5) verdunnt. Das Globulin wird in 2,4 ccm physio¬
logischer Kochsalzloaung aufgenommen. Da die Losung keine vollkommene
ist, wird eine Spur KOH hinzugefiigt, das eine fast vollige Losung hervor-
ruft. Nach dem Zentrifugieren der Globulinlosung wird die klare Fliissig-
keit abgegossen und bis auf 12 ccm verdunnt.
1) L c.
2) Arch. f. exper. Pathol, u. Pharm., Bd. 20, 1885.
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Resultat der Was serin an nschen Reaktion: Keine
Differenz zwischen den drei Reaktionen. Serum ist positiv.
Globulin ist positiv. Albumin ist positiv. Kontrollen: ohne
Fehler.
Protokoll 6.
Folgende Sera wurden gepruft:
1) Pae., dasselbe wie im vorhergehenden Protokoll; 22.IV. 18, 1,2 ccm
im Dialysator, eingetaucht in 100 ccm destilliertes Wasser, taglich er-
neuert, keine Eiweifireaktion, aber deutlich eine NaCl-Reaktion. 25. IV. 18
zentrifugiert. Globulin und Albumin bis am 26. IV. 18 getrennt im Eis-
echrank aufbewahrt, an diesem Tage die Was Berm an n ache Reaktion
aiisgefuhrt
2) Ke. Venenpunktion 18. IV. 18, inaktiviert 19. IV. 18; 22. IV. 18,
1,2 ccm in deu Dialysator, dann genau wie bei Pae.
3) Meij-K. Venenpunktion 22. IV. 18. Nicht inaktiviert, 24. IV. 18
1,2 ccm in den Dialysator, dann wie fur Pae. nur zentrifugiert am 26. IV. 18.
4) Aff. Venenpunktion 24. IV. 18, nicht inaktiviert, dann wie bei
Meij-K.
5) He., genau wie bei Aff.
6) Ha., genau wie bei Aff.
26. IV. 18. wurden die Albumine isotonisiert und bis auf 6 ccm verdunnt.
Das Albumin der verschiedenen Sera hat verschieden groSe Mengen
Wasser angezogen: Pae. stieg bis 2,6 ccm an, Ke. bis 2, Meij-K. bis 4,8 ccm,
Aff. biB 2,4 ccm, Ha bis 3,8 ccm, Ha. bis 4,8 ccm. Die Globuline wurden
in 1,2 ccm physiologischer KochsalzlSsung verteilt, mit Hinzufugung von
5 kleinen Oesen KOH (10 Proz.).
Bei Pae. war die Losung keine vollstandige, wiihrend dies bei der
anderen wohl der Fall war.
He. und Ha. bekamen nur 1 Oese KOH. Darauf wurden die Globuline
verdunnt bis auf 6 ccm. Die Globuline der nicht inaktivierten Sera wurden
auch spater nicht mehr inaktiviert.. Die Sera wurden vor der Ausfiihrung
der Wassermann inaktiviert.
Um einen SchluB aus diesen Versuchen ziehen zu kdnnen,
muB man vorerst die Globuline He. und Ha. ausschlieBen,
die sich als vOllig antikomplement&r erwiesen. Ich werde
darauf noch zurfickkommen.
Die SchluBfolgerung liegt auf der Hand, daB das
Globulin eines positiven Serums reagiert, wie das kom-
plette Serum, wahrend jenes eines negativen Serums, nach
der Reaktion des Globulins Ke. zu urteilen, sich negativ
verhait.
Sehr bemerkenswert ist dagegen das Verhalten der
Albtnnine. Jene, die aus einem positiven Serum stammten,
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 335
Tabelle VIII.
Resultat dee Vorversuches: p = 0,1 q, = q, = 0,2.
Da das hamolytische System sehr empfindlich war. wurde, um even-
tuellen unspezifischen Hemmungen moglichst vorzubeugen, fiir daa 2. Rdhr-
chen etatt q + ’/,p q + p benutzt.
Namen dee
Serums, dessen
Globulins
und dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle des
Serums,
dessen Glo¬
bulins und
dessen Alb.
WaR. mit
Antigen No. 1
WaR. mit
Antigen No. 2
Deutung
der WaR.
Komplement
0,2 | 0,3
Komplement
0,2 | 0,3
Pae.-Serum
f. v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
v. H. !
. .
positiv
Pae.-Glob.
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
v. H.
tt
u
Pae.-Alb.
v. L.
v. H.
v. L.
v. H.
v. L.
schwach
o
'> ,
(*chw.
(«cliw. I..)
positiv
‘-3
(zwtifelhaft)
ce
3
Ke.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Ke.-Glob.
v. L.
v. L.
v. L.
f. v. L.
v. L.
»>
Ke.-Alb.
v. L.
v. L.
v. L.
f. v. L.
v. L.
»»
Meij-K.-Ser.
v. L.
r. H.
v. H.
v. H.
v. H. 1
positiv
Meij-K. Glob.
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
7. H.
n
1
(*cliw L.),
Meij-K.-Alb.
V. L.
v. H.
y. L.
v. H.
7. L.
schwach
1
*
(>chw. [, )
(srl w. 1. )
positi?
i
1
(/.wHKIhaft)
Afl'.-Serum
v. L.
v. H.
V. H.
V. H.
7. H.
|>ositi7
Afl'.-Glob.
f. V. L.
v. H.
v. H.
v. H.
7. H.
ft
>
AfT.-Alb.
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
7. H.
tt
i
(«i , hw. !..)
He.-8erum
v. L.
v. L.
V. L.
v. L.
7. L.
negativ
He.-Glob.
v. H.
v. H.
v. H.
7. H.
7. H.
antikom-
plementar
He.-Alb.
v. L.
f. v. L.
v. L.
f. v. L.
7. L.
negativ
Ha.-8erum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
7. L.
negativ
Ha.-Glob.
v. H.
v. H.
v. H.
v. H.
7. H.
antikom-
(sehw. L.)
plementiir
Ha.-Alb.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
7. L.
negativ
Kontrollen ohne Fehler.
Beziiglich der Abkurzungen in
dieser und
folgenden Tabellen vergleiche man Abteilung B dieeer Arbeit. Die An-
weisungen zwischen Klammern geben den Aspekt der betreffenden Rohr-
chen an nach einem Verweilen iiber Nacht bei Zimmertemperatur. Wo
nichte zwischen Klammern hinzugefiigt ist, hat sich keine Aenderung
gezeigt.
ergaben einen positiven Wassermann, einige Male aber
doch (Pae., Meij-K.) in einer weniger scharf aus-
geprSgten Weise a 1 s das Serum Oder das Glo¬
bulin.
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336
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Was die Albuinine eines negativen Serums anlangt, so
reagierten sie ohne Ausnahme negativ.
Da das Albumin noch eine betrfichtliche Menge Globulin
euthielt, lag der Gedanke nahe, daB die Reaktion der Albumine
von dieser Substanz abh&nge und das Albumin fiir sich allein
die Tendenz hatte, negativ zu reagieren. Aus dieser Ueber-
legung heraus versuchte ich das ganze Globulin zu erhalten.
das sich mit Hilfe der Dialyse aus einem Serum gewinnen
lafit, indem ich die fraktionierte Dialyse anwandte.
Protokoll 7.
Serum A, positiv, vom 1. V. 18, inaktiviert, und Serum B negativ.
vom 4. V. 18, ebenfalls inaktiviert. Am 7. V. 18 1 ccm jedes Serums
in den Dialysator gestellt, eingetaucht in 100 ccm destilliertes Wasser.
Am 8. V. 18 zentrifugiert. Das Globulin wurde gesammelt (darunter auch
jene Menge, die die Merabran bedekt und welche man erhalt, indem der
Dialysator mit destilliertem Wasser ausgespiilt wil'd) und im Eisschrank
aufbewahrt. Das „Albumin“ wurde neuerlieh dialysiert. Das destillierte
Wasser enthielt kein EiweiB, wohl aber deutlich Kochsalz. Am 9. V. 18
und 10. V. 18 das gleiche Verfahren. Die Albumine A und B haben
beide ihr Volumen auf 4,4 ccm vermehrt. Sie werden isotonisiert und ver-
diinnt auf 5 ccm. Die Globuline jedes Serums werden zusammengebracht
und in 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung verteilt. Die Losung ist
eine fast vollige, wenn man 6 kleine Oesen KOH (10 Proz.) hinzufiigt.
Das Globulin wird verdiinnt auf 5 ccm und die Wassermannsche Re¬
aktion in Gang gebracht.
Tabelle IX.
Resultat des Vorversuches: p,=0,2 q,=q,=0,3.
Namen des
Serums,
dessen Glo¬
Doppelte
Kontrolle des
Serums,
dessen Glo¬
bulins und
dessen Alb.
WaR. mit WaR. mit
Antigen No. 1 Antigen No. 2
I
Deutung der
bulins und
dessen
Albumins.
Komplement Komplement
0,3 | 0,4 0,3 0,4
WaR.
A.-Serum
v. L.
v. H.
v. H. I v. H.
v. H.
, positiv
A.-Globulin
>»
f. v. H.
st. H. v. H.
(f. v. L.)
st. H.
I „
A.-Albumin
f. v. L. (v. L.)
v. L.
v. L. v. L.
v. L.
negativ
B.-Serum
v. L.
f. v. H.
v. L. jf. v. L.
v. L. v. H.
1
v. L.
negativ
B.-Globulin
>>
f. v. H.
(st. H.) 1
f. v. L.
(v. L.) 1
schwach po¬
sitiv oder
zweifelhaft
B.-Albumin
f. v. L. (v. L.)
v. L.
v. L. v. L.
v. L
negativ
Kontrollen ohne Fehler.
Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern vergleiche man
Tabelle VIII.
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Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 337
Es gelang mir in der Tat, in diesem Versuch ein nega¬
tives Albumin aus einem positiven Serum (A) zu bekommen.
Es ist klar, daB dies zumTeil von kleinen Albuminverlusten,
infolge von Fehlern der Technik herriihren kann; Verluste,
die gleichfalls eine Herabsetzung der Intensity der Reaktion,
welche vom im Albumin anwesenden Globulin ausgelost wird,
zur Folge h&tten, aber es ist nicht denkbar, daB die Reaktion
sich deutlich positiv erweisen wflrde, wenn diese kleinen Ver¬
luste nicht stattgefunden hfitten.
Das negative Serum hat nun ein Globulin geliefert, das
nicht antikomplement&r ist, aber einen positiven
Wassermann ergibt, wenn auch nur schwach und unsicher.
In einer anderen Versuchsreihe, auf dieselbe Art aus-
gefuhrt, erhielt man Globuline aus positiven und negativen
Seras, die alle stark antikomplementare Wirkung hatten. Die
Lufttemperatur war aber wahrend dieser Tage sehr hoch, und
es ist nicht unmoglich, daB eine Entwicklung von Mikroben
die Ursache war.
Um den EinfluB der Bakterien zu hemmen und zu ver-
hfiten, griff ich zur Dialyse im Eisschrank.
Protokoll 8.
Die Sera Do., El., Ti. und Di. vom 23. VI. 18, inaktiviert und noch
eteril, wurden am 28. VI. 18 in einer Menge von 1 ccm in den Dialy-
eator gebracht, der in 100 ccm destilliertes Wasser tauchte, und in den Eis-
Bchrank gestellt. Am 29. VI. 18 wurde das destillierte Wasser erneuert
(es enthielt kein EiweiB, aber viel Sake).
Am 30. VI. 18 zentrifugiert, Globulin und Albumin getrennt; das
Albumin von neuem in den Dialysator hineingespult und mit dem Glo¬
bulin in den Eisschrank gestellt. 31. VI. neuerlich die Albumine zen¬
trifugiert; sie haben ihr Volumen vermehrt, Do. bis auf 2,8 ccm, El. auf
3,4 ccm, Ti. auf 3,4 ccm, Di. auf 3,4 ccm; sie wurden verdtinnt bis auf
5 ccm und isotonisiert mit der notwendigen Menge Kochsak. Die Glo¬
buline wurden gesammelt und mit 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung
vermischt, ohne Hinzufugung von KOH und verdfinnt bis auf 5 ccm.
Die Losungen sind etwas trfibe, mit Ausnahme von jener von Ti., die
vfillig klar ist Der Wassermann wurde 31. VL 18 gemacht.
Das Resultat ist etwas iiberraschend. Das Globulin eines
positiven Serums zeigt sich in diesem Versuch positiv, und
das Albumin ist es auch. Im Falle Do. reagiert das Albumin
weniger deutlich als das Serum oder das Globulin, in einem
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Tabelle X.
Resultat des Vorvereuches: p = 0,2 q, — q, =0,3.
Namen des
Serums,
desBen Glo¬
bulins und
des sen
Albumins
Doppelte
Kontrolle des
Serums, des-
sen Globulins
und dessen
Albumins
WaR.
mit Antigen A,
WaR.
mit Antigen A,
Deu-
tung
der
WaR.
Komplement
0,3 | 0,4
Komj
0,3
dement
0,4
Do.-Seru m
v. L.
v. H.
V. H.
v. H.
v. H.
positiv
(schw.L.)
Do.-Glob.
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
v. H.
Do.-Alb.
v. L.
v. H.
st. H.
v. H.
st. H.
(schw. L.)
(schw. L.)
El.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
El.-Glob.
v. L.
f. v. H.
st. H.
v. H.
st. H.
positiv
(schw. L.)
(f. v. L.)
(schw. L.)
(f. v. L.)
El.-Alb.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Ti.-Serum
v. L.
st. H.
f. v. L.
f. v. H.
st H.
positiv
(f. v. L.)
(v. L.)
(st. H.)
(f. v. L.)
Ti.-Glob.
v. L.
st. H.
f. v. L.
f. v. H.
st. H.
»>
(f. v. L.)
(v. L.)
(st. H.)
(f. F. L.)
Ti.-Alb.
v. L.
v. H.
st. H.
v. H.
f. v. H.
(st. H.)
(f. v. H.)
(st. H.)
Di.-Serum
V. L.
y. L.
y. L.
v. L.
v. L.
negativ
Di.-GIob.
v. L.
st. H.
st. H.
f. V. H.
st. H.
positiv
I
(v. L.)
(schw. L.)
(f. v. L.)
(►chwn.-h)
Di.-Alb.
v. L.
y. L.
v. .Li.
y. L.
v. L.
negativ
Kontrollen ohne Fehler.
Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern vergleichne man
vorige Tabellen.
andern Fall Ti. im Gegenteil reagiert es etwas kr&ftiger. Die
Albumine der negativen Sera sind negativ, aber die Glo-
buline, die nicht antikomplement&r reagierten,
ergeben einen schwach positiven Wassermann.
Um eine Erklarung dafiir zu finden, habe ich nach-
geforscht, ob die mittels der Dialyse aus den negativen
Seris erhaltenen Globulinmengen vielleicht nicht merkbar
grSBer waren, als jene aus den positiven Sera erhaltenen. Zu
diesem Zwecke fiillte ich in kleine, graduierte Rohrchen eine
bestimmte Menge der Globulinlosung und fiigte eine be-
stiramte Menge von destilliertem Wasser, und dem Esbach-
schen Reagens hinzu, indem ich so das gebr&uchliche Ver-
fahren zur Analyse des EiweiBgehaltes des Hams nachahmte.
Die H6he des Niederschlags wurde nach einer Sedimentation
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Untersuchungen uber die BedeutuDg der Globuline new. 339
von 24 Std. abgemessen. Die erhaltenen Zahlen haben fraglos
nur einen relativen Wert, aber sie erlauben doch, einen Ver-
gleich anzustellen.
Diese Zahlen sind folgende fflr die gepriiften Sera: Do.
0,9, El. 0,25, Ti. 0,25 und Di. 0,5. Sie differieren zu stark,
urn einen SchluB zu gestatten.
Da endlich mSglich war, daB das Globulin vielleicht anti-
komplement&r oder positiv gemacht wiirde durch die Tfltig-
keit von Bakterien, so wurden mikroskopische Praparate des
Globulinsediments angefertigt und trotz der Sterilitat des
Serums und des Aufenthalts im Eisschrank fand ich von jenen
in jedem Praparate eine mehr oder minder groBe Menge, meist
in Stabchenform.
Die Anwendung von Chloroform im destillierten Wasser
oder von Toluol auf dem Serum im Dialysator ergab keine
praktisch verwertbaren Resultate.
Ich verzichtete deshalb auf die veriangerte Dialyse und
den Gebrauch des destillierten Wassers. Die Untersuchungen,
die den Zweck batten, die Eigenschaften der praparierten
Amnionmembran festzustellen, hatten mich unterdessen ge-
lehrt, daB diese immer undurchgangig fflr das EiweiB war,
und dagegen ganz gut durchg&ngig fflr die Salze. Ich war
also berechtigt, fflr diese Untersuchungen die Kontrolle des
umgebenden Wassers fortzulassen und die Dialyse auch
in flieBendem Wasser anzustellen.
Protokoll 9.
Die Sera Be., Li. am 12. IX. 18 inaktiviert und Go. vom 5. IX. 18
wurden am 12. IX. 18 in einer Menge von 1 com in den Dialysator ge-
fiillt und wahrend 14 Stunden in flieBendem Wasser dialysiert. Globulin
und Albumin wurden zentrifugiert und getrennt, bis auf 5 ccm mit
destilliertem Wasser verdiinnt und isotonisiert. Das Globulin lost sich
vollkommen. Der Wassermann wurde am 13. IX. 18 ausgefiihrt.
Tabelle XI siehe p. 340.
Die Zahlen, die das relative Verhaltnis des Globulins an-
geben, sind folgende: B. 0,3, Go. 0,6 und Li. 0,5. Es geht
also aus diesem Versuch hervor, daB von der Menge des
Globulins seine Reaktion im Wassermannschen Versuch nicht
abhflngt (Be. 0,3; Li. 0,5).
Das Globulin eines negativen Serums reagiert nun voll-
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340
G. Kapsen berg,
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stfindig negativ. Das ist die haupts£chlichste SchluBfolgerung,
die man aus diesem Versuche ziehen kann.
Tabelle XI.
Reaultat des Vorvereuches: p = 0,2 q, = q a = 0,25 (zwischen 0,3 und 0,2).
Namen des
Serums,
dessen Glo¬
bulins und
dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle des
Serums,
dessen Glo¬
bulins und
dessen Alb.
WaR.
mit Antigen No. 1
WaR.
mit Antigen No. 2
Deu-
tung
der
WaR.
Komplement
0,25 | 0,35
Kompl
0,25
ement
0,35
Be.-Serum
v. L.
v. H.
st. H.
v. H.
st. H.
positiv
(st. H.)
(v. L.)
(st. H.)
(f. L.)
Be.-Globulin
v. L.
dgl.
f. v. L.
F. H.
i. v. L.
(v. L.)
(st. H.)
(F. L.)
Be.-Albumin
v. L.
st. H.
V. H.
f. F. H.
(v. L.)
(st. H.
(f. F. L.)
LL-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Li.-Globulin
v. L
v. L.
y. L.
v. L.
v. L.
Li.-Alburain
L'
v. L.
v. L.
v. L.
F. L.
11
Go.-Serum
V. L.
v. H.
f. V. H
F. H.
F. H.
positir
(schw. L.)
(st. H.)
(schw. L.)
Go.-Globulin
v. L.
dgl.
st. H.
F. H.
dgl.
Go-Albumin
V. L.
v. H.
v. H.
F. H.
F. H.
(schw. L.)
Kontrollen ohne Fehler.
Bezuglich der Anweisungeu zwischen den Klammern vergleiche man
vorige Tabellen.
Tabelle XII. Zusammenfassung.
Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt.
Positive Seren
Negative Seren
Namen
WaR.
mit dem
Serum
WaR.
mit dem
Glob.
WaR.
mit dem
Alb. I
Namen
WaR.
mit dem
Serum
WaR.
mit dem
Glob.
WaR.
mit dem
Alb.
Pae.
+
+
+
•
.
,
•
Pae.
+
+
±
Ke.
_ _
—
—
(Meij-K. 1 )
+
+
±
He. ■)
—
intikompl.
—
Aff.’)
+
+
+
Ha- 1 )
—
aatlkompl.
—
A
4*
+
—
B
—
—
Do.
+
+
+
El.
—
4*
—
Ti.
+
+
+
Di.
+ (±)
—
Be.
+
+
+
Li.
_
—
—
Go.
+
+
+
•
•
.
•
1) Diese Seren sind nicht inaktiviert. Auch nicht das isolierte Glo¬
bulin und Albumin.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 341
Um die ganze Versuchsreihe festzulegen, gebe ich eine
Uebersicht fiber die Resultate, ohne der im Speziellen ange-
wendeten Technik Rechnung zu tragen (s. Tabelle XII, p. 340).
Zufolge dieser Uebersicht, vor allem indera man die
einzelnen Resultate der verschiedenen Wassermann-
schen Reaktionen untereinander vergleicht, gestatten die
bis jetzt angefflhrten Versuche, folgende Schlflsse zu ziehen:
1) Das Globulin, das durch die Dialyse aus einem
positiven Serum gewonnen wird, reagiert positiv.
2) Der Rest des Serums, das Albumin, das noch eine
mehr oder minder groBe Globulinmenge enthalt, reagiert auch
positiv, aber oft weniger deutlich als das Serum oder
das Globulin, einmal sogar negativ.
3) Das durch die Dialyse aus einem negativen Serum
gewonnene Globulin kann negativ reagieren. Es kann aber
auch eine positive Reaktion ergeben, wenn auch nicht so
deutlich wie ein positives Serum. Es kann sich auch ganz
antikomplementar verhalten. Dennoch hat es den Anschein,
daB diese Eigentiimlichkeiten mfiglicherweise die Folge ttuBerer
Einflusse sind, vielleicht von Bakterien, die auf dem schon
ausgefSllten Globulin wuchern 1 ). Fur diese Hypothese
spricht die Tatsache, daB die Albuminlbsung des negativen
Serums, obwohl sie noch Globulin enthalt, immer negativ reagiert
Es ist eine hervorstechende und bemerkenswerte Beobach-
tung, daB das Albumin, das denselben Einfliissen ausgesetzt
ist wie das Globulin, niemals irgendeine wesentliche anti-
komplementSre Reaktion zeigte. Ftir die Theorie der Was ser¬
in an nschen Reaktion erscheint mir diese EigentQmlichkeit
nicht ohne Wichtigkeit zu sein.
In den im Vorhergehenden beschriebenen Versuchen
lenkten besonders die beiden folgenden Tatsachen meine Auf-
merksamkeit auf sich:
1) DaB die geringe Menge Globulin, die aus einem posi¬
tiven Serum herausgezogen wurde, imstande war, eine Re¬
aktion zu ergeben, vergleichbar jener eines vollstandigen Serums.
1) Zweifelsohne kann ein solcher Einflufi ebenfalla fur die Globuline
der positiven Sera angenoramen werden. Dennoch laflt aber die Regel-
mafiigkeit, mit der Globulin und Albumin positiv reagieren, dieunterl
angefuhrte Deutung als berechtigt erscheinen.
ZetUchr. f. lCflmunltiiUforschung. Orig. Bd. SI. 23
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342
G. Kapsenberg,
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2) DaB das Albumin eines derartigen Serums oder genauer,
daB ein positives Serum, vermindert um eine gewisse Menge
seines Globulins, weniger deutlich reagierte als das vollst&ndige
Serum oder das Globulin allein, ja einmal sogar negativ war.
Daher ergab sich die Notwendigkeit, eine Methode zu
verwenden, die erlaubte, mit dem gesamten Serumglobulin
zu arbeiten und ebenso mit dem Albumin, das vSIlig vom
Globulin befreit war. Zu diesem Zwecke war es notwendig,
sich der F&llungsmethoden durch Salze zu bedienen und dabei
einen eventuellen EinfluB von ihnen mit in den Kauf zu nehmen.
b) Trennung durch Magnesiumsulfat.
Ich wandte die Methode von Denis-Hammersten in
folgender Art an: Ein Zentrifugenrohrchen, das 1 (manchmal
mehr) ccm Serum enthielt (in den ersten Versuchen neutrali-
siert mit Essigsaure, aber da das gar keinen Vorteil bot, habe
ich es in der Folge unterlassen) und in einem Becher, gefullt
mit Wasser von 40° C stand, fflgte ich nach und nach pulveri-
siertes MgS0 4 hinzu, zu guter Durchmischung und Losung
unter Schiitteln des ROhrchens, bis eine deutliche Trubung
erschien. Darauf wurde noch eine kleine Menge des Salzes
dazugefiigt und die Robrchen, noch im Wasser getaucht, w&h-
rend einiger Stunden bei 37° in den Brutschrank gesetzt.
Diese Rohrchen wurden dann so lange zentrifugiert, bis
das Globulin vollstSndig ausgefallt war. Meist i&Bt sich die
Trennung gut durchfiihren, indem das Albumin als klare
Fliissigkeit darflber steht und das Globulin, weiBlich gefarbt,
sich deutlich absetzt. Bisweilen aber miBlingt die Trennung
durch das Zentrifugieren, wenn zu viel des Magnesiumsulfates hin-
zugefiigt ist. Der Versuch wurde dann nicht weiter durchgefuhrt.
Wenn sich ein kompakter Niederschlag von Globulin ge-
bildet hatte, wShrend das Albumin klar geworden war, wurde
dieses abgegossen, oder mit einer kleiuen, fein ausgezogenen
Pipette nach Pasteur aufgesaugt, und in den Dialysator ge-
geben. Das Globulin wurde in einigen Kubik/.entimetern
destilliertem Wasser gelost, was vollstiindig, dank der An-
wesenheit des MgS0 4 gelang, und dann ebenfalls in einen Dialy¬
sator gefullt. Die verschiedenen Albumine und Globnline eines
Versuchs wurden zusammen in hieBendem Wasser dialysiert.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Qlobuline usw. 343
Die Dauer der Dialyse war 18 bis 24 Stunden. Nach
dieser Zeit waren die GlobulinlSsungen getrflbt, ein Zeichen
dafflr, daB das MgSO*, wenigstens zum grdBten Teil, ver-
schwunden war. Tats&chlich ergab das Hinzufugen von
Ba(NO s ) 2 zu den Globulinen, die mit Kochsalz neuerlich in
LOsung gebracht worden waren, nur eine gleiche Oder etwas
dentlichere Trflbung als jene, die von diesem Salz in Wasser-
leitungswasser hervorgerufen wurde.
Die Albumine und Globuline wurden mit destilliertem
Wasser bis auf 5 ccm (oder einen entsprechenden Wert) ver-
diinnt und mit der ndtigen Menge Kochsalz isotonisiert. Die
L5sung der Globuline war stets eine vollstSndige, sie zeigte
nur eine leichte Opaleszenz.
Die Mehrzahl der Sera, die fflr diese Untersuchungen
verwendet wurden, waren frisch. Sie wurden aus den Seris
ausgew&hlt, die ins Laboratorium zur Wassermann-Probe ein-
gesandt worden waren, und stets gefailt und dialysiert am
Tage vor der Ausfuhrung dieser Reaktion. Dann wurden
diese Sera und ihre Globuline und Albumine mit den an-
deren Seris zusammen geprOft.
Die Resultate aus diesen Versuchen waren derart flber-
zeugend und einheitlich, daB es mir iiberfliissig erscheint, alle
diese, fast ganz ubereinstimmenden Protokolle einzeln anzu-
fflhren. Ich begniige mich daher, eine Tabelle einzufugen, die
die Endresultate der Wassermannschen Reaktion enthSlt,
ferner eine Tabelle, die einen allgemeinen Ueberblick erlaubt
(s. Tabelle XIII und XIV).
Bevor ich die SchluBfolgerungen daraus ziehe, muB ich
noch erwShnen, daB bei keiner dieser Reaktionen, wie in den
frflheren Versuchen, eine antikoraplementare Wirkung auftrat.
Daher ist es moglich, alle Resultate auf dieselbe Art zu deuten.
Bei Betrachtung der posltiven Sera ist klar:
1) DaB alle ihre Globuline positiv reagierten. Es gab
keine Ausnahme. Sie verhalten sich im allgemeinen wie die
Sera. Sie zeigen einige Male eine deutlichere Reaktion als
jenes, bisweilen auch eine schwachere Reaktion.
2) DaB die A1 bumine sich verschieden verhalten.
Es gibt Falle unter ihnen, die wie das Serum und das Glo-
23 *
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344
G. Kapsenberg,
Tabelle XIII.
Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern gilt dasselbe wie
bei den vorigen Tabellen. — Die Daten in der zweiten Kolonne geben
jedesmal an: I. den Tag der Venenpunktion, 2. den Tag der Inakti-
vierung, 3. den Tag, an dem die Wa.R. ausgefuhrt wurde.
Namen
Doppelte
Kontrolle
Wa.R.
1
Wa.R.
\
des Serums,
d. Serums,
mit Antigen No. 1
mit Antigen No. 2
Deutung der
6
dessen Globulins
1
1
und dessen
Albumins
[
Globulins
u. dftssen
Komplement
Komplement
Wa.R.
Albumins
q.
q,+‘M>
q.
! qi+'/,p
Inaktivierte Seren:
22., 23., 31. VI. 18
1
Do.-Serum
v. L.
v. H.
v.H.
(schw. L.)
v.H.
v.H.
positiv
Do.-Globulin
v. H.
Do.-Albumin
f.v.H.
v.H.
(schw. L.)
(schw. L.)
30.,30..31.VI. 18
2
En .-Serum
v.L.
v.H.
v.H.
v.H.
v.H.
positiv
En .-Globulin
v.H.
v.H.
(schw.L.)
(schw. L.)
En.-Albumin
»>
st. H.
(f. v.L.)
v. L.
st. H.
f. v. L.
„ (schwach)
22., 23., 31.VI. 18
st. ti.
3
Ti.-Serum
v.L.
st. H.
f. v. L.
f.v.H.
positiv(schwach)
(f.v. L.)
(v.L.)
(st. H.)
(f. v. L.)
Ti.-Globulin
»»
v.H.
v.H.
v.H.
v. H.
positiv
Ti.-Albumin
(schw. L.)
(schw. L.)
v.H.
st. H.
v. H.
f. v. FT.
(schw. L.)
(schw. L.)
(schw. L.)
6.. 6., 7. VII. 18
4
To.-Serum
v.L.
v. L.
v. L.
v.L.
v. L.
negativ
To.-Globulin
it
To.-Albumin
5., 6.. 7. VII. 18
ti
ti
It
•t
it
It
5
Ma.-Serum
y.L.
v.L.
v. L.
v. L.
v.L.
negativ
Ma.-Globulin
Ma.-Albumin
6., 6., 7. VIL 18
tt
it
it
it
it
it
6
Va.-8crum
y. L.
v. H.
st. H.
l v.H.
st. H.
positiv
Va.-Globulin
v. H.
v.H.
v. H.
Va.-Albumin
6., 6., 7. VII. 18
It
st. H.
f. v. L.
st. H.
f. v. L.
schwach positiv
7
Br.-Serum
Br.-Globulin
v. L.
f. v. L.
v.L.
v. L.
v.L.
v.L.
negativ
Br.-Albumin
12.,13.,14.VII.18
it
it
M
it
a
a
a
8
La.-Serum
La.-Globulin
v. L.
f.v.L.
v.L.
v. L.
f. v. L.
v. L.
v. L.
negativ
La.-Albumin
a
it
a
it
a
it
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 345
6
Namen
des Serums,
dessen Globulins
und dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle
d.8erums,
dessen
Globulins
u. dessen
Albumins
Wa.R.
mit Antigen No. 1
1
Wa.R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
S5
Komplement
Komplement
Wa.R.
q.
q.+*/,p ;
q 5
Cb + '/jP
9
12.,13.,14.VII.18
Da.-Serum
v.L.
f.v.H.
f.v.L.
v.H.
st. H.
schwach positiv
Da.-Globulin
st. H.
v.L.
v. L.
schwach positiv
Da.-Albumin
17
f. v.L.
17
v. L.
a
(zweifelhaft)
negativ
10
13.,13.,14.VII.18
Li.-Serum
v.L.
st. H.
v. L.
f.v.L.
f.v.L.
schwach positiv
Li.-Globulin
n
v. H.
v.H.
st. H.
11 71
Li.-Albumin
”
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
11
13..13..14.V1I.18
Ko.-Serum
v.L.
v.L.
v. L.
v.L.
v. L.
negativ
Ko.-Globulin
71
»»
71
Ko.-Albumin
»
71
1
„
”
71
12
19.,20.,2l.VII.18
de G.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v.L.
v.L.
negativ
de G.-Globulin
f.v.L.
11
de G.-Albumin
f.v.L.
17
jv.L.)
f. v. L.
»
13
19.,20.,21.VII.18
Mas.-Serum
v. L.
(v.L.)
v. L.
v. L.
(v.L.)
v. L.
v.L.
negativ
Mas.-Globulin
f.v.L.
f.v.L.
f. v.L.
Mas.-Albumin
(v.L.)
v. L.
jv.L.)
1 f. v. L.
(v.L.)
f. v. L.
14
19.,20.,21.VII.18
de R.-Serum
V. L.
(v.L.)
v.H.
v.H.
(v.L.)
v.H.
v.H.
positiv
de R.-Globulin
(schw. L.)
v. H.
(schw. L.)
v.H.
(Sp. L.)
v. H.
(Sp. L.)
v. H.
de R.-Albumin
»
(Sp.L.)
v. H.
(Sp.L.)
v. H.
(Sp.L.)
v. H.
(Sp.L.)
v. H.
15
19.,20.,21.VII.18
v. Zw.-Serum
v. L.
(schw. L.)
v.L.
(schw. L.)
v. L.
(schw. L.)
v. L.
(schw. L.)
v. L.
negativ
v. Zw.-Globlmn
»
17
v. Zw.-Albumin
f. V. L.
77
16
19.,20.,21.VJI.18
v. R.-Serum
v.L.
v. L.
v. L.
(v. L.)
v. L.
v.L.
negativ
v. R.-Globulin
)>
v. R.-Albumin
f.v.L.
f.v. L.
71
17
4., 4., 5. VIII. 18
v. d. Z.-Serum
v.L.
(v.L.)
v. H.
v.H.
(v.L.)
v.H.
v.H.
positiv
v. d. Z.-Globulin
v. d.Z.-Albumin
v.H.
st. H.
v.H.
st. H.
schwach positiv
(schw. L.)!
(f. v. L)
(schw. L.)
(v. L.)
zed by Go. gle
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G. Kapsenberg,
1
c
Namen
des Serums,
dessen Globulins i
Doppelte
Kontrolle
d. Serums,
dessen
Wa.R.
mit Antigen No. 1
Wa.R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
% '
und dessen
Albumins
Globulins
u. dessen
Komplement
i Komplement
Wa.R.
1
Albumins
q.+v f p
q.
q.+‘/,p
18 |
4.. 4., 19. VIII. 18
v.d.Z.-Serum
y. L.
v.H.
v.H.
v.H.
v.H.
positiv
*)
v.d.Z.-Globulin
99
99
>9
99
99
99
v.d.Z.-Albumin
19
4., 5., 19. VIII. 18
H. B.-Serum
y. L.
f.v.L.
v. L.
f. v.L.
v. L.
negativ
H. B.-Globulin
99
99
99
99
99
99
H. B.-Albumin
*
20
3., 5., 19 VIII. 18
Vail.-Serum
v. L.
f. v. H.
st. H.
v.H.
v.H.
positiv
Vall.-Globulin
99
v.H.
f.v.L.
99
f.v.H.
99
ValL-Albumin
•
•
.
21
12., 12., 13. IX. 18
Be.-Serum
v.L.
v.H.
v.H.
v.H.
st. H.
positiv
*)
Be.-Globulin
»•
(st.H.)
(v.L.)
(st. H.)
v.H.
(v.L.)
99
Be.-Albumin
99
.
(st. H.)
f. v. L.
negativ?
22
5., 6., 13. IX. 18
Go.-Serum
v. L.
v. H.
st. H.
v.H.
v.H.
positiv
Go.-Globulin
99
(Sp. L.)
v.H.
(schw. L.)
99
Go.-Albumin
99
v.H.
m
99
23
12., 12., 13. IX. 18
Li.-Serum
v. L.
v.L.
v. L.
(Sp. L.)
v. L.
v.L.
negativ
Li.-Globulin
Li.-Albumin
99
99
•
•
99
99
•
99
99
24
18., 19., 27. IX. 18
| Sm.-Serum
v. L.
f. v. H.
st. H.
V. H.
st. H.
positiv
Sm.-Globulin
99
st.H.
v. L.
f.v.H.
99
„ (schwach)
Sm.-Albumin
99
v. L.
f.v.L. |
v. L.
negativ
25
18.. 19., 27. IX. 18
Br.-Serum
y. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Br.-Globulin
99
99
99
99
99
Br.-Albumin
99
•1
99
99
99
99
1) Bei den Seren ]8—21 wurde das Albumin nicht untersueht.
2) Bei den Seren 21—24 konnte das Globulin und das Albumin zu-
falligen Komplementmangels wegen nur mit einem Antigen (2) und die
Komplementmenge q, untersueht werden.
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
-CHAMPAIGN -
Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 347
o
fc
Namen
des Serums,
dessen Globulins
und dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle
d. Serums,
dessen
Globulins
u. dessen
Albumins
Wa.R.
mit Antigen No. 1
Wa.R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
WaJR.
Komplement
Komplement
q,+v,p
q.
q,+'/,p
Nicht inaktivierte Seren:
26., 28., 28. VI. 18
26
v. Z.-Serum
v. L.
v.L.
v. L.
v.L.
v. L.
negativ
v. Z.-Globulin
n
f.v.L.
a
f.v.L.
91
)}
(v.L.)
(v.L.)
v. Z.-Albumin
t)
f. v. L.
a
f.v.L.
it
11
(v.L.)
(v.L.)
26., 28., 28. VI. 18
27
Zw.-Serum
v. L.
st. H.
v. L.
f. v. H.
st.H.
schwach positiv
Zw.-Globulin
n
f.v.H.
f. v. L.
v.H
st H.
positiv
(Sp. L.)
(schw. L.)
Zw.-Albumin
*»
f. v. L.
v. L.
st. H.
v.L.
negativ
(v.L.)
(f. v.L.)
26., 28., 28. VI. 18
28
Kn.-Serum
v. L.
v. L.
v.L.
y. L.
v. L.
negativ
Kn.-Globulin
t)
it
a
a
a
11
Kn.-Albumin
n
a
a
a
it
11
26,28., 28. VI. 18
!
29
Bu.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v.L.
v.L.
negativ
Ba.-Globulin
yt
f.v. L.
f. v. L.
n
ty
Ba.-Albumin
})
»
a
it
it
11
27., 28., 28. VI. 18
30
v.d.M.-Serum
v.L.
y. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
v.d.M.-Globulin
i*
a
»»
it
it
If
v.d.M.-Albumin
)9
a
it
ii
11
4., 4., 5. VII. 18
31
v.d.Z.-Serum
v. L.
v.H.
v.H.
v.H.
v.H.
positiv
v.d. Z.-Globulin
tt
M
„
•t
11
11
v. d. Z.-Albumin
tt
V. H.
1 st. H.
v.H.
f v L
schwach poeitiv
1 (schw. L.)
1 (v.L.)
(schw. L.)
(v.L.)
1
Kontrollen ohne Fehler.
bulin reagieren, aber der groBere Teil reagiert
schwacher oderselbstnegativ. Die negative Reaktion
erhalt man bei Albuminen von Seris, die selbst eine schwache
Reaktion zeigen.
Wenn man die einzelnen Ergebnisse der Wassermann-
Reaktion aufmerksam durchsieht, bemerkt man, dafi das Al¬
bumin, selbst wenn seine Reaktion als positiv angegeben werden
muB, in den Einzelheiten der Reaktion eine Tendenz zeigt>
schw&chere Resultate zu liefern als das Serum Oder das
Globulin (siehe No. 1, 2, 6, 31).
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348
G. Kapsenberg,
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Tabelle XIV. Zusammenfassung.
Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt.
Positive Seren
(vor der Trennung inaktiviert)
Negative Seren
(vor der Trennung inaktiviert)
6
fc
Wa. R.
Nftmen dem
Serum
Wa. R.
mit
dem
Globu¬
lin
Relat. Gehalt
an Globulin
Wa.R.
mit
dem
Albu¬
min
o
fc
Namen
Wa.R.
mit
dem
Serum
Wa. R.
mit
dem
Globu¬
lin
Relat. Gehalt
an Globulin
Wa. R.
mit
dem
Albu¬
min
i
Do. +
+
3
+
2
En. +
+
2,8
±
3
Ti- |+(±)
+
1,5
+
6
Va. +
+
0,8
±
4
To.
0,5
_
1
5
Ma.
—
0,6
_
7
Br.
—
0,4
—
9
Da. 1 ±
±?
1,6
—
8
La.
- .
_
1
10
Li. | ±
+ (±)
1,2
—
11
Ko.
—
—
1
_
14
de R. 1 4 -
+
1
+
12
de G.
_
0.7
_ '
13
Mas.
—
0,7
_
15
v. Zw.
—
_
l )2
_
10
v. R.
—
—
1
—
17
v.d.Z. +
+
"
+
18
v. d. Z. | +
+
1
19
H. B.
0,8
20
Vail. +
4-
1
*
21
Be. [ +
+
0.9
_ 9
23
Li.
_
1,2
22
Go. +
+
1,8
+
24
Sm. 1 4 -
+ (±)
1,2
25
Br.
—
_
1
—
Positive Seren (aktiv getrennt)
Negative
Seren (aktiv getrei
int)
27
Zw. 1 4-
+
—
26
v.Z.
_
28
Kn.
_
*
29
Ba.
_
_
30
v. d. M.
—
~ 1
—
31
v. d. Z. 1 4 -
+
+ |
1
Die Versuche mit negativen Seris beweisen ohne Zweifel,
. daB ihre Globuline keine Wassermann-Reaktion geben;
‘ dasselbe ist mit ihren Albuminen der Fall.
Obwohl die Zahl der Sera, welche, ohne vorher inaktiviert
gewesen zu sein, ausgefallt wurden, klein ist, scheinen mir doch
die Resultate dieselben, ob man mit Globulinen und Albuminen
aus aktiven oder vor der Fallung inaktivierten Seris arbeitet.
Es wurde unter anderen von Noguchi nachgewiesen,
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 349
daB die Globulinmenge in einem syphilitischen Serum groBer
ist als in einem normalen. Obwohl eine derartige Ver-
mehrung des Globulins auch bei einer Reihe von anderen
Infektionskrankheiten beobachtet werden kann, konnte man
dennoch annehmen, daB der besondere Charakter des Globulins
eines positiven Serums davon abhange, daB sich in diesem
Serum eine grSBere Menge Globulins finde.
Freilich haben die Versuche mit Globulin, daB durch
Dialyse allein gewonnen wurde, schon bewiesen, daB eine
kleine Globulinmenge geniigt, urn eine deutliche Reaktion
hervorzurufen. Urn dennoch dieses Resultat besser zu stiitzen,
stellte ich mit den meisten Globulinen noch eine Esbach-
Probe an nach der beschriebenen Methode. Die Werte, die
sich bei diesen Proben ergaben, stehen in der Tabelle XIV.
Sie lassen deutlich erkennen, daB der Globulingehalt eines
positiven Serums im allgemeinen hbher ist als der eines
negativen Serums, aber daB es dennoch negative Sera gibt,
die eine Menge Globulin haben, die jene der positiven Sera
flbersteigt (de R. und v. Zw., Be. und Li.).
Alle diese Betrachtungen zusaramen erlauben den SchluB,
daB das Globulin eines positiven Serums sicher ganz be¬
sondere Eigentumlichkeiten besitzt.
Die Resultate, die sich bei der Trennung durch die
Methode von Denis-Hammersten ergaben, konnten zu der
SchluBfolgerung AnlaB geben, daB die Albumine, vor allem
die aus Seris mit stark positivem Wassermann, auch zu dieser
Reaktion Veranlassung geben konnten, obwohl die Globuline
der Hauptfaktor der Reaktion waren.
Dennoch erschien mir eine derartige Deutung nicht richtig.
Ungeachtet der Tatsache, daB die Methode von Denis-
Hammersten als vollstandig ausreichend gilt, mit Sicherheit
das ganze Serumglobulin auszufallen, hatte ich Grund, daran
zu zweifeln.
Es kam tatsachlich nicht selten vor, daB das Albumin
nach der Dialyse, um das MgS0 4 zu entfernen, eine kleine
Menge Globulin enthielt, die durch Zentrifugieren entfernt
werden konnte.
Hammersten machte seine Versuche fast ausschlieBlich
mit Rinderserum, und es ist von Interesse, zu konstatieren —
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350
G. Kapsenberg,
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wie er selbst in einer seiner Originalarbeiten bemerkt —
daB die Methode mit diesein Serum nicht i miner so gute
Resultate gibt, und daB das Albumin oft noch eine
Spur Globulin enthalt, die sich vor allem durch
die Dialyse nachweisen laBt. Ebenso fiigt er hinzu,
daB die Methode weniger befriedigend bei Pferdeserum ist.
Warum sollte das nicht auch mit dem Menschenserum
der Fall sein? Es schien mir also notwendig, der Frage
noch weiter nachzugehen, da das Problem des Albumins mir
noch nicht gelbst erschien; es hatte ja tatsachlich sein. konnen,
daB die positive Reaktion von seiten des Albumins nur die
Folge der mehr minder groBen Menge von Globulin sei, die
es noch enthalt
Ich schritt daher zu weiteren Untersuchungen, indem ich
mich der Failungsmethode mit Hilfe von Ammo-
niumsulfat bediente.
c) Trennung durch Ammoniumsulfat.
Zu 1 ccm Serum fiigte ich 1 ccm einer [(NIIJiSOJ-Losung,
die heiB gesattigt und dann in der Kaite auskristallisiert war.
Die trttbe Mischung wird wahrend einer halben Stunde
bei Zimmertemperatur belassen, dann lange Zeit hindurch
zentrifugiert. Das Globulin und das Albumin werden ge-
trennt, dialysiert und auf dieselbe Art behandelt, wie ich es
vorhin bei der Failung mit Hilfe von MgS0 4 beschrieben habe.
Die Resultate der Untersuchungen, fiir welche ausschlieB-
lich inaktivierte Seren benutzt wurden, waren sehr uberein-
stimmend; genau so, wie mit MgSO., zeigten die Produkte
nicht die mindeste antikomplementare Wirkung (s. Tabelle XV
und XVI).
Was die positlven Sera betrifft, so zeigt sich mit
vollstandiger Sicherheit, daB das Globulin die einzige Sub-
stanz ist, die die Wassermannsche Reaktion hervorruft.
Das vollstandig vom Globulin befreite Albumin
reagiert ganz und gar negativ, selbst wenn es
a us Seris stammt, die eine stark positive Re¬
aktion geben.
Deutlich tritt in dieser Versuchsreihe die Ueberlegenheit
der Failung mit Ammoniumsulfat ans Licht. Dieses geht
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Untersuchungen viber die Bedeutung der Globuline ubw. 351
Tabelle XV.
Die Daten der zweiten Kolonne geben jedesmal an: 1. den Tag der
Venenpunktion, 2. den Tag der Inaktivierung, B. den Tag, an dem die
WaR. ausgefiihrt wurde. — Der Ueberaichtlichkeit wegen sind die An-
weisungen zwischen Klammem fortgelassen.
1
6
Namen
des Serums,
dessen Globulins
and dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle
d.Serums,
dessen
Globulins
u. dessen
Albumins
Wa.R.
mit Antigen No. 1
Wa R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
Wa.R.
Kompl
q.
lement
q.+y,p|
Komplement
q, |q.+*/.p
1
19., 19., 20. IX. 18
1 j
Sm.-Serum
v. L.
f. v. H.
st. H.
f. v. H.
st. H.
positiy
Sm.-Globulin
v. H.
y. H.
y. H.
v. H.
Sm.-Albumin
»
v. L. ‘
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
18.,19.,20.IX.18
2
Ko.-Serum
v. L.
y. L.
v. L.
y. L.
v. L.
negativ
Ko.-Globulin
it
Ko.-Albumin
jy
11
91
11
ii
11
19., 19., 20. IX. 18
3
DeN.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
y. L.
v. L.
negativ
DeN.-Globulin
DeN .-Albumin
11
91
11
11
»
»»
I
19., 19., 20. IX. 18
4
v. W.-Serum
y. L.
y. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
v. W.-Globulin
f. y. L.
,,
v. VV.-Albumin
»»
11
ii
y. L.
11
11
18.,19.,27.IX. 18
5
St.-Serum
v. L.
f. v. H.
st. H.
v. H.
st. H.
positiv
8t.-Globulin
y. H.
st. H.
f. v. H.
8t.-Albumin
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
18., 19, 27. IX. 18
6
Br.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
y. L.
v. L.
negativ
Br.-Globulin
11
Br.-Albumin
11
f. v. L.
ii
f. v. L.
91
11
18,19,27. IX. 18
•
V I Hley.-Serum
v. L.
f. y. H.
st. H.
f. y. H.
if. v. H.
positiv
Bley.-Globulin
v. H.
f. y. H.
v. H.
st. H.
1 Bley.-Albumin
y. *L.
v.- L.
v. L.
v. L.
negativ
19,19.. 27. IX. 18
8
Vi.-Serum
v. L.
v. L.
y. L.
f. y. L.
v. L.
negativ
Vi.-Globulin
f. y. H.
st. H.
f. v. H.
st. H.
positiy
Vi.-Albumin
»
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
2, 3, 4. X. 18
*
9
Lou.-Serum
v. L.
f. V. H.
st. H.
f. V. H.
f. y. L.
positiv
Lou.-Globulin
y. H.
v. H.
st. H.
Lou.-Albumin
»
y. L.
v. L.
v. L.
y. L.
negativ
2, 3, 4. X. 18
i
10
Kell.-Serum
v. L.
y. H.
y. H.
y. H.
v. H.
positiv
Kell.-Globulin
1 Kell.-Albumin
11
1 V. L.
v. L.
1 v. JL.
v. L.
negativ
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URBANA-CHAMPAIGN
352
G. Kapsenberg,
Digitized by
6
Namen
dea Serums,
dessen Globulins
und dessen
Albumins
Doppelte
Kontrolle
d.Serums,
dessen
Wa.R.
mit Antigen No. 1
Wa.R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
Wa.R.
55
Globulins
u. dessen
Albumins
Komplement
q. |q.+V,p-
Komplement
q, |q,+'/tP-
11
2. 3., 4. X. 18
Log.-Serum
v. L.
v. H.
V. H.
V. H.
V. H.
positiv
Log.-Globulin
ff
>>
ff
1)
Log.-Albumin
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negati v
12
2., 3., 4. X. 18
Rob.-Serum
v. L.
V. H.
v. H.
V. H.
v. H.
positiv
Rob.-Globulin
ff
»»
ff
ff
Rob.-Albumin
»>
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negati v
13
2., 3., 4. X. 18
Ros.- Serum
v. L.
st. H.
v. L.
f. v. L.
f. V. L.
schwaeh positir
llos.-Globulin
f. V. L.
st. H.
st. H.
ff ff
Ros.-Albumin
it
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negati v
14
2., 3., 4. X. 18
Cr.-Serum
V. L.
f. v. L.
v. L.
f. V. L.
v. L.
negativ
Cr.-Globulin
st. H.
f. v. L.
st. H.
st. H.
schwach positiv
Cr.-Albumin
ff
v. L.
v. L.
y. L.
v. L.
negativ
15
9., 10., 11. X. 18
H.-Serum
v. L.
v. H.
v. H.
V. H.
v. H.
positiv
H,-Globulin
„
v. L.
ff
ff
»
H, -Albumin
„
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
16
9., 10., 11. X. 18
Ste.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v L.
negativ
Ste.-Globulin
f. v. H.
st. H.
v. H.
st. H.
positiv
Ste.-Albumin
yj
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
17
9., 10., 11. X. 18
H.-Serum
v. L.
V. L.
v. L.
f. V. L.
v. L.
negativ
H 2 -Globulin
f. v. L.
ff
ff
ff
H 3 -Albumin
v. L.
1)
v. L.
ff
•J
18
9., 10., 11. X. 18
v. d. W.-Serum
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
V. H.
positiv
v. d. W.-Glob.
ff
„
ff
ff
v. d. W.-Alb.
ff
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
19
9., 10., 11. X. 18
v. d. P.-Ser.
v. L.
v. L.
v. L.
y. L.
v. L.
negativ
v. d. P.-Glob.
st. H.
„
st. H.
f. v. L.
schwach positiv
v. d. P.-Alb.
v. L.
»
v. L.
v. L.
(zwei felhaft)
negativ
20
9., 10., 11. X. 18
Em.-Serum
V. L.
V. H.
v. H.
V. H.
positiv
Em.-Globulin
f. v. L.
Em.-Albumin
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Google
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URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 353
Namen
Doppelte
Kontrolle
Wa.R.
WaJEt.
6
}2;
des Serums,
dessen Globulins
d. Serums,
dessen
mit Antigen No.l
mit Antigen No. 2
Deutung der
Wa.R.
und dessen
Albumins
Globulins
u. dessen
{Complement
Komplement
Albumins
q.
q,+7,p-
q.
q.+7,p-
16., 17., 18. X. 18
21
Kl.-Serum
y. L.
v. H.
v. H.
v. H.
V. H.
positiv
Kl.-GJobulin
if
ft
>»
tt
tt
»
Kl.-Albumin
it
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
A mm. sulf.
(Kl.Alb.Mg.sulf.
14., 16., 18.X. 18
»
st H.
st. H.
y. H.
f. V. H.
positiv)
22
Bi.-Serum
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
f. v. H.
positiv
>•
Bi.-Globulin
f. v. L.
ft
f. v. H.
tt
it
Bi.-Albumin
15., 16., 18.X. 18
v. L.
v. L.
v. L.
v. L
v. L.
negativ
23
Hg-Serum
v. L.
st. H.
f. v. L.
f. V. L.
v. L.
schwach positiv
(zweifeihaft)
st. H.
Hg-Globulin
ff
>1
tt
it
schwach positiv
(zweifeihaft)
H 8 -Albumin
16., 17., 18. X. 18
ff
v. L.
y. L.
v. L.
ff
negativ
24
Hu.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Hu.-Globulin
a
st. H.
f. v. L.
st. H.
f. V. L.
schwach positiv
Hu.-Albumin
15., 16., 18. X. 18
fi
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
25
H,-Serum
v. L.
v. H.
v. H.
v. H.
v. H.
positiv
Hj-Globulin
ff
tt
tt
tt
a
H^Albumin
15., 16., 18. X. 18
ff
v. L.
v. L.
v. L.
V. L.
negativ
26
H.-Serum
v. L.
f. v. H.
f. v. H.
V. H.
f. v. H.
positiv
Hg-Globulin
V
v. H.
11
tt
f»
tt
Hg-Albumin
2., 2., 3. I. 19
ff
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
27
Cr.-Serum
v.L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Cr.-Globulin
ff
tt
tt
tt
tt
ft
Cr.-Albumin
2., 2., 3. L, 19
ff
tt
tt
tt
a
ft
28
v. W.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
v. W.-Globulin
ff
»
tt
tt
a
if
v. W.-Albumin
2.. 2. 3. L 19
ff
u
tt
tt
tt
it
29
O.-Serum
y. L.
v. L.
v. L.
! v. L.
v. L.
negativ
'>
O.-Globulin
2., 2., 3. L 19
ft
tt
tt
tt
a
30
Ms.-Senim
Ms.-Globulin
v. L.
1*
v. L.
••
v. L.
1 v. L.
tt
v. L.
••
negativ
1) Bei den Seren 29 bis einschliefilich 34 wurde nur das Serum und
dessen Globulin gepriift (siehe p. 364).
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364
G. Kapsenberg,
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6
Namen
des Serums,
dessen Globulins
Doppelte
Kontrolle
d.8erums,
dessen
Wa.R.
mit Antigen No. 1
Wa_R.
mit Antigen No. 2
Deutung der
Wa-R,
und dessen
Albumins
Globulins
u. dessen
Albumins
Komp
q.
lement
q.+7,p-
Eomplement
q. |q*+7 t p.
31
2., 2., 3. L 19
Pn.-Serum
y. L.
v. L.
'v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Pn.-Globulin
ff
ff
ff
ft
ft
32
2., 2., 3. L 19
Rh.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Rh.-Globulin
If
f. v. H.
st. H.
st. H.
st. H.
positiv
33
2., 2., 3. I. 19
Gn.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Gn.-Globulin
tf
•f
ff
tf
ft
ft
34
2., 2.. 3. I. 19
Bl.-Serum
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
v. L.
negativ
Bl.-Globulin
tf
ff
ff
ft
tf
ft
Kontrollen
ohne Fehler.
besonders auch hervor aus dem Serum Kl. (21 Tabelle XV
und XVI). Dieses wurde zu gleicherZeit getrennt mit
Magnesium- und mit Ammoniumsulfat. Nur letzteres Salz
erzeugt ein vollst&ndig negatives Albumin.
Man kflnnte einwenden, daB die Spur Albumin, die noch,
nachdem der groBte Teil abgesaugt worden war, im Globulin
zurflckgeblieben ist, einigen Einflufi auf die Wassermann-
sche Reaktion ausiiben konnte.
Der folgende Versuch beweist, daB das nicht der Fall ist.
Protokoll 10.
Die Sera W., d. W. und H., durch Venenpunktion erhalten am
2. IV. 1919 und noch denselben Tag inaktiviert, wurden, jedea in der ab-
gemesseneu Do»is von 1 ccm auf die sehon beschriebene Art bchandelt
mit 1 ccm der gesattigten Ammonsulfatlosung und bis zur vollstiindigen
Sedimentierung des Globulins zentrifugiert. Das Albumin wurde sorg-
faltig abgesaugt und weggetan. Die Zentrifugenrohrchen mit dem Glo-
bulinsediment wurden wieder angefullt mit einer halbgesattigten Ammon-
sulfatlosung und so wie Erythrocyten gewaschen; dies wurde 3fach wieder-
holt. Infolge der langen Dauer der Zentrifugation war ich gezwungen,
das Globulin mit der Losung zusammen wahrend der Nacht im Eisschrank
zu belassen ‘).
1) Es gelang nicht, die Waschfliissigkeit ganz vom suspendierten
Globulin zu befreien: eine leichte Opaleszenz blieb noch zuriick.
Original froth
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Untersuchungen liber die Bedeutung der Globuline ubw. 355
Tabelle XVI. Zusammenfassung.
Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt.
Positive Seren
Negative Seren
6
fc
Namen
Wa.R.
mit
dem
Serum
Wa.R.
mit
dem
Glo¬
bulin
Relat. Gehalt
an Globulin
Wa. R.
mit dem
Albu¬
min
6
Namen
\Va.R.
mit
dem
8erum
Wa.R.
mit
dem
Glo¬
bulin
Relat. Gehalt
an Globulin
Wa. R.
mit dem
Albu¬
min
i
n
■I
m
R
Ko.
_
_
3
DeN.
—
—
—
11
1
K3
v. W.
—
—
•
—
5
St.
+
n
BP
6
Br.
—
1,4
_
7
Ble.
+
H
m
8
Vi.
+
1.2
—
9
Lou.
+
EH
_
14
Cr.
■
±
1,0
_
10
KelL
+
+
1.0
—
11
Log.
+
+
—
HI
12
+
+
—
mm
13
Ros.
±
±
1,5
—
US
15
H,
|T1
_
16
Ste.
—
+
1,0
—
18
v. d. W.
m
—
17
H,
—
—
0,9
—
20
Em.
m
—
19
v. d. P.
—
±?
1.4
—
21
Kl.
+
+
m
24
Hu.
—
db
1,6
—
22
Bi.
+
+
1,2
—
'
23
H,
± (-)
i ( — )
1,0
—
27
Cr.
—
—
1,5
—
25
H,
+
+
1.2
—
28
v. \V.
—
—
1,3
—
26
H
+
+
1,2
—
29
0.
—
—
1,4
oK)
MS.
—
1 ,0
31
Pn.
—
—
1,3
32
Rh.
—
+
1,2
33
Gn.
—
—
1,7?
34
Bl.
—
—
1,3
Am 3. IV. 19 wurde das Globulinsediment in destilliertem Wasser
aufgelost und wahrend 24 Stunden dialysiert. Die Globulinlosungen,
die trfibe gewQrden sind, wurden verdiinnt und isotonisiert, und man
stellte mit ihnen den VVassermann an (zu gleicher Zeit mit anderen Seren),
wie fn den vorhergehenden Versuchen.
Das Resultat war dasselbe, namlich folgendermaBen:
Besultat der Wassermannschen Keaktion:
Namen Wassermann
w / Serum negativ
' \ Globulin „
A w ) Serum positiv
w i Globulin
tt I Serum „
\ Globulin
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URBANA-CHAMPAIGN
356
O. Kapsenberg,
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Wenn man in der Tabelle XV die Einzelheiten der ver-
schiedenen Wassermannreaktionen genauer studiert und unter-
einander vergleicht, kann man ohne Miihe beobachten, daB das
Globulin die Tendenz hat, bisweilen eine Reaktion von groBerer
Intensitat zu geben als das vollst&ndige Serum. (Siehe No. 1,
5, 7, 9, 13, 26.) Man kann dieselbe Tatsache in gewissem
Grade auch bei den Globulinen beobachten, die mit MgSO., aus-
gefallt worden waren.
ZunOchst hielt ich es fflr mOglich, daB das die Folge
dessen sein konnte, daB das isolierte Globulin die Fahigkeit
hatte, starker zu reagieren als das komplette Serum. Es
konnte moglich sein, daB das Globulin seine verstarkte Fahig¬
keit zur Komplementablenkung infolge des Verschwindens
einer antagonistisch wirkenden Substanz erhalten haben kOnnte
(als Folge der Ausfailung und Trennung allein, oder als Folge
der Dialyse). Friedemann 1 ), der das namliche Verhalten
des Globulins beobachtete, ist der Meinung, daB es das Albu¬
min ist das im Serum die Wirkung des Globulins herabsetzt.
Ich fhr meinen Teil bin der Ansicht, daB angenommen fur
einen Augenblick, daB eine antagonistisch wirkende Substanz
tatsachlich die Ursache ist, das Albumin diese Rolle in dem
ProzeB nicht spielt, denn wie sollte es denn moglich sein, daB,
wie die Untersuchungen mit der Fallung mit Hilfe von MgSO*
deutlich gezeigt haben, das Albumin, welches noch eine sehr
kleine Menge Globulin enthait, eine deutlich positive Wasser-
mannreaktion zeigen kann?
Die Frage, inwieweit sich die Wassermannsche Re¬
aktion des Globulins quantitativ zu der des Serums verhait,
die nicht des Interesses entbehrt, regte mich zu weiteren Unter¬
suchungen an. Zu diesem Zwecke verglich ich die durch eine
bestimmte Menge Serum hervorgerufener Wassermannreaktion
und die durch die Globulinmenge, die diese Menge des
Serums enthielt, ausgeloste.
Ich nahm also 2 gleiche Dosen desselben Serums. Die
eine verwandte ich dazu, um eine Verdunnungsreihe mit dem
vollstSndigen Serum darzustellen, die andere, um die Ge-
samtmenge seines Globulins zu erhalten, und sie nach der
1) 1. c. . V
• •»
Original from 5
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URBANA-CHAMPAIGM
Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 357
Dialyse in einer Verdfinnungsreihe, die genau jener des voll-
st&ndigen Serums gleich war, zu priifen.
Um die Vorstellung und das Verstandnis der Technik
dieser Versuche und, der Kurven, die ihre Resultate ent-
halten, zu erleichtern, geniigt es, einen einzigen Versuch als
Beispiel ausfiihrlich wiederzugeben. Dazu wahle ich jenen
Versuch, von dem die Kurven No. 8 und 9 stammen.
Protokoll 11.
Die Sera Zo. und De. durch Venenpunktion den 2. VII. 19 ge-
wonnen, am selben Tag inaktiviert, wurden am 3. VII. mit der gesattigten
Ammonsulfatlosung behandelt. Das Serum Zo., von dem nur eine be-
schrankte Menge zu Gebote stand, wurde (ausnahmsweise) in der Menge
von 0,6 ccm verwendet, in ein Zentrifugenrohrchen gegeben, und 0,6 ccm
des Ammonsulfats hinzugefiigt. Was das Serum Da. betrifit, so wurde, wie
bei den anderen Sera dieser Versuchsreihe, mit der Menge von 1,2 ccm
Serum und 1,2 ccm Ammonsulfatlosung gearbeitet.
(Wenn man etwas grofiere Mengen verwendet, vermindert man natiir-
lich relativ die Substanzverluste, verursacht durch die notwendigen Mani-
pulationen bei diesen Versuchen).
Die Rohrchen wurden wahrend einer halben Stunde bei Zimmer-
temperatur stchen gelassen und dann stark zentrifugiert, wahrend mindestens
einer halben Stunde.
Das Globulin war gegen das Albumin, das vollstandig klar geworden
war, mit einer scharfen Trennungslinie abgesetzt Dieses wurde ganz mit
einer fein ausgezogenen Pasteurpipette abgesaugt. Das Globulin wurde mit
etwas destilliertem Wasser verdiinnt und in den Dialysator gegeben. Die
Zentrifugenrohrchen wurden mit einer kleinen Menge Wassers dreifach
nachgespiilt, und das Spiilwasser gleichfalls in den Dialysator gefullt.
Fiir das Albumin und das Globulin des Serums Zo. wurde ein Dia¬
lysator vom Durchmesser von 2,5 cm verwendet, fiir das Serum De. ein
solcher von 4 cm.
Die Dialyse wurde wahrend 27‘/, Stunden gegen flieflendes Wasser
angestellt. Nach dieser Zeit waren die Globulinlosungen stark triib ge¬
worden und es war ein deutlich erkennbarer flockiger Niederschlag entstandeu.
Das Globulin wurde in kleine, graduierte Mefizylinder gegeben, die
Dialysatoren mit destilliertem Wasser ausgespult und das Spiilwasser hin-
zugefiigt.
Beim Serum Zo. wurde das Volum auf 3 ccm aufgefiillt und beim
Serum De. auf 6 ccm. Dasselbe geschah mit den Albuminen. Darauf
fugte man die notigen Mengen trockenen Kochsalzes hinzu, um zu iso-
tonisieren. Die kompletten Sera wurden auf die gleiche Weise verdiinnt,
aber mit physiologischer Kochsalzlosung. Um die Fehlerquellen moglichst
zu vermindern, wurde Sorge getragen, fiir alle Substanzen die gleichen
Gefafle und Pipetten zu gebrauchen.
ZelUcKr. f. IininamtSuforschung. Ortg. Bd. 31. 24
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358
G. Kapaenberg,
Der Vorverauch ergibt, dafl p kleiner ist ala 0,2, aber grofler al8 0,1,
wahrend q genau = 0,2 ccm iat. Mao nimmt fur p 0,2 ccm, ao dafl
q + ’/* P = 0,3 betragt. In die Rohrchen gibt man 0,5 dea verdiinnten
Antigens (ein alkoholiacher Extrakt dea Pulvera einea Ochaenhcrzens, wie
gewQhnlich hergeatellt, von einer aehr guten VVirkaamkeit), dann absteigende
Mengen der Serum- und Globulinloaung, und gleiche Dosen dea Kom-
plementa, namlich q = 0,2.
Alle Rohrchen wurden auf ein Volum von 2,5 ccm aufgefiillt. Mit
den Albuminen macht man die gewohnliche Waasermann-Reaktion, fiir
dieaen Verauch natiirlich allein mit einem Antigen.
Die Resultate sind in der Tabelle XVII wiedergegeben,
die nur die Serum- und Globulinmengen angibt, um die es
sich handelt.
Tabelle XVII.
Namen
Doppelte
Kontrolle der
Seren und
deren Glo-
buline(lccm)
Mengen dea voll8tandigen Serums, bzw. dea
Globuiina, 1:5 verdiinnt oder entsprechend
verdiinnt.
0.3
O
0,1
0,05
0,025
0.0125
0,006
Zo.-Serum
v. L.
v. H.
V. H.
v.H.
v. H.
f. v. H.
at. H.
at. H.
Zo.-Globulin
»>
yy
yy
yy
»»
at. H.
Hchw. H.
achw. H.
De.-Serum
yy
yy
yy
yy
yy
v. H.
f. v. H.
f. v. H.
De.-Globulin
yy
yy
»
yy
yy
at. H.
schw. H.
Waaaermannsche Reaktion mit den Albuminen
Namen
Doppelte Kon¬
trolle der
Albumine(lccm)
Komplement
0,2 (q)
I 0.3 (q + >/j p)
Zo.
v. L.
v. L.
v. L.
De.
yy
yy
Kontrollen ohne Fehler.
Man erkennt ohne weiteres die fast vollst&ndige Ueber-
einstimmung der Reaktion, hervorgerufen mit dem Serum und
dem Globulin. Dennoch bestelit eine leichte Differenz in der
Intensitat, in dem Sinne, daB das Globulin etwas schwacher
reagiert als das komplette Serum. Ich werde spater auf die
raoglic.he Erklarung dieses Phanomens zuruckkommen.
Diese Versuche wurden mit 12 Seris angestellt. Bei 3 Seris
wurde zugleich geprilft, ob das Albumin vollstandig negativ
reagierte, um zu zeigen, das wirklich alles Globulin nieder-
geschlagen war. Die Endresultate zeigen die Kurven 1 bis 12.
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URBANArCHAMEAlGN. _
Kurve 11. Serum de Vr.
Kurve 12. Serum v. d. M.
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URBANA-CHAMPAI6N
Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 361
Erkl&rung der Kurven 1 bis 12.
Die nicht unterbrochene Linie zeigt die Wassermannsche Reaktion
des vollstiindigen SerumB.
Die unterbrochene Linie zeigt die Wasserman nsche Reaktion des
zugehorigen GlQbuline.
Wenn die Linien einander iiberdecken, ist nur die nicht unterbrochene
Linie angegeben.
No.
Namen
Datum der Venenpunktion,
der lnaktivierung und
der Ausf. der Wa.R.
Wie lange dialysiert
1
v. H.
9., 9., 11. IV. 19
24 Stunden
2
Du.
15., 16., 17. IV. 19
24
3
Mu.
16., 16., 17. IV. 19
24
4
T.-V.
7., 8., 9. IV. 19
24
5
Ko.
28., 28., 30. IV. 19
25„
6
7
8
9
10
11
12
(das Globulin zeigte sich in
Na.
Nie.
26., 26., 27. V.
26., 26., 27. VI.
19
19
24 Stunden
24
(das Serum war in der doppelten Kontrolle etwas selbsthemmend)
Zo.
2., 2., 4. VII. 19
27V, Stunden
(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ)
De. | 2., 2., 4. VII. 19 [ 27)/, Stunden
(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ)
Zw. | 16., 17., 18. VII. 19 25 Stunden
(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ)
de Vr. I 24., 25., 26. VII. 19 26 Stunden
v. d. M. 24., 25., 26. VII. 19 26
Diese sind derart zusarnmengestellt, daC auf der Abszisse die
Serum- oder Globulindosen angegeben sind, immer in ccm der
L6sung 1:5 des Serums bzw. der entsprechenden Globulinlbsung.
Auf der Ordinate sind die Hamolysegrade aufgezeichnet, die
ich stets unmittelbar nach Beendigung der Wassermann-
schen Reaktion feststellte, indem ich die Rohrchen, von denen
das eine die angegebene Serummenge, das andere die ent-
sprechend dosierte Globulinmenge enthielt, genau verglich. Ob-
wohl diese Methode etwas subjektiv ist, so geniigt sie doch
vollst&ndig, da es sich nicht um absolute Werte handelt,
sondern nur urn relative.
Fur die Bezeichnung bediente ich mich (wie uberhaupt fur die in
dieser Arbeit gebrauchten Bezeichnungen) folgenden Schemas:
Vollige Hemmung (v. H.)
Fast vollige Hemmung (f. v. H.): die Blutkorperchensuspension ist
ein wenig transparant geworden, aber kaum erkennbar.
Starke Hemmung (st. H.): das heifit, es gibt eine gut erkennbare
Transparenz, aber noch deutlieh getrubt.
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URBANA-CHAMPAIGN
362
G. Kapsenberg,
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Schwache Hemmung (schw. H.): die Transparenz ist sehr deutlich,
aber dennoch leicht verschleiert.
Fast vollstandige Lbsung (f. v. L.): nur wenn man dieses Rohrchen
mit einem andern vergleicht, in dem die Hamolyse komplett ist, bemerkt
man noch eine leichte Opaleszenz.
Vollstandige Loeung (v. L.).
Es ist selbstverstSndlich, daB diese Kurven keinerlei
mathematischen Wert beanspruchen.
Man kann auf den ersten Blick konstatieren, daB die
durch das Globulin hervorgerufene Reaktion regelm&fiig immer
von einer etwas geringeren Intensit&t ist, als die durch das
vollstandige Serum bewirkte. Es ist nur eine Ausnahme,
namlich in No. 5 der Kurven, wo die Serum- und Globulin-
reaktion vollig parallel gehen. Es ist wahrscheinlich, daB
das rein zufailig ist und durch eine antikomplementare
Wirkung dieses Globulins begunstigt ist, wie dies auch die
doppelte Kontrolle des Globulins zeigte, die nicht genugend
hamolysiert war. Mit der Uebung in diesen Versuchen und
indem ich alle Fehler der Technik, soweit als rabglich aus-
merzte und verringerte, gelang es mir schlieBlich, Resultate
zu erhalten (siehe besonders die Kurve No. 8—12) die be-
weisen, daB das Verhaltnis zwischen der Globulin- und der
vollstandigen Serumreaktion recht enge ist, und ich glaube
aus diesen Versuchen schlieBen zu diirfen, daB das Glo¬
bulin vom Serum getrennt, mit derselben I n -
tensitat reagiert, wie das komplette Serum.
Die leichte Differenz, die trotz des moglichst genauen
Arbeitens nicht vollstandig ausgeschaltet werden konnte, kann
meiner Meinung nach sehr wohl den unvermeidlichen kleinen
Verlusten an Globulin, infolge des Dialyseverfahrens zu-
gerechnet werden. Das Globulin muB ja dreimal in ein
anderes GefaB gegeben werden (ZentrifugierrOhrchen, Dialy-
sator, MeBzylinder).
Dies erscheint mir desto wahrscheinlicher, da es sich
auch in den friiher erwahnten Versuchen mit Magnesium-
sulfat gezeigt hat, daB eine winzige Menge eines positiven
Globulins noch imstande ist, eine deutliche Reaktion hervor-
zurufen und daB infolgedessen auch ein geringfugiger Verlust
an Globulin die Intensitat der Reaktion deutlich beeinflussen
muB.
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-1JRB ANA-CHAMPAIGN
Untereuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 363
Wenn dies so ist, so muB man die Tatsache ins Auge
fassen, daB in den Versuchen, in denen man die Wasser-
mannreaktion mit den Globulindosen in Uebereinstimmung
mit den gebrauchlichen Serummengen anstellt, man oft
beobachten konnte, daB das Globulin etwas starker reagierte.
als das Serum. Wie soli man diesen Widerspruch erklaren?
Wenn man einige Versuchsdetails hervorhebt, scheint
es mir leicht nachzuweisen, daB tatsachlich kein Widerspruch
besteht.
An erster Stelle muB angefiihrt werden, daB die Al-
kaleszenz der Globulinlbsung geringer ist, als die des Serums.
Die Losung ist in der Tat nicht alkalisch. Nun haben die
Versuche von Sachs und Altmann gelehrt, daB Alkali die
Wassermannreaktion schwacht, so daB es nicht verwunder-
lich erscheint, daB die nicht alkalische Globulinlosung in den
gebrauchlichen Mengen etwas starker reagiert, als das
schwach-alkalische Serum. In den Verdflnnungen des
Serums wird das Alkali dermaBen verdflnnt, daB es wohl
keinen EinfluB auf die Intensitat der Reaktion mehr aus-
flben kann.
An zweiter Stelle kann man leicht beobachten, daB fast
jede Globulinlbsung eine antikomplementare Wirkung besitzt,
die in leichtem Grade hoher ist als die des Serums Oder
seines Albumins. Alle die doppelten Kontrollen der Globu¬
line zeigten schon vor dem Ende der Reaktion eine kom-
plette Hamolyse. Dennoch kann man bemerken, daB die Blut-
korperchen im Kontakt mit dem Globulin zuletzt aufgeldst
werden, wall rend diejenigen, die mit dem Albumin zusammen-
gebracht worden waren, zuerst hamolysiert werden und daB
das Serum die Mitte halt. Die leichte antikomplementare
Wirkung wird natiirlich in den hoheren Verdiinnungen vdllig
annulliert.
W r as die negativen Sera betrifft, haben die Ver¬
suche mit einer absoluten Sicherbeit gezeigt, daB ihr Albumin
immer uegativ reagiert.
Ihre Globuline liefern auch eine negative Reaktion, aber,
merkwiirdigerweise, mit Ausnahmen. Es gibt einige unter
ihnen die einen positiven Charakter bei der Wassermann-
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URBANA-CHAMPAIGN
364
G. Kapsenberg,
reaktion zeigen. Allerdings war die Intensit&t einer der-
artigen Reaktion immer geringer als diejenige, die von einem
Globulin eines positiven Serums hervorgerufen werden kann.
Die letztere fiihrt meistens eine vollstandige Koraplement-
ablenkung herbei, was sich bis jetzt nicht bei einem Globulin
aus einem negativen Serum beobachten liefi. Wie soil man
diese Eigentumlichkeit erklaren ?
Meiner Meinung nach kbnnen verschiedene Hypothesen
ins Auge gefaBt werden.
Unter den „positiven“ Globulinen gibt es eines Vi.,
welches aus dem Serum eines Syphilitikers stammt, der mit
Salvarsan behandelt worden war. Nun haben die Unter-
suchungen gelehrt, dafi das Globulin eines positiven Serums
in der tiblichen Dosis kraftiger als das komplette Serum re-
agieren kann. Es ist daher moglich, dafi, obwohl das Serum
nur eine negative Reaktion bewirken kann, das Globulin
noch mit einer geringeren Intensitat positive reagiert.
Allein ich prufte auch eine Reihe von negativen Seren
(Tabelle XV und XVI, die Nummern 27—34), die von
Personen herriihren, bei denen eine syphilitische Infektion
mit groBer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte.
Unter ihnen gab es einen (Rh.) der ein Globulin lieferte,
das leicht, aber deutlich positiv reagierte. Andererseits
priifte ich zweimal an verschiedenen Zeitpunkten das Serum
eines und desselben Individuums (Cr.). Das erste Mai (14)
erwies sich das Globulin leicht positiv, wahrend die Reaktion
bei der zweiten Analyse (27) vollstandig negativ war. Ist
diese verschiedene Reaktion des Globulins ein und derselben
Person, bedingt durch eine Veranderung dieser Substanz,
infolge irgendeines Prozesses, der sich im Organismus
selbst abspielte, Oder ist sie auBerhalb des Organismus zu-
stande gekommen infolge der Einflflsse, darunter auch bak-
terielle, die auf das Globulin, durch und wahrend der Mani-
pulationen, von der Veneupunktion bis zur Ausfuhrung des
Wassermanns, einwirkten? Die erste Annahme erscheint mir
die wahrscheinlichere.
Es ist bemerkenswert, daB die Trennung mit Hilfe von
Magnesiumsulfat kein einziges positives Globulin geliefert
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eatj GOOgle
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^H^I^iAMRAIGhl -
Untereuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 365
hat, das aus einem negativen Serum herriihrte. Man
kdnnte vielleicht daran denken, dad das Ammoniumsulfat
die Ursache der Positivitat ware. Aber warura ist dann die
Mehrzahl der Globuline der negativen Sera nicht durch das-
selbe beeinfluBt?
Ich glaube, dafi der EinfluB des Ammoniumsulfates einzig
und allein in der Tatsache zusammengefafit werden kann,
daB es die Gesamtmenge des Globulins ausfillt und daB
im Hinblick auf jene Eigentiimlichkeit eine leichte Ver-
anderung des Globulins, welche schon im Organismus vor-
handen war, deutlich zutage tritt.
AuBerdem muB man sich immer daran erinneru, daB das
Globulin der negativen Sera auch eine leichte antikomplemen-
tare Wirkung besitzt und daB das mangelnde Alkali vielleicht
ebenfalls daran beteiligt sein kann, z. B. in dem Sinne, daB
dadurch ein „normaler tt Wassermann sich verrat. Das „posi-
tive“ Globulin eines negativen Serums besitzt also nichts
Merkwiirdiges. Aber das Phanomen seines Vorhandenseins ist
anziehend genug, um zu weiteren Experimenten iiber diesen
Gegenstand anzuregen.
Indem ich nun die Resultate meiner in dieser Arbeit
verSffentlichten Versuche zusammenfasse, gelange ich zu fol-
genden Schlufifolgerungen:
1) In einem positiven Serum ist es das Globulin, welches
die positive Wassermannreaktion hervorruft, wahrend das
Albumin ganz negativ reagiert 1 ).
1) In einer neulich in dieser Zeitschrift erschienene Arbeit (Bd. 29,
H. 5) kommen W. Gloor und R. Klinger zu einer anderen SchluS-
folgerung. Nach ilinen reagiert ein luetisches Serum noch positiv, wenn
es seiner Globuline beraubt ist. Dieser Gegensatz ist aber nur scheinbar,
denn beiden beschriebenen Versuchen wurde nicht alles Globulin entfernt.
Aus meinen Versuchen mit MgS0 4 geht deutlich hervor, das auch
die kleine Menge, welche noch im Albumin zuriickbleibt, und also nicht
zu den labilen Globulinen gehort, noch imstande ist, eine deut-
liche Wasser m an n sche Reaktion zu erzeugen. Ich glaube, dafi man mit
der Verteilung der Globulinen nach ihrer Labilitat sehr vorsichtig sein
mufi. Ich habe in meiner Arbeit, wie ich nochmals hervorheben mochte,
in dieser schwierigen Frage keine Partei ergriffen, sondern mich aus
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366
G. Kapsenberg,
2) Wenn man die Intensitat der Wassermannreaktion
vergleicht, die durch das Serum und durch sein isoliertes
Globulin hervorgerufen wird, fiihren die Versuche zu der
Annahme, daB sie die gleichen sind. In den gebrauchlichen
Mengen kann man bemerken, daB das Globulin ofters ein
wenig intensiver reagiert, wahrscheinlich verursacht durch die
beschriebenen Einzelheiten der Versuchstechnik.
3) Das Globulin aus einem negativen Serum reagiert im
allgemeinen negativ. Es kann aber dennoch eine starker Oder
schwacher positive Reaktion liefern. Die Ursache davon ist
noch nicht ganz klar. Aber es ist moglich oder sogar wahr¬
scheinlich, daB das Globulin in diesen Fallen diese Eigentum-
lichkeit bereits im Organismus besaB und daB die gleichen
Einfliisse, welche die positive Reaktion eines Globulins aus
einem positiven Serum verstarken, auch das verschiedene Ver-
halten einiger „negativer u Globuline bewirken.
4) Es gibt auBere Einfliisse, vielleicht von seiten von
Mikroorganismen, die ein kraftig antikomplementares Globulin
schafl'en konnen und die ein „negatives“ Globulin in ein mehr
oder minder „positives“ Globulin umformen konnen.
5) Das Albumin eines negativen Serums reagiert immer
negativ, auch dann, wenn das Globulin durch auBere Einfliisse
etwas positiv geworden ist.
6) Als SchluBfolgerung von einer sekundaren Bedeutung,
aber dennoch nicht ohne Interesse, glaube ich inich berechtigt,
anzugeben, daB die Methode von Denis-Hammersten
nicht die Gesamtglobulinmenge aus dem menschlichen Serum
niederschiagt, wahrend die Methode von (Hofm ei ster-)
Kauder, auch sonst viel einfacher, es vollstandig tut.
SchluBbetrachtung.
Wenn man die erhaltenen Resultate insgesamt betrachtet,
so entstehen naturgemaB die folgenden Fragen:
praktisehen Ueberlegungen fur die Versuche auf den Hammersten-
schen Standpunkt gestellt. Dennoch erscheinen mir die Resultate meiner
Vntersuchungen auf ein einheitli ches Globulin hinzuweisen.
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-i
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^^^^-CHAMPAIGN- -
Untersuchungen liber die fiedeutUDg der Globuline usw. 367
Wodurch wird das eigentQmliche Verhalten eines posi-
tiven Globulins hervorgerufen?
Worin unterscheidet es sich von einem negativen Globulin?
Enthalt das erstere einen Antikorper, ein „Reagin u
gegeniiber dem Antigen und hates diesen adsorbiert, w ah rend
es vom kolloidal gelSsten Zustand in den Zustand der
Ausflockung Gberging, Oder hat es bereits eine derartige Sub-
stanz adsorbiert, bevor es niedergeschlagen wurde? Oder:
hat es selbst infolge der syphilitischen Infektion oder infolge
einer anderen Infektion, die irastande ist, das Serum gegen-
iiber der Wassermannreaktion positiv zu gestalten, eine
chemische, physikalische Oder chemisch-physikalische Aende-
rung erlitten, wodurch es die Eigenschaft erhalt, das Kom-
plement mit Hilfe eines geeigneten Antigens abzulenken?
Es sind da sehr interessante Probleme noch zu losen.
Meiner Meinung nach ist es das Wahrscheinlichste, daB,
angenommen das Globulin hat tatsachlich eine hypothetische
Substanz adsorbiert, dieser ProzeB bereits im Organismus
stattgefunden hat.
Wenn man annimmt, daB die Adsorption erst eintritt
in dem Moment, wo das Globulin sich niederschlagt, muB
man weiter annehmen, daB die hypothetische Substanz vorher
frei im Serum vorhanden war und sich leicht an einen Korper
adsorbiert, der eine groBe Oberflache darbietet.
Freilich muB man zunachst anfuhren, daB die Versuche
mit Magnesiumsulfat es anders gelehrt haben. Obwohl die
Methode von Denis-Hammersten nicht gauz genugt, um
die Gesamtmenge des Globulins vom Serum zu trennen derart,
daB das Albumin negativ wird, darf nicht auBer acht gelassen
werden, daB es sich um ganz geringe Mengen handelt, die
von der oben erwahnten Methode im Albumin zurtickgelassen
werden. Die groBe Globulinmenge, die tatsachlich nieder-
geschlageu wird, konnte in ausreichendem MaBe imstande
sein, die freie, hypothetische Substanz vollstandig zu ad-
sorbieren. Freilich ist das nicht der Fall. Das Albumin reagiert
noch positiv, dank der geringen Menge Globulin, die es
enthait.
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Ebenso ist es ferner bemerkenswert, daB diejenigen Sub¬
stanzen, die eine groBe Adsorptiobsfahigkeit besitzen, nicht
imstande sind, ein Serum, das positiv reagiert, negativ zu ge-
stalten. Ich berufe mich auf die Versuche Wechselmanns 1 ),
der sich einer Suspension von Bariumsulfat bediente, urn ein
Serum eines supponierten Komplementoids zu berauben. Diese
Substanz vermindert ja, unter den gewohnlichen VerhSltnissen,
nicht die Intensitat der Reaktion, sondern gestaltet sie im
Gegenteil noch deutlicher.
Ich fur meinen Teil arbeitete mit Kaolin und Kohle, von
einer groBen Adsorptionsfahigkeit (im Handel bekannt unter
dem Namen „Norit“). Ich machte mehrere Experimente der-
art, daB ich zu gleicher Zeit den Wassermann mit einem
positiven Serum und mit demselben Serum ausfiihrte, welches
mit einer groBen Menge Kaolin oder Kohle behandelt worden
war, und es gelang mir nicht, das Serum negativ zu machen.
Die Kontrollen mit negativen Sera bewiesen, daB diese
Substanzen an sich in einem Serum keinen positiven Wasser¬
mann erzeugen.
Es erscheint mir iiberfliissig, alle diese Versuchsprotokolle -
zu veroffentlichen. Es sei mir erlaubt, nur einen Versuch
anzufiihren, in dem ich nachforschte, ob diese Adsorbentien
vielleicht eine Verminderung der Intensitat der Reaktion,
welche in einer Verdiinnungsreihe nachweisbar ware, zu liefern
imstande w&ren.
Protokoll No. 12.
Das Serum S., 30, 31. VIII. 19 wurde jedesmal in der Dosis von
2 ccm mit einer groBen Menge Kaolin bzw. Kohle gemischt. Das Volum
dieser Substanzen wurde derart ausgewiihlt, daB es die durch das Zentri-
fugieren erhaltenen Niederschliige der Globulin menge, die mit Hilfe von
MgSO t oder (NH 1 ) / SO i niedergeschlagen worden wiire, iiberstieg. Man
laflt die Mischung w ah rend einer Stunde bei Zimmertemperatur steheu
und zentrifugiert bis zur vollstiindigen Klarheit des dariiber stehenden
Serums.
Das Scrum wird abgesaugt und vergleichende Wasserraanuproben
angestellt, wie es bereits fur das Serum und Globulin beschrieben wurde.
1) Vgl. auch Wolf, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 11, p. 154.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 369
Tabelle XVIII.
Namen
Doppelfe
Kon trolle
d. Serums
(1 ccm)
Mengen des SerumB 1:5 verdiinnt
0,3
0,2
0,1
0,05
0,025
0,0125
0,006
8. Kohle
v. L.
v. H.
v.H.
v.H.
st. H.
v. L.
v. L.
v.L.
8. Kaolin
11
H
11
11
i ii
ii
11
8. nicht be-
handelt
«?
11
11
11
11
ii
i ,i
11
Kontrollen ohne Fehler.
Man sieht daraus, daB keine Differenzen aufgetreten sind.
Diese Experimente sprechen, obwohl sie keinen absoluten
Beweis bilden, da man ja anfflhren konnte, daB das Ad-
sorptionsvermSgen des Globulins, verglichen mit den anderen
Adsorbentien verschieden sein kann, dennoch nicht zugunsten
der Annahme einer frei im Serum gelosten Substanz.
Aus alien diesen Betrachtungen geht mit Wahrscheinlich-
keit hervor, daB das positive Globulin, angenommen, daB
es irgendeine Substanz adsorbiert hat, dies vor der Trennung
vom Serum getan hat.
Dann muB die Frage ins Auge gefaBt werden, ob diese
hypothetische Substanz ein Antikorper gegeniiber dem Antigen
ist. Meine Untersuchungen sind nicht imstande, darauf eine
entscheidende Antwort zu geben, aber es muB bemerkt werden,
daB sie eher fiir das Gegenteil sprechen.
Im wesentlichen hat die Wassermannsche Reaktion
nichts an sich, das mit Sicherheit, sogar nicht mit einiger
Wahrscheinlichkeit, auf die Wirkung eines Antikorpers deutet.
Die Versuche, mittels der Injektion der bei der Wassermann-
reaktion gebrauchten Antigene, bei Versuchstieren ein Serum
zu erhalten, das einem syphilitischen gleichkommt, sind fehl-
geschlagen und auch die Mannigfaltigkeit der Antigene spricht
nicht fiir die Annahme eines Antikbrpers.
Im Gegenteil: es spricht vielmehr dafiir, daB die Wasser¬
mannsche Reaktion auf einem rein physikalischen Oder
chemisch-physikalischen ProzeB beruht, und da die beschrie-
benen Versuche dargetan haben, daB das Globulin der Trtlger
der Reaktion ist, so liegt die Annahme auf der Hand, daB dieses
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370
G. Kapsenberg,
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sein eigentumliches Verhalten (wiederum: angenommen,
daB eine Substanz tatsachlich adsorbiert ist) der Adsorption
einer chemisch, physikalisch oder chemisch-physikalisch wohl-
determinierten Substanz verdankt.
Das Globulin, welches eine derartige Substanz, mbglicher-
weise ein Produkt des EiweiBabbaues, oder einen lipoid-
artigen K6rper, adsorbiert hat, muB andere Reaktionen zei-
tigen als ein „normales u Globulin.
Es wird aber sehr schwierig sein, das Globulin, welches
eine derartige Substanz energisch adsorbiert hat, von einem
solchen zu unterscheiden, das eine Aenderung in seiner
eigenen molekularen Zusammensetzung erfahren hat, die,
ohne der Interferenz einer adsorbierten Substanz, dem
Globulin, jene Eigentiimlichkeiten verleiht, welche seine Posi-
tivit&t bedingen. Die Entscheidung zwischen diesen beiden
Auffassungen hat aber vorlaufig nur sekund&ren Wert. In
der Tat weisen beide auf ein, unter EinfluB einer Infektion,
meistens der Syphilis, auf eine bestimmte Art und Weise, im
gewissen Sinne spezifisch, verSndertes Globulin hin.
Uin diese Voraussetzungen noch zu stiitzen, mbchte ich
folgendes anfiihren:
1) Die Feststellung, daB das Globulin (und nicht das
Albumin) unter auBeren Einfliissen, wahrscheinlich, wenigstens
zum Teil, bakterieller Art, eine positive Wassermannreaktion
hervorrufen kann 1 ).
2) Die Reaktionen, bei welchen in positiven Seren Nieder-
schlage erzeugt werden, deuten auch auf ein veriindertes
Globulin, das entweder selber niederschlagt, oder die Sedi-
mentierung einer anderen Substanz veranlaBt.
1) Craig u. a. haben schon nachgewiesen, daB bakterielle Einwirkungen
das kompiette Serum positiv machen konnen
Obwohl von versehiedenen Seiten angegeben ist, daB derartig positiv
gemachte Seren bei erneuerter Inaktivierung wiederum negativ werden
kbnnen, so erecheint mir die SchluBfolgerung, daB die Aenderungen,
welche die „kiinstliche“ Wassermannreaktion verursachen, von der.en,
welche die ,,echte‘“ Witsserraannreaktion hervorrufen, w ese n s verschieden
sind, nicht gerechtfertigt. Ueber das Verhalten des positiv gemachten
Globulins stehen mir zurzeit noch keine Versuchsergebnisse zur Ver-
fugung.
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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 371
3) Der Befund von Sachs und Altmann, auf welchen
schon friiher hingewiesen wurde, konnte auch fiir die Rolle,
welche das (verfinderte) Globulin spielt, angefiihrt werden,
denn das Alkali, welches die Intensitfit der Wassermann-
schen Reaktion verringert, vermindert auch die Tendenz des
Globulins zum Aggregieren, wfihrend die Saure, welche die
Wassermannsche Reaktion verstfirkt, die Aggregation des
Globulins begfinstigt.
Die an die Resultate meiner Versuche geknfipften Hypo-
thesen fiihren notwendigerweise zu weiteren Untersuchungen,
welche nur den Zweck haben sollen, zu studieren, welcher
Unterschied zwischen einem Globulin, das positiv und einem
das negativ reagiert, besteht.
Ich hoffe, daB die von mir beschriebene Technik der
Dialyse dabei gute Dienste leisten wird, und ich glaube, daB
derartige Versuche am meisten Erfolg versprechen, wenn sie
mit der Arbeitshypothese als Grundlage angefangen werden,
daB die positiven Seren ihr positives Verhalten
nur ihrem Globulin verdanken, das eine be-
stimmte Aenderung erfahren hat, entweder durch
die Adsorption einer wohldeterminierten Sub-
stanz, oder durch eine Abanderung in seiner
eigenen molekulfiren Zusammensetzung.
Zusammenfassung.
Die Arbeit besteht aus 3 Teilen:
Iin 1. Teil wird eine spezielle Technik der Dialyse be-
schrieben.
Der 2. Teil handelt fiber eine einfache, aber zuverlfissige
Ausffihrung der Wassermannschen Reaktion.
Im 3. Teil werden die Resultate angegeben, welche mit
den im 1. und 2. Teil beschriebenen Methoden erhalten worden
sind, bezfiglich der Frage, inwieweit das Globulin oder das
Albumin an dem Auftreten der Wassermannschen Reaktion
beteiligt sind.
Die wichtigsten SchluBfolgerungen befinden sich auf p. 365
und p. 366 und in der SchluBbetrachtung.
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372 Werner Rosenthal, Phagocytose durch Endothelzellen.
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Nachdruck verboten.
Phagozytose durch Endothelzellen.
Von Werner Bosenthal (Gottingen).
(Mitteilung mit Demonstration vor der Freien Vereinigung fur Mikrobiologie,
Jena, 10. September 1920.)
(Eingegangen bei der Redaktion am 14. Oktober 1920.)
Die Versuche, iiber die ich hier berichte, wurden 1913
bis 1914 angestellt; der Krieg hat die geplante Fortsetzung
unterbrochen, so daB nicht einmal das ganze im Sommer 1914
gewonnene Material verarbeitet ist. Eine kurze Mitteilung
mit Demonstration ist Pfingsten 1914 der Deutschen Patho-
logischen Gesellschaft gemacht worden (1). Die dort schon
gezogenen Schlflsse sind inzwischen bestStigt worden und die
geplanten, aber bisher unterbliebenen weiteren Versuche sind
zum Teil erg&nzt worden durch einige w&hrend und nach dem
Kriege erschienene und auch ein paar schon 1914 veroffent-
lichte Arbeiten, die mir aber erst viel spater bekannt wurden,
aus deutschen und amerikanischen Instituten. Sie kommen
meist auf ganz anderem Wege, zum kleineren Teil mit Shn-
licher Versuchsanordnung zu Schlussen, die die Ergebnisse
meiner Versuche best&tigen oder, was mehr bedeutet, erganzen
und zu verallgemeinern gestatten (11 — 16).
Phagozytose durch Endothelzellen haben alle erfahreneren
Bakteriologen und pathologischen Anatomen schon haufig ge-
sehen. Wenn kleinere Versuchstiere fOr Demonstrationszwecke
in Kurseu durch Septik&mie getotet werden (insbesondere bei
Milzbrandtieren und bei Mausen, die mit Mauseseptik&mie-
oder Schweinerotlaufbacillen infiziert waren), findet man oft
die Kapillaren und kleinen GefaBe in der Leber, zuweilen
aber auch in anderen Organen, gewissermaBen austapeziert
mit den betreffenden Erregern, und an vielen Schnitten kann
man nicht zweifeln, daB diese innerhalb des Endothelbelages
liegen. Man wird aber vergeblich nach einer Wilrdigung oder
auch nur einer krilischen Bewertung solcher Befunde in der
frOheren ImmunitStslehre suchen (vgl. dazu 2, 3). Augen-
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Phagozytose durch Endothelzellen.
373
scheinlich, weil es sich hier um Tiere handelt, die der In-
fektion erlegen sind, bei denen also ein wesentlicher Schutz
nicht vorlag, ist dieser histologisch oft sehr auffallende Befund
so wenig beachtet worden. Es liegt ja auch die Verniutung
nahe, dad es sich in solchen Fallen um eine agonale oder gar
postmortale Erscheinung handle, vielleicht um eine Ver-
mehrung der Bakterien auf und in den Endothelzellen, die
ihnen ein besonders guter Nahrboden seien, nicht um eine
ausgedehnte Phagozytose durch die Endothelien. Beobach-
tungen aus friilieren Infektionsstadien sind dagegen fast un-
bekannt; eine Untersuchung von Wyssokowitsch, die 1886
in unserem Gbttinger Institut durchgeftihrt wurde (4), ist der
jiingeren Forschergeneration fremd — auch ich wurde erst
mit ihr bekannt, als ich meine Versuche schon begonnen hatte.
DaB Befunde von einzelnen Bakterien und Kokken in Endo¬
thelzellen sich nicht aufdr&ngen, auch wenn ihre Aufnahme
nichts Seltenes ist, wie ich beweisen zu konnen hoffe, darf
uns nicht wundernehmen; wissen wir doch, wie schwierig es
ist, einzelne Tuberkelbacillen im Gewebe aufzufinden, obgleich
wir doch fur diese geradezu ideale elektive Farbemethoden
besitzen, die uns fiir andere Bakterien, auch fiir die gram-
positiven, in solcher Reinheit fehlen.
Durch Metschnikoff wurden die Untersuchungen fiber
die Phagozyten ausschlieBlich auf die Wanderzellen hingelenkt.
Die Kritiker seiner Anschauungen und Versuche, wie sie ja
insbesondere in Deutschland unter Fiihrung von Hans
Buchner, Rich. Pfeiffer und Baumgarten zahlreich
auftraten, richteten ihrerseits ihre Aufmerksamkeit fast aus¬
schlieBlich auf die humoralen AbwehrkrSfte, und so blieben
die Beobachtungen von Wyssokowitsch und vereinzelte
fihnliche unbeachtet. Als die Arbeiten von A. E. Wright
und Neufeld 1903 die Phagozytose erneut in den Vorder-
grund der Forschung riickten, bedingten doch gerade die
Untersuchungsmethoden beider Forscher, daB in dieser Hin-
sicht neue Tatsachen nicht bekannt wurden. Damals machten
zwar zwei englische Forscher ( 5 , 6) Mitteilungen auf der eng-
lischen Aerzteversammlung iiber „Gewebsphagozyten“ des
Inhalts, daB diese von ahnlicher Bedeutung wie die Wander¬
zellen und ihre Tatigkeit ebenso durch Opsonine bedingt sei,
Ztitschr. f. ImmanjtXUforachuQf. Orig. Bd. 81. 25
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374
Werner Rosenthal,
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aber eine ausfiihrliche Veroffentlichung der Untersuchungen,
die diese Schliisse begrOndeten, scbeint nicht erfolgt zu sein.
Ich suchte daher nach einer VersuchsanordnuDg, bei der
Pbagozytose durch Endothelien in ausgedehntem MaBe und
leicht feststellbar eintreten sollte, und fand sie in einer Ueber-
schwemmung der Blutbahn mit mbglichst wenig virulenten
Bakterien. Aus leicht verstandlichen Griinden wahlte ich ein
mOglichst kleines Versuchstier, die Maus, und kleine gram-
positive Luftkokken zu den ersten Versuchsreihen. Die In-
jektion der dichten Kokkenaufschwemraung geschah in die
Schwanzvenen; ich w&hlte solche Kokkenstamme, die sich
gleichm&Big, einzeln und in kleinsten Gruppen in 0,85-proz.
Kochsalzldsung aufschwemmen und durch charakteristische
Firbung und Form der Agarkulturen wiedererkennen lieBen.
Ich benfltzte zu den meisten Versuchen einen Stamm von
so geringer Virulenz, daB auch nach intravenoser Injektion
von 7* 24-stttndiger Agarkultur einzelne Tiere bis zum 4. Tage
ohne Krankheitszeichen iiberlebten und bei der dann erfolgten
Tdtung ihr Blut und ihre Organe sich vSllig steril erwiesen.
Andererseits gingen einige der so behandelten Tiere zwischen
12 und 40 Stunden nach der Injektion ein; aber auch bei
diesen wuchsen aus Herzblut-, Leber- und Milzausstrichen am
2. Tage meist nur Kolonien in m&Biger Zahl, einmal iiberhaupt
keine, so daB sie nicht einer Septikamie, sondern vermutlich
einer Vergiftung durch das BakterieneiweiB erlegen sind. Die
meisten Tiere wurden, ohne daB sie Krankheitszeichen zeigten,
am 1. oder 2. Tage getbtet. Die Kulturen aus ihrera Herz¬
blut und Organen ergaben in der ersten Stunde zahlreiche,
sp&ter rasch und zuletzt langsamer an Zahl abnehmeude Ko¬
lonien der eingespritzten Kokken.
Von alien, getbteten und eingegangenen, Tieren wurden
auch Ausstriche vom Herzblut und von verschiedenen Or¬
ganen gefertigt und mit verschiedenen Farbungsmethoden
untersucht. In der ersten Stunde zeigten sie noch zahlreiche
freie Kokken, spater waren Kokken nur sehr selten und dann
meist innerhalb Makrophagen zu finden. Kokkenbeladene
Leukozyten linden sich nur in der ersten Stunde nach der In¬
jektion und auch dann in geringer Zahl in den Blut- und
Organausstrichen.
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Phagozytose durch Endothelzellen.
375
Das Hauptuntersuchungsmaterial waren fast alle Organe
der MSuse, die sofort nach der Tfitung in der Regel in 10-proz.
erwfirmter Formalinlosung in sehr kleinen Stflckchen fixiert,
dann durch Azeton, Chloroform (oder Xylol) in Paraffin fiber-
ffihrt und in diinne Schnitte von etwa 3 p. Dicke zerlegt
wurden 1 ). Sie wurden nach mannigfaltigen Verfahren ge-
farbt, fiber die spfiter des genaueren berichtet werden soli.
Die besten Erfolge hatte Gramfarbung in verschiedenen Ab-
finderungen, der Kernfarbung mit Karmalaun oder Hamalaun
vorausgeschickt und eine Protoplasma- und Bindegewebs-
farbung mit Pikrinsfiure und sauren Farbstoffen angeffigt
wurde; ahnlich gute Mehrfachffirbungen lieBen sich auch nach
Boses Vorgang durch Safraninffirbung der grampositiven
Kokken mit nachfolgender Pikrinsaurebehandlung vor der
Differenzierung erzielen.
Bei der Musterung der innerhalb der ersten 24 Stunden
getfiteten oder eingegangenen Tiere drfingte sich nun zunfichst
die hervorragende Rolle auf, die die Leber bei der Reinigung
des Blutes von den fremden Mikroorganismen spielt. Schon
in der ersten Stunde nach der Injektion findet man diese in
Menge in den Leberkapillaren, und zwar fast ausschlieBlich
innerhalb von Zellen; aber in dieser ersten Periode findet
man sie auBerdem auch noch frei zwischen den Blutkorperchen
in grfiBeren GefaBen und in so ziemlich alien Organen, wenn
auch in verschiedener Zahl und bemerkenswerter Lagerung,
verteilt. Je mehr Stunden aber seit der Injektion verstrichen
sind, desto mehr scheinen sie sich in den Leberkapillaren an-
zusammeln, wfihrend sie in anderen Organen so spfirlich werden,
daB nur vereinzelte Kokken mit Mfihe noch gefunden werden
kQnnen — mit Ausnahme jener seltenen Ffille in meinen Ver-
suchsreihen, in denen es zu einer Septikamie kam. Aber
1) Bei den spiiteren Versuchsreihen wurden die Organe auBerdem in
Zenkerscher oder Herman nscher Losung (mit Formolzusatz) fixiert;
da aber klare und zuverlaasige Bakterienfarbungen an diesem Material
schwer zu erzielen sind, ist es erst zu kieinem Teil verarbeitet. AllerdunnBte
Schnitte sind erforderlich, einmal weil sonst scharf differenzierte Bakterien¬
farbungen nicht zuverlassig gelingen, auBerdem weil an dickeren Schnitten
die Entscheidung, ob die Kokken innerhalb des Endothels oder nur auf
diesem liegen, meist nicht zu treffen ware.
25*
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376
Werner Rosenthal,
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auch in diesen ist die Masse der Kokken in den Leber-
kapillaren weitaus die grbBte.
Innerhalb der Leberkapillaren liegen die Kokken, oft in
H&ufchen vereint, innerhalb von unzweifelhaften Sternzellen
und von anderen, ihnen sehr ahnelnden Zellen, die teils fast frei
im Kapillarlumen liegen, teils als echte Endothelien ihre Wand
darstellen. Nach der Leber trifft man die stSrkste Kokken-
ansammlung in den Blutlakunen der Milz, und zwar liegen
die Kokken meist in den Retikulumzellen. Nur in der ersten
Stunde nach der Injektion trifft man in den Leberkapillaren
und hSufiger in den Milzsinus auch polymorphkernige, mit
Kokken vollgefressene Leukozyten; sp&ter verschwinden diese
so gut wie vollstandig gegeniiber den Makrophagen. Vergleicht
man das nur herdweise Auftreten der Makrophagen in der
Milz mit der gleichm&Bigen Phagozytose in der Leber und
bedenkt man die GrfjBe beider Organe, so ergibt sich die Be-
rechtigung der Behauptung, daB bei der Maus unter den an-
gegebenen Bedingungeu die Leber das Organ ist, in dem sich
die Reinigung des Blutes von den fremden Mikroorganismen
hauptstlchlich vollzieht.
Diese von mir in der Mitteilung 1914 betonte Meinung
stimmt gut iiberein mit der insbesondere von Aschoff und
seinen Schiilern sclion vorber entwickelteu Anschauung von
der Ausbreitung und Funktion des besonderen „retikulo-
endothelialen u Gewebssystems, das in Milz, Leber und Knochen-
mark ') seinen Sitz habe und dessen auffallendste Vertreter die
Kuptferschen Sternzellen sind (7,8,9). Aus verschiedenen
Beobachtungen, insbesondere auch denen Goldmanns (10),
ist bekannt, daB die Sternzellen und die ihnen verwandten
Zellformen fremilartige, in kolloidaler Verteilung dem Blute
zugemischte Stoffe speichern, wie nach Injektion kolloidalen
Silbers odor „vitaler u Farbstoffe verscbiedener Art und sehr
verschiedenen Dispersionsgrades leicht zu beobachten ist. Die-
selben Zellen fressen auch rote und weiBe Blutkorperchen,
insbesondere wenn sie durch Farbstoffinjektionen „gereizt“
1) Ueber das Vcrhalten des Knochcnmarkcs bei meiner Versuchs-
anordnung kann ich aus teehnischeu Griinden noch keine bestimmten An-
gabcn machen.
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Phagozytoee durch Endothelzellen.
377
sind, ohue daB sich erkennen lieBe, ob es sich dabei um ge-
schadigte, abzubauende Oder um noch funktionsfahige Korper-
zellen handelt. Und daB sie auch Bakterien zu fressen ver-
m5gen, war im Laufe dieser Untersuchungen gelegentlich be-
obachtet worden (vgl. 3 und 8).
Heute mbchte ich nun betonen und an der Hand vou
PrSparaten und nach diesen gefertigten Zeichnungen beweisen.
daB die Befahigung zur Bakterienphagozytose keine Eigen-
tiimlichkeit dieses retikulo-endothelialen Zellapparates, son-
dern eine allgemeine Eigenschaft aller Endothelzellen
ist. Und zweitens, daB diese Phagozytose durch Endothelien
unter den von mir gewahlten Bedingungen — nicht pathogene
Bakterien — sofort nach der Einfiihrung dieser in die Blut-
bahn einsetzt. Das lehren Organschnitte aus einer Maus, die
sofort am Schlusse der intravenOsen Injektion, vermutlich an
einer Luft- oder anderen Embolie, einging und sogleich seziert
wurde.
In einer Herzvene sehen wir ein Blutkoagulum, in welchem
einzelne, Doppelkokken und Haufchen bis zu 5 Kokken frei
zwischen den Blutkorperchen liegen — ein Zustand, den wir
unmittelbar nach der Injektion erwarten diirfen; aber in der
Wand dieser Vene sehen wir eine quergeschnittene Endothel-
zelle, die sich in den wenigen Minuten von der Injektion bis
zutn Stillstand der Zirkulatiou schon einen Haufen (16 ini ge-
schnittenen Zellteil) Kokken einverleibt hat, die zwischen Kern
und GefaBlumen, aber ganz uuzweifelhaft innerhalb der Zelle
liegen.
In den Lungenkapillaren dieses Tieres (deni ersten Ka-
pillarsystem, das die Kokken passieren inuBten) linden wir sie
in maBiger Zahl — teils frei, teils innerhalb vou polymorph-
kernigen Leukozyten, teils auch in Haufen vereinigt, die an-
scheinend Endothelzellen entsprechen; aber gerade hier in der
MSuselunge laBt sich das, der Kleinheit und Enge aller Ver-
haltnisse wegen, meist nicht sicher entscheiden. Desto deut-
licher sind die Bilder in der Niere; bei sorgfaltiger Durch-
musterung (mit Immersion und beweglichem Objekttisch) findet
man kleine Kokkengrtippchen und einzelne Kokken zwischen
den Harnkanalchen; bei genauerem Zusehen erkennt man meist,
daB es sich um Tangential- oder Schiefschnitte durch die Ka-
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pillaren handelt und diese Kokken innerhalb von Endothel-
zellen, n&her oder ferner vora Kapillarlumen liegen. Inner¬
halb desselben findet man sie kaum, ofters in den Glomerulus-
schlingen; dort finden sie sich sowohl in steckengebliebenen
polymorphkernigen Leukozyten, wie vermutlicli in Endothelien,
die aber ebenso schwer abzugrenzen sind, wie in den Lungen-
kapillaren.
Auch im Fettgewebe der Nierenkapsel finden sich Kokken
und Kokkenh&ufchen und auch hier lSBt sich bei genauer
Untersuchung feststellen, daB sie in der Endothelwandung der
sehr feinen, meist keine Blutkbrperchen enthaltenden Kapillaren
liegen.
Die Befunde in Leber und Milz bieten in diesem Falle
nichts Besonderes gegeniiber dem oben schon Gesagten: In
der Milz sind die Kokken kaum h&ufiger als in der Niere,
und zwar sowohl freiliegende wie in Leukozyten und in Stroma-
zellen eingeschlossene l ). In der Leber sind auch hier schon
verhaltnismfiBig die meisten Kokken abgesiebt und dabei sind
nur die wenigsten noch frei — ein Teil liegt in Leukozyten,
die meisten in Endothelien bzw. Sternzellen; bemerkenswert
ist, daB sich im Blutinhalt der Lebervenen fast keine Kokken
finden.
Das weitere Beweismaterial, das ich hier vorfiihre, sind
Praparate von einer Maus, die 25 Minuten nach der Injektion
rait einer Aufschwemmung desselben Kokkenstammes getbtet
ist. Diese Maus war mit Pyrrholblauinjektionen nach den
Angaben von Goldmann (10) vorbehandelt. Der Zweck war,
die Sternzellen der Leber, die dieses speichern, damit zu
kennzeichnen und ihre Rolle an der Kokkenphagozytose sicher-
zustellen.
Hier, 25 Minuten nach der Injektion, sind freie Kokken
fast ganz verschwunden. Mikrophagen (polymorphkernige
Leukozyten mit Kokken) finden sich etwa in gleicher Zahl
wie bei der vorigen Maus; in ihrer Mehrzahl scheinen sie in
den Kapillaren von Lunge und Leber, in den Sinus von Milz
und Lymphknoten, endlich in den Glomerulusschlingen ab-
1) Die Riesenzellen der MauBemilz enthielten in alien meinen Ver-
anchen niemals Kokken.
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Phagozytose durch Endothelzelien.
379
gefangen zu sein. Deutlich ist schon die Anreicherung der
Kokken in den Retikulumzellen der Milz und insbesondere in
den Endothelien der Leber. In der Niere sind sie kaum
h&ufiger als bei der vorigen Maus, doch liegen sie in den be-
treffenden Endotkelzellen offers schon in groBeren HBufchen;
in einer mit roten Blutkbrperchen gefiillten Vene (oder Vas
efferens) zwischen den HarnkanMchen haben wir ein Bild, das
jenem der Herzvene im ersten Falle entspricht: aber hier
finden wir keine freien Kokken mehr zwischen den roten Blut-
kbrperchen, und die von der Endothelzelle aufgenommenen
Kokken liegen nicht mehr dem Gef&Blumen zugewendet, son-
dern durch den Zellkern von diesem geschieden. Vereinzelte
Kokken innerhalb von Endothelien wurden (bei sorgfSltigster
systematischer Musterung der Schnitte) bei dieser Maus noch
in folgenden Organen gefunden: im Fettgewebe an Niere,
Herz, HalsdrQsen und dem retroperitonealen, in den Kapillaren
des Herzmuskels, des Hirns (besonders der Pia), des Pankreas
und der Speicheldriisen und in Retikulumzellen verschiedener
Lymphknoten.
Einen besonderen bemerkenswerten Befund boten die
Kapillaren der Bauchmuskeln: hier ist das Endothel zum Teil
in einem Zustand der Hypertrophie und Quellnng, der auf
die Pyrrholblaubehandlung zurflckzufiihren ist, da diese Zellen
teils groBere Farbstoffkornchen enthalten, sonst aber zart
diffus blau gef£rbt sind. W&hrend manche Kapillaren von
einer ganz zarten, eben erkennbaren Membran, dem Schnitt
durch das normale Endothel, gegen die Muskelfasern ab-
gegrenzt erscheinen, sind andere nur auf einer Seite, andere
allseitig von diesen, beinahe einem kubischen Driisenepithel
khnelnden Zellen begrenzt, die an Stelle jener tapetenartigen
Endothelzellen liegen. Manche dieser, dem Kapillarlumen un-
mittelbar anliegenden Zellen sind nun erfullt von einer grofien
Zahl, mit Safranin leuchtend rot gefarbter Kokken. Daneben
aber findet man, zuweilen unmittelbar angrenzend, ahnliche
Zellen, die in fast noch grbBerer Zahl, aber nur ganz zart
und wie verschwommen mit Safranin blaBrot geffirbte, etwas
kleinere Kornchen enthalten, zwischen denen noch einzelne,
etwas krflftiger gefarbte und groBer erscheinende liegen. Und
wShrend jene mit gut gef&rbten Kokken erfiillte Zellen dem
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380
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Lumen unmittelbar angrenzen, liegen diese Zellen hinterjenen
in zweiter Reihe.
Es ist miBlich, einem vereinzelten Befund eine weit-
gehende Deutung zu geben, aber in Berucksichtigung der
nachher noch anzufiihrenden Griinde, die ftir die Vernichtung
der Kokken innerhalb der Endothelien sprechen, dr&ngt sich
die Vorstellung auf, daB hier die (durch Pyrrholblau gereizten)
Endothelzellen die Kokken nicht nur in groBer Zahl gefressen,
sondern auch schon „angedaut“ und zugleich sich durch anio-
boide Beweglichkeit von ihrer Lage am GefaBlumen (die doch
Bedingung fiir die Aufnahme der im Blute kreisenden Kokken
war) zuruckgezogen haben.
In der Leber dieser Maus finden sich zahlreiche, durch
Pyrrholblaukornchen gekennzeichnete Sternzellen, die teils
als solche auch sonst erkennbar waren, teils deutlich in das
Kapillarlumen vorragen, teils ganz flach, wie gewohnlicbe
Endothelzellen die Kapillarwand auskleiden. Einige von diesen
Pyrrholblauzellen haben auch Kokken in groBerer oder ge-
ringerer Zahl gefressen.
Einmal enth< eine solche deutlich verzweigte Zelle dicht
‘ nebeneinander Pyrrholblaukornchen, Kokken und ein rotes
Blutkorperchen. Aber weit zahlreicher sind Zellen, die mit
Kokken in grOBerer oder geringerer Zahl beladen ebenfalls
alle UebergSnge von flach anliegenden Endothelien zu ver-
zweigteu Zellen und zu Gebilden, die das Kapillarlumen aus-
fftllen und nur mit einem Fortsatz noch mit dessen VVandung
zusaramenhangen, darstellen, aber kein Pyrrholblau enthalten.
Die scheinbare GrOBe der in diesen Zellen enthaltenen Kokken
wechselt auch im gleichen Gesichtsfeld in auffallender Weise
— in jeder einzelnen Zelle ist es gleichmaBiger. Vielleicht
ist auch dies als beginnende intrazellul&re Verdauung aufzu-
fassen.
Die Verteilung der Kokken in der Lunge dieser Maus ist
ilhnlich und ebenso schwer zu deuten, wie bei der vor-
besprochenen. Aber daneben bieten die Lungenschnitte noch
einen bemerkenswerten Befund. Wie schon bekannt war, ent-
halt die Lunge keinerlei Pyrrholblauzellen, und auch keine
Art der weiBen Blutkorperchen speichert vitale Farbstoffe in
groBerer Zahl. So sind die Lungenschnitte ganz frei von
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Phagozytose durch Endothelzcllen.
381
Pyrrholblau — nur 2 mit blauen FarbstoffkSrnchen fiberladcne
Zellen fallen in den Schnitten uni so niehr schon bei schwaeher
VergroBerung auf. Es handelt sich urn groBe, augenscheinlich
embolisch verschleppte Zellen — wahrscheinlich um Stern -
zellen aus der Leber; und eine von diesen hat auch Kokken
in grdBerer Zahl gefressen. Ein Beweis also, daB es bei der
„Reizung“ dieser Zellen sowohl durch den Farbstoff wie durch
die Kokken im Blut, nicht nur zum Anschwellen derselben
und teilweisen, sondern auch zur volligen Ablosung von der
Wand und Verschleppung im Kreislauf kommt 1 ).
Was bedeuten nun diese Befunde? Als neu mdchte ich
betonen die Schnelligkeit, mit der die Phagozytose durch die
Endothelzellen einsetzt, und den hohen Grad, den sie schon
im Zeitraum weniger Minuten erreicht. Die allgemeine Be-
teiligung aller GefaBendothelien ist im wesentlichen eine Be-
statigung jener halbvergessenen Befunde von Wyssoko-
witsch; die Rolle, die die Leber und die Milz und ihre
Endothelien bei der Absiebung fremder Teilchen aus dem
Kreislauf spielen, ist in den letzten Jahren vor dem Kriege
auch von anderen Autoren, so besonders auch von Gold-
mann, von Aschoff und seinen Schiilern, von Jos. Koch
(7—10) bemerkt, aber meines Erachtens doch nicht in alien
Konsequenzen gewiirdigt worden.
Insbesondere Goldmann und Aschoff sehen die „reti-
kulo-endothelialen Zellen tt von Leber und Milz als ein be-
sonderes, vom iibrigen GefaBendothel zu unterscheidendes Ge¬
nre be an; nach meinen Befunden mochte ich rnich dagegen
der Meinung V. Schillings (11, 12) anschlieBen, der in den
Sternzellen der Leber und den ihnen ahnlichen Zellen des
Milzretikulums und anderer Organe nur funktionale Zustande
der GefaBendothelien sieht, die auf physiologische Oder patho-
logische Reize hin, der Phagozytose kleinster (mikroskopischer
Oder ultramikroskopischer) Teilchen besonders obliegen und
eine rasche Umwandlung gewohnlicher Endothelien in freie
Makrophagen, die Monozyten (groBen Mononuklearen) des
1) Die Zeitumstande verbieten die Wiedergabe der in Jena demon-
Btrierten Zeichnungen. Es sei auf die (nach anderen Zeichnungen an-
gefertigte) mehrfarbige Tafel verwiesen, die in den Verhandlungen der
Deutschen Pathologischen Gesellschaft 1914 veroffentlicht ist.
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382
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kreisenden Blutes annimmt. Zu der gleichen Anschauung ge-
langen auch drei Amerikaner, Evans, Bowman und
Winternitz, die 1914 mit einer der meinen £uBerst Shn-
lichen Versuchsanordnung die Entstehung der Lebertuberkel
untersuchten, und deren Arbeit mir eben jetzt erst bekannt
wurde (13). Sie injizierten ziemlich dichte gleichmSBige Auf-
schweinmungen von Rindertuberkelbacillen in die Mesenterial-
vene einer Diinndarmscblinge bei Kaninchen, die sie nach
Vi Stunde bis 11 Tage spSter tbteten. Einen grofien Teil
ihrer Versuchstiere behandelten sie vorher oder gleichzeitig
mit intravendsen Injektionen von Trypanblau, urn die Stern-
zellen durch VitalfSrbung zu kennzeichnen. Ihre Befunde in
den ersten Stunden nach der Injektion decken sich in jeder
Weise mit meinen oben geschilderten in der mit Kokken iiber-
schwemmten Mauseleber.
Die wichtigste Frage ist wohl die nach dem weiteren
Schicksal der gefressenen Bakterien und der FreBzellen. Meine
Versuche, von denen hier uur zwei Beispiele herausgegriffen
sind, waren gerade auch darauf gerichtet, aber die technischen
•Schwierigkeiten einer sicheren F&rbung und Wiedererkennung
veranderter Kokken und Zellen sind so groB, daB diese histo-
logischen Untersuchungen nocli nicht abgeschlossen sind. Aus
den eingangs berichteten Kulturversuchen an den getfiteten
Versuchstiereu geht aber hervor, daB die eingefiihrten Kokken
meist im Laufe des 2. und 3. Tages vbllig zugrunde gingen,
so daB auch die Leber, in der sie hauptsachlich gespeichert
werden, keine oder nur spSrliche lebensfahige Keime mehr
enthielt. Da sie nun schon in der ersten halben Stunde fast
vollzahlig, in der Mehrzahl schon nach wenigen Minuten, in
die Endothelien eingeschlossen sind und bisher keinerlei Be¬
funde darauf hindeuten, daB sie etwa in lebensfahigem Zu-
stande oder kenntlicher Form wieder aus diesen Zellen frei
werden, so muB man wohl annehmen, daB sie durch und inner-
halb dieser Zellen getotet und zerstort werden.
Diese Beobachtung bezieht sich zunkchst freilich nur auf
die Maus und avirulente Kokken; aber schon die eben an-
gefiihrte Arbeit von Evans, Bowman und Winternitz
zeigt Aehuliches bei anderem Versuchstier und Mikroorganis-
men, wenn auch das spatere Schicksal der virulenten TuberkeL
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Phagozytose durch Endothelzellen.
383
bacillen freilich ein anderes ist. Der Plan meiner Versuche
war, nach Ausarbeitung der Methode sie in jeder Weise zu
variieren, sowohl bezfiglich der Versuchstiere als der Bakterien:
verschiedene Arten und insbesondere auch Stfimme verschie-
dener Virulenz zu benOtzen, und zu untersuchen, ob und unter
welchen Bedingungen auch diese der Phagozytose durch Endo-
thelien unterliegen.
Die Vermutung spricht dafiir, daB fflr die Endothel-
phagozytose ahnliche Gesetze gelten, wie fQr die durch Wright
und Neufeld aufgeklarte Phagozytose durch die polymorph-
kernigen Leukozyten: daB vollig avirulente Bakterien auch
ohne jede Serumwirkung gefressen werden, daB aber Normal-
serum (Opsonin Wrights) die Phagozytose steigert und seine
Einwirkung bei der Mehrzahl aller parasitischen Keime Vor-
bedingung ist, daB hochvirulente Bakterien nur nach Ein¬
wirkung von Immunserum (Bakteriotropiu Neufelds) ge¬
fressen werden und endlich Schleimkapseln die Phagozytose
flberhaupt hemmen. In den hier vorgefuhrten Versuchen ist
eine Einwirkung des Normalserums vorhanden, die aber in
dem geschilderten Falle doch nur sehr kurz, kaum eine Minute
gedauert haben kann, bis schon kraftige Phagozytose durch
die Endothelien einsetzt. *
Inzwischen haben nun Amerikaner auch mit Pneumo-
kokken Versuche angestellt, iiber die mir nur kurze Auszflge
vorliegen. Berry und Melick (14) injizierten Tauben in die
Leibeshohle Pneumokokken, die im Laufe von 2 Stuuden in
Leber und Milz fiberfiihrt und dort „innerhalb fester Gewebs-
phagozyten lokalisiert“ wurden, ebenso wie nach Einfiihrung
in die Blutbahn. In diesen Organen wurden sie dann inner-
halb 24 Stunden zerstfirt. Manwaring und Coe (15)
machten Versuche an kiinstlich durchstrSmten Lebern mit
Pneumokokken und fanden, daB Antipneumokokkenserum noch
in mehrhundertfachen Verdiinnungen deutlich die Phagozytose
durch die Leberendothelien befSrderte, wdhrend an Kapillaren
anderer Organe keine Wirkung merklich gewesen sein soil.
Jones und Rous (16) endlich experimentierten in vitro mit
nach Car re 11s Methode kiinstlich gezuchteten embryonalen
und jugendlichen Bindegewebszellen von Hflhnern und Ratten.
Sie fanden, daB nur ein Teil der gezflchteten Zellen sich als
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Werner Rouenthal
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Phagozyten bet&tigt, nicht die echten Fibroblasten, und nehmen
nach ihrem Aussehen an, daB diese Phagozyten vom Endothel
stammen. Diese Zellen nahmen Karmin und Staphylokokken
auf — letztere aber nur bei Zusatz von Serum, also bei Op-
soninwirkung; wurden ihnen andere, virulente Kokken dar-
geboten, dann trat Phagozytose nur ein, wenn Iinmunserum
aus der gleicheu Tierart der Probe zugesetzt war, also nach
Bakteriotropinwirkung.
Diese fremden und meine eigenen Beobachtungen scheinen
mir zu beweisen, daB die Phagozytose durch Endothelzellen
eine allgemeine Erscheinuug ist und daB sie an Umfang und
Bedeutung die bisher fast ausschlieBlich gewiirdigte Phago¬
zytose durch Wanderzellen weit iibertrifft; und weiterhin, daB
sie keine nebensachliche Begleiterscheinung in dem Kampf
zwischen Metazoon und Infektionserregern ist, sondern daB
durch sie groBe Mengen von Mikroorganismen vernichtet werden
kbnnen; damit soil die ebenso wesentliche Bedeutung der
humoralen Antikorper, die je nach dem Einzelfall mehr als
vorbereitende Mitwirkung oder als konkurrierende gleich-
zeitige Wirkung in Erscheinung tritt, in keiner Weise be-
stritten werden.
Zusammenfassung.
Die phagozytare BetStigung von Endothelzellen ist zwar
lange bekannt, aber bisher wenig beachtet gewesen.
Zwecks ihrer Untersuchung wurden Miiusen avirulente
Kokken in groBer Menge intravends eingespritzt. Es ergab
sich, daB die GefaBendothelien aller Organe solche Kokken
aufnehmen und vernichten kSnnen. Am tatigsten in dieser
Beziehung erscheinen die Endothelzellen der Leberkapillaren;
die Kupfferschen Sternzellen sind vermutlich dazu be-
sonders geeignete Zust&nde der letzteren.
Diese Phagozytose setzt sofort nach dem Eintritt in die
Blutbahn ein; bei avirulenten Kokken ist zur Abtotung in
den Endothelien Uingere Einwirkung von Serum nicht n5tig.
An der Hand freinder Untersuchungen wird die all-
gemeinere Geltung dieser Erfahrungen erortert.
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Phagozvtose durch Endothelzellen.
385
Literatur.
1) W. Rosenthal, Verhandlungen der Deutschen Pathologischen Ge-
sellschaft, 17. Tagung. Jena, G. Fischer, 1914, p. 286—289, mit Tafel.
2) — Tierische Immunitat. Braunschweig, Friedr. Vieweg & Sohn, 1914,
p. 174-175.
3) Jos. Koch, Berl. klin. Wochenschr., 1914, p.289.
4) Wyssokowitsch, Zeitschr. f. Hyg., Bd. I, 1886.
5) J. C. Briscoe, Vortr. Brit. Med. Ass. Exeter, 1907, Sect, of Pathology,
Bericht in Bfit. Med. Journ., 1907, Vol. II, p. 1423—24, und in
Weichardts Jahresber. iiber Immunitatsf., 1907, Bd. Ill, p. 96.
6) B. H. Buxton, Vortr. ebendort, Bericht ebendort p.1421—22, und
ebenda p. 98.
7) Landan und Me Nee, Zieglers Beitr. z. path. Anat., Bd. 58, 1914,
p. 667—692, insbe 80 ndcre p. 688—692.
8) Kusama, Zieglers Beitr. z. path. Anat, Bd. 55, 1913, p.459—544.
9) Aschoff und Kijono, Fol. haematol., Vol. 15, Heft3, 1913, p.383.
10) Edwin E. Goldmann, Bruns Beitr. z. klin. Chir., Bd. 64, p. 192
bis 265.
11) V. Schilling. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 88, 1919, p. 377—397; hier
auch fruhere Literatur.
12) — Diskussion in der Berliner Medizinischen Gesellschaft, 23. Juli 1919,
Bericht in Berl. klin. Woehens<hr., 1919, p. 1074—75.
13) H. M. Evans, Fr. B. Bowman and M. C. Winternitz, Journ.
of Exper. Medic., Vol. 19, p. 283—302, und Stud, from the Rockefeller
Inst. Repr., Vol. 21, 1915, p. 35-52.
14) F. Berry and C. O. Melick, Journ. of Immunity, Vol. 1, 1916,
p. 119—124; ref. in Centralbl. f. Biochcmie, Bd. 21, p.476.
15) W. H. Man waring and H. C. Coe, Journ. of Immunity, Vol. 1,
1916, p.404—408; ref. in Centralbl. f. Biochemie, Bd. 21, p.475.
16) F. 8. Jones and Peyton Rous, Journ. of exper. Med., Vol. 25,
1917, p. 189—193, und Stud, from the Rockefeller Inst. Repr., Vol. 26,
p. 97-101.
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386
E. Friedberger und Paul SchrSder,
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Nachdruck verboten.
[Aufl dem Hygiene-Institut und der Psychiatrischen Klinik der
Universitftt Greifswald.]
Gehlrnverandemiigeii helm Meerschwelnchen nach Infek-
tion mit dem Bacillus Weil-Fcllx (B. t) plii exanthcniatici)').
Von Prof. Dr. E. Friedberger und Prof. Dr. Paul Schroder.
Mit 3 Tafeln.
(Eingegangen bei der Redaktion am 15. Oktober 1920.)
I.
Von E. Friedberger.
Man stand zu Anfang des Weltkrieges so sehr im Bann
der von Nicolle kurz zuvor begrundeten, besonders von
daRocba-Liraa propagierten Anschauungen, daB das Fleck-
fieber dnrch ein filtrierbares Virus flbertragen wtirde, das
in der Laus einen Entwicklungsgang durchmacht, daB nur Be-
funde und Mitteilungen in dieser Richtung, und zwar beinahe
von alien Autoren ausnahmslos anerkannt wurden. So ge-
wannen die dahin gehenden Angaben von Rocha-Lima 2 ),
T6pfer 8 ), Kuczinski 4 ), Jungmann 5 ) u. a. weitgehende
Beachtung, obwohl das Beweismaterial, wie Friedberger 6 )
frfiher an anderer Stelle zuerst gezeigt hat, durchaus unzu-
l&nglich und anfechtbar ist.
1) Ergebnisse, vorgetragen im Greifswalder Med. Verein, SitzuDg vom
8 . XI. 1919, Deutsche med. Wochenschr., 1920, p. 143; Tagung der Freien
Vereinigung fiir Mikrobiologie in Jena, 10. September 1920.
2) Rocha-Lima, Med. Klinik, 1917, No. 43; Munch, med. VVochen-
schrift, 1918, No. 52; Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg., 1918 u. 1919.
3) Topfer und Schiifller, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1157.
T5pfer, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1151; ebenda, 1916, p. 1383;
Berl. klin. Wochenschr., 1916, p. 324.
4) Kuczinski, Centralbl. f. allg. Path., Bd. 29,1918, No. 10; ebenda,
Bd. 30, 1919, No. 2; Kuczinski und Jaff6 , ebenda, Bd. 30.
5) Jungmann und Kuczinski, Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 85,
H. 3 u. 4.
6 ) Berl. klin. Wochenschr., 1916; Deutsche med. Wochenschr., 1917.
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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw. 387
Der Wucht der Tatsachen hat man sich freilich auch be-
zfiglich der Reaktion von Weil-Felix nicht verschlieBen
kOnnen. Aber so gut wie alle Autoren, einmal in der eben
erw&hnten Richtung befangen, haben sie sich doch entschieden
dagegen gestr&ubt, dieser Reaktion irgendeine fitiologische
Bedeutung fiber ihren diagnostischen Wert zuzusprechen.
Wenn man spfiter einmal, in gewissem zeitlichen Abstand,
die Geschichte der Fleckfieberforschung rfickschauend be-
trachten wird, dann mag es einen eigenen Reiz gewfihren, zu
beobachten, wie fast allgemein um vorgefaBter MeinuDgen
willen die natfirlichste und einfachste Erklfirung der Weil-
Felixschen Reaktion mit den gewundensten Erklfirungsver-
suchen zurfickgewiesen worden ist.
Ein ErlaB des Kgl. preuBischen Ministeriums des Innern
vom 14. Februar 1917 dekretierte apodiktisch, „daB der Pro-
teusbacillus nicht der Erreger des Fleckfiebers ist tt .
„Eine rein epezifische Reaktion im atiologischen Sinne, wie die
Widalsche Probe bei Typhus und Cholera, kann die Weil-Felixsche
Reaktion schon deshalb nicht sein, weil X 19 ebensowenig wie einer der
anderen Keime als Erreger des Fleckfiebers in Frage kommt“,
sagt Dietrich 1 ),' und fihnlich Starkenstein 2 ):
„Dafi eine derart epezifische Reaktion wie die Weil-Felixsche den
Gedanken an eine Beziehung des proteusartigen Bacillus zum Krankheits-
erreger nahelegte, erscheint begreiflich. Andererseits aber stehen solchen
Vermutungen die unumstofilichen Beweise entgegen, dafi eine Infektion
von Mensch zu Mcnsch beim Fleckfiebcr ausgeschlossen und nur durch
die Laus als Zwischentrager erfolgen kann, was eben die Annahme einea
Generationswechsels des Erregers in der Laus notwendig macht.“
Fur Kolle und SchloBberger 3 )
„ist es so gut wie sicher, dafi dieser Bacillus nicht der Erreger des
Fleckfiebers ist“.
Nicht anders lauteten die Urteile von Otto, Gotschlich
und vielen anderen. Wie aber war die klare Tatsache der
regelmaBigen starken Agglutination des Fleckfieberserums zu
erklfireu? Zunfichst dachte man, das ist ja das Naheliegendste,
an Mischinfektion.
„8ein anscheinend haufiges Vorkommen im Urin von Fleckfieber-
kranken lafit sich vielleicht als Folge einer Mischinfektion erkliiren. Die
1) Dietrich, Deutsche med. Wochcnschr., 1916, No. 51, p. 1570.
2) Starkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 5.
3) Kolle und SchloBberger, Med. Klinik, 1917, No. 10, p. 263.
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388
E. Friedberger und Paul Schroder,
im Darm der meisten Menschen vorkommenden Proto usarten dringen
vielleicht bei den meisten P'leckfieberkranken von diesem Organ aus in den
Korper ein“ (Kolle und SchloBbcrger).
DaB der Bacillus, wenn auch nicht gerade hSufig. aus dem
Korper des Kranken geziichtet wurde [Weil und Felix 1 ),
Dienes 2 ) und andere], war ein Argument dafiir. Aber das,
was man bei Fleckfieberkranken hier und da im Darm fand,
war Proteus vulgaris, was aber bei Fleckfieberkranken im Blut
vorkam, die typischen X-Stamme.
Man war dann schon zur Hilfshypothese einer Umzuch-
tung des Proteus vulgaris im Korper gezwungen. Schon fruher
habe ich 3 ) darauf hingewiesen, daB es dann auch nicht zu ver-
stehen sei,
„weshalb gerade immer ein ganz bestiramter, wohlcharakterisierter,
saprophytischer Proteusbacillus vom Darm aus gerade nur bei Fleckficber
und nicht bei den zahlreichen Darminfektionen (Typhus, Ruhr, Cholera),
bei denen ja die Weil-Felixsche Reaktion negativ ist, ins Blut gelangt
und so intensiv Antikorper erzeugt.“
Der Proteus, der die Darm wand passieren und dann vom
Blut aus die Weil-Felixsche Iteaktion erzeugen soli, die
spezifische Reaktion ausschlicBlich fur die X-Stamine, fehlt
aber bei diesen Krankheiten anscheinend ganz, denn hier ist
ja die Weil-Felixsche Reaktion negativ.
Die Heranziehung der Verhaltnisse bei der Schweinepest
ist, wie ich gleichfalls schon an anderer Stelle gezeigt habe,
nicht statthaft.
Die ErklBrung der Weil-Felixschen Reaktion als Folge
einer Mischinfektion befriedigte also nicht.
Ihre Deutung als Paragglutination [Dietrich 4 ),
Otto 5 ), S t a r k e n s t e i n 6 ), 0 e 11 i n g e r 7 ) u. a.] ist gleichfalls
1) Weil und Felix, Wiener klin. Woehcnschr., 1916. No. 2.
2) Dienes, Feldiirztl. Beil, der k. u. k. Armee 14. Mai 1916, No. 11,
p. 6; Deutsche med Wochenschr., 1919, No. 1.
3) Friedberger, Deutsche mcd. Wochenschr., 1917, p.1316/17.
4) Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1570.
5) Otto, Deutsche med. Wochenschr., 1915. p. 1325 u. 1357; Med.
Klinik, 1916, No. 44; Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 7, p. 173.
Otto und Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1917, p. 477. Otto,
Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 30.
6 ) Starkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 5; Med.
Klinik, 1917, No. 29.
7) Oettinger, Centralbl. f. Bakt, Orig., Bd. 80, H. 6, p. 304.
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JRBANA-CHAMPAKjN -
Gehirnveranderungen beim MeerschweiDchen usw.
389
zurflckzuweisen. Die Konstanz der Agglutinationsfahigkeit der
Weilschen Bacillen, die Tatsache, daB es sich bei X 19 um
einen am 4. Krankheitstag aus dem KSrper gezflchteten Keim
handelt, die Tatsache, daB selbst beim Rflckgang der Aggluti¬
nation Zuchtung auf geeignetere Nahrboden die AgglutinabilitSt
wiederherstellt (Schiff), spricht nicht fur diese Theorie.
DaB andere, aus dem Stuhl von Fleckfieberkranken ge-
ziichtete Bakterienarten nicht auch durch Fleckfieberserum
agglutiniert werden, wie es doch bei der Paragglutination der
Fall sein miiBte, habe ich (a. a. 0.) zuerst allgemein gezeigt
und andere haben es noch speziell ftir die Proteusst&mme be-
st&tigt. Ebensowenig gelingt es durch kfinstliche Zuchtung
anderer Proteusstamme in Fleckfieberblut diese agglutinabel
zu machen [Braun 1 ) und Salomon 2 ), Salus 3 ), Jurgens,
Oettinger]. Demgegenuber konnen die Versuche von Papa¬
in ark u 4 ) keine Beweiskraft beanspruchen. SchlieBlich zeigen
die Bindungsversuche von Friedberger die Haltlosigkeit
der Paragglutinationshypothese. Auch ist endlich iiberhaupt
durch neuere Untersuchungen die ganze Tatsache der Par-
agglutination in Zweifel gezogen.
Die Behauptung einer besonderen polyaggluti-
natorischen Qualitat des Fleckfieberserums (Welt-
mann, Krone und andere) hat sich nicht bestatigt. Die
diesbezuglichen ungenauen Angaben Da Rocha-Limas 6 )
haben durch Weil 6 ) die gebiihrende Zurflckweisung erfahren,
der nachweist, daB Rocha-Lima „die Materie mangelhaft
beherrscht a und ihm „Verwechslungen und Ungenauigkeiten 11
in vielfacher Richtung vorwirft.
Auch ein besonders physikalisches, chemisches
Verhalten des Fleckfieberblutes [Weltmann 7 ).
1) Braun, Berl. klin. Wochenschr., 1918, No. 2; Deutsche med.
Wochenschr., 1918, No. 3; Centralbl. f. Bakt., Abt. 1,1918, H. 1/2; ebenda,
Abt. I, 1918, H. 3/4; Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 18.
2) Braun und Salomon, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No.3,
p. 59; Braun und Schaeffer, Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 18.
3) Salus, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Bd. 80, 1917, p. 196.
4) Papamarku, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 87, 1918, p. 468.
5) Da Rocha-Lima, Ergebnisse von Lubarsch-Ostertag, 19. Jahrg.,
1919, Abt. I, p. 159—304.
6 ) Weil, Deutsche med. Wochenschr., 1920, p. 343.
7) Weltmann, Wien. kl. Wchschr., 1916, No. 19; ebenda, 1917, No. 13.
Zeltichr. f. ImmunlUUfonchuiif. On*. Bd. 31. 26
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390
E. Friedberger und Paul Schroder,
Elias 1 ), Mautner*), Epstein*)], wie es in der Welt-
man nschen Trflbnngsreaktion in Erscheinnng tritt, kann nicht
die Ursache der Weil-Fel ixschen Reaktion sein, denn sie
geht nicht mit dieser parallel und auBerdem ist ja die Aggluti¬
nation nicht die einzige Erscheinungsform der Weil-Felix-
schen Reaktion.
Dietrich, sowie Steiner hatten allerdings scheinbar
(z. B. mit der Komplementablenkungsreaktion) negative Resul-
tate, und Dietrich hat auch daraus geschlossen, dad die
Fleckfieberagglutination nach Weil-Felix von den „rein
spezifischen Reaktionen im Stiologischen Sinne“ verschieden sei.
Durch Kolle und SchloBberger*), Sachs und SchloB¬
berger 5 ), Reichenstein 6 ), Friedberger 7 ), Wagner 8 )
und andere ist die Unrichtigkeit der Befunde von Dietrich
und Steiner 9 ) dargetan, und auch Papamarku 10 ) hat spSter
in seinen Arbeiten aus dem Laboratorium von Otto sich der An-
sicht der eben erwahnten Autoren angeschlossen. Bakterizide
AntikOrper sind im Meerschweinchenversuch gleichfalls von
Kolle und SchloBberger, Friedberger nachgewiesen,
von letzterem auch PrtLzipitine.
In der unbegreiflichen, hie und da vielleicht durch die vor-
gefaBte Meinung uber die Aetiologie des Fleckfiebers bedingten
Scheu, die Weil-Felixsche Reaktion anf einfache und natOr-
liche Weise zu deuten, hat man noch gekiinsteltere ErklSrungs-
mbglichkeiten herangezogen. Kolle und SchloBberger
diskutieren die Moglichkeit, daB die Agglutination ein Analogon
heterogenetischer AntikOrper ist. Sie meinen, daB
1) Elias, Wiener klin. Wochensehr., 1918, No. 11.
2) Mautner, Wiener med. Wochensehr., 1918, No. 9.
3) Epstein, Wiener med. Wochensehr., 1918, No. 36; Epstein und
Morawetz, Wiener klin. Wochensehr., 1917, No. 13.
4) Kolle und SchloBberger, Med. Klinik, 1917, No. 10.
5) Sachs und SchloBberger, Arb. a. d. Inst. f. exper. Ther. in
Frankfurt a. M., 1919, No. 6.
6 ) Reichenstein, Deutsche med. Wochensehr., 1917, No. 18.
7) Friedberger, a. a. O.
8 ) Wagner, Munch, med. Wochensehr., 1917, No. 24.
9) Steiner, Deutsche med. Wochensehr., 1919, No. 41; Steiner
und Vitecek, Arch. f. klin. Med., 1916, p. 120.
10) Papamarku, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 87, 1918; CentralbL f.
Bakt., Abt. I, Bd. 77, H. 2; Berl. klin. Wochensehr., 1917, No. 27.
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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw.
391
„die spezifischen Agglutinine und komplementbindendeu Stoffe weder
ala Gruppenagglutinine, noch unter dem EinfiuG der Infektion mit Bacillus
X19 entatehen, sondem von den Korperzellen unter dem Einflufi der Injektion
mit dem noch unbekannten Fleckfiebererreger abgestofiene Rezeptoren mit
zufalliger spezifischer Einpassung auf die haptophoren Gruppen des X 19.“
Dazu bemerkte Friedberger:
„Diese Hypo these setzt also", wie ich schon friiher erwahnt habe,
„vorans, dafi ein hypothetischer Fleckfieberreger, der einen besonderen Ent-
wicklungsgang durchmachen soil und also gar nicht zu den Bakterien ge-
hort, ein spezifisches Agglutinin fiir ein Bakterium erzeugt, das, wie ich
noch spater zeigen werde, mit dem mit diesem Bakterium selbst durch
Immunisierung von Tieren gewonnenen Agglutinin identisch ware."
Schiff 1 ) hat weitere Argumente beigebracht, die gleich-
falls die Unhaltbarkeit der Auffassung von Kolleund SchloB-
berger best&tigen.
Ausgehend von der Tatsache, daB jedes normale Serum in
starken Konzentrationen Agglutinine gegen X 2 und X 19 ent-
hait und daB diese Normalagglutinine die gleiche Labilit&t zei¬
gen, wie die der Patientensera, kommen Braun und Salomon
zu der Auffassung, daB es sich bei der Weil-Felixschen
Reaktion lediglich um eine starke Vermehrung normaler
Agglutinine handle, die zufallig gegen besondere Proteus-
st&mme gerichtet sind. Der AnlaB zu dieser Agglutination s-
bildung sollen die hypothetischen Erreger des Fleckfiebers
sein, die in den weiBen Blutkorperchen siiBen.
Aus alien, man mochte fast sagen krampfhaften, Er-
kl&rungsversuchen, die mit dem Zufall und ungewissen Hypo-
thesen operieren, spricht nichts weiter als das Bestreben, die
Weil-Felixsche Reaktion unter das Dogma unterzuordnen,
daB das Fleckfieber durch ein invisibles, filtrierbares Virus
besonderer Art hervorgerufen wird, das in der Laus einen
Entwicklungsgang durchmacht. Mit Recht sagt Zlocisti 2 ) in
seinem ausgezeichneten Sammelreferat:
„Unser wissenschaftliches Bediirfnis nach einem Kausalnexus wird
nicht befriedigt durch Begnffe wie Zufall; besonders wenn der Zufall
herdenweise auftritt. Die X-Stiimme, eine zufallige Mutation, zufallig
(immer nur) bei Fleckfieber gefunden; Agglutinine — seien es vermehrte
Normalagglutinine, seien es solche aus heterogenetischer Antigenwirkung —
1) Schiff, Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 6; Zeitschr. f. Im-
munitatsf., 1919.
2) Zlocisti, Epidemiologie und Diagnostik des Fleckfiebers. Wei-
chardts Ergebnisse, Bd. 4, 1920.
26*
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392
E. Friedberger und Paul Schroder,
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zufallig gegen die zufallig bei Fleckfieber gefundenen, zufallig zu X-Stammen
mutierten Proteus vulgaris gerichtet."
Es ist begreiflich, daB bei dieser Scheu, die Weil-Felix-
sche Reaktion irgendwie mit den VorgSngen in Beziehung zu
bringen, mit denen wir bei anderen Krankheiten die Aggluti¬
nation verknfipfen, d.h. mit einer Infektion mitdem betreffenden
Erreger, die von mir zuerst auf Grund der Tatsachen und von
Bindungsversuchen entwickelte Anschauung, daB der X-Bacillus
der Erreger des Fleckfiebers sei, allgemeine Ablehnung und
scharfe Zuruckweisung erfuhr. Und doch war es die Kon-
sequenz, die sich mir bei objektiver, vorurteilsloser Betrachtung
der Tatsachen und objektiven Wfirdigung der iibrigen Er-
klarungsmoglichkeiten zwingend aufdrangte; denn das einzige,
was dagegen sprach, die Meerschweinclienversuche, vor alien
Dingen die Iminunisierungsversuche am Meerschweinchen, die
eine gekreuzte Immunit&t auf Grund von Fieberversuchen
n i c h t ergaben, sind zum groBen Teil, wie ich an anderer
Stelle x ) gezeigt habe, technisch anfechtbar. Sie sind auch
durch neuere Versuche, die ich in Gemeinschaft mit Schiff
angestellt habe und tiber die demnachst in der Berliner klin.
Wochenschrift berichtet werden wird, nunmehr widerlegt.
Doch haben nach mir alsbald andere Autoren zahlreiche
Argumente angefiihrt, die auf eine prinzipielle Verschieden-
heit des „Fleckfieber-Infektionsserums tt von dem mit Bacillus
X 19 und X 2 erzeugten „Injektionsserum“ beim Kaninchen
sowohl wie beim Menschen hinwiesen.
Dieses sind die wichtigsten Unterschiede:
1) Die Infektionssera („Fleckfiebersera“) agglutinieren die
O-Form des Bacillus feinflockig. Die Injektionssera („Immun-
sera“) agglutinieren die O-Form der eigenen Gruppe fein¬
flockig, die eigene H-Form auch grobflockig (H-Form der
X 2-Gruppe nur grobflockig).
2) Das Infektionsserum ist thermolabil (63—65°) [Ham¬
burger und Bauch 2 )], das Injektionsserum ist hitzebest&n-
diger, Zerstorung der Agglutinine erst bei 75° [Jakobitz *)].
3) Injektionsserum agglutiuiert X 2 und X 19 gleichmtiBig
1) Friedberger, diese Zeitschr., Bd. 29, 1920, p. 125.
2) Hamburger und Bauch, Deutsche med. YVoehenschr., 1917,
No. 36 u. 39.
3) Jakobitz, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 1918, H. 4,5.
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Gehimveriindeningen beim Meerschweinchen usw.
393
hoch, Infektionsserum den X 2 i. R. bedeutend schwScher
[Weil und Felix 1 )].
4) Infektionsserum agglutiniert nur die Bakterien der
X-Gruppe, das Injektionsseruin auch nahe verwandte Arten
(Proteus der „Gruppe III“, teilweise der „Gruppe II“) [Braun
und Salomon 2 ), Weil uud Felix 3 )].
5) Infektionsserum agglutiniert nicht mehr altere Auf-
schwemmungen lebender Keime, Injektionsseruin unver&ndert
[Sachs 4 )J.
6) Infektionsserum agglutiniert fast nicht mehr auf 50 bis
55° erhitzte Bakterien des gewohnlichen X 19 [Dietrich 6 )],
wohl aber wieder starker erhitzte [Cs6pai 6 ), Sachs 7 ),
Schiff 8 )], Injektionsserum zeigt ein solches Verhalten gegen-
iiber auf 50° erhitzten Bakterien nicht.
Bei alien diesen Versuchen ist es gleichgiiltig, ob das In¬
jektionsserum beim Menschen Oder Kaninchen gewonnen ist.
Da Prausnitz 9 ) seine Versuche mit der gewohnlichen
X 19-Form und nicht mit der reinen O-Form angestellt hat, so
war auch bei diesem Antiserum vom Menschen kein anderes Ver¬
halten zu erwarten als bei den fruheren Kaninchenimmunseris.
In der nachstehenden Tabelle (p.394) sind die Unterschiede
zwischen dem Infektionsserum und dem Immunserum im agglu-
tinatorischen Verhalten noch einmal iibersichtlich zusammen-
gestellt. In dieser Tabelle bedeutet „f“ feine Agglutination,
„g“ grobe Agglutination, [ ] „theoretisch zu erwarten, aber
noch nicht untersucht“ 10 ). Die Unterschiede, wie sie zwischen
1) Weil und Felix, Feldarztl. Blatter der k. u. k. 2. Armee, 1916,
No. 11.
2) Braun und Salomon, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 1919, H. 3/4.
3) Weil und Felix, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 13.
4) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 17; Sachs und
Schloflberger, Arbeiten a. d. Inst. f. exp. Therap. in Frankfurt a. M.,
1919, No. 6.
5) Dietrich, Deutsche med. Wochenschr,, 1916, No. 51.
6) Cs6pai, Munch, med. Wochenschr., 1917, No. 26; Wiener klin.
Wochenschr., 1917, No. 38 u. 40; Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 4.
7) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 31.
8) Schiff, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 41.
9) Prausnitz, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 12.
10) Anm. bei der Korrektur: Diese Untersuchungen sind inzwischen
in meinem Institut von den Herren Dr. Buchner und Zorn ausgefuhrt
worden und habcn zu dem erwartetcn Ergebnis gefiihrt.
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394
E. Friedberger und Paul Schrdder,
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Infektionsserum und Immunserum deutlich zutage treten, waren
wohl geeignet, die Anschauung Friedbergers fiber die Er-
regernatur des Bacillus Weil-Felix zu widerlegen.
Unerhitztea Immunserum
Infek-
X 19
X 19
X 2
tions-
(0 u.H)
(0)
(Ou.H)
f
f + g
f
g
f
f
f
0
0
g
0
g+ f
0
g
0
g
0
g
0
g
0
f
f
0
f
§
f
f
f
0
f
f
f
0
f
f
f
0
Bacillen
Infek- ■ X 19 1X19
tions-;(Ou.H)j (0)
70° erhitztes Immunserum
X 2
(Ou.H)
X 19 (O u. H)
X 19 (0)
X 2
III. Gruppe
^ ^ 150_56 °|
ISo-58-'
(U ' |> 60°
[ ] = theoretisch zu erwarteu, aber noch nieht untersucht.
0
0
[0]
[ 0 ]
0]
0
;o
[o
[0
[0
o
In den genialen Versuchen der Aufspaltung der Proteus-
stfimme in 0- und H-Form durch Weil und Felix und bei
der feineren Analyse der entsprechenden Immunsera stellte
sich jedoch heraus, daB das Infektionsserum des Menschen,
also das echte Fleckfieberseruin, sich genau verhfilt wie das mit
der reinen O-Form des X-Bacillus erzeugte Injektionsserum.
Alle bisher angeffihrten prinzipiellen Unter-
schiede, die von den Autoren zwischen Fleck-
fieberseruin und X 19-Serum aufgestellt worden
sind, fallen da mit weg. DasFleckfieberserum ist
danach tatsfichlich identisch mit dem X 19-O-Ira-
munserum. Ja unsere weiteren Untersuchungen haben ge-
zeigt, daB durch Meerschweinchenvirus beim Kaninchen er-
zeugtes agglutinierendes Serum (Weil und Felix) mit dem
Patientenserum einerseits und dem O X 19-Kaninchenimmun-
serum andererseits im agglutinatorischen Verhalten vollkommen
fibereinstimmt.
Diese neueren Ergebnisse, weit davon entfernt, die scharfeu
Angriffe gegen die Identifizierung des X 19 mit dem Fleck-
liebererreger zu rechtlertigen, sind nur dazu geeignet, die
von Friedberger behauptete Identitat zu stfitzen, sofern man
nur annimmt, daB im Kfirper der Kranken die reine O-Form
vorkommt, bzw. antigen wirkt.
Wenn auch Weil und Felix selbst sich bezfiglich der
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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw. 395
Erregernatur sehr reserviert ausdrdcken und zun&chst nur
schreiben:
„Wir zweifeln nicht mehr daran, dafi der von uns gefundene Eeim
im Organismua dea Fleckfieberkranken eine apezifiache Rolle epielt, ohne
ihn jedoch fur den Erreger dea Fleckfiebera zu halten. Diesen Keim ala
Erreger dea Fleckfiebera anzuaehen, halten wir una nicht fiir berechtigt",
und weiterhin
„in dem Mikroorganiamua lediglich ein Hilfamittel fiir die Fleckfieber-
diagnoae sehen 1 ',
so kann doch nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen gar
kein Zweifel mehr dartiber bestehen, daB die Weil-Felixsche
Reaktion eine echte Antigen-AntikQrperreaktion ist, eine An-
schauung, die merkwhrdigerweise bisher auBer Weil-Felix,
Friedberger, Schiff, Zlocisti, Bien 1 ), noch alle anderen
Autoren, die sich mit der Frage der Weil-Felix-Reaktion
besch&ftigen, ablehnen.
Ein weiteres Argument, das gegen die Erregernatur des
X 19 angeffihrt wurde, soil, wie schon erw&hnt, dariu bestehen,
daB das Blut Fleckfieberkranker beim Meerschweinchen Im-
munitat bedinge, gegen Fleckfieberblut, nicht aber gegen
X 19 und umgekehrt, was sich aber auf Grund der schon er-
wahnten neueren Versuche von mir in Gemeinschaft mit
Schiff nicht mehr aufrecht erhalten l&Bt.
Ich habe an anderer Stelle schon auf die Schwierigkeit
der Beurteilung der Infektion und mehr noch der ImmunitSt
beim Fleckfieber des Meerschweinchens auf Grund der bloBen
Fieberreaktion hingewiesen. Die Versuche sind zudem,
soweit mir bekannt, nicht mit der reinen O-Form
ausgefiihrt; daB Fleckfiebermenschenblut unter Umstfinden
beim Meerschweinchen durch die geringen Mengen darin vor-
handener O-Bacillen eine latente Infektion geben konnte, ware
an sich ja nicht weiter verwunderlich bei einem Erreger, der
selbst in der gewohnlichen Agarkultur, wie ich gezeigt habe,
fiir diese Tierspezies noch virulent sein kann. DaB durch
Passagereihen dieses Virus fiir das Meerschweinchen schlieB-
lich zu einer Art von „Virus fixe“ wird, freilich mit nur mini-
maler Virulenz, dafiir gibt es ja auch bekannte Analogien. Die
Tatsache, daB es gelingt, mit dem Gehirn solcher Tiere einen,
1) Bien, Wiener klin. Wochenschr., 1919, No. 5.
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396
E. Friedberger und Paul Schroder,
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wenn auch niederen Weil-Felix beim Kaninchen zu erzielen
(Weil und Felix), spricht dafOr. Schwierigkeiten bereitet
nur die Tatsache, dafi beim infizierten Meerschweinchen selbst
Agglutininbildung noch nicht einwandfrei beobachtet worden
ist und der Bacillus aus dem Gehirn bisher nicht gezflchtet
werden konnte. Doch deckt sich, wie ich gerade fflr den
X-Bacillus schon 1916 betont habe, Vorkommen im Korper
und MGglichkeit der ZGchtung aus dem Korper keineswegs.
Die Geschichte der TyphusbacillenzGchtung aus dem Blut
mahnt hier zur Reserve.
In den Gehirnen solcher Tiere hat nun zuerst M. L6h-
lein mikroskopische VerSnderungen in Form jener peri-
vaskulSren Zellanhaufung gesehen, wie sie beim Menschen be-
schrieben worden sind [F r S n k e l 1 ), C e e 1 e n 2 ), K u c z i n s k i s )
und andere].
Die Infektiositat des Blutes soli nicht mit den histologi-
schen Veranderungen parallel gehen.
Die erste eingehende Beschreibung des mikroskopischen
Bildes verdanken wir Otto und Dietrich 4 ), deren Tier-
material Pick untersucht hat. Nach ihm fehlt ein Haupt-
charakteristikum der Fleckfieberherde beim Menschen, namlich
die Sch&digung der GefaBintima, eine Ansicht, die allerdings
nicht von alien Histologen geteilt wird (C e el en u. a.). Die Ver¬
anderungen sind nach Ritz 5 ), sowie Do err und seinen Mit-
arbeitern auch bei langeren Passagereihen von Meerschweinchen
zu Meerschweinchen vorhanden. Do err und Kirschner 6 )
fanden sie in 80 Proz. der Faile, in ringformiger Anordnung
um prakapillare und kapillare GefaBe, deren Lumen durch
hyaline Thrombosen verschlossen sein kann. Die Endothelien
sind gequollen.
Besonders eingehend hat sich sodann noch Kuczinski
1) Frankel, Munch, med. Wochenschr., 1917, No. 40.
2) Ceelen, Berl. klin. Wochenschr., 1916, No. 20; Zeitschr. f. klin.
Med., Bd. 82, H. 5/6.
3) Kuczinski, Centralbl. f. allgem. Pathol., Bd. 29, 1918, No. 10,
und Bd. 30, 1919, No. 2; Kuczinski und Jaff6, Centralbl. f. allgem.
Pathol, u. pathol. Anat., Bd. 30.
4) Otto und Dietrich, Centralbl. f. Bakt. u. Inf., Abt. 1,1918, H. 5;
Otto und Rothacker, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 3.
5) Ritz, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 21.
6) Doerr und Kirschner, Med. Klinik, 1919, No. 36.
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Gehiraveranderungen beim Meerschweinchen usw.
397
mit diesen Herdchen im Meerschweinchengehirn nach Impfung
mit Fleckfieberblut und bei Passagetieren beschaftigt. Er halt
die VerSnderung fur Fleckfieber charakteristisch und bei Tier
und Mensch fiir identisch.
Ich sagte mir nun, daC, falls diese Gehirnveranderungen
wirklich fur Fleckfieber charakteristisch waren und falls sie
bei der Infektion des Meerschweinchens mit menschlichem
Fleckfieberblut, bzw. bei den Passagen nicht durch den Ba¬
cillus X 19, sondern ein davon differentes Virus hervorgerufen
wurden, bei Infektion mit diesem Bacillus nicht die gleichen
anatomischen Prozesse ohne weiteres sich finden diirften, wie
das ja auch Do err angibt Ein positiver Befund ware freilich
noch kein absoluter Gegenbeweis gewesen, aber mit ibm ware
doch wieder ein wesentliches Argument hinfailig, das gegen
die Erregernatur des Fleckfieberbacillus ins Feld gefiihrt wird.
Ich habe deshalb eine Reihe von Meerschweinchen mit
Weil-Felix-Bacillen intraperitoneal geimpft und teilweise, urn
einen friihzeitigen Tod der Tiere mSglichst zu vermeiden,
3 ccm Blut eines normalen Menschen zugesetzt, der wahrend
der letzten 10 Jahre nicht aus Greifswald herausgekoramen
war und wahrend dieser Zeit nie krank gewesen war. Der Blut-
zusatz erfolgte, urn die Versuche denen mit menschlichem Fleck¬
fieberblut ahnlicher zu gestalten, vor alien Dingen aber auch.
urn die todliche Infektion mit dem Bacillus Weil-Felix zu ver-
huten, dessen Virulenz fur Meerschweinchen, wie ich gezeigt
habe, von der BauchhShle aus ja betrUchtlich sein kann. Die
Tiere wurden zu verschiedenen, aus der Tabelle ersichtlichen
Zeiten entblutet und, sofern sie nicht spontan eingingen, sofort
seziert; dann wurde das Gehirn vorsichtig herausgenommen,
in 96-proz. Alkohol gebracht und im Laboratorium der Nerven-
klinik des Herrn Professor Schroder eingebettet, geschnitten
und gefarbt.
Aus der nachstehenden Tabelle (p. 398) ist ersichtlich,
welche Tiere im Gehirn die charakteristischen Herdchen auf-
wiesen, deren nahere Beschreibung und Analyse weiter unten
dnrch Herrn Schroder erfolgt.
Als Kontrollmaterial standen uns eine Reihe Gehirne von
Meerschweinchen zur Verfiigung, die 1 Jahr zuvor (De-
zember/Januar 1918) mit je 3 ccm Fleckfieberblut, bzw. Pas-
sagegehirn, behandelt waren.
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E. Friedberger und Paul Schroder,
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Behandlung
Tier
No.
Ge-
wicht
in g
Injcktion mit
Men-
schen-
blut-
zusatz
In-
jek-
tion
Tot reap, ent-
blutet nach
Tagen
Hirn-
befund
WF 1
200
7,o Oese X 19
iv.
2 tot
e
WF 2
240
V. Oese X 19
—
2 „
e
WF 3
220
‘/« Oese X 19
3 ccm
ip.
2 „
positiv
4
270
*/,„ Oese X 19
13 entblutet
e
5
250
7 10 Oese X 19
6
e
6
260
V, n Oese X 19 00°
13
0
7
240
*/,„ Oese X 19 O
6
e
8
240
Oese X 19 O
2 tot
e
9
270
*/,„ Oese X 19 O
13 entblutet
0
10
230
»/,„ Oese X 19 O
20
0
11
230
VmOese X 19 60°
V.o Oese X 19
6
0
WF 12
230
20 „
positiv
13
230
7, n Oese X19 O Pex ‘)
1 tot
e
14
290
7,o Oese X19 O Pex-
Kultur
—
>»
12 entblutet
?
Z 10
230
3 Oesen Karbol O
—
1 tot
e
Z 11
245
0,5 Pex Z 10
—
7 „
0
Z 12
245
1 Oese Pex-Kultur
Z 11
—
1
positiv
Kontrollen mit Fleckfieberblut
35
220
3 ccm Fleckfieberbl.
_
ip.
14 entblutet
e
36
200
dgl.
dgl.
—
ff
14 „
0
38
210
„
ff
—
)•
19 „
positiv
39
200
ff
jf
—
18 tot
11
40
190
19
—
11
25 entblutet
0
51
170
0,3 Geh. No. 38
—
JJ
9 tot
e
53
180
dgl.
dgl.
—
ff
12 entblutet
positiv
54
130
ff
ff
—
29 „
e
55
305
ff
ff
—
30
e
Von diesen 9 Tieren reagierten 3 = 33 Proz. positiv;
von den 17 mit Kulturen mit und ohne Blut behandelten
Tieren reagierten wiederum 3 = 17 Proz. positiv.
Rechnen wir die Tiere No. 6 und 11 nicht mit, die mit
abgetoteten Bacilleu und Blut behandelt waren, so sind von 15
3 = 20 Proz. positiv.
Lassen wir weiterhin die Tiere 1 und 2 aus, die sehr bald
akut eingingen und efbenso 13, so haben wir von 12 3 = 25 Proz.,
also annShernd soviel, wie bei den Kontrollen.
DaB das Blut allein ohne EinfluB ist, lehren die Kontroll-
versuche No. 6 und 11 mit abgetoteten Bacillen und vor allem
Z 12, wo das Tier mit Reinkulturen ohne Blut geimpft war.
Pex = Peritonealexsudat.
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GehirnveranderuDgen beim Meerschweinchen ubw.
399
In der F&higkeit zur Herdchenbildung besteht zwischen der
reinen 0-Form und unserem gewbhnlichen Laboratoriumsstamm
kein prinzipieller Unterschied. No. 3 war mit dieser, No. Z 12
mit jener Kultur geeimpft. Auffallend ist es, daB eine besonders
virulente und durch Tierpassagen noch virulenter gemachte
O-Kultur schon bei einem innerhalb 12Stunden gestorbenen Tier
Knotchenbildung hervorgerufen hatte. 2 Tiere, die mit 1 bzw.
V* Oese des gleichen Materials geimpft waren und gleichfalls
innerhalb 12 Stunden starben, zeigten im Gebirn keine Knotchen.
Abgesehen von der Sparlichkeit und grSBeren Ausdeknung der
Herdchen (sieheunten, Schroder), ist als wesentlich abweichen-
des Moment der Befund von Bakterien bei dem Tier WF 3 im
Gehirn zu erw&hnen. Es handelt sich um eiformig gelagerte
H&ufchen von St&bchen, die scheinbar alle einzeln liegen und
sich nicht beriihren. Die Umgebung dieser Bacillenhaufchen
ist teilwoise vollkommen bakterienfrei. An anderen Stellen
sieht man kleinere derartige Bakterienkugeln und darum herum
die Stabchen mehr einzeln oder auch in Haufchen. Sie haben
etwa die GroBe von Diphtheriebazillen, doch sind sie etwas
gedrungener. Ob es sich um den zur Infektion benutzten
Bacillus X 19 oder um eine Sekundarinfektion handelt, mdchte
ich nicht mit Sicherheit entscheiden. (Kulturen wurden in
diesem Fall leider nicht angelegt.)
Sehr merkwiirdig war der Befund bei dem Tier WF 12.
Hier liegen in der Nahe einer starken Zellanhaufung zwei
kreisrunde Anhaufungen von kleinen Kugeln, welche nur zum
kleinen Teil intensiv gefarbt sind. Meistens sehen sie unregel-
maBig zerfressen aus. Sie sind in der Mitte weniger gef&rbt,
als in der Peripherie. Sie liegen stets als Einzelkugel, nie zu
zweien und machen nicht den Eindruck von Bakterien.
Bei drei mit Diphtheriebacillen und einer kleinen Menge
Immunserum geimpften Meerschweinchen, die nach etwa
14 Tagen getotet wurden, wies das Gehirn keine entsprechen-
den Ver3nderungen auf. Ebenso zeigten nach Impfung von
nienschlichem Material an Tuberkulose eingegangene Tiere
diese Veranderungen nicht. Auch bei 9 Kaninchen, die teils
mit abgetoteten, teils mit lebenden Weil-Felixbacillen in drei
8-tagigen Intervallen geimpft wurden, waren die Gehirne frei.
Im Nachstehenden folgt die Beschreibung des histologischen
Befundes.
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400
E. Friedberger und Paul Schroder,
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II.
Von P. Schroder.
Die rair iibergebenen Meerschweincheugehirne sind nach
der Hartung in 96-proz. Alkohol in 4—5 frontale Blocke zer-
legt worden; davon wurden bei jedem Tier 2 oder 3 in
Zelloidin eingebettet und geschnitten. Durchgeseheu wurden
von jedem Block kleine Reihen von Schnitten aus verschiedenen
Hohen. Gefarbt wurde mit Toluidinblau (nach NiBl) und
mit H&matoxylin + van Gieson.
Als positiv betrachtet wurden nur diejenigen Gehirne, bei
denen sich die zu besprechenden kleinen Herdchen fanden;
andere, lediglich mit histologischen Veranderungen, wie sie
bei Fleckfiebergehirnen auBerdem die Regel sind, aber ohne
die Herdchen, wurden ausgeschieden. Insofern stellen die als
positiv bezeichneten den Mindestsatz der sicher positiven
Falle dar. Es sind das die Tiere Z 12, WF 3 und WF 12 5
dazu kommt hochstens noch als fraglich Fr 14. Ein weiteres
Tier (WF 13) hatte eine eitrige Meningitis mit kleinen Abszessen
in der Hirnsubstanz.
Im einzelnen ergab sich:
1) Z 12. Auf den durchmusterten SchniUreihen befinden sich im
ganzen 4 Herdchen, 3 davon im Rindengrau (Fig. 1), 1 im Thalamus.
Sie sind rund und fiillen an den Stellen ihres grofiten Umfanges ein Oel-
immersionsgesichtsfeld‘); einige sind kleiner. Sie setzen sich der Haupt-
masse nach zusammen (Fig. 3) aus Gliaelementen mit vorwiegend gut er-
haltenen, teils groSeren, teils kleineren, runden, langlichen, wurstformigen
oder unregelmaSigen Kernen und mit mattem, undeutlichem, teils rund-
lichem, teils balkigem und fiidigem Protoplasmaleib. Ein geringer Teil der
Elemente hat pyknotische oder kleine klumpige Kerne, gelegentlieh an
Leukozyten oder auch an unregelmiiBige Kernteilungsfiguren erinnernd.
Innerhalb der Herde sind allenthalben wohlerhaltene Ganglienzellen an-
zutreffen (Fig. 3 a).
An alle Herdchen sieht man bei Durchmusterung der Schnittreihen
ein besonderes KapillargefaG herantreten, das schon in weiterer Entfernung
oder erst unnuttelbar vor dem Eintritt eine Einscheidung von groSen
Plasmazellen besitzt. Auch in das Innere der Herdchen konnen an
1) Ein Gesichtsfeld bei Zeiss-Oelimmersion 1/12, l l mm. Tubus-
lange 160, Okular % 3 entspricht einem Objekt. von etwa 180 Mikren im
Durchmesser.
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Gehirnveriinderungen beim Meerschweinchen usw. 401
manchen Stellen diese mit Plasmazellen umgebenen Kapillaren verfolgt
werden.
Auf den Schnitten sowohl mit Herden wie ohne solche, oft weit
ab von letzteren, sind in der Rinde oder im tiefen Grau vereinzelte, meiat
prakapillare GefiiBe mit Plasmazellen miinteln zu treffen.
Die Pia, namentlich in den Septen, lafit streckenweise einen etwas
starkeren Zellgehalt erkennen. Auch die von ihr eintretenden groberen
GefaBe heben sich durch stiirkeren Zellgehalt ihrer Wiinde vielfach deut-
licher ab.
2) WF 3. Auf 3 verechiedenen Blocken sind im ganzen 5 Herdchen
anzutreffen, davon 3 in der Rinde der Konvexitiit, 2 im Thalamus bzw.
Hypothalamus. Die Herdchen sind meist noch etwas groBer als die des
vorigen Tieres. Eins miBt etwa 1'/,, ein mehr langliches 1:2 Oeliramersions-
gesichtsfelder, eins ist nicht ganz so groB, ein anderes '/*: 1 D; das fiinfte
ist nur ganz klein, da aber hier die Verfolgung auf der Serie nicht moglich
war, steht nicht fest, ob es sich nicht etwa nur um die Kalotte eines
groBeren Herdes handelt. Der histologische Bau (Fig. 4 und 5) ist der
gleiche; die Herdchen bestehen aus Gliaelementen, die Form der Kerne ist
vorwiegend langlich. gekriimmt oder unregelmaBig. In den Randpartien
hegen Ganglicnzellen (Fig. 4 a). Finer der groBeren Herde hat in der
Mitte eine hellere Stelle mit viel kriimeligcn Kern- und Protoplasmamassen.
Auch sonst sind pyknotische Kerne hiiufig.
Wiederum finden sich auf alien Blocken vereinzelt, aber namentlich
in der Umgebung der Herdchen, cine oder mehrere Kapillaren, welche
dicht mit Plasmazellen und Lymphozyten besetzt sind, und welche auf die
Herdchen zustreben.
Ein neuer Befund gegeniiber dem vorigen sind eigenartige Pakete
von kleinen, dicken, plumpen Bacillen inncrhalb der Herde (Fig. 4 und
5 bei b). Sie sind reichlich nachweisbar in einem der groBeren Herde, in
viel geringerer Menge in einem anderen und gar nicht in den iibrigen drei.
Die Stabchen liegen parallel zueinander in kleinen runden Haufen. Da,
wo einige von ihnen beim Schneideu ausgefallen sind, liegen die anderen
quer (Fig. 5). Sie farben sich deutlich mit basischen Anilinfarben (Fig. 4),
noch kriiftiger mit Hiimatoxylin + van Gieson (Fig. 5). Die Bacillenhaufen
sind scharf begrenzt und vielfach von einem 6chmalen Schrumpfraum
(Fig. 4 b) umgeben. Das benachbarte Gewebe ist vollkommen reaktionslos,
nur hier und da zu einem etwas dichteren feinen Hiiiitchen zusammen-
gedruckt. Besonderc Beziehungcn zu den Kapillaren sind nicht erkenntlieh.
Das groBte der runden Pakete hat einen Durehmesser von etwa 25 Mikren
und liegt isoliert; an anderen Stellen desselben Herdchens liegt neben-
einander, durch weniges Gewebe getrennt, eine ganze Reihe kleinerer
solcher Pakete.
3) WF 12. In den Schnitten ist nur ein Herdchen gefunden worden
(Fig. 2), und zwar im Hypothalamus. Seine GroBe betragt etwa 3 / 4 Immer-
sionsgesichtsfeld. Sein Bau ist wieder der gleiche, wie der der anderen
Tiere. Auf ihn zu, zum Teil auch in ihn hinein laufen 3—4 Kapillaren,
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E. Friedberger und Paul Schrbder,
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welche dick mit Plasmazellen besetzt Bind. In der weiteren Umgebung
sind Infiltrate von Plasmazellen und Lymphozyten nicht zu finden.
An verschiedenen Stellen des Herdchens, unregeim&Big verteilt, sind,
auf manchen Schnitten bis zu 4, auf anderen gar keine der von Fried¬
berger oben beschriebenen Gebilde anzutrefien (Fig. 6).
Als 4. Fall verdient noch Erwahnung Fr. 14. Das Auffalligste ist
hier ein sehr viel groflerer, langgestreckter, streckenweise strichffirmiger
Herd, der etwa 3 mm in die Lange miflt. Er beginnt im Thalamus der
einen Seite, reicht nach oben bis an den Ventrikel und dringt durch den-
selben hindurch in die hier bei Meerschweinchen gelegene Ammonshorn-
formation. Auch er setzt sich aus dichtgedrangten Oliazellen zusammen,
welche zu einem Teil gitterige Struktur haben; hier und da sind auch rote
Blutkorperchen anzutrefien. Aufierdem findet sich bei diesem Tier an einer
Stelle dicht fiber dem Balken ein kleiner Gliazellhaufen, der grofie Aehn-
lichkeit mit den Herdchen der ersten 3 Tiere besitzt, aber erheblich
kleiner ist.
Es ergibt sich demnach, daB von den mit dem Weil-
Felix-Bacillus geimpften Tieren ein Teil Herdchen im Gehirn
aufweist, welche nach ihrem histologischen Aufbau denen beim
Tier nach Infektion mit Fleckfieberblut und beim menschlichen
Fleckfieber gleichen. Es sind rundliche Zellhaufen, welche
fast ausschlieBlich aus Gliaelementen bestehen, mit Kernen
von demselben Typus wie bei den Fleckfiebererkrankungen
(vorwiegend langliche, gebogene Oder ganz unregelmaBige,
seltener runde For men, ohne die bei vielen anderen Wuche-
rungen bekannten progressiven Veranderungen, dazu viele
pyknotische Formen). Die Glia-Protoplasma-Wucherung tritt
daneben zuriick, ebenso ist Gitterzellenbildung hbchstens in
Andeutungen nachweisbar. Bindegewebige oder hamatogene
Elemente sind an dem Aufbau der Herde nicht in charakte-
ristischer Weise beteiligt. In alledem stimmt die histologische
Struktur der Herdchen der 3 Tiere mit den Fleckfieber-
herdchen vollkominen uberein.
Die Lagebeziehungen der Herdchen zu den GefaBen sind
ilberall ersichtlich. Kapillaren treten an sie heran, durch-
ziehen sie und streifen an ihrem Rande vorbei. Immerhin
diirfte darauf ein besonderer Wert nicht zu legen sein; denn
Herdchen von der GroBe, wie die gefundenen, miissen bei der
Engmaschigkeit des Kapillarnetzes in der grauen Hirnsubstanz
iiberall an oder um eine Kapillare liegen.
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Gehirnveranderungen beim Meerechweinchen usw.
403
Besondere Veranderungen der KapillarwSnde selber inner-
halb der Herde nach der regressiven Oder progressiven Seite
hin sind nicht nachweisbar. Sie gehbren auch, sicherlich
wenigstens fiir das Gehirn, nicht zu den charakteristischen
Zflgen der Fleckfieberveranderungen (Spielmeyer). '
Gemeinsam mit den Fleckfieberherdchen ist auch die
Bevorzugung der grauen Substanz, sowohl der Rinde wie der
tieferen Teile; keines der gefundenen Herdchen lag in der
weiBen Substanz.
Die (Jebereinstimmung im histologischen Bild geht noch
weiter. Die Veranderungen im Fleckfiebergehirn des Menschen
und auch des Meerschweinchens beschranken sich nicht auf die
den Untersuchern (E. Frank el) zuerst aufgefallenen Herd¬
chen; vielmehr gehort zu den regelmaBigen Befunden als
zweites eine diffuse, wenn auch in ihrer Intensitat sehr
schwankende Einlagerung von Lymphozyten und Plasmazellen
in die adventitiellen Scheiden der GefaBe 1 ). Oft zeigt „gerade
ein einzelnes GefaB — meist das StammgefaB, welches das
HerdgefaBchen abgibt — ein auffallend intensives Infiltrat“,
aber Infiltrate fin den sich, nicht selten recht ausgebreitet, in
einzelnen Hirnmantelteilen und anderen zentralen Gebieten
(Spielmeyer). Alle drei beschriebenen Tiere lassen das
gleichfalls erkennen. Der Hirnpathologe weiB, daB das nicht
etwas fur das Fleckfieber Spezifisches ist, sondern daB es bei
vielen, gewohnlich unter die entziindlichen gerechneten Pro-
zessen vorkommt. Immerhin ist der Befund eine weitere
Stfltze fiir die Gleichheit oder mindestens die nahe Verwandt-
schaft der zugrunde liegenden Krankheitsvorgange.
Als dritte Reihe von Veranderungen beim Fleckfieber
fuhrt S p i e 1 m e y e r an die Einlagerung von zelligen Elementen
(in erster Linie sogenannte Makrophagen) in die Meningen,
auch wieder unabhangig von den Herden und ihrer Nachbar-
schaft. Deutlich erkennbar ist das bei keinem der drei Tiere.
Leicht ersichtlich ist nur, daB die Pia und mit ihr die ein-
1) Siehe die sehr griindliche Bearbeitung von Spielmeyer fiber
„Die zentralen Veranderungen beim Fleckfieber ubw.“ Zeitschr. f. d. ges.
Neurologie u. Psychiatrie, Bd. 47, 1919.
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E. Friedberger und Paul Schroder,
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strahlenden groberen GefaBe starker hervortreten, als es der
Norm entspricht, und (hier abgesehen von den zerstreuten
Plasmazellinfiltraten) daB das bedingt ist durch eine leichte
Vermehrung der Kerne. Auch bei den mit Fleckfieber in-
fizierten Vergleichstieren ist die Einlagerung zelliger Elemente
in die Pia nicht regelmaBig und in keinem Fall so erheblich,
wie vielfach beim Menschen.
Steht so die weitgehende histologische Uebereinstimmung
der Fleckfiebertiere und der mit Weil-Felix-Bacillen geimpften
bezuglich des histologischen Hirnbefundes fest, so ist doch
eine Reihe von Unterschieden unverkennbar.
Daliin gehbrt zuerst diegeringe Zahl der Herdchen.
Es ist schon fleiBiges Suchen auf den Schnittreihen erforder-
lich, um sie zu linden. Vollstandige Serien wiirden vermutlich
eine etwas groBere Zahl nachweisen. Aber der Unterschied
gegenflber den Fleckfiebertieren und den menschlichen Fleck-
fiebergehirnen ist in die Augen fallend. Mehr wie 5 Herdchen
sind auf den untersuchten Blocken bei keinem der Tiere ge-
funden worden, wahrend beim Fleckfieber, wenigstens an den
Pradilektionsstellen (Medulla oblongata, Pons, Kleinhirn) die
Zahl der Herde schon auf einem einzigen Schnitt groBer zu
sein pflegt; auch daB (iberhaupt die genannten Stellen beziig-
lich der Lokalisation bevorzugt sind, scheint aus den Pra-
paraten nicht hervorzugehen.
Das zweite betrifft die GroBe der einzelnen Herd¬
chen. Sie messen ein Oelimmersionsgesichtsfeld und daruber,
bis zu l 1 /*; ein langliches Herdchen miBt sogar 1:2, kleinere
auch nur 1 / i ; das entsp*rache etwa 180—270, und bei den
kleineren 90 Mikren. Hingegen betragt der Durchmesser der
Herdchen bei den untersuchten Fleckfiebertieren der Mehrzahl
Dach V 8 —V 2 — s / 4 Gesichtsfelder bei Immersionsbetrachtung,
d. h. 60—130 Mikren;-also ihre GrbBe ist 2—3mal die der
Herde bei Fleckfiebertieren. Fiir den Menschen gibt Spiel-
meyer die durchschnittliche GroBe der Knotchen auf 100
bis 120 Mikren an, selten bis zu 150, oft darunter, bis herab
zu 30 und noch weniger. Bemerkenswert ist auch, daB die
gefundenen Herdchen samtlich die Knotchenform nach Spiel-
meyer, niemals seine Rosettengestalt haben.
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Gehirnveranderungen beim Meerechweinchen usw.
405
Das dritte Unterscheidende schlieBlich ist der Befund von
Bacillenhaufen bzw. den kugeligen Gebilden in
den Herden (Fig. 4 und 5). Sie fanden sich bei zwei von
den drei Tieren (WF 3 und WF 12), bei einem (Z 12) in sarat-
lichen vier Herdchen nicht. Eine genaue Durchmusterung
vieler Schnitte hat sie auBerhalb der Herdchen nicht auffinden
lassen. Die Literatur fiber Fleckfieberbefunde beim Menschen
und beim Tier bringt meines Wissens Aehnliches nirgends. Die
Lage der Bacillenhaufen, frei im Gewebe der Knotchen, offen-
bar unabhangig von den GefaBen, gibt keine weiteren Anhalts-
punkte bezfiglich ihrer Bedeutung fiir die Entwicklung der
Herdchen. DaB sie in dem einen Falle nicht gefunden wurden,
beweist nicht, daB sie bei ihm fehlen, denn auch in den anderen
zwei Fallen sind sie nicht in alien Knotchen, und wo sie vor-
handen sind, nicht auf alien Schnitten nachweisbar.
Das sind droi unterscheidende Merkmale, welche bei der
Vergleichung der Herdchen von den mit Weil-Felix-Bacillen
geimpften Tieren mit denen bei Fleckfiebererkrankungen wohl
ins Gewicht fallen miissen. Immerhin betreffen die beiden
ersten Merkmale lediglich die grob morphologische Seite. Fur
die rein histologische Betrachtung liegt die weitgehende
Uebereinstimmung, wenn nicht die Identitat der geweblichen
Verfinderungen, sowohl was die Herdchen als was das histo¬
logische Gesamtbild der Rinde und des tieferen Graues an-
belangt, auf der Hand. Soweit die Histopathologie fiir der-
artige Urteile fiberhaupt zustandig ist, wird deshalb auf Grund
der bisherigen Feststellungen die Annahme berechtigt er-
scheinen miissen, daB es sich bei* den Hirnver&nderungen
nach Impfung mit Weil-Felix-Bacillen, wie sie Friedberger
ausgeffihrt hat, und bei denen nach experimentellen und
menschlichen Fleckfiebererkrankungen urn ganz nahverwandte
Prozesse, oder aber um denselben ProzeB unter irgendwelchen
abgeanderten Bedingungen handelt.
Zusammenfassung.
Es gelingt bei mit 0- und H-Form des Bacillus X 19 ge-
impften Meerschweinchen, im Gehirn Knotchen nachzuweisen,
Zeit»chr. f. Immuuitiit*lorschung. Orig. Bd. 31. 27
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406 E. Friedberger und P. Schroder, Gehirnveriinderungen usw.
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die nach ihrem histologischen Aufbau denen beim Tier nach
Infektion mit Fleckfieberblut und den beim menschlichen
Fleckfieber vorhandenen gleichen.
KrklUrung der Tafeln.
Tafel L
Fig. 1. Tier Z 12. Herdchen in der II. Schicht der GroShirnrinde.
Nissl-Farbung. Schwache Vergrofierung.
Fig. 2. Tier WF 12. Herdchen im HypothalamuB. Nissl-Farbung.
Schwache VergroBerung.
Tafel II.
Fig. 3. Tier Z 12. Ein Herdchen ohne Bacillenhaufen in der GroS¬
hirnrinde bei Oelimmersion-VergroSerung (Zeifi, 2 mm). Nissl-Farbung.
a = Ganglienzellen, c = Kapillare.
Fig. 4. Tier WF 3. Aus einem Herdchen der Hirnrinde mit Bacillen¬
haufen. Nissl-Farbung. Oelimmersion, ZeiS 2 mm. Die Abbildung zeigt
die Zusammensetzung dea Herdchens aus Gliaelementen. a = Ganglien-
zelle, b Bacillenpaket, c Kapillare.
Tafel III.
Fig. 5. Tier WF. 3. Aus einem Herdchen der GroShirnrinde mit
Bacillenhaufen. Farbung mit Hamatoxylin + van Gieson. Oelimmersion,
Zeiss 2 mm. In der rechten oberen Halfte ein groSeres (6) und eine An-
zahl kleinerer Bacillenpakete.
Fig. 6. Tier WF 12. Aus dem Randgebiet desselben Herdchens,
den Fig. 2 darstellt. Nissl-Farbung. Oelimmersion, Zeiss 2 mm. Quer
durch die Abbildung geht eine Kapillare c, die dicht mit Plasmazellen be-
setzt ist (unscharf eingestellt). b = eine der Anhaufungen von Piinktchen.
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Zeitfichrift fur Ivimunitatsforschung I. Teil: Orig. Bd. XXXI.
Friedberger u. Schroder, Gehimverdnder ungen Taf.l.
Verlag von (instnv FIsclier in Jena.
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UNIVERSITY OF ULINQK
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Zeitschrift fur Immuniliitsforsckuny I. Teil: Orig. lid. XXXI.
Friedberger u. Schroder, Gchimveranderungen Taf. II.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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Zeitschrifl fur hnmunilatsforschung I. Toil: Orig. Hd. XXXI.
Friedberger u. Schrodrr, Gehimveranderungen Taf. III.
Verlag von Gustav Fischer in Jena,
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W. Brack, Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen usw. 407
Nachdruck vcrboten.
Aus der medizinischen Universit&tsklinik Basel
(Vorsteher: Prof. R. Staehelin).
Ucber die gegenseitige Bccinflussnng voii Antigenen
bci der Anaphylaxie.
Von Wilhelm Braek, Basel.
Mit 23 Kurven im Text.
(Elngegangen bei der Redaktion am 26. Oktober 1920.)
In seinem Sammelreferat „Neuere Ergebnisse der Ana-
phylaxieforschung“ *) sagt Do err: „Ein Ueberblick iiber die
neueren Arbeiten lehrt uns zunachst, dali auch heute noch
keineTheorie iiber das Wesen der anaphylaktischen Ph&nomene
existiert, die sich allgemeiner Anerkennung erfreut.“ „DaB
die Symptome bei der klassischen anaphylaktischen Versuchs-
ordnung auf einer Reaktion zwischen EiweiBantigen und korre-
spondierendem Antikorper beruhen, gilt nach wie vor als
gesichert. u Ich werde mich im folgenden im wesentlichen
auf die Arbeiten iiber die klassische Anaphylaxie beschranken,
da der Beweis der Identitkt der verschiedenen anderen Ana-
phylaxien (z. B. Anaphylatoxin-, Pepton-, Giftanaphylaxie) noch
nicht sicher erbracht ist.
Was in meiner Arbeit auf der gegebenen Grundlage
gepriift werden soli, ist die Frage nach der gegenseitigen
Beeinflussung verschiedener Antigene im anaphylaktischen Ver-
such: d. h. es soli gepriift werden der Ausfall und Ablauf
der anaphylaktischen und antianaphylaktischen Reaktion:
1) bei der Sensibilisierung mit mehreren Antigenen,
2) bei der Reinjektion eines heterologen Serums bei einem
einfach sensibilisierten Tier, und •
3) bei mehrfachen Injektionen mit sehr groBen Dosen
eines Serums.
Die erete der drei Fragen wurde von Benjamin und Witzinger’)
in dem Sinne entschieden, da6 sie glauben, auf Grund ihrer klinischen
1) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf.. Bd. 1, 1914, p. 257.
2) Zeitechr. f. Kinderheilk., Bd. 2 u. 3, 1911.
27*
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408
Wilhelm Brack
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und experimentellen Untersuchungen „die Konkurrenz der Antigene in
Klinik und Experiment" ein biologisch begriindetes Gesetz aufzeichnen zu
konnen, das in seiner allgemein geltenden Forraulierung lautet: „Die
Reaktionen auf 2 dem Organismus einverleibte Antigene laufen nicht von-
einander unbeeinflufit nebeneinander ab.“ Was das Resultat ihrer Ver-
suche anbetrifft, formulieren sie ihre Ansicht: „Wir stellen uns nach alien
vorgebrachten Tatsachen vor, dafi bei Einfiihrung zweier Antigene in
quantitativ differenten Mengen eine Beeinflussung der gegen das niedriger
dosierte Antigen gebildeten Antikorper erfolgt." Sie zitieren zur Veran-
schaulichung dieses Gedankens einen Erklarungsversuch, den Fried -
berger fur seine Immunisierungsversuche mit verschiedenen Bakterien
gegeben hat: ,.Man braucht sich nur vorzustellen, dafi die groSeren Mengen
von Rezeptoren der ersten Bakterienart in ihrer Ueberzahl der Produktions-
kraft die Ambozeptoren liefernden Zellen derart in Anspruch nehmen, dafi
sie in ihrer Funktionstiichtigkeit geschwiicht sind und daher weniger Ambo¬
zeptoren fiir sie liefern konnen, wenn auch deren Produktionen anderen
Gruppen der betreffenden Zellen obliegen." Auch Madsen 1 ) gibt nach
den Versuchen von Jorgensen uber Immunisierung an, dafi bei Injektion
von 2 Antigenen in Zwischenriiumen von einigen Tagen die erste Ein-
spritzung in der Regel die grofite Antikorperkurve ergibt. Jorgensen 3 )
stellte ebenfalls fest, dafi die Agglutininkurve durch Injektion verschiedener
Mikroben fiir die letzten relativ germg ausfalle.
Es sind jedoch solche Versuche stcts nur mit Vorsicht zu bewerten.
da die Gesetze der Iromunisationsvorgange nicht identisch zu sein brauchen
mit denen der Anaphvlaxie. Aus den Experimenten von Benjamin und
Witzinger ergibt sich deutlich, dafi durch prophylaktische oder inter-
mediiire grofie Serumdosen der anaphvlaktische Shock verhindert, Oder
doch stark abgeschwacht werden kann. In den einen Versuchsreihen er-
halten Meerschweinchen zuerst eine prophylaktische Injektion von Pferde-
serum, meist von 1 ccm, nach 24 Stunden die sensibilisierende Dosis von
0,01 Rinderserum; zuletzt in verschieden langem Intervall 0,2 Rinderserum
intravcnos. Bei der zweiten Versuchsreihe wird die prophylaktische In¬
jektion 5—8 Tage nach der sensibilisierenden appliziert. Der Schutz der
Probeinjektion ist in beiden Reihen gegeniiber den Kontrollen evident;
bei der zweiten Reihe nimmt er mit der Verkleincrung des Intervalles
zwischen prophylaktischer und Probeinjektion deutlich ab.
Pfeiffer und Mit a 1 ) konnten bei schon voll entwickelter Sensi-
bilisierung durch Einverleibung grofier heterologer Serumdosen den Shock
verhindern. Ihre Tiere waren teils gegen Schweine-, teils gegen Pferde-
serum immunisiert. Nach Entwicklung der Anaphylaxie bekamen sie
teils Kinder-, teils Schweineserum in kompakten Dosen, also Eiweifikorper,
gegen die sie nicht empfindlich waren und auf die sie auch nicht mit
1) Technik u. Methodik d. Imraunitatsf. von Kraus u. Levaditi,
Bd. 2, p. 53.
2) Centralbl. f. Bakt., Bd. 38, p. 475.
3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 4, 1909.
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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 409
anaphylakti8chen Symptomen reagierten. Als nun zu verschiedenen Zeiten
(1—12 Tagen) den Tieren das EiweiS der era ten Vorbehandlung in Versuchs-
mengen eingebracht wurde, auf die die sensiblen Kontrolltiere intensiv
reagierten, blieb diese Injektion sowohl hinsichtlich Temperaturverhalt-
nisse als auch hinsichtlich anderer anaphylaktischer Erscheinungen vollig
wirkungslos.
Zu gleichen Resultaten kam Calvary 1 2 3 )- Er studierte die Spezifitat
des anaphylaktischen Shocks bei Hunden an der Lymphbildung und an
der Blutdrucksenkung. Beide Phanomene, die sonst regelmaBig auftraten,
blieben aus oder waren nur angedeutet, wenn er der Reinjektion des
Pferdeserums eine Injektion von Rinderserum vorangehen lieB. Calvary
berechnete nun die Schwellenwerte fur das homo- und das heterologe
Serum, d. h. die Serumdosis, die gerade das Tier vor einer weiteren, sonst
absolut todlichen Dosis, schiitzt. Diese war fiir das homologe Serum
0,3 ccm, fiir das heterologe 1,75 ccm, also fast 6mal mehr. Calvary
nennt daher die Anaphylaxie nur ein in quantitativer Beziehung spezifisches
Phiinomen.
Spritzt man dagegen mehrere EiweiBantigene zu gleicher Zeit und
in gleicher Menge ein, so ist die gegenseitige Beeinflussung nicht mehr so
eindeutig. Bessau 5 ) sensibilisierte Meerschweinchen zu gleicher Zeit und
in gleichen Quail titiiten mit zwei verschiedenen EiweiBantigenen. Nachdem
die Anaphylaxie voll entwickelt war, injizierte er eine kleine Dosis des
einen Serums und untersuchte dann den Schutz, den diese erste Injektion
fiir eine zweite, mehr um das 10-fach groBere, bot. Er fand, daB diese
doppelt sensibilisierten Meerschweinchen, wenn sie den Shock der Injektion
mit dem ersten Serum iiberstanden hatten, bei der Injektion mit dem
zweiten Serum lange nicht die gleich starken Symptome zeigten, wie die
Kontrolltiere. Und zwar waren die Symptome bei der zweiten Injektion
um so geringer, je starker der Shock bei der ersten war. Bess a u sah
daher auf Grund dieser Versuche den antianaphylaktischen Zustand als
aspezifisch an. •
Eine quantitative Auswertung solcher Versuche, wie sie Fried-
berger, Szymanowski, Kumagai und Odaira'), letzterer an passiv
sensibilisierten Tieren, ausfiihrten. zeigte hingegcn, daB der Schutz durch
ein homologes oder ein heterologes Serum sehr verschieden stark ist. Be-
sonders bei den passiv sensibilisierten Tieren ist der homologe Schutz ganz
bedeutend groBer. Nach Friedberger handelt es sich daher: „1) um
eine durch die Behandlung (Reinjektion) hervorgerufene allgemeine Re-
sistenz, 2) um die echte spezifische Antianaphylaxie.“ Und zwar gibt
Szymanowski in einem Nachtrag zu seinen Versuchen an, daB diese
Resistenz um so geringer sei, je hoher der Grad der Ueberempfindlichkeit
gegeniiber dem zweiten Serum ist, und je kleiner die antianaphylakti-
1) Munch, med. Wochenschr., 1911, No. 27.
2) Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911.
3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 14, 1912.
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410
Wilhelm Brack,
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sierende Dosis des ereten Serums war. Zu ubereinstimmenden Versuchen
kommt auch Dale 1 ), der unter anderem seine Versuche am isolierten,
doppelt sensibilisierten Muskel (Meerscbweinchenuterus)ausfuhrte. Bessau 5 )
wiederholte seine Versuche mit moglichst genauer quantitativer Ausnutzung.
Auf Grund derselben fand er, dafi ein sicherer antianaphylaktischer Schutz
gegeniiber dem homologen Serum nur bis zur 5-fach todlichen Dosis geht,
und dafi mit der 10-fach todlichen Dosis gespritzte Tiere akut starben.
Der antianaphylaktische Schutz gegeniiber dem heterologen Serum wurde
gleichfalls mit der 5-fach todlichen Dosis gepriift; er war etwas geringer;
von den 3 Meerschweinchen, die zum Versuch kamen, starben 2 akut,
eines dagegen blieb am Leben, ohne daS es einen Shock durchgemacht
hatte. Wenn sich hier also ein deutlicher Unterschied zugunsten der
Schutzwirkung gegeniiber dem homologen Serum zu erkennen gibt, so
meint Bessau, dafi sich die Grenzen beider Schutzwirkungen immerhin
beriihrten, und dafi die Resultate durch die individuelle Schwankung der
einzelnen Tiere beeinfiufit sein konnten. Beim Abklingen der Antiana¬
phylaxie nach 14 Tagen war keine Differenz zwischen homo- und hetero-
logem Schutz mehr vorhanden. Weitere Versuche an doppelt sensibili¬
sierten Kaninchen, bei denen die Antianaphylaxie nach intravenoser Re-
injektion durch Intrakutanproben, also am selben Tiere, fur beide Seren
fortlaufend gepriift werden konnte, zeigten keine Differenz zwischen
homo- und heterologem Schutz. Bei Abstufung der intravenosen Reinjek-
tionen zeigten sich nun gewisse Willkiirlichkeitcn, indem bald die Probe
fur das homologe, und bald fiir das heterologe Serum in der geringeren
Konzentration zuerst positiv wurde. Auf Grund von Prazipitationsver-
suchen mit Seren von mit Rinder- und Pferdeserum doppelt sensibilisierten
Kaninchen finden Bessau und seine Mitarbeiter'), dafi die Reinjektion
des einen Antigens nicht nur das homologe Priizipitin zum Schwinden
bringt, sondern ebenfalls auch das heterologe, wenn auch nicht in ganz
so starkem Mafie, wie das homologe. Die Differenz war in den meisten
Versuchen ziemlich geringfiigig und entsprach ungeftihr der Differenz,
wie sie bei der spezifisehen und aspezifischen Antianaphylaxie im Meer-
schweinchenversuch gefunden wurde. Die Versuche Helen iibereinstimmend
aus, gleichgiiltig, ob Rinder- oder Pferdeserum injiziert wurde. Intravenose
Injektionen von Meerschweinchenserum, mit denen die Kaninchen nicht
vorbehandelt wurden, zeigten lreinen deutlichen Einflufi auf den Priizipitin-
schwund. Bei der Serumantianaphylaxie des MenBchen, nachgewiesen durch
die Intrakutanprobe, findet Bessau ') ebenfalls keinen Unterschied zwischen
homo- und heterologer Schutzwirkung. Durch eine Serumkrankheit durch
Pferdeserum wird sowohl die bestehende Pferdeserum- als auch diegleichsam
vorhandene Rinderserumuberempfindliehkeit herabgesetzt.
1) Zit. nach Doerr in Weiehhardts Ergebn., Bd. 1, 1914, p. 315.
2) Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 74, 1914.
3) Centralbl. f. Bakt., Bd. 74, 1914.
4) Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 81, p. 183.
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Gegenseitige Beeinfluaaung tod Antigenen bei der Anaphylaxie. 411
Maaaini 1 2 ) beniitzte die von ihm schon mehrfach zu anaphylaktischen
Vereuchen beniitzte Darmmethode zu Untersuchungen an doppelt immuni-
sierten Tieren. Er kommt zur Beatatigung einer spezifischen Antianaphy-
laxie und einer aspezifiachen Resistenz.
Jedenfalls stehen sich hier Tataachen gegeniiber, die sich widersprechen
und sich zurzeit nicht von einem gemeinsamen Gesichtspunkte erklaren
laasen.
Auch in der Frage der Entstehung der Anti anaphylaxie sind die
beiden Autoren Friedberger und Besaau verachiedener Anaicht. Beasau
glaubt, dafi der Grad der Antianaphylaxie nur von der lDtenaitat dee
Shocks abhange, den es bei der desensibilisierenden Antigenzufuhr erhtten
habe. Friedberger 3 ) dagegen iat der Anaicht, dafi der Grad der Aua-
bildung der Antianaphylaxie lediglich abhange von der bei der Reinjektion
zugefiihrten Antigenmenge, deren Ort und dem Grade der dadurch be-
dingten Antikbrperabaattigung, einerlei, ob durch ihre Zufuhr schwere
Symptome ausgeloat werden, oder die Injektion in einer Weise voraichtig
erfolgt, dafi iiberhaupt daa Tier bei der Reinjektion nicht aichtbar erkrankt.
Deraelben Anaicht aind auch Doerr und Thomsen auf Grund ihrer
Vereuche an einfach senaibiliaierten Tieren.
Die oben aufgefiihrten Verauche von Benjamin und Witzinger,
Pfeiffer und Mita und von Calvary, in denen das zweite Serum erst
nach einer gewiasen Zeit nach der Injektion mit dem ereten Serum verabfolgt
wurde, haben ebenfalls eine Bedeutung fur unaere zweite Frage nach Ablauf
und Auafall der anaphylaktischen und nutianaphylnktischen Reaktion einea
einfach senaibiliaierten Meerschweinchena mit einem heterologen 8erum.
Zeigen dieae Verauche, daS eine vorherige Injektion eines heterologen
Antigens die anaphylaktiache Reaktion mit dem homologen abschwiicht,
so erfahren wir durch die folgenden Angaben, daB unter gewiasen Um-
stiinden die zweite Injektion (des heterologen Serums) schon selbst einen
anaphylaktischen Shock auslosen kann.
DieseTatsache wird zuerst voii Gay und Southhard :l ) angegeben.
Sie sensibilisierten Meerschweinchen mit Pferdeserum, Kuhmilch und
HiihnereiweiB, und konnten zeigen, dall der anaphylaktische Symptomen-
koraplex in vollster Identitat und grofiter Heftigkeit allerdings dann auf-
trat, wenn die Probe mit homologer Substanz erfolgte; doch konnten sie
bei manchen Tieren auch mit einem der zwei heterologen EiweiBkorper
eine Reaktion auslosen. Sie schlossen aus ihren Versuchen, daC die Spe-
zifitat der Anaphylaxie keine absolute sei.
Auch Weil 4 ) kommt bei seinen Versuchen zum Teil zu Reaktionen
nach heterologer Antigenzufuhr. Doch ergibt sich ana seinen Resultaten
1) Zeitschr. f. Immunitjitaf., Orig., Bd. 27, Heft 3.
2) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 14, 1912.
3) Zit. nach Doerr in Technik u. Methodik d. Immunitatsf., Bd. 2,
p. 872.
4) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. Immunitiitaf., Bd. 1,
1914, p. 273.
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412
Wilhelm Brack,
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keine Geaetzmafiigkeit. Die Starke der aspezifischen Reaktion hiingt nicht
ron der Quantitat dee reinjizierten Antigens ab, und der EinfluB der In-
jektion eines heterologen Serums auf die spezifische Reaktion scheint eben-
falls ein willkiirlicher zu sein; Tiere mit keinen oder leiehten Erscheinungen
waren gegen die homologe Injektion reeistenter als solche, die einen star-
keren aspezifischen Shock durchgemacht batten.
Wendelstadt und Fellmer 1 2 ) linden, daB passiv anaphylaktisch
gemachte Tiere nicht nur auf das zur Sensibilisation benutzte Pflanzen-
eiweifi reagiercn, sondern auch auf das EiweiB verwandter Pfianzen.
Magnus*) glaubt, daB der strenge Charakter der Spezifitat von der
Frage der Immunisierungsvorgange abhange. Je hoher der Grad der
Immunitiit getrieben wird, desto mehr seien die Antikorper imstande, auf
heterologe Antigene einzuwirken, welche dem homologen in chemischer
oder biologiseher Hinsicht nahestehen. Doerr 3 ) spricht hier die Ansicht
aus, daB dieses Gesetz wahrscheinlieh auch fiir die Anaphylaxie geltc, und
daB es denkbar ware, daB zwei Anaphylaktogene bei einem Versuch total
different, bei einem anderen verwandt erscheinen, je nachdem der Grad
der EiweiBimmunitat bei den beniitzten Versuchstieren gering- oder hoch-
gradig war.
Auch fiber die dritte Frage nach der Beeinflussung der Anaphylaxie
durch mehrere sehr groBe Dosen eines Serums finden wir in der Literatur
schon verschiedene Angaben. Auf die Tatsache, daB durch geniigend
groBe Antigeninjektionen die Inimunitiit sich nicht immer weitersteigern
lasse, haf schon Madsen 4 5 ) aufmerksam gemacht. Er sagt, man mfisse
den Umstand beriicksichtigen, daB der Organismus zu diesem oder jenem
Zeitpunkte trotz fortgesetzter Antigeninjektionen keine Antikorper mehr
zu reproduzieren vermoge, es sei als ob das Produktionsvermogen er-
miidet sei.
Thomsen ') hat durch seine Vcrsuche mit passiv sensibilisierten
Meerschweinchen fiir die Anaphylaxie dasselbe gezeigt. Je 5 Tiere wurden
in allmiihlich aufsteigenden Mengen von 0,1—4 ccm mit Kauinchen-Anti-
pferdeserum passiv anaphylaktisch gemacht. 48 Stunden nach der sensi-
bilisierenden Dosis erfolgte eine Reinjektion von Pferdeserum. Es wurde
fiir jede der verschieden sensibilisierien Gruppen die Dosis letalis minima
festgestellt, aus der sich dann der Grad der Sensibilitiit ergab. Wir sehen
aus der graphischen Daretellung dieser Versuche, daB die Kurve zuerst
allmiihlich, dann steiler ansteigt, bis die Sensibilitat durch die sensibili-
sierende Dosis Serum von 2,0 ccm das Maximum erreicht. Trotz hoherer
Dosen bis zu 4 ccm wird keine hohere Sensibilitat erreicht, sondern die
Kurve verlauft horizontal vom Maximalpunkte weg.
1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 8, 1910.
2) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1,
1914, p. 275.
3) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1. 1914, p. 275.
4) Technik u. Methodik d. Immunitatsf., Bd. 2, p. 50.
5) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 26, 1917.
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Gegeneeitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 413
Werden nun die Sensibilisierungsdosen noch weiter erhoht, so findet
sogar eine Abnahme der Sensibilitat statt. Doerr 1 2 ) gibt in seinen
neueren Ergebnissen der Anaphylaxieforschung an, daB Meerechweinchen,
die in kurzen Intervallen mit groBen Dosen eines Eiweiflantigens vorbehandelt
wurden, eine Zeitlang gegen Antigenreinjektionen absolut oder doch relativ
refraktar bleiben. Dale 3 ) fand, daft solche „immune“ Meerechweinchen
noch nach 3 Monaten gegen eine intraperitoneale Injektion von Pferde-
serum unempfindlich waren. Der Uterus solcher Meerechweinchen ist nach
Dale hypersensibel, aber die Spezifitiit ist eine geringere, als bci den auf
gewohnliche Weise anaphylaktisch gemachten Tieren. Die heterologe In¬
jektion war aber immerhin entschieden schwiicher.
Nach WeiP) hatten die zirkulierenden Antikorper den Organismus
geschiitzt und eine allmahliche Desensibilisierung der Gewebe vernreacht.
Er glaubt, daB eine Vereinigung von Antigen und Antikorper in der Zir-
kulation iiberhaupt keine Schiidigung des betreffenden Tieres verureache,
sondern im GegenteQ der zirkulierende Antikorper die Zellen vor der Ein-
wirkung des Antigens schiitze, indem er es neutralisiere.
Auf etwas andere Weise sucht Thomsen 4 ) das Phiinomen zu er-
kliiren. Er meint, daB die Hemmung in der Sensibilitatsentwicklung bei
der aktiven .Sensibilisierung mit sehr groBen Antigendoseninjektionen in
der priianaphylaktischen Periode eher daher riihre, daB hierdurch auBer
dem Anaphylaxieantistoff noch andere Antistoffe produziert wiirden, oder
andere physische Veriinderungen in den Antistoff produzierenden Zellen
eintreten, so daB die Reaktion zwischen Antigen und Antistoff durch diese
parallel laufenden Prozesse verhindert wiirden.
M e i n e Versuche 5 ).
Meine Versuche sind eine Weiterfiihrung und Erweiterung
der Versuche von Massini 6 ), weshalb ich, was die allgeineine
Ausfiihrung der Dannniethode anbelaugt, auf diese Arbeiten
und auf die seines Schulers Ban 7 ) verweise.
1) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1, 1914, p. 286.
2) Zit. nach Doerr, ebenda.
3) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. .Immunitatsf., Bd. 1,
1914, p. 286.
4) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 26, 1917, p. 252.
5) Verzeichnis der bei den Versuchen angewendeten Abkiirzungen:
Mee = Meerechweinchen, Hs = Hammelserum, Pfs = Pferdeserum, Mss =
Menschenserum, ip. = intraperitoneal, subkut. = subkutan, Tr. = Tropfen.
Unter Inkubationszeit verstehen wir die Zeit zwischen der letzten Sensi-
bilisierungsgabe und dem Versuch.
6) Zeitschr. f. Immunitiitsf., Orig., Bd. 27, Heft 3.
7) Ban, Inaug.-Diss. Basel, 1918.
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414
Wilhelm Brack.
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Zu Versuchstieren wurden ebenfalls Meerschweinchen
beniitzt.
Zur Beurteiluug der in den folgenden Versuchen erhal-
tenen Kurven mochte ich noch kurz an die Grenzen der
Leistungsfahigkeit der Darmmethode erinnern. Es haben sich
bier Gesetzm&Bigkeiten ergeben, die zuerst von Guggen¬
heim 1 ) zur Bewertung der Empfindlichkeit des Darmes auf
versckieden starke chemische Gifte angegeben wurden, und
dann von Massini 2 ) auf die anaphylaktische Reaktionsfahig-
keit des doppelt sensibilisierten Darmes angewendet wurden.
Der Tonus der Darmmuskulatur, der durch einen ersten Reiz
erhoht wurde, kann zum zweiten Male nur durch einen star-
keren Reiz nochmals gleichstark erhbht werden. Eine jede
Reaktion bedeutet eine Schadigung des Darmes, die an sich
eine aspezifische Abnahme der Reaktionsfahigkeit bedingt. Es
kann daher schon eine starke Reaktion einen dreifach sensi¬
bilisierten Darm reaktionslos maclien, so dad er auf die beiden
anderen entsprechenden Antigene niclit mehr anspricht. Es
handelt sich hierbeialso nicht urn eine Antianaphylaxie, sondern
nur um eine Reaktionslosigkeit des Darmes, hervorgerufen
durch die Schadigung des anaphylaktischen Shocks. Auf Darm-
gifte reagieren solche Darme meistens noch recht gut. Es
ist die anaphylaktische Reaktionsfahigkeit am leichtesten zu
schadigen.
I. Versuche mit Meerschweinchen, die mit drei
verschiedenen Seren (Hs, Pfs, Mss) zugleich sen-
sibi 1 isiert wurden.
1. Versuch: Am 3. VI. 1919.
Mee Vil li sensibilisiert.
Am
28.
XII. 1918 mit
2,0
ccm
Hs
ip.
11
4.
I. 1919
11
0,5
ii
Hs
subkiit.
11
4.
I.
11
1,0
ii
Hs
ip.
11
17.
I.
11
2,0
it
Pfs
ip.
11
24.
I.
0,5
ii
Pfs
subkut.
11
24.
I.
11
1,0
ii
Pfs
ip.
ii
7.
IT.
11
2,0
ii
Ms8
ip.
14.
II.
11
0,5
ii
Mss
subkut.
11
14.
II.
11
1.5
ii
Mss
ip.
1) Therapcutische Monatsheftc, 29. Jahrg., Nov. 1915.
2) Zeitschr. f. Immunitiitsf., Orig., Bd. 27, Heft 3.
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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 415
Die Gesamtdosis jedes einzelnen Serums betrfigt somit
3,5 resp. 4 ccm fflr das letzt eingespritzte Serum. Die Gesamt¬
dosis aller drei Seren 11 ccm, die Sensibilierungszeit 48 Tage,
die Inkubationszeit 119 Tage.
Kurve 2.
Kurve 3.
Kurve 1, 2 und 3 zeigen eine deutliche Reaktion auf
Zusatz von Hs resp. Pfs oder Mss. Bei Kurve 1 und 2 ist
die 1. Reaktion sehr stark, es erfolgt auf eine zweite Zugabe
keine Reaktion mehr.
Bei Kurve 3 folgt auf die erste leichte Reaktion durch
Mss eine deutliche zweite Reaktion durch Hs. Eine dritte
Reaktion auf Pfs wurde nicht mehr ausgelost.
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416
Wilhelm Brack,
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2. Versuch: Am 9. VII. 1919.
Mee VII/16 sensibilisiert.
Am
3. I.
1919 mit einer Mischung von Mss, Hs und Pfs 2,0
ccm
ip.
•y
10. I.
yy
dgl.
0,5
yy
subkut.
10. I.
yy
yy
1,5
yy
ip.
yy
17. I.
yy
0,5
yy
subkut.
yy
17. I.
yy
yf
1,5
yy
ip.
yy
31. I.
yy
yy
0,5
yy
subkut.
yy
31. I.
yy
yy
1,5
yy
ip.
yy
7. II.
yy
yy
0,5
yy
subkut.
•y
7. II.
yy
yy
1,5
yy
ip.
yy
14. II.
yy
yy
0,5
yy
subkut.
yy
14. II.
yy
yy
1,5
yy
ip.
Die Gesamtdosis der 3 Seren, die stets gemischt injiziert
wurden, betragt 12 ccm; die Sensibilisierungszeit 42 Tage,
die Inkubationszeit 145 Tage.
/
^ V**- V, 'v
|
\J ' ' ' •-
2TrPfs
1 Q5Mss
• Kurve 4.
Kurve 4 Fortsetzung.
Kurve 4 zeigt eine dreimalige Reaktion des gleichen
Darmstiickes auf alle drei zur Sensibilisierung verwendeten
Seren.
3. Versuch: Am 4. VIII. 1919.
Mee VII/34 sensibilisiert.
Am 11., 18. und 25. VI. 1919 mit je 0,5 ccm Hs, Pfs und Mss.
Die Einzelserumdosis betragt soinit 0,5 ccm, die Gesamt-
serumdosis 1,5 ccm; die Sensibilisierungszeit 14 Tage; die
Inkubationszeit 40 Tage.
Kurven 5 — 7 zeigen in gleicher Weise wie Kurven 1
bis 3 (1. Versuch) eine Reaktion auf die drei zur Sensibili-
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iO
o
►
lx
CD
t-
53
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sierung verwendeten Seren. Zur Sensibilisierung wurden we-
niger grofie Dosea verwendet. Trotzdem sind die Ausschlage
ebenso deutlich wie im ersten Versuch. Es zeigen diese
Kurven auBerdem, daB nach einer Reaktion mit Hs, mit dem
das Meerschweinchen zuerst sensibilisiert wurde, durch Pfs
keine Reaktion niehr hervorgerufen wird; umgekehrt aber Hs
eine Reaktion verursacht, nachdem schon Pfs eine Reaktion
hervorgerufen hat (vgl. Kurve 6 u. 7).
4. Versuch: Am 1. IX. 1919.
Mee VII/31 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/34 (3. Versuch).
Die Reihenfolge der zur Sensibilisierung verwendeten Seren ist dagegen
Mss, Pfs, Hs; die Inkubationszeit 68 Tage.
Kurve 8 zeigt eine starke Reaktion auf 5 Tropfen Hs,
nach langerer Zeit ergibt ein Zusatz von 1,0 Menschenserum
eine deutliche zweite Reaktion.
Kurve 9 vom gleichen Mee zeigt, daB bei langsainem
Zusatz von steigenden Dosen von Hs eine Antianaphylaxie
auch oline Shock entsteht. Selbst die letzte Dosis von 0.5 Hs
ergibt nicht die geringste Reaktion. Auf Zusatz von 1,0 Mss
nach ungefahr gleich groBem Zeitintervall wie bei Kurve 8
erfolgt eine zieinlich gleichstarke Reaktion wie bei Kurve 8.
Die Absattigungsdosis betragt somit bei Kurve 9 bei Um-
gehung des Shocks ungefahr das Dreifache wie bei Kurve 8.
Kurve 10 zeigt eine starke Reaktion durch Mss, mit
dem das Mee zuerst sensibilisiert wurde. Kurve 8 zeigt noch
eine zieinlich starke Reaktion auf Mss, trotzdem durch Hs
schon eine ziemlich starke Reaktion eintrat. Kurve 9 zeigt
dasselbe bei Umgehung des Shocks. Eine Reaktion auf Mss
nach einer Reaktion durch Hs trat in den anderen Versuchen
selten ein.
Kurve 9 zeigt uns ferner die interessante Tatsache, daB
die allmahliche Zugabe (also bei Umgehung des Shocks) von
1 und 3 Tr. Vioo Hs, 2 und 5 Tr. V 2 o Hs, 3 Tr. y i0 , 1 und
4 Tr. und 0,1 ccm Hs eine so starke homologe Antianaphylaxie
fiir Hs hervorruft, so daB 0,5 ccm homologen Hs nicht die
geringste Reaktion mehr hervorruft. Nach der Zugabe von
diesen 0,5 ccm Hs, also nach einer Gesamtdosis von ca. 0,7 ccm
Hs, zeigt der Darm eine immerhin noch recht gute Reaktion
auf 1,0 ccm Mss. Es ist also die spezifische Antianaphylaxie,
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[Tj Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 419
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Kurve 8 Fortsetzung.
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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei dcr Anaphylaxie. 421
hervorgerufen durch ca. 0,2 ccm Hs, fiir 0,5 ccm Hs eine voll-
st&ndige. Dagegen reagiert der Darm (fur Hs vollkommen
abgesattigt) auf Mss, mit dem es ebenfalls sensibilisiert wurde,
noch recht gut.
5. Versuch: Am 2. IX. 1919.
Mee VII/33 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/34 (3. Versuch).
Die Reihenfolge der zur Sensibilisierung verwendeten Seren ist dagegen
Pfs, Mss, Hs; die Inkubationszeit 69 Tage.
Kurve 11 zeigt wie Kurve 9 eine deutliche Reaktion auf
1,0 Mss. Der Darm ist vorher fflr Pferdeserum vollst&ndig
abgesSttigt worden durch die langsame Zugabe von 1, 2 und
5 Tr. Vioo Pfs, 1, 5 und 6 Tr.
V 20 Pfs, 1 , 3 und 6 Tr. Vio Pfs,
1 Tr., 0,1, 0,3, 0,5 ccm Pfs. Alle
Zugaben, auch die letzte groBe
Pfs-Zugabe von 0,5 ccm, gelang
uuter vollstandiger Vermeidung
einer Shockwirkung. (Der erste
Teil der Kurve, der die AbsSLt-
tigung fiir Pfs zeigt, wurde, urn
Platz zu sparen, weggelassen.)
Kurve 12 wurde zum Vergleich zu Kurve 11 beigegeben.
Sie zeigt, daB ein Darmstiick (desselben Tieres VII/33), das
jVLi
w\/
1,0 Mss
Kurve 11.
Kurve 12.
noch keine Serumzugabe erhalten hat, auf Zusatz'von .3 Tr-
Mss starker reagiert, als das Darmstiick von Kurve 11, bei
dem zwar kein Shock stattgefunden hatte, wohl aber eine Ab-
sattigung mit Pfs.
Zeltichr. f. IrnmnnltSUforschiing. Grig. Brt. 31. 28
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/>L.
422
Wilhelm Brack,
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Kurve 15.
Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 423
Diese AbsSttigung mit Pfs verursacht also auch ohne
Shock eine Verminderung der Reaktion (aspezifische Re-
sistenz).
II. Versuche mit Meerschweinchen, die mit mitt-
leren Dosen eines Serums sensibilisiert wurden.
6. Versuch: Am 7. VIII. 1919.
Mee VII/40 BenBibilisiert mit Hb.
Am 12. VI. 1919 2,0 ccm ip.
„ 26. VI. „ 0,5 „ subkut.
„ 26. VI. ., 1,0 „ ip.
Die Gesamtdosis betragt somit 3,5 ccm, die Sensibili-
sierungszeit 14 Tage, und die Inkubationszeit 42 Tage.
Kurve 13 ist die Kurve eines stark sensibilisierten Mee;
auf 1 Tr. Vio Hs entsteht schon eine starke Reaktion, aber
keine vollstandige Absattigung, da auf Zusatz von 2 Tr. Hs
nach ziemlich langer Zeit eine noch st&rkere zweite Reaktion
erfolgt. 0,5 ccm Mss und 0,5 ccm Hs spater hinzugefiigt
haben keine Wirkung mehr.
Kurve 14. Beim Darmsttick dieses stark sensibilisierten
Tieres lost 0,5 ccm heterologen Mss eine deutliche Reaktion
aus, die aber fttr Hs keine Antianaphylaxie bedingt. 1 Tr. Hs
gibt eine deutliche zweite Reaktion.
Kurve 15 zeigt das gleiche, wie Kurve 12 mit 1,0 Mss.
Bei Kurve 16 wurde 2mal 1,0 heterologen Mss zu-
gefiigt. Auf die erste Zugabe erfolgte eine deutliche Reaktion,
auf die zweite nicht mehr, dagegen ist die Reaktion auf 2 Tr.
Hs auGerst gering.
Diese nichtspezifischen Reaktionen lassen sich nur aus-
losen durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums und
nur bei sehr stark sensibilisierten Tieren.
Kurve 17 ist ein analoger Versuch wie Kurve 14, statt
Mss wurde 2mal 1,0 Pfs gegeben.
III. Versuche mit Meerschweinchen, die mit sehr
groBen Dosen eines Serums sensibilisiert wurden.
7. Versuch: Am 6. VIII. 1919.
Mee VII/27 sensibilisiert.
Am 6. VI. 1919 mit 2,0 ccm Hs ip.
, 13. VI. „ „ 0,5 „ subkut.
28*
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Kurve 17 Fortaetzung.
424
Wilhelm Brack,
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Gegenseitige fieeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 425
Am
13.
VI.
1919
mit 1,0
ccm
Hs
ip.
ff
20.
VI.
f)
M
0,5
ff
ff
subkut.
ff
20.
VI.
ff
1.5
ff
ff
ip.
If
27.
VI.
ff
ff
0,5
ff
ff
subkut.
ff
27.
VI.
ff
ff
1,0
ff
ff
ip.
ff
4.
VII.
ff
ff
0,5
ff
ff
subkut.
ff
4.
VII.
ff
ff
1,5
ff
ip.
ff
11.
VII.
ff
0,5
ft
ff
subkut.
ff
11.
VII.
ff
ff
1,0
ff
ip.
Die Gesamtdosis betragt soinit 10,5 ccm; die Sensibili-
sierungszeit 35 Tage, die Inkubationszeit 26 Tage.
Kurve 18.
Kurve 18: Trotzdem das Tier mit sehr groBen Dosen
Hs sensibilisiert wurde, zeigt der Darm nur eine kleine Re-
aktion auf 2 Tr. Hs. Auf spiiteren Zusatz von 0,1 und 1,0 Hs
erfolgt keine Reaktion mehr. Also kleine Reaktion und leichte
Absattigung.
8. Versuch: Am 6. VIII. 1919.
Mee VII/25 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mce VII 27 (6. Versuch),
aber mit Mss. Die Inkubationszeit betriigt cbenfalls 26 Tage.
Kurve 19: zeigt das Gleiche wie Kurve 16 (6. Versuch).
----
' 2TrMss •
Kurve 19.
•
—----
~
1 0,5Pfs
Kurve 19 Fortsetzung
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426
Wilhelm Brack,
Kurve 20 zeigt, daB hier bei schwach reagierendem
Darme keiDe aspezifische Reaktion auf Pfs erfolgt (vgl. Kurve 18
und Kurve 15).
4
-
1
Q5 Pfs
4
1 0,1 Mss
Kurve 20.
9. Versuch: Am 25. VIII. 1919.
Mee V1I/25 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/24 (7. Versuch),
ebenfalls mit Mss. Die Inkubationszeit betragt 50 Tage.
Kurve 21: Audi eine Verlangerung der Inkubationszeit
von 26 auf 50 Tage hat keine Verstarkung der Reaktion zur
i
•iTrMas
1 0,5 Mss
Kurve 21.
Folge. Die Kurve zeigt eine minimale Reaktion des mit
hohen Dosen sensibilisierten Mee-Darmes auf 1 Tr. Mss und
vollstandige Absattigung, so daB ein zweiter Zusatz von 0,5 ccm
Mss keine Reaktion mehr auslost.
Kurve 22: 0,2 Mss gibt eine etwas starkere, aber immer-
hin noch schwache Reaktion.
Kurve 22.
Kurve 23 zeigt, daB 0,5 ccm heterologen Hs keine
Reaktion auslost; die ziemlich groBe Dosis von 0,5 Mss er-
gibt eine den vorigen Kurven entsprechende Reaktion. Dieses
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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 427
Darmstuck eines mit sehr groBen Dosen vorbehandelten Tieres
reagiert also wenig, ist „immun“. Solche immune Darmstucke
reagieren gar nicht auf lieterologe Seren. Die Sensibilit&t
Q5Hs
Kurve 23.
fur spezifische Seren ist zwar an sich gering, wird aber durch
eine vorherige Zugabe von heterologem Serum nicht herab-
gesetzt (siehe auch Kurve 20).
Besprechung.
Wie schon Bessau und Friedberger und ihre Mit-
arbeiter und Mas sin i gezeigt haben, lassen sich Meer-
schweinchen mit mehreren verschiedenen Seren gleichzeitig
sensibilisieren. Die Tatsache, daB sich Meerschweinchen mit
3 verschiedenen Seren gleichzeitig sensibilisieren lassen, er-
gibt sich aus unseren Versuchen der ersten Versuchsreihe,
und zwar daraus, daB von drei verschiedenen Darmstiicken
eines dreifach sensibilisierten Tieres jedes leicht auf eines der
drei Seren reagiert. Man kann ferner bei einem solchen
Darmstuck auf die Zugabe von 2 resp. alien 3 Seren Reak-
tionen erzielen. DaB dies nicht ohne weiteres gelingt, ist
aus den p. 414 angegebenen Bemerkungen iiber die Grenzen
der Leistungsfahigkeit des einzelnen Darmstuckes bei der
Darmmethode ersichtlich.
Aus den gleichen Griinden ergibt sich auch, daB bei
diesen Versuchen die Abnahme der Reaktionsfahigkeit des
Darmes zum groBen Teil durch die Darmschadigung infolge
des Shocks bedingt sein kann. Dadurch wird eine aspezifische
Antianaphylaxie vorgetauscht.
Die Spezifitiit der Antianaphylaxie ergibt sich durch unsere
Versuche ohne weiteres. Bei Zugaben eines Serums schon
in relativ geringen Dosen von 0,2—0,3 ccm ist der Darm
nach kurzer Zeit vollstandig antianaphylaktisch fur das gleiche
1 0,5 Mss
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428
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Serum, nicht aber fur ein anderes Serum, mit dem das Tier
ebenfalls in gleicher Weise sensibilisiert wurde.
DaB aber nebeu der spezifischen Antianaphylaxie eine
aspezifische Antianaphylaxie tatsachlich auch vorkommt, lfiBt
sich durch die Darmmethode ebenfalls nachweisen. Wenn ein
Darmstfick, das schon einmal spezifisch auf ein Antigen rea-
giert hat, auf ein zweites, mit dem es ebenfalls sensibilisiert
wurde, weniger oder gar nicht mehr reagiert, so konnte man
aus den oben angeffihrten Grilnden glauben, daB der Shock
des Darmes die Ursache fiir das Nichtreagieren auf das zweite
Antigen sei. Eine Herabsetzung der Sensibilitat fiir ein zweites
Serum durch die Zugabe eines ersten ist aber auch bei Um-
gehung des Shocks moglich durch langsame Absattigung des
Darmes fiir das erste Serum. Nur ist in diesem Falle eine
viel groBere Dosis zur Absattigung des ersten Serums und
zu einer entsprechenden Herabsetzung der Sensibilitat fur das
zweite Serum nfitig. Die vorliegenden Versuche zeigen also
deutlich einen groBen quantitativen Unterschied zwischen der
aspezifischen und der spezischen Antianaphylaxie. Sie besta-
tigen die Ansicht von Fried berger und seineu Mitarbeitern
und von Massini. Wir stehen somit in direktem Gegensatz
zu der p. 409ff. angegebenen Anschauung von Bessau und
seinen Mitarbeitern, die einen Unterschied zwischen spezi-
fischer und aspezifischer Antianaphylaxie nicht anerkennen.
Durch unsere Darinversuche laBt sich wenigstens die p. 411
wiedergegebene Ansicht Bessaus fiber die Entstehung der
Antianaphylaxie direkt widerlegen. Bessau glaubt, daB der
Grad der Antianaphylaxie lediglich von der Intensitfit des
Shocks abhange. Durch den Vergleich unserer Resultate der
Versuche mit Shockwirkung mit denen mit Umgehung des
Shocks mtissen wir unbedingt der Ansicht Friedbergers
beipflichten, daB der Grad der Antianaphylaxie lediglich ab-
hfinge von der bei der Reinjektion zugeffihrten Antigenmenge,
deren Ort und dem Grade der dadurch bedingten Antikorper-
absattigung, eiuerlei, ob durch ihre Zufuhr schwere Symptome
ausgelost werden oder die Injektion in einer Weise vorsichtig
erfolgt, daB Uberhaupt das Tier bei der Reinjektion nicht
sichtbar erkrankt.
Bei den Versuchen der ersten Versuchsreihe sehen wir,
daB im allgemeinen die Reaktion auf dasjenige Antigen je-
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Qegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 429
weilen am starksten ist, mit dem das Tier zuerst sensibilisiert
wurde. Das erst eingefiihrte Antigen ruft im Darmversuch
die groBte Zuckung hervor und sattigt auch am meisten ab.
Die Behauptung von Benjamin und Witzinger von der
Konkurrenz der Antigene erhalt durch die vorliegenden Ver-
suche eine weitere Stiitze. Man darf wohl annehmen, es er-
folge (ceteris paribus) auf die erste Antigeninjektion die grbBte
Antikorperproduktion.
Eine Injektion von Serumgemischen (Hs, Pfs und Mss)
scheint eine ziemlich gleichmafiige Sensibilisierung gegeniiber
den drei Seren zu erzeugen.
Es scheint ferner, dad die Sensibilisierung gegeniiber
Hammelserum etwas leichter gelingt, als gegeniiber Pferde-
serum oder Menschenserum, doch sind unsere Versuche nicht
zahlreich genug, urn ein eindeutiges Urteil dariiber fallen zu
konnen.
Aus den Resultaten der zweiten Versuchsreihe sehen wir,
daft man bei einem hochsensiblen einfach sensibilisierten Darme
durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums einen aspe-
zifischen anaphylaktischen Shock hervorrufen kann. Derselbe
kann zugleich unter Umstanden eine Herabsetzung der Sensi¬
bility fur das homologe Serum herbeifiihren. Nbtig zu diesen
Versuchen sind einfach sensibilisierte Tiere, die einen sehr
hohen Grad von Empfindlichkeit besitzen. Bei unseren Ver¬
suchen war der Darm so empfindlich, daB er schon auf einen
Tropfen eines 10-fach mit Ringerlosung verdiinnten homologen
Serums mit einer starken Reaktion antwortete. Um dagegen
bei einem Darmsttick desselben Darmes eine aspezifische Re¬
aktion zu erzeugen, war mindestens die sehr groBe Dosis von
0,5 ccm heterologen Serums notig. Eine Herabsetzung der
Sensibility fur das homologe' Serum nach der Zugabe des
heterologen war bei der Dosis von 0,5 ccm noch nicht bemerk-
bar. Die zweimalige Zugabe von 1,0 ccm heterologen Serums
hat dagegen eine sehr starke, eventuell totale Herabsetzung
der Reaktionsfiihigkeit zur Folge. Hierzu ist noch zu be-
merken, daB die aspezifische Reaktion auch auf die Dosis von
1,0 ccm hochstens eine maBige war. Es hat also die Darm-
schadigung durch den Shock an der Herabsetzung der Sensi¬
bility nur einen geringen Anted. Unsere Resultate sind
somit eine Bestatigung der Versuche von Pfeiffer und Mita,
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430
Wilhelm Brack,
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von Calvary, von Wendelstadt und F el liner, Gay
und Southard und von Weil, die zeigen, daB ein Ueber-
greifen von Antigen auf heterologe Antikorper moglich ist,
und sogar zur Auslosung eines Shocks fiihren kann. Auch
die Anschauung Do errs, daB das Uebergreifen eines Anti¬
gens auf heterologe AntikSrper von dem Grade der Sensibili-
sierung abhange, stimmt mit unseren Versuchen iiberein. Wir
konnen also der Ansicht Calvarys beistimmen, der die Ana-
phylaxie nur ein in quantitativer Beziehung spezifisches Ph£-
nomen nennt, miissen zugleich aber auch auf die enornie
quantitative Differenz hinweisen, die wir bei der Auslosung
des spezifischen und aspezifischen Shocks konstatieren.
Aus der dritten Versuchsreihe sehen wir, daB man die
Anaphylaxie nicht beliebig steigern kann durch die Injektion
wiederholter sehr groBer Dosen. Wir stimmen darait iiberein
mit Doerr, Weil, Dale un(i Thomsen. Unsere mit sehr
groBen Dosen (10,5 ccm) vorbehandelten Tiere zeigen nach
verscliiedenen Inkubationszeiten (26 und 50 Tage) nur eine
sehr geringe Reaktionsfahigkeit. Die Reaktionsfahigkeit ist
ganz bedeutend viel geringer, als bei Sensibilisierung mit
mittleren Dosen (3,5 ccm). Es entsteht bei diesen mit sehr
hohen Dosen sensibilisierten Tieren beinahe eine Reaktions-
losigkeit, die wir als beginnenden Immunitatszustand bezeichnen
mochten. Bei solchen Darmstiicken gelingt die Absattigung
sehr leicht schon durch kleine Dosen des Antigens. Selbst
durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums findet
keine Reaktion statt, auch hat die Zugabe des heterologen
Serums auf die folgende homologe Reaktion keinen EinfluB.
Eine aspezifische Reaktion und eine aspezifische Resistenz
liefi sich bei diesen Versuchen nicht nachweisen. Wir sind
hier im Gegensatz zu Dale, der beim Uterus solcher n immuner“
Tiere eine geringere Spezifit&t fand.
Zusammenfassung.
Anaphylaxieversuche am Meerschweinchendarm.
1) Es lassen sich Meerschweinchen leicht mit drei ver-
schiedenen Seren anaphylaktisch machen.
2) Die Reaktion ist im allgemeinen am starksten auf das-
jenige Antigen, mit dem zuerst sensibilisiert wurde.
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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 431
3) Es besteht ein deutlicher quantitativer Unterschied
zwischen spezifischer Antianaphylaxie und aspezifischer Anti-
anaphylaxie.
4) Die Injektion eines heterologen Serums kann bei hoch-
sensiblen Tieren einen anaphylaktischen Shock hervorrufen.
Dieser aspezifische Shock ist stets ganz bedeutend geringer,
als der spezifische. Der aspezische Shock kann zugleich eine
Herabsetzung der Reaktionsfahigkeit fur das homologe Serum
verursachen.
5) Mehrmalige Injektionen von sehr grofien Dosen
desselben Serums haben nur eine geringe Sensibilit&t zur
Folge (Entstehung einer ImmunitSt).
Zum SchluB raochte ich nicht verfehlen, Herrn Professor Dr. Rudolf
Mass ini fur seine Anregung zu dieser Arbeit, sowie fur seine Ratschlage
und seine Hilfe in theoretischen und praktischen Fragen meinen beaten
Dank auszusprechen.
Nachdruck verboten.
Aus dem Allgeineinen Krankenhaus Hamburg-Barmbeck.
Direktor: Prof. Dr. Th. Rumpel. (Bakteriolog.-serolog. Abteil.
Leiter: Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz.)
Ueber die Branchbarkeit eholesterinlerter Rinderherz-
extrakte bei der Serodiagnostik der menschlichcn Syphilis.
I. Der EinfluB des Cholesterinzusatzes auf den Ausfall der
Wassermannschen Reaktion.
Von Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz.
(Eingegangen bei der Redaktion am 28. Oktober 1920.)
Die theoretische Auffassung der Wasserm an n scheu
Reaktion als einer spezifischen Antigen - Antikorperreaktion
zwischen den Reaginen des Syphilitikerserums und den Spiro-
chaten der urspriinglich verwendeten wasserigen Luesleber-
extrakte muB durch die Feststellung der Alkoholloslichkeit
der wirksamen Extraktkomponente als endgflltig erschiittert
gelten, wenngleich manche Autoren, wie Citron u. a., auch
heute noch an einem spezifischen Anteil der Reaktion fest-
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Fr. Graetz,
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halten zu mlissen glauben. Dieses Festhalten an der alten
Lehre dokumentiert sich vor allem auch darin, daB sowohl
von der W assermannschen Schule, wie auch von zahl-
reichen anderen Autoren, die Verwendung alkoholischer Ex-
trakte, die aus den Lebern syphilitischer Foten gewonnen sind,
bevorzugt und den sogenannten Normalextrakten nur eine
bedingte Brauchbarkeit zuerkannt wird.
Leider entsprechen sich aber beziiglich der echten Lues-
leberextrakte Angebot und Nachfrage heute in keiner Weise
mehr, und selbst groBe Anstalten, wie unser Krankenhaus,
sehen sich trotz ihres groBen Materiales zuweilen vor be-
trachtlichen Schwierigkeiten in der Beschaffung Solcher Anti¬
gene gestellt, wenn anders nicht die teueren kauflichen Anti¬
gene der Seruminstitute bezogen werden sollen.
Nun ist es seit langem bekannt und in zahlreichen ex-
perimentellen Studien zur Gentige erhartet, daB fiir die Syphilis-
diagnostik im Wasserraannschen Versuch die Verwendung
syphilitischer Organextrakte keineswegs die unerliiBliche Vor-
bedingung ist, daB vielmehr auch alkoholische Extrakte aus
menschlichen und tierischen Normalorganen als vollwertige
Antigene bei der Luesdiagnose Verwendung finden konnen,
wenn auch die Emptindlichkeit der Normalorganextrakte gegen-
iiber den Luesleberextrakten vielfach als niedriger gelten muB.
Das liegt offenbar daran, daB manche normale Organe die
wirksamen Stoffe in weniger stark aufgeschlossener Form und
daher in einem fiir die LipoidlSsungsmittel weniger leicht an-
greifbaren Zustande enthalten, als die in der Regel stark ver-
anderten syphilitischen Organe. Das gilt allerdings nicht oder
doch nur in beschranktem MaBe fiir das Rinderherz, welches
die wirksamen Stoffe nicht nur in ausreichender Menge, sondern
auch in leicht loslicher Form enth< und bei alkoholischer
Extraktion regelmaBig gut wirksame Antigene liefert, welche
von Haus aus eine groBe Konstanz zeigen und bei geeigneter
Einstellung den besten Luesleberextrakten durchaus gleich-
wertig erscheinen.
Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, daB auch
gut wirksame Luesleberextrakte keineswegs den Inbegriff eines
vollwertigen Antigens darstellen, und das haufige Versagen
der genannten Antigene bei klinisch sicheren Luesfallen hat
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434
Fr. Graetz,
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Antigenen, aus der unspezifischen Hemmungszone herauszu-
kommen, ohne daB die Empfindlichkeit der Reaktion an sich
geschadigt wird. Ich kann auf Grund langjahriger Erfahrungen
an einem groBen Untersuchungsmaterial Sachs in seiner Vor-
liebe fQr die Cholesterinextrakte durchaus beistimmen, und
mochte diese Antigene, die sich auch in unserem Betriebe
aufs beste bewahrt haben, bei der serologischen Syphilis-
diagnostik ebenfalls nicht mehr missen.
Selbstverstandlich ist es fur die Einstellung der Extrakte
nicht angSngig, etwa einem beliebigen Normalextrakt eine
ebenfalls beliebige Menge an Cholesterin zuzusetzen und ihn
dann ohne weiteres in den Versuch einzustellen. Das miiBte
unbedingt zu diagnostischen Irrtumern ffihren. Fiir jeden
Extrakt ist ein optimaler Zusatz an Cholesterin erforderlich,
welcher erst in der von Sachs angegebenen Weise ermittelt
werden muB. Ein einfaches Mischungsverh<nis, welches fiir
alle Extrakte Giiltigkeit besitzt, laBt sich, wie ja auch Sachs
betont, leider nicht angeben, wenn auch nach meinen Erfah¬
rungen ein Zusatz von 1 Prom. Cholesterin zu gleichmaBig
hergestellten Stammextrakten in der Regel die besten Bedin-
gungen fur die Extrakte zu bieten scheint. Die Herstellung
groBerer Meugen eines gleichm&Bigen Stammextraktes wird
im allgemeinen sicher nicht auf besondere Schwierigkeiten
stoBen, und hat dabei den Vorzug, daB man auf lange Zeit
hinaus mit einem gleichmaBig wirksamen Antigen eingedeckt
ist, dessen zunehmende Erprobung an einem wachsenden
Material gleichzeitig auch die Sicherheit der Diagnose erhoht,
die man bei haufigem Wechsel der Antigene, auch wenn die-
selben aus staatlichen Zentralen stammen, oft recht vermiBt,
da meist die Operatiousnummer eines bestimmten Antigens
aufgebraucht ist, wenn man glUcklich mit den Eigenheiten des-
selben vertraut ist.
Den cholesterinierten Normalorganextrakten werden ja
allerdings allerlei bose Eigenschaften zur Last gelegt, bei
deren Existenz zu ihrer praktischen Verwendung, wenn tiber-
haupt, so doch nur mit groBter Vorsicht geraten werden
durfte. So gilt es z. B. als eine, in den verschiedensten Ab-
handlungen immer wieder hervorgehobene, anscheinend fest-
stehende Tatsache, daB der Cholesterinzusatz die Eigenhem-
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 435
mung der Extrakte erhoht, und daB demnach die Cholesterin-
extrakte ihre anscheinend grSBere ReaktionsfShigkeit eben
dieser groBeren Eigenhemmung verdanken, die zudem gleich-
gleichzeitig die Gefahr unspezifischer Reaktionen in sich
schlieBen soli. ZunSchst vermindert ein Cholesterinzusatz nach
den auch durch Kaup u. a. bestatigten Feststellungen Alt¬
man ns die vielfach als stOrend empfundene Eigenhamolyse
der Extrakte, die aber nach meinen persbnlichen Erfahrungen
praktisch so gut wie nie in Erscheinung tritt, wenn man von
gentigend konzentrierten Stammextrakten ausgeht und die sto-
rende lytische Wirkung des Alkohols durch starkere Ver-
dfinnung der Extrakte mit Kochsalz ausschaltet. Mit dieser
antih&molytischen Wirkung des Cholesterins geht dann in der
Regel eine deutliche Steigerung der hemmenden Faktoren des
Extraktes parallel, die ihren Ausdruck in einer Verkleinerung
der unterhemmenden Dosis findet und somit eine starkere
Verdtinnung der Extrakte erforderlich macht, wenn anders
man an dem Grundsatz festhalten will, daB die doppelte
Gebrauchsdosis, oder doch zum mindesten die Gebrauchsdosis
selbst nicht antikomplimentar wirken darf. Von einer Prufung
der doppelten Gebrauchsdosis auf Eigenhemmung kann man
nach unseren Erfahrungen, unbeschadet der Sicherheit der
Methodik, absehen; dagegen halten wir es bei alien Extrakten,
gleichgflltig ob sie Cholesterinzusatz haben oder cholesterin-
frei sind, ftir dringend erforderlich, daB die Gebrauchsdosis
regelmaBig an jedem Versuchstag mit demjeweils im Versuch
verwendeten Komplement austitriert wird. Bei dieser Vorsichts-
maBregel erscheint es nach unseren Erfahrungen ausgeschlossen,
daB bei Verwendung der Cholesterinextrakte eine, lediglich
durch erhohte Eigenhemmung des Extraktes bedingte positive
Reaktion mit dem Serum eines Nichtsyphilitikers eintritt. Bei
gut und auf die optimale Gebrauchsdosis eingestellten Chole-
sterinexstrakten mtissen wir die angeblich groBere Eigen¬
hemmung dieser Extrakte nach unseren Erfahrungen in das
Gebiet der Fabel verweisen, da wir zum mindesten keine
groBere Autotropie gegeniiber den verschiedenen Komple-
menten feststellen konnten, als bei den gebrauchlichen Lues-
leberextrakten. Im Gegenteil, unsere stark wirksamen Chole-
sterinherzextrakte haben durchweg eine viel geringere Eigen-
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436
Fr. Graetz,
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hemmung gezeigt, als z. B. die aus dera Kaiser Wilhelms-
Institut zu Dahlem gelieferten Luesleberextrakte. Und ich
mufi nochmals betonen, daB eine gelegentlich einmal auf-
tretende Eigenhemmung infolge der betrfichtlichen Reaktions-
breite der Cholesterinextrakte in der Regel ohne Schwierig-
keiten und ohne merkliche Stdrung der Empfindlichkeit der
Reaktion beseitigt werden kann, indem man die Gebrauchs-
dosis durch st&rkere Verdunnung der Stammextrakte mit Koch-
salzldsung erheblich herabsetzt, eine MaBnahme, zu der wir
wahrend des Krieges bei den aus dem Kaiser Wilhelm-Instiut
zu Dahlem gelieferten Extrakten haufiger gezwungen waren,
wenn anders wir nicht die Gefahr einer unspezifischen Reaktion
laufen wollten. Normale Oder reaktionskorperfreie Sera be-
sitzen ja allerdings teilweise die Eigenschaft, daB sie m&Bige
Eigenhemmungen der Extrakte ausschalten, so daB trotz schein-
bar ungiinstiger Versuchsbedingungen die Losungen im Haupt-
versuch glatt und oft schneller vor sich gehen, als nach den
Vorversuchen zu erwarten ware. Da diese hamolysefbrdernde
Eigenschaft aber keineswegs alien Normalseris zu eigen ist,
mochte ich dringend davor warnen, eine Gebrauchsdosis mit
starkerer Hemmungstendenz im Versuch zu verwenden, da
dann moglicherweise doch eine Summation der unspezifischen
Antikomplementarwirkungen von Extrakt und Serum eine
echte Komplementbindung vortauschen oder zum mindesten
den Grad einer solchen irrtiimlicherweise erhohen konnte.
Solche Storungen durch Eigenhemmung, von welchem Reagens
sie auch ausgehen mbgen, sind aber stets mit Sicherheit zu
vermeiden, wenn die von Sormani, Kromayer und
Trinchese, Kaup u. a., sowie auch von uns wiederholt
geforderte Titration des Komplementes bei der Wasser-
mannschen Reaktion obligatorisch eingefiihrt wird.
Als ein weiterer, bei seiner Richtigkeit ineines Erachtens
viel schwerwiegenderer, Nachteil der Cholesterinherzextrakte
ist mehrfach, und zwar besonders von Jaiser, die geringere
Empfindlichkeit der Cholesterinextrakte zur These erhoben
worden. Jaiser unterscheidet dabei fur die Beurteilung
der Extrakte zwischen einem sogenannten „Titer\vert“ und
einem sogenannten „Sensibilitatswert u , wobei ersterer die ge-
ringste, mit einer bestimmten feststeheuden Serummenge noch
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 437
eindeutig positiv reagierende, Extraktdosis, letzterer die mit
der fiblichen Gebrauchsdosis des Extraktes noch einwandfrei
positiv reagierende kleinste Serummenge zum Ausdruck bringt.
Nach der Auffassung von Jaiser besteht ja nun angeblicli
ein prinzipiell geringerer „Sensibilitatswert u der Normal-
extrakte gegeniiber den Luesleberextrakten, und Jaisser
sieht in dieser geringeren Sensibilitat der Normalextrakte
den Grund fur das angeblicke Versagen derselben ira latenten
Stadium der Lues. Ich kann dieser Auffassung Jaisers,
jedenfalls soweit sie prinzipielle Unterschiede zwischen Lues¬
leberextrakten und Normalorganextrakten konstruiert, nicht
beistimmen, da bekanntlich auch aus Lueslebern keineswegs
immer gleichwertige Antigene gewonnen werden konnen und
ich fiber genfigend Beobachtungen verfiige, wo Luesleber-
extrakte erst durch Mischung mit alkoholischen Menschenherz-
oder Rinderherzextrakten die gewfinsckte und ffir die Wasser-
mannsche Reaktion erforderliche Empfindlichkeit erhielten.
DaB im allgemeinen die gut aufgeschlossenen Lebern luisch
mazerierter Foten einer alkoholischen Extraktion besser zu-
gangig sind und demgemaB bessere Antigene liefern als mensch-
liche und tierische Normalorgane, will ich dabei keineswegs
bestreiten, das beweist ja auch schon die Tatsache, daB von
Sachs eine Verstfirkung der Normalherzextrakte ffir erforder-
lich gehalten wurde. Der Cholesterinzusatz, wie ihn Sachs
empfohlen hat, stellt ja nun auch nach deni zustimmenden Urteil
Jaisers eine Verstfirkung der Normalextrakte dar, doch soli
diese Verstfirkung angeblich nur nach der okonomischen Richtung
liegen und die Empfindlichkeit der Extrakte unberfihrt lassen.
An sich ware ja auch die rein okonomische Verbesserung
der Extrakte ein Erfolg, der, namentlich unter den heutigen
wirtschaftlichen Verhaltnissen, nicht unterschfitzt werden dfirfte,
wenn auch damit das Sachs vorschwebende Ziel, eine groBere
Empfindlichkeit der Antigene zu erzielen, nicht erreicht ware.
Wie steht es nun tatsfichlich mit der Erhohung des „Titer-
wertes 14 bzw. des „Sensibilitatswertes“ eines solchen Extraktes
infolge des Cholesterinzusatzes?
DaB der sogenannte „Titerwert“ der Extrakte durch den
Cholesterinzusatz eine betrachtliche, weit fiber das von Jaiser
angegebene MaB hinausgehende Steigerung erfahrt, habe ich
bereits weiter oben betont und dabei bereits auch die Vorteile
Zeltschr. f. ImraunlUitslorschunK. Orig. Bd. 31. 29
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Fr. Graetz,
dieser Erscheinung hinsichtlich der spezifischen Einstelluug
der Extrakte hervorgehoben. Beziiglich der Erhdhung des
„Titerwertes“ besteht nach unseren Erfahrungen fur die ver-
schiedenen Extrakte eine ziemliche GleichmSBigkeit insofern,
als optimaler Cholesterinzusatz stets diese Erhohung mit sich
bringt. Das gilt allerdings nicht mit derselben GleichmaBig-
keit fiir den sogenannten „Sensibilitatswert“, da derselbe wohl
fur den weitaus groBten Teil aller Sera, aber nicht fiir alle
Sera durchweg mit der gleichen GesetzmaBigkeit erhoht wird.
Hier spielt die Individualit&t des Einzelserums eine Rolle, die
Jaiser bei seinen Versuchen viel zu wenig berQcksichtigt
hat. Es gibt nach unseren Erfahrungen Sera, die im Rahmen
der gebr&uchlichen Versuchsanordnung keinerlei Unterschiede
in ihrer Reaktionsfahigkeit erkennen lassen, gleichgiiltig, ob
Extrakte mit oder ohne Cholesterinzusatz bei ihrer Unter-
suchung Verwendung gefunden haben. Es gibt dann ferner
Sera, bei denen ein Cholesterinzusatz zum Extrakt ebenso
die unerlafiliche Vorbedingung fiir ihre Reaktivit&t bildet, wie
fur andere Sera die Verwendung eines Cholesterinextraktes
den Verlust ihrer Reaktivitat bedeuten kann. Im groBen und
ganzen bedeutet aber der Zusatz des Cholesterius zu den
Extrakten nach unseren Erfahrungen stets eine erhebliche Er¬
hohung ihrer Empfindlichkeit, die auch durch einzelne ab-
weichende Ergebnisse in ihrer prinzipiellen Bedeutuug nicht
beeintrachtigt zu werden vermag. Ich selbst habe mich in
zahlreichen einschiagigen experimentellen Studien in Ueber-
einstimmung mit Sachs imrner wieder von der Richtigkeit
dieser Tatsache iiberzeugen konnen und bin durch die prak-
tischen Ergebnisse am laufenden Material des weiteren in
dieser Auffassung bestarkt worden. Ich will hier die prak-
tischen Ergebnisse einmal fiir sich selbst sprechen lassen.
Seit zirka 7 Jahren arbeite ich praktisch mit den Chole-
. sterinherzextrakten nach Sachs und verfuge heute iiber ein
Material von etwa 40—50000 einschlagigeu Serumunter-
suchungen, bei denen durchweg die Untersuchung mit einem
Luesleberextrakt und einem cholesterinierten Rinderherzextrakt
durchgefuhrt wurde, wobei dann bei dem groBten Teil der
Falle auch noch gleichzeitig der EinfluB der Temperatur auf
die Reaktionsfahigkeit der einzelnen Sera mit den verschiedenen
Extrakten gepruft werden konnte. Es ist natiirlich nicht m6g-
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 439
lich, im Rahmen dieser Abhandlung das gesamte groBe Material
in seinen Einzelheiten zu besprechen, und ich habe mich
deshalb entschlossen, hhnlich wie in raeiner vor kurzem er-
schienenen Arbeit „Ueber den EintiuB der Temperatur auf die
Wassermannsche Reaktion w , wiederum 4000 Falle wahllos
herauszugreifen und sie der Besprechung zugrunde zu legen.
Die von uns untersuchten Serumproben entstammten zum
Teil den verschiedenen Stationen unseres Krankenhauses, zum
Teil waren sie der mit meiner Abteilung verbundenen milita-
rischen Untersuchungsstation aus den verschiedensten Kranken-
anstalten des Heeres zugesandt worden. Die Blutproben
stammten zum groBten Teil von sicher syphilitisch infizierten
Individuen und umfaBten somit die verschiedensten Stadien
der Lues, zum Teil waren sie Patienten entnommen, bei denen
auf Grund von Anamnese und klinischem Befund Lues mit
Sicherheit ausgeschlossen werden konnte. Im Rahmen der
von uns angewandten Methodik, die sich unter Berticksichti-
gung quantitativer Komplementbestimmung im Prinzip an die
Vorschriften der Original-Wassermann-Reaktion hielt, gaben
3005 Blutproben ein absolut negatives Resultat, gleichgultig
ob sie mit Luesleberextrakten oder mit den cholesterinierten
Rinderherzextrakten angesetzt wurden, wobei ich allerdings
bemerken mochte, daB diese Ergebnisse nur insoweit Gtiltig-
keit haben, als die Wassermannsche Reaktion in Befolgung
der Originalvorschrift stets unter gleichen Temperaturbedin-
gungen (Wasserbad bei 37°) ausgefiihrt wurde. Sobald eine
Ver&nderung des Temperaturoptimums, speziell eine Erniedri-
gung der Temperatur Platz griff, zeigten sich bei den Fallen
mit klinisch oder anamnestisch festgestellter Lues zum Teil
nicht unerhebliche Reaktionsunterschiede der einzelnen Sera,
die bald mit dem einen, bald mit dem anderen Extrakt in
Erscheinung traten. Ich habe diese Verhaltnisse in meiner
weiter oben bereits genannten Arbeit ausfuhrlich genug be-
sprochen, urn auf eine Wiederholung verzichten und mich auf
einen Hinweis auf die genannte Arbeit beschranken zu konnen.
Von Interesse diirfte es aber sein, auch an dieser Stelle noch-
mals darauf hinzuweisen, daB wir unter unseren zahlreichen
Untersuchungen eine Unspezifitat der Cholesterinextrakte nicht
feststellen konnten, gleichgflltig, ob die Versuche bei 37° im
Wasserbade, oder bei beliebig veranderten Temperaturen
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Fr. Graetz,
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zwischen 0" und 37° C angesetzt wurden. Auch die bekaunten,
fiir manche Krankheitsgruppen, wie Malaria, Scharlach, Re-
currens usw., zutreffenden Einschr&nkungen in der Bewertuug
positiver Ergebnisse haben fiir die Cholesterinextrakte keine
hohere Geltung, als fiir cholesterinfreie Extrakte, gleichgiiltig,
ob dieselben aus Luesleber oder aus tierischen und mensch-
lichen Normalorganen, speziell auch aus Rinderherzen, ge-
wonnen sind. Wir konnen also alles in allem beziiglich der
mit Cholesterin versetzten Rinder- bzw. Menschenherzenex-
trakte das Urteil abgeben, daB nach unseren langjahrigen, an
groBen Untersuchungsreihen gewonnenen Erfahrungen auch
die mit den genannten Extrakten erzielten Reaktionen als
spezifisch im Sinne der biologischen Syphilisdiagnostik gelteu
dflrfen, und daB die genannten Extrakte somit einen voll-
wertigen Platz in der Methodik der Was serin an nschen Re-
aktion beanspruchen kOnnen. Ob und inwieweit fiir die Meer-
schweinchenherzextrakte gleichartige oder andere-Verhaltnisse
vorliegen, kann ich aus eigenen Erfahrungen nicht entscheiden,
da wir solche Extrakte schon seit langem nicht mehr verwenden.
DaB unter den 3005 negativ reagierenden Blutproben
eine nicht geringe Anzahl von Patienten stammt, die auam-
nestisch und klinisch zum Teil als ehemalige, zum Teil aber
auch als noch nicht ausgeheilte, zur Zeit der Untersuchung
aber als klinisch symptomfreie Syphilitiker gelten muBten, ist
zwar aus der oben eingeflochtenen Bemerkung schon ersicht-
lich, ich mochte aber doch nochmals darauf hinweisen, da
gerade diese Falle ja die von mir an anderer Stelle betonte
Notwendigkeit beweisen, daB das Problem der Verfeinerung
der Wasser man nschen Reaktion nicht einseitig vom Ex-
trakt aus angefaBt werden darf.
Ich komme damit zu demjenigen Teil unseres Materials,
bei dem allein eine Unterschiedlichkeit in der Sensibilitat der
einzelnen Extrakte sinnfallig in Erscheinung treten kann, nS,m-
lich zu den positiven Reaktionen. Diese umfassen nahezu ein
Viertel der unserer Besprechung zugrunde liegenden Falle
und belaufen sich auf insgesamt 995 Serumproben, die von
Patienten aus den verschiedensten Stadien der Lues stammen.
Von diesen letzteren Proben scheiden zunachst wieder 505,
d. h. 10,37 Proz. der Gesamtzahl oder 50,75 Proz. der positiv
reagierenden Falle, fiir die Bewertuug der Cholesterinextrakte
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 441
insofern aus, als hierbei ini Rahmen der von uns gewahlten
Versuchsanordnung mit beiden im Versuch verwendeten Ex-
trakten iibereinstimmend positive Ergebnisse von gleicher
Starke erzielt wurden. Beziiglich der verschiedenen Krank-
heitsstadien wSre dabei zu bemerken, daB sich unter diesen
iibereinstimmend positiv reagierenden Serumproben 240 Falle
von latenter Lues, 152 Falle manifester sekundarer Lues,
60 Priinaraffekte, 32 Falle von Lues III, 11 Falle von Tabes,
3 Falle von Paralyse und endlich 2 Falle von frischer Malaria
befanden. Bei den letztgenannten beiden Fallen konnte in-
folge des frischen Malariaanfalles nicht mit Sicherheit fest-
gestellt werden, ob die positive Wasser man nsche Reaktiou
der akuten Malaria oder der anamnestisch sicker in Frage
kommenden Lues latens zur Last gelegt werden muBte. Wenu
wir also, soweit eine prinzipielle Uebereinstimmung der Ver-
suchsergebnisse, sei es im negativen, sei es im positiven Sinne,
in Frage kommt, positive und negative Ergebnisse zusammen-
ziehen, so ergibt sich fur 85,50 Proz. unseres Gesamtmaterials
eine vollige Uebereinstimmung der Resultate, gleichgultig, ob
Luesleberextrakte oder Cholesterinherzextrakte als Antigene
fiir die W a s s e r m a n n sche Reaktion Verwendung finden. Diese
Uebereinstimmung gilt allerdings, wie ich nochmals hervorheben
mochte, nur dann, wenn die Versuche wirklich bei 37°, d. h. im
Wasserbade durchgefiihrt werden, nicht aber etwa mutatis
mutandis fiir den Reaktionsablauf im Brutschranke, dessen Tem-
peratur ja nach unseren praktischen Erfahrungen etwa dem
EinfluB der Zimmertemperatur von 16 bis 20° C gleichkommt.
Es bleibt dann noch ein Rest von 490 Proben mit posi-
tiver Reaktion, der sich aber von der vorhergehenden Gruppe
ganz wesentlich dadurch unterscheidet, daB sich eine Ueber¬
einstimmung in der Reaktivitiit der beiden Extrakte nicht vor-
tindet. In dieser Gruppe von Fallen, die 49,50 Proz. der posi¬
tiven Resultate bzw. 14,50 Proz. des hier besprochenen Ge¬
samtmaterials umfaBt, zeigt sich nun aber die Ueberlegenheit
der cholesterinierten Rinderherzextrakte in voller Eindeutig-
keit, wenn diese Ueberlegenheit auch keineswegs fiir alle Falle
eine absolute darstellt. Ich habe diese 490 Falle in der bei-
gefiigten Tabelle nach ihrer Reaktivit&t mit den einzelnen Ex-
trakten und nach ihrer Zugehorigkeit zu den verschiedenen
Krankheitsstadien gruppiert und glaube, daB der Inhalt dieser
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442
Fr. Graetz,
Tabelle nichts weniger als ini Sinne einer grolieren Sensibili-
tat der Luesleberextrakte verwendet werden kann, wenu auch
fur einzelne F&lle oder kleinere Gruppen von Fallen eine
unbestreitbare Ueberlegenheit der Luesleberextrakte besteht.
Art der Erkrankung
Luesleberextr.
negativ
Cholesterinextr.
positiv + + +
Luesleberextr.
negativ
Cholesterinextr.
positiv + +
Luesleberextr.
positiv + + +
Cholesterinextr.
negativ
. c
S-H
S + 8
S +.j=
1 ► 1 Si
s %
" T: K
Luesleberextr.
positiv + +
Cnolesterinextr.
positiv + + +
^ 4“ i
ts T h 4-
£ + S +
<3 4- §
■S
mt
-J a<j
Primaraffekt
(Lues I)
2
—
9
3
3
13
Lues II, frisch bes.
Monorezidive
20
7
3
—
14
10
Lues III, Gummi
aortitis
20
3
15
—
Lues cerebri
5
—
—
1
5
—
Tubes
12
3
—
—
5
2
Paralyse
I
—
| _
—
1
—
Malaria
—
2
—
—
1
—
Lat. Lues
134
90
7
3
92
4
Sa. 490 Falle
j 194
| 105
19
7
136
29
So zeigte sich namentlich bei Primaraffekten in ihrer Mehr-
zahl eine unverkennbare groBere Neigung des Serums, mit
den cholesterinfreien Luesleberextrakten in Reaktion zu treten,
als mit den cholesterinierten Rinderherzextrakten, bei deren
Verwendung oftmals eine positive WassermannscheReaktion
iiberhaupt nicht oder docli zum mindesten nur in wesentlich
geringerer Starke festzustellen ist, wenn es auch andererseits
nicht an Beobachtungen fehlt, bei denen die ReaktionsverhSlt-
nisse durchaus umgekehrt liegen. Auch fiir einen kleinen
Prozentsatz von Fallen frischer Lues II bestehen ahnliche
Verhaltnisse, wenn auch die Ilauptniasse dieser FSlle, nament-
lich die sogenannten Monorezidive, die cholesterinierten Ex-
trakte fiir die Reaktion bevorzugt. Dagegen tritt in den
anderen Ivrankheitsstadien, wie Lues III, Lues latens, sowie
bei den syphilitischen Prozessen des Zentralnervensysteins
(Tabes, Paralyse und Lues cerebri) die unverkennbare Ten-
denz einer vorzugsweisen oder sogar ausschlieBlichen Reaktivi-
tat der Sera mit den Cholesterinextrakten in Erscheinung,
wobei sich vor allem die groBe Bedeutung des Cholesterin-
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1
Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 443
zusatzes fflr die Diagnose der latenten Lues mit geradezu
zwingender Ueberzeugungskraft bemerkbar macht. Unter den
490 positiven Fallen mit teilweise divergierenden Ergebnissen
der Reaktion befinden sich nicht weniger als 435 Falle
(= 88,78 Proz.), bei denen ein Nachweis der syphilitischen
Reaktionskorper des Serums nur mit Hilfe der Cholesteriu-
herzextrakte ermoglicht wurde, bei denen eine ausschlieBliche
Verwendung der gebrauchlichen Luesleberextrakte demnach
zu einem objektiv falschen Ergebnis gefuhrt hatte. Aus diesen
praktischen Ergebnissen erhellt zugleich, mehr als aus alien
experimentellen Studien und theoretischen Erwagungen, die
Richtigkeit der von Sachs schon urspriinglich vertretenen
und auch neuerdings gegen Jaiser aufrecht erhaltenen Auf-
fassung, daB der Zusatz des Cholesterins zu den Extrakten
eine erhebliche Erhohung ihrer Sensibilitat und keineswegs
nur eine okonomische Verbesserung bedeutet. DaB diese Er-
hohung der Sensibilitat in der Tat eintritt, laBt sich ja am
besten dadurch erkennen, daB man einem beliebigen, an sich
gut wirksamen Luesleberextrakte optimale Cholesterinmengen
zusetzt. Man wird dann bei einem derartigen Extrakte eine
absolute Annaherung an die Reaktivitat eines ebenfalls chole-
sterinierten Normalherzextraktes, ja selbst eine vollige Ueber-
einstimmung in der Reaktivitat der beiden Extrakte erzielen
konnen, wobei dann prinzipiell die gleiche Inversion der Er-
gebnisse zwischen dem cholesterinfreien und dem cholesteri-
nierten Luesleberextrakt eintritt, wie sie ursprunglich zwischen
dem Luesleberextrakt und dem Original-Cholesterin-Rinder-
herzextrakt beobachtet werden konnte. Ich habe gerade in
meiner schon mehrfach zitierten Arbeit darauf hingewiesen,
daB es fflr die Reaktivitat eines Extraktes mit den Seris aus
den verschiedenen Stadien der Lues offenbar nicht so sehr
darauf ankommt, ob ein bestimmter Extrakt aus einem nor-
malen oder aus einem pathologisch veranderten Organ her-
gestellt ist, sondern vielmehr darauf, ob er bestimmte Lipoide
und vor allem, ob er Cholesterin in optimalen Mengen enthait
oder nicht. An sich wiirde es nach unseren praktischen Er-
fahrungen wohl gelingen, jeden Extrakt durch Zusatz opti-
maler Cholesterinmengen, sowohl hinsichtlich seines „Titer-
wertes“ wie seines „Sensibilitatswertes“ zu verstarken, wenn
auch die optimalen Verhaltnisse fiir die einzelnen Extrakte
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444
Fr. Graetz,
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naturgemaB verschieden sein konnen und vielfach auch sein
werden, namentlich, wenn das Ausgangsmaterial, welches fur
die Herstellung der verschiedenen Extrakte dient, bereits groBe
Unterschiede zeigt.
So groB nun im wesentlichen die Vorziige der Cholesteri-
nierung der Extrakte sein konnen, so darf andererseits doch
nicht vergessen werden, daB der Cholesterinzusatz keineswcgs
fiir alle Serumproben die optimalen Reaktionsbedingungen zu
sohaffen vermag. So hat z. B. Sachs selbst darauf hin¬
ge wiesen, daB besonders fiir manche Friihfaile durch Ver-
wendung anderer Extrakte, wie etwa der Lesserschen Aether-
extrakte usw., noch giinstigere Bedingungen fur die Reaktivitat
des Serums geschaffen werden konnen, und auch unsere Er-
fahrungen haben uns immer wieder gezeigt, daB fiir manche
Falle die Verwendung der Cholesterinextrakte geradezu kontra-
indiziert erscheint, da die betreffenden Sera mit den Chole-
storinextrakten nicht oder doch nicht im ausreichenden MaBe
zu reagieren vermogen, so daB moglicherweise ein negatives
Resultat erzielt wird, wo nach Lage der Dinge ein positives
Ergebnis erwartet werden muBte, zum mindesten aber mit
den Cholesterinextrakten eine schwachere Reaktion in Er-
scheinung tritt, als mit den entsprechenden cholesterinfreien
Extrakten. Ich darf in dieser Hinsicht wohl nochmals auf die
bereits oben besprochene Tabelle hinweisen, aus welcher her-
vorgeht, daB sich unter den erw&hnten 490 Fallen mit diver-
gierenden Ergebnissen bei beiden Extraktarten noch eine kleine
Gruppe von 55 Fallen (11,22 Proz.) befindet, bei denen die
eben besprochene Unterwertigkeit der Cholesterinextrakte un-
zweideutig zutage tritt und bei einer Anzahl von Fallen ein
volliges Ausbleiben der Reaktion, bei den iibrigen Fallen aber
einen wesentlich schwacheren Reaktionsausfall gegenuber
den cholesterinfreien Extrakten bedingt. Klinisch handelt es
sich dabei vorwiegend urn Priinaraffekte, doch kommen auch
Falle aus anderen Krankheitsstadien, wenn auch in geringerer
Zahl, in Betracht, so daB die Notwendigkeit einer Verwendung
cholesterinfreier Extrakte, trotz der unbestreitbaren prinzi-
piellen Ueberlegeuheit der Cholesterinextrakte, nach wie vor
l>estehen bleibt, wenn anders dieser zwar kleine, aber irnmer-
hin doch nicht bedeutungslose Prozentsatz von Fallen einer
exakten serologischen Diagnose nicht verloren gehen soil.
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 445
Wir haben einen Ausweg aus diesem Dilemma dadurch
zu linden versucht und auch wohl dadurch gefunden, daB wir
jedes zur Untersuchung nach Wasserraann bestimmte Serum
prinzipiell mit einem cholesterinfreien Luesleberextrakte und
gleichzeitig mit einem Cholesterin-Rinderherzextrakt nach
Sachs ansetzen. Bei strenger Einhaltung der Vorschriften
der Original Wassermannschen Reaktion, d. h. speziell bei
der ublichen AuBerachtlassung des Temperatureinflusses auf
den eigentlichen Komplement-InaktivierungsprozeB, wird man
dabei allerdings haufiger vor die Beurteilung widersprechender
Ergebnisse gestellt werden, da sich wohl fast in jeder groBeren
Untersuchungsreihe Sera befinden, die bald nur mit dem einen,
bald nur mit dem anderen Extrakte positiv zu reagieren ver-
mogen, wenn anders nicht eine weitere Verbesserung der Ver-
suchsbedingungen eine Vereinheitlichung der Reaktionsergeb-
nisse herbeizufiihren vermag. Fiir viele Faile besteht diese
Moglichkeit ganz ohne Zweifel und ich habe in meiner schon
des ofteren genannten Arbeit auch darauf hingewiesen. daB
der Wechsel der Versuchstemperatur vielfach im Sinne eines
Ausgleiches der Reaktionsunterschiede der Sera mit den chole-
steriuierten bzw. cholesterinfreien Extrakten zu wirken ver¬
mag. Ich konnte in zahlreichen Fallen feststellen, daB speziell
eine Erniedrigung der Temperatur im genannten Sinne wirkt,
indem Sera, die bei der iiblichen Temperatur von 37 0 (Wasser-
bad) bald mit der einen, bald mit der anderen Extraktart vor-
zugsweise reagieren, diese unterschiedliche Reaktivitat bei
Herabsetzung der Versuchstemperatur — am besten eignen
sich erfahrungsgemaB Temperaturen zwischen 0° und -f 18° C
— vermissen lassen und dann mit beiden Extraktarten gleich-
sinnige Ergebnisse zeitigen.
Offenbar handelt es sich, wie auch Sach s betont, bei der
Cholesterinierung der Extrakte urn eine Veranderung der
physikalischen Bedingungen fur das Zustandekommen der
Wassermannschen Reaktion, fur deren Entstehen wohl die
verschiedensten Faktoren ins Gewicht fallen konnen, ohne daB
ein bestimmter Faktor als prinzipiell wirksam fur alle Sera
gelten konnte. Sachs halt es fiir wahrscheinlich, daB die
sogenannte antikomplementare Wirkung, welche letzten Endes
den Ausdruck der positiven Wassermannschen Reaktion
bildet, ihre Entstehung einem optimalen Zusammenwirken der
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446
Fr. Graetz,
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Lipoide des Extraktess mit den Lipoiden der zur Uutersuchung
gelangenden Sera verdankt, wobei das Lipoidgemisch der Ex-
trakte die eine, das Lipoidgemisch des Serums, bzw. dessen
LipoideiweiBverbindungen, die andere Komponente bilden
wfirde. Je nach der Beschaffenheit der Lipoide im Serum
miiBten also die fehlenden Lipoide im Extrakt vereinigt sein.
Das wiirde also, wenn ich Sachs richtig verstehe, z. B. fur
die Cholesterinextrakte bedeuten, daB Sera mit einem so-
genannten niedrigen Cholesterinspiegel eine Bevorzugung der
Cholesterinextrakte erkennen lassen miiBten, wahrend Sera init
hohem Cholesteringehalt auch bei den cholesterinfreien Ex-
trakten ausreichend optimale Bedingungen zu finden ver-
mochten. Nach meinen eigenen Erfahrungen laBt sicli indessen
ein derartig gesetzmaBiger Zusammenhang zwischen dem Chole¬
steringehalt eines Serums und seiner optimalen Reaktions-
fahigkeit mit dem einen oder anderen Extrakte auf Grund
systematischer Bestimmungen des Cholesteringehaltes der Sera
nicht ermitteln. Herr Dr. Feigl, der Leiter unserer chemisch-
physiologischen Abteilung, hat auf meinen Wunsch bei einer
groBen Zahl von Seris, die zur Anstellung der Wasser¬
in an nschen Reaktion gedient hatten, mit Hilfe der Methode
nach Bloor den Cholesteringehalt gepriift und mir die Daten
dieser Untersuchungen freundlichst zur Verfiigung gestellt.
Aus den einschl&gigen Ergebnissen laBt sicli erkennen, daB
der Cholesteringehalt erheblichen Schwankungen zwischen
0,09 und 0,32 Proz. unterliegen kann, ohne daB ein irgendwie
erkennbarer Zusammenhang zwischen dem Cholesteringehalt
des Serums und positiver bzw. negativer YVassermannscher
Reaktion bestiinde. Die Verh<nisse liegen hier durchaus
gleichartig wie bei den Beziehungen des Aminosaurespiegels
zur positiven bzw. negativen Wasserm an nschen Reaktion,
denen wir, im Gegensatz^ zu den Behauptungen von Much
und Embden, auf Grund einschlagiger Feststellungen eben-
falls jegliche GesetzmaBigkeit aberkennen mtissen. Auch be-
ziiglich der Bevorzugung der cholesterinierten bzw. der chole¬
sterinfreien Extrakte durch die einen oder anderen Sera fehlt
jeder gesetzmaBige Zusammenhang zwischen Cholesteringehalt
und Reaktivitat des Serums, da bald cholesterinarmere, bald
cholesterinreichere Sera vorzugsweise mit den cholesterinfreien
oiler mit den cholesterinierten Extrakten reagieren konnen.
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 447
Die Cholesterinierung muG also ihren Ausdruck in einer
anderen, weniger einfach erkennbaren Beziehung zwischen der
Extraktbeschaffenheit und der Reaktionsf&higkeit des Serums
linden. Physikalischer Natur scheinen indessen diese Be-
ziehungen zu sein, dafiir spricht einerseits die Tatsache, daG
der gleiche Effekt wie durch die Cholesterinierung auch durch
rein physikalische Einfliisse, wie Temperaturveranderung, Re-
aktion des Mediums usw., erzielt werden kann, und anderer-
seits die bereits vielfach in die Praxis umgesetzte Erfahrung,
daG ein Cholesterinzusatz zu den Extrakten die physikalischen
Bedingungen fOr die Auslloekungsreaktionen so erheblich gtin-
stig umgestaltct, daG das Ausflockungsphanomen bereits mit
ziemlichem Erfolg fur die Serodiagnostik der Syphilis heran-
gezogen werden kann, wenn von einem Ersatz derWasser-
mannschen Reaktion durch diese Methode auch heute noch
keine Rede sein kann.
Ich will auf diese Frage indessen erst im zweiten Teil
meiner Abhandlung naher eingehen und mich zunachst noch-
mals mit den praktischen Konsequenzen befassen, die sich aus
dem Vorschlag von Sachs, die Extrakte durch Cholesterin¬
zusatz zu verbessern, notwendigerweise ergeben miissen. Es
kann als feststehend gelten, daG der Cholesterinzusatz zu den
Extrakten nicht ausschlieGlich im Sinne einer Steigerung der
Eigenhemmung wirkt und daG in der besseren Wirksamkeit
der Cholesterinextrakte, gleichgiiltig ob die Stammextrakte aus
Normalorganen oder aus Lueslebern gewonnen sind, nichts
weniger als nur der Ausdruck dieser erhohten Eigenhemmung
erblickt werden kann. Im Gegenteil, der Cholesterinzusatz
verbessert, wie auch Sachs hervorhebt, „das ganze biologische
Geprage des Extraktes“, wodurch fOr viele Sera, nainent-
lich soweit es sich um Fade aus der Sp&tlatens usw. handelt,
erst die optimalen Bedingungen fur den Naclnveis der fOr
Syphilis charakteristischen Serumveranderungen geschatfen
werden. Es kann heute wolil eigentlich keinem Zweifel mehr
unterliegen, daG das, was wir schlechthin als Syphilisreagine^
bezeichnen und was seinen sichtbaren Ausdruck in der so-
genannten Wassermannschen Reaktion, d. h. in der be-
kannten Komplementinaktivierung in Gegenwart der Extrakt-
lipoide findet, nicht als etwas absolut Einheitliches aufgefaGt
werden kann, daG sich diese Reaktionskorper vielmehr in den
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448
Fr. Graetz,
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verschiedenen Stadien der Lues aus einer Summe von Ver-
anderungen des Serums zusammensetzen, die in ihrer auBeren
BeeinfluBbarkeit weitgehende Unterschiede zeigen. So ist es
z. B. eine altbekannte, in neuerer Zeit besonders von Busila
wieder hervorgehobene und auch von uns an zahlreichen Bei-
spielen bestatigte Tatsache, daB die sogenannten Syphilis-
reagine zu manchen Zeiten der Infektion eine ausgesprochene
Thermolabilitat, d. h. eine BeeinfluBbarkeit durch hohere
Temperaturen, speziell durch Temperaturen von 50—56°, er-
kennen lassen und einem Nachweis im Komplementbindungs-
versuch nur bei der Untersuchung des nicht inaktivierten
Serums zuganglich bleiben. Desgleichen finden wir die Reagine
des Syphilitikerserums in anderen Stadien der Erkrankung
und speziell unter dem EinfluB therapeutischer MaBnahmen
vielfach in einem Zustande, der sie bei der gebrauchlichen
Versuchsanordnung der Original Wassermannschen Reak-
tion ihrem biologischen Nachweise entzieht und ihre Fest-
stellung nur durch die Anwendung bestimmter Extrakte oder
auch bestimmter Versuchsanordnungen, wie Temperatur-
variationen usw., ermoglicht. Gerade unter dem EinfluB der
spezifischen Therapie tritt erfahrungsgemSB eine erhebliche
Individualisierung der Reaktionsfahigkeit der verschiedenen
Syphilitikersera ein, welche das durchschnittliche Reaktions-
optimum des Luesserums in einem hohen Prozentsatz der
Falle ganz betrSchtlich verschiebt, Diese Veranderung der
Reaktivitiit zeigt sich in der Regel zunachst darin, daB die
betreffenden Seren die Fahigkeit. mit den gebrauchlichen
Luesleberextrakten im Originalversuch zu reagieren, mehr
oder weniger einbtiBen, selbst bis zuin vollstandigen Verlust
der Reaktivitat. Es kann dann auf diese Weise, durch das
Negativwerden der Wassermannschen Reaktion, irrtiim-
licherweise der Eindruck erweckt werden, als ob die Behand-
lung bereits die Beseitigung eines sehr wesentlichen Symptomes
der Lues, namlich der charakteristischen Blutveranderuug zur
Folge gehabt habe. DaB dieses nicht den tatsachlichen Ver-
haltnissen entspricht, tritt sol'ort in Erscheinung, wenn man
dem durch die Therapie zweifellos beeinfluBten Serum wieder
optimale Bedingungen fflr die Reaktion schafft, sei es durch
Veranderung des Temperaturoptimums oder durch Auswahl
anderer Extrakte. Gerade fiir die Beurteilungdes therapeutischen
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 449
Effektes einer spezifischen Kur aber kann die Bedeutung des
Vorschlages von Sachs nicht hoch genug eingesch&tzt werden,
und die Erkenntnis dieser Bedeutung wachst immer mehr, je
umfangreicher das Material wird, welches einem Untersucher
zur Verfugung steht. Wenn man namlich solchen Seris, deren
Spender unter dem EinfluB therapeutischer MaBnahmen ge-
standen haben, an Stelle der gebrauchlichen Luesleberextrakte
cholesterinierte Rinderherzextrakte fur die Reaktion anbietet
oder die Luesleberextrakte, mit denen diese Sera eine negative
Reaktion ergeben hatten, selbst optimal cholesteriniert, so
zeigt sich fur einen hohen Prozentsatz der Falle die Tatsache,
dafl die betreffenden Seren unter dem EinfluB der Behandlung
ihrer Spender keineswegs auf das Reaktionsniveau normaler
Seren zuriickgekehrt sind, daB sie vielmehr noch reichliche
Mengen an Luesreaginen enthalten, welche allerdings in den
cholesterinfreien Extrakten nicht mehr die optimalen Voraus-
setzungen ihrer Reaktivitat vorfinden. Diese Serumreagine,
welche mit Hilfe cholesterinierter Extrakte sichtbar gemacht
werden konnen, trotzen nach unseren Erfahrungen an einem
groBen Material den therapeutischen Einfliissen ganz erheblich
viel starker als die, wenn ich micli so ausdrucken darf, ge-
wissermaBen nicht cholesterinophilen Reagine. Und die Zahl
der Seren mit solchen Reaginen von ausgesprochener Affinitiit
zu den Cholesterinextrakten ist eine recht erhebliche, und bei
ihnen steht und fallt die Identifizierung ihres Spenders als
Syphilitiker oft voll und ganz mit dem Gebrauch cholesterin-
haltiger Extrakte. Ich halte es angesichts unserer eigenen
praktischen Ergebnisse fiir nicht ungerechtfertigt, wenn man
in der Nichtverwendung cholesterinierter Extrakte, au deren
Spezifitat fiir die Luesdiagnose nach unseren Erfahrungen
nicht der geriugste Zweifel bestehen kann, direkt einen Kunst-
fehler der Serodiagnostik erblickt, da eben tats&chlich vielfach
die Cholesterinextrakte ausschlieBlich die optimalen Bedingungen
fiir die Serodiagnostik der Syphilis bieten. Und diese Be¬
dingungen konnen meines Erachtens nicht rigoros genug ge-
stellt werden, wenn anders man den Ausfall der Wasser-
mannschen Reaktion, entsprechend dem heute schon vielfach
geubten Gebrauche, als Richtschnur seines therapeutischen
Handelns benutzen will. Leider besitzen wir ja hinsichtlich
des tieferen Wesens der zur Wassermannschen Reaktion
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450
Fr. Graetz,
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ftihrenden SerumverSnderungen, gleichgiiltig, ob deren Nach-
weis in der urspriinglich angegebenen Form (Original-Wa.R.)
oder nur mit sogenannten verfeinerten Methoden, d. h. speziell
unter Zuhilfenahme bestimmter Extraktarten oder anderer
Variationen der Methodik, gelingt, auch heute noch keinerlei
Kenntnisse, so daB eine richtige nosologische Bewertung der
Wassermannschen Reaktion, nauientlich ini Hinblick auf
ihre Beziehungen zum Erfolg oder Nichterfolg einer spezi-
fischen Therapie auBerordentlich erschwert wird. Im all-
gemeinen hat sich ja heute wohl im wesentlichen die An-
schauung der NeiBerschen Schule durchgesetzt, daB eine
positive Wassermannsche Reaktion als gleichbedeutend
mit noch bestehenden syphilitischen Prozessen zu betrachten
ist, zumal sich ja namentlich auch nach den Feststellungen
von Trinchese recht haufig eine Infektiositat solcher Pa-
tienten erkennen laBt, bei denen als einziges nachweisbares
Symptom der Lues eine positive Wassermannsche Reaktion
besteht. Und daB die Voraussetzung einer solchen Infektiositat
keineswegs eine stark positive Wassermannsche Reaktion,
die unter alien Versuchsbedingungen in Erscheinung tritt, zu
sein braucht, habe ich mehrfach bei Verimpfung von Syphili-
tikerblut auf den Kaninchenhoden erlebt, wobei ich wiederholt
feststellen konnte, daB die biologische Reaktivitat des Serums
(Wassermannsche Reaktion) trotz der erheblichen Infek¬
tiositat des Vollblutes, nur mit Hilfe der verfeinerten Methoden,
speziell mit Hilfe der Cholesterinextrakte oder des Kaite-
verfahrens, sichtbar gemacht werden konnte. Und wenn in der
Tat solche nur unter optimalen Bedingungen erkennbare sero-
logische Veranderungen des Syphilitikerserums als Ausdruck
einer Infektiositat eines Individuums in Betracht kommen
konnen, so muB fur die Bekampfung der Lues in epidemio-
logischer Hinsicht unbedingt gefordert werden, daB auch solche
scheinbar geringe Veranderungen des Serums unserer Er-
kenntnis zuganglich gemacht werden konnen.
Diese Forderung laBt sich meines Erachtens in hohem
MaBe erfullen, wenn wir die von Sachs in die Syphilis-
diagnostik eingefiihrten Cholesterinextrakte, die bei richtiger
Einstellung eine absolute klinische Spezifitat der Diagnose
gewahrleisten, in weitgehendstem MaBe fQr die Serodiagnostik
der Syphilis heranziehen. Dabei mochte ich gleich noch be-
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 451
tonen, daB die Cholesterinextrakte auch durcbaus geeignet
sind, feinere quantitative Unterschiede in der Reaktivitfit ver-
schiedener Seren untereinander, wie auch eines einzelnen
Serums mit verschiedenen Extrakten zum Ausdruck zu bringen,
und daB es vor allem auf keine Schwierigkeiten stoBt, auch
mit den Cholesterinextrakten die kleinste noch reagierende
Serummenge ebenso einwaudfrei festzustellen, wie mit den von
J a i s e r als empfindlicher geriihmten Luesleberextrakten,
wobei ich Sachs auf Grund einschlagiger Experimente durch-
aus beistimmeu kann, daB auch hinsichtlich dieser quantitativen
Bestimmungen die Cholesterinextrakte im wesentlichen als die
fiberlegeneren gelten miissen, sofern man die niedrigste Seruin-
menge, mit der noch ein positives Ergebnis erzielt werden
kann, als zuverlassiges Kriterium fiir die Sensibilit&t der
Extrakte heranziehen darf. Es ist in jiingster Zeit namentlich
von Kaup darauf hingewiesen worden, daB durch die Variation
der Extrakte bzw. Serummenge die wechselseitigen Beziehungen
dieser beiden Faktoren so erheblich verschoben werden, daB
dadurch die ganzen biologischen Grundlagen des Versuches
eine erhebliehe Erschfltternng erfahren, und ein Vergleich, wie
ihn Jaiser zwischen den Ergebnissen der beiden Versuchs-
anordnungen gezogen hat, eigentlich gar nicht zulSssig er-
scheint, da beide Male unter ganz anderen Bedingungen ge-
arbeitet wird. An sich driickt sich ja die Starke einer Reaktion
immer in dem Komplementverbrauch aus, der durch die
Wechselwirkung von Extrakt und Patientenserum bedingt wird,
wobei es als selbstverstandlich gelten kann, daB dieser natur-
gemaB ein anderer werden muB, je nachdem der eine Oder
andere Faktor geandert wird und die relativen Beziehungen
zwischen hemmenden und lOsenden Faktoren verschoben
werden. Einheitliche Versuchsbedingungen diirften sich meines
Erachtens nur dann ergeben, wenn die Sensibilitat eines Ex-
traktes vor und nach der Cholesterinierung unter ausschlieB-
licher Variation des eigentlichen Indikators der Reaktion, d.h.
des Komplementes, gepruft wird. DaB aber hinsichtlich der
spezifischen Komplementinaktivierung, wie sie durch die
Wechselwirkung von Extrakt und Patientenserum ausgelost
wird, die Cholesterinextrakte als die iiberlegenen gelten miissen,
das zeigen die von mir tabellarisch niedergelegten praktischen
Ergebnisse, welche uns die Erkenntnis vermitteln, daB ein
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452
Fr. Graetz,
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Extrakt, der ohne Cholesterinzusatz mit einem bestimmten
Luesserum Komplement iiberhaupt nicht auBer Funktion setzen
kann, bei optimaler Cholesterinierung mit dem gleichen Serum
eine zur positiven Reaktion ausreichende Komplementmenge
zu inaktivieren vermag, und zwar selbst unter der Voraus-
setzung, daB nur ein Bruchteil der ursprunglich benotigten
Gebrauchsdosis des Extraktes im Versuch Verwendung tindet.
Es steht auf Grund unserer praktischen Erfahrung durch-
aus fest, daB die Cholesterinextrakte fiir die weitaus groBte
Ueberzahl aller Syphilitikersera die gunstigsten Bedingungen
darstellen, die heute praktisch zu erreichen sind; es ware aber
ein Irrtum anzunehmen, daB damit gleichzeitig das Optimum
fiir alle Luessera erreicht w&re. Ich habe andernorts und auch
in dieser Abhandlung schon wiederholt und unter Beleg durch
praktische Erfahrungen (vgl. Tabelle) darauf hingewiesen, daB
es eine immerhin beachtenswerte Zabl von Luesf&llen gibt,
deren Sera unter den iiblichen Bedingungen mit Cholesterin-
extrakten iiberhaupt nicht zu reagieren vermogen, bei denen
die Diagnose vielmehr gerade durch die Verwendung cholesterin-
freier Extrakte gesichert werden muB. Diese Falle werden es
unbedingt notwendig machen, auch die cholesterinfreien Extrakte
regelmSBig fiir die Diagnose mitheranzuziehen, wobei dann,
soweit es nacb Lage der Dinge iiberhaupt moglich erscheint,
eine Hochstleistung der Kompleinentbindungsreaktion gew8.hr-
leistet werden kann. Ich mochte es indessen nicht unterlassen,
auch an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, daB sich
das Problem in der Extraktfrage, bei all ihrer Wichtigkeit,
keineswegs erschopft, daB vielmehr noch ein weiterer Faktor,
n ami ich die Frage der optimalen Versuchstemperaturen, eine
gebiihrende Wiirdigung erfahren muB, wenn eine geniigende
Feinheit der Methodik und eine Uebereinstimmu: > der Ver-
suchsergebnisse gewahrleistet werden soil. Ich habe ja schon
an anderer Stelle darauf hingewiesen, daB der Temperatur-
eintluB einerseits im Sinne eines Ausgleiches der Reaktions-
differenzen zwischen cholesterinierten und cholesterinfreien
Extrakten zu wirken vermag, wobei sich allerdings die
Cholesterinextrakte praktisch als bedeutend mebr auBerhalb
des Temperatureinflusses liegend erwiesen, als die cholesterin¬
freien Luesleberextrakte, daB aber andererseits doch auch fur
die Cholesterinextrakte der Temperaturvariation dann und
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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte iisw. 453
wann nicht entraten werden kann, wenn ein richtiger Einblick
in,die Reaktionsverhfiltnisse eines Syphilitikerserums gewonnen
werden soil. Cholesterinierung und Ver&nderung der Versuchs-
temperatur bilden also zurzeit die besten Handhaben, um die
biologische Syphilisdiagnostik mit Hilfe der Wassermann-
schen Reaktion, bei absoluter Spezifitat, auf eine Hochstleistung
zu bringen, wie sie zurzeit von keiner anderen Versuchs-
anordnung gewfihrleistet zu werden vermag. Die Voraus-
setzung dafiir wird allerdings eine exakte Einstellung der
Extrakte und eine peinliche Beriicksichtigung der Gesetze des
hamolytischen Versuchs, namentlich der Bedeutung der Kom-
pleraentwirkung, in ihren Beziehungen zu den losenden und
hemmenden Faktoren sein miissen.
Zusanimenfassung.
Entgegen den von anderer Seite (Jaisser, Kaup,
Lange u. a.) aufgestellten Behauptungen wird in Ueberein-
stimmung mit H. Sachs an der Hand eines umfangreichen
praktischen Materials der Nachweis gefuhrt, daB die cholesteri-
nierten Rinderherzextrakte nach Sachs fiir die Serodiagnostik
der Syphilis nicht nur nicht unbrauchbar sind, sondern viel-
mehr eine wertvolle Bereicherung der Methodik der Wasser-
mannschen Reaktion darstellen. Der Vorzug dieser Extrakte,
deren Spezifitat bei sachgemafier Einstellung ebenso gut ge-
wahrleistet ist wie bei alien anderen Antigenen, liegt dabei
nicht nur auf bkonomischem Gebiet (Erhohung des Titer-
wertes), sondern vor allem in der Erhohung der Empfind-
lichkeit (Steigerung des Sensibilit&tswertes) gegeniiber den
Reagienen des Syphilitikerserums. Die Cholesteriuextrakte
stellen dabei bei einer groBen Zahl von Fallen die einzigen
Antigene ’iar, mit denen der Nachweis der fur Syphilis charak-
teristischen Serumveranderungen, wie sie bei der W as ser¬
in an nschen Reaktion in Erscheinung treten, gefuhrt werden
kann. Die Cholesterinextrakte haben weiter den Vorzug, daft
sie weitgehendst auBerhalb des Einfiusses der Versuchstem-
peratur liegen und dementsprechend viel weniger Schwan-
kungen in ihrer Reaktivitat aufweisen als die gebrauchlichen
cholesterinfreien Antigene. Nur ein verschwindend kleiner
Zeltschr. f. ImniunitiUsforschung. Orig. Bd. 31. 30
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454 Graetz, Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw.
Prozentsatz von Syphilitikerseris bevorzugt fflr seine Reakti-
vitat cholesterinfreie Antigene. Die serologische Erfassupg
derartiger Sera wird durch die gleichzeitige Verwendung
cholesterinfreier und cholesterinierter Antigene gewahrleistet.
Wird dabei gleichzeitig der EinfluB der Versuchstemperatur
auf die Reaktivitflt der einzelnen Sera in ausreichendem Mafie
berficksichtigt, so gelingt es, die biologische Syphilisdiagnostik
bei Wahrung absoluter Spezifitat auf eine technische Hochst-
leistung zu bringen.
Literatur.
Alexander, A., Dermatol. Zeitschr., Bd. 21, 1914.
Altmann, H., und Zimmern, F., Arch. f. Dermatol., Bd. Ill, p. 837.
Bottler, Arch. f. Dermatol., Bd. 116, 1903.
Graetz, Fr., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 89, 1918.
Hatz iwassiliu, P. G., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 22.
Jaiser, A., Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 24, 1916.
Kaup, J., Arch. f. Hyg., Bd. 87, Heft 1 — 4.
Lange, C., Zeitschr. f. lmmunitatsf.. Bd. 26, Heft 4.
Sachs, H., und Rondoni, P., Zeitschr. f. lmmunitatsf., Bd. 1, 1908.
Sachs, H., und Altmann, H., Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 14.
Sachs, H., Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 46.
— Zeitschr. f. lmmunitatsf., Bd. 26, 1917, Heft 5.
— Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 3.
Stiner, O., Deutsche med. Wochenschr., 1912, No. 49.
Berichtigung zu nieinen ,,Erkliirungsversuchen fflr die
Ruhragglutination durch Schwangerenserum“.
Von Dr. Waldemar Loewenthal, Bern.
In der obengenannten Veroffentlichung, diese Zeitschrift,
Bd. 30, befindet sich auf p. 456 eine Zusammenstellung der
[H‘J von Phosphatgemischen, mit denen ich meine Unter-
suchungen iiber den EinfluB der [IP] auf die Agglutination
ausgefuhrt habe. Die Zusammenstellung ist dem Werk von
L. M i c h a e 1 i s, Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin
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Loewenthal, Berichtigung zu nieinen Erklarungsversuchen usw. 455
1914, p. 188, entnommen. Der Liebenswfirdigkeit des Herrn
Dr. Erich Pu11er-Greifswald verdanke ich den Hinweis
darauf, daB sich dort eine Unrichtigkeit eingeschlichen hat, die
ich mitflbernommen habe: Wenn in den Phosphatgemischen
das Verhaltnis von prim&rem zu sekund&rem Phosphat von
R5hrchen 1 bis 9 failt, dann mufi auch die [H*] von R8hr-
chen 1 bis 9 fallen und nicht, wie angegeben, steigen. Es
betr> also [IP] in Rohrchen 1 etwa 3,2-10 -6 und failt bis
etwa 1,2-10 -8 in ROhrchen 9.
Dementsprechend ist die Interpretation meiner Versuchs-
ergebnisse zu modifizieren: Die in RQhrchen 1 und 2 be-
obachtete Agglutination von Ruhrbacillen ist also nicht bei
der [IP] des Gravidenseruras erfolgt, sondern bei der [IP]
3,2-10 _,; —1,6-10 -6 , ist auch keine „Alkali“-, sondern eine
SSureagglutination u. s. f. Das Endergebnis freilich, die
Parallelisierung mit der Agglutination der roten BlutkSrper-
chen, bleibt unberiihrt und ist durch neueste Untersuchungen
von Vorschiitz (Pfliigers Archiv, Bd. 186, 1921) experi¬
mented noch weiter begrtindet und bestatigt worden.
Notlz zu Friedberger und Putter, Ueber die Wlrkung
von feindlspersen Substanzen auf Blutkbrperchen usw. 1 ).
Von W. Heubner (Gottingen).
Die Verfasser stellen auf p. 271 den Satz auf: „Nur an-
organische Substanzen wirken hSmolytisch", nachdem sie Inulin,
Starke, Agar-Agar und Zellulose geprflft haben. Demgegentiber
sei betont, daB F. SchSnfeld mit Paraffinsuspensionen von
kolloidalem Charakter wohl Hamolyse erhielt 2 ).
1) Diese Zeitachr., Bd. 30, 1920, p. 227.
2) Arch. f. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 84, 1918, p. 97.
30*
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456 Friedberger und Putter, Hamolyse durch Paraftinhydrosol.
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Bemerkungen zu Torstehender Notiz tod W. Heubner*
fcVon E. Friedberger und E. Putter.
Die Angabe in der Zusammenfassung unserer Arbeit p. 271,
dali organische Substanzen nicht hamolytisch wirken, konnte
sich natiirlich schon angesichts der Tatsache, daB wir Qber-
haupt nur vier verschiedene organische Substanzen untersucht
haben, lediglich auf das Material unserer Arbeit beziehen,
wie sich auch aus dem Zusammenhang im Text und aus dera
einleitenden Satz der Zusammenfassung ergibt.
Die von Schonfeld mit Paraffinsuspension beobachtete
Hamolyse war auBerst minimal.
Krommannsehe Buehdruekerei (Hermanu Pohlc) in Jena. _ 4893
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Zeitschrift £ Immunitatsforschimg. Originals. Bi 31 No. 6.
Nachdruck verboten.
[Aus dem Hygienischen Institut der Deutschen Universitat in Prag.]
Ueber die Bezlehungen der Fleckfieberagglutination zum
Fleckfiebercrreger.
Von E. Weil und A. Felix.
(ELngegangen bei der Redaktion am 30. Oktober 1920.)
Die Fleekfieberagglutination, in ihrer klinischen Verwert-
barkeit allgemein anerkannt, hat in ihrem Wesen eine so viel-
fache Deutung erfahren, wie es bei keiner anderen Immuni-
t&tsreaktion der Fall war. Von vereinzelten Ausnahmen ab-
gesehen (Friedberger, Zlocisti, Schiff), vertreten alle
Autoren die Ansicht, daB die Agglutination nicht von den
antigenen Rezeptoren des Fleckfiebererregers herriihre, keine
Antigen-Antikorperreaktionen darstelle und deshalb auch nicht
als eine spezifiscke Reaktion im Sinne der Immunitatslehre
angesehen werden konne. Die besondere Eignung des X 19
wurde als ein Zufall und die Reaktion selbst als ein gliick*
licher Fund gedeutet, wie es auch in dem amtlichen deutschen
Bericht dargestellt ist. Diese Ansicht konnte sich nur ent-
wickeln, weil uns nicht die Moglichkeit geboten war, unsere
Befunde ausfuhrlich zu veroffentlichen, und wir uns begntigen
muBten, unsere wichtigsten praktischen und theoretischen Er-
gebnisse in kurzen Skizzen mitzuteilen, so daB wir es begreif-
lich finden, daB unsere Resultate weniger bekannt waren, als
die anderer Autoren, welche die Ergebnisse ihrer Arbeiten
ausfuhrlich publiziert haben. Wir gedenken unser gesamtes
experimentelles Material, das wir im Laufe des Krieges prak-
tisch und theoretisch verarbeitet haben, in einer Monographic
zu veroffentlichen und hoffen, daB daraus klar hervorgehen
wird, daB es sich bei unseren Befunden um eine bis ins De¬
tail durchgefiihrte systematische Untersuchung und nicht um
einen Zufallsbefund handelt.
Zu der jetzigen ausfuhrlichen Mitteilung eines Teiles
unserer Versuche haben wir uns entschlossen, weil eine Gruppe
Zeitschr. f. Immunlttltsfor*chung. OrUf. Bd. 31 . 31
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458
E. Weil und A. Felix,
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von Autoren in ihren Arbeiten beharrlich die Tendenz hervor-
treten laBt, der Agglutination des Fleckfieberserums mit den
X-Stammen den Wert eines wissenschaftlichen Problems abzu-
sprechen. Die Griinde hierftir stehen in engstem Zusammen-
hang mit der Zeit, in der die Reaktion entdeckt wurde. Im
osterreichischen Heere war der Plotz-Bahrsche Keim als
der sichere Flecktyphuserreger proklamiert — das ist in der
Literatur festgelegt — und im deutschen Heere gait durch die
Entdeckung der Rickettsia Prowazeki die Aetiologie des Fleck-
fiebers als gelost. Da war es verstandlicb, daB die Fleck-
fieberagglutination eine Deutung erfahren muBte, die in keinem
direkten Zusammenhang mit dem Erreger stehen durfte. In
den offiziellen osterreichischen Mitteilungen wurde die Reak¬
tion auf eine besondere physikalisch-chemische Beschaffenheit
des Blutserums, also gar nicht auf Antikorper zuruckgefuhrt
und in den deutschen als eine Paragglutination bezeichnet.
Diese Auffassungen wurden von verschiedenen Autorengruppen
Ubernommen, welche sich in ihren Ansichten auch nicht be-
irren lieBen, als inzwischen Tatsachen aufgedeckt und von
vielen Seiten bestatigt wurden, welche diese Vorstellungen
widerlegten. Es traten im Gegenteil immer scharfer die er-
w&hnten Anschauungen und noch andere hervor — wir wollen
darauf erst in unserer ausfiihrlichen Zusammenstellung Bezug
nehmen — und sie hatten den Erfolg, daB man Versuche, die
das Wesen der Reaktion aufkl£ren sollten, entweder gar nicht
Oder in hochst einseitiger und in unrichtiger Weise anstellte,
der direkte Weg aber, den uns die Erfahrungen auf dem
Gebiete der Immunitatslehre gewiesen hatten, gar nicht einge-
schlagen wurde.
Als eine Infektion des Meerschweinchens mit dem Fleck-
fiebervirus sicher zu erzielen war, und die Reaktion bei diesen
Tieren vermiBt wurde, war es fur die oben erw&hnte Autoren-
gruppe entschieden, daB die Agglutination nichts mit der Tatig-
keit des Fleckfiebererregers zu tun habe. Es war an der Richtig-
keit dieser von bewahrten Experimentatoren gemachten Feststel-
lung nicht zu zweifeln, aber die daraus gezogenen SchluBfol-
gerungen konnten wir in keiner Weise anerkennen, da schon
theoretische Erw&gungen Bedenken erregten, dem Gedanken-
gange dieser Forscher Folge zu leisten, und zwar aus folgen-
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 459
dem Grunde. Es ist allgemein anerkannt, daB das konstan-
teste Symptom des Fleckfiebers, konstanter als das Exanthem
und die typische Fieberbewegung, die Agglutinationsreaktion
mit X 19 ist. Ware nun auf Grund dieser Tatsache das
Fehlen der Reaktion beim Meerschweinchen nicht zumindest
mit derselben Berechtigung, wie es gegen die Spezifitfit der
Reaktion ausgeniitzt wurde, auf die Weise zu deuten, daB die
Meerschweincheninfektion, welche dieses konstanteste Symptom
vermissen laBt, eben deshalb kein Fleckfieber ist? Es kann
nfimlich nicht scharf genug die Unterscheidung getroffen werden
zwischen Infektion und Infektionskrankheit, worauf insbesondere
Bail hingewiesen hat, und gerade beim Fleckfieber spielt
dieser Umstand eine sehr bedeutende Rolle. Denn wie unsere
Erfahrungen gelehrt haben, ist fur die Erzeugung der Agglu-
tinine die Erkrankung von groBer Bedeutung. Ausgedehnte
Untersuchungen haben uns gezeigt, daB die kiinstliche Er¬
zeugung der kleinflockenden (0) Agglutinine, welche allein
beim Fleckfieber auftreten, beim Menschen nur schwer gelingt.
Dreimalige Vorbehandlung mit je einer Oese Bakterienkultur
ruft einen Agglutinationstiter hervor, der sich zwischen 50
und 100 bewegt, und Werte von 1:200 bis 1:500 sind recht
selten. Beim menschlichen Fleckfieber hingegen sind Titer,
die zur Zeit des Hohepunktes nicht fiber 1:500 betragen,
aufierordentlich selten, und in mehr als 90 Proz. der Falle
sind Werte von 1:2000 und weit darfiber zu konstatieren.
Dabei konnte festgestellt werden, daB die niedrigen Reaktionen
bei aufierordentlich schweren (Zlocisti, Weil und Felix
u. a.) und insbesondere aber bei rudimentfiren Formen zu
finden sind. Daraus geht hervor, daB der spezifische Krank-
heitsreiz ffir die Agglutininerzeugung von ausschlaggebender
Bedeutung ist. Ist er zu intensiv, so liegt, wie dies bei alien
Infektionskrankheiten der Fall ist, die Antikorperbildung dar-
nieder, ist er zu schwach, so werden, wie beim gesunden
Menschen nach ktinstlicher Behandlung mit X 19 die Agglu¬
tinine nur in geringem MaBe erzeugt. Wenn man von diesem
Gesichtspunkte aus die Fleckfieberinfektion des Meerschwein-
chens mit der Fleckfiebererkrankung des Menschen vergleicht,
so stoBen wir auf gewaltige Diflferenzen. Wenn man beim
Meerschweinchen tiberhaupt von einer Erkrankung sprechen
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460
E. Weil und A. Felix,
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kann, so ist dieselbe nur an der Temperaturerhohung und in
manchen Fallen an einer geringgradigen Abmagerung, deren
Ursache man nicht mit Sicherheit auf die Infektion zurfick-
fiihren kann, kenntlich, wohingegen beim Menschen eine
schwere Erkrankung vorliegt, die den gesamten Stoffwechsel
in Aufruhr bringt. Einer 16-tagigen Temperaturerhohung von
3 bis 4° beim Menschen steht eine meist nur 7-, hochstens
10-tagige Fieberdauer von gewohnlich nicht mehr als 1 0 Tem-
peraturerhfihung beim Meerschweinchen gegeniiber. Das von
Lowy beim Meerschweinchen beschriebene Exanthem wurde
von keinem anderen Autor wiedergesehen und die im Gehirne
beschriebenen Zellanhaufungen lassen hinsichtlich ihrer Spezi-
fitat eine verschiedenartige Deutung zu (Friedberger). Alle
diese Momente — wir werden noch darauf zuriickkommen
— lassen die Annahme zu, da!5 im Meerschweinchenorganis-
mus eine Vermehrung des Fleckfiebererregers, eine Infektion
erfolgt, die bei dem fiir Temperaturschwankungen so iiberaus
empfindlichen Tiere mit einer Temperaturerhohung verbunden
ist, wahrend jedoch alle iibrigen Symptome, welche gerade
beim Menschen die spezifische Erkrankung ausmachen, hier
fehlen. Dazu kommt aber noch die wichtige Tatsache, daB
Meerschweinchen Antikbrper uberhaupt in geringem Grade
bilden. Ein Vergleich mit der antikorpererzeugenden Fahig-
keit des Kaninchens lehrt, daB bei gleicher Behandlungsweise
bei letzterem Tiere meist ein 10-fach hoherer Titer zu erzielen
ist. Fehlen des spezifischen Krankheitsreizes im Verein mit
dem geringen Antikorperbildungsvermogen machen es ver-
standlich, warum beim Meerschweinchen die Fleckfieberagglu-
tinine nicht entstehen.
Ganz wesentlich anders als das Meerschweinchen und
der Mensch verhait sich hinsichtlich der Agglutininbildung
gegen X 19 das Kaninchen. Unsere ausgedehnten Erfahrungen
haben uns gelehrt, daB beim Kaninchen die fleckfieberspezi-
fischen, kleinllockenden (0) Agglutinine ungemein leicht und
in groBer Menge entstehen. Es war deshalb zu erwarten, daB
dieses Tier nach der Infektion mit dem Fleckfiebervirus, auch
wenn der spezifische Krankheitsreiz fehlt, auf die bloBe An-
wesenheit oder geringe Vermehrung des Fleckfiebererregers
bin Agglutinine bildet, wenn auch auf Grund der vorangehend
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 461
mitgeteilten Erwagungen ein holier Titer nicht zu erwarten
war. Wir muBten uns mit diesen theoretischen Vorstellungen
begniigen, da es uns lange Zeit versagt war, Tierversuche an-
zustellen. Im Felde war es uns unmoglich, und nach unserer
Ruckkehr konnten wir uns lange keiu Virus verschaffen, bis
uns Herr Dr. Kuczynski zwei Stamme zur Verfiigung
stellte, fur die wir ihm zu groBem Danke verpflichtet sind. Die
beiden Stamme tragen die Bezeichnung „Virchow“ (Stamm I)
und „Reinickendorf u (Stamm II). Infektionsversuche an einigen
Meerschweinchen zeigten ilire Wirksamkeit, die sich so sicher
und konstant erwies, daB von mehreren hundert Tieren kein
einziges die typische Fieberbewegung vermissen lieB.
Wir haben zunachst einen Versuch angestellt, urn zu er-
mitteln, ob unsere theoretischen Voraussetzungen zutreffend
waren, indem wir 2 Kaninchen, wie es in dem beifolgenden
Versuchsprotokoll beschrieben ist, mit dem Fleckfiebervirus
des Meerschweinchens intraperitoneal infizierten.
Tabelle L
Vorversuch: Infektion von Kaninchen mit Fleckfiebervirus.
to
I. Blut-
11. Blut-
III. Blut-
a
03
■8
•S
'c
3
C
entnahme
fl
entnahme
G T3
O .
entnahme
M a
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a
£
vor der
I. Injektion
M
9 Tg. nach d.
I. Injektion
[. Injekti
age nach
ersten
9 Tg. nach d.
II. Injektion
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Aggluti-
Aggluti-
Aggluti-
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1:100
1:200,
g£
2-g-S
•SO
.so
+ +±
+ ±
Wir sehen, daB sich unsere Erwartung im vollen MaBe
bestatigt hat, da bei beiden Tieren eine deutliche Agglutinin-
bildung fur X 19 aufgetreten ist, welche durch ihr rein klein-
flockiges Aussehen das Geprage der spezifischen Fleckfibber-
agglutination des Menschen tragt. Eine unerwartete Erschei-
nung aber, worauf wir spater noch ausfiihrlich zuriickkommen
werden, ist das spate Auftreten der Agglutinine.
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462
E. Weil und A. Felix,
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Obwohl schon dieses Resultat mit groBer Wahrscheinlich-
keit den SchluB zulieB, daB das Auftreten der X 19-Agglutinine
auf den Fleckfiebererreger zuriickzufiihren war, so war doch
noch einer Reihe von Einw&nden zu begegnen, welche die
Spezifitat der Reaktion in Frage stellen konnten. Da ja die
Agglutinine nicht mit dem isolierten Erreger, sondern mit
einem Gewebe, welches den mutmaBlichen Erreger enthielt,
erzeugt waren, so mufite vor allem die Mitwirkung dieses
Gewebes ausgeschaltet werden, zumal Meerschweinchenorgane
beim Kaninchen antigen wirken und heterogenitische Anti-
korper (Hammelbluthamolysine) erzeugen. Trotz der geringen
Wahrscheinlichkeit, daB Meerschweinchengehirn beim Kaninchen
Agglutininbildung gegen X 19 hervorruft, haben wir 4 Kanin¬
chen mit Normalhirn vorbehandelt mit dem Resultate, das in
der beifolgenden Tabelle wiedergegeben ist.
Tabelle II.
Yorversuch: Behandlung von Kaninchen mit normalem
Meerschweinchengehirn.
Kaninchen
Verdiinnung
I. Blutentnahme
Intraperitoneale
Injektion von
II. Blut¬
entnahme
I
vor der
Injektion
am 11. Tage
nach der
I. Injektion
Agglutination mit
Agglutination
mit
hx 19
ox 19
Ty i
HX, 9 OX I()
Ty 1
I
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+ + +
c
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_
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—
—
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—
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1:50
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II
1:5
—
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•
+ +
C - -
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.
+
1:100
•
•
a
2
I
IH
a
III. Blut-
entnahme
am 18. Tage
nach der
1. Injektion
Agglutination
mit
HXj 9 OX, b
Ty 1
_
_
+ + +
—
—
+ + +
—
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•
•
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+ + +
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•
+ +
•
•
—
Origirval from
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 453
Die viermalige Behandlung mit normalem Meerschwein-
chengehirn hat, wie zu erwarten war, bei keinem Tiere Agglu-
tinine gegen X19 erzeugt. Die gleichzeitig vorgenommene
Prufung der Typhuagglutinine ergibt, daB der norraalerweise
vorhandene Titer bei keinem Tiere eine Steigerung erfahren
hat. Die Beriicksichtigung der Typhusagglutinine erscheint
uns deshalb von Wichtigkeit, weil ein Ansteigen derselben
bei Fleckfieber eine bekannte Tatsache ist. Diese von uns
zuerst festgestellte Erscheinung ist heute allgemein anerkannt
und ebenso die von uns gegebene Deutung, daB eine Titer-
steigerung oder ein Auftreten der Typhusagglutinine in der
uberwiegenden Mehrzahl der F&lle bei Typhusgeimpften oder
friiheren Typhuskranken vorkommt. Es liegen Angaben zalil-
reicher Autoren vor, die sich mit unseren eigenen Feststel-
lungen decken, dahingehend, daB bei unbeeinfluBtem Fleck¬
fieber die Gruber-Widal sche Reaktion wahrend der
ganzen Erkrankung ausbleibt. Doch wurde von Starken-
stein, so wie von Zlocisti auf ein kurzdauerndes Auftreten
der Typhusagglutinine mit niedrigem Titer auch bei reinem
Fleckfieber hingewiesen, und es war moglicherweise auch bei
der Fleckfieberinfektion der Kaniuchen mit einer Steigerung
der Typhusagglutinine zu rechnen, zumal ja diese Tiere meist
Normalagglutinine gegen Typhusbacillen besitzen, die, wie wir
gesehen haben, bei den Kaninchen, die mit normalem Gehirn
injiziert waren, keine Steigerung erfahren haben.
Bevor wir uns den Kanichenversuchen zuwenden, wollen
wir zunachst die Agglutinationsverhfiltnisse bei einer Anzahl
von infizierten Meerschweinchen betrachten (siehe Tabelle III
auf p. 464).
In Uebereinstimmung mit den Angaben aller Autoren ist
bei Meerschweinchen ein die Normalreaktion gegen X 19 iiber-
schreitender Titer infolge der Infektion nicht zu konstatieren.
Wir haben bereits darauf hingewiesen, und der Vorver-
versuch hat unsere Annahme auch bestfitigt, daB bei der In¬
fektion des Kaninchens mit Fleckfiebervirus nicht so hohe
Agglutinationswerte zu erwarten sind, wie bei der kunstlichen
Immunisierng mit X 19 oder bei der Fleckfieberinfektion
des Menschen, weil der spezifische Krankheitsreiz fehlt. Da
es aber wichtig schien, festzustellen, welcher Titer bereits eine
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464
E. Weil und A. Felix,
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Tabelle III.
Agglutination von HX 10 und OX lfl mit Serum von
fleckfieberinfizierten Meerschweinchen.
Meerschw.
Vorbehandlung
Blutentnahme
nach der
Infcktion
Agglutination mit
HX,„
ox 19
1:51:10
1: 20| 1: 5 1:10|l: 20
30
0,1 infiziertes Meer-
am 9. Tg.; fiebernd
+ +
_
_
+ +
±
_
31
schweinchengehirn
Q
» 47 • >» »
+ +
—
—
+ +
±
—
40
intraperitoneal
»> >»
+ +
+ +
+
+ +
+ +
+
41
(Virus I)
yy ^0. yy yy
+
—
—
+ +
+
—
201
Q
+
—
—
+
—
—
203
0,1 infiziertes
Q
+
—
—
+
—
—
210
Meerschweinchen-
+
±
—
+
db
±
215
gehirn
—
—
+
—
—
222
intraperitoneal
,, 10. ,, »
+
—
—
+
—
—
204
(Virus II)
„ 18. „ entfieb.
+
—
—
+
±
—
205
yy yy yy
+
—
+
—
11
4 Inj. v. je 0,1 infiz.
am 39. Tage nach
—
±
—
12
Gehirn intraperiton.
der I. Injektion
—
—
—
13
(Virus I)
(fieberfrei)
—
—
—
14
6 Inj. v. je 0,1 infiz.
am 56. Tage nach
—
—
—
—
15
Gehirn intraperiton.
der 1. Injektion
—
—
—
—
16
(Virus I)
(fieberfrei)
—
—
—
—
Normales Meerschweinchen
+ +
+
—
+ +
+
—
spezifische Bedeutung besitzt, so haben wir uns liber die Hohe
der Normalagglutination gegen X 19 bei mehreren normalen
und bei unspezifisch vorbehandelten Kaninchen unterrichtet.
Tabelle IV.
Agglutination von HX„ und OX IB mit verschiedenen
Kaninchen-AntiBeren.
Kaninchen-Antiserum lo6end fiir Erythrocyten
von
Normales
Kaninchen-
serum
1 1
2
3
4
5
6
Meerschweinchen
Schwein
Mensch
A
B
Agglutination
mit
a
05 | *
<n
*
05
05
a
05
kf
X
x" x"
X
x"
x"
x"
x"
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xT
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W
o j a
o
a | o
a
O
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O
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Aus diesem Versuche geht hervor, daB in der Regel auch
in der Konzentration von 1: 5 eine starke positive Agglu¬
tination mit X 19 nicht zu konstatieren ist, so dafi dem Auf-
Origirval from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 465
treten einer positiven Reaktion in dieser starken Konzen-
tration eine spezifisclie Bedeutung beigemessen werden kann.
Wir haben unsere weiteren Versuche in der folgenden
Weise durchgefiihrt: Bei shmtlichen Kaninchen, die wir in
Behandlung nahmen, wurde vor der Infektion eine serologische
Blutuntersuchung vorgenommen, und zwar gegen X 19, X 2
und Typhusbacillen, urn nach der Infektion das erste Auf-
treten der spezifischen Reaktion zu priifen und zu untersuchen,
ob ebenso, wie beim menschlichen Fleckfieber eine Mitreaktion
mit X 2 und ein unspezifisches Ansteigen der Typhusagglu-
tinine erfolgt. Bei den X-Stammen wurde die Agglutination
sowohl mit der H-, als auch mit der O-Form angestellt, und
zwar aus dem Grunde, weil wir die von uns selbst auf-
gestellte Forderung, die Fortziichtung der Kulturen nur auf
frischen Fleischn&hrboden vorzunehmen, nicht irnmer erfflllen
konnten. Die O-Form aber gibt, unabhangig von geringen
Abweichungen der gewohnlichen Nahrbodenherstellung, immer
einwandfreie, gleichmaBige und sichere Resultate. Wir raten
dringendst die Ausfiihrung der Agglutination
mit der O-Form an. Die Agglutinationsprobe wurde
nach der fOr Fleckfieber gegebenen Vorschrift ausgefiihrt.
Die Notierung der Resultate wurde nach 6 und 18 Stunden
vorgenommen, in den Tabellen jedoch der Raumersparnis
wegen nur das Endresultat notiert. Gegeniiber X 2 wiesen
die normalen Kaninchensera eine starke Bakterizidie auf, die
sich in einer Aufhellung der Emulsion (insbesondere bei der
H-Form) auBerte; dementsprechend war auch eine starkere
Normalagglutination zu bemerken, die ofters bis zur Verdiin-
nung 1:10 auftrat, jedoch nur ausnahmsweise zu einer kom-
pletten Ausflockung fuhrte. Eine Titersteigerung gegen X 2
im Verlaufe der Infektion haben wir jedoch niemals gesehen,
so daB wir, urn die Tabellen zu vereinfachen, diese Resultate
tabellarisch nicht wiedergegeben haben. Der von uns be-
nutzte Typhusstamm war leicht agglutinabel und wurde des-
halb gewahlt, um etwaige Titerveranderungen leicht konstatieren
zu konnen.
Von der Ansicht ausgehend, daB eine Infektion des Kanin-
chens mit dem Fleckfiebervirus nur schwer gelingt, haben wir,
um ftir die Sicherheit der Infektion eine Gewahr zu haben,
die Tiere zuniichst dreimal mit Meerschweinchengehirn infiziert
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URBANA-CHAMPAIGN
466
E. Weil und A. Felix,
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und das Blut meist am 7. und 14. Tage nach der ersten In-
fektion untersucht. (Bei der Bestimmung der Zeit wurde der
Tag der Infektion stets als der erste Tag bezeichnet.) Wir
geben anbei das Protokoll eines Versuches wieder, in welchem
wir 5 Kaninchen einer dreimaligen und 3 Kaninchen einer
einmaligen intraperitonealen Infektion unterzogen haben.
Das Gehirn staminte nahezu in alien unseren Versuchen,
welche nicht einen besonderen Zweck verfolgten, von Meer-
schweinchen des zweiten Fiebertages, die durch intraperito-
neale Injektion von 0,1 Gehirn infiziert worden waren.
Tabelle V.
Auftreten der Agglutinine. Virus I = Stamm Virchow.
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5
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100
200
500
Google
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URBANA-CHAMPAIGN
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zura Fleckfiebererreger. 467
Tabelle V (Fortsetzung).
Kaninchen
Verdunnung
I. Blut-
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II. Blut-
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Kaninchen VIII, X, XII und XIII agglutiniert bei alien Entnahmen
mit HX„ und OX, stets unverandert 1:10 + + , 1:20 ±; die anderen
Kaninchen reagierten stets bei 1:10 negativ. — Die Weltmannsche
Reaktion blieb bei diesen Kaninchen immer negativ.
Die Agglutination mit X 19 ist bei alien Tieren positiv,
und zwar bei 2 Tieren mit einem recht hohen Titer (1 :500 und
1:1000). Das wichtigste Ergebnis dieses Versuches besteht
aber in der RegelmaBigkeit, mit der Agglutination auftritt, die
sich auch darin auBert, daB die nur einmal infizierten Tiere
sich hinsichtlich der Starke der Reaktion in nichts von den
dreimal infizierten unterscheiden, zumal gerade bei dieser
Gruppe sich der hochste Agglutinationswert findet (Kaninchen
XII Titer 1:2000). Auch zeigt dieser Versuchmit aller Klar-
heit, daB eine Aenderung des Typhustiters bei keinem Tiere
aufgetreten ist.
Genau in derselben Weise verhalt sich das zweite Virus:
auch hier reichte die einmal vorgenommene Infektion, obwohl
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468
E. Weil und A. Felix,
Tabelle VI.
Auftreten der Agglutinine. Virus II = Stamm Reinickendorf.
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II. Blut-
entnahme
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nach der Infektion
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Kaninchen XXV, XXVI und XLIII mit HX und OX., bei alien
Entnahmen 1:10 + + , 1:20 —, Kaninchen XXIV, XXVII" und XLI
immer bei 1:10 negativ. — Weltmannsche Reaktion immer negativ.
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URBANA-CHAMPAI6N
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 469
sie bei zwei Tieren subkutan erfolgt ist, zur Erzeugung der
Agglutinine gegen X 19 vollkommen aus. Ein Ansteigen des
Typhustiters findet auch hier nicht spurenweise statt. Inter-
essant ist die stets wiederkehrende Erscheinung des spdten
Auftretens der Agglutinine. (Siehe Tabelle VI auf p. 468).
Von Interesse war fur uns die Arbeit von Doerr und Pick, die, nnch-
dem unsere Untersuchungen bereits im Gange waren, erschienen ist.
Die beiden Autoren, welche das Verhalten des Fleckfiebervirus im Organis-
mus des Kaninehens studierten, haben auch das Serum der infizierten Tiere
mit X 19 und mit Typhusbacillen gepriift. Der Tatsaclie, dafi sie gegen
X 19 geringgradige Agglutination fanden, mafien sie deshalb keine Be-
deutung bei, weil sie gegen Typhusbacillen eine noch starkere Reaktion
auftreten sahen, und weil auch Kaninehen, welche mit normalem Ge-
hirn vorbehandelt wurden, sowohl gegen X 19 als auch gegen Typhus¬
bacillen Agglutinine bildeten. Doerr und Pick bezeichnen diese Reaktion
als eine ,,ganz unspezifische Serumveranderung“. Da nach unseren aus-
gedehnten Experimented wie es noch im Verlaufe dieser Ausfiihrungen
hervorgehen wird, die Agglutination des fleckfieberinfizierten Kaninehens
gegen X 19 als eine Reaktion von der reinsten Spezifitat angesehen werden
muB, so konnen wir nicht umhin, die diesbeziiglichen Versuche von Doerr
und Pick, die auch sonst in jeder Hinsicht allem dem widersprechen,
was beziiglich der serologischen Spezifitat durch die allgemein anerkannten
Arbeiten unserer besten Forscher als feststehend gilt, fiir unrichtig zu
halten.
Uin die Spezifitat der Reaktion vollstandig zu sichern,
wurde auch eine Reihe von Bindungsversuchen angestellt.
Obwohl die Beteiligung des normalen Gehirnes an der Agglu-
tininerzeugung durch die vorangehenden Versuche bereits aus-
geschlossen war, haben wir einige positive Kaninchensera mit
Gehirnemulsionen behandelt und vor und nach der Behand-
lung die Agglutination gegen X 19 und die heterogene-
tischen Hammelbluthamolysine gepriift (siehe Tabelle VII auf
p. 470).
Dieser Versuch lehrt, daB die X 19-Agglutinine vom X 19-
Stamni vollkommen verankert, vom normalen Gehirn aber
nicht tangiert werden, wahrend das Gehirn die Hamolysine
in starkem MaBe bindet. Damit ist neuerdings erwiesen, daB
antigene Beziehungen zwischen den Agglutininen und dem
Gehirn nicht bestehen.
Die theoretisclie Spezifitat wurde von den meisten Autoren
aus dem Grunde angezweifelt, weil bei einer Reihe von ver-
schiedenartigen Mikroorganismen eine Agglutination mit dem
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470
E. Weil und A. Felix
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Tabelle VII.
Behandlung der agglutinierenden Kaninchensera mit
normalem Meerschweinchengehim.
Von den Kaninchenseren VII, bis XI, (= dritte Entnahmen von
Kaninchen VII bis XI) wurden je 0,25 ccm Serum (in der Verdiinnung
1:10) mit je 0,25 normalem Meerschweinchengehirn 1 Stunde bei 37 0 be-
handelt, klar zentrifugiert und die Abgiisse teils zum Agglutiuationsversuch
mit OX IB , teils zum Hiimolyseversuch mit Hammelblutkorperchen (unter
Zusatz von je 0,05 Meerschweinchenkomplement) verwendet.
Agglutination notiert nach 20 Stunden, Hamolyse nach 2 Stunden.
Agglutination mit OX 19
Serum
VII,
VIII,
IX,
x 8
xi.
beh.
unbeh.
beh.
unbeh.
beh.
unbeh.
beh.
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beh. !
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0,01
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+ + +
+ + +
+ + +
+ +
+
Die Abgiisse der ersten Verdiinnung (0,1) nach dem Abzentrifugieren
des Agglutinates nochmals mit OX l9 agglutiniert
0,1 1 - 1 - 1 - | - | - | -
Hamolyse
0,02
0,01
0,005
0,002
0,001
0,0005
k.
0
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0
0
0
Sp.
0
0
Serum Fleckfieberkranker beschrieben war. Seitdem die Be-
zeichnung „Polyagglutination“ (Weltmann) fiir das Fleck-
fieberserum gepragt war, kam die Ansicht, daB auch die X-
Stamme nur infolge der Vielseitigkeit desFleckfieberserums aus-
geflockt werden, nicht mehr zum Stillstand. Unsere Hinweise,
daB die allgemein erhohte Agglutinationskraft des Blutserums
gegeniiber bestimmten Mikroorganismen nicht nur bei Fleck-
fieber, sondern bei einer Reihe anderer Erkrankungen vor-
kommt, daB aber die auBerordentlich hohen Titerwerte gegen
X 19 nur bei Fleckfieber auftreten, so daB ein Vergleich der
Polyagglutinabilitat mit der spezifischen Fleckfieberreaktion
nicht moglich sei, blieben ohne Eindruck, und trotz der ex-
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Beziehungen der Fleckfieberagglutiuarion zum Fleckfiebererreger. 471
Tabelle VIII.
Poly agglutination.
Entnahme 1: vor der Infektion.
Entnahme 3: am 14. Tage nach der Infektion.
Z, = Pyocyaneus Z, von Kreuscher.
Micrococcus melitensis 1 und 2 entstammen der Sammlung des
Institus fur Schiffs- und Tropenhygiene in Hamburg (Prof. M. Mayer).
Kaninchen
Entnahme
Titer fur
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Verdiinnung
z.
Proteus
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Coli 32
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—
—
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—
—
—
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—
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VII
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URBANA-CHAMPAIGN
472
E. Weil und A. Felix,
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Tabelle IX.
Polyagglutination.
Entnahme 1: vor der Infektion.
Entnahme 3: am 14. Tage nach der Infektion.
Kaninchen XVI bis XIX infiziert mit Virus I (siehe Tab. XI).
Kaninchen XXIV bis XXVII infiziert mit Virus II (siehe Tab. VI).
Kaninchen
Entnahme
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Bezieh ungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 473
Tabelle IX (Fortsetzung).
Kaninchen
Entnahme ||
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Verdiinnung
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Proteus
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perimentellen Widerlegung dieser Ansichten durch Felix
fanden sich neuerdings in der zusammenfassenden Mitteilung
von Rocha-Lima die alten Angaben, die ein Autor kritik-
los vom anderen iibernommen hatte. DaB Rocha-Lima
die Arbeiten, auf Grund deren er sich berechtigt fiihlte, die
X-Stamme unter die bekannten „fleckfieberspezifischen u Mikro-
organismen einzureihen, gar nicht kannte, und das Material,
aus dem er seine Schliisse zog, hochst einseitig verarbeitet
hat, hat Weil gezeigt, der an Hand der Arbeiten der
betreffenden Autoren nachwies, daB die von ihnen beschrie-
benen Mikroorganismen eine spezifische Reaktion mit Fleck-
fieber nicht gegeben hatten. Da wir von der Annahme aus-
gingen, daB schwere Erkrankungen iiberhaupt, zu denen auch
das Fleckfieber gehort, zu einer erhohten Agglutinationskraft
des Blutserums gegeniiber an sich leicht agglutinablen Mikro¬
organismen fiihren, so schien es uns von Wichtigkeit, zu
untersuchen, wie sich in dieser Hinsicht die fleckfieberinfizierten
Kaninchen verhielten, bei denen eine merkliche Erkrankung,
wie alle Autoren angeben, nicht zu konstatieren ist. Diese
Frage wurde sehr genau gepriift und die Resultate sind in
den Tabellen VIII bis X mitgeteilt.
ZeiUchr. f. Immunity taforschuns. Orifr. Bd. 31. 32
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474
E. Weil und A. Felix,
Tabelle X.
Polyagglutination.
Serum LIll, bis LXU a = dritte Entnahmen von Kaninchen etwa
14 Tage nach Infektion mit Virus I.
Serum LXVI a bis LXXIIl a = dritte Entnahmen von Kaninchen
etwa 14 Tage nach Infektion mit Virus II.
Serum LIII, bis LXXI, = erste Entnahmen von Kaninchen vor der
Infektion.
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VVeise ausgefuhrt, daC die verschiedenen Mikroorganismen zum
Teil vor und nach der Infektion, zum Teil nur nach der In¬
fektion mit mehreren positiven Kaninchenseren gepriift wurden.
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 475
Folgende Mikroorganismen wurden untersucht: Z 1, der von
Kreuscher und Neukirch beschriebene Pyocyaneus, der
mit Fleckfieberserum eine spezifische Agglutination geben soli;
Proteus Landsteiner, ein gewohnlicher Proteusstamm der
Gruppe III, der in vielen unserer friiheren Versuchen ver-
wendet wurde; 2 Colist&mme, die nach mehrfachen Angaben
mit Fleckfieber reagieren sollen; 2 StSmme vom Micrococcus
melitensis, welclie bekanntlich nach den Angaben von Nicolle
vom Fleckfieberserum agglutiniert werden sollen, und Dysen-
terie Shiga und Flexner, deren Reagierbarkeit mit Fleckfieber¬
serum insbesonders von Dienes und Prau Bnitz angegeben
wurde. Da ganz entgegen unseren reichlichen Erfahrungen
von einzelnen Autoren behauptet wurde, daB Paratyphen
manchmal X 19 in geringerein Grade agglutinieren, haben
wir allerdings den umgekehrten Weg eingeschlagen und
auch Paratyphus A und B gepriift. Das Resultat dieser
Versuche laBt an Eindeutigkeit nichts zu wunschen iibrig.
Bei keinem der hier untersuchten Mikroorganismen ist das
Auftreten einer positiven Agglutination bei den Tieren,
welche vor der Infektion negativ reagiert hatten, oder eine
Titersteigerung bei jenen, bei welchen eine Norinalreaktion
bestanden hatte, zu konstatieren. Alle diese Keime verhalten
sich ebenso wie X2 und Typhus. Die Infektion der
Kaninchen mit Fleckfieber virus filhrt nur zu
einer isolierten Reaktion mit X19.
Nachdem aus den bisherigen Feststellungen, wie wir
glauben mit aller Sicherheit hervorgeht, daB das Antigen
des Fleckfiebererregers die Agglutinine gegen X 19 erzeugt,
und nachdem wir wissen, daB die Entstehung der Agglutinine
mit der Lebenstatigkeit der Mikroorganismen nichts zu tun
hat, so war zu erwarten, daB auch auf die Infektion des ab-
getoteten Virus hin sich die Agglutinine bilden. Wir haben
4 Tiere mit lebendem und totem Virus behandelt und die
Abtotung durch 30 Minuten langes Erhitzen auf 58° vor-
genommen (siehe Tabelle XI auf p. 476/77).
Trotz viermaliger Behandlung hat das tote Virus bei
keinem der Tiere Agglutinine erzeugt, wahrend die zweimal
mit lebendem Virus injizierten Kaninchen ausnahmslos posi-
tiv reagieren. Diese iiberraschende Tatsache wird verstSnd-
32*
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Tabelle XI.
Vorbehandlung mit lebendem und totem Virus. (Virus I.)
476
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E. Weil und A. Felix,
III. Blutentnahme
Agglutination mit
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 477
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478
E. Weil und A. Felix,
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lich nach folgender Erw&gung. Wenn man von der Annahme
ausgeht, daB die Fiebeftemperatur des Meerschweinchens, das
wesentlichste Symptom der stattgehabten Infektion durch das
sich vermehrende Virus zustande kommt, so wird die mehr-
tagige Inkubation nur dadurch erkl&rlich, daB der Erreger
in dem Ausgaugsmaterial der Infektion, auch bei Verwendung
noch so groBer Mengen des Gehirns nur in sehr geringer
Quantitdt vorhanden ist und sich langsam vermehrt, da die
zur Fiebererzeugung notige Menge erst nach mehreren Tagen
erzielt wird. Bleibt, wie dies beim Virus der Fall ist, die
Vermehrung aus, so ist die Virusmenge zu gering, urn Agglu-
tinine zu bilden. Einen Hinweis auf die Richtigkeit dieser
Vorstellung bietet das spate Auftreten der Agglutinine bei
den infizierten Kaninchen. Die zeitlichen Bedingungen der
Antikorperentstehung, auf die wir hier nicht geuauer eingehen
wollen, sind sehr exakt studiert, und die diesbezuglichen Ar-
beiten lehren, daB nach Einverleibung des Antigens am 3.
bis 4. Tage die Antikorper mit geringem Titer auftreten,
einen raschen Anstieg bis zum Hohepunkt zeigen, der meist
nach einer Woche erreicht ist. Wir sehen aber aus den
vorangehenden Versuchen, daB die Agglutinine gegen X 19
nach der Injektion des Virus am 8. bis 10. Tage sich erst
zu bilden beginnen. Wir befinden uns nun in der giinstigen
Lage, das Entstehen der Agglutinine gegen X 19 und das
der heterogenetischen Hamolysine gleichzeitig beobachten zu
konnen und teilen anbei eine Reihe solcher Versuche mit
(siehe Tabelle XII und XIII).
Daraus geht klar hervor, daB die Hammelbluthamolysiue
am 8. Tage, zu einer Zeit, in welcher die Agglutinine gegen
X 19 meist noch negativ sind, oder erst mit niedrigem Titer
in Erscheinung treten, bereits den Hohepunkt erreicht haben,
und daB zu dem Zeitpunkt, in welchem die X 19-Agglutinine
auf der Hohe sind, der Hamolysintiter bereits zuriickgeht.
Diese zeitliche Differenz kann nur damit erkl&rt werden, daB
das Antigen, welches zur Ausbildung der X 19 Agglutinine
fiihrt, langerer Zeit bedarf, um jene Menge zu erreichen, welche
den fur die Agglutininbildung hinreichenden Reiz liefert. Dies
ist nur durch die Vermehrung der unter der Reizschwelle
liegenden Antigenquantit&t moglich. Als weiterer Beweis fur
Original from
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger.
479
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
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E. Weil und A. Felix,
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Tabelle XHI.
Differenz im zeitlichen Auftreten der X Ifl -Agglutinine und
der Ham melbluthamolysine.
Rubrik 1 = I. Blutentnahme (vor der Infektion).
Rubrik 2 = II. „ (am 7. Tage nach der Infektion).
Rubrik 3 = HI. „ ( „ 14. „ „ „ „ ).
Infektion mit Virus I (siehe Tabelle XI)
Serum
XVI
XVII
XVIII
XIX
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2
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Serum
Infektion mit Virus II (siehe Tabelle VI)
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1:10
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1:5
1:200
+ ±
die Richtigkeit dieser Ansicht kann der Versuch (Tab. XVIII)
gelten, in welchem die Infektion der Kaninchen mit 0,1 Oese
der lebenden X 19-Kultur vorgenoramen wurde. In diesem
Falle, wo die geniigende Antigenmenge bereits bei der In¬
fektion vorhanden war, sind die Agglutinine bereits am 6. Tage
im vollen Mafie ausgebildet.
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 481
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482
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 483
Wir besitzen aber auBer der Abtotung noch ein anderes
Mittel, urn die Vermehrung des Virus im Organismus hintan-
zuhalten und das ist die Immunisierung des Tieres. Nachdem
wir wissen, daB beim Meerschweinchen nach der Fleckfieber-
infektion Immunitat eintritt, welche wahrscheinlich dadurch be-
dingt ist, daB das Virus beim immunen Tiere eine starkere Ver-
mehrung nicht erf&hrt, so war zu erwarten, daB auch Kaninchen,
nachdem die Infektion abgelaufen ist, sich einer neuerlicen
Infektion gegeniiber refraktar verhalten. Ist nun die Immuni¬
tat mit einer Sistierung der Vermehrung verbunden, so war
es wahrscheinlich, daB nach der Neuinfektion eine neuerliche
Agglutininbildung unterbleibt. Allerdings muB diese Voraus-
sage nicht zutreffen. Bekanntlich tritt bei spezifisch vorbe-
handelten Tieren nach Zufuhr so geringer Antigenmengen,
welche bei normalen Tieren keine spezifische Reaktion er-
zeugen, eine neuerliche Antikbrperbildung ein, und es ware
moglich, daB auch bei den fleckfieberinfizierten Kaninchen in-
folge ihrer spezifischen Einstellung die Virusmenge der neuer-
lichen Infektion, auch wenn eine wesentliche Vermehrung nicht
erfolgt, hinreicht, urn neuerlich Antikorper auszulbsen. Wir
gingen bei diesem Versuche in folgender Weise vor: Vom Zeit-
punkt des Hochsttiters dauerte es ungefahr 4 bis 6 Wochen, bis
es zu einem starken Absinken der Agglutination gekommen
war. Ein vollkommener Schwund der Agglutinine kommt
selbst nach langer Zeit nicht zustande, da ein Agglutininrest
im Serum hartnackig bestehen bleibt (wie beim Menschen).
Um diese Zeit wurde dann die Neuinfektion vorgenommen
und die Agglutination in der gewohnlichen Weise geprlift.
(Siehe Tabelle XIV und XV auf p. 481 und 482.)
Wir sehen, daB von den 9 Tieren des einen Versuches
bei keinem einzigen die Agglutinine wieder aufgetreten sind,
obwohl eine 3 bis 4malige Infektion mit einer massiven Dosis
vorgenommen wurde. Das Resultat andert sich auch nicht,
wenn die erste und zweite Infektion mit verschiedenen Virus-
stammen erfolgt ist.
DaB der Wiederanstieg der Antikorper nur gegen X 19
unterbleibt, nicht aber gegen die heterogenetischen Hamo-
lysine, zeigt der beifolgende Versuch (Tabelle XVI).
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484
E. Weil und A. Felix,
Tabelle XVI.
Hamolyse vor und nach der Reinfektion.
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Die H&molysine erfuhren ausnahmslos durch die neuer-
liche Behandlung einen abermaligen Anstieg, der manchmal
das zehnfache des Titers iiberstieg.
Von Interesse war die Frage, wie sich die mit dem toten
Virus vorbehandelten Tiere, bei welchen es zu einer Agglu-
tininbildung nicht gekommen war, verhalten, denn wir wissen,
daB sich Meerschweinchen durch Vorbehandeln rait totem
Virus nicht immunisieren lassen, und auch fur den Menschen
liegen gleichlautende Angaben vor.
Bei alien Tieren rief die Infektion Agglutininbildung
hervor, woraus geschlossen werden kann, daB die Vorbehand-
lung rait dem abgetoteten Erreger eine Iraraunitat nicht er-
zeugt hat (siehe Tabelle XVII auf p. 485).
Ganz anders aber war das Resultat, wenn die Infektion
der immuuisierten Ivaninchen mit der Kultur von X 19 vor-
genommen wurde (siehe Tabelle XVIII auf p. 486).
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(Vgl. zweite Halfte von Tab. XI.)
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 485
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 487
Dann trat, wie der vorangehende Versuch zeigt, bei den
vorbehandelten Tieren ebenso wie bei den Norraaltieren Ag¬
glutination auf. Zwei Momente konuen den Unterschied
gegenflber der Infektion mit dem Virus bedingen: entweder
ist die in 0,01 Oese injizierte Antigenmenge hinreiciiend,
um an sich — auch ohne Vermehrung — Antikorper zu
erzeugen, oder es kommt nach Vorbehandlung mit dem
lebenden Virus nicht zur Immunitat gegentiber der Kultur
von X 19.
Den umgekehrten Weg, nach der Vorbehandlung mit
X 19 die Infektion mit dem Virus vorzunehmen, konnten wir
deshalb nicht einschlagen, weil selbst mehrere Monate nach
der letzten Injektion der Titer noch so hoch war, daB ein
Ansteigen nach der Infektion mit dem Virus nicht deutlich
in Erscheinung getreten ware.
Das konstante Auftreten der Agglutination bei infizierten
Kaninchen auch nach einer einmaligen subkutan oder intra-
peritonealen Infektion machte es wahrscheinlich, daB dieses
Tier nicht die geringe Empfindlichkeit gegen Fleckfieber besaB,
wie allgemein angenoramen wurde. Da die Infektion in un-
seren Versuchen immerhin mit einer ziemlich hohen Dosis
vorgenommen wurde, und da, wie wir auf Grund mehrfacher
Angaben wissen (Landsteiner u. a.), Meerschweinchen auch
auf die Infektion von 0,001 Gehirnmasse die Fieberreaktion
zeigen, so haben wir auch Kaninchen mit abgestuften Virus-
mengen, und zwar mit 0,5, 0,05 und 0,001 Gehirn infiziert
und gleichzeitig zur Kontrolle Meerschweinchen mit den-
selben Virusmengen behandelt (siehe Tabelle XIX auf
p. 488).
W&hrend mit 0,5 und 0,05 alle drei Kaninchen Agglutinin
bildeten, ist bei einem der drei mit 0,001 infizierten Kanin¬
chen die Agglutination ausgeblieben. Dies war der erste Ver-
sager bei alien unseren bisherigen Versuchen. Trotzdem ist
aber selbst bei dieser geringen Infektionsmenge die Reaktion
bei zwei Tieren positiv, was immerhin auf eine nicht geringe
Empfindlichkeit des Kaninchens hinweist, wenn dieselbe auch
nicht in so hohem MaBe vorhanden ist, wie beim Meer¬
schweinchen.
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Kontroll-Meerschweinchen,
Infektion intraperitoneal
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Infektion mit abfallenden Virusmengen.
Virus II.
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 489
Die Feststellung der betrfichtlichen EmpfSnglichkeit des
Kaninchens versetzte uns in die Lage, einige theoretisch und
praktisch wichtige Fragen der Fleckfieberinfektion zu be-
arbeiten, resp. deren Resultate durch die Kanincheninfektion
zu kontrollieren. Bekanntlich herrschte bis in die jiingste
Zeit keine Klarheit dariiber, ob das Virus bereits vor Beginn
des Fiebers im Organismus nachweisbar ist und ob es noch
einige Zeit nach der Entfieberung im Korper verweilt. Die
diesbezuglichen positiven Angaben von Nicolle und Con-
seil, von Goldberger und Anderson sowie von Pro-
wazek haben kein so klares Resultat ergeben, daB sie als
Beweis gelten konnten. Dahingegen liegen folgende Angaben
von Do err und Pick vor: „Das Virus erscheint im Blut und
in alien Organen (Gehirn, Milz, Nebenniere, Leber, Knochen-
mark) der infizierten Meerschweinchen schon in der Inkubation
(am 2. bis 4. Tage nach der Infektion) und bleibt bis zur
Deferveszenz nachweisbar." Diese Feststellung wurde durch
Uebertragung auf Meerschweinchen gemacht. Es war nun von
Interesse, zu priifen, ob die Empfindlichkeit des Kaninchens
eine so groBe ist, um nach der Infektion mit der vor der
Fieberbewegung auftretenden, offenbar geringen Virusmenge
mit Agglutininbildung zu reagieren. Wir haben auch in
diesen Versuchen die Infektion nur mit der Gehirnemulsion
vorgenommen, was nach den Angaben von D o e r r und
Pick, daB die Organe friiher infektios sein konnen als
das Blut, gerechtfertigt erschien. Um das etwaige Vor-
handensein des Virus vor dera Fieberbeginn nachzuweisen,
wurden je drei Serien von Kaninchen und Meerschweinchen
(zur Kontrolle) mit der Gehirnemulsion von infizierten
Meerschweinchen behandelt, welche nach 3-, 4- und 5mal
24 Stunden nach der Infektion getotet wurden. Keines
dieser Tiere wies noch die geringste Temperatursteigerung
auf. Diese tritt bei der von uns gew&hlten Infektionsart
frtihestens nach 6mal 24 Stunden auf, so daB die Meer¬
schweinchen, welche zur Infektion der letzten Tierserie
benutzt wurden, sich noch mindestens 24 Stunden vor
Ausbruch des Fiebers befunden hatten (siehe Tabelle XX
und XXI).
ZeiUchr. f. ImmuniliiUforschung. Orlg. Bd. 31. 33
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URBANA-CHAMPAIGN
490
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URBANA-CHAMRAIGN- -
Tabelle XXI.
Infektioeitat des Meersch weinchenhirns im I n k u ba tio n ss t ad i u m (vor Auftreten des Fiebers).
Virus 11.
Beziehungen der Fleckfieberagglutination zura Fleckfiebererreger. 491
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XLVI
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236 und 237
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nach ihrer intra-
peritonealen Infekt.
mit 0,1 Gehirn
je 0,8 Gehirn
von Meerschw. 235,
238 und 241
4mal 24 Stunden
nach ihrer intra-
peritonealen Infekt.
mit 0,1 Gehirn
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492
E. Weil und A. Felix,
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Wir ersehen aus den beiden im Prinzip iibereinstimmenden
Versuchen, daB bereits 3mal 24 Stunden nach der Infektion
das Virus im Gehirne nachweisbar war; dabei zeigte sich, daB
bei einem der mit Virus II infizierten Kaninchen die Agglu-
tinine fehlten, was wiederum auf die geringe Virusmenge
einerseits und auf die hohere Empfindlichkeit des Meer-
schweinchens andererseits hinweist. Nach 4mal und 5mal
24 Stunden ist bei keinem Kaninchen die Agglutininbildung
ausgeblieben. Die parallel infizierten Meerschweinchen zeigen
ausnahmslos die typischen Fiebertemperaturen, was mit den
Angaben von Do err und Pick ubereinstimmt. Auch die
Erscheinung, auf die Doerr und Pick hinweisen, „dafi die
Inkubation bei Organen aus der ersten HSlfte der Inkubations-
periode weit l&ngere Inkubationszeiten aufweist als sonst u ,
geht aus unseren Versuchen klar hervor, da diejenigen Meer¬
schweinchen eine urn 2 bis 4 Tage hinausgeschobene Inkubation
zeigen, welche mit dein Gehirn der Tiere infiziert waren,
welche 3mal 24 Stunden nach der Infektion getotet wurden.
Diese Tatsache wird verstandlich, wenn man die natiirliche
Annahme macht, daB eine geringere Virusmenge eine ver-
lSngerte Inkubation zur Folge hat.
Nicht ganz einwandfrei liefi sich die Frage losen, bis zu
welcher Zeit nach der Entfieberung das Virus im Gehirne
bleibt, da der sichere Zeitpunkt nach der Entfieberung nicht
mit Bestimmtheit festzustellen ist, denn gegen das Ende der
Fieberperiode kommt es ofters zu einem Absinken zur Norm
und zu einem neuerlichen Anstieg zu einer 1- bis 2-tBgigen
Temperaturerhohung. Deshalb sind die Angaben in der bei-
folgenden Tabelle ungenau (siehe Tabelle XXII).
Aber wir ersehen doch daraus, daB 24 und 48 Stunden
nach der sicheren Entfieberung das Virus noch in solcher
Menge vorhanden war, daB es bei alien Kaninchen Agglutinine
bildete, und daB selbst nach ca. Tagen noch der Nachweis
gelang, da auch nach dieser Zeit noch bei einem Tiere Agglu¬
tinine auftraten. Die Meerschweinchen aber wiesen, ent-
sprechend ihrer hohereu Empfindlichkeit, zu alien Zeitpunkten
nach dem Verschwinden des Fiebers ohne Ausnahme Tem-
peratursteigerung auf.
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Tabelle XXII.
Infektiositat des MeerschweinchenhirnB nach der Entfieberung.
Virus I.
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 493
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494
E. Weil und A. Felix,
Die Untersuchung einer praktisch wichtigen Frage schien
uns noch notig, und zwar die Erapfindlichkeit des Virus gegen-
uber auBeren Einflussen. Wenn auch die Resultate der meisten
Autoren darin iibereinstimmen, daB die mehrtagige Auf-
bewahrung das Virus vernichtet, so lauten dock die Angaben
bezflglich der genaueren Zeitdauer verschieden. Es hat den
Anschein, als ob das Virus in den Organen eine wesentlich
st&rkere Widerstandsfahigkeit aufweisen wiirde als in der
Laus. Denn nach der Angabe von Landsteiner sind die
Organe noch nach 6 Tagen virulent, wahrend das Lausevirus
nach Rocha-Liraa und Doerr und Pick bereits nach 24 bis
48 Stunden unwirksam wird. Wir selbst haben nach dieser
Richtung nur einen Versuch angestellt (siehe Tabelle XXIII).
Tabelle XXIII.
Infektiositat des Meerschweinchenhirns nach
Aufbewahrung in vitro bei +12° C.
Virus II.
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48 Std. bei + 12 °C
Meer- Inku- Fie-
schw. bation ber
No. 268 7Tg. 8 Tg.
Kan. LXXVII immer mit HX, und OX 2 bei 1:10 +; die beiden
anderen bei 1:10 —.
Weltmannsche Reaktion stets negativ.
Wir entnehmen diesem Versuche, daB nach 48 Stunden
langer Aufbewahrung sowohl beim Meerschweinchen als auch
beim Kaninchen ein positiver Erfolg zu erzielen war. Wenn
man aber bedenkt, daB trotz der groBen Infektionsdosis von
0,5 Gehirn bei einem Kaninchen die Agglutininbildung aus-
geblieben ist, so muB es schon nach dieser kurzen Zeit zu
einem starken Verlust der Infektionskraft gekommen sein, so
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 495
daB auch aus unseren Versuchen die Labilitat der Virulenz
gegeniiber SuBeren Einfliissen hervorgeht.
Wir haben noch jene Tiere der vorangehend mitgeteilten
Versuche, bei welchen es trotz der Infektion zu einer Bildung
von Agglutininen nicht gekommen ist, einer Nachinfektion
unterzogen, um zu entsclieiden, ob die erste Infektion nicht
gehaftet hat, Oder ob n u r die Agglutininbildung unterblieben
ist. Im ersteren Falle wiirde die Neuinfektion zur Agglutinin¬
bildung fuhren, im letzteren Falle wiirde sie ausbleiben. Fiir
diesen Versuch kamen die Kaninchen XLVI, LXXXI, LXXXIII
in Betracht. (Kaninchen LXXVI ist an Pleuritis gestorben.)
Tabelle XXIV.
Nachinfektion von Kaninchen, die nach der ersten Infektion
keine Agglutinine gebildet haben.
Ver-
diinnung
Kaninchen XLVI
(siehe Tabelle XXI).
Infiziert mit 0,6
Gehirn von
Meerschw. 164
(Virus I)
Kaninchen LXXXI
(siehe Tabelle XXII).
Infiziert mit 0,5
Gehirn von
Meerschw. 274
(Virus II)
Kaninchen LXXXIII
(siehe Tabelle XXII).
Infiziert mit 0,5
Gehirn von
Meerschw. 274
(Virus II)
Blutentnahme am 15. Tage nach der Infektion
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Wir sehen jetzt ein Auftreten der Agglutinine bei alien
Tieren. Dies weist darauf hin, daB entsprechend unserer
Annahme die erste Infektion infolge der zu geringen Virus-
menge erfolglos geblieben ist. Es hat nach diesem Versuche
den Anschein, als ob ebenso wie beim Menschen auch beim
Kaninchen jede gelungene Infektion zur Bildung von Agglu¬
tininen gegeu X 19 fiihrt, denn die Erfahrungen beim Men¬
schen haben ergeben, daB die Reaktion bei einem sicheren
Fleckfieber so gut wie niemals fehlt.
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496
E. Weil und A. Felix,
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Wenn wir bei der zusammenfassenden Besprechung unserer
experimentellen Ermittlungen das wesentlichste Ergebnis un¬
serer Versuche in den Vordergrund stellen, so besteht das-
selbe darin, daB die beim Kaninchen auftretenden
Agglutinine gegen X 19 einzig und allein den
antigenen Funktionen des FIeckfiebererregers
ihre Entstehung verdanken. Dieses Resultat scheint
uns so sicher, daB wir auf eine Diskussion aller jener Theorien,
welche die Fleckfieberagglutination nicht in einen direkten
Zusainmenhang mit dem Fleckfiebererreger bringen, hier ver-
zichten k5nnen; wir wollen jedoch nicht unerwShnt lassen,
daB nlle diese Theorien, die meist spekulativer Natur, Oder
auf einer unrichtigen oder einseitigen experimentellen Basis
aufgebaut sind, auch ohne unsere jetzigen Befunde leicht zu
widerlegen sind, worauf wir jedoch erst bei der Wiedergabe
unseres gesamten experimentellen Materials naher eingehen
wollen. Die Spezifit&t der Reaktion stellt sich beim Kaninchen
in einer Reinheit dar, wie es beim Fleckfieber des Menschen
nicht der Fall ist, und was damit zusammenhangt, daB im
letzteren Falle der Fleckfiebererreger eine schwere Erkrankung
hervorruft, die zu schwersten StSrungen des Stoffwechsels
ftihrt, pathologische Verfinderungen in den meisten Organen
erzeugt, und das Blut in hohem MaBe chemisch und physi-
kalisch alteriert. Insbesondere der letztere Umstand hat zur
Folge, daB die biologisch wirksamen Stoffe des Blutserums
charakteristische Verfinderungen zeigen, die wir auch von
anderen Infektionskrankheiten, insbesondere der frischen Lues,
kennen, und die als unspezifische Begleiterscheinungen neben
vorhandenen spezifischen Reaktionen auftreten. So sehen wir
beim Fleckfieber jene Globulinreaktionen, die bei der Lues
eine so groBe Bedeutung erlangt und in einen irrtiimlichen
Zusammenhang mit der Wassermannschen Reaktion ge-
bracht wurden, auftreten, ja sogar eine voriibergehende
Wassermannsche Reaktion wurde von einigen Autoren be-
schrieben und als differentialdiagnostisches Merkmal gegen-
iiber Abdominaltyphus angegeben. Damit diirften auch die in
erhohtem MaBe auftretenden Normalagglutinine, sofern sie zu
den Globulinen des Serums Beziehungen haben, verstfindlich
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 497
sein (Polyagglutination). Beim Kaninchen aber verl&uft die
Fleckfieberinfektion in einer Weise, die gar keinen Vergleich
mit der Infektion des Menschen zulaBt. Der Fleckfiebererreger
ruft bei diesem Tier tiberhaupt keine Erkrankung hervor,
und nur auf indirektem Wege ist es moglich, sich von der
stattgehabten Infektion zu iiberzeugen. Es wird deshalb nicht
wundernehmen, daB hier jene sekund&ren Veranderungen, die
beim menschlichen Fleckfieber eine nicht unwesentliche Rolle
spielen, vermiBt werden. So haben wir bei unseren positiven
Kaninchenseren auch niemals eine positive Weltmannsche
Reaktion gesehen.
Ein ganz besonderes Augenmerk haben wir dem Auftreten
von unspezifischen Agglutininen zugewendet und insbesondere
jene Mikroorganismen beriicksichtigt, deren Agglutinabilitat in
einen Zusammenhang mit der X 19-Agglutination gebracht
wurde. Wir konnen jene Mikroorganismen in zwei Gruppen
teilen, in solche, die vom normalen Kaninchenserum entweder
gar nicht Oder nur in geringem MaBe agglutiniert werden,
und in solche, gegen welche Normalagglutinine in stSxkerem
MaBe ausgebildet sind. Wir konnten bei keiner der beiden
Gruppen agglutinatorische Veranderungen konstatieren, welche
von der Fleckfieberinfektion herrlihren konnten. Fehlten die
Agglutinine von vornherein, so traten sie im Verlaufe der
Infektion niemals auf, waren sie vor der Infektion bereits
vorhanden, so erfuhren sie nach derselben keine Veranderung.
Insbesondere bei Typhus wurden diese Verh<nisse genau
berQcksichtigt und bei keinem unserer zahlreichen Tiere
auBer acht gelassen. Ausnahmslos wiesen alle Tiere eine
ganz auBerordentliche Persistenz in ihrem Gehalt an Normal-
agglutininen auf, und wir haben nie einen Fall beobachten
konnen, wo eine negative Reaktion nach der Fleckfieber¬
infektion positiv geworden wkre. Selbst wenn bei den von
vornherein positiv reagierenden Tieren geringgradige Titer-
schwankungen auftreten sollten, so mflBte die Ursache zu-
nachst in der Methodik gesucht werden, da Schwankungen
in der Agglutinabilitat von den unzweckmaBig hergestellten
Nahrboden, wie es jetzt haufig der Fall ist, stammen kdnnen.
Urn alle Eventualitaten zu erwahnen, sei noch darauf hin-
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gewiesen, daB moglicherweise bei ganz jungen Kaninchen,
bei welchen sich erst die Normalagglutinine bilden, ein
Auftreten mit dem Zeitpunkt der Infektion zusammenfallen
und zu T&uschungen AnlaB geben konnte. Wir haben
aber auch das niemals gesehen. Wir benutzten jedoch
in der Mehrzahl der Versuche 1500 bis 1800 g schwere,
ca. 6 Monate alte Tiere, die sich in jeder Hinsicht am
besten eignen.
Auffallend ist, daB wir niemals mit X 2 eine positive
Reaktion konstatieren konnten, die beim menschlichen Fleck-
fieber in einem hohen Prozentsatz der F&lle auftritt und die
durch eine Rezeptorengemeinschaft des X 19 mit X 2 bedingt
ist. Die anfangs ganz unklare Stellung dieses Keimes, der
serologisch scharf vom X 19 zu differenzieren ist, hat durch
die Untersuchungen von Weil insofern eine Klarung erfahren,
als mit groBer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daB X 2
seine Abstammung direkt von X 19 im Sinne einer „Mutation“
ableitet, Es wiirde hier zu weit fiihren, auf die agglutina-
torischen Beziehungen dieser beiden Stamme naher einzu-
gehen. Wir wollen nur darauf hinweisen, daB auch bei an-
deren Infektionskrankheiten Differenzen in der Antikorper-
bildung bestehen, wenn man die naturliche Infektion mit der
kiinstlichen Immunisierung vergleicht. So ist es, um nur ein
Beispiel zu geben, wohlbekannt, daB bei der menschlichen
Dysenterie, wenn sie durch den Shiga-Kruse-Stamm hervor-
gerufen ist, meist auch hohe Mitagglutinine gegen die atoxischen
Stamme entstehen, die bei der kiinstlichen Immunisierung
von Kaninchen nicht auftreten. Auch hier spielen die mit
der spezifischen Infektion einhergehenden Vorg&nge, die man
bei der kiinstlichen Immunisierung nicht nachahmen kann,
eine wesentliche Rolle. So konnen wir auch das Fehlen der
X 2-Agglutinine beim fleckfieberinfizierten Kaninchen darauf
zuriickfiihren, daB bei diesem Tiere die Erkrankung fehlt, und
es sich um eine rein antigene Wirkung des Fleckfieber-
erregers handelt, bei der auch die spezifischen Nebenreaktionen
nicht in Erscheinung treten. Sicherlich spielt dabei auch die
Titerdifferenz zwischen X 2 und X 19, die beim Menschen
eine sehr groBe ist, w&hrend sich die X 19-Agglutinine beim
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 499
Kaninchen auf einer miiBigen H5he bewegen, eine wesentliche
Rolle. Aus alledem ersehen wir, daB die Agglutination
gegen X19 die einzige nachweisbare Veranderung
darstellt, die im Blutserum fleckfieberinfizierter
Kaninchen auftritt.
DaB trotz der Feststellung, daB nur das Fleckfiebervirus die
Agglutinine X19 erzeugt, eineParagglutination vorliegen konne,
ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Man miiBte an-
nehnien, daB das Agglutinogen desFleckfiebererregers mit einem
sekundaren Rezeptor des X19, den dieser im fleckfieberkranken
Organismus erworben hat, identisch ist. Unsere Untersuchungen
iiber den serologischen Bau der X-Stamme haben aber ergeben,
daB gerade die fleckfieberspezifischen (O)-Rezeptoren des X 19
seine spezifischen Eigenrezeptoren darstellen, so daB diese
feststehende Tatsache schwer mit der Annahme vereinbar ist,
daB ein quantitativ und qualitativ gleicher Teil dieser Re-
zeptoren sekundar erworben und mit dem Agglutinogen des
Fleckfiebererregers identisch sein sollte. Diese Vorstellung,
die nur einer unnaturlichen Theorie zuliebe aufrecht erhalten
werden konnte, scheint uns einer eingehenderen Diskussion
nicht zu bediirfen. Daran Sndert auch niclits der Umstand,
daB Otto den von uns beschriebenen Doppeltypus der Re-
zeptoren der X-Stamme, der heute allgemein anerkannt ist,
in miBverstandlicher Weise fiir seine Paragglutinationstheorie
verwendet, die 0- und H-Rezeptoren als Ortho- und Para-
rezeptoren bezeichnet, und daB in Nichtberiicksichtigung der
von uns festgestellten Tatsachen von Bornstein eine Reihe
von technisch zu beanstandenden Bindungsversuchen angestellt
werden, welche die Paragglutinationstheorie von 0 tto schein-
bar beweisen. Wenn man die Wandlungen, welche der Be-
griff der Paragglutination seit seiner Entstehung und ur-
spriinglichen Bedeutung durchgemacht hat, beriicksichtigt, und
das experimentelle Material, das diesem Ph&nomen zugrunde
liegt, einer theoretischen und experimentellen Untersuchung
unterzieht, so koinmt man, wie aus den Untersuchungen von
Breinl klar hervorgeht, zur Ueberzeugung, daB der Par-
agglutination iiberhaupt eine Existenzberechtigung nicht zu-
kommt.
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E. Weil und A. Felix,
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Die Frage, auf welche Weise es zur Ausbildung der Ag-
glutinine beim Kaninchen konimt, hangt innig zusammen mit
dem Infektionsmechanismus des Fleckfiebererregers. Aus-
gehend von der Tatsache, daB das abgetotete Virus Agglutinine
gegen X 19 nicht erzeugt, obwohl die Agglutinogene in toten
Mikroorganismen ebenso wirksam sind wie in lebenden, wSre
es von Wichtigkeit, zu wissen, in welcher Menge das Virus
im Ausgangsmateriale der Infektion, d. i. ira Meerschweinchen-
gehirn, vorhanden ist, was wiederum von der Vermehrungs-
intensitat des Virus im Meerschweinchen abhangt. Trotz der
hohen Empfindlichkeit des Meerschweinchens flir das Virus
erfahrt dasselbe doch nur eine langsame Vermehrung, denn
die mehrtfigige Inkubation selbst bei groBter Menge des Aus-
gangsmaterials kann nur damit erklart werden, daB das Virus
langere Zeit braucht, um jene Virusmenge zu bilden, welche
fiebererzeugend wirkt. Es fragt sich nur, ob das zum Hohe-
punkt der Vermehrung gelangte Virus in ungeheuerer oder
nur in geringer Quantitat im Organismus vorhanden ist. Das
letztere scheint uns aus mehrfachen Griinden wahrscheinlich
zu sein. Schon der Umstand, daB man groBer Gehirnmengen
der auf dem Hbhepunkt der Infektion stehenden Meerschwein¬
chen bedarf, um das Virus erfolgreich zu ubertragen, scheint
uns dafiir zu sprechen. Selbst wenn mit 0,001 Gehirn die In¬
fektion gelingt, braucht das ganze Gehirn nicht mehr als
einige Tausende von Keimen zu beherbergen, was als eine
ganz minimale Keiramenge angesehen werden muB. Auch die
Tatsache, daB man bei mikroskopischer Untersuchung nur ver-
einzelte Herde im Gehirn findet, die sicher durch den Er-
reger hervorgerufen sind, deutet auf die geringe Keimzahl
im Gehirn hin. SchlieBlich kann auch das vfillige Fehlen der
Agglutininbildung beim Meerschweinchen zum Teil in diesem
Sinne gedeutet werden, da bei intensivster Vermehrung eine
Agglutininbildung sicherlich nicht ganz ausbleiben wiirde.
Ganz ahnlich, nur noch in starkerem MaBe ausgesprochen,
scheinen die Verhaltnisse beim Fleckfieber des Menschen zu
liegen, bei welchem — wir wollen das hier nicht genauer aus-
fiihren — die Krankheit vielmehr unter dem Bilde einer Verr
giftung als einer hochgradigen septischen Infektion verl&uft.
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 501
Dieser Vorstellung entsprechend wiirde selbst in einer grofien
Quantit&t des Gehirns die Zahl der Keime keine so groBe
sein, daB sie, ohne sich zu vermehren, die ffir die Agglutinin-
bildung notige Antigenmenge enthalt. Wir wissen zwar, daB
zur Antikorpererzeugung ganz geringe Mengen von Bakterien-
substanz genugen, wie die exakten Untersuchungen von Fried-
berger, Friedberger und Moreschi ergeben haben. Bereits
die intravenose Injektion von Vioo Oese abgetoteter Typhus-
bacillen Oder Choleravibrionen geniigt, utn deutliche, wenn auch
nicht sehr starke Agglutininbildung anzuregen. Dies gilt aller-
dings nur fur sehr wirksame Antigene, wahrend bei schwacherer
Antigenwirkung nach der Feststellung dieser Autoren die
Starke der Antikorperbildung von der Antigenquantit&t ab-
hangig ist. Da aber die Dosis von Vioo Oese Hunderttausenden
von Keimindividuen entspricht, die in einer leicht resorbier-
baren Form den Tieren einverleibt werden, so wird es ver-
standlich, daB in einer auch noch so groBen Menge des er-
hitzten Gehirns selbst bei mehrfacher Injektion desselben diese
Zahl wahrscheinlich nicht erreicht wird, ganz abgesehen davon,
daB wir weder die physikalischen Verhaltnisse, unter denen
sich das Virus im erhitzten Gehirne findet, noch seine Eignung
zur Agglutininerzeugung kennen. Alle diese Momente machen
es verstandlich, daB das abgetotete Virus beim Kaninchen
Agglutinine nicht erzeugt 1 ).
Um die Agglutininbildung beim Kaninchen zu veranlassen,
bedarf es der Vermehruug des Virus. Die Vermehrungsge-
schwindigkeit ist beim Kaninchen ebenso wie beim Meer-
schweinchen eine geringe. Wir haben auch dafiir bestimmte
Anhaltspunkte, denn das spate Auftreten der Agglutinine kann
nur mit der langsamen Vermehrung des Fleckfiebererregers
erklart werden. Es ist bekannt, und unsere jetzigen Ver-
suche haben es auch bestatigt, daB der Hohe'punkt der Anti¬
korperbildung im allgemeinen zwischen dem 8. und 10. Tage
1) Anlafllich der Imiuunisierung des Menschen mit abgetotetem Virus
sind beziiglich des Auftretens von X 19-Agglutininen differente Ergebnisse
erzielt worden, indem einige Autoren iiber das Auftreten derselben be-
richteten, andere es bestritten. Nach unseren Versuchen diirften die Re-
sultate der letzteren die richtigen sein.
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liegt; denn die Hamolysine, welche von dem gleichzeitig mit
dem Virus injizierten Gehirn erzeugt werden, weisen um diesen
Zeitpunkt ihren Hochsttiter auf, wahrend die X 19-Agglutinine
entweder noch fehlen oder erst mit niedrigein Titer erscheinen.
Da es sich aber gezeigt hat, daB nach der Injektion der X 19-
Kultur die Agglutination bereits am 6. Tage den Hochstwert
erreicht hat, die X 19-Agglutinine nach Einverleibung des
Virus dagegen erst am 14. Tage auf der Hohe sind, so werden
wir mit der Anuahme nicht fehlgehen, daB es einer Zeit von
6 bis 8 Tagen bedarf, bis das Virus in der Menge vorhanden
ist, die zur Agglutininbildung gentigt. Diese Zeit stimmt
ziemlich genau mit der Inkubation des Meerschweinchens
flberein. DaB auch beim Kaninchen die Vermehrung keine
sehr intensive ist, beweist die verhaltnismaBig geringe Titer-
hohe der durch das lebende Virus erzeugten Agglutinine, die
der nach der Behandlung mit der Kultur erzielten wesentlich
nachsteht.
Ein interessantes Resultat ergaben die Reinfektionsver-
suche von Kaninchen, die einige Wochen vorher das erste Mai
infiziert wurden. Diese Experimente wurden angestellt, um
zu priifen, in welcher Weise die langere Zeit nach der In-
fektion abgesunkenen Agglutinine nach einer Neuinfektion
reagieren. Das eindeutige Resultat dieser Versuche war, daB
in keinem einzigen Falle ein Wiederanstieg der Agglutinine
nach der zweiten Infektion konstatiert werden konnte. Die Er-
klarung dafiir diirfte darin liegen, daB ebenso wie das Meer-
schweinchen auch das Kaninchen nach der ersten Infektion
Immunity erlangt hat, die sich darin auBert, daB das neu
eingespritzte Virus nicht zur Vermehrung gelangt, so daB die
im Ausgangsmaterial der Infektion vorhandcne Virusmenge
nicht zur Agglutininbildung hinreicht. Gleichzeitig beweisen
auch diese VerSuche, daB die spezifische Vorbehandlung die
Bedingungen fiir ein leichteres Auftreten der Agglutinine nicht
schafft. Dieses Ergebnis wirft auch ein Licht auf analoge
Vorgange beim menschlichen Fleckfieber. Nach unseren
Erfahrungen kommt es auch dort, entgegen den Mitteilungen
einiger Autoren, niemals zu einem Wiederauftreten der
X 19-Agglutinine, wenn zu einem abgelaufenen Fleckfieber
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 503
eine neue Infektionskrankheit, z. B. Abdominaltyphus, hinzu-
tritt.
Da das Auftretfin der Agglutinine mit dem Haften der
Infektion zusammenfallt, deren Ausbleiben mit der Immunitat
gleichbedeutend ist, so konnten die mit dem abgetoteten Virus
vorbehandelten Kaninchen durch eine neue Infektion auf ihren
Imraunitatszustand gepriift werden. Wir sahen, daB bei alien
diesen Tieren nach der Infektion mit lebendem Virus prompt
Agglutination aufgetreten ist, was als Beweis dafiir gelten kann,
daB das abgetotete Virus nicht die Fahigkeit besessen hat,
Immunitat zu erzeugen. So stimmen diese Versuche mit den
Erfahrungen beim Meerschweinchen iiberein, denn es ist bisher
nicht gelungen, mit totem Virus aus Meerschweinchenorganen
Oder aus Lausen diese Tiere vor der Infektion zu schutzen
(Doerr u. a.).
Nachdem auf Grund der Feststellung von zahlreichen
Autoren, sowie nach unseren eigenen die auBerordentlich kon-
stante und hohe Empfindlichkeit des Meerschweinchens gegen-
tiber dem Passagevirus feststehend war, so war ein Vergleich
mit der Empf&nglichkeit des Kaninchens von Interesse und
Wichtigkeit. Da nach den Angaben der Literatur eine hohere
Widerstandsfahigkeit des Kaninchens zu erwarten war, wurden
auch unsere ersten Versuche derart ausgefiihrt, daB wir die
Tiere, um ihnen moglichst viel Virus einzuverleiben, einer
zwei- bis dreimaligen Behandlung unterzogen haben. Von dem
konstanten Auftreten der Agglutinine Oberrasclit, konnten wir
daun feststellen, daB die einmalige Infektion geniigt, um beim
Kaninchen mit Sicherheit eine Infektion, resp. Agglutinine zu
erzeugen 1 ). Ja es zeigte sich sogar, daB 0,001 Gehirn, das
^chon beim Meerschweinchen als die unterste Grenze an-
gegeben wird, und das beim Kaninchen H&molysine nicht mehr
erzeugt, noch bei der Mehrzahl der Kaninchen Agglutinin-
1) Es ist natiirlich Voraussetzung, daB man die intraperitoneale In-
jektionstechnik beherrscht und nicht in den Darm injiziert; in diesem
Falle wird das Ausbleiben der Hamolysinbildung darauf hinweisen, daB
die Injektion ins Peritoneum miBlungen ist. Eine Agglutininbildung ist
dann auch nicht zu erwarten.
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E. Weil und A. Felix,
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bildung hervorrief. Diese Tatsache hatte die Mfiglichkeit ge-
schaffen, Fragen betreffs der Infektionsart des Fleckfiebervirus,
die. nur bei Meerschweinchen untersucht, dort zu differenten
Resultaten gefuhrt hatten, vergleichend an der Kaninchen-
infektion zu prfifen. Diese Versuche fiihrten zu dent Ergebnis,
daB bereits 3mal 24 Stunden nach der Infektion des Meer-
schweinchens das Virus ini Gehirn nachweisbar ist, w&hrend
nach dem von uns vorgenommenen Infektionsniodus friihestens
nach 6inal 24 Stunden das Fieber einsetzt. Dieser Umstand
weist mit Sicherheit darauf bin, daB der Fleckfiebererreger
wahrend der Inkubation nicht einen Stillstand der Vermehrung
aufweist, sondern daB dieselbe vom Momente der Infektion
an beginnt und langsam fortschreitet. Auch nach dem Ab-
lauf des Fiebers ist das Virus im Gehirn noch mehrere Tage
lang zu finden, wie wir ebenfalls mit Hilfe des Kaninchen-
versuches zeigen konnten, so daB auch zu dieser Zeit mit
einem allmahlichen Verschwinden zu rechnen ist. Auch er-
wies sich das Kaninchen geeignet zum Nachweis der Empfind-
lichkeit des Fleckfiebererregers gegeniiber fiuBeren Einflfissen,
indem nach 48-stiindigem Aufbewahren bei kfihler Temperatur,
trotz der Infektion mit einer groBen Gehirnmenge, nicht bei
alien Tieren Agglutininbildung auftrat.
AuBer den vorangehend erorterten SchluBfolgerungen, die
sich aus unseren experimentellen Feststellungen ergeben haben,
lassen sich noch einige Erkenntnisse theoretischer und allge-
meiner Natur aus unseren Versuchen ableiten. Im Gegensatz
zu den Anschauungen der meisten Autoren, die eine Ueber-
tragung des Fleckfiebers vom Menschen auf eine Reihe von
Versuchstieren fur sicher halten, sind wir der Ansicht, daB die
Uebertragungsversuche bei den Tieren nichts anderes lehren v
als daB es gelungen ist, den Fleckfiebererreger im Korper dieser
Versuchstiere am Leben zu erhalten und zur Vermehrung zu
bringen. Beim Meerschweinchen, dem fur die Infektion emp-
findlichsten Tiere, liegt, auBer den geringgradigen histologischen
Veranderungen, fiber deren spezifische Bedeutung das letzte
Wort noch nicht gesprochen ist (Friedberger), kein anderes
Symptom vor, als die Temperatursteigerung. „Sans le secours
du thermom&tre la maladie passerait inapergue“ (Nicolle).
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 505
Nun wissen wir durch die ausgedehnten Untersuchungen
Friedbergers und seiner Schuler, in welchem MaBe EiweiB-
korper und insbesondere auch Bakterien, wenn sie mit dem
lebenden Organismus in Kontakt treten, beim Meerschweinchen
die Kfirpertemperatur verfindern, und welche Empfindlichkeit
gerade dieses Tier hierfiir aufweist. In Uebereinstimmung mit
der jetzt herrschenden Ansicht fiber die Ursachen des Fiebers
kann man annehmen, daB zu der Zeit, in welcher die Ver-
mehrung des Fleckfiebererregers einen bestimmten Grad er-
reicht hat, eine Temperatursteigerung einsetzt und so lange
anhalt, bis durch den Eintritt der Immunitat ein Rflckgang
der Keimzahl erfolgt. In Hinblick auf die ausgesprochen
spezifischen Erscheinungen des menschlichen Fleckfiebers dieses
einzige Symptom als den Ausdruck einer spezifischen Er-
krankung anzusehen, liegt ebensowenig ein Grund vor, als
die Typhus- und Cholerainfektion des Meerschweinchens als
Typhus Oder Cholera anzusehen. Denn wir wissen, daB beim
Kaninchen, das gegen Temperaturveranderungen wenig emp-
findlich ist, auch dieses einzige Symptom fehlt^ was auch der
Grund war, daB die Empffinglichkeit des Kaninchens vielfach
angezweifelt wurde, obwohl es, wie unsere jetzigen Versuche
ergeben haben, leicht der Infektion zuganglich ist. Nach
mehrfachen Ermittlungen gelten als sicher empfangliche Tiere
ffir das Fleckfiebervirus der Affe, das Meerschweinchen, das
Kaninchen und die Ratte. Wahrend bei Affen und Meer¬
schweinchen die Temperatursteigerung als die einzige Krank-
heitserscheinung auftritt, fehlt dieselbe bei Kaninchen und
Ratten, insbesondere bei dem letzteren Tiere wurde die ge-
lungene Infektion nur durch die Uebertragung auf das Meer¬
schweinchen festgestellt (Nicolle). Es wfirde uns nicht
wundernehmen, wenn es sicli bei genauerer Untersuchung
zeigen wfirde. daB auch noch bei anderen Tieren das Fleck¬
fiebervirus Boden fafit und sich vermehrt. In diesem Falle
konnte man kaum annehmen, daB ein so spezifischer Mikro-
organismus wie der Fleckfiebererreger bei so verschieden-
artigen Tieren Fleckfieber erzeugt; es wfirde vielmehr nur
eine reine Infektion vorliegen, die im Sinne von Bail von
der Infektionskrankheit scharf zu trennen wfire.
Zeitschr. f. ImmunitHtsforschung. Orlg. Bd. 31. 34
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E. Weil und A. Felix,
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Wir haben in unseren bisherigen Ausfiihrungen noch
nicht die Frage beriihrt, welche Riickschliisse unsere experi-
inentellen Ergebnisse auf die Fleckfieberinfektion des Menschen
gestatten. Wir haben bereits erwfihnt, und es ist auch jedem,
der die Literatur verfolgt hat, wohl bekannt, daB, von ganz
vereinzelten Ausnahmen abgesehen, alle Autoren, welche sich
entweder mit theoretischen Untersuchungen iiber die Reaktion
beschaftigt oder dieselbe praktisch ausgeffilirt haben, trotz der
Betonung der klinischen Verwertbarkeit einstimmig der An-
sicht sind, daB die zur Agglutination ffihrende Veranderung
des Blutserums als eine sekund&re Erscheinung der Fleck-
fiebererkrankung und nicht als ein Produkt derselben anzu-
sehen ist. Es ist von Interesse, daB unsere steten Hinweise,
daB nur der Fleckfiebererreger die Ursache der Reaktion sein
konne, von allem Anfang an bis in die jtingste Zeit ohne Ein-
druck geblieben sind, obwohl wir auch ohne unsere jetzigen
Befunde zu dieser Ansicht durch die genaue Analyse aller
die Reaktion betreffenden Erscheinungen gelangt sind. Sogar
in alien Lehrhiichern, die ja nur sichere Tatsachen als sicher
hinstellen sollten, findet sich stets an der Spitze der Aus-
fiihrungen iiber die Reaktion die Erkl&rung, daB die Wirkung
des Blutserums Fleckfieberkranker auf X 19 bestimmt nichts
mit dem Fleckfiebererreger zu tun hat. Manche Autoren gehen,
um die „klinische Spezifitat“ zu rechtfertigen, sogar so weit,
die Fleckfieberagglutination mit der Wassermannschen
Reaktion in Analogic zu setzen, ohne zu bedenken, daB sie
sich dabei fiber die Grundbegriffe der Immunitfitslehre hinweg-
setzen. Wir hoffen, daB wenigstens in den Neuauflagen der
Lehrbficher eine Korrektur dieser unrichtigen Darstellungen
vorgenommen wird, damit den Lernenden nicht falsche Vor-
stellungen fibermittelt werden. Auch sind jetzt die Angaben
vereinzelter Autoren, welche eine Beschrankung der Spezifitat
bedeuten wfirden, ganz anders zu beurteilen. Das angebliche
Auftreten einer niedrigen Agglutination von X 19 bei Para-
typhen, was unseren ausgedehnten Erfahrungen vollkommen
widerspricht, beruht sicherlich auf einem Irrtum, da zwischen
den Paratyphen und dem Fleckfiebererreger keinerlei sero-
logische Beziehungen bestehen. Der Fall von Anders, der
bei einem Typhoid eine positive Fleckfieberreaktion fand, er-
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 507
klart sich aus der Unrichtigkeit der klinischen Diagnose, was
sowohl aus der Schilderung der Erkrankung als insbesondere
aus der histologischen Untersuchung des Exanthems hervor-
geht. Es besteht heute, nachdem die praktische Spezifitat der
Reaktion auch in theoretischer Hinsicht vollkoinmen sicher-
gestellt ist, keine Diskussion mehr dariiber, ob die Reaktion
auch bei anderen Erkrankungen vorkommt, sondern es ware,
wenn die Reaktion auch bei einer anderen Erkrankung auf-
treten sollte, erst zu untersuchen, in welche Beziehung die-
selbe zum Fleckfieber gebracht werden kann.
Die jetzt sicherstehende Tatsache, daB der Fleckfieber¬
erreger die Agglutinine gegen X 19 erzeugt, eroffnet in mehr-
facher Hinsicht neue Gesichtspunkte. Wenn auch die iiberaus
konstante und typische Fieberbewegung des Meerschweinchens
nach der Infektion mit dem Passagevirus ein sehr eindrucks-
volles, fur die spezifische Infektion sprechendes Symptom dar-
stellt, so muB doch erst die Tatsache, daB man mit dem Virus
das konstanteste Symptom des Fleckfiebers, die spezifische
Agglutination, bei Tieren zum Ausdruck bringen kann, alle
Zweifel aus der Welt schaffen, daB das Meerschweinchen
wirklich das Fleckfiebervirus beherbergt. Durch die F&hig-
keit, Agglutinine gegen X 19 zu bilden, kann das Kaninchen
als ein bequemes Reagens fur das Vorhandensein des Fleck¬
fiebervirus gelten. Ob es auch ein sicheres Reagens darstellt,
kann man nicht mit Sicherheit voraussagen, und zwar aus
folgenden Grtinden: Es wurde vielfach die Erfahrung gemacht,
daB bei der direkten Uebertragung des Fleckfiebervirus vom
Menschen auf das Meerschweinchen nicht jene Konstanz zu
erzielen ist, wie beim Passagevirus. Wir verweisen dies-
beziiglich auf die exakten Untersuchungen von Friedberger
u. a. Es hat den Anschein, daB das Virus entweder beim
Menschen in geringerer Quantitat vorhanden ist, als beim
infizierten Meerschweinchen, Oder daB es erst der Anpassung
an Tiere bedarf, um eine sichere Weiteriibertragung bei diesen
zu ermoglichen. Nun liiBt sich nicht leugnen, und das ging
auch aus unseren Versuchen sowie aus denen von Doerr
und Pick hervor, daB das Kaninchen nicht die liohe Empfind-
lichkeit zeigt, wie das Meerschweinchen. Es ware deshalb
nicht ausgeschlossen, daB eine geringere Virusmenge beim
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Menschen zusammen mit der schlechteren Eignung ffir die
Uebertragung auf Tiere, beim Kaninchen nicht eine sichere
Infektion verbiirgt und keine Agglutinine erzeugt. Aber viel-
leicht ergeben sich gerade aus diesem Grunde theoretisch
und praktisch wertvolle Aufschlfisse fiber die quantitativen
Virusverhfiltnisse beim fleckfieberkranken Menschen.
Von groBem Interesse scheint es uns aber, daB auf Grund
unserer jetzigen Versuche die Mfiglichkeit besteht, fiber die
fitiologische Rolle der Rickettsia Prowazeki mehr Klarheit zu
erlangen, als es bisher der Fall war. Die fiberwiegende Mekr-
zahl aller Autoren hegt die Ueberzeugung, daB die Rickettsia
als der Erreger des Fleckfiebers anzusehen ist, und die dieser
Ansicht zugrunde liegenden Argumente sind so bestechend,
daB zu einem Zweifel an deren Richtigkeit nicht viel Berechti-
gung vorlag. Wir haben uns in unseren ersten Mitteilungen
dahin ausgesprochen, daB die atiologische Bedeutung der
X-Stamme von deren Identitat Oder Nichtidentitfit mit den
Rickettsien abhfingig gemacht werden mfisse. Es lagen die
Verhaltnisse derart, daB wir in den Rickettsien den MaBstab
sahen, an dem die X-Stamme gemessen werden muBten. Ueber-
raschenderweise hat sich aber jetzt die Sachlage gerade in
das Gegenteil verkehrt. Die Rickettsien erfreuen sich trotz
der Eindringlichkeit, mit der ihre Anhanger ihre Erregernatur
verfechten, infolge tnehrfacher Einwendungen nicht mehr einer
allgemeinen Anerkennung. Nun liegen Angaben von Rocha-
Lima und Otto und Dietrich vor, welche eine ganz andere
Deutung erfahren mfissen, als ihnen gegeben wurde. Diese
Autoren haben namlich aus der Unmoglichkeit, mit Rlckettsien-
aufschwemmungen bei Pferden und Kaninchen gegen X 19
Agglutinine zu erzeugen, den SchluB gezogen, daB Beziehungen
zwischen dem Fleckfiebererreger und der Fleckfieberaggluti-
nation nicht bestehen, und insbesondere Otto und Dietrich
haben sich infolge der Tatsache, daB sie nach der Injektion
rickettsienhaltigen Lauseinhaltes bei Kaninchen Agglutinine
gegen die Rickettsien, nicht aber gegen X 19 erhielten, in
diesem Sinne ausgesprochen. Man konnte nun annehmen, daB
die Rickettsia als Fleckfiebererreger durch die Fleckfieber-
agglutination in erster Linie und am starksten agglutiniert,
X 19 jedoch durch Nebenagglutinine schwacher beeinfluBt
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 509
wird, so daB beim Kaninchen die X 19-Agglutinine nicht hervor-
treten. Gegen diese Auffassung sprechen aber mit absoluter
Sicherheit die Angaben derselben Autoren, welche im Blut-
serum fleckfieberkranker Menschen nur eine kiimmerliche Re-
aktion gegen die Rickettsien — von der Gotschlich die
spezifische Fleckfieberreaktion erhofft — fanden, wahrend die
X 19-Agglutination durchweg sehr hoch war. Es ist klar, daB
nach unseren jetzigen Befunden aus den Versuchen von Otto
und Dietrich, wenn sie richtig sind, nur der eine SchluB
gezogen werden konnte, daB die Rickettsia Provvazeki mit dem
Fleckfiebererreger nichts zu tun hat. Trotzdem aber scheint
es uns von der grSBten Wichtigkeit, diese Versuche zu wieder-
holen. Denn es gelingt ohne wesentliche Schwierigkeiten, wenn
menschliches Fleckfiebermaterial zur Verfiigung steht, Rickett-
sienaufschwemmungen in groBeren Mengen zu gewinnen und
sie wie eine Bakterienemulsion zu praparieren. Werden nun
mit diesen Emulsionen Kaninchen behandelt, so miiBten sie,
wenn groBere Mengen vorliegen, auch im abgetoteten Zustande
Agglutinine gegen X 19 erzeugen. Es ware aber auch damit
noch nicht mit Sicherheit die Erregernatur dieser Gebilde er-
wiesen, da ja neben ihnen noch das unbekannte Virus sich
finden konnte. Nur in dem Falle, daB die Emulsion, wie in
den Versuchen von Otto und Dietrich, Agglutinine gegen
X 19 nicht erzeugt, wiirde die atiologische Rolle der Rickettsien
in Abrede zu stellen sein, insbesondere dann, wenn Agglutinine
gegen die Rickettsien auftreten sollten.
Die schwierigste Frage aber, in welchen Zusammenhang
die X-Stamme mit der Aetiologie des Fleckfiebers gebracht
werden konnen, laBt sich noch nicht beantworten. Es ist uns
trotz der groBten Bemilhungen nicht gelungen, aus dem fleck-
fieberinfizierten Meerschweinchen die X-Stamme zu zuchten,
so daB die Zusammenhange dieser mit dem Fleckfieber vorder-
hand noch dunkel sind. DaB aber solche bestehen diirften,
kann nicht ohne weiteres in Abrede gestellt werden. Da
einerseits der Fleckfiebererreger die Agglutinine gegen X 19
erzeugt, andererseits die X-Stamme nach unseren Erfahrungen
nur bei Fleckfieber gefunden werden, so kann kaum eine
andere Ansicht zu einer fruchtbaren Diskussion und zur An-
regung von experimentellen Untersuchungen fiihren, als die-
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E. Weil und A. Felix
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jenige, welche Beziehungen zwischen beiden annimrat. Sollten
solche jedoch nicht bestehen, so wiirde hier eine Erscheinung
vorliegen, die nach dem jetzigen Stande der Immunit&tslehre
einer Deutung iiberhaupt nicht zuganglich ware. Aber die
Erforschung des VariabilitStsproblems, die sich trotz zahl-
reicher Einzelergebnisse erst in den Anfangen befindet und
auch bei den X-St&mmen zu interessanten Resultaten geffihrt
hat, kann vielleicht wertvolle Aufschliisse bringen. Wir halteu
es nicht fiir unwahrscheinlich, daB der Fleckfiebererreger die
parasitare Form der X-Stamme darstellt, die nur ausnahms-
weise und unter ganz besonderen Umstanden in die leicht
ziichtbare saprophytische Form iibergeht, die wir in den
X-Stfimmen vor uns haben. Auf eine eingehendere Dis-
kussion dieser Vorstellung wollen wir verzichten, weil sie
sich zu sehr in das Gebiet der Theorie und Spekulation
verlieren miiBte.
Zusammenfassung.
1) Kaninchen, welche intraperitoneal Oder subkutan mit
dem Gehirn fleckfieberinfizierter Meerschweinchen behandelt
werden, erzeugen konstant Agglutinine gegen X 19.
2) Das Gehirn normaler Meerschweinchen erzeugt keine
Agglutinine gegen X 19.
3) Gegeniiber einer Reihe von Mikroorganismen, die an-
geblicli vom Serum fleckfieberkranker Menschen agglutiniert
werden (Z 1 von Kreuscher, Proteus vulgaris, Coli, Dys¬
enteric Shiga-Kruse, Flexner, Micrococcus melitensis, Para-
typhus A und B), verhalten sich die Sera der fleckfieber-
infizierten Kaninchen negativ. Auch Typhusbacillen und X 2
werden von diesen nicht agglutiniert.
4) Die Agglutinine gegen X 19 treten beim Kaninchen
nicht auf, wenn das Virus durch ein halbstiindiges Erhitzen
auf 58° abgetotet wird.
5) Die Agglutinine erscheinen am 8. bis 10. Tage und
haben am 14. Tage ihren Hohepunkt erreicht, wShrend die
durch die gleichzeitig injizierte Hirnsubstanz entstehenden
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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 511
heterogenetischen Hamolysine bereits am 8. Tage ihren
Hohepunkt erreicht haben und am 14. Tage bereits ab-
gesunken sind.
6) Die mit dem lebenden Virus vorbehandelten Kaninchen
zeigen nach einer Neuinfektion keine neuerliche Titersteigerung
gegen X 19, dahingegen erfahren die Hamolysine einen neuer-
lichen Anstieg. Bei den mit dem toten Virus vorbehandelten
Kaninchen kommt es jedoch nach der Injektion des lebenden
Virus zu einem Auftreten der Agglutinine.
7) Bis zur Dosis von 0,001 Meerschweinchengehirn gelingt,
wenn auch nicht mit voller Regelm&Bigkeit, die Agglutinin-
erzeugung beim Kaninchen. Hamolysine treten bei dieser ge-
ringen Dosis nicht mehr auf.
8) Das Fleckfiebervirus l£Bt sich bereits nach 3mal
24 Stunden nach der Infektion und bis zu 5 Tagen nach der
Entfieberung im Meerschweinchengehirn mittels der Agglutinin-
erzeugung beim Kaninchen nachweisen.
9) Nach 48-stiindigem Aufbewahren bei kiihler Tem-
peratur tritt bereits ein starker Virulenzverlust des Virus
ein, der in der inkonstanten Agglutininbildung beim Ka¬
ninchen zum Ausdruck kommt.
Literatur.
Anders. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 88, Heft 2.
Bornstein, Ebenda, Bd. 89, Heft 2.
Breinl, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 31.
Doerr und Schnabel, Wiener klin. Wochenschr., 1919, No. 20.
— und Pick, Ebenda, 1918, No. 30.
— — Zeitschr. f. Hyg., Bd. 80, Heft 2.
Felix, Wiener klin. Wochenschr., 1918, No. 1.
Friedberger und Moreschi, Centralbl. f. Bakt., Bd. 39.
— Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 1 u. 2.
Goldberger and Anderson, Publ. Health Rep., Vol. 27, 1912 (nach
Rocha-Lima).
Kreuscher, Berl. klin. Wochenschr., 1918, No. 16.
Landsteiner und Hausmann, Med. Klin., 1918, No. 21.
Neukirch und Kreuscher, Beitr. z. Klin. d. Infektionskrankh., Bd. 8,
Heft 2.
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512 Weil u. Felix, Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger.
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Nicolle et Conseil, Ann. Past., 1910.
— Bull, de l’lnst. Past., T. 18, No. 1 u. 2.
Otto und Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 19.
Prausnitz, Centralbl. f. Bakt., Bd. 84, Heft 2.
Prowazek, Beitr. z. Klin. d. Infektionskrankh., Bd. 4, 1914.
Rocha-Lima, Ergebn. d. allg. Path., Bd. 19, 1. Abt.
Btarkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1918, No. 50.
Weil, Ebenda, 1920, No. 3.
— Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 13.
Zlocisti, Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg., Bd. 22, Beiheft 3.
— Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 85, Heft 3 u. 4.
Xachdruck vcrbolen.
[Aus dem Staatlichen Hygienischen Institut Hamburg
(Direktor: Prof. Dr. Dunbar).]
Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-
Georgl zum Nachweis ron Pfcrdefleisch.
Von Prof. Dr. W. Gaehtgens.
(Eingegangen bei der Redaktion am 22. Oktober 1920.)
Der forensische Nachweis der Verfalschung von Fleisch-
und Wurstwaren mit Pferdefleisch grundet sich auf das Uhlen-
huthsche Prazipitationsverfahren, dessen absolute Zuverl&ssig-
keit bei einwandfreiem Arbeiten durch tausendfache Unter-
suchungen sichergestellt worden ist. Nachst diesem konnen auch
die Komplementbindungsreaktion und der Anaphylaxiversuch
als Erganzung und Kontrolle herangezogen werden, am Auf-
schluB uber die Anwesenheit von PferdeeiweiB in dem zu
untersuchenden Material zu erhalten. Allen diesen Reaktionen
ist gemeinsam, daB sie in der tiblichen Form nur die Dif-
ferenzierung koktolabiler Antigene ermoglichen, daB sie
also versagen miissen, wenn thermische Einfliisse hinreichend
lange und intensiv auf die Proben eingewirkt haben. Zwar
gelingt es nach den Angaben Uhlenhuths (1), aus dem
Inneren erhitzter Fleischwaren noch reaktionsfahiges Material
zu erhalten, wenn Grad und Dauer der Erhitzung ein be-
stimmtes MaB nicht iiberschritten haben, doch bleibt auch
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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von SachB-Georgi nsw. 513
dann noch eine Reihe von Fallen ubrig, in denen die genannten
serologischen Methoden nicht zum Ziele fiihren. Diese Lucke
auszufiillen, scheint das Sachs-Georgische (2) Verfahren
zum Nachweis von Pferdefleisch in gekochten Fleisch- und
Wurstwaren berufen zu sein.
Die sogenannte Bindungsreaktion von Sachs und Georgi
geht von der interessanten Beobachtung Forssmans (3) aus,
daB zwischen Hammelerythrozyten und den Organzellen be-
stimmter Tierarten eine Rezeptorengemeinschaft besteht, die
in der Erzeugung von Hammelhamolysinen durch Immuni-
sierung mit den Organen dieser Tierarten zum Ausdruck
kommt. Wie das echte Hammelhamolysin besteht auch das
„heterogenetische“ Hamolysin (Friedberger) aus Ambo-
zeptor und Komplement und wird in inaktivem Zustande
durch frisches Meerschweinchenserum aktiviert. Durch Vor-
behandlung eines -solchen Antiserums mit den zur Impfung
benutzten Organen oder den Organzellen bestimmter anderer
Tierarten werden die Ambozeptoren gebunden, so daB nach
Zusatz von Komplement und Hammelblut keine Hamolyse
eintritt (positive Bindungsreaktion). Die Untersuchungen von
Forssman, Doerr und Pick (4), Amako (5) u. a. zeigten,
daB die Fahigkeit, heterogenetisches Hammelhamolysin zu
binden, den Organen von Pferd, Hund, Katze, Meerschweinchen,
Huhn, Schildkrote und teilweise auch der weiBen Maus zu-
kommt, den Organzellen von Rind, Hammel, Ziege, Hirsch,
Schwein, Kaninchen, Ratte, Mensch, Gans und Taube hingegen
fehlt. Weitere Versuche von Doerr und Pick ergaben die
wichtige Tatsache, daB der gemeinsame Rezeptor durch eine
hochgradige Resistenz gegeniiber thermischen Eingriffen aus-
gezeichnet ist. Diese ausgesprochene Koktostabilitat ver-
anlaBte Sachs und Georgi, den Nachweis des Rezeptors
diagnostisch ftir die Identifizierung von Fleischsorten zu ver-
werten. Da fiir die Verfaischung von Fleisch- und Wurst¬
waren vor dem Kriege im wesentlichen nur Pferdefleisch in
Betracht kam und das Pferd als einziges von unseren groBen
eBbaren Haustieren das koktostabile Antigen in seinen Or¬
ganen beherbergt, lag in der Tat die Moglichkeit vor, auf
diesem Wege den Nachweis von gekochtem Pferdefleisch zu
fiihren.
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Untereuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 515
0,5 ccm 5-proz. Hammelblut mit Hilfe von 0,5 ccm Kom-
plement (1:10) vollkommen aufzulosen. Fiir den Versuch
wurden 10 ccm des auf 1:50 verdunnten Antiserums, ent-
sprechend etwa 100 Ambozeptoreinheiten, mit 2—3 g des fein
zerkleinerten, frischen oder ca. 1 g des getrockneten Materials
zusammengebracht, unter mehrfach wiederholtem Umriihren
1 Stunde im Wasserbade bei 37 0 C gehalten und hierauf
durch Hartfilter filtriert. Fallende Mengen des Filtrates (je
1 ccm) erhielten zunachst einen Zusatz von 0,5 ccm 5-proz.
Hammelblutes; 10 Minuten sptiter wurden 0,5 ccm Komplement
(1:10) hinzugefiigt und die Rohrchen hierauf nach sorg-
faltigem Schtitteln fiir 1 Stunde in das Wasserbad gebracht.
Nach vorlaufiger Ablesung der Ergebnisse wurden alle Proben
in den Eisschrank gestellt und das Resultat am n&chsten
Morgen endgultig festgestellt. Zur Kontrolle wurden jedesmal
1) das unbehandelte Antiserum untersucht, 2) die Wirkung
des vorbehandelten Antiserums auf Hammelblutkorperchen
ohne Komplement und 3) der EinfluB des Komplementes
ohne Ambozeptor auf die Hammelerythrozyten gepriift. Zur
Veranschaulichung des eben Gesagten diene das in Tabelle I
wiedergegebene Versuchsbeispiel.
Tabelle I.
6 !
£
Antiserum 126
vorbehandelt mit
Antiserum-Verdiinnung
Kon¬
trolle
Prazipitation
positiv fiir
1:50
[1:100
1:200
1:500
1:1000
1 i Wurst 3207
2 Jagdwurst 3212 '
3 Nicht vorbehand.
+ + +
e
0
+ + + \
e
e
+ + +
e
e
+ + +
+
.i
+ + +
+ + +
+ + + :
, + + +
I + + +
PferdeeiweiS
Kan.-EiweiB
Zeichenerklarung: + + = vollige Hemmung der Hamolyse, + + =
starke Hemmung der Hamolyse, + = schwache Hemmung der Hamolyse,
± = Spur Hemmung der Hamolyse, 6 = komplette Hamolyse.
Wie aus Tabelle I hervorgeht, hatte das benutzte Anti¬
serum einen h&molytischen Titer von fast 1:500; die Kon-
trollen ohne Komplement bzw. Ambozeptor waren s&mtlich
einwandfrei. Vorbehandlung mit der Wurst 3207 hatte die
vollige Bindung der Hamolysine zur Folge gehabt, w&hrend
die Jagdwurst 3212 die blutlosende Eigenschaft des Serums
unbeeinfluBt gelassen hatte. Die Annahme, daB es sicli im
ersten Falle um pferdefleischhaltiges Material, in dem zweiten
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W. Gaehtgena
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dagegen um eine Wurst ohne PferdeeiweiB handeln miiBte,
lieB sich in der Tat durch die Prazipitation bestatigen. Die
Wurst 3207 reagierte im Fallungsverfahren positiv nur fur
PferdeeiweiB, die Jagdwurst 3212 nur fiir KanincheneiweiB,
wahrend die gleichzeitige Priifung auf andere tierische EiweiB-
arten negativ verlief.
In dieser Weise babe ich im ganzen 200 Proben unter-
sucht, welche dem der Abteilung fiir serobiologische Unter-
suchungen eiugesandten Material entnommen wurden. Es
handelte sich dabei nicht nur um pferdefleischhaltige bzw.
verdachtige Nahrungsmittel, sondern auch um Schleichhandels-
waren und Kontrollproben aus beaufsichtigten Betrieben.
Dieser Umstand bedeutet insofern einen Vorteil, als die da-
durch bedingte Mannigfaltigkeit des Materials besonders ge-
eignet sein muBte, ein Urteil iiber den praktischen Wert der
Sachs-Georgi schen Bindungsreaktion zu ermbglichen.
Tabelle II veranschaulicht die Resultate, welche sich bei
diesen Untersuchungen mittels der PrSzipitation und H&mo-
lysinbindung ergeben haben.
Der besseren Uebersicht wegen babe ich, wie aus Tabelle II
zu entnehmen ist, das Gesamtmaterial in 2 groBe Gruppen A
und B geteilt. In Gruppe A sind diejenigen Proben (138)
zusammengefafit, aus denen sich durch Extraktion mit physio-
logischer Kochsalzlosung geniigende Mengen loslicher EiweiB-
substanzen gewinnen lieBen. In Gruppe B sind 62 Proben
zusammengestellt, die, offenbar infolge vorausgegangener star-
kerer Erhitzung, kein reagierfahiges EiweiB enthielten.
Die Wiirste waren unter den verschiedensten, in der
Zusammenstellung einzeln aufgefflhrten Bezeichnungen ein-
geliefert worden. Die mittels der Prazipitationsreaktion
in Gruppe A erzielten Ergebnisse entsprachen durchaus nicht
immer den Erwartungen, die man auf Grund der Benennung
von der Zusammensetzung des Materiales haben durfte. Von
den 35 nur fiir PferdeeiweiB positiven Proben waren nur 9
direkt als Pferdewurste bezeichnet; bei einem Teil der iibrigen
J26 lag zwar von vornherein der Verdacht nahe, dafi es sich
um pferdefleischhaltiges Material handeln konnte, doch fehlte
die darauf hinweisende gesetzlich vorgeschriebene Angabe.
AuBer diesen 35 Proben enthielten noch 4 weitere Pferde-
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Unterauchungen iiber die Bindungsreaktion von Sacha-Georgi usw. 517
B. Proben
ohne
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| 03 *2-r-l | 03 S | | (M | 2^ 2-
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62 (33)
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A Proben mit reagierfahigem Eiweifi
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Prazipitation positiv fiir:
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S|§S|€S| | | | | | 1 ic^eS |
05 O rH 03 rH rH rH CO ^
rH
35 (35)
Positive Bindungsreakiton
ergaben [ 35
Zahl und Bezeichnung
der Wiirete
19 Pferdewiirete
1 Rotwuret
11 Gothaer Wiirete
27 Mettwiirete
22 Sardellen wiirete
34 Leberwiirste
8 Fleischwiirste
4 Bratwiirste
8 Briihwiirete
7 Jagdwiirete
3 Griitzwiirete
5 Blutwiirete
3 Ziegenwiirste
2 Salamiwiirete
2 Ziegen-Kaninchenwiirete
5 Kaninchenwiirete
2 Knackwiirete
18 Wiiretehen
11 WiireteohneBezeichnung
8 andere Proben
(Fleisch etc.)
G
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s
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Anmerkung: In Klammern sind diejenigen Proben angefiihrt, welche gleichzeitig eine positive Bindungsreaktion
nach Sacha-Georgi ergaben.
518
W. Gaehtgens,
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eiweiB neben anderen tierischen EiweiBarten, und zwar eine aus
Kaninchenfleisch hergestellte Briihwurst, zwei aus Kaninchen-
und Ziegenfleisch hergestellte Sardellenwiirste und eine aus
Rindfleisch hergestellte Mettwurst. In den tibrigen Fallen
handelte es sich um Waren, in denen sich nur Rinder-,
Schweine-, Ziegen- oder KanincheneiweiB bzw. mehrere dieser
EiweiBarten nachweisen liefien. 15 Proben reagierten gegen
, alle benutzten Antisera negativ, trotzdem sie sich bei der
Salpetersaurekochprobe als eiweifihaltig erwiesen hatten.
Die Bindungsreaktionvon Sachs-Georgiergab
in alien Fallen, in denen mittels des Prazipi-
tationsverfahrens PferdeeiweiB gefunden worden
war, eine vollstandige Hemmung der Hamolyse.
Die Uebereinstimraung beschrankte sich nicht nur auf die-
jenigen Proben, in denen PferdeeiweiB allein nachgewiesen
worden war, sondern lieB sich auch dort feststellen, wo neben
dent PferdeeiweiB eine oder mehrere andere tierische EiweiB-
arten vorhanden waren. Von den iibrigen nicht pferdefleisch-
haltigen Wursten reagierten nach Sachs-Georgi alle negativ,
bis auf eine angeblich aus Ziegen- und Kaninchenfleisch her¬
gestellte Bratwurst. Mittels der Pr&zipitationsmethode lieB
sich in dem Extrakt dieser Wurst lediglich Ziegen- und
KanincheneiweiB, dagegen kein PferdeeiweiB nachweisen, w&h-
rend die Bindungsreaktion eine vollkommene Hemmung der
Hamolyse ergab. Es lag raithin in diesem Falle scheinbar
ein Versagen des Sachs-Georgischen Verfahrens vor, dem
ich indes absolute Beweiskraft nicht zuerkennen mochte. Ein-
mal hatte namlich die vollkommene Bindung der Hamolysine
dadurch bedingt sein konnen, daB die Wurst neben Ziegen¬
fleisch auch eine gewisse fur eine positive Reaktion hin-
reichende Menge von Ziegenblut enthielt. Andererseits lieBen
die besonderen Umstande, unter denen die Probeentnahme
erfolgt war, eine Verf&lschung mit Pferdefleisch als sehr wohl
moglich erscheinen. Sachs und Georgi konnten bei geeig-
neter Anordnung nocli einen Zusatz von nur 2 Proz. Pferde-
wurst zu gewohnlicher Wurst erkennen. Es ware also auch
denkbar, daB in unserem Falle ein Zusatz von sehr geringen
Mengeu Pferdetieisches oder auch von gekochtem bzw. aus-
gelaugtem Pferdefleisch stattgefunden hatte, der sich dem
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Untersuchungen fiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 519
Nachweis durch die Prazipitationsreaktion zwar entzog, durch
das HSmolysinbindungsverfahren aber noch festzustellen war.
Eine sichere Klarung war mir leider nicht moglich, so daB
ich es zunachst unentschieden lassen mochte, wie weit das
positive Resultat in diesem Falle fur oder gegen den prak-
tischen Wert der Sachs-Georgischen Reaktion zu sprechen
vermag.
Von den Wursten, die zwar reagierfahiges EiweiB ent-
halten, gegen alle verwandten Antisera aber negativ reagiert
hatten, ergaben 3, eine Sardellenwurst und 2 Leberwiirste,
eine positive Bindungsreaktion. Die Annahme, daB eine Ver-
falschung mit Pferdefleisch trotz des Versagens der Pr&zipi-
tation in Frage kommen konnte, fand bei der einen Leber-
wurst eine Stiitze durch das Resultat der chemischen Fett-
bestimmung, die von Herrn Dr. Berg auf der Abteilung fur
Nahrungsmitteluntersuchung ausgefuhrt wurde und darauf hin-
wies, daB es sich vermutlich ura Pferdewurst handelte. In
den beiden anderen Fallen war diese wertvolle Erganzung
meiner Befunde durch die chemische Priifung leider nicht
mdglich. Ebensowenig gelang es mir, durch Verwendung von
Hunde- und Katzenantiserum bei dem Fallungsverfahren Hunde-
oder KatzeneiweiB als Ursache fur das Ausbleiben der Hamo-
lyse nachzuweisen. Es miissen also aucli diese Falle als un-
geklart bezeichnet werden. Erwfihnt sei noch, daB bei der
einen dieser Proben, einer Leberwurst, die zur Kontrolle aus-
gefiihrte Nachuntersuchnng nicht mehr ein volliges Ausbleiben
der Hamolyse in alien Serumverdiinnungen ergab. Wahrend
bei der ersten Prufung die Hemmung auch in den starkeren
Serumkonzentrationen (1:50, 1:100) komplett aufgetreten war,
lieB sie sich bei dem zweiten Versuch nur in den hoheren
Verdiinnungen unvermindert feststellen, auBerte sich dagegen
bei 1:50 und 1:100 in geringerem Grade. Im Hinblick auf
den einwandfreien Ausfall der ersten Untersuchung habe ich
die Probe zu den positiven gezahlt, obschon das Ergebnis
der zweiten Prufung zu gewissen Zweifeln an der Richtigkeit
dieser Diagnose Veranlassung geben konnte. Von derartig
unvollkommenen Bindungen, welche die Beurteilung der
Reaktion nicht unwesentlich zu erschweren vermogen, soli
weiter unten noch die Redo sein.
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520
W. Gaehtgens,
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Gegeniiber den eben besprochenen Versuchen beanspruchen
die in Gruppe B zusammengefafiten insofern ein besonderes
Interesse, als sie mit Material ausgeffihrt wurden, welches
kein reagierf&higes EiweiB enthielt und sich darum fiir die
Beurteilung der praktischen Brauchbarkeit der Bindungs-
reaktion besonders eignen mufite. Diese Behauptung lafit sich
allerdings nur mit der Einschrankung aufstellen, daB es ge-
lingt, zuveriassige Auskunft fiber die Zusammensetzung der
untersuchten Proben zu erhalten. Das ist nattirlich nicht in
alien Fallen moglich. Immerhin geben nicht selten die Er-
mittelungen und die besonderen Umstande bei der Probe-
entnahme Anhaltspunkte ffir die Annahme, daB pferdefleisch-
haltiges Material vorliegen konnte. Noch einfaclier liegen die
Verhaitnisse, wenn die Proben vom Hersteller bzw. Verkaufer
selbst als Pferdewurst bezeichnet werden. Denn es lafit sich
nicht annehmen, daB der Produzent seine eigene Ware als
pferdefleischhaltig, also im Sinne des Gesetzes als minder-
wertig angeben wird, wenn das nicht den Tatsachen entspricht.
In solchen Fallen kame also nur noch die Moglichkeit in
Betracht, daB die positive Reaktion auch durch einen Zusatz
von Hunde- oder Katzenfleisch bedingt sein kfinnte (von
anderen ahnlich wirkenden, genuBfahigen Fleischarten sei zu-
nachst abgesehen). Indes mochte ich dieser Frage keine allzu
groBe Bedeutung beimessen, weil nach meinen Erfahrungen,
soweit sie die Verhaitnisse in Hamburg betreffen, die Ver-
falschungen von Fleischwaren mit Hunde- oder Katzenfleisch
schlimmstenfalls nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
Von den in Gruppe B zusammengefafiten 62 Proben er-
gaben 33 eine vfillige Bindung der heterogenetischen Hammel-
hamolysine. Von diesen 33 Proben waren 12 von vornherein
als pferdefleischhaltig bekannt, und zwar waren dies 9 Pferde-
wfirste (1 davon als Rotwurst bezeichnet), 2 Pferdekonserven
und 1 Stfick Pferdefleisch. Bei 15 weiteren Proben sprachen
gewisse Anhaltspunkte fUr die Wahrscheinlichkeit, daB es sich
urn pferdefleischhaltiges Material handeln konnte. Unter den
fibrigen 6 Fallen konnte nur bei einer Leberwurst der Ver-
dacht, daB eine Faischung mit Pferdefleisch vorliege, durch
das Ergebnis der chemischen Fettbestimmung unterstfitzt
werden. Es blieben also 5 Proben fibrig, in denen weder
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Untersuehungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 521
die polizeilichen Ermittelungen noch die chemische Unter-
suchung das Resultat der Bindungsreaktion zu bestfitigen
vermochten. Bezeichnet waren diese 5 Proben als Leberwurst,
Quedlinburger Leberwurst, Ziegenleberwurst, Briihwurst und
Rindfleischkonserve. Bei der Ziegenleberwurst ware ja an
die Moglichkeit zu denken, daB Ziegenblutkdrperchen ebenso
wie Hammelerythrozyten die Hamolysine zu binden vermogen;
jedoch scheint mir die Annahme, daB in der Wurst so viel
Ziegenblut, wie zum positiven Austall der Bindungsreaktion
gehdrt, enthalten gewesen sei, wenig wahrscheinlich. Sichere
Schliisse auf die Brauchbarkeit der Bindungsreaktion lassen
sich aus den Versuchsergebnissen bei diesen 5 Proben jeden-
falls nicht ziehen, da eine Kontrolle ihrer wirklichen Bestand-
teile nicht moglich war. Das Gleiche gilt fflr das mit nega-
tivem Resultat untersuchte Material (29 Proben), wenn auch
bei diesen Fallen das Ausbleiben der Hamolysinbindung die
iiber die Zusammensetzung der Proben gemachten Angaben
meist zu unterstiitzen vermochte.
Eine Zusammenfassung der im Obigen in i t -
geteilten Erfahrungen ergibt, daB die Bindungs¬
reaktion von Sachs und Georgi in alien Fallen,
wo PferdeeiweiB mit Sicherheit nachgewiesen
war oder mit mehr oder minder groBer W a h r -
scheinlichkeitvermutetwerden konnte, ein posi¬
tives Resultat ergab. In dieser Hinsicht konnte ich also
vollkommen die eingangs erwahnten Beobachtungen Bauers
iiber die Zuverlassigkeit der Methode bestatigen. Der prak-
tische Wert des Verfahrens wird aber anschei-
nend dadurch beeintrachtigt, daB die positive
Bindungsreaktion gelegentlich auch bei Fleisch-
und Wurstwaren auftritt, in denen PferdeeiweiB
weder nachzuweisen noch anzunehinen ist. Die
von mir beobachteten ungekiarten Faile dieser Art sind zwar
nicht geeignet, unbedingt gegen die Brauchbarkeit der Methode
zu sprechen, weil die einwandfreie Feststellung der einzelnen
Wurstbestandteile nicht moglich war. Sie bedingen aber
andererseits eine gewisse Unsicherheit bei der Verwertung
positiver Resultate und zeigen, in Uebereinstimmung mit den
Zeitschr. f. Immunittitsforschung. Orig. Bd. 31. 35
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522
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Beobachtungen von Seligmann und von Gutfeld, daB
die Reaktion in ihrer jetzigen Form fiir die Praxis noch nicht
zu empfehlen ist. In geeigneten Fallen wird die
Hamolysinbindung zwar das Ergebnis der P r a -
zipitation undchemischen Untersuchung in wert-
voller Weise ergSnzen und stfltzen konnen, nicht
aber ohne diese ein wissenschaftliches Oder
gerichtliches Gutachten ermbglichen.
Einen weiteren Nachteil der Bindungsreaktion stellen die
gelegentlich beobachteten partiellen Heramungen dar, welche
die Beurteilung des Endergebnisses nicht unwesentlich zu
beeintrachtigen vermdgen. Ihr Vorkommen beschrankt sich
keineswegs nur auf Ziegenwiirste, bei denen ein etwaiger
Gehalt an Ziegenblut die mehr oder minder ausgesprochene
Bindung der Hamolysine erklaren kdnnte, sondern hat sich
auch bei manchen Rinder- und Schweinewiirsten nicht weniger
storend bemerkbar gemacht. Oft handelt es sich dabei nur
urn geringgradige Hemmungen oder um das Ausbleiben der
Hamolyse nur bei einzelnen, besonders den st&rkeren Serum-
konzentrationen. In solchen Fallen wird sich die Diagnose
durch den Vergleich mit der positiven Kontrolle bis zu einem
gewissen Grade meist noch sicherstellen lassen. Schwieriger ist
die Beurteilung, wenn die Hemmungen, ahnlich wie bei pferde-
fleischhaltigen Proben, gleichmaBig in alien Rohrchen unter
volligem oder fast volligem Ausbleiben jeglicher Hamolyse
auftreten. Bereits Sachs und Georgi haben auf das Vor¬
kommen von antikomplementaren Wirkungen hingewiesen und
empfohlen, die Rohrchen gleich nach dem Komplementzusatz
in ein Wasserbad von 37° C zu bringen; die Hamolyse soli
dann sehr rasch eintreten, bevor die antikomplementar gerich-
teten Stoffe ihre hemmende Wirkung wesentlich zu entfalten
vermogen.
Fragt man nach der Ursache dieser partiellen Hemmungen,
so liegt es nahe, zunachst die hamolytische Wertigkeit des
Antiserums damit in Verbindung zu bringen. Es ware denkbar,
daB Sera mit niedrigem hamolytischen Titer eher unsichere
Resultate geben, als hoherwertige Sera. Von diesera Gesichts-
punkte aus empfehlen Seligmann und v. Gutfeld, welche,
ebenso wie Sachs und Georgi, nur Sera mit einem Titer
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Untersuchungen fiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 523
von mindestens 1:800 verwendet haben, hochwirkende Sera.
Bauer hingegen teilt mit, daB er auch minderwertige Sera
(Titer 1:200 und weniger) mit sehr gutem Erfolge benutzt
habe. Meine eigenen Erfahrungen sind mehr geeignet, die
Angaben Bauers zu bestatigen. Bei der Verwendung von
Antisera, deren Titergrenzen zwischen 1:200 und 1:800
schwankten, habe ich Unstimmigkeiten, die auf zu geringe
hBmolytische F&higkeiten hindeuteten und durch sie nach Aus-
schluB anderer Moglichkeiten zu erklaren w&ren, nicht beob-
achten kbnnen. Vielleicht ware im Gegenteil an die Moglich-
keit zu denken, daB die Verwendung sehr hochwertiger Anti¬
sera auch mit gewissen Nachteilen verknupft sein konnte,
durch die sich z. B. das Versagen der Reaktion bei manchen
sicher pferdefleischhaltigen Proben, wie es Seligmann und
v. Gutfeld beobachtet haben, erklBren liefie.
Nach meiner Ansicht miissen die Ursachen der partiellen
Hemmungen anderer Art sein, und zwar entweder in einer
unspezifischen Adsorption der HSmolysine, oder in nicht naher
bestimmbaren antikomplementaren Wirkungen, wie sie auch
von Sachs und Georgi angenommen werden, zu suchen
sein. Um zu entscheiden, welcher von beiden Faktoren oder
ob beide gemeinsam dafiir verantwortlich zu machen seien,
muBte der EinfluB eines einfachen Kochsalzextraktes aus nicht
pferdefleischhaltigen, partiell hemmenden Wiirsten auf frisches
Meerschweinchenserum geprtift werden. Trat nach Zusatz von
sensibilisierten Hammelblutkbrperchen zu derartig vorbehan-
deltem Komplement die Hamolyse nur teilweise auf oder blieb
gar vollig aus, so war dieses Ergebnis geeignet, fiir eine anti-
komplementare Wirkung der Extrakte zu sprechen. Fiir die
Sensibilisierung der Erythrozyten durfte, in Ermangelung eines
anderen hSmolytischen Systems, nur ein echter Hammelblut-
ambozeptor benutzt werden, um mit Sicherheit einen storen-
den EinfluB der heterogenetischen H&molysine ausschalten zu
konnen.
Fur diesen Versuch wahlte ich mir einige Wiirste aus,
welche derartige partielle Hemmungen hervorgerufen hatten.
Von jeder Probe wurde 2—3 g mit 5 ccm physiologischer
Kochsalzlbsung 1 Stunde bei 37° C extrahiert, das Gemisch
durch ein Hartfilter filtriert und dann fallende Mengen des
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524
W. Gaehtgens,
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Filtrates rait 0,5 ccm Komplement (1:10) fur eiue balbe Stunde
in das Wasserbad gebracht. Hierauf wurden dem Gemenge
0,5 ccm 5-proz. Hammelblut + 5 ccm echten Hammelblutambo-
zeptors (4-fache Titerdosis), die bereits eine halbe Stunde vor-
her gemischt worden waren, zugefiigt und die GlSschen wieder
in das Wasserbad gestellt. Nacli einer Stunde wurde das
Resultat vorl&ufig abgelesen und nach 24-stiindigem Aufenthalt
im Eisschrank endgtiltig festgestellt.
Tabelle III.
No.
Extrakt v. 2—3 g W urst
-f 5 ccm Kochsalzlosg.
Prazipitation
Extraktverdiinnung
konzentriert
1:2
1:5
1
Sardellenwurst 10065
pos. f. Kaninchen
+ (0)
0
0
2
Mettwurst 6636
pos. f. Rind
+ (0)
0
0
3
Fleischwurst 6049
negativ
+ + + (+ + +)
+ (0)
0
4
Mettwurst 5637
pos. f. Rind
+ (0)
0
0
5
Leberwurst 7912
pos. f. Kan. + Ziege
0
0
0
6
Fleischwurst 7493
dasselbe
0
0
0
Anmerkung: Die eingeklammerten Zahlen geben die Befunde nach
24 Stunden wieder.
Von 6 verschiedenen Wiirsten, die bei dem Verfahren
nach Sachs und Georgi mehr oder minder ausgesprochene
partielle Hemmungen hervorgerufen hatten, waren, wie aus
Tabelle III hervorgeht, 4 imstande, das Komplement zu beein-
flussen, wenn auch in verschiedener Starke. In 3 Fallen, bei
2 Rinderwiirsten und 1 Kaninchenwurst, war die Wirkung
nur schwach ausgesprochen; nach 1 Stunde war in den mit
konzentriertem Extrakt beschickten Glaschen eine deutliche
Hemmung zwar unverkennbar, doch war spater im Eisschrank
vollige Nachlosung eingetreten. Dagegen hatte die Fleisch-
wurst 6049, in der sich mittels des Prazipitationsverfahrens
weder Pferde-, noch Rinder-, Schweine-, Kaninchen- oder
ZiegeneiweiB hatte nachweisen lassen, das Komplement in
dem Sinne beeinfluBt, daB auch nach 24 Stunden keine Spur
von Hamolyse festzustellen war. Die letzten beiden Proben,
zwei aus Kaninchen- und Ziegenfleisch hergestellte Wiirste,
hatten wieder gar keine antikomplement&re Wirkung entfalten
konnen. In diesen beiden Fallen muB daher per exclusionem
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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Saehs-Georgi usw. 525
der SchluB berechtigt sein, daB die partielle Bindung der
heterogenetischen Hamolysine unter Umstanden auch durch
unspezifische Adsorption zustande kommen kann. Es ergibt
sich demnach aus dem ganzen Versuch, daB das
Auftreten der partiellen Heramungen bei nicht
pferdefleischhaltigem Material teils auf anti-
komplementareWirkungen,teilsaufunspezifische
Adsorption der Hamolysine zuruckzufiihren ist.
Bereits Sachs und Georgi haben darauf hingewiesen,
daB es sich moglicherweise empfehlen wiirde, die zu unter-
suchenden Proben zunSchst 10—15 Minuten auf 100° C zu
erhitzen, urn „damit die Interferenz artspezifischer Kon-
figurationen von vornherein auszuschalten“. Aus ihren Aus-
fiihrungen geht indes nicht hervor, wie weit sich diese Angabe
auf eigene Versuche griindet. Da das sofortige Verbringen
der Rohrchen in ein Wasserbad nach dem Komplementzusatz
nach meinen Erfahrungen nicht genugt, um die antikomplemen-
taren Wirkungen mit Sicherheit auszuschalten, muBte nach
anderen Mitteln gesucht werden, um diesen Uebelstand nach
Moglichkeit zu vermeiden Oder doch wenigstens einzuschranken.
Zwei Wege erschienen von vornherein gangbar und aussichts-
voll, dieses Ziel zu erreichen, namlich einmal die vorherige
Erhitzung der Proben und andererseits das quantitative
Arbeiten mit abgestuften Mengen. In Tabelle IV habe ich
die Ergebnisse einiger Versuche, welche ich in dieser Richtung
ausgefflhrt habe, zusammengestellt.
Tabelle IV.
No.
Antiserum 126
vorbehandelt mit
Antiserum-Verdiinnung
Kon-
trolle
Priizipitation
positiv fiir
1:50
1:100
| 1:200
11:500
1:1000
1
2,5 g Salamiwurst 21818,
ungekocht
+ + +
+ +
e
±
+
+ + +
RindereiweiB
2
1,0 g dasselbe
0
e
±
+
+ + +
3
0,5 g
e
e
e
+
+ + +
»>
4
2,5 g dass., 2 Min. gek.
e
e
e
±
+
+ + +
V
5
1,0 g „ 2 „
e
0
0
±
+
+ + +
6
2,5 g Wurst 3207 ungek.
+ + +
+ + +
+ + +
+++
+ + +
+ + +
Pferdeeiweifi
7
8 fj » 1)
+ + +
+ + +
+ + +
+++
+ + +
+ 4" +
8
g „ ,,
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+++
11
9
0,5 g „
+
+ +
+ +
+++
+ + +
+++
11
10
Nicht vorbehandelt
e
e
0
+
+++
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526 W. Gaehtgens,
Wie Tabelle IV zu entnelimen ist, hatte bei Verwendung
der iiblichen Materialmenge (2,5 g) die Rinderwurst 21 818 ini
Bindungsversuch in den starkeren Serumkonzentrationen eine
so ausgesprochene Hemmung der Hamolyse zur Folge, daB
eine klare Beurteilung des Resultates kaum mbglich war.
Wurde nur 1 g Wurst zur Vorbehandlung des Antiserums
benutzt, so blieb nur noch eine leichte Hemmung in der ge-
ringsten untersuchten Verdiinnung (1:50) ubrig. Erst bei
0,5 g Material war aber auch bei 1:50 vollkommene Losung
des Hammelblutes eingetreten, so daB nun der einwandfreien
Diagnose kein Hindernis mehr im Wege stand. Eine ahnliche
Wirkung hatte die vorherige kurze Erhitzung der Rinderwurst
auf 100° C. Wie mir besondere, hier nicht naher angefflhrte
Versuche zeigten, geniigte schon ein 1 — 2 Minuten langes
Erhitzen, um die partiellen Hemmungen auch bei Verwendung
von 2,5 g Wurst vollig auszuschalten. Den EinfluB der Siede-
temperatur auch auf Pferdewurst noch besonders zu unter-
suchen, eriibrigte sich, da die in Frage kommenden Antigene
ja durch Koktostabilitat ausgezeichnet sind. Ueberdies werden
sie nach den Angaben von Sachs und Georgi, die ich
durch meine Untersuchungen oftmals bestatigt sah, durch
thermische Einfiusse in ihrer Wirkung nicht nur nicht ab-
geschw&cht, sondern eher funktionstuchtiger. Die quantitative
Auswertung der Pferdewurst 3207 ergab, daB bei Verwendung
von 1,0—2,5 g Wurst die Bindung der H&molysine in alien
Serumverdiinnungen unverandert komplett aufgetreten war.
Dagegen machte sich bei 0,5 g Wurst ein so unverkennbarer
Ruckgang der Hemmung in den starkeren Serumkonzentrationen
bemerkbar, daB die einwandfreie Beurteilung eines derartigen
Endergebnisses in der Praxis unter Umstanden Schwierig-
keiten bereiten wurde. Es ergibt sich also, daB sich
das Auftreten partieller Hemmungen sowohl
durch kurze vorherige Erhitzung des Materials
auf 100° C als auch durch die Verwendung
kleinerer Wurstmengen vermeiden 1 a B t. Das
Arbeiten mit abgestuften Mengen erscheint mir fur praktische
Zwecke weniger empfehlenswert, weil man Gefahr lauft, bei
pferdefleischhaltigen Wiirsten, deren prozentualer Gehalt an
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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 527
Pferdefleisch ja nicht bekannt ist, die fiir den Nachweis not-
wendige Mindestmenge zu unterschreiten. Ich habe deshalb
in alien derartigen Fallen ausschlieBlich die vorherige, 1 bis
2 Minuten lange Erhitzung in Anwendung gebracht und fest-
stellen konnen, daB sich auf diese Weise die partiellen Hem-
mungen, wenn auch nicht immer mit absoluter Sicherheit,
vermeiden, so doch wesentlich einschranken lassen.
n. Die Bindung heterogenetischer Hammelhamolysine durch
verschiedene Fleischarten.
Der praktische Wert der Bindungsreaktion von Sachs
und Georgi wird, wie im Obigen auseinandergesetzt worden
ist, einmal dadurch beschrankt, daB positive Resultate gelegent-
lich auch bei Material erhalten werden, in dem die Anwesen-
heit von Pferdefleisch weder nachgewiesen noch vorausgesetzt
werden kann. Ferner vermogen partielle Hemmungen die
Beurteilung des Befundes nicht unwesentlich zu erschweren,
doch kann diese Schwierigkeit durch eine geeignete Versuchs-
anordnung auf ein Minimum beschrankt werden. Dagegen
muB die Tatsache, daB die Reaktion nicht fur eine einzige
Tierart, sondern nur fiir eine bestimmte Tiergruppe spezifisch
ist, zu recht erheblichen Bedenken AnlaB geben. Der positive
Ausfall besagt ja nur, daB in dem fraglichen Falle das Fleisch
von Pferd, Hund, Katze, Meerschweinchen, Huhn Oder Schild-
krote in Frage kommen k5nnte. Die letztgenannten 3 Arten
beanspruclien, wie schon Seligmann und v. Gutfeld
hervorgehoben haben, deswegen geringere Bedeutung, weil
sich die Verarbeitung dieser Tiere teils wegen ihrer geringen
GroBe, teils wegen des hohen Preises nicht lohnen wiirde. In
einem positiven Falle wiirde also nur der SchluB berechtigt
sein, daB eine minderwertige Beimengung in der Wurst ent-
halten sei, die Frage aber offen bleiben, ob die Verfaischung
durch Pferde-, Hunde- Oder Katzenfleisch bedingt sei. Gerade
diese Feststellung aber kann unter Umst&nden und besonders
in gerichtlichen Fallen von weittragender Bedeutung sein.
Dariiber hinaus erhebt sich weiter die Frage, ob nicht
auch Fleisch und Organe von anderen Tierarten auBer den
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528
W. G aeh tgen s,
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eben erw&hnten fiir einen positiven Ausfall der Reaktion in
Betracht kommen konnten. Diese Moglichkeit ist insofern von
praktischer Bedeutung, als nach Uhlenhuth schon vor dem
Kriege Verffilschungen mit anderen Fleischarten, z. B. Kamel-,
Walfisch-, Fischfleisch usw. festgestellt worden sind. War der
Anreiz zu derartigen Falschungen schon vor dem Kriege vor-
handen, so muB diese Verlockung heutzutage angesichts der
Fleischnot und -teuerung als besonders groB bezeichnet werden.
Ich babe deshalb in dieser Richtung eine Reihe von Unter-
suchungen ausgefiihrt, um die Grenzen der Bindungsreaktion
genauer festzulegen. Durch das liebenswiirdige Entgegen-
kommen des Direktors des hiesigen zoologischen Gartens, Herrn
Prof. Dr. V o s s e 1 e r und des Herrn Dr. Sokolowsky, denen
ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aus-
spreche, war ich in den Stand gesetzt, Fleisch und Organe ver-
schiedener Tierarten zu untersuchen. Bereits in einer friiheren
Arbeit habe ich (8) mitteilen konnen, daB Walfischfleisch in
rohem, gewfissertem und gekochtem Zustande, sowie Kamel-
fleisch und -niere f&hig sind, die heterogenetischen Hammel-
hfimolysine zu binden. Diese Tatsache erscheint nicht un-
wichtig im Hinblick auf die bereits vor dem Kriege festgestellten
Verfalschungen von Wurst mit Kamel- und Walfischfleisch und
gewinnt noch an Bedeutung durch die Mitteilung (9), daB in
Nordamerika groBe Mengen von Walfischfleisch zu Gefrier-
fleisch und Konserven verarbeitet werden, und daB Walfisch¬
fleisch schon in franzosischen Restaurationen ausgegeben wird.
Tabelle V.
Verhalten des Fleisches verschiedener Tierarten zu heterogenetischen
Hammelhamolysinen.
A. JBindung
B. Keine Bindung
Pferd — Togoponny
Rind — Ziege — Reh — Damhirsch
Kaniel
Schwein
Hund
Kaninchen
Katze — Ozelot
Ratte
Meerschweinchen — Agouti
Schimpanse
Hamster
Kuckuck, Bachstelze, Kreuzschnabel
Hahn — Diamantfasan
Ohreule
Straufi
Turmfalke — Sperber
Truthahngeier
Hering, Kabeljau, Schellfisch
Walfisch
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UnterBuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 529
In der vorstehenden Tabelle V habe ich die von mir untersuchten
Tierarten getreunt in zwei Gruppen, je nach ihrer Fiihigkeit,
eine positive Bindungsreaktion auszulosen oder nicht auszu¬
losen, angefuhrt. Auch die bereits von anderen Autoren unter¬
suchten Tierarten, die nachzupriifen ich Gelegenheit hatte, sind
in diese Zusammenstellung aufgenommen.
Wie aus Tabelle V hervorgeht, scheint die Fahig-
keit, die heterogenetischen Hammelhamolysine
zu binden, im Tierreich recht weit verbreitet zu
sein. Wenn das Vorkoramen und das Fehlen dieser Eigen-
schaft scheinbar auch jegliche Regel und Gesetzm&Bigkeit ver-
missen lassen, so ist es andererseits doch interessant, zu be-
obachten, wie verwandte Tierarten in dieser Hinsicht ein
gleiches Verhalten aufweisen. Bei so nahen Verwandten wie
Pferd und Togoponny ist das nicht weiter auffallig. Bemerkens-
wert erscheint es dagegen, wenn auch entferntere Verwandte
wie Hahn und Diaraantfasan, das Ozelot, eine neuweltliche
Tigerkatze, und die Katze, das Meerschweinchen und das
diesem im zoologischen System folgende Agouti in gleicher
Weise die Bindungsreaktion hervorrufen konnen. Aehnlich
liegen die Verhaltnisse bei den Vertretern der Gruppe B.
Auch hier herrscht insofern Uebereinstimmung, als die durch
mehr oder minder nahe Verwandtschaft ausgezeichneten Tiere
(Rind — Ziege — Reh — Hirsch, Turmfalke — Sperber) in
gleicher Weise das Bindungsvermogen vermissen lassen.
Interessant ist auch, daB der Schimpanse, ebenso wie der
Menscb, zu dieser Gruppe gehort. Fur die Bewertung der
praktischen Brauchbarkeit der Sachs-Georgischen Reaktion
sind die obigen Befunde von geringerer Bedeutung, da das
Fleisch der meisten untersuchten Tierarten fiir die Ver-
falschung von Nahrungsmitteln auch unter aufiergewohnlichen
Verhaltnissen kaum in Betracht kommen diirfte. Nur das
Fleisch vom Walfisch und vom Kamel nimmt in dieser
Hinsicht aus den oben angefiihrten Grunden eine Sonder-
stellung ein.
Ebenso wie das Fleisch wurde in den meisten Fallen
auch die Niere mituntersucht. Das Ergebnis war immer das
gleiche wie bei den mit Fleisch ausgeflihrten Versuchen
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W. Gaehtgens,
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War letzteres imstande, die heterogenetischen Htimolysine zu
binden, so lieB sich der gleiche Befund ausnahraslos auch bei
der Niere erheben. Der Vollstfindigkeit wegen sei noch er-
wahnt, daB mit einem Extrakt von Walfischfleisch ebenso wie
mit Meerschweinchennierenemulsion ein h&raolytisches Anti¬
serum fur Hammelblut erzeugt werden konnte.
Das Vorkommen der koktostabilen Rezeptoren beim Huhn
lieB es schliefilich von Interesse erscheinen, zu priifen, wie
sich Huhnereier in dieser Hinsicht verhalten. Zum Vergleich
konnte ich die Eier von Gansen und Enten mituntersuchen.
Von der Gans ist ja, wie oben angefiihrt, bekannt, daB sie
sich ebenso verhalt wie Rind, Ziege, Schwein, Kaninchen usw.
Die Organe der Ente sind zwar, soweit ich die Literatur zu
ilberblicken vermag, nicht besonders untersucht worden, doch
laBt sich bei ihrer nahen Verwandtschaft mit der Gans und
im Hinblick auf meine in Tabelle V niedergelegten Beobach-
tungen wohl annehmen, daB auch die Ente der Gruppe nicht-
bindender Tierarten zuzuzahlen ist.
Tabelle VI.
d
Antiserum 163
vorbehandelt mit
Antiserum-Verdiinnung
Kon¬
trolle
fc
1:50 |
|l: 100
] : 200
11:400
1:800
1 ;
Huhnerei (V, Std. bei 100°)
e
±
1
+
+ + 1
+ + +
+
2
Huhnereigelb (V, Std. bei 100°)
i |
+
++
' + + + ;
+ + +
+ + +
3
Huhnereiweifi( „ „ „ „ )
e
e
0
e
±
+ + +
4 1
Ganseei (■/, Std. bei 100°)
e
e
e
0
+
+ + +
51
Entenei („ „ „ „ )
e
e
e
e
±
+ + +
6
Hiihnerfleisch
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
7
Rindfleisch
e
e
e
+
+ + +
8 !
Nicht. vorbehandelt
« i
e
e
0
+ + +
Wie aus Tabelle VI hervorgeht, hatte das zum Versuche
benutzte Antiserum 163 einen hamolytischen Titer von fast
1 :800. Wahrend durch das zur Kontrolle mituntersuchte
Hiihnerfleisch die HBmolysine vollkommen gebunden wurden,
hatte Rindfleisch sie unbeeinfluBt gelassen. Auch die
V, Stunde auf 100° erhitzten Enten- und GBnse-
eier waren wirkungslos, dagegen hatte in der mit
Huhnerei vorbehandelten Antiserumprobe eine
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Unterauchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi new. 531
deutlich erkennbare, wenn auch nicht vollkom-
mene Bindung der Hamolysine stattgefunden.
Beim Versuch, festzustellen, welchem Bestandteile des Eies
diese Fahigkeit zukomme, zeigte es»sich, daB das Hiihner-
eiweiB jegliches Bindungsvermogen verraissen
lieB, wahrend die Vorbehandlung mit Eigelb zu
einer ausgesprochenen Adsorption der Ha mo-
lysine fflhrte. Die Hemmung der Hamolyse war aller-
dings nicht so stark ausgepragt, wie es von einer einwandfrei
positiven Bindungsreaktion zu erwarten war, aber doch so
deutlich, daB an der Existenz der hitzebestandigen Rezeptoren
im Huhnereigelb nicht zu zweifeln war. Weitere Unter-
suchungen liber die Frage, ob die hamolysinbindenden Stoffe
im Dotter selbst Oder vielleicht in der Keimscheibe zu suchen
seien, fiihrten zu keinem eindeutigen Ergebnis, schienen aber
mehr daftir zu sprechen, daB sich die Rezeptoren in dem
Dotter als solchem befinden. Als sicher kann jeden-
falls gelten, daB schon im Huhnereigelb Sub-
stanzen vorhanden sind, welche die heterogene-
tischenHammelhamolysineweitgehend zu binden
imstande sind. Die unvollkommene Ausbildung dieses
Hemmungsvermogens ist vielleicht geeignet, bis zu einem
gewissen Grade die Tatsache zu erklSren, daB ich in einem
prazipitierenden hochwertigen Hiihnereigelb-Antiserum keine
nennenswerten hSmolytischen Eigenschaften gegenviber Hammel-
blut feststellen konnte.
Zusammenfassung.
Die Hamolysinbindungsreaktion von Sachs und Georgi
ergab in alien Fallen, wo PferdeeiweiB mittels der Prazipitations-
methode nachgewiesen oder mit mehr oder weniger groBer
Wahrscheinlichkeit vermutet werden konnte, ein positives
Resultat. Der praktische Wert des Verfahrens wird aber an-
scheinend dadurch beeintrachtigt, daB ein positives Ergebnis
gelegentlich auch bei der Untersuchung von Fleisch- und
Wurstwaren, in denen PferdeeiweiB weder direkt festzustellen
noch auch anzunehmen ist, auftritt. Ferner machen sich bei
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532 Gaehtgens, Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion usw.
nicht pferdefleischhaltigem Material partielle Hemmungen der
Hamolyse, die teils auf antikomplementare Wirkungen, teils
auf unspezifische Adsorption zuriickzufiihren sind, oft storend
bemerkbar. Durch vorhdtige 1—2 Minuten lange Erhitzung
des Materials auf 100° lassen sich die durch partielle Hem¬
mungen bedingten unsicheren Resultate indes weitgehend ein-
schranken. Ein weiterer Nachteil ist, daB die F&higkeit, die
heterogenetischen Hammelhamolysine zu binden, im Tierreich
recht weit verbreitet zu sein scheint. Abgesehen von Pferd,
Hund und Katze, gehoren auch Walfisch und Kamel zu den
groBeren eBbaren Tieren, in deren Organzellen sich die
hamolysinbindenden Rezeptoren finden. Da die Bindungs¬
reaktion nicht fur eine einzige Tierart, sondern nur fUr eine
anscheinend recht umfangreiche Tiergruppe charakteristisch
ist, kann sie in ihrer jetzigen Anwendungsform nicht als ge-
eignet fur die sichere Identifizierung von gekochtem EiweiB-
material bezeichnet werden. Dagegen vermag sie in manchen
Fallen das Ergebnis der Prazipitation und der chemischen
Untersuchung zu erganzen und zu stiitzen.
Literatur.
1) Uhlenhuth und Weidanz, Praktische Anleitung zur Ausfiihrung
des biologischen Eiweifidifferenzierungsverfahrens. Jena, Gustav Fischer,
1909.
2) Sachs und Georgi, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 21, 1914, p. 342.
3) Forssman, Biochem. Zeitschr., Bd. 37, 1911, p. 78.
4) Doerr und Pick, Biochem. Zeitschr., Bd. 50, 1913, p. 129.
5) Amako, Zeitschr. f. Chemotherapie, Orig., Bd. 1, 1913, p. 224.
6) Bauer, Zeitschr. f. Flei6ch- u. Milchhyg., 1917, p. 97.
7) Seligmann und v. Gutfeld, Berl. klin. Wochenschr., 1919, p. 964.
8) Gaehtgens, Med. Klinik, 1920, p. 556.
9) Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg., 1920, p. 183.
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URBANA-CHAMPAI6N
Giese. Exp. Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen. 533
Nnchdruck verboten.
[Aus der Veterinfirabteilung des Reichsgesundheitsamtes.]
Experimentelle Untersuchungen ttber die Einwirkung
von Organen, Organextrakten, Exsudaten und Sekreten
auf Tuberkelbacillen im Reagenzglase und entsprecliende
Heil- und lmmunisierungsyersuche gegen die Tuberkulose
der Haustiere ')•
Von Dr. med. vet. Cl. Giese,
Regierungsrat und Mitglied des Reichsgesundheitsamtes.
(Eingegangen bei der Redaktion am 19. November 1920.)
Zur Fortsetzung der Immunisierungsversuche gegen die
Tuberkulose der Haustiere wurde in der Veterinarabteiluug
des Reichsgesundheitsamtes untersucht, ob es moglich sei,
im Reagenzglase die Virulenz der Tuberkelbacillen unter der
Einwirkung von Organextrakten (PreBsaften), Exsudaten und
Sekreten hauptsachlich von tuberkulosen Rindern und Meer-
schweinchen zu beeinflussen. Die auf Anregung von Herrn
Geheimen Regierungsrat Dr. Titze ausgefiihrten Untersuch¬
ungen wurden von Herrn Stabsveterinar Lindner begonnen
und von mir zu einem vorlaufigen AbschluB gebracht,
weil es die Zeitverhaltnisse verbieten, die kostspieligen Unter¬
suchungen in wiinschenswerter Weise auszubauen. Der leitende
Gedanke bei diesen Arbeiten bestand darin, experimentell fest-
zustellen, ob sich unter dem Einflusse von Extrakten aus un-
veriinderten und veranderten Organen tuberkuloser Tiere aus
Tuberkelbacillen ein Antigen von immunisierender Oder heilen-
der Eigenschaft gewinnen laBt. In einem Teile der Versuche
wurde nicht nur die zelluldre Einwirkung der Organe auf
Tuberkelbacillen herangezogen, sondern gleichzeitig ein etwaiger
AufschluB der Tuberkelbacillen unter dem Einflusse von Wir-
kungen studiert, die vom Blutserum tuberkuloser Tiere bei
1) Nach einem auf der 86. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte am 21. September 1920 in Bad Nauheim gehaltenen Vortrage.
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534
Cl. Giese,
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gleichzeitigem Vorhandensein von Komplement hatten ausge-
lost werden konnen.
Zur Herstellung der PreBs&fte wurden einerseits solche
Organe verwendet, die gegeniiber der Erkrankung an Tuber-
kulose sehr widerstandsfahig sind, und andererseits solche
Organe, die zu tuberkuloser Erkrankung besonders neigen.
Mit den PreBsaften, bzw. mit den Tuberkelbacillen, auf welche
die PreBsafte, Exsudate usw. eingewirkt hatten, wurden Meer-
schweinchen, die bekanntlich das beste Reagenz auf Tuberkel-
bacilleu darstellen, behandelt.
Die angestellten Versuche gliedern sich in folgende zwei
Hauptgruppen:
A. Einwirkungvon Organen, Organextrakten,
Exsudaten und Sekreten auf Tuberkelbacillen in
vitro.
B. Immunisierungs- und Heilversuche mit Or¬
ganextrakten, Exsudaten und Serum tuberkuloser
Tier e.
Titze hatte auf der Tagung der mikrobiologischen Ge-
sellschaft im Jahre 1912 auf die auch von anderen Autoren
behauptete Virulenzabschw&chung der Tuberkelbacillen durch
Lymphknotengewebe hingewiesen und die Frage aufgeworfen,
ob die Lymphknoten nur dazu dienen, die Tuberkelbacillen
abzufangen und zu fixieren oder ob sie auch die Fahigkeit
besitzen, die Tuberkelbacillen in ihrer Entwicklung zu hemmen
oder gar abzutoten? Titze beantwortete die Frage dahin,
daB dem Anscheine nach nur der erste Teil der Frage zu be-
jahen sei; bei natiirlicher Tuberkulose seheu wir n&mlich nicht,
daB die Tuberkelbacillen in den Lymphknoten weniger virulent
sind, als die in den anderen Organen. Trotzdem scheint unter
Umst&nden eine Virulenzschwachung der Tuberkelbacillen in
den Lymphknoten einzutreten. In einem von Titze ange-
gestellten Versuche, in dem er fein zerschnittene Lymphknoten
eines tuberkulosen Rindes mit einer Tuberkelbacillenemulsion
zusammenbrachte und sie 2—3 Tage im Brutschrank bei 37°
stehen lieB, konnte er feststellen, daB die Tuberkelbacillen
erheblich an Virulenz verloren hatten und fiir Meerschweinchen
selbst apathogen werden konnten. In Ausstrichpraparaten
zeigten solche Tuberkelbacillen unter dem Mikroskop keine
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Ex per. Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen usw. 535
Veranderungen; die mit dem Gemisch geirapften Meerschwein-
chen wurden aber nur geringgradig oder auch gar nicht tuber¬
kulos. Es ist aber bisher nicht gelungen, aus den Gemischen
etwa apathogene Tuberkelbacillen zu zfichten.
Dieser Versuch wurde von mir 3mal nachgepriift.
Die erste Nachpriifung ergab, daB 5 mit dem PreBsaft
eines solchen Gemisches subkutan geimpfte Meerschweinchen,
der nach 5-thgiger Einwirkung des Lymphknotengewebes auf
Tuberkelbacillen gewonnen war, gar nicht tuberkulos wurden,
wahrend die 2 angesetzten Kontrollen nach 5—6 Wochen an
allgemeiner Tuberkulose starben.
Bei der zweiten Nachpriifung, die wiederum mit PreBsaft
angestellt wurde, der nach Einwirkung des Lymphknotenge¬
webes auf Tuberkelbacillen gewonnen war, wurden ein Meer¬
schweinchen nur geringgradig, 5 Meerschweinchen gar nicht
tuberkulos.
Der dritte Versuch wich von den beiden vorigen insofern
ab, als nicht das Lymphknotengewebe, sondern der aus dem
Lymphknotengewebe gewonnene PreBsaft 5 Tage lang auf die
Tuberkelbacillen einwirkte und dann zur Einspritzung gelangte.
Drei mit einem solchen PreBsaft subkutan geimpfte Meer¬
schweinchen starben nach 8 und 9 und 20 Wochen nach der
Impfung an Tuberkulose, wahrend die angesetzten Kontrollen,
die mit Kochsalzlosung -f Tuberkelbacillen geimpft waren,
bereits nach 5 und 6 Wochen an allgemeiner Tuberkulose ein-
gingen.
PreBs&fte aus tuberkulosen Lymphknoten von Rind und
Meerschweinchen, die nach Einwirkung auf Tuberkelbacillen
zu Immunisierungs- und Heilversuchen bei Meerschweinchen
in groBerem Umfange zur Anwendung gelangten, konnten
eine erhohte Widerstandsfahigkeit oder gunstige Beeinflussung
des Krankheitsverlaufes gegentiber den angesetzten Kontrollen
nicht bewirken.
Heil- und Immunisierungsversuche mit Lymphknotensaft,
der nach Einwirkung des Lymphknotengewebes auf Tuberkel¬
bacillen hergestellt wird (und der in den Reagenzglasversuchen
eine Virulenzabschwachung der Tuberkelbacillen bewirkte)
stehen noch aus.
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536
Cl. Giese,
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Die funktionsfahige Muskulatur aller Tierarten erweist
sich gegen eine Erkraukung an Tuberkulose sehr widerstands-
fahig. Worauf die Resistenz zuriickzufiihren ist, ist nicht be-
kannt; man konnte annehmen, dafi die Kontraktilit&t der
Muskelfasern die Ansiedelung der Tuberkelbacillen verhindert;
wahrscheinlicher ist es, daB der Sauerstoifmangel in der Mus¬
kulatur das Gedeihen der Tuberkelbacillen verhindert. In der
Muskulatur aller Warmbliiter spielt die Anoxybiose eine
groBe Rolle, Sauerstoff ist bei weitem nicht geniigend vor-
handen, und so mufi der Muskel bei erheblichem O-Mangel
arbeiten, was sich durch den starken Glykogenschwund und
das Auftreten von Milchsaure als Endprodukt des Stoffwech-
sels dokumentiert. Aus dent Muskelfleisch tuberkuloser Rinder
hergestellte PreBs&fte habe ich auf Tuberkelbacillen in vitro
5 Tage lang einwirken lassen und das Gemisch Meerschwein-
chen subkutan eingespritzt. Eine Virulenzverminderung der
Tuberkelbacillen wurde nicht erzielt.
Die verschiedenen Organe des Meerschweinchens zeigen
erhebliche Unterschiede in ihrer Disposition fur tuberkulose
Erkrankungen. Die Nieren der Meerschweinchen erkranken
z. B. im Gegensatz zu den Nieren der Kaninchen nur aus-
nahmsweise. Zur Beantwortung der Frage, ob der PreBsaft
von Meerschweinchennieren eine Einwirkung auf Tuberkel¬
bacillen im Reagenzglase auszulosen imstande sei, wurden
die Nieren von gesunden und tuberkulosen Meerschweinchen
ausgepreBt, mit Kochsalzlosung extrahiert, und der PreBsaft
durch Asbest und Berkefeldkerze steril filtriert. Nach 5-tiigiger
Einwirkung auf eine Tuberkelbacillenemulsion im Brutschrank
(5 ccm Nierensaft + 1 Normalose Tuberkelbacillen) wurden
mehrere Meerschweinchen mit diesem Gemisch subkutan ge-
impft. Die Tiere starben an Tuberkulose nach 8, 15 und
17 Wochen, wahrend die angesetzten Kontrollen nach 3 und
8 Wochen an Tuberkulose eiugingen. Es scheint demnach,
daB durch diese Einwirkungsweise eine Herabminderung der
Tuberkelbacillen in vitro bewirkt wird.
Angestellte Immunisierungsversuche mit einem solchen
aus Nieren von gesunden und tuberkulosen Meerschweinchen
hergestellten PreBsaft hatten aber bis jetzt keinen Erfolg:
Die mehrfach vorbehandelten und 35 Tage nach der ersten
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Exper. Untersuchungen fiber die Einwirkung von Organen usw. 537
Behandlung infizierten Meerschweinchen starben fast zu gleicher
Zeit wie die Kontrollen.
In den besprochenen Organen lieBen sich also Stoffe mit
immunisierenden Eigenschaften gegen sehr starke kunstliche
Infektionen mit Tuberkelbacillen nicht nachweisen. Es war
nun noch die Moglichkeit gegeben, daB sich in spezifischen
Exsudaten solche Antigene, etwa nach Art der von Bail an-
gegebenen Aggressine, auffinden lieBen. Deshalb habe ich
auch Versuche in dieser Anordnung angestellt.
Brusthbhlen- und Bauchhohlenexsudate tuberkuloser Rin-
der und Meerschweinchen sowie Bauchhohlenexsudat eiues tuber-
kulosen Hundes wurden durch Asbest und Berkefeldkerze
steril filtriert, mit Tuberkelbacillen versetzt, 6 Tage im Brut-
schrank belassen und dann in kleinen Mengen subkutan ein-
gespritzt. Eine Abnahme der Virulenz der Tuberkelbacillen
wurde nicht beobachtet: Die Versuchsmeerschweinchen starben
ungefahr in derselben Zeit, wie die angesetzten Kontrollen.
Auch bei den Iinmunisierungsversuchen mit den Brust-
und Bauchhohlenexsudaten tuberkuloser Meerschweinchen und
Rinder trat eine erhohte Widerstandsfahigkeit Oder eine Be-
einflussung des Krankheitsverlaufes gegeniiber den Kontrollen
nicht ein.
Untersuchungen, ob die Galle von tuberkulosen Rindern
in vitro die Virulenz der Tuberkelbacillen beeindusse, fielen
gleichfalls negativ aus.
Angestellte Versuche mit Pankreasgewebssaft eines tuber¬
kulosen Rindes und von einem gesunden Schweine tielen posi-
tiv aus. Das steril entnommene Pankreas wurde fein zerhackt
und darauf eine Tuberkelbacillenmulsion (0,2 g Tuberkel¬
bacillen + 10 ccm NaCl-Losung) hinzugesetzt; nach 5-tagigem
Aufenthalt im Brutschrank bei 37° wird aus dem Gemisch
ein PreBsaft hergestellt und an Meerschweinchen verimpft.
8 Meerschweinchen erkrankten nicht an Tuberkulose, wS.hrend
die 4 Kontrolltiere nach 5—15 Wochen an allgemeiner Impf-
tuberkulose eingingen.
Heil- und Immunisierungsversuche mit solchen Pankreas-
sSften konnten noch nicht ausgefuhrt werden.
ZeiUehr. f. lammnltXUforachunK. Orif. Bd. 31. 36
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538 Giese, Exp. Untersuchungen fiber die Einwirkung von Organen.
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Von mir ausgefuhrte Immunisierungsversuche mit dem
Serum tuberkulSser Rinder und mit dem Kulturfiltrat von
Tuberkelbacillen-Bouillonkulturen fielen negativ aus.
Zusammenfassung.
Aus den Versuchen geht hervor.daB das Lymph -
knotengewebe von zwei tuberkulosen Rindern
und dasPankreasgewebe einestuberkulosen Rin-
des und gesunden Schweines eine Virulenzab-
schwachung der Tuberkelbacillen bewirkten.
Auch dasNierengewebe tuberkulbser undge-
sunder Meerschweinchen scheint eine geringe
Minderung der Virulenz der Tuberkelbacillen
herbeigefiihrt zu haben.
Die Ergebnisse der Versuche legen die Prii-
fung der weiteren Frage nahe, ob derartig abge-
schwfichte Tuberkelbacillen die Resistenz gegen
tuberkuldse Infektionen zu erhohen und bei tu¬
berkulosen Tieren eine gewisse Heil wir kun g z u
erzielen verm ogen.
Die bisher in dieser Richtung angestellten
Versuche an Meerschweinchen sind erfolglosge-
geblieben.
Krommnnnvche buphdruc.kerel (Hermann Pnhle) in Jena. — 4894
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Verlag yon On stay Fischer in Jena.
6. Heft. (44 S. gr. 8°.) 1919. Mk 3.—
In halt: Einleitung. Von W. Kolle. — Untersuchungen iiber die thermo-
stabilen Rezeptoren der x-Stamme, mit Beitragen zur Kenntnis der Weil-Fclix-
schen Reaktion. (Serodiagnostik des Fleckfiebers, III) Von H. Sachs und H.
Schlofiber ger. — Die Ausflockung des Liquorcerebrospinalis durch cholesterinicrte
Extrakte. Von H. Sachs und W. Georgi. — Die Hamotoxine der Gasbrand-
bakterien. Von H. SchloSberger.
7. Heft. (47 8. gr. 8°.) 1919. Mk 4.50
Inhalt: Die Hamotoxine der Gasbrandbakterien. (2. Mitteilung.) Von
H. SchloSberger. — Ueber die Wirkungchemischer Mittel auf Gasbrandnakterien
in vitro und in vivo. Von H. Ritz u. H. SchloSberger. — Eine Ultrafiltrations-
studie mit Diphtherietoxin und -toxon. Von H. Bechhold. — Ueber Saure-
agglutination bei Erregern des Gasodems. Von W. Georgi. — Zur Kenntnis des
Silhersalvarsannatriuins. (1. Mitteilung.) Von A. Binz.
8. Heft. Mit 1 Abbild. im Text und 2 Tafeln. (62 S. gr. 8°.) 1919. Mk 12.—
Inhalt: Experimentelle Studien mit Diphtheriebakterien und Diphtherieantitoxin
an Mausen. (Mit 2 Tafeln.) Von W. Kolle und H. S hloSberger. — Unter¬
suchungen iiber die Aviditiit der Diphlherieantitoxine und iiber die Polyvalenz der
Diphtheriesera. Von W. Kolle, K. Joseph und H. SchloSberger. — Zur
Kenntnis des Silbersalvarsannatriums. (2. Mitteilung.) Von A. Binz, H. Bauer und
A. Hall stein. — Kolloidchemische Studien in der Salvarsanreihe. Zur Kenntnis
des Silbersalvarsannatriums. (3. Mitteilung.) Von Hugo Bauer. Mit 1 Abbild.
— Versuche iiber fiirberische Differenzierung von Bakterien. Von N. Bezssonof
9. Heft. Mit 3 farbigen Tafeln. (74 S. gr. 8°.) 1919. Mk 24.—
In halt: Zur Kenntnis des Silbersalvarsannatriums. (4. Mitteilung.) Von
A. Binz, H. Bauer und A. Hallstein. — Ueber die Wirkung der Diphtherie-
bazillen bei perkutaner Infektion. Von R. Jaff4 und H. SchloSberger. Mit
3 Tafeln. — Studien iiber das serologische Verhalten der „Hammelblutrezeptoren
in den Organen“. Von W. Georgi.
10. Heft. Zur Tlieorle und Praxis des serologischen Luesnachweises mittels Aus-
flockung. (74 S. gr. 8°.) 1920. Mk 6.—
In halt: Beitrfige zur Serodiagnostik der Syphilis miltels Ausflockung durch
cholesterinierte Extrakte. Von H. Sachs und W. Georgi. — Ueber die
Bedeutung der Serumkonzentration beim Inaktivieren fur den serologischen
Luesnachweis. Von E. Stilling.— Ueber den EinfluB der Temperatur und anderer
Faktoien auf die Serumausflockung bei Syphilis. Von P. Neukirch. — Ueber den
EinfluB von Silure und Alkali auf die Reaktionsffthigkeit der Komponenten beim
serologischen Luesnachweis mittels Ausflockung. Von E. Stilling.
11. Heft. Mit 1 Abbild. im Text und 2 Tafeln. (48 S. gr. 8°.) 1920. Mk 10.—
Inhalt: Pathologisch-anatoniische Untersuchungen iiber das Diphtherieherz,
mit besonderer Berucksichtigung der Ergebnisse des Tierexperiments. Von Rudolf
Jaff6. Mit 2 Tafeln. — Ueber die Hamolyse durch Quecksilber und Quecksilber-
verbindungen. Von H. Bechhold. Mit l Abbild.
Alexin und Antialexin.
Von Dr. Julius KiB
Vorstand des Bakteriologiscli-chemischen Laboratoriums d. Stadt Allgem. Zita-Krankenhauses
in Budapest.
(VI, 183 S. gr. 8°) 1921. Mk 30.-
Schon seit vielen Jahreu betiitigt sich der Verfasser der vorliegendeu Arbeit auf dcm
Gebiete der Alexinforschung. Seine neuesten Untersuchungen, die das Problem des
Alexins nach den Prinzipien der physikalischen Chemie behandeln, haben nicht blofi
theoretische Bedeutung, sondern vverden auch auf diePraxisder Alexinbindungsreaktionen
von EinfluB sein. Das Buch darf auf die Beachtung der weitesten Fachkreise rechnen.
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71 - //.£, .
?t. Zeitschrift
fUr
Immunitatsforschung
und experimentelle Therapie
I. Teil: Originate
CD
ID
Unter Mitwirkung von
M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, E. F. Basil ford,
London, S. Belfanti, Mailand, A. Breiul, Liverpool, A. BieudonuC, Miinchen,
B. Boerr, Basel, M. Borset, Washington, E. v. Bungern, Hamburg, M. Ficker,
Berlin, S. Flexner, New York, U. Friedeuiann, Berlin, P. Frosch, Berlin,
M. Ton Grnber, Miinchen, L. Haendel, Berlin-Dahkm, 31. Hahn, Frei¬
burg i. Br., A. Heffter, Berlin, L. llektoeu, Chicago, 31. Jacoby, Berlin,
C. 0. Jensen, Kopenhagen, K. Kildkalt, Kiel, 8. Kitasato, Tokio, W. Kolle,
Frankfurt a. M., W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. Levaditi, Paris,
L. von Lieberniann, Budapest, Th. Sladsen, Kopenhagen, C. J. 31 art in, London,
L. Michaells, Berlin, 31ieDner, Hannover, C. 3Ioreschi, Sassari, J. Slorgenrotb, Berlin,
B. 3Iuir, Glasgow, M. Nelsser, Frankfurt a. 31., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall,
Cambridge, B. von Ostertag, Berlin, B. Otto, Berlin, B. Paltauf,Wien, A. Pettersson,
Stockholm, B. FfeilTer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Salomousen, Kopenhagen,
A^Schattenfroh, Wien, Cl.Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Tb.Smith, Boston,
G. Sobernheim, Bern, V. C. Yaughan, Ann Arbor, A. v. Wnssermann, Berlin,
IV. Weichardt, Erlangen, E. Weil, Prag, A. WlndiniirofT, St Petersburg, A. E. Wright,
London, B. Zabolotny, St. Petersburg
herausgegeben von:
E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH
(GreifBwald.) (Buenos Aires.) (Heidelberg.) ; (Berlin-Dahlem.)
31. Band, Heft 6.
Jena
Verlag von Gustav Fischer
1921
Ausgegeben am 4. Juni 1921.
Zelt8chr. f. Imiuunitlitsf. u. exp. Therapic. I: Orig. Bd. 31. Heft 6
I n h a 11:
Seite
Weil, E., und Felix, A, Ueber die Beziehungen der Fleckfieberagglutination
zum Fleckfiebererreger.457
Gnektgens, W., Untersuckungen iiber die Bindungsreaktion von 8achs-Georgi
zum Nachweis von Pferdefleisch .512
Giese, Cl., Experimentelle Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen,
Organextrakten, Exsudaten uua Sekreten auf Tuberkelbacillen im
Reagenzglase und entapreckende Heil- und lmmunisierungsvereucke
gegen die Tuberkulose der Haustiere.533
Titel und Inhalt zu Bd. 31.
Die aufierordentlich ho hen Korrekturkosten zivingen
uns, die Herren Mitarbetter zu bitten, Hire Manuskripte
gut leserlich abzufassen und vor Einreichung genau
durchzusehen, d. h. druck/ertig abxuschliejlen, so dafi
sachliche Aenderungen soweit als nur legend moglAch
verinieden werden.
Die Herausgeber. Die Verlagsbuchhandlung.
Meerschweinchen, Kaninchen, bunte Ratten, weifie Manse, Frosche
liefert jeden Posten
A. Seyer, Berlin N. 54, AckerstraBe 19
Export. — Import.
Soeben erschien:
Die Veroffentlichungen der
Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena
wahrend der Jahre 1914—1919
(10. Nachtrag zum Hauptkatalog von 1897.)
Zwei Teile.
Teil I: Verzeickuls der Btieher und Zeitsehrifteu. 81 S. gr. 8°. Mk 1.—
Teilll: Terzeiehnis der Beitrlige und Auftilitze in den Zeitschriften,
Sammlungen und Lehr- und Handbtichern. 226 S. gr. 9 U . Mk 3.—
Jeder Teil enthalt die Titel im Alphabet der Verfasser und wird einzeln
zu obigen Preisen, die nur einen kleinen Teil der Selbstkoaten darstellen,
abgegeben. Der zweite Teil ist namentlich fur Bibliotheken und Forscher
ein wertvolles bibliographisches Hilfsmittel.
Trockennahrboden „BRAM"
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schriftsmaBigem Auflosen in Wasser den
gebrauchsfertigen Nahrboden.
Chem. Fabrik u.Seruminstitut.BRAM
G. m. b. H.
OELZSCHAU bei Leipzig.
Verlag von Gustav Fischer In Jena.
Die Gallensteine, ihre Entstehung und ihr Bau.
' Von
B. N a u n y n
in Baden-Baden.
(Abdruck aus „Mitteilungen a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. Chirurgie“, Band 33.)
Mit 4 farbigen Tafeln.
(Ill, 54 S. gr. 8 # .) 1921. Mk 20.—
Diese eingehenden, auf wichtigea Beobachtungen beruhenden Untersuchungen
unterziehen die augenblicklich herrschende Ansicht, daO die Gallensteinerkrankung
ihrem Wesen and ihrer Gestaltung nach als Lokalerkranknng der Gallenwege anzn-
sehen sei, einer kritischen Priifung. 8ie geben gleichzeitig eine zasammenfassende
Darstellang fiber die Entstehung and den Baa der Gallensteine.
Die Arbeit des in dieser Frage besonders kompetenten Verfassers darf aal
die Beachtang aller Chirurgen and Kliniker sowie der weitesten Kreiee der
praktischen Aerzte rechnen.
Die Tafeln sind mit ganz besonderer Sorgfalt hergestellt und geben in naturlichen
F arben ein vorzugliohes Bild von der Entstehung und dem Bau der Gallensteine.
gle
Verlag yon Gustav Fischer In Jena.
Die angegebenen Preiss Bind die jetzt giltigen; far das Ausland erhohen sie sich durch den
vorgeschriebenen Valnta-Uuschlag. Die FreiBe fiir gebundene Bdcher Bind bis au t weiteres
nnverbindlich.
1
a
Morphologische und physiologische Analyse
der Zeile der Pflanzen und Tiere.
Grundztige unseres Wissens tiler den Buu der Zeile und ilber dessen Beziehung
zur Leistung der Zeile.
Von
Dr. Arthur Meyer,
o. 6. Prof, der Botanik u. Direktor des botan. Gartens an der Universitat Marburg.
ErsterTeil: Allgemeine Morphologie der Protoplasten. Er-
gastischc Gebilde. Zytoplasma. Mit 205 Abbild. im Text. (XX,
629 S. gr. 8°.) 1920. Mk 38.-
Inhalt: 1. Die Zeile alB Maschine. — 2. Der Protoplast als Flussigkeit. —
3. Der Protoplast als wasserige Ldsung. — 4. Die nackte Zeile als Emulsion,
Suspension, kolloidale Losung, molekulardisperse Losung und einfache Fliis6igkeit.
— 5. Die Einteilung der mikroskopisch sichtbaren Formelemente der Zeile auf
Grund ihrer Bedeutung fiir die Leistung der Zellmaschine und auf Grund ihrtr
Ontogenese. — 6. Die ergastischen Einscmiisse des Protoplasten. Die ergastischen
Einschliisse. Die EiweiSante. Kristallinische und gallertartige oder zahflii68ige
Kohlehydratante. Die fliissigen und festen Fettante. Abfallante oder Sekrei-
ante. Die Zellsaftante. — 7. Das Zytoplasma. Einleitung. Das Zyto¬
plasma eine optiseh (mikroskopisch und ultramikroskopiseh) homogene kolloidale
Losung. Das Zytoplasma eine physiologisch homogene Flussigkeit. Die er-
f astischen Organstofie des Zytoplasmas und der iibrigen Organe aes Protoplasten.
)er amikroskopische Bau des Zytoplasmas und der Begriff des Vitiils. Die
Struktur des geharteten und gefiirbten Zytoplasmas. Einiges iiber Fixierung des
groberen Baues der Zeile. Die Farbung des Protoplasten und der ergastischen
Gebilde der lebenden Zeile. Farberischer, mikrochemischer und makrochemischer
Nachweis der in der Zeile vorkommenden Eiweifikorper. Die Plasmabriicken
oder Plasmodesmen der Pflanzen und der tierischen Zellen.
Der 2. Teil befindet sich im Druck.
Der Verfasser behandelt Morphologie und Stoffkunde der Zeile in enger Ver-
bindung. Er nennt seine Arbeit eine Analyse der Zeile, denn sie sucht die mikro¬
skopisch erkennbaren Bestandteile der Zeile ihrer allgemeinen Bedeutung fiir die
Lebenserscheinungen zu sichten und zu ordnen und ebenso die Stoffe, welche die
Protoplasten zusammensetzen, ihrer chemischen, physikalischen und biologischen
Natur und Bedeutung nach zu erforschen und zu bewerten.
In diesem ersten Teile des Buches ist aufier allgemeinen ErOrterungen iiber
Chemie und Morphologie der Protoplasten zuerst die Analyse der wichtigsten er¬
gastischen Gebilde der Pflanzenwelt und der genauer untersuchten ergastischen Ge-
bilde der tierischen Zeile enthalten.
Centralblatt fiir Bakteriologie, II. Abt., Bd. 52, Nr. 4/8:
Der Bakteriologen und Botanikern durch seine wertvollen VerOffentlichungen
auf diesen Gebieten gleich gut bekannte Verf. hat in dem hier vorliegenden Werke
nicht nur fiir die Botaniker, Zoologen und Mediziner, sondern auch fiir die
Biologen eine sehr wertvolle Unterlage fur Weiteruntersuchungen auf dem 6chwie-
rigen Gebiete der Zellforschung geschaffen... . Die Reichhaltigkeit der Kapitel, der
knappe, durchaus klare Stil des Werkes, verbunden mit den zahlreichen, vorziig-
lichen Abbildungen werden alien Forschern viele Anregungen geben und machen
daB Werk^fflr alle Naturforscher und Anatomen unentbehrlich.
Der in Aussicht gestellte 2. Teil des Werkes wird im 1. Abschnitt die meta-
bolen Veranderungen des Zytoplasmas und die alloplasmatischen Gebilde, welche
durch Umgestaltung des Zytoplasmas entstehen, im 2. Abschnitt aber die Tropho-
plasten und Zellkerne behandeln.
8
1C
FrommaDnoche Uurbdiuckerei (Hermann PohJol tr. .trim.
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