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Full text of "Z F Immunitätsforsch Exp Therap Originale 31.1921"

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Zeitschrift 

fur 

Immunitatsforschung 

und experimentelle Therapie 

I. Teil: Originate 

unter Mitwirkung von 

M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, E. F. Bashford, 
London. 8 . Belfanti, Mailand, A. Breinl, Liverpool, A. Dieudonn6, Miinchen. 
R. Doerr, Basel, M. Dorset, Washington, E. v. Dnngern, Hamburg, 31. Ficker, 
Berlin, S. Flexuer, New York, U. Friedemann, Berlin. P. Frosch, Berlin, 
M. v. Gruber, Miinchen, L. Hacndel, Berlin - Dahlem, M. Hahn, Freiburg 
i. B., A. Heilter, Berlin, L. Ilektoen, Chicago, M. Jacoby, Berlin, C. 0. Jensen, 
Kopenhagen, K. KiBkalt, Kiel, S. Kitasato, Tokio, W. Kolie, Frankfurt a. M., 
3V. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. Levaditi, Paris, L. v. Liebermann, 
Budapest, Th. Madsen, Kopenhagen, C. J. Martin, London, L. Michaelis, 
Berlin, Jlieliner, Hannover, C. Moreschi, Sassari, J. Slorgcnrotli , Berlin, 
R. Muir, Glasgow, M. Neisser, Frankfurt a. M., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall. 
Cambridge, R. von Ostertag, Berlin, R. Otto, Berlin, R. Paltauf, Wien, A. Pettersson, 
Stockholm, R. Pfeiffer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Salomonsen, Kopenhagen, 
A. Schattenfroli, Wien, Cl. Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Th. Smith, 
Boston, G. Sobernheim, Bern, Y. C. Vaughan, Ann Arbor, A. v. Wassermann. 
Berlin, W. Weicliardt, Erlangen, E. Weil, Prag, A. Wladimiroff, St. Petersburg. 
A. E. Wright, London, D. Zabolotny, St. Petersburg 

herausgegeben von 

E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH 

(Greifswald.) (Buenos Aires.) (Heidelberg.) (Berlin-Dahlem.) 

EinunddreiBigster Band 

Mit 13 Abbildungen, 81 Kurven im Text und 3 Tafeln 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer -v. 
1921 


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Inhaltsverzeichnis. 


Scite 


Baeeher, St., siehe Kraus, R. 

Baumgiirtel, Tr., siehe SchUrmann, W. 

Beltrami siehe Kraus, R. 

Brack, Wilhelm, Ueber die gegenseitige Beeinflussung von Antigenen 

bei der Anaphylaxie. Mit 23 Kurven im Text.407 

Brelnl, Friedrich, Ueber Paragglutination. 1 

Chang chia pin und Chen yli lisiang, Lassen sich im Blute von 
Personen, welche echte Pocken iiberstanden haben, komplement- 
bindende Antikorper hachweisen (bei Verwendung von Pocken- 
lymphe als Antigen?). 18 


Chen yli hsiang siehe Chang chia pin. 

Doerr, R., Schnabel, A., und VEditing, K., Das Verhalten der 
Korpertemperatur beim Fleckfieber des Menschen und der experi- 
mentell innzierbaren Laboratoriumstiere. Mit 46 Kurven im Text 249 
Bold, Hermann, Der „trockene Tropfen“ als seroskopische (kolloido- 

skopische) Methode. Mit 6 Abbildungen im Text.161 

Felix, A., siehe Well, E. 

Friedberger, E., und Konitzer, P., Die Filtrationsfahigkeit des Ana- 
phylatoxins durch keimdichte Filter (Berkefeldkerzen und Mem- 
branfilter de Haen). (Ueber Anaphylaxie. LX1I. Mitteilung.) . 293 
Friedberger, E., und Putter, E., Bemerkungen zu voratehender Notiz 


von W. Heubner.456 

Friedberger, E., und Schroder. Paul, Gehirnveranderungen beim 
Meerschweinchen nach Infection mit dem Bacillus Weil-Felix 
(B. typhi exanthematici). Mit 3 Tafeln.386 


Gaehtgens, W., Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion nach 

Sachs-Georgi zum Nachweis von Pferdefleiseh.512 

Giese, Cl., Experimentelle Untersuchungen iiber die Einwirkung von 
Organen, Organextrakten, Exsudaten und Sekreten auf Tuberkel- 
bacillen im Keagenzglase und entsprechende Heil- und Immuni- 


sierungsversuche gegen die Tuberkulose der Haustiere.533 

Graetz, Fr., Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherz- 
extrakte bei der Serodiagnostik der menschlichen Syphilis. I. Der 
Einflufi des Cholesterinzusatzes auf den Ausfall der Wasser- 

mannschen Reaktion.431 

Heubner, W., Notiz zu Friedberger und Putter, Ueber die Wirkung 

von feindispersen Substanzen auf Blutkorperchen usw.455 

Kaneko, Renjiro, und Morihana, Seyi, Untersuchungen iiber die 
Identitat der Spirochaeta icterohaemorrhagiae (Inado und Ido) 
und der Spirochaeta icterogenes (Uhlenhuth und Fromme) und 
iiber das Verhalten der Spirochaeta hebdomadis, des Erregers des 


Siebentagefiebers („Nanukayami“), gegeniiber der Spirochaeta 
icterogenes.201 


A O i p, 

. .i / 



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IV 


Inhaltsverzeichnis. 


Scite 


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Kapsenberg, G., Untersuchuugen iiber die Bedeutung der Globuline 
bei der VVassermannschen 1 teaktion, zugleich Beitrag zur Technik 
der Dialyse und zur Ausfiihrung der Wasscrmannschen Reaktion. 

Mit 5 Abbildungen und 12 Kurven im Text. 

Konitzer, P., siehe Friedberger, E. 

Kraus, R., und Baeclier, St., Weitere Untersuchuugen iiber die Wirk- 

samkeit des Diphtherieserums im Heilversuche. 

Kraus, R., und Beltruini, Ueber die experimentelle Priifung der Wirk- 
samkeit des normalen Rinderserums gegeniiber der Milzbrand 
infektion. Zugleich eiu Beitrag zur Wertbestimmung des Mdz- 
b rand scrums. 

Kraus, R., und Sordelli, A., Experimentelles zur Frage der Hcil- 
wirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtheric .... 
Lunger, llans, Noehmals: Die Steigerung der Antikorper (Aggluti- 

nine) durch Aderliisse. 

Locwcntlial, Waldemur, Berichtigung zu meinen ,,Erklarungsversuchen 

fiir die Ruhragglutination durch Schwangcrenserum 1- . 

Manniuger, R., Ueber die autikomplementare Wirkung der Einhufcr- 
seren. Beitrag zum Mcchanismus der autikomplementiiren Serum- 

wirkungen. * . 

Messerschmidt, Tli., Die Bekiimpfung der Miiuseplagc im Elsafi mit 

Miiusetyphusbacillen. 

Meyer, Fritz M., Ein Beitrag zur Frage des Wesens dcr Wasser- 

mannschen Reaktion. 

Morihanu, Seiji, siehe Ivaneko, Renjiro. 

Much, Hans, und Schmidt, Hans (dargestellt von II. Schmidt), 

Fettstudieu. Mit 2 Abbildungen im Text. 

Olsen, Otto, Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderliisse . . 
Putier, E., siehe Friedberger, E. 

Rosenthal, Werner, Phagozytose durch Endothelzellen . 

Schmidt, Hans, Ueber die Mogliehkeit, die Komplementwirkung 
durch Siiure oder Alkali wiederherzustcllen. 

Schmidt, Hans, siehe Mucli, Hans. 

Schnabel, A., siehe Doerr, R. 

Schroder, Paul, siehe Friedberger, E. 

Sehiirmnnn, W., und Baumglirtcl, Tr., Ueber das Verhalten der 

roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetalisalzen. 

Sordelli, A., siehe Kraus, R. 

Vochting, K., siehe Doerr, R. 

Weil, E., Komplementbindungsversuche. 

Weil, E., und Felix, A., Ueber die Beziehungen der Fleckfieber- 

agglutination zum Fleckfiebererreger. 

Zweifel, Erwin, Versuche zur Kliirung der fotalen Und placentaren 
Theorie der Eklampsie. 


301 

85 

93 

107 

290 

454 

222 

137 

278 

169 

284 

372 

125 


151 

50 

457 

22 


Heft 1 
„ 2 
» 3 

» 4/5 


(8- 

1—92) ausgegeben 

am 

31. Januar 1921. 

(S. 

93—200) 


u 

22. Februar 1921. 

(S. 

201-292) 


n 

8. Miirz 1921. 

(S. 

293-456) 

V 

ii 

13. Mai 1921. 

(S. 

457-538) 


ii 

4. Juni 1921. 



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Zeitschrift t Inmumitatsforschung. Originals. Bi 31 Na L 






Nackdruck verboten. 


[Aus dem Hygienischen Institut der Deutschen Umversit&t in Prag 
(Vorstand: Prof. Dr. 0. Bail).] 


Ueber Paragglutination. 

Von Dr. Friedrich Breinl. 
(Eingegangen bei der Redaktion am 10. Juli 1920.) 


Unter den Entdeckungen, die die Iramunit&tswissenschaft 
in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, nimmt die Par- 
agglutination unstreitig einen hervorragenden Platz ein. Sie 
hat sich als eine Erscheinung von bedeutendem theoretischen 
und praktischen Interesse Geltung verschafft, denn sie stellt 
nach der Deutung, die ihr von ihren Entdeckern Phila- 
lethes Kuhn und seinen Mitarbeitern gegeben wurde, ein 
ganz eigenartiges biologisches Phanomen dar und verspricht 
bei weiterem Studium einen Fortschritt in der bakteriologischen 
Diagnostik infektioser Krankheiten. Eine grolle Anzabl nach- 
prfifender Forscher bestfitigte das Auftreten der Erscheinung 
unter den von den Entdeckern angegebenen Bedingungen, 
einige nahraen bei der Deutung ihrer Befunde einen ab- 
weichenden Standpunkt ein, von keinem aber wurde die Par- 
agglutination als eine Immunit&tserscheinung sui generis in 
Zweifel gezogen. Die vorliegende Abhandlung versucht auf 
Grund einer kritischen Durchsicht der Arbeiten von Kuhn 
und seinen Mitarbeitern, sowie auf Grund eigener Versuche 
zu einem selbstandigen Urteil fiber das Wesen der Par- 
agglutination zu gelangen. 

Die Grundtatsachen, auf denen die Lehre von der Par- 
agglutination aufgebaut ist, dflrfen als bekannt vorausgesetzt 
werden, sie seien daher nur kurz wiederholt. 

Kuhn und Woithe (1) ziichteten aus dem Darminhalt eines chro- 
nisch Ruhrkranken einen Colistaram, der von atoxischem Ruhrserum und 
von Typhusserum bis zur Titergrenze, vom Paratyphus A-8erum bis zu */» 
der Titerhdhe aggiutiniert wurde. Aus dem gleichen Material wurde ein 

Zeitschr. f. Immunltttsforschang. Orlg. Bd. 31. X 


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2 


Friedrich Breinl, 


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Coccus isoliert, den ein Flexnerserum vom Titer , /* 0 ooo b' 8 zu V 3 ooo agglu- 
tinierte. Beide Stamme wurden vom Serum der Patienten deutlich beein- 
flufit, und waren — als Antigene verwendet — imstande, spezifische Ruhr- 
agglutinine zu erzeugen. Damit war der Beweis erbracht, dafi sie iiber 
Rezeptoren verfiigen, die fur die Gruppe der atoxischen Dysenteriestamme 
charakteristisch sind. 

Eine zweite Mitteilung von Kuhn, Gildemeister und Woithe (2) 
bcrichtet uber eine Ruhrepidemie unter Geisteskranken. Bei 6 Irren, die 
klinische Ruhrsymptome boten, sowie bei zwei gesunden wurden keine 
Dysenteriebacillen, dafiir aber 11 Colistarame gefunden, die von atoxischem 
Ruhrserum — allerdings auch von anderen Immunseren — deutlich ag- 
glutiniert wurden. Der Castellanische Absattigungsversuch ergab eine 
deutliche Abschwachung des Flexnerserums gegeniiber dem homologen 
Stamm. Bei 6 anderen Kranken wurden typische Ruhrbacillen der atoxi- 
schen Gruppe gefunden, gerade in dieeen Fallen fehlten die ruhragglutinablen 
Oohstamme. 

Auch bei typhusinfizierten Menschen wurden analoge Bcfunde erhoben. 
Kuhn (5) untereuchte den Darminhalt von 90 Personen, die Typhus durch- 
gemacht hatten, unter ihnen waren 69 Typhusbacillentriiger. Er fand 
39 Stamme, die von agglutinierenden Seren der Typhus- und Ruhrgruppe 
in wechselnder Hohe agglutiniert wurden (davon waren: 9 bewegliche, 
3 unbewegliche Colirassen, 6 bewegliche, 12 unbewegliche paratyphusahn- 
liche Stabchen, 3 Alcaligenesstamme, 2 farbstofTbildende Stiibchen, 4 Kobken). 
— Aus seinen Tabellen zieht der Verfasser den Schlufi: „Alles in allem 
ist eine Vorherrechaft des Typhusserums anzuerkennen". Saprophytische 
Keime, die gemeinsam mit pathogenen im Darme leben, erfahren also eine 
Annaherung an diese, die sich in ihrem serologischen Verhalten aufiert. 
Die Autoren stellen sich das Zustandekommen der Erscheinung „nach der 
Ehrlichschen Theorie so vor, dafi ihnen (den saprophytischen Keimen) 
dabei allmahlich Rezeptoren ffir die Agglutinine des Serums angeziichtet 
werden. Solche Rezeptoren — chemische Gruppen — mogen ja wohl bei 
vielen Bakterienarten in der Anlage vorhanden sein, so dafi sie, wie Ehr¬ 
lich sich ausdriickt, durch die Aviditat zu den Agglutininen der Korper- 
safte wie mit Beifizangen herausgezogen und zu immer starkerer'Entfaltung 
gebracht werden konnen.“ Die Erscheinung ist fliichtig, die neuerworbenen 
Rezeptoren verschwinden zumeist nach mehrmaligem Ueberimpfen der 
Stamme. 


Wenn eine neue Immunitatsreaktion bekannt wird, erhebt 
sich sofort die Frage nach der Spezifitat. Nun zeigte sich 
schon bei dem zuerst beobachteten paragglutinablen Stamme 
das Fehlen der SpezifitSt: der aus dem Darme eines Ruhr- 
kranken stammende Coli Sieg wurde nicht nur vom Ruhr-, 
sondern auch vom Typhusserum bis zur Titergrenze, vom 
Paratyphus A-Serum bis zu betrSchtlicher Hohe agglutiniert. 



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Ueber Paragglutination. 


3 


Man mQBte also annehmen, daB der Aufenthalt im ruhrinfi- 
zierten Darme dem Colibacillus Typhusrezeptoren anzflchtet: 
eine Annahme, die den Immunitatsforscher nachdenklich stimmt. 
Die Entdecker schreiben in ihrer ersten Mitteilung allerdings: 
„Da nach unserer Anschauung gelegentlich bei einem Bakterien- 
8tamm von Haus aus verschiedenartige Rezeptoren angelegt 
sind, so kann sich fiir unsere ErklSrung keine Schwierigkeit 
daraus ergeben, daB der Bacillus coli Sieg auch durch ein 
Paratyphus A- sowie ein Typhus-Kaninchenserum stark beein- 
fluBt wurde.“ Wenn wir uns der Kuhnschen Vorstellungs- 
weise anschlieBen, daB dem Bact. coli die Typhusrezeptoren 
im Verlaufe einer Ruhrinfektion angezilchtet werden (d. h. 
offenbar, die vorhandenen Anlagen zur Entfaltung gebracht 
werden), so kann dafiir doch nur ein unspezifischer Reiz — 
etwa das Leben im entzflndlich veranderten Gewebe ver- 
antwortlich gemacht werden; denn die durch die Ruhrinfektion 
entstandenen spezifischen AntikSrper dafiir heranzuziehen, 
ware mit den bewahrten Grundsatzen der Immunitatslehre 
ganz unvereinbar: Dann ist aber nicht einzusehen, warum zur 
Aktivierung der vorgebildeten Ruhrrezeptoren ein spezifischer 
Reiz notwendig sein soil. Wir hatten vielmehr anzunehmen, 
daB unter dem Einflusse des krankhaft veranderten Milieus 
die verschiedenen Rezeptorenanlagen des Bact. coli zu wuchern 
beginnen. In der Tat beweist eine Arbeit von Kuhn (5), 
daB das Leben in spezifisch veranderten Kdrpersaften, bzw. 
die Anwesenheit bestimmter pathogener Arten eine elektive 
Entfaltung der homologen Rezeptorenanlagen nicht bewirkt. 

Bei den schon erwahnten 90 Personen, die Typhus durch- 
gemacht hatten, wurden 39 paragglutinable Stamme gefunden. 
Jeder Stamm wurde mit zweierlei Typhus-, Paratyphus B-, 
Gartner- und Dysenterie-(Y, Flexner, Kruse-)Serum, das 
einmal vom Kaninchen, das andereinal vom Esel gewonnen 
war, agglutiniert; auBerdem wurden Proben mit normalem 
Kaninchen- und Eselserum angesetzt. Wollen wir nun die 
Agglutinationsresultate, die in einem umfangreichen Tabellen- 
werke 1 ) niedergelegt sind, miteinander vergleichen, so be- 


1) Aus den Tabellen ist nicht zu ersehen, welcher Art der betreffende 
Stamm zugehort. 


1 


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4 Friedrich Breinl, 

schranken wir uns zweckmaBig auf eine Betrachtung der 
Kaninchenimmunsera (das Eselserura enthait storende Neben- 
agglutinine) und nehmen nur auf jene Agglutinationsgrade 
Riicksicht, die mit bloBem Auge wahrnehmbar sind, da nur 
sie eine sicher objektive Beurteilung zulassen. Beim Ver- 
gleich der Agglutinationsresultate mflssen wir, in Anbetracht 
der verschiedenen Wirksamkeit der einzelnen Sera, die von 
den paragglutinablen Stammen erreichten TiterhOhen in Bruch- 
teilen des Endtiters angeben und kSnnen nur jene Serum- 
konzentrationen in Betracht ziehen, die Vioo des Titers und 
dariiber anzeigen, denn das schwachst wirksarae der Kaninchen¬ 
immunsera, das Flexnerserum, hat einen Titer von Vsooo und 
ist von der Verdflnnung V 50 an verzeichnet. Bei dieser Be- 
trachtungsweise sind es nur 11 Stamme, die vom Typhus- 
serum bis zu Vioo des Titers Oder dariiber hinaus agglutiniert 
werden. Die folgende Tabelle zeigt an, wie viele von den 
39 Stammen (Kolumne III) und bis zu welchem Bruchteil 
der Titerhbhe (Kolumne II) sie von den einzelnen Serumarten 
agglutiniert werden. Kolumne IV gibt die durchschnittliche 
H6he der Beeinflussung durch die betreffende Serumart an, 
ausgedriickt im Bruchteil des Endtiters. 

Tabelle I. 


I 

II 

III 

IV 

Serumart 

7, 

If 

19 

l U 

V. 

7,o 

Vjo 

7,o 

V. 0 

7,00 

Summe 

der 

Stamme 

Durch- 

schnitt 

Typhus 



1 


2 

2 

4 


2 

11 

7,« 

Paratyph. B 

• 

i 

• 

• j 

, 

2 

3 

• 

• 

6 

7» 

GartDer 



. 

, 

. 

2 

, 


5 

7 

7*0 

Dysenterie Y 

# 

2 

# 

1 

3 

. 

. 

4 

2 

12 

7* 

Dys. Flexner 

, 

1 

. 

3 

4 

4 

# 

1 

2 

15 

7,o 

Dys. Kruse 

• 

. 

• 

• 

. 

• 

• 

1 

3 

4 

1/ 

/100 


Es werden also vom Typhusserum 11 Stamme bis zu 
Vioo des Endtiters Oder dariiber hinaus agglutiniert, davon 
einer bis zu Va, zwei bis zu V 10 , zwei bis zu 1 / 20 , vier bis zu 
V 40 und zwei bis zu Vioo des Serumtiters, die auf jeden der 
11 Stamme entfallende durchschnittliche Agglutinationshbhe 
betragt Via des Serumstiters. Eine analoge Betrachtung 
der atoxischen Dysenteriesera zeigt, daB 12 Stamme Vioo Titer 
des Y-Serums und 15 Stamme Vioo Titer des Flexnerserums 



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Ueber Paragglutination. 


5 


fiberschreiten. Die durchsehnittliche Agglutinationshfihe be- 
trfigt im Y-Serum Vs* i m Flexnerserum Vio des Endtiters. 
Dieses Ergebnis zwingt wobl zu dem SchluB, daB „alles in 
allem“ die Wirkung des atoxischen Dysenterieserums fiberwiegt. 

In einer anderen Mitteilung berichten Kuhn und seine 
Mitarbeiter Woithe und Gildemeister (2) fiber 11 par- 
agglutinable Colistfimme, die im Verlaufe einer Dysenterie- 
epidemie bei 6 ruhrkranken und 2 gesunden Irren der gleichen 
Anstalt gefunden wurden. Aus den Agglutinationsresultaten 
ergibt sich, daB alle 11 Stfimme unmittelbar nach ihrer Iso- 
lierung aus dem Organismus vom Flexnerserum im Durch- 
schnitt bis zur Hfilfte des Titers beeinfluBt werden. Nach 3-4- 
monatiger Fortzflchtung auf ktinstlichem Nfihrboden verliert 
ein Stamm seine Agglutinabilitat vollstandig, die durchschnitt- 
liche Agglutinationshohe der fibrigen 10 sinkt auf ungeffihr 
Vs des Serumtiters. Vom Y-Serum werden dieselben 10 Stfimme 
in gleicher Stfirke agglutiniert. Das Typhuskaninchenserum 
beeinfluBt diese Stfimme durchschnittlich bis zu Vn seiner 
Titerhfihe. 

Wir sehen hier in der Tat eine bedeutende Agglutinierbar- 
keit der Colistfimme im Ruhrserum ; das Vorkommen der ruhr- 
agglutinablen Colistfimme im Darm der beiden gesunden 
Anstaltsinsassen konnte wohl zwanglos als „Hausinfektion“ 
mit diesen Stfimmen gedeutet werden. Auch vom Typhus- 
serum werden diese Stamme agglutiniert, auffallenderweise 
merklich hoher als die Colistfimme, die aus dem Darm der 
69 Personen gezfichtet wurden, die eine Typhusinfektion 
durchgemacht hatten. 

Das vergleichende Studium der Agglutinationsresultate 
zeigt also, daB sowohl bei Ruhr- als auch bei Typhusrekon- 
valeszenten Colistamme vorkommen, die vom atoxischen Ruhr¬ 
serum stark, vom Typhusserum schwficher agglutiniert werden. 
Die Beeinflussung durch das Typhusserum ist bei den Coli- 
stfimmen der Ruhrrekonvaleszenten bzw. Ruhrkranken etwas 
starker als bei denen der Typhusrekonvaleszenten: von 
einer Spezifitfit kann nach diesem Ergebnis keine 
Rede sein. 

Zwei Moglichkeiten sind zur Erklfirung dieser Tatsachen 
in Erwfigung zu ziehen: entweder wird durch einen unspezi- 


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6 


Friedrich Breinl, 


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fischen Reiz (Aufenthait im entztlndlich verfinderten Darm) 
ara Colibacillus ein latenter (rezessiver) Ruhrrezeptor — in 
geringerera MaBe Rezeptoren der Typhusgruppe — zur Ent- 
faltung gebracht, oder ein akzessorischer Dysenterierezeptor 
ist eine weitverbreitete „physiologische“ Erscheinung im Reiche 
der Colist&mme. Die Entscheidung dieser Frage suchen eigene 
Versuche herbeizuftihren, die spater mitgeteilt werden. 

Eine der wichtigsten Eigenschaften der paragglutinablen 
Stamme ist das plotzliche oder allmahliche Verschwinden der 
angezuchteten Rezeptoren. Kuhn sagt dariiber in seiner 
Arbeit vom Jahre 1916: „Das wichtigste Kennzeichen der 
Paragglutination ist die Verganglichkeit bei Ueberimpfung 
des Stammes, Stamme, deren Agglutinabilitat hierbei ver- 
ganglich ist, sind mit Sicherheit paragglutinierend (5). u 

Naclulem einige Autoren Stamme gezuchtet hatten, die 
ihre Paragglutinabilitat dauernd beibehielten, modifizierte 
Kuhn seine Ansicht dahin (6, 1917): „Es darf also nicht der 
SchluB gezogen werden ... daB die Verganglichkeit das Wesen 
der Paragglutination ist. Die Verganglichkeit ist eine durch 
das Wesen der Paragglutination bedingte Eigentumlichkeit. 
Sie ist allerdings von entscheidender Bedeutung, wenn es 
sich darum handelt, ob ein verklebbarer Stamm paragglutinabel 
ist oder nicht.“ Schliefilich sagt er in der gleichen Arbeit 
bei Besprechung der Weil-Felixschen Reaktion: „Gerade 
die Mannigfaltigkeit der Dauer der Agglutination bei den 
verschiedenen Stammen spricht f(ir Paragglutination/ (Gemeint 
sind die verschiedenen aus Fleckfieberkranken geztichteten 
Proteusstamme.) Dieser Satz loscht offenbar die Geltung der 
zuvor zitierten aus, denn unter die Mannigfaltigkeit der Dauer 
ist auch die Bestandigkeit zu rechnen: die Dauer ist 
also kein Kriterium der Paragglutination. 

& besteht hier kein Grund, auf Kuhns Diskussion der Fleckfieber- 
reaktion niiher einzugehen. Erwahnt sei nur, dafi die Weilschen X-Stamme 
seit 5 Jahren in ungeziihlten Passagen ihre urspriingliche Agglutinabilitat 
beibehalten haben. Der Tatsache, die in einer Fufinote der Arbeit 6 mit¬ 
geteilt ist, „dafi ein von Krai bezogener, in Hamburg weitergeziichteter 
Stamm X19 seine Verklebbarkeit fast ganz eingebiifit hat“, kaun keine 
wesentliche Bedeutung beigemessen werden. Der SchluB, den Kuhn 
daraus zieht, „damit ist das Vorhandensein von Paragglutination bewiesen“, 
scheint etwas voreilig, denn der Verlust der Agglutinabilitat diirfte in 
diesem Falle durch banale Ursachen bedingt sein, die ein so umfangreiches 



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Ueber Paragglutination. 


7 


Hypothesenwerk, wie es die „Lehre von der Paragglutination" beinh&Itet, 
durchaua entbehrlieh machen. 

Man kdnnte noch daran denken, daft die frisch angeziich- 
teten Rezeptoren eine verschiedene Hinfailigkeit aufweisen, in 
dem Sinne etwa, daR die homologen besonders rasch ver- 
schwinden, wahrend die unspezifischen persistieren. Kuhn 
und seine Mitarbeiter deuten diese Mbglichkeit in ihrer Ar¬ 
beit (2) an: „Wir haben aus unseren Versuchen mit anderen 
Seris (Typhus-, Paratyphus-, Gartner- usw. Seris), bei denen 
wir stets annahernd die gleichen niedrigen Werte erhielten, 
die Ueberzeugung gewonnen, daB es sich wohl nicht um ein 
allgeraeines Herabgehen der Agglutinierbarkeit, etwa bedingt 
durch die haufigen Ueberimpfungen, handeln kann. Lediglich 
die Flexneragglutinabilitat ist gesunken.“ Jedoch — die Ta- 
bellen der Arbeit 5 lehren, daB mit den angezilchteten spezi- 
fischen Typhusrezeptoren auch die unspezifischen Dysenterie- 
rezeptoren in ungefahr gleichem MaBe schwinden (vgl. p. 205ff., 
Stamm No. 11, 16, 19, 34). 

Um die Frage nach Praexistenz oder Neuerwerb der ak- 
zessorischen Dysenterierezeptoren an. den Colistammen einer 
Entscheidung naherzufiihren, untersuchten wir das serologische 
Verhalten von 108 frischgeztichteten Colistammen, die von 
darmgesunden Personen — zumeist wenige Wochen alten 
Sauglingen — stammten. Die Priifung mit einem Flexner- 
kaninchenserum vom Titer 10000 ergab, daB in erster Passage 
12 Stamme bis zur Titergrenze oder daruber hinaus, 9 Stamme 
bis zu den Verdiinnungen zwischen Viooo und Vioooo* und 
33 Stamme bis zu denen zwischen Vioo und Viooo — bei ein- 
wandfreier Kontrolle — makroskopisch deutlich beeinfluBt 
wurden. Auch mit den Immunseren der Typhusgruppe war 
eine — wenn auch geringere — Agglutination zu erzielen. 
Normale Kaninchensera blieben nahezu wirkungslos. Beispiele: 


Coli 32. 


Serum 

s 

§ 

1 

§! 

1000 

. 1 

2000 

0005 

| 

10 000 

l 

Flexner 

+++ 

+++ 

++ + 

+++ 

+++ 

+ + + 

+ + 

+ -r\ 

+ 

Paratyphus B 

+++ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Typhus 

++ + 

++± 

+ 


— 

— 

— 


— 

norm. | I 

+ + + 

++ 

± 

— 

— 

_ 

— 


— 

Kan.- ) II 

+ 

± 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Serum | III 

+++ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


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URBANA-CHAMPAIGN 



8 


Friedrich Breinl, 


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Coli 35. 


Serum 

s 

8 

rH 

200 

500 

1000 

2000 

! 

5000 

10000 

© 

CM 

Flexner 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ 

± 

ParatyphuB B 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ 

— 

— 

— 

— ; 

— 

Typhus 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ 

± 

— 

— 

— 

— 

norm. ) I 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Kan.- \ II 




- 1 

— 

— 

— 

— 

— 

Serum J III 

± 

± 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Coli 47. 


Serum 

8 

100 

Flexner 

++ + 

+++ 

ParatyphuB B 

+++ 

+++ 

Typhus 

+ + + 

+++ 

norm. 1 I 

+ + 

+ 

Kan.- \ II 

+ 


8erum J III 

+ 

± 


200 

500 

1000 

2000 

f 

! 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ 1 + 1 1 1 
+ 

+ 1 II II 

+ 


+ + +± 


Zeichenerklarung: + + + komplette Ausflockung; ++ sehr starke Aub- 
flockung; + starke Ausflockung; ± Bchwache Ausflockung. 


Um die Natur der agglutinierenden Rezeptoren kennen 
zu lernen, wurde ein Castellanischer Bindungsversuch aus- 
gefflhrt, der folgendes Ergebnis brachte: 


Flexnereerum I (Titer 50 000). 


Er- 

schopft 

A g ; 

glutin. 

8 

8 

rH 

1 

8 

iO 

1000 

1 

5000 

10000 

20 000 

50000 


Flex. 
Coli 32 
Coli 47 

+++ 

++ 

+ 

+ + + 
+ + 
+ 

+ + + 
+ + 
+ 

++ + 
+ + 

+++ 

++ 

+++ 

+ 

+ + + 
± 

+++ 

+ + 

+ 

fc j 

Flex. 
Coli 32 
Coli47 

+++ 

+ + + 

+ + 

+ 

± 

— 

— 

— 



Coli 32 j 

Flex. 
Coli 32 
Coli 47 

+++ 

± 

+ + + 

+ 

1 1 + 
+ 

+ + + 

+++ 

+++ 

+ + + 

+++ 

+ + 

+ 

Coli 471 

Flex. 
Coli 32 
Coli 47 

+++ 

++ 

+ + + 
+ + 

+ + + 
+ + 

+ + + 
+ + 

+++ 

+ 

+++ 

± 

+ 

+ 1 1 
+ 

+ + + 


+ 



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Ueber Paragglutination. 9 


Flexnerserum II (Titer 10000). 


Er- 1 
schopft 

M- 

glutm. 

s 

8 

rH 

§ ! 

§ 

1000 

0002 

00001 

10000 

1 

e ! 

Flexner 
Coli 29 
Coli 35 

+++ 

+++ 

+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ 

+ + + 

1 

+++ 

+ + + 

+++ 

+ 

f£. { 

Flexner 
Coli 29 
Coli 35 

+ 

— 




— 

— 

— 

Coli29 | 

Flexner 
Coli 29 
Coli 35 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

++ 


Coli 351 

Flexner 
Coli 29 
Coli 35 

+++ 

+++ 

+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ 

+ + + 

+++ 

+ + + 

+++ 

+ 


Es handelt sich demnach um Nebenrezeptoren, die aus 
dem Serum nur die ihnen homologen Mitagglutinine entfernen, 
das Hauptagglutinin aber nicht oder nur wenig binden. Der 
Stamm 35 hatte zur Zeit des Versuchs seine Agglutinabilit&t 
verloren — es wurde die 4. Agarpassage verwendet — dem- 
entsprechend konnte er auf den Immunkbrpergebalt des Serums 
keinen EinfluB ausiiben. Die VergSnglichkeit der Agglutina- 
bilitat war bei unseren StSmmen deutlich ausgesprochen. Nach 
10 Agarpassagen, die sich flber einen Zeitraum von 6 Wochen 
erstreckten, wurde nur mehr 1 Stamm bis zum Endtiter be- 
einfluBt, 3 Stamme agglutinierten noch bis zur Verdflnnung 
1:1000. Alle diese Colist&mme, die von Personen stammten, 
bei denen anamnestisch keine Anhaltspunkte ffir eine Gber- 
standene Ruhr vorlagen, bei deren groBerem Teil (den SSug- 
lingen) eine solche mit aller Sicherheit ausgeschlossen werden 
konnte, zeigten alle Eigenschaften, die Kuhn unter dem 
Namen „ParaggIutination“ zusammenfaBt und auf das Leben 
im dysenterieinfizierten Organismus zurflckfiihrt. Unsere Be- 
funde schlieBen wohl jeden Zweifel darflber aus, daB eine 
flflchtige Mitagglutination im Dysenterieserum eine physio- 
logische Eigenschaft vieler Colistamme ist, daB also gegen das 
Bestehen einer Paragglutination als eigener Immunitatserschei- 
nung ernste Bedenken berechtigt sind. 

Ein unbefangener Beobachter wiirde nach diesen Fest- 
stellungen etwa folgenden ErklSrungsversuch unternehmen: 


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10 


Friedrich Breinl, 


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Viele Coli- und coliverwandte Stamme sind, solange sie in 
ihrem natiirlichen Milieu leben, mit einem Nebenrezeptor aus- 
gestattet, der mit dem Agglutinin des Dysenterieserums re- 
agiert. Beim Uebertragen der Colistamme auf kunstlichen 
Nahrboden wird dieser Rezeptor nach mehreren Passagen ab- 
geworfen. Das gleiche gilt filr jene — schwacher entwickelten 
— Nebenrezeptoren, die der Typhusgruppe homolog sind. Die 
Erscheinung gehort offenbar in das Gebiet der Mutation; da- 
fur spricht auch der Umstand, daB nur einzelne Kolonien 
eines Plattenausstriches den Rezeptorenschwund aufweisen. 
Aehnliche Befunde wurden von vielen Autoren erhoben, die 
sich mit der Frage der Bakterienmutation besch&ftigt haben. 
Es sei an die grundlegenden Beobachtungen von Sobern- 
heim und Seligmann erinnert, die eine vollige Veranderung 
des Rezeptorenapparates bei einigen Vertretern der Enteritis- 
gruppe betreffen. Weiter zeigen zahlreiche — bisher unver- 
bffentlichte — Versuche, die in jflngster Zeit in uuserem In- 
stitut mit den verschiedensten Keimarten ausgefuhrt wurden, 
daB die agglutinogenen Nebenrezeptoren ein sehr labiles Ver- 
halten aufweisen: ihr Verschwinden ist eine ungemein h&ufige 
Erscheinung. Die Hypothese einer Rezeptorenanziichtung er- 
scheint nach alledem als durchaus iiberfliissig. Kuhn hatte 
zur ErklSrung des von ihm beobachteten PhBnomens anfang- 
lich die Einwirkung der spezifisch ver&nderten Korpers&fte 
herangezogen. (Nach den Befunden, die Feiler seither er¬ 
hoben hat, wBre viel eher ein Verlust homologer Rezeptoren 
zu erwarten.) Die Experimente, die diese Annahme prtifen 
sollten — Injektion von Colibacillen in die Blutbahn dysenterie- 
immuner Kaninchen — iiberzeugten Kuhn und seine Mit- 
arbeiter von der Richtigkeit ihrer Vermutung, da sie „iu 
einem Falle eine gewisse Agglutinabilitat eines Stammes er- 
reicht hatteu, die allerdings annahernd ebenso stark im Nor- 
malserum wie im Flexnerserum war“ (3). Diesem Versuche 
kann aber keine Beweiskraft beigemessen werden, da die wich- 
tige Kontrolle — Injektion von Colibacillen in die Blutbahn 
von Kaninchen, die mit anderen Keimen immunisiert wurden — 
nicht angestellt wurde. Die Autoren waren von diesem Ergebnis 
offenbar nicht ganz befriedigt, denn spater unternahmen es 
Kuhn und Ebeling (4), eine kunstliche Paragglutination 



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Ueber Paragglutination. 


11 


auf ganz anderem Wege zu erzielen: Wurden die Colistfimme 
auf einem Agar geziichtet, zu dessen Herstellung eine Bouillon 
verwendet wurde, in der zuvor Dysenteriebacillen oder andere 
Keirae gewachsen waren, so trat in vielen Fallen deutliche 
Paragglutination auf. Das Zusammenleben von Colistammen 
mit lebenden Dysenteriebacillen in Bouillonmischkultur hatte 
dagegen nur geringen Erfolg. Nach diesen Befunden ware 
zu erwarten gewesen, daB das theoretische Gerilst der „Lehre 
von der Paragglutination“ einen durchgreifenden Umbau er- 
fuhr, da doch eine Wirkung immunologisch veranderter K8rper- 
safte nicht mehr in Betracht kommen konnte. Die beiden 
Forscber lehnen aber die Paltaufsche Vorstellung von der 
Adsorption agglutinabler Substanz ab und „sehen keinen 
zwingenden Grund, von der urspriinglichen Ansicht abzugehen, 
die sich Kuhn und Woithe 1909 nach der Ehrlichschen 
Theorie bildeten, nach der den heterologen Mikroorganismen 
Rezeptoren fur die Agglutinine des Serums angeziichtet wur- 
den“. Sie deuten eine „Mitarbeit der Bakterien u beim Erwerb 
der neuen Rezeptoren an, doch ist ihren Ausfuhrungen nichts 
klar Verstandliches uber die Art dieser Mitarbeit zu entnehmen. 
Wenn man schon geneigt ist, zu glauben, daB ein Antikorper 
aus einem Bakterienleib homologe antigene Gruppen „wie mit 
BeiBzangen“ herausziehen kann, so bleibt es doch vollig 
unvorstellbar, wie die Einwirkung eines fremden Antigens 
auf einen Bacillus an diesem entsprechende Rezeptoren — 
selbst bei seiner „Mitarbeit“ — zur Entwicklung bringen soli. 
Wie dem auch sei — es konnte eine hypothetische Ausdeutung 
der beobachteten Erscheinungen erst dann Interesse bean- 
spruchen, wenn es in der Tat gelungen ware, eine echte Ag- 
glutinabilitat auf kUnstlichem Wege zu erzielen. 

Kuhn und Ebeling (4) ziichten Colistamme auf Agar, 
der mit Dysenterie-, Typhus- oder Paratyphusbouillon her- 
gestellt ist und agglutinieren diese Stamme nach mehreren 
Passagen in verschiedenen Immunseren. Die makroskopisch 
sichtbare Beeinflussung in den durchweg hochwertigen Seren 
erreicht nur selten die Verdunnung 1:10, sie geht niemals 
fiber 1:20 hinaus, in den hoheren Verdiinnungen ist die Ag¬ 
glutination so schwach, daB sie nur mit einem besonderen 
optischen Apparate — dem Agglutinoskop — zur Anschauung 


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12 Friedrich Breinl, 

gebracht werden kann. Nur bei zwei Vorversuchen D und E 
wird eine erworbene Agglutinabilitat bis zur Titergrenze er- 
wahnt — leider sind gerade diese Versuche nur raangelhaft, 
ohne Protokoll und ohne Koutrollen mitgeteilt. 

Von den Versuchsergebnissen, die in 78 Tabellen nieder- 
gelegt sind, kdnnen nur die durch Passage tiber Y-Agar ge- 
wonnenen betrachtet werden. Die Veranderungen, die die 
Colistfimme auf den anderen Nahrbdden erleiden, sind so ge- 
ringfflgig und die Versuche so ungeniigend kontrolliert, daB 
sie sich einer ernsthaften Diskussion entziehen. 

In der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse — es sind 
hauptsSchlich die Erfahrungen mit dem Y-Agar — fflhren 
Kuhn und Ebeling folgende Eigenschaften der Paraggluti- 
nation an, die nach spezifischer Ziichtung beobachtet wird: 

1) Die Agglutinabilitat wird bei der Weiterzflchtung auf 
gewdhnlichem Agar bei der 2. Generation deutlicher und 
schwindet von der 3. Generation ab allmfihlich. 

2) Die Erscheinung erreicht auf spezifischera Agar ihren 
Hflhepunkt meist bei der 5. Ztichtung, urn bei weiteren Gene- 
rationen abzunehmen. 

Diese beiden Eigenschaften treten nach den 
mitgeteilten Tabellen in so geringem MaBe und 
so inkonstant in Erscheinung, daB ihnen dieGel- 
tung eines bestimmenden Merkmales nicht zu- 
erkannt werden kann. 

3) „Die Erscheinung tritt bei einzelnen Kolonien einer 
Plattenzfichtung starker auf als bei anderen.“ 

Diese Tatsache konnte nur dann als Wirkung 
der spezifischenPassagen angesprochen werden, 
wenn auch vorher eine grdBere Zahl von Einzel- 
kolonien auf ihre Agglutinabilitat in dem be- 
treffenden Serum gepriift worden ware: davon 
ist an keiner Stelle der Arbeit die Rede. 

4) „Die Zunahme (der Agglutinabilitat nach 
Passage ilber Bakterienagar) ist spezifisch, sie 
ist fQr Normalkaninchenserum viel geringer als 
fdr Immunsera." 



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Ueber Paragglutination. 


13 


Dieser Satz ist mit dem heute gfiltigen Be- 
griffe der Speziftfit logisch unvereinbar. 

Eine Spezifitat der Beeinflussung ist aus den tabellarisch 
niedergelegten Versuchsergebnissen auch nicht andeutungs- 
weise zu ersehen. Die spezifisch passierten Colist&mme werden 
wahllos von alien verwendeten Immunseren — ein grofier 
Teil auch von normalen Kaninchenseren — allerdings in 
ganz nnbedeutender Weise agglutiniert. 

Wir haben die Versuche von Kuhn und E be ling 
wiederholt und dahin erweitert, daB wir ColistSmme bei ihrem 
Wachstum der Einwirkung einiger bisher nicht untersuchter 
Bakterienarten ansetzten. Es wurden 7 Agarprobeu, ent- 
sprechend der Vorschrift, die die genannten Autoren geben, 
hergestellt Zu ihrer Bereitung wurde Bouillon verwendet, 
in der durch 8 Tage bei 37° gewachsen war: 


1 

II 

m 

IV 

V 

VI 

VII 

e 

Dysent. 

Flexner 

Paraty. B 

Bact. 

Bact. 

Bact. 

Bact. 


Gartner 

Proteus 

cunicul. 

coli 11 


Die ColistSmme 3, 7, 11, 15 wurden auf Schragagarrohrchen 
in 48-stfindigen Passagen fortgeztichtet; ihr serologisches Ver- 
halten war vor der Uebertragung auf die spezifischen NShr- 
bSden im agglutinierenden Flexner- und Paratyphus B- so- 
wie in 2 normalen Kaninchenseren bei der Verdunnung 1 :25 
absolut negativ. Nach 5 spezifischen Passagen ergab die 
Agglutination das nachstehend verzeichnete Resultat (siehe 
die Tabelle auf p. 14). 

Aus diesem Versuche geht wohl mit aller Sicherheit her- 
vor, daB der serologischen Beeinflussung der Passagest&mme 
durch die im Nfihrboden enthaltenen Bakterien jede Spezifitat 
mangelt. Der Colistamm 3 erlangt beispielsweise eine stfir- 
kere „Paragglutinabilitat“ ffir Flexnerserum durch Passage 
fiber einen Agar, der mit Bact. cuniculicida — einem Erreger 
hfimorrhagischer Septikfiraie — versetzt ist, als durch Wachs¬ 
tum auf Flexneragar. Ebenso stark wie auf diesem steigt 
die BeeinfluBbarkeit des Stammes 11 auf einem Nahrboden, 
der durch den homologen Colistamm erschopft ist. 


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14 


Friedrich Breinl, 


Stamm II 


Dysen terieserum 
(Flexner 1:10000) 


Paratyphus B-Serum 
(1:20000) 

Normales 
Kaninchenserum I 

Normales 
Kaninchenser. II 

25 

50 

100j200|500 

25 

50 

100|200 

500 

Kontr. 

25 

50 

100 200 

500 

25 

50 

100200 

500 


I 

+ 


— 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

_ 

_ 

_ 

— 

— 

db 

_ 

_ 

_ 

_ 


II 

+ 

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± 

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— 

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± 

— 

— 

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+ 

± 

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± 

— 

— 


III 

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— 

— 

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+ 

± 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 

it 

— 

— 

3/ 

IV 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

+ 

+ 


— 

— 

— 

± 

— 

— 

— 

— 

+ 

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— 

— 

— 


V 

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— 

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— 


VII 

+ 

+ 


— 

— 

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± 

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— 

— 


± 


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— 

+ 


— 

— 

— 


I 

II 


z 

z 





z 

z 

z 

z 


z 





z 

z 

z 

_ 


III 

— 

— 

— 

— 

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— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

7. 

IV 

v 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 



— 

— 

— 


VI 

VII 

t 

1 H- 

-H 1 

— 

— 

1 1 

— 

— 

— 

— 

— 

zfc 

+ 


— 

— 

— 

T* 

1 

+ 

1 H- 

— 

— 


I 

+ 

db 

_ 

_ 

_ 

± 

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_ 

_ 

_ 

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_ 

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_ 

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— 


II 

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— 

— 

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— 

— 

— 

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— 

— 

— 

+ 

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— 


— 


III 

+ + 

+ 

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— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

± 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

_ 

_ 

— 

11 

IV 

+ + 

+ 

± 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

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V 

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VI 

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— 

— 

— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

+ 

+ 

± 

— 

— 


VII 

+ + 

+ 


— 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 

— 

+ 

± 

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— 

| 

± 

+ 

± 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

± 

z 

— 

— 

15 i 

± 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

± 


— 

— 

— 

1 

+ 

± 


— 


— 

+ 


— 

— 

— 

— 



— 

— 

— 

+ 

+ 


— 

— 

— 


Ein zweiter Versuch, der zu einem ganz ahnlichen Er- 
gebnis fiihrte, wurde mit den StSmmen 31, 33, 36, 45 an- 
gesetzt. Sie verhielten sich vor den Passagen in den schon 
verwendeten Immunseren ebenfalls vollig refraktSr. Nach 
der 5. Uebertragung war keine nennenswerte Aenderuug im 
serologischen Verhalten zu konstatieren, dagegen wurde nach 
der 10. Passage folgender Befund erhoben (siehe die Tabelle 
auf p. 15). 

Nach zwei Passagen liber normalen Agar hatten die 
Stamme, wie die Tabelle auf p. 16 zeigt, ihre „Agglutinabi- 
litat“ teilweise verloren. 

Die Durchsicht der Tabellen lehrt, dafi 
zwischen d e ra wirksamen Agglutinin und der 
Bakterienart, die im Nahrboden enthalten ist, 


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URBANA-CHAMPAIGN 














Ueber Paragglutination. 


15 


Stamm 

■ 

Flexner 1 

: 1000 

Paratyphus B-Serum 
(1:20000) 

Norm ales 

Kan inchenserum I 

Normal es 
Kaninchenserum 

II 

3 

§ 

a 

■ 

25 

50 1100j200 

500 

25 

50 

100 


25 

50 




25 

50 

I00|200j500 

o 

M 


I 

+ 

+ 

+ 

± 

— 

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db 

db 

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zk 

_ 

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db 


II 

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+ + 

+ + 


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+ 

+ 

+ 

+ 


— 

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T + 

+ 

db 

db 

db 

311 

III 

db 


± 


± 

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± 

db 

db 

— 

— 

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db 

IV 

+ 


— 

— 

— 

+ 

+ 

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+ 

db 

— 

— 

— 

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db 

— 

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— 

I 

V 

— 

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— 

— 


— 

— 

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— 

— 

— 

— 

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— 

zk 


— 

— 

— 

— 


VI 

— 

— 

— 

— 

— 

| - 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

db 

— 

— 

— 

— 

— 


VII 

± 

± 


± 

± 


± 

dd 

db 

-. 

db 

db 

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+ 

db 

dd 

— 

— 

— 


I 

± 

± 

— 

— 

— 

+ 


— 

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malen Agar wieder verschwindet. Entsprechende Versuche in 
Bouillonmischkultur ergaben ganz analoge Resultate. Der 
Zweifel, ob es sich hier Qberhaupt um eine echte 


Agglutination im Sinne der Immunitatslehre 
handelt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. 
Bestfitigt finden wir die Tatsache, daB Normalsera im allge- 
meinen schwficher wirken als Immunsera, jene Erscheinung, 
die Kuhn und E be ling zu dem erstaunlichen Satz ver- 
anlaBte: „Die Zunahme ist spezifisch, sie ist fur 
Normalkaninchenserum viel geringer als ffir 
Immunsera.“ Das heiBt also, sie ist nicht spezifisch, und 
in der Tat handelt es sich hier um eine durchaus unspezi- 


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URBANA-CHAMPAIGN 
















1G 


Friedrich Breinl 


Stamm 

Flexnerserum 

1:10000 

Paratyphus B-Serum 
1:20 000 

Normal kaninchen- 
serum I 

Normalkauinc hen- 
serum II 

§S 

25 | 

501100|200|500 

25 | 

50 | 

1001 

200500] 

25 | 

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100|200 500 

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33 


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+ 

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— 

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fische, offenbar auf physikalisch-chemische Ursachen zuriick- 
fiihrbare Labilisierung einer Bakterienemulsion, die auf einem 
nahrstoffarmen Substrat gewachsen ist. Mit einer Aenderung 
des Rezeptorenapparates — also auch mit der im infizierten 
Darm erworbenen „Paragglutinabilit&t“ — aber hat diese Er- 
scheinung nicht das geringste zu tun. 

Ueber die praktische Verwendbarkeit dieser „Reaktion“ 
ist kein Wort zu verlieren. „Das Wesen der Paragglutination 
besteht unserer Ansicht nach in einer Rezeptorengemeinschaft 
hSheren Grades fiir agglutinierende Immunstoffe bei Arten, 
die nicht nahe miteinander verwandt sind.“ Es ist klar, daB 
der Wert einer diagnostischen Reaktion um so niedriger ist, 
je hdher der Grad der Rezeptorengemeinschaft, den sie an- 
zeigt. Die von Kuhn und Ebeling angestellten Versuche 
und ihre von uns mitgeteilte Bestatigung und Erweiterung 


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Ueber Paragglutination. 


17 


lassen eine so bedenkliche H5he des Gemeinschaftsgrades 
zwischen entfernten Arten erkennen, daB wir den Wert einer 
praktischen Reaktion, die sich auf diese Experimente als auf 
ihre theoretische Grundlage stiitzen wurde, in unmittelbarer 
Nahe des Nullpunktes suchen miifiten. 

Zusammenfassung. 

1) Rezeptoren, die der atoxischen Dysenteriegruppe 
homolog sind, werden bei vielen Colistammen, solange sie in 
ihrem nattirlichen Milieu leben, angetroffen. Ebenso hSufig 
findet man Rezeptoren der Typhusgruppe, die aber von den 
zugehorigen Immunseren weniger deutlich angegriffen werden. 
Diese Nebenrezeptoren werden in der Regel rasch abgeworfen, 
wenn die Colistamme auf kflnstlichen N&hrboden. ubertragen 
werden. 

2) Eine Beziehung zwischen dem Erreger einer Infektions- 
krankheit und der Agglutinabilit&t der Colist&mme, die im 
Darme der Infizierten leben, besteht nicht. Die diesbeztig- 
lichen Ausfflhrungen von Kuhn beruhen auf einer fehler- 
haften Deutung seiner Agglutinationsergebnisse. 

3) Die ktinstliche AnzGchtung von Rezeptoren ist ein 
Scheinphanomen, das mit einer Aenderung im Rezeptoren- 
apparat der Bakterien nichts zu tun hat. 

4) Eine „Paragglutination“ im Sinne von Kuhn und 
Woithe existiert nicht, der Name muB aus der Terminologie 
der Immunitatslehre verschwinden. 

Literatur. 

1) Kuhn und Woithe, Med. Klinik, 1909, No. 45. 

2) Kuhn, Woithe und Gildemeister, Arb. a. d. Kais. Gea.-Amt, 
Bd. 31, 1911. 

3) -ebenda, Bd. 38, 1912. 

4) Kuhn und Ebeling, Zeitschr. f. Immunitatef., Bd. 25, 1915, Heft 1. 

5) Kuhn, Arch. f. Hyg., Bd. 86, 1916, Heft 4. 

6) — Centralbl. f. Bakt, Bd. 80, 1917, p. 107. 


Z*lt»chr. f. Immunityttforachung. Orig. Bd. SI. 


2 


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18 


Chang chia pin und Chen yii hsiang 


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Nachdruck verboten. 

[Ans dem Institut fur Hygiene und Bakteriologie der Deutschen 
Medizin- und Ingenieurschule flir Chinesen in Schanghai (Leiter: 
Prof. Dr. H. Do Id).] 

Lassen sich im Blute von Personen, welelie cchte Pocken 
Uberstanden haben, komplcnientbindendc AntlkOrper nach- 
weisen (bei Verwendung von Pockenlyniphe als Antigen)? 

Von Chang chia pin und Chen yii hsiang, 
approbierten Aerzten. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 14. Juli 1920.) 

Die Untersuchungen iiber das Vorhandensein von kom- 
plementbindenden Antikorpern im Serum von Personen, welche 
an einer echten Pockeninfektion litten oder mit Variolavaecine 
geimpft worden waren, haben zu widersprechenden Ergebnissen 
gefuhrt. In einer neueren Arbeit hat Klein (1) die bisherigen 
Resultate in einer Tabelle zusammengefafit. Bei Verwendung 
von Serum, Organmaterial oder Eiter als Antigen wurden mit 
zwei Ausnahmen von alien Autoren negative Ergebnisse er- 
zielt, wahrend bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen 
von 7 Autoren positive, von 2 negative; bei Verwendung von 
Pockenpusteln als Antigen von 6 Autoren positive und von 

1 Autor negative Ergebnisse erzielt wurden. 

Da in China die Pocken sehr hSufig vorkommen und wir 
infolgedessen ein reiehes Material zur Verfiigung haben, hielten 
wir angesichts der giinstigen Gelegenheit eine erneute Priifung 
dieser Frage fur angezeigt. Es kain uns darauf an, fest- 
zustellen, ob im Blute von Personen, welche die echten Pocken 
durchgemacht haben, komplementbindende Stoffe nachgewieseu 
werden konnen bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen. 
Wie schon erwahnt, haben mit dieser Antigenart 7 Autoren 
[Casagrandi (2), Beintker (3), Sugai (4), Dahm (5), 
Shiga (6), Bizzari (7), Teissier (8)] ein positives und 

2 Autoren [K ry 1 off (9), Arzt und Kerl(10)] ein negatives 
Ergebnis erzielt. 



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Lassen sich im Blute von Personen usw. 


19 


Wir wahlten zu unseren Untersuchungen nur solche F&lle 
aus, bei denen sowohl durch die Anamnese als auch besonders 
durch den typischen Blattern-Narbenbefund [Narben im Ge- 
sicht, an den H&nden und an den seitlichen Thoraxflachen 
bis hinauf zur Achselhohle (11)] erwiesen war, daB eine echte 
Pockenerkrankung und nicht etwa nur eine Varizelleninfektion 
vorangegangen war. Bei jedem einzelnen Fall haben wir 
Alter und Geschlecht, sowie die seit der Krankheit ver- 
strichene Zeit notiert, um zu ermitteln, ob der Ausfall der 
Reaktion eine Beziehung zu den genannten Faktoren erkennen 
lasse. 

Als Antigen beniitzten wir, wie schon oben erwahnt, eine 
Pockenlymphe, und zwar die vom hiesigen stadtischen Ge- 
sundheitsamt gelieferte Lymphe, indem wir diese mit physio- 
logischer KochsalzlSsung so weit verdfinnten, bis eine leicht 
milchig getrubte FlOssigkeit resultierte (Verdiinnung der 
Lymphe ungefahr im Verhaltnis 1:20). Durch Stehenlassen 
Oder leichtes Zentrifugieren wurde bewirkt, daB die groberen 
Bestandteile der Lymphe zu Boden sanken. Jedesmal wurde 
durch Vorversuche die Brauchbarkeit dieser Antigenfliissigkeit 
vorher festgestellt, und dann 1 ccm der als geeignet er- 
mittelten Antigenverdiinnung pro Versuch gebraucht. 

Die zu untersuchenden Sera haben wir in der Regel in 
Mengen von 0,2 ccm, ausnahmsweise auch in Mengen von 
0,3 und 0,4 ccm verwendet. 

Als Komplement diente frisches Meerschweinchenserum, 
1:10 bis 1:20 verdiinnt; als Kontrollen einerseits normale Sera, 
andererseits ein Pockenserum, welches als positiv reagierend 
ermittelt worden war. 

Wie ein Blick auf die Tabelle lehrt, war die Reaktion in 
45 von den uutersuchten 50 Fallen negativ und nur in 
4 Fallen positiv, in einem Fall zweifelhaft. Ein EinfluB des 
Alters oder Geschlechtes auf den Ausfall der Reaktion besteht 
nicht. Auch die seit der Erkrankung yerstrichene Zeit spielt 
offenbar in dieser Hinsicht keine Rolle, wenigstens nicht 
innerhalb der von uns untersuchten Zeitspanne von 2 bis 
43 Jahren. Bei einem der stark positiv reagierenden Faile 
waren 27 Jahre seit dem Ueberstehen der Pocken verstrichen, 
bei den leicht positiv reagierenden Fallen 17 und 20 Jahre. 

2 * 


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20 


Chang chia pin und Chen yu hsiang, 


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Tabelle. 


No. 

Name 

Alter 

Ge- 

schlecht 

Die seit der 
Erkrankung 
verstrichene 
Zeit 

Kom- 

plement- 

bindungs- 

reaktion 

Bemerkungen 

1 

Chang 

24 

2 

16 Jahre 



2 

Chi 

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43 


— 


3 

Wang 

28 

6 

26 




4 

Chou 

26 

6 

22 


— 


5 

Wang 

28 

a 

26 


— 


6 

Chang 

25 

a 

23 

11 

— 


7 

Wu 

17 

a 

5 


— 


8 

Chia 

40 

a 

38 


— 


9 

Hii 

24 

a 

23 


— 


10 

Hii 

30 

a 

23 


— 


11 

Knabe N. 

8 

a 

3 


— 


12 

Hu 

24 

a 

19 


— 


13 

Li 

33 

a 

30 


_ 


14 

Ch’ien 

26 

a 

20 


+ 


15 

Chung 

39 

a 

30 




16 

Liu 

25 

a 

18 


— 


17 

Liu 

32 

a 

30 


— 


18 

Be 

29 

a 

10 


— 


19 

Ch’ien 

32 

a 

30 


— 

0,3 ccm Serum 

20 

Pu 

40 

a 

24 


— 

0,4 ccm Serum 

21 

Chen 

26 

a 

23 


— 


22 

Sung 

39 

a 

37 


— 


23 

Lu 

34 

a 

32 


— 

0,4 ccm Serum 

24 

Fan 

29 

a 

23 


— 


25 

Tsao 

26 

a 

20 


— 


26 

Chau 

33 

a 

32 


_ 


27 

Chou 

34 

a 

32 


_ 


28 

Yii 

52 

a 

? 


+ + 


29 

Mian 

42 

a 

40 




30 

Wu 

27 

a 

? 


— 


31 

Wang 

32 

a 

30 


— 


32 

Wang 

28 

a 

27 


— 


33 

Li 

34 

a 

23 


_ 


34 

Wang 

32 

a 

20 


— 


35 

Wang 

26 


21 

iy 

— 


36 

Yu 

41 

Q 

38 


_ 

. 

37 

Madchen N. 

14 

Q 

10 


_ 


38 

Yao 

30 

a 

27 


_ 


39 

Sung 

24 

a 

22 


— 


40 

Tan 

34 

a 

27 


_ 


41 

Yohann 

28 

a 

24 


_ 


42 

Liu 

42 

a 

30 


_ 


43 

Tan 

41 

a 

29 


_ 


44 

Fung 

40 

a 

27 


+ + 


45 

Yao 

20 

a 

17 


+ 


46 

Li 

25 

a 

? 




47 

Yan 

25 

a 

2 


_ 


48 

Chang 

ca. 30 

a 

? 


_ 


49 

Liu 

28 

a 

25 


_ 


50 

Chen 

35 

a 

32 

it 

— 




Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 





Lassen sich im Blute von Personen usw. 


21 


Auch die Menge des fiir die Reaktion verwendeten Serums 
blieb ohne EinfluB, da auch die FSlle, bei denen 0,3 bzw. 
0,4 ccm Serum verwendet wurde, negativ reagierten. 

Wir haben auch darauf geachtet, ob etwa die Starke der 
Infektion, gemessen an der Zahl und Ausdehnung der Pocken- 
narben, in Beziehung zum Ausfall der Reaktion gebracht 
werden kbnne. Wir miissen aber konstatieren, daB dies nicht 
der Fall war. 


Zusammenfassung. 

Bei Verwendung von Pockenlymphe als Antigen zeigten 
von 50 Personen (Chinesen), welche die echten Pocken iiber- 
standen hatten, 45 eine negative Komplementbindungsreaktion, 
' 2 eine positive, 2 eine schwach positive und 1 eine zweifel- 
hafte Reaktion. 

Weder Alter noch Geschlecht, noch die seit der Krank- 
heit verstrichene Zeit (innerhalb der von uns untersuchten 
Zeitspanne von 2—43 Jahren), noch die StSrke der Infektion 
(gemessen an der Zahl und Ausdehnung der Pockennarben) 
lieBen eine Beziehung zum Ausfall der Reaktion erkennen. 

Literatur. 

1) A. Klein, Munch, med. Wochenschr., 1914, No. 47, p. 2270. 

2) Oddo Casagrandi, Cagliari Tipografia Sesta, 1908 (ref. Zeitschr. f. 
Immunitatsf. etc., 1909). 

3) Beintker, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 48, 1909. 

4) Sugai, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 49, 1909. 

5) Dahm, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 51, 1909. 

6) Shiga, Ogata-Festschrift (Weichhardts Jahresber. der Immunitatsf.). 

7) Bizzari e C. Palmas, Pathologies, Voi. 3, 1911 (ref. in Zeitschr. f. 
Immunitatsf., Bd. 5). 

8) P. Teissier et Gastinel, C. rend. Soc. biol., T. 73, 1912 (ref. im 
Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 55). 

9) Kryloff, zit. nach Klein. 

10) Arzt und Kerl, Wiener klin. Wochenschr., 1913, No. 20. 

11) cfr. Risel, Deutsche med. Wochenschr., 1914, No. 1, p. 1756. 


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Erwin Zweifel, 


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Nachdruck verboten. 

[Aus der Universit&ts-Frauenklinik in Munchen 
(Direktor: Geh. Hofrat Prof. Doderlein).] 

Versuclie zur KlHrung der fOtalcn und placentaren 
Theorie der Eklampsle. 

Von Privatdozent Dr. Erwin Zweifel. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 16. Juli 1920.) 

So viel auch iiber die Eklampsie gearbeitet und ge- 
schrieben worden ist, bis heute ist es noch nicht gelungen, 
die Ursachen dieser Erkrankung zu ergriinden. 

Die Eklampsie, die meist plotzlich „wie ein Blitz aus 
heiterein Himmel“ auftritt, stellt die Aerzte vor ein Ratsel, 
das man mangels an Beweisen mit allerlei Theorien zu Ibsen 
versucht hat, aber keine von ihnen kann uns recht befriedigen. 
Die Zahl der Theorien ist so groB, daB aus diesem Grunde 
die Eklampsie einmal „die Krankheit der Theorien“ genannt 
worden ist. 

Der Ausdruck „Eklampsie“ findet sich schon in den Schriften des 
Hippokrates, doch hat er darunter ein plotzlich auftretendcs Fieber ver- 
Btanden. Fur die Krankheit, die wir heute als Eklampsie bezeichnen, 
war bis vor etwa 125 Jahren der Ausdruck „Convulsiones puerperarum“ 
gebrauchlich. Heute ist der Ausdruck Eklampsie liingst allgemein an- 
erkannt und er ist unbedingt auch viel richtiger, weil ja die Kriimpfe 
nicht nur bei Wochneriunen, sondern auch in der Schwangerschaft und 
wahrend der Geburt auftreten. 

Es ist nun notwendig, kurz auf die Theorien der Eklampsie 
einzugehen. 

Die alteste Theorie fafite die Eklampsie als eine Plethora auf, auf 
Grund der Beobachtung, daO die meisten Eklamptischen Oedeme an den 
Beinen und am Korper und auch ira Gesicht bekommen und daher hiiufig 
gedunsen aussehen. 

Eine andere Lehre, die von Osiander aufgestellt wurde, betrachtete 
die Eklampsie lediglich als eine pathologisch erhohte lteflexerregbar- 
keit. Diese beiden eben gcschilderten Erscheinungen sind schon haufig 
bei Schwangeren vorhanden, so haufig, dafi man sie eben nur als dis- 
ponierende Momente fur die Eklampsie ansehen kann, die ja lediglich 
eine Erkrankung der schwangeren Frau ist. 


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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 23 

Eine neue Basis fiir die Erforschung der Eklampsie wurde durch 
Lever gegeben, der im Jahre 1843 das Vorkommen von EiweiB im 
Urin der Eklamptischen als regelmaBigen Befund feststellte. Die erstc 
Annahme, die auf seiDe Beobachtung gegriindet wurde, war die, daB alle 
Eklamptischen nierenkrank und die Anfalle uriimischer Natur seien. Da- 
mit wurde also die Nierenentziindung als der wesentlichste Faktor fiir das 
Entstehen der Eklampsie angesprochen und die Anschauung von der Dis¬ 
position die durch die Plethora und die Oedeme gegeben sein sollte, fallen 
gelassen. 

Ueber die Beziehung der Eklampsie zur Nierenentziindung liegt eine 
groBere Arbeit von Frerichs vor, die Jahrzehnte hindurch sich allge- 
meiner Anerkennung erfreute. Die Behandlung, die sich auf die Mono¬ 
graphic von Frerichs griindete, bestand vor allem wie bei der Uramie 
im AderlaB, war also durchaus zweckmafiig. 

Leider wurde der AderlaB aber bald aufgegeben, nachdem Traube 
durch liingere Untersuchungen bewiesen hatte, daB bei Nierenkranken bei 
gleichzeitig bestehender Herzhypertrophie der AderlaB hiiufig Schaden 
stifte. Diese Lehre von Traube beeinfluBte die Behandlung der Eklampsie 
recht ungunstig, und zwar dahin, daB der AderlaB vollkommen aufge¬ 
geben wurde. 

Durch die pathologisch-anatomischen Untersuchungen von Pilliet, 
Schmorl, Lubarsch und Pels-Leusden wurden die durch die 
Eklampsie bedingten Organveriinderungen genau festgelegt, wobei man ein 
von der Uriimie vollkommen verschiedenes Bild erhielt. Die pathologischen 
Befunde an den Organen sind in fraglichen Fallen allein maBgebend fiir 
die Entscheidung, ob eine Erkrankte wirklich an Eklampsie verstorben ist; 
es steht zu hoffen, daB die Kenntnis der pathologischen Veriinderungen 
iiber kurz Oder lang zur Klarung der Eklampsieerkrankung fiihren wird. 

Wir wissen bis heute noch nicht, welche Stofle die Vergiftung des 
Organismus und die Kriimpfe bei der Eklampsie herbeifiihren. Jedenfalls 
ist es nicht, wie Hecker meinte, retinierter Harnstoff, denn die Ein- 
spritzung von Harnstofflosung hat sich in den Versuchen von Ham¬ 
burger als vollkommen ungiftig und unschiidlich erwiesen. In wciteren 
Versuchen haben Feltz und Ritter sowie Bouchard durch intravenose 
Injektionen von normalem und pathologischem Harn Erscheinungen iibn- 
lich wie bei der Uramie hervorgerufen. Von Bouchard stamrat die 
Lehre, daB im Korper der schwangeren Frau gewisse Giftstoffe kreisen, 
die bei ungeniigender Nierentatigkeit im Organismus eklamptische Kriimpfe 
hervorrufen, wahrend sie unter normalen Verhaltnissen durch die Nieren 
ausgeschieden werden. 

Auf Grand der Arbeit von Bouchard begannen eine Reihe von 
Autoren bei Eklamptischen wie bei Schwangeren iiberhaupt die Harn- 
bestandteile grundlich zu untersuchen. Es fand sich aber kein Unter- 
schied in der Giftigkeit zwischen dem Harn von Gesunden, Nierenkranken 
und Eklamptischen, ebensowenig wie zwischen dem Harn von nicht- 
schwangeren und schwangeren Frauen. 


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Erwin Zweifel, 


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Besondere Erwahnung bediirfen die ausfiihrlichen Arbeiten von 
P. Zweifel iiber Urinuntereuchung bei Eklamptischen. Daa Ergebnis 
war, daft bei Eklamptischen die Oxydation des EiweiBes sehr stark herab- 
gesetzt ist. Wahrend bei gesunden Menschen 83 Proz. vom Gesamt- 
stickstoff und 84 Proz. vom Gesamtschwefelstoff im gesunden Urin oxy- 
diert werden, werden diese Zahlen bei an Eklampsie erkrankten Frauen 
nie erreicht. P. Zweifel fand als unterste Werte bis zu 47 Proz. des 
Gesamtstickstoffes und 41 Proz. des Gesamtschwefelstoffes oxydiert. 

Bekanntlich findet man bei Tieren, die in Eretickungsnot sich be- 
finden, im Blut und Harn Milchsaure, als Beweis einer daniederliegenden 
Oxydation. Derselbe Befund von Fleischmilchsaure in Harn und Blut 
wird regelmaflig bei Eklamptischen erhoben. Er iBt ja natiirlich ebenso 
als ein sicheres Symptom der daniederliegenden Oxydation anzusprechen. 

Der Lehre von Traube schlofl sich noch Rosenstein an und er- 
klarte ebenfalls die Eklampsie als eine „Uramie“ infolge einer „Verwassening 
des Blutes“. 

Eine vollkommen neue Theorie stellte Halbertsma auf, der die 
Eklampsie auf eine Stauung des Urins infolge Kompression der Ureteren 
durch die schwangere Gebarmutter zuriickfiihrte; als deren Folge, meinte 
er, entstehe dann eine Uramie. Gegriindet war diese Lehre darauf, dafl 
bei Sektionen von Eklamptischen sehr haufig eine wesentliche Verdickung 
der Ureteren gefunden wurde. Diese Theorie ist aber heute von Hirsch 
an Hand von pathologiscben Befunden unter gleichzeitiger Benutzung von 
Journalen aus der Munchener Univereitats-Frauenklinik mit Bicherheit 
widerlegt worden. Bei 300 Sektionen von Schwangeren und Wochnerinnen 
wurde bei Nichteklamptischen etwa ebenso haufig eine Ureterendilatation 
gefunden wie bei Eklamptischen. 

Als weitere Theorien nenne ich die bakterielle von Gerdes, die 
durch die Arbeiten von Hagler und Doderlein widerlegt worden ist, 
femer die von 8troganoff, der die Eklampsien als infektiose Erkran- 
kung anspricht. 

Auf Grand von anatomischen Befunden von Placentarzellen in den 
miitterlichen Organen, vor allem in der Lunge, hielt Veit die Eklampsie 
als eine Erkrankung placentarer Natur. Er meinte, dafl durch den Ein- 
fcritt von Placentarzellen in den miitterlichen Organismus sich im Blut 
ein Giftkorper, das Syncytiolysin, bilde, das die Eklampsie hervorrufe. 

Weiter sind noch zu erwahnen die Fibrinfermenttheorie von Dienet 
und die Fermcntintoxikationstheorie von Hofbauer. 

Dienst meinte, dafl eine Erhohung des Fibringehaltes im mutter- 
lichen Blute, durch Retention fotaler Abfallstoffe bedingt, zur Eklampsie 
fiihre. Durch Exstirpation einer Niere oder eines Teiles der Leber konnte 
er bei triichtigen Kaninchen anatomische Veriin derun gen herbeifuhren, die 
in der Tat Aehnlichkeit mit den pathologischen Befunden an eklamptischen 
Frauen zeigten. Auf alle Fiille verdienen seine Beobachtungen ernste Be- 
achtung beim weiteren Studium der Eklampsie. 

Ob bei der Eklampsie des Menschen erst die Nierentatigkeit aus- 
geschaltet wird und dann die Eklampsie ausbricht oder aber ob erst die 



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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 25 


Eklampsie auftritt und als ihre Folge dann die Nierenschadigung sich 
entwickelt, vermag man nicht zu entscbeiden. Die Tatsache, dafl mit- 
unter die Eklampsie ohne Eiweiflausscheidung ablauft, ferner dafl z. B. 
Beer 18 Falle von Eklampsietod bei gesunden Nieren ohne vorangegangene 
Albuminurie gefunden hat, beweist zumindest, daft die Nierenschadigung 
nicht unbedingt den primaren Faktor zum Ausbruch der Eklampsie ab- 
geben muft. 

Die Theorie von Hofbauer meint, dafl „durch die Abschniirung 
syncytischer Komplexe von der Oberflache der Chorionzotten und die 
darauf folgende Auflosung dieser im intervillosen Raume von Anfang an 
blutfremdes Material in die mateme Zirkulation gebracht wird“. Analog 
der Lehre von Abderhalden miiflten im miitterlichen Organismus Fer- 
mente zum Abbau des placentaren Eiweifles entstehen. 

Normalerweise vermag bei gesunden Schwangeren „der KOrper der 
Graviden durch Bildung von Hemmungsstoffen die schiidigende Wirkung 
der eingeschwemmten Fermente aufzuheben“. In der mitunter bei Graviden 
nachgewiesenen Steigerung des antitryptischen Titers (Jochmann,Gra fen- 
berg, Fromme) erblickt Hofbauer eine Konsequenz der Einfuhr 
placentarer Fermente. Diese fiihrt zu einer mehr oder minder schweren 
Schadigung der parenchymatosen Organe, vor allem der Leber; hier 
fiuden dann autotoxische Vorg&nge statt, die zum Ausbruch der Eklampsie 
fiihren; der eklamptische Anfall selbst wird durch arterielle Gefiiflspasmen 
mit nachfolgender Gehirnanamie ausgelost. 

Soweit die Theorie von Hofbauer. Wir wissen wohl, dafl es bei 
der Eklampsie pathologisch-anatomische Veranderungen an der Leber gibt, 
ob diese aber primar sind und erst nachher die Eklampsie auftritt, oder 
aber ob erst der eklamptische Anfall auftritt und nachher die Verande¬ 
rungen an der Leber au6gebildet werden, das vermag niemand mit Sicher- 
heit zu sagen. 

Zur Klarung des Ablaufes der Veranderungen bei der Eklampsie 
konnen einige Beobachtungen herangezogen werden, die bei Sektionen von 
Frauen erhoben worden sind, die an „Eklampsie ohne Anfalle“ gestorben 
waren; diese kann iiberhaupt nur durch die Sektion sichergestellt werden. 
Ich erwahne hier die Falle von Heinrichsdorff, Schmid, Gussa- 
kow, Venus, Fellander, Voron und Gonnet, Bickenbach, 
Seitz, Wendt, Meyer-Wirtz, Labhardt, Each, P.Zweifel und 
E. Z we if el. Bei den meisten dieser Falle wurden durch Autopsie die 
fiir Eklampsie charakteristischen Veranderungen an der Leber und auch 
an den Nieren festgestellt, obwohl im klinischen Bild die Anfalle gefehlt 
hat ten. 

Das regelmaflige und haufige Auftreten der Eklampsie erkliiren 
Blumenreich und Zuntz mit dem Umstand, dafl die Gehirnrinde 
bei Graviden viel empfindlicher ist als bei Nichtsehwangeren. 

Die pathologischen Befunde sind ganz konstant, ihre Aus- 
dehnung und Entwicklung entspricht aber in keiner Weise 
der Dauer der klinischen Erkrankung. 


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In eiuem Fall von Bchmorl fanden sich nur vereinzelte, wenig 
auagedehnte Nekrosen in der Leber, obwohl in 24 Stunden 26 Anfklle 
vornngegangen waren, bei einer auderen Patientin hingegen, die 40 Minuten 
naeh dem ersten und einzigen Anfall verstorbcn war, war fast das halbe 
Leberparenchym zerstort. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dad diese 
schweren Leberveranderungen in der kurzen Zeit von 40 Minuten ent- 
Btanden waren. 

Die erwahnten Falle von todlicher Eklampsie ohne An falle, ferner 
der zuletzt erwiihnte Fall von Schraorl sowie die Falle, die nach nur 
einem Anfall ad exitum kamen (Thies, Diihrssen, Goedecke, 
Pfannenstiel), gestatten die Folgerung, daB die pathologisch-anatomi- 
schen Veranderuugen in der IiCber dem Ausbruch der Krampfe zeitlich 
und also wohl auch ursiichlich vorangehen. Offenbar sind bei Ausbruch 
der Eklampsie die pathologischen Veriinderungen noch nicht sehr aus- 
gedehnt, denn die groflc Zahl der Heilungen beweist, dafi sic in der Mehr- 
zahl der Fiille noch rcparabel sind. Eine Zerstorung des Leberparencbyms 
wie im Fall von Schmorl ist aber sicherlich irreparabel, in diesem Falle 
war die Patientin bei Ausbruch des ersten eklamptisehen Anfalls schon 
unrettbar verlorcn. 

Eine weiter zu erwahnende Thcorie ist die „mammare Theorie“, die 
von der Aehnlichkeit der menschlichen Eklampsie mit der Gebiirparese 
des Rindes und der Heilbarkeit dieser Erkrankung durch Einspritzen von 
Luft in die Enter ausging. Die Gebarparese, die friiher eine sehr hohe 
Sterblichkeit der Tiere bis zu 90 Proz. zur Folge hatte, zeigt aber nicht 
die pathologischen Veriinderungen wie bcim Menschen; deswegen kann 
man sie nicht der Eklampsie gleichstellen. Einblasung von Luft in die 
Briiste hat beim Menschen keincrlei Heilerfolge gebracht. Andere Ein- 
griffe, wie die Mammaesstrirpation, aus der klinischen Aehnlichkeit beider 
Erkrankungcn ableiten zu wollen. erscheint. uns nicht gerechtfertigt. 

Die fotale Theorie stammt von van der Hoven und Fehling, 
die in der Eklampsie eine Kraukheit erblicken, hervorgerufen durch das 
Eindringen kindlicher Stoffwechselprodukte in den mutterlichcn Organismus. 

Zuletzt will ich endlich noch die anaphylaktische Theorie 
erwahnen, die in den eklamptisehen Krainpfen eine Erkrau- 
kung anaphylaktischer Art sieht, hervorgerufen durch par¬ 
enteral in den Korper der Mutter eingedrungenes EiweiC 
fotaler oder placentarer Herkunft. Die Eklampsie verlauft 
fraglos unter einem Erkrankungsbild wie eineSaure- 
vergiftung. Die Krampfe, die wir bei der Eklampsie sehen, 
haben eine gewisse Aehnlichkeit mit den anaphylaktischen 
Krampfen, aber das gilt nur von einzelnen Krampfanfallen. 
Niemals wiederholen sich bei der Anaphylaxie die Krampfe, 
wShrend sie bei der Eklampsie in grofierer Zahl auftreten, 



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Zur Klarang der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 27 


Also schon das klinische Bild der Eklampsie weicht doch 
reckt bedeutend von dem der Anaphylaxie ab. 

Die Auffassung der Eklampsie als anaphylaktische Er- 
krankung stammt von Weichardt. Er hatte in seinen ersten 
Versuchen im Jahre 1902 in 8 Versuchen Kaninchen ein Ge- 
misch von syncytiolytischem Kaninchenserum init zerriebenem 
menschlichen Placentargewebe injiziert, 3 der Versuchstiere 
bekamen Krampfe und starben nach 3 Tagen. Diese Ver- 
suche haben, wie wir heute wissen, nichts mit Anaphylaxie 
zu tun. 

Auf die Versuche von Weichardt folgten die Unter- 
suchungen von Rosenau und Anderson mit Injektion von 
arteigenem Placentarsaft bei Meerschweinchen und von Go- 
zony und Wiesinger, die Serum von eklamptischen Meer¬ 
schweinchen injizierten; die Versuche schienen fur die Richtig- 
keit der Annahme Wei chard ts zu sprechen. Dann folgten 
die Versuche von Lockemann und Thies an Kaninchen 
und von Grafenberg und Thies an Meerschweinchen. 

Fellander und Bauereisen haben sich gegen die 
Richtigkeit der Versuche von Lockemann und Thies aus- 
gesprochen; Fell an der bestreitet iiberhaupt jeden Zu- 
sammenhang von Eklampsie und Anaphylaxie. Auch die 
Versuche von Gozony und Wiesingersind von FeHander, 
Guggisberg und Eisen reich angefochten worden. Bei 
all diesen Versuchen muB stets an die Moglichkeit gedacht 
werden, daB eine prim are Giftigkeit der Organextrakte 
vorgelegen haben mag. 

Wenn nun die anaphylaktische Theorie durch eine Reihe 
von Experimenten gestiitzt wurde — es sind dies insbesondere 
die Arbeiten von Lockemann und Thies und Grafenberg 
und Thies — so glaube ich, daB es lohnen wiirde, diese 
Versuche nochmals einer Nachpriifung zu unterziehen, da doch 
das klinische Bild der Eklampsie zu sehr von dem der Ana¬ 
phylaxie abweicht und ich daher an einen Zusammenhang 
beider Erkrankungen nicht recht zu glauben vermochte. 

Meine Versuche an Tieren, die dieser Arbeit zugrunde 
liegen, sind nichts anderes als ein Versuch, die Theorien der 
Eklampsie aufzuklaren. Ich wollte durch Wiederholung der 
Versuche von Lockemann und Thies und Grafenberg 


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und Thies eine Nachpriifung anstellen, ob tatsachlich ira 
fbtalen und placentaren EiweiB Giftstoffe fur den mfitterlichen 
Organismus enthalten sind, und weiterhin, ob diese moglicher- 
weise vorhandenen Giftstoffe Erscheinungen anaphylaktischer 
Art auszulosen vermbgen, insbesondere Kr&mpfe, ahnlich denen, 
wie wir sie bei der Eklarapsie sehen. 

Rein theoretisch gibt schon die Tatsache zu denken, daB 
doch sicherlich httufig fbtales und placentares EiweiB in den 
mtitterlichen Organsmus eindringt, und daB die Eklarapsie 
nur etwa einmal auf 500 Geburten vorkomrat. Die Eklampsie 
kommt nur beim Menschen und beim Rind vor, vielleiclit 
noch beira Kaninchen, aber nicht bei anderen Tieren. Wenn 
die Eklampsie eine anaphylaktische Erkrankung ware, so 
muBte man sie auch bei anderen Tierarten erwarten, denn 
bei den Tieren sind natiirlich die Kreislaufbeziehungen zwi- 
schen Mutter einerseits und Fotus und Placenta andererseits 
ahnliche wie beim Menschen und beim Rind. Vor allem 
muBte man aber die Eklampsie bei dem gegen Anaphylaxie 
empfindlichsten Tier, dem Meerschweinchen, auftreten sehen. 

Als weiterer Gegengrund gegen die Auffassung der 
Eklampsie als anaphylaktische Erkrankung spricht meines 
Erachtens auch die Tatsache, daB die Eklampsie in verschie- 
denen Gegenden und zu verschiedenen Jahreszeiten ziemlich 
regelmaBige Schwankungen in der Haufigkeit ihres Auftretens 
zeigt; denn Witterungseinfiiisse und klimatische Einflusse sind 
sicherlich von keinerlei Bedeutung fiir das Auftreten der 
Anaphylaxie. Auch der Umstand, daB Eklampsie wiederholt 
auftreten kann, ist gegen die anaphylaktischen Theorien zu 
verwerten, denn bekanntlich wird der Mensch durch eine ein¬ 
mal tiberstandene anaphylaktische Erkrankung antianaphylak- 
tisch — er reagiert also nicht wieder bei einer erneuten Zu- 
fuhr desselben EiweiBgiftes, allerdings ist hier hinzuzusetzen, 
daB die Antianaphylaxie nicht dauernd ist. 

Das Kind ist als ursachliches Moment fiir die Entstehung 
der Anaphylaxie zum ersten Male von van der HQven an- 
gesprochen worden. Er begrundete seine Anschauung mit 
der Tatsache, daB die Eklampsie eine Erkrankung der Fort- 
pflanzungszeit sei. Die Angabe von van der Hoven, daB 
bei abgestorbenem Kind die eklamptischen Anfalle aufzuhoren 



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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 29 

pflegen, beruht auf einem Irrtum. P. Z w eifel und Lichten¬ 
stein haben nacbgewiesen, daB das Absterben des Kindes 
fiir den Verlauf und die Prognose der Eklampsie vollkommen 
ohne Bedeutung ist. Gegen die fdtale Theorie spricht, daB 
die Eklampsie auch eine ganze Zeit nach Absterben des 
Kindes bei schon macerierter Frucht zum Ausbruch kommen 
kann, ferner daB die Eklampsie noch im Wochenbett nach 
der Geburt des Kindes ausbrechen kann. Es w&re ja immer- 
hin denkbar, daB die Giftstoffe vom Kind aus schon in den 
m'fitterlichen Organismus eingedrungen seien, daB aber die 
Entwicklung der Eklampsie langere Zeit gebraucht habe. 
Ganz besonders spricht meiner Ansicht nach gegen diese 
Theorie das Vorkommen der Eklampsie bei Blasenmole, bei 
der meist ja gar keine Frucht vorhanden ist und also von 
der Frucht auch keine Stoffwechselprodukte ausgeschieden 
werden konnen. 

Im Laufe der Jahre sind eine ganze Reihe von Arbeiten 
zur Stfltzung der anaphylaktischen Theorien auf fotaler Grund- 
lage verSffentlicht worden, von denen einige durch spatere 
Versuche schon widerlegt worden sind. 

Die bedeutendsten Arbeiten, die hier zu besprechen sind 
und auf deren Ergebnis gerade die anaphylaktische Theorie 
der Eklampsie fuBte, sind diejenigen von Lockemann und 
Thies und Gr&fenberg und Thies. Das Ergebnis dieser 
Arbeiten ist von Thies nochmals in einem Aufsatz zur „Auf- 
klSrung der Eklampsie u zusammengefaBt worden. Mit der 
Nachprflfung dieser Versuche will ich raich nachher eingehend 
befassen. Zuvor mochte ich aber noch einige der anderen 
hierher gehorigen Arbeiten erw&hnen. 

von derHeide glaubte, daB die gravide Frau gegen 
fdtales Serum sensibilisiert sei. Er injizierte Schwangeren 
intravenos bis 48 ccm ffltalen Serums, ein Versuch, der bei 
einer solchen Voraussetzung allerdings sehr bedenklich er- 
scheint, wie schon Esch hervorgehoben hat. Auch die Menge 
ist so hoch gewShlt, daB sie bei anaphylaktischen Versuchen 
die schSrfste Kritik herausfordert. Die von von derHeide 
behandelten Frauen blieben alle gesund, ein Beweis dafiir, 
daB sie eben nicht sensibilisiert waren. Die Versuche von 
der Heides sind von Esch nachgeprflft worden. Er fand 


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bei Einspritzung von physiologischer Kochsalzl5sung am 
Unterarm bei Graviden und bei M&nnern regelmaBig sofort 
Oder nach einigen Minuten eine ineist bald wieder verschwin- 
dende Quaddelbildung; nach Einspritzung von 0,2—0,5 ccm 
fotalen Serums bei Schwangeren entstanden dieselben Quaddeln, 
nur etwas starker ausgepr&gt; eine spezifische Reaktion lag 
also sicherlich nicht vor, eine Serumuberempfindlichkeit der 
schwangeren Frau lieB sich durch intrakutane Injektion nicht 
nachweisen. 

Nachdem sich die Kenntnis der Anaphylaxie in den letzten 
zehn Jahren bedeutend erweitert hat, mflssen die Beobach- 
tungen und UntersuchungeD, auf Grund deren Lockemann 
und Thies die Eklampsie als anaphylaktische Krankheit an- 
gesprochen haben, einer Revision unterzogen werden. Es 
wird das Ergebnis meiner Versuche zeigen, daB die damals 
fflr die anaphylaktische Theorie vorgebrachten Beweismittel 
heute einer Kritik nicht mehr standhalten konnen. 

Eigene Versuche. 

Die Versuche sollen die Frage klaren, ob die Eklampsie 
als anaphylaktische Reaktion, hervorgerufen durch fotale oder 
placentare Giftstoffe, angesehen werden kann. Sollte dies der 
Fall seiu, so muBte das fotale und placentare EiweiB wahrend 
der Schwangerschaft als Antigen in den miitterlichen Organis- 
mus eindringen und dort artfremde Eigenschaften entwickeln. 
Es muBte dann weiter wahrend der Schwangerschaft das 
miitterliche Individuum sensibilisiert werden. 

Wenn man zunSchst auch dazu neigen wtirde, diese Frage 
einer Giftstoffbildung durch die Frucht zu verneinen, so muBte 
sie auf Grund der Beobachtungen von Lockemann und 
Thies positiv beantwortet werden. Verschiedene Autoren in 
der Zwischenzeit haben sich schon gegen diese Auffassung 
ausgesprochen, und auch meine Versuche sind negativ aus- 
gefallen. 

Ehe ich auf die zu vergleichenden Tierversuche zu sprechen 
komine, will ich noch erwahnen, daB schon fruher Sachs die 
Beobachtung gemacht hat, daB das Blut von Foten von Ka- 
ninchen, Rind und Huhn Giftstoffen gegeniiber anders reagiert, 
als das Blut junger und erwachsener Tiere. 


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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 31 


Die Frage, ob das fotale, placentare und miitterliche 
Serum gegeneinander artfremd reagieren, wird von Hofbauer, 
Guggisberg und Esch verneint. Hofbauer spricht sich 
auf Grund groBerer Versuchsreihen mit miitterlichem Serum, 
fbtalem Serum und Placentarsaft dahin aus, daB die EiweiB- 
arten der Mutter des Fotus und der Placenta einander „jeden- 
falls sehr nahe stehen“. Ich kann schon hier vorwegnehmen, 
daB ich auf anderem Wege zu einem gleichen Resultate 
komme. 

Wahrend schon eine Reihe von Untersuchungen iiber die 
Wirkung der Einspritzung von Placentaraufschwemmung mit 
fotalem Blut beim Muttertier bestanden (Rosenau und An¬ 
derson), haben wir die Beobachtungen iiber die Wirkung des 
eingespritzten fotalen Serums Lockemann und Thies zu 
verdanken. Sie haben ihre Versuche mit Fbten von Kaninchen 
angestellt, die sie durch Kaiserschnitt gewonnen hatten. Das 
Blut des Fotus und der Placenta wurde aufgefangen und zentri- 
fugiert, das Serum zu den Einspritzungen verwendet. Sie 
fanden ziemlich regelmaBig, daB die Injektionen von fotalem 
Serum bei trachtigen Kaninchen „geringere oder schwerere 
Krankheitssymptome verursachten“; wiederholten sie die intra- 
venosen Injektionen nach einigen Tagen, so sahen sie dieselben 
Krankheitserscheinungen in verstarktem MaBe. Das eben Ge- 
sagte war der Fall bei trachtigen Tieren, wahrend nichttragende 
Kaninchen auf die erste Einspritzung meist uberhaupt nicht 
reagierten, auf eine nach 8 Tagen wiederholte Einspritzung 
erkrankten sie ebenso wie die trachtigen Tiere. Die Krank¬ 
heitserscheinungen zeigten groBe Aehnlichkeit mit denen der 
Anaphylaxie: daraus schlossen Lockemann und Thies, daB 
die Eklampsie eine anaphylaktische Erkrankung sei, die hervor- 
gerufen wird dadurch, daB der miitterliche Organismus wah¬ 
rend der Schwangerschaft durch eingedrungenes fotales EiweiB 
sensibilisiert wird. 

Versuche gleicher Art wie Lockemann und Thies an 
Kaninchen haben Grafenberg und Thies an Meerschwein- 
chen ausgefiihrt. Samtliche Versuchstiere erkrankten nach der 
Injektion an „intensiven anaphylaktischen Erscheinungen und 
gingen akut oder innerhalb 15 Stunden nach der wiederholten 
Einspritzung zugrunde“. 


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Bei den sezierten Tieren wurden Blutungen und Lungen- 
biahungen gefunden, also Ver&nderungen, wie wir sie auch 
beim Anaphylaxietod sehen. Eine toxische Wirkung war frag- 
los vorhanden; es frSgt sich nur, ob die Folgerung von 
GrSfenberg und Thies zu Recht besteht, daB die Gift- 
wirkung im Serum der F8ten lag, Oder ob nicht andere Griinde 
fiir den Tod der Tiere verantwortlich zu machen sind. 

Die sofort wirkende toxische Dosis war etwas gr8Ber als 
die beim Kaninchen zur Giftwirkung ben5tigte Serumdosis; 
daraus folgerten Lockemann und Thies, daB das Meer- 
schweinchen gegen das fotale Serum weniger empfindlich sei 
als das Kaninchen. Eine Nachprilfung dieser quantitativen 
Versuche hat bisher nicht stattgefunden, doch erscheint es 
wenig wahrscheinlich, daB das Kaninchen bei einer Serumdosis 
feiner reagieren soli als das hochempfindliche Meerschweinchen. 

Fflr unsere Fragestellung ist dies ohne Belang, da ja 
Gr&fenberg und Thies sagen, „daB auch das Meerschwein¬ 
chen durch die Schwangerschaft eine erhohte Empfindlichkeit 
bekommt“. Grafenberg und Thies haben auch Versuche 
bei nichttrachtigen Tieren ausgefiihrt; sie haben aber nicht 
die akuten schweren Krankheitserscheinungen ausloseu konnen, 
auch wenn sie ihnen eine viel hShere Dosis injizierten. Ein 
einziges Tier ging zugrunde, bei dem die eingespritzte Dosis 
5,3 °/ 00 seines Korpergewichtes betrug und bei dem es nicht 
sicher war, ob es nicht doch am Beginn einer Schwanger¬ 
schaft stand. 

Die Autoren haben damals noch grofien Wert auf die 
Hohe der Dosis gelegt, wahrend diese ja nach den heutigen 
Anschauungen fiber das Wesen der Anaphylaxie ziemlich be- 
langlos ist. Nach der allgemeinen Anschauung kann man 
sagen, daB jede noch so kleine Menge eines Antigens zum 
Auslosen der Anaphylaxie geniigt. Im Widerspruch dazu steht 
allerdings eine bis jetzt noch nicht widerlegte Angabe von 
Scott 1 ). Er halt zur Auslosung der Anaphylaxie bei Ka¬ 
ninchen sehr hohe Dosen fur notwendig; fur die erste Ein- 
spritzung empfiehlt er 5 ccm, ffir die Reinjektion 3 ccm. Der 

1) Ich habe die Arbeit von Scott erst nach Abschlufi meiner Mono¬ 
graphic in der Literatur gefunden; sie ist dort nicht beriicksichtigt. 



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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 33 

anaphylaktische Zustand soli nur vom 10. bis zura 20. Tage 
voll ausgebildet sein, um dann wieder allmShlich zu ver- 
scliwinden. Wenn die Versuchstiere nicht starben, so wurden 
sie nur fflr wenige Tage antianaphylaktisch, zwischen 5. und 
7. Tage nach der Reinjektion trat wieder der anaphylaktische 
Zustand ein. 

Dies Verhalten ist jedenfalls sehr merkwfirdig, es wurde 
manches zur ErklSrung der Beobachtungen von Lockemann 
und Thies beitragen. Weitere Versuche an Kaninchen er- 
scheinen auf alle Falle notwendig. 

Als Ergebnis ihrer Versuche an trfichtigen und nicht 
trfichtigen Meerschweinchen haben Grfifenberg und Thies 
festgestellt, dafi „1) das artgleiche Serum giftig wirken kann, 
und daB 2) es besonders stark auf tr&chtige Tiere wirkt“. 
Die weiteren Versuche fiber das Zunehmen der Giftigkeit vom 
Serum mfitterlicher Tiere oder vom Menschen nach erfolgter 
Geburt brauchen im Rahmen meiner Versuche nicht besprochen 
zu werden, da keinerlei Zusammenhang besteht. Hingegen 
will ich auf die Angabe von Grfifenberg und Thies hin- 
weisen, daB bei Meerschweinchenversuchen das Serum trfich- 
tiger Tiere bei anderen trfichtigen Tieren toxische Erschei- 
nungen ausloste: wurde vom gleichen Serum eine Injektion 
bei nicht trfichtigen Tieren vorgenommen, so vertrugen diese 
sie vollkommen reaktionslos. 

Meine Versuchstechnik. 

Die ersten Versuche, die ich angestellt habe, liegen schon 
lange zurflck und gehen bis auf das Jahr 1912 zurfick. Ich 
hielt mich in der Technik im wesentlichen an die Angaben 
von Lockemann und Thies. 

Die jungen Kaninchen wurden durch Kaiserschnitt gewonnen, dann 
wurde ihnen moglichst vor dem ersten Atemzug der Kopf abgeschnitten 
und das herabtropfende Blut gewonnen. Bei dieser Art der Blutentnahme 
tropft das Blut nur langsam herab. Man erhalt iramer nur geringe Mengen. 
Es ist notwendig, durch streichende Bewegung das Tier etwas auszudriicken, 
dadurch wird ja ohne Frage das Blut mit dem Gewebssaft gemischt, was 
aber nach den fiber Anaphylaxie bekannten Tatsachen ffir den Ausgang 
der Versuche belangloe sein mufl. 

Zeltechr. f. bnmunltttsfonchung. Orlf. Bd. 81. 3 


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34 


Erwin Zweifel, 


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In analoger Weise wie aus den FQten wurde auch das 
Placentarblut gewonnen und getrennt aufgefangen. AuBer den 
Versuchen rait fotalem und placentarera Serum habe ich 
auch Versuche mit Serum von neugeborenen Kaninchen an- 
gestellt, die einige Stunden gelebt batten. Ich habe dann 
ferner im Jahre 1912 auch Versuche an Schafen angestellt; 
durch die Liebenswfirdigkeit von Herrn Geheirarat Professor 
Dr. Brandi war es mir mfiglich geworden, diese Versuche 
im Pharmakologischen Institut der tierfirztlichen Hochschule 
in Mfinchen auszufiihren. Da die Versuche zu keinem brauch- 
baren Ergebnis gefiihrt haben, will ich sie hier ilbergehen 
(vgl. meine Habilitationsarbeit). 

DaB man bei der Serumgewinnung vollkommen aseptisch 
arbeiten muB, ist selbstverstfindlich. Urspriinglich habe ich das 
gewonnene Serum durch Tonfilter, und zwar durch Kitasato- 
oder Berkefeldfilter, filtriert, urn sicher zu gehen, daB den 
Tieren keine korpuskularen Elemente eingespritzt werden; 
das war also eine Abweichung von den Versuchen von Locke- 
mann und Thies. Diese Filtrierung bei den sehr kleinen 
Mengen Serum ist auBerordentlich mflhselig und ich habe dann 
weitere Versuche ohne Filtration angestellt. Da das Ergebnis 
gleich, n&mlich negativ, blieb, habe ich in Zukunft tiberhaupt 
auf die Filtration des Serums verzichtet. Die Einspritzungen 
wurden trSchtigen und nicht trfichtigen Kaninchen meist intra- 
venfis, in einigen Fallen aber auch intraperitoneal gegebeu. 

Meine Versuche mit filtriertem Serum konnten vielleicht, 
was ihren negativen Ausfall betrifft, in Frage gezogen werden. 
Denn Moreschi und Golgi haben mit Anaphylatoxin nach 
Filtration durch Chamberlandkerzen nur noch Fieber, aber 
keine akuten Todesfaile mehr gesehen. Friedberger schlieBt 
daraus, „daB entsprechend der starken Affinitat des Anaphyla- 
toxins zu Tierkohle und Kaolin (Versuche von Friedberger 
und Jerusalem und Sachs und Ritz) ein partieller Ver- 
lust des Anaphylatoxins bei der Filtration durchaus verstaud- 
lich scheint“ (zit. nach Friedberger). Bei mir handelt es 
sich aber nur um wenige Versuche mit filtriertem Serum, 
meist wurde das Serum nur zentrifugiert. 

Ich werde hier im ganzen fiber 32 Versuche berichten, 
will aber bemerken, daB ich natfirlich eine weit grfiBere Zahl 



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Zur Klarung der fdtalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 35 

von Versuchen ausgefuhrt habe, die jedoch aus irgendwelchem 
Grunde nicht durchgefiihrt wurden Oder miBglfickten; ich liefi 
sie daher ganz von der Besprechung aus, wobei ich aber er- 
wShnen muB, daB niemals eines der Tiere erkrankte Oder starb. 

Bezeichnung der Abkurzuugen: 

F.S. = fotales Serum. 

N.S. = Serum yon Neugeborenen. 

P.S. = placentares Serum oder richtiger gesagt Placentarsaft, da es 
e ben falls durch Ausdriicken der angeschnittenen Placenta gewonnen wurde. 

Ich kann hier aus Riicksichten auf Raumersparnis nur 
die Ergebnisse meiner Versuche besprechen und verweise ftir 
diejenigen, die sich fiir Einzelheiten der Versuche interessieren, 
auf meine Habilitationsschrift, in der sie eingebend beschrieben 
sind. Es wurde 

in 10 Fallen bei der 1. und 2. Injektion fdtales Serum einverleibt, 


ft 

5 „ 

ft 

V 

1. Injektion fotales + placentares Serum, 



ft 

ff 

2 . 

ff 

fotales Serum, 

ft 

7 „ 

ft 

ff 

1 . 

>» 

fotales Serum, 



ft 

ff 

2 . 

ff 

Neugeborenenserum, 

»« 

2 „ 

ft 

ff 

1 . 

ft 

placentares Serum, 



ft 

ff 

2 . 

It 

Neugeborenenserum, 

*> 

1 Falle 

» 

ff 

1 . 

ft 

fotales Serum, 



>1 

ff 

2 . 

ft 

fotales + placentares Serum, 

)> 

3 Fallen 


ff 

1 . 

ff 

fotales 4 - placentares Serum, 




ff 

2 . 

ft 

placentares Serum, 

ft 

3 „ 

If 

ff 

1 . 

ft 

Neugeborenenserum, 



ff 

ff 

2 . 

ft 

fotales + placentares Serum 

eingespritzt. 







Von alien Versuchstieren ist nur eines in der Nacht nach 
der Einspritzung gestorben, so daB es gar nicht mehr zu einer 
zweiten Injektion kam. Das Ergebnis meiner Versuche weicht 
wesentlich von dem von Lockemann und Thies ab; von 
einem Fall abgesehen, haben alle meine Versuchstiere, ganz 
gleich, ob sie trachtig Oder nicht trSchtig waren, die Ein¬ 
spritzung vertragen, sie haben keinerlei Krankheitserschei- 
nungen gezeigt und sind am Leben geblieben. 

Betonen will ich, daB mit der allergroBten Sorgfalt darauf 
geachtet wurde, daB die Tiere immer nur klares, gelbliches 
Serum eingespritzt erhielten. Wurde beim Ansaugen des 
Serums in die Pravazsche Spritze das Serum unklar oder ge- 

3* 


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Erwin Zweifel, 


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triibt oder Blut beigemengt, so wurde von der intravenQsen 
Einspritzung abgesehen und statt dessen das Serum intra- 
peritoneal eingespritzt. Bei meinen Versuchen habe ich nur 
ein Tier verloren. Es starb, nachdem erst Kaiserschnitt aus- 
geftihrt und dann eine Seruminjektion gegeben worden war, 
am Abend des gleichen Tages. Es hat sich hier sicher nicht 
um eine anaphylaktische Reaktion gehandelt, das Tier bekam 
gleich nach der Einspritzung einen Kollaps; der Tod ist ent- 
weder darauf zurflckzuffihren, dafi die Injektionsfliissigkeit 
zellige Elemente enthalten hat oder aber das Tier ist an den 
Folgen der Operation zugrunde gegangen, es war die erste 
Injektion, die das Tier bekam und an der es zugrunde ging; 
die letztere Erklarung halte ich fiir die richtigere. 

Eine Erklarung dieses Falles als Anaphylaxie ware nur 
moglich, wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, 
daB eine Sensibilisierung wahrend der Sell wan gerschaft voraus- 
gegangen sei. Diese ganze Theorie ist aber meines Erachtens 
nicht haltbar, denn wenn wahrend der Sch wan gerschaft kind- 
liches EiweiB in den miitterlichen Organismus eindringt, so 
ist doch anzunehmen, daB dies dauernd geschieht und dann 
kann keine anaphylaktische Sensibilisierung stattfinden. Wenn 
bei einer ersten Einspritzung, wie in diesem Falle und in 
einigen von Lockemann und Thies und Grafenberg 
und Thies Krampfe aufgetreten sind, so kbnnen das nicht 
anaphylaktische Erscheinungen gewesen sein. Denn zur Er- 
zielung der Ueberempfindlichkeit miiBte zwischen dem Ein- 
dringen der Giftstoffe in den miitterlichen Organismus und 
dem Ausbruch der Krampfe mindestens ein Intervall von 
etwa 10 Tagen liegen, wenn eine weitere Einfuhr desselben 
Giftstoffes Krankheitserscheinungen auslosen sollte. Es miiBte 
dann auch ohne Frage die Eklampsie, wenn man solche M6g- 
lichkeiten voraussetzen will, auch in friiheren Zeitpunkten der 
Sch wan gerschaft haufiger auftreten. Wenn man — immer von 
der Voraussetzung ausgehend, daB fotales EiweiB iiberhaupt 
giftig ist, was aber keineswegs bewiesen ist — ein Eindringen 
von fbtalem Eiw§iB in den miitterlichen Organismus annimmt, 
so muB doch wahrend der Schwangerschaft dieser Vorgang 
sich aller Wahrscheinlichkeit nach haufiger wiederholen. Ware 
dies der Fall, dann miiBte die Mutter in einem spaten Termin 


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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 37 

der Graviditat nicht anaphylaktisch, sondern antianaphylaktisch, 
d. h. unterempfindlich ist. Ein fortwShrendes oder haufiges 
Eindringen von fotalem EiweiB in den miitterlichen Organis- 
mus wiirde den Ausbruch einer anaphylaktischen Reaktion 
unter alien UmstSnden verhindem. 

Bei der Deutung von Krampfen und Tod der Versuchs- 
tiere nach intravenosen Injektionen als Anaphylaxie m5ge man 
immer auBerst vorsichtig sein. So habe ich in diesen Tagen 
bei neuen Versuchen mit Seruminjektionen 2junge Kaninchen 
von 1300 g und 1500 g innerhalb 5 und 15 Minuten nach 
einer einmaligen intravenosen Injektion unter klonisch-tonischen 
Krampfen verloren. Es war dem einen Tier 1,2 ccm, dem 
anderen 3,0 ccm Serum einer Wochnerin vom 2. Wochenbetts- 
tage injiziert worden, ein drittes, gleich grofies Versuchstier 
hatte die Injektion von 3,0 ccm desselben Serums reaktions- 
los vertragen. Von Anaphylaxie kann hier natiirlich gar keine 
Rede sein. 

Der Ausbruch der Eklampsie im Wochenbett nach der 
Geburt von Kind und Placenta widerspricht jeder anaphylak¬ 
tischen Lehre; denn bekanntlich muB bei der Anaphylaxie 
nach der Antigenzufuhr der anaphylaktische Anfall sofort auf- 
treten. Ein spateres Auftreten von Krampfen gibt es nicht 
Die Wochenbetteklampsien mussen also auf alle Falle von der 
anaphylaktischen Theorie ausgenommen werden. Bei dieser 
Gelegenheit will ich noch an den von mir im Jahre 1913 in 
Jena beobachteten und veroffentlichten Fall erinnern, bei dem 
die Eklampsie erst nach der wegen Uterusruptur vorgenom- 
menen Totalexstirpation zum Ausbruch kam. Es sind solche 
Falle meines Erachtens direkt beweisend gegen die anaphylak¬ 
tische Theorie. 

Ich komme also bei meinen Versuchen an Kaninchen zu 
vollkommen abweichenden Resultaten von Lockemann und 
Thies. Eine Erkiarung hierfiir vermag ich nicht zu geben, 
moglicherweise haben doch wesentliche UnterscKiede in der 
Versuchstechnik vorgelegen. 

Bei anaphylaktischen Versuchen steht man manchmal vor 
einem Ratsel. Ich erwahne hier nur als Beispiel die Versuche 
von Dorr und Pick, die Friedberger in seinem Kapitel 
im Handbuch von Kraus und Brugsch, p. 918, erwahnt. 


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Erwin Zweifel, 


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Diese Autoren hatten ein Berkefeldfilter mit Normalmeer- 
schweinchenserum 1 Stunde lang in den Thermostaten gestellt 
und nachher filtriert. „3,5 ccm des Filtrates riefen einen 
schweren Shock mit Lungenblfihung hervor“ (zitiert nach 
Friedberger); mit Kieselgur versetzt, wurde mit einer In- 
jektion von 3,75 ccm einmal schwerster Shock ausgelfist, in 
einem anderen Falle kam das Versuchstier akut ad exitum. 
„Wiederholungen ergaben minder gute (Dfirr und R. Pick) 
oder ganz negative Resultate (Friedberger)“. Bei der Be- 
urteilung anaphylaktischer Versuche muB man sehr vorsichtig 
sein, denn wie Friedberger meinte, fallen die Versuche 
negativ aus, wenn lange genug zentrifugiert wird. Ein Urteil 
fiber diese Versuche vermag ich natfirlich nicht abzugeben, 
es bleibt das immer Sache des Fachmannes. Es ist bei der- 
artigen Versuchen unbedingt notig, die Technik ganz genau 
anzugeben. Ich habe mich auch dessen bemtiht uud verweise, 
was die genaueren Einzelheiten betrifft, nochmals auf meine 
Habilitationsarbeit ! ). 

Ich mochte nur nochmals die Aufmerksamkeit auf die 
SchluBfolgerung von Lockemann und Thies lenken. Diese 
Autoren sagen, „daB das ffitale Serum bei einmaliger Injektion 
in der Mehrzahl der Versuche ohne nachteilige Wirkung war; 
bei einzelnen Tieren traten jedoch leichtere oder schwerere 
Vergiftungssymptome auf. Die Hfiufigkeit dieser Erscheinung 
steigerte sich ganz bedeutend bei den nach etwa 8 Tagen vor- 
genommenen zweiten Injektionen. Weitere Injektionen hatten 
im allgemeinen keine steigernde Wirkung mehr. u Die Steige- 
rung der Wirkung nach einer zweiten Einspritzung des gleichen 
Serums veranlaBte die Autoren zu der Folgerung, daB die 
ganzen Krankheitserscheinungen anaphylaktischer Natur seien; 
sie glaubten an eine Analogie mit der Serumanaphylaxie und 
verglichen die Erscheinungen mit denen, die man bei wieder- 
holter Einspritzung artfremden Serums regelmaBig bekommt. 

Nach einer ersten Injektion erkrankten bei den Versuchen 
von Lockemann und Thies 32 Proz. der Tiere, nach wieder- 
holter Injektion 64 Proz.; von den trfichtigen Tieren erkrank¬ 
ten 63 Proz. nach der ersten Einspritzung und alle nach 

1) Bergmann, Miinchen 1920. 


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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Ekl&mpsie. 39 

wiederholter Einspritzung. Die Reinjektionen erfolgten in der 
Zeit vom 8. Tage bis zu 4 Wochen nach der ersten Ein¬ 
spritzung. Sehr wichtig ist die weitere Angabe, dad eine 
wiederholte Einspritzung nach mehr als 4 Wochen keine Krank- 
heitserscheinung bei den vorbehandelten Tieren mehr auszu- 
losen vermochte. 

Wenn eine ganze Reihe von Fallen von Lockemann 
und Thies bei einer Reinjektion am 8. Tage todlich verliefen, 
so mtissen wir dem entgegenhalten, dad nach den Versuchen 
von Arthus die anaphylaktische Inkubationszeit bei Ver- 
wendung von Pferdeserum als Antigen immer wenigstens 
9 Tage dauerte; trat bei Einspritzung am 9. Tage Anaphylaxie 
auf, so war sie sehr wenig ausgesprochen. Wenn man auch 
einen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Pferdeserum 
und fotalem Serum moglicherweise zugeben will, so doch kaum 
in dem Sinne, dad das fotale Serum toxischer wirke als das 
artfremde Pferdeserum. Dagegen sprechen jedenfalls die Unter- 
suchungen von Hofbauer und von Esch, denn beide be- 
zeichnen iniitterliches, fotales und placentares Eiweid als nahe 
verwandt. 

Wenn weiter Lockemann und Thies von 11 nicht 
trSchtigen Tieren nach der Einspritzung 4 verloren haben, so 
fehlt daftir eigentlich jede Erklarung, denn miitterliches, ffitales 
oder placentares Eiweid stehen einander zu nahe, urn toxisch 
wirken zu konnen. Von 11 trSchtigen Tieren verloren sie 
nach der ersten Einspritzung 6, hier liede sich also die Ana¬ 
phylaxie nur ganz gezwungen durch die Annahme einer 
Sensibilisierung in der Tragzeit erklSren, aber es spricht 
nach den heutigen Anschauungen nichts fflr eine solche Er- 
klSrung. 

Einige Tiere haben erst bei der dritten oder vierten Ein¬ 
spritzung, die immer in einem Zeitintervall von 8 Tagen ge- 
geben wurde, mit Krampfen reagiert, dies kann unmoglich 
eine anaphylaktische Erkrankung gewesen sein, denn bei Ein- 
verleibung eines anaphylaktischen Giftes in solchen Zwischen- 
rSumen kbnnen die Tiere nach Ausbleiben einer Reaktion 
durch die vorangegangenen Injektionen nur antianaphylaktisch 
geworden sein. Es ist also aus diesen zuletzt besprochenen 
Versuchen mit Sicherheit zu folgern, dad die Krankheits- 


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Erwin Zweifel, 


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erscheinungen nicht anaphylaktischer Natur waren. Das Auf- 
treten einer Reaktion nach einer dritten oder vierten Ein- 
spritzung gestattet also gleichzeitig den RiickscliluG, dad das 
fbtale Serum nicht anaphylaktisierend fur das Muttertier wirkt. 
Beim Menschen haben Versuche von Esch und From me 
mit einer ersten subkutanen Injektion von eigenem fotalen 
Serum und intravenoser Reinjektion nach 3 Wochen keinerlei 
Reaktion ergeben. 

Die Dosis von 2 ccm, die von Lockemann und Thies 
bevorzugt wurde, ist ftir Anaphylaxieversuche eine auGer- 
ordentlich hohe, nur Scott verlangt noch hohere Dosen. 

Wenn einzelne Tiere nach der ersten Einspritzung „leich- 
tere oder schwerere Vergiftungssymptome 41 darboten, so miiBte 
das eingespritzte Serum primar giftig gewesen sein, wenn diese 
Tiere nach 8 Tagen auf eine erneute Einspritzung wiederum 
krank wurden. Das ist aber nicht anzunehmen, denn bei 
primar giftigem Serum muGten moglicherweise weitere Ein- 
spritzungen erhbhte Giftwirkungen ausgelost haben. Sicher- 
lich ist die SchluBfolgerung nicht richtig, daG die verstarkte 
Wirkung nach der Reinjektion nach 8 Tagen eine anaphylak- 
tische Reaktion darstellte. Die Tatsache, daG die trachtigen 
Tiere empfindlicher waren, beweist noch gar nicht eine voraus- 
gegangene Gifteinwirkung durch fotales oder placentares Ei- 
weiB, sondern es mogen irgendwelche Veranderungen wahrend 
der Schwangerschaft die erhbhte Empfindlichkeit herbeigefuhrt 
haben, deren Natur wir nicht kennen. 

Wir wissen schon aus den Untersuchungen von Blum- 
reich und Zuntz, daG bei trachtigen Tieren die Widerstands- 
kraft gegen mancherlei Gifteinwirkungen nachlaBt, eine Beob- 
achtung, die sich mir auch bei Serumversuchen an Meer- 
schweinchen bestatigt hat. Auch beim Menschen gibt es solche 
Erscheinungen, man denke nur daran, wie sehr die Toleranz 
Hochschwangerer gegen Narkotika herabgesetzt ist; wenige 
Tropfen Aether genugen ganz regelmaBig, um eine Gebarende 
zu narkotisieren. 

Wenn das schon Gesagte gegen die Auffassung der Krampf- 
anfalle nach den Seruminjektionen als Anaphylaxie spricht, so 
tut das vollends nach allem, was wir heute von der Eklampsie 
wissen, die Tatsache, daB bei Reinjektionen nach mehr als 



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Zur Klarung der fdtalen und placentaren Theorie der Eklampeie. 41 

4 Wochen keine Reaktion auftrat. Diese Beobachtung 
ist rait der ganzen Lehre von der Anaphylaxie absolut unver- 
einbar, denn die Sensibilisierung halt fraglos sehr lange, viel- 
leicht das ganze Leben hindurch an, ich erinnere nur an den 
schon erwahnten Fall von einem Arzt in Brasilien, der nach 
einer Reinjektion von Pestserum ein Jalir nach der ersten 
Einspritzung zugrunde ging. 

Versuche an Meerschweinchen. 

Nachdem ich bei den Versuchen an Kaninchen zu einem 
von den Untersuchungen von Lockemann und Thies ab- 
weichenden Re$ultat gekommen war, erschien es mir von 
Interesse, auch die analogen Versuche von Grafenberg und 
Thies an Meerschweinchen nachzupriifen. 

Von 6 trachtigen Meerschweinchen verloren sie alle nach 
Einspritzung einer Dosis von 0,6—2,0 ccm des eigenen fStalen 
Serums; auf das Gewicht des Versuchstieres berechnet, betrug 
die Dosis 0,88—2,9 ccm pro Kilogramm, also fur einen ana- 
phylaktischen Versuch eine ganz enorme Menge. Alle Tiere 
kamen nach der ersten Injektion ad exitum, eines starb sofort 
nach der Injektion, die (ibrigen gingen innerhalb 9—15 Stun- 
den danach zugrunde. Bei 3 dieser Tiere traten nach der 
Einspritzung Krampfe auf, in 3 Fallen wurde bei der Sektion 
„Lungenbl&hung“ gefunden. 

Von 5 nichttrSchtigen Tieren vertrugen 4 die Injektion 
einer Dosis zwischen 1,25 und 3,0 ccm, nur eines .kam ad 
exitum und zeigte als Sektionsbefund „Lungenblahung tt . 

Ganz besonders beachtenswert sind die Versuche von 
Grafenberg und Thies mit Injektionen von Serum trach- 
tiger Meerschweinchen bei anderen trachtigen Meerschweinchen, 
durch die sie ebenfalls regelmaBig anaphylaktische Erschei- 
nungen hervorrufen konnten. Die injizierte Dosis betrug 
3,0—8,0 ccm (= pro Kilo Korpergewicht berechnet 4,0—12,0 
ccm). 4 Versuchstiere, denen 5,2 ccm oder mehr eingespritzt 
worden waren, gingen zugrunde, nachdem sie zuvor abortiert 
hatten. Diese Versuche wiirden von hochster Bedeutung auch 
vom Gesichtspunkt der heute ublichen Blutinjektionen bei 
Gebarenden werden konnen und erfordern unbedingt noch 
eine weitere Nachpriifung an trachtigen und nicht- 


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Erwin Zweifel, 


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trachtigenTieren mitvergleichenden Injektionen 
von defibriniertem Blut und von Serum in ver- 
schiedenen Dosierungen. In Kontrollversuchen von 
Gr&fenberg und Thies haben nichttrfichtige Tiere auf die 
Injektion von 2,0—4,0 ccm (pro Kilogramm 5,7—20,0 ccm) 
Serum tr&chtiger Meerschweinchen hin nur leichte rasch vor- 
iibergehende Krankheitserscheinungen bekommen. 

Eigene Versuche. 

Auch hier muB ich wieder aus Griinden der Raumerspar- 
nis auf meine Habilitationsarbeit verweisen und werde mich 
im wesentlichen damit begniigen, eine kurze Zusammenfassung 
der Versuchsergebnisse zu geben. Zun&chst mochte ich einige 
BemerkuDgen zur Technik vorausschicken. Wahrend man beim 
Kaninchen leicht und bequem in die Ohrvene injizieren kann, 
muB man beim Meerschweinchen fur die Injektionen die Vena 
jugularis freilegen, ein Eingriif, der den Tieren starke Schmerzen 
verursacht; sie wehren sich infolgedessen dabei, und es miB- 
lingt leicht die Injektion. Ich babe eine Reihe von Versuchen 
derart ausgefiihrt, daB ich die Tiere narkotisierte, dann erst 
die Vene freilegte und die Injektion vornahm. Wenn auch 
anaphylaktische Erscheinungen niemals aufgetreten sind, so 
will ich, einem Rate von Herrn Geheimrat v. Gruber fol- 
gend, diese Versuche lieber weglassen, da man ja sonst 
den Einwand erheben konnte, daB die Narkose das Auf- 
treten der Anaphylaxie zu verhindern vermag. Ich habe dann 
weitere Versuche in Lokalanasthesie ausgefiihrt und will nur 
diese Versuche hier besprechen. Die Ausfuhrung der An- 
asthesie ist sehr einfach, man braucht etwa 5 ccm einer V 2 -proz. 
Novokain-Adrenalinlosung, mit der das Operationsgebiet in- 
filtriert wird. Darauf wartet man einige Minuten und hat 
den groBen Vorteil, daB das Tier ruhig halt und man die In¬ 
jektion bequem ausfiihren kann. 

Das Meerschweinchen ist ein so auBerordentlich fein 
reagierendes Tier, daB man meines Erachtens Krankheits¬ 
erscheinungen, wie Zittern, Zuckungen, Spriinge und Tem- 
peraturabfall urn einige Grade, keine zu groBe Bedeutung zu- 
sprechen darf; denn auf alle moglichen Eingriffe reagieren die 



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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampeie. 43 


Meerschweinchen mit derartigen Krankheitserscheinungen, wie 
einige meiner Versuche an mannlichen Meerschweinchen be- 
weisen. 

Ich habe zun&chst 4 Versuche an mittelgroBen mSnn- 
lichen Meerschweinchen ausgefQhrt und diesen vorgew&rmte 
Ringersche Losung in Mengen von meist 5 ccm bei der 
ersten Einspritzung und 1,5—2 ccm bei der zweiten Ein- 
spritzung einverleibt. Der Zeitraum zwischen erster und zweiter 
Einspritzung betrug 50 Tage. Die erste Injektion wurde bei 
diesen Tieren in Aethernarkose ausgefQhrt, die Reinjektion 
dagegen in Lokalan&sthesie. Diese Versuche werden hier mit- 
erwQhnt, weil, wenn uberhaupt, nur bei der zweiten Ein¬ 
spritzung anaphylaktische Erscheinungen zu erwarten gewesen 
waren. Bei der ersten Einspritzung trat in alien Fallen ein 
bedeutender Temperaturabfall um mehrere Grade ein, bis 
zu 5°, beim Erwachen Zittern und Zuckungen, die ich in 
diesen Fallen lediglich als Folge der Narkotisierung ansehe. 

Bei der wiederholten Einspritzung sah ich in einem Falle 
nur eine unbedeutende Temperatursenkung, bei den anderen 
3 Tieren zeigte sich ein Temperaturabfall bis zu 6°, andere 
Krankheitserscheinungen wurden nicht beobachtet. Wie ich 
schon in meiner Habilitationsarbeit gesagt habe, bezeichnete 
Herr Geheimrat v. Gruber die Wirkung der Reinjektion bei 
Versuch No. 1 =0, bei Versuch No. 3 als in keiner Weise 
typisch Oder beweiskraftig fQr Anaphylaxie. 

In der Arbeit von Grafenberg und Thies habe ich 
keine Angabe daruber gefunden, ob die Einspritzungen in 
Narkose ausgefQhrt wurden oder nicht. 

Ich habe nach der ersten Einspritzung in Narkose bei 
den Versuchstieren noch mehr Erscheinungen gesehen als bei 
den wiederholten Einspritzungen. Auf alle Falle erscheint es 
mir bemerkenswert, daB nach Einspritzung einer auf Korper- 
temperatur erwSrmten Ringerschen Losung, also einer voll- 
kommen indifferenten Flussigkeit, die Tiere bereits einen Tem¬ 
peraturabfall von mehreren Graden zeigten. Es beweisen diese 
Versuche, wie auBerordentlich vorsichtig man in der Beurtei- 
lung allfallig auftretender Krankheitserscheinungen nach intra- 
venoser Injektion sein muB. 


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Erwin Zweifel, 


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Die weiteren Versuche wurden an weiblichen Tieren vor- 
genommen. In zwei Fallen habe ich den Tieren bei beiden 
Einspritzungen placentares Serum ihrer eigenen Foten ein- 
gespritzt. Naturlich wurde auch hier mit (auf 37 °) erwarmtem 
Serum gearbeitet. Nach der ersten Einspritzung (in Aether- 
narkose) habe ich auBer Temperaturabfall von 5,8 und 6,6° 
in beiden Fallen m&Big starke KrSmpfe auftreten sehen. Nach 
der zweiten Einspritzung habe ich beide Male ein Herunter- 
gehen der Temperatur urn etwa 2° und im ubrigen tiberhaupt 
keine Krankheitserscheinungen gesehen. Auch in einer Reihe 
von anderen Fallen, die ich hier von der Besprechung aus- 
schlieBe, habe ich regelraSBig Zuckungen und klonisch-tonische 
Kr&mpfe gesehen, wenn die Tiere vorher narkotisiert worden 
waren. Gerade deswegen erscheint es mir so sehr wichtig, 
daB in den beiden nicht in Narkose ausgefiihrten Fallen diese 
Erscheinungen ganz fehlten. Die geschilderten Erscheinungen 
sind deswegen sicherlich nicht anaphylaktischer Natur ge- 
wesen, denn dann miiBten sie bei der Reinjektion auf- 
getreten sein. 

Des weiteren habe ich in drei Versuchen trachtigen Meer- 
schweinchen das Serum anderer trachtiger Meerschweinchen 
eingespritzt. Urn ganz sicher zu geheu, ob die Tiere trachtig 
waren, wurde immer Kaiserschnitt ausgefiihrt. Eines der Tiere 
bekam nach dieser Operation am 4. Tage einen Abortus und 
starb nach 6 Tagen. Die Einspritzung hatte es fast reaktions- 
los vertragen. Durch die Sektion wurde erwiesen, daB die 
Todesursache nichts mit Anaphylaxie zu tun hatte. Die Peri¬ 
toneum und Muskelschicht vereinigende Naht war aufgegangen 
und das Tier hatte eine Darmgangran bekommen. 

Die beiden anderen Tiere haben in einem Intervall von 
48 Tagen zwei Einspiitzungen von mutterlichem Serum be¬ 
kommen und beide Einspritzungen gut vertragen. Es trat 
lediglich eine Temperaturschwankung urn einige Grade ein. 
Diese Tiere haben auf die Einspritzung hin nicht abortiert, 
sondern die Tragzeit bis zum Ende durchgemacht und am 
Ende der Tragzeit lebende Junge geworfen. Nach den Unter- 
suchungen von Lockemann und Thies starben alle Meer¬ 
schweinchen, die melir als 5,2 ccm Meerschweinchenserum pro 



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Zur Klarung der fotalen und placentaren Theorie der Eklarapaie. 45 

Kilogramra Korpergewicht eingespritzt erhalten hatten. Auch 
bier stehen also meine Versuchsergebnisse im Widerspruch 
zu denen von Gr&fenberg und Thies. Die Versuche No. 8 
und 9 halte ich fur besonders wichtig, weil bei ihnen eine Re- 
injektion von miitterlichemMeerschweinchenserum nach48Tagen 
vorgenommen wurde. Wenn diese wiederholte Einspritzung 
reaktionslos vertragen wurde, so glaube ich darin einen Be- 
weis zu sehen, daB trSchtige Meerschweinchen durch das Serum 
anderer tr&chtiger Meerschweinchen nicht anaphylaktisiert wer- 
den. Es ist ja allerdings hier der Einwand moglich, daB das 
zur zweiten Einspritzung verwendete Serum von einem anderen 
Tiere stammte, als das bei der ersten Einspritzung gegebene 
Serum, aber das Fehlen der Giftwirkung ist auf alle F&lle be- 
achtenswert. 

Hier ffige ich noch einige Versuche ein, die nach Ab- 
schluB meiner fruheren Arbeit ausgefuhrt worden sind; es 
wurde stets Serum von triichtigen Tieren anderen tr&chtigen 
Tieren injiziert. 

I. Versuche an Meerschweinchen. 

Von einem trachtigen Meerschweinchen am Ende der Trigzeit werden 
am 2. VII. 1920 8 ccm Blut entnommen und das Serum gewonnen, 
15 Minuten zentrifugiert in einer Zentrifuge, die ca. 2100 Umdrehungen 
pro Minute lauft (Serum No. 80). 

1. Versuch: Meerschweinchen No. 28, nahe dem Ende der Trag- 
zeit, 1030 g schwer, erhalt am 22. VII. 1920 intravenos in Lokolanasthesie 
3,3 ccm Serum No. 80. Wohlbefinden; keine Krampfe. Graviditat geht 
weiter. 

2. Versuch: Meerschweinchen No. 23, Mitte der Tragzeit, 470 g 
schwer, erhalt am 22. VII. 1920 intravenos 0,3 ccm Serum No. 80. Keine 
Krampfe, Wohlbefinden. Am 3. VIH. 1920 1 ausgetragenes Junges ge- 
worfen. 

3. Versuch: Meerschweinchen No. 77, Mitte der Tragzeit, erhalt 
am 12. VII. 1920 intravenos in Lokalanasthesie 3,0 ccm Serum (von 
einem trachtigen Tier gewonnen). Wohlbefinden. Am 19./20. VII. wirft 
es 3 unreife tote Junge. 

4. Versuch: Meerschweinchen No. 78, Mitte der Tragzeit, erhalt 
am 14. VII. 1920 intravenos in Lokalanasthesie 0,2 ccm Serum (wie im 
3. Versuch). Wohlbefinden, Graviditat geht weiter. 


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II. Versuche an Kaninchen. 

Serum wird gewonnen von einem grofien Kaninchen am Tag nach 
dem Wurf am 2. VII. 1920: Serum 90 l . 2 . Blutentnahme am 17. VII. 1920: 
Serum 90 11 . 

1. Verauch: Kaninchen No. 91, 1520 g achwer, 
erhalt am 2. VII. 1,0 ccm Serum 90 

„ „ 17. VII. 0,6 ccm Serum 90 n. Wohlbefinden. 

2. Verauch: Kaninchen No. 92, 680 g achwer, 
erhalt am 2. VII. 0,5 ccm Serum 90 J , 

„ „ 17. VII. 0,8 ccm Serum 90 H. Wohlbefinden. 

3. Verauch: Kaninchen No. 93, 840 g achwer, 
erhalt am 2. VII. 0,5 ccm Serum 90 t, 

„ „ 17. VII. 1,2 ccm Serum 90 lr . Wohlbefinden. 

Die Versuche beweisen, daB eine giftige Wirkung durch 
Einspritzung von miitterlichem Serum bei einem anderen 
trfichtigen Tier nicht ausgelbst wird. Dies gilt sowohl f(ir 
Meerschweinchen wie ffir Kaninchen. Auch eine wiederholte 
Einspritzung von Serum eines triichtigen Kaninchens bei einem 
anderen trachtigen Kaninchen hat sich als unschfidlich er- 
wiesen. Das Serum fur die wiederholte Einspritzung wurde 
von demselben Tier entnommen, das inzwischen geworfen 
hatte. Es ist also Serum von gleichen Individuen bei beiden 
Injektionen verwendet worden. Irgendwelche anaphylaxie- 
artige Erscheinungen sind nicht aufgetreten; die Tiere blieben 
vollkommen wohl. 


Zusammenfassung. 

Bei alien Serumversuchen und bei alien Versuchen, die 
sich mit der Frage der Anaphylaxie beschaftigen, ist die Tech- 
nik der Versuche von allergroBter Bedeutung. Urn nur ein 
Beispiel zu nennen, zitiere ich hier die Untersuchungen von 
Lichtenstein fiber die Toxikologie der Placenta. Freund 
hatte in einer Reihe von Versuchen Kaninchen nach Eiu- 
spritzung von Placentarsaft regelmSBig zugrunde gehen sehen, 
wenn die Einspritzungen intravenos erfolgt waren, w&hrend 
auf subkutane und intraperitoneale Einspritzung hin keinerlei 
Reaktion eingetreten war, dagegen fand Lichtenstein, daB 
die Tiere nur zugrunde gingen, wenn der Placentarsaft durch 



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Zur Klarung der fotalen und plaeentaren Theorie der Eklampsie. 47 

Sieb No. 5 passiert worden war; nahm er ein feineres Sieb, 
No. 6, so blieben alle Tiere gesund. 

Die Folgerung von Freund, daB im Placentarsaft ein 
Gift enthalten sei, und zwar ein filtrierbares Gift, war damit 
widerlegt, die Verwertbarkeit seiner Versuche fiir die placentare 
Theorie der Eklampsie hinffillig. Lichtenstein hat mit 
seiner SchluBfolgerung sicherlich ganz recht, daB „die Tiere 
nach Injektion von Zottentrfimmern, aber nicht nach Injektion 
des Filtrates sterben u . 

Wie also durch die Versuche von Lichtenstein die 
placentare Theorie der Anaphylaxie widerlegt worden ist, so 
glaube ich, daB durch meine hier geschilderten Versuche an 
Kaninchen und an Meerschweinchen die theoretische Grund- 
lage fiir die Auffassung der Eklampsie als Ueberempfindlich- 
keitsreaktion gegen fotales EiweiB und placentares EiweiB 
widerlegt ist. Es gibt offenbar keine Ueberempfindlichkeit 
gegen ffitales und placentares EiweiB der gleichen Tierart. 
Sowohl an Kaninchen wie an Meerschweinchen habe ich stets 
gleichbleibende negative Resultate bei meinen Versuchen er- 
zielt. Wenn ich zunachst darauf ausging, die Untersuchungen 
fiber die Giftwirkung von arteigenem und fotalem EiweiB nach- 
zuprflfen, so habe ich im Verlauf der Versuche auch Material 
gegen die Auffassung vom Vorhandensein einer Ueberempfind¬ 
lichkeit gegen arteigenes, placentares EiweiB gewonnen. Ich 
komme hier auf anderem Wege zu einer Uebereinstimmung 
mit Lichtenstein. 

Die rein spekulativ aufgestellte Theorie der Eklampsie 
als anaphylaktische Reaktion gegen arteigenes, fotales Oder 
placentares EiweiB muB endgfiltig fallen gelassen werden. 

Literaturrerzeichnis. 

Besredka, Annales de l’lnst. Pasteur, T. 25, 1909, No. 2; T. 24, 1910. 

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Biedl und Kraus, Wiener klin. Wochenschr., 1909, p. 363 it.; 1910, 
No. lL 


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Erwin Zweifel, 


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Zur Kliirung der fotalen und placentaren Theorie der Eklampsie. 49 


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— Arch. f. Gyn., Bd. 101, 1913, H. 3. 


Zeitschr. f. Immunitltsfortchung. Orif. Bd. 81. 


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E. Weil, 


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Nachdruck verboten. 

[Aus dem Hygienischen Institut der deatschen Universitftt inPrag.j 

Kom plementbin d u ngs rersuche. 

Von E. WeiL 

(Eingegangen bei der Redaktion am 21. Juli 1920.) 

Die Komplementbindungsreaktion gait in mehrfacher 
Hinsicht als ein Prilfstein fQr die Richtigkeit der Ehrlich- 
schen Seitenkettentheorie, da durch sie erwiesen schien, daB 
nicht nur bei der HSmolyse, sondern auch bei jenen Antigen- 
AntikOrperverbindungen, bei welchen eine sichtbare Wirkung 
des Komplementes nicht nachweisbar war, dieses in den Pro- 
zeB eingriff und verschwand. Der Schwund des Komplementes 
wurde von Ehrlich und seiner Schule als Bindung desselben 
an die komplementophile Gruppe des Ambozeptors, der mit 
seiner cytophilen Gruppe an den Zellrezeptor verankert war, 
gedeutet. Die Ansicht, daB die Vorbedingung fiir die Kom- 
plementbindung die Verankerung der beiden haptophoren 
Gruppen des Ambozeptors sei, fand keinen Widerspruch. Die 
Entdeckung der freien Rezeptoren durch Neisser und 
Shiga und die damit gewonnene Erkenntnis, daB die bin- 
denden Gruppen der Bakterien in Losung gehen, spielte so- 
wohl fiir die ErklSrung der Immunkorperwirkung im Reagenz- 
glas, als auch fiir die Entstehung derselben im Organismus eine 
grofie Rolle. Auch bildete die Vorstellung der freien Rezeptoren 
die Grundlage fiir die Komplementbindungsversuche Was ser¬ 
in an ns und seiner Schiiler, die zur Entdeckung der Wasser- 
mannschen Reaktion fiihrten. 

Wir selbst haben im Jahre 1905 den Mechanismus der 
Bakterienextraktwirkung (freie Rezeptoren) einer Analyse 
unterzogen, konnten aber zu unserer groBten Ueberraschung 
haptophore Gruppen in den Extrakten nicht finden. Dahin- 
gegen aber war es uns moglich, den Nachweis zu fiihren, daB 
die gelosten Bakterienstoffe gar nicht mit den bindenden 
Gruppen der Agglutinine reagierten, sondern deren ffillende 
Gruppe zerstorten, die Agglutinine in Agglutinoide uin- 



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Komplementbindungaversuche. 


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wandelten. In einer spateren Untersuchung wurde dann fest- 
gestellt, daB die agglutinationshemraende Wirkung der Bak- 
terienextrakte unspezifisch ist, und daB die Experimente von 
Neisser und Shiga durch eine irrige Beurteilung der 
Versuchsresultate zu dera Begriff der freien Rezeptoren ge- 
fiihrt hatte. Denn die beiden Autoren hatten weder Bindungs- 
noch Spezifitatsversuche angestellt, sondern einfach aus der 
Tatsache, daB Typhusextrakte die agglutinationshemraende 
Wirkung eines alten Typhusimmunserums aufhoben, den SchluB 
gezogen, daB die freien Rezeptoren der Extrakte die Pro- 
agglutinoide des Immunserums verankert und die Agglutinine 
zur Wirkung gebracht haben. Vergegenwartigt man sich aber 
die Versuchsanordnung von Neisser und Shiga, in welcher 
Typhusbacillen, Typhusextrakt und Typhusimmunserum in der 
VerdOnnung 1:10 aufeinanderwirkten, so wird es sofort klar, 
daB das Immunserum den Extrakt ausgeflockt und eine Ag¬ 
glutination vorgetauscht hat. Es ist nicht ohne Interesse, 
darauf hinzuweisen, daB dieser von uns aufgedeckte, ganz 
klar zutage liegende Irrtum von den Anhangern der Theorie 
der freien Rezeptoren noch nicht zur Kenntnis genoramen 
wurde. Die irrige Versuchsanordnung von Neisser und 
Shiga hatte aber noch die irrige Deutung zufolge, daB die 
freien Rezeptoren mit einer groBeren Aviditat zu den Immun- 
kbrpern ausgestattet sind als die fixen, da sie ja bei gleich- 
zeitiger Anwesenheit mit den letzteren die Proagglutinoide 
gebunden hatten, und auch diese Annahme wurde Gemeingut 
der Immunitatslehre. Deshalb stand unsere Feststellung, daB die 
„freien Rezeptoren* bindende Gruppen uberhaupt nicht besitzen, 
in einem derartigen Gegensatz zur herrschenden Anschauung, 
daB wir weitere ausgedehnte Versuche fiir notwendig hielten. 

Am geeignetsten in dieser Hinsicht schien uns die Kom- 
plementbindung, da uns zwei gleichwertige Antigene, der 
Bakterienextrakt und die Vollbakterien zur Verfflgung standen, 
und die Moglichkeit vorlag, die Bindungsfahigkeit beider ge- 
trennt und vergleichend zu priifen. Diese Versuche lieferten 
uns den Beweis, daB in der Mischung Extrakt und Immun¬ 
serum, auch dann, wenn durch Hinzufiigen des Komplementes 
die Komplementbindungsreaktion bereits eingetreten war, eine 
Verankerung zwischen Extrakt und Immunkdrper nicht zu 

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E. Weil, 


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konstatieren war, da die der Mischung hinzugefflgten Voll- 
bakterien die Immunkbrper quantitativ vorfanden und ver- 
ankerten. Der SchluB, den wir aus diesen Versuchen ziehen 
muBten, war der, daB der gelQste Bakterienextrakt, welcher 
sehr stark mit den komplementbindenden Immunkorpern 
reagierte, diese Reaktion vollzog, ohne daB die von der Seiten- 
kettentheorie geforderte Verankerung erfolgte. Dieseibe kam 
erst dann zustande, wenn das Antigen in korpuskul&rer Form, 
als Vollbakterien oder als Extraktprazipitat, vorlag. Sie war 
nicht die Ursache des spezifischen Prozesses, sondern ein 
sekundarer physikalischer Vorgang im Verlaufe desselben. 

Wer unsere Arbeiten liest, der wird ersehen, daB wir 
uns nicht leichtfertig zu diesem die ganze Auffassung der 
Immunitatsreaktionen modifizierenden Schlusse verleiten lieBen, 
daB wir alien Einwanden, die uns moglich schienen, experi- 
mentell zu begegnen suchten und durch unsere Mitarbeiter 
die Experimente in jeder Hinsicht erweitern lieBen. Wir 
wollen jedoch auf alle diese Arbeiten bier nicht eingehen. 

Aber den theoretisch moglichen Einwand, daB namlich 
eine bestehende Extrakt-Immunkorperverankerung durch die 
starkere Aviditat nachtraglich hinzugefiigter Bakterien leicht 
und restlos gesprengt werden kann, suchten wir noch auszu- 
schalten. Dieser Einwurf lieB sicli durch folgende Versuchs- 
anordnung mit aller Sicherheit widerlegen. Eine Emulsion 
von durch Kochen zur Gerinnung gebrachtem Serum ist nach 
den Versuchen von Verf. und Spat befahigt, die EiweiB- 
prazipitine in unspezifischer Weise zu adsorbieren. Da hierbei 
spezifische Aviditaten nicht in Betracht kommen, so muBte 
in dem zur Komplementbindung fiihrenden Serum-Antiserum- 
gemisch, wenn eine spezifische Verankerung statthatte, der 
nachtragliche Zusatz von geronnenem Serum ohne EinfluB sein. 
Aber gerade das Gegenteil war der Fall, denn ebenso wie die 
spezifischen Vollbakterien aus dem Extrakt-Immunserumgemisch 
die komplementbindenden Antikorper, so entfernte das un- 
spezifisch wirkende geronnene Serum aus dem Serum-Anti- 
serumgemisch die Prazipitine quantitativ, ein sicherer Beweis, 
daB in der von uns gewahlten Versuchsanordnung eine Ver¬ 
ankerung zwischen EiweiB und den spezifischen Antikorpern 
nicht bestanden hatte. 



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Komplementbindungsvereuche. 


53 


Unsere Arbeiten haben bei den Anhfingern der Seiten- 
kettentheorie nicht die Diskussion angeregt, die wir erwartet 
haben. Nur H. Sachs hat gelegentlich der Besprechung der 
Komplementbindung im Handbuch von Kolle und Wasser- 
mann (Bd. II, 2) unseren Experimented resp. der Deutung 
derselben eine Reihe von Einwanden entgegengestellt, die wir 
im Nachfolgenden auf ihre Berechtigung priifen wollen. 

Sachs bringt unsere Versuche in Analogic mit den be- 
kannten Feststellungen von Morgenroth und seinen Mit- 
arbeitern, welche gezeigt haben, daB H&molysine, welche 
bereits an Zellrezeptoren gebunden sind, auf unsensibilisierte 
Rezeptoren flberspringen konnen, und zwar um so intensiver, 
je starker die Aviditatsdifferenzen der verschiedenartigen Re¬ 
zeptoren sind. Auf unsere Versuche bezogen, miiBte den an 
den Vollbakterien haftenden Rezeptoren eine ungemein starke, 
den Rezeptoren, welche in Ldsung gegangen sind, eine sehr 
schwache Aviditat zukommen, denn es erfolgt ja in alien 
unseren Versuchen eine vollkommene Desensibilisierung. 
Wir sehen, daB schon hier ein Vergleich mit den Ergebnissen 
Morgenroths nicht moglich ist, da dort eine Desensibili¬ 
sierung nur durch das Gegenspiel ganz verschieden- 
artiger Rezeptoren zustaude kommt. Denn es werden Organ- 
zellen desensibilisiert durch die Rezeptoren homologer Blut- 
korperchen, und selbst in diesen Fallen konnte Morgenroth 
nicht immer mit Bestimmtheit sagen, ob eine Sensibilisierung 
der Organzellen, oder eine unspezifische Adsorption durch 
dieselben vorgelegen hatte. Ein Ueberspringen auf homologe 
Rezeptoren fand jedoch nur in geringem Grade statt, und 
zwar in der Weise, daB bei mehrfacher Sensibilisierung meist 
nur ein einzige lbsende Dosis iibergegangen war. Ein Ver¬ 
gleich mit unseren Resultaten ist ganz unzulassig, da die 
Vollbakterien aus dem Extrakt-Immunserumgemisch stets so 
viel Immunkorper verankerten, als ihrer Bindungskraft ent- 
sprach, und der dem Immunserum beigemischte Extrakt nicht 
anders wirkte als die Kochsalzlosung in den Kontrollen. 

Allerdings hat Morgenroth gezeigt, daB der Ueber- 
springungsversuch um so leichter gelingt, je hoher die Hlimo- 
lysine erhitzt sind, und da in unseren Versuchen das Immun¬ 
serum auf 71° erhitzt werden muBte, so wfire der Einwand 


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E. Weil, 


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mSglich, daB dort die Verhaltnisse ganz besonders gflnstig 
gelegen waren. Allerdings liegen auch Angaben vor, nach 
welchen das Erhitzen gerade eine Avidit&tserhohung von Anti- 
kdrpern bedingen soil. Trotzdem haben wir einen Versuch 
mit unerhitztem Immunserum angestellt und geben in der 
beifolgenden Tabelle das Resultat wieder. 

Tabelle A. 

Extrakt: 1 Agarkultur mit 2 ccm NaCl abgespiilt, 2 Std. auf 60° 
erhitzt, dann klar zentrifugiert. 

Altes Typhusimmunserum, 30 Min. auf 56° erhitzt. In einem Vor- 
versuch wurde festgestellt, dafl das Immunserum nicht prazipitierte; im 
Extrakt-Immunserumgemisch war die Eomplementbindung nach dem Zentri- 
fugieren dee Gemisches ebenso stark positiv wie vor dem Zentrifugieren. 



Extrakt 

Immun- 

serum 

Hamolyse 


0,1 

0,1 

0 

Extrakt + Immun- 

0,1 

0,1 

0,05 

0,025 

0 

0 

serum 

0,1 

o;oi 

0 


0,1 

0,005 

st. 

Extr. + Immunser. 
n. 1 Std. ‘/io Agar¬ 
kultur, Typnusbac., 
dann zentrifugiert 

poo op 

0,1 

0.05 

0,025 

0,01 

0,005 

IT; 

k. 

»» 

NaCl + Immunser. 
n. 1 Std. Typhus, 

! o,i 
o,i 

O 1 

0,1 

0,05 
n 09 r 


dann zentrifugiert ' 
und Extrakt 

0,1 

0,1 

0,01 

0,005 

» 

k 

)1 


Wir sehen auch hier dasselbe Ergebnis wie bei unseren 
fruheren Versuchen mit Cholera; auch ist es gleichgiiltig, ob 
das Immunserum im erhitzten oder unerhitzten Zustand ver- 
wendet wird, denn in beiden Fallen fehlt eine nachweisbare 
Verankerung zwischen komplementbindenden Immunkbrpern 
und gelbstem Antigen. 

Aus alledem geht hervor, daB die Ergebnisse Morgen - 
roths in keinem Falle auf unsere Versuchsanordnung an- 
wendbar sind, ganz abgesehen davon, daB Resultate, die bei 
h&molytischen Ambozeptoren erzielt sind, nicht mit anti- 
bakteriellen Immunkorpern anderer Natur (hier komplement- 
bindende Antikbrper, dort Hamolysine) vergleichbar sind, 


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Komplementbindungsversuche. 


55 


zuraal wir ja wissen, wie die Aviditfitsverhfiltnisse bei ver- 
schiedenartigen Antikorpern differieren. 

DaB ein Ueberspringen von Antikbrpern in unseren 
Versuchen fiberhaupt keine Rolle spielt, glaubten wir damit 
nachzuweisen, daB von den sensibilisierten Bakterien auf den 
unsensibilisierten Extrakt AntikSrper nicht iibergehen. Aller- 
dings tritt hier der Ein wand von Sachs in Kraft, daB ein 
Uebergang infolge der jetzt supponierten grSBeren Aviditfit 
der Rezeptoren der Vollbakterien nicht stattfindet. Dabei 
darf aber nicht vergessen werden, daB die Ehrlichsche 
Schule bis zum Bekanntwerden unserer Versuche genau das 
Gegenteil behauptet hat, woraus wir die Berechtigung zu der 
eben erwfihnten Versuchsanordnung ableiteten. Es ist aber 
klar, daB entsprechend der Grundidee der Ehrlichschen 
Hypothese die Vorstellung, die Rezeptorenaviditfit sei von der 
physikalischen Beschaffenheit des Antigens in so hohem MaBe, 
wie es in unseren Versuchen scheint, abhfingig, keine Berech¬ 
tigung hat, insbesondere aber nicht in dem Sinne, daB zwischen 
den beiden Gruppen des korpuskulfiren und des gelosten 
Antigen eine so kolossale Aviditfitsdifferenz zugunsten des 
ersteren bestehen sollte. Da nach der Anschauung Ehrlichs 
die Bindung zwischen Antigen und Antikorper ein rein 
chemischer Vorgang ist, so ware es unverstfindlich, warum 
das geloste Antigen eine so viel schwfichere Aviditfit haben 
sollte als das ungeloste, warum ein rein physikalisches 
Moment die chemische Aviditfit in einem so stark positiven 
Sinne beeinflussen sollte. Das Umgekehrte, das ja der ur- 
spriinglichen Auffassung entsprach, wfire auch eher faBbar, 
daB ein gelostes Antigen im chemischen Sinne besser wirksam 
sei, als ein korpuskulfires. 

Wir konnten auch nachweisen, daB hinsichtlich der spe- 
zifischen Wirkung der Extrakt den Vollbakterien nicht nach- 
steht, denn bei der gleichzeitigen Anwesenheit von Extrakt, 
Immunkorper und Komplement ging das Komplement zu- 
mindest in demselben, wahrscheinlich aber in viel stfirkerem 
MaBe zum Extrakt, und da der Extrakt Immunkfirper nicht 
bindet, so beweist gerade diese Versuchsanordnung mit aller 
Sicherheit, daB die Bindungskraft des ImmunkSrpers fur das 
Antigen mit seiner Wirkung auf dasselbe in gar keinem Zu- 


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56 


E. Weil, 


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sammenhang steht. Der Einwand von Sachs, daB „bei der 
Reihenfolge der Zusatze (erst Extrakt, dann Immunserum 
and zuletzt Komplement und Bakterien) immerhin eine partielle 
Reaktion zwischen Extrakt, Antikorper und Komplement statt- 
gefunden haben kann, bevor eine starkere Aviditat der Bak¬ 
terien die Verankerung gesprengt hat u trifft aus dem Grunde 
nicht zu, weil es sich hier einerseits nur uni Differenzen von 
Sekunden handelte, und weil andererseits der wesentliche Faktor 
das Komplement ist, welches zuletzt zugesetzt wurde und 
gerade nach der Ansicht von Sachs zum groBten Teil von 
den sensibilisierten Vibrionen hatte verankert werden mussen. 
In Wirklichkeit aber tritt der Extrakt in erster Linie in 
Reaktion, wohl deshalb, weil die spezifischen Stoffe in Losung 
viel besser wirksam sind als im ungelosten Zustande, auch 
wenn sie zur Verankerung nicht befahigt sind. 

Es ist von Interesse, in welcher Weise Sachs unsere 
oben erwahnten Adsorptionsversuche mit geronnenem EiweiB 
deutet. Auch fur Sachs ist es klar, daB hier Aviditatsdiffe- 
renzen keine Rolle spielen konnen; seine Ansicht geht viel- 
mehr dahin, daB aus dem Serum-Antiserumgemisch durch 
das geronnene EiweiB gar nicht der Antikorper entfernt 
wurde, sondern ein sekundar entstandenes „antikomplementar 
wirkendes Agens u , das neben der spezifischen Antigen-Anti- 
korperverbindung wirksam ist. Wenn die Vorstellung von 
Sachs zutreffen wiirde, dann ware eine einfache Erkiarung 
fflr unsere Versuche gefunden, aber gleichzeitig wiirde das 
unserer Argumentation ein schlechtes Zeugnis ausstellen. 
Aber dieser Einwand zeigt uns, daB Sachs leider dasWesen 
unserer diesbeziiglichen Versuche irrtiimlich aufgefaBt hat. 
Denn unsere Versuchsanordnung ging ja gerade darauf aus, 
jene sekundaren komplementbindenden Agentien, die auftreten 
konnten, durch alle erdenklichen Kontrollen auszuschalten, und 
insbesondere bei den Eiweifiadsorptionsversuchen wurde darauf 
ein ganz besonderes Gewicht gelegt Wir zeigten, daB das 
geronnene Serum nur den komplementbindenden Antikorper 
adsorbiert, und daB es nach der Adsorption desselben — weil 
es sich urn einen unspezifischen Vorgang handelt — selbst 
nicht komplementbindend wirkt. Das sekundare 
komplementbindende Produkt hatte jedoch, da es nach der 



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Komplementbindungsversuche. 


57 


Ansicht von Sachs mit dem EiweiBkoagulum entfernt worden 
war, mit diesem zusammen das Komplement binden miissen. 
Da nun aber das komplementbindende Agens sich nicht im 
zentrifugierten Bodensatz findet, und doch aus der tiber- 
stehenden Fliissigkeit verschwunden ist, in der flberstehenden 
Fliissigkeit aber nur der komplementbindende Antikorper 
fehlt, so ist der Ausfall dieser Versuche ganz eindeutig in 
dem Sinne, daft das koagulierte EiweiB ausschlieBlich den 
Antikorper adsorbiert hat. Aus alien diesen Versuchen ergibt 
sich mit zwingender Notwendigkeit der SchluB, daB ein 
spezifischesAufeinanderwirkenzwischen Antigen 
und Antikorper statthaben kann, ohne daB die 
von der Ehrlichschen Theorie geforderte Ver- 
ankerung erfolgt. 

Haben wir im Vorangehenden die Beziehungen des An¬ 
tigens zum Immunkorper auseinandergesetzt, so soil im 
Nachfolgenden von der Wirkung des Komplementes auf sensi- 
bilisierte Blutkorperchen die Rede sein. Nach den fast all- 
gemein geltenden Anschauungen, die unter dem EinfluB der 
Ehrlichschen Theorie stehen, wird die haptophore Gruppe 
des Komplementes von der komplementophilen Gruppe des 
Ambozeptors verankert und gelangt erst dadurch zur 
Wirkung. Diese Vorstellung bereitete jedoch alien jenen 
Autoren, welche unvoreingenommen die Funktion des Komple¬ 
mentes priiften, Schwierigkeiten. Bail war der erste, der 
die experimentell in jeder Hinsicht gestutzte Ansicht SuBerte, 
daB das Komplement bei der Bakteriolyse weder verankert 
noch verbraucht wird, undLiefmann und Cohn haben far 
die H&molyse dieselbe Tatsache festgestellt. Sowohl diese 
beiden Autoren als auch Bail und Suzuki zeigten, daB der 
Koinplementverbrauch bei der Hamolyse nicht durch dieselbe, 
sondern nach derselben erfolgt (von Bail als meth&molytische 
Reaktion bezeichnet). (Die gegen diese Arbeiten von Bordet 
vorgebrachten Einw&nde sind aus dem Grunde nicht zutreffend, 
weil sie dem Unterschied zwischen Kompleraentbindung und 
Komplementwirkung nicht hinreichend Rechnung tragen.) Als 
es durch die Versuche vonFerrata, Brand u. a. gelungen 
war, das Komplement in zwei Anteile zu zerlegen (Mittel- 
und Endstuck), war es naheliegend, zu prBfen, wie sich die 


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E. Weil, 


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beiden Anteile der Bindung gegeniiber verhalten, und als 
Brand feststellen konnte, daB der Globulinteil (Mittelstfick) 
von den sensibilisierten Blutkdrperchen verankert wurde, war 
fflr das Mittelstiick des Koraplementes der Rezeptorencharakter 
gesichert. Aber es zeigte sich bald, daB die Verh&ltnisse nicht 
so leicht mit der Ehrlichschen Theorie in Einklang zu 
bringen waren, da sowohl Braun als auch Liefmann und 
Cohn den Nachweis fiihren konnten, daB einfc Bindung des 
isolierten Mittelstiickes nur dann erfolgte, wenn die Blut- 
kfirperchen exzessiv stark sensibilisiert waren. Liefmann 
und Cohn haben jedoch den naheliegenden SchluB, daB bei 
der HSmolyse weniger stark sensibilisierter Blutkdrperchen 
eine Bindung des Mittelstiickes nicht erfolgt, nicht mit Sicher- 
heit gezogen, sondern sie lieBen die Frage offen, ob bei An- 
wesenheit des Gesamtkompiementes nicht doch die zur H&mo- 
lyse notige Menge des Mittelstiickes verankert werde. Durch 
die Entdeckung der 3. Komponente durch Ritz war eine 
Reihe von weiteren Versuchen in dieser Richtung mdglich. 
Bekanntlich macht das Cobragift das Komplement zur Hamo- 
lyse unfahig, obwohl im Cobraserum Mittel- und Endstflck 
vorhanden sind. Erst durch Zugabe von Meerschweinchen- 
komplement, welches auf 54° erhitzt ist, tritt die HSmolyse 
des Cobraserums wieder auf. Da jedoch die Erhitzung auf 
54° sowohl das Mittel- als auch das Endstiick zerstdrt, so 
muB das Cobragift die Fahigkeit besitzen, jenen Teil des 
Komplementes isoliert zu inaktivieren, welchen das auf 54° 
erhitzte Meerschweinchenserum enthalt, und das ist die 
3. Komponente, welcher der Hauptanteil bei der Losung der 
Blutkorperchen zukommt. Durch diese Feststeliung war nun 
die Mdglichkeit geboten, die BindungsverhSltnisse des Gesamt- 
komplementes, insbesondere aber der 3. Komponente zu stu- 
dieren. Fur uns war die Bearbeitung dieser Frage deshalb 
von Interesse, weil wir Gelegenheit hatten zur Prufung, ob 
die von uns festgestellten Beziehungen zwischen Antigen und 
AntikSrper, die nicht in einer Verankerung zum Ausdruck 
kamen, nicht auch fiir das Komplement GOltigkeit haben. 
Wir konnten nun zeigen, daB rote Blutkorperchen, die mit 
der 2—5-fach losenden Menge des Immunserums sensibilisiert 
und dann durch Komplement aufgeldst waren, nach Erhitzung 



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Komplementbindungsversuche. 


59 


auf 54° die 3. Koraponente vollkomraen intakt enthielten. 
Durch die Verdfinnung des Lfisungsproduktes war sowohl ein 
„Ueberspringen“ des Komplementes von den sensibiiisierten 
Blutkorperchen als auch eine beschleunigende Wirkung des 
Hamoglobins ausgeschaltet. Diese Versuche wurden von 
Thorsch fur die 3. Koraponente des Schweineserums wieder- 
holt, in jeder Hinsicht variiert, auch auf die Normalh&molysine 
angewendet, jedoch nirgends auch nur der geringste Verbrauch 
der 3. Komponente konstatiert. So liefern auch diese Ex- 
perimente einen Beweis ftlr die Richtigkeit der Vorstellung, 
daB ein Stoff, dem der Hauptanteil an der spezi- 
fischen Wirkung zukommt, seine Funktion aus- 
flben kbnne, ohne dabei verankert zu werden. Es 
liegt hier, ebenso wie bei den Immunkorpern eine Analogic 
zur Fermentwirkung vor, und wenn auch Sachs sich dahin 
SuBert, „daB Ehrlich und Morgenroth von Anfang an das 
Kompleraent als fermentartigen Stoff bezeichnet haben, ohne 
sich aber direkt fiir die Fermentnatur auszusprechen“, so war 
diese Ansicht in einem ganz anderen Sinne aufzufassen, denn 
Ehrlich und Morgenroth haben stets an ihrer Grund- 
anschauung festgehalten, daB das Koraplement bei seiner 
Wirkung quantitativ verbraucht wird. 

So sehen wir aus alien diesen Versuchstatsachen, daB 
eine spezifische Wirkung von Immunkorper und Koraplement, 
ohne daB es zu einer Verankerung beider Anteile zu komraen 
braucht, statthaben kann, wodurch die Ehrlichsche Theorie, 
deren Grundgedanke ihr ScbQpfer in dem Satze ausgedruckt 
hat: corpora non agunt nisi fixata, ihrer wichtigsten Stiitze 
beraubt ist. Es liegt niemandem ferner als uns, die groBe 
Errungenschaft der Ehrlichschen Theorie fur die Immunitats- 
lehre in Abrede zu stellen, denn wir konnten uns erst in der 
jtingsten Zeit fiberzeugen, wie groB die Vorteile sind, welche 
die Ehrlichsche Denkweise fflr das Verstfindnis komplizierter 
serologischer Reaktionen bietet (Analyse der Fleckfieber- 
agglutination). Wir leugnen auch nicht, daB an den Zellon 
spezifische Gruppen vorhanden sind, welche rait den korre- 
spondierenden Gruppen der Antigene eine Verankerung ein- 
gehen, und wir haben vorderhand auch keinen Grund, in 
Abrede zu stellen, daB die Verankerung die Vorbedingung 


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60 


E. Weil, 


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ffir die spezifische Wirkung an den Zellen darstellt. Aber wir 
wurden auf Grund unserer und unserer Mitarbeiter Experimente 
zu dem SchluB gedrangt, daB dieselben Zellgruppen, wenn 
ihnen die physikalischen Grundlagen fehlen, ohne verankert 
zu werden, die spezifische Reaktion (Koraplementbindung) 
ausfiben konnen. Fur diese Wirkungsweise kann die Ehr- 
lichsche Theorie eine Erklarung nicht finden. Denn die 
Einwfinde, die Sachs gegen unsere Experimente, die eine 
physikalische Erklfirungsweise des Phanomens versucht haben, 
vorgebracht hat, sind geeignet, unsere Ueberzeugung von der 
Richtigkeit unserer Ansichten sehr zu verstarken. DaB das 
Urteil, welches Sachs fiber unsere Versuche geffillt hat, nicht 
der allgemeinen Auffassung entspricht, beweist der Ausspruch 
Friedemanns fiber den gleichen Gegenstand: „DieWeil- 
schen Versuche greifen an einer so grundlegenden Frage der 
gesamten Immunitfitslehre an, daB sie das groBte Interesse 
und einer recht umfassenden Nachprfifung bedtirfen.“ 

Wenn wir auch auBerstande sind, ffir die Wirkungsweise 
des Immunkorpers auf geloste Antigene eine Erklarung zu 
geben, sondern nur behaupten kfinnen, daB es auBer der Ver- 
ankerung noch eine andere Art des Kontaktes geben muB, 
welche eine physikalische Zustandsanderung der Art hervor- 
ruft, daB es zu einem Komplementschwund kommt, so kann 
doch unsere Feststellung anregend auf die weiter Forschung 
wirken, welche erst dann mit Erfolg einsetzen kann, wenn 
man sich von der Verankerungstheorie frei gemacht hat. Wenn 
wir uns schon zu einer Zeit, wo die meisten Forscher nur 
die sichtbaren Erscheinungen bei den Immunitatsreaktionen 
als tatsachlich existierend angesehen und darauf eine Reihe 
unrichtiger Theorien aufgebaut haben, von der Vorstellung 
leiten lieBen, daB Mediumsveranderungen, die dem Auge ver- 
borgen bleiben, vorhanden sein mfissen und die spezifischen 
Immunitatsreaktionen einleiten, eine Ansicht, die heute ziem- 
lich allgeraein verbreitet ist, so war diese Auffassung auf die 
Deutung unserer oben erwahnten Experimente zurfickzuffihren. 
Der Ansicht von Sachs, daB auch die Annahme einer Me- 
diumsveranderung ffir das Zustandekommen der Komplement- 
bindung ohne Verankerung „wenig gewonnen sein durfte“, 
werden nur jene Autoren zustimmen, auf welche die richtung- 



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Komplemcntbinduugsversuche. 


C»1 


gebenden Arbeiten von Landsteiner,Traube, Zangger, 
Biltz u. a. ohne Eindruck geblieben sind. Im flbrigen hat 
es den Anschein, als ob Sachs in der jilngsten Zeit in diesen 
Fragen eine Wandlung durcbmacben wtirde, da er bezOglich 
des Komplementschwundes bei der Wasser mannschen 
Reaktion physikalische Momente gelten laBt. Allerdings bleibt 
hier immer noch der Ausweg, daB die Was serin an nsche 
Reaktion — unserer Ansicht nach zu Unrecht — nicht als 
eine Antigen-Antikorperreaktion aufgefaBt wird. Aber trotz- 
dem ist darait schon der erste Schritt getan zur Vorstellung, 
daB die Komplementbindung auch bei spezifisch sensibilisierten 
Antigenen durch physikalische Milieuveranderungen verursacht 
wird. Die Vorstellung von Sachs aber, daB die durch den 
Antikbrper bedingte und zur Komplementbindung fiihrende 
MediumsverSnderung auch nach der Entfernung des Anti- 
kdrpers bestehen bleiben muBte, ist jedenfalls irrig. Es ge- 
niigt der Hinweis, daB die einmal eingetretene Agglutination, 
welche sicherlich eine starke Mediumsveranderung bedingt, 
sofort rflckg&ngig gemacht werden kann, wenn man z. B. 
durch Erhitzen das Agglutinin zerstort (Desagglutiuation). 
Es lieBe sich dafur eine groBe Menge von Beispielen anfuhren 
(siehe Traube). Das ist ja gerade das wichtigste Ergebnis 
unserer Versuche, daB die bloBe Anweseuheit des Anti- 
korpers die Milieuveranderung, welche die Komplementbindung 
zur Folge hat, verursacht, und daB der Antikorper so lange durch 
das physikalisch andersartige (korpuskulare) Antigen entfernbar 
ist, bis die Mediumsveranderung einen derartigen Grad er- 
reicht hat, daB sie dem korpuskulSren Antigen gleicht (Pra- 
zipitation) und selbst den Immunkorper verankert. DaB aber 
nicht jede spezifische Ver&nderung des Antigens und auch 
nicht jede zur Veranderung des Mediums fiihrende Anti- 
korperwirkung eine spezifische Inanspruchnahme des Komple- 
mentes hervorruft, werden wir in den nachfolgenden Aus- 
fiihrungen zeigen. 


Die komplementbindenden Antikbrper, die, von Bordet 
und Gengou entdeckt, seither eine vielseitige Bearbeitung 
erfahren haben, erregten in praktischer und theoretischer 


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E. Weil, 


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Hinsicht das Interesse haupts&chlich in dem Sinne, ob sie mit 
einem der bekannten Immunkbrper (Agglutinin, Pr&zipitin, 
Bakteriolysin) identisch sind, oder ob sie neben diesen Immun- 
stoffen eine Sonderexistenz fflhren. Eine Reihe von Autoren, 
welche dieser Frage ihr Augenmerk zugewendet haben, und in 
vielen Fallen einen Parallelismus derselben mit den Aggutininen 
resp. Prazipitinen sahen, identifizierten sie mit diesen. Da 
aber andererseits oft auch eine Diskrepanz beider zu konsta- 
stieren war, so schien dieser SchluB nicht vollkommen ge- 
rechtfertigt, so daB bis heute diese Frage als unentschieden 
gilt. Unsere Versuche, die sich in einer anderen Richtung 
bewegen, beriihren jedoch auch, wie wir spater sehen werden, 
diesen Teil der Frage. In der Arbeit von Verf. und Felix 
fiber die Doppelnatur der Rezeptoren in der Typhus-Para- 
typhusgruppe waren auch einige Koinplementbindungsversuche 
angestellt worden, welche das iiberraschende Resultat ergeben 
hatten, daB die von stabilen Rezeptoren erzeugten klein- 
flockenden Agglutinine in auffallender Weise mit der kom- 
plementbindenden Fahigkeit des Immunseruins parallel gingen, 
wahrend fur die groBHockenden Agglutinine dies nicht zutraf. 
Von dieser Beobachtung nahmen die nachfolgenden Experi- 
mente ihren Ausgang. Technisch war die Entscheidung dieser 
Frage aus dem Grunde leicht zu fiihren, weil wir im AnschluB 
an die Feststellung von H. Sachs, welcher die Thermolabilitat 
der H-Rezeptoren in der Proteusgruppe nachgewiesen hat, 
durch Erhitzung der Bakterien (auf 100°) die labilen Rezep¬ 
toren nahezu vollstandig zersttfren konnten, so daB beim 
Bindungsversuch ausschlieBlich die stabilen Rezeptoren wirkten, 
die kleinflockenden Agglutinine verankerten und die groB- 
flockenden nahezu intakt lieBen. 

Bei den Erschopfungsversuchen haben wir auf folgenden Umatand 
einen besonderen Wert gelegt: Wie wir friiher gezeigt haben, wirken ina- 
besondere Extrakte aus Typhusbacillen in unspezifischer Weise zerstorend 
auf die fallende Gruppe der Agglutinine, die sie in Agglutinoide um- 
wandeln. Verwendet man zur Bindung die gesamte erhitzte Bakterien- 
emulsion, so wirken neben den Bakterienleibern auch die Extraktstoffe auf 
die Agglutinine und konnen sie in unspezifischer Weise zerstoren. Des- 
halb wurden in alien unseren Versuchen die Emulsionen zentrifugiert, der 
uberstehende Extrakt vollkommen entfernt, der Ruckstand eventuell noch- 
mals gewaschen und erst dann zum Binduugsversuche verwendet Durch 



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E. Weil, 


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Wir entnehmen diesem Versuche, daB die Abschw&chung 
der Komplementbindung in nahezu gleicher Weise erfolgt, ob 
die Behandlung mit Typhus 60 0 oder Typhus 100 0 vorgenommen 
wurde. Das, was die beiden Emulsionen in gleicher Weise 
erschopfen, sind die kleinflockenden Agglutinine, wahrend die 
groBflockenden durch Typhus 100° Uberhaupt nicht, durch 
Typhus 60° aber aucli nur in geringem Grade gebunden werden. 

Tabelle H. 

Erschdpfung: 3 ccm der Verdiinnung 1:100 dee Immunserums 1 
von Typhus werden mit je ‘/» Kolleschale von Ty 901, die 45 Minuten 
auf 60°, resp. 2 Stunden auf 100° erhitzt wurden, behandelt. 

Antigen: Angewendete Menge 0,1 der Aufschwemmung von Ty 901. 


Serum- 

verdiin- 

nungen 

Beh. 

mit Ty 58“ 

Beh. mit Ty 100° 

Uubehandclt 

Kompl.- 

Bindg. 

Agglut. 

Kompl.- 

Bindg. 

Agglut. 

Kompl.- 

Binag. 

Agglut. 

0,005 

1 o 

+ + 4- gr.u.kl. 

0 

iliW 

0 

+ + + 


0,0025 

Spch. 

+ + gr.u.kl.? 

0 

0 

+ + + 


0,001 

k. 

— 

Spch. 

0 

+ + + 

gr.u. 

00005 


— 

s. st. 

+ + gr. 

0 

+ + + 

kl. 

0,0001 


— 

k. 

4- + » 

0 

+ + + 


0.00005 

») 

— 


+ + » 

0 

I + + +J 



Serumkontrolle: 0,005 des mit Ty 100° erschopften Immunserums 
ist durch die Behandlung selbsthemmend geworden. 


Der im Vorangehenden mitgeteilte Versuch zeigt wiederum 
eine starke Erschbpfung der komplementbindenden AntikOrper 
durch beide Bakterienemulsionen. Die geringere Bindung 
durch die auf 100° erhitzten Bakterien ist zum Teil darauf 
zurtickzufilhren, daB das Immunserum selbsthemmend ge¬ 
worden ist. Bezflglich der Erschopfung der Agglutinine zeigt 
aber dieser Versuch ein volliges Intaktbleiben der groBflocken¬ 
den durch die 100°-Bakterien, wahrend Typhus 60° diese 
nahezu vollstandig verankert. Die kleinflockenden Agglutinine 
aber werden von beiden Bakterienemulsionen in gleicher Weise 
stark gebunden. 

So laBt sich aus diesen beiden Versuchen, die mit mehreren 
anderen hier nicht wiedergegebenen vollkommen iibereinstimmen, 
der SchluB ziehen, daB die kleinflockenden Aggluti¬ 
nine mit den komplementbindenden Antikorpern 


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Kornplementbindungsversuche. 


65 


in auffallender Weise Gbereinstimmen, w&hrend die 
groBflockenden diesen Parallelismus nicht aufweisen. 

Tabelle III. 

Erschfipfung: 3 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums von 
Paratyphus B mit je 7* Kolleschale von Paratyphus B, die 45 Minuten 
auf 60° und 2 Stunden auf 100° erhitzt wurden, behandelt 

Antigen: Angewendete Menge 0,1 von der Aufschwemmung von B 2. 


Serum- 

verdtin- 

nungen 

Beh. 

mit Ty 60° 

Beh. mit Ty 100° 

Unbehandelt 

Kompl.- 

Binag. 

Agglut. 

Kompl.- 

Binag. 

Agglut. 

Kompl.- 

Binag. 

Agglut. 

0,01 

o 

+ + ±gr.u.kl. 

0 

+ + ±lgr. u. 

0 

+ + +) 


0,005 

Sp. 

+ + gr. 

Sp. 

+ + ±j kl. 

o 

+ + + | 

gr.u. 

0,0025 

m. 

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0 

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0,0001 

ft 1 


k. 

+ + i> 

st. 

+ + 

ft 


Serumkontrolle: 0,01 des mit B 100° erschopften Immunserums ist 
durch die Bebandiung selbsthemmend geworden. 


Der vorangehende Versuch, mit einem Immunserum von 
Paratyphus B angestellt, zeigt im Prinzip dasselbe Resultat, 
wenn auch die Abschw&chung durch die Bakterienbehandlung 
keine sehr starke ist. Immerhin aber binden die B 100° 
mindestens 4 /s der komplementbindenden Antikorper. 


TabeUe IV. 

Erschopfung: 2 ccm 1:10 des Immunserums von Paratyphus A mit 
je V, Kolleschale von A 7* Stunde auf 60° und l 1 /, Stunde auf 100° be¬ 
handelt. 

Antigen: Angewendete Menge 0,1 der 100°- und 60°-Aufschwemmung. 
In diesem Versuche wird die Komplementbindung auch mit der auf 100° 
erhitzten Aufschwemmung als Antigen ausgefiihrt. 


Serum- 

verdiin- 

nungen 

Beh. mit A 60° 

Beh. 

mit A 100° 

Unbehandelt 

A 

60° | 

A 100° 

A 60° 

A 100° 

A 60° | 

A 100° 

K. | 

Aggl. 

K. 

K. 

Aggl- 

K. 

K. 

Aggl. 

K. 

0,02 

m. 

+ + 

m. 

Sp. 

+ + ± 

w. 

0 

+ + + 

0 

0,01 

0,005 

f.k. 

+ + 

f.k. 

f.k. 

+ + ± 

f.k. 

0 

+ + + 

0 

k. 


k. 

k. 

+ + ± 

k. 

0 

+ + + 

0 

0,0025 


— 



+ + + 


0 

+ + + 

0 

0,001 


— 



+ + + 


f.k. 

+ + + 

f.k. 

0,0001 


. 



+ 



+ + 

• 

ZolUchr. f. ImmuDiUUfor»chun«. Orig. Bd. SI. 



5 



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URBANA-CHAMPAIGN 



66 


E. Weil, 


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Dahingegen ergibt der vorangehende Versuch, der mit 
einem Kaninchenimmunserum von Paratyphus A angestellt 
wurde, wieder ein vollkommen eindeutiges Resultat. Hier 
wurde nicht nur die Erschopfung, sondern auch die Kom- 
plementbindung mit A 100° vorgenommen, mit dem Resultate, 
daB die 100°-Bakterien genau in derselben Weise wie die auf 
60° erhitzten die komplementbindenden Antikorper verankert 
haben, und die ihrer labilen Rezeptoren beraubten gekochten 
Bakterien quantitativ in derselben Weise Komplement binden, 
wie die auf 60° erhitzten Bakterien. Die groBflockenden Ag- 
glutinine aber bleiben nach der Behandlung mit A 100° un- 
versehrt und werden von A 60° vollkommen gebunden. Eine 
Wirkung der groBflockenden Agglutinine fur die Komplement- 
bindung ist hier iiberhaupt nicht zu konstatieren. 

Wahrend in den vorangehenden Versuchen die labilen 
Rezeptoren durch Erhitzen auf 100° zerstort wurden, wodurch 
ein Vergleich der isolierten groBflockenden Agglutinine mit 
den komplementbindenden Antikorpern moglich war, wurde 
in den nachfolgenden Experimenten die Erschopfung der 
Immunsera mit einem Keim vorgenommen, welchein die labilen 
Rezeptoren von vornherein fehlten. Wie die Untersuchungen 
von Verf. und Felix gezeigt haben, besitzen Typhus- und 
Gkrtnerbacillen gemeinsame stabile Hauptrezeptoren und unter- 
scheiden sich nur durch die verschiedenen labilen Rezeptoren 
resp. groBflockenden Agglutinine. Dieser Nachweis war da- 
durch erbracht worden, dafl Typhusimmunsera, die mit Gartner- 
bacillen und G&rtnerimmunsera, die mit Typhusbacillen be- 
handelt waren, nur die kleinflockenden Agglutinine verloren 
haben. Dieselben Versuche, auf Komplementbindung tiber- 
tragen, muBten, wenn die komplementbindenden Antikorper 
in erster Linie mit den kleinflockenden Agglutininen parallel 
gehen, ergeben, daB Typhus- Oder G&rtnerimmunsera mit den 
heterologen Bakterienst&mmen erschbpft, auch ihrer komplement¬ 
bindenden Fahigkeit beraubt werden. (Siehe Tabelle V.) 

Dieser Versuch (p. 67) ergibt das klare Resultat, daB der 
G&rtnerbacillus dem Typhusimmunserum seine komplement- 
bindende Kraft und gleichzeitig seine kleinflockenden Agglu¬ 
tinine nimmt, wtlhrend er die groBflockenden Agglutinine 
nicht angreift. 


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URBANA-CHAMPAIGN _ 



Komplementbindungsvereuehe. 


67 


Tabelle V. 


Erechopfung: 2 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums 1 von 
Ty werden mit */, Kolieschale von Gartnerbacillen behandelt. 

Antigen: Angewendete Menge 0,1 von Typhus und Gartner. 


Serum- 

verdiin- 

nungen 




Unbehandelt 


Ty 901 


G 2 


Ty 901 


G 2 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,005 

0 

+ + + gr. u.kl. 

0 

+ + kl. 

0 

+ + + , 

+ + + gr.u.kl. 
+ + + ’ 

0 

+ + + kl. 

0,0025 

Sp. 

+ + ± gr. 

w. 

+ 11 

0 

0 

+ + + ,i 

0,001 

k. 

+ + ± i, 

k. 


0 

0 

+ + + ii 

0,0005 


+ + ± » 


— 

0 

0 

+ + + ii 

0,00025 


+ + ± i) 

„ 

— 

0 

+ + ±l gr. u. 

0 

+ + + „ 

0,0001 

11 

+ + 11 

11 

— 

0 

+ + ±| kl.? 

0 

+ + i n 


Im folgenden Versuche wurde das Typhusimmunserum 
vergleichend mit Typhus- und Gartnerbacillen behandelt. 

Tabelle VI. 

Erschopfung: 3,5 ccm der Verdiinnung 1:50 des Immunserums 1 
von Ty werden mit je 3 Agarkulturen von Ty 901 und Gartner (G 2) 
behandelt. 


Antigen: Angewendete Menge von Ty 0,15 von G 0,1. 


Serum- 
verdiin- 
nungen | 

Behandelt mit Typhus 

Behandelt mit Gartner 


Unbehandelt 


Ty 901 


G 2 

Ty 901 


G 2 


Ty 901 



G 2 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Aggl. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,005 

0 

+ + + | gr 
+ + + lu 

++±|ki? 

+ + i' • 

Sp. 

+ + ± kl. 

0 


Sp. 

+ kl. 

0 

+ + + 


0 

+ + + kl. 

0,0025 

Sp. 

>J 


0 

+ + +lu 


— 

0 

+ + + 

gr- 

0 

+ + 4- f9 

0,001 

>» 

k. 

— 

Sp. 

+++ ki 

m. 

_ 

o 

+ + + 

'll. 

0 

4* ++ 

0,0005 

W. 


— 

m. 

+ + + Jkl- 

k. 

— 

0 

+ + + 

kl. 

0 

4-4-4- v 

0,00025 

8t. 

+ + gr. 


— 

s.st. 

+ + ± gr. 


— 

0 

+ + + 


o 

+ + .. 

0,0001 

k. 

+ + 1 > 


— 

k. 

+ 4- ,i 


— 

0 

+ + lgr. u. 

m. 

— 

0,00005 






+ + » 


— 

0 

+ + I kl.? 

k. 

— 

0,000025 

>» 

— 


— 



J > 

— 

Sp. 

— 


11 

— 

0.00001 

•• 

— 


— 


— 

»» 

— 

w. 

— 


11 

— 


Dieser Versuch ergibt neben der sonstigen Ueberein- 
stimmung mit dem vorangehenden das Resultat, daB nicht nur 
die Gartnerbacillen, sondern aucli die Typhusbacillen die kom- 
plementbindenden Stoffe fur Gartner etwas starker binden als 
die fur Typhus. Dies hangt in erster Linie damit zusammen, 
daB das Typhusimmunserum auf Typhus deutlich starker kom- 
plementbindend wirkt, als auf Gartner. DaB jedoch daraus 
nicht auf eine Verschiedenheit der komplementbindenden Anti- 
korper fflr beide geschlossen werden kann, lehrt der folgende 
Versuch. 

5* 


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68 


E. Weil, 


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Tabelle VII. 

Erschfipfung: 1,5 ccm der Verdiinnung 1:10 des Immunserums 
Gartner wird mit je */, Kolleschale Ty 901 zweimal hintereinander be- 
handelt. 

Antigen: Angewendete Menge 0,15 Ty 901 und G 2. 


Serum- 

verdun- 

nungen 


Mit Ty behandelt 


Unbehandelt 

Ty 901 


G 2 

Ty 901 


G 2 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,005 

0 


0 

+ + ± gr.u.kl. 

0 

+ + + kl. 

0 

+ + + 1 

+ + + gr.u.kl. 

+ + + I 

0,0025 

St. 

— 

st 

+ + ± gr. 

0 

+ + + ii 

0 

0,001 

k. 

— 

k. 

+ + ± ii 

0 

+ + + „ 

0 

0.0005 

tt 

— 


+ + ii 

0 

+ + + ii 

0 

+ + ±gr.u.kl.? 

0,00025 


— 


+ + yy 

0 

— 

st 

+ + gr. 

0,0001 

it 

— 

it 


m. 

— 

k. 

+ ft 


Denn wir entnehmen daraus, daB auch das Gartnerimmun- 
serum mit Typhusbacillen starker Komplement bindet, als mit 
dem homologen Stamm, was nur darauf zurQckgefiihrt werden 
kann, daB die hier verwendeten Typhusbacillen ftir Kom- 
plementbindung empfindlicher sind als Gartnerbacillen, nicht 
aber darauf, daB spezifische Differenzen eine Rolle spielen. 
Sonst stimmt dieser Versuch mit dem fruheren iiberein, da 
Gartnerbacillen die Komplementbindung des Gartnerimmun- 
serums in derselben Weise gegen Typhus wie gegen den 
homologen Stamm abschwachen. Auf die Wiedergabe einer 
Reihe gleichartiger Versuche, die alle zu demselben Ergebnis 
gefflhrt haben, verzichten wir. 

Die aus den vorangehenden Versuchen sich ergebende, 
nahezu vollkommene Uebereinstimmung der kleinflockenden 
Agglutinine mit den komplementbindenden Antikorpern konnte 
noch von einem anderen Gesichtspunkte auf ihre Richtigkeit 
gepriift werden. Nach den Beobachtungen von Verf. und 
Felix schwinden aus agglutinierenden Immunseren, welche 
klein- und groBflockende Agglutinine enthalten, die ersteren 
viel friiber als die letzteren, insbesondere dann, wenn die 
Immunsera ihre Sterilitat verloren haben. Alte, kaufliche 
Immunsera der Typhus-Paratyphusgruppe besitzen bei voller 
Intaktheit der groBflockenden Agglutinine die kleinflockenden 
oft nur in Spuren. Diese schienen zu unserer Untersuchung 
geeignet, denn sie muBten trotz starker Agglutination der 
komplementbindenden Kraft verlustig geworden sein, oder sie 



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Komplementbindungaversuche. 


69 


nur in einera Grade besitzen, die zur Starke der Agglutination in 
keinem Verhaltnis steht. 


Tabelle VIII. 

Ty Immunsera 1 ein selbsthergestelltes frisches Immunserum. 
Ty Immunsera 3 und 6 alte kaufliche Immunsera. 

Antigenmenge: 0,15 von Ty 901. 


Serum - 
verdiin- 
nungen 

Ty-Immunserum 1 

Ty-Immunserum 3 

Ty-Immunserum 6 

K. 

Agglutination 

K. 

Agglutination 

K. 

Agglutination 

Ty 901 


Q 2 

Ty 901 

i—1 

3 

G 2 

Ty 901 


G 2 

0,02 

0 



. 

m. 

+ + + 

I gr- 

+ 4- kl. 

0 

+ + + 

1 

+ ++ kl. 

0,01 

0 

. 


+ + + kl. 

k. 

+ + + 

f u ‘ 

4- n 

0 

+ + + 

gr- 

+ + + ,, 

0,005 

0 



+ + + >, 

n 

+ + + 

f kl.? 


0 

+ + + 

u- 

+ + + „ 

0,0025 

0 

. 


+ + + >i 

II 

+ + 

gr- 

— 

0 

+ + + 

kl. 

+ + + n 

0,001 

o 

+ + +1 


+ + + ,> 


+ + 

II 

— 

w. 

+ + + 

) 

+ + + „ 

0,0005 

0 

+ + + 

gr. 

+ + + ,, 


+ + 

II 


k. 

+ + 

gr- 

+ + >i 

0,00025 

0 

+ + + 

u. 

+ + ,i 


+ + 

«l 


II 

+ + 

II 


0,0001 

0 

+ + + 

kl. 



+ + 

|| 



+ + 

II 

— 

0,00005 

0 

+ + + 




+ + 

II 


a 

+ + 


. 

0,000025 

Sp. 

+ + gr- 

. 


+ + 

II 


. 

+ + 

II 

• 

0.00001 

w. 

+ + 

»* 

• 


+ 4- 

l» 


. 

+ + 

II 

• 


Wenn wir in dieser Hinsicht die drei vorangehend rait- 
geteilten Typhusimmunsera vergleichen, so finden wir bei alien 
eine auBerordentlich starke Agglutination, die einen Titer von 
1:100000 und darflber aufweist, und doch verhalten sie sich 
betreffs der Komplementbindung absolut verschieden, da 
Immunserum 1 bis 1:100 000, Typhusimraunserum 6 bis 1:1000 
und Typhusimmunserum 3 nur schwach bei 1:50 Komplement 
bindet. Wahrend bei letzterem kleinflockende Agglutinine bei- 
nahe vollig feblen, sind sie bei den beiden anderen Immun- 
seren, wie die Titration mit G&rtner zeigt, vorhanden. 

Von Interresse ist auch das Uebergreifen der beiden 
komplementbindenden Immunsera auf Paratyphus A und B. 

Tabelle IX. 


Antigenmenge: 0,1 von A und B. 


Serum- 

verdiin- 

nungen 

Ty-Immunserum 1 

Ty-Immunserum 6 

Paraty A 

Paraty B 

Paraty A 

Paraty B 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,01 

0 

+ + + kl. 

0 

+ + + kl. 

0 

+ + + kl. 

0 

+ + + kl. 

0,005 

0 

+ + + ,, 

0 

+ + + „ 

0 

+ + + „ 

8p. 

+ + + » 

0.0025 

0 

+ + + ,, 

0 

+++ ., 

m. 

+ || 

m. 

4-4- ii 

0,001 

0 

4-4- n 

0 

+ + + » 

f.k. 


f.k. 

+ 

0,0005 

Sp. 

4: II 

w. 

+ + » 

k. 

— 

k. 

— 


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URBANA-CHAMPAIGN 















70 


E. Weil, 


Wie dieser Versuch zeigt, geht die Komplementbindung 
und kleinflockende Agglutination hier parallel. 

Vollkommen analog den Typhusimmuuseren verhalten sich 
die nachfolgenden G&rtnerimmunsera. 

Tabelle X. 


Gartner-Immunserum 35 ist ein selbsthergestelltes, Immunsera Gart¬ 
ner 27 und 28 aind alte kaufliche. 

Antigenmenge: 0,15 von Ty 901 und G 2. 


Serum- 
verdun- 
nungen 

Gartner-Immunserum 35 

Gartn.-Immuns. 27 

Gartner-Immunserum 28 


G 2 



Ty 901 


G 2 

Ty 901 


G 2 

Ty 901 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

AggL 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut 

0,01 

0 

+ + + 


0 

+ + + kl. 

k. 

+ + gr. 

— 

0 

+ + + gr.u. 
kl. 

+ + gr. 

0 

+ + + kl. 

0,005 

0 

+ + + 

gr. 

0 

+ + + „ 

11 

4 " 4 " 11 

_ 

W. 

0 

+ + + i. 

0,0025 

0 

+ + + 

kl. 

0 

+ + + » 


+ + 11 

— 

f.k. 

4 - 4 - ii 

0 

+ + + 

0,001 

0 

+ + + 

0 

+ + + „ 


+ 11 

— 

k. 

4 - 

w. 

+ + + ii 

0,0005 

Bp. 

+ + + 


0 

+ + + » 


4 - ii 

. 


4 - ii 

k. 

+ + + ii 

0,00025 

k. 

+ + 

gr- 

Sp. 

+ + + II 


+ a 

. 


4 - ii 

11 

11 

0,0001 

H 

4 * + 

11 

W. 

+ + „ 

11 

4 - ii 

• 

• 

+ » 


• 


Immunserum 35 wirkt stark komplementbindend auf 
G&rtner und noch starker auf Typhus, was sich auch in der 
kleinflockigen Agglutination auBert, ebenso verhalt sich Immun¬ 
serum 28. Immunserum 27, welches auf Typhus iiberhaupt 
nicht kleinflockig agglutinierend wirkt, bindet weder mit Typhus- 
noch mit Gartnerkomplement, obwohl letzterer bis 1 :10000 
groBflockig agglutiniert wird. 

Tabelle XI. 

Samtliche Immunsera sind alte kaufliche Sera von Paraty A (resp. B). 

Antigenmenge: 0,15 bei alien Stammen. 


a s 3 
11 % 

I.S. A 19 

I.S. A P 

I.S. A a 

I.S. A 2 

I.S. Para B 4 


K. 

Agglut. 

£ 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,02 

k. 

+ + ± gr. 

k. 

+ +i gr. 

k. 

+ + ± gr. 

k. 

4-4-i gr. 

k. 

4-4-4: gT. 

0,01 

11 

+ + i ii 

11 

+ + ± ii 

11 

+ + ± „ 

11 

4- 4- ±. ii 

11 

4- + 4: ii 

0,005 

11 

+ + ± „ 

11 

+ + ± ii 

11 

+ + ± „ 

11 

4- 4-4: ii 

11 

4-4- ft 

0,001 

11 

+ + ± „ 

11 

+ + ± „ 

11 

+ + ,, 

11 

4-4- ii 

11 

4-4- ii 

0.0005 

»» 

+ + i ,, 

11 

+ + ± ii 

>• 

4-4- ii 

11 

4-4- ii 

11 

4-4- ?i 

0,00005 


Agglutination nicht 


4-4- ii 

' 

4-4- ii 


4- 4- !? 

0,00025 


weiter untersucht 

• 

++ ,, 


4-4- 


+ + ii 


Die vorangehenden 4 Immunsera von Paratyphus A und 
ein Immunserum von Paratyphus B, die ausnahraslos sehr 


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Komplementbindungsversuche. 


71 


stark, allerdings nur groBflockig agglutinierend wirken, lassen 
eine Komplementbindung selbst in der starken Konzentration 
von 1:50 nicht erkennen. 

Wir wollten uns noch uberzeugen, ob nicht das Altern 
der Sera allein die Ursache darstellt, warum die komplement- 
bindende Kraft verloren geht und nicht der Verlust der klein- 
flockenden Agglutinine. Wir haben deshalb jene Immunsera, 
die in der Arbeit von Verf. und Felix genauer beschrieben 
sind und zur Zeit der jetzigen Prufung monatelang ini Dunkeln 
aufbewahrt und klar geblieben waren, gepruft. Gleichzeitig 
wurde in diesem Versuche die in Tabelle X und XI an- 
gefuhrten Sera einer nochrnaligen Untersuchung unterzogen, 
um ein moglichst groBes Vergleichsobjekt zu besitzen (siehe 
Tabelle XII auf p. 72). 

Dieser Versuch zeigt, daB bei alien Seren, bei welchen 
die kleinflockenden Agglutinine noch erhalten waren, auch die 
Komplementbindung vorhanden ist (Immunserum 28, 29, 30), 
bei jenen aber, deren kleinflockende Agglutinine zugrunde ge- 
gangen waren (Immunserum 31, 32), auch die Komplement¬ 
bindung fehlt, ebenso wie bei jenen Immunseren, deren Prii- 
fung hier wiederholt wurde. Auffallend und zunfichst unver- 
standlich ist die Tatsache, daB die Typhusimmunsera 29 und 30 
bei starker Komplementbindung mit dem homologen Stamm 
mit GSrtner unwirksam sind. Dies wurde mit unserer An- 
sicht, daB die kompleinentbindenden Antikorper mit den klein¬ 
flockenden Agglutininen, welche nach den Feststellungen von 
Verf. und Felix bei Typhus und Gartner identisch sind, 
parallel gehen, im Widerspruch stehen. Aber wir sahen be- 
reits, daB ein alteres G&rtnerimmunserum 28 (Tabelle X) mit 
Typhus 5-fach starker Komplement bindet, als mit dem eigenen 
Stamm, und auch aus friiheren Versuchen geht dieselbe Tat¬ 
sache hervor. Es braucht also der Umstand, daB ein Typhus- 
immunserum mit Gartner nicht Komplement bindet, nicht gegen 
die Identitat der komplementbindenden Antikorper beider zu 
sprechen, sondern kann in der mehrfach erwahnten besseren 
Eignung des Typhus zur Komplementbindung liegen. Wir 
kommen spater noch auf diese Erscheinung zuriick. DaB 
Typhusbacillen hier viel starker kleinflockig agglutiniert werden 
als Gartner, hangt mit der auBerordentlich starken Empfind- 


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72 


E. Weil 


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Tabelle XU. 
























Komplementbindungsversuche. 


73 


lichkeit dieses Typhusstammes gegenfiber den kleinflockenden 
Agglutininen zusaramen (siehe die Arbeit von Verf. und 
Felix). 

Wie die mehrfach erwahnten Untersuchungen von Verf. 
und Felix ergeben haben, sind die Mitagglutinine, von ver- 
einzelten Ausnahmen abgesehen, kleinflockend, und es war zu 
erwarten, daC die Kompleraentbindung in dem MaBe, als Mit¬ 
agglutinine vorhanden sind, auf die verwandten Bakterienarten 
flbergreift. Urn dies festzustellen, wurden Immunsera der 
Typhus-Paratyphusgruppe erzeugt (durch 3malige intravenose 
Injektion einer Oese auf 60° erhitzter Bakterien) und die 
Natur der Agglutinine und die Komplementbindung ver- 
gleichend gepruft. In diesen Versuchen wurden die zur Kom¬ 
plementbindung benutzten Emulsionen lebend untersucht, urn 
sie derselben Beeinflussung durch das Immunserum auszu- 
setzen wie die zur Agglutination verwendete Aufschwemmung 
(siehe Tabelle XIII auf p. 74). 

Dieser Versuch zeigt zun&chst hinsichtlich der Komple¬ 
mentbindung die starke Mitreaktion des Typhus nicht nur mit 
G&rtnerimmunserum, was ja im Hinblick auf die supponierte 
Identitat der komplementbindenden Antikbrper beider nicht 
wundernimmt, sondern auch mit A, B und p, die so stark ist, 
daB eine Differenzierung gegeniiber den betreffenden homo- 
logen Stammen nicht moglich ware. Die besondere Eignung 
des Typhus ffir Komplementbindung ist der Grund hierfilr. 
Bei den tibrigen Stammen ist ein Uebergreifen der Komple¬ 
mentbindung viel weniger Oder gar nicht vorhanden. Aber 
der Vergleich mit der kleinflockenden Agglutination beweist 
wieder mit aller Klarheit, wie weitgehend die Uebereinstimraung 
derselben mit der Komplementbindung ist. Die Agglutination 
stellt in der Typhus-Paratyphusgruppe ein viel geeigneteres 
Reagens dar, um die einzelnen Bakterienarten zu unter- 
scheiden, was aus dem Grunde verstandlich ist, weil hier die 
groBflockenden Agglutinine mit den spezifischen labilen Re- 
zeptoren reagieren, welche einerseits auf die verwandten 
Bakterienarten nicht iibergreifen, andererseits fur die Komple¬ 
mentbindung nur eine unwesentliche Rolle spielen. Das 
Uebergreifen der groBflockenden Agglutinine von B auf ge- 
wisse (3-Stamme, sowie das ausnahmsweise Vorhandensein 


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74 


E. Weil 


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Kompleraentbindungsversuche. 75 

derselben fur A und Typhus ist aus den Arbeiten von Verf. 
und Felix bekannt. 

Die Doppelnatur der Rezeptoren und Agglutinine wurde 
bekanutlich von Verf. und Felix anlaBlich der serologischen 
Analyse des Fleckfieberserums und der X-Stamme gefunden. 
Es war von Interesse, festzustellen, ob auch liier zwischen 
Komplementbindung und Agglutination dieselben Beziehungen 
bestehen wie in der Typhusgruppe. Die Untersuchung muBtc 
hier deshalb zu einem klaren Ergebnis ftihren, weil durch die 
Ziichtung der O-Formen die isolierte Prufung der groB- und 
kleinflockenden Agglutinine und der entsprechenden Rezep¬ 
toren leicht durchfuhrbar ist. Denn die Proteusgruppe III 
besitzt gegenuber den Immunseren der X-Stamme nur die 
H-(labilen)Rezeptoren und in den O-Immunseren und den 
O-Formen der X-Starame ist die isolierte Prufung der klein- 
fiockenden (O-)Agglutinine moglich. AuBerdem ist hier vor 
allem die sichere Entscheidung zu treffen, ob die den labilen 
Rezeptoren entsprechenden Antikorper flberhaupt einen Anteil 
an der Komplementbindung haben, da die O-Immunsera der 
X-Stamme gegenilber der Proteusgruppe III Agglutinine 
ilberhaupt nicht besitzen, die H-Immunsera jedoch die groB- 
flockenden Agglutinine in derselben Starke aufweisen wie 
gegenuber den homologen Stammen. (Siehe Tabelle XIV 
auf p. 76.) 

Wir entnehmen diesen Versuchen, daB die O-Immunsera 
der X-Stamme mit den unspezifischen Proteusstammen der 
Gruppe III auch in den starksten Konzentrationen keine 
Komplementbindung geben, daB jedoch die H-Immunsera mit 
den unspezifischen Stammen ganz schwach Komplement binden. 
Die groBflockige Agglutination geht allerdings mit diesen 
Stammen bis zur Titergrenze. Daraus kann der SchluB ge- 
zogen werden, daB in der Proteusgruppe den den labilen 
Rezeptoren entsprechenden Antikorpern unter Umstanden 
(loch eine geringgradige komplementbindende Wirkung zu- 
kommen kann, die jedoch praktisch gegenuber der starken 
komplementbindenden Kraft durch die von den stabilen Re¬ 
zeptoren erzeugten Antikorper von ganz untergeordneter Bedeu- 
tung ist. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daB auch in der 
Typhus-Paratyphusgruppe, wo die Verhaitnisse nicht so ein- 


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76 


E. Weil, 


0,01 

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Tabelle XIV. 

Antigenmenge: 0,15 fur alle Stamme. 











Komplementbindungsversuche. 


77 


wandfrei analysierbar sind, analoge Verh&ltnisse vorliegen. 
Das Uebergreifen der Komplementbindung von OX 19 - und 
HX 16 -Immunserum auf X 2 ist zura groBen Teil auf die Ge- 
meinsamkeit von kleinflockenden Nebenagglutininen bedingt. 

Beifolgend teilen wir noch einen Versuch mit einem sehr 
stark groBflockend wirksamen Landsteiner-Immunserum mit, 
der die Komplementbindung nur in der Konzentration der 
kleinflockend wirkenden Agglutinine aufweist. 

Tabelle XV. 

HX, und HX Ig frisch vom reinen Hauch abgeimpft. 

Antigenmenge: 0,2 bei X, und X, 8 , 0,1 bei Landsteiner. 

Immunserum Landsteiner. 


Serum- 

verdunnung 

HX, 

hx, 8 

Landsteiner 

0,01 

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0 

0 

0,005 


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0 

0,0025 


k. 

0 

0,001 



0 

0.1005 

II 

II 

Sp. 


Agglutination: Mit alien 3 Stammen bis 1:200000 in groflen Flocken. 
Mit Landsteiner (1 Stunde auf 80 0 erhitzt) bis 1:5000 in kleinen Flocken. 

Wir haben auch mit den Proteusstammen eine Reihe von 
Bindungsversuchen aufgestellt, die infolge der Moglichkeit, 
die Behandlung mit der O-Form durchfflhren zu konnen, ein 
vollkommen einwandfreies Resultat erwarten lieBen, da die 
O-Formen die groBflockenden Agglutinine auch nicht spuren- 
weise verankern. 

Tabelle XVI. 


Erschopfung: 2,5 ccm der Verdunnung 1 :25 des Immunserums von 
HX ib mit je */« Kolleschale zweimal behandelt. 

Antigenmenge: 0,15 ccm. 


Seru in¬ 
vent iinnung 

Beh 

m. HX„ 

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Unbehandelt 

hx 18 

0X 18 

hx 18 

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K 

K 

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K 

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k. 


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78 


E. Weil, 


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Wir entnehmen dem vorangehenden Versuche, daB die 
O-Form, obwohl sie die groBflockenden Agglutinine nicht be- 
riihrt, die komplementbindenden Antikbrper und mit ihnen 
gleichzeitig die kleinflockenden Agglutinine in demselben MaBe 
verankert wie die H-Formen. 

Genau dasselbe Resultat ergibt ein mit HX 2 -Immunserum 
angestellter Versuch. 


Tabelle XVII. 


Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1:25 des Immunserums HX, 
mit je ‘/« Kolleschale zweiraal behandelt. 

Antigenmenge: 0,2 ccm. 


Serum- 

verdiinnung 

Beh. m. HX, 

Beh. m. OX, 

Un behandelt 

HX, | 

OX, 

HX, 

ox. 

HX, 

OX, 

K 

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K 

K 

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K 

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K 

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k. 

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k. 


Da wir vom Stamm Landsteiner eine O-Form nicht be- 
sitzen, so muBten die Bindungsversuche mit der auf 100° er- 
hitzten Emulsion angestellt werden. 

TabeUe XVIII. 

Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1 :25 des Immunserums 
Landsteiner mit je '/. Kolleschale */« Stunde auf 60° und 2 Stunden auf 
100 ° erhitzt 2 mal behandelt. 

Antigenmenge: 0,2 ccm. 


Serum- , 
verdiin- 

Beh. m. Ldst. 

60° ! 

Beh. m. Ldst. 

100 ” 

Unbehandelt 

Ldst. 60“ 

Ldst. 100" 

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Ldst. 100° 

Ldst. 60° 

Ldst. 100° 

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11 

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Dieser Versuch lehrt, daB die auf 100° erhitzte Emul¬ 
sion, welche die groBflockenden Agglutinine intakt laBt, die 


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Komplementbindungsversuche. 


79 


komplementbindenden Antikbrper in derselben Starke ver- 
ankert, wie die auf 60° erhitzte Aufschwemmung, welche auch 
die groBflockenden Agglutinine bindet. Dieser Versuch zeigt 
auBerdem noch die merkwiirdige Tatsache, daB die gekochte 
Emulsion von Landsteiner, obwohl siekomplementbindende 
Immunkorper bindet und kleinflockig agglutinirt wird, in ihrer 
komplementbindenden Fahigkeit sehr stark abgeschwacht wird. 
Da wir wissen, daB die Erhitzung auf 100° Bakterien und 
Bakterienextrakten in der Regel nicht die komplementbindende 
Fahigkeit nimmt, so haben wir, um zu sehen, ob sich vielleicht 
alle Proteusstamme in dieser Hinsicht anders verhalten, einen 
Vergleich mit den X-Stammen durchgefuhrt. 

Tabelle XIX. 

Vergleich zwischen auf 100 und 60° erhitzter Emulsion. 

Antigenmenge: 0,1 ccm Erhitzung auf 60° 30 Minuten, auf 100° 
2 Stunden. 


i • a 
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Jl§ 


Immunserum 0 X 19 

Immunserum Ldst. 

HX 2 60°, 




Ldst. 60° 

Ldst. 100° 

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K. 

AgglJ K. | 

Aggl. 

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Aggl. 

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Aggl. 

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k. 

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0 

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Wir sehen aber, daB nur der Proteusstamm Landsteiner 
eine Ausnahme macht, wahrend die X-Stamme gekocht und 
ungekocht sich ganz gleich verhalten. Wir kommen auf diese 
Erscheinung noch zuriick. 

Sehr geeignet zur Untersuchung der Beziehungen der 
komplementbindenden Antikorper zu den Agglutinineu schienen 
uns noch die 3 Stamme, deren beiden Typen sich so ver¬ 
halten wie die O-Formen der X-Stamme zu den H-Fonnen. 
Die von Verf. und Saxl in W T olhynien geziichteten Stamme 
(Typus ft 1) wiesen einen labilen und stabilen, die von Verf. 
in Albanien gefundenen Stamme (Typus ft 5) nur den stabilen 
Rezeptor auf. Die genauere Beschreibung dieser beiden Typen 
hinsichtlich der Agglutininbildung und Bindung findet sich in 
der Arbeit von Verf. und Felix. 


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80 


E. Weil, 


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Tabelle XX. 

Erechopfung: 2,5 ccm der Verdiinnung 1:10 des Immunserums von 
pi wird behandelt mit je '/» Kolleschale von (5 5, 30 Minuten auf 60° und 
l 1 /, Stunde auf 100° erhitzt 
Antigenmenge: 0,1 ccm. 


Serum- 

verdiin- 

nungen 

liehandelt mit 60° 

Behandelt mit 100° 

Unbehandelt 

PI 

P5 


P 5 

PI 

P 5 

Paraty B 

K. 

Aggl. 

K.| 

Aggl. 

K. 

Aggl. 

K. Aggl. 

K. 

Aggl. 

K. 

1 Aggl. 

K.| AggL 

0,01 

st. 

+ + gr- 

k. 

— 

st. 

+ + gr. 

! st.. 

— 

0 

+ + +1 gr. 

0 

+ + + kl. 

k. ++ gr. 

0,005 

k. 



— 

k. 

+ + M 

k. 

— 

0 


0 

+ + + » 

>• J + + n 

0,0025 

1 1 

+ + »» 

It 

— 

>» 

+ + 


— i 

0 

H—1—hi kl. 

0 

+ + + ,i 


0,001 

! „ 

+ + .1 

•t 

— 

tt 

+ + M 

»t 

— 

st. 

! + + gr- 

w. 

+ + tt 

<i + + ,, 

0,0001 

1 

+ + » 

»t 

- ! 

tt 

+ + » 

t» 

— 1 

k. 

| + + >t 

k. 

— 

*> | + + >i 


Auch hieraus ersehen wir, daB die Intaktheit der groB- 
flockenden Agglutinine fur die Komplementbindung ganz gleich- 
giiltig ist, daB sie bei deren Vorhandensein fehlt, und daB der 
Verlust der durch die stabilen Rezeptoren gebundenen Anti- 
korper mit dem Verlust der kleinflockenden Agglutinine auch 
die Komplementbindung vollig unwirksam maclit. 

Es kann nach alien diesen Versuchen nicht in Abrede 
gestellt werden, daB die komplementbindende F&higkeit anti- 
bakterieller Immunsera zu den kleinflockenden Agglutininen, 
welche von den stabilen Rezeptoren erzeugt werden, in innigen 
Beziehungen stehen, wfihrend ein Parallelismus mit den groB- 
flockenden Agglutininen nicht nachweisbar ist. Es entsteht 
aber die Frage, ob die komplementbindenden Antikorper mit 
den kleinflockenden Agglutininen identifiziert werden kbnnen. 
In dieser Hinsicht ist zun&chst die Entscheidung der Frage 
wichtig, ob die physikalische VerSnderung an den Bakterien, 
welche die kleinflockende Agglutination bedingt, unter alien 
Umstanden zur Komplementbindung fiihren muB. Dafilr 
wurde der Umstand sprechen, daB die Erhitzung der Bakterien 
auf 100° ihre komplementbindende F&higkeit nicht schadigt, 
und auch ihr Vermogen, kleinflockig agglutiniert zu werden, 
nicht zerstSrt. Aber auch hierin haben wir eine Ausnahine 
gesehen, denn der Proteusstamm Landsteiner, welcher auf 
tiO° erwarmt, starke Komplementbindung gibt, wird in dieser 
Hinsicht sehr abgeschw&cht, wenn die Emulsion gekocht wird, 
ohne daB sie dadurch ihre Fahigkeit, kleinflockig agglutiniert 
zu werden, einbiiBt. 



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Komplementbindungsvereuche. 


81 


Wahrend die groBflockenden Agglutinine bisher nur in der 
Typhus- und Proteusgruppe aufgefunden wurden, haben die 
kleinflockenden eine allgeineine Verbreitung. Es war deshalb 
von Interesse, andere Bakterien hinsichtlich ihrer Agglutina- 
bilitat und Komplementbindung zu vergleichen. Cholera- 
immunsera schienen uns geeignet. 

Tabelle XXI. 


Alte Cholera-Immunsera aus dem Serotherapeutischen Institut Wien. 
Antigenmenge: 0,1 ccm. 


Serumverd. 

Chol.-I.S. I 

ChoL-I.S. II 

Chol.-LS. Ill 

0,01 

Sp. 

+ + kl. 

0 

+ + + kl. 

0 

+ + + kl. 

0.005 

W. 

+ W 

0 

+ + + „ 

0 

+ + + it 

0,0025 

if 

4" >» 

0 

+ + + „ 

0 

+ + + n 

0,001 

Bt. 

+ It 

0 

+ + » 

0 

+ 4- tt 

0,0005 

k. 


Bt. 

+ 4- „ 

f.k. 

++ ,i 

0,0001 

k. 

- „ 

k. 


k. 



Es hat nach diesem Versuche tatsachlich den Anschein, 
daB jene Immunsera, welche eine deutliche Agglutination zeigen, 
eine starkere Komplementbindung aufweisen, als jene, bei 
welchen die Agglutination nur in geringem MaBe ausgesprochen 
ist. (Es handelt sich durchweg um sehr alte Immunsera.) 
Aber jedenfalls geht aus diesem Versuche hervor, daB das 
bloBe Vorhandensein einer kleinflockenden Agglutination die 
Bakterien nichtimmer zur Komplementbindung geeignet macht. 

Wir kennen auch Bakterienstamme, welche der Einwirkung 
der kleinflockenden Agglutinine in starkem MaBe widerstehen. 
So die vom Verf. und Felix beschriebenen Stamme Ty 2 
und Ty 5, welche nur kfimmerlich Oder gar nicht von den 
kleinflockenden Agglutininen ausgeflockt werden, diese aber 
erzeugen und stark binden. Es war von Interesse, einen 
solchen Stamm hinsichtlich der Komplementbindung zu prilfen 
(siehe Tabelle XXII auf p. 82). 

Der Versuch (Tabelle XXII) wurde mit einem gemischten 
und zwei rein kleinflockenden Immunseren angestellt und als 
Antigen die Emulsion von Ty 901 und Ty 2 benutzt. Beide 
Emulsionen wurden zur Komplementbindung lebend verwen- 
det, um die Agglutinabilitat unverandert zu erhalten. Wir 
entnehmen diesem Versuche, daB zwischen beiden Typhus- 
stammen trotz starkster Differenz betreffs der kleinflockenden 

Zeluchr. f. ImmanlUufortchung. Orig. Bd. 31. 6 


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82 


E. Weil 


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Tabelle XXII. 


Antigenmenge: 0,2 ccm, in lebendem Zustande angewendet. 


a g 8 

III 

Ty-Immunser. 28 

Ty-Immunser. 29 Ty-Immunser. 30 

Ty 901 

Ty 2 

Ty 901 

Ty 2 

Ty 901 

Ty 2 

K.| Aggl. 

K. 1 Aggl. 

K.| Aggl. 

K. 

Aggl. K. 

Aggl. 

K. 

Aggl. 

0,01 

0 

+++1 

|gr. 

ru. 

kl. 

0 

+ + gr. 

0 + + + kl. 

0 

+ 0 

+ + + kl. 

0 

+ 

0,005 

0 

++ + 1 

0 

+ f> 

0 + + + „ 

0 

+ |0 

+ + + » 

0 

— 

0,0025 

0 

+++I 

0 

+ yy 

0 + + + „ 

0 

- 0 

+ + + » 

0 

_ 

0,001 

0 

+++J 

0 

+ yy 

0 + + + I! 

0 

- ,0 

+ + + » 

0 

— 

0,0005 

0 

+++ 

kl. 

0 

+ ? 

o + + + „ 

0 

— 0 

+ + + „ 

0 

— 

0,00025 

0 

+++ 


0 

+ ? 

0 + + + it 

0 

- 0 

+ + + »> 

0 

— 

0,0001 

0 

+++ 

yy 1 

0 

+ ? 

Sp ! + ,, 

0 

- to 

+ it 

0 

— 


Agglutination hinsichtlich der Komplementbindung nicht der 
geringste Unterschied besteht. Das beweist, daB die Ver- 
anderung an den Bakterien, welche zur sichtbaren Agglu¬ 
tination ftihrt, nicht die direkte Ursache der Komplement¬ 
bindung sein kann. 

Besonders klar zeigt der beifolgende Versuch, daB die 
Flockung der Bakterien, selbst wenn sie noch so stark aus- 
gesprochen ist, aber durch groBflockende Agglutinine hervor- 
gerufen ist, keine Komplementbindung zu bewirken braucht. 
Die Versuchsanordnung ist im Protokoll geschildert. 

Tabelle XXIII. 

0,2 ccm der Emulsion von HX 2, HX19 und Landst. werden mit 
den Verdiinnungen 1:10, 1:20, 1:50, 1:100 und 1:200 des Imiuun- 
serums HX 19 Bensibilisiert. Bei alien Verdiinnungen tritt nach wenigen 
Minuten komplette Agglutination ein. Die Flocken werden abzentrifugiert, 
in NaCl aufgeschwemmt und 30 Minuten auf 58° erhitzt. Es tritt rasch 
Reagglutination ein, bei HX 2 und Landst. in grofien, bei HX 19 in 
grofien und kleinen Flocken. Zu den einzelnen Rohrehen wird nun 
0,05 Komplement und sensibilisiertes Hammelblut gegeben. 


1 

8 erum ver¬ 
diinnungen 

Bodensatz von 
HX 19 

Bodensatz von 
HX 2 

Bodensatz von 
Landsteiner 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

K. 

Agglut. 

0,1 

0 

+ + + ] 


w. 

+ + ± gr- 

m. 

+ + ± gr- 

0,05 

0 

+ + + 

gr- 

f.k. 

+ + i „ 

k. 

+ + db ii 

0,02 

0 

+ + + 

11 . 

k. 

+ + ± u 


+ +i n 

0,01 

0 

+ + + 

kl. 

»> 

+ + ± i. 


-F + i ii 

0,005 

0 

+ + + J 


yy 

+ + ± » 


+ + ± „ 


Kontrollen: unsensibilisierte Emulsion mit Komplement, komplett, 

sensibilisierte Emulsion obne Komplement, keine Losung. 



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Komplemen tbindungsversuche. 


83 


Aus diesen Ermittlungen lassen sich mit Sicherheit die 
beiden Schliisse ziehen, daB kleinflockige Agglutination fehlen 
und es trotzdem zu starkster Komplementbindung kommen 
kann, und daB andererseits die st&rkste grobe Flockung das 
Komplement nicht zu tangieren braucht. Aus letzterem geht 
hervor, daBdiephysikalischeVer&nderungderBak- 
terien ganz besonderer Natur sein muB, um das 
Komplement unwirksam zu machen, und daB nicht 
jede Art der spezifischen Flockung dazu b e - 
fahigt ist. Das Fehlen der sichtbaren kleinflockigen Agglu¬ 
tination muB aber nicht gegen die Identitat der kleinflockigen 
Agglutination und Komplementbindung sprechen, denn auch 
dort, wo die kleinflockige Agglutination fehlt, ist die Reaktion 
der stabilen Rezeptoren mit den kleinflockenden Agglutininen 
vorhanden (Bindung). Wir kommen hier auf unsere seit 
langem ge&uBerte Ansicht zurtick, daB eine Veranderung im 
Sinne einer kleinflockigen Agglutination an den Bakterien be- 
stehen kann, ohne dem Auge ohne weiteres sichtbar zu werden. 
Wir haben aber im Verlaufe dieser Untersuchungen des ofteren 
gesehen, daB trotz bestehender kleinflockiger Agglutination 
eine Komplementbindung nicht in demselben MaBe zu beob- 
achten war. Allerdings konnten wir in den meisten dieser 
F&lle darauf hinweisen, daB die Bakterienst&mme selbst in 
verschiedenem Grade sich zur Komplementbindung eignen. 
Ist dies in hervorragendem MaBe der Fall, wie bei den Typhus- 
st&mmen, dann wird die Komplementbindung empfindlicher 
sein als die kleinflockende Agglutination; ist der Bakterien- 
stamm zur Komplementbindung weniger geeignet, wie der X19, 
dann wird die kleinflockende Agglutination starker ausge- 
sprochen sein als die komplementbindende Kraft. Auf diese 
Weise sind die F&lle verst&ndlich, wo insbesondere bei alteren 
Immunseren eine kleinflockende Agglutination noch besteht, 
aber eine Komplementbindung nicht mehr zustande kommt. 
Alle diese Umstande wiesen darauf hin, daB mangels einer 
Uebereinstimmung zwischen kleinflockiger Agglutination und 
Komplementbindung noch nicht auf eine Differenz beider ge- 
schlossen werden muB. Wir kijnnen nun nattirlich nicht mit 
Sicherheit fiir die Identitat der kleinflockenden Agglutinine 
und der komplementbindenden Antikorper aussprechen, und 

6 * 


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84 


E. Weil, Komplementbindungsversuche. 


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das wird auch so lange nicht mOglich sein, als wir nicht die 
zur Koraplementbindung fQhrende physikalische Ver&nderung 
an den Bakterien genau definieren kbnnen, aber trotzdem 
geht aus unseren Untersuchungen, wie uns scheint, mit aller 
Sicherheit hervor, daB die die Komplementbindung 
bedingenden Antikbrper in erster Linie von den 
stabilen Rezeptoren der Bakterien erzeugt wer- 
den, und daB die labilen Rezeptoren hierfiir, wenn tiberhaupt, 
nur in ganz untergeordnetem MaBe in Betracht kommen. 

Zusammenfassung. 

Die koraplementbindenden Antikorper gegen Bakterien 
verdanken ihre Entstehung hauptskchlich den stabilen Rezep¬ 
toren der Bakterien, die labilen Rezeptoren spielen dabei nur 
eine geringe Rolle. 

Literatur. 

Bail, Deutsche med. Wochenschr., 1905, No. 45. 

— und Suzuki, Zeitsehr. f. lmmunit&tsf., Bd. 8 und 9. 

Bordet, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 12. 

Brand, Berl. klin. Wochenschr., 1997, No. 34. 

Braun, Biochem. Zeitsehr., Bd. 31. 

Ferrata, Berl. klin. Wochenschr., 1907, No. 13. 

Liefmann und Cohn, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 6, 7, 8 und 11. 
Morgenroth und Rosenthal, Biochem. Zeitsehr., Bd. 36 und 39. 
Neifler und Shiga, Deutsche med. Wochenschr., 1903, No. 4. 

Ritz, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 13. 

Sachs, Handb. von Kolle-Wassermann, II, 2, p. 913; Deutsche med. 

Wochenschr., 1918, No. 17. 

Thorsch, Biochem. Zeitsehr., Bd. 68. 

Weil, Arch. f. Hyg., Bd. 53; Biochem. Zeitsehr., Bd. 24, 33 und 48; 
Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 34. 

— und Spat, Biochem. Zeitsehr., Bd. 33. 

— und Saxl, Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 17. 

— und Felix, Zeitsehr. f. Immunitatsf., Bd. 29. 



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Kraus u. Baecher, Weitere Unters. iiber die Wirksamkeit usw. 85 


Nachdruck verboten. 

Weitere Untersuchungen fiber die Wirksamkeit des 
Dipbthericsernms im Heilrersuehe L ). 

Von Prof. Dr. B. Kraus und Dr. St. Baecher. 

(Eingegangen bei der Bedaktion am 23. Juli 1920.) 

In unseren Untersuchungen iiber die Beziehungen des 
Antitoxingehaltes der Diphtheriesera zu ihrem Heilwerte 
(Kraus und Schwoner, Kraus und Baecher) haben 
wir in zahlreichen Versuchsreihen immer wieder das zunfichst 
paradoxe Resultat erhalten, daK groBere Antitoxinmengen 
unter sonst ganz gleichen Bedingungen keinen hbheren Pro- 
zentsatz an Heilungen herbeifiihrten als kleinere. Berghaus 
hat analoge Beobachtungen „absurd“ genannt und auf zwei 
Zuf&lligkeiten zuriickfiihren wollen. Die H&ufigkeit, fast 
Regelm&Bigkeit des Vorkommens auch in Massenversuchen, 
legte uns aber die Vermutung nahe, daB es sich vielmehr um 
ein gesetzm&Biges Geschehen handeln mfisse, dessen Ursachen 
durch systematische Untersuchung festgestellt werden konnten. 
Wir haben daher sehr umfangreiche, mit alien Kautelen der 
GleichmaBigkeit durchgefiihrte Versuche in dieser Richtung 
angestellt. 

Betreffs der technischen Ausfiihrung sei hier nur hervorgehoben, dafi 
wir stets 8 oder mehr Tiere von fast gleichem Gewicht (245—275 g) gleich- 
zeitig in gleicher Weise behandelten, so dafl sich die Prozentangaben auf 
vSllig homogene Gruppen von mindestens 8 Meerschweinchen beziehen. 
Alle Injektionen, sowohl die des Giftes, wie die des Serums, erfolgten 
intracardial durch eine auBerst feine Kaniile ohne den gerlngsten Blut- 
verlust Gift und Serum waren in alien diesen Versuchen gleichbleibend; 
die injizierte Flussigkeitsmenge betrug Btets 1,0 ccm. Die Tiere blieben 
2 Monate in Beobachtung; als „akuter Tod“ wurde der innerhalb 7 Tagen 

1) Diese Arbeit wurde im Jahre 1914 (vor dem Kriege) iiber Auf- 
forderung als Beitrag fiir die Festschrift zu Ehren E. Metschnikoffs 
an Dr. Bearedka, Institut Pasteur, eingeschickt. Nachdem bis heute die 
Arbeit nicht erschienen ist, habe ich angefragt, worauf mir dieselbe zurtick- 
geschickt wurde. Kraus. 


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86 


R. Kraus und St. Baecher, 


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erfolgte, als „Heilung“ das Ueberleben der ganzen Beobachtungszeit an- 
gesehen. 

In der ersten Versuchsreihe, deren Ergebnisse in Tabelle I 
zusammengefaBt sind, wurden bei gleichbleibendem Zeitintervall 
(1 Stunde) zwischen der Gift- und Seruminjektion sowohl 
die Giftmenge als auch die Antitoxindosis (ausgedriickt in 
Antitoxineinheiten nach Ehrlich) variiert. Nach Vergiftung 

Tabelle L 

Heilversuch nach 1 Stunde. 

Je 8, resp. 16, eventl. 24 Tiere, verschiedene Gift- und Serummengen. 
Serum Hochst vom 3. Nov. 1912 (800-fach). 


°l 

lo 

1-fache Dosis let. 

2-fache Dosis let. 

4-fache Dosis let. 

8 -fache Dosis let. 

I.E. 

Akuter Tod 

Paral. 

Spattod 

Heilung 

Akuter Tod 

Paral. 

1 

■*-» 

:o3 

a, 

Heilung 

Akuter Tod 

Paral. 

Spattod 

hO 

G 

‘5 

a 

Akuter Tod 

Paral. 

1 

-4-3 

:o6 

QQ 

Heilung 

*/,» 

75 

25 

25 

0 











• 


i/' 

25 

50 

75 

0 


. 

, 

, 







• 



50 

25 

50 

0 

87,5 

0 

12,5 

0 







• 


Jr 

0 

50 

100 

0 

75 

25 

25 

0 









l U 

0 

50 

50 

50 

25 

25 

75 

0 

. 








v« 

0 

0 

50 

50 

12,5 

0 

87,5 

0 









V, 

0 

0 

12,5 

87.5 

25 

12,5 

62,5 12,5 

87.5 

0 

12,5 

6 





1,0 

0 

12,5 

e 

100 

12,5 

0 

75 

12,5 

62.5 

0 

12,5 

25? 





2,0 





12,5 

12,5 

37,5 

50 

62,5 

0 

37,5 

0 





4,0 









66,7 

e 

25 

8,3 





8.0 









83,3 

8,3 

16,7 

0 

100 



0 

16,0 


. 







100 



0 

100 



0 

32,0 


• 







62,5 

6 

0 

37,5 

100 



0 

64,0 









100 



0 

62,5 

6 

6 

37,5 

128,0 









• 

- 


• 

87,5 

0 

12,5 

0 


mit der einfachen Dosis letalis war schon mit weniger als 
Vs 2 I.E. ein Teil der Tiere nicht raehr akut (wie stets die 
Kontrollen), sondern chronisch zugrunde gegangen, noch 
mit Vie I.E. gingen alle Tiere, und zwar chronisch, ein; mit 
V 8 und V 4 I.E. wurden gleich viel, namlich die H&lfte der 
Tiere, mit V* IE. 87,5 Proz. derselben geheilt; mit 1,0 I.E. 
endlich erzielten wir hier 100 Proz. Heilungen. Hier er- 
gibt sich demnachst vollig parallel mit dem 
Steigen der Antitoxinmenge besserer Heileffekt. 
Etwas anders war das Resultat nach Vergiftung mit der 2- 



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Weitere Untere. fiber die Wirksamkeit dea Diphtherieserums ubw. 87 


fachen Dosis letalis. Auch hier starben bei Anwendung 
niedriger Serumdosen (bis 1 / i I.E.) alle Tiere, und je gr3Ber 
die Seruramenge, deste weniger gehen zugrunde (vorwiegend 
chronisch). Mit Steigerung der Seruramenge wird zwar ein 
wachsender Prozentsatz der Tiere geheilt, auff&lligerweise 
aber bleibt die Zahl der akut sterbenden konstant, und selbst 
mit 2 I.E. waren nicht 100, sondern nur 75 Proz. geheilt, 
die anderen 25 Proz. waren aber akut eingegangen. Wir 
werden nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, daB unter 
den gegebenen Gift- und ZeitverhSltnissen ein 
bestimmter Prozentsatz der Tiere, nSmlich etwa 
25Proz., durch Serum iiberhaupt nicht mehr zu retten 
waren. Ohne Beriicksichtigung des Sp&ttodes erzielt man 
demnach hier mit 2 I.E. nicht bessere Resultate als mit Vs I>E. 
Mit steigender Giftdosis wird dann die Zahl der Tiere, die 
nach dem gewahlten Zeitintervall durch Serum iiberhaupt noch 
gerettet werden kSnnen, immer kleiner. Und schon bei der 
Vergiftung mit der 4-fachen Dosis letalis (noch mehr aber bei 
der 8-fachen) ist das Ergebnis offenbar fast gar nicht mehr 
abhfingig von der Antitoxindosis, sondern ausschlieBlich infolge 
gewisser individueller Eigenschaften der Tiere. GroBere Serum- 
mengen scheinen demnach auch hier nicht wirksamer als 
kleinere (fiber einem gewissen Minimum gelegen). 

In der zweiten Versuchsreihe, die in Tabelle II zur Dar- 
stellung gelangt, erfolgte bei gleichbleibender Giftmenge 
(2-fache Dosis letalis) die Variation von Zeitintervall und 
Serummenge. Hierbei ergaben sich analoge Beobachtungen 
wie in der ersten Reihe. Nach einem Inter vail von 45 Minuten 
wurden durch 2,0 I.E. ebenso viele Tiere gerettet, wie durch 
20 I.E., namlich 75 Proz. Eine Steigerung darflber hinaus 
scheint nicht m5glich gewesen zu sein. Nach 60 Minuten aber 
hatten 2,0 I.E. nur 50 Proz. Heilungen, 20 I.E. aber noch 
75 Proz. durch Vermeidung der Spfittode erzielt, auch nach 
90 Minuten war der Effekt der 20 I.E. vielleicht noch etwas 
besser als der der 2,0 I.E., nach 120 Minuten aber zeigt sich 
die Steigerung der Serummenge als vSllig einfluBlos. Eine 
kleine Anzahl Tiere, etwa 12,5, kann iiberhaupt noch gerettet 
werden, je nach der Verteilung solcher individuell resistenter 
Tiere auf die einzelnen Gruppen schwankt das Heilungsprozent. 


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88 


R. Kraus und St. Baecher, 


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Tabelle IL 

Heilversuch nach verschiedenem Zeitinterval 1. 
Je 8 Tiere. 2-fache Dosis letalis. 



In einer dritten Versuchsreihe endlich (Tabelle III) haben 
wir bei gleichbleibendem Verhaltnis von Gift- und Serum- 
mengen (auf 1 Dosis letalis 1,0 resp. 10,0 I.E,) die Zeitinter- 
valle variiert. Die Resultate nach Vergiftung mit der 2-fachen 
todlichen Dosis wurden eben besprochen, ganz analoge aber 
ergaben sich nach entsprechend kiirzeren Intervallen fur die 
4-fache und 8-fache. Bei ersterer ist nach 30 Minuten fast 

Tabelle III. 

Heilversuch nach verschiedenen Zeitintervallen. 


Je 8 Tiere, verschiedene Giftdosis und Multipla der Serumraenge. 


Dosis let. 

I.E. 

15' 

20 ' 

30' 

45' 

60' 

90' 

120 * 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 

Akuter Tod 

Heilung 


2,0 

. 

. 






75 

12,5 

50 

37,5 

12,5 

75 

12,5 


20,0 

• 

. 



. 

. 

12,5 

75 

25 

75 

75 

25 

100 



4,0 






50,0 

50 

12,5 

66,7 

8,3 


, 

. 



40,0 

• 

• 



. 

62,5 

12,5 

62,5 

75 

. 

75 

. 

. 



8,0 

12,5 

62,5 



25 

25 

87,5 

— 

100 



. 

, 



80,0 

• 

87,5 


100 

37,5 

50 

87,5 

— 

• 

• 

• 


• 




Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
IJRRA NA-f.HA 























Weitere Untere. uber die Wirksamkeit des Diphtherieserums usw. 89 

kein Unterschied in der "Wirksamkeit beider Serummengen, 
nach 45 Minuten ein sehr deutlicher, nach 60 Minuten wieder 
gar keiner, bei der 8-fachen Dosis letalis nach 15 Minuten 
ein geringer, nach 30 Minuten ein recht merklicher, nach 
45 Minuten schon keiner, indem beide Serummengen nur 
mehr eine kleine Anzahl Tiere vor dem akuten Tod bewahren. 
Immer wieder aber ergibt sich, daB sowohl das Resultat flber- 
haupt, als auch die eventuelle groBere Heilwirkung gesteigerter 
Serummengen stets abhiingig ist von der Prozentzahl der bei 
der gewahlten Giftmenge und Zeitintervall uberhaupt durch 
Serum noch rettbarer Tiere. Schon Donitz hat bekanntlich 
gezeigt, daB sowohl durch Steigerung der Giftmenge, als auch 
durch Verl&ngerung des Zeitintervalles Bedingungen geschalfen 
werden, unter welchen auch noch so groBe Serummengen un- 
wirksam werden. Aus unseren Versuchen aber geht mit voller 
Klarheit hervor, daB der Eintritt dieses Zustandes vor allem 
von individuellen Eigenschaften der einzelnen 
Tiere abh&ngig sein muB, so daB bei Beobachtungs- 
serien innerhalb weiter Grenzen sowohl der Giftdosis als des 
Zeitintervalles bei stufenweise wachsenden Prozentanteilen jene 
Bedingungen gegeben erscheinen, wo das Serum iiberhaupt 
unwirksam bleibt. In gleichem MaBe sinkt natiirlich die Mog- 
lichkeit durch steigende Serummengen einen besseren Heil- 
effekt zu erzielen als durch geringere, da ein immer kleinerer 
Anteil uberhaupt zu retten ist. Reicht aber eine gewisse 
Serummenge aus um diesen zu heilen, so ist durch weitere 
Steigerung absolut keine Besserung des Effektes zu erzielen. 
Die bessere Wirkung groBerer Serumdosen kann sich demnach 
nur bei solcher Wahl der Giftmenge und des Zeitintervalles 
zeigen, daB noch ein groBer Teil der Tiere nicht unheilbar 
vergiftet ist, ferner aber auch nur bis zu jener Serummenge, 
die ausreicht, um alle unter den gegebenen Verhatnissen heil- 
baren zu retten. 

Die Nutzanwendung dieser Feststellungen fur die Serum- 
therapie beim Menschen scheint auf der Hand zu liegen. 
Wohl diirfte unter den Verhaltnissen der menschlichen Di- 
phtherie zur Zeit der Serumbehandlung der weitaus iiber- 
wiegende Teil der Patienten noch heilbar sein, durch Steige¬ 
rung der Serummenge bis zu einem gewissen MaBe 


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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



90 


R. Kraus und St. Baecher, 


Tabelle IVa. 

Praventiver Diphtherieversuch. 

Meerschweinchen subkutan je 1,0 I.E. von Diphtherieheilserum Salome 
vom 11. IX. 1912 (800-fach) -f phys. NaCl ad 1,0. Nach dem angegebenen 
Zeitintervall subkutan die angegebenc Dosis von Diphtherietoxin Mac Far- 
land vom 8 . VI. 1909 (Dosis let. = 0,03). 




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Reinjekt.- 

Datum 

Toxin 

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3. Tag 

4. Tag 

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06 

H 

Spattod 

Sektion 


0,03 (ohne 
Vorbehand- 

967 

255 

• 


t 

• 

• 


• 

• 

* 

18 IV 

lung) 













0,06 

2 -fach 

564 

255 





. 





1 Tage 



648 

255 






. 


117- V. 


0,12 

4 , f 

529 

270 






• 





574 

270 













584 

270 











0,18 

6 „ 

508 

270 




. 









522 

260 









• 




568 

255 











0,24 

8 „ 

558 

275 













547 

260 





t 








550 

250 

• 



t 


• 




0,03 (ohne 
Vorbehand- 

536 

255 



t 

• 







lung) 













0,06 

2 -fach 

509 

270 












525 

255 













589 

255 







. 



19. IV. 

0,12 

4 

507 

270 

. 









nach 



507 

275 










2 Tagen 



513 

270 











O 

'h-» 

OO 

6 „ 

505 

260 












527 

255 








. 





504 

270 











0,24 

8 „ 

599 

260 



t 



• 







592 

260 




+ 









523 

250 




t 







1 0,06 

2 „ 

549 

260 










21. IV. 

0,12 


539 

235 










nach 

4 „ 

248 

250 

• 









4 Tagen 

0,18 

6 „ 

520 

555 

245 

235 

+ 

. 





. 






503 

250 

t 


. 




• 




0,06 

2 „ 

521 

250 







. 



23. IV 

0,09 


561 

285 . 

. 








nach 

3 „ 

528 

270 . 









6 Tagen 

0,12 

4 „ 

518 

511 

265 . 
260 . 


; 










587 

250 . 



t 






25. IV. 

0,06 

2 „ 

533 

285 . 





t 





1 

575 

1265 . 


. 


t 




nach 

0,09 

3 „ 

544 

290 . 


+ 






8 Tagen 


1 

1578 

260 



+ 


• 





0.12 

4 .. 

319 

270 . 

T 



Digitized^ 



Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 























Weitere Unters. fiber die Wirksamkeit des Diphtherieserums ubw. 91 


wfire daher ein gfinstiger Erfolg zu erwarten, fiber dieses 
hinaus aber und bei einera gewissen Anteil der Behandelten 
von vornherein ist durch groliere Serumdosen nichts zu er¬ 
warten. Wir mficliten es dahingestellt sein lassen, ob jenes 
Maximum von Serum durch das in der Therapie im allgemeinen 
fibliche Quantum nicht lfingst erreicht ist und ob die stets 
vorkommenden Ffille versagender Wirkung nicht jenem Pro- 
zentsatze unserer Tiere entsprechen, die flberhaupt nicht mehr 
zu retten waren. 


Anschliefiend an diese Untersuchungen wollen wir in 
Kfirze fiber einige Versuche berichten, die wir zur Klarlegung 


Tabelle IV b. 


Praventiver Diphtherieversuch. 

Meerschweinchen subkutau Diphtherieheilserum (0,5 resp. 5,0 I.E. 
4- phya. 1,0). Serum: Probe vom 11. IX. 1912 (550-fach) und Salome vom 
11. IX. 1912 (800-fach). Nach 5 Tagen je 0,06 (2-fach let. Dosis) von Di- 
phtherietoxin Mac Farland vom 8. VI. 1909. Nach 16 Tagen je 0,03 
(1-fach let. Dosis) subkutan. 


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e 

e 

973 

270 

0,5 

0,00091 

377 

268 

748 

262 

5,0 

0,0091 

278 

260 

221 

257 

0,5 

0,000625 

328 

270 

220 

258 

5,0 

0,00625 

245 

262 

219 

269 

e 

e 

758 

245 

0,5 

0,00091 

946 

250 

246 

262 

5,0 

0,0091 

229 

254 

300 

248 

0,5 

0,000625 

208 

257 

918 

263 

5,0 

0,00625 

233 

268 

227 

250 

e 

0 

955 

250 

0,5 

0,00091 

271 

251 

323 

264 

5,010,0091 

375 

1 258 



319 

250 

0,5 

0,000625 965? 

272 


996? 

1260 

5,00,00625 

950? 

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376 

1257 


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Datum 


Spat- 

tod 


3. IV. 
nach 
5 Tagen 
0,06 


9. IV. 
nach 
11 Tagen 
0,06 


14. IV. 
nach 

16 Tagen1 
0,03 


Salome 


t 


Sck- 

tion 


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URBANA-CHAMPAIGN 














Digitized by 


92 Kraus u. Baecher, Weitere Unters. iiber die Wirksamkeit usw. 

anderer quantitativer Beziehungen bei der Serumwirkung an- 
gestellt und aus SuBeren Griinden vorlfiufig abgeschlossen haben. 
Wir haben einerseits festzustellen versucht, wie sich der prS,- 
ventive Schutz des Diphtherieserums nach verschieden langen 
Zeitintervallen gegen verschieden groBe Giftmengen verh&lt. 
Es ergab sich tatsSchlich (Tabelle IV a, p. 90 ) mit zunehmen- 
der Zeit ein Absinken der noch vertragenen Giftmenge, und 
zwar in auffallend schneller Weise. Die mit 1,0 I.E. subkutan 
vorbehandelten Meerschweinchen waren schon nach 8 Tagen 
nicht einmal mehr gegen die 2-fache Dosis letalis geschiitzt, 
obwohl sie nach 1 Tag Intervall die 6-fache vertragen hatten. 
Auch bei diesen Versuchen zeigte sich unverkennbar der ent- 
scheidende EinfluB der tierischen Individualist, indem z. B. 
einzelne Tiere noch am 2. Tage die 6-fache todliche Dosis ver- 
trugen, w&hrend gleichzeitig andere schon auf die 4-fache ein- 
gingen. Andererseits zeigte sich ein deutlicher EinfluB der 
Serumquantitat vor allem auf die Dauer des Schutzes und ge- 
wisse Beobachtungen (Tabelle IV b, p. 91 ) weisen auf ungleiche 
Wirkung verschiedener Sera bei gleicher Dosierung, analog den 
im Heilversuch von uns erhobenen Differenzen. 

Zusammenfassung. 

Die Untersuchungen zeigen, daB die heilende Wirkung 
des Diphtherieserums im Tierversuch von individuellen Eigen- 
schaften der einzelnen Tiere abhangig ist. Ein bestimmter 
Prozentsatz der Tiere war auch bei Steigerung der Serum- 
mengen unter sonst gleichen Bedingungen uberhaupt nicht 
mehr zu retten. So dflrfte auch bei der Serumtherapie beim 
Menschen durch Steigerung der Serummenge bis zu einem 
gewissen MaBe zwar ein giinstiger Erfolg zu erwarten, darliber 
hinaus aber bei einem gewissen Anteil der Behandelten Aus- 
sicht auf bessere Wirkung nicht vorhanden sein. 

Auch bei Schutzversuchen mit Diphtherieserum zeigte 
sich ein entscheidender EinfluB der tierischen Individualist 
in Bezug auf St&rke und Dauer des durch die passive Im- 
munisierung erzeugten Schutzes. 


Fromm.ninsi-he Buchdruckeres (Hermann Pohlt) In Jeua. — 4890 



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Zeitschrift t Immitatsforschung. Originala fii 31. No. 2. 


Nachdruck verboten. 

[Aus dem Bakteriologischen Institut des Departamento Nacional 
de Higiene in Buenos Aires.] 

Ueber die experlmcntelle Priifung der Wirksanikelt des 
norinalen Rlnderserums gcgcnllber der Milzbrandinfektion. 

Zugleich ein Beitrag zur Wertbestimmung des Milzbraudserums. 

Von Prof. R. Kraus und Dr. Beltrami. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 23. Juli 1920.) 

Marchoux und Sclavo waren die ersten, welche sich 
mit der Frage der Darstellung eines spezifischen Milzbrand- 
serums beschaftigt haben. Im Jahre 1895 veroffentlichten die 
beiden Autoren ihre grundlegenden Arbeiten, welche den Aus- 
gangspunkt fur die Arbeiten von Mendez, Sobernheim, 
Detre, Carini, Bail, Schubert, Rickniann und 
Joseph u. a. bilden. 

Sclavo und Mendez verdanken wir die Anwendung 
des Milzbrandsemms am Krankeubett. 

Eine ganze Reike von Autoren hat sich sp&ter mit dem 
Mechanismus der Milzbrandinfektion beschaftigt. Es sei er- 
wahnt, daB Preiss, v. Gruber und Futaki die Frage des 
seit Johne bekannten Phanomens der Kapselbildung studiert 
haben, und da(5 Ascoli auf Grund dieser Untersuchungen 
seine „Antiblasttheorie“ aufgestellt hat. 

Bail hat seine bekannten Agressinstudien aucli auf den 
Mechanismus der Milzbrandinfektion ausgedehnt. 

Und trotz einer 20-jahrigen Forschung auf diesem Ge- 
biete rnussen wir heute gestehen, daB weder die Frage der 
Serumwirkung, noch die des Mechanismus der Milzbrand¬ 
infektion gelost sind und noch immer in Diskussion stehen. 

Der derzeitige Stand der Wertbestimmung des Milzbrand- 
serums laBt sich am besten mit den Worten von A. Ascoli 
prazisieren, welcher sagt: „Es fehlt nicht an Versuchen, den 
Wert des Milzbrandserums an kleinen Versuchstieren zu be- 

ZeiUchr. f. InimuniUUfonirhmij. (trig. Bii. 31. 7 


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94 


R. Kraus und Beltrami, 


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stimmen. Doch steht bisher die L6sung des Problems aus. 
Wenigstens besitzen wir keine allgemeine akzeptable Methode, 
nach welcher eine exakte, quantitative Bestimmung des Milz- 
brandserums hinsichtlich des Gehaltes an schutzenden Sub- 
stanzen ausfflhrbar ware. Dennoch hangt die praktische Ver- 
wertbarkeit und die experimentelle Begrundung eines jeden 
Heilserums zum groBen Teil ab von der Moglichkeit einer 
solchen Wertbestimmung an Laboratoriumstieren.“ 

Und auch Schubert schlieBt seine im Ehrlichschen 
Institute ausgefuhrte Arbeit mit den Worten: „daB jeder ge- 
setzmaBige Zusammenhang zwischen der Vorbehandlung von 
Kaninchen, Meerschweinchen mit dem Milzbrandserum und 
dem Verlaufe der Infektion mit virulentem Milzbrand fehlt, 
daB sich ferner durch ein solches Experiment zwar sehr wohl 
der Schutzwert des Serums uberhaupt nachweisen lSBt, eine 
exakte, quantitative Wertbestimmung des Milzbrandserums 
jedoch hinsichtlich des Gehaltes an schutzenden Substanzen 
nicht moglich erscheint.“ 

Sobernheim sagt in seiner Arbeit folgendes: „daB das 
auBerordentlich unzuverlassige Verhalten der kleinen Labora- 
toriumstiere einer exakten Wertbestimmung des Milzbrand¬ 
serums sehr groBe Schwierigkeiten bereitet. u 

Wertbestimmung von Ascoli. 

Einen Fortschritt in dieser vieldiskutierten Frage bildet 
die im Jahre 1906 erschienene Arbeit von A. Ascoli, welche 
zunachst auf die Ursache der Widerspruche in der Literatur 
eingeht und die Faktoren, von welchen eine exakte Wert¬ 
bestimmung des Milzbrandserums abhangt, genau prazisiert. 

Als eines der wichtigsten Momente zur ausfiihrlichen, 
exakten Wertbestimmung fiihrt Ascoli die Wahl der 
Tier art an, welche zur Priifung beniltzt werden soil. 

Meerschweinchen und Kaninchen wurden schon von Mar- 
choux und Sclavo benutzt, ohne daB ixbereinstimmende 
Resultate gewonnen werden konnten. Ascoli verwendete 
anfangs Kaninchen zwischen 1000 bis 1500 g und kommt zum 
Resultate, daB eine Wertbestimmung bei Kaninchen ihm nicht 
gegluckt ist. Aus diesem Grunde wahlte er zu seinen Ver- 
suchen Meerschweinchen im Gewichte von 260 bis 550 g. 



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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums ubw. 95 


Eine besonders wichtige Rolle spielt die Virulenz des zu 
verwendenden Milzbrandstammes. Ascoli ist es nicht ge- 
lungen, eine passive Immunitat gegen virulente Keime nach- 
zuweisen. Dieser Faktor ist nach Ascoli zum groBen Teile 
verantwortlich zu raachen far die verschiedenen Resultate der 
Autoren. 

Sclavo hat Pasteurschen Impfstoff benutzt; Schubert 
im Ehrlichschen Institute bediente sich eines virulenten 
Stammes, ebenso wie Ascoli, und hatte ebenfalls negative 
Resultate zu verzeichnen. Nach Ascoli ist eine passive Im- 
munisierung des Meerschweinchens mit einer gewissen Regel- 
mafiigkeit nur gegen Keime von einer bestimmten 
geringen Virulenz, wie es die Qblichen Impfstoffe sind, 
zu erzielen. 

Ascoli verwendet nicht den Pasteurschen Impfstoff, son- 
dern eine abgeschwachte Kultur, welche nach seiner 
Meinung ihre Virulenz konstanter halt, als der Pasteursche 
Impfstoff. Die Priifung geschieht in der Weise, daB Serum 
intraperitoneal und 24 Stunden spater subkutan injiziert wird. 
Wenn man einen Stamm bekannter und konstanter Virulenz 
besitzt, so kann man, wie Ascoli mitteilt, das Milzbrand- 
serum titrieren und den Wert verschiedener Sera vergleichend 
bestimmen. Die zahlreichen Protokolle der Arbeit von As¬ 
coli, die er derselben beifugt, sprechen dafflr, daB es As¬ 
coli gegluckt ist, eine exakte Wertbestimmung des Milzbrand- 
serums auszuarbeiten. 

Eigene Wertbestimmung. 

Als wir an das Studium der Frage herangetreten sind, 
haben wir an Stelle der Meerschweinchen Kaninchen als Ver- 
suchstiere herangezogen, und zwar wegen ihrer gerin- 
geren Empfindlichkeit fur den Milzbrand. Die 
verschiedenen ungleichen Resultate aber, welche die Autoren 
und auch Ascoli mitteilen, lieBen uns vermuten, daB nicht 
nur die Tierart allein dafiir verantwortlich gemacht werden 
kann, sondern das Alter und Gewicht hierbei eine Rolle 
spielen durften. 

In friiheren Arbeiten konnten wir z. B. bei dem Studium 
der Choleragifte finden, daB ganz junge Meerschweinchen fur 

7* 


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URBANA-CHAMPAIGN 



96 


E. Kraus und Beltrami, 


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die Serumprtifung geeigneter sind als aitere und konnten auf 
diese Weise Gifte der Choleravibrionen bestimmen. Aus 
diesem Grunde wfihlten wir zu unseren Versuchen ganz kleine 
Kaninchen im Gewichte von 600—800 g. Ein weiterer Faktor, 
welcher uns wichtig schien, auf den bereits auch Ascoli 
aufmerksam gemacht hat, war die Virulenz und die Dosierung 
der Kultur. 

Ascoli ist es mit einer stark virulenten Kultur nicht 
geglflckt, Sera an Meerschweinchen zu bestimmen. Wir werden 
sehen, daB bei der Heranziehung von kleinen Kaninchen auch 
mit einer virulenten Kultur, die allerdings genau dosiert 
sein muB, eine Wertbestimmung moglich ist. 

Unsere Versuche gingen zunachst darauf hinaus, fest- 
zustellen, ob eine exakte Wertbestimmung fur das Milzbrand- 
serum, gewonnen von immunisierten Tieren, tiberhaupt prak- 
tisch durchfiihrbar ist. 

Schon die orientierenden Versuche zeigten, daB man bei 
Verwendung virulenter Kultur mit jungen Kaninchen kon- 
stantere Resultate gewinnen kann als mit groBen Kaninchen 
und Meerschweinchen. Aus diesem Grunde wurden alle fol- 
genden Versuche mit kleinen Kaninchen ausgefiihrt. 

Wir haben Versuche mit Serum von verschiedenen Tier- 
arten angestellt, immunisierten Rindern, Pferden, Schafen, 
Eseln, und wollen nun im folgenden liber die Resultate be- 
richten. 

Die Tiere wurden zunSchst, um eine Grundimmunitat zu 
schaffen, mit Vakzine Pasteur 1 und 2 injiziert und dann mit 
steigenden Dosen virulenter Milzbrandkulturen (Gemisch ver- 
schiedener Stamme) immunisiert. Das Serum wurde 14 Tage 
nach der letzten Infektion entnommen und gepriift. 

Maulesel No. 34: Am 15. Juni 1915 wurde mit der ImmuniBierung 
begonnen. Am 15. Marz 1916 wurde der erste Aderlafi gemacht, nachdem 
das Tier 518 ccm insgesamt subkutan einer 48-stiindigen Bouillonkultur 
eines Gemisches von Milzbrandbacillen erhalten hatte. Das zu priifende 
Serum wurde Kaninchen subkutan injiziert, und gewohnlich 48 Stunden 
spater wurde eine 24-stiindige Agarkultur, und zwar 5- bis 50-fach tod- 
liche Dosis, ebenfalls subkutan injiziert. 

Es ergibt sich aus den ersten Versuchen, daB Tiere mit 
4 und 2 ccm Serum uberleben, mit 1 und 0,5 ccm vor- 



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Exp. Priifung der Wirksamkeit dee normalen Rinderserums usw. 97 

behandelt, zugrunde gehen. Trotzdem der Maulesel dann 
weiter mit steigenden Dosen injiziert wird und bis zum 22. Mai 
weitere 290 ccm Bouillonkultur erhalten hat, ist der Wert 
des Serums gleich geblieben. Nach weiterer Immunisierung 
mit 600 ccm Kultur ist das Serum imstande, auch in Mengen 
von 1 ccm Tiere zu schiitzen. 

Versuch. 23. Marz. 

Maulesel 34. 8erum subkutan, in 24 Stunden Kultur ‘/iooo Oe6e 
subkutan. 


Serum men ge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

ErgebnU 

4 

988 

lebt 

2 

989 


1 

990 

t in 4 Tagen 

0,5 

991 

f in 3 „ 

Gegenprobe 

993 

lebt 

987 

f in 2 Tagen 


735 

f in 2 „ 


Versuche, welche darauf hinausgingen, das Serum ent- 
weder im Gemisch mit Kultur oder gleichzeitig bei getrennter 
Infektion mit der Kultur zu priifen, ergaben weniger giinstige 
Resultate, so dafi diese Priifungsmethode, welche wir an- 
gewandt haben, auch in spateren Versuchen beibehalten wird. 

Versuch. 7. Juni. 


Maulesel 34. Serum subkutan, in 48 Stunden l / 6000 Oese subkutan. 


Serum men ge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnis 


3 

841 

f in 10 Tagen 

Kultur negativ 

2 

792 

lebt 


1 

790 



0,5 

67 

f in 3 Tagen 

Oedem 

Gegenprobe 

326 

t in 3 „ 



948 

t »n 3 

»♦ 


Jedenfalls gelit aus diesen Versuchen hervor, daB im 
Serum des immunisierten Maulesels Schutzstoffe nachweisbar 
sind, die am Kaninchen einer Priifung zuganglich sind. Ein- 
zelne Unregelm&Bigkeiten lassen sich durch eine Wiederholung 


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98 


R. Kraus und Beltrami, 


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des Versuches und durch die Heranziehung von mehreren 
Kontrolltieren ausgleichen. 

Die gleichen Versuche wurden mit Serum eines mit Vac¬ 
cine Pasteur 1, 2 vorbehandelten Esels durchgefuhrt. Es 
liefien sicli auch Schutzsubstanzen nachweisen, so daB 3, 2 
und 1 ccm Serum imstande waren, Tiere zu schutzen. 

VerBUch. 21. Juni. 


Esel. Serum subkutan, in 48 Stunden */» M o Oese Bubkutan. 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnis 


3 

988 

lebt 


2 

156 



1 

451 

V 


Gegen probe 

364 

f in 48 Stunden 

Oedem 


452 

! -j* in 48 „ 

V 


Weitere Versuche wurden an Rindern (58, 59) ausgefiihrt, 
und zwar wurden diese Tiere ebenso behandelt wie Esel und 
Maulesel. Zwei Rinder wurden seit Juni 1915 mit virulenten 
Kulturen injiziert und erhielten subkutan im ganzen bis Miirz 
ca. 520 ccm virulenter Kultur (Gemisch) insgesamt. 3 und 
2 ccm Serum dieser Tiere vermag gegen eine sichere Infektion 
zu schutzen; 1 ccm ist aber nicht mehr imstande, Schutz zu 
verleiken, selbst wenn wir mit der Dosis der Kultur bis zur 
Grenze der Pathogenitat heruntergegangen sind. 


V e r s u c h. 6. J u n i. 

Stier 58, Serum subkutan, in 48 Stunden Vioooo Oese subkutan. 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnia 


3 

71 

lebt 


2 

143 



1 

797 

f in 3 Tagen 

Oedem 

Stier 59 




3 

896 

lebt 


2 

941 

t in 3 Tagen 


1 

305 

j in 3 „ 


Gegen probe 

611 

t in 3 „ 



697 

f in 2 „ 



Google 


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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 





Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen RinderaerumB uaw. 99 


Versuch. 15. Marz. 


Stier 58 — 59, immunisiert. Normalserum. 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnia 


3 (58) 

965 

lebt 


1 

966 

f in 3 Tagen 

Kulturen positiv 

1,5 

967 

lebt 

3 (59) 

968 

lebt 


1,0 

969 

f in 4 Tagen 

Oedem 

0,5 

970 

t in 4 Tagen 

yy 

3 (norm. Rinder- 
serum I) 

971 

lebt 


1 

972 



0,5 

973 

yy 


Gegen probe 

897 

f in 2 Tagen 

Oedem 


899 

f in 2 „ . 

yy 


Die relativ groBen Mengen Serums, welche iiberhaopt 
notig waren, urn sichere Resultate zu gewinnen, sind uns 
auch schon in den Arbeiten anderer Autoren aufgefallen, so 
z. B. sehen wir in den ausgedehnten Versuchsreihen As col is, 
daB in der Regel 4 ccm, 2 ccm und 1 ccm wirksam waren. 
Diese groBen Mengen sind jedenfalls auffallend, wenn man 
sie mit den wirksamen Werten der anderen bekannten Im- 
munsera, sowohl der antitoxiscben als antiinfektiosen ver- 
gleicht. 

Diese merkwiirdige Tatsache brachte uns auf die Idee, 
auch normale Sera von Tieren mit der neuen Priifungs- 
methode zu untersuchen. 

Wir konnten, gleich wie die vorige Versuchsreihe zeigt, 
uns davon iiberzeugen, daB normales Serum von 6 — 8 Monate 
alten Kalbern imstande sei, in Mengen von 3, 1 und 0,5 ccm 
ebenso passive Immunitat zu erzeugen, wie das Serum von 
den immunisierten Rindern. 

Dieser Versuch war so auffallend, daB wir nunmehr eine 
groBe Reihe von Untersuchungen iiber die Wirksamkeit der 
normalen Rindersera durchgefflhrt haben und immer wieder 
bei einer ganzen Reihe von normalen Tieren das Serum ebenso 
wirksam finden konnten wie das der immunisierten Rinder. In 
einem derartigen Versuche mit drei Rindern konnte auch eine 
individuelle Verschiedenheit der Sera nachgewiesen werden. 
Das Serum No. 3 wirkte nicht einmal in 3 ccm, das Serum 


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100 


R. Kraus und Beltrami, 


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No. 5 wirkte in Mengen von 3 und 2 und das Serum No. 4 
sogar in Mengen von 1 ccm. 

Versuch 15. Marz. 


Kalb. Normalserum subkutan, in 48 Stunden ‘/iox> Oese subkutan. 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnis 

Rind No. 3 3 

92 

f in 48 Stunden 

2 

830 

f in 3 Tagen 

1 

325 

f in 48 Stunden 

Rind No. 4 3 

915 

lebt 

2 

324 


1 

939 


Rind No. 5 3 

111 


2 

998 

t in 3 Tagen 

1 

28 

Gegenprobe 

729 

354 

f in 48 Stunden 
lebt 


In neuen Versuchsreihen konnten wir ebenfalls fest- 
stellen, dad die Werte des Serums wechseln konnen. Es ist 
wahrscheinlich, dad diese Differenzen in den Werten mit be- 
stiramten Jahreszeiten zusammenhangen konnten. 

Versuch 3. Juni. 


Kalb. Normalserum subkutan, in 48 Stunden Vioooo Oese subkutan. 


Serummenge 

ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnis 


Rind No. 6 3 

675 

lebt 


2 

11 



1 

845 

t in 24 Tagen 

Kulturen negativ 

Rind No. 7 3 

551 

t in 2 „ 

Oedem 

2 

730 

t in 4 „ 


1 

973 

f in 9 „ 


Rind No. 8 3 

97 

t in 3 „ 


2 

437 

t in 2 „ 


1 

696 

t in 2 „ 


Rind No. 9 3 

61 

t in 3 „ 


2 

770 

t in 16 „ 


1 

65 

t in 2 „ 

J) 

Rind No. 10 3 

74 

t in 14 „ 

Kulturen negativ 

2 

584 

lebt 


1 

975 

J* 


Gegenprobe 

332 

t in 2 Tagen 

Oedem 


129 

t in 2 „ 



548 

t m 2 „ 

ff 


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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderseruma usw. JQ 1 


Versuch. 

Kalb 61 (geimpft mit Impfstoff „Pasteur“) Serum von Kalb 60 
(nicht geimpft). 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 

Ergebnis 

2 (61) 

158 

lebt 

1 

50 

f in 5 Tagen 

3 (60) 

56 

lebt 

2 

628 


Gegenprobe 

810 

t in 5 Tagen 


744 

t in 5 „ 


Versuch 20. Januar. 

Schaf 100 immunisiert. Schaf Normalserum aubkutan, in 48 Stunden 
Kultur V, ooo Oeae. 


Serum menge 
ccm 

Kaninchen 

No. 


Ergebnis 

2 (100) 

470 

lebt 

1 

471 



0,5 

472 



2 (Schaft N) 

473 


11 

1 

474 



0,5 

475 



Gegenprobe 

479 


11 

Fortsetzung. 

810 

f in 2 Tagen 

0,5 (100) 

479 

lebt 

0,1 

488 

f in 2 Tagen 

0,05 

499 

t in 3 ,, 

0,5 (N. S.) 

494 

lebt 

0,1 

495 

• 

■ in 24 Stunden 

0,05 

496 

• 

■ in 24 „ 

Gegenprobe 

500 

• 

' in 24 „ 

856 

• 

■ in 4 Tagen 


Um einem eventuellen Einwand zu begegnen, daB die 
Sera von nach Pasteur schutzgeimpften Rindern staramen 
kSnnten, sei zun&chst auf die vorangehenden Versuche (Rind 58, 
59) hingewiesen, welche zeigen, daB trotz Vorbehandlung mit 
groBen Kulturmengen der Wert der Sera der gleiche ist wie 
derjenige der nichtvorbehandelten Tiere. AuBerdem haben 
wir aber noch einen Versuch gemacht, indem wir ein Kalb 
eigens mit der Vaccine Pasteur einer zweimaligen Impfung 


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102 


R. Kraus und Beltrami, 


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unterzogen und dessen Serum spater gepriift haben. Wie der 
Versuch gezeigt hat, ist das normale Serum der ungeimpften 
Tiere von derselben Wirksamkeit wie das des schutzgeimpften 
Rindes. 

Die weiteren Untersuchungen erstreckten sich nunmehr 
auf vergleichende Studien zwischen normalen und immunisierten 
SchafeD. 

Es wurden zu diesem Zwecke Schafe immunisiert. Das 
Serum des immunisierten Schafes 100, welches ca. 210 ccm 
virulenten Milzbrandes erhalten hat, weist einen gleichen Wert 
auf wie ein normales Schafserum, insofern als 2, 1 und 0,5 ccm 
noch schiitzen, 0,1 ccm aber weder vom normalen noch vom 
immunen eine Wirkung besitzen. 

Nach dieser Feststellung gingen wir dann daran, weitere 
normale Sera von Schafen zu priifen und konnten auch in- 
dividuelle Verschiedenheiten im Serum normaler Tiere nach- 
weisen, wie bei den Rindern. Einzelne Sera waren in Mengen 
von 3, 2 und 1 ccm wirksam, andere blofi in' Mengen von 
2 ccm. 

Diese Versuche, zusammengehalten mit den an Rindern 
gewonnenen, sprechen dafiir, daB im Serum normaler 
Tiere gewisser Tierarten Scliutzsubstanzen vor- 
handen sind, welche in denselben Werten wie das 
Serum von vorbehandelten Tieren wirksam und 
Kaninchen passiv zu immunisieren imstande sind. 

Ein ganz ahnliches Resultat konnten wir mit Serum von 
normalen und immunisierten Pferden erhalten. 

Das Pferd 28 hat im ganzen ca. 400 ccm virulenten Milz- 
brands erhalten und war nicht imstande, in 3 ccm Tiere zu 
schiitzen. Untersuchungen normaler Pferdesera ergaben, daB 
einzelne Sera in Mengen von 3 ccm wohl zu schiitzen imstande 
sein diirften. 

Es scheint demnach, daB eine individuelle und Artver- 
schiedenheit in der Wirkung normaler Sera im Tierversuch 
nachweisbar ist. 

Die Veroffentlichung dieser Versuche (Kraus und Bel¬ 
trami), insbesondere aber die daraus gezogene natiirliche 
Konsequenz, das normales Rinderserum als Heilserum beim 



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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums ubw. JQ 3 


Menschen an Stelle des bisher verwendeten Immunserums an- 
gewendet werden kann (Kraus, Penna und Bono vino 
Cuenca) hat selbstverstandlich zu Kontroversen geftihrt. 
Zun&chst hat J. Lignier Protest gegen die Anwendung des 
Rinderserums beim Menschen erhoben, indem er auf die 
Toxizitat desselben hinweist und es deswegen als gefahrlich 
ansieht. Wir konnen demgegenflber die Tatsache feststellen, 
daB die Anwendung des 2mal 1 Stunde auf 56° erw&rmten 
Serums weder bei subkutaner noch bei intravenoser Appli- 
kation selbst groBerer Mengen ebenso vertragen wird wie das 
Pferdeserum, und, was besonders wichtig ist, daB es die als 
Folge des letzteren so haufig auftretende Serumkrankheit nur 
selten verursacht. 

Eine Arbeit aus dem Institute von S o r d e 11 i und 
Fischer hat die Frage auch vom experimentellen Standpunkt 
beleuchtet, um die EinwSnde Ligniers als nicht stichhaltig 
hinzustellen. Dann aber wendet sich Ligniers gegen die 
von uns angewendete Prfifungsmethode an jungen Kaninchen, 
indem er diese Tierart fur zu resistent halt, und um die 
Unwirksamkeit des normalen Serums im Tierversuch zu 
demonstrieren, wendet er Meerschweinchen an, die er mit ab- 
geschwachter Kultur (Vacc. Pasteur 2) infiziert. DaB das mit 
Vaccine und Kultur gewonnene Immunserum moglicherweise 
sich im Meerschweinchenversuch gegen einen kiinstlich abge- 
schwtichten Stamm wie es die Vaccine Pasteur ist, als wirksam 
erweisen konnte, wollen wir nicht in Abrede stellen, und wir 
selbst werden in einer nachsten Arbeit diese Befunde bestatigen. 
DaB damit aber unsere Versuche mit virulenter Kultur an 
jungen Kaninchen nicht entkraftet sind, liegt wohl klar auf 
der Hand. Auf die wenigen Kaninchen versuche, welche 
Ligniers anfiihrt, wollen wir nicht weiter eingehen, da sie 
zu mangelhaft sind. Ligniers verwendet 1 / i ccm Bouillon- 
kultur einer virulenten Kultur als Infektionsdosis, welches 
MaB wohl fur exakte Prufungszwecke nicht gekannt ist. 

Eine andere Arbeit, die von Hutyra und Manninger, 
beschaftigt sich ebenfalls mit der von uns angeregten Frage 
und gelangt zum Schlusse, daB normale Sera im Gegensatz 
zu Immunseris junge Kaninchen gegen die subkutane In- 
fektion mit virulenten Milzbrandkulturen nicht zu schtttzen 


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104 


R. Kraus und Beltrami, 


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vermbgen. Hutyra glaubt annehmen zu konnen, dad in den 
von uns mitgeteilteu Versuchsergebnissen kaum eine hin- 
reichende Grundlage fiir die praktisch wichtige Schludfolgerung 
gegeben sei. Die Kritik, welche er an unseren Versuchen 
iibt, wonach in 2 Versuchen 1 Kontrolltier liberlebt, ist un- 
berechtigt, da in anderen zahlreichen Versuchen alle Kontroll- 
tiere sterben. Auderdem ist zu bemerken, dad die individuellen 
Resistenzen bei Versuchen, in welchen zur Priifung lebende 
Kulturen verwendet werden, zur Geniige gekannt sind und Ver- 
suchsfehler nur dadurch umgangen werden, dad stets mehrere 
Kontrolltiere benfitzt werden, wie wir es ja auch getan haben. 
Schliedlich sei zu den Versuchen Hutyras bemerkt, dad wir 
darauf hingewiesen haben, dad nicht alle normale Sera gleich 
wirksam sind. Hutyra findet in einem Versuch normales 
Schafserum unwirksam in 3 ccm, in dem anderen ist 2 ccm 
Pferdeserum und 3 ccm Rinder-, Schaf-, Pferdeserum un¬ 
wirksam. Warum hat Hutyra nicht 4 und 5 ccm versucht 
und auderdem Serum von anderen Tieren? Um den Ein- 
wSnden Hutyras gerecht zu werden, wollen wir im folgen- 
den einige Versuche aus einer weiteren Versuchsreihe ver- 
offenilichen, aus welchen wiederum die Wirksamkeit des 
nornialen Rinderseruins hervorgeht. 


Normales Serum subkutan, nach 48 Stunden Viooooooo Oese Kultur. 


Serum 

Kanincben 

Menge 


Rind 64 

7 

5 ccm 




8 

3 „ 




9 

1 „ 



Rind 75 

13 

5 „ 

lebt 


14 

3 ,. 




15 

1 „ 



Rind 82 

19 

5 „ 




20 

3 „ 




21 

1 „ 



Rind 81 

16 

5 „ 

lebt 


17 

3 „ 

t 


18 

1 

lebt 

Gegenprobe 

31 


t 


32 


t 


33 


t 


34 


t 


Google 


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Exp. Priifung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums usw. 105 


Norm ales Serum subkutan, nach 48 Stunden 1 l lonoooao Oese Kultur. 


Serum 

Kaninchen 

Menge 


Rind 76 

667 

5 ccm 

lebt 


668 

3 „ 



669 

1 „ 

11 

Rind 82 

664 

5 „ 



665 

3 „ 



666 

1 ,, 

99 

Rind 64 

670 

5 „ 



671 

3 „ 

n 


672 

1 v 

99 

Rind 81 

661 

5 „ 

lebt 


662 

3 

t 


663 

1 „ 

t 

Gegenprobe 

684 


t 


686 


t 


Serum subkutan, in 48 Stunden 1:10000 Oese Eultur. 


Serum 

Kaninchen 

Menge 


N. Rind 64 

610 

5 ccm 

lebt 


611 

3 „ 


99 


638 

1 M 

t 

N. Rind 60 

623 

5 „ 

lebt 


604 

3 „ 


99 


393 

1 


99 

N. Rind 74 

620 

5 „ 




609 

3 „ 


19 


390 

1 „ 

t 

Gegenprobe 

536 



■ 


547 





535 





546 



• 


In No. 2 Vol. 26 The Journ. of Inf. Diseases beschaftigen sicli 
Kolmer, Wanner und Koehler gleichfalls mit der Frage 
iiber die Wirkung des normalen Rinderserums. Leider lassen 
sich aus diesen Versuchen gar keine Schliisse machen, da die 
Autoren zu ihren Versuchen weiBe MSuse verwendeten, die 
auBerordentlich empfindlich sind gegen Milzbrandbacillen und 
gerade wegen ihrer Empfindlicbkeit von Pasteur zur Priifung 
der Vaccine No. 1 verwendet wurden. Kolmer katte vorher 
erweisen miissen, daB die Priifung mit weiBen Mausen mit 
Immunserum exakte Resultate gegeben hat, was aber niclit 


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106 


R. Kraus und Beltrami, 


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geschehen ist, da dartiber keine Protokolle vorliegen. Zu- 
mindest hatte aber Kolmer neben normalem Serum ver- 
gleichsweise auch Immunserum priifen mflssen, urn aus den 
negativen Resultaten mit normalem Serum irgendwelche 
Schliisse ziehen zu konnen. Wir bezweifeln sehr, daB sich 
weiBe Mause ftir die Serumprufung eignen, da sie milzbrand- 
empfindlicher sind als die Meerschweinchen und diese letzteren 
gerade deswegen bei Beniitzung virulenter Milzbrandstamme 
sich als ungeeignet erwiesen haben. In einer weiteren Arbeit 
werden wir durch Protokolle beweisen, daB eine Wertbestim- 
mung eines Immunserums an weiBen Mausen nicht moglich 
ist, womit der Einwand Kolmers in sich zusammenfallt. 

Auf Grund der Mltereu und neueren Versuche kbnnen 
wir wiederum behaupten, daB dem normalen Rinderserum 
antiinfektibse Eigenschaften im Tierversuch zugeschrieben 
werden konnen. 

Und zum SchluB miissen wir noch eine Arbeit von 
Eichhorn und Kelser (Journ. of Agric. Research, 1917, 
Washington) besprechen, in welcher mittels eigens bereiteter 
Bakterienextrakte eine spezifische Komplementablenkung mit 
Immunmilzbrandserum beschrieben und als Prflfungsmethode 
zur Wertbestimmung empfohlen wird. Trotzdem von ver- 
schiedener Seite (s. Sobernheim, Handb. Kolle-Wasser- 
mann) derartige Versuche mit negativem Resultate unter- 
nommen wurden, hat die Arbeit von Eichhorn zur Nach- 
prfifung aufgefordert. Die Versuche, von Beltrami und 
Gras si im Institut ausgefiihrt, haben trotz zahlreicher und 
variierter Versuche und Befolgung der Angaben Eichhorns 
nur negative Ergebnisse geliefert (die Protokolle werden in 
der Rev. del Instituto Bacteriol. del Dep. Nac. de Hig. er- 
scheinen). 

Der eine von uns (Kraus) hat sich deswegen brieflich 
an Eichhorn gewendet mit der Bitte, das von ihm bereitete 
Antigen uns zu Versuchszwecker* zu uberlassen. Eichhorn 
hatte die Freundlichkeit, ausfuhrlich zu antworten und teilt 
mit, daB er die angegebene Priifungsmethode be- 
reits aufgegeben, und zweifelt daran, ob (iber- 
haupt zwischen komplementbindender und anti- 
infektioser Eigenschaft Beziehungen bestehen. 



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Exp. Prufung der Wirksamkeit des normalen Rinderserums usw. 107 


Auf Grund unserer Versuche und der brieflichen Mit- 
teilung Eichhorns glauben wir nunmehr die Komplement- 
bindung zur Prufung des Milzbrandserums als unbrauchbar 
hinzustellen. 

Zusammenfassung. 

Hier kam es uns darauf an, zu zeigen, dafi die experi¬ 
mented gewonnenen Ergebnisse fiber die Wirksamkeit des 
normalen Rinderserums gegenfiber der Milzbrandinfektion auch 
in weiteren Versuchen Bestfitigung finden. Unsere Versuche 
bilden den Ausgangpunkt ffir die Anwendung des normalen 
Rinderserums am Krankenbette. In unserer demnfichst er- 
scheinenden monographischen Zusammenfassung fiber diese 
Behandlungsmethode und in den bereits veroffentlichten Ar- 
beiten (Penna, Bonovino Cuenca und Kraus) zeigen 
wir an Hand von zahlreichen kliniscben Milzbrandfallen, dafi 
dem normalen Rinderserum die gleiche Wirksamkeit zukommt, 
wie dem Immunmilzbrandserum. 


Naehdruck cerboten. 

[Aua dem Bakteriologischen Institut des Departamento Nacional 
de Higiene in Buenos Aires. 

Experimentelles zur Frage der Heilwirkung des normaleu 
Plerdeseruws bci der Dipktkerie. 

Von Prof. R. Kraus und Dr. A. Sordelli. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 23. Juli 1920.) 

Es ist seit langem bekannt, dafi im Blute normaler Or- 
ganismen Antikorper der verschiedenen Art vorkommen. Einer 
von uns mit seinen Mitarbeitern (Clairmont, Lipschfitz, 
Pribram, Doerr) hat sich seit Jahren systematisch mit dem 
Studium der normalen Antitoxine beschfiftigt und eine Reihe 
wichtiger Tatsachen ermittelt. So z. B. wurde nachgewiesen, 
dafi im Serum normaler Tiere verschiedene Antih&motoxine 
vorhanden sind, die eiuen ebensolchen Heilwert haben wie 
die Immunantitoxine. Durch Heilversuche in vitro konnten 
vergiftete Blutkorperchen mit genfigenden Antitoxinmengen 


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108 


B. Kraus und A. Bordelli, 


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normaler Sera ebenso geheilt werden, wie es Madsen in 
seinen bekannten Versuchen mit Immunantitoxinen gezeigt 
hat. .Eine weitere Entdeckung betrifft die Verschiedenheit der 
Aviditat der normalen und Immunantitoxine. 

Nachdera es gelungen war, im Serum normaler Tiere ein 
Antitoxin gegen das akute Eltortoxin festzustellen, konnte er- 
mittelt werden, daB auBer dem quantitativen Faktor bei der 
Antitoxinwirkung auch qualitative Momente eine besondere 
Rolle spielen konnen. Das normale Antitoxin kann quantitativ 
genau so aktiv sein, wie das durch Immunserura gewonnene, 
nur mit dem Unterschied, daB ihm eine langsamere Aviditat 
dem Toxin gegentiber als dem Immunantitoxin zukommt. Es 
was naheliegend, daB die vorhandenen zahlreichen experimen- 
tellen Erfahrungen uber Antikorper im normalen Serum dazu 
fuhren muBten, auch normale Sera als Heilsera bei Infektions- 
krankheiten zu verwenden. Es liegen bereits verschiedene 
Angaben in der Literatur vor, wonach dem normalen Serum, 
z. B. beim Erysipel, Flecktyphus, Influenza etc., giinstige Heil- 
wirkungen zugeschrieben werden. Allerdings sind die An¬ 
gaben nur vereinzelt und mangels einer groBeren Statistik ist 
man heute noch nicht in der Lage, den Wert dieser Beobach- 
tungen objektiv zu beurteilen. 

Unsere Arbeiten (Kraus, Penna, Bonovino, Cuenca) 
zeigen an der Hand von einigen hundert Krankengeschichten, 
daB normales Rinderserum menschlichen Milzbrand giinstig 
zu beeinflussen vermag. (La Prensa medica argentina, 1917, 
No. 18; Revista del Instituto Bacteriol. del Dep. Nac. de Hig., 
1919; Wien. klin. Wochenschr., 1917, No. 18.) 

In einer monographischen Zusammenfassung stellen wir 
unsere gesamten diesbeztiglichen Erfahrungen zusammen, und 
beweisen, daB die Heilerfolge mit normalem Rinderserum 
gleich sind deDjenigen, die mit Immunserum beschrieben sind. 

Aus diesen vorangehenden Daten ist zu ersehen, daB der 
eine von uns systematisch seit Jahren die Antikorper der 
normalen Sera zum Gegenstand eingehender Studien gemacht, 
und daB die experimentelle Forschung zur erfolgreichen An- 
wendung desselben am Krankenbett gefuhrt hat. 

Es war daher selbstverstSndlich, daB die Mitteilungen von 
Bin gel flber die Heilwirkung des normalen Pferdese r ums 



Origirval from 

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Heilwirkung dee normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. 109 

bei der menschlichen Diphtherie von uns mit besonderem 
Interesse aufgenommen wurden. Die Mitteilungen Bin gels 
sind so ilberraschend, daB sie berechtigtes Aufsehen erregen 
muBten, und es ist nicht zu verwundern, wenn bereits' dar- 
flber eine heftige Polemik entbrannt ist. 

Die umfassendste Arbeit, welche sich auf experimentellem 
Wege, vergleichend mit der Heilwirkung des normalen Pferde¬ 
serums und Immunserums, bescbaftigt, ist die von Kolle 
und Schlofiberger (Med. Klinik, 1919). In den ersten zwei 
Mitteilungen zeigen die Autoren, daB an mit Toxin ver- 
gifteten Meerschweinchen bei Heilversuchen dem normalen 
Pferdeserum eine gewisse Wirkung zukommt, die sich aber 
nur in einer Verzogerung des Todes kundgibt, ohne einen 
nennenswerten Heilwert zu besitzen. In der dritten Mitteilung 
werden die Heilversuche am infizierten Meerschweinchen durch- 
gefflhrt und gezeigt, daB in einer Anzahl von Versuchen das 
normale Pferdeserum eine gewisse Wirkung auf den Verlauf 
der Infektion besitzt. Von 137 Meerschweinchen, die mit 
normalem Pferdeserum behandelt wurden, sind 20 Proz. ge- 
heilt, wogegen 70 Proz. der mit antitoxischem Serum be- 
handelten iiberleben. Allerdings konnten Heilwirkungen mit 
normalem Serum bei Erhohung der tOdlichen Dosis Kultur 
und 10 Stunden nach der Infektion nicht mehr nachgewiesen 
werden, wohl aber mit antitoxischem Serum. Auch die in 
der vierten Mitteilung niedergelegten praventiven und kurativen 
Versuche an weiBen Mfiusen und Meerschweinchen (intra- 
kutane und subkutane Infektion) weisen auf die Wirkungs- 
losigkeit des normalen Pferdeserums hin. Ebenso negative 
Resultate verzeichnen die Mischungsversuche, in welchen das 
normale Pferdeserum weder dem Toxin noch den lebenden 
Bakterien gegeniiber irgendwelche Wirkung aufweist, es trat 
nicht einmal Lebensverlangerung ein, indem die Meerschweinchen 
ebenso rasch starben als die Kontrolltiere. Kolle und Schofi¬ 
ber ger gelangen auf Grund ihrer zahlreichen Versuche zu 
dem Schlusse, daB dem normalen Pferdeserum, soweit es iiber- 
haupt wirkt, nur „unspezifische, resistenzerhohende, stimu- 
lierende“ Wirkungen innewohnen. Auch v. GrSer gelangt 
zu einer Bhnlichen Auffassung, indem er von einer sogenannten 
„ergotropen“ Wirkung spricht. Friedberger konnte in 

Zeltschr. f. Immuaitatsforschung. Orig. Bd. 91. 8 * 


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HO R. Kraus uud A. Sordelli, 

Heilversuchen an mit Kultur infizierten Meerschweinchen mit 
normalem, antitoxinhaltigem Pferdeserum (1 Einh.) ebenfalls 
keinerlei Resultate sehen, wohl aber mit 500—1000 fachem 
Diphtherieserum. Daraus schlieBt er, daB nur dein antitoxischen 
Immunserum ein Heilwert zukommt, nicht aber dem normalen 
Pferdeserum. Trotzdem sucht er nach einer Erkl&rung fur 
die Befunde Bin gels, und glaubt annehmen zu kdnnen, daB 
das Toxin, welches die Diphtheriebacillen im Meerschweinchen 
erzeugen, nicht identisch sei mit demjenigen, welches wiihrend 
der Krankheit beim Menschen eutsteht, und aus diesem Grunde 
fibt das antitoxische Serum auf die Vergiftung des Meer- 
schweinchens eine gflnstige Wirkung aus, nicht aber das nor- 
male Pferdeserum. 

Damit hatten wir die wichtigsten Arbeiten angefflhrt, die 
Bin gels Resultate, am Kranken gewonnen, auf experimen- 
telle Weise zu widerlegen oder zu erklaren versuchen. Die 
ablehnende Haltung Kolles, der dem normalen Pferdeserum 
jegliche praventive und kurative Wirkung abspricht, die ver- 
mittelndeHaltung Friedbergers veranlaBten uns, der Streit- 
frage naherzutreten, urn die bestehenden Widerspriiche zwischen 
Klinik und Experiment aufklaren zu konnen. 

Bei der Durchsicht der Arbeit Kolles failt es zunfichst 
auf, daB, obzwar keine Protokolle iiber Wertbestimmung des 
normalen Pferdeserums angefiihrt sind, die Autoren von anti- 
toxinfreiem Serum (Sonderabdr. p. 11, No. 1) sprechen 
und in keinem einzigen Versuche antitoxinhaltiges normales 
Pferdeserum herangezogen haben. Es ist das urn so auf- 
fallender, als von vornherein wahrscheinlich war, daB Bin gel, 
der k&uflicbePferdesera verwendete und selbst Wertbestimmung 
derselben nicht vornahm, normale Sera mit einem gewissen 
Antitoxingehalt verwendet haben durfte. Wissen wir doch, 
daB normale Pferdesera auch Diphtherieantitoxin in verschie- 
denen Mengen (mehr wie 1 Einh. Ehrlichs) enthalten konnen. 
Versuche, welche der eine von uns (Sordelli) im Institut 
durchgefuhrt hat, zeigen, daB der Diphtherieantitoxingehalt 
variiert, und zwar haupts&chlich nach dem Alter der Pferde, 
so daB z. B. Fohlen und junge Pferde fur gewohnlich niedrige 
Antitoxinmengen besitzen (weniger wie Vioo Einheit Ehrlichs), 
alte Pferde relativ hohe Werte (zwischen 0,2 und 1 Einh.). 



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Heilwirkung des normalen Pfcrdeserums bei der Diphtherie. m 


Daraus geht hervor, daB normales Pferdeserum im Misch- 
versuch Diphtherietoxin zu neutralisieren vermag, sofern es 
eben Antitoxin enth&lt, und zwar parallel seinem Antitoxin- 
gehalt. Eine Wertbestimraung der Antitoxine ira normalen 
Pferdeserum nach Ehrlich oderRomer ist ebenso mSglich 
exakt durchfiihrbar, wie diejenige des Immunserums. Wenn 
Kolle dem antitoxinfreien Pferdeserum jedwede neu- 
tralisierende Wirkung in vitro und in vivo abspricht, so be- 
weist er damit, daB die neutralisierende Kraft der normalen 
Pferdesera auf seine Antitoxine zuriickzufuhren sei und nicht 
auf andere unbekannte Substanzen. Im weiteren gait es zu 
entscheiden, ob normales Pferdeserum, entsprechend seinem 
Gehalt an Antitoxin, auch im Organismus preventive 
und kurative Eigenschaften dem Diphtherietoxin oder 
der Kultur gegenuber aufweist, sowie es in der Mischung 
geschieht. Erst dann, wenn diese Frage in bejahendem oder 
verneinendem Sinne einwandfrei beantwortet ist, glauben wir, 
sind alle experimentellen Vorbedingungen erfiillt, um die 
klinischen Resultate Bin gels beurteilen zu konnen. 


I. 

Zu unseren Versuchen wahlten wir junge Kaninchen 
(600—900 g), welche nach eigenen frflheren und neueren Er- 
fahrungen sowohl auf Diphtherietoxin als auf Kultur regel- 
mafiig' reagieren, und dabei doch nicht so auBerordentlich 
giftempfindlich sind wie die Meerschweinchen. 


Virulenzbestimmung der Diphtheriekultur fur Kaninchen 
(24-stiindige Agarkultur, aufgeschwemmt in Bouillon). 


1 Oese subkutan 966 (830 g) 

V> „ „ 971 (950 „) 

V« » 272(1000 

V. * 271 (1020 


48 Std. 

■■ 3 Tagen 
00 „) +3 „ 

SO „) f 6 


V,o, */so> 1 Uo Oese Kaninchen iiberleben 15 Tage 


Serumbestimmung des normalen Pferdeserums 142 

(14 Jahre alt). 

Bestimmung nach Ehrlich: 1 I.E. pro 1 ccm 
„ „ Rdmer: 1 ,, n ^ » 


Bestimmung des normalen Rinderserums 
(2 Jahre 8 Monate). 

Bestimmung nach Ehrlich: wenigcr als 0,2 I.E. pro 1 ccm 

„ „ Romer: zwischen 0,1 und 0,05 I.E. pro 1 ccm 

8* 


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112 


R. Kraus und A. Sordelli, 


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1. priiventiver Versuch. 

Normalea Pferdeserum und Rinderserum (erwarmt 2 mal */« Std. 
54 Grad) intravenos, nach 24 Std. subkutan */ 4 Oese Diphtheriekultur 
mehrfach todlich. 


17. XI. 


5 ccm S.Pf. iv. 151 (930) 

5 „ 

„ „ 163 (780) 

5 „ 

„ „ 189 (910) 

10 „ 

„ „ 188 (1030) 

10 „ 

„ „ 166 (1180) 

10 „ 

„ „ 159 (950) 


iDfekt. subkut. am 18. XI. */« Oese Kultur. 
Leben 


* 1. Versuch mit Rinderserum: 


Kontrolle: 


5 

5 

5 

10 

10 

10 


ccm 


175 (950) 
165 (930) 
199 (800) 
170 (1110) 
157 (1030) 
169 (870) 


> leben 


(664 (900) 
Infektion mit V, Oese 665 (850) 

(950) 


12 Tagen 
"5 „ 

•• 7 „ 


2. praventiver Versuch. 

Normales Pferdeserum 142 iv. nach 24 Std. Infektion mit '/, Oese 
subkutan. 


24. XI. 

10 

10 

5 

5 

2 

2 

0,5 

0,5 


ccm iv. 858 (870) 
„ 871 (770) 
„ 859 (850) 
„ 868 (870) 


873 (790) 
885 (760) 
799 (750) 
883 (750) 


Infektion */, Oese subkutan. 
Leben 


Normales Rinderserum iv. nach 24 Std. Infektion */, Oese Kultur 
subkutan. 


10 

10 

5 

5 

2 

2 

0,5 

0,5 


ccm 

» 

» 

11 

11 

11 

11 

11 


iv. Kan. 872 (720) 

„ „ 874 (970) 

„ „ 881 (880) 

„ „ 875 (970) 

„ „ 851 (970) 

„ „ 880 (650) 

„ „ 900 ( 700) 

„ „ 886 (800) 


Infekt. '/* Oese subk. 


| leben 

4 Tagen 
• ■ 4 „ 

•3 „ 

it ” 

3 „ 

■ 2 „ 


Kontrolle: 


Infektion '/, Oese 


/783 (820) f 2 Tagen 
(987 (750) f 3 „ 


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Heilwirkung des normalen Pferdeserams bei der Diphtherie. H3 


3. praventiver Versuch. 

19. XL 


2 

0,5 

0,5 


ccm Pferdeserum iv. Kan. 176 (930) 

„ ., 193 (980) 

„ „ „ „ 184 (980) 


} Inf. */« Oese nach 24 Std. subk. 
Leben 


2 

2 

0,5 

0,5 


ccm Rinderserum iv. Kan. 


197 (900) 
174 (830) 
194 (880) 
164 (850) 


6 Tagen 



Kontrolle: 

Infektion >/ 4 Oese Kan. {g* g 


f 5 Tagen 
t 4 „ 


Aus den vorangehenden Versuchen geht hervor, daB 
sowohl das norraale Pferdeserum als auch das 
Rinderserum, praventiv Kaninchen injiziert, im- 
stande sind, dieselben vor nachtr&glicher In¬ 
fektion zu schfltzen, und zwar je nach den Antitoxin- 
mengen, die in 1 ccm des betreffenden Serums nachweisbar 
sind. 10 ccm Rinderserum, enthaltend 0,5 Einh., sind im- 
stande, sicher zu schfltzen. 5 ccm Rinderserum, enthaltend 
0,25 Einh., schfltzen einmal, das andere Mai nicht. Die 
Wirkung ist schon unsicher und 2 ccm mit 0,1—0,2 und 
0,5 ccm mit 0,05 haben keinerlei Schutzwirkung mehr, wohl 
aber vermag das antitoxinreichere Pferdeserum, 1 ccm = 1 Ein- 
heit, in Mengen von 0,5 ccm sicher zu schfltzen, ebenso wie 
10 ccm Rinderserum = 0,5 Einh. 

Man sieht also hier schon, daB die schfltzende Wirkung 
nicht von der angewendeten Serummenge abhangt, da 5 ccm 
und 2 ccm Rinderserum unwirksara und 1 ccm und 0,5 ccm 
Pferdeserum wirksam sind. Noch deutlicher kommt aber 
diese Tatsache zum Ausdruck, wenn wir im folgenden Ver¬ 
such die preventive Schutzwirkung des normalen Serums mit 
einem Imraunantitoxin zum Vergleich heranziehen. 

4. praventiver Versuch. 

Vergleich der praventiven Wirkung des normalen Serums mit dem 
Testserum Washington. 

5. 1. Serum intravends nach 24 Std. Infektion mit */ 9 Oese subkutan. 


1 

Einh. Washington 

iv. Kan. 658 (500) 

1 

77 77 

„ „ 686 ( 650) 

0,5 

77 77 

„ „ 157 (630) 

0,5 

77 77 

„ „ 162 (610 

0.2 

77 77 

„ „ 188 (730) 

0,2 

77 77 

„ „ 155 (580) 


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114 


R. Kraus und A. Sordelli, 


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1 Einh. normales Pferdeserum 142 700 (670) 




1 

tt 

ft »> 

151 (676) 




0,5 „ 

tt 

ft tt 

191 (600) 

► leben 


0,2 „ 

tt 

tt tt 

192 (680) 




0,2 ,. 

it 

It ft 

159 (600) 




Kontrolle: 










(194 (610) t 4 Tagen 


Infektion mit 1 

/, Oese Kultur subkutan 

154 (600) f 2 
1171 (600) f 4 

tt 

t> 





1671 (750) f 3 

tt 


12. I. Fortsetzung vom 4. Verauch. 




0,2 

Einh. Wash. iv. 

Kan. 

733 (630) Inf. '/, 

Oese in 24 Std. 

t 3 Tagen 

0,2 

yy ft ft 

tt 

737 (6601 „ „ 

»> tt tt tt 

t 7 „ 

0,1 

tt ft tt 

tt 

739 (880) „ „ 

it ft tt It 

+ 5 „ 

0,1 

ft tt tt 

tt 

720 (750) „ „ 

tt tt ty 

» 

+ 3 „ 

0.05 

tt tt tt 

tt 

744 (720) „ „ 

yt tt tt tt 

t 3 „ 

0,05 

tt ♦» it 

It 

527 (600) „ „ 

ty yt tt »» 

t 2 „ 


0,2 Einh. normales Pferdeserum 142 iv. 
n 9 

it tt tt ff yy 

o»i ii ii ii ii n 

0,0o ,, ,, „ „ ,. 

0,05 ,, ,, ,, ,, ,, 


Kan. 728 (600) 

„ 727 (640) 

533 (820) 
„ 715 (600) 

„ 742 (630) 


t 12 Tagen 

t 2 „ 

t 4 „ 

t 2 „ 

t 4 „ 


Kontrolle: 


Infektion '/» Oese 



f 24 Std. 
t 3 Tagen 
t 3 „ 

t 24 Std. 


Die Versuche bediirfen eigentlich keinerlei Kommentar, 
da sie eine voile Uebereinstimmung der praventiven Schutz- 
wirkung des normalen Pferdeserums, entsprecbend seinem Ge- 
halt an Antitoxin, und der Ehrlichschen Immuneinheit de- 
monstieren. 0,5 Einh. Ehrlichs sind imstande, Ivaninchen 
gegen eine Infektion ebenso zu schiitzen, wie 0,5 Einh. 
des normalen Pferdeserums. 0,2 Einh. schiitzen einmal, das 
andere Mai nicht, und 0,1 Einh. sind wirkungslos sowohl 
vom Immun- als auch vom normalen Antitoxin. Mit diesen 
Versuchen ist wo hi bewiesen, daB das Normal- 
serum nur schiitzt, weil es Antitoxin enthalt, 
und daB die Antitoxine des normalen Serums 
ebenso spezifisch wirken wie die Innnunanti- 
toxine. Dm diese Tatsachen noch besser zu erharten, haben 
wir andere Pferdesera herangezogen, die weniger antitoxin- 
haltig waren als Serum 142, welches in 1 ccm mehr als 
1 Einh. enthalt. Wie die folgenden W’ertbestimmungen zeigen, 
enthalt das Pferdeserum 357 in 1 ccm nur 0,1 Einh., also 


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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. U5 


lOmal weniger, und das Ffillenserum in 1 ccm 0,02 Einh., 
als 200mal weniger. Wenn die gemachten Voraussetzungen 
richtig sind, werden auch die Schutzwirkungen dieser Sera 
entsprechend geringere sein, als diejenige des normalen 
Serums 142. 


Wertbestimmung nach Romer. 

Normales Pferdeserum 357: enthalt 0,1 Einheit pro 1 ccm. 

Serum vom Fohlen: enthalt 0,02 Einheit pro 1 ccm. 

5. praventiver Versuch. 

Vergleich normales Pferdecerum 357 und Serum Fohlen mit Test- 
serum Frankfurt. 


29. L 


5 ccm = 0,5 Einh. Ser. 357 iv. Kan. 113 (900) Inf. nach 24 Std. */, Oese + 1 Tg. 

5 „ =0.5 „ 

fi v yy yy 

125(820) „ 

,, „ ,, ,, „ iiberlebt 

3 „ =0.3 „ 

yy yy yy » 

133(870) „ 

j» » ,, » >i t ® Tg. 

3 ,, — 0,3 ,, 

yy yy yy yy 

137(870) „ 

„ „ „ „ „ iiberlebt 

2 „ =0,2 „ 

yy yy yy yy 

441(680) „ 

yy yy yy yy yy 

5 Tg. 

2 „ — 0,2 „ 

yy yy yy yy 

443(750) „ 

yy yy yy yy yy 

3 yy 

1 „ =0,1 „ 

yy yy yy yy 

434(770) „ 

yy yy yy yy yy 

4 „ 

1 „ =0,1 „ 

yy yy yy yy 

435(720) „ 

yy yy yy yy yy I 

4 „ 

10 ccm = 0,2 Einh. iv. Ser. Fohlen 709 (570) Inf. nach 24 Std. */, Oese 

1 Tg. 

10 „ =0,2 „ 

yy yy yy 

102(970) „ 

yy yy yy yy yy 

5 „ 

6 „ =0,12 ,. 

yy yy yy 

145 (800) „ 

yy yy yy yy 

f 4 „ 

6 „ =0,12 ,. 

yy yy yy 

101(850) „ 

yy yy yy yy >» 

4 „ 

4 „ =0,08 „ 

yy yy yy 

439(670) „ 

yy yy yy yy yy 

f 3 „ 

4 „ =0,08 „ 

yy yy yy 

445(670) „ 

yy yy yy yy yy 

3 „ 

2 „ =0,04 „ 

yy yy >» 

401(820) „ 

yy yy »« yy i? 

1-4 „ 

2 „ =0,04 „ 

yy yy yy 

436^670) „ 

yy yy yy *y yy 

3 „ 


0,5 Frankfurt 135 ( 500) 

iiberlebt 



0,2 

139 (800) 

t 6 Tg. 



0,2 

117 (970) 

t 2 „ 



0,1 

148 (820) 

t 4 „ 



0,1 

137 (770) 

f 24 Std. 


Kontrolle: 







(126 (800) 

t 4 Tg. 



V, Oese subkutan (414 (850' 

t 3 „ 




(447 (800) 

t 4 „ 



Man sieht daraus, daB 5 ccm und 3 ccm des Serums 357 
an der Grenze der Wirksamkeit stehen. Mengen von 2 ccm 
= 0,2 Einh. schfitzen fiberhaupt nicht mehr. Das Fohlen- 
serum, welches 5mal weniger Antitoxin enthalt als Serum 357, 
•schiitzt auch nicht in Mengen von 10 ccm = 0,2 Einh. 
Sowie in den vorangehenden Versuchen 0,2 Einh. der Ehr- 
lichschen Immuneinheit nicht mehr schfitzen, ist auch hier 
der Wert der prfiventiven Schutzimpfung hfiher als 0,2 Einh. 


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116 


R. Kraus und A. Bordelli, 


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DaB die Menge des Serums nicht verantwortlich gemacht 
werden kann, geht zwar schon aus den ersten Versuchen 
hervor, hier aber, wo das weniger Antitoxin enthaltende Serum 
verwendet wurde, ist es noch in die Augen springender. 

Daraus ergibt sich, daB die pr&ventive Wirkung der 
normalen Sera einzig und allein von ihrem Anti- 
toxingehalt abh&ngt. Die Annahme einer ergotropen 
Wirkung (Groer) Oder eines anderen Faktors, den Kolle 
anzunehmen geneigt ist, kann man auf Grund der obigen 
Versuche vollkommen negieren. Wenn auch diese Versuche 
keinen Zweifel darfiber bestehen lassen, daB einzig und allein 
dem im normalen Serum enthaltenen Antitoxin pr&ventive 
Wirkungen zukommen, soli doch noch in weiteren Versuchen 
die Wirksamkeit normaler Antitoxine im Heilversuche ver- 
sucht werden. 


II. 

Die Heilversuche wurden ebenfalls an Kaninchen aus- 
gefflhrt, und zwar wurden die Tiere mit der mehrfach tod- 
lichen Dosis Kultur subkutan infiziert und nach 1 und 2 Stunden 
mit Serum behandelt. Auch in diesen Versuchen haben wir 
wieder zum Vergleich die Immuneinheit herangezogen, um die 
Richtigkeit der Versuche mit normalem Serum kontrollieren 
zu konnen. 


1. kurativer Versuch. 


19. II. l /, Oese Kultur nach 1 Std. Serum intravenos. 

Normales Serum 142 1 Einh. iv. Kan. 942 (630)) 

i> » » 1 i) „ „ 944 (620) liiberleben 

» ii ii 0,5 „ ,, „ 914 (770) J 

ii ii ii 0,5 ,, „ ,, 924 (580) 

.. ,, 0,2 „ „ „ 50 (770) 

ii ii ii 0,2 „ ,, „ 12 (670) 

Serum Test Frankfurt 1 Einh. 948 (600) f 3 Tg. 

n ,1 ,, 1 

ii ii ,i 0,5 

ii ii ,i 0,5 

ii I, ,, 0,2 

ii ii ,, 0,2 

KoDtrolle: 

(902 (980)1 

7j Oese subkutan -{926 (750) V + 24 Std 
1907 (620) J 


943 (630) 
901 (770) 
11 (670 
912 (680) 


+ 4 Tg. 
iiberlebt 
t 3 Tg. 
124 Std. 




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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie. ] ] ^ 


2. kurativer Versuch. 

3. IIL */* Oese Kultur subkutan 1 Std. spater iv. Serum. 
Normales Serum (142) 1 Einh. iv. Kan. 18 (490) 


1 

0,5 

0,5 

0,2 

0,2 


42 (620) 
247 (750) 
38 (500) 
219 (770) 
218 (750) 


iiberleben 


Serum Test Frankfurt 1 Einh. iv. Kan. 203 (800) 


99 

99 

99 


1 

0,5 

0,5 

0,2 

0,2 


240 (800) 
48 (800) 
25 (620) 
44 (620) 
47 (690) 


iiberleben 


Kontrolle: 

V, Oe6e Kultur subkutan 


t 4 Tg. 
f 48 Std. 


3. kurativer Versuch. 

'/* Oese Kultur subkutan nach 2 Std. iv. Serum. 
Normales Serum 142 1 Einh. iv. Kan 

0,5 „ ,, „ 

0»h II II II 

0,2 „ „ „ 

0,2 „ „ ,, 


703 (650) 
706 (7<X>) 
730 (800) 
729 (500) 

712 (670) 

713 (700) 


Serum Test Frankfurt 

1 

Einh. 

iv. Kan. 709 (800) 


99 

1 

99 

,. , ; . 722 (730) 

J> tf 

99 

0,5 

99 

„ „ 735 (750) 

ff >1 

99 

0,2 

99 

„ „ 731 (550) 

ff )9 

99 

0,2 

99 

„ „ 736 (620 


t 24 Std. 
uberlebt 
t 36 Std. 
uberlebt 
t 7 Tg. 
t 6 „ 

+ 6 Tg. 
iiberlebt 

t 6”Tg. 

tH „ 


Kontrolle: 


V, Oese subkutan 



t 48 Std. 


Zu den Heilversuchen ist zunfichst zu bemerken, daB, wie 
bekannt, die Infektion mit lebender Kultur nicht so pr&zise 
Heilresultate ergibt, wie die Intoxikation mit Toxinen. Trotz 
alledem sieht man aber, daB dem normalen Serum, entsprechend 
dem Gehalt an Antitoxinen, die gleiche Heilkraft zukommt 
wie dem Immunantitoxin. Im 1. Versuch schwankt der Heil- 
wert zwischen 1 und 0,5 Einheiten, ebenso wie im 3. Ver¬ 
such (0,2 Einh. sind unwirksam). Im 2. Versuch ist der 
Heilwert hoher, und der Grenzwert dflrfte bei 0,2 Einh. 
gelegen sein. Jedenfalls zeigen die Versuche, daB Pferde- 
serum nicht nur gegen Infektion schfltzt, sondern es vermag 
auch infizierte Kaninchen zu heilen. Die Heilung hangt zu- 


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118 


R. Kraus und A. Sordelli, 


nSchst auch Dach diesen Versuchen nur vom Gehalt an Anti¬ 
toxin ab. 

Ob noch Avidit&tsqualitaten der Antitoxine in Frage 
kommen, wie wir es bei anderen normalen Antitoxinen nach- 
gewiesen haben, muBte erst durch besondere Versuche er- 
hSrtet werden. Hier kam es vorderhand darauf an, zu ent- 
scheiden, ob normales Serum zu heilen imstande sei, um auf 
experimentellem Wege fiir die Beobachtungen Bingels am 
Krankenbett eine fundierte ErklSrung zu finden. 

III. 

Es besteht heute kein Zweifel daruber, daB die preventive 
und kurative Wirkung des antitoxischen Diphtherieserums in 
Infektionsversuchen einzig und allein auf seinen Antitoxin- 
gehalt zuriickzufuhren ist, und es wird im allgemeinen an- 
erkannt, daB das Antitoxin die durch die Diphtheriebacillen 
im Organismus produzierten Toxine zu neutralisieren vermag. 
Auch die Wirkung des normalen Serums laBt sich, wie wir 
gesehen haben, nur aus seinem Antitoxingehalt ableiten. Um 
aber eine Probe aufs Exempel zu machen, haben wir im fol- 
genden Versuch an Stelle der Infektion die Vergiftung mit 
Toxin gew&hlt. Vorher hatten wir noch durch eigene Ver¬ 
suche festgestellt, daB junge Kaninchen auch auf Diphtherie- 
toxin regelmaBig reagieren, was iibrigens auch aus alteren 
Versuchen von Donitz bekannt ist. 

Der folgende Versuch deckt sich vollkommen mit dem 
vorangehenden an infizierten Kaninchen. Das praventiv inji- 
zierte normale Pferdeserum 142 wirkt gegen nachtrSgliche 
Vergiftung mit Diphtherietoxin in ganz gleicher Weise wie 
die Ehrlichsche Immuneinheit, indem 1 Einh. und 0,5 Einh. 
sicher schiltzen, aber bereits bei 0,2 Einh. der Grenzwert 
erreicht ist. 

Praventiver Versuch mit Toxin und Serum. 

8. I. Serum intravenos nach 24 Std., Diphtherietoxin subkutan. 
Normales Serum (142) 1 Einh. iv. Kan. 106 (650) s 


It 

11 It 1 JJ 

„ „ 113 (750) 

n. 24 Std. 0,03 Toxin 

It 

»» >? 0,5 «, 

„ „ 148 (680) 

► Test. 

It 

it it 0,5 ,, 

„ „ H5 (580) 

Ueberleben 

11 

it •> 0,2 „ 

„ „ 143 (620) 


It 

it it 0,2 „ 

„ „ 128 ( 600) 

t n Tg. 



Digitized b; 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
VIGN 












Heilwirkung des nonnalen Pferdeserums bei der Diphtheric. H9 


Serum Test Washington 


99 99 99 

79 79 99 

99 9» 99 

99 99 99 


1 Einh. iv. Kan. 107 (850) j 

0.5 „ „ „ 110 (650) } iiberleben 

0,5 „ „ „ 108 (650) | 

0,2 „ „ „ 140 ( 650) f 7 Tg. 

0,2 „ „ „ 105 (750) iiberlebt 


Kontrolle: 


0,03 Toxin subkutan Kan. 


102 (650) 
146 (650) 
125 (750) 
142 (620) 


t 5 Tg. 
+ 4 „ 
t 5 „ 
t5 „ 


IV. 

Die n&chste Versuchsreihe soli auch noch die Wirksam- 
keit des nonnalen Antitoxins bei mit bereits mit Toxin ver- 
gifteten Kaninchen erweisen und zeigen, ob, ebenso wie bei 
den mit Diphtheriebacillen infizierten Tieren, dem normalen 
Antitoxin Heilwirkungen zuzuschreiben sind. 


1. Heilversuch. 

Subkutan 0,06 Toxin (2-fach tfidliche Dosis) nach 1 Std. Serum 
intravenSs. 

Normales Pferdeserum 142 und Testserum Frankfurt. 


Serum Test Kaninchen 


1 

1 


0,5 

0,2 

0,2 


148 (550) 
115 (500) 
127 (1000) 
102 (520) 

114 (9d0) 

115 (770) 


leben 

t 13 Tagen 


Norm ales Serum 
1 
1 

0,5 

0,2 

0,2 

Gegenprobe: 


Kaninchen 


173 (1050) 
962 (900) 
103 (650) 
97 (500) 
960 (900) 


leben 


118 (520) f 2 Tagen 

147 (930) f 3 ,, 

91 (550) f 2 


2. Heilversuch. 

0,12 Toxin subkutan (2-fach todlichc Do..is) 1 Std. spater intravenoB 
Testserum und normal es Pferdeserum. 


Testserum 


Kaninchen 


1 

1 


0,5 

0,5 


955 (870)1,. 

75 (1020) | ,eDen 
144 (570) f 4 Tagen 
146 (600) lebt 


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URBANA-CHAMPAIGN 



120 


E. Kraus und A. Sordelli, 


Digitized by 


Normales Serum 

1 

1 

0,5 

0,5 


Gegen probe: 


Kaniuchen 

959 (870) 1, , 

970 (780) I leben 
957 (850) f in 16 Tagen 
85 (630) + „ 6 „ 

547 (1500) f in 3 Tagen 


3. Heilversuch. 


0,12 Toxin aubkutan nach 2 Std. Serum intravenos. 


Testserum 

1 

1 

0,5 

0,5 

Normales Serum 
1 
1 

0,5 

0,5 

Gegen probe: 


Kaninchen 

34 (970)| 

44 <850) leben 
38 (1020) | IeDen 
40 (600) J 

Kaninchen 
37 (680)\, , 

35 (830) | leben 

32 (730) f 2 Tagen 
50 (820) lebt 

42 (850) 1 j. 2 Taeen 
29 (730) / * * lagen 


4. Heilversuch. 

0,12 Toxin subkutan nach 3 Std. Serum intravenos. 

Kaninchen 


Testserum 

1 

1 

0,5 

0,5 

Normales Serum 
1 
1 

0,5 

0,5 


Gegen probe: 


43 (8 50 ) < leben 

41 (630) ( leDen 

48 (550) f 3 Tagen 

30 (880) lebt 

Kaninchen 

31 (720)1 

45 (650) > leben 
20 (580) J 

541 (550) f 7 Tagen 

42 (850) |, 

29 (730) /' 2 Tagen 


5. Heilversuch. 

0,012 Toxin subkutan nach 6 Std. Serum intravenos. 

Kaninchen 


Testserum 

1 

1 

0,5 

0,5 

0,2 


198 (700) 
162 (850) 

199 (780) 
192 (800) 

14 (900) 


f 5 Tagen 

lebt 

lebt 

t 2 Tagen 

+ 3 „ 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtkerie. 121 


Normales Serum 

1 

1 

0,5 

0,5 

0,2 

Gegenprobe: 


Kaninehen 

163 (780) f 4 Tagen 

132 ( 600) + 3 „ 

157 (870) f 2 „ 

164 (970) f 3 „ 

186 (980) f 3 „ 


133 (950) f 2 Tagen 


Aus den vorangehenden Versuchen ergibt sich, daB das 
normale antitoxinhaltige Pferdeserum vergiftete Kaninehen 
ebenso zu heilen vermag wie die infizierten. Ein besonderer 
Unterschied in der Heilwirkung des normalen Serums gegen- 
iiber dem Testserum konnte in diesen Versuchen nicht er- 
mittelt werden. 


V. 

Um den direkten Beweis zu fiihren, daB die im normalen 
Serum vorhandenen Schutz- und Heilkorper Antitoxine sind 
und den Immunantitoxinen in ihrer Verteilung und Wirkung 
gleichzusetzen sind, haben wir noch den Versuch gemacht, 
festzustellen, ob auch die einzelnen Eiweififraktionen des 
normalen Serums sich gleich verhalten wie diejenigen des 
Immunserums. Es sollte ermittelt werden, ob die Albumin- 
fraktion im Immunserum wenig oder kein Antitoxin enthalt, 
und ob in der Pseudoglobulinfraktion die meisten Antitoxine 
vorhanden sind. Weiter sollte noch gezeigt werden, daB den 
einzelnen Fraktionen die Wirkungen zukommen, die ihnen 
entsprechend dem ermittelten Antitoxingehalt zuzusprechen 
sind. 

Das normale Pferdeserum wurde zunSchst nach Ehrlich 
und RSmer auf seinen Antitoxingehalt bestimmt. Die Frak- 
tionierung erfolgte nach der von Sordelli modifizierten 
Methode von Anie Homer, und die Wertbestimmung wurde 
ebenfalls nach beiden Methoden (Ehrlich, Romer) ausge- 
wertet. Es zeigt sich, daB Albumin nicht Vioo Einh. in 1 ccm 
enthait, das Pseudoglobin mehr als 0,3 Einheiten. 

Wertbestimmung des Serums nach Ehrlich und RSmer. 

Serum mehr als 0,1 I.-Einh. pro 1 ccm. 

Pseudogiobulin mehr als 0,3 I.-Einh. pro 1 ccm. 

Albumin weniger als 0,01 I.-Einh. pro 1 ccm. 


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122 


B. Kraus und A. Sordelli, 


Digitized by 


Vergleichender Versuch mit Serum und Eiweiflfraktionen. 
Priiventiver Versuch. 


26. in. 


Serum: 

3 ccm iv. Kan. 316 (1000) nach 96 Std. l /« Oese subkutan 

2 i) » » 319 (750) ,, „ „ ,, ,, „ 

1 >» » » 311 (950) ,, » » » »i 

Albuminfraktion: 

10 ccm iv. Kan. 350 (1100) nach 96 Std. */ 4 Oese subkutan 
® »» » ji 215 (1270) „ „ „ „ „ 

Pseudoglobulinfraktion: 

2 ccm iv. Kan. 346 (1150) nach 96 Std. */ 4 Oese subkutan 

1 „ „ „ 320 (820) „ „ „ „ „ 

Kontrolle: 

m (S} + 24 std - 


uberlebt 
f 5 Tagen 
t 3 „ 


t 3 Tagen 
t 3 „ 


iiberleben 


Die Albuminfraktion schfltzt weder in 5 noch in 10 ccm. 
Dagegen wirkt Vollserum in Mengen von 3 ccm und die 
Pseudoglobine in Mengen von 2 und 1 ccm. 

Aus diesem letzteren und den vorangehenden Versuchen 
geht folgendes hervor: 

1) tformales Pferdeserum enthdlt Antitoxin gegen Diph- 
therietoxine. 

2) Das normale Serum l&Bt sich nach Ehrlichs und 
nach RSmers intrakutaner Methode quantitativ auswerten. 

3) Das normale antitoxinhaltige Pferdeserum vermag pr&- 
ventativ im Tierversuch gegen lnfektion und Intoxikation zu 
schfltzen. Der Schutz geht ganz parallel seinem Antitoxingehalt. 

4) Das normale antitoxinhaltige Pferdeserum vermag auch 
entsprechend seinem Antitoxingehalt bereits infizierte und ver- 
giftete Tiere zu heilen. 

5) Die Antitoxino im normalen Serum sind ebenso wie 
diejenigen des Immunserums in der Pseudoglobulinfraktion 
enthalten. Die Albumine haben vermoge ihres sehr geringen 
Gehaltes an Antitoxin keine Wirkung. 


Zusammenfassung. 

Die experimentelle Analyse von Kolle und SchloB- 
berger negiert die Mbglichkeit einer antitoxischen Heil- 
wirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtherie, wie 
es nach den Mitteilungen Bin gels am Krankenbett hervor- 
zugehen scheint. Unsere Versuche dagegen beweisen, dall 



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Heilwirkung des normalen Pferdeserums bei der Diphtheria 123 


dem normalen Pferdeserum entsprechend seinem Antitoxin- 
gehalt Schutz- und Heilwirkungen im Tierversuche zukommen. 
Ob damit die Unterlage fur eine ErklSrung der Heilresultate 
Bin g els gewonnen ist, l&Bt sich allerdings nicht ohne weiteres 
sagen. 

Zunachst w&re es notwendig, ehe man dem normalen 
Pferdeserum die Heilwirkung bei der menschlichen Diphtherie 
zuschreibt, wie es bei Bin gel der Fall ist, nachzuweisen, ob 
bei Kontrollfallen ohne normales Serum Spontan- 
heilungen moglich sind. Wir erinnern an die erst vor 
einiger Zeit ausgefiihrten Versuche von Modigliani (Riv. 
Clin. Ped., 1916, I). Modigliani (Rom) hat die alternative 
Methode, welchebereits Johanessen angewendethat, wieder- 
um versucht, um den Wert des Diphtherieserums kontrollieren 
zu kQnnen. Von 282 Erkrankten an Diphtherie (bakteriologisch 
sichergestellt) wurden 120 Falle mit Serum behandelt, und 
162 Falle lieB er unbehandelt. Von den Unbehandelten muBten 
9 wegen Verschlechterung mit Serum injiziert werden, so daB 
bloB 154 Falle ohne Behandlung blieben, die alle geheilt siud. 

LieBe sich mit einiger Sicherheit dieser Faktor der Spontan- 
heilungen der Diphtherie in den Versuchen Bin gels aus- 
schlieBen, dann ist die MQglichkeit der Wirksamkeit des nor¬ 
malen Pferdeserums zuzugeben, und unsere Untersuchungen 
wiirden experimentelle Stutzen dafiir erbracht haben. 

Auf Grund unserer Versuche ist die Neutralisierbarkeit 
des Diphtherietoxins im kranken Organismus mittels normalen 
antitoxinhaltigen Pferdeserums ebenso wie durch das Immun- 
antitoxin als erwiesen zu betrachten. 

Die einwandfreie Entscheidung der Frage kann nunmehr 
nur von klinischer Seite erfolgen, da das Experiment Beweise 
daffir erbringt, daB die Resultate B in ge 1 s wohl im Zusammen- 
hang mit dem angewendeten normalen Pferdeserum gebracht 
werden konnten. Wenn eine einwandfreie, klinische Beweis- 
fflhrung gelingen sollte, hatten die Mitteilungen Bin gels 
vielleicht die praktische Anregung gegeben, als sie der heute 
ins uferlose gehenden Sucht, Antitoxine en masse bei der 
menschlichen Diphtherie zu injizieren, steuern konnten. 

Selbst aber vorausgesetzt, daB die Versuche Bin gels 
von der Heilkraft des normalen Pferdeserums als richtig an - 


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124 Kraus und Sordelli, Heilwirkung des normalen Pferdeserums. 


Digitized by 


Brkannt werden wilrden, kann und wird im Prinzip an 
derBehringschenSerumtherapie nichts geandert. 

Wenn es sich darum handelt, ein bestehendes wirksames 
Mittel zu substituieren, so muB das neue entweder dasselbe 
leisten konnen wie das alte, oder cs muB besser sein und 
andere Vorteile bieten. 

So z. B. kann das von uns empfohlene normale Rinder- 
serum beim menschlichen Milzbrand ohne weiteres an Stelle 
des Immunserums verwendet werden, und zwar aus dem Grunde, 
da weder das Experiment noch die Klinik irgendwelche Unter- 
schiede der beiden Sera bei der Heilwirkung beobachten konnte; 
dazu konunt noch, daB bis heute im sogenannten Milzbrand- 
serum spezifische Antikbrper gegen Milzbrandbacillen nicht 
nachgewiesen wurden und wir in unseren Versuchen das nor¬ 
male Rinderserum quantitativ gleich wirksam fanden, wie das 
durch Immunserum gewonnene Milzbrandserum. 

Anders ist es mit dem normalen Pferdeserum und dem 
antitoxischen Diphtherieserum. Das Behring sche Diphtherie- 
serum enthait groBeMengen Antitoxin, dieje nach 
der Notwendigkeit des Falles in wenigen Kubik- 
zentimetern injiziert werden konnen. Das nor¬ 
male Pferdeserum, selbst wenn man Serum von 
alten Pferden anwenden wiirde, welches auch mehr 
als 1 Ehrl. Einheit in 1 ccm enthalten konnte, miiBte liter- 
weise injiziert werden, um 1000 Einheiten, die allgemein 
heute anerkannte niedrigste Heildose anzuwenden. Vorteile 
wiirde also die normale Serumtherapie nicht bringen, da, wie 
die Versuche zeigen, auBer Antitoxin bei der Diphtherie des 
Menschen andere Substanzen des Pferdeserums nicht in Frage 
kommen, wohl aber wiirde sie mit sich den enormen Nachteil 
bringen der sicheren Erzeugung schwerer Serumkrankheit in- 
folge der groBen injizierten Serummenge. 

Damit gelangen wir zu dem SchluB, daB die Anwendung 
des Diphtherieserums Behrings am Krankenbett 
das einzig Rationelle ist, und daB kein Grund 
und keine Berechtigung vorliegt, die Immun- 
antitoxintherapie der Diphtherie durch Anti¬ 
toxin des normalen Pferdeserums zu ersetzen. 



Original from j 

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URBANA-CHAMPAIGN 

- -- *sj 



H. Schmidt, Ueber die Moglichkeit, die Komplementwirkung usw. 125 


Nachdruck verboten. 

[Aub dem deut8chen Hospital, London.] 

Ueber die HOgllchkelt, die Komplcnientwirkang darch 
SRure Oder Alkali wiederherzustellen. 

Von Dr. Hans Sohmidt. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 1. August 1920.) 

Gelegentlich frfiherer Arbeiten *) fiber die Schfittelinakti- 
vierung von Kompleraent konnte ich die Beobachtung von 
Bronfenbrenner und Noguchi bestfitigen, daB es unter 
gewissen Bedingungen mfiglich ist, einem durch das Lief- 
m an n sche C0 2 - Verfahren erhaltenen Komplementendstfick 
durch Hinzuffigen von Alkali voile hfimolytische Wirkung 
wiederzuverschaffen. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser 
Beobachtung ffir die Frage nach der immer noch dunklen 
Natur des Komplementes unternahm ich eine Reihe weiterer 
Versuche, vor allera um den Grund ffir die verschiedenen 
voneinander abweichenden Ergebnisse anderer Autoren fiber 
diesen Gegenstand zu erfahren. 

Bronfenbrenner‘und Noguchi*) hatten gefunden, 
daB die Komplementspaltung durch C0 2 nach Liefmann in 
Wirklichkeit eine SSureinaktivierung darstellte und durch 
Alkali rfickgangig gemacht werden konnte. Dagegen soil die 
Salzsauremethode von Sachs und A1 tin an n ebenso wie das 
Dialysierverfahren von F err at a eine Inaktivierung durch 
Alkali sein und deranach durch Sfiure rfickgangig zu machen 
sein. Der besseren Vergleichsmoglichkeit halber lasse ich 
das Protokoll aus der Arbeit von Bronfenbrenner und 
Noguchi folgen: 


1) Journ. of Hygiene, Vol. 13, 1913; Vol. 14, 1914. 

2) Journ. of exper. Med., Vol. 15, 1912, p. 598. 

ZeiUchr. f. ImmuniUtufonchung. Grig. B<L SI. 9 


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126 


Hans Schmidt, 


Digitized by 


Teil von Versuch von Bronfenbrenner und Noguchi 
(Journ. of exper. Med., Vol 15, 1912, p. 621). 


Zeit bei 37° 


1 Stunde 2 Stunden 


0,3 ccm Endstiick + n : 250 HC1 0,1 

CO, fur 10 Min., dann isotonisch 0,125 

gemacht. Verdiinnung 1:10 0,15 

Kontrolle 

+ n : 250 NaOH 0,2 
0,3 


0 

0 

0 

0 

k. 

k. 


Sp. 

o p - 

Sp. 


w. 


Browning und M a ck i e *) geben an, daB es ihnen wieder- 
holt nicht gelang, ein Endstiick durch Alkali zu reaktivieren, 
obwohl die Mischung von Mittel- und Endstiick voile h&mo- 
lytische Wirkung gab. Sie hatten das C0 2 -Verfahren benutzt 
und fiigten zu dem Endstiick 0,85-proz. NaCl-Losung mit 
wechselndem Alkaligehalt. Als sie 0,075 ccm n : 100 NaOH 
zu 0,25 ccm Endstiick setzten, was 0,37 ccm n : 250 NaOH 
zu 0,5 ccm Endstiick entspricht, so fanden sie nur Spuren 
von Hamolyse; eine mittlere Lbsung konnten sie nur er- 
reichen, wenn sie 5mal soviel NaOH benutzten wie Bronfen¬ 
brenner und Noguchi. Vollkommene Lbsung erhielten 
sie jedoch erst bei der 2G-fachen Menge, 0,08 ccm n : 10 NaOH 
zu 0,25 ccm Endstiick, doch hier gentigte das Alkali allein 
zur Lbsung. 

Weitere Versuche riihren von Zinsser und Cary 2 ) her, 
die das Endstiick nach Dialyse erhielten. Setzten sie 0,2 ccm 
n:350 HC1 zu 0,5 ccm Endstiick (entsprechend 0,14 ccm 
n : 250 HC1), dann erhielten sie nur eine sehr geringe H£mo- 
lyse nach 12 Stunden und erst, wenn sie ungefahr 3mal so¬ 
viel HC1 nahmen wie Bronfenbrenner und Noguchi, 
sahen sie eine maBige Hamolyse nach 12 Stunden, die jedoch, 
wie die Kontrolle zeigte, nur durch die Saure bedingt war. 

Auffallend ist, daB Browning und Mackie, wie auch 
Zinsser und Cary 2 ) ausdrficklich angeben, HC1 bzw. NaOH 
in isotonischem Medium gebraucht zu haben, eine diesbeziig- 
liche Angabe bei Bronfenbrenner und Noguchi felilt, 
und ich glaube im folgenden zeigen zu konnen, daB dieser 
Umstand die abweichenden Ergebnisse erklart. 

1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 17, 1913, p. 1. 

2) Journ. of exper. Med., Vol. 19, 1914, p. 345. 



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Komplementwirkung durch Saure oder Alkali wiederherzuBtellen. 127 

Technik. 

Meerschweinchenblut wurde 12 Stunden im Eisschrank 
stehen gelassen und das Serum getrenut. Das Komplement- 
serum wurde nach zwei verschiedeneu Verfahren gespalten. 

I. Liefmanns C0 2 -Verfahren. 

In eine eiskalte Mischung von 1 ccm Serum und 8 ccm 
Aqua dest. wurde C0 2 ffir eine halbe Stunde durchgeleitet. 
Dann wurde zentrifugiert und die iiberstehende Flflssigkeit 
nach Filtrierung durch hartes Papier durch Hinzufugen von 
1 ccm einer 9-proz. NaCl-Losung isotonisch gemacht (End- 
stilck). Der Niederschlag wurde in Aqua dest. gewaschen 
und, kurz vor dem Gebrauch, in 10 ccm NaCl-Lflsung gelflst 
(Mittelstfick). Eine Mischung von je 1 ccm Mittel- und End- 
stuck entspricht 0,1 ccm des urspriinglichen Serums. 

II. Sachs und Altmanns H Cl - V erf ahren. 

1 ccm Serum wurde mit 8,2 ccm n: 250 HC1 in Aqua 
dest. versetzt und nach einer Stunde Stehen im Zimmer zen¬ 
trifugiert. Der Niederschlag wurde wie bei I. behandelt 
(Mittelstflck). Die Gberstehende Flflssigkeit wurdo nach 
Filtrierung durch hartes Papier durch Zufflgen von 0,8 ccm 
einer n: 25 NaCH-Losung mit 10-proz NaCl isotonisch und 
neutral gemacht. Die quantitativen Verhflltnisse sind wie bei I. 

Die Kompiementfflhigkeit der LSsungen wurde mit einer 
vierfach sensibilisierten 2,5-proz. Hammelblutkorperchen-Auf- 
schwemmung geprflft. Der Brutschrankaufenthalt bei 37° 
betrug stets eine Stunde. Die jeweilige Anordnung der Ver- 
suche ergibt sich aus den Protokollen. 

Experimenteller Teil. 

A. COj-Komplementfraktionen. 

Der Versuch zeigt zunflchst, daG eine Reaktivierung von 
Endstflck ohne Mittelstflck durch Alkali nur in hypotonischem 
Medium moglich ist. 1st das Alkali in physiologischer NaCl- 
Lflsung gelost, dann bleibt die Reaktivierung aus. Ferner 
geht aus dem Versuch eine deutliche Abnahme der Hfimolyse 
mit fallender Menge von Endstflck trotz gleicher Hypotonie 
hervor. Man muB annehmen, dafi ein Teil des Alkali zur 

9* 


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128 


Hans Schmidt, 


Digitized by 


Vereuch I. 



I 

II 

III 

IV 

V 

V! | 

VII 

VIII 

IX 

X 

5-proz. Emulsion roter 











Blutzellen 

_ 

— 

— 

— 

_ 

— 

0,5 

_ 

_ 

0,5 

1:10 verdiinntea Koro- 









plementserum 

_ 

— 

— 

— 

_ 

_ 

_ 

0,5 

_ 

_ 

2,5-proz. Emuls. sensib. 
Blutzellen 










1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

— 

1,0 

1,0 

_ 

1:10 verd. CO a -Mittel- 



Btiick 

_ 

— 

— 

— 

0,5 

— 

— 

_ 

1.0 

_ 

0,9-proz. NaCl-Losung 

— 

0,25 

0,5 

0,75 


1,0 

1,0 

0,5 


1,5 

1:10 verd. CO, - End- 





stuck 

1,0 

0,75 

0,5 

0,25 

0,5 

— 

0,5 

— 

— 

— 

Kontrolien 

0 

0 

0 

0 

k. 

0 

0 

k. 

0 

0 

ccm 











A. n: 250 NaOH 0,3 

Spch. 

Spch. 

0 

0 

k. 

Spch. 

0 

k. 

0 

0 

in Aqua dest. 0,6 

m. 

m. 

0 

0 

tt 

W. 

0 

It 

0 

0 

0,9 

B. St. 

st. 

Spch. 

Spch. 

tt 

B. Bt. 

0 


w. 

w. 

1,2 

f. k. 

f. k. 

m. 

w. 

tt 

f. k. 

Spch. 

It 

Bt. 

Bt 

B. n: 250 NaOH 0,3 

0 

0 

0 

0 

k. 

0 

0 

k. 

0 

0 

in 0,9-proz. 0,6 

0 

0 

0 

0 


0 

0 


0 

0 

NaCl-Losung 0,9 

0 

0 

0 

0 


0 

0 


0 

0 

1,2 

0 

0 

0 

0 

tt 

0 

0 

)t 

0 

0 

C. Aqua dest. 0,3 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

k. 

Spch. 

0 

k. 

0 

0 

0,6 

B. st. 

B. Bt. 

m. 

m. 


ra. 

st. 


w. 

w. 

0.9 

k. 

k. 

f. k. 

f. k. 


B. Bt. 

k. 


f. k. 

f. k. 

1,2 

V 

It 

k. 

k. 

it 

k. 

tt 

tt 

k. 

k. 

D. 0,9-prz.NaCl- 0,3 

0 

0 

0 

0 

k. 

0 

0 

k. 

0 

0 

Losung 1,2 

0 

0 

0 

0 

,, 

0 

0 

tt 

0 

0 


Neutralisierung des C0 2 -Endstiickes aufgebraucht wird, und 
je mehr dies stattfindet, je weniger kann der die H&molyse 
hemmende EinfluB des Alkali sich geltend inachen. Mit 
Phenolphtalein laBt sich zeigen, daB 2.3 ccm einer n: 250 
NaOH-LQsung in Aqua dest. notig sind, um 1 ccm frisch 
hergestellten C0 2 -Endstflckes in NaCl-L8sung zu neutralisieren. 

Aus anderen Versuchen ging hervor, daB viel geringere 
H&molyse auftritt, wenn man sensibilisiertes Blut ohne End- 
stflck im gleichen Volumen NaCl-L5sung mit steigenden 
Mengen NaOH in Wasser versetzt, weil hier das Alkali in 
groBerer Menge seinen hemmenden EinfluB ausflben kann. 
Ob die Blutzellen, mit oder ohne Endstiick, sensibilisiert sind 
oder nicht, macht keinen wesentlichen Unterschied. 

Die in Teil A des Versuches I zu beobachtende Hfimo- 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Komplementwirkung durch Saure oder Alkali wiederherzustellen. 129 


lyse kann nicht die Folge einer Suramierung der Wirkung 
der Hypotonie und der von EndstUck sein, weil in Teil C die 
H&molyse durch Wasser allein viel deutlicher ist. Teil A 
zeigt vielmehr nur die hemmende Wirkung von Alkali und 
dessen teilweise Neutralisierung durch das saure Endstflck. 
Der hemmende EinfluB von Alkali ist so stark, daft selbst 
in dem letzten Rohrchen der 10. Reihe von Teil A, wo die 
Kochsalzkonzentration nur 0,56 Proz. betrug, noch nach einer 
Stunde die Hflmolyse nicht vollstandig war. 

Die Bindung von Alkali an das saure Endstflck ist auch 
die Ursache, daft mit dem Mittelstflck die Hflmolyse durch 
NaOH in Wasser viel weniger ausgeprflgt ist, da hier eben 
NaOH nicht gebunden wird, wie andere Versuche zeigten. 


Versuch II. 



I 

H 

III 

IV 

B 

El 

E3 


13 

X 

XI 

XII 

| XIII 

5-proz. Emulsion roter 
Blutzellen 








H 





1,0 

5-proz. Emuls. sen sib. 
Blutzellen 













1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 


1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

— 

1:10 verdiinntes Kom ■ 


piemen tserum 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

0,5 


— 

1:10 verd. CO,-Mittel- 













stuck 

— 

— 

— 

— 

— 

2,0 

1.5 

1,0 

Effil 

0,5 



— 

0,9-proz. NaCl-Losung 

— 

0,5 

1,0 

1,5 

2,0 


0,5 

1,0 

1,5 

1,0 



2,0 

1:10 verd. CO,-End- 



stuck 

2,0 

1,5 

J '° 


— 

— 

— 

— 

— 

0,5 



— 

0,75 ccm NaOH n: 25 

0 

0 

0 

0 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. i 

0 

k. 

k. 

k. 

in Aqua dest. 50 

0 

0 

0 

0 

Sp. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

0 

w. 

100 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

»» 

» 


k. 

Sp. 

0 

0 

150 





0 

0 

0 

0 

0 


w. 

0 

0 

200 


Sp. 

W. 

w. 

0 

0 

0 

0 

0 


s. st. 

0 

0 

250 

Sp. 

W. 

m. 

st. 

0 

0 

0 

0 

0 

!> 

f. k. 

0 

0 

0,75 ccm NaOH n: 25 

0 

0 

0 

0 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. 

0 

k. 

k. 

k. 

in 0,9-proz. 50 

NaCl 250 

0 

0 

0 

0 

Spch. 

0 

0 

0 

0 

Spch. 

Spch. 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

f.k. 

s. st. 

0 

0 

0,75 ccm Aqua dest. 

W. 

m. 

m. 

st. 

W. j 

Spch. 

Spch. 

Spch 

Spch. 

k. 

k. 

0 

w. 

0,75 ccm NaCl-Losg. 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

st. 

f.k. 

0 

0 


Dieser Versuch zeigt die Einwirkung von NaOH-L6sung 
verschiedener St&rke, n:25 bis n:250, gegenfiber verschiedenen 
Mengen von Endstflck und Mittelstflck. Da die Gesamt- 
flflssigkeitsmenge in jedem Rflhrchen 3,75 ccm war, wurde, 
um die Unterschiede in der Hflmolyse besser erkennen zu 


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130 


Hans Schmidt, 


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kflnnen, die Aufschwemmung der sensibilisierten Blutzellen 
doppelt so stark genommen. 

Man sieht, daC NaOH in NaCl-L6sung weder dem End- 
stuck noch dem Mittelsttick zu einer hfimolytischen Wirkung 
verhilft. 1st jedoch NaOH in Wasser gelflst, dann tritt um 
so mehr Hamolyse auf, je weniger Endstflck vorhanden ist. 
Enthalten die Rflhrchen kein Endstflck, sondern Mittelstflck 
oder NaCl-Losung, dann kommt es nicht zu einer Hamolyse, 
abgesehen von dem zerstorenden EinfluB der starken n: 25- 
NaOH. 

Es ist von Interesse, daB die Mischung von Mittel- und 
Endstflck mit NaOH mehr hamolytisch wirkt als das unbe- 
handelte Komplement Hier hat offenbar das saure Endstflck 
in dem Gemisch eiuen Teil des Alkali gebunden und so dessen 
hemmenden EinfluB beseitigt. 

B. HCl-Komplementfraktion. 

In den folgenden Versuchen wurde das komplementhaltige 
Serum mit HC1 zerlegt. Von der Uberstehenden Flflssigkeit 
wurde ein Teil isotonisch gemacht mit Zusatz von Alkali, wie 
bei Technik angegeben (A-Endstflck); der andere Teil wurde 
nur isotonisch gemacht (S-Endstflck). 


Versuch Ill. 



1 

II 

Ill 

IV 

V 

VI 

1:10 verd. A-Eudstiick (HC1) 

0,5 

0,5 

_ 

_ 

_ 

_ 

1:10 verd. S-Endstiick (HC1) 

— 

— 

0,5 

0,5 

— 

— 

1:10 verd Mittelstiick (HC1) 

— 

0,5 

— 

0,5 

— 

— 

0,9-proz. NaCl-Losung 

0,5 

— 

0,5 

— 

1,0 

1,0 

2,5-proz. Emuls. roter Blutzellen 

— 

— 

— 

— 

— 

1,0 

2,5-proz. Emuls. sensib. Blutzellen 

1,0 

1,0 

1.0 

1,0 

1,0 


n : 250 NaOH in Aqua dest. 0,5 

0 

8t. 

0 

f.k. 

Spch. 

Spch. 

1,0 

Spch. 

f.k. 

Sp. 

k. 

w. 

W. 

n : 250 NaOH in 0,9-proz. 0,5 

0 

w. 

0 

st. 

0 

0 

NaCl 1,0 

0 

Spch. 

0 

s. st. 

0 

0 

n : 250 HC1 in Aqua dest. 0,5 

s. st. 

k. 

m. 

k. 

f.k. 

k. 

1,0 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. 

n: 250 HC1 in 0,9-proz. NaCl 0,5 

0 

st. 

0 

k. 

0 

0 

1,0 

0 

m. 

w. 

k. 

W. 

m. 

Aqua dest. 0,5 

Spch. 

k. 

Sp. 

k. 

w. 

w. 

0,1 

f.k. 

k. 

f.k. 

k. 

f.k. 

k. 

0,9-proz. NaCl 

0 

k. 

0 

k. 

0 

0 



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Komplementwirkung durch Satire oder Alkali wiederherzustellen. J31 

Die Kontrollen in der letzten horizontalen Reihe zeigen 
keinen Unterschied in der HSmolyse zwischen A-Endstflck 
und S-Endstiick bei dem Zusammenwirken mit Mittelstflck. 
Reaktivierung mit Alkali gelingt weder mit A- noch mit S- 
Endsttick. Wohl aher ist mit Mittelstflck unter dem Einflufi 
von Alkali die HSmolyse mit S-Endstflck bedeutender als mit 
A-Endstflck, wohl wegen dem AlkaliflberschuB bei letzterem. 
Die anscheinende Reaktivierung der beiden Endstflcke durch 
HC1 im hypotonischen Medium muB als Summierung von 
SSurewirkung und osmotischer Stflrung aufgefaBt werden, wie 
der Vergleich mit der Wirkung von reinem Wasser zeigt. 
Die HSmolyse bei HC1 in isotonischer Lflsung beruht auf der 
zerstorenden Wirkung der SSure auf das HSmoglobin, wobei 
es zu Flockenbildung und brauner Verfarbung durch salz- 
saures HSmatin kommt. 

Weitere Versuche haben gezeigt, daB die HSmolyse durch 
HC1 auch ohne Endstflck nur mit Mittelstflck und ebenfalls 
ohne beides in gleicher Weise verlSuft. 


Versuch IV. 



1 

11 

Ill 

IV J 

V 

0,25-proz. Emuls. sensibil. Blutzellen 

0,5 

0,5 

0,5 

0.5 

0,5 

0,9-proz. NaCl-LSsung 

0,5 

0,5 

0,5 

— 

1,0 

1:10 verd. Endstiick (CO,) 

0,5 

— 

— 

0,5 


1:10 verd. S-Endstiick (HC1) 

— 

0,5 

— 

— 

— 

1:10 verd. A-Endstiick (HC1) 

— 

— 

0,5 

— 

— 

1:10 verd. Mittelstiick (CO,) 

— 

— | 

— 

0,5 

— 

0,5 ccm NaOH in 0,9-proz. NaCl n: 50 

0 

0 

Sp. 

k. ) 

s.st. 

100 

0 

0 

0 

” I 

0 

150 

0 

0 

0 


0 

200 

0 

0 

0 


0 

250 

0 

0 

0 

» 

o 

0,5 ccm NaOH in Aqua dest. n: 50 

f.k. 

f.k. 

k. 

k. 

k. 

100 

Spch. 

yy 

0 

yy 

0 

150 

k. 


0 


0 

200 



0 


0 

250 

ft 

yy 

0 

yy 

0 

0,5 ccm 0,9-proz. NaCl 

0 

0 

0 

k. 

0 

0,5 ccm Aqua dest. 

k. 

k. 

f.k. 

yy 

k. 


Der Versuch IV vergleicht die Wirkung von NaOH ver- 
schiedener StSrke mit verschiedenen Endstflcken und zeigt, 
daB im isotonischen Medium kein Endstflck reaktiviert wird, 


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132 


Hans Schmidt, 


daB jedoch bei Hypotonie Hftmolyse auftritt, und zwar mehr 
bei C0 2 -Endstflck und am wenigsten in A-Endstflck (HC1), 
das am meisten Alkali enthait. 

Bei Titration findet man, daB 1,0 ccm S-Endstflck (HC1) 
0,47 ccm n: 250 NaOH in Aqua destillata gebraucht, daB aber 
1,0 ccm A-Endstiick (HC1) nur 0,26 ccm zur Neutralisierung 
gegen Phenolphthalein bedarf. 

Die letzte Reihe zeigt den starken EinfluB von Alkali auf 
die durch Aqua destillata hervorgerufene Hainolyse. Die 
H&molyse durch n: 50 NaOH beruht auf unmittelbarer Zer- 
stOrung der Zellen. 

C. Versuche zur Wiederher stellun g von hitze- 
inaktiviertem Kompleinentserum durch Alkali 

oder Stiure. 

Wie der Versuch V zeigt, war die Inaktivierung, in bezug 
auf die gebrauchten Mengenverhaitnisse, schon nach 4 Minuten 
langem Erhitzen auf 55° vollstandig. Ein solches hitze- 
inaktiviertes Komplement wird in einem isotonischen Medium 
nicht durch Alkali inaktiviert; in einem hypotonischen Medium 
tritt jedoch eine gewisse Wiederherstellung der hamolytischen 

Versuch V. 

Unverdunntes Komplement wird auf 55° erhitzt, dann schnell ab- 
gekiihlt und 1:10 mit 0,9-proz. NaCl-Losung verdiinnt. 


0,5 ccm 1:10 verdunntes Komplement 4- 1,0 ccm Emuls. sensib. Blutzellen 


Zeit des Erwarmens auf 55° in 










Minuten 

0 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

8 

10 

+ 0,5 ccm 0,9-proz. NaCl-Losung 

k. 

k. 

k. 

f. k. 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 0,5 ccm NaOH in n : 50 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0,9-proz. NaCl 100 

200 

sp. 

S^ch. 

Spch. 

0 

f.k. 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

300 

k. 

k. 

k. 

f.k. 

0 

0 

0 

0 

0 

+ 0,5 ccm NaOH in a: 50 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Spch. 

Aqua dest. 100 

200 

Sp. 

k. 

Sjwih. 

Spch. 

k. 

Spch. 

k. 

Spch. 

Spch. 

s.st. 

Spch. 

w. 

Sgch. 

Tt 

300 

k. 

k. 

k. 

k. 

f.k. 

B.St. 

w. 

Sp. 

It 

+ 1 ccm Endstiick (COJ 
+ 1 ccm Mittelstiick (CO,) 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. 

k. 

f.k. 

W. 

Spch. 

k. 

k. 

f.k. 

m. 

Spch. 

0 

0 

0 

0 


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Origirval from 

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KomplementwirkuDg durch Saure oder Alkali wiederherzuBtellen. 133 

Wirkung auf, die allerdings bei Verwendung stSrkerer Kon- 
zentrationen des Alkali durch dessen hemmende Wirkung aus- 
geglichen wird. Da das Erhitzen des Serums eine Aenderung 
der Reaktion nach der alkalischen Seite hin bedingt, so kommt 
es in dem lSnger erhitzten Serum zu einem relativen Ueber- 
schuB an Alkali, der der hamolytischen Wirkung der osmo- 
tischen Storung entgegenwirkt. Mittelstiick kann ein hitze- 
inaktiviertes Serum nicht mehr reaktivieren, wokl aber noch 
Endstflck bis zu einem gewissen Grade, wie ich bereits in 
einer friiheren Arbeit 1 ) zeigen konnte. Saure in Form von 
n: 250 HC1 hatte bei Isotonie keine reaktivierende Wirkung 
auf hitzeinaktiviertes Komplement. Bei gleichzeitiger Hypo- 
tonie kam es zu einer Losung durch osmotische Stdrung, wie 
in Versuch III. 

In dem folgenden Versuche VI (siehe p. 134) wurden ver- 
schiedene Endstiicke durch Erwarmen inaktiviert und die 
Moglichkeit ihrer Reaktivierung untersucht. 

Das C0 2 -Endstflck war in der kiirzesten Zeit inaktiviert, 
wahrend das A-EndstUck (HC1) einige Minuten langer brauchte. 
Jedoch war das S-Endstiick (HC1) noch nach 10 Minuten 
langem Erhitzen bei 55° mit dem zugehorigen Mittelstiick 
noch wirksam. 

In bezug auf die Reaktivierung durch Alkali erwies sich 
NaOH in NaCl-Losung fiir jedes Endstuck unwirksam. Die 
Hamolyse durch NaOH in Aqua destillata ist nur der Wirkung 
der Hypotonie zuzuschreiben, die durch den hemmenden 
EinfluB des Alkali noch teilweise eingeschrankt ist, wie die 
Kontrollen zeigen. HC1 in Aqua destillata bewirkt in alien 
ROhrchen Hamolyse durch bloBe Saurewirkung und durch 
osmotische Storung. Isotonische HC1 scheint auf das hitze- 
inaktive C0 2 -Endst(ick einige reaktivierende Wirkung zu haben. - 
Dies beruht jedoch wahrscheinlich nur auf der Wirkung der 
Saure auf die roten Zellen, da eine solche Wirkung bei A- 
Endstilck (HC1) nicht eintritt, weil hier die Saurewirkung nicht 
genflgt hat, das Alkali zu neutralisieren. 


1) loc. cit. 


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Versuch VI. 


















Komplementwirkung durch S&ure oder Alkali wiederherzustellen. 136 


D. Weitere Versuche zeigten, daB auch Komplement, das 
durch SchOtteln [Versuchstechnik in einer frfiheren Arbeit') 
angegeben] iDaktiviert wurde, weder durch n : 250 NaOH noch 
durch n: 250 HC1, wenn in isotonischer Losung, reaktiviert 
werden konnte. 

Ira Versuch von Bronfenbrenner und ,Noguchi 
konuten 0,3 ccm C0 2 Endsttick durch 0,22 ccm n: 250 NaOH 
reaktiviert werden. Dies entspricht etwa 0,6 ccm der NaOH- 
Losung fiir 1 ccm Endstiick. Ira Versuch I hat die doppelte 
Menge nicht zur Reaktivierung in isotonischem Medium ge- 
nflgt. Die genannten Autoren nehmen an, daB die Wirkung 
der C0 2 auf mit Wasser verdiinntes Komplementserum eine 
Saureinaktivierung ist, die daher durch Alkali riickg&ngig ge- 
macht werden konne. Ich fand jedoch, daB 2,3 ccm n: 250 
NaOH nStig waren, um 1 ccm C0 2 -Endstuck zu neutralisieren. 
Also die 4-fache Menge, die diese Autoren zur Reaktivierung 
brauchten. Im folgenden Versuch VII wurde gerade so viel 
Alkali bzw. S&ure zugefiigt, als notig war, die verschiedenen 
Endstiicke gegenfiber Phenolphthalein zu neutralisieren, also: 

zu 1 ccm CO,-Endstiick 0,14 ccm n : 50 NaOH 

„ 1 ccm 8-Endstiick (HC1) 0,08 ccm n : 50 NaOH 

„ 1 ccm A-Endstiick (HC1) 0,08 ccm n : 100 HC1 


Versuch VII. 


1:10 verd. Endstiick (CO,) 

2,0 

1,0 

0,5 







1,0 



1:10 verd. A-Endstiick (HCl) 



— 

2,0 

1,0 

0,5 

— 

— 

— 


1.0 

— 

1:10 verd. S-Endstiick (HCl) 

— 

— 

— 

— 


— 

2,0 

1,0 

0,5 

— 

— 

1,0 

1:10 verd. Mittelstiick (HCl) 

— 

— 

— 

— 

— 

— 




— 

1,0 

1,0 

1:10 verd. Mittelstiick (CO,) 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


1,0 



0,9-proz. NaCi-Losung 

— 

1,0 

1,5 


1,0 

1,5 

— 

1,0 

1,5 


— 

— 

2,5-proz. Emuls. sensib. Zellen 

1.0 

1,0 

1.0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1.0 

1,0 

1,0 

1,0 


0 

o 1 

0 

0 

0 

0 

1 0 

0 

0 

k. | 

k. 

k. 


Der Versuch VII zeigt, daB trotz vollst&ndiger Neutrali- 
sierung des Alkali- oder S&ureiiberschusses der verschiedenen 
Endstiicke eine ISsende Wirkung derselben auf sensibilisierte 
Blutzellen ausblieb, so lange das Medium isotonisch war. 


1) Joum. of Hygiene, Vol. 14, 1914, p. 422. 


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136 H. Schmidt, Ueber die Moglichkeit, die Komplementwirkung usw. 


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Zusammenfassung. 

Es konnte durch Versuche gezeigt werden, daB einem 
nach dem C0 2 -Verfahren hergestellten Komplementendstflck 
die h&molytische Wirkung des ursprflnglichen Serums auf 
sensibilisierte Blutzellen durch Alkali nicht gegeben werden 
konnte, so lange die Isotonie der Flflssigkeit gewahrt blieb. 
In hypotonischem Medium kann man eine gewisse Losung 
beobachten, doch beruht diese nicht auf einer spezifischen 
Wirkung des Endstfickes, sondern ist nur Folge der osmo- 
tischen Storung. 

Wird SalzsSure einem nach dem HCl-Verfahren her¬ 
gestellten und nicht alkalisch gemachten Endstiick zugesetzt, 
so ist auch hier die beobachtete Losung keine Endstuck- 
wirkung, sondern Folge des zerstSrenden Einflusses der SSure 
auf die roten Zellen. 

Hitzeinaktives Komplement sowie hitzeinaktive Endstiicke 
konnen weder durch Saure- noch Alkalizusatz reaktiviert 
werden; und das gleiche gilt filr ein Komplement, das durch 
Schfltteln inaktiviert ist. 

Die Ergebnisse von Bronfenbrenner und Noguchi 
sind wahrscheinlich den hypotonischen Versuchsbedingungen 
zuzuschreiben und konnten aus diesem Grunde nicht von 
Browning und Mackie noch von Zinsser und Cary 
erhalten werden. 


Es ist mir eioe angenehme Pflicht, Herrn Dr. H. Schuetze von 
dem Lister Institut, London, fur seine wertvollen kritischen Ratschlage 
meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 


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_ URBANA-CHAMPAIGN 



Messerschmidt, Die Bekampfung der Miiuseplage im Elsafl. 137 


Nachdruck verbolen. 

[Aus dem Institut ffir Hygiene und Bakteriologie der deutschen 
Universitat StraBburg i. E. (Direktor: Prof. Dr. Uhlenhuth).] 

Die BekSmpfung der Mfiuseplage im EisaB mit 
Mfiusctyphusbacillcn. 

Von Dr. Th. Messerschmidt, 

z. Z. Privatdozent an der Technischen Hochschule zu Hannover. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 5. August 1920.) 

Das EisaB wurde im Jahre 1918 von einer gewaltigen 
Feldm&useplage heimgesucht. Es fanden sich dabei in erster 
Linie die eigentliche Feldmaus (Arvicola arvalis) und in ge- 
ringerer, wenngleich sehr vermehrter Zahl die Brandmaus 
(Mus agrarius). Ihrer Zahl nach waren erstere die haupt- 
sfichlichsten Schadlinge. Die Plage erstreckte sich fiber weit- 
aus den grfiBten Teil des Landes von Zabern-WeiBenburg 
bis Colmar und sfidlich davon. Am meisten betroffen war 
das reiche Ackerland der Ebene und der VogesenauslSufer, 
wShrend im Gebirge selbst die Plage geringer war. Nur 
wenige Gemeinden — zumeist im Kreise Erstein — litten 
weniger Not. 

Der durch die Tiere bereits Mitte bis Ende Juni an- 
gerichtete Schaden war so gewaltig, daB von vielen Getreide- 
feldern nur ein Bruchteil der Aussaat als Ernte zu erwarten 
war. Weiterhin bestand die groBe Gefahr, daB infolge des 
schon jetzt ffir die Unzahl der Tiere einsetzenden Nahrungs- 
mangels die Gemfise- und Kartoffelfelder von den MSusen 
heimgesucht wfirden. TatsSchlich wanderten sie hierhin und 
auch in das Rebgelfinde bereits aus. Ihre Zahl war — wie 
der Sand am Meere: Es lieBen sich von den Feldern in Bohr- 
lfichern in kurzer Zeit tausende von Feldmfiusen sammeln. 

Die Notlage des Landes und die schlechten Aussichten 
ffir die Ernte in an und ffir sich knapper Zeit veranlaBte das 
Deutsche Institut ffir Hygiene und Bakteriologie, mit den 
zivilen und militarischen Behorden am 19. Juli 1918 zu einer 


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Th. Messerschmidt, 


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Beratung im Kriegswirtschaftsamt flber die BekSmpfungs* 
methoden zusammenzutreten. 

Nach Schilderung der Lage durch Augenzeugen, die die furchtbare 
Not zeigten, kam man zu dem Sehlufi, dafi bei der gewaltigen raumlichen 
Ausdehnung der Plage ein Erfolg durch chemische Gifte und mechanische 
Methoden (Fangen etc.) kaum zu erwarten ware; das um bo mehr, ala 
eretere sehr knapp waren und wenig Hilfskriifte zur Verfiigung standen. 
Besondere Schwierigkeitcn hatte vor allem die Anwenduug in den bereits 
manneshoch stehenden Getreidefeldern bereitet, deren Inneres ja nicht hatte 
betreten werden konnen, ohne hierdurch groSen Hchaden anzurichten. 

Es blieb danach uur iibrig, die Ausrottung nach LQfflers 
Vorgang durch Auslegen von MSusetyphusbacillen zu ver- 
suchen, wenngleich auch hierbei Schwierigkeiten nicht geringer 
Art bestanden. Diese erstreckten sich einerseits auf die Be- 
schaffung solch grofier Mengen Kulturen und weiter auf die 
Organisation selbst. 

Die Durchfflhrung der Plane erfolgte durch das Institut 
fflr Hygiene und Bakteriologie und das Kriegswirtschaftsamt 
(Hptm. Caesar) in Strafiburg. Zugleich wurden durch die im 
Elsafi stehenden Armeen Sanitatsoffiziere, Veterinare und 
Mannschaften in ihren Korpsbezirken zur praktischen Hilfe 
bereitgestellt. 

Was zunachst die Bereitung der Mausetyphuskulturen 
angeht, so ist dariiber folgendes zu berichten: 

Nach wenigen damaligen bakteriologischen Untersuchungen von kauf- 
lichen Mausetyphuskulturen wurde davon abgesehen, diese zu empfehlen. 
8ie erwiesen sich selten als rein und waren zugleich unerhort teuer'). Wir 
haben infolgedessen nur Kulturen abgegeben, die im Institut angelegt 
waren und dauernd auf Reinheit und Virulenz gepriift wurden. Wir 
verwandten zwci Stamme, die alien Anforderungen entsprachen und als 
„Mausetyphus H“ bzw. 8 bezeichnet wurden. 

Das Institut lieferte in wenig Wochen etwa 15 000 Liter 
Kultur. Es interessiert bei dieser Menge wohl die von uns 
geflbte Technik. 

1) In Hannover habe ich diese Beobachtungen weiter verfolgt an 
einigen weiteren derartigen Praparaten („Terror‘ - und ,.Pogrom“): sie waren 
mit Luftsarcinen stark verunreinigt. Ein Kohrchen „Pogrom“ enthielt 
keine Mausetyphus- bzw. Paratyphusbacillen mehr und erwies sich daher 
auch als unschadlich fiir Mause. Dagegen war „Tymur‘* der Landwirt- 
schaftskammer in Halle rein und sehr virulent. Siehe auch Uhlenhuth, 
Gutachten uber einige Handelspraparate von baktenellen Ratten- und 
Mause-Vertilgungsmitteln. Centralbl. f. Bakt., Bd. 85, Heft 3. 


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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafi usw. 


139 


Zunachst ist zu betonen, dafi wir nur Bouillonkulturen abgabeu, und 
zwar haben wir Schragagar vermieden, obwohl dao unsere Laboratoriums- 
arbeit wesentlich erleichtert hatte. Erfahrungsgeroafl wurde in frfiheren 
derartigen Versuchen mit diesen unsachgemafi verfahren, es gelang teila 
nicht, bomogene Bakterienemulsionen zu erzielen, teils wurden sie, angeb- 
lich um solche zu bekommen — aufgekocht. 

Neben einfacherer Handhabung in der Praxis erwarteten wir durch 
die Bouillonkulturen zugleich neben den Bacillen selbst noch eine Wirkung 
der vorgebildeten Aggressine. Diese Kulturen wurden in zweierlei Form 
abgegeben: 

1) in Flaschen zur direkten Mischung mit dem Koder gebrauchs- 
fertig verdunnt, 

2) in Glasampullen zu 13 ccm Inhalt in konzentrierter Form. 
Letzteres wurde nach erfolgter Abgabe von etwa 10000 Flaschen aus 
Mangel an leeren Flaschen notig. 

Fur die gebrauchsfertigen Kulturen standen uns zunachst weifie 
sterilisationsfahige Literflasehen mit Kronkorkverechlufl zur Verfiigung. 
Sie wurden sauber gereinigt und im stromenden Dampf stehend ohne 
Verschlufi sterilisiert, und zwar in eisernen Kiistcn zu 1 cbm Inhalt. Nach 
dem Abkiihlen wurden sie mit etwa 990 ccm */« Bouillon beschickt, in der 
Maschine versehlossen und abermals 2 Stunden im Parnpf sterilisiert. 
Nach dem Abkiihlen kamen sie auf 24 Stunden in den Brutschrank zur 
Sterilitatspriifung. Diejenigen, deren Inhalt unverandert klar geblieben 
war, wurden als steril angesprochen und mit je 10 ccm einer gut ge- 
wachsenen Mausetyphus-Bouillonkultur beschickt. Diese wurden stets er- 
neut aus dem Blute der zur Virulenzpriifung (vgl. spiiter) benutztcn Fcld- 
mause reingeziichtet. Unser Stamm war also den elsiissischen Mausen 
bestimmt weitgehendst angepafit. Wir gingen dabei in der VVeise vor, 
dafi wir die Flaschen auf einem Tisch aufstellten. Ein Diener offnete den 
Kronkork, der nachste rcinigte den oberen Rand mit einem Alkohol- 
Wattebausch, ein dritter pipettierte 10 ccm Kultur ein und der vierte ver- 
schlofi die Flasche mit im Dampf sterilisierten Korken. 

Hierauf kamen die Flaschen in den Brutschrank zurfick. Am 
n&chsten Tage wurden sie in der Maschine mit Kronkorken versehlossen. 
Sie waren damit nach Ankleben der Zettel versandfertig. 

Von jeder Lieferung wurden mindestens 4 Flaschen auf Reinheit und 
Virulenz gepriift. 

Wir haben zeitweise bis zu 300 Liter Kultur taglich abgegeben. 

Nachdem wir so etwa 6500 Liter verschickt hatten, mufiten wir aus 
Mangel an sterilisationstuchtigen Flaschen uns nach anderen Kulturgefafien 
umsehen. Nur etwa 2000 waren inzwischen zuriickgeliefert. Wir nahmen 
zunachst Weinflaschen zu 3 /< Liter Inhalt, sahen aber, dafi dies nur ein 
Notbehelf sein konnte. Etwa 20—25 Proz. hielten den stromenden Dampf 
nicht aus und zerbrachen. Trotzdem haben wir fiber 2000 Liter Kultur 
darin abgegeben. mochten aber derartige Versuche nicht empfehlen. Sic 
stofien technisch auf grofie Schwierigkeiten vor allem auch bezfiglich der 
Verschlufimoglichkeit. 


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Th. Messerschmidt 


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Diese materiellen Unzulanglichkeiten zwangen uns, urn die Verauche 
nicht abzubrechen, die Mausetyphusbacillen in Ampullen eingeschmolzen 
abzugeben. Es lieBen eich in den erforderlichen groBen Mengen nur 
solche von 13 ccm lnhalt im Augenblick beschaffen. In sie wurde kon- 
zentrierte Mausetyphusbouillon gebracht. Die mechanische Reinigung er- 
folgte im Vakuum, die Sterilisation im Dampf und die Fullung der zuvor 
auf Reinheit gepriiften 24-stiindigen Bouillonkultur wiederum im Vakuum 
outer streng aseptischen VorsichtsmaBregeln. Nach dem Abschmelzen in 
der Stichflamme und abermaliger bakteriologischer Priifung wurden die 
Ampullen in Kastchen zu 12 Stuck abgegeben. 

Vier solche Ampullen waren zur Infektion von 1 Liter K6der be- 
stimmt. 

Wahrend fur die Handhabung der Flaschen kaum eine besondere 
Vorschrift notig war — ihr Inhalt wurde einfach mit dem abgekiihlten 
Koder grundlich gemischt — haben wir fur die Ampullen empfohlen, pro 
Liter Koder vier Ampullen in dem MischgefaB mit einem Stabe zu zer- 
triimmern und dann, ohne die Glassplitter zu entfemen, mit jenem griind- 
lichst durchzumischen. Zur eventuellen Verdunnung wurde natiirliches 
Brunnenwasser empfohlen. Die dadurch bewirkte bakterielle Verun- 
reinigung konnte bei dem Keimreichtum des Koders und der MischgefaBe 
keine erhebliche Kolle spielen, wir wollten vor allem die Schadigung der 
Mausetyphusbacillen mit eventuell noch heiBem „abgekochten“ Wasser 
vermeiden. 

Die Priifung unserer Kulturen im Laboratorium erstreckte 
sich auf Reinheit und Virulenz. 

Erstere erfolgte auf Endoplatten, und zwar mit jeweils 
1 ccm Fliissigkeit fur drei hintereinander bestrichene Schalen. 
Bei Auszahlungen von Agarmischplatten fanden sich in den 
24-stflndigen Literflaschen zwisclien 100 und 1000 Mill., in 
den Ampullen um 3000 Mill. Keime pro Kubikzentimeter. 
Verunreinigungen haben wir nie beobachtet, und zwar auch 
dann nicht, wenn die Kulturen erneut nach 8 und nach 
14 Tagen gepriift wurden; d. h. zu einer Zeit, wo der Inhalt 
bereits in der Praxis verbraucht war. 

Zur Virulenzpriifung verwandten wir weiBe Laboratoriums- 
und regelmaBig Feldm&use. Letztere sind indessen im Labo¬ 
ratorium auBerordentlich schwer zu halten. Selbst 
wenn man dort ihre Lebensbedingungen weitgehendst den 
natiirlichen anpaBt, gehen viele auch ohne Infektion zugrunde. 
Sie werden bald trage und sterben, vor allem dann, wenn 
man mehrere in gemeinsame Kafige bringt. 

Die Infektion der Tiere erfolgte auf zweierlei Weise, und 
zwar regelmSBig. Einmal mit infiziertem Koder, genau wie 



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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw. 


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in der Praxis (vgl. p. 146), und weiterhin dadurch, daB einem 
Tier 0,05 ccm einer dera KSder entsprechenden VerdQnnung 
der Kultur in das Maul getropft wurde. 

Von 184 (2X92) so infizierten Tieren starben 
120 M&use am 6. Tage 

25 , , 7. „ 

22 „ „ 8 . „ 

14 , B 9. „ 

nach Aufnahme der Bacillen (Stamm „H“ und „S“ zeigten 
gleiche Virulenz), wahrend 3 am Leben blieben und auch bei 
Reinfektion mittels eines Tropfens nicht starben. 

Wir hatten damit die Hauptforderung nach bakterio- 
logischer Reinheit und Virulenz der Kulturen erfullt. 

Weitere Versuche zeigten dann, daB unsere im Labo- 
ratorium wahllos zurtickbehaltenen Testflaschen und Ampullen 
auch noch 15 Tage nach ihrer Abgabe voile Virulenz hatten. 
Selbst bei nicht sofortiger Verwendung im Felde — die 
ubrigens nur ausnahmsweise vorgekommen sein konnte, wie 
die sp&teren Ausfuhrungen zeigen — hatte also auf Erfolg 
gerechnet werden kfinnen. 

Die Mausebekampfung in den Feldern war unter Mit- 
wirkung des Instituts vom Kriegswirtschaftsamt organisiert 
worden. 

Die hauptsiichlich befallenen Gebietsteile des Landes waren in Be- 
zirke eingeteilt und diese jeweils einem Arzt bzw. Tierarzt zur Beauf- 
sichtigung und Unterweisung zugewiesen. Diese Herren wurden vor 
Beginn ihrer Tatigkeit in zwei Kursen im Institut iiber das Wesen der 
geplanten Bekampfungsart orientiert. Dabei wurde ihnen speziell die 
Technik der Koderbereitung und der subkutanen lmpfung von Mausen 
gezeigt, auch auf die eventuelle Infektiositat der Kulturen wurde hin¬ 
ge wiesen. 

Die Hauptsachen gab folgendes Merkblatt nach dem im 
Reichsgesundheitsamt ausgearbeiteten Muster, dessen Vertei- 
lung in den Gemeinden jenen Herren zugleich oblag. 

Merkblatt. 

Verhaltungsmafiregeln zur Verhutung von Gesundheits- 

Bchadigungen beim Verwenden von Mausebacillen. 

1) Die Mausebacillen sind fur den Menschen nicht ganz un- 
gefahrlich. 

Zellschr. I. ImmunlUttlonchuag. Grig. Bd. 31. 10 


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Th. MeBserschmidt, 


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2) Durch Aufnahme von groBeren Mengen solcher Bakterien konnen 
Durchfalle und selbst schwere Erkrankungen hervorgerufen werden. Be- 
sondere gefahrdet sind die Kinder und Personen, welche an Darmstorungen 
leiden oder dazu neigen. 

3) De8halb sind solche Personen und Kinder unter 12 Jahren 
bei der Zubereitung und dem Aimlegen der Lockspeise moglichst nicht zu 
verwenden. 

4) Die mit dem Zurichten und dem Auslegen der Lockspeise (des 
Koders) betrauten Personen sind davor zu warnen, wahrend dieser Arbeiten 
zu essen, zu rauchen, oder mit den Fingern den Mund zu beriihren. 
Namentlich sollen sie sich hiiten, von der Lockspeise zu essen. 

5) Die mit den bezeichneten Arbeiten beauftragten Personen haben 
sich nach beendeter Arbeit die Hande griindlich mit warmem Wasser 
zu waschen. 

6) Alle bei der Zubereitung und bei der Auslegung benutzten Gerate 
und GefiiBe sind nach jedesmaligem Gebrauch moglichst mit heiBer Soda- 
losung auszuwaschen oder auszukochen. 

7) In Raumen, welche zur Herstellung, zur Verpackung oder zur 
Aufbewahrung von menschlichen Nahmngs- und GenuBmitteln benutzt 
werden, ist die Bekampfung der Miiuse durch Mausebacillen zu unter- 
lassen. 

8) Da unter Umstanden auch K al ber nach Aufnahme groBer Mengen 
von Mausetyphusbacillen erkranken konnen, ist vor dem Zuschiitten von 
Kulturruckstanden oder vergiftetem Koder zum Kiilberfutter dringend zu 
warnen. 

II. Anweisung zum Auslegen der Mausetyphusbacillen. 

1) Der Impfstoff zur Vertilgung der Feldmause wird in Flaschen zu 
1 Liter vom Institut fur Hygiene und Bakteriologie, Biirgerspital Strafiburg 
(Teleph. No. 789), geliefert. Er muB hier abgeholt werden. Sendungen nach 
auswarts konnen nicht erfolgen (wegen Mangel an Verpackungsmaterial, 
Gefahrlichkeit der Versendung usw.). Bei groBeren Auftragen muB die 
Bestellung mindestens 1 Tag vorher geschehen (am beaten telephonische 
Riicksprache). Transportkorbe oder -kisten mussen mitgebracht werden. 

2) Der Impfstoff ist gebrauchsfertig und darf nicht weiter verdiinnt 
werden. Er ist sorgfaltig vor Licht, besonders vor direktem Sonnenlicht, 
zu Bchiitzen, da die Mausetyphusbacillen sonst absterben. 

3) Der Impfstoff muB aus demselben Grunde moglichst sofort 
verwendet werden, bis zum Gebrauch ist er kiihl und im Dunkeln auf- 
zubewahren. 

4) Um zunachst festzustellen, welche Locher von den Mausen be- 
zogen werden, empfiehlt es sich, 2 Tage vor dem Auslegen samtliche 
Locher zuzutreten, und nur die von den Mausen wieder geoffneten zu 
beschicken, da dann die nicht hewohnten LOcher nicht berucksichtigt zu 
werden brauchen. Auf 1 Hektar Land rechnet man etwa 3—4 Liter 
Impfstoff, je nach dem Umfang der Mauseplage. 



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Die Bekampfung der Miiuseplage im Elsafi usw. 


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5) Der Inhalt der Flaschen wird in ein sauberes grofies Qefiifl ge- 
gossen. Sodann werden fingerglied- oder haselnnfigrofle trockene Brot- 
stiicke in die Fliissigkeit hineingelegt, bis sie vollkommen mit der Fliissig- 
keit durchtriinkt sind. Man kann auch kalten (ja nicht heiflen!) K ar- 
toffelbrei verwenden, in den man auf ca. 8 Pfund ca. 1 Liter Impf- 
fliissigkeit verriihrt. 

6) Die Lockspeise wird sogleich mit einem geeigneten Blechloffel 
und einem Holzstab tief in die Mauselocher eingefuhrt, in jedes Loch 
kommt 1 Stuck. 

7) Die Loffel sind nach Gebrauch auszukochen, die Holzstabe zu 
verbrennen, die benutzten Gefiifie werden mit heifiem Wasser ausgebriiht. 

8) Es empfiehlt sich, die Mauselocher nach der Beschickung leicht 
zuzuscharren, damit die Koder nicht durch andere Tiere (Vogel) fort- 
geschleppt werden. 

9) Das Auslegen mufl bei trockener Witterung und am besten 
abends erfolgen, da Regen die Bacillen abschwemmt und die Sonne 
sie abtotet. Bei bedecktem Himmel kann das Auslegen auch am Tage 
erfolgen. 

10) Kranke und tote Mause miissen an Ort und Stelle liegen bleiben, 
da sie erfahrungsgemafl von den Gesunden angefressen werden und der 
Mausetyphus auf diese Weise verbreitet wird. 

11) Das Auslegen mufl einheitlich, moglichst gleichzeitig auf 
einer groBen zusammenhangenden Flache erfolgen, weil sonst der Erfolg 
durch Zulauf von Mausen aus der Nachbarschaft illusorisch wird. 

12) Samtliche Graben, Wege, Aecker, Wiesen und Garten miissen in 
die Bekampfung eingezogen werden. 

13) Zur weiteren Unterstutzung der Mausevertilgung empfiehlt es 
sich, in Bohrlochem gefangene Mause mit Mausetyphnskoder zu futtern 
und auf den Feldern wieder auszusetzen, damit diese Tiere die Seuche 
weiterverbreiten. Zu diesem Zwecke kann man alte Ofenrohre von 30 bis 
40 cm Lange in die Bohrlocher stecken und mit dem K6der beschicken. 
Die Miiuse fallen hinein und fressen den Koder auf. Die Rohre werden 
danach herausgezogen und die Mause in Freiheit gesetzt. 

14) Nach 14 Tagen ist das Auslegen der Koder zu wiederholen. Auch 
vor der Wiederholung miissen die Mauselocher wieder zugetreten werden, 
um die noch nicht ausgestorbenen Baue ausfindig zu raachen. 

15) Die Impfstoffflaschen sind nach Ausleeren des Inhalts in einem 
groBen Kessel auszukochen. Sie werden mit kaltem Wasser aufgesetzt 
und bleiben nach dem Beginn des Kochens noch 5 Mmuten im kochenden 
Wasser. 

Militarische Dienststellen kbnnen im nachsten Lazarett die Flaschen 
mit Wasser gefiillt im Dampfdesinfektionsapparat sterilisieren lassen. 

Jede saubere unversehrte Flasche vergiitet das Institut bei der Ruck- 
gabe mit 30 Pfennig. 

16) Ueber den Erfolg der Mausebekampfung bittet das Institut fur 
Hygiene und Bakteriologie um einen kurzen Bericht. 

10* 


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Th. Messerschmidt, 


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Nachtrag. 

Wird der Impfstoff in Ampullen abgegeben, so befindet er sich in 
konzentrierter Form. Er ist gebrauchsfertig. Die Qebrauchsanweisung 
steht anf den Schachteln, in denen die Ampullen verpackt sind. 

Zur Durchfuhrung der Infektion ist noch zu bemerken, 
daB in einer groBeren Reihe von Gemeinden auch Hunderte 
von M&usen direkt infiziert und ausgesetzt wurden, und zwar 
durch subkutane Impfung mit dem Impfstoff. Solche Tiere 
gingen im Laboratorium regelm&fiig an M&usetyphusseptikamie 
zugrunde. Wir rechneten damit, daB diese in den Feldern 
bei der Vorliebe der MSuse, ihre kranken und toten Genossen 
aufzufressen, die Epidemie schnell verbreiten wflrden. 

Weiterhin wurden speziell von uns in praktischen Ver- 
suchen (in Quatzenheim) Tausende von Mausen mit frischen 
Kulturen iibergossen und auf ihren Feldern wieder ausgesetzt. 
Die Tiere leckten sich die infizierte Fliissigkeit ab und soil ten 
so — fiir den Fall, daB die Koder nicht gefressen wurden — 
die Seuche verbreiten. 

Mit dem Verweigern der Koder muBte vor allem deshalb 
gerechnet werden, weil den Mausen in reichstem MaBe Friichte 
aller Art zur Verfiigung standen. 

Soweit die oft schwierig zu beurteilenden Berichte sagen, 
war indessen in verschiedenen Gemeinden beobachtet, daB 
auch die Koder gefressen waren. 

Die im Institut unterwiesenen Herren gingen alsbald in ihre Bezirke 
und zeigten dem Lehrer und den Bauern die Bereitung der Koder und 
das Auslegen. Sie haben sich ihrer sicher nicht leichten Aufgabe (Elsafl 
Herbst 1918!) mit grofiem Eifer unterzogen. Viele Gemeinden haben be- 
sonders durch ihre halberwachsenen Kinder Hunderte von Litem Kultur 
ausgelegt (z. B. Dorlieheim 375, Molsheim 100, Dettweiler 150, Gebweiler 160, 
Schlettstadt und Umgebung 850, Zabern und Umgebung 1100, Hagenau 75 f 
einige Gemeinden im OberelsaS zusammen 820 Liter usw.). DaB in an- 
deren Gemeinden weniger intensiv gearbeitet wurde, war teils durch die 
nicht unerheblichen Kosten, teils durch Opposition gegen den Zwang und 
vielleicht auch gegen das Miiitar nicht schwer zu erklaren. Immerhin 
zeigen obige Zahlen, daB in jenen Gebieten mit Eifer eine gewaltige Menge 
virulenten Impfstoffes verbreitet wurde. 

Gleiches steht fiir unsere eigenen Versuche in Quatzenheim feet. 

Ueber die vollzogenen Arbeiten lasse ich einen Bericht 
iiber die MSusebek&mpfung im Schlettstadter Revier (Dr. Jahn) 
vom 23. August 1918 folgen, dem andere analog lauteten: 


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Die Bekampfung der Miiuseplage im ElsaB usw. 


145 


Die Mausebekampfung im Gebiete der mobilen Etappen-Komman- 
dantur 104 wurde in folgender Weise durchgefuhrt: 

Am 21. VII. 1918 land eine Besprechung des stellv. Etappen-Komman- 
danten Hauptmann Roll mit den zustandigen Zivilbehorden, dem Biirger- 
meisteramt Schlettstadt und der Kreisdirektion Schlettstadt statt. 

Dabei wurden folgende Gemeinden als mit Miiusen stark vereeucht 
angegeben: Schlettstadt, Diefenthal, Ebereheim, Ebererniinster und Scher- 
weiler. Durch eine Gendarmeriepatrouille wurden am 28. VII. noch die 
Gemeinden Saasenheim und Schonau gemeldet. 

Am folgenden Tage ging in die versehiedenen Gemeinden je 1 Vor- 
kommando (entnommen aus der hiesigen Genesungs-Abteilung), bestehend 
aus 1 Unteroffizier und 1 Mann, mit folgendem Auftrage: 

1) Besprechung mit dem Biirgermeister, dem Feldhuter, dem Lehrer 
fiber die beabsichtigten MaSnahmen und Beseitigung des Mifitrauens der 
Bevolkerung. 

2) Abgehen der Felder mit den Feldhiitern zur Feststellung der Art 
und Griifie der zu bearbeitenden Flachen. 

3) Bereitstellen der Lockspeise (Kartoffeln, Kornerfrucht, Abfalle), 
der Eimer, Blechbiichsen, Holzspatel, Koch- und Waschgelegenheiten, und 
der Quartiere. 

4) Anweisung an den Lehrer, am Tage vor der Au6saat die Locher 
auf den Feldern durch Schulkinder zutreten zu lassen. 

Die Vorkommandos waren sehr grundlich instniiert worden. Die 
Leute, fast durchweg Landwirte, zeigten fast alle grofles Interesse ffir ihre 
Aufgabe und arbeiteten recht gewissenhaft. Nach 2 Tagen kehrten die 
Vorkommandos zurfick. Jc nach der Grofie des zu bearbeitenden Gebietes 
wurden Aussaatkommandos in der Starke von 1—2 Unteroffizieren und 
7—20 Mann gebildet. Ffir den Bann Schlettstadt stellte das Ers.-Batl. 
Jager 8 60 Jager mit 8 Oberjagern zur Vcrffigung. Alle Leute wurden 
an der Hand der dem Etappenbefehl beiliegenden „Verhaltungsmaflregeln‘‘ 
grfindlich unterrichtet, insbesondere auch fiber die mit der Aussaat ver- 
bundenen Gefahren. Unter Leitung der Vorkommandos und mit Unter- 
stfitzung der Feldhfiter der einzelnen Gemeinden wurde die Beimpfung 
der Felder vorgenomraen; und zwar begann das Auslegen der Lockspeise 
in den Gemeinden Diefenthal, Ebersheim, Ebererniinster und Scherweiler 
am 25. VII., im Bann Schlettstadt am 26. VII., und in den Gemeinden 
Schonau und Saasenheim am 28. VII. Die zweite Aussaat fand 14 Tage 
spater statt. Die Kommandos arbeiteten jeweils von abends 6 Uhr ab 
etwa 2-3 Stunden wiihrend 3—4 Tagen. Fur die erete Aussaat wurde 
„S“-Lymphe (Stamm Strafiburg), fur die zweite „H“-Lymphe (Stamm Halle) 
verwendet. 

Die Technik der Aussaat war folgende: Die Mannschaften erhielteu 
mit Lockspeise gefullte Konservenbfichsen und lange Holzspatel. Sie gingen 
dann in groBeren Abstiinden voneinander die Felder ab und verteilten die 
Lockspeise in die Mauselocher. Nach Riickkehr von der Arbeit reinigten 
sie sich und die benutzten Geriite grundlich mit heifiem Wasser. Als 
Lockspeisen wurde ffir die erete Aussaat teils Kartoffeln, teils Abfalle, teils 


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146 


Th. Messerschmidt, 


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Kornerfrucht gebraucht. Fur die zweite Aussaat nur Kornerfrucht. Es 
war teilweise recht 6chwierig, geniigend Lockspeise, insbesondere Kartoffeln, 
zu erhalten. Die auf Anregung von Hauptmann Roll verwendete Korner¬ 
frucht stellten die Landwirte bereitwilliger zur Verfiigung, da iiberall der 
Friihdrusch lebhaft im Gange war. 1m Bann Scblettstadt machte aber 
auch die Beschaffung dieser Lockspeise recht grofie Sehwierigkeiten. Die 
Heretellung der Lockspeise geschah folgendermaflen: Kartoffeln wurden 
Vormittags gekocht und nach griindlichem Abkiihlen unmittelbar 
vor der Aussaat griindlich mit Mausetyphuskultur gemischt. Bei Be- 
nutzung von Kornerfrucht wurde diese 4 Stunden vor der Aussaat mit 
Lymphe vermischt uod quellen lassen. Eine langere Dauer als 4 Stunden 
wurde absichtlich vermieden, um ein Ueberwuchern der Mausetyphus- 
bacillen durch andere Keime zu verhiiten. Abfalle wurden unmittelbar 
vor der Aussaat mit Lymphe vermengt. Das Verhiiltnis von Lymphe zur 
Lockspeise ist am giinstigsten bei Kartoffeln und Abfallen 1—2 Liter 
Lymphe auf 10 kg Lockspeise. Bei grofieren Rlengen Lymphe wird die 
Lockspeise zu diinnfliissig. Kornerfrucht wurde im Verhaltnis etwa 3 Teile 
Lymphe auf 4 Teile Kornerfrucht vermischt. Die Lymphe steht dann in 
den Mischgefafien 1—2 cm iiber den Kbrnern, und dringt dann allmahlich 
in dieselben ein, so daS nach 4 Stunden die Lockspeise noch reichlich 
feucht ist. Ein bestimmtes Zahlenverhiiltnis von Lockspeise zu Hektar 
Ackerland liifit sich schwer angeben, und zwar aus folgenden Griinden: 

1) sind die Angaben der Feldhiiter iiber die Flachen der bearbeiteten 
Aecker recht ungenaue und schwankende. 

2) hangt die Menge der Lockspeise ab von der Art der bearbeiteten 
Felder: Klee-, Ruben-, Kartoffel-, Rebenacker lassen sich iiber die ganze 
Fliiche beimpfen, wiihrend Getreidefelder mit stehender Frucht sich nur 
an den Randern beimpfen lassen. 

3) Je nach der Starke der Verseuchung der einzlnen Felder mit 
Hausen, die eine sehr verschiedene ist, und vor allem auch von der Art 
des Bodens — schwerer oder leichter Boden — abhangt, sind wenige oder 
sehr viele Mauselocher vorhanden. Dadurch wird der Verbrauch an Lock¬ 
speise sehr beeintriichtigt. 

4) Je nach der Menge und Art der fur die ganze Gemeiude zur 
Verfiigung gestellten Lockspeise, die in den einzelnen Gemeinden sehr 
grofie Unterschiede zeigt, mufi die Aussaat verteilt werden. Man kann 
etwa rechnen, dafi 1 kg Kornerfrucht 2—3 kg Kartoffeln und Abfall 
gleichwertig sind, da die Kornerfrucht sich wesentlich sparsamer ver- 
wenden lafit. Infolgedessen ergab die Berechnung der pro Hektar ver- 
wendeten Mengen Lockspeise und Lymphe sehr verschiedene Zahlen, und 
zwar: fiir Lymphe pro Hektar 0,06—0,6 Liter, fiir Lockspeise pro Hektar 
0,1-5,0 kg. 

Es hat sich gezcigt, dad fiir 300 ha ein Kommando von etwa 
10 Mann auf die Dauer von 3 Tagen bei einer taglichen Arbeitszeit von 
2—3 Stunden erforderlich ist. 

Neben der Aussaat der Lockspeise wurden verschiedentlfch noch 
Mause gefangen, mit Lockspeise gefiittert und wieder freigelassen. Der 



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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw. 


147 


Versuch, Miiuse in eingegrabenen, mit Lockspeisen beschickten, hohen 
Konservenbiichsen zu fangen, hatte nur wenig Erfolg. 

Ein richtiges Arbeiten der Kommandos wurde nur durch dauemde 
personliche Kontrolle dereelben erreicht. Nur hierdurch liefien sich Bchwie- 
rigkeiten und Mangel in der Technik der Aussaat rechtzeitig beheben. 
Dabei lieB sich auch durch Riicksprache mit den Biirgermeistern, Feld- 
hiitem und Landwirten und vor allem durch eigenen Augenschein ein 
Bild iiber den durch die Mause angerichteten Schaden gewinnen. Am 
schwereten betroffen war das Gelande westlich der Bahn Schlettstadt- 
StraBburg. Hier waren einzelne Felder vollkommen vernichtet, andere in 
verschieden schwerem MaBe beschadigt, desgleichen die Kleefelder. Auch 
die Kartoffel-, Ruben- und Krautfelder waren teilweise schon von den 
Miiusen befallen. Wahrend der ersten Aussaat war die Getreideernte in 
vollem Gange, so daB ein Erfolg der Mausebekiimpfung sich nur hatte 
auf den Kartoffel-, Riiben- und Krautfeldern bemerkbar machen konnen. 

Eine am 1. VIII. 1918 gemeinsam mit einer Kommission der Reichs- 
getreidestelle vorgenoramene Besichtigung der Felder stellte einen durch- 
schnittlichen Ausfall der Kornerernte durch MausefraB in der Hohe von 
*/ 4 bis */ a des Ertrages fest. Bei der zweiten Aussaat war fast alle Korner- 
frucht eingebracht. 

Die Anteilnahme der Bevolkerung war im allgemeinen rege. Aus 
einzeluen Gemeinden holten sich spater mehrere Landwirte Lymphe, um 
selbst auf ihre Felder auszusiien. 

Das Wetter war wahrend der ganzen Zeit fur die Aussaat recht 
giinstig. Nur an 2 Tagen regnete es. Im AnschluB an die Bekampfung 
im Bann Schlettstadt setzte die Aussaat von LockBpeise im Gebiet der 
Gemeinde Kinzheim durch den Scheinwerferzug 336 ein, nach personlicher 
Fiihlungnahme mit Leutnaut Ackermann. 

Wahrend der ganzen Zeit wurde ein einziger Fall von Darm- 
katarrh bei einem Aussaatkommando gemeldet. Der Mann wurde sofort 
in das Seuchenlazarett Kestenholz iiberfiihrt. Laut Mitteilung des Lazaretto 
lag keine Vergiftung mit Mausetyphusbacillen vor. 

Wirkung der Mausebekiimpfung nach dem Stande vora 

22. VIII. 1918. 

Nach den vorliegenden Beobachtungen ist es sehr schwierig, sich ein 
klares Bild iiber die Wirkung der Mausetyphusimpfung der Felder zu 
machen. 8—10 Tage nach der ersten Aussaat wurde von mehreren Orten 
gemeldet, daB sich eine Verminderung der Mause bemerkbar mache, daB 
tote und anscheinend auch kranke Miiuse beobachtet worden wiiren; ins- 
besondere auf den starker beimpften Feldern hiitten die Mause abgenommen. 
Auch in einigen Hausern, in denen Lockspeise ausgelegt war, seien die 
Mause weniger geworden. Andere Gemeinden gaben an, daB eine Wirkung 
nicht vorhanden sei. Besonders bcim Pflugen wiirden noch sehr viele 
Miiuse beobachtet. Von einem Orte wurde mitgeteilt, man habe tote Mause 
und tote Katzen gefunden. 


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148 


Th. Messerschmidt, 


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Zur besseren Kontrolle warden die Vorkommandos nochmals in die 
Gemeinden gesehickt, um selbst Feststellungen zu machen, und um die 
zweite Aussaat vorzubereiten. Sie teilten iibereinstimmend mit, dafi sich 
nur vereinzelt tote Mause vorfiuden, dafi die Mause vor allem auf den 
beimpften Feldern abgenommen hatten. In ausgegrabenen Bauen wurden 
tote Mause nicht vorgefunden. Zugetretene Miiuselocher waren am nachsten 
Tage wieder offen. Eine Verminderung der Miiuse in einigen Hausern, in 
denen Lockspeise ausgesat war, sei in 1 —3 Tagen eingetreten, dann aber 
hatten die Mause wieder zugenommen. Eine Schadigung durch das Aus- 
saen der Lockspeise (Sterben von Hunden und Katzen) sei, abgesehen von 
dem schon erwahnten Fall, nicht beobachtet worden. 

Aus den verschiedenen Berichten war zu entnehmen, dafi die Wirkung 
in den Gemeinden mit der starksten Aussaat pro Hektar am besten war. 
Durch eigene Beobachtungen (Abgehen desGeliindes, Zusehen beim Pfliigen) 
liefi sich 10—14 Tage nach der ersten Aussaat pine Verminderung der 
Mause feststellen, die jedoch durchaus hinter dem erhofftcn Erfolg 
zuriickblieb. Es wurde sogar beobachtet, dafi an einzelnen Stellen die 
Mause tiefhiingende Reben abgefressen und in die Locher zu schleppen 
versucht hatten. Die Berichte nach der zweiten Aussaat, sowohl die der 
Zivilbevolkerung, als auch der Vorkommandos, lautcn wesentlich un- 
gunstiger, als die Berichte nach der ersten Aussaat. Es wird teilweise 
angegeben, dafi auf eine Verminderung der Mause wieder eine Vermehrung 
gefolgt sei. Eigene Beobachtungen bestiitigen dies durchaus. Besonders 
ungiinstig auf die auf den Feldern noch stehende Fruc.ht wirkt das Pfliigen 
der abgeernteten Getreidefelder, weil dadurch die Mause von diesen ver- 
trieben werden und sich in den noch bebauten Feldern einnistcn. Gegen 
eine erhebliche Wirkung der Typhusimpfung spricht auch der Umstand, 
dafi die Landwirte in sehr grofier Zahl mit erheblichen Unkosten sich 
trotz Verbotes Strychninweizen verschaffen, um wenigstens einigermafien 
der Mause Herr zu werden, wenn auch andererseits taglich hicr Landwirte 
vorsprechen und „Lymphe“ begehren, um selbst ihre Felder zu beimpfen. 
Soweit moglich, wurde den Landwirten Lymphe abgegeben. 

Eine Mitteilung aus Scherweiler aus den letzten Tagen besagt, dafi 
beim Pfliigen in kurzer Zeit 8—10000 lebende Mause gesammelt worden 
sind. Auch dies spricht sehr deutlich gegen eine erhebliche Wirkung des 
Mausetyphusimpfstoffes. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dafi der 
Mausetyphusimpfstoff wohl auf die Miiuse, die ihn mit der Lockspeise 
fressen, krankmachend und todlich wirkt, dafi aber eine Ansteckung von 
Maus zu Maus, eine richtige Epidemie aus irgendwelchen unbekannten 
Griinden nicht zustaude kommt. Ein Unterschied in der Wirkung der 
verwendeten Lockspeise, Kartoffeln oder Kornerfrucht, ferner in der Art 
der verwendeten Lymphe „S“ oder „H“-Lymphe wurde nicht beobachtet. 

Es steht danach, wie auch nach unseren Be- 
sichtigungen, einwandfrei fest, dafi das Aus- 
legen rait aller Sorgfalt und ZuverlSssigkeit 
durchgefiihrt wurde, und zwar in groBem Stile. 



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Die Bekampfung der Mauseplage im Elsafl usw. 149 

Wie im Bezirke Schlettstadt, so blieb auch in den bei 
weitem meisten Gemeinden der Erfolg fast ganz aus — 
wenigstens in dem erhofften MaBe. Nur aus Munzenheim 
(Colmar), Winzenheim (Unter-ElsaB), Wickerschweier (Colmar) 
und wenigen anderen kamen gunstigere Nachrichten. 

Der Versuch als solcher ist praktisch als gescheitert an- 
zusehen. Zu einer Abnahme der Mauseplage kam es erst 
gegen Ende September, kurz nachdem starker Regen einsetzte. 
Dieser schSdigt bekanntlich auch ohne sonstige MaBnahmen 
die Nager in hohem MaBe. 

Unsere Beobachtungen erscheinen gerade ihres offen- 
sichtlichen MiBerfolges wegen nicht ohne Interesse: An die 
Kulturen waren strengste Anforderungen gestellt, sie erwiesen 
sich stets als rein und virulent. Die Technik des Auslegens 
und die Verbreitung des Infektionsstoffes erfolgte sachgemafi 
und vielerorts reichlich. Eine Erklarung fiir das Versagen 
vermogen wir schwer zu geben. Moglicherweise begann das 
Auslegen und Infizieren zu spat, d. h. zu einer Jahreszeit, 
als die Mause dank reichlicher Nahrung zu schwer Oder un- 
gern an die Koder herangingen. 

Zur Prufung dieser Fragen haben wir weiterhin eine 
groBere Reihe von Laboratoriumsversuchen angesetzt, die sich 
in erster Linie auf die Haltbarkeit des Virulenz unserer 
beiden Stanime am Koder erstreckten. 

Hierbei ergaben sich folgende Befunde: 

An Brot (Graubrot) halten sich, falls es dem Merkblatt entsprechend 
infiziert wird, die Mausetyphusbacillen 8—12 Tage lebensfahig, und zwar 
auch dann, wenn es bereits verschimmelt ist. Dabei ist es gleichgiiltig, ob 
das Brot im Hellen oder im Dunklen, ob es bei 37°, bei 5° oder bei 
Zimmertemperatur aufbewahrt ist. 

Nach Fiitterung mit dem infizierten Brot gingen die Mause indessen 
nur dann zugrunde, wenn es am Tage der Infektion oder einen Tag 
danach von den Miiusen gefressen wurde. Bereits vom 3. Tage ab machte 
dieses mausetvphusbacillenhaltige Brot die Miiuse nicht mehr krank. 

Im Kartoffelbrei hielten sich die Mausetyphusbacillen bis zu 6 Tagen; 
und zwar, falls derselbe bei 37° stand, 4, falls erim Zimmer stand, 6 Tage. 
Die Titration mit Natronlauge ergab, daS nach dieser Zeit der Siiuregehalt 
auf 14 ccm Normal-NaOH pro 100 g Brei gestiegeu war. Die Bacillen 
mufiten infolge der Siiuerung absterben. 

Der infizierte Kartoffelbrei blieb drei Tage infektios, und zwar gleich- 
gultig, unter welchen iiuBeren Verhiiltnissen (warm, kalt, hell, dunkel) er 
aufbewahrt wurde. 


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150 


Th. Messerschmidt, 


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Vom 4. Tage ab frafien ihn auch hungemde Mause nicht mehr (wohl 
infolge der Sauerungl). 

Mit Miiusetyphusbaeillen infiziertes gekoehtes (Pferde-)Fleisch enthielt 
sieben Tage lang virulent* Bakterien. Es wurde von alien Mausen gierig 
gefreasen. 

Siimtliche gestorbenen Mause wurden von den iibrigen angefressen, 
falls diese nicht vorher entfernt wurden. Die toten erwiesen sich 2 bis 
3 Tage lang als hochvirulente Koder. 

Zu bereits kranken Mausen wurden gesunde in die Kafige gesetzt 
und erst ere kurz vor dem Tode herausgenommen, um zu verhiiten, dafi 
sie angefressen wurden. Es war ein Kontakt von etwa 6 Stunden notig, 
um die gesunden Mause krank zu machen. Kiirzere Zeiten von 1 bis 
2 Stunden bewirkten keine Infektion (6 Versuche). 

Wurden die an Miiusetyphus gestorbenen Mause aus dem Glase ent¬ 
fernt und gesunde hineingesetzt, so gelang es, in 7 Versuchen nur 2mal, 
letztere krank zu machcn. 

Mit Kulturfliissigkeit besprengte Mause gingen ebenso wie die zu 
ihnen in das Glas gesetzten Mause regelmaflig in 6—8 Tagen zugrunde. 
Bei der bakteriologischen Sektion fand sich stets eine Reinkultur von 
Miiusetyphusbaeillen im Blute. 

Diese Versuche ergaben die praktisch nicht unwichtige 
Tatsache, dafi dieausgelcgtenKfidersicherlich nur 
verhaitnismafiig kurze Zeit vollvirulent waren. 
Iinmerhin lange genug, um von den Mausen gefressen zu 
werden. Das vor allem, da die Koder frisch vor dem Aus- 
legen infiziert wurden. 

Bezfiglich der Infektiositat unserer Kulturen fiir Menschen 
inachte O.A. Dr. Jahn in seinem Berichte darauf aufmerksam, 
dafi in seinem Bezirke keine Infektionen vorgekommen waren. 
Wir konnen das fiir alle anderen Landesteile vollauf besta- 
tigen. Sahen wir doch oft, so vor allem in Quatzenheim, dafi 
die Bauern und auch Kinder trotz aller Ermaknungen 
in sorglosesterWeise mit dem infizierten Koder und 
auch mit den durch Besprengen aufierlich infizierten Mausen 
umgingen. Die Hande waren sichtlich fiber und fiber mit 
Mausetyphusbacillen beschmutzt. Keiner hat sich desinfi- 
ziert, und das „Waschen“ geschah hfichst mangelhaft; jeden- 
falls ohne Seife! Trotzdem kam keine Infektion vor! 

Auch von Erkrankungen bei Haustieren wurde nichts 
bekannt, obgleich die Stimmung grofier Volksteile gerade da- 
mals mit Beschuldigungen nicht zurfickgehalten hatte. 


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Die Bekarnpfung der Mauseplage im Els&fi usw. 


151 


Zusammenfassung. 

Es wird fiber eine groBzfigig angelegte Bekarnpfung einer 
Feldmfiuseplage im ElsaB 1918 berichtet; die Nahrboden- 
bereitung, das Anlegen von Kulturen (etwa 15000 Liter), ihre 
Prfifung sowie die Organisation wird besprochen. 

Obgleich die Mausetyphusbacillen sich als vollvirulent 
erwiesen und diese in sorgffiltigster Weise ausgelegt wurden, 
blieb ein Erfolg aus. 

Bei Menschen kamen trotz grobster Unvorsichtigkeiten, 
selbst bei Kindern, keine Infektionen vor. 


Nachdruck verbolen. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t GieBen 
(Direktor: Prof. Dr. E. Gotsch 1 ich).] 

Ueber das Yerbaltcn der roten BlutkOrperehen gegcniiber 
Schwcrnictallsalzen. 

Von Prof. Dr. W. Schiirmann und Tr. Baumgartel. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 8. August 1920.) 

Im AnschluB an die Beobachtungen Bordets (1) fiber die 
Ausflockung feiner Suspensionen durch Elektrolyte und die 
Analogie dieser Ffillungsreaktionen mit dem Gruber-Dur- 
hamschen Agglutinationsphfinomen konnten Neisser und 
Friedemann (2) sowie Bechhold (3) feststellen, „daB 
durch die Verankerung des Agglutinins die Bakterien die Eigen- 
schaften erbalten, schon durch geringere Salzkonzentrationen 
ausgeflockt zu werden, und zwar ist die Herabsetzung des 
Schwellenwertes bei den Salzen der Metalle mit hoher Ent- 
ladungsspannung eine weit starkere als bei denen mit niedriger 
Entladungsspannung“ (Neisser und Friedemann, 1. c. 
p. 829). Neisser und Friedemann erkliiren sich diese 
Tatsache durch die Annahme, „daB durch die Verankerung des 
Agglutinins das EiweiB in eigentiimlicher Weise verSndert 
wird, so daB es nunmehr seine hemmenden Eigenschaften gegen- 
flber den Kationen mit hoher Entladungsspannung eingebfifit 
hat Oder durch dieselben gefallt wird“ (1. c. p. 830). Eine 


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152 


W. Schiirmann und Tr. Baumgartel, 


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Best&tigung finden diese Befunde durch die Arbeiten von 
Buxton, Shaffer und Teague (4) sowie Buxton und 
Rahe (5), welche ebenfalls feststellen konnten, daB sich an 
Agglutinin verankerte Bakterien Elektrolyten gegenflber em- 
pfindlicher erweisen konnen als Norinalbakterien. 

Auf der Grundlage dieser Tatsachen versuchten Eisner 
und Friedemann (6) die bei sensibilisierten Bakterien er- 
hobenen Befunde auf die Agglutination ambozeptorbeladener 
Blutkorperchen auszudehnen; denn auch eine Blutkorperchen- 
aufschweinmung verh&lt sich wie eine hydrophile Suspension 
und wird dementsprechend gleichfalls von Elektrolyten aus- 
geflockt [Biltz, Much und Siebert (7), Landsteiner 
und Jagic (8), Girard-Man gin und Henri (9), sowie 
Hirschfeld (10)J. Da das durch Elektrolytzusatz ausgelflste 
Ausflockungsph&nomen nach der von B redig (11) ftir den 
Suspensionszustand entwickelten Theorie auf eine elektrische 
Entladung der suspendierten Teilchen und der dadurch be- 
dingten Entfaltung der bis dahin paralysierten Obertlachen- 
krafte zurflckzufflhren ist, und diese letzteren mit den durch 
die Blutkorperchensensibilisierung hervorgerufenen morpho- 
logischen Veranderungen [vgl. Rossle (12)] nattlrliclierweise 
variieren, schien es berechtigt, bei sensibilisierten Blutkorperchen 
eine diesen Strukturveranderungen usw. entsprechendeEmpfind- 
lichkeit Elektrolyten gegentiber zu vermuten. 

Eisner und Friedemann (1. c.) w&hlten zu ihren Ver- 
suchen die im allgemeinen schon schwer agglutinablen Rinder- 
blutkorperchen, welche sie — nach 4— 5maligem Waschen mit 
physiologischer NaCl-Losung — in 5-proz. NaCl-Aufschwem- 
mung mit mehrfach losender Ambozeptordosis eine Stunde bei 
Zimmertemperatur sensibilisierten und hierauf—nachdem durch 
5—6maliges Waschen mit physiologischer NaCl-Losung die 
letzten auBerlich anhaftenden Ambozeptorspuren beseitigt waren 
— zu je 1,0 ccm mit 1,0 ccm ElektrolytverdQnnung ver- 
setzten. Die auffallendsten Agglutinationsunterschiede zwischen 
normalen und sensibilisierten Rinderblutkorperchen fanden 
sie bei Anwendung stark verdiinnter (n/ 20 oi n/ 400 . . . n/ 5120 o, 
n/iostoo) Lbsungen der Schwermetallsalze; „besonders dera 
Kupfersulfat gegenflber erwiesen sich die sensibilisierten Blut- 
kflrperchen mehr als lOOmal leichter fallbar als die normalen 41 


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Verhalten der roten Blutkdrperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. J53 

(Eisner und Friederaann, 1. c. p. 524). Um hierbei etwa 
stQrende Reaktionen zwischen dem ffillenden Elektrolyten 
CuS0 4 und den Cl-Ionen des NaCl auszuschlieBen, stellten 
Eisner und Friederaann in Anlehnung an die Feststel- 
lungen Guggenheimers (13) ihre Versuche entsprechend in 
isotonischer (7,8-proz.) Rohrzuckerlosung an und fanden auch 
bei diesen Untersuchungen, „daB sensibilisierte BlutkQrperchen 
sich in verschiedener Hinsichtphysikalisch chemischen Einfliissen 
gegenuber empfindlicher verhalten als norraale u (1. c. p. 526). 

Eisner und Friedemann halten die von ihnen be- 
schriebene „Kupfersulfatmethode“ fur geeignet, um zur Mes- 
sung von Ambozeptormengen, die an der Grenze des hdmo- 
lytischen Nachweises stehen, „als auch zum Nachweis von Zell- 
antik6rpern ausgebaut zu werden“ (1. c. p. 528). Bei den in 
dieser Richtung hin angestellten Untersuchungen haben wir 
die von den genannten Autoren gewahlte Versuchstechnik bei- 
behalten in der Annahme, dall moglicherweise aufdiesem Wege 
eine Differenzierung verschiedener Blutarten moglich ware, 
auch analoge vergleichende Versuche mit Menschen-, Pferde-, 
Rinder-, Schaf-, Kaninchen- und Meerschweinchenblut angestellt. 

Das defibrinierte Blut wurde 4—5mal mit physiologischer NaCl-Losung 
gewaschen, dann mit mehrfaeh losender Ambozeptordosis nach dem Vor- 
gehen von Eisner und Friedemann eine Stunde bei Zimmertemperatur 
sensibilisiert und hierauf durch abermaliges Waschen (4—5mal) mit physio¬ 
logischer NaCl-Losung von den letzten Ambozeptorspuren befreit. Der 
Versuch wurde mit je 1,0 ccm 5-proz. Blutkorperchenaufschwemmung an- 
gesetzt. " 

Zum Versuch wurde je 1,0 ccm der lege artis mit physiologischer NaCl- 
Losung hergesteltten Verdiinnungen: n/ t6 , n/ 60 ... n/ S6600 , n/ 61100 benutzt. 

Zu den Versuchen mit isotonischer Bohrzuckerldsung wurde eine 
7,8-proz. Zuckerlosung verwendet. Das defibrinierte Blut wurde hierbei 
sowohl vor als auch nach der Sensibilisierung mit dieser Bohrzuckerldsung 
gewaschen und war hierauf nach den Angaben von Eisner und Friede¬ 
mann auch im Hauptversuch in 5-proz. Aufschwemmung. anzusetzen. 

Die Ablesung der Resultate erfolgte */« Stunde nach Auffiillung der 
Elektroly t verd iin n un gen. 

Wie sogleich bemerkt sei, ergaben unsere Versuche keiner- 
lei Anhaltspunkte fur die Mbglichkeit, auf diesem Wege eine 
Differenzierung der verschienenen Blutarten oder einen Nach¬ 
weis kleinster Ambozeptormengen oder gar von ZellantikSrpern 
(z. B. Carcinom) durchzufuhren. Was ferner die Versuche 


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154 


W. Schurmann und Tr. Baumgartel, 


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mit isotonischer Rohrzuckerlosung anbetritft, so verliefen die- 
selben dadurch vollig ergebnislos, dad in dieser Losung die 
Blutkorperchen nach der Sensibilisierung fast immer stark 
verklumpten; infolgedessen haben wir nur die Einwirkung der 
Kupfersalze auf die normalen (nicht sensibilisierten), in Rohr* 
zuckerlbsung gewaschenen BlutkSrperchen untersuchen konnen. 
Aber auch diese zeigten mitunter — in Best&tigung der Be- 
funde von Radsma (14) eine ausgesprochene Agglutinabilitat, 
die offenbar durch die grofien Oberflachenspannungen zwischen 
Blutkbrperchen und Rohrzuckerlosung, sowie durch den Elektro- 
lytmangel dieser letzteren hervorgerufen wird. Im fibrigen 
konnten wir — wie aus den nachstehenden Tabellen hervor- 


geht — die von Eisner und Friedemann mitgeteilten 
Beobachtungen tiber die Empfindlichkeit sensibilisierter Blut- 
kdrperchen Elektrolyten gegeniiber prinzipiell bestatigen; wir 
halten aber die auch von uns beobachteten Empfindlichkeits- 
unterschiede zwischen normalen und sensibilisierten Blutkorper¬ 
chen von verschiedenen versuchstechnischen Fehlerquellen der- 
art abhangig, daB den Ergebnissen nur eine bedingte, keine 
allgemeine Bedeutung beigemessen werden darf. 

Unsere Befunde sind in den folgenden Tabellen zusammen- 


gestellt. 


Tabelie I 1 ). 

Kupfersulfat- 

losung 

1,0 ccm 

Rinderblut 
5-proz. Auf- 
scnwemmung 
1,0 ccm 

Rinderblut 
(5-proz.) 6ensib. 
mit 0,01 ccm 
4-fach loaender 
Dosis Rinder- 
ambozeptor 

S c h a f blut 
5-proz. Auf- 
9chwemmun(f 
1,0 ccm 

Uchaf blut 
(5-proz.) sensib. 
mit 0,016 ccm 
4-fach losender 
Dosis Schaf- 
ambozeptor 


n/ 60 

n /ioo 
n/ ,oo 
n /« 00 
n 800 
n /1800 
D laioo 
n '««o« 

n /l»80« 
11 ^15600 
D /61t00 


+ 

+ 

+ 

+ 


± 

A- 

B 

i± 

± 


±+ 

±± 

+ 

+ 

+ 


+ 

+ 


+ 

+ 


1) In dieser wie in den folgenden Tabellen bedeuten: ±± = starke 
Verklumpung ohne Verfarbung; + = Bchwache Verklumpung ohne Ver- 



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Verhalten der roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. J 55 


In Tabelle I sind die Resultate einiger Versuche mit 
Kupfersulfatldsung (n/ 25 , n/ 50 . . . n/ 25600 , n/ 5120 o) wiedergegeben. 
Sie zeigt die Gegeniiberstellung der Elektrolyteinwirkung auf 
normale, gewaschene bzw. mit Rinderambozeptor in 4-fach 
ISsender Dosis sensibilisierte Rinderblutkdrperchen. Auch ent- 
halt sie die gleichen Reihen mit normalen, gewaschenen bzw. 
denen mit 4-fach losender Dosis Schafambozeptor sensibilisier- 
ten Schafblutkbrperchen. 

Nennenswerte Unterschiede zwischen Schaf- und Rinder- 
blutkorperchen bestehen nicht, dagegen zeigt sich ein Unter- 
schied zwischen normalen und sensibilisierten Blutkorperchen. 
Wahrend nkmlich bei normalen Blutkorperchen eine Abnahme 
der Verklumpungsst&rke mitZunahme der Elektrolytverdflnnung 
beobachtet wird, finden sich bei sensibilisierten Blutkfirper- 
chen sog. „Hemmungszonen“ [Teague und Buxton (15)], 
indem die Verklumpung der Blutkorperchen in den starkeren 
Konzentrationen der CuS0 4 -Losung (n/ 25 , n/ 50 ), ausbleibt, da¬ 
gegen bei den starkeren Verdiinnungsgraden (n/ 100 bis n/ 800 ) 
deutlich auftritt. In den starkeren Konzentrationen von n/ 25 
und n/ 50 sowie bei den schwacheren CuS0 4 -Losungen von n/ 1600 
an zeigt sich nur eine geringgradige Schleierbildung und eine 
gelbliche Verfarbung der Flflssigkeit. 

Zur Losung der Frage, ob bei der Verklumpung die 
Menge des zur Sensibilisierung der Blutkdrperchen benutzten 
Ambozeptors das ausschlaggebende Moment sei, wurden 
die in Tabelle II angeftihrten Versuche eingeschoben (siehe 
p. 156). 

Hieruach scheint die angewandte Ambozeptordosis doch 
nicht belanglos fur die Starke der Verklumpung zu sein. Bei 
der 2-facben Ambozeptordosis zeigte sich eine schwache Ver¬ 
klumpung bis n/ 50 der Kupfersulfatverdiinnung, bei der 5-fachen 
eine starkere Verklumpung bis n/ 200 , die aber bis zur SchluB- 
verdiinnung (n/ 51200 ) anhait. Bei der 7-fachen Ambozeptordosis 
fand sich eine sehr stark ausgesprochene Verklumpung bis 
n/ 200 , eine Starke Verklumpung bis n/ 1600 und eine schwache 
Agglutination der Blutkorperchen bis zur SchluBverdiinnung. 


farbung; — = keine Verklumpung (wie Blutkorperchen in physiologiacher 
NaCl-Lbsung); ± = Schleier, Gelbfarbung, keine Verklumpung. 


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156 


W. Schiirmann und Tr. Baumgartel, 


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Tabelle II 1 ). 

Versuch mit Cu80 4 -Lo8ung (n/ f5 .... n/. l250 ) und 5-proz. Schafblut- 
korperchenaufachwemmung, die mit der 2-fachen, 5-fachen und 7-fachen 
Ambozeptormenge (Schaf) Bensibiliaiert worden sind (eine Stunde bei 
Zi m mertem peratur). 


Kupfereulfat- 
16811 ng 
1,0 ccm 


5-proz. Schaf blutkOrperchenaufschwemmung aensibilisiert 

mit 

2-facher Dosis i 5-facher Doeia 7-facher Dosis 
(0,003) I (0,02) (0,028) 


»/t. 

n /r.o 

**/ioo 

**/ioo 

**/« Oil 

**/«oo 
11 moo 

**13100 

**/««no 
**/I3S00 
** ' 15000 

**/otioo 


+ 

+ 


+ + 
+ + 
+ + 
+ + 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 



Im AnschluB an diese Beobachtung haben wir analoge 
Paralleluntersuchungen mit Kupferchlorid, Kupfernitrat, 
Kupferacetat und dem Doppelzalz Kupferammonium- 
chlorid angestellt. Das Ergebnis dieser Versuche mit Rinder- 
blutkOrperchen zeigt Tabelle III. 


Tabelle III. 


Vcrdiin- 
nunga- 
grade der 
Loaung 

5-proz. R i n d e r blutkorperchen - 
aufschwemmung 

5-proz. R i n d e r blutkorperchen- 
aufschwemraung sensibilia. mit 
4-facher Ambozeptordosia (Rind) 

Kupfer- 

chlorid 

Kupfer¬ 

nitrat 

Kupfer¬ 

acetat 

Kupfer- 

aiumo- 

nium- 

ehlorid 

Ku pfer¬ 
chlorid 

Kupfer¬ 

nitrat 

Kupfer¬ 

acetat 

Kupfer- 

ammo- 

nium- 

chlorid 

n /,5 

*>/ r.o 
**/100 
**/ioo 
n /« 00 
**/soo 
** /1600 

**/ 8100 

It 1 

11 0400 

**. linoo 
**/15000 

**/ot?oo 

1 1 1 

+1 

+I+ + 1 1 1 1 1 II 1 1 
+1 

+++ 

“±± 

+ 

+ 

+ 

i i 



+ 

+ 

+ 

++ 

fH- 

±± 

+ 

+ 

+ 

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 

t — 1 — r 

ET± 

-R- 

+ 

1 1 

Tf 

+ 

+ 

~+~ 

+ 

J_L 

+ 

+ 


1) Hierin bedeutet: ±i± = sehr atarke Verklumpung ohne Ver- 
farbung; ++ = achwache Verklumpung mit Gelbfarbung. Die iibrigen 
Zeichen sind die gleichen wie in Tabelle I. 


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Verhalten der roten Blutkorperchen gegenuber Schwcrmetallealzen. 157 


Auffallende Empfindlichkeitsunterschiede zwischen nor- 
malen und sensibilisierten Rinderblutkorperchen im Sinne der 
Von Eisner und Friedemann mitgeteilten Beobachtungen 
zeigt hiernach nur der Versuch mit Kupferacetat; bei den 
Qbrigen Kupfersalzen, ganz besonders bei Kupferammonium- 
chlorid, ist die Verklumpung der sensibilisierten Blutkdrper- 
chen geringer als die der normal gewaschenen, nicht sensi¬ 
bilisierten. 

Zu ahnlichen Resultaten fiihrten unsere Versuche mit 
normalen und sensibilisierten Schafblutkbrperchen. Unsere 
Befunde sind in der Tabelle IV zusammengestellt. 


Tabelle IV. 


5-proz. Schaf blutkorperchen- 
aufschwemmung 



Kupfer- 

Kupfer- 

Kupfer- 

Kupfer- j ammo- 

chlorid 

nitrat 

acetat nium- 


' 

! chlorid 

TTT 

+ + + 

H—1—F i T 

TT 

TTT 

TTT 

TTTITTT 

H—h 

+ + 

TT I H 

FT 

TT 

+ 

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FT 

+ 

+ 

+ 

FT 

+ 

— 

+ 

-T 

+ 

— 

— 1 - 

FT 

+ 

— 

- TT 



- ++ 

— 

— 

- TT 

- 

— 

- 1 

-H?) 


Verdun - 
nungs- 
grade der 
Losung 


1 


Kupfer- 

Kupfer- Kupfer- 

Kupfer- 

ammo- 

chlorid nitrat 

acetat 

nium- 

| 


chlorid 


5-proz. Schaf blutkorperchen- 
aufschwemmung sensibilis. mit 
|4-facher Ambozeptordosis (Schaf) 


n /*6 

n /bO 

"/108 
,l /soo 
n lto« 

^ 800 
n /iooo 

n /.130O 

,l ‘KtOO 

n 'lJ800 

n / s r.coo 
n /r.uoo 


TTT 


TT 

+ 

+ 


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+ 

+ 

+ 


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: TT 

: TT 

if 


+ 

+ 

+ 

+ 


+ 

+ 

+ 

+ 

+ I — 
+ I — 


Hier fand sich im Versuch mit Kupferacetat keine „Hem- 
mungszone“ wie bei dem analogen Fallungsversuch mit sensibili¬ 
sierten RinderblutkQrperchen, sondern ausschlieBlich eine deut- 
liche Verstarkung der Blutkbrperchenverklumpung. Im Versuch 
mit Kupferchlorid, Kupfernitrat und ganz besonders Kupfer- 
ammoniumchlorid erwiesen sich die normalen Schafblut- 
korperchen — analog dem Verhalten der Rinderblutkbrper- 
chen — elektrolytempfindlicher als die sensibilisierten Blut¬ 
korperchen. 

In entsprechenden Versuchsreihen untersuchten wir auch 
die Blutkorperchenverklumpung durch das Ni-kation. Wir 
wahlten zu unseren Versuchen die Salze: Nickelchloriir, Nickel- 

Zeittchr. f. ImmuniUUforschung. Orlg. Bd. SI. 11 


I 


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158 


W. Schiirmann und Tr. Baumg&rtel 


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sulfat, Nickelnitrat, Nickelacetat. Auffallenderweise konnten 
wir weder eine F&llung der normalen noch der sensibilisierten 
RinderblutkSrperchen feststellen, w&hrend die sensibilisierten 
Schafblutkdrperchen im Vergleich zu normal gewaschenen 
deutliche F&llungsunterschiede erkennen lieBen. 

Das Ergebnis dieser Versuche zeigt Tabelle V. 


Tabelle V. 


Verdiin- 
nungs- 
grade der 
Lbsung 


5-proz. Schaf blutkbrperchen- 
aufschwemmung 


Nickel- 

chloriir 


Nickel¬ 

nitrat 


Nickel- Nickel- 
sulfat acetat 


5-proz. Schaf blutkbrperchen- 
aufschwemmung sensibtlis. mit 
|4-facher Ambozeptordosis (Schaf) 


Nickel - 
chloriir 


Nickel- Nickel¬ 
nitrat sulfat 


Nickel¬ 

acetat 


“/« 
»/. 0 
n /ioo 
D /ioo 
D/40O 
D non 

n /i«oO 
®/ SJOO 
® 6400 

n /u« 00 
n /?6aoo 
n /anoo 


FF 

FF 

FF 

FF 

+ 

+ 


FFF 

FFF 

~FF 

FF 

+ 

f 

+(?) 

+(?) 


Hamnly»e 

FFF 

FFF 


llhmolym 

m 


+ 

+ 


+ 

Ml) 


Weiterhin untersuchten wir die Wirkung von Eisenchlorid, 
Mercurichlorid und Bleinitrat auf Schaf - und Rinderblut¬ 
kSrperchen. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigen die 
Tabellen VI und VII. 


Tabelle VI. 


Verdiin- 
nungs- 
grade der 
Ldsung 


5-proz. Rinderblutkorperchen- 
aufschwemmung 


Eisen¬ 

chlorid 


Mercuri¬ 

chlorid 


Blei¬ 

nitrat 


5-proz. Rinderblutkorperchen- 
aufschwemmung sensibilis. mit 
j4-fat her Ambozeptordoeis (Rind) 


Eisen¬ 

chlorid 


Mercuri- I Blei- 
chlorid nitrat 


n /, 4 

n/» o 

D/.oo 

D/ 2U0 

D^400 

D/boo 
D/1000 
d/«joo 

D/ 0400 

D / uooo 
D/25000 
D/suoo 


Hamolyse 

Hiimolyse 


FFF 

FFF 

FF 


FFF 

FF~ 

+ 


Hiimolyse 
Hamolyse 
Hamolyse 


FFF 
FFF 
F-l—h 
FFF 
FFF 
~F±“ 
+ 


+ 

+ 


Goc >gle 


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Verhalten der roten Blutkorperchen gegeniiber Schwermetallsalzen. 159 

Tabelle VII. 


Ver- 

dunnungs- 
grade der 
Losung 

5-proz. 

Schaf blutkdrperchen- 
aufschwemmung 

5-proz. Schafblutkorperchen- 
aufschweramung sensibilis. mit 
4-fach. Ambozeptordosis(Schaf) 

Eisen 


Mercuri¬ 

Blei¬ 

Eisen¬ 

Mercuri¬ 

Blei¬ 

chlorid 

chlorid 

nitrat 

chlorid 

chlorid 

nitrat 

n '« 

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±± 

1 

1 

1 


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- 

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i: 

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~ 


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_ 





11 1800 
®/ 8200 
D /«400 
n 12800 

- 

-* 


- 








— 


- 








i 

± 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

n /?6800 


+ 


— 

— 

— 

— 


— 

®/si 200 


— 

“ 


— 

— 

— 

— 


— 


Wahrend die Rinderblutkbrperchen durch Mercurichlorid 
tlberhaupt nicht, durch Bleinitrat nur mit Ambozeptor beladen 
ganz schwach bei n/ 2S und n/ 50 verklumpen, failt Eisenchlorid 
schon normale Blutkbrperchen bis zur Verdiinnung von n/ S200 , 
sensibilisierte sogar bis zur Verdfinnung von n/ 25600 . Diese 
beiden Fallungsreihen zeigen in den starken Elektrolytkon- 
zentrationen (n/ 25 , n/ 50 ) deutliche „Hemmungszonen“. Dem 
gegeniiber sind Schafblutkorperchen im sensibilisierten Zustand 
etwas elektrolytempfindlicher als im normalen, wohingegen Eisen¬ 
chlorid sensibilisierte Blutkbrperchen nur ganz gering, normal 
gewaschene Schafblutkorperchen aber sehr stark zusammenballt. 

Unser Beobachtungsmaterial liefert somit in mehrfacher 
Hinsicht unterschiedliche Befunde. Von den untersuchten 
Schwermetallsalzen: Kupfer, Nickel, Eisen, Quecksilber und 
Blei besitzt Quecksilber keine, Blei nur eine sehr geringe, 
Kupfer, Nickel und Eisen eine ausgesprochene Blutkorperchen 
verklumpende Eigenschaft. 


Zusammenfassung. 

1) Kupfer failt als Chlorid, Nitrat, Sulfat und Acetat so- 
wohl normale als auch sensibilisierte Rinder- und Schafblut¬ 
korperchen. Wahrend Kupfersulfat und Kupferacetat sensi¬ 
bilisierte Rinder- wie Schafblutkorperchen starker verklumpen 
als normale, failt Kupferammoniumchlorid fast nur normale 
gewaschene Schaf- und Rinderblutkorperchen. 


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160 Schiirmann und Baumgartel, Ueber das Verhalten usw. 


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2) Nickel failt als Chlorid, Nitrat, Sulfat und Acetat nur 
sensibilisierte Schafblutkbrperchen. 

3) Eisen f&llt als Chlorid normale Rinder- und Schaf- 
blutkbrperchen. Sensibilisierte Rinderblutkorperchen, nicht 
aber sensibilisierte Schafblutkbrperchen, werden von Eisen- 
chlorid starker verklumpt als normale. 

Nach den vorliegenden Versuchsresultaten zeigen Rinder- 
und Schafblutkorperchen im normalen wie sensibilisierten 
Zustand deutliche Empfindlichkeitsunterschiede gegeniiber der 
failenden Wirkung von Kupfer-, Nifltel-, und Eisensalzen. 
Die Verschiedenartigkeit der Befunde berechtigt zu der An- 
nahme, daB einerseits die Empfindlichkeit der Blutkorperchen 
erheblichen Schwankungen bei verschiedenen Tierarten unter- 
worfen ist und andererseits die failende Wirkung der einzelnen 
Elektrolyte von der Wertigkeit der Ionen, von der Dissoziation 
der Metallsalze (vgl. insbesondere den Unterschied zwischen 
Kupferacetat und anorganischen Kupfersalzen) abhangt. Es 
wird weiteren Untersuchungen vorbehalten sein, das Verhalten 
der roten Blutkbrperchen gegeniiber Schwermetallsalzen unter 
diesen Gesichtspunkten zu untersuchen. 

Llteratur. 

1) Bordet, Annales Pasteur, 1899. 

2) NeiBser und Friedemann, Miinch. med. Wochenschr., Bd. 51,1904, 
p. 465 u. 827. 

3) Bechhold, Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 48, 1904, p. 385. 

4) Buxton, Shaffer und Teague, Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 57, 
1907, p. 47. 

5) Buxton und Rahe, Journ. of med. Research, 20, 1909, No. 2. 

6) Eisner und Friedemann, Zeitschr. f. Iramunit&tsf. u. exp. Therap., 
Bd. 21, 1914, p. 520. 

7) Biltz, Much und Siebert, in E. v. Behrings Zeitschr. f. exp. 
Therap., H. 10. 

8) Landsteiner und Jagic, Miinch. med. Wochenschr., 1904, No. 27. 

9) Girard-Mangin et Henri, Compt. rend, de l’Acad. de Sc., T. 6, 
1904, p. 6. 

10) Hirschfeld, Arch. f. Hygiene, Bd. 63, p. 529. 

11) Bredig, Anorganische Fermente, Leipzig 1901. 

12) Rossle, Miinch. med. Wochenschr., Bd. 51, 1904, p. 1866. 

13) Guggenheimer, Zeitschr. f. Immunitatsf. u. exp. Therap., Bd. 8, 
1911, p. 295. 

14) Radsma, Biochem. Zeitschr., Bd. 89, 1918, p. 211. 

15) Teague und Buxton. Zeitschr. f. phys. Chem., Bd. 60, 1907, 
p. 469—506, und Bd. 62, p. 287- 307. 



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H. Dold, Der „trockene Tropfen“ ala seroskopische Methode. Jgl 


Nachdruck vcrboten. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Halle 
(Direktor: Prof. Dr. P. Schmidt).] 

Der ,.trockene Tropfen * 4 als seroskopische 
(kolloidoskopische) Methode. 

Von Hermann Dold. 

Mit 6 Abbildungen im Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 8. August 1920.) 

Zweifellos wiirde es einen Fortschritt fur unsere bio- 
logische und speziell serologische Erkenntnis bedeuten, wenn 
es gelange, in die Strukturen und Strukturbewegungen der 
kolloidalen KSrpers&fte, insbesondere der Sera genauere Ein- 
blicke zu gewinnen. Aus solchem Bestreben heraus unter- 
nahm ich es, Sera und andere Korpersafte unter wechselnden 
Bedingungen bei Tyndallbeleuchtung mit Lupenvergrofierungen 
zu betrachten *). 

Im folgenden sei ein anderes Verfahren beschrieben, 
welches ebenfalls geeignet erscheint, gewisse Einblicke in die 
Zusammensetzung von kolloid-kristalloiden Mischlosungen, wie 
sie Sera und andere Korpersafte darstellen, zu gewahren. 

Wenn man einen kleinen Tropfen Serum etwa mit einer 
Platinose von 2 mm Durchmesser auf einen sauberen Objekt- 
trager setzt und in einen Exsikkator bringt, so trocknet der 
Tropfen in Kiirze ein 2 ). Betrachtet man einen solchen „trockenen 
Tropfen 14 mit der Lupe oder einer schwachen Mikroskop- 
vergroBerung bei herausgenommenem Kondensor, so sieht 
man, daB der Tropfen sich zusammensetzt aus einer mehr 
oder weniger schmalen und klaren Randzone und einer Kern- 
partie, welche aus einem zierlichen, faserigen Netzwerk von 
bestimmter Gestaltung besteht. Um Stbrungen bei der Ent- 

1) H. Dold, Ueber Seroskopie etc., Deutsche med. Wochenschr., 1920, 
No. 3; ferner H. Dold, Arch. f. Hyg., Bd. 89, 1919, H. 1/3. 

2) Bei sehr trockener Witterung kann man den Tropfen auch an 
der Luft zur Eintrocknung bringen. 


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162 


Hermann Dold, 


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stehung dieser Strukturen durch hereinfallende Staubteilchen 
zu vermeiden, empfiehlt os sich, den ObjekttrSger umgekehrt 
iiber zwei Glasstabe oder ahnliches zu legen, so daB der 
Tropfen im h£ngenden Zustande eintrocknet. 

Es handelt sich bei diesen Bildungen offenbar um Ad- 
sorptionen der SerumeiweiBkbrper an die aus- 
kristallisierenden Salze des Serums. Hierbei kommt 
es zu wechselvollen Bildern, welche erstens von der Art und 
Menge der Salze und zweitens von der Beschaffenheit und 
Menge der EiweiBkOrper und vielleicht von anderen noch 
nicht zu uberblickenden Faktoren abh&ngig sind. 

Diese „trockenen Tropfen“ sind, wie zu erwarten, auBer- 
ordentlich hygroskopisch. Die nfichste N&he einer warmen 
und feuchten Hand, eines warmen und feuchten Fingers, etwa 
beim Anfassen der PrSparate, genfigt oft schon, daB die feinen 
und zarten Bildungen unter Wasseraufnahme verschwinden. 
L5.Bt man sie dann von neuem trocken werden, so kommt es 
nicht iinmer zu einer Wiederherstellung der ursprflnglichen 
Strukturen. Bewahrt man aber die Pr&parate in geeigneten 
Pr&paratenkasten, vor Feuchtigkeit, Licht und Warme ge- 
schutzt, in maBig temperiertem, trockenem Raume, am besten 
in einem Exsikkator, auf, so halten sie sich monatelang ziem- 
lich unverandert. Ich besitze PrSparate, welche schon 9 Mon ate 
alt und noch gut erhalten sind. Gelegentlich kommt es aller- 
dings — aus mir noch unbekannten Griinden — bei manchen 
Pr&paraten zu Auflosungen und andersartigen Veranderungen 
der Strukturen. 

Untersucht man die Sera verschiedener SSugetiere (Mensch, 
Pferd, Rind, Schwein, Ivaninchen, Meerschweinchen etc.) mit 
Hilfe dieser Methode des „trockenen Tropfens 11 , so erh&lt man 
verschiedenartige Bilder, welche jedoch nicht so scharf ab- 
gegrenzt sind, daB man damit Speziesdiagnosen machen 
konnte. Untersucht man Sera verschiedener Individuen der- 
selben Spezies oder Sera derselben Individuen zu verschie- 
denen Zeiten, so erhait man zwar Bilder von einem gewissen 
Typus, aber doch im einzelnen etwas variierende Bilder. 
Jedoch sei hervorgehoben, daB ein und dasselbe Serum, wenn 
man zu gleicher Zeit eine groBe Zahl von Trocken-Tropf- 
priiparaten von ihm anfertigt, mit Regelm&Bigkeit fast genau 



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Der „trockene Tropfen 1 ' ala aeroakopiache Methode. 


163 


die gleichen Struktnrbilder liefert, woraus sich ergibt, daB es 
sich hier nicht um ein zufalliges Spiel der Natur, sondern 
am GesetzmSBigkeiten handelt. 

Fertigt man von anderen KorpersSften, wie Liquor, Ex- 
sudaten, Transsudaten u. dgl., Trocken-TropfenprSparate an, 
so erhalt man Bilder, welche einen ganz anderen Typus zeigen 
als die, welche man von Sej-en bekommt. Und innerhalb 
dieses Typus begegnen wir wieder betr&chtlichen, je nach der 
jeweiligen Zusammensetzung des Liquors, der Exsudate und 
Transsudate von Fall zu Fall wechselnden Verschiedenheiten. 

Recht interessant 
ist es, mit der Trocken- 
Tropfenmethode d i e 
Verdnderungen 
zu studieren, 
welche Sera und 
andere Korper- 
shfte b ei m Pas- 
sieren durch ver- 
schiedene Filter- 
arten erleiden. 

Die Aehnlichkeit (im 
Typus) zwischen Se- 
rumfiltraten und Li- 
quorflussigkeit,Trans- 
sudaten und Exsu- Fi &- L Lic l uor cerebrospinalis. 

daten ist unverkenn- 

bar, und wir erhalten so durch Anwendung der Trocken- 
Tropfenmethode einen sichtbaren Beweis fiir die Richtigkeit 
der Auffassung, daB bei den Trans- und Exsudationen wie 
beim Liquor — auch wenn man ihn als ein Sekretionsprodukt 
auffaBt — eine Art von Filtration des Serums durch die 
Gef&Bwande hindurch vorliegt. 

Wir haben durch Anwendung der Trocken-Tropfenmethode 
auch Einblicke in die Veranderungen gewonnen, welche in 
den Seren eintreten, wenn man sie 1 / t Stunde der fiblichen 
Inaktivierungstemperatur (56—60° C) und hoheren Tempe- 
raturen aussetzt: Wir beobachteten regelmaBig eine ziemlich 
charakteristische Veranderung, welche in einer Verbreiterung 



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164 


Hermann Dold, 


der Randpartie und Verkleinerung (Kontraktion) der Kern- 
partie und auBerdem des Sfteren auch noch in einer StQrung 
und stellenweisen Zerstorung des Strukturbildes bestand. 
Diese Verkleinerung der Kernpartie (und eventuelle StOrung 
des Strukturbildes) ist zweifellos auf molekulare Umlagerungen 
zurOckzufiihren, welche die SerumeiweiBkorper infolge der 
langeren Erwiirmung auf 56—60° C erleiden, und ist ein 
Beweis, wie die Beschaffenheit der Kolloide die Kristall- 
formen beeinflussen. 




Fig. 2. Normales Meersehweinchenserum Fig. 3. Dasselbe Meerschweinchen- 
(frisch). serum, */« Stunde auf 56° C er- 

wiirmt (inaktiviert). 

Untersucht man Sera (Meerschweinchensera), bei welchen 
man durch Zusatz von gleichen Teilen Aqua destillata eine 
Herabsetzung der Salzkonzentration bewirkt hat 1 ), mittels der 
Methode des „trockenen Tropfens u , so erh&lt man Bilder, 
welche — wie von vornherein zu erwarten ist — ein wesent- 
lich anderes Aussehen besitzen als die Sera mit normalem 
Salzgehalt: Der an sich schon vergroBerte Tropfen zeigt eine 
ziemlich groBe gegentiber dem unverdiinnten aktiven und vor 
allem gegeniiber dem hitzeinaktivierten Serumtropfen wie ge- 
quollen erscheinende Zentralpartie, welche aus zartge&stelten 

1) Vgl. die Komplementinaktivierung im salzarmen Medium nach 
Sachs und Teruuchi. 


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Der „trockene Tropfen“ als seroskopische Methode. 165 

buschartigen Gebilden besteht; das faserige Gezweige ist wie 
mit feinkornigen Auflagerungen beschlagen. 

In sehr augenfSlliger Weise sind die verschiedenen 
H&molysearten durch den „trockenen Tropfen 14 gekennzeichnet. 
Wenn man, ausgehend von der gleichen Menge gewaschener 
Hammelblutkbrperchen (1 ccm 5-proz. gewaschene Hammel- 
blutkbrperchen), 1) durch Zusatz von 4 ccm destillierten 
Wassers eine Wasserhamolyse, 2) durch Zusatz von 1 ccm 
hSmolytischen Ambo- 
zeptors und 1 ccm 
1 : 10 verdiinnten 

Meerschweinchen- 
serums eine spezi- 
fische Hamolyse und 
3) durch Zusatz von 
1 ccm 1-proz. Cobra- 
giftlosung (in physio- 
logischer Kochsalz- 
18sung) plus 1 ccm 
1 : 10 verdiinnten 

Meerschweinchen- 
komplements eine Co- 
bragifthamolyse x ) ei- 
zeugt und nach Auf- 
fiillung auf gleiche 
Volumina (Zusatz von 
je 2 ccm physiologi- 
scher Kochsalzlosung 
zu 2 und 3) von jeder 
H&molyseart Trocken-TropfenprSparate anfertigt, so erhalt man 
ganz differente, aber fur jede Hamolyseart charakteristische 
Bilder. Bei der Wasserhamolyse bekommt man ein fast leeres 
Bild, welches von einem gelbroten. mehr Oder weniger breiten 
Hamoglobinband umgeben ist. Bei der spezifischen Hamolyse 
erhalten wir eigenartige, an Gewebe (Leberlobuli) entfernt 
erinnernde Konfigurationen, namlich von einem zentralen 


1) Auch die Saponinhiimolyse hat im „trockenen Tropfen" ihr 
typisches Bild. 



Fig. 4. Dasselbe Mecrschweinchenserura 
wie bei Fig. 2. zu gleichen Teilen mit Aqua 
destillata vermiseht und 1 ytunde bei 37" C 
gehalten. 


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166 


Hermann Dold, 


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groBeren Kristall ausstrahlende Richtlinien, welchen sich die 
Materie einordnet. Bei der Cobragifthfimolyse vermissen wir 
diese zierliche Organisation und finden dagegen plumpere 
krfiftige, schollige und strahlige Massen. Sowohl bei der 
spezifischen als auch bei der Cobragifthfimolyse findet sich 
das Hfimoglobin in Form eines peripheren Bandes angeordnet; 
bei der spezifischen Hfimolyse blaBgelb, bei der Cobragift¬ 
hfimolyse brfiun- 
lich (Methfimo- 
globin). 

Liefertdie spe- 
zifische Hfimolyse 
einen charakteri- 
stischen „trocke- 
nen Tropfen“, so 
ist auch das Bild, 
welches man von 
der Komplement- 
kontrolle (Ham- 
melblutkorper- 
chen plus Kom- 
plement ohne spe¬ 
zifischen hfimoly- 
tischen Ambozep- 
tor; mit physio- 
logischer Koch- 
salzlosung auf das 
gleiche Volum ge- 

bracht) nicht minder kennzeichnend: Fehlen der beschriebenen 
Struktur; die Blutkorperchen liegen als Schollen namentlich 
in den mittleren Partien des Prfiparates, hfiufig kreis- und 
schalenformig angeordnet. 

Es lag nun nahe, den praktisch so wichtig gewordenen 
Hfimolyseversuch: die Wassermannsche Reaktion, mit der 
Methode des „trockenen Tropfens" optisch zu fixieren. Wenn 
man nach AbschluB der Wasserm annschen Reaktion einer- 
seits von den Fallen, welche komplette Hfimolyse, also einen 
negativen Wassermann, ergaben und andererseits von den 
Fallen, welche komplette Hemmung der Hfimolyse, also einen 



Fig. 5. Negativer Wassermann (komplette 
Hfimolyse). 


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Der jjtrockene Tropfen" als seroskopisehe Methode. 


167 


positiven Wassermann, lieferten, Trocken - Tropfenprfiparate 
macht, so erhfllt man fflr beide Reaktionstypen charakteristische 
Bilder. Der negative Wassermann (komplette Hamolyse) liefert 
ein Bild, Shnlich der spezifischen Hamolyse: ein durch Hemo¬ 
globin bedingtes peripheres gelbe Band, Aufhellung in den 
mittleren Partien and Ausbildung von zierlichen, an Gewebe 
(Leberlobuli) erinnernde Konfigurationen und Felderungen, 
welche aus der strahlen- 
fflrmig urn einen zen- 
tral gelegenen Kristall 
gruppierten Materie be- 
stehen. Beim positiven 
Wassermann (komplette 
Hemmung der Hamo¬ 
lyse) dagegen fehlt l)der 
periphere H&moglobin- 
streifen, 2) eine Struk- 
turbildung; in den zen- 
tralen Partien liegen 
gelbe Schollen und 
Haufchen von verkleb- 
ten Blutkorperchen. Urn 
dieses fflr positiven 
Wassermann charakte¬ 
ristische Bild zu er- 
halten, ist es notig, 
die Rohrchen vor Ent- 
nahme des Tropfens noch einmal umzuschfltteln, urn die Blut¬ 
korperchen, falls sie sich sedimentiert haben, aufzuwirbeln. 

Die verschiedenen Grade der Positivitat der Wasser- 
mannschen Reaktion reihen sich zwischen diese beiden Ex¬ 
treme ein. Wenn man bedenkt, daB solche Trocken-Tropfen- 
prSparate sich bei richtiger Aufbewahrung monatelang unver- 
Sndert erhalten konnen, so scheint mir damit die Moglichkeit 
gegeben, den Ausfall der Wassermannschen Reak¬ 
tion unmittelbar optisch zu fixieren und zujeder- 
zeitiger Eiusichtnahme zu konservieren, so etwa, 
wie der Pathologe von den zur Untersuchung gelangten Ge- 
weben Pr&parate anfertigt und als Belege aufbewahrt. 


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Fig. 6. Positiver Wassermann (komplette 
Hemmung der Hamolyse). 


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168 


Hermann Dold, 


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Ich habe in den vorliegenden Ausfflhrungen zun&chst nur 
einige Beispiele fflr die vielfache n utzbringende 
Anwendbarkeit der Methode des ,trockenen 
Tropfens" geben wollen. Die nkcbste Aufgabe wird sein, 
durch geeignete Versuche die richtige Deutung der 
zum Teil sehr verwickelten Strukturbilder und 
Strukturvorg&nge zu erlernen. Es wird sich emp- 
fehlen, zu diesem Zwecke von reinen Globulin- und Albumin- 
Ibsungen auszugehen und zu verfolgen, welche Strukturbilder 
nach Zusatz bestimmter Salze in bestimmten Konzentrationen 
auftreten, oder von reinen Salzlbsungen auszugehen und zu 
sehen, welchen EinfluB Zusatz reiner EiweiBlosungen in be¬ 
stimmten Mengen auf die Kristallbildung ausiiben. 

Zusammenfassung. 

1) Wenn man von kolloid-kristailoiden Mischfltlssigkeiten 
(Serum, Lumbalfliissigkeiten, Exsudaten, Transsudalen etc.) 
einen kleinen Tropfen mit einer Platinose entnimmt, auf einen 
Objekttrdger setzt. und — am besten umgekehrt, also hiingend 
— in eiuem Exsikkator oder einem anderen trockenen Raum 
rasch zur Eintrocknung bringt, so bildet sich ein trockener 
Tropfen, der, mit der Lupe oder dem Mikroskop (Trocken- 
linse, Entfernung des Kondensors) betrachtet, ein zierliches 
Strukturbild aufweist. 

2) Stellt man in der eben beschriebenen Weise 1 ) von ein 
und derselben Fliissigkeit eine groBere Zahl von „trockenen 
Tropfen" her, so zeigt sich, daB die Bilder zwar nicht vbllig 
identisch, aber doch von groBter Aehnlichkeit und von dem 
gleichen strukturellen Charakter sind. 

3) Der „trockene Tropfen", richtig angefertigt, gibt uns 
ein (allerdings verzerrtes) Abbild des jeweiligen strukturellen 

1) Es ist darauf zu achten, dafi der Tropfen stets in gleicher Weise 
entnommen und abgesetzt wird. Wenn man neben den ersten Tropfen 
mit der in der Oese verbleibenden Restfliissigkeit einen zweiten setzt, so 
erhalt man etwas differente Strukturbilder. Ebenso bekommt man ver- 
schiedene Bilder, wenn man von ein und derselben Fliissigkeit einerseite 
mit der Oese, andererseits mit einer Kapillare einen trockenen Tropfen 
heretellt. Der physikalische Grund (Entmischung durch Adsorptionen) fur 
diese Verschiedenheiten ist leicht zu erkennen. 


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Der „trockene Tropfen“ ala seroskopische Methode. 


169 


Zustandes der kolloid-kristalloiden Mischfliissigkeiten (der 
fliissigen Gewebe), vergleichbar dem Abbild, das wir von den 
fest-weichen Geweben durch Wasserentziehen und Zerlegung 
in durchsichtige Schnitte gewinnen. 

4) Der „trockene Tropfen“ kann als seroskopisches Hilfs- 
mittel zum Studiura der Struktur und Strukturver&nderungen 
der Sera und anderer flfissiger Gewebe herangezogen werden. 

5) Die Arbeit enth&lt Beispiele fiir die Verwendbarkeit 
der Methode des „trockenen Tropfens u . So kann man z. B. 
den Ausfall der Wassermannschen Reaktion (komplette 
HSmolyse bzw. Hemmung der Hamolyse) mit Hilfe des 
„trockenen Tropfens“ optisch fixieren und zur sp&teren Einsicht- 
nahme konservieren. 

Hemerkung zu den Figuren. 

Die hier wiedergegebenen Photogramme sind mit dem mikrophoto- 
graphischen Apparat von Winkel, der mir in liebenswiirdiger Weise von 
Herm Geh. Eat Schieck zur Verfiigung gee tel It wurde, von Frl. Kathe 
Wangerin aufgenommen worden. Es wurde daa Mikro-Lumihar 26 mm 
bei 40 cm Auszug der Kamera benutzt, wodurch nach der von Winkel 
beigegebenen Tabelle eine 14-fache VergroOerung erzielt wird. Leider 
geben die Figuren die mit Lupe oder Mikroskop zu sehenden zierlichen 
Gebilde nur andeutungsweiee wieder. 


Nachdruck verbot-cn. 

[Aub dem Institut fdr Pathologische Biologie in Hamburg 

(Prof. M u c h).] 

Fettstudicn. 

• Von Hans Muoh und Hans Schmidt, 

dargestellt von H. Schmidt. 

Mit 2 Abbildungen im Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 10. August 1920.) 

Die Lehre von der EiweiBnatur aller Antigene hat in den 
letzten Jahren der Erkenntnis weichen miissen, daB es auch 
andere Nicht-EiweiBkbrper gibt, die ebenfalls die Ffihigkeit zur 
Bildung abgestimmter Immunkbrper besitzen. Jedoch ist die 
Darstellung solcher Antikorper im Tierversuch verwickelteren 


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170 


Hans Much und Hans Schmidt, 


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Bedingungen unterworfen, wie die der EiweiBkfirper, und 
andererseits ist ihr Nachweis auch nicht mit der bei EiweiB- 
korpern gewohnten Leichtigkeit zu fflhren, Dies ist der Grund, 
dafi man sie so spat und auch jetzt noch nicht fiberall an- 
erkennen will. 

A priori ist kein ausreichender Grund vorhanden, daB 
nicht auch Kohlehydrate, Fette, Lipoide sowie manche Arznei- 
mittel der aliphatischen und aromatischen Reihe im Organismus 
Gegenstoffe hervorrufen kfinnen. Alle diese Stoffe wirken 
auBerhalb des Darms als Reize, die den Korper umstirnmen 
konnen. Ihre Gegenstoffe brauchen nicht den hohen Grad 
von Abgestimmtheit zu besitzen, den wir bei EiweiBgegenstoffen 
kennen. Aus Grflnden, die spater angeffihrt werden, ist das 
nicht einmal zu erwarten. Andererseits fehlen uns vielfach 
die geeigneten Verfahren, Gegenstoffe gegen Nicht-EiweiBkfirper 
nachzuweisen. Man hat sich eben bisher nur zu sehr auf die 
abgestimmte Immunitat eingestellt und die groBe Rolle der 
unabgestimmten Immunitat im Kampfe des Kfirpers gegen 
Krankheit nicht gebflhrend berflcksichtigt. DaB nun viele 
solcher Nicht-EiweiBstoffe einen Reiz ausfiben kfinnen, der 
eine Umstimmung des Kfirpers im Sinne einer Steigerung der 
unabgestimmten Immunitat zur Folge hat, ist in verschiedenen 
Arbeiten aus diesem Institut gezeigt worden. — Und wo das 
moglich ist, kann man auch von Gegenstoffen sprechen. Von 
alien Nicht-EiweiBgegenstoffen zeigen die Fettantikorper die 
gr5Bte Abgestimmtheit. Die grundlegende Beweisfiihrung fflr 
ihre Bildung und ihren Nachweis ist von Much 1 ) und seinen 
Schfllern gefiihrt worden, nachdem zuerst Deycke 1 ) in Nastin 
einen reaktiven Fettkorper entdeckt hatte. Einen ausffihr- 
licheren Ueberblick fiber den derzeitigen Stand unserer Kennt- 
nisse der Fettantikorper habe ich an anderer Stelle gegeben. 

Aber mit dem Nachweis von Fettantikbrpern gegen Neutral- 
fette ist die biologische Bedeutung der Neutralfette nicht er- 
schopft, nur dem Verstandnis naher gerfickt. 

Bereits das Studium der normalen Fettassimilation stellt 
uns vor eine groBe Anzahl noch ungelfister Probleme: unter 
welchen Bedingungen wird aufgenommenesNeutralfettdeponiert 

1) Lit. in: H. Schmidt, Der gegenwartige Stand der Kenntnisse 
der Fettantikorper. Munch, med. Wochenschr., 1920. 



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Fettstudien. 


171 


und wann wird es verbraucht? Welche Kr&fte bewirken den 
Ansatz und den Abbau von Kbrperfett? Hat das Fett eines 
Tieres auBer seiner charakteristischen chemisehen Zusammen- 
setzung noch einen bestimmten Artcharakter, der es in dem 
Sinne spezifisch macht, wie das EiweiB jeder Tierart spezifisch 
ist? Wird dieser Artcharakter bei der normalen Aufnahrae 
gewahrtund wenn nicht immer, so untor welchen Bedingungen? 
usw. Wenn so schon die normale Aufnahrae von Fettkbrpern 
in vieler Hinsicht ihrem Geschehen nach unbekannt ist, so 
gilt das in noch groBerem MaBe von der Einverleibung von 
Fett auBerhalb des Darmes. Hier gait es zunMchst, die ein- 
fachsten Fragen zu losen. Wie wird solches Fett vertragen? 
Wie wird es aufgesaugt? usw., bevor man der wichtigen Frage 
nfihertreten konnte, ob auBerhalb des Darmes eingefiihrtes 
Fett die Bildung von abgestimmten Gegenstoffen veranlassen 
kann. Wir haben uns bemflht, der Losung dieser Fragen 
nfiherzukommen. Wie immer beim Betreten noch wenig er- 
schlossenen Gebietes, gait es erst die einfachsten Bedingungen 
festzustellen, die der Fettbiologie zugrunde liegen. Die meisten 
unserer Versuche sind nicht so ausgefallen, daB sie die ge- 
stellten Fragen klipp und klar beantworten. Trotzdem Oder 
gerade deswegen halten wir eine Verbffentlichung fur 
angezeigt, denn auch negative Ergebnisse sind wertvoll und 
geeignet, weitere Forschungen von Irrwegen abzuhalten und 
Zeitvergeudung zu ersparen. Unsere vorlaufigen Ergebnisse 
sind der Uebersicht halber in Abschnitte eingeteilt, die nur 
lose zusammenhangen. Eine kurze Zusammenfassung findet 
sich am Ende jedes Abschnittes und eine allgemeine am 
Schlusse der Arbeit. 

I. Ueber den EinfluB des Lichtes auf tierische und pflanzliche 

Fette. 

Die folgenden Feststellungen ilber den LichteinfluB auf 
Fette stehen in gewissem Zusammenhang mit Ergebnissen, die 
Much und Romer 1 ) 1906 bei Studien flber die Wirkung 
des Lichtes auf Milch fanden. Bei der groBen Wichtigkeit 
dieser seinerzeit fast gar nicht beachteten Tatsache, besonders 

1) Berl. klin. Wochenschr., 1906. 


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« 


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172 Hans Much und Hans Schmidt, 

in der jetzigen Zeit von Milch- und Fettmangel, muB noch 
einmal auf diese Ergebnisse und ihre praktische Bedeutung 
hingewiesen werden. Much und RSmer hatten damals fol- 
gendes festgestellt: Milch, die bei Luftzutritt dem Lichte aus- 
gesetzt wird, verdirbt insoweit, als sie einen widerlichen 
Geschmack annimmt, der sie als Nahrungsmittel minderwertig 
macht. Licht ohne Sauerstoff ist ebenso wirkungslos wie 
Sauerstoff ohne Licht. Dieses geschieht auch mit keirafreier 
und auf Eis gekiihlter Milch, ebenso mit Trockenmilch und 
mit Milch, die auf 140 Grad erhitzt war. Demnach ist eine 
TStigkeit von Bakterien oder Fermenten auszuschliefien. Diese 
Versuche waren eigentlich erst durch das Perhydraseverfahren 
ermoglicht, weil dadurch die Milch entkeimt wird, ohne bio- 
logisch, also in ihrem Rohzustande ver&ndert zu werden. Die 
zersetzende Wirkung des Lichtes betrifft die Milchfette und 
ist an den blauen ultravioletten Teil des Spektrums gebunden, 
jedoch nur bei Anwesenheit von Sauerstoff, der gewissermaBen 
aktiviert wird und somit Oxydation hervorruft, die zum Talgig- 
werden der Milch ftihrt. Das Ranzigwerden ist im Gegensatz 
dazu eine Folge hydrolytischer Spaltung. Was ftir Milchfett 
in der Milch gilt, gilt gleichfalls fur reine Fette. Derartig 
veranderte, belichtete Milch erwies sich als diet&tisch minder¬ 
wertig und ist durch die dabei entstandenen flflchtigen Fett- 
sauren imstande, als „Darmreize“ auf den empfindlichen 
SSuglingsdarm zu wirken. Die praktische Folgerung aus 
diesen Ergebnissen ist die, daB Milch, besonders SSuglings- 
milch, nur in roten oder griinen Glasflaschen, oder wenn in 
weiBen Flaschen, nur in Blechhfllsen versandt werden resp. 
aufbewahrt werden sollte. 

Nachdem wir die Beobachtung gemacht hatten, daB eine 
gelbe Sthylalkoholische Losung von Menschenfett sich all- 
mahlich zugleich mit dem Bodensatz von gelbem ungelosten 
Fett ganz entf&rbt, untersuchten wir den LichteinfluB in dieser 
Richtung. 

Die meisten der tierischen und pflanzlichen Fette besitzen 
eine ihnen eigentiimliche Farbe; so sind von den Tierfetten, 
die untersucht wurden, Menschenfett leuchtendgelb, Meer- 
schweinchen- und Katzenfett hellgelb, Ochsen- und Schweine- 
fett weiB bezw. farblos gefarbt. Die Ursache dieser F&rbung 



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Fettstudien. 


173 


ist noch nicht sicher erkannt, zum Teil beruht sie wohl auf 
Farbstoffen, die mitden Nahrungsmitteln aufgenommen werden. 
M. Lohlein 1 ) hat das Fettgewebe bei Negern, die viel Oel- 
palmfruchte aBen, gelb-orange bis karraesinrot gefunden. Man 
muB aber auch an einen Zusammenhang init den Serum- 
farbstoffen denken. Vielleicht stamraen auch diese zum Teil 
aus den Nahrungsstoffen. Auffallend ist auf jeden Fall auch 
die groBe Verschiedenheit in der Serumfarbe nicht nur ver- 
schiedener Menschen-, sondern auch der Tierarten. 

ZunSchst wurde Menschenfett, das bei Ziminertemperatur 
eine leuchtend gelbe olige Fliissigkeit ist, in einer Reihe von 
organischen Fliissigkeiten gelost. Diese Losungen wurden 
dann zum Teil dunkel gehalten, zum Teil in zugekorkten 
Reagenzrbhrchen dem Tageslicht sowie der Sonne und dem 
elektrischen Kohlenbogenlicht ausgesetzt. 

In Xylol, Methyl-, Aethyl-, Amylalkohol, Chloroform, 
Tetrachlorkohlenstoff und in Ligroin wird die urspriingliche 
gelbe Farbe entfarbt. Am frflhesten und ausgepragtesten 
geschieht dies in Tetrachlorkohlenstoff. Dagegen blieben unter 
gleichen Bedingungen die Fettlosungen in Toluol, Aceton und 
Schwefelkohlenstoff und in Aether unvertLndert. Bogenlicht 
wirkt starker als zerstreutes Tageslicht, aber nicht so stark 
wie die Sonne. Bei manchen LSsungen, wie Ligroin, tritt 
durch die Beleuchtung eine grflnliche Fluoreszenz ein, die 
manchmal auch schon in der unbestrahlten LSsung, wenn auch 
weniger deutlich, vorhanden ist. Tritt jedoch komplette Ent¬ 
farbung ein, so schwindet auch regelmafiig die Fluoroszenz. 
Die im Dunkel gehaltenen Kontrollen wurden nach 30 Tagen 
nochmals untersucht, wobei sich herausstellte, daB die Xylol-, 
Aethyl- und Methylalkoholl5sungen stark gebleicht waren. 
Manche der anderen Fettlosungen waren verdunstet und hatten 
gelbes Fett zuriickgelassen. Die Fettlbsungen in Tetrachlor¬ 
kohlenstoff, Chloroform und Ligroin wiesen noch gelbe Farbe 
auf, aber keine Fluoreszenz. 

Die schnelle Entfarbung in Tetrachlorkohlenstoff war so 
auffallig, daB der Vorgang zahlenmafiig untersucht wurde mit 
dem Resultat, daB die Entfarbung um so schneller geschieht. 

1) Beihelte zum Archiv fiir Schiffs- und Tropenhygiene, Bd. 16, 1912. 

Zeitscbr. f. ImmunitSUforechung. Oii(. Bd. SI. 12 


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174 


Hans Much und Hans Schmidt 


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je mehr CC1 4 im Verhaitnis zum Fett vorhanden ist. Ferner 
wird das Fett unter alien Umstanden mit der Lange der 
Zeit entfarbt, selbst wenn CC1 4 nur in sehr geringer Menge 
dem Fett beigemengt ist. Nebenbei bemerkt, vollzieht sich 
die Mischung beider Teile zu einer klaren Losung in jedera 
Verhaitnis. Es kam nun darauf an, zu untersuchen, welcher 
Teil des Spektruins die wirksamsten Strahlen zur Entfarbung 
von CCl 4 -FettlosuDgen enthielt. 

Die gelbe Lbsung von Menschenfett in Tetrachlorkohlen- 
stoff wurde 2 Stunden dem Lichte der Bogenlampe ausgesetzt 
in verschiedenen GefaBen. 


Verschiedene Gefafie: 

1. gewdhnliches Re- 
agenzrohr 

2. desgl. mit rotem 
Papier umwickelt 

3. hellbraune Flasche 

4. dunkelblaue Flasche 

5. dunkelgriine Flasche 

6. farbloses Quarzglas 

7. Dunkelkontrolle 


Aussehen sogleich nach 
der Belichtung: 

farblos 

hellgelb mit griinlicher 
Fluoreszenz 
hellgelb 

fast farblos mit etwas 
grtinl. Fluoreszenz 
hellgelb 
farblos 
hellgelb 


Aussehen nach weiteren 
8 Tagen diffuser Tages- 
belichtung: 

farblos 

unverandert 

unveriiudert 
farblos ohne 
Fluoreszenz 
unverandert 
farblos 
unverandert 


VVie die Tabelle zeigt, ist die entfarbende Wirkung also 
nur an die blauen sichtbaren und ultravioletten Strahlen, also an 
die kurzwellige Stralilung gekniipft, und die Uebereinstimmung 
mit den Milchversuchen von Much und Romer ist fast voll- 
kommen. In roter und dunkelgriiner Flasche hielt sich die 
CCl 4 -Fettlosung unverandert und in ebensolchen Flaschen hielt 
sich auch die Milch unverdorben. Wie Dunkelgriin und Rot 
wirkte auch hier Hellbraun, das an und ffir sich keine reine 
Spektralfarbe ist, sondern eine Mischfarbe, in der unter anderem 
Gelb und Rot vorhanden ist. Ein reiner Gelbfilter hatte auf 
Milch in den erwahnten Versuchen von Much und Romer 
keine so gute Wirkung wie Rot Oder Grfin. Eine Wieder- 
holung des Versuches mit reinen (auBer Griin) Spektralgiasern 
der Firma Schott, Jena, ist in folgender Tabelle wieder- 
gegeben: 


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Fettstudien. 


175 


Menschenfett in CC1, geldst, wurde 2 Stunden lang dem Bogenlicht aus 

geeetzt. 


Glasart: 

rot 

gelb 

griin 

uviol-blau 

flint 

uviol-weiS 

Dunkelkontrolle 


Aussehen nach 2 Stunden: 
unverandert 

Spur entfarbt u. leichtgriine Fluoreszenz 
unverandert 

entfarbt, grime Fluoreszenz 

entfarbt 

entfarbt 

gelb 


DaB also nur die kurzwellige Strahlung fiir die eutfarbende 
Wirkung des Lichtes in Frage kommt, dfirfte damit erwiesen sein. 

Man konnte daran denken, dafi das Licht den Tetrachlor- 
kohlenstoff als solchen zersetzt etwa unter Bildung von Phosgen 
Oder Chlor und daB die entf&rbende Wirkung des Lichtes 
raittelbar durch diese Zersetzungsprodukte des CCI 4 geschieht. 

Daher wurde Tetrachlorkohlenstoff fur 20 Tage diffusem 
Tageslicht, wie auch Sonnen- und Bogenlicht, ausgesetzt. — 
Dann wurde Menschenfett mit so vorbehandeltem CC1 4 versetzt 
und sofort im Dunkeln gehalten. Nach 8 Tagen waren diese 
Proben noch unverandert. Wurde die Dunkelprobe dem Licht 
ausgesetzt, so fand in kurzer Zeit die oben erwShnte Ent- 
f&rbung statt. 

Fett in CC1 4 gelbst, wird also durch Licht entfarbt und 
der mit Licht vorbehandelte CC1 4 tibt diese Wirkung allein 
nicht aus. Andererseits entfarbt sich das reine Fett allein dem 
kurzwelligen Licht ausgesetzt, ohne CCI 4 , nicht in der beob- 
achteten Zeit. 

Weitere Versuche stellten dann fest, daB der entfarbende 
EinfluB des kurzwelligen Lichtes sich nicht nur auf Menschen¬ 
fett beschrankt, sondern ebenso fiir andere Tierfette und 
Pflanzenole gilt. Kraftiger Sonnenschein ist imstande, in 
wenigen Stunden Pflanzenole in CCI 4 zu entfarben. Der Ver- 
such wurde spater wiederholt mit dem Lichte einer starken 
Bogenlampe, was jedoch, wie schon erwahnt, weniger wirksam 
ist wie reines Sonnenlicht. Dabei zeigte es sich, daB Hanf- 
und Chaulmoograol diesem bleichenden EinfluB des Bogen- 
lichtes im Verein mit CC1 4 zu widerstehen vermogen. Die 
Farbe dieser Fette rflhrt wohl von anderen Stoffen her, die 
an und fiir sich lichtbestandiger sein mogen. 

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Hans Much und Hans Schmidt, 


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Die Erw&gung, daB der Farbstoff des Menschenfettes ein 
den Karotinen der Mohrrilben verwandter Stoff sein konne, 
gab Veranlassung zu folgenden Versuchen: 

Eine im Lichte farblos gewordene Menschenfett-Tetrachlor- 
kohlenstofflosung wird durch Erwarmen von dem Tetrachlor- 
kohlenstoff befreit und ffir weitere 3 Tage bei Zimmertemperatur 
unter Lichtwirkung stehen gelassen. Das so erhaltene wasser- 
klare Menschenfett wird in karotingelbem CC1 4 gelfist und 
durch gleiches Verfahres der CC1 4 abgedunstet. Auf diese 
Weise wurde ein gelbgefarbtes Menschenfett erhalten, das sich 
von dem natilrlichen &uBerlich nicht unterschied. Der mit 
Karotin gef&rbte CC1 4 wird selbst im Tageslicht schon nach 
24 Stunden entf&rbt. Das karotingefkrbte Fett verlor seinen 
Farbstoff langsam unter dem EinfluB des Lichtes allein; jedoch 
wird durch Zusatz von frischem CC1 4 dieser Vorgang wesent- 
lich beschleunigt. Ein durch Schwefelkohlenstoff analog ge- 
farbtes tief rotgelb gewordenes Fett hielt sich viele Monate 
unter dem Tageslicht unverandert, verlor aber durch CC1 4 
unter LichteinfluB schnell seine Farbe. Auf die gleiche Weise 
wie mit Karotin wurde Menschenfett auch mit Chlorophyll 
gef&rbt. Bei Chlorophyll liegen die Verhaltnisse gleichartig; 
nur tritt hier keine Entfarbung ein, sondern der grune Farb- 
ton schiagt ins Gelbbraune urn, was im Dunkeln aufbewahrte 
Proben erst nach einigen Monaten zeigten. 

Diese Versuche sprechen fur die Herkunft der Fettfarb- 
stoffe aus der pflanzlichen Nahrung. 

Nach dem Genusse von Mobrriiben tritt mitunter bei 
kleinen Kindern eine pseudoikterische Hautf&rbung ein. Siehe 
Arbeiten von Kaupe, Klose, Stoelzer, Salomon in 
der Miinch. med. Wochenschr., 1919. Es sind fast stets 
Kinder mit gut entwickeltem Fettpolster. Diese Erscheinung 
findet sich als Karottenxanthose in C. v. Noorden und 
H. Salomon: Handbuch der Path, des Stoffwechsels, 2. Aufl., 
p. 290, beschrieben. Salomon nimmt auf Grund spektro- 
skopischer Beobachtung als wahrscheinlich an, daB der gelbe 
Farbstoff des Serums identisch mit dem Farbstoff der Xanthose 
ist und daB demnach beide nicht dem eigenen Korperorganismus 
entstammen, sondern irgendwie mit der Nahrung aufgenommen 
werden. 



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Fettstudien. 


177 


Fernerhin wurden Tier- und PflanzenfettlOsungen starker 
Rdntgenbestrahlung von 40 Minuten Dauer unterzogen, wobei 
die Proben mit schwarzem Papier umwickelt waren. Es zeigte 
sich nur bei OlivenQl eine Aufhellung des sonst sattgelben 
Farbtones. Die tibrigen Proben blieben anscheinend un- 
verSndert. 

Von den gebrauchlichen Fettextraktionsmitteln greift Aether 
fraglos die Fette am wenigsten an. Eine Stherische FettlOsung 
von gelbem Menschenfett oder dem sattgelben Olivenol blieb 
ebenso wie die reinen Fette selbst unver&ndert, auch wenn 
sie in blauer Flasche dem Licht der Bogenlampe filr eine 
Reihe von Tagen fflr je 3 Stunden ausgesetzt wurden. 

Zusammenfassung. 

Animalische Fette erleiden unter dem EinfluB von Licht 
und Sauerstoff, die beide nur zusammen, nicht einzeln, wirksam 
sind, eine Ver&nderung, die bei dem Milchfett unter anderem eine 
den Geschmack sehr beeintrSchtigende Geschmacksveranderung 
hervorruft, bei Losungen von Fett in organischen LOsungs- 
mitteln eine Entfarbung zur Folge hat. Diese trittam wenigsten 
in Aether, am deutlichsten in TetrachlorkohlenstofflOsungen 
auf. CC1 4 bewirkt ohne Licht keine Aenderung, wenn man von 
langen Zeitr&umen absieht, desgleichen ist der vorher intensiv 
belichtete CC1 4 ohne Licht wirksam. Vom Licht sind besonders 
die kurzwelligen Strahlen wirksam, wfihrend rotes Licht an¬ 
scheinend ohne EinfluB ist. Rontgenstrahlen haben so gut 
wie keine Wirkung. Die Farbe der animalischen Fette riihrt 
wenigstens teilweise von den karotinahnlichen Farbstoffen der 
Nahrung her. 

II. Ueber den EinfluB von Fetten auf das Wachstum von Bakterien. 

In den folgenden Versuchen wurden die fetthaltigen Nahr- 
b6den hergestellt, indem Pflanzenfile, tierische Fette sowie 
Menschenfett, die durch vorheriges Erw&rmen keimfrei ge- 
macht waren, in geringer Menge flussigen AgarnSbrboden zu- 
gesetzt wurden. Die Mischung wurde dann heftig durch- 
geschflttelt und moglichst schnell in Form von SchrSgagar- 
kulturen zum Erfctarren gebracht. Es wurde so eine gleich- 


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178 


Hans Much und Hans Schmidt, 


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mSBige Emulsion erzielt, bei der jedoch oft das Oel sich in 
Tropfen wieder auf der Oberfl&che schied. Einige Fette lieBen 
sich gut, andere Fette, wie Olivenbl z. B., schlecht emulgieren. 
Am besten geriet die Herstellung gleichmaBig guter Nihr- 
bQden mit ChaulmoograOl. Der Aufenthalt im Brutofen be- 
giinstigte in den meisten Fallen die tropfige Entmischung der 
feinen Emulsion und das auf der Oberflache sich ansammelnde 
flflssige oder halbfliissige Fett schuf fiir viele Bakterien mehr 
Oder weniger anabrobe Bedingungen, so daB bei der Be- 
urteilung der im folgenden berichteten Ergebnisse dieser Urn- 
stand beriicksichtigt werden muB. 

Von Fetten wurden benutzt: Menschenfett, Katzenfett, 
Olivenol, Sesamol und Chaulmoograol. Von Bakterien wurden 
auf ihr Wachstum auf FettnahrbOden gepriift: Die Bakterien der 
Typhus-, Coli-, Dysenterie-Gruppe, Staphylokokken, Strepto- 
kokken, pathogene und nicht pathogene, Diphtherie, Milzbrand, 
Pyocyaneus, Friedlander, Proteus, Sarcinen und Soor. Die 
Ergebnisse lassen sich folgendermaBen zusammenfassen: 

Im ganzen ist das Wachstum auf fetthaltigen Nhhrbbden 
nicht besser als auf reinem Agar. 

Manche Keime, wie Proteus und Streptokokken, werden 
anscheinend durch die Anwesenheit von Fett im Wachstum 
behindert. Welches Fett genommen wird, scheint, wenigstens 
ftlr die oben aufgefiihrten Bakterien, unwesentlich zu sein. 
Fflr die von Fall zu Fall wechselnden Ergebnisse kommen 
wohl rein mechanische Momente in Betrackt. 

Eine Ausnakme macht das Chaulmoograol. Dieses hindert 
fast alles Bakterienwachstum. Es scheint eine saure Reaktion 
zu haben, wie sich aus der Braunfarbung von dem N&hrboden 
zugesetzten Blutkorperchen schlieBen laBt. 

Bakterien der Typhus-, Coli- und Dysenteriegruppe bilden 
manchmal Hiillen, die im einfachen Methylenblauausstrich gut 
zur Anschauung kommen. Dies Verhalten ist jedoch nicht 
konstant. 

Im Gegensatz zu alien anderen oben angefiihrten Bakterien 
geht das Wachstum bei Staphylokokken und bei Soor mit 
deutlich erkennbarer Veranderung des Fettn&hrbodens einher. 
Es tritt dabei eine auffallend weiBliche Verf&rbung auf, und 
die OberfltLche der Kolonie sinkt ein. Die Ursache der weiB- 



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Fettstudien. 


179 


lichen Verf&rbung ist in einer Fettspaltung zu suchen, die 
einer naheren Untersuchung bedarf. Die Staphylokokken sind 
in der Lage, unter gewissen Bedingungen Fett aufzunehmen. 
Sie erscheinen im Mikroskopbilde (Methylenblauflirbung) etwas 
grfiBer, gewissermaBen gequollen. 

Die Farbstoffbildung der Staphylokokken ist unvermindert 
Desgleichen auch die des Pyocyaneus. Nnr bei ChaulmoograOl 
bilden die Staphylokokken geringen Farbstoff, entsprechend 
ihrera geringen Wachstum. Pyocyaneus bildet einen spfir- 
lichen, brfiunlichen Farbstoff, der erst nach wenigen Tagen 
auftritt. 

Die Gramfarbbarkeit wird durch das Wachstum auf Fett- 
nahrbQden nicht gefindert, insbesondere werden gramnegative 
Bakterien nicht grampositiv. 

Desgleichen wurden die Bakterien, soweit geprfift, durch 
Wachstum auf FettnShrbfiden nicht nach Ziehl ffirbbar, d. h. 
sfiurefest. 

Wenn somit die Gegenwart von Fetten in dem Nahrboden 
auf die meisten Bakterien keine Wirkung ausGbt in bezug 
auf F&rbbarkeit, Wachstum und Gestaltsfinderung, so ist eine 
solche a priori doch nicht auszuschlieBen. DaB Staphylo¬ 
kokken das Fett des NShrbodens verfindern, haben wir gesehen. 
Ob sie es auch ausnfitzen und in welcher Weise, bleibt noch 
zu untersuchen. Untersuchungen fiber Bact. tumescens und 
fiber eine fettspeichernde Hefe, Torula Pulcherrima, sind noch 
im Gange. Wenn auch letztere Hefe das Fett aus fettfreiem 
Material synthetisch in sich speichert, so ist es doch nicht 
ausgeschlossen, daB fertig in Nahrbfiden vorhandenes Fett 
nicht als solches gespeichert wird, und es w&re dann inter- 
essant, zu untersuchen, ob dabei der jeweilige Charakter des 
Fettes gewahrt bleibt oder nicht, besonders im Hinblick auf 
die Fettaufnahme bei Tieren, bei denen flbermfiBige Fettzufuhr 
zur Aufstapelung des artfremden Fettes im Kfirper fflhren 
kann. DaB allgemein manche Bakterien Fett spalten, wird 
schon in frfiheren Angaben erwfihnt. Manfredi 1 ) beobachtete 
eine auffallende Verfinderung der Virulenz von Milzbrand- 
bacillen auf butterhaltigen Nahrboden und fand allgemein, 


1) Ref. Baumgartens Jahreabericht, 1887, p. 361. 


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Hans Much und Hans Schmidt, 


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daB bei hohem Fettgehalt des Nfihrbodens eine Entwicklungs- 
hemmung zustande kommt. von Somm&ruga 1 ) fand bei 
Versuchen, die sich fiber einen Monat ausdehnten, Fettspaltung 
bei pathogenen Bakterien. Er behauptet, daB alle Fettspalter 
pathogen sind. Schreiber 2 ) fand bei Bac. liquefaciens 
fluorescens, Finkler und anderen starke Fettzersetzung. Star- 
kere Fettzersetzungen fordert die Mitwirkung von Sauerstoff. 
Er niramt keine Enzymwirknng an, sondern eine Lebens- 
tfitigkeit der Bakterien. Im allgemeinen findet er aber, daB 
reines Fett kein Nfihrboden ist. Von besonderem Interesse 
ist aber das Verhalten von s&urefesten Stabchen zu Fetten 
und Oelen. Besonders fiber den Tuberkelbacillus liegen Be- 
obachtungen von A. H. Miller 8 ) vor, aus denen hervorgeht, 
daB Tuberkelbacillen auf Nfihrbfiden, die Walrat oder auch 
Olivenol enthalten, in ihrer Form so gefindert werden, daB 
sie, mit Karbolfuchsin gefarbt, ohne nachfolgende Sfiure- 
Alkoholbehandlung, ein gebandertes und granuliertes Aus- 
sehen erhalten. Dabei sind auch die einzelnen Stfibchen viel 
lfinger. Miller sieht die Ursache dieser Formfinderung in 
der Gegenwart von Estern unges&ttigter Fettsauren. 

f 

III. Die Fetteinverieibung auBerhalb des Darms und dessen Auf- 

saugung. 

DaB unter Umstfinden schon die Aufnahme von Oelen in 
den Darm nicht gleichgfiltig ist, geht aus einer Beobachtung 
von Adler 4 ) hervor. Dieser fand Oliven- und Baumwoll- 
samenfil, wenn in genfigend groBen Mengen verffittert, giftig 
ffir Kaninchen. 

Die Giftwirkung der Oele beruht nach ihm auf den un- 
gesfittigten Fettsauren und ist um so groBer, je grfiBer ihr 
Gehalt daran ist. Die Wirkung lange fortgesetzter, t&glicher 
Verffitterung von an und ffir sich nicht giftigen Oelmengen 
erzeugt nach ihm groBe Abmagerung und das Blutbild der 

1) Zeitchr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 18, 1895, p. 441. 

2) Arch. f. Hyg., Bd. 41, 1902. 

3) Journ. of Path, and Bact., Vol. 20, 1916, p. 395. 

4) Journ. of med. Research, 1913, Vol. 28, p. 199; ref. Zeitschr. f. 
Immunitatsf., 1914, No. 3169. 



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Fettatudien. 


181 


perniziOsen Anamie. Ueber die Wirkung der Fetteinverleibung 
auBerhalb des Darms ist sehr wenig bekannt. Seit einiger 
Zeit wird in der Chirurgie zur LOsung von verwachsenen 
Sehnen und Nerven flfissiges Menschenfett benutzt, welches 
Hollander unter dem Namen Humanol eingefilhrt hat. 
Unter die Haut eingespritzt wird es nach 5—7 Tagen, ohne 
die geringste EntzQndungserscheinung hervorzurufen, vollst&n- 
dig aufgesaugt. Loeffler 1 ) spritzte es bei beginnender Gicht 
in die GelenkhOhle, wodurch die Schmerzen beseitigt wurden. 
Handelt es sich aber um eine tuberkulose Gelenkerkrankung, so 
verursacht die Huraanoleinspritzung Reizerscheinungen. In die 
Bauchhohle scheint man Humanol noch nicht gegeben zu haben. 
Oel in Form des KampferOls ist ja von Chirurgen oft in die 
Bauchhohle gebracht worden, wobei jedoch die durch Kampfer 
bewirkte Leukocytose beabsichtigt worden war und das Oel als 
solches keine Rolle spielte. In neuerer Zeit sind von Hoehne 2 ) 
experimentelle Untersuchungen uber den Schutz des TierkOrpers 
gegen Infektion der Bauchhohle angestellt worden. Hoehne 
fand bei Kaninchen, daB kleinere und mittlere Oeldosen, bis 
10 ccm, unschadlich waren, wenn sie in die Bauchhohle ein¬ 
gespritzt wurden. GrOBere, 20—100 ccm, waren gefahrlich. 
Tod erfolgte durch Fettembolie in den Lungen. Es muB also 
Fett durch das Peritoneum aufgesaugt worden sein, das im 
Zustand einer Reizung eine erhOhte Aufsaugungsffihigkeit hat. 

Bei dem Nachweis von Tuberkelbacillen in Butter durch 
den Meerschweinchenversuch hat man oft noch nach Monaten 
die Butterreste in der Bauchhohle gefunden; dieser erschwerten 
Aufsaugung von Fett in der Bauchhohle ist jedoch keine 
weitere Beachtung geschenkt worden. 

Wir haben bei Untersuchungen zum Nachweis von etwa 
vorhandenen abgestimmten Gegenstoffen gegen Fette eine 
Reihe verschiedener animalischer und pflanzlicher Fette und 
Oele dem Tierkorper teils unter die Haut, teils in die Bauch¬ 
hohle eingespritzt und haben dabei iiber die Aufsaugung Be- 
obachtungen gemacht, die eine wertvolle Erweiterung und Er- 
g&nzung unserer allgemeinen Kenntnisse von der Biologie des 
Fettstoffwechsels darstellen dtirften. 

1) Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 45. 

2) Arch. f. Gyn., Bd. 93, Heft 3. 


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182 


Hans Much und Hans Schmidt, 


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Versuche wurden an Mausen, Meerschweinchen, Kaninchen 
und Katzen angestellt. Das am meisten verwendete Fett war 
Menschenfett, das tails durch Ausziehen mit Aether, teils 
durch Erwarmen auf dem Wasserbad aus mfiglichst reinem, 
der Leiche entstammendem Fettgewebe gewonnen war. Es 
stellt eine bei Korperwkrme leuchtend gelbe, klare Flflssig- 
keit dar. Die anderen animalisehen Fette waren stets als 
Aetherausztige gewonnen; und die pflanzlichen Oele waren 
solche des Handels, von denen viele nicht streng rein sein 
dflrften. Das Ricinusol war jedoch ein ganz besonders ge- 
reinigtes Praparat der Firma Kalle, Biebrich. 

WeiBe Mause vertragen die Einspritzung von Fetten in 
die Bauchhohle sowie unter die Haut sehr gut. Von 7 Mausen 
eines Versuches, die je 0,2 ccm Menschen-, Katzen-, Meer- 
schweinchenfett, Oliven-, Chaulmoogra-, Rizinus- und Hanf51 
in die Bauchhohle erhielten, starb nur die mit Chaulmoograol 
behandelte Maus nach 2 Tagen. Die Untersuchung zeigte 
nichts Auffallendes, als daB die Maus noch mit bloBem Auge 
erkennbares Oel in der Bauchhohle hatte. In spateren Ver- 
suchen wurden weiBen Mausen unter die Haut je 0,3 ccm Fett 
5mal in Abstanden von 1—2 Wochen gegeben. Von diesen 
Mausen starb eine 6 Tage nach der letzten Einspritzung und 
zeigte unter der Bauch- und Rtickenhaut noch Anhaufungen 
von flflssigem, noch nicht aufgesaugtem Fett. Sonst war kein 
pathologischer Befund zu erheben, Blut und Bauchhohle waren 
steril, so daB die unmittelbare Todesursache unbekannt blieb. 

Katzen vertrugen die Gefangenschaft schlecht oder litten 
unter der kalten Jahreszeit. Wie dem auch sei, ich halte 
wenigstens diesen Umstand fiir ausschlaggebend fQr die un- 
gflnstige Wirkung der Fetteinspritzung auf Katzen, von denen 
alle 11 behandelten starben. Eine Katze, die frei umherlief, 
und eine Einspritzung von OlivenOl in die Bauchhohle be- 
kommen hatte, war die einzigste, die nicht starb; sie ver- 
schwand jedoch nach einigen Wochen. Es wurde Menschen¬ 
fett, Katzenfett, Meerschweinchenfett und Olivenol eingespritzt 
in Mengen zwischen 3 ccm und 0,5 ccm. In einem Falle 
wurden sehr kleine Dosen, 0,003 ccm ip. taglich eingespritzt. 
Nach 9 Injektionen starb das Tier ohne ersichtlichen Grund. 
Die Bauchhohle erwies sich als keimfrei. Im allgemeinen war 



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Fettstudien. 


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der Leichenbefund ein negatives Einige Tiere waren sehr 
fettreich, andere wieder hatten vollkommenen Mangel von 
irgendwie erkennbarem Fett. Doch bestand zwischen der 
Zahl der Einspritzungen, der Lange der zwischen Tod und 
letzter Einspritzung verflossenen Zeit und diesem Befund 
kein Zusammenhang. War Bauchhbhlenfliissigkeit vorhanden, 
so war sie klar; mikroskopisch waren nur Endothelien und 
keine Leukocyten zu sehen. Fett war im allgemeinen nicht 
mehr zu finden. Nur bei einer Katze, die 1 ccm Olivenol er- 
halten hatte und 10 Tage nach dieser Injektion starb, waren 
noch Spuren von Olivenol in der Bauchhohle vorhanden. 
Ferner bei der Katze, die die groBten Dosen Fett erhalten 
hatte. Das Tier hatte 3mal je 3 ccm Menschenfett in die 
Bauchhohle bekommen in Abstanden von 42 und 34 Tagen 
und war 23 Tage nach der letzten Einspritzung gestorben. 
Nach dem Tode fand sich volliger Schwund des Korperfettes. 
In der Bauchhohle war noch freies Menschenfett vorhanden, 
welches das gesamte Bauchfell gleichmSBig iiberzogen hatte. 
Entziindliche Erscheinungen fehlten, und die bakteriologische 
Untersuchung ergab Keimfreiheit. 

Kaninchen bekamen bis zu 3 ccm Menschenfett in die 
Bauchhohle sowie auch in Form feinster Emulsion in die Blut- 
bahn. Keines der Tiere starb, so daB (iber die Aufsaugungs- 
verh&ltnisse vorl&ufig nichts mitgeteilt werden kann. 

Die meisten Versuche wurden bei Meerschweinchen an- 
gestellt. Im allgemeinen werden Fetteinspritzungen von diesen 
Tieren gut vertragen, sei es in die Bauchhohle oder unter die 
Haut. Letzteres wird nur bei den festen Fetten, wie Schweine- 
schmalz, Ochsenfett, Chaulmoograol, schlecht vertragen, indem 
es zu Abszessen kommt, die aber nach einiger Zeit restlos 
abheilen. Von Einspritzungen feinster Fettemulsionen in die 
Blutbahn wurde bei Meerschweinchen abgesehen, obwohl an- 
zunehmen ist, daB sie dieselben ebenso gut wie die Kaninchen 
vertragen haben wurden. Es ist bemerkenswert, daB es weder 
bei Meerschweinchen noch bei Kaninchen trotz der oftmaligen 
Wiederholung der Einspritzung in l&ngeren Pausen zu Er¬ 
scheinungen von Ueberempfindlichkeit gegen die behandelten 
Fette kam. Viele dieser vorbehandelten Tiere lebten 6—8 
und mehr Monate nach der letzten Einspritzung und fielen 


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184 


Hans Much und Hans Schmidt 


einer Stallseuche zum Opfer. Der Erreger dieser Stallseuche 
ist ein kleines gramnegatives St&bchen, das in die mutmaB- 
liche Klasse der Erreger der Kaninchenlungenseuche gehflrt. 
Der fiir diese Stallseuche bezeichnende Leichenbefund war: 
klare Flflssigkeit in der Bauchhohle, prall gefflllte Ham- und 
Gallenblase, Galle klar und dfinn. Lungen in einzelnen Teilen 
Oder im ganzen angeschoppt und seltener kleinere eitrige 
Herde aufweisend. Neben diesen Erscheinungen boten viele 
der vorher rait Fett behandelten Tiere einen bemerkenswerten 
Befund, wie der folgende Auszug aus den Protokollen zeigt: 

No. 81. 5 Einspritzungen von 1 — 2 ccm reinem RizinusSl ip. Letzte 
Einspritzung am 20. VIII. 1919, Tod am 26. IV. 1920, 8 Monate spater, 
durch Stallseuche. 



Fig. 1. 

Neben dem fiir die Stallseuche bezeichnenden Befunde finden sich 
viele gelbe, fest anzufiihlendc Kiigelchen im groSen Netz. Einige davon 
schwimmen frei in der Bauchhohle. Vereinzelte sitzen fest in der Leber- 
und Milzkapsel sowie an wenigen Stellen am aufieren und inneren Blatt 
des Bauehfells. Das auffallende Bild wird am besten durch das Lichtbild 
des ausgebreiteten grofien Netzes wiedergegeben (Fig. 1). 

Die mikroskopische Untersuchung dieser Fettkiigelchen, die sich fest 
anfiihlen, und die auf dem Objekttrager zerquetscht, Sudanfiirbung an- 
nehmen, ergibt nach Paraffineinbettung: zahlreiche kleinere, rundliche Ge i 


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Fettstudien. 


185 


bilde, die viele Yakuolen, aber keine Zellkerne aufweisen und sich schwer 
mit Eosin farben lassen. Am Rande dieser Gebilde ist eine Zone von 
kernhaltigem Zellgewebe. Man sieht Bindegewebszellen, viele lymphocytare 
Elemente, kleinste BlutgefaBe und viele Zcllen, die vielleicht Plasmazellen 
sein konnten. Das Ganze macht den Eindruck, als ob das Fettgewebe 
langsara von aufien her organisiert wiirde. An einigen Stellen ist dieser 
Prozefi schon so weit vorgeschritten, dafi man Lymphdriisen ahnliche Ge¬ 
bilde vor sich hat. 

No. 65. 8 Einspritzungen von 1—2 ccm Meerechweinchenfett ip. 

Letzte Einspritzung am 20. VIII. 1919, Tod am 26. IV. 1920, 8 Monate 
spater durch Stallseuche. 

Fast der gleiche Befund wie No. 81. Einige der Kiigelchen, die von 
dunkelgelber Farbe sind, sind von der Grofie kleiner Erbsen. Die Milz 
sieht aus wie mit Kornchen bepfiastert. 

No. 134. 2 Einspritzungen von je 2 ccm Hanfol im Abstand von 
14 Tagen. Tod durch Stallseuche 2‘/ a Monate nach der letzten Einspritzung. 
Die Bauchhohle bietct ganz das gleiche Bild wie bei No. 81. 

No. 66. 8 Einspritzungen von je 1—2 ccm Menschenfett ip. Tod 
8 Monate nach der letzten Einspritzung durch Stallseuche. 

In der Bauchhohle weifiliche bewegliche Gerinnsel; grofiere weifiliche 
Massen sind im grofien Netz verwachsen. Mikroskopisch enthalten die 
Gerinnsel mit Sudan farbbares Fett, Endothelzellen, einige Leukocyten 
und Lymphocyten. Innerhalb der Zellen gelegenes Fett ist nicht zu sehen. 

No. 78. 3 Einspritzungen von je 0,5—1,0 ccm Chaulmoograol ip. 
Letzte Einspritzung am 20. VIII. 1919. Durch Vorbeieinspritzung kam 
es zu einem Bauch wandabszefi. Tod 9 Monate nach der letzten Ein 
spritzung durch Stallseuche. 

In der Bauchhohle einige kleine gelbe, feste Fettkornchen von Steck- 
nadelkopfgrofie, welche frei beweglich waren. Der Abszefi der Bauchwand 
war vollkommen aufgesaugt. Sonst fand sich nichts von dem eingespritz- 
ten Oel. 

No. 100. 6 Einspritzungen von je 1 ccm Sesamol ip. Die letzte 
Einspritzung von 2 ccm war am 19. III. 1920. Tod 3 1 /, Wochen nach der 
letzten Einspritzung durch Stallseuche. 

Auf der triiben Bauehhohlenfliissigkeit viele kleine Fettaugen. Fettiger 
Glanz des Baucheingeweideiiberzuges. Fein emulgiertes Fett im grofien 
Netz. Eine Reihe von harten gelblichweifien Stecknadelkopf- und etwas 
grofieren Kiigelchen auf der Leberkapsel fest verwachsen und stellenweise 
unter der Leberoberflache gelegen. Das gleiche fand sich auch an der 
Milzkapsel. Die Nierenoberflache wies viele kleine dunkelblaulich aus- 
sehende Hdcker auf, die beim Schnitt triiben, blutigen Inhalt zeigten. Die 
iibrigen Befunde entsprachen dem Befund der Stallseuche. An den Lymph¬ 
driisen war mit blofiem Auge nichts zu sehen. Subkutanes sowie retro- 
peritoneales oder sonstwo gelegenes Fettgewebe war nirgends auch nur in 
kleinster Menge zu finden. 


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Hans Much und Hans Schmidt, 


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Mikroskopisch wurden Herzfleisch. Lunge und Leber auf Fett unter- 
sucht, aber sudanfarbbares Gewebe war nicht zu sehen. Die Niere wies 
starke cystische Entartung auf, war aber nicht entziindet. 

No. 120. Eine Einspritzung von 1 ccm Menschenfett ip. Tod durch 
Stallseuche 4 Mon ate spater. 

In der klaren Bauchhohlcnflussigkeit schwimmen weifiliche Fetzen 
lose herum. Ferner finden sich weifiliche Fetzen groStenteils am grofien 
Netz verwachsen, sowie auch am inneren Bauchfellblatt. 

Mikroskopisch: Viel nach Sudan farbbares Fett der Bauchhohlen- 
fliissigkeit. Nicht sehr viele Zellen. Endothelien, meistens viel- und ein- 
kernige Leukocyten. Einige der vielkernigen zeigen schwach mit Sudan 
farbbare Einschliisse. 

No. 147. Das Tier hatte gleichzeitig mit 2 ccm Menschenfett 1 ccm 
mit 0,8 Proz. Karbol versetzte Bauchhohlenflussigkeit von No. 121 in die 


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Fig. 2. 


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Bauchhohle eingespritzt erhalten. Das Tier starb bereits 24 Stunden spater 
und wies den Leichenbefund der Stallseuche auf. Die Bauchhohlenfliissig- 
keit zeigte noch viel Fett in Form fein emulgierter Tropfchen. Mikro¬ 
skopisch bot sich folgender, nur bei diesem und bei keinem anderen Tiere 
erhobener Befund: zahlreichc Endothelzellen und Leukocyten. Viele von 
diesen mehrkernigen Leukocyten hatten in ihrem Zelleib eine Anzahl kleiner 
kugelformiger Gebilde, welche recht verechieden in Giofie waren, von kaum 


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Fettstudien. 


187 


erkennbareru Umfange bis zur GroBe eines Blutkorperchens. Manche 
dieser Zellen waren so vollgepfropft mit diesen, stets kreisrunden Gebilden, 
daB man einen Kern mcht mehr wahrnehmen konnte. Man batte den 
Eindruck, daB die Zelle dabei zugrunde ging und die Kugelchen dann 
wieder freigesetzt wurden, da manche auch auBerhalb der Zellen gefunden 
wurden. Dies sprach gegen die anfanglich gehegte Vermutung, daB es 
sich um Kernzerfallsprodukte handeln konnte. Das Auffallende war nun, 
daB sich diese Gebilde nicht mit Sudan fiirben lieBen, dagegcn mit Me- 
thylenblau, nicht mit Ziehl, am besten lieBen sie sich nach Giemsa dar- 
stellen (siehe Fig. 2). 

Bei einem anderen Tiere, No. 148, das genau wie 147 behandelt war, 
aber nur 0,5 ccm Menschenfett erhielt und erst 10 Tage nachher ebenfalls 
an Stallseuche starb, konnten diese Gebilde in der Bauchhohlenflussigkeit 
nicht nachgewiesen werden, trotzdem noch Fett als solches vorhanden war. 

Die Einspritzung von BauchhShlenflilssigkeit eines anderen 
mit Fett vorbehandelten Tieres zugleich mit Fett geschah aus 
der Erwagung, ob sich die Fettaufsaugung mcbt nach Art der 
Aggressineinwirkung beeinfiussen lieBe, und in der Tat scheint 
der Befund bei Tier 147 in dieser Richtung zu sprechen. 

In der Hoffnung, den Weg, den auBerhalb des Darms 
gegebenes Menschenfett bei seiner Aufsaugung nimmt, besser 
verfolgen zu kSnnen, besonders aber, um im Korper auf- 
gestapeltes Menschenfett als solches leichter erkennen zu 
konnen, wurde Menschenfett vorher gef&rbt mit Sudan III, 
Nilblausulfat, Karotin und Chlorophyll. Sudan und Nilblau- 
sulfat, welche beide Menschenfett in verschiedenen Nuancen 
rot fiirben, erwiesen sich in den angewandten Mengen als 
nicht giftig. Das mit Karotin und Chlorophyll gefarbte Fett 
wurde Albinomeerschweinchen eingespritzt, einmal um etwa 
auftretende Hautfarbungen besser erkennen zu kdnnen, dann 
aber auch um zu sehen, ob eine besondere Lichteinwirkung 
durch diese Substanzen vermittelt wird. Beides war nicht der 
Fall. Ein Auszug aus den Protokollen folgt: 

No. 121. 6 Einspritzungen von je 1 ccm mit Sudan III gefarbtem 
Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920. 
Dann am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Haut. 
Tod durch Stallseuche 1 Monat spttter. 

Leichenbefund: In der Bauchhohle befindet sich wenig, etwas rotlich 
gefarbte trube Fliissigkeit, auBerdem sehr viil Fett, das in Form feinster 
Emulsion alle Zwischenraume ausfiillt. Die Sudanfarbe dcsselbcn ist, wenn 
auch etwas abgeblaBt, doch noch deutlich erhalten, und das Fett sieht aus 
wie rosarote Sahne. Besondere im groBen Netz und in der Umgebung der 
Milz linden sich die „Sahne‘anhaufungen beinahe in Form von rbtlichen 


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Hans Much und Hans Schmidt, 


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Klumpen. Die Organe selbst bieten makroskopisch niehts Anffallendes, 
Etwas rbtlich gefarbtes Fett war noch im Unterhautgewebe auf dem Brast- 
bein und zwischen den Bauchdecken vorhanden. Dieses war wahrscbein- 
lich vom Riicken aus gewandert, von wo die Einspritzung unter die Haut 
gemacht war, jenes ruhrte von versehentlich daneben gespritztem Fett her. 
Auf dem Riicken findet sich niehts mehr. Auch sonst im Kdrper ist nir- 
gends auffallige Rotfiirbung, speziell des Fettgewebes zu sehen. 

No. 122. 6 Einspritzungen von je 1 ccm von mit Nilblausulfat ge- 
fiirbtem Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III. 
1920. Am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Riicken- 
hatit. Tod 3 Wochen spiiter durch Stallseuche. 

In der Bauchhdhle viel sahneartiges Exsudat. Das grofie Netz ist 
davon voll, aber cs finden sich weder deutliche Einzelanhaufungen noch 
Bildung fester kugelformiger Massen. Von Farbe ist niehts zu sehen. Das 
emulgierte Fett sieht sehwach gelblich aus. 

No. 123. 5 Einspritzungen von je 1 ccm mit Chlorophyll gefarbtem 
Menschenfett in die Bauchhohle. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920. 
Am 19. III. 1920 eine Einspritzung von 1,5 ccm unter die Haut. Tod 
am 24. III., also 5 Tage nach der subkutanen und 10 Tage nach der 
peritonealen Einspritzung, an Stallseuche. 

In der Bauchhohle noch reichlich chlorophyllgefiirbtes Fett. Durch- 
spiilen der Bauchhohle mit lauwarmem Wasser macht allcs griin gefiirbte 
Fett verschwinden. Keine Griinfarbung der Gewebe, insbesondere niehts 
von griinem Fett in dem grofien Netz. Auf der Riickenhaut zeigten sich 
im Unterhautzellgewebe einige Depots von dunkelgriin gefiirbten Massen, 
von der Riiekencinspritzung herriihrend. 

No. 124. 5 Einspritzungen in die Bauchhohle von je 1 ccm von mit 
Karotin gefiirbtem Menschenfett. Letzte Einspritzung am 13. III. 1920. 
Eine Einspritzung von 1,5 ccm Fett unter die Haut am 19. III. 1920. 
Tod durch Stallseuche am 22. III., also nur 3 bzw. 8 Tage nach der 
letzten Einspritzung. 

Unter dem Fell sind noch einige gelbe Flecken zu sehen, von vorbei- 
gespritztem Fett herriihrend. Unter der rechten Axilla bindegewebig durch- 
setztes Gewebe mit oliger, nicht gefarbter Fliissigkeit. Diese riihrt bestimmt 
von der im Riicken erfolgten Einspritzung her. An der Einstichstelie 
findet sich noch Gelbfiirbung, aber kein Fett mehr. In der Bauchhohle 
ist wenig klares Exsudat; darin schwimmen frei einige feste Kugelchen 
von gelbem Fett. Es finden sich umfangreiche Verwachsungen in der 
Leber, Milz und Nierengegend. Eine auffallende Fettfarbe war nicht vor¬ 
handen. Soweit untersucht, waren die Lymphdriisen unveriindert. 

Das Resultat dieser Versuche ist demnach zunachst die 
erstaunliche Tatsache, daB Fett sehr schwer von der Bauch¬ 
hdhle aus resorbiert wird, ja daB selbst subkutane Ein¬ 
spritzungen nicht so schnell resorbiert werden, wie Loeffler 1 ) 

1) loc. cit. 



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Fettetudien. 


189 


mit Humanol beim Menscben beobachtete. In einigen Fallen 
wandert das unter die Haut eingespritzte Fett, um an ganz 
anderen Stellen sich wieder anzuhaufen und eine bindegewebige 
Organisation durchzumachen. In der Bauchhohle scheint das 
Fett langsam vom Bauchfell und vor allem vom groBen Netz 
aufgesaugt zu werden. Dabei wird das anfangs flflssige Fett 
immer fester, dadurch, dafi Zellen hineindringen, deren Natur 
schwer zu deuten war, vielleicht Plasmazellen und lympho- 
cytare Zellen. Die Beteiligung der Leukocyten an der Auf- 
saugung als FreBzellen ist sehr unbedeutend und scheint von 
ganz besonderen Umstanden abhangig zu sein. Much 1 ) hatte 
bei Einspritzung von Tuberculonastin in die Bauchhohle von 
Meerschweinchen gefunden, daB dieses Fett in das Innere von 
Zellen, meistens von groBen FreBzellen und Endothelien, sel- 
tener von Leukocyten, aufgenommen wird und, obwohl an und 
ffir sich nicht f&rbbar, durch diesen Vorgang im Innern der 
Zelle zielf&rbbar wurde. Wurden dagegen andere fettartige 
Stoffe anstatt des Bakterienfettes gepriift, wie menschliches 
Leichenwachs, Stearin, Palmitin, OelsOure, Tristearin, Tri- 
palmitin, Triolein, so blieb diese Erscheinung aus. Mit reinera 
Nastin Deycke laBt sich der Vorgang zwar auch sichtbar 
machen, doch nur bei Einhaltung bestimmter Vorbedingungen. 

Immerhin fand sich einige Male bei der mikroskopischen 
Untersuchung der Bauchhohlenflflssigkeit, daB manche Zellen 
Einschlusse batten, die mit Sudan III bei langer Einwirkung 
des Farbstoffs schwachrotlich farbbar waren, und die ich wohl 
fOr Fett ansprechen mochte. Auf jeden Fall ist diese Fett- 
aufnahme in das Innere der Zellen ein seltener Vorgang. Der 
gewohnliche Weg der Aufsaugung von der Bauchhohle aus ist 
durch das Bauchfell und besonders durch das groBe Netz. 
Jedoch auch hier sind die Befunde nicht einheitlich und neben 
individuellen Verschiedenheiten mflssen wohl noch Ursachen 
mitwirken, die sich zurzeit noch nicht flbersehen lassen. Auch 
mOgen sich die Fette und Oelarten in dieser Hinsicht ver- 
schieden verhalten. In No. 123 war kein Fett in Form von 
Kugelchen im groBen Netz trotz 5 Einspritzungen in die 
Bauchhohle, von denen auch die erste 4 Monate zurucklag. 


1) Deutsche med. Wochenschr., 1915, No. 33. 

ZelUchr. f. ImmunitaUforschung. Orig. Bd. 81 . 13 


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Hans Much uud Hans Schmidt, 


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Im Gegensatz dazu wies Tier 120, das nur eine Einspritzung 
4 Monate vor dem Tode erhalten hatte, deutliche Aufsaugung 
durch das groBe Netz auf, und das Tier No. 134, das Hanffil 
erhalten hatte, allerdings in doppelt so groBer Menge, wies 
bereits 2 1 /* Monate sp&ter den ganz typischen Befund auf, 
der dem Lichtbild Shnelt. Ganz besonders bemerkenswert ist 
aber der Befund bei dem Meerschweinchen No. 65. Hier hat 
das Tier also nicht einmal das arteigene Fett aufzusaugen 
verstanden, so daB noch 8 Monate sp&ter Fettmassen im groBen 
Netz zu sehen waren. Ob sich w&hrend dieser Zeit die im 
Blute vorhandenen Lipasen vermehren, bleibt weiterer For- 
schung tlberlassen. Auf jeden Fall scheint aus den angeffihrten 
Versuchen hervorzugehen, daB die Aufsaugung des normalen 
Korperfettes zu einer Zeit schon vollendet ist, wenn das auBer- 
halb de^ Darms einverleibte Fett noch in Mengen nachweis- 
bar ist (siehe Fall 100). Sicher spielen bei der Mobilisierung 
des Kbrperfettes noch andere unbekannte Bedingungen mit. 
Es sei hier nur an die Tatsache erinnert, daB das mit der 
Nahrung in groBen Mengen aufgenommene Hammelfett als 
Hammelfett im Korper aufgestapelt wird und beim phosphor- 
vergifteten Tier in die Leber wandert, wo es als Hammelfett 
wiedererscheint. Einen besonderen Befund bot das Tier 
No. 147. Hier ist wahrscheinlich durch die vorherige Ein¬ 
spritzung von Bauchhohlenflussigkeit mit Fett vorbehandelter 
Tiere eine Art Aggressivwirkung hervorgerufen worden, die 
unmittelbar eine vermehrte FreBtatigkeit der Zellen zur Folge 
hatte. So kam es zu einer im Gegensatz zu den Befunden 
bei anderen Tieren auffallenden Verstarkung der FreBtatig¬ 
keit, wobei ich annehmen mhchte, daB Fett in die Zellen auf- 
genommen wurde. Hier im Innern der Zellen fand dann eine 
Verwandlung des Fettes ill Bezug auf seine F&rbbarkeit statt. 
Sudan III farbte nicht mehr, wohl aber Methylenblau. Wie 
das Fett sich jedoch so inDerhalb der Zellen anderte, daB es 
seine Sudanfarbbarkeit verlor, ist nicht zu verstehen und der 
Befund kann vielleicht auch anders gedeutet werden. Auf 
jeden Fall lassen sich aus der vereinzelt gebliebenen Beobach- 
tung keine weittragenden Schliisse ziehen. 

Die Zelltatigkeit nach Fetteinspritzungen in die Bauch- 
hohle ist dann daraufhin besonders untersucht worden. Das 


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Fettstudien. 


191 


Ergebnis war fast stets das gleiche und lSBt sich folgender- 
maBen ausdrticken: Entnimmt man der Bauchhohle eines Meer- 
schweinchens mit Glaskapillaren etwas Flflssigkeit 1, 3, 12, 
24, 48 Stunden nach einer Fetteinspritzung, so findet man 
nach 1 Stunde verh&ltnism&Big mehr Lymphocyten als Leuko- 
cyten, nach 3 Stunden hat sich dieses Verh&ltnis schon zu- 
gunsten der Leukocyten verschoben, welche nach fast 12 Stun¬ 
den als fast reine Leukocytose das Bild beherrschen; nach 
24 Stunden sieht man neben den Leukocyten viele Endothel- 
zellen, die frflher nur vereinzelt vorhanden waren. Viele dieser 
Endothelzellen haben Vakuolen. Eine Fettaufnahme in das 
Innere der Zellen wurde in diesem Falle nicht beobachtet. 
Einige Male traten mit Sudan III schwach fSrbbare Gebilde 
in Leukocyten sowie in Endothelzellen auf, aber es muB da- 
hingestellt bleiben, ob hier wirkliches Fett vorlag, urn so mehr, 
als die Sudanfarbung fflr Fett zu schwach ausfiel. 

Zusammenfassung. 

Gibt man Tieren, von denen sich Meerschweinchen gut 
eignen, pflanzliche und animalische Fette in die Bauchhohle 
Oder unter die Haut, so beobachtet man unter alien Um- 
st&nden eine sehr langsame Aufsaugung. Das unter die Haut 
gespritzte Fett kann einmal wandern und sich an anderer Stelle 
ansammeln Oder an Ort und Stelle aufgesaugt werden, was oft 
unter bindegewebiger Organisierung zu geschehen pflegt. 

Das in die Bauchhohle eingefuhrte Fett ist als solches 
noch nach vielen Monaten nachweisbar, und zwar gleicbgultig, 
ob es sich um artfremdes Oder um arteigenes Fett handelt. 
Bei der Aufsaugung spielt die Tatigkeit des groBen Netzes 
die Hauptrolle. Unter gewissen Versuchsbedingungen scheinen 
auch einzelne Zellen (Endothelien ?) eine fettaufnehmende 
Ffihigkeit zu zeigen. 

Ueberempfindlichkeit gegeniiber den verwandten Fetten 
trat nie auf. Versuche, durch vorherige Farbung der Fette 
den Weg ihrer Aufsaugung im TierkOrper zu finden, sind ge- 
scheitert, da bei den angewandten Farbstoffen (Karotin, Chloro¬ 
phyll, Sudan, Nilblausulfat) entweder die Farbung ver- 
schwunden war Oder aber dieselbe bei kleineren FettkQgelchen 
nicht intensiv genug war, um erkannt zu werden. 

13 * 


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192 


Hans Much und Hans Schmidt, 


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IV. Ueber die Bildung und den Nachweis von Neutralfett- 

antikorpern. 

Nachdem durch Much und seine Mitarbeiter festgestellt 
worden ist, daB unter gewissen Bedingungen Antikbrper gegen 
Bakterienneutralfette auftreten, lag es nahe, khnlich wie bei 
der Erzeugung von EiweiBantikorpern Fette als Antigene dem 
Tierkbrper auBerhalb des Darms beizubringen und nach 
einiger Zeit im Blute des Tieres nach abgestimmten Immun- 
korpern humoraler und zellularer Natur zu suchen. Daffir 
stehen eine Reihe von Methoden zur Verfflgung, die je nach 
der Versuchsanordnung verschieden als Komplementbindung, 
Ausflockung, Ueberempfindlichkeitsreaktion in der Quaddel- 
probe bezeichnet werden. Andere wurden nicht benutzt. Ich 
mSchte gleich von vornherein sagen, daB alle Versuche, gegen 
ein gewohnliches Neutralfett einen abgestimmten Antikbrper 
zu erzeugen, nicht zu dem gewiinschten Erfolg fiihrten. Da 
jedoch unsere Versuche immerhin eine Reihe wertvoller Be- 
obachtungen ergaben, so seien im folgenden die Ergebnisse 
derselben in aller Kurze dargestellt. 

Nachweis durch die Quaddelprobe. 

Meerschweinchen erhielten in die BauchhShle sowie unter 
die Haut Einspritzungen von Menschenfett, Meerschweinchen- 
fett, Ochsenfett, Chaulmoograbl, Rizinusol, Olivenol und 
Schweinefett, auBerdem wurden Kariinchen Hanfol und Men¬ 
schenfett teils in die Bauchhohle, teils in die Blutbahn ein- 
gespritzt. Die meisten Tiere wurden mehrere Male vorbe- 
handelt, wobei die Dosis bei Meerschweinchen etwa 1—2 ccm 
Fett betrug, wahrend die Kaninchen bis zu 3 ccm erhielten. 
Einige Zeit nach der Einspritzung bekamen die Tiere mit 
dem betreffenden Fett Oder Oel eine Hautquaddel auf die 
Bauchhaut gesetzt. 

Ein Meerschweinchen, das 8 Einspritzungen von Meer- 
schweinchenfett in die Bauchhohle erhalten hatte, bekam eine 
leichte Rotung der Hautquaddel 5 Tage nach der Injektion, 
w&hrend die Quaddel mit demselben Fett bei einem unvor- 
behandelten Tier reaktionslos blieb. Ochsenfett und Chaul- 
moograbl, beides sehr z&he Fette, verursachten Nekrosen, 
aber auch beim unvorbehandelten Tier. Bei alien anderen vor- 


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Fettetudien. 


193 


behandelten Tieren verursachten die mit dem entsprechenden 
Fett gesetzten Hautquaddeln nicht die geringsten Erschei- 
nungen, auch wenn die Tiere neben dem Fett das entsprechende 
EiweiB der Tierart eingespritzt bekamen, von dem das Fett 
stammte. Auf diese wiehtige Verbindung EiweiB und Fett 
wird spater ausfiihrlich eingegangen. 

Eine Ausnahme machte Hanfdl, allerdings ein Pflanzenol 
und dazu eine Probe, die sicher nicht ein ganz reines Oel 
darstellte. Hier kam es bei Kaninchen, denen vorher Edestin, 
also das entsprechende EiweiB in die Blutbahn und in die 
Bauchhohle gegeben worden war, zu einer Entzundung der 
Hautquaddel mit Gewebseinschmelzung. 

Alle diese Tiere hatten die mehrfachen Einspritzungen 
von Fett in die Bauchhohle sowie in die Blutbahn (Kaninchen) 
gut vertragen, ohne jemals Erscheinungen von Ueberempfind- 
lichkeit zu zeigen. 

In diesem Zusammenhang verdient noch eine an anderer 
Stelleausfiihrlich beschriebene Beobachtung beim Menschen 
erw&hnt zu werden. Es handelte sich um einen jungen Mann, 
der gegen das EiweiB von Buchweizen, Polygonum fagopyrum, 
iiberempfindlich war und auf feinste Spuren dieses EiweiBes 
auch in der Quaddelprobe heftig reagierte, jedoch gegen das 
aus Buchweizen als Aetherauszug gewonnene Oel fast un- 
empfindlich war. Die noch bestehende sehr geringe Reaktion 
gegeniiber dem Oel war wohl den Spuren EiweiB zuzu- 
schreiben, die das Oel noch enthielt. 

Man kann demnach zusammenfassend sagen, daB der 
Nachweis von Antikorpern gegeniiber Neutralfetten durch die 
Quaddelprobe nicht einwandfrei gelungen ist. 

Komplementbindungsverfahren. 

Zum Nachweis von AntikOrpern gegeniiber Neutralfett 
durch das Komplementbindungsverfahren wurden Kaninchen 
benutzt, die mit Menschenfetteinspritzungen in die Bauchhohle 
und in die Vene vorbehandelt worden waren. Fiir die Ein- 
spritzung in die Blutbahn wurde eine Emulsion gewahlt, die 
durch Emulgieren von 1 Teil ges&ttigter alkoholischer Fett- 
lOsung mit 2 Teilen warmen Wassers hergestellt wurde und 

1) H. Schmidt und F. Peemoller, Med. Klinik, 1920. 


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194 


Hans Much und Hans Schmidt, 


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von der 1 Teil mit 5 Teilen physiologischer NaCILosung unter 
Schfltteln verdiinnt wurde. Trotz raehrmaliger Einspritzung 
von je 3 ccm Fett in die Bauchhohle traten bei den sp&teren 
Einspritzungen in die Vene keine Ueberempfindlichkeits- 
erscheinungen ein. Die gleiche Emulsion wurde auch zu den 
Komplementbindungsversuchen genommen. 

Da nun selbst 4 ccm dieser Menschenfettemulsion nicht 
0,05 ccm Komplement banden, so fehlte den Komplement¬ 
bindungsversuchen die notwendige Voraussetzung. Immerhin 
hatte in einem Versuche 0,1 ccm inaktiviertes Kaninchenserum 
mit 0,5 ccm Fettemulsion 0,05 ccm Komplement gebunden. 
Trotz Einhaltung moglichst gleicher Versuchsbedingungen ist 
es jedoch nicht wieder gelungen, in dieser oder in einer 
anderen Anordnung Komplementbindung zu erhalten. Ja, 
einmal wies das Serum eines nicht vorbehandelten Kaninchens 
die gleiche, wenn nicht noch etwas starkere Komplement¬ 
bindung auf. Bei nicht ganz frischem Komplementserum 
neigen die Fetteinulsionen zu Selbsthemmung. 

Mit der Komplementbindungsprobe war es also nach ein- 
facher Vorbehandlung mit Fetten nicht gelungen, einen spezi- 
fischen komplementbindenden Antistoff nachzuweisen. 

Dieses negative Ergebnis steht in vollem Einklang mit 
dem ebenfalls negativen Ergebnis von H. Kleinschmidt 
(Berl. klin, Wochenschr., 1910, No. 2). Dieser Autor hatte 
Kaninchen innerhalb 3 Monaten mit steigenden Dosen von 
Nastin, Chaulmoograol, Triolein und Tristearin unter die Haut 
behandelt. Er konnte weder Ueberemptindlichkeitserschei- 
nungen beobachten noch mit dem Ivomplementbindungs- 
verfahren bei mehrmaliger Priifung Antikbrper nachweisen. 
Damit es zur Bildung von Schutzstoffen gegeniiber diesen 
stark reizenden Stoffen, wie Nastin, Chaulmoograbl und Tuber- 
kulonastin, kommt, muft noch etwas hinzutreten, das sich nur 
im kranken Organismus vorfindet, namlich eine Vorbehand¬ 
lung mit dem entsprechenden EiweiBbestandteil. 

In Anlehnung an diese wichtige Feststellung wurden die 
bereits mit Menschenfett vorbehandelten Kaninchen mit 
Menschenserum behandelt, wie auch umgekehrt. Dabei wurden 
keine Ueberempfindlichkeitserscheinungen beobachtet. Dieses 
Verfahren hatte jedoch auf den Komplementbindungsversuch 
mit dem Kaninchenserum und dem betretfenden Fett keinen 



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Fettstudien. 


195 


EinfluB. Die Versuche fielen nach wie vor negativ aus. 
Gleichfalls negatives Ergebnis zeigten Versuche, die mit Hanfol 
und dem Serum von Kaninchen, die mit HanfSl und Edestin, 
dem EiweiB des Hanfsamens, vorbehandelt worden waren. 

Wie die Quaddelprobe war also auch das Komplement- 
bindungsverfahren nicht imstande, den Nachweis von abge- 
stimmten Gegenstoffen gegen reine Fette zu erbringen, deren 
Herstellung demnach dem Organismus auf blofie Einverleibung 
der Fette auBerhalb des Darms hin nicht moglich sein dlirfte; 
selbst nicht nach Vorbehandlung mit dem entsprechenden 
EiweiB, wenn man von Nastin und Tuberkulonastin absieht. 

Bliebe noch die Moglicbkeit, durch abgestimmte Aus- 
flockung solche Gegenstoffe nachzuweisen. Versuche in diesem 
und verwandtem Sinne sind bereits von A. Londini 1 ) an- 
gestellt worden. Dieser Autor versuchte abgestimmte aus- 
flockende Stoffe gegeniiber Fetten zu erhalten, rechnete aber 
mit den in den Fetten und Oelen noch enthaltenen EiweiB- 
stoffen, deren Nachweis er zur Aufdeckung von VerfSlschungen 
benutzen wollte. In der Tat gelang es ihm, im Serum von 
Meerschweinchen und Kaninchen, die mit verschiedenen Oelen 
vorbehandelt worden waren (Oliven-, Baumwoll- und ErdnuB- 
61), ein abgestimmtes ausflockendes Vermogen fiir die Wasser- 
ausziige dieser Oele nachzuweisen. Es handelte sich also 
nicht um Stoffe, die gegeniiber Oel abgestimmt waren. Mehr 
im Hinblick auf den Nachweis solcher abgestimmter Fett- 
gegenstoffe sind die Versuche von Uhlenhuth und Jung 1 ) 
angestellt worden. Nachdem diese Autoren festgestellt hatten, 
daB normales Serum verschiedener Tiere, besonders von Pferd 
und Esel, eine Olivenemulsion (01. oliv. 2,0, Gummi arabic. 1,0, 
Aqua 17,0) ausflockt, dieses Vermogen aber normalen Ka¬ 
ninchen meistens fehlt, haben sie Kaninchen mit Olivendl- 
emulsionen langere Zeit vorbehandelt und fanden dann, daB 
die Tiere dieselben ausflockenden Stoffe im Serum hatten wie 
normale Pferde. Aber wie diese Stoffe bei letzteren Tieren 
auch gegeniiber Emulsionen anderer Oele gleichsinnig wirkten, 
so reagierte auch das Kaninchenserum auf alle moglichen 
Oelemulsionen, war also nicht abgestimmt gegeniiber dem 
Oel, sondern, wie sich weiterhin herausstellte, gegeniiber 

1) Ref. Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 3, p. 656, No. 1111. 

2) Deutsche med. Wochenschr., 1905, p. 564. 


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1 


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196 Hans Much und Hans Schmidt, 

einem Bestandteil des Gummiarabikums. Auf fein in NaCl- 
L8sung verteiltes Oel war das Serum wirkungslos und ebenso- 
wenig lieferten Kaninchen ein wirksames Serum, wenn sie 
mit dem reinen Oel vorbehandelt waren. 

Das Serum der mit Menschenfett und Menschenserum 
vorbehandelten Kaninchen wurde auf Ausflockung geprflft, 
indem zu 0,2 ccm des inaktivierten sowie des aktiven Serums 
je 0,2 ccm der mit alkoholischer Fettl6sung hergestellten 
Emulsion in NaCl-L8sung zugesetzt und nach 12 Stunden 
Aufenthalt im Brutschrank abgelesen wurde. 

Wenn auch die Ausflockung mit Serum bedeutend deut- 
licher war, als die der Kontrolle ohne Serum, so kann man 
doch wohl nicht von einer abgestimmten Wirkung sprechen, 
allein schon in Anbetracht der scheinbar willkflrlichen Art 
dieses Ausflockungsvorganges mit dem Serum verschiedener 
Menschen. 

Diese Erscheinung der Ausflockung beim Zusammentreffen 
von Menschenserum und Menschenfettemulsion wurde weiter 
untersucht, in der Hoffnung, einen Einblick in den Fettstoff- 
wechsel und die ihn beherrschenden Krafte zu gewinnen. Die 
Ausflockungserscheinungen sind scheinbar von sehr ver- 
wickelten Natur und aus der Fiille der oft sich widersprechen- 
den Ereignisse liefien sich bindende Schlusse nicht ziehen. 

Eine Zusammenstellung dieser Beobachtungen ergab fol- 
gendes: 

Wurde Menschenfett, das leuchtend hellgelb ist, zum 
Zwecke der Keimbefreiung bei Gegenwart von Sauerstoff er- 
hitzt, so wurde es erst farblos, urn dann spater eine gelb- 
braune rauchige Farbe anzunehmen. Solch erhitztes Fett 
laflt sich besser in Wasser emulgieren als in NaCl-Losung. 
Beim Emulgieren in Kochsalzlfjsung tritt sofort eine Flocken- 
bildung auf, die sich schnell absetzt (Bildung unloslicher 
Seifen), wShrend das unerhitzte als Aetherauszug gewonnene 
Fett sowohl mit NaCl-L5sung wie mit Wasser eine in beiden 
Fallen schwach opaleszierende Emulsion liefert. Auf Grund 
der besseren Emulsionsfahigkeit mit Wasser und andererseits 
auf Grund der Erfahrung, daB bei der abgestimmten Pra- 
zipitingewinnung durch erhitztes EiweiB auch Prazipitine 
gegen unerhitztes EiweiB erhalten werden, waren bei den 
vorher besprochenen Versuchen einige Tiere auch mit er- 



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Fettatudien. 


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bitztem Fett vorbehandelt worden. Dies hatte jedoch auf 
die Ergebnisse der Versuche keinen EinfluB. 

Fflr die Ausflockungen bewahren sich die erhitzten Fette 
nicht. Das Erhitzen bewirkt eine Spaltung unter Bildung von 
freien Fetts&uren, was eine Verringerung der Oberfl&chen- 
spannung gegenhber Luft zur Folge hat. Bei gleichen Ver- 
suchsbedingungen liefert Emulsion von erhitztem Fett 68,6 
und von nicht erhitztem Fett 65,8 Tropfen. 

Die bei den Ausflockungen benutzte Emulsion wurde aus 
dem nicht erhitzten Fett zun&chst in folgender Weise her- 
gestellt: 

1 ccm der gesiittigten alkoholischen Loeung wurde mit 3 ccm warmen 
destillierten Wassers emulgiert. Auf 1 ccm dieser Emulsion wurde unter 
fortwahrendem Schiitteln tropfenweise 10 ccm einer 2-proz. NaCl-Losung 
gefiigt. Von dieser opaleszierenden Emulsion wurden 0,8 ccm zu 0,2 ccm 
inaktiviertem Serum gebracbt und nach guter Durchmiscliung fur 12 Stunden 
bei 37° gehalten. 

Das Ergebnis war, daB die meisten Sera ausflockten. 
Manche stark, manche kaum sichtbar. Ein Zusammenhang 
zwischen dieser Ausflockung und der bei der D.M.-Reaktion 
von Meinicke oder mit dem Ausfall der Wassermann- 
schen Reaktion bestand nicht. 

WShlt man die Fettemulsion konzentrierter, indem man 
bei sonst gleicher Herstellung einen Teil der alkoholischen 
Losung mit 2 Teilen Wassers emulgiert, dann wird im allge- 
meinen die Ausflockung eine starkere, in manchen Fallen tritt 
jedoch auch das Gegenteil ein. 

Ein gesetzmaBiges Verhalten lieB sich nicht ableiten. 

Die starksten Flockungen traten bei Fallen auf, die nach 
Wassermann negativ reagierten. 

Nimmt man bei der starkeren Fettemulsion die gleichen 
Mengenverhaitnisse zwischen Serum und Emulsion wie oben, * 
dann trat Flockung im ganzen selten auf. So fand sich unter 
36 Fallen nur einmal eine solche, allerdings sehr ausgepragte 
Flockung. Der Fall bot an und ffir sich nichts Besonderes. 

Die Wassermannreaktion war negativ und bei spSterer Wieder- 
holung der Untersuchung, und zwar diesmal im AnschluB an 
eine fettreiche Mahlzeit, ergab sich kein Anhalt dafflr, daB 
der Ausfall der Flockung mit den Mahlzeiten des Patienten 
zusammenhing. Allerdings wurde diesmal nur mit Menschen- 


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Hans Much und Hans Schmidt, 


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fett gepriift. Wiirde roan z. B. nach reichlichem Olivenfil- 
genuB mit Olivenolemulsion auf Ausflockung prtifen, kdnnte 
das Ergebnis vielleicbt anders ausfallen, was sich nicht im 
voraus iibersehen laBt. 

Verfindert man bei der Ausflockungsprobe die Menge der 
Emulsion bei gleichbleibender Serummenge, dann findet man 
in vielen Fallen gewissermaBen ein Optimum bei 0,4 ccm 
Emulsion plus 0,2 ccm Serum. Das gleiche Optimum findet 
sich, wenn bei gleichbleibender Emulsionsmenge die Serum¬ 
menge verandert wird. 

Ein Inaktivieren der Sera erwies sich zur Erzielung der 
Flockung vorteilhaft, aber nicht als unbedingt notig. 

Bei der Emulsionsherstellung erwies sich eine Verdunnung 
von 1:10 mit 0,9 Proz. NaCl in manchen Fallen als optimal, 
in alien Fallen aber als giinstig, d. h. es kam in alien Fallen 
zu einer Flockung, so daB es sich empfahl, urn ein noch 
unterschiedliches Verhalten der Ausflockungen zu erhalten, 
eine Verdiinnung von 1:15 zu nehmen. 

Mit einer derartig hergestellten Emulsion wurde nun 
eine groBe Zahl menschlicher Sera untersucht, dabei kam es 
wahllos in einigen Fallen zu einer sehr ausgepragten Flockung, 
in vielen Fallen zu einer geringen und in manchen Fallen zu 
keiner Ausflockung. Dabei ist stets als Kontrolle die Emulsion 
selbst zu prfifen, die nattirlich in der gleichen Zeit keine eigene 
Ausflockung zeigen darf. Im allgemeinen scheint bei Wasser- 
mann-positiven Seren die Ausflockung am geringsten zu sein. 

Neben dem Menschenfett wurden auch alle zur Verfflgung 
stehenden Fette bei gleicher Herstellung der Emulsion auf 
ihre Ausflockung mit Menschenfett untersucht. Die meisten 
Fette, besonders Chaulmoograbl, flocken spontan aus so her¬ 
gestellten Emulsionen aus. Hundefett am wenigsten. Be- 
merkenswert ist vielleicht nur, daB alle untersuchten Sera 
nicht mit Lebertran flockten. Irgendwie eindeutige Ergebnisse 
lieBen sich nicht aus den Versuchen ableiten, von einer wei- 
teren Wiedergabe der Versuche wird daher Abstand genommen. 

Zusammenfassnng. 

Es wurden Meerschweinchen und Kaninchen animalisches 
und pflanzliches Fett unter die Haut, in die Bauchh6hle und 



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Fettstudien. 


199 


in die Blutbahn eingespritzt. Es gelang jedoch weder durch 
die Quaddelprobe noch mittels dem Komplementbindungs- 
verfahren abgestimmte Antikdrper diesen Fetten gegenuber 
nachzuweisen. Auch dann nicht, wenn die Tiere mit dem 
EiweiB des pflanzlichen oder animalischen Organismus, von 
dem das Fett stammte, gleichzeitig oder vorbehandelt wurden. 

Versuche, durch die Sera vorbehandelter Tiere in feinen 
Fettemulsionen abgestimmte Ausflockung zu erzeugen, ergaben 
kein eindeutiges Ergebnis. Das Serum von Menschen reagiert 
mit einer Emulsion von Menschenfett in zurzeit noch uniiber- 
gichtlicher, regelloser Weise. 

SchluBfolgerung. 

Nachdem es sich als unmoglich erwiesen hat, auf die be- 
schriebene Weise Antifettkorper nachzuweisen, ist anzunehmen, 
dad ein tiefliegenderer Grund als vielleicht Mangel an geeig- 
neten Verfahren vorliegt. Und diesen Grund glauben wir im 
Wesen der Abgestimmtheit selbst finden zu kbnnen. 

Gegen alle Stoffe, die auBerhalb des Darmkanals in den 
Organismus gelangen und die der Korper nicht auf rein 
mechanischem Wege durch Nieren, Darm und Haut auszu- 
scheiden vermag, mussen Gegenstoffe gebildet werden, die 
einen Abbau des eingedrungenen Stoffes bezwecken. Diese 
Gegenstoffe sind urn so abgestimmter auf das betreffende 
Antigen eingestellt, je verwickelter dessen molekulare Struktur 
ist. Von alien Antigenen haben die EiweiBe den verwickeltsten 
Bau und darum kann auch keine andere Antigengruppe »o 
hoch abgestimmte Gegenstoffe erzeugen. Dagegen sind Kohle- 
hydrate diejenigen Antigene, die verh&ltuism&Big den ein- 
fachsten Bau haben, daher auch ihre Grundstoffe wenig und 
nur auf Gruppen abgestimmt sind. Eine Mittelstellung nehmen 
die Lipoide und Fette ein. Gegenstoffe gegen Lipoide sind von 
Bang und Forssman, K. Meyer u. a. nachgewiesen, be- 
diirfen aber noch weiterer eingehender Studien. 

Die tierischen und das menschliche Neutralfett sind Ge- 
mische von Glyzerinestern verh&ltnismaBig einfach gebauter 
Fettsauren, die je nach ihrer verschiedenen zahlenmaBigen 
Zusammensetzung den verschiedenen Festigkeitsgrad bedingen, 
der neben dem Geruch und der Farbe die Fette der Tiere 


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200 Hans Much und Hans Schmidt, Fettstudien. 

unterscheidet. Die Farbe ist, wie weiter oben ausgefflhrt, auf 
Beimengungen zuriickzufflhren. Reine Fette sind farblos; und 
der Geruch hat seinen Grund wahrscheinlich in der Gegenwart 
von Spuren fltichtiger freier Fetts&uren. Gelangen solche 
Fette in die Blutbahn, dann kommt es zur Bildung von 
Lipasen, die aber nicht abgestimmt sind, sondern auf alle 
mbglichen Neutralfette einzuwirken vermogen. Erst wenn 
sich Ester hoherer FettsSuren an dem Aufbau des Molekiils 
beteiligen, werden die Lipasen abgestimrate Wirkungen zeigen, 
die sich schliefilich auf imraer engere Gruppen beschr&qken, 
je groBer die Zahl und je verwickelter die Struktur der hflheren, 
uns zum Teil noch ganz unbekannten Fetts&uren im Mole- 
kiil ist. 

An den Bakterienfetten beteiligen sich sicher FettsSLuren, 
die eine fiuBerst verwickelte Struktur haben, obwohl auch hier 
noch die Gegenstoffe Gruppenwirkung zeigen, wie bei den 
sSurefesten St&bchen nachgewiesen worden ist. Dem Fett- 
kbrper der Bakterien muB das Chaulmoograol nahe stehen, 
insofern es eine grSBere Anzahl gemeinsamer Atomgruppen 
haben muB. Denkbar ist es, daB es Fettkorper von noch ver- 
wickelterer Struktur gibt, die dann genau abgestimmte Gegen- 
stoffe erzeugen konnten. 

Demgegenuber besitzt das gewohnliche Neutralfett unserer 
Nahrung eine sehr geringe antigene Wirkung. Es dient als 
Nahrungsmittel, das entweder gleich aufgebraucht oder im 
K5rper aufgestapelt wird, wobei es unter Umstanden seine 
ursprungliche Zusammensetzung bewahrt. Bei der Aufnahme 
von Fett mit der Nahrung wird immer Fett in die Blutbahn 
gelangen, dabei konnen wir jedoch, von einer unabgestimmton 
Lipase abgesehen, mit keinem Verfahren sonstwie abgestimmte 
Gegenstoffe nachweisen. 

Wir mussen also folgerichtig bei Fetten unterscheiden 
zwischen den Bakterienfetten, die dank ihres verwickelten 
molekularen Baues zur Bildung abgestimmter Fettantikfirper 
Veranlassung geben kSnnen, und einfachen Neutralfetten 
pflanzlichen und animalischen Ursprungs, die wegen ihrer ein¬ 
fachen Struktur nur unabgestimmte Gegenstoffe erzeugen. 


rrommuuuche Burhdrockerel (Hernuuin Pohle) la Jem. — 4891 



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t 


Zeitschrift t Inmumitatsforschung. Originals. Bi 31 No. 3. 


Nachdruek verbolen. 

[Aus dern Institut zur Erforschung der Iufektionskrankheiten in 
Bern (Diiektor: Prof. S o b e r n h e i m).] 

Untcrsuchungen liber die Idcntititt der Splroehaeta ictcro- 
hacmorrhnaiac (I undo mid Ido) und dcr Splroehaeta ictcro- 
gencs (L’hlcnhuth uml From me) und fiber das Verhalten 
der Spirocliaeta hebdouiadis, des Erregcrs dcs Slcben- 
tngefiebers („Na»ukayami“), gcgcniibcr dcr Splroehaeta 

ieterogencs. 

Von Prof. Dr. Benjiro Kaneko und Dr. Seyi Morihana. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 14. August 1920.) 

In Japan herrscht seit alters her eine Krankheit, die der 
in Europa als „Weilsche Krankheit* bezeichneten sehr Shn- 
lich und mit demselben Namen benannt ist. Ob sie mit der 
europSischen Weilschen Krankheit wirklich identisch ist, 
scheint uns aber noch nicht vollig gekliirt zu sein. Es exi- 
stieren namlich mannigfache klinische und anatomische Unter- 
schiede. Vor allem ist die Letalitiit sowie das Verhalten der 
Milzschwellung bei diesen beiden Krankheitsformen verschieden. 
Nach den genauen Angaben Inadas ist die LetalitSt bei der 
japanischen Krankheit im allgenieinen viel groBer, als bei der 
europaischen Weilschen Krankheit. Ebenso liegen beziiglich 
der Milzschwellung widersprechende Beobachtungen vor: 
Wahrend Milzschwellung bei der japanischen Krankheit nur 
ein sehr seltenes Vorkommnis ist, wie dies klinisch von Oguro 
und In ad a und patliologisch-anatomisch von Kaneko nach- 
gewiesen wurde, ist der Milztumor in Europa bei der Weil¬ 
schen Krankheit sehr oft konstatiert worden. 

Wenn auch das Verhalten der erw&linten Erscheinungen 
— der Letalitiit und der Milzschwellung — durch epidemio- 
logische Besonderheiten und Virulenzschwankungen des Er- 
regers bedingt sein kbnnte, so bietet es anderseits doch Grund 

Z**itschr. I. loiiuumtlttslorsehuiix. On*. Bd. 31. 14 


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202 


Renjiro Kaneko and Seiji Morihana, 


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genug, am gegea die glatte Identifizierung der beiden Krank- 
heiten Einwendungen zu erheben. 

Im Januar 1915 wurde der Erreger der Krankbeit in Japan 
als Spirochfite („Spirochaeta icterohaemorrhagiae“) 
von In ad a und Ido erkannt, und sie bezeichneten die Krank- 
heit nun mit dem Namen „Spirochaetosisicterohaemor- 
rhagica a . Etwas spater, und zwar im Oktober 1915, wurde 
in Deutschland eine der Spirochaeta icterohaemorrbagiae sehr 
ahnliche Spirochete als Erreger der Weilschen Krankheit 
von Uhlenhuth und Fromme, bald darauf auch von 
HQbener und Reiter festgestellt. Uhlenhuth und 
Fromme nannten diese Spirochate „Spirochaeta ictero- 
genes 44 ; HQbener und Reiter bezeichneten sie mit dem 
Namen „Spirochaeta nodosa 44 . Seit diesen Entdeckungen 
sind viele Arbeiten Qber diese Spirochaten in Japan von I to, 
Matsuzaki, Oba, Miyaji, in Europa von Ungermann, 
Zuelzer, Dietrich, Martin, Pettit, in Amerika von 
Noguchi und anderen, ebenso von den Entdeckern selbst 
und ihren Mitarbeitern verQffentlicht worden. Nach diesen 
Arbeiten sollen die beiden Spirochaten nicht nur morpho- 
logisch, sondern auch in biologischer Hinsicht so einander 
Qhnlich sein, daB man geneigt war, die beiden Spirochaten 
als identisch anzusehen und die beiden genannten Krankheiten 
als eine und dieselbe Krankheit zu betrachten. 

Aber zur vollstandigen BegrQndung der Identitat beider 
Spirochaten stand noch die Erforschung der Immunitats- 
verhaltnisse aus. 

Noguchi hat schon 1917 auf Grund von experimentellen 
Untersuchungen die Identitat der von ihm in den Nieren der 
wilden Ratten in Amerika gefundenen Spirochate mit dem 
japanischen und belgischen Stamm der Ikterusspirochate fest- 
stellen konnen. 

Wir hatten neuerdings Gelegenheit, den von Japan mit- 
gebrachten Spirochatenstamm mit einem Stamm der deutschen 
Spirochate der Weilschen Krankheit 1 ), den wir dank der 
Freundlichkeit des Herrn Prof. Sobernheim erhalten konnten, 

1) Aus dem Reichsgesundheitsamt bezogen. Stamm Uhlenhuth 
und Fromme, seit l&ngerer Zeit in Kaninchenserum + Leitungswasser 
fortgezuchtet (cf. Uhlenhuth, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 50). 



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Untersuchungen fiber die Identitat der Bp. icterohaemorrhagiae. 203 

zu vergleichen. Wir mOchten nun hier die Ergebnisse unserer 
Versucbe knrz mitteilen. 

In Japan gibt es auBer der Weilscben Krankheit noch 
eineanderefihnliche Krankheit, die als „Siebentagefieber“ 
oder „Nanukayami“ seit langer Zeit bekannt ist. Die 
Symptome der letzteren sind denen der „atypischen“ Form der 
W eilschen Krankheit, die gewOhnlich leicht nnd ohne Ikterus 
verl&uft, sehr Shnlich. Diese Krankheit wurde frflher von 
vielen japanischen Forschern fflr nichts anders als die W e il sche 
Krankheit angesprochen. Aber sie wurde nachher durch 
Inada, hauptsSchlich vom klinischen Standpunkt aus, und 
durch Ido und Wani, gestfltzt auf ihre Immunitatsforschungen 
als eine selbst&ndige, von der Weilschen Krankheit scharf, 
abgegrenzte Krankheit erkannt. Im Jahre 1916 gelang es 
n&mlich Ido, Ito und Wani festzustellen, dafi der Erreger 
des Siebentagefiebers auch eine Spirochate ist, welche der 
Form und der Bewegung nach zwar der Spirochaeta ictero¬ 
haemorrhagiae t&uschend gleicht, doch von der letzteren bio- 
logisch getrennt werden kann. Die Entdecker nannten diese 
Spirochate „Spirochaeta hebdomadis“. 

Wir konnten auch diese Spirochate mitbringen und mit 
der Spirochaeta icterogenes, dem deutschen Stamm 
des Erregers der Weilscben Krankheit, vergleichen. 

L Morphologic. 

Die Form und die Bewegungsart des japanischen und 
deutschen Spirochatenstammes der Weilscben Krankheit sind 
sich im groBen und ganzen sehr ahnlich. Die Spirochaten sind 
sehr zart und im lebenden Zustande ohne Dunkelfeldbeleuchtung 
nicht sichtbar. Ihre Lange ist verschieden, sie betragt meistens 
6—15 p., die Dicke betragt 0,2—0,25 p.. Die Spirochaten 
zeigen zahlreiche, auBerst feine und dicht aneinanderliegende 
Windungen. Unter dem Dunkelfeldmikroskop sieht man sehr 
lebhafte Eigenbewegungen verschiedener Art: Rotation um 
die eigene Achse mit starker oszillierender Bewegung beider 
Enden ist besonders charakteristisch. In alten Kulturen oder 
in halbgeronnenen Medien kann man oft eine trage, der 
Wurmbewegung ahnliche Vor- und Rfickbewegung konstatieren. 

Das Material fflr unsere Untersuchungen stammte haupt- 

14* 


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204 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


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sachlich aus fliissigen un i halhfliissigen Nahrbftden, sowie aus 
den Organen und den Kbrperfliissigkeiten der experimentell 
infizierten und erkrankten Meerschweinchen. Trotz ge- 
nauester Beobachtungen konnten wir keine nen- 
nenswerten Unterschiede zwischen den beiden 
Spirochatenstammen feststellen. 

DieSpirochaetahebdomadis, der Erreger des Sieben- 
tagefiebers, ist der Form und Bewegungsart nach den oben- 
erwahnten Spirochaten sehr ahnlich, wie es die Entdecker 
schon beschrieben haben. Auch wir konnten diese Spirochate 
morphologisch von der Spirochaeta icterogenes 
nicht unterscheiden. 


n. Kultur. 

Die Spirochate der Weilschen Krankheit ist im all- 
gemeinen leicbt zu zfichten. Es sind verschiedene Nahrboden 
f(ir diesen Zweck angegeben worden. In Japan kultivierten 
Inada und Ido ihren Stamm zunachst in Ascitesfliissigkeit, 
die Nierenstuckchen und Bluttropfchen vom Meerschweinchen 
entbielt. I to und Matsuzaki benutzten zum Kultivieren 
des japanischen Stammes Blutagar und Blutgelatine ver- 
schiedener Konzentration. Viele europaische Autoren benutzten 
als Kulturmedien Sera verschiedener Tiere, mit Oder ohne 
Verdtinnung mit isotonischen Losungen. Vor allem empfabl 
Ungermann das frisch inaktivierte, fldssige Kaninchenserum, 
als den besten Nahrboden fur seine Spirochate. In Amerika 
brachte Noguchi drei Stamme — den japanischen, den bel- 
gischen und den amerikanischen — am besten in einem mit 
Ringerscher Losung oder physiologischer Kochsalzlosung 
verdiinnten Kaninchenserum, unter Zusatz von 2 prozentigera 
Agar Oder Blutplasma des Kaninchens, zur Entwicklung. 
Neuerdings hat Wani in Japan die Noguchische Methode 
in folgender Weise fur die Kultivierung seines Stammes modi- 
fiziert und damit sehr schone Resultate erreicht. 

Der Noguchische Nahrboden in der Modifikation von 
Wani setzt sich folgendermaBen zusammen: 

Pferdeserum 1 Tcil \ 

Ringersche Losung 3 Tede I el e 

Mcerschweinchcnblut kleine Menge 

2-proz. Neutralagar 1 Ted 

(Mit oder ohne Paraffinuberschichtung.) 



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Untersuchungen fiber die Identitat der Bp. icterohaemorrhagiae. 205 


Ueber die ftir die Kultur geeignete Temperatur sind 
die Meinungen der Autoren verschieden. Die japanischen 
Forscher bevorzugten eine Temperatur von 20—25° C, wie 
sie auch von den Entdeckern der SpirochSte empfohlen wurde, 
wahrend Noguchi, Ungermann, Martin undPettitu.a. 
eine hohere Temperatur bis 37° C benutzten. Die Paraffin- 
uberschichtungen lieJS niemand von den Autoren aus. Sie be- 
trachteten dies als eine fur die erfolgreiche Kultivierung der 
SpirochSten unerlaBliche Vorbedingung. Wani konnte aber 
auf diese Manipulation bei Kultivierung seiner Spirochate in 
Agarnfihrboden verzichten. 

Wir haben den japanischen Stamm nach der Methode von 
Wani kultiviert und in dieser Form mitgebracht. Die Kulturen 
haben trotz der zwei Monate langen Reise durch tropische 
Gegenden und durch SUdeuropa wahrend der Monate November 
und Dezember ihre Lebensfahigkeit und Virulenz gut bewahrt, 
wahrend alle sonstigen flussigen Nahrboden sich unter gleichen 
Verhaitnissen als unbrauchbar gezeigt haben. Den deutschen 
Stamm haben wir in Kultur von verdiinntem flussigen Kanin- 
chenserum erhalten. 

Fiir unsere vergleichenden Untersuchungen verwendeten 
wir dann einerseits Pferdeserum mit Zusatz von 3 Proz. Agar 
und kleinen Mengen Meerschweinchenblut; andererseits be¬ 
nutzten wir das frische inaktivierte fliissige Kaninchenserum 
nach Ungermann. 

In diesen Kulturmedien und bei verschiedenen Tempe- 
raturen (Zimmertemperatur bis Brutwarme) gediehen die beiden 
Spirochatenstamme sehr gut, ohne bemerkenswerte Unterschiede 
zu zeigen. Nach unseren Erfahrungen besitzen also beide 
Spirochatenstammegegentiber Temperaturschwankungen, inner- 
halb gewisser Grenzen, eine weitgehende Toleranz. Nur ist 
bei niedriger Temperatur ihr Wachstum natiirlich verlangsamt, 
die Kultur aber haltbarer, als die bei hoherer Temperatur 


1) Die Herstellung ist die folgende: Losung von Agar in physio- 
logischer Kochsalzlosung zu 3 Proz., ohne jeden weiteren Zusatz; neutrale 
Oder ganz schwach alkalische Reaktion. Hiervon wird 1 Teil mit 9 Teilen 
Pferdeserum gemischt. Zusatz von einigen Tropfen Meerschweinchenblut. 
Ueberechichtung mit Paraffin. Keine Sterilisierung des fertigen Nahrbodens. 
Die einzelnen Bestandteile sind steril zu gewinnen und zu verarbeiten. Der 
Nahrboden zeigt halbstarre Konsistenz. 


-4 


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206 


Benjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


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geztichtete. Bei der Agarkultur scheint uns der Zusatz von 
frischem Meerschweinchenblnt sebr wichtig zu sein, worauf 
Wani bei der Ziichtung seiner Spirochate die Aufmerksamkeit 
gelenkt hat. 

Die Spirochaeta hebdomadis konnten wir ebenfalls sehr 
gut in den oben erwkhnten Medien kultivieren, genau so, wie 
die Spirochate der Weilschen Krankheit. Nur ist die 
Kultur dieser Spirochate haltbarer als die der 
Spirochete der Weilschen Krankheit. 

III. Pathogenitat. 

Hinsichtlich ihrer Pathogenitet sind die beiden Stemme, 
nach den Angaben der japanischen und der europeischen 
Literatur, einander sehr ehnlich. Besonders ist das Meer- 
schweinchen fiir die Infektion empfanglich. Nach intraperito- 
nealer Injektion spirochetenhaltigen Materials erkranken Meer- 
schweinchen fast regelmaBig nach 3—6 Tagen in typischer 
Weise an Fieber, FreBunlust, Hyperemie der Conjunctivae, 
Ikterus und Blutungen in Haut und Schleimhaut, Abmagerung, 
Albuminurie, Lockerung der Haarbedeckung, und gehen fast 
immer bald nach der Erkrankung zugrunde. Anatomisch kann 
man auBer dem ausgesprochenen Ikterus und den Blutungen 
in die Unterhaut und die Organe noch degenerative resp. ent- 
zundliche Erscheinungen in den Organen (Leber, Niere, 
Muskeln u. a.) konstatieren. Die Spirochaten sind in ver- 
schiedenen Organen, insbesondere in der Leber nachweisbar. 

Nach unseren experimentellen Untersuchungen zeigen die 
beiden Stamme gewisse Unterschiede hinsichtlich der 
kiinstlich erzeugten Erkrankung des Meerschweinchens. 

Wir wollen diese wie folgt kurz zusammenfassen: 

1) Die Inkubationszeit und der Krankheitsverlauf sind 
beim deutschen Stamm kurzer als beim japanischen. Bei 
ersterem sterben die Versuchstiere unter typischen Krankheits- 
erscheinungen fast immer am 4. oder 5., spatestens am 
6. Tage nach der intraperitonealen Injektion von Leberemulsion 
oder von Blut erkrankter Tiere, wahrend die dem analogen 
Infektionsmodus mit dem japanischen Stamm unterworfenen 
Tiere etwas spater erkranken und am 6. oder 7., sogar erst 
am 8. Tage eingehen. 



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Untereuchungen fiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 207 

2) Die nach Infektion mit dem deutschen Stamm er- 
krankten Tiere gehen ausnahmslos zugrunde, wflhrend die mit 
dem japanischen Stamm infizierten wieder genesen konnen, 
wenn dies auch sehr selten der Fall ist. 

3) Beim deutschen Stamm sind die Blutungen besonders 
stark in der Bauchhohle und Bauchwand ausgepragt, w&hrend 
der Ikterus sehr schwach, sogar fast unsichtbar ist. Sonst 
ist fflr den deutschen Stamm eine Ansammlung von Pleural- 
und Peritonealfliissigkeit, welche fast immer stark blutig ist 
und die Spirochflten in reichlicher Anzahl enthfllt, charakte- 
ristisch. Beim japanischen Stamm ist dagegen der starke 
Ikterus das Hauptsymptom und die Blutung nur sehr schwach. 
Die Pleural- und Peritonealflflssigkeit ist dabei sehr sp&rlich 
Oder fehlt gflnzlich. 

4) Die Spirochaten befinden sich beim deutschen Stamm 
immer in reichlicher Anzahl in der Leber, w&hrend sie beim 
japanischen bisweilen in der Leber fehlen und nur zerstreut 
in den Nieren sich vorfinden kflnnen. 

Aus diesen Befunden kann man schlieBen, daB der uns 
zur Verfiigung stehende deutsche Stamm fflr das Meer- 
schweinchenvielvirulenterist, alsderjapanische. 
Der letztere scheint seine spezifische Pathogenitfit namentlich 
in der Erzeugung des Ikterus zu fluBern, obwohl es ja auch 
moglich ware, daB die mit dem deutschen Stamm infizierten 
Tiere nur deshalb den Ikterus wenig hervortreten oder selbst 
vermissen lassen, weil sie ziemlich schnell zugrunde gehen, 
bevor der Ikterus sich vollkommen ausbilden kann. Fiir diese 
Auffassung scheint uns die Tatsache zu sprechen, daB von 
den deutschen Autoren, genau wie von den japanischen, der 
Ikterus gerade als das Hauptsymptom der experimentellen 
Infektion beschrieben wird. Unser Stamm hat also viel- 
leicht erst im Laufe der Zeit auf dem Wege der Tier passage 
diese besondere Eigentiimlichkeit angenommen. DaB unser 
deutscher Stamm fflr das Meerschweinchen virulenter ist, be- 
weist auch folgender Versuch (siehe Tabelle I auf p. 208). 

Bei diesem Versuche waren die Gr5Be der Versuchstiere, 
die Konzentration des Impfstoffes und die Vitalitflt der Spiro¬ 
chaten fast gleich. Wenigstens wurde auf diesen Umstand so 
weit geachtet, wie es sich experimentell nur irgend ermoglichen 


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208 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


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Tabelle I. 

Virulenzpriifung dea deutachen und dea japaniachen Stammea. 


• 00 

v c 
o « 

s-8 

8-i 

T3 t 

Intrapentoneal injizierte 
Spirochate (Leberemul- 
sion) eines erkrankten 
Meerschweinchena 

Schicksal 
dea Veraucha- 
tierea 

Sektionabefund 

o-g 
^ 00 

Art 

Menge 



1 

Deutscher 

Stamm 

0,1 

ccm 

Am 6. Tage 
geatorben 

Charaktenatiache Verande- 
rungen mit poaitivem Spiro- 
chatenbefund 

2 


0,01 

ccm 

Am 7. Tage 
gestorben 

dgl. 

3 


0,001 

ccm 

Am 9. Tage 
gestorben 

17 

4 


0,0001 

ccm 

Am 11. Tage 
geatorben 

»> 

5 

Japanischer 

Stamm 

0,1 

ccm 

Am 8. Tage 
geatorben 

»» 

6 

»> 

0,01 

ccm 

Am 8. Tage 
geatorben 

)9 

7 

>1 

0,001 

ccm 

Am 10. Tage 
gestorben 

19 

8 


0,0001 

ccm 

Nicht 

erkrankt 

— 


lieB. Beziiglich der Spiroch&tenmenge diente als MaBstab die 
Zahl der Spiroch&ten, die bei mikroskopischer Untersuchung 
durchschnittlich in einem Gesichtsfeld gez&hlt werden konnte. 
Die Leberemulsion wurde so hergestellt, daB sie im Gesichts¬ 
feld ca. 10 Spirochaten enthielt. 

Auf Grund dieser Ergebnisse l&Bt sich natfirlich die Iden- 
titat der beiden Stamme nicht einfach ausschlieBen, da der 
Verlauf der experimentellen Infektion der Meerschweinchen 
selbst in einer und derselben Gegend stark variieren kann. 
So gibt es, wie In ad a und Kaneko berichten, in Japan so- 
genannte „atypische“ Formen der experimentellen Erkran- 
kung der Meerschweinchen, welche namentlich durch zwei 
Hauptformen gekennzeichnet sind. Bei der einen, dem so- 
genannten Ikterustypus, spielt der ausgesprochene Ikterus 
die Hauptrolle, wahrend bei der anderen, dem hamorrhagi- 
schen Typus, die hochgradigen Blutungen das Krankheitsbild 
beherrschen und der Ikterus vermiBt wird. Beiin Ikterustypus 
verlauft die Krankheit etwas chronischer als beim anderen, 
und die Spirochate verschwindet oft aus dem Blut und der 



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Untersuchungen fiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 209 

Leber, iDdem sie nur in den Nieren nachweisbar ist. Beide 
Typen werden durch Spirochaeta icterohaemorrhagiae hervor- 
gerufen. Im groBen und ganzen ist die in unseren Versuchen 
dur.ch den deutschen Stamm hervorgerufene experimentelle 
Erkrankung des Meersckweincbens dem hamorrhagischen Typus, 
die durch den japanischen Stamm hervorgerufene dem Ikterus- 
typus ahnlich. Dennoch muBte die Tatsache, daB jeder von 
den beiden Stammen durch viele Generationen seinen eigeuen 
Charakter fest behielt, uns darauf aufmerksam machen, daB 
die beiden Stamme wenigstens in bezug auf ihre Pathogenitat 
voneinander abweichen, so daB immerhin der Beweis fur ihre 
Identitat noch zu erbringen war. 

Bei der Spirochaeta hebdomadis sind die experimentellen 
Ergebnisse ganz andere. Wir konnten niemals ausgesprochenen 
Ikterus und Blutungen nachweisen. Das Versuchstier kann 
fiebern und in der Peritonealhohle, selten im Blute, eine 
Wucherung der Spirochate zeigen, aber es kommt immer zur 
Genesung, nie zum Tod. Die Spirochaeta hebdomadis ist also 
bedeutend weniger virulent fiir das Meerschweinchen. 

IV. Serologisches Verhalten. 

Noguchi gibt in einer ersten Mitteilung kurz an, daB 
das durch den japanischen und den belgischen Stamm aktiv 
immunisierte Meerschweinchen gegen die Infektiou mit dem 
amerikanischen Stamm geschtitzt ist, daB die Blutsera von 
Meerschweinchen und Kaninchen, welche durch deu japanischen 
oder den belgischen Stamm immunisiert werden, gegenuber 
dem amerikanischen Stamm eine ebenso Starke AgglutiDations- 
wirkung zeigen, wie gegeniiber den homologen Stammen, und 
daB solche Immunsera auf alle drei Stamme fast gleichmaBig 
bis zur Titergrenze spirochatolytisch und spirochatozid wirken. 

Hieraus wiirde wohl ohne Frage auf eine Identitat der 
drei Stamme zu schlieBen sein. In einer spateren Arbeit 
macht er dann aber weitere Angaben, unter Veroffentlichung 
von Protokollen, wonach bei wechselseitiger aktiver Iminuni- 
sierung doch gewisse quantitative Unterschiede zutage treten. 
Wir werden hierauf noch spater zurilckkommen. Hinzugefiigt 
sei ferner, daB eine bei Ratten in Sildamerika (Guyaquil) 
haufig anzutreffende Spirochate nach Noguchis Unter¬ 
suchungen in biologisch-immunisatorischer Hinsicht mit der 


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210 


Renjiro Kaneko and Seiji Morihana, 


Spirochaeta icterohaemorrhagiae, nicht mit der Gelbfieber- 
spirochfite, tibereinstimmt. 

Wir haben zunachst mit dem japanischen und deutschen 
Stamm das Verhalten gegeniiber spezifischera Immunserum 
im Pfeifferschen Versuch gepriift. Das japanische 
Spirocb&tenserum (gegen Spirochaeta icterohaemorrhagiae und 
Spirochaeta hebdomadis) brachten wir aus Japan mit, das 
deutsche wurde uns durch Herrn Prof. Sobernheim freund- 
lichst zur Verffigung gestellt. Es stammte aus dem Reichs- 
gesundheitsamt. Wir haben dabei als Impfmaterial eine Leber- 
emulsion des erkrankten Meerschweinchens benutzt, die iramer 
frisch zubereitet wurde und die Spirochfiten in der Konzen- 
tration von ca. 10 Exemplaren in einem Gesichtsfelde (Im- 
mersionssystem, Okular 3 Leitz, Dunkelfeldbeleuchtung) ent- 
hielt. Wir wahlten diese Form des Virus, weil das Material 
aus dem erkrankten Tiere virulenter ist, als das vom kiinst- 
lichen Nfihrboden. Die Immunsera haben wir zunachst in 
unverdfinntem Zustande benutzt und in der Menge von 
0,5 ccm, gemischt mit der gleichen Dosis der Leberemulsion, in 
die Peritonealhbhle des Meerschweinchens injiziert. Die Resultate 
sind wie folgt: 

Tabelle II. 


Pfeifferscher Versuch mit deutschem Spirochaten stamm. 


• 00 
8jj 
*1 

Impfmaterial 

Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

Sektions- 

jl 
•« £ 
IS 

_ . i 

Spiro- 

chate 

Serum 

Nach 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Stunden 

Nach 

ca.l9Stunden 

behind 

1 

0,5 ccm 
Leber- 
emul- 
sion 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serum 

Zieml. zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Ebenso 

1 Ebenso 

Zahlr. gut be¬ 
wegliche 
Spirochaten 

Am 

5. Tage 
ge- 

storben 

i I'ypisch 

2 

dgL 

0,5 ccm 
deutsch. 
Immun¬ 
serum 

Einzelne un- 
bewegliche 
Spirochaten 




Gesund 


3 

n 

0,5 ccm 
japan. 
Immun¬ 
serum 

Einzelne gut 
erhaltene, z. 
T. noch be- 
wegl. Spir. 




Gesund 


4 

” 

0,5 ccm 
Immun¬ 
serum 
der Spir. 
hebdom. 

Einzelne gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Ebenso 

Ebenso 

Zieml. zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Am 

5. Tage 

storben 

Typisch 


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Untersuchungen iiber die ldentitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 211 


Tabelle III. 


Pfeifferscher Versuch mit japanischem Spirochatenst&mm. 


J 00 

IJ 

51 

Impfmaterial 

Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

Sektions- 

J-i 
■ £ 
% s 

Spiro- 

chate 

Serum 

Nach 

30 Mi nu ten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Stunden 

Nach 

ca. 20 Stund. 

behind 

1 

0,5 ccm 
Leber- 
emul- 
sion 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serum 

Einzelne leb- 
haft beweg- 
liche Spiro- 
chaten 

Ebenso 

Ebenso 

Zahlr. gut be¬ 
wegliche 
Spirochaten 

Am 

6. Tage 

g t 

storben 

Typisch 

2 

dgL 

0,5 ccm 
japan, 
immun¬ 
serum 

Einzelne z. T. 
trag beweg- 
liche Spiro- 
chaten 




Gesiind 


3 

1J 

0,5 ccm 
deutsch. 
Immun¬ 
serum 

Einzelne z. T. 
trag beweg- 
liche Bpiro- 
chaten 


_ 


Gesund 


4 

ti 

0,5 ccm 
Immun¬ 
serum 
der Spir. 
hebdom. 

ZiemL zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Ebenso 

Ebenso 

Ebenso 

Am 

7. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 


In diesen beiden Versuchsreihen haben die Immunsera 
des deutschen und des japanischen Stammes Meer- 
schweinchen sicher geschfitzt, und zwarnichtnur 
gegen dielnfektion mit dem eigenen Stamm, son- 
dern auch gegen den anderen Stamm, w&hrend das 
normale Serum und das Immunserum der Spirochaeta hebdo- 
madis nie solche Wirkung gezeigt haben. Dabei trat das 
Pfeiffersche Phfinomen deutlich zutage. Schon aus diesen 
Versuchen, die mit unverdilnntem Serum vorgenommen wurden 
und auf den Serumtiter noch keine Rficksicht nahmen, ergibt 
sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, daC die beiden Stamme 
in sehr naher Beziehung zueinander stehen, wahrend die Spiro- 
chate des Siebentagefiebers sich biologisch offenbar anders 
verhait. 

Wir haben dann einen ahnlichen Versuch mit der Spiro- 
chate des Siebentagefiebers angestellt. Da die Virulenz der 
Spirochate des Siebentagefiebers ffir das Meerschweinchen be- 
deutend schwacher ist, wie wir schon oben bemerkt haben, 


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212 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


lieB sich freilich von vornherein ein entscheidendes Resultat 
kaum erwarten. Als Impfmaterial benutzten wir Spirochaten 
aus Agarkultur, in einer Konzentration von mehr als 
10 Exemplaren in einem Gesichtsfelde, weil wir eben ein 
zahlreiche Spirochaten enthaltendes Tiermaterial nicht 
gewinnen konnten. 


Tabelle IV. 

Pfeifferscher Versuch mit Spirochaeta hebdomadis. 


Sjj 

a-s 

Impfmaterial 

Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

8-§ 

Spiro- 

chate 

Serum 

Nach 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

4 Stunden 

Nach 

23 Stunden 

Nach 

72 Stunden 

i 

0,5 ccra 
Kultur 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serum 

Zieml. zahl- 
reiche z. T. 
bewegliche 
Spirochaten 

Eben so 

Einzelne z. T. 
gut beweg¬ 
liche Spiro¬ 
chaten 

Ebenso 

Zahlr.gut be¬ 
wegliche 
Spirochaten 

Gesund 

2 

dgl. 

0,5 ccm 
Immun- 
serum d. 
Spir. 
hebd. 






Gesund 

3 

» 

0,5 ccm 
japan, 
lmmun- 
scrum 

Einzelne z. T. 
triig beweg¬ 
liche Spiro¬ 
chaten 

Ebenso 

Einige z. T. 
triig beweg¬ 
liche Spiro¬ 
chaten 



Gesund 

4 

II 

0,5 ccm 
deutsch. 
Immun¬ 
serum 

Einzelne z. T. 
gut beweg¬ 
liche Spiro¬ 
chaten 

Eben so 

Einige z. T. 
gut beweg¬ 
liche Spiro¬ 
chaten 


Zahlr. gut be¬ 
wegliche 
Spirochaten 

Gesund 


Auch in diesem Versuche laBt sich zwar ein gewisser 
Unterschied zwischen dem Serum der Spirochaeta hebdomadis 
und den Immunsera des japanischen resp. des deutschen 
Stammes erkennen, doch kommt dieser Unterschied nicht 
so pragnant zum Ausdruck, wie in den fruheren Ver- 
suchen. 

Nun haben wir noch weitere Untersuchungen mit ver- 
dunntem Immunserum ausgefuhrt, um den Titer der 
Sera genau zu bestimmen undbeivergleichenden 
Priifungen zu beriicksichtigen. 


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Untersuchungen iiber die Identitat der Bp. ictcrohaemorrhagiae. 213 


TabeUe V. 


Pfeifferscher Vereuch mit dem japanischen Spirochatenstamm und 
dem homologen Immunserum. Auswertung des Serums. 


' 03 
8| 
S3 o 

Impfmaterial 

Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

Sektions- 

*•§ 
•o je 

o 

£ « 

03 

Spiro- 

chiite 

Serum , 

Nnch 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Stunden 

Nach 

23 Stunden 

bef und 

1 

0,5 ccm 
Leber- 
emul- 
sion 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serum 

* 

Zicml. zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Ebenso, in 
etwaa spar- 
licherer An¬ 
zahl 

Ebenso 

Ebenso 

Am 

8. Tagc 
ge- 

6torben 

Typisch 

2 

dgl. 

0.5 ccm 
unverd. 
Immun- 
serum 

#» 




Gesund 


3 

It 

0,5 ccm 

verd. 

Serum 

Einige trfig 
bewegliche 
Spirochaten 




Geaund 


4 

ft 

0,5 ccm 

1 100 
verd. 
Serum 

dgl. 




Gesund 


5 

ft 

0,5 ccm 

/ inoo 

verd. 

Serum 

If 




Am 

11. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

6 

ft 

0,5 ccm 
•/ 

1 1 (<000 
verd. 
Serum 

ft 

Nur eine gut 
crhaltene 
Spirochiite 


Einzelne gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Am 

7. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 


In rliesera Versuche konnte das japanische Immunserum 
das Meerschweinchen gegen die Infektion mit der gleich- 
namigen Spiroch&te bis zur Verdflnnung 1:100 voll- 
kommen schutzen. Weitergehende Verdflnnungen zeigten 
zwar noch eine deutliche Beeinflussung der Spirochaten im 
Sinne des Pfeifferschen Ph&nomens, reichten aber zur 
Rettung der Tiere nicht mebr aus. Bei der Verdflnnung 
1:1000 wurden die Spirochaten in der Peritonealflfissigkeit 
nach 9(j Stunden wieder in reicblicher Anzahl gefunden, nach- 
dem sie nach 1, 2 und 23 Stunden nicht mehr nachweisbar 
gewesen waren. 


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214 


Benjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


Tabelle VI. 


Pfeifferscher Versuch mit dem deutschen Spirochatenstamm and 
japanischen Immunserum verschiedener Konzentration. 


» CO 

SJ 

a 1 

Impfmaterial 

Spirochatenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

Sektions- 

J-s 

•O ft 

O J3 

55 S 

Spiro- 

cnate 

Serum 

Nach 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Stunden 

Nach 

21 Stunden 

befund 

1 

0,5 ccm 
Leber- 
emul- 

sion 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serum 

Einzelne 
meist unbe- 
wegliche 
Spirochaten 

Zahlr. z. T. 
gut beweg- 
Dche Spiro¬ 
chaten 

Ebenso 

Wenige gut 

bewegliche 

Spirochaten 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

2 

dgl. 

0,5 ccm 
unverd. 
Serum 



% 


Gesund 


3 

W 

0,5 ccm 

verd. 

Serum 

— 

— 

— 

— 

Gesund 

— 

4 

ft 

0,5 ccm 

V.H 

verd. 

Serum 





Am 

11. Tage 
ge- 

etorben 

Typisch 

5 

ft 

0,5 ccm 

'/1090 

verd. 

Serum 

Nur eine gut 
erhalt. nicht 
bewegliche 
Spirochate 

Nur 2 solcher 
Spirochaten 

Einige eolch. 
Spirochaten 

Zieml. zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Am 

5. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

6 

ft 

0,5 ccm 

VlOOOO 

verd. 

Serum 

Einige gut er¬ 
halt. nicht 
bewegliche 
Spirochaten 

Zieml. zahl- 
reiche z. T. 
gut bewegl. 
Spirochaten 

Einzelne gut 
erhalt., nicht 
bewegliche 
Spirochaten 

Zahlr. gut 
bewegliche 
Spirochaten 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 


Das japanische Immunserum vermag hiernach den Tod 
des Meerschweinchens bei Infektion mit dem deutschen Stamm 
nur bis zur Verdunnung 1:10 vollkommen zu verhiiten. 
In der Verdunnung 1:100 war lediglich eine starke Ein- 
wirkung auf die SpirocMten zu erkennen, aber das Tier ging 
schlieBlich doch noch am 11. Tage an der Infektion zugrunde. 
Es scheint also die Wirkung des japanischen Immunserums 
auf den anderen Spirochatenstamm schwacher zu sein, als auf 
den eigenen. Zu berflcksichtigen ist hierbei freilich, daB der 
deutsche Stamm eine st&rkere Virulenz fflr das Meerschweinchen 
besitzt (cf. Tabelle I), und man kbnnte zun&chst geneigt sein, 
die Ergebnisse hiermit zu erklfiren. 


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Untersuchungen fiber die ldentitfit der Sp. icterohaemorrhagiae. 215 


TabeUe VII. 


Pfeifferscher Verauch mit dem deutschen Spirochatenstamm und dem 
homologen Immunserum. Auswertung des Serums. 


• • 
II 

Ij 

Impfmaterial J 

Spirochatenbefund in der Peritonealfiussigkeit 

Verlauf 

Sektions- 

Spiro- 

cnate 

Serum 

Nach 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Stunden 

Nach 

22 Stunden 

befund 

1 

0,5 ccm 
Leber- 
emul- 
sion 

0,5 ccm 
normaL 
Pferde- 
serum 

Zahlr. gut be- 
wegliche 
Spirochaten 

Ebenso 

Ebenso 

Ebenso 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

2 

dgl. 

0,5 ccm 

— 

— 

— 

— 

Gesund 

— 



Serum 







3 

it 

0,5 ccm 

i/ 

verd. 

Serum 





Gesund 


4 

if 

0,5 ccm 

if 

/1000 
verd. 
Serum 

Einige z. T. 
gut beweg- 
liche Spiro¬ 
chaten 

Ebenso 

Ebenso 

Zahlr. gut be- 
weglicne 
Spirochaten 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

5 

ft 

0,5 ccm 

/10000 
verd. 
Serum 

Zahlr. z. T. 
gut beweg- 
bche Spiro¬ 
chaten 

Ebenso 

Ebenso 

Ebenso 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 


Das deutsche Serum konnte somit das Meerschweinchen 
von der Infektion durch den eigenen Stamm bis zur Ver¬ 
dflnnung 1:100 retten. 

Das deutsche Immunserum konnte die tddliche Infektion 
des Meerschweinchens durch den anderen Stamm in Ver- 
dflnnung 1:100 nicht mehr verhindern und war nur in der 
Verdflnnung 1:10 sicher wirksam. Dieses Verhalten ent- 
spricht genau demjenigen des japanischen Serums, das eben- 
falls auf den anderen Stamm schwflcher wirkt, als auf den 
eigenen. 

Aus diesen Versuchen mit wechselseitiger Immunisierung 
geht das interessante Ergebnis hervor: Jeder Spiroch&ten- 
stamm wird durch das Immunserum des anderen 
Stammes nur bis zur Verdflnnung 1:10 voll- 
kommen beeinfluBt, w&hrend er auf das eigene 


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216 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


Tabelle VIII. 

Pfeifferscher Vereuch mit dem japanischen Spirochiitenstamm und 
dem deutsehen Immunserum verschiedener Konzentration. 


No. dea Meer- 
schweinchens 

Impfmaterial 

Spirochiitenbefund in der Peritonealfliissigkeit 

Verlauf 

Sektiona- 

Spiro- 

chiite 

Serum 

Nach 

30 Minuten 

Nach 

1 Stunde 

Nach 

2 Si unden 

Nach 

20 Stunden 

befund 

1 

0,5 ccm 
Ieber- 
emul- 
sion 

0,5 ccm 
normal. 
Pferde- 
serura 

Einzelnez T. 
gut beweg- 
liehe Spiro- 
chiiten 

Ebenso 

Nur einige 
unbewegl. 
Spiroehaten 

Einzelne z. T. 
bewegliche 
Spiroehaten 

Am 

5. Tagc 
ge- 

storben 

Typisch 

2 

dgl. 

0,5 ccm 

V 

verd. 

Serum 





Gesund 


3 

tt 

0,5 ccm 
»/ 

MOO 

verd. 

Serum 





Am 

9. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

4 

tt 

0,5 ccm 
»/ 

' IOOO 

verd. 

Serum 

Nur einige 
noch beweg- 
liehe Spiro- 
chaten 


Nur einige 
noch beweg¬ 
liche Spiro- 
chaten 

Einzelne gut 
bewegliche 
Spiroehaten 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 

5 

ft 

0,5 ccm 
»/ 

'tottoo 

verd. 

Serum 

Einzelne gut 
bewegliche 
Spiroehaten 

Ebenso 

Nur einige 
noch beweg 
liche Spiro- 
chaten 

Zieml. zahl- 
reiche gut 
bewegliche 
Spiroehaten 

Am 

6. Tage 
ge- 

storben 

Typisch 


Serum noch in der Verdiinnung 1:100 in gleicher 
Weise reagiert. Recht deutlich laBt sich diese Wirkung 
durch folgendes Schema veranschaulichen: 


japanischer Stamm 


deutscher Stamm 



japanisches Serum deutsches Serum 


Jedes Immunserum wirkt hiernach auf den homologen 
Stamm stiirker ais auf den heterologen. Gegeniiber letzterem 
ist nach unseren Versuchen ungefahr die 10 fache Menge des 
Serums zum Schutze der Tiere erforderlich. Es verdient 
frcilich hervorgehoben zu werden, dali diese quantitative VVert- 
bemessung keine ganz genaue ist, weil sich einmal die 


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UntersuchuDgen iiber die Identit&t der Sp. icterohaemorrhagiae. 217 

Dosierung des Virus nicht so exakt vornehmen laBt, wie in 
anderen Fallen, und weil anBerdem die Verdfinnungen des 
Serums immer nur um das 10-fache variiert wurden, so daB 
die Zwischenstnfen fehlen. Diese Art der Titrierung erschien 
uns gerechtfertigt, um mbglichst deutliche und sichere Aus- 
schlage zu erhalten. Immerbin bleibt die Tatsacbe bestehen, 
daB der homologe Stamm auf das Immunserum starker reagiert 
als der andere. 

Was bedeutet nun diese Erscheinung? Sie ist nach 
unserer Meinung weder dnrch die Virulenzverschiedenheit der 
beiden Spirochaten, noch durch eine Verschiedenheit des 
Titers der beiden Immunsera zu erkiaren. Es miissen viel- 
mehr engere biologische Beziehungen bestehen zwischen dem 
japaniscben Stamm und seinem Immunserum einerseits und 
zwischen der deutschen Spirochate und dem zugehbrigen 
Immunserum andererseits. Auch ist zu betonen, daB speziell 
das von uns benutzte japanische Immunserum ein multivalentes 
ist, das von Pferden stammt, die wahrend einiger Jahre mit 
Injektionen vieler verschiedener Spirochatenstamme behandelt 
worden sind. Die Frage ist nur, ob den quantitativen Diffe- 
renzen, wie sie sich im Mischungsversuch in der Form des 
Pfeifferschen Phanomens und binsichtlich der Schutzwirkung 
ergeben haben, nun eine so weittragende Bedeutung bei- 
zumessen ist, daB wir daraufhin die Identitat der beiden 
Spirochaten bezweifeln mfissen. Wir glauben nicht, daB man 
so weit gehen darf. Zum mindesten stehen die beiden 
Spirochatenstamme sich auBerordentlich nahe, und auch wenn 
die gefundenen Difforenzen bei wechselseitiger Immunisierung 
sich bei weiterer Nachprtifung an einer groBeren Zahl von 
Stammen beider Typen als konstant herausstellen sollten, so 
ware man, wie wir glauben, hochstensberechtigt, 
von Abarten Oder Varietaten zu sprechen, nicht 
aber die einheitlicheArt der Stamme in Abrede 
zu stellen. Es bleibt eben doch die Tatsacbe bestehen, daB 
die Immunitat gegen den einen Stamm sich auch gegen den 
anderen erstreckt, wahrend beispielsweise die Spirochate des 
Siebentagefiebers ganz ausfallt. Nicht einmal mit einer anderen 
Spirochatengruppe, den Recurrensspirochaten, lassen sich unsere 

Zeltschr. f. ImmunlttUforachang. Orig. Bd. 31. 15 


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218 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


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Resultate vergleichen; die Typen der Recurrensspirochate 
steben einander biologisch viel ferner, als die japanische und 
deutsche Spirochate der Weil schen Krankheit. 

Wir werden in unserer Auffassung weiterhin best&rkt 
durch Beobachtungen, die wir beziiglich wechselseitiger 
aktiver Immunisierung machen konnten. Eine Reihe von 
Meerschweinchen waren im Laufe unserer Untersuchungen 
nach intraperitonealer Impfung mit Spirochatenmaterial am 
Leben geblieben, sei es daB sie die Infektion ohne weiteres 
Zutun tiberstanden hatten oder aber, daB sie durch Serum- 
injektion gerettet worden waren. Wir benutzten diese Tiere 
zu Versuchen mit kreuzweiser Infektion. Es zeigte 
sich, daB die mit deutschen Spirochaten vorbehandelten Tiere 
gegen Infektion mit japanischen Spirochaten vollkommen ge- 
schtltzt waren, und umgekehrt. Niemals konnten wir bei diesen 
Versuchen eine Erkrankung der betreffenden Tiere erzielen, 
wahrend die Kontrolltiere in typischer Weise erkrankten und 
mit reichlichem Spirochaten befund zugrunde gingen. Das 
Spirochatenmaterial wurde in der Form der Leberemulsion in 
Mengen von 1 ccm intraperitoneal injiziert. Die Resultate 
waren so klar und eindeutig, daB auf eine Wiedergabe der 
Protokolle verzichtet werden kann. Besondere Beweiskraft 
erhalten diese Beobachtungen weiterhin dadurch, daB Tiere, 
die frflher mit der Spirochaeta hebdomadis behandelt 
worden waren, bei Nachinfektion mit deutscher oder japanischer 
Spirochate wie die Kontrolltiere erkrankten und eingingen. 
Auch umgekehrt war bei Nachinfektion mit der Spirochaeta 
hebdomadis, je nach der Art der Vorbehandlung, ein in die 
Augen springender Unterschied vorhanden. Zwar erlag keines 
der mit dieser Spirochate infizierten Meerschweinchen der In¬ 
fektion, wohl aber war in der Peritonealhohle sowohl der 
Kontrolltiere als auch der mit dem japanischen und dem 
deutschen Stamme der Spirochate der Weil schen Krankheit 
immunisierten Tiere eine starke Wucherung der Spirochaten 
regelmaBig nachweisbar, wahrend bei den mit der Spirochaeta 
hebdomadis immunisierten Tieren die Spirochaten sehr bald, 
spatestens nach einem Tage vollkommen aus der Peritoneal- 
h5hle verschwunden waren. 



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(JnterBuchungen iiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 219 


Es bestatigen also auch diese Beobachtungen, daB nur 
fflr die Spirochate der Weilschen Krankheit die Tatsache 
einer wechselseitigen spezifischen Immunitat zwischen deutschem 
und japanischem Stamm besteht, der gegenfiber die quan- 
titativen Unterschiede vom biologischen Standpunkt zwar Be- 
rflcksichtigung verlangen, aber nach unserer Meinung nicht 
z u r Deutung im Sinne von Artunterschieden be- 
rechtigen. Dies scheint uns auch hervorzugehen aus den 
spSteren Feststellungen, zu denen Noguchi bei dem Ver- 
gleich der japanischen, belgischen und amerikanischen Spirochate 
gelangt ist. Er fand bei Prflfung der wechselseitigen aktiven 
Immunitat zwar gewisse quantitative Unterschiede, doch waren 
diese nicht einfach durch das Ursprungsland der Spi¬ 
rochate bedingt. So reagierten von 3 amerikanischen Stammen 
2 wechselseitig und zeigten gleichzeitig eine nahere Verwandt- 
schaft zu dem japanischen Spirochatenstamm, wahrend der 
dritte amerikanische Stamm immunisatorisch mit der belgischen 
Spirochate tibereinstimmte. 

Zusammenfassung. 

1) Zwischen dem deutschen und dem japanischen Spi- 
rochatenstamme der Weilschen Krankheit haben wir weder 
morphologisch noch ku 11ure 11 sichere Unterschiede fest- 
stellen konnen. 

2) Hinsichtlich der Pathogenitat fflr Meerschweinchen 
treten gewisse Unterschiede zwischen den beiden Stammen 
hervor, die aber wohl durch verschiedene Virulenz erklart 
werden konnen. 

3) Die kreuzweise aktive und passive Immunisierung 
gelingt. Beide Stamme reagieren, speziell im Pfeifferschen 
Versuch, in spezifischer Weise nicht nur auf das homologe, 
sondern auch auf das heterologe Immunserum. In quantitativer 
Hinsicht besteht ein Unterschied insofern, als das japanische 
Serum auf die japanische Spirochate, das deutsche Serum auf 
die deutsche Spirochate starker wirkt. 

4) Nach diesen Ergebnissen sind die beiden Spirochaten- 
stamme, der japanische und der deutsche, ein und dieselbe 

15* 


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220 


Renjiro Kaneko und Seiji Morihana, 


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Spezies und zum mindesten auBerordentlich nahe verwandt. 
Die quantitativen Unterschiede berechtigen nach unserer 
Meinung nicht dazu, die Identit&t der Stfimme zu leugnen, 
bedilrfen aber an der Hand eines reichhaltigen Spiroch&ten- 
materials der beiden Typen noch weiterer AufklSrung. 

5) Die Spirochaeta hebdomadis, der Erreger des „Sieben- 
tagefiebers“, ist nach dem Ausfall der Immunit&tsreaktionen 
und nach dem serologischen Verhalten von dem deutschen 
Spirochfitenstamm der Weilschen Krankheit ebenso ver- 
schieden, wie von dem japanischen Stamme. Die Spiroch&te 
ist somit von den beiden anderen artverschieden, wenn man 
sie auch morphologisch nicht mit Sicherheit unterscheiden kann. 


Literatur. 

1) Oguro, Ueber die Weilsche Krankheit als endemische Krankheit in 
Saga. Tokyo Igakukai Zasahi, Bd. 24, 1910, No. 23. 

2) Inado, Ido, Kaneko, Hoki und Ito, Spirochaetosis ictero-haemor- 
rhagica. Die Aetiologie, pathol. Anatomie, Pathologie, Symptomatologie, 
Diagnose, Prophylaxis und Therapie. Nisshin Igaku, Bd. 5, 1915, No. 1. 

3) Inada, ldo, Kaneko, Ho ki, I to, Okuda und Wani, Mitteilung 
fiber die Aetiologie, Infektion, Pathologie, Immunitat, Prophylaxis und 
8erumbehandlung der Weilschen Krankheit (Spirochaetosis ictero- 
haemorrhagica Inada). Mitteilungen aus der med. Fakultat Kyushu, 
Bd. 3, 1917, Heft 1. 

4 ) Inada und Ido, Eine zusammenfassende Mitteilung fiber die Ent- 
deckung des Erregers (eine neue Species Spirochaeta) der Weilschen 
Krankheit. Tokyo Ijishinshi, No. 1908, Februar 1915. 

5) Uhlenhuth und From me, Ex peri men telle Untersuchungen fiber 
die sogenannte Weilsche Krankheit (ansteckende Gelbsucht). Med. 
Klinik, 1915, No. 44. 

6) -Weitere experimentelle Untersuchungen fiber die sogenannte 

Weilsche Krankheit (ansteckende Gelbsucht). 2. Mitteilung. Med. 
Klinik, 1915, No. 46. 

7) -Zur Aetiologie der sogenannten Weilschen Krankheit (ansteckende 

Gelbsucht). Berl. klin. Wochenschr., 1916, No. 11. 

8) -Untersuchungen fiber die Aetiologie, Immunitat und spezifische 

Behandlung der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Immunitatsf. u. 

- exper. Ther., Bd. 25, 1916, u. Bd. 28, 1919. 

9) Hubener und Reiter, Beitriige zur Weilschen Krankheit. Deutsche 
med. Wochenschr., 1915, No. 43, u. 1916, No. 1. 

10)-Die Aetiologie der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Hyg. u. 

Infekt., Bd. 81, 1916. 



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Untersuchungen iiber die Identitat der Sp. icterohaemorrhagiae. 221 


11) Ito und Matsuzaki, Ueber die Reinkultur des Erregers, der Spi¬ 
rochate der sog. Weilschen Krankheit. Tokyo Igakukai Zaeshi, Bd. 29, 
1915, No. 23. 

12) Oba. Ueber die Reinkultur der Spirochaeta ictero-haemorrhagiae. 
Verhandl. d. japan. Kongr. f. innere Med., 1916. 

13) Miyaji, Tierexperimente mit Spirochaeta ictero-haemorrhagiae. Ver¬ 
handl. d. japan. Hyg. Gesellsch.. 1917. 

14) Ungermann, Zuchtung der Weilschen Spirochate usw. Arbeiten 
a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte, Bd. 51, 1918, Heft 1. 

15) Ziilzer, Beitrage zur Kenntnis der Morphologie und Entwicklung 
der Weilschen Spirochate. Ebenda. 

16) Dietrich, Morphologische und biologische Beobachtungen an der 
Spirochate der Weilschen Krankheit. Zeitschr. f. Tmraunitatsf. u. ex per. 
Ther., Bd. 26, 1917. 

17) Martin et Pettit, Spiroch6tose ict/:roh6morragique. Monographic 
de l’institut Pasteur, 1919. 

18) Noguchi, Spirochaeta icterohaemorrhagiae in American wild rats and 
its relation to the Japanese and European strains. Journ. of exp. 
Medicine, Vol. 25. 1917. 

19) — A comparative study of experimental prophylactic inoculation 
against Leptospira icterohaemorrhagiae. Journ. of exp. Med., 
Vol. 28, 1918. 

20) — Presence of a leptospira in wild animals in Guyaquil and its relation 
to Leptospira icterohaemorrhagiae and Leptospira icteroides. Journ. 
of exp. med., Vol. 30, 1919. 

21) Inada, Weilsche Krankheit. Fukuoka Ikwadaigaku Zasshi, 1910, No. 1. 

22 ) Ido und Warn, EineMitteilung iiber das Studium von „Nanukayami li 
(Sicbentagefieber). Igaku Chuo Zasshi, No. 233, 1916. 

23) Ido, Ito und Wani, Eine Mitteilung iiber die Entdeckung des Er¬ 
regers von „Nanukayami“ (Siebentagefieber). Nippon Naika Gakukai 
Zasshi, 1917, No. 5. 

24) -Spirochaeta hebdomadis, the causative agent of Seven Day 

Fever (Nanukayami). Journ. of exp. Med., Vol. 28, 1918, No. 4, 
u. Vol. 29, 1919, No. 2. 

25) Wani, Ueber die Reinkultur der Spirochaeta ictero-haemorrhagiae 
und der Spirochaeta des Siebentagefiebers. Verhandl. d. japan. Kongr. 
f. innere Medizin, 1919. 

26) Inada und Kaneko, Mitteilung des pathologisch-anatomischen Teils 
der Tierexperimente bei der Spirochaetosis ictero-haemorrhagica. 
Chugai Ijishimpo, No. 849, 1915. 


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222 


R. Manninger, 


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Nachdruck verboten. 

[Mitteilung aus dem Institut flir Seuchenlehre der K. ungar. 

Veterinar-Hochschule in Budapest.] 

Ueber die antikomplementilre Wirkung der Einhaferseren. 
Beitrag zum Hechanismus der antikomplementMren Serumwirkungen. 

Von Privatdozent Dr. R. Manninger. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 27. August 1920.) 

Die Sera von Pferden, Maultieren und Eseln verhalten sich 
ira frischen Zustande ganz besonders stark antikomplementUr, 
so daB Einhuferseren nur durch vorheriges Erhitzen zur 
Komplementbindungsprobe geeignet gemacht werden kOnnen. 
Hinsichtlich der St&rke dieser Eigenhemmung bestehen zwischen 
den Seris der Pferde, Maultiere und Eseln nicht unerhebliche 
Unterschiede. Pferdesera k6nnen namentlich meist schon 
durch Vj-stGndige Einwirkung einer Temperatur von 56° der 
antikomplementaren Wirkung beraubt werden; ausnahmsweise 
gelangen aber auch Pferdesera zur Untersuchung, deren Eigen¬ 
hemmung diesem Temperaturgrad standh&lt und erst durch 
Vj-stiindiges ErwSrmen auf 60° ausgeschaltet wird. Noch 
ausgesprochener antikomplement&r wirken die Maultier- und 
Eselsera. Wohl kann ein Teil der Maultierseren durch 
^j-stflndiges Erhitzen auf 60° inaktiviert werden, in der Mehr- 
zahl der FSlle geniigt jedoch bei der Untersuchung von 
Maultierseren dieser Temperaturgrad nicht und insbesondere 
ist es unmoglich, bei Eselseris mit dieser Temperatur aus- 
zukommen. Es herrschte demnach eine geraume Zeit die 
Ansicht, daB Maultier- und Eselsera zur Untersuchung mit 
der klassischen Komplementbindungsprobe ungeeignet sind. 
Neuerdings haben jedoch Rudolf 1 ) und Bauer*) den Nach- 
weis erbracht, daB nach 30—40 Minuten langem Erw&rmen 
auf 63—64° auch diese Sera ihre antikomplementare Funktion 
einbiiBen. 

1) Berl. tieriirztl. Wochenschr., 1918, p. 371. 

2) Kozlem^nyek az osszehasonlit6 61et-& k6rtan kordbtfl (ungarisch), 
Bd. 15, 1919, p. 23. 



Origirval from 

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Ueber die antikomplementilre Wirkung der Einhuferseren. 223 


Betrachtet man somit als Mafistab der antikomplement&ren 
Wirkung der Seren ihre Widerstandsffihigkeit gegeniiber den 
Inaktivierungstemperaturen, so l9.Bt sich binsichtlich der anti- 
komplement&ren Wirkung der Einhuferseren die nachstehende 
Reikenfolge aufstellen. Am wenigsten hemmen im allgemeinen 
die Pferdesera (Inaktivierungstemperatur meist 56°), von denen 
aber einzelne (Inakt.-Temp. 60°) einen Uebergang bilden zu 
den Maultierseris. Manche Maultiersera wirken weniger 
(Inakt-Temp. 60°), andere auffallend stark antikomplement&r 
(Inakt.-Temp. 63—64°). Ausnahmslos stark antikomplementftr 
verhalten sich die Eselsera (Inakt.-Temp. 63—64°). 

Es war von Interesse, die Frage nSher zu untersuchen, 
worin die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens liegt. Es 
schien von vornherein unrichtig, fiir die Eigenhemmung der 
Einhuferseren besondere, in anderen nicht Oder nur wenig 
antikomplementSr wirkenden Seris etwa nicht vorhandene 
Stoffe verantwortlich zu machen. Erstens haben namlich die 
Versuche von U. Friedemann 1 ) fiber die Theorie der 
Wassermannschen Reaktion darauf hingewiesen, daB die 
Globuline, also normale Bestandteile des Menschenserums, 
unter Umst&nden ganz besonders stark antikomplement&r 
wirken kbnnen, und dann ist fiir das sonst iiberhaupt nicht 
antikomplementare Meerschweinchenserum der Nachweis er- 
bracht worden, daB durch verschiedene Eingriffe der Zustand 
der Globuline derart verSndert werden kann, daB das Serum 
nunmehr antikomplementare Eigenschaften annimmt (siehe 
weiter unten). 

Auf Grund dieser Tatsachen, sowie in Anbetracht des 
relativ hohen Globulingehaltes des Pferdeserums (fiir Maultier- 
und Eselsera fand ich keine Analysen vor) kam ich auf den 
Gedanken, die Ursache der verschieden starken antikomplemen- 
taren Wirkung der Einhuferseren in ihrem etwa verschiedenen 
Globulingehalt zu suchen und in dem abweichenden Verhalten 
gewisser Pferdesera von der Norm eher den Ausdruck von 
Verschiedenheiten im Stoffwechsel, als eine atavistische Er- 
scheinung [Schiitz und Waldmann 2 )] erblicken zu miissen. 

1) Zeitschr. f. Hyg., Bd. 67. 1910, p. 279. 

2) Archiv f. wis6. u. prakt. Tierheilkunde, Bd. 40, 1914, p. 503. 


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224 


E. Manninger, 


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Zunkchst sucbte ich demgemaC einen Zusammenhang 
zwischen der antikomplementaren Wirkung der Seren und 
ihrem Globulingehalt. Eine weitere Fragestellung war die, 
worauf die Tatsache zurttckzuffihren sei, daB die Sera durch 
Erhitzen ibrer antikomplementaren Funktion beraubt und 
daher zur Untersuchung mit der Komplementbindungsprobe 
geeignet gemacht werden kbnnen. 

I. Die antikomplementare Wirkung ais Globulinfunktion. 

In Vorversuchen bestimmte ich an einer grOBeren Anzahl 
von Pferde- und Maultierseris die Wirkung verschiedener 
Temperaturen auf den antikomplementaren Effekt der be- 
treffenden Seren und w&hlte zur eingehenderen Analyse zwei 
Pferdesera, von denen das eine bei 56°, das andere erst bei 
60° inaktiviert werden konnte, ferner zwei Maultiersera, von 
denen das eine bei 60°, das andere dagegen nur bei 64° die 
Eigenhemmung verloren hat, und schlieBlich ein Eselserum, 
dessen antikomplementare Eigenschaft durch die Einwirkung 
von 60° noch nicht zum Schwinden gebracht, dagegen durch 
die Temperatur von 64° aufgehoben wurde. 

Mit dem Verarbeiten dieser Seren wurde immer bereits 
24 Sunden nach dem AderlaB begonnen. Von den Seris 
wurden Proben, auf das Zweifache mit physiologischer Koch- 
salzlbsung verdflnnt 1 ), in mit Gummipfropfen gut verschlossenen 
Reagenzgiasern teils unerhitzt belassen, teils je 1 / i Stunde 
lang in 50-, 55-, 60- und 65°-igem Wasserbade gehalten. 

Dann bestimmte ich die antikomplementare Wirkung der 
einzelnen Proben auf folgende Weise: Es wurden von den 
Serumproben absteigende Mengen (von 1,0 bis 0,001 ccm) 
mit je einer Einheit Komplement, d. i. jener kleinsten Menge 
Meerschweinchenserum vermischt, die eben ausreichte, urn 
1 ccm 5-proz. Hammelblutkflrperchenaufschwemmung in An- 
wesenheit von 2 Einheiten Hamolysin komplett zu losen. 
Dann wurden die Rohrchen mit physiologischer Kochsalzlosung 
auf je 3 ccm aufgefflllt und 20 Minuten lang im Wasserbade 
bei 40° gehalten. Nach dieser Frist gab ich in jedes Rbhrchen 

1) Die Verdiinnung war notwendig, da son at das Erhitzen auf 65 “ 
der Gerinnung wegen nicht moglich gewesen ware. 



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Ueber die antikomplementire Wirkung der Einhuferseren. 225 


1 ccm 5-proz. Hammelblutkorperchenaufschwemmung und 
1 ccm 2 Einheiten euthaltende Hamolysinlosung und stellte 
die Rohrchen auf weitere 20 Minuten in das Wasserbad. 
Nach Ablauf dieser Zeit bestimmte ich in den einzelnen 
Rohrchen den Grad der H&molyse bzw. dessen reziproken 
Wert, die Starke der Eigenhemmung. AuBer diesen Rohrchen 
warden selbstverst&ndlich auch Kontrollproben angesetzt, urn 
die tadellose Beschaffenheit der bei der H&molyse beteiligten 
Faktoren zu priifen. 

Ferner bestimmte ich bei jedera Serum den Gesamt- 
eiweiBgehalt sowie die Menge der durch fraktionierte Aus- 
f&llung mit Ammonsulfat erhaltenen Globulin- und Albumin- 
fraktionen und berechnete aus den erhaltenen Werten den EiweiB- 


quotienten des betreffenden Serums |EiweiBquotient= 


Albumin 

Globulin 


Um den EinfluB der Albumin- und Globulinfraktionen 


auf die Eigenhemmung des Serums gesondert untersuchen zu 
kQnnen, stellte ich durch fraktionierte Ausfallung mit Ammon¬ 
sulfat Albumin- und Globulinldsungen her. Zu diesem 
Zwecke wurden je 50 ccm Serum mit der gleichen Menge 
konzentrierter Ammonsulfatliisung versetzt und der entstandene 
Niederschlag auf einem Papierfilter gesammelt. Der Nieder- 
schlag wurde mit halbkonzentrierter Ammonsulfatl5sung so 
lange gewaschen, bis das Waschwasser eiweiBfrei ablief. In 
das gesammelte Filtrat gab ich dann so viel fein gepulvertes 
Ammonsulfat, daB eine konzentrierte Losung entstand, worauf 
die Albuminfraktion ausfiel. Der Albuminniederschlag wurde 
dann ebenfalls auf ein Papierfilter gebracht und mit kon¬ 
zentrierter Ammonsulfatlosung gewaschen. Beide Fraktionen 
lieB ich dann in etwas Wasser gelost in Dialysierschl&ucheu 
3 Tage lang gegen flieBendes Wasser dialysieren. Nach dieser 
Zeit verdiinnte ich die Losungen, von denen die Globulin- 
I5sung mittlerweile wieder trube geworden ist, mit destillierteiu 
Wasser auf je 100 ccm. SchlieBlich wurden die Losungen 
durch Hinzufiigen von je 0,85 g NaCl isotonisch gemacht. 
Auf diese Weise erhielt ich klare Losungen, die prozentisch 
ebensoviel Albumin bzw. Globulin enthielten, wie das auf 
das Zweifache mit physiologischer KochsalzlSsung verdiinnte 
Serum. 



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226 


R. Manninger, 


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Die Albumin- und Globulinlosungen wurden dann ebenso 
weiter behandelt, wie die verdiinnten Sera. Sie wurden 
ebenfalls in je 5 Proben verteilt und je eine Probe unerhitzt 
belassen, die anderen vier dagegen auf 50, 55, 60 und 65° 
erhitzt und dann bestimmte ich auf ahnliche Weise, wie bei 
den Seris, den antikomplementaren Effekt der Albumin- und 
Globulinfraktionen. 

Untersuchungsergebnisse. 

Pferdeserum B. 

Das Serum stammte von einer gesunden Stute und ent- 
hielt in 100 ccm 8,48 g EiweiB, wovon 3,54 g auf Albumin 
und 4,94 auf Globulin entfiel. Der EiweiBquotient hatte 
demnach die Gr6Be von 0,72. 


Tabelle I 1 )- 

Pferdeserum B. EiweiBquotient = 0,72. 


Mit physiolog. Koch- 
salzldsung aa verdiinn- 
tes Serum erhitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

— 

— 

_ 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

50° 

— 

— 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

55° 

— 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

60° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

65° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 


Das Serum wirkte in frischem Zustande (Tabelle I) noch 
in der Menge von 0,2 ccm deutlich antikomplementar. Die 
Erhitzung auf 50° hatte uberhaupt keinen EinfluB auf den 
Grad der antikomplementaren Wirkung, dagegen verhielt sich 
das auf 55° erhitzte Serum selbst in der Menge von 0,4 ccm 
(auf das unverdiinnte Serum bezogen in der Menge von 0,2 ccm) 
nicht mehr antikomplementar, so daB dieses Serum zur Unter- 
suchung mit der Komplementbindungsprobe bereits durch 
diesen Eingriff geeignet gemacht wurde. Durch die Erwarraung 
auf 60— 65° wurde die antikomplementare Wirkung dermaBen 
ausgeschaltet, daB selbst die Menge von 1,0 ccm keine Eigen- 
hemmung mehr zeigte. 

1) Hamolyse: + + + + komplett, + + + fast komplett, -f+ in- 
komplett, + in Spuren. 


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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 227 


Pferdeserum 514. 

Das Serum stammte von einem Pferde mit akuten rotzigen 
Veranderungen und enthielt in 100 ccm 9,14 g EiweiB, und 
zwar 3,40 g Albumin und 5,74 g Globulin. Eiweifiquotient=0,59. 


Tabelle II. 

Pferdeserum 514. Eiweifiquotient = 0,59. 


Mit physiolog. Koch- 
salzliisung aa verdiinn- 
tes Serum erhitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

— 



_ 

_ 

+ 

+ + 

+++ + 

50° 

— 

— 

— 

— 

+ + 

+ + + 

+ + 4 4- 

55° 

— 

— 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

60° 

+ + + + 

+ + -+ + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

65° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 


Wie aus Tabelle II ersichtlich, wurde die Eigenhemmung 
des Serums, die im unerhitzten Serum ganz besonders stark 
ausgeprfigt war, erst durch die Erw&rmung auf 60° so weit 
ausgeschaltet, daB eine Untersuchung des Serums mit der 
Komplementbindungsprobe moglich gewesen ware. Das Er- 
hitzen auf 55° beeinfluBte die antikomplementare Wirkung 
nur insoweit, als 0,1 ccm des nicht verdfinnten Serums keine 
Eigenhemmung mehr zeigte, dagegen die Menge von 0,2 ccm 
die Lyse noch komplett hemmte. 


Maultierserum IV. 

Das Serum stammte von einer gesunden Maultierstute 
und enthielt in 100 ccm 7,84 g EiweiB, wovon 3,12 g auf 
Albumin und 4,72 g auf Globulin entfiel. Eiweifiquotient 
demnach = 0,66. 


• Tabelle III. 

Maultierserum IV. Eiweifiquotient = 0,66. 


Mit physiolog. Koch- 
salzl68ung aa rerdiinn- 
tes Serum erhitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

_ 

_ 

_ 


— 

1 

+ + 

++++ 

50° 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + 

++++ 

55“ 

— 

— 

— 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

60° 

— 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

4- + + + 

++++ 

65“ 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 


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228 


R. Manninger, 


Die antikomplementare Wirkung des Serums wurde durch 
das ErwSrmen auf 50° iiberhaupt nicht, durch ein solches auf 
55° nur wenig beeinflufit. Dagegen hatte nach der Ein wirkung 
des 60°-igen Wasserbades selbst die Menge von 0,4 ccm (auf 
das unverdflnnte Serum bezogen die Menge von 0,2 ccm) 
keine antikomplementare Wirkung mehr, so daB bei diesem 
Serum dieser Eingriff fiir praktische Zwecke genfigte. Bei 
65° wurde dann die Eigenhemmung derart beeinfluBt, daB 
selbst die Menge von 1,0 ccm keinen EinfluB auf die Hamolyse 
ausiibte (Tabelle III). 


Maultierserum II. 

Das Serum stammte von einem Maultier, das an epizoo- 
tischer Lymphangioitis litt, und enthielt in 100 ccm 8,12 g 
EiweiB, und zwar 2,12 g Albumin und 6,00 g Globulin. EiweilS- 
quotient = 0,35. 


Tabelle IV. 

Maultierserum II. EiweiSquotient 0,35. 


Mit physiolog. Koch- 
salzlosung aa verdiinn- 

1,0 

0,4 

0,2 

1 

| 0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

0,004 

tee Serum erhitzt auf 


50° 

| 

- 

— 


— 

— 

1 

+ + + + 



— 



— 

■f 

+ + + + 

55° 

- J 

— 

— 

+ 

+ + 

! + + ++; 

++++ 

+ + + + 

60° 

- | 

+ + 

+ + + 

++++: 

+ + + + 

+ + + 

+ + + + ; 

! + + + + 

65 u 

4- + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 


+ + + + 1 

+ + + + 


Das Serum hemmte im unerhitzten Zustande starker die 
Hamolyse, als das Maultierserum IV. Die Einwirkung hSherer 
Temperaturen hatte dementsprechend auch eine geringere 
Wirkung. Es wurde namlich die Eigenhemmung durch das 
Erwarmen auf 60° nur so weit ausgeschaltet, daB 0,1 ccm keine 
antikomplementare Wirkung mehr besaB, durch 65° wurde 
jedoch die Eigenhemmung bereits derart abgeschwacht, daB 
die Untersuchung des Serums mit der Komplementbindungs- 
probe mSglich war (Tabelle IV). 

Eselserum A. K. 

Das Serum stammte von einem gesunden Esel. Der EiweiB- 
gehalt von 100 ccm Serum betrug 8,06 g, wovon 1,62 g auf 


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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 229 


Albumin und 6,44 g auf Globulin entfiel. Der EiweiBquotient 
betrug demnach 0,25. 


Tabelle V. 

Eselserum A. K. Eiweifiquotient = 0,25. 


Hit physiolog. Koch- 
■alziosung aa verdiinn- 
tea Serum erhitzt auf 

1,0 

0,4 

D 

D 



0,01 

0,00-4 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 


+ 

++ 

+++ + 

50° 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

+++ 

+++ + 

55° 

— 

— 

— 

— 

+ 

+++ 

++++ 

+++ + 

60° 

— 

— 

— 

+ 

++++ 

++++ 

++++ 

+ + + + 

65° 

+ 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

++++ 

++++ 

++++ 

++++ 


Das Verhalten des Serums nach dem verschieden starken 
Erwarmen ist im grofien und ganzen ahnlich dem des Maul- 
tierserum II (Tabelle V). Auch in diesem Serum wurde die 
eigenhemmende Wirkung erst durch Erhitzen auf 65° praktisch 
aufgehoben. 

Vergleicht man nun das Verhalten dieser Seren mit den 
Aenderungen in der antikomplementaren Wirkung der aus 
ihnen hergestellten Globulinlosungen nach verschieden starken 
thermischen Einflflssen, so ergibt sich, daB die Globulin- 
lbsungen ungefahr ebenso stark antikomplementar wirken, wie 
die ursprfinglichen Sera selbst, und daB das Schwinden der 
Eigenhemmung in den Globulinlfisungen infolge des verschieden 
starken Erhitzens fast parallel mit dem der Seren vorwarts- 
schreitet (Tabellen VI—X). Dagegen wirken die Albumin - 
fraktionen der betreffenden Seren uberhaupt nicht anti¬ 
komplementar, ja sie fibten eher einen fSrdernden EinfluB auf 
die Hamolyse aus. 


TabeUe VL 


Globulinlosung aus dem Serum von Pferd B. 


Globulinlosung 
erhitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

_ 

_ 

_ 

+ 

+ + + 

+ + + + 

50° 

— 

— 

+ 


+ + + + 

55° 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

60° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + -P + 

65° 

+ + + + 

+ + -F + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 


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230 


R. Manninger, 


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Tabelle VII. 

Globulinldsung aus dem Serum von Pferd 514. 


Globulin- 
ldsung er- 
hitzt aui 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

___ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

+ + 

+++ + 

50° 

— 

— 

— 

— 

+ 

+ + 

++++ 

55° 

— 

— 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

60° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

65° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 


Tabelle VIII. 

Globulinldsung aus dem Serum von Maultier IV. 


Globulin¬ 
ldsung er- 
hitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

+ + 

++++ 

50° 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + 

++ + + 

55° 

— 

— 

— 

+ 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

60° 

— 

+ + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + -F 

65° 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 


TabeUe IX. 

Globulinldsung aus dem Serum von Maultier II. 


Globulin¬ 
ldsung er- 
hitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

0,004 

_ 

__ 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

+ + + + 

60° 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + + + 

55° 

— 

— 

— 

— 

+ + 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 

60° 

— 

+ 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

65° 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 


Tabelle X. 


Globulinldsung aus dem Serum von Esel A. K. 


Globulin¬ 
ldsung er- 
hitzt auf 

1,0 

0,4 

0,2 

0,1 

0,04 

0,02 

0,01 

0,004 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

++ 

+ + + + 

50° 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

++ 

+ + + + 

55° 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 

60° 

— 

— 

— 

— 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 

65° 

+ + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

++++ 

+ + + + 


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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 231 


Aas diesen Erfahrungen folgt somit, daB die anti¬ 
komplementare Wirkung der Einhuferseren eine 
Funktion der in ihnen enthaltenen Globuline ist. 
Auf die Bedeutung des EiweiBquoti’enten fQr die antikom¬ 
plementare Wirkung der Seren werden wir noch zurGck- 
kommen. 

Steht nun fest, daB die antikomplementare Wirkung der 
Einhuferseren nur eine Folge der in ihnen enthaltenen Glo¬ 
buline ist, so kSnnte der Mechanismus der Eigenhemmung, 
a priori betrachtet, entweder als ein chemischer oder ein 
physikalischer Vorgang gedacht werden. FQr die Mfiglichkeit 
einer chemischen Einwirkung der Globuline auf irgendeinen 
Bestandteil des Komplementes spricht jedoch keine einzige 
positive Erfahrung, die wir bisher Qber die antikomplemen- 
tQren Serumwirkungen besitzen, dagegen laBt sich die An- 
nahme eines physikalischen Vorganges zwischen den Glo- 
bulinen und dem „Komplement u mit verschiedenen Tatsachen, 
die wir weiter unten noch berQhren werden, recht gut ver- 
einbaren. Namentlich ist in dieser Beziehung an Adsorptions- 
wirkungen zu denken, wie denn unter anderen auch Schmidt 
und Liebers 1 ) z. B. bei der SchQttelinaktivierung des Meer- 
schweinchenserums das Schwinden der Komplementfunktion 
auf die adsorbierende Wirkung der neu entstehenden Globulin- 
oberflachen zurQckfQhren. 

DaB es sich bei der antikomplementaren Wirkung der 
Einhuferseren und der aus ihnen hergestellten Globulin- 
lSsungen tatsachlich um Adsorptionserscheinungen handelt, 
trachtete ich durch besondere Versuche zu beweisen, in denen 
ich die quantitativen Beziehungen zwischen der angewendeten 
Komplementmenge und dessen adsorbiertem Anteil festzustellen 
versuchte. Zu diesem Zwecke mischte ich konstante Mengen 
von Seren und GlobulinlQsungen mit variierenden Mengen 
von Meerschweinchenkomplement und bestimmte dann, wie- 
viel Komplement durch die betreffenden globulinhaltigen 
LQsungen unwirksam gemacht worden ist. Einer dieser gleich- 
sinnig verlaufenen Versuche sei kurz mitgeteilt. 

1) Zeitachr. f. Immunitataf., Bd. 19, 1913, p. 373. 


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232 


B. Man ninger, 


Tabelle 


Kom- 

plement- 

einheiten 


Zur Komplement- + Globulinlosung wurden ccm 

0,1 

0,25 

0.50 

0,75 

1,0 

1,25 

1,50 

1 

+ 

_ 


_ 



f 

: 

• 

2 

+ + + + 

+ + + + 

+ + 

+ 

— 

— 


3 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + 

+ + 

+ + 

4 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

5 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + -(- + 

+ + + + 

6 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + 4- + 

+ + + + 

+ + + + 


Es wurde in eine Anzahl von Rbhrchen je 1 ccm 1-proz. 
Pferdeglobulinlbsung gemessen. Die Rbhrchen wurden dann 
in 6 Serien geteilt und in jedes Rbhrchen je einer Serie 
kamen konstante Mengen, und zwar 1, 2, 3, 4, 5 bzw. 6 Ein- 
heiten Komplement. S&mtliche Rbhrchen stellte ich dann, 
nachdem ihr Inhalt mit physiologischer Kochsalzlbsung auf je 
3,0 ccm aufgefflllt wurde, auf 20 Minuten in ein Wasserbad 
von 40°. Nach dieser Zeit versetzte ich die Rbhrchen jeder 
Serie unter Zuhilfenahme einer 5- bzw. 10-proz. sensibilisierten 
Hammelblutk5rperchenauf8chwemmung mit steigenden Mengen 
von ambozeptorbeladenen roten Blutkorperchen und zwar so, 
daB in jeder Serie Rbhrchen waren, die in einem Gesamt- 
volumen von 5 ccm 0,1, 0,25, 0,50, 0,75, 1,0 usw. ccm 5-proz. 
Blutkbrperchenaufschwemmung entsprechende Mengen von 
Erythrocyten enthielten. (Die Versuchsanordnung ergibt sich 
aus Tabelle XI.) 

Innerhalb je einer Serie war folglich der Komplement- 
gehalt konstant, dagegen wechselte die Menge der nachher 
hinzugefflgten sensibilisierten Hammelblutkbrperchen. Nun 
kamen die Rohrchen fbr weitere 20 Minuten in das Wasser¬ 
bad. Nachher stellte ich innerhalb der einzelnen Serien jene 
groBte Menge der Blutaufschwemmung fest, die eben noch 
komplett gelost wurde. Da zur glatten Lbsung von 1 ccm 
5-proz. Blutaufschwemmung eben eine Einheit Komplement 
genQgte, so zeigte die groBte, noch eben gelbste Blutkbrperchen- 
menge den wirksam gebliebenen Teil (c,) des Komplementes 
an, und folglich lieB sich aus der angewandten Komplement- 
menge (c) und diesem noch aktiven Teile des Komplementes 
(c,) durch Substrahieren die Menge des inaktiv gewordenen 


i 

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Ueber die antikomplement&re Wirkung der Einhuferseren. 233 


XI. 


5-proz. sensibilisierter Blutkorperchenemulsion hinzugefiigt 


1,75 

2,00 

2,25 

2,50 

2,75 

3,0 

3,5 

4,0 

+ + + 

+ + + + 
+ + + + 

+ + + 

+ + + + 
+ + + + 

+ + 

+ + + 

+ + + + 

+ + 

+ + + 

+ + + + 

+ + 

+ + + + 

+ + 

+ + + + 

+ 

+ + + 

• 

• 

+ + + 


Komplementanteils (c t ) berechnen. Auf diese Weise wurden 
fGr Cx und c, folgende Werte erhalten (Tabelle XII). 


Tabelle XII. 


c 

c . 

c. 

^•100 

c 

1 

>0,9 

<0,1 

>90 

2 

1,75 

0,25 

87 

3 

2,25 

0,75 

75 

4 

2,50 

1,50 

63 

5 

2,75 

2,25 

55 

6 

3,00 

3,00 

50 


Aus diesen Zahlen folgt, daBje mehr Komplement 
mit derselben Glob ulinlGsun g vermischt wird, 
des to mehr Komplement unwirksam gemacht wird. 
Die absolute Menge des inaktivierten Komplementteiles nimmt 
folglich mit steigender Komplementmenge zu. Demgegenflber 
verringert sich aber das Verhaltnis des inaktiv gewordenen 
Komplementanteiles zur angewandten ganzen Komplement¬ 
menge. Die verwendete Globulinlfisung machte demnach in 
einer schwScheren KomplemcntlSsung verh&ltnism&Big mehr 
Komplement unwirksam, als in einer konzentrierteren. Diese 
Tatsache spricht schon an sich sehr fOr eine Adsorptions- 
erscheinung. Noch klarer tritt die Wahrscheinlichkeit einer 
Adsorptionswirkung hervor, wenn man die Logarithmen von 
Cj als Funktionen der Logarithmen von c, in ein Koordinaten- 
system eintrSgt. Man erhalt n&mlich auf diese Weise eine 
fast gerade Linie, fGr die die Formel 

0,23 

c x = 2,37 • Cj 

mit ziemlicher Genauigkeit gGltig ist. Die experimentell ge- 
fundenen und die aus den Werten von q fGr c, mit Hilfe 

ZeiUchr. f. ImmnnlUUfonchnng. Orig. BA. 31. 16 


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234 


A. Manninger, 


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tier bezeichneten Formel berechneten Werte stiramen nahezu 
Qberein (s. Tabelle XIII); die Abweichungen diirften auf die 
nicht unerheblichen Versuchsfehler bezogen werden. Da nun 
filr die tjpischen Adsorptionsvorgange im allgemeinen ganz 
Shnliche Forraeln giiltig sind, wie die hier erorterte, so kann 
auf Grund dieser quantitativen Verh&ltnisse angenommen 
werden, daB auch die antikomplementfire Wirkung 
der Sera, namentlich der Serumglobulinfraktion, 
auf der Adsorption irgendeiner Komplement- 
funktion beruht. 


Tabelle XIII. 


c 

c, gef. 

c, gef. 

c, berechn. 

1 

ca. 1,0 

ca. 0 

0 

2 

1,75 

0,25 

0,25 

3 

2,25 

0,75 

0,81 

4 

2,50 

1,50 

1,4 

5 

2,75 

2,25 

2,1 

6 

3,00 

3,00 

3,2 


Eine weitere Frage ist nun, welcher Bestandteil des Kom- 
plementes durch die Globulinteilchen adsorbiert wird. Soweit 
man aus drei eindeutig verlaufenen Versuchen urteilen darf, 
ist die adsorbierte Substanz im Endstflck des 
Meerschweinchenkomplementes enthalten. Ich 
machte n&mlich die Beobachtung, daB die Restitution 
der Komplementfunktion durch das Endstflck 
immer gelingt, dagegen mit dera Mittelstflck entweder 
gar nicht oder nur sehr unvollkommen. Es bestehen daher 
hier genau solche Verhaltnisse, wie bei der Schtittelinaktivierung 
des Meerschweinchenserums, dessen Reaktivierung ebenfalls 
durch das Endstflck prompt, dagegen durch das Mittelstflck 
nicht oder nur teilweise gelingt (Schmidt und Liebers. 
1. c.). 

Nach dem Gesagten ist somit die antikomplementare 
Wirkung der Einhuferseren in der komplementadsorbierenden 
Eigenschaft der Globuline zu erblicken. Abgesehen vom 
Mengenverhaitnis der Globuline im Serum kommt es in erster 
Linie darauf an, welchen Dispersitatsgrad die Globuline be- 
sitzen. Es ist namentlich daran zu denken, daB nicht jedes 
Globulinteilchen gleichstark adsorbiert, sondern nur diejenigen 



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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 235 


pi dieser Hinsicht wirksam sind, die eine optiraale Oberflfiche 
besitzen. Hat ein Globulinteilchen eine zu kleine oder zn 
groBe OberflSche, so wird es den betreffenden Bestandteil des 
Komplementes nicht auf der Oberflache konzeutrieren, ad- 
sorbieren konnen. 

In dieser Auffassung werden wir bestarkt durch dieVer- 
suche der Sachsschen Schule und anderer Forscber, die nach- 
gewiesen haben, daB das Meerschweinchenserum, wie schon 
erwahnt, durch verschiedene Eingriffe, die eventuell auch mit 
einer Trflbung, d. i. mit einer Verminderung der Globulin- 
dispersitat einhergehen, deutlich antikomplementar gemacht 
werden kann. So haben vorerst Sachs und Ternuchi 1 ) 
gezeigt, daB das Meerschweinchenserum nach Verdtinnen mit 
Wasser antikomplementare Eigenschaften anniramt. Es wurde 
ferner nachgewiesen, daB die Komplementfunktion des Meer- 
schweinchenserums erlischt, wenn es mit Bakterien [Sachs 
und Ritz 2 )], mit Kaolin, Agar-Agar und anderen Suspensionen 
[Hirschfeld und Klinger 8 )] oder mit Kobragift [Sachs, 
Omorokow und Ritz 4 )] verraischt oder langere Zeit hin- 
durch geschuttelt wird [Jacoby und Schdtze 5 ), Schmidt 
und Liebers 6 ), Hirschfeld und Klinger 7 ) u. a.]. 

Fur alle diese Arten der Komplementinaktivierung wird 
angenommen [Sachs und Mitarbeiter 8 ), Schmidt und 
Liebers, Hirschfeld und Klinger], daB durch diese 
verschiedenen Eingriffe eine primare VerSnderung der Serum- 
globuline bedingt wird, die in einer Verminderung des 
Dispersitatsgrades besteht, derzufolge die nunmehr grSber ver- 
teilten Globuline mit dem Komplement durch physikalische 
Einfliisse reagieren. 

Die Globuline des Meerschweinchenserums, die sich in 
normalem Zustande ganz anders verhalten, als die Globuline 

1) Berl. klin. Woohenschr., 1907, No. 16, 17, 19. 

2) Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 26, 1918, p. 483. 

3) Ebenda, Bd. 21, 1914, p. 40. 

4) Ebenda, Bd. 10, 1911, p. 285. — Bd. 11, 1911, p. 710. — Bd. 13, 
1912, p. 62. — Bd. 15. 1912, p. 145. 

5) Ebenda, Bd. 4, 1910, p. 730. 

6) Ebenda, Bd. 15, 1912, p. 145. 

7) Ebenda, Bd. 21, 1914, p. 40. 

8) Kolloidzeitechr., Bd. 24, 1919, p. 113. 

16 * 


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236 


E. Manninger, 


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der Einhuferseren, kbnnen demnach durch die geschilderten 
Eingriffe in einen Shnlichen Zustand gebracht werden, in dem 
sich die Globuline der Einhuferseren bereits normalerweise 
befinden. Jedoch darf im Meerschweinchenserura die Herab- 
setzung der Globulindispersit&t einen optimalen Grad nicht 
flberschreiten, da sonst die komplettierende Eigenschaft des 
Serums erhalten bleibt. Dieser Fall tritt ein, wenn die ent- 
standene Trflbung z. B. nach Wasserverdflnnung einen der- 
artigen Grad erreicht, daB es zu sichtbaren Flockungen kommt. 

Aus diesen Tatsachen wird man wohl die Schludfolgerung 
ableiten dfirfen, dad die antikomplementare Wirkung 
eines Serums an eine ganz bestimmte Oberfl&che 
der in ihm enthaltenen Globulinteilchen ge- 
knilpft ist. 

Eine Globulinlfisung wird desto bestfindiger sein, je feiner 
in ihr das Globulin verteilt ist. Nun ist es eine alte Erfahrung, 
dad die Sera von Einhufern, im Gegensatz zu dem Meer- 
schweinchenserum, mitunter schon nach 24—48 Stunden an- 
fangen sich zu trQben und nach einigen Tagen einen deut- 
lichen, aus Globulinen bestehenden Bodensatz erkennen lassen. 
Diese Erfahrung beweist, dad die Globuline der Einhuferseren 
besonders labil sind, folglich in ihren „L5sungen“, z. B. im 
Serum, ziemlich grob verteilt sind und in dieser Hinsicht, 
wenn auch vielleicht keine Suspensionen, jedenfalls aber 
irgendeinen Uebergang von den typischen Emulsoiden zu den 
suspensoidartigen Kolloiden darstellen 1 ). Da die Albumine 
stabile Emulsoide sind, so kbnnen sie die Stabilisierung, also 
den Dispersitatsgrad der Globuline beeinflussen (siehe auch 
Friedemann, 1. c.). Nun enthalten die Einhuferseren ver- 
haltnismaBig wenig Albumin, so dad die Globuline nicht ge- 
nflgend stabilisiert werden kbnnen und daher „Losungen“ 
bilden, in denen der Dispersit&tsgrad der Globuline eben den 
optimalen Bedingungen fiir die Adsorption einer Komplement- 
funktion entspricht. 

In dieser Beziehung sei auf die Eiweid-, Albumin- und 
Globulinwerte hingewiesen, die bei den schon ausfilhrlich be- 
sprochenen Versuchen erhalten wurden. In Tabelle XIV sind 


1) Vgl. auch Bel&k, Biochem. Zeitschr., Bd. 90, 1918, p. 96. 



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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 237 


Tabelle XIV 1 ). 


Herkuo ft 

Diagnose 

100 ccm 

Serum enthielten 

Eiweifi- 

Inaktivie- 

des Serums 

Eiweifi 

g 

Albumin 

g 

Globulin 

g 

quotient 

rungstem- 

peratur 

Pferd B 

Gesund 

8,48 

3,54 

4,94 

0,72 

55“ 

Pferd 758 

ft 

9,30 

3,82 

5,48 

0,70 

55° 

Pferd 709 

Pneumonia crouposa 

6,12 

2,52 

3,60 

0,70 

55 • 

Maultier IV 

Gesund 

7,84 

3,12 

4,72 

0,66 

60° 

Maultier 753 b 
Pferd 514 

Lymphangitis epizootica 
Malleus 

7,40 

9,14 

2,84 

3.40 

4,56 

5,74 

0,62 
0,59 1 

60* 

60® 

Pferd 757 

Dceubitus 

8,68 

2.92 

5.76 

0,51 

60® 

Pferd 735 

Pneumonia croupoea 

8,86 

2,96 

5,90 

0,50 ! 

60® 

Maultier 753 a 

Lymphangitis epizootica 

8,64 

2,50 

6,14 

0,41 

65® 

Eael A 

Gesund 

9,81 

2,70 

7,11 

0,38 1 

65® 

-Maultier I 

Lymphangitis epizootica 

8,12 

2,12 

6,00 

0,35 

65® 

Eael A. K. 

Gesund 

8,06 

1,62 

6,44 

0,25 1 

65® 


femer auBer diesen Analysen noch weitere mitgeteilt. Aus 
den Daten der Tabelle folgt, daB in Seris mit starkerer Eigen- 
hemmung im allgemeinen wohl auch die absolute Menge der 
Globuline groBer sein kann, als in Seris mit geringerer anti- 
komplementiirer Wirkung, doch weist der absolute Globulin- 
gehalt der Seren keinen so weit gehenden Parallelismus mit der 
antikomplementSren Wirkung auf, wie der EiweiBquotient- 
Es w i r d demnach die GroBe der Eigenhemmung 
nicht durch die absolute Menge der Serum- 
globuline bedingt, sondern durch den EiweiB- 
quotienten, d. i. durch das Verhaltnis des Albumin- 
gehaltes zu der Menge der im Serum euthaltenen 
Globuline. Nimmt man als MaB der antikomplement&ren 
Wirkung eines Serums die Widerstandsf&higkeit der Eigen¬ 
hemmung gegentiber hoheren Temperaturen an, so ergibt sich 
aus den Daten der Tabelle XIV, daB, wenn das Verhaltnis 
der Albumine zu den Globulinen, d. h. der EiweiBquotient 
des Serums 0,70 oder dariiber ist, das Serum bei 55° in- 


1) In die letzte Spalte (Inaktivierungstemperatur) sind jene Temperatur- 
grade eingetragen, durch deren halbstiindige Einwirkung das betreffende 
Serum zum Anstellen der Komplementbindungsprobe geeignet gemacht 
werden konnte, durch die daher eine wenigstens so starke Beeinflussung 
der Eigenhemmung erzielt wurde, dafi 0,2 ccm des unrerdiinnten Serums 
keine antikomplementare Wirkung mehr entfaltete. 


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R. Manninger, 


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aktiviert werden kann, das Serum folglich eine verhaltnism&Big 
geringe Eigenhemmung besitzt. 1st der Wert des EiweiB- 
quotienten kleiner als 0,70, jedoch grSBer als 0,41, so wird 
die antikomplementare Wirkung bei 55° noch nicht, dagegen 
bei 60° so weit ausgeschaltet, daB das Serum, wenigstens in 
der Menge von 0,2 ccm, nicht mehr die Hfimolyse hemmt, 
daher ffir die Komplementbindungsprobe geeignet gemacht 
wird. Sera mit einem EiweiBquotienten von 0,41 oder darunter 
werden selbst durch die Einwirkung von 60° nicht ihrer anti- 
komplement&ren Wirkung beraubt; solche Sera miissen bei 
hfiheren Temperaturen inaktiviert werden. 

Aus der Tabelle folgt weiterhin, daB in der ersten Gruppe 
(EiweiBquotient = 0,70 oder dariiber) nur Pferdesera vertreten 
sind; dagegen finden sich in der zweiten Gruppe (EiweiB¬ 
quotient = 0,66—0,50) sowohl Pferde- als auch Maultiersera 
und die dritte Gruppe (EiweiBquotient = 0,41 oder weniger) 
umfaBt nur Maultier- und Eselsera. 

Soweit aus diesen 12 Analysen gefolgert werden darf, ist 
mithin der EiweiBquotient als MaBstab der eigenhemmenden 
Wirkung der Einhuferseren zu betrachten. Da jedoch die 
EiweiBquotienten eben das relative Verhkltnis der Albumine 
zu den Globulinen ausdrlicken, so ergibt sich aus den be- 
sprochenen Tatsachen als SchluBfolgerung die oben schon er- 
wfihnte Moglichkeit, daB die Globuline der Seren um so aus- 
gesprochener antikomplementfir wirken, je weniger Albumine 
in den betreffenden Seris zugegen sind, je weniger daher die 
Albumine als Schutzkolloide die mehr oder weniger suspensoiden 
Globuline stabilisieren kfinnen. 

Die verschiedenen GroBen der EiweiBquotienten erklaren 
somit geniigend das ungleiche Verhalten der antikomplemen- 
t&ren Wirkung der Einhuferseren thermischen Einflussen 
gegenflber. Fflr Maultier und Eselsera lagen bisher meines 
Wissens iiberhaupt keine Analysen fiber ihren Albumin- und 
Globulingehalt vor. Fflr Seren von anscheinend gesunden 
Pferden sind einige Angaben bekannt, nach denen der 
Albumin- und Globulingehalt und somit auch der EiweiB¬ 
quotient je nach den Individuen zwischen ungefahr ebenso 
weiten Grenzen schwanken kann, wie in meinen Versuchen, 
in denen aber, auBer Seren von gesunden Tieren, auch solche 



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Ueber die antikomplement&re Wirkung der Einhuferseren. 239 


von kranken vertreten waren. Le win ski 1 ) hat z. B. bei 
vier Pferden mit Hilfe der Magnesiurasulfatmethode ton 
Hammersten den EiweiBgehalt und die Menge der EiweiB- 
fraktionen im Blutplasma bestimmt und fiir Albumin und 
Globulin Werte gefunden, aus denen ich fflr zwei Tiere relativ 
hohe (0,76 und 0,79) und fiir die anderen zwei Pferde niedere 
Quotienten (0,45 und 0,46) berechnete. Es bestehen demnach 
bereits unter normalen Verhaltnissen nicht unerhebliche 
Unterschiede in dem Verh&ltnis der Albumine zu den Globu- 
linen. Joachim 2 ) hat ferner nachgewiesen, daB bei einem 
Pferde nach Immunisierung mit Diphtherietoxin nach drei 
Monateu der Globulingehalt des Serums auf Kosten des 
Albumins derart zugenommen hat, daB sich der EiweiBquotient 
uin 41 Proz. verminderte. Auch dieser Befund spricht daffir, 
daB der EiweiBquotient bei Pferden keine einheitliche Gr8Be 
darstellt, sondern sich unter Umst&nden erheblich 3,ndem kann. 
Ebenso verh&lt es sich iibrigens bei anderen Tierarten und 
beim Menschen. Bei Kaninchen und Hunden wurde wieder- 
holt nachgewiesen, daB wahrend des Hungerns [Burckhardt, 
W a 11 e r s t e i n 3 ), L e w i n s k i 4 )J und nach Einspritzungen von 
artfremdem EiweiB, also infolge von Immunisierungsvorgangen 
[Moll 5 )], im Serum eine Erhohung des Globulingehaltes ein- 
treten kann. Beim Menschen findet man nach Limbeck und 
Pick 6 ), sowie nach Erben 7 ) bei verschiedenen Krankheiten 
betrSchtliche Aenderungen des EiweiBquotienten. Der Quotient, 
der normalerweise etwa 1,5 ist, kann mitunter selbst weniger 
als 1,0 betragen. Aehnliche Verhaltnisse werden vermutlich 
auch bei den Einhufern zu beobachten sein, und da die anti- 
komplementare Wirkung der Einhuferseren mit der GroBe 
des jeweiligen EiweiBquotienten zusammenh&ngt, so ist es be- 
greiflich, daB Aenderungen in der EiweiBzusammensetzung des 
Serums, die unter normalen und pathologischen ZustSnden 

1) Pflugers Arehiv, Bd. 93, 1903, p. 558. 

2) Ebenda, Bd. 100, 1903, p. 611. 

3) Zit. nach Lewinski 1. c. . 

4) 1. c. 

5) Hofmeistere Beitrage, Bd. 4, 1904, p. 563. 

6) Prager med. Wochenschr., 1893, No. 12—14. 

7) Zeitachr. f. klin. Medizin, Bd. 40, 1900, p. 226. 


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240 


R. Manninger, 


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eintreten kflnnen, auch im serologischen Verhalten des Serums 
zum Ausdruck gelangen. Hierdurch kOnnte u. a. auch die 
Tatsache erkl&rt werden, warum manche Pferdesera bei 56° 
nicht inaktiviert werden kSnnen und warum bei einem und 
demselben Pferde gelegentlich wiederholter Blutuntersuchungen 
das eine Mai die Inaktivierungstemperatur von 56° geniigt 
und das andere Mai die Einwirkung von 60° notwendig ist. 

II. Ueber den EinfluB des Erwarmens auf den Zustand der 

Serumglobuline. 

Wie im vorangebenden Abschnitt dargetan wurde, ist die 
Ursache der antikomplementaren Wirkung der Einhuferseren 
darin zu erblicken, daB die Globuline im Serum verh&ltnis- 
mfiBig grob verteilt sind und deshalb entspreehende Ober- 
flSchen zum Zustandekommen von Adsorptionswirkungen be- 
sitzen. Ist dem aber so, so kann die Rolle des Erwarmens 
nicht die „Vernichtung“ von antikomplementar wirkenden 
Stoffen sein. Es ist vielmehr anzunehmen, daB das Erhitzen 
eine Zustandsanderung der Globuline bedingt, derzufolge dieftir 
eine Adsorptionswirkung giinstigen Oberflachen verschwinden. 
Es ist namentlich daran zu denken, daB der kolloidale Zustand 
der Globuline durch die Erhitzung derart geandert wird, daB 
er gewissermaBen dem der Albumine ahnlich wird, die be- 
kanntlich nicht antikomplementar wirken. Verhait sich aber 
die Sache so, so ist zu erwarten, daB die Globuline durch das 
Erwarmen stabilisiert und daher fallenden Agentien gegeniiber 
widerstandsfahiger werden. 

Um Beweise ftir diese Auffassung zu erbringen, priifte 
ich die Stabilitat der oben schon erwahnten, verschieden stark 
erhitzten Proben von Serum- und Globulinlosungen gegeniiber 
der fallenden Wirkung vod Saurelosungen und von 50-proz. 
Alkohol. 

A. Fallungsversuche mit Sauregemischen. 

Als Saurelosungen verwendete ich Gemische von Milcli- 
saure und milchsaurem Natrium, deren Wasserstoffionengehalt 
mit hinreichender Genauigkeit berechnet werden kann. Die 
Globuline werden durch dasjenige Gemisch gefailt, dessen 
Wasserstoffionenkonzentration [H’J nach dem Vermischen mit 



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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 241 


dem Serum bzw. der Globulinlosung dem der minimalen 
Stability (etwa dem isoelektrischen Punkte [H‘] = ungefkhr 
440 -6 ) der Globuline entspricht. 

Nach Mich a el is 1 ) lfiBt sich die [H‘J solcher Gemische 
unter Zuhilfenahme der Formel 

[H ] = k 

berechnen, wo k eine Konstante (1,38-10~ 4 ), c x die Konzentration 
der MilchsSure und c* die des milchsauren Natriums bedeutet. 


Fflr meine Zwecke gentigten folgende Gemische: 


Rohrchen 

i 

2 

3 

4 

5 

n/10 Milchsaure ccm 
n/10 milchs. Natr. ccm 
destill. Waseer ccm 

m 

3,0 

25,0 

77,0 

1,7-10-* 

6.0 

25,0 

74,0 

3,5 10- 6 

12.5 
25,0 

67.5 

0,7-10- 4 

25,0 

25,0 

55,0 

1,4 10- 4 

50,0 

25,0 

30,0 

2,8 -10- 4 


Von diesen Gemischen wurden je 1 ccm mit je 1 ccm 
der betreffenden Serum- und Globulinlbsungproben vermischt 
und dann die Rbhrchen bei Zimmertemperatur beobachtet. 
Das Ablesen des Resultates erfolgte nach 5—10 Minuten. 

Ich verzichte auf die Wiedergabe samtlicher Versuchs- 
protokolle, da die Versuche immer gleichsinnig verliefen. 
Verschiedenheiten waren im Ausfall dieser Versuche nur in- 
sofern zu verzeichnen, als das Globulin der Esel- und Maul- 
tierseren, sowie der entsprechenden Globulinlbsungen, etwas 
besser ausflockten, als diejenigen der Pferdeseren, die Wirkung 
des Erhitzens war jedoch immer dieselbe, gleichviel, ob die 
Sera von Pferden oder von anderen Einhufern stammten. 

Ein Beispiel ist in den Tabellen XV und XVI angeftihrt. 

Tabelle XV. 


Pferdeserum 514 mit physiologischer Kochsalzlosung aa verdiinnt. 


Serum 

erbitztauf 

[H-] = 3,5 • 10— 6 

[H-] = 0,7 • 10— 4 

[H 1 ] = 1,4-10— 4 

[H-] = 2,8-10— 4 

Physiol. NaCl- 
lxisung 

— 

50 # 

55 • 

60" 

65° 

schwach getriibt 

starke 

Opaleszenz 

schwach getriibt 

mafiige 
Opaleszenz 
Opaleszenz 
in Spuren 

Opaleszenz 
in Spuren 
mafiige Triibung 

schwach getriibt 

schwach getriibt 


1) Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin, Springer, 1912. 


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242 


R. Manninger, 


TabeUe XVI. 


Globulinlosung ana dem Pferdeserum 514 hergestellt. 


Globulin- 

losunp : [H-] = 1,7 ■ 10-* 
crhitztauf 

[H-] = 3,5-10— 6 

[H‘] = 0,7-10— 4 

IH-] = 1,4-10- 4 

Physiol. Nad- 
Losung 

50" | - 

55" — 

flO® ! — 

©5" I etwas getriibt 

Die Globu 

starke 

Opaleszenz 

etwas getriibt 

[line der Serei 

mafiige 
Opaleszenz 
Opaleszenz 
in Spuren 

Opaleszenz 
in Spuren 
maflig getriibt 

a und der G1 

etwas getriibt 

obulinlbsungei 

I 

_ 

etwas getriib'. 

i ver- 


hielten sich demnach folgendermaBen: Aus den Seris wurden 
die Globuline durch die S&uregemische [H*J = 0,7—1,4-lCM 
zur Ausfallung gebracht, und zwar lag das Optimum in der 
LSsung von einer [H] = 0,7-10~ 4 . Nach dem Erwarmen der 
Seren auf 50° war nur im Rbhrchen mit einer [H’J von 1,4-10~ 4 
geringgradige Opaleszenz zu verzeichnen. Das Optimum ver- 
schob sich demnach in eine [H - ], die doppelt so groB war, 
wie diejenige, die dem Optimum fiir das unerhitzte Serum 
entspricht. Die Abnahme des Trttbungsgrades spricht ferner 
fur eine bereits beginnende Stabilisierung der Globuline. 
Noch stabiler verhalten sich die Globuline nach dem Erhitzen 
auf 55°, da in keinem RShrchen eine optisch wahrnehmbare 
Veranderung eintritt. Werden die Sera noch hoheren Tempe- 
raturen ausgesetzt, so beginnen sich wieder Fallungs- 
erscheinungen, anfangs allerdings nur in Spuren, einzustellen. 
In dem auf 60° erhitzten Serum machen sich bereits Spuren 
einer Opaleszenz bemerkbar, und noch ausgepragter ist die 
Trtibung, wenn das Serum auf 65° erw&rmt worden ist. In 
diesem Falle ist jedoch das Serum schon an und fiir sich 
etwas getriibt, da bei dieser Temperatur bereits die Hitze- 
koagulation der EiweiBstoffe einsetzt. 

Den Seris Shnlich verhalten sich die Globulinlosungen. 
Das Optimum der Fallung liegt zwar in anderen Rohrchen, 
doch lassen sich die VerSnderungen in der Intensitat der 
Fallung, sowie die Verschiebung des Optimums mit dem 
Ansteigen der Inaktivierungstemperatur ebenso nachweisen, 
wie bei den SerumlSsungen. DaB die Globuline aus den 
Globulinlosungen bei einer niedrigeren [H - ] ausflocken, als aus 


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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 243 

den Serumlosungen, kommt wohl daher, daB die Sera auBer 
Kochsalz und EiweiBstoffen noch Elektrolyte, namentlich 
Karbonate und Phosphate enthalten, die als „Puffer“ wirken . 
und demzufolge die [IP] der SaurelSsungen herabsetzen. 

B. Fallungsversuche mit Alkohol. 

Diese Versuche wurden mit einem Gemisch von Alkohol 
und destilliertem Wasser aa angestellt, und zwar mischte ich 
je 1 ccm SerumlQsung bzw. Globulinlosung mit je 1 ccm 
50-proz. Alkohol und verzeichnete sofort in den einzelnen 
ROhrchen den Grad der Fallung. Diese Versuche verliefen 
mit den verschiedenen Seren und Globulinlosungen ebenfalls 
ganz einsinnig. (Ein Beispiel ist in den Tabellen XVII und 
XVIII mitgeteilt.) Sie zeigten, daB die Stability der Globuline 
durch das Erhitzen auf 50° bereits deutlich, durch ein solches 
auf 55—60° ganz besonders erhoht wird und daB mit dem 
Einsetzen makroskopisch sichtbarer Triibungen infolge des 
Erhitzens auf 65° auch die Alkoholfallbarkeit wieder zunimmt. 

Tabelle XVII. 


Pferdeserum 514 mit physiol. NaCl-LosuDg aa verdiinnt. 


Serum erhitzt auf 

1 

CJi 

o 

o 

| 55° 

60° 

65" 

Triibungsgrad 

+ + 

+ 

1 1+) 

(+) 1 

+ + + 


Tabelle XVIII. 

Globulinlosung aus Pferdeserum 514. 


Globulinlosung erhitzt auf — 

50° 

55° 

60° 

65° 

Triibungsgrad + + 

1 + 

(+) 

( + ) 

+ + + 


Nach diesen Versuchen werden die Serumglobuline durch 
die Einwirkung der Temperaturen von 50—60° tats&chlich 
stabilisiert *), bei der Temperatur von 65° wird jedoch die 


1) Die Stabilisierung der Serumglobuline durch das Inaktivieren 
nehmen auch Sachs (Kolloidzeitschr., Bd. 24, 1919, p. 1131 sowie 
Hirschfeld und Klinger (Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 21, 1914, p. 40) 
an, ohne sich indessen iiber die Natur dieses Vorganges niiher auszusprechen. 
Allerdings hebt Sachs hervor, daB man in Beriicksichtigung friiherer Er- 
gebnisse von Dieudonn6 und von Moll an eine Denaturierung von 
Serumeiweifi im Sinne von Globulinvermehrung oder Alkalialbuminat- 
bildung denken kann. Auch Kamraerer (Deutsche med. Wochenschr., 
1917, p. 1388) ist der Meinung, daB das Inaktivieren die Bildung von 
Alkalialbuminat zur Folge hat. 


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244 R. Manninger, 

ffillende Wirkung sowohl der Wasserstoffionen als auch des 
Alkohols wieder ausgepr&gter, so daB also von 60° an wieder 
eine Abnahme in der Stabilitfit eintritt. 

Es fragt sich nun, welche VerSnderungen die Globulin- 
teilchen wfihrend des Erhitzens erleiden, derzufolge die Stabi- 
litfit anfangs erhoht, nachher wieder herabgesetzt wird. 

Die Versuche fiber die Alkoholfallbarkeit werden uns dies- 
bezuglich keine besondere Aufklfirung geben konnen, dagegen 
ergibt sich aus den Versuchen mit den Sfiuregemischen die 
Schlufifolgerung, daB das Stabilwerden der Globuline 
infolge der Erhitzung als die Folge einer Reaktion 
zwischen den Globulinen und dem Wasser a u f - 
zufassen ist. Das Optimum der Flockungserscheinungen 
innerhalb einer und derselben Serie verschiebt sich nfimlich 
nach rechts. Zum Ausflocken der Globuline ist also nach dem 
Erwarmen eine Losung von hoherer Wasserstoffionenkonzen- 
tration notwendig, als im nativen Zustande. Diese Beobachtung 
lfiBt sich meines Erachtens durch die zuerst von Liebermann 1 ) 
nachgewiesene Tatsache erklaren, wonach das Serum infolge. 
des Inaktivierens bei 56° an Wasserstoffionen firmer, d. i 
alkalischer wird. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daB 
die Globuline aus Seren, die mindestens auf 50° erhitzt 
worden sind, durch starkere Saurelosungen ausgeflockt werden, 
als aus nativen. Wird aber das Serum und, wie meine Ver¬ 
suche zeigten, auch Globulinlosungen infolge der Inaktivierung 
alkalischer, so kann in diesem Alkalischerwerdeu 
oder richtiger in den chemischen Verfinderungen, 
die zu dieser erhohten Alkaleszenz ftihren, der 
Grund ffir dieStabilisierung derSerumglobuline 
liegen. 

Einen Fingerzeig geben in dieser Hinsicht gewisse Er- 
fahrungen, die bei der Hitzekoagulation der EiweiBkorper 
gemacht worden sind. Auch hier ist nachgewiesen worden, 
daB die Wasserstoffionenkonzentration der EiweiBlosungen 
wfihrend des Erhitzens abnimmt, die Lfisungen folglich alkalischer 
werden [Sorensen und Jfirgensen 2 ), Quagliarello 3 )]. 

1) Biochem. Zeitschr., Bd. 4, 1907, p. 25. 

2) Biochem. Zeitschr., Bd. 31, 1911, p. 397. 

3) Ebenda, Bd. 44, 1912, p. 157. 



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Ueber die antikomplementire Wirkung der Einhuferseren. 245 


Fur diese Erscheinung gibt es bisher wohl noch keine all- 
gemein anerkannte ErklSrung, es erscheint jedoch wabrschein- 
lich, daB die ErhShung der Alkaleszenz infolge des Freiwerdens 
von Basen wBhrend der Hitzekoagulation stattfindet x ). Nun 
haben aber Chick und Martin 1 2 3 ) nachgewiesen, daB die 
Hitzekoagulation der EiweiBstoffe eigentlich eine Reaktion des 
EiweiBes mit Wasser darstellt, bei der es sehr leicht zur 
Bildung von Basen koramen kann. In Anbetracht der weit- 
gehenden Analogien, die zwischen den Begleiterscheinungen 
der Inaktivierung und der Hitzekoagulation bestehen, wird 
man nicht fehlgeben, wenn man annimmt, daB das Globulin 
bereits bei den Inaktivierungstemperaturen anfJLngt, mit dem 
Wasser eine Verbindung einzugehen. 

Sollte aber die SchluBfolgerung, daB das Globulin infolge 
des Erhitzens mit dem Wasser eine Verbindung eingeht, zu 
Recht bestehen, so wflrde sich hieraus die weitere Annahme 
ergeben, daB das Globulin im erhitzten Serum besser gelost 
ist, als im unvorbehandelten Serum 8 ). Fflr diese Auffassung 
lassen sich ubrigens aucb Analogien anfilhren. Es ist bekannt, 
daB Kolloide f&llenden Agentien gegeniiber urn so widerstands- 
fahiger sind, je innigere Beziehungen sie in ihren „L6sungen“ 
mit dem Wasser eingehen. Eine Inulinsuspension z. B. ein- 
fach durch Schutteln von Inulin mit kaltem Wasser hergestellt, 
ist eine sehr unbest&ndige Suspension, dagegen sind Inulin- 
losungen, durch Einwirkung von heiBem Wasser auf Inulin 
bereitet, ziemlich stabil. Aehnlich verhalten sich Agar- 
suspensionen im Gegensatz zu Agarlosungen usw. Dasselbe 
Verhalten scheinen auch Globulinlbsungen zu zeigen. Globulin- 
lSsungen, Sera, die der Einwirkung hoherer (50—60°) Tempe- 
raturen ausgesetzt waren, sind demnach stabiler als solche, 
die eine derartige Einwirkung nicht erfahren haben, weil die 
Globuline bei diesen Temperaturen mit dem Wasser reagieren 
und demziifolge den Charakter von Emulsoiden annehmen. 

Eine weitere Stiitze erhSlt diese Auffassung darin, daB 
mit dem Erhitzen die Tropfenzahl der Seren, so- 

1) S. Robertson, Die physikalische Chemie der Proteine. Dresden, 
Steinkopf, 1912, p. 277. 

2) Journ. of Physiol., Vol. 40, 1910, p. 404. 

3) Vgl. Schmidt, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 69, 1911, p. 513. 


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246 


E. Manninger, 


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wie der Globulinlosungen zunimmt, ihre Ober- 
fl£chenspannung somit herabgesetzt wird. Auch 
Traube 1 ) hat schon nachgewiesen, dafi die Oberflfichen- 
spannung des Pferdeserums durch Erhitzen auf 56° vermindert 
wird. Diese Befunde kfinnen kaum anders gedeutet werden 
ah die Verminderung der Oberfl&chenspannung von gekochten 
EiweiBlosungen, die von Berczeller 2 ) auf eine Reaktion der 
EiweiBkorper mit Wasser zurfickgeffihrt wird. Die Verminderung 
der Oberfl&chenspannung der Serumglobuline infolge des In- 
aktivierens kann demnach ebenfalls als das Zeichen einer 
Reaktion zwischen Globulin und Wasser aufgefaBt werden. 

Die Versuche, die mich zu dieser Aufassung brachten, 
wurden mit einem Traubeschen Stalagmometer (Tropfenzahl 
fflr Wasser bei 17° 51,6) ausgefuhrt. Die Resultate sind in 
den Tabellen XIX und XX zusammengefafit. 


Tabelle XLX. 
Tropfenzahl von Seren. 


Mit phys. NaCl- 
Losung aa ver- 


Tropfenzahl des Serums von 


ies oemm 
itzt auf 

Pferd B 

Pferd 514 

Maultier II MaultierlV 

Esel A. K. 

. 

55,7 

57,2 

56.3 

56,5 

57,0 

50° 

56.1 

58,1 

57,2 

58,5 

57,6 

55° 

57,2 

58,7 

57,9 

58,8 

58,8 

60° 

57,4 

59.0 

58,0 

59,9 

58,8 

65° 

59,6 

62,0 

60,8 

60,2 

63,0 



Tabelle 

XX. 




Tropfenzahl von Globulinlosungen. 


Globulinloeung 
crhitzt auf 

Tropfenzahl der Globulinlosung 

aus dem Serum von 

Pferd B 

Pferd 514 

Maultier II 

MaultierlV 

Esel A. K. 

_ 

53 9 

55,5 

55,4 

55,6 

55,5 

50° 

56,0 

56,7 

56.4 

57,0 

56,1 

55° 

56,6 

57,9 

57,6 

60,1 

57,7 

60° 

58,1 

59,4 

58,2 

61,5 

58,3 

65° 

59,0 

60,6 

59,7 

63,0 

59,9 


Wird nach dem Gesagten der kolloidale Zustand der 
Globuline des Serums durch Temperatureinfliisse von 50—60* 


1) Biochem. Zeitschr., Bd. 10, 1908, p. 380. 

2) Ebenda, Bd. 63, 1913, p. 215. 


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Ueber die antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 247 


derart verfindert, daB sie emulsoiden Charakter annehmen, so 
lfiBt sich hierdurch auch das Schwinden der antikomplemen- 
t&ren Eigenschaft erklfiren. Die emulsoiden Globuline 
besitzen eben keine entsprechendenOberflfichen 
zum Zustandekommen von Adsorptionserscheinungen, 

Etwas schwerer laBt sich das Fehlen der Eigenhemraung 
bei den Seren und Globulinlosungen nach dem Erhitzen auf 
65° deuten, da in diesem Falle die Verhfiltnisse komplizierter 
sind. Aus den besprochenen Versuchen geht nfimlich hervor, 
daB die OberflSchenspannung auch wfihrend des Erhitzens auf 
65° herabgesetzt wird, demgegen fiber aber die Ausflockbarkeit 
durch Sfiuregemische und durch Alkohol erhfiht wird. Wfihrend 
des Erhitzens auf 65° verlaufen somit zwei Vorgange nebeu- 
einander. Die Erniedrigung der Oberflfichenspannung weist 
namlich darauf hin, daB ein Teil der Globuline, der noch 
suspensoidartig vorhanden ist, mit Wasser reagiert und folg- 
lich stabilisiert wird. Hierdurch geht der etwa noch vor- 
handene Rest von Eigenhemmung des Serums verloren. Das 
Ansteigen der Ausflockbarkeit findet dagegen darin seine Er- 
kiarung, daB ein Teil der Serumglobuline durch die Ein- 
wirkung der Temperatur von 65° bereits der Koagulations- 
grenze nahegebracht wird und daher ganz grobdispers ge- 
worden ist (hierauf deutet auch die Trflbung der Seren und 
Globulinlosungen nach dem Erhitzen). Solche bereits grob¬ 
dispers gewordenen Globulinteilchen kfinnen naturlich leicht 
ausgefailt werden. Auch dieser Anteil des Globulins wird 
keine antikomplementare Wirkung entfalten kfinnen, da die 
spezifische Oberflache dieser groben Globulin¬ 
teilchen zu klein ist, um eine namhaftere Adsorp- 
tionswirkung zuzulassen. 

Ueber den EinfluB des Erwarmens auf das Schwinden 
der Eigenhemmung der Einhuferseren laBt sich demnach 
zusammenfassend folgendes sagen: Bei den Inaktivierungs- 
temperaturen geht das Globulin mit dem Wasser 
eine Verbindung ein, wird demzufolge in ein 
emulsoides Kolloid verwandelt und verliert da- 
mit die Fahigkeit, Komplement zu adsorbieren. 
Bei der Erhitzung fiber 60° wird ein Teil des 
Globulins bereits koaguliert, somit grob dispers, 


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248 Manninger, Antikomplementare Wirkung der Einhuferseren. 


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doch ist auch dieser Anteil des Globulins, eben 
infolge der allzu kleinen Dispersitat, nicht mehr 
imstande, eine ins Gewicht fallende Adsorptions- 
wirkung zu entfalten. 

Zusammenfassung. 

1) Die antikomplementare Wirkung der Pferde-, Maultier- 
und Eselseren ist eine Funktion ihres Globulingehaltes. 

2) Die GroBe der antikomplementaren Wirkung ist nicht 
durch die absolute Menge der im Serum enthaltenen Globuline, 
sondern durch das Verhaltnis der Albumine zu den Globu- 
linen (EiweiBquotient) bedingt. 

3) Je kleiner der EiweiBquotient ist, desto ausgesprochener 
antikomplementar wirkt das betreffende Serum und desto 
hoherer Inaktivierungstemperatur bedarf es, um zur An- 
stellung der Komplementbindungsprobe geeignet gemacht zu 
werden. Pferdesera kbnnen demzufolge im allgemeinen leicht 
(bei 55°, ausnahmsweise bei 60°), Esel- und Manltiersera 
verhaitnismaBig schwer (bei 63—65°, Maultiersera ausnahms¬ 
weise auch bei 60°) inaktiviert werden. 

4) Die Globuline der Einhuferseren wirken deshalb anti¬ 
komplementar, weil sie ihrem Dispersitatsgrad entsprechend 
optimale Oberflachen zum Zustandekommen von Adsorptions- 
erscheinungen besitzen. Die Globuline adsorbieren vermutlich 
irgendeinen Bestandteil des Komplementendstflckes. 

5) Das Inaktivieren der Seren hat eine Reaktion des 
Globulins mit Wasser zur Folge. Hierdurch werden die sonst 
suspensoidartig gelSsten Globuline in Emulsoide umgewandelt 
und verlieren gleichzeitig die komplementadsorbierende Wir¬ 
kung. 

6) Koagulierte Globulinteilchen in auf 65° erhitzten Seren 
wirken nicht antikomplementar, da ihre spezifische Oberflache 
nicht ausreicht zur Entfaltung einer praktisch gentigenden 
Adsorptionswirkung. 



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R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, Fleckfieber. 249 


Nachdruck verbote «. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Basel 
(Vorsteher: Prof. Dr. R. Doerr).] 

Das Verhaltcn der Kdrpertemperatur bc!m Fleckfieber 
des Menschen und der experfuientell infizlerbaren Labo¬ 
rs tori umsti ere. 

Von R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting. 

Mit 46 Kurven im Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 15. September 1920.) 

Wenn schon das Fleckfieber des Menscben eine klinisch 
nur schwer diagnostizierbare Krankheit mit einem oft sehr 
dflrftigen und vieldeutigen Symptomenkomplex darstellt, so 
gilt dies in wesentlich erhohtem AusmaBe fQr die experimen- 
tellen Infektionen der Laboratoriumstiere durch das spezifische 
Virus des Exanthematicus. Beim Menschen gesellen sich 
zum Fieber relativ haufig das Exanthem, die Stfirungen des 
Zentralnervensystems und des Zirkulationsapparates; wenn 
auch selbst wieder variabel und miteinander in differenter 
Weise kombiniert, gewahren diese Erscheinungen doch An- 
haltspunkte fflr eine sichere Beurteilung des Krankheitsbildes, 
deren Basis durch das AusschlieBen anderer Infektionen noch 
verbreitert wird. Das Fleckfieber der Tiere verrat sich da- 
gegen nur durch ein einziges Zeichen: die ErhOhung der 
Korperwarme; bleibt auch diese aus, dann wird die Infektion 
fiberhaupt nicht manifest, sie spielt sich vflllig latent ab und 
das Verhalten dieser Tiere unterscheidet sich selbst fflr das 
Kennerauge nicht von dem Aussehen normaler gesunder 
Exemplare. 

Nun stfltzt sich allerdings die Fleckfieberdiagnostik nicht 
ausschlieBlich auf klinische Untersuchungsmethoden, weder 
beim Menschen noch beim Versuchstier. Am Krankenbett 
berflcksichtigt man epidemiologische Momente, man verwertet 
die negativen Ergebnisse der Blutkultur und kann sich end- 
lich dank der Fortschritte der atiologischen Fleckfieberforschung 

Z«it«chr. f. ImmanlUUfortchunc* Orlf. Bd. 91. 17 


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250 


R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, 


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in den meisten Fallen GewiBheit verschaffen, wenn man die 
Reaktion von Weil und Felix anstellt oder wenn man mit 
dem Blute der Patienten Uebertragungen auf Meerschweinchen 
(Nicolle, Otto und Dietrich u. a.) ausffihrt; auch die 
histologische Untersuchung der exzidierten Roseolen nach 
E. Fraenkel oder die direkte Mikroskopie der Hautefflore- 
szenzen in situ (WeiB und H an flan d) liefern in manchen 
schwierigen Fallen wichtige Beitrage zu dem Endresultate der 
diagnostischen Ueberlegungen. Im Tierexperiment beniitzen 
wir zum Teil andere Kriterien, um das Haften der Infektion 
zu erkennen, namlich: 1) die unbegrenzte Ueberimpfbarkeit des 
Prozesses; 2) die spezifische aktive Immunitat, welche nach 
Ablauf der Fieberbewegung zuriickbleibt; 3) den Nachweis 
charakteristischer perivaskuiarer Zellanhaufungen im Gehirn; 
4) den makroskopisch negativen Sektionsbefund und 5) falls 
sich die neuesten Angaben von Weil und Felix bestatigen 
werden, die Entstehung von X 19 -Agglutininen im Serum von 
Kaninchen, welchen man das Gehirn der spezifisch fiebernden, 
serologisch nicht reagierenden Tiere (Meerschweinchen) intra- 
peritoneal injiziert hat. Inwieweit diese 5 Proben ffir die 
Agnoszierung des Meerschweinchenfleckfiebers unerlaBlich sind 
und in welchem Umfange die ersten vier in Hinkunft durch den 
von Weil und Felix vorgeschlagenen Kaninchenversuch er- 
setzt werden kfinnten, hat Doerr in seinem Referat auf der 
8. Tagung der Freien Vereinigung fiir Mikrobiologie in Jena 
auseinandergesetzt; es ergab sich, daB selbst typische Tem- 
peraturkurven im allgemeinen nicht geniigen, um eine zu- 
veriassige Aussage fiber das Bestehen einer Fleckfieberinfektion 
beim Meerschweinchen zu ermoglichen, speziell dann, wenn 
die thermische Reaktionsffihigkeit dieser Tiere durch voraus- 
gegangene Eingriffe irgendwelcher Art gestort wurde oder 
wenn es sich um kompliziertere Versuchsanordnungen handelt, 
aus denen bedeutungsvolle Folgerungen abgeleitet werden 
sollen. Noch weniger beweist das normale Verhalten der 
Korpertemperatur, daB das betreffende Tier nicht infiziert sei; 
aus den Arbeiten von Nicolle undLebailly, Doerr und 
R. Pick geht hervor, daB die Infektion mit dem spezifischen 
Virus im Meerschweinchen, besonders aber im Kaninchen 
und in der Ratte vollig afebril ablaufen kann. 



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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber uaw. 251 

Der Wert systematischer Temperaturmessungen fflr die 
Diagnose experimenteller Infektionen im allgemeinen uud fflr 
die Erkennung des Fleckfiebers der Versuchstiere im speziellen 
erscheint durch diese Feststellungen durchaus nicht tangiert, 
weder in theoretischer noch in versuchstechnischer Beziehung. 
Versuchstechnisch wird die Fieberbewegung mit ihren ver- 
schiedenen Phasen stets ein unentbehrlicher Indikator der Vor- 
g&nge sein, welche sich im Tiere vollziehen, und wird AufschluB 
geben, ob und wann die anderen Proben auf das Vorhanden- 
sein einer Fleckfieberinfektion (Uebertragung, Immunitatsprobe, 
Kaninchenversuch etc.) vorzunehmen sind oder wann man 
virulizide AntikSrper im Serum der rekonvaleszenten Tiere 
erwarten darf. Das Fieber zeigt durch seinen Beginn die 
stattgehabte Vermehrung der Erreger an und markiert durch 
sein Aufhflren das Absterben derselben; es steht zum Werden 
und Vergehen der Parasitengenerationen im Organismus in 
viel engerer Beziehung als irgendein anderer, durch die In- 
fektion bedingter reaktiver Vorgang wie z. B. eine Ver&nderung 
der Serumqualit&ten, selbst wenn diese (wie das bei der Reak- 
tion nach Weil und Felix der Fall sein dflrfte) nur durch 
den Infektionsablauf, nicht aber durch die Antigenfunktionen 
des unbelebten ErregereiweiBes zustande kommt. Theoretisch 
muB man den Anteil im Auge behalten, welchen die Tem- 
peraturmessung beim kflnstlich infizierten Tiere am Ausbau 
der Lehre von der Fleckfieber&tiologie genommen hat; er ist 
so groB, daB sich fast alle Ergebnisse direkt oder doch in- 
direkt auf diese Vorbedingung zurflckfuhren lassen. Weiter 
darf man erwarten, daB gerade das Studium der Temperatur 
beim experimentellen Fleckfieber und Vergleiche mit dem 
Verhalten der Kfirperwarme bei der natflrlichen Erkrankung 
des Menschen tiefere Einblicke in das derzeit noch wenig ge- 
klarte Wesen des infektiflsen Fiebers, vielleicht sogar des 
Fiebers uberhaupt eroffnen werden (vergleiche hierzu das 
Sammelreferat von H. Mautner). 

Von diesen Erw&gungen bestimmt, haben wir uns ent- 
schlossen, die wichtigsten Tatsachen tiber das Fieber bei der 
natflrlichen und experimentellen Exanthematicusinfektion zu 
erortern und durch eine Auswahl von Kurven, welche sich mit 
wenigen Ausnahmen auf eigene Beobachtungen und Versuchs- 

17* 


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252 


R. Doerr, A. Schnabel und E. VSchting, 


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reihen beziehen, zu illustrieren; den Abdruck zahlreicherer 
Kurven hielten wir fOr notwendig, weil sie allein eine klare 
Vorstellung der geschilderten Verh&ltnisse gestatten und durch 
zahlenmSBige Angaben nicht ersetzbar sind. Dazu fiel in die 
Wagschale, daB die neuere deutsche Fleckfieberliteratur aus 
begreiflichen GrOnden an graphischen Reproduktionen dieser 
Art sehr arm ist, so daB es AnfSngern auf dem Gebiete des 
Fleckfieberexperimentes schwer f&llt, ihre eigenen Resultate 
an der Hand von Paradigmen zu bewerten; in der Beurteilung 
der Ergebnisse anderer Autoren hat aber selbst der Erfahrene 
oft das GefQhl der Unsicherheit, weil man es vielfach unter- 
lassen hat, den Mangel an Kurven wenigstens partiell durch 
Daten fiber die Inkubation, die Dauer und Hohe des Fiebers, 
die Art der Entfieberung auszugleichen, was Friedberger 
wohl nicht ganz mit Unrecht als „bedauerlichen MiBstand“ 
bezeichnete. In der letztgenannten Beziehung kann die 
vorliegende Mitteilung natflrlich nur teilweise Abhilfe schaffen, 
indem sie sich selbstverstandlich nicht auf alle mit dem viel- 
umstrittenen Meerschweinchenfleckfieber in Konnex stehenden 
Fragestellungen und Behauptungen erstreckt. 


Das Fleckfieber des Menschen haben viele Kliniker 
(Wunderlich, Curschmann, Munk,Jflrgens u. a.) als 
eine Krankheit von „ausgezeichnet eigentiimlichem, typischem, 
gesetzmSBigem Verhalten 14 bezeichnet. Wunderlich schrieb 
1871: „Der Organismus bietet unter der Herrschaft der spe- 
zifischen Ursache so bestimmte Erscheinungen und einen so 
gleicbmaBigen Zyklus derselben dar, daB selbst betr&chtliche 
zur Mitwirkung kommende sonstige Einflfisse den Charakter 
der Erkrankung nur in beschr&nkten Grenzen zu modifizieren 
pflegen. u Man brachte immer wieder die Einheitlichkeit des 
Fleckfiebers zur Vielgestaltigkeit des Abdominaltyphus in 
scharfen Gegensatz und betonte, daB selbst die leichten Er- 
krankungen von der Grundform nicht wesentlich differieren 
und daB die bei anderen Infektionen beobachteten Abstufungen 
bis zum latenten Infekt herab hier fehlen. War diese Ansicht 
richtig, so muBte der zyklische Verlauf vor allem im Haupt- 
symptom, im Fieber, pr&gnant zum Ausdruck kommen, und 
Munk hat in der Tat angegeben, daB zumindest die Fieber- 



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Daa Verhalten der Kdrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 253 

dauer sehr regelm&fiig sei und fast immer 10 bis 14 Tage 
betrage. Auch bei Kindern von l 1 /*—9 Jahren mfisse man 
nach atypischen Kurven geradezu suchen, eine Behauptung, 
die am so merkwflrdiger ist, als sich Munk hierbei auf die 
Krankengeschichten des jfldischen Spitales in Warschau stfitzte, 
dessen Material auch noch durch andere, dem typischen Ab- 
lauf entgegenwirkende Faktoren (Rasse, Durchseuchung) be- 
einflufit war. 

Seit der Vervollkommnung der Diagnostik durch die Reak- 
tion von Weil und Felix hat sich dieser Standpunkt erheblich 
geSndert. Das Fleckfieber bietet nur dann ein stets identisches 
Bild, wenn es sich um erwachsene Individuen von ca. 25 bis 
40 Jahren handelt, welche sich in annfihernd gleichem Er- 
n&hrungszustande befinden und einer nicht durchseuchten Be- 
vSlkerung entstammen. Unter solchen Bedingungen (Soldaten, 
Gefangene) erh&lt man auch Temperaturkurven von ganz be- 
merkenswerter Uebereinstimmung, welche sich auf die in 
Kurve 1 dargestellte Grundform ohne Miihe zuriickfilhren 
lassen und nur bei hinzutretenden Komplikationen st&rkere 
Abweichungen zeigen. 



Kurve 1 ist das Temperaturdiagramm eines 27-jahrigen 
kraftigen kroatischen Soldaten, welcher an demselben Tage, 
an welchem er sich der Ansteckung exponierte, entlaust und 
lausfrei isoliert worden war. Die Inkubation, deren Beginn 
somit exakt bestimmt werden konnte, betrug bis zum defini- 
tiven Temperaturanstig 15mal 24 Stunden; rechnet man die 
pr&monitorischen ErhOhungen nicht hinzu, so wSre sie noch 
immer mit 13mal 24 Stunden zu veranschlagen. Sie war 


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254 


R. Doerr, A. Schnabel und K. VOchting, 


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also jedenfalls lang und entsprach vdllig den sichergestellten 
Angaben, welche man sonst fiber die Inkubation der natQr- 
lichen Ansteckung, d. h. der Infektion des Menschen rait 
Lausevirus gemacht hat und die sich fast ausnahmslos zwischen 
8 und 15 Tagen bewegen (Klodnitzky, Primak, Gegen* 
bauer, SchOne, Jacquot, F. G6rard u. v. a.). Es ist 
sehr interessant, daB man diese im Mittel ca. 12 Tage be- 
tragende Inkubationsdauer auch beobachten konnte, wenn man 
Menschen durch subkutane Injektion von Krankenblut infizierte 
(Moczutkowski, Ot6ro, Yersin und Vassal, H. Hamdi), 
und daB sie weiter in Erscheinung tritt, wenn man Meer- 
schweinchen oder Affen mit menschlichem Fleckfieberblut sub- 
kutan oder intraperitoneal inokuliert. Nach unseren Er- 
fahrungen besitzt schlieBlich auch die experimentelle Infektion 
von Meerschweinchen mit virulenten LSuseextrakten meist 
diese liingere, 8 Tage iiberschreitende Latenz. Um diese 
Zusammenhange zu wQrdigen, muB man sich erinnern, daB 
Meerschweinchen schon nach 5 bis 7 Tagen zu fiebern an- 
fangen, wenn man ihnen ein anderes virushaltiges Material, 
u&inlich Blut und besonders Organemulsionen von infizierten 
Meerschweinchen einspritzt: man hat diese auffallende Ver- 
kiirzung der Inkubation immer auf den EinfluB der Passage, 
der Akkommodation an eine bestimmte Tierart bezogen, was 
aber nicht rich tig sein diirfte. Die kurze Inkubation erwirbt 
das „ Organ virus" nicht erst nach lange fortgesetzter Ziichtung 
im Meerschweinchen, sondern besitzt sie schon in der ersten, 
noch direkt mit Menschenblut geimpften Generation; ubertragt 
man andererseits direkt von Mensch zu Mensch, so bleibt 
trotz homologer Passage die Lateuzperiode so lang wie bei 
der natiirlichen Ansteckung. Dagegen darf man mit groBter 
Wahrscheinlichkeit annehmen, daB der Temperaturanstieg nach 
6 bis 7 Tagen eintreten wiirde, falls man Menschen mit dem 
Gehirne fiebernder Meerschweinchen infizieren wiirde. 

Am 14. und 15. Tage sieht man kleine Elevationen auf 
37,2 und 38 °C, ein Ph&nomen, welches in Fleckfieberquaran- 
tanen fjfter zur Beobachtung gelangt und auch sonst (z. B. 
bei der kiinstlichen Infektion von Paralytikern mit Malaria- 
plasmodien) recht haufig ist; es beweist, daB sich die Inku¬ 
bation von der Fieberperiode nicht immer scharf abgrenzt 



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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 255 

und daB das pyrogene Agens nicht mit einera Ruck den 
Schwellenwert fiberschreitet, demgegenuber die ira Zwischen- 
him gelegenen Apparate zur Konstanthaltung der Korper- 
wiirme versagen. Vielleicht ist es indes verfehlt, hier von 
einera „Versagen u der Warmeregulation zu sprechen; denn 
die an den Anstieg anschlieBende Fleckfieber-Kontinua ist 
eine ausgesprochene Homoiothermie im ge&nderten Niveau, 
und in diesem Sinne w&ren die pr&monitorischen Zacken als 
Oszillationen vor einer neuen konstanten Einstellung aufzu- 
fassen, Oszillationen, die man auch bei anderen Regulierungs- 
mechanismen wahrnimrat, wenn sie sich einem andauernden 
Reiz anzupassen haben. 

Die Fieberperiode wShrte 14,5 Tage; dieser Termin ist 
— nattirlich nur fiir typische Falle — so konstant und 
charakteristisch, daB ihn schon Wunderlich bei zweifel- 
haften Krankheitsbildern fflr eine Art retrospektiver Diagnose 
erapfahl. Was das pyrogene Agens anlangt, kQnnte man beim 
Fleckfieber daran denken, daB der Erhohung der KSrpertem- 
peratur eine anatomische Erkrankung der W&rmeregulierungs- 
zentren im Zwischenhirne, eine besondere Lokalisation der 
Fleckfieberknotchen zugrunde liegt. Wahrend aber eineanaloge 
Hypothese bei der Encephalitis lethargica mit unregelm&Bigen, 
sehr oft erst nach dem Krankheitsbeginn einsetzenden Fieber 
viel fur sich hat, ist sie beim Fleckfieber abzulehnen, da hier 
die RegelmaBigkeit, der kontinuierliche Typus und vor allem 
das zeitliche Verhalten des Fiebers dagegen sprechen; das 
Fieber tritt auf, bevor sich die mit dem Exanthem synchronen 
perivaskulfiren Zellherde entwickelt haben, und verschwindet 
zu einer Zeit, wo von der Riickbildung der Knotchen noch 
keine Rede ist (Herzog, Jaff6). Es eriibrigt demnach 
nur die Annahme eines das Warmezentrum reizenden, von 
den Fleckfiebermikroben produzierten Giftes im pharmako- 
dynamischen Sinne Oder die Konzeption einer physikalischen 
Blutveranderung. Erstere ist weniger plausibel, weil sich die 
Erreger schon in der afebrilen Inkubationsperiode stark ver- 
mehren (Doerr und R. Pick, Gamaleia, Weil und 
Felix); fur die physikalische Auffassung lSBt sich geltend 
machen, daB die Erreger in den GefaBendothelien parasitieren 
(Herzog, Kuczynski, Wolbach und Tood) und die 


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256 R. Doerr, A. Schnabel nnd K. Vbchting, 

Endothelzellen, welche die physikalische Blutbeschaffenheit 
konstant zu erhalten haben, schwer schadigen. 

Der mit dem Absterben der Erreger (und mit dem Auf- 
treten virulizider Serumstoffe?) koi'nzidierende Abfall bean- 
spruchte nicht ganz zwei Tage und war weniger gestaffelt, 
als das sonst der Fall zu sein pflegt. 

Von dem eben geschilderten Typus existieren nun alle 
mflglichen Abweichungen; sieht man von Sekundfir- und 
Mischinfektionen ab, die uns hier nricht interessieren, so wird 
der unkomplizierte, direkt mit dem Fleckfiebervirus zusammen- 
hfingende Ablauf der Korpertemperatur haupts&chlich durch 
zwei Faktoren entscheidend beeinfluBt: durch das Alter der 
erkrankten Personen und durch ihre Rasse, wobei es aller- 
dings sehr wahrscheinlich ist, daB nicht die Rasse als solche 
eine Rolle spielt, sondern die Zugehbrigkeit zu bestimmten, 
chronisch verlausten und und vom Fleckfieber seit Jahrhun- 
derten durchseuchten Bevblkerungsgruppen. Fur die Bedeu- 
tung des zweitgenannten Momentes liefern die russisch-pol- 
nischen Juden ein Beispiel, dereu mitigiertes Fleckfieber mit 
der von Brill beschriebenen Krankheit vermutlich identisch 
ist (Starkenstein); sollten hier immunisatorische VorgSnge 
vorliegen, so w&re noch zu iiberlegen, ob die erhohte Resistenz 
bereits eine auf phylogenetischein Wege erworbene Eigen- 
schaft, also ein tats&chlich hereditares Rassenmerkmal ist, 
Oder ob sie nicht ontogenetisch durch Ueberstehen der Krank¬ 
heit im Kindesalter (Martini) und partiellen Schwund der 
resultierenden Immunitat zustandekommt. 

Die abschw&chende Wirkung der besonderen Rassen- 
zugehdrigkeit in dem oben erlSuterten Sinne lassen die Kur- 
ven 2 bis 6 erkennen, welche sich simtlich auf Fleckfieber- 
erkrankungen russisch-polnischer Juden beziehen und durch 
die Reaktion nach Weil und Felix verifiziert wurden. 

Kurve 2 betrifft ein Judenmadchen von 13 Jahren. Die 
Kurve sieht so aus, als hatte man den mittleren Teil der 
Kontinua in Kurve 1 einfach herausgeschnitten und die Fieber- 
dauer auf etwa 4 Tage verkurzt. Die auch in diesem Falle 
eruierbare Inkubation befief sich auf 16 mal 24 Stunden, das 
Maximum betrug 40,2° C, war also trotz der kurzen Dauer 
hoch, der Abfall erschien deutlicher gestaffelt als in Kurve 1. 



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Dae Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 257 


Die Reaktion each Weil-Felix war schon am 3. Krank- 
heitstage bis 1:200 positiv. 

Kurve 3 (12-jahriges Judenm&dchen) weist dagegen eine 
fast normale, 13-t&gige Fieberdauer auf; aber die Maximal- 



temperaturen waren nie- 
driger und die Kontinua 
schien durch einen remit- 
tierenden, im Beginne so- 
gar deutlich intermittieren- 
den Typus substituiert. Es 
bestand ein makuloses, spa- 
ter petechiales Exanthem; 

Weil-Felixl: 400 positiv. 

Normale Fieberdauer 
mit starken Remissionen 
und einer zur Norm reichenden Intermission, aber mit hSheren 
Gipfeln, zeigt auch Fall 4 (16 Jahr alter Judenjiingling). 



Kurve 6. 


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258 R. Doerr, A. Schnabel und K. Vdchting, 

In Kurve 5 (16-jahrige Jfldin) und Kurve 6 (6-jahriges 
Judenkind) findet man verschiedene Kombinationen dieser 
atypischen Varianten. 

DaB ilbrigens ab und zu auch Angehorige nicht durch- 
seuchter Rassen abortiv fiebern, lehrt Kurve 7, welche von 
einem 30-jahrigen osterreichischen Arbeiter herrtihrt, bei dem 

eine aktive Immunisierung auf 
phylo- oder ontogenetischem 
Wege ganz auszuschlieBen war. 
Auch bier springen die tiefen 
Intermissionen und die bloB 
8-tagige Fieberdauer in die 
Augen; allerdings traten nach 
dem gewaltigen kritischen Ab- 
sturz am 8.Tage noch eigentum- 
liche Schwankungen auf, welche 
bis zum 13. Tage anhielten. 

Diese rudimentaren Formen bilden den Uebergang zum 
afebrilen Exantkematicus der Sauglinge. Zwei 
Falle eines derartigen, vollig apyretischen Verlaufes hat, Doerr 
bereits in der Schweiz, medizin. Wochenschrift (No. 30 von 
1920) veroffentlicht; als weitere Beitrage zu dieser fiir die 

Deutung mancher Tierexperimente 
wertvollen Kasuistik bringen wir 
die Kurven 8, 9 und 10. 

Kurve 8 gibt das Verhalten 
der Temperatur bei einem 1-jah- 
rigen Kinde wieder, welches gleich- 
zeitig mit zwei erwachsenen Mit- 
gliedern derselben Familie an 
Fleckfieber erkrankte. An dem 
mit 1 bezeichneten Tage zeigte 
das Kind ein verandertes, weiner- 
liches Verhalten und schon 24 Stunden spater schoB ein dichtes 
Exanthem auf, welches bereits am 7. Tage ganz abgeblaBt war. 

Kurve 9 stammt von einem nur 6 Wochen alten Saugling, 
welcher gleichzeitig mit 3 erwachsenen Angehorigen infiziert 
wurde. Der Krankheitsbegiun lieB sich nicht mehr genau er- 
mitteln; bei der Spitalsaufnahme war schon ein reichliches 






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Kurve 8. 



Kurve 7. 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Dae Verhalteu der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 259 

Exanthem vorhanden, welches in der Folge noch etwas dichter 
wurde und sich erst nach 14 Tagen seines Bestandes restlos 
rflckbildete. Nur einmal erhob sich die K8rperwarme auf 
37,9 °C; sonst war die Temperatur normal, nur etwas labiler 
als bei gesunden Kindern dieser Altersstufe. Diese Labilit&t 
ist Qbrigens in den Kurven 8 und 10 noch weit starker aus- 
geprkgt. 

Kurve 10 stellt das Temperaturdiagramm eines 6-monat- 
lichen Skuglings dar; am 2. Krankheitstage entwickelten sich 
reichliche typische Effloreszenzen, welche erst am 12. Tage 
ganz verschwanden, so daB wie im vorhergehenden Falle 
die Hauterscheinungen w&hrend eines Intervalles anhielten, 
welches der normalen Fieberdauer beim Exantliematicus ent- 


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Kurve 9. Kurve 10. 

sprach. Dieses Kind war in der Quarantane gegen Blattern 
geirapft worden, bekam am 11. Tage (des abgebildeten Schemas) 
Impfpusteln mit starker Lokalreaktion und deutlicher Tem- 
peraturerhohung und am 15. Tage disseminierte, wenn auch 
vereinzelte Vakzineblaschen am gauzen Korper. Die Generali¬ 
sation der Vakzineinfektion durfte mit der eben ablaufenden 
Fleckfieberinfektion in ursachlicher Beziehung stehen; es er- 
innert das Verhalten der Haut an die Versuche von Gins, 
der bei Kaninchen Vakzine intravenos injizierte und 3 bis 
10 Tage darauf eine Ansiedelung der Erreger im Corneal- 
epithel provozieren konnte, wenn er dasselbe einfach mecha- 
nisch schadigte. 

^Infections inapparentes“ lagen demnach hier nicht vor, 
denn alle drei Kinder hatten sehr charakteristische Hautver- 
anderungen; aber aus dem bloBen Verhalten der Temperatur 


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260 


R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, 


wfire ein SchluB auf das Bestehen einer infektibsen Erkran- 
kung, speziell eines Fleckfieberprozesses, unmbglich gewesen. 

Wenden wir uns nun zu den Temperaturreaktionen 
der experimentell infizierten Laboratoriumstiere, 
so darf man bei der engen Anpassung der pathogenen Mikro- 
organismen an bestimmte Wirte a priori erwarten, daB sie 
im allgemeinen den milderen, abortiven Fiebertypen des Men- 
schen ahneln werden. Die Beobachtung entspricht ganz dieser 
Erwartung. Aber die ftir das Virus empfSnglichen Tierspezies 
(Aflfen, Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten) unterscheiden 
sich hinsichtlich ihrer thermischen Reaktivitat auf den spezi- 
fischen Infektionsreitz nicht nur vom erwachsenen Menschen, 
sondern auch untereinander, und zwar sehr betrachtlich; sie 
lassen sich in eine Skala einordnen, deren extreme Glieder 
durch die Anthropoiden und durch die Ratte reprasentiert 
werden, eine Skala, welche nach Nicolle ihr Analogon in 
der sukzessiven Abschwachung findet, welche das Krankheits- 
bild und mit ihm das Fieber innerhalb der Spezies Mensck 
durch das abnehmende Alter der infizierten Individuen erleidet. 
Diese fur das Fleckfieberexperiment bedeutsame Parallele soli 
im folgenden weiter ausgefiihrt werden. 



Betrachtet man zunachst die Kurve 11 (herriihrend von 
einem Sehiinpaiisen, dem Nicolle undConseil 1 ccm Blut 
eines Fleckfieberkranken subkutan injiziert hatten [Ann. Past., 
1911, p. 19]) so sind gewisse Abweichungen von Kurve 1 nicht 
in Abrede zu stellen, wie vor allem die kurze Inkubation (7mal 
24 Std.); die Maxima erreichen aber hohe Werte (40,5—41°C), 
die Fieberdauer betragt voile 10 Tage, der Abfall erscheint 
gestaffelt, der Typus des Fiebers ist wenigstens in der zweiten 



Original from 

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"^“^^^Rrbana-champaign 



Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 261 


H&lfte der Kurve kontinuierlich und sogar die initialen 
Schwankungen sind vorhanden. Gegeniiber diesen unverkenn- 
baren Aehnlichkeiten mit dera gesetzm&Bigen Temperaturverlauf 
beim Fleckfieber des erwachsenen Menschen treten die Diffe- 
renzen ganz zurflck; man kann kaum zweifeln, daB man es in 
beiden Fallen mit der Wirkung der gleichen pyrogenen Noxe 
auf sehr enge verwandte Tierspezies zu tun hat. 

DaB flbrigens die Inkubation auch bei hoheren Affen 
gleiche Dauer wie bei der natflrlichen Ansteckung des Men¬ 
schen besitzen kann, lehrt die Kurve eines von G a v i fi o und 
Girard raitdem- 
selben Material 
(5ccm Patienten- 
blut) subkutan 
infizierten Ateles 
rellerosus; hier 
mahnt auch (ab- 
gesehen von der 
Kontinua und 
der Hohe ihres 
Niveaus) das ge- 
schlossene, von 
Anstieg und Ab- 
fall scharf um- 
grenzte Kurven- 
massiv an das 
Fleckfieber des 
erwachsenen 
Menschen, wie es 
die Kurve 1 dar- 
stellt. 

Viel verwaschener pr&sentieren sich demgegenfiber die 
Temperaturkurven von niederen Affen, wie z. B. Kurve 12 a 
von einem Macacus sinicus, dem Nicolle und Conseil 
2 ccm Blut des oben erwahnten Schimpansen, also Affen- 
passagevirus subkutan beigebracht hatten. Die Inkubation 
bel&uft sich wie beim Virusspender auf 7 Tage oder eher noch 
etwas weniger; der Anstieg ist hoch, reicht bis zu 41° C, 
ist aber nicht so schroff; die von vielen Autoren hervorge- 
hobene, von Legrain und Treille auch beim Menschen 


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Kurve 12. 



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URBANA-CHAMPAIGN 



262 


JR. Doerr, A. Schnabel und K. Vbchting, 


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konstatierte Initialschwankung in Gestalt eines lateinischen N 
ist vorhanden; vom 2. Anstieg an dacht aber die Kurve so all- 
m&hlich ab, daB man die Fieberdauer kaum abzuschfitzen vermag. 
Indes wird man auch hier die Analogien zur menschlichen 
Fleckfieberkurve kaum bestreiten wollen. Anders liegt aber die 
Sache bei dem Macacus sinicus (Kurve 13), welcher 4 ccm 
Patientenblut (4. Krankheitstag, mittelschwerer Fall) subkutau 
erhalten hatte (Nicolle und Conseil, Ann. Past., 1919, p. 22). 
Die 14-tS.gige Inkubation ist zwar ausgeprfigt und ihre Dauer 
entspricht dem zum Versuch verwendeten virushaltigen Sub- 
strat; aber die Fieberreaktion wfihrte nur zwei Tage, die 
Elevation gegeniiber dem Temperaturdurchschnitt geht nicht 

viel fiber 1° C hinaus. 
Das sind bereits Falle, 
in denen man auf den 
Temperaturablauf kei- 
nen SchluB basieren 
kann; man muB andere 
Kriterien heranziehen, 
um eine Aussage wagen 
zu dtirfen, um so mehr, 
da Affen sehr thermo- 
labil sind und in der 
Gefangenschaft aus den verschiedensten Ursachen Tem- 
peratursteigerungen bekommen. Andererseits darf man aber 
nicht in den Fehler verfallen, daB man wegen des abor- 
tiven Charakters der Fieberreaktion rundweg behauptet, die- 
selbe konne nicht der klinische Ausdruck einer Fleckfieber- 
infektion sein; die Kurve in Fig. 13 weist noch immer viel 
mehr Beziehungen zu dem klassischen Typus in Kurve 1 auf, 
als die Kurven Fig. 5, 7, 8, 9, 10, obzwar letztere von un- 
zweifelhaften natfirlichen Erkrankungen des Menschen an 
Fleckfieber gewonnen wurden. 

Das Mecrsclnvcinchen reagiert auf den pyrogenen Reiz 
der Fleckfieberinfektion nicht schlechter, sondern anscheinend 
eindeutiger und regelmfiBiger als Makakeu; lage der Fall 
umgekehrt, so wfirde sich die Tierspezies fur das Fleckfieber- 
experiment wenig eignen und ware sicher auch gar nicht in 
diesem MaBe bevorzugt worden. Allerdings erfiihrt das typische 
Verhalten der Meerschweinchen mancherlei Einschrankungen, 


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Kurve 13. 



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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAI6N 


Das Verhalten der KOrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 263 

welche zum Teil (wie einleitend bemerkt wurde) dadurch be- 
dingt sind, ob das Versuchstier noch ganz intakt oder bereits 
anderweitig beeinflufit ist. Bevor wir auf diese VerhUltnisse 
eingehen, sollen jedoch einige Kontrollexperimente von D oer r 
und R. Pick 
durch Kurven 
belegt werden, 
aus welchen im 
Gegensatze zu 
bekannten An- 
gaben erhellt, 
daB man durch 
Injektion von 
Blut gesunder 
oder anders- 
artigerkrankter 
Menschen keine 
Fieber- 

bewegungen er- 
zielt, welche zu 
Verwechs- 
lungen mit den 
typischen 
Fleckfieber- 
reaktionen der 
Meerschwein- 
chen AnlaB ge- 
ben wiirden. 

Die Kurve 14 und 15 beziehen sich auf 2 Meerschweinchen 
von 300 und 280 g, welchen an den durch die Pfeile mar- 
kierten Tagen je 2,5 ccm Blut von zwei verschiedenen normalen 
Menschen in die Bauchhohle gespritzt worden war. No. 14 
bekam nicht defibriniertes, No. 15 defibriniertes Blut; beide 
Tiere boten akute, anaphylaktoide Symptome dar, erholten sich 
aber bald. Die Kurven sind stark gekurzt wiedergegeben ; die 
Tiere wurden de facto eine Woche vor und vier Wochen nach 
dem Eingriff taglich zweimal thermometriert. Ein Kommentar 
erscheint, wenn man die Figuren mit der Kurve No. 24 ver- 
gleicht, iiberfliissig. Ebenso dlirfte es gentigen, wenn wir 
anfiihren, daB nachstehende Tiere, wie folgt, behandelt waren 



Kurve 14. 



Kurve 15. 


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Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 




264 


R. Doerr, A. Schnabel und JL VSchting, 


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Kurve 16. 


Meerschw. 16, 2 ccm Blut einer Malaria tertiana intrap., 

17, 2 „ „ „ Pneumonia crouposa intrap., 

18 (350 g), 4.5 ccm Blut eines Masernfalles intrap., 

19, 2,5 ccm Blut eines 2. Masernfalles intrap., 

20, 2 „ „ „ Scarlatinafalles intrap., 

21, 2 „ „ „ 2. Scarlatinafalles intrap, und 

22, 2 „ „ „ 3. Scarlatinafalles intrap. 

Zur Be- 
leuchtung des 
Gegensatzes sei 
nun absichtlich 
die etwas aty- 
pische Kurve 
eines spezifisch 
fiebernden 
Tieres heraus- 
gegriffen. Das 
betreffende 
Meerschwein- 
chen wog 250 g 
und hatte 1 ccm 
nicht defibri- 
nierten Blutes 
subkutan er- 
halten. Das Blut 
war knapp vor- 
her mit der 
gleichen Spritze 
aus der Arm- 
vene eines 
Fleckfieber- 
patienten am 9. 
Krankheitstage 
aspiriert wor- 
den; man kann 
einelnkubation 
von erwartungs- 
gemSBer Dauer 
(12mal 24Stun- 










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Kurve 18. 


den), einen steilen Anstieg und eine lytische Deferveszenz 
konstatieren, endlich auch eine nicht sehr h&ufige, aber aucb 



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URBANA-CHAMPAIGN 






Das Verhalten der Kdrpertemperatur beim Fleckfieber usw. 265 


beim Menschen 
bisweilen auf- 
tretende post- 
febrile Hypo- 
thermie. Aber 
die ganze Fie- 
berbewegung 
erstreckte sich 
nur fiber 4 Tage 
und das Maxi¬ 
mum stand bloB 
1,6°C fiber dem 
Niveau der In- 
kubatiou. Im 
allgemeineu 
stoBt man hier 
auf Verhaltnisse 
wie bei der In- 
fektion des Ma- 
cacus sinicus in 
Kurve 13. DaB 
das Meer- 
schweinchen 
spezifisch gefie- 
bert hat, geht 
in diesem Falle 
daraus hervor, 
daBzweiandere, 
mit denselben 
Mengen des 
gleichen Mate- 
riales injizierte 
Tiere fast iden- 
tische Kurven 
ergaben und 
sich bei der 
nach 4 Wochen 
durchgeffihrten 
Immunitatspro- 
be mit groBen 
Dosen Passa- 




Kurve 20. 








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Kurve 22. 


Zcittchr. f. lmmimititsforschuD^. Orff. Bd. 31. 


18 


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266 R- Doerr, A. Schnabel und K. Vfichting, 

gevirus vfillig refrakt&r verhielten. Alle weiteren hier mit- 
geteilten Ergebnisse gehbren einer durch ca 2 Jahre fort- 
gesetzten Passageserie an; die Uebertragbarkeit wurde somit 
im groBten Stile und fOr jedes einzelne Tier bewiesen; 
in gleicher Weise haben wir die spezifisch immunisierende 
Wirkung, die Entstehung der charakteristischen Zellan- 
h&ufungen im Gehirn und den makroskopisch negativen 
Sektionsbefund bei so vielen Meerschweinchen dieser weitver- 



Kurve 23. 



Kurve 24. 


zweigten Experimentalreihe, deren Glieder sich gegenseitig 
stfltzen, erhoben, daB die Authentizitat der Kurven nach 
jeder Richtung verbflrgt erscheint. 

Bei dem folgenden Meerschweinchen (Kurve 24) wurde 
die Infektion mit homologem Pasagevirus (2 ccm defi- 
brinierten, durch Herzpunktion gewonnenen Blutes eines 
anderen hochfiebernden Meerschweinchens) bewirkt, und zwar 
durch intraperitoneale Einspritzung des virushaltigen Sub- 


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Dae Verhalten der KOrpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 267 

strates. Die Inkubation war — wie das bei Passegevirus 
die Regel ist — kurz (7mal 24 Stunden); der Anstieg war 
jedoch geradezu imponierend und erstreckte sich fiber drei 
voile Grade, das Maximum betrug40 c C und die Fieberdauer 
belief sich auf ca. 12 Tage. Diese Kurve darf als typisch 
bezeichuet werden; sie entfernt sich nicht wesentlich von den 
Fieberformen, welchen man bei jfingeren Menschen oder hfiheren 
Affen begegnet. 

W ie bekannt, kann man statt Blut auch diezerriebenen 
Organe von Passagemeerschweinchen als Virus 
benfitzen, wobei es 
sich empfiehlt, den 
Organbrei durch 
Gaze zu kolieren 
oder die Emul- 
sionen durch Zu- 
satz von 0,85 Proz. 

NaCl zu verdfinnen 
und bei geringer 
Tourenzahl zu zen- 
trifugieren; das Mit- 
injizieren grfiberer 
Organ partikel ist zu 
vermeiden, speziell 
dann, wenn man 
virulizide Versuche 
mit antiexanthema- 
tischem Serum an- 
stellen will. Analoge 
Kautelen sind ja 
auch beim Arbeiten 
mit virulentem Lys- 
sahirn zu beachten. 

Welches Organ man verwendet, ist innerhalb ’weiter 
Grenzen gleichgfiltig; das Gehirn bietet aber versuchstechnische 
Vorteile, weil es bei entbluteten Tleren wenig Residualblut 
zuruckhalt, weil es leicht aseptisch entnommen und sehr fein 
und gleichmfiBig emulgiert werden kann. Gehirnverreibungen 
oder wasserige Extrakte aus diesem Organ sind auch relativ 

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Kurve 25. 



Kurve 26. 


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268 


R. Doerr, A. Schnabel und K. Vdchting, 


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wenig toxisch (Gerinnungsfermente oder andere Stoffe), was 
besonders bemerkbar wird, wenn man intravenos infizieren 
will; benfltzt man Ncbenniere oder Lunge, so hat man bei 
diesem Infektionsmodus Tierverluste zu beklagen. Die Knrven 

bleiben aber — 
vorausgesetzt, 
dad die Organe 
virushaltig sind 
— immer die- 
selben, ein Be- 
weis, dad eben 
die Organsub- 
stanz fflr die be- 
obachteten pyro- 
genen Effekte 
nicht in Betracht 
kommt. So hatte 
Meerschweinchen 
No. 25 die zer- 
riebeneMilzeines 
Passagemeer- 
schweinchens,die 
Tiere 26 bis 30 
dagegen grQdere 
Mengen virulen- 
ter Hirnemulsion 



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Kurve 27. 



Kurve 28. 



Kurve 29. 


intraperitoneal erhalten. Das 
substanz entsprach ca. 0,3 bi 



eingespritzte Quantum Hirn- 
0,6 g; man kann aber auch 



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Das Verhalten der KQrpertemperatur beim Fleckfieber uaw. 269 

init weit geringeren Massen die namliche Wirkung erzielen 
(Landsteiner und Hausmann). 

Meerschweinchen No. 31 z. B. bekam nur 0,02 und Nr. 32 
gar nur 0,01 g Hirnsubstanz intraperitoneal, wobei der er- 
hebliche Substanzverlust durch das Filtrieren der Hirnemul- 
sionen nicht einmal in Rechnung gestellt ist. Die eben an- 
gegebenen Dosen stellen auch keineswegs die untere Grenze 
dar; wie aus den Publikationen vonNicolle und Blaizot, 
da Rocha-Lima, Landsteiner und Hausmann her- 





Kurve 33. 

vorgeht, gentigen schon Dezimillligramme; auch hierin dfirfen 
wir ein Argument erblicken, daB die Erreger das Fieber 
provozieren, nicht aber das Gewebe, in welchem sie sich vor- 
tinden. AuBerordentlich klein werden die Gewichtsmengen 
fremdartiger Stoffe, in welchen eine pathogene Zahl von Fleck- 
fiebermikroben eingeschlossen ist, wenn man zur Infektion 
frische Verreibungen aus infizierten (an Fleckfieberkranken 
gefutterten und 10 Tage bei 30° gehaltenen) KleiderlHusen 
verwendet. 


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270 


B. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, 


In Kurve 33 zeigt die linke Hfilfte die Kurve eines mit 
virulenter Hirneraulsion geimpften Passagetieres, die rechte 
dagegen die Fieberreaktion eines Meerschweinchens, welchem 
ein Extrakt aus 5 durch 10 Tage rait Fleckfieberblut ge- 
fiitterten Kleiderlausen in die Peritonealhbhe injiziert wurde. 
Wenn man von der 4-tftgigen Steigerung auf 38° C beim 
Passagetier absieht, besteht wohl eine uberzeugende Aehnlich- 
keit. Beide Tiere wurden auf der Akme des Fiebers getbtet, 
um Uebertragungen auf andere Meerschweinchen ausfiihren 
und an letzteren die ubrigen Proben zur Identifizierung des 
Fiebers vornehmen zu kfinnen (Doerr und Schnabel); 
daher brechen die Kurven unvermittelt ab und illustrieren 



von dem Ver- 


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-————— halten der Or- 

ganpassagen 
unterschei- 
den. Meer. 
schweinchen 
34 war ubri- 
gens nur mit 
einer Verrei- 
bung auszwei 

Kurve 35. ~ Lausen inoku - 

liert worden. 

Bemerkt sei, daB man gerade mit Lausemulsioncn auch ab 
und zu Versager erzielt, nicht so oft wie mit menschlicbem 
Fleckfieberblut, aber doch ofter als mit Organvirus; auf die 
Ursache wollen wir gelegentlich an anderer Stelle genauer 
zu sprechen kommen. 




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— URBANA^ CHAMPAIGN- - 






Das Verhalten der Kfirpertemperatur beim Fleckfieber usw. 271 

Kurve 35 stammt von einem Meerschweinchen, welches 
mit einer Emulsion aus einer einzigen Laus intraperitoneal 
infiziert worden war; die Reaktion blieb abortiv, war aber 
doch immer noch gut ausgeprSgt. Andere mit der gleichen 
Emulsion gespritzte Meerschweinchen gaben .Vollreaktionen, 
deren spezifische Natur exakt verifiziert worden konnte. Auch 
die fruhere Notiz, betreffend die „Versager“, bezieht sich 
natflrlich nur auf Tiere, bei denen sich trotz Injektion einer 
ftir andere Meerschweinchen virulenten Laus- 
emulsion kein Fieber eingestellt hatte. Wie bereits betont, sind 
dielnkubationen nach L&usevirus im Durchschnittlanger alsnach 
Passagevirus (vgl. Kurve 33 und 34 mit Kurve 27 Oder Kurve 26) 
und korrespon- 
dieren ziemlich 
genau der La- 
tenzzeit bei der 
natflrlichen An 
steckung des 
Menschen, die ji 
gleichfalls in 
einer (intrave- 
ndsen) Einim- 
pfungvon Lause- 
virus besteht. 

Dad auch frische Liiusefacces das Virus in infektions- 
tiichtigem Zustande enthalten, wurde von Ni colie und Con- 
seil, Muller und Urizio, Doerr und Schnabel im 
Gegensatze zu da Rocha-Lima behauptet. Ein solches 
Experiment liegt der Kurve 36 (linke Haifte) zugrunde. Da 
die Temperatursteigerung in diesem Falle gering war, wurde 
das Tier getotet und 0,3 g seines Gehirns auf ein zweites 
Meerschweinchen intraperitoneal iiberimpft, bei welchem dann 
die Reaktion, wie auf der rechten Haifte von Kurve 36 zu 
entnehmen, deutlicher wurde. Beide Meerschweinchen hatten 
einen negativen Sektionsbefund, eine Feststellung, auf welche 
man nicht verzichten darf, wenn man vor den grobsten Irr- 
tiimern geschiitzt sein will. Zwei Beweise hierfflr liefert 
Kurve 37. Das eine Meerschweinchen (mit virulenter Hirn- 
emulsion intraperitoneal injiziert) fiel schon durch die extreme 



Kurve 36. 


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272 


E. Doerr, A. Schnabel und K. VOchting, 


knrze Inkubation von 3mal 24 Stunden auf; bei der Scktion 
fand sich disseminierte, miliare Pseudotuberkulose der Leber 
und Milz. Das zweite Tier (rechte Halfte der Kurve 37) sollte 



Kurve 37. 


mit einer frflher 
virulenten, aber 
lange Zeit im 
Eiskasten auf- 
bewahrten Hirn- 
emulsion sub- 
kutan immuni- 
siert werden; es 
begann aber 
schon nach der 
ersten Ein- 



spritzung des 
sicber aviruleut 
gewordenen Ma¬ 
terials zufiebern, 
wurde getotet 
und zeigte eine 
ausgedehnteeite- 
rige Media- 
stinitis. 

Zu den Kri- 



terien des Meer- 
schweinchen- 
fleckfiebers ge- 
h6rt bekanntlich 
die resultierende 
aktive Iminu- 
nitat; eine 
zweite Injektion 
eines virushal- 
tigen Materiales 


darfkeineFieber- 

reaktion nach sich ziehen, wobei man die verschiedenen, Fleck- 
fieberkeime enthaltenden Stoffe (Patientenblut, Blut oder 
Organemulsion von Passagetieren 4 Lausevirus) beliebig unter- 
einander vertauschen kann. Dieses refraktare Verhalten 



Origirval from 

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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 273 


komrat in den Kurven 38, 39 und 40 zum Ausdruck. Die 
Meerschweinchen Nr. 38 und 39 waren mit virulentem Passage- 
hirn intraperitoneal infiziert worden und hatten eine ausge- 
pr§gte, bei No. 39 recht typische Fieberreaktion Qberstanden. 
Nach 6 Wochen neuerdings mit 0,3 g (ffir Kontrollen voll- 
virulenten) Passagehirnes intraperitoneal reinjiziert, erwiesen 
sie sich immun; das Verhalten ihrer Korperw&rme, der Ueber- 
sichtlichkeit halber als dunne Linie unter die prim&re Fieber¬ 
reaktion ins Schema eingetragen, l&Bt die Differenz mit aller 
wiinschenswerten Deutlichkeit erkennen. Fur Kurve 40 trifft 
das insofern nicht ganz zu, als hier die prim&re Reaktion 
abgeschw&cht erscheint; diese Abschwachung hat aber einen 
besonderen Grund. Dem Passagevirus (Emulsion der Milz 
und der Nebennieren; fiir zwei Kontrollen typisch pyrogen) 
war n&mlich das 
(virulizide) Se¬ 
rum eines mit 
Passagevirus 
immunisierten 
Kaninchens zu- 
gesetzt worden, 
so daB wir im 
abortiven Ver- 
lauf des spezi- 
fischen Fiebers 
(dick ausgezogene Kurve) den Ausdruck einer partiellen 
passiven Iinmunitat zu sehen haben. Trotz des rudimen- 
tSren Verlaufes der Infektion stellte sich jedoch nach der 
Immunitatsprobe keine Fieberbewegung ein (diinne Linie). 

Ausgesprochen tritt die virulizide Wirkung antiexanthe- 
matischer Sera in der folgenden, nur zum Teil wiederge- 
gebenen Versuchsserie von Do err und R. Pick zutage 
deren Ergebnis auch in anderen Belangen Interesse bean- 
sprucht. Das benutzte Serum stammte von einem Fleckfieber- 
rekonvaleszenten und wurde durch AderlaK 10 Tage nach 
der Entfieberung gewonnen; die injizierte Serumdosis betrug 
bei alien vier Meerschweinchen, deren Kurven hier abgebildet 
sind, je 1 ccm. Bei dem ersten Tier (Kurve 41) wurde das 
Serum mit dem Virus (0,4 g emulgierten und filtrierten Pas- 



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URBAN A-CHAMEA IGN 






274 


E. Doerr, A. Schnabel and K. V6chting, 


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sagehirnes) gemischt und das Gemisch nach einstiindigem 
Stehen bei Zimmertemperatur intraperitoneal injiziert. 

Die Temperatur hielt sich durch 15 Tage ira gleichen 
Niveau; da bei den zwei eingestellten Viruskontrollen in- 

zwischen die 


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Kurve 41. 


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Fieberreaktion 
typisch abge- 
laufen war, in- 
jizierten Doerr 
und R. Pick 
am 16. Tage 
dem Meer- 
schweinchen 
No. 41 noch- 
mals eine mas¬ 
sive Dosis 
Passagevirus, 
aber ohne 
jeden Erfolg. 
Beim nSch- 
sten Meer- 
schweinchen 
lagzwischender 
Virusinjektion 
und der post- 
infektionellen 
Serumzufuhr 
ein Intervall 
von 24Stunden, 
wie die beiden 
Pfeile in den 
zweierstenVer- 
tikalrubriken 
andeuten (Kur- 

Kurve 43. 42 ^' Aucl) 

dieses Meer- 

schweinchen blieb fieberfrei und war gegen eine zweite Virus¬ 
injektion ebenso refraktfir. 

Beim dritten Tier (Kurve 43) betrug das Intervall zwischeu 


Kurve 42. 


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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber usw. 275 


Infektion und Seruminjektion 48 Stunden. Diesmal kam es 
am 15. Tage zu einer abortiven Fieberreaktion, die leider nicht 
unbeeinflufit ablaufen konnte, sondern infolge eines Versehens 
durch eine zweite (diesmal resultatlose) Virusinjektion unter- 
brochen wurde. 

Bei Meerschweinchen No. 44 endlich kam das Serum zu 
spat, nach 5mal 24 Stunden. Die Fieberreaktion trat in voller 
Starke auf und unter- 
schied sich gar nicht 
mehr von dem Tempe- 
raturablauf bei den 
beiden durch Serum 
nicht beeinfluBten 
Kontrollen. 

Es lafit sich 
daraus deduzieren : 

1) daB virulizides 
Serum vom Fleck- 
fieberrekonalves- 
zenten die pyro- 
gene Wirkung 
groBerDosen von 
Passagevirus 
ganz zu paraly- 
sieren vermag, 
wenn man das- 
selbe mit dem 
Virus gemischt 
oder getrennt 
und postinfektionell injiziert. 2) DaB dieser paralysierende Effekt 
sukzessive abnimmt, je 18nger der Zeitraum ist, welcher 
zwischen der Infektion und der Serumeinspritzung verstreicht, 
bis schlieBlich uberhaupt keine Mitigierung des Infektions- 
ablaufes zu bemerken ist; diese Tatsache besitzt besondere 
Bedeutung fiir die Wahl des Zeitpunktes einer postinfektionellen 
Serumprophylaxe (Doerr, Nicolle und Conseil) beim 
Menschen. 3) DaB auch abortive, ja anscheinend sogar vollig 
afebrile Infektionen (^infections inapparentes 14 ) aktiv immuni- 
sieren, da das Resultat der Immunitatsproben bei No. 41 und 




Kurve 44. 


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276 


R. Doerr, A. Schnabel und K. Vochting, 


No. 42 kaum so aufgefaBt werden kann, daB das 2 Wochen 
frflher einverleibte Antiserum die Tiere passiv geschtitzt hat; 
dahin gerichtete Kontrollversuche sprachen gegen diese Inter¬ 
pretation. 

Die Kurve 45 bringt die Kurve eines Meerschweinchens, 
dem Passagehirn (0,4 g), gemischt mit 2 ccm Serum eines 
rekonvaleszenten Meerschweinchens, intraperitoneal injiziert 
worden war. Man erhait den Eindruck einer nach 6 Tagen 
einsetzenden und 6 Tage anhaltenden abortiven Reaktion; die 
Immunitatsprobe ergab auch hier ein vollig refraktares Ver- 
halten. 

Die Hoffnung, welche aus den Kurven 41 und 42 ab- 
leitbar wire, daB man vielleicht auch Menschen durch Virus- 
serumgemische unter Vermeidung jeder Impffolge aktiv im- 
munisieren konnte (Doerr und R. Pick), ist nun allerdings 
dadurch zerstort worden, daB sich Ergebnise, wie sie in den 
zwei zitierten Experimenten erzielt wurden, als jene seltenen 
Ausnahmen herausstellten, in welchen sich die gegenseitige 



Beeinflussung von Virus und Serum gerade nur bis zur in¬ 
fection inapparente“ ausbalanziert. Kommt es dagegen zur 
Abtotung der Erreger durch die mitinjizierten Antikorper, so 
bleibt mit der Infektion auch die antiinfektionelle Immunitat 
aus, wie das aus den Versuchen von Anderson und Gold- 
berger, Nicolle und seinen Mitarbeitern, Russ und 
Kirschuer erhellt. Die Immunisierungsmoglichkeit durch 
abortive Infektionen mochten wir aber auf Grund unserer 
Erfahrungen aufrechterhalten und als den einzigen gangbaren 


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Das Verhalten der Korpertemperatur beim Fleckfieber ubw. 277 

Weg bezeichnen, welcher derzeit zu einer wirksamen Schutz- 
impfung gegen Fleckfieber zu fiihren imstande ist. 

Als AbschluB sei noch die Kurve 46 reproduziert. Hier 
war der Infektion in it Passagevirus nach 24 Stunden eine 
Injektion von 2 ccm eines hochwertigen X 19-Immunserums 
vora Kaninchen gefolgt. Das Meerschweinchen war nicht ge- 
schfltzt, sondern reagierte genau wie eine bloB rait Virus 
injizierte Kontrolle. Die Immunisierung von Kaninchen mit 
X 19 gibt somit keine viruliziden Antikbrper; umgekehrt 
existieren virulizide Sera (z. B. von rekonvaleszenten Meer¬ 
schweinchen), welche auf X 19 nicht agglutinierend wirken, 
Tatsachen, welche jedenfalls nicht fur eine gemeinsame Antigen- 
funktion des ErregereiweiBes und des Protoplasmas der X- 
StSmme sprechen. 

Ueber die zitierte Literatur gibt das Referat von D o e r r 
auf der 8. Tagung der Freien Vereinigung fflr Mikrobiologie 
(Centralbl. f. Bakt., Ref., 1921) AufschluB. 

Zusammenfassung. 

1) Die Fieberreaktionen, welche das Virus des Exanthe- 
maticus beim Menschen, bei anthropoiden und niederen Affen 
sowie bei Meerschweinchen hervorruft, werden miteinander 
an der Hand von Temperaturkurven verglichen. Sie lassen 
sich samtlich auf eine Grundform (Fiebertjpus des nicht 
durchseuchten erwachsenen Menschen) zuriickliihren. 

2) Abweichungen von der Grundform konnen bedingt 
sein: bei der Spezies Mensch durch das Alter und die Rasse 
(Durchseuchung) der erkrankten Individuen, bei Tieren durch 
die thermische Reaktionsfahigkeit der betreffeuden Spezies 
auf den pyrogenen Reiz der Fleckfieberinfektion. Meer¬ 
schweinchen reagieren im Durchschnitt gentigend stark und 
typisch, urn sich zu Experimenten mit diesem Virus zu eignen. 

3) Es existieren zwei Formen der Inkubation: eine kurze 
(nach Infektion mit Meerschweinchenpassagevirus) von weniger 
als 8 Tagen und eine lange, ca. 10- bis 12-tSgige (natiirliche 
Ansteckung des Menschen, kiinstliche Impfung von Menschen 
Oder Meerschweinchen mit Patientenblut, Infektion von Meer¬ 
schweinchen mit L&usevirus). 


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URBANA-CHAMPAIGN 



278 B- Doerr, A. Schnabel und K. Vftchting, Fleckfieber. 


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4) Die thermische ReaktivitSt der Meerschweinchen kann 
auch durch vorausgegangene unspezifische Eingriffe gestort 
werden. 

5) Virulizide Sera heben die pyrogene Wirkung des 
Fleckfieberkeimes auf Meerschweinchen auf, wenn man sie 
gleichzeitig Oder postinfektionell injiziert. Wird hierbei das 
Vims abgetStet, bleibt also die Infektion aus, so entwickelt 
sich keine aktive Immunit&t; wirkt das Serum nur ab- 
schwachend auf den Fieberablauf, ohne die Infektion zu ver- 
hindern (abortives Fieber, afebrile latente Infektion), so kann 
sich eine aktive Immunitat entwickeln. 

6) Postinfektionell schiitzen antiexanthematische Sera nur, 
wenn sie bald nach der Viruszufuhr injiziert werden, was 
fdr eine postinfektionelle Serumprophylaxe beim Menschen 
(Nicolle und Conseil, Doerr) wichtig erscheint. 


Nachdruck verboten. 

Eln Beitrag znr Frage des Wesens der Wasscrmannschen 

Rcaktion 1 ). 

Von Dr. Fritz M. Meyer, Berlin. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 4. September 1920.) 

Die Frage nach dem Wesen der Wasser m an n schen 
Reaktion ist auch heute noch nicht beantwortet; die zahl- 
reichen Arbeiten, in denen hierzu Stellung genommen wird, 


1) Diese Arbeit Btammt, wie aus den Tabellen ersichtlich, aus dem 
Jahre 1911. Sie wurde damals nicht veroffentlicht, weil ich die Absicht 
hatte, meine Versuche zu erweitern. An der Durchfiihrung meines Planes 
wurde ich gehindert. Ich habe zufallig die Arbeit jetzt wiedergefunden, 
und glaube. ein Recht, sie heute noch zu veroflentlichen, von der Tatsache 
ableiten zu konnen, dafi das Wesen der Wassermannschen Reaktion 
inzwischen keine weitere Kliirung erfahren hat. 


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‘ URBANA-CHAMPAIGN' 



Em Beitrag zur Frage dee Weeene der Wa. R. 


279 


zeigen zum Teil vSllig entgegengesetzte Ansichten. Die Mehr- 
zahl der Autoren vertritt den Standpunkt, daB dieWasser- 
mannsche Reaktion eine reine Lipoidreaktion darstellt, wahrend 
andere, besonders Plaut, Bruck und Citron, an der 
Antigen-Antik8rpertheorie im groBen und ganzen festhalten. 
Allerdings stelll sich auch Citron vor, „daB die Lues-Anti- 
kOrperbildung nicht durch den Erreger selbst, sondern durch 
eine von ihm sezernierte oder bei seinem Zerfall freiwerdende 
Substanz veranlaBt wird, oder aber, daB unter dem EinfluB 
der Lues das menscbliche Gewebe selbst Substanzen erzeugt, 
die als Antigen im eigenen Organismus zu wirken verm8gen.“ 
Er glaubt, daB eine spezifische Reaktion mit einer nicbt 
spezifischen Reaktion einhergebt, daB also eine Lipoidreaktion 
und eine echte Antigen-AntikOrperreaktion bestehe. Urn diese 
Theorie zu beweisen, hat Citron zusammen mit Munk 1 ) 
eine Reihe von Tierexperimenten vorgenommen. 

Die beiden Autoren wollten feststellen, ob im wftsserigen 
Extrakt aus der Leber hereditdr syphilitischer F6ten sich ein 
Stoff findet, der als echtes Antigen anzusehen ist und mit 
den Reaginen des Serums der Luetiker positiv reagiert. Das 
Zustandekommen der Wassermannschen Reaktion bei Be- 
nutzung von alkoholischen Extrakten aus Normalorganen be- 
trachten sie, trotzdem sie in praktischer Hinsicht der mit 
w&sserigem luetischen Extrakt erzielten Wassermannschen 
Reaktion ann&hernd gleichzusetzen ist, in biologischer Hin¬ 
sicht als nichtspezifisch, wahrend die letztere unbedingten An- 
spruch auf Spezifitat hat. Sie spritzten Kaninchen wasserigen 
syphilitischen Leberextrakt und anderen wiederum alkoholischen 
Normalorganextrakt ein. Sie konnten nachweisen, daB die mit 
wasserigem syphilitischen Leberextrakt infizierten Kaninchen 
positiv reagierten, dagegen die mit Normalextrakt gespritzten 
Kaninchen eine negative Reaktion zeigten. Als nach einigen 
Wochen die komplementfixierenden Stoffe in dem Serum der 
Kaninchen nicht mehr vorhanden waren, erfolgten neue Ein- 
spritzungen von syphilitischem Organextrakt, die das Wieder- 
auftreten der Reaktion zur Folge hatten. 


1) Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 34. 


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URBANA-CHAMPAIGN 



280 


Fritz M. Meyer, 


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Die Beweiskraft dieser Untersuchungen wurde von Friede- 
mann und Ludwig Meier in Zweifel gezogen, weil ja be- 
kanntlich bei den von Citron verwendeten Mengen Kanin- 
chenseren wechselnde Reaktionen geben kfinnen. Citron 
und M u n k hatten zwar aus diesem Grunde zahlreiche 
Kontrollversuche angestellt, aber trotzdem war es nicht 
unmoglich, dafi der Zufall bei diesen Resultaten eine Rolle 
spielte. 

Im Zusammenhang mit anderen Untersuchungen fiber das 
Vorkommen und Wesen der Wassermannschen Reaktion 
beim Kaninchen, die Franz Blumenthal und ich gemein- 
sam vorgenommen, und fiber die wir ausftihrlich berichtet 
haben 1 ), habe ich auch diese Fragen in das Bereich meiner 
Untersuchungen gezogen. Ausgehend von der Tatsache, dafi 
Citron und Munk mit Mengen gearbeitet haben, die normaler- 
weise Hemmungen geben und daher nicht voll beweisend sind, 
habe ich Mengen von Seren und Extrakt genommen, bei 
denen, wie wir in Hunderten von Untersuchungen nach- 
gewiesen haben, normale Kaninchen durchweg negativ reagieren. 
Ich erweiterte die Versuche von Citron und Munk noch 
dahin, dafi ich auch alkoholischen Extrakt aus ffitalen lueti- 
schen Lebern infizierte, da ich glaubte, daB gerade ein ab- 
weichendes Verhalten des alkoholischen und wfisserigen Ex- 
traktes von syphilitischen Lebern besonderes Interesse haben 
dfirfte. 

Was die Technik anbetrifft, so wurde Kaninchen 12 als Kontrolltier 
verwendet, Kaninchen 8 erhielt am 23. und 29. XII. 1910, am 3., 24. und 
29.1. und am 4. II. 1911 je 2 ccm wasserigen syphilitischen Leberextraktes 
injiziert, Kaninchen 14 und 15 an den gleichen Daten ie 2 ccm alkoho¬ 
lischen syphilitischen Leberextraktes, der vor der Injektion im Brutschrank 
bei 37“ Temperatur einige Stunden eingedampft wurde, und Kaninchen 9 
und 18, ebenfalls an den gleichen Daten, je 2 ccm des sogenannten Fritz 
Lesserschen Organextraktes. Die Versuche mit Injektionen von alkoho- 
lischem syphilitischen Leberextrakt und Fritz Lesserschem Organextrakt 
wurden bei 4 anderen Kaninchen wiederholt. Die Kaninchen ergaben bei 
mehrmaligcn Untersuchungen vor den Injektionen stets eine negative 
Wassermannsche Reaktion. 


1) Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 32; Arch. f. Dermatol., Lesser- 
sche Festschrift, 1912. 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Ein Beitrag zur Frage dee Wesens der Wa. R. 


281 


TabeUe I. (12. II. 1911.) 



Rohrchen 

Syphil. Leberextrakt 

Serum 

Resultat 

Kaninchen 8 • 

1 

2 

0,1 

0,025 

+ + + + 

Kaninchen 14 

3 

4 

0,1 

tt 

— 

Kaninchen 15 j 

5 

6 

o,i 

ft 

ft 

— 

Kaninchen 9 < 

7 

8 

0,1 

ft 


Kaninchen 18 

9 

10 

0,1 

tt 

ft 

— 

Kaninchen 12 

11 

12 

0,1 

ft 

a 

z 


13 

0,1 

— 

— 


14 


— 

— 


TabeUe II. (13. IL 1911.) 



Rdhrchen 

Fritz Leeser-Extrakt 

Serum 

Resultat 

1 

1 

0,5 

0,025 

++++ 

Kaninchen 8 

2 

3 

0,25 

a 

ft 

— 


4 

0,5 

tt 

— 

' Kaninchen 14 

5 

0,25 

tt 

— 


6 

— 

ft 

— 


7 

0,5 

a 

— 

Kaninchen 18' 

8 

9 

0,25 

it 

tt 

— 


10 

0,5 

— 

— 


11 

0,25 

— 

— 


12 

— 

— 

*“— 


Um der Arbeit einen kleinen Rahmen zu geben, gebe ich 
nur 2 Tabellen wieder mit dem Bemerken, daB auch die 
Untersuchungen, die in etwa 8-tSgigen Abst&nden nach dem 
13. II. 1911 vorgenommen wurden, ausschlieBlich ein positives 
Resultat beim Kaninchen 8 ergaben. 

Wie aus den Tabellen hervorgeht, hat Kaninchen 8 eine 
positive Reaktion ergeben, w&hrend die iibrigen Kaninchen 
durchweg negativ reagierten. Allerdings wurde die Reaktion 
bei Kaninchen 8 erst auf groBere Dosen syphilitischen Ex- 
traktes positiv als bei Citron und Munk. Dies ist aber 
leicht verstandlich, da ich ja im Wassermannschen Versuch 
mit viel geringeren Dosen gearbeitet habe. 

Zeituhr. f. lmmuntUUforKhung. Oil;. Bd. SI. 19 


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, URBANA-CHAMEA1G N 




282 


Fritz M. Meyer, 


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Es ist demnach richtig, daB nach Einspritzung eines 
wfisserigen syphilitischen Leberextraktes die Kaninchen eine 
positive Wassermannsche Reaktion bekommen, und zwar 
steht der wfisserige syphilitische Leberextrakt im Gegensatz 
zu den wfisserigen und alkoholischen Extrakten aus Normal- 
organ und zum Fritz Lesserschen Herzextrakt. Ich konnte 
ferner aber noch beweisen, daB nicht nur die Extrakte aus 
Normalorgan, die ein gutes „Wassermann-Antigeu u darstellen, 
nicht imstande sind, eine derartige Reaktion beim Kaninchen 
hervorzurufen, sondern auch der alkoholische Extrakt aus 
syphilitischen Lebern diese Ffihigkeit nicht besitzt. Meiner 
Ansicht nach geht aus diesen Versuchen hervor, daB der 
wfisserige syphilitische Leberextrakt eine Sonderstellung ein- 
nimmt gegentiber alien anderen Extrakten, und zwar der- 
gestalt, daB der wfisserige syphilitische Leberextrakt einem 
echten syphilitischen Antigen entspricht, d. h. daB der syphi¬ 
litische Leberextrakt abgetotete Spirochfitenstoffe enthfilt, die, 
dem Kaninchen injiziert, eine Reaktion auszulosen vermogen, 
die der durch lebendes Spirocbatenvirus bei Menschen hervor- 
gerufenen Reaktion vOllig entspricht. Besonders hervorheben 
mbchte ich, daB diese antigene Eigenschaft nur dem wfisserigen 
Extrakte aus syphilitischen Organen zukommt, nicht aber dem 
alkoholischen Extrakte. Dies scheint mir zu beweisen, daB 
das syphilitische Antigen im Gegensatz zu verschiedenen 
anderen Antigenen nicht alkoholloslich ist. Eine andere Frage 
ist allerdiDgs, ob wir aus diesen Versuchen schliefien kbnnen, 
daB es sich bei der Wassermannschen Reaktion um eine 
Antigen-Antikbrperreaktion spezifischer Art handelt, resp. ob 
dieselbe eine groBere Rolle bei ihrem Zustandekommen spielt. 
Dies zu beweisen sind meiner Ansicht nach diese Experimente 
absolut ungeeignet, denn wollte man auf diese Art zeigen, 
daB es sich tatsfichlich um eine strong spezifische Antigen- 
Antikorperreaktion handele, so mtiBte man verlangen, daB die 
durch den wfisserigen syphilitischen Leberextrakt im Kaninchen- 
korper erzeugten Reaktionsstoffe nur mit dem wfisserigen syphi¬ 
litischen Leberextrakt unter Komplementbindung reagierten, 
nicht aber auch mit Extrakt aus normalen Organen. Wie 
aber sowohl aus meinen obigen Untersuchungen als auch aus 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Ein Beitrag zur Frage dee Wesens der Wa. R. 283 

denen von Citron und Munk hervorgeht, reagieren der- 
artige Kaninchenseren in genau derselben Weise wie syphi- 
litische Menschenseren mit Extrakten aus normalera Herzen. 
Wir haben demnach in der Reaktion des mit wasserigem 
Leberextrakte bespritzten Kaninchens einen vOllig identischen 
Vorgang mit dem beim syphilitischen Menschen, und es ist 
daher nicht moglich, das Wesen der menschlichen W as ser¬ 
in an nschen Reaktion auf diese Weise zu erkl&ren. Und 
wenn ich auch durchaus nicht ausschlieBen will, daB eine 
spezifische Komponente bei der Wasserman nschen Reaktion 
eine Rolle spielt 1 ), so mQssen wir doch sagen, daB fflr das 
Vorhandensein dieser Komponente bisher der Beweis nocli 
nicht erbracht ist. 


Zusammenfassung. 

1) Das Vorhandensein einer spezifischen Komponente bei 
der Wasserm an nschen Reaktion ist zwar durchaus mSg- 
lich, aber durch die von Citron und Munk angestellten 
and von mir in anderer Versuchsanordnung nachgeprfiften 
Versuche nicht zu beweisen. 

2) Der w&sserige syphilitische Leberextrakt nimmt gegen- 
ilber alien anderen Extrakten eine Sonderstellung ein der- 
gestalt, daB er einem echten syphilitischen Antigen entspricht. 


1) Siehe meine Arbeit: Der heutige Stand unserer Kenntnisse liber 
das Wesen der Wassermannschen Reaktion. Charit<5-Annalen, 36. Jahrgang. 


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itHUi 


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284 


Otto Olsen, 


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Nachdruck verbolen. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Freiburg i. B. 

(Direktor: Prof. M. Hahn).] 

Die Steigernng des Agglutinlntiters durch Aderlfisse. 

Von Privatdozent Dr. Otto Olsen. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 20. September 1920.) 

Von Langer angestellte Versuche iiber das Verhalten 
der ImmunkSrper nach tfiglich wiederholten grofien AderlSssen 
bei Kanincben mit konstantem Immunagglutinintiter hatten 
in s&mtlichen Fallen einen deutlichen Anstieg, zum Teil un- 
geheuere Steigerungen des Titers bis zum 250 000-fachen 
des ursprflnglichen Wertes ergeben. Da Nachprufungen, die 
sowohl von H. Landau als auch von R. Klinger vor- 
genommen wurden, nicht zu einer Bestatigung dieser Befunde 
gelangten, veranlafite mich Herr Geheimrat Hahn, der Frage 
erneut nachzugehen. 

Die Versuche wurden in enger Anlehnung an die seiner - 
zeit von Langer befolgte Technik ausgefiihrt. Es erfolgten 
die Blutentnahmen bei den immunisierten Kaninchen mehrere 
Wochen nach der letzten Injektion des Antigens dann, wenn 
dreimalige PrQfung des Titers kein Ansteigen desselben mehr 
ergeben hatten; sie wurden ausgefiihrt an einer durch Reiben 
mit Xylol stark erweiterten Ohrvene, und nur wenn sich 
hierbei Schwierigkeiten, etwa bei starker BeschSdigung der 
Venen nach zahlreichen Blutentnahmen einstellten, wurde die 
Saugpumpe zu Hilfe genommen. 


Versuchsprotokolle. 
Versuch 1. 


Kaninchen 3, behandelt mit 3maliger Injektion steigender Men gen 
von 1 Stunde bei 56° erhitzten Typhuebakterien in 8-tagigem Abetand. 
Letzte Injektion 24. IX. 1919. 

1. X. Titer 1:1280 
7. X. 

15. X. 

21. X. 

22. X. 

23. X. 


1 1:2560 



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URBANA-CHAMPAIGN 





Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderlasse. 


285 


8eit dem 25. X. ttgliche Blutentnahme von 20 ccm. 


25. X. 

Titer 

1:2560 

1. Blutentnahme 20 

ccm 

26. X. 

99 

1:2560 

2. 

20 

99 

27. X. 

99 

1:2560 

3. 

20 

99 

28. X. 

99 

1:2560 

4. 

20 

99 

29. X. 

99 

1:2560 

5. 

20 

99 

30. X. 

99 

1:2560 

6. 

20 

99 

31. X. 

99 

1:640 

7. 

20 

99 

1. XI. 

99 

1:640 

8. 

20 

99 

2. XI. 

99 

1:640 

9. 

20 

99 

3. XI. 

99 

1:1280 

10. 

20 

99 

4. XI. 

99 

1:640 

11. „ 

20 

99 

5. XI. 

99 

1:640 

12. 

20 

99 

6. XI. 

99 

1:1280 

13. 

20 

99 


Nachdem bisher wasserreiche, aus weifien Riiben, gelben M6hren, Heu 
nnd Gerstenschrot bestehende Nahrung zugefiihrt worden war, wird vom 
7. XI. ab nur aus Heu und Gerstenschrot bestehendes Trockenfutter 
ohne jeden Wasserzusatz gegeben. 


7. XI. Titer 

1:10240 

14. Blutentnahme 20 

ccm 

8. XI. 

1:10 240 

15. „ 

20 

99 

9. XI. „ 

1:2560 

16. „ 

20 

99 

10. XI. „ 

1:1280 

17. 

20 

99 

11. XI. „ 

1:1280 

18. 

20 

99 

12. XI. „ 

1:2560 

19. „ 

20 

99 

13. XI. „ 

1:1280 

20. 

20 

99 


t, 8ektionsbefund: Starke Aniimie, schlaffer pneumonischer Herd der 
linken Lunge. 

Versuch 2. 


Kanincben 4, behandelt init dreimaliger Injektion 1 Stunde bei 
erhitzter Typhusbakterien. Letzte Injektion 24. IX. 1919. 


1. X. 
7. X. 
15. X. 

21. X. 

22. X. 

23. X. 


Titer 1:2560 
„ 1:5120 

„ 1:10240 

„ 1:5120 

„ 1:5120 

„ 1:5120 


56° 


Vom 25. X. ab tiigliche Blutentnahme von 20 ccm. 


25. X. 


Titer 

1:5120 

1. 

Blutentnahme 20 ccm 

26. X. 


99 

1:5120 

2. 

99 

20 „ 

27. X. 


9) 

1:5120 

3. 

9* 

20 „ 

28. X. 


99 

1:5120 

4. 

99 

20 „ 

29. X. 


)9 

1:5120 

5. 

99 

20 „ 

30. X. 


99 

1:5120 

6. 

99 

20 „ 

31. X. 


99 

1:2560 

7. 

99 

20 „ 

1. XI. 


99 

1:2560 

8. 

99 

20 „ 

2. XI. 


99 

1:2560 

9. 

99 

20 „ 

3. XI. 


99 

1:5120 

10. 

99 

20 „ 

4. XI. 


99 

1:2560 

11. 

99 

20 „ 

5. XI. 


99 

1:2560 

12. 

99 

20 „ 

6. XI. 


>9 

1:5120 

13. 

99 

20 „ 

7. XI I 

1 tc 

99 

1:10240 

14. 

99 

20 „ 

8- XI. 

a a 

99 

1 :2560 

15. 

99 

20 „ 

9. XL 

a £3 

M u 

99 

1:5120 

16. 

99 

20 „ 

10. XI. 

CJ o 

99 

1:2560 

17. 

99 

20 „ 

11. XL 


99 

1:2560 

18. 

99 

20 „ 

12. XI. 

H;2 

99 

1:10240 

19. 

99 

20 „ 


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Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 














286 


Otto Olsen, 


13. XI.1 


Titer 

1:2560 

20. 

Blutentnahme 

20 

ccm 

14. XL 

• U3 
a fl 

99 

1:10 240 

21. 

ft 

20 

tt 

15. XI. 

99 

1:2560 

22. 

ft 

20 

ft 

16. XI. 

£ * 

ft 

1:2560 

23. 

ft 

20 

n 

17. XI. 

M M 

’ o <D 

ft 

1:5120 

24. 

ft 

20 

n 

18. XI. 

19. XI. 

o 

H & 

tf 

1* 

1:5120 
1:5120 

25. 

26. 

ft 

ft 

20 

20 

tt 

tt 

20. XI. 

L <4-4 

jt 

1:5120 

27. 

ft 

20 

tt 

21. XI. 


rt 

1:5120 

28. 


20 

tt 


t. Sektionsbefund: Starke Blasse aller Organe. 


Versuch 3. 


Kaninchen 2, vorbehandelt mit dreimaliger Injektion abgetdteter 
Gholerayibrionen. Letzte Injektion 8. X. 1919. 


15. 

X. 

Titer 

1 :640 




21. 

X. 

ft 

1:640 




15. 

XI. 

yy 

1:1280 

Trockenfutter seit dem 

15. XL 1919. 

16. 

XI. 

If 

1:1280 




17. 

XI. 

ft 

1:1280 




18. XI. Beginn der Blutentnahmen von tiiglich 20 ccm. 



18. 

XI. 

Titer 

1:1280 

1. Blutentnahme 

20 

ccm 

19. 

XI. 

ft 

1:1280 

2. 

20 

99 

20. 

XI. 

1 1 

1:1280 

3. 

20 

•9 

21. 

XI. 

ft 

1:1280 

4. 

20 

99 

22. 

XI. 

tt 

1:1280 

5. 

20 

«9 

23. 

XI. 

tt 

1:1280 

6. 

20 

99 

24. 

XI. 

9» 

1:1280 

7. 

20 

•9 




r, sehwere Anamie, sonst o. B. 







Versuch 4. 



Kaninchen 5, behandelt 

mit dreimaliger Injektion von abgetOtete 

Cholera 

vibrionen 

zuletzt 

8. X. 1919. 



15. 

X. 

Titer 

1:320 




21. 

X. 

99 

1:640 




15. 

XI. 

99 

1:2560 

Seit heute Trockenfu 

tter. 

16. 

XI. 

99 

1:1280 




17. 

XI. 

19 

1:1280 




18. XI. Beginn der Blutentnahmen, taglich 20 ccm 



18. 

XI. 

Titer 

1:1280 

1. Blutentnahme 

20 

ccm 

19. 

XI. 

99 

1:1280 

2. 

20 


20. 

XI. 

It 

1:1180 

3. 

20 

tt 


f, Blasse, sonst o. B. 


Versucb 5. 

Kaninchen 6, behandelt mit drei Injektionen abgetoteter Cholera- 
vibrionen, zuletzt am 8. X. 1919. 

15.X. Titer 1:2560 

21. X. „ 1:1280 

22. X. „ 1:1280 

23. X. „ 1:1280 

25. X. Beginn der Bluten tn ah men. 


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“URBANA-CHAMPAIGN- - 







Die Steigerung des Agglutinintiters durch Aderlasse. 


287 


25. 

X. 

Titer 

1:640 

1 . 

Blutentnahme 

20 

ccm 

26. 

X. 

99 

1:640 

2. 

99 

20 

99 

27. 

X. 

99 

1:640 

3. 

99 

20 

99 

28. 

X. 

99 

1:320 

4. 

99 

20 

99 

29. 

X. 

99 

1:640 

5. 

99 

20 

99 

30. 

X. 

99 

1:320 

6. 

If 

20 

99 

31. 

X. 

99 

1:320 

7. 

99 

20 

99 

1 . 

XI. 

99 

1:160 

8. 

99 

20 

f 1 

2. 

XI. 

99 

1:320 

9. 

99 

20 

ft 

3. 

XI. 

99 

1:160 

10. 

99 

20 

tf 

4. 

XI. 

99 

1:320 

11. 

99 

20 

|) 

5. 

XI. 

99 

1:320 

12. 

99 

20 

yt 

6. 

XI. 

99 

1:320 

13. 

99 

20 

ft 

Bisher wasserreiche Nahrung 

von heute ab Trockenfutter. 

7. 

XI. 

Titer 

1:320 

14. 

Blutentnahme 

20 

ccm 

8. 

XI. 

99 

1:320 

15. 

II 

20 

tt 

9. 

XI. 

99 

1:320 

16. 

II 

20 

it 

10. 

XI. 

99 

1:320 

17. 

ft 

20 

tt 

11 . 

XI. 

99 

1:320 

18. 

ft 

20 

tt 

12. 

XI. 

99 

1:320 

19. 

If 

20 

99 




f, Anamie 

der 

Organe. 




Versuch 6. 


Kaninchen 7, vorbehandelt mit drei Injektionen abgetoteter Typhua- 
bakterien in Abstanden von je 2 Tagen, zuietzt am 11. XI. 1919. 

25. XI. Titer 1:40 000 

7. XII. „ 1:2400 

8. XII. „ 1:2400 Fiitterung mit Trockenfuttei. 

10. XII. „ 1:1280 

11. XII. 1919 Beginn der B1 utentnahraen. 


11. XII. 

Titer 

1:1280 

1. Blutentnahme 20 flfcm 

12. XII. 

ft 

1:640 

2. 

20 

99 

13. XII. 

ft 

1:640 

3. 

20 

99 

14. XII. 

ft 

1:640 

4. „ 

20 

99 

15. XII. 

99 

1:640 

5. 

20 

99 

16. XII. 

99 

1:640 

6. 

20 

ft 

17. XIL 

ft 

1:640 

7. 

■ 20 

ft 

18. XII. 

ft 

1:640 

8. 

20 

ff 

19. XII. 

ff 

1:640 

9. 

20 

ft 

20. XII. 

tf 

1:640 

10. 

20 

ff 



Versuch abgebrochen. 




Versuch 7. 


Kaninchen 8, vorbehandelt mit drei Injektionen abgetoteter Typhua- 
bakterien in Abstanden von je 2 Tagen, zuietzt am 11. XI. 1919. 


25. XI. Titer 1:20000 


7. 

XII. 

ft 

1 

1280 

8. 

XII. 

tf 

1 

1280 

10. 

XII. 

ft 

1 

1280 

11. 

XII. 

ft 

1 

1280 

12. 

XII. 

yf 

1 

1280 

13. 

XII. 

ff 

1 

1280 

14. 

XII. 

99 

1 

1280 


1. Blutentnahme 20 ccm 


2 . 

3. 

4. 


ff 

99 

99 


20 

20 

20 


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URBANA-CHAMPAIGN 




288 


Otto Olsen, 


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15. XII. Titer 1:1280 5. Bluten tnahme 20 ccm 


16. XII. „ 

1:640 

6. 

ff 

20 „ 

17. XII. „ 

1:640 

7. 

H 

20 „ 

18. XII. „ 

1:640 

8. 

11 

20 „ 

19. XII. „ 

1:640 

9. 


20 „ 

20. XII. „ 

1:640 

10. 


20 „ 


Versuch abgebrochen. 


Nach den vorstehenden Versuchen konnte eine Ueber- 
einstimmung mit den Ergebnissen Langers nicht erzielt 
werden. Erwfigungen fiber die Ursachen dieses MiBerfoIges 
fflhrten unter Berficksichtigung der von Langer gemachten 
Beobachtnng, daB eine Vermehrung der Agglutinine ausblieb, 
wenn nach den Blutentnahmen Kochsalzlfisung injiziert wurde, 
zu der Erfirterung der Frage, ob nicht mfiglicherweise ein 
fiberm&Biger Wassergehalt der jetzt den Versuchstieren ge- 
gebenen Nahrung fihnliche Bedingungen herbeigefflhrt haben 
kfinnte, wie sie Langer durch Kochsalzinjektionen erreicht 
zu haben glaubte. In Versuch 1 und 2 wurde daher, nach- 
dem bisher wasserreiche, aus Rflben, gelben Mfihren, Heu 
und Gerstenschrot bestehende Nahrung gegeben worden war, 
von der 13. Blutentnahme ab ein nur aus Heu und Gersten¬ 
schrot bestehendes wasserarmes Futter verabreicht. Es zeigte 
sich danach in .Versuch 1 an zwei aufeinanderfolgenden Tagen 
eine Steigerung des Titers um das Zehnfache, in Versuch 2 
ein Anstieg um das Doppelte des zuletzt vor der Trocken- 
futtergabe notierten Titers. Es ist dies ein Befund, der 
immerbin bemerkenswert ist, jedoch nicht erlaubt, irgend- 
welche Schlfisse zu ziehen, zumal in Ve r such 3—7 trotz 
dauernder ausschlieBlicher Verabreichung von Heu und Gersten¬ 
schrot in keinem Fall eine Vermehrung der Agglutinine ein- 
trat. Es stellte sich dann auch heraus, daB die Nahrung der 
Versuchstiere zurzeit der Langer schen Versuche wahr- 
scheinlich nur aus wasserreichen Rflben bestanden hatte, bei 
den jetzt von uns angestellten Untersuchungen also die Ver- 
wendung eines wasserreichen Futters und ebenso etwa daraus 
sich ergebende Aenderungen der Versuchsbedingungen nicht 
in Frage karaen. 

Da in den Langer schen Versuchen irgendwelche grobe 
Versuchsfehler nicht in Betracht kommen, muB die Ent- 
scheidung der Frage, wie der Ausfall seiner Versuche zu er- 



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Die SteigeruDg des Agglutinin titers durch Aderlasee. 


289 


klBren ist, dahingestellt bleiben. Gegen die MOglichkeit, daB 
Langers Resultate der Verwendung hyperagglutinabler 
St&mme zuzuschreiben seien, sprechen schon die aus seinen 
Protokollen ohne weiteres ersichtlicben Daten. Besonders 
mehrere mit den gleichen Bakteriensuspensionen und hoch- 
wertigem Iramunserum ausgefflhrte Versuche sind als Kon- 
trollen in diesem Sinne verwertbar, z. B. die mit kleinen 
AderlBssen und Kochsalzinjektionen vorgenommenen. Hier 
hatte eine Hyperagglutininabilitat gleicbfalls znm Ausdruck 
kommen mussen, was tatsflchlich nicht der Fall war. Es sei 
fiberdies angeftihrt, daB auch die mit denselben Kulturen an- 
gestellten Widal-Reaktionen des Untersuchungsamts zu jener 
Zeit keine auf eine erhflhte Ausflockbarkeit der Bakterien¬ 
suspensionen hinweisende Werte lieferten. 

Von der Hinfailigkeit der an sich unwahrscheinlichen 
Annahme, daB die Bentitzung von Formalin zur Abtotung 
der Kulturen odor von Xylol zur Eweiterung der Venen bei 
den Blutentnahmen Fehlerquellen hatten bedingen kfinnen, 
konnten wir uns durch diesbezOgliche Kontrollen wShrend 
der Ausfflhrung unserer Versuche tiberzeugen. Versuche mit 
und ohne Formalinzus&tze zu den Bakterienaufschwemmungen 
ergaben stets die gleichen Werte. Selbst grSBere Formalin- 
mengen hatten keinerlei EinduB im Sinne einer leicbteren 
Ausflockbarkeit der so behandelten Aufschwemmungen durch 
die geprfiften Immunsera. 

• Zusammenfassung. 

Eine Uebereinstimmung mit den Ergebnissen Langers 
konnte nicht erzielt werden. Die Steigerung des Agglutinin- 
titers, wie sie in den Langerschen Versuchen nach t&glich 
wiederholten Blutentziehungen eingetreten ist, ist somit augen- 
scheinlich stark von der Individualit&t der Tiere, jedenfalls 
aber von Versuchsbedingungen abhangig, die wir noch nicht 
genflgend beherrschen. 


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290 


Hans Laager, 


Nachdruck verboten. 

Nochmals: Die Steigerung der AntlkOrper (Agglntinlne) 

durch Adcrlfisse. 

Von Dr. Hans Langer (Charlottenburg). 

(Kingegangen bei der Redaktion am 20. September 1920.) 

Die Frage nach dem EinfluB von Aderlassen auf die Anti- 
kSrperproduktion hat in der Literatur sehr widersprechende 
Beantwortung gefunden. Wahrend Friedberger, Sehr8- 
der u. a. im AderlaB einen die AntikSrperproduktion steigern- 
den Reiz fanden, wurde von anderen diese Wirkung in Abrede 
gestellt. Versuche, die Hahn und Langer flber das Ver- 
halten der Immunkorper bei taglich wiederholter Blutentziehung 
machten, fflhrten fflr die Agglutininbildung zu ganz iiber- 
raschend starken Steigerungen des AntikSrpertiters, der das 
Vielfache des ursprilnglichen Titers erreichte. Bemerkenswert 
blieb, daB diese Steigerungen in den einzelnen Versuchen sehr 
verschieden und zum Teil sehr sprunghaft verliefen. Es wurde 
als Erkiarung angenommen, daB die Aderlasse fur die ein¬ 
zelnen Tiere einen verschieden starken Reiz darstellen. Es 
stellte sich ferner heraus, daB die Reizwirkung nicht uach- 
haltig war, und daB sie irgendwie mit der Volumverminderung 
des Blutes in Zusammenhang stehen muBte. AuBerdem zeigte 
sich, daB die Wirkung zunachst nur fur Agglutinine zu er- 
zielen war, wahrend Hamolysine durch die Blutentziehung 
nicht 'vermehrt wurden. Die Ergebnisse standen damit in 
einer bemerkenswerten Parallele zu der Immunkorperbildung 
unter dem EinfluB anderer unspezifischer Reize. Auch Kliene- 
berger hatte unter dem EinfluB der Bierschen Stauung 
ausschlieBlich eine Steigerung der Agglutininreaktion erhalten, 
wahrend die Hamolysine nicht vermehrt wurden, und ebenso 
hatte Li ppm an n eine auch nur fur Agglutinine, nicht aber 
fQr Hamolysine geltende AntikSrpersteigerung unter der Wir¬ 
kung von Thorium X gesehen. Die Steigerung der Aggluti¬ 
nine durch Aderlasse, wie ich sie im ersten Teil der oben 
erwahnten Arbeit mitgeteilt habe, haben Klinger und Lan¬ 
dau einer Nachpriifung unterzogen und sind dabei zu nega- 



oogle 


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Nochmals: Die Bteigerung der Antikorper durch Aderlasse. 291 


tivem Ergebnis gekommen. In ihren Versuchen wurde jede 
Agglutininbildung vermiBt, und sie neigen dazu, die Tatsache 
der Verschiebung der Antikorperproduktion durch unspezifische 
Reize, zu denen der AderlaB unzweifelhaft zu rechnen ist, in 
Abrede zu stellen. Eine erneute Aufnahme dieser Versuche 
war mir aus auBeren Grflnden erst jetzt moglich. Es konnte 
sicb auch nur um Versuche in kleinem Umfange handeln, ob- 
gleich nach den widersprechenden Versuchsergebnissen klar 
sein muBte, dafi nur groBe Versuchsreihen mit breiter Vari- 
ierung zu der Aufstellung eventuell wirksamer Prinzipien 
fiihren wilrde. 

Ich habe 6 Kaninchen mit Typhusbacillen immunisiert, 
4—6 Wochen spBter durch wiederholte Untersuchung den 
Titer bestimmt. Dann wurden die Tiere in Ann&herung an 
die friiheren Versuche auf reine Milchdiat gesetzt und die 
Aderlasse begonnen. Es macht keine Schwiengkeiten, wieder- 
holt groBe Blutmengen aus der Ohrvene zu entnehmen, wenn 
man nur die Vene mit einer Nadel ansticht, ohne durch An- 
schneiden ihres Lumens ihre Durchgangigkeit zu vernichten. 
Bei jeder Blutentziehung wurde das Blut in mehreren Por- 
tionen aufgefangen, die samtlich untersucht wurden. Hier- 
durch sollten Konzentrationsschwankungen erkannt werden. 
Bei den beiden Kaninchen 5 und 6 wurden die Aderlasse nur 
jeden zweiten Tag vorgenommen. Ich lasse zunachst die ab- 
gekflrzten Protokolle folgen: 

Kaninchen 1. Vorbehandlung mit abgetdteten Typhusbacillen. 
AbschluS der Immunisierung 25. IV. — Vom 2. VI. ab taglich Blut- 
entnahmen von ca. 20 ccm. Titer 3. VI.: 3300 — 4. VI.: 3200 — 5. VI.: 
6400 — 6. VI.: 3200 — 7. VI.: 12800 - 10. VI.: 6400 — 11. VI.: 6400. 

Kaninchen 2. Wie 1. Keine Titersteigerung. 

Kaninchen 3. Titer vor Beginn der Aderlasse 6400. Ab 2. VI. 
Blutentnahmen. Titer am 3. VI.: 50000 — 4. VI.: 50000 — 5. VI.: 
100000 — 6. VI.: 10000 — 7. VI.: 100000 — 10. VI.: 100000 - 
11. VI.: 200000 — 14. VI.: 50000. 

Kaninchen 4. Wie 1. Keine Steigerung. 

Kaninchen 5. Blutentnahme jeden zweiten Tag. Titer vorher 
3200. 15. VI.: 10000 — 18. VI.: 10000 — 21. VL: 10000 — 23. VI.: 
10000 - 25. VI.: 10000. 

Kaninchen 6. Vorbehandlung wie 5. Titer 8200. Am 15. VI.: 
100000 — 18. VI.: 100000 - 21. VI.: 100000 - 23. VI.: 10000 - 
25. VL: 100000. 


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202 Langer, Nochmals: Steigerung der Antikorper durch Aderlasse. 


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In alien FtUlen wurde nach wenigen Blutentnahmen das Serum stark 
lipamisch. Sprungbaft schon nach einer oder wenigen Blutentziehungen 
treten die TiterBteigerungen auf, wenn sie iiberhaupt erreichbar waren. 
Aber die einmalige Blutentziehun g, nicht die Summation 
wirkt als Reiz; die Summation fiihrt vielraehr zur Entkraftung und 
zum Absinken des Titers (Klinger). 

Es zeigt sich jedenfalls, daB in einem bestimmten Prozent- 
satz der Ffille (2 von 6) eine immerhin bemerkenswerte Steige¬ 
rung der Agglutininmengen eintritt, allerdings ist es im Gegen- 
satz zu frfiheren Versuchen nicht gelungen, ahnlich hohe Steige- 
rungen zu erreichen. Die Individnalisierung der erforderlichen 
Reize scheint danach, namentlich unter Gegenfiberstellung der 
Priifung von Klinger und Landau, recht schwierig zu sein. 
Da aber auch in den vorliegenden Versuchen die beobachteten 
Steigerungen jedenfalls auBerhalb der normalen Schwankungs- 
breite liegen, wird man annehmen konnen, daB der alte Streit 
fiber die Steigerungsfahigkeit der Antikorper durch Aderlfisse 
durch das vorlSufig mangelnde Verstandnis der hierbei wirk- 
samen Dosierungsvoraussetzung in bezug auf Starke und zeit- 
liche Folge der Reize zu erklfiren ist, man wird aber daran 
festhalten dflrfen, daB solche Steigerungen mfiglich sind (neuer- 
dings haben Hahn und Neufeld solche auch fflr bakterizide 
Antikorper gezeigt), und daB die Wirkung des Aderlasses 
prinzipiell gleichzusetzen ist mit der Wirkung anderer un- 
spezifischer Mittel, in die als neues Glied unlfingst Bor chard t x ) 
die Organpraparate eingereiht hat, mit denen er betrfichtliche 
Steigerungen spezifischer Antikorper (Agglutinine) erzielt hat. 
Auch Schmidt 2 ) betont, daB er nach Milchinjektionen Steige¬ 
rungen der Agglutinine festgestellt hat. Worauf diese Steige¬ 
rungen beruhen, die offensicbtlich im Zusammenhang mit den 
als Protoplasmaaktivierung neuerdings bezeichneten klinisch- 
therapeutischen Erfolgen bestehen, muB vorlaufig uneutschieden 
bleiben. Jedenfalls findet die Summe dieser gleichsinnigen 
Beobachtungen in den Erklfirungsversuchen, wie sie neuer¬ 
dings Herzfeld wie Klinger fflr die Immunitatsvorgfinge 
unternehmen, keine Losung. 

1) Kongrefi f inn. Med., Dresden 1920, s. Kongreflzentralblatt No. 10. 

2) Med. Klinik, 1920, No. 27. 


Fnimm.'xousche Huchdruckerrl (Hermann Pohle) In Jena. — 4899 



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Zeitschrift 1 Inmnmitatsforschnng. Originals. Bi 3L Na 415. 


Nachdruclc vcrboten. 

[Aus dem Hygiene-Institut der Universit&t Greifswald.] 

Die FlltrationsfUhigkcit dcs Anaphylatoxins durch keim- 
dichte Filter (Berkcfeldkerzen und Membranfilter de Haen). 

(Ueber Anaphylaxie. LX 11. Mitteilung.) 

Von E. Friedberger und P. Konitzer. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 7. September 1920.) 

Friedberger und Jerusalem 1 ) haben zuerst gezeigt, 
daB feindisperse Substanzen (Tierkohle) imstande sind, in 
analoger Weise wie Bakterientoxine, pflanzliche und tierische 
Gifte sowie rein chemische Gifte bekannter Konstitution, z. B. 
Arsen, auch das Bakterienanaphylatoxin zu adsorbieren. 

Die Adsorptionsf&higkeit der Kohle fiir Anaphylatoxin war 
in diesen Versuchen etwa derart, daB die tSdliche Dosis, die 
bei einem bestimmten Gifte zwischen 2—3 ccm lag, auf 
4—5 ccm fiel. 

Ritz und Sachs 2 ) haben dann gefunden, daB das Kaolin 
relativ noch starker das Anaphylatoxin adsorbiert als die da- 
mals von uns benutzte Kohle. 

Unter diesen Umstanden erschien es selbstverstandlich, 
daB ebenso wie all die anderen erwahnten Gifte auch das 
Anaphylatoxin bei Passage durch ein Berkefeldfilter eine Ab- 
schwachung erfahren muBte. 

Mores chi und Golgi 3 ) haben solche Filtrierversuche mit ver- 
schiedenen Bakterienanaphylatoxinen angestellt und dabei gefunden, da£ 
Typhus-, Tuberkulose-, Staphylokokken-Anaphylatoxine, durch Kerzen 
filtriert, unwirksam werden. Wenn auch das Typhusanaphylatoxin seine 
ganze anaphylaktische Aktivitat nach der Filtration verliere, so bleibe 
doch seine pyrogene Funktion quantitativ unverandert. 

1) Friedberger und Jerusalem, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 7, 
1910, p. 748. 

2) Ritz und Sachs, Die physikalische Theorie der Anaphylatoxin- 
bildung. Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 22. 

3) Moreschi und Golgi, Ueber die Beziehungen zwischen Ana¬ 
phylaxie und Fieber. Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 19, 1913, p. 623. 

ZeiUchr. f. Immunitiitsforschung. Orig. Bd. 31. 20 


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294 


E. Friedberger und P. Konitzer, 


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Die Versuche von Mores chi und Golgi berechtigen 
freilich nicht zu der SchluBfolgeruug, daB das Anaphylatoxin 
dnrch Kerzenfiltration vollst&ndig unwirksara werde, denn in 
der von den Autoren angefuhrten Tabelle ist ausdriick- 
lich erwahnt, daB die Dosis letalis beim filtrierten Typhus- 
anaphylatoxin 5,0 ccm betrug gegen 2,0 ccra beim abzentri- 
fugierten. Ein vollstandiger Verlust ist also nicht eingetreten, 
sondern nur eine Abschwachung, fiber deren Grad man nichts 
Bestimmtes aussagen kann, da Zwischenwerte im Protokoll 
nicht angegeben sind. 

Mores chi und Golgi sehen in diesen Versuchen auch 
einen Beweis ftir die Verschiedenheit der pyrogenen Quote 
des Anaphylatoxins von seiner akut tfidlichen und glauben 
durch die Filtration diese zwei Funktionen getrennt zu haben. 

Beziiglich der Widerlegung dieser Anschauung im all- 
gemeinen verweisen wir auf die ausfiihrlichen Auseinander- 
setzungen Friedbergers in seiner jiingsten monographischen 
Darstellung 1 ). 

Hier interessiert uns nur die Frage, wie weit die Ver¬ 
suche von Moreschi und Golgi ein Zurfickhalten des Ana¬ 
phylatoxins durch Kerzenfiltration tatsachlich beweisen 2 ). 

Wenn bei dem Filtrat der pyrogene Wert etwas hfiher 
ist, als bei dem zentrifugierten TyphusbacillenabguB, so kann 
das sehr wohl daher riihren, daB die Adsorption gewisser 
sonst die Temperatur herabsetzender Anaphylatoxinmengen 
durch die Filtration erfolgt ist. Das Filtrat ist ja, wie 
schon gesagt, keineswegs atoxisch, wie sich im Gegensatz 
zu Moreschis und Golgis SchluBfolgerungen aus ihren 
eigenen Protokollen ergibt. 

Bei dieser Sachlage war uns ein nochmaliges Eingehen 
auf diese Frage zunfichst seit 1913 als fiberfitissig erschienen. 

1) Friedberger, Die „Anaphylaxie“ in Spezielie Pathologie und 
Therapie innerer Krankheiten von Kraus und Brugsch, Berlin-Wien, 
Bd. 2, p. 972 ff. 

2) Leider vermissen wir bei den Autoren das Protokoll einer genauen 
Auswertung. Auch Ritz und Sachs nehmen ohne eigene Versuche auf 
Grund der SchluBfolgerungen von Moreschi und Golgi und den Be- 
hauptungen Schmidts (s. unten) die Unfiltrierbarkeit des Anaphylatoxins 
an und ziehen daraus gleichfalls weitgehende theoretische Kousequenzen. 



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296 


E. Friedberger und P. Konitzer, 


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durch Zentrifugieren aus dem Serum zu entfernen sind, und, einem Meer- 
schweinchen intravenoa eingeapritzt, wie Fremdsubstanzen mit noch un- 
gesattigten Oberflachen weiter adsorbierend wirken, und zwar auf ahnliche 
Teile der Globulin fraktion; daS sie ferner auch mit Leukozyten und Blut- 
plilttchen verkleben.“ 

Sie sollen im Lungenkapillargebiet durch Auflageruug auf 
die KapillarwBnde und weitere Anlagerungen StrSmungs- 
hindernisse im kleinen Kreislauf bedingen. 

Die WandbelSge und die Verstopfung der Kapillaren 
sollen Erschwerung des Gaswechsels und Blutstauung be¬ 
dingen und schlieBlich infolge Erlahmens des Herzens Lungen- 
8dem. Der Tod erfolge durch Sauerstoffmangel und CO*- 
Intoxikationen fast blitzartig. 

Die Widerlegung dieser Anschauung ist in einer frfiheren 
Mitteilung 1 ) bereits erfolgt. Wenn wirklich mit Globulin- 
teilen flberzogene Bakterien, die durch Zentrifugieren nicht 
vollstfindig aus dem Serum zu entfernen sind, die (mechanische) 
Ursache der Anaphylatoxinvergiftung wSren, so mflBte ja der 
Bodensatz der ausgeschleuderten Bakterien, der doch nur aus 
diesen Elementen besteht, ganz besonders giftig sein. 

Er ist aber ganz ungiftig, und nur der AbguB ist giftig. 

Ist aber das Berkefeldkerzenfiltrat tatsachlich ungiftig? 
Wenn die Ursache der Vergiftung nur in denjenigen Bakterien 
gelegen ware, die durch Zentrifugieren nicht zu entfernen 
waren, so muBte es der Fall sein. 

Zur Entscheidung, ob wirklich das Bakterienfiltrat, den 
Schmidtschen Folgerungen aus seinem einzigen Versuch 
entsprechend, ungiftig ist, haben wir nochmals eine Reihe 
von Experimenten angestellt. 

Daa Anaphylatoxin wurde in der iiblichen Weise folgendermalien 
gewonnen: Meerschweinchenscrum wurde mit verschiedenen Bakterienarten 
(Prodigiosus, Typhus) versetzt (1 Oese 48-stiindiger Agarkultur pro 1 ccm 
Serum), 1 Stunde bei 37 °, 18 Stunden bei Zimmertemperatur unter wieder- 
holtem Aufschiitteln stehen gelassen; danach wurde zentrifugiert und der 
Abgufi an Meerschweinchen von etwa 200 g ausgewertet. Die iibrige 
Menge wurde durch Berkefeldkerzen- oder Membranfilter (de Haen) fil- 
triert, wonach eine erneute Priifung an gleich schweren Tieren erfolgte. 


1) Friedberger, diese Zeitschr., Bd. 30, 1920, Heft 3/4. Ueber 
Anaphylaxie, LX. Mitteilung — dortselbst iiltere Literatur. 



Origirval from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
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Die Filtrationsfahigkeit des Anaphylatoxins usw. 


297 


Wir sagten uns nun von vornherein, daB bei Verwendung 
eines neuen Berkefeldtilters zunachst starke Giftadsorption 
eintreten musse, so daB ein solches Filtrat sehr wohl ungiftig 
sein konnte. Bei der weiteren Filtration aber, und gerade 
in dem MaBe, als das Filter dichter und selbst fur Bakterien- 
truramer und -bruchstiicke undurchlassig wurde, muBte die 
Giftigkeit umgekehrt proportional der schwindenden Adsorp- 
tionskraft der Filtriermasse im Gegensatz zu Schmidts 
Behauptung zunehmen. Wir haben deshalb das Anaphyla- 
toxin fraktioniert in mehreren (meist in 3) Portionen filtriert, 
und die Giftigkeit der einzelnen Fraktionen getrennt aus- 
gewertet. 

Fiir die Richtigkeit unserer Vorstellungen uber die Filter- 
wirkung, das heiBt iiber die st&rkere Adsorptionsf&higkeit im 
An fang der Filtration, sprach dabei die Tatsache, daB hiiufig 
bei Verwendung vollkommen neuer, trockner Kerzen das erste 
Serumfiltrat infolge der starken Adsorption des Hamoglobins 
fast farblos war, das zweite und dritte Filtrat wieder dunkler 
gef&rbt war. Eine ganz genaue Gesetzm&Bigkeit findet sich 
hierbei freilich nicht; denn jedes Filter hat ja gewissermaBen 
seine eigene Individualist. 

Wie sich nun die Toxizitat der einzelnen Filtratfraktionen 
verhait, zeigt die Tabelle auf p. 298. 

Wie aus ihr hervorgeht, ist in der 1. Versuchsreihe im 
II. Filtrat das Anaphylatoxin gegenuber dem unfiltrierten 
Anaphylatoxin iiberhaupt nicht nachweisbar abgeschw&cht. 
Dagegen ist das I. Filtrat bedeutend anaphylatoxinSrmer. 
wie das auch nach den obigen Ausfiihrungen kaum anders 
zu erwarten war. Man kann gewissermaBen bei der Filtration 
drei Phasen unterscheiden. In der ersten tritt eine starke 
Adsorption durch das Filter ein. Nach Absattigung der Ad- 
sorptionskraft des Filters geht das Anaphylatoxin ungeschw&cht 
in der zweiten Phase hindurch. Sodann wird mit zunehmender 
Filtrationsdauer das Filter immer dichter, so daB im III. Fil¬ 
trat die Giftdosis wieder etwas sinkt. Eine genaue zeit- 
liche Abgrenzung dieser drei Phasen ist selbstverst&ndlich 
kaum moglich. 

Fast ebenso deutlich wie die erste beweisen die 3. und 
5. Versuchsreihe die Filtrierbarkeit des Anaphylatoxins. In 


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298 


E. Friedberger und P. Konitzer, 


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Vcrsuche fiber die Filtrierbarkeit dee Anaphylatoxine. 




Die Filtrationsfahigkeit den Anaphylatoxins new. 


299 


der 3. Reihe war das filtrierte sogar scheinbar etwas giftiger 
als das unfiltrierte Anaphylatoxin. Das konnte auf die Ad¬ 
sorption von hemmenden Substanzen zurtickgefuhrt werden. 
Vielleicht diirfte aber auch eine individuelle Verschiedenheit 
oder das geringere Gewicht der mit dem Filtrat gespritzten 
Tiere diese in gewissem Sinne paradoxe Erscheinung erklaren. 

WSre die Annahme richtig, daB die Anaphylaxie durch 
korpuskulare Elemente hervorgerufen wurde, so miiBte die 
deytlichste Giftwirkung gerade in den Filtraten der 2. Versuchs- 
reihe anfgetreten sein. Denn hier waren, wahrscheinlich durch 
einen Defekt an der Kuppe des Filters, Prodigiosusbacillen 
hindurchgegangen, und trotzdem wurde hier ein starker Ab- 
schw&chungseffekt durch die Filtration erzielt. 

In einigen Versuchen benutzten wir in letzter Zeit 
de Haensche Membranfilter (die Apparatur wurde uns in 
dankenswerter Weise von Herrn Prof. Braun-Frankfurt a. M. 
zur Verfiigung gestellt), und zwar die Membranen No. 26 und 
No. 46, von denen die letztere die dichtere ist. Wir haben hier 
auf eine fraktionierte Filtration verzichtet, da sich schon in dem 
Versuch mit dem Hauptfiltrat nur eine geringe Abschwachung 
ergeben hatte. So war z. B. in einem Versuch mit Filter 
No. 26 die todliche Dosis des unfiltrierten Giftes: 4 ccm tot 
in 2 Minuten (Tier 200 g); 3 ccm tot in ± 8 Stunden (Tier 190 g), 
wahrend sie bei dem steril filtrierten Material betrug: 4 7* ccm 
tot in l 1 /, Stunden (Tier 190 g), also kein wesentlicher Unter- 
schied. Selbst mit dem bedeutend dichteren Filter No. 46 
war das Ergebnis prinzipell das gleiche, allerdings war hier 
das Gift nach der Filtration vie! weniger wirksam. 

Unfiltriertes Gift : 4 ccm tot in 2 1 /, Minuten (Tier 200 g), 2,5 ccm 
tot in 4 Minuten (190 g). 

Filtriertes Gift: 4 1 /, ccm tot in ± 10 Stunden (190 g). 

Wir mochten aber hier um so weniger von einer Ab- 
schwiichung durch Filterwirkung sprechen, als in 2 weiteren 
Versuchen, in denen wohl infolge ungenugend straffer Ein- 
spannung der Filtermembran oder durch unbemerkbare Ver- 
letzung derselben, sowohl bei Filter No. 26 wie No. 46 Pro¬ 
digiosusbacillen durchgegangen sind, die todlichen Dosen fol- 
gende waren: 


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300 Friedberger und Komtzer, Die Filtrationsfahigkeit usw. 

Filter No. 26: Unfiltriertes Gif t: 4 ccm tot in 4 Minuten (200 g), 
Tier No. 2 (200 g): 4 ccm tot ± 10 Stnnden. Filtriertes Gift: 4 ccm 
tot ± 36 Stunden (200 g). 

Filter No. 46: Unfiltriertes Gift: 3‘/j ccm tot in 2 Minuten 
(200g), Tier No.2: 2 1 /, ccm lebt (200 g). Filtriertes Gift: 4 ccm tot ± 
36 8tunden (200 g). 


Zusammenfassung. 

In einer Reihe von Versuchen wird die Filtrierbarkeit 
des Anaphylatoxins bewiesen. Es tritt je nach der Eigenart 
des Filters in den verschiedenen Phasen der Filtration eine 
st&rkere Oder schwtLchere oder iiberhaupt keine Zuruckhaltung 
des Anaphylatoxins ein. 

Die theoretischen SchluBfolgeruugen, die Mo resell i und 
Golgi aus ihren Filtrationsversuchen zielien, werden somit 
widerlegt. 

Die angestellten Versuche sprechen aucli gegen die Theorie, 
daB die Anaphylaxie durch korpuskuiare, vom Filter zuriick- 
gehaltene Elemente hervorgerufen wird (Schmidt, Schmidt 
und Schtirmann), da einige Male gerade da, wo Pro- 
digiosusbacillen durch das Filter hindurchgegangen wareu, 
eine besonders starke Abschwachung des Giftes zu ver- 
zeichnen war. 


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K apsen berg, Untersuchungen uber die Bedeutung der Globuline. 301 


Sachdruck verbolert. 

Untersuchungen Uber die Bedeutung der Globuline bei 
der Wassermannschen Reaktion, zugleich Bcitrag zur 
Technik der Dialyse und zur Ausfiihrung der Wasser- 
mannschen Reaktion 1 ). 

Von G. Kapsenberg, Leiden (jetzt Groningen), Holland. 

Mit 5 Abbildungen und 12 Kurven im Text. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 4. Oktober 1920.) 

Diese Arbeit besteht aus 3 Teilen, deren jeder, obgleich 
sie in Zusammenhang stehen, dennoch ein abgeschlossenes 
Ganzes bildet. 

A. Ueber eine spezielle Technik der Dialyse. 

Fur die Untersuchungen. deren Resultate im 3. Teil dieser 
Arbeit angefflhrt werden, war es fiir mich notig, einen aus- 
gedehnten Gebrauch von der Methode der Dialyse zu machen. 

Vor allem erschien es mir von Wichtigkeit, mich einer 
Dialysiermethode zu bedienen, welche folgende Bedingungen 
erfiillte: 

1) Sicherheit: Die Kolloide mufiten mit Sicherheit zu- 
ruckgehalten werden, wahrend die Kristalloide hindurch- 
wanderten; 

2) Schnelligkeit: Die Kristalloide mufiten die Mem- 
bran so rasch als mbglich passieren; 

3) Genauigkeit: Sie sollte mit kleinen Mengen aus- 
fiihrbar sein und es ermbglichen, ohne merkbaren Fehler die 
Gesamtmenge der Substanzen wieder zu gewinnen, welche 
man fiir die Untersuchungen verwandt hatte, selbst wenn es 
sich darum handelte, mit kleinen Mengen zu arbeiten. 

Ich glaube, daB es mir gelungen ist, diese Forderungen 
zu erffillen und, da das Dialysierverfahren Anwendung auf 

1) Die Untersuchungen wurden im Laboratorium der Poliklinik fiir 
Dermatologie und Geschlechtskrankheiten der Universitiit Leiden ausgefiihrt. 
(Direktor: Dr. J. H. P. van Kerckhoff). 


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302 


G. Kapsenberg 


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alien Gebieten der medizinischen, physikalischen und bio- 
logischen Wissenschaft findet, scheint es mir nicht unange- 
bracht zu sein, hier eine kurze, detaillierte Beschreibung der 
Methode zu geben, deren ich mich bedient babe. 

Es ist bekannt, daB man sich zur Dialyse Membranen 
tierischen oder pflanzlichen Ursprungs bedient. Unter den 
tierischen Membranen erinnere ich an die Schweinsblase und 
die sogenannte Fischblase. 

Die erstere war zu dick fur das Ziel, das ich verfolgte, 
die zweite ist in der Handhabung wenig bequem. 

Unter den Membranen pflanzlichen Ursprungs verwendet 
man am meisten Pergamentpapier, welches aber den Fehler 
hat, sehr langsam zu dialysieren, und welches sich schwer um 
einen zylindrisch geformteu Dialysator derart eng herumlegen 
laGt, dafi keine Fltissigkeit durchsickert. Ferner besitzt das 
Pergamentpapier ofters kleine Locher. 

Die Pergamenthiilsen von Schleicher und Sell fill, 
wie man sie bei der Reaktion nach Abderhalden gebraucht, 
haben innen eine zu rauhe Oberflache, um quantitativ arbeiten 
zu konnen. 

M etschnikoff 1 ) hat infolge einer Anregung von Krou- 
tizine die Verwendung einer Membran eingeffihrt, welche 
die Hohlung des Schilfrohrs (Phragmitis communis) auskleidet. 

Diese Membran wurde von Podbelsky 2 ) und besouders 
von Philippson 3 ) geprfift, und sie hat sich als sehr ge- 
eignet zur Dialyse erwiesen. Nur ist die Technik nicht ein- 
fach und ihre Anwenduug beschrankt. 

Die Membranen von Kollodium, so gut sie sonst sein 
mogen, brauchen langere Zeit und groBe Mfihe zu ihrer Her- 
stellung. 

Da hat nun van Calcar 4 ) die Aufmerksamkeit auf das 
Amnion des Menschen und der Tiere gelenkt, als einer Membran, 
die sich ffir die Zwecke der Dialyse sehr eignen dfirfte. 

Und in der Tat: Diese diinne, faltbare, elastische Membran 
ersclieint auf den ersten Blick vorzfiglich verwendbar. 

1) Annales de I’lnst. Pasteur, T. 1, 1887, p. 326. 

2) Annales de l’lnst. Pasteur, T. 12, 1898, p. 431. 

3) Hofmeister Beitriige zur chem. Phys. und Path., 1902, p. 80. 

4) Dialyse, Eiweifichemie und Immunitat, Leiden. S. C. v. Docsburgh, 
Leipzig, Joh. Ambr. Barth, 1908. 


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Untersuchungen liber die Bcdeutung der Globuline usw. 303 


Allein sie erwies sich als unbrauchbar fur raeine Ver- 
suche, da sie vieles EiweiB hindurchlieB. 

Diese Eigentiimlichkeit war van Calcar wohlbekannt, 
und er erklarte sie auf eine sehr geistreiche Art und Weise, 
die inir aber nicht ganz befriedigend erscheint. 

Nach van Calcar wandern die Globuline infolge der 
alkalischen Reaktion des Serums hindurch und die Albumine 
infolge der Anwesenheit der Salze. Und in der Tat, sobald 
der groBte Teil der Salze durch die Dialyse entfernt worden 
ist, laBt die Membran weder die Globuline noch die Albumine 
hindurch. 

So bestechend diese Erklarung auch sein mag, so glaube 
ich dennoch, daB sie mit den Tatsachen nicht flbereinstimmt. 

Ich fur meinen Teil mochte diese Eigentiimlichkeit der 
Membranen ganz einfach auf ilire Porositat zuruckfuhren: 
die Poren sind zu groB, urn die EiweiBkorper zuriickzuhalten. 

Wie soil man nun aber die Tatsache erklaren, daB diese 
Eiweiflkdrper nach kurzer Zeit aufhoren hindurchzuwandern V 

Die Antwort lautet folgendermaBen: Infolge der Ex- 
traktion der Salze, und ihr folgend, schliigt sich das Globulin 
des Serums auf und in der Membran nieder und verstopft 
die Poren. 

Gemafi dieser Deutung scheint mir das Hindurchwandern 
des EiweiBes mehr von einem Fehler der Membran abzu- 
hangen und nicht von der alkalischen Reaktion und den Salzen 
des Serums. 

Urn die Richtigkeit dieser Erklarung zu bevveisen, und vor 
allem, urn der Amnionhaut ihre Durchliissigkeit fur EiweiB¬ 
korper zu nehmen, habe ich nachgeforscht, ob die Prozesse, 
die zur Hiirtung des Bindegewebes fiihren, die Poren nicht 
verstopfen konnten. Allein die gebrauchlichen Hartungs- 
methoden fuhrten nicht zum gewtinschten Ziel. 

Alkohol, Formalin, Chromsiiure belieBen die Membran 
durchlSssig. Endlich erreichte ich doch das vorgesetzte Ziel 
durch ein sehr eiufaches Verfahren, namlich indem ich die 
Membran im Wasser erhitzte. 

Wenn dieses eine Temperatur von 70—80° C erreicht 
hat, beobachtet man, daB die Membran, wahrend aus ihr eine 
groBe Zahl feiner Luftblasen ausgepreBt wird, sioh sehr be- 
deutend zusannnenzieht. 


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304 


G. Kapseiiberg 


Die Konsistenz war trotzdOm gut geblieben, uud es zeigte 
sich, daB die EiweiBkbrper vollstandig zurflckgehalten wurden, 
ohne daB die DurchlSssigkeit ftir Salze wesentlich gelitten h&tte. 

Ich habe auBerdera beobachtet, daB die Membranon sehr 
gut einer Temperatur von 100° C wShrend einer Minute 
(selbst l&nger) widerstanden. 

Die genaue Methode, deren ich inich jetzt bediene, am 
die Amnionhaute zu pr&pariereu, ist die folgende: 

Sobald die Placenta init den Membranen in das Labora- 
torium gekommen ist, trenne ich vorsichtig rait den Hfinden 
das Amnion vom Chorion und von der Placenta. 

Meist zeigt dieses Verfahren keinerlei Schwierigkeit, manch- 
mal bemerkt man sogar, daB das Amnion vom Chorion schon 
von Natur aus getrennt ist. Sehr selten miBlingt die Trennung. 

Dann wischt man es 1 —2 Tage lang in flieBendem Wasser. 
Die Membranen werden dann blftulich-weiB oder behalten eine 
grunliche Farbe. 

Sie haben eine glatte Seite, welche mit dem Epithel 1 ) 
bekleidet ist, wahrend die andere Seite, die mit dem Chorion 
in Kontakt war, mehr oder weniger gallertartig ist. 

Man breitet die Membranen auf einer Glasplatte aus 
(womoglich auf einer geschwfirzten), derart, daB das Epithel 
auf der Platte aufliegt. Man kann dann, mit Hilfe des 
Daumens, ohne Schwierigkeit, durcli saufte, dabei aber doch 
etwas energische Bewegungen, fast den ganzen gelatinoseu 
Ueberzug im Zusammenhang ablbsen und entfernen. Die 
Membran wird dann noch einige Zeit gewaschen und mit 
einer ausreichenden Menge Wasser erhitzt. 

Man muB trachten, z. B. mittels des Endes einer Eprou- 
vette, die Membran vor und wahrend der Zusammenziehung 
gut auszubreiteu. 

Man wartet, bis das Wasser vollstandig kocht, liifit es 
eine Minute lang kochen und zieht dann die Membran aus 
dem Wasser. 

1) Van Calcar niiniut an, daB es das Epithel des Ainniona iat, 
das gallertartig wird, was aber nicht richtig ist. Um sich da von zu iiber- 
zeugen, geniigt es, die Seite der Membran, die mit dem Fruchtwasser in 
Kontakt war, durch einen kleinen Knoten (wie bei einer Arterienligatur) 
zu bezeichnen. Diese Seite bleibt glatt, wiihrend die andere von einem 
mehr oder weniger gallertartigen Ueberzug bedeckt ist. 



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1U1 





Untersuchungeu iiber die Bedeutung der Globuline usw. 305 

Man kann sie sofort gebrauchen oder aufbewahren. 

Die Aufbewahrung kann mit zwei gleichwertigen Methoden gemacht 
werden. 

Die cine besteht darin, dafi man die praparierten Membraneu in 
konzentriertes Glyzerin oder in eine Losung dieser Substanz gibt, die 
mindestens 60 ccm reinee Glyzerin und 40 ccm destilliertes Wasser enthalt. 

Die andere Konservierungsmethode ist sparsamer: man hiingt die ge- 
kochten und gut ausgebreiteten Membranen wie Wasche vor ein Fenster 
in den Luftzug, damit sie rasch trocknen. Sie werden dann in einer gut 
verschlossenen Flasche trocken aufbewahrt. 

Es ist selbstverstandlich, dafl man diese Membranen vor Gebrauch ins 
Wasser legt, nach der ersten Methode, um das Glyzerin zu entfernen, nach 
der zweiten, um die Membran geschmeidig zu machen. 

Sie haben eine geniigende Konsistenz, sind ziemlich wider- 
standsfahig, elastisch, ein wenig wie Kautschuk und lassen sich 
sehr leicht um ein zylindrisches Gef&B legen, um einen Dialy- 
sator herzustellen. 

Um mit diesen Membranen zu arbeiten, lieB ich Dialyse- 
gefaBe nach untenstehendem Modell anfertigen (Fig. 1). 



Fig. 1. A Dialysator, am liebsten aus Jenaer Glas, mit 3 ange- 
schmolzenen Hiikchen. c kleine Ketten mit Oesen, welche die glasernen 
Stabchen umfassen und welche, in der gewiinschteu Hohe an 3 metallnen 
Hakchen, welche an einer Stange b angebracht sind, aufgehangt werden. 
Stange b kann horizontal im Gleitblock d verschoben werden, und dieser 
vertikal langs der Stange a. Auf der linken Seite der Zeichnung ist der 
Gleitblock von oben gesehen gezeichnet. 2 Sehrauben dienen zur Fixierung. 
B Gefiifl mit Aqua destillata. C Brett aus Eichenholz o. dgl. A, anderes 
Modell mit Schutzstiibchen f. I), E und F verschiedene GroBen der Dia- 
lysatoren. Die Kettchen erlauben eine leichte Horizontalstellung der Unter- 
niiche des Dialysators. Man kann mehrere Dialysatoren (wie eine Batterie) 
nebeneinander aufstellen und in ein langliches GefiiB mit stromenrlem 
WasBer eintauchen lassen. Dann und wann ist es zweckmaflig. die Stange b 
um d 180" herumzudrehen. 


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306 


G. Kapsenberg, 


Sie haben 3 kleine Glashaken, an welchen man sie mittels 
kleiner Ketten l ) an ein (lafiir angefertigtes Stativ, das eben- 
falls 3 Hakclien hat, aufhfingen kann. 

Da die Membranen zart sind, rauB man sich htiten, die 
Seite der Membran (e) gegen einen harten Gegenstand (z. B. 
einen andern Dialysator) zu stofien. 

Um soweit als mfiglich einen Zufall dieser Art zu ver- 
hindern, habe ich die ein wenig bauchige Form gewahlt. Ein 
gutes, aber ein wenig kompliziertes Modell ist jenes mit 
6 SchutzstSbchen (A\ f), die unmittelbar fiber dem Ansatz der 
Membran angebracht sind. 

Die Dialysatoren sind you verschiedener GroBe; die untere 
Oeffnung hat einen Durchmesser von 1V S —2—6 cm. Meist 
gebrauchte ich diejenigen von 2—2,5 cm und von 4 cm 
Oeffnungsdurchmesser. 

Man legt die Membran derart um, daB die Seite mit dem 
Epithel gegen das Innere des Dialysators sieht. Ihre glatte 
Oberfl&che gestattet ein quantitatives Arbeiten. Die Befestigung 
wird am besten mit Seide geinacht. 

Bevor man die Membran gebraucht, muB man sich ver- 
gewissern, ob sie vollstandig dicht ist. 

Zu diesem Zwecke ffillt man den Dialysator mit Wasser 
und hfingt ihn in der Luft auf. 

Man trocknet dann die Membran mit einem Stfick Filtrier- 
papier ab. Bleibt sie trocken wahrend einer Stunde Oder 
schwitzt sie in dieser Zeit nur eine Spur Wasser aus, so kann 
man sich auf die Membran verlassen. 

Wenn es notig ist unter sterilen Bedingungen zu arbeiten, 
so kann man den, bereits mit einer prfiparierten Membran 
versehenen Dialysator in den Autoklaven setzen und ihn auf- 
gehangt w&hrend 15 Minuten bei einer halben Atmosphfire 
Ueberdruck oder wahrend einer halben Stunde im Dampftopf 
sterilisieren. 

Die Membran behalt bei dieser Behandlung alle ihre guten 
Eigenschaften, nur ihre Widerstandsfahigkeit wird etwas lierab- 
gesetzt. 

1) Die kleinen Ketten (man konnte auch Fiiden benutzen) sind 
nicht unumganglich notwendig, aber erleichtern die Horizontalstellung des 
Dialysators ganz wesentlich. Der Glasbliiser kann die Stiibchen an den 
Dialysator niimlich nicht genau in einer horizontalen Ebene anbringen. 



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llntersuchungen iiber die Bedeutung der Qlobuline usw. 307 


Zuletzt noch ein paar Worte fiber einige Eigenschaften 
der Membranen. 

Die Dicke der Membranen ist in trockenem Zustandi 
0,02—0,03 mm, selten 0,04 mm ‘). Man findet die letztere 
Dicke besonders an jenem, sonst sehr wohl zu gebrauchenden 
Teil, der die Placenta bedeckt. Diejenigen Stellen des Amnions, 
die eine Arterie fiberzogen hatten, haben bisweilen eine Dicke 
von 0,05 mm. Ich mfichte daran erinnern, daB die Membran 
des Phragmitis communis eine Dicke von 0,08 mm (Philippson) 
und das feinste Pergamentpapier (ofters unbrauchbar) eine 
solche von 0,04—0,05 mm besitzt. 

Die Membranen erwiesen sich undurchlfissig ffir die Serum- 
eiweiBkorper (Mensch, Rind), Ascitesflfissigkeit, HfihnereiweiB 
and Milch 1 2 ). 

Zum Teil mit Hilfe des Herrn Prof, de Graaf (Utrecht), 
der rnich bei den chemischen Untersuchungen unterstfitzte, 
und des Herrn Dr. Montagne (Leiden), der mir die nfitigen 
Substanzen lieferte (Dieuste, ffir die ich ihnen an dieser Stelle 
sehr danken mochte), habe ich die Durchgangigkeit ffir ver- 
schiedene Kristalloide geprtift. 

Man gibt in den Dialysator 5 ccm einer 1-proz. Losung 
oder einer gesattigten LQsung (wenn die Substanz sich nicht 
gentigend auflost) und hangt ihn in 25 ccm destilliertes Wasser. 
Nach 3—4 Stunden kann man sehr deutlich die Gegen- 
wart der Salze nachweisen. 

Folgende Substanzen wurden geprfift: 

NaCl, KJ, KBr, KNO s , (NH 4 ) 2 S0 4 , MgS0 4 , K 2 HP0 4 , K a C0 8 ; 
von Aminosauren: Glykokoll, Alanin, Asparaginsaure; Pep¬ 
tone; Glukose. Die Membranen leisteten der atzenden Wirkung 
einer 10-proz. CuS0 4 -Losung sehr gut Widerstand. 

1) Die Dicke wurde mit einem Schraubenmikrometer gemessen. nach- 
dem die Membranen mit scharfem Messer, dem Rande entlang, aus dem 
Dialysator geschnitten waren. 

2) Die Milch ist bekanntlich am schwersten zu dialysieren. Meistens 
triibt sich das umgebende Wasser. 

Bei der beschriebenen Methode aber bleibt das Wasser klar. Nach 
24 Stunden kann das Wasser aber getriibt sein und auch wohl eine Spur 
Eiweifles enthalten. Die Triibung, und sehr wahrscheinlich auch das Eiweifl, 
riihrt von Bakterien her, welche in der zuckerhaltigen Fliissigkeit einen guten 
Nahrboden finden. Fiigt man dem umgebenden Wasser einige Thymolkristalle 
hinzu, so bleibt das Wasser klar und enthalt es auch kein Eiweifl mehr. 


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308 


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Man kann sich eine Vorstellung von der Schnelligkeit 
der Dialyse durch die Tatsache machen, dab schon innerhalb 
5 Minuten, nachdem die physiologische KochsalzlSsung in den 
Dialysator gegeben wurde das Kochsalz im destillierten Wasser 
nachgewiesen werden kann. 

Es erflbrigt noch auszufQhren, ob die Membran sich auch 
fiir die Reaktion nach Abderhalden eignet. 

Bis hierber habe ich einzig und allein festgestellt, daB 
eine Membran in einer Zeit von 14 Tagen in destilliertem 
Wasser (auf Eis aufbewahrt) kein EiweiB oder eine andere 
Substanz in das Wasser austreten liefi, welche eine positive 
Ninhydrinreaktion gegeben hatte. 

Das Amnion des Menschen liefert nur kleine Membranen. 
Wenn man groBe Mengen zu dialysieren hat, kann man sich 
vorteilhafterweise des Amnions und besonders der Allantois 
der Kuh bedienen. Man gewinnt daraus Membranen von einer 
bemerkenswerten GroBe. Die Haute lassen sich auf dieselbe 
Art isolieren wie das Amnion des Menschen. Sie scheinen 
mir sogar etwas widerstandsfahiger. Ihre Praparation ist daffir 
etwas mtihsamer. Die ausgedehntere Gallerte laBt sich etwas 
schwieriger abstreifen. Es ist vorteilhafter, die Membran langer 
als 1 Tag in flieBendem Wasser zu belassen ‘). Wie diejenige 
des Menschen, laBt sie in frischem Zustand die EiweiBkQrper 
hindurch. Wird sie gekocht, so erhait sie die gleichen Eigen- 
schaften, wie ich sie vorhin von den menschlichen Membranen 
angefQhrt habe. Auch die Dicke ist ungefahr dieselbe. 

B. Ueber eine spezielle Technik zur AusfUhrung der Wasser- 
mannschen Reaktion 1 2 3 ). 

a) Das Antigen 8 ). 

Die verschiedene Dauerhaftigkeit der Antigene, die man 
fiir die Wasserm an nsche Reaktion verwendet, ist wohl- 
bekannt. Boas, der einen Extrakt aus Menschenherzen ge- 

1) Man mu6 dafiir Sorge tragen, daB die Membran nicht in Ver- 
wesung geht, denn dadurch wird ihre Brauehbarkeit zerstort. 

2) Vgl. Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 2, p. 42 u. 43, und 
Ned. Tijdschr. voor Geneesk., 1918, II, No. 8. 

3) Vgl. Ned. Tijdschr. voor Geneesk., 1913, II, No. 13. 


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Untereuchungeu iiber die Bedeutung der Globuline uaw. 


309 


braucht, erneuert ihn sogar jede Woche. Obwohl dies an- 
scheinend flbertrieben ist, ist doch die Tatsache feststehend, 
daB ein Antigen, das ein alkoholischer Extrakt ist, die Tendenz 
hat, sich zu zersetzen (ver&ndern). 

Indem ich bedachte, daB auch die am leichtesten zersetz- 
lichen Substanzen, wie die Toxine, sich lange unver&ndert 
aufbewahren lassen, wenn sie getrocknet werden, wandte ich 
dieses Prinzip fur das Antigen der Wassermannschen Re- 
aktion an. 

Ich trocknete und pulverisierte das inenschliche Herz und 
bewahrte dieses Pulver in einer braunen Flasche auf, die mit 
einem Kalkstoffstopsel verschlossen war. 

Dann titrierte ich dieses Pulver und fand, daB eine Menge 
von 30—40 mg, mit 5 ccm 96-proz. Alkohol ausgezogen, ein 
vorziigliches Antigen ergab. 

Ich habe es mit einem syphilitischen Extrakt verglichen, 
den ich aus dem Laboratorium Wassermanns erhielt, ferner 
mit einem gewohnlichen Meerschweinchenherzextrakt. Es er- 
wies sich als ebenso gut, wenn nicht besser. 

Hier folgen einige Eigentflmlichkeiten des Antigens: 

1) Herstellung des Pulvers. Das Leiden, an dem 
der Kranke gestorben ist, ist gleichgUltig; am besten wird 
man freilich tun, ein moglichst normales Herz sich aus- 
zuwahlen. 

Man nimmt nur das Muskelgewebe und befreit es von 
Blut und Fliissigkeit, indem man es in einem Leinentuch aus- 
preBt, und schneidet es dann in kleine Stiickchen (entweder 
mit der Schere oder, wenn man ihn zur Verfflgung hat, mit 
dem Apparate von Latapie). 

Dann wird es auf Glasplatten in diinnen Lagen aus- 
gebreitet, die man an der Luft bei einer Temperatur von 
37—50° trocknet (z. B. im Brutschrank; in einem Trocken- 
Sterilisationsapparat; wenn er zur Verfiigung steht, im Apparat 
von Faust-Heim). 

Der springende Punkt beruht darauf, das Wasser so 
schnell als mbglich zu entfernen, um Faulnisvorgknge zu 
vermeiden. 

Man erhalt diinne, ziemlich leicht zerbrechliche, sprbde 
Lamellen, die man in einem Morser pulverisieren kann, 

ZeiUchr, f. Iromunltltiforechung. Orig. Bd. 31. 21 



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310 


G. Kapsenberg, 


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zweifelsohne rait einiger Schwierigkeit, aber dennoch sehr 
fein. Man bewahrt das Pulver trocken auf. 

2) Dauerhaftigkeit. Ein Pulver, welches auf die 
eben angegebene Art und Weise hergestellt und auf bewahrt 
war, wurde zu wiederholten Malen angewendet, um die 
Wasserraannsche Reaktion auszufiihren; es erwies sich 
noch 5 Jahre spater als ausgezeichnet brauchbar. 

Es kommt bisweilen vor, daB ein vorziigliches Pulver 
gegen alle Erwartung auf einmal einen Extrakt liefert, der 
eine zu starke antikomplement&re Wirkung entfaltet. Es 
genugt dann moistens, das Pulver von neuem zu trocknen, 
um diesen Fehler aufzuheben. 

3) Die Mengen des Pulvers und Alkohols, die 
notig sind, um einen guten Extrakt zu bekommen. 
Die Mengen sind fast ganz konstant, selbst bei verschiedenen 
Herzen, und schwanken immer zwischen 30—40 mg (meist 
40 mg) auf 5 ccm 96-proz. Alkohol. (Seit einigen Monaten 
verwende ich ein derartiges Pulver, dargestellt aus einem 
Rinderherzen, und dieses hat sich ebenfalls sehr verwendbar 
in den angegebenen Mengenverhfiltnissen erwiesen). 

4) Die Herstellung des Pulverextraktes. Man 
schflttelt Pulver und Alkohol in den angegebenen Mengen 
w&hrend 10 Minuten (in einem mit einem Kautschukkork ver- 
schlossenen dickwandigen ReagenzrShrchen) entweder in einem 
Apparat Oder mit der Hand. Dann wird durch gewohnliches 
Filtrierpapier filtriert und der Extrakt ist gebrauchsfertig. Es 
hat gar keinen Zweck, langer zu schtitteln, da das keinen 
wesentlichen Vorteil ergibt. Der EinfluB der Zeit, w&hrend 
welcher geschuttelt wird, l&Bt sich gut durch folgenden Ver- 
such veranschaulichen. 


Protokoll 1. 

30 mg des Pulvers wurden mit 5 ccm 96-proz. Alkohol wahrend 
5, 10, 15, 20 und 30 Minuten geschuttelt. 

Man stellt mit diesen Extrakten die Wassermann-Reaktion an, indem 
man Komplement und positives Serum konstant liiflt und die Mengen des 
Exlrakte8 vermindert (Fur die Details der Reaktion verweise ich auf die 
nachstehenden darauf bezuglichen Angaben.) In alien Rohrchen sind 
0,2 ccm Komplement (in der Ldsung 1:10) und 0,5 ccm positives inakti- 


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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 311 


viertes Serum (Losung 1:5). A 6 ist das gewonnene Antigen, 5 Minuten 
geschiittelt usw. Seine Verdunnung ist 1: 5. 

Die Resultate sind in der Tabelle I angegeben. 


Tabelle I. 


Men gen des 
Antigens, 

1:5 verdunnt 

Ergebnisse der Wassermannschen Reaktionen 
mit den Antigenen 

ccm 

K 

"^10 

A 15 

A,o 

A,„ 

0,3 

0,2 

0,15 

0,1 

v.H. 

» 

>» 

v.H. 

11 

11 

11 

v.H. 

>7 

11 

11 

v.H. 

11 

11 

11 

v.H. 

11 

11 

11 

0,05 

v.L. 

f.v.H. 

f.v.H. 

f.v.H. 

f. v.H. 

0,025 

0,01 

a 

f.v.L. 
v. L. 

f. v. L. 
v.L. 

f. v. L. 
v.L. 

f. v. L. 
v. L. 


Kontrollen ohne Fehler. 

v.H. = vollige Hemmung, f. v. H. = fast vollige Hemmung, v.L. = 
vollige Lfisung, f.v.L. = fast vollige Losung. 


Der grofite Teil der wirksamen Stoffe tritt also schon in 
5 Minuten; die in dieser Weise zu extrahierende Gesamtmenge, 
in 10 Minuten in den Alkohol iiber. 

Genau so wie man den auf die gebrS.uchliche Art ge- 
wounenen Extrakt von Alkohol aufbewahren kann, kann man 
dies auch mit dem, durch die von mir beschriebene Methods 
gewonnenen Alkoholextrakt tun. Ich habe ein derartiges 
Extrakt wahrend zweier Monate im Eisschrank aufbewahrt, 
ohne daB es an Giite wahrend dieses Zeitraums verloren hatte. 
Diese Eigentumlichkeit ist aber doch von geringerem Interesse, 
da es das Wiinschenswerteste ist, den Extrakt jedesmal frisch 
zu bereiten. AuBerdem konnte ich aber beweisen, daB der 
Pulverextrakt, der zu verschiedenen Zeiten bereitet 
worden war, eine geniigend konstante Zusammensetzung be- 
sitzt. Die Tabelle II zeigt dies deutlich. 

Protokoll 2. 

Der Versuch ist die getreue Nachahmung des vorhergehenden. Ich 
gebrauchte hier aber 0,3 ccm vom Komplement (verdunnt 1:10). 

Der Versuch wurde am 25. Jan. 1918 angestellt. 

A. wurde hergestellt am 21. Dez. 1917 > ..... 

. ( geschuttelt in emem Apparat 

“• ” ” ” ” ” i und im Eisschrank aufgehoben. 

A, „ „ „ 23. Jan. 19181 

A 4 „ „ 25. „ „ geschuttelt mit der Hand. 

21 * 



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312 


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Tabclle II. 


Mengen 
des Antigens, 

1:5 verdiinnt 

ccm 

Ergebnisse der Wassermannschen Reaktionen 
mit den Antigenen 

A, 

A, 

Aj 

A. 

0,2 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

0,15 

79 

77 

77 

77 

0,1 

Lv. H. 

f.v. H. 

f. v. H. 

>» 

0,05 

f. v. L. 

f. v. L. 

f. v. L. 

st. H. 

0,025 

v.L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

0,01 

77 

77 

77 

77 


Kontrollen ohne Fehler. 

st. H. = starke Hemmung. Beziiglich der iibrigen Abkiirzungen 
siehe Tabelle I. 


Es ist in die Augen springend, daB gar kein Unterschied 
zwischen A x , A 2 und A s besteht und die Differenz, die A 4 
zeigt, ist derart geringfiigig, dafi sie vernachl&ssigt werden 
kann. Will man das nicht, so beweist sie nur die Ueber- 
legenheit des SchQttelns mit der Hand ^ 

5) Die h&molytische Wirkung des Extraktes. 
Sie ist meist nicht vorhanden, wenn sie sich aber wider Er- 
warten zeigt, so stbrt sie die Reaktion nicht, da sie bereits 
durch eine geringe Menge Serum aufgehoben wird, z. B. 
schon durch die Menge Komplement, die viel zu klein ist, 
um die sensibilisierten Blutkorperchen aufzulbsen. Man kann 
das Pulver ton diesem Fehler frei machen, indem man es 
von neuem trocknet. 

6) Die antikomplementiire Wirkung. Sie ist sehr 
klein, wenn man sich an die augegebenen Mengen hfilt. 

b) Das hamolytische System. 

Es besteht, abgesehen vom Komplement, aus Hammelblut- 
korperchen, die w&hrend 2 Stunden mit 4 Ambozeptor- 
einheiten 2 ) sensibilisiert wurden. 

1) Die beschriebene Technik der Antigen- und Extraktdarstellung 
erscheint mir, wenn man noch einige, fast iiberflussige Voreorgen hinzufugt 
(z. B. Schiitteln bei bestimmter Zimmertemperatur), vorziiglich geeignet fiir 
die staatliche Prufung und Standardisierung der Extrakte. 

2) Da auf diesem Gebiete keine Einigkeit besteht und um einem 
MiSverstandnis vorzubeugen, mochte ich bemerken, dafl ich unter einer 
Ambozeptoreinheit die geringste Menge eines hamolytischen Serums ver- 


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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 313 

Das hiimolytische Serum wird steril in kleinen Ampullen 
im Eisschrank aufbewahrt. Man kann es als konstante Gr8Be 
ansehen. Nachpriifungen ergaben, daR eine Sensibilisation 
rait 4 Einheiten geniigt, urn Blutkorperchen herzustellen, die 
sich mit einer minimalen Menge von Komplement losen. Die 
Sensibilisation wird stets im Eisschrank vor- 
genommen, um einer eventuellen Agglutination der Blut- 
kSrperchen, die die Wirkung des Komplements hemmen kbnnte, 
moglichst vorzubeugen. 

In den Tabellen finden sich die Resultate, welche die gute 
Begrilndung dieser Behauptung best&tigen. 

Protokoll 3. 

Titer des Ambozeptors: 1:800 (1 Einheit ist V soo ccm dieses Serums). 
Die Dauer der Sensibilisierung betriigt 2 Stunden. 

Die Blutkorperchen sind nach der Sensibilisierung zentrifugiert und 
das Sediment mit phvsiologischer Kochsalzlosung derart verdiinnt, dafl 
man eine 5-proz. Aufschwemmung der Blutkorperchen erhalt. 

Jedes Rohrchen enthiilt 0,5 ccm sensibilisierte Blutkorperchen. Das 
Gesamtvolumen betriigt 2,5 ccm. 


Tabelle ill. 


Ambozeptor 

einheiten, 

womit 

sensibilisiert 

wurde 

Ergebnisse der Hamolyse nach einem Aufenthalt von 
*/, Stunde im Wasserbad von 37° bei untenstehenden 
Mengen des Komplements 1:10 verdiinnt in ccm 

0,5 

0,4 0,3 

0,2 

0,15 

0,1 0,05 0 

: 7 

1 

v. L. 

v. L. | v. L. 

f. v.L. 

st. L. 

Sp. L. k. L. k. L. 

2 


„ v.L. 

v. L. 

f. v. L. 

>7 77 77 

3 

»» 



r 

77 77 77 

4 


>» »> 

»• 

>7 

77 77 *7 

8 


1) If 

>> 

77 

77 77 77 


Die Flussigkeit, welche nach dem Abzentrifugieren der sensibilisierten 
Blutkorperchen zuriickblieb, enthielt keinen Ambozeptor mehr. 

st. L. = starke Losung, Sp.L. = Spur Losung, k.L. = keine Iidsuug. 
Beziiglich der ubrigen Abkiirzungen vergleiche Tabelle I. 

Resultat: Bei einer Sensibilisierung mit 1 Ambozeptor- 
einheit ist die minimal losende Menge des Komplements 0,3; 

stehe, welche eine vollstandige Hamolyse von 1 ccm einer 5-proz. Blut- 
kbrperchenaufschwemm ung (auf das Sediment berechnet!) herbeifiihrt, bei 
Gegenwart von 1 ccm frischen Meerschweinchenkomplemente, 1:10 ver- 
diinnt, und das Ganze mit physiologischer Kochsalzlosung auf ein Volumeu 
von 5 ccm gebracht. Die Hamolyse soil nach 1 Stunde im Wasserbade 
von 37°, oder nach 2 Stunden im Brutschrank vollstiindig sein. 


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O. Kapsenberg, 


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mit 2 oder mehr Ambozeptoreinheiten 0,2. Klein ere 
Mengen des Komplements fiihren keine vollige H&molyse herbei. 

Protokoll 4. 

Der Titer des Ambozeptors ist 1:3200. Die Dauer der Sensibilisation 
1 l /, Stunde. Das iibrige wie im vorhergehenden Versuch. 


Tabelle IV. 


Ambozeptor- 

einheiten, 

womit 

sensibilisiert 

wurde 

Ergebnisse der Hamolyse nach einem Aufenthalt von 
’/, Stunde im Wasserbad von 37° bei unten stehen den 
Mengen des Komplements 1:10 verdiinnt in ccm 

0,3 

0,2 

0,15 0,1 0,05 

0,025 

0 

1 

2 

3 

4 

8 

st.L. 
f. v. L. 
v.L. 

71 

1 ” 

st. L. 
f.v.L. | 
v. L. 

77 

77 

schw. L. 

»» 

Sp. L. 
st. L. 
f.v.L. 

77 

1 71 

k. L. 
Sp. L. 
schw. L. 

»» 

77 

k.L. 

” 

77 

77 

k.L. 

77 

77 

71 

11 

v. L. 

77 

17 


schw. L. = schwache Losung. 


Resultat: Bei einer Sensibilisierung mit 1 bis 2 Ein- 
heiten genugt bei diesem Komplemente und diesem Ambo- 
zeptor 0,3 nicht fflr eine vollst&ndige Losung. Bei 3 Ein- 
heiten ist die minimal losende Menge des Komplements 0,15. 
Diese Menge des Komplements wird aber nicht kleiner, wenn 
man mit 4 und mehr Einheiten sensibilisiert. 

Auch wenn man diese Versuche mit mehr als 8 Einheiten 
ausfuhrt, z. B. mit 10, 12, 16, gelingt es nicht, die Komplement- 
menge, die nbtig ist, um eine vollstandige HSmolyse zu er- 
halten, noch weiter zu vermindern. Die minimal losende 
Menge des Komplementes, welche fur eine vollige Hamolyse, 
nach einem Verweil von einer halben Stunde im unten 
beschriebenen Wasserbad, nbtig ist, wird also schon erreicht, 
wenn man 3—4 Einheiten benutzt. Mehr Einheiten sind sogar 
weniger gut, da die agglutinierende Kraft des Serums dann 
hemmend interferiert. Es empfiehlt sich auch nicht, die 
ROhrchen langer im Wasserbade stehen zu lassen. Nach einer 
Stunde z. B. ist die minimale Komplementmenge wohl etwas 
niedriger, aber dafiir auch die Grenze viel schwieriger fest- 
zustellen. 

Auf Grund dieser Versuche verwende ich fur den Wasser- 
mann, ebenso wie fur alle anderen Reaktionen, die auf dern 
Prinzip von Bordet-Gengou aufgebaut sind, das eben be- 
schriebeue hiimolytische System. 


Gougle 


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Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 315 


o) Die Anwendung eines Waaserbades. 

Es erschien mir stets nicht ganz exakt zu sein, die Rohr- 
chen in den Brutschrank zu stellen. Eine derartig feine Re- 
aktion wie die Komplementablenkung verlangt eine gleichmaBig 



Fig. 2. 




Die Breite ist etwa 32 cm, die Hohe 20 cm, die LiiDge nach Bedarf. 

Fig. 2. Wasserbad im halbschematischen Langsdurchschnitt. 

Fig. 3. Wasserbad im halbschematischen Querdurchschnitt. 

Ertliirung fur Fig. 2 und 3: A Wasserbad aus galvanisiertem, ge- 
Strichenem Eisen; B eisernes Gestell dafiir; C Heifiluftmotor. a Rfinr- 
apparat, (j Gestell dafiir, sowie fur Thermometer b als Thermoregulator c, 
a tichuppe des Ruhrapparates, e Brenner mit dem Regulator verbunden, 
f Bunsenbrenner fiir die Anheizung, h Hahn, i Gestelle fur die Rohrchen, 
k Ueberlauf, i Wasserspiegel. 

Fig. 4. Teil des Rohrchengestells (aus Eichenholz, das wegen des 
hohen spezifischen Gewichtes mit den Rohrchen nicht schwimmtl. Bei * 
Holzblockchen, wodurch es bequem auf dem Rande des Waaserbades ruht. 
Ee enthalt 3 Reihen von Rohrchen. Die Rohrchen sind aus etwas starkem 
Glas hergestellt, damit sie an sich nicht schwimmen. 

genaue und konstante Teraperatur. Die Luft im Brutschrank 
hat eine verschiedene Temperatur, je nachdem ob mehr oder 
weniger Rohrchen hineingestellt werden. AuBerdem geschieht 


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316 


G. Kapsenberg, 


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die Erwflrinung sehr langsam. Von verschiedenen Seiten ist 
schon ein Wasserbad angegeben, und ich verstehe nicht, warum 
sich diese Verbesserung nicht allgemein eingeburgert hat. 
Vielleicht sind die beschriebenen Wasserbader in ihrer Hand- 
habung unbequem. Ich verwende seit Jahren schon ein ganz 
einfaches Wasserbad, das auch den Vorteil hat, in knrzer Zeit den 
ROhrchen die Temperatur des uragebenden Wassers mitzuteilen. 
Die Dauer der Reaktion ist dadurch auf die Halfte herab- 
gesetzt, im Vergleich zu jener, die im Brutschrank notwendig 
ist. Ich gebrauche jetzt ein Wasserbad nach der Art, wie es 
die Figg. 2, 3 und 4 darstellen. 

d) Die Ausrahrtmg der Reaktion. 

Die Prinzipien, welche bei der Originalmethode Wasser- 
manns gelted, sind beibehalten worden. Der Modifikation. 
die von Sormani 1 ) eingefiihrt wurde, ist Rechnung getragen. 
Die Methode zeigt einige Aehnlichkeit mit der von Wigger 
Boelens*) und jener, die durch Kaup in letzter Zeit be- 
schrieben wurde. 

Die verwendeten Reagentien sind folgende: 

Antigen: Jedesmal mit dem titrierten Pulver von Men- 
Bchenherz (oder Rinderherz) 8 ) hergestellt, wie ich es im vorher- 
gehenden beschrieben habe; es wird stets eine Verdflnnung 
von 1: 5 gebraucht. 

Komplement: Frisch, aber dennoch seiteinigen Stunden 
bereitet; in einer Verdtinnung von 1 : 10. 

Das zu priifende Serum: Immer inaktiviert. in einer 
Verdflnnung von 1: 5 gebraucht. 

Der Liquor cerebrospinalis wird auch inaktiviert, obwohl 
er gewflhnlich kein Komplement enth&lt; er kann dann auch 
bei der von mir beschriebenen Methode unbedingt unverdfinnt 
verwendet werden. 

1) Ned. Tijdschr. v. Geneesk., 1909; Zeitschr. f. Immunitiitef., Bd. 11, 
1911, H. 2; Munch. med. Wochenschr., 1914, p. 69. 

2) Jaarverslag van het Centrallaboratorium Utrecht, 1914. 

3) Bei dem Rinderherzpulver besehranke ich mich darauf, anzugeben, 
daQ es mir ebensogut erecheint, wie das Menschenherzpulver. Ich wende 
es aber erst zu kurze Zeit an, am seine Dauerhaftigkeit beurteilen zu 
konnen. VVahrend vieler Monatc hat es sich allerdings nicht geiindert. 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 317 


DiesensibilisiertenBlutkSrperchen. Sie werden 
folgendermaBen hergestellt: Vom Sediment der gewaschenen 
Erythrocyten macht .man eine 5-proz. Aufschwemmung, z. B. 
100 ccm. Man ffigt dieselbe Menge, also 100 ccm des h&mo- 
lytischen Ambozeptors hinzu, welcher so verdiinnt wird, daB 
jeder Kubikzentimeter 4 Einheiten enth&lt. (Also von einem 
Ambozeptor mit dem Titer 1 :1000fiigt man 100 ccm einer 
LSsung 1 :250 hinzu. Die st&rkere Verdiinnung des Ambo¬ 
zeptors erscheint mir filr die Sensibilisierung etwas giinstiger 
zu sein. Man kann aber auch den Ambozeptor in konzen- 
trierter LSsung Oder ungelSst hinzufiigen). 

Man mischt dann sorgfaltig und laBt im Eisschrauk wahrend 
1—2 Stunden, aber nicht linger, sensibilisieren. Dann werdeu 
die Blutkorperchen zentrifugiert und die iiberstehende Fliissig- 
keit entfernt. Man stellt mit den Blutkorperchen eine 2,5-proz. 
Suspension her; in dem gewahlten Beispiel fiigt man also 
200 ccm physiologischer KochsalzlSsung zum Sediment der 
sensibilisierten BlutkSrperchen. Man fertigt statt der 5-proz. 
unmittelbar eine 2,5-proz. Suspension an, weil dadurch die 
nachtragliche Hinzufiigung der KochsalzlSsung fiir die Er- 
haltung des Gesamtvolumens von 2,5 ccm sich einfacher ge- 
staltet. 

Die Vorteile dieser Methode liegen darin, daB man einen 
eventuellen, unberechenbaren EinfluB des Kaninchenserums, 
der besonders, wenn man einen Ambozeptor von etwas nie- 
drigem Titer hat, eine positive Reaktion geben konnte, nicht 
zu fflrchten braucht; ferner, daB man stets unter den am 
besten untereinander vergleichbaren Umstanden arbeitet. 

Der Vorversuch. 

Das Titrieren des Ambozeptors braucht nicht fiir jede 
Reaktion gemacht zu werden. Es geniigt ihn nur von Zeit 
zu Zeit zu iiberpriifen, da das Serum, wenn es in Ampullen 
im Eisschrank aufbewahrt wird, seinen Titer lange Zeit konstant 
behfilt. 

Dagegen macht man 2 Titrierungeu des Komplements, 

1) Man kann bei diesem Verfahren auch Ambozeptoren mit niedrigem 
Titer benutzen, falls sie nur nicht. oder nur ganz schwach agglutinierend sind 


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318 


G. Kapsenberg, 


die eine ohne, die andere mit Antigen, von dem man bei 
jeder Reaktion 0,5 ccm benutzt. 

Man erhalt durch diese Titrierungen 2 Werte fiir das 
Komplement, die unterscbieden werden mtissen, n&mlicherstens 
die geringste Menge Komplement, welche gerade genugt, urn 

1 ccm der 2,5-proz. Blutkorperchensuspension (also 0,5 ccm 
der 5-proz.) aufzulosen, in Abwesenheit des Antigens, be- 
zeichnet mit „p“. 

Und zweitens die kleinste Menge des Komplements, die 
mit dem Antigen zusammen ihre vollige Wirkung ent- 
falten kann, bezeichnet mit „q“. 

Gewohnlich ist „q u etwas groBer als „p“, was besagt, 
daB das Antigen selbst eine bestimmte Menge des Komplements 
bindet, genau ausgedruckt eine Menge von (q—p) ccm. Selten 
ist q=p, namlich dann, wenn das Antigen gar nicht anti- 
komplementSr wirkt. 

Die praktische Ausfiihrung ergibt sich am besten aus 
der Tabelle No. V, die auch ein Beispiel fiir die Resultate 
enthalt. 

Zur groBeren Sicherheit stellt man die Reaktion mit 

2 Antigenextrakten aus verschiedeneu Pulvern 1 ) an. In der 
Tabelle V habe ich 2 Antigene eingesetzt, die sich nicht auf 
dieselbe Art verhalten; aber das ist durchaus nicht die Regel. 

Wenn man einen Extrakt hat, der sich von etwas starkerer 
antikomplementSrer Wirkung erweist als ein anderer, kann 
man gegebenenfalls versuchen, sie gleich zu machen, indem 
man die Menge des Pulvers, die man zur Extraktion ver- 
wendet, vermindert oder vermehrt. 

Ich habe keinen Vorteil darin sehen konnen, die Kom- 
plementmenge noch feiner abzustufen, wie ich dies in dem 
Vorversuch getan habe. Die kleinen, unvermeidlichen tech- 
nischen Fehler konnen die erhaltenen Resultate bei einer zu 
empfindlichen Methode zu sehr beeinflussen. 

1) Selbstverstandlich eignet sich die Methode auch fiir die Anwendung 
von 2 (oder mehr) verschiedenen, andersartig hergestellten Extrakten. Auch 
konnte man mit einem Pulverextrakt und mit einem andern, z. B. „spe- 
zifischen" Extrakt arbeiten. So kann man die gute Wirksamkeit des 
Pulverextraktes kontrollieren, wie ich dieses friiher auch getan habe, aber 
dessen Zuverliissigkeit wegen habe fortlassen konnen. 


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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 319 


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320 


G- Kapsenberg, 


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Es ist bei der beschriebenen Methode von unbediugter 
Wichtigkeit, die HSmolyse nicht als komplett zu erklSren, 
wenn die Fliissigkeit im Rohrchen noch die geringste Trflbung 
Oder Opaleszenz zeigt, die von einigen nicht aufgelosten Blut- 
kdrperchen herriihrt. Die Grenze soli ganz genau bestimnit 
werden, eher etwas zu hoch als zu uiedrig. Eine halbe Stunde 
im Wasserbad gibt die besten Resultate. Ein l&ngeres Ver- 
weilen verschiebt hochstens die Grenze ein wenig nach unten, 
kann aber die Ablesung wesentlich erschweren. 

Die eigen tliche Reaktion. 

Das Ideal ware es, bei der AusfQhrung der Wasser- 
mannschen Reaktion die antikomplementare Fahigkeit des 
Serums ebenso zu prflfen, wie die des Antigens. Aber ge- 
wohnlich wird das nicht gemacht, da es fast nie notwendig ist, 
weil die Sera in den gebrauchlichen Mengen nur ausnahms- 
weise starkere antikomplementare Wirkungen zeigen. 

Uebrigens kann man sich auf das Kontrollrohrchen ver- 
lassen, welches die doppelte Serummenge enthalt. 

Also wenn nun das Serum ohne Antigen kein Komple- 
ment bindet, wiirde man die empfindlichste Wassermann- 
Reaktion erhalten, indent man es mit dent Antigen mischte 
und dann die Menge „q“ des Komplements (die man im Vor- 
versuch erhalten hat) hinzufilgte. 

Denn in diesem Rohrchen ist nur eine Menge p des 
Komplements vorhanden, die reagieren kann, da das Antigen 
davon q — p bindet 1 ). 

Ein schwach positives Serum, das nur wenig Komplement 
binden kann, laiSt sich in solcher Weise mit Sicherheit erkennen. 
Ein negatives Serum dagegen ladt sich ebenso feststellen, da 
die Menge p genau gentigt, um eine vollstandige Hiimolyse 
zu ergeben. 

Man hat aber noch zwei Moglichkeiten ins Auge zu fasseu: 

1. Das Serum kann in leichtem Grad antikomplementfir 
wirken, ohne daft sich dies in der Kontrolltube zeigt. Ein 

1) Ich bin mir wohl bewufit, dall eine derartige „Berechnung , ‘, die 
im folgenden noch weiter durchgefiihrt wird, sich bei kolloid-chemischen 
Reaktionen nicht ganz mit den Tatsachen decken diirfte, aber die Praxi* 
hat mich gelehrt. daS man Bich damit zufriedengeben darf. 


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UntereuchuDgen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 321 


vollstandig negatives Serum kann sich also etwas positiv er- 
weisen. Das tritt vor allem bei Seris ein, die nicht ganz 
frisch sind. 

2. Das uormale Serum kann bisweilen einen gewissen 
Grad der Wassermann-Reaktion zeigen, da doch diese Reaktion 
verkniipft ist mit einer Eigenschaft, die hAchst wahrscheinlich 
jedes Serum besitzt und die nur bei einem syphilitischen 
Serum stark gesteigert ist. 

Die Reagentien in dem erwahnten RAhrchen (in der 
Tabelle VI (p. 326 u. 327) mit 3, 3 a, 3 b usw., bzw. mit 5, 5 a, 
5 b usw. bezeichnet) sind infolgedessen in VerhAltnissen ge- 
mischt, die die Reaktion zu empfindlich gestalten kdnnen. 
Sie kbnnen daher falsche Resultate geben in dem Sinne, 
daB ein absolut negatives Serum eine mehr Oder minder 
deutliche positive Reaktion zeigen kann. 

Dennoch hat die Praxis gelehrt, daB man gute Resultate 
mit der beschriebenen Methode erhalten kann, besonders wenn 
das Serum frisch ist, vermindert doch gewohnlich das Serum 
die hemmende Wirkung des Antigens. Ein negatives Serum 
zeigt sich dann, wie es soil, durch eine vollstAndige H&molyse an. 

Aber man darf darauf nicht vertrauen. 

Urn die groBe Empfindlichkeit der Methode in diesem 
Rohrchen auszugleichen, ftige ich stets eine zweite Probe 
hinzu, die eine gen A gen d groBe Menge Komplement enthklt, 
urn mit Sicherheit ein negatives Serum zu erkennen und 
zugleich genugend klein ist, urn ein positives Serum nicht 
zu verkennen. 

Diese Menge beruht auf den Ergebnissen, die man beim 
Yorversuch erhielt, und ist nach folgenden Ueberlegungen 
berechnet: 

Das zu prAfende Serum wird bezAglich seiner auti- 
komplementaren Wirkuug kontrolliert, indem man die 
doppelte Dosis des Serums mit der Menge q des Kom- 
plements zusammenbringt, was in der Praxis dasselbe ist, wie 
wenn man die einfache Dosis mit einer Menge 7»q des 
Komplements zusammenbrAchte. 

Da ja q meist kleiner ist als 2p (das soil auch der 
Fall sein, wie ich es bald zeigen werde), so ist auch V»q 
kleiner als p. 


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322 


G. Kapsenberg 


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Daher laBt sich die Behauptung aufstellen, dafi eine der- 
artige doppelte Serumkontrolle auf eine viel empfindlichere 
Art angestellt wird, als wenn man das fragliche Serum in der 
Gebrauchsdosis in Kontakt mit p bringt. 

Wenn nun das Kontrollrohrchen fflr das Serum eine voll- 
standige Hamolyse zeigt, so lafit sich daraus nur folgern, daB 
eine Menge p des Komplements freigeblieben ist. Das Serum 
in der doppelten Dosis kann also (obwohl das nicht not- 
wendig sein muB) eine Menge Komplement unwirksam gemacht 
haben, die sich als q — p erweist; keinesfalls aber eine grdBere. 
Denn im letzteren Falle wiirde man nicht eine vollige HSmo- 
lyse bemerken. Die einfache Dosis des Serums kann also in 
diesem Fall ebenso eine Menge V 2 (q — p) des Komplements 
auBer Wirkung setzen. 

Daraus folgt, daB in dem 1. Rbhrchen (d. h. also die Rfihr- 
chen in der Tabelle VI mit 3, 3 a, 3 b usw., bzw. mit 5, 5 a, 
5 b usw. bezeichnet) die Kombination des Serums und des 
Antigens (wenn man von einem gegenseitigen EinfluB dieser 
Reagenzien absieht) unspezifischerweise folgende Menge 
des Komplements binden kann: q — p durch das Antigen, 
x / a (q — p) durch das Serum: zusammen lVjq — 17»P- 

Diese Mengen sind gleich Null, wenn q = p ist, anders 
ausgedrflckt, wenn weder Serum noch Antigen das Komplement 
binden. Aber der Vorversuch ergibt meistens, daB q groBer 
ist als p. In diesem Fall kann die Menge P/jq— IV 2 P g e * 
nflgend groB sein, urn die Hamolyse zu hemmen, wohlgemerkt. 
wenn q — (1 x / 8 q — D/aP) kleiner ist als p. Aus diesem Grunde 
fiigte ich in einem 2. Rbhrchen (d. h. die Rohrchen in der 
Tabelle VI mit 4, 4 a, 4 b usw., bzw. mit 6, 6 a, 6 b. usw. be¬ 
zeichnet) anstatt der Quantitat q, q+7aP des Komplements hinzu. 

Die Versuchsbedingungen sind in diesem Rohrchen, ab- 
gesehen von der etwas groBeren Komplementmenge, dieselben 
wie im ersten; die Kombination Serum—Antigen kann also 
hier auch die Menge lV 2 q— lVaP absorbieren, aber es bleibt in 
dieser Tube dann ubrig: q + V*P — (lV*q—l 1 / 2 p) = 2p— YjQ- 
Wenn q = p ist, enthalt dieses Rohrchen also 1 X /*P an 
Komplement, eine geniigende Menge, um eine vollst&ndige 
Hamolyse bei Gegenwart eines negativen Serums zu geben. 
Auch wenn dieses Serum eine Tendenz hat, einen „normaIen“, 



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Untereuchungen fiber die Bedeutimg der Globuline ubw. 323 


pseudospezifischen Wassermann zu geben, darf noch eine 
Menge von J /*P gebunden werden, da doch die restierende 
Menge p fflr eine vollstandige Hamolyse genugt. (Wenn das 
Serum, zusammen mit dem Antigen, mehr als V*P bindet, 
kann die Reaktion nicht mehr als normal betrachtet werden, 
wie die Erfahrung gezeigt hat.) 

Ein Serum, das nur eine leicht positive Reaktion zu geben 
imstande ist, hat in diesem Falle nur die Menge p in Ver- 
bindung mit dem Antigen zu binden, urn erkannt zu werden, 
da der Rest V*P des Komplements nicht zur vollstandigen 
Hamolyse fflbrt; wahrend ein Serum, das vollstandig positiv 
reagiert, sehr leicht lViP des Komplements binden kann. 

Aber es ist eine Seltenheit, daB q = p ist, gewfihnlich ist 
q groBer als p. Freilich, q darf nicht unbeschrankt groBer 
als p sein, denn es gibt Grenzwerte, welche ich im folgenden 
festzulegen versuchen will. 

Wir haben gezeigt, daB der Vorversuch und die doppelte 
Serumkontrolle nur angeben konnen, daB im 2. Rohrchen eine 
Menge von 2p — V 2 q Komplement zuruckbleibt. 

Wenn in diesem Rbhrchen die zwei Reagentien, jedes fiir 
sich, jene Komplementmenge absorbiert haben, die ihrer anti- 
komplementaren Wirkung entspricht, so muB mindestens die 
Menge p zuriickbleiben. 

Denn wenn davon weniger zurflckbleibt, so wird sich ein 
negatives Serum mehr oder weniger positiv erweisen; es geht 
daraus hervor, daB 2p — Vsq unbedingt gleich Oder grOBer sein 
muB als p, also: 

2p — V.q^P 2p — q^O 

4p — q 3f2p q ^ 2p 

Das will besagen: Das Antigen muB eine derartige Zusammen- 
setzung haben, daB die minimale Menge des Komplements, 
welche die sensibilisierten Blutkorperchen bei Gegenwart des 
Antigens I6st, nicht groBer sein soil als das Doppelte der 
minimalen Komplementmenge, welche bei Abwesenheit des 
Antigens komplette HSmolyse herbeifuhrt. Oder mit anderen 
Worten: das Antigen in der gewohnlichen Dosis darf hQchstens 
eine Komplementmenge binden, die die Komplementmenge 
nicht iibersteigt, welche allein eine vollstandige Hamolyse ver- 
anlaBt. 


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324 


G. Kapsenberg 


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Nehmen wir an, daB q = 2p sei. In diesem Fall wird 
q -)- VjP hbchstens 2V 2 p gleichwertig sein. Das wird dann 
eintreten, wenn die Mischung Serum plus Antigen keine un- 
spezifische antikomplementSre Wirkung besitzt. Da nun p 
gewbhnlich 0,2 ccm betr£gt, so ist 2 1 /jP = 0,5 ccm, 

Diese letztere Menge ist jene, die man in der originalen 
Methode von Wassermann gebraucht und die sehr gut 
von einem Serum gebunden wird, das sicher positiv ist. 
Die Menge des hinzugefflgten Komplements im 2. Rohrchen 
ist daher sicher nicht zu groB und sicher auch nicht zu klein, 
wenn q = 2p ist. 

Die Extrakte, die mit dem Pulver bereitet werden, ent- 
sprechen der Bedingung: q<2p. Dennoch kommt es zuweilen 
vor, daB das Antigen etwas zu stark antikomplementS.r 
wirkt, derart, daB q>2p ist. Das tritt bisweilen dann ein, 
wenn das h&molytische System sehr empfindlich ist (p z. B. gleich 
oder kleiner ist als 0,1 ccm). In diesem Falle entsteht eine 
gewisse Unstimmigkeit zwischen der normalen, antikomple- 
ment&ren Wirkung des Antigens und der abnormal starken, 
hamolytischen Wirkung des Komplements. In dem Fall kann 
man die Reaktion gut beendigen, indem man im 2. Rbhrchen 
die Menge q + p gebraucht, wenn nur q die Menge 3p nicht 
iiberschreitet. Dieses lSBt sich folgendermaBen berechnen: 

q + p-DV.q —i‘/,p)Sp 3 P — q sgO 

2*/,p — V s q q^3p. 

5p — q ^2p 

Wenn q groBer ist als 3p, so ist der Extrakt zu verwerfen. 

Es eriibrigt sich, noch eine Grenze fiir p festzustellen. Die 
GroBe von p ist selbstverstandlich von der mehr oder weniger 
grSBeren Loslichkeit der Blutkorperchen, der Wirksamkeit des 
Ambozeptors und von dem Gehalt des Meerschweibchenseruras 
an Komplement abh&ngig. Von diesen drei Faktoren darf 
der mittlere wolil als der konstanteste betrachtet werden. 

Wenn man gute, nicht zu labile, also frische Blutkorper¬ 
chen von einem nicht zu oft punktierten Schaf oder am 
besten vom Schlachthof benutzt; einen nicht oder nur ganz 
wenig agglutinierenden Ambozeptor verwendet; die Sensibili- 
sierung im Eisschrank wahrend nur 1—2 Stunden (welche 



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Untersuchungen liber die Bedeutung der Globuline ubw. 325 


vollst&ndig geniigen), stattfiaden lSBt, danach die K5rperchen 
abzentrifugiert, und einige Stunden altes Koraplement von 
gesunden Tieren gebraucht, so ergibt sich, daB p fast stets 
0,2 ccm ist, besonderswenn man auch die geringste 
Opaleszenz als unvollst&ndige Losungbetrachtet. 
Ist p>0,2 so ist das System zu unempfindlich; ist p<0,l 
so ist es zu empfindlich. 

Deshalb mochte ich far p die durch die Praxis gegebenen 
Grenzen 0,2 bis hochstens 0,3 ccm und 0,1 ccm feststellen. 

Ein solches h&molytisches System gibt bei der be- 
schriebenen Methode ganz zuverlSssige Resultate. 

Der Grenzwert 0,2 stimmt ganz gut mit den mit der 
Originalmethode erhaltenen Erfahrungen. Denn diese haben 
doch gelehrt, daB 0,5 ccm Komplement von den meisten posi- 
tiven Seren gebunden werden kann. Wenn nun im zweiten 
Rohrchen durch wechselseitige Beeinflussung von Serum und 
Antigen keine unspezifische Bindung des Komplements 
stattfindet, so bleibt dort fflr die spezifische Bindung 
q + VsP Komplement frei, also hfichstens (da q<2p sein soil) 
2 1 /* p, d. h. wenn p gleich 0,2 ist, genau 0,5 ccm. 

So verwickelt die Erkl&rung erscheint, so einfach ist die 
Ausffihrung der Reaktion. Besser als eine Beschreibung kann 
dies die Tabelle No. VI (p. 326 u. 327), die auBerdem ein Bei- 
spiel wiedergibt, beweisen. 

Zueret wird das verdiinnte Serum in die Rohrchen gegeben, dann das 
verdiinnte Antigen. Das Komplement wird am zweckmafiigsten dermafien 
verdiinnt, dafi 0,5 ccm der Mischung die Menge q oder q + */jP enthilt, 
besonders wenn man viele Seren gieichzeitig zu unterBuchen hat. 

Man braucht 0,8 ccm Serum dann, wenn man, wie in dem gewahlten 
ungdnstigen Beispiel, mit 2 Antigenen arbeiten mufi, die eine verschieden 
grofie, antikomplementare Wirkung haben. Da es leicht ist, sich Antigene 
herzustellen, die sich gleichsinnig verhalten, so folgt daraus, dafl eine 
Serum menge von 0,6 ccm geniigen wird. AuBerdem kann man sich damit 
zufrieden geben, wenn q, < q„ die doppelte Serumkontrolle nur zu prtifen 
mit q,. Die Rbhrchen 2, (2 a), (2 b) usw. sind also fakultativ. 

Fflr die „Bindung“ des Komplements lasse ich, wie die 
Tabelle zeigt, die Rohrchen nur eine halbe Stunde im Wasser- 
bad. Dies genilgt vollst&ndig. 

Zeltschr. f. ImmuniUttforschung. Orif. Bd. SI. 22 


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326 


O. Kapsenberg, 


Tabelle VI. Eigentlicher Versuch. Kesultat 


Inhalt der 
Rohrchen 

Positives Kontrollserum 

Negatives Kontrollserum i alt) 

Serum - 
kontrolle 

Antigen 
No. 1 

Antigen 
No. 2 

Serum- 

kontrolle 

Antigen 
No. 1 

Antigen 

No. 2 

No. desRohrchens 

1 

(2) 

3 

4 

5 

6 

1 a 

(2 a) 

3a 

4a 

5a 

6a 

Serum, 1:5 ver- 
diinnt ccm 

1,0 

1,0 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

1,0 

1,0 

0,5 

0,5 

0,5 

0,5 

Antigen No. 1,1:5 
verdiinnt ccm 


_ 

0,5 

0,5 



_ 


0,5 

0,5 

- 

_ 

Antigen No.2,l:5 
verdiinnt ccm 


_ 



0,5 

0,5 



_ 

_ 

0,5 

0,5 

Komplement, 1:10 
verdiinnt ccm 

0,3 

(q.) 

0,4 

(q») 

0,3 

(q.) 

0,4 

(q,+7»p) 

0,4 

(q.) 

0,5 

(q,+7-,p) 

0,3 

(q.) 

0,4 

(q.) 

0,3 

(q«) 

0,4 1 0,4 0,5 

(qi+7,p)j (q,)|(q*+V.,p) 

Phy a. Kochsalzlsg., 
0,85-proz. ccm 

0,2 

0,1 

0,2 

o,i 

0,1 

— 

0,2 

0,1 0,2 

0,1 

0,1 

— 


Halbe Stunde Wasser- 


Sens. BlutkQrper- 









1 

1 

chen, 2V t -proz. 
Suspens. ccm 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1.0 

1,0 

1,0 1,0 

1,0 i 1,0 


Halbe Stunde 


Beispiel eines Re- 











i v. 


sultatee 

v.L. 

v. L. 

v.H. 

v. H. 

v.H. 

v. H. 

v . L. 

v. L. 

g.H. 

v. L. 

L. 

v. L. 


v L. = vdllige Ldsung. f. v. L. = fast vollige Losung. v. H. = vbllige Hemmung. f. v. H. 


Eine zweckmafiige Aufstellung der Rohrchen im Gestell ist die 
nachatehende: 


1 (2) la (2a) 1b (2b) 1c (2o) 7 

# O • O • O ® O'------# 



Fig. 5. 


Die beschriebene Methode will keine quantitative 14 sein. 
Sie beansprucht nur dermaden zuverlassig zu sein, dad ein 
schwach positives Serum mit Sicherheit erkannt wird, indem 
es, wie bei der Originalmethode, faktisch ausgeschlossen ist, 
dad ein wirklich negatives Serum positiv gedeutet wird. 


Di^itizii t , 


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'JA-CHAMPAIGN ~ 








Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline uaw. 327 


des VorverBUchs: q,=0,3, q, = 0,4, p = 0,2. 


Zu nntereuchendes Serum No. 1 Zu untersuchendes Serum No. 2 . 

----- Weitere 

Serum- Antigen Antigen Serum- Antigen Antigen Kontrollen 

kontrolle No. 1 No. 2 kontrolle No. 1 No. 2 





negativ 

= fwt Tdllige Hemmung. g. H. 


poshiv 

geringe Hemmung. at. H. = starke Hemmung. 


Erklarung zu Figur 5. 

Die Ziffern entsprechen denen der Tabelle VI. Die Rdhrchen 1—6, 
la—6a ubw. gehoren jedeamal zu einem Serum. 

H) = unbedingt notwendige Serumkontrollen. 

O = Serumkontrollen, welche meistena nicht notig aind. 

® = Rdhrchen, die nebet dem Serum alle Antigen No. 1 enthalten. 

© = Rohrchen, die nebet dem Serum alle Antigen No. 2 enthalten. 

® = Kontrolle dea hamolytiachen Systems. 

® = Kontrolle dea Antigena No. 1. 

^ = Kontrolle dea Antigena No. 2. 

Meines Erachtens ist eine quantitative Austitrierung, in 
dem Sinne, daB man nachpruft, mit wievielem Serum, oder 

22 * 



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328 


G. Kapsenberg, 


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mit wievielem Antigen gerade noch eine groBere oder kleinere 
konstante Menge des Komplements spezifisch gebunden wird; 
oder aber wievieles Komplement wohl von einem bestimmten 
Gemisch Serum und Antigen spezifisch gebunden werden 
kann, besonders bei der Wassermannschen Reaktion, aber 
eigentlich bei jeder Komplementbindungsreaktion, von zweifel- 
hafter Bedeutung. 

Hauptsache bei jeder Komplementbindung ist ja die 
unzweideutigeFeststellung, daB Komplement spezifisch 
gebunden wurde. Daftir muB bei jeder Komplementbindung, 
bzw. bei jeder Wasser m ann schen Reaktion „quantitativ“ 
gearbeitet werden; die zu gebrauchenden Dosen sollen ja 
abgestimmt werden. 

Aber ob viel oder wenig Komplement spezifisch von kon- 
stanten Mengen Serum und Antigen gebunden werden kann, 
bzw. ob viel oder wenig Serum bei einer konstanten Menge 
des Antigens und des Komplements; viel oder wenig Antigen 
bei einer konstanten Menge des Serums und des Komple- 
raents zur vblligen spezifischen Hemmung notwendig ist, das 
alles ist ganz nebens&chlich und nur wissenschaftlich von 
Bedeutung. 

Wenn man aber, wie das besonders von Sormani ein- 
geffihrt worden ist, mit der quantitativen Austitrierung 
der Wassermannschen Reaktion eine quantitativeDeutung 
der Reaktion verkniipft, so erscheint mir das u n wissenschaftlich 
und ffir die Praxis gef&hrlich. 

Denn es fehlt uns noch fast ganz die Einsicht in die 
inneren Verhfiltnisse, welche die Wassermannsche Reaktion 
hervorrufen, und man darf deshalb, auch wenn die zu ver- 
schiedenen Zeiten erhaltenen Werte („Indices“) untereinander 
v 511 i g zu vergleichen w&ren (was sie aber nicht sind und 
infolge der Variabilitfit der benutzten Reagentien, nicht sein 
kbnnen), nicht a priori mit einer schwachen Reaktion eine 
leichte Erkrankung, eine Besserung oder dgl. verknfipfen. 
Die Wassermann sche Reaktion ist nur diagnostisches Hilfs- 
mittel, kein Gradmesser krankhafter Erscheinungen. Nur ihre 
Ab- oder Anwesenheit hat, unti zwar sehr groBe, Bedeutung 1 ). 

1) Fur weitere Einzelheiten auf dem Gebiete der sogenannten quanti¬ 
tativen Wassermannnschen Reaktion verweise ich auf, meine Arbeit: 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 329 

Dennoch haben die Bezeichnungen zwischen negativ und 
positiv (schwach positiv, zweifelhaft, nicht ganz negativ) Daseins- 
berechtigung, falls roan sie sich nur auf die Reaktion und 
nicht auf die Krankheitserscheinungen beziehen lSBt. 

Die Deutung der Reaktion kann nach dem in Tabelle VII 
angegebencn Schema gemacht werden. 


Tabelle VII. 


Gebrauchte Komplementmenge 

q q + V 3 P 

Beurteilung 

Ergebnis der Reaktion 

Ergebnis der Reaktion 

v. H. 

v. H. 

positiv 

dgl. 

f. v. H. 

It 

11 

st. H. 

1 » 


schw. H. 

schwach positiv 

H 

f. v. L. 

11 11 


y. L. 

„ „ (zweifelhaft) 

f. v. H. 

st. H. 

positiv 

dgl. 

schw. H. 

schwach positiv 

» 

f. v. L. 


st.H. 

v. L. 

„ ,. (zweifelhaft) 

schw. H. 


dgl. 

f. v. L. 

11 If 

>> 

v. L. 

zweifelhaft 

schw. H. 

f. V. L. 

nicht ganz negativ 

dgl. 

v. L. 

negativ 

f. v. L. 

dgl. 

11 

v. L. 

11 

” 

v. H. = vollstiindige 

Hemmung. f. v. H. = 

= fast vollstandige Hemmung. 


at. H. = starke Heramung. schw. H. = schwache Hemmung. 
f. v. L. = fast vollstandige Losung. v. L. = vollstandige Loeung. 
Siehe fur die niihere Umschreibung dieser Bezeichnungen p. 361 u. 362. 


Die praktischen Resultate der Methode haben mit Sicher- 
heit ihren Wert fur die Syphilisdiagnostik erwiesen. 

C. Versuche iiber die Bedeutung der Globuline in der Wasser- 

mannschen Reaktion. 

Zwei Eigentflmlichkeiten der Wassermannschen Re¬ 
aktion, ihre verwickelte Ausfiihrung und ihr ratselhafter 

„Die quantitative Wassermannsche Reaktion. Eine Kritik“, in „Folia 
Microbiologies", Bd. 5, 1919, No. 3. In dieser Arbeit habe ich darauf hin- 
gewiesen, das die „Werte“,,,Indices", welche mit der quantitativen W asser- 
mannschen Reaktion erhalten werden, mit dem Ernst der Krankheits¬ 
erscheinungen, und auch untereinander, nicht stimmen. 


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330 


G. Kapsenberg, 


Charakter, gaben den AnlaB zu Untersuchungen, die sich 
wechselseitig ergknzten. 

Die erste war die Ursache, einfachere Methoden zu suchen, 
von denen die Autoren sich vorstellten, daB sie die Was ser¬ 
in an n sche Reaktion zu ersetzen vermochten, die zweite eiferte 
die Experimentatoren an, Versuche anzustellen, urn eine vor- 
gefaBte Theorie von dem Wesen der Wassermannschen 
Reaktion zu beweisen. Alle diese Anstrengungen wurden 
bisher von keinem endgiiltigen Erfolg gekront. 

Die Erklfirung der Wassermannschen Reaktion ist 
sicher innig verknupft mit jener des Ph&nomens, das von 
Bordet und Gengou entdeckt wurde. 

In der Tat, so groB auch der Unterschied sein mag 
zwischen der Komplementbindung durch einen Typhusbacillus 
zusammen mit seinem eigenen Antiserum auf der einen Seite 
und jener Bindung, die durch einen alkoholischen Organ- 
extrakt und ein syphilitisches Serum auf der anderen Seite 
hervorgerufen wird, so steht es dennoch auBer Zweifel, daB 
es in beiden Fallen das Komplement ist, das aus der Um- 
gebung verschwindet, und zwar als Folge des Zusammen- 
treffens zweier Substanzen. 

Ist nun die Analogic tatsachlich vorhanden oder bloB 
scheinbar? Man kann darauf noch keine endgiiltige Antwort 
geben. Dennoch ist man, obwohl die Frage noch nicht ent- 
schieden ist, berechtigt, die Wasserm an nsche Reaktion mit 
dem Phanomen von Bordet und Gengou in Parallele zu 
setzen und zu versuchen, sie auf die gleiche Art zu erklaren. 

Die Beobachtung, daB das Komplement durch eine Sus¬ 
pension von Partikelchen abgelenkt wird, gab der Idee den 
Ursprung, das Phanomen von Bordet und Gengou beruhe 
auf einem ahnlichen Vorgang. 

Sie nahm etwas exaktere Formen an, als die Vorstellung 
Platz griff, die Komplementbindung ware ganz allgemein die 
Folge einer Agglomeration oder unsichtbaren Prazipitation 
von hydrophilen Kolloiden. Die Teilchen, welche die Tendenz 
hatten, sich niederzuschlagen, wurden wahrend oder nach 
ihrer Entstehung das Komplement adsorbieren. 

Es scheint, daB eine derartige Erkiarung in der Tat bis 
zu einem bestimmten Punkt Daseinsberechtigung besitzt, be- 


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[HAMPAIGN ~ 



Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 331 


senders so weit sie die Wassermannsche Reaktion belrifit 
Ich brauche nur zu erinnern an jene Methoden, durch die 
man mit Hilfe einer sicbtbaren Pr&zipitation einen Unterschied 
zwischen einem sjphilitischen Serum und einem normalen 
Serum nachweisen kann. 

Ich fiihre die Reaktion yon Porges und Meyer 1 ) an, 
die mit Lecithin arbeiteten, jene von Klausner 2 ), bei welcher 
eine Trfibung erhalten wird durch Aqua destillata, jene von 
Hermann und Perutz 3 ), denen es gelang, mit Hilfe von 
Glykokolls&ure, Natron und Cholesterin eine Prfizipitation 
hervorzurufen und vor allem die Reaktionen von Meinicke 
und von Sachs und Georgi, die sich des Antigens der- 
selben Art bedienen wie es in der Wassermannschen Re¬ 
aktion angewandt wird. 

Diese Reaktionen haben, obwohl sie nicht eine derartig 
ausgesprochene Spezifit&t wie jene Wassermanns besitzen, 
und dadurch aus dem Gesichtspunkt der praktischen An- 
wendung heraus, nicht verwendbar sind, dennoch eine wesent- 
liche wissenschaftliche Bedeutung 4 5 ). Sie lenkten die Auf- 
merksamkeit auf jenen Bestandteil des Serums, der sich durch 
die relative Leichtigkeit, mit der es sich f&llen lfiBt, Oder 
Failungen herbeifflhrt, auszeichnet, namentlich auf das 
Globulin. 

Zum grSBten Teil auf Grund der theoretischen Ueber- 
legungen von Elias, Neubauer, Porges und Salomon 6 ), 
ebenso von Sachs und Altmann 6 ) wurde die Anschauung 
vertreten, daB die Wassermannsche Reaktion durch eine 
spezielle Aenderung der Globuline erklkrt werden kdnne. 

Gem&B dieser und auch anderer Ueberlegungen schien es 
mir angezeigt, Untersuchungen dariiber anzustellen, welchem 
der haupts&chlichsten Serumbestandteile die Wassermann- 
sche Reaktion zugesprochen werden miisse. 

1) Berlin, klin. Wochenschr., 1908, No. 15. 

2) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 7. 

3) Med. Klin.. 1911, p. 60. 

4) Jene mi Meinicke und Sachs und Georgi sind noch zu 
frischen Datums, um sie genau wiirdigen zu konnen. 

5) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 21. 

6) Berlin, klin. Wochenschr., 1908, No. 10. 


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332 


G. Kapsenberg, 


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AIs ich raeine Untersuchungen begann, war ich der 
Meinung, daB spezielle Versuche auf diesem Gebiete noch 
nicht unternommen worden w&ren. 

Es war zwar eine kleine Anzahl von Arbeiten iiber diesen 
Gegenstand, besonders vor 1910 und 1911 gemacht worden, 
also kurze Zeit nacb der Entdeckung und Einfiihrung der 
Reaktion, so von Landsteiner 1 ), GroB und Volk*), 
Bauer und Hirsch 3 ), Friedemann 4 ) und Schmidt 5 ). 

Freilich sind die Resultate dieser verschiedenen Autoren 
oft untereinander widersprechend und ihre Versuche alle un- 
vollst&ndig. Sie hatten keinen EinfluB auf die meinen und 
deshalb kann ich mich begniigen, sie anzufiihren. 

In meinen eigenen Untersuchungen habe ich in der noch 
offenen Frage betreffs der Vielheit der Globuline keine Partei 
ergriffen, sondern mich auf den Standpunkt von Denis- 
Hammersten 6 ) gestellt, das heiBt, die Globuline als eiu- 
heitlich angenommen. 

Ich stellte mir folgende Fragen: Welcher Teil eines Serums, 
daseinen positiven Wassermann ergibt, ruft die Reaktion hervor? 

1st es das Globulin ? 

1st es das Albumin? 

Sind beide ftir sich allein imstande, die Reaktion zu 
geben? Oder miissen sie sich gegenseitig erg&nzen? 

Um die Antwort auf diese Fragen zu finden, bestimmte 
ich bei mehreren Seris, positiven und negativen, das Resultat 
der ausgeffihrten Wassermannschen Reaktion, jedesmal 
und immer zu gleicher Zeit, mit dera vollstkndigen 
Serum, mit seinem Globulin allein und mit seinem Albumin 
(mehr Oder weniger ganz befreit vom Globulin) allein. 

Es ist bekannt, daB man das Globulin des Serums mit 
verschiedenen Methoden erhalten kann. Durch Dialyse, durch 
Hinzufflgen von Kohlensaure, Salzs&ure, Essigs&ure usw. 

Alle diese Methoden liefern aber nur einen Teil der Ge- 

1) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 29. 

2) Wien. klin. Wochenschr., 1908, No. 18. 

3) Wien. klin. Wochenschr., 1910, No. 1. 

4) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 67, 1910. 

5) Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 69, 1911 

6) Zeitschr. f. phys. Chemie, Bd. 8. 



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Unterouchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 333 


samtmenge an Globulin, die das Serum enthait. Um die 
ganze Globulinmenge zu bekommen, mull man zu Methoden 
greifen, bei denen bestimmte Salze in sehr konzentrierter 
L5sung verwendet werden. Darunter wird die Methode von 
Denis-Hammersten 1 2 ) (MgS0 4 ) und die von (Hof- 
meister-)Kauder s ) [(NH 4 ) 2 S0 4 ] am meisten verwendet. 

Ich begann aber das Globulin zu studieren, das sich 
aus einem Serum bei der Dialyse niederschlagt und das dabei 
zuriickbleibende Albumin. Ich wollte derartige Substanzen, 
wie MgS0 4 und (NH 4 ) 2 S0 4 , die die Wassermannsche 
Reaktion beeinflussen kbnnten, ausschliellen; sp&ter aber, ge- 
zwungen durch die erhaltenen Resultate mit dem Dialysier- 
verfahren, habe ich zuerst die Methode nach Denis- 
Hammersten, dann die nach Hofmeister-Kauder 
angewandt. 

In alien diesen Versuchen gebrauchte ich fiir 
die Dialyse und fQr die Ausfflhrung der Wasser- 
mannschen Reaktion die im ersten und zweiten 
Teil dieser Arbeit beschriebene Technik. 

a) Isolierung des Serumglobulins durch die Dialyse. 

Ich fiihre hier etwas detailliertere Protokolle an. 

Protokoll 5. 

Serum Pae. durch eine Venenpunktion erhalten, 10. IV. 1918, nach- 
mittag. Inaktiviert am 11. IV. 1918, Wassermann am 12. IV.: positiv. 
Serum im Eisschrank aufbewahrt. 16. IV. 1918 2,4 ccm in einem Dialysator, 
der in 100 ccm destilliertes Wasser eintauchte. 

Dieses wurde jeden Tag erneuert und gab niemals eine Eiweifireaktion, 
dagegen an den beiden ereten Tagen deutlich eine Kochsalzreaktion. 
18. IV. 18: Das Volum des Serums ist auf 5 ccm gewachsen; es ist deut¬ 
lich triib. Das Serum wird zentrifugiert und das Albumin des Sediments 
vom Globulin abgegossen; dann werden beide im Eisschrank aufbewahrt 
bis 19. IV. 1918. 

Das Albumin wird mit der notigen Menge von trockenem Kochsalz 
iBotonisiert und dann mit physiologischer KochsalzIQsung bis auf 12 ccm 
(also wie das Serum 1:5) verdunnt. Das Globulin wird in 2,4 ccm physio¬ 
logischer Kochsalzloaung aufgenommen. Da die Losung keine vollkommene 
ist, wird eine Spur KOH hinzugefiigt, das eine fast vollige Losung hervor- 
ruft. Nach dem Zentrifugieren der Globulinlosung wird die klare Fliissig- 
keit abgegossen und bis auf 12 ccm verdunnt. 

1) L c. 

2) Arch. f. exper. Pathol, u. Pharm., Bd. 20, 1885. 


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334 


O. Kapsenberg, 


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Resultat der Was serin an nschen Reaktion: Keine 
Differenz zwischen den drei Reaktionen. Serum ist positiv. 
Globulin ist positiv. Albumin ist positiv. Kontrollen: ohne 
Fehler. 

Protokoll 6. 

Folgende Sera wurden gepruft: 

1) Pae., dasselbe wie im vorhergehenden Protokoll; 22.IV. 18, 1,2 ccm 
im Dialysator, eingetaucht in 100 ccm destilliertes Wasser, taglich er- 
neuert, keine Eiweifireaktion, aber deutlich eine NaCl-Reaktion. 25. IV. 18 
zentrifugiert. Globulin und Albumin bis am 26. IV. 18 getrennt im Eis- 
echrank aufbewahrt, an diesem Tage die Was Berm an n ache Reaktion 
aiisgefuhrt 

2) Ke. Venenpunktion 18. IV. 18, inaktiviert 19. IV. 18; 22. IV. 18, 
1,2 ccm in deu Dialysator, dann genau wie bei Pae. 

3) Meij-K. Venenpunktion 22. IV. 18. Nicht inaktiviert, 24. IV. 18 
1,2 ccm in den Dialysator, dann wie fur Pae. nur zentrifugiert am 26. IV. 18. 

4) Aff. Venenpunktion 24. IV. 18, nicht inaktiviert, dann wie bei 
Meij-K. 

5) He., genau wie bei Aff. 

6) Ha., genau wie bei Aff. 

26. IV. 18. wurden die Albumine isotonisiert und bis auf 6 ccm verdunnt. 
Das Albumin der verschiedenen Sera hat verschieden groSe Mengen 
Wasser angezogen: Pae. stieg bis 2,6 ccm an, Ke. bis 2, Meij-K. bis 4,8 ccm, 
Aff. biB 2,4 ccm, Ha bis 3,8 ccm, Ha. bis 4,8 ccm. Die Globuline wurden 
in 1,2 ccm physiologischer KochsalzlSsung verteilt, mit Hinzufugung von 
5 kleinen Oesen KOH (10 Proz.). 

Bei Pae. war die Losung keine vollstandige, wiihrend dies bei der 
anderen wohl der Fall war. 

He. und Ha. bekamen nur 1 Oese KOH. Darauf wurden die Globuline 
verdunnt bis auf 6 ccm. Die Globuline der nicht inaktivierten Sera wurden 
auch spater nicht mehr inaktiviert.. Die Sera wurden vor der Ausfiihrung 
der Wassermann inaktiviert. 

Um einen SchluB aus diesen Versuchen ziehen zu kdnnen, 
muB man vorerst die Globuline He. und Ha. ausschlieBen, 
die sich als vOllig antikomplement&r erwiesen. Ich werde 
darauf noch zurfickkommen. 

Die SchluBfolgerung liegt auf der Hand, daB das 
Globulin eines positiven Serums reagiert, wie das kom- 
plette Serum, wahrend jenes eines negativen Serums, nach 
der Reaktion des Globulins Ke. zu urteilen, sich negativ 
verhait. 

Sehr bemerkenswert ist dagegen das Verhalten der 
Albtnnine. Jene, die aus einem positiven Serum stammten, 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 335 


Tabelle VIII. 

Resultat dee Vorversuches: p = 0,1 q, = q, = 0,2. 

Da das hamolytische System sehr empfindlich war. wurde, um even- 
tuellen unspezifischen Hemmungen moglichst vorzubeugen, fiir daa 2. Rdhr- 
chen etatt q + ’/,p q + p benutzt. 


Namen dee 
Serums, dessen 
Globulins 
und dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle des 
Serums, 
dessen Glo¬ 
bulins und 
dessen Alb. 

WaR. mit 
Antigen No. 1 

WaR. mit 
Antigen No. 2 

Deutung 
der WaR. 

Komplement 
0,2 | 0,3 

Komplement 
0,2 | 0,3 


Pae.-Serum 

f. v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. ! 

. . 

positiv 


Pae.-Glob. 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

tt 

u 

Pae.-Alb. 

v. L. 

v. H. 

v. L. 

v. H. 

v. L. 

schwach 

o 

'> , 



(*chw. 


(«cliw. I..) 


positiv 

‘-3 







(zwtifelhaft) 

ce 

3 

Ke.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Ke.-Glob. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

f. v. L. 

v. L. 

»> 


Ke.-Alb. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

f. v. L. 

v. L. 

»» 


Meij-K.-Ser. 

v. L. 

r. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 1 

positiv 


Meij-K. Glob. 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

7. H. 

n 



1 


(*cliw L.), 





Meij-K.-Alb. 

V. L. 

v. H. 

y. L. 

v. H. 

7. L. 

schwach 



1 

* 

(>chw. [, ) 


(srl w. 1. ) 


positi? 



i 

1 




(/.wHKIhaft) 


Afl'.-Serum 

v. L. 

v. H. 

V. H. 

V. H. 

7. H. 

|>ositi7 


Afl'.-Glob. 

f. V. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

7. H. 

ft 

> 

AfT.-Alb. 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

7. H. 

tt 

i 




(«i , hw. !..) 





He.-8erum 

v. L. 

v. L. 

V. L. 

v. L. 

7. L. 

negativ 


He.-Glob. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

7. H. 

7. H. 

antikom- 








plementar 


He.-Alb. 

v. L. 

f. v. L. 

v. L. 

f. v. L. 

7. L. 

negativ 


Ha.-8erum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

7. L. 

negativ 


Ha.-Glob. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

7. H. 

antikom- 



(sehw. L.) 





plementiir 


Ha.-Alb. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

7. L. 

negativ 


Kontrollen ohne Fehler. 

Beziiglich der Abkurzungen in 

dieser und 


folgenden Tabellen vergleiche man Abteilung B dieeer Arbeit. Die An- 
weisungen zwischen Klammern geben den Aspekt der betreffenden Rohr- 
chen an nach einem Verweilen iiber Nacht bei Zimmertemperatur. Wo 
nichte zwischen Klammern hinzugefiigt ist, hat sich keine Aenderung 
gezeigt. 

ergaben einen positiven Wassermann, einige Male aber 
doch (Pae., Meij-K.) in einer weniger scharf aus- 
geprSgten Weise a 1 s das Serum Oder das Glo¬ 
bulin. 


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336 


G. Kapsenberg, 


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Was die Albuinine eines negativen Serums anlangt, so 
reagierten sie ohne Ausnahme negativ. 

Da das Albumin noch eine betrfichtliche Menge Globulin 
euthielt, lag der Gedanke nahe, daB die Reaktion der Albumine 
von dieser Substanz abh&nge und das Albumin fiir sich allein 
die Tendenz hatte, negativ zu reagieren. Aus dieser Ueber- 
legung heraus versuchte ich das ganze Globulin zu erhalten. 
das sich mit Hilfe der Dialyse aus einem Serum gewinnen 
lafit, indem ich die fraktionierte Dialyse anwandte. 

Protokoll 7. 

Serum A, positiv, vom 1. V. 18, inaktiviert, und Serum B negativ. 
vom 4. V. 18, ebenfalls inaktiviert. Am 7. V. 18 1 ccm jedes Serums 
in den Dialysator gestellt, eingetaucht in 100 ccm destilliertes Wasser. 
Am 8. V. 18 zentrifugiert. Das Globulin wurde gesammelt (darunter auch 
jene Menge, die die Merabran bedekt und welche man erhalt, indem der 
Dialysator mit destilliertem Wasser ausgespiilt wil'd) und im Eisschrank 
aufbewahrt. Das „Albumin“ wurde neuerlieh dialysiert. Das destillierte 
Wasser enthielt kein EiweiB, wohl aber deutlich Kochsalz. Am 9. V. 18 
und 10. V. 18 das gleiche Verfahren. Die Albumine A und B haben 
beide ihr Volumen auf 4,4 ccm vermehrt. Sie werden isotonisiert und ver- 
diinnt auf 5 ccm. Die Globuline jedes Serums werden zusammengebracht 
und in 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung verteilt. Die Losung ist 
eine fast vollige, wenn man 6 kleine Oesen KOH (10 Proz.) hinzufiigt. 
Das Globulin wird verdiinnt auf 5 ccm und die Wassermannsche Re¬ 
aktion in Gang gebracht. 

Tabelle IX. 

Resultat des Vorversuches: p,=0,2 q,=q,=0,3. 


Namen des 
Serums, 
dessen Glo¬ 

Doppelte 
Kontrolle des 
Serums, 
dessen Glo¬ 
bulins und 
dessen Alb. 

WaR. mit WaR. mit 

Antigen No. 1 Antigen No. 2 

I 

Deutung der 

bulins und 
dessen 
Albumins. 

Komplement Komplement 

0,3 | 0,4 0,3 0,4 

WaR. 

A.-Serum 

v. L. 

v. H. 

v. H. I v. H. 

v. H. 

, positiv 

A.-Globulin 

>» 

f. v. H. 

st. H. v. H. 
(f. v. L.) 

st. H. 

I „ 

A.-Albumin 

f. v. L. (v. L.) 

v. L. 

v. L. v. L. 

v. L. 

negativ 

B.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

v. L. jf. v. L. 
v. L. v. H. 

1 

v. L. 

negativ 

B.-Globulin 

>> 

f. v. H. 
(st. H.) 1 

f. v. L. 
(v. L.) 1 

schwach po¬ 
sitiv oder 
zweifelhaft 

B.-Albumin 

f. v. L. (v. L.) 

v. L. 

v. L. v. L. 

v. L 

negativ 


Kontrollen ohne Fehler. 

Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern vergleiche man 
Tabelle VIII. 


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Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 337 

Es gelang mir in der Tat, in diesem Versuch ein nega¬ 
tives Albumin aus einem positiven Serum (A) zu bekommen. 

Es ist klar, daB dies zumTeil von kleinen Albuminverlusten, 
infolge von Fehlern der Technik herriihren kann; Verluste, 
die gleichfalls eine Herabsetzung der Intensity der Reaktion, 
welche vom im Albumin anwesenden Globulin ausgelost wird, 
zur Folge h&tten, aber es ist nicht denkbar, daB die Reaktion 
sich deutlich positiv erweisen wflrde, wenn diese kleinen Ver¬ 
luste nicht stattgefunden hfitten. 

Das negative Serum hat nun ein Globulin geliefert, das 
nicht antikomplement&r ist, aber einen positiven 
Wassermann ergibt, wenn auch nur schwach und unsicher. 

In einer anderen Versuchsreihe, auf dieselbe Art aus- 
gefuhrt, erhielt man Globuline aus positiven und negativen 
Seras, die alle stark antikomplementare Wirkung hatten. Die 
Lufttemperatur war aber wahrend dieser Tage sehr hoch, und 
es ist nicht unmoglich, daB eine Entwicklung von Mikroben 
die Ursache war. 

Um den EinfluB der Bakterien zu hemmen und zu ver- 
hfiten, griff ich zur Dialyse im Eisschrank. 

Protokoll 8. 

Die Sera Do., El., Ti. und Di. vom 23. VI. 18, inaktiviert und noch 
eteril, wurden am 28. VI. 18 in einer Menge von 1 ccm in den Dialy- 
eator gebracht, der in 100 ccm destilliertes Wasser tauchte, und in den Eis- 
Bchrank gestellt. Am 29. VI. 18 wurde das destillierte Wasser erneuert 
(es enthielt kein EiweiB, aber viel Sake). 

Am 30. VI. 18 zentrifugiert, Globulin und Albumin getrennt; das 
Albumin von neuem in den Dialysator hineingespult und mit dem Glo¬ 
bulin in den Eisschrank gestellt. 31. VI. neuerlich die Albumine zen¬ 
trifugiert; sie haben ihr Volumen vermehrt, Do. bis auf 2,8 ccm, El. auf 
3,4 ccm, Ti. auf 3,4 ccm, Di. auf 3,4 ccm; sie wurden verdtinnt bis auf 
5 ccm und isotonisiert mit der notwendigen Menge Kochsak. Die Glo¬ 
buline wurden gesammelt und mit 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung 
vermischt, ohne Hinzufugung von KOH und verdfinnt bis auf 5 ccm. 
Die Losungen sind etwas trfibe, mit Ausnahme von jener von Ti., die 
vfillig klar ist Der Wassermann wurde 31. VL 18 gemacht. 

Das Resultat ist etwas iiberraschend. Das Globulin eines 
positiven Serums zeigt sich in diesem Versuch positiv, und 
das Albumin ist es auch. Im Falle Do. reagiert das Albumin 
weniger deutlich als das Serum oder das Globulin, in einem 


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URBANA-CHAMPAIGN 



338 


G. Kapsenberg, 


Tabelle X. 


Resultat des Vorvereuches: p = 0,2 q, — q, =0,3. 


Namen des 
Serums, 
desBen Glo¬ 
bulins und 
des sen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle des 
Serums, des- 
sen Globulins 
und dessen 
Albumins 

WaR. 

mit Antigen A, 

WaR. 

mit Antigen A, 

Deu- 

tung 

der 

WaR. 

Komplement 

0,3 | 0,4 

Komj 

0,3 

dement 

0,4 

Do.-Seru m 

v. L. 

v. H. 

V. H. 

v. H. 

v. H. 

positiv 




(schw.L.) 




Do.-Glob. 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 


Do.-Alb. 

v. L. 

v. H. 

st. H. 

v. H. 

st. H. 




(schw. L.) 


(schw. L.) 



El.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

El.-Glob. 

v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

v. H. 

st. H. 

positiv 



(schw. L.) 

(f. v. L.) 

(schw. L.) 

(f. v. L.) 


El.-Alb. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

Ti.-Serum 

v. L. 

st. H. 

f. v. L. 

f. v. H. 

st H. 

positiv 



(f. v. L.) 

(v. L.) 

(st. H.) 

(f. v. L.) 


Ti.-Glob. 

v. L. 

st. H. 

f. v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

»> 



(f. v. L.) 

(v. L.) 

(st. H.) 

(f. F. L.) 


Ti.-Alb. 

v. L. 

v. H. 

st. H. 

v. H. 

f. v. H. 




(st. H.) 


(f. v. H.) 

(st. H.) 


Di.-Serum 

V. L. 

y. L. 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

Di.-GIob. 

v. L. 

st. H. 

st. H. 

f. V. H. 

st. H. 

positiv 


I 


(v. L.) 

(schw. L.) 

(f. v. L.) 

(►chwn.-h) 

Di.-Alb. 

v. L. 

y. L. 

v. .Li. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


Kontrollen ohne Fehler. 

Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern vergleichne man 
vorige Tabellen. 


andern Fall Ti. im Gegenteil reagiert es etwas kr&ftiger. Die 
Albumine der negativen Sera sind negativ, aber die Glo- 
buline, die nicht antikomplement&r reagierten, 
ergeben einen schwach positiven Wassermann. 

Um eine Erklarung dafiir zu finden, habe ich nach- 
geforscht, ob die mittels der Dialyse aus den negativen 
Seris erhaltenen Globulinmengen vielleicht nicht merkbar 
grSBer waren, als jene aus den positiven Sera erhaltenen. Zu 
diesem Zwecke fiillte ich in kleine, graduierte Rohrchen eine 
bestimmte Menge der Globulinlosung und fiigte eine be- 
stiramte Menge von destilliertem Wasser, und dem Esbach- 
schen Reagens hinzu, indem ich so das gebr&uchliche Ver- 
fahren zur Analyse des EiweiBgehaltes des Hams nachahmte. 
Die H6he des Niederschlags wurde nach einer Sedimentation 



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Furbana-champaign 




Untersuchungen uber die BedeutuDg der Globuline new. 339 


von 24 Std. abgemessen. Die erhaltenen Zahlen haben fraglos 
nur einen relativen Wert, aber sie erlauben doch, einen Ver- 
gleich anzustellen. 

Diese Zahlen sind folgende fflr die gepriiften Sera: Do. 
0,9, El. 0,25, Ti. 0,25 und Di. 0,5. Sie differieren zu stark, 
urn einen SchluB zu gestatten. 

Da endlich mSglich war, daB das Globulin vielleicht anti- 
komplement&r oder positiv gemacht wiirde durch die Tfltig- 
keit von Bakterien, so wurden mikroskopische Praparate des 
Globulinsediments angefertigt und trotz der Sterilitat des 
Serums und des Aufenthalts im Eisschrank fand ich von jenen 
in jedem Praparate eine mehr oder minder groBe Menge, meist 
in Stabchenform. 

Die Anwendung von Chloroform im destillierten Wasser 
oder von Toluol auf dem Serum im Dialysator ergab keine 
praktisch verwertbaren Resultate. 

Ich verzichtete deshalb auf die veriangerte Dialyse und 
den Gebrauch des destillierten Wassers. Die Untersuchungen, 
die den Zweck batten, die Eigenschaften der praparierten 
Amnionmembran festzustellen, hatten mich unterdessen ge- 
lehrt, daB diese immer undurchgangig fflr das EiweiB war, 
und dagegen ganz gut durchg&ngig fflr die Salze. Ich war 
also berechtigt, fflr diese Untersuchungen die Kontrolle des 
umgebenden Wassers fortzulassen und die Dialyse auch 
in flieBendem Wasser anzustellen. 

Protokoll 9. 

Die Sera Be., Li. am 12. IX. 18 inaktiviert und Go. vom 5. IX. 18 
wurden am 12. IX. 18 in einer Menge von 1 com in den Dialysator ge- 
fiillt und wahrend 14 Stunden in flieBendem Wasser dialysiert. Globulin 
und Albumin wurden zentrifugiert und getrennt, bis auf 5 ccm mit 
destilliertem Wasser verdiinnt und isotonisiert. Das Globulin lost sich 
vollkommen. Der Wassermann wurde am 13. IX. 18 ausgefiihrt. 

Tabelle XI siehe p. 340. 

Die Zahlen, die das relative Verhaltnis des Globulins an- 
geben, sind folgende: B. 0,3, Go. 0,6 und Li. 0,5. Es geht 
also aus diesem Versuch hervor, daB von der Menge des 
Globulins seine Reaktion im Wassermannschen Versuch nicht 
abhflngt (Be. 0,3; Li. 0,5). 

Das Globulin eines negativen Serums reagiert nun voll- 


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URBANA-CHAMPAIGN 



340 


G. Kapsen berg, 


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stfindig negativ. Das ist die haupts£chlichste SchluBfolgerung, 
die man aus diesem Versuche ziehen kann. 


Tabelle XI. 

Reaultat des Vorvereuches: p = 0,2 q, = q a = 0,25 (zwischen 0,3 und 0,2). 


Namen des 
Serums, 
dessen Glo¬ 
bulins und 
dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle des 
Serums, 
dessen Glo¬ 
bulins und 
dessen Alb. 

WaR. 

mit Antigen No. 1 

WaR. 

mit Antigen No. 2 

Deu- 

tung 

der 

WaR. 

Komplement 

0,25 | 0,35 

Kompl 

0,25 

ement 

0,35 

Be.-Serum 

v. L. 

v. H. 

st. H. 

v. H. 

st. H. 

positiv 



(st. H.) 

(v. L.) 

(st. H.) 

(f. L.) 


Be.-Globulin 

v. L. 

dgl. 

f. v. L. 

F. H. 

i. v. L. 





(v. L.) 

(st. H.) 

(F. L.) 


Be.-Albumin 

v. L. 


st. H. 

V. H. 

f. F. H. 





(v. L.) 

(st. H. 

(f. F. L.) 


LL-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

Li.-Globulin 

v. L 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

v. L. 


Li.-Alburain 

L' 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

F. L. 

11 

Go.-Serum 

V. L. 

v. H. 

f. V. H 

F. H. 

F. H. 

positir 



(schw. L.) 

(st. H.) 


(schw. L.) 


Go.-Globulin 

v. L. 

dgl. 

st. H. 

F. H. 

dgl. 


Go-Albumin 

V. L. 

v. H. 

v. H. 

F. H. 

F. H. 





(schw. L.) 





Kontrollen ohne Fehler. 


Bezuglich der Anweisungeu zwischen den Klammern vergleiche man 
vorige Tabellen. 

Tabelle XII. Zusammenfassung. 

Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen 
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt. 


Positive Seren 

Negative Seren 

Namen 

WaR. 
mit dem 
Serum 

WaR. 
mit dem 
Glob. 

WaR. 
mit dem 
Alb. I 

Namen 

WaR. 
mit dem 
Serum 

WaR. 
mit dem 
Glob. 

WaR. 
mit dem 
Alb. 

Pae. 

+ 

+ 

+ 

• 

. 

, 

• 

Pae. 

+ 

+ 

± 

Ke. 

_ _ 

— 

— 

(Meij-K. 1 ) 

+ 

+ 

± 

He. ■) 

— 

intikompl. 

— 

Aff.’) 

+ 

+ 

+ 

Ha- 1 ) 

— 

aatlkompl. 

— 

A 

4* 

+ 

— 

B 

— 


— 

Do. 

+ 

+ 

+ 

El. 

— 

4* 

— 

Ti. 

+ 

+ 

+ 

Di. 


+ (±) 

— 

Be. 

+ 

+ 

+ 

Li. 

_ 

— 

— 

Go. 

+ 

+ 

+ 

• 

• 

. 

• 


1) Diese Seren sind nicht inaktiviert. Auch nicht das isolierte Glo¬ 
bulin und Albumin. 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 341 


Um die ganze Versuchsreihe festzulegen, gebe ich eine 
Uebersicht fiber die Resultate, ohne der im Speziellen ange- 
wendeten Technik Rechnung zu tragen (s. Tabelle XII, p. 340). 

Zufolge dieser Uebersicht, vor allem indera man die 
einzelnen Resultate der verschiedenen Wassermann- 
schen Reaktionen untereinander vergleicht, gestatten die 
bis jetzt angefflhrten Versuche, folgende Schlflsse zu ziehen: 

1) Das Globulin, das durch die Dialyse aus einem 
positiven Serum gewonnen wird, reagiert positiv. 

2) Der Rest des Serums, das Albumin, das noch eine 
mehr oder minder groBe Globulinmenge enthalt, reagiert auch 
positiv, aber oft weniger deutlich als das Serum oder 
das Globulin, einmal sogar negativ. 

3) Das durch die Dialyse aus einem negativen Serum 
gewonnene Globulin kann negativ reagieren. Es kann aber 
auch eine positive Reaktion ergeben, wenn auch nicht so 
deutlich wie ein positives Serum. Es kann sich auch ganz 
antikomplementar verhalten. Dennoch hat es den Anschein, 
daB diese Eigentiimlichkeiten mfiglicherweise die Folge ttuBerer 
Einflusse sind, vielleicht von Bakterien, die auf dem schon 
ausgefSllten Globulin wuchern 1 ). Fur diese Hypothese 
spricht die Tatsache, daB die Albuminlbsung des negativen 
Serums, obwohl sie noch Globulin enthalt, immer negativ reagiert 

Es ist eine hervorstechende und bemerkenswerte Beobach- 
tung, daB das Albumin, das denselben Einfliissen ausgesetzt 
ist wie das Globulin, niemals irgendeine wesentliche anti- 
komplementSre Reaktion zeigte. Ftir die Theorie der Was ser¬ 
in an nschen Reaktion erscheint mir diese EigentQmlichkeit 
nicht ohne Wichtigkeit zu sein. 

In den im Vorhergehenden beschriebenen Versuchen 
lenkten besonders die beiden folgenden Tatsachen meine Auf- 
merksamkeit auf sich: 

1) DaB die geringe Menge Globulin, die aus einem posi¬ 
tiven Serum herausgezogen wurde, imstande war, eine Re¬ 
aktion zu ergeben, vergleichbar jener eines vollstandigen Serums. 

1) Zweifelsohne kann ein solcher Einflufi ebenfalla fur die Globuline 
der positiven Sera angenoramen werden. Dennoch laflt aber die Regel- 
mafiigkeit, mit der Globulin und Albumin positiv reagieren, dieunterl 
angefuhrte Deutung als berechtigt erscheinen. 

ZetUchr. f. lCflmunltiiUforschung. Orig. Bd. SI. 23 


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URBANA-CHAMPAIGN 



342 


G. Kapsenberg, 


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2) DaB das Albumin eines derartigen Serums oder genauer, 
daB ein positives Serum, vermindert um eine gewisse Menge 
seines Globulins, weniger deutlich reagierte als das vollst&ndige 
Serum oder das Globulin allein, ja einmal sogar negativ war. 

Daher ergab sich die Notwendigkeit, eine Methode zu 
verwenden, die erlaubte, mit dem gesamten Serumglobulin 
zu arbeiten und ebenso mit dem Albumin, das vSIlig vom 
Globulin befreit war. Zu diesem Zwecke war es notwendig, 
sich der F&llungsmethoden durch Salze zu bedienen und dabei 
einen eventuellen EinfluB von ihnen mit in den Kauf zu nehmen. 

b) Trennung durch Magnesiumsulfat. 

Ich wandte die Methode von Denis-Hammersten in 
folgender Art an: Ein Zentrifugenrohrchen, das 1 (manchmal 
mehr) ccm Serum enthielt (in den ersten Versuchen neutrali- 
siert mit Essigsaure, aber da das gar keinen Vorteil bot, habe 
ich es in der Folge unterlassen) und in einem Becher, gefullt 
mit Wasser von 40° C stand, fflgte ich nach und nach pulveri- 
siertes MgS0 4 hinzu, zu guter Durchmischung und Losung 
unter Schiitteln des ROhrchens, bis eine deutliche Trubung 
erschien. Darauf wurde noch eine kleine Menge des Salzes 
dazugefiigt und die Robrchen, noch im Wasser getaucht, w&h- 
rend einiger Stunden bei 37° in den Brutschrank gesetzt. 

Diese Rohrchen wurden dann so lange zentrifugiert, bis 
das Globulin vollstSndig ausgefallt war. Meist i&Bt sich die 
Trennung gut durchfiihren, indem das Albumin als klare 
Fliissigkeit darflber steht und das Globulin, weiBlich gefarbt, 
sich deutlich absetzt. Bisweilen aber miBlingt die Trennung 
durch das Zentrifugieren, wenn zu viel des Magnesiumsulfates hin- 
zugefiigt ist. Der Versuch wurde dann nicht weiter durchgefuhrt. 

Wenn sich ein kompakter Niederschlag von Globulin ge- 
bildet hatte, wShrend das Albumin klar geworden war, wurde 
dieses abgegossen, oder mit einer kleiuen, fein ausgezogenen 
Pipette nach Pasteur aufgesaugt, und in den Dialysator ge- 
geben. Das Globulin wurde in einigen Kubik/.entimetern 
destilliertem Wasser gelost, was vollstiindig, dank der An- 
wesenheit des MgS0 4 gelang, und dann ebenfalls in einen Dialy¬ 
sator gefullt. Die verschiedenen Albumine und Globnline eines 
Versuchs wurden zusammen in hieBendem Wasser dialysiert. 



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URBANA-CHAMPAIGN 



Untersuchungen iiber die Bedeutung der Qlobuline usw. 343 


Die Dauer der Dialyse war 18 bis 24 Stunden. Nach 
dieser Zeit waren die GlobulinlSsungen getrflbt, ein Zeichen 
dafflr, daB das MgSO*, wenigstens zum grdBten Teil, ver- 
schwunden war. Tats&chlich ergab das Hinzufugen von 
Ba(NO s ) 2 zu den Globulinen, die mit Kochsalz neuerlich in 
LOsung gebracht worden waren, nur eine gleiche Oder etwas 
dentlichere Trflbung als jene, die von diesem Salz in Wasser- 
leitungswasser hervorgerufen wurde. 

Die Albumine und Globuline wurden mit destilliertem 
Wasser bis auf 5 ccm (oder einen entsprechenden Wert) ver- 
diinnt und mit der ndtigen Menge Kochsalz isotonisiert. Die 
L5sung der Globuline war stets eine vollstSndige, sie zeigte 
nur eine leichte Opaleszenz. 

Die Mehrzahl der Sera, die fflr diese Untersuchungen 
verwendet wurden, waren frisch. Sie wurden aus den Seris 
ausgew&hlt, die ins Laboratorium zur Wassermann-Probe ein- 
gesandt worden waren, und stets gefailt und dialysiert am 
Tage vor der Ausfuhrung dieser Reaktion. Dann wurden 
diese Sera und ihre Globuline und Albumine mit den an- 
deren Seris zusammen geprOft. 

Die Resultate aus diesen Versuchen waren derart flber- 
zeugend und einheitlich, daB es mir iiberfliissig erscheint, alle 
diese, fast ganz ubereinstimmenden Protokolle einzeln anzu- 
fflhren. Ich begniige mich daher, eine Tabelle einzufugen, die 
die Endresultate der Wassermannschen Reaktion enthSlt, 
ferner eine Tabelle, die einen allgemeinen Ueberblick erlaubt 
(s. Tabelle XIII und XIV). 

Bevor ich die SchluBfolgerungen daraus ziehe, muB ich 
noch erwShnen, daB bei keiner dieser Reaktionen, wie in den 
frflheren Versuchen, eine antikoraplementare Wirkung auftrat. 
Daher ist es moglich, alle Resultate auf dieselbe Art zu deuten. 

Bei Betrachtung der posltiven Sera ist klar: 

1) DaB alle ihre Globuline positiv reagierten. Es gab 
keine Ausnahme. Sie verhalten sich im allgemeinen wie die 
Sera. Sie zeigen einige Male eine deutlichere Reaktion als 
jenes, bisweilen auch eine schwachere Reaktion. 

2) DaB die A1 bumine sich verschieden verhalten. 
Es gibt Falle unter ihnen, die wie das Serum und das Glo- 

23 * 


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344 


G. Kapsenberg, 


Tabelle XIII. 

Beziiglich der Anweisungen zwischen den Klammern gilt dasselbe wie 
bei den vorigen Tabellen. — Die Daten in der zweiten Kolonne geben 
jedesmal an: I. den Tag der Venenpunktion, 2. den Tag der Inakti- 
vierung, 3. den Tag, an dem die Wa.R. ausgefuhrt wurde. 



Namen 

Doppelte 

Kontrolle 

Wa.R. 

1 

Wa.R. 

\ 


des Serums, 

d. Serums, 

mit Antigen No. 1 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 

6 

dessen Globulins 



1 

1 



und dessen 
Albumins 

[ 

Globulins 
u. dftssen 

Komplement 

Komplement 

Wa.R. 


Albumins 

q. 

q,+‘M> 

q. 

! qi+'/,p 





Inaktivierte Seren: 




22., 23., 31. VI. 18 







1 

Do.-Serum 

v. L. 

v. H. 

v.H. 

(schw. L.) 

v.H. 

v.H. 

positiv 


Do.-Globulin 



v. H. 





Do.-Albumin 



f.v.H. 


v.H. 






(schw. L.) 


(schw. L.) 



30.,30..31.VI. 18 







2 

En .-Serum 

v.L. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

positiv 


En .-Globulin 



v.H. 


v.H. 






(schw.L.) 


(schw. L.) 



En.-Albumin 

»> 

st. H. 

(f. v.L.) 

v. L. 

st. H. 

f. v. L. 

„ (schwach) 


22., 23., 31.VI. 18 





st. ti. 


3 

Ti.-Serum 

v.L. 

st. H. 

f. v. L. 

f.v.H. 

positiv(schwach) 




(f.v. L.) 

(v.L.) 

(st. H.) 

(f. v. L.) 


Ti.-Globulin 

»» 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

v. H. 

positiv 


Ti.-Albumin 



(schw. L.) 


(schw. L.) 



v.H. 

st. H. 

v. H. 

f. v. FT. 





(schw. L.) 


(schw. L.) 

(schw. L.) 



6.. 6., 7. VII. 18 







4 

To.-Serum 

v.L. 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

v. L. 

negativ 


To.-Globulin 

it 







To.-Albumin 

5., 6.. 7. VII. 18 

ti 

ti 

It 

•t 

it 

It 

5 

Ma.-Serum 

y.L. 

v.L. 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

negativ 


Ma.-Globulin 








Ma.-Albumin 

6., 6., 7. VIL 18 

tt 

it 

it 

it 

it 

it 

6 

Va.-8crum 

y. L. 

v. H. 

st. H. 

l v.H. 

st. H. 

positiv 


Va.-Globulin 



v. H. 

v.H. 

v. H. 


Va.-Albumin 

6., 6., 7. VII. 18 

It 

st. H. 

f. v. L. 

st. H. 

f. v. L. 

schwach positiv 

7 

Br.-Serum 

Br.-Globulin 

v. L. 

f. v. L. 
v.L. 

v. L. 

v.L. 

v.L. 

negativ 


Br.-Albumin 

12.,13.,14.VII.18 

it 

it 

M 

it 

a 

a 

a 

8 

La.-Serum 
La.-Globulin 

v. L. 

f.v.L. 

v.L. 

v. L. 

f. v. L. 
v. L. 

v. L. 

negativ 


La.-Albumin 




a 



it 

a 

it 

a 

it 


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Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 345 


6 

Namen 
des Serums, 
dessen Globulins 
und dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle 
d.8erums, 
dessen 
Globulins 
u. dessen 
Albumins 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

1 

Wa.R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 

S5 

Komplement 

Komplement 

Wa.R. 


q. 

q.+*/,p ; 

q 5 

Cb + '/jP 


9 

12.,13.,14.VII.18 

Da.-Serum 

v.L. 

f.v.H. 

f.v.L. 

v.H. 

st. H. 

schwach positiv 


Da.-Globulin 


st. H. 

v.L. 


v. L. 

schwach positiv 


Da.-Albumin 

17 

f. v.L. 

17 

v. L. 

a 

(zweifelhaft) 

negativ 

10 

13.,13.,14.VII.18 
Li.-Serum 

v.L. 

st. H. 

v. L. 

f.v.L. 

f.v.L. 

schwach positiv 


Li.-Globulin 

n 

v. H. 


v.H. 

st. H. 

11 71 


Li.-Albumin 

” 

v. L. 


v. L. 

v. L. 

negativ 

11 

13..13..14.V1I.18 

Ko.-Serum 

v.L. 

v.L. 

v. L. 

v.L. 

v. L. 

negativ 


Ko.-Globulin 


71 



»» 

71 


Ko.-Albumin 

» 

71 

1 

„ 

” 

71 

12 

19.,20.,2l.VII.18 
de G.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

v.L. 

negativ 


de G.-Globulin 




f.v.L. 


11 


de G.-Albumin 


f.v.L. 

17 

jv.L.) 
f. v. L. 


» 

13 

19.,20.,21.VII.18 

Mas.-Serum 

v. L. 

(v.L.) 

v. L. 

v. L. 

(v.L.) 

v. L. 

v.L. 

negativ 


Mas.-Globulin 

f.v.L. 

f.v.L. 


f. v.L. 




Mas.-Albumin 

(v.L.) 
v. L. 

jv.L.) 

1 f. v. L. 


(v.L.) 
f. v. L. 



14 

19.,20.,21.VII.18 
de R.-Serum 

V. L. 

(v.L.) 

v.H. 

v.H. 

(v.L.) 

v.H. 

v.H. 

positiv 


de R.-Globulin 


(schw. L.) 
v. H. 

(schw. L.) 
v.H. 

(Sp. L.) 
v. H. 

(Sp. L.) 
v. H. 



de R.-Albumin 

» 

(Sp.L.) 
v. H. 

(Sp.L.) 
v. H. 

(Sp.L.) 
v. H. 

(Sp.L.) 
v. H. 


15 

19.,20.,21.VII.18 
v. Zw.-Serum 

v. L. 

(schw. L.) 

v.L. 

(schw. L.) 

v. L. 

(schw. L.) 

v. L. 

(schw. L.) 

v. L. 

negativ 


v. Zw.-Globlmn 





» 

17 


v. Zw.-Albumin 




f. V. L. 


77 

16 

19.,20.,21.VJI.18 
v. R.-Serum 

v.L. 

v. L. 

v. L. 

(v. L.) 

v. L. 

v.L. 

negativ 


v. R.-Globulin 






)> 


v. R.-Albumin 


f.v.L. 


f.v. L. 

71 


17 

4., 4., 5. VIII. 18 
v. d. Z.-Serum 

v.L. 

(v.L.) 

v. H. 

v.H. 

(v.L.) 

v.H. 

v.H. 

positiv 


v. d. Z.-Globulin 








v. d.Z.-Albumin 


v.H. 

st. H. 

v.H. 

st. H. 

schwach positiv 




(schw. L.)! 

(f. v. L) 

(schw. L.) 

(v. L.) 




zed by Go. gle 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



346 


G. Kapsenberg, 


1 

c 

Namen 
des Serums, 
dessen Globulins i 

Doppelte 
Kontrolle 
d. Serums, 
dessen 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

Wa.R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 

% ' 

und dessen 
Albumins 

Globulins 
u. dessen 

Komplement 

i Komplement 

Wa.R. 

1 

Albumins 


q.+v f p 

q. 

q.+‘/,p 


18 | 

4.. 4., 19. VIII. 18 
v.d.Z.-Serum 

y. L. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

positiv 

*) 

v.d.Z.-Globulin 

99 

99 

>9 

99 

99 

99 

v.d.Z.-Albumin 







19 

4., 5., 19. VIII. 18 
H. B.-Serum 

y. L. 

f.v.L. 

v. L. 

f. v.L. 

v. L. 

negativ 


H. B.-Globulin 

99 

99 

99 

99 

99 

99 


H. B.-Albumin 



* 




20 

3., 5., 19 VIII. 18 
Vail.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

v.H. 

v.H. 

positiv 


Vall.-Globulin 

99 

v.H. 

f.v.L. 

99 

f.v.H. 

99 


ValL-Albumin 


• 

• 


. 


21 

12., 12., 13. IX. 18 
Be.-Serum 

v.L. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

st. H. 

positiv 

*) 

Be.-Globulin 

»• 

(st.H.) 

(v.L.) 

(st. H.) 
v.H. 

(v.L.) 

99 


Be.-Albumin 

99 


. 

(st. H.) 
f. v. L. 


negativ? 

22 

5., 6., 13. IX. 18 
Go.-Serum 

v. L. 

v. H. 

st. H. 

v.H. 

v.H. 

positiv 


Go.-Globulin 

99 

(Sp. L.) 


v.H. 

(schw. L.) 

99 


Go.-Albumin 

99 



v.H. 

m 

99 

23 

12., 12., 13. IX. 18 
Li.-Serum 

v. L. 

v.L. 

v. L. 

(Sp. L.) 

v. L. 

v.L. 

negativ 


Li.-Globulin 

Li.-Albumin 

99 

99 

• 

• 

99 

99 

• 

99 

99 

24 

18., 19., 27. IX. 18 
| Sm.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

V. H. 

st. H. 

positiv 


Sm.-Globulin 

99 

st.H. 

v. L. 

f.v.H. 

99 

„ (schwach) 


Sm.-Albumin 

99 

v. L. 


f.v.L. | 

v. L. 

negativ 

25 

18.. 19., 27. IX. 18 
Br.-Serum 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Br.-Globulin 

99 


99 

99 

99 

99 


Br.-Albumin 

99 

•1 

99 

99 

99 

99 


1) Bei den Seren ]8—21 wurde das Albumin nicht untersueht. 

2) Bei den Seren 21—24 konnte das Globulin und das Albumin zu- 
falligen Komplementmangels wegen nur mit einem Antigen (2) und die 
Komplementmenge q, untersueht werden. 


Digitized b; 


y Google 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
-CHAMPAIGN - 


Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 347 


o 

fc 

Namen 
des Serums, 
dessen Globulins 
und dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle 
d. Serums, 
dessen 
Globulins 
u. dessen 
Albumins 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

Wa.R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 
WaJR. 

Komplement 

Komplement 


q,+v,p 

q. 

q,+'/,p 




Nicht inaktivierte Seren: 




26., 28., 28. VI. 18 







26 

v. Z.-Serum 

v. L. 

v.L. 

v. L. 

v.L. 

v. L. 

negativ 


v. Z.-Globulin 

n 

f.v.L. 

a 

f.v.L. 

91 

)} 




(v.L.) 


(v.L.) 




v. Z.-Albumin 

t) 

f. v. L. 

a 

f.v.L. 

it 

11 




(v.L.) 


(v.L.) 




26., 28., 28. VI. 18 







27 

Zw.-Serum 

v. L. 

st. H. 

v. L. 

f. v. H. 

st.H. 

schwach positiv 


Zw.-Globulin 

n 

f.v.H. 

f. v. L. 

v.H 

st H. 

positiv 






(Sp. L.) 

(schw. L.) 



Zw.-Albumin 

*» 

f. v. L. 

v. L. 

st. H. 

v.L. 

negativ 




(v.L.) 


(f. v.L.) 




26., 28., 28. VI. 18 







28 

Kn.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


Kn.-Globulin 

t) 

it 

a 

a 

a 

11 


Kn.-Albumin 

n 

a 

a 

a 

it 

11 


26,28., 28. VI. 18 


! 





29 

Bu.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

v.L. 

negativ 


Ba.-Globulin 

yt 

f.v. L. 


f. v. L. 

n 

ty 


Ba.-Albumin 

}) 

» 

a 

it 

it 

11 


27., 28., 28. VI. 18 







30 

v.d.M.-Serum 

v.L. 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


v.d.M.-Globulin 

i* 

a 

»» 

it 

it 

If 


v.d.M.-Albumin 

)9 

a 


it 

ii 

11 


4., 4., 5. VII. 18 







31 

v.d.Z.-Serum 

v. L. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

v.H. 

positiv 


v.d. Z.-Globulin 

tt 

M 

„ 

•t 

11 

11 


v. d. Z.-Albumin 

tt 

V. H. 

1 st. H. 

v.H. 

f v L 

schwach poeitiv 




1 (schw. L.) 

1 (v.L.) 

(schw. L.) 

(v.L.) 

1 


Kontrollen ohne Fehler. 

bulin reagieren, aber der groBere Teil reagiert 
schwacher oderselbstnegativ. Die negative Reaktion 
erhalt man bei Albuminen von Seris, die selbst eine schwache 
Reaktion zeigen. 

Wenn man die einzelnen Ergebnisse der Wassermann- 
Reaktion aufmerksam durchsieht, bemerkt man, dafi das Al¬ 
bumin, selbst wenn seine Reaktion als positiv angegeben werden 
muB, in den Einzelheiten der Reaktion eine Tendenz zeigt> 
schw&chere Resultate zu liefern als das Serum Oder das 
Globulin (siehe No. 1, 2, 6, 31). 


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URBANA-CHAMPAIGN 






348 


G. Kapsenberg, 


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Tabelle XIV. Zusammenfassung. 

Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen 
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt. 


Positive Seren 

(vor der Trennung inaktiviert) 

Negative Seren 

(vor der Trennung inaktiviert) 

6 

fc 

Wa. R. 

Nftmen dem 
Serum 

Wa. R. 
mit 
dem 
Globu¬ 
lin 

Relat. Gehalt 
an Globulin 

Wa.R. 

mit 

dem 

Albu¬ 

min 

o 

fc 

Namen 

Wa.R. 

mit 

dem 

Serum 

Wa. R. 
mit 
dem 
Globu¬ 
lin 

Relat. Gehalt 
an Globulin 

Wa. R. 
mit 
dem 
Albu¬ 
min 

i 

Do. + 

+ 

3 

+ 







2 

En. + 

+ 

2,8 

± 







3 

Ti- |+(±) 

+ 

1,5 

+ 







6 

Va. + 

+ 

0,8 

± 

4 

To. 



0,5 

_ 


1 




5 

Ma. 


— 

0,6 

_ 






7 

Br. 

— 


0,4 

— 

9 

Da. 1 ± 

±? 

1,6 

— 

8 

La. 

- . 

_ 

1 


10 

Li. | ± 

+ (±) 

1,2 

— 

11 

Ko. 

— 

— 

1 

_ 

14 

de R. 1 4 - 

+ 

1 

+ 

12 

de G. 


_ 

0.7 

_ ' 






13 

Mas. 


— 

0,7 

_ 






15 

v. Zw. 

— 

_ 

l )2 

_ 






10 

v. R. 

— 

— 

1 

— 

17 

v.d.Z. + 

+ 

" 

+ 







18 

v. d. Z. | + 

+ 

1 


19 

H. B. 



0,8 


20 

Vail. + 

4- 

1 

* 







21 

Be. [ + 

+ 

0.9 

_ 9 

23 

Li. 


_ 

1,2 


22 

Go. + 

+ 

1,8 

+ 







24 

Sm. 1 4 - 

+ (±) 

1,2 


25 

Br. 

— 

_ 

1 

— 

Positive Seren (aktiv getrennt) 

Negative 

Seren (aktiv getrei 

int) 

27 

Zw. 1 4- 

+ 


— 

26 

v.Z. 

_ 









28 

Kn. 

_ 



* 






29 

Ba. 

_ 




_ 





30 

v. d. M. 

— 

~ 1 


— 

31 

v. d. Z. 1 4 - 

+ 


+ | 

1 


Die Versuche mit negativen Seris beweisen ohne Zweifel, 
. daB ihre Globuline keine Wassermann-Reaktion geben; 
‘ dasselbe ist mit ihren Albuminen der Fall. 

Obwohl die Zahl der Sera, welche, ohne vorher inaktiviert 
gewesen zu sein, ausgefallt wurden, klein ist, scheinen mir doch 
die Resultate dieselben, ob man mit Globulinen und Albuminen 
aus aktiven oder vor der Fallung inaktivierten Seris arbeitet. 

Es wurde unter anderen von Noguchi nachgewiesen, 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 349 


daB die Globulinmenge in einem syphilitischen Serum groBer 
ist als in einem normalen. Obwohl eine derartige Ver- 
mehrung des Globulins auch bei einer Reihe von anderen 
Infektionskrankheiten beobachtet werden kann, konnte man 
dennoch annehmen, daB der besondere Charakter des Globulins 
eines positiven Serums davon abhange, daB sich in diesem 
Serum eine grSBere Menge Globulins finde. 

Freilich haben die Versuche mit Globulin, daB durch 
Dialyse allein gewonnen wurde, schon bewiesen, daB eine 
kleine Globulinmenge geniigt, urn eine deutliche Reaktion 
hervorzurufen. Urn dennoch dieses Resultat besser zu stiitzen, 
stellte ich mit den meisten Globulinen noch eine Esbach- 
Probe an nach der beschriebenen Methode. Die Werte, die 
sich bei diesen Proben ergaben, stehen in der Tabelle XIV. 
Sie lassen deutlich erkennen, daB der Globulingehalt eines 
positiven Serums im allgemeinen hbher ist als der eines 
negativen Serums, aber daB es dennoch negative Sera gibt, 
die eine Menge Globulin haben, die jene der positiven Sera 
flbersteigt (de R. und v. Zw., Be. und Li.). 

Alle diese Betrachtungen zusaramen erlauben den SchluB, 
daB das Globulin eines positiven Serums sicher ganz be¬ 
sondere Eigentumlichkeiten besitzt. 

Die Resultate, die sich bei der Trennung durch die 
Methode von Denis-Hammersten ergaben, konnten zu der 
SchluBfolgerung AnlaB geben, daB die Albumine, vor allem 
die aus Seris mit stark positivem Wassermann, auch zu dieser 
Reaktion Veranlassung geben konnten, obwohl die Globuline 
der Hauptfaktor der Reaktion waren. 

Dennoch erschien mir eine derartige Deutung nicht richtig. 
Ungeachtet der Tatsache, daB die Methode von Denis- 
Hammersten als vollstandig ausreichend gilt, mit Sicherheit 
das ganze Serumglobulin auszufallen, hatte ich Grund, daran 
zu zweifeln. 

Es kam tatsachlich nicht selten vor, daB das Albumin 
nach der Dialyse, um das MgS0 4 zu entfernen, eine kleine 
Menge Globulin enthielt, die durch Zentrifugieren entfernt 
werden konnte. 

Hammersten machte seine Versuche fast ausschlieBlich 
mit Rinderserum, und es ist von Interesse, zu konstatieren — 


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350 


G. Kapsenberg, 


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wie er selbst in einer seiner Originalarbeiten bemerkt — 
daB die Methode mit diesein Serum nicht i miner so gute 
Resultate gibt, und daB das Albumin oft noch eine 
Spur Globulin enthalt, die sich vor allem durch 
die Dialyse nachweisen laBt. Ebenso fiigt er hinzu, 
daB die Methode weniger befriedigend bei Pferdeserum ist. 

Warum sollte das nicht auch mit dem Menschenserum 
der Fall sein? Es schien mir also notwendig, der Frage 
noch weiter nachzugehen, da das Problem des Albumins mir 
noch nicht gelbst erschien; es hatte ja tatsachlich sein. konnen, 
daB die positive Reaktion von seiten des Albumins nur die 
Folge der mehr minder groBen Menge von Globulin sei, die 
es noch enthalt 

Ich schritt daher zu weiteren Untersuchungen, indem ich 
mich der Failungsmethode mit Hilfe von Ammo- 
niumsulfat bediente. 

c) Trennung durch Ammoniumsulfat. 

Zu 1 ccm Serum fiigte ich 1 ccm einer [(NIIJiSOJ-Losung, 
die heiB gesattigt und dann in der Kaite auskristallisiert war. 

Die trttbe Mischung wird wahrend einer halben Stunde 
bei Zimmertemperatur belassen, dann lange Zeit hindurch 
zentrifugiert. Das Globulin und das Albumin werden ge- 
trennt, dialysiert und auf dieselbe Art behandelt, wie ich es 
vorhin bei der Failung mit Hilfe von MgS0 4 beschrieben habe. 

Die Resultate der Untersuchungen, fiir welche ausschlieB- 
lich inaktivierte Seren benutzt wurden, waren sehr uberein- 
stimmend; genau so, wie mit MgSO., zeigten die Produkte 
nicht die mindeste antikomplementare Wirkung (s. Tabelle XV 
und XVI). 

Was die positlven Sera betrifft, so zeigt sich mit 
vollstandiger Sicherheit, daB das Globulin die einzige Sub- 
stanz ist, die die Wassermannsche Reaktion hervorruft. 
Das vollstandig vom Globulin befreite Albumin 
reagiert ganz und gar negativ, selbst wenn es 
a us Seris stammt, die eine stark positive Re¬ 
aktion geben. 

Deutlich tritt in dieser Versuchsreihe die Ueberlegenheit 
der Failung mit Ammoniumsulfat ans Licht. Dieses geht 


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Untersuchungen viber die Bedeutung der Globuline ubw. 351 
Tabelle XV. 

Die Daten der zweiten Kolonne geben jedesmal an: 1. den Tag der 
Venenpunktion, 2. den Tag der Inaktivierung, B. den Tag, an dem die 
WaR. ausgefiihrt wurde. — Der Ueberaichtlichkeit wegen sind die An- 
weisungen zwischen Klammem fortgelassen. 


1 

6 

Namen 
des Serums, 
dessen Globulins 
and dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle 
d.Serums, 
dessen 
Globulins 
u. dessen 
Albumins 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

Wa R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 
Wa.R. 

Kompl 

q. 

lement 

q.+y,p| 

Komplement 

q, |q.+*/.p 

1 

19., 19., 20. IX. 18 







1 j 

Sm.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

f. v. H. 

st. H. 

positiy 


Sm.-Globulin 


v. H. 

y. H. 

y. H. 

v. H. 



Sm.-Albumin 

» 

v. L. ‘ 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


18.,19.,20.IX.18 







2 

Ko.-Serum 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


Ko.-Globulin 



it 





Ko.-Albumin 

jy 

11 

91 

11 

ii 

11 


19., 19., 20. IX. 18 







3 

DeN.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


DeN.-Globulin 








DeN .-Albumin 

11 

91 

11 

11 

» 

»» 

I 

19., 19., 20. IX. 18 







4 

v. W.-Serum 

y. L. 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


v. W.-Globulin 




f. y. L. 

,, 



v. VV.-Albumin 

»» 

11 

ii 

y. L. 

11 

11 


18.,19.,27.IX. 18 







5 

St.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

st. H. 

v. H. 

st. H. 

positiv 


8t.-Globulin 


y. H. 

st. H. 


f. v. H. 



8t.-Albumin 


v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


18., 19, 27. IX. 18 







6 

Br.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


Br.-Globulin 






11 


Br.-Albumin 

11 

f. v. L. 

ii 

f. v. L. 

91 

11 


18,19,27. IX. 18 


• 





V I Hley.-Serum 

v. L. 

f. y. H. 

st. H. 

f. y. H. 

if. v. H. 

positiv 


Bley.-Globulin 


v. H. 

f. y. H. 

v. H. 

st. H. 



1 Bley.-Albumin 


y. *L. 

v.- L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


19,19.. 27. IX. 18 







8 

Vi.-Serum 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

f. y. L. 

v. L. 

negativ 


Vi.-Globulin 


f. y. H. 

st. H. 

f. v. H. 

st. H. 

positiy 


Vi.-Albumin 

» 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


2, 3, 4. X. 18 






* 

9 

Lou.-Serum 

v. L. 

f. V. H. 

st. H. 

f. V. H. 

f. y. L. 

positiv 


Lou.-Globulin 


y. H. 


v. H. 

st. H. 



Lou.-Albumin 

» 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

negativ 


2, 3, 4. X. 18 

i 






10 

Kell.-Serum 

v. L. 

y. H. 

y. H. 

y. H. 

v. H. 

positiv 


Kell.-Globulin 








1 Kell.-Albumin 

11 

1 V. L. 

v. L. 

1 v. JL. 

v. L. 

negativ 


Digitized by Google 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 






352 


G. Kapsenberg, 


Digitized by 


6 

Namen 
dea Serums, 
dessen Globulins 
und dessen 
Albumins 

Doppelte 
Kontrolle 
d.Serums, 
dessen 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

Wa.R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 
Wa.R. 

55 

Globulins 
u. dessen 
Albumins 

Komplement 

q. |q.+V,p- 

Komplement 

q, |q,+'/tP- 

11 

2. 3., 4. X. 18 
Log.-Serum 

v. L. 

v. H. 

V. H. 

V. H. 

V. H. 

positiv 


Log.-Globulin 


ff 

>> 


ff 

1) 


Log.-Albumin 


v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negati v 

12 

2., 3., 4. X. 18 
Rob.-Serum 

v. L. 

V. H. 

v. H. 

V. H. 

v. H. 

positiv 


Rob.-Globulin 



ff 

»» 

ff 

ff 


Rob.-Albumin 

»> 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negati v 

13 

2., 3., 4. X. 18 
Ros.- Serum 

v. L. 

st. H. 

v. L. 

f. v. L. 

f. V. L. 

schwaeh positir 


llos.-Globulin 



f. V. L. 

st. H. 

st. H. 

ff ff 


Ros.-Albumin 

it 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negati v 

14 

2., 3., 4. X. 18 
Cr.-Serum 

V. L. 

f. v. L. 

v. L. 

f. V. L. 

v. L. 

negativ 


Cr.-Globulin 


st. H. 

f. v. L. 

st. H. 

st. H. 

schwach positiv 


Cr.-Albumin 

ff 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 

15 

9., 10., 11. X. 18 
H.-Serum 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

V. H. 

v. H. 

positiv 


H,-Globulin 

„ 

v. L. 


ff 

ff 

» 


H, -Albumin 

„ 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

16 

9., 10., 11. X. 18 
Ste.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v L. 

negativ 


Ste.-Globulin 


f. v. H. 

st. H. 

v. H. 

st. H. 

positiv 


Ste.-Albumin 

yj 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

17 

9., 10., 11. X. 18 
H.-Serum 

v. L. 

V. L. 

v. L. 

f. V. L. 

v. L. 

negativ 


H 2 -Globulin 


f. v. L. 

ff 

ff 

ff 



H 3 -Albumin 


v. L. 

1) 

v. L. 

ff 

•J 

18 

9., 10., 11. X. 18 
v. d. W.-Serum 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

V. H. 

positiv 


v. d. W.-Glob. 



ff 

„ 

ff 

ff 


v. d. W.-Alb. 

ff 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

19 

9., 10., 11. X. 18 
v. d. P.-Ser. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

negativ 


v. d. P.-Glob. 


st. H. 

„ 

st. H. 

f. v. L. 

schwach positiv 


v. d. P.-Alb. 


v. L. 

» 

v. L. 

v. L. 

(zwei felhaft) 
negativ 

20 

9., 10., 11. X. 18 
Em.-Serum 

V. L. 

V. H. 


v. H. 

V. H. 

positiv 


Em.-Globulin 

f. v. L. 







Em.-Albumin 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 







Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 353 



Namen 

Doppelte 

Kontrolle 

Wa.R. 

WaJEt. 


6 

}2; 

des Serums, 
dessen Globulins 

d. Serums, 
dessen 

mit Antigen No.l 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 
Wa.R. 


und dessen 
Albumins 

Globulins 
u. dessen 

{Complement 

Komplement 



Albumins 

q. 

q,+7,p- 

q. 

q.+7,p- 



16., 17., 18. X. 18 







21 

Kl.-Serum 

y. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

V. H. 

positiv 


Kl.-GJobulin 

if 

ft 

>» 

tt 

tt 

» 


Kl.-Albumin 

it 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


A mm. sulf. 







(Kl.Alb.Mg.sulf. 
14., 16., 18.X. 18 

» 

st H. 

st. H. 

y. H. 

f. V. H. 

positiv) 

22 

Bi.-Serum 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

f. v. H. 

positiv 

>• 


Bi.-Globulin 

f. v. L. 

ft 

f. v. H. 

tt 

it 


Bi.-Albumin 

15., 16., 18.X. 18 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L 

v. L. 

negativ 

23 

Hg-Serum 

v. L. 

st. H. 

f. v. L. 

f. V. L. 

v. L. 

schwach positiv 
(zweifeihaft) 






st. H. 



Hg-Globulin 

ff 

>1 

tt 

it 

schwach positiv 
(zweifeihaft) 


H 8 -Albumin 

16., 17., 18. X. 18 

ff 

v. L. 

y. L. 

v. L. 

ff 

negativ 

24 

Hu.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Hu.-Globulin 

a 

st. H. 

f. v. L. 

st. H. 

f. V. L. 

schwach positiv 


Hu.-Albumin 

15., 16., 18. X. 18 

fi 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

25 

H,-Serum 

v. L. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

v. H. 

positiv 


Hj-Globulin 

ff 

tt 

tt 

tt 

a 



H^Albumin 

15., 16., 18. X. 18 

ff 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

V. L. 

negativ 

26 

H.-Serum 

v. L. 

f. v. H. 

f. v. H. 

V. H. 

f. v. H. 

positiv 


Hg-Globulin 

V 

v. H. 

11 

tt 

f» 

tt 


Hg-Albumin 

2., 2., 3. I. 19 

ff 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 

27 

Cr.-Serum 

v.L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Cr.-Globulin 

ff 

tt 

tt 

tt 

tt 

ft 


Cr.-Albumin 

2., 2., 3. L, 19 

ff 

tt 

tt 

tt 

a 

ft 

28 

v. W.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


v. W.-Globulin 

ff 

» 

tt 

tt 

a 

if 


v. W.-Albumin 

2.. 2. 3. L 19 

ff 

u 

tt 

tt 

tt 

it 

29 

O.-Serum 

y. L. 

v. L. 

v. L. 

! v. L. 

v. L. 

negativ 

'> 

O.-Globulin 

2., 2., 3. L 19 

ft 


tt 

tt 

tt 

a 

30 

Ms.-Senim 

Ms.-Globulin 

v. L. 

1* 

v. L. 

•• 

v. L. 

1 v. L. 

tt 

v. L. 

•• 

negativ 


1) Bei den Seren 29 bis einschliefilich 34 wurde nur das Serum und 
dessen Globulin gepriift (siehe p. 364). 


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Original from 

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URBANA-CHAMPAIGN 




364 


G. Kapsenberg, 


Digitized by 


6 

Namen 
des Serums, 
dessen Globulins 

Doppelte 

Kontrolle 

d.8erums, 

dessen 

Wa.R. 

mit Antigen No. 1 

Wa_R. 

mit Antigen No. 2 

Deutung der 
Wa-R, 

und dessen 
Albumins 

Globulins 
u. dessen 
Albumins 

Komp 

q. 

lement 

q.+7,p- 

Eomplement 

q. |q*+7 t p. 

31 

2., 2., 3. L 19 
Pn.-Serum 

y. L. 

v. L. 

'v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Pn.-Globulin 


ff 

ff 

ff 

ft 

ft 

32 

2., 2., 3. L 19 
Rh.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Rh.-Globulin 

If 

f. v. H. 

st. H. 

st. H. 

st. H. 

positiv 

33 

2., 2., 3. I. 19 
Gn.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Gn.-Globulin 

tf 

•f 

ff 

tf 

ft 

ft 

34 

2., 2.. 3. I. 19 
Bl.-Serum 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

negativ 


Bl.-Globulin 

tf 

ff 

ff 

ft 

tf 

ft 


Kontrollen 

ohne Fehler. 






besonders auch hervor aus dem Serum Kl. (21 Tabelle XV 
und XVI). Dieses wurde zu gleicherZeit getrennt mit 
Magnesium- und mit Ammoniumsulfat. Nur letzteres Salz 
erzeugt ein vollst&ndig negatives Albumin. 

Man kflnnte einwenden, daB die Spur Albumin, die noch, 
nachdem der groBte Teil abgesaugt worden war, im Globulin 
zurflckgeblieben ist, einigen Einflufi auf die Wassermann- 
sche Reaktion ausiiben konnte. 

Der folgende Versuch beweist, daB das nicht der Fall ist. 

Protokoll 10. 

Die Sera W., d. W. und H., durch Venenpunktion erhalten am 
2. IV. 1919 und noch denselben Tag inaktiviert, wurden, jedea in der ab- 
gemesseneu Do»is von 1 ccm auf die sehon beschriebene Art bchandelt 
mit 1 ccm der gesattigten Ammonsulfatlosung und bis zur vollstiindigen 
Sedimentierung des Globulins zentrifugiert. Das Albumin wurde sorg- 
faltig abgesaugt und weggetan. Die Zentrifugenrohrchen mit dem Glo- 
bulinsediment wurden wieder angefullt mit einer halbgesattigten Ammon- 
sulfatlosung und so wie Erythrocyten gewaschen; dies wurde 3fach wieder- 
holt. Infolge der langen Dauer der Zentrifugation war ich gezwungen, 
das Globulin mit der Losung zusammen wahrend der Nacht im Eisschrank 
zu belassen ‘). 

1) Es gelang nicht, die Waschfliissigkeit ganz vom suspendierten 
Globulin zu befreien: eine leichte Opaleszenz blieb noch zuriick. 



Original froth 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Untersuchungen liber die Bedeutung der Globuline ubw. 355 


Tabelle XVI. Zusammenfassung. 

Die in den horizontalen Spalten zusammengestellten Untersuchungen 
wurden jedesmal zu gleicher Zeit angestellt. 


Positive Seren 

Negative Seren 

6 

fc 

Namen 

Wa.R. 

mit 

dem 

Serum 

Wa.R. 

mit 

dem 

Glo¬ 

bulin 

Relat. Gehalt 
an Globulin 

Wa. R. 
mit dem 
Albu¬ 
min 

6 

Namen 

\Va.R. 

mit 

dem 

8erum 

Wa.R. 

mit 

dem 

Glo¬ 

bulin 

Relat. Gehalt 
an Globulin 

Wa. R. 
mit dem 
Albu¬ 
min 

i 


n 

■I 

m 


R 

Ko. 

_ 

_ 









3 

DeN. 

— 

— 


— 




11 

1 


K3 

v. W. 

— 

— 

• 

— 

5 

St. 

+ 

n 

BP 


6 

Br. 


— 

1,4 

_ 

7 

Ble. 

+ 

H 

m 


8 

Vi. 


+ 

1.2 

— 

9 

Lou. 

+ 


EH 

_ 

14 

Cr. 

■ 

± 

1,0 

_ 

10 

KelL 

+ 

+ 

1.0 

— 






11 

Log. 

+ 

+ 


— 



HI 




12 


+ 

+ 


— 



mm 




13 

Ros. 

± 

± 

1,5 

— 



US 




15 

H, 



|T1 

_ 

16 

Ste. 

— 

+ 

1,0 

— 

18 

v. d. W. 



m 

— 

17 

H, 

— 

— 

0,9 

— 

20 

Em. 



m 

— 

19 

v. d. P. 

— 

±? 

1.4 

— 

21 

Kl. 

+ 

+ 

m 


24 

Hu. 

— 

db 

1,6 

— 












22 

Bi. 

+ 

+ 

1,2 

— 

' 






23 

H, 

± (-) 

i ( — ) 

1,0 

— 

27 

Cr. 

— 

— 

1,5 

— 

25 

H, 

+ 

+ 

1.2 

— 

28 

v. \V. 

— 

— 

1,3 

— 

26 

H 

+ 

+ 

1,2 

— 

29 

0. 

— 

— 

1,4 








oK) 

MS. 

— 


1 ,0 








31 

Pn. 

— 

— 

1,3 








32 

Rh. 

— 

+ 

1,2 








33 

Gn. 

— 

— 

1,7? 








34 

Bl. 

— 

— 

1,3 



Am 3. IV. 19 wurde das Globulinsediment in destilliertem Wasser 
aufgelost und wahrend 24 Stunden dialysiert. Die Globulinlosungen, 
die trfibe gewQrden sind, wurden verdiinnt und isotonisiert, und man 
stellte mit ihnen den VVassermann an (zu gleicher Zeit mit anderen Seren), 
wie fn den vorhergehenden Versuchen. 

Das Resultat war dasselbe, namlich folgendermaBen: 

Besultat der Wassermannschen Keaktion: 

Namen Wassermann 
w / Serum negativ 

' \ Globulin „ 

A w ) Serum positiv 

w i Globulin 

tt I Serum „ 

\ Globulin 


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URBANA-CHAMPAIGN 





































356 


O. Kapsenberg, 


Digitized by 


Wenn man in der Tabelle XV die Einzelheiten der ver- 
schiedenen Wassermannreaktionen genauer studiert und unter- 
einander vergleicht, kann man ohne Miihe beobachten, daB das 
Globulin die Tendenz hat, bisweilen eine Reaktion von groBerer 
Intensitat zu geben als das vollst&ndige Serum. (Siehe No. 1, 

5, 7, 9, 13, 26.) Man kann dieselbe Tatsache in gewissem 
Grade auch bei den Globulinen beobachten, die mit MgSO., aus- 
gefallt worden waren. 

ZunOchst hielt ich es fflr mOglich, daB das die Folge 
dessen sein konnte, daB das isolierte Globulin die Fahigkeit 
hatte, starker zu reagieren als das komplette Serum. Es 
konnte moglich sein, daB das Globulin seine verstarkte Fahig¬ 
keit zur Komplementablenkung infolge des Verschwindens 
einer antagonistisch wirkenden Substanz erhalten haben kOnnte 
(als Folge der Ausfailung und Trennung allein, oder als Folge 
der Dialyse). Friedemann 1 ), der das namliche Verhalten 
des Globulins beobachtete, ist der Meinung, daB es das Albu¬ 
min ist das im Serum die Wirkung des Globulins herabsetzt. 

Ich fhr meinen Teil bin der Ansicht, daB angenommen fur 
einen Augenblick, daB eine antagonistisch wirkende Substanz 
tatsachlich die Ursache ist, das Albumin diese Rolle in dem 
ProzeB nicht spielt, denn wie sollte es denn moglich sein, daB, 
wie die Untersuchungen mit der Fallung mit Hilfe von MgSO* 
deutlich gezeigt haben, das Albumin, welches noch eine sehr 
kleine Menge Globulin enthait, eine deutlich positive Wasser- 
mannreaktion zeigen kann? 

Die Frage, inwieweit sich die Wassermannsche Re¬ 
aktion des Globulins quantitativ zu der des Serums verhait, 
die nicht des Interesses entbehrt, regte mich zu weiteren Unter¬ 
suchungen an. Zu diesem Zwecke verglich ich die durch eine 
bestimmte Menge Serum hervorgerufener Wassermannreaktion 
und die durch die Globulinmenge, die diese Menge des 
Serums enthielt, ausgeloste. 

Ich nahm also 2 gleiche Dosen desselben Serums. Die 
eine verwandte ich dazu, um eine Verdunnungsreihe mit dem 
vollstSndigen Serum darzustellen, die andere, um die Ge- 
samtmenge seines Globulins zu erhalten, und sie nach der 

1) 1. c. . V 

• •» 



Original from 5 

UNIVERSITY OF ILLINOISiAT 
URBANA-CHAMPAIGM 



Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 357 

Dialyse in einer Verdfinnungsreihe, die genau jener des voll- 
st&ndigen Serums gleich war, zu priifen. 

Um die Vorstellung und das Verstandnis der Technik 
dieser Versuche und, der Kurven, die ihre Resultate ent- 
halten, zu erleichtern, geniigt es, einen einzigen Versuch als 
Beispiel ausfiihrlich wiederzugeben. Dazu wahle ich jenen 
Versuch, von dem die Kurven No. 8 und 9 stammen. 

Protokoll 11. 

Die Sera Zo. und De. durch Venenpunktion den 2. VII. 19 ge- 
wonnen, am selben Tag inaktiviert, wurden am 3. VII. mit der gesattigten 
Ammonsulfatlosung behandelt. Das Serum Zo., von dem nur eine be- 
schrankte Menge zu Gebote stand, wurde (ausnahmsweise) in der Menge 
von 0,6 ccm verwendet, in ein Zentrifugenrohrchen gegeben, und 0,6 ccm 
des Ammonsulfats hinzugefiigt. Was das Serum Da. betrifit, so wurde, wie 
bei den anderen Sera dieser Versuchsreihe, mit der Menge von 1,2 ccm 
Serum und 1,2 ccm Ammonsulfatlosung gearbeitet. 

(Wenn man etwas grofiere Mengen verwendet, vermindert man natiir- 
lich relativ die Substanzverluste, verursacht durch die notwendigen Mani- 
pulationen bei diesen Versuchen). 

Die Rohrchen wurden wahrend einer halben Stunde bei Zimmer- 
temperatur stchen gelassen und dann stark zentrifugiert, wahrend mindestens 
einer halben Stunde. 

Das Globulin war gegen das Albumin, das vollstandig klar geworden 
war, mit einer scharfen Trennungslinie abgesetzt Dieses wurde ganz mit 
einer fein ausgezogenen Pasteurpipette abgesaugt. Das Globulin wurde mit 
etwas destilliertem Wasser verdiinnt und in den Dialysator gegeben. Die 
Zentrifugenrohrchen wurden mit einer kleinen Menge Wassers dreifach 
nachgespiilt, und das Spiilwasser gleichfalls in den Dialysator gefullt. 

Fiir das Albumin und das Globulin des Serums Zo. wurde ein Dia¬ 
lysator vom Durchmesser von 2,5 cm verwendet, fiir das Serum De. ein 
solcher von 4 cm. 

Die Dialyse wurde wahrend 27‘/, Stunden gegen flieflendes Wasser 
angestellt. Nach dieser Zeit waren die Globulinlosungen stark triib ge¬ 
worden und es war ein deutlich erkennbarer flockiger Niederschlag entstandeu. 

Das Globulin wurde in kleine, graduierte Mefizylinder gegeben, die 
Dialysatoren mit destilliertem Wasser ausgespult und das Spiilwasser hin- 
zugefiigt. 

Beim Serum Zo. wurde das Volum auf 3 ccm aufgefiillt und beim 
Serum De. auf 6 ccm. Dasselbe geschah mit den Albuminen. Darauf 
fugte man die notigen Mengen trockenen Kochsalzes hinzu, um zu iso- 
tonisieren. Die kompletten Sera wurden auf die gleiche Weise verdiinnt, 
aber mit physiologischer Kochsalzlosung. Um die Fehlerquellen moglichst 
zu vermindern, wurde Sorge getragen, fiir alle Substanzen die gleichen 
Gefafle und Pipetten zu gebrauchen. 

ZelUcKr. f. IininamtSuforschung. Ortg. Bd. 31. 24 


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URBANA-CHAMPAIGN 



358 


G. Kapaenberg, 


Der Vorverauch ergibt, dafl p kleiner ist ala 0,2, aber grofler al8 0,1, 
wahrend q genau = 0,2 ccm iat. Mao nimmt fur p 0,2 ccm, ao dafl 
q + ’/* P = 0,3 betragt. In die Rohrchen gibt man 0,5 dea verdiinnten 
Antigens (ein alkoholiacher Extrakt dea Pulvera einea Ochaenhcrzens, wie 
gewQhnlich hergeatellt, von einer aehr guten VVirkaamkeit), dann absteigende 
Mengen der Serum- und Globulinloaung, und gleiche Dosen dea Kom- 
plementa, namlich q = 0,2. 

Alle Rohrchen wurden auf ein Volum von 2,5 ccm aufgefiillt. Mit 
den Albuminen macht man die gewohnliche Waasermann-Reaktion, fiir 
dieaen Verauch natiirlich allein mit einem Antigen. 

Die Resultate sind in der Tabelle XVII wiedergegeben, 
die nur die Serum- und Globulinmengen angibt, um die es 
sich handelt. 

Tabelle XVII. 


Namen 

Doppelte 
Kontrolle der 
Seren und 
deren Glo- 
buline(lccm) 

Mengen dea voll8tandigen Serums, bzw. dea 
Globuiina, 1:5 verdiinnt oder entsprechend 
verdiinnt. 

0.3 

O 

0,1 

0,05 

0,025 

0.0125 

0,006 

Zo.-Serum 

v. L. 

v. H. 

V. H. 

v.H. 

v. H. 

f. v. H. 

at. H. 

at. H. 

Zo.-Globulin 

»> 

yy 

yy 

yy 

»» 

at. H. 

Hchw. H. 

achw. H. 

De.-Serum 

yy 

yy 

yy 

yy 

yy 

v. H. 

f. v. H. 

f. v. H. 

De.-Globulin 

yy 

yy 

» 

yy 

yy 


at. H. 

schw. H. 


Waaaermannsche Reaktion mit den Albuminen 


Namen 

Doppelte Kon¬ 
trolle der 
Albumine(lccm) 

Komplement 

0,2 (q) 

I 0.3 (q + >/j p) 

Zo. 

v. L. 

v. L. 

v. L. 

De. 

yy 

yy 



Kontrollen ohne Fehler. 


Man erkennt ohne weiteres die fast vollst&ndige Ueber- 
einstimmung der Reaktion, hervorgerufen mit dem Serum und 
dem Globulin. Dennoch bestelit eine leichte Differenz in der 
Intensitat, in dem Sinne, daB das Globulin etwas schwacher 
reagiert als das komplette Serum. Ich werde spater auf die 
raoglic.he Erklarung dieses Phanomens zuruckkommen. 

Diese Versuche wurden mit 12 Seris angestellt. Bei 3 Seris 
wurde zugleich geprilft, ob das Albumin vollstandig negativ 
reagierte, um zu zeigen, das wirklich alles Globulin nieder- 
geschlagen war. Die Endresultate zeigen die Kurven 1 bis 12. 


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URBANArCHAMEAlGN. _ 








Kurve 11. Serum de Vr. 


Kurve 12. Serum v. d. M. 


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URBANA-CHAMPAI6N 


Untersuchungen fiber die Bedeutung der Globuline usw. 361 


Erkl&rung der Kurven 1 bis 12. 

Die nicht unterbrochene Linie zeigt die Wassermannsche Reaktion 
des vollstiindigen SerumB. 

Die unterbrochene Linie zeigt die Wasserman nsche Reaktion des 
zugehorigen GlQbuline. 

Wenn die Linien einander iiberdecken, ist nur die nicht unterbrochene 
Linie angegeben. 


No. 

Namen 

Datum der Venenpunktion, 
der lnaktivierung und 
der Ausf. der Wa.R. 

Wie lange dialysiert 

1 

v. H. 

9., 9., 11. IV. 19 

24 Stunden 

2 

Du. 

15., 16., 17. IV. 19 

24 

3 

Mu. 

16., 16., 17. IV. 19 

24 

4 

T.-V. 

7., 8., 9. IV. 19 

24 

5 

Ko. 

28., 28., 30. IV. 19 

25„ 


6 

7 

8 
9 

10 

11 

12 


(das Globulin zeigte sich in 


Na. 

Nie. 


26., 26., 27. V. 
26., 26., 27. VI. 


19 

19 


24 Stunden 
24 


(das Serum war in der doppelten Kontrolle etwas selbsthemmend) 


Zo. 


2., 2., 4. VII. 19 


27V, Stunden 


(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ) 

De. | 2., 2., 4. VII. 19 [ 27)/, Stunden 

(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ) 

Zw. | 16., 17., 18. VII. 19 25 Stunden 

(das mituntersuchte Albumin war vollig negativ) 
de Vr. I 24., 25., 26. VII. 19 26 Stunden 

v. d. M. 24., 25., 26. VII. 19 26 


Diese sind derart zusarnmengestellt, daC auf der Abszisse die 
Serum- oder Globulindosen angegeben sind, immer in ccm der 
L6sung 1:5 des Serums bzw. der entsprechenden Globulinlbsung. 
Auf der Ordinate sind die Hamolysegrade aufgezeichnet, die 
ich stets unmittelbar nach Beendigung der Wassermann- 
schen Reaktion feststellte, indem ich die Rohrchen, von denen 
das eine die angegebene Serummenge, das andere die ent- 
sprechend dosierte Globulinmenge enthielt, genau verglich. Ob- 
wohl diese Methode etwas subjektiv ist, so geniigt sie doch 
vollst&ndig, da es sich nicht um absolute Werte handelt, 
sondern nur urn relative. 


Fur die Bezeichnung bediente ich mich (wie uberhaupt fur die in 
dieser Arbeit gebrauchten Bezeichnungen) folgenden Schemas: 

Vollige Hemmung (v. H.) 

Fast vollige Hemmung (f. v. H.): die Blutkorperchensuspension ist 
ein wenig transparant geworden, aber kaum erkennbar. 

Starke Hemmung (st. H.): das heifit, es gibt eine gut erkennbare 
Transparenz, aber noch deutlieh getrubt. 


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362 


G. Kapsenberg, 


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Schwache Hemmung (schw. H.): die Transparenz ist sehr deutlich, 
aber dennoch leicht verschleiert. 

Fast vollstandige Lbsung (f. v. L.): nur wenn man dieses Rohrchen 
mit einem andern vergleicht, in dem die Hamolyse komplett ist, bemerkt 
man noch eine leichte Opaleszenz. 

Vollstandige Loeung (v. L.). 

Es ist selbstverstSndlich, daB diese Kurven keinerlei 
mathematischen Wert beanspruchen. 

Man kann auf den ersten Blick konstatieren, daB die 
durch das Globulin hervorgerufene Reaktion regelm&fiig immer 
von einer etwas geringeren Intensit&t ist, als die durch das 
vollstandige Serum bewirkte. Es ist nur eine Ausnahme, 
namlich in No. 5 der Kurven, wo die Serum- und Globulin- 
reaktion vollig parallel gehen. Es ist wahrscheinlich, daB 
das rein zufailig ist und durch eine antikomplementare 
Wirkung dieses Globulins begunstigt ist, wie dies auch die 
doppelte Kontrolle des Globulins zeigte, die nicht genugend 
hamolysiert war. Mit der Uebung in diesen Versuchen und 
indem ich alle Fehler der Technik, soweit als rabglich aus- 
merzte und verringerte, gelang es mir schlieBlich, Resultate 
zu erhalten (siehe besonders die Kurve No. 8—12) die be- 
weisen, daB das Verhaltnis zwischen der Globulin- und der 
vollstandigen Serumreaktion recht enge ist, und ich glaube 
aus diesen Versuchen schlieBen zu diirfen, daB das Glo¬ 
bulin vom Serum getrennt, mit derselben I n - 
tensitat reagiert, wie das komplette Serum. 

Die leichte Differenz, die trotz des moglichst genauen 
Arbeitens nicht vollstandig ausgeschaltet werden konnte, kann 
meiner Meinung nach sehr wohl den unvermeidlichen kleinen 
Verlusten an Globulin, infolge des Dialyseverfahrens zu- 
gerechnet werden. Das Globulin muB ja dreimal in ein 
anderes GefaB gegeben werden (ZentrifugierrOhrchen, Dialy- 
sator, MeBzylinder). 

Dies erscheint mir desto wahrscheinlicher, da es sich 
auch in den friiher erwahnten Versuchen mit Magnesium- 
sulfat gezeigt hat, daB eine winzige Menge eines positiven 
Globulins noch imstande ist, eine deutliche Reaktion hervor- 
zurufen und daB infolgedessen auch ein geringfugiger Verlust 
an Globulin die Intensitat der Reaktion deutlich beeinflussen 
muB. 


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Untereuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 363 


Wenn dies so ist, so muB man die Tatsache ins Auge 
fassen, daB in den Versuchen, in denen man die Wasser- 
mannreaktion mit den Globulindosen in Uebereinstimmung 
mit den gebrauchlichen Serummengen anstellt, man oft 
beobachten konnte, daB das Globulin etwas starker reagierte. 
als das Serum. Wie soli man diesen Widerspruch erklaren? 

Wenn man einige Versuchsdetails hervorhebt, scheint 
es mir leicht nachzuweisen, daB tatsachlich kein Widerspruch 
besteht. 

An erster Stelle muB angefiihrt werden, daB die Al- 
kaleszenz der Globulinlbsung geringer ist, als die des Serums. 
Die Losung ist in der Tat nicht alkalisch. Nun haben die 
Versuche von Sachs und Altmann gelehrt, daB Alkali die 
Wassermannreaktion schwacht, so daB es nicht verwunder- 
lich erscheint, daB die nicht alkalische Globulinlosung in den 
gebrauchlichen Mengen etwas starker reagiert, als das 
schwach-alkalische Serum. In den Verdflnnungen des 
Serums wird das Alkali dermaBen verdflnnt, daB es wohl 
keinen EinfluB auf die Intensitat der Reaktion mehr aus- 
flben kann. 

An zweiter Stelle kann man leicht beobachten, daB fast 
jede Globulinlbsung eine antikomplementare Wirkung besitzt, 
die in leichtem Grade hoher ist als die des Serums Oder 
seines Albumins. Alle die doppelten Kontrollen der Globu¬ 
line zeigten schon vor dem Ende der Reaktion eine kom- 
plette Hamolyse. Dennoch kann man bemerken, daB die Blut- 
korperchen im Kontakt mit dem Globulin zuletzt aufgeldst 
werden, wall rend diejenigen, die mit dem Albumin zusammen- 
gebracht worden waren, zuerst hamolysiert werden und daB 
das Serum die Mitte halt. Die leichte antikomplementare 
Wirkung wird natiirlich in den hoheren Verdiinnungen vdllig 
annulliert. 

W r as die negativen Sera betrifft, haben die Ver¬ 
suche mit einer absoluten Sicherbeit gezeigt, daB ihr Albumin 
immer uegativ reagiert. 

Ihre Globuline liefern auch eine negative Reaktion, aber, 
merkwiirdigerweise, mit Ausnahmen. Es gibt einige unter 
ihnen die einen positiven Charakter bei der Wassermann- 


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364 


G. Kapsenberg, 


reaktion zeigen. Allerdings war die Intensit&t einer der- 
artigen Reaktion immer geringer als diejenige, die von einem 
Globulin eines positiven Serums hervorgerufen werden kann. 
Die letztere fiihrt meistens eine vollstandige Koraplement- 
ablenkung herbei, was sich bis jetzt nicht bei einem Globulin 
aus einem negativen Serum beobachten liefi. Wie soil man 
diese Eigentumlichkeit erklaren ? 

Meiner Meinung nach kbnnen verschiedene Hypothesen 
ins Auge gefaBt werden. 

Unter den „positiven“ Globulinen gibt es eines Vi., 
welches aus dem Serum eines Syphilitikers stammt, der mit 
Salvarsan behandelt worden war. Nun haben die Unter- 
suchungen gelehrt, dafi das Globulin eines positiven Serums 
in der tiblichen Dosis kraftiger als das komplette Serum re- 
agieren kann. Es ist daher moglich, dafi, obwohl das Serum 
nur eine negative Reaktion bewirken kann, das Globulin 
noch mit einer geringeren Intensitat positive reagiert. 

Allein ich prufte auch eine Reihe von negativen Seren 
(Tabelle XV und XVI, die Nummern 27—34), die von 
Personen herriihren, bei denen eine syphilitische Infektion 
mit groBer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte. 
Unter ihnen gab es einen (Rh.) der ein Globulin lieferte, 
das leicht, aber deutlich positiv reagierte. Andererseits 
priifte ich zweimal an verschiedenen Zeitpunkten das Serum 
eines und desselben Individuums (Cr.). Das erste Mai (14) 
erwies sich das Globulin leicht positiv, wahrend die Reaktion 
bei der zweiten Analyse (27) vollstandig negativ war. Ist 
diese verschiedene Reaktion des Globulins ein und derselben 
Person, bedingt durch eine Veranderung dieser Substanz, 
infolge irgendeines Prozesses, der sich im Organismus 
selbst abspielte, Oder ist sie auBerhalb des Organismus zu- 
stande gekommen infolge der Einflflsse, darunter auch bak- 
terielle, die auf das Globulin, durch und wahrend der Mani- 
pulationen, von der Veneupunktion bis zur Ausfuhrung des 
Wassermanns, einwirkten? Die erste Annahme erscheint mir 
die wahrscheinlichere. 

Es ist bemerkenswert, daB die Trennung mit Hilfe von 
Magnesiumsulfat kein einziges positives Globulin geliefert 


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^H^I^iAMRAIGhl - 


Untereuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 365 


hat, das aus einem negativen Serum herriihrte. Man 
kdnnte vielleicht daran denken, dad das Ammoniumsulfat 
die Ursache der Positivitat ware. Aber warura ist dann die 
Mehrzahl der Globuline der negativen Sera nicht durch das- 
selbe beeinfluBt? 

Ich glaube, dafi der EinfluB des Ammoniumsulfates einzig 
und allein in der Tatsache zusammengefafit werden kann, 
daB es die Gesamtmenge des Globulins ausfillt und daB 
im Hinblick auf jene Eigentiimlichkeit eine leichte Ver- 
anderung des Globulins, welche schon im Organismus vor- 
handen war, deutlich zutage tritt. 

AuBerdem muB man sich immer daran erinneru, daB das 
Globulin der negativen Sera auch eine leichte antikomplemen- 
tare Wirkung besitzt und daB das mangelnde Alkali vielleicht 
ebenfalls daran beteiligt sein kann, z. B. in dem Sinne, daB 
dadurch ein „normaler tt Wassermann sich verrat. Das „posi- 
tive“ Globulin eines negativen Serums besitzt also nichts 
Merkwiirdiges. Aber das Phanomen seines Vorhandenseins ist 
anziehend genug, um zu weiteren Experimenten iiber diesen 
Gegenstand anzuregen. 

Indem ich nun die Resultate meiner in dieser Arbeit 
verSffentlichten Versuche zusammenfasse, gelange ich zu fol- 
genden Schlufifolgerungen: 

1) In einem positiven Serum ist es das Globulin, welches 
die positive Wassermannreaktion hervorruft, wahrend das 
Albumin ganz negativ reagiert 1 ). 

1) In einer neulich in dieser Zeitschrift erschienene Arbeit (Bd. 29, 
H. 5) kommen W. Gloor und R. Klinger zu einer anderen SchluS- 
folgerung. Nach ilinen reagiert ein luetisches Serum noch positiv, wenn 
es seiner Globuline beraubt ist. Dieser Gegensatz ist aber nur scheinbar, 
denn beiden beschriebenen Versuchen wurde nicht alles Globulin entfernt. 

Aus meinen Versuchen mit MgS0 4 geht deutlich hervor, das auch 
die kleine Menge, welche noch im Albumin zuriickbleibt, und also nicht 
zu den labilen Globulinen gehort, noch imstande ist, eine deut- 
liche Wasser m an n sche Reaktion zu erzeugen. Ich glaube, dafi man mit 
der Verteilung der Globulinen nach ihrer Labilitat sehr vorsichtig sein 
mufi. Ich habe in meiner Arbeit, wie ich nochmals hervorheben mochte, 
in dieser schwierigen Frage keine Partei ergriffen, sondern mich aus 


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366 


G. Kapsenberg, 


2) Wenn man die Intensitat der Wassermannreaktion 
vergleicht, die durch das Serum und durch sein isoliertes 
Globulin hervorgerufen wird, fiihren die Versuche zu der 
Annahme, daB sie die gleichen sind. In den gebrauchlichen 
Mengen kann man bemerken, daB das Globulin ofters ein 
wenig intensiver reagiert, wahrscheinlich verursacht durch die 
beschriebenen Einzelheiten der Versuchstechnik. 

3) Das Globulin aus einem negativen Serum reagiert im 
allgemeinen negativ. Es kann aber dennoch eine starker Oder 
schwacher positive Reaktion liefern. Die Ursache davon ist 
noch nicht ganz klar. Aber es ist moglich oder sogar wahr¬ 
scheinlich, daB das Globulin in diesen Fallen diese Eigentum- 
lichkeit bereits im Organismus besaB und daB die gleichen 
Einfliisse, welche die positive Reaktion eines Globulins aus 
einem positiven Serum verstarken, auch das verschiedene Ver- 
halten einiger „negativer u Globuline bewirken. 

4) Es gibt auBere Einfliisse, vielleicht von seiten von 
Mikroorganismen, die ein kraftig antikomplementares Globulin 
schafl'en konnen und die ein „negatives“ Globulin in ein mehr 
oder minder „positives“ Globulin umformen konnen. 

5) Das Albumin eines negativen Serums reagiert immer 
negativ, auch dann, wenn das Globulin durch auBere Einfliisse 
etwas positiv geworden ist. 

6) Als SchluBfolgerung von einer sekundaren Bedeutung, 
aber dennoch nicht ohne Interesse, glaube ich inich berechtigt, 
anzugeben, daB die Methode von Denis-Hammersten 
nicht die Gesamtglobulinmenge aus dem menschlichen Serum 
niederschiagt, wahrend die Methode von (Hofm ei ster-) 
Kauder, auch sonst viel einfacher, es vollstandig tut. 

SchluBbetrachtung. 

Wenn man die erhaltenen Resultate insgesamt betrachtet, 
so entstehen naturgemaB die folgenden Fragen: 

praktisehen Ueberlegungen fur die Versuche auf den Hammersten- 
schen Standpunkt gestellt. Dennoch erscheinen mir die Resultate meiner 
Vntersuchungen auf ein einheitli ches Globulin hinzuweisen. 


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-i 


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^^^^-CHAMPAIGN- - 


Untersuchungen liber die fiedeutUDg der Globuline usw. 367 


Wodurch wird das eigentQmliche Verhalten eines posi- 
tiven Globulins hervorgerufen? 

Worin unterscheidet es sich von einem negativen Globulin? 

Enthalt das erstere einen Antikorper, ein „Reagin u 
gegeniiber dem Antigen und hates diesen adsorbiert, w ah rend 
es vom kolloidal gelSsten Zustand in den Zustand der 
Ausflockung Gberging, Oder hat es bereits eine derartige Sub- 
stanz adsorbiert, bevor es niedergeschlagen wurde? Oder: 
hat es selbst infolge der syphilitischen Infektion oder infolge 
einer anderen Infektion, die irastande ist, das Serum gegen- 
iiber der Wassermannreaktion positiv zu gestalten, eine 
chemische, physikalische Oder chemisch-physikalische Aende- 
rung erlitten, wodurch es die Eigenschaft erhalt, das Kom- 
plement mit Hilfe eines geeigneten Antigens abzulenken? 

Es sind da sehr interessante Probleme noch zu losen. 

Meiner Meinung nach ist es das Wahrscheinlichste, daB, 
angenommen das Globulin hat tatsachlich eine hypothetische 
Substanz adsorbiert, dieser ProzeB bereits im Organismus 
stattgefunden hat. 

Wenn man annimmt, daB die Adsorption erst eintritt 
in dem Moment, wo das Globulin sich niederschlagt, muB 
man weiter annehmen, daB die hypothetische Substanz vorher 
frei im Serum vorhanden war und sich leicht an einen Korper 
adsorbiert, der eine groBe Oberflache darbietet. 

Freilich muB man zunachst anfuhren, daB die Versuche 
mit Magnesiumsulfat es anders gelehrt haben. Obwohl die 
Methode von Denis-Hammersten nicht gauz genugt, um 
die Gesamtmenge des Globulins vom Serum zu trennen derart, 
daB das Albumin negativ wird, darf nicht auBer acht gelassen 
werden, daB es sich um ganz geringe Mengen handelt, die 
von der oben erwahnten Methode im Albumin zurtickgelassen 
werden. Die groBe Globulinmenge, die tatsachlich nieder- 
geschlageu wird, konnte in ausreichendem MaBe imstande 
sein, die freie, hypothetische Substanz vollstandig zu ad- 
sorbieren. Freilich ist das nicht der Fall. Das Albumin reagiert 
noch positiv, dank der geringen Menge Globulin, die es 
enthait. 


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368 


G. Kapsenberg, 


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Ebenso ist es ferner bemerkenswert, daB diejenigen Sub¬ 
stanzen, die eine groBe Adsorptiobsfahigkeit besitzen, nicht 
imstande sind, ein Serum, das positiv reagiert, negativ zu ge- 
stalten. Ich berufe mich auf die Versuche Wechselmanns 1 ), 
der sich einer Suspension von Bariumsulfat bediente, urn ein 
Serum eines supponierten Komplementoids zu berauben. Diese 
Substanz vermindert ja, unter den gewohnlichen VerhSltnissen, 
nicht die Intensitat der Reaktion, sondern gestaltet sie im 
Gegenteil noch deutlicher. 

Ich fur meinen Teil arbeitete mit Kaolin und Kohle, von 
einer groBen Adsorptionsfahigkeit (im Handel bekannt unter 
dem Namen „Norit“). Ich machte mehrere Experimente der- 
art, daB ich zu gleicher Zeit den Wassermann mit einem 
positiven Serum und mit demselben Serum ausfiihrte, welches 
mit einer groBen Menge Kaolin oder Kohle behandelt worden 
war, und es gelang mir nicht, das Serum negativ zu machen. 

Die Kontrollen mit negativen Sera bewiesen, daB diese 
Substanzen an sich in einem Serum keinen positiven Wasser¬ 
mann erzeugen. 

Es erscheint mir iiberfliissig, alle diese Versuchsprotokolle - 
zu veroffentlichen. Es sei mir erlaubt, nur einen Versuch 
anzufiihren, in dem ich nachforschte, ob diese Adsorbentien 
vielleicht eine Verminderung der Intensitat der Reaktion, 
welche in einer Verdiinnungsreihe nachweisbar ware, zu liefern 
imstande w&ren. 


Protokoll No. 12. 

Das Serum S., 30, 31. VIII. 19 wurde jedesmal in der Dosis von 
2 ccm mit einer groBen Menge Kaolin bzw. Kohle gemischt. Das Volum 
dieser Substanzen wurde derart ausgewiihlt, daB es die durch das Zentri- 
fugieren erhaltenen Niederschliige der Globulin menge, die mit Hilfe von 
MgSO t oder (NH 1 ) / SO i niedergeschlagen worden wiire, iiberstieg. Man 
laflt die Mischung w ah rend einer Stunde bei Zimmertemperatur steheu 
und zentrifugiert bis zur vollstiindigen Klarheit des dariiber stehenden 
Serums. 

Das Scrum wird abgesaugt und vergleichende Wasserraanuproben 
angestellt, wie es bereits fur das Serum und Globulin beschrieben wurde. 


1) Vgl. auch Wolf, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 11, p. 154. 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline ubw. 369 


Tabelle XVIII. 


Namen 

Doppelfe 
Kon trolle 
d. Serums 
(1 ccm) 


Mengen des SerumB 1:5 verdiinnt 


0,3 

0,2 

0,1 

0,05 

0,025 

0,0125 

0,006 

8. Kohle 

v. L. 

v. H. 

v.H. 

v.H. 

st. H. 

v. L. 

v. L. 

v.L. 

8. Kaolin 


11 

H 

11 

11 

i ii 

ii 

11 

8. nicht be- 









handelt 

«? 

11 

11 

11 

11 

ii 

i ,i 

11 


Kontrollen ohne Fehler. 


Man sieht daraus, daB keine Differenzen aufgetreten sind. 
Diese Experimente sprechen, obwohl sie keinen absoluten 
Beweis bilden, da man ja anfflhren konnte, daB das Ad- 
sorptionsvermSgen des Globulins, verglichen mit den anderen 
Adsorbentien verschieden sein kann, dennoch nicht zugunsten 
der Annahme einer frei im Serum gelosten Substanz. 

Aus alien diesen Betrachtungen geht mit Wahrscheinlich- 
keit hervor, daB das positive Globulin, angenommen, daB 
es irgendeine Substanz adsorbiert hat, dies vor der Trennung 
vom Serum getan hat. 

Dann muB die Frage ins Auge gefaBt werden, ob diese 
hypothetische Substanz ein Antikorper gegeniiber dem Antigen 
ist. Meine Untersuchungen sind nicht imstande, darauf eine 
entscheidende Antwort zu geben, aber es muB bemerkt werden, 
daB sie eher fiir das Gegenteil sprechen. 

Im wesentlichen hat die Wassermannsche Reaktion 
nichts an sich, das mit Sicherheit, sogar nicht mit einiger 
Wahrscheinlichkeit, auf die Wirkung eines Antikorpers deutet. 
Die Versuche, mittels der Injektion der bei der Wassermann- 
reaktion gebrauchten Antigene, bei Versuchstieren ein Serum 
zu erhalten, das einem syphilitischen gleichkommt, sind fehl- 
geschlagen und auch die Mannigfaltigkeit der Antigene spricht 
nicht fiir die Annahme eines Antikbrpers. 

Im Gegenteil: es spricht vielmehr dafiir, daB die Wasser¬ 
mannsche Reaktion auf einem rein physikalischen Oder 
chemisch-physikalischen ProzeB beruht, und da die beschrie- 
benen Versuche dargetan haben, daB das Globulin der Trtlger 
der Reaktion ist, so liegt die Annahme auf der Hand, daB dieses 


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370 


G. Kapsenberg, 


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sein eigentumliches Verhalten (wiederum: angenommen, 
daB eine Substanz tatsachlich adsorbiert ist) der Adsorption 
einer chemisch, physikalisch oder chemisch-physikalisch wohl- 
determinierten Substanz verdankt. 

Das Globulin, welches eine derartige Substanz, mbglicher- 
weise ein Produkt des EiweiBabbaues, oder einen lipoid- 
artigen K6rper, adsorbiert hat, muB andere Reaktionen zei- 
tigen als ein „normales u Globulin. 

Es wird aber sehr schwierig sein, das Globulin, welches 
eine derartige Substanz energisch adsorbiert hat, von einem 
solchen zu unterscheiden, das eine Aenderung in seiner 
eigenen molekularen Zusammensetzung erfahren hat, die, 
ohne der Interferenz einer adsorbierten Substanz, dem 
Globulin, jene Eigentiimlichkeiten verleiht, welche seine Posi- 
tivit&t bedingen. Die Entscheidung zwischen diesen beiden 
Auffassungen hat aber vorlaufig nur sekund&ren Wert. In 
der Tat weisen beide auf ein, unter EinfluB einer Infektion, 
meistens der Syphilis, auf eine bestimmte Art und Weise, im 
gewissen Sinne spezifisch, verSndertes Globulin hin. 

Uin diese Voraussetzungen noch zu stiitzen, mbchte ich 
folgendes anfiihren: 

1) Die Feststellung, daB das Globulin (und nicht das 
Albumin) unter auBeren Einfliissen, wahrscheinlich, wenigstens 
zum Teil, bakterieller Art, eine positive Wassermannreaktion 
hervorrufen kann 1 ). 

2) Die Reaktionen, bei welchen in positiven Seren Nieder- 
schlage erzeugt werden, deuten auch auf ein veriindertes 
Globulin, das entweder selber niederschlagt, oder die Sedi- 
mentierung einer anderen Substanz veranlaBt. 

1) Craig u. a. haben schon nachgewiesen, daB bakterielle Einwirkungen 
das kompiette Serum positiv machen konnen 

Obwohl von versehiedenen Seiten angegeben ist, daB derartig positiv 
gemachte Seren bei erneuerter Inaktivierung wiederum negativ werden 
kbnnen, so erecheint mir die SchluBfolgerung, daB die Aenderungen, 
welche die „kiinstliche“ Wassermannreaktion verursachen, von der.en, 
welche die ,,echte‘“ Witsserraannreaktion hervorrufen, w ese n s verschieden 
sind, nicht gerechtfertigt. Ueber das Verhalten des positiv gemachten 
Globulins stehen mir zurzeit noch keine Versuchsergebnisse zur Ver- 
fugung. 



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Untersuchungen iiber die Bedeutung der Globuline usw. 371 

3) Der Befund von Sachs und Altmann, auf welchen 
schon friiher hingewiesen wurde, konnte auch fiir die Rolle, 
welche das (verfinderte) Globulin spielt, angefiihrt werden, 
denn das Alkali, welches die Intensitfit der Wassermann- 
schen Reaktion verringert, vermindert auch die Tendenz des 
Globulins zum Aggregieren, wfihrend die Saure, welche die 
Wassermannsche Reaktion verstfirkt, die Aggregation des 
Globulins begfinstigt. 

Die an die Resultate meiner Versuche geknfipften Hypo- 
thesen fiihren notwendigerweise zu weiteren Untersuchungen, 
welche nur den Zweck haben sollen, zu studieren, welcher 
Unterschied zwischen einem Globulin, das positiv und einem 
das negativ reagiert, besteht. 

Ich hoffe, daB die von mir beschriebene Technik der 
Dialyse dabei gute Dienste leisten wird, und ich glaube, daB 
derartige Versuche am meisten Erfolg versprechen, wenn sie 
mit der Arbeitshypothese als Grundlage angefangen werden, 
daB die positiven Seren ihr positives Verhalten 
nur ihrem Globulin verdanken, das eine be- 
stimmte Aenderung erfahren hat, entweder durch 
die Adsorption einer wohldeterminierten Sub- 
stanz, oder durch eine Abanderung in seiner 
eigenen molekulfiren Zusammensetzung. 

Zusammenfassung. 

Die Arbeit besteht aus 3 Teilen: 

Iin 1. Teil wird eine spezielle Technik der Dialyse be- 
schrieben. 

Der 2. Teil handelt fiber eine einfache, aber zuverlfissige 
Ausffihrung der Wassermannschen Reaktion. 

Im 3. Teil werden die Resultate angegeben, welche mit 
den im 1. und 2. Teil beschriebenen Methoden erhalten worden 
sind, bezfiglich der Frage, inwieweit das Globulin oder das 
Albumin an dem Auftreten der Wassermannschen Reaktion 
beteiligt sind. 

Die wichtigsten SchluBfolgerungen befinden sich auf p. 365 
und p. 366 und in der SchluBbetrachtung. 


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372 Werner Rosenthal, Phagocytose durch Endothelzellen. 


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Nachdruck verboten. 

Phagozytose durch Endothelzellen. 

Von Werner Bosenthal (Gottingen). 

(Mitteilung mit Demonstration vor der Freien Vereinigung fur Mikrobiologie, 
Jena, 10. September 1920.) 

(Eingegangen bei der Redaktion am 14. Oktober 1920.) 

Die Versuche, iiber die ich hier berichte, wurden 1913 
bis 1914 angestellt; der Krieg hat die geplante Fortsetzung 
unterbrochen, so daB nicht einmal das ganze im Sommer 1914 
gewonnene Material verarbeitet ist. Eine kurze Mitteilung 
mit Demonstration ist Pfingsten 1914 der Deutschen Patho- 
logischen Gesellschaft gemacht worden (1). Die dort schon 
gezogenen Schlflsse sind inzwischen bestStigt worden und die 
geplanten, aber bisher unterbliebenen weiteren Versuche sind 
zum Teil erg&nzt worden durch einige w&hrend und nach dem 
Kriege erschienene und auch ein paar schon 1914 veroffent- 
lichte Arbeiten, die mir aber erst viel spater bekannt wurden, 
aus deutschen und amerikanischen Instituten. Sie kommen 
meist auf ganz anderem Wege, zum kleineren Teil mit Shn- 
licher Versuchsanordnung zu Schlussen, die die Ergebnisse 
meiner Versuche best&tigen oder, was mehr bedeutet, erganzen 
und zu verallgemeinern gestatten (11 — 16). 

Phagozytose durch Endothelzellen haben alle erfahreneren 
Bakteriologen und pathologischen Anatomen schon haufig ge- 
sehen. Wenn kleinere Versuchstiere fOr Demonstrationszwecke 
in Kurseu durch Septik&mie getotet werden (insbesondere bei 
Milzbrandtieren und bei Mausen, die mit Mauseseptik&mie- 
oder Schweinerotlaufbacillen infiziert waren), findet man oft 
die Kapillaren und kleinen GefaBe in der Leber, zuweilen 
aber auch in anderen Organen, gewissermaBen austapeziert 
mit den betreffenden Erregern, und an vielen Schnitten kann 
man nicht zweifeln, daB diese innerhalb des Endothelbelages 
liegen. Man wird aber vergeblich nach einer Wilrdigung oder 
auch nur einer krilischen Bewertung solcher Befunde in der 
frOheren ImmunitStslehre suchen (vgl. dazu 2, 3). Augen- 



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Phagozytose durch Endothelzellen. 


373 


scheinlich, weil es sich hier um Tiere handelt, die der In- 
fektion erlegen sind, bei denen also ein wesentlicher Schutz 
nicht vorlag, ist dieser histologisch oft sehr auffallende Befund 
so wenig beachtet worden. Es liegt ja auch die Verniutung 
nahe, dad es sich in solchen Fallen um eine agonale oder gar 
postmortale Erscheinung handle, vielleicht um eine Ver- 
mehrung der Bakterien auf und in den Endothelzellen, die 
ihnen ein besonders guter Nahrboden seien, nicht um eine 
ausgedehnte Phagozytose durch die Endothelien. Beobach- 
tungen aus friilieren Infektionsstadien sind dagegen fast un- 
bekannt; eine Untersuchung von Wyssokowitsch, die 1886 
in unserem Gbttinger Institut durchgeftihrt wurde (4), ist der 
jiingeren Forschergeneration fremd — auch ich wurde erst 
mit ihr bekannt, als ich meine Versuche schon begonnen hatte. 
DaB Befunde von einzelnen Bakterien und Kokken in Endo¬ 
thelzellen sich nicht aufdr&ngen, auch wenn ihre Aufnahme 
nichts Seltenes ist, wie ich beweisen zu konnen hoffe, darf 
uns nicht wundernehmen; wissen wir doch, wie schwierig es 
ist, einzelne Tuberkelbacillen im Gewebe aufzufinden, obgleich 
wir doch fur diese geradezu ideale elektive Farbemethoden 
besitzen, die uns fiir andere Bakterien, auch fiir die gram- 
positiven, in solcher Reinheit fehlen. 

Durch Metschnikoff wurden die Untersuchungen fiber 
die Phagozyten ausschlieBlich auf die Wanderzellen hingelenkt. 
Die Kritiker seiner Anschauungen und Versuche, wie sie ja 
insbesondere in Deutschland unter Fiihrung von Hans 
Buchner, Rich. Pfeiffer und Baumgarten zahlreich 
auftraten, richteten ihrerseits ihre Aufmerksamkeit fast aus¬ 
schlieBlich auf die humoralen AbwehrkrSfte, und so blieben 
die Beobachtungen von Wyssokowitsch und vereinzelte 
fihnliche unbeachtet. Als die Arbeiten von A. E. Wright 
und Neufeld 1903 die Phagozytose erneut in den Vorder- 
grund der Forschung riickten, bedingten doch gerade die 
Untersuchungsmethoden beider Forscher, daB in dieser Hin- 
sicht neue Tatsachen nicht bekannt wurden. Damals machten 
zwar zwei englische Forscher ( 5 , 6) Mitteilungen auf der eng- 
lischen Aerzteversammlung iiber „Gewebsphagozyten“ des 
Inhalts, daB diese von ahnlicher Bedeutung wie die Wander¬ 
zellen und ihre Tatigkeit ebenso durch Opsonine bedingt sei, 

Ztitschr. f. ImmanjtXUforachuQf. Orig. Bd. 81. 25 


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Werner Rosenthal, 


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aber eine ausfiihrliche Veroffentlichung der Untersuchungen, 
die diese Schliisse begrOndeten, scbeint nicht erfolgt zu sein. 

Ich suchte daher nach einer VersuchsanordnuDg, bei der 
Pbagozytose durch Endothelien in ausgedehntem MaBe und 
leicht feststellbar eintreten sollte, und fand sie in einer Ueber- 
schwemmung der Blutbahn mit mbglichst wenig virulenten 
Bakterien. Aus leicht verstandlichen Griinden wahlte ich ein 
mOglichst kleines Versuchstier, die Maus, und kleine gram- 
positive Luftkokken zu den ersten Versuchsreihen. Die In- 
jektion der dichten Kokkenaufschwemraung geschah in die 
Schwanzvenen; ich w&hlte solche Kokkenstamme, die sich 
gleichm&Big, einzeln und in kleinsten Gruppen in 0,85-proz. 
Kochsalzldsung aufschwemmen und durch charakteristische 
Firbung und Form der Agarkulturen wiedererkennen lieBen. 

Ich benfltzte zu den meisten Versuchen einen Stamm von 
so geringer Virulenz, daB auch nach intravenoser Injektion 
von 7* 24-stttndiger Agarkultur einzelne Tiere bis zum 4. Tage 
ohne Krankheitszeichen iiberlebten und bei der dann erfolgten 
Tdtung ihr Blut und ihre Organe sich vSllig steril erwiesen. 
Andererseits gingen einige der so behandelten Tiere zwischen 
12 und 40 Stunden nach der Injektion ein; aber auch bei 
diesen wuchsen aus Herzblut-, Leber- und Milzausstrichen am 
2. Tage meist nur Kolonien in m&Biger Zahl, einmal iiberhaupt 
keine, so daB sie nicht einer Septikamie, sondern vermutlich 
einer Vergiftung durch das BakterieneiweiB erlegen sind. Die 
meisten Tiere wurden, ohne daB sie Krankheitszeichen zeigten, 
am 1. oder 2. Tage getbtet. Die Kulturen aus ihrera Herz¬ 
blut und Organen ergaben in der ersten Stunde zahlreiche, 
sp&ter rasch und zuletzt langsamer an Zahl abnehmeude Ko¬ 
lonien der eingespritzten Kokken. 

Von alien, getbteten und eingegangenen, Tieren wurden 
auch Ausstriche vom Herzblut und von verschiedenen Or¬ 
ganen gefertigt und mit verschiedenen Farbungsmethoden 
untersucht. In der ersten Stunde zeigten sie noch zahlreiche 
freie Kokken, spater waren Kokken nur sehr selten und dann 
meist innerhalb Makrophagen zu finden. Kokkenbeladene 
Leukozyten linden sich nur in der ersten Stunde nach der In¬ 
jektion und auch dann in geringer Zahl in den Blut- und 
Organausstrichen. 


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Phagozytose durch Endothelzellen. 


375 


Das Hauptuntersuchungsmaterial waren fast alle Organe 
der MSuse, die sofort nach der Tfitung in der Regel in 10-proz. 
erwfirmter Formalinlosung in sehr kleinen Stflckchen fixiert, 
dann durch Azeton, Chloroform (oder Xylol) in Paraffin fiber- 
ffihrt und in diinne Schnitte von etwa 3 p. Dicke zerlegt 
wurden 1 ). Sie wurden nach mannigfaltigen Verfahren ge- 
farbt, fiber die spfiter des genaueren berichtet werden soli. 
Die besten Erfolge hatte Gramfarbung in verschiedenen Ab- 
finderungen, der Kernfarbung mit Karmalaun oder Hamalaun 
vorausgeschickt und eine Protoplasma- und Bindegewebs- 
farbung mit Pikrinsfiure und sauren Farbstoffen angeffigt 
wurde; ahnlich gute Mehrfachffirbungen lieBen sich auch nach 
Boses Vorgang durch Safraninffirbung der grampositiven 
Kokken mit nachfolgender Pikrinsaurebehandlung vor der 
Differenzierung erzielen. 

Bei der Musterung der innerhalb der ersten 24 Stunden 
getfiteten oder eingegangenen Tiere drfingte sich nun zunfichst 
die hervorragende Rolle auf, die die Leber bei der Reinigung 
des Blutes von den fremden Mikroorganismen spielt. Schon 
in der ersten Stunde nach der Injektion findet man diese in 
Menge in den Leberkapillaren, und zwar fast ausschlieBlich 
innerhalb von Zellen; aber in dieser ersten Periode findet 
man sie auBerdem auch noch frei zwischen den Blutkorperchen 
in grfiBeren GefaBen und in so ziemlich alien Organen, wenn 
auch in verschiedener Zahl und bemerkenswerter Lagerung, 
verteilt. Je mehr Stunden aber seit der Injektion verstrichen 
sind, desto mehr scheinen sie sich in den Leberkapillaren an- 
zusammeln, wfihrend sie in anderen Organen so spfirlich werden, 
daB nur vereinzelte Kokken mit Mfihe noch gefunden werden 
kQnnen — mit Ausnahme jener seltenen Ffille in meinen Ver- 
suchsreihen, in denen es zu einer Septikamie kam. Aber 


1) Bei den spiiteren Versuchsreihen wurden die Organe auBerdem in 
Zenkerscher oder Herman nscher Losung (mit Formolzusatz) fixiert; 
da aber klare und zuverlaasige Bakterienfarbungen an diesem Material 
schwer zu erzielen sind, ist es erst zu kieinem Teil verarbeitet. AllerdunnBte 
Schnitte sind erforderlich, einmal weil sonst scharf differenzierte Bakterien¬ 
farbungen nicht zuverlassig gelingen, auBerdem weil an dickeren Schnitten 
die Entscheidung, ob die Kokken innerhalb des Endothels oder nur auf 
diesem liegen, meist nicht zu treffen ware. 

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auch in diesen ist die Masse der Kokken in den Leber- 
kapillaren weitaus die grbBte. 

Innerhalb der Leberkapillaren liegen die Kokken, oft in 
H&ufchen vereint, innerhalb von unzweifelhaften Sternzellen 
und von anderen, ihnen sehr ahnelnden Zellen, die teils fast frei 
im Kapillarlumen liegen, teils als echte Endothelien ihre Wand 
darstellen. Nach der Leber trifft man die stSrkste Kokken- 
ansammlung in den Blutlakunen der Milz, und zwar liegen 
die Kokken meist in den Retikulumzellen. Nur in der ersten 
Stunde nach der Injektion trifft man in den Leberkapillaren 
und hSufiger in den Milzsinus auch polymorphkernige, mit 
Kokken vollgefressene Leukozyten; sp&ter verschwinden diese 
so gut wie vollstandig gegeniiber den Makrophagen. Vergleicht 
man das nur herdweise Auftreten der Makrophagen in der 
Milz mit der gleichm&Bigen Phagozytose in der Leber und 
bedenkt man die GrfjBe beider Organe, so ergibt sich die Be- 
rechtigung der Behauptung, daB bei der Maus unter den an- 
gegebenen Bedingungeu die Leber das Organ ist, in dem sich 
die Reinigung des Blutes von den fremden Mikroorganismen 
hauptstlchlich vollzieht. 

Diese von mir in der Mitteilung 1914 betonte Meinung 
stimmt gut iiberein mit der insbesondere von Aschoff und 
seinen Schiilern sclion vorber entwickelteu Anschauung von 
der Ausbreitung und Funktion des besonderen „retikulo- 
endothelialen u Gewebssystems, das in Milz, Leber und Knochen- 
mark ') seinen Sitz habe und dessen auffallendste Vertreter die 
Kuptferschen Sternzellen sind (7,8,9). Aus verschiedenen 
Beobachtungen, insbesondere auch denen Goldmanns (10), 
ist bekannt, daB die Sternzellen und die ihnen verwandten 
Zellformen fremilartige, in kolloidaler Verteilung dem Blute 
zugemischte Stoffe speichern, wie nach Injektion kolloidalen 
Silbers odor „vitaler u Farbstoffe verscbiedener Art und sehr 
verschiedenen Dispersionsgrades leicht zu beobachten ist. Die- 
selben Zellen fressen auch rote und weiBe Blutkorperchen, 
insbesondere wenn sie durch Farbstoffinjektionen „gereizt“ 


1) Ueber das Vcrhalten des Knochcnmarkcs bei meiner Versuchs- 
anordnung kann ich aus teehnischeu Griinden noch keine bestimmten An- 
gabcn machen. 



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Phagozytoee durch Endothelzellen. 


377 


sind, ohue daB sich erkennen lieBe, ob es sich dabei um ge- 
schadigte, abzubauende Oder um noch funktionsfahige Korper- 
zellen handelt. Und daB sie auch Bakterien zu fressen ver- 
m5gen, war im Laufe dieser Untersuchungen gelegentlich be- 
obachtet worden (vgl. 3 und 8). 

Heute mbchte ich nun betonen und an der Hand vou 
PrSparaten und nach diesen gefertigten Zeichnungen beweisen. 
daB die Befahigung zur Bakterienphagozytose keine Eigen- 
tiimlichkeit dieses retikulo-endothelialen Zellapparates, son- 
dern eine allgemeine Eigenschaft aller Endothelzellen 
ist. Und zweitens, daB diese Phagozytose durch Endothelien 
unter den von mir gewahlten Bedingungen — nicht pathogene 
Bakterien — sofort nach der Einfiihrung dieser in die Blut- 
bahn einsetzt. Das lehren Organschnitte aus einer Maus, die 
sofort am Schlusse der intravenOsen Injektion, vermutlich an 
einer Luft- oder anderen Embolie, einging und sogleich seziert 
wurde. 

In einer Herzvene sehen wir ein Blutkoagulum, in welchem 
einzelne, Doppelkokken und Haufchen bis zu 5 Kokken frei 
zwischen den Blutkorperchen liegen — ein Zustand, den wir 
unmittelbar nach der Injektion erwarten diirfen; aber in der 
Wand dieser Vene sehen wir eine quergeschnittene Endothel- 
zelle, die sich in den wenigen Minuten von der Injektion bis 
zutn Stillstand der Zirkulatiou schon einen Haufen (16 ini ge- 
schnittenen Zellteil) Kokken einverleibt hat, die zwischen Kern 
und GefaBlumen, aber ganz uuzweifelhaft innerhalb der Zelle 
liegen. 

In den Lungenkapillaren dieses Tieres (deni ersten Ka- 
pillarsystem, das die Kokken passieren inuBten) linden wir sie 
in maBiger Zahl — teils frei, teils innerhalb vou polymorph- 
kernigen Leukozyten, teils auch in Haufen vereinigt, die an- 
scheinend Endothelzellen entsprechen; aber gerade hier in der 
MSuselunge laBt sich das, der Kleinheit und Enge aller Ver- 
haltnisse wegen, meist nicht sicher entscheiden. Desto deut- 
licher sind die Bilder in der Niere; bei sorgfaltiger Durch- 
musterung (mit Immersion und beweglichem Objekttisch) findet 
man kleine Kokkengrtippchen und einzelne Kokken zwischen 
den Harnkanalchen; bei genauerem Zusehen erkennt man meist, 
daB es sich um Tangential- oder Schiefschnitte durch die Ka- 


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Werner Rosenthal, 


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pillaren handelt und diese Kokken innerhalb von Endothel- 
zellen, n&her oder ferner vora Kapillarlumen liegen. Inner¬ 
halb desselben findet man sie kaum, ofters in den Glomerulus- 
schlingen; dort finden sie sich sowohl in steckengebliebenen 
polymorphkernigen Leukozyten, wie vermutlicli in Endothelien, 
die aber ebenso schwer abzugrenzen sind, wie in den Lungen- 
kapillaren. 

Auch im Fettgewebe der Nierenkapsel finden sich Kokken 
und Kokkenh&ufchen und auch hier lSBt sich bei genauer 
Untersuchung feststellen, daB sie in der Endothelwandung der 
sehr feinen, meist keine Blutkbrperchen enthaltenden Kapillaren 
liegen. 

Die Befunde in Leber und Milz bieten in diesem Falle 
nichts Besonderes gegeniiber dem oben schon Gesagten: In 
der Milz sind die Kokken kaum h&ufiger als in der Niere, 
und zwar sowohl freiliegende wie in Leukozyten und in Stroma- 
zellen eingeschlossene l ). In der Leber sind auch hier schon 
verhaltnismfiBig die meisten Kokken abgesiebt und dabei sind 
nur die wenigsten noch frei — ein Teil liegt in Leukozyten, 
die meisten in Endothelien bzw. Sternzellen; bemerkenswert 
ist, daB sich im Blutinhalt der Lebervenen fast keine Kokken 
finden. 

Das weitere Beweismaterial, das ich hier vorfiihre, sind 
Praparate von einer Maus, die 25 Minuten nach der Injektion 
rait einer Aufschwemmung desselben Kokkenstammes getbtet 
ist. Diese Maus war mit Pyrrholblauinjektionen nach den 
Angaben von Goldmann (10) vorbehandelt. Der Zweck war, 
die Sternzellen der Leber, die dieses speichern, damit zu 
kennzeichnen und ihre Rolle an der Kokkenphagozytose sicher- 
zustellen. 

Hier, 25 Minuten nach der Injektion, sind freie Kokken 
fast ganz verschwunden. Mikrophagen (polymorphkernige 
Leukozyten mit Kokken) finden sich etwa in gleicher Zahl 
wie bei der vorigen Maus; in ihrer Mehrzahl scheinen sie in 
den Kapillaren von Lunge und Leber, in den Sinus von Milz 
und Lymphknoten, endlich in den Glomerulusschlingen ab- 


1) Die Riesenzellen der MauBemilz enthielten in alien meinen Ver- 
anchen niemals Kokken. 


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Phagozytose durch Endothelzelien. 


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gefangen zu sein. Deutlich ist schon die Anreicherung der 
Kokken in den Retikulumzellen der Milz und insbesondere in 
den Endothelien der Leber. In der Niere sind sie kaum 
h&ufiger als bei der vorigen Maus, doch liegen sie in den be- 
treffenden Endotkelzellen offers schon in groBeren HBufchen; 
in einer mit roten Blutkbrperchen gefiillten Vene (oder Vas 
efferens) zwischen den HarnkanMchen haben wir ein Bild, das 
jenem der Herzvene im ersten Falle entspricht: aber hier 
finden wir keine freien Kokken mehr zwischen den roten Blut- 
kbrperchen, und die von der Endothelzelle aufgenommenen 
Kokken liegen nicht mehr dem Gef&Blumen zugewendet, son- 
dern durch den Zellkern von diesem geschieden. Vereinzelte 
Kokken innerhalb von Endothelien wurden (bei sorgfSltigster 
systematischer Musterung der Schnitte) bei dieser Maus noch 
in folgenden Organen gefunden: im Fettgewebe an Niere, 
Herz, HalsdrQsen und dem retroperitonealen, in den Kapillaren 
des Herzmuskels, des Hirns (besonders der Pia), des Pankreas 
und der Speicheldriisen und in Retikulumzellen verschiedener 
Lymphknoten. 

Einen besonderen bemerkenswerten Befund boten die 
Kapillaren der Bauchmuskeln: hier ist das Endothel zum Teil 
in einem Zustand der Hypertrophie und Quellnng, der auf 
die Pyrrholblaubehandlung zurflckzufiihren ist, da diese Zellen 
teils groBere Farbstoffkornchen enthalten, sonst aber zart 
diffus blau gef£rbt sind. W&hrend manche Kapillaren von 
einer ganz zarten, eben erkennbaren Membran, dem Schnitt 
durch das normale Endothel, gegen die Muskelfasern ab- 
gegrenzt erscheinen, sind andere nur auf einer Seite, andere 
allseitig von diesen, beinahe einem kubischen Driisenepithel 
khnelnden Zellen begrenzt, die an Stelle jener tapetenartigen 
Endothelzellen liegen. Manche dieser, dem Kapillarlumen un- 
mittelbar anliegenden Zellen sind nun erfullt von einer grofien 
Zahl, mit Safranin leuchtend rot gefarbter Kokken. Daneben 
aber findet man, zuweilen unmittelbar angrenzend, ahnliche 
Zellen, die in fast noch grbBerer Zahl, aber nur ganz zart 
und wie verschwommen mit Safranin blaBrot geffirbte, etwas 
kleinere Kornchen enthalten, zwischen denen noch einzelne, 
etwas krflftiger gefarbte und groBer erscheinende liegen. Und 
wShrend jene mit gut gef&rbten Kokken erfiillte Zellen dem 


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Werner Rosenthal, 


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Lumen unmittelbar angrenzen, liegen diese Zellen hinterjenen 
in zweiter Reihe. 

Es ist miBlich, einem vereinzelten Befund eine weit- 
gehende Deutung zu geben, aber in Berucksichtigung der 
nachher noch anzufiihrenden Griinde, die ftir die Vernichtung 
der Kokken innerhalb der Endothelien sprechen, dr&ngt sich 
die Vorstellung auf, daB hier die (durch Pyrrholblau gereizten) 
Endothelzellen die Kokken nicht nur in groBer Zahl gefressen, 
sondern auch schon „angedaut“ und zugleich sich durch anio- 
boide Beweglichkeit von ihrer Lage am GefaBlumen (die doch 
Bedingung fiir die Aufnahme der im Blute kreisenden Kokken 
war) zuruckgezogen haben. 

In der Leber dieser Maus finden sich zahlreiche, durch 
Pyrrholblaukornchen gekennzeichnete Sternzellen, die teils 
als solche auch sonst erkennbar waren, teils deutlich in das 
Kapillarlumen vorragen, teils ganz flach, wie gewohnlicbe 
Endothelzellen die Kapillarwand auskleiden. Einige von diesen 
Pyrrholblauzellen haben auch Kokken in groBerer oder ge- 
ringerer Zahl gefressen. 

Einmal enth&lt eine solche deutlich verzweigte Zelle dicht 
‘ nebeneinander Pyrrholblaukornchen, Kokken und ein rotes 
Blutkorperchen. Aber weit zahlreicher sind Zellen, die mit 
Kokken in grOBerer oder geringerer Zahl beladen ebenfalls 
alle UebergSnge von flach anliegenden Endothelien zu ver- 
zweigteu Zellen und zu Gebilden, die das Kapillarlumen aus- 
fftllen und nur mit einem Fortsatz noch mit dessen VVandung 
zusaramenhangen, darstellen, aber kein Pyrrholblau enthalten. 
Die scheinbare GrOBe der in diesen Zellen enthaltenen Kokken 
wechselt auch im gleichen Gesichtsfeld in auffallender Weise 
— in jeder einzelnen Zelle ist es gleichmaBiger. Vielleicht 
ist auch dies als beginnende intrazellul&re Verdauung aufzu- 
fassen. 

Die Verteilung der Kokken in der Lunge dieser Maus ist 
ilhnlich und ebenso schwer zu deuten, wie bei der vor- 
besprochenen. Aber daneben bieten die Lungenschnitte noch 
einen bemerkenswerten Befund. Wie schon bekannt war, ent- 
halt die Lunge keinerlei Pyrrholblauzellen, und auch keine 
Art der weiBen Blutkorperchen speichert vitale Farbstoffe in 
groBerer Zahl. So sind die Lungenschnitte ganz frei von 



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Phagozytose durch Endothelzcllen. 


381 


Pyrrholblau — nur 2 mit blauen FarbstoffkSrnchen fiberladcne 
Zellen fallen in den Schnitten uni so niehr schon bei schwaeher 
VergroBerung auf. Es handelt sich urn groBe, augenscheinlich 
embolisch verschleppte Zellen — wahrscheinlich um Stern - 
zellen aus der Leber; und eine von diesen hat auch Kokken 
in grdBerer Zahl gefressen. Ein Beweis also, daB es bei der 
„Reizung“ dieser Zellen sowohl durch den Farbstoff wie durch 
die Kokken im Blut, nicht nur zum Anschwellen derselben 
und teilweisen, sondern auch zur volligen Ablosung von der 
Wand und Verschleppung im Kreislauf kommt 1 ). 

Was bedeuten nun diese Befunde? Als neu mdchte ich 
betonen die Schnelligkeit, mit der die Phagozytose durch die 
Endothelzellen einsetzt, und den hohen Grad, den sie schon 
im Zeitraum weniger Minuten erreicht. Die allgemeine Be- 
teiligung aller GefaBendothelien ist im wesentlichen eine Be- 
statigung jener halbvergessenen Befunde von Wyssoko- 
witsch; die Rolle, die die Leber und die Milz und ihre 
Endothelien bei der Absiebung fremder Teilchen aus dem 
Kreislauf spielen, ist in den letzten Jahren vor dem Kriege 
auch von anderen Autoren, so besonders auch von Gold- 
mann, von Aschoff und seinen Schiilern, von Jos. Koch 
(7—10) bemerkt, aber meines Erachtens doch nicht in alien 
Konsequenzen gewiirdigt worden. 

Insbesondere Goldmann und Aschoff sehen die „reti- 
kulo-endothelialen Zellen tt von Leber und Milz als ein be- 
sonderes, vom iibrigen GefaBendothel zu unterscheidendes Ge¬ 
nre be an; nach meinen Befunden mochte ich rnich dagegen 
der Meinung V. Schillings (11, 12) anschlieBen, der in den 
Sternzellen der Leber und den ihnen ahnlichen Zellen des 
Milzretikulums und anderer Organe nur funktionale Zustande 
der GefaBendothelien sieht, die auf physiologische Oder patho- 
logische Reize hin, der Phagozytose kleinster (mikroskopischer 
Oder ultramikroskopischer) Teilchen besonders obliegen und 
eine rasche Umwandlung gewohnlicher Endothelien in freie 
Makrophagen, die Monozyten (groBen Mononuklearen) des 

1) Die Zeitumstande verbieten die Wiedergabe der in Jena demon- 
Btrierten Zeichnungen. Es sei auf die (nach anderen Zeichnungen an- 
gefertigte) mehrfarbige Tafel verwiesen, die in den Verhandlungen der 
Deutschen Pathologischen Gesellschaft 1914 veroffentlicht ist. 



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Werner Ros'enthal, 


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kreisenden Blutes annimmt. Zu der gleichen Anschauung ge- 
langen auch drei Amerikaner, Evans, Bowman und 
Winternitz, die 1914 mit einer der meinen £uBerst Shn- 
lichen Versuchsanordnung die Entstehung der Lebertuberkel 
untersuchten, und deren Arbeit mir eben jetzt erst bekannt 
wurde (13). Sie injizierten ziemlich dichte gleichmSBige Auf- 
schweinmungen von Rindertuberkelbacillen in die Mesenterial- 
vene einer Diinndarmscblinge bei Kaninchen, die sie nach 
Vi Stunde bis 11 Tage spSter tbteten. Einen grofien Teil 
ihrer Versuchstiere behandelten sie vorher oder gleichzeitig 
mit intravendsen Injektionen von Trypanblau, urn die Stern- 
zellen durch VitalfSrbung zu kennzeichnen. Ihre Befunde in 
den ersten Stunden nach der Injektion decken sich in jeder 
Weise mit meinen oben geschilderten in der mit Kokken iiber- 
schwemmten Mauseleber. 

Die wichtigste Frage ist wohl die nach dem weiteren 
Schicksal der gefressenen Bakterien und der FreBzellen. Meine 
Versuche, von denen hier uur zwei Beispiele herausgegriffen 
sind, waren gerade auch darauf gerichtet, aber die technischen 
•Schwierigkeiten einer sicheren F&rbung und Wiedererkennung 
veranderter Kokken und Zellen sind so groB, daB diese histo- 
logischen Untersuchungen nocli nicht abgeschlossen sind. Aus 
den eingangs berichteten Kulturversuchen an den getfiteten 
Versuchstiereu geht aber hervor, daB die eingefiihrten Kokken 
meist im Laufe des 2. und 3. Tages vbllig zugrunde gingen, 
so daB auch die Leber, in der sie hauptsachlich gespeichert 
werden, keine oder nur spSrliche lebensfahige Keime mehr 
enthielt. Da sie nun schon in der ersten halben Stunde fast 
vollzahlig, in der Mehrzahl schon nach wenigen Minuten, in 
die Endothelien eingeschlossen sind und bisher keinerlei Be¬ 
funde darauf hindeuten, daB sie etwa in lebensfahigem Zu- 
stande oder kenntlicher Form wieder aus diesen Zellen frei 
werden, so muB man wohl annehmen, daB sie durch und inner- 
halb dieser Zellen getotet und zerstort werden. 

Diese Beobachtung bezieht sich zunkchst freilich nur auf 
die Maus und avirulente Kokken; aber schon die eben an- 
gefiihrte Arbeit von Evans, Bowman und Winternitz 
zeigt Aehuliches bei anderem Versuchstier und Mikroorganis- 
men, wenn auch das spatere Schicksal der virulenten TuberkeL 



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Phagozytose durch Endothelzellen. 


383 


bacillen freilich ein anderes ist. Der Plan meiner Versuche 
war, nach Ausarbeitung der Methode sie in jeder Weise zu 
variieren, sowohl bezfiglich der Versuchstiere als der Bakterien: 
verschiedene Arten und insbesondere auch Stfimme verschie- 
dener Virulenz zu benOtzen, und zu untersuchen, ob und unter 
welchen Bedingungen auch diese der Phagozytose durch Endo- 
thelien unterliegen. 

Die Vermutung spricht dafiir, daB fflr die Endothel- 
phagozytose ahnliche Gesetze gelten, wie fQr die durch Wright 
und Neufeld aufgeklarte Phagozytose durch die polymorph- 
kernigen Leukozyten: daB vollig avirulente Bakterien auch 
ohne jede Serumwirkung gefressen werden, daB aber Normal- 
serum (Opsonin Wrights) die Phagozytose steigert und seine 
Einwirkung bei der Mehrzahl aller parasitischen Keime Vor- 
bedingung ist, daB hochvirulente Bakterien nur nach Ein¬ 
wirkung von Immunserum (Bakteriotropiu Neufelds) ge¬ 
fressen werden und endlich Schleimkapseln die Phagozytose 
flberhaupt hemmen. In den hier vorgefuhrten Versuchen ist 
eine Einwirkung des Normalserums vorhanden, die aber in 
dem geschilderten Falle doch nur sehr kurz, kaum eine Minute 
gedauert haben kann, bis schon kraftige Phagozytose durch 
die Endothelien einsetzt. * 

Inzwischen haben nun Amerikaner auch mit Pneumo- 
kokken Versuche angestellt, iiber die mir nur kurze Auszflge 
vorliegen. Berry und Melick (14) injizierten Tauben in die 
Leibeshohle Pneumokokken, die im Laufe von 2 Stuuden in 
Leber und Milz fiberfiihrt und dort „innerhalb fester Gewebs- 
phagozyten lokalisiert“ wurden, ebenso wie nach Einfiihrung 
in die Blutbahn. In diesen Organen wurden sie dann inner- 
halb 24 Stunden zerstfirt. Manwaring und Coe (15) 
machten Versuche an kiinstlich durchstrSmten Lebern mit 
Pneumokokken und fanden, daB Antipneumokokkenserum noch 
in mehrhundertfachen Verdiinnungen deutlich die Phagozytose 
durch die Leberendothelien befSrderte, wdhrend an Kapillaren 
anderer Organe keine Wirkung merklich gewesen sein soil. 
Jones und Rous (16) endlich experimentierten in vitro mit 
nach Car re 11s Methode kiinstlich gezuchteten embryonalen 
und jugendlichen Bindegewebszellen von Hflhnern und Ratten. 
Sie fanden, daB nur ein Teil der gezflchteten Zellen sich als 


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Werner Rouenthal 


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Phagozyten bet&tigt, nicht die echten Fibroblasten, und nehmen 
nach ihrem Aussehen an, daB diese Phagozyten vom Endothel 
stammen. Diese Zellen nahmen Karmin und Staphylokokken 
auf — letztere aber nur bei Zusatz von Serum, also bei Op- 
soninwirkung; wurden ihnen andere, virulente Kokken dar- 
geboten, dann trat Phagozytose nur ein, wenn Iinmunserum 
aus der gleicheu Tierart der Probe zugesetzt war, also nach 
Bakteriotropinwirkung. 

Diese fremden und meine eigenen Beobachtungen scheinen 
mir zu beweisen, daB die Phagozytose durch Endothelzellen 
eine allgemeine Erscheinuug ist und daB sie an Umfang und 
Bedeutung die bisher fast ausschlieBlich gewiirdigte Phago¬ 
zytose durch Wanderzellen weit iibertrifft; und weiterhin, daB 
sie keine nebensachliche Begleiterscheinung in dem Kampf 
zwischen Metazoon und Infektionserregern ist, sondern daB 
durch sie groBe Mengen von Mikroorganismen vernichtet werden 
kbnnen; damit soil die ebenso wesentliche Bedeutung der 
humoralen Antikorper, die je nach dem Einzelfall mehr als 
vorbereitende Mitwirkung oder als konkurrierende gleich- 
zeitige Wirkung in Erscheinung tritt, in keiner Weise be- 
stritten werden. 


Zusammenfassung. 

Die phagozytare BetStigung von Endothelzellen ist zwar 
lange bekannt, aber bisher wenig beachtet gewesen. 

Zwecks ihrer Untersuchung wurden Miiusen avirulente 
Kokken in groBer Menge intravends eingespritzt. Es ergab 
sich, daB die GefaBendothelien aller Organe solche Kokken 
aufnehmen und vernichten kSnnen. Am tatigsten in dieser 
Beziehung erscheinen die Endothelzellen der Leberkapillaren; 
die Kupfferschen Sternzellen sind vermutlich dazu be- 
sonders geeignete Zust&nde der letzteren. 

Diese Phagozytose setzt sofort nach dem Eintritt in die 
Blutbahn ein; bei avirulenten Kokken ist zur Abtotung in 
den Endothelien Uingere Einwirkung von Serum nicht n5tig. 

An der Hand freinder Untersuchungen wird die all- 
gemeinere Geltung dieser Erfahrungen erortert. 


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Phagozvtose durch Endothelzellen. 


385 


Literatur. 

1) W. Rosenthal, Verhandlungen der Deutschen Pathologischen Ge- 
sellschaft, 17. Tagung. Jena, G. Fischer, 1914, p. 286—289, mit Tafel. 

2) — Tierische Immunitat. Braunschweig, Friedr. Vieweg & Sohn, 1914, 
p. 174-175. 

3) Jos. Koch, Berl. klin. Wochenschr., 1914, p.289. 

4) Wyssokowitsch, Zeitschr. f. Hyg., Bd. I, 1886. 

5) J. C. Briscoe, Vortr. Brit. Med. Ass. Exeter, 1907, Sect, of Pathology, 
Bericht in Bfit. Med. Journ., 1907, Vol. II, p. 1423—24, und in 
Weichardts Jahresber. iiber Immunitatsf., 1907, Bd. Ill, p. 96. 

6) B. H. Buxton, Vortr. ebendort, Bericht ebendort p.1421—22, und 
ebenda p. 98. 

7) Landan und Me Nee, Zieglers Beitr. z. path. Anat., Bd. 58, 1914, 
p. 667—692, insbe 80 ndcre p. 688—692. 

8) Kusama, Zieglers Beitr. z. path. Anat, Bd. 55, 1913, p.459—544. 

9) Aschoff und Kijono, Fol. haematol., Vol. 15, Heft3, 1913, p.383. 

10) Edwin E. Goldmann, Bruns Beitr. z. klin. Chir., Bd. 64, p. 192 
bis 265. 

11) V. Schilling. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 88, 1919, p. 377—397; hier 
auch fruhere Literatur. 

12) — Diskussion in der Berliner Medizinischen Gesellschaft, 23. Juli 1919, 
Bericht in Berl. klin. Woehens<hr., 1919, p. 1074—75. 

13) H. M. Evans, Fr. B. Bowman and M. C. Winternitz, Journ. 
of Exper. Medic., Vol. 19, p. 283—302, und Stud, from the Rockefeller 
Inst. Repr., Vol. 21, 1915, p. 35-52. 

14) F. Berry and C. O. Melick, Journ. of Immunity, Vol. 1, 1916, 
p. 119—124; ref. in Centralbl. f. Biochcmie, Bd. 21, p.476. 

15) W. H. Man waring and H. C. Coe, Journ. of Immunity, Vol. 1, 

1916, p.404—408; ref. in Centralbl. f. Biochemie, Bd. 21, p.475. 

16) F. 8. Jones and Peyton Rous, Journ. of exper. Med., Vol. 25, 

1917, p. 189—193, und Stud, from the Rockefeller Inst. Repr., Vol. 26, 
p. 97-101. 


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386 


E. Friedberger und Paul SchrSder, 


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Nachdruck verboten. 

[Aufl dem Hygiene-Institut und der Psychiatrischen Klinik der 
Universitftt Greifswald.] 

Gehlrnverandemiigeii helm Meerschwelnchen nach Infek- 
tion mit dem Bacillus Weil-Fcllx (B. t) plii exanthcniatici)'). 

Von Prof. Dr. E. Friedberger und Prof. Dr. Paul Schroder. 

Mit 3 Tafeln. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 15. Oktober 1920.) 

I. 

Von E. Friedberger. 

Man stand zu Anfang des Weltkrieges so sehr im Bann 
der von Nicolle kurz zuvor begrundeten, besonders von 
daRocba-Liraa propagierten Anschauungen, daB das Fleck- 
fieber dnrch ein filtrierbares Virus flbertragen wtirde, das 
in der Laus einen Entwicklungsgang durchmacht, daB nur Be- 
funde und Mitteilungen in dieser Richtung, und zwar beinahe 
von alien Autoren ausnahmslos anerkannt wurden. So ge- 
wannen die dahin gehenden Angaben von Rocha-Lima 2 ), 
T6pfer 8 ), Kuczinski 4 ), Jungmann 5 ) u. a. weitgehende 
Beachtung, obwohl das Beweismaterial, wie Friedberger 6 ) 
frfiher an anderer Stelle zuerst gezeigt hat, durchaus unzu- 
l&nglich und anfechtbar ist. 

1) Ergebnisse, vorgetragen im Greifswalder Med. Verein, SitzuDg vom 
8 . XI. 1919, Deutsche med. Wochenschr., 1920, p. 143; Tagung der Freien 
Vereinigung fiir Mikrobiologie in Jena, 10. September 1920. 

2) Rocha-Lima, Med. Klinik, 1917, No. 43; Munch, med. VVochen- 
schrift, 1918, No. 52; Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg., 1918 u. 1919. 

3) Topfer und Schiifller, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1157. 
T5pfer, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1151; ebenda, 1916, p. 1383; 
Berl. klin. Wochenschr., 1916, p. 324. 

4) Kuczinski, Centralbl. f. allg. Path., Bd. 29,1918, No. 10; ebenda, 
Bd. 30, 1919, No. 2; Kuczinski und Jaff6 , ebenda, Bd. 30. 

5) Jungmann und Kuczinski, Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 85, 
H. 3 u. 4. 

6 ) Berl. klin. Wochenschr., 1916; Deutsche med. Wochenschr., 1917. 



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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw. 387 

Der Wucht der Tatsachen hat man sich freilich auch be- 
zfiglich der Reaktion von Weil-Felix nicht verschlieBen 
kOnnen. Aber so gut wie alle Autoren, einmal in der eben 
erw&hnten Richtung befangen, haben sie sich doch entschieden 
dagegen gestr&ubt, dieser Reaktion irgendeine fitiologische 
Bedeutung fiber ihren diagnostischen Wert zuzusprechen. 

Wenn man spfiter einmal, in gewissem zeitlichen Abstand, 
die Geschichte der Fleckfieberforschung rfickschauend be- 
trachten wird, dann mag es einen eigenen Reiz gewfihren, zu 
beobachten, wie fast allgemein um vorgefaBter MeinuDgen 
willen die natfirlichste und einfachste Erklfirung der Weil- 
Felixschen Reaktion mit den gewundensten Erklfirungsver- 
suchen zurfickgewiesen worden ist. 

Ein ErlaB des Kgl. preuBischen Ministeriums des Innern 
vom 14. Februar 1917 dekretierte apodiktisch, „daB der Pro- 
teusbacillus nicht der Erreger des Fleckfiebers ist tt . 

„Eine rein epezifische Reaktion im atiologischen Sinne, wie die 
Widalsche Probe bei Typhus und Cholera, kann die Weil-Felixsche 
Reaktion schon deshalb nicht sein, weil X 19 ebensowenig wie einer der 
anderen Keime als Erreger des Fleckfiebers in Frage kommt“, 

sagt Dietrich 1 ),' und fihnlich Starkenstein 2 ): 

„Dafi eine derart epezifische Reaktion wie die Weil-Felixsche den 
Gedanken an eine Beziehung des proteusartigen Bacillus zum Krankheits- 
erreger nahelegte, erscheint begreiflich. Andererseits aber stehen solchen 
Vermutungen die unumstofilichen Beweise entgegen, dafi eine Infektion 
von Mensch zu Mcnsch beim Fleckfiebcr ausgeschlossen und nur durch 
die Laus als Zwischentrager erfolgen kann, was eben die Annahme einea 
Generationswechsels des Erregers in der Laus notwendig macht.“ 

Fur Kolle und SchloBberger 3 ) 

„ist es so gut wie sicher, dafi dieser Bacillus nicht der Erreger des 
Fleckfiebers ist“. 

Nicht anders lauteten die Urteile von Otto, Gotschlich 
und vielen anderen. Wie aber war die klare Tatsache der 
regelmaBigen starken Agglutination des Fleckfieberserums zu 
erklfireu? Zunfichst dachte man, das ist ja das Naheliegendste, 
an Mischinfektion. 

„8ein anscheinend haufiges Vorkommen im Urin von Fleckfieber- 
kranken lafit sich vielleicht als Folge einer Mischinfektion erkliiren. Die 

1) Dietrich, Deutsche med. Wochcnschr., 1916, No. 51, p. 1570. 

2) Starkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 5. 

3) Kolle und SchloBberger, Med. Klinik, 1917, No. 10, p. 263. 


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388 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


im Darm der meisten Menschen vorkommenden Proto usarten dringen 
vielleicht bei den meisten P'leckfieberkranken von diesem Organ aus in den 
Korper ein“ (Kolle und SchloBbcrger). 

DaB der Bacillus, wenn auch nicht gerade hSufig. aus dem 
Korper des Kranken geziichtet wurde [Weil und Felix 1 ), 
Dienes 2 ) und andere], war ein Argument dafiir. Aber das, 
was man bei Fleckfieberkranken hier und da im Darm fand, 
war Proteus vulgaris, was aber bei Fleckfieberkranken im Blut 
vorkam, die typischen X-Stamme. 

Man war dann schon zur Hilfshypothese einer Umzuch- 
tung des Proteus vulgaris im Korper gezwungen. Schon fruher 
habe ich 3 ) darauf hingewiesen, daB es dann auch nicht zu ver- 
stehen sei, 

„weshalb gerade immer ein ganz bestiramter, wohlcharakterisierter, 
saprophytischer Proteusbacillus vom Darm aus gerade nur bei Fleckficber 
und nicht bei den zahlreichen Darminfektionen (Typhus, Ruhr, Cholera), 
bei denen ja die Weil-Felixsche Reaktion negativ ist, ins Blut gelangt 
und so intensiv Antikorper erzeugt.“ 

Der Proteus, der die Darm wand passieren und dann vom 
Blut aus die Weil-Felixsche Iteaktion erzeugen soli, die 
spezifische Reaktion ausschlicBlich fur die X-Stamine, fehlt 
aber bei diesen Krankheiten anscheinend ganz, denn hier ist 
ja die Weil-Felixsche Reaktion negativ. 

Die Heranziehung der Verhaltnisse bei der Schweinepest 
ist, wie ich gleichfalls schon an anderer Stelle gezeigt habe, 
nicht statthaft. 

Die ErklBrung der Weil-Felixschen Reaktion als Folge 
einer Mischinfektion befriedigte also nicht. 

Ihre Deutung als Paragglutination [Dietrich 4 ), 
Otto 5 ), S t a r k e n s t e i n 6 ), 0 e 11 i n g e r 7 ) u. a.] ist gleichfalls 

1) Weil und Felix, Wiener klin. Woehcnschr., 1916. No. 2. 

2) Dienes, Feldiirztl. Beil, der k. u. k. Armee 14. Mai 1916, No. 11, 
p. 6; Deutsche med Wochenschr., 1919, No. 1. 

3) Friedberger, Deutsche mcd. Wochenschr., 1917, p.1316/17. 

4) Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1916, p. 1570. 

5) Otto, Deutsche med. Wochenschr., 1915. p. 1325 u. 1357; Med. 
Klinik, 1916, No. 44; Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 7, p. 173. 
Otto und Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1917, p. 477. Otto, 
Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 30. 

6 ) Starkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 5; Med. 
Klinik, 1917, No. 29. 

7) Oettinger, Centralbl. f. Bakt, Orig., Bd. 80, H. 6, p. 304. 


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Gehirnveranderungen beim MeerschweiDchen usw. 


389 


zurflckzuweisen. Die Konstanz der Agglutinationsfahigkeit der 
Weilschen Bacillen, die Tatsache, daB es sich bei X 19 um 
einen am 4. Krankheitstag aus dem KSrper gezflchteten Keim 
handelt, die Tatsache, daB selbst beim Rflckgang der Aggluti¬ 
nation Zuchtung auf geeignetere Nahrboden die AgglutinabilitSt 
wiederherstellt (Schiff), spricht nicht fur diese Theorie. 

DaB andere, aus dem Stuhl von Fleckfieberkranken ge- 
ziichtete Bakterienarten nicht auch durch Fleckfieberserum 
agglutiniert werden, wie es doch bei der Paragglutination der 
Fall sein miiBte, habe ich (a. a. 0.) zuerst allgemein gezeigt 
und andere haben es noch speziell ftir die Proteusst&mme be- 
st&tigt. Ebensowenig gelingt es durch kfinstliche Zuchtung 
anderer Proteusstamme in Fleckfieberblut diese agglutinabel 
zu machen [Braun 1 ) und Salomon 2 ), Salus 3 ), Jurgens, 
Oettinger]. Demgegenuber konnen die Versuche von Papa¬ 
in ark u 4 ) keine Beweiskraft beanspruchen. SchlieBlich zeigen 
die Bindungsversuche von Friedberger die Haltlosigkeit 
der Paragglutinationshypothese. Auch ist endlich iiberhaupt 
durch neuere Untersuchungen die ganze Tatsache der Par- 
agglutination in Zweifel gezogen. 

Die Behauptung einer besonderen polyaggluti- 
natorischen Qualitat des Fleckfieberserums (Welt- 
mann, Krone und andere) hat sich nicht bestatigt. Die 
diesbezuglichen ungenauen Angaben Da Rocha-Limas 6 ) 
haben durch Weil 6 ) die gebiihrende Zurflckweisung erfahren, 
der nachweist, daB Rocha-Lima „die Materie mangelhaft 
beherrscht a und ihm „Verwechslungen und Ungenauigkeiten 11 
in vielfacher Richtung vorwirft. 

Auch ein besonders physikalisches, chemisches 
Verhalten des Fleckfieberblutes [Weltmann 7 ). 

1) Braun, Berl. klin. Wochenschr., 1918, No. 2; Deutsche med. 
Wochenschr., 1918, No. 3; Centralbl. f. Bakt., Abt. 1,1918, H. 1/2; ebenda, 
Abt. I, 1918, H. 3/4; Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 18. 

2) Braun und Salomon, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No.3, 
p. 59; Braun und Schaeffer, Berl. klin. Wochenschr., 1919, No. 18. 

3) Salus, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, Bd. 80, 1917, p. 196. 

4) Papamarku, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 87, 1918, p. 468. 

5) Da Rocha-Lima, Ergebnisse von Lubarsch-Ostertag, 19. Jahrg., 
1919, Abt. I, p. 159—304. 

6 ) Weil, Deutsche med. Wochenschr., 1920, p. 343. 

7) Weltmann, Wien. kl. Wchschr., 1916, No. 19; ebenda, 1917, No. 13. 

Zeltichr. f. ImmunlUUfonchuiif. On*. Bd. 31. 26 


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390 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


Elias 1 ), Mautner*), Epstein*)], wie es in der Welt- 
man nschen Trflbnngsreaktion in Erscheinnng tritt, kann nicht 
die Ursache der Weil-Fel ixschen Reaktion sein, denn sie 
geht nicht mit dieser parallel und auBerdem ist ja die Aggluti¬ 
nation nicht die einzige Erscheinungsform der Weil-Felix- 
schen Reaktion. 

Dietrich, sowie Steiner hatten allerdings scheinbar 
(z. B. mit der Komplementablenkungsreaktion) negative Resul- 
tate, und Dietrich hat auch daraus geschlossen, dad die 
Fleckfieberagglutination nach Weil-Felix von den „rein 
spezifischen Reaktionen im Stiologischen Sinne“ verschieden sei. 

Durch Kolle und SchloBberger*), Sachs und SchloB¬ 
berger 5 ), Reichenstein 6 ), Friedberger 7 ), Wagner 8 ) 
und andere ist die Unrichtigkeit der Befunde von Dietrich 
und Steiner 9 ) dargetan, und auch Papamarku 10 ) hat spSter 
in seinen Arbeiten aus dem Laboratorium von Otto sich der An- 
sicht der eben erwahnten Autoren angeschlossen. Bakterizide 
AntikOrper sind im Meerschweinchenversuch gleichfalls von 
Kolle und SchloBberger, Friedberger nachgewiesen, 
von letzterem auch PrtLzipitine. 

In der unbegreiflichen, hie und da vielleicht durch die vor- 
gefaBte Meinung uber die Aetiologie des Fleckfiebers bedingten 
Scheu, die Weil-Felixsche Reaktion anf einfache und natOr- 
liche Weise zu deuten, hat man noch gekiinsteltere ErklSrungs- 
mbglichkeiten herangezogen. Kolle und SchloBberger 
diskutieren die Moglichkeit, daB die Agglutination ein Analogon 
heterogenetischer AntikOrper ist. Sie meinen, daB 

1) Elias, Wiener klin. Wochensehr., 1918, No. 11. 

2) Mautner, Wiener med. Wochensehr., 1918, No. 9. 

3) Epstein, Wiener med. Wochensehr., 1918, No. 36; Epstein und 
Morawetz, Wiener klin. Wochensehr., 1917, No. 13. 

4) Kolle und SchloBberger, Med. Klinik, 1917, No. 10. 

5) Sachs und SchloBberger, Arb. a. d. Inst. f. exper. Ther. in 
Frankfurt a. M., 1919, No. 6. 

6 ) Reichenstein, Deutsche med. Wochensehr., 1917, No. 18. 

7) Friedberger, a. a. O. 

8 ) Wagner, Munch, med. Wochensehr., 1917, No. 24. 

9) Steiner, Deutsche med. Wochensehr., 1919, No. 41; Steiner 
und Vitecek, Arch. f. klin. Med., 1916, p. 120. 

10) Papamarku, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 87, 1918; CentralbL f. 
Bakt., Abt. I, Bd. 77, H. 2; Berl. klin. Wochensehr., 1917, No. 27. 


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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw. 


391 


„die spezifischen Agglutinine und komplementbindendeu Stoffe weder 
ala Gruppenagglutinine, noch unter dem EinfiuG der Infektion mit Bacillus 
X19 entatehen, sondem von den Korperzellen unter dem Einflufi der Injektion 
mit dem noch unbekannten Fleckfiebererreger abgestofiene Rezeptoren mit 
zufalliger spezifischer Einpassung auf die haptophoren Gruppen des X 19.“ 

Dazu bemerkte Friedberger: 

„Diese Hypo these setzt also", wie ich schon friiher erwahnt habe, 
„vorans, dafi ein hypothetischer Fleckfieberreger, der einen besonderen Ent- 
wicklungsgang durchmachen soil und also gar nicht zu den Bakterien ge- 
hort, ein spezifisches Agglutinin fiir ein Bakterium erzeugt, das, wie ich 
noch spater zeigen werde, mit dem mit diesem Bakterium selbst durch 
Immunisierung von Tieren gewonnenen Agglutinin identisch ware." 

Schiff 1 ) hat weitere Argumente beigebracht, die gleich- 
falls die Unhaltbarkeit der Auffassung von Kolleund SchloB- 
berger best&tigen. 

Ausgehend von der Tatsache, daB jedes normale Serum in 
starken Konzentrationen Agglutinine gegen X 2 und X 19 ent- 
hait und daB diese Normalagglutinine die gleiche Labilit&t zei¬ 
gen, wie die der Patientensera, kommen Braun und Salomon 
zu der Auffassung, daB es sich bei der Weil-Felixschen 
Reaktion lediglich um eine starke Vermehrung normaler 
Agglutinine handle, die zufallig gegen besondere Proteus- 
st&mme gerichtet sind. Der AnlaB zu dieser Agglutination s- 
bildung sollen die hypothetischen Erreger des Fleckfiebers 
sein, die in den weiBen Blutkorperchen siiBen. 

Aus alien, man mochte fast sagen krampfhaften, Er- 
kl&rungsversuchen, die mit dem Zufall und ungewissen Hypo- 
thesen operieren, spricht nichts weiter als das Bestreben, die 
Weil-Felixsche Reaktion unter das Dogma unterzuordnen, 
daB das Fleckfieber durch ein invisibles, filtrierbares Virus 
besonderer Art hervorgerufen wird, das in der Laus einen 
Entwicklungsgang durchmacht. Mit Recht sagt Zlocisti 2 ) in 
seinem ausgezeichneten Sammelreferat: 

„Unser wissenschaftliches Bediirfnis nach einem Kausalnexus wird 
nicht befriedigt durch Begnffe wie Zufall; besonders wenn der Zufall 
herdenweise auftritt. Die X-Stiimme, eine zufallige Mutation, zufallig 
(immer nur) bei Fleckfieber gefunden; Agglutinine — seien es vermehrte 
Normalagglutinine, seien es solche aus heterogenetischer Antigenwirkung — 

1) Schiff, Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 6; Zeitschr. f. Im- 
munitatsf., 1919. 

2) Zlocisti, Epidemiologie und Diagnostik des Fleckfiebers. Wei- 
chardts Ergebnisse, Bd. 4, 1920. 

26* 


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392 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


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zufallig gegen die zufallig bei Fleckfieber gefundenen, zufallig zu X-Stammen 
mutierten Proteus vulgaris gerichtet." 

Es ist begreiflich, daB bei dieser Scheu, die Weil-Felix- 
sche Reaktion irgendwie mit den VorgSngen in Beziehung zu 
bringen, mit denen wir bei anderen Krankheiten die Aggluti¬ 
nation verknfipfen, d.h. mit einer Infektion mitdem betreffenden 
Erreger, die von mir zuerst auf Grund der Tatsachen und von 
Bindungsversuchen entwickelte Anschauung, daB der X-Bacillus 
der Erreger des Fleckfiebers sei, allgemeine Ablehnung und 
scharfe Zuruckweisung erfuhr. Und doch war es die Kon- 
sequenz, die sich mir bei objektiver, vorurteilsloser Betrachtung 
der Tatsachen und objektiven Wfirdigung der iibrigen Er- 
klarungsmoglichkeiten zwingend aufdrangte; denn das einzige, 
was dagegen sprach, die Meerschweinclienversuche, vor alien 
Dingen die Iminunisierungsversuche am Meerschweinchen, die 
eine gekreuzte Immunit&t auf Grund von Fieberversuchen 
n i c h t ergaben, sind zum groBen Teil, wie ich an anderer 
Stelle x ) gezeigt habe, technisch anfechtbar. Sie sind auch 
durch neuere Versuche, die ich in Gemeinschaft mit Schiff 
angestellt habe und tiber die demnachst in der Berliner klin. 
Wochenschrift berichtet werden wird, nunmehr widerlegt. 

Doch haben nach mir alsbald andere Autoren zahlreiche 
Argumente angefiihrt, die auf eine prinzipielle Verschieden- 
heit des „Fleckfieber-Infektionsserums tt von dem mit Bacillus 
X 19 und X 2 erzeugten „Injektionsserum“ beim Kaninchen 
sowohl wie beim Menschen hinwiesen. 

Dieses sind die wichtigsten Unterschiede: 

1) Die Infektionssera („Fleckfiebersera“) agglutinieren die 
O-Form des Bacillus feinflockig. Die Injektionssera („Immun- 
sera“) agglutinieren die O-Form der eigenen Gruppe fein¬ 
flockig, die eigene H-Form auch grobflockig (H-Form der 
X 2-Gruppe nur grobflockig). 

2) Das Infektionsserum ist thermolabil (63—65°) [Ham¬ 
burger und Bauch 2 )], das Injektionsserum ist hitzebest&n- 
diger, Zerstorung der Agglutinine erst bei 75° [Jakobitz *)]. 

3) Injektionsserum agglutiuiert X 2 und X 19 gleichmtiBig 

1) Friedberger, diese Zeitschr., Bd. 29, 1920, p. 125. 

2) Hamburger und Bauch, Deutsche med. YVoehenschr., 1917, 
No. 36 u. 39. 

3) Jakobitz, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 1918, H. 4,5. 



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Gehimveriindeningen beim Meerschweinchen usw. 


393 


hoch, Infektionsserum den X 2 i. R. bedeutend schwScher 
[Weil und Felix 1 )]. 

4) Infektionsserum agglutiniert nur die Bakterien der 
X-Gruppe, das Injektionsseruin auch nahe verwandte Arten 
(Proteus der „Gruppe III“, teilweise der „Gruppe II“) [Braun 
und Salomon 2 ), Weil uud Felix 3 )]. 

5) Infektionsserum agglutiniert nicht mehr altere Auf- 
schwemmungen lebender Keime, Injektionsseruin unver&ndert 
[Sachs 4 )J. 

6) Infektionsserum agglutiniert fast nicht mehr auf 50 bis 
55° erhitzte Bakterien des gewohnlichen X 19 [Dietrich 6 )], 
wohl aber wieder starker erhitzte [Cs6pai 6 ), Sachs 7 ), 
Schiff 8 )], Injektionsserum zeigt ein solches Verhalten gegen- 
iiber auf 50° erhitzten Bakterien nicht. 

Bei alien diesen Versuchen ist es gleichgiiltig, ob das In¬ 
jektionsserum beim Menschen Oder Kaninchen gewonnen ist. 

Da Prausnitz 9 ) seine Versuche mit der gewohnlichen 
X 19-Form und nicht mit der reinen O-Form angestellt hat, so 
war auch bei diesem Antiserum vom Menschen kein anderes Ver¬ 
halten zu erwarten als bei den fruheren Kaninchenimmunseris. 

In der nachstehenden Tabelle (p.394) sind die Unterschiede 
zwischen dem Infektionsserum und dem Immunserum im agglu- 
tinatorischen Verhalten noch einmal iibersichtlich zusammen- 
gestellt. In dieser Tabelle bedeutet „f“ feine Agglutination, 
„g“ grobe Agglutination, [ ] „theoretisch zu erwarten, aber 
noch nicht untersucht“ 10 ). Die Unterschiede, wie sie zwischen 

1) Weil und Felix, Feldarztl. Blatter der k. u. k. 2. Armee, 1916, 
No. 11. 

2) Braun und Salomon, Centralbl. f. Bakt., Abt. I, 1919, H. 3/4. 

3) Weil und Felix, Wiener klin. Wochenschr., 1917, No. 13. 

4) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 17; Sachs und 
Schloflberger, Arbeiten a. d. Inst. f. exp. Therap. in Frankfurt a. M., 
1919, No. 6. 

5) Dietrich, Deutsche med. Wochenschr,, 1916, No. 51. 

6) Cs6pai, Munch, med. Wochenschr., 1917, No. 26; Wiener klin. 
Wochenschr., 1917, No. 38 u. 40; Munch, med. Wochenschr., 1919, No. 4. 

7) Sachs, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 31. 

8) Schiff, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 41. 

9) Prausnitz, Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 12. 

10) Anm. bei der Korrektur: Diese Untersuchungen sind inzwischen 
in meinem Institut von den Herren Dr. Buchner und Zorn ausgefuhrt 
worden und habcn zu dem erwartetcn Ergebnis gefiihrt. 


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394 


E. Friedberger und Paul Schrdder, 


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Infektionsserum und Immunserum deutlich zutage treten, waren 
wohl geeignet, die Anschauung Friedbergers fiber die Er- 
regernatur des Bacillus Weil-Felix zu widerlegen. 


Unerhitztea Immunserum 

Infek- 

X 19 

X 19 

X 2 

tions- 

(0 u.H) 

(0) 

(Ou.H) 

f 

f + g 

f 

g 

f 

f 

f 

0 

0 

g 

0 

g+ f 

0 

g 

0 

g 

0 

g 

0 

g 

0 

f 

f 

0 

f 

§ 

f 

f 

f 

0 

f 

f 

f 

0 

f 

f 

f 

0 


Bacillen 


Infek- ■ X 19 1X19 
tions-;(Ou.H)j (0) 


70° erhitztes Immunserum 


X 2 

(Ou.H) 


X 19 (O u. H) 

X 19 (0) 

X 2 

III. Gruppe 
^ ^ 150_56 °| 


ISo-58-' 

(U ' |> 60° 

[ ] = theoretisch zu erwarteu, aber noch nieht untersucht. 


0 

0 

[0] 

[ 0 ] 

0] 

0 

;o 

[o 

[0 

[0 


o 


In den genialen Versuchen der Aufspaltung der Proteus- 
stfimme in 0- und H-Form durch Weil und Felix und bei 
der feineren Analyse der entsprechenden Immunsera stellte 
sich jedoch heraus, daB das Infektionsserum des Menschen, 
also das echte Fleckfieberseruin, sich genau verhfilt wie das mit 
der reinen O-Form des X-Bacillus erzeugte Injektionsserum. 
Alle bisher angeffihrten prinzipiellen Unter- 
schiede, die von den Autoren zwischen Fleck- 
fieberseruin und X 19-Serum aufgestellt worden 
sind, fallen da mit weg. DasFleckfieberserum ist 
danach tatsfichlich identisch mit dem X 19-O-Ira- 
munserum. Ja unsere weiteren Untersuchungen haben ge- 
zeigt, daB durch Meerschweinchenvirus beim Kaninchen er- 
zeugtes agglutinierendes Serum (Weil und Felix) mit dem 
Patientenserum einerseits und dem O X 19-Kaninchenimmun- 
serum andererseits im agglutinatorischen Verhalten vollkommen 
fibereinstimmt. 

Diese neueren Ergebnisse, weit davon entfernt, die scharfeu 
Angriffe gegen die Identifizierung des X 19 mit dem Fleck- 
liebererreger zu rechtlertigen, sind nur dazu geeignet, die 
von Friedberger behauptete Identitat zu stfitzen, sofern man 
nur annimmt, daB im Kfirper der Kranken die reine O-Form 
vorkommt, bzw. antigen wirkt. 

Wenn auch Weil und Felix selbst sich bezfiglich der 



Origirval from 

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Gehirnveranderungen beim Meerschweinchen usw. 395 

Erregernatur sehr reserviert ausdrdcken und zun&chst nur 
schreiben: 

„Wir zweifeln nicht mehr daran, dafi der von uns gefundene Eeim 
im Organismua dea Fleckfieberkranken eine apezifiache Rolle epielt, ohne 
ihn jedoch fur den Erreger dea Fleckfiebera zu halten. Diesen Keim ala 
Erreger dea Fleckfiebera anzuaehen, halten wir una nicht fiir berechtigt", 

und weiterhin 

„in dem Mikroorganiamua lediglich ein Hilfamittel fiir die Fleckfieber- 
diagnoae sehen 1 ', 

so kann doch nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen gar 
kein Zweifel mehr dartiber bestehen, daB die Weil-Felixsche 
Reaktion eine echte Antigen-AntikQrperreaktion ist, eine An- 
schauung, die merkwhrdigerweise bisher auBer Weil-Felix, 
Friedberger, Schiff, Zlocisti, Bien 1 ), noch alle anderen 
Autoren, die sich mit der Frage der Weil-Felix-Reaktion 
besch&ftigen, ablehnen. 

Ein weiteres Argument, das gegen die Erregernatur des 
X 19 angeffihrt wurde, soil, wie schon erw&hnt, dariu bestehen, 
daB das Blut Fleckfieberkranker beim Meerschweinchen Im- 
munitat bedinge, gegen Fleckfieberblut, nicht aber gegen 
X 19 und umgekehrt, was sich aber auf Grund der schon er- 
wahnten neueren Versuche von mir in Gemeinschaft mit 
Schiff nicht mehr aufrecht erhalten l&Bt. 

Ich habe an anderer Stelle schon auf die Schwierigkeit 
der Beurteilung der Infektion und mehr noch der ImmunitSt 
beim Fleckfieber des Meerschweinchens auf Grund der bloBen 
Fieberreaktion hingewiesen. Die Versuche sind zudem, 
soweit mir bekannt, nicht mit der reinen O-Form 
ausgefiihrt; daB Fleckfiebermenschenblut unter Umstfinden 
beim Meerschweinchen durch die geringen Mengen darin vor- 
handener O-Bacillen eine latente Infektion geben konnte, ware 
an sich ja nicht weiter verwunderlich bei einem Erreger, der 
selbst in der gewohnlichen Agarkultur, wie ich gezeigt habe, 
fiir diese Tierspezies noch virulent sein kann. DaB durch 
Passagereihen dieses Virus fiir das Meerschweinchen schlieB- 
lich zu einer Art von „Virus fixe“ wird, freilich mit nur mini- 
maler Virulenz, dafiir gibt es ja auch bekannte Analogien. Die 
Tatsache, daB es gelingt, mit dem Gehirn solcher Tiere einen, 


1) Bien, Wiener klin. Wochenschr., 1919, No. 5. 


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396 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


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wenn auch niederen Weil-Felix beim Kaninchen zu erzielen 
(Weil und Felix), spricht dafOr. Schwierigkeiten bereitet 
nur die Tatsache, dafi beim infizierten Meerschweinchen selbst 
Agglutininbildung noch nicht einwandfrei beobachtet worden 
ist und der Bacillus aus dem Gehirn bisher nicht gezflchtet 
werden konnte. Doch deckt sich, wie ich gerade fflr den 
X-Bacillus schon 1916 betont habe, Vorkommen im Korper 
und MGglichkeit der ZGchtung aus dem Korper keineswegs. 
Die Geschichte der TyphusbacillenzGchtung aus dem Blut 
mahnt hier zur Reserve. 

In den Gehirnen solcher Tiere hat nun zuerst M. L6h- 
lein mikroskopische VerSnderungen in Form jener peri- 
vaskulSren Zellanhaufung gesehen, wie sie beim Menschen be- 
schrieben worden sind [F r S n k e l 1 ), C e e 1 e n 2 ), K u c z i n s k i s ) 
und andere]. 

Die Infektiositat des Blutes soli nicht mit den histologi- 
schen Veranderungen parallel gehen. 

Die erste eingehende Beschreibung des mikroskopischen 
Bildes verdanken wir Otto und Dietrich 4 ), deren Tier- 
material Pick untersucht hat. Nach ihm fehlt ein Haupt- 
charakteristikum der Fleckfieberherde beim Menschen, namlich 
die Sch&digung der GefaBintima, eine Ansicht, die allerdings 
nicht von alien Histologen geteilt wird (C e el en u. a.). Die Ver¬ 
anderungen sind nach Ritz 5 ), sowie Do err und seinen Mit- 
arbeitern auch bei langeren Passagereihen von Meerschweinchen 
zu Meerschweinchen vorhanden. Do err und Kirschner 6 ) 
fanden sie in 80 Proz. der Faile, in ringformiger Anordnung 
um prakapillare und kapillare GefaBe, deren Lumen durch 
hyaline Thrombosen verschlossen sein kann. Die Endothelien 
sind gequollen. 

Besonders eingehend hat sich sodann noch Kuczinski 

1) Frankel, Munch, med. Wochenschr., 1917, No. 40. 

2) Ceelen, Berl. klin. Wochenschr., 1916, No. 20; Zeitschr. f. klin. 
Med., Bd. 82, H. 5/6. 

3) Kuczinski, Centralbl. f. allgem. Pathol., Bd. 29, 1918, No. 10, 
und Bd. 30, 1919, No. 2; Kuczinski und Jaff6, Centralbl. f. allgem. 
Pathol, u. pathol. Anat., Bd. 30. 

4) Otto und Dietrich, Centralbl. f. Bakt. u. Inf., Abt. 1,1918, H. 5; 
Otto und Rothacker, Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 3. 

5) Ritz, Deutsche med. Wochenschr., 1918, No. 21. 

6) Doerr und Kirschner, Med. Klinik, 1919, No. 36. 



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Gehiraveranderungen beim Meerschweinchen usw. 


397 


mit diesen Herdchen im Meerschweinchengehirn nach Impfung 
mit Fleckfieberblut und bei Passagetieren beschaftigt. Er halt 
die VerSnderung fur Fleckfieber charakteristisch und bei Tier 
und Mensch fiir identisch. 

Ich sagte mir nun, daC, falls diese Gehirnveranderungen 
wirklich fur Fleckfieber charakteristisch waren und falls sie 
bei der Infektion des Meerschweinchens mit menschlichem 
Fleckfieberblut, bzw. bei den Passagen nicht durch den Ba¬ 
cillus X 19, sondern ein davon differentes Virus hervorgerufen 
wurden, bei Infektion mit diesem Bacillus nicht die gleichen 
anatomischen Prozesse ohne weiteres sich finden diirften, wie 
das ja auch Do err angibt Ein positiver Befund ware freilich 
noch kein absoluter Gegenbeweis gewesen, aber mit ibm ware 
doch wieder ein wesentliches Argument hinfailig, das gegen 
die Erregernatur des Fleckfieberbacillus ins Feld gefiihrt wird. 

Ich habe deshalb eine Reihe von Meerschweinchen mit 
Weil-Felix-Bacillen intraperitoneal geimpft und teilweise, urn 
einen friihzeitigen Tod der Tiere mSglichst zu vermeiden, 
3 ccm Blut eines normalen Menschen zugesetzt, der wahrend 
der letzten 10 Jahre nicht aus Greifswald herausgekoramen 
war und wahrend dieser Zeit nie krank gewesen war. Der Blut- 
zusatz erfolgte, urn die Versuche denen mit menschlichem Fleck¬ 
fieberblut ahnlicher zu gestalten, vor alien Dingen aber auch. 
urn die todliche Infektion mit dem Bacillus Weil-Felix zu ver- 
huten, dessen Virulenz fur Meerschweinchen, wie ich gezeigt 
habe, von der BauchhShle aus ja betrUchtlich sein kann. Die 
Tiere wurden zu verschiedenen, aus der Tabelle ersichtlichen 
Zeiten entblutet und, sofern sie nicht spontan eingingen, sofort 
seziert; dann wurde das Gehirn vorsichtig herausgenommen, 
in 96-proz. Alkohol gebracht und im Laboratorium der Nerven- 
klinik des Herrn Professor Schroder eingebettet, geschnitten 
und gefarbt. 

Aus der nachstehenden Tabelle (p. 398) ist ersichtlich, 
welche Tiere im Gehirn die charakteristischen Herdchen auf- 
wiesen, deren nahere Beschreibung und Analyse weiter unten 
dnrch Herrn Schroder erfolgt. 

Als Kontrollmaterial standen uns eine Reihe Gehirne von 
Meerschweinchen zur Verfiigung, die 1 Jahr zuvor (De- 
zember/Januar 1918) mit je 3 ccm Fleckfieberblut, bzw. Pas- 
sagegehirn, behandelt waren. 


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398 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


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Behandlung 




Tier 

No. 

Ge- 
wicht 
in g 

Injcktion mit 

Men- 

schen- 

blut- 

zusatz 

In- 

jek- 

tion 

Tot reap, ent- 
blutet nach 
Tagen 

Hirn- 

befund 

WF 1 

200 

7,o Oese X 19 


iv. 

2 tot 

e 

WF 2 

240 

V. Oese X 19 

— 


2 „ 

e 

WF 3 

220 

‘/« Oese X 19 

3 ccm 

ip. 

2 „ 

positiv 

4 

270 

*/,„ Oese X 19 



13 entblutet 

e 

5 

250 

7 10 Oese X 19 



6 

e 

6 

260 

V, n Oese X 19 00° 



13 

0 

7 

240 

*/,„ Oese X 19 O 



6 

e 

8 

240 

Oese X 19 O 



2 tot 

e 

9 

270 

*/,„ Oese X 19 O 



13 entblutet 

0 

10 

230 

»/,„ Oese X 19 O 



20 

0 

11 

230 

VmOese X 19 60° 
V.o Oese X 19 



6 

0 

WF 12 

230 



20 „ 

positiv 

13 

230 

7, n Oese X19 O Pex ‘) 



1 tot 

e 

14 

290 

7,o Oese X19 O Pex- 
Kultur 

— 

>» 

12 entblutet 

? 

Z 10 

230 

3 Oesen Karbol O 

— 


1 tot 

e 

Z 11 

245 

0,5 Pex Z 10 

— 


7 „ 

0 

Z 12 

245 

1 Oese Pex-Kultur 
Z 11 

— 


1 

positiv 


Kontrollen mit Fleckfieberblut 


35 

220 

3 ccm Fleckfieberbl. 

_ 

ip. 

14 entblutet 

e 

36 

200 

dgl. 

dgl. 

— 

ff 

14 „ 

0 

38 

210 

„ 

ff 

— 

)• 

19 „ 

positiv 

39 

200 

ff 

jf 

— 


18 tot 

11 

40 

190 


19 

— 

11 

25 entblutet 

0 

51 

170 

0,3 Geh. No. 38 

— 

JJ 

9 tot 

e 

53 

180 

dgl. 

dgl. 

— 

ff 

12 entblutet 

positiv 

54 

130 

ff 

ff 

— 


29 „ 

e 

55 

305 

ff 

ff 

— 


30 

e 


Von diesen 9 Tieren reagierten 3 = 33 Proz. positiv; 
von den 17 mit Kulturen mit und ohne Blut behandelten 
Tieren reagierten wiederum 3 = 17 Proz. positiv. 

Rechnen wir die Tiere No. 6 und 11 nicht mit, die mit 
abgetoteten Bacilleu und Blut behandelt waren, so sind von 15 
3 = 20 Proz. positiv. 

Lassen wir weiterhin die Tiere 1 und 2 aus, die sehr bald 
akut eingingen und efbenso 13, so haben wir von 12 3 = 25 Proz., 
also annShernd soviel, wie bei den Kontrollen. 

DaB das Blut allein ohne EinfluB ist, lehren die Kontroll- 
versuche No. 6 und 11 mit abgetoteten Bacillen und vor allem 
Z 12, wo das Tier mit Reinkulturen ohne Blut geimpft war. 

Pex = Peritonealexsudat. 


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GehirnveranderuDgen beim Meerschweinchen ubw. 


399 


In der F&higkeit zur Herdchenbildung besteht zwischen der 
reinen 0-Form und unserem gewbhnlichen Laboratoriumsstamm 
kein prinzipieller Unterschied. No. 3 war mit dieser, No. Z 12 
mit jener Kultur geeimpft. Auffallend ist es, daB eine besonders 
virulente und durch Tierpassagen noch virulenter gemachte 
O-Kultur schon bei einem innerhalb 12Stunden gestorbenen Tier 
Knotchenbildung hervorgerufen hatte. 2 Tiere, die mit 1 bzw. 
V* Oese des gleichen Materials geimpft waren und gleichfalls 
innerhalb 12 Stunden starben, zeigten im Gebirn keine Knotchen. 
Abgesehen von der Sparlichkeit und grSBeren Ausdeknung der 
Herdchen (sieheunten, Schroder), ist als wesentlich abweichen- 
des Moment der Befund von Bakterien bei dem Tier WF 3 im 
Gehirn zu erw&hnen. Es handelt sich um eiformig gelagerte 
H&ufchen von St&bchen, die scheinbar alle einzeln liegen und 
sich nicht beriihren. Die Umgebung dieser Bacillenhaufchen 
ist teilwoise vollkommen bakterienfrei. An anderen Stellen 
sieht man kleinere derartige Bakterienkugeln und darum herum 
die Stabchen mehr einzeln oder auch in Haufchen. Sie haben 
etwa die GroBe von Diphtheriebazillen, doch sind sie etwas 
gedrungener. Ob es sich um den zur Infektion benutzten 
Bacillus X 19 oder um eine Sekundarinfektion handelt, mdchte 
ich nicht mit Sicherheit entscheiden. (Kulturen wurden in 
diesem Fall leider nicht angelegt.) 

Sehr merkwiirdig war der Befund bei dem Tier WF 12. 
Hier liegen in der Nahe einer starken Zellanhaufung zwei 
kreisrunde Anhaufungen von kleinen Kugeln, welche nur zum 
kleinen Teil intensiv gefarbt sind. Meistens sehen sie unregel- 
maBig zerfressen aus. Sie sind in der Mitte weniger gef&rbt, 
als in der Peripherie. Sie liegen stets als Einzelkugel, nie zu 
zweien und machen nicht den Eindruck von Bakterien. 

Bei drei mit Diphtheriebacillen und einer kleinen Menge 
Immunserum geimpften Meerschweinchen, die nach etwa 
14 Tagen getotet wurden, wies das Gehirn keine entsprechen- 
den Ver3nderungen auf. Ebenso zeigten nach Impfung von 
nienschlichem Material an Tuberkulose eingegangene Tiere 
diese Veranderungen nicht. Auch bei 9 Kaninchen, die teils 
mit abgetoteten, teils mit lebenden Weil-Felixbacillen in drei 
8-tagigen Intervallen geimpft wurden, waren die Gehirne frei. 
Im Nachstehenden folgt die Beschreibung des histologischen 
Befundes. 


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400 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


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II. 

Von P. Schroder. 

Die rair iibergebenen Meerschweincheugehirne sind nach 
der Hartung in 96-proz. Alkohol in 4—5 frontale Blocke zer- 
legt worden; davon wurden bei jedem Tier 2 oder 3 in 
Zelloidin eingebettet und geschnitten. Durchgeseheu wurden 
von jedem Block kleine Reihen von Schnitten aus verschiedenen 
Hohen. Gefarbt wurde mit Toluidinblau (nach NiBl) und 
mit H&matoxylin + van Gieson. 

Als positiv betrachtet wurden nur diejenigen Gehirne, bei 
denen sich die zu besprechenden kleinen Herdchen fanden; 
andere, lediglich mit histologischen Veranderungen, wie sie 
bei Fleckfiebergehirnen auBerdem die Regel sind, aber ohne 
die Herdchen, wurden ausgeschieden. Insofern stellen die als 
positiv bezeichneten den Mindestsatz der sicher positiven 
Falle dar. Es sind das die Tiere Z 12, WF 3 und WF 12 5 
dazu kommt hochstens noch als fraglich Fr 14. Ein weiteres 
Tier (WF 13) hatte eine eitrige Meningitis mit kleinen Abszessen 
in der Hirnsubstanz. 

Im einzelnen ergab sich: 

1) Z 12. Auf den durchmusterten SchniUreihen befinden sich im 
ganzen 4 Herdchen, 3 davon im Rindengrau (Fig. 1), 1 im Thalamus. 
Sie sind rund und fiillen an den Stellen ihres grofiten Umfanges ein Oel- 
immersionsgesichtsfeld‘); einige sind kleiner. Sie setzen sich der Haupt- 
masse nach zusammen (Fig. 3) aus Gliaelementen mit vorwiegend gut er- 
haltenen, teils groSeren, teils kleineren, runden, langlichen, wurstformigen 
oder unregelmaSigen Kernen und mit mattem, undeutlichem, teils rund- 
lichem, teils balkigem und fiidigem Protoplasmaleib. Ein geringer Teil der 
Elemente hat pyknotische oder kleine klumpige Kerne, gelegentlieh an 
Leukozyten oder auch an unregelmiiBige Kernteilungsfiguren erinnernd. 
Innerhalb der Herde sind allenthalben wohlerhaltene Ganglienzellen an- 
zutreffen (Fig. 3 a). 

An alle Herdchen sieht man bei Durchmusterung der Schnittreihen 
ein besonderes KapillargefaG herantreten, das schon in weiterer Entfernung 
oder erst unnuttelbar vor dem Eintritt eine Einscheidung von groSen 
Plasmazellen besitzt. Auch in das Innere der Herdchen konnen an 

1) Ein Gesichtsfeld bei Zeiss-Oelimmersion 1/12, l l mm. Tubus- 
lange 160, Okular % 3 entspricht einem Objekt. von etwa 180 Mikren im 
Durchmesser. 



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Gehirnveriinderungen beim Meerschweinchen usw. 401 

manchen Stellen diese mit Plasmazellen umgebenen Kapillaren verfolgt 
werden. 

Auf den Schnitten sowohl mit Herden wie ohne solche, oft weit 
ab von letzteren, sind in der Rinde oder im tiefen Grau vereinzelte, meiat 
prakapillare GefiiBe mit Plasmazellen miinteln zu treffen. 

Die Pia, namentlich in den Septen, lafit streckenweise einen etwas 
starkeren Zellgehalt erkennen. Auch die von ihr eintretenden groberen 
GefaBe heben sich durch stiirkeren Zellgehalt ihrer Wiinde vielfach deut- 
licher ab. 

2) WF 3. Auf 3 verechiedenen Blocken sind im ganzen 5 Herdchen 
anzutreffen, davon 3 in der Rinde der Konvexitiit, 2 im Thalamus bzw. 
Hypothalamus. Die Herdchen sind meist noch etwas groBer als die des 
vorigen Tieres. Eins miBt etwa 1'/,, ein mehr langliches 1:2 Oeliramersions- 
gesichtsfelder, eins ist nicht ganz so groB, ein anderes '/*: 1 D; das fiinfte 
ist nur ganz klein, da aber hier die Verfolgung auf der Serie nicht moglich 
war, steht nicht fest, ob es sich nicht etwa nur um die Kalotte eines 
groBeren Herdes handelt. Der histologische Bau (Fig. 4 und 5) ist der 
gleiche; die Herdchen bestehen aus Gliaelementen, die Form der Kerne ist 
vorwiegend langlich. gekriimmt oder unregelmaBig. In den Randpartien 
hegen Ganglicnzellen (Fig. 4 a). Finer der groBeren Herde hat in der 
Mitte eine hellere Stelle mit viel kriimeligcn Kern- und Protoplasmamassen. 
Auch sonst sind pyknotische Kerne hiiufig. 

Wiederum finden sich auf alien Blocken vereinzelt, aber namentlich 
in der Umgebung der Herdchen, cine oder mehrere Kapillaren, welche 
dicht mit Plasmazellen und Lymphozyten besetzt sind, und welche auf die 
Herdchen zustreben. 

Ein neuer Befund gegeniiber dem vorigen sind eigenartige Pakete 
von kleinen, dicken, plumpen Bacillen inncrhalb der Herde (Fig. 4 und 
5 bei b). Sie sind reichlich nachweisbar in einem der groBeren Herde, in 
viel geringerer Menge in einem anderen und gar nicht in den iibrigen drei. 
Die Stabchen liegen parallel zueinander in kleinen runden Haufen. Da, 
wo einige von ihnen beim Schneideu ausgefallen sind, liegen die anderen 
quer (Fig. 5). Sie farben sich deutlich mit basischen Anilinfarben (Fig. 4), 
noch kriiftiger mit Hiimatoxylin + van Gieson (Fig. 5). Die Bacillenhaufen 
sind scharf begrenzt und vielfach von einem 6chmalen Schrumpfraum 
(Fig. 4 b) umgeben. Das benachbarte Gewebe ist vollkommen reaktionslos, 
nur hier und da zu einem etwas dichteren feinen Hiiiitchen zusammen- 
gedruckt. Besonderc Beziehungcn zu den Kapillaren sind nicht erkenntlieh. 
Das groBte der runden Pakete hat einen Durehmesser von etwa 25 Mikren 
und liegt isoliert; an anderen Stellen desselben Herdchens liegt neben- 
einander, durch weniges Gewebe getrennt, eine ganze Reihe kleinerer 
solcher Pakete. 

3) WF 12. In den Schnitten ist nur ein Herdchen gefunden worden 
(Fig. 2), und zwar im Hypothalamus. Seine GroBe betragt etwa 3 / 4 Immer- 
sionsgesichtsfeld. Sein Bau ist wieder der gleiche, wie der der anderen 
Tiere. Auf ihn zu, zum Teil auch in ihn hinein laufen 3—4 Kapillaren, 


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402 


E. Friedberger und Paul Schrbder, 


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welche dick mit Plasmazellen besetzt Bind. In der weiteren Umgebung 
sind Infiltrate von Plasmazellen und Lymphozyten nicht zu finden. 

An verschiedenen Stellen des Herdchens, unregeim&Big verteilt, sind, 
auf manchen Schnitten bis zu 4, auf anderen gar keine der von Fried¬ 
berger oben beschriebenen Gebilde anzutrefien (Fig. 6). 

Als 4. Fall verdient noch Erwahnung Fr. 14. Das Auffalligste ist 
hier ein sehr viel groflerer, langgestreckter, streckenweise strichffirmiger 
Herd, der etwa 3 mm in die Lange miflt. Er beginnt im Thalamus der 
einen Seite, reicht nach oben bis an den Ventrikel und dringt durch den- 
selben hindurch in die hier bei Meerschweinchen gelegene Ammonshorn- 
formation. Auch er setzt sich aus dichtgedrangten Oliazellen zusammen, 
welche zu einem Teil gitterige Struktur haben; hier und da sind auch rote 
Blutkorperchen anzutrefien. Aufierdem findet sich bei diesem Tier an einer 
Stelle dicht fiber dem Balken ein kleiner Gliazellhaufen, der grofie Aehn- 
lichkeit mit den Herdchen der ersten 3 Tiere besitzt, aber erheblich 
kleiner ist. 

Es ergibt sich demnach, daB von den mit dem Weil- 
Felix-Bacillus geimpften Tieren ein Teil Herdchen im Gehirn 
aufweist, welche nach ihrem histologischen Aufbau denen beim 
Tier nach Infektion mit Fleckfieberblut und beim menschlichen 
Fleckfieber gleichen. Es sind rundliche Zellhaufen, welche 
fast ausschlieBlich aus Gliaelementen bestehen, mit Kernen 
von demselben Typus wie bei den Fleckfiebererkrankungen 
(vorwiegend langliche, gebogene Oder ganz unregelmaBige, 
seltener runde For men, ohne die bei vielen anderen Wuche- 
rungen bekannten progressiven Veranderungen, dazu viele 
pyknotische Formen). Die Glia-Protoplasma-Wucherung tritt 
daneben zuriick, ebenso ist Gitterzellenbildung hbchstens in 
Andeutungen nachweisbar. Bindegewebige oder hamatogene 
Elemente sind an dem Aufbau der Herde nicht in charakte- 
ristischer Weise beteiligt. In alledem stimmt die histologische 
Struktur der Herdchen der 3 Tiere mit den Fleckfieber- 
herdchen vollkominen uberein. 

Die Lagebeziehungen der Herdchen zu den GefaBen sind 
ilberall ersichtlich. Kapillaren treten an sie heran, durch- 
ziehen sie und streifen an ihrem Rande vorbei. Immerhin 
diirfte darauf ein besonderer Wert nicht zu legen sein; denn 
Herdchen von der GroBe, wie die gefundenen, miissen bei der 
Engmaschigkeit des Kapillarnetzes in der grauen Hirnsubstanz 
iiberall an oder um eine Kapillare liegen. 


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Gehirnveranderungen beim Meerechweinchen usw. 


403 


Besondere Veranderungen der KapillarwSnde selber inner- 
halb der Herde nach der regressiven Oder progressiven Seite 
hin sind nicht nachweisbar. Sie gehbren auch, sicherlich 
wenigstens fiir das Gehirn, nicht zu den charakteristischen 
Zflgen der Fleckfieberveranderungen (Spielmeyer). ' 

Gemeinsam mit den Fleckfieberherdchen ist auch die 
Bevorzugung der grauen Substanz, sowohl der Rinde wie der 
tieferen Teile; keines der gefundenen Herdchen lag in der 
weiBen Substanz. 

Die (Jebereinstimmung im histologischen Bild geht noch 
weiter. Die Veranderungen im Fleckfiebergehirn des Menschen 
und auch des Meerschweinchens beschranken sich nicht auf die 
den Untersuchern (E. Frank el) zuerst aufgefallenen Herd¬ 
chen; vielmehr gehort zu den regelmaBigen Befunden als 
zweites eine diffuse, wenn auch in ihrer Intensitat sehr 
schwankende Einlagerung von Lymphozyten und Plasmazellen 
in die adventitiellen Scheiden der GefaBe 1 ). Oft zeigt „gerade 
ein einzelnes GefaB — meist das StammgefaB, welches das 
HerdgefaBchen abgibt — ein auffallend intensives Infiltrat“, 
aber Infiltrate fin den sich, nicht selten recht ausgebreitet, in 
einzelnen Hirnmantelteilen und anderen zentralen Gebieten 
(Spielmeyer). Alle drei beschriebenen Tiere lassen das 
gleichfalls erkennen. Der Hirnpathologe weiB, daB das nicht 
etwas fur das Fleckfieber Spezifisches ist, sondern daB es bei 
vielen, gewohnlich unter die entziindlichen gerechneten Pro- 
zessen vorkommt. Immerhin ist der Befund eine weitere 
Stfltze fiir die Gleichheit oder mindestens die nahe Verwandt- 
schaft der zugrunde liegenden Krankheitsvorgange. 

Als dritte Reihe von Veranderungen beim Fleckfieber 
fuhrt S p i e 1 m e y e r an die Einlagerung von zelligen Elementen 
(in erster Linie sogenannte Makrophagen) in die Meningen, 
auch wieder unabhangig von den Herden und ihrer Nachbar- 
schaft. Deutlich erkennbar ist das bei keinem der drei Tiere. 
Leicht ersichtlich ist nur, daB die Pia und mit ihr die ein- 


1) Siehe die sehr griindliche Bearbeitung von Spielmeyer fiber 
„Die zentralen Veranderungen beim Fleckfieber ubw.“ Zeitschr. f. d. ges. 
Neurologie u. Psychiatrie, Bd. 47, 1919. 


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404 


E. Friedberger und Paul Schroder, 


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strahlenden groberen GefaBe starker hervortreten, als es der 
Norm entspricht, und (hier abgesehen von den zerstreuten 
Plasmazellinfiltraten) daB das bedingt ist durch eine leichte 
Vermehrung der Kerne. Auch bei den mit Fleckfieber in- 
fizierten Vergleichstieren ist die Einlagerung zelliger Elemente 
in die Pia nicht regelmaBig und in keinem Fall so erheblich, 
wie vielfach beim Menschen. 

Steht so die weitgehende histologische Uebereinstimmung 
der Fleckfiebertiere und der mit Weil-Felix-Bacillen geimpften 
bezuglich des histologischen Hirnbefundes fest, so ist doch 
eine Reihe von Unterschieden unverkennbar. 

Daliin gehbrt zuerst diegeringe Zahl der Herdchen. 
Es ist schon fleiBiges Suchen auf den Schnittreihen erforder- 
lich, um sie zu linden. Vollstandige Serien wiirden vermutlich 
eine etwas groBere Zahl nachweisen. Aber der Unterschied 
gegenflber den Fleckfiebertieren und den menschlichen Fleck- 
fiebergehirnen ist in die Augen fallend. Mehr wie 5 Herdchen 
sind auf den untersuchten Blocken bei keinem der Tiere ge- 
funden worden, wahrend beim Fleckfieber, wenigstens an den 
Pradilektionsstellen (Medulla oblongata, Pons, Kleinhirn) die 
Zahl der Herde schon auf einem einzigen Schnitt groBer zu 
sein pflegt; auch daB (iberhaupt die genannten Stellen beziig- 
lich der Lokalisation bevorzugt sind, scheint aus den Pra- 
paraten nicht hervorzugehen. 

Das zweite betrifft die GroBe der einzelnen Herd¬ 
chen. Sie messen ein Oelimmersionsgesichtsfeld und daruber, 
bis zu l 1 /*; ein langliches Herdchen miBt sogar 1:2, kleinere 
auch nur 1 / i ; das entsp*rache etwa 180—270, und bei den 
kleineren 90 Mikren. Hingegen betragt der Durchmesser der 
Herdchen bei den untersuchten Fleckfiebertieren der Mehrzahl 
Dach V 8 —V 2 — s / 4 Gesichtsfelder bei Immersionsbetrachtung, 
d. h. 60—130 Mikren;-also ihre GrbBe ist 2—3mal die der 
Herde bei Fleckfiebertieren. Fiir den Menschen gibt Spiel- 
meyer die durchschnittliche GroBe der Knotchen auf 100 
bis 120 Mikren an, selten bis zu 150, oft darunter, bis herab 
zu 30 und noch weniger. Bemerkenswert ist auch, daB die 
gefundenen Herdchen samtlich die Knotchenform nach Spiel- 
meyer, niemals seine Rosettengestalt haben. 


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Gehirnveranderungen beim Meerechweinchen usw. 


405 


Das dritte Unterscheidende schlieBlich ist der Befund von 
Bacillenhaufen bzw. den kugeligen Gebilden in 
den Herden (Fig. 4 und 5). Sie fanden sich bei zwei von 
den drei Tieren (WF 3 und WF 12), bei einem (Z 12) in sarat- 
lichen vier Herdchen nicht. Eine genaue Durchmusterung 
vieler Schnitte hat sie auBerhalb der Herdchen nicht auffinden 
lassen. Die Literatur fiber Fleckfieberbefunde beim Menschen 
und beim Tier bringt meines Wissens Aehnliches nirgends. Die 
Lage der Bacillenhaufen, frei im Gewebe der Knotchen, offen- 
bar unabhangig von den GefaBen, gibt keine weiteren Anhalts- 
punkte bezfiglich ihrer Bedeutung fiir die Entwicklung der 
Herdchen. DaB sie in dem einen Falle nicht gefunden wurden, 
beweist nicht, daB sie bei ihm fehlen, denn auch in den anderen 
zwei Fallen sind sie nicht in alien Knotchen, und wo sie vor- 
handen sind, nicht auf alien Schnitten nachweisbar. 

Das sind droi unterscheidende Merkmale, welche bei der 
Vergleichung der Herdchen von den mit Weil-Felix-Bacillen 
geimpften Tieren mit denen bei Fleckfiebererkrankungen wohl 
ins Gewicht fallen miissen. Immerhin betreffen die beiden 
ersten Merkmale lediglich die grob morphologische Seite. Fur 
die rein histologische Betrachtung liegt die weitgehende 
Uebereinstimmung, wenn nicht die Identitat der geweblichen 
Verfinderungen, sowohl was die Herdchen als was das histo¬ 
logische Gesamtbild der Rinde und des tieferen Graues an- 
belangt, auf der Hand. Soweit die Histopathologie fiir der- 
artige Urteile fiberhaupt zustandig ist, wird deshalb auf Grund 
der bisherigen Feststellungen die Annahme berechtigt er- 
scheinen miissen, daB es sich bei* den Hirnver&nderungen 
nach Impfung mit Weil-Felix-Bacillen, wie sie Friedberger 
ausgeffihrt hat, und bei denen nach experimentellen und 
menschlichen Fleckfiebererkrankungen urn ganz nahverwandte 
Prozesse, oder aber um denselben ProzeB unter irgendwelchen 
abgeanderten Bedingungen handelt. 

Zusammenfassung. 

Es gelingt bei mit 0- und H-Form des Bacillus X 19 ge- 
impften Meerschweinchen, im Gehirn Knotchen nachzuweisen, 

Zeit»chr. f. Immuuitiit*lorschung. Orig. Bd. 31. 27 


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406 E. Friedberger und P. Schroder, Gehirnveriinderungen usw. 


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die nach ihrem histologischen Aufbau denen beim Tier nach 
Infektion mit Fleckfieberblut und den beim menschlichen 
Fleckfieber vorhandenen gleichen. 

KrklUrung der Tafeln. 

Tafel L 

Fig. 1. Tier Z 12. Herdchen in der II. Schicht der GroShirnrinde. 
Nissl-Farbung. Schwache Vergrofierung. 

Fig. 2. Tier WF 12. Herdchen im HypothalamuB. Nissl-Farbung. 
Schwache VergroBerung. 

Tafel II. 

Fig. 3. Tier Z 12. Ein Herdchen ohne Bacillenhaufen in der GroS¬ 
hirnrinde bei Oelimmersion-VergroSerung (Zeifi, 2 mm). Nissl-Farbung. 
a = Ganglienzellen, c = Kapillare. 

Fig. 4. Tier WF 3. Aus einem Herdchen der Hirnrinde mit Bacillen¬ 
haufen. Nissl-Farbung. Oelimmersion, ZeiS 2 mm. Die Abbildung zeigt 
die Zusammensetzung dea Herdchens aus Gliaelementen. a = Ganglien- 
zelle, b Bacillenpaket, c Kapillare. 

Tafel III. 

Fig. 5. Tier WF. 3. Aus einem Herdchen der GroShirnrinde mit 
Bacillenhaufen. Farbung mit Hamatoxylin + van Gieson. Oelimmersion, 
Zeiss 2 mm. In der rechten oberen Halfte ein groSeres (6) und eine An- 
zahl kleinerer Bacillenpakete. 

Fig. 6. Tier WF 12. Aus dem Randgebiet desselben Herdchens, 
den Fig. 2 darstellt. Nissl-Farbung. Oelimmersion, Zeiss 2 mm. Quer 
durch die Abbildung geht eine Kapillare c, die dicht mit Plasmazellen be- 
setzt ist (unscharf eingestellt). b = eine der Anhaufungen von Piinktchen. 


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Zeitfichrift fur Ivimunitatsforschung I. Teil: Orig. Bd. XXXI. 

Friedberger u. Schroder, Gehimverdnder ungen Taf.l. 



Verlag von (instnv FIsclier in Jena. 


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Zeitschrift fur Immuniliitsforsckuny I. Teil: Orig. lid. XXXI. 

Friedberger u. Schroder, Gchimveranderungen Taf. II. 



Verlag von Gustav Fischer in Jena. 


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Zeitschrifl fur hnmunilatsforschung I. Toil: Orig. Hd. XXXI. 

Friedberger u. Schrodrr, Gehimveranderungen Taf. III. 



Verlag von Gustav Fischer in Jena, 


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W. Brack, Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen usw. 407 


Nachdruck vcrboten. 

Aus der medizinischen Universit&tsklinik Basel 
(Vorsteher: Prof. R. Staehelin). 

Ucber die gegenseitige Bccinflussnng voii Antigenen 
bci der Anaphylaxie. 

Von Wilhelm Braek, Basel. 

Mit 23 Kurven im Text. 

(Elngegangen bei der Redaktion am 26. Oktober 1920.) 

In seinem Sammelreferat „Neuere Ergebnisse der Ana- 
phylaxieforschung“ *) sagt Do err: „Ein Ueberblick iiber die 
neueren Arbeiten lehrt uns zunachst, dali auch heute noch 
keineTheorie iiber das Wesen der anaphylaktischen Ph&nomene 
existiert, die sich allgemeiner Anerkennung erfreut.“ „DaB 
die Symptome bei der klassischen anaphylaktischen Versuchs- 
ordnung auf einer Reaktion zwischen EiweiBantigen und korre- 
spondierendem Antikorper beruhen, gilt nach wie vor als 
gesichert. u Ich werde mich im folgenden im wesentlichen 
auf die Arbeiten iiber die klassische Anaphylaxie beschranken, 
da der Beweis der Identitkt der verschiedenen anderen Ana- 
phylaxien (z. B. Anaphylatoxin-, Pepton-, Giftanaphylaxie) noch 
nicht sicher erbracht ist. 

Was in meiner Arbeit auf der gegebenen Grundlage 
gepriift werden soli, ist die Frage nach der gegenseitigen 
Beeinflussung verschiedener Antigene im anaphylaktischen Ver- 
such: d. h. es soli gepriift werden der Ausfall und Ablauf 
der anaphylaktischen und antianaphylaktischen Reaktion: 

1) bei der Sensibilisierung mit mehreren Antigenen, 

2) bei der Reinjektion eines heterologen Serums bei einem 

einfach sensibilisierten Tier, und • 

3) bei mehrfachen Injektionen mit sehr groBen Dosen 
eines Serums. 

Die erete der drei Fragen wurde von Benjamin und Witzinger’) 
in dem Sinne entschieden, da6 sie glauben, auf Grund ihrer klinischen 

1) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf.. Bd. 1, 1914, p. 257. 

2) Zeitechr. f. Kinderheilk., Bd. 2 u. 3, 1911. 

27* 


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408 


Wilhelm Brack 


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und experimentellen Untersuchungen „die Konkurrenz der Antigene in 
Klinik und Experiment" ein biologisch begriindetes Gesetz aufzeichnen zu 
konnen, das in seiner allgemein geltenden Forraulierung lautet: „Die 
Reaktionen auf 2 dem Organismus einverleibte Antigene laufen nicht von- 
einander unbeeinflufit nebeneinander ab.“ Was das Resultat ihrer Ver- 
suche anbetrifft, formulieren sie ihre Ansicht: „Wir stellen uns nach alien 
vorgebrachten Tatsachen vor, dafi bei Einfiihrung zweier Antigene in 
quantitativ differenten Mengen eine Beeinflussung der gegen das niedriger 
dosierte Antigen gebildeten Antikorper erfolgt." Sie zitieren zur Veran- 
schaulichung dieses Gedankens einen Erklarungsversuch, den Fried - 
berger fur seine Immunisierungsversuche mit verschiedenen Bakterien 
gegeben hat: ,.Man braucht sich nur vorzustellen, dafi die groSeren Mengen 
von Rezeptoren der ersten Bakterienart in ihrer Ueberzahl der Produktions- 
kraft die Ambozeptoren liefernden Zellen derart in Anspruch nehmen, dafi 
sie in ihrer Funktionstiichtigkeit geschwiicht sind und daher weniger Ambo¬ 
zeptoren fiir sie liefern konnen, wenn auch deren Produktionen anderen 
Gruppen der betreffenden Zellen obliegen." Auch Madsen 1 ) gibt nach 
den Versuchen von Jorgensen uber Immunisierung an, dafi bei Injektion 
von 2 Antigenen in Zwischenriiumen von einigen Tagen die erste Ein- 
spritzung in der Regel die grofite Antikorperkurve ergibt. Jorgensen 3 ) 
stellte ebenfalls fest, dafi die Agglutininkurve durch Injektion verschiedener 
Mikroben fiir die letzten relativ germg ausfalle. 

Es sind jedoch solche Versuche stcts nur mit Vorsicht zu bewerten. 
da die Gesetze der Iromunisationsvorgange nicht identisch zu sein brauchen 
mit denen der Anaphvlaxie. Aus den Experimenten von Benjamin und 
Witzinger ergibt sich deutlich, dafi durch prophylaktische oder inter- 
mediiire grofie Serumdosen der anaphvlaktische Shock verhindert, Oder 
doch stark abgeschwacht werden kann. In den einen Versuchsreihen er- 
halten Meerschweinchen zuerst eine prophylaktische Injektion von Pferde- 
serum, meist von 1 ccm, nach 24 Stunden die sensibilisierende Dosis von 
0,01 Rinderserum; zuletzt in verschieden langem Intervall 0,2 Rinderserum 
intravcnos. Bei der zweiten Versuchsreihe wird die prophylaktische In¬ 
jektion 5—8 Tage nach der sensibilisierenden appliziert. Der Schutz der 
Probeinjektion ist in beiden Reihen gegeniiber den Kontrollen evident; 
bei der zweiten Reihe nimmt er mit der Verkleincrung des Intervalles 
zwischen prophylaktischer und Probeinjektion deutlich ab. 

Pfeiffer und Mit a 1 ) konnten bei schon voll entwickelter Sensi- 
bilisierung durch Einverleibung grofier heterologer Serumdosen den Shock 
verhindern. Ihre Tiere waren teils gegen Schweine-, teils gegen Pferde- 
serum immunisiert. Nach Entwicklung der Anaphylaxie bekamen sie 
teils Kinder-, teils Schweineserum in kompakten Dosen, also Eiweifikorper, 
gegen die sie nicht empfindlich waren und auf die sie auch nicht mit 

1) Technik u. Methodik d. Imraunitatsf. von Kraus u. Levaditi, 
Bd. 2, p. 53. 

2) Centralbl. f. Bakt., Bd. 38, p. 475. 

3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 4, 1909. 



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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 409 

anaphylakti8chen Symptomen reagierten. Als nun zu verschiedenen Zeiten 
(1—12 Tagen) den Tieren das EiweiS der era ten Vorbehandlung in Versuchs- 
mengen eingebracht wurde, auf die die sensiblen Kontrolltiere intensiv 
reagierten, blieb diese Injektion sowohl hinsichtlich Temperaturverhalt- 
nisse als auch hinsichtlich anderer anaphylaktischer Erscheinungen vollig 
wirkungslos. 

Zu gleichen Resultaten kam Calvary 1 2 3 )- Er studierte die Spezifitat 
des anaphylaktischen Shocks bei Hunden an der Lymphbildung und an 
der Blutdrucksenkung. Beide Phanomene, die sonst regelmaBig auftraten, 
blieben aus oder waren nur angedeutet, wenn er der Reinjektion des 
Pferdeserums eine Injektion von Rinderserum vorangehen lieB. Calvary 
berechnete nun die Schwellenwerte fur das homo- und das heterologe 
Serum, d. h. die Serumdosis, die gerade das Tier vor einer weiteren, sonst 
absolut todlichen Dosis, schiitzt. Diese war fiir das homologe Serum 
0,3 ccm, fiir das heterologe 1,75 ccm, also fast 6mal mehr. Calvary 
nennt daher die Anaphylaxie nur ein in quantitativer Beziehung spezifisches 
Phiinomen. 

Spritzt man dagegen mehrere EiweiBantigene zu gleicher Zeit und 
in gleicher Menge ein, so ist die gegenseitige Beeinflussung nicht mehr so 
eindeutig. Bessau 5 ) sensibilisierte Meerschweinchen zu gleicher Zeit und 
in gleichen Quail titiiten mit zwei verschiedenen EiweiBantigenen. Nachdem 
die Anaphylaxie voll entwickelt war, injizierte er eine kleine Dosis des 
einen Serums und untersuchte dann den Schutz, den diese erste Injektion 
fiir eine zweite, mehr um das 10-fach groBere, bot. Er fand, daB diese 
doppelt sensibilisierten Meerschweinchen, wenn sie den Shock der Injektion 
mit dem ersten Serum iiberstanden hatten, bei der Injektion mit dem 
zweiten Serum lange nicht die gleich starken Symptome zeigten, wie die 
Kontrolltiere. Und zwar waren die Symptome bei der zweiten Injektion 
um so geringer, je starker der Shock bei der ersten war. Bess a u sah 
daher auf Grund dieser Versuche den antianaphylaktischen Zustand als 
aspezifisch an. • 

Eine quantitative Auswertung solcher Versuche, wie sie Fried- 
berger, Szymanowski, Kumagai und Odaira'), letzterer an passiv 
sensibilisierten Tieren, ausfiihrten. zeigte hingegcn, daB der Schutz durch 
ein homologes oder ein heterologes Serum sehr verschieden stark ist. Be- 
sonders bei den passiv sensibilisierten Tieren ist der homologe Schutz ganz 
bedeutend groBer. Nach Friedberger handelt es sich daher: „1) um 
eine durch die Behandlung (Reinjektion) hervorgerufene allgemeine Re- 
sistenz, 2) um die echte spezifische Antianaphylaxie.“ Und zwar gibt 
Szymanowski in einem Nachtrag zu seinen Versuchen an, daB diese 
Resistenz um so geringer sei, je hoher der Grad der Ueberempfindlichkeit 
gegeniiber dem zweiten Serum ist, und je kleiner die antianaphylakti- 


1) Munch, med. Wochenschr., 1911, No. 27. 

2) Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 60, 1911. 

3) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 14, 1912. 


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410 


Wilhelm Brack, 


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sierende Dosis des ereten Serums war. Zu ubereinstimmenden Versuchen 
kommt auch Dale 1 ), der unter anderem seine Versuche am isolierten, 
doppelt sensibilisierten Muskel (Meerscbweinchenuterus)ausfuhrte. Bessau 5 ) 
wiederholte seine Versuche mit moglichst genauer quantitativer Ausnutzung. 
Auf Grund derselben fand er, dafi ein sicherer antianaphylaktischer Schutz 
gegeniiber dem homologen Serum nur bis zur 5-fach todlichen Dosis geht, 
und dafi mit der 10-fach todlichen Dosis gespritzte Tiere akut starben. 
Der antianaphylaktische Schutz gegeniiber dem heterologen Serum wurde 
gleichfalls mit der 5-fach todlichen Dosis gepriift; er war etwas geringer; 
von den 3 Meerschweinchen, die zum Versuch kamen, starben 2 akut, 
eines dagegen blieb am Leben, ohne daS es einen Shock durchgemacht 
hatte. Wenn sich hier also ein deutlicher Unterschied zugunsten der 
Schutzwirkung gegeniiber dem homologen Serum zu erkennen gibt, so 
meint Bessau, dafi sich die Grenzen beider Schutzwirkungen immerhin 
beriihrten, und dafi die Resultate durch die individuelle Schwankung der 
einzelnen Tiere beeinfiufit sein konnten. Beim Abklingen der Antiana¬ 
phylaxie nach 14 Tagen war keine Differenz zwischen homo- und hetero- 
logem Schutz mehr vorhanden. Weitere Versuche an doppelt sensibili¬ 
sierten Kaninchen, bei denen die Antianaphylaxie nach intravenoser Re- 
injektion durch Intrakutanproben, also am selben Tiere, fur beide Seren 
fortlaufend gepriift werden konnte, zeigten keine Differenz zwischen 
homo- und heterologem Schutz. Bei Abstufung der intravenosen Reinjek- 
tionen zeigten sich nun gewisse Willkiirlichkeitcn, indem bald die Probe 
fur das homologe, und bald fiir das heterologe Serum in der geringeren 
Konzentration zuerst positiv wurde. Auf Grund von Prazipitationsver- 
suchen mit Seren von mit Rinder- und Pferdeserum doppelt sensibilisierten 
Kaninchen finden Bessau und seine Mitarbeiter'), dafi die Reinjektion 
des einen Antigens nicht nur das homologe Priizipitin zum Schwinden 
bringt, sondern ebenfalls auch das heterologe, wenn auch nicht in ganz 
so starkem Mafie, wie das homologe. Die Differenz war in den meisten 
Versuchen ziemlich geringfiigig und entsprach ungeftihr der Differenz, 
wie sie bei der spezifisehen und aspezifischen Antianaphylaxie im Meer- 
schweinchenversuch gefunden wurde. Die Versuche Helen iibereinstimmend 
aus, gleichgiiltig, ob Rinder- oder Pferdeserum injiziert wurde. Intravenose 
Injektionen von Meerschweinchenserum, mit denen die Kaninchen nicht 
vorbehandelt wurden, zeigten lreinen deutlichen Einflufi auf den Priizipitin- 
schwund. Bei der Serumantianaphylaxie des MenBchen, nachgewiesen durch 
die Intrakutanprobe, findet Bessau ') ebenfalls keinen Unterschied zwischen 
homo- und heterologer Schutzwirkung. Durch eine Serumkrankheit durch 
Pferdeserum wird sowohl die bestehende Pferdeserum- als auch diegleichsam 
vorhandene Rinderserumuberempfindliehkeit herabgesetzt. 


1) Zit. nach Doerr in Weiehhardts Ergebn., Bd. 1, 1914, p. 315. 

2) Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 74, 1914. 

3) Centralbl. f. Bakt., Bd. 74, 1914. 

4) Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 81, p. 183. 



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Gegenseitige Beeinfluaaung tod Antigenen bei der Anaphylaxie. 411 

Maaaini 1 2 ) beniitzte die von ihm schon mehrfach zu anaphylaktischen 
Vereuchen beniitzte Darmmethode zu Untersuchungen an doppelt immuni- 
sierten Tieren. Er kommt zur Beatatigung einer spezifischen Antianaphy- 
laxie und einer aspezifiachen Resistenz. 

Jedenfalls stehen sich hier Tataachen gegeniiber, die sich widersprechen 
und sich zurzeit nicht von einem gemeinsamen Gesichtspunkte erklaren 
laasen. 

Auch in der Frage der Entstehung der Anti anaphylaxie sind die 
beiden Autoren Friedberger und Besaau verachiedener Anaicht. Beasau 
glaubt, dafi der Grad der Antianaphylaxie nur von der lDtenaitat dee 
Shocks abhange, den es bei der desensibilisierenden Antigenzufuhr erhtten 
habe. Friedberger 3 ) dagegen iat der Anaicht, dafi der Grad der Aua- 
bildung der Antianaphylaxie lediglich abhange von der bei der Reinjektion 
zugefiihrten Antigenmenge, deren Ort und dem Grade der dadurch be- 
dingten Antikbrperabaattigung, einerlei, ob durch ihre Zufuhr schwere 
Symptome ausgeloat werden, oder die Injektion in einer Weise voraichtig 
erfolgt, dafi iiberhaupt daa Tier bei der Reinjektion nicht aichtbar erkrankt. 
Deraelben Anaicht aind auch Doerr und Thomsen auf Grund ihrer 
Vereuche an einfach senaibiliaierten Tieren. 

Die oben aufgefiihrten Verauche von Benjamin und Witzinger, 
Pfeiffer und Mita und von Calvary, in denen das zweite Serum erst 
nach einer gewiasen Zeit nach der Injektion mit dem ereten Serum verabfolgt 
wurde, haben ebenfalls eine Bedeutung fur unaere zweite Frage nach Ablauf 
und Auafall der anaphylaktischen und nutianaphylnktischen Reaktion einea 
einfach senaibiliaierten Meerschweinchena mit einem heterologen 8erum. 
Zeigen dieae Verauche, daS eine vorherige Injektion eines heterologen 
Antigens die anaphylaktiache Reaktion mit dem homologen abschwiicht, 
so erfahren wir durch die folgenden Angaben, daB unter gewiasen Um- 
stiinden die zweite Injektion (des heterologen Serums) schon selbst einen 
anaphylaktischen Shock auslosen kann. 

DieseTatsache wird zuerst voii Gay und Southhard :l ) angegeben. 
Sie sensibilisierten Meerschweinchen mit Pferdeserum, Kuhmilch und 
HiihnereiweiB, und konnten zeigen, dall der anaphylaktische Symptomen- 
koraplex in vollster Identitat und grofiter Heftigkeit allerdings dann auf- 
trat, wenn die Probe mit homologer Substanz erfolgte; doch konnten sie 
bei manchen Tieren auch mit einem der zwei heterologen EiweiBkorper 
eine Reaktion auslosen. Sie schlossen aus ihren Versuchen, daC die Spe- 
zifitat der Anaphylaxie keine absolute sei. 

Auch Weil 4 ) kommt bei seinen Versuchen zum Teil zu Reaktionen 
nach heterologer Antigenzufuhr. Doch ergibt sich ana seinen Resultaten 

1) Zeitschr. f. Immunitjitaf., Orig., Bd. 27, Heft 3. 

2) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 14, 1912. 

3) Zit. nach Doerr in Technik u. Methodik d. Immunitatsf., Bd. 2, 
p. 872. 

4) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. Immunitiitaf., Bd. 1, 
1914, p. 273. 


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412 


Wilhelm Brack, 


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keine Geaetzmafiigkeit. Die Starke der aspezifischen Reaktion hiingt nicht 
ron der Quantitat dee reinjizierten Antigens ab, und der EinfluB der In- 
jektion eines heterologen Serums auf die spezifische Reaktion scheint eben- 
falls ein willkiirlicher zu sein; Tiere mit keinen oder leiehten Erscheinungen 
waren gegen die homologe Injektion reeistenter als solche, die einen star- 
keren aspezifischen Shock durchgemacht batten. 

Wendelstadt und Fellmer 1 2 ) linden, daB passiv anaphylaktisch 
gemachte Tiere nicht nur auf das zur Sensibilisation benutzte Pflanzen- 
eiweifi reagiercn, sondern auch auf das EiweiB verwandter Pfianzen. 

Magnus*) glaubt, daB der strenge Charakter der Spezifitat von der 
Frage der Immunisierungsvorgange abhange. Je hoher der Grad der 
Immunitiit getrieben wird, desto mehr seien die Antikorper imstande, auf 
heterologe Antigene einzuwirken, welche dem homologen in chemischer 
oder biologiseher Hinsicht nahestehen. Doerr 3 ) spricht hier die Ansicht 
aus, daB dieses Gesetz wahrscheinlieh auch fiir die Anaphylaxie geltc, und 
daB es denkbar ware, daB zwei Anaphylaktogene bei einem Versuch total 
different, bei einem anderen verwandt erscheinen, je nachdem der Grad 
der EiweiBimmunitat bei den beniitzten Versuchstieren gering- oder hoch- 
gradig war. 

Auch fiber die dritte Frage nach der Beeinflussung der Anaphylaxie 
durch mehrere sehr groBe Dosen eines Serums finden wir in der Literatur 
schon verschiedene Angaben. Auf die Tatsache, daB durch geniigend 
groBe Antigeninjektionen die Inimunitiit sich nicht immer weitersteigern 
lasse, haf schon Madsen 4 5 ) aufmerksam gemacht. Er sagt, man mfisse 
den Umstand beriicksichtigen, daB der Organismus zu diesem oder jenem 
Zeitpunkte trotz fortgesetzter Antigeninjektionen keine Antikorper mehr 
zu reproduzieren vermoge, es sei als ob das Produktionsvermogen er- 
miidet sei. 

Thomsen ') hat durch seine Vcrsuche mit passiv sensibilisierten 
Meerschweinchen fiir die Anaphylaxie dasselbe gezeigt. Je 5 Tiere wurden 
in allmiihlich aufsteigenden Mengen von 0,1—4 ccm mit Kauinchen-Anti- 
pferdeserum passiv anaphylaktisch gemacht. 48 Stunden nach der sensi- 
bilisierenden Dosis erfolgte eine Reinjektion von Pferdeserum. Es wurde 
fiir jede der verschieden sensibilisierien Gruppen die Dosis letalis minima 
festgestellt, aus der sich dann der Grad der Sensibilitiit ergab. Wir sehen 
aus der graphischen Daretellung dieser Versuche, daB die Kurve zuerst 
allmiihlich, dann steiler ansteigt, bis die Sensibilitat durch die sensibili- 
sierende Dosis Serum von 2,0 ccm das Maximum erreicht. Trotz hoherer 
Dosen bis zu 4 ccm wird keine hohere Sensibilitat erreicht, sondern die 
Kurve verlauft horizontal vom Maximalpunkte weg. 

1) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 8, 1910. 

2) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1, 
1914, p. 275. 

3) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1. 1914, p. 275. 

4) Technik u. Methodik d. Immunitatsf., Bd. 2, p. 50. 

5) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 26, 1917. 


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Gegeneeitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 413 

Werden nun die Sensibilisierungsdosen noch weiter erhoht, so findet 
sogar eine Abnahme der Sensibilitat statt. Doerr 1 2 ) gibt in seinen 
neueren Ergebnissen der Anaphylaxieforschung an, daB Meerechweinchen, 
die in kurzen Intervallen mit groBen Dosen eines Eiweiflantigens vorbehandelt 
wurden, eine Zeitlang gegen Antigenreinjektionen absolut oder doch relativ 
refraktar bleiben. Dale 3 ) fand, daft solche „immune“ Meerechweinchen 
noch nach 3 Monaten gegen eine intraperitoneale Injektion von Pferde- 
serum unempfindlich waren. Der Uterus solcher Meerechweinchen ist nach 
Dale hypersensibel, aber die Spezifitiit ist eine geringere, als bci den auf 
gewohnliche Weise anaphylaktisch gemachten Tieren. Die heterologe In¬ 
jektion war aber immerhin entschieden schwiicher. 

Nach WeiP) hatten die zirkulierenden Antikorper den Organismus 
geschiitzt und eine allmahliche Desensibilisierung der Gewebe vernreacht. 
Er glaubt, daB eine Vereinigung von Antigen und Antikorper in der Zir- 
kulation iiberhaupt keine Schiidigung des betreffenden Tieres verureache, 
sondern im GegenteQ der zirkulierende Antikorper die Zellen vor der Ein- 
wirkung des Antigens schiitze, indem er es neutralisiere. 

Auf etwas andere Weise sucht Thomsen 4 ) das Phiinomen zu er- 
kliiren. Er meint, daB die Hemmung in der Sensibilitatsentwicklung bei 
der aktiven .Sensibilisierung mit sehr groBen Antigendoseninjektionen in 
der priianaphylaktischen Periode eher daher riihre, daB hierdurch auBer 
dem Anaphylaxieantistoff noch andere Antistoffe produziert wiirden, oder 
andere physische Veriinderungen in den Antistoff produzierenden Zellen 
eintreten, so daB die Reaktion zwischen Antigen und Antistoff durch diese 
parallel laufenden Prozesse verhindert wiirden. 


M e i n e Versuche 5 ). 

Meine Versuche sind eine Weiterfiihrung und Erweiterung 
der Versuche von Massini 6 ), weshalb ich, was die allgeineine 
Ausfiihrung der Dannniethode anbelaugt, auf diese Arbeiten 
und auf die seines Schulers Ban 7 ) verweise. 


1) Weichhardts Ergebn. d. Immunitatsf., Bd. 1, 1914, p. 286. 

2) Zit. nach Doerr, ebenda. 

3) Zit. nach Doerr in Weichhardts Ergebn. d. .Immunitatsf., Bd. 1, 
1914, p. 286. 

4) Zeitschr. f. Immunitatsf., Orig., Bd. 26, 1917, p. 252. 

5) Verzeichnis der bei den Versuchen angewendeten Abkiirzungen: 
Mee = Meerechweinchen, Hs = Hammelserum, Pfs = Pferdeserum, Mss = 
Menschenserum, ip. = intraperitoneal, subkut. = subkutan, Tr. = Tropfen. 
Unter Inkubationszeit verstehen wir die Zeit zwischen der letzten Sensi- 
bilisierungsgabe und dem Versuch. 

6) Zeitschr. f. Immunitiitsf., Orig., Bd. 27, Heft 3. 

7) Ban, Inaug.-Diss. Basel, 1918. 


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414 


Wilhelm Brack. 


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Zu Versuchstieren wurden ebenfalls Meerschweinchen 
beniitzt. 

Zur Beurteiluug der in den folgenden Versuchen erhal- 
tenen Kurven mochte ich noch kurz an die Grenzen der 
Leistungsfahigkeit der Darmmethode erinnern. Es haben sich 
bier Gesetzm&Bigkeiten ergeben, die zuerst von Guggen¬ 
heim 1 ) zur Bewertung der Empfindlichkeit des Darmes auf 
versckieden starke chemische Gifte angegeben wurden, und 
dann von Massini 2 ) auf die anaphylaktische Reaktionsfahig- 
keit des doppelt sensibilisierten Darmes angewendet wurden. 
Der Tonus der Darmmuskulatur, der durch einen ersten Reiz 
erhoht wurde, kann zum zweiten Male nur durch einen star- 
keren Reiz nochmals gleichstark erhbht werden. Eine jede 
Reaktion bedeutet eine Schadigung des Darmes, die an sich 
eine aspezifische Abnahme der Reaktionsfahigkeit bedingt. Es 
kann daher schon eine starke Reaktion einen dreifach sensi¬ 
bilisierten Darm reaktionslos maclien, so dad er auf die beiden 
anderen entsprechenden Antigene niclit mehr anspricht. Es 
handelt sich hierbeialso nicht urn eine Antianaphylaxie, sondern 
nur um eine Reaktionslosigkeit des Darmes, hervorgerufen 
durch die Schadigung des anaphylaktischen Shocks. Auf Darm- 
gifte reagieren solche Darme meistens noch recht gut. Es 
ist die anaphylaktische Reaktionsfahigkeit am leichtesten zu 
schadigen. 

I. Versuche mit Meerschweinchen, die mit drei 
verschiedenen Seren (Hs, Pfs, Mss) zugleich sen- 
sibi 1 isiert wurden. 

1. Versuch: Am 3. VI. 1919. 

Mee Vil li sensibilisiert. 


Am 

28. 

XII. 1918 mit 

2,0 

ccm 

Hs 

ip. 

11 

4. 

I. 1919 

11 

0,5 

ii 

Hs 

subkiit. 

11 

4. 

I. 

11 

1,0 

ii 

Hs 

ip. 

11 

17. 

I. 

11 

2,0 

it 

Pfs 

ip. 

11 

24. 

I. 


0,5 

ii 

Pfs 

subkut. 

11 

24. 

I. 

11 

1,0 

ii 

Pfs 

ip. 

ii 

7. 

IT. 

11 

2,0 

ii 

Ms8 

ip. 


14. 

II. 

11 

0,5 

ii 

Mss 

subkut. 

11 

14. 

II. 

11 

1.5 

ii 

Mss 

ip. 


1) Therapcutische Monatsheftc, 29. Jahrg., Nov. 1915. 

2) Zeitschr. f. Immunitiitsf., Orig., Bd. 27, Heft 3. 



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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 415 


Die Gesamtdosis jedes einzelnen Serums betrfigt somit 
3,5 resp. 4 ccm fflr das letzt eingespritzte Serum. Die Gesamt¬ 
dosis aller drei Seren 11 ccm, die Sensibilierungszeit 48 Tage, 
die Inkubationszeit 119 Tage. 



Kurve 2. 



Kurve 3. 


Kurve 1, 2 und 3 zeigen eine deutliche Reaktion auf 
Zusatz von Hs resp. Pfs oder Mss. Bei Kurve 1 und 2 ist 
die 1. Reaktion sehr stark, es erfolgt auf eine zweite Zugabe 
keine Reaktion mehr. 

Bei Kurve 3 folgt auf die erste leichte Reaktion durch 
Mss eine deutliche zweite Reaktion durch Hs. Eine dritte 
Reaktion auf Pfs wurde nicht mehr ausgelost. 


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416 


Wilhelm Brack, 


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2. Versuch: Am 9. VII. 1919. 


Mee VII/16 sensibilisiert. 


Am 

3. I. 

1919 mit einer Mischung von Mss, Hs und Pfs 2,0 

ccm 

ip. 

•y 

10. I. 

yy 

dgl. 

0,5 

yy 

subkut. 


10. I. 

yy 

yy 

1,5 

yy 

ip. 

yy 

17. I. 


yy 

0,5 

yy 

subkut. 

yy 

17. I. 

yy 

yf 

1,5 

yy 

ip. 

yy 

31. I. 

yy 

yy 

0,5 

yy 

subkut. 

yy 

31. I. 

yy 

yy 

1,5 

yy 

ip. 

yy 

7. II. 

yy 

yy 

0,5 

yy 

subkut. 

•y 

7. II. 

yy 

yy 

1,5 

yy 

ip. 

yy 

14. II. 

yy 

yy 

0,5 

yy 

subkut. 

yy 

14. II. 

yy 

yy 

1,5 

yy 

ip. 


Die Gesamtdosis der 3 Seren, die stets gemischt injiziert 
wurden, betragt 12 ccm; die Sensibilisierungszeit 42 Tage, 
die Inkubationszeit 145 Tage. 






/ 

^ V**- V, 'v 

| 

\J ' ' ' •- 


2TrPfs 

1 Q5Mss 

• Kurve 4. 



Kurve 4 Fortsetzung. 


Kurve 4 zeigt eine dreimalige Reaktion des gleichen 
Darmstiickes auf alle drei zur Sensibilisierung verwendeten 
Seren. 

3. Versuch: Am 4. VIII. 1919. 

Mee VII/34 sensibilisiert. 

Am 11., 18. und 25. VI. 1919 mit je 0,5 ccm Hs, Pfs und Mss. 

Die Einzelserumdosis betragt soinit 0,5 ccm, die Gesamt- 
serumdosis 1,5 ccm; die Sensibilisierungszeit 14 Tage; die 
Inkubationszeit 40 Tage. 

Kurven 5 — 7 zeigen in gleicher Weise wie Kurven 1 
bis 3 (1. Versuch) eine Reaktion auf die drei zur Sensibili- 


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417 



iO 

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► 

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53 


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418 


Wilhelm Brack, 


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sierung verwendeten Seren. Zur Sensibilisierung wurden we- 
niger grofie Dosea verwendet. Trotzdem sind die Ausschlage 
ebenso deutlich wie im ersten Versuch. Es zeigen diese 
Kurven auBerdem, daB nach einer Reaktion mit Hs, mit dem 
das Meerschweinchen zuerst sensibilisiert wurde, durch Pfs 
keine Reaktion niehr hervorgerufen wird; umgekehrt aber Hs 
eine Reaktion verursacht, nachdem schon Pfs eine Reaktion 
hervorgerufen hat (vgl. Kurve 6 u. 7). 

4. Versuch: Am 1. IX. 1919. 

Mee VII/31 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/34 (3. Versuch). 
Die Reihenfolge der zur Sensibilisierung verwendeten Seren ist dagegen 
Mss, Pfs, Hs; die Inkubationszeit 68 Tage. 

Kurve 8 zeigt eine starke Reaktion auf 5 Tropfen Hs, 
nach langerer Zeit ergibt ein Zusatz von 1,0 Menschenserum 
eine deutliche zweite Reaktion. 

Kurve 9 vom gleichen Mee zeigt, daB bei langsainem 
Zusatz von steigenden Dosen von Hs eine Antianaphylaxie 
auch oline Shock entsteht. Selbst die letzte Dosis von 0.5 Hs 
ergibt nicht die geringste Reaktion. Auf Zusatz von 1,0 Mss 
nach ungefahr gleich groBem Zeitintervall wie bei Kurve 8 
erfolgt eine zieinlich gleichstarke Reaktion wie bei Kurve 8. 

Die Absattigungsdosis betragt somit bei Kurve 9 bei Um- 
gehung des Shocks ungefahr das Dreifache wie bei Kurve 8. 

Kurve 10 zeigt eine starke Reaktion durch Mss, mit 
dem das Mee zuerst sensibilisiert wurde. Kurve 8 zeigt noch 
eine zieinlich starke Reaktion auf Mss, trotzdem durch Hs 
schon eine ziemlich starke Reaktion eintrat. Kurve 9 zeigt 
dasselbe bei Umgehung des Shocks. Eine Reaktion auf Mss 
nach einer Reaktion durch Hs trat in den anderen Versuchen 
selten ein. 

Kurve 9 zeigt uns ferner die interessante Tatsache, daB 
die allmahliche Zugabe (also bei Umgehung des Shocks) von 
1 und 3 Tr. Vioo Hs, 2 und 5 Tr. V 2 o Hs, 3 Tr. y i0 , 1 und 
4 Tr. und 0,1 ccm Hs eine so starke homologe Antianaphylaxie 
fiir Hs hervorruft, so daB 0,5 ccm homologen Hs nicht die 
geringste Reaktion mehr hervorruft. Nach der Zugabe von 
diesen 0,5 ccm Hs, also nach einer Gesamtdosis von ca. 0,7 ccm 
Hs, zeigt der Darm eine immerhin noch recht gute Reaktion 
auf 1,0 ccm Mss. Es ist also die spezifische Antianaphylaxie, 



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[Tj Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 419 



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Kurve 8 Fortsetzung. 





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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei dcr Anaphylaxie. 421 

hervorgerufen durch ca. 0,2 ccm Hs, fiir 0,5 ccm Hs eine voll- 
st&ndige. Dagegen reagiert der Darm (fur Hs vollkommen 
abgesattigt) auf Mss, mit dem es ebenfalls sensibilisiert wurde, 
noch recht gut. 

5. Versuch: Am 2. IX. 1919. 

Mee VII/33 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/34 (3. Versuch). 
Die Reihenfolge der zur Sensibilisierung verwendeten Seren ist dagegen 
Pfs, Mss, Hs; die Inkubationszeit 69 Tage. 

Kurve 11 zeigt wie Kurve 9 eine deutliche Reaktion auf 
1,0 Mss. Der Darm ist vorher fflr Pferdeserum vollst&ndig 
abgesSttigt worden durch die langsame Zugabe von 1, 2 und 
5 Tr. Vioo Pfs, 1, 5 und 6 Tr. 

V 20 Pfs, 1 , 3 und 6 Tr. Vio Pfs, 

1 Tr., 0,1, 0,3, 0,5 ccm Pfs. Alle 
Zugaben, auch die letzte groBe 
Pfs-Zugabe von 0,5 ccm, gelang 
uuter vollstandiger Vermeidung 
einer Shockwirkung. (Der erste 
Teil der Kurve, der die AbsSLt- 
tigung fiir Pfs zeigt, wurde, urn 
Platz zu sparen, weggelassen.) 

Kurve 12 wurde zum Vergleich zu Kurve 11 beigegeben. 
Sie zeigt, daB ein Darmstiick (desselben Tieres VII/33), das 


jVLi 


w\/ 


1,0 Mss 


Kurve 11. 



Kurve 12. 


noch keine Serumzugabe erhalten hat, auf Zusatz'von .3 Tr- 
Mss starker reagiert, als das Darmstiick von Kurve 11, bei 
dem zwar kein Shock stattgefunden hatte, wohl aber eine Ab- 
sattigung mit Pfs. 

Zeltichr. f. IrnmnnltSUforschiing. Grig. Brt. 31. 28 


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/>L. 


422 


Wilhelm Brack, 



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Kurve 15. 












Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 423 


Diese AbsSttigung mit Pfs verursacht also auch ohne 
Shock eine Verminderung der Reaktion (aspezifische Re- 
sistenz). 

II. Versuche mit Meerschweinchen, die mit mitt- 
leren Dosen eines Serums sensibilisiert wurden. 

6. Versuch: Am 7. VIII. 1919. 

Mee VII/40 BenBibilisiert mit Hb. 

Am 12. VI. 1919 2,0 ccm ip. 

„ 26. VI. „ 0,5 „ subkut. 

„ 26. VI. ., 1,0 „ ip. 

Die Gesamtdosis betragt somit 3,5 ccm, die Sensibili- 
sierungszeit 14 Tage, und die Inkubationszeit 42 Tage. 

Kurve 13 ist die Kurve eines stark sensibilisierten Mee; 
auf 1 Tr. Vio Hs entsteht schon eine starke Reaktion, aber 
keine vollstandige Absattigung, da auf Zusatz von 2 Tr. Hs 
nach ziemlich langer Zeit eine noch st&rkere zweite Reaktion 
erfolgt. 0,5 ccm Mss und 0,5 ccm Hs spater hinzugefiigt 
haben keine Wirkung mehr. 

Kurve 14. Beim Darmsttick dieses stark sensibilisierten 
Tieres lost 0,5 ccm heterologen Mss eine deutliche Reaktion 
aus, die aber fttr Hs keine Antianaphylaxie bedingt. 1 Tr. Hs 
gibt eine deutliche zweite Reaktion. 

Kurve 15 zeigt das gleiche, wie Kurve 12 mit 1,0 Mss. 

Bei Kurve 16 wurde 2mal 1,0 heterologen Mss zu- 
gefiigt. Auf die erste Zugabe erfolgte eine deutliche Reaktion, 
auf die zweite nicht mehr, dagegen ist die Reaktion auf 2 Tr. 
Hs auGerst gering. 

Diese nichtspezifischen Reaktionen lassen sich nur aus- 
losen durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums und 
nur bei sehr stark sensibilisierten Tieren. 

Kurve 17 ist ein analoger Versuch wie Kurve 14, statt 
Mss wurde 2mal 1,0 Pfs gegeben. 

III. Versuche mit Meerschweinchen, die mit sehr 
groBen Dosen eines Serums sensibilisiert wurden. 

7. Versuch: Am 6. VIII. 1919. 

Mee VII/27 sensibilisiert. 

Am 6. VI. 1919 mit 2,0 ccm Hs ip. 

, 13. VI. „ „ 0,5 „ subkut. 

28* 


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Kurve 17 Fortaetzung. 


424 


Wilhelm Brack, 



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Gegenseitige fieeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 425 


Am 

13. 

VI. 

1919 

mit 1,0 

ccm 

Hs 

ip. 

ff 

20. 

VI. 

f) 

M 

0,5 

ff 

ff 

subkut. 

ff 

20. 

VI. 


ff 

1.5 

ff 

ff 

ip. 

If 

27. 

VI. 

ff 

ff 

0,5 

ff 

ff 

subkut. 

ff 

27. 

VI. 

ff 

ff 

1,0 

ff 

ff 

ip. 

ff 

4. 

VII. 

ff 

ff 

0,5 

ff 

ff 

subkut. 

ff 

4. 

VII. 

ff 

ff 

1,5 

ff 


ip. 

ff 

11. 

VII. 

ff 


0,5 

ft 

ff 

subkut. 

ff 

11. 

VII. 

ff 

ff 

1,0 

ff 


ip. 


Die Gesamtdosis betragt soinit 10,5 ccm; die Sensibili- 
sierungszeit 35 Tage, die Inkubationszeit 26 Tage. 



Kurve 18. 

Kurve 18: Trotzdem das Tier mit sehr groBen Dosen 
Hs sensibilisiert wurde, zeigt der Darm nur eine kleine Re- 
aktion auf 2 Tr. Hs. Auf spiiteren Zusatz von 0,1 und 1,0 Hs 
erfolgt keine Reaktion mehr. Also kleine Reaktion und leichte 
Absattigung. 

8. Versuch: Am 6. VIII. 1919. 

Mee VII/25 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mce VII 27 (6. Versuch), 
aber mit Mss. Die Inkubationszeit betriigt cbenfalls 26 Tage. 

Kurve 19: zeigt das Gleiche wie Kurve 16 (6. Versuch). 


---- 

' 2TrMss • 



Kurve 19. 

• 

—---- 

~ 

1 0,5Pfs 


Kurve 19 Fortsetzung 


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426 


Wilhelm Brack, 


Kurve 20 zeigt, daB hier bei schwach reagierendem 
Darme keiDe aspezifische Reaktion auf Pfs erfolgt (vgl. Kurve 18 
und Kurve 15). 





4 



- 


1 

Q5 Pfs 


4 


1 0,1 Mss 



Kurve 20. 


9. Versuch: Am 25. VIII. 1919. 

Mee V1I/25 auf gleiche Weise sensibilisiert wie Mee VII/24 (7. Versuch), 
ebenfalls mit Mss. Die Inkubationszeit betragt 50 Tage. 

Kurve 21: Audi eine Verlangerung der Inkubationszeit 
von 26 auf 50 Tage hat keine Verstarkung der Reaktion zur 






i 

•iTrMas 



1 0,5 Mss 


Kurve 21. 


Folge. Die Kurve zeigt eine minimale Reaktion des mit 
hohen Dosen sensibilisierten Mee-Darmes auf 1 Tr. Mss und 
vollstandige Absattigung, so daB ein zweiter Zusatz von 0,5 ccm 
Mss keine Reaktion mehr auslost. 

Kurve 22: 0,2 Mss gibt eine etwas starkere, aber immer- 
hin noch schwache Reaktion. 



Kurve 22. 


Kurve 23 zeigt, daB 0,5 ccm heterologen Hs keine 
Reaktion auslost; die ziemlich groBe Dosis von 0,5 Mss er- 
gibt eine den vorigen Kurven entsprechende Reaktion. Dieses 


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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 427 

Darmstuck eines mit sehr groBen Dosen vorbehandelten Tieres 
reagiert also wenig, ist „immun“. Solche immune Darmstucke 
reagieren gar nicht auf lieterologe Seren. Die Sensibilit&t 


Q5Hs 


Kurve 23. 

fur spezifische Seren ist zwar an sich gering, wird aber durch 
eine vorherige Zugabe von heterologem Serum nicht herab- 
gesetzt (siehe auch Kurve 20). 

Besprechung. 

Wie schon Bessau und Friedberger und ihre Mit- 
arbeiter und Mas sin i gezeigt haben, lassen sich Meer- 
schweinchen mit mehreren verschiedenen Seren gleichzeitig 
sensibilisieren. Die Tatsache, daB sich Meerschweinchen mit 
3 verschiedenen Seren gleichzeitig sensibilisieren lassen, er- 
gibt sich aus unseren Versuchen der ersten Versuchsreihe, 
und zwar daraus, daB von drei verschiedenen Darmstiicken 
eines dreifach sensibilisierten Tieres jedes leicht auf eines der 
drei Seren reagiert. Man kann ferner bei einem solchen 
Darmstuck auf die Zugabe von 2 resp. alien 3 Seren Reak- 
tionen erzielen. DaB dies nicht ohne weiteres gelingt, ist 
aus den p. 414 angegebenen Bemerkungen iiber die Grenzen 
der Leistungsfahigkeit des einzelnen Darmstuckes bei der 
Darmmethode ersichtlich. 

Aus den gleichen Griinden ergibt sich auch, daB bei 
diesen Versuchen die Abnahme der Reaktionsfahigkeit des 
Darmes zum groBen Teil durch die Darmschadigung infolge 
des Shocks bedingt sein kann. Dadurch wird eine aspezifische 
Antianaphylaxie vorgetauscht. 

Die Spezifitiit der Antianaphylaxie ergibt sich durch unsere 
Versuche ohne weiteres. Bei Zugaben eines Serums schon 
in relativ geringen Dosen von 0,2—0,3 ccm ist der Darm 
nach kurzer Zeit vollstandig antianaphylaktisch fur das gleiche 



1 0,5 Mss 


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428 


Wilhelm Brack, 


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Serum, nicht aber fur ein anderes Serum, mit dem das Tier 
ebenfalls in gleicher Weise sensibilisiert wurde. 

DaB aber nebeu der spezifischen Antianaphylaxie eine 
aspezifische Antianaphylaxie tatsachlich auch vorkommt, lfiBt 
sich durch die Darmmethode ebenfalls nachweisen. Wenn ein 
Darmstfick, das schon einmal spezifisch auf ein Antigen rea- 
giert hat, auf ein zweites, mit dem es ebenfalls sensibilisiert 
wurde, weniger oder gar nicht mehr reagiert, so konnte man 
aus den oben angeffihrten Grilnden glauben, daB der Shock 
des Darmes die Ursache fiir das Nichtreagieren auf das zweite 
Antigen sei. Eine Herabsetzung der Sensibilitat fiir ein zweites 
Serum durch die Zugabe eines ersten ist aber auch bei Um- 
gehung des Shocks moglich durch langsame Absattigung des 
Darmes fiir das erste Serum. Nur ist in diesem Falle eine 
viel groBere Dosis zur Absattigung des ersten Serums und 
zu einer entsprechenden Herabsetzung der Sensibilitat fur das 
zweite Serum nfitig. Die vorliegenden Versuche zeigen also 
deutlich einen groBen quantitativen Unterschied zwischen der 
aspezifischen und der spezischen Antianaphylaxie. Sie besta- 
tigen die Ansicht von Fried berger und seineu Mitarbeitern 
und von Massini. Wir stehen somit in direktem Gegensatz 
zu der p. 409ff. angegebenen Anschauung von Bessau und 
seinen Mitarbeitern, die einen Unterschied zwischen spezi- 
fischer und aspezifischer Antianaphylaxie nicht anerkennen. 
Durch unsere Darinversuche laBt sich wenigstens die p. 411 
wiedergegebene Ansicht Bessaus fiber die Entstehung der 
Antianaphylaxie direkt widerlegen. Bessau glaubt, daB der 
Grad der Antianaphylaxie lediglich von der Intensitfit des 
Shocks abhange. Durch den Vergleich unserer Resultate der 
Versuche mit Shockwirkung mit denen mit Umgehung des 
Shocks mtissen wir unbedingt der Ansicht Friedbergers 
beipflichten, daB der Grad der Antianaphylaxie lediglich ab- 
hfinge von der bei der Reinjektion zugeffihrten Antigenmenge, 
deren Ort und dem Grade der dadurch bedingten Antikorper- 
absattigung, eiuerlei, ob durch ihre Zufuhr schwere Symptome 
ausgelost werden oder die Injektion in einer Weise vorsichtig 
erfolgt, daB Uberhaupt das Tier bei der Reinjektion nicht 
sichtbar erkrankt. 

Bei den Versuchen der ersten Versuchsreihe sehen wir, 
daB im allgemeinen die Reaktion auf dasjenige Antigen je- 



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Qegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 429 


weilen am starksten ist, mit dem das Tier zuerst sensibilisiert 
wurde. Das erst eingefiihrte Antigen ruft im Darmversuch 
die groBte Zuckung hervor und sattigt auch am meisten ab. 
Die Behauptung von Benjamin und Witzinger von der 
Konkurrenz der Antigene erhalt durch die vorliegenden Ver- 
suche eine weitere Stiitze. Man darf wohl annehmen, es er- 
folge (ceteris paribus) auf die erste Antigeninjektion die grbBte 
Antikorperproduktion. 

Eine Injektion von Serumgemischen (Hs, Pfs und Mss) 
scheint eine ziemlich gleichmafiige Sensibilisierung gegeniiber 
den drei Seren zu erzeugen. 

Es scheint ferner, dad die Sensibilisierung gegeniiber 
Hammelserum etwas leichter gelingt, als gegeniiber Pferde- 
serum oder Menschenserum, doch sind unsere Versuche nicht 
zahlreich genug, urn ein eindeutiges Urteil dariiber fallen zu 
konnen. 

Aus den Resultaten der zweiten Versuchsreihe sehen wir, 
daft man bei einem hochsensiblen einfach sensibilisierten Darme 
durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums einen aspe- 
zifischen anaphylaktischen Shock hervorrufen kann. Derselbe 
kann zugleich unter Umstanden eine Herabsetzung der Sensi¬ 
bility fur das homologe Serum herbeifiihren. Nbtig zu diesen 
Versuchen sind einfach sensibilisierte Tiere, die einen sehr 
hohen Grad von Empfindlichkeit besitzen. Bei unseren Ver¬ 
suchen war der Darm so empfindlich, daB er schon auf einen 
Tropfen eines 10-fach mit Ringerlosung verdiinnten homologen 
Serums mit einer starken Reaktion antwortete. Um dagegen 
bei einem Darmsttick desselben Darmes eine aspezifische Re¬ 
aktion zu erzeugen, war mindestens die sehr groBe Dosis von 
0,5 ccm heterologen Serums notig. Eine Herabsetzung der 
Sensibility fur das homologe' Serum nach der Zugabe des 
heterologen war bei der Dosis von 0,5 ccm noch nicht bemerk- 
bar. Die zweimalige Zugabe von 1,0 ccm heterologen Serums 
hat dagegen eine sehr starke, eventuell totale Herabsetzung 
der Reaktionsfiihigkeit zur Folge. Hierzu ist noch zu be- 
merken, daB die aspezifische Reaktion auch auf die Dosis von 
1,0 ccm hochstens eine maBige war. Es hat also die Darm- 
schadigung durch den Shock an der Herabsetzung der Sensi¬ 
bility nur einen geringen Anted. Unsere Resultate sind 
somit eine Bestatigung der Versuche von Pfeiffer und Mita, 


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Wilhelm Brack, 


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von Calvary, von Wendelstadt und F el liner, Gay 
und Southard und von Weil, die zeigen, daB ein Ueber- 
greifen von Antigen auf heterologe Antikorper moglich ist, 
und sogar zur Auslosung eines Shocks fiihren kann. Auch 
die Anschauung Do errs, daB das Uebergreifen eines Anti¬ 
gens auf heterologe AntikSrper von dem Grade der Sensibili- 
sierung abhange, stimmt mit unseren Versuchen iiberein. Wir 
konnen also der Ansicht Calvarys beistimmen, der die Ana- 
phylaxie nur ein in quantitativer Beziehung spezifisches Ph£- 
nomen nennt, miissen zugleich aber auch auf die enornie 
quantitative Differenz hinweisen, die wir bei der Auslosung 
des spezifischen und aspezifischen Shocks konstatieren. 

Aus der dritten Versuchsreihe sehen wir, daB man die 
Anaphylaxie nicht beliebig steigern kann durch die Injektion 
wiederholter sehr groBer Dosen. Wir stimmen darait iiberein 
mit Doerr, Weil, Dale un(i Thomsen. Unsere mit sehr 
groBen Dosen (10,5 ccm) vorbehandelten Tiere zeigen nach 
verscliiedenen Inkubationszeiten (26 und 50 Tage) nur eine 
sehr geringe Reaktionsfahigkeit. Die Reaktionsfahigkeit ist 
ganz bedeutend viel geringer, als bei Sensibilisierung mit 
mittleren Dosen (3,5 ccm). Es entsteht bei diesen mit sehr 
hohen Dosen sensibilisierten Tieren beinahe eine Reaktions- 
losigkeit, die wir als beginnenden Immunitatszustand bezeichnen 
mochten. Bei solchen Darmstiicken gelingt die Absattigung 
sehr leicht schon durch kleine Dosen des Antigens. Selbst 
durch sehr groBe Dosen eines heterologen Serums findet 
keine Reaktion statt, auch hat die Zugabe des heterologen 
Serums auf die folgende homologe Reaktion keinen EinfluB. 
Eine aspezifische Reaktion und eine aspezifische Resistenz 
liefi sich bei diesen Versuchen nicht nachweisen. Wir sind 
hier im Gegensatz zu Dale, der beim Uterus solcher n immuner“ 
Tiere eine geringere Spezifit&t fand. 

Zusammenfassung. 

Anaphylaxieversuche am Meerschweinchendarm. 

1) Es lassen sich Meerschweinchen leicht mit drei ver- 
schiedenen Seren anaphylaktisch machen. 

2) Die Reaktion ist im allgemeinen am starksten auf das- 
jenige Antigen, mit dem zuerst sensibilisiert wurde. 


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Gegenseitige Beeinflussung von Antigenen bei der Anaphylaxie. 431 

3) Es besteht ein deutlicher quantitativer Unterschied 
zwischen spezifischer Antianaphylaxie und aspezifischer Anti- 
anaphylaxie. 

4) Die Injektion eines heterologen Serums kann bei hoch- 
sensiblen Tieren einen anaphylaktischen Shock hervorrufen. 
Dieser aspezifische Shock ist stets ganz bedeutend geringer, 
als der spezifische. Der aspezische Shock kann zugleich eine 
Herabsetzung der Reaktionsfahigkeit fur das homologe Serum 
verursachen. 

5) Mehrmalige Injektionen von sehr grofien Dosen 
desselben Serums haben nur eine geringe Sensibilit&t zur 
Folge (Entstehung einer ImmunitSt). 


Zum SchluB raochte ich nicht verfehlen, Herrn Professor Dr. Rudolf 
Mass ini fur seine Anregung zu dieser Arbeit, sowie fur seine Ratschlage 
und seine Hilfe in theoretischen und praktischen Fragen meinen beaten 
Dank auszusprechen. 


Nachdruck verboten. 

Aus dem Allgeineinen Krankenhaus Hamburg-Barmbeck. 
Direktor: Prof. Dr. Th. Rumpel. (Bakteriolog.-serolog. Abteil. 

Leiter: Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz.) 

Ueber die Branchbarkeit eholesterinlerter Rinderherz- 
extrakte bei der Serodiagnostik der menschlichcn Syphilis. 

I. Der EinfluB des Cholesterinzusatzes auf den Ausfall der 
Wassermannschen Reaktion. 

Von Privatdozent Dr. med. Fr. Graetz. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 28. Oktober 1920.) 

Die theoretische Auffassung der Wasserm an n scheu 
Reaktion als einer spezifischen Antigen - Antikorperreaktion 
zwischen den Reaginen des Syphilitikerserums und den Spiro- 
chaten der urspriinglich verwendeten wasserigen Luesleber- 
extrakte muB durch die Feststellung der Alkoholloslichkeit 
der wirksamen Extraktkomponente als endgflltig erschiittert 
gelten, wenngleich manche Autoren, wie Citron u. a., auch 
heute noch an einem spezifischen Anteil der Reaktion fest- 


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432 


Fr. Graetz, 


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halten zu mlissen glauben. Dieses Festhalten an der alten 
Lehre dokumentiert sich vor allem auch darin, daB sowohl 
von der W assermannschen Schule, wie auch von zahl- 
reichen anderen Autoren, die Verwendung alkoholischer Ex- 
trakte, die aus den Lebern syphilitischer Foten gewonnen sind, 
bevorzugt und den sogenannten Normalextrakten nur eine 
bedingte Brauchbarkeit zuerkannt wird. 

Leider entsprechen sich aber beziiglich der echten Lues- 
leberextrakte Angebot und Nachfrage heute in keiner Weise 
mehr, und selbst groBe Anstalten, wie unser Krankenhaus, 
sehen sich trotz ihres groBen Materiales zuweilen vor be- 
trachtlichen Schwierigkeiten in der Beschaffung Solcher Anti¬ 
gene gestellt, wenn anders nicht die teueren kauflichen Anti¬ 
gene der Seruminstitute bezogen werden sollen. 

Nun ist es seit langem bekannt und in zahlreichen ex- 
perimentellen Studien zur Gentige erhartet, daB fiir die Syphilis- 
diagnostik im Wasserraannschen Versuch die Verwendung 
syphilitischer Organextrakte keineswegs die unerliiBliche Vor- 
bedingung ist, daB vielmehr auch alkoholische Extrakte aus 
menschlichen und tierischen Normalorganen als vollwertige 
Antigene bei der Luesdiagnose Verwendung finden konnen, 
wenn auch die Emptindlichkeit der Normalorganextrakte gegen- 
iiber den Luesleberextrakten vielfach als niedriger gelten muB. 
Das liegt offenbar daran, daB manche normale Organe die 
wirksamen Stoffe in weniger stark aufgeschlossener Form und 
daher in einem fiir die LipoidlSsungsmittel weniger leicht an- 
greifbaren Zustande enthalten, als die in der Regel stark ver- 
anderten syphilitischen Organe. Das gilt allerdings nicht oder 
doch nur in beschranktem MaBe fiir das Rinderherz, welches 
die wirksamen Stoffe nicht nur in ausreichender Menge, sondern 
auch in leicht loslicher Form enth&lt und bei alkoholischer 
Extraktion regelmaBig gut wirksame Antigene liefert, welche 
von Haus aus eine groBe Konstanz zeigen und bei geeigneter 
Einstellung den besten Luesleberextrakten durchaus gleich- 
wertig erscheinen. 

Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, daB auch 
gut wirksame Luesleberextrakte keineswegs den Inbegriff eines 
vollwertigen Antigens darstellen, und das haufige Versagen 
der genannten Antigene bei klinisch sicheren Luesfallen hat 


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Fr. Graetz, 


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Antigenen, aus der unspezifischen Hemmungszone herauszu- 
kommen, ohne daB die Empfindlichkeit der Reaktion an sich 
geschadigt wird. Ich kann auf Grund langjahriger Erfahrungen 
an einem groBen Untersuchungsmaterial Sachs in seiner Vor- 
liebe fQr die Cholesterinextrakte durchaus beistimmen, und 
mochte diese Antigene, die sich auch in unserem Betriebe 
aufs beste bewahrt haben, bei der serologischen Syphilis- 
diagnostik ebenfalls nicht mehr missen. 

Selbstverstandlich ist es fur die Einstellung der Extrakte 
nicht angSngig, etwa einem beliebigen Normalextrakt eine 
ebenfalls beliebige Menge an Cholesterin zuzusetzen und ihn 
dann ohne weiteres in den Versuch einzustellen. Das miiBte 
unbedingt zu diagnostischen Irrtumern ffihren. Fiir jeden 
Extrakt ist ein optimaler Zusatz an Cholesterin erforderlich, 
welcher erst in der von Sachs angegebenen Weise ermittelt 
werden muB. Ein einfaches Mischungsverh&ltnis, welches fiir 
alle Extrakte Giiltigkeit besitzt, laBt sich, wie ja auch Sachs 
betont, leider nicht angeben, wenn auch nach meinen Erfah¬ 
rungen ein Zusatz von 1 Prom. Cholesterin zu gleichmaBig 
hergestellten Stammextrakten in der Regel die besten Bedin- 
gungen fur die Extrakte zu bieten scheint. Die Herstellung 
groBerer Meugen eines gleichm&Bigen Stammextraktes wird 
im allgemeinen sicher nicht auf besondere Schwierigkeiten 
stoBen, und hat dabei den Vorzug, daB man auf lange Zeit 
hinaus mit einem gleichmaBig wirksamen Antigen eingedeckt 
ist, dessen zunehmende Erprobung an einem wachsenden 
Material gleichzeitig auch die Sicherheit der Diagnose erhoht, 
die man bei haufigem Wechsel der Antigene, auch wenn die- 
selben aus staatlichen Zentralen stammen, oft recht vermiBt, 
da meist die Operatiousnummer eines bestimmten Antigens 
aufgebraucht ist, wenn man glUcklich mit den Eigenheiten des- 
selben vertraut ist. 

Den cholesterinierten Normalorganextrakten werden ja 
allerdings allerlei bose Eigenschaften zur Last gelegt, bei 
deren Existenz zu ihrer praktischen Verwendung, wenn tiber- 
haupt, so doch nur mit groBter Vorsicht geraten werden 
durfte. So gilt es z. B. als eine, in den verschiedensten Ab- 
handlungen immer wieder hervorgehobene, anscheinend fest- 
stehende Tatsache, daB der Cholesterinzusatz die Eigenhem- 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 435 


mung der Extrakte erhoht, und daB demnach die Cholesterin- 
extrakte ihre anscheinend grSBere ReaktionsfShigkeit eben 
dieser groBeren Eigenhemmung verdanken, die zudem gleich- 
gleichzeitig die Gefahr unspezifischer Reaktionen in sich 
schlieBen soli. ZunSchst vermindert ein Cholesterinzusatz nach 
den auch durch Kaup u. a. bestatigten Feststellungen Alt¬ 
man ns die vielfach als stOrend empfundene Eigenhamolyse 
der Extrakte, die aber nach meinen persbnlichen Erfahrungen 
praktisch so gut wie nie in Erscheinung tritt, wenn man von 
gentigend konzentrierten Stammextrakten ausgeht und die sto- 
rende lytische Wirkung des Alkohols durch starkere Ver- 
dfinnung der Extrakte mit Kochsalz ausschaltet. Mit dieser 
antih&molytischen Wirkung des Cholesterins geht dann in der 
Regel eine deutliche Steigerung der hemmenden Faktoren des 
Extraktes parallel, die ihren Ausdruck in einer Verkleinerung 
der unterhemmenden Dosis findet und somit eine starkere 
Verdtinnung der Extrakte erforderlich macht, wenn anders 
man an dem Grundsatz festhalten will, daB die doppelte 
Gebrauchsdosis, oder doch zum mindesten die Gebrauchsdosis 
selbst nicht antikomplimentar wirken darf. Von einer Prufung 
der doppelten Gebrauchsdosis auf Eigenhemmung kann man 
nach unseren Erfahrungen, unbeschadet der Sicherheit der 
Methodik, absehen; dagegen halten wir es bei alien Extrakten, 
gleichgflltig ob sie Cholesterinzusatz haben oder cholesterin- 
frei sind, ftir dringend erforderlich, daB die Gebrauchsdosis 
regelmaBig an jedem Versuchstag mit demjeweils im Versuch 
verwendeten Komplement austitriert wird. Bei dieser Vorsichts- 
maBregel erscheint es nach unseren Erfahrungen ausgeschlossen, 
daB bei Verwendung der Cholesterinextrakte eine, lediglich 
durch erhohte Eigenhemmung des Extraktes bedingte positive 
Reaktion mit dem Serum eines Nichtsyphilitikers eintritt. Bei 
gut und auf die optimale Gebrauchsdosis eingestellten Chole- 
sterinexstrakten mtissen wir die angeblich groBere Eigen¬ 
hemmung dieser Extrakte nach unseren Erfahrungen in das 
Gebiet der Fabel verweisen, da wir zum mindesten keine 
groBere Autotropie gegeniiber den verschiedenen Komple- 
menten feststellen konnten, als bei den gebrauchlichen Lues- 
leberextrakten. Im Gegenteil, unsere stark wirksamen Chole- 
sterinherzextrakte haben durchweg eine viel geringere Eigen- 


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Fr. Graetz, 


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hemmung gezeigt, als z. B. die aus dera Kaiser Wilhelms- 
Institut zu Dahlem gelieferten Luesleberextrakte. Und ich 
mufi nochmals betonen, daB eine gelegentlich einmal auf- 
tretende Eigenhemmung infolge der betrfichtlichen Reaktions- 
breite der Cholesterinextrakte in der Regel ohne Schwierig- 
keiten und ohne merkliche Stdrung der Empfindlichkeit der 
Reaktion beseitigt werden kann, indem man die Gebrauchs- 
dosis durch st&rkere Verdunnung der Stammextrakte mit Koch- 
salzldsung erheblich herabsetzt, eine MaBnahme, zu der wir 
wahrend des Krieges bei den aus dem Kaiser Wilhelm-Instiut 
zu Dahlem gelieferten Extrakten haufiger gezwungen waren, 
wenn anders wir nicht die Gefahr einer unspezifischen Reaktion 
laufen wollten. Normale Oder reaktionskorperfreie Sera be- 
sitzen ja allerdings teilweise die Eigenschaft, daB sie m&Bige 
Eigenhemmungen der Extrakte ausschalten, so daB trotz schein- 
bar ungiinstiger Versuchsbedingungen die Losungen im Haupt- 
versuch glatt und oft schneller vor sich gehen, als nach den 
Vorversuchen zu erwarten ware. Da diese hamolysefbrdernde 
Eigenschaft aber keineswegs alien Normalseris zu eigen ist, 
mochte ich dringend davor warnen, eine Gebrauchsdosis mit 
starkerer Hemmungstendenz im Versuch zu verwenden, da 
dann moglicherweise doch eine Summation der unspezifischen 
Antikomplementarwirkungen von Extrakt und Serum eine 
echte Komplementbindung vortauschen oder zum mindesten 
den Grad einer solchen irrtiimlicherweise erhohen konnte. 
Solche Storungen durch Eigenhemmung, von welchem Reagens 
sie auch ausgehen mbgen, sind aber stets mit Sicherheit zu 
vermeiden, wenn die von Sormani, Kromayer und 
Trinchese, Kaup u. a., sowie auch von uns wiederholt 
geforderte Titration des Komplementes bei der Wasser- 
mannschen Reaktion obligatorisch eingefiihrt wird. 

Als ein weiterer, bei seiner Richtigkeit ineines Erachtens 
viel schwerwiegenderer, Nachteil der Cholesterinherzextrakte 
ist mehrfach, und zwar besonders von Jaiser, die geringere 
Empfindlichkeit der Cholesterinextrakte zur These erhoben 
worden. Jaiser unterscheidet dabei fur die Beurteilung 
der Extrakte zwischen einem sogenannten „Titer\vert“ und 
einem sogenannten „Sensibilitatswert u , wobei ersterer die ge- 
ringste, mit einer bestimmten feststeheuden Serummenge noch 


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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 437 


eindeutig positiv reagierende, Extraktdosis, letzterer die mit 
der fiblichen Gebrauchsdosis des Extraktes noch einwandfrei 
positiv reagierende kleinste Serummenge zum Ausdruck bringt. 
Nach der Auffassung von Jaiser besteht ja nun angeblicli 
ein prinzipiell geringerer „Sensibilitatswert u der Normal- 
extrakte gegeniiber den Luesleberextrakten, und Jaisser 
sieht in dieser geringeren Sensibilitat der Normalextrakte 
den Grund fur das angeblicke Versagen derselben ira latenten 
Stadium der Lues. Ich kann dieser Auffassung Jaisers, 
jedenfalls soweit sie prinzipielle Unterschiede zwischen Lues¬ 
leberextrakten und Normalorganextrakten konstruiert, nicht 
beistimmen, da bekanntlich auch aus Lueslebern keineswegs 
immer gleichwertige Antigene gewonnen werden konnen und 
ich fiber genfigend Beobachtungen verfiige, wo Luesleber- 
extrakte erst durch Mischung mit alkoholischen Menschenherz- 
oder Rinderherzextrakten die gewfinsckte und ffir die Wasser- 
mannsche Reaktion erforderliche Empfindlichkeit erhielten. 
DaB im allgemeinen die gut aufgeschlossenen Lebern luisch 
mazerierter Foten einer alkoholischen Extraktion besser zu- 
gangig sind und demgemaB bessere Antigene liefern als mensch- 
liche und tierische Normalorgane, will ich dabei keineswegs 
bestreiten, das beweist ja auch schon die Tatsache, daB von 
Sachs eine Verstfirkung der Normalherzextrakte ffir erforder- 
lich gehalten wurde. Der Cholesterinzusatz, wie ihn Sachs 
empfohlen hat, stellt ja nun auch nach deni zustimmenden Urteil 
Jaisers eine Verstfirkung der Normalextrakte dar, doch soli 
diese Verstfirkung angeblich nur nach der okonomischen Richtung 
liegen und die Empfindlichkeit der Extrakte unberfihrt lassen. 

An sich ware ja auch die rein okonomische Verbesserung 
der Extrakte ein Erfolg, der, namentlich unter den heutigen 
wirtschaftlichen Verhaltnissen, nicht unterschfitzt werden dfirfte, 
wenn auch damit das Sachs vorschwebende Ziel, eine groBere 
Empfindlichkeit der Antigene zu erzielen, nicht erreicht ware. 

Wie steht es nun tatsfichlich mit der Erhohung des „Titer- 
wertes 14 bzw. des „Sensibilitatswertes“ eines solchen Extraktes 
infolge des Cholesterinzusatzes? 

DaB der sogenannte „Titerwert“ der Extrakte durch den 
Cholesterinzusatz eine betrachtliche, weit fiber das von Jaiser 
angegebene MaB hinausgehende Steigerung erfahrt, habe ich 
bereits weiter oben betont und dabei bereits auch die Vorteile 

Zeltschr. f. ImraunlUitslorschunK. Orig. Bd. 31. 29 


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438 


Fr. Graetz, 


dieser Erscheinung hinsichtlich der spezifischen Einstelluug 
der Extrakte hervorgehoben. Beziiglich der Erhdhung des 
„Titerwertes“ besteht nach unseren Erfahrungen fur die ver- 
schiedenen Extrakte eine ziemliche GleichmSBigkeit insofern, 
als optimaler Cholesterinzusatz stets diese Erhohung mit sich 
bringt. Das gilt allerdings nicht mit derselben GleichmaBig- 
keit fiir den sogenannten „Sensibilitatswert“, da derselbe wohl 
fur den weitaus groBten Teil aller Sera, aber nicht fiir alle 
Sera durchweg mit der gleichen GesetzmaBigkeit erhoht wird. 
Hier spielt die Individualit&t des Einzelserums eine Rolle, die 
Jaiser bei seinen Versuchen viel zu wenig berQcksichtigt 
hat. Es gibt nach unseren Erfahrungen Sera, die im Rahmen 
der gebr&uchlichen Versuchsanordnung keinerlei Unterschiede 
in ihrer Reaktionsfahigkeit erkennen lassen, gleichgiiltig, ob 
Extrakte mit oder ohne Cholesterinzusatz bei ihrer Unter- 
suchung Verwendung gefunden haben. Es gibt dann ferner 
Sera, bei denen ein Cholesterinzusatz zum Extrakt ebenso 
die unerlafiliche Vorbedingung fiir ihre Reaktivit&t bildet, wie 
fur andere Sera die Verwendung eines Cholesterinextraktes 
den Verlust ihrer Reaktivitat bedeuten kann. Im groBen und 
ganzen bedeutet aber der Zusatz des Cholesterius zu den 
Extrakten nach unseren Erfahrungen stets eine erhebliche Er¬ 
hohung ihrer Empfindlichkeit, die auch durch einzelne ab- 
weichende Ergebnisse in ihrer prinzipiellen Bedeutuug nicht 
beeintrachtigt zu werden vermag. Ich selbst habe mich in 
zahlreichen einschiagigen experimentellen Studien in Ueber- 
einstimmung mit Sachs imrner wieder von der Richtigkeit 
dieser Tatsache iiberzeugen konnen und bin durch die prak- 
tischen Ergebnisse am laufenden Material des weiteren in 
dieser Auffassung bestarkt worden. Ich will hier die prak- 
tischen Ergebnisse einmal fiir sich selbst sprechen lassen. 

Seit zirka 7 Jahren arbeite ich praktisch mit den Chole- 
. sterinherzextrakten nach Sachs und verfuge heute iiber ein 
Material von etwa 40—50000 einschlagigeu Serumunter- 
suchungen, bei denen durchweg die Untersuchung mit einem 
Luesleberextrakt und einem cholesterinierten Rinderherzextrakt 
durchgefuhrt wurde, wobei dann bei dem groBten Teil der 
Falle auch noch gleichzeitig der EinfluB der Temperatur auf 
die Reaktionsfahigkeit der einzelnen Sera mit den verschiedenen 
Extrakten gepruft werden konnte. Es ist natiirlich nicht m6g- 


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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 439 


lich, im Rahmen dieser Abhandlung das gesamte groBe Material 
in seinen Einzelheiten zu besprechen, und ich habe mich 
deshalb entschlossen, hhnlich wie in raeiner vor kurzem er- 
schienenen Arbeit „Ueber den EintiuB der Temperatur auf die 
Wassermannsche Reaktion w , wiederum 4000 Falle wahllos 
herauszugreifen und sie der Besprechung zugrunde zu legen. 

Die von uns untersuchten Serumproben entstammten zum 
Teil den verschiedenen Stationen unseres Krankenhauses, zum 
Teil waren sie der mit meiner Abteilung verbundenen milita- 
rischen Untersuchungsstation aus den verschiedensten Kranken- 
anstalten des Heeres zugesandt worden. Die Blutproben 
stammten zum groBten Teil von sicher syphilitisch infizierten 
Individuen und umfaBten somit die verschiedensten Stadien 
der Lues, zum Teil waren sie Patienten entnommen, bei denen 
auf Grund von Anamnese und klinischem Befund Lues mit 
Sicherheit ausgeschlossen werden konnte. Im Rahmen der 
von uns angewandten Methodik, die sich unter Berticksichti- 
gung quantitativer Komplementbestimmung im Prinzip an die 
Vorschriften der Original-Wassermann-Reaktion hielt, gaben 
3005 Blutproben ein absolut negatives Resultat, gleichgultig 
ob sie mit Luesleberextrakten oder mit den cholesterinierten 
Rinderherzextrakten angesetzt wurden, wobei ich allerdings 
bemerken mochte, daB diese Ergebnisse nur insoweit Gtiltig- 
keit haben, als die Wassermannsche Reaktion in Befolgung 
der Originalvorschrift stets unter gleichen Temperaturbedin- 
gungen (Wasserbad bei 37°) ausgefiihrt wurde. Sobald eine 
Ver&nderung des Temperaturoptimums, speziell eine Erniedri- 
gung der Temperatur Platz griff, zeigten sich bei den Fallen 
mit klinisch oder anamnestisch festgestellter Lues zum Teil 
nicht unerhebliche Reaktionsunterschiede der einzelnen Sera, 
die bald mit dem einen, bald mit dem anderen Extrakt in 
Erscheinung traten. Ich habe diese Verhaltnisse in meiner 
weiter oben bereits genannten Arbeit ausfuhrlich genug be- 
sprochen, urn auf eine Wiederholung verzichten und mich auf 
einen Hinweis auf die genannte Arbeit beschranken zu konnen. 
Von Interesse diirfte es aber sein, auch an dieser Stelle noch- 
mals darauf hinzuweisen, daB wir unter unseren zahlreichen 
Untersuchungen eine Unspezifitat der Cholesterinextrakte nicht 
feststellen konnten, gleichgflltig, ob die Versuche bei 37° im 
Wasserbade, oder bei beliebig veranderten Temperaturen 

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Fr. Graetz, 




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zwischen 0" und 37° C angesetzt wurden. Auch die bekaunten, 
fiir manche Krankheitsgruppen, wie Malaria, Scharlach, Re- 
currens usw., zutreffenden Einschr&nkungen in der Bewertuug 
positiver Ergebnisse haben fiir die Cholesterinextrakte keine 
hohere Geltung, als fiir cholesterinfreie Extrakte, gleichgiiltig, 
ob dieselben aus Luesleber oder aus tierischen und mensch- 
lichen Normalorganen, speziell auch aus Rinderherzen, ge- 
wonnen sind. Wir konnen also alles in allem beziiglich der 
mit Cholesterin versetzten Rinder- bzw. Menschenherzenex- 
trakte das Urteil abgeben, daB nach unseren langjahrigen, an 
groBen Untersuchungsreihen gewonnenen Erfahrungen auch 
die mit den genannten Extrakten erzielten Reaktionen als 
spezifisch im Sinne der biologischen Syphilisdiagnostik gelteu 
dflrfen, und daB die genannten Extrakte somit einen voll- 
wertigen Platz in der Methodik der Was serin an nschen Re- 
aktion beanspruchen kOnnen. Ob und inwieweit fiir die Meer- 
schweinchenherzextrakte gleichartige oder andere-Verhaltnisse 
vorliegen, kann ich aus eigenen Erfahrungen nicht entscheiden, 
da wir solche Extrakte schon seit langem nicht mehr verwenden. 

DaB unter den 3005 negativ reagierenden Blutproben 
eine nicht geringe Anzahl von Patienten stammt, die auam- 
nestisch und klinisch zum Teil als ehemalige, zum Teil aber 
auch als noch nicht ausgeheilte, zur Zeit der Untersuchung 
aber als klinisch symptomfreie Syphilitiker gelten muBten, ist 
zwar aus der oben eingeflochtenen Bemerkung schon ersicht- 
lich, ich mochte aber doch nochmals darauf hinweisen, da 
gerade diese Falle ja die von mir an anderer Stelle betonte 
Notwendigkeit beweisen, daB das Problem der Verfeinerung 
der Wasser man nschen Reaktion nicht einseitig vom Ex- 
trakt aus angefaBt werden darf. 

Ich komme damit zu demjenigen Teil unseres Materials, 
bei dem allein eine Unterschiedlichkeit in der Sensibilitat der 
einzelnen Extrakte sinnfallig in Erscheinung treten kann, nS,m- 
lich zu den positiven Reaktionen. Diese umfassen nahezu ein 
Viertel der unserer Besprechung zugrunde liegenden Falle 
und belaufen sich auf insgesamt 995 Serumproben, die von 
Patienten aus den verschiedensten Stadien der Lues stammen. 
Von diesen letzteren Proben scheiden zunachst wieder 505, 
d. h. 10,37 Proz. der Gesamtzahl oder 50,75 Proz. der positiv 
reagierenden Falle, fiir die Bewertuug der Cholesterinextrakte 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 441 

insofern aus, als hierbei ini Rahmen der von uns gewahlten 
Versuchsanordnung mit beiden im Versuch verwendeten Ex- 
trakten iibereinstimmend positive Ergebnisse von gleicher 
Starke erzielt wurden. Beziiglich der verschiedenen Krank- 
heitsstadien wSre dabei zu bemerken, daB sich unter diesen 
iibereinstimmend positiv reagierenden Serumproben 240 Falle 
von latenter Lues, 152 Falle manifester sekundarer Lues, 
60 Priinaraffekte, 32 Falle von Lues III, 11 Falle von Tabes, 

3 Falle von Paralyse und endlich 2 Falle von frischer Malaria 
befanden. Bei den letztgenannten beiden Fallen konnte in- 
folge des frischen Malariaanfalles nicht mit Sicherheit fest- 
gestellt werden, ob die positive Wasser man nsche Reaktiou 
der akuten Malaria oder der anamnestisch sicker in Frage 
kommenden Lues latens zur Last gelegt werden muBte. Wenu 
wir also, soweit eine prinzipielle Uebereinstimmung der Ver- 
suchsergebnisse, sei es im negativen, sei es im positiven Sinne, 
in Frage kommt, positive und negative Ergebnisse zusammen- 
ziehen, so ergibt sich fur 85,50 Proz. unseres Gesamtmaterials 
eine vollige Uebereinstimmung der Resultate, gleichgultig, ob 
Luesleberextrakte oder Cholesterinherzextrakte als Antigene 
fiir die W a s s e r m a n n sche Reaktion Verwendung finden. Diese 
Uebereinstimmung gilt allerdings, wie ich nochmals hervorheben 
mochte, nur dann, wenn die Versuche wirklich bei 37°, d. h. im 
Wasserbade durchgefiihrt werden, nicht aber etwa mutatis 
mutandis fiir den Reaktionsablauf im Brutschranke, dessen Tem- 
peratur ja nach unseren praktischen Erfahrungen etwa dem 
EinfluB der Zimmertemperatur von 16 bis 20° C gleichkommt. 

Es bleibt dann noch ein Rest von 490 Proben mit posi- 
tiver Reaktion, der sich aber von der vorhergehenden Gruppe 
ganz wesentlich dadurch unterscheidet, daB sich eine Ueber¬ 
einstimmung in der Reaktivitiit der beiden Extrakte nicht vor- 
tindet. In dieser Gruppe von Fallen, die 49,50 Proz. der posi¬ 
tiven Resultate bzw. 14,50 Proz. des hier besprochenen Ge¬ 
samtmaterials umfaBt, zeigt sich nun aber die Ueberlegenheit 
der cholesterinierten Rinderherzextrakte in voller Eindeutig- 
keit, wenn diese Ueberlegenheit auch keineswegs fiir alle Falle 
eine absolute darstellt. Ich habe diese 490 Falle in der bei- 
gefiigten Tabelle nach ihrer Reaktivit&t mit den einzelnen Ex- 
trakten und nach ihrer Zugehorigkeit zu den verschiedenen 
Krankheitsstadien gruppiert und glaube, daB der Inhalt dieser 


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442 


Fr. Graetz, 


Tabelle nichts weniger als ini Sinne einer grolieren Sensibili- 
tat der Luesleberextrakte verwendet werden kann, wenu auch 
fur einzelne F&lle oder kleinere Gruppen von Fallen eine 
unbestreitbare Ueberlegenheit der Luesleberextrakte besteht. 


Art der Erkrankung 

Luesleberextr. 

negativ 

Cholesterinextr. 
positiv + + + 

Luesleberextr. 

negativ 

Cholesterinextr. 
positiv + + 

Luesleberextr. 
positiv + + + 
Cholesterinextr. 
negativ 

. c 

S-H 

S + 8 

S +.j= 

1 ► 1 Si 

s % 

" T: K 

Luesleberextr. 
positiv + + 
Cnolesterinextr. 
positiv + + + 

^ 4“ i 

ts T h 4- 

£ + S + 

<3 4- § 

■S 

mt 

-J a<j 

Primaraffekt 







(Lues I) 

2 

— 

9 

3 

3 

13 

Lues II, frisch bes. 







Monorezidive 

20 

7 

3 

— 

14 

10 

Lues III, Gummi 







aortitis 

20 

3 



15 

— 

Lues cerebri 

5 

— 

— 

1 

5 

— 

Tubes 

12 

3 

— 

— 

5 

2 

Paralyse 

I 

— 

| _ 

— 

1 

— 

Malaria 

— 

2 

— 

— 

1 

— 

Lat. Lues 

134 

90 

7 

3 

92 

4 

Sa. 490 Falle 

j 194 

| 105 

19 

7 

136 

29 


So zeigte sich namentlich bei Primaraffekten in ihrer Mehr- 
zahl eine unverkennbare groBere Neigung des Serums, mit 
den cholesterinfreien Luesleberextrakten in Reaktion zu treten, 
als mit den cholesterinierten Rinderherzextrakten, bei deren 
Verwendung oftmals eine positive WassermannscheReaktion 
iiberhaupt nicht oder docli zum mindesten nur in wesentlich 
geringerer Starke festzustellen ist, wenn es auch andererseits 
nicht an Beobachtungen fehlt, bei denen die ReaktionsverhSlt- 
nisse durchaus umgekehrt liegen. Auch fiir einen kleinen 
Prozentsatz von Fallen frischer Lues II bestehen ahnliche 
Verhaltnisse, wenn auch die Ilauptniasse dieser FSlle, nament- 
lich die sogenannten Monorezidive, die cholesterinierten Ex- 
trakte fiir die Reaktion bevorzugt. Dagegen tritt in den 
anderen Ivrankheitsstadien, wie Lues III, Lues latens, sowie 
bei den syphilitischen Prozessen des Zentralnervensysteins 
(Tabes, Paralyse und Lues cerebri) die unverkennbare Ten- 
denz einer vorzugsweisen oder sogar ausschlieBlichen Reaktivi- 
tat der Sera mit den Cholesterinextrakten in Erscheinung, 
wobei sich vor allem die groBe Bedeutung des Cholesterin- 


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1 



Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 443 


zusatzes fflr die Diagnose der latenten Lues mit geradezu 
zwingender Ueberzeugungskraft bemerkbar macht. Unter den 
490 positiven Fallen mit teilweise divergierenden Ergebnissen 
der Reaktion befinden sich nicht weniger als 435 Falle 
(= 88,78 Proz.), bei denen ein Nachweis der syphilitischen 
Reaktionskorper des Serums nur mit Hilfe der Cholesteriu- 
herzextrakte ermoglicht wurde, bei denen eine ausschlieBliche 
Verwendung der gebrauchlichen Luesleberextrakte demnach 
zu einem objektiv falschen Ergebnis gefuhrt hatte. Aus diesen 
praktischen Ergebnissen erhellt zugleich, mehr als aus alien 
experimentellen Studien und theoretischen Erwagungen, die 
Richtigkeit der von Sachs schon urspriinglich vertretenen 
und auch neuerdings gegen Jaiser aufrecht erhaltenen Auf- 
fassung, daB der Zusatz des Cholesterins zu den Extrakten 
eine erhebliche Erhohung ihrer Sensibilitat und keineswegs 
nur eine okonomische Verbesserung bedeutet. DaB diese Er- 
hohung der Sensibilitat in der Tat eintritt, laBt sich ja am 
besten dadurch erkennen, daB man einem beliebigen, an sich 
gut wirksamen Luesleberextrakte optimale Cholesterinmengen 
zusetzt. Man wird dann bei einem derartigen Extrakte eine 
absolute Annaherung an die Reaktivitat eines ebenfalls chole- 
sterinierten Normalherzextraktes, ja selbst eine vollige Ueber- 
einstimmung in der Reaktivitat der beiden Extrakte erzielen 
konnen, wobei dann prinzipiell die gleiche Inversion der Er- 
gebnisse zwischen dem cholesterinfreien und dem cholesteri- 
nierten Luesleberextrakt eintritt, wie sie ursprunglich zwischen 
dem Luesleberextrakt und dem Original-Cholesterin-Rinder- 
herzextrakt beobachtet werden konnte. Ich habe gerade in 
meiner schon mehrfach zitierten Arbeit darauf hingewiesen, 
daB es fflr die Reaktivitat eines Extraktes mit den Seris aus 
den verschiedenen Stadien der Lues offenbar nicht so sehr 
darauf ankommt, ob ein bestimmter Extrakt aus einem nor- 
malen oder aus einem pathologisch veranderten Organ her- 
gestellt ist, sondern vielmehr darauf, ob er bestimmte Lipoide 
und vor allem, ob er Cholesterin in optimalen Mengen enthait 
oder nicht. An sich wiirde es nach unseren praktischen Er- 
fahrungen wohl gelingen, jeden Extrakt durch Zusatz opti- 
maler Cholesterinmengen, sowohl hinsichtlich seines „Titer- 
wertes“ wie seines „Sensibilitatswertes“ zu verstarken, wenn 
auch die optimalen Verhaltnisse fiir die einzelnen Extrakte 


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444 


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naturgemaB verschieden sein konnen und vielfach auch sein 
werden, namentlich, wenn das Ausgangsmaterial, welches fur 
die Herstellung der verschiedenen Extrakte dient, bereits groBe 
Unterschiede zeigt. 

So groB nun im wesentlichen die Vorziige der Cholesteri- 
nierung der Extrakte sein konnen, so darf andererseits doch 
nicht vergessen werden, daB der Cholesterinzusatz keineswcgs 
fiir alle Serumproben die optimalen Reaktionsbedingungen zu 
sohaffen vermag. So hat z. B. Sachs selbst darauf hin¬ 
ge wiesen, daB besonders fiir manche Friihfaile durch Ver- 
wendung anderer Extrakte, wie etwa der Lesserschen Aether- 
extrakte usw., noch giinstigere Bedingungen fur die Reaktivitat 
des Serums geschaffen werden konnen, und auch unsere Er- 
fahrungen haben uns immer wieder gezeigt, daB fiir manche 
Falle die Verwendung der Cholesterinextrakte geradezu kontra- 
indiziert erscheint, da die betreffenden Sera mit den Chole- 
storinextrakten nicht oder doch nicht im ausreichenden MaBe 
zu reagieren vermogen, so daB moglicherweise ein negatives 
Resultat erzielt wird, wo nach Lage der Dinge ein positives 
Ergebnis erwartet werden muBte, zum mindesten aber mit 
den Cholesterinextrakten eine schwachere Reaktion in Er- 
scheinung tritt, als mit den entsprechenden cholesterinfreien 
Extrakten. Ich darf in dieser Hinsicht wohl nochmals auf die 
bereits oben besprochene Tabelle hinweisen, aus welcher her- 
vorgeht, daB sich unter den erw&hnten 490 Fallen mit diver- 
gierenden Ergebnissen bei beiden Extraktarten noch eine kleine 
Gruppe von 55 Fallen (11,22 Proz.) befindet, bei denen die 
eben besprochene Unterwertigkeit der Cholesterinextrakte un- 
zweideutig zutage tritt und bei einer Anzahl von Fallen ein 
volliges Ausbleiben der Reaktion, bei den iibrigen Fallen aber 
einen wesentlich schwacheren Reaktionsausfall gegenuber 
den cholesterinfreien Extrakten bedingt. Klinisch handelt es 
sich dabei vorwiegend urn Priinaraffekte, doch kommen auch 
Falle aus anderen Krankheitsstadien, wenn auch in geringerer 
Zahl, in Betracht, so daB die Notwendigkeit einer Verwendung 
cholesterinfreier Extrakte, trotz der unbestreitbaren prinzi- 
piellen Ueberlegeuheit der Cholesterinextrakte, nach wie vor 
l>estehen bleibt, wenn anders dieser zwar kleine, aber irnmer- 
hin doch nicht bedeutungslose Prozentsatz von Fallen einer 
exakten serologischen Diagnose nicht verloren gehen soil. 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 445 

Wir haben einen Ausweg aus diesem Dilemma dadurch 
zu linden versucht und auch wohl dadurch gefunden, daB wir 
jedes zur Untersuchung nach Wasserraann bestimmte Serum 
prinzipiell mit einem cholesterinfreien Luesleberextrakte und 
gleichzeitig mit einem Cholesterin-Rinderherzextrakt nach 
Sachs ansetzen. Bei strenger Einhaltung der Vorschriften 
der Original Wassermannschen Reaktion, d. h. speziell bei 
der ublichen AuBerachtlassung des Temperatureinflusses auf 
den eigentlichen Komplement-InaktivierungsprozeB, wird man 
dabei allerdings haufiger vor die Beurteilung widersprechender 
Ergebnisse gestellt werden, da sich wohl fast in jeder groBeren 
Untersuchungsreihe Sera befinden, die bald nur mit dem einen, 
bald nur mit dem anderen Extrakte positiv zu reagieren ver- 
mogen, wenn anders nicht eine weitere Verbesserung der Ver- 
suchsbedingungen eine Vereinheitlichung der Reaktionsergeb- 
nisse herbeizufiihren vermag. Fiir viele Faile besteht diese 
Moglichkeit ganz ohne Zweifel und ich habe in meiner schon 
des ofteren genannten Arbeit auch darauf hingewiesen. daB 
der Wechsel der Versuchstemperatur vielfach im Sinne eines 
Ausgleiches der Reaktionsunterschiede der Sera mit den chole- 
steriuierten bzw. cholesterinfreien Extrakten zu wirken ver¬ 
mag. Ich konnte in zahlreichen Fallen feststellen, daB speziell 
eine Erniedrigung der Temperatur im genannten Sinne wirkt, 
indem Sera, die bei der iiblichen Temperatur von 37 0 (Wasser- 
bad) bald mit der einen, bald mit der anderen Extraktart vor- 
zugsweise reagieren, diese unterschiedliche Reaktivitat bei 
Herabsetzung der Versuchstemperatur — am besten eignen 
sich erfahrungsgemaB Temperaturen zwischen 0° und -f 18° C 
— vermissen lassen und dann mit beiden Extraktarten gleich- 
sinnige Ergebnisse zeitigen. 

Offenbar handelt es sich, wie auch Sach s betont, bei der 
Cholesterinierung der Extrakte urn eine Veranderung der 
physikalischen Bedingungen fur das Zustandekommen der 
Wassermannschen Reaktion, fur deren Entstehen wohl die 
verschiedensten Faktoren ins Gewicht fallen konnen, ohne daB 
ein bestimmter Faktor als prinzipiell wirksam fur alle Sera 
gelten konnte. Sachs halt es fiir wahrscheinlich, daB die 
sogenannte antikomplementare Wirkung, welche letzten Endes 
den Ausdruck der positiven Wassermannschen Reaktion 
bildet, ihre Entstehung einem optimalen Zusammenwirken der 


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446 


Fr. Graetz, 


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Lipoide des Extraktess mit den Lipoiden der zur Uutersuchung 
gelangenden Sera verdankt, wobei das Lipoidgemisch der Ex- 
trakte die eine, das Lipoidgemisch des Serums, bzw. dessen 
LipoideiweiBverbindungen, die andere Komponente bilden 
wfirde. Je nach der Beschaffenheit der Lipoide im Serum 
miiBten also die fehlenden Lipoide im Extrakt vereinigt sein. 
Das wiirde also, wenn ich Sachs richtig verstehe, z. B. fur 
die Cholesterinextrakte bedeuten, daB Sera mit einem so- 
genannten niedrigen Cholesterinspiegel eine Bevorzugung der 
Cholesterinextrakte erkennen lassen miiBten, wahrend Sera init 
hohem Cholesteringehalt auch bei den cholesterinfreien Ex- 
trakten ausreichend optimale Bedingungen zu finden ver- 
mochten. Nach meinen eigenen Erfahrungen laBt sicli indessen 
ein derartig gesetzmaBiger Zusammenhang zwischen dem Chole¬ 
steringehalt eines Serums und seiner optimalen Reaktions- 
fahigkeit mit dem einen oder anderen Extrakte auf Grund 
systematischer Bestimmungen des Cholesteringehaltes der Sera 
nicht ermitteln. Herr Dr. Feigl, der Leiter unserer chemisch- 
physiologischen Abteilung, hat auf meinen Wunsch bei einer 
groBen Zahl von Seris, die zur Anstellung der Wasser¬ 
in an nschen Reaktion gedient hatten, mit Hilfe der Methode 
nach Bloor den Cholesteringehalt gepriift und mir die Daten 
dieser Untersuchungen freundlichst zur Verfiigung gestellt. 
Aus den einschl&gigen Ergebnissen laBt sicli erkennen, daB 
der Cholesteringehalt erheblichen Schwankungen zwischen 
0,09 und 0,32 Proz. unterliegen kann, ohne daB ein irgendwie 
erkennbarer Zusammenhang zwischen dem Cholesteringehalt 
des Serums und positiver bzw. negativer YVassermannscher 
Reaktion bestiinde. Die Verh&ltnisse liegen hier durchaus 
gleichartig wie bei den Beziehungen des Aminosaurespiegels 
zur positiven bzw. negativen Wasserm an nschen Reaktion, 
denen wir, im Gegensatz^ zu den Behauptungen von Much 
und Embden, auf Grund einschlagiger Feststellungen eben- 
falls jegliche GesetzmaBigkeit aberkennen mtissen. Auch be- 
ziiglich der Bevorzugung der cholesterinierten bzw. der chole¬ 
sterinfreien Extrakte durch die einen oder anderen Sera fehlt 
jeder gesetzmaBige Zusammenhang zwischen Cholesteringehalt 
und Reaktivitat des Serums, da bald cholesterinarmere, bald 
cholesterinreichere Sera vorzugsweise mit den cholesterinfreien 
oiler mit den cholesterinierten Extrakten reagieren konnen. 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 447 

Die Cholesterinierung muG also ihren Ausdruck in einer 
anderen, weniger einfach erkennbaren Beziehung zwischen der 
Extraktbeschaffenheit und der Reaktionsf&higkeit des Serums 
linden. Physikalischer Natur scheinen indessen diese Be- 
ziehungen zu sein, dafiir spricht einerseits die Tatsache, daG 
der gleiche Effekt wie durch die Cholesterinierung auch durch 
rein physikalische Einfliisse, wie Temperaturveranderung, Re- 
aktion des Mediums usw., erzielt werden kann, und anderer- 
seits die bereits vielfach in die Praxis umgesetzte Erfahrung, 
daG ein Cholesterinzusatz zu den Extrakten die physikalischen 
Bedingungen fOr die Auslloekungsreaktionen so erheblich gtin- 
stig umgestaltct, daG das Ausflockungsphanomen bereits mit 
ziemlichem Erfolg fur die Serodiagnostik der Syphilis heran- 
gezogen werden kann, wenn von einem Ersatz derWasser- 
mannschen Reaktion durch diese Methode auch heute noch 
keine Rede sein kann. 

Ich will auf diese Frage indessen erst im zweiten Teil 
meiner Abhandlung naher eingehen und mich zunachst noch- 
mals mit den praktischen Konsequenzen befassen, die sich aus 
dem Vorschlag von Sachs, die Extrakte durch Cholesterin¬ 
zusatz zu verbessern, notwendigerweise ergeben miissen. Es 
kann als feststehend gelten, daG der Cholesterinzusatz zu den 
Extrakten nicht ausschlieGlich im Sinne einer Steigerung der 
Eigenhemmung wirkt und daG in der besseren Wirksamkeit 
der Cholesterinextrakte, gleichgiiltig ob die Stammextrakte aus 
Normalorganen oder aus Lueslebern gewonnen sind, nichts 
weniger als nur der Ausdruck dieser erhohten Eigenhemmung 
erblickt werden kann. Im Gegenteil, der Cholesterinzusatz 
verbessert, wie auch Sachs hervorhebt, „das ganze biologische 
Geprage des Extraktes“, wodurch fOr viele Sera, nainent- 
lich soweit es sich um Fade aus der Sp&tlatens usw. handelt, 
erst die optimalen Bedingungen fur den Naclnveis der fOr 
Syphilis charakteristischen Serumveranderungen geschatfen 
werden. Es kann heute wolil eigentlich keinem Zweifel mehr 
unterliegen, daG das, was wir schlechthin als Syphilisreagine^ 
bezeichnen und was seinen sichtbaren Ausdruck in der so- 
genannten Wassermannschen Reaktion, d. h. in der be- 
kannten Komplementinaktivierung in Gegenwart der Extrakt- 
lipoide findet, nicht als etwas absolut Einheitliches aufgefaGt 
werden kann, daG sich diese Reaktionskorper vielmehr in den 


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Fr. Graetz, 


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verschiedenen Stadien der Lues aus einer Summe von Ver- 
anderungen des Serums zusammensetzen, die in ihrer auBeren 
BeeinfluBbarkeit weitgehende Unterschiede zeigen. So ist es 
z. B. eine altbekannte, in neuerer Zeit besonders von Busila 
wieder hervorgehobene und auch von uns an zahlreichen Bei- 
spielen bestatigte Tatsache, daB die sogenannten Syphilis- 
reagine zu manchen Zeiten der Infektion eine ausgesprochene 
Thermolabilitat, d. h. eine BeeinfluBbarkeit durch hohere 
Temperaturen, speziell durch Temperaturen von 50—56°, er- 
kennen lassen und einem Nachweis im Komplementbindungs- 
versuch nur bei der Untersuchung des nicht inaktivierten 
Serums zuganglich bleiben. Desgleichen finden wir die Reagine 
des Syphilitikerserums in anderen Stadien der Erkrankung 
und speziell unter dem EinfluB therapeutischer MaBnahmen 
vielfach in einem Zustande, der sie bei der gebrauchlichen 
Versuchsanordnung der Original Wassermannschen Reak- 
tion ihrem biologischen Nachweise entzieht und ihre Fest- 
stellung nur durch die Anwendung bestimmter Extrakte oder 
auch bestimmter Versuchsanordnungen, wie Temperatur- 
variationen usw., ermoglicht. Gerade unter dem EinfluB der 
spezifischen Therapie tritt erfahrungsgemSB eine erhebliche 
Individualisierung der Reaktionsfahigkeit der verschiedenen 
Syphilitikersera ein, welche das durchschnittliche Reaktions- 
optimum des Luesserums in einem hohen Prozentsatz der 
Falle ganz betrSchtlich verschiebt, Diese Veranderung der 
Reaktivitiit zeigt sich in der Regel zunachst darin, daB die 
betreffenden Seren die Fahigkeit. mit den gebrauchlichen 
Luesleberextrakten im Originalversuch zu reagieren, mehr 
oder weniger einbtiBen, selbst bis zuin vollstandigen Verlust 
der Reaktivitat. Es kann dann auf diese Weise, durch das 
Negativwerden der Wassermannschen Reaktion, irrtiim- 
licherweise der Eindruck erweckt werden, als ob die Behand- 
lung bereits die Beseitigung eines sehr wesentlichen Symptomes 
der Lues, namlich der charakteristischen Blutveranderuug zur 
Folge gehabt habe. DaB dieses nicht den tatsachlichen Ver- 
haltnissen entspricht, tritt sol'ort in Erscheinung, wenn man 
dem durch die Therapie zweifellos beeinfluBten Serum wieder 
optimale Bedingungen fflr die Reaktion schafft, sei es durch 
Veranderung des Temperaturoptimums oder durch Auswahl 
anderer Extrakte. Gerade fiir die Beurteilungdes therapeutischen 


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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 449 


Effektes einer spezifischen Kur aber kann die Bedeutung des 
Vorschlages von Sachs nicht hoch genug eingesch&tzt werden, 
und die Erkenntnis dieser Bedeutung wachst immer mehr, je 
umfangreicher das Material wird, welches einem Untersucher 
zur Verfugung steht. Wenn man namlich solchen Seris, deren 
Spender unter dem EinfluB therapeutischer MaBnahmen ge- 
standen haben, an Stelle der gebrauchlichen Luesleberextrakte 
cholesterinierte Rinderherzextrakte fur die Reaktion anbietet 
oder die Luesleberextrakte, mit denen diese Sera eine negative 
Reaktion ergeben hatten, selbst optimal cholesteriniert, so 
zeigt sich fur einen hohen Prozentsatz der Falle die Tatsache, 
dafl die betreffenden Seren unter dem EinfluB der Behandlung 
ihrer Spender keineswegs auf das Reaktionsniveau normaler 
Seren zuriickgekehrt sind, daB sie vielmehr noch reichliche 
Mengen an Luesreaginen enthalten, welche allerdings in den 
cholesterinfreien Extrakten nicht mehr die optimalen Voraus- 
setzungen ihrer Reaktivitat vorfinden. Diese Serumreagine, 
welche mit Hilfe cholesterinierter Extrakte sichtbar gemacht 
werden konnen, trotzen nach unseren Erfahrungen an einem 
groBen Material den therapeutischen Einfliissen ganz erheblich 
viel starker als die, wenn ich micli so ausdrucken darf, ge- 
wissermaBen nicht cholesterinophilen Reagine. Und die Zahl 
der Seren mit solchen Reaginen von ausgesprochener Affinitiit 
zu den Cholesterinextrakten ist eine recht erhebliche, und bei 
ihnen steht und fallt die Identifizierung ihres Spenders als 
Syphilitiker oft voll und ganz mit dem Gebrauch cholesterin- 
haltiger Extrakte. Ich halte es angesichts unserer eigenen 
praktischen Ergebnisse fiir nicht ungerechtfertigt, wenn man 
in der Nichtverwendung cholesterinierter Extrakte, au deren 
Spezifitat fiir die Luesdiagnose nach unseren Erfahrungen 
nicht der geriugste Zweifel bestehen kann, direkt einen Kunst- 
fehler der Serodiagnostik erblickt, da eben tats&chlich vielfach 
die Cholesterinextrakte ausschlieBlich die optimalen Bedingungen 
fiir die Serodiagnostik der Syphilis bieten. Und diese Be¬ 
dingungen konnen meines Erachtens nicht rigoros genug ge- 
stellt werden, wenn anders man den Ausfall der Wasser- 
mannschen Reaktion, entsprechend dem heute schon vielfach 
geubten Gebrauche, als Richtschnur seines therapeutischen 
Handelns benutzen will. Leider besitzen wir ja hinsichtlich 
des tieferen Wesens der zur Wassermannschen Reaktion 


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ftihrenden SerumverSnderungen, gleichgiiltig, ob deren Nach- 
weis in der urspriinglich angegebenen Form (Original-Wa.R.) 
oder nur mit sogenannten verfeinerten Methoden, d. h. speziell 
unter Zuhilfenahme bestimmter Extraktarten oder anderer 
Variationen der Methodik, gelingt, auch heute noch keinerlei 
Kenntnisse, so daB eine richtige nosologische Bewertung der 
Wassermannschen Reaktion, nauientlich ini Hinblick auf 
ihre Beziehungen zum Erfolg oder Nichterfolg einer spezi- 
fischen Therapie auBerordentlich erschwert wird. Im all- 
gemeinen hat sich ja heute wohl im wesentlichen die An- 
schauung der NeiBerschen Schule durchgesetzt, daB eine 
positive Wassermannsche Reaktion als gleichbedeutend 
mit noch bestehenden syphilitischen Prozessen zu betrachten 
ist, zumal sich ja namentlich auch nach den Feststellungen 
von Trinchese recht haufig eine Infektiositat solcher Pa- 
tienten erkennen laBt, bei denen als einziges nachweisbares 
Symptom der Lues eine positive Wassermannsche Reaktion 
besteht. Und daB die Voraussetzung einer solchen Infektiositat 
keineswegs eine stark positive Wassermannsche Reaktion, 
die unter alien Versuchsbedingungen in Erscheinung tritt, zu 
sein braucht, habe ich mehrfach bei Verimpfung von Syphili- 
tikerblut auf den Kaninchenhoden erlebt, wobei ich wiederholt 
feststellen konnte, daB die biologische Reaktivitat des Serums 
(Wassermannsche Reaktion) trotz der erheblichen Infek¬ 
tiositat des Vollblutes, nur mit Hilfe der verfeinerten Methoden, 
speziell mit Hilfe der Cholesterinextrakte oder des Kaite- 
verfahrens, sichtbar gemacht werden konnte. Und wenn in der 
Tat solche nur unter optimalen Bedingungen erkennbare sero- 
logische Veranderungen des Syphilitikerserums als Ausdruck 
einer Infektiositat eines Individuums in Betracht kommen 
konnen, so muB fur die Bekampfung der Lues in epidemio- 
logischer Hinsicht unbedingt gefordert werden, daB auch solche 
scheinbar geringe Veranderungen des Serums unserer Er- 
kenntnis zuganglich gemacht werden konnen. 

Diese Forderung laBt sich meines Erachtens in hohem 
MaBe erfullen, wenn wir die von Sachs in die Syphilis- 
diagnostik eingefiihrten Cholesterinextrakte, die bei richtiger 
Einstellung eine absolute klinische Spezifitat der Diagnose 
gewahrleisten, in weitgehendstem MaBe fQr die Serodiagnostik 
der Syphilis heranziehen. Dabei mochte ich gleich noch be- 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 451 


tonen, daB die Cholesterinextrakte auch durcbaus geeignet 
sind, feinere quantitative Unterschiede in der Reaktivitfit ver- 
schiedener Seren untereinander, wie auch eines einzelnen 
Serums mit verschiedenen Extrakten zum Ausdruck zu bringen, 
und daB es vor allem auf keine Schwierigkeiten stoBt, auch 
mit den Cholesterinextrakten die kleinste noch reagierende 
Serummenge ebenso einwaudfrei festzustellen, wie mit den von 
J a i s e r als empfindlicher geriihmten Luesleberextrakten, 
wobei ich Sachs auf Grund einschlagiger Experimente durch- 
aus beistimmeu kann, daB auch hinsichtlich dieser quantitativen 
Bestimmungen die Cholesterinextrakte im wesentlichen als die 
fiberlegeneren gelten miissen, sofern man die niedrigste Seruin- 
menge, mit der noch ein positives Ergebnis erzielt werden 
kann, als zuverlassiges Kriterium fiir die Sensibilit&t der 
Extrakte heranziehen darf. Es ist in jiingster Zeit namentlich 
von Kaup darauf hingewiesen worden, daB durch die Variation 
der Extrakte bzw. Serummenge die wechselseitigen Beziehungen 
dieser beiden Faktoren so erheblich verschoben werden, daB 
dadurch die ganzen biologischen Grundlagen des Versuches 
eine erhebliehe Erschfltternng erfahren, und ein Vergleich, wie 
ihn Jaiser zwischen den Ergebnissen der beiden Versuchs- 
anordnungen gezogen hat, eigentlich gar nicht zulSssig er- 
scheint, da beide Male unter ganz anderen Bedingungen ge- 
arbeitet wird. An sich driickt sich ja die Starke einer Reaktion 
immer in dem Komplementverbrauch aus, der durch die 
Wechselwirkung von Extrakt und Patientenserum bedingt wird, 
wobei es als selbstverstandlich gelten kann, daB dieser natur- 
gemaB ein anderer werden muB, je nachdem der eine Oder 
andere Faktor geandert wird und die relativen Beziehungen 
zwischen hemmenden und lOsenden Faktoren verschoben 
werden. Einheitliche Versuchsbedingungen diirften sich meines 
Erachtens nur dann ergeben, wenn die Sensibilitat eines Ex- 
traktes vor und nach der Cholesterinierung unter ausschlieB- 
licher Variation des eigentlichen Indikators der Reaktion, d.h. 
des Komplementes, gepruft wird. DaB aber hinsichtlich der 
spezifischen Komplementinaktivierung, wie sie durch die 
Wechselwirkung von Extrakt und Patientenserum ausgelost 
wird, die Cholesterinextrakte als die iiberlegenen gelten miissen, 
das zeigen die von mir tabellarisch niedergelegten praktischen 
Ergebnisse, welche uns die Erkenntnis vermitteln, daB ein 


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Fr. Graetz, 


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Extrakt, der ohne Cholesterinzusatz mit einem bestimmten 
Luesserum Komplement iiberhaupt nicht auBer Funktion setzen 
kann, bei optimaler Cholesterinierung mit dem gleichen Serum 
eine zur positiven Reaktion ausreichende Komplementmenge 
zu inaktivieren vermag, und zwar selbst unter der Voraus- 
setzung, daB nur ein Bruchteil der ursprunglich benotigten 
Gebrauchsdosis des Extraktes im Versuch Verwendung tindet. 

Es steht auf Grund unserer praktischen Erfahrung durch- 
aus fest, daB die Cholesterinextrakte fiir die weitaus groBte 
Ueberzahl aller Syphilitikersera die gunstigsten Bedingungen 
darstellen, die heute praktisch zu erreichen sind; es ware aber 
ein Irrtum anzunehmen, daB damit gleichzeitig das Optimum 
fiir alle Luessera erreicht w&re. Ich habe andernorts und auch 
in dieser Abhandlung schon wiederholt und unter Beleg durch 
praktische Erfahrungen (vgl. Tabelle) darauf hingewiesen, daB 
es eine immerhin beachtenswerte Zabl von Luesf&llen gibt, 
deren Sera unter den iiblichen Bedingungen mit Cholesterin- 
extrakten iiberhaupt nicht zu reagieren vermogen, bei denen 
die Diagnose vielmehr gerade durch die Verwendung cholesterin- 
freier Extrakte gesichert werden muB. Diese Falle werden es 
unbedingt notwendig machen, auch die cholesterinfreien Extrakte 
regelmSBig fiir die Diagnose mitheranzuziehen, wobei dann, 
soweit es nacb Lage der Dinge iiberhaupt moglich erscheint, 
eine Hochstleistung der Kompleinentbindungsreaktion gew8.hr- 
leistet werden kann. Ich mochte es indessen nicht unterlassen, 
auch an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, daB sich 
das Problem in der Extraktfrage, bei all ihrer Wichtigkeit, 
keineswegs erschopft, daB vielmehr noch ein weiterer Faktor, 
n ami ich die Frage der optimalen Versuchstemperaturen, eine 
gebiihrende Wiirdigung erfahren muB, wenn eine geniigende 
Feinheit der Methodik und eine Uebereinstimmu: > der Ver- 
suchsergebnisse gewahrleistet werden soil. Ich habe ja schon 
an anderer Stelle darauf hingewiesen, daB der Temperatur- 
eintluB einerseits im Sinne eines Ausgleiches der Reaktions- 
differenzen zwischen cholesterinierten und cholesterinfreien 
Extrakten zu wirken vermag, wobei sich allerdings die 
Cholesterinextrakte praktisch als bedeutend mebr auBerhalb 
des Temperatureinflusses liegend erwiesen, als die cholesterin¬ 
freien Luesleberextrakte, daB aber andererseits doch auch fur 
die Cholesterinextrakte der Temperaturvariation dann und 



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Ueber die Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte iisw. 453 

wann nicht entraten werden kann, wenn ein richtiger Einblick 
in,die Reaktionsverhfiltnisse eines Syphilitikerserums gewonnen 
werden soil. Cholesterinierung und Ver&nderung der Versuchs- 
temperatur bilden also zurzeit die besten Handhaben, um die 
biologische Syphilisdiagnostik mit Hilfe der Wassermann- 
schen Reaktion, bei absoluter Spezifitat, auf eine Hochstleistung 
zu bringen, wie sie zurzeit von keiner anderen Versuchs- 
anordnung gewfihrleistet zu werden vermag. Die Voraus- 
setzung dafiir wird allerdings eine exakte Einstellung der 
Extrakte und eine peinliche Beriicksichtigung der Gesetze des 
hamolytischen Versuchs, namentlich der Bedeutung der Kom- 
pleraentwirkung, in ihren Beziehungen zu den losenden und 
hemmenden Faktoren sein miissen. 

Zusanimenfassung. 

Entgegen den von anderer Seite (Jaisser, Kaup, 
Lange u. a.) aufgestellten Behauptungen wird in Ueberein- 
stimmung mit H. Sachs an der Hand eines umfangreichen 
praktischen Materials der Nachweis gefuhrt, daB die cholesteri- 
nierten Rinderherzextrakte nach Sachs fiir die Serodiagnostik 
der Syphilis nicht nur nicht unbrauchbar sind, sondern viel- 
mehr eine wertvolle Bereicherung der Methodik der Wasser- 
mannschen Reaktion darstellen. Der Vorzug dieser Extrakte, 
deren Spezifitat bei sachgemafier Einstellung ebenso gut ge- 
wahrleistet ist wie bei alien anderen Antigenen, liegt dabei 
nicht nur auf bkonomischem Gebiet (Erhohung des Titer- 
wertes), sondern vor allem in der Erhohung der Empfind- 
lichkeit (Steigerung des Sensibilit&tswertes) gegeniiber den 
Reagienen des Syphilitikerserums. Die Cholesteriuextrakte 
stellen dabei bei einer groBen Zahl von Fallen die einzigen 
Antigene ’iar, mit denen der Nachweis der fur Syphilis charak- 
teristischen Serumveranderungen, wie sie bei der W as ser¬ 
in an nschen Reaktion in Erscheinung treten, gefuhrt werden 
kann. Die Cholesterinextrakte haben weiter den Vorzug, daft 
sie weitgehendst auBerhalb des Einfiusses der Versuchstem- 
peratur liegen und dementsprechend viel weniger Schwan- 
kungen in ihrer Reaktivitat aufweisen als die gebrauchlichen 
cholesterinfreien Antigene. Nur ein verschwindend kleiner 

Zeltschr. f. ImniunitiUsforschung. Orig. Bd. 31. 30 


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454 Graetz, Brauchbarkeit cholesterinierter Rinderherzextrakte usw. 

Prozentsatz von Syphilitikerseris bevorzugt fflr seine Reakti- 
vitat cholesterinfreie Antigene. Die serologische Erfassupg 
derartiger Sera wird durch die gleichzeitige Verwendung 
cholesterinfreier und cholesterinierter Antigene gewahrleistet. 
Wird dabei gleichzeitig der EinfluB der Versuchstemperatur 
auf die Reaktivitflt der einzelnen Sera in ausreichendem Mafie 
berficksichtigt, so gelingt es, die biologische Syphilisdiagnostik 
bei Wahrung absoluter Spezifitat auf eine technische Hochst- 
leistung zu bringen. 


Literatur. 

Alexander, A., Dermatol. Zeitschr., Bd. 21, 1914. 

Altmann, H., und Zimmern, F., Arch. f. Dermatol., Bd. Ill, p. 837. 
Bottler, Arch. f. Dermatol., Bd. 116, 1903. 

Graetz, Fr., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 89, 1918. 

Hatz iwassiliu, P. G., Deutsche med. Wochenschr., 1919, No. 22. 
Jaiser, A., Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 24, 1916. 

Kaup, J., Arch. f. Hyg., Bd. 87, Heft 1 — 4. 

Lange, C., Zeitschr. f. lmmunitatsf.. Bd. 26, Heft 4. 

Sachs, H., und Rondoni, P., Zeitschr. f. lmmunitatsf., Bd. 1, 1908. 
Sachs, H., und Altmann, H., Berl. klin. Wochenschr., 1908, No. 14. 
Sachs, H., Berl. klin. Wochenschr., 1911, No. 46. 

— Zeitschr. f. lmmunitatsf., Bd. 26, 1917, Heft 5. 

— Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 3. 

Stiner, O., Deutsche med. Wochenschr., 1912, No. 49. 


Berichtigung zu nieinen ,,Erkliirungsversuchen fflr die 
Ruhragglutination durch Schwangerenserum“. 

Von Dr. Waldemar Loewenthal, Bern. 

In der obengenannten Veroffentlichung, diese Zeitschrift, 
Bd. 30, befindet sich auf p. 456 eine Zusammenstellung der 
[H‘J von Phosphatgemischen, mit denen ich meine Unter- 
suchungen iiber den EinfluB der [IP] auf die Agglutination 
ausgefuhrt habe. Die Zusammenstellung ist dem Werk von 
L. M i c h a e 1 i s, Die Wasserstoffionenkonzentration, Berlin 



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Loewenthal, Berichtigung zu nieinen Erklarungsversuchen usw. 455 


1914, p. 188, entnommen. Der Liebenswfirdigkeit des Herrn 
Dr. Erich Pu11er-Greifswald verdanke ich den Hinweis 
darauf, daB sich dort eine Unrichtigkeit eingeschlichen hat, die 
ich mitflbernommen habe: Wenn in den Phosphatgemischen 
das Verhaltnis von prim&rem zu sekund&rem Phosphat von 
R5hrchen 1 bis 9 failt, dann mufi auch die [H*] von R8hr- 
chen 1 bis 9 fallen und nicht, wie angegeben, steigen. Es 
betr&gt also [IP] in Rohrchen 1 etwa 3,2-10 -6 und failt bis 
etwa 1,2-10 -8 in ROhrchen 9. 

Dementsprechend ist die Interpretation meiner Versuchs- 
ergebnisse zu modifizieren: Die in RQhrchen 1 und 2 be- 
obachtete Agglutination von Ruhrbacillen ist also nicht bei 
der [IP] des Gravidenseruras erfolgt, sondern bei der [IP] 
3,2-10 _,; —1,6-10 -6 , ist auch keine „Alkali“-, sondern eine 
SSureagglutination u. s. f. Das Endergebnis freilich, die 
Parallelisierung mit der Agglutination der roten BlutkSrper- 
chen, bleibt unberiihrt und ist durch neueste Untersuchungen 
von Vorschiitz (Pfliigers Archiv, Bd. 186, 1921) experi¬ 
mented noch weiter begrtindet und bestatigt worden. 


Notlz zu Friedberger und Putter, Ueber die Wlrkung 
von feindlspersen Substanzen auf Blutkbrperchen usw. 1 ). 

Von W. Heubner (Gottingen). 

Die Verfasser stellen auf p. 271 den Satz auf: „Nur an- 
organische Substanzen wirken hSmolytisch", nachdem sie Inulin, 
Starke, Agar-Agar und Zellulose geprflft haben. Demgegentiber 
sei betont, daB F. SchSnfeld mit Paraffinsuspensionen von 
kolloidalem Charakter wohl Hamolyse erhielt 2 ). 


1) Diese Zeitachr., Bd. 30, 1920, p. 227. 

2) Arch. f. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 84, 1918, p. 97. 


30* 


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456 Friedberger und Putter, Hamolyse durch Paraftinhydrosol. 


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Bemerkungen zu Torstehender Notiz tod W. Heubner* 
fcVon E. Friedberger und E. Putter. 

Die Angabe in der Zusammenfassung unserer Arbeit p. 271, 
dali organische Substanzen nicht hamolytisch wirken, konnte 
sich natiirlich schon angesichts der Tatsache, daB wir Qber- 
haupt nur vier verschiedene organische Substanzen untersucht 
haben, lediglich auf das Material unserer Arbeit beziehen, 
wie sich auch aus dem Zusammenhang im Text und aus dera 
einleitenden Satz der Zusammenfassung ergibt. 

Die von Schonfeld mit Paraffinsuspension beobachtete 
Hamolyse war auBerst minimal. 


Krommannsehe Buehdruekerei (Hermanu Pohlc) in Jena. _ 4893 



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Zeitschrift £ Immunitatsforschimg. Originals. Bi 31 No. 6. 


Nachdruck verboten. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Deutschen Universitat in Prag.] 

Ueber die Bezlehungen der Fleckfieberagglutination zum 

Fleckfiebercrreger. 

Von E. Weil und A. Felix. 

(ELngegangen bei der Redaktion am 30. Oktober 1920.) 

Die Fleekfieberagglutination, in ihrer klinischen Verwert- 
barkeit allgemein anerkannt, hat in ihrem Wesen eine so viel- 
fache Deutung erfahren, wie es bei keiner anderen Immuni- 
t&tsreaktion der Fall war. Von vereinzelten Ausnahmen ab- 
gesehen (Friedberger, Zlocisti, Schiff), vertreten alle 
Autoren die Ansicht, daB die Agglutination nicht von den 
antigenen Rezeptoren des Fleckfiebererregers herriihre, keine 
Antigen-Antikorperreaktionen darstelle und deshalb auch nicht 
als eine spezifiscke Reaktion im Sinne der Immunitatslehre 
angesehen werden konne. Die besondere Eignung des X 19 
wurde als ein Zufall und die Reaktion selbst als ein gliick* 
licher Fund gedeutet, wie es auch in dem amtlichen deutschen 
Bericht dargestellt ist. Diese Ansicht konnte sich nur ent- 
wickeln, weil uns nicht die Moglichkeit geboten war, unsere 
Befunde ausfuhrlich zu veroffentlichen, und wir uns begntigen 
muBten, unsere wichtigsten praktischen und theoretischen Er- 
gebnisse in kurzen Skizzen mitzuteilen, so daB wir es begreif- 
lich finden, daB unsere Resultate weniger bekannt waren, als 
die anderer Autoren, welche die Ergebnisse ihrer Arbeiten 
ausfuhrlich publiziert haben. Wir gedenken unser gesamtes 
experimentelles Material, das wir im Laufe des Krieges prak- 
tisch und theoretisch verarbeitet haben, in einer Monographic 
zu veroffentlichen und hoffen, daB daraus klar hervorgehen 
wird, daB es sich bei unseren Befunden um eine bis ins De¬ 
tail durchgefiihrte systematische Untersuchung und nicht um 
einen Zufallsbefund handelt. 

Zu der jetzigen ausfuhrlichen Mitteilung eines Teiles 
unserer Versuche haben wir uns entschlossen, weil eine Gruppe 

Zeitschr. f. Immunlttltsfor*chung. OrUf. Bd. 31 . 31 


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458 


E. Weil und A. Felix, 


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von Autoren in ihren Arbeiten beharrlich die Tendenz hervor- 
treten laBt, der Agglutination des Fleckfieberserums mit den 
X-Stammen den Wert eines wissenschaftlichen Problems abzu- 
sprechen. Die Griinde hierftir stehen in engstem Zusammen- 
hang mit der Zeit, in der die Reaktion entdeckt wurde. Im 
osterreichischen Heere war der Plotz-Bahrsche Keim als 
der sichere Flecktyphuserreger proklamiert — das ist in der 
Literatur festgelegt — und im deutschen Heere gait durch die 
Entdeckung der Rickettsia Prowazeki die Aetiologie des Fleck- 
fiebers als gelost. Da war es verstandlicb, daB die Fleck- 
fieberagglutination eine Deutung erfahren muBte, die in keinem 
direkten Zusammenhang mit dem Erreger stehen durfte. In 
den offiziellen osterreichischen Mitteilungen wurde die Reak¬ 
tion auf eine besondere physikalisch-chemische Beschaffenheit 
des Blutserums, also gar nicht auf Antikorper zuruckgefuhrt 
und in den deutschen als eine Paragglutination bezeichnet. 
Diese Auffassungen wurden von verschiedenen Autorengruppen 
Ubernommen, welche sich in ihren Ansichten auch nicht be- 
irren lieBen, als inzwischen Tatsachen aufgedeckt und von 
vielen Seiten bestatigt wurden, welche diese Vorstellungen 
widerlegten. Es traten im Gegenteil immer scharfer die er- 
w&hnten Anschauungen und noch andere hervor — wir wollen 
darauf erst in unserer ausfiihrlichen Zusammenstellung Bezug 
nehmen — und sie hatten den Erfolg, daB man Versuche, die 
das Wesen der Reaktion aufkl£ren sollten, entweder gar nicht 
Oder in hochst einseitiger und in unrichtiger Weise anstellte, 
der direkte Weg aber, den uns die Erfahrungen auf dem 
Gebiete der Immunitatslehre gewiesen hatten, gar nicht einge- 
schlagen wurde. 

Als eine Infektion des Meerschweinchens mit dem Fleck- 
fiebervirus sicher zu erzielen war, und die Reaktion bei diesen 
Tieren vermiBt wurde, war es fur die oben erw&hnte Autoren- 
gruppe entschieden, daB die Agglutination nichts mit der Tatig- 
keit des Fleckfiebererregers zu tun habe. Es war an der Richtig- 
keit dieser von bewahrten Experimentatoren gemachten Feststel- 
lung nicht zu zweifeln, aber die daraus gezogenen SchluBfol- 
gerungen konnten wir in keiner Weise anerkennen, da schon 
theoretische Erw&gungen Bedenken erregten, dem Gedanken- 
gange dieser Forscher Folge zu leisten, und zwar aus folgen- 




Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 459 

dem Grunde. Es ist allgemein anerkannt, daB das konstan- 
teste Symptom des Fleckfiebers, konstanter als das Exanthem 
und die typische Fieberbewegung, die Agglutinationsreaktion 
mit X 19 ist. Ware nun auf Grund dieser Tatsache das 
Fehlen der Reaktion beim Meerschweinchen nicht zumindest 
mit derselben Berechtigung, wie es gegen die Spezifitfit der 
Reaktion ausgeniitzt wurde, auf die Weise zu deuten, daB die 
Meerschweincheninfektion, welche dieses konstanteste Symptom 
vermissen laBt, eben deshalb kein Fleckfieber ist? Es kann 
nfimlich nicht scharf genug die Unterscheidung getroffen werden 
zwischen Infektion und Infektionskrankheit, worauf insbesondere 
Bail hingewiesen hat, und gerade beim Fleckfieber spielt 
dieser Umstand eine sehr bedeutende Rolle. Denn wie unsere 
Erfahrungen gelehrt haben, ist fur die Erzeugung der Agglu- 
tinine die Erkrankung von groBer Bedeutung. Ausgedehnte 
Untersuchungen haben uns gezeigt, daB die kiinstliche Er¬ 
zeugung der kleinflockenden (0) Agglutinine, welche allein 
beim Fleckfieber auftreten, beim Menschen nur schwer gelingt. 
Dreimalige Vorbehandlung mit je einer Oese Bakterienkultur 
ruft einen Agglutinationstiter hervor, der sich zwischen 50 
und 100 bewegt, und Werte von 1:200 bis 1:500 sind recht 
selten. Beim menschlichen Fleckfieber hingegen sind Titer, 
die zur Zeit des Hohepunktes nicht fiber 1:500 betragen, 
aufierordentlich selten, und in mehr als 90 Proz. der Falle 
sind Werte von 1:2000 und weit darfiber zu konstatieren. 
Dabei konnte festgestellt werden, daB die niedrigen Reaktionen 
bei aufierordentlich schweren (Zlocisti, Weil und Felix 
u. a.) und insbesondere aber bei rudimentfiren Formen zu 
finden sind. Daraus geht hervor, daB der spezifische Krank- 
heitsreiz ffir die Agglutininerzeugung von ausschlaggebender 
Bedeutung ist. Ist er zu intensiv, so liegt, wie dies bei alien 
Infektionskrankheiten der Fall ist, die Antikorperbildung dar- 
nieder, ist er zu schwach, so werden, wie beim gesunden 
Menschen nach ktinstlicher Behandlung mit X 19 die Agglu¬ 
tinine nur in geringem MaBe erzeugt. Wenn man von diesem 
Gesichtspunkte aus die Fleckfieberinfektion des Meerschwein- 
chens mit der Fleckfiebererkrankung des Menschen vergleicht, 
so stoBen wir auf gewaltige Diflferenzen. Wenn man beim 
Meerschweinchen tiberhaupt von einer Erkrankung sprechen 

31* 


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URBANA-CHAMPAIGN 



460 


E. Weil und A. Felix, 


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kann, so ist dieselbe nur an der Temperaturerhohung und in 
manchen Fallen an einer geringgradigen Abmagerung, deren 
Ursache man nicht mit Sicherheit auf die Infektion zurfick- 
fiihren kann, kenntlich, wohingegen beim Menschen eine 
schwere Erkrankung vorliegt, die den gesamten Stoffwechsel 
in Aufruhr bringt. Einer 16-tagigen Temperaturerhohung von 
3 bis 4° beim Menschen steht eine meist nur 7-, hochstens 
10-tagige Fieberdauer von gewohnlich nicht mehr als 1 0 Tem- 
peraturerhfihung beim Meerschweinchen gegeniiber. Das von 
Lowy beim Meerschweinchen beschriebene Exanthem wurde 
von keinem anderen Autor wiedergesehen und die im Gehirne 
beschriebenen Zellanhaufungen lassen hinsichtlich ihrer Spezi- 
fitat eine verschiedenartige Deutung zu (Friedberger). Alle 
diese Momente — wir werden noch darauf zuriickkommen 
— lassen die Annahme zu, da!5 im Meerschweinchenorganis- 
mus eine Vermehrung des Fleckfiebererregers, eine Infektion 
erfolgt, die bei dem fiir Temperaturschwankungen so iiberaus 
empfindlichen Tiere mit einer Temperaturerhohung verbunden 
ist, wahrend jedoch alle iibrigen Symptome, welche gerade 
beim Menschen die spezifische Erkrankung ausmachen, hier 
fehlen. Dazu kommt aber noch die wichtige Tatsache, daB 
Meerschweinchen Antikbrper uberhaupt in geringem Grade 
bilden. Ein Vergleich mit der antikorpererzeugenden Fahig- 
keit des Kaninchens lehrt, daB bei gleicher Behandlungsweise 
bei letzterem Tiere meist ein 10-fach hoherer Titer zu erzielen 
ist. Fehlen des spezifischen Krankheitsreizes im Verein mit 
dem geringen Antikorperbildungsvermogen machen es ver- 
standlich, warum beim Meerschweinchen die Fleckfieberagglu- 
tinine nicht entstehen. 

Ganz wesentlich anders als das Meerschweinchen und 
der Mensch verhait sich hinsichtlich der Agglutininbildung 
gegen X 19 das Kaninchen. Unsere ausgedehnten Erfahrungen 
haben uns gelehrt, daB beim Kaninchen die fleckfieberspezi- 
fischen, kleinllockenden (0) Agglutinine ungemein leicht und 
in groBer Menge entstehen. Es war deshalb zu erwarten, daB 
dieses Tier nach der Infektion mit dem Fleckfiebervirus, auch 
wenn der spezifische Krankheitsreiz fehlt, auf die bloBe An- 
wesenheit oder geringe Vermehrung des Fleckfiebererregers 
bin Agglutinine bildet, wenn auch auf Grund der vorangehend 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 461 


mitgeteilten Erwagungen ein holier Titer nicht zu erwarten 
war. Wir muBten uns mit diesen theoretischen Vorstellungen 
begniigen, da es uns lange Zeit versagt war, Tierversuche an- 
zustellen. Im Felde war es uns unmoglich, und nach unserer 
Ruckkehr konnten wir uns lange keiu Virus verschaffen, bis 
uns Herr Dr. Kuczynski zwei Stamme zur Verfiigung 
stellte, fur die wir ihm zu groBem Danke verpflichtet sind. Die 
beiden Stamme tragen die Bezeichnung „Virchow“ (Stamm I) 
und „Reinickendorf u (Stamm II). Infektionsversuche an einigen 
Meerschweinchen zeigten ilire Wirksamkeit, die sich so sicher 
und konstant erwies, daB von mehreren hundert Tieren kein 
einziges die typische Fieberbewegung vermissen lieB. 

Wir haben zunachst einen Versuch angestellt, urn zu er- 
mitteln, ob unsere theoretischen Voraussetzungen zutreffend 
waren, indem wir 2 Kaninchen, wie es in dem beifolgenden 
Versuchsprotokoll beschrieben ist, mit dem Fleckfiebervirus 
des Meerschweinchens intraperitoneal infizierten. 


Tabelle L 

Vorversuch: Infektion von Kaninchen mit Fleckfiebervirus. 



to 

I. Blut- 


11. Blut- 


III. Blut- 


a 

03 

■8 

•S 

'c 

3 

C 

entnahme 

fl 

entnahme 

G T3 

O . 

entnahme 

M a 

•S.2 

a 

£ 

vor der 

I. Injektion 

M 

9 Tg. nach d. 
I. Injektion 

[. Injekti 
age nach 
ersten 

9 Tg. nach d. 
II. Injektion 

«*43 

G g 
5 S 
•a £ 

03 3 

a 

w 

6 

Aggluti- 


Aggluti- 

Aggluti- 

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G bC 


2 

nation mit 


nation mit 

^ M 

nation mit 



& 

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HX l9 

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1:10 

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® S St„ 

_ | 


+ + ± 



1:25 


_ 

° fe se 0 

+ + 

to 


1:50 


<B-Qr;CO 
* 03 o 

_ 

03 O 


3 

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1:10 

1:25 


G _ ^ 

2 o Sc- 

■c . 

— 

x • 
G U 3 

£§!• 
? •”3 . 

+ + + 

+ + + 

O 

a 

*3 


1:50 
1:100 
1:200, 


g£ 

2-g-S 

•SO 


.so 

+ +± 

+ ± 



Wir sehen, daB sich unsere Erwartung im vollen MaBe 
bestatigt hat, da bei beiden Tieren eine deutliche Agglutinin- 
bildung fur X 19 aufgetreten ist, welche durch ihr rein klein- 
flockiges Aussehen das Geprage der spezifischen Fleckfibber- 
agglutination des Menschen tragt. Eine unerwartete Erschei- 
nung aber, worauf wir spater noch ausfiihrlich zuriickkommen 
werden, ist das spate Auftreten der Agglutinine. 


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462 


E. Weil und A. Felix, 


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Obwohl schon dieses Resultat mit groBer Wahrscheinlich- 
keit den SchluB zulieB, daB das Auftreten der X 19-Agglutinine 
auf den Fleckfiebererreger zuriickzufiihren war, so war doch 
noch einer Reihe von Einw&nden zu begegnen, welche die 
Spezifitat der Reaktion in Frage stellen konnten. Da ja die 
Agglutinine nicht mit dem isolierten Erreger, sondern mit 
einem Gewebe, welches den mutmaBlichen Erreger enthielt, 
erzeugt waren, so mufite vor allem die Mitwirkung dieses 
Gewebes ausgeschaltet werden, zumal Meerschweinchenorgane 
beim Kaninchen antigen wirken und heterogenitische Anti- 
korper (Hammelbluthamolysine) erzeugen. Trotz der geringen 
Wahrscheinlichkeit, daB Meerschweinchengehirn beim Kaninchen 
Agglutininbildung gegen X 19 hervorruft, haben wir 4 Kanin¬ 
chen mit Normalhirn vorbehandelt mit dem Resultate, das in 
der beifolgenden Tabelle wiedergegeben ist. 


Tabelle II. 

Yorversuch: Behandlung von Kaninchen mit normalem 
Meerschweinchengehirn. 


Kaninchen 

Verdiinnung 

I. Blutentnahme 

Intraperitoneale 
Injektion von 

II. Blut¬ 
entnahme 

I 

vor der 
Injektion 

am 11. Tage 
nach der 

I. Injektion 

Agglutination mit 

Agglutination 

mit 

hx 19 

ox 19 

Ty i 

HX, 9 OX I() 

Ty 1 

I 

1:5 

_ 

_ 

+ + + 

c 

_ 

_ 

+ + + 


1:10 

— 

— 

+ + + 

N 

‘S - - 

— 

— 

+ + + 


1:20 

— 

— 

+ + ± 


— 

— 

+ + ± 


1:50 

. 

. 

+ 

O 

. 

. 

— 

II 

1:5 

— 

— 

+ + 

8 

— 

— 

+ + 


1 :20 

— 

— 

+ 

s = - 

— 

— 

+ 


1:20 

— 

— 

— 

M 

o 

— 

— 

— 

III 

1:5 

+ + 

+ + ± 

+ + + 

o 

iO to to 

+ 4- 

+ + 

+ + + 


1:10 

— 

± 

+ + + 

CM 

— 

+ 

+ + + 


1:20 

— 

— 

+ + + 

o o'o' 

— 

— 

+ + + 


1:50 

. 

, 

+ + ± 

0) - ^ 


. 



1 :100 

* 


+ 

= - 

• 

• 

± 

IV 

1 :5 

± 

+ 

+ + + 

H 

— 

+ 

+ + + 


1:10 

— 

— 

+ + + 

iO O) 

— 

— 

+ + + 


1 :20 

— 

— 

+ + + 

fl 

— 

— 

+ + + 


1 : 50 


• 

+ + 

C - - 

" •* 

. 

. 

+ 


1:100 

• 

• 







a 

2 

I 


IH 


a 


III. Blut- 
entnahme 


am 18. Tage 
nach der 
1. Injektion 


Agglutination 

mit 


HXj 9 OX, b 

Ty 1 

_ 

_ 

+ + + 

— 

— 

+ + + 

— 

— 

+ + ± 

• 

• 

+ 

— 

— 

+ + 

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. 

+ + + 

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+ + + 

. 

• 

+ + 

• 

• 

— 



Origirval from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 453 


Die viermalige Behandlung mit normalem Meerschwein- 
chengehirn hat, wie zu erwarten war, bei keinem Tiere Agglu- 
tinine gegen X19 erzeugt. Die gleichzeitig vorgenommene 
Prufung der Typhuagglutinine ergibt, daB der norraalerweise 
vorhandene Titer bei keinem Tiere eine Steigerung erfahren 
hat. Die Beriicksichtigung der Typhusagglutinine erscheint 
uns deshalb von Wichtigkeit, weil ein Ansteigen derselben 
bei Fleckfieber eine bekannte Tatsache ist. Diese von uns 
zuerst festgestellte Erscheinung ist heute allgemein anerkannt 
und ebenso die von uns gegebene Deutung, daB eine Titer- 
steigerung oder ein Auftreten der Typhusagglutinine in der 
uberwiegenden Mehrzahl der F&lle bei Typhusgeimpften oder 
friiheren Typhuskranken vorkommt. Es liegen Angaben zalil- 
reicher Autoren vor, die sich mit unseren eigenen Feststel- 
lungen decken, dahingehend, daB bei unbeeinfluBtem Fleck¬ 
fieber die Gruber-Widal sche Reaktion wahrend der 
ganzen Erkrankung ausbleibt. Doch wurde von Starken- 
stein, so wie von Zlocisti auf ein kurzdauerndes Auftreten 
der Typhusagglutinine mit niedrigem Titer auch bei reinem 
Fleckfieber hingewiesen, und es war moglicherweise auch bei 
der Fleckfieberinfektion der Kaniuchen mit einer Steigerung 
der Typhusagglutinine zu rechnen, zumal ja diese Tiere meist 
Normalagglutinine gegen Typhusbacillen besitzen, die, wie wir 
gesehen haben, bei den Kaninchen, die mit normalem Gehirn 
injiziert waren, keine Steigerung erfahren haben. 

Bevor wir uns den Kanichenversuchen zuwenden, wollen 
wir zunachst die Agglutinationsverhfiltnisse bei einer Anzahl 
von infizierten Meerschweinchen betrachten (siehe Tabelle III 
auf p. 464). 

In Uebereinstimmung mit den Angaben aller Autoren ist 
bei Meerschweinchen ein die Normalreaktion gegen X 19 iiber- 
schreitender Titer infolge der Infektion nicht zu konstatieren. 

Wir haben bereits darauf hingewiesen, und der Vorver- 
versuch hat unsere Annahme auch bestfitigt, daB bei der In¬ 
fektion des Kaninchens mit Fleckfiebervirus nicht so hohe 
Agglutinationswerte zu erwarten sind, wie bei der kunstlichen 
Immunisierng mit X 19 oder bei der Fleckfieberinfektion 
des Menschen, weil der spezifische Krankheitsreiz fehlt. Da 
es aber wichtig schien, festzustellen, welcher Titer bereits eine 


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464 


E. Weil und A. Felix, 


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Tabelle III. 

Agglutination von HX 10 und OX lfl mit Serum von 
fleckfieberinfizierten Meerschweinchen. 


Meerschw. 

Vorbehandlung 

Blutentnahme 
nach der 
Infcktion 

Agglutination mit 

HX,„ 

ox 19 


1:51:10 

1: 20| 1: 5 1:10|l: 20 

30 

0,1 infiziertes Meer- 

am 9. Tg.; fiebernd 

+ + 

_ 

_ 

+ + 

± 

_ 

31 

schweinchengehirn 

Q 

» 47 • >» » 

+ + 

— 

— 

+ + 

± 

— 

40 

intraperitoneal 

»> >» 

+ + 

+ + 

+ 

+ + 

+ + 

+ 

41 

(Virus I) 

yy ^0. yy yy 

+ 

— 

— 

+ + 

+ 

— 

201 


Q 

+ 

— 

— 

+ 

— 

— 

203 

0,1 infiziertes 

Q 

+ 

— 

— 

+ 

— 

— 

210 

Meerschweinchen- 


+ 

± 

— 

+ 

db 

± 

215 

gehirn 



— 

— 

+ 

— 

— 

222 

intraperitoneal 

,, 10. ,, » 

+ 

— 

— 

+ 

— 

— 

204 

(Virus II) 

„ 18. „ entfieb. 

+ 

— 

— 

+ 

± 

— 

205 


yy yy yy 

+ 


— 

+ 


— 

11 

4 Inj. v. je 0,1 infiz. 

am 39. Tage nach 


— 



± 

— 

12 

Gehirn intraperiton. 

der I. Injektion 



— 


— 

— 

13 

(Virus I) 

(fieberfrei) 


— 

— 



— 

14 

6 Inj. v. je 0,1 infiz. 

am 56. Tage nach 


— 

— 


— 

— 

15 

Gehirn intraperiton. 

der 1. Injektion 


— 

— 


— 

— 

16 

(Virus I) 

(fieberfrei) 


— 

— 


— 

— 


Normales Meerschweinchen 

+ + 

+ 

— 

+ + 

+ 

— 


spezifische Bedeutung besitzt, so haben wir uns liber die Hohe 
der Normalagglutination gegen X 19 bei mehreren normalen 
und bei unspezifisch vorbehandelten Kaninchen unterrichtet. 


Tabelle IV. 

Agglutination von HX„ und OX IB mit verschiedenen 
Kaninchen-AntiBeren. 


Kaninchen-Antiserum lo6end fiir Erythrocyten 

von 

Normales 

Kaninchen- 

serum 


1 1 

2 

3 

4 

5 

6 

Meerschweinchen 

Schwein 



Mensch 


A 

B 




Agglutination 

mit 






a 

05 | * 



<n 


* 


05 


05 


a 

05 

kf 


X 

x" x" 

X 

x" 

x" 


x" 

x" 

x" 

x" 

xT 

x" 

W 

o j a 

o 

a | o 

a 

O 

a 

O 

a 

o 

a 

o 

a 

o 

_ 

~ i ~ 


— — 

— 


— 


— 

— 

— 

± 

zL 

+ 


Aus diesem Versuche geht hervor, daB in der Regel auch 
in der Konzentration von 1: 5 eine starke positive Agglu¬ 
tination mit X 19 nicht zu konstatieren ist, so dafi dem Auf- 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 465 


treten einer positiven Reaktion in dieser starken Konzen- 
tration eine spezifisclie Bedeutung beigemessen werden kann. 

Wir haben unsere weiteren Versuche in der folgenden 
Weise durchgefiihrt: Bei shmtlichen Kaninchen, die wir in 
Behandlung nahmen, wurde vor der Infektion eine serologische 
Blutuntersuchung vorgenommen, und zwar gegen X 19, X 2 
und Typhusbacillen, urn nach der Infektion das erste Auf- 
treten der spezifischen Reaktion zu priifen und zu untersuchen, 
ob ebenso, wie beim menschlichen Fleckfieber eine Mitreaktion 
mit X 2 und ein unspezifisches Ansteigen der Typhusagglu- 
tinine erfolgt. Bei den X-Stammen wurde die Agglutination 
sowohl mit der H-, als auch mit der O-Form angestellt, und 
zwar aus dem Grunde, weil wir die von uns selbst auf- 
gestellte Forderung, die Fortziichtung der Kulturen nur auf 
frischen Fleischn&hrboden vorzunehmen, nicht irnmer erfflllen 
konnten. Die O-Form aber gibt, unabhangig von geringen 
Abweichungen der gewohnlichen Nahrbodenherstellung, immer 
einwandfreie, gleichmaBige und sichere Resultate. Wir raten 
dringendst die Ausfiihrung der Agglutination 
mit der O-Form an. Die Agglutinationsprobe wurde 
nach der fOr Fleckfieber gegebenen Vorschrift ausgefiihrt. 
Die Notierung der Resultate wurde nach 6 und 18 Stunden 
vorgenommen, in den Tabellen jedoch der Raumersparnis 
wegen nur das Endresultat notiert. Gegeniiber X 2 wiesen 
die normalen Kaninchensera eine starke Bakterizidie auf, die 
sich in einer Aufhellung der Emulsion (insbesondere bei der 
H-Form) auBerte; dementsprechend war auch eine starkere 
Normalagglutination zu bemerken, die ofters bis zur Verdiin- 
nung 1:10 auftrat, jedoch nur ausnahmsweise zu einer kom- 
pletten Ausflockung fuhrte. Eine Titersteigerung gegen X 2 
im Verlaufe der Infektion haben wir jedoch niemals gesehen, 
so daB wir, urn die Tabellen zu vereinfachen, diese Resultate 
tabellarisch nicht wiedergegeben haben. Der von uns be- 
nutzte Typhusstamm war leicht agglutinabel und wurde des- 
halb gewahlt, um etwaige Titerveranderungen leicht konstatieren 
zu konnen. 

Von der Ansicht ausgehend, daB eine Infektion des Kanin- 
chens mit dem Fleckfiebervirus nur schwer gelingt, haben wir, 
um ftir die Sicherheit der Infektion eine Gewahr zu haben, 
die Tiere zuniichst dreimal mit Meerschweinchengehirn infiziert 


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466 


E. Weil und A. Felix, 


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und das Blut meist am 7. und 14. Tage nach der ersten In- 
fektion untersucht. (Bei der Bestimmung der Zeit wurde der 
Tag der Infektion stets als der erste Tag bezeichnet.) Wir 
geben anbei das Protokoll eines Versuches wieder, in welchem 
wir 5 Kaninchen einer dreimaligen und 3 Kaninchen einer 
einmaligen intraperitonealen Infektion unterzogen haben. 
Das Gehirn staminte nahezu in alien unseren Versuchen, 
welche nicht einen besonderen Zweck verfolgten, von Meer- 
schweinchen des zweiten Fiebertages, die durch intraperito- 
neale Injektion von 0,1 Gehirn infiziert worden waren. 


Tabelle V. 

Auftreten der Agglutinine. Virus I = Stamm Virchow. 


a 

a> 

X3 

o 

.2 

a 

aj 

w 


W) 

c 

3 

a 

a 

:3 

<u 

> 


1 I. Blut- 


II. Blut- 


III. Blut- 

| entnahme 

K. 

entnahme 

CQ 

G C 

entnahme 

Aggluti- 

C3 

E 

-*-S 

Agglutination 

•2o 

tS-c 

Agglutination 

nation mit 

G 


mit 


£ & 


nut 


a 

N 

p 

051 

X | Ty 1 

°l 

■4-S 

M 

<2 

c 

HX,„ 

OX la 

Ty 1 

G c3 
•—I >-« 

.2 

hx 19 

ox lfl 

Ty 1 


vor der 


am 6. Tage nach der 

S eq 

am 16. Tage nach der 

i. 

Injektion 


I. Injektion 

G - 

I. 

Injektion 

— 

— 

. 


— 

— 

. 

05 co 

+ + + 

+ + + 

. 

— 

— 

— 

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— 

— 

— 

cm 

+ + + 

+ + + 

— 

— 

— 

— 

g 

— 

— 

— 

00 

+ + + 

+ + + 

— 

. 

. 

. 

XI 

. 




+ + ± 

+ + + 

• 

• 

• 

• 

.2 

■ 

• 


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+ 

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— 

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— 

— 

. 

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+ + + 

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+ + + 

+ + + 

— 

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— 

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— 

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+ + + 

+ + + 

— 

. 

. 

• 

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. 

. 

. 


+ + 

+ + + 

• 

. 

• 


s 

. 


. 

0) 

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+ + 

• 

— 

— 


a 
a > 

— 

— 


t, 

n - 

+ + + 

+ + + 

• 

— 

— 

+ + + 

-o 

3 

— 

— 

+ + + 


+ + + 

+ + + 

+ + + 

— 

— 

+ + ± 

£ 

— 

— 

+ + ± 


+ + ± 

+ + + 

+ + ± 

. 

. 

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. 

+ + 

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± 

+ ± 

+ + 

. 


+ 




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> 

— 

— 

+ 

— 



2 

o 

+ 

+ + 


G 

»- 

+ + + 

+ + + 

• 

— 

— 

— 

> 

— 


— 

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0) - 

+ + + 

+ + + 

— 

— 

— 

— 

G 

— 

— 

— 

o 

+ + + 

+ + + 

— 









+ + + 

+ + + 


. 



a> 

o 




'°,co 

+ + + 

+ + + 


• 

• 



• 

. 


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+ + 

+ + ± 


. 



f-H 


. 


* * 

+ 

+ + 


— 

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o 

± 

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+ + + 

+ + + 


— 

— 

+ + + 


— 

— 

+ + + 


+ + + 

+ + + 

+ + + 

— 

- 

+ + ± 

•f 

— 

— 

+ + ± 


+ + + 

+ + + 

+ + ± 

• 

• 

± 

E 




H 

+ + + 

+ + + 

± 

• 

• 

— 


. 

* 

— 

® od 

+ + + 

+ + + 

— 

• 







a 

+± 

+ + ± 

. 

1 • 

• 




• 


C3 - 

— 

+ + 

• 


VII 1 
l 
[i 
i 


VIII 


IX 


XI 


5 

10 
20 
50 
1:100 
5 

10 
20 
50 
100 
5 
10 
20 
50 
100 
5 

10 
20 
50 
100 
200 
500 
5 

10 
20 
50 
100 
200 
500 


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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zura Fleckfiebererreger. 467 


Tabelle V (Fortsetzung). 


Kaninchen 

Verdunnung 

I. Blut- 
entnahrne 

Infekt. iutraperit. 

II. Blut- 
entnahme 

s 

C 3 
•2| 

tl 

III. Blut- 
entnahme 

Aggluti¬ 
nation mit 

Agglutination 

mit 

Agglutination 

mit 

9 

« 

8 

Ty l 

HX l# 

OX 19 

Ty 1 

a eg 

t-H *H 

.5 

HX 1S 

OX„ 

Ty 1 
















von der 

CO 

am 

10. Taue 


am 13. Tj 

ige 



Infektion 

3 

nach der Infektion 


nach der Infektion 

XII 

1:5 

— 

— 

, 

8 

+++ 

+ + + 



+++ 

+++ 

. 


1:10 

— 

— 

+ + + 


+++ 

+ + + 

+ + + 


+++ 

+ + + 

+ + + 


1:20 

— 


+ + + 

Be 

+++ 

+ + + 

+ + + 


+++ 

+++ 

+ + + 


1:50 


. 

+ + 

§ 

+++ 

+ + + 

+ + 


+++ 

-F + + 

+ + 


1:100 

. 


— 

§ 

+++ 

+ + + 

— 


+++ 

+ + + 

— 


1:200 

• 



D 

g 

+++ 

+ + + 



+++ 

+ + + 



1:500 





+ 

+ + ± 



++ 

+ + + 



1:1000 




JD 

CD 

— 

— 



+ 

+ + ± 



1:2000 

. 




. 

. 


1 

— 

+ 


XIII 

1:6 

— 

— 


o 

+++ 

+ + + 



+++ 

+ + + 



1:10 

— 

— 

+ + + 

> 

++ 

+ + ± 

+ + + 


++± 

+ + + 

+ + + 


1:20 

— 

— 

+ + + 

n 

+ 

+ + 

+ + ± 


++ 

+ + 

+ + + 


1:50 

* 

. 

+ 

15 

— 

— 

+ 


— 

+ 

+ 

XIV 

1:5 


— 

. 

O 

+++ 

+ + + 



+++ 

+ + + 

. 


1:10 

— 

— 

+ + 

o 

+++ 

+ + + 

+’+ 


+++ 

+ + + 

+ + 


1:20 

— 

— 

— 

o 

++± 

+ + + 

— 


+++ 

+ + 4- 

— 


1 : 50 

• 


— 

OJ 


+ + 

— 


+++ 

+ + + 

— 


1:100 


. 


-t-j 

, 

— 

• 


++ 

+ + ± 

. 


1:200 



. 

5 


. 




+ 

. 


Kaninchen VIII, X, XII und XIII agglutiniert bei alien Entnahmen 
mit HX„ und OX, stets unverandert 1:10 + + , 1:20 ±; die anderen 
Kaninchen reagierten stets bei 1:10 negativ. — Die Weltmannsche 
Reaktion blieb bei diesen Kaninchen immer negativ. 


Die Agglutination mit X 19 ist bei alien Tieren positiv, 
und zwar bei 2 Tieren mit einem recht hohen Titer (1 :500 und 
1:1000). Das wichtigste Ergebnis dieses Versuches besteht 
aber in der RegelmaBigkeit, mit der Agglutination auftritt, die 
sich auch darin auBert, daB die nur einmal infizierten Tiere 
sich hinsichtlich der Starke der Reaktion in nichts von den 
dreimal infizierten unterscheiden, zumal gerade bei dieser 
Gruppe sich der hochste Agglutinationswert findet (Kaninchen 
XII Titer 1:2000). Auch zeigt dieser Versuchmit aller Klar- 
heit, daB eine Aenderung des Typhustiters bei keinem Tiere 
aufgetreten ist. 

Genau in derselben Weise verhalt sich das zweite Virus: 
auch hier reichte die einmal vorgenommene Infektion, obwohl 


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468 


E. Weil und A. Felix, 


Tabelle VI. 


Auftreten der Agglutinine. Virus II = Stamm Reinickendorf. 


a 

bD 

a 


I. Blut- 
entnahme 

II. Blut- 
entnahme 

III. Blut- 
entnahme 

xx 

o 

a 

•H 

o 

a 

g 

Agglutination 1 J D .‘ 
mit fektion 

Agglutination 

mit 

Agglutination 

mit 

a 

US 

S3 

> 

s 

o 

M" 

o 


HX,,, ' OX 19 Ty 1 

HX 1U OX , 9 Ty 1 

XXIV 

1:5 


ICO CO 

vor der 

Infekiton _• - 

P m 

1 — 1 • S3!=! 

am 7. Tage 
nach der Infektion 

am 14. Tage 
nach der Infektion 

++++++ • 


1:10 

— 

— 

+ + + !&« 

— + + + 

+ + + + + + + + + 


1:20 

— 


+++!*• 

+± 1 

— — + + + 

+ + + + + + + + + 


1 :50 



+ + 

+ + + + + + + + 


1:100 

. 

• 

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± 

+ + ± + + ± ± 


1:200 

. 

• 

— 

_ 

dt ++ — 


1:500 

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. 

— — 

XXV 

1:5 

± 

1 + 

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++±+++ • 

++++++ • 


1:10 

— 

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+ + ++± ++ 

+ + + + + + + + 


1 :20 

— 

— 

dt l| ~o 

- - - 

+ + ± + + + - 


1:50 

• 

• 

. . - 

+ ++ i — 


1:100 

. 

. 

«a u 

«D 

. 

~ + * 

XXVI 

1:5 

— 

— 

• § = 2 * 

+ + + + 

++++++ - 


1:10 

— 


+ ++L 2 

± ± + + + 

+ -r+ + + + + + + 


1:20 

— 


+ + + I.2 c 

- — + + + 

+ + + + + + I + + + 


1:50 

. 

. 

+ + +■§ 

• + + + 

+ + + + + ++ + + 


1:100 

. 

. 

+ o 

• • + 

+ + + + + + + 


1:200 


• 

- liO iO 

. . - 

+ + + + + + — 


1 :500 

. 

• 

. po 

. 

+ ++ . 

XXVII 

1:5 

— 

— 


- - 

+ + + + + + 


1:10 



- % s 

- - — 

++++++ — 


1 :20 


— 

— H 

- - - 

++++++ - 


1:50 



•nod 

. . - 

+ + + + + + | — 


1:100 

. 

. 

... 

++ +++ • 


1:200 

. 

1 . 

£ £ 

• 03 

. . | 

— +± 1 • 

XLI 

1 :5 

vor der 

Infektion § 

++I++I . t: 

am 8 . Tege 
nach der Infektion 

+ + + I + + + I • 

am 15. Tage 
nach der Infektion 

+ + + I + + + • 


1:10 

— 

— 

+ + + 9> 3 

+ ++ +++ 

+ + ++ + + + + + 


1:20 

— 

— 

+ + cSS a 

- + + 

++++++ ++ 


1:50 



+ a** * 

+ 

+ + + + + + + 


1 :100 



• | § p 


++ +++ • 


1 :200 



• Hm 

. I . I . 

di + + i 


1:500 



■ 1 £ 5-° 


- + + 


1:1000 


* 

3 P 3 

• o •£ X 

. 


XLIII 

1: 5 

— 


O-a 

• « 

- - I 

++++++ • 


1 : 10 

— 


4 . -L ^ £ 

+JLOJ 

+ + 

++±+++ + 


1 :20 

— 

— 

. . - 

++ + + ± - 


1:50 


. 

_ . 2 .S 

_ 

- + - 


1 :100 


1 

. 

* * 1 • 

• 1 - 1 . 


Kaninchen XXV, XXVI und XLIII mit HX und OX., bei alien 
Entnahmen 1:10 + + , 1:20 —, Kaninchen XXIV, XXVII" und XLI 
immer bei 1:10 negativ. — Weltmannsche Reaktion immer negativ. 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 469 

sie bei zwei Tieren subkutan erfolgt ist, zur Erzeugung der 
Agglutinine gegen X 19 vollkommen aus. Ein Ansteigen des 
Typhustiters findet auch hier nicht spurenweise statt. Inter- 
essant ist die stets wiederkehrende Erscheinung des spdten 
Auftretens der Agglutinine. (Siehe Tabelle VI auf p. 468). 

Von Interesse war fur uns die Arbeit von Doerr und Pick, die, nnch- 
dem unsere Untersuchungen bereits im Gange waren, erschienen ist. 
Die beiden Autoren, welche das Verhalten des Fleckfiebervirus im Organis- 
mus des Kaninehens studierten, haben auch das Serum der infizierten Tiere 
mit X 19 und mit Typhusbacillen gepriift. Der Tatsaclie, dafi sie gegen 
X 19 geringgradige Agglutination fanden, mafien sie deshalb keine Be- 
deutung bei, weil sie gegen Typhusbacillen eine noch starkere Reaktion 
auftreten sahen, und weil auch Kaninehen, welche mit normalem Ge- 
hirn vorbehandelt wurden, sowohl gegen X 19 als auch gegen Typhus¬ 
bacillen Agglutinine bildeten. Doerr und Pick bezeichnen diese Reaktion 
als eine ,,ganz unspezifische Serumveranderung“. Da nach unseren aus- 
gedehnten Experimented wie es noch im Verlaufe dieser Ausfiihrungen 
hervorgehen wird, die Agglutination des fleckfieberinfizierten Kaninehens 
gegen X 19 als eine Reaktion von der reinsten Spezifitat angesehen werden 
muB, so konnen wir nicht umhin, die diesbeziiglichen Versuche von Doerr 
und Pick, die auch sonst in jeder Hinsicht allem dem widersprechen, 
was beziiglich der serologischen Spezifitat durch die allgemein anerkannten 
Arbeiten unserer besten Forscher als feststehend gilt, fiir unrichtig zu 
halten. 

Uin die Spezifitat der Reaktion vollstandig zu sichern, 
wurde auch eine Reihe von Bindungsversuchen angestellt. 
Obwohl die Beteiligung des normalen Gehirnes an der Agglu- 
tininerzeugung durch die vorangehenden Versuche bereits aus- 
geschlossen war, haben wir einige positive Kaninchensera mit 
Gehirnemulsionen behandelt und vor und nach der Behand- 
lung die Agglutination gegen X 19 und die heterogene- 
tischen Hammelbluthamolysine gepriift (siehe Tabelle VII auf 
p. 470). 

Dieser Versuch lehrt, daB die X 19-Agglutinine vom X 19- 
Stamni vollkommen verankert, vom normalen Gehirn aber 
nicht tangiert werden, wahrend das Gehirn die Hamolysine 
in starkem MaBe bindet. Damit ist neuerdings erwiesen, daB 
antigene Beziehungen zwischen den Agglutininen und dem 
Gehirn nicht bestehen. 

Die theoretisclie Spezifitat wurde von den meisten Autoren 
aus dem Grunde angezweifelt, weil bei einer Reihe von ver- 
schiedenartigen Mikroorganismen eine Agglutination mit dem 


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470 


E. Weil und A. Felix 


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Tabelle VII. 

Behandlung der agglutinierenden Kaninchensera mit 
normalem Meerschweinchengehim. 

Von den Kaninchenseren VII, bis XI, (= dritte Entnahmen von 
Kaninchen VII bis XI) wurden je 0,25 ccm Serum (in der Verdiinnung 
1:10) mit je 0,25 normalem Meerschweinchengehirn 1 Stunde bei 37 0 be- 
handelt, klar zentrifugiert und die Abgiisse teils zum Agglutiuationsversuch 
mit OX IB , teils zum Hiimolyseversuch mit Hammelblutkorperchen (unter 
Zusatz von je 0,05 Meerschweinchenkomplement) verwendet. 

Agglutination notiert nach 20 Stunden, Hamolyse nach 2 Stunden. 


Agglutination mit OX 19 


Serum 

VII, 

VIII, 

IX, 

x 8 

xi. 


beh. 

unbeh. 

beh. 

unbeh. 

beh. 

unbeh. 

beh. 

unbeh. 

beh. ! 

unbeh. 

0,1 

0,05 

0,02 

0,01 

0,005 

0,002 

+ + + I 
+ + + 
+ + + 
+ + 

+ + + | 
+ + + 

i + + + 
+ + 

+ + + I 
+ + + ' 
+ + + 
+ 

+ + + 

, + + + 

' + + + 
+ 

+ + + 
+ + + , 
+ + 

+ + + 
+ + + 
+ + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 1 
+ + + 
+ + ± 
+ 

! + + + 
+ + + 
+ + + I 

+ + + I 

+ + i 
+ 

+ + + 
+ + + 
+ + + 
+ + + I 
+ + 
+ 

+ + + 
+ + + 
+ + + 
+ + + 
+ + 

+ 


Die Abgiisse der ersten Verdiinnung (0,1) nach dem Abzentrifugieren 
des Agglutinates nochmals mit OX l9 agglutiniert 


0,1 1 - 1 - 1 - | - | - | - 

Hamolyse 


0,02 

0,01 

0,005 

0,002 

0,001 

0,0005 



k. 

0 

k. 

fk. 

k. 

Sp. 

k. 

W. 

k. 

W. 


0 

yy 

St. 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 

yy 

0 


0 

8t. 

0 


0 

yy 

0 

yy 

0 

W. 

0 

o 

0 

w. 

0 

W. 

0 

st. 

0 

m. 

0 

0 

0 

0 

0 

Sp. 

0 

0 


Serum Fleckfieberkranker beschrieben war. Seitdem die Be- 
zeichnung „Polyagglutination“ (Weltmann) fiir das Fleck- 
fieberserum gepragt war, kam die Ansicht, daB auch die X- 
Stamme nur infolge der Vielseitigkeit desFleckfieberserums aus- 
geflockt werden, nicht mehr zum Stillstand. Unsere Hinweise, 
daB die allgemein erhohte Agglutinationskraft des Blutserums 
gegeniiber bestimmten Mikroorganismen nicht nur bei Fleck- 
fieber, sondern bei einer Reihe anderer Erkrankungen vor- 
kommt, daB aber die auBerordentlich hohen Titerwerte gegen 
X 19 nur bei Fleckfieber auftreten, so daB ein Vergleich der 
Polyagglutinabilitat mit der spezifischen Fleckfieberreaktion 
nicht moglich sei, blieben ohne Eindruck, und trotz der ex- 



original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 




Beziehungen der Fleckfieberagglutiuarion zum Fleckfiebererreger. 471 

Tabelle VIII. 

Poly agglutination. 

Entnahme 1: vor der Infektion. 

Entnahme 3: am 14. Tage nach der Infektion. 

Z, = Pyocyaneus Z, von Kreuscher. 

Micrococcus melitensis 1 und 2 entstammen der Sammlung des 
Institus fur Schiffs- und Tropenhygiene in Hamburg (Prof. M. Mayer). 


Kaninchen 

Entnahme 

Titer fur 
OX IU 

Verdiinnung 

z. 

Proteus 

Landsteiner 

Coli 32 

3 

Dysen 

M 

0 ) 

a 

X 

terie 

Micrococcus 

melitensis 

£ 1 

aoM 

1 1 

2 

XII 

1 

1:5 — 

1:10 



+ 

+ 

+++ 

+ + 

± 

± 




1:20 

— 

— 

— 

+ 

+++ 

+ 

— 

— 




1:50 

— 

— 

— 

— 

+++ 

— 

— 

— 




1 :100 

. ■ 

. 

. 


— 

. 

. 

. 


3 

1:2000 + 

1:10 


— 


+ j 

+++ 

+ ± 

± 

— 




1 :20 

— 

— 

— 

+ 

+ + 

+ 

— 

— 




1:50 

— 

— 

— 


++ 

— 

— 

— 




1:100 


• 

. 


— 

• 

• 


XIII 

1 

1:5 — 

1:10 

+ J 

+ 

+ 

++ 

+++ 

+ + 

+ ± 





1:20 

— 

— 

— 

+ 

+++ 

+ + 

+ 

+ 




1:50 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 




1:100 

• ; 

. 

• 

• 

— 

. 

. 

. 


3 

1:50 + 

1 :10 

+ 


— 

++ 

,+++ 

+ + 

+ + 

+± 




1 :20 


— 

— 

— 

+++ 

+ + 

db 

d- 




1:50 

! — 1 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 




1:100 

. 1 


. 

. 

— 

. 

. 

. 

XIV 

1 

1:5 — 

1:10 

+ + 

+ + 

— 

— 

+++ 

+ + 

++ 

+± 




1:20 

+ 


— 

— 

+ 

+ 

+ 

± 




1:50 



— 

— 

— 

— 

— 

— 


3 

1:200 + 

1:10 

++ 

+ + 

— 

— 

+++ 

+ ± 

+± 

+± 




1:20 

1:50 

+ 

— i 

— 

— 

+ 


± 

— 

IX 

1 

1:5 — 

1:10 





+++ 



. 




1:20 


. 

. 


+++ 

. 

• 

. 




1:50 


. 

. 

. 

± 

. 


• 


3 

1:50+ + 

1:10 

— 

— 

+ 

— 

+++ 

— 

+± 

+ 




1:20 

— 

— 

+ 

— 

+++ 

— 

— 

— 




1 :50 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 

VII 

3 

1 : 100 + + + 

1:10 

— 

— 

+ + 

— 

+++ 

+ 


— 




1:20 

— 

— 

— 

— 

++ 

1 _ 

— 

— 




1:50 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

VIII 

3 

1 :100+ + 

1:10 

+ 

_ 

+ 

_ 

+ 

— 

+ 

— 




1:20 


— 


— 

— 

— 

— 

— 

X 

3 

1:500+ + 

1:10 

_ 

_ 

+ 

— 


— 

+ 

— 




|l : 20 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

XI 

3 

1:500+ + 

|l: 10 

_ 

_ 

— 

— 

++ 

— 

— 

— 




11:20 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 


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Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 







472 


E. Weil und A. Felix, 


Digitized by 


Tabelle IX. 

Polyagglutination. 

Entnahme 1: vor der Infektion. 

Entnahme 3: am 14. Tage nach der Infektion. 

Kaninchen XVI bis XIX infiziert mit Virus I (siehe Tab. XI). 
Kaninchen XXIV bis XXVII infiziert mit Virus II (siehe Tab. VI). 


Kaninchen 

Entnahme 

Titer fur 
OX t9 

Verdiinnung 

z, ' 

Proteus 

Landsteiner 

<M | 

§ ! 

'i 

Micrococcus 

melitensis 

1 2 

Dysenterie 

Shiga- 

Kruse 

E 

XVI 

1 

1:5± 

1:10 

± 


+ ' 

+ 



+ 

+++ 




1:20 

— 

— 

± 

± 

— 

— 

+ 

+++ 




1:50 

• 

. 


. 

. 

. 

. 

+ 


3 

1:500 + 

1 :10 

± 

— 

+ 

+ 

± 

— 

± 

++ + 




1 :20 

— 

— 

± 

± 

— 

— 

± 

+++ 




1:50 

• 

• 

• 

■ 

* 

• 

• 

+ 

XVJI 

1 

1:5- 

1:10 

+ 

+ 

+ 

+ 


— 

± 

,+++ 




1:20 

— 

+ 

± 

+ 

— 

— 

— 

'+++ 




1:50 

• 



. 


. 

. 

+ 


3 

1:500 + ! 

1 :10 

+ 

+ 

+ 

+ 

_ 

— 

± 

+++ 




1:20 


± 

dt 

± 

— 

— 

— 

f++ 




1:50 

1 . 

. i 

• 


. 


. 

+ 

XVIII 

1 

1:5- 

1:10 

— 

— ■ 

+ 

— 

— 

— 

+ + 

— 




1 :20 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 


3 

1:500 + 

1:10 


— 

+ 

— 

— 

— 

+ 

— 




1 :20 

— 


± 

— 

— 

— 


— 

XIX 

1 

1:5 + 

1:10 

— 

± 

+ 

± 

— 

— 

+ + 

++ 




1:20 

_ 


± 

— 

— 

— 


++ 




1: 50 



. | 



. 


± 


3 

1 :2000 + + 

1:10 


+ ■ 



— 

— 

+ 

++ 




1 :20 

- 

1 — 

+ 

— 

— 

— 

± 

+ + 




1:50 








+ 

XXIV 

1 

1:5- 

1:10 

_ 1 

_ 

+ 

+± 

_ 

_ 1 

± 

+++ 




|l : 20 

— 

— I 

— 

± 

| - 

— 

— 

++ + 




1:50 

• 

• i 

. 


. 

. 


++ 


3 

t\0 

8 

+ 

+ 

1 : 10 


i 

± 

+ + 

— 

— 

+ 

++ + 




1:20 

— 


— 

+ 

— 

— 

— 1 

++ 




1:50 

' 

• 




. 

• 

+ 

XXV 

1 

1:5 + 

1 : 10 

! + 

+± 

± 

+ 

+ + + 

+ + + 

± 

+++ 




1:20 

+ 


— 

± 

+ + + 

+ + + 

+ 

+++ 




1 :50 




1 . , 

+ + 

+ + + 


zb 




1 :100 

. 

. 

, | 

, 1 

+ 

+ 

, 





ll : 200 




. 

— 

+ 

• 

. 


3 i 

1:100 + 

1:10 

+ 

+ 

± 

+ 

+ + + 

+ + + 

± 

+++ 




1 : 20 

± 

+ 


+ 

+ + + 

' + + + 


+± 




1:50 


i • 1 



+ + 

+ + + 

. 

— 




1 : 100 

. 

• 

. 


+ 

+ 






1 :200 

1 . ! 

i • 

• 


— 


. 

. 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF ILLINOIS AT 
URBANA-CHAMPAIGN 



Bezieh ungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 473 


Tabelle IX (Fortsetzung). 


Kaninchen 

Entnahme || 

Titer fiir 

ox 19 

Verdiinnung 

z, 

Proteus 

Landsteiner 

Coli 32 j 

O 

3 

Micro 

melit 

1 

coccus 

crisis 

2 

Dyse 

ooM 

3 

Flexner 

5> 

XXVI 

1 

1:5 — 

1:10 

+ ± 

+ 

+ 

+ + 

zk 

_ 

+ + 

+++ 




1:20 


— 

± 

+ 

— 

— 


+++ 




1:50 

— 

, 

. 

. 

. 

. 

— 

++ 




1:100 

. 

. 

. 

. 


. 

. 



3 

1:500+ + 

1:10 

+ ± 

+ 

+ 

-Hi 

± 

— 

+ + 

+++ 




1:20 


— 

dt 


— 

— 

+ ± 

+++ 




1:50 

— 

. 

• 

. 

• 

. 

— 

+± 




1:100 

. 

• 

• 

. 



• 


XXVII 

1 

1:5 — 

1:10 

+ + 

— 

+ 

± 

— 

— 

+ + 

+++ 




1:20 

+ 

— 


— 

— 

— 

± 

++ 




1:50 

— 

• 

. 

. 


• 

. 

— 


3 

1 :200 +± 

1:10 

+ + 

— 

+ 


± 

— 

+ 

+++ 




1:20 


— 

± 

— 

— 

— 

± 

+ 




1:50 

— 

. 


. 


• 


— 


perimentellen Widerlegung dieser Ansichten durch Felix 
fanden sich neuerdings in der zusammenfassenden Mitteilung 
von Rocha-Lima die alten Angaben, die ein Autor kritik- 
los vom anderen iibernommen hatte. DaB Rocha-Lima 
die Arbeiten, auf Grund deren er sich berechtigt fiihlte, die 
X-Stamme unter die bekannten „fleckfieberspezifischen u Mikro- 
organismen einzureihen, gar nicht kannte, und das Material, 
aus dem er seine Schliisse zog, hochst einseitig verarbeitet 
hat, hat Weil gezeigt, der an Hand der Arbeiten der 
betreffenden Autoren nachwies, daB die von ihnen beschrie- 
benen Mikroorganismen eine spezifische Reaktion mit Fleck- 
fieber nicht gegeben hatten. Da wir von der Annahme aus- 
gingen, daB schwere Erkrankungen iiberhaupt, zu denen auch 
das Fleckfieber gehort, zu einer erhohten Agglutinationskraft 
des Blutserums gegeniiber an sich leicht agglutinablen Mikro¬ 
organismen fiihren, so schien es uns von Wichtigkeit, zu 
untersuchen, wie sich in dieser Hinsicht die fleckfieberinfizierten 
Kaninchen verhielten, bei denen eine merkliche Erkrankung, 
wie alle Autoren angeben, nicht zu konstatieren ist. Diese 
Frage wurde sehr genau gepriift und die Resultate sind in 
den Tabellen VIII bis X mitgeteilt. 

ZeiUchr. f. Immunity taforschuns. Orifr. Bd. 31. 32 


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URBANA-CHAMPAIGN 



474 


E. Weil und A. Felix, 


Tabelle X. 

Polyagglutination. 

Serum LIll, bis LXU a = dritte Entnahmen von Kaninchen etwa 
14 Tage nach Infektion mit Virus I. 

Serum LXVI a bis LXXIIl a = dritte Entnahmen von Kaninchen 
etwa 14 Tage nach Infektion mit Virus II. 

Serum LIII, bis LXXI, = erste Entnahmen von Kaninchen vor der 
Infektion. 


Aggluti¬ 
nation mit 
Stamm 

Verdiinnung 

Kaninchenserum (III. Entnahme) 

«e 

i-H 

a 

a 

00 

t—1 

> 

-3° 

i—i 
t-t 

> 

i-3 

LXXXVI a 

M 
k—i 

X 

1 J 

-T 

> 

X 

i-3 

03 

k—H 
l-H 
> 

X 

00 

K 

M 

M 

.4 

x" 

X 

y 

LXXUI, 

ox 18 

Titer 

1:200 

1:500 

1:500 

^1:500 

1:5000 

1:1000 

1:500 

1:500 

i 

1:1000 

1:500 



+ + 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ + 

+ 

+ + 

+ 

Paratv A 

1:10 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


1:20 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Paraty B 

1:10 

1:20 

± 

± 

± 

+ 

+ 

+ 

± 

± 

+ 

± 

Pvocya- 

1:10 

_ 

_ 

+ + 

+ 

+ 

+ + + 

_ 

— 

+ + 

+ + 

neus Z, 

1:20 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + + 

— 

— 

— 

— 


1:50 

• 

• 

• 

• 

• 

+ 


• 

• 

• 

Dvsenterie 

'1:20 

+ + + 

— 

— 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + 

flexner 

1 : 50 

+ + 

— 

— 

+ + 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + i 

— 


|l : 100 

— 

— 

— 

+ 

— 

+ + 

+ 

+ + 

+ + 

— 



Kaninchenserum (I. Entnahme) 






»— r 
> 









►—< 



x 

XI 

►— T 

k-H 

•— r 
> 

> 

tf 

X 




k—t 



X 

X 

X 

X 

X 

X 








y 

-3 

+1 

^ 1 



Dvsenterie 

1:20 

+ + + 



+++ 

+++ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 


Flexner 

1 :50 

+ + 



++ 

++ 

+ + + 

, + + + 

+ + + 

+++ 



1:100 

— 



+ 


+ + 

+ 

+ + 

++ 


Pyocya- 

1:10 

. 



. 

. 

+ + + 

. 

. 

• 


neus Z, 

1:20 

. 



. 

• 

+ + + 

. 

. 

. 



1:50 

. 



. 

. 

+ 

• 

• 

• 


OX, fl 

Titer 

1:5 + 



1:5 — 

1:5 + 

1:5 + 

1:5 + 

1:5 — 

1:5 + 



Die vorangehend wiedergegebenen Versuche sind in der 
VVeise ausgefuhrt, daC die verschiedenen Mikroorganismen zum 
Teil vor und nach der Infektion, zum Teil nur nach der In¬ 
fektion mit mehreren positiven Kaninchenseren gepriift wurden. 


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URBANA-CHAMPAIGN 





Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 475 


Folgende Mikroorganismen wurden untersucht: Z 1, der von 
Kreuscher und Neukirch beschriebene Pyocyaneus, der 
mit Fleckfieberserum eine spezifische Agglutination geben soli; 
Proteus Landsteiner, ein gewohnlicher Proteusstamm der 
Gruppe III, der in vielen unserer friiheren Versuchen ver- 
wendet wurde; 2 Colist&mme, die nach mehrfachen Angaben 
mit Fleckfieber reagieren sollen; 2 StSmme vom Micrococcus 
melitensis, welclie bekanntlich nach den Angaben von Nicolle 
vom Fleckfieberserum agglutiniert werden sollen, und Dysen- 
terie Shiga und Flexner, deren Reagierbarkeit mit Fleckfieber¬ 
serum insbesonders von Dienes und Prau Bnitz angegeben 
wurde. Da ganz entgegen unseren reichlichen Erfahrungen 
von einzelnen Autoren behauptet wurde, daB Paratyphen 
manchmal X 19 in geringerein Grade agglutinieren, haben 
wir allerdings den umgekehrten Weg eingeschlagen und 
auch Paratyphus A und B gepriift. Das Resultat dieser 
Versuche laBt an Eindeutigkeit nichts zu wunschen iibrig. 
Bei keinem der hier untersuchten Mikroorganismen ist das 
Auftreten einer positiven Agglutination bei den Tieren, 
welche vor der Infektion negativ reagiert hatten, oder eine 
Titersteigerung bei jenen, bei welchen eine Norinalreaktion 
bestanden hatte, zu konstatieren. Alle diese Keime verhalten 
sich ebenso wie X2 und Typhus. Die Infektion der 
Kaninchen mit Fleckfieber virus filhrt nur zu 
einer isolierten Reaktion mit X19. 

Nachdem aus den bisherigen Feststellungen, wie wir 
glauben mit aller Sicherheit hervorgeht, daB das Antigen 
des Fleckfiebererregers die Agglutinine gegen X 19 erzeugt, 
und nachdem wir wissen, daB die Entstehung der Agglutinine 
mit der Lebenstatigkeit der Mikroorganismen nichts zu tun 
hat, so war zu erwarten, daB auch auf die Infektion des ab- 
getoteten Virus hin sich die Agglutinine bilden. Wir haben 
4 Tiere mit lebendem und totem Virus behandelt und die 
Abtotung durch 30 Minuten langes Erhitzen auf 58° vor- 
genommen (siehe Tabelle XI auf p. 476/77). 

Trotz viermaliger Behandlung hat das tote Virus bei 
keinem der Tiere Agglutinine erzeugt, wahrend die zweimal 
mit lebendem Virus injizierten Kaninchen ausnahmslos posi- 
tiv reagieren. Diese iiberraschende Tatsache wird verstSnd- 

32* 


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Tabelle XI. 

Vorbehandlung mit lebendem und totem Virus. (Virus I.) 


476 


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E. Weil und A. Felix, 


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XVI 

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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 477 


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478 


E. Weil und A. Felix, 


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lich nach folgender Erw&gung. Wenn man von der Annahme 
ausgeht, daB die Fiebeftemperatur des Meerschweinchens, das 
wesentlichste Symptom der stattgehabten Infektion durch das 
sich vermehrende Virus zustande kommt, so wird die mehr- 
tagige Inkubation nur dadurch erkl&rlich, daB der Erreger 
in dem Ausgaugsmaterial der Infektion, auch bei Verwendung 
noch so groBer Mengen des Gehirns nur in sehr geringer 
Quantitdt vorhanden ist und sich langsam vermehrt, da die 
zur Fiebererzeugung notige Menge erst nach mehreren Tagen 
erzielt wird. Bleibt, wie dies beim Virus der Fall ist, die 
Vermehrung aus, so ist die Virusmenge zu gering, urn Agglu- 
tinine zu bilden. Einen Hinweis auf die Richtigkeit dieser 
Vorstellung bietet das spate Auftreten der Agglutinine bei 
den infizierten Kaninchen. Die zeitlichen Bedingungen der 
Antikorperentstehung, auf die wir hier nicht geuauer eingehen 
wollen, sind sehr exakt studiert, und die diesbezuglichen Ar- 
beiten lehren, daB nach Einverleibung des Antigens am 3. 
bis 4. Tage die Antikorper mit geringem Titer auftreten, 
einen raschen Anstieg bis zum Hohepunkt zeigen, der meist 
nach einer Woche erreicht ist. Wir sehen aber aus den 
vorangehenden Versuchen, daB die Agglutinine gegen X 19 
nach der Injektion des Virus am 8. bis 10. Tage sich erst 
zu bilden beginnen. Wir befinden uns nun in der giinstigen 
Lage, das Entstehen der Agglutinine gegen X 19 und das 
der heterogenetischen Hamolysine gleichzeitig beobachten zu 
konnen und teilen anbei eine Reihe solcher Versuche mit 
(siehe Tabelle XII und XIII). 

Daraus geht klar hervor, daB die Hammelbluthamolysiue 
am 8. Tage, zu einer Zeit, in welcher die Agglutinine gegen 
X 19 meist noch negativ sind, oder erst mit niedrigem Titer 
in Erscheinung treten, bereits den Hohepunkt erreicht haben, 
und daB zu dem Zeitpunkt, in welchem die X 19-Agglutinine 
auf der Hohe sind, der Hamolysintiter bereits zuriickgeht. 
Diese zeitliche Differenz kann nur damit erkl&rt werden, daB 
das Antigen, welches zur Ausbildung der X 19 Agglutinine 
fiihrt, langerer Zeit bedarf, um jene Menge zu erreichen, welche 
den fur die Agglutininbildung hinreichenden Reiz liefert. Dies 
ist nur durch die Vermehrung der unter der Reizschwelle 
liegenden Antigenquantit&t moglich. Als weiterer Beweis fur 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 


479 


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480 


E. Weil und A. Felix, 


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Tabelle XHI. 

Differenz im zeitlichen Auftreten der X Ifl -Agglutinine und 
der Ham melbluthamolysine. 

Rubrik 1 = I. Blutentnahme (vor der Infektion). 

Rubrik 2 = II. „ (am 7. Tage nach der Infektion). 

Rubrik 3 = HI. „ ( „ 14. „ „ „ „ ). 




Infektion mit Virus I (siehe Tabelle XI) 
















Serum 


XVI 


XVII 


XVIII 


XIX 



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XXV 

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die Richtigkeit dieser Ansicht kann der Versuch (Tab. XVIII) 
gelten, in welchem die Infektion der Kaninchen mit 0,1 Oese 
der lebenden X 19-Kultur vorgenoramen wurde. In diesem 
Falle, wo die geniigende Antigenmenge bereits bei der In¬ 
fektion vorhanden war, sind die Agglutinine bereits am 6. Tage 
im vollen Mafie ausgebildet. 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 481 






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482 


E. Weil und A. Felix 


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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 483 


Wir besitzen aber auBer der Abtotung noch ein anderes 
Mittel, urn die Vermehrung des Virus im Organismus hintan- 
zuhalten und das ist die Immunisierung des Tieres. Nachdem 
wir wissen, daB beim Meerschweinchen nach der Fleckfieber- 
infektion Immunitat eintritt, welche wahrscheinlich dadurch be- 
dingt ist, daB das Virus beim immunen Tiere eine starkere Ver- 
mehrung nicht erf&hrt, so war zu erwarten, daB auch Kaninchen, 
nachdem die Infektion abgelaufen ist, sich einer neuerlicen 
Infektion gegeniiber refraktar verhalten. Ist nun die Immuni¬ 
tat mit einer Sistierung der Vermehrung verbunden, so war 
es wahrscheinlich, daB nach der Neuinfektion eine neuerliche 
Agglutininbildung unterbleibt. Allerdings muB diese Voraus- 
sage nicht zutreffen. Bekanntlich tritt bei spezifisch vorbe- 
handelten Tieren nach Zufuhr so geringer Antigenmengen, 
welche bei normalen Tieren keine spezifische Reaktion er- 
zeugen, eine neuerliche Antikbrperbildung ein, und es ware 
moglich, daB auch bei den fleckfieberinfizierten Kaninchen in- 
folge ihrer spezifischen Einstellung die Virusmenge der neuer- 
lichen Infektion, auch wenn eine wesentliche Vermehrung nicht 
erfolgt, hinreicht, urn neuerlich Antikorper auszulbsen. Wir 
gingen bei diesem Versuche in folgender Weise vor: Vom Zeit- 
punkt des Hochsttiters dauerte es ungefahr 4 bis 6 Wochen, bis 
es zu einem starken Absinken der Agglutination gekommen 
war. Ein vollkommener Schwund der Agglutinine kommt 
selbst nach langer Zeit nicht zustande, da ein Agglutininrest 
im Serum hartnackig bestehen bleibt (wie beim Menschen). 
Um diese Zeit wurde dann die Neuinfektion vorgenommen 
und die Agglutination in der gewohnlichen Weise geprlift. 
(Siehe Tabelle XIV und XV auf p. 481 und 482.) 

Wir sehen, daB von den 9 Tieren des einen Versuches 
bei keinem einzigen die Agglutinine wieder aufgetreten sind, 
obwohl eine 3 bis 4malige Infektion mit einer massiven Dosis 
vorgenommen wurde. Das Resultat andert sich auch nicht, 
wenn die erste und zweite Infektion mit verschiedenen Virus- 
stammen erfolgt ist. 

DaB der Wiederanstieg der Antikorper nur gegen X 19 
unterbleibt, nicht aber gegen die heterogenetischen Hamo- 
lysine, zeigt der beifolgende Versuch (Tabelle XVI). 


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484 


E. Weil und A. Felix, 


Tabelle XVI. 

Hamolyse vor und nach der Reinfektion. 

A = Letzte Blutentnahme vor der Neuinfektion | g rp a ^ ^jy u Tab XV 
B = Erete Blutentnahme nach der Neuinfektion J 



Kanin- 

chen- 

serum 

VII 

VIII 

IX 

X 

XI 

XII 

XIV 

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Die H&molysine erfuhren ausnahmslos durch die neuer- 
liche Behandlung einen abermaligen Anstieg, der manchmal 
das zehnfache des Titers iiberstieg. 

Von Interesse war die Frage, wie sich die mit dem toten 
Virus vorbehandelten Tiere, bei welchen es zu einer Agglu- 
tininbildung nicht gekommen war, verhalten, denn wir wissen, 
daB sich Meerschweinchen durch Vorbehandeln rait totem 
Virus nicht immunisieren lassen, und auch fur den Menschen 
liegen gleichlautende Angaben vor. 

Bei alien Tieren rief die Infektion Agglutininbildung 
hervor, woraus geschlossen werden kann, daB die Vorbehand- 
lung rait dem abgetoteten Erreger eine Iraraunitat nicht er- 
zeugt hat (siehe Tabelle XVII auf p. 485). 

Ganz anders aber war das Resultat, wenn die Infektion 
der immuuisierten Ivaninchen mit der Kultur von X 19 vor- 
genommen wurde (siehe Tabelle XVIII auf p. 486). 


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U RBANA-CH AMPAIGN 



(Vgl. zweite Halfte von Tab. XI.) 


Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 485 


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URBANA-CHAMPAIGN 


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Kaninchen XII und XIII mit HX_, und OX iramer bei 1:10 +-f 

Weltm'annsche lieaktion stets negativ. 


486 


E. Weil und A. Felix, 


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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 487 


Dann trat, wie der vorangehende Versuch zeigt, bei den 
vorbehandelten Tieren ebenso wie bei den Norraaltieren Ag¬ 
glutination auf. Zwei Momente konuen den Unterschied 
gegenflber der Infektion mit dem Virus bedingen: entweder 
ist die in 0,01 Oese injizierte Antigenmenge hinreiciiend, 
um an sich — auch ohne Vermehrung — Antikorper zu 
erzeugen, oder es kommt nach Vorbehandlung mit dem 
lebenden Virus nicht zur Immunitat gegentiber der Kultur 
von X 19. 

Den umgekehrten Weg, nach der Vorbehandlung mit 
X 19 die Infektion mit dem Virus vorzunehmen, konnten wir 
deshalb nicht einschlagen, weil selbst mehrere Monate nach 
der letzten Injektion der Titer noch so hoch war, daB ein 
Ansteigen nach der Infektion mit dem Virus nicht deutlich 
in Erscheinung getreten ware. 

Das konstante Auftreten der Agglutination bei infizierten 
Kaninchen auch nach einer einmaligen subkutan oder intra- 
peritonealen Infektion machte es wahrscheinlich, daB dieses 
Tier nicht die geringe Empfindlichkeit gegen Fleckfieber besaB, 
wie allgemein angenoramen wurde. Da die Infektion in un- 
seren Versuchen immerhin mit einer ziemlich hohen Dosis 
vorgenommen wurde, und da, wie wir auf Grund mehrfacher 
Angaben wissen (Landsteiner u. a.), Meerschweinchen auch 
auf die Infektion von 0,001 Gehirnmasse die Fieberreaktion 
zeigen, so haben wir auch Kaninchen mit abgestuften Virus- 
mengen, und zwar mit 0,5, 0,05 und 0,001 Gehirn infiziert 
und gleichzeitig zur Kontrolle Meerschweinchen mit den- 
selben Virusmengen behandelt (siehe Tabelle XIX auf 
p. 488). 

W&hrend mit 0,5 und 0,05 alle drei Kaninchen Agglutinin 
bildeten, ist bei einem der drei mit 0,001 infizierten Kanin¬ 
chen die Agglutination ausgeblieben. Dies war der erste Ver- 
sager bei alien unseren bisherigen Versuchen. Trotzdem ist 
aber selbst bei dieser geringen Infektionsmenge die Reaktion 
bei zwei Tieren positiv, was immerhin auf eine nicht geringe 
Empfindlichkeit des Kaninchens hinweist, wenn dieselbe auch 
nicht in so hohem MaBe vorhanden ist, wie beim Meer¬ 
schweinchen. 


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488 


E. Weil und A. Felix 




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Kontroll-Meerschweinchen, 
Infektion intraperitoneal 


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Infektion mit abfallenden Virusmengen. 
Virus II. 



Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 489 


Die Feststellung der betrfichtlichen EmpfSnglichkeit des 
Kaninchens versetzte uns in die Lage, einige theoretisch und 
praktisch wichtige Fragen der Fleckfieberinfektion zu be- 
arbeiten, resp. deren Resultate durch die Kanincheninfektion 
zu kontrollieren. Bekanntlich herrschte bis in die jiingste 
Zeit keine Klarheit dariiber, ob das Virus bereits vor Beginn 
des Fiebers im Organismus nachweisbar ist und ob es noch 
einige Zeit nach der Entfieberung im Korper verweilt. Die 
diesbezuglichen positiven Angaben von Nicolle und Con- 
seil, von Goldberger und Anderson sowie von Pro- 
wazek haben kein so klares Resultat ergeben, daB sie als 
Beweis gelten konnten. Dahingegen liegen folgende Angaben 
von Do err und Pick vor: „Das Virus erscheint im Blut und 
in alien Organen (Gehirn, Milz, Nebenniere, Leber, Knochen- 
mark) der infizierten Meerschweinchen schon in der Inkubation 
(am 2. bis 4. Tage nach der Infektion) und bleibt bis zur 
Deferveszenz nachweisbar." Diese Feststellung wurde durch 
Uebertragung auf Meerschweinchen gemacht. Es war nun von 
Interesse, zu priifen, ob die Empfindlichkeit des Kaninchens 
eine so groBe ist, um nach der Infektion mit der vor der 
Fieberbewegung auftretenden, offenbar geringen Virusmenge 
mit Agglutininbildung zu reagieren. Wir haben auch in 
diesen Versuchen die Infektion nur mit der Gehirnemulsion 
vorgenommen, was nach den Angaben von D o e r r und 
Pick, daB die Organe friiher infektios sein konnen als 
das Blut, gerechtfertigt erschien. Um das etwaige Vor- 
handensein des Virus vor dera Fieberbeginn nachzuweisen, 
wurden je drei Serien von Kaninchen und Meerschweinchen 
(zur Kontrolle) mit der Gehirnemulsion von infizierten 
Meerschweinchen behandelt, welche nach 3-, 4- und 5mal 
24 Stunden nach der Infektion getotet wurden. Keines 
dieser Tiere wies noch die geringste Temperatursteigerung 
auf. Diese tritt bei der von uns gew&hlten Infektionsart 
frtihestens nach 6mal 24 Stunden auf, so daB die Meer¬ 
schweinchen, welche zur Infektion der letzten Tierserie 
benutzt wurden, sich noch mindestens 24 Stunden vor 
Ausbruch des Fiebers befunden hatten (siehe Tabelle XX 
und XXI). 

ZeiUchr. f. ImmuniliiUforschung. Orlg. Bd. 31. 33 


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490 


E. Weil und A. Felix, 


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Tabelle XXI. 

Infektioeitat des Meersch weinchenhirns im I n k u ba tio n ss t ad i u m (vor Auftreten des Fiebers). 

Virus 11. 


Beziehungen der Fleckfieberagglutination zura Fleckfiebererreger. 491 


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XLIV 

XLV 

XLVI 


XLV1I 

XLV11I 

XLIX 

je 0,8 Gehirn 
von Meersch w. 234, 
236 und 237 
3mal 24 Stunden 
nach ihrer intra- 
peritonealen Infekt. 
mit 0,1 Gehirn 


je 0,8 Gehirn 
von Meerschw. 235, 
238 und 241 
4mal 24 Stunden 
nach ihrer intra- 
peritonealen Infekt. 
mit 0,1 Gehirn 


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URBANA-CHAMPAIGN 



492 


E. Weil und A. Felix, 


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Wir ersehen aus den beiden im Prinzip iibereinstimmenden 
Versuchen, daB bereits 3mal 24 Stunden nach der Infektion 
das Virus im Gehirne nachweisbar war; dabei zeigte sich, daB 
bei einem der mit Virus II infizierten Kaninchen die Agglu- 
tinine fehlten, was wiederum auf die geringe Virusmenge 
einerseits und auf die hohere Empfindlichkeit des Meer- 
schweinchens andererseits hinweist. Nach 4mal und 5mal 
24 Stunden ist bei keinem Kaninchen die Agglutininbildung 
ausgeblieben. Die parallel infizierten Meerschweinchen zeigen 
ausnahmslos die typischen Fiebertemperaturen, was mit den 
Angaben von Do err und Pick ubereinstimmt. Auch die 
Erscheinung, auf die Doerr und Pick hinweisen, „dafi die 
Inkubation bei Organen aus der ersten HSlfte der Inkubations- 
periode weit l&ngere Inkubationszeiten aufweist als sonst u , 
geht aus unseren Versuchen klar hervor, da diejenigen Meer¬ 
schweinchen eine urn 2 bis 4 Tage hinausgeschobene Inkubation 
zeigen, welche mit dein Gehirn der Tiere infiziert waren, 
welche 3mal 24 Stunden nach der Infektion getotet wurden. 
Diese Tatsache wird verstandlich, wenn man die natiirliche 
Annahme macht, daB eine geringere Virusmenge eine ver- 
lSngerte Inkubation zur Folge hat. 

Nicht ganz einwandfrei liefi sich die Frage losen, bis zu 
welcher Zeit nach der Entfieberung das Virus im Gehirne 
bleibt, da der sichere Zeitpunkt nach der Entfieberung nicht 
mit Bestimmtheit festzustellen ist, denn gegen das Ende der 
Fieberperiode kommt es ofters zu einem Absinken zur Norm 
und zu einem neuerlichen Anstieg zu einer 1- bis 2-tBgigen 
Temperaturerhohung. Deshalb sind die Angaben in der bei- 
folgenden Tabelle ungenau (siehe Tabelle XXII). 

Aber wir ersehen doch daraus, daB 24 und 48 Stunden 
nach der sicheren Entfieberung das Virus noch in solcher 
Menge vorhanden war, daB es bei alien Kaninchen Agglutinine 
bildete, und daB selbst nach ca. Tagen noch der Nachweis 
gelang, da auch nach dieser Zeit noch bei einem Tiere Agglu¬ 
tinine auftraten. Die Meerschweinchen aber wiesen, ent- 
sprechend ihrer hohereu Empfindlichkeit, zu alien Zeitpunkten 
nach dem Verschwinden des Fiebers ohne Ausnahme Tem- 
peratursteigerung auf. 



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Tabelle XXII. 

Infektiositat des MeerschweinchenhirnB nach der Entfieberung. 

Virus I. 


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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 493 


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No.157 6Tge lOTge 
„ 159 7 „ 9 „ 


je 0,2 Gehirn von 
M. 129 und 132 
Meer- Inkuba- Fie- 
schw. tion ber 
No. 160 8Tge 8Tge 
„ 161 9 „ 7 „ 

1:50 
+ + 
1:20 
+ + 
1:100 
+ 


1:10 

1:20 

+ 

1:10 

1:50 

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1:50 
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1:100 
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494 


E. Weil und A. Felix, 


Die Untersuchung einer praktisch wichtigen Frage schien 
uns noch notig, und zwar die Erapfindlichkeit des Virus gegen- 
uber auBeren Einflussen. Wenn auch die Resultate der meisten 
Autoren darin iibereinstimmen, daB die mehrtagige Auf- 
bewahrung das Virus vernichtet, so lauten dock die Angaben 
bezflglich der genaueren Zeitdauer verschieden. Es hat den 
Anschein, als ob das Virus in den Organen eine wesentlich 
st&rkere Widerstandsfahigkeit aufweisen wiirde als in der 
Laus. Denn nach der Angabe von Landsteiner sind die 
Organe noch nach 6 Tagen virulent, wahrend das Lausevirus 
nach Rocha-Liraa und Doerr und Pick bereits nach 24 bis 
48 Stunden unwirksam wird. Wir selbst haben nach dieser 
Richtung nur einen Versuch angestellt (siehe Tabelle XXIII). 


Tabelle XXIII. 


Infektiositat des Meerschweinchenhirns nach 
Aufbewahrung in vitro bei +12° C. 

Virus II. 


Agglutination mit 


Infektion 

Kanin- 

hx 19 


OX 19 


Ty 1 



chen 

vor 

nachd.lnf. a. 

vor 

nachd.lnf. a. 

vor 

nachd.lnf. a. 














Inf. 

8 .Tag 15.Tag 

Inf. i 8 .Tag 

15.Tag 

Inf. 

8 -Tag 

15.Tag 

je 0,5 Gehirn von 

LXXV 

1:5 

1:5 

1 :50 

1:5 

1:5 

1 :100 

1:100 

1:100 

1:100 

denselben Meer¬ 
schweinchen, die 




+ 

+ 

+ 

+ 

+ ± 

+ 

+ 

zum Vereuch Ta- 

LXXVI 

1:5 

1:5 

1:5 

1:5 

1:5 

1:5 

1:10 

1 :10 

1:10 

belle XIX dienten, 


— 

— 

— 

— 

— 


+ 

— 

— 

nach Aufbewah- 











rung bei + 12 u C 

LXXVII 

1:5 

1:5 

1:10 

1:5 

1:5 

1:20 

1:20 

1:10 

1:10 

durch 48 Std. 


— 

— 

+ + 

— 

— 

+ + 

+ 

+ + 

— 


Kontroll-Meer- 
schweinchen, 
Infektion intra- 
peritoneal mit 


0,2 Gehirn nach 
48 Std. bei + 12 °C 


Meer- Inku- Fie- 
schw. bation ber 
No. 268 7Tg. 8 Tg. 


Kan. LXXVII immer mit HX, und OX 2 bei 1:10 +; die beiden 
anderen bei 1:10 —. 


Weltmannsche Reaktion stets negativ. 


Wir entnehmen diesem Versuche, daB nach 48 Stunden 
langer Aufbewahrung sowohl beim Meerschweinchen als auch 
beim Kaninchen ein positiver Erfolg zu erzielen war. Wenn 
man aber bedenkt, daB trotz der groBen Infektionsdosis von 
0,5 Gehirn bei einem Kaninchen die Agglutininbildung aus- 
geblieben ist, so muB es schon nach dieser kurzen Zeit zu 
einem starken Verlust der Infektionskraft gekommen sein, so 


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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 495 


daB auch aus unseren Versuchen die Labilitat der Virulenz 
gegeniiber SuBeren Einfliissen hervorgeht. 

Wir haben noch jene Tiere der vorangehend mitgeteilten 
Versuche, bei welchen es trotz der Infektion zu einer Bildung 
von Agglutininen nicht gekommen ist, einer Nachinfektion 
unterzogen, um zu entsclieiden, ob die erste Infektion nicht 
gehaftet hat, Oder ob n u r die Agglutininbildung unterblieben 
ist. Im ersteren Falle wiirde die Neuinfektion zur Agglutinin¬ 
bildung fuhren, im letzteren Falle wiirde sie ausbleiben. Fiir 
diesen Versuch kamen die Kaninchen XLVI, LXXXI, LXXXIII 
in Betracht. (Kaninchen LXXVI ist an Pleuritis gestorben.) 


Tabelle XXIV. 


Nachinfektion von Kaninchen, die nach der ersten Infektion 
keine Agglutinine gebildet haben. 


Ver- 

diinnung 


Kaninchen XLVI 
(siehe Tabelle XXI). 
Infiziert mit 0,6 
Gehirn von 
Meerschw. 164 
(Virus I) 


Kaninchen LXXXI 
(siehe Tabelle XXII). 
Infiziert mit 0,5 
Gehirn von 
Meerschw. 274 
(Virus II) 


Kaninchen LXXXIII 
(siehe Tabelle XXII). 
Infiziert mit 0,5 
Gehirn von 
Meerschw. 274 
(Virus II) 


Blutentnahme am 15. Tage nach der Infektion 



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+ + 

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1:100 

— 

— 

• 

+ 

++ 

• 


— 

• 


Wir sehen jetzt ein Auftreten der Agglutinine bei alien 
Tieren. Dies weist darauf hin, daB entsprechend unserer 
Annahme die erste Infektion infolge der zu geringen Virus- 
menge erfolglos geblieben ist. Es hat nach diesem Versuche 
den Anschein, als ob ebenso wie beim Menschen auch beim 
Kaninchen jede gelungene Infektion zur Bildung von Agglu¬ 
tininen gegeu X 19 fiihrt, denn die Erfahrungen beim Men¬ 
schen haben ergeben, daB die Reaktion bei einem sicheren 
Fleckfieber so gut wie niemals fehlt. 


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496 


E. Weil und A. Felix, 


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Wenn wir bei der zusammenfassenden Besprechung unserer 
experimentellen Ermittlungen das wesentlichste Ergebnis un¬ 
serer Versuche in den Vordergrund stellen, so besteht das- 
selbe darin, daB die beim Kaninchen auftretenden 
Agglutinine gegen X 19 einzig und allein den 
antigenen Funktionen des FIeckfiebererregers 
ihre Entstehung verdanken. Dieses Resultat scheint 
uns so sicher, daB wir auf eine Diskussion aller jener Theorien, 
welche die Fleckfieberagglutination nicht in einen direkten 
Zusainmenhang mit dem Fleckfiebererreger bringen, hier ver- 
zichten k5nnen; wir wollen jedoch nicht unerwShnt lassen, 
daB nlle diese Theorien, die meist spekulativer Natur, Oder 
auf einer unrichtigen oder einseitigen experimentellen Basis 
aufgebaut sind, auch ohne unsere jetzigen Befunde leicht zu 
widerlegen sind, worauf wir jedoch erst bei der Wiedergabe 
unseres gesamten experimentellen Materials naher eingehen 
wollen. Die Spezifit&t der Reaktion stellt sich beim Kaninchen 
in einer Reinheit dar, wie es beim Fleckfieber des Menschen 
nicht der Fall ist, und was damit zusammenhangt, daB im 
letzteren Falle der Fleckfiebererreger eine schwere Erkrankung 
hervorruft, die zu schwersten StSrungen des Stoffwechsels 
ftihrt, pathologische Verfinderungen in den meisten Organen 
erzeugt, und das Blut in hohem MaBe chemisch und physi- 
kalisch alteriert. Insbesondere der letztere Umstand hat zur 
Folge, daB die biologisch wirksamen Stoffe des Blutserums 
charakteristische Verfinderungen zeigen, die wir auch von 
anderen Infektionskrankheiten, insbesondere der frischen Lues, 
kennen, und die als unspezifische Begleiterscheinungen neben 
vorhandenen spezifischen Reaktionen auftreten. So sehen wir 
beim Fleckfieber jene Globulinreaktionen, die bei der Lues 
eine so groBe Bedeutung erlangt und in einen irrtiimlichen 
Zusammenhang mit der Wassermannschen Reaktion ge- 
bracht wurden, auftreten, ja sogar eine voriibergehende 
Wassermannsche Reaktion wurde von einigen Autoren be- 
schrieben und als differentialdiagnostisches Merkmal gegen- 
iiber Abdominaltyphus angegeben. Damit diirften auch die in 
erhohtem MaBe auftretenden Normalagglutinine, sofern sie zu 
den Globulinen des Serums Beziehungen haben, verstfindlich 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 497 


sein (Polyagglutination). Beim Kaninchen aber verl&uft die 
Fleckfieberinfektion in einer Weise, die gar keinen Vergleich 
mit der Infektion des Menschen zulaBt. Der Fleckfiebererreger 
ruft bei diesem Tier tiberhaupt keine Erkrankung hervor, 
und nur auf indirektem Wege ist es moglich, sich von der 
stattgehabten Infektion zu iiberzeugen. Es wird deshalb nicht 
wundernehmen, daB hier jene sekund&ren Veranderungen, die 
beim menschlichen Fleckfieber eine nicht unwesentliche Rolle 
spielen, vermiBt werden. So haben wir bei unseren positiven 
Kaninchenseren auch niemals eine positive Weltmannsche 
Reaktion gesehen. 

Ein ganz besonderes Augenmerk haben wir dem Auftreten 
von unspezifischen Agglutininen zugewendet und insbesondere 
jene Mikroorganismen beriicksichtigt, deren Agglutinabilitat in 
einen Zusammenhang mit der X 19-Agglutination gebracht 
wurde. Wir konnen jene Mikroorganismen in zwei Gruppen 
teilen, in solche, die vom normalen Kaninchenserum entweder 
gar nicht Oder nur in geringem MaBe agglutiniert werden, 
und in solche, gegen welche Normalagglutinine in stSxkerem 
MaBe ausgebildet sind. Wir konnten bei keiner der beiden 
Gruppen agglutinatorische Veranderungen konstatieren, welche 
von der Fleckfieberinfektion herrlihren konnten. Fehlten die 
Agglutinine von vornherein, so traten sie im Verlaufe der 
Infektion niemals auf, waren sie vor der Infektion bereits 
vorhanden, so erfuhren sie nach derselben keine Veranderung. 
Insbesondere bei Typhus wurden diese Verh&ltnisse genau 
berQcksichtigt und bei keinem unserer zahlreichen Tiere 
auBer acht gelassen. Ausnahmslos wiesen alle Tiere eine 
ganz auBerordentliche Persistenz in ihrem Gehalt an Normal- 
agglutininen auf, und wir haben nie einen Fall beobachten 
konnen, wo eine negative Reaktion nach der Fleckfieber¬ 
infektion positiv geworden wkre. Selbst wenn bei den von 
vornherein positiv reagierenden Tieren geringgradige Titer- 
schwankungen auftreten sollten, so mflBte die Ursache zu- 
nachst in der Methodik gesucht werden, da Schwankungen 
in der Agglutinabilitat von den unzweckmaBig hergestellten 
Nahrboden, wie es jetzt haufig der Fall ist, stammen kdnnen. 
Urn alle Eventualitaten zu erwahnen, sei noch darauf hin- 


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498 


E. Weil und A. Felix, 


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gewiesen, daB moglicherweise bei ganz jungen Kaninchen, 
bei welchen sich erst die Normalagglutinine bilden, ein 
Auftreten mit dem Zeitpunkt der Infektion zusammenfallen 
und zu T&uschungen AnlaB geben konnte. Wir haben 
aber auch das niemals gesehen. Wir benutzten jedoch 
in der Mehrzahl der Versuche 1500 bis 1800 g schwere, 
ca. 6 Monate alte Tiere, die sich in jeder Hinsicht am 
besten eignen. 

Auffallend ist, daB wir niemals mit X 2 eine positive 
Reaktion konstatieren konnten, die beim menschlichen Fleck- 
fieber in einem hohen Prozentsatz der F&lle auftritt und die 
durch eine Rezeptorengemeinschaft des X 19 mit X 2 bedingt 
ist. Die anfangs ganz unklare Stellung dieses Keimes, der 
serologisch scharf vom X 19 zu differenzieren ist, hat durch 
die Untersuchungen von Weil insofern eine Klarung erfahren, 
als mit groBer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daB X 2 
seine Abstammung direkt von X 19 im Sinne einer „Mutation“ 
ableitet, Es wiirde hier zu weit fiihren, auf die agglutina- 
torischen Beziehungen dieser beiden Stamme naher einzu- 
gehen. Wir wollen nur darauf hinweisen, daB auch bei an- 
deren Infektionskrankheiten Differenzen in der Antikorper- 
bildung bestehen, wenn man die naturliche Infektion mit der 
kiinstlichen Immunisierung vergleicht. So ist es, um nur ein 
Beispiel zu geben, wohlbekannt, daB bei der menschlichen 
Dysenterie, wenn sie durch den Shiga-Kruse-Stamm hervor- 
gerufen ist, meist auch hohe Mitagglutinine gegen die atoxischen 
Stamme entstehen, die bei der kiinstlichen Immunisierung 
von Kaninchen nicht auftreten. Auch hier spielen die mit 
der spezifischen Infektion einhergehenden Vorg&nge, die man 
bei der kiinstlichen Immunisierung nicht nachahmen kann, 
eine wesentliche Rolle. So konnen wir auch das Fehlen der 
X 2-Agglutinine beim fleckfieberinfizierten Kaninchen darauf 
zuriickfiihren, daB bei diesem Tiere die Erkrankung fehlt, und 
es sich um eine rein antigene Wirkung des Fleckfieber- 
erregers handelt, bei der auch die spezifischen Nebenreaktionen 
nicht in Erscheinung treten. Sicherlich spielt dabei auch die 
Titerdifferenz zwischen X 2 und X 19, die beim Menschen 
eine sehr groBe ist, w&hrend sich die X 19-Agglutinine beim 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 499 


Kaninchen auf einer miiBigen H5he bewegen, eine wesentliche 
Rolle. Aus alledem ersehen wir, daB die Agglutination 
gegen X19 die einzige nachweisbare Veranderung 
darstellt, die im Blutserum fleckfieberinfizierter 
Kaninchen auftritt. 

DaB trotz der Feststellung, daB nur das Fleckfiebervirus die 
Agglutinine X19 erzeugt, eineParagglutination vorliegen konne, 
ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Man miiBte an- 
nehnien, daB das Agglutinogen desFleckfiebererregers mit einem 
sekundaren Rezeptor des X19, den dieser im fleckfieberkranken 
Organismus erworben hat, identisch ist. Unsere Untersuchungen 
iiber den serologischen Bau der X-Stamme haben aber ergeben, 
daB gerade die fleckfieberspezifischen (O)-Rezeptoren des X 19 
seine spezifischen Eigenrezeptoren darstellen, so daB diese 
feststehende Tatsache schwer mit der Annahme vereinbar ist, 
daB ein quantitativ und qualitativ gleicher Teil dieser Re- 
zeptoren sekundar erworben und mit dem Agglutinogen des 
Fleckfiebererregers identisch sein sollte. Diese Vorstellung, 
die nur einer unnaturlichen Theorie zuliebe aufrecht erhalten 
werden konnte, scheint uns einer eingehenderen Diskussion 
nicht zu bediirfen. Daran Sndert auch niclits der Umstand, 
daB Otto den von uns beschriebenen Doppeltypus der Re- 
zeptoren der X-Stamme, der heute allgemein anerkannt ist, 
in miBverstandlicher Weise fiir seine Paragglutinationstheorie 
verwendet, die 0- und H-Rezeptoren als Ortho- und Para- 
rezeptoren bezeichnet, und daB in Nichtberiicksichtigung der 
von uns festgestellten Tatsachen von Bornstein eine Reihe 
von technisch zu beanstandenden Bindungsversuchen angestellt 
werden, welche die Paragglutinationstheorie von 0 tto schein- 
bar beweisen. Wenn man die Wandlungen, welche der Be- 
griff der Paragglutination seit seiner Entstehung und ur- 
spriinglichen Bedeutung durchgemacht hat, beriicksichtigt, und 
das experimentelle Material, das diesem Ph&nomen zugrunde 
liegt, einer theoretischen und experimentellen Untersuchung 
unterzieht, so koinmt man, wie aus den Untersuchungen von 
Breinl klar hervorgeht, zur Ueberzeugung, daB der Par- 
agglutination iiberhaupt eine Existenzberechtigung nicht zu- 
kommt. 


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500 


E. Weil und A. Felix, 


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Die Frage, auf welche Weise es zur Ausbildung der Ag- 
glutinine beim Kaninchen konimt, hangt innig zusammen mit 
dem Infektionsmechanismus des Fleckfiebererregers. Aus- 
gehend von der Tatsache, daB das abgetotete Virus Agglutinine 
gegen X 19 nicht erzeugt, obwohl die Agglutinogene in toten 
Mikroorganismen ebenso wirksam sind wie in lebenden, wSre 
es von Wichtigkeit, zu wissen, in welcher Menge das Virus 
im Ausgangsmateriale der Infektion, d. i. ira Meerschweinchen- 
gehirn, vorhanden ist, was wiederum von der Vermehrungs- 
intensitat des Virus im Meerschweinchen abhangt. Trotz der 
hohen Empfindlichkeit des Meerschweinchens flir das Virus 
erfahrt dasselbe doch nur eine langsame Vermehrung, denn 
die mehrtfigige Inkubation selbst bei groBter Menge des Aus- 
gangsmaterials kann nur damit erklart werden, daB das Virus 
langere Zeit braucht, um jene Virusmenge zu bilden, welche 
fiebererzeugend wirkt. Es fragt sich nur, ob das zum Hohe- 
punkt der Vermehrung gelangte Virus in ungeheuerer oder 
nur in geringer Quantitat im Organismus vorhanden ist. Das 
letztere scheint uns aus mehrfachen Griinden wahrscheinlich 
zu sein. Schon der Umstand, daB man groBer Gehirnmengen 
der auf dem Hbhepunkt der Infektion stehenden Meerschwein¬ 
chen bedarf, um das Virus erfolgreich zu ubertragen, scheint 
uns dafiir zu sprechen. Selbst wenn mit 0,001 Gehirn die In¬ 
fektion gelingt, braucht das ganze Gehirn nicht mehr als 
einige Tausende von Keimen zu beherbergen, was als eine 
ganz minimale Keiramenge angesehen werden muB. Auch die 
Tatsache, daB man bei mikroskopischer Untersuchung nur ver- 
einzelte Herde im Gehirn findet, die sicher durch den Er- 
reger hervorgerufen sind, deutet auf die geringe Keimzahl 
im Gehirn hin. SchlieBlich kann auch das vfillige Fehlen der 
Agglutininbildung beim Meerschweinchen zum Teil in diesem 
Sinne gedeutet werden, da bei intensivster Vermehrung eine 
Agglutininbildung sicherlich nicht ganz ausbleiben wiirde. 
Ganz ahnlich, nur noch in starkerem MaBe ausgesprochen, 
scheinen die Verhaltnisse beim Fleckfieber des Menschen zu 
liegen, bei welchem — wir wollen das hier nicht genauer aus- 
fiihren — die Krankheit vielmehr unter dem Bilde einer Verr 
giftung als einer hochgradigen septischen Infektion verl&uft. 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 501 


Dieser Vorstellung entsprechend wiirde selbst in einer grofien 
Quantit&t des Gehirns die Zahl der Keime keine so groBe 
sein, daB sie, ohne sich zu vermehren, die ffir die Agglutinin- 
bildung notige Antigenmenge enthalt. Wir wissen zwar, daB 
zur Antikorpererzeugung ganz geringe Mengen von Bakterien- 
substanz genugen, wie die exakten Untersuchungen von Fried- 
berger, Friedberger und Moreschi ergeben haben. Bereits 
die intravenose Injektion von Vioo Oese abgetoteter Typhus- 
bacillen Oder Choleravibrionen geniigt, utn deutliche, wenn auch 
nicht sehr starke Agglutininbildung anzuregen. Dies gilt aller- 
dings nur fur sehr wirksame Antigene, wahrend bei schwacherer 
Antigenwirkung nach der Feststellung dieser Autoren die 
Starke der Antikorperbildung von der Antigenquantit&t ab- 
hangig ist. Da aber die Dosis von Vioo Oese Hunderttausenden 
von Keimindividuen entspricht, die in einer leicht resorbier- 
baren Form den Tieren einverleibt werden, so wird es ver- 
standlich, daB in einer auch noch so groBen Menge des er- 
hitzten Gehirns selbst bei mehrfacher Injektion desselben diese 
Zahl wahrscheinlich nicht erreicht wird, ganz abgesehen davon, 
daB wir weder die physikalischen Verhaltnisse, unter denen 
sich das Virus im erhitzten Gehirne findet, noch seine Eignung 
zur Agglutininerzeugung kennen. Alle diese Momente machen 
es verstandlich, daB das abgetotete Virus beim Kaninchen 
Agglutinine nicht erzeugt 1 ). 

Um die Agglutininbildung beim Kaninchen zu veranlassen, 
bedarf es der Vermehruug des Virus. Die Vermehrungsge- 
schwindigkeit ist beim Kaninchen ebenso wie beim Meer- 
schweinchen eine geringe. Wir haben auch dafiir bestimmte 
Anhaltspunkte, denn das spate Auftreten der Agglutinine kann 
nur mit der langsamen Vermehrung des Fleckfiebererregers 
erklart werden. Es ist bekannt, und unsere jetzigen Ver- 
suche haben es auch bestatigt, daB der Hohe'punkt der Anti¬ 
korperbildung im allgemeinen zwischen dem 8. und 10. Tage 

1) Anlafllich der Imiuunisierung des Menschen mit abgetotetem Virus 
sind beziiglich des Auftretens von X 19-Agglutininen differente Ergebnisse 
erzielt worden, indem einige Autoren iiber das Auftreten derselben be- 
richteten, andere es bestritten. Nach unseren Versuchen diirften die Re- 
sultate der letzteren die richtigen sein. 


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E. Weil und A. Felix, 


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liegt; denn die Hamolysine, welche von dem gleichzeitig mit 
dem Virus injizierten Gehirn erzeugt werden, weisen um diesen 
Zeitpunkt ihren Hochsttiter auf, wahrend die X 19-Agglutinine 
entweder noch fehlen oder erst mit niedrigein Titer erscheinen. 
Da es sich aber gezeigt hat, daB nach der Injektion der X 19- 
Kultur die Agglutination bereits am 6. Tage den Hochstwert 
erreicht hat, die X 19-Agglutinine nach Einverleibung des 
Virus dagegen erst am 14. Tage auf der Hohe sind, so werden 
wir mit der Anuahme nicht fehlgehen, daB es einer Zeit von 
6 bis 8 Tagen bedarf, bis das Virus in der Menge vorhanden 
ist, die zur Agglutininbildung gentigt. Diese Zeit stimmt 
ziemlich genau mit der Inkubation des Meerschweinchens 
flberein. DaB auch beim Kaninchen die Vermehrung keine 
sehr intensive ist, beweist die verhaltnismaBig geringe Titer- 
hohe der durch das lebende Virus erzeugten Agglutinine, die 
der nach der Behandlung mit der Kultur erzielten wesentlich 
nachsteht. 

Ein interessantes Resultat ergaben die Reinfektionsver- 
suche von Kaninchen, die einige Wochen vorher das erste Mai 
infiziert wurden. Diese Experimente wurden angestellt, um 
zu priifen, in welcher Weise die langere Zeit nach der In- 
fektion abgesunkenen Agglutinine nach einer Neuinfektion 
reagieren. Das eindeutige Resultat dieser Versuche war, daB 
in keinem einzigen Falle ein Wiederanstieg der Agglutinine 
nach der zweiten Infektion konstatiert werden konnte. Die Er- 
klarung dafiir diirfte darin liegen, daB ebenso wie das Meer- 
schweinchen auch das Kaninchen nach der ersten Infektion 
Immunity erlangt hat, die sich darin auBert, daB das neu 
eingespritzte Virus nicht zur Vermehrung gelangt, so daB die 
im Ausgangsmaterial der Infektion vorhandcne Virusmenge 
nicht zur Agglutininbildung hinreicht. Gleichzeitig beweisen 
auch diese VerSuche, daB die spezifische Vorbehandlung die 
Bedingungen fiir ein leichteres Auftreten der Agglutinine nicht 
schafft. Dieses Ergebnis wirft auch ein Licht auf analoge 
Vorgange beim menschlichen Fleckfieber. Nach unseren 
Erfahrungen kommt es auch dort, entgegen den Mitteilungen 
einiger Autoren, niemals zu einem Wiederauftreten der 
X 19-Agglutinine, wenn zu einem abgelaufenen Fleckfieber 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 503 


eine neue Infektionskrankheit, z. B. Abdominaltyphus, hinzu- 
tritt. 

Da das Auftretfin der Agglutinine mit dem Haften der 
Infektion zusammenfallt, deren Ausbleiben mit der Immunitat 
gleichbedeutend ist, so konnten die mit dem abgetoteten Virus 
vorbehandelten Kaninchen durch eine neue Infektion auf ihren 
Imraunitatszustand gepriift werden. Wir sahen, daB bei alien 
diesen Tieren nach der Infektion mit lebendem Virus prompt 
Agglutination aufgetreten ist, was als Beweis dafiir gelten kann, 
daB das abgetotete Virus nicht die Fahigkeit besessen hat, 
Immunitat zu erzeugen. So stimmen diese Versuche mit den 
Erfahrungen beim Meerschweinchen iiberein, denn es ist bisher 
nicht gelungen, mit totem Virus aus Meerschweinchenorganen 
Oder aus Lausen diese Tiere vor der Infektion zu schutzen 
(Doerr u. a.). 

Nachdem auf Grund der Feststellung von zahlreichen 
Autoren, sowie nach unseren eigenen die auBerordentlich kon- 
stante und hohe Empfindlichkeit des Meerschweinchens gegen- 
tiber dem Passagevirus feststehend war, so war ein Vergleich 
mit der Empf&nglichkeit des Kaninchens von Interesse und 
Wichtigkeit. Da nach den Angaben der Literatur eine hohere 
Widerstandsfahigkeit des Kaninchens zu erwarten war, wurden 
auch unsere ersten Versuche derart ausgefiihrt, daB wir die 
Tiere, um ihnen moglichst viel Virus einzuverleiben, einer 
zwei- bis dreimaligen Behandlung unterzogen haben. Von dem 
konstanten Auftreten der Agglutinine Oberrasclit, konnten wir 
daun feststellen, daB die einmalige Infektion geniigt, um beim 
Kaninchen mit Sicherheit eine Infektion, resp. Agglutinine zu 
erzeugen 1 ). Ja es zeigte sich sogar, daB 0,001 Gehirn, das 
^chon beim Meerschweinchen als die unterste Grenze an- 
gegeben wird, und das beim Kaninchen H&molysine nicht mehr 
erzeugt, noch bei der Mehrzahl der Kaninchen Agglutinin- 


1) Es ist natiirlich Voraussetzung, daB man die intraperitoneale In- 
jektionstechnik beherrscht und nicht in den Darm injiziert; in diesem 
Falle wird das Ausbleiben der Hamolysinbildung darauf hinweisen, daB 
die Injektion ins Peritoneum miBlungen ist. Eine Agglutininbildung ist 
dann auch nicht zu erwarten. 


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E. Weil und A. Felix, 


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bildung hervorrief. Diese Tatsache hatte die Mfiglichkeit ge- 
schaffen, Fragen betreffs der Infektionsart des Fleckfiebervirus, 
die. nur bei Meerschweinchen untersucht, dort zu differenten 
Resultaten gefuhrt hatten, vergleichend an der Kaninchen- 
infektion zu prfifen. Diese Versuche fiihrten zu dent Ergebnis, 
daB bereits 3mal 24 Stunden nach der Infektion des Meer- 
schweinchens das Virus ini Gehirn nachweisbar ist, w&hrend 
nach dem von uns vorgenommenen Infektionsniodus friihestens 
nach 6inal 24 Stunden das Fieber einsetzt. Dieser Umstand 
weist mit Sicherheit darauf bin, daB der Fleckfiebererreger 
wahrend der Inkubation nicht einen Stillstand der Vermehrung 
aufweist, sondern daB dieselbe vom Momente der Infektion 
an beginnt und langsam fortschreitet. Auch nach dem Ab- 
lauf des Fiebers ist das Virus im Gehirn noch mehrere Tage 
lang zu finden, wie wir ebenfalls mit Hilfe des Kaninchen- 
versuches zeigen konnten, so daB auch zu dieser Zeit mit 
einem allmahlichen Verschwinden zu rechnen ist. Auch er- 
wies sich das Kaninchen geeignet zum Nachweis der Empfind- 
lichkeit des Fleckfiebererregers gegeniiber fiuBeren Einflfissen, 
indem nach 48-stiindigem Aufbewahren bei kfihler Temperatur, 
trotz der Infektion mit einer groBen Gehirnmenge, nicht bei 
alien Tieren Agglutininbildung auftrat. 

AuBer den vorangehend erorterten SchluBfolgerungen, die 
sich aus unseren experimentellen Feststellungen ergeben haben, 
lassen sich noch einige Erkenntnisse theoretischer und allge- 
meiner Natur aus unseren Versuchen ableiten. Im Gegensatz 
zu den Anschauungen der meisten Autoren, die eine Ueber- 
tragung des Fleckfiebers vom Menschen auf eine Reihe von 
Versuchstieren fur sicher halten, sind wir der Ansicht, daB die 
Uebertragungsversuche bei den Tieren nichts anderes lehren v 
als daB es gelungen ist, den Fleckfiebererreger im Korper dieser 
Versuchstiere am Leben zu erhalten und zur Vermehrung zu 
bringen. Beim Meerschweinchen, dem fur die Infektion emp- 
findlichsten Tiere, liegt, auBer den geringgradigen histologischen 
Veranderungen, fiber deren spezifische Bedeutung das letzte 
Wort noch nicht gesprochen ist (Friedberger), kein anderes 
Symptom vor, als die Temperatursteigerung. „Sans le secours 
du thermom&tre la maladie passerait inapergue“ (Nicolle). 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 505 


Nun wissen wir durch die ausgedehnten Untersuchungen 
Friedbergers und seiner Schuler, in welchem MaBe EiweiB- 
korper und insbesondere auch Bakterien, wenn sie mit dem 
lebenden Organismus in Kontakt treten, beim Meerschweinchen 
die Kfirpertemperatur verfindern, und welche Empfindlichkeit 
gerade dieses Tier hierfiir aufweist. In Uebereinstimmung mit 
der jetzt herrschenden Ansicht fiber die Ursachen des Fiebers 
kann man annehmen, daB zu der Zeit, in welcher die Ver- 
mehrung des Fleckfiebererregers einen bestimmten Grad er- 
reicht hat, eine Temperatursteigerung einsetzt und so lange 
anhalt, bis durch den Eintritt der Immunitat ein Rflckgang 
der Keimzahl erfolgt. In Hinblick auf die ausgesprochen 
spezifischen Erscheinungen des menschlichen Fleckfiebers dieses 
einzige Symptom als den Ausdruck einer spezifischen Er- 
krankung anzusehen, liegt ebensowenig ein Grund vor, als 
die Typhus- und Cholerainfektion des Meerschweinchens als 
Typhus Oder Cholera anzusehen. Denn wir wissen, daB beim 
Kaninchen, das gegen Temperaturveranderungen wenig emp- 
findlich ist, auch dieses einzige Symptom fehlt^ was auch der 
Grund war, daB die Empffinglichkeit des Kaninchens vielfach 
angezweifelt wurde, obwohl es, wie unsere jetzigen Versuche 
ergeben haben, leicht der Infektion zuganglich ist. Nach 
mehrfachen Ermittlungen gelten als sicher empfangliche Tiere 
ffir das Fleckfiebervirus der Affe, das Meerschweinchen, das 
Kaninchen und die Ratte. Wahrend bei Affen und Meer¬ 
schweinchen die Temperatursteigerung als die einzige Krank- 
heitserscheinung auftritt, fehlt dieselbe bei Kaninchen und 
Ratten, insbesondere bei dem letzteren Tiere wurde die ge- 
lungene Infektion nur durch die Uebertragung auf das Meer¬ 
schweinchen festgestellt (Nicolle). Es wfirde uns nicht 
wundernehmen, wenn es sicli bei genauerer Untersuchung 
zeigen wfirde. daB auch noch bei anderen Tieren das Fleck¬ 
fiebervirus Boden fafit und sich vermehrt. In diesem Falle 
konnte man kaum annehmen, daB ein so spezifischer Mikro- 
organismus wie der Fleckfiebererreger bei so verschieden- 
artigen Tieren Fleckfieber erzeugt; es wfirde vielmehr nur 
eine reine Infektion vorliegen, die im Sinne von Bail von 
der Infektionskrankheit scharf zu trennen wfire. 

Zeitschr. f. ImmunitHtsforschung. Orlg. Bd. 31. 34 


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506 


E. Weil und A. Felix, 


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Wir haben in unseren bisherigen Ausfiihrungen noch 
nicht die Frage beriihrt, welche Riickschliisse unsere experi- 
inentellen Ergebnisse auf die Fleckfieberinfektion des Menschen 
gestatten. Wir haben bereits erwfihnt, und es ist auch jedem, 
der die Literatur verfolgt hat, wohl bekannt, daB, von ganz 
vereinzelten Ausnahmen abgesehen, alle Autoren, welche sich 
entweder mit theoretischen Untersuchungen iiber die Reaktion 
beschaftigt oder dieselbe praktisch ausgeffilirt haben, trotz der 
Betonung der klinischen Verwertbarkeit einstimmig der An- 
sicht sind, daB die zur Agglutination ffihrende Veranderung 
des Blutserums als eine sekund&re Erscheinung der Fleck- 
fiebererkrankung und nicht als ein Produkt derselben anzu- 
sehen ist. Es ist von Interesse, daB unsere steten Hinweise, 
daB nur der Fleckfiebererreger die Ursache der Reaktion sein 
konne, von allem Anfang an bis in die jtingste Zeit ohne Ein- 
druck geblieben sind, obwohl wir auch ohne unsere jetzigen 
Befunde zu dieser Ansicht durch die genaue Analyse aller 
die Reaktion betreffenden Erscheinungen gelangt sind. Sogar 
in alien Lehrhiichern, die ja nur sichere Tatsachen als sicher 
hinstellen sollten, findet sich stets an der Spitze der Aus- 
fiihrungen iiber die Reaktion die Erkl&rung, daB die Wirkung 
des Blutserums Fleckfieberkranker auf X 19 bestimmt nichts 
mit dem Fleckfiebererreger zu tun hat. Manche Autoren gehen, 
um die „klinische Spezifitat“ zu rechtfertigen, sogar so weit, 
die Fleckfieberagglutination mit der Wassermannschen 
Reaktion in Analogic zu setzen, ohne zu bedenken, daB sie 
sich dabei fiber die Grundbegriffe der Immunitfitslehre hinweg- 
setzen. Wir hoffen, daB wenigstens in den Neuauflagen der 
Lehrbficher eine Korrektur dieser unrichtigen Darstellungen 
vorgenommen wird, damit den Lernenden nicht falsche Vor- 
stellungen fibermittelt werden. Auch sind jetzt die Angaben 
vereinzelter Autoren, welche eine Beschrankung der Spezifitat 
bedeuten wfirden, ganz anders zu beurteilen. Das angebliche 
Auftreten einer niedrigen Agglutination von X 19 bei Para- 
typhen, was unseren ausgedehnten Erfahrungen vollkommen 
widerspricht, beruht sicherlich auf einem Irrtum, da zwischen 
den Paratyphen und dem Fleckfiebererreger keinerlei sero- 
logische Beziehungen bestehen. Der Fall von Anders, der 
bei einem Typhoid eine positive Fleckfieberreaktion fand, er- 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 507 


klart sich aus der Unrichtigkeit der klinischen Diagnose, was 
sowohl aus der Schilderung der Erkrankung als insbesondere 
aus der histologischen Untersuchung des Exanthems hervor- 
geht. Es besteht heute, nachdem die praktische Spezifitat der 
Reaktion auch in theoretischer Hinsicht vollkoinmen sicher- 
gestellt ist, keine Diskussion mehr dariiber, ob die Reaktion 
auch bei anderen Erkrankungen vorkommt, sondern es ware, 
wenn die Reaktion auch bei einer anderen Erkrankung auf- 
treten sollte, erst zu untersuchen, in welche Beziehung die- 
selbe zum Fleckfieber gebracht werden kann. 

Die jetzt sicherstehende Tatsache, daB der Fleckfieber¬ 
erreger die Agglutinine gegen X 19 erzeugt, eroffnet in mehr- 
facher Hinsicht neue Gesichtspunkte. Wenn auch die iiberaus 
konstante und typische Fieberbewegung des Meerschweinchens 
nach der Infektion mit dem Passagevirus ein sehr eindrucks- 
volles, fur die spezifische Infektion sprechendes Symptom dar- 
stellt, so muB doch erst die Tatsache, daB man mit dem Virus 
das konstanteste Symptom des Fleckfiebers, die spezifische 
Agglutination, bei Tieren zum Ausdruck bringen kann, alle 
Zweifel aus der Welt schaffen, daB das Meerschweinchen 
wirklich das Fleckfiebervirus beherbergt. Durch die F&hig- 
keit, Agglutinine gegen X 19 zu bilden, kann das Kaninchen 
als ein bequemes Reagens fur das Vorhandensein des Fleck¬ 
fiebervirus gelten. Ob es auch ein sicheres Reagens darstellt, 
kann man nicht mit Sicherheit voraussagen, und zwar aus 
folgenden Grtinden: Es wurde vielfach die Erfahrung gemacht, 
daB bei der direkten Uebertragung des Fleckfiebervirus vom 
Menschen auf das Meerschweinchen nicht jene Konstanz zu 
erzielen ist, wie beim Passagevirus. Wir verweisen dies- 
beziiglich auf die exakten Untersuchungen von Friedberger 
u. a. Es hat den Anschein, daB das Virus entweder beim 
Menschen in geringerer Quantitat vorhanden ist, als beim 
infizierten Meerschweinchen, Oder daB es erst der Anpassung 
an Tiere bedarf, um eine sichere Weiteriibertragung bei diesen 
zu ermoglichen. Nun liiBt sich nicht leugnen, und das ging 
auch aus unseren Versuchen sowie aus denen von Doerr 
und Pick hervor, daB das Kaninchen nicht die liohe Empfind- 
lichkeit zeigt, wie das Meerschweinchen. Es ware deshalb 
nicht ausgeschlossen, daB eine geringere Virusmenge beim 

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E. Weil und A. Felix, 


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Menschen zusammen mit der schlechteren Eignung ffir die 
Uebertragung auf Tiere, beim Kaninchen nicht eine sichere 
Infektion verbiirgt und keine Agglutinine erzeugt. Aber viel- 
leicht ergeben sich gerade aus diesem Grunde theoretisch 
und praktisch wertvolle Aufschlfisse fiber die quantitativen 
Virusverhfiltnisse beim fleckfieberkranken Menschen. 

Von groBem Interesse scheint es uns aber, daB auf Grund 
unserer jetzigen Versuche die Mfiglichkeit besteht, fiber die 
fitiologische Rolle der Rickettsia Prowazeki mehr Klarheit zu 
erlangen, als es bisher der Fall war. Die fiberwiegende Mekr- 
zahl aller Autoren hegt die Ueberzeugung, daB die Rickettsia 
als der Erreger des Fleckfiebers anzusehen ist, und die dieser 
Ansicht zugrunde liegenden Argumente sind so bestechend, 
daB zu einem Zweifel an deren Richtigkeit nicht viel Berechti- 
gung vorlag. Wir haben uns in unseren ersten Mitteilungen 
dahin ausgesprochen, daB die atiologische Bedeutung der 
X-Stamme von deren Identitat Oder Nichtidentitfit mit den 
Rickettsien abhfingig gemacht werden mfisse. Es lagen die 
Verhaltnisse derart, daB wir in den Rickettsien den MaBstab 
sahen, an dem die X-Stamme gemessen werden muBten. Ueber- 
raschenderweise hat sich aber jetzt die Sachlage gerade in 
das Gegenteil verkehrt. Die Rickettsien erfreuen sich trotz 
der Eindringlichkeit, mit der ihre Anhanger ihre Erregernatur 
verfechten, infolge tnehrfacher Einwendungen nicht mehr einer 
allgemeinen Anerkennung. Nun liegen Angaben von Rocha- 
Lima und Otto und Dietrich vor, welche eine ganz andere 
Deutung erfahren mfissen, als ihnen gegeben wurde. Diese 
Autoren haben namlich aus der Unmoglichkeit, mit Rlckettsien- 
aufschwemmungen bei Pferden und Kaninchen gegen X 19 
Agglutinine zu erzeugen, den SchluB gezogen, daB Beziehungen 
zwischen dem Fleckfiebererreger und der Fleckfieberaggluti- 
nation nicht bestehen, und insbesondere Otto und Dietrich 
haben sich infolge der Tatsache, daB sie nach der Injektion 
rickettsienhaltigen Lauseinhaltes bei Kaninchen Agglutinine 
gegen die Rickettsien, nicht aber gegen X 19 erhielten, in 
diesem Sinne ausgesprochen. Man konnte nun annehmen, daB 
die Rickettsia als Fleckfiebererreger durch die Fleckfieber- 
agglutination in erster Linie und am starksten agglutiniert, 
X 19 jedoch durch Nebenagglutinine schwacher beeinfluBt 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 509 


wird, so daB beim Kaninchen die X 19-Agglutinine nicht hervor- 
treten. Gegen diese Auffassung sprechen aber mit absoluter 
Sicherheit die Angaben derselben Autoren, welche im Blut- 
serum fleckfieberkranker Menschen nur eine kiimmerliche Re- 
aktion gegen die Rickettsien — von der Gotschlich die 
spezifische Fleckfieberreaktion erhofft — fanden, wahrend die 
X 19-Agglutination durchweg sehr hoch war. Es ist klar, daB 
nach unseren jetzigen Befunden aus den Versuchen von Otto 
und Dietrich, wenn sie richtig sind, nur der eine SchluB 
gezogen werden konnte, daB die Rickettsia Provvazeki mit dem 
Fleckfiebererreger nichts zu tun hat. Trotzdem aber scheint 
es uns von der grSBten Wichtigkeit, diese Versuche zu wieder- 
holen. Denn es gelingt ohne wesentliche Schwierigkeiten, wenn 
menschliches Fleckfiebermaterial zur Verfiigung steht, Rickett- 
sienaufschwemmungen in groBeren Mengen zu gewinnen und 
sie wie eine Bakterienemulsion zu praparieren. Werden nun 
mit diesen Emulsionen Kaninchen behandelt, so miiBten sie, 
wenn groBere Mengen vorliegen, auch im abgetoteten Zustande 
Agglutinine gegen X 19 erzeugen. Es ware aber auch damit 
noch nicht mit Sicherheit die Erregernatur dieser Gebilde er- 
wiesen, da ja neben ihnen noch das unbekannte Virus sich 
finden konnte. Nur in dem Falle, daB die Emulsion, wie in 
den Versuchen von Otto und Dietrich, Agglutinine gegen 
X 19 nicht erzeugt, wiirde die atiologische Rolle der Rickettsien 
in Abrede zu stellen sein, insbesondere dann, wenn Agglutinine 
gegen die Rickettsien auftreten sollten. 

Die schwierigste Frage aber, in welchen Zusammenhang 
die X-Stamme mit der Aetiologie des Fleckfiebers gebracht 
werden konnen, laBt sich noch nicht beantworten. Es ist uns 
trotz der groBten Bemilhungen nicht gelungen, aus dem fleck- 
fieberinfizierten Meerschweinchen die X-Stamme zu zuchten, 
so daB die Zusammenhange dieser mit dem Fleckfieber vorder- 
hand noch dunkel sind. DaB aber solche bestehen diirften, 
kann nicht ohne weiteres in Abrede gestellt werden. Da 
einerseits der Fleckfiebererreger die Agglutinine gegen X 19 
erzeugt, andererseits die X-Stamme nach unseren Erfahrungen 
nur bei Fleckfieber gefunden werden, so kann kaum eine 
andere Ansicht zu einer fruchtbaren Diskussion und zur An- 
regung von experimentellen Untersuchungen fiihren, als die- 


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510 


E. Weil und A. Felix 


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jenige, welche Beziehungen zwischen beiden annimrat. Sollten 
solche jedoch nicht bestehen, so wiirde hier eine Erscheinung 
vorliegen, die nach dem jetzigen Stande der Immunit&tslehre 
einer Deutung iiberhaupt nicht zuganglich ware. Aber die 
Erforschung des VariabilitStsproblems, die sich trotz zahl- 
reicher Einzelergebnisse erst in den Anfangen befindet und 
auch bei den X-St&mmen zu interessanten Resultaten geffihrt 
hat, kann vielleicht wertvolle Aufschliisse bringen. Wir halteu 
es nicht fiir unwahrscheinlich, daB der Fleckfiebererreger die 
parasitare Form der X-Stamme darstellt, die nur ausnahms- 
weise und unter ganz besonderen Umstanden in die leicht 
ziichtbare saprophytische Form iibergeht, die wir in den 
X-Stfimmen vor uns haben. Auf eine eingehendere Dis- 
kussion dieser Vorstellung wollen wir verzichten, weil sie 
sich zu sehr in das Gebiet der Theorie und Spekulation 
verlieren miiBte. 


Zusammenfassung. 

1) Kaninchen, welche intraperitoneal Oder subkutan mit 
dem Gehirn fleckfieberinfizierter Meerschweinchen behandelt 
werden, erzeugen konstant Agglutinine gegen X 19. 

2) Das Gehirn normaler Meerschweinchen erzeugt keine 
Agglutinine gegen X 19. 

3) Gegeniiber einer Reihe von Mikroorganismen, die an- 
geblicli vom Serum fleckfieberkranker Menschen agglutiniert 
werden (Z 1 von Kreuscher, Proteus vulgaris, Coli, Dys¬ 
enteric Shiga-Kruse, Flexner, Micrococcus melitensis, Para- 
typhus A und B), verhalten sich die Sera der fleckfieber- 
infizierten Kaninchen negativ. Auch Typhusbacillen und X 2 
werden von diesen nicht agglutiniert. 

4) Die Agglutinine gegen X 19 treten beim Kaninchen 
nicht auf, wenn das Virus durch ein halbstiindiges Erhitzen 
auf 58° abgetotet wird. 

5) Die Agglutinine erscheinen am 8. bis 10. Tage und 
haben am 14. Tage ihren Hohepunkt erreicht, wShrend die 
durch die gleichzeitig injizierte Hirnsubstanz entstehenden 



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Beziehungen der Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 511 

heterogenetischen Hamolysine bereits am 8. Tage ihren 
Hohepunkt erreicht haben und am 14. Tage bereits ab- 
gesunken sind. 

6) Die mit dem lebenden Virus vorbehandelten Kaninchen 
zeigen nach einer Neuinfektion keine neuerliche Titersteigerung 
gegen X 19, dahingegen erfahren die Hamolysine einen neuer- 
lichen Anstieg. Bei den mit dem toten Virus vorbehandelten 
Kaninchen kommt es jedoch nach der Injektion des lebenden 
Virus zu einem Auftreten der Agglutinine. 

7) Bis zur Dosis von 0,001 Meerschweinchengehirn gelingt, 
wenn auch nicht mit voller Regelm&Bigkeit, die Agglutinin- 
erzeugung beim Kaninchen. Hamolysine treten bei dieser ge- 
ringen Dosis nicht mehr auf. 

8) Das Fleckfiebervirus l£Bt sich bereits nach 3mal 
24 Stunden nach der Infektion und bis zu 5 Tagen nach der 
Entfieberung im Meerschweinchengehirn mittels der Agglutinin- 
erzeugung beim Kaninchen nachweisen. 

9) Nach 48-stiindigem Aufbewahren bei kiihler Tem- 
peratur tritt bereits ein starker Virulenzverlust des Virus 
ein, der in der inkonstanten Agglutininbildung beim Ka¬ 
ninchen zum Ausdruck kommt. 


Literatur. 

Anders. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 88, Heft 2. 

Bornstein, Ebenda, Bd. 89, Heft 2. 

Breinl, Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 31. 

Doerr und Schnabel, Wiener klin. Wochenschr., 1919, No. 20. 

— und Pick, Ebenda, 1918, No. 30. 

— — Zeitschr. f. Hyg., Bd. 80, Heft 2. 

Felix, Wiener klin. Wochenschr., 1918, No. 1. 

Friedberger und Moreschi, Centralbl. f. Bakt., Bd. 39. 

— Zeitschr. f. Immunitatsf., Bd. 29, Heft 1 u. 2. 

Goldberger and Anderson, Publ. Health Rep., Vol. 27, 1912 (nach 
Rocha-Lima). 

Kreuscher, Berl. klin. Wochenschr., 1918, No. 16. 

Landsteiner und Hausmann, Med. Klin., 1918, No. 21. 

Neukirch und Kreuscher, Beitr. z. Klin. d. Infektionskrankh., Bd. 8, 
Heft 2. 


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512 Weil u. Felix, Fleckfieberagglutination zum Fleckfiebererreger. 


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Nicolle et Conseil, Ann. Past., 1910. 

— Bull, de l’lnst. Past., T. 18, No. 1 u. 2. 

Otto und Dietrich, Deutsche med. Wochenschr., 1917, No. 19. 
Prausnitz, Centralbl. f. Bakt., Bd. 84, Heft 2. 

Prowazek, Beitr. z. Klin. d. Infektionskrankh., Bd. 4, 1914. 
Rocha-Lima, Ergebn. d. allg. Path., Bd. 19, 1. Abt. 
Btarkenstein, Wiener klin. Wochenschr., 1918, No. 50. 

Weil, Ebenda, 1920, No. 3. 

— Deutsche med. Wochenschr., 1920, No. 13. 

Zlocisti, Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg., Bd. 22, Beiheft 3. 

— Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 85, Heft 3 u. 4. 


Xachdruck vcrbolen. 

[Aus dem Staatlichen Hygienischen Institut Hamburg 
(Direktor: Prof. Dr. Dunbar).] 

Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs- 
Georgl zum Nachweis ron Pfcrdefleisch. 

Von Prof. Dr. W. Gaehtgens. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 22. Oktober 1920.) 

Der forensische Nachweis der Verfalschung von Fleisch- 
und Wurstwaren mit Pferdefleisch grundet sich auf das Uhlen- 
huthsche Prazipitationsverfahren, dessen absolute Zuverl&ssig- 
keit bei einwandfreiem Arbeiten durch tausendfache Unter- 
suchungen sichergestellt worden ist. Nachst diesem konnen auch 
die Komplementbindungsreaktion und der Anaphylaxiversuch 
als Erganzung und Kontrolle herangezogen werden, am Auf- 
schluB uber die Anwesenheit von PferdeeiweiB in dem zu 
untersuchenden Material zu erhalten. Allen diesen Reaktionen 
ist gemeinsam, daB sie in der tiblichen Form nur die Dif- 
ferenzierung koktolabiler Antigene ermoglichen, daB sie 
also versagen miissen, wenn thermische Einfliisse hinreichend 
lange und intensiv auf die Proben eingewirkt haben. Zwar 
gelingt es nach den Angaben Uhlenhuths (1), aus dem 
Inneren erhitzter Fleischwaren noch reaktionsfahiges Material 
zu erhalten, wenn Grad und Dauer der Erhitzung ein be- 
stimmtes MaB nicht iiberschritten haben, doch bleibt auch 



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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von SachB-Georgi nsw. 513 


dann noch eine Reihe von Fallen ubrig, in denen die genannten 
serologischen Methoden nicht zum Ziele fiihren. Diese Lucke 
auszufiillen, scheint das Sachs-Georgische (2) Verfahren 
zum Nachweis von Pferdefleisch in gekochten Fleisch- und 
Wurstwaren berufen zu sein. 

Die sogenannte Bindungsreaktion von Sachs und Georgi 
geht von der interessanten Beobachtung Forssmans (3) aus, 
daB zwischen Hammelerythrozyten und den Organzellen be- 
stimmter Tierarten eine Rezeptorengemeinschaft besteht, die 
in der Erzeugung von Hammelhamolysinen durch Immuni- 
sierung mit den Organen dieser Tierarten zum Ausdruck 
kommt. Wie das echte Hammelhamolysin besteht auch das 
„heterogenetische“ Hamolysin (Friedberger) aus Ambo- 
zeptor und Komplement und wird in inaktivem Zustande 
durch frisches Meerschweinchenserum aktiviert. Durch Vor- 
behandlung eines -solchen Antiserums mit den zur Impfung 
benutzten Organen oder den Organzellen bestimmter anderer 
Tierarten werden die Ambozeptoren gebunden, so daB nach 
Zusatz von Komplement und Hammelblut keine Hamolyse 
eintritt (positive Bindungsreaktion). Die Untersuchungen von 
Forssman, Doerr und Pick (4), Amako (5) u. a. zeigten, 
daB die Fahigkeit, heterogenetisches Hammelhamolysin zu 
binden, den Organen von Pferd, Hund, Katze, Meerschweinchen, 
Huhn, Schildkrote und teilweise auch der weiBen Maus zu- 
kommt, den Organzellen von Rind, Hammel, Ziege, Hirsch, 
Schwein, Kaninchen, Ratte, Mensch, Gans und Taube hingegen 
fehlt. Weitere Versuche von Doerr und Pick ergaben die 
wichtige Tatsache, daB der gemeinsame Rezeptor durch eine 
hochgradige Resistenz gegeniiber thermischen Eingriffen aus- 
gezeichnet ist. Diese ausgesprochene Koktostabilitat ver- 
anlaBte Sachs und Georgi, den Nachweis des Rezeptors 
diagnostisch ftir die Identifizierung von Fleischsorten zu ver- 
werten. Da fiir die Verfaischung von Fleisch- und Wurst¬ 
waren vor dem Kriege im wesentlichen nur Pferdefleisch in 
Betracht kam und das Pferd als einziges von unseren groBen 
eBbaren Haustieren das koktostabile Antigen in seinen Or¬ 
ganen beherbergt, lag in der Tat die Moglichkeit vor, auf 
diesem Wege den Nachweis von gekochtem Pferdefleisch zu 
fiihren. 


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Untereuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 515 


0,5 ccm 5-proz. Hammelblut mit Hilfe von 0,5 ccm Kom- 
plement (1:10) vollkommen aufzulosen. Fiir den Versuch 
wurden 10 ccm des auf 1:50 verdunnten Antiserums, ent- 
sprechend etwa 100 Ambozeptoreinheiten, mit 2—3 g des fein 
zerkleinerten, frischen oder ca. 1 g des getrockneten Materials 
zusammengebracht, unter mehrfach wiederholtem Umriihren 
1 Stunde im Wasserbade bei 37 0 C gehalten und hierauf 
durch Hartfilter filtriert. Fallende Mengen des Filtrates (je 
1 ccm) erhielten zunachst einen Zusatz von 0,5 ccm 5-proz. 
Hammelblutes; 10 Minuten sptiter wurden 0,5 ccm Komplement 
(1:10) hinzugefiigt und die Rohrchen hierauf nach sorg- 
faltigem Schtitteln fiir 1 Stunde in das Wasserbad gebracht. 
Nach vorlaufiger Ablesung der Ergebnisse wurden alle Proben 
in den Eisschrank gestellt und das Resultat am n&chsten 
Morgen endgultig festgestellt. Zur Kontrolle wurden jedesmal 
1) das unbehandelte Antiserum untersucht, 2) die Wirkung 
des vorbehandelten Antiserums auf Hammelblutkorperchen 
ohne Komplement und 3) der EinfluB des Komplementes 
ohne Ambozeptor auf die Hammelerythrozyten gepriift. Zur 
Veranschaulichung des eben Gesagten diene das in Tabelle I 
wiedergegebene Versuchsbeispiel. 


Tabelle I. 


6 ! 
£ 

Antiserum 126 
vorbehandelt mit 

Antiserum-Verdiinnung 

Kon¬ 

trolle 

Prazipitation 
positiv fiir 

1:50 

[1:100 

1:200 

1:500 

1:1000 

1 i Wurst 3207 

2 Jagdwurst 3212 ' 

3 Nicht vorbehand. 

+ + + 
e 

0 

+ + + \ 
e 
e 

+ + + 
e 
e 

+ + + 
+ 

.i 

+ + + 
+ + + 

+ + + : 

, + + + 

I + + + 

PferdeeiweiS 

Kan.-EiweiB 


Zeichenerklarung: + + = vollige Hemmung der Hamolyse, + + = 

starke Hemmung der Hamolyse, + = schwache Hemmung der Hamolyse, 
± = Spur Hemmung der Hamolyse, 6 = komplette Hamolyse. 


Wie aus Tabelle I hervorgeht, hatte das benutzte Anti¬ 
serum einen h&molytischen Titer von fast 1:500; die Kon- 
trollen ohne Komplement bzw. Ambozeptor waren s&mtlich 
einwandfrei. Vorbehandlung mit der Wurst 3207 hatte die 
vollige Bindung der Hamolysine zur Folge gehabt, w&hrend 
die Jagdwurst 3212 die blutlosende Eigenschaft des Serums 
unbeeinfluBt gelassen hatte. Die Annahme, daB es sicli im 
ersten Falle um pferdefleischhaltiges Material, in dem zweiten 


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516 


W. Gaehtgena 


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dagegen um eine Wurst ohne PferdeeiweiB handeln miiBte, 
lieB sich in der Tat durch die Prazipitation bestatigen. Die 
Wurst 3207 reagierte im Fallungsverfahren positiv nur fur 
PferdeeiweiB, die Jagdwurst 3212 nur fiir KanincheneiweiB, 
wahrend die gleichzeitige Priifung auf andere tierische EiweiB- 
arten negativ verlief. 

In dieser Weise babe ich im ganzen 200 Proben unter- 
sucht, welche dem der Abteilung fiir serobiologische Unter- 
suchungen eiugesandten Material entnommen wurden. Es 
handelte sich dabei nicht nur um pferdefleischhaltige bzw. 
verdachtige Nahrungsmittel, sondern auch um Schleichhandels- 
waren und Kontrollproben aus beaufsichtigten Betrieben. 
Dieser Umstand bedeutet insofern einen Vorteil, als die da- 
durch bedingte Mannigfaltigkeit des Materials besonders ge- 
eignet sein muBte, ein Urteil iiber den praktischen Wert der 
Sachs-Georgi schen Bindungsreaktion zu ermbglichen. 
Tabelle II veranschaulicht die Resultate, welche sich bei 
diesen Untersuchungen mittels der PrSzipitation und H&mo- 
lysinbindung ergeben haben. 

Der besseren Uebersicht wegen babe ich, wie aus Tabelle II 
zu entnehmen ist, das Gesamtmaterial in 2 groBe Gruppen A 
und B geteilt. In Gruppe A sind diejenigen Proben (138) 
zusammengefafit, aus denen sich durch Extraktion mit physio- 
logischer Kochsalzlosung geniigende Mengen loslicher EiweiB- 
substanzen gewinnen lieBen. In Gruppe B sind 62 Proben 
zusammengestellt, die, offenbar infolge vorausgegangener star- 
kerer Erhitzung, kein reagierfahiges EiweiB enthielten. 

Die Wiirste waren unter den verschiedensten, in der 
Zusammenstellung einzeln aufgefflhrten Bezeichnungen ein- 
geliefert worden. Die mittels der Prazipitationsreaktion 
in Gruppe A erzielten Ergebnisse entsprachen durchaus nicht 
immer den Erwartungen, die man auf Grund der Benennung 
von der Zusammensetzung des Materiales haben durfte. Von 
den 35 nur fiir PferdeeiweiB positiven Proben waren nur 9 
direkt als Pferdewurste bezeichnet; bei einem Teil der iibrigen 
J26 lag zwar von vornherein der Verdacht nahe, dafi es sich 
um pferdefleischhaltiges Material handeln konnte, doch fehlte 
die darauf hinweisende gesetzlich vorgeschriebene Angabe. 
AuBer diesen 35 Proben enthielten noch 4 weitere Pferde- 



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Unterauchungen iiber die Bindungsreaktion von Sacha-Georgi usw. 517 


B. Proben 
ohne 

ill 

rli 

| 03 *2-r-l | 03 S | | (M | 2^ 2- 

00 HH 2 to >-H !M<M “0 

62 (33) 

CO 

CO 

A Proben mit reagierfahigem Eiweifi 

so|p? inj ApuSau 
aoitwtidizBjj 

SII 1 S§-1 - 1 1 - 1 1 1 1 1 1 1 1 

03 ^ CD 

S 

m 

rH 

10 

Prazipitation positiv fiir: 

98017 + 
P n !H 

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1- 1 1 1 

rH 

1 

UI3AiqOQ + 

pniH 

1 1 IS I- 1 1 1 1 1 I'" 1 1 1 1 1 1 

rH 

co 

rH 

1 

purji -f 

P^Jd 

II|S| 1111 || 1 | 111 | 1 | 1 

1 — ( 

1(1) 

rH 

ttaqoinuBjj + 
98917 + 
P J3 M 

II 1 1^1 1 II II II 1 II 1 II 1 

or 

S, 

03 

03 

ugqoumrtji + 
P-I3JJ 

1 1 1 1 11 1 i s l l 1 1 l l II 1 1 1 

H 

rH^ 

rH 

rH 

ueqouiuu^i + 
08917 

I | | | | | | |CQ | | | | | 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

naqouiua^ 

| | || 0-03 1^0 | | | | |r | | | | 

05 

rH 

1 

98917 

1 1 1 1 - II II 1 1 |r 1 II 1 l« 

rH 

0 

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UI9MqO£» 

II !°0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 II 1 

CO 

1 

P U !H 

111^111 1 1 1 r i h 1 \ m 

rH 

rH 

1 

P J 3J<I 

S|§S|€S| | | | | | 1 ic^eS | 

05 O rH 03 rH rH rH CO ^ 

rH 

35 (35) 

Positive Bindungsreakiton 

ergaben [ 35 

Zahl und Bezeichnung 
der Wiirete 

19 Pferdewiirete 

1 Rotwuret 

11 Gothaer Wiirete 

27 Mettwiirete 

22 Sardellen wiirete 

34 Leberwiirste 

8 Fleischwiirste 

4 Bratwiirste 

8 Briihwiirete 

7 Jagdwiirete 

3 Griitzwiirete 

5 Blutwiirete 

3 Ziegenwiirste 

2 Salamiwiirete 

2 Ziegen-Kaninchenwiirete 
5 Kaninchenwiirete 

2 Knackwiirete 

18 Wiiretehen 

11 WiireteohneBezeichnung 

8 andere Proben 

(Fleisch etc.) 

G 

05 

s 

a 

Cj 

B 

N 

G 

£ 

g 

8 

03 


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Anmerkung: In Klammern sind diejenigen Proben angefiihrt, welche gleichzeitig eine positive Bindungsreaktion 
nach Sacha-Georgi ergaben. 











518 


W. Gaehtgens, 


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eiweiB neben anderen tierischen EiweiBarten, und zwar eine aus 
Kaninchenfleisch hergestellte Briihwurst, zwei aus Kaninchen- 
und Ziegenfleisch hergestellte Sardellenwiirste und eine aus 
Rindfleisch hergestellte Mettwurst. In den tibrigen Fallen 
handelte es sich um Waren, in denen sich nur Rinder-, 
Schweine-, Ziegen- oder KanincheneiweiB bzw. mehrere dieser 
EiweiBarten nachweisen liefien. 15 Proben reagierten gegen 
, alle benutzten Antisera negativ, trotzdem sie sich bei der 
Salpetersaurekochprobe als eiweifihaltig erwiesen hatten. 

Die Bindungsreaktionvon Sachs-Georgiergab 
in alien Fallen, in denen mittels des Prazipi- 
tationsverfahrens PferdeeiweiB gefunden worden 
war, eine vollstandige Hemmung der Hamolyse. 
Die Uebereinstimraung beschrankte sich nicht nur auf die- 
jenigen Proben, in denen PferdeeiweiB allein nachgewiesen 
worden war, sondern lieB sich auch dort feststellen, wo neben 
dent PferdeeiweiB eine oder mehrere andere tierische EiweiB- 
arten vorhanden waren. Von den iibrigen nicht pferdefleisch- 
haltigen Wursten reagierten nach Sachs-Georgi alle negativ, 
bis auf eine angeblich aus Ziegen- und Kaninchenfleisch her¬ 
gestellte Bratwurst. Mittels der Pr&zipitationsmethode lieB 
sich in dem Extrakt dieser Wurst lediglich Ziegen- und 
KanincheneiweiB, dagegen kein PferdeeiweiB nachweisen, w&h- 
rend die Bindungsreaktion eine vollkommene Hemmung der 
Hamolyse ergab. Es lag raithin in diesem Falle scheinbar 
ein Versagen des Sachs-Georgischen Verfahrens vor, dem 
ich indes absolute Beweiskraft nicht zuerkennen mochte. Ein- 
mal hatte namlich die vollkommene Bindung der Hamolysine 
dadurch bedingt sein konnen, daB die Wurst neben Ziegen¬ 
fleisch auch eine gewisse fur eine positive Reaktion hin- 
reichende Menge von Ziegenblut enthielt. Andererseits lieBen 
die besonderen Umstande, unter denen die Probeentnahme 
erfolgt war, eine Verf&lschung mit Pferdefleisch als sehr wohl 
moglich erscheinen. Sachs und Georgi konnten bei geeig- 
neter Anordnung nocli einen Zusatz von nur 2 Proz. Pferde- 
wurst zu gewohnlicher Wurst erkennen. Es ware also auch 
denkbar, daB in unserem Falle ein Zusatz von sehr geringen 
Mengeu Pferdetieisches oder auch von gekochtem bzw. aus- 
gelaugtem Pferdefleisch stattgefunden hatte, der sich dem 



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Untersuchungen fiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 519 


Nachweis durch die Prazipitationsreaktion zwar entzog, durch 
das HSmolysinbindungsverfahren aber noch festzustellen war. 
Eine sichere Klarung war mir leider nicht moglich, so daB 
ich es zunachst unentschieden lassen mochte, wie weit das 
positive Resultat in diesem Falle fur oder gegen den prak- 
tischen Wert der Sachs-Georgischen Reaktion zu sprechen 
vermag. 

Von den Wursten, die zwar reagierfahiges EiweiB ent- 
halten, gegen alle verwandten Antisera aber negativ reagiert 
hatten, ergaben 3, eine Sardellenwurst und 2 Leberwiirste, 
eine positive Bindungsreaktion. Die Annahme, daB eine Ver- 
falschung mit Pferdefleisch trotz des Versagens der Pr&zipi- 
tation in Frage kommen konnte, fand bei der einen Leber- 
wurst eine Stiitze durch das Resultat der chemischen Fett- 
bestimmung, die von Herrn Dr. Berg auf der Abteilung fur 
Nahrungsmitteluntersuchung ausgefuhrt wurde und darauf hin- 
wies, daB es sich vermutlich ura Pferdewurst handelte. In 
den beiden anderen Fallen war diese wertvolle Erganzung 
meiner Befunde durch die chemische Priifung leider nicht 
mdglich. Ebensowenig gelang es mir, durch Verwendung von 
Hunde- und Katzenantiserum bei dem Fallungsverfahren Hunde- 
oder KatzeneiweiB als Ursache fur das Ausbleiben der Hamo- 
lyse nachzuweisen. Es miissen also aucli diese Falle als un- 
geklart bezeichnet werden. Erwfihnt sei noch, daB bei der 
einen dieser Proben, einer Leberwurst, die zur Kontrolle aus- 
gefiihrte Nachuntersuchnng nicht mehr ein volliges Ausbleiben 
der Hamolyse in alien Serumverdiinnungen ergab. Wahrend 
bei der ersten Prufung die Hemmung auch in den starkeren 
Serumkonzentrationen (1:50, 1:100) komplett aufgetreten war, 
lieB sie sich bei dem zweiten Versuch nur in den hoheren 
Verdiinnungen unvermindert feststellen, auBerte sich dagegen 
bei 1:50 und 1:100 in geringerem Grade. Im Hinblick auf 
den einwandfreien Ausfall der ersten Untersuchung habe ich 
die Probe zu den positiven gezahlt, obschon das Ergebnis 
der zweiten Prufung zu gewissen Zweifeln an der Richtigkeit 
dieser Diagnose Veranlassung geben konnte. Von derartig 
unvollkommenen Bindungen, welche die Beurteilung der 
Reaktion nicht unwesentlich zu erschweren vermogen, soli 
weiter unten noch die Redo sein. 


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520 


W. Gaehtgens, 


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Gegeniiber den eben besprochenen Versuchen beanspruchen 
die in Gruppe B zusammengefafiten insofern ein besonderes 
Interesse, als sie mit Material ausgeffihrt wurden, welches 
kein reagierf&higes EiweiB enthielt und sich darum fiir die 
Beurteilung der praktischen Brauchbarkeit der Bindungs- 
reaktion besonders eignen mufite. Diese Behauptung lafit sich 
allerdings nur mit der Einschrankung aufstellen, daB es ge- 
lingt, zuveriassige Auskunft fiber die Zusammensetzung der 
untersuchten Proben zu erhalten. Das ist nattirlich nicht in 
alien Fallen moglich. Immerhin geben nicht selten die Er- 
mittelungen und die besonderen Umstande bei der Probe- 
entnahme Anhaltspunkte ffir die Annahme, daB pferdefleisch- 
haltiges Material vorliegen konnte. Noch einfaclier liegen die 
Verhaitnisse, wenn die Proben vom Hersteller bzw. Verkaufer 
selbst als Pferdewurst bezeichnet werden. Denn es lafit sich 
nicht annehmen, daB der Produzent seine eigene Ware als 
pferdefleischhaltig, also im Sinne des Gesetzes als minder- 
wertig angeben wird, wenn das nicht den Tatsachen entspricht. 
In solchen Fallen kame also nur noch die Moglichkeit in 
Betracht, daB die positive Reaktion auch durch einen Zusatz 
von Hunde- oder Katzenfleisch bedingt sein kfinnte (von 
anderen ahnlich wirkenden, genuBfahigen Fleischarten sei zu- 
nachst abgesehen). Indes mochte ich dieser Frage keine allzu 
groBe Bedeutung beimessen, weil nach meinen Erfahrungen, 
soweit sie die Verhaitnisse in Hamburg betreffen, die Ver- 
falschungen von Fleischwaren mit Hunde- oder Katzenfleisch 
schlimmstenfalls nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. 

Von den in Gruppe B zusammengefafiten 62 Proben er- 
gaben 33 eine vfillige Bindung der heterogenetischen Hammel- 
hamolysine. Von diesen 33 Proben waren 12 von vornherein 
als pferdefleischhaltig bekannt, und zwar waren dies 9 Pferde- 
wfirste (1 davon als Rotwurst bezeichnet), 2 Pferdekonserven 
und 1 Stfick Pferdefleisch. Bei 15 weiteren Proben sprachen 
gewisse Anhaltspunkte fUr die Wahrscheinlichkeit, daB es sich 
urn pferdefleischhaltiges Material handeln konnte. Unter den 
fibrigen 6 Fallen konnte nur bei einer Leberwurst der Ver- 
dacht, daB eine Faischung mit Pferdefleisch vorliege, durch 
das Ergebnis der chemischen Fettbestimmung unterstfitzt 
werden. Es blieben also 5 Proben fibrig, in denen weder 



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Untersuehungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 521 


die polizeilichen Ermittelungen noch die chemische Unter- 
suchung das Resultat der Bindungsreaktion zu bestfitigen 
vermochten. Bezeichnet waren diese 5 Proben als Leberwurst, 
Quedlinburger Leberwurst, Ziegenleberwurst, Briihwurst und 
Rindfleischkonserve. Bei der Ziegenleberwurst ware ja an 
die Moglichkeit zu denken, daB Ziegenblutkdrperchen ebenso 
wie Hammelerythrozyten die Hamolysine zu binden vermogen; 
jedoch scheint mir die Annahme, daB in der Wurst so viel 
Ziegenblut, wie zum positiven Austall der Bindungsreaktion 
gehdrt, enthalten gewesen sei, wenig wahrscheinlich. Sichere 
Schliisse auf die Brauchbarkeit der Bindungsreaktion lassen 
sich aus den Versuchsergebnissen bei diesen 5 Proben jeden- 
falls nicht ziehen, da eine Kontrolle ihrer wirklichen Bestand- 
teile nicht moglich war. Das Gleiche gilt fflr das mit nega- 
tivem Resultat untersuchte Material (29 Proben), wenn auch 
bei diesen Fallen das Ausbleiben der Hamolysinbindung die 
iiber die Zusammensetzung der Proben gemachten Angaben 
meist zu unterstiitzen vermochte. 

Eine Zusammenfassung der im Obigen in i t - 
geteilten Erfahrungen ergibt, daB die Bindungs¬ 
reaktion von Sachs und Georgi in alien Fallen, 
wo PferdeeiweiB mit Sicherheit nachgewiesen 
war oder mit mehr oder minder groBer W a h r - 
scheinlichkeitvermutetwerden konnte, ein posi¬ 
tives Resultat ergab. In dieser Hinsicht konnte ich also 
vollkommen die eingangs erwahnten Beobachtungen Bauers 
iiber die Zuverlassigkeit der Methode bestatigen. Der prak- 
tische Wert des Verfahrens wird aber anschei- 
nend dadurch beeintrachtigt, daB die positive 
Bindungsreaktion gelegentlich auch bei Fleisch- 
und Wurstwaren auftritt, in denen PferdeeiweiB 
weder nachzuweisen noch anzunehinen ist. Die 
von mir beobachteten ungekiarten Faile dieser Art sind zwar 
nicht geeignet, unbedingt gegen die Brauchbarkeit der Methode 
zu sprechen, weil die einwandfreie Feststellung der einzelnen 
Wurstbestandteile nicht moglich war. Sie bedingen aber 
andererseits eine gewisse Unsicherheit bei der Verwertung 
positiver Resultate und zeigen, in Uebereinstimmung mit den 

Zeitschr. f. Immunittitsforschung. Orig. Bd. 31. 35 


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522 


W. Gaehtgens, 


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Beobachtungen von Seligmann und von Gutfeld, daB 
die Reaktion in ihrer jetzigen Form fiir die Praxis noch nicht 
zu empfehlen ist. In geeigneten Fallen wird die 
Hamolysinbindung zwar das Ergebnis der P r a - 
zipitation undchemischen Untersuchung in wert- 
voller Weise ergSnzen und stfltzen konnen, nicht 
aber ohne diese ein wissenschaftliches Oder 
gerichtliches Gutachten ermbglichen. 

Einen weiteren Nachteil der Bindungsreaktion stellen die 
gelegentlich beobachteten partiellen Heramungen dar, welche 
die Beurteilung des Endergebnisses nicht unwesentlich zu 
beeintrachtigen vermdgen. Ihr Vorkommen beschrankt sich 
keineswegs nur auf Ziegenwiirste, bei denen ein etwaiger 
Gehalt an Ziegenblut die mehr oder minder ausgesprochene 
Bindung der Hamolysine erklaren kdnnte, sondern hat sich 
auch bei manchen Rinder- und Schweinewiirsten nicht weniger 
storend bemerkbar gemacht. Oft handelt es sich dabei nur 
urn geringgradige Hemmungen oder um das Ausbleiben der 
Hamolyse nur bei einzelnen, besonders den st&rkeren Serum- 
konzentrationen. In solchen Fallen wird sich die Diagnose 
durch den Vergleich mit der positiven Kontrolle bis zu einem 
gewissen Grade meist noch sicherstellen lassen. Schwieriger ist 
die Beurteilung, wenn die Hemmungen, ahnlich wie bei pferde- 
fleischhaltigen Proben, gleichmaBig in alien Rohrchen unter 
volligem oder fast volligem Ausbleiben jeglicher Hamolyse 
auftreten. Bereits Sachs und Georgi haben auf das Vor¬ 
kommen von antikomplementaren Wirkungen hingewiesen und 
empfohlen, die Rohrchen gleich nach dem Komplementzusatz 
in ein Wasserbad von 37° C zu bringen; die Hamolyse soli 
dann sehr rasch eintreten, bevor die antikomplementar gerich- 
teten Stoffe ihre hemmende Wirkung wesentlich zu entfalten 
vermogen. 

Fragt man nach der Ursache dieser partiellen Hemmungen, 
so liegt es nahe, zunachst die hamolytische Wertigkeit des 
Antiserums damit in Verbindung zu bringen. Es ware denkbar, 
daB Sera mit niedrigem hamolytischen Titer eher unsichere 
Resultate geben, als hoherwertige Sera. Von diesera Gesichts- 
punkte aus empfehlen Seligmann und v. Gutfeld, welche, 
ebenso wie Sachs und Georgi, nur Sera mit einem Titer 



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Untersuchungen fiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 523 

von mindestens 1:800 verwendet haben, hochwirkende Sera. 
Bauer hingegen teilt mit, daB er auch minderwertige Sera 
(Titer 1:200 und weniger) mit sehr gutem Erfolge benutzt 
habe. Meine eigenen Erfahrungen sind mehr geeignet, die 
Angaben Bauers zu bestatigen. Bei der Verwendung von 
Antisera, deren Titergrenzen zwischen 1:200 und 1:800 
schwankten, habe ich Unstimmigkeiten, die auf zu geringe 
hBmolytische F&higkeiten hindeuteten und durch sie nach Aus- 
schluB anderer Moglichkeiten zu erklaren w&ren, nicht beob- 
achten kbnnen. Vielleicht ware im Gegenteil an die Moglich- 
keit zu denken, daB die Verwendung sehr hochwertiger Anti¬ 
sera auch mit gewissen Nachteilen verknupft sein konnte, 
durch die sich z. B. das Versagen der Reaktion bei manchen 
sicher pferdefleischhaltigen Proben, wie es Seligmann und 
v. Gutfeld beobachtet haben, erklBren liefie. 

Nach meiner Ansicht miissen die Ursachen der partiellen 
Hemmungen anderer Art sein, und zwar entweder in einer 
unspezifischen Adsorption der HSmolysine, oder in nicht naher 
bestimmbaren antikomplementaren Wirkungen, wie sie auch 
von Sachs und Georgi angenommen werden, zu suchen 
sein. Um zu entscheiden, welcher von beiden Faktoren oder 
ob beide gemeinsam dafiir verantwortlich zu machen seien, 
muBte der EinfluB eines einfachen Kochsalzextraktes aus nicht 
pferdefleischhaltigen, partiell hemmenden Wiirsten auf frisches 
Meerschweinchenserum geprtift werden. Trat nach Zusatz von 
sensibilisierten Hammelblutkbrperchen zu derartig vorbehan- 
deltem Komplement die Hamolyse nur teilweise auf oder blieb 
gar vollig aus, so war dieses Ergebnis geeignet, fiir eine anti- 
komplementare Wirkung der Extrakte zu sprechen. Fiir die 
Sensibilisierung der Erythrozyten durfte, in Ermangelung eines 
anderen hSmolytischen Systems, nur ein echter Hammelblut- 
ambozeptor benutzt werden, um mit Sicherheit einen storen- 
den EinfluB der heterogenetischen H&molysine ausschalten zu 
konnen. 

Fur diesen Versuch wahlte ich mir einige Wiirste aus, 
welche derartige partielle Hemmungen hervorgerufen hatten. 
Von jeder Probe wurde 2—3 g mit 5 ccm physiologischer 
Kochsalzlbsung 1 Stunde bei 37° C extrahiert, das Gemisch 
durch ein Hartfilter filtriert und dann fallende Mengen des 

35* 


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524 


W. Gaehtgens, 


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Filtrates rait 0,5 ccm Komplement (1:10) fur eiue balbe Stunde 
in das Wasserbad gebracht. Hierauf wurden dem Gemenge 
0,5 ccm 5-proz. Hammelblut + 5 ccm echten Hammelblutambo- 
zeptors (4-fache Titerdosis), die bereits eine halbe Stunde vor- 
her gemischt worden waren, zugefiigt und die GlSschen wieder 
in das Wasserbad gestellt. Nacli einer Stunde wurde das 
Resultat vorl&ufig abgelesen und nach 24-stiindigem Aufenthalt 
im Eisschrank endgtiltig festgestellt. 


Tabelle III. 


No. 

Extrakt v. 2—3 g W urst 
-f 5 ccm Kochsalzlosg. 

Prazipitation 

Extraktverdiinnung 

konzentriert 

1:2 

1:5 

1 

Sardellenwurst 10065 

pos. f. Kaninchen 

+ (0) 

0 

0 

2 

Mettwurst 6636 

pos. f. Rind 

+ (0) 

0 

0 

3 

Fleischwurst 6049 

negativ 

+ + + (+ + +) 

+ (0) 

0 

4 

Mettwurst 5637 

pos. f. Rind 

+ (0) 

0 

0 

5 

Leberwurst 7912 

pos. f. Kan. + Ziege 

0 

0 

0 

6 

Fleischwurst 7493 

dasselbe 

0 

0 

0 


Anmerkung: Die eingeklammerten Zahlen geben die Befunde nach 
24 Stunden wieder. 


Von 6 verschiedenen Wiirsten, die bei dem Verfahren 
nach Sachs und Georgi mehr oder minder ausgesprochene 
partielle Hemmungen hervorgerufen hatten, waren, wie aus 
Tabelle III hervorgeht, 4 imstande, das Komplement zu beein- 
flussen, wenn auch in verschiedener Starke. In 3 Fallen, bei 
2 Rinderwiirsten und 1 Kaninchenwurst, war die Wirkung 
nur schwach ausgesprochen; nach 1 Stunde war in den mit 
konzentriertem Extrakt beschickten Glaschen eine deutliche 
Hemmung zwar unverkennbar, doch war spater im Eisschrank 
vollige Nachlosung eingetreten. Dagegen hatte die Fleisch- 
wurst 6049, in der sich mittels des Prazipitationsverfahrens 
weder Pferde-, noch Rinder-, Schweine-, Kaninchen- oder 
ZiegeneiweiB hatte nachweisen lassen, das Komplement in 
dem Sinne beeinfluBt, daB auch nach 24 Stunden keine Spur 
von Hamolyse festzustellen war. Die letzten beiden Proben, 
zwei aus Kaninchen- und Ziegenfleisch hergestellte Wiirste, 
hatten wieder gar keine antikomplement&re Wirkung entfalten 
konnen. In diesen beiden Fallen muB daher per exclusionem 



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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Saehs-Georgi usw. 525 


der SchluB berechtigt sein, daB die partielle Bindung der 
heterogenetischen Hamolysine unter Umstanden auch durch 
unspezifische Adsorption zustande kommen kann. Es ergibt 
sich demnach aus dem ganzen Versuch, daB das 
Auftreten der partiellen Heramungen bei nicht 
pferdefleischhaltigem Material teils auf anti- 
komplementareWirkungen,teilsaufunspezifische 
Adsorption der Hamolysine zuruckzufiihren ist. 

Bereits Sachs und Georgi haben darauf hingewiesen, 
daB es sich moglicherweise empfehlen wiirde, die zu unter- 
suchenden Proben zunSchst 10—15 Minuten auf 100° C zu 
erhitzen, urn „damit die Interferenz artspezifischer Kon- 
figurationen von vornherein auszuschalten“. Aus ihren Aus- 
fiihrungen geht indes nicht hervor, wie weit sich diese Angabe 
auf eigene Versuche griindet. Da das sofortige Verbringen 
der Rohrchen in ein Wasserbad nach dem Komplementzusatz 
nach meinen Erfahrungen nicht genugt, um die antikomplemen- 
taren Wirkungen mit Sicherheit auszuschalten, muBte nach 
anderen Mitteln gesucht werden, um diesen Uebelstand nach 
Moglichkeit zu vermeiden Oder doch wenigstens einzuschranken. 
Zwei Wege erschienen von vornherein gangbar und aussichts- 
voll, dieses Ziel zu erreichen, namlich einmal die vorherige 
Erhitzung der Proben und andererseits das quantitative 
Arbeiten mit abgestuften Mengen. In Tabelle IV habe ich 
die Ergebnisse einiger Versuche, welche ich in dieser Richtung 
ausgefflhrt habe, zusammengestellt. 


Tabelle IV. 


No. 

Antiserum 126 
vorbehandelt mit 

Antiserum-Verdiinnung 

Kon- 

trolle 

Priizipitation 
positiv fiir 

1:50 

1:100 

| 1:200 

11:500 

1:1000 

1 

2,5 g Salamiwurst 21818, 
ungekocht 

+ + + 

+ + 

e 

± 

+ 

+ + + 

RindereiweiB 

2 

1,0 g dasselbe 


0 

e 

± 

+ 

+ + + 


3 

0,5 g 

e 

e 

e 


+ 

+ + + 

»> 

4 

2,5 g dass., 2 Min. gek. 

e 

e 

e 

± 

+ 

+ + + 

V 

5 

1,0 g „ 2 „ 

e 

0 

0 

± 

+ 

+ + + 


6 

2,5 g Wurst 3207 ungek. 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

+ + + 

Pferdeeiweifi 

7 

8 fj » 1) 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + + 

+ 4" + 


8 

g „ ,, 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

11 

9 

0,5 g „ 

+ 

+ + 

+ + 

+++ 

+ + + 

+++ 

11 

10 

Nicht vorbehandelt 

e 

e 

0 


+ 

+++ 



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526 W. Gaehtgens, 

Wie Tabelle IV zu entnelimen ist, hatte bei Verwendung 
der iiblichen Materialmenge (2,5 g) die Rinderwurst 21 818 ini 
Bindungsversuch in den starkeren Serumkonzentrationen eine 
so ausgesprochene Hemmung der Hamolyse zur Folge, daB 
eine klare Beurteilung des Resultates kaum mbglich war. 
Wurde nur 1 g Wurst zur Vorbehandlung des Antiserums 
benutzt, so blieb nur noch eine leichte Hemmung in der ge- 
ringsten untersuchten Verdiinnung (1:50) ubrig. Erst bei 
0,5 g Material war aber auch bei 1:50 vollkommene Losung 
des Hammelblutes eingetreten, so daB nun der einwandfreien 
Diagnose kein Hindernis mehr im Wege stand. Eine ahnliche 
Wirkung hatte die vorherige kurze Erhitzung der Rinderwurst 
auf 100° C. Wie mir besondere, hier nicht naher angefflhrte 
Versuche zeigten, geniigte schon ein 1 — 2 Minuten langes 
Erhitzen, um die partiellen Hemmungen auch bei Verwendung 
von 2,5 g Wurst vollig auszuschalten. Den EinfluB der Siede- 
temperatur auch auf Pferdewurst noch besonders zu unter- 
suchen, eriibrigte sich, da die in Frage kommenden Antigene 
ja durch Koktostabilitat ausgezeichnet sind. Ueberdies werden 
sie nach den Angaben von Sachs und Georgi, die ich 
durch meine Untersuchungen oftmals bestatigt sah, durch 
thermische Einfiusse in ihrer Wirkung nicht nur nicht ab- 
geschw&cht, sondern eher funktionstuchtiger. Die quantitative 
Auswertung der Pferdewurst 3207 ergab, daB bei Verwendung 
von 1,0—2,5 g Wurst die Bindung der H&molysine in alien 
Serumverdiinnungen unverandert komplett aufgetreten war. 
Dagegen machte sich bei 0,5 g Wurst ein so unverkennbarer 
Ruckgang der Hemmung in den starkeren Serumkonzentrationen 
bemerkbar, daB die einwandfreie Beurteilung eines derartigen 
Endergebnisses in der Praxis unter Umstanden Schwierig- 
keiten bereiten wurde. Es ergibt sich also, daB sich 
das Auftreten partieller Hemmungen sowohl 
durch kurze vorherige Erhitzung des Materials 
auf 100° C als auch durch die Verwendung 
kleinerer Wurstmengen vermeiden 1 a B t. Das 
Arbeiten mit abgestuften Mengen erscheint mir fur praktische 
Zwecke weniger empfehlenswert, weil man Gefahr lauft, bei 
pferdefleischhaltigen Wiirsten, deren prozentualer Gehalt an 



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Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 527 

Pferdefleisch ja nicht bekannt ist, die fiir den Nachweis not- 
wendige Mindestmenge zu unterschreiten. Ich habe deshalb 
in alien derartigen Fallen ausschlieBlich die vorherige, 1 bis 
2 Minuten lange Erhitzung in Anwendung gebracht und fest- 
stellen konnen, daB sich auf diese Weise die partiellen Hem- 
mungen, wenn auch nicht immer mit absoluter Sicherheit, 
vermeiden, so doch wesentlich einschranken lassen. 

n. Die Bindung heterogenetischer Hammelhamolysine durch 
verschiedene Fleischarten. 

Der praktische Wert der Bindungsreaktion von Sachs 
und Georgi wird, wie im Obigen auseinandergesetzt worden 
ist, einmal dadurch beschrankt, daB positive Resultate gelegent- 
lich auch bei Material erhalten werden, in dem die Anwesen- 
heit von Pferdefleisch weder nachgewiesen noch vorausgesetzt 
werden kann. Ferner vermogen partielle Hemmungen die 
Beurteilung des Befundes nicht unwesentlich zu erschweren, 
doch kann diese Schwierigkeit durch eine geeignete Versuchs- 
anordnung auf ein Minimum beschrankt werden. Dagegen 
muB die Tatsache, daB die Reaktion nicht fur eine einzige 
Tierart, sondern nur fiir eine bestimmte Tiergruppe spezifisch 
ist, zu recht erheblichen Bedenken AnlaB geben. Der positive 
Ausfall besagt ja nur, daB in dem fraglichen Falle das Fleisch 
von Pferd, Hund, Katze, Meerschweinchen, Huhn Oder Schild- 
krote in Frage kommen k5nnte. Die letztgenannten 3 Arten 
beanspruclien, wie schon Seligmann und v. Gutfeld 
hervorgehoben haben, deswegen geringere Bedeutung, weil 
sich die Verarbeitung dieser Tiere teils wegen ihrer geringen 
GroBe, teils wegen des hohen Preises nicht lohnen wiirde. In 
einem positiven Falle wiirde also nur der SchluB berechtigt 
sein, daB eine minderwertige Beimengung in der Wurst ent- 
halten sei, die Frage aber offen bleiben, ob die Verfaischung 
durch Pferde-, Hunde- Oder Katzenfleisch bedingt sei. Gerade 
diese Feststellung aber kann unter Umst&nden und besonders 
in gerichtlichen Fallen von weittragender Bedeutung sein. 

Dariiber hinaus erhebt sich weiter die Frage, ob nicht 
auch Fleisch und Organe von anderen Tierarten auBer den 


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528 


W. G aeh tgen s, 


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eben erw&hnten fiir einen positiven Ausfall der Reaktion in 
Betracht kommen konnten. Diese Moglichkeit ist insofern von 
praktischer Bedeutung, als nach Uhlenhuth schon vor dem 
Kriege Verffilschungen mit anderen Fleischarten, z. B. Kamel-, 
Walfisch-, Fischfleisch usw. festgestellt worden sind. War der 
Anreiz zu derartigen Falschungen schon vor dem Kriege vor- 
handen, so muB diese Verlockung heutzutage angesichts der 
Fleischnot und -teuerung als besonders groB bezeichnet werden. 
Ich babe deshalb in dieser Richtung eine Reihe von Unter- 
suchungen ausgefiihrt, um die Grenzen der Bindungsreaktion 
genauer festzulegen. Durch das liebenswiirdige Entgegen- 
kommen des Direktors des hiesigen zoologischen Gartens, Herrn 
Prof. Dr. V o s s e 1 e r und des Herrn Dr. Sokolowsky, denen 
ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aus- 
spreche, war ich in den Stand gesetzt, Fleisch und Organe ver- 
schiedener Tierarten zu untersuchen. Bereits in einer friiheren 
Arbeit habe ich (8) mitteilen konnen, daB Walfischfleisch in 
rohem, gewfissertem und gekochtem Zustande, sowie Kamel- 
fleisch und -niere f&hig sind, die heterogenetischen Hammel- 
hfimolysine zu binden. Diese Tatsache erscheint nicht un- 
wichtig im Hinblick auf die bereits vor dem Kriege festgestellten 
Verfalschungen von Wurst mit Kamel- und Walfischfleisch und 
gewinnt noch an Bedeutung durch die Mitteilung (9), daB in 
Nordamerika groBe Mengen von Walfischfleisch zu Gefrier- 
fleisch und Konserven verarbeitet werden, und daB Walfisch¬ 
fleisch schon in franzosischen Restaurationen ausgegeben wird. 

Tabelle V. 


Verhalten des Fleisches verschiedener Tierarten zu heterogenetischen 
Hammelhamolysinen. 


A. JBindung 

B. Keine Bindung 

Pferd — Togoponny 

Rind — Ziege — Reh — Damhirsch 

Kaniel 

Schwein 

Hund 

Kaninchen 

Katze — Ozelot 

Ratte 

Meerschweinchen — Agouti 

Schimpanse 

Hamster 

Kuckuck, Bachstelze, Kreuzschnabel 

Hahn — Diamantfasan 

Ohreule 

Straufi 

Turmfalke — Sperber 

Truthahngeier 

Hering, Kabeljau, Schellfisch 

Walfisch 



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UnterBuchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi usw. 529 


In der vorstehenden Tabelle V habe ich die von mir untersuchten 
Tierarten getreunt in zwei Gruppen, je nach ihrer Fiihigkeit, 
eine positive Bindungsreaktion auszulosen oder nicht auszu¬ 
losen, angefuhrt. Auch die bereits von anderen Autoren unter¬ 
suchten Tierarten, die nachzupriifen ich Gelegenheit hatte, sind 
in diese Zusammenstellung aufgenommen. 

Wie aus Tabelle V hervorgeht, scheint die Fahig- 
keit, die heterogenetischen Hammelhamolysine 
zu binden, im Tierreich recht weit verbreitet zu 
sein. Wenn das Vorkoramen und das Fehlen dieser Eigen- 
schaft scheinbar auch jegliche Regel und Gesetzm&Bigkeit ver- 
missen lassen, so ist es andererseits doch interessant, zu be- 
obachten, wie verwandte Tierarten in dieser Hinsicht ein 
gleiches Verhalten aufweisen. Bei so nahen Verwandten wie 
Pferd und Togoponny ist das nicht weiter auffallig. Bemerkens- 
wert erscheint es dagegen, wenn auch entferntere Verwandte 
wie Hahn und Diaraantfasan, das Ozelot, eine neuweltliche 
Tigerkatze, und die Katze, das Meerschweinchen und das 
diesem im zoologischen System folgende Agouti in gleicher 
Weise die Bindungsreaktion hervorrufen konnen. Aehnlich 
liegen die Verhaltnisse bei den Vertretern der Gruppe B. 
Auch hier herrscht insofern Uebereinstimmung, als die durch 
mehr oder minder nahe Verwandtschaft ausgezeichneten Tiere 
(Rind — Ziege — Reh — Hirsch, Turmfalke — Sperber) in 
gleicher Weise das Bindungsvermogen vermissen lassen. 
Interessant ist auch, daB der Schimpanse, ebenso wie der 
Menscb, zu dieser Gruppe gehort. Fur die Bewertung der 
praktischen Brauchbarkeit der Sachs-Georgischen Reaktion 
sind die obigen Befunde von geringerer Bedeutung, da das 
Fleisch der meisten untersuchten Tierarten fiir die Ver- 
falschung von Nahrungsmitteln auch unter aufiergewohnlichen 
Verhaltnissen kaum in Betracht kommen diirfte. Nur das 
Fleisch vom Walfisch und vom Kamel nimmt in dieser 
Hinsicht aus den oben angefiihrten Grunden eine Sonder- 
stellung ein. 

Ebenso wie das Fleisch wurde in den meisten Fallen 
auch die Niere mituntersucht. Das Ergebnis war immer das 
gleiche wie bei den mit Fleisch ausgeflihrten Versuchen 


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530 


W. Gaehtgens, 


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War letzteres imstande, die heterogenetischen Htimolysine zu 
binden, so lieB sich der gleiche Befund ausnahraslos auch bei 
der Niere erheben. Der Vollstfindigkeit wegen sei noch er- 
wahnt, daB mit einem Extrakt von Walfischfleisch ebenso wie 
mit Meerschweinchennierenemulsion ein h&raolytisches Anti¬ 
serum fur Hammelblut erzeugt werden konnte. 

Das Vorkommen der koktostabilen Rezeptoren beim Huhn 
lieB es schliefilich von Interesse erscheinen, zu priifen, wie 
sich Huhnereier in dieser Hinsicht verhalten. Zum Vergleich 
konnte ich die Eier von Gansen und Enten mituntersuchen. 
Von der Gans ist ja, wie oben angefiihrt, bekannt, daB sie 
sich ebenso verhalt wie Rind, Ziege, Schwein, Kaninchen usw. 
Die Organe der Ente sind zwar, soweit ich die Literatur zu 
ilberblicken vermag, nicht besonders untersucht worden, doch 
laBt sich bei ihrer nahen Verwandtschaft mit der Gans und 
im Hinblick auf meine in Tabelle V niedergelegten Beobach- 
tungen wohl annehmen, daB auch die Ente der Gruppe nicht- 
bindender Tierarten zuzuzahlen ist. 


Tabelle VI. 


d 

Antiserum 163 
vorbehandelt mit 

Antiserum-Verdiinnung 

Kon¬ 

trolle 

fc 

1:50 | 

|l: 100 

] : 200 

11:400 

1:800 

1 ; 

Huhnerei (V, Std. bei 100°) 

e 

± 

1 

+ 

+ + 1 

+ + + 

+ 

2 

Huhnereigelb (V, Std. bei 100°) 

i | 

+ 

++ 

' + + + ; 

+ + + 

+ + + 

3 

Huhnereiweifi( „ „ „ „ ) 

e 

e 

0 

e 

± 

+ + + 

4 1 

Ganseei (■/, Std. bei 100°) 

e 

e 

e 

0 

+ 

+ + + 

51 

Entenei („ „ „ „ ) 

e 

e 

e 

e 

± 

+ + + 

6 

Hiihnerfleisch 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

7 

Rindfleisch 

e 

e 

e 


+ 

+ + + 

8 ! 

Nicht. vorbehandelt 

« i 

e 

e 

0 


+ + + 


Wie aus Tabelle VI hervorgeht, hatte das zum Versuche 
benutzte Antiserum 163 einen hamolytischen Titer von fast 
1 :800. Wahrend durch das zur Kontrolle mituntersuchte 
Hiihnerfleisch die HBmolysine vollkommen gebunden wurden, 
hatte Rindfleisch sie unbeeinfluBt gelassen. Auch die 
V, Stunde auf 100° erhitzten Enten- und GBnse- 
eier waren wirkungslos, dagegen hatte in der mit 
Huhnerei vorbehandelten Antiserumprobe eine 



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Unterauchungen iiber die Bindungsreaktion von Sachs-Georgi new. 531 


deutlich erkennbare, wenn auch nicht vollkom- 
mene Bindung der Hamolysine stattgefunden. 
Beim Versuch, festzustellen, welchem Bestandteile des Eies 
diese Fahigkeit zukomme, zeigte es»sich, daB das Hiihner- 
eiweiB jegliches Bindungsvermogen verraissen 
lieB, wahrend die Vorbehandlung mit Eigelb zu 
einer ausgesprochenen Adsorption der Ha mo- 
lysine fflhrte. Die Hemmung der Hamolyse war aller- 
dings nicht so stark ausgepragt, wie es von einer einwandfrei 
positiven Bindungsreaktion zu erwarten war, aber doch so 
deutlich, daB an der Existenz der hitzebestandigen Rezeptoren 
im Huhnereigelb nicht zu zweifeln war. Weitere Unter- 
suchungen liber die Frage, ob die hamolysinbindenden Stoffe 
im Dotter selbst Oder vielleicht in der Keimscheibe zu suchen 
seien, fiihrten zu keinem eindeutigen Ergebnis, schienen aber 
mehr daftir zu sprechen, daB sich die Rezeptoren in dem 
Dotter als solchem befinden. Als sicher kann jeden- 
falls gelten, daB schon im Huhnereigelb Sub- 
stanzen vorhanden sind, welche die heterogene- 
tischenHammelhamolysineweitgehend zu binden 
imstande sind. Die unvollkommene Ausbildung dieses 
Hemmungsvermogens ist vielleicht geeignet, bis zu einem 
gewissen Grade die Tatsache zu erklSren, daB ich in einem 
prazipitierenden hochwertigen Hiihnereigelb-Antiserum keine 
nennenswerten hSmolytischen Eigenschaften gegenviber Hammel- 
blut feststellen konnte. 


Zusammenfassung. 

Die Hamolysinbindungsreaktion von Sachs und Georgi 
ergab in alien Fallen, wo PferdeeiweiB mittels der Prazipitations- 
methode nachgewiesen oder mit mehr oder weniger groBer 
Wahrscheinlichkeit vermutet werden konnte, ein positives 
Resultat. Der praktische Wert des Verfahrens wird aber an- 
scheinend dadurch beeintrachtigt, daB ein positives Ergebnis 
gelegentlich auch bei der Untersuchung von Fleisch- und 
Wurstwaren, in denen PferdeeiweiB weder direkt festzustellen 
noch auch anzunehmen ist, auftritt. Ferner machen sich bei 


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532 Gaehtgens, Untersuchungen iiber die Bindungsreaktion usw. 

nicht pferdefleischhaltigem Material partielle Hemmungen der 
Hamolyse, die teils auf antikomplementare Wirkungen, teils 
auf unspezifische Adsorption zuriickzufiihren sind, oft storend 
bemerkbar. Durch vorhdtige 1—2 Minuten lange Erhitzung 
des Materials auf 100° lassen sich die durch partielle Hem¬ 
mungen bedingten unsicheren Resultate indes weitgehend ein- 
schranken. Ein weiterer Nachteil ist, daB die F&higkeit, die 
heterogenetischen Hammelhamolysine zu binden, im Tierreich 
recht weit verbreitet zu sein scheint. Abgesehen von Pferd, 
Hund und Katze, gehoren auch Walfisch und Kamel zu den 
groBeren eBbaren Tieren, in deren Organzellen sich die 
hamolysinbindenden Rezeptoren finden. Da die Bindungs¬ 
reaktion nicht fur eine einzige Tierart, sondern nur fUr eine 
anscheinend recht umfangreiche Tiergruppe charakteristisch 
ist, kann sie in ihrer jetzigen Anwendungsform nicht als ge- 
eignet fur die sichere Identifizierung von gekochtem EiweiB- 
material bezeichnet werden. Dagegen vermag sie in manchen 
Fallen das Ergebnis der Prazipitation und der chemischen 
Untersuchung zu erganzen und zu stiitzen. 

Literatur. 

1) Uhlenhuth und Weidanz, Praktische Anleitung zur Ausfiihrung 
des biologischen Eiweifidifferenzierungsverfahrens. Jena, Gustav Fischer, 
1909. 

2) Sachs und Georgi, Zeitschr. f. Immunitiitsf., Bd. 21, 1914, p. 342. 

3) Forssman, Biochem. Zeitschr., Bd. 37, 1911, p. 78. 

4) Doerr und Pick, Biochem. Zeitschr., Bd. 50, 1913, p. 129. 

5) Amako, Zeitschr. f. Chemotherapie, Orig., Bd. 1, 1913, p. 224. 

6) Bauer, Zeitschr. f. Flei6ch- u. Milchhyg., 1917, p. 97. 

7) Seligmann und v. Gutfeld, Berl. klin. Wochenschr., 1919, p. 964. 

8) Gaehtgens, Med. Klinik, 1920, p. 556. 

9) Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg., 1920, p. 183. 


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Giese. Exp. Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen. 533 


Nnchdruck verboten. 

[Aus der Veterinfirabteilung des Reichsgesundheitsamtes.] 

Experimentelle Untersuchungen ttber die Einwirkung 
von Organen, Organextrakten, Exsudaten und Sekreten 
auf Tuberkelbacillen im Reagenzglase und entsprecliende 
Heil- und lmmunisierungsyersuche gegen die Tuberkulose 

der Haustiere ')• 

Von Dr. med. vet. Cl. Giese, 

Regierungsrat und Mitglied des Reichsgesundheitsamtes. 

(Eingegangen bei der Redaktion am 19. November 1920.) 

Zur Fortsetzung der Immunisierungsversuche gegen die 
Tuberkulose der Haustiere wurde in der Veterinarabteiluug 
des Reichsgesundheitsamtes untersucht, ob es moglich sei, 
im Reagenzglase die Virulenz der Tuberkelbacillen unter der 
Einwirkung von Organextrakten (PreBsaften), Exsudaten und 
Sekreten hauptsachlich von tuberkulosen Rindern und Meer- 
schweinchen zu beeinflussen. Die auf Anregung von Herrn 
Geheimen Regierungsrat Dr. Titze ausgefiihrten Untersuch¬ 
ungen wurden von Herrn Stabsveterinar Lindner begonnen 
und von mir zu einem vorlaufigen AbschluB gebracht, 
weil es die Zeitverhaltnisse verbieten, die kostspieligen Unter¬ 
suchungen in wiinschenswerter Weise auszubauen. Der leitende 
Gedanke bei diesen Arbeiten bestand darin, experimentell fest- 
zustellen, ob sich unter dem Einflusse von Extrakten aus un- 
veriinderten und veranderten Organen tuberkuloser Tiere aus 
Tuberkelbacillen ein Antigen von immunisierender Oder heilen- 
der Eigenschaft gewinnen laBt. In einem Teile der Versuche 
wurde nicht nur die zelluldre Einwirkung der Organe auf 
Tuberkelbacillen herangezogen, sondern gleichzeitig ein etwaiger 
AufschluB der Tuberkelbacillen unter dem Einflusse von Wir- 
kungen studiert, die vom Blutserum tuberkuloser Tiere bei 

1) Nach einem auf der 86. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte am 21. September 1920 in Bad Nauheim gehaltenen Vortrage. 


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534 


Cl. Giese, 


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gleichzeitigem Vorhandensein von Komplement hatten ausge- 
lost werden konnen. 

Zur Herstellung der PreBs&fte wurden einerseits solche 
Organe verwendet, die gegeniiber der Erkrankung an Tuber- 
kulose sehr widerstandsfahig sind, und andererseits solche 
Organe, die zu tuberkuloser Erkrankung besonders neigen. 
Mit den PreBsaften, bzw. mit den Tuberkelbacillen, auf welche 
die PreBsafte, Exsudate usw. eingewirkt hatten, wurden Meer- 
schweinchen, die bekanntlich das beste Reagenz auf Tuberkel- 
bacilleu darstellen, behandelt. 

Die angestellten Versuche gliedern sich in folgende zwei 
Hauptgruppen: 

A. Einwirkungvon Organen, Organextrakten, 
Exsudaten und Sekreten auf Tuberkelbacillen in 
vitro. 

B. Immunisierungs- und Heilversuche mit Or¬ 
ganextrakten, Exsudaten und Serum tuberkuloser 
Tier e. 

Titze hatte auf der Tagung der mikrobiologischen Ge- 
sellschaft im Jahre 1912 auf die auch von anderen Autoren 
behauptete Virulenzabschw&chung der Tuberkelbacillen durch 
Lymphknotengewebe hingewiesen und die Frage aufgeworfen, 
ob die Lymphknoten nur dazu dienen, die Tuberkelbacillen 
abzufangen und zu fixieren oder ob sie auch die Fahigkeit 
besitzen, die Tuberkelbacillen in ihrer Entwicklung zu hemmen 
oder gar abzutoten? Titze beantwortete die Frage dahin, 
daB dem Anscheine nach nur der erste Teil der Frage zu be- 
jahen sei; bei natiirlicher Tuberkulose seheu wir n&mlich nicht, 
daB die Tuberkelbacillen in den Lymphknoten weniger virulent 
sind, als die in den anderen Organen. Trotzdem scheint unter 
Umst&nden eine Virulenzschwachung der Tuberkelbacillen in 
den Lymphknoten einzutreten. In einem von Titze ange- 
gestellten Versuche, in dem er fein zerschnittene Lymphknoten 
eines tuberkulosen Rindes mit einer Tuberkelbacillenemulsion 
zusammenbrachte und sie 2—3 Tage im Brutschrank bei 37° 
stehen lieB, konnte er feststellen, daB die Tuberkelbacillen 
erheblich an Virulenz verloren hatten und fiir Meerschweinchen 
selbst apathogen werden konnten. In Ausstrichpraparaten 
zeigten solche Tuberkelbacillen unter dem Mikroskop keine 



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Ex per. Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen usw. 535 


Veranderungen; die mit dem Gemisch geirapften Meerschwein- 
chen wurden aber nur geringgradig oder auch gar nicht tuber¬ 
kulos. Es ist aber bisher nicht gelungen, aus den Gemischen 
etwa apathogene Tuberkelbacillen zu zfichten. 

Dieser Versuch wurde von mir 3mal nachgepriift. 

Die erste Nachpriifung ergab, daB 5 mit dem PreBsaft 
eines solchen Gemisches subkutan geimpfte Meerschweinchen, 
der nach 5-thgiger Einwirkung des Lymphknotengewebes auf 
Tuberkelbacillen gewonnen war, gar nicht tuberkulos wurden, 
wahrend die 2 angesetzten Kontrollen nach 5—6 Wochen an 
allgemeiner Tuberkulose starben. 

Bei der zweiten Nachpriifung, die wiederum mit PreBsaft 
angestellt wurde, der nach Einwirkung des Lymphknotenge¬ 
webes auf Tuberkelbacillen gewonnen war, wurden ein Meer¬ 
schweinchen nur geringgradig, 5 Meerschweinchen gar nicht 
tuberkulos. 

Der dritte Versuch wich von den beiden vorigen insofern 
ab, als nicht das Lymphknotengewebe, sondern der aus dem 
Lymphknotengewebe gewonnene PreBsaft 5 Tage lang auf die 
Tuberkelbacillen einwirkte und dann zur Einspritzung gelangte. 
Drei mit einem solchen PreBsaft subkutan geimpfte Meer¬ 
schweinchen starben nach 8 und 9 und 20 Wochen nach der 
Impfung an Tuberkulose, wahrend die angesetzten Kontrollen, 
die mit Kochsalzlosung -f Tuberkelbacillen geimpft waren, 
bereits nach 5 und 6 Wochen an allgemeiner Tuberkulose ein- 
gingen. 

PreBs&fte aus tuberkulosen Lymphknoten von Rind und 
Meerschweinchen, die nach Einwirkung auf Tuberkelbacillen 
zu Immunisierungs- und Heilversuchen bei Meerschweinchen 
in groBerem Umfange zur Anwendung gelangten, konnten 
eine erhohte Widerstandsfahigkeit oder gunstige Beeinflussung 
des Krankheitsverlaufes gegentiber den angesetzten Kontrollen 
nicht bewirken. 

Heil- und Immunisierungsversuche mit Lymphknotensaft, 
der nach Einwirkung des Lymphknotengewebes auf Tuberkel¬ 
bacillen hergestellt wird (und der in den Reagenzglasversuchen 
eine Virulenzabschwachung der Tuberkelbacillen bewirkte) 
stehen noch aus. 


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536 


Cl. Giese, 


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Die funktionsfahige Muskulatur aller Tierarten erweist 
sich gegen eine Erkraukung an Tuberkulose sehr widerstands- 
fahig. Worauf die Resistenz zuriickzufiihren ist, ist nicht be- 
kannt; man konnte annehmen, dafi die Kontraktilit&t der 
Muskelfasern die Ansiedelung der Tuberkelbacillen verhindert; 
wahrscheinlicher ist es, daB der Sauerstoifmangel in der Mus¬ 
kulatur das Gedeihen der Tuberkelbacillen verhindert. In der 
Muskulatur aller Warmbliiter spielt die Anoxybiose eine 
groBe Rolle, Sauerstoff ist bei weitem nicht geniigend vor- 
handen, und so mufi der Muskel bei erheblichem O-Mangel 
arbeiten, was sich durch den starken Glykogenschwund und 
das Auftreten von Milchsaure als Endprodukt des Stoffwech- 
sels dokumentiert. Aus dent Muskelfleisch tuberkuloser Rinder 
hergestellte PreBs&fte habe ich auf Tuberkelbacillen in vitro 
5 Tage lang einwirken lassen und das Gemisch Meerschwein- 
chen subkutan eingespritzt. Eine Virulenzverminderung der 
Tuberkelbacillen wurde nicht erzielt. 

Die verschiedenen Organe des Meerschweinchens zeigen 
erhebliche Unterschiede in ihrer Disposition fur tuberkulose 
Erkrankungen. Die Nieren der Meerschweinchen erkranken 
z. B. im Gegensatz zu den Nieren der Kaninchen nur aus- 
nahmsweise. Zur Beantwortung der Frage, ob der PreBsaft 
von Meerschweinchennieren eine Einwirkung auf Tuberkel¬ 
bacillen im Reagenzglase auszulosen imstande sei, wurden 
die Nieren von gesunden und tuberkulosen Meerschweinchen 
ausgepreBt, mit Kochsalzlosung extrahiert, und der PreBsaft 
durch Asbest und Berkefeldkerze steril filtriert. Nach 5-tiigiger 
Einwirkung auf eine Tuberkelbacillenemulsion im Brutschrank 
(5 ccm Nierensaft + 1 Normalose Tuberkelbacillen) wurden 
mehrere Meerschweinchen mit diesem Gemisch subkutan ge- 
impft. Die Tiere starben an Tuberkulose nach 8, 15 und 
17 Wochen, wahrend die angesetzten Kontrollen nach 3 und 
8 Wochen an Tuberkulose eiugingen. Es scheint demnach, 
daB durch diese Einwirkungsweise eine Herabminderung der 
Tuberkelbacillen in vitro bewirkt wird. 

Angestellte Immunisierungsversuche mit einem solchen 
aus Nieren von gesunden und tuberkulosen Meerschweinchen 
hergestellten PreBsaft hatten aber bis jetzt keinen Erfolg: 
Die mehrfach vorbehandelten und 35 Tage nach der ersten 



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Exper. Untersuchungen fiber die Einwirkung von Organen usw. 537 

Behandlung infizierten Meerschweinchen starben fast zu gleicher 
Zeit wie die Kontrollen. 

In den besprochenen Organen lieBen sich also Stoffe mit 
immunisierenden Eigenschaften gegen sehr starke kunstliche 
Infektionen mit Tuberkelbacillen nicht nachweisen. Es war 
nun noch die Moglichkeit gegeben, daB sich in spezifischen 
Exsudaten solche Antigene, etwa nach Art der von Bail an- 
gegebenen Aggressine, auffinden lieBen. Deshalb habe ich 
auch Versuche in dieser Anordnung angestellt. 

Brusthbhlen- und Bauchhohlenexsudate tuberkuloser Rin- 
der und Meerschweinchen sowie Bauchhohlenexsudat eiues tuber- 
kulosen Hundes wurden durch Asbest und Berkefeldkerze 
steril filtriert, mit Tuberkelbacillen versetzt, 6 Tage im Brut- 
schrank belassen und dann in kleinen Mengen subkutan ein- 
gespritzt. Eine Abnahme der Virulenz der Tuberkelbacillen 
wurde nicht beobachtet: Die Versuchsmeerschweinchen starben 
ungefahr in derselben Zeit, wie die angesetzten Kontrollen. 

Auch bei den Iinmunisierungsversuchen mit den Brust- 
und Bauchhohlenexsudaten tuberkuloser Meerschweinchen und 
Rinder trat eine erhohte Widerstandsfahigkeit Oder eine Be- 
einflussung des Krankheitsverlaufes gegeniiber den Kontrollen 
nicht ein. 

Untersuchungen, ob die Galle von tuberkulosen Rindern 
in vitro die Virulenz der Tuberkelbacillen beeindusse, fielen 
gleichfalls negativ aus. 

Angestellte Versuche mit Pankreasgewebssaft eines tuber¬ 
kulosen Rindes und von einem gesunden Schweine tielen posi- 
tiv aus. Das steril entnommene Pankreas wurde fein zerhackt 
und darauf eine Tuberkelbacillenmulsion (0,2 g Tuberkel¬ 
bacillen + 10 ccm NaCl-Losung) hinzugesetzt; nach 5-tagigem 
Aufenthalt im Brutschrank bei 37° wird aus dem Gemisch 
ein PreBsaft hergestellt und an Meerschweinchen verimpft. 
8 Meerschweinchen erkrankten nicht an Tuberkulose, wS.hrend 
die 4 Kontrolltiere nach 5—15 Wochen an allgemeiner Impf- 
tuberkulose eingingen. 

Heil- und Immunisierungsversuche mit solchen Pankreas- 
sSften konnten noch nicht ausgefuhrt werden. 

ZeiUehr. f. lammnltXUforachunK. Orif. Bd. 31. 36 


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538 Giese, Exp. Untersuchungen fiber die Einwirkung von Organen. 


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Von mir ausgefuhrte Immunisierungsversuche mit dem 
Serum tuberkulSser Rinder und mit dem Kulturfiltrat von 
Tuberkelbacillen-Bouillonkulturen fielen negativ aus. 

Zusammenfassung. 

Aus den Versuchen geht hervor.daB das Lymph - 
knotengewebe von zwei tuberkulosen Rindern 
und dasPankreasgewebe einestuberkulosen Rin- 
des und gesunden Schweines eine Virulenzab- 
schwachung der Tuberkelbacillen bewirkten. 

Auch dasNierengewebe tuberkulbser undge- 
sunder Meerschweinchen scheint eine geringe 
Minderung der Virulenz der Tuberkelbacillen 
herbeigefiihrt zu haben. 

Die Ergebnisse der Versuche legen die Prii- 
fung der weiteren Frage nahe, ob derartig abge- 
schwfichte Tuberkelbacillen die Resistenz gegen 
tuberkuldse Infektionen zu erhohen und bei tu¬ 
berkulosen Tieren eine gewisse Heil wir kun g z u 
erzielen verm ogen. 

Die bisher in dieser Richtung angestellten 
Versuche an Meerschweinchen sind erfolglosge- 
geblieben. 


Krommnnnvche buphdruc.kerel (Hermann Pnhle) in Jena. — 4894 


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Verlag yon On stay Fischer in Jena. 


6. Heft. (44 S. gr. 8°.) 1919. Mk 3.— 

In halt: Einleitung. Von W. Kolle. — Untersuchungen iiber die thermo- 
stabilen Rezeptoren der x-Stamme, mit Beitragen zur Kenntnis der Weil-Fclix- 
schen Reaktion. (Serodiagnostik des Fleckfiebers, III) Von H. Sachs und H. 
Schlofiber ger. — Die Ausflockung des Liquorcerebrospinalis durch cholesterinicrte 
Extrakte. Von H. Sachs und W. Georgi. — Die Hamotoxine der Gasbrand- 
bakterien. Von H. SchloSberger. 

7. Heft. (47 8. gr. 8°.) 1919. Mk 4.50 

Inhalt: Die Hamotoxine der Gasbrandbakterien. (2. Mitteilung.) Von 
H. SchloSberger. — Ueber die Wirkungchemischer Mittel auf Gasbrandnakterien 
in vitro und in vivo. Von H. Ritz u. H. SchloSberger. — Eine Ultrafiltrations- 
studie mit Diphtherietoxin und -toxon. Von H. Bechhold. — Ueber Saure- 
agglutination bei Erregern des Gasodems. Von W. Georgi. — Zur Kenntnis des 
Silhersalvarsannatriuins. (1. Mitteilung.) Von A. Binz. 

8. Heft. Mit 1 Abbild. im Text und 2 Tafeln. (62 S. gr. 8°.) 1919. Mk 12.— 

Inhalt: Experimentelle Studien mit Diphtheriebakterien und Diphtherieantitoxin 
an Mausen. (Mit 2 Tafeln.) Von W. Kolle und H. S hloSberger. — Unter¬ 
suchungen iiber die Aviditiit der Diphlherieantitoxine und iiber die Polyvalenz der 
Diphtheriesera. Von W. Kolle, K. Joseph und H. SchloSberger. — Zur 
Kenntnis des Silbersalvarsannatriums. (2. Mitteilung.) Von A. Binz, H. Bauer und 
A. Hall stein. — Kolloidchemische Studien in der Salvarsanreihe. Zur Kenntnis 
des Silbersalvarsannatriums. (3. Mitteilung.) Von Hugo Bauer. Mit 1 Abbild. 
— Versuche iiber fiirberische Differenzierung von Bakterien. Von N. Bezssonof 

9. Heft. Mit 3 farbigen Tafeln. (74 S. gr. 8°.) 1919. Mk 24.— 

In halt: Zur Kenntnis des Silbersalvarsannatriums. (4. Mitteilung.) Von 
A. Binz, H. Bauer und A. Hallstein. — Ueber die Wirkung der Diphtherie- 
bazillen bei perkutaner Infektion. Von R. Jaff4 und H. SchloSberger. Mit 
3 Tafeln. — Studien iiber das serologische Verhalten der „Hammelblutrezeptoren 
in den Organen“. Von W. Georgi. 

10. Heft. Zur Tlieorle und Praxis des serologischen Luesnachweises mittels Aus- 

flockung. (74 S. gr. 8°.) 1920. Mk 6.— 

In halt: Beitrfige zur Serodiagnostik der Syphilis miltels Ausflockung durch 
cholesterinierte Extrakte. Von H. Sachs und W. Georgi. — Ueber die 
Bedeutung der Serumkonzentration beim Inaktivieren fur den serologischen 
Luesnachweis. Von E. Stilling.— Ueber den EinfluB der Temperatur und anderer 
Faktoien auf die Serumausflockung bei Syphilis. Von P. Neukirch. — Ueber den 
EinfluB von Silure und Alkali auf die Reaktionsffthigkeit der Komponenten beim 
serologischen Luesnachweis mittels Ausflockung. Von E. Stilling. 

11. Heft. Mit 1 Abbild. im Text und 2 Tafeln. (48 S. gr. 8°.) 1920. Mk 10.— 

Inhalt: Pathologisch-anatoniische Untersuchungen iiber das Diphtherieherz, 
mit besonderer Berucksichtigung der Ergebnisse des Tierexperiments. Von Rudolf 
Jaff6. Mit 2 Tafeln. — Ueber die Hamolyse durch Quecksilber und Quecksilber- 
verbindungen. Von H. Bechhold. Mit l Abbild. 


Alexin und Antialexin. 

Von Dr. Julius KiB 

Vorstand des Bakteriologiscli-chemischen Laboratoriums d. Stadt Allgem. Zita-Krankenhauses 

in Budapest. 

(VI, 183 S. gr. 8°) 1921. Mk 30.- 

Schon seit vielen Jahreu betiitigt sich der Verfasser der vorliegendeu Arbeit auf dcm 
Gebiete der Alexinforschung. Seine neuesten Untersuchungen, die das Problem des 
Alexins nach den Prinzipien der physikalischen Chemie behandeln, haben nicht blofi 
theoretische Bedeutung, sondern vverden auch auf diePraxisder Alexinbindungsreaktionen 
von EinfluB sein. Das Buch darf auf die Beachtung der weitesten Fachkreise rechnen. 


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71 - //.£, . 


?t. Zeitschrift 

fUr 

Immunitatsforschung 

und experimentelle Therapie 

I. Teil: Originate 




CD 

ID 


Unter Mitwirkung von 

M. Ascoli, Catania, V. Babes, Bukarest, 0. Bail, Prag, E. F. Basil ford, 
London, S. Belfanti, Mailand, A. Breiul, Liverpool, A. BieudonuC, Miinchen, 

B. Boerr, Basel, M. Borset, Washington, E. v. Bungern, Hamburg, M. Ficker, 
Berlin, S. Flexner, New York, U. Friedeuiann, Berlin, P. Frosch, Berlin, 
M. Ton Grnber, Miinchen, L. Haendel, Berlin-Dahkm, 31. Hahn, Frei¬ 
burg i. Br., A. Heffter, Berlin, L. llektoeu, Chicago, 31. Jacoby, Berlin, 

C. 0. Jensen, Kopenhagen, K. Kildkalt, Kiel, 8. Kitasato, Tokio, W. Kolle, 
Frankfurt a. M., W. Kruse, Leipzig, K. Landsteiner, Haag, C. Levaditi, Paris, 
L. von Lieberniann, Budapest, Th. Sladsen, Kopenhagen, C. J. 31 art in, London, 
L. Michaells, Berlin, 31ieDner, Hannover, C. 3Ioreschi, Sassari, J. Slorgenrotb, Berlin, 
B. 3Iuir, Glasgow, M. Nelsser, Frankfurt a. 31., F. Neufeld, Berlin, F. Nuttall, 
Cambridge, B. von Ostertag, Berlin, B. Otto, Berlin, B. Paltauf,Wien, A. Pettersson, 
Stockholm, B. FfeilTer, Breslau, E. P. Pick, Wien, C. J. Salomousen, Kopenhagen, 
A^Schattenfroh, Wien, Cl.Schilling, Berlin, P. Schmidt, Halle a. S., Tb.Smith, Boston, 
G. Sobernheim, Bern, V. C. Yaughan, Ann Arbor, A. v. Wnssermann, Berlin, 
IV. Weichardt, Erlangen, E. Weil, Prag, A. WlndiniirofT, St Petersburg, A. E. Wright, 

London, B. Zabolotny, St. Petersburg 
herausgegeben von: 

E. FRIEDBERGER R. KRAUS H. SACHS P. UHLENHUTH 

(GreifBwald.) (Buenos Aires.) (Heidelberg.) ; (Berlin-Dahlem.) 

31. Band, Heft 6. 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer 
1921 

Ausgegeben am 4. Juni 1921. 














Zelt8chr. f. Imiuunitlitsf. u. exp. Therapic. I: Orig. Bd. 31. Heft 6 


I n h a 11: 


Seite 


Weil, E., und Felix, A, Ueber die Beziehungen der Fleckfieberagglutination 

zum Fleckfiebererreger.457 

Gnektgens, W., Untersuckungen iiber die Bindungsreaktion von 8achs-Georgi 

zum Nachweis von Pferdefleisch .512 











Giese, Cl., Experimentelle Untersuchungen iiber die Einwirkung von Organen, 
Organextrakten, Exsudaten uua Sekreten auf Tuberkelbacillen im 
Reagenzglase und entapreckende Heil- und lmmunisierungsvereucke 

gegen die Tuberkulose der Haustiere.533 

Titel und Inhalt zu Bd. 31. 


Die aufierordentlich ho hen Korrekturkosten zivingen 
uns, die Herren Mitarbetter zu bitten, Hire Manuskripte 
gut leserlich abzufassen und vor Einreichung genau 
durchzusehen, d. h. druck/ertig abxuschliejlen, so dafi 
sachliche Aenderungen soweit als nur legend moglAch 
verinieden werden. 

Die Herausgeber. Die Verlagsbuchhandlung. 



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Soeben erschien: 

Die Veroffentlichungen der 
Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena 
wahrend der Jahre 1914—1919 

(10. Nachtrag zum Hauptkatalog von 1897.) 

Zwei Teile. 

Teil I: Verzeickuls der Btieher und Zeitsehrifteu. 81 S. gr. 8°. Mk 1.— 

Teilll: Terzeiehnis der Beitrlige und Auftilitze in den Zeitschriften, 
Sammlungen und Lehr- und Handbtichern. 226 S. gr. 9 U . Mk 3.— 

Jeder Teil enthalt die Titel im Alphabet der Verfasser und wird einzeln 
zu obigen Preisen, die nur einen kleinen Teil der Selbstkoaten darstellen, 
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Verlag von Gustav Fischer In Jena. 


Die Gallensteine, ihre Entstehung und ihr Bau. 

' Von 

B. N a u n y n 

in Baden-Baden. 

(Abdruck aus „Mitteilungen a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. Chirurgie“, Band 33.) 

Mit 4 farbigen Tafeln. 

(Ill, 54 S. gr. 8 # .) 1921. Mk 20.— 

Diese eingehenden, auf wichtigea Beobachtungen beruhenden Untersuchungen 
unterziehen die augenblicklich herrschende Ansicht, daO die Gallensteinerkrankung 
ihrem Wesen and ihrer Gestaltung nach als Lokalerkranknng der Gallenwege anzn- 
sehen sei, einer kritischen Priifung. 8ie geben gleichzeitig eine zasammenfassende 
Darstellang fiber die Entstehung and den Baa der Gallensteine. 

Die Arbeit des in dieser Frage besonders kompetenten Verfassers darf aal 
die Beachtang aller Chirurgen and Kliniker sowie der weitesten Kreiee der 
praktischen Aerzte rechnen. 

Die Tafeln sind mit ganz besonderer Sorgfalt hergestellt und geben in naturlichen 
F arben ein vorzugliohes Bild von der Entstehung und dem Bau der Gallensteine. 


gle 






















Verlag yon Gustav Fischer In Jena. 


Die angegebenen Preiss Bind die jetzt giltigen; far das Ausland erhohen sie sich durch den 
vorgeschriebenen Valnta-Uuschlag. Die FreiBe fiir gebundene Bdcher Bind bis au t weiteres 

nnverbindlich. 



1 




a 



Morphologische und physiologische Analyse 
der Zeile der Pflanzen und Tiere. 

Grundztige unseres Wissens tiler den Buu der Zeile und ilber dessen Beziehung 

zur Leistung der Zeile. 


Von 


Dr. Arthur Meyer, 

o. 6. Prof, der Botanik u. Direktor des botan. Gartens an der Universitat Marburg. 

ErsterTeil: Allgemeine Morphologie der Protoplasten. Er- 
gastischc Gebilde. Zytoplasma. Mit 205 Abbild. im Text. (XX, 
629 S. gr. 8°.) 1920. Mk 38.- 

Inhalt: 1. Die Zeile alB Maschine. — 2. Der Protoplast als Flussigkeit. — 
3. Der Protoplast als wasserige Ldsung. — 4. Die nackte Zeile als Emulsion, 
Suspension, kolloidale Losung, molekulardisperse Losung und einfache Fliis6igkeit. 
— 5. Die Einteilung der mikroskopisch sichtbaren Formelemente der Zeile auf 
Grund ihrer Bedeutung fiir die Leistung der Zellmaschine und auf Grund ihrtr 
Ontogenese. — 6. Die ergastischen Einscmiisse des Protoplasten. Die ergastischen 
Einschliisse. Die EiweiSante. Kristallinische und gallertartige oder zahflii68ige 
Kohlehydratante. Die fliissigen und festen Fettante. Abfallante oder Sekrei- 
ante. Die Zellsaftante. — 7. Das Zytoplasma. Einleitung. Das Zyto¬ 
plasma eine optiseh (mikroskopisch und ultramikroskopiseh) homogene kolloidale 
Losung. Das Zytoplasma eine physiologisch homogene Flussigkeit. Die er- 

f astischen Organstofie des Zytoplasmas und der iibrigen Organe aes Protoplasten. 
)er amikroskopische Bau des Zytoplasmas und der Begriff des Vitiils. Die 
Struktur des geharteten und gefiirbten Zytoplasmas. Einiges iiber Fixierung des 
groberen Baues der Zeile. Die Farbung des Protoplasten und der ergastischen 
Gebilde der lebenden Zeile. Farberischer, mikrochemischer und makrochemischer 
Nachweis der in der Zeile vorkommenden Eiweifikorper. Die Plasmabriicken 
oder Plasmodesmen der Pflanzen und der tierischen Zellen. 

Der 2. Teil befindet sich im Druck. 


Der Verfasser behandelt Morphologie und Stoffkunde der Zeile in enger Ver- 
bindung. Er nennt seine Arbeit eine Analyse der Zeile, denn sie sucht die mikro¬ 
skopisch erkennbaren Bestandteile der Zeile ihrer allgemeinen Bedeutung fiir die 
Lebenserscheinungen zu sichten und zu ordnen und ebenso die Stoffe, welche die 
Protoplasten zusammensetzen, ihrer chemischen, physikalischen und biologischen 
Natur und Bedeutung nach zu erforschen und zu bewerten. 

In diesem ersten Teile des Buches ist aufier allgemeinen ErOrterungen iiber 
Chemie und Morphologie der Protoplasten zuerst die Analyse der wichtigsten er¬ 
gastischen Gebilde der Pflanzenwelt und der genauer untersuchten ergastischen Ge- 
bilde der tierischen Zeile enthalten. 


Centralblatt fiir Bakteriologie, II. Abt., Bd. 52, Nr. 4/8: 

Der Bakteriologen und Botanikern durch seine wertvollen VerOffentlichungen 
auf diesen Gebieten gleich gut bekannte Verf. hat in dem hier vorliegenden Werke 
nicht nur fiir die Botaniker, Zoologen und Mediziner, sondern auch fiir die 
Biologen eine sehr wertvolle Unterlage fur Weiteruntersuchungen auf dem 6chwie- 
rigen Gebiete der Zellforschung geschaffen... . Die Reichhaltigkeit der Kapitel, der 
knappe, durchaus klare Stil des Werkes, verbunden mit den zahlreichen, vorziig- 
lichen Abbildungen werden alien Forschern viele Anregungen geben und machen 
daB Werk^fflr alle Naturforscher und Anatomen unentbehrlich. 

Der in Aussicht gestellte 2. Teil des Werkes wird im 1. Abschnitt die meta- 
bolen Veranderungen des Zytoplasmas und die alloplasmatischen Gebilde, welche 
durch Umgestaltung des Zytoplasmas entstehen, im 2. Abschnitt aber die Tropho- 
plasten und Zellkerne behandeln. 


8 


1C 


FrommaDnoche Uurbdiuckerei (Hermann PohJol tr. .trim. 

















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